Kurdisch-persische Forschungen: Teil 2 Deutsche Übersetzung der Texte mit einer Einleitung über Inhalt und Form der ostkurdischen Volksepik 9783111623610, 9783111246291

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Kurdisch-persische Forschungen: Teil 2 Deutsche Übersetzung der Texte mit einer Einleitung über Inhalt und Form der ostkurdischen Volksepik
 9783111623610, 9783111246291

Table of contents :
VORWORT
INHALTSÜBERSICHT
EINLEITUNG: ÜBER INHALT UND FORM DER OSTKURDISCHEN VOLKSEPIK
TEXTE IN DEUTSCHER ÜBERSETZUNG
A. Erzählungen in Prosa
B. Epische Gesänge
I. Dimdim
II. Mem und Zin
III. Las und Khezal
IV. Nasir und Malmal
V. Braimok
VI. Ferkh und Asti
VII. Mahmal und Braim, die Ebenenbewohner
VIII. Qotsch Osman
IX. Dschulindi
X. Der Nasenring
XI. Kaka Mir und Kaka Scheikh
XII. Leschkiri
XIII. Qer und Gulazer
XIV. Das Gedicht vom Korbhändler
XV. Die Verse von Bapir dem Mangurhäuptling, dem Vater des Hamza Agha
XVI. Die Verse von Abdurrahman Pascha, dem Bebbe
C. Proben aus der Volkslyrik
Anhang

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KURDISCH - PERSISCHE FORSCHUNGEN

KURDISCH-PERSISCHE FORSCHUNGEN ERGEBNISSE * EINER VON 1901 BIS 1903 UND 1906 BIS 1907 IN PERSIEN UND DER ASIATISCHEN TÜRKEI AUSGEFÜHRTEN FORSCHUNGSREISE VON

OSKAR MANN

ABTEILUNG IV.

BAND III, TEIL H

BERLIN DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER 1909

DIE MUNDART DER MUKRI-KURDEN TEIL II DEUTSCHE ÜBERSETZUNG DER TEXTE MIT EINER EINLEITUNG ÜBER INHALT UND FORM DER OSTKURDISCHEN VOLKSEPIK VON

OSKAR MANN

BERLIN DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER

1909

VORWORT. Daß die hier vorgelegte deutsche Übersetzung der vor drei Jahren veröffentlichten Mukri-Texte, obwohl ihre Drucklegung im Vorworte zur Textausgabe in nahe Aussicht gestellt war, dennoch erst jetzt erscheint, hat seinen Grund in dem Umstände, daß ich unmittelbar nach der Ausgabe des Textbandes eine neue Expedition in das Kurdenland unternommen habeNachdem die türkische Regierung die früher versagte Erlaubnis zur Weiterführung meiner kurdischen Studien auf türkischem Gebiete erteilt hatte, hat Seine Majestät der Kaiser auf Antrag Sr. Exzellenz des Herrn Staatssekretärs des Innern und Sr. Exzellenz des Herrn Kultusministers huldvollst die Bereitstellung der zur Expedition nötigen Mittel zu befehlen geruht, und so war die Möglichkeit gegeben, durch Untersuchung auch der auf türkischem Gebiete gesprochenen kurdischen Mundarten das begonnene Werk zu einem gewissen Abschlüsse zu bringen. Nach meiner Rückkehr verhinderten zunächst dienstliche Pflichten eine Zeitlang die Weiterführung der „Kurdisch-persischen Forschungen". Da inzwischen mein einstiger Helfer in Soudschbulaq, der im Textbande, Einleitung Seite XXVI erwähnte Mirza Dschewad nach Berlin gekommen war, hielt ich es für angebracht, mit diesem meine Übersetzung noch einmal durchzuarbeiten, ehe sie zum Druck gegeben wurde. Ich hoffe, daß nunmehr der vorliegende Band die Verspätung seines Erscheinens durch die Zuverlässigkeit der in ihm gebotenen Übersetzung wettmachen wird. —

Vili

Vorwort.

Die Übersetzung hat lediglich den Zweck, das grammatische und sachliche Verständnis des kurdischen Textes zu fördern; sie soll im wesentlichen nur das Lexikon ersetzen und eine grammatische Analyse des Textes geben. Ich habe deshalb darauf verzichten müssen, gelegentlich durch freiere Wiedergabe der Worte, wie vor allem durch eine dem Deutschen angemessenere Behandlung des Satzbaus der stellenweise hochpoetischen Ausdrucksweise des Originals in der Übertragung gerecht zu werden. Die Anmerkungen dienen in gleicher Weise dem sachlichen Verständnis der Dichtungen und behandeln schwierigere Stellen des Textes, deren Übersetzung noch besonderer Erläuterungen bedurfte. — Aus typographischen Gründen, und um dem des Kurdischen, wie überhaupt orientalischer Sprachen nicht kundigen Leser die Lektüre zu erleichtern, sind in der Übersetzung die geographischen und die Personen-Namen durchweg ohne diakritische Zeichen in einer die Aussprache möglichst bequem wiedergebenden Weise umschrieben. Im einzelnen ist bei der Aussprache auf folgendes zu achten: kh ist zu sprechen wie das deutsche harte ch, z. B. in „Rache", q ist der dem Arabischen eigentümliche k-Laut, y ist zu sprechen wie das deutsche j, s ist stets das harte (tonlose) s, unserm deutschen ß gleich, z dient zur Bezeichnung des weichen (tönenden) s, tsch ist harter (tonloser) Verschlußlaut, wie das englische ch z. B. in „church", dsch ist der entsprechende weiche (tönende) Laut, wie das englische j z. B. in „joy", e ist stets sehr offen, etwa wie deutsches kurzes ä zu. sprechen.

Vorwort.

IX

In den Anmerkungen sind dagegen die kurdischen Wörter, zum Teil auch die Namen, in der im Textbande (Einleitung S. XXXVI ff.) beschriebenen und im kurdischen Texte durchgeführten Transscription, aber in kursiven Lettern, wiedergegeben. Ferner ist bei orientalischen Worten, die auch im Deutschen etwas allgemeiner bekannt sind, die bei uns gebräuchliche Form und Orthographie gewählt worden; etwa von persischen oder arabischen abweichende kurdische Formen, besonders der Personennamen, sind möglichst durch die uns geläufigeren persischen und arabischen ersetzt. — Da eine in den einzelnen Gedichten durchgehende Verszählung im kurdischen Texte wegen des häufigen Wechsels von Prosa und Versen sich nicht hat durchfuhren lassen, so ist in diesem Übersetzungsbande der kurdische Text nach der Seiten- und Zeilenzahl des Textbandes zitiert, und um die Vergleichung des kurdischen Textes mit dem deutschen zu erleichtern, sind an dea Rand der Übersetzung die betreffenden Seitenzahlen dès das kurdische Original enthaltenden Bandes fettgedruckt hinzugefügt, und ist weiter auch die Zeilenzählung des kurdischen Textes innerhalb der Seiten in kleineren Ziffern der Übersetzung am Rande beigedruckt worden. — In eckigen Klammern stehen die zur Herstellung eines deutschen Satzgefüges nötigen Hinzufügungen, die im Kurdischen also nicht ausgedrückt sind. Der ziemlich asyndetische Satzbau der kurdischen Volkssprache, der subordinierte Sätze im allgemeinen unbekannt sind, machtx solche Hinzufügungen häufig nötig, manchmal' auch das Bedürfnis, die Beziehungen der demonstrativen und possessiven Fürwörter deutlicher auszudrücken. In runden Klammern stehen Erläuterungen, sowie die wörtlichen Übersetzungen derjenigen Redewendungen, die zum besseren Verständnis des Ganzen eine freiere Übersetzung erforderlich erscheinen ließen. — Die umfangreichen, auf meiner zweiten Expedition gesammelten Materialien, besonders eine weitere Reihe kurdischer

X

Vorwort.

Volksepen, welche nommenen

bei der für diesen Band in Aussicht ge-

Untersuchung

über

die Formen

der

kurdischen

Poesie mit herangezogen werden müßten, zwingen mich, diese Untersuchung bis nach der Publikation dieser neuen Materialien zu verschieben.

So kann hier in der Einleitung nur dasjenige

geboten werden, was sich in dieser Hinsicht aus den bereits veröffentlichten Mukri-Texten ergibt. — Im Anhange gebe ich einen Auszug aus dem in der Einleitung zum Textbande erwähnten Bericht des Iskender Munschi über die Belagerung der Kurdenfeste Dimdim durch die Perser in den Jahren 1608—1610, nach der Berliner Handschrift (Ms. Orient,

fol. 18) des Tarikh-i-'älamäräi.

im Epos „Dimdim"

Diese Darstellung der

besungenen Kämpfe zeigt, inwieweit es

der mündlichen Überlieferung bei den Kurden gelingt, historische Tatsachen festzuhalten, und gibt eine bedeutende Anzahl von Hinweisen Textes.

für das sachliche Verständnis des kurdischen



Seine Exzellenz

der Herr Kultusminister

hat durch Ge-

währung eines mehrjährigen Diensturlaubes die Möglichkeit geschaffen, meine ganze Arbeitskraft der Veröffentlichung meiner Expeditionsresultate

zu widmen, so daß ich hoffen darf, in

Jahresfrist noch zwei weitere Bände der „Kurdisch-persischen Forschungen" erscheinen lassen zu können.

Ebenso gebührt

mein ehrerbietigster Dank der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, sowie dem Generaldirektor der Königlichen Bibliothek

zu

Berlin

Herrn

Wirklichen

Geheimen

Ober-

regierungsrat Professor D. Dr. Harnack und Herrn Geheimen Oberregierungsrat Professor Dr. Sachau für ihre Bemühungen um die Bereitstellung Mittel.

der zu

meiner Beurlaubung erforderlichen

A u c h hat die Akademie die zur Drucklegung dieses

Bandes nötige Beihilfe zu den Kosten gewährt B e r l i n , im November 1908. O s k a r Mann.

INHALTSÜBERSICHT. Seite

Einleitung: Über Inhalt und Form der ostkurdischen Volksepik Texte in deutscher Übersetzung A. Erzählungen in Prosa B. Epische Gesänge I. Dimdim II. Mem und Zin III. Las und Khezal IV. Nasir und Malmal V. Braimok

XV i 19 40 135 166 205

VI. Ferkh und Asti . 223 VII. Mahmal und Braim, die Ebenenbewohner 310 VIII. Qotsch Osman 339 IX. Dschulindi . 361 X. Der Nasenring 386 XI. Kaka Mir und Kaka Scheikh 396 XII. Leschkiri 400 XIII. Qer und Gulazer 404 XIV. Das Gedicht vom Korbhändler 4*9 XV. Die Verse von Bapir, dem Mangurhäuptling 442 XVI. Die Verse von Abdurrahman Pascha, dem Bebbe 454 C. Proben aus der Volkslyrik 461 Anhang: Bericht des Iskender Munschi über die Belagerung von Dimdim . 47 t

EINLEITUNG ÜBER INHALT UND FORM DER OSTKURDISCHEN VOLKSEPIK

Über die Quellen, aus denen mir die hier vorliegende, in Soudschbulaq zusammengebrachte Sammlung ostkurdischer Texte zugeflossen ist, habe ich in der Einleitung zur Ausgabe des kurdischen Textes eingehend berichtet Ebenda ist in der „Skizze der Mukri-Mundart" die Sprache, in welcher die Texte aufgezeichnet sind, auf ihren grammatischen Bau hin untersucht worden. Eine eingehendere Behandlung verdienen nun noch der Inhalt der Texte, sowie die Form, in welcher sie überliefert sind. Über die erste Abteilung der Sammlung, die ProsaErzählungen, sowie über die dritte, die Proben aus der Volkslyrik, ist in beiden Beziehungen wenig zu sagen. Erstere sind entweder Berichte über merkwürdige Vorkommnisse, wie Nr. II, zum Teil mit Märchenbeiwerk, wie Nr. IV, oder Tierfabeln (Nr. V und VI), oder Schwanke (Nr. III), die der Erzähler wohl in irgendeiner Sammlung von Anekdoten gelesen haben mag, endlich eine sagenhaft behandelte historische Erzählung, eine Art Inhaltsangabe eines der bekanntesten epischen Gesänge der Kurden (Nr. I). Die Form dieser Stücke zeigt sich als eine einfache Prosa, die in ihrer klaren Darstellungsweise den gebildeten, logisch geschulten Erzähler verrät, wenngleich die Ausdrucksweise durchaus volkstümlich ist. Die lyrischen Verse ähneln in Inhalt und Form den allenthalben in Persien gesungenen Vier- und Dreizeilern, von denen wir eine Anzahl aus Zhukovskij: 06pa3ijbi nepcHflCKaro HapoflHaro TBOpnecTBa Abschnitt II kennen. Dagegen nehmen die den weitaus umfangreichsten zweiten Teil der Sammlung bildenden epischen Stücke unser volles Interesse in Anspruch, sowohl hinsichtlich ihres Inhaltes, wie auch in bezug auf ihre Form. Aus der Gesamtheit hebt sich zunächst heraus Nr. XIV, „das Gedicht vom Korbverkäufer

XVI

Einleitung.

das, wie schon in der Einleitung zum Textbande angedeutet wurde, wenigstens in seinem Hauptbestandteile ein Produkt der Kunstpoesie ist. Das beweisen erstens der religiös-moralische Inhalt, der an die bekannten Bearbeitungen von „Yusuf und Zalikha" anklingt, und zweitens die kunstvolle Strophenform. D a über die kurdische Kunstpoesie an anderer Stelle zu handeln sein wird, wie dies weiter unten näher begründet ist, so muß dies Gedicht von der hier vorzunehmenden Untersuchung ausgeschlossen bleiben. D e r Inhalt der Gedichte. In der nach Ausschluß dieser Nr. X I V aus fünfzehn Stücken bestehenden Sammlung haben wir ausgeprägte Typen der verschiedenen epischen Formen. Wir finden das Heldenepos in Nr. I, IV, X V und X V I , die Legende in Nr. IX, die Heiligengeschichte in Nr. VI, einige doch wohl auch der epischen Dichtungsgattung zuzurechnende Totenklagen, die zwar ein lyrisches Gepräge tragen, aber vielleicht nur als Bruchstücke größerer Epen anzusehen sind, in Nr. XI und XII, eine Art komischen Gedichtes in Nr. X. Die meisten der Gesänge werden wir als romantische Epen ansprechen müssen, nämlich Nr. ü , III, V , VII, VIII und XIII. Die in den Heldenepen behandelten Stoffe sind in -fast allen Fällen historisch nachweisbare Vorgänge. Die Einschließung des Kurdenhäuptlings „Khan Goldhand" in der Feste Dimdim hat nach dem im Anhange zu diesem Bande auszugsweise mitgeteilten Berichte des Augenzeugen Iskender Munschi in den Jahren 1608—1610 stattgefunden, und eine Vergleichung der Angaben des Historikers über den Verlauf der Belagerung mit denen des Gesanges ergibt eine völlige Übereinstimmung im Tatsächlichen. Sehr schwer wird aber die hier zu stellende Frage, ob das Gedicht in seiner uns jetzt vorliegenden Form aus der Zeit der geschilderten Ereignisse stammt, zu entscheiden sein. Gewichtige Gründe sprechen für das hohe Alter des Gesanges. Zunächst die immerhin nicht seltenen Spuren von Übereinstimmung des Wortlautes in den zurzeit bekannten beiden Fassungen, dem Mukri-Texte und der

XVII

Einleitung.

Rezension, die Socin in Elqosch gehört hat; darüber ist in der Vorbemerkung zur Übersetzung unseres Mukri-Textes (unten Seite 19—22) ausführlicher gesprochen. Diese Übereinstimmungen zeigen mit aller Deutlichkeit, daß beide Fassungen mehr oder weniger gut überlieferte Varianten eines und desselben Gedichtes sind. Beachtung verdient ferner die richtige Überlieferung der Namen zweier der persischen Heerführer, des Hasan Khan (Text Seite 13, Zeile 31) und des Elias Khalifa in den von mir in Dehok aufgezeichneten Fragmenten (s. unten Seite 22). Meiner Meinung nach ist die Bewahrung dieser Namen nur im Kontexte eines Gedichtes möglich gewesen. Die mündliche Überlieferung etwa der Geschichte in ungebundener Rede würde im Laufe von drei Jahrhunderten diese Namen höchst wahrscheinlich haben fallen lassen, zumal gerade die Träger dieser Namen dem Kurden wenig bedeuten mufiten. So glaube ich annehmen zu können, daß in den uns überlieferten Gedichten von „Dimdim" etwa lokal verschiedene Traditionen eines und desselben Epos' vorliegen, welches seinerseits in unmittelbarem Anschluß an die Ereignisse selbst entstanden ist. Ebenso können wir von Nr. X V , dem Gesänge vom Flünderungszuge des Bapir gegen Meragha, und von Nr. XVI, von der Empörung des Abdurrahman Pascha, die zugrunde liegenden Tatsachen, Ereignisse des vorigen Jahrhunderts, chronologisch fixieren. Bapirs Zug gegen Meragha muß etwa um 1850 unternommen worden sein. Über Abdurrahman Pascha bringt Rieh, Narrative of a residence in Koordistan, reichhaltige Angaben. Danach fallen die im kurdischen Text Seite 295, Zeile 14 ff. geschilderten Ereignisse in das Jahr 1218 H (=1803/4). Als Dichter der Verse von Abdurrahman Pascha nennt sich in unserem Text (Seite 294, Zeile 15) Ali aus Berdeschan. In Soudschbulaq wußte man von ihm nur zu berichten, daß er viele derartige Heldengesänge verfaßt habe. Berdeschan soll ein Dorf in der Nähe von Sulaimaniye sein. Tatsächlich finden wir in dem Gedicht vielfach Formen, die dem eigentlichen Mukri fremd sind, vielmehr den weiter westlich gesprochenen Mundarten der Mangur und der Bebbe bei Sulaimaniye angehören; so z. B. das äz „ich" in dem eben angeführten Verse. M a n n , pers.-kurd. Samml. IV. j . a.

B

XVIII

Einleitung.

A l i Berdeschani soll noch vor etwa zehn Jahren am Leben gewesen sein. Die Strophen von Bapir wurden ihm in Soudschbulaq ebenfalls zugeschrieben, ob mit Recht, entzieht sich leider unserer Beurteilung, denn nur aus einer allerdings vorhandenen Ähnlichkeit der Diktion in beiden Gedichten auf einen gemeinsamen Verfasser zu schließen, wird nicht angehen, da wir es höchst wahrscheinlich mit einer Art traditioneller Darstellungsweise zu tun haben, deren sich eben jeder Barde in seinen Gesängen bedienen muß. In welche Zeit die Geschichte des Nasir und Malmal zu verlegen ist, kann ich nicht angeben, vermute aber, daß wir es mit nicht allzu fern liegenden Vorgängen zu tun haben. Sehr alt sind sicher die Stoffe von „Dschulindi" (Nr. IX) und „Ferkh und Asti" (Nr. VI); siehe die Vorbemerkungen zur Übersetzung, unten Seite 223 und 361. Ich habe mich vergebens bemüht, aus den mir zugänglichen Heiligengeschichten etwas über Ferkh aus Daudie zu erfahren. Über die Zeit der Entstehung unseres Textes läßt sich auch nichts ermitteln, doch glaube ich, daß die gerade in „Ferkh und Asti" so häufigen Strophen, die Beschwörungen, Verfluchungen und Ähnliches enthalten, recht alt sein müssen, schon weil der T e x t hier meist ziemlich verderbt erscheint. Ebenfalls als sehr alt wurden mir die Totenklagen Nr. XI und XII bezeichnet; es läßt sich aber außer der stellenweise bis zur Unverständlichkeit verderbten Textgestalt kaum etwas Positives für diese Behauptung anführen. Sicher jung ist „Der Nasenring" (Nr. X), sowohl der Stoff, wie auch die Form. Die romantischen Epen haben zum Gegenstande meist die Schicksale irgendeines Liebespaares, oder auch Erzählungen von Bruderliebe und Vasallentreue. W i e sehr derartige poetisch ausgeführte Liebesromane in der persischen Poesie, seit ihren ersten Anfangen, beliebt gewesen sind, dürfte allgemein bekannt sein. Doch unterscheiden sich die bei den Mukri aufgezeichneten Romanzen wesentlich von den Erzeugnissen der persischen Poesie. V o n dem öden Moralgeklingel der persischen romantischen Epik, das mit wenigen Ausnahmen

Einleitung.

XIX

den Genuß dieser Sorte Poesie höchst problematisch macht, sticht die tiefempfundene naive und derbe, bisweilen stark ans Rohe streifende kurdische Volkspoesie höchst vorteilhaft ab. — Ein sehr alter Stoff liegt wohl dem Gedichte Mem und Zin (Nr. II) zugrunde. Die Sage ist die einzige, die ich überall, wo Kurden hausen, verbreitet fand. Und schon der im 17. Jahrhundert lebende kurdische Dichter Ahmed Khani hat den Stoff zu einem romantischen Epos verarbeitet, ganz nach dem Muster der persischen Romantiker. Glücklicherweise ist es dem gelehrten Mullah nicht gelungen, die im Volksmunde überlieferte und so außerordentlich anziehend gestaltete Sage durch sein mehr als ödes Machwerk zu verdrängen. Im gesamten Kurdengebiete habe ich stets die Sage so erzählen hören, wie sie Socins und die Mukri-Version überliefern, natürlich mit geringfügigen inhaltlichen Varianten. Von Ahmed Khanis Geistesprodukt hat sich, außer in manchen Kreisen der gelehrten Leute, d. h. solcher, die lesen und schreiben können, keinerlei Kunde erhalten. Ob der im Volke erhaltenen Sage eine historische Tatsache zugrunde liegt, oder ob sie etwa sogar der Reflex eines alten Mythos ist, der, wie ja auch anderwärts vielfach beachtet worden ist, besonders unter dem Einflüsse der muhammedanischen Religion bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurde, ist naturgemäß jetzt wohl kaum noch zu entscheiden. Die übrigen romantischen Epen scheinen mir alle an wirkliche Geschehnisse angeknüpft zu sein, wären also, was den Stoff an sich anbelangt, eher historische Epen zu nennen. Doch weist sie das Überwiegen sentimentaler Momente, die bei der Behandlung des Stoffes in den Vordergrund gestellt sind, doch in die romantische Poesie. So schildern Nr. III (Las und Khezal), Nr. V (Braimok), Nr. XIII (Qer und Gulazer) die Schicksale von Liebespaaren, Nr. VII (Mahmal und Braim) die Freundesliebe und VIII (Qotsch Osman) die Dienertreue. Sehr alt werden diese romantischen Epen keinesfalls sein, wie denn auch ihre Verbreitung unter den Kurden örtlich beschränkt ist: außerhalb des Mukri-Gebietes im weiteren Sinne fand ich keinerlei Überlieferung der betreffenden Stoffe. Sind ja auch B* .

XX

Einleitung.

die in ihnen erzählten Begebenheiten alle im Mukri-Lande und den unmittelbar benachbarten Gebieten, in den persisch-türkischen Grenzgebirgen lokalisiert. — Das „Milieu" aller Gedichte, gleichviel ob ihre Stoffe in ältere Zeit zurückreichen oder der jüngsten Vergangenheit angehören, ist das Leben und Treiben der Kurden in jenen Gebirgen, wie es sich heutzutage abspielt. Mit einer einzigen Ausnahme. Die Verwendung von Feuerwaffen finden wir nur in den „Heldengedichten", wie Dimdim, Bapir, Abdurrahman Pascha. Das heißt also in denjenigen Gedichten, in denen Ereignisse besungen werden, in denen die Feuerwaffen tatsächlich schon eine Rolle gespielt haben. In allen anderen Gesängen 1 ) sehen wir die Helden bei ihren Kämpfen sich stets der alten Handwaffen, wie Schwert, Lanze, Schild und Wurfkeulen bedienen. Auch der Kettenpanzer spielt noch seine große Rolle. Das scheint einer allerwärts beobachteten Gepflogenheit der Volksepik zu widersprechen. Denn das Epos nimmt in seinen Milieuschilderungen stets das Leben und Treiben derjenigen Zeit zum Vorbilde, in der es gerade gesungen wird, wie ja z. B. das Nibelungenlied durchweg das höfische Leben des XII. Jahrhunderts widerspiegelt, nicht aber etwa die Zeit, deren historische Ereignisse in den alten Mythos mit eingearbeitet worden sind. Aber diese archaisierende Tendenz der kurdischen Volksepik ist nur scheinbar. Mein Gewährsmann, der Barde, erzählte mir häufig, daß er in seiner Jugend, etwa vor 30 bis 40 Jahren, noch keine Feuerwaffen gekannt habe, sondern die Krieger der Nomadenstämme hätten ihre Fehden noch alle mit Schwert und Lanze ausgefochten. Die Gedichte geben ein höchst lebendiges Bild von dem Leben und Treiben der Kurden, das einer zusammenhängenden Darstellung auf Grund der Texte wohl wert wäre. Als Gegenstand etwas allgemeineren Interesses möge hier nur hervorgehoben werden der in mehreren der Epen stark hervortretende Gegensatz der Kurden aus dem Berglande (küestänj und derer 1) Daß g e l e g e n t l i c h in den sicher älteren Gedichten auch „Kanonen und Artillerie" in Tätigkeit treten, ist hierbei unwesentlich.

Einleitung.

XXI

aus der „heißen Gegend" (gärtniän). Ferner der glühende Haß der Sunniten, welchem Bekenntnisse die Kurden ja angehören, gegen die Schiiten, die Perser, der sowohl religiöse, wie auch politisch-nationale Gründe h a t Beide Erscheinungen fand ich bei der Beobachtung des Volkslebens in jenen Gegenden überall bestätigt Der Haß gegen die Schiiten geht sogar so weit, daß man diese Sekte einfach als nä-musulmän „nicht muhammedanisch" betrachtet Natürlich bleiben die Perser den Sunniten nichts schuldig. Bemerkenswert ist ferner, wie gelegentlich Motive aus der Sage der übrigen indogermanischen Völker sich hier bei den Kurden wiederfinden, während bei den nächsten Stammesverwandten, den Persern, der Islam fast alle derartigen Reminiszenzen ausgerottet h a t So haben wir in der Zerspaltung des Dschulindi durch A l i (Text Seite 245, Zeile 15 ff) dasselbe, was uns die germanische Heldensage von Wieland dem Schmied zu berichten weiß. A n anderen Stellen des kurdischen Sprachgebietes habe ich noch mehrfache Beispiele solcher Anklänge gefunden. Die in unserem Mukri-Texte des Epos „Dimdim" nicht berichtete Erzählung von dem Zerschneiden der Ochsenhaut in einen langen Streifen, mit dem dann das Terrain des Burgfelsens umspannt wird, weil der Schah dem Kurden nur soviel Land schenken wollte, wie eine Ochsenhaut beträgt (siehe den T e x t Socins), scheint schon lange in Iran heimisch zu sein (cf. das Tarikh-i-guzide, welches dieselbe Geschichte von Hasan as-sabah berichtet). — Was die Sprache, das heißt die Darstellungsweise der T e x t e anbelangt, so liegt in den von Rahman-i-Bekir an vielen Stellen eingefügten Prosa-Abschnitten klärlich der Stil eines gänzlich ungebildeten Mannes vor. Rahman erzählt oft so, daß man sich auf Grund lediglich des Wortlautes seiner Darstellung kaum ein klares Bild des Geschilderten machen kann. Einer seiner Hauptfehler ist, daß er bei der Schilderung z. B. einer Beratung, oder bei der Anführung eines Befehles gleich hinterher die Wirkungen erzählt, die die Beratung oder die Ausführung des Befehles hat, ohne zu erwähnen daß etwa die Ausführung stattgefunden habe. So z. B. im Anfange von „Mem und Zin"

XXII

Einleitung.

(siehe Übersetzung Seite 42, Anm. 6). Gott befiehlt dem Wais: „gehe hin, sage dem Braim, er solle dies und jenes tun." Nun fehlt die Erzählung, daß Wais den Befehl Gottes richtig verkündet hat, daß der König und der Wezirden Befehl Gottes befolgt hätten, und daß ihnen infolgedessen je ein Sohn geboren worden sei. Das alles berichtet Rahman nicht, sondern fährt fort: „sie gaben den Söhnen die Namen" usw. An vielen Stellen im Verlaufe meiner Arbeiten mit ihm habe ich ihn mit vieler Mühe zu einer folgerichtigen Darstellung vermocht, an anderen Stellen jedoch seine Darstellungsweise beibehalten und nur angemerkt, daß ein solcher Sprung aus der Rede in die Erzählung vorläge. Auch die poetischen Stücke sind in einer durchaus volkstümlichen Ausdrucksweise gehalten. Dieses in Verbindung mit dem Umstände, daß ja sehr häufig die alte Textform mechanisch überliefert worden ist, die nun der Barde selber nicht mehr versteht und bisweilen nach seinem Verständnis umformt, macht die Übertragung besonders schwierig. Es liegt eine uns gänzlich fremde Anschauungs- und Ausdrucksweise vor, die mit dem, was wir aus den Kunstpoesien der Araber und Perser kennen, fast nichts gemein hat und die uns vielfach nahezu sinnlos erscheinen will. So sehen wir z. B. die Epitheta ornantia, die ja im Epos überall eine große Rolle spielen, sehr häufig widersinnig verwendet. Da sie meist am Versende, im Reim, stehen, so wird man nicht fehlgehen, wenn man annimmt, die Wahl des Epithetons geschehe mehr aus Rücksicht auf den gerade benötigten Reim, als aus sachlichen Gründen. Ein solcher Fall liegt z. B. vor in „Mem und Zin" (Text Seite 80, Zeile 3), wo der alte, blindgewordene König Braim zänwer „frisch, jugendlich" genannt wird. Es liegt nahe, solche aus Reimzwang widersinnig gebrauchten Worte als Improvisationen des Barden anzusehen. So hilft sich der Sänger auch sonst häufig mit bedeutungslosen Flickworten in den gerade gebrauchten Reim hinein, wie bä yäk järi, bä yäk järäkia, das besonders häufig in dem Gedicht „Nasir und Malmal" erscheint1). ') Ähnlich

wird ja

auch

in unseren Amateur-Knittelversen

gerade

das

„mit einem Male" zu ähnlichen Zwecken verwendet, sei es um leicht reimende Silben zu erhalten, sei es zur Auffüllung des Verses metri causa.

Einleitung.

xxrn

Ferner enthalten die Verse eine große Menge volkstümlicher Metaphern, Tropen, Beziehungen auf Sprichwörter, auf Sitten und Gebräuche, für welche bei der Übersetzung einen prägnanten Ausdruck zu finden, der sowohl der ursprünglichen Wortbedeutung wie dem vom Gedankenzusammenhange geforderten übertragenen Sinne gerecht würde, zumeist ganz unmöglich ist Daß derartiges bei der Übersetzung aus jeder fremden Sprache vorkommt, ist wohl wahr; allein zur unüberwindlichen Schwierigkeit wird dieser Umstand hier, wo wir weder in der Kenntnis älterer Literaturdenkmäler und Sprachphasen, noch auch in unserer Bekanntschaft mit den Kulturverhältnissen des betreffenden Volkes willkommene Hilfsmittel zur Lösung solcher Fragen haben. Viele hierher gehörige Ausdrucksweisen wurden mir bei weiterem Nachfragen als „der Sprache der Weiber angehörig" bezeichnet. Es ist eine von mir vielfach als feststehend erprobte Tatsache, daß gerade im muhammedanischen Orient die Frauen die Träger der alten Volksüberlieferungen sind, weil sie mit auswärtigen Einflüssen weit weniger in Berührung kommen, als die Männer. Mir scheint, als ob diese volkstümliche Ausdrucksweise den Wert der Texte beträchtlich erhöht, weil sie uns tiefe Einblicke in den sprachbildenden Volksgeist ermöglicht, wenn auch, mit unserem Maßstabe gemessen, die Logik der Diktion recht häufig viel zu wünschen übrig läßt. Manche der Schwierigkeiten wird wohl eine tiefer gehende Durchforschung der Texte von lexikalischen Gesichtspunkten aus, Vergleichung ähnlicher Stellen miteinander, noch überwinden. Hier, wo es galt, die gesammelten Materialien möglichst bald weiterer Forschung zugänglich zu machen, mußte ich mich meist mit den Erklärungen begnügen, die mir von den Kurden an Ort und Stelle gegeben wurden. Daß ich diese Erklärungen und Übersetzungen stets sorgfaltig nachgeprüft und erst nach gänzlichem Versagen aller mir zu Gebote stehenden Hilfsmittel eine mir selbst unwahrscheinliche Übersetzung aufgenommen habe, brauche ich wohl nicht besonders hervorzuheben. Häufig bekam ich auf meine Fragen nach der Bedeutung unklarer Stellen und Verse

XXIV

Einleitung.

die Antwort, es sei Unsinn, was der Sänger da diktiert habe. Manchmal glückte es aber doch, Licht in das Dunkel zu bringen. Es bleibt aber immer noch eine Reihe von Versen übrig, betreffs derer ich mich dem harten Urteil der Kurdengelehrten, wenn auch schweren Herzens, anschließen muß. Vielleicht zeigt aber spätere Forschung an Ort und Stelle, daß der Barde recht hatte. Als Einzelheit möchte ich noch erwähnen, daß die Identifizierung der Tier-, besonders aber der Vogelnamen fast ganz unmöglich war. Meist wußten die Leute selber nichts, und behaupteten, die betreffenden Tiere nie gesehen zu haben. Fast noch schlimmer war es, wenn sie sich auf Beschreibungen einließen. Die Pflanzennamen waren eher zu eruieren, aber auch nur, wenn man die Leute mit auf das Feld nahm und ihnen aufgab, die in Frage stehenden Pflanzen zu suchen oder zu zeigen. Ü b e r die F o r m d e r o s t k u r d i s c h e n V o l k s d i c h t u n g . Die einzige bislang vorliegende größere Sammlung kurdischer nach mündlicher Überlieferung aufgezeichneter Gedichte, Prym-Socins „Kurdische Sammlungen", enthält auch eine eingehende Untersuchung Socins über die „Form der kurdischen Poesie". Wenn wir uns nun hier zur Aufgabe stellen, an einer weiteren Reihe epischer Gesänge in einem kurdischen Dialekte die in diesen Dichtungen zutage tretenden poetischen Formen zu untersuchen, so müssen wir uns, wohl oder übel, zuvor mit einer Kritik der früheren Arbeit befassen. Wenn ich dabei etwas über den Rahmen des zu untersuchenden Stoffes, des Gebietes des Mukri-Dialektes, hinausgehe und gelegentlich auf meine bisher noch nicht publizierten Sammlungen von Gedichten in anderen kurdischen Mundarten verweisen muß, so geschieht dies eben, weil ich in denselben Gegenden des Kurdengebietes gearbeitet habe wie auch Prym und Socin, die hier zu behandelnden Mukri-Texte aber aus einem räumlich weit entfernten und auch sprachlich anders gearteten Gebiete stammen, so daß der Leser bei mancher der behandelten Fragen zu der Ansicht kommen könnte, als ob meine von Socins Behandlung der Sache oft weit abweichende Meinung vielleicht doch der

Einleitung.

XXV

generellen Verschiedenheit der stofflichen Grundlagen entspränge. Dem vorzubeugen bin ich ab und an gezwungen, auch meine in dem westlichen Kurdengebiet gesammelten Materialien mit heranzuziehen. Sehr betrübend ist es, daß Socin, der sich so viele Mühe mit dem ihm sonst fern liegenden Stoffe gegeben hat, dessen Ansichten und Auffassungen ich aber vielfach nicht billigen kann, nicht mehr unter den Lebenden weilt. Aber die Wissenschaft kann nur durch eine sachliche Beleuchtung der Vorarbeiten, auch wenn diese zur Hauptsache im Nachweise von Irrtümern besteht, vorwärts gebracht werden und darf also aus bloßer Pietät vor den Arbeiten Verstorbener nicht Halt machen. — Socin hat in seiner Abhandlung einen großen Teil des eigenen Materials — abgesehen natürlich von den in reiner Prosa erzählten Märche n — von der Betrachtung ausgeschlossen, diejenigen Stücke, deren Form er als „gereimte Prosa" bezeichnet, und die er als Romane den arabischen Ritterromanen gleichstellt (S. XIX der Einleitung zu den „Kurdischen Sammlungen"). Zwar gibt er zu, daß diese Stücke, besonders Nr. XXXI, „Mam und Zin", wohl früher auch die reine Form epischer Pqesie gehabt haben werden, sieht aber trotzdem im Verlaufe seiner Untersuchung ganz von ihnen ab. Und doch sind mir gerade im Gebiete des westlichen Kirmandschi, in Urfa, Siwerek, Bitlis und Dschezire der Form nach dem Socinschen „Mam und Zin" homogene Stücke ausdrücklich als „Verse" bezeichnet worden. Wir müssen also, wenn wir von den Formen der kurdischen Dichtung handeln wollen, unsere Betrachtung auf alles das ausdehnen, was dem Kurden als Gedicht erscheint, somit auch auf diese einer gereimten Prosa allerdings recht ähnlichen „Verse", in welchen das einzige Charakteristikum der Poesie der am Satzende regelmäßig auftretende Endreim zu sein scheint. Freilich auch nur scheint. Denn es ist ohne Frage auch in der Diktion dieser Stücke ein großer Unterschied von der gewöhnlichen Prosa zu finden, auch in den von Socin veröffentlichten Texten dieser Art. -

XXVI

Einleitung.

Mit minutiösen Untersuchungen, wie die Socins über Vokalverlängerungen und -Verkürzungen, über Silbenabtrennung, Vokalausfall, Konsonantenschärfung und -Verdoppelung unter dem Wortton und dem metrischen Iktus werden wir uns hier nicht zu beschäftigen haben. Das sind eben Punkte, die in einer ausführlichen Lautlehre zu behandeln wären. Soweit die von Socin aus seinen Texten angeführten Beispiele, über deren vielfache Inkongruenzen und Widersprüche 1 ) der Verfasser selber klagt (Seite LI, Zeile iöff.), wirklich in der Sprache vorhandene Quantitätsänderungen der Vokale usw. aufzeigen, decken sich die Ausführungen Socins mit den von mir in der grammatischen Skizze der Mukri-Mundart (Seite XLIIIff.) kurz behandelten Lautveränderungen. A l s ein Fehler in der Methode muß also jenen Untersuchungen vorgeworfen werden, daß in ihnen nicht einmal die Frage aufgeworfen wird, ob die besprochenen Erscheinungen nicht auch in der ungebundenen Rede vorkommen, sondern für alles der „metrische Iktus" verantwortlich gemacht wird 1 ). Doch zeigen die von Prym und Socin aufgezeichneten T e x t e in reiner und in gereimter Prosa alle jene Erscheinungen eben falls, ohne daß in der Untersuchung der Betonungsverhältnisse ein einziges der vielen Beispiele für die Lautveränderungen aus den Prosastücken zitiert wäre. Die durchgängig ganz allgemeinen Spracherscheinungen, die Socin in höchst verdienstvoller Weise und mit großem Aufwände von Scharfsinn zu-

') Diese Inkongruenzen

des Prym-Socinschen Manuskriptes, aus welchen

Socin allerlei phonetische Finessen herauskonstruiert, möchte ich vor allem auf den Umstand zurückfahren, daß — mit einer einzigen geringfügigen Ausnahme — alle Texte der beiden Bände nicht von Kurden abgehört worden sind.

Siehe

auch meine Einleitung zu den Mukri-Texten, S. X X X V . ä)

Denn auch Seite X L V , Zeile 21 bis LI1, Zeile 6, wo von der „Be-

schaffenheit der Silbe im Kurdischen" die Rede ist, wird stets der metrische Iktus mit dem Wortton zusammengeworfen.

Besonders hier finden sich unter

den zur Stütze der Theorie herangezogenen Beispielen mehrfach ganz falsche Behauptungen.

So Seite X L V I , Zeile 18; die Imperativformen wie beka „mache",

und rd-6ff „stehe auf" haben nie ä, wie denn die Kurden selber Uberall und stets sJ^i und

schreiben.

Einleitung.

XXVII

sammengestellt hat, durften eben nicht das Thema zu einer Behandlung der „Formen der kurdischen Poesie" bilden1). Vor allem nicht deshalb, weil sich die Untersuchungen nur auf einen kleinen Teil der „kurdischen Poesie" erstrecken, auf die Erzeugnisse der gelehrten Kunstpoesie. Denn die Stücke XXXV (Jusif und Suleicha) und XXXVI (der Korbflicker) sind schon dem Inhalte nach offenbar nicht Erzeugnisse der Volkspoesie; Nr. XXXVI nennt Socin selber eine „Probe der älteren kurdischen Gelehrtenpoesie". Und die nun bei Socin folgenden Gedichte, die wohl sämtlich als Volksepen anzusehen sind, werden in der Untersuchung ihrer poetischen Form von Socin meist mit wenigen Worten abgetan, weil sie eben zu viele Inkongruenzen und willkürliche Behandlungen der Gesetze der arabisch-persischen Poetik aufweisen. Denn die Anforderungen, die Socin an die Form der Dichtungen stellt, z. B. daß nur eine lange Silbe den metrischen Iktus tragen solle, sind Forderungen, die eben nur die ja ganz nach persischem Vorbilde gebaute kurdische Gelehrtenpoesie erfüllt und erfüllen will. Solche Erzeugnisse einer Kunstpoesie aber lediglich nach der den kunstvoll gebauten Text naturgemäß leicht verunstaltenden mündlichen Überlieferung auf ihren poetischen Bau hin zu untersuchen, ist ohne Zweifel methodisch falsch. Diese Untersuchung kann eben nur an der Hand gut, d. h. mehrfach schriftlich überlieferter Texte geschehen und darf dann auch nicht von Dichtungsformen ausgehen, wie die Strophen im „Korbflicker" und ähnliche, deren Formgesetze wir erst aus den überlieferten Texten herauszuschälen haben. Die Grundlagen solcher Untersuchungen dürfen ausschließlich diejenigen Formen der kurdischen Gelehrtenpoesie bilden, deren metrische Gesetze wir aus ihren persischen Vorbildern genau kennen, wie Qasiden, Ghazal und ähnliche. Deshalb gedenke ich diese Untersuchung an die Proben der gelehrten Kunstpoesie anzuknüpfen, die ich ') Dagegen sind sie natürlich von Wichtigkeit, wenn man den Versuch machen wollte, wie Socin gelegentlich tut, an ihrer Hand in den aufgezeichneten Texten ein Metrum herzustellen, sie also zur Textkritik benutzen wollte. Aber das ist selbst an den Erzeugnissen der Kunstpoesie aus den im folgenden gegebenen Gründen aussichtslos.

XXVIII

Einleitung.

auf Grund eines reichen, von mir gesammelten Handschriftenmaterials in einem der späteren Bände der „Kurdisch persischen Forschungen" bringen werde. — Wir werden nach dem eben Ausgeführten also hier aus dem Kreise unserer Betrachtung von den Mukri-Gedichten der vorliegenden Sammlung gänzlich ausschließen müssen das moralisch-didaktische Epos „Zembilferosch" (Nr. XIV), wenigstens dessen ersten Teil, der mit der Nr. XXXVI und XXXVI b Socins so starke Übereinstimmung zeigt. Mit einiger Vorsicht werden wir benutzen müssen „Dimdim" (Nr. I), dem vielleicht ein Kunstepos zugrunde liegen mag; wenigstens scheinen hier und da Formen gelehrter Kunstpoesie hindurchzuschimmern. Immerhin überwiegt in der Mukri-Rezension das Volkstümliche sehr stark, ja ganze Partien sind augenscheinlich späteren Datums, etwa an Stelle des in Vergessenheit geratenen alten Textes neugeschaffen. Dagegen zeichnen sich sämtliche übrigen Gedichte so sehr durch dichterische Formlosigkeit im Sinne Socins aus, daß sie uns den Stoff zur Untersuchung der „Form der ostkurdischen Volksepik" liefern. — Drei Erfordernisse sind es, denen die Textgestaltung genügen muß, um die Form eines „Gedichtes" im Kurdischen anzunehmen, deren erste unumgänglich nötig ist, deren beide anderen anscheinend — soweit wir aus den uns beschäftigenden Texten schließen können — nicht überall und in gleicher Weise durchgeführt zu sein brauchen. Alle poetischen Texte brauchen den Reim, während das Metrum und die Strophenbildung nicht durchweg angewendet erscheinen. Der R e i m ist in weitaus überwiegender Mehrzahl weiblich. Es reimen der Vokal der vorletzten, auch beim Gesangsvortrage stets betonten Silbe und die ganze letzte Silbe, die unbetont ist. Wenn auch eine Kunst des Dichters darin zu bestehen scheint, daß er als vorletzte Verssilbe eine auch sonst den Wortton tragende Silbe verwendet, so sind doch diejenigen Fälle sehr zahlreich, in welchen eine sonst unbetonte Silbe

Einleitung.

XXIX

infolge ihrer Stellung im Reim den Hochton erhält Häufig wird zur Herstellung der letzten unbetonten Reimsilbe, also des weiblichen Versausklanges, das durchaus bedeutungslose a angefügt, so in den vielbeliebten Reimen -la, -dra, -Ina, -dwa. Die Pluralform auf -dn (siehe grammatische Skizze, Seite LVI), die stets den Wortton hat, wird meist zu -dna erweitert. Nicht allzuhäufig finden wir auch die grammatisch richtige Form auf -dn im weiblichen Reime verwendet, wobei dann aber stets der Ton auf die vorletzte Silbe, also die in der Singularform des betreffenden Wortes den Ton tragende Silbe zurückgezogen erscheint. So z. B. „Dimdim", Text Seite 14, Zeile 14fr.: arjään — rüän — jüdn\ Seite 15, Zeile u f f . : baiddghän — qolcdghdn — märdghän; Seite 19, Zeile 26: cäkän — mälakdn— bdläkän\ Mem und Zin Seite 30, Zeile 7ff.: säqärdn — gauhardn — nonkärdn — käräkär&n-, Seite 63, Zeile 18 ff. shiwäti — mhvdn — Ifavdn — nhvdn und andere. Sonst ist eine derartige Tonübertragung auf eine vom Wortton nicht getroffene Silbe immerhin selten: So kommt das Wort mdldwd im Reim als mäldwa, auch als mdli-dwa vor. Gelegentlich erstreckt sich der Reim über zwei Worte, insofern die letzte, die ausklingende Silbe des Reimes eine tonlose (enklitische) Form des Verbum substantivum ist Hierher gehören in erster Linie die Verse, deren letztes Wort -a „er, sie, es ist" im Texte stets mit dem vorhergehenden Worte zusammengedruckt ist Sodann auch einige „schwerere" Formen, wie bü, be. Z. B. Mem und Zin Seite 47, Zeile 6. bo min här khizmät ü tädärag be; säfäri lä bär atdia, led tnubdrag be. Ebenso Reim . . . äd be (Ferkh und Asti, Seite 176, Zeile 6 ff.), in bü (Dschulindi, Seite 239, Zeile 25 fr.), d be (Der Nasenring Seite 247, Zeile 34 ff.) und andere. Unserem Gefühle nach unreine Reime sind häufig. Dimdim (Seite 14, Zeile 10) nätärza zu ghäräza und bäza, Mem und Zin (Seite 42, Zeile 2—4) näye zu tänydya, beäghäya, und sonst, Mahrnal (Seite 209, Zeile 16—18) qizhäqizhe — däpirzhe — näkuzhtre,

XXX

Einleitung.

Dschulindi (Seite 244, Zeile 24 ff.) husäinim — khübtim, und viele andere Beispiele. Ich glaube, man darf auf diese Unregelmäßigkeiten kein allzu großes Gewicht legen und so gelehrte phonetische Erklärungen suchen oder so weitgehende Folgerungen daran knüpfen, wie es Socin (Seite XLff.) 1 ) tut. Wir müssen uns vielmehr stets vor Augen halten, daß wir es mit einer Volkspoesie zu tun haben. Und wenn man in unseren deutschen alten Volksliedern aus allen unreinen und stark gezwungenen Reimen stets lautphysiologische Schlüsse ziehen wollte, würde man wohl zu absonderlichen Anschauungen über die deutsche Sprache kommen. Ein Punkt aber ist in diesen „unreinen" Reimen doch von Interesse; es wird nämlich nicht selten /und r als gleichlautend behandelt, Dimdim (Seite 18, Zeile 10—12): büM — bentri — bili', Seite 21, Zeile 15 — 1 6 : pärwäre — hdle. Beobachtungen auf meiner zweiten Expedition in den westlichen Teilen des vom Mukri- und verwandten Dialekten beherrschten Gebietes, z. B. in Sulaimaniye, bestätigen die von mir bezweifelten Angaben Chodzkos (siehe meine Einleitung zum Textbande, Seite XXI), daß nämlich in vielen Fällen da, wo das reine Mukri / hat, deutliches r gesprochen wird. Besonders fand ich bei Weibern aus Sulaimaniye z. B. därfon „ich sage", sär, „das Jahr". Der männliche Reim ist recht selten. Folgendes Verzeichnis derjenigen Stellen, an welchen die Verse auf eine den Wortton tragende Silbe reimen, wird über das Vorkommen des männlichen Reimes in den einzelnen Gedichten Auskunft geben. I. Dimdim Seite 23, Zeile 17 ff. S e i t e 2 1 , Z e i l e 32 ff. „ 2 2 ,



2 „





12 „

22,

„ II.

23,

M e m und



33 „

Zin

S e i t e 28, Z e i l e 22 „

") Daß die Form shAra (Socin, Seite XL-XLI) die an der von Socin zitierten Stelle an Stelle des im Text stehenden shahra vom Reim gefordert wird, „in der Sprache der Epen begründet" sei, ist falsch. Denn in allen kurdischen Mundarten existiert in Unterhaltungssprache und in Prosadarstellung nur das Wort in der kurdischen Form s/tär. shahr sowie etwa noch shàhi (kurdisch shàt) und ähnliche sind eben gelehrte Formen.

XXXI

Einleitung.

Seite 56, Zeile 20 ff. V 62, „ 4„ » 69, „ 30 „ III. Las und Khezal Seite 99, Zeile 1 ff. VI. Ferkh und Asti Seite 180, Zeile 21 ff. VII. Mahmal Seite 196, Zeile 23 ff. VIII. Qotsch Osman Seite 225, Zeile 20 ff. IX. Dschulindi Seite 230, Zeile 15 ff. » 234, „ 25 „ „ 234, „ 28 „ n 24S> n 4 T> n 246, „ 24 r, X. Der Nasenring Seite 247, Zeile 24 ff. » 249. » 33 » » 250, „ 6„ „ 250, „ 12 „ „ 250, „ 30 n » 251, „ 23 „ » 251, „ 25 „ » 251, „ 29 „ » 252, „ 1„ » 253, yy 6 n XI. Kaka Mir und Kaka Scheikh Seite 255, Zeile 350.

Seite n Bapir Seite n

256, Zeile iff. 256, n 3„

284, Zeile 28 ff. 285, n 19» n 286, r> 3° » 286, » r> 3 6 » y> 287, n 21 » n 288, « 13 * 7»

288,

n 288, n 288, »

288,

»

289,

n 289, n 290, n 291, rt 292, 7) 292, r> 292, n 292, n 293, n 293, n 293,

»

15 „

n 19« n 34 » n 37 » n 10 „ n 20 „ n 9„ n 29» n 6n n 23 » rt 3 1 n 7> 34 „ n 9» n 14 „ n 19 *

Abdurrahman Pascha Seite 293» Zeile 27 ff. 3» 7) 295» 34 » » 295, r> 296, » 2 „ 296, 33 »

Es wird sich weiter, bei der Besprechung des Metrums der Gedichte, zeigen, daß das Auftreten des männlichen Reimes in größerer Häufung, wie in den Verseil von Bapir und Abdurrahman Pascha, mit einer gewissen Beschaffenheit der Verse zusammenhängt. Unter diesen männlichen Reimen finden wir auch nicht selten die Pluralendung -dn, die ursprünglich schon an sich die Bedingungen dieses Reimes erfüllt und die, wie oben erwähnt, nur mit einem gewissen Zwange der Form des weiblichen Reimes angepaßt wird. Die Wahl der einen

XXXII

Einleitung.

oder anderen Behandlungsweise scheint ebenfalls in gewisser Beziehung vom Metrum der Verse abhängig zu sein. — Reime von drei Silben kommen nur da vor, wo die letzten beiden Silben aus dem unbetonten Affix -awa bestehen. Ich habe nur folgende Stellen notiert: Ferkh und Asti Seite 174, Zeile 17: pärlmawa — zlnawa — zerinaiva — bigirlnawa, Der Nasenring S. 253, Zeile 12: kdutawa — haldtawa — näbHanva — hdtawa, und Abdurrahman Pascha Seite 296, Zeile 7: qattirawa — dindrawa — fcärawa — bdrawa. In bezug auf das Metrum der von ihm und Prym gesammelten kurdischen Gedichte sagt Socin (Seite XXI): „Die Rawis, welche die Lieder diktierten, hatten sämtlich nicht den geringsten Sinn für Metrum, und auch beim Gesänge trat ein solches für meine Ohren, so viel ich mich erinnere, nicht deutlich hervor." Dieselben Beobachtungen habe ich im MukriGebiete gemacht Weder Rahman-i-Bekir, noch Mirza Dschewad, noch sonst einer der Sänger, die mir diktierten, sprach, sang oder rezitierte die Verse in einer Form, die auch eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Skandieren gehabt hätte. Die Leute hatten auch kein Gefühl für das, was wir Rhythmus nennen, wie ja auch ihr Gesang fast durchgängig — wenigstens für unsere Ohren — rhythmischer Gliederung entbehrt1). Deshalb scheint es mir der kurdischen Volkspoesie gegenüber geboten, nicht unsere Anforderungen an Metrum und Rhythmus in den fremden Stoff hineinzutragen, und um jeden Preis Versmaße finden zu wollen, sondern möglichst ohne Voraussetzungen die Verse so aufzufassen, wie sie rezitiert werden. — Schon der erste Blick zeigt, daß wir es in den vorliegenden Mukri-Gedichten mit zwei verschiedenen Formen von Versen ») Übrigens werden auch die in so kunstreichen Metren abgefaßten persischen Gedichte eines Firdosi, Sadi, Hafiz stets ohne jede Rücksicht auf den metrischen Bau rezitiert, so daß z. B. die Messung „überlanger" Silben als zwei Silben, die j a ohnehin durchaus nicht in der persischen Sprache begründet ist, sondern nur eine Nachahmung der arabischen Prosodie darstellt, völlig ausfällt.

Die einzelnen

Worte erhalten beim Vorlesen den ihnen auch in ungebundener Rede zukommenden Wortton, und von einem Skandieren ist nichts zu bemerken.

XXXIII

Einleitung.

zu tun haben. In der einen finden wir Verse, d. h. eine durch den Endreim abgeschlossene Satzeinheit, von beträchtlicher Länge, die von kurzen und kürzesten Versen regellos unterbrochen sind. Der Vortrag dieser Verse geschieht, ohne daß sich die Betonung der einzelnen Worte von dem sonst gebräuchlichen Prosa-Satzton unterschiede; nur wird die vorletzte Silbe, die die Tonsilbe des klingenden Reimes darstellt, stets stark betont, unter Umständen und je nach dem Erfordernis auch dann, wenn sie in Prosa den Wortton nicht trägt. Doch sind diese Fälle, wie schon oben angedeutet, selten. Der männliche Reim ist in diesen Versen ebenfalls äußerst selten. Von einem „Metrum", einem nach bestimmten Regeln auftretenden Wechsel von langen und kurzen, oder von betonten und unbetonten Silben, oder auch nur von einer in der Mehrzahl der Verse etwa nachweisbaren Beschränkung der Silbenzahl von Reim zu Reim, ist auch nicht die geringste Spur zu entdecken. Daß und warum wir trotz dieses Fehlens jeglicher Rhythmik diese gereimten Sätze gleichwohl als Verse aufzufassen haben, war oben schon ausgeführt, und wir werden späterhin in der Feststellung einer strophischen Gliederung auch in diesen Gedichten ein weiteres Argument dafür finden. Ein zweiter Teil der Gedichte, — zu dem auch ganze Episoden innerhalb der Epen der ersten Gattung zu rechnen sind —, bewegt sich in Versen, welche, rein äußerlich gesprochen, sehr kurz sind, und deren Verseinheit, wie eine oberflächliche Betrachtung sofort zeigt, aus mehreren Worten so gebildet ist, daß diese Wdrte von Reim zu Reim acht beziehungsweise sieben Silben zählen. Das Satzgefüge greift bei diesen achtsilbigen Versen häufig über mehrere Verse hinüber; nie dagegen befindet sich der Satzabschluß inmitten eines Verses. In diesen achtsilbigen Versen sind abgefaßt: Nr. I (Dimdim), Nr. IX (Dschulindi), Nr. XV (Bapir) und XVI (Abdurrahman Pascha). Außerdem ziemlich umfangreiche Stücke in V (Braimok), VI (Ferkh und Asti), VII (Mahmal) passim; VIII (Qotsch Osman) zum Schluß der Erzählung, XIII (Qer und Gulazer) zum Schluß. In" allen den angeführten Stellen zählen die einzelnen Verse acht, auch sieben Silben. Nicht allzuselten treffen wir M a n n , pcnvkurd. Samml. IV, 3. a.

C

XXXIV

Einleitung.

auf Verse mit mehr, seltener mit weniger Silben. Vielfach ist es unschwer, sei es durch Textemendation, sei es durch A b strahierung einzelner prosodischer Regeln, diese Verse auf die Normalzahl der Silben zu bringen. So sind z. B. T e x t Seite 14, Zeile 12 durch Herstellung der anderweit im Reime vorkommenden älteren Form däyem für dem (cf. däyenim für denim, Gramm. Skizze Seite LXXI, § 53) die acht Silben herauszubringen; ebenso Seite 15, Zeile 14 : qóshàn dàyé ré bä rèa. Da aber solchen Einsetzungen älterer Formen, wie auch den eventuell zu eruierenden prosodischen Gesetzen stets fast eine ebenso große Anzahl von Abweichungen und Ausnahmen gegenübersteht — und ich habe umfangreiche statistische Sammlungen angelegt und nach allen möglichen Richtungen hin die Verse nach einer Gesetzmäßigkeit des Baues und nach prosodischen Regeln hin durchsucht — , so sehe ich lieber davon ab, diese resultatlosen Versuche hier vorzuführen. Vielleicht bringt in dieses Dunkel die später vorzunehmende Untersuchung der kurdischen Kunstpoesie einiges Licht, insofern anzunehmen ist, daß bei der Behandlung der in der Kunstpoesie allerdings seltener angewendeten kurdischen Worte auch der gelehrte Kunstdichter von demselben prosodischen Gefühle geleitet wird, das auch, mehr unbewußt, in dem Volksdichter lebt. Ein quantitierendes Metrum liegt den achtsilbigen Versen jedenfalls nicht zugrunde. Denn an jeder Stelle innerhalb der acht Silben finden wir sowohl lange, als auch kurze Silben. Unter diesen Umständen ist es nur natürlich, daß auch der Begriff der Positionslänge nicht festzustellen ist. Selbst an derjenigen Stelle des Verses, in welcher stets ein Hochton auftritt, in der vorletzten Silbe des achtsilbigen und der letzten Silbe des siebensilbigen Verses, finden wir, wenn auch in dem èrsteren Falle nicht häufig, kurze Silben, etwa aus kurzem Vokal und folgender einfacher Konsonanz bestehend. Auch die Akzentuierung der Worte innerhalb des Verses weicht nur in dem einen Punkte von der des Prosasatzes ab, daß die vorletzte, beziehungsweise letzte Silbe stets den Hochton hat. Im übrigen wird der Satzton beibehalten, so daß wir sowohl Verse mit vier Hebungen mit trochaischem und mit jambischem

Einleitung.

XXXV

Rhythmus, und auch Verse mit nur drei Hebungen haben. führe hier einige Beispiele an.

Ich

Vierfüßige Trochäen zeigt T e x t Seite 294, Zeile 26: wäk rostämi zdli plri. Diese Form ist wohl die häufigste. Eine jambische Dipodie liegt z. B. vor Seite 294, Zeile 22: hamü* dähätmä tämäshä. Drei Iktus hat z. B. der Vers Seite 189, Zeile 17: särbäzt lä sän diräwa. D i e Beispiele lassen sich natürlich beliebig vermehren. Bei einem derartig wechselnden Rhythmus läßt sich m. E. dann auch von einem akzentuierenden Metrum nicht gut sprechen. Es liegt also tatsächlich das Prinzip des Verses ausschließlich in der Zählung der Silben. A l s o dasselbe, was wir im jüngeren Awesta, gerade in den epischen Teilen der altiranischen Poesie finden1), und was ja auch die neuere persische Volkspoesie charakterisiert, wie aus den Sammlungen Zhukovskij's hervorgeht 2 ). Einen besonders beim Gesangsvortrage stark hervorgehobenen Ton erhält, wie schon angedeutet, die Reimsilbe, gelegentlich auch gegen den Wortton. Diese stark betonte Silbe, der in Versen mit weiblichem Reim noch eine unbetonte folgt, gibt also dem Verse in diesem Falle einen trochäischen Ausgang, während die V e r s e mit männlichem Reime somit einen jambischen A u s g a n g erhalten. A l s Regel scheint nun trotz einiger Ausnahmen festzustehen, daß Verse mit weiblichem Reime acht Silben, solche mit männlichem Reime dagegen nur sieben Silben haben. Sehr ausgedehnt ist der Gebrauch dieser sieben Silben zählenden V e r s e mit männlichem Reim in Gedicht Nr. X V (Bapir) und auch in Nr. X V I (Abdurrahman Pascha,) während in Nr. I (Dimdim) die Achtzahl der Silben überwiegt. ') Geldner, im Grundr. d. iran. Phil. II, Seite 23 hält auch nach den Ausführungen von F. Allen in K Z. X X I V , Seite 559 ff. daran fest, daß in den Yashts „das einzige metrische Prinzip die Einhaltung der bestimmten Silbenzahl zu sein scheint".

*) Siehe JKyKOBCKiH, 0 ö p a 3 i i b i nepcHÄCKaro napo^Haro TBop'iecTBa, und Salemann-Zhukovskij, Persische Grammatik (Porta ling. Orient.), Seite C*

101.

XXXVI

Einleitung.

Da im ganzen Gebiete der kurdischen Volkspoesie der klingende Reim bei weitem bevorzugt ist, so scheint mir der siebensilbige Vers mit männlichem Reime wohl sekundär aus dem achtsilbigen entstanden zu sein. Ein zehn Silben zählendes Versmaß scheint in „Khazem" (Nr. X) vorzuliegen. Auch in diesem ist der Rhythmus wechselnd, die Zahl der betonten Silben in den einzelnen Versen schwankend, die Quantität der Silben ist ohne Bedeutung, die Reime sind teils weiblich, teils männlich; die männlichen Reime sind häufiger, als in den Epen, die aus langen Versen bestehen. In denjenigen Gedichten, in welchem sich Partien der acht Silben zählenden Verse in die längeren Zeilen eingefügt finden, scheinen häufig zehn, auch elf Silben zählende Verse den Übergang von den längeren Zeilen in die kurzen zu bilden, z. B. in „Ferkh und A s t i " Text Seite 181. Das dritte Charakteristikum der kurdischen Poesie ist, wie auch Socin bemerkt hat, die s t r o p h i s c h e G l i e d e r u n g . Allerdings nicht in dem Sinne, von welchem aus Socin die Untersuchung seiner Texte auf Strophenbildung hin durchgeführt hat Wie oben ausgeführt, geht Socin von den Erzeugnissen der kurdischen Kunstpoesie aus, und so ist es nicht verwunderlich, wenn wir die Vorbilder dieser Art von Kunststrophen in dem arabischen Muwaschschah wiederfinden. In der von Martin Hartmann1) gegebenen Übersicht der arabischen Strophengedichtformen lassen sich die von Socin konstatierten Formen der kurdischen Strophengedichte sämtlich nachweisen. So ist z. B. die Form des Gedichtes vom Korbverkäufer mit dem Reimschema aaab, cccb, dddb, usw. das von Hartmann unter Nr. 233 (Seite 198) verzeichnete murabba'. Die persische Poetik nennt diese Gedichtform

Verscnrankung 19: ägar lä därban dar cü ) 20: cüdr ü pbiji kdutä dü 2 1 : khäldz-büni bö näbu 1 22: böi näbu khäldz-büni J Verschränkung

Ähnlich in Dschulindi, Text Seite 231, Zeile 24 ff., welche Stelle fast wie ein Konjugationsparadigma klingt. Sie ist sicher eine etwas verunglückte Improvisation des Barden, während in den angeführten Strophen aus „Bapir" vielleicht doch eine rhetorische Wirkung in der bewegten Schilderung des Kampfes beabsichtigt ist. — Ich finde die eben besprochene Form der Strophik weder in Socins Texten, noch auch in meinen eigenen im übrigen Kurdengebiet aufgezeichneten Sammlungen. So scheint sie auf das östliche Sprachgebiet der Kurden beschränkt. Daß-.sie etwa eine Erfindung jenes oben erwähnten Dichters Ali Berdeschani sei, möchte ich bezweifeln, wiewohl mir versichert wurde, daß alle Gediehte dieses Volkssängers in derselben Form abgefaßt seien. Er wird vielmehr nur eine alte, bei den Mangur, Bebbe und Mukri beliebte Form angewendet haben. Und wenn wir ebenso gebaute Strophen gelegentlich in Gedichten auftreten sehen, die nicht nachweislich in jenen Gebieten entstanden sind, so werden wir diese Erscheinung auf das Konto meines Barden Rahman setzen müssen, der eine ihm geläufige Form in Improvisationen auch da anwendete, wo sie nicht hingehörte. Ein wesentlich anderes Bild der Strophenform weisen diejenigen Gesänge auf, in welchen jene oben als gänzlich des Metrums entbehrend charakterisierten Verse angewendet sind. Auf den ersten Blick sehen wir hier, wie an den vielen Stellen mehr lyrischen Inhalts die Dichtung sich in einer leicht erkennbaren Strophenform bewegt So ist der Eingang von „Mem und Zin" (Text Seite 26, Zeile 10 ff.) ein typisches Beispiel dieser Art Strophengesanges. In einer Reihe gleichmäßig gebauter Verskomplexe wird derselbe Gedanke mehrfach

XL

Einleitung.

ausgedrückt, meist sogar mit denselben Worten. Die Strophenabteilung geschieht, indem jede, hier aus drei Versen bestehende Strophe einen besonderen, die drei Verse beherrschenden Reim erhält. Das ist die von Socin „Parallelismus membrorum" genannte Erscheinung, die auch vielfach in den von Socin gesammelten Gedichten vorliegt; siehe Socins Einleitung S. XX. Unsere Texte enthalten sehr viele Beispiele. So in „Mem und Zin" weiterhin der Ruf der Zin nach ihren Dienerinnen, Text Seite 30, Zeile 11 bis 22 einschließlich. Wieder drei Strophen zu je drei Versen; der Gedankeninhalt und zum größten Teil auch der Wortlaut der drei Strophen sind gleich; der Reim der ersten Strophe, -dna, ist eingeführt durch den Namen der ersten Dienerin mälik refuzn(a), die zweite Strophe reimt auf -ära, aus dem Namen der zweiten Dienerin äsmär(a), für die dritte Strophe gibt den Reim -Ana der Name der dritten Dienerin gulindäm(a) an. Die Freiheit der Wortstellung im kurdischen Satze erleichtert die Aufgabe, unter Verwendung derselben Worte verschiedene Verse herzustellen, die sich voneinander meist nur dadurch unterscheiden, daß in dem einzelnen Verse eben nur ein anderes Wort des Satzes ans Ende, also in den Reim gestellt wird. Ähnlich ist das nun folgende Zwiegespräch zwischen Mem und Zin, die Frage nach „Nam' und Art" strophisch gegliedert. Hier das Schema der Stelle, Text Seite 30, Zeile 26 ff. Ia Zin fragt. 3 Verse. Reim -ia. I b Mem antwortet. rt -äne. 3 IIa Mem fragt. n -ia. 3 n ü b Zin antwortet. -ana. 4 Illa Zin fragt. -ia. 3 n Illb Mem antwortet. -äne. 3 » » -dna. + 11 » » IV a Mem fragt. •ia. 3 IV b Zin antwortet -äkhi. 3 -äne. + 5 n » In dieser Stelle fallen einige Verse aus dem Schema der dreizeiligen Strophen heraus. Wir könnten wohl, ohne dem Inhalte Zwang anzutun, das Überflüssige ausmerzen. Der vierte

Einleitung.

XLI

Vers der Strophe ü b scheint mir ein auch den Sinn störender Zusatz zu sein. Und die zweiten Teile der Strophen I l l b und IV b enthalten eine weitergeführte Ausmalung der dazu gehörigen ersten Teile, die man wohl als eine spätere Hinzufügung ansehen kann, zumal da die Antworten bereits in den ersten drei Versen vollständig gegeben sind. Weiterhin der Schwur des Tschako, Irfo und Qarataschdin, Text Seite 61, Zeile 13 ff. I. Tschako spricht 3 Verse. Reim -oza. II. Irfo spricht 3 » „ -âla. III. Qarataschdin spricht. 3 „ „ -âne. Bemerkenswert ist, daß hier in den ersten beiden Strophen sonst recht selten vorkommende Reime verwendet sind. Ein schönes Beispiel, dessen poetischer Ausdruck alle Beachtung verdient, sind die Verse, in welchen Mem die Schönheit der Zin preist, Text Seite 63, Zeile 6 ff. I. 3 Verse; Reim -âwê, II. 3 » » -ôé, m. 3 » » -âr'e, IV. 4 » » -êwân, V. 4 „ » -inê. Der Parallelismus der entsprechenden Verse in den einzelnen Strophen ist augenfällig; die vierte Strophe enthält noch einen aus diesem Parallelismus herausfallenden Vers, der entbehrlich scheinen mag; in der fünften Strophe stimmen die beiden ersten Verse zu den ersten Versen der übrigen Strophen; den dritten Vers möchte ich wegen der törichten Wiederholung des dîwân kirdin für entstellt, wenn nicht für unecht halten, lind der vierte geht ebenfalls über den Rahmen der übrigen Strophen hinaus. In dreizeiligen Strophen mit parallelem Inhalt ist dann wieder die Wechselrede zwischen Tschako, Irfo und Mem (Seite 65, Zeile 28 ff.) gehalten: I a Tschako spricht. 3 Verse; Reim âne. I b Mem antwortet. 3 „ -ânjân. IIa Irfo spricht. 3 » „ -âiva. IIb Mem antwortet. 3 „ „ -îrân.

XLII

Einleitung.

„Mem und Zin" enthält noch mehrere derartige Strophengruppen, doch möge das hier Gegebene vor der Hand genügen. Reich ist dann auch „Ferkh und Asti" (Nr. VI), das überhaupt in formeller Hinsicht viele Berührungspunkte mit „Mem und Zin" hat, an dreizeiligen Strophen. So die Beschwörungsformeln, z. B. an das Böckchen (Text Seite 162, Zeile 26 ff.). In den drei Strophen stimmen die ersten und dritten Verse, die Anrede und den Vorwurf enthaltend, überein, während die zweiten Verse, die wohl eine Art Segenswunsch enthalten sollen, auseinandergehen. Ähnlich die Anrede an die beiden Wölfe, Text Seite 163, Zeile 16 ff.: zwei Strophen zu je drei Versen, die ersten und dritten Verse stimmen überein. Ferner T e x t Seite 169, Zeile 13 ff., die. Anrede an den Wasserschlauch: Strophe I. 3 Verse. 1 ) Reim -äni. » II- 3 » » -inIII. 3 „ „ -eri. rV- 3 „ „ -äna. Hier enthält der erste Vers jeder Strophe die Anrede, nur im letzten Worte variiert, das den Reim der Strophe angibt; der zweite Vers enthält die Verfluchung, die in jeder Strophe verschieden ist, der letzte Vers den Vorwurf, der wieder in allen vier Strophen denselben, nur im letzten Worte zum Reim variierten Wortlaut hat. Weitere Beispiele, nur mit geringfügigen Abweichungen von dem Schema, sind: die Beschwörung des Fohlens durch Asti, T e x t Seite 172, Zeile 30 ff., die Verwünschung des Flusses, Seite 174, Zeile 27 fF., die Verfluchung des Lastgauls Seite 176, Zeile 1 ff, die Anrufung der Reschisch-Vögel, Seite 176, Zeile 23 ff., und andere. Einzelne Strophen ähnlichen Inhalts zu je drei Versen sind: die Verwünschung oder der Wandersegen, Seite 174, Zeile 23 ff., und die Verse des Ferkh beim Sauerteigfächeln, Seite 192, Zeile 20. ') Denn Vers 2 gehört nicht hierher; er findet sich wohl an seiner richtigen Stelle Seite 162, Zeile 30,

Einleitung.

XLIII

Auch in „Dschulindi" finden sich solche dreizeiligen Strophen, also innerhalb des Gebietes der acht Silben zählenden Verse, jedoch mit Durchbrechung des Systems der acht Silben, Text Seite 241, Zeile 18 ff. Die Strophen sind inhaltlich durchaus parallel. Sehr deutlich zeigt das Zwiegespräch zwischen Muhammed und Ali (Text Seite 244, Zeile 1 ff.) diesen „Parallelismus membrorum": Strophe Ia. Muhammed spricht. 3 Verse. Reim -ia. Ib. Ali antwortet. 3 „ „ -äma. IIa. Muhammed spricht. 3 „ „ -äka. ü b . Ali antwortet. 3 » „ -äma. Wenn wir die drei Verse der Strophen Ia und IIa mit A, B, C, die der Antistrophen I b und ü b mit D, E, F bezeichnen, so erhalten wir folgenden Parallelismus: I A = IIA I B = II B [Wortlaut identisch, nur verschiedene Reime;

ic = nc

i D = n D I E = n E, wörtlich übereinstimmend; I F = D F. Ebenso ist die an die Reden der homerischen Helden vor dem Kampfe 1 ) erinnernde Wechselrede zwischen Dschulindi und Ali, Text Seite 244, Zeile 17 ff., gebaut. Nur scheint mir hier zwischen Vers 19 und 20 die Antwort des Dschulindi zu fehlen. Die Kurden nannten mir solche Strophen „band". Dieser terminus technicus kommt in unseren Texten selbst an mehreren Stellen vor. In „Mem und Zinfc, Text Seite 67, Zeile 3, sagl Bekir zu Mir Zendin: „rufe in einer Strophe (bändeki) den Mem an". Die nun folgenden Verse enthalten dann das bänd, einen Wechselgesang zwischen dem Mir und Mem, dessen Strophen folgendermaßen gebildet sind: '). Ähnlich in „Las und Khezal", Text Seite 88, Zeile 10ff., und öftei.

XL IV

Einleitung.

Strophe la. Zendin spricht. 3 Verse. Reim -îna. Ib. Mem antwortet. 2 -ânê. IIa. Zendin spricht. 2 -iskkân. ü b . Mem antwortet. 3 -ânê. l i l a . Zendin spricht. 2 -ta. Illb. Mem antwortet. 4 Der Parallelismus der entsprechenden Verse ist nicht strikte durchgeführt, aber immerhin deutlich erkennbar. Ein zweite Stelle finden wir in „Nasir und Malmal" Text Seite 116, Zeile 20. Dort werden die drei Strophengesänge der Mädchen Esmer, Perwer und Taurezi (Zeile 24 ff.) als band bezeichnet. Auch hier ist der parallele Inhalt der Strophen deutlich. — Neben diesen kurzen Strophen lyrischen Charakters, in denen wir wohl auf Grund des vorgeführten Materiales die Dreizahl der Verse als typisch erkennen müssen, gibt es auch längere Verskomplexe, welche, in ähnlicher Weise jeder einzelne mit einem ihm eigenen Reim versehen, denselben Gedanken wiederholt zum Ausdruck bringen. Kurz erwähne ich hier zunächst die Strophen im „Nasenring" Text Seite 248, Zeile 16 ff. Es sind Strophen zu je vier Versen, jede mit einem den vier Versen gemeinsamen Reim. Leider hat die erste den ihr wohl auch ursprünglich eigenen reizend graziösen Binnenreim im dreigeteilten vierten, dem Refrain-Verse eingebüßt, der die zweite, dritte und vierte so außerordentlich ansprechend gestaltet. In längeren Strophen ist gewöhnlich der erste und letzte Vers, oder auch der erste oder letzte Vers allen Strophen gemeinsam, immer mit dem Unterschiede, daß in jeder Strophe ein besonderer Reim herrscht, während die übrigen Verse der Strophe die Gedanken entweder freier variieren, oder auch einen Gedankenfortschritt enthalten. So ist z. B. das Klagelied des Qer in „Qer und Gulazer", Text Seite 259, Zeile 24 fr. gebaut. Auch dieser Gesang wird auf Seite 259, Zeile 23 ausdrücklich als „bänd" bezeichnet. In ähnlicher Weise sind die drei Totenklagen abgefaßt: Nr. XI, Nr. XII und die Klage der Mutter um den Tod des

Einleitung.

XLV

Seifuddin Beg in „Qotsch Osman" Nr. VII, Text Seite 226, Zeile 33 fF. — Auch innerhalb der Erzählung, besonders bei der Wiedergabe von Gesprächen, zeigt sich das Bestreben, dieselben Gedanken zwei- oder mehrfach variiert in mehreren Strophen auszudrücken, auch ohne daß lyrischer Stimmungsausdruck vorläge. Ein Beispiel solcher strophisch gegliederter Gespräche ist die Wechselrede zwischen Mem, Bangina, und den Müttern der beiden, Text Seite 41, Zeile 6 bis Seite 43, Zeile 19. Die Erzählung wird in kurzen Strophen weitergeführt z. B. Text Seite 34, Zeile 301) bis 35, Zeile 2, der Gang des Königs Braim zu seinem kranken Sohne. Es sind Strophen zu je zwei Versen, der erster die Frage k>e bü, und die Antwort lä braim enthält Die zweiten Verse der Strophen führen die Erzählung vorwärts. Ebenso Seite 40, Zeile 15 ff. Gewöhnlich tritt mit einem Subjektswechsel der Erzählung ein neuer Reim ein, beginnt also eine neue Strophe, die häufig dann mit der Frage „Wer war es?" und der Antwort „von dem und dem [reden wir nun]" eingeleitet wird. Beispiele sind sehr häufig. Um die strophische Gliederung der Gedichte mit langen, metrischer Form entbehrenden Versen vor Augen zu fuhren, gebe ich hier die Analyse eines ganzen Stückes, des Epos von „Mahmal und Braim" von Text Seite 196, Zeile 19 an. Ich zähle jeden Komplex von Versen, die auf denselben Reim ausgehen, als eine Strophe. Kurze Reden der einzelnen Personen rechne ich mit in die „Erzählung" ein. S t r o p h i s c h e G l i e d e r u n g v o n Nr. VII „ M a h m a l und B r a i m " . I. Erzählung. Reim -äwa. II. Mahmal spricht. „ -o. IE. Erzählung und Perikhan spricht „ -äwa.

3 Verse. 2 „ 3



•) Die Zeilen 30 und 31 enthalten zwei Verse, die versehentlich als einer gedruckt sind, wie aus dem Reim dätdnl — dtwäni zu ersehen ist.

XLVI

Einleitung.

iMahmal spricht. Reim -ta. 12 Verse. (Perikhan spricht. -ia. 3 „ -äwa. 6 V. Erzählung. „ VI. Erzählung. „ -äna. 7 VII. Erzählung. -äwa. 6 n VIII. Erzählung. „ -äna. 2 „ IX. Perikhan an den Tischler. „ -ära. 3 » X. Perikhan an den Sattler. „ -enin. 2 „ A XI. Perikhan an den Schlosser. „ -ta. 3 „ XII. Perikhan an den Schwertfeger. -enin. 5 » ') x r a . Perikhan an den Panzerverfertiger. -ia. 4 Erzählung. 2 -ta. -awa. 21 x i v . Erzählung. -ta. x v . Erzählung. 5 x v i . Erzählung. -äwa. 3 -äna. XVII. Perikhan spricht. 5 Erzählung. -äni. 6 XVIII. XIX. Erzählung und Braim •äne. spricht. 4 -äna. XX. Braim spricht weiter. 3 XXI. Erzählung. -äwa. 7 Mahmal spricht. -äna. 3 x x n . Braim spricht. -äna. 5 Erzählung. 2 -ärt. xxin. XXIV. Erzählung und Perikhan spricht. -äne. 8 X X V . Erzählung. -äwa. 6 x x v i . Erzählung. -äni. 4 XXVII. Erzählung. •äna. 4 x x v r a . Die Leute sprechen. -enin. 2 IV.

') Hier ist zu bemerken, daß das acht Silben zählende Metrum eingetreten ist, bis Strophe X V einschließlich; daher auch die Strophenverschränkung Text Seite 198, Zeile 5 und 6. *) Hier setzen wieder die achtsilbigen Verse ein.

XLV1I

Einleitung.

XXIX. Erzählung und die Leute sprechen. Reim •äni. 4 Ver XXX. Die Leute sprechen. 4 V » -äna. -ane. 2 T> XXXI. Zorabkhan spricht. O XXXII. Zorab spricht -äna. 3 » 7) xxxni. » 3 T> n -äwa. N XXXIV. 2 r> » 4a. n N XXXV. Erzählung; zum Schluß Worte des Türhüters. N -äwa. 18 N Der Türhüter und Zorab XXXVI. sprechen. 6 » » -ta. XXXVU. Erzählung. -äwa. 17 » » XXXVIII. Erzählung und Mahmal spricht 4 JJ n -äna. XXXIX. Braim spricht. -ia. 6 N n XL. Mahmal spricht 7> -äna. 3 » -äme. 2 XLI. Mahtnal spricht weiter. n » XLH. Braim spricht 7) -ene. 5 n XLIII. Erzählung. 3 n » -ia. 6 D Mahmal spricht » -ia. Erzählung. Mahmal spricht 3 17 » -ia. XLIV. Erzählung. -ära. V 4 » -äwa. 8 n XLV. Erzählung. n -äwa. Braim spricht. 3 r> n A XLVI. Mahmal spricht. -ta. 3 N n X L V H Erzählung. 6 r> » •ära. A A XLvni. Erzählung. 2 n » -ent. Zorab spricht -eni. 3 r> n XLIX. Die Wezire sprechen. -ia. » 3 y> L. Zorab spricht. 7> -äne. 3 » LI. Zorab spricht weiter. 3 n V -äna. -irän. LN. Der Offizier spricht. 4 n n LEI. Hasan Beg spricht. •äka. 4 n n LIV. Zorab spricht. » -ea. 3 y> Erzählung. LV. -äna. n 3 n Der Spion spricht -äna. 3 n D X

A

XLVIII

Einleitung.

LVI. LVn. LVIII. LIX. LX. LXI. LXII. LXIII. LXIV. LXV. LXVI. LXVIL LXVIIL LXIX. LXX. LXXI. LXXII. LXXIII. LXXIV. LXXV. LXXVI. LXXVIL LXXVIIl. LXXIX. LXXX. LXXXL LXXXII. LXXXIII. LXXXIV. LXXXV. LXXXVT.

Braim spricht Der Spion spricht. Mahmal spricht. Mahmal spricht. Mahmal spricht. Erzählung. Mahmal spricht. Braim spricht Braim spricht weiter. Mahmal spricht Braim spricht. Mahmal antwortet. Erzählung. Mahmal spricht. Braim spricht. Mahmal spricht. Braim spricht. Zorab spricht. Zorab spricht weiter. Erzählung. Erzählung. Erzählung. Erzählung. Erzählung. Erzählung. Erzählung. Erzählung. Zorab spricht. Erzählung. Erzählung. Zorab spricht. Erzählung. Erzählung.

Reim -îa. -ânî. n -îa. -äzitn. 7> -ôma. -îa. n » •âka. -ânî. V •âwê. n -irim. n V -ûa. T> -ûa. n •îa. n -àrma. -ûa. -aula. n » -ârê. » -âna. » -ârê. n -âwa. ** -eni. n n n r>

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4 Verse. 8 « en 3 V o p •O 3 n cr pn S* i 5 n 13 r> 3 r> 8 7) 4 r> 3 n 8 V i n li » 3 V 3 n 3 n 3 » ce ••d » 5 * 1 1 g. «u- jülj>.



12



verrückt; der Fuchs wird euch allesamt fressen." Sie sagten: „Nein; Ohm Fuchs hat Buße getan, alle Tage (ist er im Fasten) fastet er, (von dem Wasser der Nacht enthält er sich) trinkt des Abends kein Wasser, er geht auf die Wallfahrt 11 Sie redeten sehr auf die Elster ein; schließlich kam sie herab, ging mit ihnen. Der Fuchs betete unterwegs immerzu zu Gott Des Abends gelangten sie an einen Berg; des Nachts nahmen sie dort Quartier. Der Fuchs fand eine kleine Höhle (Loch) auf; alle tat er sie dort hinein, er selbst setzte sich bei der öflnung der Höhle nieder. Um Mitternacht war ihm sehr hungrig, da er an diesem Tage nichts gegessen hatte, und sehr müde geworden war. Er sagte: „Jetzt ist es Zeit, sie zu fressen." Die Elster drinnen sagte zu ihnen: „O ihr, deren Haus verwüstet ist, seht ihr nun (habt ihr gesehen), wie ihr euch selbst in die Klemme gebracht (geworfen) habt? Jetzt wird der Fuchs uns alle rufen, uns einzeln auffressen. Wer ein Mann ist, rette sich selbst." Der Fuchs rief zuerst den Hahn, sagte: „Komm, sage zwei, drei Worte, erzähle mir eine Geschichte." Der Hahn kam aus Furcht zu der Öffnung der Höhle. Der Fuchs sagte: „o Hahn, warum hast du den Menschen den Schlaf (ungesetzlich, verboten) unerreichbar gemacht; [warum] fängst du um Mitternacht zu krähen an? Wer bist du denn, daß du so tust? Als ob Gott dich dazu geschaffen (zurecht gemacht) hat?" Der Hahn sagte: „Hadschi Fuchs, ich habe einen Nutzen für die Menschheit, ich wecke sie zum Gebet auf, ich wecke sie zu ihrer Arbeit auf." Der Fuchs sagte: „Es ist gut, ich nehme von dir diese Entschuldigung an; aber du bist sehr schamlos; vor den Augen der Menschenkinder besteigst du die Henne, schämst dich nicht [einmal] vor dem König." Der Hahn fing an zu sprechen; der Fuchs biß rasch nach seinem Halse, würgte ihn und fraß ihn, wischte sich Maul und Nase, rief die Ente. Die Ente kam aus Furcht hervor. Der Fuchs sagte: „Ente, warum issest du alles was in den Wassern Gutes ist, [und] nimmst auf niemand Rücksicht (giebst niemandem dein Ohr)?" Die Ente zitterte vor Furcht, fiel (von oben) zur Erde. Der Fuchs ergriff auch sie, fraß sie. Die Öffnung der Höhle hat er besetzt (ergriffen),



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er läßt nicht zu, daß jene anderen weggehen. Er rief den Wiedehopf, sagte: „Komm, erzähle mir (für mich) eine Anekdote aus der Geschichte des Propheten Salomo, du hast ihm große Dienste geleistet." Der Wiedehopf kam aus Furcht heraus. Der Fuchs sagte: „Was ist das für eine Krone, die du auf deinen Kopf gesetzt hast; bist du etwa König" oder Wezir? du belügst sie (die Menschen), sagst: ich habe dem Propheten Salomo große Dienste geleistet." Hurtig ergriff er ihn und fraß ihn. Es war gegen Morgen, dem Fuchs war wieder sehr hungrig geworden, er rief die Elster, sagte: „Komm hervor." Die Elster kam aus Furcht hervor. Der Fuchs sagte: „Warum frissest du die Saat der Menschen und stiehlst die Eier deiner (der) Artgenossen? Als ob die Menschen deinetwegen arbeiten?" Die Elster sagte: „Wahrlichj meine Sünde ist groß (viel); aber, um dir einen Dienst zu erweisen (auf dem Wege der Dienstleistung) möchte ich dir etwas sagen11). Hernach tue was du willst (ist es dein Belieben [mich zu fressen oder am Leben zu lassen])." Der Fuchs sagte: „Sprich, daß ich [es] erfahre." Die Elster sagte: „Ein Hahn und ein Huhn, so erinnere ich mich (kommt mir die Erinnerung), sind von der Zeit Adams her übrig geblieben bis auf heute. Wenn du mir die Erlaubnis gibst, werde ich gehen, sie für dich holen; zuerst friß jene, hernach friß auch mich." Der Fuchs sagte: „Es ist gut, mir ist sehr hungrig, komm schnell wieder; wenn du kommst, diese Angelegenheit ausfuhrst, fresse ich dich nicht." Die Elster ging fort, ging nach einem Dorfe. Es war früh morgens, zwei Hunde spielten in einem Hofe; sie zeigte sich den Hunden; die Hunde stürzten hinter ihr her. Absichtlich ging sie sehr hüpfend (mit Gehüpf), damit sie hinter ihr her kämen. Sie brachte sie, bis sie zum Fuchse gelangten; die Elster winkte dem Fuchs, sagte: „Hier sind sie." Der Fuchs, als er die Hunde sah, breitete die Hände aus, sagte: „Ich bin es zufrieden (es ist akzeptiert), bringe sie nicht heran." Die Elster tat nicht nach seinem

" ) Dem Sinne nach am besten zu BberseUen etwa: „In aller Ehrerbietung will ich dir etwas sagen".



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Wort, sie zeigte den Fuchs den Hunden; die Hunde liefen hinter ihm her, sie töteten den Fuchs, rächten jene Tiere an ihm (nahmen die Rache für jene Tiere von ihm). Deshalb hebt jetzt der Fuchs, wenn man den Hund auf ihn hetzt, die Hände empor. VI. In der alten Zeit war ein König, einen Sohn hatte er (ein Sohn war ihm), sein Name war Ahmed. Der König liebte diesen Sohn sehr; er hatte einen Ring, was du auch ihm befohlen haben mögest, pflegte er auf der Stelle zu vollbringen 21 ). Der König kam dahin, daß er sterbe, er rief den Ahmed, sagte: „Sohn, diesen Ring bewahre gut (fest) auf; er ist wertvoller (besser) als dein Königstum." Der Sohn nahm den Ring an, tat ihn an seinen Finger. Zwei drei Tage verstrichen, da starb der König. Ahmed begrub ihn, nach den Kgndolationen 23) setzte er sich auf seinem Throne nieder. Einige Tage verstrichen, da bekam er Verlangen nach einer Frau (das Verlangen fiel in seinen Kopf). Er heiratete (verlangte [zur Ehe]) die Tochter seines Oheims. Eines Tages kam ihm wieder der Ring seines Vaters - ins Gedächtnis; in Gegenwart seiner Frau (an der Seite seiner Frau) strich er mit der Hand über ihn (brachte er die Hand über ihn); [da] sah er, einige Dew erschienen, sagten: „Herr, was befiehlst du, [das] wir ausführen sollen?" Er sagte: „Ich will von euch ein Schloß und ein Obergemach, [je] ein Ziegel soll von Gold, [je] ein Ziegel soll von Silber sein." Sie sagten „Ja." Im Verlauf eines Monats vollendeten sie es. Sie kamen [und] sagten: „Herr, es ist fertig geworden." Ahmed mit seiner Frau gingen, sie sahen, es ist ein Palast, kein König bis jetzt hat einen [solchen] gehabt. Dort nahmen " ) Wörtlich ins Persische übersetzt

- ^^¿»j

*3) Nachdem der Verstorbene bestattet ist, gehen die Hinterbliebenen und sagen zu ihm: „särti khosk de", „nun wohlbehalten (neupers. bleiben", särkkoshl bedeutet der Worte särit khözk ie"\ vgl. oben Anm. 1 0 und n., sowie

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Freunde zu den möge dein Haupt „das Aussprechen Anm. 18.



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sie Wohnung (setzten sie sich nieder). Seine Frau sagte: „Du mußt jenen Ring mir geben." Ahmed sagte: „Weib, du wirst ihn v e r d e r b e n H), für dich geht es nicht [daß ich ihn dir gebe]; wenn du willst, will ich bis zu IOOOOO Edelsteinringe für dich anfertigen [lassen]." Die Frau sagte: „Ganz bestimmt will ich diesen Ring." Sie bat ihn sehr, erhielt den Ring von ihm. Ein Jude war ihr Nachbar, er wußte um die Eigenschaft jenes Ringes. Sehr bemühte er sich, jenen Ring zu stehlen. Was er sich auch Mühe gab, es war kein Weg [zu dem Diebstahl]. Er dachte nach, sagte: >,Das Zweckmäßige ist (so beschaffen), daß ich die Frau des Königs zu meiner Geliebten mache." Was er nur an Hab' und Gut hatte, alles machte er zu Geld, schickte der Frau des Königs Botschaft, sie solle mit mir ein Liebesverhältnis anfangen (sie solle Liebe zu mir machen). Die Frau des Königs schickte für ihn viel Schmähungen zurück. Der Jude bemühte sich sehr, bis er die Frau des Königs zu seiner Geliebten machte. Einige Zeit (Tage) verging darüber, der Jude verkehrte viel im Hause des Königs, bis es so [weit] mit ihm kam, daß er mit der Frau des Königs den Beischlaf ausübte. Eines Nachts sagte er: „Für mich und dich (ich und du) ist es zweckmäßig, daß wir den König vernichten, und wir [dann] uns aufmachen und [davon] gehen." Die Frau sagte: „Ich selbst habe sehr Lust [dazu], aber für uns geht es nicht" Der Jude sagte: „Wenn du Lust hast, geht es leicht für uns." Die Frau sagte: „Was sollen wir tun?" Der Jude sagte: „Jenen Ring, [den] der König dir gegeben hat, wenn du ihn mir geben wolltest, so werde ich den König vernichten." Die Frau sagte: „Das ist leicht, seit jener Zeit, [da] der König mir jenen Ring gegeben hat, hat er nie wieder nach ihm gefragt." Sie gab »den Ring dem Juden, der Jude strich mit der Hand über ihn, die Dew erschienen, sagten: „Was befiehlst du?« Der Jude sagte: „Ich will von euch, nehmt sofort den König Ahmed von seinem Throne, werft ihn in die Wüste; und jenen Palast setzt für mich in der Mitte des Meeres nieder." In dieser selben Nacht hoben *•) Von arab.



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sie den Palast auf, trugen ihn davon, setzten ihn genau in der Mitte einer Insel nieder. Der König Ahmed stand am Morgen auf, sah, weder die Frau ist geblieben noch der Besitz noch der Palast Er weinte sehr. Der Jude und die Frau vergnügten sich dort; alles was sie gewünscht haben mochten, befahlen sie jenen Dew, sie brachten es für sie. Der König Ahmed hatte einen Hund, eine Katze und eine Maus in seinem Hause. Er liebte sie sehr. Zu jener Zeit, als dem König Ahmed solches zustieß, blieben sie Nacht und Tag bei dem Könige Ahmed. Eines Tages sagte der Hund zur Maus und Katze: „Freunde, wir haben viel Dankesverpflichtung gegen diesen Mann auf unserm Haupte (uns ist viel Dankverpflichtung auf dem Haupte); heute, wo ihm solches zugestoßen ist, ist solches gut: wir müssen dem Manne (für den Mann) einen Dienst erweisen. Kommt laßt uns gehen [und] jenen Ring für ihn wiederholen." Die Maus und die Katze sagten: „Du sprichst sehr gut; mache dich auf25), wir wollen gehen!" Sie gingen zu Ahmed, nahmen von ihm Abschied, gingen weg. Die Katze sagte zum Hunde: „Wie sollen wir wissen, wohin der Jude gegangen ist?" Der Hund sagte: „Redet nur nicht, ich weiß, wohin er gegangen ist" Sie gingen, bis sie an das Meer gelangten. Der Hund sagte: „Der Jude ist gekommen mitten in dieses Meer; wir müssen [es] überschreiten." Alle drei konnten gut schwimmen, sie warfen sich ins Wasser, gingen nach der Insel. Dort, wie es nur immer ging (war), warfen sie sich in das Schloß. König Ahmed machte sich hinter ihnen drein auf, kam an das Meer, wartete auf sie (das Auge war in der Erwartung ihrer). Der Hund sagte eines Tages zur Katze und Maus: „Ich, für mich ist kein Weg hinein; geht ihr, [und} erfahret (wisset), wo der Jude den Ring hingelegt h a t " Die Maus und die Katze gingen hinein; sie sahen, der Ring ist am Finger des Juden; wann er sehläft, steckt (legt) er den Ring in seine Nase. Die Katze kam, berichtete dem Hunde. Der Hund sagte: „So ist es zweckmäßig: die Maus möge ihren Schwanz in Seife wälzen; wann der Jude schläft, a

5) hasta- steht für hdlsta.



17



möge sie hingehen, ihren Schwanz in die Nase des Juden stecken, er wird niesen, der Ring wird herausspringen; dann springe du hinzu, bringe ihn hinaus, wir werden uns aufmachen, [und] davongehen." Die Maus ging, wälzte ihren Schwanz in Seife, ging, steckte ihren Schwanz in die Nase des Juden, er nieste, der Ring sprang heraus; die Katze sprang herzu und lief hinaus. Auch die Maus kam hinter ihr her; in Fröhlichkeit trugen sie den Ring zu dem Hunde. Der Hund sagte: „Habt ihr ihn gebracht?" Sie sagten: „Ja". Sie legten den Ring vor dem Hund nieder. Der Hund hob ihn auf, sie kamen an das Meer. Die Katze sagte: „Gebt den Ring mir, ich will ihn halten, bis wir hinübergegangen sind; dann werde ich ihn dem Hunde wiedergeben." Der Hund sagte: „Von dir kann er nicht gehalten werden, ich werde ihn halten." Die Katze sagte: „Ich furchte sehr, daß er dir entfalle, du bellst viel. Jedes bifichen, das du siehst, bellst du an." Der Hund sagte: „Nein, ich werde nicht bellen." Sie warfen sich ins Wasser, bis sie gelangten in die Mitte des Wassers. Ein Fisch sprang heraus. Der Hund bellte ihn an, der Ring entfiel ihm ins Wasser; ein Fisch verschlang ihn; der Hund schämte sich sehr. Die Katze sagte: „Gott möge Zorn gegen dich fassen26); sagte ich nicht, du bellst viel, der Ring wird ins Wasser fallen; König Ahmed nun (dies ist es, daß er) wartet auf jener Seite des Meeres auf uns, daß wir ihm den Ring wiederbringen; jetzt ist es so (dieses), daß wir uns vor ihm schämen müssen." Der Hund aus Scham, kein Wort wurde von ihm gesprochen (gemacht). Sie kamen, bis sie auf jenes Ufer gelangten. Sie gingen zu König Ahmed; er fragte sie: „Wo ist der Ring?" Sie erzählten ihm die Geschichte. Ahmed ward sehr zornig; ein Fischer war am Meere; Ahmed ging zu ihm in Dienst. Täglich bekam er vier Fische; einen aß er selbst, und die drei anderen gab er den Tieren. Eines Tages gab man ihm einen Fisch; er schnitt den Bauch auf, sah, der Ring ist in dessen Bauche. Er ergriff den Ring, rief Hund und Katze und Maus, erzählte es ihnen. Große Freude Sehr schlimme Verfluchung; wörtlich: IXAJCJ y i j i Mann, persvkurd. Samml. IV. 3. 2.

i_ einer blaugrauen Taube, in der Öffnung der Fenster setzte ich mich nieder auf den Brüstungen. •7) '*) >9) ,0 )

Wörtlich: „Uber [unserem] Haupte", [Uber uns] erhaben". Wörtlich: „du mögest machen [einen Eid] bei Gott"; Entsprechend dem pers. w Li j j i - c Wörtlich: „ich machte nicht den Weg, Kopf nach außen".



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s r Als ich meine Augen zu Yaya Zin erhob, „Da sah ich dies Mädchen, gleich dem Kaka Mem, dem schönen." Die jüngste Schwester sagte zu den Schwestern: „Schwestern, ich will euch zum Opfer werden! „Laßt uns den Kaka Mem emporheben, ihn tragen nach Tschizir in Bohtan1»). 10 „Sehen (wissen) wir, ob Kaka Mem schöner ist, oder Yaya Zin viel lieblicher." Die mittlere Schwester sagte zu den Schwestern: „Schwester, es ist nicht nach Brauch und Herkommen, „Niemand hat gesehen, daß der Mann (Gatte) hinter den Weibern herlaufe; „Immer sind die Weiber gekommen wegen der Ehegatten. 15 „Wenn wir nun den Kaka Mem aufhoben und trugen nach Tschizir in Bohtan, „Vielleicht daß Gott damit nicht einverstanden sei und wir den Kaka Mem nicht zurückgelangen ließen nach hier, „So wird Kaka Mem zu einem Entehrten und seiner Würde beraubten, „Man wird sagen [d. h. in Tschizir]: es ist ein Schafhirte oder Ochsenhüter. >o „Weil [doch] Kaka Mem aus dem Apfel aus dem Paradiese erschaffen worden ist, so muß König Brahim s i e " ) über seine rechte und linke Schulter anblicken am frühen Morgen^), „Weil er aus dem Paradiesapfel erschaffen worden, so muß ein jeder, der beim Gebetsgruß sie anschaut, den Mem und Bangina, „Selbst wenn er ein Ungläubiger wäre, der göttlichen Gnade teilhaftig (zum Besitzer der Gnade) werden, so Gott will. *•) WSrtlich: „Tschizir und Bohtan". Ober das Wort Yaya, abgekürzt Yai, siehe Rieh, Narrative I, Seite 144. " ) Kaka Mem und Bangina. *i) D. h. sie müssen sich alle Morgen zu ihm begeben, und sich der eine rechts, der andere links hinter ihn stellen.

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„Wenn wir den Kaka Mem nicht zurückgelangen ließen nach »s Yemen, dem großen und gewaltigen, „Wenn sein Vater beim (mit) Gebetsgruß ihn nicht sehen sollte alle Morgen, „Bei seiner Mutter ihn nicht auffindet, in der Burg Belek ihn nicht aufspürt, „Dann wird er die eine Hälfte (Seite) von Yemen verwüsten, die andere Hälfte wüste machen auf der Suche nach ihm, „Er wird zerreißen den Bauch von 700 Weziren und Wekilen, mit dem Pelz um die Schultern, „Töten wird er, wie viele Bediente und Leibdiener1*). 30 „Gott gibt nicht zu, daß wir Ursache der Tötung von diesen Muslims werden. „Laßt uns hingehen, die Yaya Zin emporheben, sie hierher bringen; „Sehen wir dann, ob Kaka Mem schöner ist, oder Yaya Zin viel lieblicher." Die mittelste Schwester ist sehr angesehen, Sie sagt: „Schwester, mit den Flügeln fliege [hin], nimm für mich ein das Fenster des Obergemaches, dessen Decke aus Fachwerk ist, „Sieh' zu, ob das Antlitz des Kaka Mem schöner ist als (oder) 28 Leuchte und Fackel." Wer war dies? Von der Fee der lieblichen [reden wir], Flügelschlag gaben sie in ihre Schwingen, schwangen sich auf (ergriffen) zu den sieben Abteilungen der Himmel, Nirgendwo rasteten sie, bis sie gingen zur Stadt Tschizir; auf s dem Palaste der Yaya Zin ließen sie sich nieder, Sie wurden zu blaugrauen Tauben, durch die Öffnung der Fenster gingen sie hinein, setzten sich nieder auf den Brüstungen. Die älteste Schwester sagt: „Dschemin, Sefin, ich will euch zum Opfer werden! „Nun laßt uns sehen, ob Kaka Mem schöner ist, oder Yaya 10 Zin viel lieblicher." qannädär Hand sind".

wörtlich

„Kalianhalter";

b ä r dästän

„die

[immer] zur

— 49

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Die mittlere Schwester sagt: „Schwester, Gott gibt nicht zu, daß du mich [seiner] Gnade beraubst (für mich seine Gnade verspielst, verscherzest); „Die Seele des Kaka Mem ist von dort hergekommen, hat sich hier aufgestellt, wandelt umher; „Wenn wir sagen: Yaya Zin ist schöner, so wird die Seele Kaka Mem ruft: „Bangina, mein Inneres ist sehr in Glut, 53) „Öffnete sich nicht wieder." -

J

5*) „Von der Menschheit" o u a l , 55) Wörtlich: „ist ihm wieder gemacht worden" oder auch: „geöffnet worden", von kirdinawa = neup. ^ O j i j l j . 5*) Wörtlich: „meine Sache ist getan worden, abgetan".



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„Gieb* meinem Vater eine Nachricht, sage: Kaka Mem hat einen gewaltigen Schmerz, er ist sehr krankt" Wer war es? Von Bangin, dem frischrosigen [reden wir], Einen Schrei nach dem andern stieß er aus, Ging zum Diwan des Königs Brahim, [dort] stand er. »s König Brahim sagt: „Bangin, mit den vom Hanf trunkenen Augen! „Wo ist denn dein Herr, ist er nicht zu sehen ?u Er sagt: „Ich will dein Opfer sein, mein Herz ist voll Gram, nicht kommt es zur Ruhe, „Kaka Mem hat einen gewaltigen Schmerz, sehr ist er ohne Besinnung." Als König Brahim dies (so) erfahrt, erhebt er sich, eine große 30 Bewegung (Lärm) geht durch (fallt in) den Diwan. Wer war es ? Von König Brahim, dem rosig-frischen [reden wir], Die Tränen seiner Augen möchtest du nennen einen Wasserstrom. Wer war es: König Brahim, der erhabene57), Über die Treppen und durch die Türen 58) eilte er hinauf. 35 Wer war es? König Brahim, der rosig-frische, Die Türe öffnete er, den Vorhang hob er empor. Wer war es? König Brahim, der tapfere, " 35 Er ergriff das Haupt des Kaka Mem, legte es auf seine Schenkel, Sagt: „Sohn, ich will dein Opfer werden, wo schmerzt es, was ist dein Leiden? „Sohn, gut ist es, daß dein Vater 4ein Leiden wisse, „Damit ich schicke nach Aristoteles und Luqman, 5 „Vielleicht daß jemand käme, für mich deinen Schmerz zu lindern wüßte 59).« 57) Ich übersetze von hier an diese rhetorischen Fragen einfacher. 5*) npättjärä* wird gewöhnlich mit „Fenster" übersetzt Jedoch kennen die Häuser in Kurdistan, wie in ganz Persien Fenster in unserem Sinne kaum; die betreffenden Öffnungen in der Wand nach aufien reichen alle bis auf den Fufiboden des Zimmers hinunter, wie eine Tttr. Daher denn auch das dem Kurden ohnehin wohl nicht recht klare persische Fremdwort gelegentlich mit poetischer Lizenz auch far die wirklichen „TUren" gebraucht werden kann. Übrigens ist auch die von den pers. Originallexicis angegebene Grundbedeutung keineswegs: „Fenster" s. Vullers' Lexikon, s. h. v. 59) Wörtlich: „Heilung deines Schmerzes fttr mich wüßte".



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Wie viel auch sein Vater sagte und flehte, Kaka Mem sagte kein Wort, und gab auch keine Antwort. König Brahim sagt: „Sohn, wo ist dein Leiden, wehe mir Armen! •o ^Sohn, ich werde [meine] Seele dir zum Opfer geben mitsamt meinem (dem) ganzen Anteil an der göttlichen Gnade60)! „Sohn, mein Herz ist verbrannt; Mir Mem, ein Feuer ist mir entfacht im Körper, „Sohn, meine eigenen Augen werde ich dir zum Opfer geben mitsamt der Stadt Yemen, „Sohn, du Stab meiner Hände, Licht meiner beiden Augen, „Sohn, du Kraft meiner Leber61), du dessen Namen ich immerfort im Munde führe61), is „Sohn, wenn dir (deinem Haupte) irgendetwas zustöfit (kommt), dann werde ich die Herrschaft von Yemen von mir werfend); „Sohn, mein Kind, mein süßes Auge, „Sohn, erhebe die Augen, daß ich dich einmal ansehe." Mir Mem sagt: „Vater, ich war ein Kind, [dann] ward ich zum Schüler6^, ao „Ich verließ die Schulstube 6S), ward zum Mullah, Wörtlich: „ich lasse [meine] Seele um dein Haupt kreisen mitsamt der ganzen (von Kopf bis zum Fuß = vollständig, ganz) Gnade [die mir Gott gewähren wird]". Die auchi im Persischen bekannte, jetzt nur wenig gebrauchte Ergebenheitsphrase o_m ^¡Ö gleich qLjjS hat ihren Ursprung in dem alten Brauche, daß man z. B. zur Abwendung einer Krankheit ein Schaf dreimal um den Kranken herumfahrt, das Schaf dann schlachtet; so dafi das Schaf fUr die Gesundung geopfert wird. Macht man nun seinen eigenen Körper zum Opfer jemandes, d. h.: will man das Unheil von jemandem auf sich ziehen, so „fühlt man seine eigene Seele um den betreffenden herum", oder: „umkreist dessen Haupt". Die Leber ist dem Iranier der Sitz des Mutes und der Kraft, cf. neupers. o j j ( j ä y o - = .seine Leber entfloh" d. h. „es entfiel ihm der Mut". Wörtlich: „Du tagliche Arbeit. meiner Zunge«. 6 3) „Ich werde mich nicht [mehr] für den Herrscher von Y. halten, " 6«) luü» hat im Kurdischen mehr diese Bedeutung; siehe auch Jaba-Justi Wb. s. v. ^ ä j . 4

s) „Ich ging Uber die Schülerschaft hinweg, hinaus."



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„Die Mullahwürde ließ ich hinter mir, ward zum Richter. „Lieber Vater, unverzüglich und ganz bestimmt will ich, daß du für mich ein Weib freiest" König Brahim sagt: „Sohn, auf deines Vaters Seele möge fallen sowohl dieser Gram, wie auch diese Betrübnis (Nachdenken), „Sohn, deinetwegen werfe ich auf das Meer Flöße mitsamt 25 Brücke, „Sohn, deine gesegnete Verherrlichung möge [nur] kommen66), ich werde gehen und für dich freien die Tochter des Königs von Ägypten. „Sohn, auf mich mögen fallen diese [deine] Schmerzen, diese deine Klagen, „Sohn, deinetwegen werfe ich auf das Meer Flöße samt Schiffen, „Sohn, deine gesegnete Verherrlichung möge [nur] kommen, ich 3° werde gehen [und] für dich freien die Tochter des Königs von Indien. „Sohn, auf mich möge fallen sowohl dieser Gram, wie auch dieser Kummer, „Sohn, deine gesegnete Verherrlichung möge [nur] kommen, ich werde gehen [und] für dich freien die Tochter des Königs vom Sonnenaufgang." Er sagt: „Lieber Vater, weder Ägypten will ich, noch Syrien, 35 „Bei der Kaaba Gottes schwöre ich, bei der Wohnung des Höchsten, bei unserem Gotteshause®7)1 „Mein Herz hat sich so in Yaya Zin verliebt68), „Außer der Yaya Zin ist das Erlaubte der Welt mir verwehrt. 36 „O Vater, wenn es wahr ist, [daß] du für mich holen wirst irgendein Weib, „Die Yaya Zin will ich, so, mit ihren Locken, „Die Schwester des Mir Zendin ist sie und die Tochter des Mir Abdullah. Die persische Redensart ^ j O ^ l

in kurdischer

sierungl *7) Besser wohl „beim Hause unseres Gottes". „Hat so in Yaya Zin Wohnung (|»ÜU) genommen."

Verballhorni-

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s „Wenn du nach ihrem Lande fragst, es ist die Stadt Tschizir von Bohtan." König Brahim sagte: „Tschizir ist (im Reiche Gottes) auf Gottes Erde nicht vorhanden." Die Wekile und Wezire sagten: „Zu Befehl, es ist nicht vorhanden." Er sagte: „Ja, für mich ist es nicht passend; ich bin König, soll die Tochter meines Untertan für meinen Sohn holen." Sie sagten: „Da ist ein alter Wezir, geht, holt diesen, um zu erfahren, ob Tschizir 10 existiert oder nicht." Man holte den Wezir, er war im Kerker, man brachte ihn, hieß ihn im Diwan des Königs Brahim niedersetzen. König Brahim sagte: „Wezir, die Stadt Tschizir, ich sage, sie existiert nicht auf Gottes Erde; existiert sie oder nicht?" Der Wezir sagte: „Zu Befehl, die Stadt Tschizir ist dort im Westen; sieben Jahre hat der König dein Vater an statt des Gehaltes sie mir gegeben; sie hat die Kosten für meinen Lebens•5 unterhalt6?) nicht herausgebracht." Als König Brahim solches hörte (erfuhr), erhob sich ihm Zorn, er ward wütend, gihg weg. Kaka Mem stand von seinem Lager auf, setzte sich hin. Der Wezir sagte ihm alle Wege und Kennzeichen von Tschizir; tausend Pfund gab er dem Wezir zum Geschenk. König Brahim sandte hin, [und] stellte den Henker auf dem Wege des Wezir auf: „wenn er (der Wezir) aus dem Zimmer des Kaka Mem herabkommt (kam), so schneidet ihm den Kopf ab, bringt ihn m mir." Als man ihn hinabgeleitete, sah er, Henker hatten sich aufgestellt in der Straße. Der Wezir erkannte sie, sagte: „Ruft jene Henker her," er gab ihnen ein Geldgeschenk, sagte: „Erlaubt 7°) ihr mir, daß ich zum Diwan gehe, oder werdet ihr mir den Kopf abschneiden?" Sie sagten: „Ja, zu Befehl, du darfst zum Diwan". Sie ergriffen ihn, brachten ihn zum Diwan des Königs Brahim. Er sagte zum König Brahim: „O König, 25 sicherlich habe ich den Tod vdrdient7»); [aber] aus welchem *9) j L ^ U wird, wie auch und richtiger auch im Neupers. gebraucht fftr: „Geld zur Bestreitung des Lebensunterhaltes". Eine häufige Redensart der kurdischen Bettler ist: khärjlm nia = „ich habe kein Geld". 7°) wörtlich „entlassen"; wird jetzt auch im Pers. so wie oben im Text gebraucht im Sinne von: „Erlaubnis zu irgend etwas erhalten habend". 7') Wörtlich: „Sterben ist für mich gut".

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Grunde hast du befohlen: schneidet ihm den Kopf ab?" Er sagte: „Ich habe diesen einzigen Sohn; ich sage: Tschizir existiert nicht; weshalb sagst du: es existiert?" Er sagte: „Zu Befehl, ich habe nicht gewußt, daß er einen Traum in bezug auf dieses gesehen hat. Befiehl dem Kaka Mem, er solle auf die Jagd gehen. Yemen hat vierzig Tore, vierzig Quartiere; jedes Quartier, suche vierzig schöne Mädchen und Weiber aus ihm aus, bringe [sie] her, veranstalte ein Tanzfest.für ihn. [Wenn] 3° er von der Jagd zurückkommt, so stelle Gaukler und Tänzer für ihn an, Löwen und Affen stelle an seinem Wege auf, Diener und Musiker stelle an seinem Wege auf. Wenn er [nun] zu gutem Glück von der Jagd zurückkommt (kam), [wenn dann] jene, [welche] er nachts im Traume gesehen hat, von diesen Frauen und von diesen Mädchen, eine von ihnen ihr gleicht [und] Kaka Mem Verlangen nach ihr trägt, wenn es ein Mädchen war, dann hat es keine Schwierigkeiten, [dann] ist es dem Vater des Mädchens lieb, daß der Sohn des Königs Brahim Kaka 35 Mem sie freien will. Wenn es [aber] eine Frau war, so rufe ihren Mann, mache ihn zum Wezir, gib ihm viel Gold, daß er seinem Weibe den Scheidebrief gebe, dann verheirate sie zu gutem Glück dem Kaka Mem; so Gott will, wird er [dann] sich 37 beruhigen." Er sagte: „Bravo, Wezir; gebt dem Wezir Geschenke." Ein großes Geschenk ward dem Wezir gegeben (gelangte zu dem Wezir). Kaka Mem jagte bis zum Mittage. König Brahim ließ holen, veranstaltete ein Tanzfest für ihn, traf seinetwegen [alle] Vorbereitungen. Wer nun eine Tochter hatte, sagt: „So Gott will, will er meine Tochter;" wer immer 5 ein Weib hatte, weinte [und] sagte: „Wenn der König mir die Frau wegnimmt, wo soll ich- dann Asche?1) auf mein Haupt streuen, da mein Weib [von mir] weggeht." — Bangina sagte: „Kaka .Mem, was ist das f ü r ' e i n Getöse rings um die Stadt Yemen?" Kaka Mem sagte: „Die Stadt Yemen hat tausend Kniffe." Bangina sagte: „Mir Mem, laß' uns wieder nach Hause gehen." Sie beendeten die Jagd, wandten das Antlitz wieder i« nach Hause zu. Als sie kamen [und] an die Grenzlinie der 7») Wörtlich: „die Asche von wo soll ich . . . tun?"

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Stadt gelangten, sahen sie, [daß] Tanzfest war, Gaukler und Tänzer [da] waren, Löwen und Bären da waren. Bangina sagte: „Mir Mem, siehe, wie sehr dich dein Vater liebt, siehe, wieviel Kurzweil er für dich zurechtgemacht h a t " Er [d. i. König Brahim] schickte die junge Leute an den W e g des Kaka Mem; danach schickte er die Bürgermeister ihm entgegen; danach i5 stellte er die Seyyid und Mullahs an seinem W e g e auf. Er gelangte zu den jungen Leuten, bewillkommnete sie. Er gelangte zu den Bürgermeistern, begrüßte sie. Er gelangte zu den Seyyid und Mullahs, stieg in ihrer Mitte ab, versprach ein Geldgeschenk für die Seyyid und Mullahs. Dort stieg er wieder zu Pferde. Die Gaukler und Tänzer kamen ihm entgegen, er gab ihnen Ehrenkleider. Er gelangte zu der Tanzerei. Es senkte (legte nieder) sein Haupt auf den Sattelknopf, sah 30 niemanden an, ging wieder an das Tor seines Diwans, stieg dort ab. Das Tanzfest wurde beendet W e r nur immer eine Tochter hatte, sagte: „ W a s soll ich tun, als Schuldner bin ich herausgekommen73); er verlangte meine Tochter nicht; was soll ich nun tun?" Der [aber, der] ein W e i b hatte, sagte: „ O Herr, vielen Dankl Mein Weib ging mir nicht [verloren]." Die Kunde wurde dem König Brahim gebracht (gegeben): „Zu Befehl, Kaka Mem kam zurück, keine hat er gewollt." König Brahim 35 sagte: „Geht hin, bringt den Wezir, ich werde ihn erwürgen." Danach schickte er einen Diener, sagte: „Schneidet ihm den K o p f ab, mein A u g e soll nicht mehr auf ihn fällen." Sie sagten: „Zu Befehl, schneide ihm den K o p f nicht ab, laß' ihn hierherkommen, daß wir hören, was sein Rat ist." Sie schickten hin, ergriffen den Wezir, brachten ihn her. Der Wezir kam (gelangte) zum Diwan des Königs von Yemen, sagte: „Zu Befehl, ich habe den T o d verdient (mein K o p f ist zum Abschneiden gut)." Er sagte: „Warum hast du Zeugnis für Tschizir gegeben, 30 ich habe [doch nur] einen Sohn." Er sagte: „Zu Befehl, es ist keine schwierige Sache; rüste ein Heer für ihn aus, 12000 Mann mögen es sein, ernenne einen Heerführer für es; rüste das Arsenal für ihn aus, schicke es mit ihm. Zwölf Tagereisen soll 73) Der Sinn könnte sein: „nun habe ich Schulden gemacht, um meine Tochter möglichst herauszuputzen; da nun der erhoffte Erfolg ausgeblieben ist,. Mann, pers^kurd. Samml. IV. 3. 3.

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er gehen, an jedem Quartier sollen 1000 Mann von ihm umkehren; dann bleibt er allein, wohin soll er dann hingehen? Auch er wird hierher zurückkommen; welche Tochter irgend eines Königs [dann] du Lust hast, führe für ihn heim." 35 Kaka Mem sandte zu seinem Vater, sagte: „Entlaß' mich, ich werde fortgehen." König Brahim sagte: „Eine Woche gedulde er sich um meinetwillen, ich werde für ihn Vorbereitungen treffen." Nun laß' uns zur Geschichte von der Yaya Zin uns wenden. Die Feen hoben Yaya Zin empor, trugen sie zurück nach 38 der Stadt Tschizir. Am Morgen erhob sich Yaya Zin aus dem Schlafe, schmähte die Melik Rehan74), sagte: „Warum hast du mich nicht geweckt, ich bin um mein Gebet gekommen 75)." Melik Rehan sagte: „Was soll ich tun, du bist zum Nachtspaziergang gegangen, spät aufgestanden." Sie sagte: „Nun gut, bringe Wasser, daß ich meine Augen wasche." Sie wusch s die Augen, zog das Taschentuch hervor, um ihre Augen abzuwischen: es war das Taschentuch des Kaka Mem. Als sie hinblickte, da war der Siegelring des Kaka Mem an ihrem Finger. Sie sagte: „Bringt für mich den Schleier, ich werde gehen zum Hause des Qarataschdin, zu Khatun Asti meiner Schwester." Sie erhob sich, ging zum Hause des Qarataschdin. Khatun Asti kam ihr entgegen, umarmte sie, geleitete sie nach oben, sie setzten sich zusammen nieder. Khatun Asti war ihre ältere Schwester, die Frau des Qarataschdin. Sie sagte: „Schwester, woher bist du so gelb und mager geworden?" Sie sagte: „Schwester, sieh' her, nimm diese Dinge einmall" Sie legte das Taschentuch und den Ring vor Khatun Asti nieder. Khatun Asti sah es an, es war das Siegel des Kaka Mem, des einzigen Sohnes des Brahim, Königs von Yemen. Sie sagte: „Schwester, wo hattest du diese Dinge her?" Sie sagte: „Bei Gott, ich »5 habe ich nur die Schulden als Resultat". Vielleicht liegt aber irgendein sprichwörtlicher Gebrauch der Redensart zugmnde, so dafi der Sinn ganz allgemein etwa wäre: „Nun haben sich die Hoffnungen nicht erfüllt". Letzterer ist mir wahrscheinlicher. 74) Ihre Dienerin, siehe oben. TS) Wörtlich: „das Gebet ist mir entgangen", „die Zeit zu meinem Gebet ist verstrichen"'.

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habe es nicht bemerkt (gewußt); heute nacht hat man mich nach Yemen getragen. „Nichts merkte ich, bejammernswerte, der Eltern beraubte76), „Dort hat man mir einen Eid abgenommen 77) bei den dreißig Kapiteln des Koran; „Und mehr als das7*); Khatun Asti ist die ältere, sie wird es selbst wissen." *> Da sagt Khatun Asti: „Weh' mir bejammernswerten, meiner Eltern beraubten! „Jener Mir Mem, der da in Yemen mit dir angerufen (aufgestellt) hat die dreißig Kapitel des Koran, „Schließlich läßt er nicht ab, er wird herkommen, seinen (den) Ginadenanteil nicht verspielen 79)." Khatun Asti sagt: „O Yaya Zin, Liebe! „Jener Mir Mem, der mit dir beim Koran geschworen hat, »s „Er hat keinen Ausweg 80 ); er läßt nicht ab, seine gesegnete Verherrlichung kommt hierher." Da sagt Yaya Zin: „Was soll ich tun, ich arme8'), und der Eltern beraubte! „Nun muß ich mich schämen8*); wie soll ich [weiter] leben?" Khatun Asti sagte: „Ich muß für dich eine Terrasse83) am Ufer des Flusses von Tschizir zurecht machen; ich will hinschicken, 200 Stück Baumwollenzeug für dich kaufen; du hast 7*) Wörtlich, wie auch oben übersetzt: „deren Eltern vereinsamt sind [sc. durch meinen bevorstehenden Tod]". Ich. übersetze die stereotype Redensart von nun an einfacher. 77) Wörtlich: gegeben, zugeschoben. 7») „. . . hat man mir angetan"; wörtlich = ; neupers. Q-J! j t »darüber hinaus". 79) Nämlich durch den Eidbruch. 80 ) Wörtlich: „der Ausweg ist ihm abgeschnitten". Pers.: SJU^J (j&fi^U»»•) Wörtlich: „deren Haupt vernichtet (geplündert) ist". £

*») = pers. *i) säki ist (auch im Persischen) eine nicht sehr gro6e quadratische, etwa einen Meter Uber dem Erdboden erhöhte Aufschüttung (auch aus Ziegeln auf-

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vierzig Dienerinnen, mit diesen Dienerinnen sollt ihr, ein Teil, 30 [das Zeug] bleichen, ein [anderer] Teil von ihnen soll Schweißmützen nähen; [so] muß dein Kummer am Ufer des Wassers zerstreut werden. Dann werde ich, so Gott, der erhabene, will, zu meinem Bruder schicken, er soll mir zwei Joch [Acker] geben, mir zwei Männer geben; „ich werde selbst pflügen lassend), mein Geld ist zu wenig, mit meinem Taschengeld komme ich nicht aus85)." Diese (die beiden Männer) werden wir an den Weg schicken; wenn Kaka Mem und Bangina kommen (kamen), so soll der 3s Pflüger Botschaft bringen." Die Melik Rehan hatten sie hinausgeschickt, sie riefen sie wieder. Melik Rehan öffnete das Armband 86 ) an ihrem Oberarm, legte es vor Yaya Zin nieder, sagte: „Ich tue keine Dienste mehr." Yaya Zin sagte: „Weswegen?" 39 Sie sagte: „Yaya Zin, du gehst zum Nachtspaziergang, nimmst mich nicht mit." Khatun Zin sagte: „Wohin ging ich?" Sie sagte: „Heute Nacht, alle Nächte gingst du zum Nachtspaziergang, warum nahmst du mich nicht mit dir?" Sie sagte: „Warum bist du nun ärgerlich? wenn sie kommen, so sei unsere Abmachung: der Herr für mich, der Diener für dich." Solchen s Pakt schlössen sie miteinander, standen auf, gingen nach ihrem Hause. Dann schickten sie hin, kauften Baumwollenstoff, trafen Vorbereitungen, gingen an das Ufer des Flusses von Tschizir. Nun aber laßt uns zwei Worte von Kaka Mem sprechen [dem edlen *7), so spricht Rahman Bekir, gebaut) mit geglätteter Oberfläche, die zum Sitzen dient In den beliebten Kreuzalleegärten (£Ü j L g ^ - ) befindet sie sich meist auf dem Kreuzungspunkt der beiden grofien Wege in der Mitte des Gartens und dient den Besitzern, Arbeitern, Besuchern zum Teil als Lager. In den Pferdeställen wird ebenfalls eine solche Erhöhung gebaut, als Schlaflager für die Stallknechte. Hier ist wohl die Anlage einer gröBeren „Terrasse" gemeint. >4) Wörtlich: „das Paar [Ochsen] einspannen lassen [zum Pflügen]". 8 5) Die in Anführungsstriche gestellten Worte sind wohl als von Asti an ihren Bruder Mir Zendin gerichtet zu denken; sie will dem Bruder als Grund für das Verlangen nach den beiden Joch Acker angeben, dafi sie mehr Taschengeld braucht. Das Zeichen der Dienstbarkeit, Zugehörigkeit zu Yaya Zin. »7) Wörtlich „mit Adel". Die folgenden drei Verse sind eine Improvisation des braven Barden, der derartige Scherze sehr liebte.

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i° Sowohl Kirmandsch wie Debokri Um des Doktor Mann willen; nicht möge er sterben.] Kein Gerede war, keine Kunde88), Die Vorbereitungen für Kaka Mem wurden getroffen Stück für Stück, Aus der Stadt Yemen zogen heraus 12000 Reiter wohlgezählt (der Buchrolle nach), •s Kaka Mem sagt: „Bangina! „Dieses Heer, welches mein Vater für mich ausgerüstet hat, geh' hin und sieh' es an!" Wer war es? Bangina, der rosig-frische, Er ging hin, hat sein Pferd aus dem Stall herausgeholt. Als er aufstieg, hat er den Namen Gottes angerufen, 20 Von dieser Seite ging er zum Heere hin, er ging, kehrte von jener Seite zurück. Einen Ruf nach dem andern hat er erhoben, Bis dafi er kam nach der Stalltür, er stieg ab. Wer war es? Bangina, der geehrte, Um ihn versammelten sich Stallmeister und Knechte, 35 Er sagt: „Eine weite und lange Reise haben wir vor uns." Wer war es? Bangina, der rosig-frische, Die Treppen kam er herauf, den Türvorhang hat er emporgehoben, Bis daß er kam, seinem Herren Mir Mem Gruß bot8?). Er sagte: „Bangina, jenes Heer, welches unser Vater für uns aus30 gerüstet hat, bei Gott, wie beschaffen ist es insgesamt?" Bangina sagt: „Mein Herr, in bezug auf viele von ihnen: sie taugen nichts, „O Herr, ich will dein Opfer werden, in ihrer Reitertüchtigkeit haben sie keinen Fehler, „Jenes Heer, welches unser Vater für uns ausgerüstet hat, nach meiner Meinung hat es für mich und dich keinerlei Nutzen und Zweck." ««) ¿°3) Weitlich: „Väterchen der Mutter", eine allgemein angewendete Schmeichelanrede, die hier sogar die Mutter ihrem Sohne gegenüber gebraucht. '«•) Wörtlich = qL&o 2 La- u . •°5) Wörtlich: „ich bin Eidschwörer". s °6) „In dem Zustande des ohne -Herren -seins." >°7) „Gingen in das Nichts."



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„Gott gab mir einen einzigen Sohn, über ihm ward ich niedergesetzt, [nun] ist er auf und davon (?)Io8)." Die Mutter des Mem sagt: „Sohn, Mir Mem, Gott verstattete 10 (gab) mir nicht, daß ich niedersitzen könne in froher Stimmung I09); „Sohn, jetzt im Greisenalter ist (ward) mein Hals zusammengetroffen mit Hausesleere II0 )." Die Mutter des Mir Mem sagt: „Ihr Leute von Yemen, Seyyid und Mullahs, ihr jung-frischen I „Ich will euch werden zum Opfer aller beider Augen! „Besetzt für mich die Toröffnung von Yemen, daß ich zwei '5 Worte reden mag mit meinem einzigen Sohn." Die Mutter des Mem sagt: „Ihr Seyyid und Mullahs, die ihr lieb seid unserem (diesem) Gotte! „In euer aller Brust sind die Kapitel des Gotteswortes; „Kommt mit mir, laßt uns gehn zu Mir Mem, bittet für mich, vielleicht, daß er mit mir zurückkehrt." Die Mutter des Bangina sagt: „Ein Feuer ist in mir entfacht, durch es ward mir zerstört die Leber, „Herr und Diener haben die Reise nach dem verwünschten111) Tschizir vor." Die Mutter des Bangina sagt: „Was soll ich tun, wehe mir Unseligen! „Was soll ich tun; warum kommt König Brahim nicht auf das Klagen des Mem und Bangina her?" Die Mutter des Mem sagt: „Was soll ich tun, wehe mir Ver- »s lassenen I Mirza Dschewad erklärte auch: hahvädä-ya =

»LJ ^jA

^ •

,0 9) Sinn „daB ich ruhig und froh das Leben geniefien könne, dafi ichi in Ruhe meines Lebens froh werden könne".

•') Wörtlich: „Hausblindheit"; Mir = „blind". Sinn: „Daß meir Haus nun deiner Person beraubt ist, das ist jetzt mein Schicksal geworden (nir auf den Hals gekommen)". "') käül=

SO Mirza Dschewad, der auch behauptet, es si (das

von den Kurden mißverstandene arabische jj^Sli'.



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„Ich habe niemanden, der mir (für mich) Rat und Hilfe112) gäbe (mache); „Wie sehr ich mich auch mühe, ich kann nicht lassen von meinem Sohne "3). „Ich muß einen Keschkul ergreifen, mitsamt einem Wanderstabe, muß zum Derwisch werden, hinter Mir Mem herziehen, bis daß ich komme"*) (gehe) zur Stadt Tschizir." 30 Die Mutter des Bangina sagt: „Was soll ich tun, Sohn, du Lieber; „Entsagen will ich [der Stadt] Yemen, wenn es auch herrlich und groß ist; „Ich will zum Wanderer (Gesandten) werden, an allen Türen werde ich Brot für Brot zusammenbetteln; „Alle Städte werde ich durchwandeln, bis daß ich komme nach der Stadt Tschizir in Bohtan. „Die Leute von Tschizir werden sagen: „eine Dienerin ist mit ihnen, diesem Jünglingspaar. u 3s Kaka Mem sagt: „Wehe mir Verstoßenen, Unseligen! „Saget zu meiner Mutter: „Bei Gott, ich kehre nicht um", „Da ich den Eid geschworen habe beim Worte Gottes." 43 Die Mutter des Mem sagt: „Sohn, mein süßes Augenlicht! „Bleib' stehen, daß ich meinen Arm (Hand) schlinge um deinen Hals, mich satt an dir sehe." Kaka Mem sagt: „Denke nicht daran, „Den Arm um meinen Hals zu schlingen, hat keinen Zweck, 5 „Ich kehre nicht um, es hat keinen Zweck. „Die Reise habe ich vor, ich muß gehen nach Tschizir in Bohtan; „Laßt die Hände von mir, o ihr Knechte [Gottes], ihr Rechtgläubigen!" Die Mutter des Bangina sagt: „Sohn, wehe mir Bejammernswerten, der Eltern beraubten! >n) taqbir ist das kurdisierte arabische JJLKXJ, also eigentlich ebenfalls „Rat, Beratung". ••3) Wörtlich: „die Hand wird von mir nicht abgezogen von meinem Sohne". "4) Der Kurde ist ebenso wie der Perser sehr viel logischer im Gebrauch der Verba „kommen" und „gehen" (auch „herbringen" und „wegtragen") als wir im Deutschen. Jede Bewegung von dem Sprechenden weg ist „«2»" oder

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„Bei Gott, erlaubet dem Mem und Bangina, daß sie gehen nach Tschizir in Bohtan. „Kommt, vertrauet sie Gott als dem Bürgen an, zum Schutze >o dem Propheten, dem letzten des Weltlaufes." Die Mutter des Mem sagt: „Sohn, wehe mir Unseligen! „Ein Feuer ist in mir entfacht worden, in meinem Herzen ist erloschen das Licht; „Die Stadt Tschizir wird [nun] blühend, die Stadt Yemen ist mir ohne den Sohn des Herren." Kaka Mem sagt: „Was soll ich tun, mein Geschick hat sich 15 gewendet 1 ^). „Ihr Leute von Yemen, ihr Seyyid und Mullahs, allesamt! „Eine Reise habe ich vor mir, euer Reichtum mehre sich, und euer Haus sei wohl im Stande 116 )!" Die Leute von Yemen, Seyyid und Mullahs sagen: „Wir sind blind"; „Gehe, gehe; wir vertrauen dich Gott als dem Bürgen an, überantworten dich dem Propheten!" Nun, wer war es? Bangina, der rosig-frische, Den Heroldsruf erhob er, den Heerruf ließ er ertönen, Das Heer begann den Aufbruch "7), das Banner ward emporgehoben. Im Verlauf einer Stunde werden die Vorbereitungen getroffen, Man entfaltete das Banner, wendete der Stadt Yemen den Rücken, richtete das Antlitz nach der wüsten Stadt =5 Tschizir. — Da brachten sie dem König Brahim von Yemen eine Nachricht: „Ein Feuer ist in Yemen entfacht worden, von niemanden kann es gelöscht werden, „roin* birdin

( ^ Ä S j ) ; jede Bewegung auf ihn zu: kätin und

(^yjoot).

Ebenso hinän

und

^¿ji)-

"5) Wörtlich: „der Tag (d. i. das günstige Geschick) hat sich von mir weg umgekehrt, abgewendet". " 6 ) Allgemein gebräuchlicher Abschiedsgruß. "7) Auch np. allgemein im Sinne von „aufbrechen", eigentlich „[das Gepäck] aufladen".

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„König Brahim soll [doch] schicken nach der Burg Belek, soll sehen (wissen), weshalb Kaka Mem dort nicht geblieben ist." 30 König Brahim sagt: „Törichtes Volk! „Gehet hin, bring' mir den Kaka Mem hierher." Die Wekile und Wezire sagen: „König Brahim, wehe dir Unglücklichen! „Erfuhrst du nicht, daß Kaka Mem das Heer nahm, nach der Stadt Tschizir ging?" Als König Brahim solches erfahrt, hebt er an mit Weinen und Wehklagen, 3s Er sagt: „Was soll ich nun tun ohne Sohn in dem öden Yemen ?" König Brahim sagt: „Ihr seid die Wekile und Wezire, die geehrten! „Ich will euer Opfer werden, kommt, bringt Schätze und Gelder für meinen Sohn hin." 44 Die Wekile und Wezire bleiben dort stehen; Sagen: „Ich will dein Opfer sein, König Brahim, du vollkommener! „Kaka Mem ist ein verständiger Mann, das nötige Geld hat er alles dort mitgenommen (niedergelegt)." König Brahim sagt: „Was soll ich tun, Feuer ergriff mich, mein Herz kann sich nicht beruhigen, 5 „Sohn, die Stadt Yemen will ich dir zum Opfer machen, mein Tod möge vor dem deinigen (vor dir) eintreten." — Wer war es? Kaka Mem, der Erlesene, Bis zum Abend marschierte er, am Abend nimmt er Quartier, Er sagt: „Bangina, du mußt hingehen, mir für das Heer, die Regimenter und die Armee sorgen; 10 „Dann komm* zurück, du mußt mir Abendessen bereiten." In jener Nacht war dort ihre Tagereise zu Ende. Ein Oberst, selbst und mit tausend Mann kehrte um. Als am nächsten Tage die Sonne aufging" 8 ), iii) Wörtlich: „als das „morgen" den Sonnenaufgang brachte".

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Stießen sie in die Trompeten, das Banner ward erhoben. Dann brachen sie von dort auf, marschierten auf die Stadt 15 Tschizir zu, Bis der Abend herab kam1'9), beendeten sie ihre Tagereise. Kaka Mem sagt: „Bangina, buntäugiger! „Gehe im Heere umher, sieh zu, wer ermattet geworden ist110)." Bangina ging im Heere umher, brachte Kunde zu Kaka Mem zurück, Er sagt: „Lieber Herr, niemand ist ermattet, niemand hat sich überanstrengt, „Aber heute Nacht ist ein Oberst mit tausend Mann nach Hause zurückgekehrt." Mir Mem sagt: „Bangina, du jung-schöner! „Für die Gnade Gottes Dank! „Sicherlich ist König Brahim, mein Vater, verräterisch gegen »5 mich. „Bangina, warum bist du so nachdenklich? „Dein Herr will für deine beiden Augen zum Opfer werden (sterben); „Heute Nacht triff nur rasch die Vorbereitungen für heut Nacht; „Bei Gott, ich werde nicht umkehren, ich müßte denn sterben (Kaka Mem müßte denn sterben)." In dieser Nacht wurde gut Ruhe gehalten (gemacht), 30 Am Morgen, als die Sonne aufging, Ließen sie den Heerruf ertönen, erhoben das Banner, Auf die Stadt Tschizir zu gehen sie, Yemen ist zurückgeblieben. Bis zum Abend sind sie marschiert, Wiederum machten sie halt, das Heer schlug [das Lager] 3s auf" 1 ). "9) „Auf ihren Kopf herab kam". hat gewöhnlich die Bedeutung: „verstimmt, ärgerlich"; man könnte also auch an die Übersetzung denken: ,,ob jemand verstimmt ist". 11 ') Die im vorigen stehenden Verbalformen auf -äwa (meist in den Endreimen) sind durchgängig Perfecta. Ich habe sie als Praeterita Übersetzt, weil im Kurdischen hier sicher nur des Reimes wegen die Perfektformen gewählt sind an Stelle des gewöhnlichen erzählenden Tempus.

79 — Mir Mem sagt: „Bangina, gehe im Heere umher, sieh' zu, ob das Heer ein vollzähliges ist." 45 Dem Bangina kamen Tränen der Augen herab, du möchtest sagen, es sei ein Wassermeer. Mir Mem sagt: „Bangina, was ist geschehen, was hat sich ereignet? „Wenn dein Herz bei deiner Mutter und deinem Vater ist, so kehre auch du um!" Bangina sagt: „Wehe mir Verlassenen und Unglücklichen ,M ) 1 s „Bei der Wesenheit Gottes, bei dem Propheten, dem letzten des Weltlaufes I „Ich ziehe nicht die Hand von dir ab, bis daß die Engel Gottes kommen über mein Haupt, um das Leben hinweg zu nehmen." Wer war es dann? Ka|ca Bangina, der rosig-frische, Mit Mir Mem setzten sie "3) sich nieder, erheiterten einander, io Bis daß am Morgen die Sonne vom Osten her ihr Haupt erhob (herausbrachte), Dann erhoben sie das Banner, das Heer setzte sich in Bewegung; Langsam marschierten sie auf die Stadt Tschizir zu. Zur Zeit des Mittagsgebetes wurde Nachricht an Mir Mem gebracht (gegeben): „Wohlbehalten möge sein der Herr, der buntäugige! „Komm, um meinetwillen stelle dich an die Spitze IJ4); führe (bringe) dieses Heer flir mich zurück." '*») „Dessen Haus verwüstet ist". •*}) D. i. Mem und Bangina. •m) „Werde zum Obersten".



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Bangina sagt: „Mir Mem, ich denke so "5), daß ich bei dir sehr angesehen bin, „Ich bin nicht gekommen, um etwas zu erwerben, um Gelder und Schätze davonzutragen. „Herr, ich will dir zum Opfer werden, ich bin verlassen 116 ) und so sehr arm; „Bis daß ich sterbe, bin ich [dir] für den Grauschimmel der »s Stallknecht" Mir Mem sagt: „Bangin, was soll ich tun; wehe mir, der ich ohne Vorzüge und töricht bin! „Selbst will ich dir zum Opfer werden, werde dir opfern "7) Yemen das verlassene; „Meine eigenen Augen will ich dir zum Opfer machen, mitsamt meinem ganzen Gnadenanteil; „Komm, mir zu Liebe führe dies Heer zurück nach Yemen, mit diesen Menschen mag ich nicht länger zusammen sein 128 ); 30 „Vielleicht, daß Gott und der Prophet um meine Verlassenheit und Hilflosigkeit erfahrt; „So Gott will, werde ich nicht von der Reise, die ich vorhabe, umkehren, bis daß ich erreiche Tschizir das wüste. „Dann wird mein Vater sagen: „ich hatte einen einzigen Sohn, sein Name war Mir Mem, der Herr der Burg Belek, 3s wo ist er [jetzt]?" „Dann wird meine Mutter sagen: „Sohn, neun Monate und neun Tage habe ich dich im Mutterleibe getragen, wo ist jetzt mein einziger Sohn?" Da sagt Bangina: „Mir Mem; wir sind [doch] alle beide ohne46 Überlegung. „Da kam der Abend hernieder, laß uns ein Quartier für uns suchen; „Die Augen der Leute sind auf uns [gerichtet], da wir die Befehlshaber und Obersten des Heeres sind." Als sie dort diese Reden miteinander beendet hatten, Riefen sie dem Heere zu, pflanzten das Banner in die Erde. 5 ,a

5) „Bei mir ist es so, daß „Ich gehöre zu den landfremden "7) „Will um dein Haupt kreisen lassen Yemen . . s i e h e auch weiter oben. „Mache ich nicht [länger] Lebensführung".



8i



Mir Mem sagt: „Bangin, gehe umher, sieh zu, wer da ohne Lebensunterhalt ist, wem noch Lebensunterhalt geblieben." Bangin sagt: „Mir Mem, komme du mit mir zur Abrechnung; „Solange (das Haupt des) König Brahim vergnügt ist, werden die Lebensmittel des Heeres nicht knapp werden ,29)." 10 Mir Mem sagt: „Du, bei Gott, Bangina, mit diesen Worten hast du mein Haupt betrübt (wüst) gemacht; „Mein W e g ist weit, es ist ein gewaltiger und gefahrlicher Weg. „Das Heer meines Vaters ist zahlreich, laß uns Vertrauen haben. „Mein Vater macht es so, daß ich nicht gehen soll nach Tschizir, [sondern] von hier aus umkehren soll." Bangin sagt: „Mir Mem, was immer ich dir rate; es geht (wird gemacht) nicht nach mir. 15 „Wenn jemand sein Wort vor Gott als Pfand gibt (legt), so darf er die Hand nicht abziehen; „Sonst nimmt Gott, der große Fürst, Rache an ihm." Mir Mem sagt: „Bangin, auf diese Weise rufst du in meinem Herzen keine Ruhe hervor'3°); „Ich lasse von Yaya Zin nicht ab um die [ganze] W e l t „Wenn auch mein K o p f verloren »3*) sein sollte, bei Gott, ich lasse nicht ab, um die Welt." 20 Bangin sagt: „Mir Mem, jetzt wartet auf dich Yaya Zin'31), alle anderen verschmäht sie." Dann sagt Mir Mem: „Bangin, schieße weiter keine Pfeile auf mich ab, wirf mich nicht in Nachdenken,

"9) Sinn ist w o h l : ,;das G e l d reicht sicher so lange, bis wir wieder zu Brahim zurückgekehrt sind, bis sich Brahim Uber unsere erfolgte Rflckkunft freuen wird"; Bangina verdächtigt also den K ö n i g , er h a b e ihnen absichtlich weniger als notwendig zur Reise nach Tschizir m i t g e g e b e n , damit sie aus Geldmangel umkehren sollen. >3°) W ö r t l i c h : „ D u machst es nicht so (wä=wäj, dafl in meinem Herzen Ruhe, Wohlbefinden ( ü L o ) w e r d e " . Ü b e r den Sinn dieses Zwiegespräches siehe weiter unten A n m e r k u n g 133. >3>) Wörtlich: „dahingegangen". •31) „ Y a y a Zin ist das Auge in Erwartung deiner [habend]". Mann, peri.-kurd. Samml. IV. 3. ».

6



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r Ich

lasse nicht ab von Yaya Zin, bis daß mein Recht und Unrecht vor dem Throne Gottes verhandelt (gemacht) wird'33). „Nun aber laß uns der Ruhe pflegen, damit sich unser Heer 25 und unsere Truppen erholen." Wer war es? Bangina, der rosig-frische, Er sagt: „Morgen werden wir diese Beratung zu Ende bringen. „Jetzt [aber], Gott weiß, wie viel Tagereisen bis zur Stadt Tschizir uns [noch] übriggeblieben sind." Dann am Morgen bliesen sie die Trompeten, erhoben das Banner. In jener Nacht kehrten vier Obersten, jeder Oberst mit j e tausend Mann von ihm (d. i. Mem) nach Hause um. Mir Mem sagt: „Bangina, was soll ich tun, kein Papier und keine Schreibfeder und kein Siegel vom Ohm Lehrer ist uns geblieben; „Bangin, was soll ich tun, vor Sehnsucht nach Yaya Zin ist 35 alle Gelehrsamkeit mir ausgetauscht '34).« Bangin sagt: „Nun nimm einmal an, das gesamte Heer sei uns hier in dieser Wüste zersprengt." Da sagt Kaka Mem: „Wehe dir, betrübt und unglücklich! 47 „Keinerlei Heer des Königs Brahim mag mit mir sein, mag mir nicht Rat und Hilfe bringen, „Bei Gott, keine Seele mag mit mir sein, ich kehre doch nicht um, bis daß ich nach der Stadt Tschizir gelange." 5

•33) Der gedankliche Zusammenhang dieses letzten Zwiegespräches

(Text

Seite 4 6 Zeile 1 4 bis 2 4 ) ist nicht ganz klar. Vielleicht ist er so zu konstruieren: Bangina sagt zu M e m :

„ D a du doch immer das Gegenteil

von

dem tust, \ras

ich dir rate, will ich so zu dir sprechen, daß dir die Rückkehr nach Yemen a n nehmbar wird, Antwort

also:

des Mem.

du darfst Bangina

deinen E i d

spricht dann

worauf Mem wiederum diese List

nicht noch

zurückweist.

So

brechen". einmal

in

Darauf dann die demselben

Sinne,

faßte auch Mirza Dschew:ad

diese Verse auf. '3«) Sinn der letzten beiden Verse etwa: „ W a s nutzt mir nun alles, was itch früher gelernt habe, nichts ist davon in meinem Kopfe zurück geblieben, ist durch die Gedanken an Zin ersetzt".

alles

-

8

3

-

Bangin sagt: ..Meine Aufgabe (für mich) ist stets, [dir] zu dienen und die Vorbereitungen zu treffen; du hast die Reise vor dir, o Gott, möge sie dir zum Segen ausschlagen ! „Warum sprichst du in Traurigkeit: „meine Leber ist verbrannt;" „Es ist eine weite und lange Reise, heißen Kummer bringend ist sie. « „Bei dem Gotte ohne Genossen! Solange die Seele in meinem Körper ist, bin ich [dein] Stallknecht, ich kehre nicht nach Hause zurück!" Mir Mem sagt: „Bangina, was soll ich tun, was soll mir helfen ? „Bei Gott, ich weiß, daß ich die Reise nach Tschizir mit einem Male machen muß." Bangina sagt: „Was soll ich tun, deine Hand ist ohnmächtig'35^ Hilfe kommt dir nicht. 15 „Da man dir den Eid abgenommen hat beim Koran und dem Worte Gottes, „So gehe, möge in deinem Herzen sich keine Gefahr zeigen, eines jeden Menschen Hoffnung ist nur Gott." An diesem Tage marschierten sie zusammen bis zur Zeit des Sonnenunterganges, Da erreicht das Heer keine bebaute Stätte, es rastete in Öde und Wüste. In dieser Nacht kehrten drei Obersteh, der Oberst mit je tausend -20 Mann, von ihm weg nach Hause um. Da ist nun am Morgen, als sie sich vom Schlafe erhoben, niemand geblieben. Da kam Bangina, setzte sich hinter den Kopf des Mir Mem, hat sehr, sehr geweint. Als Mir Mem die Augen erhoben hat, sieht er Bangina weint; Tränen der Augen, du hättest gesagt, es sei ein Meer, ein Strom, ein Fluß. Mir Mem sagt: „Bangin, warum weinst du, was ist dir zugestoßen?" Bangin sagt: „O Mir Mem, buntäugiger! •35) be däsäldt,

kurdisch für arabisch-pers.

—" ^ j . 6*

-

84

-

„Jenes Heer, welches unser Vater für uns ausgerüstet hat, nicht ein einziger Eselreiter ist [davon] bei uns geblieben." Kaka Mem ruft: „Bangina, du angesehener! „Bring her für mich den Grauschimmel, halte ihn an beiden 3» Kopfzügeln, „Auch du mußt nun unbedingt umkehren; allein gehe ich nach der Stadt Tschizir diese Reise." Bangina sagt: „Was soll ich tun? Mögen mir doch blind geworden sein alle beide Augen! „Ich habe doch schon dort zu dir gesagt, es sei ein unbrauchbares Heer; „Jetzt, wenn du mir auch das Haupt von hinten abschneiden 35 willst, kehre ich nicht nach Hause um." Mir Mem, Zorn erhob sich ihm, mit diesem goldenen Handstab schlug er auf den Kopf und die Ohrwurzel des Bangina; Er sagt: „Ganz allein werde ich gehen, du mußt nach Hause 48 umkehren." Da sagt Bangina: „Bei Gott! trotz deines Schlagens, ich lasse nicht davon ab, dir zu dienen 1 ^), „Ich werde nach der Stadt Tschizir gehen, mit unbedecktem Haupte, mit nackten Füßen werde ich hinter dir her laufen." s Da sagt Mir Mem: „Du verständiger Diener, v e r l a s s e n ' 3 7 ) sind wir hier in der Wüste, „Komm, laß uns absehen von dem Diener- und Herrsein. „Komm, laß uns einander (zusammen) werden wie Brüder [derselben] Mutter und [desselben] Vaters, bis wir sterben^ 8 )." Da verbünden sich mit einander Mem und Bangin. Dies Paar landfremde Reiter, von Yemen her kamen sie herab, Den Weg nach Tschizir kennen sie nicht, niemand ist da, den sie fragen könnten. Vom Morgen ab wanderten sie bis zur Zeit des Abends, Sie erreichen das Quartier, dort lassen sie sich nieder. '3*) Wörtlich: „ich falle nicht aus dem Dienersein, lasse nicht ab vom Dienersein". >37) „Wir blieben am Orte (zurück)". >38) „Bis uns vernichtet (wliste) wird diese Welt".

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8

5

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i5 In jener Nacht beraten sie wiederum mit einander: „Keine Mutter und keinen Vater haben wir, niemand kommt auf unser Wehklagen; „Bei Gott, keinen Greis (Weißbart) haben wir hier, unsere Hoffnung ist allein Gott, die Majestät des Propheten Gottes." Als am Morgen zu Pferde steigen diese beiden Reiter, 20 Aufbrachen, nach dem Wege nach der Stadt Tschizir sich erkundigten, Da gingen sie weiter (hinab), sie flehten: „O du Allmächtiger!" An jenem Tage ziehen dahin diese beiden verlassenen Reiter, [schon] gaben sie die Welt auf: „O Gott, wir gehen unserem Vorhaben nach, wer wird auf unser Wehklagen [zur Hilfe] kommen? *s „Niemanden sonst haben wir, außer Gott und dem Ghausx39) von Bagdad." In jener Nacht gelangte er nicht zu irgend einem bebauten Flecken, in der Steppe und Wüste blieben sie. Sie mußten sich begnügen; niemand war da, der zwei Worte mit ihnen wechselte, wegen der Annehmlichkeit. Da brachten sie Dank dar, beteten zu der Majestät, dem 3° Propheten Gottes. In jener Nacht schliefen sie, da kam ihnen zu Hilfe der erhabene Ghaus von Bagdad. Als sie in jener Nacht des Morgens aufwachten, war ein alter weißbärtiger Mann bei ihnen, damit es ihnen gut ginge in der Welt 35 Sie fragten ihn: „Wohin gehst du, woher kommst du, kennst du die Stadt Tschizir1*'), wo der Weg ist?" Der weißbärtige Mann sagt: „Ihr seid Fremdlinge1*1), willkommen seid ihr, sehr willkommenI*2). 49 „Bei Gott, ich selbst bin ortskundig, weiß um die Stadt Tschizir." Dann, als sie am Morgen aufbrachen, dies Paar Reiter, 139) H«) '4«) •4»)

D. i. Abd al-Qadir Gilani. Wörtlich: „ist dir Kunde von der Stadt Tsch.". „Gäste". „Auf meine Augen", cf. neupers. t .w ^c^Sü.



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Brachte ihnen Wais al-Qarani von Mahidescht Rettung 1 «). Da gingen sie nach der Stadt Tschizir zu hinab. Wer war es? Mem und Bangin, die jung-schönen; s Die Erde tat sich für sie zusammen *••), durch die Gnade des Lichtes der Augen x45), Bis daß sie gelangten zu dem Pflüger der Yaya Zin, dort hielten sie an I+6), Da rufen diese Reiter: „O Pflüger, zu welchem Ort gehört dieser Acker?" »47) Der Pflüger sagt: „O ihr beiden Reiter, das ist der Acker der Stadt Tschizir; „Ihr solltet mich fragen: wem gehört dieser Acker?" i» Er sagt: „Wenn ihr es nicht wisset, dies hier ist der Diener der Yaya Zin. „O, willkommen seid ihr, als landfremde Reiter kamt ihr hierher» „Kommt, steigt ab, esset bei mir einen Bissen Brot; „Damit ich [inzwischen] die Botschaft bringe zu Yaya Zin, der jung-schönen; „Als Opfergabe für eure Häupter wird sie [dann] beginnen, is Ehrenkleider zu verschenken." Da sagt Mem und Bangin: „O Herr Gott, tausendmal Dank!" Wer war es? Mem und Bangin, die buntäugigen, An dem Sprudel des Quells stiegen sie ab. Wer war es? Der Pflüger, der tapfere, Er ließ ab vom Pflügen, zur Yaya Zin brachte er die Nachricht. 20 Wer war es nun? Der Knabe des Pflügers, der jung-schöne, Er lief hin, brachte für Mem und Bangina Brot herbei. Sie aßen das Brot, brachten Dank dar. Dann machten sie sich daran, dem Pflüger Ehrenkleider zu schenken. Wer war es nun? Mem und Bangin, trunkenen Auges, 25 Beide zusammen gingen sie wieder an den Sprudel des Quells: M3) Vom türk. ^ - A j J i j j i . >44) weg- Adtin =

^¡¡3 so, daß ihr W e g sehr abgekürzt ward.

•45) D. i. „Gottes". h ' ) „Dort wurden sie Gast". '47) NeupersLsi^

,-jjl-

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„Gott sei Lob! diese Quelle ist eine SchatzquelleI48)." Wer war es nun? Mem und Bangin, die zarten, Sie beteten: „O Gott, Allmächtiger! „So sind wir nun in die Stadt Tschizir gelangt; möge Gott uns ohne Qual [aus der Not] befreien!" Wer war es? Mir Mem, der herrliche, Er streckte die Hand aus zum Becher, brachte ihn aus dem Sprudel des Quells bis zum Rande voll, Auf das Haupt des Bangina kehrte er ihn um, machte den Bangina schön. 35 Wer war es? Bangina, der vollkommene, Maschallah, du sagst er sei eine Frühlingsblume, auf die die Sonne geschienen hat. Jener Herr und Diener, die angesehenen, 50 Maschallahl der eine von ihnen, solltest du sagen, sei die Sonne, der andere, solltest du sagen, sei der Mond. Da setzten sie sich dicht am Sprudel der Quelle nieder, auf dieser und jener Seite, Bis daß von Yaya Zin zurückkommt Antwort und Kunde. Da ging nun der Pflüger hin mit Geschrei, kehrte zurück im Galopp, 5 Frohe Botschaft hat er für Mem und Bangin gebracht, Ein paarmal 1 «) taten sie die Hand in die Tasche, einiges Gold haben sie jenem Pflüger gegeben. Kaka Mem sagt: „Pflüger, wo sollen wir absteigen?" Der Pflüger sagt: „Ich will euch zum Opfer werden, „Der Bote ist auf eurem Wege, daß er mit euch [darüber] spreche." .o Dort setzten sie sich nieder Schulter an Schulter, Vier Abschnitte beteten sie, flehten zur Leuchte der Augen: „O Gott! wir sind verlassen und landfremde; „Wer wird zum Hauswirt uns, daß wir bei ihm Gast seien? „O Herr Gott, möge unser Vorhaben ausgeführt werden, möge >5 unser Haupt frei w e r d e n d ) allhier." M») Wegen der guten Nachricht, die sie hier erhalten haben. >49) „Einige Hände . >5°) D. i. von dem geleisteten Eide.



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Wer war es nun? Das Paar Jünglinge, die zarten, Sie setzten den Fuß in den Steigbügel, stiegen auf: „O Leuchte der Augen, jetzt gehen wir nach der Stadt Tschizir hinab." Da kamen sie hinab die beiden Reiter, die armen; Sie kamen und gelangten zu dem Flusse des wüsten Tschizir. 20 Als sie den Blick nach oben richteten, Sehen sie, alle Bleicherinnen stehen dort. Da sagt Mir Mem: „Bangina, buntäugiger! „Die da, die du siehst (gesehen hast) dort stehen, „Das ist jene Yaya Zin, die mich hierher gelockt (gebracht) hat." ¡>s Kaka Bangin sagt: „Kaka Mem, so ist es nicht; „Das ist sicherlich die vertraute Dienerin von ihr." Kaka Mem sagt: „Bangina, was meinst du, soll ich ein Wort von ihr zu erfahren suchen?" Kaka Mem sagt: „O Bleicherin, du bleichest mit deiner Hand; „Wir sind verlassen und landfremde, 30 „Auf dein Wort hin sind wir aus der Stadt Yemen hergekommen nach Tschizir in Bohtan." Melik Rehan sagt: „O ihr beiden Reiter, deren Heimat fern ist! „Willkommen seid ihr hier; eure Schuhe auf meine Augen, [gekommen] bis hierher! „Jene Yaya Zin, die euch [hierher] gebracht hat, hat vierzig Dienerinnen gleich mir zur Hand." 35 Da sagt Kaka Mem: „O Wehe über die Weiber; jetzt verleugnet sie mich! „Was sagst du von der Gottesfurcht, und zu [jenem] Koran'S1). „Du hast Yemen um meinetwillen verödet und verwüstet [dort] 51 gelassen^ 1 ), jetzt verleugnest du mich?" Da sagt Melik Rehan: „O ihr beiden Reiter, ihr landfremden, lieben! „Ich habe noch nicht Yemen gesehen, bei Gott, der da ohne Genossen ist [und] ewig. 'S") „Demjenigen Koran, bei dem du mir geschworen hast"; also: „zu deinem Eide". 'S1) D. h. „indem du mich hierherlocktest, hast du die Stadt Yemen meiner beraubt".

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„Diejenige Dame, die euch hierher gebracht hat, „— Fürchtet Gott (seid vor Gott in Furcht), glaubt mir! — „Vierzig Dienerinnen, wie ich, sind ihr unausgesetzt zur Hand." Kaka Mem sagt: „Bangina, trunkenen Auges! „Diese hier verleugnet mich, was ist der Grund davon?" to Bangina sagt: „Diese verleugnet dich nicht, bei Gott, sie ist es nicht; „Jenes Gewand (Hemd), welches jene nach Yemen gebracht hatte, „Jenes hat diese hier [jetzt] angezogen (jenes ist an dem Körper dieser), es ist ein Ehrengeschenk von ihr (der Yaya Zin). „Jener Mantel auf der Schulter dieser hier, ist der der Yaya Zin, den sie dieser gegeben hat mit einem Male." «5 Bangina sagt: „Jene, die mit dir den Eid geschworen hat, o mein Gebieter, bei deinem Haupte, diese hier ist es nicht" Kaka Mem sagt: „Bangina, da wir [nun] mit dieser hier zusammengetroffen sind, laß uns sie befragen, daß wir wissen mögen, in wessen Hause wir Aufnahme finden können (wir Gäste werden mögen)." Kaka Mem ruft; „O Dame, du Dame, liebe! 30 „Wer ist [wohl] freigebig und gästliebend, daß wir [zu ihm] gehen mögen, bei ihm absteigen können? „O Dame, bei der Alliebe Gottes, wir sind landfremd, sei zu uns nicht verräterisch!" Melik Rehan sagt: „Wehe mir bejammernswerten, der Eltern beraubten! „Wer nur immer zu euch verräterisch sein sollte, o Gott, blind werde er auf den Augen, beraubt sei er der [göttlichen] Gnade! „O Jüngling, wer nur immer zu euch verräterisch sein sollte, den möge Gott zum Unglauben bringen! „O Jüngling, wenn du wegen eines [bestimmten] Zweckes und einer Absicht hergekommen bist, höre (nimm an) von mir das wahre Wort:



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„Jüngling, möge ich dir verantwortlich sein! gehe [dann] nicht in das Haus irgend jemand [anderes], gehe in die Wohnung des Ka Bekir; „Das ist ein freigebiger und guter Mann, er ehrt den Gast richtig. „O mein lieber Jüngling, du bist ein Jüngling sehr ohne 30 gleichen'53),

„Wer nur immer zu dir verräterisch sein sollte, blind möge er werden auf den Augen, schwach möge er sein in seiner Religion! „Wenn du um Broterwerb zu suchen gekommen bist — deine Sünde komme auf meinen Hals! — so gehe in das Haus des Mir Zendin. „O Jüngling, du bist ein sehr lieber Jüngling, 3s „Wer nur immer zu dir verräterisch sein sollte, o Herr, möge er Schönes an seiner Jugend nicht s e h e n ' 5 4 ) . „Wenn du gekommen bist, um Diener zu sein'55), — deine52 Sünde auf meinen Hals! — so gehe in das Haus des Qarataschdin; „Niemand kann [dann] auf deine [Maultier-]Last einen Baumstamm (Balken) legen'56), dir ein böses Wort sagen." Kaka Mem sagt: „Bangina, du bist ein sehr weiser Mensch; „Ich habe die Königsherrschaft von Yemen hinter mir gelassen, 5 soll ich nun von frischem hingehen, Diener sein bei den Leuten um Brot [zu erwerben]? Kaka Mem sagt: „Bangina, ein sehr edler Bangina bist du; „Mir Mem ist aus der Stadt Yemen nicht hergekommen, um hin zu gehen, Tasse auf Tasse Kaffees unter Ergebenheitsfloskeln'S?) hinweg zu räumen. >53) be nisrin steht für j f J a j ^ J . •54) Sinn: „möge er früh sterben". •SS) piäwätl. Nom. abstr. von fiäü („Mensch"), das aber ähnlich wie im Pers.

auch im Sinne von „Diener" gebraucht wird. 'S6) im Sinne des deutschen: „Niemand darf dir an den Wagen fahren". •57) Der Diener murmelt beim Bedienen des Herrn und der Gäste das ,,tasaddüqit bim" oder „tasaddüqi särit bim" etwa wie im Persischen: f*-** ,-,LjJj.



P i -

lo „Ich bin wegen eines [bestimmten] Zweckes und einer Absicht hergekommen; [deshalb] ist es auf diese Weise gut, daß wir in das Haus des Ka Bekir gehen." Kaka Mem sagt: „Bangin, du lieber, so sehr lieber! „Den Weg von zwölf Monden und vierundzwanzig Tagen bin ich hierher gekommen, „Die Stadt Yemen habe ich verlassen, was für eine große und gewaltige Stadt! 's „Ich gehe nicht in das Haus des Qarataschdin, damit man mir als Almosen Bissen um Bissen Brotes gebe; „Dein Herz möge keine Furcht haben; sage [auch] nicht, es sei Weiberrat, „Ich gehe auf alle Fälle, und steige im Hause des Ka Bekir als Gast ab." 20 Da fleht Yaya Zin zu Gott: „O Gott! du bist ein Gott sonder Zweifel, „Zugleich bist du gütig, zugleich mächtig; „Diese beiden Reiter, [welche] aus Yemen her gekommen sind, eine Reise von zwölf Monaten und vierundzwanzig Tagen unternehmen; „O Gott, bewirke es durch deine göttliche Allmacht, daß sie in das Haus des Qarataschdin, nicht in das Haus des s Ka Bekir gehen!" Yaya Zin sagt: „Mein Gebet zu jenem Gotte! „Der da ohne Genossen ist, einzig und allein, „[Der da] für sich unvergänglich [ist]! „Jene beiden Reiter, [welche] auf mein, der bejammernswerten, Wort hin hierher gekommen sind, 3° „O Herr, im Hause des Mir, meines Bruders, mögen sie nicht Wohnung nehmen (Gast werden). „O Gott! Du bist ohne Genossen, wie sehr bist du ohne gleichen! „Jene beiden Reiter, [welche] auf mein, der bejammernswerten, Wort [hierher] gekommen, So die Erklärung des Mirza Dschewad; einfacher wohl: „um eines Almosens willen".



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„Die Königsherrschaft der Stadt Yemen haben sie hinter sich gelassen'58), „O Gott, nicht mögen sie gehen in das Haus des Ka Bekir, sie mögen gehen in das Haus meiner Schwester; Qarataschdin ist ein tapferer Mann, ist ehrlich, ist 35 freigebig159), der wird sie sehr gut zum Guten bringen." Wer war es? Kaka Mem und Bangin, der geehrte, Die Leute von Tschizir standen bei ihnen (waren aufgestellt) auf 53 dieser Seite, auf jener Seite. Wer war es? Kaka Mem und Bangin, der rosig-frische, Mit beiden Händen grüßten sie das Volk, Die Tschizirer haben auf dieser Seite, auf jener Seite (Antwort gegeben) den Gruß erwidert. Da hat Melik Rehan den Schleier um ihren Kopf geschlungen, 5 Hinter Mem und Bangin kam sie her in Eile (Galopp). Mem und Bangin haben ihre Pferde angetrieben. Wer war es? Mem und Bangin, die edlen, Nirgend wo blieben sie stehen, bis daß sie gelangten an die Türe des Ka Bekir. Das Volk von Tschizir zu ihren beiden Seiten überlegt. Niemand ist an der Türe des Ka Bekir, Der da käme, um die Zügel der beiden Reiter zu ergreifen. Wer war es? Kaka Mem, der rosig-frische, Er rief: „Bangina, buntäugiger! „Meine Schuld ist es nicht, der Rat von euch allen beiden ist is befolgt worden. „Ein landfremder Mann, wie einem Falken sind ihm die Augen verbunden. „Sehr viele Menschen haben von Weibergerede Schaden erlitten. >5') Wörtlich: „Die Königsherrschaft. . . bleibt von ihnen weg am Orte". Die hier vorliegenden Formen der 3. Pers. Sing. Präs. auf -i (statt auf -e) dämeni und dini sind dem Lokaldialekte der Mangurstämme, westlich von den Mukri zeltend, eigentümlich. Sie kommen, zumeist im Reime, öfters vor. »5») Wörtlich: „Brot gebend", nän bcdqj; der Imperativ bedä mit affigierter Adjektivendung -?.



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„Meiner Ansicht nach hat das Haus des Bekir Agha [noch] keinen Gast aufgenommen, niemandem hat man Lebensunterhalt gegeben." Kaka Mem sagt: „Bangina, ein lieber (süßer) Bangina bist du! „Ratsam ist es so, daß wir zum Hause des Qarataschdin gehen; „Der ist ein freigebiger Mann, mit [der Gewährung von] Lebensunterhalt fackelt er nicht lange. Wer war es? Mir Mem, der zarte, Er sagte: „Ihr Leute von Tschizir, Ältesten, Weißbärtel6°)! 25 „Welche ist die Straße nach dem Hause von Qarataschdin, daß wir [in ihr] nach dessen Hause hinabgehen?" Wer war es? Die trefflichen Leute, Alle sind zurückgewendet hinter ihm her gekommen, Das Haus des Qarataschdin haben sie dem Mem und Bangin gezeigt. Wer war es? Die Leute, die begnadeten, 30 Botschaft brachten sie zu Khatun Asti, der jung-frischen: „Ein Paar landfremde und jung-frische Reiter (dies ist es, sie) kamen nach hierher." Als Khatun Asti solches erfahrt, erhebt sie sich von selbst im Diwan: „Laßt mich sie begrüßen, diese Gäste." Khatun Asti ruft: 35 „Laßt herkommen die Jünglinge und Mullahs und Seyyid und Ältesten." Einzeln schickte sie sie alle auf den Weg [des Mem, zur Begrüßung]. Wer war es? Khatun Asti, die falkenäugige, 54 Sie sandte hin, Dienerinnen und Weißköpfe holte sie, Sie nahmen eine Flasche Rosenwasser, das Zimmer und das Obergemach besprengten sie damit Wer war es? Khatun Asti, von Kummer heiß, s Sie sandte, ließ den Opferwidder holen, Die Opferumkreisung161) ist vor Mem und Bangina gemacht worden. ,So

) ,Barthabende u = neup. 161) Wenn z. B. ein hoher Beamter in irgend ein Dorf kommt, so fahren die Bauern, ehe er vom Pferde steigt, einen Widder dreimal im Kreise um ihn



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Als Mem und Bangina in die Straße gelangten, Gingen die Jünglinge ihnen entgegen; sie fingen an Ehrenkleider zu schenken. Dort gingen sie vorüber im Wohlsein, An ihrem (dem) Wege waren [nun] die Weißbärte und Ältesten. Als sie dort vorüber waren, waren da aufgestellt die Seyyid und Mullahs. W e r war es? Mir Mem, der buntäugige, Er grüßte sie, mitten unter ihnen stieg er ab. Dann Bangina, der sehr edle, Waffen und Gerät nimmt er dem Mir Mem ab. Kaka Mem blieb dort stehen, Bangina begibt sich in den Harem [um die Waffen des Mem niederzulegen]. Als Khatun Asti diese Begebenheit erfuhr, Kam sie aus den Fenstertüren herab. Khatun Asti sagt: „Bruder, Lieber! „Weshalb kam deine Verherrlichung 161 ) so spät hierher? „Komm, setze dich nieder, laß* uns miteinander zwei Worte reden!" Bangina sagt: „O Dame, du buntäugige! „Ich kann nicht niedersitzen; mein Herr steht an der Türe." Da schickte Khatun Asti zu den Seyyid und Mullahs, den Gewalthabern : „Laßt den Kaka Mem los, zu mir her, mit einem Male." Als der Bote nach jener Seite hingekommen ist, Ward es den Seyyid und Mullahs gesagt. Den Kaka Mem ließen sie los, er sagte; „Möge [euer] Reichtum sich mehren, und [euer] Anwesen wohlbebaut sein!" i63) herum und schlachten dann das Tier. In alten Zeiten nahm man dazu ein Rind, wovon diese Zeremonie den Namen gäv-gärdün „Rind-herumführen" trägt Es wird auch das Opfertier geschlachtet vor die Füße des Betreffenden gelegt, der dann über das Opfer hinwegschreitet oder sein Pferd darüber hinwegschreiten läßt. Die Wortformen in gäv-gärdün sind übrigens nicht kurdisch, sondern rein persisch. Auch den Brauch habe ich überall in Persien, z. B. in Fars, und bei den Guran gefunden. l6

*) Vgl. Anmerkung 66. Sehr häufig gebrauchter Abschiedsgruß; in wörtlicher persischer ÜberJ5

setzung etwa J ^ ä

ob!

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Als Kaka Mem [von den Seyyid] entlassen worden war, erfährt es jedermann, 30 [Als] er das Antlitz dem Harem des Qarataschdin zuwendete, erfährt Khatun Asti davon. Khatun Asti kam ihm entgegen, schlang den Arm um seinen Hals, sagt: „Brüderchen, warum kamst du so spät nach dem wüsten Tschizir? „Die leuchtende Welt war mir düster, aus Sehnsucht nach dir ward mir der Lebensfaden abgeschnitten, „Brüderchen, mach' dich auf laß' uns in das Zimmer des Oberstockes gehen." 35 Wer war es? Mir Mem, der geehrte, Die Treppen ging er hinauf, Die Türen öffnete man für sie auf dieser, auf jener Seite; 55 Mit Khatun Asti setzten sie sich nieder, [wie] Schwester und Bruder, die geehrten. Bangina stand vor ihnen, er ist in Dienerstellung i64). Wer war es: Khatun Asti, die buntäugige, Mit Mir Mem, beide unterhielten sie sich miteinander, s Bangina erhielt die Erlaubnis niederzusitzen. Mem und Bangin und Khatun Asti sitzen nieder Schulter an Schulter, Khatun Asti sagt: „Mein Gast ist der Sohn des Königs von Iran.« „Wehe mir Bejammernswerten, Heimatlosen! „Was soll ich tun, mein Gast ist der einzige Sohn des Königs Brahim von Yemen." 10 „Was soll ich tun, wehe mir der Eltern beraubten! „Qarataschdin ist im Diwan des Mir Zendin, von dem Kommen dieser Gäste weiß er nicht." •¿4) dastqy. näsar bedeutet die von den kurdischen (und persischen) Dienern erforderte Stellung dem Herrn gegenüber, etwa wie das „Strammstehen" unserer Soldaten dem Vorgesetzten gegenüber. Die Hände werden vor dem Bauche so aneinander gelegt, dafi die eine das andere Handgelenk umfaßt, und der Blick (-£ü) ist auf den Mund des Herrn gerichtet; der Diener darf nicht etwa beim Sprechen mit dem Herrn gestikulieren, noch seine Augen umherschweifen lassen. Wie die grammatische Konstruktion des Ausdruckes aufzufassen ist, vermag ich nicht zu sagen.

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Khatun Asti sagt: „Türhüter! komm her gegenüber dem Fenster und dem Obergemach i65); „Als zuverlässiger Bote gehe, gib' eine Nachricht dem Qarataschdin, laß' [aber] meinen Bruder [es] nicht wissen." Wer war es? Der Türhüter, der buntäugige, 15 Er gelangte zur Türe des Diwan des Mir, hob den Vorhang empor, Ergriff die Schuhe [des Q.] l66 ) und zeigte sie dem Qarataschdin. Mir Zendin blickte hin. Mir Zendin sagt: „Türhüter; weshalb bist du hinter Qarataschdin hergekommen, was ist [denn] zum Frühstück zurecht-*> gemacht worden?" Der Türhüter sagt: „Mir, ich will dir zum Opfer werden! „Alles was du essen magst, ist dal67); aber es sind zwei Gäste frisch angekommen." Als Qarataschdin aus dem Diwan sich erhob, Kam er die Treppen herab, warf einen Blick auf den Türhüter, Sagte: „Was ist los, was ist vorgefallen?" 25 Er sagte: „Gott sei Lob, es ist nichts; „Zwei Gäste sind zu uns mitten in die Stadt gekommen; „Es sind sehr edle Gäste, Khatun Asti hat nach dir gesendet in Eile." Qarataschdin sagt: „Ich weiß selbst sehr wohl, „Jene Gäste sind willkommen, ich kenne sie sehr gut." 30 Wer war es? Qarataschdin, voll heißen Kummers, Als er an seine eigene Tür gelangte, nirgendwo ist er stehen geblieben, '¿5) Sie ruft aus dem Obergemach in den Hof hinunter dem TUrhUter zu, er solle sich im Hofe gegenüber der FenstertUr, an der sie sitzt, aufstellen, um ihren nun folgenden Befehl entgegen zu nehmen, fänjärä ü bälakhänä ist wieder poetisches evStaiuoiv. •M) Da alle in das Zimmer (tßwän) eintretenden Personen die Schuhe vor dem Eintreten abstreifen, so stehen sämtliche Schuhpaare der Anwesenden draufien vor dem die Türe verhängenden Teppichvorhang. i4 7) Diese Antwort auf die scherzhafte Frage des Mir ist durch den iranischen Höflichkeitskodex vorgeschrieben. Man vgl. den Inhalt des Gespräches bei Rosen, Colloquial grammar, pag. 108 ff.



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Bis daß er über die Treppen hinaufkam, den Türvorhang emporhob, nirgendwo ist er stehen geblieben, 35 Bis daß er hinzuging, Mir Mem den Friedensgruß bot. Er sagte: „Friede sei mit euch und die Gnade Gottes, gern willkommen168) {bist du], lieber Jüngling!" — 56 Wer war es? Melik Rehan, die buntäugige, Den Schleier schlang sie um ihr Haupt, Auf die Straße kam sie in Eile. Als sie gelangte an die Türe des Hauses des Ka Bekirl69), 5 Als sie sah, daß jener Gast, der da gekommen war, [nun aber] keiner ist an der Türe des Hauses ihres Vaters geblieben, Da sagt Melik Rehan: „Wehe mir Unglücklichen »7°), der Eltern beraubten! „Sähest du, wie der Türe des Hauses meines Vaters der Lebensweg abgeschnitten ward?" Melik Rehan sagt: „Vater, du bist sehr heidnisch! io „Des Tages empfangen achtzig Leute Unterhalt und Gehalt von deinem Hause. „[Nun] wird Kunde in allen vier Reichen umhergehen, man wird sagen: „Bekir Agha nimmt keine Gäste auf." „Bekir Agha, was soll ich tun, du bist ein edler Bekir Agha „Bekir Agha, du bist mein Schutz (für mich eine Brustwehr)»7»). 15 „Ist es schon vorgekommen, daß der Gast in deinem Hause nicht Platz finde (habe), in das Haus des Qärataschdin gehe?" Bekir Agha sagt: „Um dessentwillen, der da Besitzer der Wohlfahrt ist (d. i. Gott)! „Diejenige [Absicht], um derentwillen jene hergekommen sind, in aller Welt, •6*) Wörtlich: „auf meine Augen" (seil, hdtiii „bist du gekommen"); eine sehr höfliche Form des Willkommensginsses. laßt uns Abendbrot essen und dann darüber reden." Man brachte das Abendbrot, sie aßen Brot, wurden fertig [damit]. Der Mir sagte: „Qarataschdin, warum redest du nicht?" Er sagte: „Zu dienen, es ist deine Sache [zu reden]; was du auch sagst, ich gehorche." Er sagte: „Qarataschdin, ich gebe 1 ' 1 ) 59 die Yaya Zin mit ihrem Hause und Palaste dem Kaka Mem zum Geschenk182)." Kaka -Mem sagte: „O Gott! wenn ich sie annehme, so wird man sagen: er ist ein Tor, er hat eine Aussätzige angenommen; wenn ich sie nicht will — ich habe [aber] einen Eid mit ihr geschworen." Der Mir sagte: „Qarataschdin, ich mache die Yaya Zin mit ihrem Hause und Palaste 5 dem Kaka Mem zum Geschenk." Kaka Mem sagte: „Mir, ich nehme (nahm) es an; [aber] gebe (gab) es dir wieder." Der Mir sagte: „Qarataschdin, immerzu sage ich, diesmal zu Kaka Mem: Kaka Mem, ich mache dir die Yaya Zin mit ihrem Hause und Palaste zum Geschenk." Kaka Mem sagt: „Ich nehme es an, [aber] gebe es dir wieder." Er • sagte [weiter]: „Mir, [aber] die Anfuhrerschaft der Jagd nehme '79) Wörtlich: „ich habe das Wort Gottes mit ihr gegessen". >&>) Wörtlich: „in Herzgebrochenheit". l8 ') Hier und im folgenden wieder das Präteritum an Stelle unseres Präsens. Der Zug, daß der Mir sich, obwohl in Gegenwart des Mem, doch an Qarataschdin wendet, ist echt kurdisch-persisch. >) Das awä, wörtlich: „dies ist es"; pers. o ^ w l q j I dient anscheinend zur stärkeren Hervorhebung eines Wortes im Satze. Im folgenden gleich noch mehr Beispiele dieses Gebrauches.



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ich von dir an." Irfo, Tschako waren sehr vergnügt (ihr Befinden war sehr froh), weil Kaka Mem die Yaya Zin nicht wollte. Qarataschdin blieb bekümmert, stand auf um zu gehen, aus Zorn über Kaka Mem, weil er die Yaya Zin nicht gewollt hat. Der Mir sagte: „Qarataschdin, setze dich wieder; Kaka Mem hat die Yaya Zin nicht von mir angenommen, [nun] will ich •5 etwas von ihm verlangen, Kaka Mem soll [es] mir geben." Kaka Mem sagte: „Jawohl, zu dienen, was befiehlst du? Gerne!" Er sagte: „Gib du mir diesen deinen Diener, den Bangina." Er sagte: „Zu dienen, er sei dir zum Geschenk." Wer war es? Bangina der rosig-frische, Ein Wehgeschrei nach dem andern stieß er aus. ao Den Pelzmantel und den Stock des Mir Mem legte er nieder, Ein Wehgeschrei nach dem andern stieß er aus. Er sagt: „O Gott, was ist mir in dem fremden Lande zugestoßen!" Bangina sagt: „Mir Mem hat mich hergebracht, um mich zu verschenken 1 ^)." Er ging hin, nahm den Pelzmantel und den Stock [des Mir Zendin], stellte sich hinter Mir Zendin auf. 35 Kaka Mem erhob sich, wandelte ganz allein nach dem Hause des Qarataschdin zurück. Als er das Ohr emporhebt (nach oben wirft), sagt Khatun Asti: „o Gott! was soll ich tun, was ist mir zugestoßen; „Wenn Kaka Mem meine Schwester nicht gewollt hätte, weshalb hat er meiner Schwester den Koraneid geschworen? 1 ^)" 30 Als Mir Mem wegging, da haben, als er hinsah, Irfo und Tschako Musik bestelltes). Qarataschdin blieb zornig. Als Bekir diese Vorgänge zu Ende angehört hatte, Erhob er sich in guter Lebensart aus dem Diwan des Mir, •'3) berät, neup. „der Wechsel, das Geschenk". '84) Wörtlich: „hat er vor meine Schwester das Wort Gottes gelegt". lS 5) Aus Freude Uber die Verbesserung ihrer Aussichten betreffs der Yaya Zin. säz ist das pers. j L » ; caqän bedeutet das Fingerknipsen, das der eine der Musiker zur Angabe des Rhythmus stets ausflbt.



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Ging zur Yaya Zin; sehr freudig waren seine Schritte. 35 Sacht hob er den Türvorhang der Yaya Zin empor; Absichtlich trat er wieder zurück. Da sagt Yaya Zin: „Ka Bekir, tritt ein, komme heran, daß ich 60 erfahre, was heut Abend im Diwan sich ereignet hat." Als Bekir solches vernimmt, Ging er zur Yaya Zin, setzte sich nieder im Zimmer. Yaya Zin sagt: „Ka Bekir, erzähle mir, daß ich wisse, was ge- 5 schehen ist, worüber gesprochen worden ist." Bekir sagt: „Was soll ich tun? Dein Bruder ist verrückt und untauglich; „Ich weiß nicht, was ich' tun soll, dein Bruder weiß nichts von Lebensart. Ein Päderastensohn, ein Lump ist [da] gekommen; niemand weiß von seiner Heimat, „Heute abend gab dein Bruder dreimal dich ihm zum Ge- 10 schenk, er hat dich nicht angenommen im Diwan." Yaya Zin sagt: „Sage mir, was bedeutet diese Rede; „Bekir Agha, das glaube ich nicht, das ist ein leeres Geschwätz. „Deijenige, dem sie mich gegeben haben, wie ist sein Name?« Er sagt: „Ich weiß nicht; Kaka Mem sagen sie zu ihm, es ist 15 ein gelber Kerl, ein Lump!" Yaya Zin sagt: „Ich Unglückliche, Bejammernswerte! „Bekir, das ist deine Schuld, deine zweiunddreißig Zähne will ich dir mit der Zange herausreißen!" Bekir sagt: „Was soll ich tun, was ist meine Schuld? „Dieser Mir Mem ist ein sehr törichter Mann, ein Lump. „Dein Bruder kennt die Menschen nicht, du giltst ihm nichts." Als Bekir diese Rede vollendet hatte, Erhob er sich in guter Lebensart, hob den Türvorhang auf, [und] kehrte wieder zurück. Yaya Zin weint für sich, und blieb bekümmert; Sie sagt: „O Gott! Wenn jener Mann mich nicht gewollt hätte, weshalb hat er in Yemen das Wort Gottes vor 25 mich gelegt? „Wehe mir Bejammernswerten und der Eltern beraubten!



los



„Morgen muß ich diesen Kaka Mem sehen, daß ich erfahre, warum er, wenn er mich nicht wollte, die Königsherrschaft von Yemen im Stich ließ, den Weg von zwölf Monaten und vierundzwanzig Tagen daherkam nach dem wüsten Tschizir." 30 An einem Tage früh am Morgen Haben vier Löwen auf dem Dache des Qarataschdin Versammlung abgehalten. Da sagte Yaya Zin: „Warum waschen diese Huren [die Dienerinnen] nicht alle Tage die Schüssel [und] gehen schmutzig (in Schmutzigkeit) in den Diwan, [so daß] mein Bruder immer zankt." Sie sagte zu den Mägden: „Nehmt sie, ich werde sie tragen zum Wasserbassin des Hauses meines Bruders; ich werde 35 sie (plural!) heute waschen; das ganze Frühstück und Abendessen mag [dann] so gehen in den Diwan." Sie zog den Schleier um ihr Haupt, [und] ging voran. Jene auch nahm Teller und Schüssel, ging hinter ihr her. 61 Tschako sagt: „Irfo, Qarataschdin, Mir Mem, ihr Lieben, sehr Lieben! „Jene hochgewachsene, buntäugige, wer ist sie, [die da] herabkommt zum Rand der Quellen?" Irfo sagt: „Tschako, Mir Mem, Qarataschdin, ich wili euch zum Opfer werden! „Diese Dame ist diejenige Dame, nach welcher diese drei Löwen schmachten l86 )." s Yaya Zin ist die Schwägerin des Qarataschdin, diese [drei Männer] scheuten sich vor Qarataschdin, sie anzurufen. Qara-. taschdin sagte: „Bringt mir die Korane." Qarataschdin schwor einen Eid auf den Koran für Irfo, Tschako, Kaka Mem. Er sagte: „Solange ich lebe (lebendig bin), gehört Yaya Zin euch allen dreien; wem immer sie Gott gibt (gab), dessen soll sie 10 sein." Qarataschdin sagte [weiter]: „Laß den Kaka Mem hingehen, er soll sich ihr in den Weg stellen, damit er nicht etwa sage: ich bin der jüngste Gefahrte, mich rechnen sie nicht als M

) Wörtlich: „in Verlangen (arab.

sind".



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Mann." Tschako sagte: „Wer nur immer der Yaya Zin genehm sein mag, der soll unser ältester Genosse sein." „Wir sind hier drei Brüder mit Grauschimmeln, „Alle drei Herren von Keule und Bogen und herrlichen Waffen. „Mache dich auf, gehe, o Gott! deine Geliebte sei gesegnet, 15 hernach siegbringend!" Irfo sagt: „Wir sind hier drei Brüder mit Fuchs-Rossen, „Alle drei Herren von Keule, und Bogen und Schwert und Schild. „Jüngling, Mir Mem, mache dich auf, gehe, deine Geliebte sei gesegnet, hernach möge sie dir erlaubt sein!" «> Kaka Mem stand immer da, stocherte mit einem Stöckchen in die Erde, sprach nicht Da sagt Qarataschdin: „Mir Mem, dein Unglück falle auf mich, samt diesen Reden, samt diesen Lästerungen! „Gott der Herr möge diese Brüder dir nicht rauben, bis daß Gott Gericht hält. „Stehe auf, gehe, vielleicht daß der Mann ( = du) etwas von seiner Geliebten vernehme." Sie sagten zu Kaka Mem: „Mache dich auf, gehe." Er sagte: „Jungens, möge euer Haus nicht verwüstet werden! Es mag [die Zeit des] Mittagsgebet[es] sein, mitten in der Stadt Tschizir mag es sein, drei Löwen wie ihr mögen hier stehen, wie soll ich [da] euch den Rücken kehren, zum Mittagsgebet gehen; wie soll ich der Schwester des Mir in den Weg kommen? Bei Gott, mein Herz möge zerreißen, ich kann nicht gehen." 3» Irfo erhob sich mit Tschako und Qarataschdin, sie gingen von dem Dache hinab; brachten die Pferde heraus; sie schworen einen Eid beim Koran: „Wenn Yaya Zin mit Kaka Mem einig sein sollte, so werden wir jedem, der in den Straßen, in den Gassen eine [böse] Rede führen, Bosheiten ausführen sollte, den Kopf abschneiden." Wer war es? Kaka Mem, der rosig-frische, 35 Den Pelz von Hermelinfell warf er um den Nacken, Sehr vergnügt waren seine Schritte. Irfo betete das Gebet und die äyat ul-kursi, er vollendete sie 62 (d. h. die beiden Gebete),



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Während er (Kaka Mem) hinging, am Rande der Quelle der Yaya Zin den Friedensgruß bot. Yaya Zin gab das Aleiki[s-saläm] dem unglücklichen Kaka Mem nicht wieder. Sondern sagte: „Jüngling sei nicht so traurig bei deiner Jugend (sei nicht jung und traurig)! 5 „Die Leute von Tschizir sind dort auf den Dächern [versammelt] Schaar an Schaar; „Wenn du Wasser nötig hast, so nimm die Handwaschung zum Gebet vor, [und] gehe!" Mir Mem sagt: „O Gott, wie ward mein Haus verwüstet! „Tausend Flüche über meinen eigenen Vater, zweitens über die Väter aller Männer! „In einer Reise von zwölf Monaten und vierundzwanzig Tagen io laß' du nur die Königsherrschaft von Yemen im Stich, mache dich auf Weibergeschwätz hin auf, komme hierher; „Jetzt sagt sie: Jüngling, wenn du Wasser nötig hast, nimm deine Handwaschung zum Gebete vor und gehe weg: die Leute sind [boshaft wie] Schimar und Scheitan!" Mir Mem, der rosig-frische, Er warf den Pelzmantel um seine Schulter, in Zorn kehrte er um. is Yaya Zin sagte: „O Gott! dieser kam nun, hat für sich gesprochen, ich habe sein Herz gebrochen; der Eidbruch (das Wort Gottes) wird ihn nicht packen, mich wird er packen, ich werde jung sterben, werde im Unglauben sterben. Laß* mich ihn rufen, daß er zurückkehre, vielleicht daß ich zwei Worte mit ihm spreche." Yaya Zin ruft: „Jüngling, o Jüngling! so „So wahr als die Majestät Gabriel, der Gott angenehm ist, für seinen (d. i. Gottes) Geliebten (d. i. Muhammed) die Berufung gebracht hat, „Jüngling, [ich beschwöre] dich bei jenem Gotte, der Majestät Moses aus dem Lichte erschaffen hat, so daß er (Moses) beim Morgengrauen tausend und ein Worte am Throne Gottes vollendet;



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„Jüngling, bei der Liebe jenes Gottes, der Majestät Jesus, den ss Geist Gottes, aus dem Lichte erschaffen hat, so daß die Toten aus den Gräbern durch ihn wieder aufgeweckt werden; „Jüngling, was ich alles an Gläubigen und Engeln herbeibringen kann, um bei dir Fürbitte zu tun, „Um meinetwillen kehre dieses Mal zurück!*4 Diesmal wendete sich Kaka Mem gerade um die rechte Schulter, Flehte zu Gott, betete zum Propheten, Bis daß er hinging zum Rande der Quelle, der Yaya Zin den Friedensgruß bot. Yaya Zin sagt: „Mit euch sei Friede und die Gnade Gottes, sehr willkommen mir, Mir Mem, lieber Jüngling! „Gestern abend, als jener Lärm im Diwan sich ereignete, warum hast du von mir Bejammernswerten nicht gesprochen? 35 „Mit euch sei Friede und die Gnade Gottes, willkommen mir, der der Eltern beraubten! „Warum hast du gestern abend mich von meinem Bruder nicht angenommen in dem Diwan? „Wenn du dich nicht für einen Mann hieltest, weshalb hast 63 du vor mich gelegt die zweiunddreißig Kapitel des Koran?" Kaka Mem sagt: „Yaya Zin, du bist sehr voller Güte; „Kaka Mem ist nicht hergekommen, um Tasse auf Tasse Kaffees unter Ergebenheitsfloskeln hinwegzuräumen. „Gott möge den Zorn der sieben Stufen des Himmels hernieder- 5 regnen lassen auf die Schultern des Ka Bekir! „Yaya Zin, die Sonne ging mir auf, sie gelangte zu der Station der Frühstückszeit; „Die Wangen der Yaya Zin sind mir viel schöner als eine Flasche Rosenwassers. „O daß ich doch jener Becher in ihrer Hand l8 7) wäre, daß Yaya Zin mich wieder geworfen hätte auf die Fläche des Wassers. i8

7) Das: däst ü jäm ist wohl so als svStaoyotv zu fassen.



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„Die Sonne ging mir auf, sie ist gelangt zur Station des Mittaggebetes ; ..Die Wangen der Yaya Zin sind viel schöner als die Blüte der Limone. „O daß ich doch jener Becher in ihrer Hand wäre, daß mich Yaya Zin mit gesegneter Hand geworfen hätte auf die Wasserfläche des Bächleins. „Die Sonne ging mir auf, sie gelangte zur Station (Abschnitt) des Abends; 15 „Die Wangen der Yaya Zin sind viel schöner als ein Apfel der Granate. „O daß ich doch jener Teller und Schüssel wäre, daß mich Yaya Zin mit gesegneten Fingern geworfen hätte auf die Waschsteine! „Die Sonne ging mir auf, sie gelangte zur Station des Nachtgebetes ; „Die Wangen der Yaya Zin sind viel schöner als die Blüten der Weinstöcke. 20 „O daß ich doch jener Becher in ihrer Hand wäre, daß Yaya Zin mit gesegneten Fingern mich gebracht (geworfen) hätte an den Rand ihrer Lippen. „O Herr Gott! Du bist barmherzig; mit der Yaya Zin nichts mehr sei zwischen uns. „Die Sonne ging mir auf, sie ist wieder zurückgelangt zum Schlafgebet; 25 „Die Wangen der Yaya Zin sind viel schöner als die Blüte des Löwenzahns. „O Herr, möge ich Gott verfallen sein, an jenem Tage, da Gott Gericht hält mitsamt Rechtsprechung. „Yaya Zin! bei Gott, ich lasse nicht von dir ab bis zum Tage des Todes. 30 „Yaya Zin! ein Feuer ist in mir entfacht, meine Leber ist verbrannt,



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„Ich bin landfremd, auch Bangina ist mir genommen worden, „Die Stadt Yemen ging mir aus den Händen (Krallen), auch die habe ich dir zu Füßen gelegt. „Yaya Zin, wenn du von mir keine Kunde hast, etwas sehr Böses ist mir zugestoßen; „Ich und du, wir werden so die Erfüllung unserer Wünsche nicht sehen. „Dein Hals ist viel schöner als eine Flasche Rosenwassers 188 ); 35 „Wenn du kannst, gib mir mit deiner gesegneten Hand — meine Zunge ist gebrochen — einen Schluck Wassers!" Yaya Zin sagt: „Ich bin bejammernswert, mein Herz ist in 64 Trauer i8 9); „Die Wolfsblicke des Mir Zendin sind viel erbarmungsloser als die Borsten des Ebers. „Wie kannst du während des Mittaggebetes mitten in der Stadt Tschizir einen Becher Wasser von mir verlangen?" Kaka Mem sagt: „Yaya Zin, Kraft meiner Leber, Licht meiner Augen! „Jetzt bin ich nun landfremd in allen Städten; „Wenn ich auch noch mehr ohne Soldaten und Heer wäre, bis jetzt halte ich den Mir, deinen Bruder, nicht einmal für meinen Stallknecht und Diener; „Ich bin landfremd, um deinetwillen ganz ohne Heimat. „Niemand weiß, wie jungschön Yaya Zin ist! „Ihretwegen habe ich im Stich gelassen Thron und Heimat; „Was immer Weib ist, deren Anwalt ist der Scheitan; „Jetzt gibt sie mir nicht einen Trunk Wassers; sie sagt, die Leute seien Scheitane!" Wer war es? Yaya Zin, die buntäugige, In die Hand nahm sie den Wasserbecher, das Unterarmband 15 löste sie von ihrer Hand, den Ring zog sie von ihrem Finger, Die Ohrringe löste sie von ihren Ohren, die Busennadel zog sie aus dem Halsschlusse [ihres Gewandes], ,M

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) Der nicht herpassende Vers offenbar nur eingefügt wegen des Reimes

äwl.

189) Das arabische

III

Legte sie in den Wasserbecher, Den Becher schöpfte sie voll aus dem Ursprung des Quells, gab ihn in die Hand des Kaka Mem. Kaka Mem trank das Wasser, das Armband und den Ring, und die Halskette, alles das barg er in seinem Busen, Gab den Becher in die Hand der Yaya Zin. Yaya Zin sagt: „Nun, Mir Mem, lebe wohl!" Kaka Mem sagt: „Wehe mir Verlassenen, dessen Haus wüste ist! „Jetzt bin ich landfremd, niemand kennt meinen Rang. „Yaya Zin, bei dem Wesen Gottes, beim Koran! „Ich gehe nicht von hier weg, bis du nicht mit mir [dir] ein Stelldichein gibst." Yaya Zin sagt: „Wehe mir Unglücklichen, der Eltern be raubten! „Vierzig Dienerinnen habe ich, auf keine von ihnen kann ich Hoffnung setzen; 30 „Nirgendwo, glaube ich, ist Verlaß auf sie; „Darum bin ich so beschämt und betrübt." Mir Mem sagt: „Ich bin zwar fremd, aber ich weiß um einen guten Ort. „Feuer ist in mir entflammt, das Geprassel [des Feuers] fiel auf mich: „Zur Zeit des Hauptfrühstücks sei unser Stelldichein die Nische'i 0 ) der Moschee." 35 Yaya Zin sagt: „O Gott! wie schäme ich mich 1 ^), wie bin ich verlassen! „Die Moschee meines Bruders, auf der einen Seite ist der Diwan abgehalten; dort sitzen nieder Wekil und Wezir, den Pelz um die Schultern. 65 „Auf der anderen Seite sitzen nieder die Sofis, das Gebetstuch um den Nacken. '9°) So Mirza Dschewad, der das mfräj für ein Mißverständnis statt •«-jL^wo erklärt Dazu scheint die nun folgende Beschreibung der Örtlichkeit, sofem sie sich nicht auf die ganze Moschee bezieht, allerdings besser zu passen, als wenn man das Wort als „Treppe" auffallt. "9") „Wie ist mein Antlitz schwarz".



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„Dort in der Nische der Moschee singt der Mullah von den Fragen nach dem Schicksal der Welt, und nach der Auferstehung. „In den Vorzimmern sind Diener und Kalianträger zur Hand. „Und selbst wenn die Moschee meines Bruders leer und ver- s lassen wird, so bleiben in ihren Ecken zurück die zwölf Blinden, die den Koran auswendig wissen. „Auf der einen Seite hat man eine Tekiye, auf der anderen Seite ein Khaneqa'9 1 ) erbaut, „Das ist für die Muslim gut, dort abzulegen das Bekenntnis der Rechtgläubigkeit. „O Herr, deinem Tun hundertmal Dank!" Wer war es? Kaka Mem und Yaya Zin, die rosig-frische, « Ihr Wort und ihre Verabredung ward festgemacht. Da war es, daß die Sonne vom Mittag[stande] umkehrte. Da sagt Mir Mem: „Yaya Zin, mein Leben, lebe wohl!" Yaya Zin sagt: „Um Gott, gehe nicht von mir, der Betrübten; „Bangina ist nicht an deiner Seite geblieben, du bist ohne •s Tröster'93). „Was soll ich tun; wen, sagst du, soll ich zu dir schicken, um bei dir Dienst zu tun?" Kaka Mem sagt: „Yaya Zin, schönäugige! „Meine eigene Seele bringe ich dir zum Opfer mitsamt meinem gesamten Gnadenantei). „Darüber werden wir, sö Gott will, morgen reden." Wer war es? Mir Mem, der rosig-frische, 20 Er sagte: „Yaya Zin, mein Leben, lebe wohl!" Yaya Zin sagt: „Was soll ich tun, ich Arme! „Mir Mem, gehe, gehe, ich gebe dich dem Gotte zur Beschützung, als Bürgenpfand dem Propheten." Wer war es? Mir Mem, der rosig-frische, =s Er kehrte zu Irfo und Tschako und Qarataschdin zurück; Ging, bot allen drei Genossen den Friedensgruß. heißen die Unterkunftshäuschen der gegen liüL> die der ^iXÄJ^jäiü. I

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'93) Wörtlich: „ohne Kummeresser".

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Tschako sagt: „Du wisse um das Werk [die Macht] Gottes des Himmels; „Mir Mem, zum Heile kehrst du zurück von dem heilbringenden Gange I(H). 3° „Jene Yaya Zin, welche ich kenne, ist voller List; niemand kann etwas [richtig] von ihr erfahren." Mir Mem sagt: „Qarataschdin, schlage mich nicht mit Schwertern, töte mich nicht mit Lästerreden! „Ein Mann ist nicht der Mann, der da hingeht auf den Weg einer Bauerntochter, 3s „Ein Mann ist der Mann, der von einer Fürstentochter entgegennimmt Armband und Wegezoll." Irfo sagt: „Mir Mem, o Herr, willkommen wieder, o Jüngling! „Jene Yaya Zin, die buntäugige, 66 „Nach meiner Ansicht ist ihr Wort niemandem gegenüber verläßlich." Kaka Mem sagt: „Irfo, töte mich nicht mit Schwertern! „Ein Mann ist nicht der Mann, der da hingeht auf den Weg einer der Töchter dieser Armen; „Ein Mann ist der Mann, der da Armband und Ohrringe nimmt von der Fürstentochter." 5 Wer war es? Mir Mem, der buntäugige, Dem Irfo und Tschako und Qarataschdin bot er Gruß, Das Armband und die Ohrringe brachte er aus seinem Busen hervor, legte sie vor sie hin. Er sagte: „Wer immer solches erhält, dem ist Kaka Mem Diener, steht vor dessen Händen [seiner Befehle gewärtig]." 10 Qarataschdin sagt: „O Gott! Mir Mem, mögest du nicht sterben! „Gott, der große Fürst, soll seine Hand in deinem Leben behalten ! „Dies ist eben nur deiner würdig, daß du es empfängst; „Du bist der Größeste von allen; ein jeder muß deine Schuhe auf seine Augen nehmen." 15 Irfo sagt: „Mir Mem, Lieber! „Ich will dir zum Diener werden, der [dir] zur Hand ist." •94) Wohl wieder als evSiaSuotv zu fassen. M a n n , pers.-kurd. Samml. IV. 3. a.

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Tschako sagt: „Mir Mem, hundertfach Dank um deinen Rang als ältester Bruder!" — Da sagte Mir Zendin zu den Dienern: „Gehet hin, bring' den Kaka Mem hierher." Die Diener des Mir kamen daher in Eile; Er sagt: „Friede sei mit euch! Mir Mem; der Mir befahl, deine gesegnete Verherrlichung möge herkommen." Als Mir Mem solches vernimmt, Nimmt er den Irfo und Tschako und Qarataschdin mit, geht zum Diwan. Wer war es? Mir Mem, der rosig-frische, Er gelangte zum Diwan, bot dem Mir den Friedensgruß, Er sagt: „Mit euch der Friede und die Gnade Gottes, willkommen, schöner Jüngling!" Der Mir sagt [weiter]: „Kaka Mem, wir wollen nicht schwätzen, „Laß uns das Nardbrett holen, uns niedersetzen zum Spiel." Sie setzten sich nieder zu zweien, der Mir und Mir Mem, der 3° jung-frische, Für einen Zeitraum von fünf Stunden kämpften sie miteinander, Schulter an Schulter, Kaka Mem gewann dem Mir viel ab, machte ihm den Kopf wüst. Er [der Mir] sagte: „Laß' uns unsere Plätze wechseln." Er sagte: „Ja, zu dienen." Bekir hatte den Rat gegeben, daß sie die Plätze wechseln sollten; den Kaka Mem nahm man von dort weg; er ging an den Platz des Mir; den Mir brachten sie an den Platz des Kaka Mem. Wiederum spielten sie; der Mir konnte den Kaka Mem nicht besiegen. Der Mir sagte: „Laß' uns einen Kaffee trinken." Bekir sagte heimlich zum Mir: „Laß' Yaya Zin kommen, um den Kaffee herum- 67 zureichen." Yaya Zin brachte den Kaffee, sagte: „He, Bangina, gib' ihn ihnen!" Der Mir sagte: „Yaya Zin, reiche selbst den Kaffee." Bekir sagte heimlich zum Mir: „Rufe mit einem Verse den Kaka Mem!" Der Mir sagt: „Bei jenem Gotte beschwöre ich dich (mache ich), der da ist ohne gleichen, „Ein König ist er ohne Genossen, keinen Genossen gibt es s für ihn!



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„Ich denke so (bei mir ist es so), seit der Zeit, daß du bei deinen Eltern warst, hat dein Herz keine Geliebte." Mir Mem sagt: „Mir, ich will dein Opfer sein, ich sage Preis und Dank; ,.Meine Geliebte ist die einzige, gleich den Huris im Himmel." 10 Der Mir sagt: „Deiner Geliebten scheinen mir die Ohren steif zu sein, wie die Ohren der Mäuse; „Oho, deine Geliebte, ihr Haupt kann nicht hochgehoben werden (kommt nicht empor) vor [den vielen] Läusen und Nissen." Mir Mem sagt: „O unser Mir, ich will dir zum Opfer werden, suche doch an mir nicht einen Vorwand [zum Streit]! „Meine Geliebte ist die einzige, gleich den Huris im Himmel; „Meine Geliebte ist diese, sie ward zum Schenken, reicht Kaffee herum im Diwan." 15 Der Mir sagt: „Mir Mem, ich habe keinen Glauben an deine Worte; „Seit der Zeit, daß du bei deinem Vater warst, hast du keine Geliebte!" Mir Mem sagt: „Wehe mir Landfremden, Verlassenen, dessen Haus verwüstet ist! „Da ich Gast bin, schmäht man mich! „Ich sage: ich habe eine Geliebte. Aber da ich fremd bin, 20 glaubt mir niemand. „Doch Qarataschdin und Irfo und Tschako wissen, meine Geliebte ist die da, die Kaffee umherreicht im Diwan." Qarataschdin sagte zum Mir: „Hast du denn diese Hure hergebracht, zum Schenken im Diwan gemacht?" Er. ergriff den Oberarm des Kaka Mem, führte ihn zurück nach Hause. =5 Yaya Zin schrieb einen Brief an Kaka Mem: „Komm, wir wollen flehen zu Gott, zu dem Herren der Erde und des Himmels, „— Mein Bruder ist Jagdliebhaber —, daß er [Gott] aufmache den Nordwind, kommen lasse den Platzregen, „Morgen wird [dann] mein Bruder auf die Gazellenjagd gehen in der Ebene von Germian. 3° „Kaka Mem möge [dann] krank sein, niemand wisse um sein Leiden. 8*



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„Morgen um die Zeit des Hauptfrühstückes finde dann unser Stelldichein und Verabredung statt bei dem Diwan." Da flehten sie zu Gott. Zur Zeit als das [ganze] Haus schlief, machte Gott den Nordwind auf, ließ Platzregen kommen. Der Mir schickt zu Kaka Mem, sagt: „Keiner der Könige hat 35 eine solche Gazellenjagd, [wie sie] morgen [sein wird]." Kaka Mem sagt: „Saget dem Mir ohne Zaudern: „Ich bin ein so schwer Kranker, daß, bei Gott, der Sattel mich nicht festhält." Als man die Nachricht dem Mir brachte ganz und gar, 68 Sagte man: „Mir, zu dienen, Kaka Mem ist krank, ein häßlich Kranker." Bangina sagt: „Mein Haus ward zerstört, sieh' nur, mein Herr ist ganz verlassen; was ist ihm zugestoßen!" Der Mir sagt: „Bangin, weine nicht! Ohne den Kaka Mem sei mir die Jagd verwehrt „Bangin, mache dich auf, gehe, zögere nicht, „Ich will dein Opfer sein, die morgige Jagd ist angenehm, bringe mir eine gute Nachricht von Mir Mem. „Wenn du dorthin gehst, und eine gute Nachricht von dort holst, „Mußt du zu Khatun Asti, meiner Schwester, sagen, daß sie gut für Mir Mem sorgen soll. „So Gott will, werde ich den Aristoteles und Luqman zu ihm bringen, werde nicht zulassen, daß Mir Mem an irgend einer Krankheit sterbe." Wer war es? Bangin, der rosig-frische, Er kam'hinzu, weinend und in Eile, Bis daß er gelangte zu Mir Mem; er sagte: „Ich will dir zum Opfer werden, wo schmerzt es dich?" Er sagte: „Bangina, fürchte nicht; ich habe ein Stelldichein mit Yaya Zin verabredet. „Mein Herz ist, du möchtest sagen, eine Feueresse der Meister, 2° sehr ist es in Glut. „Wenn du zu Mir Zendin gehest, so sage: Mir Mem hat gewaltige Schmerzen, ist sehr krank." Als Bangin hinausging, diese Nachricht seinem Herren zurückbrachte in den Diwan,

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Sagt er: „Mir Mem ist krank, niemand weiß die Arzenei für sein Leiden." Mir Zendin sagt: „Was soll ich tun, das ist mir verdorben, ohne den Mir Mem gehe ich nicht auf die Jagd morgen." Der Mir sagt: „Bangina, mein lieber, du bist ein lieber Bangin! „Bringet die Pferde heraus, wir wollen aufsteigen, zu Kaka Mem gehen ins Haus des Qarataschdin." Bekir Agha sagt: „Warum bist du so ein bemitleidenswerter Mir? „Jetzt zu dieser Nachtzeit wecke im Hause des Qarataschdin nicht auf das Haus und die Familie; „Einen Augenblick später werden wir reiten, eine Stunde fehlt nur noch bis zum Morgen." 35 Der Mir sagt: „Heh Bangina! laß sie rüsten, sattelt mein Pferd! „So Gott will, laßt uns zur Genesung des Kaka Mem zum Hause des Qarataschdin gehen." 69Wer war es? Bangin, der würdige, Das Pferd des Mir Zendin sattelte er, zog fest an Riemen und Brustband, Die Windhunde und Rüden rief er hier und dort. Der Mir kam, setzte den Fuß in den Bügel, schwang sich auf den goldverzierten Sattel, 5 Er sagte: „Bangina, bei meinem Haupte, gehe voran, bringe eine Nachricht von mir dem Kaka Mem!" Wer war es? Der Mir, der rosig-frische, Er ritt im Galopp und in Eile, Kam hin, stieg am Hause des Qarataschdin ab, io Er sagte: „Bruder, mache dich nicht selber krank, keinem der Könige wird diese Sommeijagd *95) zu teil." Mir Mem sagt: „O Mir, du bist sehr ohne Überlegung. „Was ich auch tue, Mir Mem kann sich auf dem Pferde nicht halten. „O Mir, halte dich nicht auf; etwas Widriges ist mir zugestoßen. '95) räshärdü, wörtlich: „schwarze Jagd", wird die in den Sommermonaten abgehaltene Jagd genannt, weil im Sommer der Erdboden dunkel ist, im Gegensatz zu sptrdü, „weiße Jagd", der im Winter über die beschneiten Felder getriebenen Jagd.



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„Für mich wäre diese Jagd sehr viel angenehmen als für dich, is „Aber ich bin ein Kranker ohne Willenskraft 1 ^), die Leber'97) ist mir genommen (abgeschnitten)." Der Mir sagt: „Kaka Mem, für mich [allein] vollende (sehe) ich nicht mein Vorhaben und meine Absicht, „Auf jeden Fall muß ich dich mit mir nehmen auf die J a g d / Wer war es? Der Mir, der edle, Er sagte: „Bangina, gehe, bringe das Pferd des Kaka Mem heraus; „Den Irfo und Tschako wecke mir auf." Bangin ging, brachte das Pferd des Kaka Mem heraus. Khatun Asti sagt: „Bangina, ziehe die Riemen nur locker an auf dieser, auf jener Seite!" Als Bangin das Pferd des Mir Mem brachte, setzte er (Mem) den Fuß in den Bügel, um sich aufzuschwingen, Was er auch tat, er hatte keine Kraft, der Arme. Khatun Asti sagt: „Bruder, von Kaka Mem wird dieser Ausritt (diese Reise) nicht gemacht werden." Mir Zendin sagt: „Schwester, mache mir nichts vor, so erreiche ich meinen Zweck nicht; „Wenn ich ihn auf der Schulter tragen sollte, den Kaka Mem nehme ich mit zur Jagd." Kaka Mem zitterte, als er aus dem Oberstock heraus kam, Er setzte den Fuß in den Bügel, aber kam nicht hinauf, der Sattel rutschte dem Pferde unter den Bauch. Der Mir sagte: „Warum ist der Riemen dieses Pferdes so locker?" Sie zogen den Riemen fest, setzten den Mem auf das Pferd; wie sehr er sich auch anstrengte, er konnte sich nicht halten. Der Mir sagte: „Bringt ihn herunter, er ist sehr krank; die heutige Jagd, schade ist es, daß Kaka Mem nicht dabei sein kann; 35 gehe, sagt zu Bekir Agha, er möge zu Pferde steigen." Bekir &agt: „Mein Pferd ist lahm; der Mir möge gehen; ich werde ein Reittier suchen und zu ihm stoßen." Bekir ging nicht zur Jagd, er schickte einen Spion aus zu Kaka Mem. Kaka Mem 70 saß bis zum Frühstück, darnach ging er langsam zum Diwan •96) ^Lüis»! ^ J „ohne die Fähigkeit der Selbstbestimmung". '97) Vgl. Anm. 61.



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des Mir. Er gelangte zum Diwan, setzte sich nieder. Yaya Zin machte sich auf, kam zu Kaka Mem. Wer war es? Mem und Zin, die buntäugigen. s Yaya Zin kam, bot dem Kaka Mem den Friedensgruß, Er sagte: „Mit euch der Friede und die Gnade Gottes, willkommen, o Dame, schlankhalsige'9*), buntäugige!" Sie schlangen die Hände einander um den Hals, preßten einander Mund auf Mund. Dem Bekir ward Kunde, daß Kaka Mem in den Diwan kam; io Er stellte einen Spion bei ihm auf, um aufzupassen. Er paßte gut auf die beiden (sie) auf. Alle beide, Schlaf überkam sie, die beiden jungen Menschen. — Der Mir jagte, bis daß die Sonne umkehrte, Er rief: „Es ist schade, Tschako, daß Kaka Mem nicht mit 15 war, mir war so diese Jagd nicht angenehm." Sie wandten sich (das Antlitz) wieder nachHause. Qarataschdin sagte: „Ich weiß, daß Kaka Mem mit Yaya Zin, daß im Diwane Schlaf sie überwältigt hat; wenn du ihn nicht aufweckest, so wacht er nicht auf." Er rief: „Bangina, komm', ich will dir etwas sagen. Komm', renne du los; ich renne hinter dir her; 20 ich werde von weitem einen Stock hinter dir her werfen, kehre dich [aber] nicht um wegen des Stockes; gehe bis zum Hause. Steige ab, wecke Mem und Zin aus dem Schlafe auf." [Sie taten wie verabredet]. Als der Mir sagte: „Der da fürchtete sich vor dem Stocke, so ist er nicht zurückgekehrt," da sagt Qarataschdin: „Ich sage, Mir, der fürchtete sich nicht; der geht, steigt ab, kommt [dann] an die Türe des Diwans, und nimmt eigenhändig die Zügel seinem Herren ab." Der 25 Mir sagte: „Das ist eine gute Eigenschaft." Als Bangina [in die Stadt] zurückkehrte, sah er, daß Mem und Zin Schlaf überwältigt hatte, kein Bewußtsein von der Welt war ihnen. Er sagte: „Wenn ich sie aufwecke, so trifft mich Sündenschuld; wenn ich sie nicht aufwecke, der Mir hier eintrifft, und davon erfährt, so wird er unsere Köpfe abschneiden." Bangin sah nach: da kam der Mir an. '98) kil ist „der Grabstein", also kil-gärdtn ein Grabstein".

„mit einem Halse, schlank wie



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Bangin sagt: „Hei, Mir Mem, wehe mir Landfremden und Betrübten I „Ein Feuer ward in meinem Körper entfacht, es ergriff mich 3" mit einem Male; „Kaka Mem, erwache aus diesem Schlaf; ein Büffelstier wie der Mir ist gekommen, er. gelangte [schon] bis an das Weichbild der Stadt! „Wehe mir Landfremden, Kriegsgefangenen! „Mir Mem, wache aus diesem Schlafe auf, deine Landfremdheit komme dir ins Gedächtnis; „Ein Büffelstier wie Mir Zendin ist gekommen, er gelangte 35 [schon] an das Tor von Tschizir!" Kaka Mem erwachte aus dem Schlafe, er sagte: „Bangina, was bedeutet das?" Er sagte: „Möge dein Haus nicht zerstört werden! da traf hier der Mir ein; warum stehst du nicht auf, um wieder aus dem Diwan fortzugehen?" Er sagte: „Bangina, 71 sieh' nach, erfahre, ob er weit oder nahe ist?" Bangina ging auf das Dach; er sah nach, es fehlte wenig (war geblieben), daß er das Weichbild der Stadt erreichte. Als er hinkam, sah er, Mem und Zin waren wiederum eingeschlafen. Bangin sagt: „Wehe mir Fremden, Leberverbrannten! „Wehe mein Herr, er wird nichts von seinem Zweck und Vorhaben erreichen (sehen)! „He, Jüngling, Mir Mem, wache aus diesem süßen Schlafe auf; ein Büffelstier wie der Mir ist zurückgekommen von der Jagd! „Tut mir das Zeug der schwarzen Zelte um, mit einem Male! „Mir Mem, wache aus diesem Schlafe auf; ein Büffelstier wie 10 der Mir kam und erreichte [schon] das Tor der Stadt. „Mir Mem! wehe mir Landfremden, dessen Haus verwüstet! „Ein Büffelstier, wie der Mir, kam und erreichte [schon] die Tür des Diwans!" Der Mir zog die Zügel an, hielt an, sagte: „Bangina, bei Gott! wie geht es dem Kaka Mem (wie ist er)?" Er sagte: „Ich weiß nicht; ich bin zurückgekommen, bin hier gestanden." In diesem Augenblick kam Bekir Agha und gelangte zum Mir. Bekir Agha sagte: „O Herr! Willkommen wieder! Deine Jagd

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möge gesegnet sein!" Der Mir sagte: „Laß' uns hingehen, dem Kaka Mem einen Besuch machen." Bekir wußte, daß er mit Yaya Zin im Zimmer sei'99). Bekir sagte: „Zu dienen, steige 20 ab, ich werde jemanden hinschicken, der nachsehen soll 200 ), wie es Kaka Mem geht." Der Mir stieg ab; man nahm ihm das Pferd ab, er ging in das Haus. Bangina kam hinzu, er ruft dem Kaka Mem: Er sagt: „Zwei Verliebte waren einstmals, „Alle beide waren vom Schlaf trunken und schwindelig geworden. „He, Herr, ich will dir zum Opfer werden! erhebe dich aus diesem süßen Schlafe, du hast alle Gebete verabsäumt." Als der Mir zurückkam, ging er in den Diwan. Kaka Mem konnte sich nicht anders helfen, er steckte die Yaya Zin unter seinen Pelzmantel, lehnte sich in eine Ecke des Zimmers. Irfo, Tschako, Qarataschdin, Bekir Agha, alle kamen, setzten sich nieder. Der Mir sagte: „Nun, Kaka Mem, wie geht es dir?" Er sagte: „Zu dienen; Gott gebe, daß deine Jagd gesegnet sei! 30 ich befinde mich wohl." Er sagte: „Kaka Mem, keine von den Königen hatten eine solche Jagd, wie die heutige (hatten die Jagd von heute); es ist schade, daß du nicht mit warst." Yaya Zin zeigte aus einer Falte des Pelzes ihre Locke dem Qarataschdin. Als Qarataschdin solches merkte, rief er einen Diener, sagte: „Gehe hin, ich habe ein siebentoriges Anwesen; lege trockenes Gras daran, mach' Feuer; laß mein Haus verbrennen." 35 Ein Feuer erhob sich am Ende der Welt, Ein anderes erhob sich an jenem Ende der Welt. Wehe, das Haus des Qarataschdin, vollständig verbrannte es im Feuer. 72 Bangin sagt: „Mir, ein Feuer ist ausgekommen im Hause des Qarataschdin, was für ein Feuer ohne Gnade! „Wenn du dich nicht erhebst, so verbrennt jetzt die Stadt Tschizir und wird verwüstet. „Du bist ein Mir ohne Überlegung, >99) Wörtlich: „daß sie seien". 100) Wörtlich: „Du sollst erfahren", oratio directa, zu dem Diener gesprochen gedacht.



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„Da kam schon der Nordwind, er bringt das Feuer auf deinen Palast, es springt darauf über! „Wenn du dich nicht erhebst, so ergreift das Feuer auch dein Haus und Palast." Mir Zendin sagt: „Leute von Tschizir, Wekil und Wezir, laßt uns gehen, nicht zaudern, „Rennet, wir wollen jenes Feuer im Hause des Qarataschdin ersticken !tt Bangina sagt: „Wehe mir heillosem! „Mir, wenn du selbst nicht aufstehst, dies Feuer ist so gewaltig, dann gibt es keine Rettung." Als der Mir solches merkt, Erhob sich ein Getöse 101 ) im Diwan. Der Mir stürzte hinaus entschlossen, Wandte das Antlitz zum Hause des Qarataschdin. Als der Mir dahin lief in Eile, Wurden Tür und Fenster für ihn geöffnet Bekir Agha allein kehrte wieder um. Kaka Mem erhob sich dort Mit der Yaya Zin, der buntäugigen. Er sagte: „Yaya Zin, wegen des Teufels, des Bekir erfüllen sich unser Wunsch und Absicht nicht." Mem und Zin kamen ins Vorgemach, Fingen an zu weinen. Es ist das Werk des Bekir, Gott weiß es! Mir Mem sagt: „Yaya Zin, wie soll ich die Augen zu Qarataschdin erheben, „Ich müßte denn einen Boten abschicken, „Die Schätze und Güter Yemens für ihn holen." Als dort diese Worte vollendet waren, Sagt Yaya Zin: „Kaka Mem, etwas sehr Gewaltiges ist uns zugestoßen." Er sagte: „Yaya Zin, laß mich den Arm um deinen Hals schlingen, zwei Küsse auf deine Wangen küssen." Als sein Mund die Wange der Yaya Zin berührte, shaqqishn ist der durch zielloses Hin- und Herlaufen Menschen verursachte Lärm; etwa „Panik".

erschreckter

35 Das Taschentuch für die Hände hatte sie an sich; dies fiel dort nieder. Bekir rennt hinzu, zögert nicht, Hascht nach dem Taschentuch der Yaya Zin, raubt es. 73 Kaka Mem sagt: „Was soll ich tun vor dem Höchsten! „Laß' mich den Bekir aus Mergawer 201 ) töten mit einem Male." Yaya Zin sagt: „Wehe mir heillosen! „Was soll ich tun? Heute steht unsere (die) Sache schlecht; den Bekir zu töten geht um meinetwillen nicht." 5 Mir Mem ging nach dem Hause des Qarataschdin; auch Yaya Zin wandte sich nach Hause. Kaka Mem ging hin, bot dem Mir und Qarataschdin Gruß. Das Haus des Qarataschdin ergriff das Feuer, die Leute von Tschizir alle sind um es zusammengeströmt. Qarataschdin, der Lure, raunte seinem Weibe in der Sprache der Araber zu M 3): >o „Stehe auf, hole die Wiege unseres (des) Sohnes [aus dem Feuer]." Khatun Asti sagt: „Ich mag weder dieses Haus, noch dieses Leben; „Noch mag ich diesen Sohn, noch jenes Kind; „Wenn nur (unter der Bedingung) in der Welt wohlbehalten bleiben der gelbhalsige und die, deren Antlitz voller Schönheitsmale ist." — Da setzte sich der Mir nieder; das Feuer ist gelöscht; das •5 Haus des Qarataschdin ist gänzlich abgebrannt. Der Mir sagte: „Kommt, wir wollen eine wohltätige S a m m l u n g f ü r das Haus des Qarataschdin machen." Der Mir sagte [weiter]: „Ich gebe (gab) ein Zimmer mit allen Geräten dem Qarataschdin; Bekir Agha, was gibst du ihm?" Bekir Agha sagte: „Zu dienen, ich gebe nichts." Er sagte: „Bekir Agha, warum?" Er sagte: „Zu dienen, wenn jemand sein eigenes Haus mit Mergawer kann kaum etwas anderes sein, als der Name des bekannten Kurdengaues nordnordwestlich von Uschnu; demnach Bekir aus Mergawer? *°3) Doch sind die folgenden Worte ein Gemisch aus Türkisch und Kurdisch. 2 °4) Solche Sammlungen unter den Nachbarn des von Brandschaden Betroffenen sind bei den Mukri allgemein Üblich.



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eigener Hand verbrennt, weshalb soll ich dem mein Eigentum geben?" Der Mir sagte: „Das verstehe ich nicht 105); was sollen diese Worte bedeuten?" Er nahm das Taschentuch in die Hand, sagte: „Zu dienen; diese (d. h. Mem und Zin) waren im Diwan, als du von der Jagd zurückkehrtest; Kaka Mem hatte die Yaya Zin unter seinen Pelz gesteckt, Qarataschdin wußte darum, er schickte nach seinem Hause, ließ Feuer anlegen, ließ es verbrennen, damit Yaya Zin und Kaka Mem befreit würden; wenn du mir nicht glaubst, dies hier ist das Taschentuch der Yaya Zin und des Kaka Mem; im Diwan habe ich es von 25 ihnen genommen, damit du nicht etwa sagest: Bekir ist ein Teufel, er raubt die Ehre meiner Schwester; warum übergebe ich auch mein Haus solchem Manne; ist es je geschehen, daß der Diener seinem Herrn verräterisch ward." Der Mir sagte: „Bekir Agha, du hast Recht; was ist zu tun? Wie sollen wir den Kaka Mem vernichten, ohne daß es Qarataschdin, Irfo und Tschako merken?" Er sagte: „Zu dienen; laß uns eine 3« solche Sache machen, daß es Bängin nicht merke." Sie erhoben sich, gingen nach Hause zurück. Bekir sagte: „Zu dienen, wir haben eine Provinz, nie gibt sie uns Abgaben 106 ); laß uns einen Kerker graben für Kaka Mem, niemand soll es merken." In einem Monat vollendeten sie den Kerker. Bekir sagte: „Schicke hin, hole den Irfo, Tschako, Qarataschdin, Bangina und Mir Mem hierher; laß uns beraten." Sie schickten 35 hin, alle kamen. Der Mir sagte: „Meine Söhne, was sollen wir tun; ich habe eine Provinz, die Leute (sie) gehorchen mir nicht, geben mir keine Steuern." Sie sagten: „Zu dienen, was du befiehlst, solches werden wir tun." Der Mir sagte: „Es ist ratsam, daß ihr hingeht, den Kaka Mem für mich hier lasset; 74 allein würde ich verzagt (schwach) werden." Sie sagten: „Ja; laß' Vorbereitungen für uns treffen, schicke das Heer für uns hinaus; entweder legen wir unsere Köpfe dort nieder, oder wir bringen dir mit einem Male Abgaben und Beute."

*°5) Wörtlich: „ich reiche Q » • i) nicht da hinan". 10Ä ) Was mit dieser Provinz ( v ^ o ' ^ j ) geschehen soll, erfahren wir erst weiter unten aus den Worten des Mir.

Das Heer rief man zusammen in der Stadt Tschizir, Die Reiter steigen zu Pferde, das Heer wird in Reihen geordnet. Der Mir kam und setzte sich nieder im Diwan, Er sagt: „Bringt, beladet die Maultiere aus dem Schatzhause; „Gehet, bringt für mich jene Provinz zur Ordnung, dann werde ich [euch] Freude und Gnade bringen". Er hob an, Irfo und Tschako und Bangina Ehrenkleider zu schenken. 10 Wieder gab er allen Geschenke. Den Qarataschdin rief man in den Diwan, Ein sehr großes Ehrengeschenk gab man ihm, daß jeder es wisse. Dann wurden sie entlassen: „Ihr müßt morgen gehen." Da erhoben sie sich ohne Bedenken, i5 Ein jeder geht zurück, sucht sein Quartier auf. Als jene Nacht zu Ende war, Früh die Morgenröte sich zeigte, 5

Blies man die Trompeten, das Banner ward emporgehoben; Der Mir selbst machte sich auf, kam selbst mitten unter sie. 20 Man brachte das Heer auf den Weg, ein gewaltiges Heer ist es, ein vollkommenes. Irfo und Tschako und Qarataschdin und Bangina sagten dem Mir Mem vielmals Lebewohl ao7); Der Mir und Kaka Mem und Bekir Agha kehrten wieder zurück. Der Mir sagte heimlich zu Bekir: „Wenn Yaya Zin es er25 führe, so wird unser Vorhaben nicht zustande kommen. Wir müssen sagen, Kaka Mem ward Oberster des Heeres und ist weggezogen." Darauf warfen Mir Zendin und Bekir den Kaka Mem in den Kerker; Bekir und der Mir gingen zusammen in den Diwan. Kaka Mem besaß einen Windhund; als er merkte, daß man den Kaka Mem in den Kerker geworfen habe, ging er an die Türe der Yaya Zin. 30 Yaya Zin sagt: „Dienerinnen und Mägde mein, ihr seid sehr tapfer (oder: gütig?); 10

7) Wörtlich: „sie gaben viel ämänät dem Mem", d. h. sie empfahlen oftmals den Mem Gott als Unterpfand zum Schutze (ämänät) an. Die betreffende Formel kommt öfters vor: bä khuläd bä ämänät etc.

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„Kaka Mem ist zum Heere gegangen, dieser junge Windhund ist umgekehrt, pflegt ihn sehr gut!" Alle Tage gaben sie dem jungen Windhunde Brot, er machte einen Haps danach, griff es auf, trug es zu Kaka Mem, warf es in den Kerker, bis vierzig Abende war es so. Eines 35 Tages brachte man die Nachricht, das Heer ist zurückgekehrt. Yaya Zin sagte: „Nun kam das Heer zurück, warum ist dieser junge Windhund so mager geworden; was soll ich da tun aus Scham vor Kaka Mem." Sie sagte: „Bringt ihn, gebt ihm bei 75 mir Brot, daß ihr merkt, ihr habt den Hund nicht satt gemacht, daß er so mager ist." Sie warfen ihm Brot vor, er machte einen Haps danach, ergriff es und trug es fort. Yaya Zin ging selbst hinter ihm her, sie sagte: „Mädchen, wohin trägt er dieses Brot?" Sie sagten: „Zu dienen, alle Tage geben wir ihm Brot, er trägt es fort, geht weg." Der Hund gelangte an den Kerker, warf es für ihn hinab. Als Yaya Zin hinging, es ansah, merkte sie, daß dies ein Kerker, [und] daß Kaka Mem darin ist. Yaya Zin weint, sagt: „Ich ward beschämt, der Eltern beraubt! „Ich war der Meinung, du seiest Oberster des Heeres, seiest gegangen, zu bestrafen jene Nomadenstämme!" Mir Mem sagt: „Yaya Zin, du liebe! „Vierzig Nächte ist [nun] infolge der Worte des Bekir mein Aufenthaltsort der Kerker, „Hauptmahlzeit und Frühstück war mir durch das Hundefutter." Yaya Zin sagt: „Wehe mir ehrlosen, der Eltern beraubten! „Daß der einzige Sohn des Königs Brahim von Yemen nach der Stadt Tschizir kommt, auf mein Wort hin, der beklagenswerten, gottverlassenen!" Mir Mem sagt: „O Gott, für dein Erbarmen meinen Dank! „Ich wußte nicht, daß in der Stadt Tschizir Bekir so ein Teufel ist. „Wehe mir, dessen Haus zerstört, dessen Anwesen verwüstet ist, „Keine anderen Worte habe ich mehr, als den Dank! „Mach' deine Locken zum Seile, sieh' zu, ob du mich nicht»» herausbringst aus dem Kerker. „Wenn du mein Haupt herausgebracht hast, so lege es auf deinen Schoß;



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„Dann will ich Dank sagen, daß die Todesengel Gottes kommen mögen über mich, um das Leben mir zu entziehen." Yaya Zin sagt: „Wenn König Brahim von Yemen es wüßte, „So würde er kommen, die Stadt Tschizir verwüsten, würde wegen seines eigenen Sohnes meinen Verwandten und meinem Stamme den Lebensfaden abschneiden." Da ist Melik Rehan zu jener Stelle gekommen, Von Kopf bis zum Fuß herab hat sie sich mit Staub bedeckt; Sie sagt: „Yaya Zin, ich will dir zum Opfer werden, was ist dies, was ist vorgefallen?" 3° Yaya Zin sagt: „Melik Rehan, bist du hergekommen, weinst hier zum Spaß? „Weißt du nicht, daß du nie gut werden kannst, weil du ja zu den Kindern des Bekir gehörst?" Melik Rehan sagt: „Ich will dein Opfer sein, blind ward mir das Auge! „Ich bin der Meinung, Mir Mem sei der Oberste des Heeres, sei weggezogen und habe nun Schätze und Beute gebracht. 35 „Und jetzt erhob sich Wehklagen vor mir; sie sagen, er sei im Kerker schwach und [mit Gewalt] zurückgehalten!" Da kam die Kunde, daß das Heer und die Truppen in die Stadt Tschizir eingezogen sei. Da gab man Nachricht der Yaya Zin. 76 Als Yaya Zin solches erfährt, Von Kopf bis zum Fuße herab zog sie sich in Staub und schwarze Farbe 108 ), Sie kommt die Straßen der Stadt Tschizir hinab, hebt an mit Wehklagen. Irfo und Tschako und Qarataschdin hatten ein Pferd als Geschenk für Kaka Mem mitgebracht; nun führen sie es in der Karawanserai und den Straßen umher. Yaya Zin sagt: „Qarataschdin, wo ist euer Herr? „Ihr habt ihn, weil er euer Herr ist, hier gelassen; vierzig Nächte ist nun seine Mahlzeit mit dem Hundefutter im Gefängnis!" *°8) khimkhdng, wörtlich: „das Färbehaus".



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Bangina sagt: „Wenn ich nicht sterbe, sondern lebe, am Leben bleibe, „So muß ich die Truppen und das Heer der Stadt Yemen 10 herholen, „Muß die Wurzeln der Sippe des Mir und des Bekir herausreißen." Irfo sagt: „Ich bin Irfo, „Ich bin ein Widder mit [gewaltigem] Gehörn, „Dem Mir, deinem Bruder, werde ich die Haut von den Schultern abreißen." Qarataschdin sagt: „Ich bin Qarataschdin, „Ich bin [einer] von den Panthern, die Klauen voll Blut, „Wenn ich nicht sterbe, so reiße ich den Mir, deinen Bruder, aus den Schultern heraus!" Und Tschako sagt: „Ich bin einer, Tschako mit Namen, „Aus Gram um Mir Mem sind mir blind geworden alle beide Augen. „O Schwester Yaya Zin, beklage dich nicht über mich, blind 20 sind mir geworden alle beide Augen; „Jetzt muß ich die Stadt Tschizir dem Erdboden gleich machen, muß sie zerstören. „Schwester, sage mir, ob Mir Mem gestorben oder noch [am Leben] geblieben ist." Yaya Zin sagt: „Was soll ich tun, ich arme, deren Haus zerstört ist! „Nicht gestorben ist er, noch am Leben; entkräftet ist er im Kerker." Da kamen jene vier Löwen weinend die Straße herab. Alle kamen sie, gelangten an den Kerker. Sie sagten: „Yaya Zin, sollen wir [erst] den Mir töten oder den Kaka Mem aus dem Kerker herausholen?" Yaya Zin sagt: „Ich will euch zum Opfer werden, zögert nicht; „Unternehmt irgendetwas solches, um den Kaka Mem für 30 mich herauszuholen." Da flocht Yaya Zin ihre Locken 2 0 ^ aneinander, warf sie in den Kerker; J

°9) „Sie machte ihre Locken zu Ring an Ring" = „flocht sie aneinander" f Mirza Dschewad wußte mir den Ausdruck nicht zu erklären.

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Kaka Mem schlang sie um seinen Nacken und seine Achselhöhle; sie begannen ihn emporzuziehen. Yava Zin sagt: „Gebt ihn mir;" sie ergriff seinen Kopf, legte ihn auf ihren Schoß. Kaka Mem sagt: „ 0 Herr, für die Gnade Gottes bringe ich Dank dar! „Yaya Zin, mein Auge kann nicht sehen; wo sind Irfo und Tschako und Qarataschdin und Bangina?" Yaya Zin sagt: „Mein Leben ist vernichtet, niemand ist mir geblieben! „Weißt du nicht, daß sie von dem Feldzuge (Heere) wieder zurückgekehrt sind, sie stehen allesamt rings um dich." Kaka Mem sagt: „Yaya Zin, sage ihnen, sie mögen meinen Hals frei machen 110 ); lebet wohl! „Auf dich fiel mein letzter Blick; um der Wehklagen meiner Eltern willen ist mein Vorhaben nicht geglückt." Als Yaya solches merkt, beginnt sie mit Klagen211) und Weinen. Gemäß der Barmherzigkeit Gottes kamen die Engel zu Kaka Mem, um das Leben (die Seele) ihm zu entziehen. Wer war es? Kaka Mem, der buntäugige, Seine Augen ließ er zu dem Antlitz der Yaya Zin umherschweifen. Da beginnen Irfo, Tschako, Qarataschdin und Bangina mit Wehklagen. Mir Zendin erhob sich, kam zu ihnen aus dem Diwan; Auch er beginnt, gleich jenen, mit Wehklagen, Er sagt: „Schwester, Yaya Zin, laß uns den Kaka Mem emporheben, ihn zurücktragen in den Diwan." Bangin sagt: „O Mir, ich will dir zum Opfer werden, lege keine Hand an ihn! „Ich muß ihn, den mir vom Könige Brahim anvertrauten, zurückbringen nach Yemen." Der Mir sagt: „Bangina, Lieber! „Ich habe nicht gewußt, daß der Sohn des Königs Brahim hierhergekommen ist; Siehe Anm. 9 1 . »") cämbär „aus Trauer weinend umhertanzen". M a n n , pers.-kurd. Samml. IV. 3. 2.

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• 3°



„[Aber nun] weiß ich, daß Tschizir um seinetwillen verwüstet werden wird, „Es ist ratsam, daß gerade bei mir sein muß sein Grab und sein Friedhof." Qarataschdin sagt: „Es muß gerade hier sein, da er ja der Yaya Zin Gast war." Irfo und Tschako sagen: „Mit eigener Hand werden wir ihn zum Friedhof tragen, „Da Mir Mem der Geliebte der Yaya Zin ist, so ist bis zu ihrem Tode Yaya Zin unser aller Schwester." Bangin sagt: „Ohne Herrn sind wir und heimatlos! „Da Mir Mem landfremd ist, so laßt uns gehen und selbst das 30 Grab für ihn graben." Mir Zendin sagt: „Bei Gott, Bangin, wie kommst du zu diesen Worten I „Ich wußte nicht, daß er der Sohn des Königs Brahim ist; blind mögen mir werden alle beide Augen! „Schon längst habe ich hingeschickt, das Grab für ihn ist gegraben." Man trug den Kaka Mem auf den Waschstein, und er ward 35 gewaschen. Man hob ihn empor zum Friedhofe, dort ward er der Erde anvertraut, Einen Beileidsruf 112 ) taten sie, kehrten [nach Hause] zurück. Als nun die Nacht herabkam, erhob sich ein Regenguß 78 (Gießen des Regens), Yaya Zin nun beginnt mit Wehklagen um den Kaka Mem: „Der einzige Sohn des Königs Brahim von Yemen, jung ist er verstorben wegen meiner, der ich der Eltern beraubt bin! „Das Erlaubte der Welt sei mir verwehrt, bis daß Gott Gericht 5 hält; „Was soll ich tun, wehe mir Entehrten, Armen! „Zu den Eltern des Mir Mem lassen sie nun Botschaft nach Yemen gelangen; an) bärigi khöshi, „Ruf des Wohlbefindens", gleichbedeutend mit särkhdsi, s. oben S. 14, Anm. 23.



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„O Gott, was wird nun über die Stadt Tschizir kommen, mit den Kanonen und der Artillerie von Yemen! „Was soll ich tun, aus meinen Händen ist er mir entgangen, ich Bejammernswerte! 10 „Die Stadt Tschizir wird man mir zerstören, niemand von meiner Sippe wird übrig bleiben." Wer war es? Bangina, sein Herz verbrannt, Er kam zu Yaya Zin, sagte: „Yaya Zin, mein Auge ward blind, mein Herr ist nicht mehr am Leben." Yaya Zin sagt: „Bangina, ich bin der Eltern beraubt, und ein Pfeil ist in meine Leber geschlagen worden." Bangina sagt: „Ich muß nun allein nach der Stadt Yemen gehen; lebe wohl!" Yaya Zin sagt: „Gehe! Was soll ich tun, ich Arme! „Gehe, ziehe; dem Gotte übergebe ich dich als dem Bürgen, als anvertraütes Gut dem Propheten." Wer war es? Bangina, der rosig-frische, Rosse und Windhunde färbte er [schwarz] und kehrte nach Yemen zurück. Zwölf Monate und vierundzwanzig Tage wanderte er mit Weinten und Wehklagen, Bis daß er gelangte an die Türe des Königs Brahim von Yemen, einen Ruf nach dem andern stieß er aus. König Brahim stürzte heraus, er sagt: „Bangin, was ist Kaka Mem zugestoßen, was ist mit ihm vorgefallen?" Er sagt: „König Brahim, ich will dein Opfer sein; ein Schmerz hat ihn getroffen, er hat den Befehl des Höchsten ausgeführt!" 3° König Brahim sagt: „Bangina, was tust du mir an, mir döm Kinderlosen, Armen! „Was soll ich beginnen, wie soll ich aus Yemen nach der Stadt Tschizir gelangen?" Als die Mutter des Mem solches erfährt, rief sie den Truppen und dem Heere. In dieser selben Nacht entfaltete sie die Banner, ließ flattern die Fahne. Bangin erhob einen Ruf nach dem andern, ging wieder nach der Stadt Tschizir zurück. 9*



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Bangin sagt: „Nun gehe ich nach der Stadt Tschizir zu meinem 35 jungfrischen Herren." Er marschierte hinab zwölf Monate und vierundzwanzig Tage, Er kam in die Umgebung der Stadt Tschizir, lagerte, machte bereit Kanonen und Artillerie. — Yaya Zin schickte zu Mir Zendin: „Erlaube, daß ich an 79 das Grab des Kaka Mem gehe." Der Mir beratschlagte mit Bekir, er sagte: „Soll ich es ihr erlauben, oder nicht?" Er sagte: „Zu dienen, erlaube es ihr. Ich weiß, daß sie wegen der Totenklage herkommen werden; vielleicht daß sie uns um der Yaya Zin willen nichts Böses antun." Der Mir sagte: „Laß sie zu den Gräbern gehen, sie hat die Erlaubnis." Yaya Zin ging unter Wehklagen zu den Gräbern. Da gelangte Yaya Zin zum Grabe des Kaka Mem, sie ruft dem Kaka Mem. Sie sagt: „O Gott, laß [mich] nicht hochmütig sein, noch demütig 1 ^), „Du allein gibst Leben, nimmst Leben hinweg! „O Kaka Mem, mein Leben, kannst du nicht ein einziges Mal • dein Haupt erheben?" Kaka Mem sagt: „O Dame, warum bist du so verrückt und töricht? „Deine Wangen sind mir sehr viel schöner, als das Taschentuch mit Blumen bestickt. „Bis daß die Welt vernichtet wird, wird nie ein Mann das Haupt erheben aus der Behausung des Staubes." Yaya Zin sagt: „O Gott, außer dir ist keiner, der da am Leben bleibe; „Laß' mich fürderhin wegen des Kummers nicht leben, „Laß' mich beim Grabsteine des Kaka Mem sterben. „O Gott, du bist gütig, bist allmächtig!" Der Engel Gottes kommt, er nimmt die Seele von der Yaya Zin hinweg. Sie brachten die Kunde zu Mir Zendin: „Yaya Zin starb." Der Mir sagte zu Bekir: „Laß uns gehen, ein Grab für sie 20 graben." Sie sagten: „Hier grabt das Grab"; an welcher Stelle *'3) Die Übersetzung ist fraglich. Es sind zwei von arab. y S und MO gebildete Denominativa (oder Causativa) in der 2. Fers. Sing. Konj. Präs. Mirza

Dschewad erklärte:

mo tü ^^JUCj y j ^ i «J.

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-

sie auch immer die Hacke [in die Erde] eingeschlagen hatten, nirgendwo konnte aufgegraben werden, außer neben Kaka Mem. Man machte das Grab fertig, bestattete die Yaya Zin, deckte sie [mit Erde] zu, sagte: „Vorwärts, laßt uns wieder gehen." Ein Getöse kam aus dem Grabe des Kaka Mem und 25 der Yaya Zin. Bekir sagte: „Ja so! sie lassen nicht ab; dort im Grabe selbst gingen sie in gegenseitige Umarmung." Bekir Agha sagt: „Mir, du bist ein Mir, ein mutvoller! „An allen Sachen gibst du mir Schuld. „Deine Schwester die Hure, noch am jüngsten Tage läßt sie nicht von der Männerwelt ab." Der Mir sagte: „Der hat mir alles mögliche angetan, tötet 30 ihn doch!" Bekir warf sich selbst zwischen die Gräber des Kaka Mem und der Yaya Zin, das Blut des Bekir fiel zwischen die Gräber des Kaka Mem und der Yaya Zin. Nun wurde es zu einer Tamariske, dort grünte es. Ihre Taten waren vollendet Irfo bedeckte sich von Kopf bis zum Fuß herab mit Asche, 35 Und Tschako färbte sich schwarz, Einen Beileidsruf für Mem und Zin taten sie, In Kummer gingen sie und kehrten, ein jeder nach seinem Hause, zurück. — 80 Man gab dem König Brahim Nachricht, daß auch Yaya Zin starb und man sie neben Kaka Mem beerdigte. Wer war es? König Brahim, der frische, Er sagte: „Nun sage mir niemand fürderhin: schone nach [dem Tode des] Mem und Zin die Stadt Tschizir!" „Morgen früh will ich es ganz und gar zerstören, in den Fluß von Tschizir will ich es werfen kopfüber." Da, als am nächsten Tage der Morgen graute, Erhob sich König Brahim aus dem Schlafe, 10 Er sagt: „Was soll ich tun, aus Sehnsucht nach Mir Mem wurden mir blind alle beide Augen." Das Antlitz der Kanonen und der Soldaten ward auf die Stadt Tschizir gerichtet. Dem Bangina war sein Herr gestorben; er selbst war Oberanführer, sein Inneres (Bauch) ist verbrannt.

— 134 Er wandte sein Antlitz zum Hause des Bekir; zu wem er immer gelangte, dessen Kopf schnitt er ab, dessen Bauch (Brust) schlitzte er auf. Er wandte sein Antlitz zum Hause des Mir Zendin, nicht ein einziger entrann, nicht einer blieb am Leben, Bis daß mit einem Male ihre Spuren vertilgt waren. 15 Da tat Khatun Asti schwarzes Zelttuch um, ging, stand vor König Brahim, Sie sagt: „O König, Mem und Zin starben, die Spuren vom Hause meines Vaters sind vertilgt." König Brahim schlang den Arm um den Hals der Khatun Asti, sagte: „Du bist meine Tochter, dich habe ich an die Stelle von Kaka Mem gesetzt." Er schlang den Arm um den Hals der Khatun Asti, ging an die Gräber von Mem und Zin, um sie fertig zu machen. Sie gelangten zu den Gräbern, mitsamt den Truppen und dem Heere stimmten sie den Beileidsruf an. Wer war es? König Brahim, der jung-frische, Blindheit kam auf seine beiden Augen, Er sagt: „Im Greisenalter ist nun mein Schicksalsanteil Kinderlosigkeit und Gram (Bauchverbrennen). „Kind, Khatun Asti, ich komme nicht wieder nach der Stadt Tschizir; es ist eine Stadt von übler Vorbedeutung, Sichwohlbefinden ist [in ihr] schwer. „Kind, die Stadt Yemen ist ohne Königssohn und verwüstet." 3° Khatun Asti sagt: „Aus Jammer um Mem und Zin ist es nahe (Zeit), daß ich vom Glauben mich abwende, „Kein Vater und Bruder sind mir geblieben, daß ich bei ihnen niedersitzen könnte zum Schutze." König Brahim sagt: „Kind, die Stadt Tschizir gebe (gab) ich dem Qarataschdin bis zu seinem Tode als Treupfand; „Mein Kaka Mem starb mir, nun ist meine Hoffnung auf 35 Bangin gesetzt (gefallen)." Qarataschdin sagt: „Was soll ich tun, König Brahim, die Herrschaft kann nicht von mir ausgeübt werden, meine Leber ist vernichtet;



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81 „Ich habe ja nicht viel für Kaka Mem getan, Wohltat ward von mir umsonst gegeben. „Gott weiß, es ist dein Sohn; aber auch von meinen Anverwandten ist mir niemand geblieben." Am nächsten Tage traf er die Vorbereitungen, während sieben 5 Tagen wurden unausgesetzt Wohltaten wegen Mem und Zin ausgeführt. Darnach erhob man das Banner, entfaltete die Fahne. Tschizir ward dem Qarataschdin übergeben; sie kehrten nach Hause zurück. Dem König Brahim wurden vor Sehnsucht alle beide Augen blind. Zwölf Monate und vierundzwanzig Tage brachte man das Heer zurück, •o Er zog in die Stadt Yemen ein, ein jeder bedeckte sich mit Asche (legte sich in Asche); Den Bangin machte er zu seinem Sohne und setzte ihn über die Stadt Yemen. — O Herr; Rahman Bekir möge nicht sterben! In vier Tagen hat er dieses Gedicht für den Herren aus Deutschland zu Ende gebracht. 15 Jesus, der Geist Gottes, stand zu Häupten des Herren aus Deutschland; O Herr Sahib, mögest du in Wohlbehaltenheit und Gesundheit über alle Meere reisen, deiner Mutter und Schwester Gruß entbieten! —

in. L a s und K h e z a l . V o r b e m e r k u n g . Das Gedicht „Las und Khezal" stellt eine Reihe unvermittelt aneinander gereihter Episoden aus einer Liebesgeschichte dar. Wir haben nach der in der Prosa - Einleitung gegebenen Vorgeschichte: i . das Zwiegespräch der beiden Liebenden, Kampf mit Mir Bedagh und Mir Hamad Khan, 3. Las' Auszug zur Jagd, 4. Besuch des Las bei seinem Stamme, 5. Reise des Las nach Oman, um die Schoranblume zu holen. Sein Tod.



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Der Schauplatz des Epos sind die Distrikte Balek und Harir, also das südlich von Rowanduz gelegene Bergland. Das Gedicht zeichnet sich durch hohe poetische Schönheit aus. Prachtvoll ist das Zwiegespräch zwischen Las und Khezal, von einer Kühnheit der Vergleiche, die ganz aus dem Rahmen der öden orientalischen Kunstpoesie herausfallen, und dabei doch von erhabener Einfachheit des Ausdruckes. Diesem StUcke steht dann wtlrdig zur Seite die Schilderung der Jagdvorbereitungen (Text Seite 91, Zeile 20 ff). Wie einfach und treffend ist der den Jagdreiter der kühlen Überlegung beraubende Jagdeifer geschildert (Text Seite 92, Zeile 2 5 ff). Und das Ganze gibt ein äußerst treffendes Bild von dem Leben der Nomaden, von ihren Raubzügen, von ihrem Treiben im Zeltdorfe, von ihren Arbeiten als Hirten. Sehr verbreitet scheint die Kenntnis dieses Gesanges nicht zu sein; einem Barden aus Rowanduz, den ich in Mosul sprach, war er unbekannt; bei den Mangur-Stämmen ist er sehr beliebt. Und in dem sonstigen von Kurden bewohnten Gebiete, soweit ich es bereist habe, besonders in Bitlis und in Bohtan, war er gänzlich unbekannt

Ahmed Agha, vom Stamme der Baleki1), hatte kein Kind. Mahmud Agha war sein Bruder, auch der hatte kein [Kind]; die Weiber aller beiden wurden schwanger. Gott gab den Las dem Ahmed Agha, und die Khanzad gab er dem Mahmud «5 Agha. Sie verlobten sie miteinander, den Las und die Khanzad. Die Mutter des Las hieß Schern (Kerze); zehn Jahre lang bemühte sich 1 ) Ahmed Agha um sie, sie heiratete ihn nicht. Nun ward ein Löwe wütend (toll), er zerfleischte Menschen, fraß sie; Ahmed Agha sagte: „Entweder muß er auch mich fressen, oder ich töte diesen Löwen." Es war vier Jahre her, daß er die Schern heimgeführt hatte; er pflegte sie nicht zu 30 beschlafen. Sie sagte: „Warum beschläfst du mich nicht?" Er sagte: „Bis du mir nicht mit eigener Hand das Hosenband öffnest, beschlafe ich dich nicht." Ahmed Agha zog seine sieben Sachen 3) an, ging dem Löwen nach*). Der Löwe be•) Über den Stamm der Bäläki, Bewohner des Distriktes Balak, östlich von Rowanduz, 6ndet man einige Angaben bei Rawlinson, Notes on a Journey from Tabriz . . . in JRGS. Vol. X pag. 26. *) Der Erzähler hätte hier unserm Gefühle nach das Plusquamperfektum anwenden sollen. 3) sär u barg = „Kopf und Kleider", wohl eine Art Alliteration. 4) Wörtlich: „ging auf den Leib des Löwen"; technischer Ausdruck der Jäger.



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gann zu kämpfen mit ihm; Gott gab dem Ahmed Agha Glück, er warf den Löwen nieder. Er kam auf ihn zu, schnitt ihm den Kopf ab. Er war müde, legte sich auf den Rücken des 35 Löwen zum schlafen, Schlaf kam über ihn. Unter den Leuten war Jammern und Wehklagen; sie sagten: „Der Löwe tötete den Ahmed Agha." Sein Weib sagte: „Ich gehe hin; entweder muß er auch mich töten, oder ich nehme Rache für Ahmed Agha." Das Weib legte die Hand an den Dolch, ging auf die 82 Spur des Löwen. Als sie hinging, sah sie, der Löwe war gefallen, Ahmed Agha war auf ihm ausgestreckt. Sie sagte: „O Gott, dies ist es: der Löwe hat ihn zerfleischt, auf seinen Rücken gelegt." Da sah sie, daß der Kopf des Löwen abgeschnitten ist, den Ahmed Agha hatte Schlaf übermannt. Sie sagte: „O Gott, er beschläft mich nicht; ich will doch sehen, s ob er ein Mann ist oder nicht." Sie öffnete das Hosenband; Ahmed Agha hob die Augen empor, er sah, sein Weib hat sein Hosenband geöffnet. Da kam er über sie, beschlief sie auf dem Rücken des Löwen, so wurde Las auf dem Rücken des Löwen erzeugt. Dann erhoben sie sich, kamen wieder nach Hause zurück. Khanzadekhan und Las waren miteinander verlobt worden. io Etwa zwölf Jahre hernach starb Ahmed Agha, auch Mahmud Agha starb. Sechs Jahre war Trauer um Ahmed Agha und Mahmud Agha. Nach sechs Jahren ging [einst] ein Mann um Schafe zu verkaufen, er ging mitten unter den Stamm der Memudinis). Dort war sein Auge auf die Khezal, aus der Familie der Melanebi gefallen; er kam zurück, sagte: „Herrlicher Las, dein Leben ist umsonst dahingegangen." Er sagte: „Weswegen sprichst du so?"' Er sagte: „Möge dein Haus 15 nicht verwüstet werden; an jenem Tage habe ich die Khezal von den Melanebi gesehen; sie wetteifert mit der Sonne; gerade nur die ist für dich gut." Las machte sich auf, verließ den Distrikt der Balek, ging unter den Stamm der Memudini, damit sein Auge die Khezal sehen sollte. Als er dorthin ging, stieg er ab; man nahm ihm den Zügel ab und band sein Reit5) Stamm in Khdshnaü, Däsht i Härir. Mäldnäbt ist eine der Unterabteilungen.

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tier an. Er ging selbst zu Melanebi; der sagte: „He, Väterchen, woher bist du?" Er sagte: „Zu dienen, ich bin gekommen, um Dienste zu tun." Er sagte: „Wo bist du ansässig, wessen Sohn bist du?" Er sagte: „Zu dienen, ich komme (kam) aus Germian 6 )." Melanebi sagte: „Kennst du den Ahmed Agha und Mahmud Agha Baleki?" Er sagte: „Zu dienen, nein; ich gehöre nicht zu den Leuten ihres Stammes." Er sagte: „Kannst du Pfeifenwartung versehen?" Er sagte: „Ja, zu dienen, ich kann." Man gab Tabaksbeutel und Wasserpfeife dem Las zur Pfeifenwartung bei Melanebi. Zehn Nächte machte er die Wasserpfeife zurecht. Eines Tages kam Khezal vor *5 seine Augen. Las sagte: „wer ist diese?" Man sagte: „Das ist Khezal von den Melanebi." Da sagt Las: „O Yai Khezal, weder ist dein Wort ein Wort, noch ist deine Abmachung eine Abmachung, noch ist deine Religiosität eine Religiosität. „Tausendfach Flüche seien über deine alte Mutter, über den kleinen Bruder, zweitens über den Vater, den Grünbart7); 3° „Ich ging deinetwegen nach dem Alpenlande, dem hohen und gewaltigen; „Eine Handvoll Blaulilien und Tausendschön, ich pflückte sie; „Strauß an Strauß machte ich sie, mit einem Seidenbande aus dem Laden band ich sie. „Eine Karawane kam daher vom Getreidekauf, „Ich habe mit dieser Karawane diese Blumen für dich geschickt, „Ich weiß nicht, sind diese Blumen an dich gelangt, oder er- 83 reichten sie dich nicht?" Khezal sagt: „Las, ich nehme diese von dir nicht an. 6 ) Gärmtän, auch Gärmen, „das warme Land". Damit sind die auf den südwestlichen Abhängen der iranischen Randgebirge nach der Tigrisebene zu gelegenen wärmeren Distrikte gemeint, etwa zwischen Rowanduz und Koi Sandscbak, die zum Teil die Winterquartiere der im Sommer im Hochgebirge (Kücstän) zeltenden Kurden bilden. Der Distrikt Bäläk gehört nach unserer Stelle ebenfalls zu Gärmtän, ebenso Härir, der Geburtsort der Khanzadekhan. 7) Schimpfwort, besonders von den Juden gesagt, deren Bart angeblich nicht das reine Weiß des Bartes eines Muslim haben soll, sondern infolge der verschiedenen Hantierungen der Juden, besonders im Färberhandwerk, graugrünlich sein soll.



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„Nicht vom Gipfel des Sahend, noch von Qutschi Qazan noch vom Rendol der Zerza, noch vom Teschweila, noch vom Moli-beran, noch von der Kani-khula8) ist eine einzige unter ihnen." 5 Las sagt: „Yai Khezal, Flüsse kamen mir [dazwischen], die Brücke ward mir zerstört. ..Ich konnte nicht schwimmen über die grüne Tiefe, „Die Mädchen und Jünglinge des Stammes der Hemzagha hatten ihr Herz mehr als ich und du an die Welt gehängt, vor mir und dir pflückten sie die Blüten aller dieser Blumen. „Gott verwüste die Zelte der Nomaden; mit den Leithammeln und Herden weideten sie alle diese Blumen ab, „Die Hände des Las, des Baleki, waren [zu] kurz, sie reichten nicht bis auf alle Alpenlande." Khezal sagt: „Las, du hast mein Herz vernichtet. „Von diesen Blumen einige stecke dir selbst an, „Komme vor unser Zelt, laufe! •5 „Einige sagen: O Gott, siegreich möge er dir sein; einige sagen: Gesegnet möge er sein; Las der Baleki ist ein herrlicher Jüngling." Las sagt: „Von dem Zelte der Mela bis zu dem Zelte der Sofi, „Von dem Zelte der Sofi bis zu dem Zelte der Melanebi: „Ich sage, werden will ich zum Wanderer, die Türkei durchstreifen samt Indien 1 so „O daß ich doch ein Baum wäre, von den Aprikosenbäumen, „Daß man mich doch gegeben hätte in die Hand der Meister, sie hätten mich gespalten mit Sägen, hätten mich gelegt vor die Spalte der Hobelwerkzeuge, „Sie hätten mich in die Höhe gehoben 9) zu einer Feder des Pfauenwedels, hätten mich schön geschmückt mit den Rückenfedern der weißen Si-Vögel, 8 ) Die Identifikation dieser Bergnamen ist schwierig. Der Sahend ist bekannt; der Qutschi - qazan liegt in Lahidschan, den Rendol finden wir auf de Morgans Karte als „Bandola-izara dagh" westlich von Uschnu; Uber die anderen drei konnte ich nichts erfahren; käni-khuläi bedeutet: „Gottesquelle". 9) Im Sinne von: „sie hätten mich so schlank gemacht wie . . . "



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„Sie hätten mich gebracht in den Köcher10) eines Bogens der ^s Inder, „Sie hätten mich in die Höhe geschossen hinauf auf den Qutschi Qazan, auf den Qandil der Mamakoi11). „Dort hätten sie durch mich getötet den Vater der Zicklein, die Mutter der Steinböcke. „Mein Gefieder (Federnschmuck) wäre gefallen auf die Höhen, meine Schwungfedern auf die Niederungen, „Auf den Weg der Schaf- und Kuhhirten und der schönen Melkerinnen. „Sie hätten mich aufgehoben, hätten mich getragen an den 3" Rand der Quellen, „Aus Freude über mich hätten sie die Schafe nur oberflächlich gemolken 11 ), wären gekommen zu dem Quellstein; „Ein Ende von mir hätten sie gesteckt in den Rucksack, meine Mitte wäre dann zu liegen gekpmmen an der Mündung des Milchschlauches, um ihren Hals hätten sie mich befestigt, mein anderes Ende wäre zu liegen gekommen 35 mitten zwischen ihren beiden Schultern, um meine Spitze wäre gekommen ihr Halstuch samt einer Handvoll ihrer Locken; „Da hätte sich eine Woche lang um meinetwillen Kampf erhoben mit den Leuten und dem Häuptling der Stämme; „Eine Melkerin, eine sehr gottesfürchtige, hätte mich von jenem 84 Stamme gestohlen, als Geschenk und Ehrengabe mich gebracht zu Yai Khezal vom Stamme der Melanebi. „Yai Khezal hätte mich in ihre gesegnete Hand genommen, hätte mich gesendet zum Goldschmied, der Goldschmied hätte mein eines Ende mit Gold beschlagen gemacht, meine Mitte mit Eschrefi verziert, mein anderes Ende 5 mit Perlen und Eschrefi; IO

) So erklärte Mirza Dschewad; sollte bännäl nicht etwa „Kerbe des

Bogens " bedeuten? " ) Die Mamakoi zelten bei Khoschnau; die Qandilkette trennt noch heute Persien und die Tttrkei, wie in alter Zeit; vgl. Hoffmann, Auszüge aus syr. Akten pers. Märtyrer, S. 243. '*) särctl „das nicht gründliche Melken, so, daß in den Eutern noch ein Rest Milch übrig bleibt".

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„Der Goldschmied hätte mich auf seine beiden Hände gelegt, hätte mich als Ehrengabe und Geschenk zurückgebracht zu Yai Khezal vom Stamme der Melanebi; „Yai Khezal hätte mein eines Ende gelegt auf das Grübchen an ihrem Halse, mein anderes Ende zwischen ihre Brüste'S); ,.Der Schweiß hätte mich wahnsinnig und verrückt gemacht, ich wäre befachelt worden von den Stirnlöckchen, beruhigt worden durch die Locken; „Wenn dieser Platz mir überdrüssig geworden wäre1*), hätte sie mich gelegt in eine verzierte (schönfarbige) Kiste; des Tages hätte sie mich mit Näschereien und Süßigkeiten gefüttert, des Nachts wäre ich Bote gewesen zwischen dem Busen und den Brüsten'S); i5 „Wenn dieser Platz mir überdrüssig geworden wäre, hätte sie mich gesendet zu einem Meister der Zigeuner 16 ); die hätten mich zurecht gemacht zum Stock der Handspindeln, sieben Jahre hätte man mit mir gesponnen Ziegenhaarhose und Jacken wie die der Merduti'7), „Wenn dieser Platz mir überdrüssig geworden wäre, hätten mich die Dienerinnen und Mägde von der Khezal gefordert, sie hätte gesagt: „Das ist ein sehr hübscher, wunderbarer Pfeil, den halte ich für niemandes würdig; daß man ihm nicht etwa Qual und Pein (Blindheit) verursache, [und] ich am jüngsten Tage [dann] nicht frei werde von Scham; „Wenn dieser Platz mir überdrüssig geworden wäre, hätte sie mich unter (auf) die Nägel der silberfgestickten] Schuhe gelegt, hätte mich kurz und klein gemacht, mich fortgeworfen an den Rand des Brünnleins und der Quelle, >3) sitlg ist „die Brust (allgemein)'; mämiäti „die beiden Brüste des Weibes". '+) Wörtlich: „wenn das „dort" (läwi) mir . . •5) Sinn? •6) Ob der im Mukri gawil, auch dum, sonst im Ostkurdischen meist dorn genannte Nomadenstamm wirklich aus Zigeunern besteht, konnte ich nirgend feststellen; dem Wesen und ihrer Beschäftigung nach vertreten sie tatsächlich die Stelle der Zigeuner. •7) Ein Stamm, unweit der Mämudin zeltend.



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„Dort wäre ich von selbst grün geworden zu einem schönen 25 Weidenstrauchwerk, „Zu meinen Wurzeln wäre gekommen im Vorüberziehen (kommend und gehend) l8 ) der Stamm der Surtschi und der Zirari. „Jeden Herbstanfang und Frühjahrsende «9) hätte unter meinem Schatten sich niedergelassen Yai Khezal vom Stamme der Melanebi." Yai Khezal sagt: „Mein Herz hält nicht Stand gegenüber diesem Kummer, 3° gegenüber diesem Schmerz; „Ein Feuer ward in meinem Innern entfacht, ein anderes in meinen Eingeweiden, „Weder mit Wind ward es gelöscht, noch mit Regen. „Ein Notschrei von mir zu Gott, ein anderer von mir zum Propheten, dem letzten der Zeitläufte 20 ). „O Las, diese Stirnlocken, für dich habe ich sie groß gezogen, 35 ganz wie Seide aus dem Laden (sind sie); „Ich habe diese Stirne für dich gepflegt, eintausendundsiebenhundert Engel ziehen vor ihr her, wie der helle 85 Mond, so ist sie, Glanz hat sie gegeben dem Himmel und der Erde; „Diese Brauen, für dich habe ich sie groß gezogen, du mußt für sie geben das ganze Indien (die Stadt Indien) um Salbe, wenn du beginnst sie zu schminken 21 ). •8) Türkisch. •9) In dieser Jahreszeit finden die Wanderungen der Nomaden statt. Diese vier ersten Verse der Antwort der Khezal stechen durch ihren allgemeinen Inhalt so sehr von der sonst hier vorliegenden hochpoetischen Ausdrucksweise ab, daß sie mit Sicherheit als ein Einschiebsel in den eigentlichen Text anzusehen sind, zumal da sich diese selben Verse auch in andern Gedichten zum Teil wörtlich wiederfinden. So ist z. B. der erste Vers der weit und breit bekannte Anfang des Epos' von der Burg Dimdim. " ) Wörtlich: „wenn du beginnst, die Augenbrauenschminke (wäsmä) anzulegen (kishän; eigentlich: „ziehen", weil man das wäsmä auf das stumpfe Ende eines kleinen Elfenbeinspänchens legt und nun dieses an den Brauen entlang zieht)".

143 s „Diese Augen, für dich habe ich sie großgezogen; du sagest, es sei der Siriusstern, der da aufgeht bei den Afscharen und Persern"), jeder Liebende, der ihn sieht, dessen Sünde bleibt nicht ( = wird ihm vergeben) am jüngsten Tage; „Diese Wangen, für dich habe ich sie großgezogen, du sagest, es sei eine Fackel im Diwan des Sultans von Stambul, bei deren Glänze der treffliche (iahige) Mirza sein Schreibrohr ansetzt (wirft) auf das Papier, nach allen vier Weltreichen Post und Befehle abschickt; „Diese Nase habe ich für dich großgezogen, es müßte eben nur der weise H e y a s 1 3 ) ihre Bedeutung verstehen *4); „Diese Lippe habe ich für dich großgezogen; ein Kaufmann, •5 nur wenn er ein Krur (500000) besitzt, sonst kennt er ihren Wert nicht; „Diese Zähne habe ich für dich großgezogen, jeder Zahn ist ein Edelstein, eines jeden meiner Edelsteine Wert wird nicht erreicht mit dem Lande Kaschmir und Iran; „Dieses goldfarbene^) Kinn, für dich zog ich es groß, mein Herz gestattet nicht, es in die Hand des unkundigen Meisters zu legen, der Meister muß ein Obermeister sein, daß er leise leise, sacht sacht es nicht verletzt beim Abwiegen; „Diesen Hals habe ich für dich groß gezogen, du sagst, es sei eine Rosenwasserflasche, wie schön ist sie! Las und Khezal mögen einander besprengen, Las sage: „O Yai Khezal, lege für mich diese Rosenwasserflasche auf die Nische"; „Diese Schüssel 16 ) habe ich für dich großgezogen, ein Paar unreife Limonen liegen auf ihr; weichgewebter Seidenstoff ward ihr zum Vorhang, ihr Verschluß (Schlüssel) ward eine astrachanische Nadel; **) Also jedenfalls am Östlichen Himmel fttr den etwa in Mukri - Kurdistan ansässigen Dichter. *3) Der aus den Anekdoten bekante VVezir Mahmuds von Ghazni. »4) Sinn? 'S) shäkh, eigentlich „Gehörn"; shäkhi zir „ein Stückchen Gold". Sie meint ihre Brust.

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„Einige Schönheitsfleckchen zwischen meinen Brüsten, diese Schönheitsflecke lese ich ohne den Ohm Lehrer und 30 ohne Helfer; es sind Alif, es sind Mim, Schriftzüge des Koran; „Diese Figur habe ich für dich großgezogen, du sagst, es sei ein einjähriges Basilikum, die Menschenkinder haben ihm zur Nachtzeit Wasser gegeben, die Feuchtigkeit ist gedrungen auf die Blätter, zugleich mit dem gelben [Strahle] der Sonne beim ersten Morgengrauen; „Diese Weiche der Lenden 2 7) habe ich für dich großgezogen, 35 beuge dich zu ihr hernieder, lege dein Haupt auf sie, unter Küssen und Umfassen; „Las, du lieber, mein Leben, komm', drei Küsse will ich dir geben, niemand merke es 18 ). „Der Knöchel meiner Füße ist der Apfel an den Zweigen, 86 den man dem Gartenwärter anvertraut hat, daß er vom Abend ab ihn bewache, bis hin zum ersten Morgengrauen, „Vom Morgen ab wieder ihn bewache, bis zum späten Abend, wo der Mullah ruft: „Gott ist groß" und der Sofi ablegt das Bekenntnis des wahren Glaubens. „Las, komm', zwei Küsse will ich dir geben; einen als Almosen, den anderen für das Wort des Glaubensbekenntnisses." Las sagt: „Yai Khezal, was soll ich tun, du bist im Weibergemach, ich auf der Männerseite 29); „Mein Herz ist in Kummer, mein Inneres verwirrt, „Du bist Hauseigener, ich fremd, „Wenn es wahr ist, wenn du mir geben willst diese Küsse, „So ziehe die Ruten aus der Schilfwand heraus, deine gesegnete Verherrlichung komme hierher." a 7) rän „die Lende, der Oberschenkel insgesamt"; s/älkä „die inneren weichen Fleischteile der Lende". l8 ) Es ist im Text zu lesen: mäcinid statt mäcänim. *9) Die großen schwarzen Zelte der Kurden werden durch etwa mannshohe, künstlich geflochtene Schilfwände in zwei Teile, das Männergemach (lä mcrdän, auch diwän) und das Frauengemach, midbäq (arab. g ;h5 Hände ergreife." Als nun zu Pferde stiegen diese beiden Jünglinge, Riefen sie ein Lebewohl 5). Sie sagen: „Das Gebiet des Alpenlandes ist nicht in unserer Hand geblieben. „O ihr Leute des Stammes, lebet wohl!" Man zeigte ihnen den Weg nach Bagdad, langsam zogen sie dahin. 2° Einige Tagereisen auch eilten sie, bis sie vierundzwanzig vollendeten. t 5) Wörtlich: „einen Ruf des Wohlergehens".



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Zur Morgenzeit traten sie in Bagdad ein, diese beiden Jünglinge; Durch die Straßen und Gassen von Bagdad zogen sie, Bis sie gingen an die Türe des Kia, [dort] abstiegen. Man nahm ihnen die Pferde ab, führte sie in den Stall, [und] zeigte ihnen das Zimmer, Drei Tage lang saßen sie nieder, es wurde nichts nach ihnen gefragt Eines Tages sagte Kia: „Von woher sind diese Gäste? vor dem Mir ward [davon] gesprochen." 3° Der Diener sagte: „Ich weiß nicht, woher diese sind; ich kenne sie nicht. Was habe ich mit deinem Gaste zu schaffen, daß ich ihn befragen könnte, [und] sagen: „Woher bist du6), der du hierher gekommen bist?" Kia sagte: „Du bist ein törichter 7) Diener; gehe, suche zu erfahren, woher jene Gäste sind, was sie wollen. Sie sind drei Nächte hier, warum reden sie mit mir gar nicht8)?" 35 Wer war es? Der Diener der tapfere, Er ging zu Nasir und Malmal mit einem Male, Er sagt: „Ihr Gäste! der Mir hat mich zu euch geschickt als Boten 9): 102 „Ich will wissen, woher diese sind und was sie mit mir zu tun haben." Malmal sagt zu Nasir: „Schreibe ihm heimlich einen Brief; „Sage: wir sind die Söhne des Mezin und Mirza Agha, wir 5 sind gekommen, wollen seine (des Kia) Diener werden mit einem Male, „Man hat das Gebiet des Alpenlandes uns abgenommen; nun haben wir, außer Gott10), wenn der nicht hilft, keine andere Hoffnung." Sofort schrieb Nasir den Brief, 4

) Im Persischen etwa:

7)

') „Warum ist ihnen keine Frage und Antwort mit mir". 9) Im kurdischen substantivum abstractum: pers. j j y S ^ J p J L I

*J.

Wörtlich: »Unter Gott, tiefer als Gott", pers. J i X j ^ L i t i \ : > j t .



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Nahm das Siegel von Malmal, siegelte ihn mit einem Male. Sagte: „Sage ihm, meine Handschrift war nicht schön (fließend); • wenn ihm das ein Fehler sein sollte, daß er sich nicht über mich beklage." Er gab den Brief dem Diener, der kehrte sofort zurück. Ging zum Kia, legte den Brief vor ihm nieder; [Kia] sagte: „Was ist das")?" Der Diener sagte: „Herr, Gott möge dir Bestand verleihen (dich feststehend machen)! „Wie soll ich wissen, der Brief ist für dich geschrieben worden." i5 Der Mir blickte den Brief an, legte ihn auf das Auge, Sagte: „Das sind meine Bruderssöhne, das ist ihnen zugestoßen." Als nun am Morgen das Frührot erschien, Wurden für Nasir und Malmal im Hause des Kia Vorbereitungen getroffen. Kia sagte: „Das sind vertraute Freunde meines Hauses; warum 20 habt ihr dieses Zimmer ihnen gegeben?" Kia sprach solches zu diesen Dienern: „Bringt Ehrenkleider zu Nasir und Malmal, holt sie hierher." Sie brachten Ehrenkleider für sie, legten sie um ihre Schultern. Sie (Nas. und Mal.) gaben das Dienergeschenk für die Ehrenkleider mit Goldausstreuung, Die Treppen kamen herab diese jungschönen, Gingen zum Kia mit Verbeugungen. Kia küßte sie, legte ihnen den Arm (Hand) um die Hälse, Sagt: „Kinder, seid willkommen; wenn ihr in Not wäret (wenn euch Not war), warum seid ihr so spät hierhergekommen? „Damit ich meinen Beauftragten hätte schicken können nach dem Alpenland; das Gagesch Bawomer, das Haus des Mezin, hätte plündern lassen; „Als Gefangenen hätte ich den Mezin Bawomer gebracht nach dem großen und gewaltigen Bagdad. „Nun [aber] stehe ich selbst hier; alles, was ihr sagt, will ich gern tun 11 ). 35 >>) auhä, bei den Mangur gebräuchlich statt des Mukri: awu. " ) Wörtlich: „auf diese (meine) Augen*.

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„Ihr müßt morgen mein Gold und Besitz nehmen, nach Bagdad gehen, Geschäfte machen mit den hiesigen Kaufleuten, 103 „Bis ich es dem Großwezir sage, um zu sehen, wie diese [eure] Angelegenheiten [geordnet] werden. „Ich werde sagen: „Wezir, ich will dir zum Opfer werden! „Zwei Bruderssöhne von mir waren Herrscher vom Alpenland, nun sind sie zu Lastträgern geworden in diesen Städten; s „Gott gefällt es nicht von dir r 3), daß du einem edlen Manne vernichten lassest Thron und Heimat." Nasir und Malmal sagen (sagt): „O Gott, vielen Dank in der Welt! „Das Gebiet des Alpenlandes haben wir hinter uns gelassen um der Wohlfahrt willen; „Nun haben wir eine Hoffnung, wie den Kia in Bagdad. „Nun werden wir morgen in den Bazar gehen, werden beginnen Handel und Geschäft." 10 Als am folgenden T a g e das Frührot erschien, die Sonne das Haupt emporhob (herausbrachte), Legten sie ihren Pelzmantel auf ihre Schultern, Wanderten in der ganzen Stadt Bagdad umher, bestimmten Preis und W e r t der Sachen, Kamen in das Haus des Kia zurück, haben Quartier 1 *) genommen. Kia auch hat im Diwan dem Wezir von - Bagdad Nachricht gegeben. is In dieser Nacht waren sie zufrieden. Ein Brief der Khatun Taurezi und der Khatun Esmer ist von jener Seite her gekommen: „Was sollen wir tun; wir haben einen Eid beim Koran geschworen, Unglück hat uns betroffen! „Ein Kurde, ein langschuhiger I 5) aus Schehrizur, ist wegen der Khatun Taurezi erschienen ^ist aufrecht gestanden)." •3) Wörtlich: „Gott nimmt es nicht von dir an". h ) Wörtlich: „Quartier wurde von ihnen ergriffen". 'S) käläsh sind die aus Zeug genähten Schuhe, die der Perser givä oder auch mäläM nennt.



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Diesen Brief trugen sie hin, legten ihn vor Kia nieder. Kia sagt: „Mein Sohn Malmal; das ist Undankbarkeit, die mir zugefügt ward [von euch]. „Habt Geduld, bis ich bei dem Wezir alle Angelegenheiten in Ordnung bringe." Sie erhoben sich, kehrten nach ihrer Wohnung zurück. Als nun am Morgen die Sonne ihr Haupt erhob, Gingen Nasir und Malmal zum Bazar, ?5 Sie machten Geschäfte, stellten den Bazar um ihretwillen auf den Kopf. An jenem Tage machten sie sehr viele Einnahmen: fünfhundert Toman gewannen sie. W e r war es? Kia, der Gebieter, Er ging, fragte den Nasir und Malmal. Er sagt: „Kinder, wie habt ihr heute die Zeit verbracht?" 3o Sie sagen: „Zu dienen, unter dem Schatten deiner Gnade kamen wir auf unsere Rechnung; „Geschäfte machten wir je um tausend [Toman], „Den Anteil 16 ) unserer eigenen Auslagen haben wir diesmal wieder eingebracht." Kia sagt: „Ich werde für die Sache gar nicht einmal [Gott] meinen Dank sagen 1 ?)." Wer war es? Nasir und Malmal, die rosig-frischen, 35 Als am nächsten Tage das Frührot erschien, die Sonne ihr Haupt erhob, Gingen sie wiederum in den Bazar von Bagdad; legten [nun] den Grund zu ihrem Handel und Geschäften. Als ihnen die Sonne unterging, 104 Ein jeder den Laden schloß, Da wußten sie nicht, daß ein Araberscheikh gegen Bagdad sich erhoben hatte. Der Araberscheikh umzingelte Bagdad, schlug die Zelte auf. Am Morgen ward es wieder Tag, da ward die Kunde dem Großwezir gegeben. ,6

) Mirza Dschewad erklärt: ^»jt » ^ ¿ j i ^ J L ^ ^ L s s L q kO-ilft^, also: „wir haben genug im Verhältnis zu unseren Ausgaben verdient". 5 Kaka Nasir sagt: „Malmal, ich habe keine Kunde, „Sage mir, daß ich wisse, was dies ist" Malmal sagt: „Bruder, der Scheikh der Araber ist gekommen, mit dem Großwezir ist Krieg; „Wenn ich nicht sterbe, [sondern] lebe, am Leben bleibe, werde ich um deinetwillen die Fuchsstute aus dem Stalle herausholen, „Einen verzierten Sattel werde ich ihr auflegen, die Gurte ihr anziehen; „Meine Schulter werde ich um deinetwillen mit einem feinmaschigen Kettenpanzer, einem davidischen, bekleiden, „Einen Weidenschild, einen siebenknaufigen, werde ich um deinetwillen vom Nacken herabhängen lassen, „Meine Hand werde ich um deinetwillen an eine erlesene 25 Lanze legen. „Dann, Bruder, werde ich mich morgen auf dem Kampfplatze entweder töten lassen oder für dich Lebensunterhalt vom Großwezir erwerben." Nasir sagt zu Malmal: „Bruder, so ist es nicht, anders ist es. „Wenn ich nicht sterbe, sondern lebe, am Leben bleibe, „Dann werde ich die Fuchsstute aus dem Stalle herausholen, 3° „Ich werde ihr einen verzierten Sattel auflegen, werde ihr die Gurte anlegen, „Ich werde meine Schulter mit einem feinmaschigen Kettenpanzer, einem davidischen, bekleiden, „Ich werde einen Weidenschild, einen siebenknaufigen, am Halse befestigen,



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„Ich werde meine Hand an eine erlesene Lanze legen, „Werde mich morgen im Kampffeld entweder töten lassen oder für dich den Lebensunterhalt vom Großwezir erwerben." Alle beide trafen ihre Vorbereitungen; sie kauften ein 107 Zelt mit zwei Türen, machten die Kriegsgeräte zurecht; am Morgen kamen sie zu Kia: „Zu dienen, wir kommen morgen, um zu kämpfen." Kia sagte: „Kommt, schlagt [euer Zelt] an der einea Seite auf." Am Morgen ward in Bagdad das Heer gerufen, hinaus zogen die Truppen, in der Umgebung von 5 Bagdad lagerten sie. Der Großwezir schickte zum Scheikh der Araber: „Ich werde keinen allgemeinen (?) Kampf unternehmen, morgen sei Einzelkampf." Der Scheikh der Araber sagte: „Sehr gern; morgen!" „Wann die Sonne heraufkam, werden wir, so Gott will, eine Ecke des Kampifeldes einnehmen." Als man einander [diese] Botschaft gegeben, io Brachte der Wezir Musik und Gaukler und Tänzer her, stellte sie an, Er sagt: „Wer ist es, der da für morgen die Hand auf seine Brust schlägt (geschlagen hat)? „Siegt er, so steht hier der Wezir, um ihm Ehrenkleider und Geschenke zu verleihen (wegen der Ehrenkleider . .). „Wer immer für mich siegt, dem werde ich vielen Lohn und Besoldung gewähren." is Am Morgen ging ein jeder für sich zum Kampfplatz, legte die Hand an sein Schwert, stand da10). Der Kämpe des Scheikhs der Araber kam von jener Seite. Sie begannen mit dem Kampf; die des Araberscheikhs schnitten die Köpfe der Kämpen des Wezir ab, trugen sie zurück; so Der Großwezir war (blieb) sehr bekümmert, Er sagt: „Kia, sieh', was uns zugestoßen ist! „Was hat der Araberscheikh über unsere Häupter gebracht!" Als am nächsten Tage wiederum das Frührot erschien, Ging der Kämpe des Großwezirs auf den Kampfplatz, stand dort, erhob sein Geschrei: Als Zeichen, dafl er bereit sei, im Einzelkampf zu kämpfen. Mann, pers.-kurd. Samml. IV. 3. a. 12

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„Gestern wer war es, der auf den Kampfplatz kam, jenen Sieg davontrug, heute auch komme er hierher!" Zwei Kämpen des Araberscheikhs schlugen die Bügel ein, Kamen, gelangten zum Kampfplatz, schimpften zu dem Kämpen des Wezir: „Lege die Waffen nieder, kehre um!" Der Kämpe des Wezir sagt: „Wenn ich nicht sterbe, lebe, am Leben bleibe, „Zerreiße ich dir den Leib, reiße dir alle beide Augen aus! 30 „Wenn ich nicht sterbe, werde ich auch den Kopf des Araberscheikhs für den Wezir holen." Jene Kämpen stritten im Schlachtfeld, Bis die Sonne weiter wanderte, zur Station des Frühstücks gelangte. Da schickt der Araberscheikh zum Wezir: „Laß zu, daß die Kämpen heute Ruhe haben bis morgen." 35 Der Wezir sagte: „Ruhe geben ist nicht: sie müssen einander töten im Kampffelde; „Warum ist er so über mein, des unschuldigen, schuldlosen, 108 Haupt gekommen, schneidet mir den Lebenspfad ab? „Meine Hoflnung ist Gott mit dem Propheten, dem letzten der Zeitläufte." Der Kämpe des Araberscheikhs schnitt das Haupt des Kämpen des Wezir ab, trug es zurück. Als der Sonnenuntergang heran kam, 5 Da sah man, von zwei Fremden wird Vorbereitung getroffen. Der Wezir sagte: „Wer sind diese, die da kommen zu Hilfe? „Dies sind Fremdlinge, sie mögen zu mir kommen; sehr viel will ich ihnen geben an Geld und Schätzen und Gut der Welt." Der Beamte (Nayib) des Wezir ging zu ihnen: „Kommt, Väterchen, der Wezir verlangt euch mit Herz und mit Seele." Sie sagen: „Zu dienen, wir kommen nicht zum Großwezir, er ist ein sehr großer und gewaltiger Wezir. „Wenn wir den Araberscheikh mit gefesselten Händen, mit zerspaltenem Schädel hierherbringen (-brachten), 3) Oder: „zuerst". 12«



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Sie gelangten in ihr Quartier, setzten sich dort nieder. Das Heer des Araberscheikhs stürzte übereinander, von Grund aus ward es vernichtet 2 *) mit einem Male. Nasir und Malmal kommen, vor dem Araberscheikh stehen 5 sie da, den Kopf (Hals) gesenkt. Der Scheikh sagte: „Setzt euch." Sie verbeugten sich dreimal. Er sagte: „Was seid ihr für Leute?" Nasir sagte: „Zu dienen, dieser da ist der Herr, und ich bin ein Diener, von denen, die zu nichts taugen." Da gab er (d. Scheikh) Befehl, hieß diesmal den Malmal sich setzen. Er unterhielt sich mit dem Araberscheikh, Brachte Waschkanne und Becken her mit einem Male, Sagte: „Bring her, wasche deinen Kopf, gehe zu deinem Heere zurück dieses Mal." Er sagte: „Ich wasche mir den Kopf nicht, beruhige mich nicht; „Euren Sieg werfe ich nicht auf die Erde^), bei dem allmächtigen Könige [Gott]! „Ich ward dem Großwezir gottverfallen, mein Kopf kann nicht 15 gerettet werden." Er saß dort nieder, bis zum Morgen blieben sie. Nasir und Malmal sagten: „Zu dienen, wir haben dich freigegeben; nimm dein Haupt empor, gehe hinab." Er sagte: „Schneidet mir den Kopf ab, euer Sieg muß feststehend bleiben." Am Morgen erhoben sie sich und gingen zum Wezir hinab. ™ Der Wezir war auf dem Gebetsteppich; er sprach: „O gütiger Gott! „Diesmal befreie mich aus den Krallen des Araberscheikhes!" Als er hinsah, brachten zwei Leute einen Gefangenen herab. Er sagte: „O Gott! auf welcher Seite hat heute nacht in dieser Stadt Streit stattgefunden (ist gemacht worden)?" Er sah, die drei Leute verbeugten sich und flehten ihn an =5 dieses Mal. *•) „seine Spuren wurden vernichtet. . *5) Sinn: „Ich will durch meine Flucht euch nicht um die Früchte- eures Sieges bringen". Der Scheikh weiß sehr wohl die Ergebenheitsbeteuerungen seiner Besieger richtig zu deuten!



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Der Wezir blickte hin, er sieht, dies ist der Araberscheikh, so hilflos. Er stand auf, ergriff ihn an der Schulter, hieß ihn neben sich niedersetzen dieses Mal. Der Wezir sagt: „O Araberscheikh, war dir Arabistan zu wenig, so sei dir diese Stadt hier zum Geschenk [gemacht]. „Nun bin ich aus deinen Krallen befreit worden." Der Scheikh sagt: „Beschämt ward ich und schamerfüllt; „Befiehl, deine Henker sollen kommen, auf meinen Hals schlagen dies Mal. „O Wezir, frage nach diesen deinen beiden Dienern: 3s „Kein Vater befreit so seinen eigenen Sohn aus der Not; „In keinem Reiche werden solche (diese) Zuverlässigen gefunden. „Dies sind deine Diener, ihre Dienste sind so passend; 110 „Ein guter Diener ist für seinen Herrn zuverlässig wie der treue Bruder." Nasir und Malmal haben geantwortet: „Wir sind nicht die Diener des Wezir, wir sind Diener des Araberscheikhs, sind hier her gekommen." s Der Wezir sagt: „Söhne, was ihr nur befehlt, gerne erfülle ich es!" Nasir und Malmal verweigerten sich dem Wezir, Sie sagen: „Wir tun nicht Dienste bei dir, wir wollen nicht Schätze der Welt." Der Wezir sagt: „Warum wollt ihr nicht Schätze der Welt?" Sie sagen: „Unser Fürsprech' und Oheim ist Kia." io Der £>iener ward hin befohlen, Sie gingen, brachten den Kia her. Kia langte an, grüßte den Diwan des Wezir, Er sagt: „Wezir, das sind meine Bruderssöhne, von denen jener Sieg für dich erkämpft (gemacht) worden ist. „Als Entgelt für diesen Dienst: heuer ist es sieben Jahre, daß is sie aus dem Alpenlande Gagesch Bawomer herausgetrieben worden sind!" Der Wezir sagte: „Mögen sie fordern die Schätze der Welt; „Alles, was sie fordern, werde ich ihnen geben, außer dieser Stadt Bagdad." Nasir und Malmal kamen zur Antwort mit einem Male:



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„Wir wollen eben das Gebiet des Alpenlandes unter [unsere] Herrschaft; „Wir müssen den Mezin Bawomer töten, nie soll danach ™ gefragt werden; „Tribut und Frohndienste wollen wir nicht leisten nach der Stadt Bagdad. „Wenn man uns nicht gibt das Gebiet des Alpenlandes mit einem Male, „So werden wir hier Diener, gehen nicht wieder hinweg aus der Stadt" Als diese Worte des Nasir und Malmal zu Ende waren16), Legte der Großwezir seine Hand auf sein Haupt, »s Sofort ward der Befehl fiir sie erlassen, Man siegelte ihn für sie, er ward [von ihnen] entgegengenommen. Der Tribut und Frohndienste des Alpenlandes wurden aufgehoben, Man entließ sie, sie sagten: „Lebet wohl!" Sie sagten: „Zu dienen; da wir Diener sind, so ist uns noch 3° ein anderes Anliegen übriggeblieben: „Zu dienen; schneidest du den Kopf des Araberscheikhs ab, oder entlassest du ihn ganz und gar?" Der Wezir sagte: „Dieser ist mein Bruder; Arabistan sei stets.sein; auch Bagdad habe ich ihm geschenkt." l7) Der Araberscheikh sagt: „O Großwezir! Gott verleihe dir Bestand 1 „Einen Kopf habe ich hergebracht, ich will ihn nicht wieder 35 nach Hause tragen." Der Wezir sagt: „So geht es nicht. **) Solche diplomatischen Manöver, wie das eben geschilderte, kann jeder Reisende in Persien tagtäglich z. B. mit den Dienern erleben. Wenn jemand dem Reisenden einen Dienst erwiesen hat, so folgt naturlich erst stundenlanges Ablehnen jedes Entgeltes; meist nur, weil das Angebotene zu wenig ist. Dann kommt mit einem Male die exorbitante Forderung des bescheidenen Iraniers zum Vorschein. — Auch dafi die beiden ihre Forderung nicht selbst sagen, sondern ihren „wäMl" damit ins Treffen schicken, ist echt: nie wird der Perser und Kurde jemandem eine Bitte ins Gesicht hinein vortragen; einen Unterhändler und Fürsprecher zu haben, gilt für einen Ausfluß der Bescheidenheit. Ist's aber meist nicht, sondern in fast allen Fällen Feigheit. *7) Das bekannte ^ X & a j der Perser I

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„Der Araberscheikh ist mit mir Bruder; 111 „Bagdad gab ich ihm, um meinen Hals freizumachen18), „Damit ich erfahre, was für schlechte Dienste ich geleistete), daß der Araberscheikh mir dies Unheil angetan hat." Der Araberscheikh sagt: „Bei Gott! ich schäme mich in der Welt. 5 „Solange ich selbst am Leben bin, machte ich dir das Gebiet von Arabistan zum Geschenk; gesegnet sei dir stets die Stadt Bagdad! „Ratsam ist dieses, daß du diese Diener frei machest." Der Wezir sagt: „Was soll ich tun; es sind meine Söhne, ihr Oheim ist Kia. „Sie mögen hingehen, zurückkehren nach dem Gebiete des Alpenlandes; niemanden sollen sie anerkennen in der Welt, •o „Bis daß sieben Generationen von ihnen vergehen, braucht keiner von ihnen wiederzukommen nach der Stadt Bagdad; „Wenn Krieg über Bagdad kommen sollte, Nasir und Malmal sollen nicht herführen Truppen und Heere. „Sie mögen gehen, entlass' sie, Kia; ihr Hals möge froh sein und frei!" Sogleich verbeugten sie sich, kehrten zurück mit einem Male. — >5 Kaka Malmal sagt wieder zu Kaka Nasir: „Auf keinen Fall lasse ich mich hier noch eine einzige weitere Nacht zurückhalten 3°), so daß ich nicht zurückginge nach dem Alpenlande des Mezin Bawomer zu der Khatun Taurezi." Malmali1) sagte: „Wir wollen uns heute nacht hier nicht aufhalten lassen; ich will die Sache so betreiben (wörtlich: eine solche Tat tun), daß mich kein Vorwurf treffen kann." *») „zur Halsbefreiung". *9) „was meine Nichtdienstleistung war". 3®) Wörtlich: „nicht will ich noch (qai) eine (sh-, für « = pers. g^1) einzige (taq-ä) Nacht weiter (di = pers. j & O ) hier festsitzend (gir, wie im Persischen) sein". 3>) Rahman diktierte: „Nasir sagte"; offenbar ist aber Malmal gemeint. Der Sinn dieses und der folgenden Verse ist mir nicht ganz klar.



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Kaka Nasir sagt zu Kaka Malmal: „Bruder, wenn du wegen des Ranges [so] sprichst 32): außer dem Wezir ist in Bagdad niemand höher als du; „Wenn du wegen des Goldes und der Schätze33) [so] sprichst: in deiner Schatzkammer, die von mir aufgespeichert ward, sind tausend Lasten an Gold und Eschrefi; „Wenn du wegen der guten Stute so sprichst: in unserm »5 Stalle sind angebunden zweihundert Stuten aus dem Besitze des Großwezirs; „Wenn Gott dir diesen Rang und diese Größe gäbe, das Weib ist darum doch nicht für dich. „Stelle dir doch [die Sache] so vor, deine Geliebte, die [Tochter] des Mezin Bawomer, sei von ihrer Mutter her nicht als Jungfrau geboren34)." Malmal erwidert zu Kaka Nasir35): 30 „Wenn du wegen des Ranges so sprichst: nach meiner Meinung ist er [Mezin Bawomer] nicht im Range eines Kuhhirten; „Wenn du wegen des Goldes und der Schätze so sprichst: nach meiner Meinung hat er insgesamt nicht einmal einen Schahi36) dieser Zeitläufe (?); „Wenn du wegen der guten Stute so sprichst: nach meiner Meinung sind alle nicht im Werte eines den Packsattel tragenden Lastkleppers der Hausierer. 35 3») Der Gedankengang ist vielleicht so: „wenn du meinst, es könnten dir Vorwürfe gemacht werden, daß du deine der Taurezi gemachten Versprechungen nicht erfüllt hast, so denkst du mit Unrecht so. Denn du hast alles erworben, was du nur hast erreichen können: Rang, Ehre, Reichtum. Aber das hilft dir nun ja doch nicht mehr, denn Taurezi ist bereits verheiratet". 33) ser u zämbar ist nach Mirza Dschewad eine Art volkstümlicher Reduplikation, wie etwa im Persischen: lila mild. 34) So fafit Mirza Dschewad diesen schwierigen Vers. Er erklärt den Sinn so: ,,Jetzt, wo sie nun doch schon verheiratet ist, tröste dich und denke, du habest sie eben gar nicht als Jungfrau kennen gelernt". 3}) Das ganze Zwiegespräch ist inhaltlich etwas dunkel und die oben gegebene Übersetzung löst nicht alle Schwierigkeiten der einzelnen Textworte. Wie stets bei wirklich fraglichen Stellen ließ auch hier die Interpretation des Mirza Dschewad mich im Stich. 3*) Persische Münze, jetzt im Werte von zwei Pfennigen.

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„Auf keinen Fall lasse ich mich hier noch eine Nacht zurückhalten, so daß ich nicht zurückginge in das Alpenland des Mezin Bawomer zu Khatun Taurezi." 112 Nasir sagt: „Mein Herz ist voller Wunden, meine Leber ist verbrannt. „Du bist mein älterer Bruder, die Entscheidung ist nicht [mehr] bei mir (geblieben). „Wann befiehlst du, daß wir die Stuten satteln, nach jener Richtung aufbrechen?" Malmal sagt: „Wir sind in Überlegung; s „Wenn du sagst, lass' uns Vorbereitungen treffen. „Heute nacht wollen wir aufbrechen; bis an den Graben von Bagdad wollen wir marschieren." Wer war es? Nasir voller Hoffnung (?), Eine sehr treffliche Vorbereitung hat er im Bazar getroffen, Er ist gekommen, hat seine eigene Stute und die des Kaka Malmal gesattelt, io Sie gingen zur Türe (zum Palast?) des Kia, wollten sich verabschieden. Kia sagt: „Willkommen, sehr willkommen, ihr beiden Männer des Kampffeldes; „Der Wezir hat euch gegenüber viele Verpflichtungen, ihr habt Bagdad aus der Not befreit (herausgebracht). „Geht hin, habt keine Furcht, ich selbst stehe ja hier im Diwan 37). •5 „Der Wezir von Bagdad hält außer euch niemanden für ihm näherstehend (für seinen Bruder); „Ziehet hin, gehet, Gott vertraute ich euch an als dem Bürgen, als Unterpfand dem Propheten, dem letzten der Zeitläufe.tt Wer war es? Die beiden jungfrischen Reiter, Sie wendeten ihre Zügel, kehrten um. Langsam und sachte zogen sie von Bagdad, kehrten nach dem Alpenlande zurück. Bis zum Nachtgebet wanderten diese beiden Reiter; Die Zeit des Nachtgebetes kam über sie, dort standen sie, Sie hielten ihre Zügel an, dort stiegen sie ab. 37) D. h. „wenn Bawomer sich hier in Bagdad beklagen sollte, so bin ich ja hier, um eure Sache zu fuhren".



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Die Nacht schliefen sie dort. Malmal sah ein Traum- 35 gesicht im Schlafe: man hatte Khatun Taurezi einem Kurden, einem langschuhigen aus Schehrizur gegeben. Malmal erhebt sich, weint an seinem Platze. Nasir sagte: „Bruder, warum weinst du? Wenn sonst ein Mann auf Reisen geht, bringt er nicht Pferd und Sattel wieder heim; der Mann geht auf die Reise, stirbt, der Mann wird> verschuldet. Wir haben Gott sei 3» Dank einen Sieg errungen, wir haben Reichtümer, gehen als Herrscher zurück nach dem Alpenlande; warum weinst du so?" Kaka Malmal erwidert dem Kaka Nasir: „Ich sah heute nacht einen sehr sonderbaren Traum: „Meine Geliebte haben sie gegeben einem langschuhigen Kurden aus Schehrizur. „Ihr Vater zückte den Dolch (mit dem Dolche) auf sie, ihr 35 Bruder das entblößte Schwert; „Durch die Furcht vor Schwert und Dolch haben sie den [mir geleisteten] Eid aus dem Gedächtnisse der Khatun Taurezi entfernt. „Jetzt haben sie sie gegeben dem langschuhigen Kurden, sie macht „Lailai" für den Knaben des Kurden, „Sie denkt so, Nasir und Malmal sind nicht mehr auf der Welt. 113 „Durch ihre [der Taurezi] Hand lassen sie die Schafe melken, „Mit ihren Locken38) lassen sie sie spinnen die Spindel, „Durch ihre Füße lassen sie schaukeln die Wiege des Kurdenknaben. „Am Tage bis zum Abend weint sie um Nasir und Malmal, 5 leise (unter der Zunge) sagt sie: „Wehe! ich möchte sterben um der beiden Reiter in der Türkei willen!" Nasir sagt zu Malmal: „Bruder, dein Traum ist wahr; Trug ist nicht an ihm! „Aber so ist es nicht; anders ist es: 10 „Das ist meine Verlobte, nicht die deinige." Malmal sagt wieder zu Nasireddin: „Bruder, dies ist [hier] nicht die Stadt Bagdad, daß du mich in Aufruhr versetzest39). 3') sie! Wie der Vers zu verstehen ist, weifi ich nicht. 39) Er meint, Nasir könne nicht, wie vorhin in Bagdad, jetzt ihn von seinem Vorhaben abzubringen versuchen.

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„Wer nur immer heute nach dem Alpenlande ginge, mir eine Botschaft brächte: • s „Ich habe ein Schwesterchen, das gebe ich ihm, daß er im Laufe des Jahres, so gut es bei diesen Zeitläuften geht 4°), seinen Kummer durch sie vergesse; „Ein altes Mütterchen habe ich, auch das gebe ich. ihm, daß sie an der Wiege schaukele, „Wenn du auch damit nicht mit mir zufrieden bist, so habe ich einen alten Vater, den gebe ich ihm, daß er [der Vater] jährlich mit Worten (mit der Zunge)*1) für ihn [den Boten] Germian und das Alpenland in Ordnung halte. m „Wenn du auch damit nicht mit mir zufrieden bist, so habe ich einen Bruder, der soll ihm [dem Boten] jährlich ein Paar Büffel in die Faust geben (legen), [so daß] er sieben Joch Acker aus dem Zustande des Brachlandes und der Unbebautheit dadurch herausbringen kann." Kaka Nasir sagt zu Kaka Malmal: „Bruder, über wen hast du denn diese Klagen und Wehrufe? „Schließlich ist doch dies kein Krieg aller Reiche. ?5 „Ich werde für dich gehen tatsächlich, nicht nur mit dem Munde 4»), „Der Weg von vierundzwanzig Tagen mit der Fuchsstute, unter Brüdern bedeutet das nichts. r Wenn ich nun gehe nach dem Gebiete des Alpenlandes, woran soll ich erkennen die Verlobte des Malmal, die Khatun Taurezi?" 30 Malmal sagt: „Nasir, mein Herz ist im Sieden 1 „Wie ist es siedend im Sieden! „Ein Pfeil hat mich rechts getroffen, auf der linken Seite mir eine Wunde gebracht 4®) dar aqq roagärt, pers. J ^ j s j ( j ^ - J^ e t w a »in Anbetracht der Zeiten". • •) Sinn: „auf friedlichem Wege". 4») Wörtlich: „mit Händen, nicht etwa (näkü = nä wäiü) mit dem Kopfe, d. h. mit Kopfnicken". Wenn die Worte nicht absolut sinnlos sind, so meint M. Dschewad, können sie nur die in der oben gegebenen Umschreibung ausgedrückte Bedeutung haben.



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„Wenn du um meinetwillen zum Boten wirst, dorthin gehest, „Die Familie des Mezin Bawomer hat in der Schlucht Baiin 43) gegenüber dem Qutsch-i-Qazan das große schwarze Zelt 35 aufgeschlagen. „In diesem Augenblicke hat der Regenguß einen Platzregen gebracht, „Auf das schwarze Zelt regnete es, aus allen Schluchten erhob sich die Wasserflut; „Khatun Taurezi nahm den Zelthammer aus Eichenholz zurll4 Hand (legt Hand an d. Hammer), dreimal hat sie das große schwarze Zelt umkreist; „Sie sagt: „Mutter, mein Auge ist blind geworden, der Gram um Nasir und Malmal ist mir vor es (das Auge) gekommen; ich weiß nicht, welcher Zeltpflock sich herausgezogen hat." Malmal sagt [weiter]: „Bruder, wenn du sie so nicht erkennst, 5 so nicht siehst, „Des Morgens kleidet sie sich in rot, des Mittags in gelb, des Abends aus Trauer um den Nasir und Malmal in dunkelblau. „Wenn du Lust hast, keinen Kummer und Sorge(?) zu haben, „Wenn du Lust hast, Khatun Taurezi rasch zu sehen: „Dort zieht sie aus der Schlucht Baiin heraus die Fuchsstute 10 vor das Stammesdorf, hinter. ihr her gehen zwei Fohlen, deren Mähnen eine [Mannes-] Schulterlast betragen, ein und zwei Jahre alt sind sie, einst für Nasir und Malmal sollen sie kommen unter den Sattel." Malmal sagt: „Kaka Nasir, du mußt heute gehen, für mich Nachricht zurückbringen." Nasir sagt: „Möge dein Haus nicht-s zerstört werden; wie soll ich den Weg von vierundzwanzig Tagen gehen und zurückkommen?" Er sagte: „Dann soll für morgen zum Aufgang der Sonne unsere Abmachung folgende sein: Komme wieder. Wenn du [aber] nicht wiederkommst 43) Einen BalinpaS beschreibt Rieh, Narrative I, pag. 239, zwischen Meek (Mik) und Bayandereh, unweit Bänä. Qutsch-i-Qazan als Namen eines Berges kann ich nicht nachweisen.



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(kamst), dann bist du entweder Herrscher [dort] geworden**), ich bin aus deinem Gedächtnis entschwunden45), oder man tötet dich, du kannst von dem Wege keine Nachricht zurückbringen, oder deine Augen fallen auf Khatun Esmer, ich schwinde aus deinem Gedächtnis." =o Dem Nasir erhob sich Zorn diesmal: „Ich werde ein erlesener Bote sein. „Wenn niemand im Alpenlande am Leben bleibt, nach Khatun Esmer werde ich nicht fragen. „Ein Pfeil hat mich getroffen in der Leber, äs „Bei jenem Gotte, wenn niemand am Leben bleibt, ich werde nach Khatun Esmer keinen Blick tun!" Kaka Nasir hat in Eile die Fuchsstute herausgebracht, Den Sattel warfen sie auf ihren Rücken und haben die Riemen angezogen. Nasir sagt: „Malmal, mein Weg ist lang; gib mir Abmachung 30 und Ziel genau an." Malmal erwidert dem Nasir: „Wenn die Sonne herauskommt, so komme hierher, halte dich bei dem Khalifengraben von Bagdad, „Falls du mit gutem Glück wieder herkommst, an deinen Bruder denkst. „Wenn du aber spät wiederkommst, so wandert Malmal nach der Wüste von Bagdad, 35 „Dein Auge wird ihn nicht wiedersehen, bis zu jenem Tage, an dem du stirbst." Nasir sagt: „Malmal, lebe wohll „Sehr vielen Mühen habe ich mich um deinetwillen unterzogen. 115 „Wenn in aller Welt ich später hierher gelangen sollte, einen Tag warte [hier] auf mich." Malmal sagt: „Nasir, gehe, zieh' hin, auf mich komme dein Unglück, du Büffel des Kämpfplatzes! „Ich glaube nicht, daß irgend jemand mehr [wert] ist, als du, am Tage der Not; 44) „Du hast dein Herrschersein gesehen." 45) Das Verbum steht in der dritten sing., obwohl das Subjekt gmin ist. Ebenso ira folgenden Satze.



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„Gott vertraue ich dich an, als dem Bürgen; als Unterpfand 5 dem Propheten, dem letzten des Zeitlaufes." Nasir wendete seine Zügel, schlug die Bügel ein, in der Richtung nach dem Alpenlande. — Als Nasir und Malmal vom Alpenlande nach Bagdad kamen nach dieser Richtung, In den sieben Jahren^) war ihrer Quelle Wasser nicht verblieben. Als Nasir nach dem Alpenlande reiste, Ritt (ging) er in jener Nacht, bis das Frührot erschien, Als er an das Alpenland kommt, sieht er, zwei Herden waren auf einer Weide zerstreut Die, welche die Schafe des Mezin und Mirza Agha sind, der Väter des Nasir und des Malmal, alle, möchtest du 15 sagen, sind krank und keine Kraft ist ihnen verblieben. Die andern, welche die Schafe des Mezin Bawomer sind, haben am Sprudel der Quelle Wasser getrunken, haben auf fetter Weide geweidet, Sie sind so fett, allen, möchtest du sagen, sei Krappsaft angestrichen worden 47). Und der Hirte ist jener Kurde, mit welchem Khatun Taurezi verheiratet worden ist. Als Nasir hinblickt, ist jener Hirte auf einem Dornstrauch 20 niedergesessen, der Rauch der Wasserpfeife wird über seinem Haupte zerstreut; Mit dem Hintern drückte er gegen den Dornstrauch, riß ihn samt Stiel und Wurzel aus. 4*) Seit ihrem Weggange. 47) Die Krappwurzel hat bekanntlich einen roten Farbstoff, der auch im Orient sehr viel verwendet wird. Rot ist aber dem Kurden die schöne Farbe *«t ¿Soyjfjv. So kommt der nicht ganz gewöhnliche Übergang von „fett" zu „rot gefärbt" vermittelst des tertiums: „schön" zustande. „Die Schafe sind fett; sie sehen fast so schön aus, als wenn sie mit Krappfarbe angestrichen wären". Das Anstreichen der Schafe auf dem Rücken mit roter Farbe wird Übrigens häufig angewendet, um Begriffsverwechselungen in bezug auf Eigentumsrechte vorzubeugen. Natürlich nimmt man dazu dann möglichst dauerhafte Farben, wie den Krapp. 4») Wörtlich: „griff rasch". Der Vers soll die große Körperkraft des Mannes schildern; es ist in der Tat eine gewaltige Kraftleistung, die tief eingewachsenen und sehr zähen Astragalusbttsche auszureißen.

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Als dieser Hirt den Nasir erblickte (sein Auge auf N. fiel), sagte er: „Das ist entweder Malmal, [und] Nasir ist gestorben (nicht geblieben), 25 „Oder es ist Nasir, [und] Malmal ist gestorben." Der Kurde ruft: „Reiter, o Reiter vom Stamme der Tschelebi*9)! „Zwei Jünglinge, Vettern, kamen aus dem Alpenlande zu dem Wezir als Diener, „Du, bei Gott, sage mir, ich möchte wissen, welcher von ihnen am Leben blieb, welcher von ihnen gestorben ist" Nasir sagt: „Hirten sind töricht, haben keinen Verstand. 3° „Im Gebiete von Bagdad gibt es den Namen Nasir und Malmal nicht. „Der Weg nach dem Alpenlande nach dem Hause des Mezin, nach seinem Zeltdorfe, wo geht er entlang?" Der Kurde sagt: „Reiter, o Reiter vom Stamme der Tschelebi! „Du sagst mir nicht die Wahrheit; „EureTaten, selbst bei euren eigenen Herren, ist alles Treulosigkeit. 35 „Weißt du nicht, daß ich Kurde bin, Hirte des Mezin Bawomer? „Die Verlobte des Malmal habe ich geheiratet, daß blind werden die Augen des Nasir 5°); „Auch die des Nasir werde ich heiraten, daß blind werden die Augen des Malmal. 116 „Der Weg nach dem Alpenlande ist jener, der oben entlang geht, er fuhrt mitten in das Stammesgebiet." Nasir sagte: „O Gott! Malmal ist ein Scheikh, keinen solchen Scheikh gibt es. „Da sieh' nur das Kotfressen des Kurden: „Er sagt: Ich habe die Verlobte des Malmal geheiratet, daß blind werden die Augen des Nasir. 5 „Wenn ich hier diesen Päderastensohn töten wollte, dann erhebt sich Streitgetümmel, ich komme nicht schnell genug zu ihm [Malmal], er geht nach der Sandwüste von Bagdad, ich sehe ihn nicht wieder; vor meiner Tante und Oheim entsteht mir Schande; 49) Türken in der Umgegend von Ardebil. Oder auch wie im Türkischen „feiner Reiter". 5°) Wörtlich: „zur Blindwerdung der Augen . . im Sinne von „zum großen Kummer des N.".



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„Laß ihn lieber werden zu einem Kalbe, das da eingehen mag in meinen Bauchs 1 ) in Feindschaft." An jenem Tage war Dienstag; Khatun Taurezi, Khatun Esmer und Khatun Perwer kamen alle drei zum Wäschewaschen. Als Nasir von unten heraufkam, erblickte ihn Khatun Perwer; sie sagte: „Schwesterchen, ich will zum Opfer für euer Haupt werden! „Ich war sieben Jahre alt, als Nasir und Malmal fortgingen, „Dort kommt ein Reiter, entweder ist es Nasir oder Malmal, der Held. „Bei Gott, Schwester, sieh* hin, sieh' zu, wer dieser Reiter ist. 15 „Seine Kleidung ist die der Leute von der Türkei; er selbst hat das Aussehen des Städters angenommen. „Ich kenne ihn nicht, sieh' zu, ob er jener ist, oder ob er jener nicht ist." Khatun Esmer hat das Haupt erhoben, Sie sagt: „Möge mein Auge blind sein, ich kenne ihn nicht; das Aussehen des Städters ist von ihm angenommen (angelegt)." Sie sagte: „Schwester, komm'; wir wollen ihm Verse zu- ™ rufen; wenn es Nasir seiir sollte, oder Malmal sein sollte, so wird er bei uns stehen bleiben; und wenn er es nicht sein sollte, so wird er nicht wissen, daß wir die Töchter des Mezin sind. Er wird sagen: Mädchen der Alpenlandbewohner sangen Verse und Lieder." Khatun Esmer ruft: „Jüngling, heh Jüngling! „O daß ich doch ein Apfel wäre von den Äpfeln aus dem Laden! =5 „Daß ich gefallen wäre gerade auf die Wege nach den Höhen des Alpenlandes. „Wenn dann Nasir und Malmal aus dem Dienste des Wezir als Herrscher zurückgekommen wären, so hätten sie mich aufgehoben, hätten an mir gerochen, hätten mich in die Tasche gesteckt." 5') Eine häufig angewendete Redensart. gUilkikim lätn da sgi-dä-yä „ein Kalb von dir ist in meinem Bauche", sagt man, wenn man jemandem etwas antun möchte aus Rache und als Entgelt für eine Schandtat, aber die Zeit nicht für geeignet hält, die Rache aufschieben muß; etwa: „das kommt auf dein Kerbholz«.



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30 Khatun Perwer sagt: „O Jüngling, o daß ich doch Augenschminke und ein Schminkbeutelchen wäre, in der Tasche der jungen Knaben! „Wenn dann Nasir und Malmal aus dem Dienste des Wezir zurückgekommen wären, hätte jeder mich einmal mitten auf seine Augen gelegt!" Khatun Taurezi sagt: „Ich möchte ein Fohlen sein, von den edlen, von jenen vollblütigen, geweidet hätte ich an 35 den Wegen nach den Höhen; „Wenn Nasir und Malmal aus dem Dienste des Wezir zurückgekehrt wären, hätten sie mich überantwortet (gegeben) dem Schlage der Bügel, hätten mich gebracht in das Zeltdorf der Mezinfamilien, 117 „Jeder hätte einmal seine Hand gelegt an meine Mähnen, „Sie hätten mich von meinem Vater gekauft um den Tribut und das Geld und die Einkünfte von sieben Jahren." Als Nasir die Worte zu Ende hörte, s Zog er die Zügel an und stand aufrecht da, Nasir wendete die Zügel zu jenen hin, Nasir sagt: „Nun will ich sehen, ob Khatun Taurezi geheiratet hat, oder ob es Lüge ist" Kaka Nasir ruft: „Schwester, Dame, o wehe Khatun Taurezi! „Wir waren zwei Brüder, von den Leuten des Alpenlandes; 10 „Heuer ist es sieben Jahre her, daß wir euretwegen zu Leuten von Germian wurden; „Jetzt sagt man: Du hast dich verheiratet mit einem langschuhigen Kurden aus Schehrizur. „Der Kurde ward nun zum Hirten, du wurdest zur zarten Melkerin. „Du hast doch beim Koran geschworen; was wird deine Antwort 5») am Auferstehungstage sein? „Lailai machst du für den Knaben des Kurden, denkst so: »5 Nasir und Malmal waren überhaupt nicht in der Welt, mit einem Male." Khatun Taurezi weint, sie sagt: 51) Im Sinne von Verantwortung, Verteidigung. Mann, pers^kurd. Samml. IV. 3. a.

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„Wisse, was meine, der bejammernswerten, Schuld und Sünde ist. „Der Vater zückte den Dolch auf mich, der Bruder auf mich das entblößte Schwert, „Ich wünschte für mich Tötung und Sterben, gab niemandem Vollmacht 53); „Deshalb ist es, daß ich mich mit dem Kurden verheiratet habe, damit ich euch wiedersähe, vor dem J e n s e i t s 54). „Nasir, wehe, Held Nasirl „Bei Gott schiebe (gebe) ich dir einen Eid zu, und beim Wesen des Herren: „Wenn du nicht willst, daß ich sterbe, sage mir mit einem ^s Male: „Du, bei Gott; ist Malmal noch am Leben, oder ist er gestorben?" Nasir sagt: „Schwester, Dame, o wehe, Khatun Taurezi! „Außer dem Wezir ist niemand angesehener als Malmal. „Aber Zorn hat sich ihm erhoben, er sagt: ich komme nicht zurück zum Alpenlande ein anderes Mal." Khatun Taurezi sagt: „Bruder, Nasir, ich will dir zum Opfer 30 werden I was ich nur an Schmuck und Ohrringen habe, bringe sie ihm als Geschenk; „Die Freudenkleider habe ich mir versagt, Henna habe ich an meinem Haupte nicht gesehen; „Ich bin zu keinem Hause, sei es dem eines Ungläubigen, noch dem eines Muselman, gegangen zum Hochzeitsfest. „O Gott, Bruder, was soll ich beginnen? 35 „Wie bringst du den Malmal zurück nach dem Alpenlande mit einem Male? „Ich weiß, Malmal hat kein Verlangen mehr nach mir. „O Bruder, ich will zum Opfer für dein Haupt werden, sieh'118 zu, wie du dort diese Angelegenheit in Ordnung bringst." Als Nasir diese Worte zu Ende hörte, Sagte er: „Es ist spät, ich komme nicht mehr [zu Malmal] zurück." 53) Wörtlich: „Gab nicht einen Bevollmächtigten"; d. h. sie lieB sich durch nichts bewegen, jemanden mit den Verhandlungen um das Brautgeld zu betrauen, wie es üblich ist. 54) Wörtlich: „damit es nicht wurde zu einem Wiedersehen im Jenseits".



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5 Sie sandten die Khatun Perwer hin, sie traf Reisevorrichtung für Nasir, brachte es her, Legte es vor ihm nieder, sagte: „Bruder, das ist deine Wegspeise, und das ist Rundbrot, das mit Zucker zurecht gemacht ist; „Bei Gott, nimm diese für Kaka Malmal mit, da er im fremden Lande ist, soviel Mühe dir verursacht hat" 1° Nasir sagt: „Schwester, lebe wohl!" Er stieg auf, schlug den Bügel ein, kehrte um. Bis etwa zum Morgengrauen ritt er, Vor Schläfrigkeit konnte er den Weg nicht finden, stieg dort ab. Schlaf überkam ihn (regnete auf ihn), eine Stunde verweilte er dorten. isHaho! Als er aufblickte, da ist das Frührot erschienen, die Sonne aufgegangen. Er setzte den Fuß in den Bügel: yallahil55) Er vollendete [den Weg]. Abwärts kam er herab, gelangte an den Graben des Khalifen, und stieg dort ab. Er sieht: Malmal ist dort nicht geblieben, 20 Seine Fuchsstute weidet, alle Sachen sind auf ihr festgebunden. Er sagt: „Asche ist auf mein Haupt getan worden, meine siebenjährige Treue ist umsonst gewesen (gegeben worden)." Als er solches merkte, warf er sich herab von der Fuchsstute, weinte sich satt; Er sagt: „O Gott! was mir zugestoßen ist, möge mir bewußt werden I „Wehe mir Armen 1 35 „Wohin soll ich nun hinabgehen, nach Malmal forschen; „Er legte seine Sachen ab (machte sich nackt), und ging nach der Sandwüste von Bagdad hinab." Weithin blickte er, da ist Kaka Malmal zu sehen. Sehr rasch rennend ging dahin dieser Arme, Bis daß er gelangte zu Malmal; er sagte: „Bruder, ist das auch 30 Wort und Verabredung? SS) Der bekannte, im ganzen muhammedanischen Orient zum Antreiben gebrauchte Ruf: „yättäh"; etwa „los!". «3*



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„Mich schickst du nach dem Alpenlande, du selbst gehst allein zu der Sandwüste von Bagdad hinab? „Ich werde mich über dich beklagen vor dem Throne des Allmächtigen." Kaka Malmal sagt zu Nasir: „Khatun Taurezi hat den Kurden geheiratet. 35 „Nun habe ich die Welt beiseite gelegt; wozu ist mir die Herrschaft über das Alpenland?" Nasir sagt: „Malraal, mein Herz ist verbrannt; „Soviel Gram und Sorgen habe ich um dich gehabt (mich . .119 unterzogen); „Du machst mich zum Eilboten, schickst mich dorthin: „Khatun Taurezi, die arme, hat den Kurden nicht geheiratet, Verleumdung ist ihr zugefugt (gemacht) worden; „Weis Khatun Taurezi an Schmucksachen, Halsketten und Ohrringen hat, alles habe ich für dich hergebracht „Heuer ist es sieben Jahre, daß wir nach Bagdad gingen: das städtische Henna ist der Khatun Taurezi verwehrt gewesen 56); „Man lügt, sie hat niemanden geheiratet, sie wartet dort auf dich. „Bruder, eine andere Botschaft noch habe ich für dich mitgebracht: alle unsere Angelegenheiten sind in Ordnung; „Gott sei Dank, der Vater der Khatun Taurezi ist gestorben, Mezin Bawomer ist nicht mehr am Leben. „Wenn du nun Lust hast, so kehre nicht zurück." Kaka Malmal sagt zu Nasir: „Ich werde nicht umkehren ein zweites Mal. „Wenn ich die Taurezi nicht habe, was soll mir die glänzende Welt?" Nasir sagt: „Malmal, du hast nicht so getan, daß meine Stimme froh werden könnte; „Du hast nicht so getan, daß ich mein Vorhaben und meine Absicht ausgeführt sehen könnte, die Feinde vernichten (blind machen) könnte. 5*) Wörtlich: „ist ihr verwehrt gemacht worden".



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„Bruder Malmal, während sieben Jahre nach deinem Tode57) werde ich wandeln gesenkten Hauptes (den Kopf hinunter), „Alle beide Augen des Nasir, nach [dem Tode des] Malmal sollen sie blind werden." Da kehrte Kaka Malmal mit Kaka Nasir um, sie stiegen auf und kehrten nach dem Alpenlande zurück. — Wer war es? Nasir und Malmal, die buntäugigen, 25 Bis zum Morgengrauen ritten sie, An die Grenze des Gebietes des Alpenlandes gelangten sie, da hat die Sonne ihre Flammen gesendet (gezogen); Sie sahen, zwei Herden weideten auf der Weide. Nasir sagt zu Malmal: „Bruder, dies sind unsere Schafe, sie sind mager, da sie keinen Herren haben; 30 „Jenes aber sind die Schafe des Mezin Bawomer, sie haben auf fetter Weide geweidet, haben Wasser getrunken am Sprudel der Quelle. „Bruder, ich räume dir nicht länger diesen Vorrang des Alters ein 58), „Eine Nacht und einen Tag werde ich der Ältere59) sein; nach einer Nacht und einem Tage komme ich selbst wieder zurück in das Dienstverhältnis; 35 „Das Kalb des Kurden ist in meinen Bauch geraten." Malmal sagt: „Ich bin [dein] Diener bis zum letzten Augenblick, „Aber ich wünsche, daß du den Namen der Aghawürde auf dein Haupt legest." ; 20 Nasir sagt: „Malmal, „So habe ich meinen Namen gemacht zu dem eines vornehmen Herren aus der Türkei. „Wenn man dich fragt: Wohin geht er? so sage: er ist von Bagdad hergekommen, er ward zum Gesandten, er geht zu den Russen und Engländern. 57) Wörtlich: „mehr als du, länger als du". Nasir spricht mit Bezug auf die Absicht des Malmal, sich das Leben zu nehmen. 5') Wörtlich: „ich gebe dir nicht länger dieses Ältersein". 59) „Der ältere, dem der andere Gehorsam schuldet".



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„Paß' auf, was ich, so Gott will, für dich mit dem Kurden 5 machen werde." Es stiegen zu Pferde die beiden Reiter, Langsam, sachte kamen sie in das Alpenland hinab. Wer war es? Die beiden Reiter, die vollkommenen, Sie wandten ihr Antlitz zu ihrer Quelle, stiegen ab. Sieben Jahre war es, daß sie trocken geworden war; als Nasir 1° und Malmal an sie herankamen, ward sie plötzlich wieder fließend (geöffnet). Die Hirten des Nasir und Malmal kamen zu dieser Stelle, Er sagt: „O Gott; ihr Gäste, willkommen seid ihr, sehr willkommen! „Heuer ist es sieben Jahre, daß die Öffnung dieser Quelle verschlossen ward. „Meine Hand sei an eurem Gewandsaum, wißt ihr Kunde von 15 Nasir und Malmal, welcher von ihnen gestorben ist, welcher von ihnen am Leben?" Malmal sagt: „O Hirte, tapferer! „Den Nasir und Malmal, nach welchen du fragest, habe ich in Bagdad nicht gesehen. „Wenn du aber nach diesem hier fragest: Ich bin der Diener, jener aber ist ein vornehmer Herr aus der Türkei; „Er geht zu den Russen und Engländern in Botschaft." Da legten sie [die Hirten] die Arme (Hände) um den Hals jener Reiter, fingen an zu weinen, Sagen: „Das ist Nasir und Malmal; weshalb wäre es sonst heuer sieben Jahre, daß diese Quelle kein Wasser hat".60) Der eine sagte zum andern: „Bei Gott! dem Mezin und Mirza Agha will ich die Botschaft bringen." Malmal sagt: „Päderastensohn, nirgend wohin gehe; das ist nicht Nasir und Malmal!" Nasir und Malmal, die buntäugigen, Den Namen Gottes riefen sie an, setzten den Fuß in den Bügel. Nasir und Malmal, die zarten, Das wunderbare ist vielmehr, daß die Quelle jetzt nach der siebenjährigen Trockenheit plötzlich wieder Wasser hat,



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3° Nasir ist der vornehme Herr aus der Türkei, Malmal ein Diener voll Zuverlässigkeit, Nach dem Stamme des Mezin Bawomer kamen sie herab. Niemand erkannte sie; nach dem Hause des Mezin Bawomer fragten sie stets. Nasir und Malmal gelangten mitten in den Stamm. 35 Man fragte ihn [den Malmal]: „O Wanderer, wer ist das?" Malmal sagt: „Verdammt 61 )! das ist ein vornehmer Herr aus der Türkei, „In Botschaft geht er zu den Russen und Engländern, 121 „Nach dem Hause des Mezin Bawomer fragt er, er will ein Eilpferd entnehmen." Mitten ins Zeltdorf kam er, — überall ist Getuschel —, Bis er gelangte an die Türe des Mezin Bawomer. Der Mezin Bawomer kam ihm entgegen nackten Fußes61), s Da drehte er [Nasir] sich um, schlug den Mezin Bawomer mit der Peitsche. Der Mezin Bawomer sagte: „Zu dienen, habe etwas Geduld, daß ich wisse, was dein Begehr ist." Er sagte: „Ein Eilpferd bringe für mich; ich gehe als Gesandter zu den Russen und Engländern." io Er sagte: „O vornehmer Herr aus der Türkei, du bist ein Mann ohne Überlegung; „Du mußt einen Augenblick absteigen, Geduld haben, „Bis daß du zum Wohle Frühstück issest, und ich schicke zu der [weidenden] Herde, daß du dir das Eilpferd entnimmst." Als der Mezin Bawomer diese Worte vollendet, •5 Ergriffen sie den Zügel des vornehmen Herren aus der Türkei ließen ihn absteigen, Sie führten ihn, hießen ihn setzen, in der Männerabteilung [des Zeltes] streckte er sich lang aus; Es wurde offenbar, daß ihm Schlaf kam; da legten sie ihm Kopfkissen hin. Mezin Bawomer sagte: „Pflege einen Augenblick der Ruhe, bis daß das Eilpferd kommt von jener Seite her." 6l

) „[Möge dein] Haus zerstört [sein] I" «*) Wörtlich: „in Fußnacktheit *.



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Niemand erkannte wieder, daß dies Nasir und Malmal sind; sie »> glauben eben63), es sei ein vornehmer Herr aus der Türkei ganz und gar. Der Mezin Bawomer ging zu den Schafen eilenden Laufes, Damit er als Ehrengeschenk für den Herren aus der Türkei hole vierzig einjährige Schafe mit einem Paar Zähnen. Er hatte einen weißbärtigen Türhüter, bejahrt und altersschwach. Der Herr aus der Türkei sagte: „Mir kommt Schlaf an; macht 25 [den Raum] hier leer!"6«) Jener weißbärtige Mann erkannte den Nasir und Malmal, Er ging hinter das Zelt, sagte: „Es ist so, sie haben sich selbst zu Herren aus der Türkei gemacht, diese Hundesöhne." Als man nun das Zelt und die Männerabteilung räumte, Sagt Malmal: „Laß' mich nun mit Khatun Taurezi zwei Worte 30 wechseln." Malmal sagt: „O Khatun, o Khatun Taurezi! „Wir waren da zwei Brüder, von den Leuten des Alpenlandes, „Heuer ist es sieben Jahre her, daß wir um euretwillen zu Bewohnern von Germian wurden. „Nein, bei Gott! Für niemanden gab es Verlaß auf die Weiber, auch für uns nicht; „Du hast geheiratet den langschuhigen Kurden aus Schehrizur, 35 „Der Kurde ist zum Hirten geworden, du bist geworden zur zarten Melkerin. „Sie lassen spinnen durch deine Hände die Spindel, „Auf ihren Befehl hin lassen sie dich machen „lailai" für den 122 Sohn des Kurden aus Schehrizur. „So denkst du: Nasir und Malmal ist in der Welt nicht." Khatun Taurezi sagt: „Bei Gott, erfahre, was meine Schuld und Sünde ist; „Mein Vater stand dort bei mir mit dem Dolche, mein Bruder mit dem nackten Schwerte, „Ich habe Tötung und Sterben gewünscht, keinen Bevollmäch- 5 tigten ernannt; Ä

3) W ö r t l i c h : „stets b e i ( v o r ) i h n e n ist es so, =

pers. J v J S

öjlp»

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..."

d. h. „verlaßt alle den R a u m " .



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„Deswegen habe ich [schließlich] einen Bevollmächtigten ernannt, damit ich Nasir und Malmal nicht zum letzten Male gesehen haben wolltet). „Mit dir nicht, Malmal, aber mit dem Nasir sei mir das Verhältnis von Schwester und Bruder66). 10 „Was soll ich nun beginnen; willst du mich nicht, so ist es Gottes, des Herren Fügung." Da dies hörte67) hinter dem Zelte jener weißbärtige Mann, Eilte er davon, rief dem Mezin Bawomer. Mezin Bawomer kam rennend, sagte: „Ist nun wach geworden der vornehme Herr aus der Türkei? .5 „Ich hatte die Absicht, ich wollte vierzig einjährige Schafe mit einem Paar Zähnen für ihn holen zum Ehrengeschenk." Der Mann mit dem weißen Barte sagt: „Verdammt! das ist kein Herr aus der Türkei, „Das sind Nasir und Malmal, dort sprechen sie heimlich mit deiner Tochter; „Der eine von ihnen ist in der Weiberabteilung, die andere ist auf jener Seite (Abteilung) der Schilfwand, ao „Dort tauschen sie aus (machen einander) Schmeichelrede und Wünsche und Klagen." Die Väter des Nasir und Malmal sind neugierig geworden68); sie sagen: „Nun kommt es zum Kampfe." Heimlich gaben alle einander Nachricht. Da kam der Mezin Bawomer von jener Seite daher, er sagt: 25 „Bringt mir die Stute her, ruft das Heer zusammen!" Er schreit, sagt: „Warum ist denn niemand zu sehen? „Die Päderastensöhne, ich habe sie hier im Elend (Hunger) herausgejagt; nun hast du dich ausgewechselt, hast dich mir gegenüber zum vornehmen Herren aus der Türkei gemacht; ¿5) Oder auch wie oben, siehe Amn. 54. 66) Wörtlich: o ^ w t yAj $ JLo. Wörtlich: „Da ihm das Ohr darauf war". 6S ) Dschewad erklärt: „wenn in der Strafie etwas passiert, und die Leute stecken die Köpfe zum Fenster (?) hinaus, um zu schauen, so sagt man: säridn da säe ttäwa". säg = Dachrand.



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„Nun will ich euch Päderastensöhnen solches antun, will euch ganz und gar aus dem Alpenlande hinausjagen mit einem Male!" 3» Der Herr aus der Türkei sagt: „Malmal, bringe mir die Fuchsstute, es kommt (kam) zum Kampfe." Als nun zu Pferde stiegen diese beiden Reiter aus der Türkei, Kamen Mezin und Mirza Agha, die Väter des Nasir und Malmal, heimlich heran, Mezin Agha ergriff die Zügel des Malmal, Er sagt: „Wenn du die Vollmacht (Befehl) des Wezirs bei dir hast (wenn bei dir ist), so werde ich jetzt den Mezin Bawomer töten mit einem Male." Als jetzt der Herr aus der Türkei sich umblickte, sieht er, 123 Mezin Agha hat die Zügel des Malmal ergriffen, spricht zu ihm. Dem Herren aus der Türkei erhob sich Zorn, er schreit, Sagt: „Päderastensohn, geht es denn nicht, daß du diesem Aussätzigen der Ehemänner für mich einen Lanzenstich beibringst?" Als Malmal dieses Wort des Herren aus der Türkei zu Ende 5 hörte, Stieß er einen Lanzenstoß dort gegen seinen eigenen Vater, Ließ die Zügel locker, eilte hinweg, kam herauf nach jener Seite. Mezin Bawomer war allein zu Pferde, er zog die Truppen hinter sich her. Malmal gelangte zu dem Herren aus der Türkei, er sagte: „Sieh' mal diese Truppen an, laß' uns umkehren!" Nasir sagt: „Dem Malmal ist das Haus verwüstet worden! „Ich mache mir nichts aus Mezin Bawomer^), daß mit ihm ich zu tun hätte. „Ich bin schwanger des langschuhigen Kurden, das Kalb des Kurden ist noch in meinem Bauche geblieben." 15 Sie legten Hand an die Zügel, kamen im Galopp herab nach jener Seite, Sie gelangten an den Kurden, drei Mal grüßten sie ihn, ¿9) Wie auch im Persischen; ^ÄamÜ ^ ^ I do not care lor . . .

iXäj

wie das englische:



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Sie sagen: „Kurde, ist's wahr, man sagt, die Braut des Malmal sei dem Kurden verheiratet worden?" Der Kurde sagt: „Ich bin es, der Gatte der Khatun Taurezi; 20 „Ich habe sie geheiratet, daß blind werden die Augen des Malmal, „Auch die des Nasir werde ich heiraten mit einem Male. „Du Hundesohn, gehe du nach der Stadt Bagdad, suche dir Lebensunterhalt (Brot), „Du Päderastensohn, in Lüge bist du hergekommen, hast dich zu einem vornehmen Herren aus der Türkei gemacht. „Ich bin Kurde, Hirt des Mezin Bawomer; 25 „Schließlich will ich doch sehen, was deine Frage und Antwort ist!" Als er sich nun fest stellte, schleuderte er eine Hirtenkeule gegen Malmal 70). Malmal warf sich unter den Bauch der Stute, der Kurde traf das Sattelgerüst, zerschmetterte den Sattel. Dem Nasir erhob sich der Zorn; eine Wurfkeule schleuderte er gegen seinen [des Hirten] Mund, 3° Am Hinterkopfe kam sie wieder heraus, heftete ihn fest an die Erde 7i). Malmal schleuderte die Lanze ihm ins Herz, auch diese kam im Rücken wieder heraus. Der Herr aus der Türkei schimpfte auf Malmal: „Was hast du für ein Anrecht in bezug auf diesen? „Viele Wunden habe ich von dem Kurden." Keinen Helden (Mann) gibt es, so wie Nasir, 35 Er stieg ab, legte die Hand an den Dolch, den weißgriffigen 7»), Den Kopf des Kurden schnitt er ab, wie einem Lamme; Die Lippen des Kurden schnitt er aus, sagte: „Damit hat er die Khatun Taurezi geküßt." 124 Die Hände des Kurden schnitt er ab, sagte: „Damit hat er die Brust der Khatun Taurezi angefaßt." 7°) Wörtlich: „Er machte einen Keulenwurf gegen den M.". 71) Das untere dünne Ende der Wurfkeule ist scharf zugespitzt; mit dieser Spitze ist das GeschoB dem Kurden in den Mund eingedrungen und am Nacken wieder herausgekommen; der Hirte ist natürlich rücklings zur Erde gefallen, und das am Nacken herausragende Ende der Keule ist nun in das Erdreich gedrungen. V-) Die Dolchgriffe sind meist aus Elfenbein schön geschnitzt.



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In Streifen zerschnitt er ihn, wie ein Dom73). Er sagte: „Bruder Malmal, laß uns nun zurückkehren zu dem Mezin Bawomer. „Es ist so, daß sie uns verspotten, sagen: das ist kein Herr aus 5 der Türkei." Die Vollmacht des Großwezirs brachte er hervor für den Stamm. Er sagte: „Das Alpenland gehört mir, bis sieben Generationen vergehen; „Wenn der Mezin Bawomer sich ruhig verhält 74), dann werde ich ihm auch nichts tun, um der Khatun Esmer und der Khatun Taurezi willen." Als der Mezin Bawomer solches gehört hat, Rief er wieder seinem Heere, Er sagte: „Laßt uns sie töten 1 ich will sie hinausjagen aus dem Gebiete des Alpenlandes mit einem Male." Als Nasir und Malmal diese Worte zu Ende hörten, Steckten sie die Hände in die Schild[grifife], bis zum Haupt-15 frühstück warfen sie sich nicht auf das Heer; Hernach erhob sich ihnen der Grimm, sie kehrten wieder zu dem Mezin Bawomer zurück, Die vier Seiten des Mezin Bawomer nahmen sie ein, haben ihm keinen Aufschub gegeben. Als sie einen Lanzenstich in seine Leber taten, war es wirksam; Besinnung ist ihm nicht geblieben; Sie hieben ihn von seiner Stute herab, Auf seine Familie stürzten sie sich, sie ward mit Stumpf und Stil ausgerottet. Nasir und Malmal kamen, stiegen am Zelte des Mezin Bawomer von den Pferden. Sieben Nächte und Tage feierten sie Hochzeit, Brot ward für das Volk gegeben; Malmal hob niemals seine Augen auf, Er sagt: „Sobald ich diesen Knaben sehe, ist es mir immer 25 so, als ob der Kurde [selbst] noch am Leben wäre." 73) Die Dom, ein Nomadenstamm (Zigeuner?), machen besonders geschickt allerhand Lederarbeiten. 74) Wörtlich; „nicht Lärm macht".



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Nasir sagte: „Bei Gott, Khatun Taurezi, bringe mir den Knaben hierher!" Er stieg zu Pferde, tummelte ein wenig seine Fuchsstute, Stieß eine Lanze gerade in das Herz des Sohnes der Khatun Taurezi; Tötete auch ihn, man trug ihn davon, legte ihn neben seinen Vater in die Erde. 3» Khatun Taurezi weinte sehr, sie sagt: „Ich ward zu einer Geschändeten, Ehrlosen75)! „Mein Vater auch ist dahin, sein Hausstand ward verwüstet, mein Bauch ist verbrannt." — Tausend Gnaden über den Vater des Rahman Bekir, der diese Verse gesungen! Gott möge geben ewige Dauer dem Kaiser, der den Sahib aus Deutschland hergeschickt hat in dies Land, damit er die kurdische Wissenschaft zur Völlendung bringe! V. Braimok. V o r b e m e r k u n g . Die vorliegende Erzählung habe ich auch in Meriwan gehört, wenn auch nur sehr summarisch. Man findet die Übersetzung des Stückchens unten in dem Abschnitt C. Proben aus der Volkslyrik Nr. XVI (Text Seite 301, Zeile 13 fr.). Dort wird die Geschichte so erzählt, daB Mem und Zin die Stelle von Braimok und seiner Geliebten einnehmen. Der Erzähler aus Meriwan lokalisiert den Vorgang in Rowanduz. DaS der hier unten Übersetzte Gesang aus der Gegend von Rowanduz stamme, wird dadurch wahrscheinlich, daß sich in den Versen auffallend viele vom Mukri-Dialekte abweichende grammatische Formen finden, die nach der Angabe meiner. Gewährsmänner in Soudschbulaq der Mundart der Schemzinan eigentümlich sind.

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Braimokx) war der Söhn des Mela Zendin; er kam als Diener1) zum Mir Scheikh. Mir Scheikh und Mir Hadsch waren Brüder. 75) bosd ist pers. »JJ>ym

„den Geruch des Verbrannten

bännäwa ist pers. j»UüU. ') Braimok, Koseform von Braim=Ibrahim. *) Wörtlich: „in Dienerstand", Moukäri ist das Abstraktum.

habend";



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Braimok kam, tat ihnen Dienste, sieben Jahre lang (bis zu .). Darnach ward Mir Scheikh aussätzig. Braimok liebte die Khatun Perikhan. Khatun Perikhan war die Schwester des Mir Scheikh und Mir Hadsch. Khatun Perikhan sagte: „Ibrahim, ziehe du die Hand von Mir Scheikh nicht ab, bringe ihn nach Frengistan zum Arzt; mache ihn so Gott will gesund, ich bin immer die deine." Sie holte ihn [den Mir Hadsch], gab ihm einen Esel und einen Schnappsack 3); was alles an Kosten von xo ihm verursacht werden würde, das Geld (Gold) gab sie, ein Zelt gab sie, machte es auf dem Esel für ihn zum Schatten [-spender]. Er machte sich auf, tat drei Jahre lang Bettelei. Hernach handelte er nicht nach dem Worte der Khatun Perikhan, machte sich auf, brachte ihn nach Stambul. Ein Jahr lang war er in Stambul. Eines Tages ging des Sultans Verherrlichung zum Freitagsgebet; da waren viele Kranke, der Sultan gab ihnen Geschenke. Mir Scheikh sagte: „Braim, du nimm nichts!" >s Er nahm nichts. Man sagte dem Sultan: „Dieser Kranke hat nichts gewollt 4)." Braim sagt: „Ich will dir zum Opfer werden, o Sultan der Welten 5)! „Mache ein Bittgebet für mich zu Gott, zu dem Propheten, dem letzten der Zeitläufe; „Entweder daß ich sterbe, oder befreit werde aus den Nöten." Bravo! Der Sultan, sein Erbarmen ist so [groß]: Auf dem Gebetsteppich betete er für ihn, Flehte für ihn zu Gott; die Fatiha 6 ) rezitierte er fiir den Geist der Majestät des Gottesgesandten. Sie sprachen (machten) das Freitagsgebet, alle Leute beten um die Dauer [der Herrschaft des S u l t a n s ] 7 ) . 3) Siehe oben S. i o i , Anm. 178. 4) Es fehlt nun die Erzählung, daß der Sultan den Braim holen läBt und ihn fragt, warum er kein Almosen angenommen habe. 5) Zu kärkhänä ist natürlich fäläk oder etwas Ähnliches hinzuzudenken = pers. väVJj »¿¡LS>JS. Die erste Sure des Koran. 7) dtfur ü duä ist ivStao'JOtv. deutr im Sinne von „Beständigkeit, lange Dauer" ist sonst nicht gebräuchlich, aber wohl nicht unmöglich.



2(>7 —

Die Verherrlichung des Sultans stand auf, kehrte nach dem Palaste zurück. 25 Er kam gerade auf Mir Scheikh zu; Mir Scheikh flehte ihn an. Braimok sagt: „O Gnade! das ist der Vertraute Gottes, „Es ist der Sultan von Stambul, es ist eine Zeit der Nöte, er betet für uns am Tage des Gerichtes8)." Der Mir sagt: „Braimok, fasse für mich den Gewandsaum des Sultans an, vielleicht, daß er für mich Fürbitte tue." 30 Der Sultan sagte: „Braim, stehe auf, komm' in den Palast, damit ich dir für den Mir Arzenei gebe." Braim eilte in den Palast des Sultans von Stambul, stellte sich dorthin. Der Sultan hatte (machte) die Gnade, er schickte für Mir Scheikh Arzenei. Mir Scheikh sagte: „Ich komme auf keinen Ausweg, dir deine Dienste zu vergelten 9); „Die Herrschaft ist mir nicht in der Hand geblieben mit den Schätzen der Welt; 126 „Im Vergleich zu meinem Bruder, dem Mir Hadsch, kommt nichts in meine Hand. „Khatun Perikhan ist unter meinem Anteil; diese schenke (schenkte) ich dir samt Palast und Obergeschoß und Haus und Hof." Braim sagte: „Mein Herr! Gott möge dich befreien, samt dem Propheten, dem letzten des Zeitlaufes! 3 „Du erwiesest mir Wohltaten auf dem Lebenswege. „Wenn du mich [so] ausgezeichnet hast, so muß der Sultan von Stambul von dieser Sache erfahren." Braim tanzte vor Freude, er sagte: „Mein Wunsch ist erfüllt worden vom Himmel." IO Als Braim diese Worte von dem Mir zu Ende hörte, Schrieb er sofort eine Eingabe, drückte das Siegel des Mir Scheikh darauf, Trug sie zum Palaste, gab sie dem Leibdiener; man ließ sie zum Sultan gelangen. *) Mit Bezug auf Koran Sure 7, Vers 1 7 1 s ^ J b j^Jlä ^ » X j j der jüngste T a g so genannt. 9) Wörtlich: „Deine Dienste, mir kommt kein Ausweg filr sie".

wird



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Der Sultan gab sofort Antwort auf dies Gesuch, Er schrieb an ihn zurück zwei Worte: „Gott hat es ihm [dem 15 Braim] gewährt; sie [Perikhan] ist ihm anverlobt 10 )." Der Sultan sagte: „Ich habe für den Mir gebetet, es ist mir erhört worden." Braimok hat Botschaft und Kunde für den Mir gebracht: „O mein Herr, wer nur immer zu jenem Palaste (Pforte) kommt, dessen Glaube erfüllt sich." Der Mir sagte: „Braim, mein Auge sieht nicht; lies du mir den Ferman des Sultans vor, daß ich wisse, was geschrieben 20 ist« Er sagte: „Vor deinem Antlitz kann von mir nicht zu Ende gesprochen werden; „Er hat befohlen: Ich habe für den Mir gebetet; es ist mir gewährt worden. „Das andere weiß ich nicht, was es ist." Da sahen sie, daß ein Rumi [Türke] daher kam. Braim sagte: „Ich will dein Opfer werden, o Türke, lies diesen Brief für meinen Herren zu Ende vor." Der Türke sagte: „Diese, die da Khatun Perikhan ist, ist dem Braim bewilligt (gegeben) worden." Der Mir nahm es [das Schreiben] an sich, küßte es, legte es auf sein Haupt, Er sagt: „Lob sei Gott, Braim, auch dein Plan und Wunsch ging in Erfüllung. „Der Sultan hat uns Gnade erwiesen, hier ist uns nichts zu tun geblieben." Sie trafen ihre Vorbereitung, kehrten nach Hause zurück. Während des Zeitraums von einem Jahre wanderten sie, sahen nicht das Antlitz des Winters 11 ). Heil und wohlbehalten gelangten sie wieder in das Gebiet des Alpenlandes. IO)

Braim hat also den Sultan um eine Art Bestätigung des Versprechens

des Mir betreffs der Perikhan gebeten. " ) Soll nach Mirza Dschewad bedeuten, kalten Regionen •Ju-uoi') führte.

der Sommerquartiere,

dafi ihr W e g

nicht

durch

sondern nur durch das Germian

die

(pers.



209



Als sie wieder in die Heimat gelangten ganz und gar, Da schlug er [Braim] eines Tages am Sprudel der Quelle das Zelt für Mir Scheikh auf. Sie schlugen das Zelt auf; er [Braim] nahm den Keschkul 11 ) 127 zur Hand, ging zum Hirten, sagte: „Gieb mir ein wenig Milch für den Kranken; unser Brot ist trocken, kann nicht gegessen werden." Er brachte es für ihn; er [Br.] brockte ein. Ein Steinhaufen war dort; er [Br.] trug es [die Speise] dorthin, setzte es dort in der Sonne nieder. Da kam eine Schlange aus den Steinen hervor, legte den Mund an die Milch, trank die Milch. Hernach spie'3) die Schlange in die Milch: ganz s von selbst fing diese Milch an zu kochen. Braim sah es, sagte: „Laß' nur, [ich will ihm trotzdem die Milch geben]; er wird sterben, geht mir dann [endlich] vom Halse; sieben Jahre lang plage ich mich mit ihm; schließlich ist mir die Khatun Perikhan anverlobt worden, auf alle Fälle nehme ich sie von ihnen." Er brachte die Speise, setzte sie vor den Mir. Der Mir a8, sagte: „Braim, sieben Jahre ist es, daß ich krank ro bin, nie habe ich solche Speise gegessen." Er sagte: „Mir, (möge es Lebensspeise sein) wohl bekomm'sl" Er stand -auf, ging zur Nacht in das Dorf. Eine Woche lang saß er dort nieder; als er eines Morgens hinblickte, da war dem Mir alles Fleisch vom Körper gefallen (herausgekommen). Er schickte einen Mann zum Mir Hadsch, sagte: „Das ganze Fleisch ist von seinem Körper weg; was soll ich mit ihm beginnen?" Er schickte hin, kaufte zwanzig Batman Baumwolle für ihn; den is Mir Scheikh legten sie mitten hinein, bis vierzig Nächte. Nach ' vierzig Nächten war sein ganzer Körper wieder gesund geworden. Mir Hadsch sah seinen Bruder an; aus Freude schickte er sich an, veranstaltete ein Fest fiir ihn. Sieben Tage tanzte man, und sieben Nächte veranstaltete er Illumination. Er tat viele Wohltaten auf dem Wege Gottes H) und als Opfer fiir das Haupt des Sultans von StambuL In Freuden saßen sie ein '*) Die bekannten Bettelkörbe der Oerwische. 'S) Im Sinne von „vomieren". H) „Mit Almosengeben." Ein in Persicn sehr gebräuchlicher Ruf der Strafienbettler ist: Ljüü i^ßj&r »ij j i . M a n n , pers.-kurd. Samml. IV. 3. a.

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ganzes Jahr lang; darnach machte er [Mir Scheikh] sich auf, »o Mir Scheikh ging in das Alpenland; Braim blieb bei Mir Hadsch, ein weiteres Jahr; der Winter kam über sie. Eines Tages, — es waren die vierzig kältesten Tage des Winters —, verabredete (machte) Braim ein Stelldichein mit der Khatun Perikhan, an dem Steine der Quelle. Khatun Perikhan ging an die Quelle, auch Braimok nahm seinen Pelz um sich und ging. Er legte seine Hand auf den Hals der Khatun Perikhan, eine Seite des Pelzes breitete er für sie aus, die andere Seite zog er über ihren Kopf; machte seinen Arm für sie zum Kopfkissen, preßte seinen Mund auf ihren Mund; Braim und Khatun Perikhan schliefen ein. Mir Hadsch, so oft er auch rief: „Wo ist Braim", man sagte: „Zu dienen, er ist nicht zu sehen." Der Mir ging auf den Palast und die Halle, blickte nach dem Qutsch-i-Qazan, blickte nach dem Rendol der Zerza, blickte nach der Spitze des Tefschwela'5); nichts kam ihm vor die Augen. 30 Er sagte: „O Gott, was soll ich tun jetzt? „Braim ist nicht zu sehen, daß ich mit ihm rede zwei Worte." Er rief alle diese Diener: „Suchet für mich die Spur des Braim; warum ist er hier nicht zu sehen? „Sicherlich hat er sich geärgert, ist wieder zu Mir Scheikh 35 gegangen; nun ist es dieses, daß er nicht aus dem Schnee herauskommen kann, dieser Arme I a Als der Mir nun hinblickte über die Welt, der Arme, Als er hinblickte nach dem Quellrand, da sind dort zusammen 128 eingeschlafen Braimok und Khatun Perikhan. Der Mir sagt: „Solches ist mir zugestoßen; noch keinem ist je so etwas zugestoßen I" Der Mir befahl einem Manne: „Bringe mir den Braim her; warum entpuppte er sich (kam er heraus) als so ver- 5 rückt und als so ein Taugenichts?" •5) Über den Qutschi Qazan und den Tafschwela kann ich nichts nachweisen. Die Berge werden wohl in der Umgegend von Uschnu zu suchen sein. Den Rändil-isärsAn finde ich auf der „Carte de la partie centrale du Kurdistan" zu de Morgans «Mission scientifique" westlich von „Ouchnöw" als Bandola-izara dagh (I).

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Der Bote ist gekommen, von -weitem ruft er: „Braim, komm*, der Mir läßt dich rufen 16 ); „Der Tag des Glanzes möge von dir gehen, die dunkele Nacht möge dir zuteil werden." Braim sagt: „O Bote, o Bruder, wird mich der Mir töten, mir [den Kopf] abschneiden, oder wird er mir vor den Augen von Freund und Feinden Ehrenkleider geben?" Der Bote sagt: „Bruder, ich weiß nicht; er wird dich nicht töten, nicht dir den Kopf abschneiden, nicht dir Ehrenkleider geben, nicht dir Geschenke geben." Auf seine Schultern warf er einen Hermelinpelz, auf die Füße .zog er ein Paar Schuhe aus Syrien, an die Lippen is legte er eine Wasserpfeife mit Schlangenschlauch; langsam und sachte kam er unter Gespräch und Unterhaltung mit dem Boten daher zum Diwan des Mir, Er grüßte den Diwan der Mire; einige standen vor ihm mit ihrem Pelze, andere mit ihrem feinen Pelze *7). Der Mir sagt: „Mit euch sei der Friede und die Gnade Gottes, 30 Braim; auf die Augen deines Vaters, willkommen bist du nicht I" Er sagt: „Mir, ich will dir zum Opfer werden; wirst du mich töten, wirst du mir [den Kopf] abschneiden oder mir Ehrenkleider geben?" Er sagt: „Nicht töten werde ich dich, dir nicht den Kopf abschneiden, nicht dir Ehrenkleider geben1; „Bis jetzt warst du der Vertraute meines Hauses, jetzt hast du 25 dich als falsch und verräterisch gezeigt" Ei-' sagt: „Auf das Gerede von Teufeln hin bist du unfreundlich zu mir geworden." •ty Di« Formen däkäti .(mukri: däiä), sowie die Verbindung gäs kirdin „rufen" wurden mir als dem Dialekt der Schemzinan, nordwestlich vom Mukri-1 gebiete zeltend, angehörig bezeichnet. >7) siqalät soll eine besondere Sorte Pelz sein; leider konnte niemand mir sagen, von welchem Tiere die Felle stammen sollten. Vielleicht liegt Überhaupt kein Tiername zugrunde, -sondern nur eine kurdische Form des arab. J j i o . VgL Yosuf Diya ed-din el-Khalidi, s. voce tV-ii-u« = JtfbaJI. «4*



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Der Mir sagt: „In diesem Monat Kanun, in der bittersten Winterkälte 18 ) mußt du fortziehen; ich verjage dich aus dem Lande." Er sagt: „Seit ich eurem Vater und Großvater diene, ist nicht ein Schahi von mir veruntreut worden." 30 Der Mir sagt: „Braim, ich verfuhr mit dir nicht nach dem Gerede von Teufeln: am Rande der Quelle habe ich dich selbst mit den Augen erspäht, „Du hattest für die Khatun ausgebreitet die eine Seite' des Pelzes, hattest über ihren Kopf gezogen die andere Seite des feinen Rauchwerkes, „Auf der einen Seite leckst du mir Zucker und Limonade, auf 3s der anderen Seite Zuckerwerk und Süßigkeiten, „Der Schnurrbart des BraHm ruhte (war) auf den Wangen der Khatun Perikhan, du möchtest sagen: es ist ein Enterich, mit grünschillerndem Kopfe, der da in den ersten 129 Tagen des Herbstes, zur Zeit des ersten kleinen Frostes »9) sich schaukelt auf der Strömung und den Tiefen der Murad-Flüsse10), „Der Goldschmuck der Khatun schlug an den Gürtel des Braim, du möchtest sagen: O Gott, das ist die Karawane, die da aus dem Afschargebiete und Astrakhan und Mekare21) zurückkam, das ist ja Khodscha Hasan aus 5 Basra, das war sein Geläute und Geklingel, das da erfüllte das Land und die Provinz." Braim sagt: „Mir, ich will dir zum Opfer werden; es ist dies, daß du gegen mich auf das Gerede von Teufeln hin Zorn faßtest, „Das war nicht Khatun Perikhan, das war ein Mädchen der Leute von Harir; ich selbst habe uns umhergewälzt11). » >*) diu, pers. a J j » die vierzig Tage des Winters, während deren die härteste Kalte herrscht. •9) shakhti „der Frost der ersten kalten Herbstnacht, der die Pflanzen beschädigt". Es gibt eine „kleine" und eine „große" skakhtd. ») Muräd-Sü, der Euphrat. *') Soll eine Stadt in RüBland sein, etwa bei Tiflis (i). **) Ich tibersetze diese sonst schwer zu analysierenden Konstruktionen ganz wörtlich, damit die grammatischen Beziehungen deutlich hervortreten; der Sinn ist ja ohne weiteres klar.

„Mir, ich will dir zum Opfer werden, das war nicht Khatun Perikhan; das war ein Mädchen von den Bohtanern, ich hatte in geschwisterlichen Gefühlen den Arm um ihren Hals geschlungen; über dich habe ich zu uns gesprochen; „Ein ganzes Taschentuch voll, — es waren Fürbitten und Grüße —, schickte sie durch mich für dichl3)." Der Mir sagt: „Braim, ganz bestimmt mußt du aus dem Lande gehen." Braim sagt: „Mir, wehe mir Hilflosem! „Sieh' von mir ab bis zum Neujahrsfeste und Frühling; „Auf die Herren ist kein Verlaß für den Diener, so muß ich nun selbst für mich selbst sorgen. „Ich habe viele Feinde, wenn ich nach der Heimat meines Vaters wieder hinabsteigen werde." Der Mir sagt: „Braim, ganz bestimmt mußt du von hier fort gehen. „Du warst ein zuverlässiger Diener, jetzt wurdest du treulos, „Bei niemandem mehr ist nun Vertrauen zu dir geblieben." Er sagt: „Mir, um Gottes Willen, sieh' von mir ab in diesem Winter!" Der Mir sagt: „Ganz bestimmt vertreibe ich dich von hier, du darfst nicht hier bleiben." Er sagt: „Mir, ich will dir zum Opfer werden, ich werde schicken zur Fürbitte bei dir die Seyyid und Mullahs." Der Mir sagt: „Ganz bestimmt treibe ich dich aus dem Lande; „Du bist ein Mann ohne Dankbarkeit und Verstand. „Als du zu mir kamst, da war auf deinem Haupte eine Mütze mit vier K l a p p e n d ) , an deinem Fuße war ein Schuh der Dom, auf deinem Nacken war ein kurdischer Filzmantel, „Jetzt wurdest du nicht zufrieden mit dem Pelze; Woche um Woche verschenkst du einen feinen Pelz, „Nun warst du auch damit nicht zufrieden, hast dich falsch und treulos gezeigt." *3) Hier sollten wir im Texte dänärdma erwarten. Kopfbedeckung der Bettler.



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Er sagt: „Mir, ich will dir zum Opfer werden! Das Brot der Herren ist für die Diener doch keine Gnade; 35 „Du denkst nur immer an dein eigenes Brot^), aber das Dankesanrecht des armen Dieners ist nicht in deinem Gedächtnis. „Du warst ein Aussätziger, von denen, die Abscheu erregen16), „Sieben Jahre bettelte ich für dich, Schatten habe ich für dich 130 gemacht aus den Ohren des graublauen Esels; „Damit auch war ich nicht zufriedengestellt, ich brachte dich nach Stambul, zu dem Sultan, dem Vertrauten [Gottes], „Ich ging zu Schaf- und Kuhhirten, in einer Schildkrötenschale holte ich für dich Schluck um Schluck Milch, „Und nun sagst du: ich werde dich hinausjagen ganz sicherlich. 5 „Mir, ich will dir zum Opfer werden! Wenn du mich denn bestimmt aus dem Lande jagst, eine Locke der Khatun sei mir gleich der Seide aus den Läden, die da in Rowanduz die Knaben der Zeughändler zu Seilen ausspannten; „Mir, die Stirne der Khatun sei mir gleich dem Monde der vierzehnten und fünfzehnten [Monatsnacht], vor welchem tausend siebenhundert Engel einherziehen, welcher da >° aufging über Reine und Unreine; „Mir, die Augen der Khatun mögen mir gleich sein jenem Siriusstern, der da im Schatten der Mitternacht heraufkam vom Lande der Afscharen und Perser und Muqaddam 4 7); „Der Mund der Khatun möge mir gleichen jener Porzellan-15 tasse, welche die Bebeh-Knaben 18 ) langsam und sachte mit den gesegneten Fingern ergriffen und die Lippen daran erzittern ließen; >5) D. h. „an das Brot, welches du nur gewährt hast". Diese ganze Apostrophe ist unangebracht, da ja nach dem Anfange der Erzählung Mir Scheikh der vom Aussatz Befallene war. Vielleicht gehören diese Verse in einen anderen Zusammenhang. *7) Ein türkischer Stamm im südlichen Teile der Ebene von Mianduab. *>) Bebeh, Name des grofien, um Sulaimaniye in der Türkei ansässigen Stammes.



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„Der Hals der Khatun möge mir gleich sein jener Keheilan* Fuchsstute, welcher treffliche Reiter den Sporn des Steigbügels zeigten in der Sandwüste von Bagdad, [auf welcher] sie hinter dem Gazellenjungen her sich tummelten ; „Der Wuchs der Khatun möge mir gleichen jenem Aloebaume, welchen die Mufird-Knaben l9) mit ihrem geblümten damaszierten Dolche zum Stützbaum des Zeltes zurecht hieben; „Die Brust der Khatun gleiche mir jenem dünnen Schreibpapier, auf welches die großen Mullahs Schriftzüge eintragen, die Schülerknaben mit dem Schreibrohr nachschreiben. 25 „Mir, ich will dir zum Opfer werden! Das Bedauern über [alles] dies tötet mich nicht, wenn du mich aus dem Lande verjagest, „Aber schon aus dem Bedauern darüber bin ich gestorben, dafi die Augen der Khatun Perikhan von dem Junggesellen Braim wieder abgewendet werden." Der Mir sagte: „Laßt uns Vorkehrungen für ihn treffen, ihn hinaustreiben." Sie gingen, brachten Ochsenhautschuhe und 30 Strümpfe für ihn herbei. Der Mir sagte: „So wie er gekommen ist, so soll er auch gehen." Sie gingen hin, brachten einen weißen Filzmantel'für ihn, brachten eine Mutze mit vier Klappen für ihn, brachten einen Schnappsack voll Brot für ihn. Während man diese Vorbereitungen im Hause des Mir traf, hatte Khatun Perikhan einen Mann herbeigerufen; was alles an Vorbereitungen der Mir für Braim getroffen hatte, dieselben Vorbereitungen traf auch Khatun Perikhan dort für diesen Mann. 35 Der Mir sagte: „Braim, bitte, gehel" Braim weint, er sagte: „Wehe mir Friedlosem! „Dankespflicht der Welt ward mir vernichtet 3°); 131 „Der Schnee hier ist soviel, ich kann nicht hinausgehen auf dem Wege, *9) Kurdeustamm. 3«) Wörtlich = pers.juLo ju

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„Mir, die Abrechnung zwischen mir und dir bleibe bis zu jenem Tage, an dem Gott Gericht hält auf dem Steine Sakhratullah3i). „Wie soll ich jetzt hinauskommen; nach keiner Stadt ist der Weg gangbar 1 „Komm', Mir, töte mich, das ist besser; dein Hals werde froh 5 und frei; j,Damit mich nicht etwa fressen Wölfe und Raubgetier in der Wüste. „Ist es nicht genug, daß, wenn du mich tötest, mein Anrecht auf Dankbarkeit vernichtet wird? „Wenn ich in die Einöde komme, keinen Ausweg finde, „Mir, dann wirst du schamerfüllt (schwarzgesichtig) werden." Er sagt: „Braim, ganz bestimmt ist es unmöglich, dafi du hier bleibst; gehe zum Mir Scheikh; ich habe (mir kommt) keinen Ausweg." Braim sagt: „Mir, ich beklage mich über dich bei Gott samt der Majestät des Propheten Gottes." Khatun Perikhan hatte einen Mann ausgerüstet, genau so wie Braim. Man faßte nun den Arm des Braim, daß er gehe. Braim sagte: „Herr, um Gottes willen! Nie- >s mand soll mit mir kommen; ich habe viele Dienste [dir] geleistet; die Leute lachen mich sonst aus." Sie hoben für ihn den Türvorhang in die Höhe, ergriffen den Arm des Braim, warfen ihn hinaus. Khatun Perikhan hatte hinter dem Türvorhang gestanden; sie ergriff den Arm des Braim, brachte (machte) den anderen Mann auf den Weg. Den Braim brachte sie fort [und] verbarg ihn. Er hatte ein Fohlen, das war von Mir Scheikh gekommen; das holte sie. Drei Tage gab sie diesem Fohlen kein Wasser, immer nur Häcksel und Gerste» und Luzerne gab sie ihm; treffliche Vorkehrungen traf sie auf drei Tage für Braim. Frühmorgens bei Tagesanbruch sattelte sie das Fohlen, eine tönerne Wasserkanne mit heißem Wasser brachte sie, goß es auf den Sattel, ließ Braim aufsitzen, goß das Wasser auf die Steigbügel. Khatun Perikhan sagt: 3') ä j ^ A o i n der Omar-Moschee i n Jerusalem.

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„Braim, ob es Recht ist, ob es Unrecht ist, »5 „Wenn ich gewußt hätte, daß mein Bruder dich hinausjagt so plötzlich, „Dann hätte ich auf mein Haupt gelegt einen seidenen Schleier, auf den vier Seiten mit Bronze, „Wäre gegangen zum Stalle meines Vaterhauses, hätte für dich herausgeholt ein Fohlen, das erst jüngst unter den Sattel gekommen, von denen, deren Huf groß ist wie ein Tellers 1 ); „Angerufen hätte ich jenen Schöpfer, 30 „Daß nicht etwa die Winterkälte auf diesem Wege dich erstarrt mache. „Braim, wenn ich gewußt hätte, daß du immer nur als Fremder giltst, „So hätte ich nicht zugelassen, daß du meinem Bruder dientest, nach Stambul gingest zum Sultan, „Ich wäre in das Haus meines Vaters gegangen, hätte für dich entnommen türkische Gewänder, 35 „Ich wäre zum Stalle meines Vaterhauses gegangen, hätte für dich herausgeholt ein edles Pferd ohne Fehl, „Von den Keheilan Arabistans, hätte dich aufsitzen lassen, niemand sollte es wissen. 132 „Braim, nun gehe; mein Schicksal ist Verlassenheit (Elternlosigkeit)! „Die zwölf Ipiame mögen um dich wissen samt dem Ghaus aus Gilan! „Braim, nach meiner Meinung ist der Winter zu streng, heil und wohlbehalten wirst du nicht das Ziel erreichen; 5 „Sterben ist dein Los, der Gram das meinige, ich Unglückliche. „Du kommst (gehst) in kein Grab, niemand wird deinen Todesort kennen." Wer war es? Khatun Perikhan und Braim voll Kummer, Einen Abschiedsruf stimmten sie an, Braim wanderte nach dem Hause des Mir Scheikh, die Khatun kehrte in Kummer zurück. 3*) Breite und große Hufe werden in Persien an den Pferden besonders hochgeschätzt. Im Text ist der- Druckfehler sim in sim zu verbessern.



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Braim ging, vor Kälte erstarrte (brach) ihm die Zunge. • Braim sagt: „Ich kann den Weg hinaus nicht finden, wehe mir Unglücklichem! „Ich weiß nicht, nicht nach Germian werde ich gehen, nicht nach dem Alpenlande. „Ich vertraue mich Gott an und dem Propheten, dem letzten des Zeitlaufes." Das Fohlen des Braim ist wegkundig, nach dem Hause des Mir Scheikh zu finden (zu gehen) nach jener Richtung, Drei Nächte und Tage hat es nur Häcksel und Gerste ge- «s fressen, Wasser ist ihm nicht gegeben worden, Vor Durst ist es fast gestorben; ganz von selbst rannte es nach der Quelle, Bis zum Nachtgebet traf es bei der Quelle ein, warf sich dort hinein; so viel Wasser trank es, daß es alle viere von sich gestreckt dastand 33), Braim ist ohne Sprache, er kann keines der Augen erheben 34). Das Fohlen weidete an der Quelle. »> Als nun das Fohlen aufblickt, [merkt es], daß von der Nacht nur noch wenig übrig geblieben ist. — Mir Scheikh hatte drei Frauen. In der Nacht sah er einen Traum, als er schlief. Er fuhr vom Schlafe empor, sagte zu seiner ältesten Frau: „Ich habe einen Traum betreffs des Braim gehabt; Braim ist in sehr großer Not." Die älteste Frau sagte: „Bei Gott, Mir Hadsch ist schlecht zu ihm; was er nur für ein Unglück35) über ihn bringen mag." Der Mir schlief wieder ein. Dem Fohlen wurde es kalt (Kälte) im Wasser; als das Fohlen hinblickte, war an den vier Seiten der Quelle Schnee; es gab sich selbst einen Schwung [sprang heraus]. Braim fiel in das Wasser, sein Kopf war auf dem 33) Das Pferd rannte nach der in der Nähe von Mir Scheikhs Hause gelegenen Quelle, seinem gewohnten Tränkort. — Der Ausdruck cüär cängilä rä-wästin wird gebraucht von Tieren, die so viel gefressen haben, dafl sie sich nicht bewegen können. 3«) Wörtlich: .herauf kommen ihm nicht eines der Augen". Das Verbum „kommen (hätin)" als Passivum zu ,bringen (hlnän)"\ 35) gtcal ist eigentlich = arab.-pers. »Syu0.



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Schnee, das Fohlen lief zum Gehöft des Mir. Der Mir, abermals erschien (kam) ihm Braim im Schlafe; er weckte seine 30 älteste Frau auf, sagte: „Immerfort erscheint mir Braim im Schlaf, Braim ist in Not, rufe doch den Türhüter her, er soll den Weg nach der Quelle besehen, soll nachsehen, ob da kein Menschenlaut ist von der Richtung der Quelle Khumaro." Der Türhüter ging, er sah, ein Fohlen ist im Gehöft; so viel er es auch umkreiste, es wurde von ihm nicht gefangen; da rief er zu dem Mir, er sagte: »Mir, zu dienen, auf dem Wege 35 nach der Quelle ist nichts zu sehen, aber ein Fohlen mit Sattel ist im Gehöft, es kann nicht gegriffen werden, ich erkannte- es auch nicht." Die Khanum sagt: „O Gott, auf einen vornehmen Mann ist für niemanden Verlaß! 133 „Das ist das Fohlen des Braim, des Sohnes des Mela Zendin; Mir Hadsch, der Aussätzige 3®), hat ihn hinausgejagt! „Dieser ist hierher gekommen, voller Hoffnung, „Auf dem Wege hat ihn die Kälte getötet, da er ohne Hilfe (jemanden) war. „Bei Gott, Mir, wir wollen bis zum Rande der Quelle gehen, 5 sieh' zu, ob kein Weg oder Spur von ihm sichtbar ist." Wer war es? Die Dame und der Mir, der vollkommene, Sie wandten (legten) den Hals auf den Weg zur Quelle, Gingen zur Quelle, sie sehen, etwas Schwarzes ist in der Quelle verblieben. 10 Sie wagten nicht, darauf los zu gehen, die Dame und der Mir, der vollkommene. Sie schickten ein Geschrei zu den Dienern, den Leuten erzählten sie es weiter. Die Leute kamen herzu zu ihnen; die Dame sandte hin, liefi Leuchter und Fackeln holen. Da sahen sie wieder hin: das ist Braim, der dort zurückgeblieben ist. Die Dame sagt: „Siehst du nun (hast du gesehen), das ist der Entgelt der Treue, den du dem Braim gegeben hast 3&) Hier wohl nur als Schimpfwort gebraucht.



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„Das ist der Dienst an dir, sieben Jahre lang hat er dich auf 15 dem Esel umhergeführt; „Jetzt ist er aus Zorn gegen dich 37) in der strengsten Winterkälte von dem Mir Hadsch, dem Aussätzigen, hinausgejagt worden. „O Gott, wir wollen ihn aufheben, wollen ihn nach Hause tragen, sehen, ob er gestorben oder noch am Leben ist." Der Mir sagte: „Kommt, hebt ihn auf." Die Dame sagte: „Da seht mal den Mir an, wie sehr er unvollkommen ist! »o „Komm', gieb' ihn entweder mir auf die Schultern, oder hebe ihn selber auf; der da hat sehr viel um dich verdient." Der Mir hob ihn auf, so viel er kann; er ward sehr ermattet, die Dame merkt es; Sie sagt: „Braim, um deinetwillen ist mir nun der Lebensweg abgeschnitten I" Die Dame nahm ihn in ihre Arme, um ihn zu tragen in das 25 Obergemach. Die Dame sagt: „Jetzt müssen wir das Weiberbad für ihn machen." Der Mir sagte: „Gern, was nur für ihn gut ist, solches tue für ihn." Sie holte ihn (den Br.), sie machten den Braim nackt, streckten ihn dort lang aus; alle drei Frauen des Mir kamen, zogen sich ganz nackt aus: eine von ihnen legten sie vor ihn, die andere auch legten sie hinter ihn, die dritte auch streckten 30 sie auf ihm aus, bis eine und eine halbe Stunde. Braim schwitzte zwischen den Frauen. Als er die Augen aufschlug, der arme, Sagt er: „O Gott, das ist ja das Weiberbad. „Gestern war ich in Germian, bei der Khatun Perikhan; was tue ich jetzt hier? 35 „Wenn der Mir darum wüßte, was soll ich tun aus Scham?" Als die älteste Frau des Mir solches sieht, Ruft sie: „Mir, Braim ist gesund; gräme und bekümmere dich 134 nicht mehr!" Als die Dame solches merkte ganz und gar, Brachte sie die Frauen hinweg; 37) Weil Mir Hadsch dir zürnt.



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Braim ist ganz allein am Ort geblieben. 5 Er sagt: „Ich schäme mich, o Gott! was ist mir zugestoßen!" Die anderen Frauen machten sich auf, haben die gute Nachricht zu dem Mir gebracht; Sie sprachen mit dem Mir: „O Mir, das Weiberbad ist so, daß der Tote dadurch wieder lebendig gemacht ward." Die älteste Frau erhob sich, brachte einen Satz Kleider des Mir für den Braim herbei; io Zog sie dem Braimok an; Braim erhob sich von seinem Platz, Er ging hin, bot dem Mir den Gruß. Der Mir erhob sich sofort vor ihm, legte den Arm um seinen Hals, küßte ihm alle beide Augen, Ließ den Braim sich an seiner Seite niedersetzen, er sagt: „Was ist dir mit Mir Hadsch passiert? 15 „Weshalb hat Mir Hadsch dich so in Kummer versetzt; Gott hat ja die Khatun Perikhan dir gegeben." Was nur an Halsketten und Ohrringen und Siegeln und Ringen Khatun Perikhan besitzt, alles hat Braim mit sich gebracht Die Khanum nahm es an sich, sie ließ nicht zu, daß dem Mir dies vor die Augen käme. 30 Einige Nächte und Tage behielt er den Braim an seiner Seite, Dann sagt er: „Sobald der Weg vom Alpenland wieder offen wird, schicke ich hin, die Khatun Perikhan soll herkommen, mache euch zu Braut und Bräutigam (Schwiegersohn)." Als Braim dieses Wort von dem Mir zu Ende hörte, Hat er vom Abend bis zum Morgen — eine Holzschaufel hatte er aufgetrieben —, Erde und Pferdemist auf den Qandil 35 der Mamakoi38) hinaufgezogen. Eines Tages sagte er: „Mir, ich will dir zum Opfer werden, oben auf dem Gebirge ist es schwarz und weiß geworden; Schnee ist nirgendwo geblieben." 3*) Siehe oben Seite 140 Anm. 1 1 .



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Die Khanum lachte dazu, sagte: „Mir, sieh' mal den Braim an, bis jetzt ist die Hälfte des Winters noch nicht vorüber 39); vom Abend' bis zum Morgen hat der Arme Erde auf der Schulter geschleppt 30 „Auch diese seine Mühleistung ist ebenso wie der Dienst bei dir, als er dich durch ,die Straßen und Gassen umherführte. „Mir, du darfst kein anderes Werk tun, bevor du nicht die Sache des Braim zu Ende führst" Der Mir machte sich auf, schrieb einen Brief an Mir Hadsch: „Bruder, bei meinem Haupte! Betrübe den Braim nicht*0), er 3s sei dir «ehr anempfohlen, halte ihn nicht hin um der Schätze der Welt willen; aber eine sehr wichtige Sache ist vorgefallen. Der Sultan von Stambul hat an mich Befehl geschickt wegen eines Teppichs; hundert Leute habe ich hergeholt, niemand kann helfen, von niemandem kann er gemacht werden. Wenn du 135 die Khatun Perikhan nicht herschickest, so wird man uns beide abtun (erwürgen). Wie du es auch machst, schicke die Khatun Perikhan. Aber um meinetwillen sorge sehr gut für den Braim, er ist mein Treupfand, das ich dir anvertraut habe." Als der Bote diesen Brief brachte, ward er dem Mir Hadscli s vorgelesen. Dem Mir Hadsch entstand Freude, er sagte: „Laß' nur, Braim ist nicht mehr am Leben." Der Khatun Perikhan gab er Befehl: sie soll ihre Vorkehrungen treffen, eine Reise steht ihr bevor, meinem Bruder ist etwas Unangenehmes zugestoßen." Khatun Perikhan sagt: „Bei Gott, ich gehe nicht dorthin." Mir Hadsch sagt: „Vorwände soll sie nicht vorbringen (sehen), 10 sie soll nicht mir grollen; sie muß morgen früh gehen." Sie trafen Vorbereitungen, vollkommene, Haben die Khatun Perikhan in einen Korb gelegt, Warfen sie auf ihre eigene Schultern, haben sie davon gezogen. Sie sagte: „Mir Hadsch, Bruder; lebe wohl!" 15 ») Wörtlich: „bis jetzt ist noch nicht Mitte des Winters geworden". 4») Ins Persische Übersetzt: ^ y j G ( U u f ) ¿ L o ^



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So schleppten sie sie bis gegen Abend, am Abend gelangte*1) sie an die Quelle Khumaro. Kunde ward dem Mir Scheikh gegeben. Mir Scheikh stand von seinem Orte auf, M Schickte hin, ließ Trompeten und Flöten holen, Gaukler und Tänzer sind bestellt worden, Musik ist gemacht worden, Eine frohe Hochzeit ward gefeiert, Sieben Tage waren vorüber (vollendet). 35 Man holte die Mullah und Gelehrtenschüler, Auch diese unterschrieben alle [den Heiratskontrakt], Die Sache aller beider war zu Ende geführt: Gesegnet sei Braut und Bräutigam. — Rahman Bekir steht allhier, 3° Hat diese Verse zu Ende gebracht, Unter den Kurden ist er sehr berühmt, Nach Soudschbulaq ist er geholt worden^), Das Versprechen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, ist ihm gegeben worden. Gott sei Dank, unsere Arbeit ist beendet. — Sprichwort: Wie den Braimok treibe ich dich in der stärksten Winterkälte aus dem Lande hinaus. VI. F e r k h und Asti. V o r b e m e r k u n g . Das hier vorliegende Epos scheint lückenlos erhalten zu sein, wenigstens was den Inhalt anbetrifft, im Gegensatz zu den Fragmenten desselben Sagenstoffes bei Socin, No. XXXII. Mir scheint eine Heiligengeschichte zugrunde zu liegen, oder wenigstens eine ältere Lokalsage stark mit Motiven aus mohammedanischen Heiligenlegenden versetzt zu sein. Die dem Ferkh zugeschriebenen übernatürlichen Kräfte und seine Wunder* taten schmecken stark nach der Mystik mancher der „Prophetenlegenden", an 4>) Ins Persische übersetzt: kX& v ö j i ¡u-ä.-^4») Wörtlich: „ist in S. niedergesetzt worden".



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denen ja der Islam so reich ist, und von denen die geschriebenen Bücher diesen und ähnlichen Titels nur eine kleine Auslese dessen geben, was im Gebiete des Islam das Volk zu berichten weiS.

Das Epos enthält in beiden Fassungen eine

Reihe Strophengedichte, von denen die meisten beiden Rezensionen sind.

Allerdings weichen

gemeinsam

die betreffenden Stöcke im Wortlaut sehr weit von

einander ab, doch ist unzweifelhaft, daß Strophen wie z. B. Mukri, Text Seite 136, Zeile 15 bis 137, 6, und Socin, Text Seite 83 bis 84, Zeile 15, zum mindesten auf eine gemeinsame Vorlage, einen Urtext zurückgehen. Ferner entsprechen sich Mukri, Text Seite 169, Zeile 13 bis 25, und Socin, Seite 86, Zeile 26 ff., obwohl der Inhalt der Strophen nichts Gemeinsames hat.

Ebenso die Anrede des Ferkh

an den Schnee, Mukri, Text Seite 173, Zeile i o f f . , und Socin, Seite 88, Zeile 6 bis 15 >).

O b ursprünglich das ganze Gedicht in Strophenform gesungen wurde,

ist natürlich nicht nachzuweisen. —

Der Mukritext verlegt den Schauplatz der

Handlung nach der „Stadt" Daudie, etwa zwei Tagereisen nördlich von Mosul. In dem kleinen, jetzt fast nur von syrischen Christen bewohnten Dorfe kannte man nur wenig von der Sage, doch versicherte man mir, dafi Ferkh tatsachlich hier gelebt habe.

Socins Text nennt keine Örtlichkeit, nur an einer Stelle, in

einer der Strophen (Seite 86, Zeile 27) wird der Khaburflufl erwähnt. Das würde zu Daudie passen, denn den am Nordabhange des südlich von Daudie gelegenen Beigzuges entspringenden Flufi, der westwärts flieBend an Zakho vorüberkommt, nannte man mir in Daudie selbst „Khabur".

Die Nomenklatur von Bergen und

Flüssen jener Gegenden liegt sehr im argen.

Allerdings könnte auch Socins

Barde, der ja in Zakho ansässig war, den ihm geläufigen Fluflnamen in

das

Lied hineingebracht haben, so dafi die Erwähnung des Khabur an der erwähnten Stelle keine Bedeutung hätte.

Khatun Asti ist die Tochter des Mam (Oheim) Khalifa, 136 Ferkh ist der Sohn des Mam Hadi; beide sind Oheimskinder, ihre Väter sind Brüder. Ferkh war im Leibe seiner Mutter; seiner Mutter kamen die Wehen. Damit sie in glücklichen Umständen das Kind bekäme (ihr das Kind würde), schickten sie hin, die Weiber der Seyyid und Mullah kamen; sie schickten hin, die Weiber der Wezire und Wekile kamen. Es waren drei Schwestern: Naze und Nazdar und Khatun Asti. Mam Hadi hatte zwölf Söhne, alle zwölf waren ihm gestorben; er 10 ') Der fast wörtlich., übereinstimmende Vers, Mukri Seite 173, 20 = Socin 88, 11, ist auch deshalb interessant, weil er ein jetzt im Kurdischen, weder im Bohti noch

im Mukri gebräuchliches Wort

enthält;

biwur „krank",

das

eine

durchaus kurdische Lautform aufweist (kurd. w an Stelle von pers. »3) Wörtlich: „Heilung wurde nicht gemacht". H) Wörtlich ist särd „kalt": rä „Antlitz"; rüs&rdi „schamlos, frech". Soll wohl bedeuten: „mit frechen Worten" (oder „Ärger"?).

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Der Sultan bestimmte für ihn ein Ehrenkleid, den Titel der Mirswürde legte er ihm bei. 144 Die Wekile und Wezire fragten ihn [den Mam Khalife]: „Was hast du mit dem Ferkh gemacht?" Er sagte: „Der ist zu Hause der Khatun Asti übergeben worden." Dort wurden diese Abmachung und Angelegenheiten der Welt zu Ende gebracht. Das Gerücht und der Ruf von der Schönheit der Khatun Asti verbreitete sich in aller Welt. s Kunde davon ward dem Schekhal*5), dem Kahlkopf, gegeben. Schekhal, der Kahlkopf, setzte seinen Rang beiseite, tat Hirtenkleider an, legte einen Filzmantel der Kurden um seine Schulter, Als Reisender wanderte er hinter der Khatun Asti her, Die Stadt Daudie fand er, er kam und stieg an der Türe des Mir ab, io Breitete seinen Filzmantel aus, setzte sich auf ihm nieder, sagte: „Vielleicht, daß mir Khatun Asti vor Augen kommt (fällt)." Als Nazdar herauskam, kam sie herzu, grüßte 26 ) den Schekhal, sagte: „Oheim, mögest du nicht ermüdet sein, willkommen seiest du, sehr willkommen! „Wohin gehst du, weshalb hast du dich hier niedergesetzt? 15 stehe auf, gehe in die Wohnung meines Vaters; Diwan ward abgehalten." Er sagte: „Wozu ist der Diwan deines Vaters? I „Ich wandere allein umher als armer Bettler und Arbeiter." ' Sie sagt: „Gott möge dein Haus nicht wüst machen! Wenn du arm bist, wir haben keinen Hirten; | „Bist du nicht etwa hungrig geworden, soll ich dir Brot bringen?" I =>o Er sagte: „Nein, bei Gott! jetzt bin ich nicht hungrig, es ist nicht die Zeit meines Frühstückes." Sie sagte: „Ohm, ich will, dir zum Opfer werden! wenn du zu unserem Hirten wirst, wie ist dein Name?" 3

5) Abkürzung von Scheikh Ali. Siehe S. n , Anm. i8.



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Er sagte: , 0 Mädchen, schlankes 4 7)! „Weißt du nicht, daß mein Name Schekhal der Kahlkopf ist?" Als Nazdar diese Worte von Schekhal zu Ende hörte, Ist sie geradenwegs ins Haus zurückgekehrt, Hat die Nachricht der Mutter und der Nazdar und Khatun Asti gegeben. Sie sagte: „Ein Hirt ist gekommen, er wartet an der Türe." Sie sagten: „O Gott, Nazdar, was ist es für ein Mann?" Sie sagte: „Sein Hals ist so sehr dick, du möchtest sagen, 3° es sei ein Büffel, der da angebunden ist." Naze sagte: „Laß', ich möchte ihn sehen mit den Augen." Sie kam hinzu, grüßte ihn, sagte: „Willkommen seist du, auf mein Leben! Unsere Schafe sind ohne Hirten geblieben." Schekhal sagte: „Eine ist noch schöner als die andere; man hat mir gesagt, Khatun Asti unter (von) ihnen sei mit 35 einem Worte (Male) Herzenskummer 48 )." Er fragte die Dienerin: „Diese ist wer und wer?" Sie sagten: „Das ist Naz und Nazdar." Er sagte: „Wo ist denn Khatun Asti; kommt sie nicht vor 145 [meine] Augen?" Das Mädchen sagt: „In jugendlichem Alter ist Waisenpflege auf ihren Hals gelegt (gemacht) worden, „Über einen Scheitan und Wechselbalg ist sie gesetzt worden." Naze ging, erzählte diese Rede der Khatun Asti. Khatun Asti stand auf, nahm den Ferkhole in den Arm; auch sie ging, damit ihr der Schekhal in die Augen falle; Sie bewillkommnete den Schekhal, sagte: „Warum wartest du hier; gehe in die Wohnung meines Vaters; jetzt ist Frühstückszeit, das Frühstück ist bereitet worden." Er sagte: „Männchen, oh, was habe ich in der Wohnung deines Vaters zu suchen? „Ich bin Arbeiter (Handwerker), wandere umher, damit meine to Angelegenheit zu Ende gebracht werde." *7) Rahman diktierte, wie im Text gedruckt ist. E s ist aber, wie auch der Reim zeigt, bärikäla

zu lesen.

**) Soll nach Mirza Dschewad bedeuten:

„die schönste".

„ d a ß man sich in sie verlieben mufi und unglücklich w i r d " .

D. h. so schön,



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-

Khatun Asti sagt: „Oheim, unsere Schafe sind ohne Hirten geblieben." Khatun Asti kehrte geradenwegs zurück. Die Mutter der Khatun Asti gab Botschaft allen vier Söhnen: „Ein sehr iahiger Hirt ist von jener Seite her gekommen." 15 Die Mutter der Khatun Asti kam zu ihm, sagte: „Väterchen, willst du zum Hirten werden?" Er sagte: „Ja, ich wandere ja um Beschäftigung [zu suchen] umher." Sie sagte: „Bruder, wie ist denn dein Name?" Er sagte: „Khanum, ein Diener wird nicht auf diese Weise gemietet Kein Mann kommt1?) an mich heran, immer nur Weiber schickt man zu mir aus. 30 „Wenn du mich fragst, mein Name ist Schekhal." Sie sagte: „Ohm Schekhal, willkommen seist du, sehr willkommen!" Sie hat Botschaft zu den Söhnen geschickt, jetzt kommen sie von jener Seite, Man bereitete Frühstück für ihn, brachte das Tischtuch für ihn. Er aß das Brot, da kamen alle vier Söhne des Mam Khalife von jener Seite her. 25 Sie sagten: „Oheim, mögest du nicht ermüdet sein." Er erhob sich, stand vor ihnen, Sie sprachen miteinander, sie trafen Abmachung und Verabredung für ihn, Sie sagten: „Oheim, wir wollen zu den Schafen gehen, sie dir ganz übergeben." Aber wehe, dem Schekhal, dem Kahlkopf, ward vor Sehnsucht nach Khatun Asti seine Leber zerrissen. Für die Söhne wurden ihre Pferde gesattelt, die Windhunde für sie an die Leine genommen; 30 Schekhal schlug seinen Filzmantel um seine Schulter, Legte die Hand an den Wanderstab, hat seinen Hals der Wüste zugewendet, Sie gelangten zu den Schafen, zählten die Schafe, sie wurden dem Freunde übergeben. *9) Wörtlich: „l&flt sich (khi) zu mir (in Ü) gelangen".



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Sie sagten: „Wir möchten, o Ohm Schekhal, daß dein Monatslohn festgesetzt werde." Schekhal sagte: „O, mein Herr, ich beanspruche die ersten 35 vierzig Nächte (bis zu 40 N.) keinen Lohn. „Wenn ich ein guter und kundiger Hirt war, dann setzt den Lohn für mich fest; sonst jagt mich fort und ich werde sofort gehen." Wer war es? Die Söhne des Mam Khalife; sie haben dort 146 den Hirten über die Herde gesetzt, Sie selbst veranstalten nun Sommeijagd, wendeten ihr Antlitz wieder nach der Stadt. — Laßt uns nun zurückkehren zu den Angelegenheiten des Ferkhole und der Khatun Asti. An diesem Tage sind es neun Tage, daß seine Eltern starben. 5 Ferkh sagt: „Ich habe deswegen gebetet, daß meine Eltern sterben, damit ich mich der Khatun Asti erfreuen kann 3°); „Nun binden sie mich ganz fest mit zwei Binden an zwei [Wiegen-] Pfosten, und Khatun Asti auch schläft dort; was hat nun diese Welt für einen Vorteil für mich?" Er flehte zu dem Herren: „Allen werde tiefer Schlaf zuteil! „Bei Gott, ich mag nicht länger in dieser Wiege sein; heute nacht gehe ich in die Arme der Khatun Asti." Ferkh flehte zu Gott dem Allmächtigen, Da senkte sich herab (regnete) auf alle diese Leute der Schlaf. Das Wickelband an seinem Haupte warf er weg, aus der Wiege kam er herab mit einem Male, Auf das Kopfkissen der Khatun Asti kletterte er empor, zog die Nadel aus ihrem Kragen heraus, steckte die Füße in den Kragen hinein, ging selbst zwischen ihren Busen und Brüste mit einem. Male. Als am Morgen die Mutter der Khatuii Asti aus dem Schlafe sich erhob, blickte sie in die Wiege: Ferkhole ist dort nicht (geblieben). 30) Wörtlich: „damit ich mich erfreuend (neupers. t j ^ ' l ^ ; das « im Kurdischen ist wohl Mißverständnis des unbekannten persischen Lehnwortes) sein kann an Kh. A."



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Sie sagt: „Gott sei Dankl Das war ein Scheitan, der nun vernichtet worden ist „Der Kragen meiner Tochter ist geöffnet worden." äs Als sie hinzuging, das Obere der Schlafdecke emporgehoben hat, Sieht sie, sie [Asti] hat ihn zwischen ihre Brüste gelegt Die Mutter hat die Khatun Asti sehr geschlagen, Sie sagt: „Was ist dieser Scheitan und Wechselbalg, daß du ihn in deine Arme gelegt hast?" Khatun Asti sagt: „Ich habe keine Kunde davon; das ist eine Schmach, die mir angetan worden ist. 3° „Es ist dies, sie machen es so, daß er stirbt, [und] ich vor meinem Vater berüchtigt und übel beleumdet werde." Khatun Asti erhob sich, zerkratzte sich ihr ganzes Gesicht, hat sich selbst sehr geschlagen, Zu ihrem Vater ging sie, um sich zu beklagen; [aber] alle Leute fielen über sie her 3*), bewogen die Khatun Asti umzukehren. An diesem Tage saß sie nieder, weinte bis zum Abend; 35 Auch mit der Amme sprach sie nicht, mit niemandem redet sie. Ebenso wie in der verflossenen (andern) Nacht hält sie Ruhe. Sie hält Ruhe, wie sich es gehört, 147 Ferkh aber, du möchtest sagen, ist ein Scheitan. Wiederum kam er herab zwischen Busen und Brüste; Als er seine Hand in ihren Arm legte, küßt er ihre beiden Wangen. Khatun Asti erwachte aus dem Schlafe, merkte es; 5 Sie sagte: „Wehe, meine Eltern sind mit Asche bedeckt worden, jetzt glaube ich, daß du ein Scheitan bist" Sie sagte: „Du Aussätziger, wenn du zu mir kommst, was wirst du tun (wird von dir getan)?" Er sagte: „Base, weshalb ist es dir so, daß ich ein Kind bin?" Sie sägte: „Mein Sohn, was bist dü denn? Ganz sicherlich bist du ein Kind." Er sagte: „Base, wenn ich wollte, bin ich länger als du." Sie sagte: „Wo?" Als Ferkh sich nun ausstreckte, ward er ebenso lang, 3') „bestürmten sie mit Bitten, sich nicht beim Vater zu beMagen." M a n n , perg.'kurd. Samml. IV. 3. a.



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wie Khatun Asti. Khatun Asti fürchtete sich. sagte: „Bei Gott! > Er ist ein Scheitan und Wechselbalg; ich vergehe durch seine Hand." Ferkh sagte: „Base, außerdem hast du mich bis jetzt noch nicht gesehen." Khatun Asti ward plötzlich in Ferkhole verliebt. Sofort bereute Ferkh seine eigenen Worte. Khatun Asti befahl ihm, sagte: „Ich muß dich sehen." Er sagte: „Base, stehe auf, hole Wasser zur Gebetswaschung, vollziehe die Gebets- is Waschung." Khatun Asti ging, vollzog ihre Gebetswaschung, kam wieder zurück, sagte: „Vetter, hierher3»), wasche deine Gebetswaschung33)." Ferkh sagte: „Nein, Base, ich wasche mich selbst zum Gebet" Als Ferkh seine Gebetswaschung beendet hat, Flehte er zu Gott, betete zum Propheten, Einen Schleier zog er um den Kopf der Khatun Asti. » Ferkh bat die Khatun Asti: „Komm', laß von dieser Sache ab!" Khatun Asti sagte: „Bei jenem Koran, den Gott für den Propheten gebracht hat! „Wenn du mich nicht tötest, sonst lasse ich nicht davon ab, bis ich dich mit den Augen sehe. „Weil eben das Volk sagte: „Er ist ein Scheitan und ein Verfluchtet), der da von Mam Hadi und deiner Tante zurückgelassen worden ist." Er sagte: „Khatun Asti, schließe deine Augen zu." Er schlug ihr einen Backenstreich, sagte: „öffne die Augen!" Sie sah das Rind und den Fisch 35) mit Augen. Er sagte: „Hebe dein Haupt empor"; da stand Himmel und Erde vor ihr. Sie sah, das Licht Gottes ist mit Ferkhole; plötzlich verlor sie das Bewußtsein. Er legte sie auf seinen Schoß nieder, Ferkh hat die Khatun Asti sehr massiert, Khatun Asti sagt: „Vetter; Buße und Abbitte ganz und gar! 3«) Wörtlich: „bringe her"; wird sehr häufig im Sinne unseres „komm" (sonst wärä) gebraucht 33) Sie will ihm das Waschwasser Uber die Hände gießen. 34) Schimar, der Mörder des Husain. 35) Auf denen die Erde ruht.



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35 „Lob ist Gott! Er ist ein Heiliger (Scheikh), dem die Gnade Gottes zuteil geworden ist" Sie schlängen den Arm einander um den Hals, preßten einander Mund auf Mund. Der Dolch der Allmacht kam herab vom Throne Gottes, vollkommen, 148 Das Ende der Spitze ist auf dem Nabel des Ferkh, sein Handgriff richtete sich auf dem Nabel der Khatun Asti auf. Die Arme machten sie einander zum Kopfkissen, Mund auf Mund preßten sie einander, vom Gürtel ab nach unten waren sie auseinander, s Schlaf senkte sich (regnete) auf sie herab vollständig. Als sie am Morgen vom Schlafe sich erhoben, sagte Khatun Asti: „Vater, laß* uns diese Wiege fortbringen; „Ferkh macht sich nicht schmutzig und ist sauber und braucht keine Wiege mehr. „Er hat sich an meinen Schoß gewöhnt, in der Wiege kann er. nicht stehen." io Sie nahmen die Wiege fort, warfen sie weg;. Die Amme entließen sie, der Lohn ward für sie festgesetzt. Sie sagten:. „Ferkh trinkt die Brust nicht und braucht auch niemanden mehr, „Komm', nimm deinen Lohn, bis daß das Jahr zu Ende ist." Sechs Jahre zog sie [Asti] den Ferkh auf, die Sorge fiir ihn hat sie niemandem überlassen. — 15 Diese mag nun mit dem Ferkh zusammen sein. Die vierzig Nächte des Schekhal waren abgelaufen. Die Söhne des Mam Khalife stiegen auf ihre Pferde, nahmen die Windhunde an die Leine, gingen hin, veranstalteten. Sommerjagd, Sagten: „Laßt urts dem Schekhal einen Besuch abstatten, laßt uns sehen, wie sein Beiinden ist; jene Abmachung wegen der vierzig Nächte, die er für sich selbst getroffen hat, laßt uns sehen, ob er bei seinem Worte 20 geblieben ist" Sie kamen an die Quelle und entboten dem Schekhal Gruß.



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Sie sagten: „Ohm Schekhal, es ist dieses, daß die vierzig Nächte zu Ende sind; nimm nun die Festsetzung deines Lohnes vor; laß unseren Reichtum dir nachgehen3*), du hast dich angestrengt." Schekhal sagt: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. >5 „Durch wen könnte mein Lohn vollständig [bezahlt] werden? „Bis wann soll ich umsonst zu den Schafen gehen? „Wenn ihr mir Lohn geben wollt, Geld habe ich nicht nötig; „Wenn ich ihn [den Lohn] nenne, so ist es Sünde und häßlich. „Ich bin des Geldes wegen nicht gekommen, meine Absicht 30 ist etwas anderes." Sie sagten: „Sage uns, daß wir wissen, was es ist" Er sagte: „Zu dienen, in Germian im Dienste des Sultan ist kein Mensch so angesehen, wie ich„Ich brauche keinerlei Schätze der Welt." Sie sagten: „Sage uns doch, daß wir wissen, was der Grund ist." 35 Er. sagte: „Väterchen, wenn ihr wollt, daß ich zu den Schafen gehe, so gebt mir die Khatun Asti. „Und dann werde ich für euch zu den Schafen gehen bis zum Grabe und Tode." Sie sagten: „Das ist ein offenes Wort; laß' uns zum Maml49 Khalife gehen, um zu sehen, was er meint (was sein Befehl ist)." Wer war es? Die Söhne des Khalife, die jungfrischen, Sie ließen ihre Zügel schießen, Langsam jagten sie in der Ebene von Germian; 5 Bis daß die Sonne allen Städten unterging. Sie kamen zurück, stiegen an ihrem Hause ab, Gingen zu Mam Khalife, haben sich verbeugt Sie sagten: „Zu dienen, unser Hirt geht davon, unsere Schafe sind ohne Herren geblieben." Er sagte: „Was stieß denn dem Hirten zu? Gebt ihm nur viel » Schätze und Gold, „Damit er zu seinen Schafen gehe, jener Schekhal, der Kahlkopf, der vollkommene." 36) Vielgebrauchte Redensart, im Sinne von „wir wollen dir nichts schuldig bleiben, nicht in deiner Schuld sein".



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Die Söhne des Mam Khalife sagten: „Zu dienen, er will nicht Schätze und Gold." Er sagte: „Was sagt er denn?" „Er sagt: Ich will die Khatun Asti, die schlankhaisige, buntäugige." i5 Der Mir sagt: „Kinder, bei Gott! möge mein Unheil nicht auf euch fallen! Soll je meine Tochter mit Schekhal dem Kahlkopf zusammen passen!" Sie sagen: „Vater, was sollen wir tun? Er hat einen Vorwand ergriffen, hat die Schafe im Stich gelassen." Er sagt: „Kinder, so geht es nicht; er hat die Schafe im Stich gelassen beim Arsche seines Vaters. Wenn ich der Mir der Stadt Daudie bin, kann nie meine Tochter für so einen Mann sein." „o Es erhoben sich die Söhne, kehrten von ihrem Vater zurück. Sie gingen, entboten ihrer Mutter Gruß, Sie sagten: „Mutter, eine unangenehme Sache ist passiert; „Unsere Schafe sind verlassen, es hat eine Absicht auf Khatun Asti gefaßt jener Mensch." Ihre Mutter sagt: „Kinder, nehmt von meinem Antlitz nicht hinweg den Schleier der Scham 1 35 „Muß denn der armen37) Khatun Asti Schicksal eben solches sein? „Waisenpflege ist auf ihren Hals geladen (geworden); möge die Leber ihrer Mutter vernichtet sein; „Niemals ist meine Tochter für den Hirten zu haben." Dort ward ihre Rede nicht zum Ende gebracht, Die Söhne erhoben sich, ein jeder kehrte nach seiner Behausung zurück. 30 Am Morgen haben sie dem Schekhal Nachricht gegeben: „Fasse Geduld, bis jetzt ist die Sache nicht zu Ende gebracht; „Khatun Asti ist zufrieden, aber meine Mutter ist nicht einverstanden gemacht worden." Diese Nachricht ward dem Schekhal, dem Kahlkopf, gegeben. Er sagte: „Lob ist Gott! Meine Sache ist in Ordnung gekommen 38).« 37) qur bä sär „Staub auf dem Haupte", hier als Adjektiv gebraucht. 3») Wörtlich: „meine Sache hat Richtigkeit gebracht«.



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Nacht und Tag hatte er den Schafen Ruhe genommen 39), auf 35 fetter Weide ließ er sie weiden, am Quellsprudel gab er [ihnen] Wasser. Khatun Asti zog den Ferkh auf, bis daß sechs Jahre ihm vollendet wurden. Khatun Asti gibt Nachricht ihrem Vater: 150 „Gott will es nicht; bis wie lange wird er mich als Kind sterben lassend)? „Ferkhole ist groß geworden, er beginnt zu begreifen. „Es ist ratsam, ihn in die Schule zu bringen zum Ohm Lehrer, daß er lesen lerne." s Mam Khalife hat solche Antwort gegeben: „Saget der Khatun Asti: ich habe ihr die Stadt Daudie geschenkt, „Daß sie mir nun den Ferkh groß und vollkommen mache. „Bis jetzt sind zum Lesenlernen noch weitere zwei Jahre Zeit (geblieben)." Khatun Asti sagte: „Nun sieh' mal meinen Vater an, wie er >o arm und hilflos istl „Du [o Vater] hast den Ferkh nicht kennen gelernt, du möchtest sagen, er sei ein Scheitan. „Auch ohne Ohm Lehrer ist sein Lernen fortschreitend." Mam Khalife sagte: „Wenn es so ist, so soll sie Vorbereitungen für ihn treffen, soll für ihn Illumination machen •'); „Am Freitage werden wir ihn bringen zum Ohm Lehrer, so -s Gott will, daß sein lernen in Fluß komme." Als Khatun Asti solches erfährt, Bringt sie unausgesetzt Dank dar, Sagt: „Lob ist Gott, der Faqihsohn geht in die Schule." Am nächsten Tage zeigt sich das Morgenrot, Da schickt sie den Diener, verständigt den Ohm Lehrer und die Gelehrtenschüler: 39) Damit sie unausgesetzt fressen sollten. 4») „Als Kind 2 im Sinne von „unverheiratet". Der Sinn des Gedankens ist etwa: „Diese Waisenpflege gilt dem Sterben gleich; wie lange wird mich Gott noch in diesem Zustande belassen? Deswegen gib den Ferkh in die Schule". 41) Die Einschulung der Kinder eines Vornehmen wird festlich begangen.



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„Saget dem Ohm Lehrer, so Gott will, kommt am Freitage Ferkh dorthin, beginnt das Lernen." Ohm Lehrer sagt: „Lob ist Gott! Angenehm vergeht das Leben." äs Er sagte zu den Gelehrtenschülern: „Das gibt ein Süßigkeitenessen dann; „Botschaft sei euch, Ferkh der Sohn des Mam Hadi kommt hierher, „Mit ihm wird sein Khatun Asti, die schlankhalsige, schönäugige. „Nun, o Gelehrtenschüler, bringt alle Dank dar!" 30 Am Morgen hat die Sonne das Haupt erhoben, Die Vorbereitungen der Khatun Asti für Ferkhole sind getroffen, Allen Weißbärten und angesehenen Männern wurde es erzählt-: „Lob ist Gott! Die Spur des Main Hadi ist nicht vernichtet worden! „Es ist dieses, daß sie den Ferkhole [jetzt] zum Unterricht bringen; es ist ein sehr wackerer Mensch, die Feinde 35 haben ihn für einen Scheitan und Verfluchten gehalten." Diese Leute sagten nun: „Lob ist Gott, es ist Lüge, er ist ein sehr wackerer und vollkommener Mensch." Man schickte hin, holte einige Seyyid und Mullah her, 151 Auch dem Mam Khalife hat man es berichtet, Die Süßigkeiten und das Vorbereitete ward nach der Schule geschickt, Einige ABC-Bücher wurden für den Ferkh hergerichtet. Mam Khalife kam, ging voran; Khatun Asti nahm den Ferkhole, 5 die ganze Stadt Daudie ist dort. Alle wandten das Antlitz zur Schule des Ohm Lehrer, kamen hinein, begrüßten ihn (den Lehrer). Der Ohm Lehrer stand sogleich vor Mam Khalife und vor diesen Leuten auf, 10 Der Ohm Lehrer blickte so um sich, Sagte: „Khatun Asti, o Gott; sei willkommen, daß du den Ferkhole hergebracht hast „Sieh' nur, was die Leute verrückt sind, sie sagten: Ferkh wird nicht aufgezogen werden, seine Eltern sind ja nicht am Leben geblieben."



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Man brachte ihn herbei, hat das ABC-Buch in die Hand des Ferkh gelegt; Mit dieser Hand ergriff er das Buch, in jene Hand auch haben „Vater, Gott will es nicht, wozu ist mir dieser Zank? „Vater, hast du nun gesehen: ich habe nach deinem Worte gehandelt, unterziehe mich der Waisenpflege." Ihr Vater sagte: „Kind, was soll ich tun, keine Macht ist in meiner Hand." Sie sagte: „Vater, dann magst du und dies deine Waise sein; ich gehe von dieser Stadt nach einer anderen Stadt." »5 Er sagte: „Kind, das mag dein eigenes Belieben sein; in meiner Hand ist keine Willensfreiheit." Auch ihre Mutter wollte, daß man sie dem Schekhal gebe, Damit der elternlose Ferkhole wieder verlassen würde. Die Söhne des Mam Khalife geben den Befehl: „Die Schafe und unser Gut ist verlassen, wir sind berüchtigt geworden und übel beleumdet." 3° Ganz bestimmt ist Khatun Asti dem Schekhal anverlobt worden-; Wort und Verabredung bis zum Grabestode ist abgemacht worden. Es ward auch diese Bestimmung getroffen: Wenn es nicht mit dem Einverständnis der Khatun Asti geschähe, sollte nicht Hand an sie gelegt werden. In jener Nacht, in der man ihm Khatun Asti anverlobte, ver35 anstaltete Schekhal aus Freude ein Fest, hat sehr viel Ausgaben sich gemacht.

— 252 — Am Morgen schlang er seinen Filzmantel um die Schulter, kehrte zu seinen Schafen zurück. Khatun Asti weinte; die Tränen ihrer Augen, möchtest du sagen, seien ein Meer von Wasser. Ferkh sagte: „Weine doch nicht mehr44). 154 „Lob ist Gott, daß diese Sache geschehen ist, „Was alles an Käufern+S) in der Welt da war, hat sich von dir zurückgezogen; „Nun werden ich und du zusammen sehen, daß unser Wunsch und Vorhaben erfüllt wird." 5 Er legte den Arm um den Hals der Khatun Asti, zeigte sehr große Freude. — Als am nächsten Morgen die Sonne sich zeigte, ratschlagten die Söhne des Mam Khalife: „Wir wollen gehen zu Khatun Asti; sie ist mit dieser Angelegenheit unzufrieden, sehr in Aufregung; „Sie ist ein gutes Weib, hat sich mit dem Ferkhole sehr viele 10 Mühe gegeben." Als sie gefrühstückt, erhoben sie sich von ihren Plätzen, schickten einen Diener zu ihrer Mutter: „Meine Mutter, triff' Vorkehrungen, wir kommen, wollen zu Khatun Asti gehen. „Sie ist uns gram geworden, weil wir sie mit Zwang (Befehl) dem Schekhal gegeben haben." Als die Söhne des Mam Khalife von da dorthin kamen, 15 Haben sie einige Ältesten und Seyyid mit sich gebracht, Sie kamen zu ihrer Mutter, auch diese hießen sie mit ihnen gehen, gingen zu Khatun Asti, entboten ihr Gruß. Sie sagte: „Seid willkommen, sehr willkommen, ihr Brüder, ihr vollkommenen! „Wenn ich so sehr schlecht war, warum habt ihr mich nicht so getötet, habt mich einem Hirten, dem Kahlkopf, dem Päderastensohn gegeben ?" Er sagte: „Schwester, es ist Gottes Tat, daß es so gekommen." 44) Wörtlich: „mache nicht dieses Weinen". 45) Im Sinne von „Freier".

Ihre Mutter hat sie aufzuheitern und zu überzeugen versucht*6). Als solches bemerkte Khatun Asti, 35 Sagt sie: „Brüder, ich habe gegen euch keine Klage; „Ich selbst bin unglückselig, bei Gott selbst habe ich keinen Ausweg. „Da muß mein Oheim und meine Tante sterben, auf meinen Hals die Waisenerziehung fallen! „Ich muß kommen, eine Jungfrau werden, da beschließen meine Brüder über mich, verheiraten mich- an einen Hirten, den Kahlkopf, den Lumpen! 30 „O Brüder, möget ihr froh sein; was soll aber mir diese vergängliche Welt? „Fürderhin wird die Waisenpflege von mir nicht getan, ho! bringt nur selbst den Ferkhole zu irgend jemand anderem! „Fürderhin übernehme ich keine Verpflichtungen umsonst mit den Waisen der Menschen." Sie sagten: „Schwester, wir gaben dir ja unseren Anteil an der Stadt Daudie, 35 „Sage nicht: sie haben mich dem Hirten gegeben, ich habe keinen Anteil am Besitz. „Schwester, wtenn du noch wegen des Ferkhole fragst, auch hierüber ist die Entscheidung nicht bei uns. „Schwester, laß' uns zu Mam Khalife gehen, um zu erfahren, was er befiehlt" 155 Sehr versuchten sie sie zufrieden zu stellen, Aber sie sagte: „Brüder, ihr seid willkommen; was soll aber von neuem das Fragen und Antworten?" Da wünschten sie, entlassen zu werden *7); Sie kamen zum Diwan des Mam Khalife, verbeugten sich, 5 standen aufrecht, Hand auf Hand; Mam Khalife erhob das Haupt nicht, wandte nicht das Auge auf ihre Augen.. 46) Wörtlich: „hat viel Herzerfreuung und Beweisführung gegeben". 47) Das bekannte persische': geben mtifite mit: „Nun möchte ich gehen".

was man im Deutschen wieder-



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Ein Beamter war dort niedergesessen; er sagte: „Zu dienen, warum erwiderst du den Söhnen den Gruß nicht?" Er sagte: „O Beamter, keiner von diesen da ist mein Sohn; „Auch die Herrschaft über die Stadt Daudie ist nicht in meiner s entrissen (konfisziert) die Stadt Daudie; „Eine einzige Tochter hatte ich; mit Gewalt haben sie sie von mir genommen, haben sie gegeben einem Hirten, einem Kahlkopf, Pechvogel, Lumpen I „Ich gehe nicht wieder nach meiner Heimat zurück, nicht noch einmal." „Der Sultan wird dann sagen: „So lange du selbst lebst (bist) hat niemand ein Recht [gegen dich]." „Ich werde sagen: „Wenn ich keine Macht habe, wozu ist mir dann die Welt? „Wenn es so kommt, gehe ich in das fremde Land, zum Perserkönige, nehme meinen Gehalt, verzehre ihn in Ruhe." — Nun aber laßt uns wieder zu Schekhal dem Kahlkopf kommen. Er sagt: „Wenn Khatun Asti mit mir verheiratet worden, warum kommt sie nicht zu den Schafen? „Wenn ich Hirte bin, so muß sie zur Melkerin werden, 35 „Wepn sie nicht zu den Schafen kommt, so verlasse auch ich sie [die Schafe], mögen sie verlassen sein. „Wenn man dann sagen sollte: Komm', gehe zu den Schafen, so werde ich sagen: für mein eigenes Herz habe ich mich so geplagt; „Ich bin reicher als ihr, meine Herrscherwürde ist nicht geringer als die eure; „Ich habe Soldaten und Heere, mehr als ihr. 30



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„Wenn sie dann sagen: wir schicken sie nicht zu den Schafen, dann gehe ich zum Palaste des Sultans von Stambul, nehme mir mit Gewalt mein Weib; das ist dann besser als die Sache hier." Als diese Kunde den Söhnen des Mam Khalife gegeben wurde, Die Söhne des Mam Khalife haben es ihren Eltern erzählt, 35 Sie sagten: „Was ist das für eine Besonderheit, daß sie zu einer tüchtigen Melkerin wird? „Gott weiß es, sie ist ihm vermählt." Diese Nachricht gaben sie der Khatun Asti, 156 Sie sagt: „O Gott! Wenn du mich nicht tötest, habe ich keinen Ausweg. „Ist es schon vorgekommen, daß, wenn Schekhal Hirte ist, ich zur Melkerin werden müßte! „Wie soll ich mir diese Ungerechtigkeit gefallen lassen? „Er ist ohne Ehrerbietung über mein Haupt gekommen, und auch über das Haupt des Ferkh aus Daudie." s Ferkh sagte:. „Base, meinetwegen klage nicht; „Wenn Schekhal Hirte ist, so werde du zur Melkerin. „Triff morgen Vorkehrungen, daß wir zu den Schafen gehen.'? Die Mutter der Khatun Asti sagte: „Eine weitere Woche ist keine Rede von Gehen [zu den Schafen]; „Ihr müßt zur Wäsche morgen früh gehen, Naz und Nazdar und Khatun Asti." Am Morgen sagt Nazdar:. „Schwester Khatun Asti! „Lob ist Gottl Groß ist nun Ferkh aus Daudie geworden; „Bringe ihn nicht mit dir zur Wäsche, er kennt schon alle Lust und Gewohnheiten der Männer; „Laß ihn zu Hause zurück, in einer Stunde kommen wir wieder zu ihm zurück, 15 „Für uns ist es Sünde und Schande." Sie sagte: „ich will ihn zu Hause lassen," [sagte] Khatun Asti. Khatun Asti sagt [zu Ferkh]: „Ich will dein Opfer sein, komme nicht an die Quelle; gleich kommen wir wieder, den anderen Augenblick." Kamm und Seife und Waschschüssel nahmen sie, so Alle wandten ihr Antlitz zum Rand der Quelle. —



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Wusu Agha vergeht (stirbt) dort schon seit einigen Jahren^) vor Sehnsucht nach Khatun Asti, Einen Palast mit Obergemach hat er sich errichtet am Flusse Murad«), Als sein Auge auf Khatun Asti fiel, Sagt er: „O Gott! Feuer ward mir entfacht in der Leber; „Merke, der Khatun Asti ist in jungen Jahren Waisenpflege »s auf den Hals gekommen 5°); „Entweder gebe ich meinen Kopf preis (lege nieder), oder ich verwüste die Stadt Daudie, oder ich bringe mir mit der Erlaubnis Gottes die Khatun Asti heim." — Als Ferkh aus dem Schlafe sich erhob, ist Khatun Asti nicht zu sehen; Er sagt: „Meine Wehklage zu Gott, eine andere von mir zum Herren! „Nicht bleibe ich hier länger, ohne daß ioh gehe zu Khatun Asti." 3° Ferkh stand auf aus dem Hause, kam daher in Eile, Er rannte, du möchtest sagen, seine Mütze habe der Wind geraubt 5»); Als er an das Ufer des Flusses gelangte, sieht er, dort iat eine Steineinfriedigung gezogen worden. Wusu M e g h a n i 5 » ) steht auf seinem Dache, Der ruft: „Ferkhole, weshalb rennst du so, was ist dir passiert?" 35 Er sagte: „Wusu Agha, ich erhob mich aus dem Schlafe, da ist Khatun Asti nicht bei mir geblieben; „Nun gehe ich an den Rand der Quelle, begrüße sie." Wusu Agha sagt: „O daß doch, so lange ich noch nicht ge-157 storben bin, dieser Scheitan und Wechselbalg zugrunde ginge!" Ferkh ging mitten in die Einfriedigung, beobachtete sie [die Mädchen] durch ein Loch zwischen den Steinen. Als er Naze sah, (ließ er die Augen von oben herab) schloß er die ••) 49) 5°) 5') 5»)

Wörtlich: „es ist einige Jahre her". Eigentlich der Euphrat, der aber mit Daudie nichts zu tun hat. Der Vers scheint nicht hierher zu passen. Und er liefe nun hinterdrein. Mäghäni „Sohn des Mäm Agha".

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s Augen; als er Nazdär sah, ganz ebenso; aber als er Khatun Asti sah, sah er sie an von unter den Füßen bis zum Scheitel des Kopfes. Er saß mitten zwischen den Mauern, den Fuß stemmte er gegen die eine Wand (Seite), und den Kopf lehnte er an die andere Wand; als er nun Kraft anwendete, warf er sie [die Mauern] über seinen Kopf zusammen. Er schrie, rief um Hilfe. Naz und Nazdar und Khatun Asti sprangen heraus [aus dem Wasser], sie waren nackt. Khatun Asti schlug an 10 ihren Kopf, sie sagte: „O Gott; möge dieses Waschen nicht gesegnet sein; es ist nun sieben Jahre her, daß ich die Waisenpflege tue, heute habt ihr ihn mir getötet" Er war ganz und gar unter die Steine gefallen; sie [die Mädchen] warfen die Steine von seinem Kopfe bei Seite. Wusu Meghani beobachtete sie vom Dache aus. Sie brachten den. Ferkh heraus. Khatun Asti legte ihn auf ihren Schoß nieder, nur wenig war ihm Atem geblieben. Sie sagte: „Schwestern, es ist nahe, daß er stirbt (erlöst wird); daß wir doch ein Yasin 53) über ihn rs beteten, damit er nicht so krepiere 54); Gott will das nicht* Sie sagten: »Was sollen wir tun um einen Faqih, um einen Mullah? Niemand ist zu sehen, wenn nicht Wusu Agha; ist es nicht unrecht, wenn wir ihn rufen?" Khatun Asti sagt: „Wo es sich um Sterben handelt, ist es nicht unrecht; er ist ein Edeler, ist nicht gering." Sie ruft: „Wusu Agha, gottesfürchtiger Wusu Agha; 20 „Herrscher der Leute, Schutzwehr für die Menschen bist du. „Kannst du eine Botschaft für mich an Mam Khalife von der Stadt Daudie gelangen lassen; daß er vielleicht einen Mullah hersende, der ein Yasin über den elternlosen Ferkh spreche?" Wusu Agha ruft: „Naz und Nazdar, mit den trunkenen Augen I 53) Das bekannte Sterbegebet, Koran Sure 36. 5*) mindär (pers. JtiX*ju vielgebrauchtes Schimpfwort. 57) Persisch: J u J j [jjCjtAXi W] 5«) Persisch Wort für Wort: i j ^ 5 werfe Finsternis auf die Welt, nehme für dich die Flamme hinweg von der Sonne." 4

3) Wörtlich: „wir werden unsem Prozeß vor ihm fuhren.". ¿4) Das Verbum wieder in der ersten Person Pluralis.



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Ferkh sagte: „Der Tote, wenn er sterben sollte, ist in einzelnen Fällen vermöge des Gottgeliebten, der Majestät Jesus, des Geistes Gottes, wieder lebendig gemacht worden; sonst kann durch keinen anderen ein Toter wieder lebendig [gemacht] werden. [Zweitens] Der Mann, solange er nicht alt geworden, zieht seine Hand nicht von der Welt ab, geht 20 nicht auf die Pilgerfahrt; und wenn er alt ist, selbst wenn man ihm hundert Huris gäbe, wird er nicht umkehren [von der Pilgerfahrt]. Wenn sich aber ein Mann in eine verliebt hat, so hat er kein Bedürfnis nach Mond und Sonne, sie anzuschauen; da Mond und Sonne durch den Willen Gottes existieren, so sind sie stets da gewesen, werden auch stets da sein65)." Naz und Nazdar sagten: „Die Dankes Verpflichtung gegen Khatun Asti gibt er um nichts preis." Diese nahmen Kamm und Seife und Waschschüssel, gingen davon. Und 25 diese [Asti] schwang den Ferkh auf ihren Rücken, ging hinter ihnen her nach Hause. Bis daß diese wieder kamen, traf die Mutter für sie Vorkehrungen, sagte: „Meine Töchter sind zunl Waschen gegangen, sind müde geworden; ich muß das Frühstück für sie herrichten." Die Mädchen kamen zurück; Náz und Nazdar waren voraus, langten an, waren unzufrieden. Ihre Mutter sagte: „Kinder, wo ist Asti? Weshalb ist sie nicht mit euch?" 30 Nazdar sagt: „Unsere Angelegenheit ist ja sehr schön zu Ende geführt; „Sie ist mit ihrem Brunstliebhaber66) hinten geblieben." Auch Khatun Asti kam an, bot ihrer Mutter den Gruß. Ihre Mutter sagt: „TutschwarzesZelttuchummich; meiner Tochter mit diesem Scheitan ist die Ehre nicht mehr geblieben." 35 Nazdar sagt: „Bah; deine Tochter weiß um sich selbst nicht mehr6?)." *5) Also die von Naz und Nazdar gebrauchten Vergleiche sind den Naturgesetzen widersprechend und schlecht. Das von Asti angeführte Gleichnis aber ist natürlich; deshalb ist Asti die schönste. «) kälagä ist „der hinter einer l&ufischen Büffelkuh herlaufende Büffelstier*. ¿7) Wörtlich: „das Bewußtsein (die Kunde) von' sich selbst ist ihr abgeschnitten".



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Naze sagt: „Nazdar, bei Gott, was hat deine Schwester mit dieser Rede zu tun?" Nazdar sagt: „Oho! Es ist ganz kürzlich erst, daß uns unsere Ehre geraubt ward (nicht geblieben ist)." Sie setzten sich nieder, vollendeten ihre Ruhe. 160 Asti sagt: „Wie raubten sie mir doch die Ehre, wehe mir, der Eltern beraubten I" Sie nahm die Wasserkrüge in die Hand, tat den Ferkh auf ihren Rücken, kam herab zum Rand der Quelle; Dem Wusu Meghani fiel sie in die Augen. 5 Einige Jahre ist es her, daß er dabei ist, sie anzusprechen; bis jetzt hat er sie noch nicht angesprochen. Wusu Agha sagte: „Dafi nur niemand zu sehen sei, sonst geht meine Ehre dahin." Er sah, dafi zwei oder drei Menschen zu sehen waren, da schämte er sich, sie anzusprechen. Khatun Asti ging hin, füllte den Krug, kehrte nach Hause zurück. Bis zum Abend saß sie dort. Am Abend stand, sie auf, nahm die Krüge zur Hand, sagte: „Ich bin ärgerlich, ich werde zur Quelle gehen." «o Ferkhole sagte: „Auch ich komme mit." Sie hatte Pfeile und einen Bogen für ihn zurecht gemacht; sie nahm ihn auf den Rücken, er legte die Pfeile und den Bogen auf ihren Kopf; sie gingen zur Quelle, füllten die Krüge und gingen zurück. Wusu Agha sagte: „Ich spreche sie an im Vertrauen auf Gott." Er ruft: „Khatun Asti, du bist eine zarte Khatun Asti! „Mit dem Schekhal, dem Kahlkopf, gehst du zugrunde. «5 „Mühen auf dich nehmend bist du und kummerbelastet. „Ist es je vorgekommen, daß in jugendlichem Alter dir auf den Hals gekommen ist die Waisenpflege! „Dein Auge ist das Gestirn des Tages, deine Brust der Apfel aus Khonsar, „Dein Wuchs gleiche mir einem Baume im Walde; „Dein Mund gleiche mir der Kaffeetasse, deine Brust gleiche *> mir der Goldkugel. „Feuer ist in mir entfacht; kannst du nicht das Haupt mir zuwenden ? „Was schleppst du diese Waise, den Lump 68 ), auf deinem Nacken umher?" f ) Wörtlich: „anus [eius] in stercorel"



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Ferkh sagte: „Base, der da spricht mit mir und dir." 25 Khatun Asti sagt: „Er fraß Kot vom Kote seines Vaters; der Hund bellt, aber die Karawane zieht weiter." Ferkh sagt: „Bleibe stehen." Da rief ihn Ferkh: „Wusu Agha, ein Held Wusu Agha bist dul „Von weitem bellst du wie der Schäferhund; „Noch läßt du nicht ab von den Verleumdungen und bist von übler Vorbedeutung. 30 „Weißt du denn nicht, daß du von dem Stamme des Bekir aus Mergawer 6 ^ bist? „Warte nur, daß ich in deinen Bauch jage (verloren mache) die Spitze des sechzigfedrigen [Pfeiles]." Wusu Meghani entfloh von dort. Ferkh lachte, sagte: „Base, warum entfloh doch der Päderastensohn?" Niemand wußte, daß Wusu Agha zu den Nachkommen des Bekir gehört, bis es Ferkh offenbarte. Khatun Asti und Ferkh gingen nach 35 Hause zurück, setzten sich nieder bis zum Morgen. Ferkh war eingeschlafen. Khatun Asti nahm die Krüge zur Hand, kam nach der Quelle. Ferkhole erwachte, ergriff Pfeil und den Bogen, ging hinter der Khatun Asti her. Wusu Agha 161 hatte in jener Nacht bis zum Tage nicht geschlafen; er sagte: „Ich muß den Ferkh sehen, seinen Saum anfassen 7°), daß er dieses Wort nicht öffentlich sagt; „Meine Ehre geht sonst dahin in der W e l t „Oder ich müßte sonst hier nicht bleiben, nach dem Gebiete von Basra gehen." Als Ferkh hinter dem Hause des Wusu Agha anlangte, hatte 5 Khatun Asti die Quelle erreicht. Eine Dornenhecke war da, eine Meise (?) mitten in ihr; Ferkh hatte den Wunsch, sie zu töten. Ferkh war damit beschäftigt, Wusu Meghani blickte auf ihn, machte sich schnell auf, kam herab. Ferkhole sah, daß Wusu Agha kam, fürchtete sich sehr. Er [W. A.] kam herzu und nahm ihn in seinen Arm; dem Ferkhole waren beide Augen voll Wasser. Wusu Agha nahm den Ferkhole 10 und trug ihn in sein Haus. Er füllte ihm die Tasche voll

*•) Wörtlich: „um Gott zu gefallen"; in demselben Sinne wird das heute im Neupers. gebraucht.



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Khatun Asti sagt: „Ferkhole, was ist das für ein Zauber, den du da hervorgebracht hast?" Er sagt: „Ich will dem Nordwind sagen, daß er nach Hause zurückgehen soll." Sie sagt: „Es wäre eine Gnade, die du auf meine Schulter legen würdest (gelegt hast); „Es ist spät, die Melkerinnen müssen zu den Schafen gelangen, die Schafe sind noch nicht gemolken worden. „Böses stieß mir zu, meine Mutter ist dort zurückgeblieben." * Ferkh betete wiederum zu Gott; Da beruhigte er [Gott] den Nordwind, sie sind zu den Schafen geeilt, Bis daß sie anlangten bei Schekhal, ihn grüßten. Sie stiegen eilends ab; man trieb die Schafe zum Melken; Dann trafen sie die Vorbereitungen, an jenem Tage sagte »s Khatun Asti: „Schekhal, lebe wohl!" Schekhal sagte: „Khatun Asti; ich bin Agha; deinetwillen bin ich [jetzt] Hirte; „Wenn es nicht um deinetwillen wäre, würde ich deine Brüder nicht [einmal] als meine Diener achten 8 '); „Wegen der Liebe zu dir ist der kurdische Filzmantel auf meine Schulter gekommen, „Die Schlappschuhe der Dom so an meine Füße. 3° „O Gott! willkommen bist du, sehr willkommen!" Als sie nun nach Hause zurückkehrten, Hat Khatun Asti die Hand an den Gürtelschal des Ferkhole gelegt; Sie sagt: „Beinahe werden mir aus Trauer um meine Mutter die Augen blind. „Wenn wir nicht zu meiner Mutter gelangen sollten, ist mir 3s Böses zugestoßen." Ferkh sagt: „Base, stehe davon ab; viel Zorn hat sich mir über sie erhoben. „Ich frage nicht nach mir, daß das Maultier mich mit dem Fuße geschlagen hat; *>) D. h. „ich achte sie zu gering, als daS ich sie zu meinen Dienern haben wollte".



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167 „Der Ärger darüber tötet mich, daß sie meinetwegen dich geschlagen hat. „Wenn du von mir ablässest [zu bitten], so muß sie stets so Stein bleiben (sein), bis daß das Weltgeschick vollendet wird." Khatun Asti sagt: „So geht es nicht, die Achtung von mir und die von dir ist bei meiner Mutter geblieben." 81 ) s Als sie kam, bei ihrer Mutter anlangte, hat Khatun Asti seht geweint. Ferkhole sagte: „Laß' nur, diese Zänkische8?) hat die Stadt Daudie zerstört" Khatun Asti sagt: „Wenn meine Mutter nicht wieder gesund wird, so werden mir blind alle beide Augen. „Wenn wir heim gegangen sein werden, soll mein Väter nicht sagen: Warum hast du die Mutter nicht zurück - ge? bracht?" ,o Ferkh fleht: „O Gott, ewiger! „Diesmal, um meinetwillen, möge sie kommen zum Bewußtsein;" Als er sie mit einem Stöckchen schlug, ward sie zu einer schwarzen Hündin, diese Arme. Als nun der Samum der heißen Gegend sie traf) da kam Brandgeruch^) von ihrem Rücken, so85) weit hatte sie-die Zunge [aus dem Halse] herausgesteckt. 15 Das Maultier schlägt mit . dem Fuße nach-ihr, es reißt ihr aus alle vier Klauenballen. Als sie wieder an das Weichbild der Stadt Daudie gelangten, Sagt sie [Khatun Asti]: „Ferkhole, Gnade! Das ist nicht rechtl „Mein Vater wird fragen: wo ist deine Mutter; wozu ist dieser euer Hund? „Komm, mache sie wieder gesund, um Gottes des Herren willen 1"

*7) Nämlich des abendlichen Gebetsrufes. M) Wörtlich: „Schlauch der Widder".



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„Es möge dich treffen (erreichen) die Pestkrankheit; „ Warum lässest du das Wasser vom Halse dieses Zuckerweibchens herabfließen I „O mein Schlauch, ein törichter Schlauch! „Dein Fleisch haben sie nicht gegessen, weder Ungläubige noch Muselman; 35 „Warum läßt du herabfließen das Wasser auf die treülose Kbatun Asti! — „Wusu Agha, blicke den strahlenden Mond an; da steht an den sieben Stufen der Himmel." Ferkh sagt: „Wusu Agha, was sollen wir tun mit diesem Ramadhan? „Was wir auch tun mögen, es ist leeres Getön, außer dieser Danksagung [an Gott]. 30 „Laß uns die Kunde von der Beendigung des gesegneten Monats geben dem Mam Khalife, daß er es vor allen wisse. „Er ist mein Oheim; nur er befreiet mich stets atis der Not; „Nun wollen wir die Kunde bringen dem Mam Khalife, dem Herren der Stadt" 35 Von dem gesegneten Monat gaben sie ihm Botschaft Als Mam Khalife solches erfuhrt), Sandte er hin, sandte den Pelz und das Fohlen als Ehrengeschenk. Ferkh gab den Pelz dem Wusu Agha, das Fohlen hat er angenommen. 170 Diejenigen, welche das Pferd und den Pelz gebracht hatten, die beschenkte er in edeler Gesinnung, Er sagte: „Saget dem Mam Khalife, mein Geist und Kopf gehört stets nur ihm." In jener Nacht haben sie in der Moschee und dem Derwischkloster Rat gepflogen, Haben zu Gott gebetet, Gebete für den Propheten gesprochen. 5 Am Morgen, als sie das Gebet des Ramadhan vollzogen, ist allen Leuten Brot gegeben worden, Die Söhne des Mam Khalife gingen zu ihrem Vater, standen da; •9) Im kurdischen Text sind die Zeilen 34 und 35 (Seite 169) umzustellen,



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Sie sagen: „Laß uns hingehen und den Ferkhole zurückholen; die Ehre ist uns nicht geblieben, „Er ist im Hause des Wusu Agha, wahrlich (zwischen mir und Gott), er ist ein trefllicher Mann." Mam Khalife sagte: „Wenn ihr nach dem Ferkh ausgehet mit einem Male, „So müfit ihr alle ihm Dienste tun als Qaliandiener; 0 weiter zu tun." Ferkhole sagte: „Verhüte Gott! Ich will die Herrschaft der Stadt Daudie nicht. „Ich habe mich im Hause des Wusu Agha niedergelassen als Diener." Wusu Agha sagt: „Das ziemt mir nicht; ich habe hier an diesem Hab' und Gut keinerlei Anteil [mehr]."^) Ferkh sagt: „Auf keinen Fall komme ich ein zweites Mal wieder »5 in die Stadt Daudie." Dort gingen alle zurück in Mißstimmung. 9°) Als Zeichen der Unterwerfung. 91) D. h. „ich habe all meinen Besitz dem wardigeren Ferkh zu eigen gegeben".



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Ferkh sagt: „Wusu Agha, für mich ist das dorthin Gehen Schande und vom Übel. „Und wenn ich hier ohne Sicherheit sein sollte, so werde ich in das Haus meines Mutterbruders gehen; der ist in der Stadt Scham, kaum gibt es solch' einen Mir, wie er ist." 30 Die Ältesten und die Söhne des Mam Khalife kamen wieder zurück, Sie haben die Nachricht dem Mam Khalife gegeben. Er sagte: „Laßt davon ab, bis die [ersten] sechs [Fastentage] vom [Monat] Schawwal v o r ü b e r g e h e n 9»); „So Gott will, bringe ich ihn zurück an seinen Platz, daß alle darum wissen." 35 Die Söhne des Mam Khalife graben heimlich vor ihrem Vater und Khatun Asti einen Kerker aus; Für die Nacht mieten sie Handwerker um ein Goldstück, daB es niemand merke; 171 Nie lassen sie Ruhe mit den Lehmarbeiten, Bis es wieder Tag wird, die Zeit, daß der Mullab ruft Als sechs [Tage] vom Schawwal dahingegangen waren ganz und gar, Kamen die Söhne des Mam Khalife wiederum daher, 5 Gingen hin, haben Verbeugungen vor Ferkhole gemacht, Haben seine Schuhe auf ihren Kopf gelegt. Ferkh hat dem Wusu Agha einen Blick zugeworfen, Sagte: „Wusu Agha, merkst du nicht, was sich ereignet hat? „Ich muß eben zurückgehen, [aber] es ist eine Falle, die sie mir gelegt haben." 10 Er stand von seinem Platze auf, sie setzten die Schuhe für ihn hin, Ei* ging hinaus, kehrte nach dem Hause seines Oheims zurück. Khatun Asti sah, daß die Schar ihres Vetters und ihrer Brüder daher kam. Khatun Asti wußte nicht, daß der Kerker für ihn bereitet worden sei. 9*) In den ersten sechs Tagen des Schawwal wird auch noch gefastet



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In diesem Augenblicke kam ein Muselman, hat der Asti Kunde davon gegeben. Khatun Asti sagt: „Wehe! Blind mögen mir werden die Augen! 15 „Nach eurem Reden ist er also nur noch so lange [bis jetzt] auf der Welt geblieben." 93) Sie rannte, steckte einen Faden in eine Nadel, holte einen Becher Wassers, warf sie hinein, setzte dies auf seinen Weg nieder. Als Ferkhs Auge darauf fiel, sagte er: „Dies ist die Nadel, mit welcher man mein Leichenhemd näht; dieser Becher ist der Kerker, in den ich hinein komme (falle), darin ich umkomme, und dies ist das Wasser, mit dem man mich waschen =0 wird." Als er solches erblickte, schlug er einen Faustschlag an seinen Mund, das Blut floß herab; er kehrte um. Sie sagten: „Zu dienen, was war dieses Blut?" Er sagte: „Ich weiß es nicht; ich werde gehen, werde meinen Mund waschen." Sie sagten: „Zu dienen, alle diese Leute sind deine Diener; wasche doch deinen Mund im Hause." Er sagte: „Nein; ich bin sehr peinlich, ich muß an den Fluß von Daudie gehen. *s Sitzet ihr hier nieder, ich werde gleich wiederkommen." Als er an ihnen vorüber war, wischte er seinen Mund mit dem Taschentuch ab, rannte zum Hause des Wusu Agha. Wusu Agha sagte: „Zu dienen, was ist vorgefallen?" Ferkh sagt: „Wusu Agha, Lieber! „Sagte ich nicht, daß die Söhne meines Oheims zu mir verräterisch seien? ¿Bringe mir das Fohlen heraus, ich gehe von hier weg; 30 ¿Mit ihnen kann ich nicht auskommen, alle sind sie Obeltäter und Scheitane." Wusu Agha sagt: „Ich gebe (lege nieder) meinen Kopf für deinen, lieber Ferkhole!" Ferkh sagt: „Der Auswegist mir abgeschnitten, lieber Wusu Agha! „Ich muß von hier fort gehen." Das Fohlen des Ferkh holten sie heraus, 35 Um auf es zu tun den erlesenen Sattel. Er setzte den Fuß in den Bügel, schwang sich hinauf, 93) Sinn: „er hat nur noch diesen Augenblick zu leben".



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172 Er sagt: „Wusu Agha, ich werde wieder absteigen, umsonst ist [sonst] diese Reise; „Das Schwert meines Vaters bringt mir heraus; „Das Fohlen führt mir umher nach dieser, nach jener Seite." Wer war es? Ferkhole, der zarte, 5 Das Schwert seines Vaters kam in seine Hand diesmal, Er legte Hand an es, ging nach dem Stalle seines Oheims hinab, Er öffnete die Türe, ging hinein, faßte im Stalle Posto. Zum Stalle kam er, hat die Kniekehlensehnen aller Stuten und Pferde geschlagen; Nicht ein einziges ist unversehrt (in Unversehrtheit) geblieben. 10 Er kam heraus und kehrte nach dem Hause des Wusu Agha zurück, Er setzte den Fuß in den Steigbügel, auf den Sattel schwang er sich ganz und gar, Er sagt: „Wusu Agha; zum Kampfe habe ich für mich und für dich den Grund gelegt." Die Stallknechte und Staltmeister erhoben Geschrei; in Eile Berichteten sie die Kunde dem Mam Khalife und den Söhnen. 15 Die Söhne des Mam Khalife gaben den Heerruf, kamen daher. Als Wusu Agha solches merkte, legte er den Kettenpanzer an und streifte den Schild an den Arm. Er rief alle seine Leute, stand vor den Söhnen des Mam Khalife, M> Er schwor einen Eid beim Worte Gottes: „Wenn ihr gekommen seid, um den Ferkh zu töten, so lasse ich nicht zu daß eines einzigen Kopf [heil] wieder zurückkehrt." Alle sagten sie: „Nein! Wir tun ihm Dienste; er ist ja das Oberhaupt, ist Herr; er hat ja den Schaden sich selbst zugefügt" Ferkh sagte: „Wusu Agha! Dies braucht's nicht, lebewohll" »5 Er schlug dem Fohlen die Bügel ein; aber die Dankesverpflichtung gegen Khatun Asti ruhte noch auf seinem Haupte, ein Vorhang war ihm [dem Fohlen] vor alle beide Augen gezogen. Nachricht wird der Khatun Asti gegeben, man sagt: „Sein Fohlen ward blind, es ist von ihm nirgendwohin der Weg ausfindig gemacht worden."



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Khatun Asti sagte: „Laß', daß man mich töte um den Ferkh." Sie ruft: „O Fohlen, du Fohlen vom Anfang des Jahres94)! 3D „Farbe will ich an deinen Schweif tun; Henna reiben dir in die Stirnhaare und Mähne, „Meine Seele will ich dir geloben, wenn du für mich den Ferkh herausbringst aus der Hand der Feinde, aus dem Winterfutterplatz der Häuser. „O Fohlen, du Fohlen des Häuptlings des Stammes! „Du Leuchte meiner Augen, du Sproß dunkler Grauschimmel, 35 „Meine Seele will ich dir geloben, wenn du für mich den Ferkh herausbringst aus den Klauen der Feinde, aus der Hand der Vettern. „O Fohlen, du berühmtes Fohlen! 173 „Farbe will ich an deinen Schweif tun, in deine Stirnhaare reiben dunkelrote Farbe, „Befreie für mich den Ferkh, daß er nach der Stadt Scham hinabgehen mag." Als Khatun Asti den Hals des Fohlens frei gemacht hat, ging es hinaus in die Welt, Es wandte sein Antlitz nach dem Alpenlande und nach dem 5 Berge Sera[?]; Dort läßt (gibt) ihm der Schnee keinen Weg, Dort kommt das Heer hinter ihm her; Wusu Agha ist immer so mit ihnen, er schwört ihnen einen Eid beim Worte Gottes, Er sagt: „Ihr dürft euch nicht an Ferkh vergreifen; meine Dankespflicht [gegen ihn] wird sonst verletzt. "95) Ferkh ruft dem Schnee: „Schnee des Alpenlandes, ein sehr edler Schnee bist du! „Du wurdest zum Wegelagerer, zum Gewalttäter; du versperrest den Weg dem Muselman und dem Wanderer, 9+) D. h. das im Anfang des Jahres geboren ward. 95) Der Sinn ist: „Ich bin dem Ferkh zu Danke verpflichtet. Wenn ich zulassen wollte, daS ihr ihn tötet, so wird diese Pflicht durch mich verletzt". däct bä zäyä ist = pers. ^ j l i o AJ Oj^yo, fast als Passiv zu ^jSJ? jjjLö.



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„Du lässest nicht zu, daß der Fremdling gelange ins Dorf, daß er ein Quartier aufsuche, damit er vor Durst nicht verschmachte, vor Hunger nicht sterbe." •3 Der Schnee sagt: „Ferkhole, Leuchte meiner Augen! „Ich bin der Hausherr, du bist mein Gast. „Ich bin auf Befehl Gottes, des Lichtes der Augen, „Ich bin der Segen von Erde und den Himmeln; „Und weiter noch als dies: ich bin Lebensunterhalt von allem mit Leben [begabten]; 20 „Außerdem: ich bin Arzenei der Kranken und Bresthaften." Ferkh sagt: „Nun siehe, wie er [der Schnee] mir zum Todesbett geworden ist! „Jeder Kranke, der dich [den Schnee] verlangt, o Gott! dem sollst du werden zu Husten und Seitenstechen, dem sollst du in die Hüften dringen 1 „Jeder Kranke, der durch deine Hilfe (dich) wieder gut wird, soll sich nicht erheben von dieser alten Schlafdeckel" 2$ Als Ferkh wiederum sich umblickte, Ist das Heer der Stadt Daudie dort hinter ihm, Wusu Agha ist voran, das Banner hat er entfaltet Ferkh fleht: „O Herr der Erde und des Himmels! „O Herr! Befreie mich aus dieser Not" 10 Es erbarmte sich seiner der Herr der Erde und des Himmels, Er läßt erdonnern die Wolken, er gebot dem Nordwind, er ließ regnen einen Platzregen. Zwei Stunden lang regnete es unaufhörlich; Hernach erbarmte sich Gott, und die Welt ward wieder hell. Von allen Bergpässen und Bergwiesen erhob sich Wasserschwall. 35 Ferkh hat hinter sich geblickt, Das Heer der Stadt hat [fast] seine Seite erreicht. Er sagt: „Bei Gott! sie werden mich töten, meine Reise wird nicht vollendet; 174 „Khatun Asti, die buntäugige, ist mir dort zurückgeblieben." Der Fluß von Daudie ist angefüllt vom Wasserschwall.



284 —

Dem Ferkh war die Wahl abgeschnitten; er hat seinen Hals in den Fluß von Daudie geworfen^). Ferkh ging in den Fluß, Wusu Agha hat die Hand auf den Koran gelegt; Dreimal schwor er beim Worte Gottes, 5 Er sagt: „Wenn Ferkh in dem Flusse von Daudie ertrinkt, so lasse ich nicht eine einzige Person von euch nach Hause zurückkehren, „Allen schneide ich euch die Köpfe ab, verwüste die Stadt Daudie." Gott hat eine günstige Gelegenheit dem Fohlen des Ferkh gegeben: Es gelangte auf die jenseitige Seite, hat seine Vorderhufe auf 10 die [Ufer-] Mauer gesetzt, [Aber] der Fluß riß es abwärts, es ist ihm keine Kraft geblieben. Da zeigte (gab) ihm Gott eine Rinne 97) im Ufer, es setzte seine Vorderfüße da hinauf, Ferkh hat den Namen Gottes angerufen, Er gab sich einen Schwung, Ferkh gelangte auf das Trockene; einer der Stiefel ist im Steigbügel geblieben; 15 Ferkh ward gerettet, aber das Fohlen riß jenes Wasser fort. Ferkh sagt: „Über den Fluß Murad kam ich hinüber; „Mein Fohlen ist dahin samt dem Sattel, „Samt dem goldgelben (goldenen) Fußstiefel; „Khatun Asti ist nicht hier, daß wir es wieder holen könnten." => Ferkh hatte eine Hose aus Baumwollenstoff an seinen Beinen. Nun war sein einer Fuß nackt; seine Hose war naß geworden, er wickelte sie um seine Schenkel; darüber ward er müde. Ferkh sagt: „Nicht möge dir eine Anhöhe entgegenstehen, auch nicht einen Schritt hoch, „Noch möge auf deiner Schulter sein eine Elle Baumwollenstoff; 9*) F. hatte keine andere Wahl, als sich in den Flufi zu werfen und durch Schwimmen seinen Verfolgern zu entgehen. 97) kälin ist „ein schmaler Einschnitt in ein Steilufer, der ein Hinaufkommen, auf das Ufer ermöglicht".



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„s „Nicht mögest du Geld schulden, niemandem, auch nicht ein Stück Geld." 9«) Ferkh sagt: „Von heute ab traue kein Fremdling dem Flusse von Daudie mehr, „Weder hält er sich selbst für den Wirt, noch fragt er nach Fremdling und Wanderer, 3o „Mir hat er das Roß samt dem goldgelben Fußstiefel geraubt, hat es von dannen (abwärts) getragen für Fische und Krokodile. „Von heute ab traue niemand dem Flusse von Daudie; „Weder fragt er nach dem Gaste, noch hält er sich selbst für den Wirt. „O Gott! Du Fluß von Daudie mögest um meinetwillen von Gottes Zorn getroffen werden, an jenem Tage, da Gott Gericht hält. »Von heute ab traue kein Fremdliug mehr dem Flusse 3S von Daudie! „Weder hält er sich selbst für den Wirt, noch fragt er nach Fremdling und Wanderer. 175 „O Herrl Wegen meines Stöhnens und 'Klagens soll, außer in den drei Frühlingsmonaten, nicht ein Schluck Wassers von dir abwärts fließen. „Was soll ich tun, ich hilfloser I „Eine Wehklage von mir zu Gott, und eine von mir zu dem Allmächtigen I" s Dort senkte sich (regnete) Schlaf auf das Haupt des Ferkhole. Das Fohlen des Ferkh kam aus dem Strome heraus mit einein Male, Um den Ferkhole wußte es nicht, wo er ist; darum weinte es laut. Als der Nordwind kam, brachte er den Geruch des Ferkh dem Fohlen mit einem Male. Als es die Witterung des Ferkh vollständig bekommen hatte, »•) Wenn diese Verse überhaupt hier an der riohtigen Stelle stehen, so können sie nur als eine an. sieh selbst gerichtete Rede des Ferkh, als eine Art Wandersegen aufgefaßt werden.



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Setzte es sich in Galopp, bis dafi es hinging, zu Häupten des >° Ferkh dastand. Es sagte: „Ich werde ihn nicht aufwecken; er ist traurig, weil dort die Stadt Daudie ihm zurückgeblieben ist99); „Er ist bekümmert, weil er von Khatun Asti getrennt ist." Es begann zu weiden, ist dort da gestanden. Ein alter Lastgaul [ist da], krank ist er, einige Jahre ist es her, daß er ausgesetzt worden ist, In der Öde und Wüste hat er geweidet. > m> •°5) Sure 43, Vers 1 2 : Q ^ - Ü U « J L ' S LOJ IOÄ) E s war unmöglich, räsMsA

benannt wird.

Raubvogel ist.

festzustellen,

M

t

Lü J & M ^IÄJ!

was für ein V o g e l mit dem Worte

Nur soviel konnte ich herausbekommen,

E r ist angeblich

„schwarz,

von

der G r ö ß e

hohen, gelben B e i n e n " . •°7) Wörtlich: „in.Klausur ( c « » J . j O ) gebracht h a b t " .

daß

es

eines Staares,

kein mit



289



3s

Der männliche Reschisch hatte nicht gewußt, dafi das eine Auge des Weibchens blind ist Er erhob sich, ging hin, sah zu, um zu erfahren, ob Ferkh recht hat Als er hinging, sah er, es ist so. Auf den Scheitel des Kopfes biß er sie, die Kopfhaut riß er ihr ab, so daß sie zwischen den Augen hing ,o8 ). 177 Das Weibchen ward zornig, machte sich auf, ging davon. Auch das Mannchen ging so weg. Ferkh ward aus diesem Walde befreit, gelangte in bewohnte Gegenden. Eine Unterkunft fand er, dieser arme. Er schickte sich zum Nachtgebet an, Sagte: „O Gott! Was kam nun über sie, über diese armen Reschische! s „Das Weibchen ist voller Wunden, es kann nicht kommen zu ihr Luqman, „Auch Aristoteles ist nicht zu finden an diesem Orte, „Sie sind gegangen io9) in Wüste und Einöde." Ferkh betete zu dem Lichte der Augen: „O Gott! erbarme dich jener Armen! io „Sie geben mir die Schuld; ich schäme mich (ward schamerfüllt) sehr vor diesen Reschischen. „O Herr! Das Licht möge in die Augen kommen; „Ihr Kopf möge heil werden, sie selbst werde wieder jugendlich schön!« Als Ferkh für sie gebetet hat, Ist von. seiten Gottes seine Fürbitte erhört worden. 15 Am folgenden Tage ist das Männchen hinter dem Weibchen her gewandelt, Gelangte zu ihm, entbot ihm Gruß. Das Weibchen war zornig, hat kein'e Antwort gegeben. Es sagte: „Warum hast du gestern solches mir angetan? Böses ist mir zugestoßen." Das Männchen sagte: „Es ist deine Schuld, daß es so gekommen ist so „Sieben Jahre ist es her, daß du meine rechtmäßige Gattin bist; dein Auge ist blind, du hast es mir nicht gezeigt. " 4 ) W ö r t l i c h : „ . . . machte er z w i s c h e n d i e A u g e n " . ">9) W ö r t l i c h : „ S i e n a h m e n v o r «ich Wüste . . . " . |

M a n n , pere.-kurd. Samml. IV. 3. a.



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„Um des Ferkhole willen habe ich dir jetzt Gruß entboten." Sie naih'm ihn [den Gruß] von ihm an, sagte: „Willkommen bist du, sehr willkommen 1" — Für Ferkh ist nun noch übrig geblieben, daß er wieder weiter gehe nach jener Richtung. An jenem, Tage ist er in jenem Dorfe geblieben, Biä daß; zum Heile und in Gesundheit sein Fohlen sich wieder »5 erholte. Am nächsten Tage graute der Morgen, Da betete Ferkhole zu Gott E r sagte: „Ich bin hier in der Wüste und Einöde; Was ist wohl der armen Asti zugestoßen?" — Sein Mutterbruder in der Stadt Scham sah inbetreff seiner einen Traum, Man sagt: Ferkhole kommt )ii6rher, sieben Jahre lang wird er 3» zum Mir von Schäm, außer ihm ist niemand gewaltiger. Als der Oheim diese Worte hörte mit einem Male, Stand er auf, wandelte umher zu allen Ältesten und Weißbärten der Stadt:. „Ist euch irgendein anderer Mir genehm, oder ist er euch- nicht genehm?" Die Ältesten haben ihm Antwort gegeben iri Aufrichtigkeit: 35 „Wenn es auch hundert andere Mir wären; außer dir ist uns keiner genehm." Als am nächsten Tage der Morgen graute, Nahm der Mir einen Keschkul und einen Handstock, 178 Was nur an Wohnungen der Beamten war, zu allen wanderte er; Sie sagten: „Mir; ist es etwas Gutes, was dir so zugestoßen ist?" Er sagte: „Gott möge es zum Guten wenden" 0 ); man sagt, ein Mir kömmt daher." Sie sagten: „Wir wollen keinen Mir; trage nur diesen Kesch- 5 kül und den Wandetfstab wieder nach Hause." Der Mir kehrte auf, die Worte, der Leute wieder zurück, 1I0

) Wörtlich:

„.

. , möge

gute. D i n g e

(ui^c»)

machen".



291



Fünfhundert Goldstücke sind für das Gebürtsfest des Propheten ausgesetzt worden, Welche der Mir von Scham den Armen und Schwachen, gegeben hat. jo Als dies dort [so] geordnet war, Hat sich das Fohlen des Ferkh dort auch erholt, Seine Wunden waren wieder ganz heil geworden, haben Fell angesetzt. Er holte es herbei, sattelte es, betete zum Herren der Welten: „Ich gehe nun nach der Stadt. Söham in das Haus meines is Oheims; was. ist wohl der armen ,Khatun. Asti zugestoßen?" Als er sich nun auf den Weg machte, nach der Stadt Scham hinabzog,. Machte ihm die Hitze des Sommers zu. schaffen, Ihm und seinem Fohlen schwand die Kraft, 111 ) Er sagte: „O Herr der Welt, wehet ¿Wüste- ist [hier], einsam und verlassen." Da kam, was an Rebhühnern, der. Alpen war; alles- hernieder, um Ferkh zu dienen; Von dieser Seite, von jener Seite flogen sie..durcheinander, erv hoben ihr Geschrei. Das Fohlen des Ferkh fand keinen Wäg hinaus;. ihretwegen konnte es auf der Erde, nicht treten : (keine Arbeit tun): äs Ferkh sagt: „Es ist . Frühling, wie sind sie im Flüge! „Meine Sänger der . Berge sind die Rebhühner, „Sie kommen auch, fallen vor das Roß des Ferkh: , „Zur Frühlingszeit,; wie sah ich .sie im. Flügel „Als Zigeuner, der Berge, sah ich die Rebhühner. 3° „Ihr Rebhühner des Alpenlandes, ihr.seid sehr, edel, „(Xfiottl nächtliche Jagd 'soll man. auf. euch machen, imNetz euch fangen, „In die Käfige, der.Zigeuner euch tun,. Darf um Dorf wegeq euch umherziehen, um einen Kran .euph. kaufen, " ' ) Wörtlich: „ward die Selbstbestimmung (jLaäs»!) "abgeschnitten».

19*



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„Nie mögen die Schlächter das Messer von eurem Halse fernhalten. „Weshalb versperrt ihr dem Fohlen des elternlosen Ferkh den Weg? „Ihr laßt nicht zu, daß man ins Dorf gelange, daß man vor 35 Durst nicht verschmachte, vor Hunger nicht sterbe! „O Herr! Ihr sollt [von nun an] immer nur einen Flug tun, [dann] in den Schnee fallen, die Jäger sollen euch fangen!" Als Ferkh diese Worte redete und sprach, 179 Kehrte alles, was an Rebhühnern [da] war, geradenwegs um. Ferkh ritt im Galopp weiter, zog der Stadt Scham zu. Ferkh weinte in dieser Einöde, der arme, Sagte: „Niemand ist [hier], mit dem ich reden könnte. s „Ich gehe nun, werde im Hause meines Oheims Gast. „[Aber] mein Oheim, glaube ich, wird mich nicht zum Herren [von Scham] machen, „Ich werde {ihm] Feind werden und Fremder. „Ich weiß nicht, wie viele Nächte und Tage der Weg nach der Stadt Scham beträgt""*) Wer war es? Ferkh, der zarte, i» Mit seinem Fohlen kam er herab, Es begegneten ihm Karawanen und Wanderer, -Er erkundigte sich nach dem Wege nach der Stadt Scham. Sie sagten: „Du armes Kind, bedauernswertes! „Wo ist die Stadt Scham von hier aus! «s „Wo willst du mit dem Wege zu Ende kommen u 3) mit diesem Fohlen; das kann ja die Tagereisen nicht zurücklegen." Ferkh sagte: „Ich werde schon hingelangen, mit der Erlaubnis Gottes und des Propheten." — Sein Oheim in der Stadt Scham vernahm die Kunde, Im Traum hat man es ihm gesagt. Er sagt: „Es darf niemand in dieser Stadt aufgenommen werden »> als Gast; „Ein Jahr lang von heute ab wird in dieser Stadt kein Gast empfangen." "«•) Wörtlich: »der Weg nach Scham, einer von wieviel Nichten . . . er ist". "3) Wörtlich: „herausgehen [aus dem Wege]".



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Der Mir gab diesen Befehl und Anordnung in der $tadt. Er denkt, Ferkh wird in seines Oheims Haus kommen in Betrübnis. Ferkh war an jenem Tage bekümmert; er sagt: „Was soll ich 's tun? Wehe, mir landfremdem! Khatun Asti ist zurückgeblieben; Tränen kommen ihr ins Auge; sie weint allein um mich in Jammer. „Was soll ich tun, weder zu Fuß kann ich zu ihr gelangen, noch zu Pferde; „In den Gassen stirbt sie in Kummer." Ferkh kam geradenwegs hinab nach Scham, 30 Er sagte: „Fohlen, gehe, diese Gedanken passen nicht her. „Laß uns zur Stadt Scham gehen, uns dort niederlassen, „Laß uns sehen, wann die Gnade vom Throne Gottes für uns herabkommt." Der Mir von Scham sagt: „Was soll ich tun, um mir den Grund zur Bekümmernis hinwegzunehmen ? „Gehet hin, schreibt mir die Einwohner der Stadt Scham alle 35 auf, ich werde allen Tageslohn und Gehalt geben, „Ein jeder soll sich seines Ranges und seiner Stellung bewußt sein; mein Reichtum wird [ja hierdurch] nicht verringert infolge der Gnade des Sultan. 180 „Aber ich lasse nicht zu (bin nicht zufrieden), daß. irgend jemand jemanden als Gast aufnehme." Die Vertrauten gingen hinaus allesamt, Von der Stadt Scham sind alle Quartiere aufgeschrieben worden, Schreiber setzte man nieder, die Namen der Leute vollständig aufzuzeichnen, 5 Alle Leute haben sie aufgeschrieben. Der Mir sagt: „Morgen ist Jagd." Fünfhundert Reiter brachten sie zusammen, Alle Hetzhunde und Rüden sind an die Leinen gelegt worden« Der Jagd auf Gazellen gingen sie nach, alle zerstreuten sich voneinander. 10 Sie sahen, ein einzelner Reiter kam daher; Ein kurzschwänziges Fohlen ist dabei, ein unerwachsenes Kind reitet auf ihm, du möchtest sagen: es ist ein Bild, das da gemalt worden ist

-

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Nachricht haben sie dem Mir von Scham gebracht. Er sagte: „Bringt her, ich will ihn sehen mit allen beiden Augen." Es gingen zu ihm Boten und Gesandte, 15 Sie sagen: „Der Mir verlangt nach dir." Er sagt: „Ich bin landfremd; der Mir bedarf meiner nicht; „Ich gehe nach der Stadt Scham als Gast" Sie sagen: „Mache dich auf, daS wir zu ihm gehen, Söhnchen; der Mir von Scham ist sehr angesehen." Er sagt: „Und wenn er noch angesehener wäre, ich brauche «> ihn nicht" Als sie mit Ferkh gesprochen hatten (sprachen), Kamen sie zurück zum Mir, sagen: „Was wir auch anstellen mögen, dies Kind kommt nicht zu dir." Der Mir sagt: „Gebet ihm den Befehl, sagt: komme nicht in die Stadt Scham, gehe nach einer anderen Seite I" Ferkh sagte: „Ich bin landfremd; „Ich komme in die Stadt, werde im Hause eines anderen Gast. „Der Mir fürchtet sich wohl, er meint: der kommt, trinkt mir das Wasser und isset mir das Brot weg!" Diese Rede unterbreitete man dem Mir und berichtete sie; Da ließ man ausrufen, das ganze Heer ward versammelt, 30 Auf dieser Seite, auf jener Seite des Weges war die Straße von Soldaten besetzt. Ferkh kam daher, Mit allen beiden Händen bot er jenen Leuten Gruß. Es war Befehl des Mir: niemand hat ihm Antwort gegeben. Dem Ferkh brannte der Bauch für sich sehr, dem Armen, 35 Er sagt: „Ich habe einen Oheim, der mich zu einem Fremden sich gegenüber gemacht hat." Zum zweiten Male grüßte er sie alle, Sagte iür sich: „Mit dir sei Friede, o Menge der Unsichtbaren!" 181 Ferkh empfing [so] seinen eigenen Gegengruß"4). Es war Befehl des Mir; auch er kehrte für sich mit dem Heere nach Hause zurück. Ferkh hat seine Zügel losgelassen, > h ) ' D . Ü.' d a ' n i e m a n d Grufi beantworten.

seinen ' G r u f l

erwiderte,

mußte

et selbst

seinen



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-

s Er ist durch diese Straßen und Gassen gewandelt. Da war eine Zufluchtshütte der Scheikh; er ging, blieb dort halten. Sie nahmen ihm die Zügel ab und ließen ihn absteigen. Der Ausrufer des Mir ging durch die Stadt, er sagte: „Wer nur immer diesen beherbergt, wisse, der wird ausgeplündert (ist ausgeplündert worden)." 10 Die Ausrufer fanden ihn auf, haben die Nachricht zum Mir gebracht, Sie sagten: „Zu dienen, er ist da in der Hütte der Scheikh abgestiegen; „Aber unsere Macht reichte dazu nicht aus, ihn zu vertreiben; die Wohnung der Scheikh ist sehr erhaben und vollkommen." Der Mir sagte: „Setzt für mich meine (diese) Schuhe nieder, is „Ich habe Befehl gegeben, niemand solle diesen Gast aufnehmen; „Ich will zur Hütte der Scheikh gehen, mit ihnen zwei Worte reden." Der Mir kam daher, Gelangte zum Diwan der Scheikh, entbot ihnen den Gruß. Die Scheikh sagten: „Mir, willkommen bist du, zurück von dieser Jagd! oo „Mir, was hast du heute gesehen, Wieviel Gazellen hast du heimgebracht?" Er sagt: „Meine heutige Jagd, o Scheikh, ward nicht vollendet" Man brachte die Wasserpfeife für den Mir, er hat eine Pfeife geraucht. Der Mir sagte: „Wer ist jener kleine Knabe; — er ist [hier] Gast —, der von jener Seite her kam? Die Scheikh sagten: „Mir, was kümmert dich dieses Kind?" «s Der Mir sagte: „O Kind, du fremdes! „Wenn man dich Rätsel fragt, „Verstehst du Antworten zurückzugeben?" Als der Mir diese Worte vollendete, Hat Ferkhole fiir sich Antwort gegeben; 30 Er sagte: „Das ist eine günstige Gelegenheit; bei Gott, der da aufrecht ist"



2p6



Der Mir sagte zu den Dienern: „Gehet hin, da ist Ahmed der Blinde; bringt ihn her; „Damit er mit diesem Kinde zwei Worte rede. „Wenn es nicht Antwort zu geben weiß, vertreibe ich es von hier." Sie holten Ahmed den Blinden her; 35 Sie sagten: „Ahmed, sprich mit jenem Knaben; sieh' zu, ob es ein tüchtiges Kind ist, ob er zu reden versteht" Ahmed der Blinde sagt: „Ich schwöre bei dem, der da über 182 unserem (dem) Kopfe istl „Ein Tier wird vorgefunden, „Für den Bettler und den König macht es keinen Unterschied, „Man verbrennt es mit Feuer." Ferkh sagt: „O Ahmed, du Blinder, du Tori 5 „Ihr denkt (bei euch ist es so), daß der Fremde ein Tier sei. „Ich bin hier niedergesessen in der Versammlung dieser Scheikh, „Es ist Schande für mich, dieses zu sagen. „Das i6t am Körper der Menschen, das ist durch den Befehl der Leuchte der Augen, „Bei ihm ist kein Unterschied zwischen König und Bettlern, » „O Tori Das ist die Laus; sie tötet man mit den Händen." Ahmed der Blinde sagte: „Pfui"5) auf mich! Da kommt eine verlotterte Waise daher, der Mir von Scham muß mich mit ihm anführen (ehrlos machen)." Ahmed der Blinde ärgerte sich, machte sich auf, ging weg. Der Mir sagte: „Gehet hin, holt den Mullah Hasan her; gebt ihm viel [Geld]; er soll 15 kommen, soll durch listige Worte den da iiir mich hinausweisen." Mullah Hasan kam. Man wies ihm den Platz an; er setzte sich nieder. Er bewillkommnete diesen kleinen Knaben. Mullah Hasan sagt: „Liebes Kind! „Es ist etwas ohne Zunge (Sprache?), „Auf der Erde ist sein Leben, „Es ist in den Händen der Knechte [Gottes]. so „Es wird zu Lichtern, „Es wächst an diesem Orte, >•5) Onomatopoetisch fttr das Spucken.



2 97



„Du möchtest sagen, es sei die Blume des Nisan" 6 ). „Fröhlichkeit kommt (wird) durch sie zu den Menschen (diesen) „Durch den Befehl der Leuchte der Augen, „Man nimmt es mit den Händen, „Als Geschenk trägt man es zu Königen, „Gegengeschenke geben dann jene." Ferkh sagt: „Mullah Hasan, du bist von dort hergekommen, 3» „Ich bin ein landfremdes Kind, bringe mich nicht in Zorn! „Dieser dein Kopf und Schnurrbart sei im Arsche eines Esels I „Das weißt du nicht? Es ist die kleine Frühmelone 1 Sie wird rot an ihren Ranken." Mullah Hasan griff nach seinem Mantel, ging weg. Der Mir hieß den Mullah Hasan umkehren. Mullah Hasan sagte heimlich: „Zu dienen, so geht es nicht Gehet hin, füllet 35 einen Topf mit Rosinen und Nüssen und Datteln und Mannah; bringt ihn her, setzt ihn hier nieder, leget auch Brot hin für die Gesellschaft117). Wenn er weiß (wußte), was darin ist, so ist er entweder ein Scheikh oder ein Scheitan; wenn er nicht weiß, was es ist, so werde ich ihn um seines Vaters willen 183 verständig machen, werfe ihn aus dieser Stadt hinaus." Man brachte einen solchen Topf, setzte ihn in der Versammlung nieder, auch Brot brachte man, legte es in der Versiunmlung nieder; Alle warteten, niemand aß Brot. Mullah Hasan sagte; „Weshalb findet kein Brotessen statt?" Ferkh sagte: „Ich bin fremd; wenn ich rede, so ist es unschicklich. 5 „Mullah Hasan suchte an mir einen Vorwand, „Absichtlich fragte er: Warum esset ihr nicht Brot? „Es ist dieses: er hat die Absicht, mich zu fragen, was dies ist. „Wenn es den Scheikh nicht unangenehm sein sollte, so werde ich ihm die Antwort in Aufrichtigkeit geben." 10 Die Scheikh erlaubten es dem Ferkh aus Daudie. Ferkh sagt: „Mullah Hasan, ob wir fünf sind, ob wir sechs sind, „Wir sind dem Bilal dem Aethiopier Anvertraute, „Wir sind alle Sklaven des schwarzen Topfes; >rf) Der erste Frühlingsmonat "7) Ferkh soll glauben, es sei das FrflhstOck, das da aufgetragen wird; er soll also in dem Topfe saure Milch oder Ähnliches vermuten.



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„Kommt, laßt uns die Rosinen und Nüsse unter einander verteilen. „Wir wollen sie verteilen in Eile. >5 „Mullah Hasan, du bist ärgerlich auf den Gast. „Nun esset leichthändig das Brot, „Der Mir mit dem Mullah wird schon selbst wissen [ob er essen soll oder nicht]." Der Mir und Mullah Hasan standen auf, machten sich auf, gingen weg. Der Mir sagte: „Mullah Hasan, komm, laß uns hierher gehen, 30 „Wir wollen sehen, wie unsere Angelegenheit wird mit jenem Fremdling und den Scheikh." Sie gingen, setzten sich selbander nieder, Tausend Beratungen haben sie gemacht, Keinen Vorteil hatten sie davon. Der Mir und der Mullah sagten: „Was sollen wir tun in aller 25 Welt? „In betreff dieses Scheikhs und Fremdlings kommt uns kein Ausweg." Die Stadt Scham hatte drei Tage lang keinen Herrscher. In Aufruhr war das gewaltige Scham, Auf kam ihm Vagabundentum, Streit entstand wegen der Weiber, 30 8 Die Hälfte von ihnen [den Häusern] ward zu Kaffeehäusern" ). Die Ältesten und die Weißbärte unter ihnen Wandten ihr Antlitz zu dem Diwan der Scheikh: „Zu dienen, am Ende wird (ward) Scham verwüstet, „Ohne König können wir nicht leben "9) ; 35 „Warum ist denn der Mir von hier nicht sichtbar?" Die Scheikh schickten zum Mir: „Warum ist sie [die Stadt] ohne Regierung; was ist der Grund 184 davon?" Der Mir sagte: „Väterchen, ich habe keine Macht mehr; „Suchet euch einen anderen Mir." "») Vielleicht , ist aber gemeint. »9) Wörtlich: „wird uhs nicht Lebensmöglichkeit (...I A i ) " .



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Die Nachricht kam zurück zu dem Scheikh. s Der Scheikh sagte: „Was ist das Ratsamste für uns?" So sprach ein anderer, — Das ist ein Scheikh ohne Tadel —: „Darüber beklaget euch nicht! „Jetzt ist es zwei Monate her, daß kein Mir da ist;

Den Mullah holten sie herbei, Korane holten sie von jener Seite her, Für vierzig Nächte haben sie das Abkommen getroffen, Die Khatun Asti haben sie beim Koran schwören lassen, Vorbereitungen sind für sie getroffen worden, •s Das Heer ist fiir sie ausgerüstet worden, Die Soldaten sind in Reihen aufgestellt worden, Herrlich ist das Banner für sie aufgezogen worden. Auf die Stunde [pünktlich] sind sie da gestanden. Als man die Trompeten geblasen hat, » Sagte sie: „Lebetwohl!" Nach Scham ist sie auf den Weg gebracht worden. Die Majestät des Ghaus kam daher, Jener, ein vollkommener Bote, Die Erde ist für sie zusammengezogen worden; ?s So in Eile ist sie gereist. In sieben Tagen vollendete sie [die Reise]; Wie viele Soldaten sind zurückgeblieben! Die Reiter sind zersprengt worden. Ein Tag kam zu Ende (zum Sonnenuntergang), 30 Da hat sie in der Nähe von Scham das Zelt aufgeschlagen, Nachricht ist dem Ferkh gegeben worden. Wieviel Botenlohn gab Ferkh! „Das Licht der Welt ist mir angezündet worden." Als Ferkh solches erfährt, Bringt er Gott seinen Dank dar, 35 Das Heer ward in Reihen gestellt. Von dort blickt er in die Weite hinaus, Er sagt: „Wo ist denn nun Khatun Asti?" 190 Khatun Asti, die buntäugige, Vorbereitungen sind für sie getroffen worden, Sie wußte nicht, daß dies die Stadt Scham sei, wo sie das Zelt aufgeschlagen hat. Die Wegführer holte sie von dort, s Sie sagte: „Werde ich morgen nach Scham gelangen gegen Sonnenuntergang?"



3°7

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Alle haben es bejaht [Aber] alle diese Leute haben sich getäuscht. Als das Gebet der Nacht beendet war, Ist der Schlafruf angestimmt worden. Ferkh ging als Dieb dorthin, Mitten im Heere ist er umhergewandelt. Ein jeder ist müde, keiner ist aufgewacht. Zur Khatun Asti kam er daher. •5 An ihrem Zelte entbot er den Gruß; Niemand hat ihm Antwort gegeben. Er legte Hand an die Decke, hat sie empor gehoben, Da ist der Wächter daher gekommen, Flugs ist dieser Dieb ergriffen worden, ao Khatun Asti hat sich aus dem Schlafe erhoben, Sie sagte: „Was ist das gewesen, was ist vorgefallen?" Sie sagten: „O Asti, buntäugige! „Ein Dieb, der Päderastensohn, kam daher, „Hat den Zipfel deiner Decke emporgehoben." 35 Khatun Asti schreit laut auf, Weckt das gesamte Heer, Sie ruft, die Häscher weckt sie auf; Sie sagt: „Ihr müßt ihn soviel schlagen, bis daß du ihn tötest." Sie schlugen ihn so viel, es ist ihm kein Ausweg; 30 Das Bewußtsein schwand (die Zunge brach) ihm, dem Verlassenen, Da er ein Dieb ist, ist keine Fürbitte für ihn da. Man sucht, keine Kette ist da; Die Locken an ihrem Nacken drehte zusammen Asti, Hände und Füße band man ihm fest 35 Ferkh sagt: „Jetzt sterbe ich vor Freude. „Bruder, jener Gesandte, woher ist er? „Der da gekommen ist aus der Stadt Daudie. 191 „O Bote, was soll dir Scham?" Als solches vernahm Khatun Asti, Sagte sie: „Alle beide Augen sind mir blind geworden! „Das ist ja Ferkh aus Daudie. s „Ich bin ja zu ihm hergekommen; „Nun ist er zu dem furchtbaren Diebe geworden 1" 20*

— 308 — Hände und Füße banden sie ihm los mit einem Male. Neunundzwanzig Tage saßen sie beieinander; es ist keine Frage und Antwort Il9). Da sagte sie: „Ich habe den Eid geschworen mit einem Male; „Wenn ich nicht zurückgehe, so wird mich das Wort Gottes « fassen 1 ? 0 ); „Gott wird mich töten, ich habe keinen Ausweg." Ferkhole weinte sehr. Am nächsten Morgen trafen sie Vorbereitungen, Die Büchsenschützen ordneten sie in Reihen, [Und] alle arabischen Reiter. 15 Ferkhole, Staub ist auf seinem Haupte, Scham hat keinen Platz fiir Fremdlinge, Auf den Weg brachte er Khatun Asti; Auch er hinter ihr her als Bote'3 1 ). Als vierzig Nächte vollendet wurden, «> Langte Khatun Asti nicht an; Schekhal erwartet sie 13z). Zu seiner Schwiegermutter beklagte er sich: „Warum ist nun Asti nicht zu sehen?" Auf ihr Haupt kam nun Krankheit, So kam sie zurück nach der Stadt Daudie, So krank war sie, daß ihr Befinden sehr schlecht war'33). Eine Woche lang kann sie nicht sprechen. Da kamen die Engel Gottes aus dem Jenseits, Hatten von ihr die Seele genommen. 3» Es erhob sich ein Trauertanz und Wehklagen; Ihre Mutter ging um sich zu färben>34). Soviele Mullah und Sofi und Kadhi Hatten Khatun Asti emporgehoben, '3>) Soll wohl bedeuten: in Eile. '3*) Wörtlich: „ist Auge auf ihren Weg". >33) Wortlich: „Sie hat kein Befinden". Vgl. das pers. p ^ t j ü als Antwort „mir geht es sehr schlecht" auf die Frage nach dem Befinden. *H) Wörtlich: „ging zur Farbe", d. h. um sich die Kleider schwarz zu färben.



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35 Sie trugen sie zum Grabe, Überantworteten sie der Erde. Außer Gott ist niemand! — 192 Die Sache wird in Gott zu Ende, Die Leute kehrten nach Hause zurück, Haben Kondolationen gesprochen. Bis daß eine Woche zu Ende war, 5 Sind Vorbereitungen getroffen worden: „Leichenschmaus und Ausschmückung (?) macht für sie; sie ist so jung. U l 35)

Als die Woche zu Ende war, Kam Ferkhole zurück von jener Seite, Da hat eine Herde gestanden. io Langsam ging er dahin, Sagt: „O Rinderhirte, was ist in der Stadt Daudie vorgefallen?" Sie sagen: „Erfuhrst du es nicht, Ohm Weißbart, der du von jener Seite gekommen bist? „Heute ist es sieben Tage, daß Khatun Asti nicht mehr am Leben ist. „Gehe hin, iß' den Leichenschmaus zu Ende." Er sagt: „O Hirte, gehe, packe dichl Dein täglich Brot soll reiten, du selbst sollst zu Fufie gehen, nie mögest du es einholen ! U l 3 6 ) Ferkh machte sich auf, ging nach der Stadt Daudie. Ferkh ging in das Haus eines alten Weibes"; sie sagte: „Komm, sitze in meinem Hause nieder; ich gehe hin,, hole den Leichenschmaus der Khatun Asti; iß' auch du, auch ich werde essen. Diesen Brötteig hier beföchele [inzwischen], damit die Fliegen sich nicht auf ihn setzen." Ferkh klagt: 20 „Wehe mir Armen, Beklagenswerten! „Sieben Jahre lang habe ich in der Stadt Scham die Mirherrschaft ausgeübt; „Nun ist mein Lebenszweck dahin gekommen, daß ich den Brotteig befächele." >35) Es scheint mir fraglich, ob dieser Vers hierhergehört. Mirza Dschewad faßte ihn als von den Mullahs gesprochen auf. Die Übersetzung von sändat ist sehr unsicher; es liegt wohl das arab. \n*jüuf> vor. Häufig gebrauchter Fluch.



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Ferkh ging dorthin; Das Brot vom Leichenschmaus hat man dem Ferkh gegeben, Er tat es auf den Kopf des Schekhal'37); Schekhal legte die Hand an den Dolch, sagte: „Ich töte ihn." Er [Ferkh] entfloh nach dem Friedhofe, sie folgten ihm dorthin, Als er an das Grab der Khatun Asti gelangte, hat er mit der Hand ihren Leichenstein umfaßt Ferkhole sagt: „O Gott! Weder Hochmut gib, noch Geduld, „Leben gibst du, Leben nimmst du! 3° „Entweder erwecke für mich Khatun Asti wieder zum Leben, „Oder laß auch mich bei ihrem Grabstein sterben." So viel auch betete Ferkh der Bejammernswerte, Keine Antwort kam von ihr, von Khatun Asti der jung-schönen. Vom Throne Gottes kam herab der Engel, 3s Die Seele nahmen sie von ihm, von jenem Bejammernswerten. Zu ihm her kamen alle diese Verwandten, Schön wuschen ihn die Seyyid und Mullah, 193 Neben der Khatun Asti ward für ihn das Grab: So wurde Ferkh bei Khatun Asti Gast — Das Erbarmen Gottes den Zuhörern! Verflucht sei der Teufel, Gelingen möge geben die Leuchte der Augen! VII. Mahmal und Braim, die Ebenenbewohner. Mahmal, von den Bewohnern der Ebene, war in der Höhle von Beschua 1 ); es war das Sommerquartier seines Vaters und Großvaters; er besaß viele Herden. Jeden Tag brachte er 10 den täglichen Vorrat [an Milch, Butter, Käse etc.] auf den Bazar, verkaufte ihn. Er hatte viele Freunde (Brüder) in der •37) Um zu zeigen, daß ei dem Sch. die Schuld an dem Tode der Asti beimesse. *) däshti ist ein häufig vorkommender Beiname, „Bewohner der Ebene" im Gegensatz zu kÜistäni „Bewohner des Alpenlandes". Beschua ist eine Ortlichkeit in Lahidschan.



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StadtTschelian. Er sagte zu seinen Freunden: „Sieh' zu, suche für mich einen Diener; ich bin allein, nichts kann von mir ausgerichtet werden." Eines Tages kam ein Mann in den Bazar, ging zu dem Laden, (welchem) wo Mahmal den Auftrag gegeben hatte; [der Ladenbesitzer] sagte: „Mein Väterchen, möchtest du nicht •s Dienst tun?" Er sagte: „Ja bei Gott." Er sagte: „Dann mußt du zu Mahmal, von den Bewohnern der Ebene, gehen; der will einen Diener." Er sagte: „Ich weiß nicht, wo er ist." Da schickte er einen Lehrburschen mit; der brachte ihn aus der Stadt hinaus, wies ihm den Weg. Er ging nach dem Hause des Mahmal. Mahmal kam zum Bazar; auf dem Wege trafen sie einander. Er sagte: „Wer bist du?" Er sagte: „Ich »o bin Mahmal Deschtian." Er sagte: „Bruder Mahmal! Gott verlieh Gutes; ich wollte in dein Haus kommen; nun bin ich hier auf dich getroffen. Wenn wir einig werden (wurden), werde ich in dein Haus gehen; wenn wir nicht einig werden, werde ich umkehren." Er sagte: „Mein Väterchen, wie ist dein Name?" Er sagte: „Mein Name ist Braim, dein Diener." Er sagte: „Mache mit mir die Festsetzung des Lohnes; wir müssen werden wie (zu) Brüder derselben Mutter und desselben Vaters." Er sagte: „So lange ich dein Diener bin, sind wir Brüder; wenn ich aus deinem Dienste hinausgegangen sein 25 sollte, sind wir ein jeder der Sohn unserer eigenen Väter." Er sagte: „Wen kennst du?" Er sagte: „Ich kenne niemanden." Er sagte: „Wie ist der Name deines Vaters?" Er sagte: „Mein Vater ist früh gestorben; ich habe von niemandem erfahren, wie der Name meines Vaters ist" Er sagte: „Wie soll ich dir vertrauen?" Er sagte: „Seit der Zeit, da ich so groß*) war, habe ich hundert Toman verdient; diese hundert Toman werde ich bei dir niederlegen, unter der Bedingung, 30 daß ich, bis daß meine Verpflichtung zu Ende geht, den Lohn (die Zinsen davon??) von dir entnehme; wenn du zu mir gut gewesen bist, und ich auch für dich gut gewesen bin, so lege ich mein Geld wieder bei dir an, werde von neuem dein Diener." — Hernach machte Mahmal den Braim zu seinem *) Von einer entsprechenden Geste begleitet zu denken.



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älteren Bruder3), ließ ihn vor sich nach dem Hause gehen. Sie kamen zu ihrer (d. h. des Mahmal) Mutter, entboten ihrer Mutter den Gruß; er [Mahmal] sagte: „Mutter, das ist hier mein älterer Bruder." Sie sagte: „Sohn, wenn er dein Bruder ist, so ist er mein Sohn." Sie legte ihre Brust an seinen [des Braim] Mund; er erkannte sie als seine eigene Mutter an. 194 Sein ganzes Anwesen übergab er [Mahmal] dem Braim. Braim besorgte die ganze Leitung seines Anwesens, drei Jahre lang. Mahmal redete gar nichts darein in diesen drei Jahren. Braim sagte: „Brüder, kaum gibt es einen besseren Bruder als er [M.] ist: ratsam ist dieses, dafi ich jetzt eine Frau für Mahmal hole./ Dann wird auch die Arbeitslast (Qual) unserer Mutter geringer, 5 unsere Arbeit ist mit einem Male viel." Er rief: „Mahmal; morgen früh komme zu den Schafen; ich habe Arbeit flir dich." Mahmal nahm beim Morgengrauen den Hirtenstodc zur Hand, ging zu Braim. Braim übergab sechzig bis siebenzig Stück (Köpfe) Widder und Hammel dem Mahmal, sagte: „Füjire sie weg, verkaufe dies; ich will sehen, daß ich eine Frau /für dich hole; auch unserer Mutter Arbeitslast ist groß, sie n^Öge ausruhen." Mahmal trieb die Herde Schlachtvieh zum I^azar >o von Tschelian. Er gelangte an den Rand der Stadt; da fiberlegte er, sagte [bei sich]: „Der Bruder hat mir ja den Preis davon nicht gesagt; vielleicht mag ich sie [die Herde] zu billig geben, daß er ärgerlich darüber wird, und sagt: Er hat meinen Rang als älterer nicht beachtet." Er übergab dort die Herde einem Manne, ging selbst im Galopp zurück zu Braim. Er sagte zu Braim: „Du hast den Preis des Viehes nicht gesagt; bitte, sage den Preis; wenn es [deinen Preis] bringt 15 (machte), gebe ich es weg; wenn es ihn nicht bringt, bringe ich dir dein Vieh wieder." Braim sagte: „So sollte es immer in der Welt gehen; bravo Bruder!" Braim sagte [weiter]: „Bruder, verkaufe (gib) alle zusammen das Stück (das einzelne) für vier Real." Mahmal kehrte im Galopp zurück; er gelangte an seine Herde, trieb sie zum Bazar. — Khatun Perikhan war die Tochter des Mir Zorabkhan; sie war Gouverneur der Stadt Tschelian. Er selbst war alt geworden, «> 3) D. h. er ordnete sich ihm unter.



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hatte die Herrschaft in die Hand der Khatun Perikhan gelegt. Hasan Beg war der Sohn des Mir Zorabkhan; er war [noch] klein. Khatun Perikhan hatte viel Verlangen nach Männern; ein jeder, der auf der Straße vorübergegangen sein mochte, nach dem faßte Khatun Perikhan Verlangen; Khatun Perikhan sagte: „Komm, liebe mich!" Wenn jener dann nicht ein35 willigte, sagte Khatun Perikhan: „Laß mich ihn verbrennen, daß er es nicht etwa den Leuten erzähle, meine Ehre verloren ginge." Sie ließ den Mann ergreifen; steckte ihn mitten in eine Schilfmatte, goß Petroleum daran, verbrannte ihn. Sie hatte eine Dienerin; alle Morgen mußte sie gehen, frisches Wasser für Khatun Perikhan zu holen, daß sie damit die Augen wasche. Als nun die Magd nach der Karawanserai ging, sah sie, ein Viehhändler ist dort, der seine Herde ver30 kauft. Die Magd verliebte sich in diesen Viehverkäufer, sie konnte nicht zu dem Brunnen gehen, konnte nicht zurückkehren, bis die Zeit einer Stunde verfloß. Da ging sie eilends hin, füllte den Krug, kam zurück. Als Khatun Perikhan vom Schlafe sich erhob, sagte sie: „Wo ist jene Magd?" Die anderen Mägde sagten: „Wir wissen es nicht; diese Hure ist gegangen, Hurerei zu treiben." Viel [Zeit] verging nicht, da kam die Magd zurück. Khatun Perikhan sagte: „Holt sowohl 35 den Henker, als auch das Seil holt; ich werde sie aufhängen (seilen), ich werde sie erwürgen." Sie sagte: „Zu dienen; rufe mich hinauf, ich will dir etwas sagen; [hernach] ist es dein Belieben, wenn du mich erwürgen willst." Sie sagte: „Komm herauf." Sie sagte: „Zu dienen; ich nahm den Krug, ging 195 zum Brunnen, alle die Leute im Bazar wissen darum; ob du mich tötest, ob du mir den Kopf abschneidest, ich werde meine eigene Schande erzählen; ein Viehverkäufer ist im Bazar, er ist so schön, du möchtest sagen, es ist Jusuf von Ägypten. Als mein Auge auf ihn fiel, ward ich vor Sehnsucht nach ihm verrückt; ich konnte nicht wiederkommen, ich konnte nicht zum Brunnen gehen, mein Fuß war gefesselt (ging in die s Fessel), eine Stunde lang. Nach einer Stui\de ging ich eilends hin, füllte den Krug, kam zurück. Mein Zustand und meine Aufführung ist diese; nun hast du die Entscheidung." Sie



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sagte: „Bringt diese hier fort, werft sie ins Gefängnis; ruft die Häscher." Die Häscher kamen. Khatun Perikhan sagte: „Gehet hin, deijenige Viehverkäufer, der in den Bazar gekommen ist, der hat dieses [Vieh] für mich gebracht; ich will es kaufen, es zu Almosen verwenden. Es ist so (dieses), daß man ihm im Bazar je einen Schahi mehr geboten (gegeben) hat, als den • [von mir gebotenen] Preis, deshalb verkauft er es. Gehet hin, wer immer von ihm gekauft hat, dem gebt das Geld wieder, nehmt ihm jene Lämmer und Hämmel wieder ab. Jenen Viehverkäufer mitsamt seiner Herde bringt mir hierher." Die Häscher rannten hin, gaben dem Viehverkäufer den Befehl, sie sagten: „Was du nur verkauft hast, dafür mußt du das Geld wiedergeben, deine Lämmer und Hämmel wieder nehmen." Er sagte: „Was soll ich schließlich tun; die Leute werden es 15 mir nicht zurückgeben." Er sagte: „Junge; es ist Befehl der Khatun Perikhan; wer nur immer es nicht wiedergegeben haben sollte, dessen Vater werden wir herausbringen "•). Sie nahmen alles zurück, trieben die Herde, brachten sie. Khatun Perikhan wusch sich die Augen, machte ihre Wangen schön, färbte die Augen, öffnete ihren Busen, lehnte sich aus dem Fenster. Mahmal fürchtete sich sehr, sagte: „Heute wird sie mich verbrennen." Mahmal kam daher; Khatun Perikhan er- » blickte ihn, ward in ihn verliebt; aus Verlangen nach ihm war sie nahe daran, verrückt zu werden. Mahmal verbeugte sich vor ihr, sie rief: „Viehhändler, verkaufst du es?" Er sagte: „Ja, zu dienen." Sie sagte: „Zusammen für wieviel, alle auf einmal?" Er sagte: „Alle zusammen das Stück zu vier Real." Wenn er gesagt haben würde: zehn Real, so hätte sie auch von ihm gekauft. Man zählte die Herde, legte Rechnung ab, 25 übergab sie den Dienern. Sie sagte: „Bringe diese [Herde] weg, laß sie weiden vierzig Nächte lang; der Monatslohn soll zehn Kran sein; deine Ausgaben sollen der Khatun Perikhan zu Lasten sein; sie wird diese zu Almosen verwenden, so Gott will." Sie sagte: „Bringt etwas her, breitet es für ihn 4) seil, aus dem Grabe. Vielgebrauchtes Schimpfwort, gleich dem persischen: £,Lys j O ^CJjiXj, etwas schwächer als ^ J ^ M M H (vgl.



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aus" 5). Sie machten Höflichkeiten6), hießen ihn sich setzen.Khatun Perikhan fragte ihn: „Wie ist dein Name?" Er sagte: „Mahmal 30 Deshtian, dein Diener." Er sagte: „Zu dienen, gib mir das Geld für meine Herde; ich möchte entlassen werden." Sie rief dem Türhüter, sagte: „Bringe den Mahmal herauf, daß ich ihm das Geld gebe." Dann sagte sie: „Türhüter, weise alle weg7), niemand soll hier bleiben!" Als Mahmal die Treppen hinauf kam, wurde Khatun Perikhan, als sie ihn erblickte, so in ihn verliebt, daß ihr der Nabel entfiel8). Sie sagte: „Komm 35 herein." Er kam herein, verbeugte sich. Sie ließ ihn neben sich setzen, sagte: „Mahmal Deschtian, ich bin nicht der Henker, daß ich alle Tage einen Mann in die Schilfwand stecke und ihn verbrenne. Ich spreche [zu ihnen] von meinem Herzen, sie 196 willfahren mir nicht, und deshalb verfahre ich mit jenen Leuten so; wirst du nach meinem Worte tun oder nicht?" Er sagte: „Zu dienen, sprich! Daß ich wisse, was du sagst." Sie sagte: „Mahmal; ich habe große Zuneigung zu dir gefaßt; was sagst du?" Er sagte: „Zu dienen, aus Verlangen nach dir ist mir meine Leber vernichtet worden; aber ich wage es nicht zu 5 sagen." Da schlang sie ihren Arm um den Hals des Mahmal, preßte ihren Mund auf seinen Mund, sie trieben viel Kurzweil. Sie machten es einander gut9); bis zum Morgen war er bei ihr. — Braim blickte immerfort auf den Weg 10 ); er sagte: „Mahmal kommt (kam) nicht" Bis zum Sonnenaufgang schlief Braim nicht aus Sehnsucht nach Mahmal. Am Morgen besorgte Khatun Perikhan eine königliche Ausrüstung für Mahmal, entließ ihn unter der .0 Verabredung, in zwei Tagen [wiederzukommen]. Mahmal 5) Sie sitzt im Fenster des Obergeschosses; er steht unten iip Hofe. Sie läßt nun für ihn einen Teppich ausbreiten, damit er sich setzen kann. 6 ) „Zeremonien, Umstände mit jemandem machen", d. h. sie sagten zu ihm: be/ärmu däntshä „bitte, setze dich". 7) Das persische: OjJLs», das ja auch stets die Aufforderung an die Anwesenden enthält, sich zurückzuziehen und den betreffenden allein zu lassen. *) Vielleicht Bezeichnung des Orgasmus? Sonst sagt man: nluki ki&t von jemandem, der „sich verhoben" hat; also etwa vom Eintreten eines Bruchschadens. 9) Wörtlich: „schlug gut"; im obszönen Sinne. Ich bitte den Text zu ändern in khishi Ii dä; khoth ist Adverb, t das Subjektspronomen zu Ii dä. " ) Wörtlich: „war das Auge auf den Weg".



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kehrte nach Hause zurück. Braim sagte: „Bruder, warum kamst du so spät?" Die Sachen, die er von Khatun Perikhan gebracht hat, hat er allesamt vor Braim Deschtian niedergelegt; er schämte sich 11 ), es dem Braim zu sagen; er erzählte alles seiner Mutter, und diese kam zu Braim, sagte es ihm. Braim sagte: „Bruder, du mußt morgen wieder hingehen; das ist ein gottloses Weib, daß sie nicht etwa bereue. Ein Teufel tut 15 [eben] Teufeleien; daß sie uns nicht verbrenne, diese Gottlose. Was ich dir sagen werde, du gehe hin und sage solches zu ihr; habe keine Furcht vor ihr." Braim bereitete der Herrscherin würdige Geschenke für Khatun Perikhan vor, machte sich auf, brachte den Mahmal auf den Weg. Als Mahmal kam und wiederkehrte, Hat er die Geschenke und Angebinde des Braim vor Khatun Perikhan niedergelegt, Khatun Perikhan lachte, sagte: „Willkommen bist du, sehr willkommen; das ist wohl Geschenk und Angebinde von deiner Herde, das du da für mich gebracht hast?" Kaka Mahmal sagte: „Khatun Perikhan, Adleräugige! „Das ist das Geschenk des Braim Deschtian, das er für dich hergesendet hat." Khatun Perikhan ist sehr froh geworden, 25 Sie sagt: „Willkommen bist du, sehr willkommen, herrlicher Jüngling! „Wie hast du es über dich gebracht, und es dem Braim Deschtian erzählt?" Mahmal sagt: „Khatun Perikhan, mit den hanftrunkenen Augen! „Wenn ich die Sache mit dir nicht erzählt hätte dem Bruder Braim, „So würde ich vor dir mich schämen, und auch vor ihm würde 30 es mir zur Schande gereichen. „Braim läßt dir solches sagen; — „ — Ich bin nur der Bote; keine Schuld habe ich hierin. — „Bruder Braim hat zu mir gesagt: „Ich kann nicht zum Mir gehen, daß wir sie als Weib erbitten; " ) Wörtlich: „es kam aus seinem Antlitz nicht empor".

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müssen von hier fortgehen, in ein anderes Land gehen. „Khatun Perikhan muß mir ein Schreiben senden, heimlich vor dem Mir der Stadt [folgenden Inhaltes]: „Ich machte ihm [dem 'Braim] die Höhle von Beschua so zum Geschenk. 197 „Meine [des Braim] Schafe und mein Besitz ist in Abhängigkeit von ihr [der Perikhan], ich selbst werde zu ihrem Herdenverwalter mit einem Male. „Wenn sie sagt: Ich traue ihm nicht; so mag sie es mir wieder abnehmen, es einem anderen geben. „Wir haben keinen [anderen] Ausweg; wir müssen aus dieser Stadt fliehen in eine andere Stadt." s Khatun Perikhan sagte: „Braim ist ein vollkommener Mensch, in keinem der Reiche gibt es einen solchen Mann. „[Aber] mein Vater ist so sehr mächtig; wir müßten denn bis mitten unter die Russen gehen. „Heute nacht mußt du hier Gast sein; ich werde Vorbereitungen treffen [zur Flucht] für die nächste (andere) Woche." In jener Nacht kehrte Mahmal von dort nicht zurück, I» Bis zum Morgen machten sie ihr Vergnügen und ihre Lust vollständig. Am Morgen entließ sie ihn (machte ihn auf den Weg); er kehrte nach Hause zurück. Er kam zu Braim; erzählte ihm alle diese Begebenheiten. Braim sagt: „Willkommen bist du, sehr willkommen, trefflicher Jüngling! „Laßt sie meinen Kopf abschneiden, wenn nur deine Absicht und dein Vorhaben erfüllt wird." — 15 Am nächsten Tage ward es Frühstückszeit, Da erhob sich aus dem Schlafe Khatun Perikhan. Sie ruft den Pferdeknechten und Stallmeistern: „Welches von deinen Reittieren ist edel, tadellos, daß der Mensch ihm Vertrauen schenke?" Der Stallmeister sagt: „Zu dienen, da habe ich tadellose [Tiere] ohne Fehl;

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Mütter sind von den Prachtstuten 11 ) von Germian." *> Sie sagte: „Geh', bringe sie her, ich will sie sehen, will sie zeichnen." Der Stallmeister rannte in Eile, Ein Paar edle Tiere, untadelige, hat er gebracht, Vor der Khatun Perikhan hielt er sie an, sie sah alle beide an. Er führte sie nach dem Stalle zurück. »5 Sie schickte hin, hat den Goldschmied holen lassen: „Daß er mir Geschirr und Halfter fertig mache." Sie setzte ihn [an die Arbeit] mit Herz und Seele, Daß er für sie zurecht mache türkischen [Pferde-] Schmuck. „Holt den Zimmermann, den zarten, 30 „Daß er mir anfertige das Sattelgestell aus gemasertem Holz '3), „Damit ich ausrüsten kann das edle Roß, das sehr geeignet ist «4). „Gehet und zögert nicht, holt mir den Sattlermeister her. „Die Satteldecke, die seidengestickte, macht für mich zurecht. „Gehet, stehet hier nicht länger, 35 „Holt mir den Schmied her in Güte, „Daß er mir anfertige Steigbügel, rot ziselierte, Gebiß und Zügel aus Hawize'5) mit Perlen besetzt „Gehet, zögert nicht länger, 198 „Gehet, holt mir Schwertfeger her, „Daß sie mir das ägyptische Schwert verzieren; „Bringt mir die erlesene Wurfkeule her, „Befestigt sie an den Riemen. 5 „Befestigt sie mit einem Male; „Geht für mich in die Straßen der Stadt, » Ihre

" ) M. Dschewad erklärt: „anisä war der Name der Geliebten des Imrulqais; im Kurdischen wird jetzt das Wort zur Bezeichnung einer hervorragenden Stute gebraucht". Ob nicht eher der Name des bekannten, in der syrischen WUste nomadisierenden Araberstammes hier gemeint ist? Die Aneze zUchten weithin berühmte Pferde. >3) jcgfhär ist vom Stahl der Schwerter und Dolche gesagt, die Damaszierung; hier beim Holze, die Maserung gewisser Holzarten, die der Kurde sehr schätzt '4) Sä kär = pers. J ^ S U d jS &J i j u j ^ - . •5) Hawize in Khuzistan.



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„Kauft Kettenpanzer, davidische, „Schilde mit sieben Knäufen." To Als sie diese Vorkehrungen getroffen hat, Schickte sie nach dem Stallmeister; Der Stallmeister kam daher, Er führte das edle Roß ihr vor Augen. Es ist vor ihr gesattelt worden, is [Der Sattel] ihm auf den Rücken gelegt worden; Sehr gut sind die Riemen festgezogen worden. Als man das Geschirr daher brachte, Als das Roß damit geschmückt worden ist, Haben sie jene Pferde getummelt. 20 Gute Rüstungen sind veranstaltet, Den davidischen Kettenpanzer haben sie gebracht, Er ward dem Stallmeister übergeben; Sie hat ihn selbst an ihre Schultern angezogen, Er hat ihr bis an den Hals gereicht, »s Den siebenknaufigen Schild hat man gebracht Als die Schnüre an ihrem Halse befestigt worden sind, Ist er mitten zwischen ihren Schultern gelegen. Sie sagte: „Wieviel habt ihr für diesen Panzer gegeben?" Sie sagten: „Zu dienen, ein Preis ist auf ihn nicht festgesetzt worden; 3° „Was du für ihn gibst, ist angenommen." Bravo über die Rüstungen, die gemacht worden sind! Dem Mahmal Deschtian hat sie Nachricht geschickt; Mahmal ging zu Braim: „Bruder, Khatun Perikhan hat nach mir gesendet; ich weiß nicht, was sie will." 35 Braim hat so zu Mahmal gesprochen: „Gehe zu Khatun Perikhan; sieh' zu, was sie will." Mahmal traf seine Vorbereitungen mit einem Male. 199 Als Mahmal mit seinen Vorbereitungen fertig war, Kam er daher und entbot der Khatun Perikhan den Gruß, Er sagte: „Ich weiß nicht: wir müßten gerade zu den Russen gehen; sonst haben wir nirgendwo Rettung 16 )." Wörtlich: „sonst ist uns nirgendwo ein Ausweg gemacht worden".



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Sie rief den Stallmeistern: 5 „Sattelt jene Pferde, bringt sie hierher. „Heute reitet auf ihnen zur Jagd; als Zeugen (zur Zeugenschaft) gebe ich euch diesen Hirten mit. „Gehet, sehet zu, welches von ihnen tüchtig ist, von diesen Pferden; „Ob sie den Nutzen haben, daß ein Mensch sie besteige am Tage der Not" Sie stiegen auf in Eile, 10 Wandten das Antlitz nach der unbebauten Flur und der Wüste, Die Rüden und Hunde nahmen sie mit, tummelten sich in Freiheit, Den Hasen, aus dem warmen Nest, griffen sie, brachten ihn zurück zu Khatun Perikhan, Legten ihn vor sie nieder; sie sagte: „Du bist das Licht aller [meiner] beiden Augen. „Nun gehe, lade deine Habe auf, auf nach Schar Weran1?)." 15 Als Mahmal diese Rede hörte von Khatun Perikhan, Sagte er: „Bei Gott! Man wird uns den Kopf abschneiden in der Ecke des Kampffeldes." Er kam zurück zu Braim, sagt: „Bruder, nun sind wir geraten in die Tage der Not; „Nicht geht zurück der Befehl der Khatun Perikhan. „Es ist ein harter und gewaltiger Befehl, 10 „Wir müssen eben von hier aufbrechen, „Wir müssen gehen zu den Russen, sonst unter den Kurden ist uns das Leben nicht möglich." Mit Braim war die Rede zu Ende, Die Mutter des Mahmal hat sehr geweint, Sie sagt: „Kinderl Böses ist mir zugestoßen; „Kind Mahmal, du mögest von Gottes Zorn getroffen werden; was geht dich die Tochter des Mir Zorabkhan an?" Er sagte: „Mutter, was soll ich tun; die Willensbestimmung ist mir aus den Händen genommen I" Sie luden ihre Habe auf, die Höhle von Beschua ist verlassen worden. •7) Distrikt östlich von Soudschbulaq, mit d«n ausgedehnten Ruinen einer großen Stadt.



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Eine Nacht und einen Tag eilten sie davon, danach kehrte Mahmal um. 3» Dieser Mahmal, der schnellfüßige, Er sagte: „Ich gehe nicht, Bruder Braim, Lieberl „Unser Kopf geht hierbei (hierin) verloren, sehr unruhestiftend ist jene Khatun Perikhan." Braim sagte: „Das Wort der Männer darf nicht gebrochen werden. „Ich habe verlassen meine Heimaterde und den Wohnsitz; 35 „Gehe, hole mir Khatun Perikhan hierher. „Bis die Welt untergeht (zerstört wird), wird man von uns diese Geschichte erzählen. „Ich lasse meine Hand nicht davon, weil [etwa] Mir Zorabkhan der Mir von Tschelian ist." 200 Dies Gespräch vollendeten sie mit einem Male, Den Mahmal schickte er wieder nach der Stadt zurück. Er wandte das Antlitz der Stadt zu, zu Khatun Perikhan, Verbeugte sich, man rief ihn in das Obergemach, 5 Man hieB ihn niedersitzen im Empfangszimmer. Khatun Perikhan sagte: „Wo ist der Älteste dieser Stadt? „Ruft meine Diener mir hierher. „Ich gebe ihnen allen einen Eid auf bei meinem Haupte oder beim Koran: „Ich habe die Absicht, auf Reisen zu geben; daß nicht etwa Mir Zorabkhan davon erfahre! 10 „Hundert Leuten werde ich den Bauch aufschlitzen im Diwan"l8)» Als sie diese Angelegenheit in Ordnung gebracht hat, Kam die Nacht heran, und der Nacht-(Gebets-)Ruf ist erhoben worden; Zwei Satteltaschen füllte sie in ihrem Hause voll Gold und Eschrefi,' Die edlen Pferde hat man aus dem Stalle herausgeholt, •s Zusammen stiegen beide auf, haben die Steigbügel eingeschlagen, Die Stadt Tschelian ist dort verlassen worden. Als sie von der Höhle von Beschua aufbrachen, wußte es niemand, l8

) D. h. „wenn jemand dem Mir etwas davon sagt". Mann, pers.-kurd. Samml. IV. 3.2.

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Daß ihr Haushalt (Stamm) nach Schar Weran aufbrach. Sieben Tage lang wußte niemand von dem Verbleibe (der Spur) der Khatun Perikhan, Aufgehoben ward Gerechtigkeit und Gericht. » Es war nahe daran, daß die Stadt Tschelian verwüstet wurde, Niemand war da, der die Regierung ausgeübt hätte. Auf der einen Seite entstand Hausplünderei, auf der anderen Seite entstand Aufruhr; Die ganze Stadt Tschelian ward Vagabundenheim. Die Leute sagen: „Nun ist es genug, dafi wir einander anstarren; 25 „Laßt uns eine Nachricht an Mir Zorabkhan gelangen lassen." Die Leute rannten in Eile, Gingen stracks zu Mir Zorabkhan: „Du bist ein Khan, ein unzuverlässiger, „Du weißt nichts vom Zustand der Stadt. 3° „Die Stadt ward mit einem Male schwierig; „Auf kam in ihr Vagabundentum, „Niemand ist da, der die Regierung führe; „Nicht zu finden ist jene Khatun Perikhan." Als Mir Zorabkhan solches erfahrt, 3s Sagt er: „Wo sind meine Wekile und Wezire?" Er schickte nach den Wekilen und Weziren: „Kommt, gebet mir Rat; 201 „Man sagt, die Stadt sei mir verwüstet. „Beratet mich vollkommen, „Sehet zu, was in meiner Stadt sich zugetragen hat. „Sicherlich ist Perikhan nicht mehr am Leben. 5 „Nun sehet zu, was der Grund ist, „Weshalb diese Stadt verwaist ist" Als der Mir diese Worte beendete, Hat er den Pelz um die Schultern geworfen, Mit einem Male eilig ward sein Schritt; >° Die Pelzunterjacke ist zurückgeblieben. Er sagte: „O Gott! Was ist vorgefallen?" An der Türe des Diwan ist er gestanden, Sagte: „Geht, holt den Türhüter her." Einige Häscher sind [dort] gestanden, >s

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Haben sich vor dem Mir verbeugt Er sagte: „Türhüter, du bist ja ein zuverlässiger Diener vollkommen ! „Warum ist so der Diwan aufgehoben worden, „Die Stadt mir das Oberste zu unterst gekehrt? „Du Päderastensohn, ich lasse dir alle beide Augen ausreißen; „Sicherlich ist Perikhan nicht mehr am Leben. „Warum hast du mir nichts berichtet? „Mache die Türe des Torwegs offen!" Der Türhüter hat folgendermaßen Antwort gegeben: „Zu dienen; es ist dir nicht erlaubt, dorthin zu gehen. „Es ist dir nicht erlaubt, daß du einen Schritt weiter gehst. „Khatun Perikhan ist Gouverneur der Stadt „Was soll ich tun? Es ist ihr Befehl" Der Mir sagte: „Päderastensohn, wenn sie so mächtig ist, weshalb ist denn meine Stadt [jetzt] ohne Ordnung?" 3» Er sagte: „Zu dienen; was soll ich tun? In meiner Hand ist keine Macht. „Heute nacht ist es sieben Nächte her, daß die Khatun nicht zu Hause ist." Als der Mir diese Rede zu Ende hörte, Ist ein Pfeil in seine Leber geschossen worden, Er sagt: „Etwas Gewaltiges hat sich ereignet 1 3s „Wie sehr ward meine Ehre in den Schmutz gezogen (zerstreut)! „Ich habe die Macht in die Hand der Tochter gelegt" *9) Sieben Nächte und Tage ununterbrochen 202 Hat man . so viele Schreiber niedergesetzt, So viele Briefe sind geschrieben worden, Nach den Städten versendet worden, Alle Personen sind gezählt forden: 5 Ihre Wohnplätze und Verhältnisse10) sind alle in Ordnung. •9) Im kurdischen Text bitte ich den Druckfehler mäwa in n&wa zu verbessern. " ) Ich vermute, dafi das Wort jihät hier lediglich des gleichen Anlautes ~wegen mit ji verbunden worden ist; Alliterationen sind ja in den. Epen nicht selten. Keine der Bedeutungen des arab. o läßt sich für den Zusammenhang hier zurechtbiegen; das Wort kommt sonst in der Bedeutung „Grund/ Ursache" vor.

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Nur die beiden Hirten aus der Höhle von Beschua sind nicht [an ihrem Platze] geblieben. Da sagt der Mir: „Zum anderen Male wehe mir Unglücklichem ! „Mit Bauern ist mir dies passiert!" Er selbst hielt nun Diwan ab; So viele Diener sind [bei ihm] gestanden, t° Bis daß die Zeit eines Jahres vollendet ward. — Vollendet ward ihnen das Jahr, Da erhebt sich Streit zwischen Mahmal und Braim Deschtian. Mahmal sagt: „Ich mag hier nicht länger mich halten lassen, „Ich will zurückgehen nach der Höhle von Beschua, dem is Wohnsitze meines Vaters und Großvaters." Bruder Braim weint; Er sagt: „Wir sind zwei arme Bauern, „Mir Zorabkhan ist König der Stadt. „Wir können ihm nicht gegenübertreten, „Ich habe nicht die Macht in der Hand, 30 „Sonst würde ich den Mahmal töten." 11 ) Mahmal sagte: „Bruder Braim, Lieberl „Die Höhle von Beschua ist der Wohnsitz meines Vaters und Großvaters; „Ich werde mich nicht länger hier festhalten lassen. „Ich will mich nicht länger festhalten lassen am Ort der Trübsal, ¡¡s „Ich werde zurückgehen zum Mir, werde ihm viel Schätze der Welt bieten." Braim sagte: „Hundesohn! Wie schwatzt er zu mir! „Hat der Mir etwa Schätze nötig? „Wartet er etwa auf Geld und Gut? „Du Päderastensohn; durch die Rüden und Hunde läßt er uns 3» erwürgen; „Khatun Perikhan bleibt verlassen zurück." Als Mahmal diese Worte gehört hat, Löste er das Amuletbüchlein von seinem Arme, Schwur einen Eid bei dem Wesen des Herren: " ) Weil Mahmal so törichtes beabsichtigt.

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35 „Über heute nacht hinaus ist meines Bleibens nicht12), „Bis daß ich gehe nach der Höhle von Beschua mit einem Male; „Für andere Leute werde ich sie nicht frei machen. 203 „Von vielen sterben viele, von wenigen wenigem). „Wenn der Mir nicht feindlich mir entgegentritt1*), werde ich ihn reich machen an Schätzen der Welt. „Und was er außerdem noch will25), will ich sehen." s In dieser Nacht bis zum Morgen weint immerfort Braim; Er sagt: „Mein Kopf ist verloren, mit einem Male; „Mahmal ging mir dahin, was bleibt mir zu tun?" Als am nächsten Tage die Sonne ihren festen Stand erreicht hat, Stieg Bruder Mahmal zu Pferde: io Er sagt: „Khatun Perikhan, zarte! „Laß uns nach Tschelian hinabziehen." Bruder Braim hat sehr geweint, Er begab (warf) sich zu den Ältesten und Weißbärten; sie gingen hin, machten den Mahmal Deschtian umkehren, is Er [Br.] brachte ihn, an diesem Tage hat er mit ihm das Abkommen festgesetzt: Braim sagt: „Morgen, Bruder, "werden Drir unsere Habe aufpacken, nach jener Richtung zurückgehen." Als am nächsten Tage das Frührot erschienen ist, Sandte er hin, hat all' sein Hab und Gut geholt, 3° Packte auf, langsam ist er von dannen gezogen, Bis daß die Nacht ihn überfiel, da nahm er wieder Quartier, bis am nächsten Tage es Tag wurde. Braim sagte: „Mahmal und Perikhani Kommt, laßt' utis mit einander ein Abkommen treffen. »5 „Mir Zorabkhan ist ein gewaltiger Mann; wir haben gegen ihn das Schwert gezogen; „Wir gehen [jetzt] nach der Höhle von Beschua; der Todesengel hat uns dorthin geführt." " ) Wort für Wort ins Persische Ubersetzt: 11* -II *|¥|A } *3) Sprichwort. »*) Wörtlich: „nicht Feindschaft mit mir macht". »5) Wörtlich: „was seine Rede ist".

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32s „Laßt uns überlegen und beratschlagen. „Morgen laßt uns zu Pferde steigen, wir wollen hingehen und den Mahmal und Braim Deschtian vor unsere Schwerter bringen." >*) Wörtlich: „er macht schön Q j J v j j " . Es ist gemeint, daß er sehr viele Leute kommen läfit, und so die Beratung besönders prachtvoll aussehen l&flt. a 7) y j l j „Leutnant".



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Hasan Beg ist der Sohn des Mir, er sagt: „Vater, dieser Ratgeber ist ein sehr guter Ratgeber, *> „Mit dem Munde ist er zum Munde redend; [aber auch] im Herzen ist er zu uns ohne Falsch; „Diesen Rat und Vorschlag, welchen dieser Offizier uns macht, „Kann wohl ein Vater seinem eigenen Sohne nicht geben."**) Der Mir sagt: „Ich will also einen Reiter auf einem Fuchs, „Der soll hingehen, soll dort sich festsetzen, 25 „Soll erkundigen, wo die Schafe des Mahmal und Braim sind." Wer war es? Der Reiter auf dem Keheilan-Fuchs, Überall vorbei ging er in Rennen und Galoppieren, Bis daß er gelangte zu den Schafen des Mahmal und Braim. Er sagte: „Mögest du nicht ermüdet sein, mit Reichtum [gesegnet] sein, o Hirtel 30 „Ich bin Freund, bin kein Fremder. „Welche unter diesen allen sind die Schafe des Mahmal und des Braim?" Bruder Braim sagt: „o Reiterl Bei Gotte schwöre ich, bei dem Herren! „Bei Muhammed schwöre ich, bei dem Propheten! „Jenen Mahmal und Braim Deschtian, nach denen du fragst, 3s „Habe ich nicht gesehen, nicht kennen gelernt; gehe, erkundige dich bei einem anderen." Der Reiter sagt: „Mahmal (?), weshalb bist du so verrückt, so unverständig? „Gib mir ein halbjähriges Lamm und ein einjähriges, Geldbuße und Widder, 205 „So werde ich zurückgehen zu Mir Zorabkhan, „Ich werde sagen: Du bist ein Mir, ein vertrauenswürdiger, „Gottlob bist du Herr des Diwans, „Achtung genießest du beim SultanI 5 „Du hast mich geschickt in Eile, „Ich erfuhr über die Schafe des Mahmal und Braim Deschtian keinen Bescheid." »*) D. h. so gut ist der Rat.



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Was Braim war, der befand sich vor den Schafen; der Reiter unterredete sich mit ihm. Mahmal befand sich mitten unter den Schafen; die Schafe hatten geboren, er gab den jungen Böcken die erste Milch, da hat er dem Reiter geantwortet. Mahmal sagt: „Der Reiter hat Unsinn gesprochen, „Heute gibt es kein Bußgeld geben bei den Menschen. „Ich werde den Kopf des Reiters schlagen in den Bauch der Frau des Mir Zorabkhan." Mahmal sagt: „O Reiter, Mahmal Deschtian, das bin ich! „Besitzer von zwölf Widdern und sieben Ziegenböcken mit Seidenhaaren bin ich*9), „Bei dem Koran! Solange ich so fühle, im Besitze dieser >s [jetzigen] Kraft bin, vor diesem Eselskot aus Tschelian fliehe ich nicht und reiße nicht aus. „Reiter! Mahmal Deschtian bin ich, ich selbst! „Besitzer von z wölf Widdern und sieben .gehörnten. Ziegenböcken, „Solange ich im Besitze dieser Kraft bin, gehe ich nicht von dannen vor den Helden und dem Mir dieser Stadt. „Wenn du fragst: dies ist meine Rede. „Wenn der Mir dich fragt (fragte): wenn es nicht wegen der Antwort an den Mir wäre, 3°) würde ich dich von den Schultern ab [anfangend] schinden!" Als der Reiter solches gehört hat, Hat er den Rücken dem Mahmal Deschtian gewendet. Er geht vor den Mir, Schnell ritt dieser Bote; Ihm hatte er die Nachricht gegeben, Er sagt: „Mir, wenn du nicht viel Truppen hast, so gibt es kein Siegdavontragen über ihn." — Braim sagt zu dem tapferen Mahmal: 30 „Du hast mir [schon] soviel [im Leben] verdorben, »9) Zu den zwölf Widdern und den sieben Ziegenböcken gehören natürlich eine sehr große Zahl von Schafen und Ziegen, so dafi diese Zahlen tatsächlich einen großen Viehreichtum bedeuten. 3°) „Wenn ich dich nicht am Leben lassen müßte, damit du dem Mir meine Antwort überbringst"



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„Nun kehrte auch noch der Reiter in Zorn um. „Er wird zum Mir gehen, „Wird berichten mit einem Male; 35 „Der Mir hat dann eine Versammlung berufen, „Und da ist außer von meinem und deinem Kopfe von nichts weiter die Rede." Mahmal sagt: „Braim, sicher ist der Mir ein trefflicher Mann; 206 „Mit dem Munde ist er zum Munde redend, im Herzen ist er zu uns ohne Falsch; „Wenn ich mit meinem eigenen Ohre auf mich höre, so wird der Mir mir und dir dicht drohen." Braim sagt: „Bruder Mahmal, warum bist du so töricht? „Laß deine Schafe umkehren nach dem felsigen Gebirge, s „Wir wollen allein entfliehen, mögen die Köpfe der Schafe im Arsche des Vaters ihrer Besitzer sein! „Uns ist ein Kampf nicht möglich31) mit einem Büffel wie Mir Zorabkhan. „Du hast dich ja selbst in diesem Augenblicke als töricht und dumm .bewiesen^ „Gegenüber dem Diener des Scheitan; „Jetzt bist du der Feind des Mir von Tscbelian, io „Man wird uns töten, niemand bemerkt es. „Bringe deine Schafe zurück um die Frühstückszeit, „Richte dein Denken auf den Strahl des Tagesgestirnes, wende dein Antlitz nach dem Strahl der Sonne 3*,), „Heute kommt Mir Zorabkhan voller Feindschaft auf die jagd nach meinem und deinem Kopf, „Ein Mann ist der, der von dem Kampfplatze nicht entflieht." 5 Mahmal sagt: „Braim! Bei Gott! Gießt doch Petroleum auf das Haus des Mir Zorabkhan! „Finstere Gedanken fielen in das Herz des Mahmal. „Heute tötete ich von den Reitern aus Tschelian sechs oder sieben!" Braim sagt: „Bruder Mahmal! Sieh' von dir ab, „Der Mir ist über uns gekommen um des Besitzes und der Schafe willen, „Mir ist nur noch einer übrig, um mit dir gerade zu machen diesen Kreis 33)." Was Braim war, tötete sechs; Mahmal hatte .sieben getötet. Da sagte der Mir: „Noch habe ich mit ihnen nicht gekämpft, und schon töteten sie dreizehn Reiter von mir. Mahmal ist G e b i r g s b e w o h n e r 3 4 ) , ist arglos; ich will ihm einen Vers zu»s rufen, er solle herabkommen, hundert Reiter werde ich auf seinen Weg schicken, ihn zu töten. Wessen Sohn getötet ward, wessen Vater getötet ward, wessen Bruder getötet ward, diese mögen [zu mir] zurückkommen, ich werde ihnen viel Ehrenkleider und Geldgeschenke geben." Der Mir sagt: 33) Hierzu gab Mirza Dschewad eine sehr anschauliche Erklärung der Phrase. ' 8rM Man denke sich einen Faden in Kreisfonn gelegt: (7*) Braim sagt nun:

„Ich

AB habe einen weniger als du getötet; also das die Zahl meiner Opfer darstellende Ende A—Br ist kurzer als das deine B—M. Wenn man jetzt bei dem Punkte Br den Faden gerade (rds) ziehen wollte, würde der Faden nicht gerade werden. Ich mufl also noch einen töten, um meine Rechnung auf den Punkt M zu bringen, um „von dir aus gerade machen zu können diesen Kreis". 3t) So Mirza Dschewad; einfacher wohl: „M. befindet sich hoch oben auf dem Beige".



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„O Mahmal, Bruder Mahmal, Lieber! „Das wird ja kein Kampf der Männer. „Wirf du'dort Pfeil und Bogen fort, 3° „Lege die Hand an den Damascenerdolch, „Komm herab, kämpfe mit diesen. „Bruder Mahmal, ich halte diese Künste für keine Kunst; „Wirf du dort deinen Pfeil und Bogen fort, „Komm, mache das Kampfspiel vor dem Mir mit dem Dolche." 35 Als Mahmal diese Rede vollständig hörte, Hat er seinen Pfeil und Bogen fortgeworfen, Mitten in die Truppen hinein kam er in Eile. 208 Bruder Braim hebt den Kopf hoch, Tränen vergießt er auf seinen schwarzen Bart; Alle beide Arme schlingt er um den Hals des Mahmal, Er sagt: „Bruder, ich will dir zum Opfer werden, gehe nicht; 5 du setzest dich selbst aufs Spiel." Mahmal sagt: „O über meinen Braim! Verrückt und töricht ist er. .„Der Mir hat nach Männern gerufen, nicht nach Weibern." Dort warf er weg Pfeil und Bogen, Stürzte sich hinab mitten unter die Reiter von Tschelian mit dem Damascenerdolch. Bruder Mahmal gelangte in die Ebene, Da stürmt er auf die hundert Reiter von Tschelian mit einem Male los, Alle haben. ein- Damascenerschwert bei sich, ein ägyptisches auf dem Rücken. O Gottl Wie bist du allgütig und edel! Auf dem Rücken dieser Reiter sind mir hundert ägyptische Schwerter; Ein Armband und ein Schwertgehänge hatte er [Mahmal] an; 15 keines von diesen Schwertern traf den Mahmal Deschtian. Wer war es? Mahmal der kleine, In der einen Hand den Dolch, in der anderen das Messer, Inmitten der Reiter aus Tschelian drehte er sich wie ein Vogel und ein Jagdfalke. Wer war es? Mahmal, das Kind, »o



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[In dem einen Arm hat er das frischgeborene Zicklein, in dem anderen hat er das Böckchen] 35), Inmitten der Reiter von Tschelian drehte er sich in Kreisdrehung. Mir Zorabkhan erhebt die Stimme: „Jemand soll für mich zu dem alten bejahrten Offizier Botschaft bringen. 25 „Gebe Gott, daß voij den Reitern aus Tschelian nicht einer übrig bleibe! „Vielleicht daß er [der Offizier] dieses Feuer in der Leber des Mir auslösche!"36) Wer war es? Der Reiter auf dem Keheilan-Fachs; Er ritt hin im Galopp und Rennen, Gelangte zu dem alten Offizier, unter Verbeugungen, 30 Berichtet ihm wieder alle Worte. Als der alte Offizier diese Worte vollständig hörte, Hat sich ihm plötzlich der Zorn erhoben, Nichts sah er mit seinen Augen, Er hat den Heeresruf ertönen lassen, 35 Hat zwölf Recken hergehölt, Im Rennen ist er sehr geeilt. Er sagte: „Ich habe zu wenig erreicht"; 209 Bis daß er hin gelangte, dem Mir Gruß entboten h a t Der Mir hat ihm das: „Mit dir [sei Friede]" nicht erwidert Da sagt ert „Mir, ich will dir zum Opfer werden, was ist geschehen, was ist dir zugestoßen?" Der Mir sagt: „Weshalb bist du so verrückt und kurzsichtig? s „Du siehst jenen einzelnen Mann im Kampffelde; „Der hat sie vaterlos gemacht, vierzig Wiegen mit goldenen Bögen." Wer war es? Der alte Offizier, So schalt er die Helden und Bogenschützen; Auf den Mahmal Deschtian machten sie mit den Pfeilen einen Regen. 10 Braim kommt von Tal zu Tal (?), 35) Der Vers ist in diesem Zusammenhange natürlich Unsinn. 3*) Die beiden letzten Verse sind wohl umzustellen..



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Er tut auf sein Haupt Staub und Asche 37), Er sagt: „Bruder, o wehe! Verloren habe ich meine Rache für dich." Bruder Mahmal erhebt das Haupt, Er sagt: „Braim, möge Gott geben, daß dir meinethalben kein Leben bleibt; „Wenn du willst, so wirst du Rache für mich eins auf vier 15 [vierfache Rache] nehmen." Braim sagt: „Mahmal, höre auf mich zu schelten; „Feuer ist in meinem Körper entfacht, bis nach außen spritzt es Funken. „Ist es je vorgekommen, daß an einem Tage wie heute der Bruder um des Bruders willen nicht getötet wird?" Wer war es? Braim, der alte (?), In der einen Hand hat er die Pfeile, in der anderen den Bogen, Mit zwei Pfeilen tötete er vier Bogenschützen des Mir. Braim kehrte zurück, sagt: „Mahmal, bei jenem schwöre ich, der da in der Höhe ist, „Der da mich und dich zu Tage gebracht hat! „Wenn du zufrieden bist, so ist für den Mahmal Deschtian =5 vierfache Rache genommen worden." Mahmal sagt: „Braim, sage von mir zu meiner Mutter, sie ist eine alte Mutter, „Sie solle mir erlaubt machen einen Schluck Milch?8), „Meine Dankespflicht ihr gegenüber ist mir sehr im Gedächtnis; „Die Mutter ist wegen des Sohnes ohne Schuld. „Ihr Bauch ist verbrannt, dieser Armen; 3° „Meiner Meinung nach wird mein Ort das Zemherir39) sein." Da erschiert am Himmel eine dunkele Wolke, Ein Regenguß regnete aus ihr, 37) Mahmal ist also zu Tode verwundet worden. 3*) Der Sinn dieses Verses ist dunkel. Mirza Dschewad erklärt: „Die Mutter soll der Verpflichtungen, die sie mir durch das Säugen auferlegt hat, nicht gedenken, „meinen Hals frei machen", damit ich nun ruhig sterben kann". Wie der Wortlaut des Verses aber diesen Inhalt wiedergeben soll, vermag ich nicht zu eruieren. 39) ->•$) Den grünen Glirtel der Seyyid, als Zeichen FUrbittender.



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Der Mir ward aufgehalten und kehrte um. Die Seyyid und Mullah der Welt, «5 Sie nahmen den Schal empor und das Wort Gottes, Legten es nieder auf seinen Weg. Der Mir sagt: „Was soll ich tun? Ich habe keinen Ausweg. „Ich werde sie nicht töten; weshalb bittet ihr für sie?" Sie sagten: „Diese Angelegenheit geht nicht so, 30 „Wenn du das Gotteswort hochschätzest (geschätzt hast)*1), „So ist es so gut, daß sie nicht hier in der Wüste bleibe. „Du bist ein Mir voller Gnade, „In deinem Herzen ist kein Verrat, „Die, die da Weiber sind, sind ganz wie der Scheitan. 35 „Schaffe sie fort, wirf sie in das Weibergemach, laß sie wie ein Hund ihr Brot essen." Als sie diese Rede vollendeten, Ist der Mir nach Hause zurückgekehrt; 212 Einmal um das andere Mal hat er gerufen: „Was soll ich tun! Meine Stadt ist ohne Sohn geblieben 1" — Das auch haben wir zu Ende gebracht; Ist noch die Erzählung von der Khatun Perikhan übrig geblieben. 5 Sie ließen Khatun Perikhan im Weibergemach. Es war acht Monate her, daß sie ihm [dem Mahmal] nachgelaufen war; nun holte man sie, warf sie in das Weibergemach. Damals war sie König der Stadt; diesmal geriet sie in das Weibergemach wie Waisenmädchen, einen Monat lang. Sie war schwanger (ihr Bauch war voll); sie kam an das Ende ihrer neun Monate und neun Tage. Khatun Perikhan gebar, zwei Knaben waren in ihrem Leibe (in dem einen Leibe). Fünfzig Nächte lang 10 verheimlichte man es, ließ nicht zu, daß der Mir es erführe. Hernach gab man dem Mir Nachricht; der Mir freute sich sehr darüber; er schickte sich an, veranstaltete das Geburtsfest für sie; man brachte sie, wollte ihnen Namen geben. Man überlegte: „welchen Namen wollen wir geben (beilegen)?" Niemand wagte, zum Mir zu sagen, daß er ihnen den Namen ihres Vaters geben solle. Der Mir fing selbst davon an, sagte: „Was schadet 4') Vgl. Jaba-Justi, s. v. M a n n , pers.'kurd. Samml. IV. 3. 9.

khätir

girtin.

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es, wenn es der Name ihres Vaters und Onkels ist?" Alle stimmten bei; dem älteren gab man den Namen Braim, dem 15 jüngeren gab man den Namen Mahmal; man gratulierte. Man überließ sie sich selbst, bis daß fünf Jahre vollendet waren; am Anfang des sechsten brachte (legte) man sie zum Lesenlernen; sechs Jahre lang lernten sie. Eines Tages war Freitag, die Gelehrtenschüler waren entlassen worden. Sie [die beiden Knaben] griffen einen vaterlosen Jungen, schlugen ihn sehr; der Junge entrann ihren Krallen. Da sagte er: „Päderastensohn; mich kann ein jeder schlagen; aber ihr solltet hingehen, ™ Rache für euren Vater und Onkel nehmen." Er sagte: „Komm, komm, ich werde dir einen Rock schenken, erzähle mir diese Sache." Er sagte: „Aha, ich komme nicht, daß du mich etwa ein zweites Mal schlägst." Er sagte: „Laß uns zu unserer Mutter gehen, daß wir erfahren, wessen Söhne wir sind." Sie kamen zu ihrer Mutter; sie war im Weibergemach; sie fragten ihre Mutter: „Mutter, wessen Söhne sind wir, wer ist unser Vater gewesen?" Sie sagte: „Kinder, euer Vater ist Mir Zorab-25 khan." Er sagte: „Mutter, wessen Tochter bist du?" Sie sagte: „Kind, auch ich bin die Tochter des Mir Zorabkhan." Er sagte: „Mutter, aus wem sind wir geworden?" Sie sagte: „Kinder, ihr seid von mir geboren." Er sagte: „Wie, Mutter? Dann muß ja Mir Zorabkhan seine eigene Tochter beschlafen haben." Sie sagte: „Kind, höre mit diesen Reden auf!" Mahmal legte die Hand an den Dolch, sagte: „Wenn du jetzt die Wahrheit nicht sagst, töte ich dich." Sie sagte: „Kinder, euer Vater 3° und Onkel, Mir Zorabkhan hat sie getötet." Sie sagten: „Mutter, nun sind wir beruhigt geworden." Sie legten Hand an den Dolch, gingen zum Diwan des Mir; Mahmal stürmte auf den Mir Zorabkhan, tötete diesen; und Braim stürzte sich auf den Offizier, auch diesen tötete dieser. Sie gingen zu ihrer Mutter zurück, holten sie heraus aus dem Weibergemach, machten sie wieder zum Mir der Stadt. Frei ward sie mit einem Male. 35 Mit einem Male und in Adel. O Gottl Rahman Bekir möge nicht sterben 1 Bei seinen Versen, möchtest du sagen, sei er ein Läufer, 213 Besser sind sie als die Bücher der Mullah.

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VIII. Q o t s c h Osman. V o r b e m e r k u n g . Der Name des Helden dieses Gesanges ist, wie Rahman-i-Bekir mir berichtet, verschieden überliefert. Als Qotsch Osman kennt man ihn in dem Distrikt Mahal, dem Gebiete östlich von Soudschbulaq bis an den Tatahu-Flufl, wahrend in Schar-Weran, nördlich von Soudschbulaq, der Held dieser Erzählung Said genannt wird. Das Epos ist leider nicht lückenlos; besonders ist gegen den Schluß hin die Erzählung abgebrochen und unvollständig. Es ist auffallend, dafi mit der Erzählung von der Reise nach Stambul der kurze achtsilbige Rhythmus der Verse einsetzt, wie er z. B. den Versen von Bapir (Nr. XV) und Abdurrahman Pascha (Nr. XVI) eigentümlich ist (siehe oben in der Einleitung), während die ergreifende Klage der Mutter des Ermordeten wieder in den auch im ersten Teile des Gedichtes angewendeten langen recitando -Veisen gehalten ist. — Über die Persönlichkeit des Mir Seifuddin konnte mir niemand in Soudschbulaq Auskunft geben.

5 Beim Schöpfer, dem Beständigen, Bei dem, der da die Welt erschaffen hatte, In den die Menschheit Vertrauen haben sollte. Die Welt hat keine Beständigkeit Für die armen Knechte. — o Qotsch Osman war ein Mann, nackt und bloß, untauglich. Als er seiner Mutter zürnte, kam er von Mergawer1) nach Bagdad herab. Er kam zu der Familie des Schah Rustem Beg, drei Jahre lang ward er Wasserträger, drei [Jahre] ward er Reisediener2), •s Am Anfang des siebenten ward er Kammerdiener, gab Bastonnaden den Wekilen und Weziren und den Bärtigen 3). •) Mergawer, Landschaft westlich von Urmia, siehe Kieperts Karte zu Ritter (1852). _ *) (jyiiAjl heiflt (auch im Persischen) die aus zwei grofien auf einem Packsattel befestigten Khurdschin mit Inhalt, als Decken, Kissen usw., ferner aus einer Menge kleinerer Behälter für den Qalian, den (unentbehrlichen) Samowar, -die glimmenden Holzkohlen bestehende Reiseausrttstung des vornehmen Persers. Auch werden besonders grofic Khurdschin allein äiddrt genannt. Der während -der Reise oben auf diesem Gepäck reitende Diener heifit äid&r (wörtlich .natürlich „Wasserbesorger"). 3) Im Sinne von „Ältesten, Gemeindevorstehern". 22*



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Er befand sich im Mittelpunkte dieses Ansehens, da bekam er eines Nachts Sehnsucht nach seinen Eltern; Am Morgen war er an der Türe seines Herren gesessen, war nachdenklich, traurig und betrübt Sein Herr sagt: „Kind, Qotsch Osman, beständiges Kind! „Als du zu mir kamst, warst du eine Waise, von niemandem geliebt (gewollt) und von denen, die da untauglich sind. „Drei Jahre warst du in meinem Palaste, für niemanden bist du vertrauenswert gewesen; „Jetzt bist du der Vertraute meines Hauses, selbst bist du zum Qaliandiener geworden. „Wenn du etwa sagst: mein Besitz ist gering, viel Macht habe 35 ich nicht, „So nimm hin jetzt auch den Schlüssel zum Schatzhaus und zur Schatzkammer, „Verschenke es lastenweise, verschwende es eselslastenweise; „Mein Vertrauen zu dir soll Pflicht sein; mache mit deinen Genossen Rechnung Dinar um Dinar." Er sagte: „O mein Herrl Gott mache dich feststehend, du 30 mögest beständig sein, „Ich habe sehr ansehnliche Stellung, etwas anderes begehre ich nicht. „Aber heute nacht im Schlafe bekam ich Sehnsucht nach meinen Eltern; „Du mußt mich entlassen, daß ich zurückkehre zu meinen Eltern, auf die Frist von sieben Nächten und Tagen; dann komme ich, werde wieder zum untauglichen Diener." Sein Herr sprach dort mit ihm: 214 Er sagte: „Kind, warte mir nur ein wenig, daß ich Kaffee trinke, die Wasserpfeife rauche, Frühstück esse." Er entnahm Geld für ihn lastenweise, Gold und Eschrefis packte er auf, Er [der Fürst] ließ ihn einen Eid schwören bei seinem Haupte; s — [aber] hierauf hatte er keinen Verlaß — beim Gottesworte ließ er ihn schwören diesmal.



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Er ging nach den Ställen, hat herausgeholt ein eben erst unter den Sattel gekommenes dreijähriges Fohlen, legte auf dessen Rücken einen verzierten Sattel, an der Seite rot ziselierte Steigbügel, oben darauf einen Satz Lederzeug aus bulgarischem Stoffe; 10 In sein Maul tat er ein Gebiß aus Hawize mit Perlen ' verziert. Er ging in das Waffenhaus seineis Herren, er. legte an eine goldbefranzte Reithose, von jenen, die da dauerhaft sind; An seine Füße tat er ein Paar Stiefel aus Mosul, von denen, die Buschein haben; Ire die Pistolenhalfter legte er ein paar Pistolen, das Griffende •5 mit Knöpfen, von denen, die da für den Tag der Not passen; Er warf um seine Schulter einen davidischen Panzer,: der am Halse fest anliege; An seifte Schulter tat er einen Schild aus Heizer-Holz, mit sieben Knäufen, die auch für den Tag des Kampfes passen; In die Hand nahm er eine Lanze, zweischneidig, achtzehn Spannen •) lang, gemaserten Holzes, ao Was ihm feind war, das sagte: „Da schleppt der das Eigentum des Mir Seifuddin Beg davon; er kommt (wird) üas vom Halse, dieser Scheitan und Lump." Ein jeder, der ihm befreundet war, war traurig, weinte urid klagte; Man sagte: „Da trug er das Gut des Mir Seifuddin Beg fort; er wird diesmal nicht wiederkehren." Ein Seglaus)-Pferd zog er aus dem Stalle heraus; mit der »5 Erlaubnis Gbttes und des Propheten stieg er auf es. Einige lachten über ihn, einige weinten6). Qotsch Osman sagt: „O Gott! Machet Fürbitte für sie von jenem Allmächtigen." — Qotsch Osman kam zutn Hause seiner Eltern herab, An einigen Orten langsamen Schrittes, an einigere Orten im kurzen Galopp; 4) qäf ist der Zwischenraum zwischen zwei Knotenringen, z. B. am Bambusschaft und ähnlichen zu Lanzenschäften verwendeten Schilfarten. 5) Berühmte arabische Pferderasse.' 6)

Wörtlich: „von einigen her- ist Lachen, yon einigen Weinen".



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Sieben Nächte und Tage ritt er, kam herab. 3» Eines Nachts um die Zeit des Nachtgebetes hoffte er in Mergawer einzutreffen. Als Kind war er davongegangen, jetzt wußte er nicht um das Haus seiner Eltern; Er sagte: „Das Pferd hat Instinkt; ich werde die Zügel locker lassen; wo immer es stehen bleibt, dort will ich mich niederlassen; „Dann werde ich morgen nach dem Hause meiner Eltern 35 fragen." Er lies seinem Seglau-Pferde die Zügel locker, kam die Straßen und Gassen herab, An einer kleinen Türe hielt es an. 215 Er rief: „O Hausherr I" da kamen ihm heraus eine Greisin und ein Greis alt und bejahrt. Er sagte: „Heute nacht bin ich euer Gast." Sie sagten: „Wir müssen uns vor einem Gaste wie du schämen und 5 beschämt fühlen; „Wir haben nichts zu Ausgaben im Bazar; wir haben kein Geld und keinen Pfennig. „Das [dort] ist das Haus der Wekil und Wezire; dort lasse dich nieder." Er sagte: „Ich bin euer Gast heute nacht; gerade hier werde ich absteigen." Sie nahmen ihm das Seglau-Pferd ab, ließen ihn [hier] absteigen. Er erkannte seine Eltern wieder, [aber] sie erkannten ihn nicht, 10 daß dies jetzt ihr eigenes Kind sei. Die Greisin und der Greis sagten: „Was sollen wir tun, mit trockenem Brot müssen wir uns vor einem solchen Gaste schämen und beschämt fühlen." Da erbarmte sich Qotsch Osman seiner Eltern, Er ruft sie: „O Greisin und Greis, ihr alten! is „Nach meiner Meinung hattet ihr keinen Sohn, der für euch passend wäre?" Die Eltern des Qotsch Osman erhoben Weinen und Klagen; Sie sagten: „Heuer ist es sieben Jahre her, wir haben einen Sohn, der ist nach Bagdad hinabgegangen."



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3» Der Vater, sein Auge ist schlecht sehend geworden; der Mutter ist die Kraft geschwunden. Qotsch Osman sagt: „O Greisin und Greis, ihr alten! „Wenn ihr einverstanden seid: ich bin jener Osman, ihr schimpftet mich; ihr schlüget mich; nach dem Mittagsgebet warfet ihr mich einmal hinaus." Seine Eltern standen auf, sie schrien auf, 35 Sie sagen: „Kind, Qotsch Osman, Einziger, Beglückterl „Komm, setze dich an die Seite deiner Mutter, hundert weitere Jahre; dein Vater wird dein Kammerdiener; deine Mutter wird Dienerin und Arbeiterin." Er sagte: „O meine Eltern, alt und bejahrt 1 „Vielen Dank von mir dem Allmächtigen, 30 „Daß jenes Mal [wo ich von euch gegangen bin] nicht das letzte Mal war, daß ich euch gesehen habe. „Ich habe einen Herren, Gott verleihe ihm Bestand! „Soviel Gold und Eschrefi hat er für euch diesmal hergeschickt; „Wenn ihr hundert Jahre davon verbraucht, wird es euch nicht verringert (abgeschnitten) und wird euch nicht alle, „Er hat mich einen Eid schwören lassen bei seinem Haupte, 35 beim Worte Gottes hat er mich nochmals schwören lassen, „Wenn ich nicht wieder zurückgehe zu dem Herren Seifuddin Beg, so werde ich in der Jugend sterben, Gottes Wort wird mich ergreifen, und von der Scham vor meinem eigenen Herren werde ich nicht freiwerden; 216 „Ich muß zurückgehen zu dem Herren Mir Seifuddin Beg, damit ich nicht werde des Erworbenen beraubt." Seine Mutter sagt: „Lob ist Gott! Mein Sohn ist Herr [seines Tuns].« Sieben Nächte und Tage blieb er dort, s Eines Tages holte er das Seglau-Pferd heraus, legte auf dessen Rücken einen verzierten Sattel, an der Seite die rot ziselierten Steigbügel, zog die Riemen an, mit dem bulgarischen Leder, Die Satteltaschen befestigte er am Sattelbug; seine Eltern begannen zu wehklagen.



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Sie sagten: „Kind, wohin gehst du?" Er sagte: „Meine Eltern, das Seglau-Pferd ist stallmüde, ich will mit ihm zur 10 Jagd und Hetze reiten." Sie sagten: „Kind, wozu ist dann jene Satteltasche an deinem Sattelbug befestigt?" Er sagte: „Das ist der Rat des Mir Seifuddin, damit, wenn jemand einen Menschen töten sollte, sich [dann] an mich wenden sollte, ich ihn [dann] erretten kann, als eine Wohltat für das Haupt meines Herren 7); „[Oder] wenn jemand ein Weib rauben, zu mir kommen, 15 meinen Gewandsaum anfassen sollte [als Schutzflehender], ich ihm helfen (befreien) kann als eine Wohltat iilr das Haupt meines Herren; „[Oder] wenn meinem Pferde auf der Jagd der Fuß brechen, mein Sattel auf der Erde liegen bleiben sollte, daß ich [dann] zweihundert Toman bezahlen kann, wieder beritten werde; „Solange mein Herr am Leben sein sollte, werde ich nicht zu Fuß gehen diesmal. „Meine Eltern, weinet nicht; solange Mir Seifuddin Beg gesund «> sein sollte, seid (wäret) ihr vor Not bewahrt!" Er setzte den Fuß in den Bügel, rief den Allmächtigen an, Die Spitze des Steigbügels zeigte er dem Pferde; alle beide Augen des Pferdes worden blind, es ging auf der Erde nicht vorwärts8). 2 Da kam er zurück zu seinen Eltern, stieg dann ab. s Er fing an zu weinen, sagt: „Mein Haupt wird nicht frei! „Von den Klagen und Jammern meines Herren werde ich nie befreit werden, „Da er mich einen Eid hat schwören lassen und auch mit mir eine Abmachung getroffen hat „O meine Eltern! auch ihr werdet Heil an mir jetzt nicht mehr sehen." Eine Woche blieb er bei seinen Eltern; 3° 7) D. h. als eine gute Tat, die, weil im Auftrage meines Herren geschehen, auch diesem als gutes Werk angerechnet werden soll. *) Wörtlich: „es tat keine Arbeit auf der Erde".



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Die Tränen seiner Augen, möchtest du sagen, seien Meer und Fluß. Da erbarmten sich seiner die Eltern, Sie sagten: „Kind, Qotsch Osman, Beglückter! „Warum weinst und klagst du soviel (ist dir soviel Weinen)?" 3s Er sagt: „O meine Eltern! In meiner Hand ist mir die Selbstbestimmung nicht geblieben. „Was soll ich tun? Ohne Glauben (Religion) werde ich sterben, Heil werdet ihr an mir jetzt nicht mehr sehen." Seine Mutter sagte zu ihi-em Gatten: „Es ist gut, daß wir unseren Sohn freimachen, 217 „Da ja in Bagdad sehr viele Scheitane und Lumpe sind." Sein Vater sagt: „Gott vertraue ich ihn an als dem Bürgen; der Prophet möge ihm zum Fürbitter werden! „Er hat deine Milch getrunken, gib ihn frei!" s Da entließen sie ihn alle beide, den zarten Sohn. Am nächsten Tage, als er zu Pferde stieg, die Gassen und Straßen herabkam, Wurden alle die Leute von Mergawer für ihn zu Fürbittern, Sie sagten: „Zieh hin! Deine Hoffnung seien die zwölf Imame und die vier Gefährten."9) Er kam wieder zurück zu den Eltern, verbeugte sich vor ihnen dreimal; »o Sie sagen: „Kind! Gehe, zieh' hin; was alles ah Gläubigen und Engeln ist, mögen für dich beim Throne Gottes zu Fürbitterir werden!" Als er sein Pferd bestieg, ist er von allen Seiten her frei gewesen, Die Spitzen des Steigbügels zeigt er dem Seglau-Pferde: Bravo I Einige sagen: Es ist ein Vogel; andere sagen: Es ist der Schlangenkönig. 's Von Mergawer kommt er nach Bagdad hinab; An einigen Orten reitet er im Schritt, an einigen in sanftem Galopp. Mit ihm ritten Gesippen, Brüder und Freunde; Sie sagten: „Bis nach Bagdad kommen wir mit dir diesmal." 9) Abu-Bekr, Omar, Osman und Ali.



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Die Nacht kam über ihn, er hatte Quartier genommen. Am Morgen stieg er zu Pferde, kam seinen Weg herab. ™ Auf dem Wege stießen zu ihm Khidr, der ewig lebende, und Khidr Elias10); auch die wurden am Throne Gottes für ihn zu Fürbittern. In die Ebene von Baiin11) kam mein Freund herab Im Trab und in sanftem Galopp. Da sieht er, in der Ebene von Baiin war Tanz; o Wunder! in =>s welcher Weise! Er sieht, es ist Tanzfest (Hochzeit); Gaukler und Tänzer sind bei dieser Beschäftigung. Auf der Seite des Vortänzers haben sich angefaßt Männer mit Messern und Gürteln und Stiefeln, Grade in der Mitte haben sich angefaßt Mädchen, schlanken Wuchses, mit Brüsten wie Muscheln, bunten Augen, solche, die da die Ohren mit Ohrringen [geschmückt] haben; Auf der unteren Seite") hatten sich angefaßt Männer mit 3° jungen Weibern, viel essend und faul und untauglich. — Er sah, von weitem ist eine Kuppel sichtbar, Diese Kuppel ist an den Seiten mit Flügelfenstern, auf allen vier Seiten mit Einfriedigungen [versehen]. Qotsch Osman sagt: „O Gott; was ist das? wen soll ich fragen?" Da kam daher ein Mann verständig und ausgezeichnet; 35 Er ergreift seine [des Q. O.] Zügel, sagt: „Komm, laß' uns gehen, sei in meinem Hause Gast; du bist, es ist offenbar, in dieser Stadt fremd." Er sagt: „Zu dienen, ich habe einen Weg vor; [doch] habe 218 ich eine Angelegenheit, nach der ich dich befragen möchte." ') Wir sahen schon öfter (z. B. in Mem und Zin) den Heiligen Khidr, besonders im kurdischen Volksaberglauben, als Wegegeleiter und Beschützer der Reisenden auftreten. Auch die Zweiteilung des Heiligen, wie sie hier und auch im neunten Verse von „Dimdim" vorliegt, scheint rein kurdisch. 11) Baiin, siehe oben S. 188 Anm. 43. " ) Wörtlich: „Ochsenseite"; reihe genannt.

so werden die letzten in der langen Tanz-

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Er sagt: „Kind, komm', laß uns gehen, steige ab, wir wollen eine Wasserpfeife rauchen, sitze bei deinem Oheim [hier] nieder, laß uns miteinander sprechen." Er sagt: „Oheim; Gott möge dir gnädig sein! Ich habe eine Reise vor, gib mich frei!" 5 Er sagt: „Kind, wenn du nicht absteigst, so laß mich wissen, was das ist, nach dem du fragen willst." Er sagt: „Oheim, die Kuppel dort ist es, auf den vier Seiten mit Einfriedigungen; „Es ist dies: Einige sagen: dies ist das Grab eines Edlen der Türken13); andere sagen: das ist eine Kirche der Christen (Armenier) mit einem Male." Er sagt: „Mein Väterchen! Gelogen haben sie, diese Teufelskerle, io „Niemals schenke den Worten dieser Menschen Glauben. „Das ist ein Jüngerx4), der schon als Kind zum Märtyrer geworden ist; sein Schutz und sein Segen sei gegenwärtig! Das ist der Pir Tschaka Suar'S). „Wer nur immer mit einem süßen Worte zu ihm wallfahrtet, mit ergebenem Herzen Buße tut und um Vergebung fleht um seinetwillen, 15 „Ich bin Bürge, — mag der Weg auch vierzig Jahre weit sein, er kommt dir in Nöten zu Hilfe und auf deinen Hilferuf." Qotsch Osman war verständig und voller Vorzüge; Er ging herzu, stieg dort vom Pferde, die Zügel nahm ihm ab ein Weißbart, der dort aufgestellt war (?); »o Eine Stunde lang unterhielt ersieh mit jenem weißbärtigen Manne, Er sagte: „Zu dienen, wer ist dieses?" Er sagte: „Sein Schutz und sein Segen sei gegenwärtig, das ist Pir Suar." Qotsch Osman war klug, er stieg ab, brachte dreimal seine Verehrung dar; Er sagte: „Pir Suar! ich will dir zum Opfer werden, in Bagdad ®s sind mir viele Feinde, komme mir doch jedesmal zu Hilfe." Eine Nacht und einen Tag hielt er sich dort auf, flehte zu Gott damals, •3) Wörtlich: „das ist ein Edler der Türken". >t) fiV„vertrauter Freund, Lieblingsjünger [des Propheten]". •5) Wörtlich: „der Heilige, der gute Reisige".



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Er erhielt die Erlaubnis [zu reisen]; er ward zum Bußfertigen. Er stieg dort zu Pferde, nach der Hauptstadt Bagdad kam er hinab. Er sah, auf. der einen Seite sind die Zünfte, hier die Krämer, dort die Gewürzhändler. 30 Ein weniges ritt er weiter, kam zu einer Karawanserai herab; Da sah er, Kurden, den Filzmantel um, waren dort; er sagte: „Was ist das? a Man sagte: „Das sind alles Viehverkäufer, Eidschwörer, Ehemißachtende 16 ), alles Viehhändler." Ein weniges ritt er weiter, kam zu einer Karawanserai herab; 35 Da sah er, Perser mit steifen Pelzen, schwarzen Mützen waren dort. Er sagte: „Was ist das?" Man sagte: „Perser sind es, Aliverehrer, nicht Gebetevollziehende, alles Lasttiervermieter." Ein weniges ritt er weiter, kam zu einer Karawanserai herab; 219 Da sah er, mit breiten Hüten waren sie gesessen, Gazellen waren vor ihrem Laden; er sagte: „Was ist das?" Man sagte: „Juden, Armenier, Gebern, Gott nicht fürchtende, alles reiche Leute." Ein weniges ritt er weiter, kam zu einer Karawanserai herab; 5 Da sah er, ein Auflauf ist dort von etwa zweitausend Menschen an Zahl. Sie hatten dort einen Eisenschimmel, von der Farbe der Terebinthe, gehalten; der Schwanz reichte bis auf die Hufsehne; Mähne und Schwanz waren mit Dunkelrot [gefärbt]; Einige boten für es zwei bis. dreihundert [Toman] wohlgezählt. Wer nur immer vier Baumwollenknäuel1?) in seinem Hause » hatte, trug sie zum Bazar, verschleuderte sie, machte sie zu Gelde; Er sagte: „Vielleicht, daß ich das graue Pferd bekomme; nie wird es sich unbezahlt raachen18), auch meinen Nachkommen wird es nicht Schaden bringen." *9) '«) Wörtlich: „ohne Scheidebrief" ^ ^ t b ^ J . *7) Große Knäuel gesponnener Baumwolle; hier als eine Alt Tausch wäre an Geldesstatt gedacht. Das Wort gulädäzü gilt noch heute als Verkaufseinheit für gesponnene Baumwolle. • 8 ) Wörtlich: „wird es (seil, der Nutzen von dem Pferde) mir abgeschnitten". •9) Wörtlich: „[der Nutzen] wird nicht entschlüpfen".



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Als Qotsch Osman hinzukam, umkreiste er dreimal die vier Seiten [des Pferdes], i5 An der rechten Seite setzte er sich nieder, sagte: „Besitzer des Grauschimmels, komm"; [und] zählte ihm die Goldstücke (Eschrefi) auf tausend zu tausend, Den Zügel des Grauschimmels nahm er aus der Hand der [anderen] Käufer, führte ihn hinab nach der Hauptstadt. Einige sagten: „Er ist Hanfraucher"; einige sagten: „Er ist ao Spieler"; einige sagten: „Das ist ein Weinsäufer, der das Qumarspiel treibt." Als er es hörte20), kehrte er aus Zorn über die Leute wieder um, Er sagte: „Mein Vater, Besitzer des Grauschimmels, kommt" Er warf Geld aus seinen Rockschößen für ihn herab. Er sagte: „Mein VaterI Mache meinen Hals frei, daß nicht etwa dein Herz hinter ihm [dem Pferde] her sei21), und ich 25 Gutes an ihm nicht erlebe, am jüngsten Tage nicht frei bin von deinem Schreien und Klagen." Den Zügel des Grauschimmels gab er einem Waisenknaben, und als Lohn hatte er ihm gegeben sechs Para; Dem traute er nicht; da mietete er für es zwei Männer, Weißbärte, stellte sie bei ihm an als zuverlässige Diener, Sie mußten allesamt es besorgen, es striegeln am Tage dreimal. 30 Sie bestimmten für es Fuß- und Handfessel, eine seidene; Eine Schnur aus roher Seide machten sie für es zum Nasenund Kopfriemen, eine andere machen sie zum Halfter: schmuck; Im Laden der Zimmerleute ließ er für es herstellen einen Sattelbock mit vier Ecken aus gemasertem Platanenholz, 3s Im Laden der Sattler ließ er für es herstellen eine Satteldecke, eine seidengestickte, garantierte (?), Im Laden der Hamadaner 22 ) kaufte er für es einen Satz bulgarische Riemen, » ) Wörtlich: „Als sein Ohr darauf -war". »') D. h. daß dich der Verkauf nicht etwa gereue. " ) Hamadan ist berühmt wegen seiner Lederarbeiten.



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Im Laden des Schmiedes ließ er anfertigen ein Paar Steigbügel, 220 ein Gebiß aus Hawize, mit Perlen gestickt, Im Laden der Schwertfeger ließ er anfertigen ein Paar Würfkeulen für die oberen Riemen, ein ägyptisches und ein kurzes Schwert und einen Säbel; Im Laden der Schneider ließ er anfertigen eine Schabracke, 5 ein Stück aus Tuch, eines aus Samt, eines aus Atlas; die vier Seiten ließ er verzieren mit marmorierter Seide, wie junger Frühling, Vierzig Knäuel Seide kaufte er, ließ sie zu Franzen machen, auch die setzte er ah die vier Seiten. Ein Paar Fino-Hunde 2 3) führte man [im Bazar] umher, auch die 10 kaufte er um Geld, daß sie zu Läufern würden, an der Seite einhergehen sollten. Als diese seine Vorbereitungen getroffen worden waren, Stieg er zu Pferde, kam die Straßen der Hauptstadt herab, Er sagte: „Da hat der Himmel ein Loch bekommen2*), aus diesem ist der Grauschimmel herabgekommen; - E s ist ein Geschenk, das ich dem Mir Seifuddin bringe; mir 15 ist so, als ob ich dafür keinen einzigen Groschen ausgegeben hätte 25).u Eine Woche lang hielt er sich im Stadt-Bazar auf, sorgte für den Grauschimmel diesmal; Nach der Woche stieg er zu Pferde, mit der Erlaubnis Gottes kommt er nach dem prächtigen Bagdad hinab; Zur Zeit des Nachtgebetes ritt er in Bagdad ein, hielt an der Türe seines Herren an, Klopfte an ihr mit dem Meister Türklopfer. Zu ihm stürzten heraus die Ältesten und Vertrauten, Sie blicken hin, da steht Qotsch Osman; 35 Sie brachten die Kunde zu dem Herren, Mir Seifuddin Beg: „Qotsch Osman kam wieder, einen Grauschimmel hat er, wie schön ist er, wie sehr brauchbar^" *3) Soll eine kleine, kurzhaarige Hunderasse sein. *•) Wörtlich: „der Himmel ist Loch (löcherig) geworden". Genau so sagt man heute im Persischen: iXi» ^ S j y f „der Rock hat ein Loch bekommen". a 5) D. h. sv billig, unter seinem Werte, habe ich es gekauft.



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In derselben Nacht noch gingen sie, um den Grauschimmel anzusehen, die Ältesten und angesehenen und vertrauten Männer; 3° Kamen sofort wieder in den Diwan, setzten sich nieder. Er [der Mir] sagte: „Wie ist der Grauschimmel?" Einige sagten: „Er ist schön, sehr brauchbar." Einige sagten: „Grau ist er und mit schlechten Eigenschaften; wenn zehn Toman dafür gegeben worden sein mögen, so sind fünf davon verschwendet; 35 „Am Tage der Not macht er das Haupt seines Reiters nicht [aus der Gefahr] frei." Qotsch Osman sagt: „Gott möge vernichten das Haus des Scheitan und des Schimar! Im Gegenteil, er ist sehr brauchbar. 221 „Ihr, vierzig Leute, machet mit mir Wette und Abkommen: „Nehmet eine krummflügelige Ente mit einem guten schnellen Falken, „Wir wollen sie morgen in die Dattelebene (?) samt dem Grauschimmel hinabbringen16). „Wenn Gott es fügen sollte (fügte), daß sie diesen Grauschimmel 5 hinter sich lassen (ließen), so schneidet dem Grauschimmel die Kniekehlen entzwei, meinen Kopf bringt an den Galgen; „Wenn aber der Grauschimmel den Falken und die Ente hinter sich lassen sollte, so will ich entweder selbst nicht bei dem Herren Mir Seifuddin Beg bleiben, oder nicht einen von euch [mehr] in Bagdad dulden." In jener Nacht traf er mit ihnen Abmachung und Verabredung, 10 In dieser selben Nacht brachten sie an die Arbeit die Maultiere. Heu luden sie ihnen auf, stauten [damit] den Strom und Fluß ab, Leiteten das Wasser auf die Dattelebene, daß sie sumpfig werde, der Grauschimmel nicht herauskommen könne, Netzjäger warfen das Netz aus, sie fingen eine krummflügelige flüchtige Ente; **) Ich bitte den Druckfehler dlniitä in dininä zu verbessern.



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Zur Stelle gebracht wurde ein guter schneller Falke. 15 Am nächsten Tage beim Morgengrauen nahmen sie den Falken und die Ente, gingen nach dem Rennplatz hinab. Da war ein Freund des Qotsch Osman, der sagte: „Qotsch Osman, wache aus diesem Schlafe auf; es ist dies: die Wettenden gingen nach dem Rennplatz hinab. „Gib mir einen guten Rat: Welches Herren Dienst soll ich er- *> wählen?" *7) Er sagt: „Bruder, ein Herr von dieser Welt hat keinen Vorteil; befiehl'idich Gott und zweitens dann dem Allmächtigen." Er sagte: „Bringt mir den Grauschimmel heraus, daß ich ihm auflege den verzierten Sattel, legt ihm um den Kopf die bulgarischen Riemen; „Jene Hunde und Rüden bringt hinein, daß sie kein Ungemach »5 erleiden, [und] ich sündenbelastet werde! „Ein Hilferuf von mir zu jenem Gotte, der da allein allmächtig ist!" Er sagte: „O Pir Suar, ich will dir zum Opfer werden, diesmal komme mir zu Hilfe!" An zweitausend Menschen stellten sich auf dieser und auf jener 30 Seite des Rennplatzes der Dattelebene auf. Wer immer ihm Freund war, da ist Weinen und Klagen, Sie sagten: „Nun werden sie dem Grauschimmel die Kniekehlen durchschneiden, werden den Kopf des Qotsch Osman an den Galgen bringen." Wer immer ihm Feind war, da war Fröhlichkeit und Lachen. 35 Man sagte: „Diesmal entrinnt der Grauschimmel nicht; man wird ihm die Kniekehlen durchschneiden und den Kopf dieses an den Galgen bringen; „Bagdad wird fröhlich, von unserm Halse wird geschafft dieser 222 Scheitan und Lump." Als er [Q. O.] die Zügel des Grauschimmels lenkte, kam er nach dem Anfang des Rennplatzes hinab, an einigen Orten im Schritt, an einigen Orten im langsamen Galopp, a

7) „Wenn, was sicher zu erwarten ist, du die Wette verlierst und dann getötet wirst." Es scheint ein Diener des Q. O. zu sein, der die Worte spricht.



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Bis er zu den Wettenden gelangte; er sagte: „Dasselbe Wort gilt noch, das ich letzte Nacht mit euch abgemacht habe; „Ich trete von meinem Worte nicht zurück; es muß dieses Gerede zum Austrag gebracht werden." Er sagte: „Los! O gütiger Gott, o Prophet du bestimmender! „O Pir Suar! Mein Hilferuf zu dir noch einmal!" 10 Sie ließen den Falken und die Ente los; auch er legte die Hand an den Zügel des Grauschimmels, kam die drei Farsakh des Rennplatzes der Dattelebene hinab. Als er fertig war, zog er die Zügel an, blickte hinter sich; da sah er, der Falke und die Ente kommen an mit Gezirpe und Geschrei. iS Es gingen herab, um sich die Fußspur des Grauschimmels anzusehen, die Ältesten und die vertrauten Diener, Sie sahen, wie ein Steinchen von der Größe eines Erbsenkoraes 5

war sie [die Spur] in den Staub eingedrückt 28 ); Einige sagten: „Das ist die Stelle des Hufeisens", einige sagten: „der Ort des Hufnagels". Einige sagten: „Möge das Haus deines Besitzers in Staub zer20 fallend); der Grauschimmel, mit dem können nicht wetteifern (herausgehen) Falk und Vogel." Qotsch Osmann stieg sofort zu Pferde, Kam zu Mir Seifuddin Beg, verbeugte sich dreimal; Er sagte: „Herr! Ich will dir zum Opfer werden, entweder entlasse mich selbst, oder ich dulde nicht einen von ihnen in dieser Stadt" — 25 Da setzten sich nieder die Ältesten, die untauglichen, Wekil und Wezir und die obersten Beamten, Sie schrieben einen Brief an den Sultan von Stambul damals, Gaben ihn dem Boten, schickten ihn in Eile. „O Sultan, ein Grauschimmel ist für Mir Seifqddin Beg ange30 kommen; sein Vater ist das Meerroß, selbst ist er geflügelt; „Außer dir hat niemand die Würdigkeit, seinen Fuß in die Bügel zu setzen, ihn zu reiten." **) W ö r t l i c h : „ e i n S t e i n v o n d e r G r ö ß e . . . ist i n d e n S t a u b h i n a b g e g a n g e n " . »») „ g e f a ß t w e r d e n " O j ^ i u M a n n » pers.-kurd. Samml. IV. 3. a.

sJhji. 23



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Der Sultan schrieb einen Brief an Mir Seifuddin Beg: „Steiget auf den Grauschimmel und das Seglau-Pferd; kommt hierher; ich habe mit euch zu tun." Mir Seifuddin Beg sagte: „Kot hat er gefressen vom Kote seines Vaters; ich will nicht weiter mit seinem Dienste 35 zu tun haben. „Auch hat er kein Anrecht auf Bagdad; das ist es: ich nahm es mit einem Male in meinen Besitz!" Diese Kunde ging zum Sultan von Stambul wiederum. Der Sultan sagte: „So geht diese Sache nicht." 223 Der Sultan beratschlagte mit den Leuten der Welt: „Der dort hat die Absicht, Bagdad mir zu entreißen." Da gaben sie Nachricht dem Mir Seifuddin: „Deine gesegnete Verherrlichung muß kommen, du mußt den 5 Sultan sehen." Mir Seifuddin sagt: „Was soll mir der Sultan? „Ich erkenne an die Deutschen und die Russen; den Sultan erkenne ich nicht als Herren an. „Dann gehe ich von dieser Stadt nach einer anderen Stadt." Drei Jahre wanderte er mit Qotsch Osman umher, sie kamen nicht wieder in bebaute Gegenden. Der Sultan sagte: „Für mich ist es Schmach und Schande, „Daß mein Diener wegen eines Lastgaules umherirre im Lande." Wer war es? Der schlaue und kluge Sultan, Für den Mir Seifuddin Beg siegelte er einen Koran 3°): „Er soll sich aufmachen, hierher kommen. „Ich werde ihm den Gaul nicht abnehmen; ich habe tausend >s Absichten: wüste ward jenes Land und jener Ort; „Jenes Pferd möge ihm gesegnet sein, darum sandte ich ihm den Koran. „Er soll das Pferd herbringen, daß ich es sehe; wir wollen Frieden machen, da ist mir auch Krieg entstanden mit allen vier Großmächten." 3°) D. h. er leistete auf einen Koran einen Eid, den Mir nicht zu verletzen, und schickte diesen mit dem Beglaubigungssiegel versehenen Koran zum Mir. Eine in der Türkei und in Persien sehr beliebte Methode, Feinde, deren man sonst sich nicht erwehren kann, zu fangen.

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M Als Mir Seifuddin solches erfuhr, beriet er mit den Angehörigen: „Lüge ist unmöglich für den Sultan." [Die Berater reden:] „Es muß der Diener seine [des Sultans] Würde kennen. „Gehe du selbst mit Qotsch Osman, „Dann wird er [d. Sultan] ja selbst dort sehen." Als er nun fortritt in Eile, Mit einem Diener, wie Qotsch Osman, Sagt der Mir: „Dies ist es, ich gehe zum Sultan; „Gebet Nachricht meiner Mutter, daß sie es wisse." Seine Mutter, vor Wehklagen und Weinen, 3° Die Tränen kommen ihr in die Augen, Sie sagt: „Sohn! Gehe nicht zum Sultan; „Bei Gott! Sie schneiden dir den Kopf vom Rumpfe. „Sehet den Qotsch Osman an; „Er hat Zorn [des Sultan] über meinen Sohn gebracht}1). 35 „Wehe über den Zorn des Sultan! „Ist es je vorgekommen, daß du [o Q. O.!] deinem Herren treulos seiest!" Er sagte: „Mutter; ich habe keinen Ausweg; 224 „Er hat einen Eid geschworen beim Herren, „Hat das Gotteswort gesiegelt, „Hat es nun für mich gesendet; „Beim Sultan gibt es keine Lüge." 5 Seine Mutter hat Bagdad vollgeweint, Sie sagt: „Mein Sohn bringt den Kopf nicht wieder zurück; „Ohne Sohn bin ich, mein Bauch ist verbrannt! „Wehklage ist von mir erhoben; niemand ist mir geblieben! „Niemand blieb mir auf der Welt, •o „Mein Sohn bringt seinen Kopf nicht zurück; „Was soll ich tun? Bagdad ist ohne Herren! „O daß doch Kunde zu den Russen ginge, „Vielleicht, daß sie für ihn Fürbitte täten." Mir Seifuddin in Eile, is Er selbst mit Qotsch Osman, 35 Als er sich in der Quelle untertauchte, Hat der Teufel einen bösen Blick auf ihn geworfen. Den bösen Blick warf er auf ihn ohne Furcht, Der Teufel hat oben auf die Quelle sein Wasser abgeschlagen. Die Majestät des Ali bückte sich gerade. 6

) D. h. in das Quellbassin.



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Der Teufel endlich, der Böse, ™ Ein Tropfen von seinem Urin Spritzte auf den Kopf des Löwen, Er [der Tropfen] ward mit dem Wasser vermischt, Ging und kam in (ergriff) seine beiden Augen. Die Augen dieses Armen, er griff sie an, «s Alle seine beiden Augen wurden angegriffen, Alle seine beiden Augen sind angegriffen worden. Mit Mühe sind ihm die Kleider angezogen worden, Auf demselben Flecke, wo er gestanden 7), setzte er sich nieder, hat sehr geweint. Sieg ist ihm für alle Orte abgeschnitten8). 30 Nachricht ist der Fatime gegeben worden; Man sagt: „Der Majestät Alis ist etwas zugestoßen, „Alle beide Hände hat er auf die Augen gelegt, „Duldul ist nicht bei ihm geblieben." Als Ihro Majestät Fatime solches gehört hat, 35 Kam sie mit einem Male sofort herzu in Eile, Sie sagt: „Vetterchen I Was ist dir passiert? „Du bist doch der Löwe des Herren, 232 „Sonst gibt es doch für dich keine Schwäche." Er sagt: „Deine Reise hat mich unüberlegterweise [hierher] geführt; „Der heftige Schmerz um dich hat mich auf das Pferd gebracht, „Du möchtest sagen: Aus Sehnsucht nach dir bin ich gestorben; s „Meiner Meinung nach hat solches der Teufel mir angetan. „Ich pflegte zu sagen: Niemand kann mir etwas anhaben9), „Ich möchte den Teufel sehen, daß Steine auf ihn herabregneten ! „Nun hat er mir geraubt den Weg der Selbstbestimmung, „Jetzt tun meine Augen keine Arbeit." >0 Majestät Fatime sagte: „Mein Falkenäugiger! „Gott werde mir zur Hülfe! 7) Wörtlich: „Genau auf seiner eigenen Stelle". 8 ) Soll eine sprichwörtliche Redensart sein, im Sinne von: „er konnte nirgendwo hin gehen, sich nicht bewegen". 9) Persisch: O j ^ i jl ,a>*3>.



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„Von wem soll ich nun Arzenei entnehmen, „Ich will hinsenden, Aristoteles und Luqman holen lassen." is Als der Teufel solches merkte, Schuf er sich zu einem Muselman, Was ist er für eine Greisin, hübsch und schön, Licht ist auf ihrer Stirn. Er machte sich zur Mutter des Aristoteles und Luqman, 20 Sagte: „Ich bin gekommen zu dem Löwen Gottes; „Bei mir ist Arzenei für ihn." Als solches merkten die Gefährten: Bravo! was das für eine schöne Greisin ist, — Mit Fluch [beladen] sei jener Teufel —, »5 Da tat sie ihm Arzenei auf die Augen. Ohnmächtig machte sie den Armen, Sie sagte: „Holt her, macht eine Schaukel für ihn, „Laßt ihn der Ruhe pflegen, diesen Armen; „Ihr müßt ihn schaukeln sieben Nächte und sieben Tage. 30 „Wenn ihr irgendeine andere Arzenei hineintut, wird er krank werden auf den Augen, „Und ich werde beschämt (schwarzgesichtig) vor dem Throne Gottes." Sie gab für ihn Vorschriften und Versprechungen: „Ich gehe jetzt von hier fort, „Du Majestät Fatime, liebe, 3s „Sorge für ihn in dieser ZeitI „Kein anderer darf hierher kommen, „In seine Augen Arzenei tun." 233 Als der Teufel solches merkt, Hat er angefangen fortzueilen, Niemand sieht ihn, daß er davon erführe. Wer war es? Der Teufel, der verfluchte, s Er eilt hinweg, kein Hindernis ist vor ihm, Niemand sieht ihn, und er ist verborgen. Er stellte dort [bei Ali] Wächter auf, Ging heimlich zu Duldul, Vielen Rat hat er ihm gegeben; 10 Duldul hat ihn von ihm nicht angenommen,



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Es wollte ihn mit dem Maule packen, Stürzte sich auf seinen Kopf. Da sagt der Teufel: „Wenn du mich tötest, du hast kein Recht dazu; „Mich durch deine Hand zu töten, geht nicht" Da ging er zum Zulfiqar10), >s Dieses arme wußte von ihm nicht Er sagte: „Ich will ihm den Zulfiqar stehlen mit einem Male, „Will es bringen zum König Dschulindi; „[Aber] solches ist vor Gott nicht genehm." Als er diese Sache vollendet hatte, 20 Hat er sich einen Schwung gegeben, Er ging hin, ist vor Dschulindi gestanden, Er sagte: „Ich habe für dich frohe Botschaft gebracht. „Die Sache der Gefährten ist zu Ende! „Majestät Ali, seine Augen sind angegriffen (geblendet); 35 „Von heute an bis in die Zukunft (jene Seite) „Habe ich die Frist von einer Woche angesetzt, „Dann ist die Arzenei[wirkung] seiner Augen zu Ende." Jener Teufel, der verfluchte, Brachte für den König frohe Botschaft: 30 „Du bist ja der König des Weltlaufes; „Der Löwe Gottes ist nicht zu Hause." Er sagt: „Unglück befalle dich, verfluchter Teufel! „Ein Reiter auf einem Grauschimmel kommt von dort [Medina] heraus; „Gegenüber diesem Grauschimmelreiter findet (hat) niemand 3s Zutritt in Medina." Dschulindi sagt: „Unglück falle auf dich, verfluchter Teufel! „Das Medina des Propheten ist mir voller Glanz, „Gegenüber diesem Reiter findet niemand Zutritt dazu." 234 Der Teufel sagte: „O König Dschulindi! „Jener Grauschimmelreiter sicherlich ist es, „Von dem man sagt, er ist der Löwe Gottes, „Er ist der Freund des Propheten; 5 >°) Name von Alis berühmtem Schwerte.

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„Bei jenen Götzen und Bildern, die du verehrst! „Glaube mir in Wahrheit! „Für dich ward ich zum Eilboten, „In Mekka, dem erhabenen, habe ich ihn gefaßt, 10 „Augenschmerzen habe ich ihm bereitet, „Arzenei für ihn zurecht gemacht, „Wegen des Königs Dschulindi, „Sicherlich ist dein Versprechen nicht zu Ende; „Du hast mich entsendet auf freies Ermessen11), is „Arzenei tat ich ihm in die Augen, „Jetzt willst du nicht glauben! „Meiner Meinung nach hast du Lust zur Reue!" Der König Dschulindi hat so gesprochen: „Teufel, zwischen mir und dir ist Brüderschaft ao „Nichts von meinem Besitz werde ich dir vorenthalten." So ward ihre Unterredung froh mit dem Teufel, Der König nahm die Versicherung von ihm an, Er schickte zum Sultan Busi"). Hunderttausende der Truppe brachte er her, 35 Tausende waren mit goldenem Gürtel, Tausende waren auf Stühlen sitzend'3), Alles ist gegen Ali voller Wut. Tausende waren nur die Schreiber, Alle kamen zum Empfange des Königs. 30 König Dschulindi ist sehr berühmt, Mitten unter seinen Leuten steht er da, Seine Absicht betreffs des Ali ist dargelegt worden: „Medina werde ich zerstören." Da war ein Oberster daher gekommen, 35 Das Banner über seinem Haupte steht, Er hat sich vor dem Könige verbeugt,

" ) Bezüglich der Belohnung: '*) Ob das wirklich ein Eigenname ist, wie Mirza Dschewad meint? Vgl. die Phrase: kho lä busä nän „sich in einen Hinterhalt legen*. *3) Soll wohl zur Charakterisierung der Vornehmheit und damit der Tüchtigkeit der Soldaten dienen. Mann, pere^kurd. Samml. IV. 3. 3. 24



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Er sagte: „Sicher ist Ali schon tot**); „Die Welt ist insgesamt dein geworden." 235 Ein anderer kam mit Bosheit, Eine Keule auf der Schulter, Er kam zum König Dschulindi, Sagte: „Zu dienen, was bedeutet dieses Heer?" 5 Er sagte: „Das ist gegen den Ali." Er sagte: „Ich will dir zum Opfer werden; was ist dieser einzelne Held?" Ein anderer kam mit Herz und mit Seele; Dieser ist der Oberste der Artillerie; Er kam zum jungschönen Könige, Sagte: „Zu dienen, Medina werde ich zerstören." Der König lachte über ihn: „Du Lieber! „Bei jenen Götzen und Götzenbildern, auf die ich Vertrauen habet „Wenn der Teufel lügen sollte, „So wird nicht einer wieder hierher zurückkehren; „So gewalttätig ist Ali und sehr weise. „Auch dem Teufel traue ich nicht, „Da er ja keinen Ort und Stelle hat (?)." Wer war es? Der König, der vollkommene, Allen Stämmen gab er Botschaft; Als das Heer fertig war. Hat Dschulindi den Fuß in den Steigbügel gesetzt, Sieben Nächte und Tage ist er gereist. Eines Tages ward es Abend, da hat er den Umkreis von Medina eingeschlossen. Bilal der Abessynier soll den Abendgebetsruf singen, Er sieht, die vier Seiten von Medina sind umzingelt'S). Wer war es? Bilal, der Abessynier, Er erhob nicht den von Muhammed angeordneten Gebetsruf, Er geht, sich vor dem Propheten zu verbeugen. H) Sinn: Wenn du nur gegen ihn ausziehest, so ist es so gut, als ob er schon getötet sei. 'S) Wörtlich: „sind in Umzingelung geblieben"; aber vielleicht habe ich mäwa für näwa verhört



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3° Sagte: „O Gesandter Gottes! Mein Haupt sei zum Opfer für dein Haupt! „Ich habe den Gebetsruf nicht gerufen, was soll ich tun? „Keinerlei Schuld habe ich. „Ein zahlreiches Heer habe ich gesehen, „Ohne Ende ist es, und ich habe keinen Ausweg; 35 „Der Gebetsruf ist aber der von Muhammed angeordnete Ruf: „Nun weiß ich nicht, was du befiehlst" l6 ). So hatte zu ihm gesprochen der Prophet: 236 „O Bilal, Abessynier! „Mir zuliebe werde zum Boten, „Gehe hin, sieh' zu, was das für ein Heer ist." Wer war es? Bilal, der Abessynier, s Auf den Befehl des Gottgeliebten Ging er hin und ließ es an nichts fehlen, Um die Sache zu erkunden mit einem Male. Vorher stieß er auf den Bannerträger. Bilal sagte: „Bannerträger 1 io „Bei der Religion, die du verehrst, „Wer ist der Anführer jenes Heeres, um was bemüht er sich ?" Der Bannerträger sagte: „O Bilal, Abessynier! „Bei der Liebe jenes Gottes, der über den Häuptern istl „Sage mir ein Wort in Wahrhaftigkeit." is Bilal sagte: „Beim Haupte des Gottgeliebten 1 „Was du auch sagen mögest, es schadet nichts, „Antwort werde ich dir geben gerne (mit dem Herzen)." Der Bannerträger sagte: „Bilal 1 Welches sind die Grundlägen und Bedingungen eurer Religion?" Bilal sagte: „O über die Größe Gottes! Über den Gottgeliebten, den Propheten Gottes! O Wunderl 3° „Bannerträger, sage: ich bezeuge, daß kein Gott ist außer Gott, und ich bezeuge, daß Muhammed der Prophet Gottes ist." Bravo über den jungschönen Bilal! lS ) D. h. „ich getraue mich wegen der groflen Zahl der Feinde nicht, auf das Minaret zu gehen und zu rufen; andererseits aber ist der-Gebetsruf eine mir von dir auferlegte Pflicht; entscheide da nun, was ich tun soll 8 .

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Dem Bannerträger der Heiden brachte er das Bekenntnis des rechten Glaubens Und machte ihn zum Muselman. Bilal sagte: „Bannerträger! 35 „Wer ist nun der Anfuhrer jenes Heeres, um was bemüht er sich?" Er sagte: „O Bilal, Abessynier! „Der Anfuhrer dieses Heeres ist ein Ungläubiger von den Leuten des Dschulindi; „Er ist gegen Medina gekommen, er sagt: Zerstören werde ich es mit einem Male." Als Bilal solches gehört hat, 3° Wurden alle Haare seines Körpers zu Nadeln, Aus allen Kleidern kamen sie heraus. Er ging zurück zum Gesandten Gottes mit einem Male, Sagt: „O Gesandter Gottes! Mein Haupt möge zum Opfer für dein Haupt werden! „Ich habe wahre Kunde zurückgebracht; 35 „Der Anführer jenes Heeres ist ein Heide des Dschulindi, „Er ist gegen Medina gekommen, er sagt: Zerstören werde ich es mit einem Male. „So ist mit einem Male uns Beunruhigung entstanden. 237 „Imam Omar ging, Weizen zu kaufen; Majestät Ali ging nach dem Hause Gottes, ist nicht zu Hause." Der Gesandte Gottes sagte: „Bilal, fürchte dich nicht; unsere Hoffnung ist Gott." Der Prophete Gottes hebt die Hand empor; s „O Gott! Wenn du nicht mein Volk zur Ausrottung kommen lassen willst *7), „So lässest du einige Engel von unter der Erde für mich hervorkommen18), „Einige von über der Erde lässest du kommen." Da kamen sowohl einige von unter der Erde, als auch einige von über der Erde, alle kamen, um ihre Ehrfurcht zu 10 erweisen dem Muhammed von Medina, »7) Wörtlich: „das Volk von mir zur Vernichtung bringen willst." >8) Wörtlich: „Du bringst (dini)«.



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Sie legten Hand an den Graben, den Graben zu graben. Der Gesandte Gottes ist da gestanden, Bis daß der Graben vollendet war; Sie vollendeten ihn mit Herz und Seele, is Vierzig. Ellen ist er tief, und vierzig breit. Als der Graben vollendet war, Voll von Wasser stand er da, Schilf hat sich dort erhoben. Als Dschulindi sich aus dem Schlafe erhoben hat, 30 Ist das ganze Heer versammelt worden, _ Da kam ein Offizier daher, Er sagt: „Die Zauberkunst des Ali ist sehr vollkommen. „Was bedeutet jener Graben, der [dort] erbaut worden ist? „Gestern sah ich ihn noch nicht'9); „Wann hat man es wohl dem Ali erzählt20)?" Der Teufel sagte: „Er ist hier nicht geblieben, „Es ist dieses: in Mekka leidet er an den Augen 21).a [Dschulindi sagt:] „Das ist die Zauberei des Ali, die da ausgeführt worden ist. „Ratet mir nun allesamt 3» „Wir wollen über ihn [den Graben] Pfeiler und Brücken zurecht machen; „Ich komme nicht alle Tage hierher11). „Ich muß Medina zerstören. „Zerstören muß ich es sofort, „Töten den einzelnen Helden, 35 „Die Welt muß insgesamt mein (für mich) seinl „Nicht dürfen sie am Leben bleiben, die Anhänger des Muhammed." So sprachen seine Wezire: 238 „Das Wort des Teufels ist nicht zuverlässig, „Er hat bei den Götzen und Götterbildern geschworen, „Sagte: Ali ist nicht zu Hause. >9) *>) *') **)

Wörtlich: „gestern fiel er mir nicht in die Augen". Nämlich: daß wir hierher gekommen sind. Wörtlich: „schmerzen ihn die Augen". Sinn dieses Verses?

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„Du darfst dich hiermit nicht zufrieden geben, „Da er gelogen hat, s „Jener Teufel, der verfluchte. „Imam Omar ist nicht zu Hause; „Der Teufel brachte die Botschaft, „Medina sei verlassen und einsam." Der König sagte: „Was soll nun dieser Graben?" «> Er [der Teufel] sagte: „König! Bei deinem Haupte, ich habe keine Kunde davon." — Da ist diese eine Stute des Imam Omar, Sie ist aus seinem Hause entflohen; Sie ist rossig, kann nichts dafür. Die Stute des Imam Omar auf dieser Seite [des Grabens] ist *s unzufrieden, Das RoB des Dschulindi ist ein Rappe, ist schwarz, den Hals voller Sprenkeln (Schönheitsflecken), Auf ihm ritt Dschulindi. Als es13) nun von dieser Seite [des Grabens] mit allen vier Füßen hinübersprang, Legte es den Graben vierzig Ellen tief und breit hinter sich. Dschulindi sprengte in Medina umher von Straße zu Straße; ®> Wehe von mir [dem Dichter]! Die Genossen schlössen vor jenem Heiden ihre Türen, Zwölf Genossen waren an jenem Orte, An Stelle des Imam Omar und seiner Majestät Ali, des jungschönen, Kämpften sie mit Dschulindi, hatten keine Kraft, jene armen; Es ist ein Haufe von zwölf Genossen; Er tötete alle zwölf von ihnen; Seine Hand und seinen Arm besudelte er mit ihrem Blute, Warf sie in den vierzig Ellen tiefen und breiten Graben. Als die Genossen solches erfuhren, Ist allerseits Klagen und Heulen und Weinen, 30 Alle versammelten sich, kamen zu dem Gottgeliebten; Sagen: „O Gesandter Gottes, wir wollen zum Opfer für dein Haupt werden! *3) D. h. das Pferd des Dschulindi. Als der Hengst des Königs die rossige Stute jenseits des Grabens wittert und sieht, springt er Uber den Graben.



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„Imam Omar und Seiner Majestät Ali ist nicht zu Hause; „Jener Heide vernichtet uns allesamt; was sollen wir beginnen?" 35 Der Gesandte Gottes sagte: „Fürchtet euch nicht! Unsere Hoffnung ist der Herr!" Eine andere Schar sagte: „Bei Gott! Diesmal wird Medina mit einem Male zerstört werden! „Weshalb sendest du nicht Boten nach Seiner Majestät Ali?" 239 Der Gesandte Gottes erhebt seine Stimme, Er sagt: „Wenn jemand für mich eine Botschaft zum Löwen Ali bringen wollte, „Der soll ein Schloß im Paradiese für alle Ewigkeit von mir erhalten." Da erhob sich ein altes Mütterchen dort, s Sie sagt: „0 Gesandter Gottes, ich will zum Opfer werden für dein Haupt! „Wenn du mir gutsagend bist^) für ein Schlofi im Paradiese für alle Ewigkeit, „So werde ich heute die Botschaft für dich hinbringen zum Löwen Gottes." Er sagt: „Altes Mütterchen, weißhäuptiges 1 „So tue ich nicht, daß dir [Grund zur] Klage werde; io „Ich werde dir das Schloß ganz sicher geben." Das alte Mütterchen hat so gesprochen: „Für den Weg von neun Nächten und neun Tagen werde ich für dich zum Boten; „Der Weg zwischen Mekka und Medina ist nicht so gering. „Da möchte ich gern meine Sache ganz richtig hören, 15 „Damit ich morgen über dich keine Klage habe, „Mich nicht über dich beschwere beim Throne Gottes; „Ich möchte wissen, ob im Paradiese mein Schloß rot ist oder weiß?« So hatte zu ihr gesagt der Oberste: „Für den Weg von neun Nächten und neun Tagen unterziehst du dich Anstrengungen und tust Dienste, *4) Z u

dieser Redensart v g l . o b e n &

56 Anm. 47.

„Im ewigen Paradiese laß' dein Herz entscheiden über das rote oder weiße Schloß." Wer war es? Das alte Mütterchen, das weißhäuptige, Als sie diese Worte hörte von dem Gottgeliebten, Hat sie ihre Gebetswaschung vollzogen, Breitete ihren Gebetsteppich aus, hat zwei Abschnitte der Sünna und zwei des Gebetes ausgeführt. Sache des alten Mütterchens war das Beten, Sache der Engel das Entgegennehmen, Sache des Bruders Gabriel das Weiterbefördern, Sache des Weltenherren das Gewähren. Wer war es? Die rosigfrische alte Mutter, Zu Gott hat sie viel gebetet: „Medina ist Übles zugestoßen, „Der Löwe Gottes ist nicht hier geblieben, „Bruder Omar ging dahin; „O Herr! Möge meine Reise erfolgreich sein! „Dschulindi ist daher gekommen, „Er ist ein vollkommener Kämpe, „Hat diese Stadt in Umzingelung gelegt, „Zwölf Genossen sind getötet worden, „Niemand hat gegen ihn standgehalten; „Er sagt: Medina werde ich zerstören." Das alte Mütterchen ist da gestanden, Sprach das Gebet zu Ende; Da hat sie ihre Flügel erdröhnen lassend), Flog auf zum Himmel, ist dort gestanden, Sie hat sich vor Majestät Jesus verbeugt, Vor seiner Hand stand sie, Gekrümmten Halses stand sie da. Majestät Jesus hat für sie Fürbitte getan; Ihre Bitte ward erfüllt, Sie sagt: „Gottlob! Meine Angelegenheit ward nicht vereitelt." Dort ist [von ihr] die Erlaubnis eingeholt worden, Das alte Mütterchen ward entlassen, ist zurückgekehrt a

5) Woher sie mit einem Male zu Flügeln kommt, ist unerklärlich.



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Neun Nächte und neun Tage wurden vollendet, Zu derselben Stunde, die da abgemacht worden ist, Um der beiden Buntäugigen16) willen, Der Gottgeliebten, Berühmten, »o Entbot sie Ihro Majestät der Fatime den Gruß. Majestät Fatime sagt: „Mit euch sei Friede und die Gnade Gottes, altes Mütterchen, willkommen bist du, sehr willkommen; „Komm! Iß an meiner Seite einen Bissen Speise und Brot." Das alte Mütterchen sagt: „O Majestät Fatime! Es ist wahr, ich bin einen weiten Weg gekommen, aber ich bin satt, nicht daß ich hungrig wäre. „Weißt du nicht, was für ein Kampf in der Heimat der Eltern vorgefallen ist? „Gekommen ist gegen Medina ein Ungläubiger, Dschulindi; „Er hat getötet zwölf Genossen des Propheten, „Er sagt: Ich werde Medina zerstören mit einem Male; 30 „Der Gesandte Gottes hat mich geschickt mit Botschaft" Majestät Fatime sagt: „O Ali! Wehe Ali! „Der Bote des Gesandten Gottes ist hierher gekommen mit einem Male, „Während ein Kampf in der Heimat meines Vaters stattfand; „Und du hast nun deine Augen um meinetwillen geschlossen." 35 Er sagt: „Fatime Khan! Vor Gott schäme dich! „Du rede zart mit mir, „Heut ist das Feuer meiner Augen sehr heiß." 241 Fatime sagt: „O tapferer Ali! Wenn dir nicht verblieben ist die Kraft (Kunst) der Männer, „So gib mir den Duldul mitsamt den Waffen; „Entweder werde ich Rache nehmen für jene Genossen, „Oder ich geselle mich ebenfalls zu ihren Schmerzen." l 7) 5 Majestät Ali sagt: „O altes Mütterchen, Falkenäugige! „Gehe hin, bete eine Fürbitte für mich vor dem Throne Gottes." Wer war es? Das alte Mütterchen, das weißhäuptige, Sie ging hin, hat ihre Gebetswaschung vollzogen, ' Es erschien am Himmel eine schwarze Wolke, Salbe und Pulver regnete aus ihr flugs, Die Augen dieses trefflichen Helden wurden davon wie eine frische Blume. A u f den Befehl des Allmächtigen erschien am Himmel eine dunkele Wolke, Augensalbe und Pulver regnete aus ihr *s Für die Augen des lieben Helden. Wer war es? Das alte Mütterchen, das weißhäuptige, Mit gesegneter Hand ergriff sie ein Spähnchen*8) aus Koralle, Zog es die Augen des Löwen Ali entlang. Du schwöre einen Eid! Sage: es sei nicht das Geringste von 30 Schmerz mehr in seinen Augen, Jetzt öffnete sich sein Auge, Feind des Dschulindi ist er. Die Ungläubigen wird er vernichten mit einem Male. Der Imam ruft: „O Kamber*9)! „Bringe mir den Duldul heraus, „Lege ihm auf den prächtigen Sattel, 35 **) küciu „Salbenholz" ist das kleine Stäbchen aus Holz, Eisen, Elfenbein oder Koralle, vermittelst dessen die Augensalbe zum Färben der Wimpern an die Lider gestrichen wird. *») Name eines Sklaven des Ali.



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,,Die Reise nach dem Hause des Oheims habe ich mir vorgenommen." Als man Duldul herausgebracht, 242 Ihm den prächtigen Sattel aufgelegt hat, Zog der Imam selber ihm Riemen und das Vorderzeug fest an; Er setzte den Fuß in den Bügel, schwang sich hinauf. Wer war es? Der Löwe, der rosigfrische; 5 Soviele Genossen und Vornehme standen rings um ihn, Er blickte auf die Leute, Majestät Fatime ist dagestanden, Alle ihre beiden Augen voller Wasser, Herab kommt es wie ein Gießbach; «o Sie sagt: „Das Medina meines Vaters ist nicht mehr, „Blind mögen mir werden alle beide Augen! „Der Löwe Gottes, weshalb steht er hier? „Nach meiner Meinung hat er sich vor Dschulindi gefürchtet, „Warum geht denn nicht einer dorthin?" 15 Majestät Ali sagte: „Ich will heute einen Vorwand an ihr suchen, vielleicht daß sie meinen Hals dann frei macht3°); wenn sie heute meinen Hals nicht frei macht, wird es weiterhin nicht geschehen (getan) bis zum Grabe." Er rief: „O Fatime mit den hanftrunkenen Augen! „Diese meine Reise [jetzt] ist meine letzte 3'), k> „Du wirst mich niemals wiedersehen." Majestät Fatime weint, Sie sagt: „Löwe Gottes, einzig ausgezeichnet bist du! „Das Medina meines Vaters ist bedrängt, deswegen suchst du an mir Vorwand und Vorspiegelung. „Was soll ich tun; heute befinde ich mich so: «s „Das Medina meines Vaters ist in Bedrängnis. „Gehe, zieh' hin, meinen eigenen Anteil am Paradiese gebe (gab) ich dir ganz und gar (vom Kopf bis zum Fuß)!" 3°) Ali will die Gelegenheit benutzen, von irgend einer ihm listigen Verpflichtung seiner Frau gegenSber loszukommen. Welcher Art diese Verpflichtung sei, wird nicht gesagt. Mirza Dschewad vermutete, etwa die Zahlung des Brautgeldes! 3«) Wörtlich: „einmalig«.



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Majestät Ali sagte: „Fatime, du bist gütig! „Dein Wort ist angenehmer als das Lebenswasser; „Was soll ich mit deinem Paradiese beginnen; das meinige ist größer als das deinige. „Fatime, mit Augen, wie vom Hanf trunken! 3° „Ich will dir etwas sagen in Aufrichtigkeit. „Heute Nacht nicht, in der verflossenen (anderen) Nacht „Kam Majestät Gabriel als Bote, „Er sagte: Ich bin gekommen auf Befehl Gottes. „Diese meine Reise ist meine letzte, 35 „Man wird mich töten und ich habe keinen Ausweg. „Dieses ist das letzte Mal, daß wir uns sehen?1), „Blind mögen sein die Augen des Ali. 243 „O Gott! Wer sollte voller Verlangen nach dir sein, daß er nach mir mit dir niedersäße in rechtmäßiger Ehe! „Der Todesengel ist mir gekommen von der Hand des Dschulindi, „Kaum je ist ein Held wie er, Kraft in der Hand." 5 Majestät Fatime sagte: „Bei jenem Gotte! „Darum suchst du einen Vorwand an mir, weil das Medina meines Vaters in Belagerung ist? „Gehe, zieh' hin! Dein Hals möge wohlbehalten und frei sein, auf dem Pfade Gottes um Seiner Majestät des Gesandten Gottes willen!" Wer war es? Jener Löwe, der rosigfrische, Sein Wohlbefinden ward vollkommen, Er hat einen Blick hinter sich geworfen, So viele Vornehme sind dagestanden, Allesamt haben sie für ihn zu Gott gefleht. Und jene Fatime, die rosigfrische, 15 Ihr Auge, möchtest du sagen, ist ein Stern und hat Flammen gesprüht. Duldul hat ein Geschrei erhoben, Majestät Ali hat den Kampfruf angestimmt, Zu dem Herren der Welt hat er gefleht, 3*) Wörtlich: „das von mir und dir (seil, tßdär) wird zum letzten Sehen". Vielleicht ist aber der Sinn: „mein und dein Schicksal wird zum Wiedersehen im Jenseits (äkhirät')".

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m Gebet zum Propheten gesprochen. Das alte Mütterchen, das vollkommene, Sie kam an jenem Tage, und kehrte [auch] wieder zurück. Der Löwe sagte: „Lebet wohl!" Duldul war ein Vogel [an Schnelligkeit], über alle Vögel ist ihm Überlegenheit, as Aber so sehr er sich an jenem Tage auch anstrengte: er holte das alte Mütterchen nicht ein. Das alte Mütterchen hat solches gesagt: „Wenn ich zum Mittaggebet nicht wieder in dem gesegneten Medina anlange, so wird mir das Gebet in der Versammlung33) entgehen." Die alte Frau sagte.: „Ali hat die Riemen des Duldul zu 30 fest angezogen, er ist in Zorn; Duldul kann nicht laufen; laß' mich mit ihm von seinen S c h u l d e n 34) reden, damit er wieder etwas ruhig wird, und die Riemen des Duldul passend macht. Duldul wird dann gut laufen, wir werden schnell nach Medina zurückgelangen." Der Imam hat die Riemen und das Vorderzeug passend gemacht Weder ferne noch nahe an dem alten Weibe geht er. — Die alte Frau ruft: 35 „Der Weg von Mekka nach Medina ist als ein Weg von neun Nächten und neun Tagen bekannt." An demselben Tage, an welchem sie hinging, kehrten umgehend sie wieder zurück, Ungefähr um die Mittagszeit entboten sie dem Gesandten Gottes den GruB. 244 Der Gesandte Gottes sagte: „Ali! Wehe Ali! „Iß' an meiner Seite einen Bissen Nahrung und Wegzehrung, „Damit du nicht etwa im Kampfe mit jenem Heiden zugrunde gehest 1" Er sagt: „Oheim, o Oheim! s „Auf die Oberfläche (Rücken) meiner Zunge kommt (geht) mir nicht das geringste an Speise, 33) D. b. in der Versammlung der Gläubigen, also das Freitagsgebet in. der Moschee. 3«) D. h. ihm vorhaltet), was er mir verdankt.

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„Ehe ich nicht Rache für jene zwölf Gefährten nehme ganz und gar." Der Gesandte Gottes sagte: „Bruder Ali, o Bruder! „Iß bei mir einen Bissen reiner Nahrung und Wegzehrung, „Damit du nicht etwa im Kampfe mit jenem Heiden zugrunde gehest 1" Er sagt: „Oheim! Einen Eid bei deinem Haupte! Bei den vierunddreißig Kapiteln des Gotteswortes! „Auf meine Zunge kommt keine Speise, „Ehe ich nicht Rache für jene zwölf Gefährten nehme, für alle!" Majestät Ali steigt zu Pferde, die Straßen entlang ging er hinab. Als Dschulindis Auge auf Majestät Ali fällt, macht er sich auf. Zaumzeug und Halfterkette sind gefertigt aus Gold und aus >s Silber, Er hat die Absicht, den tiefen Graben ineinander zu werfen. Majestät Ali ruft: „Dschulindi, Dschulindi mit schönem Federbusch ! „Jene Reiherstutze und Federn auf deinem Kopfe mögen dir nicht siegbringend sein; „Weshalb hast du Medina meinem Oheim in Aufruhr versetzt? „Dschulindi, o Dschulindi mit den wehenden Federn! „Der Schal und der Reiherstutz und die Federn auf deinem Haupte mögen dir nicht gesegnet (vollkommen) sein; „Weshalb hast du Medina meinem Oheim vernichtet?" Dschulindi sagt: „Ich bin der Sproß, der Sproß des Löwen, „Niemand wagt sich gegen mich, „Wenn es nicht der Löwe Ali ist; und auch der wird mir seinen =>s Hals darbieten, „Wird mir das Gebiet von Medina übergeben." Majestät Ali sagt: „Ich bin der Vater des Hasan, der Väter des Husain, „Bin der Schlangenkönig mit blutiger Kralle; „Wenn ich nicht sterben sollte, werde ich heute dir den Geist aus dem Körper rauben. „Der Vater des Hasan bin ich, Vater des Husain bin ich, 30

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„Bin der Schlangenkönig mit (?)35) Kralle; „Wenn ich nicht sterben sollte, werde ich heute deine Seele von dem Körper abbeißen." Dschulindi sagt: „O Ali, Kampfkundiger! „Willkommen ist [mir] in diesem Kampfe deine Stimme. 35 „Blicke auf Duldul: gerissen sind ihm Brustriemen und Gurte." Als der Imam Ali auf Duldul hinabschaute, Führte Dschulindi einen Keulenwurf gegen den Scheitel seines Hauptes, 245 Bis zum Brustband an dem Duldul brachte er ihn hinab auf (in?) die harte und trockene Erde36). Duldul kam heraus aus der Erde und dem Staube, Begann zu wiehern und mit den Hufen zu scharren. Majestät Ali sagt: „O Zulfiqar! s „Bei jenem gütigen Gottel „Beim Haupte des zarten Propheten! „Ich will dich schlagen auf jenes Hundeaas 37); „Hauest du ihn nicht in Stücke, wie eine Gurke, „Dann will ich dich nie wieder um mich gürten, to „Werde dich tragen zu dem Meister* „Dich machen lassen zu Hufeisen und Nägeln, „Mit den Hämmern sollen sie dich weich machen, „Für den zarten Duldul, „Die Welt muß sich wenden 38) mit einem Male." is Als er einen Schwerthieb führte auf den Scheitel des Hauptes des Dschulindi, Wenn da Majestät Gabriel nicht seine Flügel vor es (das Schwert) gelegt hätte auf Befehl Gottes, Dann wäre damals die Welt umgestürzt mit einem Male; 35) Mirza Dschewad erklärt bät „der Fettschwanz der Schafe"; doch mir weder diese, noch d i e anderen sonst bekannten Bedeutungen des hierher zu passen. 3*) Ich vermute, der Sinn dieses Verses soll sein: Dschul. schlug waltig, dafi Duldul mit seinen FOfien infolge des Schlages bis an den an die Brustriemen, in die Erde, obwohl sie hart war, einsank. >

37) gol = der männliche Hund; mindir = neupers. Ji^y 3*) Das Oberste zu unterst kehren.

» krepiert".

scheint Wortes so geBauch,



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Dschulindi sagt: „O Ali! „Dies dein Schwert ist ein egyptisches; „Aber dieser dein Hieb gilt mir nichts." Er sagt: „Unheil falle auf dich, Hundeaas! „Schüttele dich; du selbst mitsamt deinem Pferde bist zu vier Stücken geworden." Da fiel er selbst und sein Pferd zur Erde. — Wer war es? Die Gefährten, die armen, In den Gassen erhoben sie ihr Haupt39), »s Segenswünsche gaben sie dem Propheten, der Majestät Ali sprachen sie Dank aus. Wer war es? Die Gefährten-, die zarten, In Strafien und Gassen erhoben sie ihr Haupt, Segenswünsche gaben sie dem Muhammed Emin. In eben diesem Augenblicke langte Imam Omar an von der 3» Reise zum Getreidekaufen. Wer war es? Die Gefährten, die tapferen, Segen dem Propheten, Siegesglückwunsch 4°) der Majestät des Ali [spendeten sie]«1). Sie sagen: „O Imam Omar! Wo ist der Weizen her, sein Preis ist wie hoch (um wie viel)?" Imam Omar sagte zu ihnen: „Der Majestät Ali sprechet Dank aus! 35 „Der Weizen ist gottlob! billig: „Schade ist es, daß er in den Magazinen der Ungläubigen ist. „Gebt vierundzwanzig Schoppen^) Geldes, so gibt man euch 246 einen Schoppen Weizen; du wirst sagen, es seien Korallen".43) Sie brachten die Kunde nach Hause und zu den Angehörigen. 39) Wörtlich: „aus Strafien und Gassen brachten sie ihr Haupt heraus". Sinn: „sie wagten sich nun wieder auf die Strafien". 4») Wörtlich: ( j j j j ^ k J d . h . sie sagten: „Möge dein Glaubenskampf siegreich sein". 4>) Wörtlich: „Segen dem Propheten und Glückwunsch dem Ali ist". 4») rubä ist ein Hohlmafl. — 4 pud = 1 täghär = 30 rubä (1 püd= 2,5 män i täbrizi). 43) So grofikömig ist er.

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Wer war es? Imam Omar, der stramme**), s über jenen Graben machte er seinen Arm zur Brücke, Die Leute gingen auf ihm hinüber. Das Maultier des Khalid Ibn Welid ist sehr wild 45), Auf der Hand des Imam Omar sprang es hin und her. Er sagt: „O Maultier des Bruder Khalidl Um seinetwillen mögest du stets wertvoll (teuer) sein, mögest du deinen Kopf behalten I •o „[Aber] solange du lebst, sollst du keine Leibesfrucht habenI" Der Gesandte Gottes sagte: „Ali, o Alil „Höre auf sie zu töten, Ungerechtigkeit gegenüber jenen Armen ist nicht gut." Er sagt: „Lieber Oheim I 1 „Bei jenem Gotte, dem ewigen! is „Ich lasse nicht ab von jenen Ungläubigen, „Ehe nicht das Blut kommt46), und die Köpfe hinwegschwemmt (hinwegträgt).w Es geschah nicht so, daß das Wort des Löwen Gottes gebrochen wurde 47). Es erschien am Himmel eine dunkle Wolke, Regengufi regnete aus ihr, 20 Soviel Blut kam [geflossen], es schwemmt weg Köpfe und gekrümmte Leichen. Der Imam blickt auf die Sonne, Er sagt: „O Herr! Ich mag das Gebet nicht versäumen, „Sonst brennt meine Seele im Höllenfeuer. a — So haben sie den Dschulindi vernichtet, »5 Jenes Heer, nicht ein Ungläubiger blieb am Leben. Rahman Bekir ist geworden zum Dichter [dieses Gedichtes]. 44) gird bezeichnet einen Menschen, der weder zu mager ist, noch zn viel Fleisch hat 45) X f i „ v o r dem man nicht fliehen kann". 4*) D. h. so in Strömen fließt, daß . . . 47) Sinn: Nun geschah etwas [Merkwürdiges], damit das Wort des Ali nicht gebrochen würde. Mann, pers^kurd. Samml. IV. 3.9. 25

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X. Der

Nasenring.

V o r b e m e r k u n g . Das Gedicht, das wohl kaum sehr alt ist, zerfällt in zwei, durch den parallelen Eingang (Text Seite 247 Zeile ioff. und Seite 250 Zeile 12) charakterisierte Teile, in deren erstem der Jüngling das von seiner Geliebten gewünschte Hemd beschreibt, während im zweiten er den beim Tanze verlorenen Nasenring des Mädchens sucht. Die grotesken Übertreibungen, mit denen der Jüngling die Feinheit des Hemdes beschreibt, und in denen er seiner Trauer um den Nasenring Ausdruck gibt, erregen auch bei den kurdischen Zuhörern stets die grö&te Heiterkeit Ich kann mir nicht versagen, auch hier nochmals auf den höchst graziösen Bau der Strophen Text Seite 248 Zeile 16 ff. hinzuweisen, die wohl das Feinste darstellen, was wir bisher an orientalischer Poesie kennen gelernt haben.

Ein Dom')-Mädchen war in einen Dom-Jüngling verliebt. 30 Eines Tages war Tanzfest; man kam zu dem Jüngling, sagte: „Singe uns Lieder; wir werden Tanz veranstalten, so Gott will." Der Jüngling sagte: „Wartet auf mich bis zum Mittag; am Mittag werde ich euch Antwort geben." Die Männer gingen. Der Jüngling schickte nach dem Mädchen, sagte: „Im Hause des Meisters Scheikh Ali haben sie Tanzfest, soll ich hingehen oder soll ich nicht gehen?" Sie sagte: „Ja, du 35 mußt gehen, mußt Tanzmusik machen."1) Am Mittag kamen sie wieder zu ihm, sagten: „Wirst du für uns Tanzmusik machen oder nicht?" Er sagte: „Ja; ich werde kommen." Der Jüngling machte sich auf, ging nach dem Platze, fing an mit den Liedern. Er machte die Festteilnehmer tanzen 3), da sah er, daß seine 247 Freundin nicht gekommen war; er weinte; sagte [zu seinem Schüler, Assistenten]: „O Schüler, spiele du auf (mache diese Gesellschaft tanzen)." Er begab sich hinaus, ging zu seiner *) Dom, ein zigeunerähnlicher Kurdenstamm, siehe oben S. 141, Anm. 16. *) Der Tanz der Kurden wird selten nach Instrumentalmusik ausgeführt, sondern nach dem rhythmisch scharf akzentuierten Gesänge des Vortänzers, der den Reigen der Tanzenden anfuhrt. Den Text einiger Tanzgesänge „Maqamen" habe ich in Märiwan (pers. Prov. Kurdistan) aufzeichnen können. 3) Entweder so zu erklären: gir&tt = ^ j j ^ t j j i „drehen machen" und d&wat = „die das Fest feiernde Menge". Oder vielleicht auch girän im Sinne von „erzählen, rezitieren"; dann wäre, wie auch oben, däwät= „Tanzlieder".

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Freundin, sagte: „Mein LebenI Ist es dieses, daß man dich [mir] abspenstig gemacht hat; weshalb weinst du?" Sie sagte: „Bei Gott! Niemand ist in Beziehungen zu mir getreten4); aber ich habe kein Hemde; deshalb komme ich nicht." Er 5 sagte: „Dann werde ich auf das Tanzfest gehen, werde dich besingen; Zeug gibt es ja bei den Juden, nach was für einem Hemde du Verlangen trägst5), das kaufe."6) Er sagte [weiter]: „Ich habe doch drei Hemden für dich gemacht." Sie sagte: „Schließlich hat ja auch meine Mutter vier Hemden für mich .gemacht; sieben Hemden habe ich; aber keine von ihnen sind nach meinem Gefallen." Da sagte er: „Ich werde hingehen und dich besingen." Er ging hin, sagt: „An einem Tage von den Tagen, am frühen Morgen, io Steht meine Geliebte vor der Halle, Mit ihren gedrehten (röhrenförmigen) Locken guckt sie um sich, Ihre Stirne ist schön, wie der Mond am Himmel. Mit ihren schwarzen Augen weint sie, Ihre Wange ist wie eine Fackel, die da so im Diwan steht, is Ihre Nase ist Rubin, höchstens daß Heyas7) der weise ihren Wert kennt; Ihre Lippe ist Seidenstoff aus dem Laden, Ihre Zähne Edelsteine, solche aus der Fabrik. Ich fragte: „Warum weinst du, o mein Leben und mein Auge, o schöne Jungfrau?" Sie sagt: „Ich habe kein Hemde, um zum Tanz zu gehen." 30 Ich sage: „Du Leuchte meiner Augen, mein Edelstein und Perle! „Ich war kein Vogel, daß ich mit Flügeln fliegen könnte, „War kein edles Roß, daß ich selbst wiehern könnte, (?) „Daß ich gehen könnte nach Ägypten und Syrien, um ein Hemd zu kaufen. 0 Wörtlich: .Niemand hat ( = Freundschaft, Liebe) mit mir gemacht". 5) Wörtlich: „Welches Hemd dein Verlangen erregt (dini = pers. 6) Er meint also, daß sein Lied wohl die Anwesenden veranlassen würde, ihm Geld zu schenken, von dem sich dann die Geliebte das Hemde kaufen könne. 7) Wezir des Mahmud von Ghazna. »5*

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„Daß ich gehen könnte nach Ägypten und Syrien, „Wenn auch mir darüber hingingen sieben volle Jahre, „Das Wasser der Ortschaften sei mir verwehrt, „Hundert Jahre lang möge ich selbst immer Sklave sein, „Nur damit jenes Hemd durch mich fertig werde, „Wie war (blieb) ich erstaunt über das Werk Gottes." — Eines Tages von den Tagen ging ich zum Bazar, 30 Einen Syrer sah ich, er trägt Seidenzeug umher, Eine halbe Elle kaufte ich von ihm um dreihundert Goldstücke, Und zweihundert gab ich ihm, damit er es nicht zurücknehme. O Gott, ihr Meister! das Hemd soll fein werden: In jeder Naht soll ein Rubin darin sein; 35 Meine Geliebte ist böse und ist damit nicht zufrieden! Ich muß sie zufrieden stellen, sollte auch die Welt zerstört werden; Wenn sie böse ward, kann ich nicht arbeiten. 248 Ich kann nicht arbeiten, ich werde kopfwüst, Voreingenommen und kummervoll gehe (ging) ich hinter dem Stamme hinterdrein, Die Freunde und Anverwandten spotten meiner. Hai! Bringt die Kunde, das Hemd kam. s Saget zu meiner Leila, sie möge kommen, es sich zu holen. Da sagt sie: „Ich will das Hemd: rein von Tuch sei es, „Rings um den Saum sollen Perlen und Rubinen sein, „Gerade auf den Brüsten soll ein Stückchen Smaragd sein. „Ich will das Hemd, rein aus Seidendamast sei es, „Sein Halssaum sei aus Seide 8 ), sein Futter sei marmorierte Seide, „Mit Rubin und Diamant sei es [wie mit] Rosenwasser besprengt, „Indischer Kattun sei sein Stoß. „Die Mitte der Brüste9) sei mit Bildern verziert, „Die Arbeit sei offensichtlich gleich der von Hindostán!" «s „Hundert Meister will ich vom Umkreis der Erde, Zweihundert Gesellen sollen kommen selbst und mit der Nadel, *) känäwüz (so M. Dschewad) ist eine besondere Ait Seidenstoff, = pers. i j t j j L l S , welches Woit ich aber nicht nachweisen kann. 9) D. h. der Kaum zwischen dem Platze für die beiden Brüste.

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3§9

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Das Hemd soll genäht werden aus den Spitzenblüten der Weinrebe, Am Körper meiner Geliebten soll es von selbst erschauern. »o „Hundert Meister will ich aus Bani Koi 10 ), Achtzig aus Mosul, sechzig aus Uschnu, Das Hemd soll genäht werden aus den Blüten der Zitrone. Laß es dünn sein, Zart und weich sein, 35 Für die Adleräugige. — „Dreihundert Meister sollen kommen hierher aus Lahidschan, Sechzig sollen kommen aus Mosul, vierzig aus Teheran, Das Hemd soll genäht werden aus den Blütenspitzen des Basilicum. Laß es dünn sein, 30 Zart und weich sein, Für die Schlanke. — « „Dreihundert Meister sollen kommen von Diryaz 11 ) her, Vierzig aus Eriwan, sechzig aus Schiras her, Das Hemd soll genäht werden aus den Blüten der Zwiebel. 35 Laß es dünn sein, Zart und weich sein, Für die süße«) Braut.« — 249 O Versammlung der Freunde^)! lauscht auf diese Geschichte! Blickt auf diesen Jüngling: wie ist er aufrichtig! In der strahlenden Welt ward er zum Einsiedler1^, Angeblich ein Dorf nördlich von Saqqiz (?). " ) Ein kleines Dorf im Distrikt Scharweran, drei Stunden nordöstlich von Soudschbulaq. n ) Näz könnte auch Eigenname sein: „für die Braut Naz". •3) Das folgende Stück, bis einschl. Text S. 250, Zeile 11, ist nun als vom Dichter gesprochen zu denken. •4) y ö l y i „Taucher". Wörtlich: „ Von der Welt weg ward er zum Taucher", d. h. er tauchte von der Welt hinab, etwa in das Meer der Einsamkeit.



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Aus Sehnsucht nach jenem Mädchen ward er taub und ohne Besinnung, Ich weiß nicht, ist er Inder oder Bilbas'5). Um Gottes willen! erkenne ihn als treu. Nun zieht die Geliebte es nicht an, niemals jenes Hemd. Da sagt er: „Was soll ich denn nun tun auf der Welt? „Mehr als dieses wird nichts von mir zustande gebracht. „Ruft für mich die Seyyid und Mullah, „Mit ihrer Mutter sollen sie bei ihr Fürbitte tun, „Daß nicht meine Mühe umsonst sei"16). Sie taten Fürbitte bei ihr um alle Welt: „Komm', das Hemd ist fertig, gehe zur Fröhlichkeit, „Tanze heut bis zum Sonnenuntergang. >s „Dein Herz sei nicht betrübt, freue dich!" Sie sagt: „O Seyyid und Mullah! Wie bin ich voller Ärger (Leber)! „Ihr denkt so, daß ich sehr bedauernswert sei, „Ihr meint, ich sei viele Wohltaten empfangen habend. „Den Staub von sieben Dörfern, ich werde ihn auf meijj Haupt tun, „Wenn es dies Hemd sein sollte, es kommt nicht an meinen Leib (um mich). „Diese Leute denken, ich sei verrückt, „Ihr möget denken, ich sei verlassen und ohne Freunde, „Gott bewahre! und er möge es verhüten, daß ich so bedauernswert bin. „Ich werde kommen, werde tanzen, um auch mich zu ergötzen." =5 Als solches merkte jene Schöne, Kam sie, faßte die Hände [der anderen] zum Tanze, Stampfte die Erde bis zum Sonnenuntergang. Ein goldener Ring ist an ihrer Nase: An ihre Nase hat sie ihn getan wegen der Schönheit l7); 30 So viel tanzte sie heute, •5) Der Vers ist hier offenbarer Unsinn, wohl von Rahman eingefügt, weil ihm gerade der schön herpassende Reim einfiel. ,6

)

iO K> Oj^J ^»•Ta-j.

•7) D. h. „um schön auszusehen".



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Daß er von ihrer Nase herabgefallen war, sie selbst merkte es nicht. Sie selbst merkte es nicht, so ward er Lebensopfer [für sie]. Nun hatte sie ja so sich gegen jenes Hemde gesträubt: 35 Gottlob! Auch der Ring verblieb ihr nicht. Bis zum Abend, bis zur Zeit des Sonnenunterganges, Da ward das Fest aufgehoben, die Leute gingen nach Hause. 250 Als sie nach Hause ging, hat sie die Augen gewaschen, Ihre dattelfarbigen Locken sind einzeln geordnet worden18). Als sie den Spiegel sich geholt hat, Sieht sie, daß ihre Farbe verbrannt ist; 5 Sie blickte auf ihre Nase: der Ring ist nicht mehr da (nicht verblieben). „Was soll ich tun, was soll ich beginnen 1 ^, ich armel „Ob nicht der Gott der Welten mich [helfend] bei der Hand fasse! „Ich habe nicht das Hemd von ihm angenommen, von jenem Armen, „[Drum] hat Gott solches mir angetan, ich ward von Gottes Zorn getroffen." — Der Jüngling sagte: „Laß' mich hingehen, zu sehen, ob das Hemd genäht worden ist, oder ob es nicht genäht worden ist." 10 ) „An einem Tage von den Tagen, zur Zeit des jungen Frühlings, Ging ich durch die Reihe der Häuser hinab, Da ist meine Geliebte gestanden, schmollend und böse. >5 Die Tränen ihrer Augen ließen sich gar nicht beruhigen, Sie kamen über die Wangen hernieder. •«) Wörtlich: „Stück für StUck gemacht worden". •9) Das cipkäm, ci bekirinim ist eine noch jetzt sehr häufig im Gespräch gebrauchte Redensart. Die Situation ist so zu denken: Der Jüngling will nun am Morgen nach dem Fest das bestellte Hemd abholen. Als er zur Geliebten kommt, findet er sie Uber den Verlust des Nasenringes weinend. Darüber berichtet er in den folgenden Versen: „An einem Tage von den Tagen . . bis zu dem Verse: „Ob ich etwa gehen soll nach dem Gebiete von Medina?" Von da an setzt wieder die Erzählung des Dichters ein.

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Iii meinem Herzen ward entflammt ein unbezähmbares Feuer; Ich fragte: „Warum weinst du, zarte Geliebte? „Aus Mitleid mit dir hat mein Herz keine Ruhe!" Ich fragte: „Warum weinst du, mein Leben, mein Auge, süße 2» Geliebte!21) „Die eine Locke in Henna [gefärbt], die andere dunkelrot". Sie sagt: „Der Nasenring entfiel mir zur Zeit des Abends; „Ob ich etwa Boten schicke nach Benar?"14) Ich fragte: „Warum weinst du, o Reichtum meines Vaters, o mein Leben und mein Auge, zarte Geliebte! »s „Du wardst für mich zur chinesischen Feentochter." Sie sagt: „Der Ring meiner Nase, eine Arbeit aus Merdin, „Von meiner Nase ist er gefallen beim Tanzen; „Ob ich etwa gehen soll nach dem Gebiet von Medina?" Als der Jüngling erfuhr diese schwarze Kunde, Tut der Jüngling den Staub von sieben Dörfern auf sein Haupt, Er sagt: „Wenn ich nicht sterbe, sondern lebe und am Leben bleibe, So muß ich, so Gott will, diese Sache in Ordnung bringen, Oder ich werde meine Habe ganz und gar preisgeben, Oder es ist dies, daß ich mein Haupt vernichten lasse, 35 Oder ich gehe nach Isfahan, hole einen Ring. Oder es muß mir der Lebenspfad abgeschnitten werden, Oder ich gebe meinen Stamm auf, so daß ein jeder es weiß. 251 Verwehrt soll mir [dann] .sein Germian samt dem Alpenlande, Nie mehr werde ich den Hammer auf den Ambos schlagen Mir will ich selbst verwehren den Lebensweg, Oder ich werde wegen des Ringes nach Isfahan gehen, Um meinen Reisezweck soll jeder wissen." In demselben Augenblick sagte er zu den Agenten: „Geht für mich umher in allen Häusern, Sowohl bei den Erwachsenen, wie auch bis zu den Kindern, Sowohl bei den Kindern bis zu den Greisen, ") zhäAgäri, ") *3)

Der Versschluß ist natürlich näzddre; neuer Reim zu den folgenden ewäri. Eine Unterabteilung der Landschaft Mergawer. Eine der Haupttätigkeiten der Dom ist das Schmiedehandwerk.



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Sie sollen trauern um ihn 2 *) sieben Jahre lang. Allen werde ich euch die Köpfe abschneiden, euer Haus soll geplündert werden1?). Wenn er diesen (den) Befehl des Königs liest, So wird der Häuptling der Bebbe 1 6 ) erstaunt sein, •5 So wird in diesem Jahre Isa Agha*7) keine Steuern [von den Dom] nehmen, Die Nachkommen des Pir Ghaib müssen mich grüßen, Wenn der Herbst herankommt, veranstaltet keine Jagd! Macht kein Hetzgeschrei am Flusse von Germau! Von Azerbaidschan bis zum Gebiete von Iran, 20 Karawanen sind aufgehalten, alle Wege versperrt, In der Stadt Sinna 28 ) sind die Läden aufgehoben, Der Ring ging verloren! O großes Wehklagen! Iran und Turan, Bagdad und Isfahan, Tebriz und Teheran, Tschizir in Bohtan, n Serdescht und Sinna, bis zum Gebiete von Saqqiz 2 9), Die Welt ward aus Trauer um den Ring betrübt. Serdescht und Sinna, bis zur Gegend von Uschnu, Alle Welt sitzt da, die Hand auf dem Knie, Urmia und Meragha bis Qandahar, 30 Bazar und Läden gibt es nicht mehr in der Stadt, Laßt Wind von oben nie mehr herabkommen3°); Regierung soll nicht ausüben dieser Oberkönig, Nicht kann diese Welt zur Ruhe kommen, Verkehr möge abgeschnitten werden auf den Wegen der Wanderer! 35 Regierung soll nicht ausüben der König von Amedia, m) Um den verlorenen Ring. »5) „Wenn ihr nicht Trauer anlegt". Großer Kurdenstamm, in der Umgegend des türkischen Sulaimaniye. >7) Die Domstämme der Provinz Mukri-Kurdistan sind einem der Agha der Mukrian tributpflichtig. Im Jahre 1903 war dies Isa Agha in Yalabad, etwa fünf Wegstunden südlich von Soudschbulaq. *') *9) gehörig; 3°)

Hauptstadt der persischen Provinz Kurdistan. Serdescht, Stadt und Distrikt südlich von Soudschbulaq, zu Mukrian Saqqiz östlich davon, noch zur Provinz Kurdistan gehörend. Sinn?



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Die Dasini und Dinadi, die Sima3>) und Yezidi, Nicht sollen sie gehen zur Wallfahrt nach dem Grabe des Scheikh Adi! Die Dasini und die Dinadi, das ganze Land, 252 Ich will nicht, daß jemand Lanzenspiel vornehme! Ich will nicht, daß jemand Stockspiel mache, Fortwährend sollen sie trauern wegen der Schönen! Gott muß von dieser Angelegenheit erfahren, s Oder ich werde das Land Iran vernichten. England und Rußland muß es erfahren, Auch die sollen Trauer tragen wegen der Schönen, Der Ring entfiel ihr in der Reihe des Tanzes! [Die Stämme] Senga und Delo, und der Stamm der Palan v), 10 Die Lekk und Zengene33), die Angehörigen der Bebbe, Das Land der Hirten, Lus (?) und Roschban (?), Auch dort wußten sie um die allgemeine Trauer um den Ring. Dort saßen sie nieder in Herzbetrübtheit, Sagen: „Eine Kunde kam aus dem Lande Iran, 15 „Auch ganz Germian muß darum wissen, „Der Ring ging verloren, niemand merkte es!" Der Ring ging verloren in der Tanzreihe der Burschen, Diesmal schickte Isa Agha um Geld; Dort färbten sie [schwarz] ihre Tücher und Mützen. Der Ring ging verloren! Trauer sei bei den Burschen! Viel Weinen ist entstanden für die buntäugigen, Die Leute wurden traurig ohne Schuld und Fehle. Insgesamt Trauer tragend ward das Volk von Iran, Bringt Nachricht, daß es der König erfahre, Daß er sich erbarme wegen der [allgemeinen] Lebensführung, 3') Alle drei Namen sind nach Mirza Dschewads Angabe Namen für die Yeziden. Nach Rieh, Narrative of a residence in Koordistan, vol. II pag. 87, sind Dassini und Dinnadi Namen von Unterabteilungen der Yeziden; während derselbe Autor ebenda, pag. 21, Dassinee als den bei den Bebbeh gebräuchlichen Namen der Y. angibt. Mirza Dschewad wollte däsini dtnä (ohne ») lesen und erklärte: „diejenigen, deren Religion dasini ist"; offenbar falsch. Vgl. auch Hoffmann, Auszüge aus syr. Akten pers. Märtyrer, S. 202 ff. 31) Die beiden ersteren angeblich bei Sulaimaniye; die Palan in Schehrizur. 33) Stämme aus der persischen Provinz Kirmanschah.



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Daß er hinschicke: der Goldschmied soll kommen aus Isfahan, Einen Ring soll er anfertigen für die Schöne. Laßt ja nicht den Sultan davon erfahren, 3° Sonst bringt (wirft) man über das Volk Gemetzel, Die Freude wird aufgehoben im Reiche Iran. Der Fluß [Zab] der Badinan 34), so groß und breit er war, Nicht ein Schluck Wassers ist darin geblieben, Die Fische, die armen, alle waren sie erstickt. 35 Auch das Meer habe ich so gefragt, Sprach mit dem Meere zwei Worte, Ich sage: „Warum bist du trocken geworden trotz der Frühlingsfeuchtigkeit ?" 253 Es sagt: „Es ist doch Trauer um den Ring der Geliebten." Bringt Kunde nach Eriwan, Einen Brief will ich schreiben samt einem Befehle: Der goldene Ring des schönen Mädchens 5 Ist aus der Nase gefallen im Tanzreigen. Nach Tschiai S e f i n e 3 5 ) soll sich meine Nachricht verbreiten, Jede Blume, die da ihr Haupt aus der Erde emporhebt, Mit der Hacke des Ferhad, mit dem Stahl voll Damaszierung, Mit Fasern und Wurzeln will ich sie um deinetwillen herausreißen, i« Tulpe und Päonie am Flußufer, Schmähen werde ich sie hunderttausendmal 36), Aprikose und Mehlbeere so, mit dem Ahornbaume 37), Ihre Früchte warfen sie alle ab in Eile, Trauer haben sie angefangen, daß sie nie wieder froh werden." — •5 Da kam ein Eilbote zurück aus der Richtung von Mosul her: „Ich habe Botschaft für dich, o Jüngling! „Der Ring, der verloren war, jetzt ist er wiedergefunden! „Der Ring war verloren, der Aufruhr der Welt! 34) Ein Stamm, südlich von Amedia;

auf Kieperts Karte zu Ritters Asien

Bahdinan. 35) Wo? 36) Weil sie trotz der Landestrauer blühen. 37) Genau konnte ich nicht feststellen, was für ein Baum

der &g5 ein Moiré-Seiden-Schleier, an ihre Füße hatte sie getan ein Paar Schuhe von Korduanleder, die Hand legte sie an eine Wasserkanne und Kupferbecken aus Erzerum —, kam langsam und gemächlich zum Sprudel der Quelle, " ) Wörtlich: „Wenn Gott nicht gewollt haben sollte, da8 ich . . . zurückgehe". Genau so sagt man im Pers. z. B. L^w i X & u „Wenn Gott nicht gewollt haben sollte, daß Sie sterben" = „Wenn, was Gott verhüten wolle, Sie sterben sollten". Das „khudä näkkwästä" ist natürlich auch in der Form aus dem Persischen entlehnt. >3) Wörtlich: „mit einem Halse wie ein Grabstein (kil)".



4ii



„Da kommt sie, und entbietet dem Qer, dem elternlosen, den Friedensgruß. Qer sagt: „Mit dir sei Friede und die Gnade Gottes, Dame, schlankhalsige, und buntäugige! „Die Glut des Fiebers und des Wechselfiebers hat mich ergriffen; komm, gib mir mit deiner gesegneten Hand einen Schluck Wasser." Die Dame hielt ihrer für unwürdige) Stolz und Hochmut, sie 35 nahm den Becher zur Hand, ging zum Sprudel der Quelle, nahm Armband und Halskette und Ohrgehänge und Fingerring von ihrer Hand, legte es in den Becher Wassers, bringt ihn und reicht ihn dem Qer, dem elternlosen; Qer sieht sich diese Dame von den Füßen bis zum Scheitel des Kopfes 16 ) an, Soviel er auch tut und sich abmüht, er entdeckt keinen Fehl an ihr; 30 Sie sagt: „Qer, ist dein Vater angesehen, oder bist du [auch schon] wegen deines Großvaters edler als ich? „Ich fürchte, ich muß dich bei Gott verklagen; ich fürchte, daß dies von meiner Seite Unglaube sei. „Wenn du so sehr voller List bist, warum nimmst du den Hirteniilzmantel um deinen Nacken? 35 „Wenn du dich selbst für einen Mann hältst, warum schickst du nicht nach Soldaten und Truppen? „Wenn du so sehr voller Wissen bist, warum ziehst du deine Hand ab von der Regierung von Solduz? „So machst du es nicht, daß einmal eine von dir betrogen wird, und du sie an deinen Hals nehmest 27). *4) Dieser fast dramatische Übergang aus der Form des I.iedes des Qer in die Erzählung ist merkwürdig. *5) Mirza Dschewad meint, es sei zu lesen: lä khit girt bä imvän . . . „sie gewann es Uber ihren Stolz, besiegte ihren Stolz". Das würde mit dem sonstigen Gebrauche der Phrase lä khS girlin allerdings Übereinstimmen, vgl. Text Seite 209, Zeile 36, Übers. S. 335. Wörtlich: „von den Fttfien bis zum Scheitel des Kopfes dieser Dame". *7) Der Sinn dieses Verses ist nicht klar.



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„Meine Hand ward lahm; weshalb nimmst du mir nicht den 263 Becher Wassers ab?" Qer sagt: „O Dame! Der Gott der Welten lege seine Hand auf dein Leben! „Du bist mir lieber als die jungen Baumsprossen des Paradieses; „Das, was du zu dem landfremden Qer gesagt hast, darüber weint er. ~ „Die Glut des Fiebers und Wechselfiebers hat mich ergriffen, 5 meine Zähne schließen nicht aufeinander28): „Aus Freude sind meine Augen schwachsehend geworden, deinen Becher kann meine Hand nicht fassen; „Niemand wird es fertig bringen, Makel und Fehl an dir zu finden. „Wenn ich sagen wollte, mein Vater sei angesehener, so ist es von meiner Seite Unglaube. „Wenn ich sagen wollte, mein Großvater ist edel, so wird Gott nicht zufrieden mit mir sein. „O Dame, Tochter des Hamad Baschaghan; ich bin der Fremd- •» ling, du mußt meinen Rang anerkennen. „Du bist die Herrin des Hauses, du mußt flir die Fremden sorgen; „Du bist eines Edlen Tochter; niemand darf ohne sein Ziel zu erreichen, an deiner Türe sterben, „Du darfst nicht denken an Soldaten und Heer und Truppen. „Du sagst nicht, daß, wenn ein Mann sein Herz nicht sterben lassen will*9), er nicht kommt und den Hirtenfilzmantel nicht sich umtut, >s „Wieso er die Einsamkeit liebgewinnen, seine Hand von seiner Stellung abziehen kann. „Handele [lieber] so, daß der Gott der Welt mit dir zufrieden ist; „Komm! Bringe einen Schluck Wasser an meinen Mund, zuerst als Opfergabe3°) für dein Haupt, zweitens für das deiner Brüder; vielleicht daß der Becher aus deiner Hand mir diene (werde) zur Genesung, auf daß der elternlose Qer 20 nicht in der Fremde ob seiner Verlassenheit sterbe." Wörtlich: „Mein Zahn faßt den Zahn nicht". »9) Wörtlich: „nicht Herztötung macht". 3°) Das arabische

».Juali!



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Als nun Khatun Gulazer dem Qer Wasser reichte, Entbot sie dem Qer, dem landfremden, zum zweiten Male den Gruß, Sie sagte: „Da du die Schuhe des Verlassenseins zu mir gebracht hast, »5 „So nimm! Mit meiner eigenen Hand will ich dir Wasser reichen. „Ich weiß nicht, wessen Sohn du bist, daß solches dir zugestoßen. „Komm I Um Gottes willen, sage mir deinen Namen vollständig. „Weil ich dich nicht k a n n t e 3 1 ), habe ich dir keine Guttat erwiesen." Qer sagt: „O Damel Leben meiner Augen I Mein Vater ist 30 Wezir von Isfahan; vor dem Könige steht er, „Ich selbst war Statthalter von Solduz, ich habe selbst die Provinz meiner beraubt. „Wie viele Paläste und Hallen, lieb und süß, habe ich im Stich gelassen! „Wie viele edle Rosse ohne Fehl warten alle im Stalle auf mich, Niemand ist da, der mit ihnen Sommeijagd ritte I 35 „Jetzt sind meine Diener und Untertanen alle in Trauer; sie sagen: „Qer, der Sohn des Feredschullah Khan ist nicht mehr am Leben." „O Damel Das Feuer deinetwegen ist in mir entfacht, meine ganze Leber ist verbrannt', 264 „O Dame! Ich bin deswegen gestorben P); jetzt gibst du mir als Gnadengeschenk einen Schluck Wasser." — Man beklagte sich bei Hamad ßaschaghan, sagte: „Khatun Gulazer ward in Qer verliebt." Hamad Baschaghan wußte 5 darum, daß Qer in Khatun Gulazer verliebt sei, sagte: „Es ist ratsam, daß. ich den Stamme hinab iiihre nach Germian, niemand soll es erfahren." Da machte er sich daran, traf Vorkehrungen, um den Stamm wieder nach jener Seite des Gebirges zu bringen. Des Morgens früh führte er den Stamm wieder nach Germian. 31) Wörtlich: „wegen des Nichtkennens". 3») Im Sinne von „dem Tode nahe".



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Qer ging an die Quelle, begann zu weinen. Hamad Baschaghan erfuhr es, schickte nach ihm, sagte: „Mein Sohn; komm, ich werde, die Hand nicht von dir abziehen; soviel du Geld i willst, werde ich dir geben; werde niemandes Diener bis zum nächsten Jahre, bis der Stamm wieder kommt; dann komm' wieder zu mir; werde Genosse meines Hauses." Da sagt Qer: „Wehe mir Verlassenem und Friedlosemi „Ein Feuer hat mich ergriffen; kein Ausweg zeigt sich (kommt) mir. „Wie soll ich denn von dir Schätze der Welt annehmen? »s „Wenn du mir die Erlaubnis gibst, so komme ich wieder nach dem Winterquartier Germian, unterziehe mich wiederum den Mühen." Hamad Baschaghan sagt: „Sohn; das ist nicht möglich, geht nicht. Du bist Berglandbewohner; dich nach Germian zu nehmen, wird mir nicht erlaubt. Ich werde dir soviel Gold und Geld geben, kiehre getrost nach Hause zurück; ich selbst 20 habe sonst nichts dagegen, ich würde dich mit mir nehmen; aber ich habe Siegel und Schriftliches den Regierungen gegeben." An jenem Tage brachen sie die Zelte ab wegen der gesegneten Vorbedeutungen (Gesegnetheit), schlugen sie an einem anderen Orte auf. Qer kam zu Khatun Gulazer, E r sagte: „O Damel Liebe! „Einen Pfeil hast du auf mich geschossen; sehr ist es [die 35 Wunde?] ohne Heilmittel, „Hast du denn nichts davon erfahren, daß mein Vater in Isfahan Hunderte solcher wie deinen Vater alsDiener33) hat? „Ich habe meine Hand von der Königsherrschaft abgezogen, bin hergekommen, bin deinetwegen zum Hirten geworden. „Jetzt sagt dein Vater so: „Bleibe nicht hier34); ich gehe weg, 30 bleibe du hier zurück." „Wenn es nicht um deinetwillen wäre, so würde ich hin schicken, daß von Solduz herkämen Soldaten und Artillerie. „Bei Gott! Meine Ehre, die von tausend Jahren [sich herleitet]35), ging-dahin unter den Nomaden! 33) Wörtlich: „Gegenüber, vor den Händen [stehend]" = „zur Hand seiend". 34) Wohl im Sinne von: „bleibe nicht bei mir". 35) D. h. der von den Vorfahren her ererbte gute Ruf.

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35 „Entweder werde ich gänzlich vernichten oder ausplündern den Hamad Baschaghan; „Ich lasse nicht zu, daß man dich wieder nach Germian schleppt, und ich der Herrin beraubt (ohne Herrin) werde." 265 Die Dame sagt: „Qer, unglückseliger! Wenn du dich der Herrin beraubt meinst36), so hast du auch mich zur Freudlosen gemacht! „War es nicht möglich, zehn Tage vor diesem Vorfall dich zu offenbaren? Was soll ich nun tun? Nichts kommt mir von der Hand." s Qer sagt: „Schließlich, auch ich ward freudlos; „Was soll ich jetzt tun? Nichts kommt mir zustande. „Der Weg nach Solduz ist mir verschlossen sowohl, wie der nach Bagdad. „Khatun Gulazer geht nach dem hohen Alpenland; Qer, der elternlose, bleibt zurück, um den Gram und Kummer dieser Welt [zu erleiden]." Qer sagt: „Sie kommt nicht! Soviel ich auch rufe nach der schlanken Gulazer, sie kommt nicht! „Sie hat sich vor mir gemacht zu einem schwarzhalsigen Berghuhn, hat sich zurückgezogen auf die Höhen des Berglandes, „Qer, der elternlose, ist zurückgeblieben, um den Gram und •s Kummer dieser Welt zu erleiden 1 „Soviel Augenschminke, wie aus den Augen jener Heidentochter kommt, so viel kommt aus den Augen niemandes." Qer sagt: „O Dame, liebe Khatun Gulazer! „Du gehest zurück nach dem Winterquartier Germian; ich aber bleibe hier. „Ich bin betrübt, und auch dir wird das Leben nicht wieder gut möglich sein, »o „Khatun Gulazer! Ich fürchte, du möchtest mich aus dem Gedächtnis verlieren, und ich dann hier unglücklich werden. „Khatun Gulazer! Komm; ich will dir einen Eid bei den Hadith schwören und einen bei dem Worte Gottes; J6) Wörtlich: „Wenn du dich zu einem Herrinnenlosen machtest".



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„Es ist, daß du nach dem Winterquartier Germian zurückkehrest, ich aber kann aus Scham zu keinem Menschenkinde ®s hingehen 37). „O, meine liebe Damel Ich weiß, daß mit Bagdad 38) mir Kampf bevorsteht (sich ereignet) und Streit; „O Dame! Um Gottes und des Propheten willen, streite du nicht gegen mich! „Ich weiß, daß mir Krieg bevorsteht mit der Stadt Bagdad." Die Dame sagt: „Qer! Als du nach diesem Lande kamst, 30 hast du dich selbst zu einem landfremden Bettler gemacht; „Du mein Lieber! Um meinetwillen bist du jetzt aus deiner Heimat und deinem Hause vertrieben. „Wenn ich nun gehe, dann hast du niemanden, auf den du verehrend blicken könntest; „Auch ich werde dir einen Eid schwören beim Wesen Gottes und beim Koran, dem erhabenen: 35 „Ich werde das Erlaubte der Welt mir selbst versagen, bis daß Qer mich aus dem Winterquartier von Germian wieder herausholt" — Qer sagt: „Sie kommt nicht! Heute ist es zwei Tage, daß die 266 Stimme der Gulazer nicht an meine Ohren (Ohrwurzeln) kommt! „Sie hat sich mir gemacht zu einem schwarzhalsigen Berghuhn, zog sich zurück auf die Höhen des Bergländes, „Den elternlosen Qer ließ sie zurück, damit er die Trostlosigkeit und den Kummer dieser Welt erfahre; 5 „Soviel Augenschminke, wie aus den Augen jener Heidentocher kommt, soviel kommt aus den Augen niemandes." — Als ihre geheimen Worte und Klagen einander zu Ende waren, Ging die Dame nach dem Winterquartier in Germian, Qer ist im Gebiete des Alpenlandes verblieben. 37) Wörtlich: „Mir kommt die Gesellschaft [ = bo ktn] keines Menschen herauf aus Scham ( = weil ich mich schäme)". 38) Insofern Germian zur Türkei gehört. Die Grenzgebiete gehörten früher alle zum Paschalik von Bagdad.



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m Hamad Baschaghan sagt: „Nun denn, Sohn Qer, lebe wohl!" Qer sagt: „Wehe mir unglücklichen, unseligen! „Wie soll ich ohne jemanden im fernen Lande das Leben führen?" Der Stamm des Hamad Baschaghan hat aufgeladen 39), hat diesen Ort aufgegeben; Qer ging dem Stamme nach, ohne den Kopf [zu erheben] und ohne zu sprechen (ohne Sprache). •5 Als Hamad Baschaghan nach Germian hineinkam, ward Bekir, Sohn des Schekhan, bei ihm Gast, Drei Tage blieb er, dann ging er um Handel zu treiben, wendete sein Antlitz den Städten zu. Qer ist dort in der Wüste, er blickte auf die Wege, eine Karawane ist zu sehen; Er sagt: „Ich will hingehen, will jene Karawane befragen4°). 20 „Diese Karawane, — ich weiß nicht —, weder Rinder sind es, noch Rinderbesitzer, „Weder Kamele sind es, noch Kamelslasten, „Weder Fußgänger sind es, noch Reiter. „Ich will hingehen, nach dem Befinden von Hamad Baschaghan von ihnen Erkundigungen einziehen.'' Qer wußte, daß Bekir Schekhan die Khatun Gulazer liebt; =s und Bekir Schekhan wußte, daß Qer die Khatun Gulazer liebt; Qer war aus. dem Alpenlande, und Bekir war ^us Germian. Nun ist es dieses, er geht um Handel zu treiben. Qer ruft ihm: „Karawaiienfiihrer, o Karawanenfiihrer! „Weißt du nichts von dem Befinden des Stammes des Hamad Baschaghan?" Bekir sagte: „Ich bin Karawanenführer, 30 „Bin Oberster von Germian und vom Alpenlande; „Von dem Befinden des Stammes des Hamad Baschaghan weiß ich sehr gut Bescheid. „Heute nacht sind es drei Nächte, daß ich bei dem Stamme des Hamad Baschaghan Gast bin. 3») Wie auch das pers. Q O J ^ - ? im Sinne von „aufbrechen®. ••>) D. h. er will, mit dem M a n n , pers.-kurd. Samml. IV. 3. a.

beginnend, ein Gespräch anknüpfen. 27



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„Wenn du Nachrichten von dem Stamme des Hamad Baschaghan von mir erfragst: Khatun Gulazer ist krank, ihre Krankheit ist sehr schwer. „Mein Lieber, in jener Nacht, als ich dort war, hat man fiir 35 sie zum Almosenopfer vierzig einjährige Schafe mit einem Paar Zähnen gemacht; „Ich ging zu ihr; weder bewegt sich ihre Zunge, noch erhebt sie die Augen. „Sie ist eine so schwer kranke: nach meiner Meinung lebt sie 267 nicht mehr bis zum Abend, die arme." Qer ruft: „O Bekir, Bekir, Sohn des Schekhan! „Geschwülste mögen befallen deine Zunge! „Bekir, Bekir, dessen Haus zerstört sei! s „O Gott; möge deine Reise nicht vollendet werden! „Gutes mögest du nicht erleben (sehen) an deiner Jugend; blind mögen dir werden alle beide Augen! „Was ist das für eine Nachricht, die du mir, dem Unglückseligen, gebracht hast? „O Gott, möge deine Reise nicht glückbringend sein; nicht mögest du wohlbehalten nach Hause zurückgelangen!" Bekir sagt: „Von woher bist du, daß du nach Khatun Gulazer 10 fragst? „Khatun Gulazer ist stets freundlich sprechend, den Hirten und Rinderhütern erweist sie Freundlichkeiten. „Wenn der Stamm aufbricht, so färbt sie die eine Locke mit Henna, eine andere färbt sie dunkelrot, „Die Stirne der Khatun Gulazer ist, möchtest du sagen, die >s glänzende Sonne, die zwischen Erde und Himmel wirkt; „Die Menschheit lebt durch sie, vom Morgen bis zum Abend." Qer sagt: „O Bekir, teuflischer Bekir! „Wie verstattet es dir Gott, mit mir diese Worte zu sprechen? „Was soll ich tun? Sie hat mein Herz vernichtet*1); zeitweise »> werde ich Diener, zeitweise werde ich Hirt. „Wenn es fiir mich feststände, daß es eine Todeskrankheit ist, jene Worte wahr sind, 4") Wörtlich: „hat mich Herz vernichtet gemacht".



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„So würde ich selbst zum Eilboten werden, würde hingehen, zu ihr holen den Aristoteles und einen Arzt wie den Luqman, »s „Ob vielleicht Gott Gelingen gäbe, sie wieder gesund würde, wieder Freude habe an der Welt, die jungfrische." Bekir sagt: „Bei Gott! Sie war krank; alle Leute waren um ihretwillen da gestanden in Gebeten 4»); Gelehrten und Mullah holte man zu ihr, daß sie für sie das Sterbegebet sprechen sollten. Als sie das Sterbegebet vollendet hatten, 30 „Da ging auf (kam empor) ihr Auge, ihre Zunge ward frei. „Die Bedienten und Kammerdiener haben die Kunde dem Hamad Baschaghan gebracht, „Hamad Baschaghan brachte Danksagungen dar, hat viel zu Gott gebetet. 35 „Und ich, als ich erfuhr, daß Khatun Gulazer gesund geworden, trieb meine Maultiere an, bin hierher gekommen." Qer sagt: „Wenn ich nicht sterben, sondern leben, am Leben bleiben sollte, 268 „So muß ich über den Hamad Baschaghan eine Schande bringen, „Das Gebiet von Bagdad seinetwegen verwüsten." Bekir sagt: „Denke doch an dieses nicht 1 „Ein Hirt und anhangsloser Mann, von dem wird [doch] gegen die Nomaden nichts ausgerichtet." s Qer sagt: „Wisse, daß die Worte dieser Kaufleute allesamt sinnlos sindl „Du dachtest, alles sei Hausiererei im Bazar; „Du verkaufst Elle um Elle Stoff, du dachtest, alles sei Hausiererei im Bazar. „Wenn ich nicht sterben, sondern leben, am Leben bleiben sollte, „So muß ich nach dem Königreich Isfahan Nachricht geben, 10 „Ich werde Kanonen und Artillerie und Truppen gegen Bagdad holen, „Den Weg zum Alpenland werde ich sperren, Germian verwüsten." 4») W ö r t l i c h : „in äwin -ämin - [ s a g e n ] " .



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Bekir, der Sohn des Schekhan, sagt: „Bei Gott! Von Hirten werden nicht zustande gebracht solche Dinge. „Hamad Baschaghan ist ein angesehener Mann, die Stadt Bagdad ist eine große und gewaltige Stadt." Bekir Schekhan sagt [weiter]: „Laß doch von diesen Worten 15 ab; Gott gebe, daß Khatun Gulazer gesund werde, von jener Krankheit befreit werde, die arme!" Qer sagt: „Bekir, du bist Bekir, der Sohn des Schekhan. „Gute Worte kommen nicht dir in den Mund; „O Gott! schwach mögest du werden an den Augen, nicht sollst du geraten zu dem Banner des Gesandten Gottes43)! „Khatun Gulazer wird, so Gott will, von jener Krankheit befreit «> werden, da sie ja mit mir beim Koran geschworen hat. „Ich gehe nun nach Solduz zurück, werde für sie herrichten Regimenter und Truppen und Fahnen. „O Gott! Alle deine beiden Augen sollen blind werden! warum kommt auch kein gutes Wort dir in den Mund?" Bekir sagt „Was soll ich tun? Ich bin Wanderer, Kaufmann 25 aller vier Reiche bin ich; „So wie ich die Dinge gesehen habe44), so denke ich stets darüber. „Auch ich habe mich der Khatun Gulazer eidlich verlobt, deshalb bin ich so betrübt. „Ich ziehe [zwar] Geschäftsnutzen von Bagdad, halte mich [aber] selber für den Diener des Feredschullah Khan, des Statthalters von Solduz." Qer sagt: „Bekir, du hast mein Herz froh gemacht mit diesen 30 Worten; „Die Leute haben Kot gefressen vom Kote ihrer Väter45), die da sagten: „Verrückt ist Bekir, der Sohn des Schekhan." „Komm! Zwischen Furcht und Hoffnung gehe aufTreuwort46) hin, besorge für mich einen Auftrag an Hamad Baschaghan! 43) werden. 44) 45) 4*)

Am Auferstehungstage, d. h. du sollst nicht als Muselman anerkannt Wörtlich: „Dasjenige, was ich gesehen habe, . . Etwas derbe Ausdrucksweise für: „sie haben sich arg getäuscht". D. h. unter dem Versprechen treuer Dienste.



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„Um Gottes und des Propheten willen! Bekir, erwirke für mich diesen Sieg+7), 35 „Gehe zu Hamad Baschaghan, sage: „Qer, der Sohn des Feredschullah Khan sagte, er solle mir die Khatun Gulazer geben";* „Sage nicht: „Qer ist verrückt und hat kein Bewußtsein seiner selbst«. 269 „Ich habe — ein ganzes Jahr ist es her —, meine Hand von der Regierung abgezogen, Schah Abbas von Isfahan mit Feredschullah Khan sie haben deswegen mich verflucht. „Ich weiß, daß Khatun Gulazer auch dir einen Eid geschworen hat, aber ein Weib hat keine Religion; „Du bist vertraut in allen vier Reichen, und die Angelegenheit ist für dich nicht unrecht: „Gehe, erfahre fur mich eine Kunde (Wort) in Wahrheit. „Bei Gott! Entweder überliefere ich Isfahan der Vernichtung, oder ich verschließe ihm [dem Hamad] den Weg zum Alpenlande mit einem Male, «o „Flugs gehe, führe die Sache mir zu Ende; „Schäme dich nicht (Scham sei dir nicht), wende nur die Häupter der Maultiere nach rückwärts. „Entweder überliefere ich Solduz der Vernichtung oder zerstöre Bagdad vollständig." Bekir, der Sohn des Schekhan, ist aus Scham vor Qer umgekehrt, Bis daß er bei dem Stamme des Hamad Baschaghan seine 15 Packtaschen zur Erde geworfen hat. Er ging hin, entbot dem Hamad Baschaghan den Friedensgruß. Hamad Baschaghan sagt: „Und mit dir Friede! Willkommen, gottlob! daß so deine Maultiere wiedergekommen sind." Er sagte: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll; ich bin Bote, es ist [dir] keine Klage Uber mich. » „Auf meinem graden Wege ging ich dahin, da hat mich einer von der Seite des Felsens her angerufen, 47) Nämlich, daB mir Hamad seine Tochter gibt



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„Viel habe ich mit ihm geredet, bis ganz zuletzt (hinterher) wußte ich nicht, wer es ist und woher er ist „Ich hielt den Kopf der Maultiere an; viel haben wir miteinander geredet; „Er sagte: „Ich bin Qer, der Sohn des Feredschullah Khan, jetzt beklagt sich in Isfahan Schah Abbas mit meinem Vater über mich; „Wenn er [Hamad] mir Khatun Gulazer nicht gibt, so werde ich darum Bagdad verwüsten." Als Hamad Bäsch aghan diese Worte zu Ende hörte, Sagte er: „Gedulde dich, Bekir, bis ich ein Wort von meiner Familie*8) erfahre." Er schickte zu Khatun Gulazer: „Was ist das für eine Kunde; man sagt, du hast dein Wort zum Pfand gegeben 30 „Einem elenden Hirten?" Sie sagt: „Vater, wir sind (ich bin) eine gastfreie Familie ohne Herren [über uns]; „Und du bist ein mächtiger Häuptling, Herr aller Stämme, „Du bist ein angesehener Mann (Weißbart) bei den Regierungen; gut kennt dich der Sultan. „Ich bin Herr des Besitzes, ich muß freundlich sprechen mit 35 allen Hirten und Rinderhütern; „Wenn ich nicht zu einem jeden freundlich spreche, kann ich nicht leben. „O Vater, was ist meine Schuld, daß die Leute dieses reden?" Hamad Baschaghan sagt: „Es hat zu mir geschickt auf Braut- 270 forderung „Jener Sohn des Feredschullah Khan, des Statthalters von Solduz." Sie sagte: „Vater! Sprich nicht mit mir [hierüber]. „Wenn du mich einem Hunde geben willst: die Verfügung über mich ist nur bei dir." Da rief Hamad Baschaghan den Bekir Schekhan zurück: 5 „Ich habe Khatun Gulazer gesprochen; gehe auch du selber hin, erfahre von ihr ein Wort [über diese Sache]." 4*) Gemeint ist die Tochter; der Muhammedaner spricht zu Männern von seinen weiblichen Angehörigen nie persönlich. Sehr gebräuchlich ist auch das Wort „Ungemach" als Umschreibung für „Gattin".



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Bekir Schekhan hat solches gesagt: „Zu dienen; bei meinem weißen Barte geziemt mir nicht Unterhandlung; 10 „Du mußt Weiber hinschicken, um zu erfahren, worum es sich handelt." Hamad Baschaghan sagte: „Dann ist das nicht meine Sache. „Bekir Schekhan! Ich will dir etwas anderes sagen: „Er soll warten, bis der Stamm zurückkehre im nächsten Jahre, „Dann will ich sie ihm dort geben sofort. •5 „Gehe, sage es ihm; dann sieh' zu, was seine Antwort ist." Als Bekir Schekhan die Antwort dem Qer überbracht hat, Als er es ihm sagte, alle Worte ihm erzählt hat, Da sagte er [Qer]: „O Gott! Wieder willkommen bist du, du hast dich um meinetwillen Mühen unterzogen." Qer ist auf der Stelle nach Hause zurückgekehrt, 20 Er gelangte an den Ort des Zeltdorfes 49), hat einen Abschiedsruf ertönen lassen. Er hielt sich nicht auf, bis daß er ankam, nach Solduz gelangte; dort ließ er sich nieder. Er berichtete es seinem Vater, hat es nach Isfahan erzählt. Als Feredschullah Khan solches erfahrt, Ging er hin, ward zum Bittsteller für seinen Sohn beim König von Isfahan. 35 Der Schah sagte: „Jener ist in Germian, wir im Alpetilande. „Das ist eine sehr schwierige Sache, wenn nicht der Sultan von Stambul davon erfahrt." Der Schah sagte zu Feredschullah Khan: „Das ist keine Sache von Wichtigkeit S°); „Meiner Meinung nach gibt die Türkei das Mädchen nicht einem Perser. 3° „Sicher ist dein Sohn töricht, hat kein Bewußtsein seiner selbst; «9) Vielleicht ist die Stelle gemeint, an der der Stamm des Hamad vorher gezeltet hat. 5) Scheinbarer Widerspruch zu d e m vorhergehenden Verse. Doch meint der Schah hier, d a ß die Angelegenheit nicht wert (O^ALLä L ) sei; darum etwa einen Krieg zu b e g i n n e n ; während er vorher nur dje Schwierigkeit (gauräi)

betont.

— 424 — „Ist denn etwa in meinem Königreiche ein Mädchen wie das des Hamad Baschaghan nicht vorhanden?" Schah Abbas sagte: „Feredschullah Khan! schreibe einen Brief an Qer: Wie ist der Name jenes Mädchens?" Er schickte den Brief an Qer; Qer sagte: „Ich gewinne es nicht über mich 5'), einen Brief an Schah Abbas zurückzuschreiben." Da führte er das Heer weg und ging gegen Hamad Baschaghan 35 vor. Er gab Nachricht an Hamad Baschaghan: „Ich bin der Sohn des Feredschullah Khan; „Wieviele Dienste habe ich ihm [dem Hamad] an seinen Schafen und Böcken getan als Hirte, „Ich habe mich selbst zu seinem geringsten Diener gemacht, 271 ich habe ihn [mir] an die Stelle des Feredschullah Khan gesetzt 5*); „Er hat sich mir fremd (nicht kennend) gezeigt, war sich meines Wertes (Ranges) nicht bewußt „Er sage nicht .mehr, es zieme sich für ihn iiicht, „Entweder mufi er mir die Khatun geben, oder er muß mit 5 mir kämpfen. „Er wußte es wohl nicht: wenn er Hamad Baschaghan ist, „So ist mein Vater Feredschullah Khan! „Wenn etwa Bekir daran denken sollte, so sind hundert Kaufleute und Händler wie er im Reiche des Königs. „Schickt einen Boten an Khatun Gulazer, sehet zu, ob sie mich 10 des Bekir wegen nicht mag; „Wenn sie mich abwies (abschlägige Antwort gab), so werde ich nach Hause zurückkehren. „Wenn es um des Bekir Schekhan willen sein sollte, so will ich für sie Kurzweil und Unterhaltung und Wohlfahrt bereiten." Diese Nachricht ist dem Bekir gegeben worden, er sagte: „Ich 15 wußte nicht, daß es der Sohn des Feredschullah Khan ist, der mich ausgestochen hat 53); 51) Wörtlich: „Es kommt aus meinem Antlitz nicht herauf". 5*) D. h. ich habe ihn als meinen Vater betrachtet, wie meinen Vater geehrt. 53) Wörtlich: „mir Blindheit zugefügt hat".

— 425 — „Wenn man Khatun Gulazer dem Qer gibt, so werde ich alles, was an Kosten und Ausgaben ist, selbst übernehmen in der Welt; „Des Qer wegen nehme (nahm) ich Khatun Gulazer als meine Schwester an, werde ihm selbst zum Bruder. „Vielleicht, daß ihre Absicht erreicht werde, sie aneinander Freude und Wohlgefallen erleben (sehen)." Als er diese Worte dem Hamad Baschaghan versicherte, Sagte der: „Bei Gott! Meine Tochter ist nicht passend für den Sohn des Feredschullah Khan. „Das erlaubt mir nicht der Sultan, der Vertraute [Gottes], äs „Wenn er [Qer] käme und ich sie ihm geben wollte, müßte ich es ihm [d. Sultan] anzeigen ehrlich und bestimmt." Als man diese Worte dem Qer erzählt hat, Sagte er: „Er glaubt wohl (ihm ist so), es sei noch dieselbe Zeit, als [damals, als] ich fiir ihn Hirtendienste tat? „Was soll das alles heißen 54)? „Diese Angelegenheiten stimmen so nicht, 30 „Von neuem bin ich nicht zum Bitten gekommen, „Entweder soll er sie mir geben, oder er soll sich nun in den Kampf - begeben. „Kämpfen werde ich mit ihm mit Herz und mit Seele, „Wie lange noch wird er solche Ausflüchte suchen? „Das Heer von Isfahan hole ich her mit einem Male, Bagdad verwüste ich." 35 Er schickte einen Reiter im Galopp und in Eile: „Die Verherrlichung des Bekir Schekhan möge hierher kommen." Als die Nachricht zu Bekir Schekhan gelangte, 272 Kam er im Galopp daher, Entbot dem Qer den Gruß, Er sagt: „Bruder, was für ein Netz hast du da für mich gelegt?" Er sagt: „Dir ist noch so, als ob der Hirt Qer noch da ist. 5 „Es ist ein Wort, das ich dir gegeben habe. „Bagdad werde ich zerstören, „Schließlich habe ich es dir oftmals (viel) erzählt." 54) P e r s i s c h :

vi^oxt

Qjt.



426*



Er sagt: „Auch von mir ist ein Dienst getan worden, „Kunde habe ich der Khatun berichtet, „Als meine Schwester ist sie [von mir] angesehen worden, „Für dich ist sie gut, diese frische Jungfrau." Bekir ging als Bote, Zu Hamad Baschaghan sagt er mit einem Male: „Was hast du für einen Bescheid für jenen Mann? „Ist er doch auch kein geringer Mann, >s „Für dich auch ist es Schmach und Schande. „Für ihn gibt es kein Ablassen; „Es müßten denn die M ä c h t e 55) aneinander geraten, „Für dich gibt es keinerlei Freude, „Sondern nur Plagen (außer den Plagen)". Er sagte: „Bekir, warum machst du mir Vorschriften? „Ich gebe meine Tochter keinem Perser. „Morgen möge er zum Kampfe kommen!" Er brachte die Nachricht zu Qer; Qer machte sich für morgen bereit 35 Am nächsten Morgen zur Zeit des Frühstücks Ist Nachricht dem Qer gegeben worden: „Dort kam das Heer daher, „Baum und Stein sind bedeckt. „Fliehe und kehre uml" 3° Qer sagt: „Wenn ich nicht sterbe, sondern am Leben bleibe, „Werde ich Bagdad ganz und gar verwüsten, „Entweder will ich meinen Kopf dran geben, „Oder Gulazer nehmen." Bekir Schekhan hat so gesagt: 35 „Für dich ist es Schmach und Schande; „Dieser Kampf ist meiner Meinung nach nicht gut. „Hamad Baschaghan ist nicht aus dem Alpenlande; 273 „Laß von ihm ab bis zum nächsten Jahre; „Laß dies [seine Handlungsweise] nicht das Land Germian entgelten ¡f>), „Umzingele ihn [dann, wenn er wiederkommt] mit einem Male, 55) Persien und die Türkei. 56) Wörtlich: „Laß zu, daB Germian nicht Uber ihm (als Entgelt für ihn) sei".



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5 „Nimm sie [Gulazer] ihm weg, er hat keine Rettung; „Was hast du jetzt für ein Recht gegen Bagdad?" Qer sagt: „Bekir, die Sache ist entschieden; „Von neuem kehre ich nun nicht wieder nach Hause zurück. „Ich habe das Heer und die Truppen hergeholt, >° „Habe auch Solduz hinter mir gelassen." Es kam zum Kampfe in der Welt, Die Kunde von dieser Angelegenheit ward dem Sultan überbracht. Die Welt bleibt in Verwüstung Wegen des Sohnes des Feredschullah Khan. >5 Der Sultan sagt: „Säumet nicht! „Gebet Nachricht nach Isfahan (?). „Wenn sie mein Wort nicht erfüllen, „So geht es nicht an, daß ein Perser am Leben bleibe; „Alles, was Schiai7) ist, sollt ihr vernichten I" 2° Diese Kunde kam, ist zurückgekehrt [nach Bagdad], Ist dem Mir von Bagdad gebracht worden. Als der Mir solches erfahrt, Erhob sich Getümmel im Diwan, Er sagt: „Bringt heraus die Waffenvorräte58), =5 „Ordnet mir die Soldaten in Reihen." Die Soldaten sind in Reihen dagestanden, Etwas Großes ist vorgefallen, Das Banner des Rechtes59) haben sie erhoben, Der Kampf ist begonnen worden. 30 Bis zum Mittage haben sie aufeinander losgeschlagen, Das Heer von Bagdad hat eine Niederlage erlitten, Die Spitze der Banner ist gesenkt worden, Ein jeder ist auf eigene Faust zurückgegangen. Qer ist [wie] Rustem, er ist dagestanden, 35 Der Stutz und die Helmfedern sind dicht beieinander hochragend gewesen60). 57) Oer HaS der sunnitischen Kurden gegen die schiitischen Perser ist recht lebendig. 5*) Wörtlich: das Zeughaus. 59) Gemeint ist wohl: „des rechten Glaubens", d. h. des sunnitischen. ÄO ) Wörtlich: „ haben die Seiten aneinander geschlagen: J ü l sOj "j^tj*



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Sie standen dicht beieinander in der Welt, Ganz wie der wütende Tiger [war Qer]. Als die Nomadenstämme alles dieses erfuhren, 274 Sagten sie: „Bis gestern tat er Hirtendienste, „Heute ist er der wütende Tiger." Die ganze Welt wußte um diesen Kampf. Bekir Schekhan kam daher, s Hat einen Brief der Khatun Gulazer gebracht. [Qer] küßte es, hat es auf seine Augen gelegt Bekir Schekhan sagte: „Zu dienen, was ist geschrieben worden?" Er sagte: „Gebet und Gruß hat sie dargebracht, „Sie hat gesagt: „Warum hat er [Qer] sich vom Antlitz meines Vaters abgewendet? „Viel Böses ist mir zugestoßen; „Dieses ist mir nun als Schuld angerechnet worden. „Sage ihm61), er soll nach Hause zurückkehren. „Es ist eine Abmachung, die ich mit ihm [Qer] getroffen habe. „Unsere Abmachung gilt bis zum Frühling, >s „Bis daß zum Heile der Stamm wieder hinab kommt, „Dann werde ich selbst mit ihm sprechen, „Es ist nicht gut, daß er länger die Bergabhänge besetzt halte." Qer sagte: „Sage ihr, ich traue ihr nicht, „Bis sie mir nicht einen Eid beim Koran schwört, ™ „Mir festsetzt Versprechen und Abmachung „Für die Zeit, da der Stamm herabkommt." Bekir Schekhan kam, ist zurückgekehrt, Hat das Wort der Gulazer berichtet. Sie hat ihm einen Eid beim Koran vollständig geschworen: =5 „Wenn ich [nach d. Alpenlande] gekommen bin, so komme ich nicht wieder [nach Germian] zurück; „Er soll meine Ehre nicht weiter vernichten." Qer ist zur Nacht umgekehrt, Löste sein Heer auf. Der Sultan hat an Schah Abbas Botschaft gesendet: 30 Hiernach sieht es aus, als ob der Brief an Bekir, an den Unterhändler gerichtet sei: „sage ihm [dem Qer], er solle sich zurückziehen".



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„Wenn er es gut heißt, so will ich ihn [Qer] vernichten mit einem Male; „Was soll denn dieser Kampf und Krieg bedeuten?" Schah Abbas hat so gesprochen: „Wenn er [der Sultan] es befiehlt, so werde ich ihn hinausweisen, den Lumpen; 35 „Ich habe niemanden, der mir höher stände, als der Sultan." Der Sultan gab ihm solches zur Antwort: „Ich habe keine Macht über ihn." 275 Feredschullah Khan hat einen Brief geschrieben: „Gott bewahre! Und Gott verhüte! Er ist nicht mehr mein Sohn, „Aus Solduz werfe ich hinaus den Lumpen." Qer sagte: „Ich habe keine Macht. s „Die Macht ist mir nicht verblieben! „Gott behüte und bewahre [mich] vor diesen Angelegenheiten ! „Ich weiß, daß mich der [Bruch des Eides beim] Koran fassen wird, „Aber ich kann nichts gegenüber Feredschullah Khan. „Nun ward mir der Anblick (das Antlitz) des Brotes verhaßt (verwehrt); io „Khatun Gulazer mag nun selbst über sich entscheiden."62)

XTV.

Das Gedicht vom Vorbemerkung.

Korbhändler.

Über dieses zweifellos der gelehrten Kunstpoesie an-

gehörende Gedicht und seine strophische und metrische Form habe ich in der Einleitung schon gesprochen.

E s ist dasselbe, von dem Socin in seinen Samm-

lungen zwei Texte gibt (Nr. X X X V I , a und b). Rahman hat den ursprünglichen Text nicht gut gekannt, und seine Prosa-Erzählungen am Anfang des eigentlichen Gedichtes hat er augenscheinlich aus anderen Romanen entnommen.

Ebenso

gehört der Schluß der hier vorliegenden Fassung (Text Seite 282, Zeile 1 5 ff.) nicht zum ursprünglichen Gedichte, wie auch das veränderte Metrum zeigt 6l

) Wörtlich: „G. wuflte (praet.l) es nun selbst«.



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Der Korbhändler war ein König. Eines Tages stieg er zu Pferde, ging auf die Jagd. Auf dem Friedhofe1) war ein Auflauf; er fragte: „Was ist das?" Man sagte: „Ein Mann ist gestorben." Der König sagte: „Ich muß hingehen, sehen wie das Grab ist." Er machte sich auf, kam zu den Gräbern. 15 Man brachte den Mann herbei, legte ihn in das Grab, deckte Steine Uber ihn, schüttete Staub darauf, tat Erde (Lehm) darauf. Der König sagte: „Das ist ein Untertan; o Mullah, wird meine Stätte ganz ebenso sein?" Der Mullah sagte: „Das ist ein Untertan; er gibt Steuern, leistet Frondienste; seine Stätte ist besser als deine; vielleicht, daß man dich wegwerfe, nicht zulasse, daß du hier bleibest." Er sagte: „So werde ich schließ- *> lieh auch sterben?" Der Mullah sagte: „Ist denn deine Mutter am Leben geblieben, ist dein Vater am Leben geblieben? Schließlich wirst auch du sterben." Er sagte: „Mullah; wenn ich sterbe (starb), legt man für mich nicht eine Decke, eine Matratze hin?" Er sagte: „Nein, bei Gottl Nichts legt man für dich hin." Er sagte: „Laß uns [nach Hause] zurückkehren; laßt ausrufen: ich will nicht länger König sein."*) Sie kamen nach Hause zurück; er stieg ab, sagte: „Väterchen, daß niemand zu mir König sage." Er rief seine Frau hinaus, sagte: »5 „Ich will diese Königswürde nicht; der Tod kommt (ist) hinterdrein (hinter ihr). Du: es ist dein Belieben; ich [sage]: Gott behüte [dich]." Die Frau sagte: „Mein Vater ist nicht edler als dein Vater; wenn du die Hände von der Königswürde abziehest, so werde ich die Hand von der Frauenschaft 3) nicht abziehen; wohin du immer gehest, werde auch ich [mitjkommen." Er begab sich aus der Stadt hinaus, und seine Frau kam hinter 30 ihm her; sie gingen zu Fuße, gelangten zu einem Rinderhirten; der Rinderhirt war mitten unter der Kuhherde. Der König sagte: „Rinderhirt, ich will dir zum Opfer werden; komm', wir wollen die Kleider tauschen." Sie wechselten miteinander die Kleider; er ging weiter, die Frau kam hinter ihm drein. Da sahen sie, ein blindes armes Weib kommt auf dem Wege ein') Wörtlich: „an den Gräbern1-. ) „Königsherrschaft machen". 3) Im Sinne von „Ehegemeinschaft".

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her. Die Frau sagte: „Komm, laß uns miteinander die Kleider tauschen." Sie tauschten die Gewänder aus; alle beide gingen nun nackt und bloß, bis sie zu einer Stadt gelangten; sie gingen 276 in ein Haus. Der Hausherr sagte: „Mein Väterchen, verstehst du das Pflügen?" Er sagte: „Ja, ich verstehe [es]." Man nahm ihn als Diener. Am nächsten Tage früh gaben sie ihm ein Paar (Joch) Ochsen, sagten: „Gehe, pflüge!" Er sagte: „Bei Gott, ich habe wenig gepflügt, treibt für mich [die Ochsen] an, damit ich es lerne." Er pflügte ein wenig, kam zurück, nahm die 5 Schaufel und den Korb zur Hand, beschäftigte sich mit dem Ausbreiten des Pferdemistes4). Am Morgen ging er zum Pflügen, pflügte bis zum Abend. Er kam zurück, sagte zum Hausherren: „Gott will es nicht; ich kann nicht nach dem Wunsche des Herren arbeiten." So verließ er auch diesen und ging nach einer anderen Stadt. Er begann Körbe herzustellen; am Tage ging er aus, sammelte das lange Stroh; er brachte es, machte es zu Körben, verkaufte sie im Bazar. Da sah er, i° daß die Rinderherden und die Schafe dieses Stroh von den Stoppelfeldern fressen; da sagte er: „Gott ist nicht damit einverstanden, daß ich den Lebensunterhalt jener Armen [ihnen] entziehe." Da tat er auch diese Arbeit nicht mehr, ging nach einer anderen Stadt. In dieser Stadt verfiel er des Nachts in einen Traum. Am Morgen machte er sich auf, ging an das Meer; in der Mitte dieses Meeres war eine Insel, ein Schilfdickicht war darauf. Er sagte: „O Gott; dieses hier hat niemand ge>5 pflanzt; aber was soll ich tun? Über das Meer habe ich keinen Weg, um hinzugehen, etwas zu holen, für mich zu Körben zu verarbeiten." An jenem Tage kam er sehr voller Kummer heim. In der Nacht sagte man im Traume zu ihm: „Gehe am Morgen zu jenem Schilfdickicht, arbeite für dich." Er stand früh auf, ging an das Meer. Ohne Furcht schritt er in das Meer, kein Fuß ward ihm naß. Er kam zur Stadt zurück, legte »o Hand an seine Körbe. Die Frau des Königs sah des Nachts im Traume den Korbverkäufer, sie ward in ihn verliebt 4) An Stelle des bei uns gebräuchlichen Strohes erhalten die Pferde eine Streu aus getrocknetem Pferdemist zum Schlafen während der Nacht. Des Morgens wird die Streu zusammengekehrt und in der Sonne zum Trocknen ausgebreitet.



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O Gott! O Herz, komme; gerate einmal in Wallung, Trinke den Becher Weines wegen deiner Liebe, Wir wollen die Geschichte vom Korbverkäufer berichten, Schön werde ich berichten die Erzählung. Seine Hände waren am Gestell seines Handwerkes. Seine Hände waren beim Handwerksgerät und bei den Befehlen Gottes, Er liebte Gottes Gegenwart und himmlische Lust, Er besaß die Kunstfertigkeit der Korbfmacherei] Um zu erhalten seine Gattin. Dieser, ein ganz junger Mann, 3° Er gab auf die Königswürde, Schätze und Reichtümer, Aus Furcht vor dem Tode machte er sein Haus einsam, Befaßte sich mit dem [Gottes-] Gehorsam. Dieser war ein Jüngling, ein tüchtiger, Stets war er auf dem rechten Wege, Seiner Abstammung nach war er Prinz, Fortwährend war er beim Lobpreisen [Gottes] und im 277 Gehorsam. Wo ist Jakob, der vollkommene? Er diente Gotte zweiundachtzig Jahre; Aus Furcht vor dem Tode vernichtete er sein Haus, Befaßte sich mit dem Gottesgehorsam. s Alle zwölf Monate des Jahres ununterbrochen, Tut er mir (?) sein Handwerk wie Hoch und Niedrig. Am Tage verfertigte er Körbe, Trug sie zur Stadt zum Verkauf. Was der Jüngling an einem Tage an Körben flocht, • Trug er zum Bazar in der Absicht [sie zu verkaufen], Der Lebensunterhalt für den Abend kam in seine Hände, Der Jüngling ist zufrieden mit seinem Schicksal. An jedem Tage, wo der Jüngling die Körbe bringt, Blickt von den Zinnen die Dame herab, >s Mit Herz und Seele liebt sie ihn, Der Jüngling fiel unter ihr Liebesgelüste. Jene Kupplerinnen, voller Gottesfurcht, Sie kommen, mit List sprechen sie zu dem Jüngling:



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so „O Jüngling, der Mir will von dir Körbe, „Er ruft dich in gutem." 5) Der Jüngling ward bei diesen Worten vergnügt, Er wendete sein Antlitz nach Hause, kam zur Besinnung. Er nahm, was er an Körben hatte, 35 Wendete sein Antlitz nach dem Diwan der Mire. Da kam einer, um ihn zu holen herab: „O Jüngling, der Mir hat das Verlangen dich zu sehen gegeben; „Komme selber, sage (mache) deinen Preis." Der Jüngling merkte nichts von dieser List, 3° Ohne Furcht und Angst ging er zum Khan; Er gab die Türe in die Hand des Türhüters: Es ward verschlossen die Seite der Befürchtung 6 ). Der Jüngling sab, daß die Türe (der Ausgang?) nicht [offen] geblieben ist, Da veränderte sich ihm die Farbe 7); 35 „Sollte er mich etwa peinigen wollen?" Der Jüngling ruft: „O großer Mir! „Was hast du für mich für eine Arbeit? 278 „Daß ich ausführe deinen Befehl." Die Dame sagt 8 ): „Armer Bursche, „Klug und verständig und vernünftig und schlau I „Hier sind keinerlei Fürsten anwesend. 5 „Für dich kam der Falke des Glückes." Der Jüngling sagt: „Dame, du junget „Von hier aus bis nach Syrien und Schiras „Mag ich nicht Herrschaft und Falken; „Ich bin nicht von der Eigenschaft der Treulosigkeit" 10 Die Dame sagt: „Jüngling, du schlaffer (feiger)! „Komm her mitten in die Basilikumblumen und Ä p f e l 9 ) , „Lecke mir Zucker mit den Lippen, „Bis zum morgenden Tage!" 5) Im Sinne von: „Da brauchst nichts zu furchten?. ') „Dafi er wieder entweichen würde"; so erklärt Mirza Dschewad. Ei übersetzt däfishät durch das pers. 7) biä bedeutet ebenfalls „Farbe", vgl. das häufig vorkommende gulbtbmov *) Jetzt wird es erst offenbar, dafi er zur Frau des Mir gefahrt wurde. 9) Womit sie wohl ihre Brflste meint Mann, pert*-kurd. Samml. IV. 3. 3. 28



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Die Dame sagt: „Jüngling, du ganz junger! „Komm her auf die Matratzen und in [meine] Umarmung; „Verwirre diese [meine] Locken und Schönheitsmale. „Fern ist der Tag der Auferstehung!" Der Jüngling sagt: „O Dame! Deine Locken und Male sind mir [wie] Seide, „Würdig deiner selbst mit dem fürstlichen Wüchse, „Nicht ziemt es jemandem Wie mir dem armen; «> „Dem ist es nicht möglich, Hand an sie [d. Locken] zu legen." Die Dame sagt: „Aber Jüngling! ich will dir eine Weste und einen Rock anziehen10), „Werde vor dir rotes Gold hinstreuen, „Deinen ganzen Körper werde ich grün und rot färben 11 ), „Werde dich [passend] machen für den Hochzeitsreigen." 25 Der Jüngling sagt: „O Dame! Meine eigene Weste und Jacke sind besser, „Meinen sündigen Leib damit zu bedecken, „Für den Tag der Vergeltung." Die Dame sagt: „Aber Jüngling; so geht es nicht. „Wenn du ein Elefant wärest, wenn du Abraha") wärest, 30 „Aus meiner Hand wirst du nicht befreit, „Sofern du nicht zur Verständigung [mit mir] kommst." Die Dame sagt: „Jüngling; mache keine Worte und Rufe, „Du magst gehen in die sieben Ozeane der Krokodile, „Du wirst auf keine Weise freikommen. 35 „Sofern du nicht zur Verständigung kommst" Der Jüngling sagt: „O Dame; mit Grundsätzen und Prinzipien (?), „Aber nicht mit Gewalt wird eine Verständigung herbei- 279 gefuhrt. „Wenn der Abend herab kommt, die Abendzeit, „Werden wir hierin Verständigung finden." Der Dame ward bei diesen Worten das Herz froh. So steht da; dem Sinne nach ist aber, wie auch die Überlieferungen bei Socin zeigen, einzusetzen: „Ich will dir deine schlechten Kleider ausziehen". " ) D. h. rote und grüne Kleider schenken. »*) Der bekannte König von Abessynien.



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Vergnügt erhob sie sich, lachte heftig; Sie sägt: „O Jüngling! So werde ich dich auf den richtigen Weg bringen." So machte sich der Jüngling frei aus dem Netze, Er erfand einen Vorwand [hinauszugehen] wegen des Abtrittes, Damit er hingehen könne, sich vom Obergemach hinabzustürzen, ro Vielleicht daß er aus dem Netze entrinne. Die Dame sprach heftig zu der Kupplerin, der edelen(?): „Nimm die Kupferkanne mit Wasser! „Trage sie dorthin, wohin der Jüngling geht." Der Jüngling ruft an die Scheikh und Mullahs: is „Moses inmitten des tiefen Meeres, „Für ihn hast du [o Gott] zwölf Pfade geschaffen. „Den Pharao hat er [Gott] dahinein versenkt, 5

„Dieses um Rache zu nehmen für die Anmaßung [des Ph.], [Gottes] Genosse zu sein. „Meine Zuflucht [ist] zu dir, gewaltiger König! so „Josef war ein Kind, töricht und schön; „Die Brüder brachten ihn fort, warfen ihn in den Brunnen, „Du brachtest ihn nach Ägypten, machtest ihn zum Fürsten, „Brachtest ihn nahe dem Wohlsein. „Wisse, was sie taten, das Volk der Ungläubigen! »5 „Die'Maschine haben sie hinabgeworfen'3), „Den Ibrahim hatten sie in die Flamme geworfen, „[Doch] ward er nicht anteillos an der Gnade. „HudH) mitten im Meere von Delan (??), „Vierzig Jahre hast du auch ihn umhergestoßen, 30 „O du, der du öffnest das Tor der Gnade. „Adam aß Weizen, beging die Sünde, „Seine Reue nahmst du, unser Herr, an, „Nur du bist die Pforte der Herrschaft. „Den Zakariya zerschnitt man mit Sägen, 35 „Den Ayyub fraßen (zerrissen) Würmer an seinem Kopfe (?). •3) Hier liegt natürlich ein Mißverständnis und eine Verballhornisierung des Überlieferten Textes vor. m) Ein Prophet (siehe Koran, S. ti), hier mit Jonas zusammengeworfen.

28.«

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„Wo ist Jesus mit der leuchtenden Fackel?r5) „Er hat gelehrt das Evangelium in Fröhlichkeit. „Wer war vor Gott nicht verstummt? 280 „Moses, der Sohn des Imran, nicht sind sie geblieben. „Wo ist Abu Bekir, der Sohn des Siddiq, des armen, „Wo ist Osman, der Sohn des Affan? „Jener Sammler, die Hand am Koran? 5 „Meine Zuflucht zu dir, allmächtiger König 1 „Dem Korbverkäufer ist kein Ausweg mehr geblieben." Er ergriff seine Hand, stürzte sich hinab, Gabriel schnell bereit Kam flugs vom Himmel hernieder, Fing den Korbverkäufer mit dem Munde auf; Er sagt: „Mein Leben! Bemühe dich nicht(?)." „Meine Zuflucht zu dir, Herr der Anbetung! „Lob ist Gott, o Freund, „Ich entrann jener Gefahr. 15 „Meine Zuflucht zu dir, o Ewiger, „Schöpfer des Beseelten und des Unbeseelten, „Mir gilt nichts diese vergängliche Welt; „Ohne Anteil an der göttlichen Gnade bin ich nicht geworden. „Meine Zuflucht zu dir! Du bist einzig, 20 „Zugleich gütig, zugleich mächtig; „Was du nicht tötest, stirbt nicht! „Mein Schicksal gelangte zur Errettung 16 ). „Mein Dank dir, allmächtiger König! „Du befreiest den bedrängten Knecht =s „Niemand sieht dich, o Schöpfer. „Die Welt ist für niemanden dauernd. „Wie günstig hat sich mir das Schicksal gewendet f"17) •5) Die nun folgenden Verse sind offenbar spätere Hinzufügungen. Die Erwähnung einzelner Männer aus der Legende gibt dem Sänger zu weiteren NamensanfUhmngen Veranlassung; und zwar nun so, da6 der eigentliche Zweck, Beispiele wunderbarer Errettung durch Gottes Gate a n z u f a h r e n , ganz aus dem Auge verloren wird. •«) WOrtlich: „günstige Wendung". •7) Wörtlich: o u t ^ s M j j M |.OÜ&t j j l o



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Die Frau des Mir sagte: „Warum kam der Jüngling nicht 30 herab?" Sie ging auf das Dach, sah, daß der Korbverkäufer nicht bei der Magd ist; sie fragte: „Was ist ihm zugestoßen?" Sie sagte: „O Dame! Von oben stürzte er sich hinab auf die Straße." Die Dame sagte: „Was soll ich nun tun? Mein Gram um ihn ist der, daß mein Auge fürder ihn nicht sehen wird." Sie blickte hin, da kam er die Straße entlang. Als sie hinblickte, ging der Korbverkäufer in ein Haus. Die Frau 35 des Mir merkte es sich. — Die Frau des Korbverkäufers sagte: „Nun, mein Leben! Warum bist du so erregt? Warum hast du denn kein Brot gebracht?" Er sagte: „Heute brachte ich Körbe in das Haus des Mir; man hat sie hineingetragen, hat mir kein Geld gebracht; so kam ich zurück." Die Frau sagte: 281 „Aber ich bin sehr hungrig." Der Korbverkäufer sagte: „Bei Gott! Was du nicht gesehen hast, habe ich auch nicht gegessen." Er sagte zu seiner Frau: „Gehe du hin um das Geld für die Körbe; wenn sie es dir geben (gaben), so bringe es her; wenn sie es dir nicht geben, so komm, wir werden Gott danken." s Die Frau des Korbverkäufers ging hin, sagte: „Türhüter; sage der Dame, sie solle uns das Geld für die Körbe geben; wir haben nichts zu essen." Der Türhüter ging, sagte es der Dame. Die Dame sagte: „Bringe sie herein, daß ich ihr das Geld gebe." Der Pförtner brachte sie hinein. Als die Dame sie erblickte, kam sie auf der Treppe ihr entgegen, küßte sie, sagte: „Bei Gott! Komm! erzähle deine und des Korbverkäufers 10 Geschichte." Sie sagte: „Dame! Du brachtest den Namen Gottes vor, hast meine Leber zerrissen; gib uns erst das Geld für die Körbe; wir haben unser täglich Brot nicht gegessen; dann schicke nach mir, ich werde dir die Geschichte erzählen." Da ergriff sie die Hand der Frau des Korbverkäufers, führte sie in das Schatzhaus, breitete ihren Schleier aus, füllte ihn ihr. Was sie auch versuchte, der Schleier konnte nicht von ihr empörgehoben werden. Da breitete sie ihren Rockschoß aus, füllte ihn ihr so weit, daß er von ihr aufgehoben wurde, is Sie ging, ging nach Hause. Der Korbverkäufer lachte über sie, sagte: „Mein Leben, sollte ich etwa nicht auch jene vom Ufer der Flüsse herbringen können? Das ist es, weshalb die

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Weiber nichts taugen; warum hast du dieses Geld gebracht? Schütte es auf die Erde, daß ich es sehe." Als sie es hinschüttete, wurde es alles zu Schlangen und Skorpionen und Landschildkröten, die sich im Hause zerstreuten; das Geld für die Körbe, ein halber Penahabad18), fiel zur Erde. Er sagte: „Mein Leben! Du kannst diese hier zurückbringen; bis du wieder kommst, werde ich hingehen, Brot kaufen, wieder- ™ kommen." Die Frau sagte: „Ich fürchte, daß man mich schlage." Er sagte: „Nein, fürchte dich nicht; sie können dir keinen Schaden tun." Sie machte sich auf, er schickte es durch sie zurück. Er erhob sich fröhlich, ging auf den Bazar, kaufte Brot, kaufte Käse; er war sehr hungrig. Er wollte das Brot essen, da sagte er: „Gott ist mit mir nicht zufrieden; jene Frau hat ihre Augen auf meine Hand [gerichtet]." *9) Da kam er nach Hause zurück. — Die Frau des Korbverkäufers trug die Goldstücke zurück. Die Dame sagte: „War das zu wenig? Hast du es deshalb wieder gebracht?" Sie sagte: „Zu dienen; als ob mein Mann solche nicht aus der Wüste mitbringen könnte?" Die Sonne war zum Untergehen gekommen, da sagte die Dame: „Komm! Erzähle uns deine Geschichte; laß mich heute nacht an deiner Stelle in die Umarmung des Korbverkäufers gehen." Die Frau des Korbverkäufers sagte ihr alle Anzeichen und Eigenheiten des Korbverkäufers. 3° Die Dame zog sich aus, gab ihre Kleider der Frau des Korbverkäufers; die Frau des Korbverkäufers zog deren Kleider nicht an, die Dame zog. deren Kleider an, ging nach dem Hause des Korbverkäufers. Als sie eintrat, sagte der Korbverkäufer: „Mein Leben! warum bist du so spät wiedergekommen?" Sie sagte: „Die Dame hatte mich aufgehalten, sie ließ nicht zu, daß ich zurückkam." Er sagte: „Komm, laß uns das Brot 35 essen." Die Dame konnte aus Freude kein Brot essen10); sie sagte: „Mache bald das Lager für mich zurecht, ich werde schlafen." Sie gingen zusammen auf das Schlaflager; als sie hinkamen, sich ausstreckten, machte die Dame ihren einen Arm ,8

) = 5 shdhi - 10 Pfennige. •9) D. h. sie erwartet von mir etwas, das Essen. Wörtlich: „Die Dame, aus Freude wurde nicht Brot von ihr gegessen".



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282 für ihn zum Kopfkissen, und den anderen schlang sie um seinen Hals; die Dame küßte den Korbverkäufer. Der Korbverkäufer sagte: „O Gott! Seit wann hat sie Verlangen darnach; deshalb ist heute dieses Unglück über mein Haupt gekommen." Der Korbverkäufer hob ihren Schenkel in die Höhe. Die Dame hatte vergessen21), den Goldschmuck von ihrem Fuße 5 zu entfernen; seine Hand stieß daran. Er sagte: „Verdammt (mein Haus sei zerstört); da hat man meiner Frau einen Eid zugeschoben, sie hat sich mir ausgewechselt." Er legte den Schenkel nieder, stand auf, floh hinaus. Die Dame ging um ihn zu greifen: er entfloh. Die Dame lief ihm nach, sie sagte: „So Gott will, werde ich ihn auf der Straße ergreifen." Der Korbverkäufer sagte: „So Gott will, werde ich aber in dieser Straße ihr entwischen (verloren gehen)." Bis zum Morgengrauen lief sie ihm nach, konnte ihn nicht fassen (er wurde nicht von ihr gefaßt). Der Korbverkäufer blickte hinter sich: io immer war sie hinter ihm her. Er wandte seinen Hals der Wüste zu, verließ die Stadt, er fürchtete sich vor ihrer Hand, rief der Erde zu: die Erde spaltete sich; er ging hinein. Die Frau des Mir gelangte zu dem Fleck Erde. Sie ergriff fest seine Hinterkopfhaare; so sehr er auch schrie, sie ließ ihn nicht los, sagte: „Bei Gottl Wenn du nicht herauskommst, mit mir sprichst, so lasse ich dich nicht los." •5 Der Korbverkäufer sagt: „O Damel Liebel „Wenn du zufrieden bist mit jener Mitfrau, „So gehe ich hin, hole auch sie hierher." Wer war es? Der Korb Verkäufer, der rosigfrische, Als er hinging, kehrte er nicht wieder zurück; 20 Von jener Stadt ging er hinweg, Die Dame ist dort zurückgeblieben. Die Sonne kehrte zum Mittage [in ihrem Laufe] um, Da sagte die Dame: „Was ist mir zugestoßen 1 „Warum kam kein Bote hierher? äs „O Gottl Wehe mir Bejammernswerten! „Wie soll ich nun nach Hause zurückkehren?" " ) Wörtlich: „es war nicht in ihrem Gedächtnis*!.

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Wer war es? Der Korbverkäufer, der kluge, Er wandte sein Antlitz nach einer anderen Stadt, Sieben weitere Jahre trieb er das Handwerk. Gott fügte es ihm so: seine Frau starb. Sieben Jahre trauerte er um sie, Wandte sein Antlitz nach einer anderen Stadt, Drei Jahre trieb er Korbhandel. Die Dame stellte ein Schloß her, Ließ von allen dreien Bilder herstellen. 35 Die Dame, die sehr traurig (still) ist, Ließ ein Bild von sich selbst herstellen, Eines von der Frau, eines vom Korbverkäufer. Als sie diese Bilder hergestellt hat, 283 Ergriff ihr Vertrauter plötzlich den Korbverkäufer. Man brachte die Nachricht zu der Dame; Die Dame veranstaltete Festbeleuchtung: „Bei Gott! Aus meinem Herzen ward der Kummer entfernt! 5 „Nun will ich Nachricht dem Könige geben, „Und dann werde ich ihn heiraten." Sie schrieb einen Brief an ihren Bruder»), sagte: „Wenn er [der Bruder] einverstanden ist, so werde ich ihn heiraten; sollte er nicht einverstanden sein, heirate ich doch." Der König küßte den Brief, las ihn, sagte: „Für mich bedeutet (ist) 1° es Reichtum, diese frohe Botschaft, wenn sie heiratet." Der König sagte: „Ich möchte wissen, wer der ist, den sie heiratet." Die Dame sagte: „Wenn er befiehlt, so schicke ich ihn zu ihm." Die Dame sagte: „Mache dich auf, gehe hin, grüße ihn, aber mache keine Verbeugung." 23) Als der Korbverkäufer sich aufmachte, ging er hin, grüßte den Diwan. Der König sagte: „Wer ist dieser Arme? G?bt ihm etwas, daß er gehe." Man sagte: „Zu dienen; der, welchen deine Schwester will, dieser 15 ist es." Er sagte: „Väterchen! Meine Schwester wird dich heiraten?" Er sagte: „Ja, wenn es Gott verstatten sollte." Dem König erhob sich der Zorn; diejenigen, die im Diwan waren, « ) Den König. *3) Das i - k - ' ' gilt bei den Sunniten für verächtlich.



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von niemandem wurde ein Wort gesprochen. Der König sagte: „Soll ich meine Schwester töten, oder soll ich diesen töten?" Man sagte: „Töte keinen von ihnen; beflecke (mache) deine 20 Türe nicht mit Blut. Es ist dieses Jahr zwölf Jahre her, daß dieser Garten, in welchem ein Drache darinnen ist, wer nur immer in diesen Garten geht, den frißt der Drache1*). Schicke ihn hin, damit er gefressen wird." Sie schickten einen Mann mit ihm, damit ihn der Drache [auch wirklich] fresse. Der Bruder sagte: „Weil dich die Schwester des Königs haben will, hat er [der König] dich hergeschickt, damit dich der Drache fresse; ich wage nicht hinzugehen." [Der Korbverkäufer] sagte: „Mein Väterchen; warte du [hier]!" Der Korbverkäufer »5 ging hin; da ward jener Drache zu einem Menschen; er kam dem Korb Verkäufer entgegen, sagte: „O Gottl Vielen Dank! Das bist du selbst und dies ist dein Garten; es ist dies: ich ging weg" *5). Als der Gefahrte die Kunde zum Könige zurückbrachte, sagte er: „Das sind Muslim." Der König machte sich auf, ging selbst hin. Die Leute jener Stadt wurden ihretwegen16) Muslim; er [der König] nahm den Arm des Korbverkäufers, führte ihn zum Diwan. Er [der König] schickte 30 einen Brief an seine Schwester: „[Ihr Unglück] falle auf mich! Wegen des Gatten, den sie gefunden hat, wenn sie erlaubt, so werde ich sie [mit ihm] verheiraten." Sie sagte: „Gott behüte! Ich heirate ihn nicht" Der Korbverkäufer sagte: „Zu dienen; jetzt, da sie mich nicht heiratet, [und] du mir jenen Garten geschenkt hast, so gib mir Arbeiter, ich will selbst hingehen, ein Haus in ihm bauen." Man rief Arbeiter für ihn herbei; ein jeder ging unter Segenswünschen für ihn. An jenem 35 Tage bauten sie das Schloß fiir ihn; im Innern brachten sie Kalkbewurf an, außen brachten sie Kalkbewurf an. Der Korbverkäufer ging hinein, brachte den Kopf auf den Gebetsteppich *4) Ich habe die Konstruktionslosigkeit des Originals genau wiedergegeben. Der Sinn ist ja klar. *5) Genau so würde sich auch der Perser in diesem Falle ausdrucken, im Sinne von unserem: „Nun kann ich gehen". D. b. wegen des (oder durch den) Korbverkftufer und des bis dahin als Drache tätigen Muslim.



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(oder: in die Gebetsverneigung), sagte: „O Gott! Bringe mich und die Dame wieder in das Alter (die Grenze) von vierzehn Jahren zurück!" Plötzlich kamen sie wieder in das Alter von 284 vierzehn Jahren. Nun heiratete ihn die Dame; sie saßen zusammen nieder: eine Hand voll Rosen, erlesener. Der Herr aus Deutschland möge nicht sterben! Das ist der Wunsch des Rahman Bekir.

XV. D i e V e r s e von Bapir dem M a n g u r h ä u p t l i n g , dem V a t e r des Hamza Agha. V o r b e m e r k u n g . Die dem Gedichte zugrunde liegenden Tatsachen wurden mir folgendermafien erzählt. Bedagh Khan, der Statthalter von Soudschbulaq, aus einer der aus Sulaimaniye eingewanderten Familien der Begzade (auch Baba Amire genannt; Näheres Uber sie bei Rawlinson im J R G S . X, pag. 35ff.) wollte, wohl im Auftrage des Perserkönigs, die unbotmäßigen Mangur unterwerfen. Er sandte an das Oberhaupt der Mangur, Bapir Agha, Botschaft und ließ ihn auffordern, mit ihm gemeinsam das benachbarte reiche Meragha zu plündern. Bapir Agha ging auf den Vorschlag ein und geriet in den mit Hilfe der schiitischen Einwohner von Meragha gelegten Hinterhalt. — Aus diesem Berichte geht hervor, daß unser Gedicht so zu ändern ist, daß die Verse von Text Seite 292 Zeile 6 an bis Seite 293 Zeile 22 einschließlich den Anfang des Ganzen bilden, an den sich dann, vielleicht mit einer kleinen Lücke, die Verse Seite 284 Zeile 1 3 fr. schließen (siehe auch unten Anm. 60). Die Verse sind durchgängig achtbeziehungsweise siebensilbig. Der Text scheint im Einzelnen nicht gut erhalten zu sein, so daß die Übersetzung vieler Stellen höchst unsicher ist.

Leihet das Ohr, es ist Diwansitzung, Euer Ohr sei mir, es ist Diwansitzung, Drei Nächte und drei Tage Will ich euch singen das Lob der Helden (Löwen), Die List der Mukrian. — Ein Brief ging zu den Nomadenstämmen, Es soll kommen Resche-i-Resul Agha 1 ) ') Resche-i-Resul Agha, einer der Unterhäuptlinge der Mangur. Hamadi Schin.

Ebenso



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i5 Mitsamt dem Hamad, dem Blauen, Ihr Ratgeber ist Abdurrahman; Sie verließen [ihr eigenes Dorf] Bagirdan2). Mit der Allmacht Gottes Am Morgen mit Tagesgrauen k> Stieg das Heer des Bapir Khan — Sein Aussehen wie das des Wezirs der Türken — Zu Pferde in Bagirdan. Die Mewedschagh-Mangur3), Sie stiegen ab in Soudschbulaq, »s Sie bereiten sich vor, gegen Meragha [zu ziehen]. Gegen Meragha ziehen sie, Der Dienstag ist der beste aller [Tage]*). Am Dienstage, dem glückbringenden 5) Ging Bapir Agha voller Mut 30 — Bedakh Khan6) ward Helfer — Aus Soudschbulaq hinaus. Er sagt: „Keine Hinderung möge dir entgegentreten7)l" Der Schöpfer ist Herr der Wohlfahrt, Die Hinderungen dieser Welt; In der Hoffnung auf jenen Gott 285 Rührten sie Trommeln und Pfeifen, Ihre Pferde kamen ins Tänzeln, Sehr froh sind sie wegen des Kampfes, Ihre Hoffnung ist der Gesandte Gottes, s „Diese Angelegenheit kommt so nicht zustande!" ' ) Mangurdorf, unweit Gagesch, siehe oben das Epos von Nasir und Malmal. 3) Name einer der Unterabteilungen (b>*j) der Mangur. 4) Als Tag zum Antritt eines Feldzuges. 5) Wörtlich: „Kunstreichen" = J & j f . . «) Bedagh Khan ( ^ 1 3 - ^ t j U ) Manguri Vater des Abdullah Khan, tötete den Abbas Agha im Jahre 1256 h ( = 1840). 7) pärc ist: „das oberste Ende des Hufnagels, welches aus dem Hufe wieder herauskommt und abgezwackt oder umgenietet wird"; im Übertragenen Sinne = jJL«. Das Prädikat [rtäyin = l A J u l ^ j ) steht im Plural, obwohl das Subjekt ein Singular ist.

Er kam, gelangte nach Faqreqa 8 ). Sie rührten Trommeln und Pfeifen, Siebenhundert Mann wurden aufgestellt, Zur Freude des Bapir Agha. „Schlagt die Trommel der Fröhlichkeit „Dank sei Gott! „Tötet nicht Seyyid und Mullah! „Sie haben ja den Koran in der Brust." Er kam, gelangte nach Khatunbagh 8 ). Bapir Agha, der leichtfüßige Mit dem Khan von Soudschbulaq, Sehet die Lust und Laune! Er ging, gegen die Perser aufrührerisch. Bapir Agha, das Schönheitsmal im Antlitz, Er ging am Dienstage, Alle Leute sehen ihm nach (haben ihre Augen hinter ihm drein), Sie wendeten ihr Auge auf ihn in Heuchelei; Er kam, gelangte nach Wekilkendi9), Siebenhundert Reiter, von den zügellosen. Am nächsten Morgen, zur Frühstückszeit Ist ihr Bote zurückgekehrt, Was zurück (übrig?) geblieben ist [vom Heere des Bedagh] erhob Geschrei10). Das Heer war nicht vollständig; Da beratschlagten sie darüber. Am nächsten Tage graute der Morgen, Jeder marschierte [vorbei] und ward aufgeschrieben: [Da stellte sich heraus:] Zwei Stämme sind zurückgeblieben. Die meisten [von ihnen] haben auserlesene Lanzen, Nicht einer ist weniger als hundert; „Laßt uns sehen, was zu tun ist „Soll kommen das Regiment der Marnekenan?" ") *) Dörfer des im Osten und Nordosten von Soudschbulaq gelegenen Distriktes Scharweran. 9) InfDistrikt Mianduab. 10 ) Was die beiden letzten Verse besagen wollen, ist unklar. 11) Stamm in Scharweran; einer der ausgebliebenen Stämme.



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Deshalb schreckte mein") Verstand zusammen. 286 Mit dem Verstände schreckte ich zusammen, Ihr Ziel sind die Goran'3). Suleimann *•), er selbst mit den Brüdern, Sie sprengten zum Reiterspiel, 5 Der beste Rat für alle ist: „Laßt uns gegen die Perser ziehen, „Unser Anführer ist Bedagh Khan, „Laßt uns Meragha plündern. „Laßt uns kommen, uns dort niederlassen, io „Unser Leiter ist Kakx5) Suleiman, „Da er ein Oberhaupt der Stämme ist." „Was befiehlst du16), mein Lieber? „Soll es hier verwüstet werden? „Sollen wir ihre Weiber freien? >5 „Sonst: wie sieht denn ein Gemüsegarten>7) aus?" Oho! Suleiman, Sohn der Khezal, Enkel des Rustem, Sohnes des Zall Sieben Knäufe am Schilde; Saget mir nicht, du seiest ein Kind! K> Mit dem Reiterspiel hörte er nicht auf. „Wie Wolken mit Donner 18 ) „Töten wir Weiber (Hausstand) und Kinder; „Es ist spät, macht den Weg nicht leer! ai 9) Er gelangte nach Allahu-akbar10). •*) Des Dichteis. >3) Goran werden im Mufai-Gebiete die AKollahi genannt. Der Iahalt der letzten drei Verse ist wieder sehr unklar. H) Einer der MangurhSuptlinge. >5) Der Titel der Unterhäuptlinge der Mangur ist Käk därwlsh „Bruder Derwisch« ()). Sagt Suleiman zu Bapir Agha. •7) Den er hier in der fruchtbaren Ebene von Mianduab zum erstenmal sieht; in den türkisch-persischen Grenzgebirgen, westlich von Soudschbulaq, wo die Mangur hausen, gibt es dergleichen nicht. '*) Suleiman spricht •9) D. h. „marschiert weiter". Dorf auf dem -Wege von Soudschbulaq nach Meragha.



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Er rannte vor den Khan (Bedagh Kh.) in Eile: »s „Ich sage: O Khan! von woher bist du? „Neunhundert Reiter in den Listen! Ich sage: „O Khan! Du kauftest meine Seele1«). „Führe uns gegen Meragha." Nach Meragha führte er [sie] hinab, 30 O Gott! Allerhalter! Im Munde klingt (ist) es angenehm: neunhundert Reiter. Du bist zugleich voller Erbarmen, zugleich allmächtig! Izrail") ward der Führer, Nach Meragha führte er [sie] hinab. 35 Nach Meragha zogen sie hinab. „Das Glitzern und Gleißen der Gürtel, „Der Duft von Moschus und Ambra, 287 „Die Verschlagenheit derer, die [schwarze] Mützen auf dem Kopfe haben: „Nie ist für uns*3) Lebensmöglichkeit [mit jenen Persern]. „Nie ist für uns Lebensmöglichkeit, „Der Perser ist sehr ohne Religion (Rechtgläubigkeit), 5 „Sie werden uns unsere Wohnsitze zerstören, „Sie werden uns hier die Köpfe abschneiden." Khidr Agha2*), der jungfrische, Er ging gegen den [Bedagh] Khan mit den Lanzen *S). „Vater, ich will ihn schlagen, daß Gott erbarm!"

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Die Bilbas samt und sonders60) Leisteten dem Khan [Bedagh] keinen Gehorsam (Dienst), Deswegen ging es ihnen (für sie) schlecht Der Khan [Bedagh] beklagte sich über sie beim Könige; »o Ihretwegen riet er ihm. Der Khan sagte: „Sie taten Dienste den Leuten von Germian [den Türken]." Deshalb schleppte er sie alle davon, vernichtete sie. I£r vernichtete sie aus der Welt. Blicket auf den Ratschlag des [Bedagh] Khan! Solches Verfahren hielt er für gut. Du bist der Vertraute der Regierungen (?); Du, o Bilbas, bist sehr unglücklich; Ihr habt dem Khan nicht Gehorsam geleistet, Übtet selbst Verrat ao Du, o Stamm des Bedagh Sultan, Bist beim Könige angesehen, Mangur, du bist sehr unglücklich. Unglücklich ohne Ende (Zahl); Sie leisteten keine Abgaben und Frohndienste, 05 Der Khan 6 ') ward iür sie zum Kläger. Sie kamen vor ihn, zu Fufi und zu Pferde: „Abgaben geben wir nicht mehr." So sprach Bapir, der herrliche: „Ich selbst werde zum Statthalter der Stadt werden; 30 „Den [Bedagh] Khan vertreibe ich jetzt. „Den Khan vertreibe ich sicherlich, „Selbst werde ich [hier] ansässig. „Ich sage: Die Begzade gelten [mir] nichts!" Als diese Worte gesprochen waren6*), 35 Setzte sich der Khan nieder, beratschlagte [mit den Begzade], Allesamt sagten sie dasselbe. 6») Dieser und die folgenden Verse bis zum Schlufi des Gedichtes gehören vielmehr an den Anfang. Sie schildern wohl die Vorgeschichte des Zuges gegen Meragha: Die Unbotmäfiigkeit der Mangur und die Venäterei des Bedagh. '•) Hier ist Bapir gemeint. Wörtlich: „kamen, vorübergingen".

Sie berichteten es dem Könige. Der König genehmigte es ihnen. Bedagh Khan, stark (gedrängter Statur) und schlau (?), Einen weiteren Monat noch geduldete er sich, Alle Mangur versammelte er, Allen (von Kopf bis zum Fuß) gab er Ehrenkleider. Bedagh Khan sagte: „Wenn ich am Leben bleibe, „O Bapir, so bin ich dein Helfer, „Soudschbulaq lasse ich mir geben 63) für dich [vom Könige]. „O Bapir, mache keine Anstrengungen, „Du mußt Regent der Stadt werden; „Ich habe ein Werk vor. „Ein Werk habe ich dort, „Jetzt werde ich einen Eilboten schicken. „Einen Boten in Eile, „An den König, mit Herz und Seele, „Meraghe will ich zerstören, „Den König seiner Untertanen berauben6*). „Du selbst sollst werden zum Herren aller." Die Mangur samt und sonders Nahmen das Wort des Khan an, In einer Woche versammelte er alle, In Soudschbulaq beriet er sich. — Eure Ohren seien mir, o Schar der Menge! Niemand soll sich von den Begzade täuschen lassen 1 —

XVI. D i e V e r s e von A b d u r r a h m a n P a s c h a , dem Bebbe. V o r b e m e r k u n g . Das Gedicht ist mir leider nicht weiter diktiert worden, stehe Seite XXVII der Einleitung zum Textbande. Das kleine vorliegende Fragment scheint in sich ohne Lttcken, und tatsächlich der Anfang des ganzen Gedichtes. Über Abdun-ahman Pascha, den Häuptling der Bebbe-Kurden in Sulaimaniye, erfahren wir sehr Eingehendes aus Rieh, Nan-ative of a residence in Koordistan, passim. Soweit unser Fragment reicht, gibt folgender Absatz aus ) Eine sehr anschauliche Schilderung eines aus Ärger aus seiner Sitzstellung am Boden sich erhebenden Persers. " ) Abdurrahmai» Pascha war persönlich nach Teheran gekommen. Selim Khan ist wohl einer seiner Anhänger.



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„Soll in Bagdad Aufruhr stiften, „Mag Iran und Turan verwüstet werden! • „Wer nur immer seine Lippen niederbeugt zur Lippe [eines anderen] *3), „Den werde ich weich machen wie Wachs, „Den werde ich hinauswerfen von hier. „Hinauswerfen werde ich ihn mit den Persern, „Mit den Afscharen und Moqaddem."2*) Es erhob sich das Getöse und Gemurmel der Volksmengen2!), Vor dem Lärmen und lautem Geschrei Kamen Löwen heraus aus den Buchten der Flüsse, Die Krokodile blieben nicht in den Meeren. Der Schah soll froh sein, sich nicht grämen, « [Abdurrahman] soll frei sein; davon ist nichts mehr zu reden. Frei soll er sein mit seinem Banner, Von hier soll er gehen bis nach Bagdad. »J) Um gegen Abdurrahman etwas zu sagen. *4) Zwei Tttrkenstämme, die Erbfeinde der Mukri-Kurden. Das Gebiet der Afscharen erstreckt sich sfldwestlich vom Unnia-See bis an die Grenzen der Provinz Ardilan und Gerrus; die Moqaddem wohnen nördlich davon, bis Meragha hin. *5) Es folgt nnn die Beschreibung des Heeres des Abdurrahman.

C. Proben aus der Volkslyrik. I. 298

Wann man mir das Sterbegebet spricht, Möge Leila an mein Kopfkissen kommen: „Wo schmerzt es, mein süßes Auge?"

IL Du, bei Gott! Leila, komm zu mir! Mache aus vollem Herzen meinen Hals frei! Nahe ist der Tag meines Todes.

m. O Gott! Möge doch immer so Staub1) sein, Möge ihr Halstuch am Nacken lose sein, Leila! Möge dir das Fest gesegnet sein!

IV. Dir zum Opfer will ich werden, o Abendwind] Dafi er [der Abendwind] von Zeit zu Zeit auf dein [der Geliebten] Antlitz wehe (falle), Dadurch werden süfi die Küsse in der Nacht. >) gärd und tos sind Synonyma, das erste ist persisch, das zweite tarkisch.



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V. Wieder kam Nacht über meinen Zustand Aus diesem meinen grübelnden Herzen, Die Welt verbrannte wegen meiner Klagen.

VI. Dir zum Opfer will ich werden, Nachtigall! Nimm den Mund weg von den Knospen, Du hast sie welken gemacht, o du Schelm 1 )!

VII. Da gehst du nun dahin zum Kummer [meines] Herzens; 299 Gott sei mit dir, Tagereise um Tagereise! Wenn ich [nun] ohne dich mein Haupt auf das Kissen lege, Keine zwei Tage vergehen, da beginne ich zu klagen!

VIII. Ich fürchte, daß, wenn ich sterbe, der Welt noch so viel [Bestand] übrig ist, Daß ein Lump ohne einen Heiligen [ = ein ehrfurchtsloser Lump] sich meiner Leila erfreue.

IX. Ein Wuchs von dieser Höhe, eine Statur von dieser Schlankheit, Der Kanopusstern erblich [dagegen] (wörtlich: fiel in Finsternis). •>) mäl-käul,

-k&wil abersetzte M. Dschewad mit Ujl^E^xiLi».



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X. Deine Wimpern sind Heer und Feldherr, An deinen Augen haben sie Stellung genommen (Anker geworfen),. Haben gegen mich einen Angriff gemacht, die Hand am Dolche.

XI. Dein Auge ist das Tagesgestirn 3), Das da aufgeht mit dem Sirius, Es hat die Absicht, mich durch Liebesgetändel zu töten.

XII. Dein Auge ist das Gestirn von H o b a t u 4 ) , Nicht zu spät geht es auf, o Seele, nicht zu früh; Leila ging, Medschnun hinter ihr her.

XIII. Dein Auge ist der Morgenstern, Er geht auf über Bezhing-bä-sär5), Es hat mich getötet das Stirnband an deinem Kopfe.

XIV. Dein Auge ist schwarz, wie auch deine Brauen; Bei jenen Schönheitsflecken schwöre ich rings um deine Brüste! Soll ich deine Mutter küssen, oder lieber dich selbst? 3) Nicht die Sonne, sondern die Venus ist gemeint, die das Nahen der Sonne verkündet 4) Hobatu ist ein Gau in der persischen Provinz Kurdistan, zwischen Sinna und Saqqiz, also südöstlich vom Mukri-Gebiete. Es ist also auch die Venus gemeint. 5) Soll ein Ortsname sein. Wörtlich: „Sieb auf dem Kopfe".

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XV. Verse des Ali, des Verliebten6). 1. Die Versammlung der Liebenden ist abgehalten worden, Der Schenke ist mitten unter ihnen gestanden, Der Becher der Freude ist geschlürft worden, Willkommen bist du, Perizadel 2. Willkommen bist du, Sehr mir willkommen (auf meine Augen . . .). Woher wußte ich, daß du kamst? Von dem Geklingel deiner Stirn- und Armbänder. 3. Ali, Liebender! Wenn du deine Liebe nur auf deiner Zunge hättest, Hundertfach möge dann dein Leben rasch dahin sein; Schade ist es, daß deine Zuneigung so geheim ist Mullahstochter, willkommen bist dul 4. Sänger, beginne mit dem Saitenspiel; Möge dein Glück verbrennen ob deiner Koketterie. 5. Zwei Schenken sind, den Kopf gesenkt, Den Wein reichen sie umher im Weinhause, Die Verliebten machen sie der Religion, abspenstig. 6. Ich will dir zum Opfer werden, Wind des Versprechens (?), Wehe zur Seite den Schleier vom Haupte meiner Leila, Nach der Weise eines Gouverneurssohnes. 7. Medschnun war es, der mit einem Male voller Schmerzen ward, Vom Liebespfeile ward er getroffen, Da Leila treu war. Meine Geliebte, willkommen bist du!

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