Lateinamerika Jahrbuch 1998 9783964567338

Allgemeiner Länderteil sowie Aufsätze zu den Themen: Tropenwalderhaltung in Brasilien - Linksintellektuelle und Politik

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Lateinamerika Jahrbuch 1998
 9783964567338

Table of contents :
INHALT
Teil I: Aufsätze
Tropenwalderhaltung in Brasilien Umweltpolitische Strategien zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Regenwälder
15 Jahre im Labyrinth: Wegmarken und Aporien der Debatte über die Demokratie in Lateinamerika
Aufbruch und Ernüchterung. Linksintellektuelle und Politik in Argentinien und Brasilien, 1960-95
Sobre las políticas para la innovación y las perspectivas del desarrollo latinoamericano
Teil II: Entwicklungen in Ländern und Regionen
Informationen zu einzelnen Ländern: Basisdaten - Kennziffern - Chronologien 1997
Cono Sur
Brasilien
Andenregion
Mexiko
Zentralamerika
Karibischer Raum
Lateinamerika allgemein
Technische Erläuterungen zu der Datenbank IBEROSTAT
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

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Lateinamerika Jahrbuch 1998

Institut für Iberoamerika-Kunde - Hamburg Lateinamerika Jahrbuch * Band 7

Institut für Iberoamerika-Kunde • Hamburg

LATEINAMERIKA JAHRBUCH 1998 Herausgegeben von Klaus Bodemer, Heinrich-W. Krumwiede, Detlef Nolte und Hartmut Sangmeister

Vervuert Verlag • Frankfurt am Main 1998

Institut für Iberoamerika-Kunde • Hamburg

Verbund Stiftung Deutsches Übersee-Institut

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Lateinamerika Jahrbuch ... / Institut für Iberoamerika-Kunde, Hamburg.- Frankfurt am Main : Vervuert Erscheint jährlich. - Aufnahme nach 1992 ISSN 0943-0318

1992 ©Vervuert Verlag, Frankfurt am Main 1998 Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung: Konstantin Buchholz Gedruckt auf säure- und chlorfreiem, alterungsbeständigen Papier Printed in Germany ISBN 3-89354-426-7

INHALT Seiten

Teil I: Aufsätze Gerd Kohlhepp Tropenwalderhaltung in Brasilien Umweltpolitische Strategien zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Regenwälder Sandra Carreras 15 Jahre im Labyrinth: Wegmarken und Aporien der Debatte über die Demokratie in Lateinamerika

9

35

Stephan Hollensteiner Aufbruch und Ernüchterung Linksintellektuelle und Politik in Argentinien und Brasilien, 1960-95

54

Rodrigo Arocena / Judith Sutz Sobre las políticas para la innovación y las perspectivas del desarrollo latinoamericano

81

Teil II: Entwicklungen in Ländern und Regionen Informationen zu einzelnen Ländern: Basisdaten - Kennziffern - Chronologien 1997

105

Cono Sur

106

Argentinien Chile Paraguay Uruguay

107 118 125 129

Brasilien

136

Andenregion

154

Bolivien Ekuador Kolumbien Peru Venezuela

155 165 173 182 192

Mexiko

204

Zentralamerika

214

Costa Rica El Salvador Guatemala Honduras Nikaragua Panama

220 226 233 241 248 254

Karibischer Raum

260

Dominikanische Republik Haiti Jamaika Kuba Kennziffern zu den Klein- und Kleinststaaten der Region

261 266 273 277 283

Lateinamerika allgemein Kennziffern zur demographischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung Gesamtwirtschaftliche Eckdaten 1997 Außenwirtschaftliche Eckdaten 1997

295 298 299

Technische Erläuterungen zu der Datenbank IBEROSTAT

300

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

304

Teil I

Kohlhepp: Tropenwaldertialtung in Brasilien

Gerd Kohlhepp

Tropenwalderhaltung in Brasilien Umweltpolitische Strategien zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Regenwälder Einleitung Bis heute sind fast zwei Drittel der natürlichen Waldfläche der Erde vernichtet worden. Im Jahre 1995 waren rund 57% (= 19,6 Mio. qkm) der weltweiten Waldfläche den noch vorhandenen Tropenwäldern zuzurechnen (FAO 1997). Dabei umfassen die Waldformationen der Tropen je nach der Lage innerhalb der Tropenzone (äquatoriale Kernzone, wechselfeuchte Tropen etc.) mit deutlichen Unterschieden im Jahresgang der Niederschläge und bei den Niederschlagsmengen sowie der Höhenlage eine große Vielfalt unterschiedlicher Waldökosysteme und Waldtypen. Dazu gehören u.a. immergrüne Regen-/Feuchtwälder, regengrüne Feuchtwälder, immergrüne Bergwälder, regengrüne Trockenwälder sowie offenere Übergangsformationen. Die heutigen Tropenwälder, die nur noch knapp die Hälfte der natürlichen Verbreitung umfassen und insgesamt etwa 7% der Erdoberfläche einnehmen, sind seit rund drei Jahrzehnten einem verstärkten Zerstörungsprozeß ausgesetzt. Die FAO beziffert die jährlichen Vernichtungsraten tropischer Wälder für die 1980er Jahre (1981-90) auf 154.600 qkm, für den Zeitraum 1990-95 auf 137.300 qkm. Die jährliche Verlustrate in der ersten Hälfte der 90er Jahre belief sich auf 0,7% (BMZ 1997). 1998 dürfte sich die Tropenwaldfläche angesichts der großen Brandkatastrophen um etwa 170.000 qkm verringern. Die flächenhafte Vernichtung tropischer Wälder seit 1980 summiert sich bis heute auf etwa 2,6 Mio. qkm, was mehr als der siebenfachen Fläche Deutschlands entspricht. Die regionalen Unterschiede der Waldzerstörung in den Tropen sind bedeutend. Die jährlichen Waldverluste im Zeitraum 1990-95 waren in Zentralamerika (1,2%) und der Karibik (1,7%) sowie im kontinentalen und insularen Südostasien (1,6 bzw. 1,3%) besonders hoch, wobei im südostasiatischen Raum die riesigen Wald-

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Lateinamerika Jahrbuch 1998

brande der Jahre 1997 und 1998 in Indonesien (Kalimantan, Sumatra, Java) und Malaysia diese Werte noch bedeutend erhöht haben werden. Die größten absoluten Waldverluste sind jedoch im tropischen Südamerika zu beklagen, wo zwischen 1990 und 1995 jährlich 46.500 qkm vernichtet wurden, davon 55% in Brasilien (FAO 1997) und dort hauptsächlich im Amazonasgebiet, dem größten zusammenhängenden tropischen Regenwaldgebiet der Erde. Da im südasiatischen Raum bereits 88% der ursprünglichen Tropenwaldfläche vernichtet sind, gerät Lateinamerika (bisherige Wald Vernichtung: 41%) und damit vor allem die Amazonasregion Brasiliens immer stärker unter den Druck der internationalen Holzkonzerne. Aber nicht nur durch die Vernichtung der natürlichen Waldbestände zur Nutz- und Brennholzgewinnung, durch Brandrodungen zur Überlebenssicherung von Kleinbauern sowie zur Expansion großbetrieblicher Aktivitäten des Agrobusiness (inkl. Rinderweidewirtschaft) und große infrastrukturelle Projekte sind unwiederbringliche Schäden entstanden. Auch der Verlust der Artenvielfalt, die Fragmentierung der Waldbestände und die Ökosystemaren Veränderungen durch anthropogene Eingriffe haben in weiten Teilen der Tropen folgenschwere ökologische, soziale und ökonomische Probleme bewirkt.

Die Bedeutung der Tropenwälder für Ökologie und in der internationalen Umweltpolitik Die Bedeutung tropischer Wälder für Klimahaushalt und Biodiversität hat eine globale und eine regionale Dimension. In der ungeheuren Biomasse tropischer Waldformationen sind große Mengen von C0 2 gebunden (60-80 t pro ha). Bei Brandrodung wird dieser Kohlenstoff in die Atmosphäre freigesetzt und trägt mit 10-30% zu den weltweiten C0 2 -Emissionen bei (BMZ 1997; BMELF 1997: 15%), die zur zunehmenden Erwärmung der Erdatmosphäre führen und damit den Treibhauseffekt wesentlich verstärken. Der Bindung von C0 2 durch Photosynthese in Tropenwäldern und in möglichen Aufforstungen kommt als "C0 2 -Senke" daher ein besonderer Stellenwert zu. Kein nach der Waldzerstörung vom Menschen erzeugtes Agroökosystem hat die gleiche C02-Langfristspeicherfähigkeit wie die Wälder (Deutscher Bundestag 1990). Tropische Regenwaldregionen geben bis zu 75% der Niederschläge durch Evapotranspiration wieder als Wasserdampf in die Atmosphäre ab und sind daher Steuerungsfaktoren für das Niederschlagsregime und den Wasserhaushalt, die durch Waldvernichtung äußerst stark gestört werden. Die irreversiblen Verluste an Artenvielfalt und damit genetischer Ressourcen durch Tropenwaldzerstörung werden erst verständlich, wenn klar ist, daß 1,5 bis 2 Mio. Pflanzen- und Tierarten, d.h. zwischen 50 und 90% aller Spezies von Flora und Fauna, in tropischen Wäldern beheimatet sind und diese Waldformationen die artenreichsten und komplexesten Ökosysteme weltweit darstellen (Sioli 1983). Seit langem schon haben Wissenschaftler unterschiedlicher Fachdisziplinen und - in steigendem Maße in den letzten zwei Jahrzehnten - umweltorientierte Nichtregierungsorganisationen (NROs) auf die Bedeutung tropischer Wälder hingewiesen. Aber erst sehr spät wurde die Tropenwaldthematik in die internationale Umweltdiskussion einbezogen.

10

Kohlhepp: Tropenwalderhaltung in Brasilien

Zwar waren Tropenwälder bereits seit den 60er Jahren direkt oder indirekt Gegenstand der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Die Kooperationsprogramme konnten aber unter dem Erschließungsdruck in vielen Ländern der Tropen keinen Stopp der Ressourcenzerstörung und der Waldvernichtung bewirken. In den 80er Jahren wurde im Tropenwald-Aktionsplan, der von UNDP, FAO, Weltbank und World Resources Institute (WRI) entwickelt wurde, und mit weiteren Strategien zum Ressourcenschutz und zur Einrichtung von Umwelt-Aktionsplänen der Schritt von der sektoralen Kooperation zu umfassenderen Entwicklungszielen im Rahmen einer ökologisch und sozial orientierten Entwicklungspolitik getan (BMZ 1997). Der in der internationalen Diskussion bezüglich der Nachhaltigkeitskriterien sehr unterschiedlich bewertete Tropical Forestry Action Plan hatte als völkerrechtlich unverbindlicher globaler Rahmenplan das Ziel, für möglichst viele Tropenwaldländer in einer konzertierten Aktion zwischenstaatlicher Organisationen, interessierter Staaten und NROs nationale Aktionspläne zu erstellen und umzusetzen (Deutscher Bundestag 1990; Kohlhepp 1991). Auch die Verabschiedung des von 36 Erzeuger- und 34 Verbraucherländern von Tropenholz 1983 unterzeichneten internationalen Tropenholz-Übereinkommens (ITTA) erfolgte in dieser Phase, war aber als Rohstoffabkommen mit vorrangig ökonomischen Zielen nicht als Basis einer globalen Schutzpolitik für Tropenwälder geeignet. In einer Reihe von Industrieländern befaßten sich die Regierungen mit dem Tropenwaldschutz. Im Rahmen der Anhörungen vor der Enquete-Kommission "Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" des Deutschen Bundestages wurden von internationalen Sachverständigen Vorschläge für Maßnahmen und Handlungsmöglichkeiten zum Schutz tropischer Regenwälder unterbreitet (Deutscher Bundestag 1990). Alle diese Aktivitäten können als Vorarbeiten zur Rio-Konferenz verstanden werden. Bei der Konferenz der Vereinten Nationen über "Umwelt und Entwicklung" (UNCED) in Rio de Janeiro 1992 waren die Vernichtung tropischer Waldressourcen und die Diskrepanzen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern über Verursachung, Verantwortlichkeiten, Zielkonflikte bezüglich Schutz und Nutzung sowie Möglichkeiten internationaler Maßnahmen zum Tropenwaldschutz und zu notwendigen Finanztransfers zu einem der zentralen Themenkomplexe geworden. Unter den Ergebnissen von Rio de Janeiro mit der Verständigung auf das grundlegende Konzept der nachhaltigen Entwicklung sind die Rio-Deklaration über Umwelt und Entwicklung, die Agenda 21 als zukunftsorientiertes Handlungsprogramm, die Klima-Konvention und die Konvention zur Artenvielfalt zu nennen. Wenn auch das Ziel einer - vor allem auch von deutscher Seite angestrebten internationalen, völkerrechtlich verbindlichen Waldkonvention nicht erreicht wurde, so haben die von 172 Staaten unterzeichnete "Waldgrundsatzerklärung" und die waldbezogenen Kapitel der Agenda 21 (u.a. Kapitel 11: Bekämpfung der Entwaldung) doch "grundlegende Leitlinien und Handlungsansätze" (BMZ 1997: 4) für die Erhaltung und nachhaltige Waldbewirtschaftung auf allen Maßstabsebenen aufgezeigt. Mit der Betonung des nationalen Souveränitätsrechts und der Festlegung, Wälder nicht als "globales Gut" zu betrachten, wurden Vorbehalte tropischer Entwicklungsländer gegen die globalen "Funktionszuweisungen" tropischer Wälder und damit auch gegen internationale Initiativen zur Tropenwalderhaltung abgebaut. 11

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Die Grunderkenntnis von Rio de Janeiro lag vor allem auch in der Tatsache, daß der Schutz der Tropenwälder sich nicht in der räumlichen Segregation großflächiger Waldgebiete erschöpfen kann, wie dies zu Anfang der "puristischen" Ökologie- und Naturschutzdebatte gefordert wurde. Vielmehr gewannen mit der nachhaltigen Waldbewirtschaftung und Ressourcennutzung die sozioökonomischen und soziokulturellen Faktoren zum Wohl der lokalen/regionalen Waldbewohner verstärkt Bedeutung. Schutz aller Waldflächen ohne jegliche Nutzung war und ist eine unrealistische und in den betroffenen Ländern politisch nicht durchsetzbare Vorstellung. Zielsetzung muß allerdings eine ressourcenschonende nationale Entwicklungspolitik sein, in die die Maßnahmen zur Erhaltung und nachhaltigen Bewirtschaftung tropischer Wälder eingebettet sind. Im Rahmen internationaler Umweltpolitik wurde die nach Rio gegründete "Kommission für nachhaltige Entwicklung" (CSD) mit der Umsetzung und weiteren Betreuung der Vereinbarungen und Programme betraut. Die waldbezogenen Aufgaben wurden von der CSD im September 1995 dem Intergovemmental Panel on Forests (IPF) übertragen, dessen Handlungsempfehlungen im Schlußbericht der Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen im Juni 1997 ("Rio plus five") vorgelegt wurden (BMZ 1997; FUE 1997), ohne daß die strittigen Fragen einer internationalen Waldkonvention gelöst werden konnten (Wöhlcke 1997). Zur gleichen Zeit verkündete Weltbankpräsident Wolfensohn eine strategische Partnerschaft von Weltbank und WWF (World Wide Fund for Nature; in USA und Kanada: World Wildlife Fund). Diese Allianz soll zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung von Wäldern weltweit, zur Einrichtung von 50 Mio. Hektar neuer Schutzgebiete (bisher 200 Mio. Hektar = 6% gesetzlich geschützt) und zur unabhängigen Zertifizierung von nachhaltiger Nutzung in 200 Mio. Hektar Waldfläche (davon 50% Tropenwälder) bis 2005 führen (World Bank/WWF 1998). Ziel ist die Nutzung von Synergieeffekten bei der Problemlösung zwischen der Weltbank als größtem Kreditgeber für Entwicklungsländer im Bereich Waldschutz und -management und dem WWF als einer der wichtigsten Umweltorganisationen mit einem Netzwerk von Kontakten mit Zivilgesellschaft und NROs in mehr als 100 Ländern. Ein detaillierter Aktionsplan in Afrika, Asien, Osteuropa und Lateinamerika bis zum Jahr 2005 wurde bereits festgelegt. In Brasilien bauen die Aktivitäten auf dem Pilotprogramm auf. Im Dezember 1997 hat der brasilianische Staatspräsident Cardoso verkündet und im April 1998 ein diesbezügliches Dekret unterzeichnet - , daß Brasilien in Amazonien bis zum Jahr 2000 25 Mio. Hektar Wald zusätzlich unter Schutz stellen und damit die weltweite Zielsetzung von Weltbank und WWF erfüllen wird, 10% der Wälder - allein im Amazonasgebiet - gesetzlich zu schützen.

Die Situation der tropischen Regenwälder Brasiliens Vor dem Hintergrund der internationalen Diskussion um die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der tropischen Regenwälder und der in Rio 1992 verabschiedeten Waldgrundsatzerklärung hatte sich Brasilien Anfang der 90er Jahre entschlossen, sich aktiv an den geforderten Maßnahmen zum Schutz tropischer Regenwälder zu beteiligen. Dies vor allem angesichts der äußerst schnell zunehmenden Vernichtung im

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Kohlhepp: Tropenwalderhaltung in Brasilien

Amazonasgebiet. Da Brasilien einen Anteil von rund 30% an den Tropenwäldern der Erde hat, kommt den Entwicklungsprozessen in diesem Land eine strategische Rolle im Kampf um die Walderhaltung zu. Seit Anfang der 70er Jahre hatten im Rahmen der El Dorado-Mentalität auf dem Höhepunkt des brasilianischen "Wirtschaftswunders" die staatlichen Strategien und Planungskonzeptionen zur Raumerschließung und Regionalentwicklung im Amazonasgebiet die wirtschaftliche "Inwertsetzung" der natürlichen Ressourcen dieser Region zum Ziel. Das "Programm der nationalen Integration", das "Polamazönia"Programm mit der starken Erweiterung des privatwirtschaftlichen Handlungsspielraums, grundbedürfnisorientierte staatliche, aber auch private Kolonisationsprojekte sowie Großprojekte zur regionalen Entwicklung trugen mit den Folgewirkungen spontaner Zuwanderung und damit Selbstverstärkungseffekten dieser Entwicklungsprozesse zu der umfangreichen Zerstörung tropischer Regenwälder in Amazonien bei (Kohlhepp 1979, 1983, 1987a). An der Waldvernichtung sind insgesamt die Agrarkolonisation zu etwa 50%, Rinderweidewirtschaft und Agrobusiness zu 40%, Industrie, Bergbau, Stauseen, Städtewachstum und Holzwirtschaft zu 10% beteiligt. Von der etwa 4,1 Mio. qkm betragenden natürlichen Waldfläche des brasilianischen Amazonasgebiets waren bis 1975 erst 0,6% gerodet. Die anthropogenen Eingriffe in die amazonischen Regenwälder führen über 3,7% (1978) bis 1988 zu einer Waldvernichtung von 9,2% (siehe Tab. 1). Zahlreiche Wissenschaftler (so vor allem Fearnside u.a. 1990) hatten in Gesamt- oder Regionalstudien auf die gefährlich schnelle Zunahme der Entwaldungsraten hingewiesen. Eine im Auftrag der Weltbank durchgeführte Untersuchung (Mahar 1989), die den Anteil der bis 1988 erfolgten Rodungen an der Gesamtfläche der Planungsregion Amazönia Legal auf 12% veranschlagte, führte zu hitzigen Auseinandersetzungen um die Entwaldungsraten. Eine politische Dimension erhielt diese Diskussion, als die Daten der Fachabteilung des brasilianischen Weltraumforschungsinstituts Instituto Nacional de Pesquisas Espaciais (INPE) (Waldverlust bis 1988: 9,3% der Waldfläche) nach einer Intervention der Regierung nach unten korrigiert wurden und Präsident Sarney die Weltbankdaten zum Anlaß für eine scharfe Polemik gegen die internationalen Unterstellungen und Einflußversuche in die inneren Angelegenheiten Brasiliens nahm (Kohlhepp 1989). Tabelle 1 zeigt, daß bis 1996 12,6% der Waldfläche im brasilianischen Amazonien, d.h. 517.000 qkm, vernichtet wurden (INPE 1998). Dabei sind die regionalen Unterschiede außerordentlich stark. Während in dem fast völlig waldbedeckten riesigen Staat Amazonas erst 1,8% der Waldfläche verschwunden sind, zeigen die stark unter Erschließungsdruck leidenden Staaten Mato Grosso und Rondönia bereits Waldverluste von heute rund 25% (Abb. 1). Während Parä und Mato Grosso die höchsten absoluten Waldverluste aufweisen (Abb. 3), sind in Maranhäo und Tocantins, Staaten mit einem hohen Feuchtsavannen-Anteil, die höchsten Waldverlustraten zu konstatieren (Tab. 1, Abb. 1-3). Während die durchschnittlichen jährlichen Waldverluste zwischen 1978 und 1988 in Amazonien 21.130 qkm betrugen und bis 1991 - wohl vor allem aufgrund des Wegfalls steuerlicher Vergünstigungen - auf 11.130 qkm sanken, wird für den Zeitraum September 1994 bis August 1995 ein Anstieg auf über 29.000 qkm festgestellt (INPE 1998).

13

Lateinamerika Jahrbuch 1998

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o- o «) Geburtenrate Fertilità tsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in % ) Erwerbspersonen in der Industrie (in % ) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in % ) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in M i o . ) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in % ) 1965-80: 1985-95: 2. S O Z I A L E

1980

1990

1995

1996

3,15 42,1 54,5 41,7 35,6 4,9 48,6 20,5 30,9

4,31 40,5 56 47,5 34,3 4,6 2,1 27,6 70,3

4,83 40,3 56,3 53,9 30,6 4

4,96 40 55,5 51,4 30 3,9

13 134 46,6

32 116 32 53 67 1458 90,1

9 2,8 2.7

KENNZIFFERN

Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in % ) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner j e A r z t Alphabetisierungsquote (in % ) 3. W I R T S C H A F T L I C H E

66,3 1460

107,6 40,6 52 67,6

24 45 69 1250

92,1

KENNZIFFERN

Bruttoinlandsprodukt (in M i o . USS) Bruttosozialprodukt pro K o p f (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Wahrungsreserven (in Mio. USS)

4579 1440 781 1399 -613 453 30 783

5265 1120 1898 1829 102 79 68 700

7743 1690 4071 5478 -538 121 157 1040

9673 1850 3936 4951 -670 351 225 882

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des B I P ) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des B I P ) Bruttoinlandsersparnis (in % des B I P ) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in % ) Anteil der Industrie am BIP (in % ) davon: Verarbeitendes G e w e r b e (in % ) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in % )

79,4 6.1 27,9 14,5 28,6 25 16 46,4

77,2 6,2 22 23,3 28 23 23 49

23,9 14 24,8 26,2 15.6 49

81,2 11.6 23,3 7,2 25,4 26,7 15,4 47,9

Auslandsverschuldung (in M i o . USS) davon: öffentliche Verschuldung (in M i o . USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in M i o . USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in % ) Inflationsrate (in % )

954 630 145 66 18,5 14,5 22,8

2128 1734 319 89 16,8 3,1 38,1

2280 1488 284 129 5,9 4,7 13,4

2406 1573 263 118 6 1.3 9.8

Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in % ) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in % ) 1990-96:

128

3,1 2,8 17,4

Uruguay

Uruguay Amtlicher N a m e : Präsident: Im A m t seit: Vizepräsident:

República Oriental del U r u g u a y Julio M a r í a SANGUINETTÍ 1. März 1995 H u g o BATALLA

Nächste Präsidentschafts- bzw. allgemeine W a h l e n : N o v e m b e r 1999 Regierung: Seit der W a h l v o m 27.11.1994 bildet der Partido C o l o r a d o (PC) m i t der e h e m a l i g e n Regierungspartei Partido Nacional (PN) eine Koalitionsregierung, u m d e h Frente Amplio (jetzt: Encuentro Progresista) aus der Regierung fernzuhalten. Kabinett (Stand Juni 1998): Äußeres: Didier OPERTI; Inneres: Luis HIERO; Wirtschaft u n d Finanzen: Luis MOSCA; Landwirtschaft u n d Fischerei: Sergio CHIESA; B i l d u n g u n d Kultur: S a m u e l LICHTENSZTEJN; Arbeit; A n a Lia PINEYRUA; Verteidigung: Raúl ITURRIA; T o u r i s m u s : Benito STERN. Oppositionsparteien im Parlament: Encuentro Progresista (EP); N u e v o Espacio ( N E ) . Sitzverteilung i m Parlament: A b g e o r d n e t e n h a u s (99 Sitze): PC: 32; PN: 31; EP: 31; N E : 5. S e n a t (31 Sitze): PC: 11; P N : 10; EP; 9; NE: 1.

Chronologie 1997 Wirtschaftspolitisch verfolgte die Koalitionsregierung aus Blancos und Colorados Ihren im Vorjahr relativ erfolgreichen Stabilitätskurs konsequent weiter. Dabei konnte sie einen Großteil ihrer Zielprojektionen in einem Umfang erreichen bzw. übertreffen, der ihr bei internationalen Kreditorganisationen und Investoren weiteren Vertrauenszuwachs brachte. Ein Weltbankbericht über die strukturellen Reformen lobte entsprechend "die uruguayische Art, die Dinge anzupacken" und bescheinigte dem Juniorpartner im M E R C O SUR "eine solide Basis für ein kontinuierliches Wachstum". Das Bruttoinlandsprodukt wuchs um mehr als das Doppelte des von der Regierung Projektierten (5,1%), die Exporte erreichten trotz höherer Importzölle der MERCOSUR-Partner Brasilien und Argentinien mit U S $ 2,7 Mrd. (= 14% Zuwachs) einen historischen Rekord. Die Importe wuchsen um 12% auf US$ 3,5 Mrd. Das Defizit der Handelsbilanz erhöhte sich geringfügig auf U S $ 730 Mio. Insgesamt nahm der Außenhandel stark zu. Als Folge der Asienkrise und der abflauenden Nachfrage aus Brasilien ließ die Exportdynamik jedoch nach. Die Inflation sank auf 15%, eine Marke, die seit 1969 nicht mehr erreicht wurde. Die Investitionen legten um 8 % zu. Knapp drei Viertel von Ihnen wurden vom Privatsektor getätigt. Insgesamt erreichten die Investitionen einen Anteil von 12% des BIP. Die Landwirtschaft war 1997 der einzige Sektor, der Produktionsrückgänge registrierte (-1,3%). Hier machten sich die ungewöhnlich starken Regenfälle infolge von "El Niño" negativ bemerkbar. Die verarbeitende Industrie verzeichnete ein Plus von 5,8%. Mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten konnten auch die meisten Dienstleistungsbereiche abschließen. Die Arbeitslosigkeit betrug im Durchschnitt 12%, in bestimmten Landesteilen bis zu 30%. Zählt

129

Lateinamerika Jahrbuch 1998

man die Arbeitsverhältnisse hinzu, hatte nach inoffiziellen Schätzungen jeder dritte Arbeitnehmer keine geregelte Arbeit. Seit der zweiten Jahreshälfte zeichnete sich jedoch eine Tendenz zum Besseren ab (Rückgang auf 10,3%). Die Arbeitskräftenachfrage des privaten Sektors wies eine steigende Tendenz auf. Dies gilt insbesondere für den Dienstleistungs- und Bausektor. Obwohl die Interamerikanische Entwicklungsbank - wie die CEPAL - für Uruguay die höchsten Sozialausgaben sowie die geringsten Armutsindizes im lateinamerikanischen Vergleich auswies, blieben die strukturelle Beschäftigungskrise sowie - als Konsequenz davon - die wachsende soziale Krise die Herausforderungen, mit denen sich die gegenwärtige wie auch die kommende Regierung konfrontiert sehen. Neben der Überwindung der Rezession gelangen der Regierung SANGUINETTI erste Reformschritte im innenpolitisch heftig umstrittenen Erziehungsbereich. Sie ergänzen die 1995 durchgesetzte Sozialversicherungsreform und die Ende 1996 gegen massiven Widerstand der Opposition verabschiedete Verfassungsreform. (Letztere bedeutete das Aus für die kuriose "Ley de Lemas", die parteiinterne Vorwahlen und die Verständigung auf einen Einheitskandidaten der Lemas für die Präsidentschaftswahlen, eine Stichwahl (Ballotage) und die Entkoppelung von National- und Kommunalwahlen vorsah.) Neben der Erziehungsreform wurde die innenpolitische Agenda beherrscht von wachsenden koalitions- und oppositionsinternen Konflikten. Innerhalb der Koalition kam es verschiedentlich zu Distanzierungen von der offiziellen Regierungslinie, Cliquenbildungen und ersten Kandidatenscharmützeln mit Blick auf die Präsidentschafts- und Kongreßwahlen im kommenden Jahr. In dem opponierenden Frente Amplio, der mit einem knappen Drittel der Stimmen bei den Wahlen 1994 nur gerade eben von den beiden Traditionsparteien geschlagen worden war und sich mit ihrem alten und neuen Präsidentschaftskandidaten, dem Ex-Bürgermeister von Montevideo Tabaré VÁZQUEZ, wachsender Wählergunst erfreut, ging der Konflikt zwischen Moderaten (unter VAZQUEZ) und Radikalen (vor allem Ex-Tupamaros) unvermindert weiter. So legten in kurzen Abständen mit Líber SEREGNI und VAZQUEZ zwei ihrer zentralen Führungsfiguren aus Protest gegen die Blockadepolitik des radikalen Flügels ihr Amt als Parteivorsitzende nieder. Ein Kompromiß ist bislang ebenso wenig in Sicht wie ein intern konsensfähiges, alternatives politisches Programm. Dessen ungeachtet, ist die Popularität des Spitzenkandidaten VAZQUEZ ungebrochen. Ob dies zu einem Sieg reicht, dürfte neben der Oberwindung des chronischen "internismo" des Frente nicht zuletzt davon abhängen, ob SANGUINETTI seinen wirtschaftlichen Reformkurs durchhält, Antworten auf die soziale Frage findet und die Koalitionspartner sich bis zum Frühjahr 1999 auf überzeugende Präsidentschaftsanwärter verständigen können. Januar 6.1.

130

Die Auseinandersetzung zwischen moderaten und radikalen Gewerkschaften im Leitungsgremium (Mesa Representativa) des Gewerkschaftsdachverbands PIT-CNT verschärft sich. Anlaß ist ein Artikel in der Wochenzeitung "Búsqueda", in dem Vertreter der Bankengewerkschaft ihren Rückzug aus dem Leitungsgremium für den Fall ankündigen, daß der Stil der gewerkschaftsinternen Auseinandersetzungen sich nicht grundlegend ändere.

Uruguay

März 13.3.

Tabaré VAZQUEZ, Präsident des Frente Amplio und Präsidentschaftskandidat der Vereinigten Linken, leitet aus der im Dezember verabschiedeten Verfassungsänderung Vorteile für den Frente ab und beschwört die Einheit der Linken.

Mitte

In Reaktion auf die wachsende Kriminalität in Montevideo stimmt der Kongreß der Bildung einer freiwilligen Bürgerwehr aus 200 Polizisten im Ruhestand zu. Sie sollen an neuralgischen Punkten der Stadt Patrouillendienste leisten.

April 9.4.

Die Regierung veröffentlicht neuere Daten des CEPAL-Berichts "Panorama Social de América Latina 1996", in dem Uruguay als das Land mit den höchsten Sozialausgaben und der geringsten Armutsrate in Lateinamerika ausgewiesen wird.

14.4.

Neun Jahre nach dem Schlußpunkt-Gesetz ordnet ein Zivilgericht an, nach dem Verbleib von 32 Verschwundenen zu forschen und zu diesem Zweck zwei Militärcamps zu inspizieren. Diese Entscheidung löst Unmut in Militärkreisen und Genugtuung bei Menschenrechtsaktivisten aus. Die Regierung geht auf Distanz. Innenminister OPERTI läßt verlautbaren, Uruguay habe "bereits zur Versöhnung zurückgefunden". Rafael MICHELINI, Senator und Vorsitzender der Oppositionspartei Nuevo Espacio, fordert die Einrichtung einer Wahrheitskommission nach chilenischem Vorbild. Der Frente Amplio reagiert teils zustimmend, teils mit Mißtrauen.

8.5.

Präsident SANGUINETTI erklärt definitiv, für eine weitere Präsidentschaft nicht mehr als Kandidat zur Verfügung zu stehen.

18.5.

General Raul MERMOT, Oberkommandierender des Heeres, erteilt jeglichen Versuchen eine eindeutige Absage, den Verbleib von Verschwundenen aus der Militärzeit aufzuklären. Es sei an der Zeit, Haß und Intoleranz hinter sich zu lassen und "mit Vertrauen, Würde und Respekt" nach vorn zu blicken.

Juni Mitte

In ihrem Jahresbericht "Crónicas del Terror y de la Indignidad" kritisiert Amnesty International Uruguay indirekt, den Aussagen von Ex-Militärs über das Schicksal von Verschwundenen in der Militärzeit nicht genügend Aufmerksamkeit zu schenken.

11.6.

In einem Interview mit der Wochenzeitung "Búsqueda" kündigt Tabaré VAZQUEZ für den Fall eines Wahlgewinns der Linken an, Bankguthaben der Uruguayer zu besteuern, die Einkommensteuern zu erhöhen und den Produkti-

131

Lateinamerika Jahrbuch 1996

onssektor steuerlich zu entlasten. Außerdem sollten die staatlichen Investitionen in den Bereichen Gesundheit und Erziehung erhöht werden. In einem Bericht über die strukturellen Reformen in Uruguay lobt die Weltbank "die uruguayische Art, die Dinge zu regeln" und konstatiert "eine solide Basis für ein kontinuierliches Wachstum". Die Bank korrigiert damit ihren Bericht von Anfang 1996, in dem sie harte Kritik an der Verschleppung notwendiger struktureller Reformen geübt hatte. 12.6.

Nach dem Human Development-Index der Vereinten Nationen nimmt Uruguay den 37. Rang ein (1996: Platz 32). Innerhalb der Region liegt Chile an der Spitze (30), gefolgt von Costa Rica (33) und Argentinien (36). Brasilien (68) und Paraguay (94) rangieren mit zwölf weiteren lateinamerikanischen Ländern unter der Kategorie "mittlere menschliche Entwicklung". Bezüglich des Armutsindex besetzt Uruguay den zehnten Platz.

Juli 3.7.

Guilhermo PERRY, Chefökonom der Weltbank, empfiehlt in einem "Búsqueda"-lnterview, Qualität und Effizienz öffentlicher Dienstleistungen, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Erziehung, sowie generell das Reformtempo noch zu erhöhen.

5.7.

Nachdem auf dem 6. Kongreß des Gewerkschaftsdachverbands PIT-CNT ein weiteres Mal eine Reform der Statuten gescheitert war, wird erstmals das Leitungsgremium des Dachverbandes in geheimer Abstimmung gewählt. Damit findet eine 31jährige Praxis ihr Ende, die Wahl per Akklamation mittels Einheitslisten abzuhalten, die zuvor unter den verschiedenen Strömungen des Syndikalismus ausgehandelt worden waren.

17.7.

Auf einer Veranstaltung des Frente Amplio-Flügels Asamblea Uruguay skizziert die Führungsriege (VAZQUEZ, ASTORI und SEREGNI) die Risiken und die pragmatische Ausrichtung einer künftigen Frenfe-Regierung. Dabei wird unterstrichen, daß die Linke weder den Sozialismus noch einen "radikalen Wechsel" (VAZQUEZ) einführen wird. Um die Wahlen zu gewinnen, sei ein kohärentes und glaubwürdiges Programm unabdingbar. Um regieren zu können, müßten "konjunkturelle Koalitionen über punktuelle Sachthemen" mit anderen politischen Gruppierungen gebildet werden. Inhaltlich käme der Dezentralisierung und der "participación popular" Priorität zu.

24.7.

Präsident SANGUINETTI und Alberto VOLONTÉ (Präsident der Blancos) kommen überein, den sozialen Dialog über das MERCOSUR-Gremium "Foro Consultivo Económico y Social" zu kanalisieren. Unternehmer, Arbeiter und Teile der Blancos reagieren mit Skepsis. Tabaré VÁZQUEZ applaudiert und äußert den Wunsch, an den Treffen des "sozialen Dialogs" teilzunehmen.

August Anfang

132

Tabaré VAZQUEZ qualifiziert die in verschiedenen Teilen des Landesinnern ausgebrochene Streikwelle als Zeichen einer "behutsamen Revolution", auf

Uruguay

die politische Antworten gefunden werden müßten. Oer Regierung NETTI wirft er in diesem Zusammenhang "Hochmut" vor.

SANGUI-

In den Reihen der Blancos verschärfen sich die internen Auseinandersetzungen über den geeignetsten Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen 1999. 11.8.

Anläßlich des 20. Jahrestages des Verschwindens des Schriftstellers und Journalisten Julio CASTRO wirft Rafael MICHELINI, Senator des Nuevo Espacio, der Regierung erneut Inaktivität in der Frage der Aufklärung der Verschwundenen-Schicksale vor. Obwohl das Verjährungsgesetz Untersuchungen über das Verschwindenlassen während der Militärdiktatur vorschreibt, habe die Regierung bislang nichts unternommen. Diese Passivität sei um so unverständlicher, als laut Umfragen 60% der Bevölkerung Antworten über das Schicksal der Verschwundenen während der Militärzeit forderten.

16.8.

Nach einem Bericht des Innenministeriums hat sich die Kriminalitätsrate in Uruguay in jüngster Zeit besorgniserregend erhöht, nicht zuletzt Ausdruck der wachsenden Verarmung von Teilen der Bevölkerung. Die Verschlechterung der öffentlichen Sicherheit und des Vertrauens der Bürger in die Polizei ist Ausdruck unzulänglicher gesetzlicher Regelungen, fehlender Finanzmittel und der wachsenden Korruption.

Ende

Nach Daten des Statistischen Landesamtes ist es der Regierung im ersten Halbjahr 1997 gelungen, ihre Auslandsschulden zu reduzieren. Gleichzeitig jedoch sind die Inlandsschulden weiter angestiegen. Die Devisenreserven fielen im selben Zeitraum um nahezu US$ 100 Mio.

September 16.9.

Aufgrund des Vetos einer radikalen Minderheit des Frente Amplio gegen die Privatisierung des Hotelcasinos Carrasco erklärt Tabaré VÁZQUEZ seinen unwiderruflichen Rücktritt als Parteiführer. Damit ist innerhalb eines Jahres nach Liber SEREGNI der zweite Präsident des Linksbündnisses zurückgetreten. Auch in der Regierungskoalition kommt es zu einer internen Krise. Auf Initiative des rechten, militärischen Kreisen nahestehenden ß/anco-Flügels "Cruzada 94" wird Außenminister Alvaro RAMOS vor das Parlament zitiert, um über das zwischen Argentinien und Uruguay vereinbarte Abkommen über die Regelung des Schiffsverkehrs im Rio de la Plata Rede und Antwort zu stehen. Nach Ansicht der "Cruzada 94" und der Militärs verletzt dieses Abkommen bestehende Regelungen und bedeutet eine Einbuße nationaler Souveränität.

28.9.

Bei den partei-internen Wahlen des Frente Amplio erhält der moderate Flügel mit der sozialistischen Partei an der Spitze die Mehrheit. Zugleich wird die Position des Sozialisten Tabaré VÁZQUEZ innerhalb des Frente als Präsidentschaftskandidat gestärkt - trotz seines Rücktritts als Vorsitzender. Der radikale Flügel insistiert demgegenüber auf seinen historischen Positionen (Rückgängigmachen der Privatisierungen, Nichtzahlung der Auslandsschulden und Revision des MERCOSUR-Vertrages).

133

Lateinamerika Jahrbuch 1998

November 27.11.

Hugo BATALLA, Vizepräsident und Führer des PGP, kündigt offiziell den Wiedereintritt seines Parteiflügels (Lista 99) in die Colorado-Partei an, von der er sich 1 9 8 9 getrennt hatte. BATALLA schließt gleichzeitig aus, diesen Entscheid in einem außerordentlichen PGP-Kongreß zur Disposition zu stellen.

30.11.

Jeremy RIFKIN, US-Ökonom und Autor des Bestsellers "Das Ende der Arbeit", äußert im Rahmen des Gesprächskreises "Circulo Montevideo" die Überzeugung, Uruguay könne aufgrund seiner politischen Kultur, seiner langen demokratischen Tradition und seiner sozialen Konzertierungsmechanismen in Lateinamerika eine Vorreiterrolle übernehmen.

Dezember 1. Hälfte

In einem Grundlagendokument mit dem Titel "Frente Amplio - Encuentro Progresista: Algunas ideas para su actualización" unternimmt Tabaré VÁZQUEZ den Versuch, die verfeindeten Flügel des Oppositionsbündnisses auf eine einheitliche Linie festzulegen. Dabei wird auf die gemeinsamen Grundprinzipien "Respekt vor Legalität, vor demokratischem Pluralismus, sozialer Gerechtigkeit und Solidarität, absoluten Respekt für die Menschenrechte und die Beteiligung des Volkes" abgestellt. Konkret wird eine aktivere Rolle des Staates in der Ökonomie, die Versöhnung von wirtschaftlicher Stabilität mit Wachstum und gerechter Einkommensverteilung, die Wiederverhandlung einiger Aspekte des MERCOSUR, mehr Schutz für die heimische Produktion sowie die Erhebung von Steuern auf Luxusimporte vorgeschlagen. Das Dokument soll nach den Vorstellungen seines Autors in der ersten Hälfte 1998 in einem Sonderkongreß des Frente debattiert und verabschiedet werden.

15. 12.

Auf dem 13. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs des MERCOSUR wird das bisherige "Parque Hotel" offiziell zum administrativen Sitz des Integrationsbündnisses erklärt. Sein neuer Name lautet "Edificio MERCOSUR".

21.12.

Mit 113 gegen 31 Stimmen (unter ihnen die Stimme von Líber SEREGNI) lehnt die Nationalversammlung des Frente Amplio die von der Regierung lancierte Erziehungsreform ab. Die Mehrzahl des radikalen Flügels kritisiert am Regierungsentwurf vor allem seine zu enge Ausrichtung an den Marktgesetzen, die zu geringe finanzielle Ausstattung und die unzulängliche Beteiligung der breiten Massen an der Reformdebatte.

24.12.

Die Regierung kündigt für 1998 den Beginn der zweiten Welle der Staatsreform an. In deren Rahmen sollen 140 bislang staatliche Aktivitäten an Privatunternehmen übergehen, die Reform des öffentlichen Dienstes fortgeführt, hochqualifizierte Spezialisten unter Vertrag genommen sowie das Laufbahnsystem reformiert werden. Klaus Bodemer

134

Uruguay

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt: Fläche (in qkm): Wahrung:

Montevideo 177.414 Peso Uruguayo

URUGUAY Jahr

1. DEMOGRAPHISCHE KENNZIFFERN Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter IS Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Stadtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilità tsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 202} (in Mio.) Durchschnittliche jahrliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

2,91 26,8 61,9 83,8 19,1 2.7 15,7 29,1 55,2

3,09 26,3 62,7 85,5 18,3 2,3 5,3 33 61.7

3,18 24,4 63,4 90,2 16.4 2,2 4.8 26,7 68,5

3,2 24,3 59,7 86,6 17 2,2

HO 36,6

101 21 25 73 513 95,3

3,7 0,4 0,6

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

70,4 513

83 118,7 18.3 21 73,3 97,3

18 22 74 270

3. WIRTSCHAFTLICHE KENNZIFFERN Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Wahrungsreserven (in Mio. USS)

10133 2930 1598 2308 -709 715 290 2401

8355 2640 2390 2162 236 -70 0 1467

17847 5170 3277 3495 -215 357 157 1676

18180 $760 3799 3962 -295 131 169 1923

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

75,8 12,5 17,3 11,7 11,1 33 25,9 55,9

67,3 13 11,8 19,5 11 34 28 55

74 12,8 13,3 13,2 9,8 25,9 17,7 64,3

74 12,5 13,1 13,5 10 26,1 17,8 63,9

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

1660 1127 299 169 18,8 6.1 63,2

4335 3009 1015 418 42,5 0,9 112,3

5307 3823 865 379 24,7 -2 42,2

5041 3535 799 352 21 4,9 28,3

Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

0,3 3,8 49,8

135

Lateinamerika Jahrbuch 1998

136

Brasilien

Brasilien Amtlicher Name: República Federativa do Brasil Präsident: Fernando Henrique CARDOSO Im Amt seit: I.Januar 1995 Nächste Präsidentschafts- bzw. allgemeine Wahlen: Oktober 1998 Vizepräsident: Marco MACIEL Regierungskoaiition: Seit der Amtsübernahme des neuen Präsidenten regieren der Partido da Social-Democracia Brasileira (PSDB) und der Partido da Frente Liberal (PFL) mit Unterstützung der Parteien Partido Trabalhista Brasileira (PTB). Partido do Movimento Democrático Brasileiro (PMDB) und Partido Progressista Brasileiro (PPB). Kabinett (Juli 1998): Äußeres: Luis Felipe LAMPREIA; Justiz und Inneres: Renan CALHEIROS; Planung: Paulo PAIVA: Finanzen' Pedro MALAN; Arbeit: Edward AMADEO; Handel/Industrie/Tourismus: José BOTAFOGO GONQALVES; Institutionelle Reformen: FREITAS

NETO; Landwirtschaft: Francisco TURP.A; Agrarreform: Raul JUNGMANN. Oppositionsparteien im Parlament: Partido dos Trabalhadores (PT), Partido Democrático Trabalhista (PDT), Partido Socialista Brasileiro (PSB) und kleinere Parteien, wie Partido Comunista do Brasil (PCdoB); Partido Social-Cristäo (PSC); Partido de MobilizaQäo Nacional (PMN); Partido Social-Democràtico (PSD); Partido Popular Socialista (PPS); Partido Verde (PV); Partido Social-Liberal (PSL) und Partido Liberal (PL). Sitzverteilung im Parlament (Stand Juni 1997): Abgeordnetenhaus (513 Sitze): PFL: 99: PMDB: 97; PPB: 87; PSDB; 85, PT: 50; PTB. 28; PDT; 25; PSB: 12; PCdoB. 10; PL: 9; PSD: 3; PSL: 2; PMN: 2; PPS: 2; PSC: 1; PV: 1. - Senat (81 Sitze): PFL: 23; PMDB: 22; PSDB: 13; PPB: 8; PT: 5; PDT: 4; PTB: 3; PSB: 2; PPS: 1.

Chronologie 1997 Für Brasilien begann das Jahr ohne virulente Veränderungen an der Wirtschaftsfront. Um so stärker fielen die Maßnahmen aus, die Ende des Jahres mit dem Ziel ergriffen werden mußten, das Land trotz der asiatischen Wirtschaftsturbulenzen auf Kurs zu halten: Um die Kapitalflucht zu verhindern, verdoppelte die Zentralbank die Referenzzinsen, wodurch das Zinsniveau zum weltweit höchsten wurde. Und ein Maßnahmenpaket aus Steuererhöhungen, Ausgabenkürzungen und Exportanreizen leitete schließlich das ein, was viele befürchtet hatten: eine weitere Mäßigung des Wirtschaftswachstums auf knapp 3% 1997 und Anfang 1998 gar eine Rezession. Dabei zeigte sich bereits im August 1997, daß die Einkommensverteilung seit Mai 1996 den alten - vom Real-Plan im Juli 1994 unterbrochenen - Trend zur Konzentration von unten nach oben erneut aufweist. Auf sozialem Gebiet blieben die errungenen Erfolge nicht nur weit hinter den Erwartungen, sondern auch - und noch viel weiter - hinter dem akuten Bedarf an Landzuteilung für Landlose, an Arbeitsplätzen für Arbeitslose, an Schulplätzen für Straßenkinder und an Sicherheit für die Stadtbevölkerung zurück. Aber auf wirtschaftlichem Gebiet ging das Privatisierungs- und Modernisierungsprogramm mit verstärktem Elan voran, wodurch die Aktien/nd/ces selbst nach Abzug des Asien-Effekts auf Rekordhöhe anstiegen, das Auslandskapital wie im Vorjahr mit Rekordzahlen ins Land strömte (US$ 17 Mrd.) und die Zahlungsbilanz erneut mit hohem Überschuß abschließen konnte. Daß dieser Über137

Lateinamerika Jahrbuch 1998

schuß zum größten Teil auf Auslandsverschuldung aufbaut, ergibt sich einerseits aus dem nach wie vor hohen Defizit der Handels- und aus dem noch höheren der Leistungsbilanz (US$ 33,8 Mrd. oder 4,2% des BIP) - Defizite, die auch nicht durch die hohen Direkt- und Portfolioinvestitionen gedeckt werden konnten. Tickt eine neue Zeitbombe? Scheinbar nicht, denn aufgrund der nun erst recht durchgepaukten Verwaltungs- und Renten reformen erhofft sich die Regierung eine dauerhafte Sanierung des Staatshaushalts und eine Erhöhung der internen Ersparnisbildung. Schon 1998 wird man sehen können, ob die Rechnung aufgeht: Dank einer weiteren Verfassungsreform des Jahres 1997 wird sich der jetzige Präsident der Republik erneut der Wahl stellen können. Die Zeichen stehen auf Kontinuität, und nicht unbedingt auf eine kurzfristige Verbesserung der sozialen Lage. Februar 17.2.

Senator Darcy RIBEIRO (PDT), weltweit bekannter Anthropologe und Schriftsteller, stirbt im Alter von 74 Jahren in Brasilia, knapp zwei Monate nach Verabschiedung des von ihm initiierten und nach ihm benannten neuen Nationalen Bildungsrahmengesetzes (Lei de Diretrizes e Bases da Educagäo Nacional).

21.2.

Präsident CARDOSO verkündet das neue Waffenscheingesetz, das u.a. eine Verschärfung der Strafen beim illegalen Besitz und Tragen von Waffen (einschl. der mißbräuchlichen Verwendung/Veräußerung von Spielzeugwaffen) vorsieht. Ziel ist die Eindämmung der Gewalt, v.a. bei Auseinandersetzungen um die Agrarreform und in städtischen Elendsvierteln. Beim Prozeß gegen 153 Militärpolizisten, die wegen der Erschießung von 19 Landarbeitern angeklagt werden, tritt der amtierende Richter mit der Begründung zurück, die geforderte individuelle Beweisführung erscheine ihm als nicht möglich. Die Justiz des Bundesstaates Paré überweist daraufhin den Fall an ein Schöffengericht, womit eine Bestrafung wegen der schwierigen Beweislage praktisch gänzlich unmöglich gemacht wird. Die Angeklagten hatten am 17.4.1996 in Eldorado dos Carajás, Bundesstaat Paré, gegen eine Gruppe von landlosen Landarbeitern das Feuer eröffnet, als letztere sich weigerten, die von ihnen blockierte Straße PA-150 zu räumen. Mit der Straßenblockade hatten sie die Enteignung der Farm Macaxeira für Agrarreformzwecke fordern wollen. Begleitet von 20 finnischen Unternehmern hält sich Finnlands Präsident Martti AHTISAARI ZU einem Staatsbesuch in Brasilien auf. Ziel des Besuchs ist die Verstärkung des finnischen Engagements in Brasilien, v.a. in den Bereichen Bergbau, Zellulose, Energie und Druckindustrie.

24.2

25.2

März 3.3.

Nach einer Studie der Tageszeitung "Folha de Säo Paulo" hat die Privatisierung von 22 Bundesunternehmen und fünf Eisenbahnstrecken zwischen 1991 und 1996 zur Vernichtung von 39.631 Arbeitsplätzen (= rd. ein Drittel der bislang dort Beschäftigten) geführt.

11.3.

Im Rahmen einer Lateinamerika-Reise unterschreibt Frankreichs Präsident Jacques CHIRAC in Brasilien Kooperationsverträge in den Bereichen Sicher-

138

Brasilien

heit, Tourismus und Polizei. CHIRAC spricht sein Verständnis für Brasiliens Automobilimport-Regelungen aus und schlägt die Durchführung einer EUMERCOSUL-Gipfelkonferenz vor. 14.3

Für eine lückenlose Überwachung des Amazonas-Raumes schließt die brasilianische Regierung mit dem auf Wirtschafts- und Verteidigungselektronik spezialisierten US-amerikanischen Unternehmen Raytheon den endgültigen Vertrag zur Installation eines Satelliten- und Radarnetzes (SIVAM - Sistema de Vigilancia da Amazónia) im Wert von insgesamt US$ 1,285 Mrd. ab. Dem Vertragsabschluß waren langwierige parlamentarische und gerichtliche Verhandlungen vorausgegangen, in deren Verlauf zahlreiche Unregelmäßigkeiten bezüglich des Ausschreibungsverfahrens und der Finanzierung aufgetreten waren. Das Projekt soll im Jahr 2002 abgeschlossen sein.

25.3.

Aufgrund einer vorläufigen Rechtsverordnung (Medida Provisória) mit sofortiger Wirkung müssen alle Importwaren im Wert von US$ 10.000 und mehr am Tag der Zollabfertigung bzw. des Warenerhalts bezahlt werden. Diese Beschränkung der Importfinanzierung betrifft rund 65% der brasilianischen Gesamteinfuhren, aber drei Viertel der argentinischen Ausfuhren nach Brasilien. Aufgrund der Proteste seitens Argentiniens und der anderen MERCOSULLänder erläßt die brasilianische Regierung als befristete Ausnahmeregelung die Erhöhung des o.g. Wertes auf US$ 40.000.

30.3.

Die von der Abgeordnetenkammer eingerichtete Sonderkommission zur Untersuchung der Holzwirtschaft im Amazonas-Regenwald legt einen vorläufigen Endbericht vor, wonach die wachsende Entwaldungsrate der Jahre 1995 und 1996 teilweise auf die vielfach illegale Tätigkeit transnationaler, insbesondere malaysischer Holzunternehmen in der Region zurückzuführen ist. Von den 13 dort tätigen Unternehmen wurden elf allein im Jahr 1997 mit einer Geldstrafe belegt, vier davon wegen Holzabbau in Indigenen-Gebieten. Nach einem im April veröffentlichten Bericht der Secretaria de Assuntos Estratégicos im Präsidialamt gehen 80% des Holzabbaus in Amazonien auf das Konto illegaler und zerstörerischer Tätigkeiten zurück. Teilweise als Folge der Entwaldung (aber auch des Klimaphänomens "El Niño") wird die in der zweiten Jahreshälfte herrschende Trockenheit angesehen, die als die schlimmste in der Geschichte Amazoniens gilt; bei den Stauseen für Amazoniens Wasserkraftwerke (die Hauptstromlieferanten der Region) ging der Wasserspiegel so stark zurück, daß täglich für mehrere Stunden der Strom abgeschaltet werden mußte, was erhebliche Verluste für Handel und Industrie (insbesondere in der Freien Produktionszone von Manaus) zur Folge hatte.

April Anfang

Die Ausstrahlung einer Videoaufnahme über einen brutalen Polizeieinsatz im Großraum Säo Paulo löst betroffene Reaktionen in Gesellschaft und Politik aus. Ein Amateurfotograf hatte am 7.3.97 mit einer Videokamera einen Polizeieinsatz aufgezeichnet, bei dem Militärpolizisten Bewohner der Favela Naval in Diadema mit Schlägen traktierten und erpreßten. Als die Aktion fast vorüber war, schoß einer der Beamten in Richtung des gerade inspizierten Pkws und traf einen der Insassen tödlich. Die sich an die Ausstrahlung anschließenden Nachforschungen bringen die Existenz einer Bande von 20 Mili-

139

Lateinamerika Jahrbuch 1998

16.4.

tärpolizisten ans Licht, die auf ähnliche Weise vorgehen. Forderungen nach einer Reform der Polizeistruktur werden lauter. In Begleitung zahlreicher spanischer Unternehmer stattet Spaniens Ministerpräsident AZNAR Brasilien einen Staatsbesuch ab. Ziel ist die Intensivierung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen.

17.4.

Die Landlosenbewegung Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra (MST) veranstaltet die bisher größte Kundgebung gegen die Regierung Fernando Henrique CARDOSO. An dem "Marsch auf Brasilia" nehmen über 30.000 Menschen teil. Zu den Forderungen gehören neben der Beschleunigung der Agrarreform (Ziel: Ansiedlung von 1 Million Menschen bis Ende 1998) auch die Bestrafung der Verantwortlichen für Todesfälle bei Landkonflikten und die Überwindung der neoliberalen Wirtschaftspolitik. Eine Delegation wird von CARDOSO empfangen, woraufhin eine gemeinsame Kommission zur Bearbeitung der Forderungen gebildet wird. Einen Monat später zieht die Landlosenbewegung ihre Beteiligung mit der Begründung zurück, daß eine solche Kommission für die Agrarreform eher hinderlich sei.

21.4.

Staatsbesuch von Präsident CARDOSO in Kanada in Begleitung von zahlreichen brasilianischen Unternehmern. Neben einer Intensivierung des bilateralen Wirtschaftsaustausches streben beide Regierungen den Abschluß eines Freihandelsabkommens zwischen MERCOSUL und Kanada möglichst noch vor der Bildung der gesamtamerikanischen Freihandelszone ALCA an. Nach monatelangen Auseinandersetzungen über den beiderseitigen Handel, v.a. in den Bereichen Leder, Textilien und Kraftfahrzeuge, unterzeichnen die Präsidenten MENEM (Argentinien) und CARDOSO in Rio de Janeiro ein Abkommen zur Verstärkung der wirtschaftlichen und militärischen Kooperation. "Ich dachte, es war nur ein Bettler" - mit diesen Worten versuchte einer von fünf Jugendlichen den Mord an Galdino Jesus DOS SANTOS ZU entschuldigen, einem indigena des Stammes der pataxö hä-hä-häe (Süd-Bahia). Dos SANTOS hatte am "Tag des Ureinwohners" in der Hauptstadt Brasilia zusammen mit neun anderen Stammesmitgliedern die Legalisierung ihres Reservats gefordert. An einer Bushaltestelle war er nachts eingeschlafen, von Jugendlichen angezündet worden und seinen Brandverletzungen erlegen. Die zunächst erhobene Mordanklage gegen die fünf Jugendlichen wurde später in Körperverletzung mit Todesfolge umgewandelt.

27.4.

30.4.

Am 1.5. wird in Brasilia eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach den pataxö der Besitz an 778 ha Land in Süd-Bahia zugesprochen wird. Eine endgültige gerichtliche Zuweisung erfolgt nicht, da auch private Farmbesitzer Anspruch auf dieselbe Fläche erheben. Am gleichen Tag nehmen die pataxös hä-hä-häe in Süd-Bahia den Vorsitzenden der staatlichen IndianerschutzStiftung FUNAI, Jülio GAIGER, mehrere Stunden lang als Geisel fest und besetzen anschließend fünf Farmen innerhalb des Reservats. Der FUNAI-Chef hatte an der Beerdigung von Galdino Jesus DOS SANTOS teilnehmen wollen. Mai 2.5.

140

Paulo FREIRE, der weltbekannte brasilianische Volkspädagoge, stirbt mit 75 Jahren in Säo Paulo an einem Herzinfarkt. FREIRE war 1979 nach 15jährigem Exil nach Brasilien zurückgekehrt, wo er sich in der Arbeiterpartei PT enga-

Brasilien

6.5.

13.5

15.5

gierte und u.a. von 1989 bis 1992 Erziehungssekretär des municipio von Säo Paulo wurde. Der Staatsanteil (Kontrollmehrheit von 41,73%) an der weltgrößten Eisenerzförder- und -exportgesellschaft Companhia Vale do Rio Doce (CVRD) wird in Rio de Janeiro versteigert. Mit dem Gebot von US$ 3,299 Mrd. (lediglich 20% über dem geforderten Mindestpreis) setzt sich eine Unternehmensgruppe durch, zu der der brasilianische Textil- und Stahlkonzern Vicunha, die brasilianische Bank Bradesco sowie US-amerikanische Banken und brasilianische private Rentenfonds gehören. Der Weg für die Entstaatlichung des Konzerns war frei geworden, nachdem es der Regierung auf dem Rechtsweg gelungen war, insgesamt 135 Gerichtsklagen und 26 einstweilige Gerichtsverordnungen abzuschmettern. Der CVRD gehören neben den Schürfrechten für Eisenerz auch solche für Gold, Silber, Mangan, Kupfer, Bauxit, Zink, Nickel, Chrom, Zinn und Wolfram. Ihr wichtigstes Areal liegt in der sog. Bergbauprovinz von Carajäs auf einer Fläche von 525.000 km2 im Bundesstaat Parä in Amazonien. Anläßlich der in der Abgeordnetenkammer abgehaltenen ersten Nationalen Menschenrechtskonferenz bemängelt amnesty international in einer Stellungnahme die Menschenrechtspolitik der Regierung CARDOSO wegen ihres diffusen Charakters, der faktischen Straflosigkeit von Polizeiverbrechen und wegen des fehlenden Zeugenschutzes. Zugleich lobt sie die Gründung eines Nationalen Menschrenrechtssekretariats und die Einbeziehung der Folter in die Liste der Straftatbestände. In Belo Horizonte findet das dritte Treffen der Handelsminister Amerikas zur Vorbereitung der Gesamtamerikanischen Freihandelszone ALCA statt. Die erhoffte Annäherung der Standpunkte zwischen MERCOSUL und USA bleibt aus. Hauptstreitpunkt ist der Termin 2005, der aus der Sicht der MERCOSULLänder den Beginn, aus Sicht der USA den Abschluß der gesamtamerikanischen Handelsliberalisierung bringen soll.

26.5

Die Wochenzeitschrift "Veja" berichtet, daß sich in den letzten Wochen mehr als 2.000 Gefangene an acht Rebellionen gegen die unhaltbaren Zustände in brasilianischen Gefängnissen beteiligt haben. Dem Bericht zufolge sind rd. ein Viertel der Insassen Aids-infiziert; sie verfügen teilweise über "Aufenthaltsräume" von 30 cmJ (!) pro Person.

28.5

Vertreter der Zentralregierung und der Landesregierung von Säo Paulo unterschreiben in Brasilia ein Umschuldungsabkommen, kraft dessen der Bund R$ 50,3 Mrd. Schulden des Bundesstaates übernimmt und im Gegenzug die Aktienmehrheit der landeseigenen Bank Banespa und der Strombetreibergesellschaften Eletropaulo und Cesp erhält. Außerdem verpflichtet sich Säo Paulo für 30 Jahre, einen Teil seiner Steuern an den Bund abzutreten. Auch andere Bundesstaaten streben ähnliche Umschuldungsabkommen an. Nach der monatlichen Ermittlung durch das Brasilianische Statistikamt IBGE in den Hauptstädten von sechs Bundesstaaten lag das durchschnittliche Realeinkommen der Beschäftigten (R$ 634,11) im März 0,6% unter dem vom März 1996 bzw. 2% unter dem vom Februar 1997; in der Verarbeitungsindustrie gehen die Reallöhne seit 1995 Jahr für Jahr zurück. Die Arbeitslosenzahlen gingen geringfügig von 6% (März 1997) auf 5,7% (April 1997) zurück.

29.5

141

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Juni Anfang

Nach einer Veröffentlichung der Lehrergewerkschaft beträgt das Gehalt eines Grundschullehrers mit 40 Lehrstunden/Woche im Juni 1997 im Nordoststaat Paraiba R$ 104, in Brasilia jedoch R$ 848. Mit dem durch eine Verfassungsänderung vom 11.9.96 eingeführten Erziehungsfonds (Fundo de Manutengäo e Desenvolvimento do Ensino Fundamental e de Valorizagäo do Magistärio), gültig ab 1.1.98, sollen die Bundesstaaten und Munizipien in die Lage versetzt werden, mindestens R$ 300,00 pro Jahr und Schüler in die Erziehung zu investieren sowie R$ 300,00 als Gehalt für einen Grundschullehrer mit wöchentlich 20 Lehrstunden zu zahlen. Gespeist wird der Fonds aus Einzahlungen von Munizipien und Bundesstaaten in Höhe von 15% der Zuwendungen für Bildungszwecke, die sie vom Bund erhalten.

4.6.

Eine Verfassungsänderung, die den gegenwärtigen Inhabern von Exekutivämtern (einschließlich des Präsidenten) eine Wiederwahl ermöglicht, wird im Senat in zweiter Lesung (erste Lesung am 28.1.) angenommen und sofort verkündet. Vorausgegangen waren harte Verhandlungen um die Stimmen einzelner Parlamentarier des Regierungslagers, die nur gegen die Freigabe von Haushaltszuwendungen und/oder gegen die Vergabe von öffentlichen Ämtern bereit gewesen waren, der Regierungsvorlage zuzustimmen. Die Schwierigkeit liegt u.a. in der für Verfassungsreformen erforderlichen hohen Mehrheit in Abgeordnetenhaus und Senat von mindestens 3/5 der Stimmen in je zwei Lesungen. Im Mai waren die Abgeordneten Ronivon SANTIAGO und Joäo MAIA (beide von der Regierungspartei PFL) aus ihrer Partei ausgeschlossen worden, nachdem durch Veröffentlichung von aufgenommenen Telefongesprächen bekannt geworden war, daß sie nur gegen Zahlung von R$ 200.000 für die Verfassungsreform stimmen würden. Als Geldgeber waren der Kommunikationsminister (und Präsidentenintimus), Sergio MOTTA, und der (wiederwahlwillige) Gouverneur von Acre, Oleir CAMELI, genannt worden. Die vielfach geforderte Einrichtung einer parlamentarischen Untersuchungskommission wird von der Regierung verhindert. Für bereitwillig erwiesene Unterstützung erhält der PMDB zwei neue Ministerien (Justiz und Transport). Americel - ein Konsortium aus kanadischen und US-amerikanischen Telefongesellschaften sowie brasilianischen Pensionsfonds - übernimmt die erste Lizenz für Mobiltelefone im Bereich Brasilia sowie einiger Bundesstaaten des Zentralwestens und Nordens zum Preis von R$ 338,5 Mio. (25% über dem Mindestpreis). Wenig später ersteigert ein Konsortium unter Führung des USUnternehmens Southern Electric 33% der ordentlichen Aktien der Elektrizitätsgesellschaft von Minas Gerais CEMIG zum Preis von R$ 1,13 Mrd.

5.6.

In einer offiziellen Note bestätigt Heeresminister General Zenildo DE LUCENA die beabsichtigte Entwicklung von Gas-Graphit-Atomreaktoren im Rahmen des sog. "Projeto Atläntico". Ziel ist die Aneignung von Nukleartechnologie für friedliche Zwecke, wie beispielsweise die Bestrahlung von Nahrungsmitteln sowie für medizinische, landwirtschaftliche und industrielle Anwendungen. Die Entstehung von Plutonium als Nebeneffekt bleibt in der Note unerwähnt.

11.6.

Nach einer Übersicht der Wochenzeitschrift "Veja" haben bisher 24 KfzHersteller aus aller Welt Investitionen im Gesamtwert von US$ 21 Mrd. bis zum Jahr 2000 in Brasilien angekündigt. Den Löwenanteil sollen die Südost-

142

Brasilien

11.6.

12.6.

24.6.

25.6.

26.6.

28.3.

30.3

und Südstaaten erhalten; der Nordosten bleibt dabei mit über US$ 1,9 Mrd. nicht ganz unberücksichtigt. Nach einem Bericht des brasilianischen Bundesrechnungshofes verminderten sich die effektiven Ausgaben der Zentralregierung im Jahr 1996 für den Erziehungsetat auf R$ 9,5 Mrd. (-12,5%) und für den Gesundheitsetat auf R$ 14,6 Mrd. (-51,9%). Mit einer vorläufigen Rechtsmaßnahme (Medida Provisöria) und mit einem Dekret will die Regierung CARDOSO die Umsetzung der Agrarreform beschleunigen und zugleich die bisher praktizierte Entschädigung von enteigneten Großgrundbesitzern in einem über dem Marktpreis liegenden Wert verbieten. Zugleich werden wichtige Schritte des Enteignungsverfahrens, wie Eintragung, Begehung und Wertschätzung des Grundbesitzes, dezentralisiert, sofern die Bundesstaaten entsprechende Gremien unter Beteiligung der Zivilgesellschaft einrichten. Schließlich werden Farmen von einer Enteignung solange ausgenommen, wie sie besetzt gehalten werden. Bei der Eröffnung der UN-Sondersitzung über Umwelt und Entwicklung schlägt Präsident CARDOSO Rio de Janeiro als dauerhaften Sitz des "Forums Umwelt und Entwicklung" vor. Nach jahrelanger Ablehnung unterzeichnet Brasilien den Nichtverbreitungsvertrag für Atomwaffen. Damit will Brasilien seinem Anspruch auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat Nachdruck verleihen. Nach zwei Wochen kommen die Kontrahenten eines ungewöhnlichen Streiks - 80% der 42.000 Militärpolizisten von Minas Gerais auf der einen, die Landesregierung auf der anderen Seite - zu einem Kompromiß in Form einer Gehaltserhöhung um 48% auf R$ 615. Mit einer ähnlichen Forderung tritt am gleichen Tag die Militärpolizei des Bundesstaates Pernambuco - wie danach auch die von Alagoas und Mato Grosso do Sul - in den Ausstand. Angesichts der daraufhin in Pernambuco sprunghaft ansteigenden Kriminalität fordert der Gouverneur, Miguel ARRAES, das Eingreifen von Heerestruppen. 15 Anführer werden festgenommen. Bis zum 18.7. befinden sich in 17 (von insgesamt 27) Bundesstaaten 250.000 Militärpolizisten im "Rebellionszustand". Bei ähnlichen Aktionen der Zivil- und Militärpolizei von Cearä Ende Juli kommt es zu gewalttätigen Ausschreitungen, woraufhin Gouverneur Tasso JEREISSATI (PSDB) die angebahnten Verhandlungen abbricht, die Anführer verhaften läßt und die Streikenden entläßt. Das Beispiel macht Schule, und ähnliche Rebellionen von Militärpolizisten in anderen Bundesstaaten kommen bis Anfang August zur Ruhe. Am 2.9. bringt die Zentralregierung einen Verfassungsänderungsentwurf in das Parlament ein, der eine grundlegende Reform der Polizeistrukturen auf Bundes-, Landes- und Munizipienebene erlaubt. Am 4.9. wird per Regierungsdekret ein Nationales Polizeisekretariat eingerichtet, dessen Arbeit erst nach Annahme der o.g. Verfassungsänderung beginnen soll, da Militär- und Zivilpolizei bisher in die Zuständigkeit der Bundesstaaten fallen. Nach einer Studie des Zentrums für Gewerkschaftliche Analysen der Universität Campinas (CESIT) wurden im Zuge des Piano Real zwischen Juli 1994 und März 1997 733.177 formelle Arbeitsplätze vernichtet - die meisten davon in der Industrie (464.909) und im Dienstleistungsbereich (108.727). Die landeseigene Bank von Rio de Janeiro BANERJ wird von dem Banco Itaü für US$ 311,1 Mio. ersteigert, womit letzterer seine Position als zweitgrößte

143

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Privatbank hinter Bradesco festigt. Der seit 1994 verstärkte Konzentrationsprozeß im brasilianischen Bankwesen setzt sich fort. Von den 271 brasilianischen Banken wurden seitdem 72 entweder aufgekauft, geschlossen oder unter die Verwaltung der Zentralbank gestellt. Bis Juli 1997 setzte die brasilianische Regierung für den Umstrukturierungsprozeß brasilianischer Privatbanken R$ 20,3 Mrd. aus dem Stützungsprogramm PROER teils als Kredite, teils als Zuschüsse ein, davon R$ 14 Mrd. allein für die Sanierung der drei Großbanken National, Econòmico und Bamerindus. Juli Anfang

Das Instituto de Verificagäo de Circulagäo listet die größten Tageszeitungen Brasiliens auf: "Folha de Säo Paulo" (475.050 Exemplare), "O Estado de Säo Paulo" (370.975) sowie die beiden Zeitungen aus Rio de Janeiro "O Dia" (332.011) und "O Globo" (326.746). Die landesweit einflußreiche Tageszeitung "Jornal do Brasil" belegt mit 99.351 Exemplaren lediglich den achten Platz. Wichtigste Wochenzeitschriften sind das Magazin "Veja" mit 1.159.955, gefolgt von "Istoe" mit 313.115 Exemplaren.

1.7.

Drei Jahre nach Einführung der neuen Währung Real im Rahmen des gleichnamigen Stabilisierungsplans konnte die Inflation von über 1.000% p.a. (1994) auf 9,3% (1996) und 4,9% (Januar bis August 1997) gedrückt werden. Dieser Erfolg wird teils auf Kosten eines wachsenden externen Ungleichgewichts (Leistungsbilanzdefizit im August '97: US$ 19,9 Mrd. oder 3,9% des BIP), teils auf Kosten einer konjunkturdämpfenden Hochzinspolitik erkauft. Wegen der exponentiell wachsenden inländischen Staatsverschuldung stellen die hohen Zinsen eine weitere Belastung für den ohnehin defizitären Staatshaushalt dar (Haushaltsdefizit im Juni 1997: 3,1% des BIP). Dieses "doppelte Defizit" macht Brasilien für externe Schocks besonders anfällig (s. Asienkrise ab Oktober 1997).

9.7.

Mit einem Gebot von R$ 2,65 Mrd. (341% über dem Mindestpreis) setzt sich ein gemischtes amerikanisch-brasilianisches Konsortium - darunter Bell South und Banco Safra mit je 46% - gegen andere Mitbieter (unter ihnen Mannesmann AG) bei der Versteigerung der Konzession für das Mobilfunknetz 1 (das den Großraum Säo Paulo umfaßt) durch. Bis zum 8.8. werden weitere vier Konzessionen für die Mobiltelefonnetze der Bundesstaaten vom Norden, Zentralwesten und Nordosten im Gesamtwert von R$ 2,47 Mrd. durchschnittlich 85,9% über dem geforderten Mindestpreis - versteigert.

12.7

Mit dem allgemeinen Telekommunikationsgesetz Nr. 9.472/1997 wird die brasilianische Bundesregierung zum Verkauf sämtlicher Unternehmen des Telebras-Systems (geschätzter Gesamtwert: US$ 100 Mrd.) ermächtigt. Zugleich wird die Regulierungs- und Qberwachungsbehörde ANATEL geschaffen.

14.7.

Der bisherige Präsident der Nationalen Indianerschutz-Stiftung FUNAI, Jülio GAIGER, stellt sein Amt zur Verfügung. Als Begründung für seinen Rücktritt führt er den mangelnden Einsatz der Regierung bei der Umsetzung ihrer Indianerpolitik, v.a. in den Bereichen Erziehung und Landwirtschaft, an. 15.000 streikende Landesbedienstete, darunter auch Zivil- und Militärpolizisten, umzingeln den Landtag von Maceiö (Alagoas), um die Parlamentarier zu einer Amtsenthebung von Gouverneur Divaldo SURUAGY (PMDB) ZU bewe-

17.7

144

Brasilien

gen. Dieser erbittet sich zunächst eine 180-Tage-Frist und tritt schließlich im November definitiv zurück. Bei der Einkreisung des Landtags werden drei Personen verletzt. Damit eskaliert die seit Jahren schwelende Finanzkrise des Bundesstaates zu einer politischen Krise. Der Gouverneur hatte zwar Schulden gegenüber Bauunternehmen und Zuckerbetrieben getilgt, Gehälter aber nur mit einer Verspätung von bis zu 8 Monaten überweisen lassen. Der Senat verabschiedet ein Gesetz zur Regelung des Erdölsektors nach Abschaffung des staatlichen Erdölmonopols. Es regelt den Zugang von Privatfirmen, verbietet die Privatisierung der staatlichen Petrobras und schafft eine Regulierungsbehörde - die Agencia Nacional do Petróleo. Die Verkündung erfolgt im August durch Präsident CARDOSO. 26.7.

29.7.

30.7.

31.7.

Während eines Besuchs in Brasilien spricht sich Portugals Premierminister, Antonio GUTERRES, für die Konsolidierung des M E R C O S U L als einen Beitrag zum Kräftegleichgewicht zwischen der EU und der NAFTA aus. In der EU sei Portugal "Brasiliens großer Verbündeter". Bei der Erstürmung eines von rebellierenden Insassen eingenommenen Staatsgefängnisses in Joäo Pessoa, Bundesstaat Paraiba, werden acht Gefangene erschossen; sieben von ihnen waren laut Autopsie zuvor gefoltert worden (vgl. 26.5.). Ein Regierungserlaß verbietet für zwei Jahre den Abbau von Mahagoni- und Virola-Holz und erhöht den Waldschutz auf Landbesitz in Amazonien auf 80%. Vertragsunterzeichnung für eine insgesamt 3.060 km lange Erdgaspipeline zwischen Bolivien (556 km) und Brasilien (2.504 km) mit einer Gesamtkapazität zur Lieferung von bis zu 30 Mio. mYTag. Vereinbart wird die Lieferung von Erdgas an Brasilien in Höhe von 8 Mio. mYTag im ersten Jahr, ansteigend auf 16 Mio. mYTag bis zum achten Betriebsjahr. Gesamtkosten: über US$ 1,88 Mrd.

August Anfang

Angesichts des unzureichenden Binnenangebots von Alkohol als Kraftstoff sucht die Regierung mit der Einrichtung eines interministeriellen Ausschusses nach einem neuen Förderkonzept für die Alkoholproduktion. Obwohl immer noch 25% der zugelassenen Autos mit Alkohol fahren, wurden in den ersten neun Monaten 1997 nur 1.044 mit Alkohol betriebene Neuwagen produziert (bei einer Gesamtproduktion von 1,597 Mio. Pkws im selben Zeitraum). Die Alkoholherstellung wird 1997 noch mit R$ 0,09 je Liter Benzin subventioniert. Der Militärpolizist Nelson OLIVEIRA DOS SANTOS CUNHA wird von der Teilnahme an der 1993 verübten Ermordung von acht Straßenkindern vor der Candeläria-Kirche in Rio de Janeiro freigesprochen, obwohl er in erster Instanz seine Beteiligung gestanden hatte und zu 261 Jahren Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Er bleibt wegen versuchten Mordes an einem der Überlebenden (Wagner DOS SANTOS) in Haft. Von den weiteren Angeklagten befindet sich einer in Haft, der zweite wurde 1994 getötet, ein dritter sitzt in Untersuchungshaft. In Itaipava bei Rio de Janeiro tagt zum ersten Mal das gemeinsame argentinisch-brasilianische Gremium für Regierungskonsultationen im militärischen 145

Lateinamerika Jahrbuch 1998

und diplomatischen Bereich. Ziel der Gespräche ist, die seit 30 Jahren bestehende militärische Kooperation zur offiziellen Regierungspolitik zu erheben. Die Übernahme nichtmilitärischer Funktionen - wie Drogenbekämpfung und Kontrolle der Sozialbewegung - wird durch das Militär beider Länder abgelehnt. 6.8.

Bahias landeseigene Elektrizitätsgesellschaft Coelba wird für R$ 1,73 Mrd. (77,4% über dem Mindestpreis) versteigert. Neuer Eigentümer ist ein Konsortium aus dem spanischen Unternehmen Iberdrola, dem Banco do Brasil und dessen Versicherungsfonds Previ mit R$ 1,73 Mrd.

9.8.

In Rio de Janeiro stirbt mit 62 Jahren der Soziologe Herbert DE SOUZA. Allseitige Anerkennung erlangte der aus dem Exil 1979 zurückgekehrte politische Aktivist ("Betinho") als Leiter des Dokumentations- und Forschungszentrums IBASE, Rio de Janeiro, und als Initiator der "Kampagne gegen den Hunger und für die Bürgerrechte". 1991 erhielt er von den Vereinten Nationen den Preis "Global 500" für Verdienste im Kampf um die Agrarreform und um die Anerkennung der Rechte der indigenen Bevölkerung. Nach dem Abschlußbericht einer Parlamentarischen Untersuchungskommission über Unregelmäßigkeiten bei der Ausstellung von öffentlichen Schuldtiteln in Santa Catarina, Alagoas, Pernambuco und Säo Paulo sind Verluste in Höhe von insgesamt R$ 237,9 Mio. entstanden. Der für die Stadt Säo Paulo verantwortliche Finanzbeauftragte und heutige Bürgermeister, Celso PITTA, wird von einem Amtsgericht seines Amtes und seiner politischen Rechte enthoben sowie mit einer Geldstrafe belegt. Da aber das Urteil nicht rechtskräftig ist, bleibt der Bürgermeister im Amt.

20.8.

September Anfang

17.9.

146

Mit Blick auf eine angestrebte Wiederwahl wechseln mehrere Gouverneure termingerecht - nämlich vor dem 2.10. - ihre Parteizugehörigkeit: Dante DE OLIVEIRA (Mato Grosso, vom PDT zum PSDB), Jaime LERNER (Paraná, vom PDT zum Partido da Frente Liberal PFL), Amazonino M E N D E S (Amazonas, vom Partido do Movimento Democrático Brasileiro PMDB zum PFL), Oleir CAMELI (Acre, vom Partido Trabalhista Brasileiro PTB zum PFL) und Vítor BUAIZ (Espirito Santo, vom Partido dos Trabalhadores PT zum PPS). Zu der zuletzt genannten Partei wechselt auch der ehemalige Gouverneur von Ceará und ehemalige Finanzminister der Regierung Itamar FRANCO, Ciro G O M E S (bis dahin PSDB), der später als Präsidentschaftskandidat des PPS aufgestellt wird. Bis Oktober haben 40% der Parlamentsabgeordneten ihre Parteizugehörigkeit gewechselt - die meisten zugunsten des konservativen PFL, deren Mitgliederzahl von 89 auf 198 anwächst, während die des PMDB von 108 auf 89 zusammenschrumpft. Auf einer Auktion erhält das Konsortium Santos Brasil den Zuschlag für die Pacht des Containerterminals "Tecon 1" von Santos. Mit dem Gebot von R$ 274,48 Mio. übertrifft es den Mindestpreis um 171%. Eine der zu erfüllenden Ausschreibungsbedingungen war die Verpflichtung, binnen zwei Jahren die Stückkosten im Containerumschlag von US$ 500 auf US$ 150 zu senken. Aufgrund der Privatisierung ihres operationalen Teils beginnt die Hafenbetrei-

Brasilien

18.9.

22.9.

29.9.

bergesellschaft CODESP am 24.9. mit der Entlassung von 2.290 ihrer insgesamt 5.235 Beschäftigten. Das Bundesministerium für die Agrarreform gibt die Ergebnisse der ersten "Agrarreform-Zählung" bekannt, die von 29 brasilianischen Universitäten unter Führung der Universität von Brasilia durchgeführt wurde. Demnach ist bis dato 9 7 . 7 5 0 Familien unter der Regierung CARDOSO (offizielle Angaben: 1 0 4 . 0 0 0 ) Land zugewiesen worden. Dessen ungeachtet, vergibt Präsident CARDOSO in einer Feierstunde in Brasilia am 22.12. den angeblich 80.000sten Landbesitztitel des Jahres 1997, womit das Jahresziel noch vor Ende des Jahres erreicht und die Gesamtzahl der unter CARDOSO angesiedelten Familien auf 185.900 angestiegen sei. Nach Ansicht der Landlosenbewegung (MST) darf jedoch nicht als "Agrarreformleistung" verbucht werden, was als Besiedlungs- und Urbarmachungsvorhaben realisiert wurde; ebensowenig könne eine bloße Legalisierung von Landbesitz als Agrarreform verstanden werden. Der MST beziffert die 1997 angesiedelten Familien auf lediglich 16.457. Allein im Jahr 1996 wurden 653 Konflikte um Landbesitz (davon 398 in Form von Landbesetzungen) registriert - die Höchstzahl seit 1989. Die Anzahl von Landbesetzungen lag damit um 172% über der von 1995. Zu beklagen waren 46 Todesfälle, darunter 28 Mitglieder der Landlosenbewegung, 13 besitztitellose Bauern (posseiros) und 5 Farmarbeiter. Außenminister Felipe LAMPREIA bekundet vor der UNO-Vollversammlung erneut den Anspruch Brasiliens auf einen permanenten Sitz im Sicherheitsrat und weist auf die Unterstützung seitens "der meisten" lateinamerikanischen Länder hin; Argentinien und Mexiko sind eher dagegen (vgl. 25.6.). Im Urteilsverfahren gegen José RAINHA, ein führendes Mitglied der Landlosenbewegung, wird der Gerichtsstand auf Antrag der Verteidigung in die Landeshauptstadt Vitöria verlegt. RAINHA war am 11.6. vom Amtsgericht von Pedro Canàrio trotz mehrfach bezeugter Alibis wegen Beteiligung an der Ermordung eines Farmers zu 26 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt worden. Bei Strafen in dieser Höhe steht jedem Verurteilten das Recht auf ein neues Verfahren zu.

Oktober 5.10.

Am letzten Tag seines fünftägigen Besuchs in Brasilien feiert Papst JOHANNES PAUL II vor 2 Millionen Menschen auf dem Strand Flamengo in Rio de Janeiro eine Hl. Messe. In seinen zahlreichen Ansprachen mahnte der Papst vor allem den Schutz des ungeborenen Lebens und der Familie sowie die soziale Gerechtigkeit und die Agrarreform in Brasilien an.

8.10.

Nach einem Bericht der Wochenzeitschrift "Veja" hat das Grundschulförderungsprogramm (Bolsa Escola) des Gouverneurs von Brasilia, Cristovam BUARQUE, seit dessen Beginn vor drei Jahren bereits 22.939 von insgesamt 42.480 einkommensschwachen Familien erreicht. Dabei erhalten sie - gegen Nachweis des Schulbesuchs ihrer Kinder im Alter von 7 bis 14 Jahren - ein "Stipendium" von monatlich R$ 120. Die Anzahl von Straßenkindern in Brasilia ist im Berichtszeitraum von 862 auf unter 600 gesunken. Die UNESCO empfiehlt das Programm anderen armen Ländern zur Nachahmung. 147

Lateinamerika Jahrtuch 1998

Der Senat verabschiedet in zweiter Lesung den Rentenreformentwurf mit wesentlichen Änderungen an der Vorlage des Abgeordnetenhauses. Die Änderungen betreffen u.a. die Einführung einer Mindestbeitragszeit von 35/30 Jahren und eines Mindestalters von 60/55 Jahren für Männer/Frauen. Aufgrund der Modifikationen wird das Reformvorhaben für weitere zwei Lesungen an die Abgeordnetenkammer zurückverwiesen. Nach einer vom Statistischen Bundesamt IBGE im Jahr 1996 durchgeführten Stichprobenuntersuchung der brasilianischen Haushalte werden Rentenbeiträge nur von 56,3% der insgesamt 68 Millionen Beschäftigten bezahlt. 13.10.

Bei der ersten Etappe seiner Lateinamerika-Reise landet US-Präsident Bill CLINTON in Brasilia, wo er nach Gesprächen mit Präsident CARDOSO sein Bedauern für kritische Passagen im Bericht der US-Regierung zur Situation in Brasilien äußert. Er versichert der brasilianischen Regierung die Unterstützung für den Fortbestand des MERCOSUL selbst nach Gründung der Freihandelszone ALCA im ganzen amerikanischen Kontinent im Jahr 2005.

21.10.

Eine vom Landtag in Rio de Janeiro in Auftrag gegebene Studie des Forschungszentrums ISER kommt nach der Untersuchung von 934 Polizeieinsätzen mit Todesfolgen zum Ergebnis, daß in 64% der Fälle die Leichen Einschüsse von hinten aufweisen. Dies lasse den geleisteten "Widerstand", der von der Polizei gewöhnlich als Rechtfertigung vorgebracht wird, fraglich erscheinen. Das Land Rio Grande do Sul versteigert 95,75% des stimmberechtigten Kapitals an der Stromverteilungsgesellschaft CEEE für den Norden, Nordosten sowie Zentralwesten des Bundesstaates gegen das Höchstgebot von R$ 1,63 Mrd. (93,5% über dem geforderten Mindestpreis) an das Konsortium VBC (gebildet aus den Unternehmen Votorantim, Bradesco und Camargo Correa), an den Rentenfonds Previ und an die US-Stromgesellschaft CEA. Einige Tage später wird ein landeseigener Anteil von 53,35% am Kapital der Stromgesellschaft Enersul im Bundesstaat Mato Grosso do Sul zum Preis von R$ 625,55 Mio. (83,8% über dem geforderten Mindestpreis) an die Stromgesellschaft von Espirito Santo Escelsa versteigert, die selbst erst 1996 privatisiert worden war.

27.10.

Im Sog des Börseneinbruchs vom 23.10. in Hong Kong fällt der Aktienindex der Börse in Säo Paulo binnen 4 Tagen um 14,9%, nachdem er in den vorangegangenen 12 Monaten einen Rekordanstieg um 102% verzeichnet hatte. Um dem Abwertungsdruck auf die nationale Währung zu begegnen, setzt die Zentralbank bis Ende November US$ 9,9 Mrd. ihrer Devisenreserven ein, die auf US$ 51,1 Mrd. zurückgehen. Zur Eindämmung der Kapitalflucht verdoppelt sie Ende Oktober die Leitzinsen von monatlich 1,58% auf 3,05% und erhöht die periodischen Miniabwertungen des Real auf (in Kaufkraft gemessen) 4-5% jährlich. Ergänzend erläßt die Zentralregierung am 5.11. ein Paket mit 51 Maßnahmen, die durch Einsparungen und Steuererhöhungen den Staatshaushalt um rd. US$ 20 Mrd. entlasten sollen. Gleichzeitig verstärkt die Regierung den Druck auf das Parlament für eine schnellere Abwicklung der Strukturreformen. Das internationale Vertrauen wird zurückgewonnen, und der Real bleibt weitgehend stabil.

148

Brasilien

November Anfang

Nach einem Bericht des Landesministeriums für Umweltentwicklung von Rondönia beläuft sich der inzwischen entwaldete Teil dieses westamazonischen Bundesstaates auf 5,4 Mio. ha oder knapp ein Viertel der Staatsfläche. Allein 1 9 9 5 - 1 9 9 6 habe die gerodete Fläche um 2 0 , 6 % zugenommen.

5.11.

Die indigenen Stämme der Xavantes und Carajäs erwirken bei der örtlichen Justiz einen Baustopp für die auf 2 . 0 0 0 km Länge ausgelegte Wasserstraße Araguaia-Tocantins, da die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung noch ausstehe. Bereits am 1 2 . 4 . hatte Präsident CARDOSO die 1 . 2 7 0 km lange Wasserstraße Madeira-Amazonas eingeweiht, die Porto Velho in Rondönia mit Itacoatiara im Bundesstaat Amazonas verbindet und u.a. den Transport der Sojaproduktion vom Norden Mato Grossos um 30% verbilligen soll. Die 3 . 4 5 0 km lange Wasserstraße Paraguai-Paranä war am 1 2 . 2 . in einer Teilstrecke zwischen Santa Fe und Buenos Aires von Argentiniens Präsident MENEM eingeweiht worden. Ein Drittel dieser "MERCOSUL-Wasserstraße" verläuft in Brasilien zum Großteil durch das Pantanal Matogrossense und stellt nach Ansicht von Umweltgruppen eine Zeitbombe dar. Eine der drei landeseigenen Stromerzeugungsgesellschaften von Säo Paulo - die Companhia Paulista de Forga e Luz (CPFL) - wird von einem Firmenkonsortium für rd. R$ 3 Mrd. (70% über dem Mindestpreis) ersteigert. Zum Konsortium gehören der Mischkonzern Votorantim, das Bauunternehmen Camargo Correia, die Bank Bradesco und der Rentenfonds Previ (vom Banco do Brasil). Bis Ende 1998 sollen alle übrigen brasilianischen Stromerzeugungsgesellschaften im Gesamtwert von mindestens US$ 70 Mrd. versteigert werden. Atomkraftwerke sollen jedoch in staatlichem Besitz verbleiben.

9.11.

Präsident CARDOSO legalisiert die Demarkierung von 22 Indigenenreservaten in sechs Bundesstaaten Amazoniens mit einer Gesamtfläche von 8,8 Mio. ha im Wert von R$ 4,5 Mio.; hiervon waren 21 bereits unter der Regierung COLLOR abgegrenzt worden. Die Gesamtzahl der indigenen Bevölkerung wird gegenwärtig auf rd. 330.000 geschätzt. Sie leben in 215 indigenen Gruppen, die bei der Indianerschutzstiftung FUNAI eingetragen sind und sich auf insgesamt 559 Indigenen-Gebiete verteilen.

26.11.

Unter dem Druck der Nachwirkungen der Asienkrise verabschiedet die Abgeordnetenkammer in zweiter Lesung (erste Lesung am 9.4.) die Verwaltungsreform und leitet sie zur abschließenden Behandlung an den Senat weiter, wo sie nach den Regierungsplänen bis zum Frühjahr 1998 verabschiedet werden soll. Zu den Neuerungen gehört die Abschaffung des Kündigungsschutzes für öffentlich Bedienstete und die Einführung einer generellen Höchstbezahlung von R$ 1 0 . 8 0 0 im öffentlichen Dienst. Erwartet werden Einsparungen in Höhe von 1% des BIP. Bis Ende November 1997 wurden von der Bundesregierung 180 Konzessionsverträge zum Betrieb von Hafenanlagen an Privatunternehmen vergeben. Damit hat die Privatisierung der bis 1994 in Staatsmonopol liegenden Transportinfrastruktur im laufenden Jahr einen ersten Höhepunkt erreicht. Neben den bereits privatisierten sechs Eisenbahnstrecken sollen auch die See- und Wasserstraßen der (auch ausländischen) Privatinitiative zugänglich gemacht werden. Ferner wurden Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen in einer

Ende

149

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Länge von 856 km bis 1997 an Privatunternehmen im Konzessionsverfahren vergeben. Dezember Anfang

4.12.

9.12.

11.12.

Der zweimal (1989 und 1994) geschlagene Präsidentschaftskandidat eines Linksbündnisses, Luiz Inäcio LULA DA SILVA, kündigt seine erneute Kandidatur bei den Oktoberwahlen von 1998 an. Der Bundesstaat Sergipe versteigert die landeseigene Elektrizitätsgesellschaft Energipe zum Preis von R$ 577,1 Mio. (= 96,05% über dem festgesetzten Mindestpreis). Den Zuschlag erhält die Gruppe Cataguazes-Leopoldina. Namhafte Unternehmen wie Brahma, Alpargatas und Votorantim investieren in jüngster Zeit verstärkt in den Bundesstaat, so daß sich die Volkswirtschaft zunehmend diversifiziert. Präsident CARDOSO trifft sich in London mit Premierminister Tony BLAIR und erörtert Möglichkeiten zu einer Intensivierung von Direktinvestitionen und zur Kontrolle von spekulativen Kapitalflüssen. Volkswagen do Brasil kündigt die Modernisierung seines Produktionsbetriebs in Säo Bernardo do Campo bei Säo Paulo und die geplante Entlassung von 10.000 Mitarbeitern an. Auf die Proteste der Belegschaft hin bietet die Betriebsleitung als Alternative eine Kürzung von Löhnen und Arbeitszeit an, die jedoch abgelehnt wird. Als Kompromiß wird ein "Programm freiwilliger Kündigungen" vereinbart. Präsident CARDOSO lehnt eine von der lokalen CUT-Gewerkschaft erbetene Vermittlung ab und lobt statt dessen die von der rivalisierenden Forga Sindical gefundene Lösung von Lohn- und Arbeitszeitverkürzung: Im Tausch gegen die Beibehaltung des Beschäftigungsstandes in der Autoteile-Branche von Säo Paulo bis Mai 1998 vereinbart die Forga Sindical für die von ihr vertretenen 193.000 Arbeitnehmer eine Arbeitszeitverkürzung von bis zu 25% und eine entsprechende Lohnkürzung von bis zu 10%. Im neuen Energieplan 1998-2007 spielt der Bau von Wasserkraftwerken mit 82 neuen Einheiten eine geringere Rolle als in dem vorherigen (1997-2006), der noch 98 vorgesehen hatte. Statt dessen werden - aufgrund einer größeren Verfügbarkeit von Erdgas - Wärmekraftwerke eine größere Rolle spielen: Statt 19 sollen nun 24 Wärmekraftwerke gebaut werden. Die Betriebsrechte an der landeseigenen U-Bahn der Stadt Rio de Janeiro werden gegen ein Gebot von R$ 291,66 Mio., das um 921% (!) über dem Mindestpreis lag, an das argentinisch-brasilianische Konsortium Opportrans privatisiert; beim Bundesstaat verbleiben die Schuldenlast (R$ 1 Mrd.) und die Ausbauverpflichtungen. Der Kongreß verabschiedet per "symbolischer Abstimmung" den Bundeshaushalt 1998 mit einer Kürzung der Sozialausgaben um 15%; ungeschoren bleiben lediglich der nationale Entwicklungsplan "Brasil em Agäo" und das Armutsbekämpfungsprogramm "Comunidade Solidäria". Von dem gesamten Haushaltsvolumen (R$ 438,5 Mrd.) werden u.a. R$ 250 Mrd. für die Bedienung der Inlands- und Auslandsschuld und R$ 54,7 Mrd. für Soziales angesetzt. Gilberto Calcagnotto

150

Brasilien

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadl: Fläche (in qkm): Währung:

Brasilia 8.511.965 Real

BRASILIEN Jahr

DEMOGRAPHISCHE KENNZIFFERN Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitätsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

121,29 37.7 58,2 66,2 31,2 4 31,2 26,6 42,2

144,27 35,3 60,3 74,9 27,4 3,2 22,8 22,7 54,5

159,22 32,3 36,7 78,2 20,8 2,4

161,36 31,9 61,3 80,9 21 2,4

62 109 66,6 86 62,8 1080 74,5

72 114 48,2 83 66,2

72 119,1 37,3 57 67

36 42 67

81.1

83.3

234909 2190 23275 36250 -12806 9682 1911 6875

479214 2790 35551 39463 -3788 5330 901 9200

688085 3640 52641 63293 -18136 29609 3475 51475

748916 4400 53950 63293 -24800 32492 9519 59704

69,7 9,2 23,3 21,1 10 43,8 33,5 46,2

61,4 15,5 21,7 23,4 10 38,5 26,3 51,5

61,8 17,1 19,2 17,9 12,2 36,5 23,8 51,3

66 16 19 18 14 36 23 50

71046 40895 14692 7858 63,1 9,1 82,8

116417 83761 8039 2397 22,6 -4,6 2938

158329 96608 22687 11177 43,1 4,2 84,4

160843 94940 22951 9928 42,2 3 18,2

230,3 2,4 1,6

2. S O Z I A L E K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) K i n d e r s t e r b e z i f f e r ( 0 - 5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %) 3. W I R T S C H A F T L I C H E K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. US$) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) A u s f u h r von Waren u. Dienstleislungen (in Mio. E i n f u h r von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS) Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %) Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: ö f f e n t l i c h e Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %) Durchschnitt!, jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

1,4 2,9 675,4

151

Lateinamerika Jahrtuch 1998

BRASILIEN BSP p r o Kopf und reale Wachstumsrate des BIP

Wachstumsraten

BRASILIEN Bruttoinvestitionen und Ersparnis (in % des BIP)

90

92 Jahre . Investitionen Ersparnis t

152

91

Brasilien

BRASILIEN Außenhandel und Kapitalbilanz

87

88

89

Warenexport

90

91

92

Jahre

93

94

W Ä Warenimport

95

96

Saldo der Kapitalbilanz

BRASILIEN Auslandsverschuldung

87

88

89

90

91

92

Jahre

E>§j Gesamtverschuldung

_g_

93

94

95

96

Schuldendienst

153

Lateinamerika Jahrbuch 1998

154

Bolivien

Bolivien Amtlicher Name Präsident: Im Amt seit: Vizepräsident:

República de Bolivia H u g o BANZERSUAREZ

6 August 1997 Jorge QuiROGA

:

:|I

Nächste Präsidentschaftswahlen: 2002 Regierungskoalition: Bei den Wahlen am 1,6.1997 errang General Hugo BANZER mit 22,3% der Stimmen einen relativen Sieg. Mit dem am 4.6.1997 geschlossenen Parteienbündnis "Compromiso por Bolivia" verfügte er über eine sichere Mehrheit, um Anfang August im Parlament als Präsident auf fünf Jahre gewählt zu werden. Das Bündnis vereint 96 der 130 Sitze in der Abgeordnetenkammer und 24 der 27 Sitze im Senat; es umfaßt folgende Parteien: Acción Democrática Nacionalista (ADN) (Bänzer-Partei, rechtes politisches Spektrum), Movimiento de la Izquierda Revolucionaria (MIR), geführt von ExPräsident Jaime PAZ ZAMORA, Unión Civica Solidaridad (UCS) und Conciencia de Patria (CONDEPA). Kabinett (Stand August 1998): Äußeres: Javier MURILLO DE LA ROCHA; Inneres: Guido E. NAYAR; Finanzen: Edgar O. MILLARES; Verteidigung: Luis Fernando KIEFFER: Justiz: Ana

María CORTÉS; Arbeit: Leopoldo LÖPEZ Cossio; Außenhandel und Investition: Jorge CRESPO; Wirtschaftliche Entwicklung: Ivo KULJIS; Landwirtschaft: Luis F. CONDE LÖPEZ; Entwicklung und Umwelt: Erick REYES VILLA; Soziale Kommunikation und Erziehung: Tito H o z DE LA VILLA.

Oppositionsparteien im Parlament: Movimiento Nacionalista Revolucionario (MNR): Izquierda Unida (IU); Movimiento Bolivia Libre (MBL). Sitzverteilung im Parlament seit der Wahl vom 1.6.1997 (vierjährige Legislaturperiode): Abgeordnetenhaus (130 Sitze): ADN: 33; MNR: 26; MIR: 25; UCS: 21: Condepa: 17; MBL: 4; IU: 4. - Senat (27 Sitze): ADN: 13; MNR: 3; MIR: 6; Condepa: 3; UCS: 2 ,

Chronologie 1997 Das Jahr 1997 war einerseits vom Druck auf die Regierung SANCHEZ DE LOZADA geprägt, ihre ambitionierten Reformprojekte abzuschließen und zu konsolidieren, damit die kommende Administration sie möglichst nicht rückgängig machen könnte. Andererseits bereiteten sich speziell die Acción Democrática Nacionalista (ADN) mit Ex-Diktator Hugo BANZER und die Regierungspartei Movimiento Nacionalista Revolucionario ( M N R ) auf einen aggressiven Wahlkampf vor. Dieser bot kaum programmatische Perspektiven, sondern bestand aus einer Schlammschlacht von persönlichen Anschuldigungen der Kandidaten über Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Drogenhandel. Die Wahlen brachten die nach den Umfragen zu erwartende Schlappe für den M N R und ihren farblosen Kandidaten Juan Carlos DURAN. Diese war nicht unverschuldet, nachdem der aussichtsreiche parteilose Justizminister René BLATTMANN an Konflikten mit dem M N R und seinen Flügeln gescheitert war. In der Niederlage von DURAN drückte sich auch die enttäuschte Stimmung der Bevölkerung aus, die für sich kaum Vorteile in den Reformprojekten gesehen hatte. Viele Maßnahmen wurden in ihrer mittel- bis langfristigen Tragweite für die

155

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Modernisierung des Landes nicht verstanden. Sie wurden von der Regierung in autoritärer Weise durchgesetzt; die Konsolidierung blieb bei der Vielzahl der Veränderungen häufig auf der Strecke. Von Präsident BANZER, der im ersten Wahlgang nur etwas mehr als 20% der Stimmen auf sich vereinigte, dann aufgrund der ausgehandelten Mega-Koalition Anfang August 1997 vom Kongreß mehrheitlich gewählt wurde, erhofft sich der Ourchschnittswähler vor allem Verbesserungen der sozialen Lage, Abbau der Armut, mehr Jobs, billige Wohnungen und soziale Infrastruktur sowie Ankurbelung der Wirtschaft. Die Mega-Koalition birgt nicht nur die Gefahr der Blockierung in sich, sondern vor allem die vom politischen Proporz geprägte Verteilung von Posten und Pfründen. Um die politischen Loyalitäten zu belohnen, wurde eine Aufspaltung von Ministerien und Kompetenzen erforderlich. Die internationale Gebergemeinschaft äußerte sich skeptisch über den eklektischen Aktionsplan, die zum Teil geringe Sachkompetenz der neuen Administration und die Aufspaltung der Verantwortlichkeiten. Der Einfluß der USA ist mittels ihrer Drogenpolitik und der damit verbundenen Finanzierung ebenfalls offensichtlich. Die Projektion der Makrodaten der Regierung BANZER (Senkung des Haushaltsdefizits auf 1,9% des Bruttoinlandsprodukts und der Inflation auf 4% sowie Zunahme des Wachstums auf 7% bis 2002) erscheinen wenig realisitisch. Januar 3.1.

10.1.

12.1.

14.1.

28.1.

Die Regierung SANCHEZ DE LOZADA lehnt es ab, die vier in Bolivien festgenommenen Mitglieder des Movimiento Revolucionario Túpac Amaru (MRTA) gegen den unter den Geiseln der japanischen Botschafterresidenz in Lima befindlichen Botschafter Jorge GAMUCIO auszutauschen. 500 Miglieder einer Bergarbeitergenossenschaft besetzen das Silberbergwerk Cerro Rico, um sich einer internationalen Ausschreibung dieses Gebietes zu widersetzen. Justizminister René BLATTMANN, aufgrund seiner Verbesserungen im Strafvollzug außerordentlich populär, wird Präsidentschaftskandidat der Regierungspartei Movimiento Nacionalista Revolucionario (MNR). Carlos SANCHEZ BERZAIN wird zum Ministro de Gobierno ernannt, nachdem er als Kandidat des MNR für die Präsidentschaftswahlen gescheitert war. Wenig später wird er für blutige Repression in den Bergbaugebieten mitverantwortlich. Waldo ALBARRACIN, Präsident der Asamblea Permanente de Derechos Humanos de Bolivia (APDHB), wird von acht Personen gekidnappt und nach Drohungen an die Policía Técnica Judicial übergeben.

Februar 2.2.

3.2.

156

Die oppositioneile Acción Democrática Nacionalista (ADN) nominiert auf einem außerordentlichen Parteikongreß Ex-General Hugo BANZER als ihren Präsidentschaftskandidaten. Für die Kandidatur des Vizepräsidenten benennen die Delegierten Jorge QUIROGA, ein dynamischer Aufsteiger in der Partei. René BLATTMANN, Kandidat des MNR mit gemäß Umfragen sicheren Gewinnchancen, nimmt aufgrund von Differenzen mit der Partei und SANCHEZ DE

Bolivien LOZADA über Menschenrechtsfragen Abstand von seiner Kandidatur. Er kehrt auf seinen Platz als Justizminister zurück. 4.2.

17.2.

24.2.

28.2.

Das Exekutivkomitee des M N R benennt Juan Carlos DURAN als "Ersatzkandidaten" für die Präsidentschaftswahlen. Seine Chancen werden von Anfang an als gering eingeschätzt. Bolivien und die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnen einen Vertrag über Schuldenumwandlung und -erlaß in Höhe von DM 50 Mio. 20% der erlassenen Schuld sind für den Umweltschutz einzusetzen. Der Erziehungsminister kündigt die zweite Phase der Erziehungsreform mit Weltbankfinanzierung über rund US$ 120 Mio. an. Sie zielt sowohl auf die Verbesserung und den Ausbau der Infrastruktur als auch auf ein Anheben des Qualitätsniveaus ab. Bolivien erhält die "Zertifizierung" für die Bekämpfung des Anbaus von Drogen durch die USA sowie die damit verbundenen Finanzmittel und Marktpräferenzen. Die Bilanz ist mit rund 7.200 ha vernichteten Parzellen nur vordergründig erfolgreich; denn mindestens die gleiche Fläche wird neu angepflanzt.

März 1.3.

6.3.

8.3.

13.3.

14./15.3.

21.3.

24.3.

31.3.

Das Assoziierungsabkommen mit dem MERCOSUR tritt in Kraft und ersetzt bisherige bilaterale Verträge. 650 Produkte können ohne Zollbelastungen exportiert werden. Hauptproblem ist nunmehr, für die neuen Marktchancen die Exportstruktur zu verbessern. 16 Parteien haben sich für die kommenden Wahlen beim Wahlgericht (Corte Nacional Electoral) registrieren lassen. 13 werden bestätigt und die Logos für die Stimmzettel bekanntgegeben. Carlos PALENQUE AVILÉS, Chef der populistischen Partei Conciencia de Patria (CONDEPA) stirbt an einem Herzinfarkt. Der Nationalrat der Partei bestätigt daraufhin die Kandidatur von Remedios LOZA. Als Kandidat für die Vizepräsidentschaft wird Percy FERNANDEZ gewählt. Bolivien unterzeichnet mit Holland und Schweden Kooperationsverträge über insgesamt US$ 216 Mio. Damit sollen Projekte zur Konsolidierung der Strukturreformen und Verminderung der Armut finanziert werden. Im Rahmen seiner Lateinamerikareise stattet der französische Präsident Jacques CHIRAC Bolivien einen zweitägigen Staatsbesuch ab. Frankreich gehört neben England, Belgien und Deutschland zu den wichtigen Ausfuhrländern Boliviens in Europa. Der Movimiento Revolucionario Túpac Katari (MRTK) gibt bekannt, daß er sich an den Wahlen nicht beteiligen, aber andere gesellschaftliche Kräfte unterstützen wird. Die Asociación de Familiares de Detenidos y Mártires (ASOFAM) macht vor dem Wahlgericht eine Eingabe mit dem Ziel, den ehemaligen Diktator BANZER als Kandidaten der ADN abzulehnen. Parteien, die auf ihren Kandidatenlisten einen Frauenanteil von weniger als 30% vorgesehen haben, müssen ihre Listen ändern. Bisher erfüllen nur ADN, MNR und MBL (Movimiento Bolivia Libre) diese Vorschrift des Wahlgesetzes.

157

Lateinamerika Jahrbuch 1998

April

2.4.

Präsident SÁNCHEZ DE LOZADA nimmt eine kleine Kabinettsumbildung vor. Neuer Arbeitsminister wird Alberto VARGAS, neuer Innenminister Victor Hugo CANELA. Das Ressort für Kommunikation übernimmt Mauricio ANTEZANA. 8.500 Beschäftigte im Gesundheitswesen gehen in einen unbefristeten Streik. Ihre Hauptforderungen lauten: Lohnerhöhungen von 11%, Zuschläge für Gesundheitsrisiken und die Rückzahlung für Altersrücklagen.

8.4.

Die Kritik der USA an dem Präsidentschaftskandidaten des Movimiento de la Izquierda Revolucionaria ( M I R ) , Ex-Präsident Jaime PAZ ZAMORA, wegen dessen Verwicklungen in das Drogengeschäft hält an. Die Kokaproduzenten im Chapare beginnen mit einem Hungerstreik. Sie demonstrieren gegen die gewaltsame Ausrottung ihrer Pflanzungen und fordern die Freilassung ihrer in Haft befindlichen Anführer. Der bolivianische Botschafter in Peru, Jorge GAMUCIO, übersteht unverletzt die Geiselbefreiung. Er war mit zuletzt 71 anderen Geiseln 126 Tage in der Gewalt der MRTA (vgl. Chronologie Peru). Das Treffen der Präsidenten der Comunidad Andina endet in der Hauptstadt Boliviens mit der "Acta de Sucre". Darin wird festgelegt, den Integrationsprozeß in Etappen mittels Stärkung der Institutionen und der Intensivierung der Außenbeziehungen, speziell mit dem MERCOSUR und der Europäischen Union, zu fördern.

9.4.

22.4.

23.4.

5.5.

Beginn der Auszahlung des Bono de Solidaridad (Bonosol), einer Rente auf Lebenszeit an Personen über 65 Jahre aus der Kapitalisierung von Staatsunternehmen. Am ersten Tag erhalten 4.885 Personen im ganzen Land insgesamt umgerechnet US$ 1,21 Mio. 200 Bergleute von Genossenschaften besetzen den Erzberg Posokoni im Bergbaudistrikt Huanuni. Sie fordern dieses Gebiet, um es auf eigene Rechnung ausbeuten zu können. Es ist jedoch im "Kapitalisierungspaket" für die Schmelze von Vinto enthalten.

8.5.

Angesichts der andauernden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Kokaproduzenten und der Polizei ruft die bolivianische Bischofskonferenz die Konfliktparteien zu Verhandlungen auf. Gemäß einer Umfrage von FIDES zu den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen liegt ADN mit 23,8% vor MIR mit 14,9%, Unión Cívica Solidaria (UCS) mit 14,9%, MNR mit 14,2% und CONDEPA mit 10,2%. Präsident SANCHEZ DE LOZADA übergibt Eigentumstitel über insgesamt 2,1 Mio. ha an Comunidades und Dörfer im Altiplano. Ferner gehen 207 endgültige Konzessionen mit den entsprechenden Plänen an mittlere Bergbauunternehmen. Die Kapitalisierung des Staatsunternehmens Yacimientos Petrolíferos Fiscales Bolivianos (YPFB) beginnt mit der Übergabe der Transporteinheit an das Konsortium Enron-Shell für US$ 263,5 Mio. Das entspricht rund 50% des Aktienbesitzes.

14.5.

15.5.

16.5.

158

Bolivien

30.5.

Die Wahlkampagne ist beendet. Sie bestand vor allem aus gegenseitigen Verleumdungen zwischen den Kandidaten von MIR, ADN und MNR bezüglich Korruption, Drogenhandel und Menschenrechtsverletzungen. Sowohl die USA als auch die ausländische Presse haben in die Auseinandersetzungen eingegriffen.

Juni 1.6.

ADN gewinnt mit ihrem Kandidaten Hugo BANZER die Präsidentschaftswahlen mit rund 2 2 , 3 % der Stimmen, gefolgt von MNR (Carlos DURAN) mit 1 7 , 7 % , MIR (Jaime PAZ ZAMORA) mit 1 6 , 7 % , dicht gefolgt vom UCS (Ivo KULJIS) mit 1 5 , 9 % und CONDEPA (Remedios LOZA) mit 1 5 , 8 % . Die relativ hohe Wahlbeteiligung lag bei etwa 70%.

2.6.

Zwischen ADN, MIR und CONDEPA beginnen Gespräche zur Bildung einer Regierungsallianz. Sie werden von Vizepräsident Jorge QUIROGA geführt. Vier Mitglieder des Ejército Guerrillero Túpac Katari (EGTK) werden nach fünf Jahren Haft unter Eid vorläufig aus der Haft entlassen. Diese für Boliviens arme Bevölkerung besonders wichtige Verbesserung im Justizwesen war unter René BLATTMANN durchgesetzt worden.

4.6.

ADN, MIR und UCS unterzeichnen die Vereinbarung "Verpflichtung für Bolivien", um auf dieser Grundlage die neue Regierung bilden zu können. ADN und CONDEPA einigen sich in der Erklärung "Demokratie und Wohlstand der Bolivianer" auf ein Regierungsbündnis. Damit, so Remedios LOZA, solle das Wirtschaftsmodell flexibilisiert werden.

6.6.

12.6.

13.6.

Die Betreibung der Überlandleitungen der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft wird privatisiert. Das spanische Unternehmen Fenosa S.A. kauft sich mit US$ 39,9 Mio. hundertprozentig ein. Ein Sprecher des State Department stellt fest, daß es für die USA schwierig sei, mit Beamten einer Regierung zusammenzuarbeiten, die in das Drogengeschäft verwickelt sind.

Juli 1.7.

Der kubanische Arzt Jorge GONZALEZ bestätigt, daß sich unter den Knochen, die unter der Flugpiste von Valle Grande gefunden wurden, auch die Überreste von Ernesto Che GUEVARA befinden.

7.7.

Die Corporación Minera de Bolivia (COMIBOL) stellt US$ 18 Mio. für Entschädigungen und Sonderzahlungen für Arbeitnehmer zur Verfügung, die bereit sind auszuscheiden. Gleichzeitig besetzen 2.000 Genossenschaftler das Bergwerk Caracoles, 120 km von La Paz entfert. Sie fordern Maschinen und Konzessionen für den Erzabbau.

10.7.

Die UCS löst den Pakt, den sie im Juli 1993 mit dem MNR unterzeichnet hatte. Einerseits ist sie ein neues Regierungsbündnis eingegangen, andererseits lehnt sie es ab, daß das Kapital für die Finanzierung des Bono de Solidaridad treuhänderisch an die Unternehmen, die die Altersrenten verwalten (AFP), übertragen wird.

159

Lateinamerika Jahrbuch 1998

11.7.

12.7. 14.7.

18.7.

24.7.

25.7.

In Santa Cruz erklärt Reymi FERREIRA, daß sich die Reste des am 17.7.1980 ermordeten Sozialistenführers Marcelo QUIROGA in der Kaserne von Miraflores in La Paz befinden. Präsident SANCHEZ DE LOZAOA bildet daraufhin eine Untersuchungskommission zur Aufklärung des Verbrechens. Die Reste von Che GUEVARA und seinen Kameraden, im Oktober 1967 in Valle Grande ermordet, werden von La Paz nach Havanna überführt. Die Administration SÁNCHEZ DE LOZADA und Wahlgewinner Hugo BANZER vereinbaren den Beginn eines Transitionsprozesses. In elf Kommissionen wird mit den Arbeitssitzungen begonnen. Die Koalitionspartner treffen sich in Cochabamba zur Beratung der Ziele der zukünftigen Regierung. BANZER besteht auf drei Superzielen: Bekämpfung der Armut, Ausrottung des Drogenhandels und Erreichen eines Zugangs zum Meer. Die Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten übergibt ihren Bericht über die blutigen Zusammenstöße zwischen Militärs und Bergarbeitern in Amayapampa und Capasirca, bei denen zehn Menschen starben. In Puerto Suárez wird der Vertrag zum Bau der Gas-Pipeline zwischen Bolivien und Brasilien in Anwesenheit der Präsidenten der beiden Länder unterzeichnet.

Ausgust 1.8.

Der neugewählte Präsident Hugo BANZER und Jaime PAZ ZAMORA bestätigen den "Compromiso por Bolivia". 1989 hatten die ehemaligen Todfeinde nach einem historischen "Friedensschluß" erstmalig konstruktiv in einem Regierungsbündnis zusammengearbeitet.

5.8.

Hugo BANZER und Jorge QUIROGA werden mit 1 1 2 Stimmen in offener Abstimmung durch den Kongreß zum Präsidenten bzw. Vizepräsidenten gewählt und am nächsten Tag in ihr Amt eingeführt. Präsident BANZER stellt sein Kabinett vor: Die wichtigsten Ministerien sind besetzt mit Javier MURILLO DE LA ROCHA (Äußeres); Guido E. Nayar (Inneres); Luis Fernando KIEFFER (Verteidigung); Edgar O. MILLARES (Finanzen); Tito Hoz DE LA VILLA (Soziale Kommunikation und Erziehung); Ivo KULMS (Wirtschaftliche Entwicklung); Leopoldo LÓPEZ Cossio (Arbeit und Arbeitsbeziehungen) und Luis F. CONDE LÓPEZ (Landwirtschaft). Mit DS 24804 vom 4.8.1997 werden ab Januar 1998 die Preise für Treibstoff an das internationale Niveau angeglichen. Mit DS 24824 wird die Militärspitze neu besetzt: General F A B Carlos BÉJAR MOLINA (Kommandant der Streitkräfte); General Armando BALCAZAR (Jefe de Estado Mayor), General Alfonso SAAVEDRA FRANCO (Kommandant des Heeres); General Oscar GUILARTE LUJAN (Kommandant der Luftwaffe); Admiral Jorge ZABALA OSSIO (Kommandat der Seestreitkräfte). Der Exekutivsekretär der Central Obrera Boliviana (COB), Edgar RAMIREZ, tritt zurück, nachdem er die Gewerkschaftsführung der Korruption beschuldigt hatte. Nach dem Ergebnis einer Wirtschaftsprüfung sind derzeitige und ehe-

6.8.

11.8. 13.8.

28.8.

160

Bolivien

malige Führer der COB in die Veruntreuung von Geldern des Fondo Complementario de Seguridad de la Administración Pública (FOCSAP) verwickelt. September 2.9.

Die erste Runde der Verhandlungen über die "Quotenregelung" im KokaAnbau zwischen Regierung und Führung der campesinos im Chapare beginnt. Die cocaleros und ihr Führer Evo MORALES unterstreichen, daß sie am Dialog interessiert sind.

7.9.

Präsident BANZER richtet eine Botschaft an die Nation und stellt darin fest, daß die Reformen der vergangenen Regierung sich nicht in der Verbesserung des Lebensstandards für die Armen niedergeschlagen haben.

10.9.

Der Internationale Währungsfonds stimmt nach Weltbank und BID zu, daß Bolivien in das Programm zur Schuldenreduzierung von Highly Indepted Poor Countries (HIPC) aufgenommen wird.

15.9.

Die Cámara de Industria y Comercio de Sta. Cruz schlägt vor, den Bonosol zu eliminieren und die freiwerdenden Ressourcen in Infrastruktur und produktive Projekte zu investieren. Das ruft Protest bei den Basisorganisationen und ihren Institutionen, aber auch bei Unternehmern und Politikern hervor. Der Senat verabschiedet das Gesetz über die Organisation der Exekutive, das am nächsten Tag von der Regierung verkündet wird. Damit kehrt man einerseits zur traditionellen sektoralen Gliederung zurück und löst die Superministerien der Regierung SANCHEZ DE LOZADA auf. Andererseits werden die Kompetenzen als Folge des politischen Proporzes in der "Megakoalition" zersplittert.

18.9.

Präsident BANZER, der inzwischen den Parteivorsitz der ADN an Enrique abgegeben hat, eröffnet den nationalen Dialog mit Vertretern der relevanten gesellschaftlichen Kräfte. Die COB schließt sich zunächst aus, gibt jedoch diese Blockadehaltung später auf. Die Führung der Katholischen Kirche trifft sich mit Präsident BANZER. Sie wendet sich gegen die Abschaffung des Bonosol und übergibt einen Vorschlag zur Bekämpfung der Korruption. Vizeminister Cañedo informiert die Verfassungskommission der Abgeordnetenkammer über die Untersuchung der Ermordung des Sozialisten Marcelo QUIROGA SANTA CRUZ. Gleichzeitig erklärt die Heeresführung, daß sie der Suche nach den Überresten in der Kaserne Miraflores in La Paz zustimmen würde. TORO

22.9.

30.9.

Oktober 5.10.

In Vallegrande, wo Che GUEVARA und seine Kameraden ermordet wurden, beginnt die internationale Gedenkfeier zum 30. Jahrestag.

6.10.

Der nationale Dialog beginnt mit der Sitzung der ersten Gruppe unter dem Thema "Oportunidad". Die Vertreter der Gruppe stimmen darin überein, daß die ländliche Entwicklung, die Flexibilisierung der Arbeitsgesetze und der Zugang zu kleinen Krediten entscheidend sind, um die Beschäftigungssituation zu verbessern. 161

Lateinamerika Jahrbuch 1998

18.10.

20.10. 30.10.

Regierung und Koka-Pflanzer kommen vertraglich überein, 2.000 ha Pflanzungen gegen Auszahlung von US$ 2.500 pro ha zu vernichten, um die Bedingungen für die "Zertifizierung" durch die USA zu erfüllen. Der Druck der USA wächst angesichts der Allianz von ADN und MIR: Ihr Chef, Jaime PAZ ZAMORA, wird des Drogenhandels verdächtigt. Die Unternehmer schlagen vor, den Dialog zwischen der Privatwirtschaft und der Regierung mittels der Consejos Consultivos zu institutionalisieren. Die offiziellen Ergebnisse des nationalen Dialogs werden vorgestellt. Auf dieser Grundlage sollen das Aktionsprogramm der Regierung und ein spezielles Dekret über die Bekämpfung der Armut erarbeitet werden.

November 5.11.

12.11.

14.11

Gemäß einer Evaluierung der Interamerikanischen Entwicklungsbank über die Erziehungsreform ist es erforderlich, sie mittels einer strategischen Planung zu dynamisieren und das Schwergewicht auf die Konsolidierung der interkulturellen und zweisprachigen Aspekte sowie auf die Lernprozesse der Schüler zu legen. In einem Treffen zwischen der Führung der ADN und der UCS werden die Spannungen zwischen den Koalitionspartnern beigelegt. Die UCS wirft BANZER vor, daß es zwar einen Dialog gäbe, aber bisher die Aktionen fehlen würden. Experten sagen den baldigen Bruch der Megakoalition voraus. In La Paz findet ein Marsch der "Frauen in Schwarz" statt, die gegen die Gewalt und die Morde in El Alto (Satellitenstadt von La Paz) protestieren. Parallel dazu dauern Streiks und Mobilisationen gegen den Bürgermeister an, der die Grundsteuern in El Alto erhöht hat.

26.11.

Die Regierung BANZER verkündet ihren Plan Operativo de Acción (POA), dessen Hauptziele die Verminderung der Armut, die Förderung der sozialen Marktwirtschaft, die Ausrottung der Drogenwirtschaft, Wachstum in Stabilität und die Entwicklung einer demokratischen Kultur sind. Experten kritisieren, daß der Aktionsplan zu allgemein ist und die erforderlichen Investitionen und deren Finanzierungsquellen nicht ausgewiesen werden.

30.11

Mit der Wahl von Milton GÓMEZ zum Exekutivsekretär und der Erneuerung der gesamten nationalen Führung der COB geht der außerordentliche Kongreß in Tarija zu Ende. Die Diskussionen um Struktur und Führung, um Korruption und Strategie gegenüber der neuen Regierung enden zeitweilig in gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen politischen Flügeln.

Dezember 1.2.

5.12.

162

Der Skandal um den FOCSAP geht weiter. Die Untersuchung weitet sich auf alle Empfänger von Schecks des Ex-Managers, Dante ESCOBAR, aus. Darunter ist auch Fernando KIEFFER, derzeitiger Verteidigungsminister, der am 14.11. erklärt, er habe von ESCOBAR US$ 25.000 für die Wahlkampagne erhalten. Er sei bereit, darüber vor Gericht auszusagen. Die Regierung erhöht die Preise für Treibstoff und öle zwischen 18% und 28%, um das Haushaltsdefizit auszugleichen. Die COB beschließt vereinzelte

Bolivien

9.12.

14.12

16.12

20.12.

30.12

Streikmaßnahmen als erste Protestaktion. Der Verband der Chauffeure in La Paz reagiert mit einer Erhöhung der Fahrpreise um 50%. Die COB führt landesweit einen eintägigen Streik gegen die Benzin- und Fahrpreiserhöhung durch. In den ländlichen Gebieten werden die Straßen blockiert. Finanzminister MILLARES stellt fest, daß der IWF Druck ausgeübt habe, da schon die Vorgänger-Regierung SANCHEZ DE LOZADA der Erhöhung zugestimmt habe. Die Popularität von BANZER sinkt gemäß Umfrage nach dieser Anpassung um fast 20%. Die Proleme um den Bonosol spalten das Regierungsbündnis. Die Partner CONDEPA und USC sprechen sich aufgrund ihrer Wählerschaft und aus Gründen der Kontinuität der Reformen für die Zahlung aus. MIR und ADN kommen überein, daß die Administradoras de Pensiones (AFP) entscheiden sollen, ob die Rentabilität des "Sonoso/-Kapitals" ausreicht. Einen Tag später autorisiert die Aufsichtsbehörde für die Altersversorgung, daß die AFP ab 12.1.1998 mit der Auszahlung fortfahren können. Als Antwort auf die Empfehlung im Bericht der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, die Verantwortung der diensthabenden Militärs im Fall des Massakers von Amayapampa und Capasirca zu prüfen, stellen die Militärs fest, daß die Maßnahmen mit Ex-Minister Carlos SANCHEZ BERZAIN koordiniert wurden. Dieser lehnt am 18.12. jede Verantwortung ab. Die letzten Kokapflanzen werden vernichtet, um die mit den USA für 1997 vereinbarten 7.000 ha zu erreichen und die Finanzierung für 1998 zu "entsprerren". Präsident BANZER kündigt Veränderungen des Gesetzes 1008 und die Bildung einer Kommission für die Verhandlungen mit den cocaleros an. Die Auszahlung der zugesagten US$ 2.500 pro ha beginnt, nachdem 300 cocaleros in den Hungerstreik getreten sind. BANZER billigt den Fünfjahresplan zur Ausrottung der Kokawirtschaft und zur Umstellung der wirtschaftlichen Grundlagen im Chapare. Man schätzt, daß US$ 925 Mio. dafür erforderlich sind, von denen die USA nur 15% übernehmen. Die Regierung hofft auf Unterstützung von der internationalen Gebergemeinschaft. Mechthild Minkner-Bünjer

163

Lateinamerika Jahrbuch 1998

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt: Fliehe (in qkm): Währung:

La Paz 1.098.381 Boliviano

BOLIVIEN Jahr

DEMOGRAPHISCHE K E N N Z I F F E R N

1980

1990

1995

1996

Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitätsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %)

5,45 43,2 53,5 44,3 44,8 6,3 46,4 19,7 33,9

6,63 44 52,8 51,2 42 5,9 1,2 24,8 74

7,41 40,6 55,6 58 34,5 )

8,05 44,7 51,7 47,3 41,6 5 38,6 19.8 41,6

10,56 40,1 54.5 56 31,9 4 6.9 26,8 66,3

11,48 36,6 60,3 58,4 26,5 3,2

11,7 35,9 58,5 61,6 26 3,1

36 88 74,8

55 105 55 83 66 815 86

70 102,3 35,9 45 68,8 770 90,1

34 40 70

11733 1370 2975 3647 -642 980 70 1257

10686 980 3277 3550 -166 435 82 1009

17939 1390 5216 5078 -735 580 470 1794

19040 1500 5748 4463 293 -19 447 2025

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes G e w e r b e (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

59,6 14,5 26,1 25,9 13 38 17,7 49

69,5 8 19,3 22,4 13 42 23 45

66,7 12,6 18,7 20,7 11,9 36,5 21,1 51,6

66 12 17,3 22 11,9 37,2 21,7 50,9

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % d e r Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

5997 3300 1008 473 33,9 4,6 13

12109 9867 1084 474 33,1 2,9 48,6

13945 12032 1867 666 35,5 2.3 22,9

14016 12108 1475 630 25,7 2 24,4

Geschätzte Bevölkerung im J a h r e 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

17,8 3.1 2.3

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % d e r Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 J a h r e ) Lebenserwartung bei der G e b u r t (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

63,1 820

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. US$) Bruttosozialprodukt pro K o p f (in USS) A u s f u h r von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. E i n f u h r von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS)

Durchschnitt!, jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

172

1.7 3,4

Kolumbien

Kolumbien Amtlicher N a m e : República de Colombia Präsident: Andrés PASTRANA ARANGO Im A m t seit: 7. A u g u s t 1998 Vizepräsident: G u s t a v o BeilN ä c h s t e Präsidentschaftswahlen: 2 0 0 2 Regierung:

Partido Social Conservador (PSC).

Kabinett (Stand Juli 1998): Ä u ß e r e s : Guillermo FERNANDEZ DE SOTO; Inneres: Néstor H u m b e r t o MARTÍNEZ; Finanzen: J u a n Camilo RESTREPO; Justiz: Parmenio CUÉLLAR; Entwicklung: F e r n a n d o ARAUJC: Verteidigung: Rodrigo LLOREDA; A u ß e n h a n d e l : Marta Lucía RAMÍREZ; Landwirtschaft: Carlos MURGAS; Umwelt: Juan MAYR M . ; Arbeit: Hernando YEPES; Bergbau: Luis Carlos VALENZUELA; Kommunikation: Claudia DE FRANCISCO; Bildung: G e r m á n BULA ESCOBAR. Oppositionsparteien i m Parlament: Unión Patriótica (UP); Alianza Democrática M - 1 9 (AD-M-19); N u e v a Fuerza Democrática (NFD); Movimientos Religiosos; Indígenas. Sitzverteilung im Parlament seit den W a h l e n im Mai 1998: A b g e o r d n e t e n h a u s (163 Sitze): PL: 89; P S C : 50; A D - M - 1 9 2; andere: 22 Senat (102 Sitze): PL: 59; PSC: 29; A D M - 1 9 : 1: NFD: 1; andere: 12.

Chronologie 1997 Im letzten Amtsjahr von Präsident Samper eskalierten die politischen und gesellschaftlichen Konflikte auf allen Ebenen: Besonders im Vorfeld der Kommunalwahlen vom Oktober 1997 erlebte Kolumbien abermals eine Welle der Gewalt, deren Opfer vor allem die schlössen sich Zivilbevölkerung war. Die paramilitärischen Truppen, sog. autodefensas, 1997 auf nationaler Ebene unter Führung von Carlos CASTAÑO zusammen. Beobachter schätzen, daß der kolumbianische Staat lediglich noch 4 0 Prozent - Guerilla und Paramilitärs jeweils 3 0 Prozent - des Territoriums kontrolliert. In erschreckend hohem M a ß kam es zu gewaltsamen Vertreibungen und "Säuberungen" ganzer Landstriche, wodurch sich die Zahl interner Flüchtlinge und Vertriebener 1997 stark erhöht hatte. Während in den letzten zehn Jahren durchschnittlich 27 Familien pro Tag in die Hauptstadt Bogotá migrierten, waren es 1997 im Schnitt 37. Allein in Antioquia - vor allem im Urabá - flohen zwischen Januar und November 1997 fast 22.000 Menschen aus ihren Wohnorten. Die schwerste politische Krise seit der Violencia der späten 40er und frühen 50er Jahre wirkt sich in wachsendem M a ß auch negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. So erklärten die staatliche Olgesellschaft Ecopetrol und die US-amerikanische Firma Occidental Mitte Juli 1997 die Einstellung der Produktion im Feld Cravo Norte, nachdem die Guerilla abermals die Pipeline Caño Limón - Coveñas angegriffen hatte; die britische BP wollte ihre Arbeit dagegen fortsetzen. Auf nationaler Ebene zwang vor allem das wachsende Defizit in den Staatsfinanzen die Regierung zum Handeln. Im Oktober legte eine Kommission des Nationalen Planungsamtes einen umfassenden Entwurf zur Um-

173

Lateinamerika Jahrbuch 1998

strukturierung der Staatsfinanzen vor. Das Haushaltsdefizit wuchs 1997 auf 3,7 Prozent des BIP (1996: 2,0%), das BIP wuchs um 3,2%. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, daß sich im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen vom Mai und Juni 1998 fast alle Kandidaten darin einig waren, daß der Beendigung der Gewalt oberste Priorität zukommt. Die für kolumbianische Verhältnisse hohe Wahlbeteiligung sowohl bei den Kommunalwahlen 1997 als auch bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im März und Mai/Juni 1998 gab den neuen Volksvertretern zweifelsohne im Vergleich zu den Vorjahren ein höheres Maß an politischer Legitimität. Der hohe Stimmenanteil der unabhängigen Kandidatin Noemi SANIN im ersten Wahlgang und der deutliche Sieg von Andrés PASTRANA in der Stichwahl am 21. Juni (mit einer halben Million Stimmen) machten deutlich, daß Kolumbiens Wählerinnen und Wähler vor allem einen Bruch mit der Regierung SAMPER wünschten. Inwieweit es PASTRANA gelingen wird - ohne eigene Mehrheit im Parlament - grundlegende Reformen durchzusetzen, bleibt abzuwarten. Januar 13.1.

Aufgrund des großen Haushaltsdefizits (1996: US$ 4,4 Mrd.) verhängt Präsident SAMPER den wirtschaftlichen Notstand, der es der Regierung ermöglicht, Gesetze zunächst per Dekret zu erlassen, die der Kongreß später allerdings bestätigen muß. Am 12. März erklärt das Verfassungsgericht diese Maßnahme allerdings für verfassungswidrig, weil das Haushaltsdefizit nicht "unvorhersehbar" gewesen sei. Vertreter von Opposition und Privatwirtschaft sehen sich in ihrer Kritik an der Wirtschaftspolitik der Regierung bestätigt, während Präsident SAMPER das Urteil als "politisch inspiriert" abqualifiziert.

Mitte

Die sehr milden Urteile eines "Richters ohne Gesicht" von 10,5 und 9 Jahren Haft gegen die Chefs des Cali-Kartells - die Brüder RODRÍGUEZ OREJUELA läßt abermals an der Ernsthaftigkeit der kolumbianischen Drogenbekämpfungspolitik zweifeln. Gegenüber den USA sieht sich Außenministerin Maria Emma MEJIA am 21. Januar gezwungen, in einem dreiseitigen Brief auf die Unabhängigkeit der kolumbianischen Justiz zu verweisen. Präsident SAMPER macht Fehler der Staatsanwaltschaft für das milde Urteil verantwortlich, während Generalstaatsanwalt Alfonso VALDIVIESO die von der Regierung mitzuverantwortende milde Gesetzgebung seit 1994 angreift.

29.1.

In der Operation "Dschungel" zerstört die Polizei in der Provinz Guaviare das wohl größte Kokainlabor des Landes, in dem täglich anderthalb Tonnen reines Kokain produziert wurden. Im Umfeld des Labors gab es zwei Flugpisten sowie 22 Camps, in denen über 100 Arbeiter lebten. Der Polizeiaktion kommt vor allem im Vorfeld der anstehenden Entscheidung der US-Regierung über die "Zertifizierung" Kolumbiens hohe politische Bedeutung zu.

Februar 1.-5.2.

174

Zwischen 150 und 400 Guerilleros der Fuerzas Armadas Rebeldes de Colombia (FARC) liefern sich nur 70 km östlich von Bogotá heftige Gefechte mit über 1.000 Soldaten der Armee. Mindestens 30 Menschen werden im Kampf getötet, die Streitkräfte bombardieren das Gebiet, um die Guerilla zu vertreiben.

Kolumbien

3.2.

Nach der Berufung von Verteidigungsminister Juan Carlos ESGUERRA zum Botschafter Kolumbiens in den USA, übernimmt Guillermo Alberto GONZALEZ MOSQUERA, bisher kolumbianischer Botschafter in Venezuela, das Amt.

6.2.

Anläßlich einer Reise in den Süden des Landes verkündet Präsident SAMPER die Bereitschaft der Regierung, über die Freilassung von 60 Soldaten zu verhandeln, die die Guerilla seit August 1996 als Geiseln hält (vgl. Jahrbuch 1997: 195). Am Vortag hatten die Angehörigen der Geiseln Briefe und aktuelle Fotos erhalten, die bewiesen, daß die Soldaten noch am Leben sind. Die Regierung benennt den Menschenrechtsberater des Präsidenten Carlos Vincente DE Roux zum Unterhändler, die Nationale Versöhnungskommission {Comisión de Conciliación Nacional) unter Leitung der katholischen Kirche soll die Gespräche vorbereiten und begleiten.

18.2.

Ende einer einwöchigen Streikwelle im öffentlichen Dienst: Die 200.000 streikenden Lehrerinnen und Lehrer erreichen Lohnerhöhungen zwischen 13 und 20 Prozent. Die Gespräche zwischen Regierung und Gewerkschaften über die geplante Privatisierung von Staatsbetrieben und über Strukturanpassungsprogramme sollen fortgesetzt werden.

20.2.

Der Kongreß verabschiedet einstimmig und ohne Aussprache ein Gesetz, das die Strafen für Drogenhandel drastisch erhöht. Die Höchststrafe für Drogenhandel wird von 25 auf 60 Jahre angehoben und der Staat in die Lage versetzt, den Besitz der Verurteilten zu konfiszieren.

28.2.

Obwohl die kolumbianische Regierung - mit Ausnahme einer Wiedereinführung der Auslieferung auch kolumbianischer Staatsbürger an die USBehörden - alle Forderungen der USA bei der Drogenbekämpfung erfüllt haben, erhält Kolumbien zum zweiten Mal in Folge nicht die Zertifizierung durch das US-State Department. Nach US-Angaben erweiterte sich die für den Kokaanbau genutzte Fläche in Kolumbien 1996 um 32 Prozent. Darüber hinaus habe die Regierung weniger Kokafelder vernichtet als erwartet. In einem überraschenden Schritt kündigt die Regierung Samper am 5. März die "zeitlich befristete" Einstellung der Zerstörung von Kokafeldern "aus technischen Gründen" an. Eine Woche später wird die Besprühung von Kokafeldern aber bereits fortgesetzt.

März 16.3.

Verteidigungsminister Guillermo Alberto GONZALEZ MOSQUERA, der das Amt erst am 1. Februar übernommen hatte, muß wegen früherer Verbindungen zu Drogenboß Justo PASTOR PERAFAN zurücktreten. GONZALEZ hatte zunächst behauptet, in den 80er Jahren nichts von den illegalen Aktivitäten PERAFANS gewußt zu haben. Das Bekanntwerden einer Wahlkampfspende von US$ 2.800, mit der PERAFAN GOZALEZ' Kandidatur für den Senat 1989 unterstützte, zwingt den Minister dann zum Rücktritt. Am 20. März ernennt Präsident SAMPER den ehemaligen Entwicklungsminister und Ex-Gouverneur der Provinz Antioquia, Gilberto ECHEVERRI MEJIA, zum neuen und damit vierten Verteidigungsminister seiner Regierung. In seinen ersten Erklärungen tritt der neue Verteidigungsminister für Gespräche mit den bewaffneten Gruppen des Landes ein, was von Generalstabschef Harold BEDOYA heftig kritisiert wird.

175

Lateinamerika Jahrbuch 1998

April Anfang

Eine neue Welle der Gewalt und heftige Kämpfe zwischen Guerilla und Paramilitärs sowie dem Militär führt zur Flucht von 7.500 Campesinos im Departement Chocó, dem Grenzgebiet zu Panama. Eine Studie von UNICEF schätzt, daß die Gewalt in den vergangenen Jahren eine Million Menschen zur Flucht im eigenen Land gezwungen hat. 1997 wurden bisher stündlich 4 Familien gewaltsam von ihrem Wohnsitz vertrieben.

5.4.

Erwartungsgemäß tritt der Bürgermeister von Bogotá, Antanas MOCKUS, von seinem Amt zurück, um bei den Präsidentschaftswahlen im Mai 1998 zu kandidieren. Aus einer Vorschlagsliste von MOCKUS wählt Präsident SAMPER den Physiker Paul BROMBERG zum Nachfolger aus. BROMBERGS Amtszeit dauert allerdings nur bis zu den Kommunalwahlen im Oktober 1997.

6.4.

In Bogotá wird das im November 1996 zwischen UNO und Regierung vereinbarte Büro der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte eröffnet (vgl. Jahrbuch 1997: 196). Aufgabe ist die "Beobachtung der Menschenrechtslage in Kolumbien sowie die Beratung der kolumbianischen Behörden bei der Formulierung und Umsetzung von Politiken, Programmen und Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte". Geleitet wird das Büro von der spanischen Diplomatin Almudena MAZARRASA, darüber hinaus arbeiten 6 internationale Experten, ein Rechtsberater, ein Sicherheitsoffizier und 10 Verwaltungsangestellte in der Mission.

9.4.

Justizminister Carlos MEDELLIN und Präsident SAMPER kündigen eine Gesetzesvorlage an, die die Auslieferung kolumbianischer Staatsbürger an die USA wegen Drogenvergehen ermöglichen soll, was die Verfassung von 1991 explizit verbietet (vgl. Jahrbuch 1992: 195). Am Vortag hatte der scheidende US-Botschafter Myles FRECHETTE erklärt, Kolumbien könne bei einer Wiedereinführung der Auslieferung noch im laufenden Jahr "aus Gründen der nationalen Sicherheit" die Zertifizierung erlangen. Unklar bleibt, ob das Gesetz, wenn es von Kongreß und Senat verabschiedet wird, rückwirkend angewandt werden kann, das heißt auch die Drogenbosse betrifft, die bereits in kolumbianischen Gefängnissen relativ geringe Haftstrafen verbüßen. Die Gruppe "los extraditables", die das Land Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre mit Terrorakten überzogen hatte, meldet sich Anfang April umgehend zu Wort: Jeder, der die Auslieferung unterstütze, unterzeichne sein eigenes Todesurteil.

16.4.

Nach einer Evaluierung durch den Nationalen Rat für Wirtschafts- und Sozialpolitik (CONAPES) veröffentlicht die Regierung eine Bilanz des Entwicklungsplans "Salto Social" für die Jahre 1994 bis 1996. Während es Erfolge bei der Ausweitung der Sozialversicherung und im Bildungssektor gegeben habe, bestehen nach wie vor gravierende Defizite bei der geplanten Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die Direktorin des Nationalen Planungsamtes, Cecilia LÓPEZ MONTAÑO, rechnet dennoch damit, daß die Ziele des Plans bis zum Ende der Amtszeit der Regierung SAMPER im August 1998 zu 80 Prozent erreicht sein werden.

18.4.

Die venezolanische Nationalgarde verhaftet den mutmaßlichen Drogenboß Justo PASTOR PERAFAN. Sowohl Kolumbien als auch die USA beantragen die Auslieferung Perafáns.

176

Kolumbien

21.4.

Justizminister Carlos MEDELLIN tritt von seinem Amt zurück, um für das Amt des Bürgermeisters von Bogotá oder als Vizepräsident zu kandidieren. Zur Nachfolgerin ernennt Präsident SAMPER die Anwältin Beatriz RENGIFO von der Liberalen Partei.

27.4.

Die seit Mitte April formal unter der Führung von Carlos CASTAÑO in den Autodefensas Unidas de Colombia (AUC) zusammengeschlossenen paramilitärischen Gruppen erklären, daß sie in den von ihnen kontrollierten Gebieten des Landes keine politischen Kampagnen von linksgerichteten Kandidaten oder Gruppen zulassen werden. Zwei Tage vorher hatten die FARC angekündigt, daß sie die traditionellen Parteien im Südosten (Putumayo, Caquetá und Huila) am Wahlkampf hindern werden.

1.5.

General Barry MCCAFFREY, Chef des Drogenkontrollbüros im Weißen Haus, erklärt, daß die USA die bilaterale Militärhilfe für die Drogenbekämpfung in Höhe von US$ 200 Mio. solange einfrieren werden, bis die kolumbianischen Streitkräfte ihre Menschenrechtsbilanz verbessert haben.

2.5.

In einer formalen Antwort auf den Menschenrechtsbericht des US-State Departments gibt die Regierung zu, keine Kontrolle über die wachsende Zahl rechtsgerichteter paramilitärischer Gruppen zu haben. Es sei aber keine Regierungspolitik, die Zivilbevölkerung zu bewaffnen. Dies, obwohl 1995 auf Betreiben des damaligen Verteidigungsministers Fernando BOTERO sog. "Sicherheitskooperativen" unter dem Namen Convivir eingeführt wurden, von denen mittlerweile über das ganze Land 411 registriert sind. Nach Angaben der Tageszeitung "El Espectador" soll es über 700 Milizen geben. Ein Großteil dieser Gruppen, die die Sicherheitskräfte insbesondere im Bereich von Aufklärung und Kommunikation unterstützen sollen, ist bewaffnet. Menschenrechtsgruppen kritisieren die Convivir als Legalisierung paramilitärischer Gruppen. Paramilitärs sind in den vergangenen Jahren zu den Haupttätern der Gewalt geworden. 1996 sollen sie nach Angaben des US-State Departments für 48% aller Gewaltakte verantwortlich sein, verglichen mit 38%, in denen die Urheberschaft bei der Guerilla liegt, und 8%, bei denen die staatlichen Kräfte wegen der Menschenrechtsverletzungen beschuldigt werden.

8.5.

Der Oberste Gerichtshof akzeptiert das Rücktrittsgesuch von Generalstaatsanwalt Alfonso VALDIVIESO vom 4 . 5 . VALDIVIESO tritt zurück, um bei den Präsidentschaftswahlen im Mai 1998 zu kandidieren. Zum Nachfolger ernennt der Oberste Gerichtshof einstimmig den ehemaligen Staatsanwalt und Senator Alfonso GÓMEZ MÉNDEZ.

12.5.

Mario CALDERÓN und seine Frau Elsa ALVARADO, beide Mitarbeiter des Menschenrechtsbüros des CINEP (Centro de Investigación y Educación Popular), werden mitten in der Nacht in ihrer Wohnung ermordet. Zu den Opfern der Mörder zählt auch der Vater von Elsa ALVARADO, Carlos ALVARADO.

20.5.

Virgilio BARCO, Präsident des Landes von von 75 Jahren.

22.5.

Der Senat stimmt für das von Präsident rungsgesetz bei Drogenvergehen.

1986-1990,

SAMPER

am

stirbt in Bogotá im Alter 9.4.

vorgelegte Ausliefe-

177

Lateinamerika Jahrbuch 1998

30.5.

Nachfolger des zurückgetretenen Innenministers Horacio SERPA, der seine Präsidentschaftskandidatur vorbereitet, wird Carlos HOLMES TRUJILLO, ehemaliger Botschafter Kolumbiens bei der OAS und 1994-95 Friedensberater von Präsident SAMPER.

Juni 15.6.

In einem medienwirksamen, von der nationalen und internationalen Presse begleiteten Akt lassen die FARC 70 Soldaten frei, von denen 60 seit August letzten Jahres, zehn weitere seit Jahresbeginn in ihrer Gewalt sind. Der Verlauf der Geiselaffäre und die Freilassung der meist wehrpflichtigen Soldaten gilt als größter Propagandaerfolg der FARC in den vergangenen Jahren. Die Regierung hatte am 23.5. begonnen, die zentrale Forderung der FARC, den Abzug des Militärs aus einem 13.000 km2 großen Gebiet im Süden des Departements Caquetá, zu erfüllen. Führende Militärs, die in der Vergangenheit stets offen gegen den Rückzug aus bestimmten Gebieten eingetreten waren, betonten daraufhin den vorübergehenden und einmaligen Charakter der Aktion.

17.6.

Bei der Explosion einer Autobombe sterben in Bogotá acht Polizisten. Bei der Durchsuchung eines Lastwagens, in dem Schmuggelware vermutet wurde, explodierte ein Sprengsatz, der nach Angaben von Polizeichef Rosso José SERRANO ferngezündet wurde. Die Führer der größten Wirtschaftsunternehmen des Landes, die sog. "Cacaos", treffen mit Präsident SAMPER zusammen. In dem Gespräch über die politischen Probleme werden auch die Perspektiven für einen Friedensprozeß mit den bewaffneten Gruppen erörtert. Damit wird erstmals öffentlich, daß auch die Wirtschaftselite die zunehmende Gewalt als Problem wahrnimmt.

23.6.

Präsident SAMPER beauftragt zwei Mitarbeiter, in den kommenden 60 Tagen die Chancen für eine Beendigung des Krieges auf dem Verhandlungsweg auszuloten.

Juli 20.7.

Anläßlich seiner Rede zum Nationalfeiertag nennt Präsident SAMPER die Verbesserung der Menschenrechtssituation als oberste Priorität für das letzte Jahr seiner Amtszeit. Verfahren gegen Militärs wegen Menschenrechtsverletzungen sollen künftig nicht mehr vor Militärgerichten verhandelt, sondern der zivilen Justiz übergeben werden und die paramilitärischen Todesschwadronen genauso wie die Guerilla bekämpft werden. Gleichzeitig verteidigt er die Existenz der Convivir als legitime Selbstverteidigung. Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen - darunter das Büro der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte in Bogotá, fordern nach wie vor die Auflösung dieser Milizen.

21.7.

Rechtsextreme Todesschwadronen ermorden in Mapiripán (Departement Meta) 35 Bauern wegen angeblicher Zusammenarbeit mit der Guerilla. Zahlreiche Opfer sollen vor ihrer Ermordung gefoltert worden sein. In der Folge liefern sich Paramilitärs und FARC schwere Gefechte in den Lllanos Orientales.

178

Kolumbien

24.7.

Überraschend setzt Präsident SAMPER den Kommandierenden der Streitkräfte, General Harold BEDOYA, ab. Zwischen SAMPER und BEDOYA hatte es in den vergangenen Wochen zahlreiche Konflikte gegeben. BEDOYA lehnt jegliche Gespräche mit der Guerilla ab und tritt für deren militärische Bekämpfung ein. Im September erklärt der Ex-General seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen im Mai 1998. Nachfolger an der Spitze der Streitkräfte wird der bisherige Armeechef General Manuel José BONETT.

25.7.

Nach achtmonatiger Haft im Hochsicherheitsgefängnis Itagüi bei Medellin werden der deutsche Agent Werner MAUSS und seine Frau aus der Haft entlassen. Zwei Wochen vorher hatte die Justiz entschieden, das Verfahren wegen illegaler Vermittlung in einem Entführungsfall nicht zu eröffnen, wogegen die Staatsanwaltschaft allerdings Beschwerde eingelegt hat. Anfang Dezember wird das Verfahren endgültig niedergeschlagen; die beiden Deutschen dürfen das Land verlassen.

August 1.8.

In Washington unterzeichnet der kolumbianische Botschafter Juan Carlos ein Abkommen, das die Wiederaufnahme der bilateralen Polizeiund Militärhilfe ermöglicht. ESGUERRA

6.8.

Der Direktor der US-amerikanischen Drogenkontrollbehörde DEA und der Direktor der kolumbianischen Polizei, General Rosso José SERRANO, unterzeichnen in Bogotá ein bilaterales Abkommen zur Gründung einer binationalen Spezialtruppe zur Bekämpfung des Heroinanbaus.

8.8.

Mitglieder des ELN (Ejército de Liberación Nacional) ermorden am Vorabend eines Präsidentengipfels in der an Venezuela grenzenden Stadt Cücuta den Vorsitzenden des außenpolitischen Ausschusses des Senats, Jorge CRISTO. Der Senator galt als enger Freund und Unterstützer von Präsident SAMPER.

September 28 /29.9

In einem Interview mit der Tageszeitung "El Tiempo" beansprucht der oberste Chef der Autodefensas Unidas de Colombia, Carlos CASTAÑO, bei möglichen Friedensverhandlungen nach dem Regierungswechsel 1998 Sitz und Stimme für die paramilitärischen Organisationen. Die Guerilla lehnt Gespräche mit den Paramilitärs ab, weil sie von einer direkten und engen Verbindung zwischen Paramilitärs und Streitkräften ausgehen. Damit seien die Paramilitärs an Friedensgesprächen bereits durch die Regierung vertreten.

Oktober 2.10.

In Santa Marta scheitert ein Attentatsversuch gegen den obersten Chef der kolumbianischen Streitkräfte, General BONETT.

14.10.

Der liberale Präsidentschaftskandidat Juan Manuel SANTOS und der Schriftsteller Gabriel GARCIA MARQUEZ lancieren in Spanien einen Friedensplan. Zentrales Element ist die Einberufung einer neuen Verfassunggebenden Ver179

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Präsident SAMPER bezeichnet den Vorschlag als Konspiration und Komplott, dessen alleiniges Ziel sein Sturz sei.

Sammlung.

26.10.

Bei den Kommunalwahlen stimmen die Wählerinnen und Wähler über die neuen Repräsentanten in Kommunen und Departements ab. Die Welle der Gewalt im Vorfeld des Urnengangs führte dazu, daß in 250 der 1072 Gemeinden 1.900 Kandidaten ihre Kandidatur zurückzogen, 200 Kandidaten wurden im Verlauf des Wahlkampfes entführt, mindestens 40 ermordet. Regionaler Schwerpunkt sind die Departements Caquetá, Putumayo und Teile von Antioquia. Bei einer Wahlenthaltung von über 50 Prozent erweist sich die Liberale Partei abermals als stärkste und am besten organisierte politische Kraft.

November Anfang

Unter anderem mit Unterstützung von UNICEF findet in der Universidad Nacional ein Seminarzyklus zum Problem der gewaltsamen Vertreibungen und dem bewaffneten Konflikt satt. Nach Angaben der Consultoria de Derechos Humanos y el Desplazamiento (CODHES) wurden allein zwischen August 1995 und August 1997 500.000 Menschen gewaltsam von ihrem Wohnort vertrieben. Verantwortlich sind dafür in 42% der Fälle paramilitärische Gruppen, in 33% die Guerilla, in 10% das Militär; die meisten Flüchtlinge suchen in der Hauptstadt Schutz.

7.11.

Mit einer knappen Mehrheit von fünf zu vier Stimmen erklärt das kolumbianische Verfassungsgericht die Convivir für verfassungskonform.

12.11.

Nach neunstündiger Debatte passiert das neue Auslieferungsgesetz den Kongreß. Die Abgeordneten koppeln ihre Zustimmung allerdings an die Bedingung, daß das Gesetz nicht rückwirkend angewendet werden darf, wodurch die bereits inhaftierten und meist zu geringen Strafen verurteilten Drogenhändler ausgenommen sind.

Ende

Die Außenminister Kolumbiens und Rußlands unterzeichnen in Bogotá ein Abkommen zur engeren Zusammenarbeit bei der Drogenbekämpfung. Im Rahmen einer neuen Friedensinitiative der Regierung SAMPER reisen die Präsidentenberater für die Menschenrechte und den Frieden, Sonia ELJACH und Daniel GARCIA-PEÑA, durch mehrere europäische Länder und werben für internationale Vermittlung zur Beendigung der bewaffneten Konflikte im Land. Zur selben Zeit ermorden paramilitärische Truppen und rechte Todesschwadronen in mehreren Massakern fast 50 Menschen. Die Regierung kündigt die Aufstellung einer Elitetruppe zur Bekämpfung der Todesschwadronen an.

Dezember 19.12.

Der ehemalige Innenminister und Präsidentschaftskandidat Horacio SERPA URIBE wird unter anderem vom Vorwurf des Betrugs und der illegalen Bereicherung freigesprochen.

31.12.

Im Verlauf des Jahres 1997 starben 24.647 Menschen gewaltsam, Zentrum der Gewalt war, wie auch in den vorhergehenden Jahren, das Departement Antioquia. Sabine Kurienbach

180

Kolumbien

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt: Fläche (io qkm): Wahrung:

KOLUMBIEN Bogotá 1.138.914 Kolumbianischer Peso

Jahr

1. DEMOGRAPHISCHE K E N N Z I F F E R N

1980

1990

1995

1996

24,93 41,7 53.1 64.2 32 3,8 34.2 23,5 42.3

32,84 35.4 60,6 70 25.5 2,9 1.4 30,9 67,7

36,81 34.3 62,7 72,7 23.4 2,8

37,45 32.4 ¿2 76 23 2,7

64 108 48,2

88 106 37 50 69 1228 81

76 115,9 25,6 31 69,8

25 31 70

33400 1270 3860 6231 -206 890 51 6474

40274 1270 9623 9462 700 -10 501 4453

76112 1910 13813 16270 -4115 4995 2217 8221

85202 2140 14518 16878 •4784 7016 3500 9691

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

70,2 10,1 19,1 19,7 28 30 23,3 42

64,5 10 19,1 25,5 17 32 21 51

75,4 8,8 23,4 15,8 12,9 34,4 18,8 52,7

73 10 21 17 16 30 16 54

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

6941 4089 951 688 16 4,1 27

17241 14680 3655 1484 38 4.1 29,2

20758 12983 3778 1380 27,5 5,4 21

23444 14692 3442 1484 23,7 2,1 20,2

Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Stadtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitltsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

49,4 2,4 1.8

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

65,9 1240

91,3

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS)

Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

3,5 4,1 23

181

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Peru República del Perú Amtlicher Name: Präsident: A l b e r t o K e n y o FUJIMORI FUJIMORI Im Amt seit: 28. Juli 1990 (wiedergewählt im April 1995) Vizepräsident: R i c a r d o MARQUEZ FLORES Nächste Präsidentschaftswahlen: 2000 Regierungspartei: Cambio 90-Nueva Mayoría Kabinett (Stand Juü 1998): Präsident des Ministerrates (Premierminister): Alberto PANDOLFI ARBULÚ; Äußeres: Eduardo PERRERO COSTA; Inneres: General José VILLANUEVA RUESTA; Justiz: Alfredo QUISPE CORREA; Verteidigung: General César SAUCEDO SANCHEZ; Wirtschaft und Finanzen: Jorge CAMET; Landwirtschaft' Rodolfo MUNANTE; Industrie/ Tourismus/Integration: Gustavo CAILLAUX; Arbeit und Soziales: Jorge Domingo GONZALEZ IZQUIERDO; Frauen/Entwicklung: Miriam SCHENNONE; Bildung: Domingo PALERMO; Gesundheit: Mario COSTA; Bau/Transport/Kommunikation: Elsa CARRERA DE ESCALANTE; Präsidialamt: Daniel HOKAMA TOKASHIKI. Sitzverteilung im Parlament seit den Wahlen vom 9. April 1995 (120 Sitze): Cambio 90-Nueva Mayoría: 67; Unión por el Perú: 17; Partido Aprista Peruano (PAP) oder Alianza Popular Revolucionaria Americana (APRA): 8; Frente Independiente Moralizador: 6; Coordinadora Democrática - País Posible (CODE-PP): 5, Acción Popular: 4; Partido Popular Cristiano: 3; Movimiento Renovación: 3; Izquierda Unida: 2; Movimiento Obras. 2, Frente Popular Agrícola - Fia del Perú: 1; Movimiento Independiente Agrario (MIA): 1; Perú al 2000 - Frente Nacional de Trabajadores y Campesinos: 1.

Chronologie 1997 Das innen- und außenpolitische Geschehen wurde von der Geiselnahme (17.12.1996) durch den Movimiento Revolucionario Túpac Amaru (MRTA) beherrscht. Am 22. April 1997 konnten die 72 in der Gewalt der Terroristen befindlichen Geiseln durch eine Operation von Geheimdienst und Militär befreit werden. Das 14köpfige Kommando der MRTA wurde erschossen, eine Geisel und zwei Soldaten starben am Ort des Geschehens. Nach der Befreiungsaktion schnellte die ramponierte Popularität FUJIMORIS von 30% auf 67%. Auch das schlechte Image von Geheimdienst und Militär verbesserte sich vorübergehend. Während der Monate Mai bis Dezember standen wiederum die Verletzungen der Grund- und Menschenrechte, der autoritäre Führungsstil von Präsident FUJIMORI und die undemokratischen Manipulationen seiner Partei Cambio 90-Nueva Mayoría (C90-NM) im Parlament im Mittelpunkt der Entwicklung. Bevölkerung, Medien und Politiker wandten sich auch zunehmend gegen die Terroraktivitäten und den Einfluß von Geheimdienst und Militär auf die Staatsführung. Sie protestierten gegen die Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit und die Gleichschaltung der Medien. Das "Mundtotmachen" des Fernsehkanals Frecuencia Latina, der mutig mit Beweismaterial gegen die Regime-Übergriffe vorgegangen war, brachte die Bevölkerung ebenso auf die Straße wie die Absetzung der drei Verfassungsrichter, die gegen die Anwendungsmöglichkeit der "Lex Fujimori" gestimmt hatten. Die Bevölkerung forderte, Tod und Folterung von zwei Agentinnen durch

182

Peru

den Geheimdienst zu untersuchen und den starken Mann des Servicio Nacional de Inteligencia (SNI), Vladimiro MONTESINOS, von seinem Posten als Berater des Präsidenten zu entbinden. Während des ganzen Jahres wurden von C90-NM Verfassung und Gesetze sowie Institutionen überwiegend im Zusammenhang mit einer dritten Kandidatur FUJIMORIS im Jahre 2000 pervertiert und manipuliert. Von August 1996 bis Dezember 1997 wurden im Kongreß trotz des Widerstandes und Protestes der Opposition zehn offensichtliche Verfassungsbrüche begangen. Die Popularität FUJIMORIS sank bis Dezember 1997 wieder auf rund 37%. Wenn auch rund 76% mit der Handhabung der El A//V?o-Krise durch den Präsidenten einverstanden waren, sahen nur rund 38% seine Regierungsführung als positiv an. Das Wirtschaftswachstum nahm 1997 mit 7% stark zu, holte aber bisher überwiegend in den Vorjahren verlorenes Terrain auf. Preisstabilität war wiederum ein Pluspunkt. Trotz der hohen Auslandsinvestitionen steht der Aufbau von stabilen Wachstums- und Exportbereichen noch am Anfang. Auswirkungen auf Beschäftigung und Einkommen der über 65% in Armut lebenden Bevölkerung wurden bisher kaum spürbar. Die Schäden von El Niño (bis Ende 1997 auf rund US$ 800 Mio. geschätzt) werden 1998 negativ zu Buche schlagen. Innenpolitisch konnte sich auch 1997 keine ernsthafte programmatische und von den Führern überzeugende parteipolitische Alternative zu FUJIMORI und seiner Anhängerschaft herausbilden. Die Terrorakte von Militär und Geheimdienst gingen weiter; eine anhaltende Befriedung des Leuchtenden Pfades und der MRTA ist bisher nicht gelungen. 3.000 politische Gefangene blieben ebenso wie die militante Bekämpfung der Kokaanbauer ein ungelöstes Problem. Januar 1.1.

8.1.

16.1.

16.1.

25.1.

Der Anführer der MRTA, Néstor CERPA, hält daran fest, daß die Freilassung aller MRTA-Häftlinge das Ziel ihrer Aktion sei. Den Unterhändlern macht er klar, daß sich das Kommando auf eine lange Zeit des Verhandeins einrichtet. Mit Gesetz Nr. 2 6 . 7 3 8 vom 7 . 1 2 . 1 9 9 6 werden die Funktionen der Comisión Ejecutiva des Ministeriums für öffentliche Angelegenheiten zu Lasten der Kompetenz des Oberstaatsanwaltes ausgedehnt. Diese ernennt nunmehr vorläufig die Staatsanwälte. Kompetenzen und Unabhängigkeit der Justiz werden durch die Exekutive eingeschränkt. Das Gesetz stößt auf breite Ablehnung. Der Verband der Rechtsanwälte vereinbart, Aktionen wegen Verfassungsbruchs vorzubereiten. Die derzeitige Oberstaatsanwältin, Bianca COLAN, lehnt es ab, weitere zwei Jahre im Amt zu bleiben. Sie erklärt sich bereit, die Präsidentschaft der Exekutivkommission des Ministeriums für Öffentliche Angelegenheiten zu übernehmen. Drei der 7 Mitglieder des Verfassungsgerichtes, die das Urteil vom 3.1. über die Nichtanwendbarkeit des Gesetzes 26.657 ("Lex Fujimori') unterzeichnet haben, entscheiden darin, daß die Auslegung von Art. 112 der Verfassung nicht auf eine erneute Kandidatur von Präsident FUJIMORI anwendbar ist. Verfassungsrichterin Delia REVOREDO gibt zu Protokoll, daß ihr Schreibtisch aufgebrochen und Dokumente daraus entwendet wurden. Auch ihr Haus werde durch den Geheimdienst ausspioniert.

183

Lateinamerika Jahrbuch 1998

31.1

Unión por el Perú (UPP) entscheidet, als demokratische Oppositionsbewegung an den Wahlen 2000 teilzunehmen.

Februar 3.2.

4.2.

12.2.

15.2. 18.2.

Der Ausnahmezustand wird für verschiedene Regionen des Landes verlängert. Das Militär übernimmt die Kontrolle über die innere Ordnung. Präsident FUJIMORI erklärt nach einem Treffen mit Präsident CLINTON und der Führung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), die beide seine harte Linie in der Geiselaffaire unterstützen, daß er nicht über eine Freilassung der in Haft befindlichen Mitglieder des MRTA verhandeln werde. Die inzwischen gebildete Comisión de Garantes (Möns. Juan Luis CIPRIANI, Bischof von Ayacucho, Anthony VINCENT, Botschafter von Kanada, Michel MINNING, Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes), die eine friedliche Lösung der Geiselaffaire sucht, hält in Anwesenheit des Vertreters der japanischen Regierung und des Verhandlungsführers der peruanischen Regierung, Erziehungsminister Domingo PALERMO, ihre erste Arbeitssitzung ab. Die Sicherheitskräfte haben in den letzten drei Jahren rund 11.000 Personen festgenommen, die mit dem Terrorismus in Verbindung stehen sollen. Rund 240.000 der insgesamt 600.000 Personen, die vor dem Terrorismus geflohen waren, sind inzwischen in ihre Heimatgebiete zurückgekehrt. Der Kongreß verlängert die Kommission für die Begnadigung der unter Verdacht des Terrorismus angeklagten Personen um weitere 180 Tage. Präsident FUJIMORI dementiert, daß es einen geheimen Plan des Militärs gäbe, die Botschafterresidenz zu stürmen.

März 3.3.

Kuba ist nach Verhandlungen von FUJIMORI mit Fidel CASTRO bereit, den Mitgliedern der MRTA politisches Asyl zu gewähren, wenn es formell von Peru darum ersucht würde. FUJIMORI erklärt am folgenden Tag, daß die MRTABesetzer ein Exil in Kuba zurückgewiesen haben.

6.3.

Die Verhandlungen in der Geiselaffaire werden durch Néstor CERPA unterbrochen, da die Besetzer die Existenz eines Tunnels, der derzeit gegraben würde, festgestellt haben.

8.3.

Peru beendet die Umschuldung von US$ 11 Mrd. mit 180 Auslandsbanken gemäß dem Brady-Plan. Damit verbessert sich die Position des Landes am internationalen Kapitalmarkt.

13.3.

Die UN-Kommission für Menschenrechte verurteilt nachdrücklich die Geiselnahme und erklärt sich solidarisch mit den Regierungen Perus und Japans. Sie fordert die sofortige Freilassung der Geiseln.

17.3.

Die Popularität von Präsident FUJIMORI ist in den letzten Wochen gesunken. Rund 50% der Befragten mißbilligt die kompromißlose Handhabung der Geiselkrise durch die Regierung.

19.3.

Die Bundesrepublik erläßt Peru bis zu 50% von den 1996 im Rahmen der Verhandlungen des "Club von Paris" umgeschuldeten Beträgen von DM 205

184

Peru

25.3.

26.3.

Mio. Peru verpflichtet sich dafür, 40% des erlassenen Betrages in Landeswährung bereitzustellen, die für gemeinsam koordinierte Projekte der Armutsbekämpfung und des Umweltschutzes eingesetzt werden sollen. Das Auto des Abgeordneten Javier DIEZ CANSECO von Izquierda Unida (IU) wird von Unbekannten abgepaßt, die Insassen werden bedroht und geprügelt und der Wagen angezündet. Zwischenfälle widerfahren auch den Verfassungsrichtern Ricardo NUGENT und Delia REVOREDO sowie dem Ex-Apristen Gustavo SABERBEIN. Die Asociación Pro Derechos Humanos (APRODEH) informiert, daß wiederum 15 Personen wegen Verbindungen zur MRTA festgenommen und gefoltert wurden. Nach intensiven Verhandlungen kommen sie wieder frei. Die Oberstaatsanwältin Bianca COLAN erklärt, daß 1 9 9 6 insgesamt 1 . 5 0 0 der Verbindung zum Terrorismus verdächtige Personen freigelassen wurden.

April

5.4.

6.4.

Der Foro Democrático setzt die Unterschriftensammlung für das Referendum fort, in dem die Bevölkerung entscheiden soll, ob die Anwendung des "Interpretationsgesetzes" ("Lex Fujimori') für die nochmalige Kandidatur FUJIMORIS verfassungsgemäß ist. Die Agentin Leonor LA ROSA BUSTAMANTE sagt gegenüber dem Fernsehsender Frecuencia Latina aus, daß sie von Mitarbeitern des Geheimdienstes SIN wegen angeblicher Weitergabe von Informationen über Geheimdienstoperationen an die Presse brutal gefoltert wurde. Sie wiederholt und beweist diese Aussage vor Abgeordneten der UPP, IU, C90-NM, dem Ombudsmann Jorge SANTISTEVAN und Mitgliedern der Militärgerichtsbarkeit. LA ROSA, die mit der auf grausame Weise ermordeten Agentin Mariella Lucy BARRETO befreundet war, belastet den Generalinspekteur des Heeres schwer.

11.4.

500 comunidades campesinas, vertreten durch deren nationalen Verband, beschließen, vor dem Ombudsmann, dem Verfassungsgericht und der International Labor Organization gegen die Verabschiedung des Gesetzes Nr. 26 505 zu protestieren. Der Gesetzesentwurf sieht die Privatisierung und Aufteilung von 250 comunidades der Küste vor. Diese Art Maßnahme bedarf einer vorherigen consulta popular laut Abkommen zwischen Peru und der Internationalen Arbeitsorganisation ILO/OIT.

12.4.

Peru, das 1992 teilweise aus der Andengruppe "ausgeschert" ist, einigt sich nicht mit den anderen Mitgliedern über eine schnellere Liberalisierung in der Freihandelszone. Ein Konsens über diese Regelung ist Bedingung für Peru, um in den Andenpakt zurückzukehren.

14.4.

Polizei und Ministerium für öffentliche Angelegenheit laden den Ex-Major des Heeres, Santiago MARTIN RIVAS, Mitglied des Terrorkomandos Grupo Colina, wegen etwaiger Beteiligung am Mord der Agentin Mariella Lucy BARRETO vor. Die Cía. Latinoamericana de Radio Difusión S.A. - Canal 2 (Frecuencia Latina) wendet sich an die Regierung und protestiert dagegen, daß aufgrund ihrer Veröffentlichung über die Foltermethoden beim Militär Druck von Seiten der Steuerbehörden auf sie ausgeübt wird.

185

Lateinamerika Jahrbuch 1998

15.4.

19.4.

21.4.

22.4.

26.4.

27.4.

Der Fernsehsender Frecuencia Latina präsentiert Dokumente der Steuerbehörde über das Einkommen des FujiMORi-Beraters und Angehörigen des SIN, Vladimire MONTESINOS. Das Einkommen von US$ 1,6 Mio. lasse aufgrund seiner Höhe vermuten, daß er nicht als Berater beim Staate beschäftigt sei. Generalleutnant Antonio KETIN VIDAL HERRERA tritt von seinem Posten als Generaldirektor der Polizei zurück. Er wird von General Fernando DIANDERAS OTTONE ersetzt. VIDAL HERRERA steht mit im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik im Zusammenhang mit Mord und Folterungen der Terrorgruppen, den Übergriffen auf Regimegegner, der Geiselnahme in der Residenz des japanischen Botschafters und den Aktionen des SIN. Innenminister General Juan BRIONES DAVILA stellt nach mehr als 5 Jahren Amtszeit aus den gleichen Gründen seinen Posten zur Verfügung. Nachfolger wird General César SAUCEDO, bisher Chef der Militärregion Lima. Die Popularität von Präsident FUJIMORI ist nach jüngsten Umfragen dramatisch gesunken. Nur noch 35% billigen seine Regierungsführung, 53% sprechen sich dagegen aus. Eine Sondereinheit aus Militär und Polizei befreit nach 126 Tagen Geiselnahme in der Residenz des japanischen Botschafters 71 Personen lebend. Zwei Mitglieder der Einheit und eine Geisel kommen ums Leben. Die 14 Angehörigen der MRTA werden bei der Operation erschossen. Hugo AVELLANEDA alias ELOY (oder RAÚL), einer der Mitbegründer der MRTA, übernimmt die Führung anstelle von Néstor CERPA CARTOLINI, der bei der Erstürmung der Residenz erschossen wurde. Die Popularität von Präsident FUJIMORI steigt nach der erfolgreichen Beendigung des Geiseldramas auf 74%. Nur 21% sind in diesem Augenblick mit seiner Regierungsführung nicht einverstanden.

Mai 2.5.

7.5.

10.5. 16.5. 21.5.

24.5.

186

Die Opposition fordert den Präsidenten des Ministerrates, Alberto PANDOLFI, auf, Beweise für die Rechtmäßigkeit der Einkünfte, die MONTESINOS in seiner Steuererklärung macht, vorzulegen. APRODEH interveniert bei der Regierung, damit die sterblichen Überreste des bei der Residenzerstürmung erschossenen MRTA-Mitgliedes Luz Dina VILLOSLADA den Familienangehörigen übergeben werden. Ein Militärgericht verurteilt vier Offiziere des SIN zu 8 Jahren Gefängnis wegen Folterungen an der Agentin dieser Institution, Leonor LA ROSA (vgl. 6.4.). Peru ersucht offiziell um die Assoziierung an den MERCOSUR. Der Foro Democràtico und das Comité Civico pro Democracia mobilisieren prominente Regimegegner, unter ihnen Ex-General Rodolfo ROBLES, Politiker, Gewerkschaftler und Vertreter von Basisorganisationen, um eine breite Front zur Verteidigung der Demokratie aufzubauen. In einem Kommuniqué des Oberkommandos der Streitkräfte wird Baruch IVCHER, Besitzer des Fernsehkanals Frecuencia Latina, öffentlich beschuldigt, daß er eine Kampagne zur Verunglimpfung des Militärs gestartet habe.

Peru

29.5

IVCHER ist in Peru nationalisiert, eine Voraussetzung, um Eigentümer von Medienunternehmen sein zu können. Gemäß Art. 15 des DS 004-97 vom 28.5. kann der Präsident der Republik, wenn die Sicherheit des Staates es erfordert, ohne Angabe von Gründen einem naturalisierten Ausländer die Staatsbürgerschaft entziehen. Diese "Lex Ivcher" ist in einigen Artikeln vom Verfassungsstandpunkt her fragwürdig. Nach 14 Stunden Debatte stimmt der Kongreß mit den 52 Stimmen der Mehrheit der Regierungspartei C90-NM für die Absetzung der drei Verfassungsrichter Manuel AGUIRRE, Delia REVOREDO und Guillermo REY. Der Präsident des Verfassungsgerichtes, Ricardo NUGENT, reicht aus Solidarität zwei Tage später seinen Rücktritt ein. Das Verfassungsgericht wird wegen fehlenden Quorums de facto arbeitsunfähig.

Juni

I.6.

4.6.

5.6.

6.6.

10.6

II.6

20.6

25.6

26.6

Gemäß Umfrage lehnen 77,6% der Bevölkerung die Absetzung der drei Verfassungsrichter ab. Das Einverständnis mit der Regierungsführung von FUJIMORI sinkt auf 54,8% ab. Kongreßabgeordnete begründen vor der Interamerikanischen Menschenrechtskommission anläßlich der Jahreskonferenz der OAS in Lima ihr Vorgehen gegen den peruanischen Staat, der die vier abgesetzten Richter wegen verfassungsrechtlicher Vergehen angeklagt hat. Eine Großdemonstration gegen die Absetzung der Verfassungsrichter und gegen die Rede von Präsident FUJIMORI vor der OAS, die schwerwiegende Angriffe auf die Pressefreiheit enthält, findet in Lima statt. Die Oberstaatsanwältin entscheidet, daß keine Untersuchung über den Geheimdienstler Vladimire) MONTESINOS wegen "unrechtmäßiger Bereicherung" stattfindet. Moracio ORTIZ, ehemaligen Sekretär der Staatsanwaltschaft, ersucht um politisches Asyl in Ekuador, da er aufgedeckt haben will, daß FUJIMORI nicht Peruaner ist und damit auch nicht Staatspräsident sein könnte. Der Kongreß verabschiedet mit der Mehrheit von C90-NM einen Antrag, in dem er sein Befremden über die Mißbilligung der Interamerikanischen Menschenrechtskommission bezüglich der Abwahl der drei Verfassungsrichter ausdrückt. FUJIMORI kündigt Investitionen von rund U S $ 2 , 8 Mrd. bis zum Jahr 2 0 0 0 an, um die Armut zu bekämpfen. Der Bürgermeister von Lima schlägt seinen Anhängern vor, daß die Bewegung Somos Lima sich für die Munizipalwahlen 1998 als Partei einschreibt. Dafür sind 500.000 Unterschriften erforderlich. Außenminister Francisco TUDELA weist die Kritik der USA an dem Kauf von MIG 29 in Weißrußland zurück. Eine Woche später lehnt die Militärjustiz einen Antrag auf Revision des Urteils gegen die US-Bürgerin Lori BERENSON MEJIA ab, die wegen Terrorismus und Verrat am Vaterland mit inzwischen 31 anderen Angeklagten zu lebenslänglich Gefängnis verurteilt wurde.

187

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Juli 11.7.

Dem Inhaber von Frecuencia Latina, Baruch IVCHER, wird vom Chef der Polizei mitgeteilt, daß Unregelmäßigkeiten in seiner peruanischen Staatsbürgerschaft von 1984 festgestellt worden seien; u.a. habe er nicht auf die israelische Staatsbürgerschaft verzichtet. Noch am gleichen Tag wird IVCHER von der Einwanderungsbehörde die peruanische Staatsbürgerschaft aberkannt: eine Maßnahme, die direkt im Zusammenhang mit der Sendung von Contrapunto über die Telefonspionage steht.

13.7.

Frecuencia Latina deckt in seinem Programm Contrapunto auf, daß rund 200 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, unter ihnen auch Außenminister Francisco TUDELA und der Präsident der Nationalen Unternehmervereinigung, vom Geheimdienst abgehört werden.

18.7.

Angesichts der Häufung von Grundrechtsverletzungen fordern Persönlichkeiten und Institutionen aus dem In- und Ausland Präsident FUJIMORI auf, die Presse- und Meinungsfreiheit zu garantieren. Auch der Interamerikanische Presseverband kommt zu alarmierenden Schlußfolgerungen über die Situation der Pressefreiheit in Peru. FUJIMORI nimmt eine Kabinettsumbildung vor, u.a. wird der aus Protest gegen die Abhöraffaire und die Dominierung der Exekutive durch das Militär zurückgetretene Außenminister Francisco TUDELA durch Eduardo FERRERO COSTA ersetzt.

21.7.

82% fordern bei einer Umfrage, daß Vladimire MONTESINOS und der Chef des Oberkommandos der Streitkräfte, Nicolás HERMOZA RIOS, aus dem Amt entfernt werden sollen, da sich Präsident FUJIMORI ihnen und ihren Institutionen unterordnet.

24.7.

Die peruanische Nationalität von Präsident FUJIMORI und sein Geburtsdatum werden durch eine journalistische Recherche, ausgestrahlt vom Fersehprogramm "En Persona", in Frage gestellt. Der Kongreß weist zwei Wochen später mit der Mehrheit der Regierungspartei einen Antrag zur Bildung einer Untersuchungskommission über die Nationalität von FUJIMORI zurück.

August 5.8.

Eine Umfrage ergibt, daß, wenn zu diesem Zeitpunkt Präsidentschaftswahlen wären, 46% der Befragten den derzeitigen Bürgermeister von Lima wählen würden, der die Popularitätsskala anführt.

11.8.

Der Rückgang des Fischfangs um 80%, die beginnenden schweren Regenfälle im Norden und die hohen Temperaturen in Lima sind Vorboten von El Niño, der in seinen Auswirkungen die Katastrophen von 1982/83 übertreffen könnte.

22.8.

Der Kongreß verabschiedet einen Antrag, um eine Kommission zur Untersuchung der Telefonspionage zu bilden. Opfer dieser Aktion sind auch Anhäng e r v o n FUJIMORI.

188

Peru

29.8.

Bis August 1997 werden 69 t Drogen beschlagnahmt und im Zusammenhang damit rund 9.000 Personen festgenommen, 13 Laboratorien und 26 Flugpisten werden zerstört. Autos, Grundstücke, Schiffe und Flugzeuge fallen an den Staat bzw. an Militär und SNI.

September 14.9.

Laut Bericht der Weltbank ist Peru mit 12 Millionen Menschen, die mit weniger als einem Dollar pro Tag leben, das ärmste Land Südamerikas und eines der ärmsten in der Welt überhaupt.

17.9.

Die Firmen, die das Camisea-Projekt durchführen (u.a. Mobil und Shell) unterzeichneten den Vertrag zum Bau der Infrastruktur für US$ 1,9 Mrd. Ab 2001 soll das Erdgas nach Lima fließen.

Oktober 10.10.

Vor der Interamerikanischen Menschenrechtskommission der OAS beginnt die Anhörung über den am 15.9. enteigneten Fernsehkanal von Baruch IVCHER, der zur Verwaltung an die Minderheitsaktionäre übertragen wurde.

13.10.

Popularität und Einverständnis mit der Amtsführung von dent gehen um weitere 5 Prozentpunkte zurück.

15.10.

Die Gerichte mit "jueces sin rostro", die zu diesem Datum aufgelöst werden, haben seit 1992 5.800 Personen im Zusammenhang mit Terrorismusdelikten abgeurteilt; davon wurden 2.500 freigesprochen.

24.10.

Die Interamerikanische Menschenrechtskommission fordert die peruanische Regierung auf, das Ersuchen von Ex-General Rodolfo ROBLES ESPINOZA, wieder in das Heer aufgenommen zu werden, in konzertierter Form zu entscheiden.

29.10.

Der Kongreß ratifiziert das Protokoll von Sucre, das wichtige Veränderungen des Acuerdo de Cartagena vornimmt und den Weg für die volle Reintegration von Peru in die Comunidad Andina freimacht.

FUJIMORI

als Präsi-

November 6.11.

Peru und die USA unterzeichnen Kredite über insgesamt US$ 20 Mio. für alternative Entwicklung und landwirtschaftliche Beratung (Gesamtlinie: US$ 107 Mio.). Ziel ist, in den nächsten 5 Jahren die Kokaanbaufläche um 50% zu reduzieren und die Entwicklung in den Drogenanbaugebieten auf alternative Produkte und Aktivitäten umzustellen.

26.11.

Die Interamerikanische Entwicklungbank bewilligt einen Kredit über US$ 20 Mio. für die Justizreform. Infrastruktur und Fortbildung in marginalisierten Gebieten sollen finanziert werden.

189

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Dezember 2.12.

8.12.

12.12.

13.12.

16.12.

17.12. 19.12.

23.12. 30.12.

Der Kongreß entscheidet einstimmig, für weitere sechs Monate die ad hocKommission für die Begnadigung von Häftlingen, die im Zusammenhang mit vermeintlichen Terrorismusaktivitäten verurteilt wurden, zu verlängern. 360 Personen sind bisher als unschuldig befunden worden. Verschiedene rondas campesinas (Selbstverteidigungsorganisationen) leben in Ayacucho wieder auf, um das erneute Eindringen von Terroristen in die abgelegenen comunidades zu verhindern. Mehr als 1.000 Bürgermeister marschieren nach Lima, um Dezentralisierung und bessere Versorgung der Regionen zu fordern. Ihre Vertretung, die Asociación de Municipalidades erhält von Vizepräsident MARQUEZ die Zusage, eine gemeinsame Kommission zur schnelleren Verabschiedung der gesetzlichen Grundlagen zu bilden. Nach einem Vertrag mit Bolivien vereinbart der Außenminister Perus mit seiner kolumbianischen Kollegin, Maria Emma MEJIA, im Kampf gegen die wirtschaftlichen Aktivitäten der Drogenkartelle und für die Verbesserung des beiderseitigen Handels zusammenzuarbeiten. In Abwesenheit der Opposition entscheidet die Regierungsmehrheit, der Permanenten Kommission des Kongresses Gesetzesvollmacht für 80 Tage zu übertragen. Nach der Interamerikanischen Entwicklungsbank bewilligt auch die Weltbank einen Kredit über US$ 20 Millionen für die Justizreform. Spannungen zwischen Präsident FUJIMORI und dem Präsidenten des Oberkommandos der Streitkräfte, General Nicolás DE BARI HERMOZA RIOS, sowie Vladimiro MONTESINOS werden anläßlich der Veröffentlichung des Buches "Operación Chavin de Huantar" offensichtlich. Darin stellt sich der General als Autor und Verantwortlicher der Geiselbefreiung am 22. April dar und widerspricht damit der Version von FUJIMORI. HERMOZA RIOS wird von der Militärund Polizeiführung der Rücken gestärkt. Mit mehr als 20 weiteren Privatisierungen will die Regierung 1998 US$ 600 Mio. erzielen. Die Privatisierung soll im Jahr 2000 abgeschlossen sein. Zum Jahresende nimmt FUJIMORI die lang erwartete Kabinettsumbildung vor, die keine größeren Überraschungen bringt. Tomás GONZALES REATEGUI, Antonio PAUCAR CARBAJAL und Daniel HOKAMA TOKASHIKI werden als neue Minister des Präsidentenamtes, Transport und Kommunikation sowie Energie und Bergbau vereidigt. PANDOLFI ARBULLI gibt als Präsident des Ministerrats das Portefeuille für Energie und Bergbau ab. Die restlichen Minister bleiben auf ihren Posten, auch der unter Beschuß stehende Wirtschaftsminister Jorge CAMET.

Mechthild Minkner-Bünjer

190

Peru

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt Fläche (in qkm): Wahrung:

Lima 1.285.216 Nuevo Sol

PERU Jahr

1. DEMOGRAPHISCHE K E N N Z I F F E R N Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilità tsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jahrliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

17,33 43,2 53.2 64,5 38

21,66 38,2 58 70,2 34,1 3,8 35.8

23,82 35.7 60,3 71.8 26,2 3,1 1.1 54 44.9

24,29 34,6 59,8 69,8 25 3,1

61 87 105,9 116 63 1041 85.1

60 95,7 46,7 62 65,9

20791 1040 4832 5080 -101 780 27 2804

21822 1020 4322 5243 -674 709 41 1891

57424 2310 6810 9701 -4303 4681 1895 8588

60926 2420 7268 9947 -3556 3642 3571 10928

57,5 10,5 27,5 31.8 10 42 20,2 48

70,8 6 22,9 23,2 7 37 27 57

83,2 6.1 24,3 19,3 6,9 38,1 22,7 55

73 8 23,3 18,9 7,2 36,5 22,2 56,3

10038 6218 2245 964 46,5 3,1 59,2

19429 12906 471 242 10,9 -4,4 7592

33515 18943 1182 663 17,6 7,2 11,1

33545 20440 2238 1417 30,8 2,6 11,5

V

40 18.3 41,7 36,7 2,8 2,1

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

47 99 101,4 57.9 1040

88,7

42 58 68 1000

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Wahrungsreserven (in Mio. USS) Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %) Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %) Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

-1,2 5.3 49,1

191

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Venezuela Amtlicher Name:

República de Venezuela

Präsident:

R a f a e l CALDERA RODRÍGUEZ

Im Amt seit: 2 Februar 1994 Nächste Parlamentswahlen: November 1998 Nächste Präsidentschaftswahlen: Dezember 1998 Regierung: Koalitionsregierung von insges. 17 Parteien in der Convergencia Nacional Kabinett (Stand Juli 1998): Äußeres; Miguel Angel BURELU RIVAS; Inneres: José Guillermo ANQUEZA; Finanzen: Luis Raúl MATOS AZÚCAR; Koordination und Planung: Teodoro PETKOFF; Internationale Wirtschaftsbeziehungen; Julio SOSA RODRÍGUEZ; Industrie und Handel: Freddy ROJAS PARRA; Justiz; Hilarión CARDOZO; Verteidigung: Vizeadmiral Tito Manglio RINCÓN BRAVO; Arbeit: Maria BERNARDONI DE GOVEA; Landwirtschaft: Raúl ALEGRETT RUIZ; Bildung: A n t o n i o Luis CÁRDENAS COLMENTER; U m w e l t : R a f a e l MARTÍNEZ

MONROE; Transport und Kommunikation: Generalmajor (a.D.) Moisés OROZCO; Präsidiala m t : A s t r ú b a l AGUIAR.

Oppositionsparteien im Parlament: Seit dem 2. März 1996 koalieren der Comité de Organización Política Electoral Independiente (COPE!) und Causa-Radical (Causa-R) mit dem zeitweise regierungsfreundlichen Movimiento al Socialismo (MAS) und haben die Führungsposten der Kammern übernommen; Acción Democrática (AD). Sitzverteilung im Parlament (Stand März 1996): Abgeordnetenkammer (199 Sitze): Convergencia Nacional: 24; AD: 55: MAS: 26; CausaR- 38; COPEI: 56. Senat (52 Sitze): Convergencia Nacional: 5; AD: 18; MAS: 5; Causa-R: 9; COPEI: 15.

Chronologie 1997 1997 erntete Venezuela erste Früchte der radikalen wirtschaftspolitischen Kurswende des Vorjahres. Daneben wirkte sich auch das hohe Erdölexportpreisniveau von durchschnittlich US$ 16,60 pro Faß günstig für die Wirtschaftsentwicklung des Landes aus. 1997 nahm Venezuela aus dem Erdölexport netto US$ 18 Mrd. ein. Der Erdölsektor spielt somit für dieses Land nach wie vor eine Schlüsselrolle: Er war im Berichtsjahr mit einem Viertel am Bruttoinlandsprodukt beteiligt, mit 77% an den gesamten Warenexporterlösen und mit fast 50% an den Regierungseinnahmen. 1997 kehrte Venezuela zu einem Wirtschaftswachstum von 5,1% zurück, nachdem die Wirtschaft im Vorjahr um 1,4% geschrumpft war. Bei einem Handelsbilanzüberschuß von US$ 11,4 Mrd. erhöhte sich das Devisenreservenpolster der Zentralbank auf US$ 18,6 Mrd., was den Importen eines Jahres entspricht. Das Inflationstempo verringerte sich von 103,2% im Vorjahr auf 37,6%. Außerdem erzielte Venezuelas Regierung 1997 einen Haushaltsüberschuß von 1,5%. Das war das Dreifache des Vorjahreswertes. Die Summe der ausländischen Direktinvestitionen Im Nichterdölsektor verdoppelte sich 1997 auf US$ 800 Mio. Die Auslandsinvestitionen in Venezuelas Erdölsektor überschritten US$ 2,5 Mrd.

192

Venezuela

Das hohe Wirtschaftswachstum bewirkte aber nur zum Teil eine Verbesserung der sozialen Lage. Besonders erfreulich war der Rückgang der offiziellen Arbeitslosenrate von 12,4% auf 11,1%. Das Pro-Kopf-Einkommen nahm 1997 um 3% zu und lag somit erstmalig nach vier Jahren wieder über dem Bevölkerungswachstum. Dies führte aber noch nicht zu einer Zunahme der Massenkaufkraft. Gemäß einer Untersuchung von Datanálisis müssen rund 42% der Venezolaner monatlich mit weniger als US$ 30 auskommen. Darin eingeschlossen sind auch die meisten der 1,2 Mio. Arbeitslosen. Dies führte dazu, daß der durchschnittliche Lebensmittelverbrauch Venezuelas 1997 um 6% zurückging. Das hohe Inflationsniveau, die unzureichende Kaufkraft der unteren Einkommensschichten, die weiterhin beträchtliche Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sowie die Ausgrenzung vieler Venezolaner in den informellen Sektor erhöhten die Unzufriedenheit großer Teile der Bevölkerung. Im Gegensatz zum Vorjahr nahm die Zahl der Streiks deutlich zu. Dabei spielten neben der Verbesserung des Lebensstandards auch politische Fragen eine zunehmende Rolle. Im Mittelpunkt stand die Forderung nach Beendigung der neoliberalen Wirtschaftspolitik und der Privatisierung von Staatsunternehmen. Bei verschiedenen Umfragen im Laufe des Jahres erklärten 60-70% der Befragten, daß sie mit der Wirtschaftspolitik der Regierung nicht mehr einverstanden seien. Im außenpolitischen Bereich verursachten die zahlreichen Übergriffe kolumbianischer Guerilleros auf venezolanisches Staatsgebiet Spannungen mit Kolumbien. Januar 1.1.

Inkrafttreten des venezolanisch-britischen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Schaffung des neuen Ministeriums für Industrie und Handel aus der Zusammenlegung des bisherigen Wirtschaftsentwicklungsministeriums und des Instituts für Außenhandel (ICE). Amtsinhaber ist Freddy ROJAS PARRA. Die Mitarbeiterzahl beider Institutionen wurde um 1.200 reduziert.

6.1.

Venezuelas Menschenrechtsorganisation veröffentlicht ihren Bericht zur Lage der Menschenrechte 1996. Demnach kamen in den Gefängnissen des Landes 207 Personen ums Leben. Rund 350 Gefängniswärter wurden wegen Brutalität entlassen. Außerhalb der Gefängnisse waren Angehörige der staatlichen Sicherheitsorgane für den Tod von 146 Menschen verantwortlich.

8.1.

Das Oberste Gericht verpflichtet die Organisation der Ärzte im öffentlichen Dienst, Federación Médica Venezolana, zur Wiederaufnahme der notdienstlichen Versorgung. Gleichzeitig stellt die Regierung den seit Dezember 1996 streikenden 27.000 Ärzten ein Ultimatum, das die Weigerung zur Wiederaufnahme des Notdienstes mit fristloser Kündigung sanktioniert. Die Ärzte erklären sich daraufhin bereit, den Betrieb der Notdienste, Intensivstationen und Geburtsabteilungen während der Dauer der Lohnverhandlungen mit der Regierung uneingeschränkt sicherzustellen. Aufgrund des Streiks waren bis zu diesem Tag 20 Personen wegen unterlassener Hilfsleistungen gestorben. Der venezolanische Oberstaatsanwalt Iván Dario BARBELL kündigt Verfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen die schuldigen Ärzte an.

15.1.

Rund 40.000 Hochschullehrer beginnen einen Streik für bessere Gehälter und die Nachzahlung fälliger Gehaltszuschläge aus dem Jahr 1996.

193

Lateinamerika Jahrbuch 1998

21.1.

Die Federación Médica Venezolana stimmt der von der Regierung angebotenen Erhöhung der Gehälter der Ärzte im öffentlichen Dienst u m 164% zu. Zus a m m e n mit zusätzlichen Vergünstigungen betragen die Monatsgehälter nunmehr umgerechnet US$ 630. Dies liegt zwar unter den angestrebten U S $ 1.150, ist aber deutlich mehr als die bisherige Monatsvergütung von US$ 165.

23.1.

Der venezolanische Journalist William OJEDA tritt eine einjährige Gefängnisstrafe w e g e n angeblicher Verleumdung der Justiz an. Er hatte ein Buch unter d e m Titel "Wieviel kostet ein Richter?" verfaßt und veröffentlicht. Die zu 54% von der spanischen Iberia kontrollierte venezolanische Fluglinie V I A S A stellt w e g e n Zahlungsunfähigkeit den Flugbetrieb ein. Ursache der Illiquidität waren hohe Verluste und Schulden von US$ 200 Mio. Zuvor hatten die Gewerkschaften des Flugunternehmens und der staatliche Fondo de Inversiones de Venezuela (FIV), der 4 0 % der VIASA-Anteile hält, einen Sanierungsplan des Hauptaktionärs Iberia zurückgewiesen. W ä h r e n d die Gewerkschaften die Lohnkürzungen und Entlassungen kritisiert hatten, war FIV nicht bereit gewesen, parallel zu Iberia und der spanischen Regierung neue Mittel einzuschießen. - A m 20.2. beschließt die Aktionärshauptversammlung in Caracas die Auflösung von VIASA.

28.1.

Die Präsidenten der venezolanischen Edelca (Electrificación del Carroni) und der brasilianischen Eletrobrás unterzeichnen den Vertrag über venezolanische Stromlieferungen nach Boa Vista, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Roraima. Das venezolanische Wasserkraftwerk Guri wird diese Stromlieferungen gemäß d e m A b k o m m e n ab Dezember 1998 aufnehmen.

Februar 1.2.

Die Außenminister Venezuelas und Kolumbiens, Miguel Angel BURELLI RIVAS und Maria E m m a MEJIA, führen in Cartagena Gespräche über den A b b a u der Spannungen zwischen beiden Ländern. Neben den Guerilla-Attacken im gemeinsamen Grenzgebiet steht die ungelöste Frage der Meeresgrenzen auf der Tagesordnung.

2.2.

A u s den Gouverneurs-Neuwahlen im Bundesstaat Bolivar geht der bisherige Amtsinhaber, Jorge CARVAJAL von der sozialdemokratischen AD, als Sieger hervor. Die Neuwahl war v o m Wahlgericht des Landes auf Antrag der Oppositionspartei Causa-R verfügt worden. Causa-R hatte CARVAJAL nach seinem Sieg 1997 gegen Victor MORENO, den eigenen Kandidaten und Chef der Metallarbeitergewerkschaft, des Wahlbetrugs beschuldigt.

2.13.2.

Venezuelas Wirtschaftsminister Teodora PETKOFF weilt zu einem offiziellen Besuch in Deutschland, u m für ein deutsches Engagement bei den in Venezuela geplanten umfangreichen Privatisierungen zu werben.

4.2.

Teilnehmer des mißglückten Militärputsches v o m Februar 1992 feiern entgegen eines Regierungsverbots den 5. Jahrestag dieses Ereignisses. In der Presse wird von angeblichen neuen Putschplänen berichtet.

5.2.

Lehrer, Ingenieure und Studenten von 17 Universitäten protestieren gegen die z u n e h m e n d e Verschlechterung der Lebensbedingungen des Mittelstands. Da die Demonstration von der Regierung verboten wurde, kommt es zu gewaltsa-

194

Venezuela

men Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften, bei denen 17 Studenten verletzt werden. Venezuelas Präsident Rafael CALDERA trifft zu einem Staatsbesuch in Mexiko ein. Im Verlauf des Besuches werden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, zur gegenseitigen Rechtshilfe, zur Auslieferung von Kriminellen und zur Intensivierung der Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur und Landwirtschaft unterzeichnet. 6.2.

Venezolanische Truppen schlagen einen Angriff kolumbianischer ELN-Guerilleros am Grenzfluß Arauca zurück. Dabei werden drei venezolanische Soldaten verletzt. Anschließend schießen die venezolanischen Soldaten irrtümlich auf die Insassen eines kolumbianischen Bootes. Ein dreijähriges venezolanisches Kind kommt ums Leben, und vier kolumbianische Staatsangehörige werden verletzt. Dieser Vorfall führt zu erneuten Spannungen zwischen beiden Ländern und zu einem Austausch von Protestnoten.

12.2.

Die Regierung Venezuelas einigt sich mit dem größten Gewerkschaftsdachverband des Landes, der Confederación de Trabajadores Venezolanos (CTV), auf eine allgemeine Gehaltserhöhung von 35% für die 1,3 Mio. Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Auch wenn dieser Prozentsatz weit unter den ursprünglich geforderten 125% liegt, kostet die Erhöhung den Staatshaushalt zusätzlich US$ 0,7 Mrd.

14.2.

Venezuelas Umweltschutzminister Roberto PÉREZ LECUNA muß seinen Hut nehmen, weil er wegen der Grenzzwischenfälle eine Verhärtung der Politik seines Landes gegenüber Kolumbien gefordert hatte. Außerdem erklärt Generalstaatsanwalt Jesús PETIT DA COSTA seinen Rücktritt, weil ihn die Regierung angeblich nicht ausreichend bei der Korruptionsbekämpfung unterstützt. Zum neuen Generalstaatsanwalt wird am 21.2. Juan Nepomuceno GARRIDO ernannt, der bis dahin dem Ministerium für Arbeit und soziale Entwicklung vorstand. Seinen Posten übernimmt Maria BERNARDONI DE GOVEA; gleichzeitig wird Rafael MARTÍNEZ MONROE neuer Leiter des Umweltressorts.

Mitte

Um der Drogenbekämpfung in Venezuela einen höheren Stellenwert zu verleihen, wird dem Chef der zuständigen Behörde Comisión Nacional Antidrogas (CNA), Carlos TABLANTE, der Status eines Kabinettsmitglieds verliehen. Der 42jährige TABLANTE ist Mitglied der linksorientierten MAS und gilt als kompromißloser Gegner der Rauschgiftmafia. Die Behörde finanziert ihre Tätigkeit fast ausschließlich aus dem Verkauf beschlagnahmter Mafiosi-Besitztümer.

17.2.

Bei einer Meuterei im Sabaneta-Gefängnis bei Maracaibo kommen drei Insassen ums Leben und 20 werden verletzt.

März 12.3.

Drei Gouverneure venezolanischer Bundesstaaten verfügen ein Importverbot für Getreide, um die eigenen Bauern vor ausländischer Billig-Konkurrenz zu schützen, z.B. wird Mais aus den USA für rund US$ 200/t importiert, während das einheimische Produkt US$ 276/t kostet. In den Tagen vor Verhängung des Verbots hatten verärgerte Bauern Lkws mit Maisladungen aus den USA geplündert. 195

Lateinamerika Jahrbuch 1998

13.3.

Die Gewerkschaft der Mitarbeiter des staatlichen Telekommunikationsunternehmens CANTV organisiert einen unbefristeten und landesweiten Streik für bessere Löhne. Nach Angaben der Unternehmensleitung beteiligen sich nur 5% der Mitarbeiter.

16.3.

Präsident CALDERA wohnt dem Abriß des Catia-Gefängnisses bei Caracas bei, dessen inhumane Bedingungen international kritisiert worden waren.

17.3.

Vertreter der Regierung, der Unternehmerorganisationen und der Gewerkschaften einigen sich grundsätzlich auf eine umfassende Reform des Systems der Kündigungsabfindungen. Während früher ein Gesamtbetrag bei Ausscheiden aus dem Unternehmen zu zahlen war, der sich an der Länge des Beschäftigungsverhältnisses orientierte, ist die Abfindung nunmehr jährlich fällig. Dadurch wirken sich Lohnerhöhungen nur noch auf zukünftige und nicht auf vergangene Abfindungszahlungen aus. Für die bisher aufgelaufenen Abfindungsansprüche gilt als Übergangsregelung, daß ein Viertel 180 Tage nach Inkrafttreten des Abkommens zu zahlen ist und der Rest im Verlauf von fünf Jahren. Dadurch wird allerdings der Staatshaushalt mit zusätzlichen Ausgaben von US$ 8 Mrd. belastet.

20.3.

Der frühere Präsident Carlos Andrés PÉREZ gibt die Gründung einer neuen venezolanischen Partei unter dem Namen "Bewegung für Nationale Öffnung und Mitwirkung" bekannt. Außerdem kündigt der 74jährige an, daß er sich für den Posten des Senators des Bundesstaates Tächira bewerben will, aus dem er stammt. Gründungsmitglieder der "Bewegung für Nationale Öffnung und Mitwirkung" sind zahlreiche frühere Minister und Politiker der sozialdemokratisch orientierten Acción Democrática (AD), aus der Andrés PÉREZ 1 9 9 6 ausgeschlossen worden war. Die Bewegung will eine Erneuerung Venezuelas auf der Grundlage freiheitlicher und demokratischer Ideen erreichen, sich für die Rechte der arbeitenden Bevölkerung einsetzen, die Rolle der Unternehmen stärken und die öffentliche Ordnung wieder herstellen.

21.3.

Venezuelas Präsident Rafael CALDERA nimmt eine kleine Kabinettsreform vor. Neu geschaffen wird der Posten eines Ministers für die Überwachung der Sozialversicherungsreform. Außerdem werden die Minister für Justiz, Gesundheit, Familie und Stadtentwicklung ersetzt. Neuer Justizminister wird Hilarión CARDOZO, der der christdemokratischen COPEI angehört. Die anderen neuen Kabinettsmitglieder sind: José Félix OLETA (Gesundheit), Dr. Carlos ALTIMAN GASPARI (Familie), Julio Cesar MARTÍ ESPINA (Stadtentwicklung) und José Mi-

guel

UZCATEGUI

(Staatsminister für die Sozialversicherungsreform).

April 1.4.

Guerilleros der kolumbianischen ELN überfallen eine venezolanische Armeepatrouille und töten zwei Soldaten.

8.4.

Der venezolanische Verteidigungsminister Pedro VALENCIA und sein kolumbianischer Interimskollege Harold BEDOYA treffen sich, um einen Aktionsplan zur Sicherung der gemeinsamen Grenzregion zu vereinbaren. Kurze Zeit darauf verkündigt die venezolanische Regierung die Militarisierung eines Grenzstreifens von 500 km in den Bundesstaaten Tächira, Zulia und Merida. Dies bedeutet u.a. die Aufhebung des kleinen Grenzverkehrs und des Versammlungs-

196

Venezuela

rechts. Außerdem werden 5.000 zusätzliche Soldaten in die Region entsandt, so daß nun von venezolanischer Seite rund 30.000 Armeeangehörige die Grenze zu Kolumbien sichern sollen. 18.4.

Festnahme des Chefs der kolumbianischen Drogenmafia, Justo PASTOR PARAFAN, in San Cristóbal durch die venezolanische Polizei. Am 25.5. entschließt sich der Oberste Gerichtshof Venezuelas zur Auslieferung PASTOR PARAFANS an die USA und damit gegen einen Auslieferungsantrag Kolumbiens.

Juni 11.6.

Im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens einigen sich Venezuelas Telefongesellschaft CANTV und die Vertreter der Gewerkschaften auf Lohnerhöhungen von insgesamt 118% für die nächsten beiden Jahre. Die erste Erhöhung von 60% wird sofort realisiert; eine zweite Erhöhung folgt im Juni 1998. Darüber hinaus erhalten die gewerkschaftlich organisierten CANTV-Mitarbeiter eine einmalige Abschlagszahlung. Im Rahmen des Schiedsspruchs wird auch eine Verringerung der jährlichen Urlaubsdauer um fünf Tage beschlossen.

26.6.

Der venezolanische Senat beginnt mit der Debatte einer umfassenden Reform der Wahlgesetzgebung. Ziel ist es, allen zur Wahl stehenden Kandidaten gleiche Möglichkeiten der Darstellung in der Öffentlichkeit zu garantieren. Außerdem soll die Wahlfälschung bekämpft und die Wahlbeteiligung erhöht werden.

9.7.

Bei einem schweren Erdbeben der Stärke 6,3 auf der Richterskala in der Provinz Sucre an der Karibikküste Venezuelas kommen 81 Menschen ums Leben. 500 Personen werden verletzt und über 1.000 obdachlos. Besonders betroffen sind die Städte Cumanä, Cariaco und San Antonio del Golfo.

14.7.

Die venezolanische Zentralbank beschließt eine Erhöhung der Reservesätze für Privatbanken von 12 auf 15%. Dies soll zu einer Verknappung der Kredite führen, so daß das Zinsniveau über das Inflationsniveau ansteigt und wieder eine positive Realverzinsung erreicht wird. - Anfang August folgt eine weitere Anhebung der Reservesätze um 2 Prozentpunkte auf 17%.

20.7.

In Caracas beginnen Verhandlungen zwischen der Andengemeinschaft und der karibischen Wirtschaftsgemeinschaft CARICOM über die Schaffung einer gemeinsamen Freihandelszone.

31.7.

Die Regierung erhöht die Treibstoffpreise um 27%. Je nach Oktanzahl kostet ein Liter Benzin nunmehr US$ 0,12 - US$ 0,16. Allerdings sind die Benzinpreise auch damit noch nicht kostendeckend und immer noch weit vom internationalen Niveau entfernt.

August 2.8.

Venezuela und Mexiko beschließen die 17. Verlängerung des San José-Paktes. Im Rahmen dieses Abkommens erhalten Barbados, Belize, Costa Rica, El Sal197

Lateinamerika Jahrbuch 1998

vador, Guatemala, Haiti, Honduras, Jamaika, Nikaragua, Panama und die Dominikanische Republik insgesamt täglich 160.000 Faß Erdöl zu Vorzugsbedingungen. Dieses Erdöl muß jeweils im Inland verbraucht werden. Bis zu 20% der Rechnungssumme können als Kredite für den Ausbau der Infrastruktur gewährt werden. 4.8.

Die Tourismusminister Mexikos und Venezuelas unterschreiben einen Kooperationsvertrag auf diesem Gebiet.

6.8.

Als Antwort auf die Anhebung der Benzinpreise paralysiert ein Generalstreik große Teile der Wirtschaft des Landes. Direkt betroffen sind sowohl der öffentliche Personentransport als auch die Tankstellen und der Benzinvertrieb. Millionen Venezolaner können ihre Arbeitsstelle nicht erreichen; das Zentrum von Caracas bleibt weitgehend leer. Nach Angaben der Gewerkschaftszentrale CTV wird der Generalstreik zu 95% befolgt. Der Kammerdachverband Fedecämaras beziffert den Schaden für die Wirtschaft auf rund US$ 300 Mio.

9.8.

Die Präsidenten Venezuelas und Kolumbiens, Rafael CALDERA und Ernesto SAMPER, treffen sich, um Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im gemeinsamen Grenzbereich zu vereinbaren. Beide Politiker bekräftigen die feste Absicht, die wirtschaftliche Integration und die politische Kooperation trotz der Guerillaüberfälle fortzusetzen.

11.8.

Das Abkommen zwischen Venezuela und Deutschland zur Verhinderung der Doppelbesteuerung tritt in Kraft. Die Ratifizierung des Abkommens durch die venezolanische Seite wird der Bundesregierung offiziell am 19.8.97 mitgeteilt.

17.8.

15 kolumbianische Guerilleros überfallen eine venezolanische Armeepatrouille in Apure. Dabei wird ein venezolanischer Marineleutnant entführt. Neun Tage später wird der Offizier in einer gemeinsamen Operation der kolumbianischen und venezolanischen Streitkräfte befreit, und es werden sieben Guerilleros festgenommen.

24.8.

Die Andengemeinschaft und die südamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft MERCOSUR kündigen an, daß sich beide Wirtschaftsblöcke ab 1998 schrittweise vereinigen wollen.

28.8.

Im Gefängnis El Dorado im Bundesstaat Bolivar kämpfen zwei Banden mit selbstgefertigten Waffen und Molotow-Cocktails um die Vorherrschaft. Die Mitglieder der einen Bande gehören dem Indianervolk der Wayuu aus der Region La Guajira an, während sich die zweite Bande aus Schwerkriminellen anderer Landesteile zusammensetzt. Bei den blutigen Auseinandersetzungen kommen 29 Gefängnisinsassen ums Leben und 13 werden schwer verwundet. Erst der Einsatz der Nationalgarde beendet das Morden.

September Anfang

198

Landesweite Streiks der Bauern gegen billige Getreideimporte führen dazu, daß auch die Zentralregierung Importrestriktionen in diesem Bereich beschließt. Außerdem muß ein Verbraucher von Mais erst eine bestimmte Menge im Inland kaufen, bevor er importieren darf.

Venezuela

4.9.

Treffen von Präsident CALDERA mit Vertretern der sog. "Alianza Social por la Justicia", die Vorschläge für eine demokratische Justizreform unterbreitet. Der Allianz gehören fast 50 Organisationen aus dem politischen, sozialen, akademischen und unternehmerischen Bereich an.

10.9.

Es gelingt der venezolanischen Regierung, auf den internationalen Finanzmärkten Brady-Bonds in Höhe von insgesamt US$ 4,44 Mrd. gegen eine neue Anleihe mit einer 30jährigen Laufzeit und einem Nominalwert von US$ 4 Mrd. einzutauschen. Die Verzinsung der neuen Anleihe liegt deutlich unter den hohen Zinsen der Brady-Bonds. Das bedeutet, daß Venezuela neben der Verringerung der Schuldsumme auch einen geringeren Zinsendienst haben wird. Einige Oppositionspolitiker kündigen wegen dieser Brady-Bonds-Umtauschaktion ein Impeachmenf-Verfahren gegen Finanzminister Raúl MATOS AZÚCAR an, da ihrer Meinung nach die Schuldenreduzierung von rund 10% und die Zinsersparnis zu niedrig seien.

13.9.

56.

17./19.9.

XXI. Nationalkongreß der COPEI. U.a. wird eine Satzungsänderung verabschiedet, die die Auswahl von Kandidaten für öffentliche Ämter transparenter macht. Es wird außerdem vorgeschlagen, die unabhängige Politikerin Irene SAEZ zur COPEI-Präsidentschaftskandidatin für die Wahl im Dezember 1998 zu ernennen. Einige Tage später tritt der Geschäftsmann Enrique SALAS aus der COPEI aus, weil die Partei nicht ihn als Präsidentschaftskandidaten nominiert hat.

Jubiläum der Gründung von AD unter Teilnahme von Präsident CALDERA. Die Partei erklärt, daß sie weiterhin die Politik der Regierung unterstützen will.

Oktober 2.10

Festnahme von Esteban ROA, einem Führer der kolumbianischen Guerillaorganisation ELN, und drei weiteren ELN-Mitgliedern durch venezolanische Soldaten an der Grenze zu Kolumbien.

12./13.10. Staatsbesuch von US-Präsident Bill CLINTON im Rahmen einer Lateinamerikareise. Der US-Präsident wird von Außenministerin ALBRIGHT, Energieminister PENA und Mandelsminister DALEY begleitet. Hauptgesprächsthema ist die geplante gesamtamerikanische Freihandelszone und der Ausbau der Handelsbeziehungen. Mit einem Anteil von 18% ist Venezuela mittlerweile zum größten Erdöllieferanten der USA geworden. Beide Präsidenten unterzeichnen Kooperationsabkommen im Energiesektor sowie bei der Bekämpfung des Drogenhandels und der Geldwäsche. 28.10.

Beginn der Kampagne zur Ansiedlung von Ex-Soldaten und deren Familien an der Grenze zu Kolumbien, um dort die Sicherheit zu erhöhen. Es handelt sich um 210 Familien, die von der Regierung kostenlos Landtitel und Häuser an der Grenze zu Kolumbien im Bundesstaat Apure erhielten. Die Siedlung mit dem Namen Ciudad Sucre soll für 5.000 Familien ausgebaut werden.

29.13.

Planungsminister Teodora PETKOFF bezeichnet den venezolanischen Staat als "riesigen Blutsauger, der die venezolanische Gesellschaft aussauge". Grund für diese scharfe Attacke ist die Nachricht, daß die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Venezuelas in den ersten 10 Monaten 1997 um 4% zuge199

Lateinamerika Jahrbuch 1998

nommen hatte. Die Bemühungen PETKOFFS, die Zahl der 1,3 Mio. öffentlichen Bediensteten spürbar zu verringern, war am Widerstand der Bürokratie in den Bundesstaaten und Gemeinden gescheitert. Während die Zahl der Beschäftigten in den zentralen staatlichen Organen leicht zurückgegangen war, hatte sie sich in anderen Bereichen erhöht. Dies war vor allem den örtlichen Politikern zu verdanken, die Wahlunterstützung und andere Gefälligkeiten mit der Vergabe von Arbeitsplätzen im öffentlichen Sektor belohnten. 30.10.

Die Mehrzahl der venezolanischen Abgeordneten erklärt den im September erfolgten Umtausch von Brady-Bonds für illegal. Begründet wird diese Entscheidung mit einer angeblichen Erhöhung des Schuldendienstes, die gegen das Gesetz über die Verschuldung der öffentlichen Hand verstoße. Die Regierung besteht dagegen darauf, daß der Umtausch die Belastung durch den Schuldendienst spürbar verringere. Anschließend stimmen die Abgeordneten über einen Antrag ab, mit dem Finanzminister Luis Raül MATOS AZÖCAR das Vertrauen entzogen werden soll. Dieser Antrag scheitert an den Stimmen der AD-Abgeordneten.

November Anfang

Der frühere Oberbürgermeister von Caracas, Claudio FERMIN, wird aus der AD ausgeschlossen, weil er sich ohne Mandat der Parteiführung an der Präsidentenwahl 1998 beteiligen will. Möglicherweise hängt der Ausschluß aber auch damit zusammen, daß FERMIN die Parteiführung mehrere Male öffentlich für ihren Mangel an Modemisierungswillen kritisiert hatte.

8./9.11.

VII. Gipfel der iberoamerikanischen Staats- und Regierungschefs auf der Insel Margarita.

19.11.

Die 1,3 Mio. Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Venezuelas legen mehrheitlich die Arbeit nieder, um eine erneute Lohnerhöhung durchzusetzen und die Beendigung des Privatisierungsprogramms zu erreichen. Bei Demonstrationen in der Hauptstadt kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei. In der Nähe der Universität werden von Studenten zahlreiche Fahrzeuge in Brand gesetzt. Auch die 34.000 Erdölarbeiter treten für einen Tag in einen Warnstreik. Wenig später können sie sich mit dem staatlichen Erdölunternehmen PdVSA auf einen Zweijahrestarifvertrag einigen, der eine Lohnerhöhung von 125% beinhaltet. Sozialversicherungsminister José Miguel UZCATEGUI wird von Präsident CALDERA entlassen, nachdem sich sowohl die Arbeitgeber als auch die Gewerkschafter über seine mangelnde Reformbereitschaft beschwert hatten.

25.11.

Im Gefängnis La Sabaneta bei Maracaibo kommen 16 Insassen bei einem Feuer ums Leben. Dadurch steigt die Zahl der Häftlinge, die 1997 in venezolanischen Gefängnissen auf gewaltsame Weise ums Leben gekommen sind, auf 222.

26.11.

Nach einer Erklärung von Gesundheitsminister Felix OLETTA liegt Venezuela mit 19.000 Erkrankten und 34 Todesopfern nach Brasilien auf dem 2. Platz der regionalen Dengue-Statistik.

200

Venezuela

Der venezolanische Kongreß genehmigt den Verkauf von 70% der Anteile des Stahlwerkes Sidor. 20% der Anteile sollen den Mitarbeitern von Sidor angeboten werden und die restlichen 10% an Kleinanleger über die Börse in Caracas gehen. Am 18.12.97 geht das Stahlunternehmen für US$ 2,3 Mrd. an das lateinamerikanische Konsortium Siderürgica Amazonia Limitada. Die Regierung hatte einen Mindestpreis von US$ 1,535 Mrd. festgesetzt. Das Konsortium übernimmt außerdem Sidor-Schulden in Höhe von US$ 5,84 Mio. und wird US$ 374 Mio. in die Modernisierung des Stahlwerkes und in die Verbesserung des Umweltschutzes investieren. Weiterhin stimmt das Konsortium einem einjährigen Entlassungsstopp für die Sidor-Mitarbeiter zu.

Dezember 10.12.

Verabschiedung der Strafrechtsreform in einer gemeinsamen Sitzung des Abgeordnetenhauses und des Senats. Das neue Strafrecht wird am 1.7.1999 in Kraft treten. Mit der Reform, die eine stärkere Transparenz und Demokratisierung des Justizwesens erreichen soll, entfallen Geheimverhandlungen, und die Festnahme von Verdächtigen wird zur Ausnahme. Bei bestimmten Delikten reichen mündliche Gerichtsverhandlungen. Zivilpersonen sollen als Geschworene oder Zivilrichter in die Verhandlungen einbezogen werden.

11.12.

Oppositionsabgeordnete leiten ein weiteres Abwahlverfahren gegen Finanzminister MATOS AZÖCAR ein. Bei dieser Abstimmung wird ihm eine Affäre um angeblich illegale Zahlungen einer italienischen Firma für Dienstleistungen an die venezolanischen Streitkräfte vorgeworfen, die auf die Zeit vor Antritt seines Amtes zurückgeht. Im Gegensatz zum vorhergehenden Fall enthalten sich die AD-Abgeordneten diesmal der Stimme, so daß es der Finanzminister vorzieht, selbst zurückzutreten. Sein Amt übernimmt vorübergehend Industrie- und Handelsminister Freddy ROJAS PARRA, Expräsident des Kammerdachverbandes Fedecämaras.

16.12.

Der Kongreß verabschiedet das Rahmengesetz für die Reform des venezolanischen Kranken- und Rentenversicherungssystems. Danach werden abhängig Beschäftigte in Zukunft frei entscheiden können, ob sie einer privaten Krankenversicherung beitreten oder weiterhin die Dienstleistungen des Sozialversicherungsinstitutes IVSS in Anspruch nehmen wollen. Weiterhin werden parallel zur staatlichen Rentenversicherung privat verwaltete Kapitalrentenfonds geschaffen. Allerdings ist im Unterschied zu anderen Ländern vorgesehen, daß sich die venezolanischen Arbeitnehmer an beiden Programmen beteiligen müssen.

18.12.

Die Regierungen Venezuelas und Trinidad & Tobagos unterzeichnen ein Fischereiabkommen. U.a. wird darin festgelegt, bis zu welchem Punkt in den Hoheitsgewässern Fischer des jeweils anderen Landes ihrer Tätigkeit nachgehen dürfen. Damit soll die wachsende Zahl von Auseinandersetzungen zwischen der Küstenwacht und den Fischern beendet werden. Peter Rösler

201

Venezuela

IBEROSTAT Stand:

8,9S

Hauptstadt: Fläche (in qkm): Wahrung:

Caracas 912.050 Bolivar

VENEZUELA Jahr

DEMOGRAPHISCHE K E N N Z I F F E R N Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilità tsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 202S (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

15,02 43,5 53,5 83,3 36,9 4,2 16.1 28,4 55,5

19,74 38,3 58,2 90,5 29,6 3,5 12,7 25,1 62,2

21,67 36,1 60,8 92,8 25 3,1 13.2 23,6 63,2

22,31 35,8 59 96,1 25 3

79 112 40,6

80 99 34 43 70 701 88,1

79 102,6 22,7 25 70,8 500 91,1

22 28 72

69377 4340 22232 17065 4728 164 55 13360

48599 2650 21476 12914 8279 -2659 451 12733

75016 3020 20357 16467 2255 -3,587 597 9723

67311 3020 25258 14837 7355 -0,735 1,575 15228

54,9 11,8 26,4 33,3 6 47 16 47

62,1 9 9,3 29,3 6 50 20 45

73,3 5 16,5 20,6 5,3 38,9 17,3 55,8

65,3 5 16,7 29,7 4,1 46,5 18,1 49,4

29330 10614 6037 3065 27,2 -4,5 21,6

33273 24611 4991 3246 23,2 6,9 40,6

35537 28494 5516 2401 27,1 3,4 59,9

35954 28435 4595 2271 18,8 -1,6 99,9

34,8 3,S 2,4

2. SOZIALE KENNZIFFERN Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

68,5 700

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. US$) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS) Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %) Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %) Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

202

0,7 2,5 46,7

Venezuela

VENEZUELA BSP pro Kopf und reale Wachstumsrate des BIP

91 92 Jahre _ Wachstumsraten

3 BSP

VENEZUELA Auslandsverschuldung

j Gesamtverschuldung

Schuldendienst

203

Lateinamerika Jahrbuch 1998

204

Mexiko

Mexiko Amtlicher Name:

Estados Unidos Mexicanos

Präsident:

E r n e s t o ZEDILLO PONCE DE LEÓN

Im Amt seit: 1. Dezember 1994 Nächste Präsidentschaftswahlen: Juli 2000 Regierungspartei:

Partido Revolucionario Institucional (PRI)

Kabinett (April 1998): Äußeres: Rosario GREEN MACIAS; Inneres: Francisco LABASTIDA OCHOA; Finanzen: José Angel GURRIA TREVIÑO; Handel und Industrieförderung: Herminio BLANCO MENDOZA; Justiz: Jorge Luis MAORAZO CUÉLLAR; Landwirtschaft: Romaneo ARROYO MARROQUÍN; E n e r g i e : L u i s TÉLLEZ KÜENZLER; U m weit: Julia CARABIAS LILLO; V e r -

teidigung: General Enrique CERVANTES AQIHRRE; Tourismus: Oscar ESPINOZA VILLARREAL; Bildung: Miguel LIMÓN ROJAS: Verkehr und Kommunikation: Carlos Rulz SACRISTÁN; Arbeit und Soziales: Javier BONILLA GARCÍA, Zentralbankpräsident: Guillermo ORTIZ MARTÍNEZ,

Regierungschef von Mexiko-Stadt (Jefe de Gobierno): Cuauhtémoc CÁRDENAS SOLÓRZANO (PRD)

Oppositionsparteien im Parlament: Partido Acción Nacional (PAN); Partido de la Revolución Democrática (PRD); Partido Verde Ecologista Mexicano (PVEM); Partido del Trabajo (PT). Sitzverteilung im Abgeordnetenhaus seit der Neuwahl vom 6. Juli 1997 (500 Sitze): PRI: 239: PRD: 125; PAN: 121; PVEM: 8; PT: 7 Sitzverteilung im Senat seit der Nachwahl vom 6. Juli 1997 (128 Sitze): PRI: 77; PAN: 33; PRD: 16; P V E M : 1 ; P T : 1 .

Chronologie 1997 Im Mittelpunkt der innenpolitischen Ereignisse standen die Parlaments-, Gouverneursund Gemeindewahlen am 6. Juli 1997. Zur Neuwahl standen alle 500 Kongreßabgeordneten, ein Viertel der Mandate des Senats (für jeden der 32 Bundesstaaten einer) sowie die Gouverneursposten in sechs Bundesstaaten (Campeche, Colima, San Luis Potosi, Querétaro, Sonora und Nuevo León). Erstmalig wurde auch der Regierungschef des Bundesdistrikts (Mexiko-Stadt) direkt gewählt. Ferner wurden in 304 Gemeinden die Gemeindevertreter bestimmt. Bei den Parlamentswahlen verlor der PRI erstmals die Mehrheit in der Abgeordnetenkammer. Damit ist der Ruf des PRI als "ewiger Regierungspartei" erstmals in der Geschichte dieser Partei in Frage gestellt. Die vier Oppositionsparteien einigten sich Mitte August 1997 auf die Bildung einer "oppositionellen Mehrheit" im Abgeordnetenhaus, deren Haltbarkeit sich allerdings bald als brüchig erwies. Aus der Wahl für den Bundesdistrikt ging Cuauhtémoc CÁRDENAS vom oppositionellen PRD als Sieger hervor; er trat am 5.12.97 sein Amt an. In fast allen anderen großstädtischen Kommunen liegt die Regierungsmehrheit mittlerweile beim konservativen PAN. Die Ergebnisse der Gouverneurs- und Kommunalwahlen in mehreren Bundesstaaten in

205

Lateinamerika Jahrbuch 1998

den folgenden Monaten haben aber deutlich gemacht, daß sich der PRI keineswegs auf der Verliererstraße befindet. Das Problem der öffentlichen (Un-)Sicherheit war nach wie vor gravierend, v.a. im Großraum von Mexiko-Stadt, wo Entführungen und andere Gewalttaten, an denen sich u.a. gut informierte und gut organisierte ehemalige "Ordnungshüter" beteiligten, an der Tagesordnung sind. Die mexikanische Wirtschaft hat sich relativ schnell von der sog. "Pesokrise" erholt. Die bereits 1996 einsetzenden Auftriebskräfte haben sich 1997 weiter verstärkt. Auch die Inflationsentwicklung verlief positiv. Von internationaler Seite wurde der Wirtschaftspolitik der Regierung Zedillo Lob gezollt; das Interesse ausländischer Investoren wuchs. Mit dem ölpreisverfall am Weltmarkt haben sich die Wachstumsperspektiven für 1998 wieder getrübt. Wie andere mittel- und südamerikanische Pazifik-Anrainerstaaten wurde auch Mexiko von dem außergewöhnlichen Wirbelsturm "Paulina" in Mitleidenschaft gezogen, dessen Ursprung von Klimatologen mit der warmen östlichen Pazifikströmung "El Niño" in Äquatornähe in Verbindung gebracht wird. Er forderte allein in Mexiko hunderte von Menschenleben. Besonders betroffen waren die Bundesstaaten Guerrero und Oaxaca. Die Badeorte Acapulco, Puerto Escondido und Puerto Angel wurden ebenso wie Inlandsortschaften schwer beschädigt. Am schlimmsten traf es die armen Bevölkerungsschichten ohne feste Häuser. Es kam zu erheblichen Ernteausfällen. Januar 21.1.

Der oppositionelle PAN erklärt seinen Verzicht auf den staatlichen Beitrag zur Wahlfinanzierung. Dieser sei überhöht und den Wählern nicht zumutbar. Hintergrund: Bei der Verabschiedung der Wahlrechtsreform im Parlament hatten die PRI-Abgeordneten gegen den Wunsch der Regierung und der Oppositionsparteien eine Heraufsetzung der staatlichen Wahlfinanzierung durchgesetzt, von der aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse der PRI am stärksten profitiert hätte. Am 22.1. verzichtet auch der PRD auf die Staatsgelder zur Wahlunterstützung.

Februar 28.2.

Die CLINTON-Administration erteilt Mexiko erneut die certification und reiht es somit unter die "anständigen" Länder in bezug auf Drogenbekämpfung ein. Die Entscheidung des US-Präsidenten ist in beiden Häusern des Kongresses umstritten. Nachrichten und Kommentare in der US- und in der mexikanischen Presse in den folgenden Tagen machen deutlich, wie verletzbar das Verhältnis zwischen beiden Ländern ist.

März 5.3.

206

US-Präsident Bill CLINTON entsendet drei seiner engsten Mitarbeiter zu einem unangekündigten Überraschungsbesuch nach Mexiko-Stadt, um Präsident ZEDILLO seiner festen Entschlossenheit für gutnachbarliche Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko zu versichern. Es handelt sich um Thomas MCLARTY, Sonderberater für Amerikafragen, Samuel BERGER, Bera-

Mexiko

ter in Nationalen Sicherheitsfragen, und Gen. Barry MCCAFFREY, Chef des Büros für die Drogenkontrollpolitik. Der geheimgehaltene Besuch wird auf Nachfrage von der nordamerikanischen Botschaft in Mexiko bestätigt. 10.3.

Präsident ZEDILLO ernennt den 47jährigen Juristen Mariano HERRAN SALVATTI zum neuen "Anti-Drogenzar". HERRAN SALVATTI war zuvor in leitender Stellung im Justizressort des Bundesdistrikts tätig. Er tritt an die Stelle des Mitte Februar amtsenthobenen Generals GUTIÉRREZ REBOLLO, dem engste Verbindungen zu den Drogenkartellen nachgewiesen worden waren.

10.-14.3.

Staatsbesuch von Präsident ZEDILLO in Japan.

Juli 6.7.

Bei den Parlamentswahlen verliert der PRI zum ersten Mal seit seiner Gründung im Jahr 1929 die Mehrheit in der Abgeordnetenkammer, bleibt aber stärkste Fraktion. Das Wahlergebnis: PRI 39,1% = 239 Sitze; PRD 26,6% = 125 Sitze; PAN 25,7% = 121 Sitze; PVEM 3,8% = 8 Sitze; PT 2,6% = 7 Sitze; andere 2,2% (nicht im Parlament vertreten). Gleichzeitig finden Gouverneurswahlen in sechs Bundesstaaten sowie erstmals die Wahl eines "Regierungschefs" für den Bundesdistrikt (bisher war stets ein Vertrauter des jeweiligen PRI-Präsidenten zum Regenten von Mexiko-Stadt ernannt worden) statt. In fünf Bundesstaaten (Campeche, Colima, Querétaro, San Luis Potosí und Sonora) gewinnen die Kandidaten des PRI, in dem industriell hochentwickelten Bundesstaat Nuevo León (Hauptstadt Monterrey) gewinnt der PAN-Kandidat. Im Bundesdistrikt siegt mit überwältigender Mehrheit (48,1%) Cuauhtémoc CARDENAS SOLÓRZANO (PRD). - Die Wah-

len vom 6. Juli 1997 werden von Beobachtern als ein Wendepunkt der neueren politischen Entwicklung Mexikos gewertet. Mitte

Eine erste Bilanz des nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA von US-Präsident Bill CLINTON fällt nach dreieinhalb Jahren bescheiden, aber verhalten positiv aus. Profitiert habe v.a. die Außenwirtschaft. Die USamerikanische Bevölkerung hat ihre überwiegend negative Einstellung gegenüber der NAFTA nicht verloren; in Mexiko ist dagegen eine stärkere Akzeptanz als Anfang 1994 festzustellen.

August 12.8.

Bildung eines oppositionellen Blocks im Parlament (PRD, PAN, PVEM, PT). Zusammen bilden sie 261 gegen 239 PRI-Sitze.

16.8.

Der Freitod von Yessica DIAZ (16) erregt landesweit Aufsehen. Das Mädchen war im März 1997 in Durango von drei namentlich bekannten Polizisten vergewaltigt worden, die straffrei blieben. Die Mutter hatte von der örtlichen Staatsanwaltschaft den Rat erhalten, keine weiteren Anschuldigungen zu erheben. Der Fall beschäftigt in den Folgemonaten die Medien. Einige Strafermittler und politische Beamte werden suspendiert. Im März 1998 flieht die Mutter nach anhaltenden Drohungen und Verfolgung in die USA und bittet um politisches Asyl. 207

Lateinamerika Jahrtuch 1998

Mitte

Der neugewählte Regierungschef von Mexiko-Stadt, Cuauhtémoc CARDENAS (PRD), trifft auf seiner Südamerikareise nach Brasilien und Argentinien mit führenden Regierungsvertretern und Oppositionspolitikern zusammen.

30.8.

Porfirio MUÑOZ LEDO (PRD) wird mit der Mehrheit der oppositionellen Stimmen zum Sprecher des Kongresses gewählt.

September 1.9.

Dritter Rechenschaftsbericht des Präsidenten. Zedillo bietet den Oppositionsparteien eine konstruktive Zusammenarbeit an.

8.9.

Der PRI-Vorsitzende Humberto Roque VILLANUEVA, der die Regierungspartei durch die verlustreichen Wahlen vom 6. Juli geführt hat, wird nach monatelangem Widerstand zum Rücktritt gezwungen. Nachfolger wird Mariano PALACIOS ALCOCER, der über eine ungewöhnlich breite politische und akademische Erfahrung verfügt.

Mitte

1.111 Mitglieder der zapatistischen Befreiungsarmee EZLN treffen nach einem Demonstrationsmarsch in Mexiko-Stadt ein. Am 17.9. erfolgt dort die Gründung der politischen Organisation Frente Zapatista de Liberación Nacional (FZLN), die sich aber vorerst nicht an Wahlen beteiligen will.

24.-26.9.

Der ukrainische Präsident, Leonid KUTSCHMA, stattet Mexiko einen Staatsbesuch ab.

Oktober 5.10.

Spanien liefert den früheren mexikanischen Sonderstaatsanwalt Pablo CHAPA BEZANILLA aus, der Beweise im Zusammenhang mit der Ermordung von Luis Donaldo COLOSIO (vgl. Jahrbuch 1995) gefälscht haben soll.

4.-11.10.

Präsident ZEDILLO stattet Frankreich (4.-7.10.) und Deutschland (7.-11.10.) Staatsbesuche ab. Zu der ihn begleitenden Delegation gehören neben den Regierungsmitgliedern Herminio BLANCO (Wirtschaft), Guillermo ORTIZ (Finanzen), Angel GURRIA (Äußeres) und Miguel LIMÓN (Bildung) auch Spitzenvertreter der mexikanischen Wirtschaftsverbände. In Paris kommt es zu Verstimmungen wegen eines geplatzten Vertrages zum Bau von 28 Metrowaggons, den das französisch-kanadische Konsortium GEC-Alsthom/Bombardier mit der zuständigen mexikanischen Behörde bereits unterzeichnet hatte. Eine Pressekonferenz mit Vertretern internationaler Menschenrechtsorganisationen wird von den mexikanischen Gästen nach inquisitorischen Fragen abgebrochen. In Bonn wird nach langjährigen Verhandlungen ein Investitionsschutz- und -förderabkommen unterzeichnet, das aber noch von den Parlamenten beider Länder ratifiziert werden muß. Vorwürfe oppositioneller Politiker, Präsident ZEDILLO verkaufe nationale Interessen, könnten dieses Verfahren auf mexikanischer Seite noch erschweren. Die Bonner Regierung setzt sich für rasche Verhandlungen zwischen Mexiko und der Europäischen Kommission für ein

208

Mexiko

Freihandelsabkommen ein. Die mexikanische Regierung wird in Mexiko-Stadt ein Grundstück für ein "Deutsches Haus" zur Verfügung stellen, das besonders den deutschen Klein- und Mittelbetrieben beim Ausbau ihrer Handelsund Investitionsaktivitäten in Mexiko konkrete Hilfe gewähren soll. 11.10.

Der schwere Wirbelsturm "Paulina", von dem Mexikos Pazifikküste heimgesucht wird, fordert weit über hundert Menschenleben. Besonders betroffen sind die Bundesstaaten Guerrero und Oaxaca. Die Badeorte Acapulco, Puerto Escondido und Puerto Angel werden ebenso wie Inlandsortschaften schwer beschädigt. Am schlimmsten trifft es die armen Bevölkerungsschichten ohne feste Häuser. Es kommt zu großen Ernteausfällen. Der Wirbelsturm wird von Klimatologen mit der warmen östlichen Pazifikströmung "El Niño" in Äquatornähe in Verbindung gebracht, durch die die normalen Wetterverhältnisse durcheinandergeraten.

19.10.

Bei den Gemeindewahlen in den Bundesstaaten Veracruz und Tabasco schneidet der PRI im Durchschnitt am besten ab. In Tabasco geht er mit 52% als Sieger hervor (PRD 3 9 % , PAN 2 , 5 % ) . In Veracruz verliert der PRI allerdings fast alle größeren Städte an die Opposition, bleibt aber mit 40% stärkste Partei (PRD 31%, PAN 21%).

November 13.-15.11. Präsident ZEDILLO reist zu einem Arbeitstreffen mit Präsident CLINTON nach Washington. Themen: internationale Handelsabkommen (fast track), Unterzeichnung von Abkommen zur bilateralen Zusammenarbeit (Bekämpfung des Schwarzmarktes für Waffen, beschleunigte Auslieferung von Verbrechern, verbesserte Zusammenarbeit im Drogensektor, Naturschutz entlang der Grenze), illegale Einwanderung in die USA, Hygienestandard von mexikanischen Ausfuhrgütern. 27.11.

Jesús BLANCORNELAS, Chefredakteur der Wochenzeitung "Zeta", wird bei einem Attentat in Tijuana schwer verletzt. Der von einem Leibwächter erschossene Attentäter wird als David BARÓN CORONA alias "CH" identifiziert, ein bis dahin in Mexiko und den USA steckbrieflich gesuchter Killer des Drogenkartells von Tijuana, an dessen Spitze die Brüder Benjamin und Ramón ARELLANO FÉLIX stehen. BARÓN hatte u.a. unter dem Verdacht gestanden, im Mai 1993 den Erzbischof von Guadalajara, Kardinal Juan Jesús POSADAS OCAMPO, ermordet zu haben. BLANCORNELAS, Träger des mexikanischen Journalistenpreises, hatte zahlreiche Reportagen über das kriminelle Treiben des Rauschgiftringes der Brüder ARELLANO geschrieben und auch ein Buch über den Mord an dem Präsidentschaftskandidaten Luis Donaldo COLOSIO veröffentlicht (vgl. Jahrbücher 1994 und 1995).

Dezember 5.12.

Amtsantritt von Ing. Cuauhtémoc CARDENAS SOLÓRZANO als erstem gewählten Regierungschef von Mexiko-Stadt (vgl. 6 . 7 . 9 7 ) .

8.12.

Mexiko und die EU unterzeichnen in Brüssel ein Rahmenabkommen über eine umfassende Intensivierung der politischen und wirtschaftlichen Zusam209

Lateinamerika Jahrbuch 1998

menarbeit. Eine gemeinsame Kommission soll die Kooperation in 30 Bereichen vertiefen, darunter bei den Wirtschaftsbeziehungen, im Umweltschutz, bei der Bekämpfung des Drogenhandels und im Fremdenverkehr. Die Verhandlungen im Wirtschaftsbereich sollen im März 1998 beginnen. Langfristig ist die Realisierung einer Freihandelszone geplant. Auf Drängen der EU wird auch eine Verpflichtung zum Schutz der Menschenrechte und der demokratischen Werte aufgenommen. 11.12.

Nur wenige Tage nach seinem Regierungsantritt muß Cuauhtémoc CÁRDENAS seinen frisch eingesetzten Polizeichef Jesús CARROLA wieder fallen lassen, nachdem gegen diesen ungeheure Vorwürfe wegen Folterungen in seiner Rolle als Ordnungshüter im Bundesstaat Baja California Sur ruchbar wurden. Die Bundesregierung, der diese Vorfälle angeblich bekannt waren, hatte CARDENAS nicht gewarnt. Zum Nachfolger wird Mauricio TORNERO ernannt.

15.12.

Bei der Verabschiedung des Staatshaushaltes für 1998 gelingt es der parlamentarischen Opposition nicht, die Regierungsvorlage in einschneidenden Punkten zu Fall zu bringen. Die Abgeordneten des mittelständischen PAN schwenken von der im Oppositionsblock mit PRD und zwei weiteren kleinen Oppositionsparteien vereinbarten Linie ab und schlagen sich auf die Seite des verschmähten PRI. Ergebnis: 341 gegen 132 Stimmen.

22.12.

Ein Massaker in Acteal im Bundesstaat Chiapas an 45 Tzotzil-Indianern (die meisten von ihnen Frauen und Kinder) erschüttert die Innenpolitik und rüttelt die Weltöffentlichkeit auf. Bei ihren Ermittlungen stößt die Bundesanwaltschaft auf die Komplizenschaft zwischen örtlichen Paramilitärs und PRI-Ultras in Tuxtla Gutiérrez.

Ende

Nach vorläufigen Angaben kann Mexiko für das laufende Jahr mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von rd. 7% rechnen. Dies wäre das stärkste Wachstum seit 16 Jahren. Aufgrund des Rückgangs der internationalen Erdölpreise wird für 1998 mit einem Wirtschaftswachstum von etwa 5% gerechnet. In den ersten Tagen des neuen Jahres nimmt Präsident ZEDILLO eine Kabinettsumbildung vor: Innenminister Emilio CHUAYFFET wird entlassen und durch den bisherigen Landwirtschaftsminister LABASTIDA OCHOA ersetzt. Außenminister Angel GURRIA wechselt ins Finanzressort, nachdem sein Vorgänger Guillermo ORTIZ zum neuen Zentralbankchef ernannt worden war. Neue Außenministerin wird Rosario GREEN MACÍAS. Die neuen Spitzenpolitiker werden eher dem traditionellen PRI-Lager zugerechnet. Die Beförderung von ORTIZ an die Spitze des Banco Central wird als kluger Schachzug des Präsidenten gewertet, der damit einen engen politischen Weggefährten weit über seine eigene Amtszeit hinaus in eine wirtschaftspolitische Schlüsselstellung beruft.

Wolfgang Grenz

210

Mexiko

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstade Fliehe (in qkm): Währung:

Ciudad de México 1.958.201 Nuevo Peso

MEXIKO Jahr

1. DEMOGRAPHISCHE K E N N Z I F F E R N Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter IS Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Stadtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate FertilitJtsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

64,48 46.5 50.1 66,4 37,6 4,5 36,6 29 34,4

81,25 37,1 59,2 72,6 29 3,3 28,3

91,83 36,1 59,2 75,3 26 3 24,7 21.3 54

93,18 35,5 59,2 75,5 26 2,9

62 121 55,8

70 131 39 49 70 1243 87,3

87 131,8 32,6 41 71,5 830 89,6

194766 2640 21994 33028 -10750 12897 2156 4175

244047 2580 43567 52167 -7117 9215 2632 10217

250038 3320 89824 81861 -654 14179 9526 16847

334792 3670 106900 100288 -1922 3323 7619 19433

65,1 10 27,2 24,9 10 38 22,1 52

69,5 11 >9,6 19,1 9 30 23 61

71,2 10,3 19,7 18,5 5,7 27,9 20.8 66,4

66,5 10,5 20,9 23 5,9 28,7 21,5 65,4

57378 33915 10962 6068 44,4 8.4 26,2

97357 76752 12118 7258 27,8 4,6 26,6

165743 94027 25578 11126 28,6 -6,2 35,5

173572 102126 36102 11561 33.8 5.1 34,4

136,6 3,1 2,1

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

66,6 1240

32 36 72 830

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitaloilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Wahrungsreserven (in Mio. USS) Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %) Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %) Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

1,6 1,6 18,5

211

Lateinamerika Jahrtuch 1998

MEXIKO BSP p r o Kopf und reale Wachstumsrate des BIP 4500

g

3500

§• 3000 M e £ 2500 CQ

87

88

89

90

91 92 Jahre

93

94

95

96

_ Wachstumsraten

MEXIKO Bruttoinvestitionen und Ersparnis (in % des BIP)

14 —i 87

1 88

1 89

i 90

i 91

1 92 Jahre

,

212

Investitionen

t

Ersparnis

1 93

1 94

1 95

L96

Mexiko

MEXIKO A u ß e n h a n d e l u n d Kapitalbilanz

3 Warenexport

S a l d o d e r Kapitalbilanz

i Warenimport

MEXIKO Auslandsverschuldung

Jahre Èssi Gesamtverschuldung

Schuldendienst

213

Lateinamerika Jahrbuch 1998

214

Zentralamerika

Zentralamerika Chronologie 1997 Januar Mitte

Nach den Wahlen vom Oktober 1996 entsendet auch Nikaragua erstmals 20 gewählte Parlamentarier in das zentralamerikanische Parlament PARLACEN.

28.1.

Informelles Treffen der Staatschefs von Guatemala, El Salvador, Honduras, Nikaragua, Costa Rica, Panama und dem Premierminister von Belize in Tegucigalpa, Honduras. Auf Initiative des salvadorianischen Präsidenten Armando CALDERÓN SOL wird ein Ersuchen an die internationale Gemeinschaft für die Unterstützung bei der Entwaffnung der Zivilbevölkerung unterzeichnet. Die zentralamerikanische Sicherheitskommission soll einen regionalen Plan zur Beendigung des illegalen Waffenhandels erarbeiten, dessen Umsetzung von der UNO technisch und finanziell unterstützt werden soll. Darüber hinaus sollen die Bemühungen intraregionaler Kooperation mit den Integrationsbündnissen NAFTA, CARICOM und MERCOSUR intensiviert werden. Am Rande des Treffens vereinbaren die Anrainer des Golfs von Fonseca, möglichst bald mit der Festlegung der Seegrenzen zu beginnen. In der Vergangenheit hatte es vor allem bei der Fischerei immer wieder Zwischenfälle wegen der unklaren Grenzen gegeben.

März Anfang

Das US-State Department bescheinigt allen zentralamerikanischen Ländern Fortschritte bei der Bekämpfung des Drogenanbaus und Drogenhandels. Als Schwachpunkte gelten nach wie vor das hohe Maß an Korruption in der Verwaltung, die schwache oder fehlende Gesetzgebung zur Bestrafung von Drogenhandel und die Möglichkeit der Geldwäsche. Die US-amerikanische Drogenkontrollbehörde DEA möchte in Zentralamerika ein regionales Büro eröffnen. Honduras und Panama konkurrieren in den folgenden Monaten um den Standort des regionalen Zentrums. In beiden Fällen sollen ehemalige USMilitärbasen (in Honduras Palmerola, in Panama Einrichtungen der Kanalzone) für das Projekt genutzt werden.

19.3.

Die zentralamerikanische Sicherheitskommission trifft in San Salvador zusammen, um über einen regionalen Sicherheitsplan, ein regionales Institut für die Polizeiausbildung und einen Vorschlag zur gemeinsamen Bekämpfung des Handels mit Kleinfeuerwaffen zu beraten.

April 1.4.

In den USA tritt das neue Immigrationsgesetz in Kraft. Von den zwei Millionen Zentralamerikanern, die legal oder illegal in den Vereinigten Staaten leben, 215

Lateinamenka Jahrbuch 1998 droht nun knapp der Hälfte die Ausweisung: 336.000 Salvadorianer, 300.000 Honduraner, 185.000 Guatemalteken und 60.000 Nikaraguaner sind betroffen. Eine massenhafte Rückkehr von Migranten hätte für die Länder des Isthmus verheerende Auswirkungen, weil deren Geldüberweisungen ein wichtiger - teilweise der wichtigste - Devisenbringer sind (1996: El Salvador US$ 1 Mrd., Honduras US$ 400 Mio., Guatemala US$ 350 Mio., Nikaragua US$ 95 Mio.). Eine Verringerung oder Beendigung der remesas hätte gravierende wirtschaftliche und soziale Folgen, weil gerade auch die ärmeren Bevölkerungsgruppen von ihnen profitiert haben. Eine massenhafte Rückkehr der Migranten würde außerdem die mit über 50 Prozent ohnehin katastrophal hohen Raten an Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung dramatisch verschärfen. Die US-Regierung hat angesichts dieser Probleme zugesagt, daß es nicht zu Massendeportationen kommen werde. 10.4.

Vertreter der fünf zentralamerikanischen Streitkräfte treffen auf Einladung des US-Southern Command in San Salvador zusammen, um das für den 20.-29. Mai geplante gemeinsame Manöver "Allied Forces Peacekeeping Exercise" vorzubereiten, an dem über 400 Soldaten und Offiziere teilnehmen sollen.

Mai 7.-9.5.

In San José, Costa Rica, treffen die zentralamerikanischen Präsidenten, der Premierminister Belizes und der Präsident der Dominikanischen Republik mit US-Präsident Bill CLINTON zusammen. Während die Zentralamerikaner ein Freihandelsabkommen mit den USA anstreben, zeigte sich Präsident CLINTON im Rahmen der Schaffung einer gesamtamerikanischen Freihandelszone (ALCA) allenfalls dazu bereit, die Handelsvergünstigungen, wie sie 1984 im Rahmen der Caribbean Basin Initiative vereinbart wurden, sukzessive auszudehnen.

31.5.

Die Außen-, Wirtschafts- und Außenhandelsminister der zentralamerikanischen Staaten vereinbaren bei einem Treffen in Panama eine grundlegende Neustrukturierung und Vereinheitlichung des SIECA (Secretaría Permanente del Tratado General de Integración Económica Centroamericana).

Juni 9.6.

Treffen der zentralamerikanischen Streitkräftechefs in Guatemala: Neben der Erörterung der Grenzkonflikte zwischen den zentralamerikanischen Ländern, geht es vor allem um die Diskussion der Rolle der Streitkräfte in den Nachkriegsgesellschaften sowie um Bemühungen, die regionale Integration auch der Streitkräfte voranzutreiben.

Juli 4.-5.7.

216

Anläßlich des VI. Außenministertreffens der gemischten Kommission TaiwanZentralamerika in Tegucigalpa, Honduras, verpflichtet sich die Regierung Taiwans, den Ländern Zentralamerikas 1997 US$ 21 Mio. als Schenkung zu-

Zentralamerika

kommen zu lassen. Für 1998 wird die Gründung eines US$ 200 Mio. Fonds für Projekte in der Sozialpolitik in Aussicht gestellt. Die zentralamerikanischen Länder gehören zu den wenigen, die die Regierung Taiwans diplomatisch anerkennen, was von Seiten der VR China schon zu Sanktionen geführt hat (vgl. Chronologie Guatemala). 12.7.

Bei ihrem XIX. Gipfeltreffen beschließen die zentralamerikanischen Staatschefs in Panama, der regionalen Integration neue Impulse zu geben; unter anderem soll eine Verkleinerung der 32 Institutionen des SICA (Sistema de Integración Centroamericana) in die Wege geleitet werden. Mit Panama sollen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aufgenommen werden. Der stellvertretende Premierminister Belizes und der Präsident der Dominikanischen Republik nehmen als Beobachter an dem Gipfel teil.

August 7.8.

Aus Anlaß des 10. Jahrestages der Unterzeichnung des "Abkommens von Esquipulas II" gründen mehrere Expräsidenten der Region, darunter Friedensnobelpreisträger Oscar ARIAS (Costa Rica) und Vinicio CEREZO (Guatemala), in Esquipulas den Foro de Expresidentes de Centro América Democrática (FECAD). Ziel des Forums ist zum einen die Unterstützung des Friedens in der Region als auch die Weitergabe der zentralamerikanischen Erfahrungen bei der Konfliktregulierung an andere Länder, wie zum Beispiel Kolumbien.

8.8.

In San Salvador findet das "Erste Forum zur Kooperation zwischen Korea und Zentralamerika" statt. Der südkoreanische Außenminister verspricht dabei eine Erhöhung der Auslandsinvestitionen über die bereits bestehenden 180 südkoreanischen Betriebe hinaus. Diese vornehmlich in der Weiterverarbeitung von Textilien tätigen maquilas wurden in der Vergangenheit allerdings von Gewerkschaften und Menschenrechtsgruppen wegen der verheerenden Arbeitsbedingungen (u.a. Mißachtung von Arbeitsschutzgesetzen und Bezahlung unterhalb der Mindestlöhne) massiv kritisiert.

20.8.

Die Außenminister bilden in Managua Arbeitsgruppen zur Operationalisierung der Beschlüsse des Gipfeltreffens in Panama. Besonders umstritten sind Überlegungen, die Zahl der Abgeordneten des zentralamerikanischen Parlaments PARLACEN von 20 auf 10 pro Mitgliedsland zu reduzieren.

September 2.9.

Auf einem außerordentlichen Präsidentengipfel in Managua/Nikaragua verkünden die Staatschefs von Guatemala, El Salvador, Honduras, Nikaragua und Costa Rica das Ziel, eine "Zentralamerikanische Union" zu bilden. Als Vorbild dieser politischen Integration, die die wirtschaftliche Kooperation ergänzen soll, dient Zentralamerika die Europäische Union. Ob diesem, seit der Unabhängigkeit 29. Versuch der Unionsbildung größerer Erfolg beschieden sein wird als seinen Vorgängern, wird auch in der Region aufgrund der bestehenden strukturellen Probleme und Konflikte skeptisch beurteilt. Bei der UNOGeneralversammlung Ende des Monats bekräftigen die zentralamerikani217

Lateinamerika Jahrbuch 1998

sehen Präsidenten ihren Beschluß zur politischen Union und bitten UNGeneralsekretär Kofi ANNAN um Unterstützung. 7.-13.9.

Der taiwanesische Präsident, Lee TEN-HUI, besucht mehrere Länder der Region, um die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit Taiwans mit Zentralamerika zu verstärken (s.a. 4./5.7.). Die Wirtschaftsminister Zentralamerikas unterzeichnen am 13.9. in San Salvador mit ihrem taiwanesischen Amtskollegen ein Abkommen zur wirtschaftlichen "Komplementarität", in dem sie auch Programme für die Kooperation im Bereich der Infrastruktur, des Exports, der Investitionsförderung und im Tourismus vereinbaren.

15.-17.9.

Auf dem III. zentralamerikanischen Forstkongreß werden die Probleme der regionalen Waldwirtschaft, insbesondere die fortschreitende Entwaldung des Isthmus diskutiert. In El Salvador ist dieser Prozeß am weitesten fortgeschritten; nur noch 5% der Landesfläche sind bewaldet. In Costa Rica beträgt der Anteil des Waldes noch 24%, in Guatemala 35%, in Honduras 37%, in Panama 38%, in Nikaragua 46% und in Belize 86%.

17.-19.9.

Auf Einladung des PARLACEN findet in Antigua/Guatemala die VI. Zentralamerikanische Konferenz der Parteien statt, an der 53 Vertreter von 37 politischen Parteien Zentralamerikas teilnehmen. Themen sind unter anderem die Förderung der Integration sowie eine Evaluierung der Arbeit des PARLACEN.

Oktober 13.-14.10. In Honduras findet der erste zentralamerikanische Indígena-Gipfel zum Thema "Staat und Indígena-Rechte" statt. Insbesondere die fehlende Ratifizierung bzw. Mißachtung der ILO-Konvention 169 (über die Rechte indigener Völker) steht im Mittelpunkt der Debatten. 22.10.

Das PARLACEN wählt ein neues Präsidium, in dem die Parteibündnisse Alianza Democrática Centroamericana und Centro Democrático die Mehrheit der Posten besetzen. Neuer Parlamentspräsident wird der Abgeordnete Marco Antonio SOLARES von der guatemaltekischen Regierungspartei PAN.

November Anfang

Die UN-Entwicklungsorganisation (UNDP) legt in Managua den Bericht über die menschliche Entwicklung für das Jahr 1997 vor. Während Costa Rica mit Rang 33 weltweit zu den Ländern mit hohem Entwicklungsniveau gehört, befinden sich die restlichen zentralamerikanischen Länder auf mittleren Plätzen (El Salvador 112, Honduras 116, Guatemala 117 und Nikaragua 127). Erschreckend ist vor allem der - auch nach offiziellen Angaben - hohe Anteil der in Armut lebenden Bevölkerung: Costa Rica 19%, El Salvador 38%, Nikaragua 44%, Honduras 47% und Guatemala 53%.

5.-7.11.

Erstmals findet ein zentralamerikanischer Präsidentengipfel (XX.) nicht in Zentralamerika statt. Die Staatschefs treffen in der Dominikanischen Republik zusammen, wo sie zahlreiche Kooperationsabkommen zwischen den Ländern des Isthmus und der Dominikanischen Republik unterzeichnen. Mittelfristig

218

Zentralamerika

soll vor dem Hintergrund der Verhandlungen zu ALCA die Kooperation zwischen Zentralamerika und der Karibik insgesamt intensiviert werden. 10.11.

Die Verteidigungsminister von Guatemala, El Salvador, Honduras und Nikaragua gründen offiziell die Conferencia de Fuerzas Armadas de Centroamérica (CFAC). Ziel ist die Abstimmung und Koordination der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik hinsichtlich der neuen Rolle der Streitkräfte und gemeinsamen Herausforderungen. Die CFAC soll keine Neuauflage des zentralamerikanischen Verteidigungsrates (CONDECA) sein, der in den 60er Jahren vor allem zur Bekämpfung der politischen Opposition diente.

9.-16.11.

Der spanische Ministerpräsident José Maria AZNAR besucht mit einer Wirtschaftsdelegation Panama, Nikaragua und El Salvador und unterzeichnet Kreditzusagen in Höhe von US$ 410 Mio. Die spanischen Unternehmen sind vor allem an einer Beteiligung bei der Privatisierung von Staatsbetrieben in Zentralamerika interessiert.

13.11.

Beide Häuser des US-Kongresses beschließen die Flexibilisierung des neuen Immigrationsgesetzes, wodurch illegalen Migranten die Erlangung einer permanenten Aufenthaltserlaubnis erleichtert wird. In Zentralamerika wird dies mit großer Erleichterung zur Kenntnis genommen (s.a. 1.4.).

Dezember 19.12.

Die zentralamerikanische Menschenrechtskommission CODEHUCA veröffentlicht den vierten Bericht über die staatlichen Procuradurías de Derechos Humanos. Während den Procuradurías in El Salvador und Costa Rica gute Arbeit bescheinigt wird, gibt es in Guatemala, Honduras und Nikaragua noch grundlegende Defizite. Als eines der Hauptprobleme sieht CODEHUCA die Politisierung der Ämter, weil dies ihre Funktion zum Schutz der Menschenrechte durch Parteilichkeit stark einschränken könne. Sabine Kurtenbach

219

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Costa Rica Amtlicher Name: República de Costa Rica Präsident: Miguel Ángel RODRÍGUEZ ECHEVERRÍA Im Amt seit: 8. Mai 1998 Vizepräsidentinnen: 1. Astrid FISHEL; 2. Elizabeth ODIO Nächste Präsidentschafts- bzw. allgemeine Wahlen: Februar 2002 Regierungspartei:

Partido Unidad Social Cristiana (PUSC)

Kabinett (Stand Juni 1998): Äußeres: Roberto ROJAS LÓPEZ; Justiz und Inneres: Mönica NAGEL; Wirtschaft/Außenhandel/Wissenschaft: Samuel GUZOWSKI; Finanzen: Leonel BARUCH; öffentliche Sicherheit: Juan Rafael LIZANO; Landwirtschaft: Esteban BRENES; Bildung: Claudio GUTIÉRREZ; Kultur: Astrid FISHEL; Gesundheit: Rogelio PARDO; Umwelt und Energie: Elizabeth ODIO; Frauen: Yolanda INGIANNA; Wohnungswesen: José Antonio COBO; Öffentliche Bauten und Verkehr: Rodolfo MÉNDEZ MATA; Planung/Information/ Präsidialamt: Roberto T Q V A R . Oppositionsparteien im Parlament: Partido Liberación Nacional (PLN)); Fuerza Democrática (FD); Partido Acción Laborista Alajuelense (PALA); Partido Renovación Costarricense (PRC); Partido Integración Nacional (PIN); Movimiento Libertario (ML). Sitzverteilung im Parlament (57 Sitze): PUSC: 27; PLN: 23; FD: 3; PALA: 1; PRC: 1; PIN: 1; ML; 1.

Chronologie 1997 Wichtigstes Thema war im Berichtsjahr der Wahlkampf für die Präsidentschafts- bzw. allgemeinen Wahlen im Februar des kommenden Jahres. Er beherrschte die innenpolitischen Auseinandersetzungen ebenso wie die Entscheidungen über die Durchführung wirtschaftspolitischer Maßnahmen. Die beiden großen Parteien PUSC und PLN kämpften um die Wählergunst (die übrigen Parteien spielen keine Rolle, da in Costa Rica de facto ein Zweiparteiensystem besteht). Die Bevölkerung bekundete nur geringes Interesse an ihren politischen Vertretern, was sich später auch in einer großen Stimmenthaltung am Wahltag manifestieren sollte. Der Einfluß von Drogenhandel und Geldwäsche auf Politik und Wirtschaft geriet nun auch in Costa Rica in die Schlagzeilen. Die Bankenaufsicht und Kontrollmaßnahmen an den Landesgrenzen wurden verstärkt, doch die Aufklärung interner Verwicklungen ließ auf sich warten. Bedeutende Politiker und hohe Richter wurden der Kooperation mit Drogenhändlern beschuldigt. Die wirtschaftliche Rezession wurde überwunden. Bei einem Rückgang der Inflation auf 11,5% war ein leichter Aufschwung mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von rund 3% zu verzeichnen. Die Haushaltslage blieb allerdings angespannt. Die Binnenverschuldung verringerte sich zwar leicht, doch wurde - wie in den Vorjahren - ein Drittel des Haushaltes durch die Zinsen aufgezehrt. Geplante Sanierungsmaßnahmen wie die Privatisierung von Banken - wurden wegen ihrer geringen Popularität und angesichts der bevorstehenden Wahlen nur schleppend angegangen.

220

Costa Rica

Durch die konjunkturelle Belebung stiegen zwar die Importe und damit das Leistungsbilanzdefizit an, die Auslandsinvestitionen sorgten jedoch für einen Devisenüberschuß. Wachstumsimpulse gingen vom Exportsektor aus, und dieser Trend sollte sich im nächsten Jahr mit der Ausfuhr von Mikroprozessoren des amerikanischen Unternehmens Intel fortsetzen. Costa Ricas Bestrebungen, zur Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur verstärkt Unternehmen des High Tech-Bereichs ins Land zu ziehen, verliefen erfolgversprechend. Die Ansiedlung von Intel übte auch auf andere Firmen der Branche eine Anziehungskraft aus, die z.T. als Zulieferer fungieren werden. Die Investitonstätigkeit ausländischer Unternehmen hat sich deutlich belebt. Januar 1.1.

Zum zweiten Mal in seiner Geschichte wird Costa Rica Mitglied im UNSicherheitsrat. Für die nächsten zwei Jahre ist es in dem zehn Sitze umfassenden Gremium vertreten. Dabei wird es einen seiner Arbeitsschwerpunkte auf die Neuinterpretation des Vetorechtes der fünf ständigen Mitglieder legen.

31.1.

José Rossi, Minister für Außenhandel, tritt wegen Unstimmigkeiten mit dem Außenminister Fernando NARANJO zurück. Das Amt übernimmt José Manuel SALAZAR XIRINACH.

Februar Anfang

Das costarikanische Unternehmen Polybiotika investiert US$ 15 Mio. in eine Papierfabrik, die als Rohmaterial die Abfälle aus der Bananenproduktion einsetzen wird. Die Tagesproduktion soll bei 80 Tonnen Papier liegen.

März 3.3.

Ricardo ALEM, einer der bekanntesten costarikanischen Drogenhändler, wird in Miami zu 13 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Durch die Nennung seiner Verbindungsleute in Costa Rica konnte er das ursprünglich vorgesehene Strafmaß lebenslanger Haft herabsetzen. Unter den Beschuldigten befinden sich zwei PLN-Abgeordnete, deren Wahlkampagnen von ALEM finanziert wurden. Beide treten vorläufig von ihren Ämtern zurück. Auch Verbindungen zu führenden Vertretern der costarikanischen Justiz werden aufgedeckt. Als die "rechte Hand" von ALEM gilt der ehemalige PLN-Abgeordnete Leonel VILLALOBOS SALAZAR, der bereits Ende Februar bei einer Kokaintransaktion verhaftet wurde. Das Parlament richtet daraufhin eine ständige Kommission zur Untersuchung eventueller Verflechtungen costarikanischer Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oder Firmen mit dem Drogenhandel ein.

April Anfang

Das Verfassungsgericht beschließt die Modifizierung des Wahlgesetzes. Neben einigen Veränderungen des Wahlablaufs wird damit vor allem der vieldis221

Lateinamerika Jahrbuch 1998

kutierte Art. 85 abgeschafft, der die Wahlpropaganda auf drei Monate vor dem Wahltermin beschränkte. Ende

Präsident FIGUERES legt den Grundstein für die Mikroprozessorenfabrik des amerikanischen Halbleiterunternehmens Intel, das im kommenden Jahr mit Exporten im Wert von rd. US$ 300 Mio. starten wird und diese schrittweise auf US$ 2,2 Mrd. Jahresexporte steigern will.

Mitte

Bei einem Treffen mit seinem nikaraguanischen Amtskollegen Amoldo ALEverspricht Präsident FIGUERES in Managua, eine zügige Legalisierung des Aufenthalts bereits im Land lebender Nikaraguaner zu betreiben, um damit die drohende Ausweisung zu verhindern. Zwischen beiden Ländern war es zu Spannungen gekommen, nachdem in Costa Rica verlautet war, daß auch weiterhin illegale nikaraguanische Einwanderer ausgewiesen wurden. In den ersten vier Monaten des Jahres waren bereits 20.000 Nikaraguaner an der Grenze zurückgewiesen und 3.700 abgeschoben worden. Die ehemals als billige Arbeitskräfte willkommen geheißenen Migranten werden nun aufgrund ihres verstärkten Zustromes sowie der verschlechterten costarikanischen Wirtschaftslage als ökonomische Belastung angesehen. Der Anteil der Nikaraguaner an der Gesamtbevölkerung Costa Ricas liegt zwischen 10 und 15%. MAN

Die Interamerikanische Entwicklungsbank bewilligt einen Kredit in Höhe von US$ 28 Mio. zur Verbesserung der Vor- und Grundschulausbildung. Der Präsidentschaftskandidat der PUSC Miguel Angel RODRÍGUEZ reist auf Einladung des einflußreichen mexikanischen Unternehmers und ehemaligen Agrarministers Carlos HANK GONZALEZ nach Mexiko, um dort Gespräche über Investitionsmöglichkeiten in seinem Land zu führen. An der Zusammenkunft nehmen weitere bedeutende PUSC-Mitglieder und ehemalige Funktionäre aus der Amtszeit von Rafael Angel CALDERÓN (1990-94) sowie zwölf mexikanische, politisch einflußreiche Unternehmer teil. Diese Reise stößt in Costa Rica auf heftige Kritik. Während einige befürchten, daß solch eine enge Verflechtung von Politik und Wirtschaft den Mexikanern einen zu starken Einfluß auf die Politik Costa Ricas einräumen könnte, mutmaßen andere über die Zusage einer Wahlkampffinanzierung für RODRÍGUEZ. Carlos H A N K wird von der internationalen Presse mit Drogengeschäften in Verbindung gebracht; in den USA sollen Ermittlungen gegen ihn laufen. Im costarikanischen Parlament wird erwogen, Untersuchungen über seine Geschäftsbeziehungen im Land durchzuführen. Costa Rica geht als erstes Land der Welt mit Zertifikaten zur Reduzierung von Kohlendioxid (Greenhouse Gas Emissions Mitigation Certifícate) an die Chicagoer Börse. Diese handelbaren Titel garantieren eine bestimmte C0 2 -Absorption durch Waldflächen in Costa Rica. Die Mittel kommen Waldbesitzern zugute, die ihren Wald erhalten oder Wiederaufforstung durchführen. Norwegen kaufte bereits entsprechende Zertifikate im Wert von US$ 2 Mio.

222

Costa Rica

Juli Zur Modernisierung der Verwaltung sowie zur Förderung privater Beteiligungen an den Sektoren Finanzierung und Infrastruktur gewährt die Interamerikanische Entwicklungsbank einen Kredit über US$ 16,6 Mio.

August 19.8.

An der Karibikküste wird über eine halbe Tonne Kokain gefunden, die offensichtlich von einem tieffliegenden Flugzeug ins Meer abgeworfen wurde. Die Beschlagnahme setzt die zuständigen Behörden in Alarmbereitschaft und läßt die Ministerin für öffentliche Sicherheit vor einem nationalen Notstand warnen. Die Caribbean Financial Action Task Force, der 21 Nationen angehören, stuft Costa Rica als besonders ungeschützt gegen Drogenhandel und Geldwäsche ein. Die jährlich konfiszierten Drogenmengen, die schätzungsweise ein Zehntel der durchgeschleusten Gesamtmenge darstellen, nehmen rapide zu. Trotz einiger Erfolge bei der Fahndung kann das Land seine Grenzen nicht ausreichend kontrollieren. Die USA bieten die Bildung von gemeinsamen Patrouillen an, bei der US-amerikanische Schiffe und Flugzeuge sowohl zur Überwachung als auch Verfolgung Verdächtiger eingesetzt werden sollen. Dieses bedarf der Zustimmung des Parlaments. Die Regierung zeigt bereits großes Interesse an einer schnellen Umsetzung.

September Präsident FIGUERES unterzeichnet ein Abkommen mit dem US-amerikanischen Konzern Microsoft, der Programme für "virtuelle Klassenzimmer" in Costa Rica testen wird. Diese sollen Erziehungs- und Gesundheitsdienste auch in entlegene Landesteile verbreiten. Der weltgrößte Festplattenhersteller Seagate Technology erwägt den Bau einer Anlage im Wert von US$ 300 Mio., die rd. 2.000 Arbeitsplätze schaffen würde. 15 weitere Unternehmen der High Tech-Branche haben bereits ihr Interesse an Produktionsanlagen vor Ort bekundet. 18.9.

Zur Bekämpfung der Geldwäsche durch Drogenhändler soll ein spezielles Institut mit umfangreichen Befugnissen geschaffen werden. Vorerst erläßt die Zentralbank neue Richtlinien, um die Geldwäsche im nationalen Bankensystem zu verhindern. Dazu zählen u.a. das Verbot anonymer Konten, das Aufspüren von Transaktionen in "verdächtiger" Höhe sowie umfangreiche Personalakten der im Kontrollbereich Beschäftigten.

Oktober 1.10.

Die oberste Wahlkommission eröffnet offiziell den Wahlkampf für die Präsidentschafts- bzw. allgemeinen Wahlen am 1. Februar 1998. 32 Parteien sind

223

Lateinamerika Jahrbuch 1998

registriert, davon 14 auf nationaler, 9 auf Provinz- und weitere 9 auf Gemeindeebene. Der Wahlkampf wird mit ungewöhnlicher Schärfe geführt. Die Mexikoreise der PUSC-Vertreter im Mai und die Beteiligung von PLN-Abgeordneten an Drogengeschäften bieten Zündstoff. Die Kandidaten der zwei großen Parteien, Miguel Ángel RODRÍGUEZ (PUSC) und José Miguel CORRALES (PLN), liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Um weibliche Wählerstimmen zu gewinnen, stellen beide Parteien zum ersten Mal je zwei Kandidatinnen für das Amt der Vizepräsidentschaft auf. 9.10.

Der Gesundheitsminister gibt bekannt, daß die 1983 ausgebrochene DengueEpidemie in den letzten Monaten einen enormen Anstieg aufweist. Während im vergangenen Jahr insgesamt 2.309 Fälle registriert wurden, sind im laufenden Jahr bereits 11.300 Erkrankungen gemeldet worden.

20.10.

Der Oberste Rechnungshof veröffentlicht seinen Untersuchungsbericht zu den Waffenkäufen, die im letzten Jahr bei israelischen Herstellern getätigt wurden und die wegen der außergewöhnlichen Geheimhaltung sowie Anormalsten bei der Abwicklung scharf kritisiert wurden. Für die dem Land dabei entstandenen Verluste in Millionenhöhe werden vor allem die ehemaligen Minister Juan Diego CASTRO und Bernardo ARCE verantwortlich gemacht; ferner der Vizeminister für öffentliche Sicherheit Oscar A. CHIPSEN, der daraufhin von seinem Amt zurücktritt. Beim Ministerio Público liegt nun die Entscheidung, ob diese Personen sich auch vor Gericht zu verantworten haben.

Dezember Mitte

Die US-Regierung beabsichtigt, ein weltweites Netz zum Umweltschutz aufzubauen, wozu die Einrichtung von sechs Forschungs- und Beratungszentren gehört, eines davon in Costa Rica. Das Zentrum soll für ganz Zentralamerika und die Karibik zuständig sein und mit den Regierungen, internationalen wie auch Nichtregierungsorganisationen und dem privaten Sektor zusammenarbeiten. Das Zentrum stößt bei costarikanischen UmWeltorganisationen auf Ablehnung, da Aufgaben und Organisation des Zentrums nicht vor Ort abgesprochen wurden und eine politische Einflußnahme der USA befürchtet wird. Susanne Schmidt

224

Costa Rica

IBEROSTAT Sland:

8.98

Hauptstadt: FISche (in qkm): Währung:

San José 51.100 Costa Rica Colón

COSTA RICA Jahr

1. DEMOGRAPHISCHE K E N N Z I F F E R N Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilità ts rate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

2,22 42.2 54,4 46 29,4 3,7 30,8 23,1 46,1

2,S 36,1 59,8 47,1 27,4 3 26 25,9 48,1

3,4 35 60,5 49,7 24,6 2,8 21,6 24,1 54,3

3,44 34,6 59,3 49,3 23 2,7

72 116 20,1

93 121 15,3 22 75 957 92,8

100 120,4 12,7 16 76,7

5,6 2.7 2.5

2. SOZIALE KENNZIFFERN Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

72,4 960

94,8

12 15 77 1250

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Wahrungsreserven (in Mio. USS)

4831 2030 1219 1897 -664 826 48 197

5577 1790 2047 2774 -514 180 163 525

9233 2610 3790 3901 -143 203 390 1047

9015 2640 3980 3901 -142 33 422 1000

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in K>)

65,5 18,3 26,6 16,2 17 29 18,6 54

60,4 18 29,3 21,5 16 26 19 58

59,7 16.8 23,5 23,5 15,7 24,9 19,1 59,4

61 17 22,8 22 15,5 24 18.5 60,5

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: Öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

2738 1695 353 178 29 0,7 18,7

3772 3076 501 206 24,5 3,6 19

3769 3132 646 250 17 2,4 23,2

3667 2969 596 230 14,5 -0.7 17,5

Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

2,3 3,5 18,4

225

Lateinamerika Jahrbuch 1998

El Salvador Amtlicher Name: República de El Salvador Präsident: Armando CALDERÓN SOL Im Amt seit: 1. Juni 1994 Nächste Präsidentschaftswahlen: 1999 Regierungspartei:

Alianza Republicana Nacionalista (ARENA)

Kabinett (Stand Februar 1998): Äußeres: Ramón GONZALEZ GINER; Inneres: Mario ACOSTA OERTEL; F i n a n z e n : M a n u e l E n r i q u e HINDS; W i r t s c h a f t : E d u a r d o ZABLAH TOUCHÉ;

Justiz: Rubén MEJIA PENA; Verteidigung: General Jaime GUZMAN MORALES: Arbeit und Soziales: Eduardo TOMASINO; Bildung: Abigail CASTRO DE PÉREZ; Landwirtschaft: Ricardo QUIÑÓNEZ AVILA; Umwelt: Miguel Eduardo ARAUJO: öffentliche Arbeiten: Roberto BARA OSEGUEDA; Gesundheit und Soziales: Eduardo INTERIANO MARTINEZ; Präsidialamt: Enriq u e BORGO BUSTAMANTE.

Oppositionsparteien: Frente Farabundo Marti de Liberación Nacional (FMLN); Partido Demócrata Cristiano (PDC); Movimiento Renovación Social Cristiano (MRSC); Movimiento Auténtico Salvadoreño (MAS): Partido de Conciliación Nacional (PCN); Partido Renovación Social Cristiana (PRSC); Partido Demócrata (PD); Convergencia Democrática (CD); Movimiento de Unidad (MU); Movimiento de Solidaridad Nacional (MSN), Partido Liberal Democrático (PLD) Sitzverteilung im Parlament seit dem 16 März 1997 (84 Sitze): ARENA: 28; FMLN: 27; PCN: 11; PDC: 7; PDC-PD: 3; PRSC: 3; PLD: 2; CD: 2; MU: 1.

Chronologie 1997 Die Ergebnisse der Kommunal- und Parlamentswahlen im März verschoben die politischen Machtverhältnisse. Zunächst gelang es dem Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional (FMLN), die Oppositionskräfte im Parlament zu bündeln und eigene Vorhaben durchzusetzen. Seit Oktober bröckelte aber die Einheitsfront gegen die Regierungspartei. Dies war nicht zuletzt eine Folge der Umstrukturierungen innerhalb der Parteien im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 1999. Das Wirtschaftswachstum von 1997, rund 4%, reicht nicht aus, um die Arbeitslosigkeit zu verringern. Im Gegenteil: Die leicht gestiegene offene Arbeitslosigkeit und das Sinken der Reallöhne führten eher zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage für einen Großteil der Bevölkerung. Das Volumen der Wirtschaftsaktivitäten steigt um 4,9%, wobei sich die Bereiche Landwirtschaft und Baugewerbe nur unterdurchschnittlich entwickeln. Das große Problem der Kriminalität, El Salvador ist das gewalttätigste Land in Lateinamerika, wird von der Regierung eher heruntergespielt als tatsächlich in Angriff genommen. Die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten, Staatsanwaltschaft und Polizei hat sich zwar verbessert, aber die Verbrechensbekämpfung wird dadurch behindert, daß die Policía Nacional Civil immer noch nicht so funktioniert, wie in dem Friedensabkommen festgelegt. Außerdem herrscht Korruption im Justizwesen, und Versuche mehren sich, das Justizwesen zu politisieren. 226

El Salvador

Januar Anfang

Der ehemalige Vizepräsident, Francisco MERINO LÓPEZ, der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Mauricio GUTIÉRREZ CASTRO, und der im Ruhestand befindliche Oberst Sigifredo OCHOA PÉREZ wechseln von der Alianza Republicana Nacionalista (ARENA) zum Partido de Conciliación Nacional (PCN). Damit drücken sie ihre Unzufriedenheit mit dem Führungsstil innerhalb der ARENA aus.

14.-15.1.

Der Vertreter des UN-Generalsekretärs, Alvaro DE SOTO, besucht das Land und trifft mit dem Regierungsbeauftragten für die Umsetzung des Friedensabkommens, Mauricio Ernesto VARGAS, und dem Generalsekretär der FMLN, Salvador SANCHEZ CERÉN, zusammen. Letzterer bittet den UN-Funktionär um Hilfe bei der Erstellung eines Zeitplans für die noch nicht umgesetzten Punkte des Friedensabkommens. Dazu gehören vor allem die Entschädigung von den Familien der ehemaligen Kämpfer, die Einsetzung eines Foro de Concertación Económica y Social und die verstärkte Reform der Justiz sowie im Bereich der öffentlichen Sicherheit, wie es die Wahrheitskommission der UNO vorgeschlagen hatte. Auch mit Mitgliedern des Parlaments und dem Nationalen Rat der öffentlichen Sicherheit kommt DE SOTO zusammen.

Februar Anfang

Einen Monat vor den Kommunal- und Parlamentswahlen liegt der FMLN in mehreren Umfragen vor der ARENA. Der FMLN verspricht für den Fall eines Wahlsieges, die Privatisierung von Staatsbetrieben zu stoppen, die hohen Lebenshaltungskosten zu senken, die Preise für Grundnahrungsmittel zu stabilisieren und Steuern zu senken. Das Wahlkampfprogramm der ARENA enthält die verstärkte Verbrechensbekämpfung, die Einführung der Todesstrafe und die Fortsetzung der Modernisierung des Staates, wozu auch die Privatisierung der Telefongesellschaft und anderer öffentlicher Dienste gehört.

14.2.

Das Verfassungsgericht erklärt sieben Artikel der Ley Transitoria de Emergencia Contra la Delincuencia y el Crimen Organizado für verfassungswidrig. Das im März 1996 verabschiedete Gesetz sollte einer wirksameren Verbrechensbekämpfung dienen.

21.2.

Ein in Nikaragua gefundenes Waffendepot soll nach Angaben des nikaraguanischen Armeechefs, Joaquin CUADRA, und später auch des nikaraguanischen Präsidenten der FMLN gehören. Der FMLN sieht in den Anschuldigungen eine Kampagne der salvadorianischen Rechten. Die Vorwürfe des Waffenhandels gegen den FMLN richten sich auch gegen den Vertreter des UNGeneralsekretärs, Alvaro DE SOTO, der in den Waffenhandel verwickelt sein soll.

März 10.-12.3.

Präsident CALDERÖN SOL unterzeichnet in Spanien mit der spanischen Regierung zehn Abkommen. Unter anderem werden Direktflüge zwischen den 227

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Staaten, die Erweiterung eines Kreditprogramms und die gegenseitige Auslieferung von gesuchten Kriminellen vereinbart. 16.3

Nach heftigen Zusammenstößen zwischen Anhängern der unterschiedlichen Parteien und einer Reihe von Attentaten finden die Parlaments- und Kommunalwahlen statt. Die Wahlbeteiligung ist mit knapp 40% gering. Der FMLN bleibt zwar in der Opposition, mit nur einer Stimme Abstand zur Regierungspartei erlangt er mit über einem Drittel der Mandate aber eine Sperrminorität bei Verfassungsänderungen, die nur noch mit seiner Zustimmung durchgeführt werden können. Die Regierungspartei ARENA muß sich nach ihrem schlechten Abschneiden auch in der neuen Legislaturperiode Koalitionspartner suchen. Drittstärkste Partei wird der PCN mit elf Mandaten, gefolgt von der christdemokratischen Partei PDC mit sieben Mandaten. Auch bei den Kommunalwahlen kann der FMLN sein Ergebnis von 1994 deutlich verbessern. Mit der Wahl von Héctor SILVA zum Bürgermeister von San Salvador, dessen Kandidatur von einer breiten Koalition aus Basisorganisationen, FMLN und Convergencia Democrática unterstützt wurde, besetzt die Opposition nun das politisch zweitwichtigste Amt im Land. Der FMLN regiert - teilweise in Koalition mit Bürgerbewegungen - die bevölkerungsstärksten Kommunen des Landes.

April 11.4.

Ein Gesetz, das den Verkauf der Energieunternehmen ermöglicht, wird noch im alten Parlament verabschiedet. FMLN und PCN stimmen gegen das Gesetz, weil sie das Verfahren für überstürzt halten. ARENA hatte befürchtet, die Maßnahme in dem neuen Parlament nicht mehr durchsetzen zu können. In einer ersten Runde soll ein Anteil von je 20% der Unternehmen an die Arbeiter, die diese Privatisierung gefordert hatten, verkauft werden. Später soll der Rest der Aktien an der Börse angeboten werden.

15.4.

Nach dem schlechten Abschneiden bei den Parlaments- und Kommunalwahlen strukturiert die ARENA ihren Vorstand (Consejo Ejecutivo Nacional) um. Von den 13 Mitgliedern scheiden sechs aus. Fast alle neuen Vorstandsmitglieder werden den Ultrarechten zugerechnet.

30.4.

In den letzten Stunden der Legislaturperiode setzt ARENA im Parlament noch zahlreiche Verfassungsänderungen durch. Verhandlungen mit dem FMLN und dem PCN hatten im Vorfeld zu keiner Einigung geführt. Die Amtszeit des Präsidenten soll auf sechs Jahre verlängert und die Zahl der Mitglieder des Tribunal Supremo Electoral (TSE) auf drei reduziert werden, wobei diese nicht in einer Partei aktiv sein dürfen. Das Briefgeheimnis und das Verbot von Telefonabhöraktionen sollen eingeschränkt werden. Zukünftig soll die Zentralbank der Regierung kein Geld mehr leihen dürfen. Der Passus über die Verantwortung des Staates für die soziale Sicherheit der Bürger wird gestrichen, künftig sollen Staat, Arbeiter und Unternehmen gemeinsam dafür sorgen. Die Verfassungsänderungen treten allerdings nicht sofort in Kraft, sondern müssen im neuen Parlament ratifiziert werden, was angesichts der veränderten Mehrheitsverhältnisse unwahrscheinlich ist.

228

El Salvador

1.5.

Bei der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments wird der FMLNAbgeordnete Miguel SAENZ mit Unterstützung von zahlreichen kleineren Parteien zum Parlamentspräsidenten gewählt. Dies zeigt, daß der FMLN in der Lage sein wird, das Gesetzgebungsprogramm der Regierung zu blockieren und eigene Maßnahmen durchzusetzen.

21.-24.5.

Bei einem Besuch in Mexiko unterzeichnet Präsident CALDERÓN SOL Abkommen, die die Bereiche Handel, Außenbeziehungen, Bildung und öffentliche Sicherheit betreffen. Am wichtigsten ist ein Zusatzprotokoll zum Acuerdo de Alcance Parcial, das El Salvador erlaubt, rund 1.000 zusätzliche Produkte nach Mexiko zu exportieren.

29.5.

Die Opposition setzt im Parlament wegen Mangel an Transparenz die Aufhebung des Gesetzes für die Privatisierung der Telefongesellschaft ANTEL durch. Nun wird eine überparteiliche adhoc-Kommission eingesetzt, die ein neues Verfahren für die Privatisierung erarbeiten soll. Die Kritik an der Veräußerung des Staatsbetriebes hatte sich nach Bekanntwerden eines Dokuments zwischen Regierung und Internationalem Währungsfonds zugespitzt. Darin verpflichtet sich die Regierung, die Mittel aus dem Verkauf zu 75% für die Bezahlung von internen und externen Schulden und zu 25% zur Verbesserung der Infrastruktur zu verwenden. CALDERÓN SOL hatte stets behauptet, die Erlöse kämen den Ärmsten des Landes zugute. Der Unternehmerverband Asociación Nacional de la Empresa Privada (ANEP) nennt die Entscheidung des Parlaments ein schlechtes Signal an ausländische Investoren.

Juni Anfang

Der Regierungsbevollmächtigte für die Modernisierung des Staates, Alfredo MENA LAGOS, tritt zurück. Er sagt öffentlich, daß der Präsident nicht frei regiere, sondern an die Interessen von Großunternehmern gebunden sei. Auch im Zusammenhang mit der Privatisierung von ANTEL nähmen Unternehmen Einfluß auf die Politik, um Wettbewerb auf dem Markt zu verhindern und sich somit größere Gewinne zu sichern.

1.6.

Der Unternehmer Miguel ARAUJO wird der erste Umweltminister von El Salvador. Seine Aufgabe ist groß: 90% der salvadorianischen Flüsse sind stark verschmutzt, nur noch 12% des Landes bewaldet und nur rund 480.000 Einwohner von insgesamt 6 Mio. haben Zugang zu sauberem Wasser.

Mitte

Präsident CALDERÖN SOL bemüht sich in Washington, die Abschiebung von 200.000 illegalen Immigranten aus El Salvador zu verhindern, die diesen nach Inkrafttreten der neuen Immigrationsgesetzgebung am 1. April droht. Überweisungen von in den USA lebenden Salvadorianern belaufen sich auf US$ 1,2 Mio. jährlich und stellen somit die Hauptdevisenquelle des Landes dar. Ein Ausbleiben dieser Mittel wäre eine schwere Belastung für die salvadorianische Wirtschaft. Zurückkehrende Salvadorianer würden zudem die Masse der Arbeitslosen vergrößern.

229

Lateinamerika Jahrtuch 1998

Juli 2.7.

Ein einflußreiches Mitglied der ARENA, Roberto Mathies HILL, wird wegen Finanzskandalen, in die zwei seiner Unternehmen verwickelt sind, festgenommen. Scheinfirmen sollen 500 Menschen um insgesamt US$ 22,7 Mio. betrogen haben. Die Familie HILL gehört zu den 1 4 wirtschaftlich mächtigsten Familien des Landes. Der Fall ist bereits der zweite Finanzskandal in den letzten Monaten. Auch die Finanzaufsichtsbehörde wird heftig kritisiert, weil sie die illegalen Machenschaften der Finanzunternehmen FINSEPRO und INSEPRO nicht unterbunden habe. Der Leiter der Behörde wird von Präsident CALDERÓN SOL entlassen.

24.7.

Trotz der Gegenstimmen von FMLN, Partido Liberal Democrático (PLD) und Partido Renovación Social Cristiana (PRSC) stimmt das Parlament einer Gesetzesvorlage zu, die die Privatisierung von ANTEL neu regelt. Ausländische Investoren können 51% der Aktien der nun in zwei Unternehmen aufgeteilten Telefongesellschaft erwerben. Der Rest wird aufgeteilt zwischen Regierung, salvadorianischen Unternehmen, Einzelinvestoren und den Angestellten der Betriebe. Der FMLN wollte eine Modernisierung, nicht aber eine Privatisierung von ANTEL.

August 8.8.

Im Fall FINSEPRO wird mit Roberto Mathies REGALADO der achte Bankier festgenommen. Mehr als 1.000 Menschen sollen betrogen worden sein. Präsident CALDERÓN SOL weist Forderungen zurück, für die Untersuchung des Falles das Bankgeheimnis aufzuheben, US-Finanzexperten sollen bei der Aufklärung helfen.

September Anfang

Eine Studie der Universidad Centroamericana kommt zu dem Ergebnis, daß El Salvador mit 140 Morden pro 100.000 Einwohner und 8.000 Morden jährlich als das gewalttätigste Land Lateinamerikas gilt. Die Studie, die von der Europäischen Union und der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation unterstützt wurde, wird von Präsident CALDERÓN SOL in Zweifel gezogen.

12.9.

Das Parlament genehmigt einen Kompensationsfonds mit US$ 79,6 Mio. für die Opfer des Finanzbetruges von FINSEPRO. Außerdem wird der Präsident aufgefordert, den Zentralbankchef Roberto ORELLANA MILLA ZU entlassen, den die Abgeordneten maßgeblich für den Skandal verantwortlich machen. Die Regierung drückt aber ihr Vertrauen in den Zentralbankpräsidenten aus.

21.9.

Die Regierungspartei ARENA strukturiert erneut ihre Führungsspitze um. Parteivorsitzender wird Expräsident Alfredo CRISTIANI. Mit CRISTIANI und dem Unternehmer Roberto MURRAY, der bereits im April in den Vorstand kam (s. 15.4.), scheint der Finanzsektor des Landes seinen Einfluß auf die Partei zu behaupten.

230

El Salvador

Oktober Anfang

Der Finanzminister präsentiert einen Haushaltsentwurf für 1998, der ein Defizit von C 303 Mio. aufweist. Der Vorschlag sieht eine Erhöhung des Haushalts um 10,4% auf C 16,886 Mrd. vor. Die Sozialausgaben sollen im Gegensatz zu den Mitteln für die Justiz nicht wesentlich erhöht werden. Keine zusätzlichen Ausgaben sind für das Landwirtschaftsministerium und für die Procuraduría para la Defensa de los Derechos Humanos vorgesehen.

5.10.

Die Parteien PDC, Convergencia Democrática (CD) und Partido Demócrata (PD) kündigen für die Präsidentschaftswahlen 1999 eine Allianz der Mitte an. Die Bewegung nennt sich Unión Nacional Opositora (UNO).

8.10.

Das Parlament weist das Veto von Präsident CALDERÓN S O L gegen den Beschluß zurück, 6% des Haushaltes im Rahmen der Dezentralisierung den Gemeinden zukommen zu lassen.

15.10.

Die neue Ley de Telecomunicaciones wird trotz vorheriger Übereinstimmung aller Oppositionsparteien nicht verabschiedet, da der PDC plötzlich Änderungsvorschläge in bezug auf die "radios comunitarios" macht, die das Fernseh- und Radiomonopol des Unternehmers Boris ESERSKY begünstigen. Der Gesetzesvorschlag wird erneut in den dafür zuständigen Ausschuß überwiesen.

November 16.11.

Präsident CALDERÖN S O L legt ein Veto gegen ein Gesetz ein, durch das 70% der Schulden im Agrarsektor erlassen werden sollten. Das Parlament hatte das Gesetz beschlossen, um den Agrarsektor wiederzubeleben. Da die PCN inzwischen in zwei Gruppen zerfallen ist, wovon die eine die Regierung und die andere die Opposition unterstützt, kann das Parlament das Veto nicht zurückweisen.

Dezember 7.12.

Der FMLN strukturiert seine Führungsspitze, die Comisión Política, um. Von den 15 Mitgliedern scheiden sechs aus, darunter Schafik HANDAL, der bedeutendste Anführer der Exguerilla. Beobachter sehen darin eine Stärkung der politischen Glaubwürdigkeit und einen Sieg der gemäßigten Kräfte. Antje Edler

231

Lateinamerika Jahrbuch 1998

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt: Fläche (in qkm): Währung:

San Salvador 21.041 El Salvador Colin

EL SALVADOR Jahr

1. DEMOGRAPHISCHE K E N N Z I F F E R N Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitätsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

4,31 45,9 51,2 41,5 35,8 5,4 43,2 19,3 37,5

5,27 44,2 52,3 44,4 35,6 4,6 7,4 29,1 63,5

5,62 40,5 56,8 45,1 30,4 3,7 27 26,3 46,7

5,81 40,3 54,4 48,4 31 3,6

53 99 74,8

39 102 53 87 64 2830 73

55 108,3 35,6 42 67,5

9,7 2,8 1,8

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

57,3 2830

34 40 68

71,5

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS)

3567 790 1271 1289 31 212 6 382

5409 1030 1360 1673 -135 395 2 596

9471 1610 2049 3421 -257 403 38 778

10469 1700 2202 3673 -178 343 21 957

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnu (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

71,8 14 13,3 14,2 27 21 16.5 52

88 11 11,8 0.6 11 21 19 67

85,9 7,9 19.4 6.2 13,4 27.3 21,3 59,3

87,6 9 15.6 3,4 12.9 26,8 20,6 60,3

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: Öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

911 499 96 61 7,5 -10,4 17,4

2132 1898 214 84 15.7 3 24,1

2243 2105 260 123 12,7 6,3 10,1

2517 2189 442 121 20,1 3 9,7

Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

232

-0,4 5,6

Guatemala

Guatemala República de Guatemala Amtlicher Name: Alvaro ARZÚ IRIGOYEN Präsident: 14.Januar 1996 Im Amt seit: Luis FLORES ASTURIAS Vizepräsident: Nächste Präsidentschafts- bzw. allgemeine Wahlen: November 1999 Regierungspartei

Partido de Avanzada Nacional (PAN)

Kabinett (Stand Juli 1998): Äußeres: Eduardo STEIN BARILLAS; Inneres: Rodolfo Adrián MENDOZA ROSALES; Finanzen: José Alejandro ARÉVALO ALBUREZ; Verteidigung: Gen. Héctor BARRIOS CELADA: Wirtschaft: Juan Mauricio WURMSER ORDÓÑEZ; Energie: Leonel LÓPEZ; Landwirtschaft: Mariano VENTURA; öffentliche Arbeiten, Transport und Kommunikation: Fritz GARCÍA; Arbeit und Soziales: Héctor CIFUENTES; Gesundheit. Marco TULIO; Bildung: Roberto MORENO Oppositionsparteien im Parlament: Frente Republicano Guatemalteco (FRG); Frente Democrático Nueva Guatemala (FDNG); Unión del Centro Nacional (UCN); Partido Democracia Cristiana Guatemalteco (PDCG); Movimiento de Liberación Nacional (MLN); Partido Social Demócrata (PSD). Sitzverteilung im Parlament seit den Wahlen vom 12. November 1995 (80 Sitze): PAN: 43; FRG: 21; Alianza Nacional (UCN, PDCG; PSD): 9; FDNG: 6; MLN: 1.

Chronologie 1997 Nach Beendigung des 36 Jahre andauernden Bürgerkriegs in Guatemala ging es im Jahr 1997 vor allem um die Umsetzung der Friedensabkommen und die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Vor allem auf dem Land blieb es unruhig. Vor der Erstellung eines Katasters wollten sich sowohl Kleinbauern als auch Großgrundbesitzer Land aneignen, dessen Grenzen bis dahin nicht dokumentiert waren. Die Landnot wurde durch die Rückkehr vieler Bürgerkriegsflüchtlinge, die Demobilisierung der Exguerilla wie auch von Teilen der Armee verschärft. Immer wieder kam es zu gewaltsamen Räumungen von Ländereien durch Militär und Polizei. Von einem Großteil der Bevölkerung wurde die zunehmende Kriminalität als Hauptproblem des Landes betrachtet. Das Militär wurde für Straßenpatrouillen zur Bekämpfung des wachsenden Drogenhandels eingesetzt. Beobachter fürchteten, daß dies - im Widerspruch zum Friedensvertrag - der Aufrechterhaltung militärischer Kompetenzen im Bereich der inneren Sicherheit und zur Verhinderung der Demobilisierung weiterer Truppenteile dient. Gleichzeitig schienen gerade Angehörige des Militärs in Verbrechen und in den Drogenhandel verwickelt zu sein. Auch die politische Gewalt nahm 1997 wieder zu: In der zweiten Jahreshälfte mehrten sich die Anzeichen, daß sich neue paramilitärische Gruppen und Todesschwadronen bildeten. Große Probleme gab es weiterhin bei der Strafverfolgung und im Strafvollzug. Nicht zuletzt deshalb mehrten sich Fälle von Lynchjustiz.

233

Lateinamerika Jahrbuch 199S

Januar Mitte

Das Verfassungsgericht weist den Einspruch von Menschenrechtsorganisationen gegen das umstrittene Amnestiegesetz "Gesetz zur nationalen Versöhnung" zurück, das de facto eine Generalamnestie für die Menschenrechtsverletzungen der vergangenen Jahre bedeutet und am 18.12.1996 verabschiedet wurde.

20.-21.1.

Präsident Alvaro ARZU verhandelt in Brüssel mit Vertretern der sogenannten Konsultativgruppe über die finanzielle und technische Unterstützung von Programmen zum Wiederaufbau des Landes. Internationale Organisationen und verschiedene Regierungen sagen der guatemaltekischen Regierung für den Zeitraum von 1997 bis zum Jahr 2000 Unterstützung in Höhe von US$ 1,9 Mrd. zu.

25.1.

Nach der Rücknahme des chinesischen Vetos im UN-Sicherheitsrat können 155 Blauhelme ihre Arbeit zur Überwachung des Friedensabkommens aufnehmen. Die chinesische Regierung war verärgert über die guten Beziehungen Guatemalas mit Taiwan.

Februar 4.2.

Mit den Stimmen der Regierungspartei Partido de Avanzada Nacional (PAN) und der größten Oppositionspartei Frente Republicano Guatemalteco (FRG) wird das Gesetz, das die Grundlage für die neue Policía Nacional Civil (PCN) bilden soll, im Parlament verabschiedet.

März 3.3.

Die erste Phase der Demobilisierung beginnt: 3.600 ehemaligen Guerilleros, die in sieben Lagern unter UN-Aufsicht untergebracht sind, müssen bis zum 2. Mai ihre Waffen abgeben. Nach dreimonatigem Aufenthalt in den Lagern sollen sie wieder ins politische, wirtschaftliche und soziale Leben eingegliedert werden. Auch das Militär beginnt, seine Kräfte abzubauen, vor allem in der Nähe der Sicherheitszonen.

5.3.

Das Parlament beschließt ein Gesetz, das die Privatisierung von Staatsbetrieben erlaubt. Vorgesehen ist der Verkauf der Telefongesellschaft GUATEL und einzelner Kraftwerke des staatlichen Energiekonzerns sowie die Vergabe von Konzessionen für Häfen, Flughäfen und die Eisenbahn. Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und Oppositionsparteien lehnen die Wirtschaftspolitik der Regierung ab. Im Parlament kommt es in der folgenden Woche zu schweren Auseinandersetzungen, auf den Straßen der Hauptstadt zu Demonstrationen. Auch die Medien üben scharfe Kritik an der Regierung.

Mitte

Beginn der Auflösung der 3.000 Mann starken Policia Militär Ambulante (PMA). Ein Monat zuvor war ein Aufstand von 1.000 Mitgliedern der PMA, die eine höhere Abfindung durchsetzen wollten, von Armee und Luftwaffe beendet worden.

234

Guatemala

April 1.4.

Die UN-Mission MINUGUA II nimmt ihre Tätigkeit im Land auf. Der UNSicherheitsrat hat das Mandat der Mission, die 400 internationale Beobachter umfaßt, bis zum 31. März 1998 verlängert.

10.4.

Die unabhängige UN-Menschenrechtsexpertin für Guatemala, Mónica PINTO, tritt zurück. Gerüchte besagen, ihr Rücktritt stünde in Zusammenhang mit der Untersuchung des Mordes an dem Guerillero Juan José CABRERA alias MINCHO. Die UN bestellen keinen Nachfolger, was als politischer Erfolg der Regierung gewertet wird. Gleichzeitig prangert ein neuer Bericht von amnesty international die fortlaufenden Menschenrechtsverletzungen in Guatemala ebenso an wie den fehlenden politischen Willen der Regierung, dieses Problem zu lösen.

Mitte

Ein Bericht über die 90 Tage umfassende erste Phase des Friedensplanes wird vom Friedensministerium SEPAZ vorgestellt. Der Parlamentsausschuß für den Frieden kritisiert, daß viele Übereinkünfte von der Regierung nicht erfüllt wurden. Dazu gehören unter anderem die Entschädigung und Unterstützung der Opfer von Menschenrechtsverletzungen und die Reform der Verfassung, des Arbeitsrechts sowie der Parteien- und der Wahlgesetzgebung. In der zweiten Phase des Friedensplans muß die Regierung 62 weitere Übereinkommen erfüllen, die vor allem die Bereiche Bildung und Gesundheit, Reform des Katasters, die Funktion der Armee in einer demokratischen Gesellschaft, die Landverteilung und die Fiskalpolitik betreffen. Die Erfüllung der Friedensvereinbarungen ist entscheidend für den Zugang zu internationalen Finanzmitteln.

18.4.

Nach der Durchsuchung eines Fernsehsenders und einer Zeitungsredaktion wachsen die Spannungen zwischen Regierung und Presse.

Mai Anfang

Die UNO beschließt, Guatemala als Mitglied in ihre Menschenrechtskommission aufzunehmen.

2.5.

Die erste Etappe des Friedensprozesses endet mit der Entwaffnung der letzten 211 Exguerilleros. Fast 3.000 Mann wurden in den vergangenen 90 Tagen demobilisiert. Probleme gibt es bei der Wiedereingliederung der ehemaligen Kämpfer. So weigert sich z.B. die Kooperative Ixcán Grande in Quiché, Mitglieder, die in der Guerilla waren, wieder aufzunehmen.

20.5.

Der im April von Präsident ARZÜ ins Leben gerufene Nationale Dialog (Encuentro para la Actualización) beginnt. Eingeladen waren Vertreter von Gewerkschaften, Kooperativen, Unternehmen, Presse, wissenschaftlichen Instituten, Universitäten, der Kirchen, ethnischen Gruppen, staatlichen Organisationen, politischer Parteien und der URNG (Unión Revolucionaria Nacional Guatemalteca). Die Presse kommt der Einladung der Regierung ARZÚ aufgrund der vorangehenden Konflikte nicht nach. Nicht eingeladen wurden Bauernverbände, Menschenrechtsorganisationen und die Gewerkschaften 235

Lateinamerika Jahrbuch 1998

der öffentlichen Angestellten. Auf dem Programm stehen Themen zur Erneuerung des Staates, wie u.a. Gesetze zum öffentlichen Dienst, zur Sozialversicherung und zur Exekutive. Die von den beteiligten Gruppen vorgeschlagene Erweiterung des Programms wird von der Regierung abgelehnt. 20.5.

Die Comisión Nacional de Areas Protegidas (CONAP) untersagt dem USamerikanischen Unternehmen Forestal Simpson, das Holz der Bäume, die die Firma in Izabal für den Export angebaut hatte, über den Río Dulce zu transportieren: Vorausgegangen waren Auseinandersetzungen des Unternehmens mit Umweltschutzgruppen. Der Rio Dulce ist ein Naturschutzgebiet und soll für den Tourismus erschlossen werden. Forestal Simpson zieht sich daraufhin aus Guatemala zurück.

Mitte

MINUGUA legt einen ersten Zwischenbericht über den Fall .MINCHO" vor. Demnach wurde der Guerillero Juan José CABRERA RODAS im Zusammenhang mit der Entführung von Olga DE NOVELLA im Oktober 1996 von Sicherheitskräften getötet. Sowohl URNG als auch Regierung hätten davon gewußt, den Vorfall aber nicht öffentlich gemacht, um die Friedensverhandlungen nicht zu gefährden. Auch der heutige Vorsitzende von MINUGUA und damalige Vermittler zwischen den Bürgerkriegsparteien, Jean ARNAULT, soll unterrichtet gewesen sein.

30.5.

Das Parlament verabschiedet eine Reform der Einkommenssteuer, die vor allem die extrem niedrige Steuerquote erhöhen soll; ein Problem, auf das auch der Vorsitzende des Internationalen Währungsfonds, Michel CAMDESSUS, bei seinem Besuch einige Tage zuvor hingewiesen hatte. Im Rahmen der Reform soll der höchste Steuersatz von 30 auf 25% gesenkt und bisher geltende Privilegien abgeschafft werden. Die Opposition kritisiert, daß nur die Reichen steuerlich entlastet werden.

Juni 3.6.

Eine vom Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi ANNAN, entsandte Delegation beendet ihre UN-interne Untersuchung zum Fall „MINCHO", ohne ihre Ergebnisse bekanntzugeben.

Anfang

Die Compañía Desarrolladora Ferroviaria, ein guatemaltekisch-US-amerikanisches Konsortium, erhält den Zuschlag für die Konzession der Eisenbahn.

20.6.

Die URNG wird als politische Partei im Aufbau registriert.

Juli Anfang

Die Interamerikanische Entwicklungsbank gewährt Guatemala einen Kredit über US$ 107,6 Mio. für Entwicklungsprojekte im Rahmen der Friedensvereinbarungen. In ihrem sechsten Bericht warnt MINUGUA vor wachsender Unzufriedenheit in breiten Bevölkerungsschichten, weil die Umsetzung des Friedensabkommens in wichtigen Teilen nicht greife. Besonderes Augenmerk solle man auf die Bedürfnisse der Landbevölkerung legen.

Guatemala

Die Menschenrechtsgruppe Grupo de Apoyo Mutuo (GAM) dokumentiert für das erste Halbjahr 834 Menschenrechtsverletzungen. Die Asociación de Estudiantes Universitarios (AEU) kritisiert in diesem Zusammenhang die Komplizenschaft von Richtern, Polizei, Militär und anderen staatlichen Behörden. Eine Umfrage im Juni zeigt, daß die Bevölkerung Gewalt und Verbrechen noch vor den zu hohen Lebenshaltungskosten und der Arbeitslosigkeit als größte Probleme Guatemalas ansehen. 4.7.

Unerwartet entläßt Präsident ARZÚ Verteidigungsminister General Julio BALCONI. Hintergrund soll der scharfe Gegensatz zum Generalstabschef, General Sergio CAMARGO, sein, der ebenfalls aus seinem Posten entlassen wird. Verteidigungsminister wird General Héctor BARRIOS CELADA.

8.7.

In einem Bericht des Militärs wird die Zahl der demobilisierten Soldaten auf 7.772 Mann beziffert. Ein Bericht der URNG widerspricht, die Streitkräfte seien nur um 2.500 Mann reduziert worden. Das Friedensabkommen fordert eine Reduzierung der Kräfte um ein Drittel. Ursache der Differenz sind die unterschiedlichen Ausgangsdaten über die Mannschaftsstärke der Streitkräfte.

Mitte

Die neue Policía Nacional Civil (PNC) nimmt im Süden des Landes den Dienst auf. Derzeit besteht sie aus 1.200 Mitgliedern, bis 1999 sollen es 20.000 sein. Ángel CONTÉ, bisher Chef der Policía Nacional, wird an die Spitze der PNC berufen.

August Anfang

Die Comisión de Esclarecimiento Histórico, die im Rahmen des Friedensabkommens zur Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkriegs gegründet wurde, nimmt ihre Arbeit auf. Die Convergencia por la Verdad, ein Zusammenschluß verschiedener humanitärer Gruppen, übergibt der Kommission am ersten Arbeitstag 25.000 Dokumente. Weitere 10.000 will die katholische Kirche vorlegen. Die Kommission wird 10 Monate lang arbeiten, darf aber keine Namen nennen oder Strafen vorschreiben. Den Vorsitz hat der deutsche Völkerrechtler Christian TOMUSCHAT, der von 1990-1993 UNMenschenrechtsexperte in Guatemala war. Die Zentralbank teilt mit, daß die Exporte im ersten Halbjahr um 40,6% stark gestiegen sind. Verantwortlich ist dafür vor allem der Kaffeesektor, aber auch die Ausfuhr nichttraditioneller Produkte, wie Blumen, Obst und Gemüse, Glas und Chemikalien, nahm zu. Dagegen ist der Export von Bananen und Fleisch rückläufig. Aufgrund der außenwirtschaftlichen Entwicklung erwartet die Bank für 1997 ein Wirtschaftswachstum von 4%.

8.8.

Proteste der Gewerkschaften gegen das Vorhaben der Regierung ARZÚ, die Reserven der Sozialversicherung von der Banco de Guatemala zu anderen privaten Finanzinstituten zu transferieren.

13.8.

Zwei Kraftwerke wurden trotz anhaltender Kritik für US$ 30 Mio. an die Guatemalan Generating Group verkauft. In der Öffentlichkeit wird vor allem die seit Juni geltende Preiserhöhung für Elektrizität kritisiert.

237

Lateinamerika Jahrbuch 1998

14.8.

Zum neuen Menschenrechtsbeauftragten wird Julio ARANGO ESCOBAR gewählt, der sich in seinem früheren Amt als Generalstaatsanwalt für die Menschenrechte eingesetzt hatte.

September 3.9.

Die URNG legt einen Bericht vor, in dem sie die Fortschritte, aber auch die Verzögerungen im Friedensprozeß darlegt. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die soziale und wirtschaftliche Situation, die das tägliche Leben der Guatemalteken prägt. Mit diesem Bericht versucht die Exguerilla, das durch Skandale beeinträchtigte Image der neuen Partei zu verbessern.

8.9.

Das Verfassungsgericht hält die Privatisierungen und das zugrundeliegende Gesetz für verfassungskonform. Allerdings muß das Parlament dem Verfahren der Privatisierung zustimmen. Einzelne Artikel, die der Verfassung widersprachen, müssen geändert oder nachgebessert werden. Nun steht der Privatisierung von Staatsbetrieben nichts mehr im Wege, was für die Regierung vor allem in Minblick auf zusätzliche Einnahmen von Bedeutung ist.

9./10.9.

In Antigua findet ein Folgetreffen der Konsultativgruppe (s. 20 /21.1.) mit 100 Gesandten aus 30 Ländern und 20 internationalen Organisationen statt. Es werden Kooperationsabkommen über US$ 395 Mio. unterschrieben. Bis Juli waren von den US$ 1,9 Milliarden, die die internationale Gemeinschaft im Januar versprochen hatte, nur 3% ausgezahlt. Die Geldgeber machen klar, daß sie von der Regierung A R Z Ü große Anstrengungen erwarten, um das Steueraufkommen zu erhöhen.

Ende

Der Streit darüber, ob die Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen (NRO) besteuert werden sollen, wird von den Anschuldigungen angeheizt, eine spanische NRO sei in illegale Landbesetzungen verwickelt.

Oktober 2.10.

Die Regierungspartei PAN setzt im Parlament ein neues Gesundheitsgesetz durch, das die Bezahlung von Diensten in öffentlichen Krankenhäusern einführt. Die Opposition kritisiert das Gesetz als Beginn einer schleichenden Privatisierung des Gesundheitssystems.

10.10.

Die erste Phase des Nationalen Dialogs wird beendet. Übereinkünfte wurden in folgenden Punkten gefunden: keine Reduzierung der Ministerien, Ernennung der Vizegouverneure analog zum Verfahren bei den Gouverneuren, ein Gesetz für den öffentlichen Dienst, die Stärkung der Justiz, der Nichteinsatz des Militärs in der öffentlichen Sicherheit und Verfassungsreformen. Inwieweit diese Vorschläge von der Regierung umgesetzt werden, bleibt abzuwarten.

12.10.

Auf seiner Generalversammlung präsentiert sich der PAN geschlossen und wählt seinen neuen Generalsekretär: Héctor CIFUENTES. Als nächster Präsidentschaftskandidat ist der derzeitige Bürgermeister der Hauptstadt, Oscar BERGER, im Gespräch.

238

Guatemala

November Anfang

In rund 20 Gemeinden des Landes demonstriert die Bevölkerung gegen die Gemeindeverwaltung. Der Protest richtet sich gegen Machtmiiibrauch, Korruption und unzureichende Transparenz der Mittelverwendung. Mexiko und Guatemala vereinbaren Investitionen in Höhe von US$ 45 Mio. in der gemeinsamen Grenzregion. Vor allem die Verbesserung der Infrastruktur, die Ansiedlung von Immigranten und der Umweltschutz sollen gefördert werden. Diese Projekte stehen in Zusammenhang mit dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen Mexiko und dem Triángulo Norte, dem außer Guatemala El Salvador und Honduras angehören.

Mitte

Das Parlament billigt trotz starker Kritik der Opposition das Gesetz zur Neuordnung der Exekutive (Ley del Organismo Ejecutivo). Neu gebildet werden fünf Sekretariate. Die stellvertretenden Provinzgouverneure werden vom Präsidenten ernannt. Die Opposition kritisiert besonders die Immunität der neuen Sekretäre, die damit den Ministern fast gleichgestellt sind, sowie die Machtkonzentration in Händen des Präsidenten.

27.11.

Das Parlament erhöht die Steuer auf Benzin. Diesel wird aufgrund der Opposition in der Regierungspartei und befürchteten Protesten von Unternehmen nicht höher besteuert. Außerdem wird die Grundstücks- und Wohnraumbesteuerung geändert. Das Steueraufkommen soll damit erhöht werden. Antje Edler

239

Lateinamerika Jahrbuch 1998

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt: Flache (in qkm): Wahrung:

GUATEMALA Ciudad de Guatemala 108.889 Quetzal

Jahr

1. D E M O G R A P H I S C H E K E N N Z I F F E R N Bevölkerungszahl (in M i o . ) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 1 5 - 6 4 Jahren (in *>) Städtische Bevölkerung (in % ) Geburtenrate Fertilitätsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschart (in % ) Erwerbspersonen in der Industrie (in % ) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in % ) Geschätzte Bevölkerung im J a h r e 2025 (in M i o . ) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

6,91 45,7 51,5 32,7 41,8 6,2 56,9 17,1 26

9.2 45,7 51,3 39,4 39,7 5,4 35,5 17,5 47

10,62 44 52,2 41,5 35,2 4,7

10,93 44,1 51,5 41,S 35 4,6

39 93 74,8

61 103 62 94 63 2184 55,1

60 96,6 43,8 58 65,8

41 56 66

14489 1340 2821 3728 -513 491 75 711

21,7 2,8 2,9

2. S O Z I A L E K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in % ) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer ( 0 - 1 J a h r ) Kindersterbeziffer ( 0 - 5 J a h r e ) Lebenserwartung bei der G e b u r t (in J a h r e n ) Einwohner j e Arzt Alphabetisierungsquote (in % ) 3. W I R T S C H A F T L I C H E

58 2180

KENNZIFFERN

Bruttoinlandsprodukt (in Mio. U S S ) Bruttosozialprodukt pro K o p f (in U S S ) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. U S S ) E i n f u h r von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. U S S ) Kapitalbilanz (in Mio. U S S ) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. U S S ) Bestand an Wahrungsreserven (in Mio. U S S )

7879 1200 1834 2107 -163 -74 111 753

7650 920 1637 2095 -279 292 48 362

Privater Verbrauch (in % des B I P ) Staatsverbrauch (in % des B I P ) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des B I P ) Bruttoinlandsersparnis (in % des B I P ) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in % ) Anteil der Industrie am B I P (in % ) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in % ) Anteil des Dienstleistungssektors am B I P (in % )

78,9 8 15.9 13,1 25 22

85 7 12,1 8 26 19

53

55

Auslandsverschuldung (in Mio. U S S ) davon: ö f f e n t l i c h e Verschuldung (in Mio. U S S ) Schuldendienst (in M i o . U S S ) davon: Zinszahlungen (in Mio. U S S ) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des B I P (in %) Inflationsrate (in % )

1166 549 145 67 7,9 3.8 10,6

2777 2179 211 109 12,9 3,1 41,7

Durchschnitt!, j ä h r l . Wachstumsrate des B I P (in % ) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. j ä h r l . Inflationsrate (in % ) 1990-96:

240

55,6

0,9 4,1 13

15,1 8,9 25

3227 2493 342 147 12.2 4,9 8.4

15817 1470 2796 3540 -396 573 87 879 87,2 5 12.6 7.8

3262 2460 331 130 11,9 3,1 11,1

Honduras

Honduras Amtlicher Name Präsident: Im Amt seit:

República de Honduras Carlos Roberto FLORES FACUSSÉ 27 Januar 1998

Nächste Präsidentschafts- und allgemeine Wahlen: 30. November 2001 Regierungspartei:

Partido Liberal de Honduras (PLH)

Kabinett (Stand Januar 1998): Äußeres: Fernando MARTÍNEZ JIMÉNEZ: Inneres und Justiz: Delmer URBIZO PANTING; Finanzen Gabriela NÚÑEZ; Industrie/Handel: Reginaldo PANTING PEÑALBA; Verteidigung: Col Cristóbal CORRALES CAUX; Landwirtschaft und Ernährung Pedro Arturo SEVILLA; Bildung: Ramón CAUX FIGUEROA: Arbeit: Andrés Víctor ARTILES; Natürliche Ressourcen und Umwelt: Elvin Ernesto SANTOS; Kultur/Kunst/Sport: Hermán Allan PADGETT; Gesundheit. Marco Antonio ROSA, Öffentliche Arbeiten/Transport/Wohnungsbau: Tomas LOZANO REYES; Tourismus: Norman GARCIA PAZ; Präsidialamt: Gustavo Adolfo ALFARO ZELAYA. Oppositionsparteien im Parlament: Partido Nacional de Honduras (PNH); Partido de Innovación y Unidad Social Demócrata (PINU-SD); Partido de Unificación Democrática (PUD); Partido Demócrata Cristiano de Honduras (PDCH). Sitzverteilung im Parlament (128 Sitze): PLH: 67, PNH: 54; PINU-SD: 5: PUD 1; PDCH: 1.

Chronologie 1997 Auf makroökonomischer Ebene zeichnete sich 1997 unter strikter Befolgung der Vorgaben der internationalen Finanzorganisationen, wie der Kontrolle des Staatsdefizits, Einsparungen öffentlicher Ausgaben, Inflationsbekämpfung sowie Preisstabilisierung, eine relative Erholung der Wirtschaft ab. Die Inflationsrate halbierte sich gegenüber 1996 auf 12,8%. Erstmalig seit 1993 stiegen die Reallöhne - allerdings gegenüber noch stetig steigenden Lebenshaltungskosten. Positiv wirkte sich auch die Expansion im Bankenwesen und der Tourismusbranche aus. Vor allem politische Entwicklungen relativierten dieses optimistische Bild allerdings: Hierzu zählen erfolglose Aufklärungsversuche zu Menschenrechtsverletzungen der 80er Jahre sowie mehrere Korruptionsskandale und öffentliche Mißwirtschaft, deren Kosten mit 1,2 Mio. Lempiras der Höhe des Staatsdefizits entsprechen. Auch die sozialen Probleme konnte die Regierung nicht annähernd lösen: 80% der Honduraner lebten in Armut, inoffizielle Zahlen beziffern die Arbeitslosigkeit auf über 50%. Vor diesem Hintergrund sowie unter Berücksichtigung immens steigender Kriminalität anhaltender Streiks aller Gewerkschaften und massiver Demonstrationen indigener M nderheiten erstaunte die relativ hohe Wahlbeteiligung bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 30. November. Die aufgestaute Politikverdrossenheit gegenüber der Regierung REINA war anscheinend nicht in eine Ablehnung der Demokratie als Regierungsform umgeschlagen.

241

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Der am 27.1.1998 ins Präsidentenamt eingeführte Carlos FLORES (PLH) sah sich jedoch einem Staatsdefizit von US$ 30 Mio. sowie unter REINA eingegangenen Vereinbarungen zu Lohnerhöhungen gegenüber; dies ließ ein weiteres Strukturanpassungsprogramm mit dem IWF erwarten. Den ersten Schritt in diese Richtung zeigte bereits ein im Februar 1998 vom Finanzministerium vorgelegter Maßnahmenkatalog zur weiteren Einsparung öffentlicher Ausgaben - ein sozialpolitischer Zwiespalt, der nur schwer zu überbrücken ist.

Januar 8.1.

Kabinettsumbildung: Jerónimo SANDOVAL tritt vom Amt des Umweltministers zurück. Sein Nachfolger wird Luis Carlos ZELAYA. Das neu eingerichtete Landwirtschaftsministerium übernimmt Ricardo ARIAS, zuvor Minister für Natürliche Ressourcen.

Februar Mitte

Eröffnung des Fracht- und Passagierflughafens Sampedrano (San Pedro Sula) mit einer Jahreskapazität von 1,5 Mio. Passagieren.

20.2.

Die Regierung, der Unternehmerverband COHEP sowie die drei Gewerkschaftsverbände schließen einen als historisch bewerteten Pacto Social. Der neue Sozialpakt ist eine Mischung aus wirtschafts- und sozialpolitischen Absichtserklärungen und einem Aktionsplan. Hierzu zählen u.a. Garantien zu Tarifen für öffentliche Dienstleistungen sowie der Energiepreise, Kontrollen für Mindestlöhne und Verbraucherpreise, Förderung der Klein- und Mittelindustrie, Verbesserungen im Primarschulbereich sowie die Schaffung einer Sonderkommission zur Entwicklung einer Strategie für Preise, Löhne und Produktivität. Die Zielsetzung des Sozialpaktes zeichnet ein Bild des idealen Staates. Die Übereinkunft zu einem Pacto Social war auf den heftigen Druck der Gewerkschaften zustande gekommen.

Ende

Der Fondo Hondureño de Inversión Social vergibt an sieben Departamentos finanzielle Hilfe im Rahmen eines Unterstützungsprogramms für den Informellen Sektor. Der Fonds wird zu 88% aus EU-Mitteln gespeist.

März 1.3.

Das Inkrafttreten der Strafrechtsreform, mit der der Nationalkongreß durch Verschärfung der Strafsätze für Minderdelikte eine "Strategie der Abschrekkung" verfolgt, führt zu scharfer Kritik und Protesten in der Öffentlichkeit. Insbesondere Berufsgruppen wie Journalisten, Menschenrechtler, aber auch Unternehmer sehen in den Reformen die Gefahr repressiver, verfassungswidriger, autoritärer Einschränkungen ihrer beruflichen Freiheiten.

10.3.

Die im Pariser Club zusammengeschlossene Interessengemeinschaft der internationalen Gläubiger zieht ihr Angebot eines Schuldenerlasses in Höhe von US$ 1,2 Mrd. zurück, nachdem die Verhandlungen zwischen dem IWF

242

Honduras

und der honduranischen Regierung unterbrochen wurden. Beide Reaktionen schwächen die Position der Regierung im Vorwahlkampf. Mitte

Honduras importiert 15 Mio. t Mais aus den USA, um möglicher Anfälligkeit gegenüber Preisspekulationen am Weltmarkt vorzubeugen. Im Januar hatte die Regierung als Dringlichkeitsmaßnahme im Zuge der Armutsbekämpfung ein Exportverbot für Mais verfügt (wie vorher schon im November '96 für das Grundnahrungsmittel Bohnen), um einer Verknappung auf den lokalen Märkten entgegenzuwirken.

Mitte

Die Interamerikanische Entwicklungsbank (BID) gewährt Honduras in diesem Jahr Darlehen in einer Gesamthöhe von US$ 100 Mio. für Gesundheits- und Bildungsprojekte.

24.3.

Die Vereinbarung einer Acta de Concertaciön für soziale und arbeitsrechtliche Regelungen im Gesundheitswesen und im öffentlichen Sektor allgemein bleibt vage und umstritten und kann neuerliche Proteste der Betroffenen im weiteren Verlauf des Jahres nicht aufhalten. Schon Ende Mai wird absehbar, daß die Regierung REINA vereinbarte Lohnerhöhungen wohl nicht einhalten kann.

April 25.4.

Als Folge eines neuerlichen mehrtägigen Grenzkonflikts mit El Salvador wegen der Abholzung durch salvadorianische campesinos auf honduranischem Gebiet kommt es zwischen den Regierungen beider Staaten zu einer vorläufigen Regelung über die Grenzfestlegung weiterer 97 km. Die Einigung bedarf noch der Unterzeichnung durch beide Präsidenten. Damit wären über 200 von insgesamt 374 km Grenzlinie fixiert.

Mai 1.5.

1.000 Soldaten werden zur Bekämpfung der Kriminalität in die Straßen der Wirtschaftsmetropole San Pedro Sula und von Tegucigalpa beordert. Auslöser war der Mord an Ricardo Ernesto MADURO (25), Sohn einer bekannten Unternehmerfamilie.

6.5.

Ein Protestmarsch von 70.000 Demonstranten (Marcha de la Paz y la Seguridad Ciudadana) durch San Pedro Sula richtet sich gegen die steigende Kriminalität und eine Welle der Gewalt. Sie folgen damit einem Aufruf der katholischen Kirche, der Unternehmerverbände sowie der Gewerkschaften. Drogen- und Armutskriminalität werden in einem Atemzug mit illegalen Aktionen ehemaliger Polizei- und Militärangehöriger als ursächlich genannt.

14.5.

Nach massiven Protesten Tausender indígenas (siehe Jahrbuch Lateinamerika 1996) sichert die Regierung den indigenen Gruppen der Chorti und Lenca innerhalb einer Zwei-Monats-Frist Land zu. Den Protesten waren Morde an zwei /nd/'gena-Führern - vermutlich im Auftrag von Großgrundbesitzern vorausgegangen. In den letzten 13 Jahren sind nach Schätzungen 35 Führungspersönlichkeiten der indígenas ums Leben gekommen. Der Anteil der indigenen Bevölkerung beträgt in Honduras 12%. 243

Lateinamerika Jahrbuch 1998

20.-26.5.

Staatsbesuch von Präsident

REINA

in den

USA.

Juni Ende

Besuch einer EU-Delegation zur Neuverhandlung der diesjährigen Höhe der Agrarunterstützung im Zuge der Durchsetzung eines 1996 eingeführten Programmes zur Sicherung der Versorgung mit Nahrungsmitteln in Entwicklungsländern. Honduras zählt derzeit zu den 18 ausgewählten Ländern.

6.7.

Die Kandidaten für die Wahlen am 3 0 . 1 1 . stehen fest: Der Partido Liberal (PLH) stellt Carlos Roberto FLORES FACUSSÉ, der Partido Nacional (PNH) geht mit Nora GÚNERA DE MELGAR ins Rennen. Der Partido Innovación y Unidad Social Demócrata (PINU-SD) schickt OIban VALLADARES, der Partido Demócrata Cristiano de Honduras (PDCH) Arturo CORRALES ALVAREZ und der Partido Unificación Democrática (PUD) Matías FUNES.

8.7.

Präsident REINA und Nikaraguas Präsident Amoldo ALEMAN LACAYO unterzeichnen ein Abkommen über die Einrichtung eines Canal Seco Interoceánico zwischen Puerto Corinto und Puerto Cortés an Honduras' Atlantikküste.

Mitte

Das japanische Unternehmen JAPEX beginnt mit modernster Technologie in der Cuenca de Nueva Esperanza, Olancho, mit Probebohrungen zur Erkundung von Erdölvorkommen. Das Projekt steht in Zusammenhang mit der Lokalisierung mineralischer Vorkommen des Landes.

22.7.

Nach der Entscheidung der honduranischen Justiz, den ehemaligen haitianischen Polizeichef Oberstleutnant Joseph Michael FRANÇOIS nicht an die USA auszuliefern, sind die Beziehungen vorübergehend belastet. Neben eigenen Drogengeschäften gehen nach US-Ermittlungen 36 t des aus Südamerika in die USA geschmuggelten Kokains auf das Konto von FRANÇOIS. Zudem wird seine Beteiligung am Putsch gegen Präsident ARISTIDE 1 9 9 1 in Haiti angenommen. Unter dessen Folgeregierung sei er für den Tod von 4 . 0 0 0 Personen verantwortlich. Die USA künden die Weiterverfolgung des Falles an.

August 11.8.

244

Der Ausbruch von einigen Hundert Insassen aus mehreren Haftanstalten entfacht erneut die Debatte um Überbelegungen in den 24 honduranischen Gefängnissen. Insbesondere der hohe Anteil nicht rechtskräftig Verurteilter wird angeprangert. Ein bereits August 1996 in Kraft getretenes Gesetz Ley de Presos sin Condena, das unverhältnismäßig lange Haftzeiten ohne Verurteilung verbietet, hat bisher noch keine Wirkung gezeigt.

Honduras

September Anfang

Die CIA-Akten, für deren Veröffentlichung sich sowohl der Menschenrechtsbeauftragte Leo VALLADARES als auch Präsident REINA bei Besuchen in den USA vor Senats-, Kongreßabgeordneten und der Presse eingesetzt hatten, liefern nur sehr vage Angaben für die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen und Verschwindenlassen von 184 Personen in den 80er Jahren. Die CIA-Akten reihen sich ein in die wenig ergiebigen Auswertungen anderer Veröffentlichungen, wie die zum Falle des ehemaligen Armeeoberst Guadalupe REITHEL CABALLERO ZU Unregelmäßigkeiten in der militärischen Füh-

rungsspitze in den letzten 10 Jahren, sowie die Aussagen von mittlerweile in Kanada lebenden Mitgliedern des ehemaligen Bataillons 3-16. CIA sowie Militärberater aus Argentinien und Israel hatten die honduranische Regierung in den 80er Jahren beim militärischen Kampf gegen die Opposition unterstützt.

Oktober 9.10.

Honduras erhält Finanzhilfe der EU zur Sicherung der allgemeinen Versorgungslage in Höhe von US$ 12 Mio. Die Trinkwasserversorgung sowie die Gewährleistung der medizinischen Grundversorgung sollen durch weitere US$ 21 Mio. gesteigert werden.

12.10.

Bei /'nd/'gena-Protesten, die bereits am 22.7. mit dem fünften Marsch auf die Hauptstadt begonnen hatten, wird die 1916 eingeweihte Columbus-Statue in Tegucigalpa zerstört. Die Regierung deklariert dies als Angriff auf alle Honduraner. Zwei führende Vertreter des COPIN (Comité de Organizaciones Populares Indígenas) stellen sich am 13.11. der Polizei und werden fünf Tage später wieder freigelassen. Eine in Tegucigalpa am 14.10. abgehaltene Konferenz der indígenas Zentralamerikas wird von Präsident REINA boykottiert. Die indígenas fordern die Durchsetzung ihrer Rechte aus dem Pacto Social sowie den Verträgen vom 14. Mai.

Mitte

36 der insgesamt 533 Richter sowie fünf weitere höhere Justizbeamte des Landes werden aufgrund von Korruption aus dem Amt entlassen und strafrechtliche Verfahren gegen sie eingeleitet.

November Mitte

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums leiden 300.000 honduranische Kinder unter fünf Jahren (38% dieser Altersgruppe) unter extremer Unterernährung.

30.11.

Bei den Wahlen werden neben dem Präsidenten, die 128 Parlamentsabgeordneten, eine gleiche Anzahl von Stellvertretern, 20 Abgeordnete für das Parlamento Centroamericano sowie 297 Bürgermeister und 1.848 Kommunalbeiräte gewählt. Im Vordergrund des Wahlkampfes standen nicht die drängenden sozialen Probleme des Landes, sondern vor allem persönliche Angriffe führender Vertreter beider großen Parteien untereinander. Knapp 3 Mio.

245

Lateinamerika Jahrbuch 1998

der etwa 5,9 Mio. Honduraner waren wahlberechtigt, die Wahlbeteiligung lag bei über 70%. Der PLH geht als klarer Sieger hervor. Carlos Roberto FLORES FACUSSÉ, 47jähriger Industrieingenieur und zuletzt Parlamentspräsident, wird zum neuen Präsidenten gewählt. Allerdings fällt der Wahlerfolg des PLH weniger deutlich aus, als in nationalen und internationalen Prognosen vorhergesagt. Der PLH erreicht im Landesdurchschnitt 52,6% gegenüber 42,8% des PNH. Bei den Parlaments- und Kommunalwahlen schneidet der PLH vergleichsweise schlechter ab: Im Parlament stellt er künftig 67 Abgeordnete gegenüber 54 der Nationalisten (PINU-SD fünf Abgeordnete, PDCH einen und PUD einen). Der PLH gewinnt in 14 von 18 Departamentos, verliert aber den Posten des Bürgermeisters in Tegucigalpa an den PNH. Der PUD gewinnt überraschend die Wahl im wichtigen Wahlbezirk La Paz. Für den PLH gehen neun Abgeordnete ins Parlamento Centroamericano und für den PNH acht. Die drei weiteren Parteien konnten sich hier ebenfalls jeweils einen Sitz sichern. Der Wahlverlauf wird insgesamt als korrekt, transparent und ruhig angesehen, auch wenn in Olancho zwei Menschen zu Tode kamen. Das vorläufige amtliche Endergebnis wird offiziell Ende Januar 1998 bestätigt.

Dezember Anfang

Der liberale Abgeordnete Rafael PINEDA PONCE (PLH) wird zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. Den Vorsitz im Obersten Gericht übernimmt der liberale Abgeordnete Oscar AVILA BANEGAS (Magistrados: Miguel PORTILLO, José Maria PALACIOS und Eduardo GAUGEL). Damit besetzt die Liberale Partei die Spitzenpositionen in allen drei Gewalten.

Silke Alsen

246

Honduras

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt: Fläche (in qkm): Währung:

Tegucigalpa 122.088 Lempira

HONDURAS Jahr 1980

1990

1995

1996

3,71 48.2 48,2 49,1 35,9 47,1 6.3 6,3 60,5 16,2 23,3

5,12 44,7 52,1 47,3 39 5,2 50,1 16,7 33,2

5,92 43,6 53,3 47,7 35,4 4,6 37,2 24,2 38,6

6,1 43,4 52,7 48,6 35 4,5

41 96 87,2 69 60,2 1510

73 98 64 84 65 1513 73.1

99,1 45,4 66,6 66.6 72,7

44 50 67

Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS)

2566 700 967 1306 -317 278 6 159

2943 700 1080 1512 -199 262 0 47

3937 600 1635 1852 -184 246 50 270

4011 660 1775 1852 -132 153 75 257

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

69,4 13.3 24,5 17,3 31 25 15 44

79,6 15 12,8 5,8 23 24 16,3 53

72,7 13,6 31,8 13,7 21,4 30,9 17,7 47,7

64 9 31,2 27 22,1 31,2 17,9 46,7

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

1470 974 207 120 21,4 0,5 ) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschitzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jahrliche Wachstunisrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

0,249 31,5 58,7 40,1 16,7 2 9,9 20,9 69.2

0,257 24,1 64,6 44,7 15.9 1.8 6.3 21.9 71,8

0,266 23,7 64,3 47,1 13,1 1.8 4.6 19,6 75.8

0,264 23,5 62,9 46,6

98

100 128 10,4 12 75,1 875 99,5

100 134,7 13,2 13,2 75.5

0,3 0,5

2. SOZIALE KENNZIFFERN Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

19,8 72,1 1167

11 76

97,4

3. WIRTSCHAFTLICHE KENNZIFFERN Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistuigsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) BestanJ an Wahrungsreserven (in Mio. USS)

835 3350 573 620 -26 49 2 80,6

1743 6550 837 895 -16 45 II 118

1864 6560 1075 1013 100 -66 8,5 219

1994

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatswrbrauch (in % des BIP) Bruttojilandsinvestitionen (in % des BIP) BruttOJilandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davor Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

63,3 17,4 25.3 19,3 10,3 22,4 11,3 67,4

63.1 18.5 18.3 18.4 7,2 22,3 11,7 70.5

62,6 19,9 14,1 17,5 5.8 15.6 6,7 78,6

63,8 21,5 12,7 14,7 6,1 14,6 6.1 79,3

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davor öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldindienst (in Mio. USS) davor Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuld;ndienst in % der Exporterlöse Wachstimsrate des BIP (in %) Inflatiinsrate (in %)

166 97,8 14,5 11,1 4.4 4,7 14.3

683 504 141 49 15,4 -5,5 3.1

597 370 119 41,7 10.2 2,9 1.9

597 375 112 45 • 9 4,4 2,4

Durchshnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchxhnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

1116 1076 98 50 9,8 290

1,5 0,8 0,7

285

Lateinamerika Jahrbuch 1998

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt Fliehe (in qkm): Währung:

Belmopan 22.965 Belize Dollar

BELIZE Jahr

DEMOGRAPHISCHE KENNZIFFERN

1980

1990

1995

1996

Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitätsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %)

0,14

0,188 42,2 53,5 51.6

0,216 39,4 55,6 46,8 32,3 3,9

0,222 42,1 53 47,4 23,3

Geschätzte Bevölkerung im Jahre 202S (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

49,4 39,1 5,7 37,7

4,7 33,4

0,4 2,6

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

72 60 65,1 2200

69 114 44,6 53 67,9 1564 91,2

73 117,3 36,4 46 69,8

35 70 1670

3. WIRTSCHAFTLICHE KENNZIFFERN Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS)

195 1380 110 133 -9 II 0 13

393 2160 207,8 242 15 25 17,2 69,8

579 2630 297 322 -17 -1 21 38

580 2700 306 314 -17 41 17 58

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

64,6 18,1 27,2 11,6 29,8 23,8 16,3 46,4

61.9 17,8 26,4 20,3 29,1 26,1 10,5 53,8

66 16,1 22,3 17,9 20,9 24,1 13,7 55

65,2 16,9 26,1 17,9 21,1 23,5 13,6 55,4

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

62,9 46,9 3,6 3.1

150,9 133,6 20,2 7,2 9,7 8,5 3

255 220 37,7 11,4 12,6 3,7 3,2

220

Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

286

15,7

4,7 3,8 3,9

37 12 12 2,5 6,4

Karibischer Raum

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt Fläche (in qkm): Wahrung:

DOMINICA Roseau 7S1 East Carribean Dollar

Jahr

1. DEMOGRAPHISCHE K E N N Z I F F E R N Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter IS Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitltsrate Erwerbspenonen in der Landwirtschaft (in % ) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jahrliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

0,073

0,072 40,9 53,3 41 22,5 2,8

0,073 31,5 60,2

0,074

24,8 3,9

22.7 2.3

0,1 0,8 -0,1

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer ( 0 - 5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner j e Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

118 16,4 20,2 74.9 2952 97

16,7 21 73,4

74

0 5,1

170,1 2290 106,6 144,8 -25,8 30,5 8,4 14,5

223 2990 106 143 -43 48 12 22

234 3090 114 145 -40 27 19 23,3

30,7 20,9 4,8 48,4

80,4 19,9 26,8 -0,4 25,6 18,3 7,1 56,1

70,3 20,7 30,9 9 20,2 22 7,2 57,8

25,1 11,4 19,8 21,7 7,3 58.5

86,7 79 5.8 1.9 5,8 8,2 3,2

107 85 8 2,2 7,5 1.6 1,3

12,6 7800

16

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro K o p f (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) L e u t u n u b i l i n z (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Wahrungsreserven (in Mio. USS)

47,3 740 24,9 55 -14,3

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %) Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %) Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jahrl. Inflationsrate (in % ) 1990-96:

13,9

18,5

101 8,9 2,3 7,8 3,7 2

4 2,9 2,9

287

Lateinamerika Jahrbuch 1998

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt Fläche (in qkm): Währung:

GRENADA St. George's 34? East Caribbean Dollar

Jahr

1. DEMOGRAPHISCHE K E N N Z I F F E R N Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 1S Jahren (in %) davon: im Alter von 1S-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilità tsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 202S (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in ) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

0,09

0,091 35,9 58,7

0,091 35,2 57,1

0,099

25,4 3.8

25,9 3,1

23,2

21,3

12,7 32

14,3

0.1

2. SOZIALE KENNZIFFERN Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindenterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

39,4 66,9 4400

114 30,8 38 69,7 1167 96

1250

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. US$) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS)

62,9 740 39 63 0,3 12 0 12,9

202 2120 106,6 156,6 -28 60 12,9 17,6

276 2820 125 165 -33 29 24 37

295 2880 132 193 -54 49 20 36

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

72,4 27,6 32,9 0 24 13 3,9 63

74,2 21,7 29,7 4.1 16,9 19,4 5,4 63,7

54,7 16,3 32,1 29 10,1 20 6.6 69,9

57,4 16,9 33,3 25,7 9,7 20,3 6,7 70

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

16,6 12.8 2,3 0.8 6

103,8 91.1 3,1 1.5 2.9 5,6 2.6

113 98 6,7 1.1 5,4 3,1 2,3

120

Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

288

21,8 5,5 2,6 2,3

8,6 2 6,8 3,1 2,7

Karibischer Raum

IBEROSTAT Stand:

8.98

Hauptstadt Fläche (in qkm): Wahrung:

Georgetown 214.969 Guyana Dollar

GUYANA Jahr

DEMOGRAPHISCHE KENNZIFFERN

1980

1990

1995

1996

Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilità tsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %)

0,79 43,8 52,8 30,5 31,5 3,5 26.8 26 47,2

0,8 34,5 61,3 34,6 25,6 2,8 21,8

0,84 32,3 63,6 36,5 22,9 2,4

0,839 32 63 36,5

72 109 64,6

79,1 108 51 67,2 64,2 6220 96,4

83 103,4 60 82 66,1

Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2023 (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1,1 0,6

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohr.er je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

61 6200

59 65

98,1

3. WIRTSCHAFTLICHE KENNZIFFERN Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS)

591 760 411 538 -129 85 0,6 13

396 240 236 412 -163 165 0 29

622 590 618 680 -135 123 74 269

717 690 728 776 -67 130 53 330

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

51,8 28.9 29,8 19,3 23 36 12,1 41

60,9 13,6 29,5 25,5 38.1 24,9 10,3 37

46.3 16 26,8 37,7 35,8 34 11,5 30,2

54,4 21,2 31,1 24,4 38,9 33.8 10,3 27,3

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

794 598 89 31 21.6 1.7 14

I960 1663 303 132 128,4 -5 63,6

1970 1782 109 35 17,3 5 8,1

1528

Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

115 26 16,1 7,9 4,5

-3,3 9,3 26,4

289

Lateinamerika Jahrbuch 1998

IBEROSTAT Stand:

8,92

Hauptstadt: Flache (in qkm): Währung:

SAINT KITTS U N D NEVIS Basse Terre 261 East Carribean Dollar

1. DEMOGRAPHISCHE KENNZIFFERN Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Stadtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitltsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jahrliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

Jahr

1980

1990

1995

1996

0,044

0,04 34,9 54,7 48,9 22,8 2,6

0,041 29,3 56,1 45,7 19,9 2,4

0,041

100 III 36,4 42.8 69,6 2183 92

30,5 38 69.2

24

41,3 26,8 3,3

0,05 -0,6 -0,4

2. SOZIALE KENNZIFFERN Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

100

2740

70

3. WIRTSCHAFTLICHE KENNZIFFERN Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS)

48 1090 32,9 48.6 -2,7 1.1 1

160 3620 78,9 141,3 -50,2 50,4 48,8 16,3

232 5170 115 170 -49 24 20 33,7

247 5870 120 184 -68 34 17 33

Privater Verbrauch (in des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in $> des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

71,2

59 18,4 21,8 14,5 8,6 27,7 13,7 63,7

40,2 37,4 46 22,4 5,3 24,7 10,7 70

38,8 40,8 46,4 20,4 5,6 24,7 10,7 69,7

37,1 36,1 2,6 1.5 3,2 1,9 4,2

53 54 6,8 1,9 5,9 3,5 3

58

16 26,7 15,2 57,3

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %) Durchschnittl. jihrl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

290

8.3

15,3 17,8 6.1 4,4 4

5,9 1,9 4,7 5,9 2

Karibischer Raum

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt Flache (in qkm): Wahrung:

SAINT LUCIA Castries 622 East Carribean Dollar

Jahr

1. DEMOGRAPHISCHE KENNZIFFERN Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Stadtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilità tsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

0,124

0.15 34,9 54,7 46,4 26,7 3,2

0,16 36,7 61,4 48,5 22,4 2,9

0,158

109 18,8 22.6 71,5 3831 93

16,8 21 70,8

70

113 840 87,5 135,4 -33,3 31,4 30,9 8,3

397 2800 295,7 369 -55,3 55,2 45,4 44,6

567 3370 385 389 -24 30 63 63

569 3500 358 402 -66 73 37 56

75.4

71,1 15,9 25,7 14,2 12,2 14,3 6,9 73,5

61.9 15,4 23,4 22,7 10,2 19,5 6,9 70,3

66,5 15,9 25,4 17,6 9,4 19,4 6.7 71,2

73,8 66,8 2,6 2,9 2 3,7 3,8

115 III 10,9 4,9 2,8 4,1 5,9

127

41,9 30,6 4.4

0.2 1,4

2. SOZIALE KENNZIFFERN Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Sauglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

68 2775

17

3. WIRTSCHAFTLICHE KENNZIFFERN Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. US$) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Wahrungsreserven (in Mio. USS) Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

34,3 7.1 11,7 24,8 9,3 63,5

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: Öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %) Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

14

19,5

12 5,5 3,3 1,9 0.9

6 3,4 3,1

291

Lateinamerika Jahrbuch 1998

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt: Fliehe (in qkm): Wahrung:

ST.VINCENT UND GRENADINEN Kingstown 388 East Caribbean Dollar

1. DEMOGRAPHISCHE KENNZIFFERN Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 1$ Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Stadtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitltsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jahrliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1963-80: 1985-95:

Jahr

1980

1990

1995

1996

0.1

0,107 35,4 59.5 20,6 23,2 2,6

0.11 30,7 63,1 47 23,6 2,3

0,112

109 23 26,4 70,4 3756 84

19 22 72.3

18

16,8 28,3 3.6

21

0,2 1,3 0,8

2. SOZIALE KENNZIFFERN Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-S Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

31 67.1 4182

73 200

3. WIRTSCHAFTLICHE KENNZIFFERN Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Wahrungsreserven (in Mio. USS)

58 620 40 65 -9 7 1 7,3

198 1750 124,8 166,3 -7,9 20,6 8 26,5

263 2280 93,5 175 -22 32 32 30,7

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

78,8 40,3 -2,5 14,6 26 10,7 60,4

67,2 17,8 30,3 15,1 19,3 22,9 8,7 57,8

72,4 25,6 33,3 2 14,1 24,9 8,4 61

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

10,6 10,3 0.4 0,3 1,1 7,8 17,2

59,4 57,3 4 1,8 3,2 6.6 7,3

88 86 6,6 2.6 4,7 8,2 3,1

Durchschnitt!, jahrl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jahrl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

292

7,6 3,1 2,7

268 2370 144,2 172,3 -26 25 31.1

12,6 25,3 8,5 62,1 87,4 8 2,7 5,5 0,9 3,6

Karibischer Raum

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstade Fläche (in qkm): Wahrung:

Paramaribo 163.265 Surinaamse Gulden

SURINAM Jahr

1. DEMOGRAPHISCHE K E N N Z I F F E R N Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter IS Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitätsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

0,35 39,8 55,8 44,8 27,6 4,3 19,9 19,8 60,3

0,422 35.6 60,4 47,4 31 3.4 3.7 19,3 77

0,41 34,7 60,8 50,4 23,5 2,6

0,432 34,7 57,8 47,7

88

98 126 38,7 48,2 67,9 1264 94,9

72 107,4 33 41 69,7

0,6 -1,1 0.3

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) Kindersterbeziffer (0-5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

46,6 64,8 1264

25 71

93

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. US$) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) Ausfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Einfuhr von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS)

898 2590 639 703 15 10 10 221

1584 1760 489 480 33 -15 -43 39,7

335 880 414 362 85 197 -21 174

358 1000 329 402 0 178 54 155

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

57,7 21 26,2 20,8 9,1 29 18,6 62

56,2 25,1 20,5 22,2 11,2 27,3 13,3 61,5

26,9 42,4 17,8 38,7 15,4 43,5

29,4 9 12,7 35,8 12,5 51,5

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: öffentliche Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

27,4

123

197

178

Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

-7,4 14.2

0,3 21,8

41

40

7,9 7,1 235,6

7,6 7,3 -0,7

-1,4 I 138,1

293

Lateinamerika Jahrbuch 1998

IBEROSTAT Sund:

8,98

Hauptstadt: Fläche (in qkm): Währung:

TRINIDAD U N D TOBAGO Port of Spain 5.130 Trinidad and Tobago Dollar

1. D E M O G R A P H I S C H E K E N N Z I F F E R N Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 1$ J a h r e n (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitätsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 2025 (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

Jahr

1980

1990

1995

1996

1,082 37,3 58,4 56,9 20,3 3,1 10,2 38,6 51,2

1,236 32,7 61,9 69,1 25,5 2.8 12,3 27,2 60,5

1,29 31,7 61,7 67,5 18,8 2,1 10,6 25,5 63,9

1,3 31,6 61,2 65,9 16 2,1

93 113 21.2

96 114 25 17 72 943 96,1

82 107,8 13,2 18 72

1,8 1,2 0,9

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) K i n d e r s t e r b e z i f f e r ( 0 - 5 Jahre) Lebenserwartung bei d e r G e b u r t (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

68,8 950

13 15 73

97,9

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt p r o K o p f (in USS) A u s f u h r von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) E i n f u h r von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. USS) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS)

6236 4950 3371 2972 335 227 185 2813

5068 3600 2321 1863 430 -225 109 513

5327 3770 2799 2110 294 -335 299 360

5464 3870 2900 2110 -37 176 338 545

Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der L a n d w i r t s c h a f t am BIP (in %) Anteil der Industrie a m BIP (in %) davon: Verarbeitendes G e w e r b e (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %)

45,9 30,6 42,1 2 52 8,6 46

51,7 16 16,6 32,7 3 48 13 49

62 13,1 16 24,9 1,8 41.2 16,3 57

62 12 17,2 26 1.8 41,8 17,9 56,4

Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: ö f f e n t l i c h e Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % d e r Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %)

828 712 230 54 6.8 8 17,8

2511 1853 388 194 16,7 1,5 11,1

2548 1759 430 181 15,4 2,4 5,3

2668 1597 434 173 14,3 2,6 3,4

Durchschnittl. jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

294

-2,9 1,7 6,5

Lateinamerika

IBEROSTAT Stand:

8,98

Hauptstadt: Fläche (in qkm): Währung:

LATEINAMERIKA 20.428.466

Jahr

DEMOGRAPHISCHE KENNZIFFERN Bevölkerungszahl (in Mio.) davon: unter 15 Jahren (in %) davon: im Alter von 15-64 Jahren (in %) Städtische Bevölkerung (in %) Geburtenrate Fertilitätsrate Erwerbspersonen in der Landwirtschaft (in %) Erwerbspersonen in der Industrie (in %) Erwerbspersonen im Dienstleistungssektor (in %) Geschätzte Bevölkerung im Jahre 202S (in Mio.) Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung (in %) 1965-80: 1985-95:

1980

1990

1995

1996

358,2

438,3 35,9 60,9 71,4 27,9 3.4 25,5 24 50,5

478,5 30,2 61.3 74,1 23.6 2,8

486,6 31,8 61,7 75,7 23 2.8

69 116 41.6 55,5 67,4 820 84

73

59.5 82 64,6 1230 78

37 47 69.1 720 87

33 41.3 70

758569 2120 120648 141492 -30539 34721 6115 57381

1148085 2250 179256 162769 -3549 16984 7725 58341

1688195 3400 288664 313772 -31695 57157 23048 137180

1875727 3710 320894 316469 -38122 63838 38015 163273

66,5 10,6 24,7 23,1 9,1 37,4 24,5 53

63,9 12,1 19,8 21.8 9.2 34,1 22,8 56,7

67 12.4 19,5 19 10 33 21 57

67 12 20 20 10 33 21 57

257266 144798 46265 24580 36.3 5.3

474892 354118 44186 21518 24,4 0,7 550,5

636594 377942 81591 36710 29,9 0.8 25,8

656388 406990 96763 37723 32,3 3,5 18,3

56,2 64,9 31 4,1 34,4 25,8 41,9 709,8 2,5 1.9

2. SOZIALE K E N N Z I F F E R N Bevölkerung mit Zugang zu Trinkwasser (in %) Tägl. Kalorienangebot (in % der Mindestbedarfsnorm) Säuglingssterblichkeitsziffer (0-1 Jahr) K i n d e r s t e r b e z i f f e r ( 0 - 5 Jahre) Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren) Einwohner je Arzt Alphabetisierungsquote (in %)

56

3. WIRTSCHAFTLICHE K E N N Z I F F E R N Bruttoinlandsprodukt (in Mio. USS) Bruttosozialprodukt pro Kopf (in USS) A u s f u h r von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) E i n f u h r von Waren u. Dienstleistungen (in Mio. USS) Leistungsbilanz (in Mio. US$) Kapitalbilanz (in Mio. USS) davon: ausl. Direktinvestitionen (in Mio. USS) Bestand an Währungsreserven (in Mio. USS) Privater Verbrauch (in % des BIP) Staatsverbrauch (in % des BIP) Bruttoinlandsinvestitionen (in % des BIP) Bruttoinlandsersparnis (in % des BIP) Anteil der Landwirtschaft am BIP (in %) Anteil der Industrie am BIP (in %) davon: Verarbeitendes Gewerbe (in %) Anteil des Dienstleistungssektors am BIP (in %) Auslandsverschuldung (in Mio. USS) davon: ö f f e n t l i c h e Verschuldung (in Mio. USS) Schuldendienst (in Mio. USS) davon: Zinszahlungen (in Mio. USS) Schuldendienst in % der Exporterlöse Wachstumsrate des BIP (in %) Inflationsrate (in %) Durchschnitt!, jährl. Wachstumsrate des BIP (in %) 1981-90: 1990-96: Durchschnittl. jährl. Inflationsrate (in %) 1990-96:

1 3,3

295

Lateinamerika Jahrbuch 1998

LATEINAMERIKA B S P p r o Kopf u n d reale W a c h s t u m s r a t e d e s B I P

1500 90

91 92 Jahre

93

94

95

Wachstumsraten

LATEINAMERIKA B r u t t o i n v e s t i t i o n e n u n d E r s p a r n i s (in % d e s B I P )

88

89

90

91

92 Jahre

,

296

Investitionen

Ersparnis

93

96

Lateinamerika Jahrbuch 1998

LATEINAMERIKA A u ß e n h a n d e l u n d Kapitalbilanz

60 «

50

g "P

40 | c 30 "•=.

a

20 10

0

••§ jCt

S

a

a

ö

—10 2

87

88

89

90

91

92

Jahre 3 Warenexport

i Warenimport

_ S a l d o d e r Kapitalbilanz

LATEINAMERIKA Auslandsverschuldung

297

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Lateinamerika Gesamtwirtschaftliche Eckdaten 1997 Land

Argentinien Bahamas Barbados Belize Bolivien Brasilien Chile Costa Rica Dominikan. Republik Ekuador El Salvador Guatemala Guyana Hai« Honduras Jamaika Kolumbien Mexiko Nikaragua Panama Paraguay Peru Surinam Trinidad & Tobago Uruguay Venezuela

BIP' BIP'pro Jährliche Jahrliche Haushaltsdefizit/ In Mio. USI Kopf Wachstumsrate Inflationsrate* •Überschuß11 in US$ des BIPb (in %) in % des BIP (in %) 231.024 3.317 1.881 521 7.255 504.944 53.769 7.500 8.525 16.194 7.663 10.411 634 1.601 4.006 4.215 63.718 314.242 2.086 7.409 7.644 53.111 308 5.637 11 106 72.010

6.476 11.694 7.119 2.297 933 3.090 3.677 2.098 1.053 1.357 1.294 990 743 214 670 1.698 1.719 3.333 480 2.722 1.502 2.179 712 4.223 3.448 3.162

7,8 3,5 0,9 4,4 4.3 3.0 5.5 3,2 8.2 3,3 4,0 4,1 6,2 1.1 4,9 -1.4 3,2 7.0 5,0 4,2 2,6 7,2 4,7 3,9 6,0 5,1

0,5 0,5 7.9 1,0 4,7 7,5 6,3 13,2 6.7 30,7 4.5 9,2 4,2 16,1 20,2 9.2 18,5 20.6 10,0 1,2 6,9 8,6 7,2 3,7 19.8 50,0

* Bruttoinlandsprodukt in US-Dollar von 1990. 6 Bruttoinlandsprodukt zu konstanten Marktpreisen, in US-Dollar von 1990. c Verbraucherpreisindex. " Operationales Defizit (-) bzw. Überschuß (+) des Öffentlichen Gesamthaushalts. * Nur Haushalt der Zentralregierung. .. Nicht verfügbar. Quelle: Banco Interamericano de Desarrollo, Washington, D.C. Internet: http://www.iadb.org (14.07.1998).

298

-1,4 -2,8* -1,8' -2,0* -3,0 -3,2 +3,3* -1,4 +1,0* -2,5 -1,8 -1,1* -4,6" -0.7 -1.5 -5,5' -0,1 -0,7 -3,5 -0,6 +0,2" +1,0 -4,0* +0.7* -1,0 +1,8

Lateinamerika

Lateinamerika Außenwirtschaftliche Eckdaten 1997

Und

Argentinien Bahamas Barbados Belize Bolivien Brasilien Chile Costa Rica Dominikanische Republik Ekuador El Salvador Guatemala Guyana Haiti Honduras Jamaika Kolumbien Mexiko Nikaragua Panama Paraguay Peru Surinam Trinidad & Tobago Uruguay Venezuela

Saldo der Handelsbilanz in Mio. US$

Saldo der Leistungsbilanz in Mio. USt

Saldo der Kapitalbilanz' in Mio. US$

Zentral» Devisenreserven in Mio. US$

-1.573 -1.018 -601 -81 -588 -8.373 -700 -714 -1.806

-6.514 -326 +58 -42 -586 -33.482 -2.800 •422 -225

+7.186 +382 -18 +27 +689 +26.739 +6.400 +505 +564

22.440

+765 -1.108 -940 -24 -320 -381 -1.781 -2.392 +624 -681 -563 -1.394 -1.625 +31 -295

-383 +96 •661 -68 -86 -36 -404 -4.968 -7.227 -638 -250 -669 -3.036 +6 -555

+1.075 +267 +858 +63 +93 +334 +251 +5.542 +14.220 +849 +289 +345 +4.333 +90 +323

2.260 1.328 1.120 310

-729 +10.900

-248 +5.400

+578 -1.700

59 1.126 51.730 17 839 1.262 397

Terms of Trade Index 1990=100 115,0

95,7 93,1

119,7 142,0 92,0 116,5 110,1 80.0

580 9.611 28.797 378 1.148 705 11.254 109

17.818

147,3 97,0 90,2

83,9 90,0 112,0 81,0

* Saldo der Bilanzen des lang- und kurzfristigen Kapitalverkehrs: Nettokapitalimport: + , Nettokapitalexport: -. .. Nicht verfügbar.

Quelle: Banco Interamericano de Desarrollo, Washington, D.C. Internet: http://www.iadb.org (14.07.1998).

299

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Technische Erläuterungen zu der Datenbank IBEROSTAT A. Die Datenbank IBEROSTAT IBEROSTAT ist ein Datenbank-Programm, das in Zusammenarbeit mit dem Institut für IberoamerikaKunde in Hamburg am Institut für international vergleichende Wirtschafts- und Sozialstatistik der Universität Heidelberg entwickelt wurde. Die Datenbank IBEROSTAT umfaßt derzeit 33 Staaten in Lateinamerika und der Karibik mit ca. SO Kennziffern zur demographischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung. Die Dateien für die Ländertabellen enthalten Werte für die Jahre 1970, 1980 und 1988ff.; in den Graphik-Dateien sind Werte für die Jahre 1983ff. aufgenommen. Damit die Daten eine größtmögliche internationale und intertemporale Vergleichbarkeit gestatten, sind sie nahezu ausschließlich aus den Statistiken internationaler Organisationen zusammengestellt, die den Vorteil besitzen, daß die nationalen Daten Harmonisierungsund Standardisierungsprozeduren sowie Plausibilitätskontrollen unterworfen werden. Dadurch können sich allerdings zum Teil erhebliche Abweichungen gegenüber den in nationalen Quellen nachgewiesenen Daten ergeben. Nicht für alle Staaten sind die Datensätze in IBEROSTAT vollständig, da einzelne Länder der Region nur Uber eine unzulängliche statistische Infrastruktur verfügen und/oder Daten nicht bzw. nicht rechtzeitig veröffentlicht werden. Abweichungen der Daten gegenüber früheren Ausgaben des Lateinamerika Jahrbuchs können sich durch Aktualisierungen, Revisionen historischer Zeitreihen sowie methodologische Änderungen ergeben; infolgedessen sind Brüche in einzelnen Zeitreihen unvermeidlich. Bei der Interpretation der Tabellen und Graphiken sollten die folgenden technischen Hinweise berücksichtigt werden. B. Tabellen Demographische Kennziffern: Bei den Bevölkerungszahlen handelt es sich um Schätzwerte zur jeweiligen Jahresmitte, unter Berücksichtigung der jeweils letzten Volkszählungsergebnisse. Die Angaben zum prozentualen Anteil der Stadtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung sind für Länderquervergleiche nur bedingt geeignet, da in den einzelnen Ländern unterschiedliche Definitionen des Begriffs "städtisch" Verwendung finden. Die (rohe) Gebur-

300

tenrate gibt die Anzahl der Lebendgeburten je 1000 Einwohner und Jahr an. Die Fertilitätsrate bezeichnet die durchschnittliche Kinderzahl, die eine Frau gebären würde, falls sie bis zum Ende ihres gebärfähigen Alters lebt und in jeder Altersstufe in Übereinstimmung mit den altersspezifischen Fruchtbarkeitsziffern Kinder zur Welt brächte. Die statistischen Angaben zur Beschäftigtenstruktur nach Wirtschaftsbereichen sind nur sehr begrenzt intertemporal und international vergleichbar; die Ausgangsdaten sind teilweise Ergebnisse von Stichprobenerhebungen unterschiedlicher Qualität und beziehen sich entweder auf Erwerbspersonen, auf Erwerbstätige oder auf Beschäftigte. Der Sektor Landwirtschaft umfaßt Land- und Forstwirtschaft, Jagd und Fischfang; zum Industriesektor gehören - neben dem Verarbeitenden Gewerbe - auch Bergbau, Bauwirtschaft, Strom-, Wasser- und Gasversorgung; alle übrigen Bereiche der Wirtschaft sind dem Dienstleistungssektor zugeordnet. Bei den Angaben zu der geschätzten Bevölkerung im Jahre 2025 handelt es sich um Projektionen (mittlere Variante) der Vereinten Nationen auf der Basis der länderspezifischen Altersstrukturen des Jahres 1995. Die Wachstumsraten der Bevölkerung sind Periodendurchschnitte, die auf der Grundlage der Bevölkerungsstände zur jeweiligen Jahresmitte berechnet werden. Soziale Kennziffern: Die Angaben zur Trinkwasserversorgung beziehen sich auf den Zugang zu unbedenklichem Wasser; Trinkwasserversorgung gilt als gegeben, wenn innerhalb der Städte in akzeptabler Entfernung (200 Meter) und auf dem Lande mit vertretbarem Zeitaufwand Zugang zu einer unbedenklichen Wasserversorgung besteht, die gereinigtes Oberflächenwasser oder ungereinigtes, aber unverseuchtes Wasser - etwa aus Bohrlöchern, Quellen und Leitungsanschlüssen - einschließt. Bei den Daten handelt es sich um Schätzwerte der Weltgesundheitsorganisation WHO, die nur eingeschränkt international vergleichbar sind. Das tägliche Kalorienangebot pro Kopf wird von der FAO errechnet, indem der Kaloriengegenwert des Nahrungsmittelangebots eines Landes durch seine Bevölkerungszahl dividiert wird. Die Mindestbedarfsnorm pro Kopf mißt die Kalorien, die erforderlich sind, um ein normales Niveau der wirtschaftlichen Aktivität und Gesundheit in der Bevölkerung aufrechtzuerhal-

Lateinamerika Jahrbuch 1998 ten, wobei ihrem Alters- und Geschlechtsaufbau, dem durchschnittlichen Körpergewicht und dem landesspezifischen Klima Rechnung getragen wird; für Lateinamerika und die Karibik wird eine Mindestbedarfsnorm von 2380 Kalorien pro Kopf und Tag zugrunde gelegt. Bei der Interpretation der Kennziffer tägliches Kalorienangebol in Prozent der Mindestbedarfsnorm ist zu berücksichtigen, daß sie ein Potential mißt, aber nichts über den tatsächlichen Ernährungsstatus einer Bevölkerung aussagt. Die Säuglingssterblichkeitsziffer mißt die Anzahl der Säuglinge, die je 1000 Lebendgeburten pro Jahr vor Vollendung des ersten Lebensjahres sterben. Die Kindersterbeziffer gibt für ein gegebenes Jahr an, wie viele Kinder je 1000 Lebendgeburten bis zur Vollendung des fünften Lebensjahres sterben. Aus der Differenz zwischen Säuglingssterblichkeitsziffer und Kindersterbeziffer ergibt sich die Zahl der Todesfälle bei Kindern im Alter zwischen einem und fünf Jahren je 1000 Lebendgeburten. Die Lebenserwartung bei der Geburt gibt die Anzahl der Jahre an, die ein Neugeborenes leben würde, wenn es während seines ganzen Lebens den gleichen altersspezifischen Sterblichkeitsrisiken ausgesetzt wäre, wie sie zum Zeitpunkt seiner Geburt in der Gesamtbevölkerung vorherrschen; die Daten lassen nicht die in einigen lateinamerikanischen Staaten erheblichen Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen den Geschlechtern sowie zwischen Stadt- und Landbevölkerung erkennen. Die Alphabetisierungsquote mißt den Prozentsatz der Bevölkerung im Alter von (in der Regel) 15 Jahren und darüber, der lesen und schreiben kann; es handelt sich überwiegend um Schätzwerte der UNESCO. Die internationale Vergleichbarkeit der Alphabetisierungsquote ist nur sehr eingeschränkt möglich, da beachtliche Unterschiede in den Definitionen und in der Qualität der Ausgangsdaten bestehen. Wirtschaftliche Kennziffern -. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bezieht sich auf die Bruttowertschöpfung von (Wirtschafts-)In- und Ausländern innerhalb der geographischen Grenzen eines Landes, während das Bruttosozialprodukt (BSP) die Bruttowertschöpfung von (Wirtschafts-)Inländern quantifiziert, unabhängig von deren geographischem Standort. Der Unterschied zwischen Bruttoinlandsprodukt und Bruttosozialprodukt ergibt sich durch den Saldo der Erwerbs- und Vermögenseinkommen zwischen Inund Ausland. Das BIP ist überwiegend zu (laufenden) Marktpreisen angegeben, in einigen Fällen auch zu Faktorkosten. Eine volle internationale Vergleichbarkeit der Daten ist wegen der Unter-

schiede in den nationalen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sowie im Umfang und in der Zuverlässigkeit der zugrunde liegenden statistischen Informationen nicht gewährleistet. Darüber hinaus ergeben sich Verzerrungen durch die Umrechnung der in den verschiedenen nationalen Währungen ausgedrückten Ursprungsdaten in US-Dollar. Die BSP-pro-Kopf-Schätzwerte werden von der Weltbank durch Division der BSP-Werte zu laufenden US-Dollar-Preisen durch die Bevölkerungszahlen zur jeweiligen Jahresmitte nach einem speziellen Verfahren (Atlas-Verfahren) berechnet; für die Umrechnung der in nationaler Währung ausgedrückten Werte in US-Dollar werden u.a. die Wechselkurse einer gleitenden Dreijahresperiode verwendet sowie der Inflationsunterschied zwischen Berichtsland und den USA berücksichtigt. Durch dieses Verfahren wird die internationale Vergleichbarkeit der BSPDaten verbessert, die aber von den Angaben in den nationalen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen erheblich abweichen können. Die Angaben über Ausfuhr und Einfuhr von Waren und Dienstleistungen (einschließlich Oberweisungen von Gastarbeitern in ihre Heimatländer) werden, entsprechend der Zahlungsbilanz-Definition, zu fob-Werten nachgewiesen. Der Saldo der Leistungsbilanz, der sich aus der Zusammenfassung von Handels-, Dienstleistungs- und Übertragungsbilanz ergibt, enthält nicht die empfangenen/geleisteten öffentlichen Transferzahlungen von der/an die übrige Welt. Durch die Neufassung des "Balance of Payments Manual" (5. Auflage, 1993) des International Monetary Fund (IMF) wird die Leistungsbilanz in Abstimmung mit den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen neu abgegrenzt; sie enthält neben den Waren- und Dienstleistungstransaktionen sowie den Erwerbsund Vermögenseinkommen zwischen In- und Ausland nur noch die „laufenden Übertragungen". Einmalige Vermögensübertragungen (z.B. Schuldenerlasse, Erbschaften, Schenkungen) sind ausgegliedert. Nach dem neuen Zahlungsbilanzkonzept entspricht der Saldo der Leistungsbilanz der Differenz zwischen inländischer Ersparnis und Nettoinvestition. Die Änderungen bei der Zuordnung der Standardkomponenten in der Zahlungsbilanzstatistik sollen ab 1995 berücksichtigt werden, was aber noch nicht bei allen Ländern der Fall ist. Sofern für zurückliegende Jahre die Revisionen, die sich durch das neue Präsentationskonzept der Zahlungsbilanzstatistik ergeben, nicht durchgeführt werden, ist ein intertemporaler Vergleich der Leistungsbilanzsalden nur bedingt möglich. Der Saldo der Kapitalbilanz

301

Lateinamerika Jahrtuch 1998

ergibt sich aus der Veränderung der langfristigen und kurzfristigen (privaten und staatlichen) Forderungen bzw. Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland, ohne Berücksichtigung der Zentralbank-Transaktionen; ein positiver Wert bedeutet Nettokapitalimport, ein negativer Wert Nettokapitalexport. Die Angaben zu den ausländischen (hletto-)Direktinvestitionen beziehen sich auf Kapitalbewegungen, durch die ein ausländischer Investor eine dauerhafte und effektive Beteiligung am Management oder an der Kontrolle eines Unternehmens erhält; Portfolioinvestitionen von Ausländern sind in diesen Angaben nicht enthalten. Der Bestand an (zentralen) Währungsreserven ergibt sich als die Summe aus Sonderziehungsrechten, IMF-Reserveposition und Gold- und Devisenbeständen der nationalen Zentralbank. Die Angaben zu der Struktur der Nachfrage beziehen sich auf das BIP zu Marktpreisen (in konstanten Preisen unterschiedlicher Basisjahre; teilweise auch zu laufenden Preisen). Der private Verbrauch entspricht dem Marktwert aller Waren und Dienstleistungen, die von privaten Haushalten sowie von privaten Organisationen ohne Erwerbszweck gekauft oder als Einkommensersatz bezogen werden; soweit statistisch erfaßt, sind auch der Eigenverbrauch der Landwirtschaft berücksichtigt sowie die kalkulatorische Miete für Wohnraum, der vom Eigentümer genutzt wird. Der Staatsverbrauch entspricht im wesentlichen den laufenden Ausgaben auf allen Regierungsebenen für den Erwerb von Waren und Dienstleistungen (einschließlich der Investitionsausgaben für Verteidigungszwecke). Die Bruttoinlandsinvestition umfaßt die Ausgaben und Aufwendungen für die Aufstockung des (privaten und staatlichen) Anlagevermögens zuzüglich des Nettowerts von VorTatsveränderungen. Die Bruttoinlandsersparnis ergibt sich als Summe aus Bruttoinlandsinvestition und dem Saldo von Handels- und Dienstleistungsbilanz (jedoch ohne die darin enthaltenen Faktoreinkommen) bzw. durch Subtraktion des gesamten Verbrauchs vom BIP. Die Kennzahlen zur sektoralen Entstehungsstruktur der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung beziehen sich auf das BIP zu Faktorkosten (in laufenden Preisen, teilweise auch zu konstanten Preisen unterschiedlicher Basisjahre). Der landwirtschaftliche Sektor umfaßt Land- und Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei; zu dem Industriesektor gehören Bergbau, verarbeitende Industrie, Energie- und Wasserwirtschaft sowie die Bauwirtschaft; alle übrigen Wirtschaftsbereiche sind dem Dienstleistungssektor zugeordnet. Das Verarbeitende Gewerbe um-

302

faßt die Hauptabteilung 3 der International Standard Industrial Classification (ISIC). Aussagefähigkeit und Vergleichbarkeit der Strukturdaten sind zum Teil erheblich eingeschränkt, da die Wertschöpfung der Subsistenzlandwirtschaft sowie die "informellen" Aktivitäten in den übrigen Wirtschaftsbereichen im allgemeinen statistisch nicht erfaßt werden. Die Auslandsverschuldung umfaßt den gesamten Bestand lang- und kurzfristiger Schulden privater und staatlicher Institutionen gegenüber der übrigen Welt einschließlich IMFKredite sowie rückständiger Zinszahlungen. Die Angaben zur öffentlichen Auslandsverschuldung beziehen sich auf die langfristigen staatlichen und staatlich garantierten Kreditverpflichtungen gegenüber dem Ausland. Der Schuldendienst ergibt sich als Summe aus Tilgungs- und Zinszahlungen, die tatsächlich in Devisen, Waren oder Dienstleistungen erbracht wurden (einschließlich des Rückkaufs und der Gebühren für IMF-Kredite). Die Schuldendienstquote gibt den tatsächlich geleisteten Schuldendienst in Prozent der Exporterlöse für Waren und Dienstleistungen an. Die Daten zur Auslandsverschuldung sind überwiegend dem Debtor Reporting System der Weltbank entnommen; sie weichen zum Teil erheblich von den Angaben in nationalen Statistiken ab. Die Wachstumsrate des BIP gibt den prozentualen Zuwachs des BIP zu konstanten Marktpreisen gegenüber dem Vorjahr an; in einzelnen Fällen gelten die Angaben für das reale Nettoinlandsprodukt zu Faktorkosten. Die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten des BIP für die Jahre 1965-80 und 1981-90 beziehen sich auf das reale BIP zu Marktpreisen. Als Inflationsrate ist überwiegend der Anstieg der Konsumgüterpreise gegenüber dem Vorjahr angegeben. Als durchschnittliche jährliche Inflationsrate für die Periode 1985-95 ist überwiegend der implizite BIP-Deflator angegeben, der sich ergibt, wenn man den Wert des BIP zu laufenden Preisen durch den Wert des BIP zu konstanten Marktpreisen dividiert, wobei die Bewertung jeweils in nationaler Währung erfolgt; die so definierte Inflationsrate entspricht nicht dem Preisindex für die Lebenshaltung privater Haushalte, der üblicherweise zur Messung der Inflation verwendet wird. C. Graphiken Die BSP-pro-Kopf-Daten sind nominale Werte in bezug auf den US-Dollar (siehe auch die entsprechenden Erläuterungen zu den BSP-Angaben des

Lateinamerika Jahrbuch 1998

Tabellenteils); die jährlichen Wachstumsraten beziehen sich auf die realen (preisbereinigten) BIPWerte. Die prozentualen Anteilswerte der Investitionen und der Ersparnis am BIP beziehen sich auf die Bruttoinlandsinvestitionen bzw. Bruttoinlandserspamis. Bei den Exporten und Importen handelt es sich um die in der Handelsbilanz registrierten Warenausfuhren und -einfuhren zu fob-Werten. Die Angaben zur Gesamtverschuldung beziehen sich auf den Bestand lang- und kurzfristiger Auslandsschulden privater und staatlicher Institutionen (vgl. die entsprechenden Erläuterungen zu den Verschuldungsdaten des Tabellenteils); der Schuldendienst in Prozent der Exporterlöse für Waren und Dienstleistungen ist auf der Grundlage der tatsächlich geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen berechnet.

D. Quellen Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen: Weltbevölkerungsbericht 1996, Bonn 1996. Economic Commission for Latin America and the Caribbean: Economic Panorama of Latin America, Santiago de Chile, verschiedene Jahrgänge. — : Economic Survey of Latin America and the Caribbean, Santiago de Chile, verschiedene Jahrgänge. — : Statistical Yearbook for Latin America and the Caribbean, Santiago de Chile, verschiedene Jahrgänge. Inter-American Development Bank: Annua! Report, Washington, D.C., verschiedene Jahrgänge. — : Economic and Social Progress in Latin America, Washington, D.C., verschiedene Jahrgänge. Statistical Office of the European Communities: ACP Basic Statistics, Luxembourg/Bruxelles, verschiedene Jahrgänge. United Nations: Demographic verschiedene Jahrgänge. — : National Accounts schiedene Jahrgänge. — : Statistical Jahrgänge.

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United Nations Research Institute for Social Development: Research Data Bank of Development Indicators, vol. I: Compilation of Indicators for 1970, rev. 1, Geneva 1976. World Bank: World Development Indicators on CD-ROM, Washington, D.C. 1997.

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— : World Tables, Baltimore/London, verschiedene Jahrgänge. Aktuelle sozioökonomische Daten und Zeitreihen fur lateinamerikanische und karibische Staaten im Internet: Caribbean Development Bank: http://www.caribank.org; Economic Commisson for Latin America and the Caribbean: http://www.eclac.org; Inter-American Development Bank: http://www.iadb.org; International Monetary Fund: http://www.imf.org; World Bank: http://www.worldbank.org.

Weitere Informationen zu der Datenbank IBEROSTAT sind erhältlich bei: Professor Dr. Hartmut Sangmeister Institut für international vergleichende Wirtschafts- und Sozialstatistik Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Hauptstraße 126 D-69117 Heidelberg Telefon 06221/542924 und 542925 Telefax 06221/543589 e-mail: [email protected]

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An diesem Band haben mitgewirkt: Silke Alsen, Studentin, Humboldt-Universität Berlin (Chronologien Honduras, Dominikanische Republik und Jamaika)-, Rodrigo Arocena, Dr.rer.nat., Montevideo (Aufsatz Políticas para la Innovación y las Perspectivas del Desarrollo Latinoamericano)', Klaus Bodemer, Dr.phil., geschäftsführender Direktor des Instituts für Iberoamerika-Kunde (IIK-Hamburg) {Mitherausgeber; Redaktion)', Gilberto Calcagnotto, M.A., wiss. Mitarbeiter, IIK-Hamburg (Chronologie Brasilien); Sandra Carreras, Dr.phil., Hamburg (Aufsatz Demokratiedebatte in Lateinamerika)\ Antje Edler, Studentin, Universität Köln (Chronologien Guatemala, El Salvador und Nikaragua); Wolfgang Grenz, Dipl.Hdl., wiss. Mitarbeiter, IIK-Hamburg (Schriftleitung und Gesamtkonzept; Chronologien Mexiko, Dominikanische Republik und Jamaika)', Ilse Heinbokel, IIK-Hamburg (Textverarbeitung); Cord Hinrichs, Dipl.-Volkswirt, Universität Heidelberg (IBEROSTAT); Bert Hoffmann, Dipl.Pol., wiss. Mitarbeiter, LAI/FUBerlin (Chronologien Haiti und Kuba)', Stephan Hollensteiner, Dipl.Pol., Frankfurt/M. (Aufsatz Linksintellektuelle und Politik in Argentinien und Brasilien)', Sabine Klapdor, Studentin, Universität Heidelberg (IBEROSTAT); Gerd Kohlhepp, Prof.Dr., Geographisches Institut, Universität Tübingen (Aufsatz Tropenwalderhaltung in Brasilien)', Heinrich-W. Krumwiede, PD Dr.phil., wiss. Mitarbeiter, Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen, api. Prof., Universität Augsburg (Mitherausgeber; Redaktion)', Sabine Kurtenbach, Dr.phil., wiss. Mitarbeiterin, IIK-Hamburg (Chronologien Kolumbien und Zentralamerika allgemein)', Mechthild Minkner-Bünjer, Dipl. Hdl„ Dipl.Kfm., wiss. Mitarbeiterin, IIK-Hamburg (Chronologien Bolivien, Ekuador und Peru)', Detlef Nolte, Dr.phil., wiss. Mitarbeiter und stellv. Direktor, IIK-Hamburg (Mitherausgeber, Chronologien Cono Sur); Peter Rösler, stellv. Geschäftsführer, Ibero-Amerika Verein, Hamburg (Chronologie Venezuela); Hartmut Sangmeister, Prof.Dr., Institut für international vergleichende Wirtschafts- und Sozialstatistik, Universität Heidelberg (Mitherausgeber, Koordination Datenbank IBEROSTAT); Susanne Schmidt, Dipl.Volksw., Berlin (Chronologien Costa Rica und Panama); Judith Sutz, Montevideo (Aufsatz Políticas para la Innovación y las Perspectivas del Desarrollo Latinoamericano); Stephen Wehner, Dipl.-Math., Universität Heidelberg (IBEROSTAT).

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