Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen: Eine materiell-, insolvenz- und kollisionsrechtliche Studie des Rechts der Mobiliarsicherheiten vor dem Hintergrund internationaler und europäischer Entwicklungen 9783161512339, 9783161503795

Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen sind von wesentlicher Bedeutung für die Versorgung eines Untern

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Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen: Eine materiell-, insolvenz- und kollisionsrechtliche Studie des Rechts der Mobiliarsicherheiten vor dem Hintergrund internationaler und europäischer Entwicklungen
 9783161512339, 9783161503795

Table of contents :
Cover
Widmung
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
I. Ausgangspunkt
II. Ziele der Arbeit
III. Zehn Anforderungen an ein modernes Mobiliarsicherungsrecht
1.) Die Verfügbarkeit günstigen Kredits
2.) Die Schaffung von Rechtssicherheit
3.) Niedrige Transaktionskosten
4.) Die Offenheit für unkörperliche Vermögensgegenstände
5.) Die Offenheit für neue Finanzierungsformen
6.) Die Berücksichtigungsfähigkeit unter dem Baseler Eigenkapitalakkord
7.) Rechtsbeständigkeit im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr
8.) Abbau von Behinderungen der Warenverkehrsfreiheit
9.) Die Harmonisierung mit dem insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz
10.) Verzahnung des Kreditsicherungsrechts mit dem allgemeinen Vermögensund Haftungsrecht
IV. Überblick über internationale und europäische Entwicklungen
1. Die Dynamik der Entwicklung des Kreditsicherungsrechts auf internationaler Ebene
2. Unionsrechtliche Entwicklungen
3. Das deutsche Mobiliarsicherungsrecht
4. Die Zukunft: Ein Europäisches Sicherungsrecht für Mobilien oder ein Mobiliarsicherungsrecht für Europa?
V. Gegenstand der Untersuchung
VI. Gang der Untersuchung
1. Teil: Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen als Regelungsgegenstand
§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfi nanzierung
A. Die Quellen der Unternehmensfi nanzierung
I. Innen- und Außenfi nanzierung
II. Eigen- und Fremdfi nanzierung
1. Eigenfi nanzierung
2. Fremdfi nanzierung
a) Bankkredit
b) Lieferantenkredit
c) Kreditsubstitute
(1) Leasingverträge
(2) Factoring
(3) Finanzierung durch Anleihen, insbesondere Forderungsverbriefungen
B. Die Bedeutung von Mobiliarsicherheiten
I. Die Nutzung der einzelnen Kreditsicherungsmittel
II. Der zweite Baseler Eigenkapitalakkord („Basel II“)
III. Sicherungsgüter in der Dienstleistungsund Informationsgesellschaft
§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten
A. Die Funktionen dinglicher Sicherheiten
I. Funktionen unabhängig von einer Insolvenz des Schuldners
1. Reduktion der durch die Überwachung des Schuldners entstehenden Kosten
a) Beschränkung des Kontrollbedürfnisses auf das Sicherungsgut
b) Schutz vor Übertragungen von Vermögenswerten an Dritte
2. Erleichterte Befriedigungsmöglichkeiten für den Fal lder Einzelzwangsvollstreckung
3. Erhöhter Schutz vor Zahlungsunwilligkeit des Schuldners
4. Erhöhter Schutz vor Pfändungen durch Dritte insbesondere im Zusammenhang mit Projektfi nanzierungen
II. Die Funktion von Kreditsicherheiten in der Insolvenz des Schuldners
1. Die Aus- oder Absonderungsbefugnis des gesicherten Gläubigers nach deutschem Recht
2. Die Priorität des gesicherten Gläubigers nach US-amerikanischem Recht
3. Das englische Recht
B. Die Effi zienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz
1. Zur Aussagekraft der ökonomischen Analyse im Hinblick auf das Kreditsicherungsrecht
2. Die umstrittene Effi zienz des Vorrangs der gesicherten Gläubiger in der Insolvenz des Sicherungsgebers
a) Der Nutzen insolvenzfester Sicherheiten aus der Sicht von Gläubiger und Schuldner
b) Die Folgen des Vorrangs des gesicherten Gläubigers aus der Sicht der ungesicherten Gläubiger
(1) Der Nutzen dinglicher Sicherheiten aus der Sicht der ungesicherten Gläubiger
(2) Dingliche Sicherheiten und die Externalisierung von Risiken
(3) Besonderheiten bei Unternehmenssicherheiten
3. Würdigung der Diskussion und Zwischenergebnis
2. Teil: Praxis und Dogmatik des deutschen Mobiliarsicherungsrechts
§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts
A. Die kreditwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Gründerzeit und Gründerkrise
I. Die Abschaffung der römisch-rechtlichen Mobiliarhypothek und die Einführung des Faustpfandrechts
II. Die Nutzung des Vollrechts zur Sicherung von Forderungen
1. Der Sicherungskauf und die Übereignung zur Sicherheit mittels constitutum possessorium
a) Die Entwicklung der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Sicherung von Forderungen durch die Übereignung von Mobilien
b) Die dogmatische Fundierung durch die Treuhandlehre
2. Die sicherungsweise Zession einer Forderung
3. Vom pactum reservati dominii zum Eigentumsvorbehalt
III. Zwischenergebnis
B. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsübereignung
I. Die Behandlung der Eigentumsübertragung zur Sicherung einer Forderung bei der Schaffung des BGB
1. Der Teilentwurf Johows und der Erste Entwurf
a) Das Traditionsprinzip
b) Übergabe durch constitutum possessorium
2. Kritik am ersten Entwurf
3. Die Beratungen der zweiten Kommission
4. Konsequenzen für die Auslegung der §§ 929, 930, 1204 ff. BGB
II. Die gewohnheitsrechtliche Verfestigung der Sicherungsübereignung nach Inkrafttreten des BGB
1. Das Erfordernis des „konkreten“ Besitzmittlungsverhältnisses
2. Die analoge Anwendung von § 1229 BGB auf die Sicherungsübereignung
3. Die Sicherungsübereignung von Warenlagern und anderen Sachgesamtheiten mit wechselndem Bestand
a) Die Sicherungsübereignung von Sachinbegriffen
b) Die Erfassung künftiger Waren
(1) Durchgangserwerb des Sicherungsgebers oder Direkterwerb des Sicherungsnehmers?
(2) Die Einigung als Insichgeschäft?
(3) Die antizipierte Einigung bei der Sicherungsübereignung von Warenlagern
(4) Das antizipierte Besitzmittlungsverhältnis hinsichtlich künftiger Waren
(5) Der Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers und die Verfügungsbefugnis des Sicherungsgebers
(6) Erforderlichkeit einer Ausführungshandlung
c) Das Sonderproblem des gemischten Warenlagers
4. Würdigung der Rechtsprechung zur Sicherungsübereignung von Waren- und Rohstoffl agern
C. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsabtretung
I. Die Regelung der Forderungsabtretung durch das BGB
II. Die Vorauszession
1. „Unechte“ Vorausabtretung
2. Echte Vorausabtretung
a) Zulässigkeit der echten Vorausverfügung
b) Das Verhältnis konkurrierender Vorauszessionen
c) Durchgangs- oder Direkterwerb bei der Vorauszession?
d) Wirkung der Vorauszession in der Insolvenz des Zessionars
(1) Entstehen der Forderung nach Verfahrenseröffnung
(2) Entstehen der Forderung während des Eröffnungsverfahrens
III. Das Einziehungsrecht des Sicherungsgebers bei der Diskontierung von Buchforderungen, revolvierender Globalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt
1. Die Unzulässigkeit einer beschränkten oder bedingten Übertragung der Forderung
2. Die Wiederentdeckung der Einziehungsermächtigung insbesondere für die Zwecke der revolvierenden Sicherungsabtretung
D. Der einfache Eigentumsvorbehalt
I. Funktionsanalyse
1. Der einfache Eigentumsvorbehalt als Sicherungsrecht bei Kreditkäufen
2. Der einfache Eigentumsvorbehalt als Mittel zur Wahrung des Synallagmas
II. Die Dogmengeschichte des einfachen Eigentumsvorbehalts
1. Das Verbot der bedingten Übereignung im Vorentwurf zum Sachenrecht
2. Die Regelung des Eigentumsvorbehalts in § 455 BGB a. F.
3. Die Herausbildung des Anwartschaftsrechts zur Beschreibung der Stellung des Vorbehaltskäufers
4. Der einfache Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz
a) Der Eigentumsvorbehalt im System der §§ 103 ff. InsO
b) Das Aussonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers in der Käuferinsolvenz
E. Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts
I. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt als echte Kreditsicherheit
II. Der Eigentumsvorbehalt mit Vorausabtretungsklausel
1. Die Wirksamkeit der Vorauszession
2. Die Funktion der Vertragsbruchlehre im Verhältnis zwischen Lieferant und Geldkreditgeber
III. Die Erstreckung auf das Produkt der Weiterverarbeitung
1. Das Verständnis der Herstellerklausel
2. Die haftungsrechtliche Dimension des Streits
3. Die Schwächen der gegenwärtigen Praxis
F. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt
G. Das Finanzierungsleasing
I. Die Behandlung des Finanzierungsleasings im Vollstreckungs und Insolvenzrecht
II. Die Besonderheiten des erlasskonformen Leasings
III. Die Notwendigkeit einer funktionalen Betrachtung
§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten
A. Das dingliche Recht und die haftungsrechtliche Rechtfertigung der Insolvenzfestigkeit von Sicherungsrechten
I. Der Begriff des dinglichen Rechts
II. Die „unmittelbare Beziehung zur Sache“ als Kern der Dinglichkeit – eine haftungsrechtliche petitio principii
B. Die Reichweite des Eigentumsschutzes aus Art. 14 GG für den Sicherungsnehmer
C. Die Privatautonomie der Parteien des Sicherungsgeschäfts als Rechtfertigungsansatz
I. Die Bestellung einer Sicherheit als Verwirklichung der grundgesetzlich gewährleisteten Privatautonomie
II. Die Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Konsequenz der Prämisse der Privatautonomie
III. Die Privatautonomie und die insolvenzrechtliche Haftungsordnung
1. Kreditsicherheiten als Verträge zu Lasten Dritter?
2. Insolvenzfeste Kreditsicherheiten und der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz
a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz als einfache Ordnungs-und Verteilungsregel
b) Der Gleichbehandlungsgrundsatz als Ausfl uss der Umsetzungen im Schuldnervermögen
c) Der Gleichbehandlungsgrundsatz als Ausprägung des wirtschaftsrechtlichen Leistungsprinzips
d) Stellungnahme
3. Kreditsicherheiten und die haftungsrechtliche Zuweisung der Insolvenzmasse
a) Die Theorie der haftungsrechtlichen Zuweisung der Insolvenzmasse
b) Die Grenzen der rechtsgeschäftlichen Verfügbarkeit der haftungsrechtlichen Zuweisung
c) Die Bestellung einer Sicherheit als aufschiebend bedingte Vorrechtseinräumung
IV. Zwischenergebnis
D. Voraussetzungen der haftungsrechtlichen Neutralität einer Sicherheit
I. Die haftungsrechtliche Neutralität von Sicherheiten an schuldnerfremdem Vermögen
II. Die haftungsrechtliche Surrogation durch die Überlassung des Kapitals
1. Die haftungsrechtliche Surrogation
2. Anschaffungsfi nanzierungen
3. Sonstige Sicherungsrechte an gegenwärtigem Vermögen
a) Die haftungsrechtliche Äquivalenz als Voraussetzung der haftungsrechtlichen Surrogation
b) Sicherheiten für Verbindlichkeiten eines Dritten
III. Die Unanwendbarkeit des Surrogationsgedankens auf Sicherheiten an künftigen Vermögensgegenständen
IV. Die Abgrenzung zum Insolvenzanfechtungsrecht
§ 5 Richterrechtliche Korrekturen des Legitimationsdefizits revolvierender Sicherheiten
A. Die Anwendung von § 419 BGB a. F.auf Sicherungsübertragungen
B. Die Grenze der guten Sitten bei der Kreditsicherung
I. Vorüberlegung: Das Verhältnis von § 138 Abs. 1 zu § 826 BGB bei der Sittenwidrigkeitskontrolle von Sicherungsgeschäften
II. Gläubigergefährdung durch Kredittäuschung und Insolvenzverschleppung
III. Die Funktion der Vertragsbruchlehre im Verhältnis des Globalzessionars zu den sonstigen Gläubigern des Sicherungsgebers
IV. Sittenwidrigkeit wegen Knebelung
V. Die Übersicherungslehre
1. Anfängliche Übersicherung
2. Nachträgliche Übersicherung
C. Die Anfechtbarkeit von Kreditsicherheiten
I. Die Deckungsanfechtung revolvierender Globalsicherheiten
1. Unanwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs auf revolvierende Sicherheiten
2. Revolvierende Sicherheiten als inkongruente Deckungen?
a) Ein Anspruch auf das künftige Entstehen von Forderungen?
b) Kongruente Deckung als Wertzuweisungsanspruch
c) Fazit
3. Anfechtbarkeit nach § 130 InsO
II. Die Vorsatzanfechtung von besicherten Gründungs-und Sanierungsdarlehen
§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht
A. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme und die Sonderstellung deliktischer Gläubiger
B. Mit Publizität ausgestattete Sicherungsrechte und nachträglich begründete Forderungen
C. Nachträglich bestellte Sicherungsrechte und ihr Verhältnis zu schon bestehenden Forderungen
I. Zinsanpassungsklauseln
II. Negativerklärungen und zustimmungsabhängige Sicherungsrechte
1. Die Behandlung der Negativerklärung im deutschen Recht
2. Die Negativerklärung im anglo-amerikanischen Rechtskreis
3. Zwischenergebnis
III. Einfache ungesicherte Gläubiger
D. Die nicht-anpassungsfähigen Gläubiger und das Konzept der formalen Vertragsgerechtigkeit
§ 7 Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen
A. Konsequenzen der Anknüpfung an den Lageort für Sicherheiten an beweglichen Sachen
I. Die Sicherungsübereignung
II. Der einfache Eigentumsvorbehalt
III. Verlängerungs- und Erweiterungsformen
1. Der Eigentumsvorbehalt mit Weiterveräußerungsermächtigung und Vorausabtretung
2. Der Verarbeitungsvorbehalt
3. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt
IV. Die Bedeutung der EuInsVO für dingliche Sicherheiten
B. Grenzüberschreitende Sicherheiten an Forderungen
I. Die Bestimmung des auf die Sicherheit an einer Forderung anwendbaren Rechts
II. Unterschiede der Sachrechtsordnungen hinsichtlich der Insolvenzfestigkeit von Sicherheiten an Forderungen
Variante 1: Benachrichtigung des Schuldners als Wirksamkeitserfordernis
Variante 2: Wahrung bestimmter Formerfordernisse
Variante 3: Eintrag in ein öffentliches Register
Variante 4: formloser Vertrag zwischen Zedent und Zessionar
C. Fazit
3. Teil: Internationale Entwicklungen: Functional Approach, Notice Filing und das Europäische Sicherungsrecht
§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code
A. Die Rechtsqualität und die Geschichte des UCC
B. Legal Realism und funktionaler Ansatz
C. Die Grundzüge der Regelung
I. Der Anwendungsbereich des Article 9 UCC
1. Erfasste Sicherungsgüter und Parteien
2. Erfasste Vertragstypen
3. Die Einordnung des Finanzierungsleasings
4. Rangrücktritte und Negativerklärungen
II. Entstehung (Attachment) des Security Interest
1. Begriff und Abgrenzung zur Perfection
2. Entstehungsvoraussetzungen
3. Reichweite
4. Die Behandlung revolvierender Sicherheiten
5. Das Erlöschen des Security Interest und das Verhältnis zur gesicherten Forderung
III. Perfection
1. Begriff und Bedeutung
2. Die Möglichkeiten der Perfection
a) Perfection by Possession
b) Perfection by Control
c) Automatic Perfection insbesondere bei der Finanzierung von Consumer Goods
D. Notice Filing
I. Überblick und Abgrenzung zum Transaction Filing
II. Inhalt der Anzeige (Financing Statement)
III. Das Registerverfahren
1. Das zuständige Filing Office
2. Veranlassung der Eintragung durch den Sicherungsnehmer
3. Außerkrafttreten der Eintragungswirkungen
4. Unbeschränkte Einsichtsberechtigung und datenschutzrechtliche Bedenken
5. Kosten des Registers
IV. Funktion des Notice Filing
1. Publizitätsfunktion
2. Rangzuweisungsfunktion
3. Beweisfunktion
V. Notice Filing, Transaction Filing und heimliche Mobiliarsicherheiten im Vergleich
E. Die Prioritätsregeln des Article 9 UCC
I. Das (modifizierte) Prioritätsprinzip als Grundsatz
1. Das Rangverhältnis nach dem Zeitpunkt der Eintragung (First to File Rule)
2. Einschränkungen der First to File Rule
II. Einzelne Rangverhältnisse
1. Die Position des Sicherungsnehmers bei Übertragungen des Sicherungsguts
2. Die Position des Sicherungsnehmers bei Verarbeitung, Vermischung und Zusammenfügung
III. Die Rechte von Warenkreditgebern und anderen Anschaffungsfi nanziers in der Insolvenz des Schuldners
1. Das beschränkte Aussonderungsrecht des Verkäufers in der Insolvenz des Käufers nach § 2–702 UCC
a) Barkäufe
b) Kreditkäufe
2. Sicherheiten zur Finanzierung von Anschaffungen (Purchase-Money Security Interests)
a) Die Voraussetzungen des Vorrangs des Anschaffungsfinanzierers in Bezug auf das angeschaffte Gut
(1) Goods other than Inventory
(2) Inventory
b) Vergleich mit der Position des Vorbehaltslieferanten unter deutschem Recht
c) Der einfache Eigentumsvorbehalt – Volleigentum oder wirklich nur ein Sicherungsrecht?
§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich
A. Der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions
I. Überblick
II. Anschaffungsfi nanzierungen im Legislative Guide
1. Die Alternative zwischen Unitary und Non-Unitary Approach
2. Bewertung der Empfehlung zugunsten des Unitary Approach
3. Zur Notwendigkeit einer Sonderbehandlung bei der Anschaffung von Waren- und Rohstoffvorräten
III. Die Bedeutung des guten Glaubens unter dem Guide
B. Der Draft Common Frame of Reference (DCFR)
I. Die Regelung des Security Right im IX. Buch des DCFR im Überblick
II. Funktional begrenzter Anwendungsbereich
III. Das Europäische Register für Sicherungsrechte
1. Formeller Nachweis der Zustimmung des Sicherungsgebers
2. Die Bedeutung der Eintragung für den gutgläubigen Erwerb
a) Die Registrierung als Grundlage unwiderleglich vermuteter Kenntnis
(1) Gutgläubiger, lastenfreier Erwerb des Sicherungsguts bei Veräußerungen im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs
(2) Gutgläubiger Erwerb des Vorrangs
b) Berichtigung des Registers
3. Auskunftspfl ichten des Sicherungsnehmers
a) Auskunftspfl icht nach Art. IX.-3:319 DCFR
b) Rechtsfolgen bei fehlerhafter Auskunft
c) Auskunftsrecht des Sicherungsgebers über die besicherte Forderung (Art. IX.-5:401 DCFR)
IV. Anschaffungsfi nanzierungen
1. Acquisition Finance Devices
a) Zeitpunkt der Drittwirksamkeit (Art. IX.-3:107 DCFR)
b) Superpriority von Acquisition Finance Devices (Art. IX.-4:102 DCFR)
c) Der Vorrang in Bezug auf wertmäßige Surrogate (Proceeds)
2. Insbesondere Retention of Ownership Devices
a) Die Retention of Ownership Devices
b) Die auf Retention of Ownership Devices anwendbaren Vorschriften
c) Die Durchsetzung von Retention of Ownership Devices
d) Berechtigung der Sonderstellung
V. Proprietary Security Rights und allgemeines Sachenrecht
C. Die Reformüberlegungen in Österreich
I. Der status quo des österreichischen Rechts
1. Sicherheiten an beweglichen Sachen
2. Sicherheiten an Forderungen
3. Der Eigentumsvorbehalt
II. Der Entwurf des Gesetzes über Mobiliarsicherheiten (MSG-E)
III. Der Entwurf im Vergleich zu Notice Filing und Functional Approach
§ 10 Ausblick: Ein Europäisches Mobiliarsicherungsrecht oder ein Mobiliarsicherungsrecht für Europa?
A. Reform des Kollisions- oder des Sachrechts?
B. Sachrechtsvereinheitlichung, Modellgesetz oder ein Europäisches Sicherungsrecht (ESR) als optionales Instrument?
I. Vereinheitlichung des Sachrechts
II. Schaffung eines europäischen Modellgesetzes und Einrichtung eines europäischen Registers
1. Die Autorität des Modellgesetzes
2. Die Einrichtung eines Europäischen Registers für Mobiliarsicherheiten
III. Ein optionales Instrument für das Mobiliarsicherungsrecht?
1. Kompetenz der Union nach Art. 352 AEUV
a) Abgrenzung zu Art. 114 AEUV
b) Verwirklichung der Ziele der Union
2. Ein optionales Instrument im Verhältnis zu den nationalen Sachenund Vollstreckungsrechten
a) Die Aussagekraft der Registers bei einem optionalen Instrument
b) Vorteile eines optionalen Instruments insbesondere für grenzüberschreitende Transaktionen
c) Abwägung
IV. Europäisches Modellgesetz oder schwaches optionales ESR als Alternativen auf europäischer Ebene
C. Eine Reform des nationalen Mobiliarsicherungsrechts
4. Teil: Wesentliche Ergebnisse
§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfi nanzierung
§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten
§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts
§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten
§ 5 Fehlerkorrekturen des Legitimationsdefizits revolvierender Sicherheiten
§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht
§ 7 Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen
§ 8 Article 9 Uniform Commercial Code
§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich
§ 10 Ein Europäisches Mobiliarsicherungsrecht oder ein Mobiliarsicherungsrecht für Europa?
Literaturverzeichnis
Sachregister

Citation preview

JUS PRIVAT UM Beiträge zum Privatrecht Band 156

Moritz Brinkmann

Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen Eine materiell-, insolvenz- und kollisionsrechtliche Studie des Rechts der Mobiliarsicherheiten vor dem Hintergrund internationaler und europäischer Entwicklungen

Mohr Siebeck

Moritz Brinkmann, geboren 1972; Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg und Heidelberg. 1998 Referendarexamen; 2001 Promotion durch die Universität Heidelberg; 2002 Assessorexamen am Kammergericht Berlin; Master-Studium 2002/2003 an der McGill-University, Montréal (Kanada); 2009 Habilitation durch die Universität zu Köln; seit November 2010 Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, deutsches und europäisches Zivilverfahrensrecht sowie Insolvenzrecht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT. e-ISBN PDF 978-3-16-151233-9 ISBN 978-3-16-150379-5 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum) Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen aus der Garamond gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Meinen Eltern

Vorwort Als ich mit den Arbeiten an dieser Untersuchung begann, war noch nicht absehbar, welche Aufmerksamkeit die Finanz- und Kreditmärkte weit über Expertenkreise hinaus erfahren würden. Spätestens seit dem Sommer des Jahres 2008 ist für jedermann erkennbar, wie sehr heute die Existenz von Unternehmen und sogar ganzer Staaten von der Versorgung mit Kredit abhängt. Der wirtschaftliche Zusammenbruch ist meist nicht mehr zu vermeiden, wenn die Finanzmärkte das Vertrauen in die Bonität eines Schuldners verloren haben. Das für die Kreditvergabeentscheidung erforderliche Vertrauen in die künftige Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers kann durch die Stellung einer Kreditsicherheit teilweise ersetzt werden. Insofern erfüllt das Kreditsicherungsrecht gerade in einer Zeit, die von Unsicherheit und sich abwechselnden Krisen geprägt ist, eine besonders wichtige Funktion. Es ist das Ziel dieser Arbeit, einen Beitrag dazu zu leisten, dass das deutsche Kreditsicherungsrecht auch in der Zukunft dieser Bedeutung gerecht wird. Die Gewährleistung von Rechtssicherheit ist dabei eine der zentralen Herausforderungen. Die Arbeit hat im Wintersemester 2009/2010 der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Habilitationsschrift vorgelegen. Vielen schulde ich Dank, nicht nur für ihre Unterstützung im Rahmen der Arbeit an diesem Buch, sondern auch für ihren Rat und ihre Hilfe weit darüber hinaus. Zuvörderst möchte ich meinem verehrten akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Hanns Prütting, danken. Ohne seine vorbehaltlose Unterstützung und seine überwältigende Großzügigkeit in allen anderen als fachlichen Fragen wäre diese Arbeit nicht entstanden. Nicht zuletzt danke ich ihm dafür, dass ich während der Arbeit an dieser Schrift Mitglied seines Instituts für Verfahrensrecht der Universität zu Köln sein durfte. In der einzigartigen Atmosphäre dieses Instituts arbeiten zu dürfen, ist ein besonderes Privileg.

An vielen Stellen dieser Untersuchung wird deutlich, dass mein verehrter Doktorvater, Herr Professor Dr. Ludwig Häsemeyer, mein insolvenzrechtliches Denken nachhaltig geprägt hat. Er hat die Entstehung dieser Arbeit kritisch und aufmerksam verfolgt, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Gleichfalls eine persona sine qua non für die Entstehung dieser Schrift ist Herr Professor Dr. Heinz-Peter Mansel. Dass er das Zweitvotum unter enormem Zeitdruck erstellt und dadurch den erfolgreichen Abschluss meines Habilitationsverfahrens noch im Jahre 2009 ermöglicht hat, werde ich ihm nie vergessen. Sein Bei-

VIII

Vorwort

trag zu dieser Arbeit und meinem Werdegang geht aber weit über das Abfassen des gedankenreichen Zweitgutachtens und seine vielfältigen inhaltlichen Anregungen hinaus. Herr Professor Dr. Mansel war mir in vielen Situationen ein wertvoller Ratgeber und persönliches Vorbild. Für all das danke ich ihm ganz herzlich. Ich bin Herrn Professor Dr. Dr. h.c. mult. Ulrich Drobnig zu großem Dank dafür verpflichtet, dass er mir die Regeln und comments zum IX. Buch des DCFR bereits vor ihrer Veröffentlichung zugänglich gemacht hat. Ich danke ihm gleichfalls sehr für seine Anmerkungen zu einer früheren Version des Abschnitts zum neunten Buch des DCFR. Herrn Harry Sigman danke ich sehr dafür, dass er mich in die einem zivilistisch geschulten Juristen fremde Welt des Article 9 UCC eingeführt und mit Geduld, Beharrlichkeit und beeindruckendem Kenntnisreichtum meine Missverständnisse bekämpft hat. Sofern der Text gleichwohl noch Irrtümer enthält, ist das allerdings allein mir anzulasten. Herr Professor Dr. Christian Katzenmeier hat auf mannigfache Art und Weise zu dieser Arbeit beigetragen. Nicht nur hat er viele meiner (auch akademischen) Schritte begleitet und mich stets angespornt und ermutigt, vor allem hat er seinerzeit den für mich so wichtigen Kontakt nach Köln zu Herrn Professor Dr. Prütting gestiftet. Hierfür danke ich ihm von Herzen.

Es ist mir eine besondere Freude, an dieser Stelle meine Kölner Freunde und Kollegen erwähnen zu können. Besonders hervorheben möchte ich Frau Dr. Christine Budzikiewicz, Herrn Dr. Michael Grünberger, Herrn Professor Dr. Michael Stürner, Herrn Professor Dr. Marc-Philippe Weller sowie Herrn Dr. Peter Tettinger. Von dem unter den Kölner Habilitandinnen und Habilitanden herrschenden Geist, der geprägt ist von gegenseitigem Respekt, wissenschaftlicher Neugier und persönlichem Vertrauen, haben ich und diese Arbeit sehr profitiert. Habt hierfür vielen Dank.

Besondere Erwähnung gebührt auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für Verfahrensrecht der Universität zu Köln ebenso wie vielen seiner Gäste aus dem In- und Ausland. Leider verbietet es der hier zur Verfügung stehende Raum, alle diejenigen persönlich zu nennen, die zur erwähnten besonderen Atmosphäre an diesem Institut beitragen und beigetragen haben. Ihnen und Euch allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Universität Bonn, Frau Gabriele Knott , Herrn Nathan Dreessen, Frau Sabine Einfeld, Frau Hannah Fritzsche, Frau Ina Lutz, Frau Navideh Maleki, Herrn Dr. Johannes Oebbecke sowie Frau Isabel Schlinkmann bedanke ich mich sehr für die Hilfe bei der Aktualisierung des Manuskripts und der mühevollen Durchsicht der Druckfahnen.

Dem Mohr Siebeck Verlag danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe. Dem Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT bin ich zu großem Dank für die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses verpflichtet.

IX

Vorwort

Für ihr jahrelanges Verständnis, ihre Flexibilität und ihren Einsatz nicht zuletzt bei der Drucklegung dieses Buches danke ich meiner Frau Victoria von ganzem Herzen. Unseren Töchtern Carlotta und Marlene danke ich für die tägliche, meist konkludente, aber nie überhörbare Ermahnung, endlich fertig zu werden. Das Manuskript habe ich im Sommer 2009 abgeschlossen. Für die Veröffentlichung konnten Rechtsprechung und Neuerscheinungen in der Literatur bis September 2010 berücksichtigt werden. Einzelne Nachträge konnte ich noch im Dezember 2010 vornehmen. Bonn, Silvester 2010

Moritz Brinkmann

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1. Teil: Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen als Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . .

25

§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfinanzierung . . § 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten . .

26 50

2. Teil: Praxis und Dogmatik des deutschen Mobiliarsicherungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts § 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten . § 5 Richterrechtliche Korrekturen des Legitimationsdefizits revolvierender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 7 Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen .

. . . . . . . .

86 225

. . . .

272

. . . . . . . .

302 322

3. Teil: Internationale Entwicklungen: Functional Approach, Notice Filing und das Europäische Sicherungsrecht. . . . . . . . . . .

349

§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code . . . . . . . . . . . . . . . . § 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 10 Ausblick: Ein Europäisches Mobiliarsicherungsrecht oder ein Mobiliarsicherungsrecht für Europa? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

351 424 468

4. Teil: Wesentliche Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

489

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

513 540

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXI

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

I. II. III. IV.

Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziele der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zehn Anforderungen an ein modernes Mobiliarsicherungsrecht . Überblick über internationale und europäische Entwicklungen . 1. Die Dynamik der Entwicklung des Kreditsicherungsrechts auf internationaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unionsrechtliche Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das deutsche Mobiliarsicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Zukunft: Ein Europäisches Sicherungsrecht für Mobilien oder ein Mobiliarsicherungsrecht für Europa? . . . . . . . . . V. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 3 4 10

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10 14 16

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19 19 22

1. Teil

Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen als Regelungsgegenstand 25

§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfinanzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Quellen der Unternehmensfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . I. Innen- und Außenfinanzierung. II. Eigen- und Fremdfinanzierung . 1. Eigenfinanzierung . . . . . . 2. Fremdfinanzierung . . . . . . a) Bankkredit . . . . . . . . . b) Lieferantenkredit . . . . . c) Kreditsubstitute . . . . . . (1) Leasingverträge . . . .

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26 26 27 27 28 30 30 33 34 34

XIV

Inhaltsverzeichnis

(2) Factoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Finanzierung durch Anleihen, insbesondere Forderungsverbriefungen . . . . . . . . . . . . . . B. Die Bedeutung von Mobiliarsicherheiten . . . . . . . . . . . . . I. Die Nutzung der einzelnen Kreditsicherungsmittel . . . . . II. Der zweite Baseler Eigenkapitalakkord („Basel II“) . . . . . III. Sicherungsgüter in der Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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36

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38 42 42 45

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48

§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

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A. Die Funktionen dinglicher Sicherheiten. . . . . . . . . . . . . . . . . .

50 51

I. Funktionen unabhängig von einer Insolvenz des Schuldners . . . . 1. Reduktion der durch die Überwachung des Schuldners entstehenden Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkung des Kontrollbedürfnisses auf das Sicherungsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutz vor Übertragungen von Vermögenswerten an Dritte . 2. Erleichterte Befriedigungsmöglichkeiten für den Fall der Einzelzwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erhöhter Schutz vor Zahlungsunwilligkeit des Schuldners . . . 4. Erhöhter Schutz vor Pfändungen durch Dritte insbesondere im Zusammenhang mit Projektfinanzierungen . . . . . . . . . . II. Die Funktion von Kreditsicherheiten in der Insolvenz des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Aus- oder Absonderungsbefugnis des gesicherten Gläubigers nach deutschem Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Priorität des gesicherten Gläubigers nach US-amerikanischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das englische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64 65

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

1. Zur Aussagekraft der ökonomischen Analyse im Hinblick auf das Kreditsicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die umstrittene Effizienz des Vorrangs der gesicherten Gläubiger in der Insolvenz des Sicherungsgebers . . . . . . a) Der Nutzen insolvenzfester Sicherheiten aus der Sicht von Gläubiger und Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Folgen des Vorrangs des gesicherten Gläubigers aus der Sicht der ungesicherten Gläubiger . . . . . . . . (1) Der Nutzen dinglicher Sicherheiten aus der Sicht der ungesicherten Gläubiger . . . . . . . . . . . . . .

51 51 53 57 58 59 60 62

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68

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71

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73

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77

Inhaltsverzeichnis

(2) Dingliche Sicherheiten und die Externalisierung von Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Besonderheiten bei Unternehmenssicherheiten . . . . . . 3. Würdigung der Diskussion und Zwischenergebnis . . . . . . . .

XV 78 80 83

2. Teil

Praxis und Dogmatik des deutschen Mobiliarsicherungsrechts 85

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

86

A. Die kreditwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Gründerzeit und Gründerkrise . . . . .

88

I. Die Abschaffung der römisch-rechtlichen Mobiliarhypothek und die Einführung des Faustpfandrechts. . . . . . . . . . . . . . . II. Die Nutzung des Vollrechts zur Sicherung von Forderungen . . . . 1. Der Sicherungskauf und die Übereignung zur Sicherheit mittels constitutum possessorium . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Entwicklung der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Sicherung von Forderungen durch die Übereignung von Mobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die dogmatische Fundierung durch die Treuhandlehre . . . . 2. Die sicherungsweise Zession einer Forderung . . . . . . . . . . . 3. Vom pactum reservati dominii zum Eigentumsvorbehalt . . . . III. Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsübereignung . . . . . I. Die Behandlung der Eigentumsübertragung zur Sicherung einer Forderung bei der Schaffung des BGB . . . . . . . . . . . . . 1. Der Teilentwurf Johows und der Erste Entwurf. . . . . . . . . . a) Das Traditionsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übergabe durch constitutum possessorium . . . . . . . . . . 2. Kritik am ersten Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Beratungen der zweiten Kommission . . . . . . . . . . . . . 4. Konsequenzen für die Auslegung der §§ 929, 930, 1204 ff. BGB . II. Die gewohnheitsrechtliche Verfestigung der Sicherungsübereignung nach Inkrafttreten des BGB . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Erfordernis des „konkreten“ Besitzmittlungsverhältnisses . 2. Die analoge Anwendung von § 1229 BGB auf die Sicherungsübereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Sicherungsübereignung von Warenlagern und anderen Sachgesamtheiten mit wechselndem Bestand . . . . . . . . . . . a) Die Sicherungsübereignung von Sachinbegriffen . . . . . . . b) Die Erfassung künftiger Waren . . . . . . . . . . . . . . . . .

89 93 94

94 100 102 103 105 106 107 107 107 109 111 113 117 118 119 121 122 122 125

XVI

Inhaltsverzeichnis

(1) Durchgangserwerb des Sicherungsgebers oder Direkterwerb des Sicherungsnehmers? . . . . . . . . (2) Die Einigung als Insichgeschäft? . . . . . . . . . . . . . . (3) Die antizipierte Einigung bei der Sicherungsübereignung von Warenlagern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Das antizipierte Besitzmittlungsverhältnis hinsichtlich künftiger Waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Der Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers und die Verfügungsbefugnis des Sicherungsgebers . . . . (6) Erforderlichkeit einer Ausführungshandlung . . . . . . . c) Das Sonderproblem des gemischten Warenlagers . . . . . . . 4. Würdigung der Rechtsprechung zur Sicherungsübereignung von Waren- und Rohstofflagern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsabtretung . . . . . . I. Die Regelung der Forderungsabtretung durch das BGB . . . . . . . II. Die Vorauszession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Unechte“ Vorausabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Echte Vorausabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulässigkeit der echten Vorausverfügung . . . . . . . . . . . . b) Das Verhältnis konkurrierender Vorauszessionen . . . . . . . c) Durchgangs- oder Direkterwerb bei der Vorauszession? . . . d) Wirkung der Vorauszession in der Insolvenz des Zessionars . (1) Entstehen der Forderung nach Verfahrenseröffnung . . . (2) Entstehen der Forderung während des Eröffnungsverfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Einziehungsrecht des Sicherungsgebers bei der Diskontierung von Buchforderungen, revolvierender Globalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt. . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Unzulässigkeit einer beschränkten oder bedingten Übertragung der Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Wiederentdeckung der Einziehungsermächtigung insbesondere für die Zwecke der revolvierenden Sicherungsabtretung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Der einfache Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktionsanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der einfache Eigentumsvorbehalt als Sicherungsrecht bei Kreditkäufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der einfache Eigentumsvorbehalt als Mittel zur Wahrung des Synallagmas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Dogmengeschichte des einfachen Eigentumsvorbehalts . . . . 1. Das Verbot der bedingten Übereignung im Vorentwurf zum Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Regelung des Eigentumsvorbehalts in § 455 BGB a. F. . . . .

126 129 131 134 136 138 141 149 151 152 154 155 158 159 162 165 167 167 167

169 170

173 176 178 181 182 185 185 186

Inhaltsverzeichnis

3. Die Herausbildung des Anwartschaftsrechts zur Beschreibung der Stellung des Vorbehaltskäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der einfache Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz . . . . . . . . a) Der Eigentumsvorbehalt im System der §§ 103 ff. InsO . . . . b) Das Aussonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers in der Käuferinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . I. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt als echte Kreditsicherheit. . . II. Der Eigentumsvorbehalt mit Vorausabtretungsklausel . . . . . . . 1. Die Wirksamkeit der Vorauszession . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Funktion der Vertragsbruchlehre im Verhältnis zwischen Lieferant und Geldkreditgeber. . . . . . . . . . . . . . III. Die Erstreckung auf das Produkt der Weiterverarbeitung . . . . . . 1. Das Verständnis der Herstellerklausel . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die haftungsrechtliche Dimension des Streits . . . . . . . . . . . 3. Die Schwächen der gegenwärtigen Praxis . . . . . . . . . . . . . F. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Das Finanzierungsleasing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Behandlung des Finanzierungsleasings im Vollstreckungsund Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Besonderheiten des erlasskonformen Leasings . . . . . . . . . III. Die Notwendigkeit einer funktionalen Betrachtung . . . . . . . . .

§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten A. Das dingliche Recht und die haftungsrechtliche Rechtfertigung der Insolvenzfestigkeit von Sicherungsrechten . . . . . . . . . . . . . . I. Der Begriff des dinglichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die „unmittelbare Beziehung zur Sache“ als Kern der Dinglichkeit – eine haftungsrechtliche petitio principii . . . . . . . . . . . . . . .

B. Die Reichweite des Eigentumsschutzes aus Art. 14 GG für den Sicherungsnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Privatautonomie der Parteien des Sicherungsgeschäfts als Rechtfertigungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Bestellung einer Sicherheit als Verwirklichung der grundgesetzlich gewährleisteten Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . II. Die Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Konsequenz der Prämisse der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Privatautonomie und die insolvenzrechtliche Haftungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kreditsicherheiten als Verträge zu Lasten Dritter? . . . . . . . .

XVII 188 192 192 195 200 200 202 203 206 209 210 211 213 214 219 221 222 224 225 227 227 227 231 232 233

234 235 237

XVIII

Inhaltsverzeichnis

2. Insolvenzfeste Kreditsicherheiten und der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz als einfache Ordnungsund Verteilungsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Gleichbehandlungsgrundsatz als Ausfluss der Umsetzungen im Schuldnervermögen . . . . . . . . . . c) Der Gleichbehandlungsgrundsatz als Ausprägung des wirtschaftsrechtlichen Leistungsprinzips . . . . . . . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kreditsicherheiten und die haftungsrechtliche Zuweisung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Theorie der haftungsrechtlichen Zuweisung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Grenzen der rechtsgeschäftlichen Verfügbarkeit der haftungsrechtlichen Zuweisung . . . . . . . . . . . . . . c) Die Bestellung einer Sicherheit als aufschiebend bedingte Vorrechtseinräumung . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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254 257

D. Voraussetzungen der haftungsrechtlichen Neutralität einer Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259

I. Die haftungsrechtliche Neutralität von Sicherheiten an schuldnerfremdem Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die haftungsrechtliche Surrogation durch die Überlassung des Kapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die haftungsrechtliche Surrogation. . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anschaffungsfinanzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige Sicherungsrechte an gegenwärtigem Vermögen . . . . . a) Die haftungsrechtliche Äquivalenz als Voraussetzung der haftungsrechtlichen Surrogation . . . . . . . . . . . . . . b) Sicherheiten für Verbindlichkeiten eines Dritten. . . . . . . . III. Die Unanwendbarkeit des Surrogationsgedankens auf Sicherheiten an künftigen Vermögensgegenständen . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Abgrenzung zum Insolvenzanfechtungsrecht . . . . . . . . . .

259 260 261 262 263 264 267 268 270

§ 5 Richterrechtliche Korrekturen des Legitimationsdefizits revolvierender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

272

A. Die Anwendung von § 419 BGB a. F. auf Sicherungsübertragungen . B. Die Grenze der guten Sitten bei der Kreditsicherung . . . . . . . . . .

273 275

I. Vorüberlegung: Das Verhältnis von § 138 Abs. 1 zu § 826 BGB bei der Sittenwidrigkeitskontrolle von Sicherungsgeschäften . . . . II. Gläubigergefährdung durch Kredittäuschung und Insolvenzverschleppung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

276 277

Inhaltsverzeichnis

III. Die Funktion der Vertragsbruchlehre im Verhältnis des Globalzessionars zu den sonstigen Gläubigern des Sicherungsgebers . . . IV. Sittenwidrigkeit wegen Knebelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Übersicherungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anfängliche Übersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachträgliche Übersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Anfechtbarkeit von Kreditsicherheiten. . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Deckungsanfechtung revolvierender Globalsicherheiten . . . . 1. Unanwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs auf revolvierende Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Revolvierende Sicherheiten als inkongruente Deckungen?. . . . a) Ein Anspruch auf das künftige Entstehen von Forderungen? b) Kongruente Deckung als Wertzuweisungsanspruch . . . . . c) Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anfechtbarkeit nach § 130 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Vorsatzanfechtung von besicherten Gründungsund Sanierungsdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme und die Sonderstellung deliktischer Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Mit Publizität ausgestattete Sicherungsrechte und nachträglich begründete Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Nachträglich bestellte Sicherungsrechte und ihr Verhältnis zu schon bestehenden Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIX 279 281 284 284 287 289 290 291 293 293 295 296 297 298

302 303 305

I. Zinsanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Negativerklärungen und zustimmungsabhängige Sicherungsrechte 1. Die Behandlung der Negativerklärung im deutschen Recht . . . 2. Die Negativerklärung im anglo-amerikanischen Rechtskreis . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einfache ungesicherte Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

308 308 309 309 312 315 316

D. Die nicht-anpassungsfähigen Gläubiger und das Konzept der formalen Vertragsgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

318

§ 7 Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen

322

A. Konsequenzen der Anknüpfung an den Lageort für Sicherheiten an beweglichen Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Sicherungsübereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der einfache Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verlängerungs- und Erweiterungsformen . . . . . . . . . . . . . . .

323 325 330 334

XX

Inhaltsverzeichnis

1. Der Eigentumsvorbehalt mit Weiterveräußerungsermächtigung und Vorausabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Verarbeitungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt. . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Bedeutung der EuInsVO für dingliche Sicherheiten . . . . . . B. Grenzüberschreitende Sicherheiten an Forderungen . . . . . . . . . . I. Die Bestimmung des auf die Sicherheit an einer Forderung anwendbaren Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterschiede der Sachrechtsordnungen hinsichtlich der Insolvenzfestigkeit von Sicherheiten an Forderungen . . . . . . C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

334 336 338 339 340 341 345 347

3. Teil

Internationale Entwicklungen: Functional Approach, Notice Filing und das Europäische Sicherungsrecht 349

§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code . . . . . . . . . . . . .

351

A. Die Rechtsqualität und die Geschichte des UCC . . . . . . . . . . . . B. Legal Realism und funktionaler Ansatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Grundzüge der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Anwendungsbereich des Article 9 UCC . . . . . . . . . . . 1. Erfasste Sicherungsgüter und Parteien . . . . . . . . . . . . . 2. Erfasste Vertragstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Einordnung des Finanzierungsleasings . . . . . . . . . . 4. Rangrücktritte und Negativerklärungen . . . . . . . . . . . . II. Entstehung (Attachment) des Security Interest . . . . . . . . . . 1. Begriff und Abgrenzung zur Perfection . . . . . . . . . . . . 2. Entstehungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Behandlung revolvierender Sicherheiten. . . . . . . . . . 5. Das Erlöschen des Security Interest und das Verhältnis zur gesicherten Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Perfection . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Möglichkeiten der Perfection . . . . . . . . . . . . . . . . a) Perfection by Possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Perfection by Control . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Automatic Perfection insbesondere bei der Finanzierung von Consumer Goods . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Notice Filing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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351 353 356 356 356 357 359 361 362 362 364 367 369

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370 372 372 374 374 375

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376 378

XXI

Inhaltsverzeichnis

I. Überblick und Abgrenzung zum Transaction Filing . . . . . . . . II. Inhalt der Anzeige (Financing Statement) . . . . . . . . . . . . . . III. Das Registerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das zuständige Filing Office. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Veranlassung der Eintragung durch den Sicherungsnehmer . . 3. Außerkrafttreten der Eintragungswirkungen . . . . . . . . . . 4. Unbeschränkte Einsichtsberechtigung und datenschutzrechtliche Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kosten des Registers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Funktion des Notice Filing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Publizitätsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rangzuweisungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beweisfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Notice Filing, Transaction Filing und heimliche Mobiliarsicherheiten im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die Prioritätsregeln des Article 9 UCC . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das (modifizierte) Prioritätsprinzip als Grundsatz . . . . . . . . 1. Das Rangverhältnis nach dem Zeitpunkt der Eintragung (First to File Rule) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einschränkungen der First to File Rule. . . . . . . . . . . . . . II. Einzelne Rangverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Position des Sicherungsnehmers bei Übertragungen des Sicherungsguts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Position des Sicherungsnehmers bei Verarbeitung, Vermischung und Zusammenfügung . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Rechte von Warenkreditgebern und anderen Anschaffungsfinanziers in der Insolvenz des Schuldners . . . . . . . . . . . . . 1. Das beschränkte Aussonderungsrecht des Verkäufers in der Insolvenz des Käufers nach § 2–702 UCC . . . . . . . . a) Barkäufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kreditkäufe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherheiten zur Finanzierung von Anschaffungen (Purchase-Money Security Interests) . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Voraussetzungen des Vorrangs des Anschaffungsfinanzierers in Bezug auf das angeschaffte Gut . . . . . . . (1) Goods other than Inventory . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Inventory. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vergleich mit der Position des Vorbehaltslieferanten unter deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der einfache Eigentumsvorbehalt – Volleigentum oder wirklich nur ein Sicherungsrecht? . . . . . . . . . . . .

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XXII

Inhaltsverzeichnis

§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . .

424

A. Der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions . . . .

425 425 427 428 431

I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anschaffungsfinanzierungen im Legislative Guide . . . . . . . . . 1. Die Alternative zwischen Unitary und Non-unitary Approach . 2. Bewertung der Empfehlung zugunsten des Unitary Approach . 3. Zur Notwendigkeit einer Sonderbehandlung bei der Anschaffung von Waren- und Rohstoffvorräten . . . . . III. Die Bedeutung des guten Glaubens unter dem Guide . . . . . . . . B. Der Draft Common Frame of Reference (DCFR) . . . . . . . . . . . I. Überblick über die Regelung des Security Right im IX. Buch des DCFR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Funktional begrenzter Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . III. Das Europäische Register für Sicherungsrechte. . . . . . . . . . . . 1. Formeller Nachweis der Zustimmung des Sicherungsgebers. . . 2. Die Bedeutung der Eintragung für den gutgläubigen Erwerb . . a) Die Registrierung als Grundlage unwiderleglich vermuteter Kenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gutgläubiger, lastenfreier Erwerb des Sicherungsguts bei Veräußerungen im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gutgläubiger Erwerb des Vorrangs . . . . . . . . . . . . . b) Berichtigung des Registers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auskunftspflichten des Sicherungsnehmers . . . . . . . . . . . . a) Auskunftspflicht nach Art. IX.-3:319 DCFR. . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen bei fehlerhafter Auskunft . . . . . . . . . . . . . c) Auskunftsrecht des Sicherungsgebers über die besicherte Forderung (Art. IX.-5:401 DCFR) . . . . . . . . . . . . . . . IV. Anschaffungsfinanzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Acquisition Finance Devices. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zeitpunkt der Drittwirksamkeit (Art. IX.-3:107 DCFR) . . . b) Superpriority von Acquisition Finance Devices (Art. IX.-4:102 DCFR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Vorrang in Bezug auf wertmäßige Surrogate (Proceeds) . 2. Insbesondere Retention of Ownership Devices . . . . . . . . . . a) Die Retention of Ownership Devices . . . . . . . . . . . . . . b) Die auf Retention of Ownership Devices anwendbaren Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Durchsetzung von Retention of Ownership Devices . . . d) Berechtigung der Sonderstellung . . . . . . . . . . . . . . . . V. Proprietary Security Rights und allgemeines Sachenrecht . . . . . . C. Die Reformüberlegungen in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der status quo des österreichischen Rechts . . . . . . . . . . . . . .

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442 443 444 445 445 446 447 448 448 449 449 450 453 453 454 454 455 457 458 458

XXIII

Inhaltsverzeichnis

1. Sicherheiten an beweglichen Sachen . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherheiten an Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Entwurf des Gesetzes über Mobiliarsicherheiten (MSG-E) III. Der Entwurf im Vergleich zu Notice Filing und Functional Approach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 10 Ausblick: Ein Europäisches Mobiliarsicherungsrecht oder ein Mobiliarsicherungsrecht für Europa? . . . . . . . . . . .

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A. Reform des Kollisions- oder des Sachrechts?. . . . . . . . . . . . . . . B. Sachrechtsvereinheitlichung, Modellgesetz oder ein Europäisches Sicherungsrecht (ESR) als optionales Instrument? . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

513 550

I. Vereinheitlichung des Sachrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schaffung eines europäischen Modellgesetzes und Einrichtung eines europäischen Registers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Autorität des Modellgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Einrichtung eines Europäischen Registers für Mobiliarsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ein optionales Instrument für das Mobiliarsicherungsrecht? . . 1. Kompetenz der Union nach Art. 352 AEUV. . . . . . . . . . a) Abgrenzung zu Art. 114 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . b) Verwirklichung der Ziele der Union. . . . . . . . . . . . . 2. Ein optionales Instrument im Verhältnis zu den nationalen Sachen- und Vollstreckungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Aussagekraft der Registers bei einem optionalen Instrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorteile eines optionalen Instruments insbesondere für grenzüberschreitende Transaktionen . . . . . . . . . . c) Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Europäisches Modellgesetz oder schwaches optionales ESR als Alternativen auf europäischer Ebene . . . . . . . . . . . . . . C. Eine Reform des nationalen Mobiliarsicherungsrechts . . . . . . 4. Teil

Wesentliche Ergebnisse 489

Abkürzungsverzeichnis AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union („Vertrag von Lissabon“) ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) ALI American Law Institute Cass. Cour de cassation, Frankreich DCFR Draft Common Frame of Reference EBOR European Business Organization Law Review ECFR European Company and Financial Law Review EuInsÜ Europäisches Übereinkommen über Insolvenzverfahren vom 23. November 1995 Eur. Rev. Priv. L. Euopean Review of Private Law EVÜ Europäisches Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 f. für Festschr. Festschrift frzCC Französischer code civil frzCCom Französischer code de commerce Guide UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions itCod. Civ. Italienischer Codice Civile LPA Englischer Law of Property Act nlBW Niederländisches Burgerlijk Wetboek OGH Oberster Gerichtshof, Österreich ÖNZ Österreichische Notariatszeitung PECL Priciples of European Contract Law PPSA Personal Property Security Act Prot. I Protokolle der [1.] Kommission zur Ausarbeitung eines bürgerlichen Gesetzbuches Prot. II Protokolle der [2.] Kommission zur Ausarbeitung eines bürgerlichen Gesetzbuches Rom I-VO Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. 6. 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) Rom II-VO Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 7. 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) schwZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch SE Societas Europaea spanCciv Spanischer Código Civil SZ Sammlung zivilrechtlicher Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (Österreich) TE-SachR Teilentwurf zum Sachenrecht des BGB von Johow UCC Uniform Commercial Code Für die hier nicht nachgewiesenen Abkürzungen wird verwiesen auf Kirchner, Hildebert/ Pannier, Dietrich: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6. Aufl., Berlin 2008. Für die abekürzt zitierte englischsprachige Literatur wird verwiesen auf The Bluebook: A Uniform System of Citation, 19. Aufl., Cambridge (Mass.) 2010.

Einleitung I. Ausgangspunkt Unternehmen decken einen großen Teil ihres Kapitalbedarfs durch die Aufnahme von Kredit. Plakativ, aber nicht unzutreffend wird der Kredit daher auch als „Schmierstoff der Wirtschaft“1 bezeichnet. 2 Die Bedeutung einer ausreichenden Kreditversorgung für eine Volkswirtschaft zeigt sich nicht zuletzt an der immer wieder aufflammenden Angst vor einer so genannten „Kreditklemme“.3 Wie die Finankrise nachdrücklich in Erinnerung gerufen hat, besteht bei jedem Kredit das Risiko, dass der Schuldner das ihm überlassene Kapital zum Fälligkeitszeitpunkt nicht wird zurückgewähren können. Je höher das Ausfallrisiko des Gläubigers ist, je weniger der Gläubiger also auf die Zahlungsfähigkeit des Schuldners vertrauen kann, um so höher wird die Risikoprämie sein, die der Schuldner in Form von Zinsaufschlägen erbringen muss. Es ist die Funktion von Kreditsicherheiten, dieses jedem Kreditgeschäft eigene Moment der Unsicherheit möglichst weitgehend zu reduzieren, um hierdurch die Aussichten zu erhöhen, dass der Gläubiger das überlassene Kapital zurückerhält, und somit die Kreditaufnahme für den Kreditnehmer günstiger zu machen. Diese kostensenkende Funktion können Kreditsicherheiten aber nur erfüllen, wenn sich der Gläubiger auf den Bestand und die Durchsetzbarkeit seines Sicherungsrechts in Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz verlassen kann. Die Rechtssicherheit besitzt daher im Kreditsicherungsrecht entscheidende Bedeutung.4 Es ist deswegen ein zentrales Anliegen dieser Arbeit, einen Beitrag zur Verbesserung der Rechtssicherheit im Kreditsicherungsrecht zu leisten. Besonders notwendig erscheint dies in Bezug auf das Recht des so genannten Mo1 Cohen, 20 University of Pennsylvania Journal of International Economic Law 423, nennt Kredit den „engine of economic growth“. 2 Kredit und seine Sicherung sind keineswegs moderne Phänomene. Schon das Alte Testament setzt sich detailliert mit dem Schutz des Sicherungsgebers beim Faustpfandrecht auseinander: „Wenn du den Mantel deines Nächsten zum Pfande nimmst, sollst du ihn wiedergeben, ehe die Sonne untergeht, denn sein Mantel ist seine einzige Decke für seinen Leib; worin soll er sonst schlafen?“ (II. Mose 22, 25, 26). „Du sollst nicht zum Pfande nehmen den unteren und oberen Mühlstein; denn damit hättest du das Leben zum Pfand genommen.“ (V. Mose 24, 6). 3 Vgl. K. P. Berger, BKR 2009, 45 ff. 4 Ebenso H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 29.

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Einleitung

biliarkredits, zu dem sowohl Sicherheiten an beweglichen Sachen wie auch an Rechten zu zählen sind.5 „Das bewegliche Gut kann nicht Gebrauchsgegenstand und Kreditmittel zu gleicher Zeit sein,“6 schrieb Heinrich Hoeniger im Jahr 1912 und wollte so die Unzulässigkeit der Sicherungsübereignung von Warenlagern begründen. Heute erscheint es uns dagegen ebenso selbstverständlich wie notwendig, dass der Schuldner sein bewegliches Vermögen zur Kreditsicherung nutzt und mit diesem zugleich weiter wirtschaftet. Die Besicherung einer Forderung durch die Sicherungsübereignung von Ausrüstungsgegenständen, Rohstoffen, Halbfertigwaren oder für den Verkauf bestimmter Waren – gleich ob schon dem Schuldner gehörend oder erst von diesem zu erwerben – ist heute als Sicherungsmittel aus der Finanzierungspraxis der Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Hoenigers Ansicht, mit der er damals keineswegs allein stand,7 verdeutlicht insofern, welch weiten Weg das Recht und die Praxis des Mobiliarkredits seitdem zurückgelegt haben. An diesem Paradigmenwechsel ist besonders bemerkenswert, dass er sich ohne eine entscheidende Veränderung der gesetzlichen Grundlagen vollzogen hat. Die Reform des Mobiliarsicherungsrechts ist zwar schon fast ein „Dauerthema“ in der rechtspolitischen Diskussion in Deutschland – so haben sich beginnend bereits im Jahr 1880 8 allein fünf Juristentage 9 mit dieser Materie befasst –, bekanntlich hat aber keiner dieser Ansätze zu grundsätzlichen Änderungen durch den Gesetzgeber oder gar zu einer Kodifi zierung des Mobiliarsicherungsrechts geführt. Im positiven Recht finden sich nur das Verbot des Konzernvorbehalts in § 449 Abs. 3 BGB und die Regelung der Kostenbeiträge des gesicherten Gläubigers für Feststellung und Verwertung des Sicherungsrechts im Insolvenzverfahren nach § 171 InsO. Der deutsche Gesetzgeber ist bisher stets seiner schon bei der Schaffung des BGB gezeigten Abstinenz treu geblieben und hat die Entwicklung des Rechts auf diesem Gebiet weitgehend Praxis und Wissenschaft überlassen. Der Mobiliarkredit ist daher seit rund 130 Jahren 5 Diese Definition folgt den u. a. von Drobnig (Gutachten für den 51. DJT, Teil F, S. 14) und der Insolvenzrechtskommission (Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Erster Bericht, LS 1.1.5. Abs. 2) verwendeten Abgrenzungen. 6 Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 51. Das Reichsgericht hatte die Sicherungsübereignung eines Warenlagers zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits anerkannt. Hoeniger kritsierte diese Rechtsprechung heftig, siehe unten, S. 122 ff. 7 Im Einzelnen unten, S. 122 ff. 8 Exner, Behrend und Leonhard erstatteten Gutachten zu der Frage, „ob und unter welchen Voraussetzungen das constitutum possessorium mit der Wirkung der Besitzübertragung für bewegliche Sachen auszustatten ist“, 15. DJT (1880), Bd. 1, S. 1 ff. 9 31. DJT (1912): Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen in bezug auf die Sicherungsübereignung?, Gutachter: Salinger (Bd. I, S. 409 ff.), mit Stellungsnahmen von Hoeniger und Litten (Bd. II, S. 188 ff.); 32. DJT (1921): Empfiehlt sich die Einführung einer Mobiliarhypothek?, Berichterstatter: Seiler (Bd. II, S. 185 ff.); 41. DJT (1955): Gesetzliche Regelung der Sicherungsübereignung und des Eigentumsvorbehalts?, Berichterstatter: H. Westermann (Bd. II, Teil F); 51. DJT (1976): Empfehlen sich gesetzliche Maßnahmen zur Reform der Kreditsicherung?, Gutachter: Drobnig (Bd. I, Gutachten F).

II. Ziele der Arbeit

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eine Domäne des Richterrechts. Dabei ist es den deutschen Gerichten in beeindruckender Art und Weise gelungen, das Recht fortzuentwickeln und den sich verändernden Bedürfnissen und Bedingungen anzupassen. Wie aber die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus jüngerer und jüngster Zeit10 zeigen, sind auch heute keineswegs alle Fragen geklärt. Im Gegenteil herrscht auch hinsichtlich grundsätzlicher Probleme oft Unklarheit. Besondere Unsicherheit besteht für grenzüberschreitende Transaktionen, da hier zu den unklaren sachrechtlichen Fragen erhebliche kollisionsrechtliche Probleme treten.

II. Ziele der Arbeit Die Untersuchung soll zunächst die Probleme und offenen Fragen des deutschen Rechts der Sicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen in Bezug auf die heutigen kreditwirtschaftlichen Anforderungen aufzeigen. Diese liegen einerseits in der erheblichen Rechtsunsicherheit, die das Mobiliarsicherungsrecht beherrscht, und andererseits in dem Legitimationsdefizit revolvierender Globalsicherheiten vor dem Hintergrund des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Es wird zu zeigen sein, dass die Sittenwidrigkeitskontrolle und die Insolvenzanfechtung Notbehelfe zur Linderung dieser haftungsrechtlichen Friktionen sind. Es soll untersucht werden, inwieweit diesen haftungsrechtlichen Bedenken dadurch abgeholfen werden kann, dass die Belastung einer Sache für Dritte erkennbar gemacht wird. Als Alternative zum status quo soll daher das Modell eines in einem öffentlich zugänglichen Register anzuzeigenden Sicherungsrechts vorgestellt werden. Ein solcher Ansatz, der nicht nur unter Rechtssicherheitsaspekten dem gegenwärtigen deutschen Recht überlegen ist, setzt sich international immer mehr durch. Aktuelles Beispiel sind die im Jahr 2009 vorgelegten Regelungen des Draft Common Frame of Reference (DCFR) über proprietary security rights. Es wird zu erörtern sein, inwieweit diese Regeln ein Orientierungspunkt bei künftigen nationalen oder europäischen Reformen sein können. Abschließende Überlegungen sollen der Frage gelten, welche Möglichkeiten in instrumenteller und inhaltlicher Hinsicht für die künftige Rechtsentwicklung zur Verfügung stehen. Im Ergebnis wird hier ein zweispuriges Vorgehen in Gestalt der Schaffung eines europäischen Modellgesetzes sowie der parallelen Reform des deutschen Mobiliarsicherungsrechts favorisiert werden. 10 BGH, Beschl. v. 27. 11. 1997, BGHZ 137, 212 ff. (nachträgliche Übersicherung); Urt. v. 29. 11. 2007, BGHZ 174, 297 ff. (Anfechtbarkeit der Globalzession); Urt. v. 27. 3. 2008, BGHZ 176, 86 ff. (Wirkungen eines Eigentumsvorbehalts nach Übertragung); Urt. 5. 3. 2009, BGHZ 180, 98 ff. (Anfechtbarkeit eines umfänglich gesicherten Existenzgründungskredits nach § 133 InsO); Beschl. v. 15. 10. 2009 – IX ZR 170/07 (Bestimmbarkeit der Sicherungszession bei beschränktem Abtretungsvolumen, unveröffentlicht).

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Einleitung

III. Zehn Anforderungen an ein modernes Mobiliarsicherungsrecht Nicht nur bei der Beurteilung des geltenden Rechts, sondern auch bei der Entwicklung von Reformvorschlägen müssen die Kriterien klar sein, die als Maßstab dienen sollen. Diese Anforderungen ergeben sich aus der ökonomischen Funktion und den rechtlichen Wirkungen von Mobiliarsicherheiten. Hierbei sind nicht nur die Belange der Parteien des Sicherungsgeschäfts in den Blick zu nehmen, sondern auch die anderer gesicherter Gläubiger, die Interessen der gegenwärtigen und künftigen ungesicherten Gläubiger sowie schließlich die Interessen der Rechtsgemeinschaft insgesamt.11 1.) Die Verfügbarkeit günstigen Kredits Je günstiger sich ein Unternehmen finanzieren kann, desto mehr Kredit kann es aufnehmen. Mehr Kredit führt jedenfalls in der ökonomischen Theorie zu mehr Wachstum und damit zu Wohlfahrtsgewinnen.12 Es ist daher die wichtigste Anforderung an ein modernes Mobiliarsicherungsrecht, dass es eine Kreditaufnahme zu möglichst geringen Kosten erlaubt.13 2.) Die Schaffung von Rechtssicherheit Die Reduktion der Kreditkosten durch Kreditsicherheiten ergibt sich in erster Linie daraus, dass die Besicherung eines Kredits das Ausfallrisiko des Gläubigers senkt. Insoweit der Zinssatz das mit der Kapitalüberlassung verbundene Risiko für den Gläubiger widerspiegelt, können Kreditsicherheiten die Zinsen reduzieren.14 Die Qualität eines Kreditsicherungsrechts muss sich daher vor 11 Vgl. auch die Einordnung der berührten Interessenkreise bei Lehmann in seiner Denkschrift für die Akademie für Deutsches Recht zur Reform der Kreditsicherung an Fahrnis und Forderungen (1937). Lehmann hält eine Interesseneinordnung nach dem „Gemeinschaftsgedanken“ für erforderlich und unterscheidet drei Gemeinschaftskreise, nämlich die Gemeinschaft zwischen Gläubiger und Schuldner, die Gemeinschaft der konkurrierenden Gläubiger und die „deutsche Volksgemeinschaft“ (S. 14). Die Hervorhebung des „Gemeinschaftsgedankens“ ist wohl eher eine dem nationalsozialistischen Ungeist geschuldete Worthülse als ein dogmatisch weiterführender Einteilungsgesichtspunkt. Denn selbst wenn man sich für die Feststellung einer „Gemeinschaft“ mit dem Vorhandensein gleich gelagerter Interessen begnügte, könnte dieser Ansatz nicht überzeugen, da Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber keineswegs dieselben Interessen haben und auch die Interessen der konkurrierenden Gläubiger durchaus gegenläufig sein können. Hinter der „deutschen Volksgemeinschaft“ verbirgt sich bei näherem Hinsehen das „Gesamtinteresse an der Verhinderung von Kapitalfehlleitungen und an einem sicheren Rechtsverkehr“ (a.a.O., S. 15). Der Sache nach geht es also um nichts anderes als die Gewährleistung von Effizienz durch die Vermeidung von Externalitäten und den Schutz des Rechtsverkehrs. 12 Hierzu unten, S. 70 ff. 13 UNCITRAL, Legislative Guide on Secured Transactions, Introduction, Rn. 40, 43, Rec. 1 a); Wiegand, Festschr. f. Horn, S. 177; Eidenmüller, JZ 2007, 487, 493; Köndgen, in: Festschr. f. Schwark, S. 41. 14 Empirische Nachweise dieser These liefert die Untersuchung von J. R. Booth/L. C. Booth, 38 Journal of Money, Credit and Banking 67 ff.

III. Zehn Anforderungen an ein modernes Mobiliarsicherungsrecht

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allem danach beurteilen lassen, inwieweit es dem Sicherungsnehmer Sicherheit für den Rückerhalt des dem Schuldner gewährten Kapitals verschafft. Wie angedeutet kommt daher der Rechtssicherheit eine besondere Bedeutung zu. Ungewissheit über den Inhalt und die Folgen des für ein Sicherungsgeschäft geltenden Rechts gefährdet die intrinsische Funktion der Transaktion, die gerade eine Senkung der Unsicherheit bezweckt. Die Gewährleistung von Rechtssicherheit ist im Kreditsicherungsrecht insofern nicht nur ein Gebot der Effizienz, sondern geradezu eine Funktionsbedingung von Sicherungsgeschäften. 3.) Niedrige Transaktionskosten Die Senkung des Rückzahlungsrisikos dient wie angedeutet der Senkung der Kreditkosten. Daher kann ein Kreditsicherungsrecht die ihm gestellte Aufgabe nur dann erfüllen, wenn die Kostenvorteile, die sich aus der Reduktion des Rückzahlungsrisikos ergeben, nicht durch die Transaktionskosten des Sicherungsgeschäfts stark beschränkt oder gar vollständig aufgewogen werden. Insofern muss das Recht ein Höchstmaß an Sicherheit zu möglichst geringen Kosten bieten. Gerade das Kostenargument wurde in der Vergangenheit immer wieder gegen die Einführung eines Registers für Mobiliarsicherheiten angeführt.15 Die Informationskanäle, welche die elektronische Datenverarbeitung und das Internet eröffnen, zwingen aber dazu, dieses Argument zu überprüfen: Die Möglichkeiten des Computerzeitalters erlauben die Einführung eines Registers zu wesentlich geringeren Kosten, als dies noch vor 20 Jahren vorstellbar war.16 Daher ist aufgrund des technischen Fortschritts eine Neubewertung der rechtlichen Regelung erforderlich.17 4.) Die Offenheit für unkörperliche Vermögensgegenstände Der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft konfrontiert das Kreditsicherungsrecht mit neuen Gegebenheiten. Durch den Strukturwandel hat sich auch die Bedeutung der unterschiedlichen Arten von Sicherungsgütern verschoben. Während in der Industriegesellschaft die fundierte Unternehmung, die hochwertige Ausrüstungsgegenstände etwa in Form von Maschinen besitzt, das Bild prägte, gewinnen in der Dienstleistungsgesellschaft körperlose Vermögensgegenstände wie Rechte und Forderungen

15 Eindrucksvoll führt dies Wiegand, Festschr. f. Horn, S. 177, 180, für den Eigentumsvorbehalt nach schweizerischem Recht vor. Dieser ist gemäß Art. 715 schwz. ZGB in dem Gerichtsbezirk, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat, in ein Register einzutragen. Nach Wiegand ist der Eigentumsvorbehalt wegen der aufwändigen und dennoch mit hohen Unsicherheiten behafteten Regelung für die Praxis „weitgehend unbrauchbar“. 16 Dies belegen die Erfahrungen mit dem elektronischen Handelsregister und dem elektronischen Grundbuch, vgl. Gassen/Mödl, ZRP 2009, 77 ff. 17 Vgl. auch UNCITRAL, Legislative Guide on Secured Transactions, Ch. I, S. 59, Rn. 119.

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Einleitung

zunehmend größere Bedeutung.18 Dieser veränderten Vermögensstruktur hat das Recht Rechnung zu tragen.19 5.) Die Offenheit für neue Finanzierungsformen Herausforderungen ergeben sich auch aus neuartigen Finanzierungsmethoden, die zur Entstehung neuer Typen von Sicherungsgeschäften führen. Hier steht das Kreditsicherungsrecht vor der Aufgabe, auch für diese Transaktionen adäquate Regelungen zur Verfügung zu stellen. Das deutsche Recht hat sich in der Vergangenheit insoweit als äußerst flexibel und entwicklungsfähig erwiesen. So ist es der Rechtsprechung seit Beginn des letzten Jahrhunderts immer wieder gelungen, neue Finanzierungsformen durch Weiterentwicklung des bestehenden Instrumentariums rechtlich zu erfassen. Die Beispiele reichen von der Anerkennung der Globalsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen über den verlängerten Eigentumsvorbehalt bis zum Finanzierungsleasing und dem Factoring in jüngerer Zeit. Die in den neunziger Jahren aufgekommenen Verbriefungstransaktionen (Asset Backed Securities) haben allerdings eine gesetzliche Regelung in Form der §§ 22a ff. KWG und dem dort geschaffenen Refinanzierungsregister erforderlich gemacht. 6.) Die Berücksichtigungsfähigkeit unter dem Baseler Eigenkapitalakkord Die angesprochenen Verbriefungsgeschäfte sind im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise heftig in Verruf geraten. Zur künftigen Abwendung solcher Krisen ist der Ruf nach verstärkter Regulierung der Finanzmärkte laut geworden. 20 So wurde argumentiert, dass die Finanzmarktkrise hätte vermieden werden können, wenn der mit dem Schlagwort „Basel II“ bezeichnete reformierte Eigenkapitalakkord des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zu diesem Zeitpunkt in den USA bereits umgesetzt gewesen wäre.21 Der Baseler Eigenkapitalakkord bestimmt unter anderem, mit wie viel Eigenkapital eine Bank die von ihr ausgereichten Kredite unterlegen muss. Dies richtet sich in erster Linie nach dem jeweiligen Kreditausfallrisiko. Bei dessen Bestimmung kann die Bank unter gewissen Voraussetzungen ihr gewährte Sicherheiten risikomindernd in Ansatz bringen. Die Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen der Risikogewichtung nach Basel II ist insofern heute eine besonders wichtige Eigen18 Buxbaum, Uniform Law Review 8 (2003), 321, 324; Bette, WM 1994, 1909; Kieninger/ Schütze, ZIP 2003, 2181. 19 Allan, Bond Law Review 14 (2002), Heft 1, Rn. 4. 20 So lautet das Thema der Abteilung Öffentliches und Privates Wirtschaftsrecht des 68. Juristentags (2010): „Finanzmarktregulierung – Welche Regelungen empfehlen sich für den deutschen und europäischen Finanzsektor?“ Siehe hierzu die Gutachten von Hellwig, Höfling und Zimmer, in: Verhandlungen des 68. DJT, Bd. 1, 2010. Siehe ferner Kindler, NJW 2010, 2465 ff. 21 Zu den Eigenkapitalanforderungen für Banken nach US-amerikanischem Recht siehe Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 11.

III. Zehn Anforderungen an ein modernes Mobiliarsicherungsrecht

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schaft einer Kreditsicherheit. Denn diese beeinflusst unmittelbar die Kreditkosten, da ein Kredit um so teurer ist, je mehr Eigenkapital der Kreditgeber dafür vorhalten muss. Sollte der neue Baseler Eigenkapitalakkord aus dem Spätsommer des Jahres 2010 umgesetzt werden, so werden die Eigenkapitalanforderungen voraussichtlich noch weiter steigen, so dass mit steigenden Finanzierungskosten zu rechnen ist. Dies wird die Bedeutung von Kreditsicherheiten weiter erhöhen. 7.) Rechtsbeständigkeit im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr Nach dem Baseler Eigenkapitalakkord setzt die Berücksichtigungsfähigkeit einer Sicherheit voraus, dass diese „rechtlich wirksam und rechtlich durchsetzbar“22 ist. Bei Transaktionen mit rein inländischem Bezug mag diese Frage noch relativ leicht zu beurteilen sein. 23 Äußerst ungewiss können die Wirksamkeit und die Durchsetzbarkeit einer Sicherheit aber sein, sofern sich auch nur eine von diesen Fragen nach einer anderen Rechtsordnung richtet als der, nach welcher die Sicherheit bestellt wurde. Zu einer solchen Situation kommt es bei beweglichen Sachen aufgrund der lex rei sitae-Regel des Internationalen Sachenrechts immer dann, wenn das Sicherungsgut in den Geltungsbereich einer anderen Rechtsordnung verbracht wird. Problematisch ist in dieser Situation, ob die berufene Rechtsordnung das nach ausländischem Recht begründete Sicherungsrecht anerkennt. Da die verschiedenen nationalen Mobiliarsicherungsrechte in Voraussetzungen und Rechtsfolgen teilweise stark voneinander abweichen, 24 ist diese Frage äußerst heikel. Gerade die publizitätslosen Sicherungsrechte des deutschen Rechts werden von vielen ausländischen Rechtsordnungen in dieser Form nicht anerkannt, 25 woraus ein erhebliches Risiko für die Besicherung grenzüberschreitender Transaktionen folgt. Die derzeit herrschenden Differenzen der nationalen Sicherungsrechte behindern daher die Finanzierung internationaler Transaktionen erheblich. Da solche Geschäfte aufgrund der schnellen Zunahme des internationalen Handelsverkehrs und der Intensivierung der Finanzbeziehungen erhebliche Bedeutung erlangt haben, 26 ist die Harmonisierung der nationalen Sicherungsrechte auch ökonomisch ein Desiderat. 27

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Vgl. § 154 Solvabilitätsverordnung. Die jüngste Diskussion um die Anfechtbarkeit der Globalzession (BGH, Urt. v. 29. 11. 2007, BGHZ 174, 297 ff.), hat freilich gezeigt, dass auch insoweit keineswegs vollkommene Klarheit herrscht. 24 Drobnig, Eur. Rev. Priv. L. 11 (2003), 623, 624. 25 Dies hat die Studie von Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, eindrucksvoll bestätigt. 26 Seit 1993 hat sich der Wert der weltweit exportierten Güter nahezu vervierfacht, WTO, World Trade Developments 2006, S. 10, Table I.6. 27 UNCITRAL, Legislative Guide on Secured Transactions, Introduction, Rn. 7, 68. 23

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Einleitung

8.) Abbau von Behinderungen der Warenverkehrsfreiheit Das Problem der fehlenden internationalen Harmonisierung gewinnt eine über die ökonomischen Nachteile hinausgehende rechtliche Dimension im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt. Denn das Risiko, dass ein an einer Sache bestelltes Sicherungsrecht in Folge ihrer Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat erlischt, beeinträchtigt die Warenverkehrsfreiheit. 28 Dass deswegen die lex rei sitae-Regel europarechtswidrig ist, behauptet zwar nur eine Minderheit der Autoren; 29 viele sind jedoch der Überzeugung, dass die Harmonisierung der Mobiliarsicherungsrechte eines der vordringlichsten Projekte auf der europäischen Agenda sein sollte.30 Gleichwohl sind die bisher in diese Richtung unternommenen Schritte eher bescheiden. Der Handlungsdruck ist hier aber bei Lichte besehen ungleich größer als etwa auf dem Gebiet des Schuldvertragsrechts. Zum einen besteht im Schuldvertragsrecht ein weitaus höheres Maß an Übereinstimmung, zum anderen steht insoweit den Parteien die Möglichkeit offen, ihren Vertrag durch Rechtswahl einer bestimmten Rechtsordnung zu unterwerfen. Wegen des nach herrschender Meinung31 zwingenden Charakters der lex rei sitae-Regel besteht diese Möglichkeit bei Sicherungsgeschäften nicht. 9.) Die Harmonisierung mit dem insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Das Projekt einer Harmonisierung der Mobiliarsicherungsrechte der Mitgliedstaaten ist allerdings gerade wegen der nach wie vor großen Divergenzen der nationalen Rechte äußerst ehrgeizig.32 Die Unterschiede erschöpfen sich dabei

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Statt vieler Drobnig, in: Divergences of Property Law, S. 105, 113. v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, 1996. Dagegen unten, S. 468 ff. 30 Siehe nur die Beiträge von Vriesendorp (S. 63, 67) und Lukas (S. 95, 101), in: Divergences of Property Law; Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 722; Wiegand, in: Festschr. f. Horn, S. 177, 185. Skeptisch Stevens, in: The Future of Secured Credit, S. 83, 96 ff. 31 Eine Rechtswahl der Parteien wird von der herrschenden Meinung allenfalls im Rahmen von Art. 46 EGBGB berücksichtigt: Bamberger/Roth/Spickhoff, BGB, Art. 43 EGBGB Rn. 4; MünchKomm-BGB/Wendehorst, Art. 46 Rn. 18 EGBGB; PWW/Brinkmann, BGB, Art. 46 Rn. 2. Zur Rechtslage vor der Kodifikation des Internationalen Sachenrechts Soergel/Lüderitz, BGB Anh. II zu Art. 38 EGBGB Rn. 3; Staudinger/Stoll, BGB, IntSachR Rn. 262 ff.; Jayme, in: Festschr. f. Serick, S. 241, 246; Weber, RabelsZ 44 (1980), S. 510 ff. Einsele, RabelsZ 60 (1996), 417, 437 ff., will Rechtswahlfreiheit im Sachenrecht insoweit zulassen, wie die Parteien ein bestimmtes Recht auch durch eine Veränderung des Lageortes hätten zur Anwendung bringen können. Registrierungserfordernisse der lex rei sitae sind jedoch auch nach Einsele international zwingend, so dass insoweit eine Abweichung unmöglich sei, a.a.O., S. 444. v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 60, vertritt die Ansicht, dass die Gewährung von Rechtswahlfreiheit sich zwingend aus den Grundfreiheiten ergebe. Gegen diese Ansicht unten, S. 468 ff. 32 Steven, in: Divergences of Property Law, S. 47, 61. 29

III. Zehn Anforderungen an ein modernes Mobiliarsicherungsrecht

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keineswegs in technischen Einzelheiten.33 Ihnen liegen vielmehr abweichende Bewertungen der berührten Interessen zugrunde. Im Kern geht es dabei um die Reichweite des Vorrangs des Sicherungsnehmers gegenüber den anderen Gläubigern des Sicherungsgebers. Warum und inwieweit der gesicherte Gläubiger außerhalb und erst recht innerhalb der Insolvenz des Sicherungsgebers dessen anderen Gläubigern gegenüber bevorrechtigt sein soll, ist die Schicksalsfrage des Kreditsicherungsrechts. Einerseits ist die Insolvenzfestigkeit eines Rechts ein Lackmus-Test dafür, ob es sich überhaupt um ein (dingliches) Sicherungsrecht handelt.34 Andererseits wurde gerade in Deutschland die masseauszehrende Wirkung von Mobiliarsicherheiten für den „Konkurs des Konkurses“35 verantwortlich gemacht, weshalb im Zuge der Insolvenzrechtsreform intensiv die Beschränkung der Insolvenzfestigkeit dieser Rechte diskutiert wurde. In den vergangenen dreißig Jahren wurden ähnliche Debatten um die Priorität des gesicherten Gläubigers auch in anderen Rechtsordnungen geführt. Dabei geht es sowohl um die ökonomische Effizienz dieses Vorrangs wie auch um seine normative Berechtigung. Bei der Entscheidung spielt insofern nicht nur die jeweilige Finanzierungspraxis eine Rolle, sondern auch die jeweilige nationale Rechtskultur. Während man heute hinsichtlich der Finanzierungspraxis von einer weitgehenden Angleichung der Bedingungen in den Mitgliedstaaten ausgehen kann, besteht hinsichtlich der nationalen Rechtskulturen nach wie vor große Vielfalt, die sich eben auch in den Abweichungen der einzelnen nationalen Mobiliarsicherungsrechte ausdrückt. Sowohl eine Harmonisierung der Rechte der Mitgliedstaaten als auch die Schaffung eines Europäischen Sicherungsrechts (ESR) setzen daher einen Konsens über Grund und Reichweite des Vorrangs des gesicherten Gläubigers voraus.36 Am Beginn einer solche Debatte auf europäischer Ebene muss die Offenlegung der ökonomischen, rechtlichen wie kulturellen Argumente und Konzepte stehen, die in den nationalen Rechtsordnungen bei der Behandlung von Vorrangfragen eine Rolle spielen.

33 Siehe die Darstellung bei Drobnig, in: Europäisches Parlament, Generaldirektion Wissenschaft (Hrsg.), Arbeitsdokument: Untersuchung der Privatrechtsordnungen der EU im Hinblick auf Diskriminierungen und die Schaffung eines Europäischen Zivilgesetzbuches, JURI 103 DE (1999) 59, S. 70 ff. Siehe ferner Juutilainen, in: Wilhelmsson/Paunio/Pohjolainen (Hrsg.), Private Law and the Many Cultures of Europe, S. 343, 355. 34 Drobnig, Eur. Rev. Priv. L. 11 (2003), 623, 646: „Real security has to prove its value in the acid test of the debtor’s insolvency.“ Beale, in: The Future of Secured Credit, S. 377, 383. Vgl. auch McBryde/Flessner/Kortmann, Principles of European Insolvency Law, S. 57: „It is the prime test of whether or not a right in security exists, that it survives an insolvency proceeding [. . .]. If the security right did not continue it could hardly be called a security in the strict sense.“ 35 Kilger, KTS 1975, 142, 148. 36 Juutilainen, in: Wilhelmsson/Paunio/Pohjolainen, Private Law and the Many Cultures of Europe, S. 343, 354 ff., der allerdings Zweifel daran äußert, dass das Ziel der Rechtsvereinheitlichung oder -harmonisierung die Preisgabe kultureller Unterschiede rechtfertigt.

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Aus insolvenzrechtlicher Sicht geht es dabei um die Versöhnung des Vorrangs des gesicherten Gläubigers mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Hierbei muss geklärt werden, weshalb der Schuldner einem seiner Gläubiger ein Vorrecht gegenüber den anderen Gläubigern einräumen kann. Es gilt aufzudecken, warum und unter welchen Voraussetzungen ein Befriedigungsvorrecht des Sicherungsnehmers und damit seine partielle Befreiung von der wechselseitigen Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger37 gerechtfertigt ist. Diese Analyse ist nicht nur leitend für das Verständnis des nationalen Rechts, sie ist wie gezeigt auch Voraussetzung einer Rechtsvereinheitlichung oder Harmonisierung auf europäischer Ebene. 10.) Verzahnung des Kreditsicherungsrechts mit dem allgemeinen Vermögensund Haftungsrecht Das Mobiliarsicherungsrecht ist nicht nur eine Teildisziplin des Sachenrechts, sondern eine Querschnittsmaterie, die eine Vielzahl von Rechtsgebieten berührt. So sind neben den bereits angedeuteten insolvenzrechtlichen Bezügen stets auch schuldvertrags- und zwangsvollstreckungsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen.38 Nur eine solche integrierte Sichtweise erlaubt es, die zahlreichen Erscheinungsformen von Sicherungsgeschäften vom Besitzpfandrecht über Eigentumsvorbehalt und Finanzierungsleasing bis hin zu Negativerklärungen und Rangrücktritten zutreffend zu begreifen und funktionsgerecht zu regeln. Erforderlich ist hierfür eine Einbettung des Kreditsicherungsrechts in das allgemeine Vermögens- und Haftungsrecht.

IV. Überblick über internationale und europäische Entwicklungen 1. Die Dynamik der Entwicklung des Kreditsicherungsrechts auf internationaler Ebene Auf internationaler Ebene befindet sich das Recht des Mobiliarkredits bereits seit fast zwanzig Jahren in einer Phase bemerkenswerter Aktivität seitens internationaler Organisationen, einzelstaatlicher Gesetzgeber sowie privater Institutionen.39 Treibende Kraft dieser Bemühungen ist in erster Linie der steigende 37 Zur Deutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes als wechselseitiger Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger mit ihren Forderungen grundlegend Häsemeyer, KTS 1982, 507 ff. 38 UNCITRAL, Legislative Guide, Introduction, Rn. 84. Hierin liegt zugleich einer der Gründe, warum Harmonisierungsvorhaben in diesem Bereich so problematisch sind. Vgl. auch Drobnig, in: Towards a European Civil Code, S. 725, zu den Gründen für die Schwierigkeiten der Rechtsangleichung im Sachenrecht. 39 Übersichten bei Lukas, in: Ein Register für Mobiliarsicherheiten im österreichischen Recht, S. 21, 23 ff.; Buxbaum, Uniform Law Review 8 (2003), 321 ff.; Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 183; dies., WM 2005, 2305 ff., 2354 ff.

IV. Überblick über internationale und europäische Entwicklungen

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Bedarf nach billigem Kredit, der das Bewusstsein für die Bedeutung des Mobiliarsicherungsrechts im Hinblick auf die Versorgung vor allem nicht kapitalmarktfähiger kleinerer und mittlerer Unternehmen mit Kapital geschärft hat. Die Reformen sind somit Ausdruck der gestiegenen Bedeutung der Kreditfinanzierung40 sowie der Herausforderungen, die sich aus der Internationalisierung der Waren- und Kreditmärkte ergeben.41 Ein bedeutender Vorläufer dieser Aktivitäten war die in den siebziger Jahren von Ulrich Drobnig für UNCITRAL durchgeführte Studie, die einen rechtsvergleichenden Überblick über das Recht des Mobiliarkredits unternahm.42 Die Untersuchung zeigte die erheblichen Unterschiede der betrachteten Rechtsordnungen etwa im Hinblick auf Formerfordernisse, die Existenz eines Mobiliarsicherheitenregisters, die Anerkennung besitzloser Sicherheiten, die Zulässigkeit von Globalsicherheiten und die Möglichkeiten der Durchsetzung von Sicherungsrechten. Die grundlegenden Differenzen ließen damals Schritte zur Rechtsangleichung auf diesem Gebiet wenig Erfolg versprechend erscheinen. Durch den spätestens in der Mitte der neunziger Jahre einsetzenden Reformprozess hat sich dieser Befund heute dramatisch verändert. Das Mobiliarsicherungsrecht ist zu einem „hotbed“43 der internationalen Rechtsangleichung geworden. Vorlage, Leitbild oder wenigstens Inspirationsquelle der meisten der seitdem aus diesem Prozess hervorgegangenen Regelungsentwürfe ist Article 9 UCC des U. S.-amerikanischen Uniform Commercial Code (UCC). In diesem Modellgesetz für das Recht der U. S.-amerikanischen Bundesstaaten ist erstmals die Idee eines einheitlichen Sicherungsrechts (security interest) entwickelt worden, das zu seiner Wirksamkeit in der Insolvenz einer Anzeige in einem öffentlich zugänglichen Register bedarf (notice filing). Mit nur geringfügigen Modifikationen wurde dieses Modell zunächst in den common law Provinzen Kanadas durch die Einführung der Personal Property Security Acts (PPSA) übernommen.44 Von dort wurde es nach Neuseeland übertragen, wo seit Mai 2002 ein stark am kanadischen Recht orientierter PPSA gilt. Ebenfalls im Jahr 2002 hat die Organization of American States ein Modellgesetz für Sicherungsgeschäfte verabschiedet, das gleichfalls starke Anleihen bei Article 9 UCC und den kanadischen PPSA’s macht. 45 Dieses Modellgesetz wurde 2003 von Mexiko implementiert; mittlerweile haben Guatemala 40

Goode, 33 Texas International Law Journal 47 (1998). Burman, Uniform Law Review 2003, 347. 42 Veröffentlicht als: Report of the Secretary-General: study on security interests (A/ CN.9/131), UNCITRAL Yearbook 8 (1977), S. 171–221. 43 Burman, Uniform Law Review 2003, 347. 44 Hierzu Cuming, 19 Canadian Business Law Journal 191 ff. (1991). In Quebec lehnte man es nach intensiver Diskussion schließlich ab, dem Vorbild der übrigen Provinzen zu folgen, Boodman/Macdonald, 27 Canadian Business Law Journal 249 ff. (1996). 45 The Organization of American States Model Inter-American Law on Secured Transactions, zugänglich unter http://www.natlaw.com/hndocs/artoasmlbkjw.pdf. 41

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und El Salvador Schritte in diese Richtung unternommen. Im Jahr 2009 schließlich hat Australien sein Mobiliarsicherungsrecht nach über zehnjähriger Diskussion durch die Verabschiedung des Personal Property Securities Act 2009 reformiert. Gerade für die aufstrebenden Volkswirtschaften der Schwellenländer ist ein effektives Mobiliarsicherungsrecht von besonderer Bedeutung. 46 Auch einige asiatische Staaten strengen daher derzeit entsprechende Bemühungen an. Begleitet und gefördert wird dieser Prozess unter anderem von der Asian Development Bank, die 2001 eine rechtsvergleichende Studie unter Berücksichtigung von China, Indien, Indonesien, Pakistan und Thailand durchgeführt hat. In China hat dieser Prozess bereits zu Modifikationen der sicherungsrechtlichen Vorschriften im Rahmen der Reform des Sachenrechts geführt. 47 Für die Rechtsentwicklung vor allem der osteuropäischen Staaten besitzt das im Jahr 1994 von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) veröffentlichte „Modellgesetz für Sicherungsgeschäfte“ große Bedeutung.48 Auch die dort enthaltenen Vorschläge sahen ein Register für Mobiliarsicherheiten vor. In Anlehnung an diesen Entwurf und in enger Zusammenarbeit mit der EBRD haben zahlreiche osteuropäische Staaten, unter ihnen Ungarn,49 Polen, die baltischen Staaten und die Slowakei, seit Mitte der neunziger Jahre ihr Mobiliarsicherungsrecht reformiert.50 In England hat die Law Commission im Jahr 2005 detaillierte Empfehlungen zu einer Neuregelung des Rechts der Sicherheiten an Gesellschaftsvermögen vorgelegt.51 Auch diese Vorschläge sahen die Einführung eines notice filing für company charges vor. Die Empfehlungen scheiterten aber letztlich am Widerstand vor allem der Praktiker in der Londoner City.52 Aufgrund der enormen Attraktivität Londons als Finanzplatz besteht aus deren Sicht kein Handlungsbedarf. Die Risiken einer Reform – wohl in erster Linie für die Verdienstmöglichkeiten – werden insofern höher eingeschätzt als ihr möglicher Nutzen. 53 46

Taylor, in: Norton/Andenas (Hrsg.), S. XXVII. Han, China Law and Governance Review, 2006, Nr. 3. Ob allerdings unter dem neuen chinesischen Sachenrecht die Sicherungsübereignung unzulässig ist, ist unklar, da es an einem ausdrücklichen Verbot fehlt, Julius/Rehm, ZVglRWiss 106 (2007), 367, 409 ff. 48 Hierzu etwa Kreuzer, The Model Law on Secured Transactions of the EBRD from a German Point of View, in: Norton/Andenas (Hrsg.), S. 175 ff.; Röver, in: Mobiliarsicherheiten – Vielfalt oder Einheit?, S. 125 ff. 49 Das ungarische Kreditsicherungsrecht wird gegenwärtig im Rahmen der Schaffung eines neuen Zivilgesetzbuches überarbeitet. Einen umfassenden Überblick gibt Csizmazia, Juridica International 2008, 181 ff., der die in Aussicht genommenen Veränderungen für nicht weitgehend genug hält. 50 Hierzu Summers, 23 Review of Central and East European Law 177 ff. Vgl. auch die einzelnen Länderberichte in Drobnig/M. Roth/Trunk (Hrsg.), Mobiliarsicherheiten in Osteuropa, 2002. 51 Law Commission, Final Report on Company Security Interest (Law Com No. 296). 52 Bridge, in: Cross-Border Security over Tangibles, S. 125, 126. 53 Bridge, in: The Future of Secured Credit, S. 180, 184. Siehe auch Dalhuisen, The Condi47

IV. Überblick über internationale und europäische Entwicklungen

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Auch das französische Mobiliarsicherungsrecht ist jüngst reformiert worden.54 Dabei lehnte es der Gesetzgeber allerdings ausdrücklich ab, das Modell eines einheitlichen Sicherungsrechts zu übernehmen. Der funktionale Ansatz wurde für unvereinbar mit den Prinzipien des französischen Zivilrechts erachtet.55 Die österreichischen Reformbemühungen sind dagegen jedenfalls vorläufig steckengeblieben, obwohl die Arbeiten an einem Referentenentwurf zur Schaffung eines Mobiliarpfandregisters bereits begonnen hatten.56 In den Leitsätzen, die Grundlage dieser Bemühungen waren, wird sowohl das Konzept eines einheitlichen Sicherungsrechts als auch die Idee des notice filing abgelehnt. Stattdessen sollten die herkömmlichen Sicherungsrechte des österreichischen Rechts im Kern erhalten bleiben. Allerdings war vorgesehen, für diese ein Register zu schaffen, wobei die Eintragung für die Entstehung eines Sicherungsrechts konstitutiv wirken sollte. Während die bisher angesprochenen Entwicklungen die nationale Rechtssetzung betreffen, schafft die im Jahr 2004 in Kraft getretene UNIDROIT Convention on International Interests in Mobile Equipment vom 16. 11. 2001 (Kapstadt Konvention) 57 ein Einheitsrecht für Sicherungsrechte an Flugzeugzellen, Flugzeugtriebwerken und Hubschraubern, beweglichem Eisenbahnmaterial und Weltraumvermögenswerten.58 Bisher haben 25 Staaten das von UNIDROIT initiierte Abkommen ratifiziert; Deutschland ist nicht darunter.59 Auch die Konvention von Kapstadt sieht die Anzeige des Sicherungsrechts in einem Register vor. 60 Auf dem Gebiet des Rechts der Forderungsabtretung und der Sicherungsrechte an Forderungen ist die United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade61 vom 12. 12. 2001 zu nennen, die allerdings tional Sale is Alive and Well, in: Norton/Andenas (Hrsg.), S. 83, 87. Siehe zu den typischen Widerständen gegen Reformen im Kreditsicherungsrecht Fleisig, in: Dahan/Simpsom (Hrsg,), Secured Transactions Reform And Access To Credit, S. 81, 96. 54 Hierzu in deutscher Sprache: Klein/Tietz, RIW 2007, 101; Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 199 ff. 55 Leavy, in: Cross-Border Security over Tangibles, S. 101. 56 Schauer (Hrsg.), Ein Register für Mobiliarsicherheiten im österreichischen Recht, 2007. 57 UNTS I-41143. Zugänglich unter http://unidroit.org/english/conventions/c-main.htm. 58 Entsprechende Zusatzprotokolle existieren aber bisher nur für Flugzeuge (Protocol to the Convention on International Interests in Mobile Equipment on Matters specifi c to Aircraft Equipment, Kapstadt 2001) und Eisenbahnen (Luxembourg Protocol to the Convention on International Interests in Mobile Equipment on Matters specifi c to Railway Rolling Stock, Luxemburg 2007). 59 Deutschland hat die Konvention zwar unterzeichnet, hierbei aber einen Vorbehalt im Hinblick auf die Beteiligung der EG geltend gemacht. Die Ratifikation ist nicht erfolgt. 60 Goode, Official Comment, S. 15. In deutscher Sprache Schmalenbach/Sester, WM 2005, 301 ff. 61 Zugänglich über http://www.uncitral.org. Hierzu Kieninger/Schütze, ZIP 2003, 2181 ff.

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noch nicht in Kraft getreten ist. Einen kollisionsrechtlichen Ansatz verfolgt schließlich die Haager Wertpapierkonvention von 2006, 62 die für in Zwischenverwahrung befindliche Wertpapiere gilt. 63 Auch dieses Übereinkommen ist noch nicht in Kraft. Um diesen weltweiten Prozess der Reform und Annäherung auf dem Gebiet des Mobiliarkredits zu fördern und auf diese Weise Verbesserungen in Bezug auf die Verfügbarkeit und die Kosten von Kredit zu erreichen, beschlossen die Vereinten Nationen im Jahr 2001 die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die einen Legislative Guide für das Mobiliarsicherungsrecht erstellen sollte. Im Frühjahr 2008 wurden diese Arbeiten beendet. Der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions liegt nunmehr in endgültiger Form vor. Inhaltlich ist auch dieses Regelwerk stark von Article 9 UCC beeinflusst. Ein derzeit noch laufendes Folgeprojekt widmet sich der Ausgestaltung des Registrierungsverfahrens.

2. Unionsrechtliche Entwicklungen Am Gemeinschafts- bzw. Unionsprivatrecht ist dieser globale Trend bisher weitgehend vorbei gegangen. Lediglich die Zahlungsverzugsrichtlinie 64 und die Finanzsicherheitenrichtlinie65 berühren das Mobiliarsicherungsrecht. Art. 4 des Entwurfs der Zahlungsverzugsrichtlinie sah ursprünglich Vorschriften über Vereinbarung und Wirkungen des Eigentumsvorbehalts vor. Einige Mitgliedstaaten lehnten jedoch die hiermit verbundenen Eingriffe in das nationale Eigentums- und Insolvenzrecht ab. 66 Die heutige Fassung von Art. 4 Abs. 1 ist daher eine Kompromisslösung, die einen Regelungsauftrag an die Mitgliedstaaten erteilt, „in Einklang mit den anwendbaren nationalen Vorschriften, wie sie durch das internationale Privatrecht bestimmt werden“, vorzusehen, „dass der Verkäufer bis zur vollständigen Bezahlung das Eigentum an Gütern behält, wenn zwischen Käufer und Verkäufer vor der Lieferung der Güter ausdrücklich eine Eigentumsvorbehaltsklausel vereinbart wurde“. Durch die Verweisung auf 62 Convention of 5 July 2006 on the Law Applicable to Certain Rights in Respect of Securities held with an Intermediary, zugänglich über http://hcch.e-vision.nl. 63 Hierzu Merkt/Rossbach, ZVglRWiss 102 (2003), 33 ff.; Einsele, WM 2003, 2349 ff. 64 Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, Abl. EG Nr. L 200/35 ff., v. 8. 8. 2000. 65 Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten, Abl. EG Nr. L 168/43 ff., v. 26. 6. 2002. Hierzu aus deutscher Sicht Ehricke, ZIP 2003, 1065 ff.; ders., ZIP 2003, 2141 ff.; Meyer/Rein, NZI 2004, 367 f.; Hölzle, ZIP 2003, 2144 ff.; Kollmann, WM 2004, 1012 ff. 66 Zum legislatorischen Hintergrund der Vorschrift Kieninger, in: Aufbruch nach Europa – 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht, S. 151, 158 ff.

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die „anwendbaren nationalen Vorschriften“ bekommt die Regelung einen eigentümlich zirkulären Charakter, der keine nennenswerte Harmonisierung auf dem Gebiet des einfachen Eigentumsvorbehalts gezeitigt hat. 67 Demgegenüber hat die Finanzsicherheitenrichtlinie für ein hohes Maß an Rechtsvereinheitlichung auf dem wirtschaftlich äußerst bedeutenden Feld der Sicherheiten an Finanzinstrumenten und Barguthaben hergestellt. Die Richtlinie regelt dabei nur solche Transaktionen, bei denen sowohl Sicherungsgeber als auch Sicherungsnehmer Finanzinstitute im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie sind. 68 Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, ihr Recht so zu gestalten, dass Finanzsicherheiten in Form von Sicherungsabtretungen und der Begründung beschränkter dinglicher Rechte ohne weitere Formvorschriften anerkannt werden. Des Weiteren betrifft sie die Verwertung solcher Sicherheiten und schränkt ihre Anfechtbarkeit ein. 69 Zu nennen ist aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht schließlich die Europäische Insolvenzverordnung.70 Diese Verordnung hat ein einheitliches Kollisionsrecht für Insolvenzverfahren geschaffen. Im Hinblick auf Sicherungsrechte an Sachen, die sich zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats befinden, bestimmt Art. 5 Abs. 1 EuInsVO allerdings, dass diese Rechte von der Eröffnung des Verfahrens nicht berührt werden. Die Verordnung hat daher im Hinblick auf Mobiliarsicherungsrechte keine Vereinheitlichung gebracht.71

67 Kieninger, in: Aufbruch nach Europa – 75 Jahre Max-Planck-Institut für Privatrecht, 151, 165; dies., AcP 208 (2008), 183, 185; a. A. Schmidt-Kessel, NJW 2001, 97 ff.; SchulteBraucks, NJW 2001, 103 ff.; Heinrichs, BB 2001, 157 ff. Belegt wird die Wirkungslosigkeit von Art. 4 im Hinblick auf eine Harmonisierung durch das gegen Italien von der Kommission eingeleitete, erfolglose Vertragsverletzungsverfahren. Nach Auffassung des EuGH verstoßen die italienischen Formvorschriften hinsichtlich des Eigentumsvorbehalts nicht gegen Art. 4 der Zahlungsverzugsrichtlinie, EuGH, Urt. v. 26. 10. 2006, Rs. C-302/05 (Kommission ./. Italien), Slg. 2006, I-10597, Rn. 30. Die Drittwirksamkeit richte sich ausschließlich nach nationalen Vorschriften. 68 Allerdings eröffnet die Richtlinie die Möglichkeit, auch von Nicht-Finanzinstituten begebene Finanzsicherheiten in den Anwendungsbereich der nationalen Regelung einzubeziehen. Deutschland hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, § 1 Abs. 17 KWG. Der vom deutschen Gesetzgeber gewählte weite Anwendungsbereich ist scharf kritisiert worden: Ehricke, ZIP 2003, 1065; Meyer/Rein, NZI 2004, 367; Hölzle, ZIP 2003, 2144. 69 Zur Finanzsicherheitenrichtlinie und ihrer Umsetzung aus niederländischer Sicht Westrik, ZVglRWiss 105 (2006), 325 ff. 70 Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. 5. 2000 über Insolvenzverfahren, Abl. EG L 160 v. 30. 6. 2000, S. 1–18. 71 Hierzu unten, S. 339.

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3. Das deutsche Mobiliarsicherungsrecht Die beschriebene Dynamik der Entwicklung auf internationaler Ebene und in unseren Nachbarländern kontrastiert mit der Situation in Deutschland. Trotz der umfangreichen Aktivität des Gesetzgebers in den vergangenen Jahren auch in Kernmaterien des Privatrechts sind konkrete Bestrebungen im Hinblick auf eine grundlegende Reform des Kreditsicherungsrechts nicht zu erkennen. Zugleich klagt aber gerade der deutsche Mittelstand – der trotz gewisser Verbesserungen in den letzten Jahren nach wie vor eine schon fast sprichwörtlich dünne Eigenkapitaldecke besitzt72 und daher in besonderer Weise auf Fremdkapital angewiesen ist – über Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Krediten. Dabei ist der statistisch häufigste Ablehnungsgrund für Kreditanträge mittelständischer Unternehmen die ungenügende Verfügbarkeit von Sicherheiten.73 Freilich kann auch das beste und flexibelste Kreditsicherungsrecht nicht die Finanzierungsprobleme eines Unternehmens beseitigen, das mehr Kapital benötigt als seine Aktiva hergeben. Auch neue Finanzierungs- und Sicherungsmethoden können keine neuen Werte schaffen, sondern allenfalls vorhandene Werte zum Zwecke der Kreditsicherung mobilisieren. Die Kunst der Alchemie74 ist auch mit der Entdeckung von Verbriefungen nicht gelungen.75 Insofern haben die Finanzierungsprobleme mancher kleiner und mittlerer Unternehmen gewiss nicht nur – und nicht einmal in erster Linie – rechtliche Ursachen. Gerade die große Flexibilität des deutschen Rechts spricht eher gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen Rechtslage und Kreditknappheit. Das große Defizit des deutschen Rechts ist allerdings das Maß an Unsicherheit, das für Sicherungsgeschäfte aus unterschiedlichen Gründen besteht. Die Unsicherheit bezieht sich dabei nicht nur auf den Inhalt der Rechtsregeln, sondern auch auf Ungewissheit über die tatsächlich an einer Sache bestehenden dinglichen Rechte. Weil das deutsche Recht in der Praxis keine Publizität in Bezug auf Mobiliarsicherungsrechte kennt, müssen Sicherungsnehmer darauf vertrauen, dass der Sicherungsgeber redlich handelt und das Sicherungsgut nicht bereits anderweitig belastet hat. Sie haben keine vom Sicherungsgeber unabhängigen Möglichkeiten, sich über vorrangige Belastungen des Sicherungsguts zu informieren. Ebenso müssen sich auch Erwerber des Sicherungsguts die 72

Hierzu auch Engert, Die Haftung für drittschädigende Kreditgewährung, S. 10. KfW Unternehmensbefragung 2007, S. 85. 74 Vgl. Schwarcz, Die Alchemie der Asset Securitization, Der Betrieb 1997, 1289 ff. 75 Im Gegenteil wird die „Verbriefungsmaschinerie“ mit dafür verantwortlich gemacht, dass die Krise am U. S.-amerikanischen Privatimmobilienmarkt im Jahr 2007 eine weltweite Finanzkrise auslösen konnte, Roubini/Mihm, Crisis Economics: A Crash Course in the Future of Finance, S. 61 ff.; weitere Nachweise bei Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 9 Fn. 7. Insofern haben die Finanz-Alchemisten der Neuzeit ähnlich wie ihre mittelalterlichen Vorgänger bei dem Versuch, Wertloses zu Gold zu machen, das Schwarzpulver neu erfunden. 73

IV. Überblick über internationale und europäische Entwicklungen

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Frage stellen, ob ihr Veräußerer nicht möglicherweise den Veräußerungsgegenstand zur Sicherung übereignet hat. Zwar kann sich ein Erwerber grundsätzlich auf seinen guten Glauben in Bezug auf das Eigentum des Veräußerers berufen, andererseits ist die Gutgläubigkeit eines Erwerbers durchaus problematisch, wenn man realistischerweise im Wirtschaftsverkehr davon ausgehen muss, dass ein Unternehmen mehr oder weniger sein gesamtes Vermögen als Kreditunterlage verwendet.76 Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 366 HGB wird man daher vom Erwerber Nachforschungen über eventuelle Belastungen der Sache erwarten können.77 Insoweit ist allerdings durchaus unklar, wie diese beschaffen sein müssen, damit dem Erwerber keine grobe Fahrlässigkeit im Sinne von § 932 Abs. 2 BGB vorgeworfen werden kann. Es geht um die schwierige und nur im Einzelfall zu treffende Abgrenzung, wie misstrauisch ein Erwerber sein muss und inwieweit er sich auf die Behauptungen seines Veräußerers verlassen darf. Konkret drückt sich diese Unsicherheit beispielsweise in einer Fülle von Gerichtsentscheidungen darüber aus, wann sich der Erwerber eines gebrauchten PKW vom Veräußerer den Fahrzeugbrief zeigen lassen muss, wie sorgfältig er diesen auf Fälschungen zu untersuchen hat, wann er die Identität des Veräußerers überprüfen muss, wann der bloße Besitz am Brief ohne Eintragung des Veräußernden ausreicht und wie es sich schließlich auswirkt, dass der Erwerber fälschlich glaubte, der Verfügende sei der Eingetragene.78 Dieses Problem ist nur ein Beispiel für die Rechtsunsicherheit, die das deutsche Mobiliarsicherungsrecht seit über 120 Jahren kennzeichnet. Die tatsächliche Ungewissheit, die durch die mangelnde Transparenz der Sicherungsrechte in den Rechtsverkehr gebracht wurde, wird insofern begleitet von einer Unsicherheit über die Rechtslage. Diese Unsicherheit resultiert zum Teil daraus, dass der deutsche Gesetzgeber die Fortentwicklung des Rechts insoweit fast vollständig den Gerichten überlassen hat. Gerade für eine Rechtsordnung, die von der Kodifikationsidee geprägt wird, ist dieser Zustand nicht nur unbefriedigend.79 sondern trägt dazu bei, dass das Recht seine Funktion, Transaktionskosten durch die Bereitstellung klarer und leicht zu handhabender Regeln zu senken, nur unvollkommen erfüllt. Nur das Recht der Immobiliarsicherheiten lässt sich tatsächlich noch dem Gesetz entnehmen – wenn man davon absieht, dass die Sicherungsgrundschuld die Hypothek in der Praxis entgegen der Konzeption des Gesetzes weitgehend verdrängt hat. Weite Teile des geltenden Mobiliarsicherheitenrechts, aber auch des Personalkredits sind dagegen nicht positiv geregelt. Im Bereich der persönlichen Sicherheiten ist insoweit an die Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaften oder an die dem Gesetz unbekannten Vertragstypen wie Schuldbeitritt, Garantie und Patronatserklärung zu denken. 76 77 78 79

Drobnig, in: Towards a European Civil Code, 2. Aufl., S. 495, 524. BGH, Urt. v. 18. 6. 1980, BGHZ 77, 274. Siehe unten, S. 53 f. Vgl. nur Drobnig, Gutachten für den 51. DJT, Teil F, S. 12.

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Einleitung

In noch größerem Maße ist das Recht des Mobiliarkredits durch richterliche Rechtsfortbildung geprägt. Schon der BGB-Gesetzgeber hat sich seinerzeit nicht der Aufgabe gestellt, die vollrechtsbasierten Sicherungsrechte wie Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung einer Regelung zuzuführen, obwohl diese bereits in der Praxis verwendet und vom Reichsgericht schon 1880 80 als wirksam erachtet wurden. Allein der Eigentumsvorbehalt wurde vom BGBGesetzgeber anerkannt, wobei freilich auch insoweit die wesentlichen kreditsicherungsrechtlichen Fragen ungeregelt blieben. 81 Für zahlreiche mobiliarsicherungsrechtliche Probleme existiert insofern keine positiv-rechtliche Regelung. Insbesondere gilt dies für Globalsicherheiten wie Globalzessionen und die Sicherungsübereignung revolvierender Sachgesamtheiten. Gerade die Inhaber solcher Sicherheiten haben immer wieder „böse Überraschungen“ erlebt, wenn sie feststellen mussten, dass die vereinbarte Sicherheit vor Gericht nicht Stand hielt. Erinnert sei zum Beleg beispielsweise an die bis in die 30er Jahre umstrittene Anerkennung von Globalzessionen und Sicherungsübereignungen von Warenlagern, an den „Kampf um die Forderung“82 zwischen Geld- und Warenkreditgeber, der in den 50er Jahren durch die „Vertragsbruchlehre“ entschieden wurde, 83 oder an die Debatte um die anfängliche und nachträgliche Übersicherung, die endgültig erst 1997 durch die Entscheidung des Großen Senats 84 klare Konturen gewann. In den letzten Jahren hat sich die Diskussion zunehmend auf das Insolvenzrecht verlagert, wie der Streit um die Anfechtbarkeit der Globalzession85 zeigt. Aber auch mit der die Globalzession insoweit rettenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. November 200786 ist das Mobiliarsicherungsrecht keineswegs zur Ruhe gekommen. 87 Zu diesen materiell- und insolvenzrechtlichen Problemen tritt gerade für Exporteure die bereits angesprochene Unsicherheit, ob ein nach deutschem Recht bestelltes Sicherungsrecht bei Verbringung des Sicherungsguts ins Ausland noch anerkannt wird. Diese Ungewissheit beruht auf zwei Faktoren: Zunächst wissen die Sicherungsnehmer nicht in allen Fällen, in welches Land die Sache 80

Urt. v. 9. 10. 1880, RGZ 2, 168. Wiegand, in: Festschr. f. Horn, S. 177, 182. 82 Siehe Matthiessen, Der Kampf der Eigentumsvorbehaltslieferanten um die Forderung aus dem Weiterverkauf, in: Zentralblatt für Handelsrecht, 1932, 40 ff. 83 BGH, Urt. v. 30. 4. 1959, BGHZ 30, 149 ff. 84 Beschl. v. 27. 11. 1997, BGHZ 137, 212 ff. 85 OLG Karlsruhe, Urt. v. 8. 4. 2005, ZIP 2005, 1248 ff.; OLG München, Urt. v. 8. 6. 2006, NZI 2006, 530; OLG Dresden, Urt. v. 13. 10. 2005, ZIP 2005, 2167. 86 BGHZ 174, 297 ff. 87 Dies zeigt schon das Urteil vom 27. 3. 2008, BGHZ 176, 86 ff., in dem der BGH über die insolvenzrechtliche Stellung einer Bank entschied, die sich einen Eigentumsvorbehalt zur Sicherung eines dem Vorbehaltskäufer gewährten Kredits hatte abtreten lassen. Im Einzelnen hierzu unten, S. 192 ff. Ein weiterer Beleg ist die Entscheidung des BGH v. 5. 3. 2009 zur Anwendung des § 133 InsO auf Sicherheiten für Gründungskredite, die das gesamte Vermögen eines Unternehmens erfassen, BGHZ 180, 98 ff. 81

V. Gegenstand der Untersuchung

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später verbracht wird, so dass bereits fraglich ist, welches Recht überhaupt zur Entscheidung über die Wirksamkeit des Sicherungsrechts berufen sein wird. Insofern können die Sicherungsnehmer nicht immer die Anforderungen der berufenen Rechtsordnungen etwa durch präventive Registrierung antizipieren. Hinzu kommt die Unsicherheit darüber, wie die anwendbare Rechtsordnung konkret mit dem ausländischen Sicherungsrecht umgehen wird. Die Prüfung anhand des ausländischen Rechts ist mit großen Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten belastet.

4. Die Zukunft: Ein Europäisches Sicherungsrecht für Mobilien oder ein Mobiliarsicherungsrecht für Europa? Eine Reform, welche die skizzierten Quellen der tatsächlichen wie der rechtlichen Unsicherheit für Sicherungsgeber, -nehmer und Dritte beseitigte, würde fraglos einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen in Deutschland leisten. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Harmonisierung der Mobiliarsicherheiten in Europa könnte der im Jahr 2009 vorgelegte Draft Common Frame of Reference (DCFR) sein. Der DCFR enthält in seinem neunten Buch Regeln über „Proprietary Security Rights in Movable Assets“. Das dort entwickelte Modell könnte die Grundlage für ein offizielles Modellgesetz der Union sein. Gerade das deutsche Recht hätte bei einer Umsetzung eines solchen Modellgesetzes in nationales Recht viel zu gewinnen.

V. Gegenstand der Untersuchung Im Vordergrund der Untersuchung steht die Besicherung von solchen Krediten, die der Finanzierung eines Unternehmens dienen. Kredit ist die willentliche Überlassung von Kapital auf Zeit. 88 Kreditsicherheiten lassen sich also als Instrumente definieren, die den Rückerhalt des Kapitals für den Gläubiger wahrscheinlicher machen. Nach diesem Verständnis fallen auch Nebenabreden zum Kreditvertrag, die dem Schuldner bestimmte Verhaltens- und Erklärungspflichten auferlegen (financial covenants), unter den Begriff der Kreditsicherheit. 89 In der juristischen Literatur werden dagegen üblicherweise nur Personalsicherheiten und dingliche Sicherheiten an Sachen oder Forderungen als Kreditsicherheiten angesprochen. Diese Kreditsicherheiten im engeren Sinn zeichnen 88

Gablers Wirtschaftslexikon, 2000. Zur risikosenkenden Funktion von covenants: Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 64 ff.; siehe auch Wittig, in: Schmidt/Uhlenbruck (Hrsg.): Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, S. 65 ff., der die Möglichkeiten, durch fi nancial covenants eine Krise des Schuldners früher zu erkennen, sehr skeptisch beurteilt. 89

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Einleitung

sich dadurch aus, dass sie dem Gläubiger zur Befriedigung der Forderung gegen den Schuldner entweder den Zugriff auf das gesamte Vermögen eines Dritten gestatten (Personalsicherheit) oder ihm ein Befriedigungsvorrecht an einem oder mehreren Vermögensgegenständen (dingliche Sicherheiten) zuweisen. Personalsicherheiten erweitern insofern den Kreis der dem Gläubiger haftenden Vermögensgegenstände. Vom Schuldner gestellte dingliche Sicherheiten an Vermögensgegenständen verschaffen dem Gläubiger dagegen ein Vorrecht bei der Befriedigung aus dem schuldnerischen Vermögen vor dessen übrigen Gläubigern. Sofern das Sicherungsgut einem Dritten gehört (Drittsicherheit), kommen die Gesichtspunkte der Haftungserweiterung und der Bevorrechtigung zusammen. Diese Kategorisierung lenkt bereits den Blick auf einen für die Funktion und das Verständnis von dinglichen Sicherheiten entscheidenden Gesichtspunkt: Sie sind im Kern darauf angelegt, dem gesicherten Gläubiger einen Vorteil vor den übrigen Gläubigern zu verschaffen. Besonders treffend hat dies LoPucki in seinem berühmten Bonmot ausgedrückt: „Security is an agreement between A and B that C take nothing.“90 Die Stellung einer dinglichen Sicherheit an einem Gegenstand des schuldnerischen Vermögens bezweckt insofern ausschließlich eine relative Verbesserung der Rechtsstellung des Sicherungsnehmers. Diese Funktion zeigt sich besonders deutlich in der Insolvenz. Hier steht dem gesicherten Gläubiger das Recht zu, vorweg aus dem Sicherungsgut Befriedigung für seine Forderung zu suchen. Nur soweit er hierbei ausfällt, nimmt er an der wechselseitigen Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger teil. Weil insofern die wesentliche Funktion einer dinglichen Sicherheit insolvenzspezifisch ist, stehen Kreditsicherungs- und Insolvenzrecht in einem untrennbaren Funktionszusammenhang. Hierbei sind im Wesentlichen zwei Fragenkreise zu unterscheiden: Ganz grundsätzlich stellt sich die Frage, ob und warum dingliche Sicherheiten in der Insolvenz überhaupt anzuerkennen sind. Weshalb kann der Schuldner mit einem seiner Gläubiger vereinbaren, dass gerade dieser Gläubiger in der Insolvenz ein Vorrecht vor den übrigen Gläubigern haben soll? Die Antwort auf diese Grundfrage des Kreditsicherungsrechts kann nur gefunden werden, wenn man sich darum bemüht, die insolvenzrechtliche Wirkung diglicher Sicherheiten mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu verknüpfen. Hierzu sind zunächst Inhalt und Geltungsgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu beleuchten und dann die Bevorrechtigung des gesicherten Gläubigers vor diesem Hintergrund zu rechtfertigen. Die sich bei dieser Betrachtung ergebenden Voraussetzungen der Insolvenzfestigkeit eines Rechts beeinflussen unmittelbar das materielle Kreditsicherungsrecht.

90

80 Vanderbilt Law Review 1887, 1899.

V. Gegenstand der Untersuchung

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An die Erklärung und Rechtfertigung der Insolvenzfestigkeit eines Rechts schließt sich die weitere Frage an, wie die Rechtsstellung des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz im einzelnen ausgestaltet ist. So ist zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen die Gewährung eines Aussonderungsrechts gerechtfertigt ist, wie es nach deutschem Recht der Verkäufer bei einem einfachen Eigentumsvorbehalt genießt. Damit ist die Frage angesprochen, welche dinglichen Sicherheiten in die Untersuchung einzubeziehen sind. Die vorliegende Schrift befasst sich nur mit Mobiliarsicherheiten, also mit Sicherungsrechten an beweglichen Sachen und Rechten. Zwar gibt es auch im Bereich des Immobiliarkredits Tendenzen zu einer Harmonisierung der nationalen Rechte und zur Förderung europaweiter Immobiliengeschäfte durch die Einführung einer so genannten Eurohypothek.91 Jedoch sind die sich hier stellenden Probleme spezifisch für das Grundstücksrecht und die hier durch Grundbücher vermittelte Publizität, so dass eine getrennte Untersuchung vorzugswürdig ist. Zu den behandelten Mobiliarsicherheiten gehören neben der Sicherungsübereignung und der Sicherungsabtretung auch der Eigentumsvorbehalt. Zwar wird der Vorbehaltsverkäufer in der Insolvenz des Käufers nicht als Insolvenzgläubiger und insofern nicht als Kreditgeber behandelt, gleichwohl dient der Eigentumsvorbehalt dazu, den Verkäufer für die Zeit des gewährten Zahlungsaufschubs zu sichern. Insofern ist der Eigentumsvorbehalt funktional ein Kreditsicherungsmittel jedenfalls in den Fällen, in denen der Kaufvertrag ein echtes Kreditierungselement in Gestalt eines nicht nur ganz kurzfristigen Zahlungsaufschubs enthält. Gleiches gilt für das Finanzierungsleasing, das nicht nur ein Kredit-, sondern auch ein Sicherungssubstitut darstellen kann. Das Pfandrecht an beweglichen Sachen wird wegen seiner praktischen Bedeutungslosigkeit nur am Rande berücksichtigt. Gleichfalls werden Finanzsicherheiten, also Sicherungsrechte an Finanzinstrumenten und Wertpapieren, die zwischen Banken vereinbart werden, in dieser Arbeit nur gestreift. Diese haben in der Finanzsicherheitenrichtlinie eine – wie gesehen allerdings nicht unumstrittene – gesamteuropäische Regelung erfahren, so dass insoweit kein Harmonisierungsbedarf mehr besteht. Auch unterliegen diese Sicherheiten jedenfalls im deutschen Recht – abgesehen vom Anfechtungsrecht und von der Verwertungsbefugnis im Insolvenzverfahren – weitgehend den allgemeinen Vorschriften über Bestellung und Verwertung von Sicherheiten an Rechten,92 so dass eine spezielle Behandlung nicht erforderlich ist. 91 Eine Übersicht über den Stand der Entwicklung hinsichtlich der Eurohypothek geben Köndgen/Stöcker, ZBB 2005, 112 ff.; Becker, in: Kühnelt (Hrsg.), Basel II – Der Notar und die Kreditbesicherung im europäischen Umfeld, S. 69 ff.; siehe auch die Basic Guidelines for a Eurohypothec, herausgegeben von der Polish Mortgage Credit Foundation in 2005. 92 Obermüller/Hartenfels, BKR 2004, 440 ff.

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Einleitung

Diese Arbeit befasst sich in erster Linie mit den Voraussetzungen der Entstehung und der Insolvenzfestigkeit von Mobiliarsicherungsrechten. Insofern steht der Entstehungstatbestand eines Mobiliarsicherungsrechts und nicht die für die Rechtsdurchsetzung geltenden Regeln im Vordergrund. Mit dieser Beschränkung soll keineswegs die enorme praktische Bedeutung der Verwertungsvorschriften innerhalb wie außerhalb des Insolvenzverfahrens geleugnet werden.93 Allerdings versucht diese Schrift nicht, nach Art eines Handbuchs einen vollständigen Überblick über das Recht des Mobiliarkredits zu geben. Ihr Ziel ist es vielmehr, die hinter den Vorschriften stehenden materiellrechtlichen und haftungsrechtlichen Argumente und Prinzipien offen zu legen, welche bei der Entstehung und der Anerkennung von Mobiliarsicherungsrechten zusammenspielen. Die Verwertung betrifft dagegen die nachgelagerte Stufe der Durchsetzung eines Rechts. Daher werden die Verwertungsregeln hier nur am Rand behandelt.

VI. Gang der Untersuchung Die Untersuchung ist in vier Teile gegliedert, die insgesamt zehn Paragraphen umfassen. Der erste Teil beleuchtet zunächst in § 1 die Bedeutung des Mobiliarkredits für die Unternehmensfinanzierung in Deutschland. Hieran schließt sich eine Erörterung der Funktionen von Kreditsicherheiten innerhalb wie außerhalb der Insolvenz an (§ 2 A.). Dabei wird sich die Sicherung gegen die Insolvenz des Schuldners durch die Verschaffung des Befriedigungsvorrangs als zentrale Funktion von Kreditsicherheiten erweisen. Abschließend soll die insbesondere in den USA intensiv geführte Diskussion um die Effizienz dieses Vorrangs nachgezeichnet werden (§ 2 B.). Im Kern geht es hierbei um die Frage, ob die Vorteile, welche die Besicherung des Kredits für den begünstigten Gläubiger und den Schuldner bringt, nicht von den Nachteilen für die ungesicherten Gläubiger aufgewogen werden, so dass es sich um ein Nullsummenspiel zu Lasten der ungesicherten Gläubiger handelte. Ausgehend von der grundsätzlichen Nützlichkeit von Kreditsicherheiten ist der zweite Teil der Schrift einer eingehenden Analyse des deutschen Mobiliarsicherungsrechts gewidmet. Dieser Teil wird zeigen, dass für die Parteien eines Sicherungsgeschäfts in tatsächlicher, materiell-, haftungs- und kollisionsrechtlicher Hinsicht erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit des Sicherungsrechts bestehen kann, die auf der Eigentümlichkeit des deutschen Rechts beruht, einerseits zur Kreditsicherung vor allem auf die treuhänderische Vollrechtsübertragung zurückzugreifen und hierbei andererseits vollständig auf die 93 Siehe hierzu die Beiträge von Dirix, Graham-Siegenthaler, Brinkmann und Eidenmüller in: The Future of Secured Credit, S. 223 ff.

VI. Gang der Untersuchung

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Erkennbarkeit eines Sicherungsrecht für Dritte zu verzichten. In § 3 wird zunächst die Entwicklung der einzelnen Mobiliarsicherheiten geschildert. Diese dogmengeschichtliche Darstellung soll verdeutlichen, wie die deutsche Rechtsprechung auf die Anforderungen der Kreditwirtschaft durch die richterliche Rechtsfortbildung des Mobiliarsicherungsrechts reagiert hat und sich hierbei auch über substantielle dogmatische Bedenken insbesondere im Hinblick auf die sachenrechtliche Zulässigkeit von Globalsicherheiten hinweggesetzt hat. Dieser materiellrechtlichen Analyse folgt in § 4 eine haftungsrechtliche Untersuchung der insolvenzrechtlichen Wirkungen von Mobiliarsicherheiten, wobei zwischen Sicherheiten an gegenwärtigem und künftigem Vermögen unterschieden wird. Ziel ist die Rechtfertigung des insolvenzrechtlichen Vorrangs des gesicherten Gläubigers vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Von zentraler Bedeutung für die Erklärung des Vorrangs des gesicherten Gläubigers erweist sich dabei der Gedanke der haftungsrechtlichen Surrogation: Die Freistellung des gesicherten Gläubigers von der wechselseitigen Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger ist dann gerechtfertigt, wenn der Gläubiger im Gegenzug zur Stellung einer Sicherheit die Masse durch die Überlassung von Kapital erhöht. Da bei revolvierenden Globalsicherheiten, die auch künftiges Vermögen erfassen, ein solcher Zusammenhang nicht besteht, müssen für diese Sicherungsformen andere Rechtfertigungsgründe gefunden werden. Zuvor soll jedoch in § 5 gezeigt werden, mit welchen Instrumenten die Rechtsprechung versucht hat, diesem haftungsrechtlichen Legitimationsdefizit revolvierender Sicherheiten zu begegnen. Zu nennen ist hier vor allem die Sittenwidrigkeitskontrolle von Mobiliarsicherheiten. In § 6 wird zur Rechtfertigung der haftungsrechtlichen Wirkungen von Kreditsicherheiten ein vertragsrechtlich orientierter Ansatz entwickelt, der an die Zustimmung der übrigen Gläubiger anknüpft. Dieser Ansatz wirft ein neues Licht auf die Bedeutung des Publizitätsprinzips im Mobiliarsicherungsrecht. Nachdem auf diese Weise die Forderung nach Publizität für revolvierende Mobiliarsicherheiten haftungsrechtlich begründet wurde, soll in § 7 gezeigt werden, dass auch in kollisionsrechtlicher Hinsicht ein Bedürfnis nach mit Publizität ausgestatteten Sicherungsrechten besteht. Insoweit geht es nicht nur um die Auswirkungen der lex rei sitae-Regel bei der Verbringung von Sicherungsgütern ins Ausland, sondern auch um Art. 14 der Rom I-Verordnung, durch den das Kollisionsrecht der Forderungsabtretung neu geregelt wird. Diese Darstellung wird die Unsicherheiten bei grenzüberschreitenden Finanzierungen gerade für Sicherheiten nach deutschem Recht deutlich vor Augen führen. Dem deutschen Recht sollen daher im dritten Teil alternative Regelungsmodelle gegenüber gestellt werden, die ein Register für Mobiliarsicherheiten kennen. Aufgrund der dargestellten internationalen Führungsrolle des UCC steht dabei die Regelung des Article 9 UCC im Vordergrund, der in § 8 vorgestellt wird. In § 9 sollen der Legislative Guide on Secured Transactions von UNCI-

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Einleitung

TRAL und die Regeln über Mobiliarsicherheiten im Draft Common Frame of Reference untersucht werden. Die Bedeutung dieser Regelungen resultiert nicht nur aus ihrer Aktualität, sondern beruht auch auf den teilweise bemerkenswerten Abweichungen gegenüber Article 9 UCC. Dies betrifft etwa die Behandlung des Eigentumsvorbehalts oder die Bedeutung des gutgläubigen Erwerbs. Der DCFR ist darüber hinaus schon wegen seiner mutmaßlichen Bedeutung für die künftige europäische Rechtsentwicklung ein lohnender Untersuchungsgegenstand. Ergänzt wird die Darstellung durch einen Blick auf die in Österreich unterbreiteten Vorschläge. Dabei können jeweils nur ausgewählte Einzelheiten der genannten Regelwerke erörtert werden. Anhand von Article 9 UCC sollen der functional approach und das notice filing ausführlich vorgeführt werden. Ein besonderes Augenmerk liegt hier – wie auch bei den anderen Rechtsordnungen – weiter auf der Behandlung von so genannten Anschaffungsfinanzierungen. Hierbei geht es um Kredit, der für die Anschaffung bestimmter Gegenstände gewährt und durch ein Vorrecht in diesen Gegenständen selbst gesichert wird. Das deutsche Recht unterscheidet insoweit bekanntlich zwischen einem Warengläubiger, der als Vorbehaltsverkäufer ein Aussonderungsrecht hat, und einem Geldgläubiger, dem als Drittfinanzierer nur ein Absonderungsrecht zukommt. Die rechtsvergleichende Untersuchung soll zeigen, wie in anderen Rechtsordnungen die Privilegierung des Anschaffungsfinanzierers ausgestaltet ist. Im abschließenden § 10 wird erörtert werden, welche legislativen Ansatzpunkte für Reformen im Bereich des Mobiliarsicherungsrechts auf nationaler wie auf europäischer Ebene bestehen. Im Ergebnis wird ein zweispuriges Vorgehen vorgeschlagen: Auf der europäischen Ebene ist ein offizielles Modellgesetz auf der Grundlage des neunten Buchs des DCFR zu schaffen. Weitgehend parallel zu diesem Prozess sollte auf der nationalen Ebene das deutsche Recht entsprechend reformiert werden. Insbesondere durch die Einrichtung eines Sicherheitenregisters, das für bestimmte Sicherheiten an im Ausland belegenen Gegenständen geöffnet werden könnte, könnte Deutschland zum Motor der so dringend benötigten Harmonisierung im Bereich des Mobiliarsicherungsrechts werden.

1. Teil

Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen als Regelungsgegenstand Die Untersuchung des Kreditsicherungsrechts sei eingeleitet mit einer Betrachtung der Bedeutung und Funktion von Kreditsicherheiten aus ökonomischer Perspektive. Diese Ausführungen zum wirtschaftlichen Hintergrund bilden das Fundament der im zweiten Teil unternommenen rechtlichen Analyse des Kreditsicherungsrechts.1

1 Die Bedeutung der ökonomischen Zusammenhänge bei der Analyse und Reform des Kreditsicherungsrechts betont auch Lwowski, in: The Future of Secured Credit, S. 174, 179.

§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfinanzierung Betriebswirtschaftlich gesehen dienen Mobiliarsicherheiten der Erleichterung und Verbilligung der Kapitalbeschaffung. Die Kreditsicherung durch Mobilien ist somit ein Ausschnitt aus dem Bereich der Unternehmensfinanzierung. Um die ökonomische Bedeutung von Mobiliarsicherheiten richtig erfassen zu können, ist es daher erforderlich, die Methoden, mit Hilfe derer sich ein Unternehmen Kapital beschaffen kann, im Zusammenhang darzustellen (A.). Anschließend soll erörtert werden, welche Rolle der Mobiliarkredit gerade bei der Finanzierung deutscher Unternehmen spielt (B.). Hierbei soll auch der Frage nachgegangen werden, wie sich der zweite Baseler Eigenkapitalakkord und der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft auf den Mobiliarkredit auswirken. Diese Überlegungen bilden den Hintergrund, vor dem in § 2 die ökonomischen Überlegungen zu Funktion und Effizienz von Mobiliarsicherheiten erfolgen werden.

A. Die Quellen der Unternehmensfinanzierung Ein Unternehmen kann aus unterschiedlichen Quellen schöpfen, um das für seine Tätigkeit erforderliche Kapital aufzubringen. Diese Quellen werden von der Betriebswirtschaftslehre anhand verschiedener Kriterien systematisiert. Unterschieden wird dabei einerseits danach, ob der Kapitalbedarf aus unternehmenseigenem Vermögen gedeckt wird, oder ob von außen Kapital zugeführt wird (Innen- und Außenfinanzierung) und andererseits danach, ob das Kapital in Form von Eigen- oder Fremdkapital zur Verfügung gestellt wird (Beteiligungs- und Fremdfinanzierung). Dabei ist zu beachten, dass diese Differenzierungskriterien quer zueinander liegen; so kann beispielsweise Eigenkapital sowohl im Wege der Innen- (etwa durch das Thesaurieren von nicht ausschüttungsgesperrten Gewinnen) als auch der Außenfinanzierung (etwa durch eine Kapitalerhöhung) aufgebracht werden.

A. Die Quellen der Unternehmensfi nanzierung

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I. Innen- und Außenfinanzierung Die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenfinanzierung fragt danach, ob die Mittel aus dem Unternehmen selbst stammen oder von außen zugeführt werden. Differenziert wird hier also nach der Kapitalherkunft.1 Von Innenfinanzierung spricht man, wenn sich das Unternehmen gewissermaßen aus eigener Kraft finanziert, ohne dass es auf Kapitalzuführung von Finanzierungsmärkten angewiesen ist. Methoden der Innenfinanzierung sind daher die Finanzierung durch einbehaltene Jahresüberschüsse, durch Abschreibungen oder Rückstellungen, durch die Nutzung von Bewertungsspielräumen und durch Vermögensumschichtungen. Abgesehen von der Vermögensumschichtung geht es bei der Innenfinanzierung also stets darum, dass der Gewinn eines Unternehmens nicht an seine Inhaber ausgeschüttet wird, sondern im Unternehmen verbleibt, um dort den (künftigen) Kapitalbedarf zu decken.2 Daher spricht man insoweit auch von „Selbstfinanzierung“. Durch die Innenfinanzierung decken Unternehmen den größten Teil ihres Kapitalbedarfs. Sie ist somit die wichtigste Finanzierungsquelle. Dies gilt nicht nur für deutsche Unternehmen 3 und nicht nur für Unternehmen einer bestimmten Größe oder Branche.4 Je größer allerdings ein Unternehmen ist, umso wichtiger ist auch die Innenfinanzierung. Der Innenfinanzierung ist die Außenfinanzierung gegenüber zu stellen, die vorliegt, wenn dem Unternehmen Kapital aus externen Quellen gewährt wird. Hierbei ist es gleichgültig, ob das Kapital in Form von Eigen- oder Fremdkapital zugeführt wird; in jedem Fall liegt eine Form der Außenfinanzierung vor. Die Kategorien Fremd- und Eigenkapital beziehen sich vielmehr auf die nunmehr zu behandelnde Unterscheidung zwischen Eigen- (auch: Beteiligungs-) und Fremdfinanzierung.

II. Eigen- und Fremdfinanzierung Bei der Differenzierung zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung wird nach der Art des zur Verfügung gestellten Kapitals gefragt, die sich aus der Rechtsstellung des Kapitalgebers ergibt.5 Je nachdem, ob er als am Unternehmen Beteiligter oder als Dritter Kapital zur Verfügung stellt, spricht man von Eigenoder Fremdkapital, entsprechend von Eigen- oder Fremdfinanzierung.

1 2 3 4 5

Olfert/Reichel, Finanzierung, S. 33. Busse, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 663. Drukarczyk, Finanzierung, S. 352. KfW, Unternehmensbefragung 2006, Grafik 50. Drukarczyk, Finanzierung, S. 3.

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§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfi nanzierung

1. Eigenfinanzierung Die Eigenfinanzierung führt zur Entstehung von Eigenkapital. Das Eigenkapital besteht nach § 266 Abs. 3 A HGB aus dem gezeichneten Kapital, der Kapitalrücklage, Gewinnrücklagen, gesetzlichen Rücklagen, den Rücklagen für eigene Anteile, den satzungsmäßigen Rücklagen, anderen Gewinnrücklagen, dem Gewinn- oder Verlustvortrag sowie dem Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag. 6 Dabei ist die Beteiligungsfinanzierung eine Spielart der Eigenfinanzierung, bei der dem Unternehmen Eigenkapital in Form von Einlagen durch die Inhaber des Unternehmens zugeführt wird. Der Beteiligungsfinanzierung kommt in Deutschland jedenfalls für den Bereich des Mittelstands7 nach wie vor eine sehr geringe Bedeutung bei der Unternehmensfinanzierung zu. So bewerten die Unternehmen die Bedeutung der Beteiligungsfinanzierung auf einer Skala von 1 („sehr wichtig“) bis 6 („unwichtig“) mit 5,2. 8 Dieser Wert schwankt nur geringfügig je nach Unternehmensgröße oder Branchenzugehörigkeit. Die im internationalen Vergleich niedrige Eigenkapitalquote, also der Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme, deutscher Unternehmen wird schon seit langem bemängelt.9 Allerdings zeichnet sich in jüngerer Zeit auch vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbs auf den Finanzmärkten eine Stärkung der Eigenkapitalbasis der deutschen Unternehmen ab. Insbesondere mittlere Unternehmen haben hier in den letzten Jahren offenbar deutliche Fortschritte gemacht. So hat sich von 1997 bis 2004 die Eigenkapitalquote berichtspflichtiger Unternehmen nach Angaben der Deutschen Bundesbank von 16% auf 23% verbessert.10 Die Finanzkrise scheint diesen positiven Trend allerdings geschwächt oder unterbrochen zu haben.11 Das hierfür in erster Linie verwendete Finanzierungsinstrument ist aber nicht die Beteiligungsfinanzierung, sondern die Thesaurierung von Gewinnen, die von 80% der Unternehmen als Mittel zur Erhöhung der Eigenkapitalquote 6 Zur nach wie vor strittigen Frage, wie viel Eigenkapital ein Unternehmen benötigt, siehe Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 535 ff. Die Eigenkapitalquote sollte umso höher sein, je höher die prognostizierte Varianz der Erträge eines Unternehmens ist, um über die Eigenmittel die Risiken der Unternehmung abfedern zu können. 7 Für die im Folgenden verwendeten empirischen Angaben wird in erster Linie auf Studien der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zurückgegriffen. Diese befassen sich entsprechend dem Förderauftrag der KfW in erster Line mit mittelständischen Unternehmen. Nach der von der KfW verwendeten Definition fallen unter diesen Begriff Unternehmen mit Jahresumsätzen bis zu 500 Mio A. Die erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Unternehmensgruppe gerade in Deutschland spiegelt sich auch darin wider, dass 2/3 aller Erwerbstätigen in mittelständischen Unternehmen beschäftigt sind (KfW, Mittelstandspanel 2006, S. 13). 8 KfW, Unternehmensbefragung 2006, Grafik 50. 9 KfW, MittelstandsMonitor 2006, S. 170, vgl. auch Engert, Die Haftung für drittschädigende Kreditgewährung, S. 10. 10 Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Juni 2006, S. 69. 11 KfW, Unternehmensbefragung 2010, S. 27 f.

A. Die Quellen der Unternehmensfi nanzierung

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genannt wird.12 Die Verbreiterung der Eigenkapitalbasis erfolgt somit nicht im Wege der Außen- sondern der Innenfinanzierung.13 Weil die Innenfinanzierung in erster Linie aus Umsatzerlösen erfolgt, setzt sie stets einen Überschuss voraus, der insbesondere bei jungen Unternehmen oder Unternehmen in Schwierigkeiten nicht gegeben ist.14 Solchen Unternehmen ist daher dieser Weg zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote versperrt; sie sind auf Einlagen oder die sogleich darzustellende Fremdfinanzierung angewiesen. Auch Zwischenformen zwischen Eigen- und Fremdkapital (Mezzaninkapital) besitzen nach wie vor jedenfalls für die Mittelstandsfinanzierung ein eher geringes Gewicht. Im Jahr 2006 nutzten 4,3% der von der KfW befragten mittelständischen Unternehmen mezzanine Finanzierungsformen.15 Als Mezzaninkapital werden unterschiedliche Formen der hybriden Finanzierung bezeichnet, zu denen etwa nachrangige Darlehen, partiarische Darlehen, Wandelschuldverschreibungen und stille Beteiligungen zählen. Allerdings zeichnet sich seit 2004 eine stärkere Standardisierung dieser Produkte durch die Verwendung von Genussscheinen ab, die eine Anbindung an den Kapitalmarkt zu günstigeren Konditionen erlaubt. Diese Finanzierungsform wird möglicherweise für größere Teile des Mittelstands auch deshalb zunehmend attraktiv werden, weil sich die Bedingungen bei der Aufnahme von Fremdkapital zunehmend verschärft haben; 16 ein Trend der sich im Zuge der Rezession in 2008/2009 deutlich verstärkt hat.17 Derzeit ist die Aufnahme von Mezzaninkapital – meist bei Beteiligungsgesellschaften – für ein Unternehmen vor allem dann interessant, wenn Bankkredit nicht mehr zu erhalten ist, sei es weil die Verschuldungsquote bereits zu hoch ist oder aus einem Mangel an freien Sicherheiten. Dieser Gesichtspunkt weist auf den im Zusammenhang mit dieser Untersuchung entscheidenden Unterschied von Mezzaninkapital zum Bankkredit hin: Mezzaninfinanzierungen sind typischerweise ungesichert oder sehen allenfalls einen nachrangigen Zugriff etwa auf die Außenstände des Schuldners nach echten Fremdkapitalgebern vor.18 12

KfW, Unternehmensbefragung 2008, S. 67 Grafik 49. Die Thesaurierung von nicht gebundenen Gewinnen ist Eigenfinanzierung, da es sich hier um Kapital handelt, das grundsätzlich zur Verfügung der Inhaber der Unternehmens steht, jedoch auf deren Beschluss im Unternehmen verbleiben soll. Sie ist zugleich Innenfinanzierung, da das Kapital aus dem Unternehmen stammt und nicht von außen zugeführt wird. Drukarczyk, Finanzierung, Abbildung 1.4; Busse, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 63. Die Thesaurierung ist daher eine Form der Eigenfinanzierung durch Innenfinanzierung. 14 So gaben 2008 fast 58% der Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 1 Mio A an, keine Möglichkeit zur Erhöhung der Eigenkapitalquote zu haben, KfW, Unternehmensbefragung 2008, S. 68 Grafik 50. Auch die Abschwächung des Trends zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung in den Krisenjahren 2008/2009 belegt diesen Zusammenhang. 15 KfW Unternehmensbefragung 2007, S. 66. 16 Weitnauer, ZIP 2007, 1932; KfW, Unternehmensbefragung 2006, S. 74. 17 KfW, Unternehmensbefragung 2010, S. 7 ff. 18 KfW, Mittelstandsmonitor 2006, S. 183. 13

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§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfi nanzierung

2. Fremdfinanzierung Die Eigenfinanzierung kann wie gesehen sowohl Außen- als auch Innenfinanzierung sein. Die nunmehr zu behandelnde Fremdfinanzierung ist demgegenüber stets Außenfinanzierung, weil das Kapital hier von dritter Seite gewährt wird. Nicht zuletzt aufgrund der nach wie vor dünnen Eigenkapitaldecke deutscher Unternehmen spielt die Fremdfinanzierung durch Kredit eine zentrale Rolle.19 Doch auch in anderen Volkswirtschaften ist sie ein aus der Unternehmensfinanzierung nicht weg zu denkender Baustein. „Kredit“ ist die Überlassung von Kapital auf Zeit. Insofern ist dem Kredit die spätere Rückgewähr des überlassenen Kapitals immanent, wodurch er sich von den bisher erörterten Finanzierungsformen unterscheidet. Da die Erfüllung des Rückzahlungsversprechens ungewiss ist, ist dem Kredit ein Unsicherheitselement eigen, das mittels Kreditsicherheiten reduziert werden soll. Damit lässt sich als Anwendungsbereich von Kreditsicherheiten aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Außenfinanzierung durch Fremdkapital identifizieren. Daher sind die Methoden der Fremdfinanzierung für die vorliegende Untersuchung von besonderer Bedeutung. Bevor dargestellt wird, welche Unternehmen in welchem Maße und welche Art von Sicherheiten zur Erleichterung der Fremdfinanzierung verwenden, sollen die unterschiedlichen Typen der Fremdfinanzierung erläutert werden, die auch Bedeutung für die jeweils verwendeten Sicherheiten haben. a) Bankkredit Ganz im Vordergrund der Außenfinanzierung deutscher Unternehmen steht der langfristige Bankkredit. Zusammen mit der Innenfinanzierung aus einbehaltenen Gewinnen bildet er traditionell die zwei Säulen der Finanzierung insbesondere mittelständischer deutscher Unternehmen. 20 2007 betrug das Gesamtvolumen der Kredite deutscher Banken an Unternehmen und Selbständige in der Bundesrepublik über 1,2 Billionen A. Insgesamt hat sich damit gegenüber 1976 21 das Gesamtvolumen des Bankkredits in Deutschland nahezu versechsfacht, wobei rund zwei Drittel auf langfristige Kredite entfällt, die zumeist hypothekarisch gesichert sind. 22 Zwar haben sich die Bedingungen an den Kreditmärkten in den vergangenen Jahren erheblich verändert, dennoch wird der Bankkredit „aller Voraussicht 19

Vgl. auch Engert, Die Haftung für drittschädigende Kreditgewährung, S. 11. KfW, MittelstandsMonitor 2006, S. 190; KfW, Unternehmensbefragung 2008, S. 1. 21 Vgl. die von Drobnig, Gutachten für den 51. DJT, Teil F, S. 16, angeführten Zahlen. 22 Bankenstatistik, Statistisches Beiheft zum Monatsbericht der deutschen Bundesbank v. 17. 8. 2007, S. 34. In dieser Statistik nicht erfasst sind die von ausländischen Banken gewährten Kredite, die eine zunehmende Bedeutung haben. 20

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nach auch in Zukunft bei weitem die wichtigste externe Finanzierungsquelle für den Mittelstand insgesamt sein“. 23 Die bereits vollzogene oder jedenfalls geplante Erhöhung der Eigenkapitalquote vieler deutscher Unternehmen hat insofern nicht zu einer grundsätzlichen Veränderung der Bedeutung des Bankkredits geführt. Die Dominanz des Bankkredits gegenüber anderen Finanzierungsformen wie Beteiligungsfinanzierung oder Leasing beruht einerseits auf der gerade in Deutschland immer noch verbreiteten Zusammenarbeit mit einer „Hausbank“ und andererseits auf unternehmensseitigen Faktoren, die spezifisch für mittelständische Unternehmen sind. Aus dem Hausbanksystem ergibt sich traditionell eine besonders enge Beziehung zwischen Bank und Kunde, so dass die Bank aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehung oft besser in der Lage ist, die Perspektiven des Unternehmens und damit das Rückzahlungsrisiko eines Kredits einzuschätzen als außenstehende Kapitalanbieter. Die enge und oft auch persönliche Beziehung mag aber auch dazu beitragen, dass Kredite nicht immer risikoadäquat vergeben werden. Beide Faktoren führen zu einer Verbilligung des von der Hausbank gewährten Kredits. Aus Sicht vor allem mittelständischer Unternehmer besitzt der Bankkredit aber nicht nur die skizzierten Kostenvorteile, er greift auch die Stellung des Unternehmers als „Herr im Haus“ nicht an, da der Hausbank als Fremdkapitalgeberin jedenfalls bisher typischerweise keine Mitsprache- und nur beschränkte Informationsrechte eingeräumt werden mussten. Im Zuge des viel beschworenen Wandels der Finanzmärkte haben sich diese Faktoren verändert. Das „Hausbanksystem“ hat an Bedeutung verloren, mit dem Ergebnis, dass viele Unternehmen, die sich den neuen Bedingungen nicht angepasst haben, über Schwierigkeiten bei der Kreditbeschaffung klagen. Diese Probleme resultieren daraus, dass die Banken bei der Kreditvergabe und den Kreditkonditionen stärker differenzieren, auf mehr Offenlegung und Information bestehen und nicht zuletzt mehr Sicherheiten verlangen. 24 So gaben 2007 rund 80% aller von der KfW befragten Unternehmen an, dass sich die Möglichkeiten der Kreditaufnahme aufgrund des Verlangens nach Sicherheiten gegenüber der Vergangenheit verschlechtert hätten.25 Diese Veränderungen im Kreditvergabeverhalten der Banken resultieren vor allem aus dem infolge der Internationalisierung der Finanzmärkte gestiegenen Wettbewerbsdruck. So hatten etwa 2003 deutsche Kreditinstitute eine Eigenkapitalrendite von –2,2%, während U. S.-amerikanische Banken im selben Zeitraum 22% erwirtschafteten. 26 23

KfW, MittelstandsMonitor 2006, S. 156. KfW, MittelstandsMonitor 2006, S. 150. 25 KfW, Unternehmensbefragung 2007, Grafik 6. In der Unternehmensbefragung 2005 lag dieser Wert noch bei nur rund 50%, KfW, MittelstandsMonitor 2006, Grafik 4.3. 26 In 2007 betrug die Eigenkapitalrendite der Deutschen Bank dagegen über 26% (vor Steuern). Auch diese Differenz ist Ausdruck des fundamentalen Wandels des Geschäftsverhaltens der Banken, der sich auch in der Kreditvergabe niederschlägt. Die verheerenden Fol24

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§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfi nanzierung

Dieser Druck hatte schon vor Basel II 27 dazu geführt, dass viele Banken Ratingverfahren zur standardisierten Risikoeinschätzung eingeführt haben. Diese Verfahren sollen zum einen ein vollständigeres Bild der von der Bank eingegangenen Risiken verschaffen, und sollen es zum anderen ermöglichen, die Kreditkonditionen dem spezifischen Risiko anzupassen. In den Jahren bis 2006 hatten sich vor allem größere und mittlere Unternehmen größtenteils auf die veränderten Bedingungen eingestellt. Die aktuelle Finanzierungssituation der Unternehmen in Deutschland stellt sich aufgrund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 wieder deutlich angespannter dar als in den Jahren 2006/2007, wenngleich eine allgemeine „Kreditklemme“ nach den Untersuchungen der KfW nicht festgestellt werden kann. 28 Wie langfristig diese Entwicklungen sind, kann jetzt noch nicht abgeschätzt werden. Die Daten aus dem ersten Quartal 2010 deuten eher auf eine leichte Entspannung der Situation hin, wobei dies unter dem Vorbehalt einer weiter günstigen Entwicklung der Weltkonjunktur steht. Unabhängig hiervon steht fest, dass sich die Bedingungen, zu denen Bankkredit vergeben wird, bereits vor der Krise deutlich verändert hatten und als Konsequenz der durch die Krise geschwächten Eigenkapitalausstattung vieler Banken weiter verschärft haben. Dass die Banken – vereinfacht gesprochen – „kritischer“ sind, hat auch Auswirkungen auf die Besicherungspraxis, in dem Sinn, dass gerade von kleinen Unternehmen aufgrund ihrer schlechteren Bonität mehr Sicherheiten verlangt werden, die sie oft nicht stellen können. Allein aus der Tatsache, dass 80% der Unternehmen das nichterfüllbare Verlangen nach Sicherheiten als Hindernis bei der Kreditaufnahme angeben, 29 lässt sich freilich kein Bedürfnis nach einer Reform des Kreditsicherungsrechts ableiten. Die Probleme resultieren wohl weniger aus den rechtlichen Bedingungen des gesicherten Kredits als aus der schlichten Tatsache, dass werthaltige Vermögensgegenstände nicht in hinreichendem Umfang vorhanden sind. Dennoch ist festzuhalten, dass gerade in Zeiten der Kreditknappheit dem Kreditsicherungsrecht eine besondere Bedeutung zukommt. Als Instrument zur Reduktion von Unsicherheit kann eine Besicherung fehlendes Vertrauen in die künftige Geschäftsentwicklung des Schuldners jedenfalls teilweise ersetzen.30

gen der Finanzkrise werden deutlich, wenn man berücksichtigt, dass die Deutsche Bank für 2008 eine Eigenkapitalrendite von –20% ausweist. 27 Siehe hierzu im Einzelnen unten, S. 45. 28 KfW, Unternehmensbefragung 2010, S. 1 ff. 29 KfW, Unternehmensbefragung 2008, S. 15 Grafik 6. 30 Dies trifft uneingeschränkt allerdings nur für das so genannte asset-based-lending zu, bei dem sich die Vergabe und Bepreisung des Kredits in erster Linie an der Werthaltigkeit der Sicherheit orientiert.

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b) Lieferantenkredit Aus der juristischen Perspektive steht neben dem Bankkredit traditionell der Lieferantenkredit als oftmals mit jenem nicht zuletzt um Sicherheiten konkurrierende Finanzierungsquelle. Volkswirtschaftlich betrachtet ist die Bedeutung des Lieferantenkredits allerdings erheblich geringer als die des Bankkredits. So machten nach Angaben der Bundesbank Lieferantenkredite im Jahr 2003 weniger als 15% der Gesamtverschuldung der Unternehmen aus, während der Bankkredit einen Anteil von über 50% hatte.31 Dass der Lieferantenkredit gesamtwirtschaftlich gesehen keine „Alternative“ zum Bankenkredit im Sinne einer eigenständigen Finanzierungsquelle ist, wird deutlich, wenn man berücksichtigt, dass die Gewährung von Kredit durch einen Lieferanten an seine Kunden, beim Lieferanten wiederum ein Bedürfnis nach Refinanzierung erzeugt, das er typischerweise durch die Inanspruchnahme von Bankkredit decken wird. 32 Insofern führt die Vergabe eines Lieferantenkredits zugleich zu einer Aufnahme von Bankkredit. Auch aus einzelwirtschaftlicher Sicht spielt der Lieferantenkredit wie gesagt eine geringere Rolle, wobei hier deutliche branchenspezifische Unterschiede bestehen.33 Je höher der Anteil von Vorleistungen im jeweiligen Geschäftsfeld ist, umso wichtiger ist der Lieferantenkredit. Entsprechend ist er für Einzelhandelsunternehmen am bedeutendsten, während er für Dienstleistungsunternehmen weniger wichtig ist. Der Lieferantenkredit ist rechtlich gesehen eine vom Lieferanten seinem Kunden gewährte Stundung des Entgelts für die erbrachte Leistung, das sonst gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig wäre. Dass dieser Zahlungsaufschub nicht kostenlos eingeräumt wird, wird deutlich, wenn man berücksichtigt, dass die Lieferbedingungen für den Fall der Nichtinanspruchnahme des Lieferantenkredits oft ein Skonto von bis zu 3% vorsehen. Vergleicht man Bank- und Lieferantenkredit miteinander, so ergibt sich, dass der Verzicht auf den Lieferantenkredit typischerweise die kostengünstigere Variante für den Abnehmer ist: Der Verzicht auf einen Preisnachlass von 2%, um beispielsweise eine Zahlungsstundung für 20 Tage zu erlangen, führt zu einem Zinssatz von rund 36% p.a. auf den kreditierten Kaufpreis. Die Inanspruchnahme von kurzfristigem Bankkredit selbst in Form von Überziehungskredit bietet hier deutliche Preisvorteile. Dass der Lieferantenkredit dennoch vergleichsweise häufig in Anspruch genommen wird – er ist immerhin zusammen mit dem Leasing die drittwichtigste Finanzierungsquelle mittelständischer Unternehmen 34 –, beruht darauf, dass die sich bei anderen Kreditformen ergebenden Formalitäten fast vollstän31

Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Juni 2004, S. 58. Drobnig, Gutachten für den 51. DJT, Teil F, S. 19. Heute wird zur Refinanzierung freilich immer stärker auch das Factoring genutzt, siehe unten, S. 36. 33 Im Durchschnitt wird der Lieferantenkredit von allen Unternehmen mit 3,9 (1 = sehr wichtig, 6 = unwichtig) bewertet, KfW, Unternehmensbefragung 2006, Grafik 50. 34 KfW, Unternehmensbefragung 2006, Grafik 50. 32

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dig entfallen. So ist eine Kreditwürdigkeitsprüfung gerade bei längerer Geschäftsverbindung entbehrlich, und auch eine Bewertung der Sicherheiten ist nicht nötig. Zuweilen mag auch dem Abnehmer gar nicht bewusst sein, dass er der Sache nach durch den Verzicht auf das Skonto einen Kredit in Anspruch nimmt, so dass ein Preisvergleich von vornherein unterbleibt.35 c) Kreditsubstitute Neben der klassischen Kreditfinanzierung haben sich alternative Formen der Fremdfinanzierung entwickelt, die insbesondere den Bankkredit teilweise substituieren können. Hierzu gehören vor allem Leasing und Factoring. In jüngerer Zeit ist die Finanzierung durch Asset Backed Securities hinzugekommen, wobei sich erst noch erweisen muss, ob es sich hierbei rückblickend um eine durch die Finanzkrise beendete Episode der Finanzierungspraxis handelt. (1) Leasingverträge Leasingverträge in ihren unterschiedlichen Formen spielen eine zunehmend wichtige Rolle für die Finanzierung mittelständischer Unternehmen in Deutschland. Die Unternehmen setzen das Leasing jetzt bereits in seiner Bedeutung mit dem Lieferantenkredit gleich,36 wobei sie von einer zukünftig weiter wachsenden Relevanz ausgehen. Diese Bedeutung spiegelt sich auch in den absoluten Zahlen wider: Im Jahr 2006 betrug das Gesamtvolumen der Leasinginvestitionen in Deutschland über 280 Milliarden A.37 Die so genannte Leasingquote, also der Anteil der leasingfinanzierten Investitionen, betrug beim Mobilienleasing im Jahr 2007 24% und im Jahr 2009 21,2%.38 Mehr als jeder fünfte Ausrüstungsgegenstand wird also von seinem Nutzer nicht gekauft, sondern geleast. Zur statistisch gesehen erheblichen Bedeutung des Leasings trägt freilich auch bei, dass es „den“ Leasingvertrag nicht gibt, sondern sehr verschiedenartige Verträge mit ganz unterschiedlichen Funktionen unter diesen Begriff subsumiert werden. So ist einerseits das so genannte Operating-Leasing zu nennen, das dem Typus eines Mietvertrags entspricht, dessen Regeln daher auch auf das Operating-Leasing angewendet werden.39 Für unsere Betrachtung von größerer 35

Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 418. Im Durchschnitt wird der Lieferantenkredit von allen Unternehmen mit 3,8 (1 = sehr wichtig, 6 = unwichtig) bewertet, KfW, Unternehmensbefragung 2006, Grafik 50. 37 Bundesverband Deutscher-Leasingunternehmen: The German Leasing-Market 2006. Die Summe der leasingfinanzierten Neuinvestitionen betrug in 2007 rund 55 Milliarden A. Die Krise hat sich auch auf das Volumen der durch Leasing finanzierten Investitionen stark ausgewirkt: Im Jahr 2009 betrug es nur noch etwas über 40 Mrd. A. 38 Die Zahlen beruhen auf Veröffentlichungen des Bundesverbands Deutscher-Leasingunternehmen, http://www.leasing-verband.de, zuletzt besucht im September 2010. 39 MünchKomm-BGB/J. Koch, Leasing, Rn. 5; Palandt/Weidenkaff, BGB, Einf v § 535 Rn. 40. 36

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Wichtigkeit ist das so genannte Finanzierungsleasing, das im Bereich des Mobilienleasings etwa 2/3 des Investitionsvolumens ausmacht.40 Für das Finanzierungsleasing ist typusprägend, dass hier der Leasingnehmer für die vollständige Amortisation der vom Leasinggeber gemachten Aufwendungen zur Anschaffung des Leasingguts einstehen muss. Daher wird eine feste Grundlaufzeit des Vertrags vereinbart, die in der Regel vor dem Hintergrund der so genannten „Leasing-Erlasse“41 40–90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer umfasst.42 Während der Laufzeit des Vertrags trägt der Leasingnehmer das Risiko der Investition; er ist also für Instandhaltung und Versicherung des überlassenen Gegenstands verantwortlich. Der Leasingnehmer besitzt insofern eher eine dem Eigentümer als dem Mieter vergleichbare Rechtsstellung. 43 Eine weitere Sonderform ist das sale and lease back-Geschäft, bei dem der Leasingnehmer zunächst einen Vermögensgegenstand an den Leasinggeber kaufweise überträgt, um ihn anschließend von diesem zu leasen. Mit derartigen Geschäften können unterschiedliche Zwecke verfolgt werden. Für den Leasinggeber können sie insbesondere bei der Finanzierung von Sachgesamtheiten interessant sein, da so gewährleistet ist, dass der Leasingnehmer ihm eine funktionierende Gesamtanlage verschafft. Der Leasinggeber ist somit nicht dem Risiko ausgesetzt, dass er dem Leasingnehmer eine funktionierende Gesamtanlage zur Verfügung stellen muss, während er nur Gewährleistungsansprüche44 gegen die einzelnen Lieferanten hat, die sich nicht auf die Funktionsfähigkeit der Anlage als solcher beziehen. Aus Sicht des Leasingnehmers können sale and lease back-Transaktionen etwa der Liquiditätsbeschaffung dienen, wenn diese anderweitig nicht verfügbar ist,45 mit ihnen kann aber auch die Aufdeckung stiller Reserven bezweckt sein, so dass mit den sich ergebenden Buchgewinnen sonst wegen Fristablaufs verfallende Verlustvorträge verrechnet werden können.46 Sowohl die steuerlichen als auch die bilanziellen Effekte von Leasingverträgen werden oft als deren entscheidender Vorteil gegenüber einem kreditfinan40

Quelle: Bundesverband Deutscher-Leasingunternehmen. Erlasse des Bundesministeriums der Finanzen: Mobilienleasingerlass v. 19. 4. 1971; Teilamortisations-Erlass v. 22. 12. 1975. 42 Im Einzelnen zur rechtlichen Behandlung des Finanzierungsleasings und den Leasingerlassen unten, S. 219 ff. 43 BGH, Urt. v. 4. 2. 2004, NZM 2004, 340, 342; Martinek/Martinek, Leasinghandbuch, § 4 Rn. 9. 44 In Leasingverträgen wird üblicherweise die Gewährleistung des Leasinggebers gegenüber dem Leasingnehmer für Mängel des Leasingguts ausgeschlossen. Da der Leasinggeber der Sache ferner steht als der Leasingnehmer, der sie sich ausgesucht hat, soll der Leasinggeber auch nicht für ihre Funktionstauglichkeit haften. Zum Ausgleich tritt der Leasinggeber seine Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten dem Leasingnehmer ab. Die Probleme dieser Abtretungskonstruktion zeigen sich, wenn der Leasingnehmer Verbraucher ist, BGH, Urt. v. 21. 12. 2005, ZIP 2006, 1001; dem Leasingnehmer selbständige Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten zu geben, schlägt Stagl, ZIP 2009, 846 ff., vor. 45 Louis/Perridon, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 446. 46 Martinek/Berninghaus, Leasinghandbuch, § 64 Rn. 4. 41

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zierten Kauf dargestellt.47 Im Zusammenhang dieser Untersuchung ist allerdings ein anderer Unterschied besonders bemerkenswert: Da der Leasinggeber sachenrechtlich gesehen der Volleigentümer des Leasinggegenstands ist, 48 steht diesem im Fall eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Leasingnehmers nach herrschender Meinung ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zu. 49 Der Leasinggeber kann das Leasinggut daher trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens freihändig verwerten und ist nicht den Restriktionen der §§ 165 ff. InsO unterworfen. Demgegenüber steht einer Bank, welche die Anschaffung des Gegenstands durch die Auskehr eines Kredits finanziert und sich das angeschaffte Gut zur Sicherheit übereignen lässt, im Insolvenzfall gemäß § 51 Nr. 1 InsO nur ein Absonderungsrecht zu. Damit wird sie auf die Verwertung nach §§ 166 ff. InsO verwiesen, so dass die Bank als Sicherungseigentümerin insbesondere den Kostenbeitrag nach § 171 InsO zu entrichten hat. Vor etwaigen Verlusten, die aus dieser ungünstigeren Situation entstehen, wird sich die kreditierende Bank durch die Hereinnahme weiterer Sicherheiten am schuldnerischen Vermögen zu schützen versuchen. Der kreditfinanzierte Kauf führt somit im Vergleich zum Finanzierungsleasing für den Schuldner zu einer geringeren Menge freier Sicherheiten, so dass ihm weniger Vermögensgüter als Kreditunterlage für andere Finanzierungen zur Verfügung stehen.50 (2) Factoring Das Factoring – also der Verkauf von Forderungen mit oder ohne Rückbelastungsrecht des Käufers – hatte im Jahr 2009 ein Umsatzvolumen von über 95 Milliarden A, wobei freilich in diesem Jahr nach enormen Zuwächsen in den Vorjahren erstmals ein Rückgang auf dem deutschen Factoring-Markt zu verzeichnen war.51 Die mittelständischen Unternehmen bezeichnen das Factoring dennoch derzeit als verhältnismäßig unwichtig, geben aber an, dieses zukünftig stärker nutzen zu wollen.52 Insofern ist ein gewisser Imagewandel des Factorings festzustellen, das früher teilweise als unseriös galt, weshalb für den An-

47 Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 38 Rn. 4; kritisch Louis/Perridon, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 454 ff. Differenziert zu den betriebswirtschaftlichen Vor- und Nachteilen Martinek/Kroll/Schaub, Leasinghandbuch, § 67. 48 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 27. 2. 1985, BGHZ 94, 44, 49. Dies ist unabhängig davon, wer steuer- oder bilanzrechtlich der „wirtschaftliche Eigentümer“ ist. 49 Vgl. nur Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 47 Rn. 90; MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 223; rechtspolitisch kritisch Häsemeyer, in: Festschr. f. Serick, S. 153, 161; ders., Insolvenzrecht, Rn. 11.11. 50 Hierzu Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 38 Rn. 52; die „Ratingvorteile“ werden auch von Martinek/Kroll/Schaub, Leasinghandbuch, § 67 Rn. 42, betont. 51 Deutscher Factoring-Verband, Pressemitteilung vom 10. März 2003. Zum Vergleich: 2003 betrug der Umsatz rund 31 Milliarden A. 52 KfW, Unternehmensbefragung 2006, Grafiken 50, 53.

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schlusskunden ein besonderes Bedürfnis bestand, die Factorierung vor seinen Kunden geheim zu halten. Rechtlich ist zwischen echtem und unechtem Factoring zu unterscheiden. Beim echten Factoring (non-recourse Factoring) übernimmt der Factor auch das Ausfallrisiko, während er beim unechten den Anschlusskunden rückbelasten kann. Mittlerweile hat sich in Deutschland das echte Factoring gegenüber dem unechten durchgesetzt, so dass letzteres praktisch nicht mehr verwendet wird.53 Hierfür ist einerseits das vor dem Hintergrund der Insolvenzentwicklung insbesondere in den Jahren bis 2003 gestiegene Bedürfnis der Anschlusskunden verantwortlich, das Ausfallrisiko abzuwälzen. Ausschlaggebend dürfte aber andererseits die Art und Weise sein, in der die Rechtsprechung den Konflikt zwischen verlängertem Eigentumsvorbehalt und unechtem Factoring aufgelöst hat. Die Anwendung der Vertragsbruchrechtsprechung54 auch auf das unechte Factoring55 macht dieses in der Praxis undurchführbar, da eine dingliche Teilverzichtsklausel anders als bei der Globalzession praktisch unlösbare Probleme schafft. Denn es ist im Moment der Bevorschussung der Forderung für den Factor nur mit großem Aufwand ermittelbar, ob die konkrete Forderung von einem verlängerten Eigentumsvorbehalt erfasst wird oder nicht, ob er also überhaupt eine Gegenleistung für den Vorschuss erwirbt.56 Das in der Praxis dominierende echte Factoring hat für den Anschlusskunden neben der Finanzierungsfunktion, die in der Verschaffung von Barmitteln vor Fälligkeit der Forderungen liegt, eine Dienstleistungsfunktion, da der Anschlusskunde sich nicht um die Verwaltung seines Forderungsbestandes zu kümmern braucht. Hinzu tritt die gerade beim Exportfactoring bedeutsame Übernahme der Forderungsdurchsetzung durch den Factor. Nicht zuletzt erfüllt es auch die Funktion einer Kreditversicherung, da durch die Übernahme des Delkredererisikos der Anschlusskunde von dem Insolvenzrisiko seines Abnehmers entlastet ist. Der Factor berechnet für die Bevorschussung der Forderung bankübliche Sollzinsen und wird ferner eine Gebühr erheben, die je nach Werthaltigkeit der bevorschussten Forderungen zwischen 0,8 und 3,5% der Forderungsbeträge liegt. Das echte Factoring ist allerdings kein Kreditsicherungsmittel, da der Factor dem Anschlusskunden den Vorschussbetrag nicht auf Zeit, sondern endgültig überlässt. Insofern liegt dem echten Factoring keine (sicherungsbedürftige) Kreditgewährung zugrunde.

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Louis/Perridon, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 434. Zu dieser im Einzelnen unten, S. 206 ff. und S. 279 ff. 55 BGH, Urt. v. 14. 10. 1981, BGHZ 82, 50, 60. 56 Hierzu Bette, in: Derleder/Knops/Bamberger (Hrsg.), Handbuch zum dt. u. europ. Bankrecht, § 29 Rn. 43 ff. 54

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(3) Finanzierung durch Anleihen, insbesondere Forderungsverbriefungen Grundsätzlich besteht für ein Unternehmen auch die Möglichkeit, Fremdkapital aufzunehmen, indem es Anleihen am Kapitalmarkt begibt. Allerdings reicht die volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung von Anleihen für die Finanzierung von Unternehmen nicht an die bereits erörterten Finanzierungsarten heran. Das beruht auf den hohen Markteintrittsbarrieren, die sich aus dem erheblichen Aufwand ergeben, mit dem diese Instrumente verknüpft sind. So lohnt sich etwa das Auflegen einer Industrieobligation nur bei sehr großen Volumina und somit nur für große oder sehr große Unternehmen mit Zugang zum Kapitalmarkt. Weitere Bedingung ist eine gute bis sehr gute Bonität des Emittenten, um eine günstige Verzinsung zu erreichen. Für die Mittelstandsfinanzierung spielen Anleihen daher eine geringe Rolle. 57 Der Absatz von Industrieobligationen deutscher Emittenten betrug in 2006 rund 30 Milliarden A, insgesamt waren Anleihen deutscher Emittenten in Höhe von knapp 1 Billionen A im Umlauf.58 Seit Ende der neunziger Jahre erlebt die Anleihefinanzierung allerdings einen erheblichen Volumenzuwachs, 59 der einerseits auf dem durch die Übernahmewelle generierten gewaltigen Kapitalbedarf und andererseits auf der – jedenfalls bis zum Ausbruch der Finanzkrise – zunehmenden Verbriefung von Forderungen beruht. Unter Verbriefung oder Securitization versteht man vereinfacht gesprochen die Umwandlung eines Pools gleichartiger Forderungen in handelbare Wertpapiere. 60 In der einfachsten Form verkauft und überträgt der so genannte Originator abgegrenzte Teile seines Forderungsbestands an eine eigens für die Transaktion gegründete so genannte Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, SPV). 61 Diese refinanziert den Forderungsankauf durch die Emission von Wertpapieren (Asset Backed Securities, ABS), die am Kapitalmarkt platziert werden. Als Originatoren kommen – neben der öffentlichen Hand – vor allem Finanzinstitute in Frage, die so einen immer größeren Teil der durch sie ausgereichten Kredite – berühmt-berüchtigt wurden insoweit so genannte subprime mortgages – weiterverkauft haben. Bei Asset Backed Securities handelt es sich 57 Nur knapp 1% der mittelständischen Unternehmen gibt an, dass Anleihen für sie bei der Finanzierung eine Rolle spielen, KfW, Unternehmensbefragung 2007, S. 66. 58 Deutsche Bundesbank, Statistisches Beiheft zum Monatsbericht, Juli 2007, S. 12, 26. 59 Zum Vergleich: 1991 betrug das Gesamtvolumen der Industrieobligationen nur etwas mehr als 3 Milliarden A, also weniger als ein Dreißigstel des heutigen Volumens! 60 Vgl. zu so genannten ABS Transaktionen: ausführlich Arlt, True Sale Securitisation unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland und Italien (2009); siehe auch Schwarcz, DB 1997, 1289 ff.; Rinze/Klüwer, BB 1998, 1697 ff.; Zeising, BKR 2007, 311 ff. 61 Beschrieben wird hier die so genannte „True Sale“ Variante von Asset Backed Securities, bei der die Aktiva im vermögensrechtlichen Sinn auf die Zweckgesellschaft übertragen werden. Die synthetische Verbriefung sieht demgegenüber nur eine Übertragung des Kreditrisikos auf die Zweckgesellschaft durch Credit Default Swaps vor, vgl. etwa Perridon/Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 439.

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bekanntlich um ökonomisch wie rechtlich hochkomplexe Produkte, deren Undurchschaubarkeit selbst für Experten für den Zusammenbruch der Finanzmärkte in 2008 jedenfalls mitverantwortlich gemacht wird. 62 Inwieweit sich der Verbriefungsmarkt von diesem Rückschlag nachhaltig erholen wird, kann gegenwärtig noch nicht beurteilt werden, allerdings gibt es Anzeichen für eine gewisse Entspannung im ersten Quartal 2010. Ein praktisches Problem von ABS-Transaktionen kann die Übertragung von Sicherheiten verursachen, die für die verbrieften Forderungen bestehen. Insbesondere wenn es sich bei diesen um Buchgrundschulden handelt, kann die Übertragung auf die Zweckgesellschaft sehr aufwändig und kostspielig sein. Eine dingliche Übertragung ist allerdings erforderlich, um zu gewährleisten, dass diese Sicherheiten im Insolvenzfall nicht in die Masse des Originators fallen. Ein Ausweichen auf Treuhandvereinbarungen ist sehr risikoreich, da an deren Insolvenzfestigkeit vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitsprinzip63 Zweifel bestehen. 64 Nach diesem schon vom Reichsgericht entwickelten und vom Bundesgerichtshof aufgegriffenen Prinzip soll Treugut nur dann vom Treugeber ausgesondert werden können, wenn die Vermögensgegenstände „unmittelbar“ vom Vermögen des Treugebers in das Vermögen des Treuhänders übertragen wurden. Es genügt danach nicht, wenn Vermögensgegenstände vom späteren Treugeber zunächst für eigene Rechnung gehalten werden und anschließend eine Treuhandvereinbarung über diese Gegenstände geschlossen wird, ohne dass eine vermögensrechtliche Veränderung der Rechtszuständigkeit vorgenommen wird. Insofern können Originator und Zweckgesellschaft nicht insolvenzfest vereinbaren, dass der Originator die Forderungen bzw. die Sicherheiten treuhänderisch für die Zweckgesellschaft hält. 65 Der Gesetzgeber hat sich des Problems mittlerweile durch die Schaffung des so genannten Refinanzierungsregisters angenommen. Die Eintragung der fraglichen Vermögensgegenstände (gemäß § 22a Abs. 1 KWG nur Forderungen und Grundpfandrechte) in dieses – allerdings nicht mit Publizität versehene – Register führt nach § 22j Abs. 1 KWG zu ihrer Aussonderungsfähigkeit in der Insolvenz des Originators. 62 Eindrucksvoll stellen Roubini/Mihm, Crisis Economics, S. 61 ff. die Bedeutung der Verbriefungswelle im Rahmen der Finanzkrise dar. 63 RG, Urt. v. 19. 2. 1914, RGZ 84, 214, 216; Urt. v. 10. 10. 1917, RGZ 91, 12, 14; Urt. v. 4. 3. 1930, RGZ 127, 340, 344; Urt. v. 9. 6. 1931, RGZ 133, 84, 87; BGH, Urt. v. 7. 4. 1959, NJW 1959, 1223, 1224; BAG, Urt. v. 8. 6. 1999, ZIP 1999, 1638. Von der Literatur wird eingewendet, dass allein das Unmittelbarkeitsprinzip keine klare Abgrenzung erlaube, so wird etwa vorgeschlagen, es durch das Offenkundigkeitsprinzip oder ein Prinzip der Vermögenstrennung zu ergänzen oder zu ersetzen. Vgl. Ganter, in: Festschr. f. Kreft, S. 251, 254 ff.; ders., in: MünchKomm-InsO, § 47 Rn. 357; Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 106 f.; K. Schmidt, in: Festschr. f. Wiegand, S. 933, 955; Fridgen, ZInsO 2004, 530 ff. 64 Zu diesen Problemen im Rahmen von konsortialen Projektfinanzierungen aus der Sicht der Praxis Reuter, NZI 2010, 167 ff. 65 Fleckner, ZIP 2004, 585, 588.

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Für das Recht des Mobiliarkredits sind Verbriefungstransaktionen und ihre ausschnittsweise Regelung in §§ 22a ff. KWG unter drei Gesichtspunkten instruktiv. Zum einen machen sie ein praktisches Bedürfnis an leichter Übertragbarkeit von Sicherungsrechten deutlich. Nur wenn gewährleistet ist, dass nicht nur die Forderungen selbst, sondern auch die für sie bestehenden Sicherheiten zu angemessenen Kosten und mit vertretbarem Aufwand insolvenzfest auf die Zweckgesellschaft übertragen werden können, sind derartige Transaktionen praktisch durchführbar. Zum anderen verdeutlicht die Diskussion die Notwendigkeit der gleichzeitigen Gewährleistung von Rechtssicherheit gerade für die Insolvenz. Vor dem Hintergrund der dargestellten Verbriefungstechnik lässt sich daher die simultane Verwirklichung von Flexibilität und Rechtssicherheit als Desiderat für ein modernes Mobiliarkreditsicherungsrecht formulieren. Die Diskussion zeigt auch, dass der Gesetzgeber in §§ 22a ff. KWG den Versuch unternommen hat, beide Forderungen durch eine Registrierung zu versöhnen. 66 Dass diese Regelung den Bedürfnissen der Verbriefungspraxis offenbar nicht vollständig gerecht wird, lässt sich nicht auf das Instrument eines Registers als solchem zurückführen, sondern beruht auf Besonderheiten der grundpfandrechtlich gesicherten Konsortialkredite. 67 Der dritte und interessanteste Aspekt sind die funktionalen Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen einem mit einer Globalzession besicherten Kredit und Asset Backed Securities. Dazu ist zunächst mit dem Missverständnis aufzuräumen, dass die Schuldverschreibungen, welche die Zweckgesellschaft begibt, durch Aktiva „besicherte“ Wertpapiere seien. Die auf die Zweckgesellschaft übertragenen Forderungen sind keine Kreditsicherheiten im technischen Sinn für die in den Schuldverschreibungen verkörperten Forderungen, sondern bilden das den Anleihegläubigern haftende Vermögen. Die Anleihegläubiger haben insofern kein insolvenzfestes Vorzugsrecht gegenüber anderen Gläubigern der Zweckgesellschaft, so dass ein typisches Element einer dinglichen Kreditsicherheit fehlt. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es außer den Anleihegläubigern praktisch keine anderen Gläubiger der Zweckgesellschaft gibt, da diese selbst nicht werbend tätig ist. Insofern steht das Vermögen der Zweckgesellschaft faktisch ausschließlich zur Befriedigung der Anleihegläubiger zur Verfügung, denn durch die Übertragung vom Originator auf die Zweckgesellschaft wurde der Zugriff der Gläubiger des Originators auf die Vermögensgegenstände ausgeschlossen. Dieser Aspekt verdeutlicht die kreditsicherungsäquivalente Funktion von Asset Backed Securities, die darin liegt, dass einem Teil der Finanziers (die Anleihegläubiger) des kapitalsuchenden Unternehmens (des Originators) ein bestimmter Ausschnitt aus dessen Vermögen (die verbrieften 66 In den USA wird das entsprechende Ergebnis dadurch erreicht, dass Forderungsabtretungen in den Anwendungsbereich von Article 9 UCC einbezogen werden, so dass diese Geschäfte für ihre Drittwirksamkeit der Registrierung bedürfen, siehe unten, S. 356 f. 67 Fleckner/Frese, Kreditwesen 2007, 924 f.

A. Die Quellen der Unternehmensfi nanzierung

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Forderungen) zur ausschließlichen Befriedigung zugewiesen wird. Allerdings erfolgt dies rechtstechnisch nicht durch die Einräumung eines Befriedigungsvorrechts – wie bei dinglichen Sicherheiten –, sondern durch die Übertragung der Vermögensbestandteile auf einen eigenständigen Rechtsträger, der allein den Finanziers haftet. Insofern ist die oben erwähnte „Ausschließlichkeit“ des Zugriffs auf die verbrieften Forderungen in einem doppelten Sinn, nämlich im Hinblick auf die Zugriffsberechtigten und auf die Zugriffsobjekte, zu verstehen: Einerseits haften diese Forderungen nur den Anleihegläubigern und nicht auch den sonstigen Finanziers des Unternehmens, andererseits haftet den Anleihegläubigern eben auch nur das Vermögen der Zweckgesellschaft und nicht auch das sonstige Vermögen des finanzierten Unternehmens. Während die Ausschlusswirkung im ersten Sinn ein typisches Merkmal für dingliche Kreditsicherheiten ist, besitzen diese die Ausschlusswirkung im zweiten Sinn nicht. Denn typischerweise steht neben der Haftung mit dem Sicherungsgegenstand auch eine „persönliche Haftung des Schuldners“ mit seinem sonstigen Vermögen. Dieser Ausschluss des Rückgriffsrechts („non-recourse loan“) ist der wichtigste wirtschaftliche Unterschied zwischen Asset Backed Securities und besichertem Kredit, und er war offensichtlich für den Gesetzgeber erheblich genug, ABS-Transaktionen nicht als Kreditsicherheiten zu behandeln, was in der Insolvenz des Originators nur zu einem Absonderungsrecht der Zweckgesellschaft nach §§ 49 ff. InsO geführt hätte. Stattdessen wird der Erwerb der Assets durch die Zweckgesellschaft als auch haftungsrechtlich vollwirksam akzeptiert, so dass die Zweckgesellschaft in der Insolvenz des Originators wie gesehen nach § 22j KWG ein Aussonderungsrecht geltend machen kann. Entscheidender Prüfstein für die Charakterisierung einer Transaktion als Kreditsicherheit ist danach die Frage, ob dem Erwerber ausschließlich der konkrete Vermögensgegenstand haftet, oder ob er daneben auf das sonstige Vermögen des Schuldners zur Befriedigung seiner Forderung zugreifen kann. Diese Unterscheidung erklärt nicht nur, warum die Zweckgesellschaft in der Insolvenz des Originators die übertragenen Assets aussondern kann, sondern auch warum die insolvenzrechtliche Behandlung von echtem und unechtem Factoring differiert: Beim unechten Factoring hat der Factor die Rückgriffsmöglichkeit auf das sonstige Vermögen des Anschlusskunden (recourse), weshalb ihm in der Insolvenz hinsichtlich der Forderungen nur ein Absonderungsrecht zusteht. Beim echten Factoring besteht dagegen – wie bei ABS-Transaktionen – für den Factor keine Rückgriffsmöglichkeit, so dass die factorierten Forderungen endgültig in sein Vermögen fallen. Daher kann er diese aussondern. Dieser Gedanke wird sich auch bei der Behandlung des Eigentumsvorbehalts in der Insolvenz des Käufers fruchtbar machen lassen. 68

68

Siehe unten, S. 195 ff.

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§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfi nanzierung

B. Die Bedeutung von Mobiliarsicherheiten Der unter A. vermittelte Überblick über die Finanzierungsmöglichkeiten und ihre Bedeutung für deutsche Unternehmen steckt den Anwendungsbereich für Kreditsicherungsinstrumente ab. Denn dingliche Kreditsicherheiten im technischen Sinn können überhaupt nur bei der Fremdfinanzierung insbesondere durch Bank- und Lieferantenkredit relevant werden. Als volkswirtschaftlich besonders bedeutsam und wichtig erweist sich damit eine effiziente Regelung des Bankkredits, der wie gesehen trotz der Stärkung der Eigenkapitalbasis und des Bedeutungszuwachses alternativer Finanzierungsformen nach wie vor neben der Innenfinanzierung die wichtigste Finanzierungsform für deutsche Unternehmen bleibt. Von den Finanzierungsquellen soll im folgenden Abschnitt der Blick auf die Rolle der einzelnen Kreditsicherungsmittel im Rahmen der Fremdfinanzierung gelenkt werden. Hierbei soll zunächst anhand der verfügbaren Daten ein Überblick über die aktuelle Nutzung der unterschiedlichen Kreditsicherungsmittel gegeben werden. In einem zweiten und dritten Schritt soll gezeigt werden, inwiefern der zweite Baseler Eigenkapitalakkord die Kreditsicherungspraxis beeinflusst hat und welche Veränderungen der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft insoweit zeitigt.

I. Die Nutzung der einzelnen Kreditsicherungsmittel Welche Bedeutung den einzelnen Kreditsicherungsmitteln bei der Kreditfi nanzierung tatsächlich zukommt, ist schwierig festzustellen, weil es kaum statistische Daten über die Verbreitung und Verwendung einzelner Sicherungsmittel gibt. 69 Vergleichsweise verlässliche Daten existieren hinsichtlich der Nutzung des grundpfandrechtlich gesicherten Kredits. Grundpfandrechte spielen vor allem bei der Besicherung langfristiger Bankkredite eine Rolle. Man wird davon ausgehen können, dass der überwiegende Teil der insgesamt 850 Milliarden A langfristiger Bankkredite an Unternehmen und Selbständige durch Grundschulden oder Hypotheken besichert ist. Für die 300 Milliarden A, die auf Wohnungsbaukredite entfallen, gilt dies sogar zu fast 90%. Für die Bedeutung der Grundpfandrechte bei kurz- und mittelfristigen Krediten ließen sich allerdings keine aktuellen Daten ermitteln. Nach der von Drukarczyk/Duttle/Rieger im Jahr 69 Dies kritisierte schon Drobnig, Gutachten für den 51. DJT, Teil F, S. 21. Siehe allerdings die Untersuchung von Drukarczyk/Duttle/Rieger, Mobiliarsicherheiten (1985). Drukarczyk, Finanzierung (2003), S. 493, schreibt, dass ihm Untersuchungen neueren Datums nicht bekannt seien. Auch bei der Bundesbank waren auf Nachfrage keine aktuelleren Untersuchungen bekannt.

B. Die Bedeutung von Mobiliarsicherheiten

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1984 durchgeführten Befragung ergab sich für grundpfandrechtlich gesicherten Kredit ein durchschnittlicher Anteil von 30% am Volumen aller kurz- und mittelfristigen Unternehmenskredite.70 Die große Bedeutung der Grundpfandrechte wird auch daraus deutlich, dass 60% der von der KfW befragten mittelständischen Unternehmen angeben, Sicherheiten in Form von Grundschulden oder Hypotheken bestellt zu haben. Deutlich unterdurchschnittlich wird der Hypothekarkredit von Dienstleistungsunternehmen bzw. sehr jungen oder kleinen Unternehmen genutzt.71 Die Bedeutung von Mobiliarsicherheiten lässt sich nur mittelbar aus dem unter A. dargestellten Volumen der einzelnen Kreditarten herleiten. So kann man für Lieferantenkredite mit einiger Sicherheit annehmen, dass diese zu deutlich über 90% durch Eigentumsvorbehalt besichert sind. 72 Ganz im Vordergrund steht hierbei das vorbehaltene Eigentum an der gelieferten Sache selbst oder an aus ihr hergestellten Sachen. Nach Drukarczyk/Duttle/Rieger machen demgegenüber Forderungen als Sicherungsmittel – also der durch Vorausabtretungsklausel verlängerte Eigentumsvorbehalt – nicht einmal 10% aus. Während der ungesicherte Lieferantenkredit praktisch kaum vorkommt, kann man dies für den ungesicherten Bankkredit nicht mit gleicher Allgemeingültigkeit sagen. Da Banken bei der Kreditvergabe wesentlich stärker die Kreditkonditionen den spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Schuldners anpassen, 73 können Unternehmen mit exzellenter Bonität mitunter eine ungesicherte Kreditvergabe durchsetzen, ohne hierfür Zinsnachteile in Kauf nehmen zu müssen. Rund ein Drittel aller von der KfW befragten Unternehmen gibt an, die Sicherungsübereignung als Kreditsicherungsmittel zu nutzen. Mit zunehmender Größe der Unternehmen gewinnt die Sicherungsübereignung an Bedeutung. Sie wird insbesondere vom Verarbeitenden Gewerbe genutzt. Entsprechend geringere Bedeutung hat sie naheliegender Weise im Dienstleistungsbereich. Knapp ein Viertel aller Unternehmen verwendet die Abtretung von Forderungen als Sicherungsmittel. Insbesondere das Verarbeitende Gewerbe nutzt die Sicherungszession; geringere Bedeutung hat sie mangels eines geeigneten Forderungsbestands für Einzelhandelsunternehmen und für junge Unternehmen. Für diese Unternehmen sind vielmehr Personalsicherheiten und Risikolebensversicherungen von überproportional großer Bedeutung.74 70

Drukarczyk/Duttle/Rieger, Mobiliarsicherheiten, Tabelle K 20. KfW, Unternehmensbefragung 2007, S. 26 ff. 72 Zur gleichfalls erheblichen Bedeutung des Eigentumsvorbehalts für die Finanzierung englischer kleiner und mittlerer Unternehmen, Mokal, 60 Cambridge Law Journal, 581, 588. 73 Drobnig, Gutachten für den 51. DJT, Teil F, S. 20, bezeichnet den Lieferantenkredit im Gegensatz zum Bankenkredit als „pauschal vorgefertigte Konfektionsware“. Siehe hierzu auch die Ausführungen unter . 74 KfW, Unternehmensbefragung 2007, S. 26 ff. 71

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§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfi nanzierung

Nicht zu unterschätzen ist schließlich die Bedeutung des Finanzierungsleasings, das neben der Finanzierungsfunktion wie gezeigt auch eine Sicherungsfunktion in Gestalt des Aussonderungsrechts des Leasinggebers in der Insolvenz des Leasingnehmers besitzt.75 Insofern kann das Finanzierungsleasing nicht nur ein Kredit-, sondern auch ein Sicherungssubstitut sein. 76 Insgesamt ist zu konstatieren, dass das weitaus wichtigste Sicherungsmittel das Grundpfandrecht ist. Mit einigem Abstand folgen die Sicherungsübereignung und Sicherungszession zu Gunsten von Banken, sowie das Finanzierungsleasing. Von gewisser Bedeutung ist weiterhin der einfache Eigentumsvorbehalt, während Verlängerungsformen insbesondere in Form von Vorausabtretungen vergleichsweise wenig genutzt werden. Auch wenn der Eigentumsvorbehalt als Finanzierungs- und Kreditsicherungsmittel nicht überbewertet werden darf, hat er doch erhebliche Bedeutung als Gestaltungsinstrument zur Herstellung des Synallagmas bei unbaren Zahlungen. Sofern der Käufer – wie heute im Wirtschaftsverkehr allgemein üblich – den geschuldeten Kaufpreis durch Überweisung begleicht, entsteht bei unbedingter Übereignung zwangsläufig eine Periode, in welcher der Verkäufer seine Leistung schon erbracht, der Käufer allerdings den Kaufpreis noch nicht gezahlt hat. Denn zwischen der Lieferung durch den Verkäufer und der Gutschrift des vom Käufer überwiesenen Kaufpreises auf dem Konto des Verkäufers77 liegt zwangsläufig eine gewisse Zeitspanne, die sich aus der Zeit für die Rechnungsstellung durch den Verkäufer, der Bearbeitungszeit beim Käufer und der Laufzeit der Überweisung ergibt.78 Daher werden die Verkäufer-AGB regelmäßig eine gewisse, kurz bemessene Frist zur Ausführung der Überweisung vorsehen, die aber keinesfalls eine Kreditgewährung zu Gunsten des Käufers bedeuten soll, sondern diesem lediglich die fristgerechte Leistung im Wege der Banküberweisung ermöglicht. Da insofern bei der Erfüllung durch Überweisung Leistung des Verkäufers und Gegenleistung des Käufers zeitlich auseinander gerissen werden, käme es bei unbedingter 75

Siehe oben, S. 34 f. Näher unten, S. 224 ff. 77 Erst die endgültige Gutschrift des Überweisungsbetrags zur freien Verfügung auf dem Empfängerkonto führt zur Erfüllung i. S. d. § 362 Abs. 1 BGB: BGH, Urt. v. 15. 5. 1952, BGHZ 6, 121, 123; Urt. v. 2. 2. 1972, BGHZ 58, 108, 109; Urt. v. 25. 1. 1988, BGHZ 103, 148, 149; Urt. v. 28. 10. 1998, NJW 1999, 210; GroßKomm-HGB/Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 476; MünchKomm-BGB/Wenzel, § 362 Rn. 23. A. A. (Eingang auf dem Konto der Empfängerbank) Oechsler, in: Derleder/Knops/Bamberger (Hrsg.), Handbuch zum dt. u. europ. Bankrecht, § 43, Rn. 41. 78 Siehe auch BGH, Urt. v. 21. 5. 1980, NJW 1980, 1961, 1962. Der BGH nimmt hier ein Bargeschäft (heute § 142 InsO) an, auch wenn zwischen Lieferung und Zahlung aus technischen Gründen sieben Tage liegen. Zum Problem, wann der Schuldner bei Zahlung per Überweisung nach § 286 Abs. 3 BGB in Verzug gerät EuGH, Urt. v. 3. 4. 2008, Rs. C-306/06 (01051 Telecom GmbH ./. Deutsche Telekom AG), Slg. I 2008, 1939 = ZIP 2008, 732: Dem Gläubiger muss der Betrag innerhalb der Frist gutgeschrieben sein. 76

B. Die Bedeutung von Mobiliarsicherheiten

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Übereignung faktisch zu einer Vorleistung des Verkäufers. Durch eine bedingte Übereignung des Verkäufers kann das Zug-um-Zug Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auch für unbare Zahlungen gewährleistet werden. Der einfache Eigentumsvorbehalt dient in diesen Situationen also nicht der Sicherung einer vom Verkäufer dem Käufer gewährten Finanzierung, sondern der Wahrung des Synallagmas. Der einfache Eigentumsvorbehalt darf daher nicht ohne weiteres denselben Regeln unterworfen werden, die für echte Kreditsicherungsrechte gelten.79 Dies ist nur gerechtfertigt, wenn in der Kaufpreisstundung eine Finanzierung des Käufers liegt, die durch die bedingte Übereignung gesichert wird.

II. Der zweite Baseler Eigenkapitalakkord („Basel II“) „Basel II“ prägt die Diskussionen um die Finanzierung deutscher Unternehmen seit einer Reihe von Jahren. Um die Bedeutung des hiermit angesprochenen Regelwerks für die Besicherungspraxis aufzeigen zu können, muss zunächst kurz erläutert werden, was sich hinter diesem Schlagwort im Einzelnen verbirgt: Mit dem Begriff „Basel II“ werden die Eigenkapitalvorschriften des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht80 in ihrer endgültigen Fassung vom Juni 2004 bezeichnet. Basel II stellt eine Überarbeitung der in Basel I zusammengefassten Empfehlungen von 1988 dar. 81. Das Ziel dieser Empfehlungen ist es, international einheitliche Standards hinsichtlich der angemessenen Eigenkapitalausstattung von Banken zu entwickeln, um Bankeninsolvenzen zu vermeiden und zugleich einheitliche Wettbewerbsbedingungen für die Kreditvergabe und für den Kredithandel herzustellen. Die Europäische Union hat die in Basel II enthaltenen Empfehlungen in die Richtlinien 2006/48/EG 82 und 2006/49/EG 83 aufgenommen, die mit dem „Gesetz zur Umsetzung der neu gefassten Bankenrichtlinie und der neu gefassten

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Hierzu im Einzelnen unten, S. 178 ff. Dieser Ausschuss ist ein Gremium der Bankenaufsichtsbehörden, das von den Zentralbankgouverneuren der G-10-Länder 1975 gegründet wurde. Es besteht aus Vertretern von Belgien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Luxemburg, den Niederlanden, Spanien, Schweden, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten. 81 Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Manuskripts – dem Spätsommer 2010 – berät der Baseler Ausschuss vor dem Hintergrund der Finankrise über eine weitere Verschärfung der für Banken geltenden Eigenkapitalvorschriften. Geplant sind weiter Regelungen zum Liquiditätsmanagement, um so genannten bank runs besser begegnen zu können. 82 Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung). 83 Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (Neufassung). 80

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§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfi nanzierung

Kapitaladäquanzrichtlinie“84 vom 17. November 2006 umgesetzt wurden. Weitere Umsetzungsschritte sind die „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“ (MaRisk), mit denen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verbindliche Vorgaben für die Ausgestaltung des Risikomanagements in deutschen Kreditinstituten macht, und die Solvabilitätsverordnung. 85 Mit Basel II sollen die von der Bank übernommenen Risiken, aus denen sich die Eigenkapitalanforderungen ergeben, anhand qualitativ ausgerichteter Kriterien erfasst werden. Ebenso wie unter Basel I gilt ein Eigenkapitalanteil von insgesamt 8% bezogen auf die gewichteten Kreditrisiken. Unter Basel I wurde allerdings das jeweilige Kreditrisiko nur anhand eines sehr groben Beurteilungsmaßstabs ermittelt. Dieser Maßstab sah insbesondere nur bei grundpfandrechtlicher Sicherung eine Senkung des Kreditrisikos vor, sonstige Sicherheiten blieben hingegen unberücksichtigt. Dies begründete die Gefahr von Fehlsteuerungen, da risikoarme Kredite mit demselben Maß an Eigenkapital zu unterlegen waren wie risikoreichere Projekte. Die Eigenkapitalkosten waren also in beiden Fällen gleich hoch, obwohl im zweiten Fall höhere Zinsen verlangt werden konnten, so dass es zu einem höheren Gewinn in Bezug auf das zu unterlegende Kapital kam. Hierdurch wurde das Engagement in eher risikoarmen Projekten unattraktiv gemacht. Nach Basel II wird demgegenüber das Kreditrisiko durch ein differenziertes Messverfahren beurteilt, das auf einem Rating des Schuldners basiert und somit eher qualitativ orientiert ist. 86 Dieses kann entweder extern von einer anerkannten Rating-Agentur durchgeführt werden oder bankintern erfolgen, wobei das interne Verfahren (IRB-Ansatz) durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gemäß § 10 Abs. 1 KWG zugelassen sein muss. 87 So soll durch Basel II die bereits zuvor veränderte Geschäftspolitik weg von einer Durchschnittskalkulation bei der Kreditvergabe hin zu einer risikogerechten Zinsbemessung auch für die Eigenkapitalunterlegung nachvollzogen werden. 88 Die Bedeutung des neuen Baseler Eigenkapitalakkords für die Mobiliarsicherheiten wird deutlich, wenn man beachtet, dass nach diesem auch Mobiliarsicherheiten („physische Sicherheiten“) risikomindernd in Ansatz gebracht werden können. 89 Für das deutsche Recht ergibt sich diese Möglichkeit aus §§ 160, 161 Solvabilitätsverordnung, nach denen auch das Eigentum des Leasinggebers zu den berücksichtigungsfähigen Sicherheiten gehören kann. 84

BGBl. I Nr. 53, 2606. BGBl. I Nr. 61, 2926. 86 Hierzu Funken, Basel II, S. 12 ff. 87 Zur Umsetzung dieses Ratingverfahrens gegenüber dem Bankkunden: Langenbucher, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Internes und externes Rating, S. 63 ff. 88 Plattner/Skambracks/Tchouvakhina, in: Mittelstandsfinanzierung und Basel II, S. 13, 20 f. 89 Basel II, Rn. 521 ff. 85

B. Die Bedeutung von Mobiliarsicherheiten

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Die Aufnahme der Mobiliarsicherheiten in den Kreis der berücksichtigungsfähigen Risikominderungsfaktoren bei der Berechnung des Eigenkapitalkoeffizienten spiegelt zunächst deren gestiegene Bedeutung wider. Für die Zukunft folgt hieraus, dass Mobiliarsicherheiten aufgrund ihrer Berücksichtigungsfähigkeit unter Basel II gerade bei Unternehmen mit schlechter Bonität eine noch größere Bedeutung nicht nur für das Ob, sondern auch für das Wie bei der Kreditgewährung haben werden: Wie bereits erläutert wurde, ist bei der Bemessung der Kreditkonditionen zunächst das Rating des Schuldners entscheidend. Ein schlechtes Rating führt unter Basel II zu einem exponentiell höheren Zinssatz, da die Bank einen größeren Teil des Kredits mit (teurem) Eigenkapital unterlegen muss. Kann allerdings ein Schuldner hinreichende Sicherheiten stellen, so fällt der Anstieg des Zinsniveaus mit abnehmendem Rating deutlich flacher aus, wobei die zinssenkende Wirkung von Kreditsicherheiten umso größer ist, je schlechter das Rating des Schuldners ist.90 Neben dem Rating sind somit die für einen konkreten Kredit zur Verfügung stehenden Sicherheiten die entscheidenden preisbestimmenden Faktoren des Bankkredits. Vermögensgegenstände, die als Sicherheit für Bankkredite geeignet sind, werden daher für Unternehmen künftig noch stärker als früher zu einer wertvollen Ressource, die effizient eingesetzt werden muss. Da die beschriebenen kostensenkenden Effekte in diesem Ausmaß nur für den Bankkredit gelten, ist die Verwendung von geeigneten Vermögensgegenständen gerade zur Besicherung von Bankkrediten besonders attraktiv. Dies könnte künftig zu einer Verschiebung bei der Nutzung der Kreditarten führen, die zu Lasten des besicherten Lieferantenkredits und insbesondere des verlängerten Eigentumsvorbehalts gehen könnte. Die oben (sub. I.) angegebene Quote von 10% dürfte daher heute noch deutlich niedriger sein und künftig weiter sinken. Vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Finanz- und Kreditmarktes in der Union ist schließlich festzuhalten, dass sich aus dem international gültigen Eigenkapitalakkord auch Beeinträchtigungen des gemeinsamen Marktes ergeben können, die in unterschiedlich effizienten Kreditsicherungsrechten wurzeln.91 So beeinträchtigt etwa die nur sehr begrenzte Verfügbarkeit besitzloser Sicherungsrechte in Österreich die Wettbewerbsposition der dort tätigen Banken, so dass eine Angleichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten auch unter diesem Blickwinkel zu einer Stärkung des gemeinsamen Finanzmarktes führen würde.92

90 Vgl. die bei Grönwoldt, DStR 2005, 845, 846, abgedruckte Tabelle aus der Pressekonferenz der KfW v. 14. 12. 2004. 91 Lukas, in: Divergences of Property Law, S. 96. 92 Zur Beeinträchtigung der Grundfreiheiten durch den status quo unten, S. 477 ff.

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§ 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfi nanzierung

III. Sicherungsgüter in der Dienstleistungsund Informationsgesellschaft Der oft beschworene Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft93 wirkt sich auf die Besicherungspraxis insofern aus, als sich die Zusammensetzung der Vermögensgegenstände verändert, die den Unternehmen als Sicherheiten zur Verfügung stehen. Im 19. Jahrhundert überragte der Immobiliarkredit – also die Besicherung von Darlehen durch die Belastung von Grundstücken – andere Möglichkeiten der Kreditsicherung hinsichtlich der ökonomischen Bedeutung bei weitem. Der Kapitalbedarf der industriell und agrarisch geprägten Gesellschaft wurde also vor allem durch die Belastung der jeweiligen Betriebsgrundstücke gedeckt,94 wobei in einzelnen Bereichen – etwa bei den Eisenbahnen – auch die Beteiligungsfinanzierung durch die Ausgabe von Aktien bereits eine wichtige Rolle spielte. Doch schon im 19. Jahrhundert bestand bereits ein erheblicher Bedarf an effizienten Mobiliarsicherungsrechten, wie nicht zuletzt die Herausbildung der Sicherungsübereignung nach der Abschaffung der Mobiliarhypothek zeigt.95 Auch heute macht der grundpfandrechtlich gesicherte Kredit wie gesehen den größten Teil der Unternehmenskredite aus. Allerdings beschränkt sich seine überragende Bedeutung auf längerfristige Kredite, während die Sicherung durch Grundpfandrechte bei kurz- und mittelfristigen Krediten nur eine untergeordnete Rolle spielt. Gerade bei diesen Krediten mit Laufzeiten von bis zu fünf Jahren, aber auch bei Projektfinanzierungen stehen andere Sicherungsinstrumente im Vordergrund. In dieser Abnahme der relativen Bedeutung des Immobiliarkredits und dem korrespondierenden Bedeutungszuwachs der Besicherung durch bewegliche Sachen und Rechte sowie anderer Instrumente wie Leasing spiegelt sich auch der Wandel von der Industrie- hin zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft wider. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt, der durch nicht-industrielle und daher oft unfundierte Unternehmen erwirtschaftet wird, ist heute um ein Vielfaches größer als noch vor fünfzig Jahren. Diese Unternehmen haben mangels eigenen Grundbesitzes keinerlei Möglichkeit, ihren Kapitalbedarf durch Bodenkredit zu decken. Statistisch stellt sich die abnehmende Bedeutung des Immobiliarkredits für die Unternehmensfinanzierung wie folgt dar: 1968 betrug der Anteil grund93 Eine differenzierte Darstellung des Wandels der deutschen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung von der Industrie- hin zur Dienstleistungsgesellschaft gibt Ambrosius, in: Spree (Hrsg.), Geschichte der deutschen Wirtschaft im 20. Jahrhundert, S. 50 ff. 94 So durften etwa die Anfang des 19. Jahrhunderts in verschiedenen deutschen Staaten gegründeten Sparkassen Kredit lange nur gegen die Bestellung von Grundpfandrechten oder die Verpfändung inländischer Staatspapiere, Pfandbriefe und garantierter Eisenbahnaktien vergeben, Hopt, in: Privatrecht im 19. Jahrhundert, Bd. V, S. 128, 165. 95 Siehe unten, S. 93 ff.

B. Die Bedeutung von Mobiliarsicherheiten

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pfandrechtlich gesicherter Darlehen an allen langfristigen Krediten deutscher Banken an inländische Privatpersonen noch 71%. 1998 waren nur noch 47% der langfristigen Kredite grundpfandrechtlich gesichert. Bei den für die jüngere Vergangenheit erhobenen Daten ist zu berücksichtigen, dass die Bundesbank seit 1999 als „langfristig“ solche Kredite mit einer Laufzeit von mehr als 5 Jahren einordnet, während bis dahin hierunter Kredite mit mindestens 4-jähriger Laufzeit gefasst wurden. Die Zahlen vor und ab 1999 sind daher nur eingeschränkt vergleichbar. Seit 1999 ist der Volumenanteil des grundpfandrechtlich gesicherten Kredits an den Krediten mit mehr als 5-jähriger Laufzeit zwar von rund 60% auf 66% in 2007 gestiegen, hierbei ist allerdings zu beachten, dass dies vor allem auf einen Anstieg der Wohnungsbaukredite zurückzuführen ist.96 Doch auch bei Unternehmen mit eigenem Betriebsgrundstück kann der Immobiliarkredit aufgrund seiner durch §§ 1120, 97 BGB gegenständlich beschränkten Reichweite heute weniger als früher befriedigen. Schon die Nichterfassung von Rechten durch den auf bewegliche Sachen begrenzten Zubehörbegriff des § 97 BGB97 verengt die Reichweite der hypothekarischen Haftung entscheidend. Patente und Beteiligungen bleiben hierdurch unberücksichtigt. Erst recht gilt dies für den Firmenwert oder das Know-how der Arbeitnehmer, obwohl gerade diese Faktoren den Wert mancher Unternehmen in der post-industriellen Ära ausmachen. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass die Bedeutung des Immobiliarkredits zwar insgesamt groß bleiben, jedoch relativ gesehen weiter abnehmen wird. Im Gegenzug wird die ökonomische Bedeutung von beweglichen Sachen und nicht-körperlichen Vermögensgegenständen weiter zunehmen, was sich auch in einem noch stärkeren Bedürfnis nach Heranziehung dieser Vermögensgegenstände als Kreditunterlage ausdrücken wird.98 Das Recht der Kreditsicherung muss diesen Prozess in ähnlicher Weise begleiten, wie im 19. Jahrhundert der gewachsenen Bedeutung des Immobiliarvermögens und des Immobiliarkredits durch die Einführung des Grundbuchsystems Rechnung getragen wurde.99 Die Herstellung von Rechtssicherheit auch bei der Kreditsicherung durch bewegliche Sachen und Rechte ist insofern ein entscheidender Schritt hin zu einem effizienten Kreditsicherungsrecht für eine postindustrielle Gesellschaft.

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Bundesbank, Zeitreihen PQA353, PQ3013, zugänglich unter www.bundesbank.de. MünchKomm-BGB/Holch, § 97 Rn. 3. 98 Speziell zur (noch eher unterentwickelten) Verwendung immaterieller Vermögenswerte als Sicherheiten, KfW, Beiträge zur Mittelstands- und Strukturpolitik Nr. 39 (November 2007). Der Anteil jener Unternehmen, die immaterielle Vermögenswerte als Kreditsicherheit einbringen, an allen Unternehmen, die Sicherheiten bei der Kreditaufnahme stellen, lag im Jahr 2007 bei nur 2,2%. 99 Coing, Europäisches Privatrecht, Bd. II, S. 207 ff. 97

§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten A. Die Funktionen dinglicher Sicherheiten Die Bestellung einer Sicherheit soll das der Kreditgewährung immanente Ausfallrisiko für den Gläubiger senken.1 Kreditsicherheiten lassen sich daher auch als rechtliche Institutionen zur Reduktion von Unsicherheit beschreiben. 2 Insofern dienen Kreditsicherheiten – gleich ob dingliche oder persönliche – demselben Zweck wie die Versicherung von Krediten und so genannte covenants,3 mit denen der Gläubiger dem Schuldner bestimmte Verhaltenspflichten auferlegt oder sich bestimmte Informationsrechte verschafft. Ein wesentlicher Unterschied zwischen echten Sicherheiten und covenants besteht in der ex ante Wirkung von covenants: Während covenants vor allem eine Krise des Schuldners vermeiden sollen und dem Gläubiger frühzeitige Information über Risiken ermöglichen,4 steht bei dinglichen Kreditsicherheiten meist der ex post Effekt im Vordergrund. Denn die absolute Wirkung von Kreditsicherheiten entfaltet sich vor allem in der Insolvenz, also wenn die Krise bereits eingetreten ist. Allerdings bedeutet dies nicht, dass dingliche Sicherheiten nur im Rahmen einer Insolvenz über das Vermögen des Kreditschuldners Bedeutung hätten. Außerhalb der Insolvenz kommt Sicherheiten die oft nicht genügend gewürdigte Funktion zu, dass sie den zur Überwachung der Vermögensentwicklung des Schuldners erforderlichen Aufwand senken und zugleich unter gewissen Umständen die Wahrscheinlichkeit einer freiwilligen Rückzahlung des Darlehens erhöhen können. Im Folgenden wird daher unterschieden zwischen solchen Funktionen einer Kreditsicherheit, die unabhängig von einer Insolvenz des Schuldners eine Rolle

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Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 250. Adams, Ökonomische Analyse der Sicherungsrechte, S. 106. 3 Siehe allgemein zu covenants Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants (2008), S. 32 ff.; Kästle, Rechtsfragen von Covenants (2003); Köndgen, in: RWS-Forum „Insolvenzrecht“, 1996, S. 127 ff.; Wittig, WM 1996, 1381 ff.; Bratton, EBOR 2006, 39 ff.; Klaus M. Schmidt, EBOR 2006, 89 ff. 4 Wittig, in: Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 148 ff. 2

A. Die Funktionen dinglicher Sicherheiten

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spielen, und den Wirkungen, die nur zum Tragen kommen, wenn der Schuldner insolvent ist.

I. Funktionen unabhängig von einer Insolvenz des Schuldners Es entspricht der herkömmlichen Sichtweise, dass sich der Wert einer Sicherheit nach der Position des Sicherungsnehmers in der Insolvenz des Schuldners bemisst.5 Beschränkte man allerdings dingliche Sicherheiten auf diesen Aspekt, so bliebe unberücksichtigt, dass Sicherheiten auch unabhängig von einem Insolvenzverfahren oder der materiellen Insolvenz des Schuldners die Kreditkosten beeinflussen.

1. Reduktion der durch die Überwachung des Schuldners entstehenden Kosten Gerade bei langfristigen Krediten ist der Kreditgeber gezwungen, das Verhalten seines Schuldners zu überwachen, um sicherzustellen, dass dieser seine Vermögensverhältnisse nicht in einer Weise verschlechtert, welche die Befriedigungsaussichten des Gläubigers beeinträchtigt. a) Beschränkung des Kontrollbedürfnisses auf das Sicherungsgut Umfänglich hinreichende Sicherheiten reduzieren den zur Überwachung des Schuldners erforderlichen Aufwand, weil der Gläubiger seine Kontrollmaßnahmen auf das Sicherungsgut beschränken kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich hierbei um Gegenstände handelt, für die ein liquider Markt vorhanden ist, so dass der Zerschlagungswert des Sicherungsguts nicht wesentlich unter dem Fortführungswert liegt. Ein solcher unabhängig von einer Unternehmensfortführung gegebener Wert des Sicherungsguts ist Voraussetzung für ein so genanntes asset-based lending.6 In diesem Fall immunisiert sich der Gläubiger durch eine dingliche Sicherheit gegenüber einer ungünstigen Entwicklung des sonstigen schuldnerischen Vermögens; insbesondere können dem Gläubiger bei genügender Sicherung die künftigen Geschäftsaussichten des Schuldners gleichgültig sein, da er sich unabhängig von diesen durch die Verwertung des Sicherungsguts befriedigen kann. 5 Adams, Ökonomische Analyse der Sicherungsrechte, S. 43, 110; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1, Jackson/Kronman, 88 Yale Law Journal 1143. 6 Typisch für diese Finanzierungen ist daher, dass sich der Zins allein am Wert des Sicherungsguts bemisst.

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§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten

Die in langfristigen Kreditverträgen regelmäßig zu findenden covenants, also schuldrechtliche Vereinbarungen, mit denen der Schuldner bestimmte Verhaltenspflichten eingeht, können daher beim asset-based lending erheblich beschränkter gefasst werden als bei ungesicherten Krediten: 7 Bei ungesicherten Krediten betreffen covenants regelmäßig das gesamte Vermögen. Insbesondere werden sie bestimmte Berichtspflichten über die Geschäftslage des Schuldners vorsehen, dem Gläubiger weitgehende Informationsrechte einräumen und gegebenenfalls auch Verbote oder Zustimmungsvorbehalte bezüglich bestimmter Geschäfte – etwa der künftigen Kreditaufnahme oder Sicherheiteneinräumung („Nichtbesicherungsklausel“ oder „negative pledge-clause“) 8 – vorsehen. Die Durchführung und Überwachung solcher Abreden verursacht Kosten, die den Preis des Kredits in die Höhe treiben.9 Dennoch bleibt die Gefahr sehr hoch, dass der Gläubiger trotz sorgfältiger Überwachung erst im Nachhinein von absprachewidrigen Handlungen des Schuldners erfährt. Soweit covenants also als nur schuldrechtlich wirkende Absprachen gedeutet werden, sind sie ex post von beschränkter Effektivität.10 Bei besicherten Krediten kann sich der Gläubiger dagegen darauf beschränken, in seinen covenants nur solche Pflichten vorzusehen, die sich auf das Sicherungsgut selbst beziehen. Dies sind in erster Linie Versicherungs- und Instandhaltungspflichten. Abgesehen von dem sogleich näher zu erörternden Veräußerungsverbot ist die Einhaltung dieser Pflichten verhältnismäßig leicht zu überwachen und verursacht geringe Kosten für den Gläubiger.11 Zugleich belasten sie den Schuldner weniger stark, da dieser keine Beschränkungen bei seiner Geschäftsführung zu beachten hat. 7 Dies ergibt sich auch aus der von Hill, 80 Texas Law Review 1117, 1132, durchgeführten Befragung. 8 Mann, 110 Harvard Law Review 625, 643. Umfassend zu Negativerklärungen nach deutschem Recht: Merkel, Die Negativklausel (1985). Zur Bedeutung des § 1136 BGB im Hinblick auf Negativerklärungen zu Gunsten grundpfandrechtlich gesicherter Gläubiger Mucke, WM 2006, 1804; Thießen, ZBB 1996, 19, 20. Zur nach herrschender Meinung nur schuldrechtlichen Wirkung von Negativerklärungen kritisch unten, S. 309 ff. 9 Hieraus leiten Bebchuk/Fried, 82 Cornell Law Review 1279, 1311, einen empirischen Anhaltspunkt dafür ab, dass nachträgliche Sicherheitenbestellungen ineffizient seien. Richtigerweise lässt sich aber aus der Existenz von negative pledge-clauses nicht mehr entnehmen, als dass ungesicherte Gläubiger durch spätere Gewährung einer Sicherheit an einen anderen Gläubiger benachteiligt werden und dass sie daher bereit sind, (Überwachungs-) Kosten auf sich zu nehmen, um diese Nachteile zu vermeiden. Ob die Nachteile den Gesamtnutzen durch die Sicherheitenbestellung übertreffen, so dass die Besicherung ineffizient nach dem Kaldor/ Hicks-Kriterium wäre, ist damit keineswegs entschieden. 10 Mann, 110 Harvard Law Review 625, 643; Wittig, WM 1996, 1381, 1391. Erheblich optimistischer wird die Effektivität von covenants allerdings von Thießen, ZBB 1996, 19, 31 f., beurteilt, der eine „Sanierung via Covenants“ unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten einem Sanierungsverfahren nach insolvenzrechtlichen Regeln für überlegen hält. 11 Jackson/Kronman, 88 Yale LJ 1143, 1153 ff.; Drukarczyk, ZIP 1987, 205, 206; Drukarczyk/Duttle/Rieger, Mobiliarsicherheiten, S. 30; Bebchuk/Fried, 105 Yale Law Journal 857, 897, 900; dies., 82 Cornell Law Review 1279, 1315; McCormack, Secured Credit, S. 9.

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Betont sei, dass der beschriebene Vorteil von besicherten Krediten gegenüber unbesicherten entscheidend von der Art des Sicherungsguts und des Sicherungsrechts abhängt. Die dargestellten Kostenersparnisse betreffen nur langlebige und relativ hochwertige Sicherungsgüter, die typischerweise vom Schuldner nicht umgesetzt werden. Es geht also in erster Linie um Gegenstände des Anlagevermögens wie etwa langlebige Fahrzeuge oder zur Produktion benötigte Maschinen. Nur bei solchen Gegenständen kann sich der Gläubiger auf das ihm ursprünglich eingeräumte Sicherungsrecht für die gesamte Dauer der Kreditbeziehung verlassen. Ist der Gläubiger dagegen etwa durch eine Globalzession oder einen Raumsicherungsvertrag gesichert, so muss er laufend den Forderungs- bzw. Warenlagerbestand überprüfen, um die Werthaltigkeit seines Sicherungsrechts sicherzustellen. Gerade bei der Sicherung durch Globalabtretung der Kundenforderungen wird insoweit auch eine Überwachung des Geschäftsbetriebs im Übrigen notwendig sein, um zu gewährleisten, dass der Forderungsbestand auch künftig eine gemessen am Sicherungsbedürfnis des Gläubigers hinreichende Höhe ausweisen wird. b) Schutz vor Übertragungen von Vermögenswerten an Dritte Die Überwachungskosten des gesicherten Gläubigers werden vor allem dadurch deutlich gesenkt, dass er grundsätzlich gegen nachteilige Folgen von Vermögensübertragungen des Schuldners auf Dritte selbst dann geschützt ist, wenn diese Verfügungen das Sicherungsgut selbst betreffen. Denn als dingliches Recht ist das Sicherungsrecht auch jedem Dritterwerber gegenüber durchsetzbar, es sei denn, dass der Dritte im Wege des gutgläubigen Erwerbs den Gegenstand unbelastet erworben hat.12 Auch insofern ist also ein dinglich wirkendes Sicherungsrecht einem in covenants vereinbarten Verfügungsverbot, welches gemäß § 137 BGB nur schuldrechtlich wirkt, deutlich überlegen. Der Inhaber eines dinglichen Sicherungsrechts muss lediglich dafür Sorge tragen, dass er die Gefahr des gutgläubigen lastenfreien Erwerbs durch Dritte ausschließt. Die Höhe der Ersparnis an Überwachungskosten hängt insofern entscheidend davon ab, wie effektiv das Risiko eines gutgläubigen Wegerwerbs des Sicherungsrechts gesenkt werden kann. Dies hängt wiederum einerseits von der Art des Sicherungsguts und andererseits von der Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung ab. So kann etwa bei Kraftfahrzeugen der gutgläubige lastenfreie Erwerb nach deutschem Recht zuverlässig dadurch ausgeschlossen werden, dass sich der Sicherungsnehmer den Fahrzeugbrief aushändigen lässt. Denn nach ständiger Rechtsprechung handelt der Erwerber eines gebrauchten Kraftfahrzeugs in der Regel grob fahrlässig, wenn er sich vom Veräußerer nicht 12 Mit Nachweisen für das amerikanische Recht etwa Bebchuk/Fried, 105 Yale Law Journal 857, 876.

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den Kraftfahrzeugbrief vorlegen lässt.13 Ein gutgläubiger Erwerb kommt dann nach § 932 Abs. 2 BGB nicht in Betracht. Andererseits kann das Sicherungsrecht selbst so ausgestaltet sein, dass ein gutgläubiger Wegerwerb praktisch ausgeschlossen ist.14 In höchstem Maße erfüllen diese Funktion Sicherungsrechte, die der Eintragung in ein Register bedürfen. Anhand des deutschen Grundstücksrechts lässt sich dies deutlich zeigen: Das Immobiliarsachenrecht kennt keinen Tatbestand, nach dem im Grundbuch eingetragene und tatsächlich bestehende Rechte gutgläubig wegerworben werden können. Durch die Eintragung eines Grundpfandrechts in das Grundbuch ist der Sicherungsnehmer somit vollkommen vor dem gutgläubigen Wegerwerb seines Rechts geschützt. Einen vergleichbaren Schutz bietet dem Sicherungsnehmer das notice filing-System nach Article 9 UCC. Wie zu zeigen sein wird, erstreckt sich dieser Schutz allerdings nicht auf Veräußerungen durch den Sicherungsgeber im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs. Bei Veräußerungen im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs geht das Sicherungsrecht grundsätzlich unter, es setzt sich allerdings automatisch am Erlös fort.15 Bei den in der deutschen Praxis häufigsten Mobiliarsicherungsrechten an beweglichen Sachen – Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Finanzierungsleasing – besteht demgegenüber eine erhebliche Gefahr des gutgläubigen Wegerwerbs durch einen Dritten, da der Sicherungsgeber Besitzer der Sache ist, so dass der Erwerber gemäß § 932 BGB, § 366 HGB grundsätzlich dessen Eigentum oder Verfügungsbefugnis unterstellen darf. Hier zeigen sich die Probleme, welche die äußerst starke Ausprägung des Verkehrsschutzgedankens im Vermögensrecht des BGB16 für ein Kreditsicherungsrecht verursacht, das ganz auf der treuhänderischen Vollrechtsinhaberschaft basiert. Der Sicherungsnehmer hat in dieser Situation keine rechtlichen Möglichkeiten, den gutgläubigen Wegerwerb seines Sicherungsrechts zu verhindern; er muss vielmehr durch Gestaltung der Tatsachenlage versuchen, die Gutgläubigkeit etwaiger Erwerber zu beseitigen. Ob solche Möglichkeiten bestehen, hängt wie gesehen einerseits vom konkreten Sicherungsgut ab; andererseits ist aber auch die Bereitschaft der Gerichte erforderlich, in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Verhaltensweisen des Erwerbers einen gutgläubigen Erwerb nicht 13 Vgl. nur BGH, Urt. v. 20. 2. 1967, BGHZ 47, 207; BGH, Urt. v. 13. 5. 1996, NJW 1996, 2226; Urt. v. 9. 2. 2005, NJW 2005, 1365, 1366. Zu dieser Rechtsprechung Staudinger/Wiegand, BGB, § 932 Rn. 90. 14 Drukarczyk, ZIP 1987, 205, 206 fordert insoweit, dass das kreditsicherungsrechtliche Regime „ausreichend hohe Verfügungssperren“ vorsehen müsse. Deutliche Zweifel daran, dass die Höhe der Verfügungssperren insbesondere der Sicherungsübereignung nach deutschem Recht hinreichend ist, äußert Adams, Ökonomische Analyse der Sicherungsrechte, S. 123 ff. Dies beruht auf der äußerst starken Ausprägung des Verkehrsschutzgedankens im Vermögensrecht des BGB, vgl. Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz, S. 125 ff. 15 Siehe unten, S. 402 ff. 16 Vgl. Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz, S. 125 ff.

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zuzulassen, weil sonst das Risiko des Verlusts des Sicherungsrechts durch gutgläubigen Wegerwerb zu groß wäre. Schon im Jahre 1904 hielt das Reichsgericht den Erwerber einer Sache unter bestimmten Umständen für verpflichtet, eine Prüfung „in Ansehung des Rechts seines Vormanns“ vorzunehmen, wenn der Erwerber sich auf den Schutz seines guten Glaubens berufen will.17 In Fortführung dieser Rechtsprechung haben das Reichsgericht und später auch der Bundesgerichtshof für bestimmte Geschäftsarten und in bestimmten Situationen „Nachforschungs- und Erkundigungspflichten“ statuiert,18 deren Nichtbeachtung den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründet, so dass der Erwerber bösgläubig ist und ein gutgläubiger Erwerb ausscheidet: Zu Gunsten von Vorbehaltsverkäufern,19 aber auch im Interesse von Leasinggebern 20 nimmt die Rechtsprechung heute eine Obliegenheit, sich nach dem Bestehen solcher Rechte zu erkundigen, jedenfalls dann an, wenn die Veräußerung „vor Ablauf der üblichen Finanzierungsdauer“21 erfolgt. Ein entsprechendes Erfordernis, sich bei dem Erwerb beweglicher Sachen danach zu erkundigen, ob diese zur Sicherheit übereignet sind, bejaht die Rechtsprechung dagegen nur bei schlechter Vermögenslage des Veräußerers. 22 Zu Gunsten einer allgemeinen Nachforschungsobliegenheit bezüglich des Eigentumsvorbehalts macht die Rechtsprechung unter Zustimmung des Schrifttums geltend, dass dieser so verbreitet sei, dass jedermann jederzeit mit ihm rechnen müsse. 23 Allerdings ist auch die Sicherungsübereignung heute praktisch allgegenwärtig und dennoch wird diesbezüglich keine allgemeine Nachforschungspflicht eines Erwerbers angenommen. Besonders bemerkenswert ist schließlich, dass bei der gesamten Diskussion um Erkundigungs- und Nachforschungsobliegenheiten Sicherungsrechte ganz im Vordergrund stehen. 24 Offenbar entspricht es einem allgemein empfundenen Bedürfnis, insbesondere den 17

RG, Urt. v. 20. 5. 1904, RGZ 58, 162, 164 zur Verpfändung von Wertpapieren. Grundlegend RG, Urt. v. 26. 5. 1933, RGZ 141, 129 ff. Staudinger/Wiegand, BGB, § 932 Rn. 55, weist zu Recht darauf hin, dass es sich nicht um Pfl ichten, sondern um Obliegenheiten handelt. 19 RG, Urt. v. 15. 3. 1935, RGZ 147, 321, 331; BGH, Urt. v. 11. 5. 1953, BGHZ 10, 14, 17; Urt. v. 18. 6. 1980, BGHZ 77, 274, 277; Urt. v. 9. 11. 1998, NJW 1999, 425, 426. Bemerkenswert ist, dass es nach dieser Rechtsprechung auf einen Zusammenhang zwischen der Obliegenheitsverletzung und der Unkenntnis des Erwerbers nicht ankommt: Dem Erwerber ist somit der Beweis abgeschnitten, dass der Veräußerer ohnehin nicht wahrheitsgemäß auf etwaige Nachfragen des Erwerbers hinsichtlich des Bestehens eines Eigentumsvorbehalts geantwortet hätte (RG, a.a.O.). Aus dem Urteil des BGH v. 5. 2. 1975, NJW 1975, 735, ergibt sich keine Aufgabe dieser Ansicht, so aber MünchKomm-HGB/Welter, § 366 Rn. 48. 20 OLG Düsseldorf, Urt. v. 18. 11. 1998, NJW-RR 1999, 615. 21 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. 1. 1994, MDR 1994, 473. 22 BGH, Urt. v. 24. 1. 1983 BGHZ 86, 300, 312; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 5. 1974, WM 1975, 1050. 23 RG, Urt. v. 15. 3. 1935, RGZ 147, 321, 331; BGH, Urt. v. 22. 6. 1966, NJW 1966, 1959. Zustimmend Großkomm-HGB/Canaris, § 366 Rn. 44. 24 Dies unterstreicht auch Staudinger/Wiegand, BGB, § 932 Rn. 57. 18

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Sicherungsnehmer vor dem gutgläubigen Wegerwerb seines Sicherungsrechts zu schützen. Zu Recht hat Wiegand aus dogmatischer Sicht hiergegen eingewandt, dass hierdurch der Sicherungsnehmer, dessen Rechtsstellung einen bloß „transitorischen“ Charakter habe, gegenüber dem „normalen“ Eigentümer bevorzugt werde, der den unmittelbaren Besitz einem Dritten überlassen hat. Diese Privilegierung sei mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Nachforschungsobliegenheiten könnten sich nie aus der Qualität der Rechtsstellung des Berechtigten ergeben, sondern nur aus den konkreten Umständen der Erwerbssituation.25 Die hier gewählte Perspektive zeigt, dass das von der Rechtsprechung entwickelte Ergebnis aus ökonomischer Sicht durchaus Sinn ergibt: Die statuierten Obliegenheiten schützen jedenfalls den Vorbehaltseigentümer vor dem Verlust seines Sicherungsrechts durch Übertragungen an Dritte. Der Vorbehaltsverkäufer ist dadurch des Aufwands enthoben, den Käufer dahingehend zu überwachen, dass dieser Veräußerungen vor vollständiger Kaufpreiszahlung unterlässt. Die oben skizzierten Effizienzgewinne durch eine Reduktion des Überwachungsaufwands sind daher auch beim Eigentumsvorbehalt nachzuweisen. Die praktischen, dogmatischen wie normativen Schwächen dieser Lösung werden allerdings ersichtlich, wenn man das Fehlen eines entsprechenden Schutzes für den Sicherungseigentümer und die nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung normaler Eigentümer beim Schutz vor einem Verlust ihrer Rechtsstellung durch gutgläubigen Erwerb berücksichtigt. Die von der Rechtsprechung entwickelte Lösung über die Nachforschungsobliegenheiten löst das Problem insofern nicht in seinem Kern – nämlich der Unerkennbarkeit treuhänderischer Rechtsübertragungen zur Sicherheit –, sondern stellt nur einen Versuch dar, die sich hieraus unweigerlich ergebenden Probleme für die Praxis zu lindern. Der Preis für die verbesserte Beständigkeit des Sicherungsrechts sind Transaktionskosten durch Nachforschungsobliegenheiten beim Erwerbsgeschäft. Betont sei, dass mit dieser Bewertung keine Kritik an der Rechtsprechung verbunden ist. Die dargestellte richterliche Entwicklung von Nachforschungsobliegenheiten ist vielmehr – bei aller durch sie erzeugten Rechtsunsicherheit – als praxisgerechter Beitrag zur Befriedigung des großen Bedarfs der deutschen Wirtschaft nach günstigem Kredit zu sehen. Eine grundsätzliche Lösung dieses Problems durch die Entwicklung effizienter Mobiliarsicherheiten steht der Rechtsprechung nicht zu Gebote. Es ist die Aufgabe des Gesetzgebers, ein Kreditsicherungsrecht zu entwickeln, das solche Verwerfungen nicht zulässt. Hierbei wird der Gesetzgeber insbesondere zu beantworten haben, ob Sicherungsrechte für Dritte erkennbar sein müssen. Inwieweit auf Seiten des Siche25 Staudinger/Wiegand, BGB, § 932 Rn. 76 f. Wiegand befürwortet daher Nachforschungsobliegenheiten dann, wenn die Verfügung über die Sache zu Sicherungszwecken erfolgt.

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rungsgebers ein schützenswertes Interesse an der Heimlichkeit des Sicherungsrechts besteht, ist eine Frage, die international sehr unterschiedlich gesehen wird. In Deutschland jedenfalls entspricht – oder jedenfalls entsprach – es der ganz herrschenden Meinung, dass der Sicherungsgeber/Schuldner ein berechtigtes Interesse daran habe, „vor unnötigen Schädigungen aus dem Bekanntwerden seiner Verschuldung möglichst bewahrt“ zu bleiben.26 Inwieweit ein solches Interesse angesichts der allgemein bekannten Bedeutung der Fremdfinanzierung tatsächlich besteht, ist jedenfalls fraglich, denn niemand kann ein Interesse daran haben, einen Tatbestand zu verheimlichen, der ohnehin von jedermann vermutet wird. Selbst wenn jedoch ein solches Interesse tatsächlich bestehen sollte, so ist angesichts der durch das Grundbuch für Immobiliarkredite hergestellten Publizität noch fragwürdiger, weshalb ein Geheimhaltungsinteresse gerade für den Mobiliarkredit schutzwürdig sein soll. In dem von UNCITRAL entworfenen Legislative Guide on Secured Transactions wird jedenfalls geradezu der gegenteilige Gedanke hervorgehoben, dass ein modernes Recht Rechtssicherheit und Transparenz durch die Anzeige von Sicherungsrechten in einem allgemeinen Register fördern sollte. 27

2. Erleichterte Befriedigungsmöglichkeiten für den Fall der Einzelzwangsvollstreckung Einen weiteren Vorteil einer dinglichen Sicherheit auch außerhalb des Insolvenzverfahrens bedeuten die mit ihr einhergehenden verbesserten Möglichkeiten, die Forderung gegebenenfalls zwangsweise durchzusetzen. 28 So kann – bei entsprechender Ausgestaltung des Sicherungsrechts – der Sicherungsnehmer seine Forderung im Wege der „Selbsthilfe“ etwa durch freihändigen Verkauf des Sicherungsguts realisieren, ohne auf die unter Umständen langwierige und (daher) teure Inanspruchnahme der Gerichte angewiesen zu sein. 29 Auch hierdurch reduzieren sich die Kosten des Kredits. Dieser Kostenvorteil darf allerdings im Rahmen der Kreditsicherung durch bewegliche Sachen nicht überschätzt werden, da der Schuldner regelmäßig im Besitz des Sicherungsguts sein wird, so dass der Gläubiger jedenfalls zur Erlangung des Besitzes, der faktisch Voraussetzung der freihändigen Verwertung ist, auf die Herausgabevollstre26 Lehmann, Reform der Kreditsicherung, S. 14. Zögerlicher Drobnig, Gutachten für den 51. DJT, Teil F, S. 35. 27 „The law should be designed to: Enhance predictability and transparency with respect to rights serving security purposes by providing for registration of a notice in a general security rights registry“, UNCITRAL, Legislative Guide on Secured Transactions, S. 3. 28 Drukarczyk, ZIP 1987, 205, 207; McCormack, Secured Credit, S. 8. 29 Ernst, Mobiliarsicherheiten in Deutschland und Polen, S. 20; Schwartz, 10 Journal of Legal Studies 1, 29 Fn. 50; Bebchuk/Fried, 105 Yale Law Journal 857, 876. Zu den Verwertungsmöglichkeiten des Sicherungseigentümers Serick, BB 1970, 541 ff.

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ckung angewiesen ist. Erheblich günstiger stellt sich unter diesem Blickwinkel die Position eines Gläubigers dar, der durch zur Sicherheit abgetretene Forderungen gesichert ist. Ein so gesicherter Gläubiger kann im Sicherungsfall unmittelbar aus der Forderung Zahlung vom Drittschuldner an sich verlangen, ohne dass eine förmliche Zwangsvollstreckung notwendig ist.30

3. Erhöhter Schutz vor Zahlungsunwilligkeit des Schuldners Schließlich ist noch auf einen in seiner Bedeutung allerdings schwer einzuschätzenden (Neben-) Effekt der beschriebenen erleichterten Zugriffsmöglichkeiten hinzuweisen. Einige Autoren vertreten die Ansicht, dass die verschärften Zugriffsrechte des Gläubigers auf das Sicherungsgut ex ante gesehen das Risiko senken, dass der Schuldner aufgrund von Zahlungsunwilligkeit der kreditierten Verbindlichkeit nicht nachkommt. Denn für den Sicherungsfall muss der Schuldner unmittelbar den Verlust des Sicherungsgegenstands fürchten. Gerade bei Ausrüstungsgegenständen übersteigt aber der Wert des Gegenstands im schuldnerischen Vermögen – also der Fortführungswert – den vom Gläubiger zu realisierenden Zerschlagungswert oft erheblich, so dass für den Schuldner Anreize bestehen, einer Verwertung des Sicherungsguts durch rechtzeitige Tilgung der Verbindlichkeit zuvorzukommen.31 Dieser so genannte „Geiseleffekt“ darf freilich in seiner praktischen Bedeutung nicht überschätzt werden. Zunächst kann dieser Effekt nur bei solchen Sicherungsgütern auftreten, bei denen Zerschlagungs- und Fortführungswert erheblich auseinander fallen. Er wird daher bei Beständen von Warenlagern gering sein und bei Forderungen überhaupt nicht bestehen. Des Weiteren können auch ungesicherte Gläubiger mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das Sicherungsgut drohen (wenngleich nach dem unter 2. Gesagten nicht mit derselben Intensität). Schließlich dürften die Situationen, in denen ein Schuldner die nötigen Mittel besitzt, eine fällige Verbindlichkeit zu tilgen, sich aber dennoch für eine andere Verwendung entscheidet und lieber eine Zwangsvollstreckung in sein Vermögen hinnimmt, verhältnismäßig selten sein. Wenn ein Schuldner nicht zahlt, beruht das wohl weitaus häufiger auf seiner Zahlungsunfähigkeit als auf seiner Zahlungsunwilligkeit.32

30 31 32

1135.

PWW/Nobbe, BGB, Vor §§ 1273 ff. Rn. 6. Mann, 110 Harvard Law Journal 625, 645; Drukarczyk, ZIP 1987, 205, 206. Auf der Basis empirischer Untersuchungen ebenso Hill, 80 Texas Law Review 1117,

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4. Erhöhter Schutz vor Pfändungen durch Dritte insbesondere im Zusammenhang mit Projektfinanzierungen Neben diesen eher offensiv ausgerichteten Funktionen wirken Mobiliarsicherheiten in bestimmten Transaktionen auch defensiv. Eine Sicherheit wird nicht in jedem Fall bestellt, weil sich der Gläubiger von der Verwertung des Sicherungsguts im Sicherungsfall einen nennenswerten Erlös verspricht. Unter Umständen dient sie auch oder sogar vorrangig dem Zweck, andere Gläubiger von der Vollstreckung gerade in diesen Gegenstand abzuhalten. Denn ist ein Gegenstand mit Sicherungsrechten in einer Weise belastet, dass sein Wert vollständig ausgeschöpft ist, lohnt es sich für einen Drittgläubiger nicht, die Zwangsvollstreckung in die Sache zu betreiben. Dieser defensive Zweck der Bestellung einer Sicherheit steht insbesondere bei Projektfinanzierungen oft im Vordergrund. Das Wesen einer Projektfinanzierung besteht darin, dass die zu finanzierende Unternehmung durch einen gesonderten Rechtsträger durchgeführt wird. Zu diesem Zweck gründet die Projekterrichtungsgesellschaft („Sponsor“) eine so genannte Projektgesellschaft. Die Projektgesellschaft ist die Darlehensnehmerin. Wenn der Bank als Gläubigerin der Projektgesellschaft auch nicht der Rückgriff auf das Vermögen des Sponsors gestattet ist, spricht man von non-recourse debt (Projektfinanzierung im engeren Sinn). Der Sponsor kann insofern durch die Struktur der Projektfinanzierung das Risiko des Scheiterns der Unternehmung auf das Vermögen begrenzen, das er der Projektgesellschaft als Eigenkapital überträgt.33 Das Vermögen der Projektgesellschaft hat allerdings häufig einen relativ geringen Zerschlagungswert, da die Anlagen, Maschinen und anderen Ausrüstungsgegenstände so spezifisch für das jeweilige Projekt sind, dass es für sie außerhalb dieses Rahmens keine gleichwertige Verwendung gibt.34 Es fehlt ein liquider Markt für die Vermögensgegenstände, die der Bank als Sicherheit zur Verfügung stehen.35 Deshalb können bei Projektfinanzierungen selbst Sicherheiten, die der finanzierenden Bank ein Sicherungsrecht an dem gesamten Vermögen der Projektgesellschaft verschaffen, das Rückzahlungsrisiko oft nur unwesentlich senken. Für den Gläubiger kommt es daher im Hinblick auf das Rückzahlungsrisiko seines Kredits entscheidend auf den geschäftlichen Erfolg der Unternehmung an. Denn das Projekt und mit ihm der gewährte Kredit können sich nur aus sich selbst, genauer aus den vom Unternehmen künftig erzeugten Zahlungsströmen

33 Uekermann, in: Backhaus/Sandrock/Schill/Uekermann, Projektfinanzierung, S. 15; Reuter, DB 1999, 31, 32. 34 Schulte-Althoff, Projektfinanzierung, S. 247; Klein, Projektfinanzierung, S. 116 m. w. N. 35 Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 78.

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finanzieren.36 Projektfinanzierungen gehören daher zum so genannten cash fl ow related lending.37 Obgleich insofern ein Sicherungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Verwertung der Sicherungsgegenstände zur Rückführung des Kredits bei Projektfinanzierungen häufig nur ganz untergeordnete Bedeutung haben wird, sehen die Kreditverträge bei Projektfinanzierungen dennoch typischerweise Sicherungsrechte zu Gunsten des Kreditgebers am gesamten Vermögen der Projektgesellschaft vor.38 Diese Sicherheiten sollen jedoch nicht in erster Linie die Verwertung des Vermögens der Projektgesellschaft erleichtern, sie sollen vielmehr den Zugriff anderer Gläubiger auf dieses Vermögen erschweren.39 Sie wirken insofern „eher als Schild denn als Schwert“. 40 Durch die Belegung aller oder wenigstens der wesentlichen Vermögensgegenstände der Projektgesellschaft mit vorrangigen Sicherungsrechten sollen Drittgläubiger von Zwangsvollstreckungen in diese Vermögensgegenstände abgehalten werden. Die besondere Gefahr von Zwangsvollstreckungen in das Vermögen der Projektgesellschaft besteht aus Sicht der finanzierenden Bank darin, dass Pfändungen den Betrieb der Unternehmung stören würden. Dies beeinträchtigte den von der Projektgesellschaft erzeugten cash fl ow, so dass die Pfändung etwa eines Ausrüstungsgegenstands mittelbar den Rückzahlungsanspruch der Bank erheblich gefährden würde. 41

II. Die Funktion von Kreditsicherheiten in der Insolvenz des Schuldners Die unter I. beschriebenen Funktionen dinglicher Kreditsicherheiten außerhalb des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Sicherungsgebers sind in ihrer Bedeutung gewiss nicht zu vernachlässigen. Die Schicksalsfrage im Hinblick auf die Effektivität von Sicherungsrechten ist aber ihre Behandlung in der Insolvenz des Sicherungsgebers.42 Insofern ist Flume zuzustimmen: „Jede Sicherung ist ihrem Wesen nach abgestellt auf die Insolvenz.“43 Damit berühren Sicher-

36

Siebel, in: Siebel (Hrsg.), Projekte und Projektfi nanzierung, 1. Teil Rn. 7. Uekermann, in: Backhaus/Sandrock/Schill/Uekermann, Projektfinanzierung, S. 15; Tytko, Grundlagen der Projektfi nanzierung, S. 9. 38 Vgl. Klein, Projektfinanzierung, S. 116 m. w. N. 39 Statt vieler Horn, in Hinsch/Horn, Internationale Konsortialkredite und Projektfi nanzierungen, S. 247; Reuter/Wecker, S. 102; Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 103. 40 „A shield rather than a sword“, Klein, Projektfinanzierung, S. 117; Sester, Projektfinanzierungsvereinbarungen, S. 85. 41 Klein, Projektfinanzierung, S. 116. 42 Siehe auch Eidenmüller, in: The Future of Secured Credit in Europe, S. 273. 43 Flume, NJW 1950, 841, 845. 37

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heiten eine „Kardinalfrage eines jeden Vollstreckungsrechts“,44 nämlich wie das Vermögen des Schuldners zu verteilen ist. Sofern es mangels ausreichender Masse nicht zu der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kommt, ergeben sich gegenüber der unter I. dargestellten Situation freilich keine Unterschiede. Besonderer Beachtung bedarf daher nur die Situation, in der ein förmliches Insolvenzverfahren über das Vermögen des Sicherungsgebers stattfindet. Dabei ist als Ausgangspunkt festzustellen, dass bei allen Unterschieden im Einzelnen der Vorrang des dinglich gesicherten Gläubigers im Insolvenzverfahren ein geradezu konstitutives Merkmal von Mobiliarsicherheiten ist. Schon die beiden im römischen Recht bekannten Sicherungsrechte pignus (Besitzpfandrecht) und hypotheca (besitzloses Pfandrecht) konnten mit der actio Serviana 45 auch gegenüber dem curator bonorum oder dem magister bonorum durchgesetzt werden.46 Hierbei genoss der Pfandgläubiger eine Vorrangstellung vor den ungesicherten und den nachrangigen privilegierten Ansprüchen, zu denen etwa Forderungen des Staates und der Anspruch auf Erstattung der Bestattungskosten gehörten. Auch der Legislative Guide on Secured Transactions47 und das von der EBRD entwickelte Modellgesetz 48 gehen ganz selbstverständlich von einer grundsätzlichen Wirksamkeit des Sicherungsrechts im Insolvenzverfahren aus. Ebenso sieht Art. 30 der Konvention von Kapstadt49 eine Wirksamkeit der nach diesem Abkommen bestellten Sicherungsrechte auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Sicherungsgebers vor. Insolvenzrechtlich führt eine dingliche Kreditsicherheit dazu, dass ihr Inhaber in Bezug auf das Sicherungsgut nicht dem insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unterworfen ist. Er kann sich vor den nicht-bevorrechtigten, ungesicherten Gläubigern bis zur Höhe seiner Forderung durch die Verwertung des Sicherungsguts befriedigen. Insofern wirken dingliche Sicherheiten wie (gegenständlich beschränkte) Insolvenzvorrechte. 50 Gerade hierin zeigt sich die dingliche, also absolute Wirkung sachenrechtlicher Kreditsicherungsmittel.51 44

Gaul, ZZP 112 (1999), 135, 153. Sie wird in einer erweiterten Form in hochklassischer Zeit auch als vindicatio pigneraticia (in rem), actio hypothecaria, actio quasi Serviana bezeichnet, Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, § 31 Rn. 40. Zur actio Serviana auch Schulz, Classical Roman Law, Rn. 711. 46 Diocl. C. 7, 72, 6; 8, 17, 9; Kaser/Hackl, Römisches Zivilprozessrecht S. 401 f.; Zwalve, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, S. 40. 47 Ausführlich zum Legislative Guide on Secured Transactions, S. 438 ff. 48 Art. 31 Nr. 1 Modellgesetz der EBRD. 49 UNIDROIT Convention on International Interests in Mobile Equipment vom 16. 11. 2001, UNTS I-41143. Zugänglich unter http://unidroit.org/english/conventions/mobileequipment/mobile-equipment.pdf zuletzt besucht September 2010. 50 Häsemeyer, KTS 1982, 507, 531. 51 Zur absoluten Wirkung als entscheidendem Charakteristikum des dinglichen Recht siehe unten, S. 227 ff. 45

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§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten

Im Folgenden soll die Vorrangstellung des gesicherten Gläubigers im Vergleich zu den ungesicherten näher herausgearbeitet werden. Dabei wird skizziert, wie das deutsche, das U. S.-amerikanische und das englische Recht den gesicherten Gläubiger im Insolvenzverfahren behandeln und mit welchen rechtstechnischen Mitteln und in welchem Maß seine Vorrangstellung gewährleistet wird.

1. Die Aus- oder Absonderungsbefugnis des gesicherten Gläubigers nach deutschem Recht Nach deutschem Recht verschafft der einfache Eigentumsvorbehalt dem Sicherungsnehmer ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO in der Insolvenz des Käufers,52 während die Erweiterungs- und Verlängerungsformen 53 des Eigentumsvorbehalts dem Gläubiger ein Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 1 InsO vermitteln. Ebenso verschaffen das Pfandrecht nach §§ 1204 ff. BGB sowie die Sicherungsübereignung54 und -abtretung Absonderungsrechte nach § 50 Abs. 1 bzw. § 51 Nr. 1 InsO. Zwar ist der Unterschied zwischen Aus- und Absonderung dogmatisch gesehen fundamental55 – ist doch der aussonderungsberechtigte Gläubiger gemäß § 47 InsO kein Insolvenzgläubiger –, für die Zwecke der hier anzustellenden Analyse kann er jedoch zunächst vernachlässigt werden. 56 An dieser Stelle geht es nur darum, zu zeigen, dass der besicherte Gläubiger für seine Forderung vorrangige Befriedigung aus dem Sicherungsgut suchen kann. Daran hat auch die durch die Insolvenzrechtsreform vorgenommene Änderung der Verwertungsregeln in Bezug auf Vermögensgegenstände, die der Absonderung unterliegen, nichts geändert. Zwar obliegt gemäß § 166 Abs. 1 InsO nunmehr dem Insolvenzverwalter die Verwertung beweglicher Gegenstände, die er in seinem Besitz57 hat, und zwar trägt der Gläubiger gemäß §§ 170, 171 InsO die 52 Rechtspolitisch kritisch: Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 11.10. Siehe auch Raiser, Dingliche Anwartschaften, S. 95 f. Im Einzelnen unten, S. 195 ff. 53 Zur Behandlung des verlängerten Eigentumsvorbehalts in der Insolvenz des Käufers, Gottwald, in: Festschr. f. G. Fischer, S. 183 ff. 54 Dass die Sicherungsübereignung im Konkurs des Sicherungsgebers für den Sicherungseigentümer nur ein Absonderungsrecht vermittelt, hatte das Reichsgericht schon vor Inkrafttreten des BGB entschieden: RG, Urt. v. 2. 2. 1889, RGZ 24, 48; Urt. v. 19. 10. 1909, JW 1910, 29; Urt. v. 23. 3. 1915, Das Recht 1915, 2588. 55 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 11.10. 56 Im Einzelnen zur Rechtfertigung der Differenzierung zwischen dem (einfachen) Eigentumsvorbehalt und anderen Kreditsicherungsinstrumenten siehe unten, S. 176 ff. 57 Die Einzelheiten der Auslegung von § 166 Abs. 1 und 2 InsO sind sehr umstritten. Streitig ist insbesondere, ob im Rahmen von Abs. 1 auch der mittelbare Besitz ausreicht (so die h. M. BGH, Urt. v. 16. 2. 2006, BGHZ 166, 215 = ZIP 2006, 814; Heidelberger Kommentar/ Landfermann, InsO, § 166 Rn. 14; Gottwald/Gottwald/Adolphsen, Insolvenzrechts-Handbuch, § 42 Rn. 140; Nerlich/Römermann/Becker, InsO, § 166 Rn. 17; differenzierend Lwowski/Tetzlaff, in: Festschr. f. G. Fischer, S. 365). Sehr umstritten ist weiter, ob ein Verwertungs-

A. Die Funktionen dinglicher Sicherheiten

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Kosten der Feststellung und Verwertung; dies beeinträchtigt aber seine Vorrangstellung nicht grundsätzlich, sondern allenfalls graduell.58 Auch nach der Insolvenzordnung bleibt es wie schon unter der Konkursordnung dabei, dass der gesicherte Gläubiger vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen ist, weil das Sicherungsgut in erster Linie für seine Forderung haftet. Allerdings wurde im Zuge der Insolvenzrechtsreform intensiv diskutiert, ob nicht die Sicherungsrechte „zurückzuschneiden“ seien, um so der Masselosigkeit vieler Insolvenzverfahren abzuhelfen.59 Kilger machte gerade die publizitätslosen Mobiliarsicherheiten als die Schuldigen am von ihm apostrophierten „Konkurs des Konkurses“ aus. 60 Die uneingeschränkte Wirksamkeit der Sicherheiten auch im Konkurs wurde geradezu als das Grundübel der KO und ihre Beseitigung als die „Schicksalsfrage der Reform“ gesehen. 61 Die Insolvenzrechtskommission versuchte der „Hypertrophie der Sicherungsrechte“62 Herr zu werden, indem sie im Ersten Bericht vorschlug, Gläubigern, die durch Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung oder Sicherungsabtretung gesichert sind, 63 kein Aus- oder Absonderungsrecht zuzusprechen, sondern sie stattdessen als privilegierte Insolvenzgläubiger zu behandeln. 64 Diese sollten aus dem Erlös der Verwertung der Sicherungsrechte vorrangig befriedigt werden, wobei allerdings vorgesehen war, dass vorweg 15–25% vom Verwertungserlös als Verfahrensbeitrag abgezogen würden. 65 Aufgrund der heftigen Kritik, die diese Ideen erfahren haben, hat der Gesetzgeber die weitreichenden Vorschläge der Kommission nicht umgesetzt. Auch unter der Insolvenzordnung müssen die gesicherten Gläubiger daher keine prinzipielle Schwächung ihrer Rechte hinrecht des Verwalters auch für verpfändete sonstige Rechte (z. B. Beteiligungen, gewerbliche Schutzrechte) anzuwenden ist (hierfür u. a. Marotzke, ZZP 109 (1996), 429 ff.; Lüke, in: Festschr. f. G. Fischer, S. 353, 356; Kübler/Prütting/Bork-Flöther, InsO, § 166 Rn. 14; für Lizenzen Chr. Berger, in: Festschr. f. Kirchhof, S. 1, 11; Mitlehner, Mobiliarsicherheiten im Insolvenzverfahren, Rdn 560; a. A. Heidelberger Kommentar/Landfermann, InsO, § 166 Rn. 30; (für andere Rechte als Lizenzen) Chr. Berger, in: Festschr. f. G. Fischer, S. 1 ff.). Besondere Bedeutung hat der Streit für die Behandlung von mittels Globalurkunde verbrieften Inhaberpapieren (eine Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters wird befürwortet von Hirte, in: Festschr. f. G. Fischer, S. 239 ff.; Hirte/Knof, WM 2008, 49, 51). Das Verwertungsrecht des Verwalters sollte in allen Fällen davon abhängig gemacht werden, ob das Sicherungsgut in den technisch organisatorischen Verbund des schuldnerischen Unternehmens integriert ist, Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 166 Rn. 4 ff. 58 Gottwald, in: Leipold (Hrsg.), Insolvenzrecht im Umbruch, S. 197, 207. 59 Vgl. Gottwald/Adolphsen, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 1043, Rn. 1 ff. 60 Kilger, KTS 1975, 142, 148 f. 61 Balz, ZIP 1988, 273, 274. 62 Hanisch, ZZP 90 (1977), 1, 3, 10, 20. 63 Erweiterungs- und Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts sowie Sicherungsabtretung und -übereignung sollten nach Ls. 3.2.1, 3.2.2 des Ersten Berichts im Konkurs nur anerkannt werden, wenn sie schriftlich vereinbart worden sind. 64 Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Erster Bericht der Insolvenzrechtskommission, Ls. 3.3.1. 65 A.a.O. Ls. 3.3.2.

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§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten

nehmen, sondern sich lediglich die oben erwähnten Kostenbeiträge nach §§ 170, 171 InsO abziehen lassen. 66

2. Die Priorität des gesicherten Gläubigers nach US-amerikanischem Recht Auch das US-amerikanische Insolvenzrecht gewährleistet die Vorrangstellung eines gesicherten Gläubigers. 67 Der security interest nach Article 9 UCC wird nach 11 U. S. C. 101 (37) 68 als lien behandelt, woraus sich gemäß 11 U. S. C. 506 (a) ergibt, dass es sich bei dem Anspruch des Gläubigers um einen secured claim handelt. Zwar ist der besicherte Gläubiger vom automatic stay nach 11 U. S. C. 362 betroffen und somit auf die Verwertung des Sicherungsguts durch den trustee angewiesen, allerdings genießt er gegenüber allen anderen Gläubigern Priorität und muss sich von dem durch den trustee bei der Verwertung erzielten Erlös nur Kostenbeiträge nach 11 U. S. C. 506 (c) abziehen lassen. Gilmore, 69 der Vorsitzende des mit dem Entwurf von Article 9 UCC befassten Ausschusses, erklärt die Sakrosanz der Sicherungsrechte für das Insolvenzrecht damit, dass diese auf state law beruhen, welches über die Zuerkennung materieller Rechte entscheide. Das bundesstaatliche Verfahrensrecht und insofern auch die Insolvenzgesetzgebung müssten die nach einzelstaatlichem Recht begründeten Rechte akzeptieren und regelten lediglich die Modalitäten der Durchsetzung dieser Rechte im Insolvenzverfahren. Freilich stellt dieses Argument nur eine – überdies angreifbare70 – formale Begründung der Insolvenzfestigkeit der Sicherungsrechte dar. Die Begründungslast verschiebt sich lediglich auf die Ebene des einzelstaatlichen Rechts, genauer auf die Ebene des Article 9 UCC, der für die bundesstaatliche Gesetzgebung als Modellgesetz fungiert. 71 Gilmore selbst hatte schon in den achtziger Jahren angemerkt, dass die extrem starke Stellung des Inhabers eines security interest im Zuge einer Revision des Modellgesetzes zu überprüfen sei.72 So wurde etwa vorgeschlagen, den ungesicherten Gläubigern einen festen Anteil am Erlös aus der Verwertung der Sicherungsrechte (fi xed fraction priority rule oder auch carve-out) zuzuschla66 Allerdings ist im Ausland vereinzelt die Abschaffung der Rangklassen nach § 61 KO teilweise dahingehend missverstanden worden, dass mit ihnen auch der Vorrang des gesicherten Gläubigers abgeschafft worden wäre, so Warren, 82 Cornell Law Review 1373, 1384. 67 Lawrence/Henning/Freyermuth, Secured Transactions, S. 321. 68 Der U. S. Bankruptcy Code ist als elfter Titel des United States Code normiert. 69 Security Interests in Personal Property, § 45.2, S. 1284. 70 Gilmore selbst (Security Interests in Personal Property, Bd. 1, § 45.2, S. 1284) weist auf die gerade im Insolvenzrecht deutlich werdende Unmöglichkeit einer scharfen Trennung von materiellem Recht und Prozessrecht hin. 71 Siehe hierzu im Einzelnen unten, S. 352 ff. 72 Gilmore, 15 Georgia Law Review 605, 622 ff. (1981).

A. Die Funktionen dinglicher Sicherheiten

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gen.73 . Je höher dieser Anteil festgesetzt würde, desto stärker würde die Sicherheit für den Gläubiger entwertet.74 Diesen Vorschlag aufnehmend hatte sich Elizabeth Warren im Zuge des Reformprozesses für einen Anteil von 20% eingesetzt.75 Trotz erheblicher Unterstützung vor allem von akademischer Seite konnten sich diese Ansätze nicht durchsetzen.76 Im Ergebnis wurde der Anwendungsbereich von Article 9 UCC durch die Reform im Gegenteil erweitert und die Stellung der Sicherungsgläubiger gestärkt. Der Versuch, die Sicherungsrechte im Insolvenzverfahren zu schwächen, scheiterte somit in den USA ebenso wie zuvor in Deutschland.

3. Das englische Recht Das englische Recht kennt drei vertraglich begründete Mobiliarsicherungsrechte, nämlich pledge, 77 charge (fi xed oder fl oating) und mortgage, denen gemeinsam ist, dass ihre Wirksamkeit von der Insolvenz des Sicherungsgebers unberührt bleibt.78 In Bezug auf die fl oating charge bedarf diese Aussage allerdings zweier Modifikationen: Zunächst sind gemäß Sects. 40, 175 Insolvency Act 1986 bevorrechtigte Forderungen (preferential debts 79 ) vor den durch eine fl oating charge gesicherten Forderungen zu befriedigen. Der durch eine fl oating charge gesicherte Gläubiger rangiert somit hinter den Inhabern bevorrechtigter Forderungen. Weiterhin wurde durch den Enterprise Act 2002 für das englische Recht in Bezug auf fl oating charges ein anteiliger Vorwegabzug vom Erlös bei der Verwertung der fl oating charge eingeführt. 80 Sect. 252 Enterprise Act 2002 fügt die Sect. 176a in den Insolvency Act 1986 ein, nach der ein per Rechtsverordnung 73

Bebchuk/Fried, 105 Yale Law Journal 857, 909. Siehe auch den Folgebeitrag Bebchuk/Fried, 82 Cornell Law Review 1279, 1324. 75 Nachweise bei Klee, 82 Cornell Law Review 1466. 76 Zur Heftigkeit und Eindeutigkeit, mit der die Vorschläge zur Einführung eines carveout von den Mitgliedern der für die Überarbeitung von Article 9 UCC zuständigen Arbeitsgruppe abgelehnt wurden, siehe Harris/Mooney, 74 Chicago-Kent Law Review 1357, 1359 (Fn. 6); vgl. auch dies., 82 Cornell Law Review 1349. 77 Millet LJ trennt in Re Cosslett (Contractors) Ltd [1988] 2 W. L. R. 131 Ch 495, 508 zwischen contractual lien und pledge. Der Unterschied liegt darin, dass beim pledge der Gläubiger den Besitz vom pledgee erhält, während er umgekehrt im Falle des contractual lien den Besitz, der ihm vom Verpfänder zuvor aus einem anderen Grund übertragen worden war, nun zu Sicherungszwecken behält. Ebenso Goode/Gullifer, Credit and Security, Rn. 1–42. Wie hier McCormack, Secured Credit, S. 44. 78 Bridge: in Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, S. 81, 84 f. 79 Bevorrechtigt sind nach der alten Fassung von Schedule 6 „debts due to inland revenue, debts due to customs and excise, social security contributions, contributions to occupational pension schemes, remuneration of employees.“ Zur neuen Regelung sogleich im Text. 80 McCormack, Secured Credit, S. 32 ff.; Goode/Stevens, Corporate Insolvency, Rn. 6–32; Jungmann/Bisping, RIW 2003, 930, 933. 74

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festgelegter Prozentsatz81 (prescribed part) des Erlöses, den ein durch eine fl oating charge gesicherter Gläubiger bei der Verwertung seines Rechts erzielt, zur Verteilung unter den ungesicherten Gläubigern vom liquidator, administrator oder receiver zurückzuhalten ist. 82 Diese Idee eines solchen ring fence funds geht auf Vorschläge zurück, die für das englische Recht schon im Jahr 1982 im Cork Committee Report on Insolvency Law and Practice unterbreitet, aber damals vor allem aufgrund des massiven Widerstands seitens der Banken nicht umgesetzt wurden. 83 Dass sich trotz dieser Vorbehalte die Regelung zwanzig Jahre später durchsetzen konnte, wird verständlich, wenn man die Einführung des prescribed part im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Abschaffung der Bevorrechtigung staatlicher Forderungen (crown preferences) durch Sect. 251 des Enterprise Act 2002 sieht. Diese Vorschrift streicht von der Liste der oben erwähnten bevorrechtigten Forderungen die so genannten crown preferences, nämlich Steuer- und Zollforderungen, sowie Ansprüche auf ausstehende Sozialversicherungsbeiträge. Infolge der Einführung des prescribed part kommt diese Streichung aber nicht dem Inhaber der fl oating charge zugute, sondern wird an die ungesicherten Gläubiger weitergereicht. Im Ergebnis verliert der durch eine fl oating charge gesicherte Gläubiger durch das ring fencing das, was er durch die Abschaffung der crown preferences gewinnt. 84 Da insofern der durch eine fl oating charge gesicherte Gläubiger durch den Enterprise Act 2002 trotz des darin vorgesehenen carve-out nicht schlechter gestellt wird, ließ sich die Regelung politisch durchsetzen.

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz Angesichts der Einigkeit nicht nur der vorgestellten Rechtsordnungen darüber, dass Sicherungsrechte an Mobilien ihrem Inhaber in der Insolvenz des Sicherungsgebers den Befriedigungsvorrang vor den ungesicherten Gläubigern verschaffen und nur graduelle Beeinträchtigungen sowie prozedurale Modifikationen erfahren, ist es bemerkenswert, dass es bisher nicht vollständig gelungen 81 Vgl. The Insolvency Act 1986 (Prescribed Part) Order 2003. Diese Verordnung sieht vor, dass von den ersten 10.000 £ 50% zur Verteilung an die ungesicherten Gläubiger zurückzuhalten sind, während von darüber hinausgehenden Beträgen nur 20% abgezogen werden bis zu einer Höchstsumme von 600.000 £. Für ein Rechenbeispiel siehe Goode/Stevens, Corporate Insolvency, Rn. 6–32. Wesentlich schärfer greifen die nordischen Rechtsordnungen in die Rechte eines gesicherten Gläubigers ein. Der Inhaber einer Unternehmenshypothek nach finnischem Recht (yrityskiinnitys) muss in der Insolvenz einen Abschlag von 50% auf den Erlös hinnehmen. 82 McCormack, Secured Credit, S. 32 ff. 83 McCormack, Secured Credit, S. 33. 84 Goode/Stevens, Corporate Insolvency, Rn. 6–32.

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz

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ist, die Beeinträchtigungen der Interessen der ungesicherten Gläubiger mit Effizienzargumenten85 zu rechtfertigen. Denn das Scheitern der Bemühungen um eine Begrenzung der Sicherungsrechte im Zuge der Insolvenzrechtsreform in Deutschland, in den USA bei der Revision von Article 9 UCC und im Vereinigten Königreich bei den Vorschlägen des Cork Committee darf nicht darauf zurückgeführt werden, dass sich die ökonomische Vorteilhaftigkeit der Insolvenzfestigkeit dinglicher Sicherheiten eindeutig erwiesen hätte. Leitend für den Gesetzgeber waren wohl viel eher einerseits die politische Undurchsetzbarkeit einer empfindlichen Beeinträchtigung der Sicherungsrechte oder gar ihrer Abschaffung und andererseits die kaum abzusehenden praktischen Hindernisse einer Reform auf diesem Gebiet. 86 Im Folgenden sollen die Erträge der in der Vergangenheit vor allem in den USA intensiv geführten Diskussion um die Effizienz der insolvenzrechtlichen Bevorrechtigung des dinglich gesicherten Gläubigers untersucht werden. 87 Seit Thomas Jackson und Anthony Kronman 88 im Jahr 1979 das Thema für die Lawand-Economics-Schule „entdeckt“ haben, sind die Veröffentlichungen hierzu kaum zu übersehen. 89 Einen Höhepunkt erreichte der Streit im Vorfeld der Reform von Article 9 UCC im Jahr 2001, er ist aber seitdem keineswegs beigelegt.90 Um diese Debatte zu strukturieren, soll zunächst die Berechtigung der Fragestellung und damit zusammenhängend die Tauglichkeit der ökonomischen Analyse des Rechts als Methode kurz dargelegt werden. Im Rahmen der anschließenden Effizienzanalyse soll erst der ökonomische Nutzen von Kreditsicherheiten für die Parteien des Sicherungsgeschäfts erläutert werden, um in 85 „Effizienz“ wird von der ökonomischen Analyse als Wohlfahrtsmaximierung verstanden, vgl. etwa Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, S. 1. Gerade in der älteren Literatur wird der Ausdruck auch in einem allgemeinen, nicht-ökonomischen Sinn verwendet: Leisner, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 6 et passim, verwendet den Begriff der Effizienz als zusammenfassenden Ausdruck für „Leistungsfähigkeit“, „optimale Funktionswahrnehmung“, „Rationalität“, „Optimierung“ und „Effektivität“. 86 Vgl. exemplarisch zur Insolvenzrechtsreform in Deutschland: Lambsdorff, ZIP 1987, 809, 813. Für das Scheitern der Bemühungen um die Einführung eines carve-out im Rahmen der Revision des Article 9 UCC nennt McCormack (Secured Credit, S. 26) drei Gründe: Erstens sei es den Befürwortern lediglich gelungen, Zweifel an der Effizienz des vollständigen Vorrangs zu wecken; einen klaren Beweis für seine Ineffizienz seien sie schuldig geblieben. Zweitens sei die These der ökonomischen Ineffizienz der Vorrangstellung angesichts entsprechender Regelungen nicht nur in allen industrialisierten Gesellschaften, sondern auch schon in der Antike jedenfalls auf den ersten Blick fragwürdig. Und schließlich hätte eine Änderung des Rechts so erhebliche Transaktionskosten während der Übergangszeit produziert, dass etwaige Ineffizienzen des status quo hiervon weit übertroffen würden. 87 Siehe hierzu auch den Überblick über einige Eckpunkte der Diskussion bei Armour, in: The Future of Secured Credit, S. 3 ff. 88 „Secured Financing and Priorities among Creditors“, 88 Yale Law Journal 1143 (1979). 89 Eine Übersicht über die Debatte gibt Shupack, 41 Rutgers Law Review 1067, 1073 ff. Siehe auch die Nachweise bei Warren, 82 Cornell Law Review 1373, 1375 Fn. 5 f., die weit über eine Druckseite in Anspruch nehmen. 90 Vgl. etwa Rasmussen, 25 Cardozo Law Review 1935 ff.

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§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten

einem weiteren Schritt die Auswirkungen auf die ungesicherten Gläubiger zu beleuchten. Hierbei soll ein besonderer Blick auf Globalsicherheiten geworfen werden.

1. Zur Aussagekraft der ökonomischen Analyse im Hinblick auf das Kreditsicherungsrecht Die ökonomische Analyse des Rechts beurteilt Rechtsregeln in erster Linie danach, inwieweit sie geeignet sind, eine effiziente Ressourcenallokation herbeizuführen.91 Aus dieser knappen Beschreibung des von der ökonomischen Analyse verwendeten Beurteilungsmaßstabs ergeben sich bereits die Begrenzungen ihres Anwendungsbereichs. Zum einen liegt der ökonomischen Analyse die Prämisse zugrunde, dass die Effizienz – also die optimale Verwendung der in einer Gesellschaft zur Verfügung stehenden Ressourcen – das entscheidende oder jedenfalls ein geeignetes Kriterium zur Beurteilung von Recht ist. Für weite Bereiche des Verfassungs-, des Staatsorganisations- oder des Strafrechts wird man das nach herkömmlichem rechtswissenschaftlichem Verständnis kaum bejahen können, stehen hier doch ganz andere Erwägungen im Vordergrund. Auch das Privatrecht gehorcht keineswegs vollständig dem Effizienzprinzip, wie schon am Beispiel des Kindschaftsrechts und seiner Orientierung am Kindeswohl deutlich wird.92 Weit weniger problembehaftet ist die dargestellte Prämisse dagegen in Bezug auf solche Rechtsmaterien, die wirtschaftliche Lebensvorgänge regeln, wie etwa weite Teile des Vermögens-, des Handels- und des Gesellschaftsrechts. Weil und soweit diese Rechtsbereiche die Eröffnung und Erleichterung des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs zum Ziel haben, bezwecken sie (auch) die effiziente Ressourcenallokation. Ebenso sind dem Kreditsicherungs- und dem Insolvenzrecht ökonomische Erwägungen gewiss nicht fremd,93 so dass eine ökonomische Analyse dieser Rechtsgebiete jedenfalls theoretisch geeignet ist, relevante Erkenntnisse zu produzieren. Zum anderen greifen bei der vorliegenden Fragestellung nicht die Bedenken durch, die gegen die ökonomische Analyse des Rechts aus dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung erwachsen. Die Verwendung ökonomischer Kriterien im Rahmen der Rechtsanwendung kann das methodische Problem aufwerfen, dass 91 Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, S. 1; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 77. 92 Entsprechend scheidet Eidenmüller, a.a.O., S. 352 ff., die Rechtsbereiche aus dem Anwendungsbereich des Effizienzprinzips aus, die dem Schutz Dritter dienen. Gleiches gilt für Regelungen, die „paternalistisch“ angelegt sind, insofern als sie das Individuum vor sich selbst schützen. 93 Vgl. etwa Eidenmüller, Unternehmenssanierung, S. 17 ff. Siehe auch die ökonomische Untersuchung des Verbraucherinsolvenzverfahrens von Hottenrott, Die Überschuldung privater Haushalte vor dem Hintergrund der neuen Insolvenzordnung (2002).

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz

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hierdurch ein dem Gesetz fremder Gesichtspunkt in den Auslegungsvorgang eingeführt wird, der nicht dem Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers entspricht. In einer Rechtsordnung, die streng zwischen Legislative und Judikative trennt, hat sich der Rechtsanwender bei der Auslegung des Gesetzes grundsätzlich an die dem Gesetz zugrunde liegenden Werte zu halten.94 Dies gilt nicht nur, wenn man einen streng subjektiven Auslegungsmaßstab zu Grunde legt, sondern auch bei einem objektiv-teleologischen Ansatz. Denn auch bei der objektiv-teleologischen Auslegung darf der Rechtsanwender nicht ein dem Zweck des Gesetzes nicht entsprechendes Ziel als Auslegungsmaßstab verwenden.95 Da die hier zu untersuchende Frage allerdings die Rechtssetzung in dem Sinn betrifft, dass überprüft werden soll, ob die Entscheidung des Gesetzes für eine Insolvenzfestigkeit der Sicherungsrechte ökonomisch überzeugt, verfängt dieser Einwand gegen die ökonomische Analyse des Rechts im vorliegenden Zusammenhang nicht. Allerdings werden die folgenden Ausführungen die praktischen Schwierigkeiten einer ökonomischen Analyse rechtlicher Regeln besonders deutlich machen. Um aus dem Effizienzkriterium konkrete Empfehlungen an den Gesetzgeber ableiten zu können, ist es erforderlich, die einzelnen Regelungsmöglichkeiten in ihren Auswirkungen miteinander zu vergleichen. Dies ist grundsätzlich nicht durch den Vergleich theoretischer Modelle möglich, sondern nur durch eine Gegenüberstellung der praktischen Folgen einer Regelung.96 Doch wurde die Effizienz dinglicher Sicherheiten erst in den letzten Jahren empirisch untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen geben zwar gewisse Anhaltspunkte für die Effizienz gesicherten Kredits,97 für eine abschließende Bewertung und ein Ende der ökonomischen Debatte ist es aber noch zu früh. Aufgrund dieses Mangels an Falsifizierbarkeit der vertretenen Theorien ist die folgende Darstellung der Diskussion um die Effizienz der dinglichen Wirkung von Kreditsicherungsrechten in der Insolvenz des Sicherungsgebers vor allem

94 Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, Rn. 712; siehe zur Bedeutung des Normzwecks bei der richtlinienkonformen Auslegung Höpfner, JZ 2009, 403 f. 95 Zu den Problemen, die sich bei dem Versuch stellen, die ökonomische Analyse im Rahmen der Rechtsanwendung fruchtbar zu machen, Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 395; Deckert, Folgenorientierung in der Rechtsanwendung, insbes. S. 71 ff. Einen größeren Anwendungsbereich schreibt Vuia, Die Verantwortlichkeit von Banken, S. 117, der ökonomischen Analyse zu. 96 Vgl. auch Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 428. Der Mangel empirischer Untersuchungen wird beklagt von Kripke, 133 University of Pennsylvania Law Review 929, 983. Vgl. ferner Harris/Mooney, 80 Vanderbilt Law Review 2021, 2044; dies., 82 Cornell Law Review 1349, 1355; Warren, 82 Cornell Law Review 1373, 1381; LoPucki, 80 Vanderbilt Law Review 1887, 1894 Fn. 23. 97 Vgl. die Nachweise bei Armour, in: The Future of Secured Credit in Europe, S. 3 Fn. 10, 31.

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§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten

dazu bestimmt, die möglichen ökonomischen Konsequenzen der einen oder der anderen Regelung anzudeuten.98

2. Die umstrittene Effizienz des Vorrangs der gesicherten Gläubiger in der Insolvenz des Sicherungsgebers Ob ein Zustand x gegenüber einem anderen Zustand y effizienter ist, ob x also eine günstigere Allokation der Ressourcen darstellt als y, lässt sich anhand unterschiedlicher Kriterien messen. Daher muss man sich vor einer Erörterung der Effizienz der Insolvenzfestigkeit von Sicherungsrechten Rechenschaft darüber ablegen, was man unter „Effizienz“ versteht. Prämisse aller ökonomischen Überlegungen ist, dass sich die Ziele und Zwecke eines Staates nach den individuellen Zielen und Interessen der Staatsbürger zu richten haben. „Wohlfahrt“ ist somit nach dem der ökonomischen Analyse zugrunde liegenden normativen Individualismus das Maß, zu dem die Interessen der Einzelnen verwirklicht werden. Die Effizienz eines Zustands ist daher aus der Perspektive der einzelnen Gesellschaftsmitglieder zu beurteilen.99 Hieraus ergibt sich ein weitgehend unproblematisches Kriterium zur Effizienzbeurteilung, nämlich ein schwaches Konsensprinzip: Zieht mindestens ein Mitglied einer Gesellschaft Zustand x gegenüber y vor und sind alle übrigen wenigstens neutral, so ist x effizienter als y. Die entscheidende Schwäche dieses so genannten Pareto-Kriteriums ist offensichtlich: Veränderungen der Ressourcenallokation, die nicht nur auf einem Austausch von Gütern zwischen zwei Parteien beruhen, erfüllen das Pareto-Kriterium nur sehr selten. Denn fast immer wird durch Allokationsverschiebungen etwa durch die Veränderung rechtlicher Regelungen, dem Einen genommen, was dem Anderen zugewiesen wird, und dies oft ohne, dass der Verlierende dafür einen (vollständigen) Augleich erhält. Zu verlangen, dass eine Veränderung der bestehenden Rechtslage dem Pareto-Kriterium genügen muss, hieße daher faktisch, den status quo festzuschreiben.100 Die Chicago School der ökonomischen Analyse des Rechts verwendet daher regelmäßig einen anderen Test, nämlich das so genannte Kaldor/Hicks-Kriterium. Nach diesem kommt es nur darauf an, dass die Gewinne der Profiteure so groß sind, dass sie die Verluste der übrigen mehr als aufwiegen, so dass diejenigen, die durch die Veränderung etwas verlieren, potentiell entschädigt werden 98

Zu diesem Nutzen der Debatte Shupack, 41 Rutgers Law Review 1067, 1073. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 3. Köndgen, in: RWS-Forum „Insolvenzrecht“, 1996, S. 127, 134, bezeichnet demgegenüber einen Vertrag als effizient, „wenn er die Summe des beiderseitigen Vertragsnutzens maximiert“. 100 Posner, Economic Analysis of Law, S. 13; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 48 ff.; Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 481. 99

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz

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könnten und dennoch ein Gewinn übrig bliebe.101 Das Kaldor/Hicks-Kriterium ist mit anderen Worten dann erfüllt, wenn der gesamtgesellschaftliche Nutzengewinn die Verluste Einzelner übersteigt.102 Die Verluste Einzelner können aus dem gesamtgesellschaftlichen Nutzengewinn kompensiert werden, wobei es irrelevant ist, ob solche ausgleichenden Transfers tatsächlich stattfi nden. Weil im Rahmen des Kaldor/Hicks-Tests nur das gesamtwirtschaftliche Ergebnis zählt und Benachteiligungen des Einzelnen für sich unbeachtlich sind, ist dieses Kriterium für die Rechtsfindung im Einzelfall ungeeignet.103 Einen sinnvollen Anwendungsbereich hat es allerdings bei der Rechtssetzung und Rechtsfortbildung. Hier dient die Effizienzanalyse nach dem Kaldor/HicksKriterium als Instrument zur Abschätzung der gesamtwirtschaftlichen Folgen einer Rechtsregel.104 Eine normative Aussage über die untersuchte Regel erlaubt die Effizienzanalyse dagegen nicht. Auch wenn sich also zeigen ließe, dass Mobiliarsicherheiten in diesem Sinn effizient sind, wäre anhand normativer Kriterien zu fragen, ob durch sie eventuell gezeitigte Benachteiligungen einzelner Gruppen zu rechtfertigen sind. Nach dem Kaldor/Hicks-Test ist in Bezug auf Mobiliarsicherheiten zu überprüfen, ob die aus der Anerkennung des Vorrangs der Sicherungsrechte resultierenden Gewinne für Sicherungsgeber und -nehmer die Verluste der ungesicherten Gläubiger, die diese aufgrund der hieraus resultierenden Masseschmälerung erfahren, übersteigen.105 a) Der Nutzen insolvenzfester Sicherheiten aus der Sicht von Gläubiger und Schuldner „Credit is an engine for economic growth“,106 lautet – jedenfalls bisher107 – das Hauptargument derjenigen, die den Nutzen von Kreditsicherheiten in den Vor101 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 51; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 33; Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 481. 102 Ist ein Zustand gegenüber dem anderen effizienter im Sinne des Pareto-Kriteriums, so ist auch das Kaldor/Hicks-Kriterium erfüllt, umgekehrt gilt dies allerdings nicht, McCormack, Secured Credit, S. 23. 103 Siehe die ausführliche Auseinandersetzung mit dem Kaldor/Hicks-Kriterium bei Leistner, Richtiger Vertrag und unlauterer Wettbewerb, S. 31, 95 f. Vgl. auch Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 51. 104 Leistner, Richtiger Vertrag und unlauterer Wettbewerb, S. 97; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 490. 105 Zur Vereinfachung dieser Analyse wird unterstellt, dass das Sicherungsrecht den Gläubiger rechtlich und umfänglich vollständig vor Verlusten in einer Insolvenz des Schuldners schützt, so auch Drukarczyk, WM 1992, 1136. 106 Cohen, 20 University of Pennsylvania Journal of International Economic Law 423, 428; Harris/Mooney, 80 Vanderbilt Law Review 2021, 2034. Diese ökonomische Rechtfertigung liegt vielen rechtswissenschaftlichen Studien des Kreditsicherungsrechts zugrunde, vgl. Tajti, Comparative Secured Transactions Law, S. 70. 107 Inwieweit sich diese sehr positive Einschätzung der Wirkungen von Fremdfinanzie-

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§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten

dergrund stellen.108 Indem insolvenzfeste Sicherheiten das Ausfallrisiko des gesicherten Gläubigers senken, machen sie nicht nur für diesen den Kredit attraktiver, sondern auch die Kreditaufnahme für den Schuldner billiger, weil der Gläubiger seinen Kostenvorteil (in einem vollkommenen Markt) wenigstens teilweise an den Schuldner weiterreichen wird. Gläubiger und Schuldner profitieren also beide von der Stellung einer Sicherheit, insofern als der Gläubiger sein Ausfallrisiko senkt und der Schuldner zu einem günstigeren Zinssatz Fremdkapital aufnehmen kann.109 Die Stellung einer Sicherheit produziert zwar zunächst Transaktionskosten, dadurch dass Rechtsrat erforderlich werden kann und gegebenenfalls Registrierungsgebühren anfallen. Immer wenn die Kostenvorteile die Transaktionskosten übersteigen, ist aber die Stellung einer Sicherheit aus der Sicht von Schuldner und Gläubiger effizient. Gerade bei risikoreichen Projekten oder unsicheren Schuldnern gewinnt der Aspekt der Risikoreduktion für den Gläubiger noch eine andere Qualität, weil solche Kreditgeschäfte überhaupt nur bei Stellung einer (insolvenzfesten) Sicherheit für beide Seiten profitabel sind. Denn der Zinssatz, den der Gläubiger im Falle eines ungenügend gesicherten Kredits zur vollständigen Abdeckung seiner Risiken verlangen müsste, ist bei diesen Transaktionen so hoch, dass sich das Geschäft für den Schuldner oft nicht mehr lohnen würde. Die Alternative zu einem gesicherten Kredit ist dann nicht ein teureres, ungesichertes Darlehen, sondern überhaupt keine Aufnahme von Fremdkapital. Insbesondere wenn der Gläubiger das Insolvenzrisiko des Schuldners hoch einschätzt, ist die Stellung einer Sicherheit nicht lediglich eine Möglichkeit, den Kredit zu verbilligen, sondern schlechthin Voraussetzung für das Zustandekommen der Kredittransaktion und somit auch für die Entstehung der Vorteile des zu finanzierenden Geschäfts.110

rung durch Kredit im Nachgang zur Finanzkrise verändert, wird sich zeigen müssen. Immerhin wird diese Krise nicht zuletzt auf ein so genanntes over-leverage vieler Unternehmen (insbesondere des Finanzsektors) im Sinne eines zu großen Anteils an Fremdkapital an der Finanzierung zurückgeführt. Möglicherweise gilt auch in Bezug auf die Finanzierung durch Kredit der Satz „dosis venenum facit“. 108 Auch R. Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 270 erklärt den insolvenzrechtlichen Vorrang des Sicherungsnehmers in erster Linie mit ökonomischen Erwägungen. Das derzeitige „kapitalistische Kreditsicherungssystem“ privilegiere „die Gläubiger, die durch Geld- oder Warenkapital unternehmerische Tätigkeit initiieren, die sonst nicht möglich wäre.“ 109 Statt vieler Jackson/Kronman, 88 Yale Law Journal 1143, 1152. Siehe auch den Bericht der Kommission der Vereinten Nationen für Internationales Handelsrecht, 55. Sitzung (A/55/17), S. 110, der zur Einsetzung der Arbeitsgruppe VI von UNICTRAL geführt hat, die sich mit dem Entwurf des Legislative Guide on Secured Transactions befasst. 110 Weltbank, Building Effective Insolvency Systems, S. 3. Siehe auch Harris/Mooney, 80 Vanderbilt Law Review 2021, 2030; Hill, 80 Texas Law Review 1117, 1138. Dass die Stellung einer Sicherheit Voraussetzung für die Kreditvergabe sein kann, verkennen Bebchuk/Fried, 82 Cornell Law Review 1279, 1293, wenn sie zu zeigen versuchen, dass ein uneingeschränkter Vorrang zu einem Übermaß an Sicherheiten führe.

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz

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Geltend gemacht wird weiter, dass besicherter Kredit nicht nur wegen des reduzierten Rückzahlungsrisikos billiger sei, sondern auch, weil er die Kosten senke, die der Gläubiger zur Überwachung seines Schuldners aufzuwenden habe.111 Hieraus folgt, dass vor allem solche Gläubiger, die sehr hohe Überwachungskosten aufwenden müssten, Kredit stets nur gegen Stellung einer Sicherheit gewähren werden.112 Besinnt man sich auf die enorme Bedeutung der Kreditfinanzierung für deutsche Unternehmen,113 so wird deutlich, dass das eingangs zitierte Wort vom „Kredit als Motor des wirtschaftlichen Wachstums“ auch und gerade für die deutsche Wirtschaft Berechtigung besitzt. Verknüpft man diese Bedeutung mit den eben angestellten Erwägungen, die zeigen, dass die Kreditgewährung oft davon abhängt, dass der Schuldner Sicherheiten anbieten kann, so lässt sich zugespitzt formulieren, dass die Möglichkeit der Besicherung von Krediten durch die Bestellung insolvenzfester, dinglicher Sicherheiten eine Grundbedingung der Versorgung der Unternehmen mit hinreichendem Kapital und damit zugleich des ökonomischen Wachstums überhaupt ist. b) Die Folgen des Vorrangs des gesicherten Gläubigers aus der Sicht der ungesicherten Gläubiger Die ökonomischen Nachteile gerade der Insolvenzfestigkeit dinglicher Sicherheiten rücken in den Blick, wenn man über die Zweierbeziehung zwischen Sicherungsgeber und -nehmer hinausblickt und auch die Auswirkungen auf die ungesicherten Gläubiger berücksichtigt. Auf der Grundlage einer solchen, alle Gläubiger des Sicherungsgebers einbeziehenden Betrachtung bestreiten die Gegner der Vorrangstellung für gesicherte Gläubiger, dass die Besicherung eines Kredits zu insgesamt niedrigeren Kosten und damit zu Nutzengewinnen führen könne. Sie berufen sich zur Begründung ihrer Ansicht auf das so genannte Modigliani/Miller-Theorem114 . Nach dieser Theorie ist der Wert eines Unternehmens unabhängig von seiner Kapitalstruktur, also vom Verhältnis Eigen- zu Fremdkapital; eine Senkung des Eigenkapitalanteils verringere zwar die 111 Siehe oben, S. 51 ff. Vgl. auch Drukarczyk/Duttle/Rieger, Mobiliarsicherheiten, S. 31. Bebchuk/Fried, 105 Yale Law Journal 857, 875 ff. vertreten die Auffassung, dass der Effekt der Reduktion von Überwachungskosten auch gegeben sei, wenn man keine Insolvenzfestigkeit der Sicherheit vorsähe. Dies überzeugt nicht. Denn ohne eine Insolvenzfestigkeit der Sicherheit ist ein Sicherungsnehmer gezwungen, die Vermögensentwicklung des Schuldners im Ganzen zu überwachen, da er sich im Insolvenzfall auf seine Sicherheit nicht verlassen kann. 112 Für Jackson/Kronman, 88 Yale Law Journal 1143, 1158 ergibt sich überhaupt nur ein positiver Nutzen dinglicher Sicherheiten, sofern die einzelnen Gläubiger unterschiedliche Überwachungskosten haben. 113 Siehe oben, S. 30 ff. 114 Die Theorie wurde im Jahr 1958 vorgestellt von Franco Modigliani und Merton Miller, 48 American Economic Review 261 ff.

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Eigenkapitalkosten, proportional dazu wachse aber das Risiko der Fremdkapitalgeber, so dass das Unternehmen für Fremdkapital höhere Zinsen zu zahlen habe. Diese Effekte glichen einander aus.115 Die Gegner der Insolvenzfestigkeit dinglicher Sicherheiten übertragen das Modigliani/Miller-Theorem auf das Verhältnis besicherter und ungesicherter Gläubiger: Die Kostenreduktion, welche durch die Besicherung eines Kredits erreicht werden könnte, würde vollständig aufgewogen von den erhöhten Kosten, die für ungesicherte Kredite aufgewendet werden müssten. Die Schaffung gesicherten Kredits verringere den Wert der ungesicherten Verbindlichkeiten, da der Sicherungsgegenstand für diese Ansprüche nicht mehr als Haftungsobjekt zur Verfügung steht, was sich im Insolvenzfall als Quotenverkürzung auswirkt. In vollständigen Märkten werden die Kreditverträge der ungesicherten Gläubiger daher für den Fall der Bestellung einer Sicherheit zu Gunsten eines anderen Gläubigers Zinserhöhungs- oder Kündigungsklauseln vorsehen, so dass Effizienzgewinne von der Besicherung nicht zu erwarten seien.116 Insofern handele es sich um ein Nullsummenspiel.117 Das Ergebnis werde sogar negativ, wenn man die Transaktionskosten der Besicherung berücksichtige.118 In der Praxis passen jedoch viele ungesicherte Gläubiger ihre Kreditkonditionen nicht an das durch die Aufnahme gesicherten Kredits gestiegene Risiko an. Dadurch gehen die Nutzengewinne, die Schuldner und gesicherter Gläubiger aus dem Sicherungsgeschäft ziehen, zu Lasten der Gläubiger, die entweder tatsächlich oder rechtlich nicht die Möglichkeit haben, auf die Stellung einer Sicherheit mit Zinserhöhungen oder Darlehenskündigung zu reagieren.119 Zu diesen nicht-anpassungsfähigen Gläubigern gehören zunächst die ungesicherten Inhaber älterer Forderungen, die in ihren Kreditverträgen keine Anpassungs- oder Kündigungsklauseln für den Fall der späteren Aufnahme gesicherten Kredits bei einem anderen Gläubiger vereinbart haben. Doch auch Gläubiger, deren Forderungen erst nach der Gewährung der Sicherheit entstanden 115

Modigliani/Miller, 48 American Economic Review 261, 263. So etwa Schwartz, 80 Virginia Law Review 2073, 2079 f.; Jackson/Kronman, 88 Yale Law Journal 1143, 1152, 1154 Fn. 46. Ähnlich Drukarczyk, ZIP 1987, 205, 209. Zur Bedeutung des Modigliani/Miller-Theorems für die Debatte um die Effizienz von Kreditsicherheiten auch Baird, 82 Cornell Law Review 1420. 117 Siehe nur Kripke, 133 University of Pennsylvania Law Review 929, 949. 118 Die Befürworter der Insolvenzfestigkeit wenden gegen die Anwendbarkeit des Modigliani/Miller-Theorems ein, dass dieses nur für vollkommene Märkte konzipiert sei und insofern keine Aussage über Märkte wie den Kreditmarkt treffen könne, auf dem nicht alle Marktteilnehmer vollständig informiert seien und Transaktionskosten bestünden. Im Übrigen sei das Theorem schon im Hinblick auf seinen eigentlichen Anwendungsbereich, die Eigenkapitalstruktur von Unternehmen, äußerst umstritten und sei nicht in der Lage, die Realität zutreffend abzubilden. Vgl. insbesondere Kripke, 133 University of Pennsylvania Law Review 929, 965. 119 Das Konzept der non-adjusting creditors wurde maßgeblich entwickelt von Bebchuk/ Fried, 105 Yale Law Journal 857, 882 ff.; dies. 82 Cornell Law Review 1279, 1296 ff. Derselbe Ansatz findet sich bei Hudson, 15 International Review of Law & Economics 47 ff. 116

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz

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sind, können nicht-anpassungsfähige Gläubiger sein. Dies kann darauf beruhen, dass ihnen die wirtschaftliche Macht fehlt, günstigere Kreditkonditionen zu verhandeln, weil sie auf einen Vertragsschluss gerade mit diesem Schuldner angewiesen sind. In dieser Situation befinden sich typischerweise Arbeitnehmer, die wirtschaftlich gezwungen sind, ihre Entgeltansprüche ungesichert zu kreditieren. Nicht-Anpassungsfähigkeit entsteht auch dann, wenn den Gläubigern entweder das wirtschaftliche Interesse oder die tatsächliche Möglichkeit fehlt, eine genaue Überprüfung der Vermögenslage des Schuldners vorzunehmen. Das Interesse wird ihnen dann fehlen, wenn es gemessen an der Höhe ihrer Forderung unverhältnismäßig wäre, eine möglicherweise aufwändige Kontrolle der bestehenden Sicherungsrechte vorzunehmen. Eine solche Konstellation ist etwa bei Verbrauchern gegeben, die bei ihrer Kaufentscheidung regelmäßig nicht die Bonität des Verkäufers oder des Herstellers prüfen, obwohl diese durchaus im Hinblick auf Gewährleistungsansprüche bedeutsam sein kann. Für den einzelnen Verbraucher ist eine Untersuchung der Vermögenslage seines Vertragspartners aber nur mit erheblichem Aufwand möglich, der die Schadenserwartung im Insolvenzfall deutlich übersteigt. Die tatsächliche Möglichkeit, das Bestehen von Sicherungsrechten zu kontrollieren, besteht schließlich für solche Gläubiger nicht, die dem Schuldner nicht freiwillig Kredit gewährt haben.120 Man denke nur an den Fall, dass der Schuldner einem Gläubiger Schadensersatz wegen einer unerlaubten Handlung schuldet.121 Schließlich wird die Anpassungsfähigkeit aller späteren Gläubiger durch die Anerkennung publizitätsloser Sicherungsrechte entscheidend beeinträchtigt, weil die Feststellung des Bestehens solcher Rechte höhere Kosten verursacht.122 Aufgrund der Existenz nicht-anpassungsfähiger Gläubiger kann sich der Schuldner durch die Stellung einer Sicherheit günstigere Kreditkonditionen verschaffen, ohne hierfür vollständige Kompensation leisten zu müssen. Die Gewinne des Sicherungsgeschäfts gehen insofern jedenfalls teilweise zu Lasten der ungesicherten Gläubiger.123 Die Probleme, die dieser Effekt im Hinblick auf 120 Nicht hierher gehören aber Forderungen des Staates auf Steuern oder Sozialabgaben. Spindler, JZ 2006, 839, 841 hat gezeigt, dass der Staat durchaus die Möglichkeit besitzt, sich langfristig durch entsprechende gesetzliche Mechanismen zu sichern. Siehe auch LoPucki, 80 Vanderbilt Law Review 1887, 1897 Fn. 42, der verdeutlicht, dass der Staat zwar theoretisch die Möglichkeit hätte, seine Kreditbedingungen anzupassen, hiervon jedoch tatsächlich keinen Gebrauch macht. 121 Die Notwendigkeit einer Sonderbehandlung der Gläubiger deliktischer Ansprüche vertritt u. a. Shupack, 41 Rutgers Law Review 1067, 1093. 122 Drukarczyk, ZIP 1987, 205, 209, hält aus diesem Grund die Offenlegung der Sicherungsrechte für eine unverzichtbare Voraussetzung der rationalen Kreditvergabeentscheidung ungesicherter Gläubiger. Anders Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 33 f. Zum Zusammenhang zwischen der Publizität eines Sicherungsrechts und der Anpassungsfähigkeit der Gläubiger aus haftungsrechtlicher Sicht ausführlich unten, S. 305 ff. 123 Empirische Untersuchungen über diese Nachteile liegen nicht vor. Man könnte überlegen, insoweit auf die Daten zurückzugreifen, die im Zusammenhang mit leveraged buyouts

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die Verteilungsgerechtigkeit und den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz erzeugt, liegen auf der Hand, sind jedoch an dieser Stelle nicht zu erörtern. Denn sofern nur der Nutzen der Gewährung gesicherten Kredits größer ist als die hierdurch verursachten Kosten, ist dem Kaldor/Hicks-Kriterium genügt. Auf wessen Kosten die Nutzengewinne gehen, ist im Rahmen der Effizienzbeurteilung unbeachtlich. Zu beachten ist aber, dass die eben skizzierten Bedenken vor allem den Liquiditätskredit treffen und nicht durchgreifen, soweit es sich um so genannte Anschaffungsfinanzierungen handelt, bei denen als Sicherheit ein Gegenstand dient, den der Schuldner mit dem ihm gewährten Kredit angeschafft hat. Im deutschen Recht ist insbesondere an den Eigentumsvorbehalt zu denken. Auch im U. S.-amerikanischen Recht genießen solche Sicherungsrechte als purchasemoney security interests besondere Privilegien.124 Bei Anschaffungsfinanzierungen verschafft das Sicherungsrecht seinem Inhaber (dem Vorbehaltsverkäufer) definitionsgemäß nur ein Vorzugsrecht an einem Gegenstand (der Kaufsache), der überhaupt erst durch die Kreditgewährung Massebestandteil geworden ist. Für die ungesicherten Gläubiger bedeutet ein Sicherungsrecht an der angeschafften Sache somit keine Masseverkürzung, da dieser Gegentand ihm zu keinem Zeitpunkt haftete. Es findet auch keine Risikoverlagerung statt, so dass Anschaffungsfinanzierungen insofern unbedenklich sind.125 Im Übrigen hat die ökonomische Theorie aber bisher keine abschließende Antwort auf die Frage geben können, ob der Nutzen dinglicher Sicherheiten vollständig auf Kosten der ungesicherten Gläubiger erkauft wird. Es fällt sogar schwer, eine herrschende Meinung im äußerst differenzierten Meinungsspektrum auszumachen. Aus der Diskussion sollen insoweit nur drei Gesichtspunkte herausgehoben werden: Zunächst ist darzustellen, dass die Gewährung von gesichertem Kredit auch für die ungesicherten Gläubiger Nutzengewinne erzeugen kann. Im Gegensatz hierzu ist die Möglichkeit der Externalisierung von Risiken durch die Kreditbesicherung zu beleuchten, welche die Gefahr begründet, dass besicherte Kredite zur Finanzierung überdurchschnittlich riskanter

für die Befriedigungsaussichten der Altgläubiger erhoben wurden. Hier wird untersucht, wie sich der durch ein buyout erhöhte Verschuldungsgrad eines Unternehmens auf ungesicherte Anleihegläubiger auswirkt. Nach Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 657, fallen deren Verluste deutlich niedriger aus, als man prima facie vermuten würde. Der Unterschied von leveraged buyouts zu den hier zu untersuchenden dinglichen Sicherheiten liegt aber darin, dass buyouts nur die Verschuldung erhöhen, während Sicherheiten das zur Befriedigung der ungesicherten Gläubiger zur Verfügung stehende Vermögen verkleinern. Im ersten Fall fi ndet also nur eine Verwässerung, im zweiten Falle eine Beschränkung des Haftungszugriffs der ungesicherten Gläubiger statt. 124 Im Einzelnen siehe unten, S. 410 ff. 125 Vgl. auch Kripke, 133 University of Pennsylvania Law Review 929, 934 ff.; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 595.

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz

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Projekte verwendet werden. Schließlich wird auf die Besonderheiten so genannter Unternehmenssicherheiten einzugehen sein. (1) Der Nutzen dinglicher Sicherheiten aus der Sicht der ungesicherten Gläubiger Löst man sich von einer ausschließlich auf die Insolvenz ausgerichteten Betrachtungsweise und geht man vom Normalfall aus, in dem es nicht zum Sicherungsfall kommt, wird deutlich, dass auch die ungesicherten Gläubiger von der Stellung einer Sicherheit für die Gewährung eines neuen Kredits profitieren können. Die eben erörterte Risikoerhöhung der nicht-anpassungsfähigen ungesicherten Gläubiger realisiert sich nämlich nur dann in Form von Verkürzungen ihrer Insolvenzquote, wenn der Schuldner später tatsächlich insolvent wird. Außerhalb des Insolvenzfalls beeinträchtigt die Stellung einer Sicherheit die Interessen der ungesicherten Gläubiger dagegen nicht. Ein Teil der Befürworter der Insolvenzfestigkeit dinglicher Sicherungsrechte argumentiert vor diesem Hintergrund, dass die Vorteile eines Sicherungsgeschäfts unabhängig von einer Insolvenz einträten, während seine Nachteile für die ungesicherten Gläubiger nur im statistisch seltenen Insolvenzfall Bedeutung hätten. Die Kreditbesicherung sei daher insgesamt gesehen effizient. Noch günstiger fällt die Kosten/Nutzen-Analyse dinglicher Sicherheiten möglicherweise aus, wenn man einerseits berücksichtigt, dass die Stellung einer Sicherheit Voraussetzung für die Kreditgewährung sein kann und oftmals ist,126 und andererseits in den Blick nimmt, welche Effekte diese anders nicht mögliche Aufnahme von weiterem Fremdkapital für die Vermögenslage des Schuldners und damit mittelbar für die Werthaltigkeit der Ansprüche der ungesicherten Gläubiger hat. Insbesondere Schwarcz hat darauf hingewiesen, dass sich die Liquidität des Schuldners durch die Verfügbarkeit frischen Geldes so verbessern könne, dass die Wahrscheinlichkeit steige, dass er gar nicht erst in die Insolvenz gerät.127 Benötigt ein Schuldner zusätzliche Liquidität, um die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, kann er diese normalerweise nur durch die Eingehung eines gesicherten Kredits bekommen; die Alternative ist die Stellung eines Insolvenzantrags.128 Insofern seien wenigstens solche Sicherheiten effizient, die im Gegenzug zur Gewährung frischen Geldes gestellt werden, da von der verbesserten Liquidität des Schuldners auch die ungesicherten Gläubiger profitierten. Auch Schwarcz erkennt, dass die ungesicherten Gläubiger keine Möglichkeiten haben, sicherzustellen, dass ihr Schuldner die neuen 126

Siehe oben, S. 72. Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 441 ff. Ihm zustimmend Harris/Mooney, 82 Cornell Law Review 1349, 1350 Fn. 3. 128 Kripke, 133 University of Pennsylvania Law Review 929, 941 ff.; Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 453. 127

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§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten

Mittel tatsächlich zur erfolgreichen Sanierung des Unternehmens verwendet und das Geld nicht einfach verschwendet. Er ist jedoch der Auffassung, dass dieses Risiko besser durch das Rechtsinstitut der Insolvenzanfechtung aufgefangen werde, als dadurch, dass man es zusammen mit den (überwiegenden) Vorteilen, die frisches Geld haben kann, beseitigt.129 Denn insgesamt überwögen die Anreize für den Schuldner, nur dann gesicherten Kredit aufzunehmen, wenn dies sein Insolvenzrisiko senkt.130 (2) Dingliche Sicherheiten und die Externalisierung von Risiken Eines der Hauptargumente gegen die Anerkennung dinglicher Sicherheiten lautet, dass sie die Externalisierung von Risiken ermöglichten, weil die Stellung einer Sicherheit den Sicherungsnehmer weitgehend von den Risiken des von ihm finanzierten Projekts entlaste.131 Ist der Gläubiger vollständig durch dingliche Sicherheiten vor dem Risiko einer Insolvenz des Schuldners geschützt, könne ihm der Zweck, zu dem die von ihm gewährten Mittel verwendet werden, theoretisch gleichgültig sein, denn seine Befriedigungsaussichten würden hiervon nicht beeinträchtigt.132 Da es insofern für den Gläubiger keine Rolle spiele, ob die vom Schuldner geplante Aktivität besonders risikoreich ist, wird er auch seine Kreditkonditionen nicht hiervon abhängig machen. Diese Entkoppelung erzeuge Ineffizienzen, weil hierdurch dem Sicherungsnehmer der Anreiz genommen werde, vor der Kreditvergabe die Erfolgsaussichten der zu finanzierenden Unternehmung zu beurteilen und den Schuldner während der Laufzeit des Darlehens zu überwachen.133 Dies könne dazu führen, dass der Schuldner Geschäfte tätigt, deren möglicher Gewinn das Risiko nicht rechtfertigt und die insofern ineffizient sind.134 Denn der Schuldner müsse für einen 129 Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 431. Diese Überlegung verweist auf die deutsche Diskussion um die Anfechtbarkeit so genannter Sanierungsdarlehen nach § 133 InsO vgl. BGH, Urt. v. 5. 3. 2009, BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922; Urt. v. 12. 11. 1992, NJW-RR 1993, 238 ff. = ZIP 1993, 276 ff.; Urt. v. 26. 3. 1984, NJW 1984, 1893, 1899 (insoweit nicht in BGHZ 90, 381 ff. abgedruckt); Kübler/Prütting/Bork-Bork, InsO, Anh. I § 147 Rn. 41. Hierzu unten, S. 307 ff. 130 Hudson, 15 International Review of Law & Economics 47. 131 Vgl. etwa Bebchuk/Fried, 105 Yale Law Journal 857, 900. 132 Ob dieses in der Theorie intuitiv einleuchtende Kalkül die Praxis außerhalb des asset based lending widerspiegelt, ist fraglich. De facto machen Banken ihre Kreditvergabe jedenfalls auch (bei Projektfinanzierungen sogar ausschließlich) von den zukünftig zu erwartenden Zahlungsströmen abhängig, so dass sie sehr wohl die Risiken des zu fi nanzierenden Projekts berücksichtigen. Dies wird sehr deutlich aus einer Stellungnahme der British Bankers’ Association: „There is a perception that banks are effectively pawnbrokers, lending only against security; or collateral. The truth is that banks principally lend against viability and cashfl ow. Collateral is taken as a contingency if things not work out as planned.“ (zitiert nach McCormack, Secured Credit, S. 10). 133 Bebchuk/Fried, 82 Cornell Law Journal 1279, 1315. 134 Besonders prägnant: Bebchuk/Fried, 105 Yale Law Journal 857, 865, 898 ff.

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz

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gesicherten Kredit stets denselben Zins bezahlen; gleich ob dieser der Finanzierung einer risikoreichen oder einer weitgehend risikofreien Unternehmung dient. Daher bestehe für ihn ein Anreiz, besicherten Kredit zur Finanzierung besonders risikobehafteter Vorhaben zu verwenden, da dann die Zinsdifferenz und somit die Kostenersparnis gegenüber einem ungesicherten Kredit für dieselbe Aktivität besonders hoch sei.135 Der Schuldner könnte damit im Ergebnis bei gleichem Zinsaufwand ein höheres Risiko eingehen. Gelingt das risikoreiche Geschäft, kommt der Gewinn allein dem Schuldner zugute. Scheitert das Projekt und wird der Schuldner dadurch insolvent, kann sich der gesicherte Gläubiger vorrangig bis zur vollen Höhe seiner Forderung aus dem Sicherungsgegenstand befriedigen, während die ungesicherten Gläubiger auf die Insolvenzquote verwiesen sind, die sich bei der Verwertung des unbelasteten Vermögens ergibt. Der Schuldner kann also durch die Aufnahme eines gesicherten Kredits einen Teil seines Risikos auf die nicht-anpassungsfähigen Gläubiger abwälzen, während diese nicht an den Vorteilen partizipieren, die sich unter Umständen aus der risikoreicheren Aktivität ergeben. Insofern wirkt die Bestellung einer dinglichen Sicherheit ähnlich wie eine gesellschaftsrechtliche Haftungsbeschränkung,136 da beide Institute die Externalisierung unternehmerischer Risiken zu Lasten der nicht-anpassungsfähigen Gläubiger ermöglichen.137 Bei der gesellschaftsrechtlichen Haftungsbeschränkung ergeben sich die Externalitäten daraus, dass der Gesellschafter infolge der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung von einer Insolvenz der Gesellschaft nicht in demselben Maß betroffen ist, wie er es bei einer Haftung mit seinem gesamten Vermögen wäre. Insofern verzerrt auch das Prinzip der beschränkten Haftung die Investitionsentscheidungen des Unternehmers zu Gunsten besonders risikoreicher Projekte: Deren Gewinn kommt ihm in unbegrenzter Höhe zugute, während eventuelle Verluste nur zu Lasten des Gesellschaftsvermögens gehen.138 135 Kripke, 133 University of Pennsylvania Law Review 929, 949. Viele Autoren vertreten die Auffassung, dass hierdurch insbesondere solche Aktivitäten begünstigt würden, die besonders risikoreich im Hinblick auf die Entstehung deliktischer Ansprüche sind, so insbesondere Leebron, 91 Columbia Law Review 1565, 1645 ff.; ebenso Bebchuk/Fried, 82 Cornell Law Review 1279, 1319. Dagegen Harris/Mooney, 82 Cornell Law Review 1349, 1365. 136 Zur Externalisierung unternehmerischer Risiken durch gesellschaftsrechtliche Haftungsbeschränkungen siehe Hansmann/Kraakman, 100 Yale Law Journal 1879 ff.; Leebron, 91 Columbia Law Review 1565 ff.; Mülbert, EBOR, 2006, 357, 364. 137 Auf diesen Zusammenhang weist u. a. LoPucki, 80 Vanderbilt Law Review 1887, 1915 hin. Er wird auch ganz deutlich in der Darstellung von Spindler, JZ 2006, 839, 840. 138 Dass die Möglichkeit, Risiken der Investitionsentscheidung auf die nicht-anpassungsfähigen Gläubiger zu verlagern, zu einem dem Pareto-Kriterium nicht genügenden Zustand führen kann, wird auch von den meisten Befürwortern des Vorrangs der Sicherungsnehmer nicht bestritten, vgl. etwa Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 481–483. Auch Hill, 80 Texas Law Review 1117, 1118, räumt die theoretische Möglichkeit von Externalitäten ein, hält aber zugleich den Vorrang der Sicherungsnehmer im Regelfall für Kaldor/Hicks-effizient. Sie verkennt freilich auch nicht (a.a.O. 1120), dass die Erreichung von Effizienz auf Kosten der

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Jedenfalls im Hinblick auf den Vorrang der gesicherten Gläubiger vor den nicht-anpassungsfähigen ungesicherten Gläubigern lässt sich anführen, dass die Möglichkeit, Risiken zu verlagern, nur in der Form besteht, dass der Schuldner seine nicht-anpassungsfähigen Gläubiger für die Risikoerhöhung nicht kompensieren muss. Scheitert das Projekt dagegen, ist der Unternehmer anders als bei der unbeschränkten Haftung nicht vor einem vollständigen Verlust seines Vermögens geschützt. Die Insolvenz des Schuldners mag zwar die ungesicherten Gläubiger härter treffen als die gesicherten, sie umfasst jedoch das gesamte Vermögen des Schuldners, so dass aus dessen Sicht die Bestellung eines Sicherungsrechts anders als eine gegenständliche Haftungsbeschränkung im Insolvenzfall keine Vorteile bietet. Bei seiner Investitionsentscheidung wird der Schuldner daher das Risiko des Scheiterns des Projekts und einer dadurch ausgelösten vollständigen Verwertung seines Vermögens berücksichtigen, so dass für ihn insoweit keine Anreize zu opportunistischem Verhalten bestehen. Diese Überlegung wird bestätigt durch eine neuere empirische Untersuchung.139 die zeigt, dass Unternehmen, die einem besonders hohen Risiko deliktischer Schadensersatzansprüche ausgesetzt sind (untersucht wurden Tabakproduzenten in den USA), und insofern einen überdurchschnittlichen Anteil nicht-anpassungsfähiger Gläubiger haben, unterdurchschnittlich stark Kreditsicherheiten verwenden. Wären die in der Theorie behaupteten externen Effekte praktisch relevant, wäre im Gegenteil zu erwarten, dass gerade diese Unternehmen besonders viele Sicherheiten verwenden. (3) Besonderheiten bei Unternehmenssicherheiten Viele Rechtsordnungen kennen Sicherungsrechte, die das gesamte Vermögen eines Unternehmens in seinem wechselnden Bestand erfassen. Paradebeispiel ist die englische fl oating charge.140 Auch wenn das deutsche Recht das Unternehmen als Rechtsgegenstand nicht kennt,141 lässt sich auch nach deutschem Recht durch die Kombination mehrerer Sicherungsrechte142 ohne weiteres ein Netz nicht-anpassungsfähigen Gläubiger unter dem Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit problematisch ist. 139 Listokin, 57 Duke Law Journal 1037. Weitere empirische Studien, in denen die behaupteten externen Effekte von Kreditsicherheiten widerlegt werden, nennt Armour, in: The Future of Secured Credit, S. 3, 11 f. 140 Zur fl oating charge in deutscher Sprache Schall, KTS 2009, 69 ff.; Langenbucher, ZEuP 2006, 861 ff.; Fenge, ZEuP 2000, 345 ff.; aus dem älteren Schrifttum ter Meulen, Die Floating Charge – ein Sicherungsrecht am Vermögen einer englischen Company (1969). Auch zur kollisionsrechtlichen Einordnung Schall, IPRax 2009, 209 ff.; Wenckstern, RabelsZ 56 (1992), 624 ff. Zur insolvenzanfechtungsrechtlichen Behandlung Steffek, KTS 2007, 451 ff. 141 Brecher, Das Unternehmen als Rechtsgegenstand (1953); Raiser, Das Unternehmen als Organisation (1969). 142 Erforderlich wäre beispielsweise die Bestellung einer Grundschuld am Betriebsgrundstück, die gemäß § 1120 BGB neben dem Grundstück auch weite Teile des Anlagevermögens

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz

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von Sicherheiten knüpfen, das mehr oder weniger das gesamte Vermögen eines Unternehmens erfasst. Im Hinblick auf solche Sicherungsrechte machen angloamerikanische Finanzökonomen einen spezifischen Effizienzgewinn geltend, der darin liegen soll, dass die nachrangigen (weil ungesicherten) Gläubiger die Kosten, die sie zur Überwachung des Schuldners aufwenden, sparen könnten, da die durch eine solche „Unternehmenshypothek“ gesicherte Bank die Überwachungsaufgabe für sie mit wahrnehme. Nicht nur werde so ein mehrfacher Überwachungsaufwand durch jeden einzelnen Gläubiger vermieden; die Bank könne den Schuldner auch zu geringeren Kosten überwachen, weil sie die nötige Sachkenntnis besitze. Entscheidend sei schließlich, dass die Art und Weise in der die Bank ihre Kontrollrechte ausübe, zu einem optimalen Maß an Schuldnerkontrolle führe, während die Anreizsituation für gesicherte Kleingläubiger so beschaffen sei, dass diese ein zu hohes Maß an Kontrolle zu einem zu frühen Zeitpunkt ausübten. Diesem Argument liegt der Gedanke zugrunde, dass gerade für eine Bank, die einem Unternehmen einen Kredit gegen eine Globalsicherheit gewährt, im Vordergrund nicht der Wert der aktuell präsenten Vermögensgegenstände steht, sondern die künftigen Zahlungsströme: 143 Insbesondere bei Unternehmensgründungskrediten und Projektfinanzierungen ist nennenswertes Vermögen zu Beginn typischerweise nicht vorhanden. Als Sicherheiten stehen insofern in erster Linie die künftig zu generierenden Forderungen zur Verfügung. Daher macht die Bewertung der Sicherheit hier eine intensive Beschäftigung des Kreditgebers mit den Verhältnissen in der Branche des Kreditnehmers im Allgemeinen und mit dem Geschäftskonzept des Kreditnehmers im Besonderen erforderlich, denn nur so kann der Gläubiger beurteilen, ob die angebotene Sicherheit werthaltig ist. Hierdurch entsteht eine besonders enge Beziehung zwischen Gläubiger und Schuldner, aus der die Bank einen Informationsvorsprung gegenüber Kleingläubigern zieht, kraft dessen sie in einer besseren Position ist als jene, die finanzielle Situation des Schuldners zu beurteilen. Insofern erscheint es effizient, die Überwachungs- und Kontrollrechte, die mit der Gewährung einer Sicherheit einhergehen, in den Händen eines einzelnen, umfassend informierten Gläubigers zu bündeln.144 Weiterhin wird geltend gemacht, dass für die Bank Anreize bestünden, ein optimales Maß an Kontrolle auszuüben, den Schuldner also weder an eine zu kurze Leine zu legen, so dass chancenreiche Geschäfte nicht getätigt werden, als Zubehör erfasst, kombiniert mit einer Sicherungsübereignung des Umlaufvermögens und einer Sicherungsabtretung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. 143 Siehe das Zitat in Fn. 132. 144 Armour, in: The Future of Secured Credit, S. 3, 16. Diese ökonomische Erwägung spielt auch insolvenzanfechtungsrechtliche ein Rolle: Unterlässt es der Kreditgeber, das Geschäftsmodell des Kreditnehmers zu prüfen, muss er unter bestimmten Umständen damit rechnen, dass die ihm bestellten Sicherheiten nach § 133 InsO anfechtbar sind, siehe im Einzelnen unten, S. 298 ff.

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noch ihn bei allzu risikoreichen Aktivitäten gewähren zu lassen. Denn die der Bank gewährte Globalsicherheit sei nur werthaltig, sofern sich der Geschäftsbetrieb des schuldnerischen Unternehmens günstig entwickelt. Ein gesicherter Großgläubiger werde insofern erforderlichenfalls Restrukturierungsbemühungen schon lange vor Eintritt der Insolvenz einleiten. Bekanntlich sind Restrukturierungsmaßnahmen um so erfolgreicher, je früher sie begonnen werden. Ist ein Unternehmen erst einmal insolvent, ist es meist zu spät.145 Die durch die Bank in ihrem eigenen Interesse ausgeübte Kontrolle zeitige insofern auch positive Effekte für ungesicherte Kleingläubiger. Diese könnten nicht nur ihren eigenen Überwachungsaufwand einstellen, die Bank überwache den Schuldner überdies effizienter als dies die einzelnen Kleingläubiger je vermöchten. Insofern wird die Bank auch als Kontrolleur im Auftrag der ungesicherten Gläubiger bezeichnet (delegated monitor).146 Die ökonomische Analyse von Globalsicherheiten macht deutlich, dass diesem Typus von Sicherungsrechten ein ganz anderes Kalkül zugrunde liegt, als der „gewöhnlichen“ Sicherheit, die auf einen bestimmten Vermögensgegenstand bezogen ist. Während bei letzteren dem Gläubiger der Haftungswert einer einzelnen Sache oder Forderung dauerhaft zugewiesen wird, wird der Wert von Globalsicherheiten maßgeblich von der Ertragskraft des Unternehmens bestimmt. Aus Sicht der ungesicherten Gläubiger mögen diese Sicherheiten die oben skizzierten Vorteile im Hinblick auf die durch die Bank ausgeübte Kontrolle des Schuldners haben. Sie wirken insofern nicht nur kostensenkend, sondern reduzieren auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Zerschlagungskonkurs über das Unternehmensvermögen kommt. Falls sich dieses Risiko dennoch realisiert, lässt sich andererseits nicht bestreiten, dass in diesem Fall die Befriedigungsaussichten der ungesicherten Gläubiger extrem minimiert werden, da praktisch kein sicherungsfreies Vermögen existiert. Mit anderen Worten: Sicherheiten, die praktisch das gesamte Vermögen eines Unternehmens erfassen, können das Risiko einer Zerschlagung des Schuldners senken, wovon alle Gläubiger profitieren. Kommt es gleichwohl zur Zerschlagung, sind die Befriedigungsaussichten der ungesicherten Gläubiger allerdings infolge des allumfassenden Charakters dieser Sicherheiten gleich null. Einige neuere empirische Studien geben allerdings Anhaltspunkte dafür, dass die positiven Effekte einer starken Kontrolle durch einen Gläubiger insgesamt die Nachteile überwiegen,

145 Picot/Aleth, Unternehmenskrise und Insolvenz, Rn. 3. Dieses Argument ist der Hintergrund für die gegenwärtige Diskussion um die Einführung eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens. Hierzu Bork, ZIP 2010, 397 ff.; Eidenmüller, ZIP 2010, 649 ff.; Jacoby, ZGR 2010, 359 ff.; Piekenbrock, ZVglRWiss 108 (2009), 242 ff. 146 Diamond, 51 Review of Economic Studies 393; Armour, in: The Future of Secured Credit, S. 3, 17.

B. Die Effizienz des Vorrangs des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz

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da es zu früheren und damit in der Regel erfolgreicheren Restrukturierungsbemühungen kommt.147 Die skizzierte Effizienzanalyse verdeutlicht die Unterschiede zwischen Sicherungsrechten an bestimmten Vermögensgegenständen und Globalsicherheiten. Wie in § 4 zu zeigen sein wird, spielen diese Unterschiede auch bei der haftungsrechtlichen Analyse von Kreditsicherheiten eine Rolle.

3. Würdigung der Diskussion und Zwischenergebnis Angesichts der durchaus widersprüchlichen Argumente wird man konstatieren müssen, dass es der ökonomischen Analyse trotz ebenso langer wie intensiver, ja teilweise verbitterter Diskussion bisher nicht gelungen ist, eine Antwort auf die Frage zu geben, ob es effizient ist, dem gesicherten Gläubiger in der Insolvenz den Vorrang vor den ungesicherten zu gewähren.148 Empirische Untersuchungen legen allerdings nahe, dass sich die behaupteten externen Effekte dinglicher Sicherheiten in der Praxis nicht nachweisen lassen. Für ein besseres ökonomisches Verständnis wird es erforderlich sein, den Blick zu öffnen sowohl für die Verschiedenheit der Situationen, in denen Schuldner und Gläubiger von der Möglichkeit der Besicherung eines Kredits Gebrauch machen, als auch für die unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten der rechtlichen Rahmenbedingungen.149 Die dingliche Wirkung eines Kreditsicherungsrechts kann effiziente Ergebnisse herbeiführen, sie kann aber je nach Fallgestaltung auch Anreize zu ineffizientem Verhalten in Form der Externalisierung von Risiken setzen. So ist etwa die Effizienz eines einfachen Eigentumsvorbehalts fraglos anders zu beurteilen als die einer Sicherungsübereignung, die kurz vor Insolvenzreife für einen schon längst verbrauchten Liquiditätskredit vorgenommen wird. Die zuletzt angeführte Diskussion um die Effizienzgewinne von Unternehmenssicherheiten hat das Differenzierungsbedürfnis ganz deutlich gemacht. Insofern ist es die Aufgabe der Rechtswissenschaft, die Eckpunkte zu formulieren, die gewährleistet sein müssen, damit die Nutzenpotentiale von Kreditsicherheiten unter den Bedingungen der heutigen Wirtschaftsordnung möglichst vollständig ausgeschöpft und zugleich ihre gesamtwirtschaftlichen Nachteile 147

Armour, in: The Future of Secured Credit, S. 3, 18. Vgl. auch den entsprechenden Befund bei Westbrook, 82 Texas Law Review 795, 838: „No other subject has dominated commercial-law scholarship to such an extent for so long with such inconclusive results.“ Insofern ist es folgerichtig, wenngleich wissenschaftlich unbefriedigend, dass sich die Diskussion zunehmend auf die Frage verlagert, welche Seite die Beweislast trägt. Vgl. Warren, 82 Cornell Law Review 1373, 1379 ff.; Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 428. 149 Ebenso Mann, 110 Harvard Law Review 625, 682 ff. 148

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§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten

minimiert werden. Für diese Aufgabe lassen sich aus der dargestellten Debatte drei Folgerungen ziehen: Unter Effizienzgesichtspunkten muss ein Kreditsicherungsrecht erstens so ausgestaltet sein, dass bei der Bestellung einer Sicherheit möglichst niedrige Transaktionskosten anfallen. Zu diesen Transaktionskosten gehören sowohl die Kosten des Vertragsschlusses – wie etwa Rechtsberatungs- und gegebenenfalls Registrierungskosten – als auch der Aufwand, den ein Gläubiger betreiben muss, um festzustellen, ob und in welcher Höhe bereits Sicherungsrechte am Vermögen des Schuldners bestehen. Denn auch der Nachforschungsaufwand und erst recht die Kosten, die durch eine nicht erkannte Kollision von Sicherungsrechten entstehen,150 verteuern die Bestellung eines Sicherungsrechts. Zweitens müssen zur Auflösung dennoch entstehender Kollisionen klare Regeln zur Verfügung stehen, welche die Priorität der gesicherten Gläubiger untereinander regeln. Um schließlich drittens die Ineffizienzen, die durch die Externalisierung von Risiken entstehen können, möglichst gering zu halten, müssen Gläubiger in die Lage versetzt werden, ihre Kreditbedingungen der Bestellung einer Sicherheit zu Gunsten eines anderen Gläubigers anzupassen. In Bezug auf die nachträglichen, vertraglichen Gläubiger setzt dies die Möglichkeit voraus, sich über das Bestehen von Sicherungsrechten mit so geringem Aufwand wie möglich zu informieren. So wird der Abschluss von Kreditverträgen vermieden, die von vornherein nicht das tatsächliche Risiko des Geschäfts widerspiegeln. Doch auch für solche Gläubiger, die ihre Forderung vor einer späteren Weggabe einer Sicherheit durch den Schuldner begründet haben, müssen effektive Risikoanpassungsmechanismen zur Verfügung stehen.

150 Hierzu insbesondere Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 34 f.

2. Teil

Praxis und Dogmatik des deutschen Mobiliarsicherungsrechts Eine Darstellung des deutschen Mobiliarsicherungsrechts wird dadurch erschwert, dass sich hier Begriffe wie „antizipiertes Besitzkonstitut“, „Übersicherung“ und „Vertragsbruchlehre“ in den Vordergrund drängen, deren Bedeutung für die aktuelle Praxis nicht geleugnet werden soll, die aber zugleich den Blick auf die dogmatischen Grundfragen verstellen. Treffend beschreibt Manfred Lieb „das Phänomen, daß sich Probleme und insbesondere zur Problemlösung erfundene Theorie (. . .) sozusagen verselbständigen: Hat sich – meist in signifikanten, geradezu archäologischen Schichten – genügend Rechtsstoff angelagert, wird ab einer gewissen Zeit fast nur noch eine Art in-sich Diskussion geführt; man beschäftigt sich kaum mehr mit dem Problem selbst, sondern – den Bezug zu dem Ausgangspunkt immer mehr aus den Augen verlierend – mit der jeweils letzten Theoriefassung, sei es der Rechtsprechung, sei es neuerer Autoren. Auf diese Weise entsteht häufig ein kaum noch durchschaubares Gespinst unterschiedlichster Argumente und Argumentationsebenen . . .“1

Anhand der Entwicklung des deutschen Mobiliarsicherungsrechts lässt sich dieser Vorgang der Bildung neuer dogmatischer Schichten, welche die jeweils tiefere Schicht und mit ihr das eigentliche Rechtsproblem verdecken, geradezu exemplarisch darstellen. Es soll Aufgabe des folgenden Abschnitts sein, diese Schichtenbildung durch eine chronologische Darstellung nachzuzeichnen, um die Funktion der heutigen Institute, Theorien und Lehren aufzudecken und zugleich einen unverstellten Problemzugriff zu ermöglichen.

1

Lieb, in: Festschr. f. Baumgärtel, S. 311.

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts Die Entwicklung des modernen deutschen Mobiliarsicherungsrechts lässt sich in vier Phasen einteilen. Ihren Ausgangspunkt findet sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Herausbildung und Anerkennung der fiduziarischen Übereignung zu Sicherungszwecken – damals noch häufig als „Sicherungskauf“ verschleiert –, der Anerkennung der Sicherungsabtretung sowie der zunehmenden Verbreitung der Lieferung unter Eigentumsvorbehalt. Sie setzt sich noch vor dem Ersten Weltkrieg dahin fort, dass nun auch revolvierende Sicherheiten – Raumsicherungsübereignungen und Globalzessionen – von der Rechtsprechung akzeptiert werden. Den sich mehrenden Bedenken gegen die Möglichkeit umfassender, heimlicher Sicherungsrechte an sämtlichen beweglichen Sachen und Forderungen des Schuldners trägt die Rechtsprechung in einem dritten Schritt, beginnend spätestens in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts, durch eine immer schärfere Sittenwidrigkeitskontrolle von Sicherungsverträgen unter den Gesichtspunkten der Gläubigergefährdung,1 der Knebelung, 2 des Verleitens zum Vertragsbruch 3 und der anfänglichen4 und nachträglichen 5 Übersicherung Rechnung. Diese wurde nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes im Jahr 1977 ergänzt und teilweise überlagert durch eine Prüfung anhand von § 9 AGBGB (§ 307 BGB n. F.). 6 Nachdem nunmehr die schärfsten Kämpfe um die Sittenwidrigkeit von Sicherungsrechten ausgefochten scheinen, 7 hat sich die Diskussion auf das Insolvenzanfechtungsrecht verlagert. Dieser sehr grobe Abriss zeigt deutlich, wie gering der Einfluss des Gesetzgebers auf die Entwicklung des Mobiliarsicherungsrechts in den letzten rund 130 Jahren war. Lediglich der Ausgangspunkt, die sogleich zu beleuchtende Ab1

RG, Urt. v. 21. 12. 1933, RGZ 143, 48. BGH, Urt. v. 8. 2. 1956, BGHZ 20, 43, 49 f. 3 BGH, Urt. v. 30. 6. 1959, BGHZ 30, 149 = NJW 1959, 1539 m. Anm. Dempewolf. 4 BGH Urt. v. 12. 3. 1998, NJW 1998, 2047 ff. 5 Den Schlusspunkt setzte insoweit BGH, Urt. v. 27. 11. 1997, BGHZ 137, 212 ff. Im Einzelnen zur Übersicherungsrechtsprechung unten, S. 284 ff. 6 Siehe etwa BGH, Urt. v. 28. 4. 1994, NJW 1994, 1796. 7 Hinsichtlich der Nichtigkeit wegen nachträglicher Übersicherung hat die Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen vom 27. 11. 1997, BGHZ 137, 212 ff., für die Praxis handhabbare Kriterien geschaffen. Erhebliche Unsicherheit besteht nach wie vor hinsichtlich der Voraussetzungen einer Nichtigkeit wegen anfänglicher Übersicherung, vgl. unten, S. 284 ff. 2

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

87

schaffung der Mobiliarhypothek, ging auf die Entscheidung der Gesetzgeber gegen ein heimliches, besitzloses Pfandrecht zurück. Im Übrigen verlief die Entwicklung weitgehend unbeeindruckt von so bedeutenden Veränderungen der positiv-rechtlichen Grundlagen wie dem Inkrafttreten des BGB im Jahr 1900 oder der Insolvenzrechtsreform in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts. An Reformüberlegungen und -versuchen hat es nicht gefehlt. Fünfmal waren die Mobiliarsicherheiten in den letzten 130 Jahren Thema des Deutschen Juristentags. 8 Zwei Gesetzentwürfe sind im letzten Jahrhundert erarbeitet worden.9 Intensiv wurde das Mobiliarsicherungsrecht zuletzt im Zuge der Insolvenzrechtsreform diskutiert.10 Zu einer grundlegenden Reform ist es jedoch nie gekommen. Man wird dem Gesetzgeber aber zugute halten müssen, dass die Zeit bisher für eine praxisgerechte und zugleich dogmatisch befriedigende Lösung noch nicht reif war. Die folgenden Überlegungen sollen die Entwicklungen im Mobiliarsicherungsrecht im Einzelnen nachzeichnen und dabei Hintergründe und Ursachen des status quo aufdecken. Hierbei wird sich zeigen, dass auch deshalb zu keinem Zeitpunkt ein unmittelbarer Handlungsdruck für den Gesetzgeber bestand, weil es der Rechtsprechung immer wieder gelungen ist, durch zielorientierte Auslegung und Fortbildung des geltenden Rechts praxisgerechte Lösungen zu finden. Anders gewendet: Die Rechtsprechung war immer wieder bereit, dogmatische Bedenken angesichts dringender kreditwirtschaftlicher Bedürfnisse zu überwinden. 8

Siehe oben, Einleitung Fn. 8, 9. Schon im Jahr 1912 war die Sicherungsübereignung Gegenstand einer Reichstagsdebatte (Debatte v. 18. 4. 1912, StenB, S. 284, 1225). Auch hier entschied man sich gegen ein Verbot der Sicherungsübereignung: „Einverständnis herrscht darüber, dass die Sicherungsübereignungen nicht schlechthin und ohne jeden Ersatz verboten und für nichtig erklärt werden können; denn sie bilden, wie die Verhältnisse einmal liegen, für kleine Gewerbetreibende ein unentbehrliches und auch nicht unberechtigtes Mittel zur Erlangung von Kredit.“ Melsheimer, Sicherungsübereignung oder Registerpfandrecht (1967), hat ausführlich dargestellt, wie die gegenläufigen Interessen der unterschiedlichen Gruppen die Reformdebatten beeinflusst haben. Siehe ferner den „Entwurf eines Gesetzes betr. Einführung eines Registerpfandrechts“, RT-Dr III 1924/26, Nr. 1811. Im Jahr 1937 legte Heinrich Lehmann, Reform der Kreditsicherung, der Akademie für deutsches Recht einen „Entwurf zu einem Gesetz über die Kreditsicherung an Fahrnis und Forderungen“ vor. Hierin schlug er vor, die Sicherungsübereignung durch ein Vertragspfandrecht zu ersetzen, das allerdings der Registrierung bedurfte, sofern es sich auf Sachgesamtheiten bezog, § 9 Abs. 3 E-Kreditsicherungsgesetz. 10 Siehe die Vorschläge im Ersten Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 61 ff. Dort war vorgesehen, dass für Sicherungsabtretung und Sicherungszession ebenso wie für Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts das Schriftformerfordernis des § 126 BGB gelten sollte. Auch der einfache Eigentumsvorbehalt sollte nur ein Absonderungsrecht verschaffen. Diese Vorschläge wurden bekanntlich nicht umgesetzt. Dagegen ist das gleichfalls von der Kommission vorgeschlagene Verbot des Konzernvorbehalts in § 449 Abs. 3 BGB (§ 455 Abs. 2 a. F.) Gesetz geworden. 9

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

A. Die kreditwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Gründerzeit und Gründerkrise Für die Herausbildung der heute dominierenden Mobiliarsicherheiten waren zwei Faktoren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von entscheidender Bedeutung: Zum einen war dies der durch die fortschreitende Industrialisierung stark zunehmende Kreditbedarf nicht nur der Unternehmen, sondern auch der privaten Haushalte bei zugleich knappem Kapitalangebot.11 Zum anderen vollzog sich im selben Zeitraum in praktisch allen deutschen Partikularstaaten eine Abkehr von der gemeinrechtlichen Mobiliarhypothek – einem besitzlosen Pfandrecht an beweglichen Sachen – und eine Hinwendung zum Faustpfandrecht. Die Ausprägung von Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung beruhte insofern einerseits auf den rechtlichen und andererseits auf den ökonomischen Rahmenbedingungen der Kreditwirtschaft in der Gründerzeit und vor allem der darauf folgenden so genannten Gründerkrise.12 Diese Krise begann mit dem Börsenzusammenbruch von 1873, der zu Insolvenzen zahlreicher Banken und Aktiengesellschaften weltweit führte. Vor diesem Kollaps der sich gerade entwickelnden Kapitalmärkte war die Versorgung deutscher Unternehmen mit Kredit nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Kapitalzuflüsse aus den französischen Reparationszahlungen aus dem Krieg von 1870/1871 gewährleistet gewesen. Es mag sogar eher ein Überangebot von Fremdkapital gegeben haben, das zu undiszipliniertem Finanzierungsverhalten führte und so die Gründerkrise erst verursacht hat.13 Dieses Überangebot kehrte sich nach dem Zusammenbruch in eine Kreditverknappung um – die Parallelen zur heutigen Situation sind unverkennbar. Diese Faktoren – die Abschaffung der Mobiliarhypothek durch die Gesetzgeber, der durch die Industrialisierung erhöhte Kapitalbedarf und das nach der Gründungskrise knappe Kapitalangebot – konstituierten die spezifischen Bedingungen, die am Ende des 19. Jahrhunderts zur Entstehung der Mobiliarsicherheiten, wie wir sie heute noch kennen, geführt haben. Da diese spezifischen 11 Auf die Bedeutung des im 19. Jahrhundert rasant wachsenden Kapitalbedarfs für die Entwicklung des Mobiliarsicherungsrechts weist auch Kieninger, Eur. Rev. Priv. L. 4 (1996), 41, 43 hin. Zur Entwicklung des deutschen Bankenwesens und seine Bedeutung für die Ausprägung der Kreditsicherheiten Kleene, Die Orientierung der Rechtsprechung an wirtschaftlichen Interessen, S. 32 ff. 12 Kleene, a.a.O., S. 39. Zu Gründerboom und Gründerkrise siehe Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 3. Bd., S. 91 ff.; Tilly, Vom Zollverein zum Industriestaat, S. 77 ff. Zu den Auswirkungen der Gründerkrise im Kartellrecht Baums, Kartellrecht in Preußen, S. 32 ff. 13 Die Bedeutung der französischen Reparationszahlungen für die wirtschaftlichen Entwicklungen in Deutschland ist allerdings umstritten. Vor einer Überbewertung warnt Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 3. Bd., S. 98.

A. Die kreditwirtschaftlichen Rahmenbedingungen

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Bedingungen nur in Deutschland gegeben waren, wird verständlich, wieso sich das deutsche Kreditsicherungsrecht vor allem im Vergleich zu sonst durchaus verwandten Rechtsordnungen gerade auf dem Gebiet des Mobiliarsicherungsrechts so eigenständig entwickelt hat.14

I. Die Abschaffung der römisch-rechtlichen Mobiliarhypothek und die Einführung des Faustpfandrechts „Fast auf keinem Rechtsgebiet zeigt das deutsche und das auf dessen Grundgedanken beruhende moderne Recht gegenüber dem römischen Recht einen tiefgreifenderen Gegensatz als auf dem Gebiete des Pfandrechts.“15

Mit diesem Satz beschrieb Konrad Hellwig im Jahr 1881 die Abkehr von der aus dem römischen Recht überkommenen Mobiliarhypothek16 und die Hinwendung zum Faustpfandprinzip, wie es heute noch in § 1205 BGB zu finden ist. Die Einführung des Faustpfandprinzips im Fahrnisrecht war Ausfluss einer stärkeren Betonung der Grundsätze der Publizität und Spezialität im Vermögensrecht, wodurch der Rechtsverkehr stärker geschützt werden sollte. Für den Bereich der Grundpfandrechte äußerte sich dieser Paradigmenwechsel darin, dass sich beginnend noch im 18. Jahrhundert das Eintragungsprinzip durchsetzte und zum beherrschenden Prinzip wurde.17 Das klassische römische Recht kannte demgegenüber auch im Bereich der Grundstücksrechte keine Publizität, so dass auch der Realkredit nicht existierte. Kaser schreibt, dass „die Römer zu allen Zeiten den Personalkredit mit Bürgenstellung vor dem Realkredit bevorzugt“ hätten und führt die Schwächen der römischen Pfandrechtsordnung auch auf die mindere Bedeutung des Realkredits zurück.18 Die Rezeption des römischen Grundpfandrechts hatte sich insofern als in hohem Maße destruktiv für die Verbreitung und Entwicklung des Grundbuchwesens erwiesen, dessen erste Ansätze schon ins Spätmittelalter zurückreichen.19 Das Fehlen eines Registers, in dem Belastungen des Grundstücks verzeichnet sind, hemmte den Immobiliarkredit durchgreifend, so dass insbesondere der Landwirtschaft der Zugang zu Kapital stark erschwert wurde, da niemand bereit war, einem Grundeigentümer Geld zu leihen, weil zuverlässige Informationen über die rechtlichen Verhältnisse des zu beleihenden Grundstücks nicht 14 Einen kurzen Überblick über die Entwicklung besitzloser Pfandrechte in anderen europäischen Rechtsordnungen gibt Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Binnenmarkt, S. 24 ff. 15 Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 378. 16 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 238. 17 Thiemann, Eigentumsanwartschaft, S. 55. 18 Kaser, Das römische Privatrecht, Bd. 1, S. 457. Ebenso Schulz, Classical Roman Law, Rn. 700. 19 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 236.

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

verfügbar waren.20 Besondere Unsicherheit ging von den gesetzlichen oder vertraglichen Generalpfandrechten des gemeinen Rechts aus, die das gesamte gegenwärtige und künftige Vermögen erfassten. 21 Die Finanzierungsbedingungen der Grundeigentümer verschärften sich dadurch, dass zunehmend das Kapital in die großen Aktiengesellschaften – vor allem die Eisenbahngesellschaften – floss. Das Bedürfnis nach einer Förderung des Immobiliarkredits führte schließlich zur Einführung des Grundbuchsystems. Die dem BGB zugrunde liegende Regelung der §§ 873 ff. BGB hat ihren Vorläufer in dem preußischen Eigentumserwerbsgesetz (EEG) aus dem Jahr 1872, welches das Eintragungsprinzip für alle dinglichen Rechte an einem Grundstück vorsah. 22 Die Besinnung auf den Verkehrsschutzgedanken führte, wie bereits angedeutet, im Fahrnisrecht zu einer Abkehr vom römischen Pfandrechtsdenken. 23 Das römische Recht kannte neben der fiducia, auf die wir zurückkommen werden, das pignus als prinzipiell besitzabhängiges Pfandrecht, das an beweglichen wie an unbeweglichen Sachen bestellt werden konnte. 24 Allerdings konnte die Besitzverschaffung wohl spätestens in nachklassischer Zeit durch die Vereinbarung eines constitutum possessorium ersetzt werden, so dass es zur Herausbildung eines besitzlosen Vertragspfands – der hypotheca – kam. 25 Diese beiden Pfandrechtsarten, die noch das gemeine Recht kannte, erlauben wie Hromadka eindrucksvoll gezeigt hat, keinen Realkredit im engeren Sinn. Denn bei jeder Verpfändung ist der Gläubiger gezwungen, darauf zu vertrauen, dass der Schuldner nicht zuvor eine Mobiliarhypothek an der Sache bestellt hat. Zuspitzend formuliert Hromadka daher, dass, solange Mobiliarhypotheken zulässig sind, „jeder Kredit, der gegen Bestellung eines Pfandes, einer Hypothek oder eines Faustpfandes – gegeben wird, notwendig Personalkredit“26 sei. 27 In einem System, welches nur das echte Faustpfandrecht kennt, könne der Gläubiger da20

Coing, Europäisches Privatrecht, S. 207. Coing, Europäisches Privatrecht, S. 215. 22 Zur Bedeutung des preußischen EEG für das Liegenschaftsrecht des BGB Schubert, Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung, S. 27, 99. 23 Wacke, Das Besitzkonstitut als Übergabesurrogat, S. 78, ist der Ansicht, dass die Verkehrsschutzfunktion des Faustpfandprinzips durch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs obsolet geworden sei. Die Beibehaltung des Faustpfandprinzips im BGB zeige, dass die Gutglaubensvorschriften unzureichend in das Gesamtsystem integriert worden seien. 24 Zwalve, A Labyrinth of Creditors, in: Kieninger (Hrsg.): Security Rights in Moveable Property, S. 38, 41. 25 Zur Entwicklung der hypotheca aus dem pignus siehe Crome, Grundzüge des römischen Privatrechts, § 25 I; Zwalve, A Labyrinth of Creditors, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Moveable Property, S. 40 ff. Siehe auch Schubert, Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung, S. 19 ff. 26 Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 49, Hervorhebung im Original. 27 Hellwig, AcP 64 (1881), 368, 378 schreibt, dass ein solches System zu einer „völligen Unsicherheit des Verkehrs“ führe. 21

A. Die kreditwirtschaftlichen Rahmenbedingungen

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gegen sicher sein, dass die Sache, die ihm als Pfand angeboten wird, frei von Belastungen ist, da solche Belastungen ja stets den Besitz des Berechtigten voraussetzten. 28 Um dem Realkredit auch bezüglich beweglicher Sachen aufzuhelfen, 29 war also die Abschaffung der Mobiliarhypothek erforderlich, da die Einführung eines dem Grundbuch ähnlichen Registers aus Kostengründen für Fahrnis nicht in Betracht kam.30 Dass das besitzlose Pfandrecht nicht nur im deutschen Rechtskreis31 gerade im 19. Jahrhundert fast vollkommen beseitigt wurde, lässt sich insofern schlüssig mit dem in dieser Zeit entstehenden Bedürfnis nach verlässlichen Mobiliarsicherheiten erklären. Dieses Bedürfnis beruhte einerseits auf dem bereits erwähnten gesteigerten Kreditbedarf und andererseits auf der Abnahme der den Personalkredit tragenden persönlichen Bindungen, die sich infolge der Industrialisierung zunehmend auflösten.32 Die unbedingte Durchsetzung des Faustpfandprinzips hatte zugleich den Vorteil, dass sich dadurch das Problem der Generalhypotheken erledigte, die das gesamte Vermögen des Schuldners erfassten und so zu einer weitgehenden Aushöhlung der Haftungsmassen führten. Insofern bestand das aktuelle Problem der durch Globalsicherheiten ausgezehrten Insolvenzmassen in ähnlicher Form auch schon im 19. Jahrhundert. Rechtstechnisch begann die Beseitigung der Mobiliarhypothek schon mit § 29 der Preußischen Hypothec- und Concursordnung von 1722.33 Das Faustpfandprinzip fand auch Eingang ins Allgemeine Landrecht von 1794, das in 20.I.7 zur Drittwirksamkeit des Pfandrechts die „Übergabe der Sache“ vorsah. Diese Regel wurde durch 20.I.104 f dahingehend ergänzt, dass ein constitutum possessorium für die Übergabe ausgeschlossen war: 28 Dieser Gedanke zeigt die Funktion des Besitzerfordernisses beim Faustpfandrecht sehr deutlich: Keineswegs geht es darum, zu verhindern, dass Dritte über die Vermögensverhältnisse des Schuldners dadurch getäuscht werden, dass dieser Sachen in seinem Besitz hat, die bereits zu Gunsten anderer Gläubiger verpfändet sind (so genannte presumption of false wealth). Dies kann schon deshalb nicht die Funktion des Besitzes sein, da ein solcher Anschein auch bei Sachen entsteht, die der Schuldner nur gemietet hat. Tatsächlich vertraut kein Gläubiger in keiner Rechtsordnung darauf, dass die im Besitz der Schuldners befindlichen Sachen auch als Haftungsobjekte zur Verfügung stehen. Das Faustpfandprinzip soll vielmehr Konkurrenzkonflikte zwischen verschiedenen gesicherten Gläubigern vermeiden. 29 Zu diesem Zweck der Abschaffung der Mobiliarhypothek auch Frotz, in: Gutachten zum vierten österreichischen Juristentag (1970), Bd. 1 Teil 3, S. 110. 30 Leist, Die Sicherung von Forderungen durch Übereignung von Mobilien, S. 6. 31 Luig, in: Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, S. 383, 387; Zwalve, A Labyrinth of Creditors, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Moveable Property, S. 47; Coing, Europäisches Privatrecht, S. 416. 32 Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 50. 33 Zitiert bei Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 51. Hromadka zeigt zugleich deutlich den Perspektivwechsel, der mit der Hinwendung zum Faustpfandprinzip einhergeht. Es geht nicht länger um Verwertungs- und Durchsetzungsmöglichkeiten des Sicherungsrechts, die das Verhältnis des Schuldners zum Gläubiger betreffen, sondern um das Verhältnis der Gläubiger des Schuldners zueinander, die um Befriedigungsrechte konkurrieren, a.a.O., S. 53.

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

„Die Übergabe des Pfandes muss in der Regel so geschehen, dass die Sache in die körperliche Gewahrsam des Gläubigers wirklich gelange und darin verbleibe. Wird die Sache in der Naturalgewahrsam des Schuldners belassen, oder dahin zurückgegeben, damit er sie im Namen des Gläubigers besitzen solle: so ist kein Pfandrecht vorhanden.“

Auch der französische code civil von 1804 folgte in Art. 2071 dem Faustpfandprinzip, wobei in Frankreich die Mobiliarhypothek bereits eingangs des 18. Jahrhunderts verschwunden war, so dass der code civil insoweit nichts Neues brachte.34 In der Folgezeit setzte sich das Faustpfandprinzip auch in Österreich,35 Bayern,36 Hessen,37 Frankfurt38 und Sachsen durch und wurde schließlich auch in Art. 309 des ADHGB von 1861 übernommen. Plastisch schreibt Hromadka, dass das ADHGB der Mobiliarhypothek im Gebiet des Deutschen Bundes die Lebenskraft genommen habe: „§ 40 ReichsKonkursordnung von 1877 trägt sie im Deutschen Reich zu Grabe.“39 Diese Vorschrift wurde später zu § 48 KO und ist damit der unmittelbare Vorläufer des heutigen § 50 InsO. Sie lautete: „Gläubiger, welche an einer beweglichen, körperlichen Sache, an einer Forderung oder an einem anderen Vermögensrechte des Gemeinschuldners ein Faustpfandrecht haben, können aus den ihnen verpfändeten Gegenständen abgesonderte Befriedigung wegen ihrer Pfandforderung verlangen, zunächst wegen der Kosten, dann wegen der Zinsen, zuletzt wegen des Kapitals.“

Die Regel wurde ergänzt durch § 14 des Einführungsgesetzes zur Konkursordnung, nach der ein Faustpfandrecht im Sinne von § 40 KO stets den Gewahrsam des Gläubigers voraussetzt. Der Reichsgesetzgeber „verbot“ insofern die Mobiliarhypothek nicht ausdrücklich; er schaffte diese vielmehr auf kaltem Wege ab, indem er nur dem Faustpfandrecht im Konkurs Absonderungskraft zusprach. Ein Sicherungsrecht, das im Konkurs kein Vorrecht vermittelt, ist aber – wie oben gezeigt wurde – wertlos. Das Schicksal der in den Partikularrechten teilweise weiter existierenden Mobiliarhypothek war damit besiegelt. Allerdings sollte sich dieses gesetzgeberische Vorgehen, also der Verzicht auf ein reichsgesetzliches ausdrückliches Verbot der Mobiliarhypothek, als bedeutsam im Hinblick auf die Anerkennung der Sicherungsübereignung erweisen: Denn durch die Abschaffung der Mobiliarhypothek wurde auch der „gesunde Mobiliarkre-

34

Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 70. § 451 ABGB, ausführlich zum österreichischen Recht unten, S. 458 ff. 36 § 3 Hypothekengesetz von 1822 und § 21 Nr. 1 Prioritätsordnung von 1822. 37 Art. 5 Gesetz das Pfandrecht betreffend, von 1858, zitiert nach Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 88. 38 Mit dem „Gesetz die Rangordnung der Gläubiger im Konkurs und Abschaffung der Generalhypotheken betreffend“ von 1837. 39 Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 127. 35

A. Die kreditwirtschaftlichen Rahmenbedingungen

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ditverkehr“40 schwer getroffen,41 weshalb schon bald Wege entwickelt wurden, dasselbe Ziel auf anderem Wege zu erreichen. Gerade weil der Gesetzgeber die Mobiliarhypothek nicht explizit verboten hatte, waren diese Wege jedenfalls auf der Grundlage eines eher begrifflichen Rechtsverständnisses nicht versperrt.

II. Die Nutzung des Vollrechts zur Sicherung von Forderungen Die Abschaffung der Mobiliarhypothek traf die Wirtschaft gerade in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts besonders hart, weil einerseits die Industrialisierung zu einem stark erhöhten Kapitalbedarf führte,42 der nicht länger ausschließlich durch Immobiliarkredite zu decken war, und weil andererseits das Faustpfand keine realistische Alternative darstellte, da damals wie heute das Erfordernis der Begründung unmittelbaren Besitzes auf Seiten des Pfandgläubigers nicht den Interessen der Parteien entsprach.43 Insofern ist die Herausbildung und Entwicklung treuhänderischer Sicherheiten, die dem Kreditnehmer die Nutzung des Sicherungsguts ermöglichen und zugleich dem Kreditgeber eine zuverlässige Sicherheit in Form der Inhaberschaft des Vollrechts bieten, als Reaktion auf die ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu sehen.44 Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung und Eigentumsvorbehalt sind daher keineswegs Produkte der Kautelarjurisprudenz des 20. Jahrhunderts, sondern entstanden als Rechtsgeschäftstypen bereits im 19. Jahrhundert. 45

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Linckelmann, ArchBR 7 (1893), S. 211. Luig, in: Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, S. 383, 387. 42 Wieacker, Pandektenwissenschaft und industrielle Revolution, in: Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 56. 43 Zwalve, A Labyrinth of Creditors, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Moveable Property, S. 48, vertritt den Standpunkt, dass die Abschaffung der besitzlosen Pfandrechte kein schmerzhafter Eingriff in die Finanzierungsmöglichkeiten der damaligen Wirtschaft gewesen sei, denn insbesondere für den kaufmännischen Verkehr hätten Sicherungsmöglichkeiten in Form der Verpfändung von Traditionspapieren (Lager- und Ladescheine, Konnossemente) weiterhin zur Verfügung gestanden. Banken hätten damals Kapital ohnehin noch weitgehend gegen persönliche Sicherheiten zur Verfügung gestellt. Zu beachten ist bei der Aussage Zwalves freilich, dass er sie auf die Situation im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert bezieht. Für die Finanzierungsbedürfnisse jedenfalls in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bedeutete die Unverfügbarkeit eines besitzlosen Pfandrechts sehr wohl eine erhebliche Beeinträchtigung, wie die sogleich darzustellenden Umgehungsversuche deutlich belegen. 44 Für den Eigentumsvorbehalt zeigt dies Thiemann, Eigentumsanwartschaft, S. 51 ff., sehr anschaulich. Er stellt dar, dass sich generell das Anlagevermögen zu Gunsten der technischen und maschinellen Ausstattung erhöhte, wodurch sich zugleich das Tempo des Investitionsgüterumschlags steigerte, a.a.O., S. 54. 45 Nachdrücklich Gaul, AcP 168 (1968), 351, 359; Luig, in: Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, S. 383, 390 ff. 41

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

1. Der Sicherungskauf und die Übereignung zur Sicherheit mittels constitutum possessorium Die Übereignung beweglicher Sachen mittels Besitzkonstituts war fester Bestandteil des gemeinen wie des deutschen Rechts und so grundsätzlich in allen Partikularrechten schon vor Inkrafttreten des BGB zulässig. 46 Die zahlreichen Entscheidungen und Stellungnahmen in der Literatur zeigen, dass von der Möglichkeit der Übertragung des Eigentums mittels constitutum possessorium zur Sicherung von Kreditgeschäften auch schon im 19. Jahrhundert verbreitet Gebrauch gemacht wurde. 47 a) Die Entwicklung der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Sicherung von Forderungen durch die Übereignung von Mobilien Das zum Zwecke der Sicherung durch Mobilien bei gleichzeitiger Bewahrung des unmittelbaren Besitzes des Schuldners zunächst gewählte rechtsgeschäftliche Gewand war der so genannte Sicherungskauf. Bei einem Sicherungskauf verkaufte und übereignete der Schuldner einer Forderung dem Gläubiger bewegliche Sachen. Der Kaufpreis orientierte sich dabei nicht an dem tatsächlichen Wert der Kaufsachen, sondern an der Höhe der zu sichernden Forderung. Der Käufer/Gläubiger konnte seinen Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Kaufpreisanspruch des Schuldners/Verkäufers aufrechnen.48 Die zum Eigentumserwerb des Käufers/Gläubigers erforderliche Übergabe wurde durch die Vereinbarung eines Besitzkonstituts ersetzt, wodurch der Veräußerer trotz des Eigentumswechsels in der Lage blieb, die Sachen zu nutzen. Das Besitzkonstitut bestand in einem Mietvertrag, wobei die zu entrichtenden Mietzinsen in der Höhe nicht an dem Nutzungsinteresse des Mieters (also des Schuldners/ Verkäufers) ausgerichtet waren, sondern an den auf die ursprüngliche Darlehensforderung zu erbringenden Zinsen. Am Ende der Laufzeit des Darlehens konnte der Schuldner/Verkäufer ein Rückkaufsrecht ausüben, wobei auch hier der Kaufpreis dem ursprünglichen Kaufpreis, also der Darlehensschuld entsprach. Übte er dieses aus, so war er verpflichtet, den Rückkaufspreis an den Gläubiger zu zahlen, was wirtschaftlich der Rückzahlung des Darlehens entsprach. Im Gegenzug erwarb er aus dem Rückkaufvertrag einen Anspruch auf Rückübereignung der Sache, mit anderen Worten einen Anspruch auf Freigabe 46 Vgl. nur Preuß. A. L. R. § 1 Theil I. tit 10 i. V. m. Theil I. tit 7; bayr. L. R. II. 3. § 7 Nr. 6; sächs. BGB § 254. 47 Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 386 schildert, dass diese Geschäfte „in Hessen fast alltäglich geschlossen“ würden und „zu einer wahren Calamität für das Verkehrsleben geworden“ seien. 48 Da diese Aufrechnung zum Erlöschen der Forderung führt, ist technisch gesehen keine zu sichernde Forderung mehr in der Welt, Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 384, nennt die Bezeichnung „Sicherungskauf“ daher eine contradictio in adjecto.

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des Sicherungsguts. Sollte der Schuldner sein Rückkaufsrecht nicht ausüben oder den Rückkaufspreis nicht belegen können, so trat der Sicherungsfall ein, so dass der Gläubiger sich aus den ihm verkauften und übereigneten Sachen befriedigen konnte.49 Das Reichsgericht hatte mehrfach über solche Konstruktionen zu befinden und hielt diese nach anfänglichen Differenzen zwischen verschiedenen Senaten schließlich für zulässig. Der erste Senat erachtete 1880 in zwei Entscheidungen solche Sicherungskäufe unter frankfurter bzw. mecklenburgischem Recht für wirksam.50 In der veröffentlichten Entscheidung wird es als „häufige Übung“ bezeichnet, dass „einem Gläubiger zur Sicherstellung wegen seiner persönlichen Forderung von seinem Schuldner ein Vermögensobjekt in der durchaus ernstlichen Absicht verkauft und übertragen wird, daß der Gläubiger als Käufer wirklicher Eigentümer und zur Ausübung aller Rechte eines Eigentümers befugt werden soll, der wirtschaftliche Zweck der bloßen Sicherung aber dadurch erreicht wird, daß der Gläubiger sich durch Nebenabreden persönlich verbindlich macht, unter gewissen vereinbarten Bedingungen das Eigentum dem bisherigen Schuldner zurück zu übertragen oder demselben auch ganz oder teilweise den Netto-Ertrag und bzw. den Erlös eines etwaigen Weiterverkaufes der verkauften Sache zufließen zu lassen.“ Weil die Eigentumsübertragung von den Parteien „ernstlich gewollt“ gewesen sei, handelte es sich nach Ansicht des ersten Senats nicht um ein Scheingeschäft, so dass kein „simulierter“ Kauf vorliege. 51 Ob eine solche Konstruktion wegen einer Umgehung der Pfandrechtsvorschriften unzulässig sein könne, 49 Beispiele für andere Gestaltungen, die sämtlich dem Zweck der Sicherung einer Forderung dienten, indem das Eigentum an einer Sache übertragen wurde, gibt Leist, Die Sicherung von Forderungen durch Übereignung von Mobilien, S. 2. ff. Zur Künstlichkeit dieser Konstruktion auch Düringer, LZ 1908, 98, 100. 50 Urt. v. 9. 10. 1880, RGZ 2, 168. Die zweite Entscheidung zum mecklenburgischen Recht ist nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, sondern dort nur in RGZ 2, 168, 170 Fn. 1 erwähnt. 51 A.a.O., S. 170; siehe auch Bähr, Urteile, S. 59 f. In der Rechtswissenschaft setzte sich freilich bald die Ansicht durch, dass die Kategorie der Simulation nicht zu der entscheidenden Frage führte, ob die Sicherungsübereignung eine Umgehung der Pfandrechtsvorschriften und des Verbots der Mobiliarhypothek bedeutete, vgl. Leist, Die Sicherung von Forderungen durch Übereignung von Mobilien, S. 80; Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 37. Zu dieser Entwicklung Schröder, Gesetzesauslegung und Gesetzesumgehung, S. 38 ff. Eine Simulation, also ein Scheingeschäft, konnte der Sicherungskauf schon deshalb nicht sein, weil es den Parteien ja gerade auf den Eintritt des Eigentumsübergangs tatsächlich ankam. Vgl. auch Prütting, Sachenrecht, Rn. 413. Die deutsche Rechtsprechung verwendete die Kategorie des Scheingeschäfts im Hinblick auf Sicherungsübertragungen aber noch im 20. Jahrhundert, wie die Darstellung von Schäfer, ArchBR, 37 (1913), 1, 9 ff., zeigt. Masui, in: Persönlichkeitsschutz und Eigentumsfreiheit in Deutschland und Japan, S. 223, 228, zeigt, dass auch die japanische Rechtsprechung eine Sicherungsübereignung anfänglich als Scheingeschäft für unwirksam hielt, erst auf der Grundlage der rezepierten Treuhandlehre wurde die Sicherungsübereignung für das japanische Recht anerkannt; dort ist sie auch hinsichtlich unbeweglicher Sachen zulässig, bedarf dann allerdings der Eintragung, a.a.O., S. 224.

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wurde vom Senat nicht einmal geprüft; die Ausführungen erschöpfen sich vielmehr darin, zu belegen, dass der Eigentumsübergang auf den Gläubiger nicht simuliert, sondern als Rechtsfolge gewollt sei. Eine klare Abgrenzung zwischen Schein- und Umgehungsgeschäft fehlt. Der dritte Senat hielt dagegen in einer ebenfalls im zweiten Band veröffentlichten Entscheidung eine vergleichbare Konstruktion nach hessischem Recht für unwirksam, da die Parteien „in Wirklichkeit“ eine verbotene Mobiliarhypothek gewollt hätten.52 In dieser Entscheidung diente der Abschluss des Kaufvertrags zur Sicherung der Regressansprüche eines Bürgen gegen den Hauptschuldner. Der Kaufvertrag war daher aufschiebend auf die Inanspruchnahme des Bürgen/ Sicherungsnehmers durch den Gläubiger des Hauptschuldners/Sicherungsgeber bedingt. Gerade aufgrund dieser Konstruktion der bedingten Kaufgeldforderung meinte der dritte Senat den ihm vorliegenden Fall von dem ihm jedenfalls bei Abfassung der Gründe bekannten oben dargestellten Urteil des ersten Senats unterscheiden zu können. Auch nach Ansicht des dritten Senats ist es zulässig, dass ein „wirklicher“ Kaufvertrag zu dem Zwecke abgeschlossen werde, dem Gläubiger Sicherheit wegen seiner Forderung zu verschaffen. Solche Geschäfte seien wirksam, solange die Absicht der Kontrahenten erkennbar auf die Übertragung des Eigentums am Kaufobjekte gegen Gewährung des Kaufpreises gerichtet sei. Ergebe sich aber, „daß die Kaufgeldforderung nur dann zur Entstehung kommen soll, wenn der Käufer aus einem Schuldverhältnis des Verkäufers zu einem Dritten in Anspruch genommen werde, oder daß der Verkäufer, welcher den Besitz der Kaufobjekte namens des Käufers fortsetzt, diese frei zu benutzen und zu veräußern befugt sein soll, so ist, da derartige Verabredungen mit dem Wesen des Kaufvertrags in Widerspruch stehen nach ausdrücklicher Vorschrift der Gesetze (1. 80 § 3 Dig. De contrah. Emt. 18, 1) ein Geschäft anderer Gattung geschlossen. (. . .) In Wirklichkeit liegt sonach kein Kauf, sondern ein (. . .) verbotener Pfandvertrag vor.“ Zur genaueren Abgrenzung zwischen echtem und simuliertem Kaufvertrag formulierte das Reichsgericht schon bald bestimmte Anforderungen an das Besitzkonstitut als Voraussetzung für die Wirksamkeit der Übereignung. In einer Entscheidung vom 8. 11. 188153 lehnte es die Drittwiderspruchsklage eines Sicherungskäufers ab, da die Parteien nur vereinbart hatten, dass die Verkäufer (Sicherungsgeber) den Besitz „künftig nur namens des Käufers“ (Sicherungsnehmers) ausüben würden. Der Senat bemängelte das Fehlen eines Rechtsverhältnisses, das diesem – wie wir heute sagen würden – „abstrakten“ Besitzkonstitut zugrunde lag. Unter Bezug auf das römische Recht postulierte das Gericht ein Rechtsverhältnis, „vermöge dessen das Innehaben als Ausdruck einer recht-

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Urt. v. 24. 9. 1880, RGZ 2, 173, 175. RGZ 5, 181 ff.

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lichen Befugnis erscheint.“54 Das auch heute noch unklare und umstrittene Kriterium der „Konkretheit“ des Besitzmittlungsverhältnisses geht auf dieses Erfordernis eines besonderen Rechtsverhältnisses zurück.55 Der erste Senat bestätigte im Jahr 1885 seine Entscheidungen von 1880 und sicherte die damals gegebene Begründung auch gegen Einwände aus dem Gedanken des Umgehungsgeschäfts ab.56 Er bekräftigte in dieser Entscheidung seine schon im Urteil von 1880 enthaltene Aussage, dass auch ein Sicherungskauf zu einem wirksamen Eigentumserwerb des Käufers/Gläubigers nämlich mittels constitutum possessorium führe. Mit der divergierenden Entscheidung des dritten Senats setzte er sich zwar auseinander, hielt aber eine Vorlage an die vereinigten Zivilsenate nach § 137 GVG a. F. nicht für erforderlich, da der dritte Senat die Unwirksamkeit des Geschäfts „aus dem Inhalt des Vertrags und den Umständen des einzelnen Falles“ abgeleitet habe.57 Für den ersten Senat bestand nicht nur wegen eines entsprechenden Vorbringens des Revisionsklägers Anlass, sich mit der Frage des Umgehungsgeschäfts auseinander zu setzen, sondern auch wegen eines zwischenzeitlich erschienen Aufsatzes von Hellwig, in dem dieser die Unwirksamkeit des Sicherungskaufs vertrat, da der Sicherungskauf zur Umgehung des in den meisten Partikularrechten geltenden Verbots der Mobiliarhypothek diene.58 Mit großer Deutlichkeit weist Hellwig den identischen wirtschaftlichen Zweck des Sicherungskaufs und der (abgeschafften) Mobiliarhypothek nach, so dass die Übertragung des Eigentums zur Sicherung einer Forderung ein Umgehungsgeschäft sei.59 Auch wenn diese „juristisch“ keineswegs identisch seien, solle „doch der Richter nicht bei den Buchstaben des Verbots stehen bleiben, sondern das Gesetz seinem geistigen Inhalt nach anwenden, d. h. er soll auch solchen Rechtsgeschäften, welche in anderer Rechts-

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A.a.O., S. 183. Luig, in: Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, S. 383, 388. Luig rückt das Kriterium des konkreten Besitzmittlungsverhältnisses in einen Zusammenhang mit der „Ernsthaftigkeit“ der Übereignung. 56 Urt. v. 10. 1. 1885, RGZ 13, 200. 57 Insoweit kritisch Leist, Die Sicherung von Forderungen durch Übereignung von Mobilien, S. 92. 58 Hellwig, AcP 64 (1881), 369 ff. 59 A.a.O., S. 379 ff. Hellwig zeigt zugleich, dass das Reichsgericht in den bereits ergangenen Entscheidungen noch nicht den Kern des Problems berührt hatte, da sowohl erster als auch dritter Senat den Sicherungskauf vor allem vor dem Hintergrund des Scheingeschäfts, also der Simulation, problematisiert hatten. Dass die Rechtswirkungen des Kaufs und der Übereignung beim Sicherungskauf allerdings wirklich gewollt sind, steht richtigerweise außer Frage. Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 375, bezeichnet es als eine „häufige Verwechslung“, dass ein Umgehungsgeschäft als Scheingeschäft begriffen werde und zeigt, dass sich dieser Irrtum „selbst“ bei Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. I, S. 325, findet, insofern als dort als Beispiele für ein simuliertes Geschäft nur solche Transaktionen genannt seien, die tatsächlich Umgehungsgeschäfte seien. Hierzu Teichmann, Gesetzesumgehung als Scheingeschäft, S. 6, 39 ff.; Schröder, Gesetzesauslegung und Gesetzesumgehung, S. 38. 55

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form die nämlichen Resultate erzielen, so als ob sie unmittelbar durch das Gesetz bedroht wären, entgegen treten.“60 Diesen Überlegungen begegnete das Reichsgericht, indem es darauf verwies, dass es methodisch unzulässig sei, den Vorschriften über die Pfandrechtsbestellung, genauer dem dort statuierten Erfordernis der Begründung des unmittelbaren Besitzes des Pfandgläubigers, Aussagen darüber zu entnehmen, wann die Übertragung des Eigentums an einer Sache wirksam sei. In dieser Argumentation zeigt sich ganz deutlich die Ablehnung der von Hellwig postulierten funktionalen Betrachtungsweise. Denn der Senat folgerte aus der auch von ihm nicht bestrittenen Funktionsäquivalenz keineswegs die Äquivalenz der Rechtsfolgen. Vielmehr führte der Senat aus, dass es dem Gesetzgeber durchaus möglich gewesen wäre, die Übereignung zum Zwecke der Sicherung ausdrücklich zu verbieten. Fehle es an solchen Vorschriften, die etwa das braunschweigsche, oldenburgsche und das bremische Recht kannten, 61 so entspreche die Wirksamkeit von Übereignungen zum Zwecke der Sicherung dem Willen des Gesetzgebers. 62 Diesen Gedanken führte das Gericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 1890 zum hamburgischen Recht fort. 63 In dieser Entscheidung hatte das Gericht soweit ersichtlich das erste Mal über die Zulässigkeit und Wirkungen einer echten Sicherungsübereignung – also einer reinen Übertragung des Eigentums zur Sicherheit ohne Einkleidung in den (fadenscheinigen) Mantel von Kauf und Rückkauf – zu befinden. Das Gericht erachtete auch diese Transaktion für wirksam und sprach dem (Sicherungs-) Eigentümer in der Insolvenz des Veräußerers ein Aussonderungsrecht zu. Hierbei verteidigte es die Wirksamkeit der bloß sicherungshalber vorgenommenen Übereignung erneut gegen den Einwand der Gesetzesumgehung. Nach intensiver Auseinandersetzung mit der insbesondere von Hellwig vertretenen Auffassung, dass die Übereignung zur Sicherheit ein Geschäft zur Umgehung des Verbots der Mobiliarhypothek sei und daher wie diese als unwirksam zu behandeln sei, gelangt das Gericht zu der Auffassung, dass weder die KO noch das hamburgische Ausführungsgesetz Rechtssätze enthielten, denen sich ein Verbot der Übereignung von Mobilien 60 A.a.O., S. 372. Methodisch meint Hellwig dieses Ergebnis im Wege der Auslegung gewinnen zu können, S. 381: Der Richter bringe durch die Anwendung des Verbots auch auf die Sicherungsübereignung „nur gegenüber den Worten des Gesetzes seinen wahren, eigentlichen Sinn zur Geltung.“ Sehr deutlich zeigt sich hier, wie schwierig die Grenze zwischen teleologischer Gesetzesauslegung und rechtsfortbildender Analogie zu ziehen ist. Auch nach Tintelnot, Vereinbarungen für den Konkursfall, S. 79, stellt die Sicherungsübereignung einen Fall der richterrechtlich gebilligten Gesetzesumgehung dar. Umgangen werde die „haftungsrechtliche Vermögenszuordnung und damit die sachenrechtliche Typizität“. 61 So Johow, Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das deutsche Reich, Sachenrecht, Begründung I. Band, S. 758. 62 RG Urt. v. 10. 1. 1885, RGZ 13, 200, 204. 63 RG Urt. v. 2. 6. 1890, RGZ 26, 180 ff.

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zum Zwecke der Sicherung entnehmen lasse. 64 Auch aus den Vorschriften der Reichskonkursordnung über die absonderungsberechtigten Gläubiger ergebe sich kein Verbot der Mobiliarhypothek, und das landesgesetzliche Verbot der Mobiliarhypothek richte sich eben begrifflich nur gegen diese und treffe insofern nur eine Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen ein Pfandrecht wirksam entstehen könne. Es richte sich aber nicht zugleich gegen Konstruktionen, die zwar wirtschaftlich demselben Zweck wie die Mobiliarhypothek dienten, diesen Zweck aber auf konstruktiv andere Weise erreichten. 65 Es liegt auf der Hand, dass diese sehr begrifflich anmutende Begründung jedenfalls aus heutiger Sicht kaum zu überzeugen vermag. 66 Auf der Grundlage der – möglicherweise bewusst – funktionsblinden und formalen Argumentation des Reichsgerichts wäre die Rechtsprechung gegenüber jedem Versuch der Vermeidung einer Verbotsnorm durch die Wahl eines von ihrem Wortlaut nicht erfassten Geschäfts machtlos. 67 Man wird dem Reichsgericht aber zugute halten müssen, dass es mit seiner streng begrifflichen Sicht einem evidenten Bedürfnis der betroffenen Kreise nach einem praxisgerechten Instrument zur Kreditsicherung durch Mobilien nachkam. 68 Denn der Gewinn an Rechtssicherheit, der durch die Abschaffung der Mobiliarhypothek erstrebt wurde, ging auf Kosten der einzig praxisgerechten Möglichkeit der Bestellung von Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen. Die Sicherheit des Rechtsverkehrs wurde insofern also hergestellt, indem man ihn – jedenfalls soweit es die Besicherung durch Mobilien anging – in prohibitiver Weise behinderte. Man muss die Haltung des Reichsgerichts auch als 64

RGZ 26, 180, 182 f. Siehe auch RG, JW 1896, 213. In den Niederlanden folgte man dem deutschen Beispiel und erkannte die Sicherungsübereignung 1929 als wirksam an (Hoge Raad, NJ 1929, 616). In Frankreich wählte die Rechtsprechung dagegen einen funktionalen Ansatz, so dass sich dort die Sicherungsübereignung nicht durchsetzen konnte (Loewenstein, Polak & Co. C. Decaux, Req. 11 mar 1879, D. 79.1.401). Siehe Zwalve, A Labyrinth of Creditors, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Moveable Property, S. 50. 66 So auch Häsemeyer, in: Festschr. der Juristischen Fakultät zur 600-Jahr-Feier der Universität Heidelberg, S. 163, 178. 67 Methodengeschichtlich ist es äußerst bemerkenswert, dass sich der Wandel der Lehre vom Umgehungsgeschäft, nämlich weg von der Einordnung als Scheingeschäft hin zu einer Einordnung als Problem der Auslegung der Verbotsnorm, just in Bezug auf das Verbot der Mobiliarhypothek und der Anerkennung der Sicherungübereignung vollzog, Schröder, Gesetzesauslegung und Gesetzesumgehung, S. 38. Obwohl die Diskussion gerade dieses Problems zur Entwicklung der modernen Einordnung der Gesetzesumgehung als Auslegungsproblem führte, wurde diese Erkenntnis jedenfalls von der Rechtsprechung nicht fruchtbar gemacht, um der Sicherungsübereignung die Anerkennung zu versagen. 68 Die zitierten Entscheidungen sind insofern ein Beispiel, wie die Pandektenwissenschaft gerade dadurch, dass sie sich weigerte, die wirtschaftlichen Realitäten bei der Rechtsanwendung zu berücksichtigen, den Bedürfnissen der industrialisierten Gesellschaft entsprach, die auf die Verfügbarkeit besitzloser Sicherheiten angewiesen war. Zu diesem Paradoxon Wieacker, Pandektenwissenschaft und Industrielle Revolution, in: Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 55 ff. 65

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Reaktion auf einen Gesetzgeber sehen, der vor der Aufgabe der Quadratur des Kreises – nämlich der Schaffung eines Sicherungsrechts, das zugleich den Bedürfnissen der Kreditwirtschaft genügte und Rechtssicherheit bot –, kapitulierte, indem er den Verkehrsschutz (über-) betonte. Die formal/begriffliche Argumentation des Reichsgerichts dient insofern dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen. Das Reichsgericht hat mit dem von ihm gewählten Ansatz, die gesetzgeberische Entscheidung gegen die Mobiliarhypothek zwar nicht gerade zu ignorieren, aber doch zu Gunsten einer hinreichenden Versorgung der Wirtschaft mit Kredit so eng zu verstehen, dass sie praktisch leerlief, die Grundhaltung der Rechtsprechung bis in die Gegenwart geprägt. Die Gerichte haben sich über die Zeit immer wieder bereit gefunden, methodische oder dogmatische Bedenken beiseite zu stellen, um dem Bedürfnis nach praxisgerechten Kreditsicherungsinstrumenten entgegenzukommen, das der Gesetzgeber nicht zu befriedigen vermochte. Jüngster Beleg für diese These ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. 11. 2007 zur Anfechtbarkeit der Globalzession. 69 b) Die dogmatische Fundierung durch die Treuhandlehre Nicht zu übersehen ist, dass die Zulassung der Sicherungsübereignung erhebliche Folgeprobleme nach sich zog, mit deren Lösung Rechtsprechung und Wissenschaft teilweise noch bis heute befasst sind, wiederum ohne hierbei bislang auf nennenswerte Hilfe durch den Gesetzgeber zählen zu können. Zentrale Bedeutung für die Bewältigung dieser dogmatischen Probleme, die sowohl das Verhältnis zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer als auch die Rechtsstellung der Parteien des Sicherungsgeschäfts gegenüber Dritten betreffen, besitzt das Rechtsinstitut der Treuhand; beispielhaft sei nur das Aussonderungsrecht des Sicherungsgebers in der Insolvenz des Sicherungseigentümers erwähnt. Es ist gewiss kein Zufall, dass die Fortentwicklung der fiducia von einem Instrument des antiken römischen Rechts zu einer allgemeinen Theorie der treuhänderischen Rechtsgeschäfte durch einen Beitrag von Regelsberger 70 zur Sicherungszession im Jahr 1880 angestoßen wurde – also in demselben Jahr, in dem die ersten Entscheidungen des Reichsgerichts zum Sicherungskauf ergingen.71 Regelsberger schuf durch seine Arbeit gewissermaßen das dogmatische Fundament für die sicherungshalber vorgenommenen Vollrechtsübertra69

BGHZ 174, 297 ff. Ausführlich zu diesem Urteil unten, S. 290 ff. AcP 63 (1880), 157. 71 Zur Leistung Regelsbergers: Coing, Europäisches Privatrecht, Bd. II, S. 423; ders., Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, S. 28 ff. Hofer, in: Helmholz/Zimmermann (Hrsg.), Itinera Fiduciae, S. 389 ff., sieht die Bedeutung Regelsbergers etwas differenzierter und legt dar, dass er sich bei seiner Arbeit auf Vorarbeiten insbesondere von J. Kohler (JhJb 16, 91 ff.) gestützt hat. 70

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gungen, indem er klar zwischen simulierten Rechtsgeschäften und fiduziarischen Rechtsübertragungen unterschied.72 Charakteristisch für das fiduziarische Rechtsgeschäft sei das Missverhältnis zwischen Zweck und Mittel: „Zur Erreichung eines bestimmten Erfolgs wird eine Rechtsform gewählt, welche mehr gewährt, als zur Erzielung jenes Erfolgs erforderlich ist.“ Wie Coing gezeigt hat, war diese Beschreibung der fiduziarischen Rechtsgeschäfte prägend für das weitere Verständnis der Treuhand im deutschen Recht, in der Weise, dass man sich in Deutschland vor allem mit der Charakterisierung der „dinglichen“ Stellung des Treuhänders beschäftigte und beschäftigt73 und demgegenüber der Ausgestaltung des Innenverhältnisses anders als das trust-Recht des common law weniger Aufmerksamkeit widmete.74 Schon im Zusammenhang mit der Entscheidung des ersten Senats des Reichsgerichts aus dem Jahr 1880 findet sich ein erster Hinweis auf die Relevanz der Treuhandtheorie für die sicherungshalber vorgenommene Vollrechtsübertragung und zwar in einer Fußnote zur Veröffentlichung der Entscheidung in der von den Reichsgerichtsräten herausgegebenen Sammlung. 75 In dieser Fußnote werden zunächst ausführlich Sachverhalt und Gründe einer anderen, ihrerseits nicht veröffentlichten Entscheidung zu einem Sicherungskauf dargestellt. Am Ende dieser Darstellung heißt es dann schlicht und ein wenig zusammenhangslos: „Es mag auch an die fiducia des römischen Rechts erinnert werden.“ Ob dieser Hinweis durch die Abhandlung Regelsbergers motiviert war, kann rückblickend nicht sicher festgestellt werden; ausdrücklich erwähnt wird er jedenfalls nicht. Erst in zwei Entscheidungen aus dem Jahr 1890 wird der Einfluss deutlich: Die bereits erwähnte Entscheidung vom 2. Juni 1890 zur Zulässigkeit einer Sicherungsübereignung zitiert den Beitrag ausdrücklich, ohne freilich auf das von Regelsberger entwickelte Konzept des fiduziarischen Rechtsgeschäfts 72 A.a.O., S. 172 ff. Zur Rezeption der Treuhandlehre in Japan, Masui, in: Persönlichkeitsschutz und Eigentumsfreiheit in Deutschland und Japan, S. 223 ff. 73 Dies zeigt sich auch in der Diskussion um das so genannte „Unmittelbarkeitsprinzip“, nach dem es Voraussetzung der Anerkennung einer Verwaltungstreuhand bei Vollstreckungen in das Vermögen des Treuhänders sein soll, dass der Treuhänder das Treugut unmittelbar vom Treugeber übertragen bekommen hat, vgl. RG, Urt. v. 19. 2. 1914, RGZ 84, 214, 216; Urt. v. 10. 10. 1917, RGZ 91, 12, 14; BGH, Urt. v. 7. 4. 1959, NJW 1959, 1224. Zuletzt hat der BGH offengelassen, ob er am Unmittelbarkeitsprinzip festhält, BGH, Urt. v. 24. 6. 2003, BGHZ 155, 227, 231. Gegen das Unmittelbarkeitsprinzip Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung. 74 Diese Ausrichtung zeigt sich schon bei der ersten größeren Untersuchung zum deutschen Recht von Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis (1933); zur Rolle Sieberts im Nationalsozialismus Haferkamp, Wolfgang Siebert, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 24, S. 325. Eine Ausnahme machen insoweit die Arbeiten von Gaul, AcP 168 (1968), S. 351 ff., und Grundmann, Der Treuhandvertrag (1997). Grundmann stellt die Analyse des Verhältnisses von Treugeber und Treuhänder auch methodisch in den Mittelpunkt seiner Erörterungen (S. 87–101) und versucht, aus den Wirkungen der Treuhand im Innenverhältnis Fragen des Außenverhältnisses zu beantworten (S. 296 ff.). 75 Urt. v. 9. 10. 1880, RGZ 2, 169, 170 Fn. 1.

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entscheidend abzustellen.76 Diese Theorie wird allerdings in einer Entscheidung vom 18. Juni 1890 zur Sicherungsabtretung fruchtbar gemacht – dort freilich ohne einen ausdrücklichen Bezug auf den Aufsatz – in der es um das Aussonderungsrecht des Treugebers in der Insolvenz des Treuhänders bei einer Inkassozession ging. Der Schuldner sei „durch die Zession nur formell (wie bei der fiducia des älteren römischen Rechts) Eigenthümer der Forderungen geworden, während sie materiell im Eigenthum des Beklagten verblieben waren.“77 Die fiducia war im älteren wie im klassischen Recht eine zweite Pfandrechtsform neben dem pignus. Die fiducia sah eine Übertragung des Eigentums an einer res mancipi vom Sicherungsgeber auf den Sicherungsnehmer unter Vereinbarung der remancipatio bei Tilgung der Schuld vor.78 Sie konnte besitzlos bestellt werden. Mit der Eigentumsübertragung durch mancipatio geriet spätestens im 4. Jahrhundert auch die fiducia vollkommen außer Gebrauch und wurde schließlich durch Justinian aus den klassischen Quellen gestrichen. 79 Auch Hellwig stellte in seinem nur ein Jahr nach dem Beitrag von Regelsberger erschienenen Aufsatz „über die Zulässigkeit der Eigentumsübertragung zur Sicherung einer Forderung“ diese Geschäfte in einen Zusammenhang mit der „fiducia des altrömischen Rechts“ und begründet so, dass die Beschränkungen, die bei der Verwertung von Pfandrechten gelten – insbesondere das Verbot des Verfallspfands –, auch bei der Verwertung von eigenen Sachen gelten müssten und als Bindungen des Sicherungsnehmers aus dem Treuhandverhältnis zu verstehen seien. 80 Denn bei der fiducia war der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber aus der bonae fidei fiduciae einer treuhänderischen Pflichtenbindung unterworfen, die es ihm etwa verbot, die Sache weiter zu veräußern. 81

2. Die sicherungsweise Zession einer Forderung Auch die Zession einer Forderung zur Sicherung einer Forderung des Zessionars gegen den Zedenten beschäftigte das Reichsgericht bereits im 19. Jahrhundert. In einer Vielzahl von Urteilen behandelte das Gericht die Sicherungszession als wirksam. 82 Zwar scheint sie als Sicherungsgeschäft seltener gewesen zu sein als die Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache, sie war je76

Urt. v. 2. 6. 1890, RGZ 26, 180, 184. JW 1890, 373 Nr. 11. 78 Schulz, Classical Roman Law, Rn. 704; Kaser, Das römische Privatrecht, Bd. I, S. 458. 79 Kaser, Das römische Privatrecht, Bd. II, S. 74. 80 Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 380. Die Geltung des Verbots des pactum commissorium wurde lange als eines der Hauptprobleme bei der Behandlung der Sicherungsübereignung gesehen. Siehe hierzu auch Gaul, AcP 168 (1968), 351 ff. Nach wie vor ist die Anwendung des § 1229 BGB auf die Sicherungsübereignung umstritten, hierzu unten, S. 121 f. 81 Zur Durchsetzung dieser Rechte hatte der Sicherungsgeber die actio fi duciae. 82 Urt. v. 18.1. 1883, JW 1883, 97; Urt. v. 23. 1. 1883, JW 1883, 127; Urt. v. 17. 8. 1889, RGZ 77

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doch schon damals wie diese fester Bestandteil des sicherungsrechtlichen Instrumentariums. 83 Auch die Übertragung künftiger Forderungen wurde vom Reichsgericht trotz Gegenstimmen in der Literatur84 schon vor Inkrafttreten des BGB anerkannt. 85 Ebenso war die Zession eines Inbegriffs von Forderungen, also einer Vielzahl von Forderungen, soweit ersichtlich bereits akzeptiert. So konnten insbesondere bei Übernahme eines Handelsgeschäfts alle zu diesem gehörigen Forderungen an den Übernehmer zediert werden. 86 Dass allerdings Voraus- und Globalabtretungen in dieser Phase auch bereits zu Sicherungszwecken erfolgreich verwendet wurden, lässt sich der veröffentlichten Judikatur nicht entnehmen.

3. Vom pactum reservati dominii zum Eigentumsvorbehalt Nach Thiemann hat der Eigentumsvorbehalt als Mittel zur Sicherung eines dem Käufer gewährten Zahlungsaufschubs bereits Anfang des 16. Jahrhunderts in Gestalt des pactum reservati dominii Eingang in die deutsche Rechtspraxis gefunden. 87 Lange wurde dieses Instrument in erster Linie im Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften eingesetzt. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun24, 161; Urt. v. 18. 6. 1890, JW 1890, 373. Siehe die ausführliche Rechtsprechungsübersicht bei Schäfer, ArchBR, 37 (1913), 1, 2. 83 Für die Unwirksamkeit auch einer Sicherungszession sprach sich allerdings Hellwig, AcP 64 (1881), 369, 390 f. aus. Hellwig behandelte konsequenterweise die Sicherungszession ebenfalls als Umgehungsgeschäft zu dem in „fast allen Gesetzgebungen“ enthaltenen Erfordernis einer Anzeige der Forderungsverpfändung an den Forderungsschuldner. 84 Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 2, § 335, 1e (bei Fn. 12) sprach sich im ursprünglichen Text für die Zulässigkeit einer Übertragung künftiger Forderungen aus. Kipp vertrat in seiner Bearbeitung des Werks die Auffassung, dass unter Geltung des BGB die Abtretung zukünftiger Forderungen nicht möglich sei: Windscheid/Kipp, § 335, 1e S. 392. 85 Dies ergibt sich aus einem Zitat in RGZ 55, 334. Dort wird auf ein offenbar nicht veröffentlichtes Urteil v. 20. 1. 1891 des dritten Senats verwiesen, in dem unter Geltung des gemeinen Rechts die Zulässigkeit solcher Zessionen als „jetzt unbestritten“ bezeichnet wird. Hierfür spricht auch eine Stelle bei Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts Bd. 2, S. 199 Fn. 7. Dernburg bezeichnet die Zession künftiger Forderungen als zulässig, soweit hinreichende Individualisierbarkeit gewährleistet ist. 86 O. v. Gierke, Deutsches Privatrecht, 3. Bd., S. 185. 87 Eigentumsanwartschaft, S. 38. Thiemann verweist auf Titel 14 der sächsischen Prozessordnung von 1622: „Also auch wann einer bei Verkauffung des Guts wegen Bezahlung des Kaufgeldes nicht so sehr auf den Käuffer als auf dasselbe Gutt sich daran zu erholen, gesehen und ihme derowegen ausdrücklich auf den Fall, da er nicht bezahlen würde, das Eigenthumb daran vorbehalten thete, so würde er in solchem Falle, wann gleich keiner Verpfendung darneben gedacht were, vor allen anderen Gläubigern billig davon bezahlt.“ Hier wie bei Thiemann zitiert nach Duncker, Rheinisches Museum für Jurisprudenz, Bd. 5 (1833), 65, 183. Über die Rezeptionsgeschichte des pactum reservati dominii im gemeinen Recht: Schiemann, SavignyZ (rom.) 93 (1976), 165 ff.; Sandmann, Zur Geschichte des Eigentumsvorbehalts in Deutschland, S. 26 ff. Zu den Surrogaten des Eigentumsvorbehalts im römischen Recht Misera, in: Festschr. f. Serick, S. 275 ff.

104

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

derts wurde der Kreditkauf auch bei beweglichen Sachen zu einem gängigen Geschäftstypus. 88 Die schon zu dieser Zeit große praktische Bedeutung des Eigentumsvorbehalts auch im Verhältnis zwischen Einzelhändler und Endabnehmer lässt sich unter anderem an der Schaffung des Abzahlungsgesetzes im Jahr 189489 ablesen. Eine solche Regelung war nötig geworden, um die Auswüchse dieser Geschäftspraxis zu beschränken.90 Hierzu wurde in § 1 S. 2 AbzG die Verfallklausel verboten und in § 5 AbzG eine dem heutigen § 503 Abs. 2 S. 4 BGB sachlich entsprechende Regelung geschaffen, nach der die Rücknahme der Kaufsache durch den Verkäufer als Rücktritt vom Kaufvertrag galt. Überlegungen, den Eigentumsvorbehalt als Vorbehalt eines Pfandrechts an der Kaufsache zu deuten, konnten sich nicht durchsetzen. Solche Ansätze waren spätestens durch die Abschaffung der Mobiliarhypothek zum Scheitern verurteilt.91 Nach einer anderen Ansicht war der Eigentumsvorbehalt als auflösend bedingte Übertragung des Eigentums zu verstehen.92 Doch diese Deutung – so überzeugend sie im Hinblick auf den Schutz des Käufers vor Zahlung des Kaufpreises sein mag93 – widersprach der Handhabung in der Praxis und den dort verwendeten Formulierungen. Mit diesen war nur ein Verständnis als aufschiebend bedingte Übereignung vereinbar. Diese Ansicht gewann schließlich nach anfänglichem Schwanken auch in der Rechtsprechung die Oberhand.94 Auch wenn damit bereits Ende des 19. Jahrhunderts die Deutung des Eigentumsvorbehalts als Vereinbarung einer Resolutivbedingung in Wissenschaft und Praxis der ganz herrschenden Meinung entsprach, so fehlte es noch an einer dogmatischen Durchdringung der Position des Bedingungsberechtigten. Zwar 88 Lazarus, Das Recht des Abzahlungsgeschäftes, S. 3; Thiemann, Eigentumsanwartschaft, S. 52. 89 Gesetz v. 16. 5. 1894, RGBl. S. 450. 90 Der Abzahlungskauf kam auch in Form des so genannten „Möbelleihvertrags“ vor, der eine Frühform des Finanzierungsleasings war, vgl. Crisolli, Abzahlungsgesetz, Einleitung, S. 11; Fromherz, ZZP 38 (1909), 49 ff. 91 Im 20. Jahrhundert wurden sie freilich wieder von Arwed Blomeyer aufgenommen, der versuchte, den Eigentumsvorbehalt als eine „Abart des Pfandes“, nämlich als ein vom Gesetz zugelassenes Verfallspfand des Käufers, zu beschreiben. Blomeyer, Studien zur Bedingungslehre, S. 220–228, 269; ders., NJW 1951, 548. 92 Thibaut, System des Pandektenrechts, Bd. 2, S. 142; Müller, AcP 12 (1829), 247, 251; Leonhardt, Zur Lehre von den Rechtsverhältnissen am Grundeigenthum, Teil IV, S. 232 ff. Siehe auch Georgiades, Die Eigentumsanwartschaft beim Vorbehaltskauf, S. 153 ff. 93 Der Konstruktion eines Anwartschaftsrechts des Käufers hätte es dann jedenfalls nicht bedurft, um die Position des Vorbehaltskäufers zu beschreiben. Dass bei Annahme einer Suspensivbedingung ein Bedürfnis für eine Anerkennung einer Anwartschaft des Vorbehaltsverkäufers bestünde, muss bezweifelt werden, da der Verkäufer seine Position gerade nicht weiter übertragen können soll. Auch bildet dessen (Rück-) Erwerbsaussicht kaum einen tauglichen Vollstreckungsgegenstand, da der Käufer durch Zahlung des Kaufpreises allein über den Erwerb des Rechts bestimmen kann. Anders aber Georgiades, Die Eigentumsanwartschaft beim Vorbehaltskauf, S. 158 ff. 94 Siehe die Rechtsprechungsübersicht bei Thiemann, Eigentumsanwartschaft, S. 76, Fn. 2, 3.

A. Die kreditwirtschaftlichen Rahmenbedingungen

105

wurde dessen Rechtsstellung bereits von Jhering95 als „Anwartschaft“ bezeichnet, und es war auch schon gelungen, diese Position als „Vorwirkung“ der Rechtsfolgen der Verfügung zu beschreiben.96 Es fehlte aber noch an einer Deutung als verkehrsfähige Vermögensposition, die auch einen tauglichen Vollstreckungsgegenstand bildet. Das Fundament für die Anerkennung eines „Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers“, wie wir es heute kennen, war mit anderen Worten am Ende des 19. Jahrhunderts bereits gelegt, diese Grundlage wurde aber erst im 20. Jahrhundert zur Konstruktion eines subjektiven (Vermögens-) Rechts97 ausgenutzt, da offensichtlich erst dann ein praktisches Bedürfnis für die durch diese Verselbständigung erreichte Verkehrsfähigkeit98 bestand.

III. Zwischenergebnis Für den weiteren Gang der Untersuchung und insbesondere für das Verständnis der Regelung des BGB ist somit festzuhalten, dass die Übereignung beweglicher Sachen zum Zwecke der Sicherung von Forderungen schon vor Inkrafttreten des BGB fester Bestandteil des Rechtslebens war99 und intensiv genutzt wurde, um die Abschaffung der Mobiliarhypothek einerseits und die strengen Anforderungen des Faustpfandrechts andererseits zu umgehen. Desgleichen wurde auch die Zession einer (bestehenden) Forderung als Sicherungsmittel verwendet, um der Anzeigepflicht zu entgehen. Nach anfänglicher Uneinigkeit setzte sich in der Rechtsprechung des Reichsgerichts die Ansicht durch, dass solche Geschäfte weder als Schein- noch als Umgehungsgeschäft nichtig seien, sondern dass es sich vielmehr um eine zulässige Betätigung der vom Gesetz eingeräumten Verfügungstatbestände handele. Zeitgleich wurde in der Literatur gewissermaßen die „Theorie zur Praxis“ entwickelt, indem man sich auf die fiducia des älteren und klassischen römischen Rechts besann und erkannte, dass die Übertragung des Vollrechts nur treuhänderisch erfolgt, so dass sich die Bindungen des Sicherungsnehmers als Ausprägungen seiner Stellung als (eigennütziger) Treuhänder deuten lassen.

95

JheringJ 10, 585. Fitting, Über den Begriff der Rückbeziehung, S. 21 ff.; ders. ZHR 2, 255, Fn. 79. Fitting selbst bezog seine Lehre allerdings nicht auf den Eigentumsvorbehalt. Er nannte für die von ihm beschriebene Vorwirkung drei Anwendungsbeispiele aus dem römischen Recht: die testamentarisch verfügte Freilassung eines Sklaven, die auf den Todesfall bedingte Schenkung an einen Ehegatten sowie den Erwerb des Eigentums an Früchten durch den Nießbraucher mit Besitzbegründung. 97 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung I, S. 242. 98 Vgl. zu dieser Funktion der Anerkennung eines Anwartschaftsrechts Letzgus, Die Anwartschaft des Käufers unter Eigentumsvorbehalt, S. 2, und unten, S. 188. 99 Ebenso Luig, in: Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, S. 383, 390. 96

106

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

Erst recht der Eigentumsvorbehalt, also die auf die vollständige Zahlung der Kaufpreisschuld bedingte Übereignung der Kaufsache, war ein allgemein übliches Sicherungsmittel bei Abzahlungskäufen, das sogar mit dem Abzahlungsgesetz noch im 19. Jahrhundert eine rechtliche Regelung erfahren hatte. Insbesondere hatte sich zum Ende des 19. Jahrhunderts in dogmatischer Hinsicht die Auffassung durchgesetzt, dass es sich beim Eigentumsvorbehalt um eine aufschiebend bedingte Veräußerung handele, die schon vor Eintritt der Bedingung gewisse Vorwirkungen zu Gunsten des Erwerbers erzeugte. Die Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts wurden von der Praxis allerdings erst im 20. Jahrhundert entwickelt.100

B. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsübereignung Nachdem die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Entstehung der treuhänderischen Sicherheiten dargestellt wurden, soll deren weitere Differenzierung und Fortentwicklung unter der Geltung des BGB beleuchtet werden. Hierbei soll zunächst eine rein dogmatisch/konstruktive Analyse erfolgen, bei der die haftungsrechtlichen Wirkungen dieser Sicherheiten bewusst ausgeblendet werden. Diese Analyse wird zeigen, dass einfachen Sicherungsübertragungen konkreter Vermögensgegenstände insoweit keine grundsätzlichen Bedenken entgegenstehen. Erhebliche Probleme bereitet aber die Konstruktion so genannter revolvierender Globalsicherheiten, die die sicherungsweise Übertragung eines wechselnden Bestands von Vermögensgegenständen – Forderungen oder bewegliche Sachen – vorsehen. Das in § 4 zu zeigende haftungsrechtliche Legitimationsdefizit dieses Typus von Sicherheiten korrespondiert insofern mit ihrer zweifelhaften dogmatischen Gründung. Die folgenden Ausführungen werden dem mit der Entwicklung vertrauten Leser wenig Neues bieten, da sie im wesentlichen dazu dienen, die Hürden in Erinnerung zu rufen, die bei der „Profilierung der Mobiliarsicherheiten von heute“101 von Rechtsprechung und Praxis zu überwinden waren. Die Darstellung ist gleichwohl für diese Untersuchung wichtig, da der geschäftsmäßige und alltägliche Umgang mit diesen Instrumenten in Praxis, Wissenschaft und Lehre in Vergessenheit geraten lässt, welch grundlegenden dogmatischen Zweifeln und Unsicherheiten diese Rechte ausgesetzt sind. Diese Zweifel und Fragwürdigkeiten in Erinnerung zu rufen, soll Aufgabe dieses Abschnitts sein.

100 101

Zu Verlängerungen und Erweiterungen des Eigentumsvorbehalts unten, S. 200 ff. So der Titel des Beitrags von Serick in: Einhundert Jahre Konkursordnung, S. 271 ff.

B. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsübereignung

107

I. Die Behandlung der Eigentumsübertragung zur Sicherung einer Forderung bei der Schaffung des BGB Die Ausführungen sub A. haben gezeigt, dass schon der ersten Kommission der Sicherungskauf und die Sicherungsübereignung als Surrogate für die abgeschaffte Mobiliarhypothek bekannt waren. Jedenfalls zum Zeitpunkt der Abfassung des ersten Entwurfs hatte das Reichsgericht diese Vertragstypen bereits anerkannt. Aus der Analyse der Materialien wird sich ergeben, dass der BGBGesetzgeber die Möglichkeit der Übereignung mittels constitutum possessorium bewusst schrankenlos und ohne Rücksicht auf den mit der Übereignung verfolgten Zweck gewährt hat. Er hat damit die Sicherungsübereignung wenigstens „billigend in Kauf genommen“, so dass der Vorwurf der Umgehung des Gesetzeszwecks jedenfalls unter Geltung des BGB fehlgeht. Die Sicherungsübereignung ist nicht gewohnheitsrechtlich oder „praeter legem“102 entstanden; sie ist vielmehr ein vom BGB-Gesetzgeber toleriertes Institut.

1. Der Teilentwurf Johows und der Erste Entwurf Die erste Kommission beauftragte 1874 den Geheimen Oberjustizrat Reinhold Johow mit der Ausarbeitung eines Teilentwurfs zum Sachenrecht.103 Diesen legte er sechs Jahre später zusammen mit den immerhin 2200 Seiten umfassenden Motiven vor. a) Das Traditionsprinzip Schon der Johowsche Teilentwurf folgte hinsichtlich des Eigentumsübergangs an beweglichen Sachen dem Traditionsprinzip und stand damit in deutlichem Gegensatz zum Konsens- oder Vertragsprinzip, nach dem für den Übergang des Eigentums an einer Sache der Abschluss des Vertrags genügt.104 § 132 des Teilentwurfs Sachenrecht lautete: Das Eigenthum an einer beweglichen Sache wird im Falle der Uebertragung erworben durch die in dieser Absicht erfolgte Uebergabe der Sache von Seiten des Eigenthümers an den Erwerber.

102

So etwa Vieweg/Werner, Sachenrecht, Rn. 409. Zur Gesetzgebungsgeschichte der heutigen §§ 929 ff. BGB im Einzelnen und ausführlich: Schubert, Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung, S. 144 ff. 104 Coing, Europäisches Privatrecht, S. 396. Schon in der Vorkommission war über das Konsensprinzip beraten worden. Dort wurde es allerdings mit knapper Mehrheit abgelehnt, nicht zuletzt, weil es nicht dem gemeinen Recht und den meisten deutschen Partikularrechten entsprach. 103

108

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

Das Erfordernis der Übergabe wurde vor allem wegen der scharfen Trennung von Schuld- und Sachenrecht für notwendig erachtet. Das Erfordernis der traditio habe „den schwerwiegenden Zweckmäßigkeitsgrund für sich, dass sie als unzweideutiger Ausdruck des auf die Rechtsübertragung gerichteten Willens den dinglichen Vertrag von dem obligatorischen scharf abgrenzt.“105 Mit der Trennung von Schuld- und Sachenrecht, die sich nicht zuletzt in der strengen Durchführung des Abstraktionsprinzips zeigt, steht der Teilentwurf – wie später auch das BGB selbst – fest auf dem Boden der Pandektistik und ist insofern entscheidend durch die Lehren Savignys und später Windscheids beeinflusst.106 Der Einfluss der Pandektistik auf Johow zeigt sich auch deutlich in seinem Verständnis des Begriffs der Übergabe. Mit Windscheid verstand er die Übergabe als Ausdruck des auf „das Geben und Nehmen des Rechtes an der Sache“ gerichteten Willens in der Form des Gebens und Nehmens des Körpers der Sache.107 Die Übergabe wurde insofern vom Teilentwurf als Formerfordernis des Übereignungsvertrags verstanden,108 während die erste Kommission es nicht für nötig hielt, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Es genüge, „die Uebergabe als nothwendig präsentes Moment des dinglichen Vertrags zu bezeichnen.“109 Diese Sichtweise entspricht dem heutigen Verständnis, nach dem die Übergabe ein Realakt im Rahmen des zweigliedrigen Übereignungstatbestands des § 929 S. 1 BGB ist, mit dem der im (formlosen) Übereignungsvertrag ausgedrückte Wille der Parteien vollzogen wird.110 Zu betonen ist, dass Johow mit dem Übergabeerfordernis nicht die Gewährleistung von Publizität hinsichtlich des Eigentumswechsels bezweckte,111 son105 Begründung Teilentwurf zum Sachenrecht, Bd. I, S. 752, in: Schubert (Hrsg.), Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Sachenrecht, Teil 1. 106 Ranieri, in: Wissenschaft und Kodifikation, Bd. II, S. 90, 96; Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz, S. 52. 107 Begründung Teilentwurf zum Sachenrecht, Bd. I, S. 754, in: Schubert (Hrsg.), Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Sachenrecht, Teil 1; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 1, § 171, S. 509 f. 108 Ganz deutlich („Übergabe als Vertragsform“) Begründung Teilentwurf zum Sachenrecht, Bd. I, S. 755, in: Schubert (Hrsg.), Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Sachenrecht, Teil 1. 109 Prot. I, S. 3993, abgedruckt bei Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs – Sachenrecht I, S. 584. 110 Westermann, Sachenrecht, S. 274; Süß, in: Festschr. f. M. Wolff, S. 141, 143; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 887; Prütting, Sachenrecht, Rn. 371 f.; MünchKomm-BGB/Oechsler, § 929 Rn. 48. Streit besteht freilich darüber, wie das Verhältnis von Einigung und Übergabe im Einzelnen beschaffen ist, vgl. Staudinger/Wiegand, BGB, § 929 Rn. 77. Ein rein additives Verständnis vertritt Heck, Grundriß des Sachenrechts, § 55. Siehe auch unten, S. 129 ff. 111 So auch Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 301 ff. Insofern geht die Kritik von Süß, in: Festschr. f. M. Wolff, S. 141 ff. wohl auch fehl: Man mag das Traditionsprinzip als Atavismus sehen, wenn man das Trennungsprinzip für veraltet hält; keinesfalls kann die Charakterisierung als Atavismus aber dadurch gerechtfertigt werden, dass das Traditionsprinzip nicht (mehr) geeignet sei, „die Eigentumsübertragung beweglicher Sachen der Öffentlichkeit kundzutun“. Diese Aufgabe hatten ihm die Väter des BGB nie zugedacht.

B. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsübereignung

109

dern die Trennung von schuld- und sachenrechtlichem Geschäft. Insofern richtet sich die immer wieder gegen das Abstraktions- und Trennungsprinzip vorgebrachte Kritik zugleich auch gegen das Traditionsprinzip,112 das jedenfalls in der Sicht des historischen Gesetzgebers nur eine dienende Funktion hatte.113 Die heute übliche Verknüpfung oder gar Gleichsetzung des Traditionsprinzips mit dem Publizitätsprinzip114 erscheint dagegen jedenfalls vom Standpunkt des Teilentwurfs her verfehlt.115 Schon die Motive zum ersten Entwurf geben allerdings Anlass zu dem Missverständnis, dass das Traditionsprinzip Publizitätsfunktion habe. Dort heißt es, dass das Traditionsprinzip im Mobilienrecht ähnlichen Zwecken wie das Eintragungsprinzip im Immobilienrecht diene, „indem es ein Auseinanderfallen von Besitz und Eigenthum tunlichst verhütet und in einer, wenn auch dem Grundbuch gegenüber unvollkommenen, aber doch immer von großem praktischen Werthe bleibenden Weise zur Kundbarmachung des zeitigen Rechtszustandes beiträgt.“116 b) Übergabe durch constitutum possessorium Die Untauglichkeit des Traditionsprinzips – also des Übergabeerfordernisses – zur Gewährleistung von Publizität hinsichtlich des Übertragungsakts ergibt sich schon daraus, dass „Übergabe“ im Sinne schon des Johowschen Teilentwurfs auch die Verschaffung des Besitzes mittels constitutum possessorium umfasste: Johow verweist in den Motiven des Teilentwurfs für die Übergabe auf die §§ 57 ff. des Teilentwurfs, wobei sich unter den dort geregelten Übergabetatbeständen in § 62 auch die Übergabe mittels constitutum possessorium findet. Da besitzrechtlich die Übergabe auch mittels Besitzkonstituts möglich sein sollte,117 konnte sich nur die Frage stellen, ob einer solchen Besitzererwerbung „ohne Wechsel der tatsächlichen Gewalt“118 „die dingliche Wirkung zu versagen sei“119. Diese Frage wird in den Motiven zum Teilentwurf ausführlich erörtert, allerdings nicht vor dem Hintergrund der Möglichkeit eines „heimlichen“ Eigentumswechsels – also einer Durchbrechung des Publizitätsprinzips –, sondern aufgrund einzelner landesrechtlicher Vorschriften,120 die einer Übereignung 112

Westermann, Sachenrecht, S. 275; Kohler, ArchBR 18 (1900), 1 ff. So insbesondere Süß, in: Festschr. f. M. Wolff, S. 143 ff. 114 Vgl. nur Stadler, Abstraktion und Gestaltungsfreiheit, S. 120 ff.; Soergel/Henssler, BGB, Vor § 929 Rn. 10. 115 Wacke, Das Besitzkonstitut als Übergabesurrogat, S. 29 ff. 116 Motive, S. 334 = Mugdan, Bd. III, S. 185. 117 Insofern ist nach der Konstruktion des Teilentwurfs und des 1. Entwurfs das Besitzkonstitut nicht Übergabesurrogat, sondern besondere Form der Besitzverschaffung. 118 Begründung Teilentwurf zum Sachenrecht, Bd. I, S. 403. 119 Begründung Teilentwurf zum Sachenrecht, Bd. I, S. 756. 120 Verwiesen wird in der Begründung auf das oldenburgische und braunschweigische Pfandgesetz. 113

110

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

mittels Besitzkonstituts gerade wegen der hierdurch eröffneten Möglichkeit der Umgehung des Verbots der Mobiliarhypothek und der Pfandrechtsvorschriften die dingliche Wirkung versagten. Die Erörterungen zeigen deutlich, dass auch Johow das Institut des Sicherungskaufs kannte und sich auch seiner Sicherungsfunktion vollkommen bewusst war. Dennoch hielt er eine Beschränkung der dinglichen Wirkungen des Besitzkonstituts nicht für angezeigt: Eine „bloß simulierte Eigentumsübertragung“ sei ohnehin nichtig, wobei sich die Simulierung aus den in der Praxis obwaltenden Umständen leicht erkennen lasse. Außerdem wird in den Motiven die Notwendigkeit der „Ernstlichkeit“ des Besitzmittlungsverhältnisses betont, an der es bei simulierten Geschäften offenbar fehlen soll. Schließlich führt Johow an, dass ein Verbot des constitutum possessorium leicht durch Übergabe und Rückgabe der Sache umgangen werden könne.121 Die Motive zum ersten Entwurf nehmen diese Argumente gegen eine Beschränkung des Besitzkonstituts auf und ergänzen sie dahingehend, dass der Richter bei der Besitzübergabe, die ja kein Rechtsgeschäft sei, strengere Anforderungen an den Beweis der Ernstlichkeit stellen könne, so dass der behauptete konsensuale Besitzwechsel verneint werden könne, „wenn gewichtige Zweifel an der Ernstlichkeit der zu dem Zwecke desselben abgegebenen Erklärungen vorliegen.“122 Johow konnte man noch zugute halten, dass er bei Abfassung der Motive zum Vorentwurf noch nicht wissen konnte, dass das Reichsgericht den Sicherungskauf gerade nicht als „simulierte“ Eigentumsübertragung einordnen würde. Zum Zeitpunkt der Abfassung des ersten Entwurfs und der Motive hatte das Reichsgericht dem Sicherungskauf jedoch bereits den höchstrichterlichen Segen erteilt,123 so dass die Ausführungen in den Motiven insoweit nicht auf der Höhe der aktuellen Rechtsprechung waren, welche der Sicherungsübereignung trotz ihres Umgehungscharakters dingliche Wirksamkeit zusprach. Diese Zurückhaltung der ersten und auch noch der zweiten Kommission bei der Auseinandersetzung mit dem in der Praxis schon damals ubiquitären Phänomen der besitzlosen, fiduziarischen Sicherheiten lässt sich vielleicht am besten mit dem rechtswissenschaftlichen Selbstverständnis der damaligen Zeit erklären. Dieses zeigt sich ganz deutlich bei Windscheid, nach dem „ethische, politische oder volkswirtschaftliche Überlegungen nicht Sache des Juristen als solche“ sind.124 Freilich galt diese ethische Autonomie des Rechts nur für den Juristen „als solchen“, also gerade dann nicht, wenn er nicht Recht anwendet, 121

Begründung Teilentwurf zum Sachenrecht, S. 757 f. Motive, Bd. 3, S. 336 = Mugdan, Bd. III, S. 186. 123 Siehe oben, bei Fn. 50, RGZ 2, 168 ff.; Urt. v. 10. 1. 1885, RGZ 13, 200 ff. 124 Die Aufgaben der Rechtswissenschaft, in: Gesammelte Reden und Abhandlungen, S. 100, 112. Zur Bedeutung dieses Diktums für die richterliche Rechtsfortbildung Flume, Schlussvortrag vor dem 46. DJT (1966), Bd. II, Teil K, S. 17. 122

B. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsübereignung

111

sondern als Gesetzgeber selber Recht schöpft. Auch wenn sich in den Protokollen der Beratungen der ersten und vor allem der zweiten Kommission immer wieder volkswirtschaftliche Erwägungen finden, war der Auftrag der ersten Kommission auf die „Innere Wahrheit und Folgerichtigkeit des Privatrechts“125 gerichtet. Gerade in der Behandlung der Sicherungsübereignung zeigt sich insofern deutlich die große Bedeutung des „logischen Formalismus“ insbesondere für die Konzeption des Sachenrechts: 126 Um Schuld- und Sachenrecht scharf voneinander zu trennen, hielt man es für erforderlich, die Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses unabhängig von Zweck und Charakter der causa als wirksame Übergabe im Rahmen der Eigentumsübertragung zu begreifen. Die Selbstständigkeit des Sachenrechts sollte trotz bekannter und gewichtiger kreditpolitischer Bedenken nicht durch eine Ausnahme bei der Anerkennung von Besitzkonstituten zu Sicherungszwecken gefährdet werden.

2. Kritik am ersten Entwurf Der erste Entwurf war Gegenstand einer lebhaften und intensiv geführten Debatte. Otto von Gierke127 und viele andere128 kritisierten vor allem den blutleeren Doktrinarismus des ersten Entwurfs gerade auch in Bezug auf die starre Durchführung der sachenrechtlichen Prinzipien wie etwa des Traditionsprinzips.129 In Bezug auf das Faustpfandprinzip kritisiert v. Gierke, dass das Übergabeerfordernis nicht den Bedürfnissen der Fabrikanten, Handwerker, Kaufleute und Landwirte entspreche. Diese Gruppen seien auf ein besitzloses Pfandrecht zur Erlangung billigen Kredits angewiesen. Das Faustpfandprinzip fördere daher künstlich „allerlei ungesunde Rechtsgeschäfte“. Der Entwurf verschaffe den „berüchtigten Möbelleihverträgen einschließlich den damit verbundenen Verfallverträgen freieste Bahn usw. Solchen wirtschaftlich verderblichen Geschäften würde die Einrichtung öffentlicher Pfandregister wirksam begegnen.“130 Die Forderung nach der Schaffung eines Mobiliarsicherheitenregisters war zuvor bereits von Wernick erhoben worden.131 Wernick wollte zwar grundsätzlich am Erfordernis der Übergabe bei der Pfandrechtsbestellung festhalten, 125

Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 469. Wieacker, Pandektenwissenschaft und Industrielle Revolution, in: Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 66. 127 Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht (1889); ders., Die sociale Aufgabe des Privatrechts (1889). 128 Zur Kritik am ersten Entwurf, soweit sie sich auf die Regelungen zum Faustpfand und zur Ermöglichung der Sicherungsübereignung bezog, siehe grundlegend Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S. 168 ff. 129 v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 303, 336. 130 v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 388. 131 Wernick, in: Gutachten aus dem Anwaltstande, S. 376, 382 ff. 126

112

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

allerdings wollte er insoweit auch das constitutum possessorium als Übergabeform zulassen. Durch Besitzkonstitut begründete Pfandrechte hätten nach seinem Vorschlag der Eintragung in ein nach dem Personalfoliensystem aufgebautes Register bedurft. Speziell mit den Vorschriften des ersten Entwurfs über die Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen setzte sich auch Cosack auseinander.132 Dem Traditionsprinzip stimmte er wie die meisten anderen Kritiker grundsätzlich zu.133 Cosack führte als Begründung für das Übergabeerfordernis allerdings weder Publizitätsgesichtspunkte noch die Notwendigkeit der Trennung von Schuld- und Sachenrecht an. Er stellte vielmehr in den Vordergrund, dass es das Übergabeerfordernis dem Nichtbesitzer unmöglich mache, über die Sache zu verfügen. Dies sei gerade unter dem Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes erwünscht, denn ein Bedürfnis, dass der Eigentümer auch Sachen, die er nicht besitzt, übereignen könne, bestünde nicht: „Nur wer tatsächlich kraft eigener Gewahrsam als Herr der Sache erscheint, oder wer von dem Dritten Inhaber als der Herr der Sache anerkannt wird, darf über die Sache dinglich verfügen.“134 Die Probleme, die hierdurch insbesondere bei der Verfügung des Eigentümers über ihm gestohlene Sachen, die einem gutgläubigen Dritten übertragen wurden,135 entstehen können, meinte Cosack über die „Abtretung der dinglichen Klage“ lösen zu können. Heute lässt die herrschende Meinung in diesen Fällen ausnahmsweise die bloße Einigung genügen und macht insofern eine Ausnahme vom Traditionsprinzip.136 Auch wenn Cosack wie dargestellt das Traditionsprinzip gerade aus Verkehrsschutzgründen für wesentlich ansah, um Verfügungen des Nichtbesitzers auszuschließen, hielt er dennoch die Übereignung mittels constitutum possessorium nicht nur für möglich, sondern wegen ihrer praktischen Bedeutung für zwingend notwendig – wobei er sich freilich nicht auf die Sicherungsübereignung, sondern auf das Kommissionsgeschäft bezog. Die vom Entwurf angenommene Beweislast des Erwerbers für die Ernstlichkeit des Besitzmittlungsverhältnisses wurde von Cosack sogar abgelehnt; er hielt vielmehr auch insoweit die allgemeine Regel für anwendbar, nach der derjenige für die Nichternstlichkeit eines

132

Das Sachenrecht im Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches (1889). A.a.O., S. 21; ebenso etwa auch O. v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 336. 134 A.a.O., S. 23. 135 Zwar erwirbt der Dritte gemäß § 935 BGB kein Eigentum, ein Herausgabeanspruch aus § 823 BGB besteht jedoch mangels Verschuldens nicht. Das Problem kann etwa bei der Übertragung des Eigentums an einem gestohlenen PKW an die leistende Kaskoversicherung auftreten. Vgl. A.2.10.3 Allgemeine Bedingungen für die KFZ-Versicherung (2008). 136 Palandt/Bassenge, BGB, § 931 Rn. 3; Prütting, Sachenrecht, Rn. 385. Anders Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 914, der insoweit den historischen Vorstellungen entsprechend die Abtretung des Herausgabeanspruchs aus § 985 für möglich und erforderlich hält. 133

B. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsübereignung

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Rechtsgeschäfts beweisbelastet ist, der diese behauptet.137 Nach seiner Ansicht sollte es ausreichen, wenn der Veräußerer die Sache „hat“; unter dieser Voraussetzung „scheint sogar der schlichte Übereignungsvertrag zu genügen“.138 Die wohl erste monographische Behandlung der fiduziarischen Sicherheiten verdanken wir Leist, der zwar seine Schrift „Die Sicherung von Forderungen durch Übereignung von Mobilien“139 während der Diskussionsphase des ersten Entwurfs veröffentlichte, die Kritik an diesem aber nicht in das Zentrum seiner Überlegungen stellte. Ihm ging es vielmehr um eine Würdigung der „Sicherung durch Übereignung von Mobilien“ vor dem Hintergrund des geltenden Rechts. Nur in einem kurzen Schlussteil setzt er sich mit den Entwurfsregelungen zu bedingten Eigentumsübertragungen und Übereignungen mittels Besitzkonstituts auseinander und kritisiert diese scharf.140 Sein Hauptkritikpunkt war, dass der Entwurf die „Übelstände“ bei der Sicherung von Forderungen – nämlich die Umgehung des Verbots der Mobiliarhypothek und der lex commissoria – nicht beseitigte, sondern der Anerkennung dieser Sicherheiten den Weg ebnete. Leist lehnte ein Bedürfnis nach besitzlosen Sicherheiten nicht grundsätzlich ab, forderte aber insoweit die Entwicklung angemessener Instrumente, wobei auch er auf die „Einrichtung öffentlicher Bücher zur Eintragung der Mobiliarhypothek“141 hinwies.

3. Die Beratungen der zweiten Kommission Der zweiten Kommission lagen bei ihren Beratungen mehrere Anträge vor, die sich mit der Übereignung durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts befassten. Diese reichten vom gänzlichen Verbot der Übereignung durch constitutum possessorium bis zu verschiedenen Anträgen, welche die Anforderungen an das erforderliche Besitzmittlungsverhältnis betrafen. Eine Mittelstellung nahm ein Antrag ein, der ein Verbot nur bezüglich solcher Übereignungen vorsah, die zu Sicherungszwecken vorgenommen wurden. Gegen ein generelles Verbot wurde in den Beratungen – ermutigt möglicherweise durch die Ausführungen Cosacks – geltend gemacht, dass die Übereignung mittels constitutum possessorium „einem Bedürfnis entspreche, das vom Gesetzgeber nicht ignorirt [sic] werden könne“.142 Im Übrigen könne ein Verbot nur allzu leicht umgangen werden. Die grundsätzliche Notwendigkeit einer Übereignung mittels Besitzkonstituts wurde von den Mitgliedern der zweiten 137 138 139 140 141 142

Cosack, Das Sachenrecht im Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches, S. 23. A.a.O., S. 22. Jena 1889. A.a.O., S. 104 ff. A.a.O., S. 108. Prot. II, S. 3681 = Mugdan, Bd. 3, S. 624.

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Kommission insofern nicht bezweifelt. Allerdings ging man auch nicht so weit wie Cosack, der ja angedeutet hatte, dass die bloße Einigung genügen könnte. Zur Trennung von schuld- und sachenrechtlichem Geschäft hielt man am Erfordernis der Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses fest.143 Streitig war allerdings, welche Anforderungen im Einzelnen an das constitutum possessorium im Rahmen der Eigentumsübertragung gestellt werden sollten. Ein Antrag, nach dem als taugliches Besitzkonstitut nur Nießbrauch, Miete, Pacht und Verwahrung qualifiziert sein sollten, wurde als zu eng verworfen; auch außerhalb der genannten Bedürfnisse könne die Übereignung mittels Besitzkonstituts unbedenklich sein. Die Diskussion spitzte sich schließlich auf die Frage zu, ob ein „abstraktes“ Besitzmittlungsverhältnis genügen sollte – ob es mit anderen Worten ausreiche, wenn der Veräußerer in Zukunft, aus welchem Grund auch immer, für den Erwerber besitzen wolle –, oder ob ein konkretes Besitzmittlungsverhältnis im Sinne eines besonderen Rechtsverhältnisses erforderlich sei. Die Mehrheit hielt jedenfalls ein vermeintliches Rechtsverhältnis für erforderlich, denn hierdurch werde die Ernstlichkeit des Willens der Parteien klargestellt, dass „sie die Übergabe durch eine Erklärung des Veräußerers ersetzt wissen wollten“.144 Dass sowohl diese Begründung als auch die letztlich gewählte Lösung einer beispielsweisen Aufzählung von tauglichen Besitzmittlungsverhältnissen durchaus Fragen offenlässt, zeigt nicht zuletzt die bis heute andauernde Diskussion um die Frage, ob und wann ein Besitzkonstitut hinreichend „konkret“ ist.145 Besondere Würdigung verdient in unserem Zusammenhang der Antrag von Achilles, der darauf gerichtet war, die Übereignung mittels constitutum possessorium zu Sicherungszwecken auszuschließen. Dieser lautete: „Diese Vorschrift (Ersatz der körperlichen Übergabe durch const. poss.) fi ndet keine Anwendung, wenn die Umstände ergeben, dass durch die Veräußerung dem Erwerber Sicherheit wegen einer Forderung verschafft werden soll.“146

Begründet wurde dieser Antrag mit dem „häufigen Mißbrauch“ der Übergabe durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts, um dem Gläubiger Sicherheit wegen einer Forderung unter Umgehung der Pfandrechtsvorschriften zu verschaffen. Dieselben Gründe, die den Gesetzgeber zur Abschaffung der Mobiliarhy143 „Es handele sich vielmehr darum, durch die Übergabe den ernstlichen Willen festzustellen, daß eine dingliche Wirkung beabsichtigt sei. Von diesem Standpunkt aus lasse sich prinzipiell das const. poss. wohl rechtfertigen.“ Prot. II, S. 3681 = Mugdan, Bd. 3, S. 625. 144 Prot. II, S. 3683 = Mugdan, Bd. 3, S. 625. 145 Zu diesem Streit Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 131 ff.; siehe auch Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 905. Durch die Anerkennung antizipierter Globalübereignungen haben sich aber insoweit die Grenzen wohl deutlich über das hinausgeschoben, was sich die Väter des BGB unter einem tauglichen Besitzmittlungsverhältnis vorstellten. Hierzu auf S. 134 ff. 146 Abgedruckt bei Jakobs/Schubert, Die Beratung des bürgerlichen Gesetzbuchs – Sachenrecht I, S. 594.

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pothek bewogen hätten, richteten sich auch gegen die Sicherungsübereignung; „sehr häufig bezwecke das letztgedachte Rechtsgeschäft eine Benachtheiligung anderer Gläubiger, in jedem Falle sei es geeignet, diese über die Kreditfähigkeit des Schuldners zu täuschen.“ Die Rechtsprechung habe sich bisher vergeblich bemüht, „auf Grund des geltenden Rechts die Unwirksamkeit solcher Übereignungen zu rechtfertigen (. . .). Auch die keineswegs übereinstimmenden (vgl. Entsch. 13 S. 204) Entscheidungen des Reichsgerichts bezüglich der vorliegenden Frage könnten als befriedigend nicht angesehen werden.“ Zwar sei die vorgeschlagene Vorschrift umgangbar, Übergabe und anschließende Rückgabe seien aber so aufwändig, dass sie in der Praxis wohl selten vorkommen dürften, weshalb die Vorschrift für die regelmäßigen Fälle dem Bedürfnisse genüge.147 Dieser Antrag war sowohl in praktischer wie in dogmatischer Hinsicht besonders brisant. Nicht nur hätte er das Schicksal der Sicherungsübereignung besiegelt, er hätte auch eine Durchbrechung des sonst so sorgsam durchgeführten Abstraktionsprinzips bedeutet. Denn nach der vorgeschlagenen Regel wäre die Wirksamkeit einer Verfügung von der Funktion des zugrunde liegenden Kausalgeschäfts abhängig gewesen. Schon aus diesem systematischen Grund fand er auch keine Mehrheit in der zweiten Kommission: „Die Vorschrift würde sich als eine rein positive Ausnahme von dem aus gewichtigen Gründen angenommenen Grundsatze der Unabhängigkeit der Übereignung von ihrem Rechtsgrunde darstellen. Nur ein dringendes praktisches Bedürfnis könne eine derartige Ausnahme rechtfertigen; ein solches liege aber nicht vor.“ Etwas unglücklich nimmt sich nach dieser schneidigen dogmatischen Begründung die weitere eher funktional angelegte Überlegung aus, dass die Tatsache, dass der Gesetzgeber für die Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts die Übergabe verlange, nicht bedeute, dass er das gleiche Erfordernis auch für die Übereignung zur Sicherheit vorzusehen habe. Eine Begründung für diese Auffassung wird nicht gegeben. Auch die Abgrenzung der Sicherungsübereignung zur Mobiliarhypothek gelingt nicht vollkommen überzeugend: Die Mehrheit meinte diesbezüglich, dass „der wesentliche Unterschied [darin bestehe], daß die letztere [die Sicherungsübereignung] die besonders bedenkliche Begründung konkurrierender Rechte für mehrere Gläubiger nicht zulasse.“148 Aus heutiger Sicht wissen wir allerdings, dass gerade die fehlende Möglichkeit der Zuweisung von Rangverhältnissen bei vollrechtsbasierten Sicherungsrechten unter dem Gesichtspunkt der Übersicherung äußerst problematisch ist,149 und wir wissen auch, dass die Gefahr von Kollisionen mehrerer Sicherungsnehmer gerade bei der Sicherungsübereignung erheblich ist.150 147 148 149 150

Prot. II, S. 3687 ff. = Mugdan, Bd. 3, S. 626. Prot. II, S. 3689 = Mugdan, Bd. 3, S. 626. Hierzu unter S. 284 ff. Larenz schreibt, dass die Sicherungsübereignung „die Nachteile des heimlichen

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Überzeugend widerlegt die Mehrheitsmeinung freilich den der Sicherungsübereignung immer wieder gemachten Vorwurf, sie würde Täuschungen anderer Gläubiger im Hinblick auf die Bonität des Schuldners Vorschub leisten. Vollkommen zutreffend weist die Kommission darauf hin, dass „die Gläubiger . . . ganz im Allgemeinen ohnehin nicht berechtigt [seien], sich darauf zu verlassen, dass alle im Besitze des Schuldners befindlichen Sachen diesem auch gehörten.“151 Das Argument von der angeblichen Irreführung der Gläubiger verkennt, dass der Besitz einer Sache nichts über ihre haftungsrechtliche Zuweisung aussagt, wie schon das Beispiel des Mietvertrags hinreichend deutlich zeigt. Der Besitz – genauer: die Besitzverschaffungsmacht – mag hinsichtlich der Verfügungsmacht geeigneter Rechtsscheinträger sein; keinesfalls erlaubt aber das bloße Halten einer Sache die Vermutung, dass die Sache auch für die Schulden des Besitzers haftet. In rechtspolitischer Hinsicht bezeichnete die zweite Kommission die Sicherungsübereignung als erforderlich zur Deckung des Kreditbedürfnisses der „kleinen Leute“. Diese hätten kein Immobiliarvermögen als Sicherheit anzubieten und seien zugleich auf den Besitz und Gebrauch der Sicherungsgegenstände angewiesen. Deutlich wird aus diesen Erörterungen, dass die zweite Kommission sich intensiv – wenngleich auch mit unterschiedlicher Überzeugungskraft – mit den dogmatischen, funktionalen und rechtspolitischen Einwänden gegen die Sicherungsübereignung mittels constitutum possessorium auseinandergesetzt hat. Die Ablehnung eines Verbots der Sicherungsübereignung lässt sich nicht zuletzt darauf zurückführen, dass dem Gesetzgeber einerseits das rechtspolitische Bedürfnis für eine besitzlose Sicherheit sehr wohl bewusst war und andererseits keine Vorschläge auf dem Tisch lagen, wie dieses in sachgerechter Weise anders als durch die Übereignung mittels constitutum possessorium zu befriedigen wäre. Für das unter anderem von Wernick, v. Gierke und Leist ins Spiel gebrachte Registerpfandrecht war die Zeit damals noch nicht reif. Die beklagte „Halbherzigkeit“152 des Gesetzgebers bei der Normierung der Sicherungsübereignung beruht insofern wohl entscheidend darauf, dass dem Gesetzgeber die Schwächen der Sicherungsübereinung nur zu deutlich bewusst waren, er aber keine bessere Antwort auf die unabweisbaren rechtspolitischen Bedürfnisse geben konnte. So schob man die Lösung der schon aus der bisherigen reichsgerichtlichen Rechtsprechung bekannten Probleme den Gerichten zu. Die Entscheidung des Gesetzgebers für das Faustpfandprinzip einerseits und die Billigung der Sicherungsübereignung andererseits hat Otto Bähr anPfandes, die das Gesetz hatte vermeiden wollen, mit der Gefahr übermäßiger Sicherungen“ verbindet (Kennzeichen geglückter richterlicher Rechtsfortbildung, S. 7). 151 Prot. II, S. 3690 = Mugdan, Bd. 3, S. 627. So auch Drobnig, Gutachten für den 51. DJT (1976), Teil F, S. 59. 152 Staudinger/Wiegand, BGB, Anh. zu §§ 929 ff Rn. 7.

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schaulich mit dem Verhalten eines Mannes verglichen, der an seinem Garten eine sorgfältig verschlossene Tür anbringt und daneben den Zaun sperrweit offen lässt.153

4. Konsequenzen für die Auslegung der §§ 929, 930, 1204 ff. BGB Für die Auslegung der §§ 929, 930 BGB ergibt sich für die einfache Sicherungsübereignung ein klares Ergebnis: Dem Gesetzgeber war die Sicherungsübereignung als Rechtsinstitut bekannt, er billigte sie in rechtspolitischer Hinsicht und schuf durch die schrankenlose Ermöglichung der Übereignung mittels Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses bewusst die erforderlichen positiven Voraussetzungen für solche Geschäfte. Der gesetzgeberische Wille der Anerkennung der Vollrechtsübertragung zur Sicherheit spiegelt sich schließlich auch in § 223 Abs. 2 a. F. BGB (heute § 216 Abs. 2 BGB) wider, der sich mit der Verjährung von Ansprüchen befasst, die durch die Übertragung eines Rechts gesichert sind. § 216 Abs. 2 BGB setzt die Zulässigkeit einer sicherungshalber vorgenommenen Rechtsübertragung voraus.154 Insofern geht es fehl, die Sicherungsübereignung als eine Frucht richterlicher Rechtsfortbildung zu beschreiben, die praeter 155 oder sogar contra156 legem entwickelt wurde.157 Vielmehr steht spätestens seit den Untersuchungen von Schubert158 und Gaul159 fest, dass „die Institution der Sicherungsübereignung im Zeitpunkt des Inkrafttretens des BGB fest im bürgerlichen Recht verankert 153 Zitiert bei Frotz, Gutachten zum 4. Österreichischen Juristentag 1970, Teil 3 Bd. 1, S. 110. Hromadka, JuS 1980, 89, 92, meint, der Gesetzgeber habe die fehlende Abstimmung übersehen. Ihm zustimmend U. Ernst, Mobiliarsicherheiten, S. 30. 154 Düringer, LZ 1908, 98; v. Tuhr, Allgemeiner Teil II/2, S. 189 Fn. 22; MünchKommBGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 3. A. A. Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 40, der der Ansicht ist, dass mit der Formulierung „Übertragung eines Rechts“ nur Übertragungen nach §§ 413, 398 BGB gemeint seien. Wenn auch die Übertragung des Eigentums gemeint sei, spreche das BGB dies an anderen Stellen ausdrücklich aus. § 223 BGB könne daher nicht als Argument für die Anerkennung der Sicherungsübereignung herangezogen werden. § 223 Abs. 2 BGB handele also nur von der Sicherungszession. Eine gesetzliche Anerkennung der letzteren gebe es nicht. 155 Vieweg/Werner, Sachenrecht, § 12 Rn. 4. Ähnlich auch Baur/Stürner, Sachenrecht, § 56 Rn. 1; Mühl, in: Festschr. f. Serick, S. 285. 156 Larenz, Kennzeichen geglückter richterlicher Rechtsfortbildung, S. 6. 157 Luig, in: Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, S. 383, 405; Jauernig/Jauernig, BGB, § 930 Rn. 20; Möller, in: Persönlichkeitsschutz und Eigentumsfreiheit in Japan und Deutschland, S. 211, 215. 158 Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung, insbes. S. 163. 159 AcP 168 (1968), 351, 359. Gaul zustimmend Jauernig/Jauernig, BGB, § 930 Rn. 20. Siehe auch Staudinger/Wiegand, BGB, § 930 Rn. 2; Soergel/Henssler, BGB, § 930 Anh Rn. 2; Wacke, Das Besitzkonstitut als Übergabesurrogat, S. 66.

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war.“160 „Der Gesetzgeber hat das Nebeneinander von Faustpfand und Sicherungsübereignung mittels Besitzkonstituts „ganz klar“ vor Augen gehabt „und dennoch beides nebeneinander gelten lassen wollen.“161 Er hat die Übereignung einer beweglichen Sache mittels Besitzkonstituts zur Sicherung einer Forderung im Rahmen von § 930 BGB jedenfalls „bewusst toleriert“ und durch die Schaffung von § 223 Abs. 2 BGB sogar anerkannt. Die sich dennoch hartnäckig haltende Charakterisierung der Sicherungsübereignung als ein Produkt der Rechtsfortbildung ist daher jedenfalls für die einfache Sicherungsübereignung abzulehnen. Anders zu beurteilen sind die im folgenden Abschnitt darzustellenden Weiterentwicklungen hin zur Globalübereignung eines wechselnden Bestands von Sachen mit unterschiedlichem vermögensrechtlichem Status.162 Die Analyse dieser Sicherungsrechte wird zeigen, dass durch die Anerkennung revolvierender Sicherheiten das dogmatische Fundament der vom BGB-Gesetzgeber geschaffenen oder doch „bewusst tolerierten“ Sicherheiten verlassen wurde.163 Ein „Geburtsfehler“,164 unter dem Sicherheiten an künftigen Vermögensgegenständen und insbesondere revolvierende Sicherheiten bis heute leiden.

II. Die gewohnheitsrechtliche Verfestigung der Sicherungsübereignung nach Inkrafttreten des BGB Nach dem Inkrafttreten des BGB am 1. Januar 1900 dauerte es nicht lange, bis das Reichsgericht die Zulässigkeit der Übereignung zur Sicherung einer Forderung auch nach neuem Recht anerkannte.165 Zwar gab es eine „Phase kurzen Zögerns“,166 wobei sich die Unsicherheiten jedoch weniger auf die grundsätzliche Anerkennung der Sicherungsübereignung als mehr auf die Erfordernisse hinsichtlich der Ausgestaltung des Besitzkonstituts bezogen.

160 Luig, in: Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, S. 383, 392. Siehe auch Giesen, AcP 203 (2003), 210, 211. 161 Gaul, AcP 168 (1968), 351, 359. 162 Siehe S. 141 ff. 163 Zutreffend Hoeniger, JW 1930, 2936, der das Verdikt der richterlichen Rechtsfortbildung „praeter - vielleicht sogar contra legem“ nur gegen die Sicherungsübereignung von Warenlagern richtet. 164 Hoeniger, JW 1930, 2936. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 522, spricht von einem „Sündenfall“, wobei er diesen Vorwurf freilich schon gegen die Verleugnung des Faustpfandprinzips durch die Anerkennung der Sicherungsübereignung richtet. 165 Voraus gingen einige nach dem 1. 1. 1900 ergangene Urteile zum alten Recht, in denen das Reichsgericht durchaus vorsichtig mit der Anerkennung von Sicherungsübereignungen verfuhr, hierzu im Einzelnen Luig, in: Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, S. 383, 393 ff. 166 Luig, in: Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, S. 383, 405.

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Schon 1902 stellte das Gericht klar, dass auch das neue Recht Sicherungskaufverträge nicht verbiete; insbesondere § 1205 BGB wurde also wie schon die Faustpfandvorschriften des alten Rechts nicht als Verbot der Sicherungsübereignung gedeutet. Zutreffend führte das Gericht weiter an, dass sich auch aus den Motiven nicht ergebe, dass der Gesetzgeber von der früheren Rechtsprechung habe abweichen wollen.167 1904 schließlich sprach der VII. Senat schon von einer „ständigen Rechtsprechung“, nach der Sicherungsübereignungen mittels constitutum possessorium auch nach neuem Recht zulässig seien168 und verwies zur Rechtfertigung auf § 223 Abs. 2 a. F. BGB.169 Bemerkenswert ist allerdings die Geschwindigkeit, mit der die reine Sicherungsübereignung als „festes Gewohnheitsrecht“170 anerkannt wurde. Die unter dem alten Recht noch häufige Einkleidung in einen so genannten Sicherungskauf wurde bald als „unnatürliches Angstprodukt“ oder „juristischer Humbug“ beschrieben.171 Uneinigkeit bestand insoweit nicht mehr im Grundsätzlichen, sondern nur in Bezug auf die Einzelheiten der Ausgestaltung der Sicherungsübereignung. Insbesondere wurde über die Anforderungen an das Besitzmittlungsverhältnis im Rahmen von § 930 BGB sowie über die Anwendbarkeit einzelner pfandrechtlicher Vorschriften auf die Sicherungsübereignung gestritten. Im Vordergrund stand und steht insoweit die Zulässigkeit einer Verfallvereinbarung.

1. Das Erfordernis des „konkreten“ Besitzmittlungsverhältnisses Wie dargestellt, liegt den Übereignungstatbeständen des BGB das Traditionsprinzip zugrunde. Durch das Übergabeerfordernis sollten schuld- und sachenrechtliches Geschäft klar voneinander getrennt werden können. Gegen die strenge Durchführung des Traditionsprinzips im Sinne eines Traditionszwanges wandte sich Heck, der forderte, das Traditions-“prinzip“ durch eine Traditions“maxime“ zu ersetzen, nach der das Eigentum im Zweifel erst mit der Übergabe der Sache übergehe. Die Durchbrechungen dieser Maxime durch die §§ 929 S. 2, 930, 931 BGB seien so gewichtig, dass man von einem „Prinzip“ nicht sprechen könne. Für die Auslegung von § 930 BGB zog er hieraus die Konsequenz, dass es angesichts der vom Gesetz höher bewerteten Parteiinteressen nicht haltbar 167

RG, Urt. v. 17. 6. 1902, JW 1902 Beilage, 259. RG, Urt. v. 8. 11. 1904, RGZ 59, 146, 147. Schon die Entscheidung RG, Urt. v. 22. 1. 1910, JW 1910, 390, verweist darauf, dass diese Ansicht „vielfach“ in den Urteilen des Reichsgerichts vertreten worden sei. 169 RG, Urt. v. 11. 3. 1904, RGZ 57, 175. Einen Überblick über die Fülle der Urteile der Oberlandesgerichte und des Reichsgerichts zu Sicherungsübereignung und -zession bis 1912 gibt Schäfer, ArchBR 37 (1913), 1 ff. 170 Heck, Grundriß des Sachenrechts, § 107 Nr. 3. 171 Hallbauer, Das Recht, 1905, 632, 634, 661. 168

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sei, auf einem individualisierten, also „konkreten“ Besitzkonstitut im Rahmen von § 930 BGB zu beharren. Es müsse vielmehr der bloße Vertrag genügen.172 Die auch heute noch herrschende Meinung hält demgegenüber an dem Erfordernis eines konkreten Besitzmittlungsverhältnisses fest,173 wobei jedenfalls der Bundesgerichtshof und die herrschende Lehre insoweit die Sicherungsabrede genügen lassen,174 der man die konkludente Abrede eines Besitzmittlungsverhältnisses entnimmt, „auch wenn diese keine ausdrücklichen Regelungen über Rechte und Pflichten enthält“.175 Nach dieser herrschenden Ansicht hat der Sicherungsvertrag eine eigentümliche Doppel- oder sogar Dreifachnatur: Die Sicherungsabrede ist einerseits Anspruchsgrundlage für den Sicherungsnehmer auf Verschaffung der Sicherheit und soll andererseits zugleich die für die Erfüllung dieses Anspruchs notwendigen Rechtsgeschäfte enthalten, nämlich die Übereignungserklärung und die Vereinbarung eines (konkreten!) Besitzmittlungsverhältnisses. Man muss feststellen, dass Heck Recht behalten hat: Nach den von der heute herrschenden Meinung gestellten Anforderungen genügt für die Übereignung zur Sicherheit nach §§ 929, 930 BGB der bloße, auch konkludent zu schließende Übereignungsvertrag. Eines besonderen, hiervon zu trennenden Rechtsverhältnisses bedarf es nicht. Hält man demgegenüber formelhaft am „konkreten Besitzmittlungsverhältnis“ fest, handelt es sich im Grunde um einen „Atavismus“176 . Die Funktion dieses auf dem Traditionsprinzip beruhenden Tatbestandsmerkmals, die Trennung von schuld- und sachenrechtlichem Geschäft, gerät beim heutigen Verständnis vollkommen aus dem Blick.177

172 Heck, Grundriß des Sachenrechts, § 56 Nr. 7. Auch Kohler, ArchBR, 18 (1900), 1 ff. sieht im BGB das Traditionsprinzip nur formell verwirklicht, während materiell das Vertragsprinzip gelte. Anschaulich spricht Kohler von der Anerkennung des Besitzmittlungsverhältnisses als Übergabesurrogat als einer „Überwindung des Traditionsprinzips durch sich selbst.“ Auch Wacke, Das Besitzkonstitut als Übergabesurrogat, S. 91, ist der Auffassung, dass das Traditionsprinzip „ohne Schaden preisgegeben“ werden könne. 173 RG, Urt. v. 15. 11. 1901, RGZ 49, 170, 173; Urt. v. 28. 4. 1903, RGZ 54, 396, 398; BGH, Urt. v. 12. 12. 1957, NJW 1958, 302; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, S. 118; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1316. 174 BGH, Urt. v. 2. 5. 1979, NJW 1979, 2308 (mit allerdings nicht nachvollziehbaren Hinweisen auf BGH, WM 1961, 1046, 1048 und NJW 1962, 2195); Nachw. bei Staudinger/Wiegand, BGB, Anh. zu §§ 929 ff. Rn. 87; Lwowski, Kreditsicherung, Rn. 538. Anders noch das RG, Urt. v. 6. 11. 1942, DR 1943, 298, das die bloße Vereinbarung, nach der die Sachen für eine Forderung haften sollten, nicht für genügend hielt. Die am häufigsten gewählte Form für das Besitzmittlungsverhältnis war die Leihe, Schäfer, ArchBR, 37 (1913), 1, 24. 175 BGH, Urt. v. 20. 9. 2004, NJW-RR 2005, 280, 281. 176 Süß, in: Festschr. f. M. Wolff, S. 141 ff., der denn auch konsequenterweise Heck ausdrücklich zustimmt (bei Fn. 27). 177 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 522 f., weist auf die Bezüge der heutigen Rechtspraxis zur naturrechtlichen Übereignungslehre hin, die auch im Sachenrecht in erheblich weiterem Umfang Vertragsfreiheit zuließ.

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2. Die analoge Anwendung von § 1229 BGB auf die Sicherungsübereignung Neben dem das Außenverhältnis betreffende Problem des konkreten Besitzmittlungsverhältnisses wurde vor allem die Frage diskutiert, inwieweit die Pfandrechtsvorschriften, die das Innenverhältnis zwischen Schuldner und Pfandgläubiger betreffen, auf das Verhältnis zwischen Schuldner und Sicherungseigentümer zu übertragen seien. Ganz im Vordergrund stand hier der bis in unsere Zeit reichende Streit um das pfandrechtliche Verbot des Verfallspfands gemäß § 1229 BGB. Die deutsche Rechtsprechung zeigte sich gegenüber der lex commissoria durchaus freundlich178 , während die Ansichten in der Literatur geteilt sind.179 Schon die vergleichsweise geringe Zahl von Gerichtsentscheidungen zu dem Problem spricht allerdings dafür, dass die Frage eher von theoretischer Bedeutung ist. In der Praxis hat der Sicherungsnehmer normalerweise kein Interesse daran, den Sicherungsgegenstand zu behalten, so dass ohnehin eine Verwertung (durch freihändigen Verkauf oder Versteigerung) vorgenommen wird. Davon abgesehen erscheint eine analoge Anwendung des § 1229 BGB auf die Sicherungsübereignung grundsätzlich sachgerecht. Auch und erst recht bei der Sicherungsübereignung muss der Sicherungsgeber vor für ihn zu ungünstigen Verwertungsabsprachen geschützt werden. Schon weil im Moment der Vereinbarung der Verfallklausel noch ganz offen ist, in welcher Höhe die gesicherte Forderung im Zeitpunkt des Sicherungsfalls noch valutiert, besitzt die lex commissoria ein erhebliches Gefährdungspotential für den Sicherungsgeber.180 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Verbot des Verfallspfands durch die Einführung des neuen § 1259 BGB für Unternehmer, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sonder-

178 RG, Urt. v. 11. 10. 1913, JW 1914, 76; BGH, Urt. v. 24. 10. 1979, NJW 1980, 226. Hintergrund für diese Sichtweise mag die Sorge gewesen sein, sonst in einen Widerspruch zu geraten, auf den Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 36, hingewiesen hat: Es ist kaum miteinander vereinbar, einerseits die Verschiedenheit von Sicherungsübereignung und Pfandrecht zu betonen, um die Zulässigkeit der Sicherungsübereignung zu begründen, und andererseits die funktionale Vergleichbarkeit beider Instrumente zur Grundlage eines Analogieschlusses im Rahmen von § 1229 BGB zu machen. 179 Gegen die Analogie sind jedenfalls bei entgegenstehender ausdrücklicher Vereinbarung: Düringer, LZ 1908, 98, 104; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, S. 487; Palandt/Bassenge, BGB, § 930 Rn. 33; PWW/Nobbe, BGB, Vor §§ 1204 ff. Rn. 65; Erman/Michalski, BGB, Anh. §§ 929–931 Rn. 15. Für die Analogie sprechen sich aus: Gaul, AcP 168 (1968), 351, 362 ff.; Wacke, Das Besitzkonstitut als Übergabesurrogat, S. 91; Jauernig/Jauernig, BGB, § 930 Rn. 37; Soergel/Henssler, BGB, Anh. § 930 Rn. 80; Bamberger/ Roth/Kindl, BGB, § 930 Rn. 36; NK-BGB/Meller-Hannich/Schilken, § 930 Rn. 78; Staudinger/Wiegand, BGB, Anh §§ 929 ff. Rn. 234; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 57 Rn. 16. 180 Dem entgegenzuhalten, dass die Sicherungsübereignung ohnehin risikoreicher als das Pfandrecht ist (so Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. III, S. 487), ist nicht überzeugend.

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vermögen gelockert wurde, soweit es um Sicherungsgut geht, das einen Börsen- oder Marktpreis hat.

3. Die Sicherungsübereignung von Warenlagern und anderen Sachgesamtheiten mit wechselndem Bestand Entscheidend für die Entwicklung der Sicherungsübereignung, wie wir sie heute kennen, war schließlich die Anerkennung von Sicherungskäufen und Sicherungsübereignungen, die sich auf Sachgesamtheiten mit wechselndem Bestand bezogen. Paradigma ist die Sicherungsübereignung eines Warenlagers, die das Reichsgericht spätestens seit dem Jahr 1911 im Grundsatz in ständiger Rechtsprechung als wirksam erachtete.181 Im Wirtschaftsleben konnte man schon 1912 diesbezüglich von einer „Massenerscheinung“ sprechen.182 Führt man sich die Leitlinien des Gesetzgebers bei der Schaffung der Übereignungstatbestände des BGB vor Augen, so werfen solche Übereignungen unter mindestens drei Gesichtspunkten rechtliche Bedenken auf. Nicht vollkommen zweifelsfrei ist bereits die Einhaltung des Spezialitätsprinzips angesichts der Tatsache, dass sich die Übereignung auf eine Mehrheit von regelmäßig nicht im Einzelnen bezeichneten Sachen beziehen soll. Weiter ist fraglich, wie bei Sachen, die zum Vertragsabschlusszeitpunkt weder im Besitz noch im Eigentum des Veräußerers stehen, dem Traditionsprinzip genügt werden kann. Schließlich ist problematisch, ob nicht die dem Sicherungsgeber erteilte Ermächtigung, über die veräußerten Waren im eigenen Namen und auf eigene Rechnung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang zu verfügen, diese zu verarbeiten oder zu verbrauchen, der Annahme eines wirksamen Besitzmittlungsverhältnisses entgegensteht, da sich mit einer solchen Befugnis der Wille, die Sache für einen anderen zu besitzen, nur schwer vereinbaren lässt.183 a) Die Sicherungsübereignung von Sachinbegriffen Die Harmonisierung der Sicherungsübereignung eines Sachinbegriffs mit dem Spezialitätsprinzip scheint der Rechtsprechung hierbei noch die geringsten Schwierigkeiten bereitet zu haben. Um dies nachvollziehen zu können, muss 181

RG, Urt. v. 15. 6. 1911, JW 1911, 762; Urt. v. 14. 11. 1911, JW 1912, 144. Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 2. 183 Vgl. OLG Rostock, Urt. v. 6. 7. 1910, Seuff 66, 102: Kein Eigentumserwerb an einem Weinlager, das in Besitz und in der Verfügung des Verkäufers bleibt. Maßgeblich wird hier darauf abgestellt, dass es keine Pflicht des Verkäufers/Sicherungsgebers gegeben habe, etwaige Erlöse an den Käufer/Sicherungsnehmer abzuführen (a.a.O. 104). Düringer, LZ 1908, 98, 105 hielt die Sicherungsübereignung eines Warenlagers nur für gültig, wenn sie in das Gewand eines Kommissionsgeschäfts gekleidet wird. Scharf dagegen Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 72 ff. 182

B. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsübereignung

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man kurz auf die Funktionen von Spezialitätsprinzip und Bestimmtheitsgrundsatz eingehen: Nach Johow konnten „Gegenstand des Eigentums nur einzelne bewegliche Sache sein“184 . Hieraus folgert die allgemeine Ansicht auch heute noch, dass es unmöglich ist, durch ein und dieselbe Verfügung das Eigentum an mehreren Sachen zu übertragen.185 Das Spezialitätsprinzip ist insofern das konstruktive Ergebnis des vom BGB gewählten Sachbegriffs, der nur einzelne Sachen kennt.186 Zu keiner Zeit hat allerdings die Rechtsprechung das Spezialitätsprinzip so verstanden, dass sie eine ausdrückliche Einigung über jede einzelne Sache verlangt hätte. Vielmehr reichte insoweit schon immer die Bestimmtheit in dem Sinne aus, dass es einem objektiven Dritten möglich ist, anhand der Einigungserklärung zu prüfen, ob eine bestimmte Sache übereignet sein soll.187 Der Bestimmtheitsgrundsatz ist insofern nichts anderes als eine Ausprägung der allgemein für Verträge geltenden Regel, dass die Einigung die wesentlichen Vertragsbestandteile in der Weise umfassen muss, dass diese feststehen müssen.188 Infolge des Spezialitätsprinzips ist bei einer Einigung über den Eigentumsübergang an einer Sache die Frage, welche Sache übertragen werden soll, essentialium negotii. Daher muss die zu übereignende Sache in der Einigung bestimmt sein.189 Der Bestimmtheitsgrundsatz ist insofern zwar Ausfluss des Speziali-

184 Begründung Teilentwurf zum Sachenrecht, Bd. I, S. 491, in: Schubert (Hrsg.), Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Sachenrecht, Teil 1. 185 Vgl. nur BGH, Urt. v. 3. 12. 1987, NJW-RR 1988, 565, 566. 186 Vgl. Wieling, Sachenrecht I, § 1 II 4a). Zum schweizerischen Recht Wiegand, Kreditsicherung und Rechtsdogmatik, S. 288. Rechtspolitisch kritisch etwa Oertmann, AcP 136 (1932), 88 ff. Siehe auch RG, Urt. v. 23. 12. 1902, RGZ 53, 218, 220. In diesem Urteil unterstreicht der Senat den Unterschied zwischen den Pfandrechtsvorschriften des Preußischen Allgemeinen Landrechts, die die Verpfändung von Sachgesamtheiten kannten, und dem BGB, nach dem nur einzelne körperliche Gegenstände Objekte einer Verfügung sein können. 187 So etwa BGH, Urt. v. 13. 6. 1956, BGHZ 21, 52, 56; Urt. v. 31. 1. 1979, BGHZ 73, 253, 254; Urt. v. 26. 6. 2008, ZIP 2008, 1437: „Nach der Rechtsprechung des BGH liegt hinreichende Bestimmtheit dann vor, wenn es infolge der Wahl einfacher äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind.“ Der Begriff „Vorräte“ lasse nicht hinreichend deutlich erkennen, welche Gegenstände übereignet sein sollen. Zu den sich aus diesem Urteil für die Praxis ergebenden Anforderungen Riggert, NZI 2009, 137 ff. 188 Zu dieser Verortung des Bestimmtheitskriteriums, Erath, AcP 128 (1928), 344, 347; ihm folgend BGH, Urt. v. 24. 6. 1958, BGHZ 28, 17, 19. Siehe auch Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 21; v. Duisberg, Kollision von Vermieterpfandrecht mit antizipierter Raumsicherungsübereignung, S. 34. 189 Die Bedeutung des Spezialitätsprinzips und des Bestimmtheitsgrundsatzes wird deutlich in der Gegenüberstellung mit schuldrechtlichen Verträgen: Ein Kaufvertrag ist auch wirksam, wenn die Parteien offen lassen, welche konkrete Sache geschuldet sein soll. In diesem Fall entsteht eine Gattungsschuld, so dass der Verkäufer nach § 243 Abs. 1 BGB eine Sache mittlerer Art und Güte zu leisten hat. Weil Gegenstand einer Verpfl ichtung auch nur gattungsmäßig bestimmte Sachen sein können, ist die Spezifizierung des Verpflichtungsob-

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

tätsprinzips, er ist jedoch dogmatisch durchaus von diesem zu unterscheiden.190 Diese Erkenntnis ist von Bedeutung, wenn man sich mit der Zulässigkeit der Übereignung von mehreren Sachen „uno actu“ befasst. Denn sie öffnet den Blick dafür, dass weder das Spezialitätsprinzip noch der Bestimmtheitsgrundsatz einer solchen Verfügung – bzw. solchen Verfügungen – entgegenstehen, so lange festgestellt werden kann, welche Sachen erfasst sind.191 Insoweit gilt bei der Sicherungsübereignung nichts anderes als bei anderen Verfügungen. Weder nach altem Recht noch unter Geltung des BGB haben die Gerichte daher einer Übereignung die Anerkennung verweigert, bloß weil die Parteien die zu übereignenden Gegenstände nicht gesondert in ihrer Einigungserklärung aufführten.192 Bedenken bestanden vielmehr immer nur dort, wo unklar blieb, ob ein bestimmter Gegenstand übereignet ist oder nicht. So verweigerte das OLG Rostock einer Sicherungsübereignung von 6000 Ziegelsteinen die Anerkennung, weil keine Aussonderung der zu übereignenden Steine aus dem größeren Vorrat erfolgte.193 Ebenso lehnte das Reichsgericht eine Sicherungsübereignung aller gegenwärtig in einem Warenlager befindlichen Gegenstände ab, weil es nicht ohne weiteres möglich sei, die bereits bei Vertragsschluss im Lager befindlichen Waren von den später in dieses verbrachten Gegenständen zu trennen, die von der Sicherungsübereignung nicht erfasst sein sollten.194 Durch den ständigen Wechsel des Bestands „mussten die Eigentumsverhältnisse schon nach kurzer Zeit undurchsichtig werden“.195 Eine Bestimmung sei nur durch außerhalb des jekts kein wesentlicher Vertragsbestandteil des Verpflichtungsgeschäfts – es genügt die Bestimmtheit der Gattung. 190 Wie hier Brehm/Berger, Sachenrecht, 1.42. Anders Staudinger/Wiegand, BGB, Anh zu §§ 929 ff. Rn. 95. Vieweg/Werner, Sachenrecht, § 1 Rn. 7, setzen Spezialitätsprinzip und Bestimmtheitsgrundsatz gleich und stellen diese als der Rechtsklarheit dienend dar. Richtigerweise ist das Spezialitätsprinzip nur die konstruktiv-dogmatische Konsequenz aus der legislatorischen Entscheidung, Sachgesamtheiten nicht als Vermögensgegenstände anzuerkennen. 191 Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1283; Ackermann, Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 32. 192 Vgl. nur RG, Urt. v. 23. 12. 1902, RGZ 53, 218, 220: „Mithin können an sich nur die zur Sachgesamtheit gehörenden Einzelsachen verpfändet werden. Es steht jedoch grundsätzlich nichts im Wege, daß dies unter zusammenfassender Benennung, welche der Verkehr für den Inbegriff anwendet, geschieht [. . .].“ In RG, Urt. v. 11. 11. 1911, JW 1912, 144 wurde eine Übereignung aller in einem bestimmten Raum befindlichen Waren als unzweifelhaft bestimmt genug bezeichnet. Auch die Bezugnahme auf ein Inventarverzeichnis, das nicht fest mit der Vertragsurkunde verbunden zu sein braucht, vermag die Einigung hinreichend zu konkretisieren, BGH, Urt. v. 17. 7. 2008, WM 2008, 1750. 193 Urt. v. 29. 6. 1896, zitiert nach Schäfer, ArchBR 37 (1913), 1, 31. Einen ähnlichen Sachverhalt hat das Reichsgericht mit Urt. v. 28. 10. 1902, RGZ 52, 385 entschieden. 194 RG, Urt. v. 20. 5. 1930, RGZ 129, 61 ff. 195 RGZ 129, 61, 63. Siehe auch RG, Urt. v. 27. 2. 1931, RGZ 132, 183, 187. Zu Recht kritisiert Hoeniger, JW 1930, 2937 insoweit, dass diese Rechtsprechung denjenigen Sicherungsnehmer begünstigt, der auch die künftig in das Lager kommenden Waren beansprucht, da

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Vertrags liegende Umstände möglich, was aber für die bei der Übereignung geforderte Bestimmtheit nicht genüge. Zwar hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung nicht aufgenommen und vielmehr entschieden, dass spätere Ereignisse, die außerhalb des Vertrags liegen, diesem nicht nachträglich seine Bestimmtheit nehmen können.196 Dennoch hält auch der Bundesgerichtshof daran fest, dass die Zuordnung allein anhand der Parteiabreden möglich sein muss.197 Begrifflich drückt sich dieses Erfordernis darin aus, dass der Bundesgerichtshof wie das Reichsgericht die „Bestimmtheit“ verlangt und die „Bestimmbarkeit“ eben nicht genügen lässt. Gegen dieses Bestimmtheitserfordernis wird von der Literatur mit Recht eingewandt, dass hier Publizitätsfragen mit dem Bestimmtheitsprinzip vermengt werden.198 Festzuhalten bleibt, dass sachenrechtliche Bedenken gegen die Übereignung einer Sachgesamtheit, die durch einen hinreichend deutlichen Gattungsbegriff oder auf andere Weise klar umrissen ist, nicht bestehen. Die auch materiellrechtlichen Schwierigkeiten und Unklarheiten bei der Sicherungsübereignung von Waren- oder Vorratslagern resultieren vielmehr aus dem Versuch, auch Gegenstände zu erfassen, die der Sicherungsgeber erst in der Zukunft erwerben wird. b) Die Erfassung künftiger Waren Ein Spezifikum der Sicherungsübereignung von Waren- oder Vorratslagern ist hingegen, dass sie darauf gerichtet ist, auch solche Gegenstände zu erfasssen, die nach Vertragsschluss in das Lager verbracht werden, um das Vorrecht des Gläubigers auch auf diese Sachen zu erstrecken. Ob und wie unter Geltung der §§ 929 ff. BGB der Eigentumsübergang an Gegenständen herbeigeführt werden kann, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses weder im Besitz noch im Eigentum des Schuldners, also des Veräußerers standen, ja die vielleicht noch gar nicht existierten, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Konstruktiv sind für das Verständnis einer solchen „Nachschubklausel“ neben der uns heute selbstverständlichen Übereignung mittels einer antizipierten hier keine Bestimmbarkeitsprobleme auftreten. Das Problem begegnet in ähnlicher Gestalt bei der Sicherungsübereignung von gemischten Warenlagern, unten, S. 141. 196 BGH, Urt. 26. 1958, BGHZ 28, 16 ff.; Urt. v. 31. 1. 1979, BGHZ 73, 254. 197 BGH, Urt. 13. 3. 1956, BGHZ 21, 52, 55; Urt. v. 13. 1. 1992, ZIP 1992, 393 („Handbibliothek Kunst I“); Urt. v. 21. 11. 1983, NJW 1984, 803 (Ferkelfall); Urt. v. 17. 7. 2008, ZIP 2008, 1638 (Zulässigkeit der Bezugnahme auf ein Inventarverzeichnis, das nicht mit dem Vertrag verbunden ist). 198 Kritisch Wieling, Sachenrecht I, § 9 VII 4b bb, der geltend macht, dass die Abgrenzbarkeit auch anhand nicht offenbarer Kriterien – wie etwa dem Eigentum des Veräußerers – genügen müsse. In diesen Fällen sei nämlich die Bestimmtheit durchaus zu bejahen, es fehle allenfalls an der Publizität. Ähnlich Staudinger/Wiegand, BGB, Anh zu §§ 929 ff. Rn. 104; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 865. Die sogleich unter d) zu erörternde Rechtsprechung zur Sicherungsübereignung von Warenlagern mit wechselndem Bestand spricht für diese Ansicht.

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Einigung und eines antizipierten Besitzkonstituts auch andere Wege denkbar, auf denen ein Eigentumserwerb des Gläubigers herbeigeführt werden kann. (1) Durchgangserwerb des Sicherungsgebers oder Direkterwerb des Sicherungsnehmers? So nahm das Reichsgericht insbesondere vor dem Inkrafttreten des BGB in mehreren Fällen einen Direkterwerb des Sicherungsnehmers vom Lieferanten des Sicherungsgebers an, wobei der Sicherungsgeber als Stellvertreter für den Sicherungsnehmer im Rahmen der Einigung mit dem Lieferanten handeln sollte. Durch die Übergabe der Kaufsache vom Lieferanten an den Sicherungsgeber sollte der Sicherungsnehmer zugleich mittelbaren Besitz erwerben.199 Mit der Entscheidung des BGB-Gesetzgebers für das Offenkundigkeitsprinzip im Stellvertretungsrecht war dieser Weg verbaut, es sei denn, man greift auf die Theorie vom „Geschäft für den, den es angeht“ zurück.200 Das Reichsgericht hat in einigen Urteilen in der Tat diese Lehre erwähnt, 201 sich allerdings nur selten hierauf ausdrücklich gestützt. 202 Auch der Bundesgerichtshof war insoweit durchaus vorsichtig. 203 Sieht man die Entscheidungen des Reichsgerichts zum so genannten „Geschäft für den, den es angeht“ durch, wird nicht ohne Weiteres ersichtlich, warum diese Lehre nicht auf den Eigentumserwerb des Sicherungsnehmers bei der Sicherungsübereignung eines Warenlagers im Hinblick auf die neu in das Lager kommenden Gegenstände anwendbar sein sollte. Die für das „Geschäft für den, den es angeht“ geltenden Voraussetzungen – dem Veräußerer ist die Person des Erwerbers gleichgültig und der mittelbare Stell-

199

Zum gemeinen Recht: Urt. v. 17. 12. 1892, RGZ 30, 141; Urt. v. 3. 2. 1903, JW 1903, 129. Zur Dogmengeschichte dieser Rechtsfigur insbesondere im Sachenrecht Wieling, Sachenrecht I, § 9 VII 5; Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 173 f. Ernst zeigt, dass diese Rechtsfigur nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht, da sie nicht mit dem Traditionsprinzip vereinbar ist. Ernst führt auch vor, inwiefern das antizipierte Besitzkonstitut funktional an die Stelle des „Geschäfts für den, den es angeht“ tritt: Es geht jeweils darum, den (Besitz-) Erwerb des Hintermanns zu konstruieren. 201 Urt. v. 11. 6. 1920, RGZ 99, 207; Urt. v. 4. 4. 1933, RGZ 140, 223, 229. In beiden Urteilen lehnt das Gericht einen Direkterwerb des Auftraggebers im Ergebnis ab. 202 So etwa Urt. v. 2. 11. 1920, RGZ 100, 190: Eigentumserwerb der Verlobten an Möbeln, die ihr Bräutigam in ihrem Auftrag angeschafft hatte. 203 Geprüft, aber abgelehnt wurde das „Geschäft für den, den es angeht“ vom BGH, Urt. v. 21. 12. 1954, NJW 1955, 587, 590. Soweit ersichtlich hat der BGH nur für den Sonderfall der Anschaffung von Hausratsgegenständen durch einen Ehegatten, der auf der schuldrechtlichen Seite von § 1357 BGB geregelt wird, die Lehre vom „Geschäft für den, den es angeht“ angewendet, mit dem Ergebnis, dass die Übereignung durch den Veräußerer zu hälftigem Miteigentum der Ehegatten führt, BGH, Urt. v. 13. 3. 1974, BGHZ 114, 74, 78 ff.; hierzu Leipold, in Festschr. f. Gernhuber, S. 695, 696 ff., der zeigt, dass die Annahme eines Direkterwerbs entscheidend durch die normative Sondersituation bei Hausratsgegenständen gerechtfertigt wird. 200

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vertreter will für den Hintermann erwerben 204 – sind bei den in das Lager kommenden Lieferungen typischerweise erfüllt. 205 Das Reichsgericht entschied nicht, ob ein unmittelbarer Eigentumserwerb des Sicherungseigentümers „im Wege der stillen Stellvertretung“ grundsätzlich möglich ist, sprach sich aber auch nicht ausdrücklich gegen die Anwendbarkeit der „stillen Stellvertretung“ auf die Fälle der Raumsicherungsübereignung aus. 206 Im Jahre 1933 nahm das LG Cottbus in einem später im Wege der Sprungrevision zum Reichsgericht gelangten Verfahren an, dass der Gläubiger bei einer Sicherungsübereignung, die sich auf dem Sicherungsgeber unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Webstühle bezog, die Webstühle unmittelbar – also ohne Durchgangserwerb des Sicherungsgebers – erwerben könne, weil und soweit dem Vorbehaltsverkäufer die Person des Erwerbers gleichgültig sei. Der Fall zeigt einerseits deutlich, dass zu diesem Zeitpunkt die Theorie vom Anwartschaftsrecht noch unterentwickelt war, denn heute wird man der Entscheidung zwar im Ergebnis zustimmen, dieses Resultat jedoch darauf stützen, dass der Vorbehaltskäufer sein Anwartschaftsrecht zur Sicherheit auf den Sicherungsnehmer übertragen hat, in dessen Hand somit das Anwartschaftsrecht unmittelbar zum Vollrecht erstarkt. 207 Das Reichsgericht hob die Entscheidung zwar auf. 208 aber nicht weil es die unmittelbare dingliche Einigung zwischen Sicherungsnehmer (vertreten durch den Vorbehaltskäufer) und Vorbehaltsverkäufer verneinte, sondern weil nicht erkennbar gewesen sei, dass der Vorbehaltskäufer im Moment des Eigentumserwerbs den Besitz für den Sicherungsnehmer habe ausüben wollen.

204 Zu den Voraussetzungen dieser Lehre und auch zu ihrer durchaus positiven Aufnahme in der Literatur Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil II, § 179 III. 3. c); Wieling, Sachenrecht I, § 9 VII 5, beide mit zahlreichen Nachweisen. 205 Siehe auch Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 238 ff. Anders Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1306, der allein aus der Tatsache, dass auch oder überwiegend Waren auf Kredit geliefert werden, die vollständige Unanwendbarkeit der Lehre vom „Geschäft für den, den es angeht“ folgert. Dies überzeugt nicht, denn damit wird nicht begründet, warum nicht für die im Wege des Bargeschäfts erworbenen Waren ein Direkterwerb nach dieser Lehre möglich sein soll. Im Übrigen ist ganz grundsätzlich fraglich, wieso eine Lieferung auf Kredit ein Interesse des Erwerbers begründen soll, gerade an die mit ihm verhandelnde Person zu übereignen. Das Interesse, auf die Kaufsache als Vollstreckungsobjekt zugreifen zu können, kommt insoweit jedenfalls nicht in Betracht, da dieses in gleicher Weise dadurch betroffen wird, dass der Erwerber die Sache sofort nach §§ 929, 930 BGB weiter übereignet, Wieling, Sachenrecht I, § 9 VII 5 b. 206 RG, Urt. v. 14. 11. 1911, JW 1912, 144. 207 Diese Lösung hat schon Schwister, JW 1933, 1762, 1764 in seiner Besprechung des Urteils angedeutet. Sie wurde später vom BGH aufgenommen: Urt. v. 22. 2. 1956, BGHZ 20, 88; Urt. v. 24. 6. 1958, BGHZ 28, 16, 22; Urt. v. 12. 2. 1992, BGHZ 117, 200. Kritisch Kupisch, JZ 1976, 417 ff.; Hennrichs, DB 1993, 1707 ff. 208 Urt. v. 4. 4. 1933, RGZ 140, 223 ff.

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Der Fall lässt andererseits auch Schlüsse auf die Gründe zu, welche die Rechtsprechung dazu bewogen haben, die Lehre vom „Geschäft für den, den es angeht“ auf die Sicherungsübereignung nicht anzuwenden. Neben der grundsätzlichen Skepsis der Rechtsprechung gegen diese Rechtsfigur ist für ihre Ablehnung im Rahmen der Sicherungsübereignung wohl in erster Linie eine Abwägung mit den Interessen der anderen Gläubiger des Sicherungsgebers entscheidend.209 Denn insbesondere Vermieter stehen bei einem Direkterwerb des Sicherungsnehmers im Hinblick auf das Pfandrecht aus § 562 BGB erheblich schlechter, da sich dieses nicht auf die nach der Sicherungsübereignung eingebrachten Gegenstände erstreckte, die bei einem Direkterwerb ja zu keinem Zeitpunkt in das Eigentum des Mieters gelangt sind. Gleiches gilt für Grundpfandgläubiger, da bei einem Direkterwerb des Sicherungsgebers die Sache nie in den von §§ 1120 ff. BGB konstituierten Haftungsverband fiele. Ein solcher Fall lag der erwähnten Entscheidung des LG Cottbus und der Revisionsentscheidung des Reichsgerichts zugrunde. Hier kam es – soweit ersichtlich das erste Mal – darauf an, ob ein Durchgangs- oder ein Direkterwerb des Sicherungsnehmers an künftigen Sicherungsgütern stattfindet, da die betroffenen Maschinen Zubehör eines mit einer Hypothek belasteten Grundstücks waren. Insofern war vor dem Hintergrund des § 1120 BGB zu entscheiden, ob die Webstühle als Zubehör zum Grundstück wenigstens für eine juristische Sekunde im Eigentum des Grundstückseigentümers standen. 210 Dies hatte das Ausgangsgericht verneint, das Reichsgericht jedoch schließlich bejaht, so dass die Maschinen dem Grundpfandgläubiger hafteten. Auch wenn das Reichsgericht seine Ansicht ausschließlich mit, allerdings etwas dunklen, konstruktiv-dogmatischen Argumenten begründet, 211 scheint doch gerade das Ergebnis – der Schutz des Grundpfandgläubigers – maßgebend für die gewählte Konstruktion gewesen zu sein.212 Insofern lässt sich das Urteil als ein Vorläufer zur Entschei209 Zu Recht betont Kupisch, JZ 1976, 417, 419, dass die Konstruktion der Übereignungsvorgänge die eigentlich zu entscheidenden Wertungsfragen nicht verdecken darf. 210 Die Frage ob ein Durchgangs- oder Direkterwerb angenommen wird, könnte auch bei der Frage einer Aussonderungsberechtigung des Sicherungsgebers in der Insolvenz des Sicherungsnehmers eine Rolle spielen. Die Rechtsprechung folgt seit RG, Urt. v. 19. 2. 1914, RGZ 84, 217 dem so genannten Unmittelbarkeitsprinzip und hält Treugut nur dann für aussonderungsfähig, wenn es „unmittelbar“ aus dem Vermögen des Treugebers in das des Treuhänders gelangt ist. (RG, Urt. v. 10. 10. 1917, RGZ 91, 15, 280; der BGH hat zuletzt offen gelassen, inwieweit er das Unmittelbarkeitsprinzip für ein geeignetes Abgrenzungskriterium hält, BGH, Urt. v. 24. 6. 2003, BGHZ 155, 227, 232. Ausdrücklich aufgegeben hat er es allerdings bisher nicht, BGH, Urt. v. 7. 7. 2005, ZInsO 2005, 879, 880 f.). Kritisch zu dieser Rechtsprechung insbesondere Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 51 ff. et passim. 211 Kritisch gegenüber den konstruktiven Erwägungen des Reichsgerichts auch Schwister, JW 1933, 1762 ff., der zu demselben Ergebnis im Wege einer interessengeleiteten Abwägung kommt. 212 Zur rechtspolitischen „Erwünschtheit“ der durch die Annahme eines Durchgangserwerbs erzielten Ergebnisse Staudinger/Wiegand, BGB, Anh zu §§ 929 ff. Rn. 142.

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dung des Bundesgerichtshofs vom 12. 2. 1992213 begreifen, in welcher der XII. Senat das Pfandrecht des Vermieters vor Aushöhlungen schützte, die aus Vorausabtretungen des Anwartschaftsrechts an den unter Eigentumsvorbehalt gelieferten und eingebrachten Sachen resultieren könnten. Die Diskussion über die Konstruktion der Einigung hinsichtlich des Übergangs des Eigentums an den künftig in das Lager gelangenden Waren scheint daraufhin verstummt zu sein.214 Es setzte sich vielmehr insoweit die auch heute noch ganz überwiegend vertretene Ansicht durch, dass die Einigung bereits antizipatorisch im Zeitpunkt des Abschlusses des Sicherungsvertrags erfolgt.215 (2) Die Einigung als Insichgeschäft? Um den Eigentumserwerb des Sicherungsnehmers konstruktiv zu begründen, wäre es ferner denkbar, den Sicherungsvertrag so auszulegen, dass der Sicherungsgeber bevollmächtigt wird, als Vertreter des Sicherungsnehmers nach Erhalt neuer Waren diese im Wege des Insichgeschäfts an den Sicherungsnehmer zu übereignen. Ein Durchgangserwerb des Sicherungsgebers findet auch nach dieser Lösung statt; der Unterschied zur antizipierten Einigung liegt allein darin, dass das Rechtsgeschäft zwischen Sicherungsnehmer und -geber nicht vorweggenommen wird, sondern erst in dem Moment im Wege des Insichgeschäfts zustande kommt, in dem die Waren in das Lager gelangen.216 Auch für diese Konstruktion finden sich Hinweise in der frühen Rechtsprechung des Reichsgerichts, wobei freilich nicht immer deutlich wird, ob sich das Insichgeschäft auf die Einigung im Rahmen des § 929 S. 1 BGB oder auf die Begründung des

213 BGHZ 117, 200; dazu Hennrichs, DB 1993, 1707 ff.; ausführlich v. Duisberg, Kollision von Vermieterpfandrecht mit antizipierter Raumsicherungsübereignung (2009). 214 Vgl. Ackermann, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 129. 215 RG, Urt. v. 15. 3. 1932, RGZ 135, 366, 367; BGH, Urt. v. 14. 7. 1952, BGHZ 7, 111, 115. Siehe ferner Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, S. 126; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1303 ff. Anders aber Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 186, der auf der Grundlage seines besonderen Verständnisses des antizipierten Besitzkonstituts einen Direkterwerb des Hintermanns, also des Sicherungsnehmers, annimmt. Eine Benachteiligung der Inhaber eines Vermieterpfandrechts oder eine Verkürzung des Haftungsverbands nach § 1120 BGB will Ernst verhindern, indem er prüft, ob die „Pfandhaftung [zu Gunsten des Vermieters oder Grundpfandgläubigers] juristisch, d. h. vor allem im Konflikt des Hintermanns mit den in Betracht kommenden Pfandgläubigern begründet ist.“ Richtig ist an diesem Ansatz, dass auch die Annahme eines Durchgangserwerbs eine normative Begründung der Pfandhaftung nicht überflüssig macht. Gegen die Konstruktion von Ernst spricht allerdings, dass so das von ihm abgelehnte „Geschäft für den, den es angeht“ und antizipiertes Besitzkonstitut nicht nur funktional, sondern auch im Ergebnis austauschbar sind. Wodurch diese Preisgabe dogmatischer Differenzierungsmöglichkeiten erzwungen wird, ist nicht ersichtlich. Der Einwand Hoenigers, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 111 ff., gegen das antizipierte Besitzkonstitut, dass es nämlich eine Umgehung des § 164 Abs. 2 BGB erlaube, wird durch eine solche Gleichstellung sogar noch gewichtiger. 216 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, S. 131.

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Besitzmittlungsverhältnisses217 oder auf beides beziehen soll. 218 Insoweit wird jedoch stets betont, dass der Abschluss eines solchen Insichgeschäfts einem mit den Verhältnissen vertrauten Dritten „erkennbar“ sein muss. 219 Das Kriterium der erkennbaren Ausführungshandlung wird uns unten noch einmal beschäftigen, wenn wir der Frage nachgehen, ob ihm eine selbständige Bedeutung zukommt.220 Eine eindeutige Funktion hat es allerdings für eine Konstruktion, die auf eine Übereignung im Wege des Insichgeschäfts abstellt. Denn die Notwendigkeit eines äußerlich erkennbaren Verhaltens des Sicherungsgebers beim Vertragsschluss mit sich selbst ergibt sich aus der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre, die auch für konkludente Willenserklärungen ein Verhalten mit Erklärungsgehalt verlangt und den „inneren Willen“ nicht genügen lässt.221 Es bedarf somit eines Verhaltens, dem sich ein rechtsgeschäftlicher Handlungssinn zumessen lässt. Bei der Sicherungsübereignung von Warenlagern könnte ein solcher Kundgabeakt 222 darin gefunden werden, dass der Sicherungsnehmer mit den erworbenen Gegenständen in der im Sicherungsvertrag bezeichneten Weise verfährt, sie also etwa in sein Warenlager verbringt. Dieses Verhalten als konkludente Willenserklärung zu begreifen, könnte als übermäßig gekünstelt erscheinen, 223 da bei dieser Handlung die „faktische Integration in die schon durch den Vertrag bestimmte Sachgesamtheit“224 im Vordergrund steht. In dieser Schwierigkeit, im Moment des Besitz- und Eigentumserwerbs des Sicherungsgebers Handlungen auszumachen, denen ein Erklärungsgehalt beigemessen werden kann, liegt wohl der Hauptgrund dafür, dass sich die Lehre vom Insichgeschäft bei der Sicherungsübereignung von Sachgesamtheiten mit wechselndem Bestand nicht durchgesetzt hat.

217 So wohl RG, Urt. v. 4. 6. 1929, JW 1929, 2149; Westermann/H. P. Westermann, Sachenrecht, § 43 IV 2. 218 Für beides ablehnend RG, Urt. v. 14. 6. 1910, JW 1911, 762, 763. 219 RG, Urt. v. 4. 6. 1929, JW 1929, 2149, 2150. 220 Siehe S. 138. 221 Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil II. Halbbd., S. 942; Larenz/Wolf, Allg. Teil, § 24 Rn. 17 ff.; Bork, Allg. Teil, Rn. 571 ff. Speziell zur Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses durch Insichgeschäft Kohler, ArchBR, 18 (1900), 1, 7. 222 Zur Willenserklärung als Kundgabe Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 5. 223 So für das parallele Problem im Rahmen des Besitzkonstituts: Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 105. Auch Ackermann, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 135, spricht sich dafür aus, „strenge Anforderungen an die äußere Handlung [zu] stellen, um hierbei nichtige S. Ü. fassen zu können.“ 224 Staudinger/Wiegand, BGB, Anh zu §§ 929 ff. Rn. 136. Wiegand schreibt dem Erkennbarkeitserfordernis in erster Linie die Funktion zu, im Prozess die Tatsachenermittlung zu erleichtern. Aus der Konkurrenz der Gläubiger ergäben sich im Prozess besondere Beweisbedürfnisse.

B. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsübereignung

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(3) Die antizipierte Einigung bei der Sicherungsübereignung von Warenlagern Die besondere Struktur des dinglichen Vertrags im Rahmen von § 929 BGB hat es der Rechtsprechung erlaubt, die fehlende Willenserklärung im Zeitpunkt des Besitzerwerbs des Sicherungsgebers dadurch zu ersetzen, dass man bezüglich der rechtsgeschäftlichen Erklärungen auf einen früheren Zeitpunkt abstellt – nämlich auf den Abschluss des Sicherungsvertrags. Die Annahme einer solchen „Antizipation“ wird im Rahmen von § 929 BGB dadurch ermöglicht, dass nach allgemeiner Meinung die rechtsgeschäftliche Einigung auch zeitlich vor der Übergabe erfolgen kann. Nach herrschender Meinung fordert das Gesetz insoweit nur, dass die früher vorgenommene Einigung auch noch bei der Übergabe oder ihrem Surrogat besteht. 225 Die Möglichkeit der „Vorwegnahme“ eines Rechtsgeschäfts ist durchaus nicht selbstverständlich, soweit mit diesem dem Gesetz fremden Ausdruck weder die Bedingtheit noch die Befristung des Geschäfts gemeint sein soll, was zu Recht von niemandem vertreten wird. 226 Die Zulässigkeit der Antizipation muss noch mehr verwundern, wenn man mit der herrschenden Meinung annimmt, dass die vorweggenommene Einigung den Veräußerer nicht bindet; diese also – durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung227 – frei widerruflich ist. 228 Bei der vorweggenommenen Einigung soll es sich also um ein Rechtsgeschäft handeln, das noch keine Rechtsfolgen erzeugt und auch die Parteien noch nicht bindet. Man kann insofern das Zögern der zweiten Kommission nachvollziehen, die Einigung im Rahmen von § 929 BGB (§ 874 I. Entwurf) als Vertrag zu bezeichnen.229 Grundsätzlich tritt durch einen Vertrag „eine wechselseitige Bindung der Vertragsschließenden ein“. 230 Dies gilt auch für Verträge, die noch nicht in 225

Staudinger/Wiegand, BGB, § 929 Rn. 82. Die Konstruktion über eine rechtsgeschäftliche (aufschiebende) Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB vertrüge sich nicht mit der Annahme der Widerruflichkeit, da das bedingte Rechtsgeschäft bereits abgeschlossen ist, vgl. Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 189, zum antizipierten Besitzkonstitut. Gegen die Annahme einer Bedingung bei Vorauszessionen Eccius, Gruchot 48 (1904), 470. Richtigerweise ist die Existenz des Verfügungsobjekts als Rechtsbedingung des Verfügungstatbestands einzuordnen. 227 BGH, Urt. v. 14. 11. 1977, NJW 1978, 696; Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 33 4.; Baur/ Stürner, Sachenrecht, § 5 Rn. 37; Staudinger/Wiegand, BGB, § 929 Rn. 84. Anders RG, Urt. v. 28. 10. 1913, RGZ 83, 223, 230 (Bonifatiusfall). 228 BGH, Urt. 14. 7. 1952, BGHZ 7, 111, 115; 14, 119; Urt. v. 14. 11. 1977, NJW 1978, 696; Soergel/Henssler, BGB, § 929 Rn. 38; Prütting, Sachenrecht, Rn. 373. Eine Bindung wird bejaht von Heck, Grundriß des Sachenrechts, § 55 a) 7; Westermann/H. P. Westermann, Sachenrecht, § 38 4. 229 Die zweite Kommission hielt die Kennzeichnung der Einigung bei § 929 als Vertrag für nicht erforderlich, Prot. II, S. 3677. 230 Larenz/Wolf, Allg. Teil, § 29 Rn. 5. Unberath, JB Recht und Ethik, 2005, 719, 729 ff. stellt dar, dass sich die Bindung an den Vertrag in der kantschen Privatrechtslehre „aus der Natur des Vertrags selbst“ ergibt. Zu beachten ist aber, dass sich diese Ausführungen nur auf versprechende, also auf schuldrechtliche Verträge beziehen. 226

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Geltung getreten sind, weil es etwa am Eintritt einer aufschiebenden Bedingung oder der Erteilung einer behördlichen Genehmigung fehlt. 231 Die von § 929 BGB geforderte Einigung nimmt insofern eine Sonderstellung unter den Verträgen ein, die sich nur dadurch erklären lässt, dass nach der Konzeption des Gesetzes die Übergabe der Sache beim Eigentumserwerb im Vordergrund steht. Hier zeigt sich deutlich die Entscheidung des Gesetzgebers für das Traditionsprinzip. Das rechtsgeschäftliche Element soll in erster Linie sicherstellen, dass der Eigentumsverlust nicht ohne den Willen des Veräußerers stattfindet. 232 Nach der Konzeption des Gesetzes kommt der Einigung insofern eher die Funktion zu, die subjektive Komponente der Übergabe zu kennzeichnen. Erkennt man dies, so wird deutlich, warum nichts dagegen spricht, dass der Veräußerer schon vor der Übergabe erklären kann, dass die später vorzunehmende Übergabe mit dem Willen geschehen soll, das Eigentum übergehen zu lassen. Eine solche Erklärung bildet die notwendige und genügende Äußerung des Motivs der späteren Übergabe. Daher ist es unproblematisch möglich, dass die beiden Elemente des zweigliedrigen Erwerbstatbestands nacheinander verwirklicht werden. Mit dieser Sichtweise der Einigung lässt sich begründen, warum es möglich ist, die Einigung in dem Sinne zu antizipieren, dass sie vor der Übergabe erfolgt: Die Parteien können die Absicht, die sie bei der Vornahme einer tatsächlichen Handlung verfolgen, schon vor der Vornahme dieser Handlung bestimmen, wodurch eine sonst erforderliche Willensäußerung während der Handlung überflüssig wird. Wenn man im Rahmen der Sicherungsübereignung eines Warenlagers von einer „antizipierten Sicherungsübereignung“ spricht, ist damit jedoch etwas grundsätzlich anderes gemeint als die vor der Übergabe der Sache erklärte Einigung über den Eigentumsübergang. Denn bei der „antizipierten Einigung“ im Falle der Sicherungsübereignung von Sachgesamtheiten mit wechselndem Bestand geht es darum, dass die Einigung erklärt wird, bevor der Veräußerer überhaupt selbst Besitz und Eigentum an der veräußerten Sache erworben hat. Daher wird bei der Sicherungsübereignung von Warenlagern auch nicht nur die Einigung, sondern auch das Übergabesurrogat antizipiert, so dass sich hier die „Vorwegnahme“ nicht auf das Verhältnis der Tatbestandselemente zueinander bezieht, sondern auf ihre zeitliche Beziehung zu einem tatbestandsfremden Ereignis. Führt man sich diesen Unterschied gegenüber dem Normalfall der Vorwegnahme der Einigung – nämlich der Einigung vor Übergabe – deutlich vor Augen, so erkennt man, dass mit der Anerkennung einer Einigung vor Besitzund Eigentumserwerb des Veräußerers der Boden des BGB verlassen wurde. Die Sicherungsübereignung von Warenlagern mit wechselndem Bestand ist in231 232

Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 33 4. Staudinger/Pfeifer, BGB, Vorbem zu §§ 925 ff. Rn. 2.

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sofern schon in Bezug auf die Anerkennung der antizipierten Einigung ein Produkt der Rechtsfortbildung. 233 Dass eine „solche rechtsgeschäftliche Gestaltung an sich keinen Wirksamkeitsschranken begegnet“, 234 kann man mit guten Gründen bezweifeln. Die Anerkennung der antizipierten Sicherungsübereignung war denn auch zumindest zu Beginn sehr umstritten: 235 Anders als bei der antizipierten Einigung im herkömmlichen Sinn (Einigung vor Übergabe) ist hier der Gegenstand, der übereignet werden soll, den Parteien noch vollkommen unbekannt, ja er existiert vielleicht noch nicht einmal. Da die Festlegung der betroffenen Sache aber wie oben gesehen essentialium negotii der Übereignung ist, scheint der Schluss unausweichlich, dass die Einigung insoweit an einem logischen Dissens leidet. 236 Schon das Reichsgericht hat versucht, diese Konsequenz zu vermeiden, indem es zunächst die künftige Bestimmtheit des Inhalts der Einigung genügen ließ und lediglich forderte, dass sich die Parteien auf abstrakte Merkmale geeinigt haben, anhand derer in der Zukunft entschieden werden kann, ob eine konkrete Sache der Einigung unterfällt. Ein Großteil der Rechtsprechung nicht nur des Reichsgerichts, sondern auch des Bundesgerichtshofs zur Sicherungsübereignung von Sachgesamtheiten mit wechselndem Bestand besteht infolgedessen in dem Versuch, Kriterien für die Entscheidung zu entwickeln, wann die Beschreibung der künftigen Sicherungsgegenstände durch die Parteien anhand abstrakter Merkmale hinreichend genau in dem Sinn ist, dass es möglich ist, die abstrakte Einigung auf konkrete Gegenstände zu beziehen. Insofern lässt sich von der Einigung bei der antizipierten Sicherungsübereignung als einem „unvollendeten Rechtsgeschäft“237 sprechen. Die Einigung bleibt solange unvollendet und damit schwebend unwirksam, wie die Einbringung der Waren noch nicht erfolgt ist, denn solange steht ein essentialium negotii noch nicht fest. Die eindeutige Festlegung des Verfügungsgegenstands ist aber 233 Vgl. Planck/Brodmann, BGB, § 930 Erl. 5a 1), S. 456. Insoweit treffen die unter anderem von Larenz geäußerten methodischen Bedenken zu: ders., Kennzeichen geglückter richterlicher Rechtsfortbildung, S. 6 ff. 234 Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1292. 235 Nachweise zur Situation vor Inkrafttreten des BGB bei Wieling, Sachenrecht, § 9 VII Fn. 28. Auch nach der Anerkennung der antizipierten Sicherungsübereignung durch RG, JW 1911, 762, gab es zahlreiche Gegenstimmen in der Literatur etwa Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern (1912); Kohler, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts II 2, S. 224, 530; weitere Nachweise bei Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 67, Fn. 10. 236 Ein weiteres Bedenken, das aus der Berechtigung des Veräußerers/Sicherungsgebers, über die Waren zu verfügen, resultiert, ist zwar in der Literatur vorgetragen worden (Hoeniger; Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 102 ff.), hat jedoch soweit ersichtlich nur rechtspraktische Relevanz im Zusammenhang mit Sicherungszessionen gewonnen. Hoeniger macht geltend: „Wenn der Übereignende nach wie vor befugt sein soll, über die veräußerten Waren auf eigene Rechnung zu disponieren, so bleibt eben auch hier [wie bei der Sicherungszession] inhaltlich das Eigentum bei ihm.“ Zum vergleichbaren Problem im Hinblick auf das Besitzmittlungsverhältnis bei der Sicherungsübereignung siehe sogleich unter (5). 237 Zur Kategorie des unvollendeten Rechtsgeschäfts: v. Tuhr, Allg. Teil II 1, § 55 1.

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Rechtsbedingung238 des Übereignungstatbestands. Die Diskussion um die „Bestimmtheit“ von Globalsicherheiten hat ihre Wurzel also nicht in erster Linie im sachenrechtlichen Spezialitätsprinzip. Es geht vielmehr um das allgemeine Problem der Bestimmung der für das Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts notwendigen Tatbestandselemente. (4) Das antizipierte Besitzmittlungsverhältnis hinsichtlich künftiger Waren Die bisher behandelte Ebene der dinglichen Einigung ist von der Möglichkeit und Zulässigkeit eines Besitzkonstituts bezüglich der künftigen Gegenstände zu trennen. Wie bereits deutlich wurde, wird bei der Sicherungsübereignung eines Warenlagers oder einer anderen Sachgesamtheit mit wechselndem Bestand nach §§ 929, 930 BGB auch dieses zweite Tatbestandselement, nämlich das Übergabesurrogat, „vorweggenommen“ in dem Sinn, dass das Einverständnis des Veräußerers/Sicherungsgebers, künftig für den Erwerber/ Sicherungsnehmer zu besitzen, bereits erklärt wird, bevor der Veräußerer Eigenbesitz am Sicherungsgut erlangt hat.239 Auch insoweit gab es Versuche in der Rechtsprechung, das Besitzmittlungsverhältnis in diesen Fällen durch die Annahme eines Insichgeschäfts zu konstruieren. 240 Auch Siebert241 und Ernst242 nehmen an, dass bei der Raumsicherungsübereignung das Besitzkonstitut im Wege des Insichgeschäfts begründet werde. Es sei ihm aufgrund der Sicherungsabrede gestattet, mit sich selbst als Vertreter des Sicherungsnehmers nach Erwerb neuen Sicherungsguts einen Vertrag einzugehen, kraft dessen er dem Sicherungsnehmer den mittelbaren Besitz verschafft. Hiernach sollte zwar die Einigung vorweggenommen werden, das constitutum possessorium sollte aber erst entstehen, wenn der Sicherungsgeber die Sache tatsächlich in seinem Besitz hat. Eine derartige Konstruktion hätte den Vorteil, dass es nicht zu der oben beschriebenen „Vorwegnahme“ (auch) des Übergabesurrogats käme, da hier das Besitzmittlungsverhältnis erst dann abgeschlossen wird, wenn der Veräußerer die Sache selbst im Besitz hat. Oben wurde schon für die Einigung dargestellt, dass die Annahme eines Insichgeschäfts voraussetzt, dass sich ein Verhalten des Sicherungsgebers ausmachen lässt, dem man als objektiver Dritter den Willen entnehmen kann, für den 238

Zum Begriff der Rechtsbedingung siehe Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil II, § 194 II

2. 239 Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1292; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, S. 126. 240 RG, Urt. v. 3. 2. 1903, JW 1903, 129 zum gemeinen Recht. 241 Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis (1933), 135 ff. Siebert versucht zu zeigen, dass das Reichsgericht zwar vordergründig mit dem Institut eines antizipierten Besitzmittlungsverhältnisses gearbeitet hat, im Grunde jedoch von einem Insichgeschäft ausgegangen sei. So erkläre sich das Beharren des Gerichts auf der „Erkennbarkeit“ des Besitzmittlungsverhältnisses. 242 Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 176.

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Sicherungsnehmer zu besitzen. 243 Flume 244 ist zwar darin zuzustimmen, dass es einer besonderen „Dokumentation“ des Rechtsgeschäfts nicht bedarf. Auf eine Manifestation wird man dagegen nicht verzichten können. Die insoweit nur zu verlangende „Erkennbarkeit“ des Selbstkontrahierens245 könnte bei den typischen Fällen der Sicherungsübereignung von Waren- oder Vorratslagern darin zu finden sein, dass der Sicherungsgeber die Sache in sein Lager verbringt und damit den Bedingungen des Sicherungsvertrags genügt. 246 Dennoch hat sich die Konstruktion eines im Wege des Vertragsschluss mit sich selbst begründeten Besitzmittlungsverhältnisses in Literatur und Rechtsprechung nicht durchsetzten können. Letztlich drückt sich hierin das Bemühen aus, die rechtsgeschäftlichen Bestandteile des Geschäfts sämtlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen. Diese Vorverlagerung verschafft dem Sicherungsnehmer eine stärkere Position, da alle zur Erlangung des Sicherungseigentums notwendigen rechtsgeschäftlichen Akte bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vollzogen werden. 247 Sofern der Sicherungsgeber seinen Übereignungswillen nicht aufgibt, erwirbt der Sicherungsnehmer bei Vorliegen der entsprechenden tatsächlichen Voraussetzungen das Eigentum an neu angeschafften Gegenständen. Nimmt man hingegen an, dass dieser Erwerb sich im Wege des Insichgeschäfts vollzieht, so tritt neben die tatsächlichen Voraussetzungen auch das Erfordernis eines Rechtsgeschäfts des Sicherungsgebers mit sich selbst als Vertreter des Sicherungsnehmers. Dies kann unter anderem dann den Rechtserwerb des Sicherungsnehmers gefährden, wenn der Sicherungsgeber die Ausführungshandlungen nicht selbst vornimmt, so dass sich Zurechnungsprobleme stellen können. 248 Dass die Ablehnung des Insichgeschäfts für das Besitzmittlungsverhältnis nicht mit materiellen Anforderungen an Konkretheit und Qualität des Besitzkonstituts begründet werden kann, zeigt sich in der Anerkennung des antizipierten Besitzkonstituts. Die Zulässigkeit der Antizipation auch des constitu243 Zur Erforderlichkeit einer solchen Übereignungshandlung auch Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 108. 244 Allgemeiner Teil, Bd. II, § 48 1., S. 810. 245 RGRK/Pikart, BGB, § 930 Rn. 31; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, S. 131 f. 246 Gegen die Annahme eines Insichgeschäfts bei der Begründung des Besitzmittlungsverhältnisses durch das Berufungsgericht richtete sich der Angriff der Revision bei RG, Urt. v. 14. 11. 1911, JW 1912, 144. Das Reichsgericht ließ die Frage offen und „rettete“ die Sicherungsübereignung durch die Annahme eines antizipierten Besitzmittlungsverhältnisses. Anders Ernst, Eigentumserwerb und Sicherungsübereignung, S. 186 ff., der stets, wenn eine Ausführungshandlung erforderlich ist, ein Insichgeschäft annehmen will. Diese Konstruktion setzt voraus, dass der Ausführungshandlung rechtsgeschäftlicher Handlungssinn zugemessen wird. 247 Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 205. 248 MünchKomm-BGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 16.

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tum possessorium in dem Sinn, dass die entsprechende Verabredung getroffen werden kann, bevor der Besitzmittler selbst Besitz begründet hat, hat das Reichsgericht für das BGB erstmals 1903 angedeutet. Hierbei hat es eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung des Inhalts erstens verlangt, „daß von dem Augenblick des demnächst zu erwartenden Besitzerwerbs des M [des Sicherungsgebers] an dieser den Besitz als Mieter des Klägers [des Sicherungsnehmers] ausüben sollte“ und zweitens dass „dieser Vereinbarung entsprochen wäre“. 249 Im Jahr 1907 knüpfte der VII. Senat an diese Rechtsprechung an und hielt ebenfalls eine solche auf die Zukunft gerichtete Willenseinigung für möglich, die „bei entsprechendem Verhalten das Besitzkonstitut mit dem gedachten Zeitpunkt in Wirksamkeit treten“ ließe. 250 Für die Sicherungsübereignung von Warenlagern wurde dieses Vorgehen durch den VII. Senat des Reichsgerichts schließlich mit dem Urteil vom 15. 6. 1911 endgültig anerkannt, 251 wobei in der Literatur scharfe Kritik gegen diese Linie der Rechtsprechung geäußert wurde. 252 (5) Der Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers und die Verfügungsbefugnis des Sicherungsgebers Das Urteil des VII. Senats vom 15. 6. 1911 mit seiner vergleichsweise knappen Begründung ist auch angesichts einer nicht einmal ein Jahr älteren Entscheidung des IV. Senats besonders bemerkenswert. Der IV. Senat hatte noch im Oktober 1910 die Sicherungsübereignung eines Warenlagers für unwirksam erachtet, da die Berechtigung des Sicherungsgebers, mit den übereigneten Sachen wie ein Eigentümer zu verfahren, gegen die Ernstlichkeit der Übereignung spreche. 253 Mit dieser entgegenstehenden Rechtsprechung hat sich der VII. Senat nicht nur mit keinem Wort auseinandergesetzt, er hat sie in seinen Urteilen zur Sicherungsübereignung eines Warenlagers nicht einmal erwähnt. Dogmatisch geht es bei dieser Kontroverse darum, ob die dem Sicherungsgeber typischerweise zustehende Befugnis, die Sicherungsgüter im Wege des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs zu veräußern oder zu verarbeiten, die Annahme

249

RG, Urt. v. 24. 11. 1903, RGZ 56, 52, 53 (ohne Klammerzusätze). RG, Urt. v. 11. 10. 1907, JW 1907, 747. 251 RG, JW 1911, 762. Bestätigt durch Urt. v. 14. 11. 1911, JW 1912, 144 f.; Urt. v. 24. 1. 1913, Warneyer 1913, S. 111. 252 Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 27 m. w. N. auch zu abweichenden Entscheidungen insbesondere des IV. Senats. Hoeniger, a.a.O. S. 112 macht insbesondere geltend, dass das antizipierte Besitzkonstitut „offensichtlich gegen § 164 Abs. 2 BGB verstößt und „ein geradezu ideales Mittel für Schiebungen und Strohmanngeschäfte“ sei. Diese Kritik hatte immerhin für sich, dass die römischen Juristen, die das Besitzkonstitut entwickelt haben, dessen Antizipation nicht kannten, Wacke, Das Besitzkonstitut als Übergabesurrogat in Rechtsgeschichte und Rechtsdogmatik, S. 12. 253 RG, Urt. v. 22. 10. 1910, Warneyer Bd. III (1910), S. 419 Nr. 404. 250

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eines wirksamen Besitzmittlungsverhältnisses ausschließt 254 . Rechtsgeschäftlich ist eine solche Ermächtigung ohne weiteres nach § 185 BGB zu konstruieren. Allerdings gab es insoweit Zweifel, ob und unter welchen Umständen eine solche Ermächtigung die „Ernstlichkeit“ der Übereignung beeinträchtigt. 255 Denn wie unter anderem Hoeniger gezeigt hat, ist die entscheidende Frage für die Anerkennung eines Besitzmittlungsverhältnisses, ob der Besitzherr einen Herausgabeanspruch gegen den Besitzmittler hat. 256 Dass es sich tatsächlich miteinander verträgt, trotz der freien Verfügungsbefugnis des Sicherungsgebers über die Sache einen Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsgeber anzunehmen, ist nicht leicht einzusehen. Immerhin führt die Verfügung über die Sache zur Unmöglichkeit der Erfüllung des Herausgabeanspruchs.257 Im Urteil vom 21. 5. 1909, das die Sicherungsübereignung nur der aktuellen Bestände eines Warenlagers betraf, wird deutlich, dass das Reichsgericht solche Bedenken jedenfalls dann nicht für durchgreifend erachtet, wenn der Sicherungsgeber/Besitzmittler im Gegenzug verpflichtet sein soll, den Erlös an den 254 Zu der hier dargestellten deutschen Diskussion besteht eine bemerkenswerte Parallele im U. S.-amerikanischen Recht. Auch dort war die Zulässigkeit der Verpfändung von Warenlagern, die dem Inhaber die Möglichkeit lassen sollte, über die Vorräte im ordentlichen Geschäftsgang zu verfügen (stock in trade mortgage), lange umstritten. In zahlreichen Staaten wurden derartige Transaktionen nicht anerkannt, da sie als rechtsmissbräuchlich angesehen wurden (fraud in law rule). In anderen Staaten war dagegen eine stock in trade mortgage nicht grundsätzlich unzulässig. Der Streit wird von Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 1, S. 40 als eine der großen rechtlichen Streitigkeiten des 19. Jahrhunderts bezeichnet. Er erledigte sich dadurch, dass die Praxis von der Verwendung der mortgage Abstand nahm und auf so genannten trust receipts zurück griff. Der Sache nach führte diese Konstruktion dazu, dass das Eigentum an den Waren vom Lieferanten direkt auf die finanzierende Bank überging, die hierdurch treuhänderisch gebundenes Sicherungseigentum erwarb, Black’s Law Dictionary, trust receipt. Heute ist unter Article 9 UCC die Verpfändung eines Warenlagers durch ein fl oating lien zulässig, § 9–205. Nur vor dem Hintergrund der fraud in law rule erklärt sich auch die Formulierung dieser Vorschrift („A security interest is not fraudulent [. . .]“). 255 Vgl. RG, Urt. v. 5. 12. 1905, RGZ 62, 126, 129: Das Berufungsgericht hatte die Nichternstlichkeit der Übereignung für erwiesen erachtet, weil den Sicherungsgebern, die ihren gesamten Hausstand, inklusive der vorhandenen Nahrungs- und Genussmittel veräußert hatten, der Verzehr des Sicherungsguts gestattet war. Das Reichsgericht verwies die Sache zurück, wobei es klarstellte, dass die Nichtigkeit jedenfalls auf die tatsächlich zum Verzehr geeigneten Waren begrenzt sei. Weitere Nachweise bei Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 22, der schreibt: „Die bestehen bleibende Verfügungsbefugnis des Übereigners [. . .] hindert eben jede wirkliche Übereignung.“ Siehe im Einzelnen auch a.a.O., S. 58 ff. 256 Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 98 ff. Verräterisch insoweit auch Ackermann, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 114, der den von Hoeniger vorgebrachten konstruktiv-dogmatischen Argumenten nur polemische Rechtspolitik entgegenzusetzen weiß. 257 Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 102: „Die Berechtigung zur freien Verfügung über die veräußerte Sache ist die direkte Negation des Herausgabeanspruchs auf die konkrete Sache.“

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mittelbaren Besitzer abzuführen. 258 Dabei war dem Senat durchaus bewusst, dass eine solche Pflicht weitgehend auf dem Papier steht, da sie von den Parteien in Wirklichkeit nicht gewollt ist. Denn wirtschaftlich betrachtet gebührt dem Sicherungsgeber der Erlös, während der Sicherungsnehmer nur die Rückzahlung seines Kredits verlangen kann. Eine vollständige Abführung der Erlöse würde insofern zu einer übermäßigen Befriedigung des Sicherungsgebers/ Gläubigers führen, da die Gesamthöhe der Erlöse im Normalfall über dem Betrag der besicherten Forderung liegen wird. Aus diesem Grund lässt sich das Besitzmittlungsverhältnis bei der Sicherungsübereignung auch nicht als ein der Kommission ähnliches Geschäft beschreiben. 259 Die getroffene Verabredung über die Erlösabführung war somit „wirtschaftlich undurchführbar“, was der Senat aber für nicht entscheidend hielt, da es genüge, dass „ein ‚ähnliches Verhältnis‘ im Sinne des § 868 BGB hergestellt ist, vermöge dessen der Erwerber bis zu seiner Befriedigung mittelbaren Besitz an den Beständen erlangt hat, welche der Veräußerer im Vertrage ihm übereignet.“260 In verräterischer Deutlichkeit zeigt sich an dieser Stelle, wie groß die Bereitschaft der Rechtsprechung war, den Bedürfnissen der Wirtschaft nach praktikablen Sicherheiten über Lagerund Vorratsbestände zu entsprechen.261 Die Formulierung liefert keine tragfähige Begründung für die behauptete Unerheblichkeit und ist insofern ersichtlich vom Ergebnis her gedacht. (6) Erforderlichkeit einer Ausführungshandlung Abschließend soll noch einmal das bereits mehrfach berührte Kriterium der „erkennbaren Ausführungshandlung“ angesprochen werden. Bereits dargestellt wurde die Bedeutung der Ausführungshandlung als notwendige Manifestation einer konkludenten Willenserklärung, wenn man die Sicherungsübereignung künftiger Waren als Insichgeschäft deutet. Der Vertragsschluss des Sicherungsgebers mit sich selbst als Vertreter des Sicherungsnehmers setzt ein dem Sicherungsnehmer zurechenbares rechtsgeschäftliches Verhalten voraus, das eben darin gefunden werden kann, dass er die Sache in das Lager verbringt oder die vereinbarte Markierung vornimmt. 262 Wie ebenfalls bereits geschildert wurde, konnte sich die Konstruktion des Insichgeschäfts jedoch nicht durchsetzen; 258

RG, DR 1909, Nr. 1998. Gegen die Gleichsetzung mit dem Kommissionsgeschäft hat Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 76 ff. die Fremdnützigkeit des Handelns eines Kommissionärs eingewandt, während der Sicherungsgeber eigennützig handele. Düringer, LZ 1908, 98, 105 und LZ 1910, 417, 419 vertritt die Auffassung, dass es zwar Kommissionsverträge gebe, deren Zweck die Sicherung des Kommittenten sei, die Sicherungsübereignung „i.e.S“ sei jedoch nicht für eine derartige Gestaltung geeignet. 260 RG, DR 1909, Nr. 1998 a. E. 261 Zur Bedeutung des „Verkehrsbedürfnisses“ bei der Entwicklung der Rechtsprechung, Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 42. 262 Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 206. 259

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ganz herrschend geht man heute davon aus, dass die Sicherungsübereignung eines Warenlagers durch antizipierte Einigung und ebenso antizipiertes Besitzmittlungsverhältnis geschieht. Welche Bedeutung das Kriterium der erkennbaren Ausführungshandlung im Rahmen dieser Konstruktion besitzt, ist nach wie vor unklar. Mit dem Begriff „Ausführungshandlung“ wird das Verhalten bezeichnet, zu dem sich der Sicherungsgeber in der Sicherungsabrede in Bezug auf das Sicherungsgut verpflichtet hat. Dort wird bei einer revolvierenden Sicherungsübereignung eines Warenlagers typischerweise vorgesehen sein, dass der Sicherungsnehmer neue Ware in das zur Sicherheit übereignete Lager verbringt, um so die Sachen der Sicherungsübereignung zu unterwerfen. 263 Teilweise wird geltend gemacht, dass es zur Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes erforderlich sei, die Verfügung auf eine konkrete Sache zu beziehen, was dadurch geschehe, dass der Sicherungsnehmer mit ihr so verfahre, wie es in der Sicherungsabrede vorgesehen war. Die Ausführungshandlung wird hierdurch in einen Zusammenhang mit der Bestimmtheit der Einigung oder des Besitzmittlungsverhältnisses gerückt.264 Hiergegen spricht, dass die Bestimmtheit nach der herrschenden Meinung im Moment des Vertragsschlusses zu beurteilen ist, so dass auf die später liegende Ausführungshandlung nicht abgestellt werden kann. 265 Andere bringen die Ausführungshandlung mit der Widerruflichkeit der Einigung in Verbindung und sehen das absprachegemäße Verhalten des Sicherungsgebers als Beweis dafür an, dass sein Übereignungswille aktuell noch besteht.266 Gegen eine solche Deutung wird man einwenden müssen, dass es eines solchen „Beweises“ richtigerweise nicht bedarf, denn es ist vielmehr umgekehrt am Sicherungsgeber zu beweisen, dass er seine Übereignungserklärung wirksam widerrufen hat. Daher ist auch eine an die Ausführungshandlung geknüpfte „Vermutung“267 der Fortdauer des Übereignungswillens ohne Funktion. Man wird in der Ausführungshandlung auch nicht den Beweis des Fortbestehens des Übereignungswillens sehen können, 268 denn wenn der Sicherungsgeber zuvor die Einigungserklärung ausdrücklich widerrufen hat, dann drückt das Verbringen der Ware in das Lager eben gerade nicht mehr den fortbestehenden Einigungswillen aus. 269 263 Zu anderen Formen der Ausführungshandlung Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, S. 129. 264 BGH, Urt. v. 3. 6. 1996, NJW 1996, 2654, 2655; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 51 Rn. 31; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1295; Soergel/Henssler, BGB, § 930 Anh Rn. 49. 265 MünchKomm-BGB/Oechsler, Anh §§ 929–936 Rn. 16. 266 RG, Urt. v. 15. 6. 1911, JW 1911, 762, 763; Urt. v. 14. 11. 1911, JW 1912, 144. 267 Mit einer solchen operiert Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, S. 135. 268 So aber wohl MünchKomm-BGB/Oechsler, Anh §§ 929–936 Rn. 16. Nach Staudinger/ Wiegand, BGB, Anh zu §§ 929 ff. Rn. 132, hat die Ausführungshandlung indizielle Bedeutung. 269 RG, Urt. v. 15. 3. 1932, RGZ 135, 366.

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Schließlich wird die Ausführungshandlung in einen Zusammenhang mit der „Erkennbarkeit“ des Eigentumsübergangs gestellt und damit jedenfalls semantisch in Beziehung zum Publizitätsprinzip gesetzt. 270 Der Bundesgerichtshof hat allerdings insoweit klargestellt, dass die Ausführungshandlung nicht dergestalt sein muss, dass die Aktualisierung des Besitzmittlungsverhältnisses für jeden Dritten erkennbar ist; es genüge, „dass sie es für den Erwerber ist“. 271 Weitergehende Publizitätsanforderungen im Sinne einer Erkennbarkeit für Dritte lassen sich aus dem Gesetz in der Tat nicht ableiten, da dieses durch §§ 929, 930 BGB eine Übereignung ohne Offenlegung ermöglicht. 272 Weder die Verortung des Erfordernisses der „erkennbaren Ausführungshandlung“ im Bestimmtheitsgrundsatz noch im Publizitätsprinzip vermögen also zu überzeugen. 273 Ihre unstreitige Berechtigung hat diese Voraussetzung freilich dann, wenn die Vornahme einer bestimmten Handlung nach der Sicherungsabrede tatbestandliche Voraussetzung dafür ist, dass eine bestimmte Sache von der Sicherungsübereignung überhaupt erfasst wird. 274 Wenn etwa die Sicherungsabrede vorsieht, dass nur Sachen in einem bestimmten Lagerraum als Sicherheit dienen sollen, so ist die Verbringung von neu angeschafften Waren in diesen Raum tatbestandliche Vorbedingung für das Entstehen eines Sicherungsrechts. Entsprechendes gilt bei Markierungsverträgen, wenn in der Sicherungsabrede vereinbart ist, dass nur solche Sachen zur Sicherheit übereignet sind, die der Sicherungsgeber mit einem bestimmten Markierungszeichen versehen hat.275 Über diese eher technische Bedeutung der Ausführungshandlung hinaus ist jedenfalls bei der antizipierten Übereignung keine selbstständige Funktion des Kriteriums der „erkennbaren Ausführungshandlung“ ersichtlich. Letztlich verdankt es seine prominente Rolle in der Rechtsprechung vor allem des Reichs-

270 Das Kriterium der Erkennbarkeit der Ausführungshandlung stellte vor allem das Reichsgericht in den Vordergrund: RG, Urt. v. 24. 1. 1913, Warneyer 1913, 254; RG, Urt. v. 4. 6. 1929, JW 1929, 2149, 2150. 271 BGH, Urt. v. 18. 11. 1963, JZ 1964, 130, in etwas anderem Zusammenhang auch BGH, Urt. v. 13. 6. 1956, BGHZ 21, 52, 57. Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil vom 1. 4. 1963, WM 1963, 507: Dort wird zwar verlangt, dass „für jeden, der die Parteiabreden kennt, ohne Weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet sind“, doch eine weitergehende Publizität gegenüber der Allgemeinheit wird damit nicht verlangt, wie sich aus der Berücksichtigung der Parteivereinbarung ergibt, die der Allgemeinheit unbekannt ist. 272 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, S. 129. 273 Wiegand, in: Festschr. f. H. P. Westermann, S. 731. 274 Staudinger/Wiegand, BGB, Anh zu §§ 929 ff. Rn. 131; MünchKomm-BGB/Oechsler, Anh §§ 929–936 Rn. 16; Palandt/Bassenge, BGB, § 930 Rn. 10; Bamberger/Roth/Kindl, BGB, § 930 Rn. 8. 275 Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1299, weist zutreffend darauf hin, dass die Markierung als Ausführungshandlung, wie sie beim echten Markierungsvertrag erforderlich ist, von der Markierung zu Beweiszwecken, die zusätzlich vorgenommen wird, zu unterscheiden ist.

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gerichts aber auch noch des Bundesgerichtshofs276 wohl der Unsicherheit in Bezug auf die Konstruktion der Übereignung als antizipierte Übereignung oder als Insichgeschäft.277 Eine höchstrichterliche Entscheidung, die beide Konstruktionen klar voneinander abgrenzt, sucht man vergeblich. Insofern fehlte es auch an einer Gelegenheit, dem Kriterium seinen berechtigten Platz (nur) im Rahmen des Insichgeschäfts zuzuweisen. Das Erfordernis der „erkennbaren Ausführungshandlung“ konnte sich vielmehr verselbstständigen und trägt nun zur Verwirrung um die Anforderungen an eine wirksame antizipierte Sicherungsübereignung bei. Nach dem heutigen Stand der Dogmatik ist es als eigenständige Voraussetzung aufzugeben. c) Das Sonderproblem des gemischten Warenlagers Die zunehmende Verbreitung der Sicherungsübereignung von Waren- und Rohstofflagern musste über kurz oder lang zu Konflikten mit den Interessen der Waren- und Rohstofflieferanten führen. Da diesen durch die Sicherungsübereignung des Lagers das nächstliegende Vollstreckungsobjekt – nämlich die von ihnen gelieferte Sache – genommen wird, sind sie entweder gezwungen, nur noch gegen Barzahlung zu liefern oder sich ihrerseits durch Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts zu sichern. Weil die Abwicklung eines Lieferungsgeschäfts im Wege der sofortigen Barzahlung aber nicht nur die nötige Liquidität des Käufers voraussetzt, sondern darüber hinaus auch evident unpraktisch ist, entwickelte sich der Vorbehalt des Eigentums bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises zu einer Standardklausel in den Lieferungsbedingungen von Waren- und Rohstofflieferanten. 278 Denn durch die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts können die Lieferanten die ihnen unerwünschten Wirkungen der Sicherungsübereignung eines Warenlagers „unschädlich“279 machen. Die Konsequenz eines Eigentumsvorbehalts für das Verhältnis zwischen Lieferant und Sicherungsnehmer ist eindeutig: Dass sich insoweit der Eigentumsvorbehalt gegenüber der Sicherungsübereignung durchsetzt, folgt schon aus dem Grundsatz, dass niemand mehr Recht übertragen kann, als er selbst hat. 280 276 BGH, Urt. v. 13. 6. 1956, BGHZ 21, 52, 56; Urt. v. 24. 6. 1958, BGHZ 28, 16, 19; Urt. v. 20. 3. 1986, NJW 1986, 1985, 1986. Vgl. auch PWW/Nobbe, BGB, Vor § 1204 Rn. 29. 277 RG, Urt. v. 4. 6. 1929, JW 1929, 2149. 278 Hier zeigt sich einmal mehr, dass Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung nicht isoliert betrachtet werden können: Die Verbreitung der Sicherungsübereignung von Warenlagern hat die flächendeckende Verwendung des Eigentumsvorbehalts entscheidend gefördert. 279 Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 132. 280 Klargestellt sei, dass die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs keine Ausnahme von diesem Prinzip ist. Der Rechtserwerb beruht hier nicht auf der Verfügungsmacht des Veräußerers, sondern auf dem gesetzlich angeordneten Verkehrsschutz. Der Veräußerer „kann“ das ihm nicht zustehende Recht nur dem Erwerber verschaffen, weil das Gesetz die Verfügung sanktioniert.

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Da der Sicherungsgeber vor Zahlung des Kaufpreises nicht Eigentümer der Waren bzw. Rohstoffe ist, kann er dem Sicherungsnehmer das Eigentum an diesen auch nicht verschaffen. Ein gutgläubiger Erwerb des Sicherungsnehmers scheitert an § 933 BGB, weil eine Übergabe im Sinne der Norm an den Sicherungsnehmer bei der Sicherungsübereignung normalerweise nicht erfolgt. 281 Die juristischen Probleme des so genannten „gemischten Warenlagers“ knüpfen daran an, dass der Bezug von Waren, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert werden, dazu führt, dass sich Waren mit unterschiedlichem sachenrechtlichen Status im Lager befinden: Manche Sachen sind noch im Eigentum des Lieferanten, da der Kaufpreis noch nicht bezahlt wurde, bei anderen ist die Bedingung dagegen bereits eingetreten, so dass der Verkäufer sein Recht endgültig verloren hat und die Waren bereits im Eigentum des Käufers stehen. Ob auch die Übereignung eines Warenlagers mit einem in diesem Sinn „gemischten“ Bestand zur Sicherheit möglich ist, war in Rechtsprechung und Literatur lange umstritten. Das Problem beschäftigte die höchstrichterliche Rechtsprechung das erste Mal im Jahr 1926. 282 Damals hatte das Reichsgericht über eine Sicherungsübereignung nach §§ 929, 931 BGB zu entscheiden, bei der der Sicherungsgeber zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sicherungsvertrags nur Waren eingelagert hatte, die ihm auch gehörten. In der Sicherungsabrede hieß es daher, dass „sämtliche Waren, die . . . im freien Eigentum der Versicherten [Sicherungsgeberin] stehen, übereignet“ werden sollen. In der Folgezeit lagerte die Sicherungsgeberin aber auch solche Waren ein, die ihr unter Eigentumsvorbehalt geliefert wurden. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Sicherungsgeberin wies das Lager also einen in diesem Sinn „gemischten Bestand“ auf. Das Reichsgericht meinte, dass es hinsichtlich der Wirksamkeit der Sicherungsübereignung unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit darauf ankomme, ob die Sicherungsnehmerin auch an allen nachträglich eingelagerten Waren Eigentum gegebenenfalls nach § 934 1. Alt. BGB erworben habe. Nur wenn das der Fall sei, könne die Bestimmtheit bejaht werden. Insofern betrifft die Entscheidung auch das (Sonder-) Problem, ob und wann § 934 1. Alt. BGB den gutgläubigen Erwerb des Sicherungsnehmers ermöglicht. Das Reichsgericht hielt dies für grundsätzlich möglich und verwies die Sache zur Prüfung der Gutgläubigkeit des Sicherungsnehmers an das Berufungsgericht zurück. 283 Er281 Die erste einschlägige Entscheidung des Reichsgerichts (Urt. v. 9. 3. 1926, RGZ 113, 57) bildet freilich eine Ausnahme zu dieser Regel, da hier der Sicherungsgeber die Waren zur Sicherheit übereignete, die er selber bei einem Lagerhalter eingelagert hatte. Die Sicherungsübereignung fand hier also durch die Abtretung des Herausgabeanspruchs nach §§ 929, 931 BGB statt. Dazu sogleich im Text. 282 Urt. v. 9. 3. 1926, RGZ 113, 57 ff. 283 Ein Teil der Literatur spricht sich gegen den gutgläubigen Erwerb aus. Diese Autoren wollen § 934 BGB teleologisch reduzieren, da die Gleichstellung von mittelbarem und unmittelbarem Besitz im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs verfehlt sei, Wacke, Das Besitzkonsti-

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sichtlich ließ sich der VI. Senat bei dieser Entscheidung von dem Grundsatz leiten, dass die Sicherungsübereignung eines Warenlagers nur dann wirksam sein könne, wenn alle auch nachträglich eingelagerten Waren in das Eigentum des Sicherungsnehmers gelangt waren, wenn also alle Waren das gleiche sachenrechtliche Schicksal erfahren. Hierbei sollte es offenbar gleichgültig sein, ob sich der Eigentumserwerb nach §§ 929, 931 oder nach §§ 929, 931, 934 1. Alt. BGB vollzog. Entscheidend war für das Gericht nur, ob der Sicherungsnehmer Eigentum erworben hat, nicht worauf dieser Erwerb beruhte. Mit dem in RGZ 132, 182 ff. veröffentlichten Urteil 284 widersprach der VII. Senat ausdrücklich dieser Rechtsprechung und hielt eine Sicherungsübereignung des gesamten Warenbestands nach §§ 929, 930 BGB für zulässig, obgleich nicht sämtliche Waren im Eigentum des Veräußerers standen. Dass der Sicherungsnehmer wegen § 933 BGB nicht an allen Waren habe Eigentum erwerben können, hindere die Bestimmtheit nicht. Die Übereignung habe sich auf alle Waren bezogen, sie sei insofern eindeutig bestimmt; sie habe freilich nur hinsichtlich eines Teils der Waren auch zum Eigentumserwerb des Sicherungsnehmers geführt. 285 Der VI. Senat des Bundesgerichtshofs hatte 1956 über eine Konstellation zu entscheiden, in welcher der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer an den ihm gehörenden Sachen das Eigentum und an dem ihm unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sachen das „Anwartschaftsrecht auf Eigentumserwerb“ übertrug. Die Parteien wollten sich hier also ersichtlich rechtstreu verhalten, indem sie die Übereignung nur auf die dem Sicherungsgeber tatsächlich zustehenden Rechtspositionen bezogen. 286 Da diese vertragliche Differenzierung aber nicht durch tut als Übergabeersatz, S. 55; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 981 ff.; Kindl, AcP 201 (2001), 391, 399. Lohsse, AcP 206 (2006), 527 ff. zeigt, dass sich für eine solche Reduktion jedenfalls nicht der Wille des BGB-Gesetzgebers fruchtbar machen lässt. Der BGH hält an der unmodifizierten Anwendung des § 934 BGB fest: BGH, Urt. v. 27. 3. 1968, BGHZ 50, 45 („Fräsmaschinenfall“). Dem BGH folgend: Prütting, Sachenrecht, Rn. 431; Soergel/Henssler, BGB, § 934 Rn. 7. In einem Fall des Konflikts zwischen Vorbehaltslieferant und Sicherungseigentümer wäre allerdings unabhängig von dem Streit um die Beschränkung des § 934 BGB zu Gunsten des Vorbehaltslieferanten zu entscheiden, da sich hier ein Rückgriff auf die zum Konfl ikt zwischen verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungsglobalzession entwickelte „Vertragsbruchlehre“ anbietet. Siehe zu dieser S. 206 ff. 284 Urt. v. 27. 2. 1931. 285 A.a.O., S. 188. G. Paulus, JZ 1957, 41, 42, hat zutreffend eingewandt, dass sich aus einem solchen Vertragsverständnis „ein Privileg zu Gunsten bewußter oder leichtfertiger Mißachtung fremden Eigentums ergibt.“ In die gleiche Richtung Wieling, Sachenrecht I, § 9 VII 4b bb, S. 335. 286 Bei RGZ 132, 182 sah der Sicherungsvertrag dagegen undifferenziert die Übertragung des Eigentums an sämtlichen Sachen vor. Um eine Beschränkung der Sicherungsübereignung auf die dem Sicherungsgeber zustehenden Rechte hatten sich auch die Parteien in BGH, Urt. v. 20. 3. 1986, NJW 1986, 1985 f. bemüht. Auch hier war die Sicherungsübereignung auf die dem Sicherungsgeber gehörenden Waren begrenzt, eine sicherungsweise Übertragung etwaiger Anwartschaftsrechte war nicht vorgesehen. Der BGH hielt die Sicherungsübereignung

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eine tatsächliche Scheidung der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren von den dem Sicherungsgeber bereits gehörenden Waren umgesetzt wurde, war die Übereignung nach Ansicht des Senats zu unbestimmt. Denn die Vorstellungen der Parteien über den sachenrechtlichen Status der veräußerten Sachen blieben abstrakt und wurden nicht auf individuell bestimmte Gegenstände bezogen. Sein in erster Linie konstruktiv begründetes Ergebnis versucht der Senat abschließend gegen rechtspolitische Argumente287 aus dem Gedanken eines kreditwirtschaftlichen Bedürfnisses nach einer Sicherungsübereignung von gemischten Warenlagern abzusichern. Er macht hier geltend, dass eine Individualisierung der Güter zwar nicht durch das Allgemeininteresse an der Erkennbarkeit der Sicherungsübereignung gerechtfertigt werde, allerdings läge eine solche sehr wohl im Interesse der Parteien des Sicherungsvertrags, insbesondere könne nur so der Sicherungsnehmer Klarheit darüber gewinnen, an welchen Waren er tatsächlich Eigentum erworben habe. 288 Die auch heute noch gültige Linie der Rechtsprechung bei der Behandlung von gemischten Warenlagern entwickelte schließlich der aufgrund einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans nunmehr für Ansprüche aus Besitz und Eigentum zuständige VIII. Senat im Jahr 1958. 289 Der zu entscheidende Sachverhalt war dem des VI. Senats im Wesentlichen ähnlich. 290 In ausdrücklicher Aufgabe der Rechtsprechung des VI. Senats hielt der VIII. Senat das Geschäft indes für wirksam. Anders als der VI. Senat spaltete der VIII. Senat das Rechtsgeschäft nicht in zwei Teile auf – nämlich einerseits der Übertragung des Vollrechts und andererseits der Übertragung des Anwartschaftsrechts an den unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sachen. Er nahm vielmehr eine einheitliche Verfügung über alle Sachen an. Eine solche einheitliche Betrachtungsweise sei zulässig, da die Übertragung des Eigentums und die des Anwartschaftsrechts nach denselben Grundsätzen erfolgten. Die Übertragung des Anwartschaftsrechts führe bei Bedingungseintritt dazu, dass der Erwerber des Anwartschaftsrechts unmittelbar das Vollrecht erwerbe. 291 Da also an allen Sachen des Warenlagers entweder das Vollrecht oder das Anwartschaftsrecht zur Sicherheit überfür unwirksam. Sie sei zu unbestimmt, da nicht ohne weiteres ersichtlich sei, ob die hinzukommenden Stücke als Sicherungsgut zur Verfügung stehen sollen oder nicht. 287 Diese Einwände blieben dennoch nicht aus: G. Paulus, JZ 1957, 41 ff. stellt dar, dass die Anforderungen an eine tatsächliche Trennung der Waren, die sich aus dem Urteil ergeben, in der Praxis nicht durchführbar sind. Gegen Paulus wiederum Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 869 Fn. 1552. 288 Westermann, NJW 1956, 1297, 1298, meint dagegen, dass „der Schuldner so oder so wissen [müsse], an welchen Gegenständen er unbeschränktes Eigentum hat“. 289 Urt. v. 24. 6. 1958, BGHZ 28, 17 ff. 290 Zur eigenartigen Prozessgeschichte des Verfahrens, bei dem es sich um einen Musterprozess handelte, dem kein echter Konfl ikt zugrunde lag, Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 146. 291 So schon BGH, Urt. v. 22. 2. 1956, BGHZ 20, 88, 100. Kritisch Hennrichs, DB 1993, 1707 ff.

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tragen werden solle und sich diese Übertragungen nach den gleichen Regeln richten, seien Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit nicht gerechtfertigt. 292 Der konstruktiv tragende Gesichtspunkt ist nach der Ansicht des VIII. Senats somit die „Rechtsähnlichkeit“ von Eigentum und Anwartschaftsrecht. Schon methodisch ist es nicht ohne Bedenken, dass der Senat sein Ergebnis entscheidend auf die Gleichartigkeit der Verfügung über das Vollrecht mit einer Verfügung über das Anwartschaftsrecht stützt. Bei einer solchen Argumentation erlangt die Rechtsfigur des Anwartschaftsrechts eine konstruktive Bedeutung, die ihr von ihrer ursprünglichen Funktion her nicht zukommt. Ob das Anwartschaftsrecht analog §§ 929 ff. oder nach §§ 413, 398 ff. BGB übertragen wird, kann für die hier zu entscheidende Frage nicht maßgeblich sein. 293 Auch die dogmatischen Einwände gegen diese Argumentation sind gewichtig. Sie ergeben sich in erster Linie aus den unterschiedlichen Besitzlagen hinsichtlich der unter Vorbehalt gelieferten Gegenstände gegenüber den im Eigentum des Sicherungsgebers stehenden Sachen. An letzteren erwirbt der Sicherungsnehmer durch die Begründung des Besitzmittlungsverhältnisses mittelbaren Eigenbesitz. Im Hinblick auf die Vorbehaltswaren mittelt der Sicherungsgeber aber seinem Verkäufer den Besitz. Daher kann es sich bei der Besitzposition des Sicherungsnehmers allenfalls um aufschiebend bedingten mittelbaren Eigenbesitz handeln. 294 Hieraus ergibt sich, dass der Sicherungsnehmer vor Bedingungseintritt keinen Besitz an den Sachen erworben hat, da der Sicherungsgeber gemäß seiner vertraglichen Bindung weiterhin dem Vorbehaltsverkäufer den Besitz mittelt. Da aber ein Erwerb nach §§ 929, 930 BGB die Entstehung mittelbaren Besitzes des Erwerbers verlangt, lässt sich ein Übergang des Anwartschaftsrechts auf den Sicherungsnehmer auf diesem Weg nicht konstruieren. Der Bundesgerichtshof versucht diesem Ergebnis durch die Annahme von mittelbarem Fremdbesitz ersten Grades des Sicherungsnehmers und mittelbarem Eigenbesitz zweiten Grades des Vorbehaltsverkäufers auszuweichen. Diese Konstruktion ignoriert aber, dass der Vorbehaltsverkäufer weiter einen Herausgabeanspruch gegen seinen Käufer hat, das Besitzmittlungsverhältnis also zwischen diesen Parteien fortbesteht. Der Vorbehaltsverkäufer hat eben gerade kein Einverständnis dahingehend erteilt, dass in seine besitzrechtliche Beziehung zur Sache ein weiteres Glied eingeschaltet wird. 295 Insofern lässt sich 292 BGHZ 28, 17, 22. Gegen dieses Argument Staudinger/Wiegand, BGB, Anh zu §§ 929 ff. Rn. 109 ff. 293 Zutreffend Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 145. 294 So Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 144 ff., dazu sogleich im Text. 295 Gegen diese Konstruktion Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 42, Fn. 21; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, S. 262; Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 146; G. Paulus, JZ 1957, 41, 45.

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nicht für alle Sachen des Lagers eine einheitliche Besitzlage annehmen. Die gegenteilige Ansicht des Bundesgerichtshofs ist eine „Zweckbehauptung“, 296 mit der offensichtlich die Möglichkeit einer einheitlichen Verfügung über alle Waren auch besitzrechtlich abgesichert werden soll. Die Lehre vom Nebenbesitz297 versucht diese Schwäche zu vermeiden, indem sie annimmt, dass der Vorbehaltskäufer nach der Sicherungsübereignung sowohl dem Vorbehaltsverkäufer als auch dem Sicherungsnehmer den Besitz mittelt. 298 Die Vertreter dieser Ansicht geben freilich selber zu, dass auch diese Lösung – von ihrer Gesetzesferne zunächst abgesehen – nicht ohne Zweifel ist, weil unbestimmt bleibt, an welchen Sachen Neben(-fremd-)besitz des Sicherungsnehmers entsteht und an welchen er ungeteilten Eigenbesitz erwirbt. Westermann führt insoweit aus, dass eine „solche Unbestimmtheit des Besitzwillens auch sonst möglich [sei], sie [stehe] dem Besitzerwerb nicht entgegen.“ Eine Begründung für eine derartige Reduktion des Bestimmtheitsgrundsatzes sucht man vergebens. Aufschlussreich ist insoweit Westermanns Postulat, dass, „nachdem die Sicherungsübereignung von Warenlagern einmal anerkannt [sei], auch eine praktikable Form gefunden werden [müsse].“299 Der Streit darüber, ob es einen „Nebenbesitz“ überhaupt gibt, soll an dieser Stelle nicht vertieft werden. Das Gesetz kennt diese Art von Schizophrenie im Besitzwillen jedenfalls nicht. Allgemein wird die Konstruktion zweier voneinander unabhängiger Nebenbesitzer von ihren Befürwortern zur Überwindung von tatsächlichen oder behaupteten Mängeln des Gesetzes bemüht. Einerseits wird der Nebenbesitz verwendet, um den gutgläubigen Erwerb im Rahmen des § 934 BGB zu begrenzen und diese Vorschrift so mit § 933 BGB zu harmonisieren.300 Andererseits wird die Lehre vom Nebenbesitz in der hier vorliegenden Situation herangezogen, um zu erklären, dass der Vorbehaltskäufer gleichzeitig dem Sicherungsnehmer und dem Vorbehaltsverkäufer den Besitz mittelt, ohne dem Vorbehaltsverkäufer gegenüber vertragsbrüchig zu sein. Ganz ersichtlich 296

Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 147. Sie geht zurück auf ein Gutachten M. Wolffs, das in RGZ 135, 75, 79 (Zuckerfall) zitiert wurde. Den Ausdruck prägte Dölle, JW 1932, 1212, in einer Anmerkung zu dieser Entscheidung. 298 H. Westermann, NJW 1956, 1297, 1298; G. Paulus, JZ 1957, 41, 45; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, S. 263. Dagegen Zunft, NJW 1957, 445, 446; Soergel/Stadler, BGB, § 868 Rn. 22. 299 Westermann, NJW 1956, 1297, 1298. Ähnlich auch G. Paulus, JZ 1957, 41, 45: Paulus hält eine „Besitzmittlerschaft zu Gunsten des Sicherungsnehmers“ bei gleichzeitiger Besitzmittlung zu Gunsten des Vorbehaltsverkäufers durch den Vorbehaltskäufer für möglich, weil sonst „auch die Zulässigkeit einer Übertragung [des Anwartschaftsrechts] nach § 930 angezweifelt werden könnte.“ Es ist aber gerade die Frage, ob das Anwartschaftsrecht zur Sicherheit nach § 930 BGB übertragen werden kann. Die Argumentation ist insofern deutlich ergebnisgeleitet. 300 Wacke, Das Besitzkonstitut als Übergabesurrogat, S. 54. Dagegen u. a. Picker, AcP 188 (1988), 511, 533 ff. 297

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ist der Nebenbesitz also eine Figur, die der „Korrektur“ des Gesetzes dient, indem sie Lösungen ermöglicht, die sich im Wege der schlichten Gesetzesauslegung nicht erreichen lassen. Beim Nebenbesitz handelt es sich daher methodisch um Rechtsfortbildung, der sich die herrschende Meinung nach wie vor nicht angeschlossen hat.301 Der Anwendung dieser Lehre auf die vorliegende Situation steht überdies entgegen, dass die Qualität der „Nebenbesitzer“ unterschiedlich in dem Sinn ist, dass der Vorbehaltsverkäufer Nebenbesitz als Eigenbesitzer hat, während der Sicherungsnehmer bis zum Bedingungseintritt lediglich Fremdbesitzer ist.302 Das Problem des gemischten Warenlagers kann insofern weder mit der Lösung des Bundesgerichtshofs, nach der ein Besitzgebäude entsteht, noch mit der Lehre vom Nebenbesitz überzeugend gelöst werden.303 Ernst hat daher einen dritten Ansatz vorgeschlagen, nach dem das Besitzkonstitut hinsichtlich der Vorbehaltsware durch die Befriedigung des Lieferanten bedingt sein soll. Die unbedingte Übertragung des Anwartschaftsrechts soll sich also durch Einigung und die Begründung eines bedingten Besitzmittlungsverhältnisses vollziehen. Wilhelm hat gegen diese Deutung eingewandt, dass sie „weder gewollt . . . noch realistisch sei“.304 Allerdings missversteht er Ernst wohl, wenn er meint, dass die Bedingung in der vollständigen Befriedigung des Lieferanten für sämtliche Forderungen bestünde, mit dem Ergebnis, dass sich im Lager überhaupt keine unter Eigentumsvorbehalt stehenden Sachen mehr befinden. Nach Ernst 305 soll es vielmehr ausreichen, wenn die Kaufpreisforderung für eine konkrete Sache (vollständig) beglichen wurde; es ist nicht erforderlich, dass alle Ansprüche aller Lieferanten erloschen sind. Das führt zu dem oben schon angedeuteten Ergebnis, dass der Sicherungsnehmer vor Bedingungseintritt (nur) ein Anwartschaftsrecht auf Erwerb des Sicherungseigentums am Vollrecht erworben hat. Dies ist zunächst begrifflich abzugrenzen von einem Erwerb des Anwartschaftsrechts. Die Lösung des Bundesgerichtshofs ermöglicht letzteres, indem sie eine Sicherungsübertragung des Anwartschaftsrechts zulässt, es geht insofern um einen Zweiterwerb der Anwartschaft. Die Ernstsche Lösung sieht demgegenüber keine Übertragung des Anwartschaftsrechts selbst vor, sondern versetzt den Sicherungsnehmer nur in eine Position, in der sein Erwerb eines Sicherungsrechts vom Sicherungsgeber nicht mehr verhindert werden kann: Sobald die letzte Rate für eine bestimmte Sache bezahlt ist – und sei es durch den Sicherungsnehmer nach § 267 BGB –, 301 Ablehnend aus der Rechtsprechung: RG, Urt. v. 5. 2. 1932, RGZ 135, 75; Urt. v. 11. 11. 1932, RGZ 138, 265, 267. Aus der Literatur: Picker, AcP 188 (1988), 511, 533; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 992; Hager, Verkehrsschutz durch redlichen Erwerb, S. 360 ff.; MünchKommBGB/Joost, § 868, Rn. 2; Palandt/Bassenge, BGB, § 868 Rn. 2. 302 Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 562. 303 Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 562; Soergel/Stadler, BGB, § 868 Rn. 22. 304 Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 869 Fn. 15552. 305 A.a.O., S. 144 f.

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erwirbt der Sicherungsnehmer aufgrund des bedingten Besitzkonstituts und der antizipierten Einigung das Eigentum. Der Sicherungsnehmer erlangt somit ein Anwartschaftsrecht im Wege des Ersterwerbs. Darüber, dass die Konstruktion insofern nicht den heute verwendeten Standardklauseln entspricht, die eine Übertragung des Anwartschaftsrechts vorsehen,306 wird man hinwegsehen können, weil diese nur das Produkt des von der Rechtsprechung gewählten – abweichenden – Ansatzes sind. Die Ergebnisse der Konstruktion eines bedingten Besitzmittlungsverhältnisses sind durchaus überzeugend: In Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz genießt der Vorbehaltsverkäufer solange den ersten Zugriff auf die Sache, wie der Kaufpreis noch nicht bezahlt ist; wird er beglichen, erwirbt der Sicherungsnehmer unmittelbar ein Sicherungsrecht am Vollrecht, das ihm die bevorrechtigte Befriedigung erlaubt. Eine Missachtung der Besitzverhältnisse, wie sie der Lösung des Bundesgerichtshofs vorzuwerfen ist, ist nicht erkennbar. Schließlich ist auch die Übertragung der Rechtsstellung des Sicherungsnehmers zu Refinanzierungszwecken möglich, denn der Sicherungsnehmer kann sein Anwartschaftsrecht durch Abtretung des bedingten Herausgabeanspruchs gegen den Sicherungsgeber nach §§ 929, 931 BGB übertragen. Bei Lichte besehen handelt es sich freilich um eine „dogmatische Finte“, die der Überwindung des Bestimmtheitsprinzips bezüglich des Übergabesurrogats dient. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Ernst ausführt, dass ein Besitzkonstitut bedingt werden könne. Dass die Bedingung allerdings auch der Eigentumserwerb des Veräußerers sein kann, ist abzulehnen, denn hiergegen sind dieselben Bestimmtheitsargumente anzuführen, die sich gegen eine Einigung richten, die auf die Sachen beschränkt sein soll, die dem Verfügenden gehören. Eine solche Übereignung wird von der ganz herrschenden Meinung für unwirksam gehalten, da sie zu unbestimmt ist.307 Nichts anderes könnte gelten, wenn die Beschränkung der Einigung rechtstechnisch durch die Formulierung einer Bedingung erreicht wird, nach der die Übereignung mit Erwerb des Eigentums durch den Veräußerer wirksam werden soll. Vordergründig umgeht Ernst diesen Einwand, indem er die Bedingung nicht auf die Einigung, sondern auf das Übergabesurrogat bezieht. Die dogmatischen Bedenken bleiben aber dieselben, denn auch bei der Lösung über ein bedingtes Besitzmittlungsverhältnis bleibt unklar, welche konkreten Sachen übereignet sind und welche nicht. Es ist nicht einmal gewiss, dass alle im Lager befindlichen Sachen zu irgendeinem Zeitpunkt zur Sicherheit übereignet sein werden. Der Sicherungsnehmer hat ja zunächst nur ein Anwartschaftsrecht auf Erwerb des Sicherungseigentums erlangt, ob dieses zum Vollrecht erstarkt, hängt von der Entwicklung des Ver306 Vgl. Krauß/Weise, Beck’sche Online-Formulare, Nr. 3.5 Raumsicherungsübereignung, § 2 S. 2. 307 Zuletzt BGH, Urt. v. 20. 3. 1986, NJW 1986, 1985. A. A. Wieling, Sachenrecht, § 9 VII 4b bb.

B. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsübereignung

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tragsverhältnisses zwischen Sicherungsgeber und Lieferant ab. Macht dieser seinen Eigentumsvorbehalt geltend, scheitert auch der Erwerb des Sicherungsnehmers. Daher vermeidet die von Ernst vorgeschlagene Konstruktion zwar die deutlichen Schwächen der herrschenden Ansicht, auch sie vermag jedoch nicht das Grundproblem zu beseitigen: Traditions- und Spezialitätsprinzip lassen sich nicht mit der Wirksamkeit einer Verfügung über eine uneinheitliche Sachgesamtheit mit wechselndem Bestand vereinbaren, wenn man diese Prinzipien nicht zu leeren Begriffshülsen degradieren will.

4. Würdigung der Rechtsprechung zur Sicherungsübereignung von Waren- und Rohstofflagern Die Darstellung hat die erheblichen und durchaus grundsätzlichen Unsicherheiten nicht nur der frühen Rechtsprechung bei der Konstruktion der Sicherungsübereignung eines Waren- oder Rohstofflagers mit Nachschubklausel gezeigt. Schon die Zulässigkeit der Vorwegnahme der Übereignung vor Besitzund Eigentumserwerb des Veräußerers ist bedenklich und in ihrer Konstruktion zweifelbehaftet. Ebenso verhält es sich mit der Zulässigkeit eines antizipierten Besitzmittlungsverhältnisses. So schrieb Martin Wolff im Jahr 1932: „Im Grunde handelt es sich hierbei [nämlich der Sicherungsübereignung eines Warenlagers] um eine Gesetzesumgehung, aber in der unerschütterlichen Gerichtpraxis, die das Konstitut zulässt, ist eine gewohnheitsrechtliche Bildung zu erkennen.“308

Die Anerkennung der Zulässigkeit eines vorweggenommenen Besitzkonstituts bedeutet die weitgehende Preisgabe des Traditionsprinzips, denn eine Trennung zwischen schuld- und sachenrechtlichem Geschäft gerät hier zur reinen Fiktion. Nicht umsonst sind die Tendenzen in der Rechtsprechung unübersehbar, Mängel der Sicherungsabrede unter äußerst großzügiger Handhabung des Abstraktionsprinzips auch auf die dingliche Einigung zu beziehen. 309 Bei der Anerkennung der Sicherungsübereignung von Warenlagern mit gemischtem Bestand ist schließlich die Rechtsprechung über alle dogmatischen Bedenken, insbesondere aus dem Bestimmtheitsprinzip hinweggegangen. Die Entwicklung dieser Rechtsprechung, die von der Literatur überwiegend zustimmend begleitet wurde, zeigt deutlich, welche Spannungen zwischen den kreditwirtschaftlichen Bedürfnissen einerseits und der Konzeption des Ge308

Enneccerus/Kipp/Wolff, Sachenrecht, 9. Aufl. (1932), S. 620. So etwa bei der Rechtsprechung zur anfänglichen Übersicherung: BGH, Urt. v. 12. 3. 1998, ZIP 1998, 684, 685; dazu kritisch MünchKomm-BGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 14; M. Schwab, JuS 1999, 740, 745. Auch bei der Vertragsbruchrechtsprechung wird aus der Sittenwidrigkeit der Sicherungsabrede eine Nichtigkeit der Einigung gefolgert, vgl. etwa BGH, Urt. v. 8. 12. 1998, NJW 1999, 940. Zur Sittenwidrigkeitskontrolle von Kreditsicherheiten unten, S. 275 ff. 309

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setzes andererseits bestehen. Die Auflösung dieser Spannungen zu Gunsten der praktischen Bedürfnisse hat dazu geführt, dass das dogmatische Fundament, auf dem die Sicherungsübereignung von Sachgesamtheiten mit wechselndem Bestand ruht, schwankend ist. Insoweit gelten auch heute noch die Worte Hoenigers aus dem Jahr 1930: „Mehr als zwanzig Jahre ist nunmehr die Sicherungsübereignung von Warenlagern mit wechselndem Bestand ein von der Rechtsprechung anerkanntes Institut. In dieser Zeit, so sollte man meinen, müssten die rechtlichen Grund- und Grenzlinien dieses Instituts so gefestigt sein, daß Zweifel über die Gültigkeit oder Ungültigkeit von Sicherungsverträgen nahezu nicht mehr bestehen. Das Gegenteil trifft jedoch zu. (. . .) Das durch die Rechtsprechung praeter – vielleicht sogar contra legem – geborene Institut der Sicherungsübereignung von Warenlagern hat zwar manche Kinderkrankheiten überwunden, seinen Geburtsfehler aber wird es nicht los.“310

Dieser Geburtsfehler drückt sich in nach wie vor bestehenden Unsicherheiten im Umgang mit revolvierenden Globalsicherheiten aus. Heute wird man zwar für die Praxis feststellen können, dass nennenswerte Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Gültigkeit von Sicherungsübereignungen jedenfalls aus sachenrechtlicher Sicht nicht mehr besteht.311 Wie gerade die Darstellung der Rechtsprechung zum gemischten Warenlager gezeigt hat, beruht diese Rechtssicherheit jedoch in erster Linie darauf, dass die Rechtsprechung ihre Ansprüche immer weiter abgesenkt hat, so dass heute weder das „konkrete“ Besitzmittlungsverhältnis noch das sachenrechtliche Bestimmtheitserfordernis Probleme bereiten.312 Bliebe es bei den bisher angeführten konstruktiven Bedenken, vermöchten die Einwände gegen die Sicherungsübereignung kaum zu überzeugen. Dogmatik und Konstruktion sind kein Selbstzweck, sondern müssen vielmehr in den Dienst einer interessengerechten Lösung gestellt werden. Insofern ist es im Ausgangspunkt zu begrüßen, dass die Rechtsprechung Gläubigern und Schuldnern das gab, was der Gesetzgeber ihnen verweigert hatte, nämlich ein praxisgerechtes, besitzloses Sicherungsrecht auch an revolvierenden Sachgesamtheiten.313 Die Mittel, welche der Judikative dabei zur Verfügung standen und stehen, sind jedoch durch den Typenzwang begrenzt. Die Rechtsprechung kann hier wenig mehr tun, als unter großzügiger Anwendung der positiven Grundla310

Hoeniger, JW 1930, 2936. Eine bemerkenswerte Ausnahme macht insoweit die Entscheidung des BGH, Urt. v. 20. 3. 1986, NJW 1986, 1985 f. Trotz der insoweit längst geklärten Haltung der Rechtsprechung verwendeten die Parteien hier eine Klausel, nach der nur die im Eigentum des Sicherungsgebers stehenden Waren übereignet werden sollten. In Übereinstimmung mit der schon vom Reichsgericht entwickelten herrschenden Ansicht hielt der BGH eine solche Sicherungsübereignung für unwirksam. 312 Siehe aber die Entscheidung des Bundesgerichtshofs v. 15. 10. 2009 – IX ZR 120/07. 313 Vgl. auch Kleene, Die Orientierung der Rechtsprechung an wirtschaftlichen Interessen. 311

C. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsabtretung

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gen Versuche zu sanktionieren, mit denen die gesetzlich verfügbaren Akttypen zu anderen Zwecken eingesetzt werden. Diese laissez-faire-Haltung der Rechtsprechung bei der sachenrechtlichen Behandlung von Globalsicherheiten hat dazu geführt, dass sich die Diskussion zunehmend auf die Ebene der (Sittenwidrigkeits-) Kontrolle solcher Verträge verlagert hat. Die Rechtsprechung hat durch die Anerkennung dieses Typus von Sicherheiten der Privatautonomie ein weites Feld eröffnet, wodurch zwangsläufig ein Bedürfnis nach korrigierender Regelung entsteht, das auch heute noch nicht befriedigt ist, wie die jüngsten Entscheidungen zur Anfechtbarkeit der Globalzession 314 deutlich zeigen.315 Die Notwendigkeit einer Einschränkung der Globalsicherheiten ergibt sich in erster Linie aus den konfligierenden Interessen der verschiedenen Gläubiger des Sicherungsgebers. Die bisherigen Ausführungen dienten nur dazu, die Dogmengeschichte der Sicherungsübereignung darzustellen und beschränkten sich darauf, die konstruktiven Probleme des deutschen Sachenrechts im Hinblick insbesondere auf revolvierende Sicherungsübereignungen aufzuzeigen. Eine hierüber hinausgehende normative Analyse der Interessen der Gläubiger wird erst möglich, wenn man die haftungsrechtlichen Wirkungen einer Sicherungsübereignung in den Blick nimmt, die bisher bewusst ausgeblendet wurden. In § 4 wird sich erweisen, dass die Aufweichung der dogmatischen Grundsätze auch haftungsrechtlich zu Verwerfungen führt, die sich in kaum aufzulösenden Spannungen mit dem insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ausdrücken. Die derzeitige Situation ist insofern nicht nur dogmatisch unbefriedigend; sie trägt auch dem Interessenkonflikt zwischen den Gläubigern des Sicherungsgebers nicht angemessen Rechnung.

C. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsabtretung Wie oben 316 dargestellt, war die Abtretung einer Forderung bereits im 19. Jahrhundert als Sicherungsmittel anerkannt. Wie die Sicherungsübereignung wurde die Sicherungsabtretung im frühen 20. Jahrhundert weiter ausgebaut und wurde schließlich zu einem für Lieferanten wie Geldkreditgeber gleichermaßen wichtigen Instrument. Die Vorteile einer Sicherungsabtretung gegenüber der Verpfändung einer Forderung sind allerdings nicht in gleicher Weise augenfällig wie im Verhältnis der Sicherungsübereignung zur Verpfändung einer beweglichen Sache, da der Besitzverlust als entscheidender Nachteil der Verpfändung einer Sache bei einer Forderung als Sicherungsgut nicht in Rede steht. Als Vor314

BGH, Urt. v. 29. 11. 2007, ZIP 2008, 183 ff. Zu den richterrechtlich entwickelten Mechanismen zur Begrenzung revolvierender Sicherheiten siehe unten, § 5. 316 Siehe S. 103. 315

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teil der Sicherungsabtretung wird die bei der Zession nach deutschem Recht nicht erforderliche Benachrichtigung des Drittschuldners (Denuntiation) genannt, die umgekehrt gemäß § 1280 BGB Voraussetzung einer wirksamen Verpfändung ist. Überlegungen, § 1280 BGB auch auf die Sicherungszession anzuwenden, konnten sich ebenso wenig durchsetzen 317 wie die Forderung, § 1205 BGB auf die Sicherungsübereignung zu beziehen. Noch wichtiger als die bei der Sicherungsabtretung nicht erforderliche Benachrichtigung des Forderungsschuldners dürfte die leichtere Verwertbarkeit einer zur Sicherheit abgetretenen Forderung sein, da diese im Sicherungsfall – jedenfalls außerhalb eines Insolvenzverfahrens und des Anwendungsbereichs von § 166 Abs. 2 InsO – ohne weiteres vom Sicherungszessionar selbst eingezogen werden kann, wodurch er Eigentum am Erlös erwirbt. Die Einziehung einer verpfändeten Forderung durch den Pfandgläubiger führt dagegen nur zur Entstehung eines Pfandrechts an dem vom Drittschuldner Geleisteten.318 Schließlich ist als dritter Vorteil der Sicherungsabtretung gegenüber der Forderungsverpfändung die fehlende Akzessorietät zu nennen, welche eine flexiblere Handhabung des Sicherungsrechts erlaubt. Im Vordergrund der folgenden Erörterungen sollen die dogmatischen Fragen von Sicherungszessionen im Allgemeinen und revolvierenden Globalzessionen im Besonderen stehen. Von dem sich zwischen Vorbehaltslieferanten und Geldkreditgebern im Laufe des 20. Jahrhunderts verschärfenden Interessenkonflikt in Gestalt eines „Kampfes um die Forderung aus dem Weiterverkauf“319 wird im Rahmen der Darstellung des verlängerten Eigentumsvorbehalts zu handeln sein.320

I. Die Regelung der Forderungsabtretung durch das BGB Der Einfluss des BGB-Gesetzgebers auf die Entwicklung der Sicherungsabtretung als Sicherungsmittel war ähnlich gering wie bei der Sicherungsübereignung. Wie bezüglich der meisten anderen Rechtsmaterien 321 folgte der BGB317 Zur Rechtslage nach Inkrafttreten des BGB Heck, Grundriß des Schuldrechts, § 68 Nr. 5, S. 210. 318 Staudinger/Busche, BGB, Einl zu §§ 398 ff. Rn. 66. Heck, Grundriß des Schuldrechts, § 68 Nr. 5, S. 210, tritt demgegenüber dafür ein, dass auch das Einziehungsrecht des Sicherungszessionars ein Recht an fremder Forderung sei. Insofern sei es interessengerecht, auch den Erlös dem Sicherungsgeber zuzuordnen und dem Sicherungsnehmer an diesem nur ein Sicherungsrecht zuzusprechen. 319 So der Titel einer 1932 erschienenen Abhandlung von Matthiessen, Zentr-Bl. HR 1932, 40 ff. 320 Siehe unten, S. 206 ff. 321 Schubert, Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung, S. 175.

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Gesetzgeber auch in Bezug auf das Recht der Forderungsabtretung grundsätzlich der schon zum gemeinen Recht herrschenden Meinung.322 Vorschläge, die Abtretung an die Benachrichtigung oder gar Zustimmung des Forderungsschuldners zu knüpfen, konnten sich nicht durchsetzen.323 Ebenso wenig wie die Sicherungsübereignung wurde die Sicherungsabtretung im BGB ausdrücklich geregelt. Auch ihre Zulässigkeit wurde allerdings in § 223 Abs. 2 BGB a. F. vorausgesetzt. Auch für die Sicherungszession ist somit nicht ersichtlich, dass der BGB-Gesetzgeber an der bestehenden Rechtslage etwas ändern wollte. Die Rechtsprechung knüpfte denn auch nach dem Inkrafttreten des BGB nahtlos an die zum alten Recht getroffenen Entscheidungen an, wodurch sich die Sicherungsabtretung schon bald zu einer „feststehenden Praxis“ entwickelte.324 Die dogmatischen Hürden, die auf diesem Weg zu überwinden waren, sind jedenfalls für die Sicherungsabtretung bestehender Forderungen erheblich niedriger als bei der Sicherungsübereignung beweglicher Sachen. Zwar setzt die Bestellung eines Pfandrechts an einer Forderung die Benachrichtigung des Forderungsschuldners nach § 1280 BGB voraus, doch ist der Geltungsgrund für dieses Erfordernis gerade angesichts des Verzichts auf eine Denuntiation bei der Abtretung so undeutlich,325 dass man allein aus dem Fehlen der Benachrichtigung des Schuldners bei der Sicherungszession die Unwirksamkeit des Geschäfts nicht ableiten kann.326 Das gewichtigste Argument gegen die Zulässigkeit der Sicherungsübereignung – die Umgehung des Verbots der Mobiliarhypothek – verfängt daher gegenüber der Sicherungsabtretung nicht in gleicher Weise. Außerdem sind die Vorschriften über die Verwertung einer verpfändeten Forderung (§§ 1281–1283 BGB) gemäß § 1284 BGB dispositiv, so dass auch insoweit ein Umgehungsargument – anders als bei § 1229 BGB und der Sicherungsübereignung – wenig Gewicht besitzt. Die Zulässigkeit der sicherungsweisen Abtretung bestehender Forderungen war und ist daher weitgehend unstreitig.

322 Bork, in: Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, S. 289, 295. Siehe vor allem die ausführliche Darstellung bei Luig, Zur Geschichte der Zessionslehre, S. 130 ff. 323 Prot. II, S. 763 ff. = Mugdan, Bd. II, S. 570 ff. 324 Heck, Grundriß des Schuldrechts, S. 210. Zur Entwicklung in der Schweiz siehe Wiegand, Kreditsicherung und Rechtsdogmatik, S. 283, 285. 325 Eine Publizitätsfunktion lässt sich der Benachrichtigung jedenfalls nicht zuschreiben, da durch diese nur der Forderungsschuldner von der Abtretung in Kenntnis gesetzt wird, der freilich ohnehin von § 407 BGB geschützt wird. Diejenigen aber, die wirklich ein Interesse daran hätten, von der Verpfändung der Forderung zu erfahren – nämlich die anderen Gläubiger des Sicherungsgebers –, werden durch § 1280 BGB nicht geschützt. 326 So schon Hoeniger, Diskontierung von Buchforderungen, S. 9.

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II. Die Vorauszession Jedenfalls in der Wissenschaft umstritten blieb demgegenüber auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Frage, ob auch künftige Forderungen Gegenstand einer (Sicherungs-) Abtretung sein können. Die Rechtsprechung hatte dies schon vor Inkrafttreten des BGB bejaht327 und sah auch danach trotz gegenteiliger Forderungen in der Literatur328 keinen Anlass, hiervon abzurücken.329 Bezeichnend ist, dass das Reichsgericht für die Zulässigkeit solcher Geschäfte einmal mehr ein „dringendes Verkehrsbedürfnis“ geltend machte.330 Dem wurde entgegen gehalten, dass auch ein solches Verkehrsbedürfnis die rechtliche Unmöglichkeit einer Verfügung über einen nicht existierenden Vermögensgegenstand nicht zu überwinden vermöge.331 v. Tuhr versuchte, diesen Einwand durch einen Hinweis auf § 185 Abs. 2 BGB zu widerlegen. Nach diesem Argument soll die antizipierte Verfügung durch die Entstehung der Forderung konvaleszieren.332 Zu dieser Begründung scheint es allerdings schlecht zu passen, dass v. Tuhr selbst einen Direkterwerb des Zessionars im Moment der Entstehung der Forderung annahm, denn bei einem Direkterwerb gelangt der Verfügungsgegenstand entgegen § 185 Abs. 2 BGB zu keinem Zeitpunkt in das Vermögen des Verfügenden.333 Allerdings unterscheidet v. Tuhr zwischen solchen Vorauszessionen, die sich auf Forderungen beziehen, für die schon eine Anwartschaft besteht, und „künftigen Forderungen im engeren Sinn des Wortes“.334 Diese Be327

RG, Urt. v. 20. 1. 1891, zitiert in RGZ 55, 334. Vgl. Windscheid/Kipp, Pandektenrecht, 9. Aufl., § 335 1e Fn. 12. 329 RG, Urt. v. 29. 9. 1903, RGZ 55, 334, 335; Urt. v. 1. 10. 1907, RGZ 67, 166; Urt. v. 2. 5. 1913, RGZ 82, 227, 229; Urt. v. 8. 4. 1932, RGZ 136, 100, 102. Nur für die Pfändbarkeit nach § 829 ZPO verlangt die herrschende Meinung, dass der Rechtsgrund bereits gelegt ist, sonst ginge die Pfändung ins Leere, BGH, Urt. v. 29. 10. 1969, BGHZ 53, 29, 32; BAG, Urt. v. 17. 2. 1993, NJW 1993, 2699; Staudinger/Busche, BGB, § 398 Rn. 67; MünchKomm-BGB/Roth, § 398 Rn. 82. 330 RGZ 55, 334, 335. So auch Grünebaum, Recht, 1909, 660; v. Caemmerer, JZ 1953, 97, 98. Auch der BGH rechtfertigte seine Entscheidung zur Unanfechtbarkeit der Globalzession nach § 131 InsO (Urt. v. 29. 11. 2007, BGHZ 174, 297 Rn. 34) damit, „dass die Globalabtretung von Kundenforderungen ein im Geschäftsverkehr weit verbreitetes Sicherungsmittel darstellt, das für die Möglichkeit, Kredit zu erhalten, große Bedeutung besitzt.“ Ausführlich zu diesem Urteil unten, S. 68 ff. 331 Bergk, Übertragung und Pfändung künftiger Rechte, S. 70. 332 v. Tuhr, Allg. Teil, II/1, S. 387. Auf § 185 BGB stützen sich ebenfalls Palandt/Grüneberg, BGB, § 398 Rn. 11 und Eckardt, ZIP 1997, 957, 961. Gegen dieses Argument Eccius, Gruchot 53 (1909), 1, 5 mit dem Hinweis, dass bei § 185 Abs. 2 BGB die Verfügung erst mit dem späteren Erwerb der Verfügungsberechtigung oder der Erteilung der Zustimmung wirksam werde, während die Vorauszession bereits vor dem Entstehen der Forderung als Vertrag Wirkungen in Form von einer Bindung der Parteien erzeugen soll. So auch v. Ohmeyer, Verfügung über künftige Rechte, S. 24. 333 Kritisch gegen das Argument aus § 185 Abs. 2 BGB u. a. v. Caemmerer, JZ 1953, 97, 98; Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83 f. 334 v. Tuhr, Schweizerisches Obligationenrecht, 2. Halbbd., S. 735; auch Sievers, Globalzession, S. 32 ff. stützt sich auf dieses Argument. 328

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schränkung spricht eine für die zutreffende Erfassung der Vorausabtretung wichtige Unterscheidung an: Richtigerweise muss man schon beim Verfügungstatbestand differenzieren zwischen einerseits der Abtretung solcher Forderungen, deren Rechtsgrund im Moment der Zession bereits besteht (unechte Vorausabtretungen), und der echten Vorausabtretung andererseits, die vorliegt, wenn die Entstehung des Verfügungsgegenstands vollkommen ungewiss ist.335

1. „Unechte“ Vorausabtretung Die Zulässigkeit der Abtretung noch nicht fälliger, befristeter oder bedingter Forderungen war und ist weitgehend unstreitig.336 In der Tat sind in diesen Fällen keine Gründe ersichtlich, die Verfügung über das noch nicht voll wirksame Recht nicht zuzulassen: Weder bestehen gegen eine solche Verfügung die oben zur antizipierten Einigung im Rahmen von § 929 BGB angestellten Bedenken hinsichtlich des logischen Dissenses,337 da eindeutig bestimmt ist, welche Forderung die Parteien abtreten wollen; noch kann sich bei bedingten und befristeten Forderungen das Problem des Verlusts der Verfügungsbefugnis über das Verfügungsobjekt stellen, denn selbst wenn über das Vermögen des Zedenten vor Bedingungseintritt oder Zeitablauf das Insolvenzverfahren eröffnet werden sollte, so ist der durch §§ 80, 81 InsO bewirkte Verlust der Verfügungsbefugnis unschädlich,338 und auch § 91 InsO steht nicht entgegen. Denn die Verfügung über die (aufschiebend) bedingte oder befristete Forderung ist bereits im Moment der Abtretung abgeschlossen, so dass der Zeitpunkt des Bedingungseintritts unerheblich ist. Dass der Verfügungstatbestand bereits vollständig ist, beruht darauf, dass die Forderung als Verfügungsgegenstand zum Zeitpunkt der Einigung bereits besteht.339 Denn wie insbesondere §§ 160, 161 BGB aber auch § 191 InsO zeigen, ist das bedingte oder befristete Recht während der 335 Zu dieser nicht immer genügend scharf vollzogenen Differenzierung auch v. Ohmeyer, Verfügung über künftige Rechte, S. 18 f.; Sievers, Globalzession, S. 29; Hänseler, Globalzession, S. 35 ff.; v. Gierke, Schuldrecht, § 180 II 2 b), S. 186. 336 So schon v. Gierke, Schuldrecht, § 180 II 2 b), S. 186 („zweifellos wirksam“); Sievers, Globalzession, S. 29. 337 Siehe oben, S. 131 ff. 338 Dies ergibt sich allerdings nicht aus § 161 Abs. 1 S. 2 BGB, denn dieser betrifft die bedingte Verfügung über ein unbedingtes Recht, während es hier um eine unbedingte Verfügung über ein bedingtes Recht geht, Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 57; Christiansen, Forderungsrecht und Leistungszeit, S. 181 f. Der Verlust der Verfügungsbefugnis im Moment der Verfahrenseröffnung ist vielmehr unschädlich, weil die Verfügung über das bedingte Recht bereits vor Bedingungseintritt abgeschlossen ist. A. A. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 10.24. 339 Die Pandektistik sah demgegenüber die bedingten Rechte als noch nicht bestehend an. Vgl. v. Tuhr, DJZ 1909, 428 und die Nachweise bei v. Ohmeyer, Verfügung über künftige Rechte, S. 16.

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Schwebezeit kein rechtliches nullum, sondern wird als bestehendes – wenn auch einstweilen wirkungsloses – Recht behandelt, dessen Verletzung Schadensersatzansprüche auslösen kann und das in der Insolvenz Berücksichtigung findet.340 Noch nicht fällige, betagte oder aufschiebend bedingte Rechte sind daher nicht im engeren Sinn „künftige Forderungen“,341 sondern vielmehr „derzeit noch wirkungslose Forderungen“. Es steht insofern nichts entgegen, sie als verkehrsfähige Vermögensgegenstände anzuerkennen.342 Teilweise wird die Möglichkeit derartiger Verfügungen insbesondere über aufschiebend bedingte Forderungen auch damit erklärt, dass hier der Zessionar „eigentlich“ nicht im Voraus über die Forderung verfüge, sondern über sein ihm aktuell bereits zustehendes Anwartschaftsrecht.343 Wie der Bundesgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, trägt eine Verquickung des Problems der Abtretung bedingter Forderungen mit dem Konstruktionsbegriff des Anwartschaftsrechts344 allerdings eher zur Verdunkelung des klaren Ergebnisses bei.345 Zunächst ist festzustellen, dass die Abtretung einer bedingten Forderung und die bedingte Abtretung einer unbedingten Forderung zu trennen sind.346 Der hier interessierende Fall ist nur der erste, da es sich im zweiten Fall um die Verfügung über ein bestehendes und bereits wirksames Recht handelt. Nicht in allen Fällen, in denen über ein bedingtes Recht verfügt wird, besteht aber für den Zedenten bereits ein Anwartschaftsrecht. Ob sich der Zedent/Gläubiger auf ein solches berufen kann, hängt vielmehr von der konkreten Bedingung und insbesondere davon ab, ob der Schuldner das Wirksamwerden der Forderung noch 340 Eine differenzierende Einordnung bedingter, betagter und befristeter Rechte nimmt Michael Lieb, Das künftige Recht als Rechtsfigur des Privatrechts (1962), S. 38 ff., vor. Er sieht diese Rechte jedenfalls zum Teil erst mit Eintritt der Bedingung bzw. des Zeitpunkts als entstanden an. Dies beruht auf einer in erster Linie wirkungsbezogenen Kategorisierung (S. 72 ff.), die belegt, dass es auch bei dem hier vertretenen Standpunkt, nach dem aufschiebend bedingte Rechte bereits vor Bedingungseintritt „entstanden“ sind, gerechtfertigt ist, sie als „künftige Rechte“ (im weiteren Sinn) zu bezeichnen, da sie erst in der Zukunft wirksam werden. 341 Zu dieser Differenzierung auch Stein/Jonas/Brehm, ZPO, § 829 Rn. 3 f. 342 RG, Urt. v. 12. 11. 1908, RGZ 69, 416, 421. Auch BGH, Urt. v. 5. 1. 1955, NJW 1955, 544 differenziert zwischen der Zession „der aufschiebend bedingten Forderung, die nach h. M. auszusondern ist, auch wenn die Bedingung erst nach der Konkurseröffnung eintritt, und der Vorausabtretung der erst nach der Konkurseröffnung entstehenden Forderung“. Bedingt sind nach § 158 BGB nur die Wirkungen eines Rechtsgeschäfts, nicht die Existenz des Rechtsgeschäfts selbst: Staudinger/Bork, BGB, Vorbem zu §§ 158–163 Rn. 6; PWW/Brinkmann, BGB, § 158 Rn. 23. 343 Bork, in: Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, S. 289, 301. 344 Siehe hierzu Armgardt, AcP 206 (2006), 654 ff. 345 BGH, Urt. v. 5. 1. 1955, NJW 1955, 544. Gegen diese Argumentation spricht vor allem, dass man so die ihrerseits problematische Konstruktionsfigur des Anwartschaftsrechts unnötig weiter belastet, vgl. Mülbert, AcP 202 (2002), 912 ff. 346 Serick, in: Einhundert Jahre Konkursordnung, S. 271, 283 ff. Wiederum hiervon zu unterscheiden ist die Sicherung einer bedingten Forderung, hierzu Obermüller/Kuder, in: Festschr. f. G. Fischer, S. 385, 393.

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verhindern kann. Ist etwa eine Forderung ohne Beifügung einer auflösenden Bedingung zur Sicherheit übertragen worden, hat der Sicherungsgeber einen schuldrechtlichen Rückgewähranspruch hinsichtlich der Forderung für den Fall, dass er das Darlehen tilgt. Der Eintritt der Wirksamkeit des Anspruchs hängt nur vom Verhalten des Sicherungsgebers ab, so dass man seine Rechtsstellung als Anwartschaftsrecht beschreiben kann.347 Man mag den Rückgewähranspruch als einen „künftigen“ bezeichnen oder ihn als durch die Tilgung aufschiebend bedingt einordnen,348 jedenfalls kann der Sicherungsgeber bereits über dieses Recht wirksam und insolvenzfest verfügen.349 Vereinbaren dagegen Verkäufer und Käufer für ihren Grundstückskaufvertrag die Erteilung einer Baugenehmigung als aufschiebende Bedingung, so besteht hinsichtlich der Kaufpreisforderung des Verkäufers kein Anwartschaftsrecht, da das Wirksamwerden der Kaufpreisforderung von dem Erlass eines Verwaltungsaktes abhängt. Dennoch kann der Verkäufer in dieser Situation die bereits entstandene Kaufpreisforderung abtreten.350 Das gleiche gilt etwa für den Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme aus abgeschlossenen Versicherungsverträgen.351 Auch diese Ansprüche entstehen mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages,352 sind aber bis zum Eintritt des Versicherungsfalls wirkungslos. Dennoch können sie schon vorher endgültig wirksam abgetreten werden.353 Der Erwerb ist auch insolvenzfest,354 so dass im Ausgangsbeispiel der 347

Serick, a.a.O., S. 284. Wobei man sich hier fragen kann, ob es sich tatsächlich um eine rechtsgeschäftliche Bedingung handelt oder nicht doch (nur) um eine Rechtsbedingung, da der Rückgewähranspruch unabhängig von der rechtsgeschäftlichen Ausgestaltung besteht, vgl. Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 58. 349 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 10.24. Siehe auch BGH, Urt. v. 5. 11. 1976, NJW 1977, 247 zur Abtretung eines Rückgewähranspruchs hinsichtlich einer Sicherungsgrundschuld. A. A. Christiansen, Forderungsrecht und Leistungszeit, S. 191, 219 sowie Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 58, der zu diesem Ergebnis aufgrund einer (m. E. unrichtigen) Gleichsetzung mit der nachträglichen Valutierung akzessorischer Sicherungsrechte kommt. Bei diesen gehört allerdings die Valutierung zum Entstehungstatbestand, so dass hier in der Tat der Erwerb erst nach Verfahrenseröffnung stattfindet. Der Bedingungseintritt ist aber wie gesehen gerade nicht Teil des Tatbestands der Zession. 350 Erst recht gilt dies, wenn das Grundverhältnis bereits wirksam ist und nur die konkrete Forderung bedingt ist: Verfügungen über künftige Ansprüche aus bestehenden Grundverhältnissen sind daher stets zulässig und ohne weiteres wirksam. 351 BGH, Urt. v. 8. 2. 1960, BGHZ 32, 44. Zur Pfändbarkeit dieser Ansprüche Stein/Jonas/ Brehm, ZPO, § 829 Rn. 14 f.; Schuschke/Walker/Schuschke, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, Bd. 1, § 829 Rn. 23. 352 Zur Abgrenzung des bedingten Rechtsgeschäfts und bedingten Leistungspflichten einer Seite Schmidt-Rimpler, Die Gegenseitigkeit bei einseitig bedingten Verträgen, insbesondere beim Versicherungsvertrag, S. 1 Fn. 3. Siehe auch Prölss/Martin-J. Prölss, VVG, § 1 Rn. 80 ff. 353 Vgl. auch v. Ohmeyer, Verfügung über künftige Rechte, S. 109. 354 BGH, Urt. v. 7. 7. 2003, NJW-RR 2003, 1690; Larenz, Schuldrecht I, § 34 III; MünchKomm-BGB/H. Roth, § 398 Rn. 85 m. w. N. Gegen die herrschende Ansicht Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 57. 348

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

Zessionar die Forderung auch dann erwirbt, wenn über das Vermögen des Verkäufers vor Erteilung der Baugenehmigung das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Obwohl in diesen Beispielsfällen kein Anwartschaftsrecht zu Gunsten des Zedenten besteht, ist die (bedingte) Forderung bereits mit der Abtretung aus dem Vermögen des Verkäufers ausgeschieden,355 so dass sich allenfalls die Frage der Anfechtbarkeit der Zession stellt. Nur angemerkt sei an dieser Stelle, dass diese Ansicht auch haftungsrechtlich das Richtige trifft. Denn der Vermögensgegenstand scheidet hier bereits im Moment der Verfügung aus dem Vermögen des Zedenten aus, so dass die haftungsrechtliche Zuweisung der Forderung schon in diesem Zeitpunkt verändert wird. Der Bedingungseintritt ist ein haftungsrechtlich irrelevantes Datum, da er ähnlich wie der Eintritt der Fälligkeit einer Forderung nur die Rechtswirksamkeit des abgetretenen Rechts herbeiführt und somit nicht zum Abtretungstatbestand gehört. Die Zession noch nicht fälliger, betagter, befristeter oder bedingter Ansprüche wirft insofern weder materiell- noch vollstreckungsrechtlich besondere Probleme auf. Diesen Vorgang jedenfalls für bedingte Rechte mit dem Hinweis auf die Übertragbarkeit des Anwartschaftsrechts zu erklären, ist weder nötig noch hilfreich.

2. Echte Vorausabtretung Die „echte Vorausabtretung“ betrifft demgegenüber den weitaus problematischeren und für den Bereich der Sicherungsgeschäfte zugleich viel häufigeren Fall, dass sich die Abtretung auf Rechte bezieht, für die im Moment der Verfügung noch nicht einmal eine bedingte Rechtsgrundlage besteht. Anschaulich kann man hier von einer Verfügung über „erwartete“ oder „gehoffte“ Rechte sprechen. So liegt es etwa bei der heute materiellrechtlich anerkannten Globalzession zu Gunsten eines Geldkreditgebers oder beim verlängerten Eigentumsvorbehalt. Ob es hier überhaupt zur Entstehung des Verfügungsgegenstands – nämlich der Ansprüche des Kreditnehmers/Vorbehaltskäufers gegen seine Kunden – kommt, ist vollkommen ungewiss. Die Wirksamkeit dieser Geschäfte hängt davon ab, dass einem Rechtsgeschäft über ein rechtliches nullum – nämlich der nur gehofften Forderung – rechtliche Wirkung zukommen kann, wenn sich die Hoffnung später realisiert.

355 Anders wohl Bork, in: Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, S. 289, 301 ff., der die Verfügung nur dann für insolvenzfest hält, wenn der Zedent bereits ein Anwartschaftsrecht an der Forderung erworben hatte. Die Fälle einer bedingten Forderung ohne Entstehung eines Anwartschaftsrechts behandelt er allerdings nicht ausdrücklich.

C. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsabtretung

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a) Zulässigkeit der echten Vorausverfügung Dass solche Verfügungen materiellrechtlich grundsätzlich möglich sind, war anfänglich scharf bestritten, ist heute jedoch von der ganz herrschenden Meinung in der Praxis anerkannt. In der Literatur finden sich aber bis heute Stimmen, welche die Zulässigkeit von Vorausabtretungen bezweifeln.356 So bekennt etwa Schwerdtner,357 dass er mit Eccius 358 das „persönliche Missgeschick“ teile, dass „seine Gaben nicht ausreichen, sich in die Gründe für die Zulässigkeit von Vorausabtretungen einzufinden.“ Esser 359 zählt die Vorausabtretung und insbesondere die Globalzession zu „den dogmatisch dunklen und dennoch voll anerkannten Praktiken unseres Schuldrechts“. Die von diesen Autoren angeführten logischen wie dogmatischen Bedenken gegen die Zulässigkeit der echten Vorauszession sind im Kern dieselben, die auch gegen die Zulässigkeit der antizipierten Einigung bei der Sicherungsübereignung von Warenlagern geltend gemacht wurden. Hier wie dort geht es um das Problem, dass die rechtsgeschäftliche Einigung der Parteien im Moment des Vertragsschlusses unvollständig ist, da das Verfügungsobjekt unbekannt ist oder noch nicht existiert.360 Die Existenz des Verfügungsgegenstands ist in beiden Fällen eine Rechtsbedingung361 des Verfügungstatbestands, so dass bis zum Bedingungseintritt die Verfügung noch nicht abgeschlossen ist.

356 V. Caemmerer, JZ 1953, 97, 98; H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 18 ff.; Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83, 84. Auch Hennrichs, JZ 1993, 225, 226 Fn. 3, ist der Auffassung, dass „die Zulässigkeit einer ‚Verfügung ohne bereits existentes Objekt‘ alles andere als selbstverständlich“ sei. Auch Hennrichs hält wirtschaftliche Erwägungen für ausschlaggebend bei der Anerkennung von echten Vorausverfügungen. 357 NJW 1979, 1785, 1787. 358 DJZ 1904, 54. 359 JZ 1968, 281. 360 Bergk, Die Übertragung und Pfändung künftiger Rechte, S. 74 ff. Zur Vergleichbarkeit der echten Vorauszession und der antizipierten Übereignung auch H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 24; Rimmelspacher, Kreditsicherungsrecht, Rn. 409. Auch Wiegand, Kreditsicherung und Rechtsdogmatik, S. 283, 289, weist auf die identische Problemlage bei Übereignung und Vorauszession vor dem Hintergrund des auch für Zessionen geltenden Bestimmtheitsprinzips hin. Mit diesen Bedenken setzt sich auch Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 2463, kritisch auseinander. Er hält die echte Vorausverfügung deshalb für zulässig, „weil die Ausdehnung des Prioritätsprinzips feststehender und für die Kreditpraxis maßgeblicher Rechtsgebrauch geworden ist.“ Weiter stellt er darauf ab, dass auch bei der echten Vorausverfügung die Forderung ihre Grundlage in einem „gegenwärtigen Rechtsgut“ habe, wie etwa dem Unternehmen oder der Arbeitskraft des Zedenten. Im Hinblick auf die gegenwärtige Substantiierung der künftigen Forderung in dem gegenwärtigen Rechtsgut Unternehmen könne man aber die Wertung akzeptieren, dass derjenige, der im Hinblick auf die künftige Forderung verfügt, schon jetzt etwas weggibt, was daher nicht mehr Gegenstand einer zweiten Verfügung sein könne. Dieser Überlegung mag man auf normativer Ebene zustimmen; die dogmatischen Zweifel gegenüber einer Verfügung über einen noch nicht existierenden Gegenstand können damit aber nicht beseitigt werden. 361 Zum Begriff Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil II, § 194 II 2.

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

Angesichts der insofern identischen Problemlage wundert es nicht, dass die zur Vorauszession von der herrschenden Meinung gefundene Lösung über die Bestimmbarkeit dem Ansatz bei der antizipierten Einigung im Rahmen der Sicherungsübereignung362 ähnelt, wenn auch begrifflich nicht entspricht. Hier wie dort lässt man die zunächst unvollständige Einigung genügen, wenn zu einem späteren Zeitpunkt Gewissheit über den Verfügungsgegenstand geschaffen werden kann. In jedenfalls terminologischer Abgrenzung zur Rechtsprechung bei der antizipierten Übereignung verlangte allerdings schon das Reichsgericht bei der echten Vorauszession nicht die „Bestimmtheit“, sondern hielt eine „Bestimmbarkeit“ für ausreichend, die gegeben sein sollte, wenn die Bestimmung der Person des Schuldners und der Inhalt des abgetretenen Rechts im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Abtretung mit den üblichen Beweismitteln möglich ist.363 Anders als bei der Sicherungsübereignung wird hier also zur Feststellung des Verfügungsgegenstands insbesondere auch der Rückgriff auf die Geschäftsbücher für möglich gehalten. Diese Berücksichtigung von außerhalb des Vertrags liegenden Umständen soll also bei Vorauszessionen möglich,364 bei antizipierten Übereignungen dagegen ausgeschlossen sein.365 Offensichtlich fiel den Gerichten bei körperlosen Vermögensgegenständen die Einsicht wesentlich leichter, dass es sich bei der Frage der Bestimmtheit einer Verfügung nur um ein Problem der Auslegung des Rechtsgeschäfts und der beweismäßigen Feststellung seiner Voraussetzungen handelt 366 und nicht um ein spezifisch sachenrechtliches Phänomen. Die Bestimmbarkeit wurde vom Reichsgericht etwa verneint, wenn der Zedent alle seine Forderungen „aus Lieferungen“ gegen „seine Abnehmer“ abgetreten hatte, da der Zedent im konkreten Fall drei verschiedene Betriebe führte und nicht ersichtlich war, auf welchen Betrieb sich die Zession bezog.367 Desgleichen hielt es das Reichsgericht für zu unbestimmt, wenn der Sicherungszedent nur einen betragsmäßig bestimmten Teil seiner Forderungen gegen seine Abnehmer abtreten wollte, da „hierdurch eine Unsicherheit in die rechtlichen Beziehungen der Vertragsteile hineingebracht [wird], welche mit dem Wesen

362

Vgl. oben, S. 131. RG, Urt. v. 8. 4. 1932, RGZ 136, 100, 103. Aus der Literatur: Larenz, Schuldrecht I, § 34 III; Sievers, Globalzession, S. 35. 364 Wiegand, Kreditsicherung und Rechtsdogmatik, S. 283, 291, schlägt dagegen im Anschluss an Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht – Allg. Teil, S. 490 ff., vor, Vorauszessionen nur bei Bestimmtheit der Abtretung zuzulassen, so dass es nur auf den Zeitpunkt der Verfügung ankommt. 365 Siehe oben, S. 122. 366 BGH, Urt. v. 7. 12. 1977, BGHZ 70, 86, 90; vgl. auch Rimmelspacher, Kreditsicherungsrecht, Rn. 414. 367 RG, Urt. v. 1. 10. 1907, RGZ 67, 166. Siehe auch BGH, Urt. v. 15. 3. 1978, BGHZ 71, 75, 78 f.; Beschl. v. 15. 10. 2009 – IX ZR 170/07 (bisher unveröffentlicht). 363

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der Abtretung nicht vereinbar ist.“368 Auch das OLG Hamm entschied im Jahr 2007, dass eine Vorausabtretung „aller künftigen Forderungen aus dem Geschäftsbetrieb bis zur Höhe der zu sichernden Forderung“ selbst dann mangels ausreichender Bestimmtheit unwirksam sei, wenn monatlich Offene-PostenListen erstellt werden, die den Sicherungsgeber über die aktuell von der Zession erfassten Forderungen informieren sollten.369 Eine besondere Hürde für die Wirksamkeit von Vorauszessionen resultierte aus dem vom Reichsgericht später postulierten Erfordernis, dass die Bestimmbarkeit „in jedem denkbaren Fall“ gewährleistet sein müsse.370 Das Reichsgericht stellte insofern eine abstrakte ex ante Betrachtung an und prüfte, ob unter der jeweiligen Sicherungsabrede irgendein Fall denkbar sei, in dem die genügende Bestimmtheit der Zession zu verneinen wäre. War dies der Fall, so hielt das Reichsgericht die Einigung für insgesamt unwirksam, selbst wenn hinsichtlich der geltend gemachten Forderung keine Zweifel bestanden, dass sie der Sicherungsabrede unterfiel.371 Gegen dieses auch von rechtspolitischen Vorstellungen über die Wünschbarkeit des verlängerten Eigentumsvorbehalts geleitete372 Vorgehen des Reichsgerichts ist in der Literatur viel Kritik laut geworden.373 der sich der Bundesgerichtshof angeschlossen hat.374 Er prüft seit der Entscheidung BGHZ 7, 365 ex post, ob die konkret beanspruchte Forderung eindeutig von der Sicherungsabrede erfasst wird. Da die Abtretung einer Forderung als einaktiger Tatbestand konzipiert ist, betreffen die Bestimmbarkeitsprobleme bei der Vorauszession nur die rechtsgeschäftliche Einigung und nicht auch wie bei der antizipierten Übereignung einen weiteren Akt, der sich – wie die Übergabe im Rahmen von § 929 BGB oder die (nicht erforderliche) Denuntiation des Forderungsschuldners – auf einen konkreten, existenten Vermögensgegenstand bezieht. So hielt v. Tuhr die Verfügung über künftige Sachen für unmöglich, weil sie nicht übergeben werden könnten. Da aber für die Abtretung einer Forderung die Verabredung des Zedenten und des Zessionars genüge und diese getroffen werden könne, bevor die Forderung entstanden sei, stünden der Vorauszession keine durchgreifenden Bedenken entgegen.375 368 RG, Urt. v. 22. 2. 1918, RGZ 92, 238, 239; Urt. v. 27. 2. 1920, RGZ 98, 200, 202; siehe auch den Beschluss des BGH v. 15. 10. 2009 – IX ZR 170/07 (unveröffentlicht). 369 OLG Hamm, Urt. v. 6. 11. 2007, ZIP 2008, 1110. 370 RG, Urt. v. 18. 10. 1935, RGZ 149, 96; Urt. v. 6. 4. 1937, RGZ 155, 26; Urt. v. 21. 12. 1938, JW 1939, 563; Urt. v. 31. 1. 1940, DR 1940, 581. 371 Vgl. etwa die hypothetischen Überlegungen bei RG, Urt. v. 6. 4. 1937, RGZ 155, 26, 31. 372 Hierzu näher unten, S. 203 ff. 373 Flume, NJW 1950, 846 und die dortigen Nachweise. 374 BGH, Urt. v. 25. 10. 1952, BGHZ 7, 365. 375 RG, Urt. v. 1. 10. 1907, RGZ 67, 166; v. Tuhr, Allg. Teil, II/1, S. 389; ihm zustimmend aus neuerer Zeit Mülbert, AcP 202 (2002), 912, 943. Wie gesehen hat die Rechtsprechung freilich später auch die antizipierte Verfügung über noch nicht existierende bewegliche Sachen zugelassen. Der entscheidende Unterschied ist aber, dass die antizipierte Einigung im Rahmen von

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Weil also bei der Zession nach §§ 398 ff. BGB ein solches auf den Verfügungsgegenstand bezogenes Tatbestandselement fehlt, wurde und wird verbreitet angenommen, dass der Verfügungstatbestand auch bei „echten Vorausverfügungen“ schon im Moment der rechtsgeschäftlichen Einigung abgeschlossen sei.376 Dieses Verständnis hat Konsequenzen für die Frage des Verhältnisses mehrerer konkurrierender Vorausverfügungen sowie für das Problem, ob bei der Zession ein Durchgangserwerb des Zedenten oder ein Direkterwerb des Zessionars im Moment des Entstehens der Forderung stattfindet. b) Das Verhältnis konkurrierender Vorauszessionen Das Verhältnis mehrer Verfügungen über denselben Gegenstand bemisst sich allgemein nach ihrer zeitlichen Priorität.377 Die zuerst wirksame Verfügung hat danach Vorrang vor der späteren, die somit ins Leere geht.378 Nach der herrschenden Meinung entscheidet das Prioritätsprinzip auch über das Verhältnis mehrerer konkurrierender Zessionen über eine künftige Forderung.379 Das Problem spielt etwa bei dem berühmten Streit um den Vorrang einer Globalzession vor einem (später vereinbarten) verlängerten Eigentumsvorbehalt eine Rolle. Im Ergebnis setzt sich hier zwar bekanntermaßen der so genannte „Warenkreditgeber“ durch, zu diesem Ergebnis gelangt die herrschende Meinung allerdings nur, weil sie die zeitlich frühere Verfügung für sittenwidrig hält, soweit durch sie der Zedent zu einem Vertragsbruch verleitet wird. Der Rekurs auf § 138 Abs. 1 BGB ist erforderlich, weil man im Ausgangspunkt der zeitlich früheren Globalzession nach dem Prioritätsprinzip den Vorrang zuspricht.380 Entsprechend setzt sich auch eine frühere Zession im Wege des (echten) Factorings gegenüber der Vorausabtretung im Wege des verlängerten Eigentumsvorbehalts durch. Eine Korrektur dieses auf der Grundlage des Prioritätsprinzips gefundenen Ergebnisses hält man hier – anders als bei der reinen Globalzession oder beim unechten Factoring – nicht für notwendig.381

§ 929 S. 1 BGB nach herrschender Meinung bis zur Übergabe den Veräußerer noch nicht bindet, sondern widerruflich ist. Das Rechtsgeschäft wird insofern erst wirksam im Sinne von bindend, wenn der Verfügungsgegenstand individualisiert ist. Dies soll bei der Vorauszession anders sein, dazu sogleich im Text. 376 So etwa Michael Lieb, Das künftige Recht als Rechtsfigur des Privatrechts, S. 123 ff.; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 47 II 2b. 377 Statt vieler Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 6.40. Ausführlich Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 49. 378 V. Tuhr, Schweizerisches Obligationenrecht, 2. Halbbd., S. 733. 379 BGH, Urt. v. 30. 4. 1959, BGHZ 30, 149; v. Caemmerer, JZ 1953, 97 ff.; Dempewolf, NJW 1956, 851; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 59 Rn. 53; Sievers, Globalzession, S. 43 f. 380 Im Einzelnen unten, S. 206. 381 BGH, Urt. v. 19. 9. 1977, BGHZ 69, 254; Urt. v. 7. 6. 1978, BGHZ 72, 15, 22; Urt. v. 15. 4. 1987, BGHZ 100, 353 ff.

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Die Geltung des Prioritätsprinzips für das Verhältnis mehrerer Zessionen über künftige Rechte ist in der Literatur immer wieder bezweifelt worden.382 Der Vorrang der früheren rechtsgeschäftlichen Einigung ist in der Tat keineswegs selbstverständlich, wenn man sich vor Augen führt, dass der den Rechtsübergang bewirkende Tatbestand bei der echten Vorauszession erst mit der Entstehung des Rechts abgeschlossen ist.383 Insofern werden die konkurrierenden Verfügungen beide gleichzeitig, nämlich mit Entstehung des abgetretenen Rechts, wirksam. Wenn man dennoch ein Prioritätsverhältnis zu Gunsten der früheren Einigung annimmt, so stellt man nur auf den Zeitpunkt der Einigung ab, die aber noch unvollständig ist, da ihr Gegenstand noch nicht feststeht. Obwohl die Einigung – und erst recht die Verfügung insgesamt – vor der Entstehung des Rechts noch nicht zu Stande gekommen ist, hält die herrschende Meinung sie bereits für bindend mit der Konsequenz, dass eine spätere Verfügung ins Leere geht. Diese angebliche Bindungswirkung der antizipierten Zession steht in scharfem Gegensatz zur nach herrschender Meinung fehlenden Bindung des Veräußerers bei der antizipierten Einigung im Rahmen von § 929 S. 1 BGB. Bei der antizipierten Einigung hat die Zweiaktigkeit des Übereignungstatbestands und die besondere Formulierung des § 929 S. 1 BGB („einig sein“) die herrschende Meinung zu dem richtigen Ergebnis geführt, dass vor dem Erwerb der Sache durch den Veräußerer noch keine Bindung an die Verfügung besteht. Tatsächlich beruht die fehlende Bindung an die Einigung aber nicht darauf, dass es noch an der Übergabe oder einem Surrogat fehlt, sondern darauf, dass die Einigung als Rechtsgeschäft solange unvollständig und damit wirkungslos ist, bis ihr Gegenstand eindeutig feststeht. Nicht anders liegt es bei der echten Vorauszession.384 Auch hier ist die Abtretung bis zur Entstehung der Forderung wirkungslos, weil der Verfügungsge382 Esser, ZHR 135 (1971), 320, 325; Jaeger/Henckel, KO, § 15 Rn. 46; Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht – Allg. Teil, S. 490 ff. 383 V. Tuhr, Allg. Teil, II/1, S. 392; Larenz, Schuldrecht I, § 34 III; Staudinger/Busche, BGB, § 398 Rn. 63 a. E.; ähnlich Hennrichs, JZ 1993, 225, 226 f. Dies wird bestätigt durch die herrschende Meinung, nach der § 91 InsO der Wirksamkeit einer Vorauszession dann entgegensteht, wenn die Forderung erst nach Verfahrenseröffnung entsteht, statt aller Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 62; MünchKomm-InsO/Breuer, § 91 Rn. 26 jeweils mit weiteren Nachweisen; siehe auch unten, S. 167. 384 Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, S. 125, 139 ff. Hänseler, Globalzession, S. 50, meint hingegen zwischen Vorauszession und antizipierter Übereignung differenzieren zu können, da erstere eine Verfügung über ein relatives Recht sei, für die daher die sachenrechtlichen Prinzipien nicht gelten würden. Da aber die „Vorausübereignung“ nur wegen des sachenrechtlichen Publizitätsprinzips unzulässig sei (a.a.O., S. 44 ff.), das für die Verfügung über ein relatives Recht nicht gelte, sei eine Vorauszession zuzulassen. Diese Argumentation beruht auf dem Irrtum, dass die antizipierte Übereignung nur vor dem Hintergrund des Publizitätsprinzips problematisch sei. Wie gezeigt wurde (oben, S. 131), resultieren die Bedenken gegen die Anerkennung einer antizipierten Übereignung aus allgemein rechtsgeschäftlichen Erwägungen, die unabhängig davon sind, welche Rechtsnatur der Gegenstand der Verfügung hat. Hänseler, a.a.O., S. 83, meint dagegen, dass das Spezialitätsprinzip nicht

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genstand noch nicht bestimmt ist. Der Vorausabtretungsvertrag kann die Parteien noch nicht binden, da der Vertrag als Bindungstatbestand den Konsens der Parteien über die essentialia negotii voraussetzt.385 Die Bindung an den (dinglichen) Vertrag setzt den Konsens der Parteien voraus, dessen notwendige Bezugspunkte jedoch bei einer Zession erst im Moment der Entstehung der Forderung gegeben sind. Daher kann auch erst in diesem Augenblick der Konsens selbst entstehen. Insofern lässt sich eine vertragliche Bindung an die Vorauszession bis zur Entstehung der Forderung nicht begründen. Der Vorauszedent hat vielmehr wie der Veräußerer bei einer antizipierten Einigung bis zu diesem Zeitpunkt ein Widerrufsrecht, er unterliegt allenfalls einer schuldrechtlichen Bindung.386 Von den Befürwortern einer Bindungswirkung wird immer wieder eingewandt, dass die zweite Verfügung unwirksam sei, da der Zedent durch die erste Verfügung seine Verfügungsbefugnis verloren habe.387 Dieser Ansicht ist mit Häsemeyer entschieden zu widersprechen: „Niemand kann und darf sich isoliert seiner Verfügungsmacht über einen Gegenstand begeben, sondern man verliert sie allein mit der Verfügung über den betreffenden Gegenstand selbst.“388 Dispositionen nur über die Verfügungsmacht sind unzulässig, wie schon § 137 S. 1 BGB zeigt. Aus der Zulässigkeit rechtsgeschäftlicher Abtretungsverbote nach § 399 2. Alt. BGB sollte insoweit für Forderungen kein anderer Schluss gezogen werden. Konstruktiv leuchtet dies sofort ein, wenn man ein Abtretungsverbot nicht als Beschränkung der Verfügungsbefugnis, sondern mit der heute herrschenden Meinung als Inhaltsbestimmung der Forderung versteht.389 für Abtretungen gelte, da sich diese nur auf relative Rechte bezögen. Hiergegen soll nur gesagt werden, dass die Abtretung eine Übertragung der Forderungszuständigkeit bedeutet und somit durchaus ein absolutes Recht als Gegenstand hat (hierzu m. w. N. Hager, in: Festschr. f. H. P. Westermann, S. 287 ff.). Die Richtigkeit der hier vertretenen Ansicht zeigt sich darin, dass Hänseler genötigt ist, eine Kategorie der zessionsrechtlichen Spezifikation zu entwickeln, a.a.O., S. 85 ff. 385 Eine Bindung an ein noch nicht perfektes Rechtsgeschäft kann allenfalls unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium und mithin unter Rückgriff auf Treu und Glauben begründet werden. Das bedingte Rechtsgeschäft ist demgegenüber zwar bis zum Bedingungseintritt wirkungslos, bindet aber doch bereits die Parteien, da eine vollständige Einigung bereits vorliegt. 386 Ebenso Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, S. 141. Anders die herrschende Meinung: Larenz, Schuldrecht I, § 34 III; MünchKomm-BGB/Roth, § 398 Rn. 79. Mülbert, AcP 202 (2002), 912, 944, will eine Bindung an Verfügungen über künftige Rechte im Wege der Analogie zu § 185 BGB herleiten, die er mit dem Rechtsgedanken des § 956 BGB begründet. 387 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, S. 387 ff., 390, Bd. V, S. 472; MünchKomm-BGB/Roth, § 398 Rn. 79. 388 Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83, 85. Siehe auch Eckardt, ZIP 1997, 957, 960. Auch der BGH erkennt, dass „Rechtsträgerschaft und Verfügungsbefugnis nicht voneinander getrennt werden können“, Urt. v. 18. 2. 1993, NJW 1993, 1640; Urt. v. 18. 6. 1971, BGHZ 56, 275, 278. 389 BGH, Urt. v. 14. 10. 1963, BGHZ 40, 156, 160; Urt. v. 29. 6. 1989, BGHZ 108, 172; Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 17 7, Fn. 65; Staudinger/Busche, BGB, § 399 Rn. 52; Münch-

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§ 399 2. Alt. BGB sieht dann begrifflich gar keine Ausnahme zu § 137 S. 1 BGB vor. Auch systematisch trifft diese Sicht das Richtige, denn § 399 2. Alt. BGB schützt (in durchaus problematischer Weise) 390 spezifisch die Interessen des Schuldners am Erhalt seines Gläubigers. Aus der Norm lässt sich insofern nicht folgern, dass bei Forderungen allgemein isolierte Verfügungen über die Verfügungsbefugnis zulässig wären. Mit der dinglichen Bindungswirkung fällt zugleich der Geltungsgrund des Prioritätsprinzips für das Verhältnis konkurrierender Vorausverfügungen fort.391 Das Prioritätsprinzip ist somit schon im Ausgangspunkt ungeeignet, Vorrangkonflikte zwischen konkurrierenden (Sicherungs-) Zessionaren zu entscheiden.392 Diese Erkenntnis öffnet den Blick dafür, dass und warum der Streit anhand haftungsrechtlicher Kriterien zu entscheiden ist.393 Die herrschende Meinung kommt unter Bemühung von § 138 Abs. 1 BGB und der Vertragsbruchslehre letztlich zu keinem anderen Ergebnis. c) Durchgangs- oder Direkterwerb bei der Vorauszession? Die Frage, ob und wann bei der Vorauszession ein Durchgangs- oder ein Direkterwerb stattfindet, war in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts stark umstritten, da man glaubte, aus der Antwort Schlüsse für das Problem der InKomm-BGB/Roth, § 399 Rn. 36; im Ergebnis auch Chr. Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S. 249, der allerdings auf die gegenüber dem Eigentum besondere Struktur der Verfügungsbefugnis bei Forderungen abstellt. Die Gegenansicht (Ausnahme zu § 137 BGB) wird unter anderem vertreten von Larenz/Wolf, Allg. Teil, § 23 Rn. 48. 390 Siehe nur Eidenmüller, AcP 204 (2004), 457, 464 ff. 391 Gegen die von Hennrichs, JZ 1993, 225 ff., vertretene Analogie zu § 161 Abs. 1 BGB, die er im Rahmen der Anwendung des Prioritätsprinzips auf Vorausverfügungen nutzbar machen will, spricht die Behandlung der Vorauszession in der Insolvenz des Zedenten. Nach herrschender Meinung steht § 91 InsO einem Rechtserwerb des Zessionars entgegen, wenn die Forderung erst während des Verfahrens entsteht, dazu sogleich unter d). Bei der bedingten Abtretung einer Forderung schadet der Bedingungseintritt nach Verfahrenseröffnung dagegen nicht, BGH, Urt. v. 17. 11. 2005, NJW 2006, 915; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 10.23; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 71. Weil dieses Ergebnis auch unter Rückgriff auf § 161 Abs. 1 S. 2 BGB begründet wird, vermag die Bedingungskonstruktion Hennrichs’ nicht zu überzeugen. 392 Ähnlich Erman, Die Globalzession in ihrem Verhältnis zum verlängerten Eigentumsvorbehalt, S. 11 ff., der vorschlug, das Prioritätsprinzip (von ihm „Präventionsprinzip“ genannt) im Hinblick auf die Konkurrenz von verlängertem Eigentumsvorbehalt und Sicherungsglobalzession durch ein praeter legem entwickeltes „Teilungsprinzip“ zu ersetzen. 393 Auch Rimmelspacher, Kreditsicherungsrecht, Rn. 409, 422 ff., betont die Bedeutung normativer Kriterien und hält das Prioritätsprinzip für ein zu formales Kriterium. Vgl. zum ähnlich gelagerten Problem bei Verfügungen über das Anwartschaftsrecht Kupisch, JZ 1976, 417, 422. Ähnlich auch Eidenmüller/Engert, in: Festschr. f. Kollhosser, Bd. II, S. 103, 110 ff. Eidenmüller/Engert kommen unter Verwendung ökonomischer Kriterien dazu, dass die Ergebnisse der Vertragsbruchlehre überzeugen, weil sie zu einer effizienten Zuweisung der Forderung führe.

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solvenzfestigkeit der Vorauszession ziehen zu können.394 Heute hat sich zu Recht die Ansicht durchgesetzt, dass die konstruktive Frage des Durchgangsoder Direkterwerbs für die haftungsrechtliche Zuordnung der zedierten Forderung unbeachtlich ist.395 Die Bedeutung der Konstruktion darf insofern nicht überbewertet werden.396 Die herrschende Ansicht differenziert zwischen der echten und der unechten Vorauszession. Bei der echten Vorauszession, bei der die schuldrechtliche Grundlage für die Forderung im Moment der Vorauszession noch nicht besteht – die Forderung also weder als noch nicht fällige, noch als betagte, noch als bedingte bereits existiert –, soll ein Durchgangserwerb des Zedenten stattfinden.397 Konstruktiv bereitet diese Lösung keine Schwierigkeiten, da die Forderung beim Durchgangserwerb für eine logische Sekunde in das Vermögen des Zedenten gelangt, bevor sie von der Vorauszession erfasst wird, und ohne weiteres auf den Zedenten übergeht. Ebenso lässt sich der Direkterwerb bei der unechten Vorauszession nach dem hier vertretenen Modell ohne Mühen erklären: Der Zedent überträgt hier schon vor der Wirksamkeit der Forderung diese auf den Zedenten, die Forderung entsteht als wirksames Recht daher unmittelbar in dessen Hand. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich freilich, dass auch dieser Erwerb technisch gesehen ein Durchgangserwerb ist, da das Recht ja bereits vor der Zession als künftiges, bedingtes usw. Recht in der Hand des Zessionars existiert. So ergibt sich zwanglos und selbstverständlich, dass in beiden Fällen – also auch bei der unechten Vorauszession – die schuldnerschützenden Vorschriften der §§ 404 ff. BGB unmittelbar anwendbar sind.398

394 Ausführlich zu diesem Streit Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 47 IV. 395 Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 63; MünchKomm-BGB/Roth, § 398 Rn. 84; Uhlenbruck/ Uhlenbruck, InsO, § 91 Rn. 17; vgl. auch Sievers, Globalzession, S. 44, die zwar einen Direkterwerb des Zedenten annimmt, aber dennoch (zu Recht) § 15 KO für einschlägig hält. 396 Michael Lieb, Das künftige Recht als Rechtsfigur des Privatrechts, S. 131, schreibt insofern im Ergebnis zu Recht, dass der Streit um Durchgangs- oder Direkterwerb müßig ist. 397 BGH, Urt. v. 16. 12. 1957, BGHZ 26, 185, 188; Urt. v. 7. 7. 2003, NJW-RR 2003, 1690; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, Bd. I, S. 444; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 47 IV; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 91 Rn. 17; Heidelberger Kommentar/Eickmann, InsO, § 91 Rn. 12; MünchKomm-InsO/Breuer, § 91 Rn. 26; Palandt/Grüneberg, BGB, § 398 Rn. 12; PWW/H. F. Müller, BGB, § 398 Rn. 13. In der älteren Literatur fand auch die Gegenansicht starke Anhänger: Neben v. Tuhr sprachen sich auch Planck/Siber, BGB, Band II/1, 4. Aufl. (1914), S. 556 f., für einen Direkterwerb aus. Ebenso heute Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1419. 398 Im Ergebnis ebenso Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 47 IV 3b).

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d) Wirkung der Vorauszession in der Insolvenz des Zessionars (1) Entstehen der Forderung nach Verfahrenseröffnung Wie bereits dargestellt ist die unechte Vorauszession nach herrschender Meinung „insolvenzfest“ in dem Sinn, dass der Zessionar die Forderung auch dann aus- oder absondern kann, wenn ihre Wirksamkeitsvoraussetzungen – der Eintritt der aufschiebenden Bedingung oder des Fälligkeitstermins – erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintreten.399 Dieses Ergebnis mag man begrifflich mit einem in diesen Fällen angenommenen Direkterwerb des Zessionars erklären; haftungsrechtlich beruht es darauf, dass der Erwerbstatbestand bei unechten Vorauszessionen im Moment des Vertragsschlusses abgeschlossen ist, so dass der Erwerb von der späteren Verfahrenseröffnung – vorbehaltlich der §§ 129 ff. InsO – unberührt bleibt. Die echte Vorauszession wird dagegen von der ganz herrschenden Meinung nicht als insolvenzfest einstuft, so dass eine Forderung, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht, in die Masse fällt und nicht vom Zessionar ausoder abgesondert werden kann.400 Dies wird herkömmlich damit begründet, dass der Erwerb gegen § 91 InsO verstoße. Wie sich sogleich ergeben wird, scheitert er nach richtiger Ansicht schon an § 81 InsO, da dem Insolvenzschuldner im Moment der Wirksamkeit der Vorauszession – nämlich im Moment der Forderungsentstehung – die Verfügungsbefugnis fehlt.401 Auch hier führt insofern die Theorie vom Durchgangserwerb402 zum haftungsrechtlich angemessenen Ergebnis; sie liefert jedoch keine normative Begründung für dieses Resultat. (2) Entstehen der Forderung während des Eröffnungsverfahrens Während somit die Wirkungen der Verfahrenseröffnung auf die echte und die unechte Vorauszession weitgehend unstreitig sind, gibt es anknüpfend an das in BGHZ 135, 140 veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtshofs403 eine Kontroverse in Rechtsprechung und Literatur über die Wirkungen eines dem Schuldner nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO auferlegten Verfügungsverbots auf echte Vorauszessionen. Gegenstand der Debatte ist die Frage, ob der aus der Anordnung des Verfügungsverbots folgende Verlust der Verfügungsbefugnis einen Übergang solcher Forderungen hindert, die während des Eröffnungsverfahrens ent399 BGH, Urt. v. 7. 12. 1977, BGHZ 70, 75, 77; Urt. v. 27. 5. 2003, BGHZ 155, 87, 92; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 10.24. A. A. Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 57 mit Nachweisen auch zur herrschenden Meinung. 400 BGH, Urt. v. 20. 3. 1997, BGHZ 135, 140, 145; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 91 Rn. 17; MünchKomm-InsO/Breuer, § 91 Rn. 26; Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 63. 401 Für die Anwendung des § 81 InsO auch Eckardt, ZIP 1997, 957, 964. 402 Auf diese stützt sich insbesondere Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. V, § 65 I 2, S. 472. 403 Urt. v. 20. 3. 1997; bestätigt durch Urt. v. 22. 10. 2009, NZI 2009, 888.

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stehen. Dahinter verbirgt sich das allgemeine Problem, ob bei der echten Vorauszession die Verfügungsbefugnis des Zessionars (noch) im Moment des Entstehens der Forderung vorhanden sein muss. Dies wird von der älteren Rechtsprechung wie von einem Teil der Literatur entsprechend der Wertung bei anderen gestreckten Erwerbstatbeständen bejaht: 404 Die Verfügungsbefugnis des Veräußerers muss somit grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs vorliegen. Später hat sich der Bundesgerichtshof dagegen der von Serick405 vertretenen Gegenansicht angeschlossen und die Pfändung künftiger Tagessalden im Wege der Zwangsvollstreckung vor Sequestration auch in Bezug auf solche Tagessalden für wirksam erachtet, die erst nach Verhängung des Verbots nach § 106 Abs. 1 S. 2 KO gebildet wurden.406 Dass der Vollstreckungsschuldner vor Entstehung der Forderung seine Verfügungsbefugnis verloren habe, sei unschädlich; es genüge, dass die Verfügungsbefugnis des Zedenten im Zeitpunkt der Pfändung bestanden habe. Diese Entscheidung hat seinerzeit in der Literatur nahezu allgemeine Ablehnung erfahren.407 Ohne Auseinandersetzung mit diesen kritischen Literaturstimmen hat der Bundesgerichtshof diese Aufassung im Rahmen des Urteils vom 29. 11. 2007 zur Anfechtbarkeit der Globalzession bestätigt.408 Auch vor dem Hintergrund des hier entwickelten Verständnisses der Abtretung künftiger Forderungen erweist sie sich als falsch. Wie gezeigt wurde, kann die Verfügung über einen künftigen Vermögensgegenstand erst Wirksamkeit erlangen, wenn der Vermögensgegenstand tatsächlich entsteht. Insofern handelt es sich bei Vorausabtretungen wie bei antizipierten Einigungen um gestreckte Tatbestände, bei denen die Existenz des Verfügungsobjekts zum Tatbestand des Rechtsgeschäfts gehört: Der rechtsgeschäftliche Erwerb setzt, vorbehaltlich des Eingreifens von Gutglaubenstatbeständen, die Verfügungsbefugnis des Veräußerers voraus. Die Verfügungsbefugnis ist das rechtliche Können, über einen bestimmten Gegenstand zu verfügen, ihn also etwa zu übertragen oder zu belasten. Die Verfügungsbefugnis ist insofern keine der Person abstrakt zukommende Eigenschaft, sondern eine notwendig gegenstandsbezogene Befugnis. 404 BGH, Urt. v. 30. 5. 1958, BGHZ 27, 360, 366 f.; Urt. v. 5. 1. 1955, NJW 1955, 544; umfassend Eckardt, ZIP 1997, 957, 960 Fn. 19; Jaeger/Gerhardt, InsO, § 24 Rn. 6. 405 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 49 I 2a, S. 387 ff., 390, Bd. V, § 65 I 2, S. 472. 406 BGHZ 135, 140 ff. 407 Eckardt, ZIP 1997, 957; Häsemeyer, ZZP 111 (1998), 83 ff.; ders., Insolvenzrecht, Rn. 7.38a; Bork, in: Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, S. 289, 301 f.; Uhlenbruck/ Uhlenbruck, InsO, § 24 Rn. 3; Kübler/Prütting/Bork-Pape, InsO, § 24 Rn. 6. Im Ergebnis dem BGH zustimmend Mülbert, AcP 202 (2002), 912, 943 f. 408 BGHZ 174, 297 = ZIP 2008, 183 Rn. 27. Ebenso OLG Köln, Urt. v. 30. 4. 2008 ZIP 2008, 1492 =EWiR 2008, 565 m. zust. Anm. Herchen. Erneut bestätigt wurde die Entscheidung BGHZ 135, 140 durch das Urt. v. 22. 10. 2009, NZI 2009, 888.

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Dieses „rechtliche Können“409 fehlt dem Veräußerer bei Vorausverfügungen im Moment der Verfügung notwendigerweise, da zu diesem Zeitpunkt das Objekt der Befugnis noch nicht existiert. Daher kann es bei Vorausverfügungen für den Zeitpunkt des Vorliegens der Verfügungsbefugnis nicht auf den Moment der Abgabe der Willenserklärungen ankommen. Dass § 24 InsO als Wirkungen eines nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO angeordneten allgemeinen Verfügungsverbots den § 91 InsO nicht einbezieht, sondern nur auf §§ 81, 82 InsO verweist,410 ist insofern für die hier entwickelte Begründung nicht nur unschädlich, sondern bestätigt diese geradezu: Der Erwerb des Zedenten scheitert nicht daran, dass er ein Recht an einem der Masse zugeordneten Gegenstand erwerben will, sondern daran, dass der Veräußerer im entscheidenden Moment der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nicht verfügungsbefugt ist.411

III. Das Einziehungsrecht des Sicherungsgebers bei der Diskontierung von Buchforderungen, revolvierender Globalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt Auch wenn die Abtretung einer Forderung schon lange vor Inkrafttreten des BGB als Sicherungsmittel genutzt wurde,412 war sie doch immer wieder dogmatischen Zweifeln und Anfechtungen auch durch die höchstrichterliche Rechtsprechung ausgesetzt. In diesen Urteilen manifestiert sich ein deutliches Unbehagen insbesondere gegenüber solchen Sicherungsabtretungen, bei denen der Zedent trotz der Abtretung einziehungsbefugt bleiben und dem Gläubiger ein Einziehungsrecht nur für den Sicherungsfall zukommen soll. Eine derartige Gestaltung war (und ist) typisch für die so genannte „Diskontierung von Buchforderungen“.413 Der Sicherungsgeber tritt bei diesen Geschäften alle oder einen Teil seiner im Betrieb gegenwärtig und künftig begründeten Forderungen an den Sicherungsnehmer ab, wobei dieser aus den Forderungen nur vorgehen soll, 409

Eckardt, ZIP 1997, 957, 960. Hierauf stellt der BGH ab, Urt. v. 20. 3. 1997, BGHZ 135, 140, 147; bestätigt durch Urt. v. 22. 10. 2009, NZI 2009, 888. Ebenso Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, Rn. 106. 411 Eckardt, ZIP 1997, 957, 964. 412 Siehe oben, S. 103. 413 Hoeniger, Diskontierung von Buchforderungen (1912), zeigt allerdings, dass der Ausdruck „Diskont“ technisch nicht zutrifft, denn es geht nicht um einen Kauf der Forderungen, sondern um ein Sicherungsgeschäft (a.a.O., S. 7 f.). Er bezeichnet diesen Geschäftstyp im Vorwort zu seiner Schrift als „vollständiges Analogon zur Sicherungsübereignung von Warenlagern“. Hoeniger, a.a.O., S. 2 ff., zeigt eindrucksvoll, wie kritisch das Institut der Diskontierung von Buchforderungen, also die Globalzession, zu Beginn auch von der Wirtschaft aufgenommen wurde. Schon 1912 wurde sie zusammen mit der Sicherungsübereignung von Warenlagern für die Auszehrung der Konkursmassen und die explodierende Zahl der mangels Masse nicht eröffneten Konkursverfahren verantwortlich gemacht. 410

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wenn der Sicherungsgeber seinen Verpfl ichtungen aus dem besicherten Geschäft nicht nachkommt, der Sicherungsfall also eingetreten ist. Bis zu diesem Zeitpunkt soll nur der Sicherungsgeber/Zedent berechtigt sein, die Forderungen im eigenen Namen gegenüber den Drittschuldnern geltend zu machen.

1. Die Unzulässigkeit einer beschränkten oder bedingten Übertragung der Forderung Vor der (Wieder-) „Entdeckung“ der Einziehungsermächtigung hat die Praxis immer wieder versucht, dieses Ergebnis durch eine „Beschränkung“ der Zession in der Weise zu erreichen, dass auf den Zessionar „nur“ die Forderung selbst übergehen sollte, während das Recht der Einziehung im eigenen Namen „dauernd und bedingungslos“ beim Zedenten verbleiben sollte. Reichsgericht und Bundesgerichtshof sind solchen Konstruktionen in ständiger Rechtsprechung entgegengetreten und haben entschieden, dass sich Forderung und Einziehungsbefugnis nicht in der skizzierten Weise aufspalten lassen.414 Der Zedent müsse seine Einziehungsbefugnis wenigstens aufschiebend bedingt aufgeben, sonst fehle der „ernstliche Wille“,415 die Forderung zu übertragen.416 Dieser Gesichtspunkt erinnert an die Kategorie des Scheingeschäfts. Außerdem rekurrieren die angegebenen Urteile regelmäßig auch auf das „Wesen“ der Forderungsabtretung, zu der als „wesentliches Erfordernis“ die Verschaffung des Gläubigerrechts und mit ihm die Befugnis, die Leistung vom Schuldner zu fordern, gehöre. 417 Neben dieser eher begrifflichen Argumentation findet sich aber auch oft das am insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz anknüpfende Argument, dass ein solches Geschäft nur dazu diene, „den anderen Gläubigern zuvorzukommen und ihnen im Konkurse des Schuldners [. . .] den Gegenstand ihrer konkursmäßigen Befriedigung zu entziehen“.418 414 RG, Urt. v. 13. 10. 1905, JW 1905, 718; Urt. v. 5. 5. 1911, JW 1911, 576; Urt. v. 13. 2. 1914, JW 1914, 528; Urt. v. 7. 5. 1914, JW 1914, 830; Urt. v. 4. 2. 1916, JW 1916, 959; Urt. v. 23. 5. 1917, RGZ 90, 273; Urt. v. 18. 5. 1917, RGZ 90, 248; Urt. v. 28. 1. 1918, RGZ 92, 105, 109; Urt. v. 22. 2. 1918, RGZ 92, 238, 240; Urt. v. 13. 2. 1932, JW 1932, 1655; Urt. v. 24. 1. 1936, JW 1936, 1953; Urt. v. 15. 3. 1938, JW 1938, 1329; BGH, Urt. v. 17. 12. 1959, WM 1960, 259, 260 f.; Urt. v. 18. 2. 1993, NJW 1993, 1640 ff. Zustimmend Hoeniger, Diskontierung von Buchforderungen, S. 13. 415 RGZ 92, 238, 240. 416 Das RG erkannte in seinem Urteil v. 6. 11. 1917 – II Rep. 190/17, DR 1917, 1/2 Nr. 33 die Sicherungszession mit bedingter Einziehungsbefugnis jedenfalls nach Bedingungseintritt für wirksam. Der BGH hat dagegen eine aufschiebend bedingte Übertragung des Einziehungsrechts als aufschiebend bedingte Zession behandelt, Urt. v. 18. 2. 1993, NJW 1993, 1640 f., siehe hierzu sogleich im Text. 417 RG, Urt. v. 13. 2. 1914, JW 1914, 528; Urt. v. 18. 5. 1917, RGZ 90, 248, 249; Urt. v. 23. 5. 1917, RGZ 90, 276. 418 RG, Urt. v. 7. 5. 1914, JW 1914, 830. Ebenso RG, Urt. v. 13. 2. 1932, JW 1932, 1655 (li. Spalte).

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Dass mit der Kategorie des Scheingeschäfts der entscheidende Gesichtspunkt verfehlt wird, liegt auf der Hand, denn es kommt den Parteien ja gerade für den Sicherungsfall darauf an, dass die Forderung auf den Zedenten übergeht. Dass diese Rechtsfolge nur „zum Schein“ gewollt sei, lässt sich nicht behaupten. Auch aus dem „Wesen der Abtretung“ lässt sich nichts ableiten. Mehr Überzeugungskraft hat das Argument, dass man Rechtsträgerschaft und Verfügungsbefugnis nicht voneinander trennen kann. Insofern lässt sich vertreten, dass der Übergang der Einziehungsbefugnis zum Tatbestand der Zession gehört. Das Reichsgericht näherte sich dem haftungsrechtlichen Kern des Problems mit dem Argument, dass solche Konstruktionen auch deshalb unzulässig seien, weil der Erwerber durch eine solche „Abtretung im Grunde nichts anderes erlange als die Befugnis, im Falle der Zwangsvollstreckung in die Forderung einen Widerspruch gemäß § 771 ZPO geltend zu machen oder im Falle des Konkurses die Aussonderung der Forderung zu fordern.“419 Eine derartige Gestaltung sei unzulässig, da sie nur darauf berechnet sei, den Zugriff anderer Gläubiger abzuwehren. Dieser Einwand ist in gleichem Maße überraschend wie verräterisch. Überraschend ist diese Sichtweise, denn sie ähnelt der Diskussion um die Einordnung der Sicherungsübereignung als Scheingeschäft, die schon im 19. Jahrhundert beendet worden war. Es ist insofern bemerkenswert, dass diesem Gesichtspunkt von der Rechtsprechung bei der Sicherungszession mehr Bedeutung beigemessen wurde. Überdies trifft der geltend gemachte Einwand, dass das Geschäft nur der Benachteilung der anderen Gläubiger diene, letztlich auf jedes dingliche Sicherungsrecht – jedenfalls aber auf die Sicherungsübereignung von Warenlagern420 – zu. Ihn als Argument gerade gegen die Wirksamkeit der Diskontierung von Buchforderungen im Wege der (stillen) revolvierenden Zession zu verwenden, ist verräterisch, weil sich hier die (berechtigten421) Zweifel daran ausdrücken, dass dieser Geschäftstypus den Anforderungen an ein rechtsgeschäftlich begründetes Vorzugsrecht genügt. Dass die anderen Gläubiger durch die Zession benachteiligt werden und die Abtretung insofern tatsächlich nur dazu dient, diesen im Konkurs zuvor zu kommen, lässt sich nun einerseits nicht bestreiten, erklärt aber andererseits auch nicht, wieso dies zur Unwirksamkeit des Geschäfts führen soll. Denn jede Bestellung eines dinglichen Sicherungsrechts intendiert den Erwerb eines Vorrangs in der Einzelzwangsvollstreckung und der Insolvenz. Die Vorranggewährung an sich kann es also nicht sein, die die revolvierende Globalzession so verdächtig macht, denn sonst wären auch Hypotheken, Sicherungsgrundschulden und Pfandrechte demselben Einwand ausgesetzt. Das Argument von der 419 RG, Urt. v. 28. 1. 1918, RGZ 92, 105, 109. Siehe auch RG, Urt. v. 6. 11. 1917, DR 1918, Nr. 33. 420 Hoeniger, Diskontierung von Buchforderungen, S. 14. 421 Siehe unten, S. 272 ff.

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intendierten Gläubigerbenachteiligung lässt insofern zwar die berechtigten422 haftungsrechtlichen Bedenken anklingen, legt aber nicht im Einzelnen dar, wieso gerade die Vereinbarung einer revolvierenden Globalzession den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in nicht zu rechtfertigender Weise verletzt. In einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1993, in der er eine Sicherungsabtretung wegen einer vorsätzlichen Benachteiligung der Insolvenzgläubiger für anfechtbar hielt, klingen diese Bedenken an. Entscheidend war, dass nach den Vereinbarungen in der Sicherungsabrede der Sicherungsnehmer die Verfügungsbefugnis über die abgetretenen Forderungen erst bei Zahlungseinstellung des Sicherungsgebers erlangen sollte. 423 Der neunte Senat legte zunächst im Anschluss an die dargestellte reichsgerichtliche Rechtsprechung dar, dass das Einziehungsrecht nicht von der Forderung getrennt werden könne. Um der von den Parteien gewählten Gestaltung überhaupt Wirkung zu verschaffen, müsse die Abrede daher als aufschiebend bedingte Übertragung der Forderung ausgelegt werden.424 Als solche sei sie aber mit der Vorsatzanfechtung nach § 31 Nr. 1 KO anfechtbar,425 da der Zedent den Zessionar durch die Sicherung vor seinen anderen Gläubigern bevorzugen wollte, wobei die Parteien mit einer Benachteiligung der anderen Gläubiger gerechnet und diese in Kauf genommen hätten. Beim Entwurf der Sicherungsabrede hatten die Vertragspartner insofern den „Fehler“ begangen, den Sicherungsgeber besser zu stellen, als er nach den üblicherweise bei Globalzessionen verwendeten Bedingungen steht. Diese sehen nämlich den unbedingten Übergang der Forderung vor, wobei das Einziehungsrecht des Zessionars lediglich schuldrechtlich beschränkt ist und dem Zedenten gleichzeitig (widerruflich) eine Einziehungsermächtigung erteilt wird.426 In dem 1993 entschiedenen Fall sollte der Sicherungszessionar aber bis zum Sicherungsfall dinglich gehindert sein, die Forderung einzuziehen und diese Befugnis so lange als eigenes Recht beim Zedenten verbleiben. Gerade diese Stärkung der Rechtsstellung des Sicherungsgebers, die rechtstechnisch durch den Verbleib der Einziehungsbefugnis umgesetzt wurde, war es, die den Bundesgerichtshof veranlasste, das Geschäft der Vorsatzanfechtung zu unter422

Siehe unten, S. 268. BGH, Urt. v. 18. 2. 1993, NJW 1993, 1640 f. 424 Die Bedeutung dieser Entscheidung überschätzt wohl Staudinger/Busche, BGB, Einl zu §§ 398 ff. Rn. 90, der meint, es sei zulässig, „die Einziehungsbefugnis des neuen Gläubigers von einer Bedingung abhängig zu machen.“ Eine solche Aufspaltung von Rechtsträgerschaft und Verfügungsbefugnis lehnt der BGH aber gerade ab. 425 Das Berufungsgericht hatte eine Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB angenommen. Dem widersprach der BGH mit dem Argument, dass die Anfechtungsvorschriften vorrangig seien, a.a.O., 1641. Zustimmend Huhn/Bayer, ZIP 2003, 1965. Hierzu auch Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 84. 426 Vgl. etwa das Vertragsmuster bei Lwowski, Kreditsicherung, S. 778. 423

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werfen. Mit anderen Worten: Hätten die Parteien den üblichen Weg der Vollzession und der Erteilung einer Einziehungsermächtigung gewählt, hätte das Geschäft Bestand gehabt, obwohl die Rechtsstellung des Zessionars bei dieser Variante stärker ist. Mit diesen Erwägungen ist bereits angedeutet, wie die Praxis auf die dargestellte Rechtsprechung insbesondere des Reichsgerichts reagiert hat. Anstatt dem Zessionar die Einziehungsberechtigung nur für den Sicherungsfall zu gewähren, ging man dazu über, eine Vollabtretung der Forderungen vorzunehmen und die Einziehungsbefugnis des Zessionars lediglich in der Sicherungsabrede, also mit nur schuldrechtlicher Wirkung, zu beschränken. Das Einziehungsrecht des Sicherungsgebers (Zedent) ergibt sich dann nicht mehr aus eigenen Recht, sondern beruht darauf, dass der Sicherungsnehmer (Zessionar) dem Sicherungsgeber das Forderungsrecht zur Ausübung überlässt. Warum man nicht von vornherein diese aus heutiger Sicht so naheliegende Gestaltung wählte, erklärt ein Seitenblick auf die Dogmengeschichte des Instituts der Einziehungsermächtigung.

2. Die Wiederentdeckung der Einziehungsermächtigung insbesondere für die Zwecke der revolvierenden Sicherungsabtretung Schon das römische Recht kannte in Form des mandatum agendi die Möglichkeit, dass der Gläubiger einem anderen die Befugnis erteilt, die Forderung im eigenen Namen einzuziehen.427 Gleichwohl rang sich das Reichsgericht unter Geltung des BGB erst „nach einigem Schwanken“428 zur Anerkennung der vom BGB nicht geregelten Einziehungsermächtigung durch.429 Auch der Bundesgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung die materiellrechtliche Einziehungsbefugnis und ihr prozessuales Seitenstück, die gewillkürte Prozessstandschaft,430 an,431 wobei er für die Zulässigkeit der Prozessstandschaft ein eigenes Interesse des Prozessstandschafters an der Durchsetzung der Forderung ver427 Jahr, AcP 168 (1968), 9 ff. Luig, Zur Geschichte der Zessionslehre, S. 3 ff., beschreibt das Mandat als Aushilfsmittel, da das klassische römische Recht eine Forderungsübertragung im engeren Sinn nicht kannte. Siehe auch v. Gierke, Schuldrecht, § 180 II 1., S. 183. 428 Etwa RG, Urt. v. 19. 2. 1904, RGZ 57, 90 und die Nachweise bei RGZ 91, 390, 395 (Urt. v. 5. 1. 1918). In dieser Entscheidung deutete zwar der V. Senat die grundsätzliche Zulässigkeit einer Einziehungsermächtigung und einer gewillkürten Prozessstandschaft an, lehnte die Wirksamkeit letzterer in concreto jedoch ab, da es an einem eigenen Interesse des Ermächtigten gefehlt habe. 429 RG, Urt. v. 27. 4. 1910, RGZ 73, 306, 398; Urt. v. 4. 2. 1916, JW 1916, 959; Urt. v. 7. 7. 1931, RGZ 133, 234, 241; Urt. v. 25. 1. 1935, RGZ 146, 398, 400. 430 Stein/Jonas/Bork, ZPO, vor § 50 Rn. 63; MünchKomm-ZPO/Lindacher, vor §§ 50 ff. Rn. 55, 58; Musielak/Weth, ZPO, § 51 Rn. 32. 431 BGH, Urt. v. 10. 12. 1951, BGHZ 4, 153, 165; Urt. v. 11. 2. 1960, BGHZ 32, 67, 71; Urt. v. 23. 2. 1978, BGHZ 70, 389, 393; Urt. v. 24. 10. 1985, BGHZ 96, 151, 155.

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

langt.432 Demgegenüber war das Institut in der Literatur lange umstritten. So akzeptierte etwa Larenz die Zulässigkeit der Einziehungsermächtigung erst in der 10. Auflage seines Schuldrechtslehrbuchs aufgrund der Arbeiten von Stathopoulos433 und Jahr434 .435 Während insofern die Zulässigkeit der Einziehungsermächtigung heute allgemein anerkannt ist, ist ihre dogmatische Konstruktion nach wie vor streitig. Nach wohl herrschender Meinung ergibt sie sich aus § 185 BGB in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung.436 Für die Diskontierung von Buchforderungen machte das Reichsgericht die Einziehungsermächtigung – soweit ersichtlich – erstmalig im Jahr 1931 in RGZ 133, 234437 fruchtbar und bereitete damit der revolvierenden Globalzession heutiger Prägung den Boden.438 Dabei unterschied das Gericht die Situation der Abtretung bei gleichzeitiger Rückermächtigung des Zedenten zur Einziehung von der oben dargestellten Rechtsprechung, die eine Sicherungszession nicht anerkannte, wenn das Einziehungsrecht von vornherein beim Sicherungsgeber/ Zedenten verbleiben sollte. Die abzutretenden Rechte seien bei der Lösung über die Einziehungsermächtigung vielmehr „sofort und bedingungslos“ auf den neuen Gläubiger übergegangen, der lediglich zeitlich in der Ausübung seines Einziehungsrechts beschränkt sei. Tragend ist somit der Gedanke, „daß die Forderungsrechte sofort und mit Abschluß des Abtretungsvertrages“439 auf den Sicherungsnehmer übergehen. Diesem sofortigen Rechtsübergang stand nach Beurteilung des Gerichts die Erteilung einer Einziehungsermächtigung an den Zedenten nicht nur nicht im Wege, die Einziehungsermächtigung setzt diesen Übergang des Vollrechts geradezu voraus: Nur wenn der Zessionar das Einziehungsrecht erwirbt, kann er es einem anderen zur Ausübung überlassen. Diese Überlassung führt dazu, dass der Sicherungsgeber vom Forderungsschuldner

432 BGH, Urt. v. 13. 11. 2001, BGHZ 149, 165, 167; Urt. v. 3. 12. 1987, BGHZ 102, 296; Urt. v. 3. 7. 1980, BGHZ 78, 1 m. w. N. Zustimmend Henckel, in: Festschr. f. Larenz, S. 643, 654; Stein/Jonas/Bork, ZPO, vor § 50 Rn. 57. Dagegen ein Teil der Literatur: Staudinger/Busche, BGB, Einl. zu §§ 398 ff. Rn. 130; Rüßmann, AcP 172 (1972), 520, 554; Rosenberg, JZ 1952, 137; Larenz, Schuldrecht I, § 34 V c), S. 600. 433 Die Einziehungsermächtigung (1968). 434 AcP 168 (1968), 9 ff. 435 Larenz, Schuldrecht I, § 34 V c), S. 599 Fn. 74. Dagegen hielt v. Gierke, Schuldrecht, § 180 II 4 c), S. 202, schon 1917 die Übertragung (nur) des Ausübungsrechts an einer Forderung für zulässig und beschrieb sie als mittelbare Stellvertretung. 436 So die so genannte „Verfügungstheorie“, vgl. unter anderem Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 57 1c), S. 904; Erman/Westermann, BGB, § 398 Rn. 39. Dagegen Stathopoulos, Die Einziehungsermächtigung, S. 97 ff.; Larenz, Schuldrecht I, § 34 V c), S. 598. 437 Urt. v. 7. 7. 1931. 438 Die theoretische Vorarbeit für diese Entscheidung fi ndet sich in einer Abhandlung von Löbl, AcP 129 (1928), 257, 269 f., der freilich begriffl ich noch nicht scharf zwischen Inkassozession und Einziehungsermächtigung trennte. Letztere bezeichnete er als „Inkassozession ohne materiellen Rechtsübergang“. 439 Urt. v. 7. 7. 1931, RGZ 133, 234, 243.

C. Die Entwicklung und Dogmatik der Sicherungsabtretung

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bis zum Sicherungsfall Zahlung an sich verlangen kann. 440 Der Altgläubiger zieht die Forderung somit als Berechtigter ein; diese erlischt durch die Zahlung des Schuldners.441 Mit § 407 BGB hat dies nichts zu tun, und auch § 816 Abs. 2 BGB ist im Verhältnis des Zessionars zum Zedenten nicht anwendbar.442 Das wirtschaftliche Ergebnis gleicht somit auf das Haar demjenigen, das die Parteien durch die Konstruktion des beschränkten Übergangs des Forderungsrechts – freilich erfolglos – erstrebt hatten. Unter beiden Gestaltungen kann der Sicherungsgeber im eigenen Namen bis zum Sicherungsfall Zahlung vom Drittschuldner verlangen. Der eingezogene Betrag wird Bestandteil des Vermögens des Sicherungsgebers. Der Sicherungsnehmer erwirbt im einen wie im anderen Fall ein Vorrecht an den Forderungen, kraft dessen er sich gegen die anderen Gläubiger des Sicherungsgebers in Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz durchsetzt. Die Erlangung dieses Vorrechts ist der selbstverständliche Zweck auch der Konstruktion über die Einziehungsermächtigung, denn auch hier tritt die vom Sicherungsnehmer erworbene Inhaberschaft an der Forderung und die mit ihr verbundene Einziehungsbefugnis erst im Sicherungsfall zu Tage. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass bei der Lösung über die Einziehungsermächtigung die Bindung des Sicherungsnehmers nur schuldrechtlich ist – er soll die Forderung vor Eintritt des Sicherungsfalls nicht geltend machen –, während sie bei der von Reichsgericht und Bundesgerichtshof abgelehnten beschränkten Übertragung in dem Sinn dinglich ist, dass der Sicherungsnehmer die Forderung bis zum Eintritt des Sicherungsfalls nicht geltend machen kann. Dass trotz der weitgehenden Austauschbarkeit der Ergebnisse die Lösung über die Vollzession unter Rückermächtigung des Zedenten vor dem Reichsgericht Bestand hatte, zeigt, wie begrifflich dessen Argumentation war. Zwar kommt es bei der Erteilung einer Einziehungsermächtigung nicht zu einer Spaltung der Forderung im technischen Sinn, die (schädlichen) Konsequenzen für die Interessen der anderen Gläubiger des Sicherungsgebers sind aber dieselben. Da die oben unter 1. geschilderte Rechtsprechung zwar einen haftungsrechtlich zutreffenden Gedanken ansprach, diesen aber nicht konsequent zur Begründung der Unzulässigkeit des Geschäfts heranzog, sondern stattdessen eine rein begriffliche Argumentation wählte, war es möglich, dass die Praxis durch eine

440 Für die stille Zession ist dies heute unstreitig: BGH, Urt. v. 10. 12. 1951, BGHZ 4, 153, 165; Staudinger/Busche, BGB, Einl zu §§ 398 ff. Rn. 92, 118; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1449. Anders RG, Urt. v. 30. 4. 1937, RGZ 155, 50, 52: Der Ermächtigte könne nur Leistung an den Gläubiger verlangen. 441 Vgl. nur Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 79 IV 2, S. 323. 442 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. II, S. 309, 319. So aber noch Hoeniger, Die Diskontierung von Buchforderungen, S. 25, der versuchte, die Erfüllungswirkung einer Leistung an den Altgläubiger bei der stillen Sicherungszession mit § 407 BGB zu begründen. Konsequent sprach er dem Neugläubiger einen Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB zu.

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

lediglich konstruktiv andere Gestaltung dem Unwirksamkeitsurteil entgehen konnte. Die rechtspraktische Bedeutung dieser Entwicklung für das deutsche Mobiliarsicherungsrecht ist ganz offensichtlich, beruhen doch die so wichtigen Sicherungsmittel Globalzession und verlängerter Eigentumsvorbehalt entscheidend auf einer Sicherungsvorausabtretung bei gleichzeitiger Rückermächtigung zur Forderungseinziehung des Sicherungsgebers. Diese Sicherungsmöglichkeiten hätte es jedenfalls in der uns heute vertrauten Form nicht gegeben, hätte die Praxis nicht die Einziehungsermächtigung als Mittel zur Umgehung der vom Reichsgericht aufgestellten Voraussetzungen (wieder-) entdeckt. Auch methodisch ist der skizzierte Vorgang bemerkenswert. Ähnlich wie bei der fiducia, die zur dogmatischen Erklärung der Sicherungsübereignung bemüht wurde,443 besann man sich auch bei der Sicherungsabtretung auf ein römisch-rechtliches Institut, das zwar vom BGB-Gesetzgeber nicht übernommen worden war,444 das aber unerlässlich war, um bestimmte Gestaltungswünsche der Praxis zu befriedigen.445 Die Rechtsprechung verschloss sich diesem Bedürfnis nicht und zeigte sich bereit, im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung446 auf die für überholt gehaltene Rechtsfigur zurückzugreifen, um neuartige Geschäftsformen dogmatisch abzusichern.

D. Der einfache Eigentumsvorbehalt Der Eigentumsvorbehalt scheint auf den ersten Blick sowohl in funktionaler wie in konstruktiver Hinsicht eine leicht zu erklärende Rechtsfi gur zu sein, die einem offensichtlichen rechtspraktischen Bedürfnis Rechnung trägt: Kann der Käufer einerseits den Kaufpreis noch nicht sofort belegen, möchte er aber andererseits die Kaufsache sofort in Besitz nehmen, ist er auf Kredit angewiesen: Er kann sich entweder an seine Bank wenden und dort ein Darlehen aufnehmen, mit dem er den Verkäufer befriedigt. Dieses Vorgehen führt zur Entstehung von Geldkredit. Er kann aber auch den Verkäufer bitten, den Kaufpreisanspruch zu stunden, wodurch es zur Entstehung von so genanntem Warenkredit kommt.447 In beiden Fällen wird der Kreditgeber eine Sicherheit verlangen. Insbesondere 443

Siehe oben, S. 100. Man hatte das Inkassomandat für überflüssig gehalten, da man glaubte, die Zession könne es vollständig ersetzen, Jahr, AcP 168 (1968), 9, 10 f. 445 Stathopoulos, Die Einziehungsbefugnis, S. 17 ff., zur Diskontierung von Buchforderungen, S. 35 ff. 446 Staudinger/Busche, BGB, Einl zu §§ 398 ff. Rn. 120. 447 Freilich wird auch bei dieser Konstellation letztendlich Geldkredit entstehen: Der Verkäufer, der die Kaufpreisforderung stundet, wird sich refinanzieren müssen, so dass er typischerweise einen Kredit bei seiner Bank aufnehmen wird. Insofern stellt sich nur die Frage, wer den Geldkredit aufnimmt. 444

D. Der einfache Eigentumsvorbehalt

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der Verkäufer wird es dabei vorziehen, ein Sicherungsrecht an der Kaufsache selbst zu erwerben, denn deren Wert und Verwertungsmöglichkeiten kann er zuverlässig beurteilen. Diesem Interesse kommt die äußerst einfache rechtliche Konstruktion eines solchen Sicherungsrechts an eigener Sache entgegen: Der Verkäufer kann sich dadurch sichern, dass er nur in Bezug auf die Übergabe in Vorleistung tritt. Die Sache wird erst dann übereignet, wenn tatsächlich die Gegenleistung erbracht wird. Die spätere Übereignung könnte unproblematisch nach § 929 S. 2 BGB konstruiert werden. Diese Lösung würde freilich wiederum für den Käufer Gefahren dahingehend bergen, dass möglicherweise der Verkäufer während der Stundungszeit über die Sache anderweitig verfügt, oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Der Käufer hat insofern ein Interesse daran, dass der Verkäufer schon vor Zahlung des Kaufpreises eine rechtsgeschäftliche Bindung hinsichtlich des Eigentumsübergangs eingeht. Konstruktiv kann dies ohne weiteres durch die Vereinbarung der Übereignung unter der Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung erreicht werden, wobei diese bedingte Übereignung schon im Moment der Übergabe oder sogar bereits bei Abschluss des Kaufvertrags erklärt wird. Dieser Interessenlage trägt die Auslegungsregel des § 449 Abs. 1 BGB Rechnung, in dem sie eine Vermutung aufstellt, dass die Verabredung des Vorbehalts des Eigentums zwischen Verkäufer und Käufer im Zweifel als Übereignung unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung auszulegen ist. Der so beschriebene einfache Eigentumsvorbehalt – also die Stundung des Kaufpreises bei aufschiebend bedingter Übereignung – ist ein außerordentlich einfaches und kostengünstiges Mittel, die wechselseitigen Interessen zu befriedigen. Die Stundung des Kaufpreises bei sofortiger Übergabe kommt einerseits dem Nutzungsbedürfnis des Käufers entgegen, der Verkäufer andererseits ist während der Stundungsfrist durch sein vorbehaltenes Eigentum gesichert. Durch die bedingte Einigung ist wiederum der Käufer vor Zwischenverfügungen und Insolvenz des Verkäufers geschützt. Wie gezeigt wurde, liegt im Abzahlungskauf die Wurzel des Eigentumsvorbehalts.448 Der einfache Eigentumsvorbehalt ist heute nicht nur bei Verträgen mit mittel- oder langfristigem Kreditierungselement fester Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers, sondern findet sich auch bei solchen Verträgen, bei denen dem Käufer keine Stundung des Kaufpreises im Sinne einer Aufhebung der Gleichzeitigkeit von Übergabe und Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs gewährt wird.449 Obwohl diese Verträge kein Kreditierungsele-

448

Siehe oben, S. 103 ff. Vgl. nur Beck’sche Online-Formulare, 10.2 Allgemeine Verkaufsbedingungen, § 6; sowie 10.3 Verbrauchsgüterkauf (Grundfassung), § 6. 449

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

ment aufweisen, erfolgt die Übereignung aufschiebend bedingt, um trotz unbarer Zahlung oder Zahlung durch Scheck das Synallagma zu wahren. 450 Schon diese Überlegung zeigt, dass der „einfache“ Eigentumsvorbehalt nicht als einheitliches Institut begriffen werden kann. Richtigerweise ist bei seiner Deutung zu differenzieren zwischen solchen Fällen, in denen das Eigentum zur Sicherung eines dem Käufer eingeräumten Zahlungsaufschubs eingeräumt wird, und den – heute möglicherweise häufigeren – Fällen, in denen die bedingte Übereignung in erster Linie das Zug-um-Zug Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gewährleisten soll.

I. Funktionsanalyse In der bisherigen Diskussion lassen sich vier Auffassungen zur Funktion des Eigentumsvorbehalts unterscheiden. Zum Ersten wird eine pfandrechtliche Konstruktion vertreten, nach welcher der Eigentumsvorbehalt den Kaufpreisanspruch des Verkäufers sichert.451 Der Eigentumsvorbehalt sei ein (besitzloses) Pfandrecht an eigener Sache. Wer so argumentiert, sieht die Sicherungsfunktion des Eigentumsvorbehalts als im Vordergrund stehend an, woraus einige Autoren die Forderung ableiten, den (einfachen) Eigentumsvorbehalt anderen Sicherungsmitteln auch in der Insolvenz gleichzustellen. 452 Gegenüber dieser jedenfalls früher klar herrschenden Meinung meint eine zweite Gruppe, dass der Eigentumsvorbehalt vor allem den Rückgewähranspruch hinsichtlich der Kaufsache sichere, der sich im Falle des Rücktritts aus § 346 BGB ergibt. Diese Ansicht stellt die durch die bedingte Übereignung gewährleistete Gleichzeitigkeit von Leistung und Gegenleistung in den Vordergrund.453 Die Rechtsprechung454 und mit ihr Teile des Schrifttums455 erkennen jedenfalls bislang beide Funktionen des Eigentumsvorbehalts an. Die Frage, ob der Eigentums450

Siehe oben, S. 42. Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, § 118 B. I., S. 478; Rühl, Eigentumsvorbehalt, S. 193; Henckel, in: Festschr. f. Zeuner, S. 193, 214; W. Berger, Eigentumsvorbehalt und Anwartschaftsrecht – Besitzloses Pfandrecht und Eigentum, S. 121; Bülow, WM 2007, 429, 432. 452 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 18.30. 453 Blomeyer, JZ 1968, 691, 693; Huber, ZIP 1987, 750, 754. 454 Die Sicherung der Forderung betonend: BGH, Urt. v. 24. 1. 1961, BGHZ 34, 191, 198 f.; Urt. v. 7. 12. 1977, BGHZ 70, 96, 99. Die Sicherung des Rückabwicklungsverhältnisses wurde dagegen in den Vordergrund gestellt, als es um das Aussonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers in der Insolvenz des Käufers ging: Urt. v. 1. 7. 1970, BGHZ 54, 214, 218. Anders jüngst BGH, Urt. v. 27. 3. 2008, BGHZ 176, 86, hiernach soll der einfache Eigentumsvorbehalt „ausschließlich“ den durch den Rücktritt vom Kaufvertrag aufschiebend bedingten Rückgabeanspruch sichern. Zu diesem Urteil ausführlich unten, S. 195 ff. 455 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, § 5 I 1, S. 77; Martin Schwab, ZIP 2000, 609, 610 f. 451

D. Der einfache Eigentumsvorbehalt

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vorbehalt den Zahlungsanspruch oder den Rückgewähranspruch sichert, wird übrigens schon von Johow in der Begründung zum Teilentwurf angesprochen, der ebenfalls beide Funktionen erwähnt. 456 Den drei dargestellten Auffassungen ist gemein, dass sie den Eigentumsvorbehalt als Instrument zum Schutz der (Sicherungs-) Interessen des Verkäufers deuten. Demgegenüber dient der Eigentumsvorbehalt nach einer vor allem von Manfred Lieb457 entwickelten vierten Ansicht in erster Linie den Interessen des Käufers. Nach § 320 BGB habe der nicht vorleistungspflichtige Verkäufer erst dann zu leisten, wenn auch die Gegenleistung erbracht wird. Vor vollständiger Kaufpreiszahlung sei er daher überhaupt nicht zur Übereignung verpflichtet. Die bedingte Übereignung liege insofern im Interesse des Käufers, da er so in den Genuss des durch § 161 Abs. 1 BGB vermittelten Schutzes vor Zwischenverfügungen und Insolvenz des Verkäufers komme.458 Diese Ansicht weist in die richtige Richtung, weil sie verdeutlicht, dass die Alternative zu einer Lieferung unter Eigentumsvorbehalt nicht die sofortige Übergabe und Übereignung ist, sondern die Abgabe der Übereignungserklärung durch den Verkäufer erst im Moment der vollständigen Bezahlung des Kaufpreises. Der Verkäufer hat keine Veranlassung, seinerseits vollständig und ungesichert in Vorleistung zu treten. Da der Käufer bei einer Übereignung nach § 929 S. 2 BGB wie gesehen deutlich schlechter steht, da er nicht den Schutz des § 161 Abs. 1 BGB genießt, ist die Lieferung unter Eigentumsvorbehalt für den Käufer günstig. Wie Lieb gezeigt hat, ergeben sich aus dieser Ansicht wichtige Konsequenzen für die Behandlung von kollidierenden AGB und der Wirksamkeit eines Eigentumsvorbehalts bei Abwehrklauseln auf Käuferseite. Erkennt man, dass durch die bedingte Einigung nur der von § 320 BGB vorgesehene gleichzeitige Leistungsaustausch bewirkt wird, wird deutlich, dass in einer Vorbehaltsklausel in den Bedingungen des Verkäufers keine von der gesetzlichen Regelung abweichende Gestaltung erreicht werden soll. Es ist vielmehr umgekehrt so, dass der Käufer, der in seinen Einkaufsbedingungen eine Abwehrklausel vorsieht, eine vom gesetzlichen Leitbild abweichende Lösung erstrebt. Die Überprüfung der Abwehrklausel des Käufers scheitert daher nicht an § 307 Abs. 3 BGB.459 Darüber hinaus wird man auf der Grundlage dieser Sichtweise die stillschweigende Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bei gestundeter Kaufpreiszahlungsverpflichtung in weitem Umfang für möglich halten können. Der Eigentumsvorbehalt entspricht beim Kreditkauf nicht nur dem Laienverständnis, nach dem bei noch nicht gezahltem Kaufpreis dem Käufer die Kaufsache auch noch nicht gehört, sie deckt sich auch mit der gesetzlichen – freilich dispositiven – Re456

Begründung Teilentwurf zum Sachenrecht, Bd. I., S. 785. In: Festschr. f. Baumgärtel, S. 311, 314 ff. 458 Zustimmend: Bamberger/Roth/Faust, BGB, § 455 Rn. 7. 459 BGH, Urt. v. 29. 10. 1980, BGHZ 78, 305, 307; Lieb, in: Festschr. f. Baumgärtel, S. 311, 321. Anders Honsell, JuS 1981, 705, 706. 457

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

gelung, die eine Vorleistungspflicht des Verkäufers nicht kennt. Ob die Annahme einer bedingten Übereignung bei vereinbarter Ratenzahlung tatsächlich nur im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung460 möglich ist, erscheint insofern fraglich. Es erscheint näher liegend, davon auszugehen, dass die Parteien bei gestundeter Kaufpreiszahlungspflicht konkludent auch nur eine Pflicht zur bedingten Übereignung begründen wollten, da jedenfalls im Normalfall nicht ersichtlich ist, wieso der Verkäufer sich auf eine Vorleistung einlassen sollte. 461 Dies gilt insbesondere für Verträge ohne wirtschaftliches Kreditierungselement, bei denen also das zeitliche Auseinanderfallen zwischen Lieferung und Zahlung auf den technisch bedingten Verzögerungen bei Rechnungsstellung und Zahlung (durch Überweisung oder Scheck) beruht. Denn in diesen Fällen erhält der Verkäufer für die sofortige Lieferung noch nicht einmal eine Kompensation, da der Käufer hier trotz der technisch bedingten Leistungsverzögerung das Skonto in Anspruch nehmen darf. 462 Umgekehrt wird man bei langfristigen Zahlungszielen mit der Annahme stillschweigender Eigentumsvorbehalte vorsichtiger sein müssen. Bei solchen Fallgestaltungen steht neben dem Kaufvertrag ein Kreditvertrag mit einer selbständigen Kalkulation, die maßgeblich davon abhängt, ob es sich um einen gesicherten oder ungesicherten Kredit handelt. Zwar ist auch und gerade hier der Eigentumsvorbehalt in der Praxis allgemein üblich, er lässt sich jedoch nicht unter Hinweis auf § 320 BGB erklären. Denn erkennt man, dass in diesen Fällen neben die kaufvertraglichen Verpflichtungen ein Kreditierungselement tritt, so wird deutlich, dass die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts in diesen Fällen mit dem Synallagma so wenig zu tun hat wie die Bestellung eines Sicherungsrechts bei sonstigen Kreditverträgen. Die Einräumung eines Sicherungsrechts steht nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zur Auskehrung der Darlehensmittel. Ob der Kreditnehmer eine Sicherung stellen muss, ist vielmehr eine Frage der konkreten Kreditbedingungen, während beim Kauf der 460 So insbesondere Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherungsrecht, Rn. 845, die meinen, dass die ergänzende Vertragauslegung nicht dazu da sei, dem Verkäufer eine Sicherheit zu verschaffen, um deren Vereinbarung er sich nicht bemüht habe. 461 Huber, ZIP 1987, 750, 757; MünchKomm-BGB/Westermann, § 449 Rn. 15; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, S. 85 f.; Erman/Grunewald, BGB, § 449 Rn. 4; Bamberger/Roth/Faust, BGB, § 449 Rn. 12. Der BGH (Urt. v. 13. 9. 2006, NJW 2006, 3488) nimmt jedenfalls dann eine konkludent bedingte Übereignung an, wenn der Verkäufer eines KFZ den Fahrzeugbrief bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung zurückhält. Dies könne der Käufer nur so verstehen, „dass der Verkäufer ihm das Eigentum am Fahrzeug zur Sicherung seiner Kaufpreisforderung nur unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen will.“ 462 Im U. S.-amerikanischem Recht gewährt § 2–702 UCC i. V. m. 11 U. S. C. 546 (c) entsprechend dem Verkäufer – unabhängig von der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts – das Recht, die Sache innerhalb von längstens 45 Tagen nach der Eröffnung der Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Käufers wieder an sich zu nehmen, wenn der Käufer den Kaufpreis nicht bezahlt hat. Hierzu ausführlich unten, S. 409.

D. Der einfache Eigentumsvorbehalt

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gleichzeitige Austausch von Leistung und Gegenleistung dem gesetzlichen Leitbild entspricht. Die Annahme eines stillschweigenden Eigentumsvorbehalts könnte sich beim Kauf mit Kreditierungselement in der Tat als unverdienter Vorteil für den Verkäufer erweisen, der hier im Wege der (ergänzenden) Vertragsauslegung etwas erlangt, worum er sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen nicht einmal bemüht hat. Der Eigentumsvorbehalt kann daher nicht als einheitliches Institut begriffen werden. Es ist vielmehr zwischen solchen Verträgen zu unterscheiden, bei denen der Verkäufer dem Käufer Kredit gewährt, und solchen Verträgen, bei denen abredegemäß lediglich ein kurzer Zeitraum zwischen Lieferung und Zahlung liegen soll. Im zweiten Fall dient der Eigentumsvorbehalt nicht der Sicherung eines Kredits, sondern nur der Gewährleistung des Synallagmas trotz bargeldloser Zahlung. Diese unterschiedlichen Funktionen des Eigentumsvorbehalts – hier echtes Kreditsicherungsrecht, dort Instrument zur Sicherung des Synallagmas – müssen bei der vertrags- und insolvenzrechtlichen Behandlung des Eigentumsvorbehalts berücksichtigt werden. Daher kann auch die angedeutete Streitfrage, ob der Eigentumsvorbehalt den Zahlungsanspruch oder den Rückgewähranspruch hinsichtlich der Kaufsache sichert, nicht einheitlich beantwortet werden: Liegt ein Kauf mit Kreditierungselement vor, so dient der Eigentumsvorbehalt ebenso der Sicherung des Geldzahlungsanspruchs wie die Sicherungsübereignung nicht den Herausgabeanspruch aus dem Sicherungsvertrag sichert, sondern den Darlehensrückzahlungsanspruch. Anders liegen die Dinge, wenn der Verkäufer dem Käufer nie Kredit im wirtschaftlichen Sinn gewähren wollte. Dann gewährleistet der Eigentumsvorbehalt, dass der Verkäufer sein Recht an der Kaufsache nicht aufgeben muss, bevor nicht auch der Käufer die von ihm geschuldete Leistung erbracht hat. Insofern steht hier das Interesse des Verkäufers am Rückerhalt der Kaufsache im Vordergrund. Dieses wird gesichert, indem neben den im Fall des Rücktritts entstehenden (schuldrechtlichen) Rückgabeanspruch aus § 346 BGB der dingliche Anspruch aus § 985 BGB tritt.

1. Der einfache Eigentumsvorbehalt als Sicherungsrecht bei Kreditkäufen Ursprünglich stand die Funktion des Eigentumsvorbehalts als Kreditsicherungsmittel im Vordergrund. Seine verbreitete Verwendung im Rahmen von Geschäften über bewegliche Sachen ist wie dargestellt im Zusammenhang mit den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung stark zunehmenden Kreditkäufen zu sehen.463 Auch im Verhältnis zu Verbrauchern gewannen diese Geschäfte schon damals große Bedeutung, wie das Ab463

Thiemann, Eigentumsanwartschaft, S. 51 ff.; siehe auch oben, S. 103.

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

zahlungsgesetz zeigt, das bereits 1894 erlassen wurde. Das prägende Element des Abzahlungsgeschäfts ist, dass der Verkäufer einer beweglichen Sache dem Käufer den Kaufpreis stundet und ihm die ratenweise Zahlung gestattet. Das Abzahlungsgeschäft ist insofern eine Verbindung von Kauf und Kreditgeschäft.464 Der bedingten Übereignung kommt in dieser Gestaltung vor allem die Funktion zu, den hinsichtlich der Kaufpreisforderung eingeräumten Kredit zu sichern. Ist der Käufer nicht mehr in der Lage, die fälligen Raten zu bezahlen, oder wird über sein Vermögen gar das Insolvenzverfahren eröffnet, kann der Verkäufer auf die Kaufsache zugreifen, diese verwerten und sich aus dem Erlös wegen der noch ausstehenden Forderung befriedigen. Dem Eigentumsvorbehalt kommt bei dieser Konstruktion in der Insolvenz des Abnehmers der Sache eine Sicherungsfunktion zu, die nach herrschender Meinung durch das unten näher darzustellende Aussonderungsrecht des Verkäufers verwirklicht wird.

2. Der einfache Eigentumsvorbehalt als Mittel zur Wahrung des Synallagmas Statistisch gesehen spielt die eben beschriebene „klassische“ Funktion des Eigentumsvorbehalts als Mittel zur Sicherung der kreditierten Forderung bei Abzahlungskäufen keine vorrangige Rolle soweit es um die Finanzierung von Unternehmen geht. Einerseits ist gerade bei langlebigen Ausrüstungsgegenständen an die Stelle des Eigentumsvorbehalts – nicht zuletzt aus steuerlichen Gründen – das Finanzierungsleasing getreten, andererseits hat die Bedeutung des Bankkredits auf Kosten des Warenkredits deutlich zugenommen.465 Volkswirtschaftlich sollte die Bedeutung des Eigentumsvorbehalts als Finanzierungsform insofern nicht überschätzt werden. Dass der (einfache) Eigentumsvorbehalt dennoch praktisch allgegenwärtig ist und sämtliche Musterbedingungen für VerkäuferAGB ihn kennen, ist kein Widerspruch. Denn alternativ zu seiner Finanzierungsfunktion hat der einfache Eigentumsvorbehalt auch eine auf das Synallagma bezogene Funktion, die in der Sicherstellung der rechtlichen Gleichzeitigkeit des Leistungsaustauschs trotz unbarer Zahlung liegt. Selbst wenn der Kaufvertrag keine Kreditierung des Kaufpreises in dem Sinn vorsieht, dass der Käufer für einen längeren Zeitraum (etwa mehr als zwei bis drei Wochen) nach Lieferung nicht zur vollständigen Begleichung des Kaufpreises verpflichtet sein soll, so wird dennoch im Geschäftsverkehr eine im Wortsinn „sofortige“ Zahlung typischerweise nicht stattfinden, da der Verkäufer nach erfolgter Lieferung zunächst eine Rechnung schreiben und übersenden muss, woraufhin der Käufer 464 465

Palandt/Putzo, BGB, 45. Aufl., AbzG Einl. 2). Siehe oben, S. 33 f.

D. Der einfache Eigentumsvorbehalt

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eine gewisse Zeit für Prüfung und Bearbeitung durch die Buchhaltung benötigt. Schließlich kommt die Laufzeit der Überweisung466 hinzu.467 Dieser in erster Linie technisch bedingten Zeitspanne trägt auch § 286 Abs. 3 BGB Rechnung, der einen Verzugsbeginn ohne Mahnung und ungeachtet der Voraussetzungen des Abs. 2 erst 30 Tage nach Zugang der Rechnung vorsieht. Würde der Verkäufer also unbedingt übereignen, obwohl er die Leistung des Käufers erst einige Tage oder sogar Wochen später empfangen wird, so würde er sich hierdurch des durch die §§ 320 ff. BGB vermittelten Schutzes des Synallagmas begeben. Er würde vorleisten, nur weil die Parteien die für beide Seiten bequemere Form der unbaren Zahlung gewählt haben. Diese Vorleistung ist zwar keine Finanzierung durch Kreditgewährung im wirtschaftlichen Sinn, weil ihr keine gewollte Überlassung von Kapital auf Zeit468 zugrunde liegt, sie führt aber gleichwohl dazu, dass der Verkäufer gegebenenfalls als (unfreiwilliger) ungesicherter Gläubiger am Insolvenzverfahren des Käufers teilnehmen muss und hierbei nicht von der Regelung der §§ 103 ff. InsO profitieren könnte, da der Vertrag von ihm ja bereits vollständig erfüllt wurde. Auch wenn es nicht zu einem Insolvenzverfahren kommt, steht der vorleistende Verkäufer erheblich schlechter, wenn zum Beispiel der Vertrag in Folge eines Rücktritts oder einer Anfechtung des Kaufvertrags rückabgewickelt werden muss: Hat der Käufer hier bereits (als dinglich Berechtigter!) über die Kaufsache verfügt, so ist der Verkäufer auf einen Wertersatzanspruch aus § 346 Abs. 2 Nr. 2 bzw. §§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt., 818 Abs. 2 BGB verwiesen. Demgegenüber kann er, wenn er sich das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehält – vorbehaltlich der Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs – nach § 985 BGB den Gegenstand vom Dritten zurückverlangen oder den Erlös nach § 816 Abs. 1 BGB vom Käufer fordern. Schließlich ist der Verkäufer durch die Drittwiderspruchsklage vor Vollstreckungen anderer Gläubiger in die Kaufsache ebenso geschützt wie vor der Entstehung etwaiger Vermieterpfandrechte und der Erstreckung eines Grundpfandrechts auf die Kaufsache nach § 1120 BGB. Ein Verkäufer handelt vor diesem Hintergrund keineswegs widersprüchlich, sondern höchst rational, wenn er auf einem Eigentumsvorbehalt besteht, auch wenn er seinem Käufer keinen Kredit im wirtschaftlichen Sinn einräumt, sondern eine „sofortige“ Bezahlung im Sinne einer Überweisung auf sein Konto innerhalb der nächsten Tage nach Zugang der Rechnung erwartet. Er kann sich 466 Erfüllung im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB tritt bei der Zahlung mittels Überweisung nach herrschender Meinung erst bei Gutschrift auf dem Gläubigerkonto ein: BGH, Urt. v. 15. 5. 1952, BGHZ 6, 121, 123; Urt. v. 28. 10. 1998, NJW 1999, 210; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 476; MünchKomm-BGB/Wenzel, § 362 Rn. 23. 467 Vgl. auch § 5 Abs. 3 Allgemeine Einkaufsbedingungen, 10.2.1 Beck’sche Onlineformulare. Dort ist bezüglich der Kaufpreisforderung eine Fälligkeit „von 14 Tagen ab Rechnungsstellung und Lieferung“ vorgesehen. 468 Zu dieser Definition siehe oben, S. 19.

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hierdurch den Schutz des Synallagmas bewahren, das ihn von den Risiken der Insolvenz des Käufers, vertragswidrigen Verfügungen und (Pfändungs-) Pfandrechten anderer Gläubiger abschirmt, indem dem Verkäufer die Möglichkeit des Zugriffs auf die Sache selbst erhalten bleibt. 469 Die Identität in den Rechtsfolgen eines Eigentumsvorbehalts bei Verträgen mit oder ohne Finanzierungselement darf nicht über seine unterschiedlichen Funktionen hinwegtäuschen. Im ersten Fall hat das vorbehaltene Eigentum eine echte Sicherungsfunktion in dem Sinn, dass sich der Verkäufer vor einer Uneinbringlichkeit der kreditierten Kaufpreisforderung durch ein dingliches Vorzugsrecht schützen will, das aus Praktikabilitätsgründen an der Kaufsache selbst bestellt wird. Theoretisch könnte aber auch jeder andere Vermögensgegenstand des Schuldners als Sicherungsgut verwendet werden. Bei Verträgen, die eine im wirtschaftlichen Sinn „sofortige“ Begleichung der Kaufpreisschuld vorsehen, kann man bei genauerem Hinsehen nicht davon sprechen, dass die Kaufsache als Sicherungsgut verwendet wird. Es steht vielmehr im Vordergrund, dass sie Gegenstand der Leistungspflicht des Verkäufers ist. Diese Hauptleistungspflicht steht in einem synallagmatischen Verhältnis zur Kaufpreisschuld. Der Verkäufer übernimmt hier keine Finanzierungsfunktion für den Käufer. Dass in diesen Situationen der Verkäufer ein Recht gerade an der Kaufsache geltend macht, wenn die Erbringung der Gegenleistung ausbleibt, beruht insofern unmittelbar auf dem Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung und ist nicht lediglich der Tatsache geschuldet, dass die Kaufsache das am leichtesten verfügbare Sicherungsgut ist. Die Implikationen der hier vorgeschlagenen Differenzierung für die Behandlung von Eigentumsvorbehalten insbesondere in der Insolvenz des Käufers sollen hier nur skizziert werden. Auf sie wird bei der Behandlung des Eigentumsvorbehalts unter dem UCC zurück zu kommen sein: 470 Bei Käufen mit Finanzierungsfunktion – wenn also der Verkäufer dem Käufer den Kaufpreis mitteloder langfristig stundet – unterscheidet sich der Eigentumsvorbehalt funktional nicht von anderen Sicherungsrechten. Der Vorbehaltsverkäufer ist in dieser Situation nicht anders zu behandeln als andere Finanziers des Schuldners.471 Ein gegenüber diesen gerechtfertigtes Interesse an der Sache selbst oder an der Bestimmung der Modalitäten ihrer Verwertung ist nicht anzuerkennen. Die Dinge liegen anders, wenn der Verkäufer nie den Käufer finanzieren wollte, also ein Kauf ohne Finanzierungsfunktion vorliegt. Da insolvenzrechtlich der Kauf bei 469 Die auf das Synallagma bezogene Funktion des Eigentumsvorbehalts erkennt auch Flume, NJW 1950, 841. Er schreibt ihm diese Funktion aber auch dann noch zu, wenn der Verkäufer dem Käufer Kredit gewährt. Dabei verkennt er, dass sich der Verkäufer durch die Kreditierung der Kaufpreisschuld des durch das Synallagma vermittelten Schutzes gerade begibt. 470 Siehe unten, S. 405 ff. 471 So schon v. Caemmerer, JZ 1953, 97, 100.

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bargeldloser Zahlung sinnvollerweise nicht anders behandelt werden sollte als der Kauf mit echtem, sofortigem Leistungsaustausch, ist hier der Eigentumsvorbehalt als Mittel zur Umsetzung des Synallagmas zu respektieren, so dass eine Behandlung als Kreditsicherheit nicht angemessen wäre. Vor dem Hintergrund dieser differenzierten Funktionsbeschreibung des einfachen Eigentumsvorbehalts soll nunmehr die Entwicklung dieses Instituts dargestellt werden, wobei sich zeigen wird, dass unabhängig von der praktischen Funktion die herrschende Meinung den Eigentumsvorbehalt von Anfang an eher als schuldrechtliches Phänomen begriff, so dass seine kreditsicherungsrechtliche Funktion ausgeblendet wurde.

II. Die Dogmengeschichte des einfachen Eigentumsvorbehalts 1. Das Verbot der bedingten Übereignung im Vorentwurf zum Sachenrecht Nach dem von Johow konzipierten Teilentwurf zum Sachenrecht sollte gemäß § 137 Abs. 1 eine aufschiebend bedingte Übereignung unabhängig vom Bedingungseintritt zu sofortigem Eigentumsübergang führen, während nach Abs. 2 das Eigentum bei einer auflösenden Bedingung auch nicht bei Bedingungseintritt zurückfallen sollte. Die Norm war insofern auf ein Verbot der bedingten Übereignung gerichtet und stand im Widerspruch zur oben dargestellten Rechtslage nach dem gemeinen Recht,472 das die bedingte Übereignung von Mobilien gerade als Sicherungsmittel allgemein akzeptierte.473 Johow lehnte die bedingte (wie die befristete) „Übergabe zu Eigenthum“ aus grundsätzlichen Überlegungen ab, nicht nur weil diese die Möglichkeit der Umgehung der Pfandrechtsvorschriften eröffne, sondern vor allem, weil sie zu Schwebelagen führe, die für den Verkehr einen „unverständlichen und in sich widerspruchsvollen“ Vorgang darstellten.474 Insbesondere befürchtete Johow die Irreführung Dritter durch die bedingte Übereignung. Er gab zwar zu, dass ein Verbot der Übereignung unter einer Bedingung die Verfügungsfreiheit des

472 Siehe oben, S. 103. Siehe auch Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 1, § 89, S. 245. Nur in Weimar und in Bremen war der Eigentumsvorbehalt zum Zeitpunkt der Abfassung des Vorentwurfs verboten, vgl. Begründung Teilentwurf zum Sachenrecht, Bd. I, S. 784. 473 Schubert, Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung, S. 148. 474 Begründung Teilentwurf zum Sachenrecht, Bd. I, S. 785. Demgegenüber erkannte Gebhard, der für den Allgemeinen Teil verantwortliche Redaktor, jedenfalls die aufschiebend bedingte Eigentumsübertragung mit dinglicher Wirkung an, § 133 Teilentwurf zum Allgemeinen Teil. Siehe hierzu auch HKK/Finkenauer, §§ 158–163 Rn. 16.

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Eigentümers schmälern würde, hielt dies aber wegen der überwiegenden Interessen des Rechtsverkehrs für geboten. Bei der Würdigung der Überlegungen Johows darf nicht vergessen werden, dass der Teilentwurf den gutgläubigen Erwerb des Eigentums im Mobiliarsachenrecht nur in Bezug auf Geld, Inhaberpapiere und bei öffentlicher Versteigerung kannte,475 so dass sich die durch bedingte Übereignungen aufgeworfenen Verkehrsschutzprobleme nicht durch den Verweis auf die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs erledigen ließen.476 Warum Johow weiter die Übereignung unter einer Bedingung als widerspruchsvollen Vorgang ansah, wird deutlich, wenn man berücksichtigt, dass der Vorentwurf noch nicht klar zwischen Einigung und Übergabe als verschiedenen Tatbestandselementen der Übereignung einer beweglichen Sache unterschied. Johow sah vielmehr in der Übergabe den Ausdruck des Willens, dass der neue Besitzer Eigentümer sein solle. Dass dieser Wille sich selbständig, womöglich gar in Form eines Rechtsgeschäfts, zu manifestieren habe, brachte erst der Erste Entwurf in § 874 Abs. 1 deutlich zum Ausdruck. Wenn man die Übergabe aber als in erster Linie tatsächlichen Rechtsakt begreift, so sperrt sich dieses Verständnis gegen die Zulässigkeit einer Bedingung, da nur Rechtsgeschäfte der Beifügung einer Bedingung zugänglich sind.

2. Die Regelung des Eigentumsvorbehalts in § 455 BGB a. F. Die erste Kommission stellte demgegenüber die Verkehrsschutzerwägungen hinter die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs nach einer einfachen Sicherung des Kaufpreisanspruchs bei Abzahlungskäufen zurück477 und nahm das Verbot der bedingten Übereignung nicht in den ersten Entwurf auf. Das durch bedingte Übereignungen ermöglichte Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum sei zwar an sich unerwünscht, zu diesem komme es aber auch in vielen anderen vom Gesetz anerkannten Fällen,478 und schließlich sei die Beachtung der praktischen Interessen „von überwiegender Bedeutung“479. Im Übrigen wurden die Bedenken aus dem Aspekt des Verkehrsschutzes gegen ein „heimliches Pfandrecht“, wie es der Eigentumsvorbehalt darstellt, immerhin durch die Schaffung der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs gelindert.

475 Hinzu kam noch der gutgläubige Erwerb an Erzeugnissen einer Sache. Vgl. § 135 Teilentwurf zum Sachenrecht. 476 Schubert, Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung, S. 149. 477 Motive, Bd. 3, S. 338 = Mugdan, Bd. III, S. 188. 478 Die Motive nennen als Beispiele die anfechtbare Übereignung und die Übereignung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht (Motive, Bd. 3, S. 338 = Mugdan, Bd. III, S. 188). 479 A.a.O.

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Allerdings lehnte es auch die erste Kommission ab, die durch den Eigentumsvorbehalt kautelarjuristisch hergestellte Abhängigkeit des Verfügungsgeschäfts von der Erfüllung des schuldrechtlichen Geschäfts zum gesetzlichen Regelfall zu machen, weil sie eine positive Sanktionierung bedingter Übereignungen aufgrund einer etwas diffusen Sorge vor „unklaren Schwebezuständen“480 nicht für ratsam erachtete. Diese Entscheidung führte dazu, dass die durch das BGB getroffene Regelung nicht der „natürlichen Auffassung“481 entspricht, nach der man Eigentum erst mit vollständiger Kaufpreiszahlung erwirbt. Das Recht bildet hier durch die konsequente Durchsetzung von Trennung und Abstraktion nicht die Erwartungen des Rechtsverkehrs ab. Die ubiquitäre Vereinbarung von Eigentumsvorbehalten ist daher auch als Versuch des Rechtsverkehrs zu verstehen, die tatsächliche Rechtslage der natürlichen – mit anderen Worten: erwartungs- und interessengerechten – Auffassung anzupassen. Der Eigentumsvorbehalt wurde durch den ersten Entwurf nicht ausdrücklich geregelt – weder im sachen- noch im schuldrechtlichen Teil. Diese mehr als „stiefmütterliche Behandlung“482 wurde erst durch die zweite Kommission ein wenig gemildert. Zur Ausfüllung einer Lücke des ersten Entwurfs nahm man einen Antrag an, der dem § 455 BGB a. F. entsprach. Diese Vorschrift stellte zwei Auslegungsregeln auf, die zum einen das sachenrechtliche und zum anderen das schuldrechtliche Geschäft betrafen. Auf der schuldrechtlichen Ebene sah § 455 BGB a. F. für den Fall des Verzuges des Käufers bekanntlich im Zweifel ein vertragliches Rücktrittsrecht des Verkäufers vor, das unabhängig von den Voraussetzungen des § 326 BGB a. F. war, also insbesondere nicht die Setzung einer Nachfrist mit Ablehnungsandrohung nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. voraussetzte. Die Schuldrechtsreform hat diese – an sich wohl durchaus den Willen der Parteien treffende – Regelung483 zu Gunsten des Käuferschutzes aufgegeben, so dass eine Fristsetzung nunmehr nur unter den Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 BGB entbehrlich ist.484 Was die Auslegungsregel hinsichtlich der dinglichen Einigung angeht, so entschied sich die zweite Kommission hiermit für die seinerzeit herrschende Ansicht, nach der die Übereignung beim Eigentumsvorbehalt unter einer Suspen480

Motive, Bd. 3, S. 336 = Mugdan, Bd. III, S. 186. Staudinger/Honsell, BGB, 12. Aufl., § 455 Rn. 3. 482 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, S. 5. 483 Lazarus, Das Recht des Abzahlungsgeschäftes, S. 49, zeigt, dass die meisten Abzahlungskaufverträge vor Inkrafttreten des BGB ein solches Rücktrittsrecht bei Zahlungsverzug aufwiesen. 484 Gleichwohl bleibt es jedenfalls individualvertraglich möglich, ein sofortiges Rücktrittsrecht bei Zahlungsverzug zu vereinbaren, soweit nicht § 506 S. 1 BGB einschlägig ist. In AGB gegenüber Unternehmern liegt in der Vereinbarung eines sofortigen Rücktrittsrechts kein Verstoß gegen § 307 BGB. Bei Geschäften zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher außerhalb von § 506 BGB ist § 309 Nr. 4 BGB zu beachten, Schulze/Kienle, NJW 2002, 2842, 2843. 481

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sivbedingung steht. Ein Gegenantrag, nach dem im Zweifel eine Resolutivbedingung angenommen werden sollte, wurde von der Kommission mit der Begründung abgelehnt, dass die Annahme einer aufschiebenden Bedingung dem Sinn des Vertrags am besten entspreche.485 Im Ergebnis beließ der BGB-Gesetzgeber es damit weitgehend bei der Kodifikation der bestehenden gemeinrechtlichen Praxis, so dass auch im Recht des Eigentumsvorbehalts das Inkrafttreten des BGB keinen entscheidenden Einschnitt brachte.486 Insbesondere versäumte es der BGB-Gesetzgeber, den Charakter der Rechtsstellung des Käufers vor Bedingungseintritt näher zu kennzeichnen, sowie den Eigentumsvorbehalt als Kreditsicherungsmittel mit den an das Mobiliarpfandrecht gestellten Anforderungen zu harmonisieren. Insoweit ist erneut auf die bereits erwähnte Kritik von Leist am ersten Entwurf zu verweisen, der mit großer Schärfe den Missstand der besitzlosen Sicherungsrechte kritisierte, aber gleichwohl das dringende Bedürfnis der Praxis und insbesondere des Verkäufers bei Abzahlungskäufen an effektiven besitzlosen Sicherheiten betonte.487 Leist schlug daher vor, dem Verkäufer ein zeitlich begrenztes dingliches Verfolgungsrecht hinsichtlich der Kaufsache wegen der Kaufpreisforderung zu gewähren,488 oder ein rechtsgeschäftliches Pfandrecht des Verkäufers vorzusehen, das vom Besitzbegründungserfordernis befreit sein sollte. Die zweite Kommission griff diese Vorschläge nicht auf, so dass es auch hinsichtlich des Eigentumsvorbehalts beim Nebeneinander von Faustpfandprinzip und heimlichem Sicherungsrecht durch (bedingte) Eigentumsübertragung blieb. Dieser systematische Widerspruch war dem Gesetzgeber durchaus bewusst. 489 Da aber die Kommission auf keinen ausgearbeiteten Vorschlag zurückgreifen konnte, der die Vorteile des besitzlosen Pfandrechts aufwies, ohne die negativen Auswirkungen der Mobiliarhypothek hervorzurufen, blieb es weitgehend bei der Fortschreibung des geltenden Rechts.

3. Die Herausbildung des Anwartschaftsrechts zur Beschreibung der Stellung des Vorbehaltskäufers Die vom BGB-Gesetzgeber getroffene Regelung ließ somit einige der wichtigsten Fragen des Eigentumsvorbehalts offen. Es fehlte vor allem an einer Einordnung der Position des Vorbehaltskäufers in das allgemeine Vermögensrecht. 485 Prot. II, Mugdan, Bd. 2, S. 782. Zur Deutung des Eigentumsvorbehalts als Übereignung unter einer auflösenden Bedingung siehe oben, bei Fn. 436. 486 Thiemann, Eigentumsanwartschaft, S. 97. 487 Leist, Die Sicherung von Forderungen durch Übereignung von Mobilien, S. 7, 104, 107. 488 Dies entspricht dem heute im UCC geltenden Modell, siehe unten, S. 409. 489 Dies zeigen die intensiven Auseinandersetzungen in den Motiven und Protokollen. Anders Thiemann, Eigentumsanwartschaft, S. 101, der meint, der Gesetzgeber habe den Umgehungscharakter der sicherungsweisen Eigentumsübertragung verkannt.

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Dass § 161 BGB die Stellung des bedingt Berechtigten nicht in ausreichender Weise beschreibt, wurde schon bald nach Inkrafttreten des BGB deutlich. Im Zuge des Anstiegs von Abzahlungskäufen wurde das Bedürfnis der Praxis immer dringender, die Käuferposition auch schon vor Eintritt der Bedingung, also des Vollrechtserwerbs, als verkehrsfähigen Rechtsgegenstand und damit als Haftungsobjekt anzuerkennen. Die zunehmende Verbreitung des Eigentumsvorbehalts hatte zusammen mit den oben dargestellten Phänomenen der Sicherungsübereignung und -abtretung schon im beginnenden 20. Jahrhundert dazu geführt, dass bei vielen Schuldnern kaum noch „freie“, also unbelastete Vermögenswerte vorhanden waren.490 Hinsichtlich der Rechtsstellung, die ein Schuldner aus einer bedingten Übereignung erlangte, stellten sich vor diesem Hintergrund drei aufeinander aufbauende Fragen.491 1. Kann die Position des Vorbehaltskäufers ihrerseits als Sicherungsgut eingesetzt werden? 2. Kann diese Position von den Gläubigern des Käufers gepfändet werden, und wie hat dies gegebenenfalls zu erfolgen? 3. Wie können die Rechte des Vorbehaltskäufers in seiner Insolvenz zu Gunsten der Insolvenzgläubiger verwertet werden? Das Bemühen der Praxis, auf diese vom BGB-Gesetzgeber nicht behandelten Fragen Antworten zu finden, traf sich mit dem Bemühen der Wissenschaft, Rechtsvorwirkungen492 auch und insbesondere bei bedingten Rechtsgeschäften dogmatisch zu erfassen. Die Ausprägung des Anwartschaftsrechts als übertragbare und (daher) pfändbare Rechtsposition unter Erweiterung des numerus clausus der Sachenrechte493 lässt sich daher nur verstehen und richtig einordnen, wenn man sich die Funktion dieses Rechtsbegriffs als Chiffre für die Lösung haftungsrechtlicher Probleme bei der Einordnung des Noch-nicht-Berechtigten vergegenwärtigt. Dieser entstehungsgeschichtliche Hintergrund erhellt, warum trotz der weitgehenden Anerkennung des Anwartschaftsrechts durch Rechtsprechung und Lehre immer wieder gemahnt wird, „von dieser Denkfigur keine aus sich selbst heraus tragfähigen Argumente“ zu erwarten. 494 Die induktive Entwicklung des Anwartschaftsrechts lässt eine Deduktion von Lösungen oder 490

Thiemann, Eigentumsanwartschaft, S. 110. Schon Letzgus, Die Anwartschaft des Käufers unter Eigentumsvorbehalt (1938), S. 2 f., hob diese drei Fragen als besonders praxisrelevant hervor. Zur Bedeutung der Übertragbarkeit und der Pfändbarkeit auch Thiemann, Eigentumsanwartschaft, S. 112. Auch heute noch stellen Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 456 ff., das Anwartschaftsrecht als Verfügungs- und Haftungsobjekt in den Mittelpunkt ihrer Erörterung. 492 Siehe vor allem Enneccerus, Rechtsgeschäft, Bedingung und Anfangstermin (1889). 493 Prütting, Sachenrecht, Rn. 392; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 2328. 494 MünchKomm-BGB/Westermann, § 449 Rn. 39. Eindringlich auch Kupisch, JZ 1976, 417, 424; Flume, AcP 161 (1962), 385, 409; Staudinger/Bork, BGB, Vorbem zu §§ 158–163 Rn. 57. 491

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Argumenten für andere als die dem Induktionsschluss zugrunde liegenden Fragestellungen nicht zu. Es soll an dieser Stelle nicht darum gehen, die Lehre vom Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers ein weiteres Mal darzustellen und im Einzelnen auf ihre dogmatische Konsistenz zu untersuchen. Insoweit sei stellvertretend auf die Arbeiten von Ludwig Raiser,495 Flume,496 Kupisch,497 Marotzke498 und jüngst von Armgardt 499 verwiesen. Gerade die drei Letztgenannten zeigen die Widersprüche, denen die Lehre vom Anwartschaftsrecht ausgesetzt ist, insbesondere wenn es um die Harmonisierung von sicherungsweisen Übertragungen des Anwartschaftsrechts mit dem durch §§ 1120 ff. BGB konstituierten hypothekarischen Haftungsverband500 und dem gesetzlichen Vermieterpfandrecht 501 geht. Wenn der Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHZ 20, 88 502 die Ansicht vertritt, dass der Erwerb des Anwartschaftsrechts vor Pfändungen der Sache durch Drittgläubiger des Käufers während der Schwebezeit schützt, dann lässt sich dies im Grunde nicht mit dem in BGHZ 35, 85503 vertretenen Standpunkt vereinbaren, dass trotz des „Direkterwerbs“ des Anwartschaftserwerbers die unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Sache bei Bedingungseintritt in den Haftungsverband eines Grundpfandrechts fallen soll. Ebenso wenig ist auf dem Boden der Lehre vom Anwartschaftsrecht erklärbar, warum sich das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters gegen denjenigen durchsetzen soll, der sich das Inventar sowie daran bestehende Anwartschaftsrechte zur Sicherheit hat übereignen lassen. In diesen Fällen erlaubt die Lehre vom Anwartschaftsrecht und der sich aus ihr ergebende „Direkterwerb“ konstruktiv nur das jeweils gegenteilige Ergebnis.504 In diesen berühmten Fällen stößt die Denkfigur des Anwartschaftsrechts an ihre Grenzen, da sie das wertungsmäßig überzeugende Ergebnis nicht zu begründen vermag. Dennoch ist diese Lehre in der Praxis ganz unangefochten, auch wenn die kritischen Gegenstimmen aus der Literatur nicht verstummen

495

Dingliche Anwartschaften (1961). AcP 161 (1962), 385 ff. 497 JZ 1976, 417 ff. 498 Das Anwartschaftsrecht – ein Beispiel sinnvoller Rechtsfortbildung? (1977). 499 AcP 206 (2006), 654 ff. 500 BGH, Urt. v. 10. 4. 1961, BGHZ 35, 85 ff. Insoweit hatte schon Wieacker, ZAKDR 1938, 593, angedeutet, dass eine „Hypothekenhaftung der Anwartschaft auf Zubehör“ anzunehmen sein dürfte. Das Reichsgericht begründete mit Urt. v. 4. 4. 1933, RGZ 140, 225, den Vorrang des Hypothekars vor einem Sicherungserwerber noch durch die Konstruktion eines Durchgangserwerbs des Vorbehaltskäufers, auch wenn er seine Anwartschaft übertragen hat. 501 BGH, Urt. v. 12. 2. 1992, BGHZ 117, 200; dazu Hennrichs, DB 1993, 1707 ff. 502 Urt. v. 22. 2. 1956. 503 Urt. v. 10. 4. 1961. 504 Armgardt, AcP 206 (2006), 654, 670; Krüger, JuS 1994, 907 ff. 496

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wollen.505 Ihr entscheidender Vorzug liegt darin, dass die Lehre vom Anwartschaftsrecht es ermöglicht, die Rechtsstellung des Vorbehaltskäufers als subjektives506 Recht zu beschreiben, das nach heute herrschender Meinung dinglichen 507 Charakter hat.508 Damit wird die Berechtigung des Vorbehaltskäufers zu einem verkehrsfähigen Vermögens- und Haftungsgegenstand. Diese Mobilisierung des in der Anwartschaft liegenden Vermögenswerts trägt dem Bedürfnis der Praxis nach möglichst unbegrenzter Verfügbarkeit aller vorhandenen Werte, Aussichten und Chancen zum Zwecke der Kreditsicherung Rechnung. Insofern ist auch hier „die Dogmatik den Bedürfnissen der Praxis gefolgt“509 – ein Phänomen, das, wie bereits dargestellt, kennzeichnend für die Entwicklung des deutschen Mobiliarsicherungsrechts insgesamt ist. Viele der dogmatischen Inkonsistenzen und Ungereimtheiten ließen sich beseitigen, wenn man das Vorbehaltseigentum als ein mit einem Pfandrecht des Verkäufers belastetes Volleigentum des Käufers deuten könnte. 510 Eine solche pfandrechtliche Lösung ist aber de lege lata nicht gangbar, da § 449 BGB eine bedingungsrechtliche Konstruktion des Eigentumsvorbehalts vorsieht und ein rechtsgeschäftlich vereinbartes Pfandrecht – in Abweichung von der Zweifelsregel des § 449 Abs. 1 BGB – sich nicht mit dem Faustpfandprinzip vereinbaren lässt. Für dessen Durchbrechung haben die Vertreter der pfandrechtlichen Lö505 Siehe die in Fußnoten 841–843 Genannten sowie Eichenhofer, AcP 185 (1985), 162 ff. und Mülbert, AcP 202 (2002), 912 ff. 506 Letzgus, Die Anwartschaft des Käufers unter Eigentumsvorbehalt, S. 85; Banke, Das Anwartschaftsrecht aus Eigentumsvorbehalt in der Einzelzwangsvollstreckung, S. 98; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, 2. Aufl., S. 66. 507 Der dingliche Charakter wird der Sache nach jedenfalls dann anerkannt, wenn sich die Anwartschaft auf ein dingliches Recht bezieht, vgl. etwa Staudinger/Bork, BGB, Vorbem zu §§ 158–163 Rn. 67. Dies drückt sich auch in der von der Rechtsprechung verwendeten Formel vom „wesensgleichen Minus“ aus, BGH, Urt. v. 30. 4. 1982, BGHZ 83, 395, 399; noch deutlicher BGH, Urt. v. 24. 10. 1979, BGHZ 75, 221. Die herrschende Meinung in der Literatur spricht sich heute mehr oder weniger offen für eine Anerkennung der Käuferanwartschaft als dingliches Recht aus: Raiser, Dingliche Anwartschaften, S. 63; MünchKomm-BGB/Westermann, § 449 Rn. 42; HKK/Finkenauer, §§ 158–163 Rn. 21 ff.; Banke, Das Anwartschaftsrecht aus Eigentumsvorbehalt in der Einzelzwangsvollstreckung, S. 99. Anders etwa RG, Urt. v. 4. 4. 1933, RGZ 140, 225, 229. Das Reichsgericht erkennt in dieser Entscheidung zwar eine (übertragbare, pfändbare) Anwartschaft des Vorbehaltskäufers an, spricht dieser jedoch dinglichen Charakter ab, da sonst der numerus clausus der dinglichen Rechte durchbrochen würde. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, 2. Aufl., S. 69, bezeichnet das Anwartschaftsrecht als „schuldrechtlich-dingliches Recht“, siehe auch ders., Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. I, S. 244 ff. 508 Die Anerkennung des Anwartschaftsrechts bedeutet damit eine Erweiterung des numerus clausus der Sachenrechte im Wege der Rechtsfortbildung, siehe nur Raiser, Dingliche Anwartschaften (1961); jüngst Wiegand, in: Festschr. f. H. P. Westermann, S. 731, 735 ff. 509 Staudinger/Bork, BGB, Vorbem zu §§ 158–163 Rn. 62; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 59 Rn. 33. 510 Diese Ansicht wurde vertreten unter anderem von Wieacker, ZAKDR 1938, 590 ff.; Blomeyer, AcP 162 (1963), 193 ff.; U. Hübner, JuS 1980, 729 ff.; W. Berger, Eigentumsvorbehalt und Anwartschaftsrecht – Besitzloses Pfandrecht und Eigentum, S. 121 et passim.

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sung zwar überzeugende Argumente angeführt; mit dem geltenden Recht, das eben eine bedingungsrechtliche Konstruktion vorsieht, lässt sich diese bereits von Wieacker 511 angedeutete Lösung freilich nicht vereinbaren.512 De lege ferenda wird man allerdings die Erkenntnisse aus dem Streit um die Stellung des Vorbehaltskäufers nicht ignorieren dürfen. Wie schon die Tatsache zeigt, dass die Debatte bis heute nicht abgeschlossen ist, sind die mit dem Konstruktionsbegriff des Anwartschaftsrechts erreichten Ergebnisse nicht in jeder Hinsicht konsistent. Eine Einordnung des Eigentumsvorbehalts jedenfalls in den Fällen des Kreditkaufs als besitzloses Pfandrecht wäre daher nicht nur funktional überzeugend, sondern auch dogmatisch angemessen.

4. Der einfache Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz Die Behandlung des einfachen Eigentumsvorbehalts in der Insolvenz ist im Grundsätzlichen wie im Einzelnen streitig. Häsemeyer bezeichnete 1975513 die Fragen, ob der Käufer im Konkurs des Verkäufers sein Anwartschaftsrecht verliert und ob der Verwalter im Konkurs des Käufers die geleistete Anzahlung wieder zur Masse ziehen darf, als zwei der umstrittensten Fragen des Konkursrechts. Gerade in der Insolvenz zeigen sich insofern die Probleme, welche die rein bedingungsrechtliche Lösung bereitet, besonders deutlich, da sie einer Zuordnung der aufschiebend bedingt übereigneten Kaufsache zur Insolvenzmasse im Wege steht. a) Der Eigentumsvorbehalt im System der §§ 103 ff. InsO Einigkeit besteht noch darüber, dass Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt bis zum Bedingungseintritt, also bis zur Zahlung des Kaufpreises durch den Käufer, unter §§ 103 ff. InsO fallen. Der Verkäufer hat zwar die ihm obliegende Leistung – Übergabe und bedingte Übereignung – bereits vollständig erbracht, aber die Erfüllung des Vertrags ist dennoch im insolvenzrechtlichen Sinn unvollkommen, da der Vermögenswert der Sache vor Bedingungseintritt noch nicht vollständig in das Vermögen des Käufers gelangt ist.514 511 ZAKDR 1938, 590, 592: „Befriedigende Lösungen ergeben sich erst, wenn die Käuferstellung als ein Eigentum durchschaut wird, das durch die Vorzugshaftung des Verkäufers gebunden, d. h. belastet ist.“ 512 Armgardt, AcP 206 (2006), 654, 678. Anders U. Hübner, JuS 1980, 729, 731, der die pfandrechtliche Lösung gegen den Gesetzeswortlaut mit dem Argument verteidigt, dass eine pfandrechtliche Konstruktion dem Parteiwillen entspreche. 513 KTS 1975, 2, 12. 514 Bei §§ 103 ff. InsO kommt es darauf an, dass die Güterverschiebung noch nicht abgeschlossen ist (Häsemeyer, KTS 1973, 2, 13). Schuldrechtlich mag die Frage, ob bereits Erfüllung durch die aufschiebend bedingte Übereignung eingetreten ist, anders zu entscheiden

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Zwar hat der Insolvenzgesetzgeber jedenfalls hinsichtlich der Abwicklung in der Verkäuferinsolvenz Klarheit geschaffen, als dass dem Verwalter hier gemäß § 107 Abs. 1 InsO das Wahlrecht aus § 103 InsO insoweit nicht zusteht, wie die Erfüllungsablehnung das Recht des Käufers vereiteln würde, durch Zahlung des ausstehenden Kaufpreises Eigentum zu erwerben.515 Das Gesetz umschreibt diese Stärkung der Käuferrechte allerdings wenig hilfreich mit der Formulierung, dass „der Käufer die Erfüllung des Kaufvertrags verlangen“ könne. Diese Formulierung ist im doppelten Sinn missglückt, denn einerseits legt sie ein „Wahlrecht“ des Käufers nahe, das nicht besteht; 516 andererseits kann der Käufer eben bei Ablehnung des Verwalters trotz § 107 Abs. 1 InsO nicht die Erfüllung solcher Vertragspflichten verlangen, die der Verkäufer vor Insolvenz noch nicht erbracht hatte, wie sich aus § 107 Abs. 1 S. 2 InsO ergibt. Die Pflicht zu bedingter Übereignung hat der Verkäufer jedoch bereits erfüllt, so dass auch insoweit ein „Erfüllungsverlangen“ des Käufers keinen Sinn ergibt.517 In der Insolvenz des Käufers ist dagegen ungeregelt geblieben, ob der Verkäufer bei Erfüllungsablehnung durch den Insolvenzverwalter des Käufers die Sache nur aussondern kann,518 wenn er die bereits geleisteten Raten erstattet und sein. Die h. M. verneint die Erfüllung zwar (Erman/Grunewald, § 449 Rn. 8; Jauernig/Chr. Berger, BGB, § 449 Rn. 9; Staudinger/Beckmann, BGB, § 449 Rn. 46 m. w. N.), allerdings geht die Verpflichtung des Verkäufers von vornherein nur dahin, unter einer aufschiebenden Bedingung zu übereignen, so dass die von ihm versprochene Leistung „bewirkt“ i. S. d. § 362 BGB ist, vgl. Blomeyer, Studien zur Bedingungslehre, S. 228. Auch der BGH führt in der Entscheidung vom 20. 2. 1956, BGHZ 20, 88, 100, aus, dass der Anspruch des Käufers bei Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts durch die bedingte Übereignung und Übergabe erloschen sei. Trotz dieser Erfüllung im schuldrechtlichen Sinn überzeugt die Anwendung der §§ 103 ff. InsO, denen insoweit ein anderer auf die Güterverschiebung bezogener Erfüllungsbegriff zugrunde liegt. Hier zeigt sich einmal mehr, dass allgemein vermögensrechtliche Wertungen nicht ohne weiteres auf die haftungsrechtliche Ebene übertragen werden dürfen. 515 Kübler/Prütting/Bork-Tintelnot, InsO, § 107 Rn. 9. 516 Irreführend MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 77. 517 Heidelberger Kommentar/Marotzke, InsO, § 107 Rn. 8; MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, § 107 Rn. 12. 518 Umstritten ist, ob die Aussonderung einen Rücktritt des Käufers voraussetzt, oder ob dieser wegen der Erfüllungsablehnung des Verwalters entbehrlich ist. Richtigerweise ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag auch in der Insolvenz des Käufers wegen § 47 S. 2 InsO iVm. § 449 Abs. 2 BGB erforderlich; ebenso Becker, Insolvenzrecht, Rn. 1111; Huber, NZI 2004, 57, 59; a. A. Uhlenbruck/Wegener, InsO, § 107 Rn. 16. Eine konkludente Rücktrittserklärung kann in der Anmeldung der Forderung wegen Nichterfüllung nach § 103 Abs. 2 InsO gesehen werden. Das Rücktrittsrecht gemäß § 323 Abs. 1 BGB ergibt sich aus der Erfüllungsablehnung durch den Verwalter, infolge derer endgültig feststeht, dass der Kaufpreis nicht erbracht wird, weshalb es einer Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht bedarf. Auf dem Rücktritt als Voraussetzung der Aussonderung ist vor allem vor dem Hintergrund des Schicksals des Kaufvertrags nach dem Ende des Insolvenzverfahrens zu beharren: Ohne Rücktritt bestünde sonst die Gefahr, dass der Verkäufer nach § 201 InsO weiter seine Forderung gegen den ehemaligen Insolvenzschuldner verfolgt, obwohl er die Kaufsache im Wege der Aussonderung wieder an sich genommen hat. Gerade dieser doppelten Inanspruchnahme soll § 449 Abs. 2 BGB vorbeugen, weshalb er auch im Insolvenzverfahren zu beachten ist.

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– wenn ja – ob er diese Verpflichtung gegen seinen Anspruch aus § 103 Abs. 2 InsO,519 der ihm aus der Nichtdurchführung des Vertrags erwächst, aufrechnen kann. Hiervon hängt ab, wie stark das Sicherungsrecht des Vorbehaltskäufers überhaupt ist: Wenn er die geleisteten Raten zurückzuzahlen hätte, ohne seinen Ersatzanspruch in Anrechnung bringen zu können – er insoweit vielmehr auf eine Insolvenzforderung verwiesen wäre –, so wäre er gerade dann, wenn schon ein großer Teil der Raten erbracht wurde, stark benachteiligt. Denn in diesen Fällen dürfte regelmäßig auch der Wert der Kaufsache durch Abnutzung gemindert sein, so dass deren Verwertung nicht zu einer vollständigen Kompensation führen wird. Nach wohl herrschender Meinung kann der Verkäufer daher zwar – bei Ablehnung der Erfüllung durch den Verwalter des Käufers – nur gegen Erstattung der bereits geleisteten Raten Aussonderung der Kaufsache verlangen, er kann jedoch seine Forderung wegen Nichterfüllung aus § 103 Abs. 2 InsO520 hierbei abziehen und ist dadurch nur insoweit auf eine Insolvenzforderung verwiesen, wie diese Forderung die bereits geleisteten Raten übersteigt.521 Die von Ganter vertretene Gegenansicht, nach welcher der Vorbehaltsverkäufer seine Forderung wegen Nichterfüllung nicht in Ansatz bringen kann, 522 benachteiligt nicht nur die Verkäufer erheblich, sie passt auch nicht zur Behandlung des Finanzierungsleasings in der Insolvenz des Leasingnehmers. Nach Ganter ist das Aussonderungsrecht des Leasinggebers unabhängig von einer Erstattung der gezahlten Raten.523 Der Leasinggeber muss mit anderen Worten nicht einmal die bereits geleisteten Raten zurückzahlen, obwohl diese aufgrund des Amortisationscharakters des Leasings auch einen Gegenwert für die Sachsubstanz enthalten.524 Eine so eklatante Bevorzugung des Leasinggebers gegenüber dem Vorbehaltsverkäufer lässt sich angesichts der skizzierten 525 Funktionsähnlichkeit beider Institute nicht begründen. 519 Zu betonen ist, dass es sich bei diesem Anspruch nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt, vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 20.24; a. A. die herrschende Meinung Bork, Insolvenzrecht, Rn. 166; MüKo-InsO/Huber, § 103 Rn. 184 m. w. N. Bei der Berechnung dieses Anspruchs ist aber auch eine Wertersatzforderung nach § 346 Abs. 2 BGB wegen Verschlechterung der Sache zu berücksichtigen. 520 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 13. 7. 1967, BGHZ 48, 203. 521 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 36 Rn. 21; Kübler/Prütting/Bork-Tintelnot, InsO, § 107 Rn. 14; Uhlenbruck/Berscheid, InsO, § 107 Rn. 11; Gottwald/Adolphsen, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 1043 ff., Rn. 13; Gogger, Insolvenzrecht, S. 153. 522 MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 72. 523 MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 230. 524 Häsemeyer spricht sich daher dafür aus, die Aussonderung des Leasinggebers nur gegen Erstattung des als Vergütung für die Sachsubstanz geleisteten Ratenanteils zu gestatten. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 11.12, 20.33; ders., in: Festschr. f. Serick, S. 153, 166. Dieser Erstattungsanspruch der Masse wäre aber wiederum aufrechenbar gegen den Schadensersatzanspruch des Leasinggebers. 525 Siehe oben, S. 34 ff.

D. Der einfache Eigentumsvorbehalt

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Die Aufrechnungsmöglichkeit des Vorbehaltsverkäufers ist aber nicht nur systemkonform, sie ist auch interessengerecht und dogmatisch stimmig. Sie trägt dem funktionellen Synallagma auch bei der Rückabwicklung des Vertrags Rechnung. Infolge der Ablehnung der Erfüllung durch den Verwalter des Käufers tritt an die Stelle des Vertrags ein Abrechnungsverhältnis. Innerhalb dessen „sind die vom Gemeinschuldner vor Eröffnung des Konkursverfahrens erbrachten Teilleistungen nur Rechnungsposten bei der Ermittlung des dem Vertragsgegner entstandenen Schadens [. . .]. Übersteigt der Wert der Teilleistungen den dem Vertragsgegner durch die Erfüllungsverweigerung entstandenen Schaden nicht, so kann der Konkursverwalter nichts zur Masse zurückverlangen.“526 Diese vom Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit einem vom Schuldner als Unternehmer noch nicht vollständig erfüllten Bauvertrag getätigten Ausführungen gelten ebenso für den Eigentumsvorbehalt. Auch hier sind die vom insolventen Käufer erbrachten Ratenzahlungen nur unselbständige Rechnungsposten bei der Berechnung der Forderung wegen Nichterfüllung des Verkäufers. Die Gegenansicht behandelt den Vorbehaltsverkäufer so, als hätte er teilweise vorgeleistet – soweit es nämlich um die Nutzungsmöglichkeit und den damit verbundenen Wertverlust der Kaufsache während der Ratenlaufzeit geht. Gerade dies entspricht aber nicht dem Willen der Parteien, die eine Vorleistung des einen Teils durch die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts gerade vermeiden wollten. b) Das Aussonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers in der Käuferinsolvenz Neben den insolvenzrechtlichen Fragen, die den Eigentumsvorbehaltskauf als gegenseitigen Vertrag betreffen, ist das von der herrschenden Meinung anerkannte Aussonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers jedenfalls de lege ferenda nicht unumstritten. Insbesondere im Zuge der Insolvenzrechtsreform gab es Bestrebungen, auch den Eigentumsvorbehalt insolvenzrechtlich als Sicherungsrecht zu behandeln und dem Vorbehaltsverkäufer nur ein Absonderungsrecht einzuräumen.527 Diese Tendenzen korrespondieren ersichtlich mit den oben dargestellten materiellrechtlichen Bemühungen um ein pfandrechtliches Verständnis des Eigentumsvorbehalts. Wie diese konnte sich auch insolvenzrechtlich die Deutung des Eigentumsvorbehalts als Sicherungsrecht nicht durchsetzen. Als Hauptargument für das Aussonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers wurde und wird das Interesse des Verkäufers an der Sache selbst angeführt, aus dem sich ein Recht ergebe, die Modalitäten ihrer Verwertung eigenständig zu 526

BGH, Urt. v. 5. 5. 1977, BGHZ 68, 379, 380. So Leitsatz 3.3.1. (1) des Ersten Berichts der Kommission für Insolvenzrecht. Siehe auch U. Hübner, NJW 1980, 729, 734; Marotzke, in: Leipold (Hrsg.), Insolvenzrecht im Umbruch, S. 183, 187 f.; Burgermeister, Der Sicherheitenpool im Insolvenzrecht, S. 98 ff.; Häsemeyer, Insolvenzrecht Rn. 11.10; hierzu auch Marotzke, ZZP 109 (1996), 429, 431 Fn. 10. 527

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bestimmen.528 In diesem Interesse unterscheide sich der Vorbehaltseigentümer vom Sicherungseigentümer, so dass eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei. Serick hat versucht, die unterschiedliche Behandlung von Sicherungseigentum und Eigentumsvorbehalt mit dem Argument zu rechtfertigen, dass der Sicherungseigentümer „nur“ Treuhandeigentum innehabe. 529 Dieser Argumentation ist mit Bülow entgegenzuhalten, dass auch das Vorbehaltseigentum – jedenfalls beim echten Kreditkauf – treuhänderischen Bindungen unterliegt.530 Denn auch hier sind die Befugnisse des Eigentümers durch den Sicherungszweck begrenzt. Entgegen dieser Ansicht von Bülow hat allerdings der Bundesgerichtshof im Jahre 2008 unterstrichen, dass es sich beim Vorbehaltseigentum um „originäres Eigentum“ handle, während der Sicherungseigentümer nur abgeleitetes Eigentum erlange. Dies rechtfertige die unterschiedliche insolvenzrechtliche Behandlung beider Institute. 531 Der IX. Senat hatte zu entscheiden, ob eine Bank, die sich zur Sicherung einer Darlehensforderung das an einer Kaufsache vorbehaltene Eigentum abtreten lässt, die Sache aus- oder nur absondern kann. 532 Der Senat legte zunächst dar, dass die Vorbehaltsverkäuferin als Warengläubigerin vor der Abtretung zur Aussonderung berechtigt gewesen wäre, und schloss sich hier der Meinung an, dass der Eigentumsvorbehalt ausschließlich den durch den Rücktritt vom Kfz-Kaufvertrag aufschiebend bedingten Herausgabeanspruch sichere. Durch die Übertragung des Vorbehaltseigentums auf die Bank sei diese Sicherungsfunktion entfallen, an ihre Stelle sei die Sicherung der Darlehensforderung – also eines Geldkredits getreten. Wie jeder Geldkreditgeber sei die Bank aber nur zur abgesonderten Befriedigung berechtigt, auch wenn sie sich das Sicherungsmittel eines Warenkreditgebers beschaffe. Durchaus im Einklang mit der herrschenden Meinung nimmt der Senat hier also die Differenzierung zwischen Geld- und Warenkredit auf, ohne sich allerdings mit ihrer Berechtigung ausführlich auseinander zu setzen. Zur Begründung führt der Senat an: 1. Der Vorbehaltskäufer sei besonders schutzbedürftig, da er „regelmäßig nur das vorbehaltene Eigentum als Sicherungsmittel“ habe. „Demgegenüber hat der Geldkreditgeber ungleich mehr Sicherungsmittel“, da eine Bank sich „beispielsweise auch durch ein Pfandrecht bzw. das Sicherungseigentum an den finanzierten Pkws [hätte] sichern können.“ 528 Zu Recht kritisch gegenüber diesem Argument Hilgers, Besitzlose Mobiliarsicherheiten im Absonderungsverfahren unter besonderer Berücksichtigung der Verwertungsprobleme, S. 75 ff. 529 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, 2. Aufl., S. 212. 530 Bülow, WM 2007, 429, 432. 531 BGH, Urt. v. 27. 3. 2008, BGHZ 176, 86 = ZIP 2008, 842 = JZ 2008, 1050 m. Anm. Jacoby; dazu Roth, KTS 2008, 526; Smid, WM 2008, 2089; Prütting, in: Festschr. f. Leipold, S. 427 ff. 532 Zu solchen Transaktionen aus Sicht des common law: van der Merwe/Smith, 10 Stellenbosch Law Review 303 ff. Zur Lösung nach dem DCFR, unten S. 454.

D. Der einfache Eigentumsvorbehalt

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2. Weiterhin stellt der Senat darauf ab, dass „der Geldkreditgeber durch die Finanzierung des Erwerbs für den Händler regelmäßig nicht in den Warenkreislauf eingebunden werden“ wolle. Er habe dem Schuldner keine Ware, sondern einen Kredit verkauft, so dass er sich in seinem Interesse zur Absicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs „in nichts von solchen Finanzierungsbanken, die den Erwerb einer Sache für den Käufer finanzieren und sich von diesem dessen Anwartschaft auf Erwerb des Eigentums sicherungshalber übertragen lassen,“ unterscheide. Beide Argumente können weder für sich noch gemeinsam überzeugen. Wieso die Sicherungsmöglichkeiten einer Bank besser sind als die des Verkäufers, ist nicht einzusehen, kann sich doch auch der Verkäufer jedes beliebigen Sicherungsmittels bedienen. Dass Verkäufer den Eigentumsvorbehalt wählen, liegt keineswegs daran, dass dieser das einzige Ihnen zur Verfügung stehende Sicherungsrecht ist, sondern dass dieser besondere Sicherheit verspricht. Ein Argument für die Bevorzugung des Warengläubigers lässt sich – jedenfalls soweit es um die Kaufsache selbst geht – aus seinen schlechteren Sicherungsmöglichkeiten nicht gewinnen. Welche Bedeutung es für die insolvenzrechtliche Behandlung eines Sicherungsrechts haben soll, ob sein Inhaber in den „Warenkreislauf eingebunden“ sein will, bleibt unklar. Schon der Gedanke eines „Kreislaufs“ der Waren ist äußerst dunkel, suggeriert er doch, dass die Waren an den Ausgangspunkt – also zum Verkäufer – zurück gelangen. An einem solchen „Warenkreislauf“ kann kein Kaufmann ein Interesse haben. Doch selbst wenn man diesen Begriff durch die herkömmliche Vorstellung der Absatzkette ersetzt, wird nicht deutlich, wieso die Einbindung des Verkäufers in diese seine insolvenzrechtliche Besserstellung vor den anderen gesicherten wie ungesicherten Gläubigern rechtfertigt. Ein besonderer Schutz ist nur dort angezeigt, wo der Verkäufer nicht im wirtschaftlichen Sinne Kredit gewährt hat, sondern nur seine durch das Synallagma geschützten Rechte ausübt. Die Entscheidung – mit ihrem gleichwohl richtigen Ergebnis533 – zeigt sehr deutlich die Defizite bei der funktionalen Erfassung des Eigentumsvorbehalts. Sie weist allerdings insofern in die richtige Richtung, indem sie erneut zeigt, dass sich die Gewährung eines Aus- oder eines Absonderungsrechts nicht nach dem dogmatischen Gewand des Vorzugsrechts richtet, wie auch das Beispiel des sogleich zu beleuchtenden erweiterten Eigentumsvorbehalts verdeutlicht. Auch der einfache Eigentumsvorbehalt berechtigt eben nicht immer (bzw. nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht jeden) zur Aussonderung. Allerdings ist die Differenzierung richtigerweise nicht nach der Art des vom Gläubiger zur Verfügung gestellten Kapitals (Waren oder Zahlungs-

533 Als Insolvenzgläubigerin konnte der Bank in jedem Fall nur ein Recht auf abgesonderte Befriedigung zukommen.

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mittel) vorzunehmen, sondern danach, ob überhaupt eine Kreditgewährung im wirtschaftlichen Sinn vorlag. Die oben vorgeschlagene Unterscheidung nach Eigentumsvorbehalten, denen im Rahmen eines Abzahlungskaufs eine echte Sicherungsfunktion zukommt, und solchen, die bei Verträgen ohne Kreditierungselement der Wahrung des Synallagmas dienen, eröffnet an dieser Stelle den Weg für eine differenzierte insolvenzrechtliche Behandlung des Eigentumsvorbehalts je nach seiner Funktion. War eine Kreditierung im wirtschaftlichen Sinn von den Parteien nicht beabsichtigt, lässt sich ein besonderes Interesse des Verkäufers daran, die Sache selbst zurückzuerlangen, durchaus rechtfertigen. Der Verkäufer hat die Sache ja überhaupt nur aus der Hand gegeben, weil er den Erhalt der Gegenleistung im wirtschaftlichen Sinn „gleichzeitig“ erwartete. Diese Erwartung hat er durch die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts rechtlich verfestigt, so dass die Gewährung eines Aussonderungsrechts auch deshalb gerechtfertigt ist, weil der Vorbehaltsverkäufer in dieser Situation mit seinem Rückgewähranspruch kein „Insolvenzgläubiger“534 ist. Wirtschaftlich und (haftungs-) rechtlich anders ist die Situation zu beurteilen, in welcher der Verkäufer dem Käufer ein mittel- oder langfristiges Zahlungsziel eingeräumt hat. Die Insolvenzgläubigerstellung des Verkäufers kann hier richtigerweise nicht bezweifelt werden, da er dem Schuldner Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs gewährt hat. Er hat damit wie jeder andere Insolvenzgläubiger Einfluss auf die Vermögensentwicklung des Schuldners genommen und ist daher grundsätzlich dem insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu unterwerfen. Von diesem ist er nur insoweit ausgenommen, als ihn sein Sicherungsrecht schützt. Für den Eigentumsvorbehalt bei echten Abzahlungskäufen erscheint insofern funktional die Gewährung eines Absonderungsrechts angemessen. Für die Gewährung (nur) eines Absonderungsrechts spricht auch, dass der Verkäufer für seine Forderung nicht auf eine Befriedigung aus dem Vorbehaltsgut angewiesen ist, sondern auch auf das sonstige Vermögen des Käufers zugreifen kann. Oben 535 wurde gezeigt, dass der Ausschluss einer solchen Zugriffsmöglichkeit bei Asset Backed Securities und beim echten Factoring für die Gewährung eines Aussonderungsrechts angeführt wird. Umgekehrt muss man beim Eigentumsvorbehalt die Haftung des Käufers mit seinem ganzen Vermögen als Argument für die Gewährung (nur) eines Absonderungsrechts werten. Diese Sichtweise wird durch die Behandlung des Eigentumsvorbehalts im Bilanzrecht gestützt: Bei nicht nur ganz kurzfristigen Zahlungszielen kann sich die Frage stellen, wem das Vorbehaltsgut während der Schwebezeit zugerechnet wird. Für die Zuordnung von Vermögensgegenständen für die Zwecke der 534 535

Vgl. die Formulierung von § 47 InsO. S. 38 ff.

D. Der einfache Eigentumsvorbehalt

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Rechnungslegung ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgeblich, wobei allerdings in der Regel zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum zusammen fallen.536 Die bilanzielle Behandlung eines Wirtschaftsguts entspricht somit grundsätzlich der dinglichen Rechtslage. Nach § 246 Abs. 1 S. 2 HGB fallen aber beim Eigentumsvorbehalt und anderen Sicherungsrechten die bilanzielle und die dingliche Zuordnung auseinander. Hiernach muss der Käufer die Sache aktivieren, obwohl vermögensrechtlich der Verkäufer noch Eigentümer ist. Bilanz- und steuerrechtlich wird der Käufer insofern als so genannter „wirtschaftlicher Eigentümer“ behandelt.537 Diese Zurechnung zum Vermögen des Käufers entspricht der hier vertretenen Sicht, nach der das Vorbehaltsgut haftungsrechtlich zum Vermögen des Käufers gehört. Als Differenzierungskriterium für die Unterscheidung der verschiedenen Formen von Eigentumsvorbehalten sollte auf die im Vertrag bestimmte Zahlungsfrist abgestellt werden. Bei Zahlungszielen von mehr als 20 oder jedenfalls 30 Tagen ist das Kreditelement zu bejahen, so dass der Verkäufer in der Insolvenz nur zur Absonderung nach §§ 49 ff. InsO berechtigt sein sollte. Eine solche „vermittelnde Lösung mit Übergängen“ zwischen Eigentumsvorbehalt und Sicherungseigentum wurde bereits von Serick als Möglichkeit der Zusammenführung beider Sicherungsmittel zu einer „Einheitssicherheit“ angedeutet.538 Das hier entwickelte differenzierte Funktionsverständnis des Eigentumsvorbehalts erlaubt die von Serick geforderte durchlässige Abgrenzung, die den (funktionalen) Besonderheiten beider Institute Rechnung trägt. An dieser Stelle sei nur darauf hingewiesen, dass eine solche differenzierte Behandlung des Eigentumsvorbehalts möglicherweise auch auf internationaler Ebene dazu beitragen könnte, den Streit um seine Behandlung als Sicherungsrecht einerseits oder als Vollrecht andererseits beizulegen. Die hier vorgenommene Trennung macht deutlich, dass sowohl der so genannte unitary approach vor allem des Article 9 UCC als auch der non-unitary approach, nach dem vergleichbar dem deutschen Recht das Vorbehaltseigentum als Volleigentum behandelt wird, ihre Berechtigung haben.539

536

Beck’scher Bilanzkommentar/Förschle/Kroner, § 246 HGB Rn. 5. Beck’scher Bilanzkommentar/Förschle/Kroner, § 246 HGB Rn. 19. 538 Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, 2. Aufl., S. 215. Im weiteren Verlauf des Textes tritt Serick der Idee, Sicherungseigentum und Eigentumsvorbehalt auf den „gemeinsamen Nenner ‚besitzloses Pfandrecht‘“ zu bringen, scharf entgegen, indem er den treuhänderischen Charakter des Sicherungseigentums betont, der dem vorbehaltenen Eigentum fehle. Dagegen zutreffend Bülow, WM 2007, 429, 432 mit dem Argument, dass auch der (einfache) Eigentumsvorbehalt treuhänderischen Bindungen unterliege. 539 Hierzu näher unten, S. 428 ff. 537

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E. Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts Die heutige Bedeutung des Eigentumsvorbehalts reicht über den Kreditkauf von Endkunden wie gesehen weit hinaus. Der Eigentumsvorbehalt wird heute standardmäßig auch bei Zwischenhandelsgeschäften eingesetzt. Ebenso hat der Eigentumsvorbehalt heute große Bedeutung, wenn es um die Lieferung von Roh- oder Halbfertigwaren geht, die zur Weiterverarbeitung durch den Käufer bestimmt sind („Fabrikationsgeschäfte“). In diesen Fällen besteht ein Bedürfnis des Verkäufers, das Sicherungsrecht auch auf die aus dem Weiterverkauf stammende Forderung bzw. auf das hergestellte Fertigprodukt zu erstrecken. Diesem Bedürfnis tragen die Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts Rechnung. Die standardmäßige Vereinbarung von Eigentumsvorbehalten in Allgemeinen Lieferbedingungen ist wie gesehen auch eine Reaktion auf die zunehmende Verbreitung der Sicherungsübereignung von Warenlagern. 540 Die Warenlieferanten können sich durch den Eigentumsvorbehalt davor schützen, dass das Eigentum an der gelieferten Sache in die Hände eines anderen Gläubigers des Käufers fällt, der kraft seines Sicherungsrechts dem Verkäufer beim Versuch, auf die Sache zuzugreifen, erfolgreich entgegen treten könnte. Die Sicherungen des Geldgläubigers verstärken daher das Sicherungsbedürfnis des Warengläubigers. Insofern lässt sich von einem „Wettrüsten“ der Gläubiger beim Kampf um Sicherheiten sprechen.

I. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt als echte Kreditsicherheit Ganz deutlich zeigt sich die Konkurrenzsituation zwischen Waren- und Kreditgläubigern, wenn man die Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts betrachtet. Die mehr oder weniger vollständige Belegung des Käufervermögens mit Globalsicherheiten an Forderungs- und Warenbeständen erzeugt für die Warenlieferanten die Notwendigkeit, entweder auf einer Bezahlung der Ware vor Weiterveräußerung bzw. -verarbeitung zu bestehen oder sich ihrerseits Sicherungsrechte an den Ersatzgegenständen zu sichern. Sobald aber die Warenlieferanten durch Verlängerungs- oder Erweiterungsformen auf die Ersatzgegenstände zugreifen, geraten sie in einen Konflikt mit den Interessen der (Geld-)Gläubiger, die Sicherungsrechte am Warenlager oder am Forderungsbestand des Käufers für sich beanspruchen. Das Gesetz hat diesen Konflikt nicht geregelt. Daher fiel es auch hier der Rechtsprechung zu, den Interessenkonflikt

540 Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 132; Schütz, Die Umwandlung des Eigentumsvorbehalts in ein Pfandrecht, S. 9.

E. Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts

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zu entscheiden.541 Die normative Dimension des Problems wird allerdings von den in erster Linie konstruktiv/dogmatischen Argumenten der Rechtsprechung verdeckt. Es ist vorab zu betonen, dass ein Vorrang des Lieferanten nicht unter Berufung auf das kaufvertragliche Synallagma begründet werden kann. 542 Sowohl beim verlängerten als auch beim erweiterten Eigentumsvorbehalt gewährt der Verkäufer Kredit und kann sich insofern nicht mehr auf den Schutz der §§ 320 ff. BGB bezüglich seiner Leistung berufen: Indem er dem Käufer die Ware zur Verfügung stellt und diesem gestattet, die Stoffe zu verarbeiten und weiterzuveräußern, überlässt der Verkäufer dem Käufer Kapital. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt besitzt somit stets (auch) eine Finanzierungsfunktion. Der gewährte Kredit wird durch ein Sicherungsrecht an der Kaufsache und ihren wertmäßigen Surrogaten gesichert. Die Ware dient daher nur als Sicherungsgut. Dass der Verkäufer beim verlängerten Eigentumsvorbehalt kein besonderes Interesse an der Sache selbst hat, sondern sich nur ihren Haftungswert sichern will,543 wird gerade dadurch besonders deutlich, dass der Verkäufer dem Käufer die Spezifikation oder die Veräußerung der Sache gestattet. Der Vorbehaltsverkäufer ermächtigt den Käufer zur Verarbeitung und zu Verfügungen, weil der Verkäufer erwartet, aus den Erlösen befriedigt zu werden. Sein Interesse an der Begleichung der Kaufpreisschuld überwiegt also das Interesse an der Kaufsache selbst.544 Der verlängerte Eigentumsvorbehalt sichert daher bereits vor Eintritt des Verlängerungsfalls nur die Kaufpreisforderung und nicht den Rückgewähranspruch aus § 346 BGB. Weil die Konstruktion somit ausschließlich der Sicherung eines Zahlungsanspruchs dient und mit dem Synallagma des Kaufvertrags nichts zu tun hat,545 sollte der Verkäufer in der Insolvenz des Käufers auch schon vor Eintritt des Verlängerungsfalles nur abgesonderte Befriedigung verlangen können.546 Die gegenteilige herrschende Meinung, nach welcher der Verkäufer bis zum Eintritt des Verlängerungsfalles die Kaufsache aussondern kann, 547 verkennt die ausschließlich kreditsichernde Funktion des verlängerten Eigentums541 Besonders eindrücklich H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 1, 15. Vgl. auch die Kritik Flumes (NJW 1950, 841) an der Vermengung von rechtspolitischen und rechtsdogmatischen Argumenten in der Literatur. Die von ihm entwickelte Vertragsbruchlehre (dazu unten, S. 206 f.) ist freilich selbst ein Stück Rechtspolitik. 542 So aber Flume, NJW 1950, 841. 543 H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 14. 544 So schon Schagen, Verarbeitung von unter Eigentumsvorbehalt gekauften Waren (1932), S. 5. 545 Zu dieser auch beim einfachen Eigentumsvorbehalt notwendigen Differenzierung oben, S. 178 ff. 546 Ähnlich Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 18.32 ff. 547 MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 144; Jaeger/Henckel, InsO, § 51 Rn. 35; Reinicke/ Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 943.

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vorbehalts, indem sie sich zu stark an der vermögensrechtlichen Konstruktion des Sicherungsrechts als aufschiebend bedingter Übereignung orientiert.

II. Der Eigentumsvorbehalt mit Vorausabtretungsklausel Auch beim verlängerten Eigentumsvorbehalt übereignet der Verkäufer die Kaufsache aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung. Anders als beim einfachen Eigentumsvorbehalt soll der Käufer aber bereits vorher mit Dritten Geschäfte bezüglich der Sache tätigen dürfen. Beim Eigentumsvorbehalt mit Vorausabtretungsklausel ist es dem Käufer deswegen gestattet, die Ware schon vor Bezahlung an Dritte weiterzuverkaufen und zu übereignen. Mit den Erlösen aus diesen Geschäften kann der Vorbehaltskäufer seinen Lieferanten befriedigen, so dass für den Vorbehaltskäufer kein Zwischenfinanzierungsbedürfnis besteht. Um die Wirksamkeit dieser Verfügungen unabhängig von den § 932 BGB, § 366 HGB zu gewährleisten, ermächtigt der Verkäufer den Käufer nach § 185 Abs. 1 BGB, über den Kaufgegenstand im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs zu verfügen. Kraft der Ermächtigung zur Weiterveräußerung kann der Käufer die ihm noch nicht gehörenden Sachen wirksam weiter übereignen. Die Weiterveräußerungsbefugnis des Käufers macht die Transaktion allerdings für den Verkäufer riskanter, da er sein Vorbehaltseigentum im Moment der Verfügung zu Gunsten eines Dritten verliert. Den Verlust des Sicherungsrechts versucht der Verkäufer dadurch zu kompensieren, dass er sich die Forderungen zur Sicherung im Voraus abtreten lässt, die der Vorbehaltskäufer aus Geschäften über die Sache vor vollständiger Tilgung des Kaufpreises erwirbt. Neben die bedingte Übereignung und die Weiterveräußerungsermächtigung tritt als drittes Element somit eine Sicherungsabtretung. Durch diese Sicherungsvorauszession versucht der Verkäufer, sich das wirtschaftliche Surrogat seines ursprünglichen Sicherungsgegenstands als Ersatzsicherheit zu verschaffen.548 Indem der Warengläubiger auf die Forderungen des Käufers gegen seine Abnehmer als Sicherheit zugreift, gerät er aber in einen Konflikt mit etwaigen Geldgläubigern des Käufers, die sich durch eine Globalzession der Forderungen des Schuldners gegen seine Abnehmer gesichert haben. Dieser Prioritätskonflikt wird seit BGHZ 30, 149549 bekanntlich auf der Grundlage der so genannten „Vertragsbruchlehre“ zu Gunsten des Warenlieferanten entschieden. 550 Das 548 In § 8 wird zu zeigen sein, dass nach Article 9 UCC der Sicherungsnehmer ein Sicherungsrecht an proceeds, also Surrogaten des ursprünglichen Sicherungsguts, kraft Gesetzes erwirbt. Die nach deutschem Recht erforderliche Verlängerung des Sicherungsrechts ist unter dem UCC daher nicht erforderlich, unten, S. 367 ff. 549 Urt. v. 30. 4. 1959. 550 Zur Vertragsbruchlehre aus haftungsrechtlicher Sicht unten, S. 279 ff.

E. Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts

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Reichsgericht hatte dagegen in nahezu ständiger Rechtsprechung551 und mit Zustimmung der überwiegenden Literatur552 den verlängerten Eigentumsvorbehalt für unzulässig gehalten und so dem Globalzessionar den Vorrang verschafft.

1. Die Wirksamkeit der Vorauszession Die Unwirksamkeit der Vorausabtretung an den Vorbehaltsverkäufer begründete das Reichsgericht allerdings nicht mit normativen Überlegungen zum Verhältnis von Geld- und Warenkredit, sondern mit dogmatischen Bedenken hinsichtlich der Bestimmbarkeit der Vorausabtretung. Bei der Behandlung der Globalzession wurde bereits angedeutet, dass das Reichsgericht die Bestimmbarkeit der Abtretung „für jeden denkbaren Fall“ forderte, wenn die Vorausabtretung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten war. 553 Das Gericht prüfte bei Abtretungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht, ob im konkreten Fall die Klausel die fragliche Forderung erfasste, sondern ob sich irgendein Fall denken lässt, bei dem nach der jeweiligen Abtretungsklausel Zweifel an der Bestimmbarkeit auftreten könnten. Bei einer Globalzession ist es ohne weiteres möglich, solche Zweifel durch eine eindeutige Formulierung der Abtretungsklausel auszuschließen, da die Vorausabtretung schlicht alle Forderungen erfasst. Dagegen lässt sich umgekehrt bei einer Vorausabtretungsklausel im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts praktisch immer ein Fall konstruieren, in dem die Klausel zu keinem klaren Ergebnis führt. Denn bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt sollen nur ganz bestimmte Forderungen des Zedenten und oft auch nur in einem begrenzten Umfang abgetreten werden. Die Vorausabtretung beim verlängerten Eigentumsvorbehalt muss daher gegenständlich wie summenmäßig begrenzt werden. Es hat sich als ausgeschlossen erwiesen, diese Begrenzungen so zu formulieren, dass die Klausel in jedem denkbaren Fall dem Bestimmbarkeitserfordernis genügt. Die Methode des Reichsgerichts bei der Auslegung von in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Vorausabtretungsklauseln erwies sich daher für Vorausabtretungen bei verlängerten Eigentumsvorbehalten als verhängnisvoll. Indem das Reichsgericht fiktive Situationen konstruierte, in denen die streitsgegenständliche Klausel unbestimmt wäre, brachte es die Vorausabtretung zu Fall. Exemplarisch soll diese Methode anhand der Entscheidung RGZ 551 Urt. v. 13. 2. 1932, JW 1932, 1655; Urt. v. 19. 9. 1933, RGZ 142, 139; Urt. v. 18. 10. 1935, RGZ 149, 96; Urt. v. 6. 4. 1937, RGZ 155, 26; Urt. v. 21. 12. 1938, JW 1939, 563; Urt. v. 31. 1. 1940, DR 1940, 581. Nur im Urt. v. 8. 4. 1932, RGZ 136, 100 hat das Reichsgericht die Vorauszession anerkannt, dieses Urteil wurde aber durch die spätere Rechtsprechung überholt. 552 Siehe die Nachweise bei Flume, NJW 1950, 841, 842 Fn. 3. 553 Oben, S. 158 f.

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

149, 96 554 vorgeführt werden: Die Klägerin hatte der Käuferin und späteren Gemeinschuldnerin Bleche, Böden und Wellrohre für einen von der Käuferin herzustellenden Dampfkessel geliefert. Die Lieferungsbedingungen der Klägerin enthielten folgende Klausel: „Im Falle der Weiterveräußerung der von uns gelieferten Waren vor oder nach deren Verarbeitung geht zur Sicherung unserer Ansprüche die Kaufpreisforderung mit ihrer Entstehung in Höhe unserer noch offenen Forderung ohne weiteres auf uns über.“

Aus dem Material stellte die Käuferin wie geplant einen Dampfkessel her und lieferte diesen an ihre Abnehmerin, mit welcher sie bereits vor dem Vertragsschluss mit der Klägerin einen Werklieferungsvertrag geschlossen hatte. Das Reichsgericht versagte der Klägerin im Konkurs der Käuferin ein Vorrecht an der Forderung gegen die Abnehmerin. Da es sich bei der Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handele, müsse bei der Auslegung der Klausel „alles Zufällige des einzelnen Streitfalls beiseite bleiben und die Auslegung nur aus dem Inhalt der Bedingungen selbst erfolgen.“555 Statt aber auf der Grundlage des so gewonnen Auslegungsergebnisses zu prüfen, ob die konkrete Forderung der Käuferin der Klausel unterfiel – woran kein Zweifel bestehen konnte –, erörterte das Gericht, ob die Abtretung oder ihr Umfang in jedem denkbaren Fall bestimmt wäre. Der Senat konstruierte dann den Fall, dass die Käuferin das gelieferte Material nicht an eine einzige Abnehmerin, sondern an verschiedene Abnehmer weiterverkauft hätte. In diesem Fall sei unklar, „ob die Forderungen gegen die verschiedenen Erwerber jedes Mal in voller Höhe der noch offen stehenden Forderung der Klägerin übergehen sollen [. . .], oder die offenstehende Kaufpreisforderung der Klägerin auf die Forderung gegen die mehreren Weiterabnehmer in dem Verhältnis verteilt werden soll, in dem die gekauften Rohstoffe für die Weiterabnehmer verwendet worden sind.“ Wegen der Unbestimmtheit in diesem fiktiven Fall hielt das Reichsgericht die Klausel für unwirksam. Ähnlich entschied es in RGZ 155, 26 556 (Fliesenfall): Eine Klausel, mit der „[a]lle Forderungsrechte an Abnehmer unseres Käufers, die aus der Weiterveräußerung, gegebenenfalls auch einschließlich Verarbeitung der von uns unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren herrühren, [. . .] in voller Höhe“ abgetreten sein sollten, sei zu unbestimmt und daher unwirksam. Die Unbestimmtheit zeige sich, wenn der Käufer aus dem Material ein Gesamtbauwerk errichte und hierfür einen Gesamtpreis verlange. Es könne „nicht gemeint sein, daß bei einem Bau, der vielleicht viele 100000 R. M. kostet, diese gesamte Bauforderung auf einen Lieferanten übergeht, der für einige hundert oder tausend Reichsmark

554 555 556

Urt. v. 18. 10. 1935. RGZ 149, 96, 100. Urt. v. 6. 4. 1937.

E. Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts

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Fliesen geliefert hat.“557 Obwohl eine solche Situation überhaupt nicht vorgetragen war, erachtete das Reichsgericht die Abtretung wegen fehlender Bestimmbarkeit als unwirksam. In seinem einflussreichen Aufsatz aus dem Jahr 1950 hat Flume gezeigt, dass das Reichsgericht nicht genügend zwischen objektiver Auslegung der Klausel und ihrer Anwendung auf den konkreten Fall differenziert.558 Der Richter hat nicht einen beliebigen Fall zu entscheiden, sondern den ihm vorliegenden. Zwar wird er dabei prüfen müssen, ob die fragliche Klausel wirksam ist, er kann ihre Unwirksamkeit aber nicht mit dem Argument begründen, dass sie in einem anderen, nicht zu entscheidenden Fall unbestimmt wäre. Die Unwirksamkeit der Vorausabtretungsklausel konnte sich nach damaligem Stand der Dogmatik, also vor Entwicklung einer spezifischen AGB-Kontrolle – nur aus § 138 BGB ergeben.559 Hierfür hätte aber gezeigt werden müssen, dass der verlängerte Eigentumsvorbehalt gegen die guten Sitten verstößt. Diese Ansicht vertraten in der Tat einige Oberlandesgerichte560 und Stimmen in der Literatur.561 Das Reichsgericht konnte die Frage offen lassen,562 da es solche Sicherungszessionen im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts für zu unbestimmt hielt. Der Bundesgerichtshof gab diese Rechtsprechung gleich in seiner ersten Entscheidung zum Eigentumsvorbehalt mit Vorausabtretung auf.563 Der Bundesgerichtshof verwendete zwar wie das Reichsgericht bei der Auslegung der Klausel einen objektiven, von den Umständen des Falles losgelösten Auslegungsmaßstab,564 er prüfte jedoch in einem zweiten Schritt, ob nach dem so ermittelten Inhalt der Klausel die streitgegenständliche Forderung im konkreten Fall von ihr erfasst war. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts von der Bestimmbarkeit 557

RGZ 155, 26, 32. Flume, NJW 1950, 841, 846. Diese Auslegungsmethode des Reichsgerichts stieß sogar bei den Stimmen in der Literatur auf Bedenken, die dem Ergebnis zustimmten. So schreibt Barkhausen, NJW 1949, 845 ff., dass ein Rest bleibe, „der zu tragen dem Juristen peinlich“ sei. 559 Das Reichsgericht nahm eine Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur am Maßstab des § 138 BGB vor (vgl. Urt. v. 8. 11. 1926, RGZ 115, 218). Erst der BGH hat den Kontrollmaßstab unter Rückgriff auf § 242 BGB erheblich erweitert (vgl. Urt. v. 29. 10. 1962, BGHZ 38, 183, 186), MünchKomm-BGB/Basedow, Vor § 305 Rn. 8 f. 560 Etwa OLG Hamburg, JW 1938, 2204; sowie die Vorinstanzen zu RG, Urt. v. 21. 12. 1938, JW 1939, 563. 561 Herschel, DR 1940, 581. Siehe auch v. Barkhausen, NJW 1949, 845, 847, der von einer „Versperrung der Aufnahme von Bankkredit“ durch Vorausabtretungen in Allgemeinen Lieferungsbedingungen spricht. Eine solche verstoße „objektiv gegen unsere Wirtschaftsordnung“. 562 RG, Urt. v. 21. 12. 1938, JW 1939, 563; Urt. v. 23. 1. 1940, DR 1940, 581. 563 Urt. v. 25. 10. 1952, BGHZ 7, 365 ff. 564 Diesen objektiven Maßstab bei der Auslegung von AGB verwendet die Rechtsprechung bis heute, vgl. nur BGH, Urt. v. 19. 1. 2005, BGHZ 162, 39 ff. Zur Auslegung von AGB PWW/ K. P. Berger, BGB, § 305c Rn. 21, weitere Nachweise auch zu den kritischen Stimmen in der Literatur gegen eine AGB-spezifische Auslegung bei MünchKomm-BGB/Basedow, § 305c Rn. 22. 558

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

„in jedem denkbaren Fall“ gab der Bundesgerichtshof ausdrücklich auf. Mit dem Einwand der Sittenwidrigkeit gegen den verlängerten Eigentumsvorbehalt setzte sich der Senat zwar auseinander, lehnte ihn jedoch ab, da die Klausel die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Käufers nicht übermäßig beschränke. Diese Entscheidung beendete somit die faktische Ungleichbehandlung von Globalzession und Vorausabtretung im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts, indem sie auch den Vorbehaltslieferanten den Zugriff auf die wirtschaftlichen Surrogate der von ihnen gelieferten Waren ermöglichte. 565

2. Die Funktion der Vertragsbruchlehre im Verhältnis zwischen Lieferant und Geldkreditgeber Damit war allerdings erst die dogmatische Zulässigkeit einer Vorausabtretung im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts anerkannt. Sieben Jahre später tat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 30. 4. 1959 566 mit der Übernahme der von Flume zuvor entwickelten Vertragsbruchlehre567 den nächsten Schritt und entschied den Konflikt zwischen Waren- und Geldgläubigern zu Gunsten der Warengläubiger: Der Globalzessionar begehe eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung, wenn er durch die Globalzession den Zedenten zum Vertragsbruch gegenüber seinen Lieferanten verleite. Die Globalzession sei daher nach § 134 und § 138 Abs. 1 BGB nichtig, soweit sie sich auch auf solche Forderungen erstreckt, die Gegenstand einer Vorausabtretung im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts sind. Der Bundesgerichtshof verwendet die Vertragsbruchlehre seitdem in ständiger Rechtsprechung.568 Die Anforderungen an den Vorsatz des Sicherungszessionars wurden im Laufe der Zeit immer weiter reduziert; heute begnügt sich die Rechtsprechung damit, dass der verlängerte Eigentumsvorbehalt jedenfalls nicht ganz branchenunüblich war.569 Am Vor565 Auf die wirtschaftliche Surrogation zur Rechtfertigung des Vorrangs des Warenlieferanten stellt auch Flume, NJW 1950, 841 ab. Ökonomische Begründungen zur Anwendbarkeit des Surrogationsgedankens liefern Eidenmüller/Engert, Festschr. f. Kollhosser, Bd. II, S. 103, 109 ff. Kritisch H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 15, der meint, dass das BGB keine Zuordnung von Werten, sondern nur von Sachen kenne. Dieses Argument verdeutlicht zwar die dogmatischen Bedenken gegen die Vertragsbruchlehre, es verkennt aber die haftungsrechtliche Dimension des Konflikts. Die Zuordnung von Werten – nicht von Gegenständen – ist gerade die Hauptaufgabe des Haftungsrechts. Köndgen, in: Festschrift für Schwark, S. 41f f. ist skeptisch im Hinblick auf die Effizienz der durch die Vertragsbruchlehre erzielten Ergebnisse. Er plädiert für eine Aufteilung der Forderung. 566 BGHZ 30, 149. 567 Flume, NJW 1950, 841. Kritisch u. a. Erman, Die Globalzession in ihrem Verhältnis zum verlängerten Eigentumsvorbehalt, S. 9 ff. 568 BGH, Urt. v. 9. 6. 1960, BGHZ 32, 361; Urt. v. 2. 2. 1960, NJW 1960, 1003; Urt. v. 24. 4. 1968, NJW 1968, 1518; Urt. v. 30. 9. 1970, NJW 1971, 372; Urt. v. 8. 12. 1998, ZIP 1999, 101. 569 BGH, Urt. v. 9. 12. 1998, NJW 1999, 940, 941.

E. Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts

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satz soll es selbst dann nicht fehlen, wenn der Zessionar eine schuldrechtliche Freigabeklausel in die Sicherungsabrede aufgenommen hat.570 Die Praxis hat sich darauf mit der Vereinbarung so genannter „dinglicher Teilverzichtsklauseln“ eingestellt.570a Schon gegen die Anerkennung der Vorausabtretung beim verlängerten Eigentumsvorbehalt, erst recht aber gegen die Bevorzugung der Lieferanten sind sowohl in dogmatischer wie in kreditpolitischer Hinsicht unter anderem von v. Caemmerer 571 und von Harry Westermann572 erhebliche Bedenken angemeldet worden.573 Die nähere Befassung mit der dogmatischen Begründung der Vertragsbruchlehre erscheint allerdings wenig ertragreich, weil dieser Ansatz des „Verleitens zum Vertragsbruch“ ebenso wie die Rechtsprechung des Reichsgerichts zur „Bestimmbarkeit in jedem denkbaren Fall“ in erster Linie ein Konstrukt ist, mit dem bestimmte normative Vorstellungen über das Verhältnis von Geld- und Warenkredit umgesetzt werden konnten. Zu Recht nennt Esser deshalb die Vertragbruchlehre einen „repressiven Korrekturbehelf“.574 Da der Gesetzgeber sich auch in der Frage des Konkurrenzverhältnisses zwischen Lieferant und Geldkreditgeber einer Regelung enthielt, mussten die Gerichte den gordischen Knoten durchschlagen. Dass das Reichsgericht den durch Banken gewährten Geldkredit begünstigte, während der Bundesgerichtshof in der Nachkriegszeit den Warenlieferanten den Vorzug gab, ist dabei keineswegs zufällig. Der Paradigmenwechsel der Rechtsprechung, der sich so deutlich an der Rolle ablesen lässt, die § 138 Abs. 1 BGB in der Diskussion gespielt hat, beruht vielmehr auf der veränderten Bedeutung dieser Kreditarten. Während vor dem Krieg ein funktionierendes Bankenwesen die Wirtschaft mit genügend Kapital versorgte, war insbesondere in den Jahren unmittelbar nach der Währungsreform der Warenkredit vor allem für die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen von entscheidender Bedeutung.575 So schreibt Melsheimer, dass Lieferanten in der Nachkriegszeit „praktisch die Rolle eines Bankiers“ übernommen hätten.576 570

BGH, Urt. v. 9. 11. 1978, BGHZ 72, 308, 311. Zu deren Formulierung Bohlen, ZInsO 2010, 2283 ff. 571 JZ 1953, 97 ff. 572 Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung bei den Sicherungsrechten Fahrnis und Forderungen (1954). 573 Auch Schwerdtner, NJW 1974, 1785 und Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 2463 ff. sind hier zu nennen. Weitere Nachweise bei Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 47 V c), S. 290. 574 Esser, JZ 1968, S. 281. 575 Zwar wuchs der Bankkredit nach 1948 sprunghaft, dieses Wachstum beruhte jedoch in erster Linie auf einer Zunahme der Großkredite an Industrieunternehmen. Für die Deutsche Bank zeigt dies Holtfrerich, in: Die Deutsche Bank 1870–1995, S. 409, 565. Siehe auch Franke, in: Fünfzig Jahre Deutsche Mark, S. 256, 260. 576 Melsheimer, Sicherungsübereignung oder Registerpfandrecht, S. 122. Siehe auch Pohle, Gutachten für den 41. DJT, Teil F, S. 45; Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 207. 570a

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

In BGHZ 30, 149 deutet der Bundesgerichtshof in den Urteilsgründen zumindest an, dass die spezifischen Finanzierungsbedingungen für die Übernahme der Vertragsbruchlehre eine Rolle spielten. Im Urteil heißt es, dass es von Bedeutung sei, „daß die Kl., wie dem [Berufungs-] Urteilszusammenhang zu entnehmen ist, wußte, daß die Gemeinschuldnerin in der Regel nur unter verlängertem Eigentumsvorbehalt Rohstoffe einkaufen konnte.“577 In einer Wirtschaftsordnung, in welcher der Käufer über leichten und ausreichenden Zugang zu Geldkredit verfügt, ergibt dieser Satz keinen Sinn: Wenn der Käufer bei seiner Bank Kredit aufnehmen kann, dann hat er die Alternative, den Erwerb mit Bankkredit zu finanzieren. Regelmäßig wird dieser Weg für ihn sogar günstiger sein.578 Der Käufer wird also nur dann dazu verleitet, den Vertrag mit seinem Lieferanten zu brechen, wenn er nicht über ausreichend Geldkredit verfügt, um den Lieferanten vor Weiterveräußerung der Waren zu bezahlen. Die Entwicklung der Vertragsbruchlehre muss daher auch vor dem Hintergrund der kreditwirtschaftlichen Verhältnisse der Nachkriegszeit gesehen werden. Allerdings lassen sich auch unabhängig von den spezifischen Verhältnissen der Wiederaufbauzeit Argumente finden, warum es sinnvoll ist, dem Vorbehaltslieferanten auch die Forderung aus den Weiterverkäufen zuzuweisen. Für den Vorrang des Vorbehaltsverkäufers spricht, dass die Forderung gegen den Dritten das wertmäßige Surrogat der vom Vorbehaltsverkäufer finanzierten Anschaffung ist. Es erscheint angemessen, dass dieser Wert nicht einem Globalzessionar zufallen soll, für den ein Sicherungsrecht an der Forderung ein unverdienter Gewinn wäre. 579 Auch Article 9 UCC erkennt diesen Zusammen577

BGHZ 30, 149, 153. Siehe oben, S. 33. 579 In jüngerer Zeit hat Picker, JuS 1988, 375 ff. die Bedeutung der Wertverfolgung für die Entscheidung des Konkurrenzverhältnisses hervorgehoben. Siehe auch Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 2477 Fn. 3742; Kieninger, JZ 1999, 405, 409. Gegen Wilhelm, Rn. 2479 f., ist aber zu betonen, dass es sich hier nur um eine haftungsrechtliche, also wertmäßige Surrogation handelt. Dingliche Wirkungen kommen ihr nicht zu. Daher ist es vom hier vertretenen Standpunkt aus überzeugend, dass die Rechtsprechung die Vertragsbruchtheorie nicht auf das echte Factoring anwendet (BGH, Urt. v. 19. 9. 1977, BGHZ 69, 254, 258; Urt. v. 7. 6. 1978, BGHZ 72, 15), da hier wertmäßig die Lieferanten nicht anders stehen, als wenn der Abnehmer die Forderung bezahlt hätte. Wilhelm folgert dagegen aus dem Surrogationsgedanken, dass die Forderungen im Verhältnis der Gläubiger des Vorbehaltskäufers untereinander dem Lieferanten zustünden und stützt sich insoweit auf eine Analogie zu § 392 Abs. 2 HGB. Bei der dem verlängerten Eigentumsvorbehalt zugrunde liegenden haftungsrechtlichen Surrogation ist den Lieferanten aber das Surrogat nur wertmäßig zugewiesen. Diese Zuweisung wird durch einen „Verkauf“ der Forderung im Wege des echten Factorings nicht verletzt. Schwerer wiegen die Bedenken, die Wilhelm gegen die unterschiedliche Behandlung von echtem und unechtem Factoring vor dem Hintergrund der tatsächlich kaum durchführbaren Trennung erhebt. Zutreffend spricht Kapp (BB 1987, 1761) von einer „Grauzone“ zwischen beiden Geschäftsformen. Der Uniform Commercial Code vermeidet diese Abgrenzungsschwierigkeiten, indem er sämtliche Zessionen den für Sicherungsrechte geltenden Prioritätsregeln unterwirft. Auch das echte Factoring wird insoweit also als security interest behandelt, siehe unten, S. 357 ff. 578

E. Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts

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hang insofern an, als ein security interest grundsätzlich auch wertmäßige Surrogate des ursprünglichen Sicherungsguts (proceeds) umfasst.580 Die so genannte Vertragsbruchrechtsprechung lässt sich daher auch als dogmatische Hilfskonstruktion sehen, diese haftungsrechtlichen Zusammenhänge zu schützen, die sonst auseinander gerissen würden.581 Dem Gesetz sind derartige Erwägungen freilich fremd.582

III. Die Erstreckung auf das Produkt der Weiterverarbeitung Um ein ganz ähnliches Problem geht es beim so genannten Verarbeitungsvorbehalt. Auch dieser dient dazu, dem Verkäufer das wertmäßige Surrogat der gelieferten Waren zu sichern. Wie beim Eigentumsvorbehalt mit Vorausabtretung hat die Rechtsprechung auch beim Verarbeitungsvorbehalt unter Zurückstellung dogmatischer Bedenken in Gestalt der Anerkennung von Vereinbarungen über die Herstellereigenschaft eine Konstruktion gefunden, die dem Lieferanten den Haftungswert der hergestellten Sache vorrangig vor sonstigen Gläubigern sichert: Ist der Vorbehaltskäufer nicht nur Zwischenhändler, sondern stellt er aus der vom Verkäufer gelieferten Ware neue Produkte her (Spezifikation), besteht für den Vorbehaltslieferanten die Gefahr, dass der Käufer durch die Verarbeitung nach § 950 BGB originäres Eigentum an der neuen Sache erwirbt. Zwar kann die Vorausabtretung ohne weiteres auch die Forderungen aus dem Weiterverkauf der neu hergestellten Sachen umfassen; durch den Eigentumserwerb des Vorbehaltskäufers nach § 950 BGB kann jedoch eine Schutzlücke entstehen, da der Verkäufer in der Zeit nach Verarbeitung und vor Verkauf der neuen Sache ungesichert ist. Der Vorbehaltsverkäufer ist selbst dann ungeschützt, wenn die Spezifikation unberechtigt stattfand, denn an der aus seinen Stoffen (vertragswidrig) hergestellten Sache hat er in der Insolvenz des Vorbehaltskäufers kein Ersatzaussonderungsrecht, da der originäre Eigentumserwerb keine „Veräuße580 Auch im Rahmen der Diskussion der Anschaffungsfinanzierung unter Article 9 UCC wird aber deutlich werden, wie sehr die Entscheidung zwischen Geld- und Warenkreditgeber von der jeweiligen Finanzierungspraxis abhängt, siehe unten, S. 410. 581 Zu dieser Überlegung passt es, dass der BGH es abgelehnt hat, die Vertragsbruchlehre zur Auflösung der Kollision einer Globalzession zu Gunsten einer Bank mit einer späteren Globalzession des Vermieters von Baumaschinen anzuwenden (Urt. v. 14. 7. 2005, WM 2005, 378). Die durch Benutzung der Baumaschinen erworbenen Werklohnforderungen, die Gegenstand der kollidierenden Abtretungen waren, sind weder das wertmäßige Surrogat der Baumaschinen selbst noch des Besitzes an ihnen. Haftungsrechtlich ist daher eine Begünstigung des Vermieters nicht angezeigt. Dieser Gedanke klingt auch in den Urteilsgründen an, die entscheidend darauf abstellen, dass die Mietsache dem Vermieter erhalten bleibe (a.a.O., S. 380). 582 BGHZ 30, 149, 152.

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

rung“ i. S. d. § 48 InsO ist. 583 Um diese Lücke zu schließen, verwendet die Praxis bei Lieferungen von Waren, die zur Weiterverarbeitung bestimmt sind, so genannte Verarbeitungsklauseln. In Kombination mit der oben beschriebenen Vorausabtretung dienen diese Klauseln der Sicherung des Vorbehaltsverkäufers von der Lieferung an den Vorbehaltskäufer über die Spezifikation bis zum Verkauf an den Dritten.584 Die Rechtsprechung sanktioniert diese Bemühungen bekanntlich dadurch, dass sie Verarbeitungsklauseln als wirksame Vereinbarungen der Herstellereigenschaft auslegt und so zu einem originären Eigentumserwerb des Lieferanten an den neuen Sachen kommt. Es erscheint wenig ertragreich, den Streit um das Verständnis der Verarbeitungsklausel ausführlich nachzuzeichnen oder gar den Versuch zu unternehmen, der Diskussion eine weitere Nuance hinzuzufügen. Die Ausführungen an dieser Stelle dienen daher allein dem Zweck, die normativen Gründe aufzuzeigen, die sich hinter den jeweiligen Konstruktionen verbergen. Diese Analyse wird auch für den Verarbeitungsvorbehalt zeigen, dass der Rechtsprechung unausgesprochen bestimmte kreditpolitische Wertungen zugrunde liegen, die von der dogmatischen Konstruktion verdeckt werden.

1. Das Verständnis der Herstellerklausel Die bekannten Differenzen hinsichtlich des Umgangs mit dem Verarbeitungsvorbehalt betreffen vor allem die Konstruktion des Sicherungsrechts des Vorbehaltslieferanten am Verarbeitungsprodukt. Nach Flume ist § 950 BGB nur eine Regelung des Verhältnisses von Stoffeigentümer und Verarbeiter. Als Regelung mit nur bilateralen Wirkungen sei § 950 BGB dispositiv.585 Dagegen hält der Bundesgerichtshof § 950 BGB zwar für zwingend; allerdings akzeptiert er die Verarbeitungsklausel als eine Vereinbarung über die Herstellereigenschaft. 586 583 BGH, Urt. v. 11. 6. 1959 BGHZ 30, 176, 180 (zu einem Eigentumsverlust nach § 946 BGB); OLG Düsseldorf, Urt. v. 24. 1. 2003, NZI 2003, 379; Gottwald/Gottwald/Adolphsen, Insolvenzrechtshandbuch, § 41 Rn. 14; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 48 Rn. 11. 584 Vgl, BGH, Urt. v. 20. 11. 1980, BGHZ 79, 16, 23: „Die Vorbehaltsware muß die Phase der Verarbeitung durchlaufen, damit durch Veräußerung der neu entstandenen Sache die im voraus abgetretene Forderung an den Drittabnehmer entstehen kann. Die Vorgänge sind aber nicht voneinander getrennt, sondern im Zusammenhang zu beurteilen. Der Eigentumsvorbehalt ‚verlängert‘ sich kontinuierlich von einer Stufe in die andere.“ 585 Flume, NJW 1950, 841, 843; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 53 Rn. 22; Dolezalek, AcP 195 (1995), 392 ff. Entgegen Flume muss man die Rechtsprechung des Reichsgerichts als uneinheitlich bezeichnen. In der Entscheidung v. 9. 6. 1936 deutet das RG zwar an, dass es § 950 BGB für dispositiv hält. Auf die Frage Durchgangs- oder Direkterwerb kam es allerdings nicht an. In der in diesem Zusammenhang oft zitierten Entscheidung v. 21. 10. 1932, RGZ 133, 84, 88 führt das Gericht dagegen nur aus, dass es zulässig sei, dass der „Verarbeiter alsbald für den Eigentümer des Stoffes das Eigentum [an der hergestellten Sache] erwirbt. Diese Formulierung spricht eher für die Annahme eines Durchgangserwerbs. 586 BGH, Urt. v. 3. 3. 1956, BGHZ 20, 159, 163; Urt. v. 19. 10. 1966, BGHZ 46, 117; Urt. v.

E. Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts

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Im Ergebnis führt auch diese Konstruktion zu einem originären Eigentumserwerb des Lieferanten.587 In der Literatur wird dagegen vorwiegend die Ansicht vertreten, dass § 950 BGB zwingendes Recht sei. Weiterhin sei die Verarbeiterrolle objektiv zu bestimmen, wobei Absprachen der Parteien keine Berücksichtigung finden könnten. Der Vorbehaltsklausel könne daher allenfalls als antizipierte Übereignung der neu hergestellten Sache an den Vorbehaltslieferanten Wirksamkeit verschafft werden.588 Nach allen Ansichten hat der Vorbehaltslieferant an der neu hergestellten Sache in der Insolvenz des Vorbehaltskäufers nur ein Absonderungsrecht. Er wird damit wie ein Sicherungseigentümer behandelt.589 Der entscheidende Unterschied zwischen den Meinungen liegt darin, dass nach der Argumentation der Rechtsprechung der Vorbehaltslieferant unmittelbar durch die Verarbeitung Eigentum erwirbt, während nach der herrschenden Literatur zunächst der Vorbehaltskäufer als Verarbeiter für eine juristische Sekunde Eigentümer wird. Nach dieser Lösung findet also ein Durchgangserwerb statt.

2. Die haftungsrechtliche Dimension des Streits Die haftungsrechtliche und damit kreditpolitische Bedeutung des Streits um Durchgangs- oder Direkterwerb erkennt man, wenn man berücksichtigt, dass die Entscheidung zwischen diesen Konstruktionsmöglichkeiten zugleich Bedeutung für das Konkurrenzverhältnis der Gläubiger des Vorbehaltslieferanten hat.590 Denn nur die Lösung über den Direkterwerb sichert den Lieferanten zuverlässig davor, dass andere Gläubiger ein (vorrangiges) Sicherungsrecht an der neu hergestellten Sache erwerben: Im Zeitraum zwischen Lieferung der Roh20. 11. 1980, BGHZ 79, 16, 23 ff. Dem BGH folgend Lwowski, Kreditsicherung, Rn. 968 ff.; Bülow, Kreditsicherungsrecht, Rn. 1490. Der Sache nach ist die Rechtsfolge des § 950 BGB freilich auch nach dieser Ansicht dispositiv, Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 44 III 4b) m. w. N. in Fn. 108. 587 Diese Konstruktion hat bedenkliche Auswirkungen auf das vor Spezifikation bestehende Anwartschaftsrecht des Käufers, da dieses durch die Verarbeitung untergeht. Erforderlich ist daher eine Auslegung der Verarbeitungsklausel dahingehend, dass diese zugleich eine antizipierte Übereignung der hergestellten Sache vom Verkäufer an den Käufer enthält, die unter der Bedingung der Kaufpreiszahlung steht. Das Anwartschaftsrecht wird so neubegründet, Erman/Grunewald, BGB, § 449 Rn. 45. Auch diese Konstruktion kann es aber nicht verhindern, dass der Käufer jedenfalls für eine juristische Sekunde kein Anwartschaftsrecht hat. 588 Staudinger/Wiegand, BGB, § 950 Rn. 30, Bamberger/Roth/Kindl, BGB, § 950 Rn. 10, Palandt/Bassenge, BGB, § 950 Rn. 9; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 1075 ff.; Wieling, Sachenrecht, § 11 II 4 g); Westermann/Gursky, Sachenrecht, § 53 III 2 e). 589 Wie oben gezeigt wurde, sollte dem Vorbehaltsverkäufer auch schon vor der Verarbeitung, also vor Eintritt des Verlängerungsfalles nur ein Absonderungsrecht an den von ihm gelieferten Waren zukommen. 590 Ebenso Henckel, in: Festschr. f. Zöllner, S. 193, 204.

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

stoffe und der Verarbeitung schützt § 933 BGB den Lieferanten davor, dass ein anderer Gläubiger, dem der Vorbehaltskäufer sein Vorratslager zur Sicherheit übereignet hat, Sicherungseigentum an den unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren erwirbt. Auch ein Vermieterpfandrecht kann an diesen Waren nicht entstehen, da ein solches nur „Sachen des Mieters“ erfasst. Die Ansicht der Rechtsprechung gewährt dem Lieferanten diesen Schutz auch nach der Verarbeitung. Da bei den Direkterwerbskonstruktionen der Vorbehaltskäufer zu keinem Zeitpunkt Eigentum erwirbt, haben andere Gläubiger keine Gelegenheit, „einen Fuß in die Tür zu kriegen“. Insofern dient die von der Rechtsprechung befürwortete Konstruktion optimal dem Interesse des Lieferanten, sich das wertmäßige Surrogat der von ihm gelieferten Waren frei von Rechten Dritter als Sicherungsgegenstand zu verschaffen. Folgt man dagegen der in der Literatur vertretenen Gegenansicht und nimmt einen Durchgangserwerb an, kann bei gemietetem Betriebsgrundstück der Vermieter ein Pfandrecht nach § 562 BGB an der hergestellten Sache erwerben. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass die neu hergestellten Sachen von Globalsicherungsrechten am Warenlager des Vorbehaltskäufers erfasst werden. In dieser Situation könnte nur eine entsprechende Anwendung der Vertragsbruchlehre dem Lieferanten den Vorrang sichern.591 Die Entstehung gesetzlicher Pfandrechte könnte freilich auch mit einer solchen Argumentation nicht verhindert werden. Weil insofern nur eine Lösung, die zu einem Direkterwerb des Lieferanten an der hergestellten Sache führt, die Lieferanten vollumfänglich vor dem Zugriff anderer Gläubiger schützt, hat die Rechtsprechung trotz der gewichtigen konstruktiven Bedenken Verarbeitungsklauseln anerkannt.592 Aus normativer Perspektive ist der hierdurch gewährleistete Vorrang des Lieferanten eine interessengerechte Lösung des Konkurrenzverhältnisses zwischen dem Anschaffungsfinanzierer (Lieferant) und sonstigen Kreditgebern. Insoweit ist auf den 591 Geibel, WM 2005, 962, 965 ff. versucht zu zeigen, dass auch ohne Anwendung der Vertragsbruchlehre solche Kollisionen regelmäßig zu Gunsten des Lieferanten aufzulösen seien. Er stellt auf den Willen des Käufers ab, für den Lieferanten zu besitzen. Ein „Einigsein“ mit dem Geldkreditgeber liege daher im Moment der Verarbeitung nicht mehr vor. Gegen diesen Ansatz ist zum einen einzuwenden, dass er mit einer unbeweisbaren Willensvermutung arbeitet. Zum anderen bleibt er im Begrifflichen verhaftet und ignoriert die maßgeblichen haftungsrechtlichen Wertungen. 592 Die Lösung des BGH hat aus der Sicht des Lieferanten darüber hinaus den Vorteil, dass sein Eigentumserwerb vom Willen des Vorbehaltskäufers bei der Spezifikation unabhängig ist: In der Leitentscheidung BGHZ 20, 159 behauptete der Vorbehaltskäufer, dass er im Moment der Verarbeitung nicht mehr den Willen hatte, für den Lieferanten zu verarbeiten. Der BGH entschied, dass es auf den inneren Willen nicht ankomme, da für die Beurteilung der Verarbeitereigenschaft der Standpunkt eines objektiven Dritten maßgeblich sei. Nähme man dagegen eine antizipierte Sicherungsübereignung an, so wäre der Eigentumserwerb des Lieferanten problematisch, da dies ein „Einigsein“ im Moment der Entstehung der Sache erfordert.

E. Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts

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bereits im Rahmen des Eigentumsvorbehalts mit Vorausabtretung angedeuteten Gedanken der Wertsurrogation zurückzukommen. Der Vorbehaltslieferant hat die Anschaffung der zu verarbeitenden Waren finanziert, indem er dem Käufer die Kaufpreisverbindlichkeit kreditiert hat. Dem Anschaffungsfinanzierer ist grundsätzlich der Vorrang gegenüber den Inhabern von Globalsicherheiten einzuräumen, denn im Verhältnis zwischen Anschaffungsfinanzierer und sonstigen Gläubigern gebührt der Haftungswert der angeschafften Sache dem Anschaffungsfinanzierer.593 Dieses Argument rechtfertigt nicht nur den Vorrang des Anschaffungsfinanzierers im Hinblick auf die angeschaffte Sache selbst, sondern auch in Bezug auf ihre wertmäßigen Surrogate, denn auch der in den Surrogaten, also im hergestellten Produkt verkörperte Wert beruht jedenfalls zum Teil auf der Kreditgewährung seitens des Anschaffungsfinanzierers. Die Regelung des § 950 BGB droht diesen haftungsrechtlichen Zusammenhang auseinanderzureißen, da sie dem Verarbeiter die Sache selbst und dadurch auch ihren Haftungswert vollständig zuweist. Indem der Bundesgerichtshof den Parteien die Möglichkeit eröffnet, die Verarbeitereigenschaft vertraglich festzulegen, eröffnet er den Weg zu einer interessengerechten Lösung, die das Konkurrenzverhältnis zwischen Anschaffungsfinanzierer und sonstigem Gläubiger angemessen regelt.

3. Die Schwächen der gegenwärtigen Praxis Dass diese Lösung gleichwohl nicht nur dogmatisch, sondern auch praktisch unbefriedigend ist, zeigt sich, wenn man Situationen betrachtet, in denen eine neue Sache aus Stoffen hergestellt wurde, die von verschiedenen Verkäufern jeweils unter Vereinbarung einer Verarbeitungsklausel geliefert wurden. Dem Konkurrenzverhältnis der Lieferanten untereinander wird nur eine Lösung gerecht, die den Lieferanten gleichrangige Befriedigungsrechte entsprechend den jeweiligen Kaufpreisforderungen zuspricht. Eine solche Aufteilung des Haftungswerts wäre dann möglich, wenn alle Verarbeitungsklauseln nur die Zuweisung eines dem Stoffwert entsprechenden Werts der hergestellten Sache vorsehen.594 Dann würden alle Lieferanten Miteigentumsanteile relativ zum Wert der jeweils gelieferten Stoffe erwerben. Wenn aber nur einer der Lieferanten eine Klausel verwendet, die den Erwerb des Alleineigentums vorsieht, ergeben sich

593 Siehe aus haftungsrechtlicher Sicht unten, S. 262 f., zur Privilegierung von Anschaffungsfinanzierungen nach Article 9 , S. 410 ff. Zur Effizienz des Vorrangs des Anschaffungsfinanzierers siehe oben, S. 76. 594 Solche Klauseln sind allerdings vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes ihrerseits sehr problematisch, BGH, Urt. v. 19. 10. 1966, BGHZ 46, 117, 122; Urt. v. 20. 11. 1980, BGHZ 79, 16, 23 ff.

214

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

kaum lösbare Probleme.595 Man könnte dann entweder die Klausel nach § 140 BGB umdeuten und dabei geltungserhaltend reduzieren 596 oder eine solche Gestaltung für unwirksam nach § 307 BGB oder § 138 Abs. 1 BGB597 halten.598 Diese Vorschläge lassen sich weder mit dem Gesetz599 noch mit dem Parteiwillen vereinbaren. Wiegand hat sie daher zutreffend als „klassische Fälle einer Fehlerkompensation“ bezeichnet. 600 Ein „Vorwurf“ kann der Rechtsprechung gleichwohl nicht gemacht werden, denn auch bezüglich des Problems der Spezifikation des Sicherungsguts kann nur der Gesetzgeber eine konstruktiv wie normativ vollständig befriedigende Lösung schaffen. 601

F. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt Der erweiterte Eigentumsvorbehalt ist in konstruktiver wie in normativer Hinsicht streng von den zuvor dargestellten Verlängerungsformen zu unterscheiden. Konstruktiv ist er wesentlich einfacher als die Verlängerungsformen, da er keine Kombination verschiedener Sicherungsmittel erfordert, sondern lediglich die Bedingung betrifft, unter welcher der Käufer das Eigentum an der Kaufsache erwirbt. Der Käufer erwirbt beim erweiterten Eigentumsvorbehalt das Eigentum nicht schon dann, wenn er den für die konkrete Sache fälligen Kaufpreis bezahlt, sondern erst, wenn auch bestimmte andere Verbindlichkeiten getilgt wurden. Die Erweiterungsklausel dient somit der Sicherung anderer Verbindlichkeiten, bei denen es sich um beliebige – auch künftige 602 – Forderungen zwischen beliebigen Parteien handeln kann. Hieraus folgt, dass der Eigentumsvorbehalt durch die Erweiterung seinen Charakter als Anschaffungsfinanzierung verliert, da das vorbehaltene Eigentum nicht länger den konkreten Anschaffungskredit sichert, sondern für sonstige Verbindlichkeiten haftet. 595

Staudinger/Wiegand, BGB, § 950 Rn. 51; Westermann/Gursky, Sachenrecht, § 53 III

2 e). 596

Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1422; Soergel/Henssler, BGB, § 950 Rn. 22. Soergel/Henssler, BGB, § 950 Rn. 23. 598 Ausführlich zu diesem Problem Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 46; E. Wagner, AcP 184 (1984), 14, 31 ff. 599 Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollte die Entstehung von Miteigentum bei der Spezifikation gerade ausgeschlossen sein, Motive, Bd. 3, S. 361 = Mugdan, Bd. 3, S. 200 f. 600 Staudinger/Wiegand, BGB, § 950 Rn. 49. 601 Die u. a. von Wiegand, a.a.O., vertretene Ansicht der antizipierten bedingten Sicherungsübereignung ist zwar konstruktiv überzeugender, sie erlaubt aber anderen Gläubigern den Zugriff auf die Sache im Moment der Spezifikation, wodurch die dargestellten haftungsrechtlichen Zusammenhänge auseinander gerissen werden. Den praktischen Bedürfnissen wird sie daher nicht genügend gerecht. 602 RG, Urt. v. 15. 3. 1935, RGZ 147, 321, 325 f.; BGH, Urt. v. 16. 12. 1957, BGHZ 26, 185, 190; Urt. v. 15. 6. 1964, BGHZ 42, 53, 59. Allerdings erlischt der Eigentumsvorbehalt endgültig, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt keine offenen Forderungen bestehen, BGH, Urt. v. 9. 2. 1994, BGHZ 125, 83 ff. 597

F. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt

215

Das Gesetz zieht der Ausgestaltung der Bedingung des Eigentumsübergangs abgesehen von § 449 Abs. 3 BGB keine Schranken, weshalb keine konstruktiven Gründe gegen die Zulässigkeit des erweiterten Eigentumsvorbehalts vorgebracht werden können. 603 Gerade weil der erweiterte Eigentumsvorbehalt konstruktiv so einfach gestaltet ist, tat und tut sich die Rechtsprechung mit seiner Begrenzung schwer. Sie erkennt den erweiterten Eigentumsvorbehalt als zulässige Betätigung der Vertragsfreiheit grundsätzlich an. 604 Die Erweiterung kann daher jedenfalls im kaufmännischen Verkehr auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehen werden. 605 Zugleich lässt die Rechtsprechung aber das Bemühen erkennen, Erweiterungsklauseln einzugrenzen, indem sie einen gewissen Zusammenhang zwischen den besicherten Verbindlichkeiten und der Kaufsache als Sicherungsgut fordert. Der Eigentumsvorbehalt müsse seine Grenze dort finden, „wo seine Ausdehnung auf andere Forderungen als die ursprüngliche Kaufpreisforderung dem Sinn eines Kaufvertrags so sehr widerspricht, daß der Eigentumsvorbehalt als Sicherungsmittel einem Mißbrauch der Vertragsfreiheit gleichkäme“606 . Die rechtspolitischen Bedenken, die hinter diesen Bemühungen stehen, sind schon von Heinrich Lehmann 607 geäußert worden. Bei laufender Geschäftsverbindung kann für eine Fülle von Waren das Eigentum des Lieferanten noch bestehen, „obwohl kein Mensch mehr damit rechnet.“608 Allerdings besteht die von Flume befürchtete „Verschwommenheit der Eigentumsverhältnisse“609 in ähnlichem Maß bei der Sicherungsübereignung von Waren- und Rohstofflagern. Die besonderen Bedenken beruhen nach hier vertretener Auffassung darauf, dass der erweiterte Eigentumsvorbehalt zwar konstruktiv an den einfachen Eigentumsvorbehalt anknüpft, mit diesem in funktionaler Hinsicht jedoch kaum etwas gemein hat. Der einfache Eigentumsvorbehalt ist das klassische Instrument der Anschaffungsfinanzierung: Derjenige, der die Anschaffung eines Vermögenswerts durch Kreditgewährung finanziert, sichert sich durch ein Sicherungsrecht an dem angeschafften Gegenstand. Dass der Anschaffungsfinanzierer ein besseres Recht an der von ihm finanzierten Sache als andere Gläubiger beanspruchen kann, leuchtet nicht nur intuitiv ein, sondern ist auch ökono603

Flume, NJW 1950, 841, 849. BGH, Urt. v. 20. 5. 1958, NJW 1958, 1231. 605 Siehe außer den zuvor zitierten Urteilen: BGH, Urt. v. 8. 10. 1986, BGHZ 98, 303, 307; Urt. v. 4. 3. 1991, NJW 1991, 2285, 2287. 606 BGH, Urt. v. 23. 11. 1977, NJW 1978, 632. Im zugrunde liegenden Fall ging es um Forderungen aus Reparaturen und Ersatzteillieferungen. Eine unzulässige Erstreckung wurde verneint, weil es „nicht als Mißbrauch des Eigentumsvorbehalts als Kreditsicherungsmittel angesehen werden [könne], wenn sich der Lieferant einer Kaufsache sein Eigentum auch für alle Forderungen vorbehält, die ihm für Arbeiten zur Unterhaltung der Sache erwachsen.“ 607 Reform der Kreditsicherung, S. 58. 608 Flume, NJW 1950, 841, 849. 609 Flume, a.a.O. 604

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

misch610 und haftungsrechtlich611 überzeugend. Auch für die Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts hat sich der Gedanke als prägend erwiesen, dass die Vorausabtretung und die Verarbeitungsklauseln dazu dienen, dem Verkäufer das wertmäßige Surrogat der von ihm gelieferten und finanzierten Ware zu sichern. Daher sind auch sie als Instrumente der Anschaffungsfinanzierung einzuordnen. Ein solcher haftungsrechtlicher Zusammenhang im Sinne einer wertmäßigen Surrogation besteht beim erweiterten Eigentumsvorbehalt jedenfalls dann nicht mehr, wenn die Ausgangsforderung beglichen ist. 612 Die angeschaffte Sache ist bereits bezahlt, so dass ein besseres Recht des Anschaffungsfinanzierers nicht mehr gerechtfertigt ist. Weil somit die für die Privilegierung des Anschaffungsfinanzierers angeführten Argumente nicht auf den erweiterten Eigentumsvorbehalt passen, ist es bedenklich, dass die Bedingungskonstruktion es dem Verkäufer gestattet, auch die Vermögenswerte, die längst bezahlt wurden, nicht in das Vermögen des Käufers übergehen zu lassen. Hierdurch wird nicht nur der Käufer in seiner Finanzierungsfreiheit eingegrenzt, es werden vor allem die anderen Gläubiger benachteiligt, denen der haftungsmäßige Zugriff auf diese Werte versperrt wird. Weil es insofern der Verkäufer mittels der Formulierung der Übereignungsbedingung in der Hand hat, über den Kreis der den anderen Gläubigern haftenden Gegenstände zu bestimmen, kann der erweiterte Eigentumsvorbehalt kreditpolitisch problematische Verschiebungen im Konkurrenzverhältnis der Gläubiger auslösen. Insbesondere betreffen diese Bedenken das Verhältnis der Warenzu den Kreditgläubigern. Denn der Verkäufer hat gegenüber Inhabern von Globalsicherheiten einen uneinholbaren Wettbewerbsvorteil, der nur auf der besonderen Konstruktion seines Sicherungsrechts als „Sicherheit an eigener Sache“613 beruht. Ähnliche Benachteiligungen erfahren Vermieter bezüglich ihres Vermieterpfandrechts. Die Bedenken gegen den erweiterten Eigentumsvorbehalt wachsen in dem Maße, in dem durch die Bedingung auch Forderungen erfasst werden, die mit der ursprünglichen Kaufpreisverbindlichkeit in keinem Zusammenhang stehen. 610

Siehe oben, S. 76. Siehe unten, S. 262 f. 612 Begr. RegE zu Art. 33 EGInsO Nr. 17 (§ 455 BGB a. F.), BT-Drucks. 12/3803, S. 77. 613 Diesen Aspekt betont K. P. Berger, ZIP 2004, 1073 ff. und leitet daraus ab, dass die Sicherungsabrede beim erweiterten Eigentumsvorbehalt keinen Treuhandcharakter habe. Dabei behandelt er das so genannte Unmittelbarkeitsprinzip als Tatbestandsmerkmal eines Treuhandverhältnisses (a.a.O. 1076 f.). Die ausschließliche Funktion dieses Erfordernisses besteht aber in der Eingrenzung der insolvenzfesten Treuhandkonstruktionen. Die Wahrung des Unmittelbarkeitsprinzips ist daher in keinem Fall Voraussetzung für das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses, sondern allenfalls für seine Insolvenzfestigkeit. Vgl. Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 52 et passim. Der Treuhandcharakter des Eigentumsvorbehalts (auch des einfachen!) ergibt sich aus den schuldrechtlichen Bindungen des Vorbehaltseigentümers, die dessen dingliche Rechtsinhaberschaft beschränken, zutreffend Bülow, ZIP 2004, 2420; ders., WM 2007, 429 ff. 611

F. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt

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Hier nutzt der Verkäufer den mit seiner Rechtsposition verbundenen Wettbewerbsvorteil aus, um auch gänzlich transaktionsferne Verbindlichkeiten zu sichern. Dies ist etwa immer dann der Fall, wenn auch Forderungen Dritter (meist mit dem Verkäufer verbundene Unternehmen) oder gegen Dritte (etwa mit dem Käufer verbundene Unternehmen) von der Sicherungsabrede erfasst sein sollen. In diesen als „(umgekehrter) Konzernvorbehalt“ bezeichneten Situationen dient die Kaufsache der Sache nach als Drittsicherheit, 614 ohne dass andere Gläubiger Gelegenheit gehabt hätten, auf ihren Haftungswert zuzugreifen. Der Sicherungswert von Warenlagern kann durch solche Vereinbarungen empfindlich beeinträchtigt werden. Diese Überlegungen verdeutlichen, warum der Gesetzgeber den Konzernvorbehalt in § 449 Abs. 3 (§ 455 Abs. 2 a. F.) BGB für unzulässig erklärt hat. Durch diese Begrenzung der zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten sichert der Gesetzgeber nicht nur die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners, 615 sondern stellt vor allem sicher, dass die gelieferte Ware nicht dauerhaft exklusiv den Sicherungsinteressen des Lieferanten und der mit ihm verbundenen Unternehmen dient. 616 Diese Regelung macht den erweiterten Eigentumsvorbehalt zugleich zur großen Ausnahme im Recht der besitzlosen Mobiliarsicherheiten, denn er ist die einzige Sicherungsform, bei welcher der Gesetzgeber eine ausdrückliche gesetzliche Regelung hinsichtlich der zulässigen Reichweite getroffen und damit in das Verhältnis der Gläubiger eingegriffen hat. 617 Paradoxerweise kann die Regelung in § 449 Abs. 3 BGB dennoch als eine Vorschrift zum Schutze der Interessen der Vorbehaltslieferanten verstanden werden, denn die Entscheidung des Gesetzgebers, gerade beim Konzernvorbehalt tätig zu werden, muss vor dem Hintergrund der vor der Reform herrschenden 614

Obermüller, in: Festschr. f. Schimansky, S. 457, 464. So Begr. RegE zu Art. 33 EGInsO Nr. 17 (§ 455 BGB a. F.), BT-Drucks. 12/3803, S. 77. Daneben zielt die Vorschrift nach der Vorstellung des Gesetzgeber auf eine Verbesserung der Befriedigungsaussichten der ungesicherten Gläubiger. Dabei wird verkannt, dass eine Beschneidung des erweiterten Eigentumsvorbehalts vor allem den Inhabern von Globalsicherheiten zugute kommt. 616 Vgl. Drobnig, Gutachten für den 51. DJT (1976), Teil F, S. 75. 617 § 449 Abs. 3 BGB betrifft aber nur den Fall, dass die gelieferte Ware erst dann in das Eigentum des Käufers übergehen soll, wenn dieser auch Forderungen gegen mit dem Verkäufer verbundene Unternehmen beglichen hat. Der umgekehrte Fall, dass das Eigentum erst übergehen soll, wenn auch Forderungen des Verkäufers gegen mit dem Käufer verbundene Unternehmen beglichen worden sind (so genannter „umgekehrter Konzernvorbehalt“) ist dagegen nicht geregelt. Allerdings wird man auch eine solche Gestaltung in analoger Anwendung von § 449 BGB (Leible/Sosnitza, JuS 2001, 556, 558; MünchKomm-BGB/H. P. Westermann, § 449 Rn. 86) oder nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Habersack/Teichmann, JuS 2002, 833, 839; Bamberger/Roth/Faust, BGB § 449 Rn. 37) für unwirksam halten müssen, da sie den Eigentumserwerb des Käufers vom Verhalten eines Dritten abhängig macht, MünchKommInsO/Ganter, § 47 Rn. 96; Erman/Grunewald, BGB, § 449 Rn. 60; a. A. Obermüller, Festschr. f. Schimansky, S. 457, 471; ders., Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 6.362c; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1519, 1531. 615

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

Meinung zur Behandlung des Konzernvorbehalts gesehen werden. Zwar hatte der Bundesgerichtshof die Wirksamkeit des Konzernvorbehalts vor der Neuregelung offengelassen, 618 nach der überwiegenden Meinung in der Literatur verstieß eine solche Gestaltung aber gegen §§ 3, 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG a. F. (§§ 305c, 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) oder § 138 Abs. 1 BGB. 619 Insbesondere bei einer Unwirksamkeit nach §§ 305c, 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB wäre die Rechtsfolge nach herrschender Meinung620 die Totalnichtigkeit der Klausel. Eine geltungserhaltende Reduktion in dem Sinn, dass wenigstens der einfache Eigentumsvorbehalt wirksam bliebe, wäre ausgeschlossen. Eine solche überschießende Benachteiligung der Lieferanten vermeidet § 449 Abs. 3 BGB, indem er nur eine Nichtigkeit des Vorbehalts soweit vorsieht, wie auch Forderungen Dritter besichert sein sollen. Die Klausel ist danach nicht vollständig nichtig. 621 Die gegenüber den §§ 305 ff. BGB vorrangige Regelung des § 449 Abs. 3 BGB gewährleistet, dass vom unzulässigen Konzernvorbehalt wenigstens der einfache Eigentumsvorbehalt übrig bleibt. Insofern kann man die Vorschrift auch als Norm zum Schutze der Lieferanten verstehen. Ohne eine solche Regelung hätten die Lieferanten deutlich schlechter gestanden, wenn die Rechtsprechung die seinerzeit herrschende Literaturmeinung übernommen hätte, da die Klauseln dann vollständig nichtig gewesen wären. 622 Der erweiterte Eigentumsvorbehalt zeigt sehr anschaulich, zu welchen Problemen ein rein begriffliches Denken im Kreditsicherungsrecht führen kann. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt ist zwar konstruktiv dem einfachen Eigentumsvorbehalt eng verwandt, er hat jedoch eine vollkommen andere Funktion, weil er jedenfalls nach dem Erweiterungsfall nicht mehr der Sicherung eines Anschaffungskredits dient. Die für Anschaffungsfinanzierungen angemessenen Privilegien sind in Bezug auf den erweiterten Eigentumsvorbehalt nicht gerechtfertigt. Diese haftungsrechtliche Einordnung ist allerdings angesichts 618

BGH, Urt. v. 30. 3. 1988, BGHZ 104, 129, 132. MünchKomm-BGB/H. P. Westermann, 3. Aufl. 1995, § 455 Rn. 92; zur Gegenansicht Serick, JZ 1994, 714, 719; siehe zum Meinungsstand im Übrigen die Nachweise bei Obermüller, Festschr. f. Schimansky, S. 457, 460 f. 620 Ständige Rspr. seit BGH, Urt. v. 17. 5. 1982, BGHZ 84, 109, 115; Urt. v. 13. 2. 2001, BGHZ 146, 377, 385; Urt. v. 30. 11. 2004, NJW 2005, 1275; 2005, 1574, 1576. Auch die Literatur erkennt das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion an: Ulmer/Brandner/Hensen/ Schmidt, AGB-Recht, § 306 Rn. 14 ff.; PWW/K. P. Berger, BGB, § 306 Rn. 4; Palandt/Grüneberg, BGB, Vorb v § 307 Rn. 8; AnwK-BGB-Kollmann, BGB, § 306 Rn. 12; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, §§ 305–310 Rn. 99. A. A. jedenfalls für den Individualprozess MünchKomm-BGB/Basedow, § 306 Rn. 13 ff. m. w. N. 621 Allg. Meinung: MünchKomm-BGB/H. P. Westermann, § 449 Rn. 85; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherungsrecht, Rn. 918; Leible/Sosnitza, JuS 2001, 556, 558; Bamberger/Roth/Faust, BGB, § 449 Rn. 36. 622 Dasselbe Problem stellt sich, wenn man den umgekehrten Konzernvorbehalt betrachtet: Wendet man auf diesen nicht § 449 Abs. 3 BGB analog an, sondern hält ihn nach §§ 138 Abs. 1, 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB für unwirksam (s. o. Fn. 617), so ist sehr fraglich, wie und ob sich eine Teilnichtigkeit der Klausel begründen lässt. 619

G. Das Finanzierungsleasing

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der Bedingungskonstruktion des erweiterten Eigentumsvorbehalts auf konstruktivem Weg kaum umzusetzen. 623 Eine haftungsrechtlich überzeugende Lösung kann nur der Gesetzgeber schaffen. 624

G. Das Finanzierungsleasing Zum Abschluss der Bestandsaufnahme des materiellen Mobiliarsicherungsrechts soll ein Blick auf Finanzierungsleasingverträge geworfen werden. Im Rahmen dieser Betrachtung wird sich erneut erweisen, wie sehr das deutsche Mobiliarsicherungsrecht von begrifflichen Deduktionen beherrscht wird, die einer funktional angemessenen Behandlung im Wege stehen. Dass das Finanzierungsleasing eine Alternative zur Fremdfinanzierung mittels Kredit ist, wurde bereits dargestellt. 625 Nunmehr ist zu zeigen, dass Leasingverträge auch eine Sicherungsfunktion haben können. Erwirbt der Leasingnehmer ein Nutzungsrecht mindestens für die prognostizierte Restlaufzeit des Leasingguts und entsprechen die insgesamt während der Vertragslaufzeit zu entrichtenden Leasingraten den Anschaffungs- und Finanzierungskosten des Leasinggebers, so unterscheidet sich der Finanzierungsleasingvertrag wirtschaftlich nicht von einem Abzahlungskauf mit Eigentumsvorbehalt oder einem so genannten „Mietkauf“. 626 Dies gilt erst recht dann, wenn der Leasingnehmer am Laufzeitende das Recht hat, die Sache (gegebenenfalls gegen Zahlung eines unter dem Zeitwert liegenden Betrags) zu erwerben. Das Eigentum des Leasinggebers am Leasinggut fungiert bei einer solchen Gestaltung nur als Sicherheit. Die Funktionsäquivalenz von Abzahlungskauf und Finanzierungsleasing zeigt sich auch darin, dass das Finanzierungsleasing heute gerade bei hochwertigen Ausrüstungsgütern den finanzierten Ratenkauf weitgehend verdrängt hat. 627 Im Verbraucherschutzrecht wird dieser Parallele dadurch Rechnung ge623 Vgl. auch die in erster Linie konstruktiven Einwände K. P. Bergers, ZIP 2004, 1073 ff., gegen eine Übertragung der Rechtsprechung zur nachträglichen Übersicherung auf den erweiterten Eigentumsvorbehalt. Dass die haftungsrechtlichen Argumente, die für einen schuldrechtlichen Freigabeanspruch des Sicherungsgebers bei der Sicherungsübereignung sprechen, auch auf die Position des Käufers beim erweiterten Eigentumsvorbehalt passen, wird auch von K. P. Berger anerkannt. 624 Siehe auch unten, S. 272. 625 Siehe oben, S. 34. 626 Staudinger/Beckmann, BGB Vorbem. zu §§ 433 ff. Rn. 165. Häsemeyer, in: Festschr. f. Serick, S. 153, 161 führt aus, dass sich das Finanzierungsleasing vom Eigentumsvorbehalt hauptsächlich dadurch unterscheide, dass bei ersterem kein Eigentumserwerb des Leasingnehmers bezweckt sei. Bei Verträgen mit Andienungsrecht des Leasinggebers oder Kaufoption des Leasingnehmers wird es freilich regelmäßig zu einem solchen Eigentumserwerb kommen. So auch MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, § 107 Rn. 7 (Finanzierungsleasing mit Kaufoption als kaufähnliches Geschäft, das seinem wirtschaftlichen Ergebnis nach auf die Übertragung der Sachsubstanz gerichtet ist). 627 Staudinger/Stoffels, BGB, Leasing, Rn. 72.

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§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

tragen, dass nach herrschender Meinung § 508 Abs. 2 S. 5 und 6 BGB auf Finanzierungsleasingverträge mit Erwerbsoption entsprechend anzuwenden sind. 628 Der einfache Eigentumsvorbehalt ähnelt insoweit funktional dem Finanzierungsleasing insbesondere in der Form des Hersteller-Leasings629. Auch beim Herstellerleasing bleibt der Hersteller der Sache, der zugleich der Leasinggeber ist, Eigentümer des Leasingguts, das dem Leasingnehmer übergeben wird. Der Leasingnehmer ist verpflichtet, dem Leasinggeber die Leasingraten zu zahlen, deren funktionale Äquivalenz mit den vom Vorbehaltskäufer zu zahlenden Kaufpreisraten deutlich wird, wenn man den das Finanzierungsleasing kennzeichnenden Amortisationsgedanken630 berücksichtigt. Trotz dieser möglichen Instrumentalisierung als Kreditsicherheit spielt das Finanzierungsleasing in der deutschen kreditsicherungsrechtlichen Diskussion praktisch keine Rolle. Das Finanzierungsleasing wird von der herrschenden Meinung vielmehr (ausschließlich) als atypischer Mietvertrag eingeordnet. 631 Dies verdeutlicht auch die Behandlung von Leasingverträgen in § 108 Abs. 1 S. 2 InsO. Mit dieser schuldvertraglichen Qualifikation wird die haftungsrechtliche Dimension von Leasinggeschäften weitgehend ausgeblendet. 632 Nur von einer Minderansicht in der insolvenzrechtlichen Literatur wird die Aussonderungsberechtigung des Leasinggebers in der Insolvenz des Leasingnehmers hinterfragt. 633 Dieser Befund überrascht erst recht, wenn man berücksichtigt, dass bestimmte Leasingverträge in anderen Rechtsordnungen, insbesondere nach 628 Zu § 503 Abs. 2 S. 4 u. 5 BGB a. F.: MünchKomm-BGB/Schürnbrand, § 501 Rn. 12; Martinek/Hau, Leasinghandbuch, § 47 Rn. 11; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, § 500 Rn. 11; Jauernig/Mansel, BGB, § 500 Rn. 2; Palandt/Weidenkaff, BGB, § 500 Rn. 2. Für die Analogie wurde vor allem das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung angeführt, da die alte Verbraucherkreditrichtlinie (87/102/EWG) nach Art. 2 Abs. 1 b) auch auf Mietverträge Anwendung fand, die vorsehen, dass das Eigentum „letzten Endes“ auf den Mieter übergeht. Vom Anwendungsbereich der neuen Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48/EG) sind dagegen nur solche Mietoder Leasingverträge ausgenommen, „bei denen weder in dem Vertrag selbst noch in einem gesonderten Vertrag eine Verpflichtung zum Erwerb des Miet- bzw. Leasinggegenstands vorgesehen ist; von einer solchen Verpflichtung ist auszugehen, wenn der Kreditgeber darüber einseitig entscheidet“. Die Richtlinie ist danach nur noch auf Finanzierungsleasingverträge mit (potentieller) Erwerbspfl icht anwendbar. Die Argumentationsbasis für die Analogie bezüglich solcher Verträge, die keine Mietkäufe sind, dürfte sich damit deutlich abgeschwächt haben. 629 Zu diesem MünchKomm-BGB/J. Koch, Bd. 3, Leasing, Rn. 7. 630 Das Prinzip der Vollamortisation – also die Pfl icht des Leasingnehmers, dem Leasinggeber die Herstellungs- oder Anschaffungskosten zu ersetzen – liegt sowohl dem Voll- wie dem Teilamortisationsleasing typusprägend zugrunde, Staudinger/Stoffels, BGB, Leasing, Rn. 12. 631 Zur Qualifikation des Finanzierungsleasings als atypischer Mietvertrag vgl. nur MünchKomm-BGB/J. Koch, Bd. 3, Leasing, Rn. 25 ff. 632 Siehe aber den Beitrag von Walz, Die Stellung des Leasingnehmers beim Finanzleasing beweglicher Anlagegüter, WM Sonderbeilage Nr. 10, 1985. 633 Hierbei geht es um die Frage, inwieweit das Leasinggut zur Insolvenzmasse des Leasingnehmers gezählt werden kann, Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 11.11. Siehe im Ansatz auch Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 344, der den Leasingnehmer als Treugeber behandelt.

G. Das Finanzierungsleasing

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Article 9 UCC, den für Sicherungsgeschäfte geltenden Vorschriften unterworfen werden. 634

I. Die Behandlung des Finanzierungsleasings im Vollstreckungsund Insolvenzrecht Die Behandlung des Finanzierungsleasingvertrags in Zwangsvollstreckung und Insolvenz durch die herrschende Meinung wird wie erwähnt geprägt von der schuldrechtlichen Qualifikation als Mietvertrag. Die vermögens- und haftungsrechtliche Zuordnung der Mietsache zum Vermögen des Vermieters wird zumeist ohne weitere Prüfung auch für das Finanzierungsleasing übernommen, so dass der Leasinggeber in jeder Hinsicht als Volleigentümer des Leasingguts behandelt wird, während dem Leasingnehmer nur eine schuldrechtliche (Nutzungs-) Berechtigung zuerkannt wird. Daher kann der Leasinggeber auch bei nicht-erlasskonformen Leasingverträgen die Drittwiderspruchsklage erheben, wenn Gläubiger des Leasingnehmers in das Leasinggut vollstrecken. 635 Umgekehrt wird dem Leasingnehmer ein Drittwiderspruchsrecht versagt. Parallel zu dieser Behandlung in der Einzelzwangsvollstreckung gewährt die praktisch allgemeine Meinung dem Leasinggeber in der Insolvenz des Leasingnehmers ein Aussonderungsrecht. 636 Dass der Leasinggeber jedenfalls bei Verträgen mit Erwerbsoption nur ein Interesse am Haftungswert der Sache hat, wird dabei ignoriert. Die herrschende Meinung verwehrt dem Leasingnehmer die Aussonderung der Sache in der Insolvenz des Leasinggebers. Durch die InsO wurde diese Ansicht dadurch positiv verfestigt, dass Leasingverträge über Mobilien grundsätzlich nicht insolvenzfest sind.637 Der Verwalter kann im Verfahren über das Vermögen des Leasinggebers also frei entscheiden, ob er den Vertrag durchführt. Diese Sichtweise ordnet somit das Leasinggut haftungsrechtlich ausschließlich dem Leasingnehmer zu, wobei sie ignoriert, dass die vom Leasingnehmer bereits erbrachten Raten zu einem Teil auch Entgelt für den Substanzwert der Sache sind, so dass jedenfalls eine teilweise Zuweisung zum Vermögen des Lea634

Siehe für den Uniform Commercial Code unten, S. 359. MünchKomm-ZPO/K. Schmidt, § 771 Rn. 30; Martinek/Hau, Leasinghandbuch, § 47 Rn. 11; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 41 VI 9.a); Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, § 771 Rn. 41. Kritisch Walz, WM Sonderbeilage Nr. 10, 1985, S. 13. 636 Jaeger/Henckel, InsO, § 47 Rn. 67; MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 223; Heidelberger Kommentar InsO/Eickmann, § 47 Rn. 8. A. A. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 11.11; ders., in: Festschr. f. Serick, 168; Drobnig, ZGR 1986, 252, 271. Ebenso für sale and lease backVerfahren Martinek/Klinck, Leasinghandbuch, § 49 Rn. 32. 637 Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO, Kübler/Prütting/Bork-Prütting, InsO, § 47 Rn. 50. 635

222

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

singnehmers angemessen wäre. Die herrschende Meinung blendet damit nicht nur die Sicherungsfunktion bestimmter Leasingverträge aus, sie stellt darüber hinaus den Leasingnehmer auch schlechter als einen Vorbehaltskäufer, dessen Anwartschaftsrecht auch vollstreckungs- und insolvenzrechtlich abgesichert ist. So kann der Vorbehaltskäufer die Drittwiderspruchsklage bei (praktisch seltenen) Vollstreckungen von Gläubigern des Verkäufers in das Vorbehaltsgut erheben638 und in der Insolvenz des Verkäufers die Sache gegen Zahlung der ausstehenden Raten aussondern, wobei er schuldrechtlich durch § 107 Abs. 1 Satz 1 InsO geschützt ist.

II. Die Besonderheiten des erlasskonformen Leasings Im deutschen Recht werden Finanzierungsleasingverträge vollstreckungsrechtlich damit wie Mietverträge behandelt. Für notwendige Differenzierungen im Hinblick auf solche Verträge, die neben der rein schuldrechtlichen Nutzungsüberlassung auch ein haftungsrechtliches Element besitzen, lässt die mietvertragliche Einordnung keinen Raum. Die Argumentation der herrschenden Meinung kann daher nicht überzeugen. Sie deduziert aus der (umstrittenen) 639 schuldvertraglichen Einordnung des Finanzierungsleasings Lösungen für vollstreckungsrechtliche Fragen, die einer autonom-haftungsrechtlichen Antwort bedürften. Dennoch kommt die herrschende Meinung für die ganz überwiegende Mehrzahl aller Fälle zu einem angemessenen Ergebnis. Dies beruht darauf, dass deutsche Leasingverträge stark von den so genannten Leasingerlassen des Bundesfinanzministeriums 640 geprägt sind. Diese Erlasse stellen Richtlinien für die steuerrechtliche Behandlung des Finanzierungsleasings auf. Insbesondere geben sie Anhaltspunkte dafür, wann dem Leasinggeber das „wirtschaftliche Eigentum“ am Leasinggegenstand zugerechnet werden kann. Die Parteien von Leasinggeschäften haben sich auf diese Bedingungen eingestellt, denn nur wenn das Leasinggut wirtschaftlich dem Leasinggeber zugerechnet wird, besitzt das Leasing die steuer- und (aufgrund des umgekehrten Maßgeblichkeitsprinzips) 641 bilanz-

638 BGH, Urt. v. 11. 11. 1970, BGHZ 55, 20, 26; Urt. v. 14. 12. 1977, JZ 1978, 199, 200; Prütting/Weth, JuS 1988, 510; MünchKomm-ZPO/K. Schmidt, § 771 Rn. 21. 639 Zum Streit um die richtige Einordnung der schuldrechtlichen Wirkungen des Leasings siehe nur Martinek/Martinek, Leasinghandbuch, § 4. Zur (begrenzten) Bedeutung der „Rechtsnatur“ Lieb, DB 1988, 946. 640 Erlasse des Bundesministeriums der Finanzen: Mobilienleasingerlass v. 19. 4. 1971, Gesch.-Z.: IV B/2 – S 2170–31/71, BStBl. 1971 I, S. 264 ff.; Teilamortisations-Erlass v. 22. 12. 1975, IVB/2 – S 2179–161/75, DB 1976, 172. 641 Zur Bilanzierung von Leasinggeschäften nach IAS und US-GAAP, Küting/Hellen/ Brakensiek, DStR 1999, 39 ff.

G. Das Finanzierungsleasing

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rechtlichen Vorteile gegenüber einer Kreditfinanzierung. 642 Die gegenüber einer Kreditfinanzierung höheren Kosten einer Leasingfinanzierung lohnen sich jedoch nur, wenn sie durch eine günstigere steuerliche Behandlung ausgeglichen werden. 643 Die Praxis in Deutschland wird daher vom so genannten „erlasskonformen Finanzierungsleasing“ beherrscht, bei dem steuerrechtlich der Leasinggeber wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingguts ist. Die Leasingerlasse stellen ein differenziertes System von Voraussetzungen für Voll- und Teilamortisationsleasing mit und ohne Kauf- oder Verlängerungsoption auf. Im Kern kommt es für die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums darauf an, ob der Leasinggeber am Ende der Laufzeit einen Rückübertragungsanspruch hat, der nicht nur auf dem Papier steht, sondern einen wirtschaftlichen Wert hat. Nur dann kann das Eigentum wirtschaftlich dem Leasinggeber zugerechnet werden. Für das Vollamortisationsleasing ohne Kaufoder Verlängerungsoption sieht der Mobilienleasingerlass eine Zurechnung des Eigentums an den Leasinggeber dann vor, wenn – eine feste Vertragslaufzeit vereinbart wurde, die mindestens 40% und höchstens 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Leasingguts beträgt, und – während dieser Zeit durch die Leasingraten eine vollständige Amortisation für den Leasinggeber im Hinblick auf die Anschaffungs- und Finanzierungskosten erreicht wird. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit kann der Leasinggeber in dieser Gestaltung das Leasinggut vom Leasingnehmer herausverlangen. Dieser Anspruch hat auch einen wirtschaftlichen Wert, da die Sache noch eine Restlaufzeit von mindestens 10% besitzt. 644 Steuerrechtlich wird der Leasinggeber daher als „wirtschaftlicher Eigentümer“ behandelt. Beim erlasskonformen Leasing hat der Leasinggeber somit stets ein Interesse an der Sache selbst. Sie verkörpert auch nach dem Ende des Leasingvertrags in seinem Vermögen noch einen wirtschaftlichen Wert. Bei erlasskonformen Leasingverträgen hat das Leasinggut daher nie nur Sicherungsfunktion. Für das erlasskonforme Leasing ist die oben skizzierte haftungsrechtliche Behandlung durch die herrschende Meinung deshalb im Ergebnis durchaus angemessen. 645 Weil diese Vertragsform die Praxis des Finanzierungsleasings in Deutschland vollständig beherrscht, 646 resultieren aus den aufgezeigten methodischen Defiziten vergleichsweise geringe praktische Probleme. Für so genannte Null-Leasing-Verträge vermag die herrschende Meinung dagegen auch im Ergebnis nicht 642

Martinek/Martinek, Leasinghandbuch, § 2 Rn. 12. Eilenberger, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 324. 644 Besteht eine Kaufoption für den Leasingnehmer, darf der vereinbarte Preis nicht niedriger sein als der prognostizierte Restwert. 645 Ähnlich auch die Argumentation bei Lieb, DB 1988, 946, 950. 646 Staudinger/Stoffels, BGB, Leasing, Rn. 52. 643

224

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts

zu überzeugen. Bei diesen Geschäften erwirbt der Leasingnehmer eine Erwerbsoption, so dass diese Verträge von teilfinanzierten Abzahlungskäufen nicht zu unterscheiden sind. Jedenfalls für solche Verträge sollte der Sicherungsfunktion des Leasingguts Rechnung getragen werden.

III. Die Notwendigkeit einer funktionalen Betrachtung Die Kriterien, die zur steuerrechtlichen Ermittlung des wirtschaftlichen Eigentums verwendet werden, sind wie gesehen prinzipiell geeignet, die haftungsrechtliche Zuordnung zu bestimmen. 647 Zwar mag man im Einzelnen darüber streiten, ob die in den Leasingerlassen verwendeten zeitlichen Grenzen angemessen sind; grundsätzlich überzeugt es jedoch, auch die Frage der haftungsrechtlichen Zuordnung davon abhängig zu machen, ob der Leasinggeber einen werthaltigen Anspruch auf Rückgabe des Leasingguts hat. Auch nach U. S.amerikanischem Recht kommt es gemäß § 1–203 UCC darauf an, ob der Leasinggeber ein residuary interest am Leasinggut hat, ob er also die Rückgabe des Leasingguts verlangen kann. Wenn das nicht der Fall ist, wird der Finanzierungsleasingvertrag als security interest i. S. v. Article 9 UCC behandelt. 648 Diese Überlegungen zeigen, dass jedenfalls für die Zwecke des Vollstreckungs- und Insolvenzrechts nicht die Rechtsnatur des Leasingvertrags entscheidend sein kann, sondern die Funktion der konkreten Parteivereinbarung. Die Überlegenheit eines funktionalen Denkens im Kreditsicherungsrecht zeigt sich daher gerade beim Finanzierungsleasing besonders deutlich.

647 Siehe zur Parallelität der Kriterien, die der steuer- und insolvenzrechtlichen Vermögenszurechnung von Sicherungseigentum zugrunde liegen, schon G. Paulus, ZZP 64 (1951), 169, 174 ff. 648 Im Einzelnen unten, S. 359 ff.

§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten Nachdem in § 3 die materiellrechtlichen Konstruktionsfragen der Mobiliarsicherungsrechte des deutschen Rechts untersucht wurden, soll in diesem Abschnitt die haftungsrechtliche Rechtfertigung dieser Rechte analysiert werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie sich die Vorrangstellung des gesicherten Gläubigers vor den übrigen Gläubigern des Schuldners normativ legitimieren lässt. Selbst wenn man annimmt, dass die Gewährung des insolvenzrechtlichen Vorrangs zu Gunsten des gesicherten Gläubigers zu einem gesamtgesellschaftlichen Nutzengewinn führt,1 ist damit die Frage der normativen Legitimität noch nicht beantwortet. Dies beruht insbesondere darauf, dass die Effizienz von Kreditsicherheiten ganz überwiegend anhand des Kaldor/HicksKriteriums gemessen wird. Wie dargestellt 2 können bei diesem Test Verluste einer Gruppe durch die Gewinne einer anderen Gruppe ausgeglichen werden. Eine Benachteiligung einzelner wird also bewusst in Kauf genommen. Die Bevorrechtigung des gesicherten Gläubigers fiele leicht, wenn man sie schlicht aus dem dinglichen Charakter der in Rede stehenden Sicherungsrechte ableiten könnte. Die unter A. vorgenommene Analyse der Kategorie des dinglichen Rechts wird aber ergeben, dass eine solche Argumentation zirkelschlüssig ist. Das dingliche Recht lässt sich nur über seine Rechtsfolgen charakterisieren, so dass es unmöglich ist, diesem Begriff Kriterien zu entnehmen, die einen absoluten Schutz auch in der Insolvenz rechtfertigen. Die Insolvenzfestigkeit eines Rechts ist insofern Voraussetzung für seine Einordnung als dingliches Recht, weshalb es die Dinge auf den Kopf stellt, umgekehrt aus der dinglichen Natur die Insolvenzfestigkeit abzuleiten. Soweit die Frage nach der rechtlichen Legitimation von Sicherungsrechten in der Literatur überhaupt kritisch behandelt wird, wird zur Erklärung der insolvenzrechtlichen Vorrangstellung des Sicherungsgebers regelmäßig auf die Privatautonomie von Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer verwiesen. Den ungesicherten Gläubigern gegenüber sei die Vorrechtseinräumung in Gestalt der Begründung der Kreditsicherheit wirksam, da sie in Kenntnis von existierenden Sicherungsrechten oder doch jedenfalls im Bewusstsein der Möglichkeit, dass 1 2

Zur Effizienz dinglicher Kreditsicherheiten oben, S. 66 ff. Oben, S. 70.

226

§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten

diese bestehen oder künftig geschaffen werden, ungesichert Kredit gewährt hätten.3 Ihr Nachrang beruhe insofern auf ihrer freien Entscheidung. In Auseinandersetzung mit dieser auf der Privatautonomie fußenden Argumentation soll unter B. kurz gezeigt werden, dass sich der Sicherungsnehmer zur Erklärung seiner Vorzugsstellung nicht auf den Schutz des Eigentums nach Art. 14 GG berufen kann. Anschließend sind unter C. die Vertrags- und Eigentumsfreiheit des Sicherungsgebers genauer zu beleuchten. Diese vermögen zwar die Wirksamkeit einer Sicherheit außerhalb des Insolvenzverfahrens zu begründen, die Privatautonomie des Sicherungsgebers versagt jedoch als Legitimationsansatz, soweit sich die Vorrangstellung des gesicherten Gläubigers auf Kosten der übrigen Insolvenzgläubiger verwirklicht.4 Die dogmatische Begründung für die Existenz von Rechten, die einem Gläubiger in der Insolvenz den Vorrang vor seinen Mitgläubigern verschaffen, kann sich insofern nicht aus allgemein-zivilrechtlichen Prinzipien ergeben, sondern ist in spezifisch insolvenz-, genauer haftungsrechtlichen Wertungen zu suchen. Dies rückt schließlich den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in das Blickfeld. Denn die Vorrangstellung des gesicherten Gläubigers lässt sich nur erklären, soweit es gelingt, den Widerspruch zur par conditio creditorum aufzulösen. Es wird sich erweisen, dass Kreditsicherheiten haftungsrechtlich neutral sind, wenn sie im Gegenzug zu einer Leistung des Gläubigers in die Masse gewährt wurden. Für die Legitimation jedenfalls nicht-revolvierender Sicherheiten kommt der haftungsrechtlichen Surrogation insofern besondere Bedeutung zu. Zur Rechtfertigung revolvierender Sicherheiten trägt dieser Gedanke allerdings nicht.

3 So etwa McCormack, Secured Credit, S. 12; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteresse, S. 78. Vgl. auch schon Lord Justice MacNaghten in Salomon v. A. Salomon & Co., [1897] AC 22, 52: „Every creditor is entitled to get and to hold the best security the law allows him to take“. Bei dieser Formulierung bleibt allerdings unbeantwortet, warum das Recht bestimmte Sicherungsrechte als Akttypen zur Verfügung stellt. 4 Insoweit trifft die Feststellung von H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 25, dass „nirgends die Gläubiger eines Schuldners zu einer Gläubigergemeinschaft zusammengefaßt“ seien, für die Insolvenz gerade nicht zu. In der Fußnote schreibt er ohne Begründung, dass es auf verfahrensrechtliche Folgen der Eröffnung des Konkurses und Vergleichsverfahrens nicht ankomme. Nach hier vertretener Auffassung ist das Gegenteil richtig.

A. Das dingliche Recht

227

A. Das dingliche Recht und die haftungsrechtliche Rechtfertigung der Insolvenzfestigkeit von Sicherungsrechten I. Der Begriff des dinglichen Rechts Schon in den Motiven zur KO wurde die Ansicht vertreten, dass jedes Pfandrecht „begrifflich als dingliches Recht“ ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung vor den persönlichen Gläubigern begründe: „Jedes Pfandrecht, das Besitz- und Faustpfandrecht sowohl wie die Hypothek, trägt begrifflich als dingliches Recht die unmittelbare Beziehung zur Pfandsache in sich; seine Unmittelbarkeit wirkt ausschließend gegenüber den nur persönlichen Gläubigern und begründet an sich ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung vor diesen.“5

Aus dem dinglichen Charakter eines Sicherungsrechts ergibt sich nach diesem Verständnis unmittelbar seine Insolvenzfestigkeit. Von der Charakterisierung als „dingliches“ Recht wird ohne weiteres auf die Insolvenzfestigkeit des Rechts geschlossen. Dieser Deduktion ist entgegenzuhalten, dass die begriffliche Qualifizierung eines Rechts als „dinglich“ keine normativen Gründe dafür liefert, warum sein Inhaber vor anderen Gläubigern zu bevorzugen ist. 6 Zu untersuchen ist daher, ob sich eine besondere Eigenschaft des dinglichen Rechts ausmachen lässt, die seine absolute Wirkung rechtfertigt.

II. Die „unmittelbare Beziehung zur Sache“ als Kern der Dinglichkeit – eine haftungsrechtliche petitio principii Hierzu ist ein Blick auf den Inhalt des dinglichen Rechts erforderlich. Es ist zu untersuchen, ob sich der Natur des (beschränkten) dinglichen Rechts eine Begründung für den Vorrang seines Inhabers in der Insolvenz entnehmen lässt. Nach den Materialien zur KO musste für die Gewährung eines Aussonderungsrechts ein Zweifaches zusammenkommen. Die Absonderungsrechte mussten eine unmittelbare Beziehung zum Sicherungsgut begründen, und diese Beziehung musste für die übrigen Gläubiger erkennbar sein. Die Bedeutung der Erkennbarkeit eines Absonderungsrechts soll unter § 6 näher untersucht werden. An dieser Stelle soll es um das Erfordernis der „unmittelbaren Beziehung“ des Berechtigten zur Sache gehen. Wie die Beziehung des Inhabers eines Rechts zu einer Sache zu verstehen ist und welche Qualifika5 Hahn, Bd. 4, S. 191. Dieser Gedanke wird auch schon in den Materialien des Gesetzes zur Erstreckung der Preußischen Konkursordnung auf das Gebiet des gemeinen Rechts ausgedrückt: Einführungsgesetz für die Hohenzollernschen Lande vom 31. Mai 1860, Ges Sammlung, S. 214. 6 Vgl. Häsemeyer, KTS 1982, 507, 565; Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 61 ff.

228

§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten

tion diese Beziehung durch das Attribut der „Unmittelbarkeit“ erfährt, ist aus heutiger Sicht weitgehend unklar. Ursprünglich geht dieses Kriterium des dinglichen Rechts auf Savignys 7 aus dem römischen Recht übernommene Unterscheidung zwischen actio in personam und actio in rem zurück, die er zur Differenzierung von ius in persona und ius in re fortentwickelte. 8 Ein ius in re – also ein Sachenrecht – sollte nach Savigny anzunehmen sein, wenn sich die Willensherrschaft einer Person nicht auf eine andere Person, sondern auf eine Sache richtete.9 Zum wesentlichen Merkmal eines dinglichen Rechts wurde damit die Herrschaftsbeziehung der Person über eine Sache.10 Insoweit entsteht ein Abgrenzungsbedürfnis von der Kategorie des Besitzes, dem nur dadurch nachgekommen werden kann, dass Besitz als tatsächliche und das dingliche Recht als rechtlich vermittelte Sachherrschaft verstanden wird.11 Ob es freilich eine solche Rechtsbeziehung zwischen einem Rechtssubjekt und einem Rechtsobjekt überhaupt geben kann, ist nach wie vor heftig umstritten.12 Richtigerweise ist die Vorstellung einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zwischen einer Person und einer Sache abzulehnen, denn das Recht als Gesellschaftsordnung kann nur die Beziehung von Personen untereinander zum Regelungsgegenstand haben. Rechtsverhältnisse können daher nur zwischen Personen, also zwischen Rechtssubjekten existieren, nicht aber zwischen einem Rechtssubjekt und einem Rechtsobjekt.13 Die Vertreter der traditionellen Auffassung halten dem entgegen, dass eine solche Begrenzung des Begriffes des Rechtsverhältnisses nicht notwendig sei. Es sei logisch keineswegs ausgeschlos7

v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, § 56 (insbesondere S. 373). Nach Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 36, besteht „heute Einigkeit darüber, dass Savigny die Quellen des römischen Rechts missdeutete.“ Die Differenzierung sei nicht als Rechte gegen eine Person einerseits und Rechte an einer Sache andererseits zu verstehen. Der Unterschied sei vielmehr, dass die actio in personam im altrömischen Recht auch Zugriff auf Leben oder Freiheit des Schuldners vermittelt habe (und nicht nur auf dessen Vermögen). 9 v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, § 53 (insbesondere S. 338). 10 Vgl. Wieling, Sachenrecht I, S. 4. 11 Plastisch Wieling, Sachenrecht I, S. 121: „So wie der Eigentümer das Recht hat, mit der ihm gehörenden Sache nach Belieben zu verfahren, und andere von jeder Einwirkung auszuschließen (§ 903), so ist der Besitzer dazu tatsächlich in der Lage.“ Siehe auch Strauch, Mehrheitlicher Rechtsersatz, S. 59. 12 Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 135; Larenz/Wolf, Allg. Teil, § 13 Rn. 11; Schapp, JuS, 1992, 537, 544. An der herkömmlichen Trennung festhaltend Wieling, Sachenrecht I, S. 17 Fn 34; Westermann/H. P. Westermann, Sachenrecht, § 1 II 2a. Siehe hierzu auch die Kontroverse zwischen Hadding und Niehues: Hadding, JZ 1986, 926 ff.; Niehues, JZ 1987, 453 ff.; Hadding, JZ 1987, 454 f. Der Streit wird auch kurz von Wolff/Raiser; Sachenrecht, § 2 I Fn. 1 behandelt. Die Ansicht Füllers, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 42 f., dass inzwischen Einigkeit bestehe, dass es keine Rechtsverhältnisse zwischen einer Person und einer Sache geben könne, kennzeichnet den Meinungsstand m. E. nicht zutreffend. 13 Grundlegend Hohfeld, Fundamental Legal Conceptions as Applied in Judicial Reasoning, S. 55; insbesondere zu dessen Verständnis des dinglichen Rechts Eleftheriades, 16 Oxford Journal of Legal Studies, 31 ff. Ebenso Kelsen, a.a.O.; Hadding, JZ 1986, 926, 927; Bork, Allg. Teil, Rn. 289. 8

A. Das dingliche Recht

229

sen, dass eine unmittelbare Beziehung zu einer Sache im Sinne eines Rechtsverhältnisses auch zwischen einer Person und einer Sache bestehen könne.14 Den Gehalt dieses Rechtsverhältnisses wird man allerdings – vorsichtig ausgedrückt – als nebulös bezeichnen müssen.15 Nach einer Ansicht besteht das entscheidende Charakteristikum in der „Unmittelbarkeit der Sachherrschaft“ des dinglich Berechtigten.16 Mit dieser auch von den Motiven zum BGB verwendeten17 Fügung soll ausgedrückt werden, dass der dinglich Berechtigte anders als der obligatorisch Berechtigte nicht auf eine andere Person zur Herrschaft über die Sache angewiesen ist, sondern auf die Sache kraft seines eigenen Willens und rechtlichen Vermögens Einfluss nehmen kann.18 Dass diese Charakterisierung des dinglichen Rechts als unmittelbare Sachherrschaft für unser Problem der Insolvenzfestigkeit zu einer petitio principii führt, wird deutlich, wenn man fragt, worauf sich diese Herrschaft über die Sache stützt. Von einer rechtlichen Herrschaft einer Person über eine Sache kann man nur dann sprechen, wenn dieser Person gegenüber allen anderen Personen Abwehransprüche zustehen, wenn, mit anderen Worten, der Schutz dieser Position absolut ist und somit auch in der Insolvenz gegeben ist.19 Das dingliche Recht stellt sich dann als Unterfall des absoluten Rechts dar.20 Damit wird die Absolutheit des auf eine Sache gerichteten Rechts zur wesentlichen Voraussetzung seiner Dinglichkeit, 21 so dass man nicht umgekehrt aus der Dinglichkeit einer Rechtsposition ein Argument für die Gewährung eines Insolvenzvorrechts entwickeln kann. Es ist vielmehr so, wie schon Jaeger schrieb, dass der Konkurs der „Prüfstein der Dinglichkeit“22 ist. 14

So u. a. Honoré, 34 Tulane Law Review 453, 463; Wieling, Sachenrecht I, S. 17 Fn. 34. Vgl. aus neuerer Zeit etwa Staudinger/Seiler, BGB, Einl zum SachenR Rn. 17; Soergel/ Stadler, BGB, Einl. Sachenrecht, Rn. 24; Bork, Allg. Teil, Rn. 288. 16 Staudinger/Seiler, BGB, Einl zum SachenR Rn. 17–20. 17 Motive, Bd. 3, S. 2 = Mugdan, Bd. 3, S. 1. 18 Westermann/H. P. Westermann, Sachenrecht, § 2 I 2. Staudinger/Seiler, BGB, Einl zum SachenR Rn. 20, ist freilich der Auffassung, dass das Unmittelbarkeitskriterium infolge des Untergangs der actiones in rem seinen Sinn verloren habe. Ein Verfahren zum Zugriff auf die Sache selbst sei heute nicht mehr vorstellbar, da prozessual stets eine andere Person an diesem Verfahren zur Rechtsverwirklichung beteiligt sei. 19 Staudinger/Seiler, BGB, Einl zum SachenR Rn. 17–20; Soergel/Stadler, BGB, Einl. Sachenrecht, Rn. 24; Bork, Allg. Teil, Rn. 288. 20 Larenz/Wolf, Allg. Teil, § 15 Rn. 5; Staudinger/Seiler, BGB, Einl zum SachenR Rn. 18. Siehe auch die wirkungsbezogene Abgrenzung des EuGH des dinglichen Rechts in Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ im Urt. v. 9. 6. 1994 (Rs. C-292/93, Lieber ./. Göbel, IPRax 1995, 99): „Der Unterschied zwischen einem dinglichen Recht und einem persönlichen Anspruch besteht darin, daß das dingliche Recht an einer Sache zu Lasten von jedermann wirkt, während der persönliche Anspruch nur gegen den Schuldner geltend gemacht werden kann.“ 21 Siehe schon Rümelin, AcP 68 (1885), 151, 200. Ganz ausdrücklich nennt sogar Pfl üger, AcP 79 (1892), 406, 414, die Aussonderungskraft eines Rechts als Voraussetzung seiner Einordnung als dingliches Recht und als maßgebliches Abgrenzungskriterium zur obligatio. 22 Konkursrecht, S. 101. Ihm folgend Eichler, Sachenrecht, S. 12. 15

230

§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten

Nach anderer Ansicht ist Zuordnung einer Sache zum Vermögen einer Person die maßgebliche Funktion, ja das „Wesen“ des dinglichen Rechts. 23 Nach diesem Verständnis dient die Kategorie des dinglichen Rechts weniger der Zuweisung unantastbarer Herrschaftssphären als vielmehr der Zuordnung von Vermögenswerten. 24 Damit wird die Kategorie des dinglichen Rechts teilweise von ihren Bezügen zur Privatautonomie gelöst 25 und die Rolle des Sachenrechts als Teil des Vermögensrechts stärker in den Vordergrund gerückt. Der absolute Schutz einer so zugeordneten Position ist nach diesem Verständnis nicht Voraussetzung, sondern Folge der Anerkennung eines dinglichen Rechts. 26 Dass auch dieser Ansatz für die hier zu untersuchende Frage nicht weiterhilft, liegt auf der Hand. Denn ob der in einer Sache verkörperte Vermögenswert dem Inhaber eines Rechts, das sich auf diese Sache bezieht, dergestalt unmittelbar zugeordnet ist, dass der Inhaber in der Insolvenz des Eigentümers der Sache deren Vermögenswert allein für sich in Anspruch nehmen kann, ist gerade die zu entscheidende Frage. Insofern ist es auch der Zuordnungslehre nicht gelungen, Kriterien herauszuarbeiten, die für die Anerkennung einer Rechtszuordnung durch das Gesetz maßgeblich sind. Aus dem wie auch immer zu bestimmenden „Wesen der Dinglichkeit“ lässt sich also eine Erklärung für die Vorranggewährung in der Insolvenz nicht ohne 23 Westermann/H. P. Westermann, Sachenrecht, § 2 IV: „Das Wesen der Dinglichkeit ist ihre zugeordnete Funktion“. Siehe auch Prütting, Sachenrecht, Rn. 14; Wieling, Sachenrecht I, S. 12. Erman/A. Lorenz, BGB, Einl § 854 Rn. 1, nähert die Zuordnungslehre der Herrschaftslehre insoweit an, als er als Kehrseite der Zuordnung der Sache zum Vermögen des Berechtigten dessen Verantwortung für die Sache betont. Aus dieser Verantwortung ergebe sich eine der Herrschaft vergleichbare Zuständigkeit. 24 Kritisch zur Zuordnungslehre Wolff/Raiser, Sachenrecht, S. 4; Soergel/Stadler, BGB, Einl. Sachenrecht, Rn. 24; Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 47 f. Das Argument, dass die Zuordnungslehre Schuld- und Sachenrecht vermische, da auch die Forderung als schuldrechtliches Recht ihrem Inhaber zugeordnet sei, überzeugt freilich nicht. Denn die Forderung ist ihrem Inhaber nicht kraft des in ihr liegenden schuldrechtlichen Rechts gegen einen anderen zugeordnet, sondern durch die hiervon zu unterscheidende Inhaberschaft an der Forderung, der Forderungszuständigkeit. Diese lässt sich ohne Systembruch als dingliches Recht verstehen, Westermann/H. P. Westermann, Sachenrecht, § 2 II 1 c); Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 137; ähnlich Bork, Allg. Teil, Rn. 288. 25 Staudinger/Seiler, BGB, Einl zum SachenR Rn. 19. 26 So Westermann/H. P. Westermann, Sachenrecht, § 2 II, IV. Etwas anders Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 64, der von einer „absoluten Zuordnung“ spricht. Unklar insoweit Niehues, JZ 1987, 453, 454, der die „Zuordnung von Sachen an Rechtssubjekte (mit der Struktur einer unmittelbaren Person-Sachbeziehung) vielmehr rechtstechnisch als die Verkürzung einer Vielzahl personaler Rechtsbeziehungen“ (Klammerzusatz und Hervorhebung im Original) verstanden wissen will. Wenn die Zuordnung nicht mehr sein soll als die rechtstechnische Verkürzung einer Vielzahl von Rechtsverhältnissen zwischen Personen, wird der Begriff des dinglichen Rechts als unmittelbare Beziehung zwischen einer Person und einer Sache zu einem konstruktiven Hilfsmittel, welches freilich die zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse zwischen Personen verdeckt. So zutreffend Hadding, JZ 1987, 454 f. Dennoch versteht Niehues die Absolutheit ersichtlich als Ausfluss und nicht als Voraussetzung des dinglichen Rechts.

B. Reichweite des Eigentumsschutzes aus Art. 14 GG für den Sicherungsnehmer

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Zirkelschluss gewinnen. Dies beruht schon darauf, dass dieses „Wesen“ nach wie vor ein Mysterium ist, so dass das dingliche Recht weitaus präziser über seine Wirkungen als über seine Voraussetzungen erfasst werden kann. 27 Eine befriedigende Erklärung des haftungsrechtlichen Vorrangs des gesicherten Gläubigers kann dem (unbekannten) Wesen des dinglichen Rechts jedenfalls nicht entnommen werden. Die in dem eingangs zitierten Ausschnitt aus der Begründung zur Konkursordnung zum Ausdruck kommende Ansicht, dass das dingliche Recht „an sich“ ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung begründet, erweist sich insofern als Scheinbegründung, da sie die Frage offen lässt, welche Rechte in diesem Sinn als dingliche zu verstehen sind.

B. Die Reichweite des Eigentumsschutzes aus Art. 14 GG für den Sicherungsnehmer Insbesondere im Vorfeld der Insolvenzrechtsreform wurde versucht, die Vorrangstellung des gesicherten Gläubigers mit dem durch Art. 14 GG grundgesetzlich verfestigten Schutz des Eigentums zu begründen und hierdurch dem Reformgesetzgeber jeden Handlungsspielraum im Hinblick auf eine Beschneidung der Mobiliarsicherheiten zu nehmen. Solche Bemühungen vermögen – jedenfalls soweit man de lege ferenda nach der Berechtigung einer Vorrangstellung fragt – nicht zu überzeugen. 28 Denn die Frage ist aus dieser Perspektive nicht, ob ein nach der lex lata zweifellos bestehendes Recht den Schutz des Art. 14 GG genießt, sondern ob der Gesetzgeber aufgrund von Art. 14 GG gehalten ist, die Möglichkeit der Einräumung eines solchen Rechts vorzusehen. Ein derartiges grundgesetzliches Verbot für den Gesetzgeber, eine vom status quo abweichende Inhaltsbestimmung vorzunehmen, besteht nicht. Auch wenn man den „Pfandvertrag“ als von der Institutsgarantie des Art. 14 GG umfasst sieht, 29 wäre eine Abschaffung seiner Insolvenzfestigkeit kein Eingriff in diese vertragliche Dispositionsmöglichkeit. Dem Sicherungsgeber bleibt es unbenommen, ein Sicherungsrecht an einer Sache zu bestellen und dadurch die oben 30 skizzierten Effekte außerhalb der Insolvenz zu erzeugen. Der Verfügung würde lediglich ihre Wirkung in der Insolvenz genommen. Dass dies kein Eingriff in die Institutsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ist, zeigt auch folgende Überlegung: Nimmt man einem Sicherungsrecht die Insolvenzfestigkeit, betrifft das in erster Linie das Recht des Sicherungsnehmers. 31 27

Hohfeld, Fundamental Legal Conceptions as Applied in Judicial Reasoning, S. 55 ff. Vgl. aus U. S.-amerikanischer Sicht Bebchuk/Fried, 82 Cornell Law Review 1279, 1290. 29 Hierzu Sachs/Wendt, Art. 14 GG Rn. 66; Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 14 Rn. 22. 30 S. 5 ff. 31 Zur Bedeutung der Verfügungsfreiheit des Sicherungsgebers sogleich auf S. 223 ff. 28

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§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten

Ob dieser aber überhaupt eine (möglicherweise schützenswerte) Rechtsposition innehat, ist schon nach der lex lata streitig. Es wird berechtigterweise geltend gemacht, dass Art. 14 GG nur die Forderung des Gläubigers schütze, nicht aber unselbständige Hilfsrechte, die lediglich dienenden Charakter haben. Der „dingliche“ Charakter etwa des Pfandrechts ändert nichts daran, dass es sich um ein Sicherungsrecht handelt, das nicht als solches den Schutz des Art. 14 GG genießen kann, sondern nur in Beziehung auf die zu sichernde Forderung.32 Auf den Schutz ihrer (Insolvenz-) Forderungen können sich freilich mit gleichem Recht auch die ungesicherten Gläubiger berufen, so dass Art. 14 GG aus dieser Perspektive eher gegen die Vorrangstellung des gesicherten Gläubigers ins Feld geführt werden kann, weil das Insolvenzvorrecht die grundgesetzlich geschützten Forderungsrechte der ungesicherten Gläubiger beeinträchtigt.

C. Die Privatautonomie der Parteien des Sicherungsgeschäfts als Rechtfertigungsansatz Die Begründung für die insolvenzrechtliche Vorrangstellung des Sicherungsgebers könnte schließlich dem Sicherungsgeschäft selbst zu entnehmen sein. Ein solcher Ansatz setzt voraus, dass sich der Vorrang des gesicherten Gläubigers ausschließlich mit der Privatautonomie der Parteien legitimieren lässt. Inwieweit die Privatautonomie als Erklärungsansatz für die insolvenzrechtliche Vorrangstellung des Sicherungsnehmers trägt, kann nur beurteilt werden, wenn man untersucht, auf welche Weise im Einzelnen ein Sicherungsgeschäft das Selbstbestimmungsrecht des Sicherungsgebers verwirklicht. Diese Untersuchung (I.) wird ergeben, dass der Sicherungsgeber durch die Bestellung einer Sicherheit seine Eigentumsfreiheit betätigt. Dieser Zusammenhang vermag die nicht insolvenzspezifischen Wirkungen einer Sicherheit befriedigend zu erklären (II.). Die Verfügungsfreiheit des Sicherungsgebers kann jedoch nicht die insolvenzrechtlichen Wirkungen von Kreditsicherheiten – also den Vorrang des gesicherten Gläubigers vor den ungesicherten – rechtfertigen. Denn Verletzungen des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes können nicht auf die Verfügungsfreiheit des Schuldners gestützt werden (III.). Beeinträchtigungen der durch den Gleichbehandlungsgrundsatz vorgegebenen insolvenzrechtlichen Haftungsordnung sind vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn sie durch haftungsrechtlich äquivalente Vermehrungen des haftenden Vermögens kompensiert werden. Insofern wird in Abschnitt D. zur insolvenzrechtlichen 32 Gottwald, in: Leipold (Hrsg.), Insolvenzrecht im Umbruch, S. 197, 207; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 18.05. A. A. Seuffert, ZIP 1986, 1157 ff.; Engelhardt, ZIP 1986, 1287; K. Stern, in: Festschr. f. Helmrich, S. 737.

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Legitimation von Kreditsicherheiten auf den Gedanken der haftungsrechtlichen Surrogation zurückzugreifen sein.

I. Die Bestellung einer Sicherheit als Verwirklichung der grundgesetzlich gewährleisteten Privatautonomie Die „Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seinem Willen“33 – also die Verwirklichung der Privatautonomie – vollzieht sich in erster Linie durch das Institut des Vertrages.34 Auch der Bestellung eines Sicherungsrechts liegt ein Vertrag zugrunde, so dass die Parteien sich auf ihre Vertragsfreiheit berufen können. Allerdings betreffen Sicherungsgeschäfte über Sachsicherheiten immer auch die Eigentumsfreiheit,35 denn durch die Belastung seiner Sache verwirklicht der Eigentümer seine Befugnis, nach Belieben mit seinem Eigentum zu verfahren. Insofern bedingen sich hier Eigentums- und Vertragsfreiheit gegenseitig, da die Vertragsfreiheit nur so weit reichen kann, wie die Verfügung noch von der Eigentumsfreiheit gedeckt ist und sich umgekehrt die Eigentumsfreiheit nur verwirklichen kann, sofern die in Aussicht genommene Verfügung von der Vertragsfreiheit gedeckt ist. Diese spezielle Ausprägung der Vertragsfreiheit bei Verträgen, die das Eigentum betreffen, wird auch als „Verfügungsfreiheit“ bezeichnet.36 Vertrags- und Eigentumsfreiheit als Ausprägungen der Privatautonomie fallen bei der Bestellung von Sachsicherheiten daher unlösbar zusammen. Im Folgenden soll die Ansicht widerlegt werden, dass die Insolvenzfestigkeit dinglicher Sicherheiten deshalb anzuerkennen sei, weil die Privatautonomie in Gestalt der Eigentumsfreiheit es dem Eigentümer sogar gestatte, das Volleigentum an einen beliebigen Dritten (außerhalb der Insolvenz) schenkweise zu übertragen. Diesem Argument liegt ein (falscher) a maiore ad minus Schluss zugrunde: Wenn der Eigentümer das „ganze Bündel“ übertragen könne, dann müsse er erst recht nur einen Zweig aus diesem Bündel übertragen können.37 33 Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 1 1. Sinngemäß ebenso Bork, Allg. Teil, Rn. 99. Etwas enger Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil, Bd. 1, § 49 4.I., der Privatautonomie die Freiheit nennt, „seine Rechtsverhältnisse selbst durch Rechtsgeschäfte zu gestalten“. Ebenso Medicus, Allg. Teil, Rn. 175. Allerdings ist das Rechtsgeschäft nicht die alleinige Ausdrucksform der Privatautonomie, vgl. Bork, Allg. Teil, Rn. 100 Fn. 107. 34 Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 1 1; Larenz/Wolf, Allg. Teil, § 34 Rn. 22. 35 Zur Eigentumsfreiheit als Bestandteil der Privatautonomie: Bork, Allg. Teil, Rn. 100. Entsprechend beschreibt Kramer, in: MünchKomm-BGB, Vor § 145 Rn. 2, den Vertrag und das Privateigentum als die der liberalen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts korrespondierenden Rechtsideen. Zum Zusammenhang zwischen Freiheitsrechten und der Anerkennung des Privateigentums auch Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 51; Soergel/J. F. Baur, BGB, § 903 Rn. 140. 36 So etwa Larenz/Wolf, Allg. Teil, § 34 Rn. 22. 37 Schon Raiser, in: Festschr. f. Sontis, S. 167, 170 ff. hat gezeigt, dass die Bestellung einer

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Dem Eigentümer könne daher die Nutzbarmachung der Haftungsfunktion des Eigentums zum Zwecke der Kreditsicherung nicht grundsätzlich versagt werden.38 Die Rechtsordnung habe daher im Grundsatz auch solche Verträge zu respektieren, mit denen der Berechtigte die Haftungsfunktion vom Vollrecht abspaltet und auf einen Dritten überträgt.

II. Die Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Konsequenz der Prämisse der Privatautonomie Der so beschriebene a maiore ad minus Schluss vermag die dingliche Wirkung von Sicherungsrechten außerhalb der Insolvenz (oben § 2 A. I.) überzeugend zu erklären: Solange es dem Eigentümer gestattet ist, sein Eigentum durch vertragliche Verfügung vollständig auf einen Dritten zu übertragen, muss ihm diese Befugnis auch bezüglich eines abspaltbaren Teils seiner Berechtigung zustehen.39 Die Wirksamkeit der Bestellung wird von einer gegebenenfalls später erfolgenden Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Sicherungsgebers nicht berührt. Ebenso wie sonstige Verträge kann nur die Insolvenzanfechtung rechtsgeschäftliche Dispositionen des Schuldners vor Verfahrenseröffnung überwinden. Man könnte freilich daran denken, gegen die Bestandskraft vorkonkurslicher Verfügungen des Schuldners folgende Argumentation anzuführen: Der Anerkennung privatautonomer Dispositionen durch die Rechtsordnung liegt die Prämisse zugrunde, dass der Einzelne am besten seine Vermögens- und Haftungsverhältnisse zu steuern vermag. Der Eintritt der materiellen Insolvenz des Schuldners hat dagegen erwiesen, dass der Schuldner gerade nicht zur eigenverantwortlichen Steuerung seiner Haftungsverhältnisse in der Lage war,40 so dass diese Vorbedingung der Privatautonomie gerade nicht gegeben war. Insofern könnte daran gedacht werden, auch solche Vermögensdispositionen des Schuldners, die er vor Verfahrenseröffnung getroffen hat, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als nichtig zu behandeln. Denn aus der ex post Perspektive ergibt sich, dass für diese Dispositionen kein Geltungsgrund

dinglichen Sicherheit, also die Belastung des Eigentums mit einer solchen, nichts anderes ist als die zeitlich begrenzte Abspaltung der Verwertungsrechte, die im Eigentum enthalten sind. Siehe auch M. Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 1 Rn. 10. Zu einer Differenzierung des Eigentums in unterschiedliche Funktionen auch Jahr, in: Gedächtnisschr. f. Kunkel, S. 69, 72 ff. 38 So die Formulierung dieses Ansatzes bei Harris/Mooney, 80 Vanderbilt Law Review 2021 ff. 39 G. Paulus, ZZP 64 (1951), 169, 185. Auch G. Paulus bezieht diese Argumentation nur auf die Einzelzwangsvollstreckung. 40 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2.24.

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vorhanden war, da es dem Schuldner eben nicht gelungen ist, seine Vermögensverhältnisse so zu gestalten, dass der Zusammenbruch vermieden wird. Allerdings sprechen schon Verkehrs- und Vertrauensschutzargumente entscheidend dagegen, sämtliche Verfügungen, die der Schuldner vor Verfahrenseröffnung getroffen hat, als unwirksam zu behandeln und so faktisch sein gesamtes rechtliches Verhalten bis zur Stunde null rückabzuwickeln. Die Insolvenz zeitigt vielmehr nur in den Grenzen der Insolvenzanfechtung Rückwirkungen über die Verfahrenseröffnung hinaus. Vermögensdispositionen, die der Schuldner vor der Eröffnung des Verfahrens in Ausübung seiner Privatautonomie getroffen hat, sind daher vom Insolvenzrecht grundsätzlich zu respektieren41 und können allenfalls durch das Anfechtungsrecht überwunden werden. 42

III. Die Privatautonomie und die insolvenzrechtliche Haftungsordnung Fraglich ist aber, ob die Privatautonomie des Schuldners auch fruchtbar gemacht werden kann, um den Befriedigungsvorrang des gesicherten Gläubigers gegenüber den übrigen Gläubigern des Sicherungsgebers in dessen Insolvenz zu erklären.43 Das Insolvenzvorrecht des gesicherten Gläubigers darf dabei nicht mit der eben behandelten materiellrechtlichen Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts der Sicherungsbestellung verwechselt oder gleichgesetzt werden. Wie gezeigt wurde,44 kann das Bestehen eines Insolvenzvorrechts nicht unmittelbar aus dem Bestellungsakt eines dinglichen Rechts deduziert und zugleich hierdurch legitimiert werden, sondern bedarf als selbständige, insolvenzspezifische Wirkung einer Kreditsicherheit einer besonderen haftungsrechtlichen Rechtfertigung. Die insolvenzrechtliche Wirkung einer Kreditsicherheit, nämlich der Vorrang des gesicherten Gläubigers gegenüber den ungesicherten, lässt sich nicht mit dem beschriebenen a maiore ad minus Schluss rechtfertigen. Einem einzelnen Gläubiger einen Befriedigungsvorrang einzuräumen, ist etwas anderes (und eben nicht ein weniger) als die Übertragung des Vollrechts an diesen. Aus der nicht zu bestreitenden Befähigung eines Eigentümers, seine Sache vor Verfahrenseröffnung insolvenzfest einem Dritten zu übertragen, folgt insofern eben nicht zwingend die Befugnis, einem Dritten ein Befriedigungsvorrecht für den Fall der Insolvenz an dieser zu bestellen. 41 Goode/Stevens, Corporate Insolvency, Rn. 11–01; Tintelnot, Vereinbarungen für den Konkursfall, S. 20. 42 Siehe auch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 283 f.; ders., in: Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler, S. 267, 292, zur Zulässigkeit insolvenzrechtlicher Lösungsklauseln. 43 Dies bejaht Vuia, Die Verantwortlichkeit von Banken in der Krise des Unternehmens, S. 77 ff. et passim. 44 Oben, S. 227 ff.

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Schon die haftungsrechtlichen Wirkungen einer Übertragung des Vollrechts und der Bestellung einer Sicherheit sind vollkommen unterschiedlich: Die Veräußerung eines Gegenstands verändert seine vermögens- sowie seine haftungsrechtliche Zuordnung. Nicht nur ist der Erwerber kraft des Erwerbsvorgangs der (vermögensrechtliche) Inhaber des Gegenstands, dieser ist ihm auch haftungsrechtlich in dem Sinn zugeordnet, dass der Gegenstand nunmehr für die gegen den Erwerber gerichteten Forderungen haftet. Die Bestellung eines Sicherungsrechts beeinflusst dagegen gerade nicht die haftungsrechtliche45 Zuordnung des Sicherungsguts, denn auch nach der Verpfändung oder Sicherungsübereignung einer Sache haftet diese für die Verbindlichkeiten des Sicherungsgebers46 – freilich in erster Linie für dessen Verbindlichkeiten gegenüber dem Sicherungsnehmer. Der in diesem Zusammenhang entscheidende Unterschied zwischen der Übertragung des Vollrechts und der Bestellung eines Sicherungsrechts liegt darin, dass mit der Begründung eines Sicherungsrechts die Veränderung der gesetzlich bestimmten insolvenzrechtlichen Haftungsordnung bezweckt wird. Hinsichtlich der insolvenzrechtlichen Bevorrechtigung des gesicherten Gläubigers ist der Schluss von der Privatautonomie der Parteien auf die insolvenzrechtliche Vorrangstellung des Sicherungsnehmers unzulässig, da sich das dem Sicherungsgläubiger zustehende Vorrecht im Insolvenzverfahren auf Kosten der ungesicherten Gläubiger verwirklicht. Hudson beschreibt diese Janusköpfigkeit vertraglicher dinglicher Sicherheiten wie folgt: „From one perspective a secured loan is the outcome of a bargain freely undertaken between two agents to the benefit of both. From this perspective there seems no need to set institutional constraints on the bargain. From a different perspective, however, it represents a bargain between two agents that in the event of bankruptcy one of these agents will be favoured over all other creditors.“47

Besonders prägnant charakterisiert LoPucki die Bestellung einer Sicherheit daher als „[A]n agreement between A and B that C take nothing.“48

45 Ob die Bestellung eines Sicherungsrechts die vermögensrechtliche Zuordnung verändert, hängt von seiner Konstruktion ab: Beim Pfandrecht bleibt der Pfandschuldner Eigentümer, beim Sicherungseigentum ist das Sicherungsgut dagegen vermögensrechtlich dem Sicherungsnehmer zugeordnet. 46 Dies zeigt sich unter anderem darin, dass der Sicherungsgeber Zwangsvollstreckungen von Gläubigern des Sicherungsnehmers mit der Drittwiderspruchsklage abwehren kann, statt aller BGH, Urt. v. 28. 6. 1978, BGHZ 72, 141, 146; MünchKomm-ZPO/K. Schmidt, § 771 Rn. 28. Entsprechend kann der Sicherungsgeber in der Insolvenz des Sicherungseigentümers das Sicherungsgut aussondern, MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 53. 47 15 International Review of Law & Economics 47, 49. 48 80 Vanderbilt Law Review 1887, 1899.

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1. Kreditsicherheiten als Verträge zu Lasten Dritter? Der Anerkennung von Kreditsicherheiten kann dennoch nicht das Verbot des Vertrags zu Lasten eines Dritten49 entgegen gehalten werden.50 Sicherungsrechte lassen sich richtigerweise nicht unter die Tatbestandsmerkmale des Vertrags zu Lasten Dritter subsumieren. Denn dieser Begriff erfasst nur die schuldrechtliche Verpflichtung eines am Vertrag unbeteiligten Dritten zu einem bestimmten Verhalten.51 Insoweit ist der „Vertrag zu Lasten Dritter“ nichts anderes als das Pendant zum Institut des Vertrags zu Gunsten eines Dritten nach §§ 328 ff. BGB.52 Da die durch Sicherungsgeschäfte erzeugte Benachteiligung der ungesicherten Gläubiger aber nicht in einer „final und unmittelbar“ begründeten Verpflichtung besteht, sind sie folglich auch nicht als Verträge zu Lasten Dritter im technischen Sinn zu qualifizieren.53 Dass nur ein derartiges formales Verständnis dem Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter gerecht wird, ergibt sich daraus, dass in einer Marktordnung sonstige faktische oder wirtschaftliche Benachteiligungen, die ein Dritter infolge eines zwischen zwei anderen geschlossenen Vertrags erleidet, grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit dieses Rechtsgeschäfts führen können; gerade hierdurch verwirklicht sich der Wettbewerb.54 Die Beeinträchtigung der Interessen eines Wettbewerbers durch einen Vertrag – etwa den Erwerb einer ausschließlichen Lizenz, den Abschluss mit einem bestimmten Großabnehmer, aber auch die Vergabe von Mieträumen gerade an den einen und nicht an den anderen Interessenten – ist somit eine typische und häufig geradezu intendierte Wirkung eines Rechtsgeschäfts, die für sich genommen nicht zu seiner Unzulässigkeit 49 BGH, Urt. v. 9. 4. 1970, BGHZ 54, 145, 147; Urt. v. 8. 11. 1973, BGHZ 61, 359, 361; Urt. v. 10. 2. 1977, BGHZ 68, 228, 231 ff.; Urt. 14. 7. 1995, NJW 1995, 3183, 3184; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, S. 148; Larenz, Schuldrecht I, S. 233; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I (6. Aufl.), S. 587; MünchKomm-BGB/Gottwald, § 328 Rn. 172; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteresse, S. 26 Fn. 1. Umstritten ist nach wie vor die Vereinbarkeit einer Verpfl ichtungsermächtigung analog § 185 BGB mit dem Unmittelbarkeitsprinzip der §§ 164 ff. BGB. Von der ganz herrschenden Meinung wird eine Verpflichtungsermächtigung nicht anerkannt: BGH, Urt. v. 20. 3. 1991, BGHZ 114, 96, 100; Staudinger/Schilken, BGB, Vorbem zu §§ 164 ff. Rn. 70 f.; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 29; PWW/Frensch, BGB, § 185 Rn. 17. Umstritten ist, ob man das Verbot des Vertrags zu Lasten Dritter unter Rückgriff auf das Verfassungsrecht herleitet oder ob man es aus einer der Privatautonomie immanenten Begrenzung entnimmt. Zu dieser Diskussion einerseits Laufke, Festschr. f. Lehman, S. 145, 170, der das Verbot verfassungsrechtlich begründet; andererseits Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 1 10.a) Fn. 20, der die Nichtanerkennung von Verträgen zu Lasten Dritter für eine Selbstverständlichkeit hält. 50 So aber Henckel, Referat auf dem 51. DJT, Bd. II, O 8, O 11, der den Begriff allerdings wohl in einem untechnischen Sinn verwendet. 51 Vgl. die in Fn. 49 Genannten. 52 Vgl. insbesondere Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteresse, S. 30. 53 Ebenso Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 235. 54 Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 26 f.

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führen kann. Wenn sich also die Benachteiligung der ungesicherten Gläubiger darin erschöpfte, dass sie infolge der Bevorrechtigung der gesicherten Gläubiger eine geringere Quote auf ihre Insolvenzforderung erhalten, böte diese Verkürzung der wirtschaftlichen Interessen keine Veranlassung, die Wirksamkeit dinglicher Sicherheiten zu beschränken: Die bloße Quotenverkürzung greift nicht in geschützte Rechtspositionen des ungesicherten Gläubigers ein.

2. Insolvenzfeste Kreditsicherheiten und der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz Die Bedenken gegen die Insolvenzfestigkeit von Kreditsicherheiten rühren vielmehr daher, dass die Einräumung eines Befriedigungsvorrechts den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.55 Weil der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz mehr ist als eine bloße Verteilungsregel, er vielmehr der ausgleichenden Gerechtigkeit zwischen den Insolvenzgläubigern dient, die das Verhältnis der Insolvenzgläubiger untereinander betrifft, vermag die Privatautonomie des Schuldners keine Legitimation für die Verletzung dieser Insolvenzgerechtigkeit zu liefern.56 Jedes Insolvenzrecht kennt das Prinzip der par conditio creditorum.57 Danach haftet das Vermögen des Insolvenzschuldners, also die Insolvenzmasse, den Gläubigern grundsätzlich zu gleichen Teilen relativ zur Höhe ihrer Forde55 A. A. Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 135. Er räumt aber ein, dass man auf der Grundlage des von Häsemeyer entwickelten und hier übernommenen Verständnisses vom Gleichbehandlungsgrundsatz zu einem anderen Ergebnis kommt. Guskis These von der Vereinbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes mit insolvenzfesten Sicherungsrechten dürfte aber selbst auf Grundlage seines Verständnisses des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zutreffend sein. Guski berücksichtigt nach meiner Ansicht nicht genügend die insolvenzspezifische Funktion jeder Kreditsicherheit, selbst wenn diese lange vor dem Eintritt der materiellen Insolvenz bestellt wurde. Der von Guski betonte „zeitliche Bezug“ zwischen Bestellung der Sicherheit und materieller Insolvenz wird durch die auf die Insolvenz ausgerichtete Funktion eines Sicherungsrechts hergestellt. 56 A. A. Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 24, der allerdings mit der herrschenden Meinung den Gleichbehandlungsgrundsatz ausschließlich als Verteilungsmaßstab versteht. Gegen diese Sichtweise sogleich im Text. 57 Zur weltweiten Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes: Fletcher, Insolvency in Private International Law, Rn. 1.08; Allan/Drobnig, RabelsZ (1980) 44, 615, 616. Zur Gläubigergleichbehandlung im europäischen Insolvenzrecht Dirix, in: Divergences of Property Law, S. 69, 70; Wiórek, Das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung im Europäischen Insolvenzrecht (2005). Siehe im englischen Recht Section 107 Insolvency Act 1986 und Rule 4.181 (1) Insolvency Rules 1986. Für das deutsche Recht ist umstritten, ob sich aus der Formulierung in § 1 InsO die Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger als Verfahrensziel ergibt. So R. Stürner, in: MünchKomm-InsO, Einleitung, Rn. 62; aA Jaeger/Henckel, InsO, § 1 Rn. 6; Heidelberger Kommentar/Kirchhof, InsO, § 1 Rn. 4; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 61. Fraglos liegt der Gleichbehandlungsgrundsatz zahlreichen Vorschriften der InsO implizit zugrunde, so etwa §§ 88, 92, 96, 129–132, 195 InsO.

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rungen.58 Berechtigung und Reichweite dieses Prinzips sind bislang vergleichsweise wenig untersucht worden, wobei sich dies in jüngerer Zeit ändert.59 Die entscheidende Frage, von deren Antwort insbesondere die Grundzüge der Behandlung dinglicher Sicherheiten in der Insolvenz abhängt, ist, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz eine bloße Verteilungsregel ist, die nur dann zum Zuge kommt, sofern keine irgendwie gearteten Differenzierungskriterien eingreifen, oder ob ihm ein eigener Gerechtigkeitsgehalt innewohnt, so dass eine Durchbrechung des Gleichbehandlungsgrundsatzes besonderer Rechtfertigung bedarf. a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz als einfache Ordnungsund Verteilungsregel Die Charakterisierung des Gleichbehandlungsgrundsatzes als bloße Verteilungsregel entspricht dem nur selten in Frage gestellten Verständnis der par conditio creditorum als insolvenzrechtlicher Ausprägung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes. 60 In Bezug auf die Verteilung nicht ausreichend vorhandener Güter besagt dieser, dass jeder Berechtigte zu gleichen Anteilen zu befriedigen ist, es sei denn, er kann ein sachlich begründetes Vorrecht in Anspruch nehmen. 61 Der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wäre danach die bloße Konsequenz aus der Tatsache, dass die Masse nicht zur voll-

58 A. A. Mokal, 60 Cambridge Law Journal 581 ff. Mokal hält die pari passu-Regel für ein Märchen („myth“). Die Durchbrechungen dieses Grundsatzes seien so zahlreich und weitreichend, dass die Gleichbehandlung als Prinzip keinen Erklärungswert besitze. Auch als Ideal sei er nicht geeignet. Mokal versteht den Gleichbehandlungsgrundsatz allerdings nur – wie allerdings die große Mehrheit der Autoren – als ein formales Verteilungsprinzip. Als solches ist der Gleichbehandlungsgrundsatz in der Tat weder eine zutreffende Charakterisierung des status quo noch ein insolvenzrechtliches Ideal, das aus sich heraus eine besondere Legitimität beanspruchen könnte. Wie sogleich unter b) zu zeigen sein wird, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz vielmehr ein materielles Prinzip, dem eine wechselseitige Haftung der Insolvenzgläubiger mit ihren Forderungen zugrunde liegt. 59 Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 61 ff.; Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 118 ff. Guski begründet den Gleichbehandlungsgrundsatz rechtsethisch. Gegen eine derartige Fundierung wird man mit Mokal einwenden müssen, dass es wenig überzeugend ist, von einem „rechtsethischen Grundprinzip“ zu sprechen, wenn man andererseits konstatieren muss, dass in der Praxis die Gläubiger gerade nicht gleichbehandelt werden. Dass die praktische Ausnahme ein rechtsethisches Grundprinzip sein soll, kann nicht überzeugen. Guski ist allerdings zuzugeben, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz der Verwirklichung einer spezifischen Insolvenzgerechtigkeit dient. 60 Zur historischen Tradition dieses Verständnisses des Gleichbehandlungsgrundsatzes Häsemeyer, KTS 1982, 507, 511 ff. 61 So etwa MünchKomm-InsO/R. Stürner, Einleitung Rn. 1, 77, der auch die verfassungsrechtlichen Bezüge des so verstandenen Gleichbehandlungsgrundsatzes betont. Siehe ferner Prütting, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 221 Rn. 56; ders., in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, Einleitung Rn. 58.

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ständigen Befriedigung aller Gläubiger genügt, 62 so dass ein Verteilungsmaßstab notwendig ist, um eine geordnete Haftungsabwicklung zu gewährleisten. Hierbei ist auf die Regel der anteiligen Befriedigung als Grundprinzip zurückzugreifen, soweit keine anderen vorrangigen Gesichtspunkte eingreifen. Von einer solchen Verteilungsregel werden somit nur diejenigen erfasst, die keine Sonderrechte an den zu verteilenden Gütern begründet haben. Soweit also die Rechtsordnung Sonderrechte zulässt und schon hierdurch eine Haftungsordnung hergestellt wird, kann sich ihr Inhaber auf ein zulässiges Differenzierungskriterium berufen und ist somit nicht der Gleichbehandlung unterworfen. Für unsere Fragestellung ist entscheidend, dass dieses Verständnis des Gleichbehandlungsgrundsatzes als bloßer Mangelverteilungsmaßstab vollkommen offen lässt, welche Fälle gleich und welche ungleich zu behandeln sind. 63 Diese Differenzierung wäre vielmehr dem Gesetzgeber überlassen, der sich bei der Schaffung oder Gewährung solcher Vorrechte von seinen Vorstellung einer gerechten Verteilung leiten lassen könnte. Er müsste bei dieser auf den Verteilungsaspekt beschränkten Sichtweise insbesondere keine Bindungen berücksichtigen, die sich aus dem Verhältnis der Gläubiger zueinander ergeben. Dieses herrschende Verständnis des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat in vielen Rechtsordnungen zu einem weitgehenden Funktionsverlust dieses Prinzips infolge der Schaffung immer neuer Vorrechte geführt. 64 Die Gruppe derjenigen, die gleich behandelt werden, hat sich im Zuge dieser Entwicklung immer weiter verkleinert, denn (mehr oder weniger überzeugende) Differenzierungskriterien kann der Gesetzgeber theoretisch in beliebiger Zahl schaffen. 65 Zugleich wird der Pool des Vermögens, das der gleichmäßigen Verteilung unter62 Symptomatisch für eine solche Sichtweise McCormack, Secured Credit, S. 5, der von „equality of misery“ spricht. Verbreitet wird auch auf das sog. „common pool problem“ verwiesen, so etwa Fletcher, Insolvency in Private International Law, Rn. 1.08. Besonders deutlich wird dieses Verständnis auch bei Eidenmüller, Unternehmenssanierung, S. 598, der das Verhältnis der Insolvenzgläubiger mit dem Verhältnis mehrerer Gläubiger von Vorratsschulden vergleicht, bei denen der Vorrat nicht zur Befriedigung sämtlicher Forderungen genügt. Das Reichsgericht hatte in einem solchen Fall den Schuldner freilich für berechtigt und verpflichtet gehalten, die Ansprüche jeweils nur quotal zu befriedigen, RGZ 84, 125, 128. Auch Brehm, DGVZ 1986, 97, 99 f. nennt den Gleichbehandlungsgrundsatz ein formales Rechtsprinzip. Weitere Nachweise bei Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 63 Fn. 306, der seinerseits eine ökonomische Rechtfertigung unternimmt, welche im Kern darauf abstellt, dass die ungesicherten Gläubiger sich auf eine pro rata-Befriedigung verständigt hätten, a.a.O., S. 64. Mit diesem Modell kann m. E. die Einbeziehung der unfreiwilligen Gläubiger in die insolvenzrechtliche Haftungsordnung nicht überzeugend erklärt werden. 63 MünchKomm-InsO/R. Stürner, Einleitung, Rn. 62, nennt dies den „Grundwiderspruch, wie er für den Gleichheitssatz typisch“ sei. Ders., NZI 2005, 597. 64 Vgl. für das deutsche Recht schon Hanisch, ZZP 90 (1977), 1. Vgl. für das englische Recht Goode/Stevens, Corporate Insolvency, Rn. 2–16. Eine Verbesserung hat insoweit allerdings die Abschaffung der Crown Preferences durch den Enterprise Act 2002 gebracht, siehe oben, S. 65. 65 (Schlechtes) Beispiel ist der zum Glück gescheiterte Versuch des deutschen Gesetzgebers, das Fiskusprivileg aus § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO wieder einzuführen.

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liegt, durch die Gewährung von Vorrechten ausgezehrt. In Deutschland war es bekanntlich auch eines der Hauptanliegen des Gesetzgebers, den Gleichbehandlungsgrundsatz im Zuge der Insolvenzrechtsreform insbesondere durch die Abschaffung der Gläubigerklassen nach § 61 Abs. 1 KO zu stärken. 66 Auch die InsO belässt es jedoch bei der Ungleichbehandlung von gesicherten und ungesicherten Gläubigern. Wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz tatsächlich nur ein formales Prinzip wäre, das lediglich bei der Abwesenheit beliebig vermehrbarer Differenzierungskriterien Geltung beanspruchen kann, wäre hiergegen aus normativer Sicht nichts zu erinnern, denn dann wäre die Frage, ob und gegebenenfalls welche Gläubigergruppen zu bevorzugen sind, ausschließlich rechtspolitischer Natur. Allenfalls könnte mit Instrumenten der ökonomischen Analyse des Rechts gefragt werden, wie unter Effizienzgesichtspunkten eine Vorrechtsordnung ausgestaltet sein sollte.67 Es ließen sich jedoch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz keine Kriterien ableiten, die für die Anerkennung eines Insolvenzvorrechts erfüllt sein müssten. b) Der Gleichbehandlungsgrundsatz als Ausfluss der Umsetzungen im Schuldnervermögen Insbesondere Häsemeyer deutet den Gleichbehandlungsgrundsatz allerdings nicht nur als ein bloßes Verteilungsprinzip, sondern als Ausprägung der ausgleichenden Gerechtigkeit zwischen den Gläubigern des Insolvenzschuldners. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht lediglich der nächstliegende Verteilungsmaßstab bei Befriedigung mehrerer aus einer unzureichenden Vermögensmasse. Nach Häsemeyer ist der Gleichbehandlungsgrundsatz vielmehr der Ausgleich für den Einfluss der Gläubiger auf das schuldnerische Vermögen vor Verfahrenseröffnung, von dem mittelbar auch die Rechtsverhältnisse der Mitgläubiger betroffen waren. 68 Dieser „Einfluss“ ist freilich nicht mit einer „Verantwortung“ der Gläubiger für die Insolvenz des Schuldners aufgrund eines zurechenbaren Verhaltens zu verwechseln. 69 Es geht vielmehr um einen Ausgleich der vermögensmäßigen Auswirkungen, die daraus entstanden sind, dass der spätere Insolvenzschuldner einem anderen etwas schuldig geworden ist. Diese Auswirkungen können etwa Investitionen oder Schuldtilgungen sein, die mit den dem Schuldner gewährten Darlehensmitteln vorgenommen wurden. Aber auch der Arbeitnehmer nimmt durch seine Vorleistung auf das Vermögen 66 Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 81. 67 So Eidenmüller, in: The Future of Secured Credit, S. 273, 274. 68 Grundlegend KTS 1982, 507 ff., insbes. 517; ders., in: Neuordnung des Konkurs- und Vergleichsrechts, S. 78, 82 ff. Der Konzeption Häsemeyers zustimmend Smid, Insolvenzrecht, § 1 Rn. 22. 69 Insoweit missverstehen Dorndorf, Kreditsicherung und Wirtschaftsordnung, S. 44, und Chr. Berger, ZZP 2008, 407, 414, den Ansatz von Häsemeyer.

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des Arbeitgebers Einfluss, und selbst bei Ansprüchen aus Eingriffskondiktion oder bei Vermögensdelikten wird das Erlangte im Vermögen des späteren Schuldners umgesetzt, so dass auch hier eine objektive Einflussnahme nachzuweisen ist. Diese nicht mehr rückgängig zu machenden Umsetzungen erfordern nach Häsemeyer einen haftungsrechtlichen Ausgleich der Insolvenzgläubiger untereinander. Die Insolvenzgläubiger haften nach seinem Verständnis einander mit ihren Forderungen, so dass derjenige, der den stärksten Einfluss auf das Vermögen des Schuldners genommen hat, der also die höchste Insolvenzforderung besitzt, auch den höchsten Haftungsbeitrag leistet und so den größten Verlust erleidet. Die Gleichbehandlung betrifft nach diesem Verständnis nicht die zweiseitige Beziehung der Insolvenzgläubigergesamtheit in ihrem Verhältnis zur Masse, sondern die Verhältnisse aller Gläubiger untereinander. Der Gleichbehandlungsgrundsatz stellt somit eine rechtliche Beziehung der Insolvenzgläubiger untereinander her, die zu einer wechselseitigen Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger mit ihren Forderungen führt. In diesen Ausgleich sind nach Häsemeyer grundsätzlich alle Gläubiger des Insolvenzschuldners einzubeziehen. Insbesondere sei nicht danach zu differenzieren, ob es sich bei der betreffenden Insolvenzforderung um eine vertraglich oder gesetzlich begründete Verbindlichkeit handelt, oder ob im Gegenzug zur Schuldbegründung auch etwas in die Masse hineingelangt ist.70 Auch Deliktsund Bereicherungsgläubiger nehmen nach Häsemeyer am haftungsrechtlichen Ausgleich teil, obwohl diese unfreiwillig zu Gläubigern geworden sind.71 Denn auch die Mittel, die sich der Schuldner durch ein Delikt oder einen bereicherungsrechtlichen Eingriff verschafft hat, seien in seinem Vermögen umgesetzt worden, indem mit ihnen etwa Anzahlungen an Dritte geleistet wurden, so dass sich auch dieser vermögensmäßige Einfluss nicht mehr rückrechnen lasse.72 Brehm73 hat gegen diese Sichtweise eingewendet, dass das Ausmaß des Gläubigereinflusses unterschiedlich hoch sei. Anders als Häsemeyer will Brehm zur Messung des Gläubigereinflusses nicht lediglich auf die Forderungshöhe abstellen, sondern insbesondere bei Gläubigern von Bereicherungsansprüchen danach fragen, ob die ungerechtfertigte Bereicherung zu einer unberechtigten Besserstellung der Insolvenzgläubiger geführt habe. Sei dies zu bejahen, sei ein Vorrecht für den Inhaber des Anspruchs angemessen.74 In der Konsequenz des Brehmschen Ansatzes läge es, für jeden Gläubiger und für jede Forderung zu fragen, wie er bzw. sie die Vermögenslage des Schuldners beeinflusst hat. Man 70

Häsemeyer, KTS 1982, 1, 13. Dies berücksichtigt m. E. der von Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 64 vertretene Ansatz nicht hinreichend. 72 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2.27. 73 in: Festschr. f. Jelinek, S. 15, 25. 74 A.a.O., S. 29. 71

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müsste also etwa die Verwendung der vom Gläubiger dem Schuldner überlassenen Mittel nachvollziehen, um den insolvenzrechtlichen Status der Forderung beurteilen zu können. Die Probleme, die mit einem solchen Verfahren einhergehen, liegen auf der Hand, stellen sich doch heikle Beweisfragen, die um so größer sind, je weiter der bereichernde Vorgang zurück liegt.75 Nach Häsemeyer bedarf es dagegen gar keiner Messung des Einflusses, den der einzelne Gläubiger genommen hat. Es genügt, dass über die Forderungshöhe eine Quantifizierung möglich ist. Eine Rückrechnung – wie Brehm sie jedenfalls für Bereicherungsgläubiger vorschlägt – ist nach Häsemeyer weder erforderlich noch möglich, weil die Umsetzungen, die der Schuldner unter Betätigung seiner Privatautonomie vor Verfahrenseröffnung getroffen hat, eine solche Einzelbetrachtung des Schicksals eines einzelnen Vermögenswerts, die einer „Atomisierung“ des Schuldnervermögens gleichkomme, ausschließen.76 Soweit Befriedigungen oder sonstige Deckungen, die der Schuldner vor Verfahrenseröffnung einzelnen Gläubigern gewährt hat, unanfechtbar sind, können sie eben nicht „neu aufgerollt“ werden, 77 da insoweit das Prioritätsprinzip gilt. Nur für den durch die Anfechtungsvorschriften abgegrenzten Zeitraum der Krise ist eine Rückabwicklung möglich.78 Keinesfalls ergibt sich aus der Ansicht von der wechselseitigen Ausgleichshaftung ein Bedürfnis nach der vollständigen Rückabwicklung der vom Schuldner vorgenommenen Umsetzungen. Dingliche Kreditsicherheiten deutet Häsemeyer als zwischen Schuldner und Gläubiger vereinbarte Freistellungen des gesicherten Gläubigers von der Teilnahme an der wechselseitigen Ausgleichshaftung. Solche Freistellungen sind nach seinem Verständnis unzulässig, 79 da die wechselseitige Ausgleichshaftung eine Legalhaftung sei, die nicht zur privatautonomen Disposition des Insolvenzschuldners stehe. 80 Die vor Verfahrenseröffnung unbeschränkte Privatau75 Die Beweisprobleme sind Brehm selbstverständlich bewusst, ders., in: Festschr. f. Jelinek, S. 15, 29. 76 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2.27. Dieser Ansatz zur Erklärung des Gleichbehandlungsgrundsatzes lässt allerdings sehr wohl eine insolvenzrechtliche Bevorzugung solcher Gläubiger zu, deren Forderungen nachweislich zu keinen Umsetzungen geführt haben. Dies sind insbesondere die Inhaber von Schadensersatzansprüchen, durch deren Begründung der Schuldner in keiner Weise einen Vermögensvorteil erlangt hat. So verhält es sich etwa für die Opfer deliktischer Körperverletzungen, vgl. Häsemeyer, KTS 1982, 507, 570. 77 Anders Chr. Berger, ZZP 2008, 407, 414, der meint, dass dies in der Konsequenz des Häsemeyerschen Ansatzes läge. 78 Der Gleichbehandlungsgrundsatz, der erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Prioritätsprinzip verdrängt, wird durch die §§ 130, 131 InsO auf Rechtshandlungen vor Verfahrenseröffnung erstreckt. Inwieweit § 132 InsO der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dient, ist umstritten. Verneinend Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 421 ff. Auch das Verhältnis von § 135 InsO zum Gleichbehandlungsgrundsatz ist ungeklärt. Thole, a.a.O., S. 394 ordnet diesen der Gläubigerkonkurrenzanfechtung zu und rückt die Vorschrift damit in die Nähe der §§ 130, 131 InsO. 79 Häsemeyer, KTS 1982, 507, 570. 80 A.a.O., 532.

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tonomie des Insolvenzschuldners gebe für die Anerkennung dinglicher Sicherheiten nichts her, da der durch diese verletzte Gleichbehandlungsgrundsatz das Innenverhältnis der Insolvenzgläubiger untereinander betreffe, so dass der Insolvenzschuldner insoweit keine Rechtszuständigkeit besitze. c) Der Gleichbehandlungsgrundsatz als Ausprägung des wirtschaftsrechtlichen Leistungsprinzips Auch Dorndorf löst – insoweit wie Häsemeyer – den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz von seinen Bezügen zur Verteilungsgerechtigkeit und deutet ihn stattdessen als Ausprägung der iustitia commutativa.81 Er sieht allerdings die Rechtfertigung für die Gleichbehandlung nicht in dem Einfluss, den die Gläubiger entsprechend ihrer Forderungshöhe auf das schuldnerische Vermögen genommen haben, sondern in den von ihnen erbrachten Leistungen. Für die Bewertung der Leistungen seien grundsätzlich die ex ante von Schuldner und Gläubiger vorgenommenen Bewertungen heranzuziehen. Es sei nicht danach zu fragen, welchen Wert die Leistung des Gläubigers im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Masse habe, sondern nur danach, welchen Wert die Parteien ihr bei Forderungsbegründung zugemessen hätten. Hierin liege die Erklärung dafür, dass es für den Umfang des Teilnahmerechts des Gläubigers auf die Höhe seiner Forderung ankommt. Insofern führe der Gleichbehandlungsgrundsatz nur zu einer formalen Gerechtigkeit in dem Sinn, dass die Gläubiger nicht entsprechend dem wahren oder objektiven Wert ihrer Leistung befriedigt werden, sondern entsprechend dem seinerzeit von den Parteien angesetzten Wert. 82 Die für unseren Zusammenhang entscheidende Konsequenz dieses Ansatzes liegt in der Behandlung der dinglichen Sicherungsrechte. Dorndorf bezieht in die formale Bewertung der Leistungen auch die Tatsache ein, dass der Gläubiger sich für seine Leistung eine Sicherheit hat bestellen lassen. Zwar führe die Besicherung eines Kredits nicht dazu, dass dieser für den Schuldner von höherer Qualität sei. Allerdings müssten auch insoweit die von Schuldner und Gläubiger vorgenommenen Äquivalenzbewertungen akzeptiert werden. Der Gläubiger sei eben nur bereit gewesen, Geld gegen Gewährung einer Sicherheit zu verleihen, und habe im Gegenzug möglicherweise auf eine höhere Verzinsung verzichtet. Daher sei die Anerkennung dieser Sicherheit in der Insolvenz nicht lediglich ein Gebot der wirtschaftspolitischen Zweckmäßigkeit, sondern der 81

Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 44. Insoweit hängt der Ansatz Dorndorfs eng mit dem – ebenfalls formalen – Konzept der Vertragsgerechtigkeit zusammen. Deutlich wird dies, wenn Dorndorf formuliert: „Leistungsgerechtigkeit als wirtschaftsrechtlicher Gerechtigkeitsbegriff hat nur zum Inhalt, dass das unter Marktbedingungen vereinbarte Äquivalenzverhältnis seine Rechtfertigung in sich trägt.“ A.a.O., S. 48. 82

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Gerechtigkeit im formalen Sinn. 83 Der Vorrang der gesicherten Gläubiger sei deshalb auch kein Widerspruch zum Gleichbehandlungsgrundsatz, sondern die Folge des (auch) dem Gleichbehandlungsgrundsatz zugrunde liegenden Leistungsprinzips. Da es dem gesicherten Gläubiger gelungen ist, für seinen Kredit günstigere Bedingungen auszuhandeln, sei es in einer Marktordnung geradezu geboten, ihn gegenüber solchen Gläubigern, denen dieses nicht gelungen ist, zu bevorzugen. Schlüge man den gesicherten Gläubigern ihre Sicherheit im Insolvenzverfahren aus der Hand, benachteilige man sie sogar, da sie eines Vorteils beraubt werden, den sie sich – sei es durch Verzicht auf höhere Zinsen, sei es durch ihre stärkere Verhandlungsposition – erstritten hätten. d) Stellungnahme Gegen den Dorndorfschen Ansatz mag man zunächst anführen, dass er in Bezug auf Insolvenzgläubiger mit gesetzlich begründeten Forderungen nicht einmal „formale Gerechtigkeit“ herzustellen vermag. Dorndorfs entscheidende Kategorie des „vereinbarten Äquivalenzverhältnisses“ ist auf solche Gläubiger schlicht nicht anwendbar, so dass sein Ansatz auch nicht deren Einbeziehung in den Gleichbehandlungsgrundsatz und insbesondere ihre Zurücksetzung hinter die gesicherten Gläubiger zu erklären vermag. Dorndorf ist sich der insoweit beschränkten Reichweite seines Ansatzes durchaus bewusst, hält aber die Behandlung der deliktischen Gläubiger für ein sekundäres Problem, das sich durch eine Ausnahmevorschrift regeln ließe. 84 Noch grundlegender spricht gegen seine Theorie, dass ihr ein unzulässiger Schluss vom Ist- auf den Soll-Zustand zugrunde liegt: Die Anerkennung dinglicher Sicherheiten auch in der Insolvenz ist nach Dorndorf deshalb geboten, weil die Parteien eines Darlehensvertrags bei der Bestimmung des angemessenen Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung dingliche Sicherheiten berücksichtigen. Dass die Parteien unter dem geltenden Recht eine dingliche Sicherheit bei der Bewertung der Leistung des Gläubigers berücksichtigen, kann nicht bestritten werden und ist angesichts der Insolvenzfestigkeit der Sicherheiten nach der lex lata ein rationales Verhalten. Dieser Ist-Zustand vermag aber nichts über den Soll-Zustand auszusagen. In einer fiktiven Rechtsordnung, die dingliche Sicherheiten in der Insolvenz nicht anerkennt, fiele auch deren Bewertung bei der ex ante Bestimmung des angemessenen Äquivalenzverhältnisses entsprechend schwächer aus. 85 Daher ist das von den Parteien festgelegte Äquivalenzverhältnis insoweit ohne jeden Erkenntniswert bei der Frage der richtigen Behandlung der Sicherheiten in einem künftigen Recht. Es ist viel83

A.a.O., S. 47 ff. A.a.O. S. 44. Zur Notwendigkeit einer Sonderbehandlung deliktischer Gläubiger siehe unten, S. 303 ff. 85 Gegen Dorndorf auch Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 133 f. 84

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mehr nur ein Spiegel der jeweiligen gesetzgeberischen Entscheidung zur Insolvenzfestigkeit dinglicher Sicherheiten: Sind diese insolvenzfest, kommt ihnen ein hoher Wert zu, sind sie es nicht, ist er entsprechend geringer. Indem man den Gedanken der Leistungsgerechtigkeit heranzieht, mag man zwar erklären können, warum gerade die Forderungshöhe der entscheidende Verteilungsmaßstab für die Insolvenzmasse ist und nicht etwa eine Verteilung nach Köpfen stattfindet, die die Inhaber kleiner Forderungen begünstigen würde. 86 Aber ebenso wenig wie der herrschenden Meinung gelingt es Dorndorf, das Verständnis des Gleichbehandlungsgrundsatzes von der Aktivseite der Forderungen zu lösen. Auch er geht insofern wie die herrschende Meinung vom Gläubigerrecht aus und erklärt die Gleichbehandlung als die gleichmäßige Befriedigung der Forderungen. Der Häsemeyersche Ansatz stellt demgegenüber die Verluste der Insolvenzgläubiger in den Vordergrund und deutet die Gleichbehandlung als eine gleichmäßige Zuweisung der Verluste, welche die Gläubiger bei der Befriedigung aus dem schuldnerischen Vermögen erleiden. Dass diese auf die Passivseite abstellende Sicht nicht einfach die Kehrseite zu einer an der Befriedigung orientierten Perspektive ist, wird deutlich, wenn man an die Behandlung von Zahlungen denkt, die ein Insolvenzgläubiger über die Insolvenzquote hinaus auf seine Forderung erhalten hat. Einigkeit besteht darüber, dass er diese Überzahlungen an die Masse auszukehren hat, damit sie dem Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechend an alle Insolvenzgläubiger verteilt werden können. 87 Warum es aber für die Mehrzahlung an einem Rechtsgrund fehlen soll, können die zweiseitige Sicht der herrschenden Meinung und auch der Dorndorfsche Ansatz nicht erklären: Im Verhältnis zum Insolvenzschuldner besteht der Rechtsgrund für die Befriedigung in voller Höhe fort, so dass die Voraussetzungen einer Leistungskondiktion nicht vorliegen. 88 Gewiss widerspricht die überquotale Befriedigung dem Gebot der gleichmäßigen Verteilung der Insolvenzmasse, unklar bleibt aber, woraus sich ein Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters ergeben soll. Mit dem Gedanken der wechselseitigen Ausgleichshaftung fällt die Erklärung dagegen relativ leicht: Die Insolvenzgläubiger haften einander mit ihren Insolvenzforderungen, soweit die 86 So wird etwa bei der Verteilung des Einlagensicherungsfonds der Privatbanken gemäß Nr. 20 Abs. 1 AGB-Banken verfahren: Nach dieser Regelung beträgt die Sicherungsgrenze für jeden Gläubiger 30% des für die Einlagensicherung jeweils maßgeblichen haftenden Eigenkapitals der Bank. Die Befriedigung erfolgt insofern nicht pro rata, sondern unabhängig von der Forderungshöhe bis zu einer Obergrenze. 87 RGZ 23, 54 ff.; BGH, Urt. v. 17. 5. 1984, BGHZ 91, 198 ff. Vgl. ausführlich P. Mohrbutter, Der Ausgleich von Verteilungsfehlern in der Insolvenz, 1998. 88 P. Mohrbutter, a.a.O., S. 36 ff., umgeht dieses Problem, indem er die Insolvenzforderung als Rechtsgrund zum Behaltendürfen als allein nicht ausreichend erachtet und das Vorliegen einer „zweiten konkursspezifischen causa“ verlangt, die gegenüber der Masse und den anderen Gläubigern den Behaltensgrund darstelle. Der Sache nach dürfte dies eine schuldrechtlich angelegte Modifikation der Lehre vom Beschlagsrecht sein. Gegen die Annahme eines solchen „Konkursanspruchs“ schon Hellmann, Lehrbuch des deutschen Konkursrechts, S. 624.

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Forderungen nicht aus der Masse befriedigt werden können. Eine Enthaftung findet daher nur in Höhe der Insolvenzquote statt. Was der Insolvenzgläubiger also hierüber hinaus erhält, ist ein Surrogat für den Teil der Forderung, mit dem er seinen Mitgläubigern haftet. Bei gegenständlich beschränkten Forderungen – wie es die Haftung der Insolvenzgläubiger mit ihren Forderungen ist – gilt aber stets das Prinzip der haftungsrechtlichen Surrogation, 89 so dass das Surrogat ebenso wie das ursprüngliche Haftungsobjekt haftet. Der Insolvenzgläubiger hat daher das zuviel Erlangte den anderen Insolvenzgläubigern zurückzugewähren. Abwicklungstechnisch wird dies durch eine Zahlung an die Masse bewirkt, die auch insoweit als Ausgleichsmasse fungiert.90 Auch andere Vorschriften und Institute des Insolvenzrechts, die nach allgemeiner Ansicht der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dienen, lassen sich durch eine allseitige Haftungskonzeption erheblich überzeugender erfassen als durch ein auf die Sicht zwischen Gläubiger und Schuldner beschränktes Verständnis vom Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies gilt etwa für die besondere Insolvenzanfechtung nach §§ 130, 131 InsO und die Rückschlagsperre des § 88 InsO. Auch in diesen Fällen kann die zweiseitige Sicht nicht erklären, wieso der Gläubiger das, was er zur Erfüllung oder Sicherung seiner Forderung erhalten hat, an die Masse – also an die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger – zurückgewähren muss. Ebenso wenig vermag aus der zweiseitigen Perspektive einzuleuchten, warum dem Insolvenzgläubiger im Falle des § 92 InsO das Recht genommen wird, eine Forderung durchzusetzen, die nicht gegen den Insolvenzschuldner gerichtet ist. Denn bei der Befriedigung aus dem Vermögen eines nicht insolventen Schuldners können die oben angeführten Ordnungs- und Verteilungsgesichtspunkte als Geltungsgründe des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht angeführt werden. Das allseitig konzipierte Verständnis des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann in beiden Fällen auf die wechselseitige Legalhaftung verweisen, die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwischen den Insolvenzgläubigern entstanden ist. Die Anfechtungsvorschriften und die Rückschlagsperre auf der einen Seite machen deutlich, dass hieran unter gewissen Voraussetzungen auch die Gläubiger teilnehmen, deren Forderungen bereits vor Verfahrenseröffnung getilgt wurden, wobei sie gemäß § 143 InsO i. V. m. § 818 BGB nur mit dem Surrogat haften, das sie für ihre Forderung erlangt haben. § 92 InsO auf der anderen Seite zeigt, dass der Umfang der Insolvenzmasse haftungsrechtlich zu bestimmen ist, so dass deren Charakteristikum nicht die vermögensrechtliche Zuordnung zum Schuldner, sondern die haftungsrechtliche Zuweisung an die Haftungsgemeinschaft der Insolvenzgläubiger ist.91 89 Vgl. etwa §§ 718, 1473, 2041 BGB; auch die Pfandhaftung kennt eine solche haftungsrechtliche Surrogation in §§ 1219 Abs. 2, 1247 BGB. 90 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2.34; ders., KTS 1982, 504, 554 ff. 91 Zur haftungsrechtlichen Zuweisung der von § 92 InsO erfassten Gesamtschadensersatz-

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Christian Berger hat der Konzeption Häsemeyers eine Deutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes als verfahrensrechtliches Verteilungsprinzip gegenübergestellt.92 Dass der Gleichbehandlungsgrundsatz eine prozedurale Komponente besitzt, kann nicht geleugnet werden. Er ist denknotwendig mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verknüpft, weil nur dieses die Abwicklung der Ausgleichshaftung über die Insolvenzmasse als Ausgleichsmasse erlaubt. Hierin liegt der Grund, warum eine Ausgleichshaftung unterbleibt, wenn es beispielsweise mangels Masse nicht zu einer Verfahrenseröffnung kommt. Jedoch erschöpft sich der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht in einem prozeduralen Verteilungsprinzip. Seine haftungsrechtliche Komponente besteht darin, dass er eine allseitig strukturierte Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger des Schuldners in Kraft setzt. Gegen dieses Konzept wendet Berger ein, dass die wechselseitige Ausgleichshaftung der bipolaren Struktur des Schuldverhältnisses widerspreche. Dieser Einwand verkennt, dass die wechselseitige Ausgleichshaftung unter den Gläubigern in keiner Weise an das Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner anknüpft. Die wechselseitige Haftung ist keine „Drittwirkung“ des Schuldverhältnisses, sondern die haftungsrechtliche Konsequenz der Insuffizienz des Schuldnervermögens. Insofern setzt das Konzept der wechselseitigen Ausgleichshaftung nicht die „Verantwortung“ der Gläubiger für die Insolvenz voraus. Es genügt die bloße Tatsache, dass ein Gläubiger einen nicht erfüllten Anspruch geltend macht und durch die diesem Anspruch zugrunde liegende Kreditgewährung – freiwillig oder unfreiwillig, ob bewusst oder unbewusst – auf das schuldnerische Vermögen Einfluss genommen hat. Keineswegs erzwingt diese Sicht zu einer Rückabwicklung aller Verträge, die vor Verfahrenseröffnung erfüllt wurden. Das Anfechtungsrecht zieht insoweit eine klare Grenze, jenseits derer die Privatautonomie des Schuldners die Deckungshandlungen unangreifbar macht. Schließlich wendet Berger ein, dass es prägendes Merkmal der Dinglichkeit sei, dass der Inhaber eines dinglichen Rechts Zugriffe von dritter Seite abwehren kann. Eine Teilnahme des so Bevorrechtigten an der wechselseitigen Ausgleichshaftung lasse sich daher nicht rechtfertigen. Berger belegt diese These mit dem Beispiel einer einstweiligen Verfügung, die zur Sicherung des Anspruchs eines Gläubigers auf Übereignung einer Sache dem Schuldner ein Veräußerungsverbot auferlegt. Es ist nicht zu bestreiten, dass dieses Verbot nur an den Schuldner adressiert ist und nicht zugleich ein Erwerbsverbot für die anderen Gläubiger enthält. Zu der Erklärung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vermag das Beispiel jedoch nichts beizutragen, da das Veräußerungsverbot das Verhältnis der Gläubiger außerhalb des Insolvenzverfahrens betrifft. Über die ansprüche Brinkmann, Die Bedeutung der §§ 92, 93 InsO für die Insolvenz- und Sanierungsmasse, S. 41 f. 92 Chr. Berger, ZZP 121 (2008), 407, 413 ff.

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Gestaltung und Abwicklung des Konkurrenzverhältnisses der Gläubiger im Insolvenzverfahren sagt es daher nichts aus. Erhebliche Schwierigkeiten bereitet freilich wie angedeutet die Erklärung dinglicher Sicherheiten anhand der von Häsemeyer entwickelten Theorie. Nach seinem Verständnis verletzen sogar Sicherheiten an Immobilien, die der Registerpublizität unterliegen, den Gleichbehandlungsgrundsatz.93 Da aber einer der Zwecke einer juristischen Theorie die widerspruchsfreie Erklärung einer möglichst großen Zahl einzelner Rechtssätze ist,94 ergibt sich aus der Anerkennung dinglicher Sicherheiten in der Insolvenz in allen Rechtsordnungen zu allen Zeiten ein starkes Argument gegen die Häsemeyersche Konzeption. Gelänge es nicht, diesen Widerspruch aufzulösen, läge es näher, die Theorie der Rechtswirklichkeit anzupassen, als von der Wirklichkeit zu erwarten, dass sie sich der Theorie beugt.

3. Kreditsicherheiten und die haftungsrechtliche Zuweisung der Insolvenzmasse Bevor gezeigt wird, unter welchen Voraussetzungen die aus dem Insolvenzvorrecht des gesicherten Gläubigers resultierenden Beeinträchtigungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes gerechtfertigt werden können, soll ein Blick auf die Lehre vom Beschlagsrecht der Insolvenzgläubiger geworfen werden. Denn die Theorie vom Beschlagsrecht vermag die Unvollständigkeit eines Ansatzes deutlich zum Ausdruck zu bringen, der zur Erklärung der Insolvenzfestigkeit der Sicherungsrechte auf die Privatautonomie der Parteien des Sicherungsgeschäfts abstellt. Die Lehre vom Beschlagsrecht (bzw. von der haftungsrechtlichen Zuweisung der Insolvenzmasse an die Insolvenzgläubiger) 95 liefert insofern weitere Argumente für ein haftungsrechtliches Legitimationsbedürfnis der insolvenzrechtlichen Wirkungen von Mobiliarsicherheiten. a) Die Theorie der haftungsrechtlichen Zuweisung der Insolvenzmasse Der Theorie von der haftungsrechtlichen Zuweisung der Insolvenzmasse an die Insolvenzgläubiger liegt die Vorstellung zugrunde, dass zugunsten der Insolvenzgläubiger durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein pfand-

93 Häsemeyer, KTS 1982, 504, 571. Siehe auch die insoweit berechtigte Kritik von Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 43 f. 94 Zu den Funktionen juristischer Theorien Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, § 1 Rn. 19; Canaris, JZ 1993, 377, 379. 95 Grundsätzlich zur haftungsrechtlichen Zuweisung und den Funktionen dieser Konstruktion Henckel, in: Festschr. f. Weber, S. 237 ff.

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rechtsähnliches Recht an den Gegenständen der Insolvenzmasse entsteht.96 Damit beschreibt die haftungsrechtliche Zuweisung der Sache nach nichts anderes als das vor allem von Kohler aus partikularrechtlichen Ansätzen fortentwickelte „Beschlagsrecht“ der Insolvenzgläubiger.97 Das Beschlagsrecht der Gläubiger als Umsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist allerdings keineswegs eine „Erfindung“ der deutschen Dogmatik. Im Gegenteil bildet es in Gestalt des gage commun des créanciers oder common pledge of creditors einen integralen Bestandteil vor allem der französisch geprägten (Zivil-) Rechtsordnungen. Vorbild dieser Regelungen ist der heutige Art. 2285 frzCC (ehemals Art. 2093 frzCC): „Les biens du débiteur sont le gage commun de ses créanciers; et le prix s’en distribue entre eux par contribution, à moins qu’il n’y ait entre les créanciers des causes légitimes de préférence.“

Die englische Fassung dieser Vorschrift liefert Art. 3183 des Civil Code of Louisiana: „The property of the debtor is the common pledge of his creditors, and the proceeds of its sale must be distributed among them ratably, unless there exist among the creditors some lawful causes of preference.“

Etwas knapper, aber ohne sachliche Abweichung heißt es in Art. 2644 des Civil Code of Quebec: „The property of a debtor is charged with the performance of his obligations and is the common pledge of his creditors.“ 98

Das „Beschlagsrecht der Insolvenzgläubiger“ ist insofern kein deutscher Sonderweg, sondern ein vielen Rechtsordnungen bekanntes Institut, mit dem der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger rechtstechnisch umgesetzt wird Allerdings ist das Beschlagsrecht jedenfalls in Deutschland ein wenig „aus der Mode geraten“. Insofern ist es heute nicht mehr der „zentrale Konstruktionsbegriff“ des Insolvenzrechts, wie Kohler es noch verstand – ein Niedergang, der auch auf der allgemein festzustellenden Skepsis gegenüber juristischer Konstruktion, also Dogmatik,99 beruht.100 Das Beschlagsrecht lebt heute oft nur 96

Zur Begriffsbildung Henckel, in: Festschr. f. Weber, S. 237, 252. Kohler, Lehrbuch des Konkursrechts, S. 99 ff. Siehe auch Hellmann, Lehrbuch des deutschen Konkursrechts, S. 625 ff.; Seuffert, Deutsches Konkursprozessrecht, S. 152. 98 Hierzu Claxton, Security on Property under the Civil Code of Québec, S. 1. Siehe auch Art 2312 des argentinischen Zivilgesetzbuchs, hierzu Moglia Claps/McDonnell, 30 Georgia Journal of International & Comparative Law 393, 404. 99 Vgl. zum Zusammenhang zwischen juristischer Theoriebildung und juristischer Dogmatik Esser, AcP 172 (1972), 97, 99, 114. 100 Vgl. Esser, AcP 172 (1972), 97 ff.; Canaris, JZ 1993, 377. Viel unbefangener stand dagegen die Konkursrechtswissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts der dogmatischen Kons97

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noch in der Redeweise vom „Massebeschlag“ fort, mit der die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstands zur Sollmasse ausgedrückt werden soll.101 Dennoch besitzt es jedenfalls unter Zugrundelegung des herrschenden Verständnisses des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch heute erheblichen Erklärungsgehalt.102 Denn wie oben unter 2. d) dargestellt, vermag diese Sicht des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine Reihe von insolvenztypischen Rechtsinstituten nicht befriedigend einzuordnen. Die Annahme, dass die Insolvenzgläubiger in Gestalt des Beschlagsrechts eine gemeinschaftliche Rechtsposition innehaben, liefert das im herkömmlichen Verständnis des Gleichbehandlungsgrundsatzes als Verteilungsprinzip fehlende Element zur Erklärung der Rechtswirkungen des Insolvenzverfahrens im Verhältnis der Insolvenzgläubiger zueinander.103 So kann mittels des Beschlagsrechts etwa der Anspruch des Insolvenzverwalters auf die Rückzahlung überquotaler Auskehrungen aus der Masse an einen Insolvenzgläubiger einleuchtend dargestellt werden: Das in der haftungsrechtlichen Zuweisung liegende Recht, das einerseits allen Insolvenzgläubigern gemeinsam zusteht und andererseits den Rechtsgrund für die Befriedigung des einzelnen Insolvenzgläubigers bildet, ist verletzt, wenn ein Gläubiger mehr erhält, als ihm haftungsrechtlich zugewiesen ist.104 So wie das Pfändungspfandrecht der Behaltensgrund für den Erlös des Vollstreckungsgläubigers ist, ist nach dieser Vorstellung die haftungsrechtliche Zuweisung der Rechtsgrund dafür, dass der Gläubiger empfangene Leistungen aus dem Haftungssubstrat behalten darf. Sein Anteil am Beschlagsrecht reicht aber nur so weit, wie es seiner Insolvenzquote entspricht. Auch zur Klärung des hier in Rede stehenden Verhältnisses der gesicherten zu den ungesicherten Gläubigern vermag die Konstruktion der haftungsrechtlichen Zuweisung Wichtiges beizutragen. Denn die Charakterisierung des Be-

truktion als Erkenntnisquelle und Begründung gegenüber. Vgl. etwa Hellmann, Lehrbuch des deutschen Konkursrechts, S. 622 f.: „Die Konstruktion der konkursrechtlichen Verhältnisse aufgrund der Prinzipien des geltenden Konkursrechts ist nicht nur, wie alle Konstruktion, ein Postulat des wissenschaftlichen Bedürfnisses, sondern auch eine praktische Notwendigkeit. Denn ohnedies ließe sich eine Reihe von Fragen nicht mit Sicherheit entscheiden, über die das Gesetz besondere Vorschriften nicht enthält. Die Konstruktion wird auch für die positiven Sätze die erwünschte innere Begründung schaffen.“ 101 Vgl. Smid, Insolvenzrecht, § 7 Rn. 9; Becker, Insolvenzrecht, Rn. 850. Bei Keller, Insolvenzrecht, taucht der Begriff so weit ersichtlich gar nicht auf. Anders Bork, Insolvenzrecht, Rn. 128 f., der die haftungsrechtliche Zuweisung der Insolvenzmasse berechtigter Weise in einen Zusammenhang stellt mit den §§ 81, 87 ff., 129 ff. InsO. Sehr knapp auch Foerste, Insolvenzrecht, Rn. 140. 102 Siehe auch Jaeger/Henckel, KO, § 1 Rn. 2 ff. 103 Allerdings weist Häsemeyer; KTS 1982, 507, 524, wohl zu Recht daraufhin, dass die besondere Insolvenzanfechtung auch durch den Gedanken der haftungsrechtlichen Zuweisung nicht plausibel gemacht werden kann. Dies beruht letztlich darauf, dass auch das Beschlagsrecht von der Aktivseite der Position der Insolvenzgläubiger ausgeht. 104 Henckel, in: Festschr. f. Weber, S. 237, 244.

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schlagsrechts als dingliches105 Recht erlaubt es, das Beschlagsrecht in ein Rangverhältnis zu anderen dinglichen Rechten zu setzen.106 Hierbei gehen nach dem außerhalb der Insolvenz geltenden Prioritätsprinzip früher begründete Rechte später begründeten vor. Insoweit erweist sich also die Reichweite der haftungsrechtlichen Zuweisung als für den Schuldner disponibel. Er kann vor Insolvenzeröffnung Rechtsgeschäfte über sein Vermögen schließen, so dass insofern die haftungsrechtliche Zuweisung grundsätzlich seiner Privatautonomie unterliegt. Über die Beeinflussung der vermögensrechtlichen Zuordnung kann der Schuldner also mittelbaren Einfluss auf die haftungsrechtliche Zuweisung eines Vermögensgegenstands nehmen. b) Die Grenzen der rechtsgeschäftlichen Verfügbarkeit der haftungsrechtlichen Zuweisung Eine ganz andere Frage ist aber, ob der Schuldner auch die haftungsrechtliche Zuweisung als solche, also ohne gleichzeitige Veränderung der vermögensrechtlichen Zuweisung, verändern kann. Wäre dies zu bejahen, so könnte er nicht nur mittelbar die Haftungsordnung beeinflussen, sondern unmittelbar die Haftungsabwicklung steuern. Der Sache nach könnte der Schuldner dann über die Reichweite des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes disponieren. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Schuldner nicht länger frei über seine Rechte verfügen. Insbesondere kann er sich nicht nach Verfahrenseröffnung seines Eigentums entäußern. Denn in diesem Moment verliert der Schuldner die Befugnis, über sein Vermögen zu verfügen, weshalb solche Rechtsgeschäfte nach deutschem Recht gemäß § 81 Abs. 1 S. 1 InsO unwirksam sind.107 Insofern tritt ab Verfahrenseröffnung die Eigentums-, genauer, die Verfügungsfreiheit des Schuldners hinter die Interessen seiner Gläubiger zurück. Aufgrund dieser zeitlichen Begrenzung der Wirkungen des Insolvenzverfahrens bleiben Rechtsgeschäfte vor Verfahrenseröffnung vom Verbot, Rechte an Gegenständen der Insolvenzmasse zu erwerben, vorbehaltlich der Insolvenzanfechtung unberührt. Könnte man die Bestellung einer Sicherheit wie eine normale Verfügung über ein Vermögensrecht behandeln, so ergäbe sich bei Zugrundelegung allgemein-vermögensrechtlicher Wertungen zwangsläufig der Vorrang des besicherten Gläubigers vor den ungesicherten. Der gesicherte Gläubiger kann sich auf ein älteres – und damit nach dem außerhalb der Insol105 Kohler, Lehrbuch des Konkursrecht, S. 100; Henckel, in: Festschr. f. Weber, S. 237, 252. A. A. Tintelnot, Vereinbarungen für den Konkursfall, S. 11. 106 Henckel, in: Festschr. f. Weber, S. 237, 246 ff. 107 Für das US-amerikanische Recht ergibt sich die entsprechende Rechtsfolge aus §§ 541 ff. US-Bankruptcy Code. Das Vermögen des Schuldners wird kraft dieser Vorschriften zum „property of the estate“ und unterliegt als solches der Verfügungsbefugnis des trustee.

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venz geltenden Prioritätsprinzip – besseres dingliches Recht stützen, weshalb ihm die bevorrechtigte Befriedigung zu gestatten wäre. Aus dieser Sicht scheint die Bevorzugung des gesicherten Gläubigers die logische Konsequenz aus seinem Recht am Sicherungsgut zu sein. Ein spezielles Rechtfertigungsbedürfnis für sein Vorrecht ist nicht erkennbar, da es sich nur als die Kehrseite seiner vor der Insolvenz erworbenen Berechtigung darstellt. Die im vorgehenden Absatz skizzierte Argumentation liegt vielen Stellungnahmen zur Insolvenzfestigkeit von Mobiliarsicherheiten zugrunde. Stets wird hier die Vorrangstellung unmittelbar aus der vor der Insolvenz begründeten („dinglichen“) Rechtsposition des Sicherungsnehmers abgeleitet. Nach dem hier verfolgten Ansatz108 wirken Kreditsicherheiten jedoch auf zwei deutlich voneinander zu trennenden Ebenen, da sie einerseits das Verhältnis des Sicherungsgebers zum Sicherungsnehmer/Gläubiger und andererseits das Verhältnis der Gläubiger untereinander betreffen. Diese Doppelnatur ist nunmehr in rechtsgeschäftliche Begriffe umzusetzen und mit der Lehre vom Beschlagsrecht zu verknüpfen: Dabei zeigt sich, dass der Sicherungsgeber einerseits durch die Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts über sein Eigentum verfügt, in dem Sinn, dass er dem Sicherungsnehmer am Sicherungsgut besondere Zugriffs- und Kontrollrechte einräumt. Insoweit betätigt der Sicherungsgeber seine Eigentumsfreiheit. Betrachtet man die insolvenzrechtliche Wirkung einer Sicherheitenbestellung im Hinblick auf das Verhältnis der Gläubiger zueinander, so wird nach dem Bisherigen deutlich, dass in der Einräumung eines Vorrechts für einen Gläubiger eine Verfügung über das (künftige) Beschlagsrecht der Insolvenzgläubiger durch den Schuldner liegt.109 Der Sache nach handelt es sich hierbei um die Verfügung eines Nichtberechtigten, da der Schuldner über die jeweiligen Teilpfandrechte der Insolvenzgläubiger verfügt. Als Verfügung eines Nichtberechtigten kann das Rechtsgeschäft nach allgemeinen Regeln nur mit Zustimmung der Berechtigten oder aufgrund eines Gutglaubenstatbestands wirksam sein. Bei Zugrundelegung dieser Sichtweise ist ganz deutlich, dass sich die Möglichkeit der Vorrangverschaffung nicht als Minus aus der Zulässigkeit der Veräußerung des Vermögensgegenstands ergibt. Ein Minus wäre die Bestellung eines Sicherungsrechts wie gezeigt nur dann, wenn sich in dem „Bündel der Rechte“, die das Eigentum an einem Gegenstand konstituieren, auch ein Halm fände, der ein Recht repräsentiert, den Gegenstand zu Befriedigungszwecken zu verwerten. Ein solches Verwertungsrecht steht aber richtigerweise nicht dem Eigentümer zu, sondern allen seinen Gläubigern durch das ihnen zugewiesene 108

Siehe oben S. 227 ff. Ebenso Bebchuk/Fried, 82 Cornell Law Review 1279, 1290, zum US-amerikanischen Recht: Nach ihnen sei die Eigentumsfreiheit des Schuldners ungeeignet, die Wirksamkeit von Sicherungsrechten zu begründen, da diese Verfügungen über Vermögensgegenstände darstellten, die den Gläubigern insgesamt zur Befriedigung zugewiesen seien. 109

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§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten

Beschlagsrecht. Man kann daher aus der Möglichkeit der Veräußerung nicht automatisch auf die Zulässigkeit der Abspaltung der Haftungsfunktion des Eigentums schließen.110 Ob und wann die Haftungsfunktion in der Weise, wie dies bei der Bestellung einer Kreditsicherheit geschieht, abspaltbar ist, ist vielmehr eine Frage, die sich nur unter Berücksichtigung aller Gläubiger entscheiden lässt. Die oben angesprochenen französisch geprägten Zivilrechtsordnungen sprechen die Notwendigkeit einer allseitig konzipierten Rechtfertigung für Durchbrechungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sehr deutlich an, wenn sie wie etwa Art. 2285 franzCC formulieren, dass diese nur anzuerkennen seien, sofern entre les créanciers des causes légitimes de préférence bestehen. c) Die Bestellung einer Sicherheit als aufschiebend bedingte Vorrechtseinräumung Die Zuwendung insolvenzfester Sicherungsrechte soll also für die weitere Untersuchung als eine Verfügung über ein – freilich im Verfügungszeitpunkt noch nicht entstandenes – fremdes Recht gedeutet werden. Eine solche Interpretation setzt den Gestaltungsmöglichkeiten des Insolvenzschuldners hinsichtlich der haftungsrechtlichen Befriedigungsordnung enge Grenzen. Ersichtlich bedarf sie daher der Einschränkung und Spezifizierung, um zu verhindern, dass selbst Verfügungen über das Vollrecht – also etwa die Übertragung des Eigentums an einer Sache – vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens von der Charakterisierung als Verfügung über das Beschlagsrecht erfasst werden und somit von der Zustimmung der Insolvenzgläubiger abhingen. Dies wäre nicht nur eine unerträgliche Beeinträchtigung der Rechtssicherheit, sondern auch ein offensichtlich nicht dem Gesetz entsprechendes Ergebnis, da dieses im Grundsatz Verfügungen vor Verfahrenseröffnung vorbehaltlich des Anfechtungsrechts als wirksam behandelt. Der in unserem Zusammenhang entscheidende Unterschied zwischen einer Verfügung über das Vollrecht und der Bestellung einer Sicherheit liegt darin, dass die hier untersuchte Ebene einer Sicherheit – nämlich die Vorrechtseinräumung – überhaupt erst im Moment der Verfahrenseröffnung hervortritt. Dieses Rechtsgeschäft wird zwar vor der Verfahrenseröffnung vorgenommen, seine Wirkungen treten aber erst bei und gerade aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein. Der Satz Flumes, dass jede Sicherung „in ihrem Wesen abgestellt auf den Konkurs und damit die Insolvenz“111 sei, kennzeichnet daher nicht nur die wirtschaftliche Funktion von Sicherheiten zutreffend, sondern 110 Anders M. Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, § 1 Rn. 12 (Schaubild), die meinen, das Recht zur Veräußerung sei „als Teilinhalt aus dem Eigentum enthalten in den Verwertungsrechten wie Hypothek (§ 1113), Grundschuld (§ 1191), Rentenschuld (§ 1199), Reallast (§ 1105), Pfandrecht (§ 1204)“. 111 NJW 1950, 841, 845.

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lässt sich auch sinnvoll auf die rechtsgeschäftliche Konstruktion einer insolvenzfesten Sicherheit beziehen.112 Es drängt sich insoweit eine Parallele zu Verfügungen über massezugehörige Gegenstände unter der Bedingung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf.113 Dass solche Dispositionen nicht uneingeschränkt möglich sind, verdeutlicht schon der Fall, dass jemand eine ihm gehörende Sache unter der aufschiebenden Bedingung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen (oder der materiellen Insolvenz) einem anderen übereignet. Solche Verfügungen unter einer Insolvenzbedingung werden jedenfalls im deutschen Recht nicht anerkannt.114 Um dies zu erläutern, bedarf es eines kurzen Blicks auf die allgemeine Behandlung bedingter Rechtsgeschäfte in der Insolvenz: Wenn das bedingte Rechtsgeschäft – etwa ein Verkauf unter Eigentumsvorbehalt – bereits vor der Eröffnung des Verfahrens vorgenommen worden ist, aber die Bedingung – in unserem Beispiel die Zahlung des Kaufpreises – erst nach der Eröffnung des Verfahrens erfolgt, steht § 81 InsO der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nicht entgegen, da es auch beim bedingten Rechtsgeschäft für das Vorliegen der Verfügungsbefugnis nicht auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts, sondern auf die Vornahme des Rechtsgeschäfts ankommt.115 Der Rechtserwerb des Begünstigten scheitert auch nicht an § 91 InsO, wie sich aus § 161 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt.116 Anderes gilt jedoch für solche Bedingungen, welche die Insolvenz des Verfügenden zum Gegenstand haben, die also bewirken sollen, dass der Berechtigte sein Recht nur für den Fall seiner Insolvenz einem anderen überträgt. Solche Bedingungen werden als unwirksam behandelt, da sie die „Vollwertigkeit der Konkurshaftung“ beeinträchtigen, in dem Sinn, dass durch die Insolvenzeröffnung der Insolvenzmasse (und damit den Insolvenzgläubigern) Werte entzogen werden, die ohne Verfahrenseröffnung zum haftenden Vermögen des Insolvenzschuldners gehört hätten.117 Solche Konstruktionen sind unwirksam, weil 112 Die Bedingtheit jeder Bestellung einer Sicherheit erkannte schon Leist, Die Sicherung von Forderungen durch die Übereignung von Mobilien (1889), S. 93. 113 Dies zeigt auch die Analyse von Huhn/Bayer, ZIP 2003, 1965 ff. ganz deutlich. 114 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 10.23; Tintelnot, Vereinbarungen für den Konkursfall, S. 97, 123 f.; Windel, KTS 1995, 367, 405; Nerlich/Römermann/Wittkowski, InsO, § 91 Rn. 14; MünchKomm-InsO/Breuer, § 91 Rn. 21; Andres/Leithaus, InsO, § 91 Rn. 7. Der Gedanke findet sich auch bei RG, Urt. v. 7. 7. 1931, RGZ 133, 234, 243. Siehe zur Anfechtbarkeit nach § 133 InsO von Verpflichtungen zu Vermögensübertragungen bei Vermögensverfall BGH, Beschl. v. 13. 3. 2008, ZIP 2008, 1028. 115 BGH, Urt. v. 27. 5. 2003, BGHZ 155, 87, 92; Urt. v. 17. 11. 2005, NJW 2006, 915; PWW/ Brinkmann, BGB, § 158 Rn. 23. 116 Vgl. statt aller Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, § 81 Rn. 6, § 91 Rn. 18; MünchKommInsO/Breuer, § 81 Rn. 10, § 91 Rn. 19. 117 Tintelnot, Vereinbarungen für den Konkursfall, S. 57. Kern der Argumentation Tintelnots ist die von ihm nachgewiesene „zwingende Kongruenz von Vermögenszuordnung und

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der Schuldner nicht über das ihm nicht zustehende Recht der anderen Gläubiger an der Insolvenzmasse disponieren kann.118 Dieselbe Wertung lässt sich auch gegen die Anerkennung der insolvenzspezifischen Wirkungen von Kreditsicherheiten anführen, denn auch diese aktualisieren sich erst im Moment der Verfahrenseröffnung. Sie stehen so gesehen ebenfalls unter einer Insolvenzbedingung119 und stören durch die Zuweisung des Befriedigungsvorrangs an einen einzelnen Insolvenzgläubiger die insolvenzrechtliche Haftungsordnung. Der Vorrang des gesicherten Gläubigers lässt sich daher richtigerweise nicht mit der Eigentums- und der aus ihrer resultierenden Verfügungsfreiheit des Sicherungsgebers erklären. Denn die vor Verfahrenseröffnung bestehende Verfügungsbefugnis des Schuldners erlischt im Moment der Verfahrenseröffnung zum Schutze der Insolvenzgläubiger. Insofern ist die Eigentumsfreiheit des Schuldners ab diesem Zeitpunkt eingeschränkt. Von dieser Beschränkung müssen auch solche Rechtsgeschäfte betroffen sein, deren Wirkungen rechtsgeschäftlich auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bedingt wurden. Beschlagbarkeit“, mit anderen Worten die Einheit von Haben und Haften. Auch das Reichsgericht misst in RGZ 133, 234, 243 (Urt. v. 7. 7. 1931) eine Vorausabtretung an § 15 KO, also der Vorläufervorschrift zu § 91 InsO. 118 Tintelnot, Vereinbarungen für den Konkursfall, S. 55 f., leitet allerdings die Nichtigkeit aus § 138 BGB ab. Ähnlich hat das Reichsgericht in RGZ 138, 89 (Urt. v. 21. 10. 1932) eine Vereinbarung als sittenwidrig eingeordnet, nach welcher der Käufer verpfl ichtet war, Forderungen aus einem Verkauf von Waren, die unter verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert worden waren, für den Fall der Konkursreife an den Verkäufer abzutreten. Ebenso Matthiessen, Zentralblatt für Handelsrecht, 1932, 40, 42. Der BGH hat eine bedingte Sicherungsabtretung dagegen (nur) als wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung anfechtbar behandelt: BGH, Urt. v. 18. 2. 1993, NJW 1993, 1640; zustimmend Huhn/Bayer, ZIP 2003, 1965, 1966, welche dies aus der Vorrangigkeit der Regelungen der Vorsatzanfechtung gegenüber § 138 BGB herleiten. Die Entscheidung des BGH ist wohl vor allem damit zu erklären, dass die Parteien hier nicht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Bedingung vereinbart hatten, sondern auf die materielle Zahlungsunfähigkeit des Zessionars abgestellt hatten. Siehe auch Reul, DNotZ 2008, 824 zu Lösungsklauseln, die nach § 133 anfechtbar seien. Auch Thole, in: Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2008, S. 267 ff., hält Lösungsklauseln für grundsätzlich zulässig und allenfalls anfechtbar nach §§ 129 ff. InsO. Zur Begründung stützt er sich auch auf die insolvenzrechtliche Zulässigkeit von Kreditsicherheiten (a.a.O., S. 292). 119 Die Vergleichbarkeit von bedingten Verfügungen mit treuhänderischen Sicherheiten unterstreichen auch Häsemeyer, ZIP 1994, 418, 419; Huhn/Bayer, ZIP 2003, 1965, 1971. Die wertungsmäßige Vergleichbarkeit bedingter Verfügungen mit Sicherungsrechten ist bereits bei Tintelnot, Vereinbarungen für den Konkursfall, S. 46, 61, 75 ff., angedeutet (zustimmend Häsemeyer, ZZP 106 (1993), 129, 133). Tintelnot versäumt es allerdings, auch die Wirksamkeit von Sicherungsrechten im Konkurs zu hinterfragen. Er folgert umgekehrt – unter Zugrundelegung der hier dargestellten Parallele – aus der Wirksamkeit von publizitätslosen Sicherungsrechten, dass der Schuldner auch auf die Insolvenz bedingte Sicherungsrechte bestellen könne. Ähnlich für insolvenzrechtliche Lösungsklauseln Thole, in: Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2008, S. 267, 292. Damit dieses Argument trägt, müsste gezeigt werden, dass die Überlegungen, die sich zur Legitimation von Kreditsicherheiten anführen lassen (siehe unten, S. 259 und S. 302 ff.), auch für Lösungsklauseln einschlägig sind.

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Auch das Reichsgericht hatte schon in seiner früheren Rechtsprechung zur Wirksamkeit einer Sicherungsabtretung verlangt, dass der Sicherungsgeber sich vollständig seiner Dispositionsmöglichkeiten über die Forderung begebe. So erkannte es insbesondere solche Gestaltungen nicht an, durch welche die Inhaberschaft an der Forderung und die Einziehungsbefugnis dauerhaft gespalten werden sollten. Während erstere auf den Sicherungsnehmer übergehen sollte, verblieb letztere dauerhaft beim Sicherungsgeber, so dass der Sicherungsgeber insofern keine Möglichkeit hatte, die Forderung selber geltend zu machen. Das Reichsgericht hielt in einer solchen Konstellation die Anforderungen an eine wirksame Abtretung für nicht erfüllt.120 Auch die Ermächtigung des Sicherungsnehmers an den Sicherungsgeber, die Forderungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einzuziehen, erkannte es nicht an und beschrieb eine solche Konstruktion völlig zutreffend als einen Verstoß gegen die insolvenzrechtliche Haftungsordnung: „In Wahrheit ist durch den vorliegenden Vertrag für den Abtretungsempfänger nur das Recht gewollt und geschaffen worden, für den Fall, dass der Schuldner in neue Schwierigkeiten kommen und den im Vertrag übernommenen Verpflichtungen nicht genau nachkommen sollte, den anderen Gläubigern zuvorzukommen und ihnen im Konkurse des Schuldners durch die Geltendmachung der Forderungsübertragung unter Geltendmachung des Aussonderungsrechts gemäß § 43 KO den Gegenstand ihrer konkursmäßigen Befriedigung zu entziehen.“121

Exakt dieselben Bedenken lassen sich auch gegen die insolvenzrechtlichen Wirkungen dinglicher Sicherheiten anführen. Es gilt daher, die haftungsrechtlichen Besonderheiten von Kreditsicherheiten aufzudecken, welche den Verstoß gegen die insolvenzrechtliche Haftungsordnung legitimieren.

IV. Zwischenergebnis Die bisherigen Überlegungen haben gezeigt, dass die Bestellung einer Sicherheit zur Teilung der Befugnisse des Eigentümers in dem Sinn führt, dass der Haftungswert des Sicherungsguts dem Sicherungsnehmer zugewiesen wird, während die übrigen mit dem Eigentum verbundenen Befugnisse beim Sicherungsgeber verbleiben. Die Kategorie des dinglichen Rechts verdeckt, dass die Bestellung einer Kreditsicherheit gänzlich unterschiedliche Auswirkungen inner- und außerhalb eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Sicherungsgebers hat. Während außerhalb eines Insolvenzverfahrens die Bestellung einer Sicherheit in erster Linie das Verhältnis zwischen Sicherungsgeber und 120 Urt. v. 28. 1. 1918, RGZ 92, 105, 109. Zu dieser Entscheidung aus materiellrechtlicher Sicht siehe oben, S. 170. 121 RG, Urt. v. 7. 5. 1914, JW 1914, 830. Vgl. auch RG, Urt. v. 13. 2. 1932 JW 1932, 1655.

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§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten

-nehmer betrifft, verändert eine Kreditsicherheit am schuldnerischen Vermögen in der Insolvenz das Verhältnis der Insolvenzgläubiger untereinander, indem sie den gesicherten Gläubiger vom insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz freistellt. Die Legitimationsbedürftigkeit dieser Vorrangstellung wird deutlich, wenn man den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz als Konsequenz des Einflusses begreift, den die Gläubiger vor Verfahrenseröffnung mit ihren Forderungen auf das schuldnerische Vermögen genommen haben. Da diese Haftungsordnung das Verhältnis der Gläubiger untereinander betrifft, ist es begründungsbedürftig, dass sich ein einzelner Gläubiger durch Vereinbarung mit dem Schuldner von den Konsequenzen seines Einflusses freizeichnen kann. Auch die Theorie von der haftungsrechtlichen Zuweisung stützt diese Sichtweise. Sie nimmt an, dass den Insolvenzgläubigern die Insolvenzmasse zur gemeinschaftlichen Befriedigung haftungsrechtlich zugewiesen ist. Zwar kann der Schuldner durch Verfügungsgeschäfte vor Verfahrenseröffnung vorbehaltlich des Anfechtungsrechts den Umfang der Insolvenzmasse beeinflussen, er kann aber grundsätzlich nicht den Verteilungsmaßstab der Gläubiger untereinander beeinflussen. Dies zeigt sich auch darin, dass es ihm versagt ist, massemindernde Rechtsgeschäfte unter die aufschiebende Bedingung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Auch der Vorrang des gesicherten Gläubigers lässt sich als ein unter einer Insolvenzbedingung stehendes Recht begreifen. Insoweit stehen insolvenzfeste Sicherheiten im Widerspruch zu dem in den §§ 81 Abs. 1 S. 1, 91 InsO ausgedrückten Rechtsgedanken, dass jedenfalls ab dem Moment der Verfahrenseröffnung der Schuldner keine Verfügungen zu Lasten der Masse mehr vornehmen kann und Dritte keine Rechte mehr an Massegegenständen erwerben können, da diese nunmehr den Insolvenzgläubigern haftungsrechtlich zugewiesen sind. Insofern kann die Bestellung einer Sicherheit an einem massezugehörigen Gegenstand als Verfügung über das (künftige) Beschlagsrecht der Gläubiger begriffen werden. Ein naheliegender Weg, die Beeinträchtigung der Interessen der ungesicherten Gläubiger zu rechtfertigen, wäre deren Zustimmung. Dem Gedanken der Legitimation durch Konsens soll in § 6 näher nachgegangen werden. Für Sicherheiten an gegenwärtigem Vermögensbestandteilen wird allerdings sogleich zu zeigen sein, dass es dieser Kategorie nicht bedarf, um die Bevorrechtigung des durch ein solches Recht gesicherten Gläubigers zu begründen. Diese Sicherheiten sind haftungsrechtlich neutral, weil und soweit sie den Kriterien des Bargeschäfts und dem dahinter stehenden Gedanken der haftungsrechtlichen Surrogation genügen.

D. Voraussetzungen der haftungsrechtlichen Neutralität einer Sicherheit

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D. Voraussetzungen der haftungsrechtlichen Neutralität einer Sicherheit Vor dem Hintergrund des oben entwickelten Verständnisses des Gleichbehandlungsgrundsatzes wird im Folgenden zu zeigen sein, dass nur eine bestimmte Gruppe von Sicherungsrechten – nämlich revolvierende Sicherheiten, die auch künftiges Vermögen des Schuldners erfassen, – den Gleichbehandlungsgrundsatz in ungerechtfertigter Weise verletzen. Sicherheiten an schuldnerfremdem Vermögen und Sicherheiten am gegenwärtigen Vermögen des Schuldners, die gegen die Überlassung von Kapital gewährt wurden, sind dagegen haftungsrechtlich neutral. Die durch solche Sicherheiten verursachten Verletzungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sind gerechtfertigt, weil und sofern das Sicherungsrecht im Gegenzug zur Überlassung wertmäßig äquivalenter Darlehensmittel bestellt wird.

I. Die haftungsrechtliche Neutralität von Sicherheiten an schuldnerfremdem Vermögen Die Bestellung eines Sicherungsrechts ist haftungsrechtlich neutral, wenn der Sicherungsgegenstand von vornherein nicht zu dem den übrigen Gläubigern haftenden Vermögen gehört. Denn in diesem Fall geht die Enthaftung der Forderung des gesicherten Gläubigers nicht auf Kosten der anderen Gläubiger, so dass die ungesicherten Gläubiger durch die Besserstellung des gesicherten Gläubigers nichts verlieren. Die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist haftungsrechtlich gerechtfertigt. Aus diesem Grund werfen Sicherheiten, die aus dem Vermögen Dritter stammen, die hier untersuchten Probleme nicht auf.122 Drittsicherheiten sind also jedenfalls in der Insolvenz des Schuldners haftungsrechtlich unverdächtig.123 Nur scheinbar ähnlich ist die Situation beim einfachen Eigentumsvorbehalt: Aus der Konstruktion dieses Sicherungsrechts als auflösend bedingter Übereignung könnte gefolgert werden, dass es sich um ein Sicherungsrecht an einer schuldnerfremden Sache handelt.124 Auch hier bezieht sich das Sicherungsrecht auf einen Vermögensgegenstand, der vermögensrechtlich nicht dem Schuldner gehört, so dass ein Vorrecht an diesem Gegenstand als nicht gleichbehandlungsrelevant angesehen werden könnte. Eine solche Begründung des Vorrangs des Vorbehaltseigentümers stellte zu Unrecht auf die sachenrechtliche Zuordnung des Sicherungsguts ab. Entschei122 Zur fehlenden Gläubigerbenachteiligung iSv § 129 InsO von Drittsicherheiten Kübler/ Prütting/Bork-Brinkmann, InsO, Anh. I zu § 145 Rn. 78. 123 Ebenso Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 18.80. 124 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, 2. Aufl., S. 222.

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§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten

dend ist in der Insolvenz jedoch die haftungsrechtliche Zuordnung. Ob das Vorbehaltsgut im haftungsrechtlichen Sinn dem Schuldner oder dem Lieferanten „gehört“, ob es also Bestandteil des den Insolvenzgläubigern haftungsrechtlich zugewiesenen Vermögens ist, ist schließlich gerade die Frage. Wie gezeigt wurde,125 gilt es insoweit insbesondere bezüglich des Eigentumsvorbehalts funktional zu unterscheiden. Dient dieser der Besicherung eines Kredits im wirtschaftlichen Sinn, so hat der Vorbehalt reine Sicherungsfunktion, weshalb die Kaufsache haftungsrechtlich – ebenso wie bilanz- und steuerrechtlich – dem Käufer zuzurechnen ist. Auch für den Eigentumsvorbehalt darf man es daher nicht bei dem Hinweis belassen, dass es sich um Sicherheiten an schuldnerfremdem Vermögen handelt. Gleichwohl lässt sich für diese wie für andere Anschaffungssicherheiten zeigen, dass Sicherheiten, die im Gegenzug zu einer äquivalenten Massemehrung bestellt werden, keine ungerechtfertigte Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zeitigen (sub II. 2.).

II. Die haftungsrechtliche Surrogation durch die Überlassung des Kapitals Nach der hier vertretenen Deutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes als wechselseitiger Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger mit ihren Forderungen liegt ein gleichbehandlungswidriges Vorrecht dann vor, wenn ein Gläubiger mit seiner Forderung (teilweise) von dieser Haftung freigestellt wird, ohne dass hierfür im Verhältnis zu den anderen Insolvenzgläubigern eine Rechtfertigung zu finden ist. Eine denkbare Rechtfertigung könnte darin liegen, dass die Enthaftung der Insolvenzforderung des gesicherten Gläubigers kompensiert wird, indem der Gläubiger in gleichem Maße das Schuldnervermögen als spätere Insolvenzmasse vergrößert hat. Insofern muss die vom Sicherungsnehmer erbrachte „Gegenleistung“126 für die Stellung der Sicherheit berücksichtigt werden. Daher ist zu untersuchen, ob und unter welchen Umständen die hierin liegende Masseerhöhung die in der Bestellung eines Sicherungsrechts liegende Masseverkürzung ausgleicht. Der Sache nach geht es um die Heranziehung des in § 142 InsO ausgedrückten Gedankens, dass eine Benachteiligung der Gläubiger in Folge einer 125

Siehe oben, S. 178 ff. Mit diesem Begriff soll nicht ausgedrückt werden, dass Hingabe der Sicherheit und Auskehr des Darlehensbetrages synallagmatisch verknüpft sind. Der Begriff der „Gegenleistung“ ist vielmehr hier wie bei § 142 InsO zu verstehen, so dass eine Gegenleistung dann vorliegt, wenn aufgrund der Parteivereinbarung ein wertmäßiges Äquivalent in die Masse gelangt. Zum Begriff der Gegenleistung bei § 142 InsO, Kübler/Prütting/Bork-Ehricke, InsO, § 142 Rn. 3 ff.; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 375. 126

D. Voraussetzungen der haftungsrechtlichen Neutralität einer Sicherheit

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Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausscheidet, wenn der privilegierte Gläubiger eine gleichwertige Gegenleistung in die Masse erbracht hat. Liegt eine solche „haftungsrechtliche Surrogation“127 vor, ist die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gerechtfertigt. Dieser Gedanke kann insbesondere die Privilegierung so genannter Anschaffungsfinanzierungen erklären. Zunächst soll jedoch ein Blick auf das Phänomen der haftungsrechtlichen Surrogation geworfen werden.

1. Die haftungsrechtliche Surrogation Der Surrogation liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Gegenstand, also eine Sache oder ein Recht, an die Stelle eines anderen tritt.128 Unterschieden wird dabei herkömmlich zwischen dinglicher und schuldrechtlicher Surrogation. Bei der dinglichen Surrogation tritt das Surrogat kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung unmittelbar in die sachenrechtlichen Verhältnisse des Ursprungsgegenstands ein, so dass sich die Rechtsverhältnisse unabhängig von einem Willensakt am Ersatzgegenstand fortsetzen.129 Paradigma ist § 1287 S. 2 BGB, nach dem sich das Pfandrecht nach Verwertung der Pfandsache unmittelbar am Verwertungserlös fortsetzt. Bei der schuldrechtlichen Surrogation besteht lediglich ein Anspruch auf die Herstellung der ursprünglichen Rechtslage. Dieser Anspruch wird vom Verpflichteten durch die Einräumung bzw. Übertragung der fraglichen Rechte erfüllt. Hauptbeispiel ist insoweit § 816 Abs. 1 BGB, der dem unberechtigt Verfügenden eine Verpflichtung auferlegt, das aus der Verfügung Erlangte, also das Surrogat, an den Berechtigten zu übertragen. Die hier in Rede stehende „haftungsrechtliche Surrogation“ hat mit dinglicher und schuldrechtlicher Surrogation gemein, dass sie die Frage betrifft, inwieweit sich die Rechtsverhältnisse an einem Gegenstand an seinem Ersatzstück fortsetzen. Allerdings geht es bei der haftungsrechtlichen Surrogation um die Frage, ob der Ersatzgegenstand haftungsrechtlich wie der Ursprungsgegenstand zu behandeln ist. Diese Frage stellt sich etwa bei der Ersatzaus- und Ersatzabsonderung gemäß § 48 InsO (analog), wenn es darum geht, ob der Erlös für den unberechtigt veräußerten Gegenstand ebenso wie der ursprüngliche Gegenstand aus- bzw. abgesondert werden kann. Unter den Voraussetzungen von § 48 InsO ist eine solche Nachfolge in die haftungsrechtlichen Verhältnisse zu bejahen, so dass trotz der Veräußerung des ursprünglichen Objekts das

127

Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1422. M. Wolf, JuS 1975, 643; Coester-Waltjen, Jura, 1996, 24. Siehe auch die Nachweise auf das ältere Schrifttum bei Strauch, Mehrheitlicher Rechtsersatz, S. 39 Fn. 36. 129 M. Wolf, JuS 1975, 643, 645; Harder, Insolvenzrechtliche Surrogation, Rn, 3 f.; Ganter, NZI 2008, 583. 128

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Recht des Gläubigers nicht ersatzlos untergeht, sondern sich am Surrogat fortsetzt.130 In einem etwas anderen Sinn findet sich der Gedanke der haftungsrechtlichen Surrogation auch in der Privilegierung des Bargeschäfts durch § 142 InsO.131 Dasjenige, was der Schuldner durch das Geschäft erlangt hat, wird dem Vermögenswert gleichgestellt, den er hierdurch verloren hat. Die Gegenleistung tritt insofern haftungsrechtlich an die Stelle des vom Schuldner aufgegebenen Vermögensgegenstands. Im Zusammenhang mit der Bestellung eines Sicherungsrechts ist der Haftungswert des Sicherungsguts der vom Schuldner aufgegebene Gegenstand, denn diesen wendet er dem Gläubiger zur vorrangigen Befriedigung zu. Das haftungsrechtliche Surrogat hierzu bildet das vom Kreditgeber dem Kreditnehmer überlassende Kapital, das nunmehr für die Verbindlichkeiten des Schuldners haftet. Wenn der Wert der Gegenleistung den Wert des aufgegebenen Gegenstands kompensiert, werden die Befriedigungsaussichten der übrigen Gläubiger wertmäßig nicht beeinträchtigt. § 142 InsO zeigt, dass unter dieser Voraussetzung keine Notwendigkeit besteht, die Vermögensverschiebung rückabzuwickeln.

2. Anschaffungsfinanzierungen Am Beispiel der Anschaffungsfinanzierung lässt sich der Vorgang der haftungsrechtlichen Surrogation besonders deutlich vorführen. Anschaffungsfinanzierungen zeichnen sich dadurch aus, dass der Schuldner mit dem überlassenen Kapital bestimmungsgemäß eine neue Sache erwirbt, die gleichzeitig als Sicherheit für den zu ihrer Anschaffung gewährten Kredit dient. Entscheidend ist, dass das Sicherungsgut ohne die Kreditgewährung nicht in das Vermögen des Schuldners gelangt wäre. Die anderen Gläubiger hätten also auf den Vermögensgegenstand, an dem das Sicherungsrecht bestellt wurde, auch ohne das Sicherungsrecht nicht zugreifen können, da dann die Anschaffung unterblieben wäre. Aus diesem Grund ist eine Kreditsicherheit im Rahmen einer Anschaffungsfinanzierung haftungsrechtlich neutral. 130 Bezüglich der Ersatzaussonderung ist allerdings umstritten, ob sich diese auf das Surrogationsprinzip stützen lässt. So die Gesetzesbegründung zu § 48 InsO, BT-Drucks. 12/7302, S. 160; Gerhardt, KTS 1990, 1 ff.; Kübler/Prütting/Bork-Prütting, InsO, § 48 Rn. 4; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 48 Rn. 1; Ganter, NZI 2008, 583, 584. Gegen die Deutung des § 48 InsO aus dem Surrogationsgedanken Jaeger/Henckel, InsO, § 48 Rn. 7 ff. Siehe zum Ganzen Harder, Insolvenzrechtliche Surrogation, Rn. 220 ff. 131 K. Schmidt, WM 1983, 490, 493 führt die Privilegierung des Bargeschäfts darauf zurück, dass bei diesem nur eine „Umschichtung“ des schuldnerischen Vermögens stattfinde, die als solche die Gläubiger nicht benachteilige. Zustimmend FK-InsO/Dernheim, § 142 Rn. 1. Zum Anwendungsbereich des § 142 InsO jetzt Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 371 ff.

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Wie diese Betrachtung zeigt, hängt die Rechtfertigung des einfachen Eigentumsvorbehalts und des nicht-erlasskonformen Finanzierungsleasings also nicht davon ab, dass hier das Sicherungsgut dinglich nicht zum Schuldnervermögen gehört. Die haftungsrechtliche Legitimität dieser Sicherungsmittel beruht vielmehr darauf, dass der Sicherungsnehmer die Haftungsmasse durch sein Sicherungsrecht nicht verkürzt, da er zugleich deren Wert erhöht. Zur Beschreibung dieser Werterhöhung verwendet die deutsche Dogmatik den Begriff des Anwartschaftsrechts. Das „Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers“ ist insofern nichts anderes als die vermögensrechtliche Facette der haftungsrechtlichen Kompensationsleistung des Vorbehaltsverkäufers.132 Aus deutscher Sicht ist es allerdings wichtig zu betonen, dass zu den Anschaffungsfinanzierungen nicht nur Eigentumsvorbehalt und Finanzierungsleasing gehören. Auch wenn sich der Schuldner von einem Dritten Geldkredit beschafft und mit dieser Liquidität den Erwerb des Gegenstands finanziert, handelt es sich um eine Anschaffungsfinanzierung, sofern der Geldgeber entweder selbst an den Verkäufer gezahlt oder auf andere Weise sichergestellt hat, dass die Darlehensmittel tatsächlich zur Anschaffung dieses Gegenstands verwendet werden.133 Auch Article 9 UCC behandelt den drittfinanzierten Abzahlungskauf und den einfachen Eigentumsvorbehalt gleich. Beide Sicherungsarten werden durch die Definition des purchase-money security interest in § 9–103 UCC erfasst, so dass beide Sicherungsgeber die durch Article 9–324 UCC gewährte Priorität genießen.134 Somit erweist sich der Gedanke der haftungsrechtlichen Kompensation als tragend für die in fast allen Rechtsordnungen auf die eine oder andere Weise verwirklichte Privilegierung von solchen Gläubigern, die dem Schuldner Kredit für eine den Wert der Masse erhöhende Anschaffung gewährt haben.135

3. Sonstige Sicherungsrechte an gegenwärtigem Vermögen Der Gedanke der haftungsrechtlichen Surrogation lässt sich nicht nur auf Anschaffungskredite anwenden, sondern auch auf sonstige Sicherheiten, die gegen die Überlassung frischen Kapitals an einem bestimmten Vermögensgegenstand bestellt werden. Diese These wird dadurch bestätigt, dass das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO von der herrschenden Meinung auch auf Sicherungsge-

132

Häsemeyer, in: Festschr. f. Serick, S. 153, 156 ff. Zu solchen Formen der Anschaffungsfinanzierung aus schuldrechtlicher Sicht Heermann, Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte (1998). 134 Zur Priorität des purchase-money security interest siehe unten, S. 422 ff. 135 Zur Privilegierung von Anschaffungssicherheiten auch unter dem Legislative Guide unten, S. 427 ff., nach dem DCFR unten, S. 448 ff. 133

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schäfte angewendet wird, sofern die Sicherheit im Gegenzug zur Kreditgewährung bestellt werden.136 Aus ökonomischer Sicht hat bereits Steven Schwarcz die Ansicht vertreten, dass jedenfalls „new money security credit“ effizient sei. Die von den Kritikern behaupteten Ineffizienzen gesicherten Kredits träten nicht auf, wenn es sich um eine Sicherheit handele, die gegen frisches Geld gewährt werde.137 Zwar soll an dieser Stelle die ökonomische Diskussion nicht erneut aufgegriffen werden, bemerkenswert und auch für unsere Betrachtung wertvoll ist aber Schwarcz’ Ansicht, dass es nicht auf die Art und Weise der konkreten Verwendung der Darlehensmittel ankomme, sondern allein auf die Tatsache, dass der Gläubiger diese dem Schuldner zur (freien) Verfügung gestellt hat.138 Die Verbesserung der Liquiditätslage des Schuldners komme zugleich allen anderen Gläubigern in jedenfalls dem Maße zugute, wie sie die Weggabe der Sicherheit benachteilige.139 Damit ist sehr exakt der § 142 InsO zugrunde liegende Gedanke wiedergegeben, mit dem hier die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch Sicherheiten an gegenwärtigem Vermögen gerechtfertigt wird. a) Die haftungsrechtliche Äquivalenz als Voraussetzung der haftungsrechtlichen Surrogation Das hier vorgeschlagene Modell setzt voraus, dass die vom Gläubiger zur Verfügung gestellte Liquidität und das Sicherungsgut haftungsrechtlich äquivalent sind. Denn eine Surrogation im hier beschriebenen Sinn kann nur anerkannt werden, wenn der Wert des Sicherungsrechts und der Wert der Kapitalüberlassung identisch sind. Bei Sicherungsrechten ist dieser Zusammenhang definitionsgemäß stets gewahrt. Dies ergibt sich daraus, dass das Absonderungsrecht immer nur in Höhe der Forderung besteht. Bei den akzessorischen dinglichen Sicherheiten wie Pfandrecht und Hypothek ergibt sich dieser Zusammenhang 136 Zur Anwendung des Bargeschäftsprivilegs auf anfängliche Kreditsicherheiten BGH, Urt. v. 21. 12. 1977, BGHZ 70, 177, 184 f.; Eckardt, ZIP 1999, 1417; Kübler/Prütting/BorkBork, InsO, Anh. I zu § 147 Rn. 33 ff. Einschränkend Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 174 ff. Obermüller/Kuder, in: Festschr. f. G. Fischer, S. 385, 389 zeigen, dass ein Bargeschäft auch dann vorliegt, wenn eine stehengebliebene (nicht-akzessorische) Sicherheit zur Besicherung einer neuen Verbindlichkeit ausgenutzt wird. Auch hier findet ein simultaner Leistungsaustausch statt, weil der Sicherungsgeber im Moment der Auskehr des neuen Kredits auf die Einrede der Nichtvalutierung verzichtet. 137 Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 430. 138 Im Ansatz auch Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 38. Auch Wagner, in: MünchKomm-BGB, § 826 Rn. 85, hebt hervor, dass eine Pflicht zur Rücksichtnahme eines Sicherungsnehmers auf andere Gläubiger jedenfalls dann nicht bestehe, wenn er dem Schuldner frisches Kapital zuführt. Auch dieser Überlegung liegt der Gedanke der haftungsrechtlichen Surrogation zugrunde. 139 Nach Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 430, kommt es bei rational handelnden Schuldnern sogar zu Effizienzsteigerungen.

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schon aus dem materiellen Recht, da hier das Sicherungsrecht wertmäßig durch die Höhe der Forderung begrenzt wird. Soweit diese Forderung nicht schenkweise begründet wurde – was im Wirtschaftsleben nur ausnahmsweise der Fall sein wird –, beruht sie auf einer äquivalenten Gegenleistung des Gläubigers in das schuldnerische Vermögen, die diesem werterhöhend zugute gekommen ist. Insofern stellt das Akzessorietätsprinzip den aus haftungsrechtlicher Sicht erforderlichen Zusammenhang zwischen gesichertem Geschäft und Sicherungsrecht her: Die Akzessorietät gewährleistet, dass das Vorzugsrecht des Gläubigers nur in der Höhe besteht, in der er dieses Vermögen zuvor vermehrt hat. Für die in der Praxis häufigeren nicht-akzessorischen Sicherungsrechte ergibt sich eine derartige Beschränkung zwar nicht aus dem Recht selbst, doch auch Sicherungseigentümer und Sicherungszessionare können sich, wie § 50 InsO deutlich macht, in der Insolvenz des Sicherungsgebers nur für ihre „Hauptforderung, Zinsen und Kosten“ aus dem Sicherungsgut abgesondert befriedigen. Die Sicherung kann daher, „auch wenn sie nicht akzessorisch ist, für den Kreditgeber keinen höheren Wert haben, als der gewährte Kredit.“140 Auch insoweit ist also sichergestellt, dass dem Gläubiger ein Vorzugsrecht wertmäßig nur insoweit zukommt, wie er durch die Überlassung von Kapital die Masse gemehrt hat. Bei Krediten, die nicht Anschaffungsfinanzierungen betreffen, bei denen also der Gläubiger dem Schuldner schlicht Liquidität zur Verfügung stellt, könnte der haftungsrechtlichen Äquivalenz von Kapitalüberlassung und Besicherung entgegengehalten werden, dass die überlassene Liquidität als Haftungsobjekt zum Zeitpunkt der Insolvenz nicht mehr vorhanden ist, so dass gerade keine Äquivalenz von Leistung (Kreditgewährung) und Gegenleistung (Bestellung eines Sicherungsrechts) besteht, da die Darlehensvaluta verbraucht ist, während der Gläubiger sich nach wie vor aus dem Sicherungsgut für seine gesamte Forderung befriedigen kann. Obwohl das Surrogat des Haftungswerts des Sicherungsguts nicht mehr in der Masse vorhanden ist, kann der Gläubiger aus dem Sicherungsrecht vorgehen. Wie schon § 142 InsO zeigt, ist eine solche „ex post Äquivalenz“ allerdings nicht erforderlich, um eine Anfechtbarkeit des Bargeschäfts ausschließen zu können. Es genügt vielmehr, wenn die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung im Moment des Leistungsaustauschs gegeben war.141 Nach § 142 InsO ist die Anfechtung auch dann ausgeschlossen, wenn das überlassene Kapital im Moment der Geltendmachung des Sicherungsrechts – also im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – nicht mehr vorhanden ist.142

140 141 142

Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 101, § 142 Rn. 19. Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 142 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rn. 10. MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rn. 11.

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Diese anfechtungsrechtliche Wertung ist auf unsere Situation, in der wir nach der haftungsrechtlichen Berechtigung eines Vorrechts fragen, zu übertragen. Denn das Recht der Insolvenzanfechtung stellt eine Spezialregelung der hier untersuchten Reichweite des Gleichbehandlungsgrundsatzes dar. Eine Deckung, die unanfechtbar ist, weil die aus ihr allenfalls resultierende mittelbare Gläubigerbenachteiligung gemäß § 142 InsO irrelevant ist, kann erst recht außerhalb der Krise keine relevante Benachteiligung zeitigen. Die durch § 142 InsO gewährte Privilegierung in Form des Anfechtungsausschlusses auch solcher mittelbarer Benachteiligungen erklärt sich vor allem dadurch, dass es bei Austauschgeschäften kaum möglich ist, festzustellen, wie eine Geldleistung, die der Schuldner im Austausch für einen bestimmten Gegenstand erhalten hat, den Wert des schuldnerischen Vermögens beeinflusst hat. Dass die empfangenen Mittel nicht mehr als solche in der Masse vorhanden sind, besagt insoweit nichts, da man weiter prüfen müsste, wofür der Schuldner sie verwendet hat. Eine solche Nachverfolgung ist aber praktisch ausgeschlossen, da der Schuldner die Barmittel mit seinem übrigen Vermögen vermischt haben wird. Diese Erwägungen gelten nicht nur für einen vom späteren Schuldner als Verkäufer empfangenen Kaufpreis, sondern erst recht, wenn es um die Einräumung eines Kredits geht. Ob sich die Vermögenslage des Schuldners ohne diese Kreditgewährung noch schlechter darstellen würde, wird man regelmäßig nicht nachprüfen können. Nur wenn Schuldner und Gläubiger eine solche Benachteiligung mit dem Geschäft bezweckten, und sich diese Absicht auch realisiert hat, können Wertminderungen der Gegenleistung oder deren Verbrauch eine (mittelbare) Gläubigerbenachteiligung begründen.143 Denn bei einer vorsätzlichen Benachteiligung lässt sich anhand des Vorsatzes der Beteiligten konkret der Ereignisablauf überprüfen, der zu der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger geführt hat. Konsequenterweise ist das Bargeschäftsprivileg daher auf die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO nicht anwendbar. Eine Gläubigerbenachteiligung, die daraus resultiert, dass der Schuldner die erhaltene Gegenleistung nicht mehr hat, ist hier relevant, wenn und weil diese Benachteiligung vom Vorsatz des Schuldners umfasst war.144 Diese Überlegungen zeigen, dass es für die haftungsrechtliche Surrogation nicht darauf ankommt, ob sich der überlassene Gegenstand zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch im Vermögen des Schuldners befindet. Die Tatsache, dass Geld ein besonders flüchtiger Vermögenswert ist, vermag hieran nichts zu ändern, da die anderen Gläubiger kein Recht auf eine bestimmte gegenständli-

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Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 122. Jaeger/Henckel, InsO, § 133 Rn. 19. Insbesondere ist der Gläubiger nicht schutzbedürftig, der dem Schuldner einen Vermögensgegenstand zu einem angemessenen Preis, aber in dem Wissen abkauft, dass der Schuldner den Erlös seinen Gläubigern entziehen will, BGH, Urt. v. 30. 9. 1993, BGHZ 123, 320 = ZIP 1993, 1653. 144

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che Zusammensetzung des Vermögens ihres Schuldners haben.145 Der Gleichbehandlungsgrundsatz schützt sie nur davor, dass sich einzelne Mitgläubiger von der wechselseitigen Ausgleichshaftung ausnehmen, aber nicht vor wertmäßig neutralen Veränderungen des Bestands der ihnen haftenden Gegenstände. Auch insoweit erweist sich die Parallele zu § 142 InsO als ergiebig: Wie gesehen kommt es für das Eingreifen des Bargeschäftsprivilegs nicht darauf an, ob die vom Gläubiger erbrachte Gegenleistung bei der Verfahrenseröffnung noch als solche oder wenigstens wertmäßig vorhanden ist. Selbst wenn der Schuldner, der eine Sache während der Krise verkauft und übereignet hat, den Kaufpreis im nächsten Moment verschleudert hat, bleibt die Anfechtung gegen den Käufer ausgeschlossen. Ebenso ist auch die aus der Stellung eines Sicherungsrechts resultierende Benachteiligung gerechtfertigt, sofern der Gläubiger dem Schuldner im Gegenzug neues Kapital überlassen hat, selbst wenn der Schuldner den Kredit ersatzlos verbraucht hat. b) Sicherheiten für Verbindlichkeiten eines Dritten Gegen die hier entwickelte Rechtfertigung von Kreditsicherheiten aus dem Gedanken der haftungsrechtlichen Surrogation lässt sich einwenden, dass die Überlassung von Kapital nicht Voraussetzung für die Insolvenzfestigkeit einer Kreditsicherheit ist. Auch die akzessorischen Sicherheiten setzen lediglich eine zu sichernde Forderung des Gläubigers voraus. Woraus diese Forderung stammt, oder gegen wen sie gerichtet ist, ist für die Entstehung des Sicherungsrechts irrelevant. Gleichfalls kommt es auch für die Gewährung eines Absonderungsrechts nur darauf an, dass der Gläubiger eine Forderung hat, nicht aber ob diese Forderung aus einer Kapitalüberlassung an den Schuldner herrührt. Insbesondere werden auch Sicherheiten anerkannt, die der Sicherungsgeber für die Verbindlichkeit eines Dritten stellt. Bei solchen Transaktionen fehlt es offensichtlich an einem Surrogat, das im Austausch für die Bestellung des Sicherungsrechts in das Vermögen des Sicherungsgebers gelangt ist. Dass solche Geschäfte gleichwohl insolvenzrechtlich anerkannt werden, beruht darauf, dass sie überhaupt nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen. Es bedarf daher auch keiner Rechtfertigung durch den Gedanken der haftungsrechtlichen Surrogation. So wie der Gleichbehandlungsgrundsatz in gegenständlicher Hinsicht auf die Gegenstände des Schuldnervermögens beschränkt ist, ist er in persönlicher Hinsicht auf die Gläubiger des Schuldners 145 Diesen Aspekt berücksichtigt Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 176, m. E. nicht genügend. Vollends unhaltbar ist seine These, dass „Kredite gegen Sicherung [. . .] bestimmungsgemäß nicht Massebestandteil werden“ sollen. Faktisch ist es richtig, dass im Moment der Verfahrenseröffnung die überlassene Liquidität nicht mehr auf dem Konto zu finden ist, das ändert aber nichts daran, dass das Kapital jedenfalls durchgangsweise Bestandteil des haftenden Vermögens des Schuldners geworden ist.

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begrenzt. Wie dargestellt, bedeutet insolvenzrechtliche Gleichbehandlung im Kern die wechselseitige Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger mit ihren Forderungen. An dieser Ausgleichshaftung nehmen insofern nur diejenigen teil, die eine (Insolvenz-) Forderung gegen den Schuldner haben.146 Besonders deutlich zeigt sich diese Beschränkung des Gleichbehandlungsgrundsatzes darin, dass mit der besonderen Insolvenzanfechtung nach §§ 130, 131 InsO nur Deckungen, die ein anderer Insolvenzgläubiger erhalten hat, angefochten werden können.147 Sicherheiten, die für die Verbindlichkeiten eines Dritten gestellt wurden, können daher nur ausnahmsweise nach §§ 130, 131 InsO angefochten werden.148 Ebenso wenig wie es der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet, dass der Schuldner Teile seines Vermögens verschleudert oder verschenkt, steht die wechselseitige Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger einem Geschäft entgegen, das einem Nicht-Insolvenzgläubiger ein beschränktes dingliches Recht an einem Vermögensgegenstand einräumt. Ein solches Geschäft berührt den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht, da der Begünstigte mangels Insolvenzgläubigerstellung überhaupt nicht an der wechselseitigen Ausgleichshaftung teilnimmt.

III. Die Unanwendbarkeit des Surrogationsgedankens auf Sicherheiten an künftigen Vermögensgegenständen In den vorhergehenden Abschnitten wurde gezeigt, dass bei der Besicherung eines neu gewährten Kredits durch die Bestellung einer Sicherheit an gegenwärtigem Vermögen die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger durch die Zurverfügungstellung des Kapitals haftungsrechtlich kompensiert wird. Diese Argumentation versagt in Bezug auf nachträglich bestellte Sicherheiten sowie in Bezug auf Globalsicherheiten mit wechselndem Bestand, die nicht nur gegenwärtiges Vermögen des Schuldners erfassen, sondern auch künftig von diesem erworbene Vermögensgegenstände. Dass der Gedanke der haftungsrechtlichen Surrogation zur Erklärung revolvierender Sicherheiten nicht herangezogen werden kann, entspricht auch der Ansicht des Bundesgerichtshofs. Der IX. Senat hat in seiner Entscheidung zur Anfechtbarkeit der Globalzession vom 29. 11. 2007 nicht nur entschieden, dass die Globalzession eine kongruente Sicherheit ist,149 er hat auch gegen Stimmen 146

Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2.33. BGH, Urt. v. 5. 2. 2004, ZIP 2004, 917; Henckel, ZIP 2004, 1671; Kübler/Prütting/ Bork-Schoppmeyer, InsO, § 130 Rn. 44. 148 Kübler/Prütting/Bork-Brinkmann, InsO, § 145 Anh. I Rn. 69. 149 BGHZ 174, 297 ff. = ZIP 2008, 183 = NJW 2008, 430. Das Urteil wurde unter anderem besprochen von Jacoby, ZIP 2008, 385; Mitlehner, ZIP 2008, 189 ff.; Kuder, ZIP 2008, 289. 147

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in der Literatur150 klargestellt, dass die Anfechtung einer Globalzession jedenfalls nicht nach § 142 InsO ausgeschlossen ist.151 Ein Bargeschäft liegt nach dem Bundesgerichtshof „nur vor, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat.“152 Das Stehenlassen des früher gewährten Darlehens bilde keine ausgleichende Gegenleistung, weil allein damit dem Schuldner kein neuer Vermögenswert zugeführt werde. Der Schuldner habe ihn vielmehr bereits durch die Darlehensgewährung erhalten.153 Der IX. Senat führt weiter aus, dass auch die Überlegung, dass es dem Schuldner gestattet sei, die abgetretenen Forderungen einzuziehen, die Globalzession nicht in den Anwendungsbereich des § 142 InsO zu bringen vermag. Das Bargeschäft setze eine „rechtsgeschäftliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung“ voraus, an der es bei der Globalzession hinsichtlich der ausscheidenden und der hinzukommenden Forderungen fehle. Völlig zutreffend stellt der Bundesgerichtshof darauf ab, dass die Gleichwertigkeit der eingezogenen und der neu abgetretenen Forderungen in keiner Weise Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung ist. Der gesicherte Gläubiger erwirbt die neu entstandenen Forderungen bei der Globalzession vielmehr unabhängig davon, welcher Wert dem Schuldner aus der Einziehung bereits abgetretener Forderungen zugeflossen ist. Der Zusammenhang zwischen Vermögensmehrung (durch Einziehung der Forderungen und entsprechendem Erlöschen des Sicherungsrechts an diesen) und Vermögensabfluss (durch Abtretung der entstehenden Forderungen) ist insofern allenfalls ein faktischer; eine rechtliche Verknüpfung, die der Senat zu Recht fordert, besteht nicht. Diese Überlegungen zeigen, warum sich die oben entwickelte Argumentation zur Rechtfertigung der insolvenzrechtlichen Wirkung von Sicherheiten an gegenwärtigem Vermögen nicht auf revolvierende Sicherheiten übertragen lässt: 154 Es lässt sich bei diesen Sicherungsformen eben nicht mit der gleichen Berechtigung sagen, dass die Entstehung eines Sicherungsrechts am Vermögen des Schuldners durch die Überlassung weiteren Kapitals surrogiert wird. Zwischen der Kreditgewährung durch den Gläubiger und dessen Erwerb von Sicherheiten besteht vielmehr nur ein mittelbarer Zusammenhang, der sich aus der Erwartung ergibt, dass der zukünftige Geschäftsbetrieb des Schuldners

150 Molitor, ZInsO 2006, 23, 25; Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461, 1463; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankenpraxis, Rn. 6.102 d ff.; Kuder, ZInsO 2006, 1065, 1069; Blum, ZInsO 2007, 528, 530; Furche, WM 2007, 1305, 1314. 151 A.a.O. Rn. 40 ff. 152 A.a.O. Rn. 41. So schon BGH, Urt. v. 22. 1. 2004, BGHZ 157, 350, 360; Urt. v. 8. 12. 2005, ZIP 2006, 290 = NZI 2006, 159, 161; Urt. v. 11. 10. 2007 = ZIP 2008, 237. 153 Ebenso MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rn. 13c; Mitlehner, ZIP 2007, 1925, 1930. 154 Siehe auch Brinkmann, in: The Future of Secured Credit in Europe, S. 248, 257. Kritisch Eidenmüller, in: The Future of Secured Credit in Europe, S. 273, 275.

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Sicherheiten in hinreichendem Umfang generieren werde.155 Der Gläubiger rechnet zwar damit, dass an die Stelle der vom Schuldner eingezogenen Forderungen neue Forderungen in (annähernd) entsprechendem Umfang treten werden; dieses wirtschaftliche Kalkül revolvierender Sicherheiten schlägt sich jedoch nicht in der rechtlichen Ausgestaltung dieser Sicherungsrechte nieder. Daher lässt sich – wie der Bundesgerichtshof zutreffend festgestellt hat – auch nicht anführen, dass in der Gestattung des Gläubigers an den Schuldner, über das Sicherungsgut zu verfügen, eine kompensierende Gegenleistung liegt. Denn neue Forderungen unterfallen der Sicherungsabrede unabhängig davon, ob der Schuldner andere, als Sicherheit dienende Forderungen zum Erlöschen gebracht hat. Ein solcher Zusammenhang wird erst durch die Obergrenze gezogen, die sich aus der Rechtsprechung zur nachträglichen Übersicherung156 ergibt. Revolvierende Sicherheiten stellen sich somit haftungsrechtlich vollkommen anders dar als Sicherungsgeschäfte, bei denen zeitgleich mit und aufgrund der Zurverfügungstellung der Darlehensvaluta dem Gläubiger ein bestimmter Gegenstand zur vorrangigen Befriedigung zugewiesen wird. Zur Erklärung der Insolvenzfestigkeit revolvierender Sicherheiten kann der Gedanke der haftungsrechtlichen Surrogation nicht herangezogen werden. Globalzession und Raumsicherungsübereignung verletzen den Gleichbehandlungsgrundsatz, ohne dass sich hierfür im Verhältnis der Gläubiger zueinander eine Rechtfertigung finden lässt. In § 5 wird zu zeigen sein, dass die Rechtsprechung in Gestalt von Knebelungs- und Vertragsbruchlehre, der Übersicherungsrechtsprechung und schließlich unter Rückgriff auf das Anfechtungsrecht Mechanismen zur Korrektur dieses „Geburtsfehlers“157 revolvierender Sicherheiten entwickelt hat.

IV. Die Abgrenzung zum Insolvenzanfechtungsrecht Die auf den vorangegangenen Seiten entwickelte Rechtfertigung von Kreditsicherheiten besitzt unübersehbare Bezüge zum Insolvenzanfechtungsrecht. Insbesondere gilt dies für die Heranziehung des Gedankens der haftungsrechtlichen Surrogation, der auch im Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO Ausdruck findet. Insofern könnte gefragt werden, wodurch es gerechtfertigt ist, die ausschließlich auf die Krise des Schuldners bezogenen Vorschriften über die besondere Insolvenzanfechtung auf Rechtsgeschäfte anzuwenden, die außerhalb 155 Anders war es etwa in der Situation im Urteil des RG v. 7. 7. 1931, RGZ 133, 234 ff.: Hier konnte der Sicherungsgeber entscheiden, welche Forderungen er zur Diskontierung einreicht und bekam jeweils für eine konkrete Forderung einen Darlehensbetrag gutgeschrieben. Gerade dieser Zusammenhang zwischen Sicherungsabtretung und Kreditvergabe war für das RG ein entscheidendes Argument gegen die Sittenwidrigkeit des Geschäfts (a.a.O., S. 238). 156 So die Lösung des Großen Senats für Zivilsachen im Beschl. v. 27. 11. 1997, BGHZ 137, 212. Im Einzelnen zur Übersicherungsproblematik siehe unten, S. 287 ff. 157 Hoeniger, JW 1930, 2936.

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des in §§ 130, 131 InsO festgelegten Dreimonatszeitraums liegen. Anders gewendet: Lässt sich nicht dem Anfechtungsrecht eine Aussage entnehmen, dass die insolvenzrechtliche Verteilungsordnung frühestens drei Monate vor Verfahrenseröffnung Geltung beansprucht, so dass Rechtsgeschäfte außerhalb dieses Zeitraums einer Kontrolle vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes entzogen sind? Für andere als Sicherungsgeschäfte ist eine solche Argumentation nicht zu bezweifeln. Kraft seiner Privatautonomie kann der Schuldner seine Vermögensverhältnisse frei gestalten und hierdurch mittelbar über den Kreis der Vermögensgegenstände bestimmen, die für die Forderungen seiner Gläubiger haften. Eine Kontrolle vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann nur stattfinden, wenn diese durch das Insolvenzanfechtungsrecht eröffnet ist. Bei der Einräumung von Kreditsicherheiten versagt aber die Rechtfertigung aus dem Gedanken der Privatautonomie, jedenfalls soweit es um die insolvenzrechtliche Wirkung dieser Verträge geht. Denn die Gewährung eines Befriedigungsvorrechts greift in die insolvenzrechtliche Verteilungsordnung ein und berührt somit das Verhältnis der Insolvenzgläubiger untereinander. Wenn man also fragt, wie sich die insolvenzrechtliche Wirkung von Kreditsicherheiten erklären lässt, kann man nicht auf die Privatautonomie abstellen, sondern muss deren Vereinbarkeit mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz positiv darlegen. Da die Deckungsanfechtung gerade Verletzungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sanktionieren soll,158 liegt es insoweit nahe, die Wertungen des Insolvenzanfechtungsrechts auch bei der Kontrolle von Kreditsicherheiten zu berücksichtigen. Mit Hilfe des Instituts der haftungsrechtlichen Surrogation konnte gezeigt werden, dass Anschaffungsfinanzierungen und andere nicht antizipierende Sicherheiten am Vermögen des Schuldners die insolvenzrechtliche Haftungsordnung nicht beeinträchtigen, weil und soweit sie im Gegenzug zur Überlassung frischen Kapitals gewährt werden. Wird aber beispielsweise ein Kredit nachträglich während der kritischen Zeit besichert, so unterliegt diese vom Gläubiger empfangene Deckung der Insolvenzanfechtung nach § 131 InsO.159 Das Insolvenzanfechtungsrecht behält somit auch nach der hier entwickelten Argumentation seinen selbständigen Anwendungsbereich.

158 Ausführlich zur Funktionsabgrenzung der Anfechtungstatbestände Thole, ZZP 121 (2008), 67 ff.; ders., Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 287 ff. 159 Vgl. nur BGH, Urt. v. 14. 2. 2008, ZIP 2008, 706; Kübler/Prütting/Bork-Bork, InsO, § 147 Anh. I Rn. 28.

§ 5 Richterrechtliche Korrekturen des Legitimationsdefizits revolvierender Sicherheiten Die Überlegungen in § 4 haben gezeigt, dass die Insolvenzfestigkeit dinglicher Sicherheiten haftungsrechtlich unbedenklich ist, wenn der gesicherte Gläubiger im Gegenzug zur Hereinnahme der Sicherheit dem Schuldner neues Kapital zur Verfügung stellt. Der Gedanke der haftungsrechtlichen Surrogation rechtfertigt unter dieser Voraussetzung die Beeinträchtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, die in der Inanspruchnahme eines Insolvenzvorrechts liegt. In § 4 konnte weiter gezeigt werden, dass dieser Rechtfertigungsansatz für Sicherheiten an künftigen Vermögensgegenständen, also insbesondere für revolvierende Sicherheiten, versagt. Bei diesen Sicherungsformen sind die Überlassung frischen Kapitals einerseits und die Entstehung eines Sicherungsrechts zugunsten des Gläubigers andererseits rechtlich nicht verknüpft. Die haftungsrechtliche Surrogation kann daher zur Rechtfertigung der durch revolvierende Sicherheiten ausgelösten Beeinträchtigungen des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht fruchtbar gemacht werden. Für diese Sicherungsformen besteht ein haftungsrechtliches Legitimationsdefizit. In diesem Abschnitt soll gezeigt werden, dass dieses Defizit konkrete Spuren in der lex lata hinterlassen hat und diese weiter prägt. Es wird sich erweisen, dass die Anwendung von § 419 BGB a. F. auf Sicherungsübertragungen, Teile der Sittenwidrigkeitskontrolle von Mobiliarsicherheiten sowie die Handhabung des Anfechtungsrechts – insbesondere der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO – Versuche sind, die auf vermögensrechtlicher Ebene gewährte Gestaltungsfreiheit wieder einzuschränken, um eine haftungsrechtlich gerechtere Verteilung des schuldnerischen Vermögens zu erreichen.1 Die genannten Institute sind somit jedenfalls zum Teil als Mechanismen zur Korrektur des in § 4 herausgearbeiteten Legitimationsdefizits revolvierender Sicherheiten zu deuten. 1 Nach Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 522, hat sich die Rechtsprechung „durch die Formulierung von ‚Haftungstatbeständen‘ offen zu einer Moral der Kreditsicherung bekannt.“ Hierdurch würden der Sicherungsübereignung „wirtschaftsethische und kreditpolitische Schranken“ gezogen. Auch Koller, JZ 1985, 1013 ff., weist auf den Zusammenhang zwischen der fehlenden Publizität deutscher Sicherungsrechte und die hierdurch erforderlichen Einschränkungen in Form der Sittenwidrigkeitskontrolle hin. Er deutet auch an (a.a.O. Fn. 3), dass Art. 9 UCC aufgrund des für die Drittwirksamkeit des security interest im Regelfall erforderlichen notice filing auf die gesetzliche Begründung von Pfl ichten, andere Gläubiger vor Schaden zu bewahren, verzichten konnte.

A. Die Anwendung von § 419 BGB a. F. auf Sicherungsübertragungen

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A. Die Anwendung von § 419 BGB a. F. auf Sicherungsübertragungen § 419 BGB a. F. sah eine Mithaftung desjenigen vor, der durch Vertrag das Vermögen eines anderen übernahm. Funktion, Anwendungsbereich und Voraussetzungen dieser Vorschrift waren bis zu ihrem Außerkrafttreten im Jahr 1999 hoch umstritten. Wurde sie noch in den 50er Jahren als „Eckpfeiler des geltenden Rechts“2 bezeichnet, nannte Wilburg die Vorschrift im Jahr 1973 „eine im Grunde verfehlte Norm“3 . Dieser Ansicht schloss sich schließlich auch der Gesetzgeber an und strich § 419 BGB im Zuge der Insolvenzrechtsreform.4 Insbesondere war streitig, ob eine treuhänderische Sicherungsübertragung unter die Vorschrift fällt. Das Reichsgericht wendete in einer Entscheidung aus dem Jahr 1933 § 419 BGB a. F. auch auf eine Sicherungsübereignung an, die nahezu das gesamte Vermögen des Sicherungsgebers umfasste. 5 Hierbei hielt es aber den (Sicherungs-) Übernehmer nach § 419 Abs. 2 BGB a. F. für berechtigt, sich wegen solcher Forderungen, die zum Zeitpunkt der Übernahme schon gegen den übertragenden Sicherungsgeber bestanden, vorweg aus dem Vermögen zu befriedigen. Hinsichtlich nach diesem Zeitpunkt entstandener Forderungen habe er jedoch kein Befriedigungsrecht. 6 Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Rechtsprechung zunächst in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung angeschlossen. 7 Später differenzierte das Gericht seine Auffassung dahingehend, dass § 419 BGB a. F. jedenfalls dann auf eine Sicherungsübertragung anwendbar ist, wenn „dem Übergeber kein entsprechender Gegenwert, der dem Zugriff seiner Gläubiger unterliegt, zufließt und wenn durch die Sicherungsübereignung aufgrund einer besonderen Absprache dem Übergeber das Vermögen auf Dauer entzogen und dem Übernehmer von vornherein die Verwertungsbefugnis eingeräumt wird.“8

Entscheidend war für den Senat, dass die Sicherungsübereignung „zeitlich nach der Darlehenshingabe“ erfolgte, weshalb die Sicherungsübereignung „letztlich 2

Bergenroth, MDR 1953, 140. Wilburg, in: Festschr. f. Larenz, S. 661, 663. 4 In der Gesetzesbegründung zu Art. 32 Nr. 16 EGInsOÄndG heißt es: „Die Vorschrift passt nicht in die heutige Wirklichkeit.“ (BT-Drucks. 12/3803, S. 77). Siehe auch K. Schmidt, ZIP 1989, 1025. 5 RG, Urt. v. 12. 12. 1933, RGZ 139, 199. Ob dem in diesem Zusammenhang zuweilen zitierten Urteil v. 12. 1. 1912, JW 1912, 347, auch eine sicherungsweise Vermögensübernahme zugrunde lag, lässt sich anhand des in der JW wiedergegebenen Tatbestands nicht eindeutig feststellen. Die Anwendbarkeit von § 419 BGB auf die Sicherungsübereignung forderten unabhängig voneinander schon Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 127 ff.; Schäfer, ArchBR 37 (1913), 1, 48. 6 RGZ 139, 199, 202. 7 Urt. v. 29. 4. 1964, WM 1964, 741. 8 BGH, Urt. v. 13. 5. 1981, BGHZ 80, 296, 300. 3

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[. . .] ohne Gegenleistung erfolgt“ sei.9 Mit dem Kriterium der gleichzeitigen Gegenleistung spricht der Senat exakt das in § 4 entwickelte Erfordernis der haftungsrechtlichen Surrogation an.10 Allerdings blieb offen, wie dieser Gesichtspunkt im Rahmen des Tatbestands des § 419 BGB a. F. berücksichtigt werden konnte.11 Die Anwendung von § 419 BGB a. F. auf die Sicherungsübereignung war dazu bestimmt, die Wirkungen einer Sicherungsübereignung haftungsrechtlich zu korrigieren. Haftungsrechtlich motivierte Eingriffe in die Vermögensordnung sind allerdings grundsätzlich Aufgabe des Anfechtungsrechts. Mit diesem war aber der Sicherungsübereignung nicht in allen Fällen beizukommen.12 Der Rückgriff auf § 419 BGB a. F. war insofern ein Versuch, „Lücken“ im System der Anfechtungstatbestände zu schließen. Dieser Versuch musste scheitern, weil die Rechtsfolge der Übernahmehaftung zu in hohem Maße sinnwidrigen Ergebnissen führte. Insbesondere widersprach es der skizzierten Ratio der Anwendung des § 419 BGB a. F. auf die Sicherungsübereignung, dass sich nur solche Gläubiger auf die Übernahmehaftung berufen konnten, die ihre Forderung vor der Vermögensübernahme begründet hatten.13 Weiter erschien es nicht einleuchtend, dass der Sicherungsnehmer für vor der Vermögensübernahme begründete Forderungen ein Vorzugsrecht nach §§ 419 Abs. 2 a. F., 1990 f. BGB haben sollte, während er für Neuforderungen gänzlich ungesichert war.14 Hinzu kommt schließlich, dass § 419 BGB a. F. tatbestandlich die Übertragung (nahezu) des gesamten Vermögens voraussetzte. Die zu bekämpfenden Gläubigerbenachteiligungen entstehen aber auch dann, wenn nur ein Vermögensteil übertragen wird.15 Wieso gerade der Gläubiger haften soll, der sich den letzten freien Vermögensrest übertragen lässt, leuchtet nicht ein.16 Die Heranziehung des § 419 BGB a. F. war insofern ein insgesamt wenig überzeugender und zu Recht stark kritisierter17 Versuch, die durch treuhänderische Sicherungsübertragungen in der Insolvenz des Schuldners ausgelösten Benachteiligungen der ungesicherten Gläubiger zu lindern. Dem Legitimationsdefizit revolvierender Globalsicherheiten konnte durch die Vermögensübernahmehaftung nicht befriedigend abgeholfen werden. Auch der Bundesgerichtshof gab 9

A.a.O., S. 301 f. Ebenso im Urt. v. 7. 3. 1985, ZIP 1985, 921, 925. 11 Eine teleologische Reduktion auf unentgeltliche Übertragungen wurde zwar von Teilen des Schrifttums vertreten (Nachweise bei Wilburg, in: Festschr. f. Larenz, S. 661, 663), die Rechtsprechung hat diese Ansicht jedoch nie aufgegriffen, MünchKomm-BGB/Möschel, 3. Aufl. 1994, § 419 Rn. 18. 12 Auf dieses Motiv der Anwendung von § 419 BGB a. F. weist auch Staudinger/Kaduk, BGB, 12. Bearbeitung 1994, § 419 Rn. 51, hin. 13 Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 127. 14 G. Paulus, ZZP 64 (1951), 169, 189. 15 H. Westermann, Interessenkollisionen und ihre richterliche Wertung, S. 25. 16 Vgl. G. Paulus, ZZP 64 (1951), 169, 190. 17 Siehe statt vieler G. Paulus, ZZP 64 (1951), 169, 186 ff. 10

B. Die Grenze der guten Sitten bei der Kreditsicherung

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diesen Ansatz schließlich auf und entschied im Jahr 1986, dass eine Sicherungsübereignung dann nicht unter § 419 BGB a. F. falle, wenn diese aufgrund ihrer besonderen Gestaltung einen Zugriff der anderen Gläubiger auf den Wert des übertragenen Vermögens nicht hindere.18 Der Bundesgerichtshof stellte konkret darauf ab, dass der Sicherungsgeber die übertragenen Gegenstände auf eigene Rechnung veräußern und die so entstehenden Forderungen einziehen durfte. Für die aus haftungsrechtlicher Sicht besonders gefährlichen revolvierenden Sicherungsübereignungen von Warenlagern hatte sich damit die Anwendung von § 419 BGB a. F. erledigt. Um so größere Bedeutung erlangten daher die Sittenwidrigkeitskontrolle und das Insolvenzanfechtungsrecht.

B. Die Grenze der guten Sitten bei der Kreditsicherung Eine Untersuchung des deutschen Mobiliarsicherungsrechts kann einerseits an dem Phänomen der Sittenwidrigkeitskontrolle von Mobiliarsicherheiten nicht vorbeigehen. Andererseits erscheint es wenig ertragreich, den zahlreichen Abhandlungen zu diesem Fragenkreis einen weiteren Systematisierungsversuch hinzuzufügen. Es soll stattdessen gezeigt werden, wieso die Sittenwidrigkeitskontrolle gerade im deutschen Recht eine so große Rolle spielt und welche Ziele hiermit verfolgt werden. Traditionell wird bei der Sittenwidrigkeitskontrolle zwischen der Kredittäuschung, der Insolvenzverschleppung, der Knebelung oder Aussaugung des Schuldners, der anfänglichen und nachträglichen Übersicherung und schließlich dem Verleiten zum Vertragsbruch unterschieden.19 Die einzelnen Fallgruppen lassen sich allerdings nur schwer voneinander abgrenzen. Dies betrifft insbesondere die Schutzrichtung der verschiedenen Tatbestände: Während Knebelung, Aussaugung und Übersicherung im Ausgangspunkt den Sicherungsgeber bzw. den Kreditschuldner vor unsittlichen Beschränkungen seiner Freiheit schützen sollen, dient die Fallgruppe des Verleitens zum Vertragsbruch jedenfalls ursprünglich speziell dem Schutz der Vorbehaltslieferanten. Eine allgemeine Einschränkung der Sicherungsrechte zum Schutz der anderen Gläubiger des Sicherungsgebers ergibt sich daher nur für die Fallgruppen der Kredittäuschung und der Insolvenzverschleppung. In der Rechtsprechung lassen sich allerdings deutliche Tendenzen nachweisen, die Sittenwidrigkeitskontrolle auch in den Fallgruppen der Knebelung des Schuldners, der Übersicherung und des Verleitens zum Vertragsbruch zur haftungsrechtlichen

18

BGH, Urt. v. 20. 3. 1986, NJW 1986, 1985. Vgl. auch die Fallgruppenbildung bei K. H. Lehmann, Die Sicherungsübereignung als Haftungstatbestand, S. 9 ff., und bei Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1104. 19

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Korrektur insbesondere revolvierender Sicherungsübereignungen zu instrumentalisieren.

I. Vorüberlegung: Das Verhältnis von § 138 Abs. 1 zu § 826 BGB bei der Sittenwidrigkeitskontrolle von Sicherungsgeschäften Das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit findet sich sowohl in § 826 BGB wie auch in § 138 Abs. 1 BGB; 20 gleichwohl wird zu Recht betont, dass beide Normen scharf voneinander abzugrenzen seien: 21 Zunächst ist § 138 Abs. 1 BGB nur auf Rechtsgeschäfte anwendbar. 22 Seine Rechtsfolge ist die Nichtigkeit des fraglichen Geschäfts. § 826 BGB führt demgegenüber auf der Rechtsfolgenseite zu einem Schadensersatzanspruch des Geschädigten. Bei der Sittenwidrigkeitskontrolle von Sicherungsgeschäften spielt § 138 Abs. 1 BGB eine weitaus größere Rolle als § 826 BGB. Dieser „Anwendungsvorrang“ des § 138 Abs. 1 BGB beruht allerdings nicht auf einem bestimmten systematischen Rangverhältnis beider Normen etwa im Sinne einer Spezialität, sondern darauf, dass § 826 BGB neben der Sittenwidrigkeit den Eintritt eines Schadens voraussetzt. 23 Eine Sicherheitenbestellung schädigt die Mitgläubiger jedoch nur dann, wenn die Bestellung wirksam war, weil sich nur dann der dem ungesicherten Gläubiger zur Verfügung stehende Haftungsfonds verringert hat. Wenn eine Sicherheitenbestellung aber sittenwidrig ist, ist sie gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Ein nichtiges Rechtsgeschäft verkürzt das den Gläubigern haftende Vermögen daher gerade nicht, so dass es insoweit an einem Schaden fehlt. 24 Vorrangig ist daher stets zu prüfen, ob die Sicherheit nach § 138 Abs. 1 nichtig ist.

20 Engert, Die Haftung für drittschädigende Kreditgewährung, S. 51; Vuia, Die Verantwortlichkeit von Banken in der Krise von Unternehmen, S. 255. 21 So schon K. H. Lehmann, Die Sicherungsübereignung als Haftungstatbestand, S. 7. 22 Zur Frage, inwieweit § 138 Abs. 1 BGB auch einen subjektiven Tatbestand im Sinne einer verwerflichen Gesinnung oder einer Kenntnis der die Sittenwidrigkeit auslösenden Umstände verlangt, siehe MünchKomm-BGB/Armbrüster, § 138 Rn. 129 ff.; insbesondere zur Problematik bei Sicherungsgeschäften Esser, ZHR 135 (1971), 320 ff. 23 H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 27. 24 Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 210; Engert, Die Haftung für drittschädigende Kreditgewährung, S. 76; Vuia, Die Verantwortlichkeit von Banken in der Krise von Unternehmen, S. 255. Ein Schadensersatzanspruch eines ungesicherten Gläubigers des Sicherungsgebers kommt nur in Betracht, wenn er Nachteile geltend machen kann, die über die bloße Minderung des Haftungsfonds hinausgehen Die Haftung aus § 826 BGB ist daher vor allem für vertragliche Neugläubiger interessant, die geltend machen können, dass sie ohne die Täuschung über die Vermögensverhältnisse des Schuldners in Folge des Sicherungsgeschäfts dem Schuldner keinen Kredit gewährt hätten. Diese Gläubiger können nach § 826 BGB ihren (Vertrauens-) Schaden verlangen. Relevant ist dies insbesondere für die Fallgruppe der Insolvenzverschleppung. Hierzu Engert, Die Haftung für drittschädigende Kreditgewährung, S. 76.

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II. Gläubigergefährdung durch Kredittäuschung und Insolvenzverschleppung „Tritt ein Unternehmer, dessen baldiger Konkurs wahrscheinlich ist, sicherungshalber seine gesamten – auch künftigen – Kundenforderungen und damit sein letztes pfändbares Vermögen, ohne daß neue Mittel zugeführt wurden, an einen Gläubiger ab, so ist die Abtretung regelmäßig sittenwidrig, wenn dieser sich mindestens grob fahrlässig über die Erkenntnis der drohenden Insolvenz des Schuldners hinweggesetzt hat.“25

Die Fallgruppe der Gläubigergefährdung ist ersichtlich unmittelbar auf den Schutz der Interessen der anderen Gläubiger des Sicherungsgebers bezogen. 26 Es geht um die Abwehr von Nachteilen, welche die anderen Gläubiger durch das Vorrecht des gesicherten Gläubigers erleiden. Die bloße Stellung einer Sicherheit – selbst wenn diese das ganze Vermögen umfasst – reicht für sich freilich noch nicht aus, um das Sittenwidrigkeitsurteil auszulösen. Die Gefährdung der Gläubiger muss sich entweder aus einer sittenwidrigen Kredittäuschung oder einer sittenwidrigen Insolvenzverschleppung ergeben. 27 In einer Entscheidung aus dem Jahr 1933 hat das Reichsgericht eine Bank, die sich den wesentlichen Teil der Außenstände eines Unternehmens sowie des beweglichen Vermögens zur Sicherheit hatte übertragen lassen, zum Ersatz des negativen Interesses der anderen Gläubiger aus § 826 BGB verurteilt. 28 Hierbei stellte es zur Begründung der Sittenwidrigkeit insbesondere auf die durch das Geschäft verursachte „Beirrung des redlichen Verkehrs“ ab. 29 Die Sittenwidrigkeit der Sicherheit soll sich also gerade daraus ergeben, dass „möglicherweise Dritte über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens getäuscht werden“.30 Diese Täuschung müsse aber nicht der Zweck der Besicherung gewesen sein, es könne 25

BGH, Urt. v. 16. 3. 1995, NJW 1995, 1668. Nichtigkeit wegen Gläubigergefährdung wird bejaht von BGH, Urt. v. 9. 7. 1953, BGHZ 10, 228; Urt. v. 16. 3. 1995, NJW 1995, 1668; OLG Köln, Urt. v. 4. 9. 1996, WM 1997, 762. Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 527 ff., lehnt die von der Rechtsprechung im Rahmen der „Gläubigergefährdung“ zur Begründung der Sittenwidrigkeit einer Besicherung verwendeten Ansatzpunkte (Täuschung, Insolvenzverschleppung) ab. Der Gläubiger verfolge hier nur in legitimer Weise seine Interessen. 27 Monographisch ist das Problem jüngst von Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, aufgearbeitet worden. Er versucht die Anwendung des § 138 BGB wegen Gläubigergefährdung auf Mobiliarsicherheiten in einen zwingenden zeitlichen Zusammenhang mit der Insolvenz des Sicherungsgebers zu rücken. § 138 Abs. 1 BGB sei „als Kontrollnorm für Gläubiger beeinträchtigendes Verhalten – erst – aktiviert worden, wenn die Transaktion zu einem Zeitpunkt stattfand, in welchem es ohne den Vertrag zur umgehenden oder baldigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das schuldnerische Vermögen gekommen wäre.“ A. a.O., S. 65. Diese These berücksichtigt m. E. nicht genügend, dass auch in den anderen Fallgruppen, insbesondere bei Übersicherungs- und Vertragsbruchrechtsprechung, die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB letztlich dem Schutze der anderen Gläubiger dient. 28 RG, Urt. v. 21. 12. 1933, RGZ 143, 48. Siehe auch BGH, Urt. v. 14. 7. 1952, BGHZ 7, 111, 115; BGH, Urt. v. 9. 7. 1953, BGHZ 10, 228, 233. 29 A.a.O., S. 54. 30 BGHZ 10, 228. 26

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genügen, wenn die Parteien des Sicherungsgeschäfts nur mit der Möglichkeit gerechnet haben, dass andere Gläubiger geschädigt werden.31 Die Gefahr einer Täuschung der Gläubiger ist insofern konstitutives Merkmal der Haftung wegen Gläubigergefährdung.32 Die Betonung des Elements der Irreführung zeigt, dass die Fallgruppe der Gläubigergefährdung erkennbare Sicherheiten nicht erfasst.33 Der sich hier andeutenden haftungsrechtlichen Bedeutung der Publizität von Sicherungsrechten wird in § 6 im Einzelnen nachzugehen sein. Die Voraussetzung der „Irreführungsgefahr“ steht allerdings in einem merkwürdigen Widerspruch zur Heimlichkeit der Sicherungsübertragungen nach deutschem Recht. Wenn man heimliche Sicherheiten für prinzipiell geeignet hält, Fehlvorstellungen bei den anderen Gläubigern über die Kreditwürdigkeit des Schuldners auszulösen, und allein hieran den Sittenwidrigkeitsvorwurf knüpfte, bliebe unklar, warum dieser Vorwurf nicht alle heimlichen Sicherungsrechte trifft.34 Diesen Bedenken scheint die Rechtsprechung dadurch begegnen zu wollen, dass sie eine konkrete Gefährdung der Interessen der anderen Gläubiger verlangt, die über die bei jeder Sicherheit entstehenden potentiellen Beeinträchtigungen hinaus reicht. Sittenwidrig wegen Gläubigergefährdung durch Kredittäuschung sollen danach nur solche Sicherheiten sein, die in einer Situation gewährt werden, bei der sich für den begünstigten Sicherungsnehmer aufdrängen musste, dass der Zusammenbruch des Schuldners bevorstand.35 Wenn der Gläubiger sich über diese Erkenntnis mindestens grob fahrlässig hinwegsetzt, handele er sittenwidrig.36 Wegen dieser neben die Täuschungseignung tretenden Voraussetzung des absehbaren Zusammenbruchs des Schuldners ist die Fallgruppe der Kredittäuschung eng verwandt mit der Fallgruppe der Insolvenzverschleppung. Beiden Fallgruppen ist gemein, dass sich die anderen Gläubiger des Schuldners über dessen tatsächliche Vermögenslage aufgrund eines Verhaltens des Kreditgebers im Irrtum befinden und die Transaktion zu einem Zeitpunkt stattfand, zu dem die Insolvenz des Schuldners absehbar war. Bei der Insolvenzverschleppung knüpft der Vorwurf aber nicht an die Bestellung „undurchsichtiger“ Sicherheiten an, sondern an die Überlassung von Liquidität zum Zeitpunkt der Krise des Schuldners. Soweit durch die Kreditgewährung das schuldnerische Unter31

BGH, NJW 1995, 1668. Siehe auch K. H. Lehmann, Die Sicherungsübereignung als Haftungstatbestand, S. 10, der die Voraussetzung der „Undurchsichtigkeit“ der Sicherheit formuliert. Siehe auch Koller, JZ1985, 1013, 1017, 1020; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1132; Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 61 ff. Nach Gehrlein, MDR 2008, 1069, 1073, muss sogar „Täuschungsabsicht“ vorliegen. 33 OLG Köln, Urt. v. 27. 2. 1981, WM 1981, 1238, zur Unanwendbarkeit der Kredittäuschung auf Grundpfandrechte. 34 Siehe auch Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 530 ff. 35 So auch der Befund Guskis, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 65. 36 BGH, NJW 1995, 1668. 32

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nehmen den Insolvenzantrag zunächst vermeiden und sich trotz der absehbaren Sanierungsunfähigkeit noch eine Zeit am Markt halten kann, haftet der Kreditgeber anderen Gläubigern auf Schadensersatz aus § 826 BGB, wenn er mit Schädigungsvorsatz eigennützig und sorgfaltswidrig gehandelt hat.37 Weil allerdings die Haftung wegen Insolvenzverschleppung nicht an die Besicherung, sondern an die Kreditgewährung anknüpft, kann diese Fallgruppe hier außer Betracht bleiben. Wird freilich ein wegen Insolvenzverschleppung sittenwidriger Kredit auch noch mit dem letzten freien Vermögen des Schuldners besichert, so kann auch diese Sicherung gegenüber den anderen Gläubigern keinen Bestand haben. Sie ist nichtig nach § 138 Abs. 1 BGB.38

III. Die Funktion der Vertragsbruchlehre im Verhältnis des Globalzessionars zu den sonstigen Gläubigern des Sicherungsgebers Die herrschende Ansicht, nach der eine Globalzession, die keine dingliche Teilverzichtsklausel enthält, nach § 138 BGB nichtig ist, wenn die Lieferung unter verlängertem Eigentumsvorbehalt in der Branche des Zedenten üblich ist, wurde oben schon dargestellt.39 Der Globalzessionar verleite den Zedenten zum Vertragsbruch gegenüber seinen Lieferanten, soweit der Zedent auf den Bezug von Waren unter verlängertem Eigentumsvorbehalt angewiesen ist. Die Bank als Globalzessionarin handele daher sittenwidrig. Mit Hilfe dieser – dogmatisch fragwürdigen40 – Konstruktion sichert die Rechtsprechung dem Lieferanten den Vorrang bezüglich der wertmäßigen Surrogate der von ihm gelieferten Waren. Oben wurde die Ansicht vertreten, dass die Auflösung des Konkurrenzverhältnisses zwischen Lieferant und Geldkreditgeber zugunsten des Lieferanten aus haftungsrechtlicher Sicht überzeugt. Ausgangspunkt der Vertragsbruchlehre ist somit unstreitig der Prioritätskonflikt zwischen Lieferant und Globalzessionar. Um so bemerkenswerter und geradezu verräterisch für das Unbehagen gegenüber revolvierenden Globalsicherheiten ist es daher, dass sich die Rechtsprechung dieser Lehre auch zum Schutz der Insolvenzmasse bedient, indem sie eine Globalzession bei Fehlen einer dinglichen Teilverzichtsklausel als in vollem Umfang nichtig erachtet. Insbesondere in seinen jüngeren Entscheidungen nimmt der Bundesgerichtshof ohne weitere Begründung oder Auseinandersetzung mit entgegenstehenden 37 Vgl. RG, Urt. v. 9. 4. 1932, RGZ 136, 247, 253; BGH, Urt. v. 9. 12. 1969, NJW 1970, 657. Allgemein zu den Voraussetzungen der Haftung aus § 826 BGB wegen Insolvenzverschleppung siehe MünchKomm-BGB/Wagner, § 826 Rn. 89 ff.; Engert, Die Haftung für drittschädigende Kreditgewährung, S. 51 ff. 38 So etwa im Fall von BGH, Urt. v. 16. 3. 1995, NJW 1995, 1668, 1669; siehe auch Urt. v. 2. 11. 1955, NJW 1956, 417 ff. 39 Siehe S. 206 ff. 40 Siehe die oben in Fn. 571 ff. zitierten Autoren.

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früheren Entscheidungen an, dass die Globalzession bei Fehlen einer Teilverzichtsklausel nichtig sei, auch soweit es gar nicht um Forderungen geht, die einer Vorauszession zugunsten eines Vorbehaltslieferanten unterliegen. 41 Dem Globalzessionar wird also schon dann sittenwidriges Handeln vorgeworfen, wenn er es unterlassen hat, eine Teilverzichtsklausel aufzunehmen, obwohl er damit hätte rechnen müssen, dass auch Vorbehaltslieferanten auf die Forderungen zugreifen wollen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, spielt keine Rolle; es kommt schlicht nicht darauf an, ob der Sicherungsgeber tatsächlich Verträge mit Dritten gebrochen hat. Die Vertragsbruchlehre wird so zum Gesinnungsdelikt.42 Nutznießer dieser Rechtsprechung sind entweder spätere Globalzessionare oder ungesicherte Gläubiger des Zedenten. Solche windfall-profits der anderen Gläubiger ließen sich vermeiden, wenn man die Globalzession nur für teilnichtig nach § 139 2. Hs. BGB erachtete, wie der Bundesgerichtshof schon in BGHZ 30, 149 angedeutet hatte. Auch in späteren Urteilen formuliert der Bundesgerichtshof überwiegend, dass eine Globalzession nichtig sei, soweit sie auch solche Forderungen erfasst, die einem verlängerten Eigentumsvorbehalt unterliegen.43 Die Nichtigkeit wird durch diese Formulierung auf die Forderungen beschränkt, die einem verlängerten Eigentumsvorbehalt unterfallen. Auch die überwiegende Ansicht in der Literatur geht davon aus, dass die Globalzession nur soweit nichtig ist, wie sie sich auf Forderungen aus dem Verkauf von Vorbehaltsware erstreckt.44 Man mag dies für eine geltungserhaltende Reduktion der Sicherungsabrede halten, diese ist jedoch ebenso unbedenklich wie die Annahme eines Freigabeanspruchs bei nachträglicher Übersicherung im Wege ergänzender Vertragsauslegung. 45 Denn die Vertragsbruchlehre soll nur den Konflikt zwischen Waren- und Geldgläubiger lösen; sie soll aber nicht zu einem ungerechtfertigten Vorteil der übrigen Insolvenzgläubiger führen. 41

BGH, Urt. v. 8. 12. 1998, NJW 1999, 940; Urt. v. 21. 4. 1999, NJW 1999, 2588. Die besondere Ironie der in NJW 1999, 940, veröffentlichten Entscheidung liegt darin, dass die Globalzessionarin eine österreichische Bank war und es um Forderungen gegen ausländische Schuldner der deutschen Zedentin ging. Der BGH unterstellte der Bank wegen der eher pauschal behaupteten „Branchenüblichkeit“ des verlängerten Eigentumsvorbehalts im nationalen Handel Vorsatz hinsichtlich des Verleitens zum Vertragsbruch. Aufgrund der Unüblichkeit des verlängerten Eigentumsvorbehalts im grenzüberschreitenden Handel kann dies nicht überzeugen, Kieninger, JZ 1999, 405, 407 ff. Dieses Urteil erweist deutlich, wie Recht Esser, ZHR 135, (1971), 320, 330 ff., hatte, als er forderte, bei der Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB von subjektiven Anforderungen Abstand zu nehmen. Die subjektive Vorstellung des Handelnden ist für die objektiv angemessene Zuweisung des Haftungswerts – und darum geht es – unerheblich. 43 BGH, Urt. v. 15. 4. 1987, NJW 1987, 1878; Urt. v. 9. 11. 1978, BGHZ 72, 308 (1. Leitsatz) = NJW 1979, 365; Urt. v. 9. 11. 1978, BGHZ 72, 316 = NJW 1979, 371. 44 Erman/H. P. Westermann, BGB, § 398 Rn. 21; Palandt/Grüneberg, BGB, § 398 Rn. 28; PWW/Nobbe, BGB, vor §§ 1273 ff. Rn 23. 45 Hierzu sogleich unter 2. 42

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Wenn der Bundesgerichtshof demgegenüber in den zitierten Urteilen vom 8. 12. 1998 und vom 21. 4. 1999 eine Globalzession ohne dingliche Teilverzichtsklausel als in vollem Umfang nichtig erachtet, ignoriert er die spezifische Funktion der Vertragsbruchlehre, die auf das Verhältnis von Waren- und Geldgläubigern bezogen ist. Das Sittenwidrigkeitsverdikt, das sich aus einem intendierten Vertragsbruch gegenüber den Lieferanten ergibt, kommt so der Insolvenzmasse und damit der Gläubigergesamtheit zugute. Die Vertragsbruchlehre wird zu einem allgemeinen Instrument der Begrenzung von Globalsicherheiten. Sie dient nicht mehr dem Schutz der Vorbehaltslieferanten, sondern der Korrektur der haftungsrechtlichen Wirkungen einer Globalzession im Verhältnis der Gläubiger des Sicherungsgebers untereinander.

IV. Sittenwidrigkeit wegen Knebelung Ein ähnliche Diskrepanz zwischen telos und Ergebnis lässt sich für die Fälle ausmachen, in denen Sicherungsverträge wegen „Knebelung“ für nichtig erachtet wurden: Beschränkt ein Rechtsgeschäft die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit eines Teils so weitgehend, dass dieser seine geschäftliche Selbständigkeit verliert, verstößt es gegen die guten Sitten. Solche sittenwidrigen Knebelungen hat die Rechtsprechung außerhalb von Sicherungsverträgen unter anderem angenommen, wenn ein Autor verpflichtet sein sollte, alle künftigen Manuskripte einem bestimmten Verlag anzubieten,46 bei langfristigen Bierlieferungsverträgen,47 bei unbegrenzten Wettbewerbsverboten48 oder bei gesellschaftsrechtlichen Abfindungsklauseln, die das Kündigungsrecht des Gesellschafters wirtschaftlich entwerten49. Bei der Knebelung knüpft das Sittenwidrigkeitsurteil daran an, dass der eine Vertragsteil durch das Rechtsgeschäft in sittlich-rechtlich zu missbilligender Weise vom anderen Vertragspartner abhängig wird.50 Die Sittenwidrigkeit ergibt sich hier also aus dem Verhältnis der Vertragspartner untereinander. Der eine soll den anderen nicht in übermäßiger Weise bevormunden können. In den wenigen Entscheidungen, in denen Gerichte den Knebelungstatbestand auch auf Sicherungsgeschäfte angewendet haben, ist dieser Schutzzweck jedoch weitgehend aus dem Blick geraten. In den Fällen, in denen Sicherungsverträge wegen „Knebelung“ für nichtig erachtet wurden,51 kam dies nicht dem Si46

BGH, Urt. v. 14. 12. 1956, BGHZ 22, 347. BGH, Urt. v. 9. 4. 1970, BGHZ 54, 145; Urt. v. 8. 4. 1992, NJW 1992, 2145. 48 BGH, Urt. v. 28. 4. 1986, NJW 1986, 2944. 49 BGH, Urt. v. 9. 1. 1989, NJW 1989, 2685 (Abfindung in Höhe des halben Buchwerts). 50 Staudinger/Sack, BGB, § 138 Rn. 259. 51 BGH, Urt. v. 9. 11. 1955, BGHZ 19, 12 ff.; OLG Frankfurt, Urt. v. 18. 1. 1967, NJW 1967, 1043; OLG Köln, Urt. v. 25. 10. 1985, ZIP 1985, 1472. Geprüft aber abgelehnt wurde eine 47

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cherungsgeber zugute, sondern seinen anderen Gläubigern. Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners wird bei der Anwendung des Knebelungstatbestands auf Sicherungsgeschäfte insofern nicht um ihrer selbst willen geschützt, sondern zur Wahrung der Interessen der anderen Gläubiger des Schuldners. Harry Westermann hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners weniger danach bestimmt, was er dinglich kann, sondern danach, was er schuldrechtlich darf. 52 Eine Knebelung im Sinne einer Einengung der Bewegungsfreiheit kann daher bei genauem Hinsehen dann nicht bestehen, wenn der Schuldner befugt ist, über die Sicherungsgegenstände im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs zu verfügen. 53 Er ist durch eine solche Gestaltung nur daran gehindert, die Gegenstände für Deckungen zugunsten anderer Gläubiger einzusetzen. Hält man den Schuldner trotz einer solchen Befugnis für geknebelt, schützt man nicht seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit, sondern die Befriedigungsaussichten der übrigen Gläubiger.54 Die Freiheit des Unternehmers „für eigene wirtschaftliche und kaufmännische Entschließungen“ ist insofern nicht das eigentliche Schutzgut des Knebelungstatbestands bei Sicherungsübertragungen.55 Bestätigt wird diese These dadurch, dass der Bundesgerichtshof den Tatbestand der Knebelung so bestimmt, „dass der Schuldner nicht mehr die Mittel zur Verfügung hat, die er zur Erfüllung seiner fälligen Verbindlichkeiten benötigt“.56 Schon auf Tatbestandsebene lassen sich Knebelung und Gläubigergefährdung insofern kaum voneinander abgrenzen. 57 Dies zeigt auch die Formulierung des Reichsgerichts, dass der „Knebelvertrag zugleich auch eine Täuschung Dritter über die Kreditwürdigkeit des Schuldners zur Folge hat.“58 Knebelung unter anderem in BGH, Urt. v. 4. 3. 1955, WM 1955, 914; Urt. v. 11. 12. 1958, WM 1959, 406, 408; Urt. v. 11. 10. 1961, NJW 1962, 102. 52 H. Westermann, Interessenkollisionen, S. 10. 53 Richtig daher OLG Dresden, Urt. v. 7. 5. 1999, WM 2000, 1689. Das Gericht verneint eine Knebelung des Sicherungsgebers bei einer Globalzession mit dem Argument, dass er einziehungsbefugt geblieben sei. 54 Dies wird entscheidend dadurch bestätigt, dass kein einziger der entschiedenen Fälle einen Streit zwischen den Parteien des Sicherungsgeschäfts betrifft. 55 Dies kritisierte schon Barkhausen, NJW 1953, 1412, 1415, der meinte, dass die Verwendung des Begriffs der sittenwidrigen Knebelung eine „Scheinbegründung im Kampf gegen die Sicherungsübereignung war und ist.“ 56 BGH, Urt. v. 9. 11. 1955, BGHZ 19, 12, 18. 57 MünchKomm-BGB/Armbrüster, § 138 Rn. 73. Engert, Die Haftung für drittschädigende Kreditgewährung, S. 77, versucht, zwischen „Knebelung“ des Schuldners und der sittenwidrigen „stillen Inhaberschaft“ zu trennen. Die „Knebelungs“-Fallgruppe soll den Schuldner vor übermäßiger Einflussnahme schützen, während die Fallgruppe der „stillen Inhaberschaft“ als Schutzgut die Interessen der anderen Gläubiger habe. So sinnvoll die terminologische Abgrenzung dieser Fälle wegen der unterschiedlichen Schutzrichtung ist, so schwer lässt sie sich auf die Rechtsprechung anwenden, die zwischen den Fällen eben gerade nicht differenziert. 58 Urt. v. 21. 12. 1933, RGZ 143, 49, 52.

B. Die Grenze der guten Sitten bei der Kreditsicherung

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Harry Westermanns Hinweis auf die Maßgeblichkeit der schuldrechtlichen Bindungen gilt es nicht nur auf der Tatbestands-, sondern auch auf der Rechtsfolgenseite zu beachten. Die Freiheitsbeschränkung des Sicherungsgebers besteht darin, dass er über die Sicherungsgegenstände nicht mehr verfügen darf. Seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit könnte ihm daher schon mit einer Nichtigkeit nur der Sicherungsabrede wiedergegeben werden. Er könnte dann Rückübertragung der Sicherungsgegenstände im Wege der Leistungskondiktion verlangen. Die ganz herrschende Meinung nimmt bei Sicherungsgeschäften aber an, dass auch das dingliche Geschäft nichtig sei.59 Diese Erstreckung der Sittenwidrigkeit auch auf das Verfügungsgeschäft widerspricht dem Abstraktionsprinzip, nach dem eine Sittenwidrigkeit des Kausalgeschäfts das Verfügungsgeschäft grundsätzlich unberührt lässt. 60 Als Begründung für die Ausnahme wird angeführt, dass sich die Sittenwidrigkeit hier gerade aus dem Vollzug des dinglichen Geschäfts ergebe. 61 Selbst wenn man dies anerkennt, erklärt sich hierdurch nicht, wieso dies die Nichtigkeit des Vollzugsgeschäfts – gegen das für sich gesehen keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt der guten Sitten bestehen – zur Folge haben muss. 62 Dogmatisch liegt insofern die Annahme einer Kondizierbarkeit der sicherungsweisen Übertragung in den Fällen der Knebelung wesentlich näher. Erkennt man jedoch, dass es bei der Anwendung der Knebelungsfallgruppe auf Sicherungsgeschäfte letztlich nicht um den Schutz des Sicherungsgebers, sondern um den seiner Gläubiger geht, wird deutlich, warum die Nichtigkeit auf das Verfügungsgeschäft erstreckt wird: Wenn die Interessen Dritter das Schutzgut sind, dann werden diese nicht durch das Verpflichtungsgeschäft, sondern ausschließlich durch das Verfügungsgeschäft verletzt. 63 Bei einer solchen Sichtweise ist es konsequent, den Sittenwidrigkeitsvorwurf und mit ihm die Nichtigkeit auf das dingliche Geschäft zu beziehen, obwohl der „Knebelungsvorwurf“ eine solche Folge an sich nicht rechtfertigt. Indem die Gerichte in der dargestellten Weise unter Berufung auf die Knebelung des Sicherungsgebers in das Verhältnis des gesicherten Gläubigers zu den anderen Gläubigern des Schuldners eingegriffen haben, haben sie die Wirkungen von Mobiliarsicherheiten begrenzt und hierdurch das in § 4 nachgewie59

BGHZ 19, 12, 18; Staudinger/Sack, BGB, § 138 Rn. 143. BGH, Urt. v. 7. 5. 1953, NJW 1954, 1292; Urt. v. 3. 10. 1989, NJW 1990, 384; BGH, Urt. v. 5. 10. 2001, NJW 2002, 429, 432 (wucherähnliches Geschäft); Staudinger/Sack, BGB, § 138 Rn. 143; MünchKomm-BGB/Armbrüster, § 138 Rn. 165. 61 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, B. I, § 4 II 6.a), S. 65; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1102; Vuia, Die Verantwortlichkeit von Banken, S. 169. 62 R. Zimmermann, JR 1985, 48, 51. Zimmermann zeigt, dass es das Abstraktionsprinzip verbietet, bei der Sittenwidrigkeitskontrolle einer Verfügung auch ihren Zweck zu berücksichtigen. Dieser Gedanke wird von ihm zwar nicht ausdrücklich auf Sicherungsgeschäfte bezogen, ist jedoch auch für diese zwingend. 63 Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 18 8. c), S. 386. 60

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sene haftungsrechtliche Legitimationsdefizit insbesondere revolvierender Sicherheiten gelindert. 64 Die Beschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Schuldners ist jedoch nicht der richtige Ansatzpunkt, um die haftungsrechtliche Unausgewogenheit des Mobiliarsicherungsrechts zu korrigieren. Die Rechtsprechung hat sich dieses Instruments daher zu Recht nur in Einzelfällen bedient.

V. Die Übersicherungslehre Die Tatbestände der anfänglichen und nachträglichen Übersicherung standen lange im Zentrum der Diskussion um die Sittenwidrigkeit von Kreditsicherheiten. Angesichts der Fülle von Rechtsprechung und Literatur zu diesem Fragenkreis übersieht man leicht, wie ungewöhnlich und eigenartig der Gedanke der Sittenwidrigkeit einer Kreditsicherheit wegen „Übersicherung“ im Grunde ist. Eine Sicherheit verschafft dem Sicherungsnehmer in jedem Falle nur ein Sicherungsrecht hinsichtlich der gesicherten Forderung zuzüglich etwaiger Zinsen und Kosten. Über diesen Betrag hinaus haftet ihm das Sicherungsgut nicht. Dieser Zusammenhang zwischen dem Umfang des Befriedigungsrechts und der Höhe der gesicherten Forderung ergibt sich entweder aus der Akzessorietät des Sicherungsrechts oder aus der Sicherungsabrede. 65 Dass angesichts dieser Rechtslage ein Bedürfnis für ein Institut besteht, das gegen ein „Zuviel an Sicherheit“ gerichtet ist, ist auf den ersten Blick schwer einzusehen. Auch im internationalen Vergleich steht die deutsche Rechtsordnung mit ihrer ausgeklügelten Übersicherungsdogmatik isoliert dar. 66 Dieser Befund gibt Anlass, Funktion und Wirkung der Übersicherungsrechtsprechung zu hinterfragen.

1. Anfängliche Übersicherung Eine Sicherheit verstößt nach herrschender Meinung dann gegen die guten Sitten, wenn „bereits bei Vertragsschluß gewiß ist, daß im noch ungewissen Ver64 Die vom OLG Frankfurt, NJW 1967, 1043, und vom OLG Köln, ZIP 1985, 1472, entschiedenen Fälle bezogen sich auf revolvierende Sicherheiten. 65 Zu Recht schreibt Stöcker, WM 2006, 1941, 1947, dass die Sicherungsabrede bei solchen Sicherungsrechten, die nicht schon dem Gesetz nach akzessorisch sind, zu einer „vertraglichen Akzessorietät“ führe. Hilfreiche Überlegungen zur Funktion von Akzessorietätsprinzip und Sicherungsabrede bei Grundpfandrechten finden sich auch bei Köndgen/Stöcker, ZBB 2005, 112 ff. 66 Vgl. die Länderberichte in Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles. Mit Ausnahme des deutschen Rechts kennt keine der hier berücksichtigten Rechtsordnungen (Frankreich, England/Wales, Italien, Niederlande, Belgien, Spanien) ein Institut der Übersicherung oder funktionale Äquivalente. Gleiches gilt für Article 9 UCC und verwandte Systeme.

B. Die Grenze der guten Sitten bei der Kreditsicherung

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wertungsfall ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem realisierbaren Wert der Sicherheit und der gesicherten Forderung bestehen wird.“67 Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil aus dem Jahr 1998 betont, dass es eine Frage der Umstände des Einzelfalles sei, wann ein Gläubiger übermäßig gesichert sei; die vom Großen Senat für die Feststellung einer nachträglichen Übersicherung68 entwickelten Richtwerte könnten für die anfängliche Übersicherung nicht herangezogen werden. 69 Weitere Entscheidungen, die eine nähere Konkretisierung der zulässigen Übersicherung ermöglichten, fehlen bislang. Die Unsicherheit bezüglich der Frage, wann eine anfängliche Übersicherung vorliegt, ist daher groß. Sie wird noch dadurch verstärkt, dass das Verhältnis der Sittenwidrigkeitskontrolle nach § 138 Abs. 1 BGB zur Angemessenheitskontrolle nach § 307 BGB unklar ist. Für den (typischen) Fall, dass die Sicherheitenbestellung in einer vorformulierten Vertragsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB erfolgt, wird teilweise vertreten, dass die Prüfung nach § 307 BGB vorrangig sei, weil im Rahmen der Angemessenheitskontrolle ein strengerer Maßstab anzulegen sei, als bei § 138 Abs. 1 BGB.70 Da insofern schon Unsicherheit über den einschlägigen Maßstab besteht, ist es für die Parteien des Sicherungsvertrags sehr schwierig, die Grenze der zulässigen Übersicherung zu bestimmen. Die somit ohnehin schon große Unsicherheit wird schließlich dadurch verschärft, dass für die Feststellung einer anfänglichen Übersicherung eine Prognose des im Verwertungsfall zu erzielenden Erlöses der Sicherheiten vorzunehmen ist. Die richtige Bewertung der Sicherheiten kann für die Parteien erhebliche Schwierigkeiten erzeugen und macht den Tatbestand der anfänglichen Übersicherung in der Praxis zu einer schwer einzuschätzenden Gefahr für das Sicherungsgeschäft.71 Anders als bei der Knebelung ist bei der Übersicherung der Ausgangspunkt nicht die Bewegungsfreiheit des Schuldners, sondern gewissermaßen spiegelbildlich das Sicherungsinteresse des Gläubigers.72 Dieses muss in einem ange67 BGH, Urt. v. 12. 3. 1998, NJW 1998, 2047. Wie bei der Knebelung steht die Diskussion in der Literatur in einem gewissen Missverhältnis zur Zahl der Entscheidungen, die eine Besicherung tatsächlich wegen anfänglicher Übersicherung für nichtig erachtet haben. Seit dem die Anforderungen an den Tatbestand der anfänglichen Übersicherung konkretisierenden Urteil des BGH aus dem Jahr 1998 waren bis zum April 2009 aus der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung lediglich zwei Urteile zu ermitteln, die eine Sicherheit wegen anfänglicher Übersicherung für unwirksam hielten, vgl. OLG Hamm, Urt. v. 9. 10. 2001, NJOZ 2002, 1398 ff.; OLG Köln, Urt. v. 27. 1. 2009 – 3 U 84/08 (nicht veröffentlicht). Im Urteil vom 2. 4. 1998, NJW-RR 1998, 1056 verwies der BGH zur Feststellung des Vorliegens einer Übersicherung an das OLG zurück. 68 Dazu sogleich unter 2. 69 BGH, NJW 1998, 2047. 70 OLG Köln, Urt. v. 27. 1. 2009 – 3 U 84/08 (nicht veröffentlicht), unter II. 3. a) unter Berufung auf MünchKomm-BGB/Roth, § 398 Rn. 133. 71 Lwowski, in: Festschr. f. Schimansky, S. 389, 411; Staudinger/Wiegand, BGB, Anh zu §§ 929 ff. Rn. 157; Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 215 ff. 72 Schimansky/Bunte/Lwowski/Ganter, Bankrechts-Handbuch, § 90 Rn. 351.

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messenen Verhältnis zum realisierbaren Wert der Sicherheiten stehen. Die Stoßrichtung dieses Postulats wird deutlich, wenn man die Eigentümlichkeit des deutschen Rechts berücksichtigt, zur Bestellung eines Sicherungsrechts an einer Mobilie konstruktiv auf die Vollrechtsübertragung zurückzugreifen. Weil ein Sicherungsgeber aber das Vollrecht nur einem einzigen Gläubiger zuwenden kann, ist es nach deutschem Recht nicht möglich, eine nachrangige Mobiliarsicherheit zu begründen. An einem Sicherungsgut kann daher jeweils nur einem einzigen Gläubiger ein Sicherungsrecht bestellt werden. Wenn der Wert des Sicherungsguts die gesicherte Forderung übersteigt, kann der Sicherungsgeber – anders als etwa bei einem Grundstück – den Überschuss nicht dazu ausnutzen, um einem anderen Gläubiger ein Sicherungsrecht im zweiten Rang zuzuwenden. „Eigentum und Inhaberschaft sind nicht rangfähig“.73 Mit anderen Worten: In einer Mobiliarsicherungsrechtsordnung, die es ermöglicht, Sicherungsrechte unterschiedlichen Ranges an derselben Sache oder Forderung zu begründen, besteht für eine Prüfung des angemessenen Verhältnisses zwischen dem Wert der Sicherheiten und der Höhe der gesicherten Forderung kein Bedürfnis. Sehr deutlich lässt sich dies anhand der Grundschuld als Gegenbeispiel belegen: Zu einer „Übersicherung“ im Sinne eines Missverhältnisses von Wert des Sicherungsguts und Höhe der Forderung kann es hier nicht kommen, da der Sicherungsgeber einen den Grundschuldbetrag übersteigenden Grundstückswert zur Bestellung eines nachrangigen Grundpfandrechts nutzen kann.74 Bezüglich der Rechtsfolge zeigen sich für die Fallgruppe der anfänglichen Übersicherung vergleichbare Unstimmigkeiten wie bei der Knebelung: Wenn man Ernst damit machte, dass es bei der anfänglichen Übersicherung um den Schutz des Darlehensschuldners geht,75 würde es genügen, diesem einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückübertragung der überschüssigen Sicherheiten zu geben. Durch die Annahme einer (Total-) Nichtigkeit der Besicherung erwächst den anderen Gläubigern aus der Übersicherung ein unverhoffter Gewinn in 73 Henckel, in: Festschr. f. Zöllner, S. 193, 201. Der von Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1129, aufgegriffene Vorschlag, nur Miteigentumsanteile am Sicherungsgut zu übertragen (hierzu ausführlich Weber, WM 1994, 1549, 1558), ist in der Praxis undurchführbar. Selbst wenn der Sicherungsgeber verschiedenen Sicherungsnehmern jeweils Teileigentum zuwenden könnte, ergibt sich allein hieraus kein Rang der verschiedenen Miteigentumsanteile untereinander. Die von Bülow behauptete „klare Lösung“ über das Prioritätsprinzip setzt eine entsprechende Vereinbarung der Gläubiger untereinander voraus. 74 Allerdings kann bei der Grundschuld ein Missverhältnis zwischen Grundschuldbetrag und gesicherter Forderung bestehen. Eine solche „Übersicherung“ führt dann aber nicht zur Nichtigkeit der Grundschuld, sondern löst einen Freigabeanspruch des Eigentümers aus, BGH, Urt. v. 20. 10. 1980, NJW 1981, 571, 572. Zu beachten ist auch, dass für das Bestehen des Freigabeanspruchs der Wert des Grundstücks keine Rolle spielt. Mit einer Übersicherung im Sinn eines Missverhältnisses von Wert des Sicherungsguts und Forderung hat diese Situation daher nichts zu tun. 75 So Schimansky/Bunte/Lwowski/Ganter, Bankrechts-Handbuch, § 90 Rn. 352; Ganter, WM 2001, 1, 2; Lwowski, in: Festschr. f. Schimansky, S. 389, 390.

B. Die Grenze der guten Sitten bei der Kreditsicherung

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Form freier Haftungsmasse. Insofern ist es kein Zufall, dass die einschlägigen Entscheidungen in keinem einzigen Fall einen Streit zwischen Sicherungsgeber und -nehmer betrafen, sondern Prozesse zwischen dem gesicherten Gläubiger und entweder einem Drittgläubiger des Sicherungsgebers76 oder dessen Insolvenzverwalter.77 Insofern wirkt sich die Übersicherungsrechtsprechung wie die Knebelungsrechtsprechung jedenfalls im Ergebnis zugunsten der anderen Gläubiger des Schuldners aus. Auch dieses Institut wirkt insofern als haftungsrechtliches Korrektiv zwischen den Gläubigern untereinander. 78 Zu dieser Stoßrichtung passt schließlich auch, dass die Übersicherungsproblematik ganz überwiegend im Rahmen von § 138 BGB und nicht von § 307 BGB diskutiert wird.79 Denn § 307 BGB stellt auf die Unangemessenheit im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien ab und soll die eine Seite vor Übervorteilung durch allgemeine Geschäftsbedingungen schützen. Soweit es aber um den Schutz Dritter geht, ist die AGB-Kontrolle nicht der richtige Ansatzpunkt. 80 Indem die Rechtsprechung überwiegend auch dann auf § 138 Abs. 1 BGB abstellt, wenn die Sicherungsvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten war, 81 lässt sie erkennen, dass mit dem Institut der anfänglichen Übersicherung in Wahrheit der Schutz der anderen Gläubiger des Schuldners vor einem Übermaß an für sie nicht erkennbaren82 Sicherheiten bezweckt ist. Es bleibt festzuhalten: Ein Mobiliarsicherungsrecht, das etwa durch ein Sicherheitenregister die rangmäßige Ordnung von Sicherungsrechten ermöglicht und zugleich für ein Mindestmaß an Publizität sorgt, kommt ohne das Institut der anfänglichen Übersicherung aus.

2. Nachträgliche Übersicherung Das Problem der Sittenwidrigkeit einer revolvierenden Globalsicherheit 83 wegen nachträglicher Übersicherung hat die deutsche Rechtswissenschaft bis zum 76 OLG Hamm, Urt. v. 9. 10. 2001, NJOZ 2002, 1398 ff.; OLG Köln, Urt. v. 27. 1. 2009 – 3 U 84/08 (nicht veröffentlicht). 77 BGH, NJW-RR 1998, 1056 ff.; BGH, NJW 1998, 2047 ff. 78 Auf diese „Fehlleitung des Schutzes aus der Lehre von der Übersicherung“ hat u. a. Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 513 ff., hingewiesen. Weitere Nachweise bei Bülow, Kreditsicherheiten, Rn. 1120 Fn. 41. 79 Siehe aber das OLG Köln, Urt. v. 27. 1. 2009 – 3 U 84/08, das auf § 307 BGB abstellt. 80 Wolf, in: Festschr. f. Baur, S. 149, 152 ff.; MünchKomm-BGB/Kieninger, Vor § 307 Rn. 10; Staudinger/Coester, BGB, § 307 Rn. 32; Staudinger/Wiegand, BGB, Anh zu §§ 929 ff. Rn. 154a. 81 BGH, NJW 1998, 2047; OLG Hamm, NJOZ 2002, 1398 ff. 82 Auch Henckel, in: Festschr. f. Zöllner, S. 193, 201, ist der Auffassung, dass die fehlende Publizität eine Bedeutung bei der Übersicherungsrechtsprechung habe, da die anderen Gläubiger nicht feststellen könnten, in welcher Höhe sie ein Ausfallrisiko eingingen. 83 Die in der Entscheidung gezogenen Grenzen eines Freigabeanspruchs wegen nachträg-

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Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen vom 27. 11. 199784 intensiv beschäftigt. Für die Praxis war vor allem die Aussage der Entscheidung wichtig, dass auch bei Fehlen einer Freigabeklausel weder die Sicherungsabrede noch die dingliche Übertragung nichtig sind. 85 Hierdurch wird vermieden, dass die anderen Gläubiger des Sicherungsgebers aus einer „Übersicherung“, die – wie unter 1. gesehen – das Verhältnis zwischen Sicherungsnehmer und Schuldner betrifft, Nutzen ziehen. Der Beschluss des Großen Zivilsenats beendete damit die Praxis insbesondere des VII. und VIII. Zivilsenats, revolvierende Sicherungsübertragungen durch die Anwendung der AGB-Kontrolle unter dem Gesichtspunkt der nachträglichen Übersicherung zu beschränken. Von diesem Ansatz profitierten die ungesicherten Insolvenzgläubiger in der Insolvenz des Sicherungsgebers. Dies zeigt sich vor allem darin, dass keiner der Entscheidungen, in der die Gerichte vor dem Beschluss des Großen Senats die Nichtigkeit einer Globalsicherheit wegen nachträglicher Übersicherung angenommen hatten, ein Streit zwischen dem Sicherungsnehmer und dem Sicherungsgeber bzw. dem Kreditschuldner zugrunde lag. 86 Auch diese Urteile lassen sich daher als (untaugliche) Versuche deuten, haftungsrechtliche Korrekturen im Verhältnis der Gläubiger eines insolventen Schuldners vorzunehmen. Demgegenüber führt die Entscheidung des Großen Senats die AGB-Kontrolle – und nur diese stand in Rede – auf ihr eigentliches Ziel zurück, nämlich den Schutz des anderen Teils vor ihn unangemessen benachteiligenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen. 87 Eine Fehlleitung des Schutzes aus der Übersicherungskontrolle wird damit vermieden. Das haftungsrechtliche Grundproblem, das unausgesprochen hinter der früheren Rechtsprechung stand, bleibt freilich bestehen: Revolvierende Globalsicherheiten verletzen die Interessen der anderen Gläubiger des Sicherungsgebers. Da sich die Übersicherungskontrolle für die Insolvenzverwalter mit der Entscheidung des Großen Zivilsenats im Jahr 1997 als stumpfes Schwert erwiesen hat, ist in der Folgezeit das Insolvenzanfechtungsrecht in das Zentrum ihrer licher Übersicherung werden von der herrschenden Meinung auch auf den verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt angewandt, Erman/Grunewald, BGB, § 449; Bülow, ZIP 2004, 2420; Bamberger/Roth/Faust, BGB, § 449 Rn. 31; Palandt/Weidenkaff, BGB, § 449 Rn. 19; dagegen K. P. Berger, ZIP 2004, 1073 ff., der bei diesen Instituten, deren treuhänderischen Charakter er bestreitet, einen Freigabeanspruch aus dem Rechtsmissbrauchsverbot herleiten will. 84 BGHZ 137, 212 ff. Hierzu u. a. Serick, BB 1998, 801; Roth, JZ 1998, 462. 85 BGHZ 137, 212, Leitsatz b) u. S. 221 ff. Ob und wann ein schuldrechtlicher Freigabeanspruch des Sicherungsgebers besteht, ist eine eher theoretische Frage, die sich in der Praxis nur im Ausnahmefall stellen wird, Roth, JZ 1998, 462, 463. 86 Konkursverwalter gegen Bank: Urt. v. 19. 3. 1992, BGHZ 117, 374; Urt. v. 2. 12. 1992, BGHZ 120, 300; Urt. v. 9. 2. 1994, BGHZ 125, 83, Urt. v. 11. 5. 1995, NJW 1995, 2348. Bank gegen Drittschuldner: BGH, Urt. v. 19. 6. 1991, NJW-RR 1991, 669. 87 So schon BGH, Urt. v. 10. 5. 1994, NJW 1994, 1798, 1799; Urt. v. 14. 5. 1996, BGHZ 133, 25, 34; Roth, JZ 1998, 462, 463.

C. Die Anfechtbarkeit von Kreditsicherheiten

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Aufmerksamkeit gerückt. Damit ist die Diskussion bei dem zugrunde liegenden Problem angekommen, nämlich bei der Frage, ob sich revolvierende Mobiliarsicherheiten mit dem insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbaren lassen.

C. Die Anfechtbarkeit von Kreditsicherheiten Das haftungsrechtliche Legitimationsdefizit revolvierender Sicherheiten ergibt sich nach den in § 4 angestellten Überlegungen daraus, dass diese Sicherungsrechte in nicht zu rechtfertigender Weise den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen. Da der Gleichbehandlungsgrundsatz insbesondere durch das Institut der Deckungsanfechtung geschützt wird, liegt es nahe, sich der Lösung der haftungsrechtlichen Probleme revolvierender Sicherheiten durch eine Anwendung der §§ 130, 131 InsO zu nähern. Das OLG Karlsruhe ist diesen Weg im Jahr 2005 gegangen und hat damit bekanntlich große Unruhe in der deutschen Kreditwirtschaft ausgelöst. Nicht nur die Deckungs-, sondern auch die Vorsatzanfechtung ist erfolgreich gegen Sicherungsgeschäfte in Stellung gebracht worden. 88 Zwar dient die Vorsatzanfechtung nicht spezifisch der Abwehr gleichbehandlungswidriger Gläubigerbevorzugungen, sondern der Rückgängigmachung gezielter Beeinträchtigungen der gesetzlichen Haftungsordnung; 89 wegen der zehnjährigen Anfechtungsfrist und der großzügigen Handhabung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des § 133 InsO durch die Rechtsprechung könnte die Vorsatzanfechtung gleichwohl ein besonders effektives Instrument zur Begrenzung unerwünschter Wirkungen revolvierender Sicherheiten sein.90

88 Siehe schon OLG Karlsruhe, Urt. v. 26. 10. 1909, JW 1910, 90; aus jüngerer Zeit OLG Dresden, Urt. v. 29. 3. 2007, NZI 2007, 662 ff. (aufgehoben durch BGH, Urt. v. 5. 3. 2009, BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922). 89 Zur systematischen Einordnung der Anfechtungstatbestände Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.05 ff.; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600 ff.; ders., NZI 2005, 185 ff.; Thole, ZZP 121, 67 ff.; ders., Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 421 ff. Anders als die h. M. ordnet Thole die Anfechtung nach § 132 InsO den von ihm so genannten „schuldnerbezogenen“ Anfechtungstatbeständen zu, da diese nicht auf die Verwirklichung der Gläubigergleichbehandlung gerichtet sei. Zutreffend beschränkt er den Anwendungsbereich des § 132 InsO auf Verpflichtungsgeschäfte, für die er der Auffassung ist, dass diese keine gleichbehandlungsrelevanten Benachteiligungen erzeugen könnten. 90 Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 2, berichtet schon im Jahr 1912 von Wünschen aus dem Handelsstand, das Anfechtungsrecht im Hinblick auf die ausufernde Bestellung von Sicherheiten an Warenlagern zu verschärfen.

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I. Die Deckungsanfechtung revolvierender Globalsicherheiten Seit der Einordnung der Globalzession als inkongruente Deckung durch das OLG Karlsruhe und andere Oberlandesgerichte 91 hat die Praxis mit Spannung auf ein klärendes Wort des Bundesgerichtshofs gewartet. Dieses kam bekanntlich mit dem die Globalzession „rettenden“92 Urteil des IX. Senats vom 29. 11. 2007.93 Uneingeschränkt zu begrüßen ist, dass diese Entscheidung jedenfalls hinsichtlich der Frage der Anfechtbarkeit wieder Rechtssicherheit für die Kreditgeber geschaffen hat.94 Sie müssen mit einer Anfechtung ihrer Globalsicherheit nur dann rechnen, wenn der Sicherungsgeber zum Zeitpunkt des Erwerbs des Sicherungsguts bereits zahlungsunfähig war und dem Sicherungsnehmer dies bekannt war. Solange die Bank also nicht weiß, dass ihr Schuldner bereits insolvent ist, muss sie auch nicht die Anfechtung ihrer Sicherheit fürchten. Die Praxis wird mit dieser Entscheidung gut leben können, entspricht doch die Einordnung von Globalzessionen und Sicherungsübereignungen95 als kongruente Sicherheiten der jedenfalls vor dem Urteil des OLG Karlsruhe allgemeinen Ansicht.96 Insbesondere kann eine Bank eine Globalzession oder eine Sicherungsübereignung von Vorrats- und Warenlagern auch künftig risikomindernd im Rahmen von § 174 Abs. 2 Nr. 2 Solvabilitätsverordnung bei der Feststellung des zur Unterlegung des Kredits erforderlichen Eigenkapitals ansetzen.97 Hätte sich dagegen der Bundesgerichtshof der vom OLG Karlsruhe vertretenen Ansicht angeschlossen, wären grundlegende Änderungen in der Finanzierungspraxis mittelständischer Unternehmen nicht zu vermeiden gewesen, da eine Globalzession der im Geschäftsbetrieb generierten Forderungen nur noch einen sehr beschränkten Sicherungswert gehabt hätte.98 Eine deutlich restriktivere Kreditvergabepraxis wäre zu befürchten gewesen. 91 OLG München, Urt. v. 8. 6. 2006, ZIP 2006, 2277; OLG Dresden, Urt. v. 13. 10. 2005, ZIP 2005, 2167. A. A. LG Berlin, Urt. v. 26. 1. 2007, ZIP 2007, 346. 92 Jacoby, ZIP 2008, 385. 93 BGHZ 174, 297 ff. 94 Ebenso Kuder, ZIP 2008, 289, 290. 95 Zwar lag der Entscheidung eine Globalzession zugrunde, allerdings lassen sich die in der Entscheidung entwickelten Grundsätze auch auf revolvierende Sicherheiten an beweglichen Sachen (Raumsicherungsübereignung) übertragen, Kuder, ZIP 2008, 289, 293; Jacoby, ZIP 2008, 385, 391. 96 Dies zeigt ein Blick in die Kommentarliteratur aus der Zeit vor dem Jahr 2005. Hinweise darauf, dass eine Globalzession eine inkongruente Deckung darstellen könnte, fi nden sich hier nicht (siehe aber den Beitrag von Eckardt, ZIP 1999, 1417 ff.). Ausdrücklich hatte der BGH die Kongruenz einer Globalzession allerdings früher nicht anerkannt, Jacoby, ZIP 2008, 385, 387. 97 Kuder, ZIP 2008, 289, 294. 98 BGHZ 174, 297 Rn. 34. Unanfechtbar wäre die Zession nur noch im Hinblick auf die Forderungen gewesen, die vor der Krise, also mehr als drei Monate vor dem Eröffnungsantrag, entstanden sind. Bei diesen Forderungen wird es sich im Normalfall nur um einen klei-

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Das Urteil ist denn auch in der Literatur wegen der als praxisgerecht empfundenen Abwägung der Interessen überwiegend begrüßt worden.99 Mehrere Autoren haben aber zugleich substantielle dogmatische Bedenken gegen das Ergebnis und die Argumentation des Bundesgerichtshofs angemeldet.100 Geht man diesen Bedenken nach, so erweist sich, dass die Behandlung der Globalzession als kongruente Sicherheit eine rechtsfortbildende Reduktion des Inkongruenztatbestands zugunsten von Globalsicherheiten enthält. Ohne eine solche Beschränkung ist die Annahme des Bundesgerichtshofs, dass eine Bank einen Anspruch im Sinne von § 131 InsO auf die künftige Entstehung von Forderungen und sogar auf deren Werthaltigmachen durch den Schuldner habe, nicht haltbar. Der bereits in § 3 deutlich gewordene „Geburtsfehler“ von Sicherheiten über künftiges Vermögen tritt hier offen zu Tage: Eine Verpflichtung zur Abtretung einer künftigen Forderung schafft auch in Verbindung mit der gleichzeitigen Vornahme des Verfügungsgeschäfts keinen Anspruch darauf, dass diese Forderung in der Zukunft tatsächlich entsteht und durchsetzbar wird. Bevor jedoch die Kardinalfrage der Kongruenz revolvierender Sicherheiten ausführlich behandelt wird, soll ein kurzer Blick auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Unanwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs geworfen werden.

1. Unanwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs auf revolvierende Sicherheiten Kreditsicherheiten genügen nur dann den Anforderungen des § 142 InsO, wenn im Gegenzug zur Stellung der Sicherheit der Schuldner frisches Kapital vom Sicherungsnehmer erhält.101 Gerade wenn ein junges Unternehmen einen Kredit aufnimmt und diesen durch eine Abtretung der künftigen Forderungen sichert, liegt der bei einem Bargeschäft erforderliche „enge zeitliche Zusammenhang“ zwischen Leistung des Schuldners und Gegenleistung des Gläubigers jedoch nicht vor. Der Gläubiger gibt den Kredit vielmehr zunächst de facto ungesichert, da der Schuldner zu Beginn noch keine Forderung innehat, die er zur Sicherheit übertragen könnte. Erst nach und nach entsteht im Zuge der Aufnahme des Geschäftsbetriebs ein Forderungsbestand, welcher der Höhe nach dem Sicherungsbedürfnis des Gläubigers entspricht. Bei Globalzessionen, bei denen nen Teil des gesamten Forderungsbestands handeln, da Zahlungsziele von mehr als drei Monaten selten sind. Bezüglich älterer, noch offener Forderungen kann man daher annehmen, dass diese einredebehaftet oder aus anderen Gründen uneinbringlich sind. 99 Jacoby, ZIP 2008, 385; Bork, ZIP 2008, 1041, 1045; Kuder, ZIP 2008, 289 ff. A. A. Mitlehner, ZIP 2008, 189. 100 Jacoby, ZIP 2008, 385, 386 ff.; Mitlehner, ZIP 2008, 189 f. 101 BGH, Urt. v. 21. 12. 1977, BGHZ 70, 177, 184 f.; Eckardt, ZIP 1999, 1417; Kübler/Prütting/Bork-Bork, InsO, Anh. I zu § 147 Rn. 33 ff. Siehe auch oben, S. 263.

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zu Vertragsbeginn keine oder nur wenige Forderungen als Sicherungsgut existieren, kommt eine Anwendung des Bargeschäftsprivilegs somit von vornherein nicht in Frage. Doch selbst wenn die Voraussetzungen eines Bargeschäfts im Moment der Kreditvergabe und der Sicherungszession gegeben sein sollten, weil der Sicherungsgeber schon zu diesem Zeitpunkt einen dem Darlehensbetrag entsprechenden Forderungsbestand besitzt, geht die Privilegierung wieder verloren, wenn es durch Neubegründung einerseits und Einziehung von Forderungen andererseits zu Umsetzungen im Forderungsbestand kommt. Da es bei revolvierenden Sicherheiten an einem rechtlichen Zusammenhang zwischen der Zurverfügungstellung neuen Kredits und der Hereinnahme neuer Sicherheiten fehlt,102 kann – wie bereits in § 4103 deutlich geworden ist – der Gedanke der haftungsrechtlichen Surrogation nicht zur Legitimation der die Gläubiger benachteiligenden Wirkungen dieser Sicherungsformen fruchtbar gemacht werden. Mit diesem Argument hat der Bundesgerichtshof richtigerweise die Anwendung des Bargeschäftsprivilegs auf Globalsicherheiten abgelehnt.104 Erwirbt der Schuldner gegen einen seiner Abnehmer eine neue Forderung und wird diese kraft einer Globalzession sofort auf die Bank als Sicherungsnehmerin übertragen, so werden hierdurch die anderen Gläubiger benachteiligt, da der gesicherte Gläubiger ein Befriedigungsvorrecht an der Forderung besitzt. In der Literatur wurde geltend gemacht, dass es sich hierbei um ein Bargeschäft handele, da der Schuldner im Gegenzug auch Forderungen einziehen könne, wodurch wiederum die Haftungsmasse zugunsten der anderen Gläubiger vergrößert werde.105 Der gesicherte Gläubiger gestatte dem Sicherungsgeber die Einziehung der Forderungen in der Erwartung, dass der Sicherungsgeber in vergleichbarem Umfang neue Sicherheiten stellen werde. Mit dieser Argumentation wird die Auswechselung der Forderungen bei der Globalzession in die Nähe eines neutralen Sicherheitentauschs106 gerückt.107 Von einem Sicherheitentausch kann aber nur die Rede sein, wenn ein konkretes Sicherungsgut an die Stelle eines anderen Sicherungsguts tritt.108 Ein bloßer wirtschaftlicher Zusammenhang, der auf der Erwartung oder Hoffnung der Parteien beruht, genügt insoweit nicht. Ganz dem Zufall überlassen bleibt bei der Globalzession schließlich, ob die Forde102 Dies konzediert auch Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 6.102g. Auch die von ihm ins Spiel gebrachte Rahmenabrede kann den erforderlichen Zusammenhang nicht herstellen, da auch sie nur die Erwartungen der Parteien widerspiegelt. 103 Oben S. 225 ff. 104 BGHZ 174, 297, Rn. 42. 105 So aber Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rn. 6.102d; Kuder, ZInsO 2006, 1065, 1069; Blum, ZInsO 2007, 528, 530. 106 Zum Sicherheitentausch Kübler/Prütting/Bork-Bork, InsO, § 147 Anh. I Rn. 11. 107 So ausdrücklich Piekenbrock, NZI 2006, 685, 686. 108 Kübler/Prütting/Bork-Bork, InsO, § 147 Anh. I Rn. 14.

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rungen nicht nur dem Nennwert, sondern auch ihrem Sicherungswert nach vergleichbar sind.109 Die Globalzession unterscheidet sich hierin deutlich etwa vom verlängerten Eigentumsvorbehalt: Für diesen lässt sich vertreten, dass die Forderung gegen den Abnehmer an die Stelle des Vorbehaltsguts tritt, denn der Erwerb der Forderung ist hier nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich mit dem Verlust des Vorbehaltseigentums an der Sache verknüpft. Ob aber der Schuldner eine bestimmte Forderung einzieht, hat nichts damit zu tun, ob zugleich eine andere Forderung neu entsteht. Revolvierende Sicherheiten erfüllen daher die Voraussetzungen des § 142 InsO nicht.

2. Revolvierende Sicherheiten als inkongruente Deckungen? Die Unanwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs führt zu der Frage, ob es sich bei Globalzessionen um kongruente oder um inkongruente Sicherungen handelt. Bekanntlich hat der Bundesgerichtshof insoweit entschieden, dass Globalsicherheiten kongruente Deckungen seien. Wie zu zeigen sein wird, stehen dieser Einordnung gravierende dogmatische Bedenken entgegen. Indem der Bundesgerichtshof entgegen diesen Bedenken und im Widerspruch zu seiner eigenen Ansicht hinsichtlich der Inkongruenz eines Pfandrechts nach Nr. 14 AGBBanken110 die Kongruenz einer Globalzession annahm, hat er die in § 3 deutlich gewordene Linie der deutschen Rechtsprechung fortgesetzt, das Bedürfnis von Kreditgebern und -nehmern nach praxisgerechten Mobiliarsicherheiten bei der Entscheidungsfindung höher zu gewichten als die dogmatische Stimmigkeit der Entscheidungsgründe. Die folgende Kritik des Urteils darf insofern nicht missverstanden werden: Im Ergebnis ist der Entscheidung zuzustimmen, da es kaum abzusehende Konsequenzen für die Finanzierungspraxis gehabt hätte, wenn der Bundesgerichtshof die Inkongruenz von Globalsicherheiten angenommen hätte. Gleichwohl wäre in der Begründung mehr Methodenehrlichkeit am Platze gewesen, die den gesetzgeberischen Handlungsbedarf deutlicher hätte zu Tage treten lassen. a) Ein Anspruch auf das künftige Entstehen von Forderungen? Nach § 131 Abs. 1 InsO ist eine Sicherung inkongruent, wenn der Empfänger sie nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Ein Gläubiger, der sich einen bestimmten Wert versprechen lässt, wird insolvenzrechtlich anders behandelt als derjenige, der eine Deckung erwirbt, ohne dass dieser 109 110

BGHZ 174, 297, Rn. 42. BGH, Urt. v. 7. 3. 2002, BGHZ 150, 122 ff.

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Wertverschiebung eine vertraglich verfestigte Erwartung zugrunde lag. Eine „planwidrige Vertragabwicklung“111 soll unter erleichterten Voraussetzungen anfechtbar sein. Bei Globalsicherheiten kommt es somit darauf an, ob der Sicherungsnehmer einen Anspruch im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO auf die künftig vom Schuldner begründeten Forderungen als Sicherungsgut hat. Dass der Sicherungsnehmer bei der Globalzession verlangen kann, dass ihm künftige Forderungen des Schuldners gegen seine Abnehmer als Sicherheit abgetreten werden, kann nicht bestritten werden. Im Verhältnis zwischen Sicherungsgeber und -nehmer ergibt sich dieser Anspruch unzweifelhaft aus der Sicherungsabrede. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2002 hatte sich der Bundesgerichthof mit dieser Feststellung jedoch nicht begnügt, sondern weiter geprüft, ob dieser Anspruch auf „bestimmte, sogleich wenigstens identifizierbare Gegenstände gerichtet“ war.112 In dieser Entscheidung ging es um die Kongruenz des Pfandrechts einer Bank aus Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken.113 Der Bundesgerichtshof entschied damals, dass es nicht gerechtfertigt sei, einzelne Gläubiger unter Durchbrechung des Gleichbehandlungsgrundsatzes besser zu stellen, solange die Absprachen zwischen Schuldner und Gläubiger es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen, welcher konkrete Vermögenswert des Schuldners erfasst werden wird. Hinter dem Identifizierbarkeitserfordernis steht die Überlegung, dass kongruente Deckungen deshalb nur unter strengeren Voraussetzungen anfechtbar sind, weil bei diesen der Gläubiger eine rechtlich verfestigte Erwartung auf eine bestimmte Leistung des Schuldners hat. Diese Erwartung ist in Gestalt eines Rechts auf die Leistung Teil des Vertrags zwischen Gläubiger und Schuldner geworden. Die Besonderheit bei Sicherungsübertragungen künftiger Vermögensgegenstände liegt darin, dass hier einerseits – wie gesehen – ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung besteht; andererseits aber kein Anspruch auf die Entstehung des Vermögensgegenstand existiert. Ein Anspruch auf die Abtretung einer Forderung und ein Anspruch auf ihre Entstehung sind zweierlei. Der Sicherungsnehmer mag zwar bestimmte Annahmen über die Entwicklung des Forderungsbestands des Schuldners treffen und diese Annahmen mögen sich auch in Gestalt von Kündigungsrechten bei negativen Abweichungen vertraglich verfestigt haben,114 der Sicherungsvertrag begründet aber keine Pflicht des 111

Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1421. BGHZ 150, 122, 126. 113 Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken lautet: „Einigung über das Pfandrecht Der Kunde und die Bank sind sich darüber einig, dass die Bank ein Pfandrecht an den Wertpapieren und Sachen erwirbt, an denen eine inländische Geschäftsstelle im bankmäßigen Geschäftsverkehr Besitz erlangt hat oder noch erlangen wird. Die Bank erwirbt ein Pfandrecht auch an den Ansprüchen, die dem Kunden gegen die Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung zustehen oder künftig zustehen werden (zum Beispiel Kontoguthaben).“ 114 Dies hält der BGH für maßgeblich, BGHZ 174, 297, Rn. 26. 112

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Sicherungsgebers, konkrete Forderungen in der Zukunft zu begründen. Ebenso wenig enthält er ein korrespondierendes Recht des Sicherungsnehmers auf die Entstehung künftiger Forderungen. Bei den künftigen Forderungen handelt es sich, wie bereits bei der Behandlung der echten Vorauszession deutlich geworden ist,115 nur um „gehoffte“ Rechte. Ob auf solche Positionen ein „Anspruch“ im Sinne von § 131 InsO bestehen kann, ist die entscheidende Frage. Dass das Verfügungsgeschäft dem Bestimmbarkeitskriterium genügt, das von der Rechtsprechung für Vorausverfügungen verwendet wird, kann nicht entscheidend sein,116 denn die Bestimmbarkeit spielt, wie gesehen, nur bei der Feststellung eine Rolle, ob sich die Parteien über die essentialia negotii des Verfügungsgeschäfts geeinigt haben. Aus der Feststellung, dass ein vorweggenommenes Rechtsgeschäft eine später tatsächlich entstandene Forderung erfasst, lässt sich aber nichts für die Frage ableiten, ob der Erwerber auf den Verfügungsgegenstand einen Anspruch hat.117 b) Kongruente Deckung als Wertzuweisungsanspruch Entscheidend ist, dass es für den Anspruch im Sinne von § 131 InsO darauf ankommt, ob der Empfänger ein Recht auf den ihm zugewendeten Wert hat. Wie stets im Haftungsrecht geht es auch bei der Deckungsanfechtung um Wertzuweisungen.118 Durch die Deckungsanfechtung sollen solche Wertzuweisungen rückabgewickelt werden, welche die insolvenzrechtliche Haftungsordnung verletzen. Die Zuweisung von Rechten spielt nur insofern eine Rolle als diese auch zur Zuweisung von Werten führt. Die Abtretung eines Anspruchs ist daher haftungsrechtlich nur dann relevant, wenn der Anspruch auch werthaltig war, wenn der Drittschuldner ihm also keine Einwendungen entgegensetzen konnte. Daher genügt es nicht, dass der Gläubiger einen schuldrechtlichen Anspruch auf Abtretung künftiger Forderungen hat; es kommt darauf an, ob er ein Recht hat, dass ihm der Schuldner bestimmte Werte zuweist. Zu Recht sieht daher der Bundesgerichtshof im Werthaltigmachen einer Forderung eine selbständig anfechtbare Leistung.119 Bezüglich des „Werthaltigmachens“, also bezüglich der Erbringung der dem Schuldner im Verhältnis zum Drittschuldner 115

Siehe oben, S. 158 ff. So aber Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1419 f.; Piekenbrock, NZI 2006, 685, 687; Stoll, Die Globalzession S. 204. 117 Jacoby, ZIP 2008, 385, 389; Mitlehner, ZIP 2008, 189. 118 Hierin liegt der Grund dafür, dass sich die Rechtsprechung im Anfechtungsrecht oft einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ bedient (s. z. B. BGH, Urt. v. 16. 11. 2007, BGHZ 174, 225, Rn. 18). Dieser an das Bilanz- und Steuerrecht erinnernden Redeweise liegt die richtige Einsicht zugrunde, dass es im Haftungsrecht nicht auf die dingliche Zuordnung eines Vermögensgegenstands ankommt, sondern auf die Frage, wem der in dem Gegenstand verkörperte Wert zusteht. 119 BGHZ 174, 297, Rn. 36. 116

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obliegenden Leistung, ergibt sich aber auch aus der Sicherungsabrede kein Anspruch des Sicherungsnehmers. Ebenso wenig wie die Bank verlangen kann, dass der Schuldner überhaupt Verträge mit Dritten eingeht, hat sie einen Anspruch darauf, dass er solche Verträge auch erfüllt. Der Bundesgerichtshof begründet seine gegenteilige Ansicht damit, dass dem Sicherungsgeber seine „Verfügungsbefugnis“ über seine vertragliche Leistung aufgrund der Sicherungsabtretung entzogen sei.120 Wenn man dieses Argument nicht schon deswegen für widerlegt hält, weil es eine „Verfügungsbefugnis“ über eine „vertragliche Leistung“ nicht gibt, so verrät sich seine Unzulänglichkeit spätestens im nächsten Satz der Entscheidung: „Eine Differenzierung [zwischen dem Werthaltigmachen und der Verfügung] würde schon deshalb nicht einleuchten, weil der Sicherungsnehmer auch keinen klagbaren Anspruch auf das Entstehen einzelner nicht bereits individuell konkretisierbarer Forderungen hat.“ Das Werthaltigmachen soll also kongruent sein, weil der Senat auch die Verfügung für kongruent hält. Zwar ist dem Bundesgerichtshof darin zuzustimmen, dass es ein Wertungswiderspruch wäre, „das Entstehen der Forderung als kongruent, ihre Wertauffüllung dagegen als inkongruent zu behandeln.“ Richtigerweise besteht aber schon auf das Entstehen der Forderung kein Anspruch, so dass (auch) die Verfügung inkongruent ist. Dass der Sicherungsnehmer unstreitig keinen Anspruch auf das Werthaltigmachen hat, zeigt in aller Deutlichkeit, dass er auch keinen Anspruch im Sinne von § 131 InsO auf den in der Forderung gegen den Drittschuldner liegenden Wert haben kann. Kein zweiseitiger Vertrag kann einen gegenwärtigen Anspruch auf Werte vermitteln, deren Entstehung von dem Verhalten eines Dritten (nämlich des Vertragspartners des Sicherungsgebers) abhängig ist. c) Fazit Bei Globalsicherheiten handelt es sich um inkongruente Sicherheiten, weil der Sicherungsnehmer keinen Anspruch auf zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht existente Werte aus künftigen Verträgen mit Dritten haben kann.121 Das Insolvenzanfechtungsrecht erweist insofern sehr deutlich, dass die Einpassung revolvierender Sicherheiten – für die ein evidentes und anzuerkennendes praktisches Bedürfnis besteht – in das geltende Recht nicht widerspruchsfrei gelingen kann. Dies beruht in erster Linie darauf, dass das deutsche Recht keine Möglichkeit bietet, antizipierte Sicherungsübertragungen publik zu machen.122 Vorausverfügungen zu Sicherungszwecken sind vor dem Hintergrund des in120

BGHZ 174, 297, Rn. 39. Methodisch wäre zu überlegen, ob sich das rechtspolitisch erwünschte Ergebnis im Wege einer rechtsfortbildenden Reduktion des Inkongruenztatbestands erreichen lässt, vgl. Jacobi, ZIP 2006, 2351, 2356. Eine solche lehnt der BGH jedoch ab, BGHZ 174, 297 Rn. 31. 122 Auch Jacoby, ZIP 2008, 385, 390 leitet aus den dogmatischen Widersprüchen der BGH121

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solvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nur anzuerkennen, wenn die anderen Gläubiger des Sicherungsnehmers jedenfalls die Möglichkeit haben, von diesen sie benachteiligenden Rechten Kenntnis zu nehmen. Dieser Gedanke wird in § 6 näher ausgeführt werden.

3. Anfechtbarkeit nach § 130 InsO Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. 11. 2007 sind revolvierende Sicherheiten als kongruente Deckungen nach § 130 InsO anfechtbar. Die Sicherungsabtretung einer Forderung ist danach anfechtbar, wenn die Forderung innerhalb der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag begründet oder werthaltig gemacht wurde, der Sicherungsgeber zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig war und die Sicherungsnehmerin die Zahlungsunfähigkeit kannte, oder ihr doch wenigstens Umstände bekannt waren, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen ließen. Eine Bank wird daher sorgfältig prüfen müssen, wann die Krisenanzeichen sich soweit verdichten, dass sie von der Zahlungsunfähigkeit ihres Kreditnehmers ausgehen muss.123 Spätestens in diesem Moment muss die Bank den Kredit kündigen und die Einziehungsermächtigung bezüglich bereits abgetretener Forderungen widerrufen, da nach diesem Zeitpunkt erworbene Sicherheiten anfechtbar sind. Die Bank ist gehalten, ihren Schuldner an eine kurze Leine zu legen. Dass eine Bank die ihr über einen Schuldner vorliegenden Informationen sorgfältig zu prüfen hat, lässt sich aus ökonomischer Sicht vor allem dann rechtfertigen, wenn die Bank Sicherheiten am größten Teil des gegenwärtigen und künftigen Vermögens des Schuldners beansprucht. Für die Effizienz solcher Globalsicherheiten wurde oben angeführt, dass hier die Bank den Schuldner auch im Interesse der anderen ungesicherten Gläubiger überwacht.124 Wie sogleich zu zeigen sein wird, spielt dieser Gedanke bei der Vorsatzanfechtung von Sanierungsdarlehen eine noch größere Rolle. Kündigt die Bank aufgrund der ihr vorliegenden Krisenanzeichen die Betriebsmittelkreditlinie, wird der Schuldner typischerweise sofort Insolvenzantrag stellen müssen, da er keine Liquidität mehr zur Verfügung hat. Tendenziell kann die vom Bundesgerichtshof ausgesprochene Anfechtbarkeit nach § 130 InsO daher zu einer früheren Einleitung von Sanierungsbemühungen innerEntscheidung Handlungsbedarf im Hinblick auf die Einrichtung eines Mobiliarsicherheitenregisters ab. 123 Hierzu Kuder, ZIP 2008, 289, 290 ff. Das OLG Celle, Urt. v. 30. 10. 2008, ZInsO 2009, 386 ff., nimmt an, dass ein Gläubiger dann Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners besitzt, wenn er weiß, dass dieser einen nicht unwesentlichen Teil (10%) der als fällig eingeforderten Geldschulden nicht erfüllen kann und auch keine konkrete Aussicht hatte, hierfür ausreichende und verwendbare Geldmittel in den nächsten drei Wochen zu erlangen. 124 Siehe oben, S. 80 f.

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halb oder außerhalb eines Insolvenzverfahrens führen.125 Dies ist auch vor dem Hintergrund verbesserter Befriedigungsaussichten der ungesicherten Gläubiger bei rechtzeitiger Antragstellung zu begrüßen. Das haftungsrechtliche Legitimationsdefizit von Sicherheiten an künftigem Vermögen des Schuldners bleibt aber bestehen.

II. Die Vorsatzanfechtung von besicherten Gründungsund Sanierungsdarlehen Die Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligungen hat sich von einem Tatbestand mit nur geringer Bedeutung durch die großzügige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs „zum schärfsten Schwert des Insolvenzverwalters“126 entwickelt. Insbesondere indem die Rechtsprechung sich bei der Feststellung des Benachteiligungsvorsatzes im Rahmen der freien Beweiswürdigung mit Beweisanzeichen begnügt,127 hat sie der Vorschrift einen breiten Anwendungsbereich verschafft. Auch im Hinblick auf Sicherheiten insbesondere im Rahmen von Geschäftsgründungs- und Sanierungsdarlehen gewinnt § 133 InsO in letzter Zeit an Bedeutung. Zunächst ist zu klären, dass auch auf der Grundlage der hier entwickelten Deutung von Sicherheiten nicht jede Kreditsicherung der Vorsatzanfechtung unterliegt. Zwar ist es die Funktion einer Sicherheit, dem gesicherten Gläubiger in der Insolvenz des Schuldners ein Vorzugsrecht vor den anderen Gläubigern zu verschaffen,128 so dass die Besicherung insofern die Gläubiger potentiell benachteiligt, jedoch hat der Schuldner nur dann den erforderlichen Benachteiligungsvorsatz, wenn er diese Benachteiligung billigend in Kauf nimmt. Bei der Besicherung eines Kredits wird dies nur ausnahmsweise der Fall sein. Denn im Normalfall wird der Schuldner sich von der Kreditaufnahme eine Verbesserung seiner Vermögenssituation versprechen, die im Ergebnis auch seinen anderen Gläubigern zugute kommt. Dass die Besicherung isoliert betrachtet geeignet und sogar bestimmt ist, die anderen Gläubiger zu benachteiligen,129 genügt insofern nicht zur Annahme eines entsprechenden Benachteiligungsvorsatzes.130 Die generelle Anfechtbarkeit von Kreditsicherheiten nach § 133 InsO widerspräche nicht nur der Konzeption des Gesetzes, sie würde auch die wirtschaftlichen und haftungsrechtlichen Zusammenhänge eines Sicherungsge125

BGHZ 174, 297, Rn. 43; Kuder, ZIP 2008, 289. 295. Jacoby, KTS 2009, 3, 4. Siehe auch Bork, ZIP 2004, 1684; Chr. Paulus, in: Festschr. f. G. Fischer, S. 445, 457. 127 Zur Entwicklung der Rechtsprechung G. Fischer, NZI 2008, 588 ff.; insbesondere zur Aufgabe des Begriffs der „Unlauterkeit“, Kirchhof, in: Festschr. f. Fischer, S. 285 ff. 128 Siehe S. 60 ff. 129 Siehe oben, S. 249 ff. 130 Ähnlich BGH, Urt. v. 5. 3. 2009, BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922, 923 Rn. 13. 126

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schäfts missachten: Auch wenn Darlehensvertrag und Stellung der Sicherheit rechtsgeschäftlich zu trennen sind, sind sie doch wirtschaftlich als Einheit zu sehen, jedenfalls sofern sie gleichzeitig erfolgen. Insofern darf man nicht isoliert fragen, ob der Schuldner es in Kauf genommen hat, dass die Besicherung die Interessen seiner Gläubiger verletzen könnte, sondern muss prüfen, ob er (Eventual-) Vorsatz bezüglich einer Schädigung der Gläubiger aus der Aufnahme besicherten Kredits hatte.131 Glaubt der Schuldner an den Erfolg der zu finanzierenden Transaktion, so „weiß“ er zwar, dass die zu stellende Sicherheit seine Gläubiger benachteiligen kann, er hat aber dennoch keinen Benachteiligungsvorsatz, da der Schuldner sich im Gegenteil von der zu finanzierenden Transaktion Gewinne verspricht. Eine Benachteiligung seiner Gläubiger hält er insofern zwar für möglich, er nimmt sie jedoch keineswegs billigend in Kauf, weil er jedenfalls im Normalfall davon ausgeht, die Insolvenz vermeiden zu können.132 Den Willen des Sicherungsgebers, seine Gläubiger zu benachteiligen, wird man nur dann feststellen können, wenn er es billigend in Kauf nahm, dass die ihm vom Gläubiger überlassene Liquidität weitgehend spur- und fruchtlos „versickern“ werde. Benachteiligungsvorsatz hat der Schuldner erst recht dann, wenn er beabsichtigt, den überlassenen Kredit zu verschleudern. Ist diese Absicht auch dem Gläubiger bekannt, ist die Besicherung des gleichwohl ausgereichten Kredits anfechtbar. Hieraus ergibt sich, dass der Gläubiger unter Umständen prüfen muss, zu welchen Zwecken der Schuldner den beantragten Kredit zu verwenden beabsichtigt. Besondere Bedeutung besitzen diese Überlegungen für Sicherheiten im Rahmen von Gründungs- und Sanierungskrediten. Wie das OLG Dresden in einer Entscheidung vom 29. 3. 2007133 im Kern zutreffend erkannt hat, kann eine Bank, die einem neu gegründeten Unternehmen gegen die Stellung von Sicherheiten am gesamten gegenwärtigen und künftigen Vermögen einen Existenzgründungskredit gewährt, gehalten sein, bei der Kreditvergabe zu überprüfen, zu welchen Zwecken der Kreditnehmer die begehrten Mittel einzusetzen gedenkt. Eine solche Obliegenheit ergibt sich daraus, dass die Kreditgewährung in Kombination mit einer vollumfänglichen Sicherheit am Vermögen des Schuldners geeignet ist, andere Gläubiger zu schädigen. Weil der Kreditgeber hier die Aufnahme des Geschäftsbetriebs erst möglich macht, trägt er eine besondere Verantwortung dafür, dass die von ihm finanzierte Unternehmung 131 Die hier postulierte Einheitsbetrachtung von Sicherungsgeschäft und Darlehen betrifft nur den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners. Keinesfalls soll einer Übertragung des Bargeschäftsprivilegs auf die Vorsatzanfechtung das Wort geredet werden. Nach § 142 InsO ist das Bargeschäftsprivileg nicht auf die Vorsatzanfechtung anwendbar. Dies übersieht Antoni, NZI 2007, 664 ff. 132 Zutreffend weist Thole, KTS 2007, 293, 302, auf die Unterscheidung zwischen dem „Wissen“ um die Benachteiligung der Gläubiger im möglichen Insolvenzfall und dem „Wollen“ der Verwirklichung dieser Möglichkeit hin. 133 NZI 2007, 662 ff.

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nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Eine solche Prüfungs- und gegebenenfalls auch Überwachungsobliegenheit lässt sich auch ökonomisch mit dem Hinweis auf die Stellung des Großgläubigers als „delegated monitor“ rechtfertigen: 134 Oben wurde dargestellt, dass bei so genannten Unternehmenssicherheiten ein Effizienzvorteil darin liegen kann, dass die übrigen Gläubiger die Geschäftsentwicklung des Schuldners nicht mehr überwachen müssen, da sie sich darauf verlassen dürfen, dass der gesicherte Gläubiger diese Überwachung auch in ihrem Interesse vornimmt. Unterlässt der gesicherte Gläubiger aber die erforderliche Kontrolle, fällt diese ökonomische Rechtfertigung seines Vorrangs weg. Eine ähnliche Situation ergibt sich bei Sanierungsdarlehen135 . Die Statuierung einer Prüfungsobliegenheit entspricht hier der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.136 Bei Sanierungsdarlehen wird man allerdings einen schärferen Prüfungsmaßstab an die Kontrolle des Gläubigers anlegen müssen, da hier wegen der Insolvenznähe des Schuldners das Risiko erheblich höher ist, dass sich die benachteiligenden Wirkungen einer Sicherheit materialisieren. Denn im Zeitpunkt der Vergabe eines Sanierungsdarlehens wird der Schuldner normalerweise bereits (drohend) zahlungsunfähig sein. Zu Lasten des Gläubigers greift also die Kenntnisvermutung aus § 133 Abs. 1 S. 2 InsO. Der Gläubiger, der sich eine Sicherheit für seinen Kredit bestellen lässt, kann diese Kenntnis nur widerlegen, „wenn die angefochtene Rechtshandlung in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Sanierungskonzept stand, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt war und ernsthafte Aussicht auf Erfolg begründete.“137 Bei Gründungskrediten muss man dagegen deutlich zurückhaltender mit der Annahme eines entsprechenden Vorsatzes sein, auch weil hier die Vermutung aus § 133 Abs. 1 S. 2 InsO nicht einschlägig ist. Ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners liegt hier insbesondere dann eher fern, wenn die Gesellschafter des Schuldners in nennenswertem Umfang Eigenmittel bei der Gründung einbringen.138 Denn hierdurch gehen sie selber ein Risiko ein, so dass kaum anzuneh134

Hierzu oben, S. 80 f. Der BGH hält allerdings die „von der Rechtsprechung für die anfechtungsrechtliche Beurteilung von Sanierungskrediten entwickelten Grundsätze [für] auf die Anschubfi nanzierung von neu gegründeten Unternehmen nicht übertragbar“, BGH, Urt. v. 5. 3. 2009, BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922 (1. Ls.); der Aussage ist zuzustimmen, insoweit damit der in diesen Grundsätzen entwickelte Maßstab gemeint ist. Die grundsätzliche Überprüfbarkeit von Sanierungsdarlehen anhand von § 133 InsO sollte nicht in Abrede gestellt werden. 136 BGH, Urt. v. 12. 11. 1992, NJW-RR 1993, 238 ff. = ZIP 1993, 276 ff.; Urt. v. 26. 3. 1984, NJW 1984, 1893, 1899 (insoweit nicht in BGHZ 90, 381 ff. abgedruckt); Kübler/Prütting/ Bork-Bork, InsO, Anh. I § 147 Rn. 41. 137 BGH, NJW-RR 1993, 238. Zum ökonomischen Hintergrund dieser Anforderungen oben, S. 77. Ausführlich zur Vorsatzanfechtung nach fehlgeschlagener Sanierung, Ganter, WM 2009, 1441 ff. 138 Auf diesen Aspekt weist auch der BGH in seinem Urteil v. 5. 3. 2009, BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922 Rn. 15, hin. 135

C. Die Anfechtbarkeit von Kreditsicherheiten

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men ist, dass die Gründer ein Scheitern der geplanten Unternehmung in Kauf nahmen. Der Vorsatz des Schuldners und die entsprechende Kenntnis des Gläubigers müssen daher bei der Anfechtung von Sicherheiten sorgfältig geprüft werden. Die auf Seiten des Gläubigers ausreichende „Kenntnis der Umstände, die zwingend auf den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners schließen lassen,“139 darf bei Gründungskrediten nicht schon dann bejaht werden, wenn der Anfechtungsgegner das Geschäftskonzept fahrlässig falsch prüft. Es ist vielmehr erforderlich, dass das Gründungsvorhaben des Schuldners offensichtlich zum Scheitern verurteilt war, so dass die Gründung in die Nähe eines Betrugsversuchs rückt. Erst wenn sich der Anfechtungsgegner der Einsicht in die Unzulänglichkeit des Gründungskonzepts bewusst verschließt,140 kann man annehmen, dass er Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners hat. Eine andere Auslegung würde nicht nur zu dem ökonomisch unerwünschten Ergebnis führen, dass Banken mit der Vergabe von Existenzgründungskrediten noch restriktiver verfahren, sie würde auch das Erfordernis der positiven Kenntnis in § 133 InsO aushöhlen und durch eine Fahrlässigkeitshaftung ersetzen.141 Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des OLG Dresden daher zu Recht aufgehoben.142 Der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und eine entsprechende Kenntnis des Gläubigers können nicht schon dann festgestellt werden, wenn sich rückblickend erweist, dass die Annahmen im Gründungskonzept zu optimistisch waren. Die Entscheidung des OLG Dresden zeigt aber, dass die Vorsatzanfechtung ein Instrument sein kann, Kreditgeber dazu anzuhalten, sich auch dann mit den Kreditverwendungsabsichten des Schuldners auseinanderzusetzen, wenn sie selbst wegen ausreichender Sicherheiten im Falle des Scheiterns des zu finanzierenden Vorhabens nicht mit Ausfällen rechnen müssen. Die Anwendung dieses Instituts muss allerdings mit großer Zurückhaltung erfolgen, um nicht eine übermäßig vorsichtige Kreditvergabepraxis heraufzubeschwören. Keinesfalls darf es dazu missbraucht werden, das Risiko des Scheiterns der Unternehmung in erster Linie der die Gründung finanzierenden Bank aufzubürden. Die Vorsatzanfechtung ist somit kein geeignetes Instrument zur Korrektur der grundsätzlichen haftungsrechtlichen Unausgewogenheiten von Sicherheiten über künftige Vermögensgegenstände. 139 BGH, Urt. v. 26. 6. 1997, NJW 1997, 3175; Nerlich/Römermann/Nerlich, InsO, § 133 Rn. 40; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 133 Rn. 19. 140 Vgl. den von der Rechtsprechung zur Prüfung der Kenntnis im Rahmen von § 819 Abs. 1 BGB entwickelten Maßstab, BGH, Urt. v. 12. 7. 1996, BGHZ 133, 246. 141 BGH, Urt. v. 5. 3. 2009, BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922 Rn. 15. Auch Jacoby, KTS 2009, 3, 14, 16 f., warnt davor, dass eine zu großzügige Anwendung des § 133 InsO falsche Verhaltensanreize setzen könnte. Er will den Tatbestand des § 133 InsO teleologisch reduzieren und in objektiver Hinsicht nur auf solche Rechtshandlungen anwenden, die gemessen am Gläubigerinteresse mit einer angemessenen Unternehmensführung nicht zu vereinbaren sind. 142 BGH, Urt. v. 5. 3. 2009, BGHZ 180, 98 = ZIP 2009, 922.

§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht Auch die von der Rechtsprechung entwickelten Korrekturmechanismen können das haftungsrechtliche Defizit von Sicherheiten über künftiges Vermögen des Sicherungsgebers nicht beseitigen. Die Überlegungen in § 5 haben auch erkennen lassen, dass die Erkennbarkeit von Sicherungsrechten für ihre haftungsrechtliche Legitimation eine Rolle spielt. Es ist daher zu erörtern, ob und inwieweit die in § 4 entwickelten haftungsrechtlichen Einwände auch gegen Sicherheiten erhoben werden können, die mit Publizität ausgestattet sind. Untersucht werden soll, ob bei kundgemachten Sicherungsrechten in der Kreditgewährung durch einen ungesicherten Gläubiger eine (konkludente) Zustimmung des ungesicherten Gläubigers zu dem zwischen Schuldner und gesichertem Gläubiger vereinbarten Befriedigungsvorrang des gesicherten Gläubigers liegt.1 Wenn dies bejaht werden kann, ließe sich die Beeinträchtigung der Interessen Dritter mit der privatautonomen Entscheidung der Betroffenen erklären und rechtfertigen. Die Insolvenzfestigkeit revolvierender Sicherheiten wäre dann auf den Willen aller Beteiligten zurückzuführen.2 1 Zu einer solchen funktionalen Differenzierung der Publizität schon Hromadka, JuS 1980, 89, 90 ff., der von einer „spezifisch pfandrechtlichen Publizität“ schreibt. Diese haftungsrechtliche Funktion der Publizität übersieht Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 258. Seine Ansicht, dass sich die Publizität nur auf den Erwerbsvorgang eines dinglichen Rechts erstrecke, ist nur aus materiellrechtlicher Sicht zutreffend. Mit der Frage, ob auch heimliche revolvierende Sicherheiten insolvenzfest sein können, hat dies nichts zu tun. 2 Ein solcher rechtsgeschäftlicher Ansatz zur Legitimation des Vorrangs des gesicherten Gläubigers steht konzeptionell dem Gedanken eines „verhandlungsbasierten Insolvenzrechtsregimes“ nahe. Vgl. Schwarcz, 47 Duke Law Journal 425, 428 Fn. 10; Warren, 118 Harvard Law Review 1197, 1217; Westbrook, 82 Texas Law Review 795, 832. Einen solchen vertragsrechtlichen Ansatz verfolgt etwa Schwartz, A Contract Theory Approach to Business Bankruptcy, 107 Yale Law Journal 1807 ff. m. w. N. Eine kurze Zusammenfassung der unterschiedlichen Spielarten des vertragsrechtlichen Ansatzes gibt Westbrook, a.a.O., S. 827 ff. Der entscheidende Einwand gegen die behauptete Effizienz einer verhandlungsbasierten Haftungs- und Befriedigungsordnung ergibt sich daraus, dass die Zahl der zu differenzierenden Gläubigerklassen in der durchschnittlichen Unternehmensinsolvenz vermutlich höher ist, als die contractualists regelmäßig annehmen. Vgl. Block-Lieb, 2001 University of Illinois Law Review 503, 508. Hieraus ergeben sich hohe Transaktionskosten für die Verhandlungen, welche die – behaupteten – Effizienzgewinne stark beschneiden, womöglich sogar übertreffen, vgl. Warren, 118 Harvard Law Review 1197, 1219.

A. Die Sonderstellung deliktischer Gläubiger

303

Die im Folgenden zu begründende These lautet, dass die Herstellung von Publizität jedenfalls für revolvierende Sicherheiten nicht nur eine Frage der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes ist – obwohl die sich insoweit ergebenden Vorteile keineswegs zu vernachlässigen sind –, sondern ein Gebot der im Gleichbehandlungsgrundsatz ausgedrückten spezifischen Insolvenzgerechtigkeit: 3 Das Insolvenzvorrecht des durch eine revolvierende Sicherheit gesicherten Gläubigers lässt sich nur durch die (konkludente) Zustimmung der ungesicherten Gläubiger legitimieren. Die Annahme einer Zustimmung setzt aber jedenfalls voraus, dass die ungesicherten Gläubiger im Moment ihrer Kreditgewährung die bestehenden Sicherungsrechte zugunsten Dritter kannten. Der Publizität revolvierender Sicherheiten kommt insofern eine spezifisch haftungsrechtliche Funktion zu, die von der materiellrechtlichen Publizität, die sich in erster Linie auf den Erwerbstatbestand eines Rechts bezieht, zu unterscheiden ist. Diese Sichtweise deckt sich mit der in den Materialien zur Konkursordnung zum Ausdruck kommenden Ansicht, dass die Erkennbarkeit eines Sicherungsrechts Voraussetzung seiner Insolvenzfestigkeit ist: „Ein Vorzugsrecht und damit im Konkurse ein Absonderungsrecht kann aber nach den Eingangs entwickelten Prinzipien der Entwurf nur den Ansprüchen einräumen, deren unmittelbares und ausschließliches Verhältnis zur Sache Jedermann und insbesondere den übrigen Gläubigern erkennbar ist. Bei dem völligen Mangel dieses Erfordernisses muss der Entwurf den Pfandrechten ohne Besitz, der Hypothek des gemeinen Rechts, in welcher Form sie sich finde, die Anerkennung im Konkurse versagen.“4

A. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme und die Sonderstellung deliktischer Gläubiger Eine ausdrückliche Zustimmung eines ungesicherten Gläubigers zum Vorrang gesicherter Gläubiger liegt nur in Ausnahmefällen vor. Fraglich ist daher, wann man eine konkludente Zustimmung der Gläubiger annehmen kann. Die konkludente Willenserklärung setzt nach allgemeiner Ansicht ein Verhalten voraus,

3 Es geht insofern nicht allein darum, ob heimliche Sicherheiten geeignet sind, andere Gläubiger über den Umfang des haftenden Vermögens „in die Irre zu führen“. Dies ist richtigerweise zu verneinen, R. Stürner, ZZP 91 (1981), 263, 269 f.; Becker, Maßvolle Kreditsicherung, S. 534; insoweit zutreffend auch Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 259 f. Damit erledigt sich jedoch nicht die Forderung nach Publizität bei revolvierenden Sicherheiten. Nach der hier aufgestellten These sollten revolvierende Sicherheiten überhaupt nur insolvenzrechtliche Geltung beanspruchen können, wenn die anderen Gläubiger dem Vorrang des gesicherten Gläubigers (konkludent) zugestimmt haben. Ansonsten fehlt es an einem Rechtfertigungsgrund für die von ihnen verursachten Gläubigerbenachteiligungen. Es geht insofern um eine haftungsrechtliche Begründung der Forderungen nach Publizität für revolvierende Sicherheiten. 4 Hahn, Motive zu den Reichsjustizgesetzen, Bd. 4, S. 191.

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§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht

das „den Ausdruck des Willens in sich schließt“.5 Das Verhalten muss also von einem rechtsgeschäftlichen Willen getragen sein. Ein solches Verhalten fehlt zweifellos seitens eines durch eine deliktische Handlung Geschädigten, der aus dieser einen Schadensersatzanspruch gegen den Verletzer erwirbt. Denn in diesem Fall gibt es kein Handeln oder Unterlassen des Gläubigers, das von einem Geschäftswillen getragen ist oder dem ein Dritter diese Bedeutung beimessen könnte. Hieraus ergibt sich, dass im Hinblick auf Sicherungsrechte, die ihren Vorrang auf die Zustimmung der übrigen Gläubiger stützen, zwischen verschiedenen Gläubigergruppen zu differenzieren ist. Zu unterscheiden ist zwischen solchen Gläubigern, die ihre Forderung aufgrund einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Kreditgewährung erworben haben, und solchen, deren Forderung auf einem rein tatsächlichen Vorgang beruht. 6 Denn nur im ersten Fall kann man an ein Verhalten des Gläubigers anknüpfen, dem überhaupt Erklärungsgehalt zugemessen werden kann. Unproblematisch ist ein solches Verhalten bei vertraglich begründeten Ansprüchen gegeben. Darüber hinaus liegt es auch bei bestimmten gesetzlichen Verbindlichkeiten – wie etwa bei der Leistungskondiktion – vor, denn auch bei Ansprüchen aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB beruht die Gläubigerstellung auf einer bewussten Entscheidung des Leistenden, das Vermögen des Gläubigers zu mehren. Ergibt sich der Anspruch aber aus rein tatsächlichen Vorgängen – etwa einem Verkehrsunfall – so kann unter keinen Umständen in der Anspruchsbegründung eine konkludente Zustimmung zu Globalsicherheiten gesehen werden. Nach der hier entwickelten These, dass die insolvenzrechtliche Wirkung von Globalsicherheiten die (konkludente) Zustimmung der ungesicherten Gläubiger voraussetzt, lässt sich eine Priorität von Globalsicherheiten gegenüber den Inhabern deliktischer Schadensersatzansprüche nicht rechtfertigen.7 Denn eine Legitimation für den Vorrang auch diesen Gläubigern gegenüber lässt sich nicht konstruieren. Allerdings führen diese Überlegungen nicht zu einer Bevorzugung der deliktischen Gläubiger im Sinne einer Freistellung vom Gleichbehandlungsgrundsatz. Wie oben gezeigt wurde, müssen auch sie wie alle anderen Insolvenzgläubiger an der wechselseitigen Ausgleichshaftung teilnehmen. Den deliktischen Gläubigern haftet jedoch auch das mit revolvierenden Globalsicherheiten belegte Vermögen, da solche Sicherheiten ihnen gegenüber keine Wirkung entfalten können.

5 v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. III, S. 243. Ähnlich Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 5 4.; MünchKomm-BGB/Kramer, Vor §§ 116 Rn. 22. 6 Wie sogleich zu zeigen sein wird, sind diese Kategorien nicht deckungsgleich mit der Einteilung in vertragliche und gesetzliche Ansprüche. 7 Vieles spricht dafür, Ansprüche aus Eingriffskondiktion und angemaßter Eigengeschäftsführung entsprechend zu behandeln.

B. Mit Publizität ausgestattete Sicherungsrechte

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Diese Überlegungen zeigen zugleich, dass die auch in der ökonomischen Literatur geforderte 8 und auch im Zuge der Insolvenzrechtsreform9 erwogene Sonderbehandlung der deliktischen Gläubiger in der Insolvenz10 nicht lediglich eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit ist, sondern durch den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz geboten ist.

B. Mit Publizität ausgestattete Sicherungsrechte und nachträglich begründete Forderungen Die folgenden Ausführungen gelten somit nur für Gläubiger, die ihre Forderungen gegen den Schuldner aufgrund einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Kreditvergabe erworben haben. Für diese Gläubiger lässt sich eine konkludent erklärte Zustimmung relativ unproblematisch im Hinblick auf solche Sicherheiten konstruieren, die zum Zeitpunkt der Kreditgewährung durch den ungesicherten Gläubiger bereits bestehen und mit Publizität ausgestattet sind. Denn in diesem Fall weiß der Gläubiger bei der Abgabe seiner Willenserklärung – oder hätte es jedenfalls wissen können11 –, dass ein anderer Gläubiger mit dem Schuldner eine Vereinbarung getroffen hat, nach der diesem Gläubiger ein insolvenzfestes Vorrecht zukommen soll. Entscheidet er sich dennoch für die Kreditvergabe, akzeptiert er diese Vereinbarung, so dass seine Forderung rangmäßig hinter der des gesicherten Gläubigers steht. Gegen das sich aus dem hier vorgestellten Ansatz ergebende Publizitätserfordernis wird gerade vor dem Hintergrund der deutschen Rechtsordnung – die scheinbar weitgehend reibungslos mit heimlichen Globalsicherheiten arbeitet – geltend gemacht, dass unter den heutigen Bedingungen einer auf Fremdfinanzierung angewiesenen Wirtschaft jedem Gläubiger die Tatsache bewusst sei, dass sein Schuldner an seinem Vermögen in weitem Umfang Sicherungsrechte bestellt habe. Eine Publizität von Sicherheiten sei insofern funktionslos, da die Gläubiger ohnedies mit dem Bestehen von Sicherungsrechten am schuldnerischen Vermögen rechneten.12

8 Vgl. auch Leebron, 91 Columbia Law Review 1565, 1646, der auch aus ökonomischer Sicht den Vorrang gegenüber deliktischen Gläubigern für ineffizient hält. 9 Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 41. 10 Häsemeyer, KTS 1982, 507, 570. 11 An die Kundbarmachung eines Rechts in einem öffentlich zugänglichen Register lässt sich eine Bekanntheitsvermutung anknüpfen. Ein gutgläubiger Wegerwerb eingetragener Rechte wird dadurch unmöglich. Im anglo-amerikanischen Rechtskreis wird diese Vermutung unter dem Stichwort „constructive notice“ behandelt. Derselbe Gedanke liegt auch § 892 BGB zugrunde, nach dem ein gutgläubiger Erwerb unabhängig von den konkreten Vorstellungen des Erwerbers ausscheidet, wenn das fragliche Recht eingetragen war. 12 So. u. a. R. Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 269 f.

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§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht

Verknüpft man diese wohl zutreffende Beschreibung der Einschätzung der meisten Gläubiger bei der Gewährung ungesicherten Kredits mit der zu § 182 BGB allgemeinen Meinung, nach der es zur Annahme einer konkludenten Genehmigung jedenfalls ausreicht, wenn der Genehmigende mit der Möglichkeit der Genehmigungsbedürftigkeit des Geschäfts gerechnet hat,13 so scheint sich zu ergeben, dass jeder Gläubiger, der ungesichert Kredit vergibt, hierdurch seine Zustimmung zu allen bestehenden Sicherungsrechten erteilt. Indem er in dem Bewusstsein der Möglichkeit des Bestehens von Sicherungsrechten ungesichert Kredit vergibt, erklärt er sich konkludent mit dem insolvenzrechtlichen Vorrang etwaiger Sicherungsrechte einverstanden. Bei genauerem Hinsehen erweist sich jedoch, dass in der Kreditgewährung durch einen ungesicherten Gläubiger keine konkludente Genehmigung ihm unbekannter Sicherheiten liegen kann. Dies wird deutlich, wenn man die Voraussetzungen betrachtet, die im Rahmen von § 182 BGB an eine konkludente Genehmigung gestellt werden. Im Fall der Unklarheit über das Bestehen von Sicherungsrechten ist übertragen auf § 182 BGB nicht die Genehmigungsbedürftigkeit des Geschäfts zweifelhaft, sondern schon das Vorliegen eines genehmigungsbedürftigen Geschäfts selbst. Nach allen zu § 182 BGB vertretenen Ansichten muss der Handelnde aber wenigstens Kenntnis vom Bestehen eines (möglicherweise) genehmigungsbedürftigen Geschäfts haben oder das Vorliegen eines solchen Geschäfts doch wenigstens aufgrund konkreter Anhaltspunkte für möglich halten.14 Denn sonst hätte er auch bei pfl ichtgemäßer Sorgfalt nicht erkennen können, dass sein Verhalten als Genehmigung verstanden wird. So setzt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die Annahme einer Genehmigung voraus, dass der Handelnde von dem Geschäft durch eine der Parteien erfahren hat. Ist er von dritter Seite informiert worden, dürften die Parteien sein Verhalten nicht als Genehmigung verstehen.15 Denn der Verzicht auf die positive Kenntnis vom Bestand eines genehmigungsbedürftigen Geschäfts ist nur gerechtfertigt, weil der andere Teil in schützenswerter Weise darauf vertraut, dass der Berechtigte von dem Geschäft weiß. Der geschilderten Auslegung des § 182 BGB liegen somit Vertrauensschutzgedanken zugrunde. Vertrauensschutz ist jedoch nur zu gewähren, soweit der Vertrauende auch schutz-

13 Nach der herrschenden Ansicht ist erforderlich, dass der Handelnde wusste, dass sein Verhalten als Zustimmung verstanden werden konnte: BGH, Urt. v. 20. 4. 2004, NJW 2004, 2745, 2747; Urt. v. 17. 5. 2002, NJW 2002, 2863, 2864; Urt. v. 14. 5. 2002, NJW 2002, 2325, 2326; Urt. v. 22. 10. 1996, NJW 1997, 312; Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 54 6. d). Nach einer im Vordringen befindlichen Ansicht soll dagegen ein potentielles Erklärungsbewusstsein ausreichen. So Bork, Allg. Teil Rn. 1698; Medicus, Allg. Teil, Rn. 1016; MünchKommBGB/Schramm, § 182 Rn. 10; Bamberger/Roth/Bub, BGB, § 182 Rn. 3. 14 Soergel/Leptien, BGB, § 182 Rn. 7. Vgl. auch Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 54 6.d); Larenz/Wolf, Allg. Teil, § 49 Rn. 5. 15 RG, Urt. v. 2. 12. 1913, RGZ 84, 320, 324 f.; BGH, Urt. v. 9. 2. 1951, NJW 1951, 398.

B. Mit Publizität ausgestattete Sicherungsrechte

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würdig ist.16 An diesem Erfordernis fehlt es, wenn die Parteien des zu genehmigenden Geschäfts lediglich davon ausgehen, dass andere Gläubiger „sich schon denken werden“, dass ein solches Geschäft abgeschlossen wurde. Es ist vielmehr die Obliegenheit der Parteien, dem betroffenen Dritten die Kenntnis (oder die Möglichkeit der Kenntnisnahme) vom genehmigungsbedürftigen Geschäft zu verschaffen und ihn gegebenenfalls zur Zustimmung aufzufordern.17 Überträgt man diese Überlegungen auf die hier zu behandelnde Frage der Zustimmung zur Vorrechtseinräumung, so wird deutlich, dass der Gewährung ungesicherten Kredits auch nicht in Verbindung mit der allgemeinen Vermutung, dass die meisten Schuldner in weitem Umfang Sicherungsrechte an ihrem Vermögen bestellt haben, eine konkludente Zustimmung zur Insolvenzfestigkeit dieser Sicherungsrechte entnommen werden kann. Es ist Sache der Parteien des Sicherungsgeschäfts, diese allgemeine Vermutung für die ungesicherten Gläubiger zu einer konkreten Gewissheit werden zu lassen, weil sie durch ihr Vorgehen diese Unsicherheit geschaffen haben. Unterlassen sie die Aufklärung, können sie sich nicht auf den Schutz ihres Vertrauens berufen. Auch ökonomisch erscheint es durchaus sinnvoll, für tatsächliche Publizität zu sorgen und es nicht bei der allgemeinen Vermutung der vollständigen Belastung des Schuldnervermögens mit Sicherungsrechten zu belassen. Denn oft genug hat ein Schuldner entgegen dieser Vermutung noch freies Vermögen, das als Sicherungsgut verfügbar ist. Begünstigt die Rechtsordnung eine Haltung, nach der „sowieso alles verpfändet“ ist, entstehen zwangsläufig Ineffizienzen in Gestalt von höheren Kreditkosten, da die Gläubiger bei ihrer Risikokalkulation von einem falschen Sachverhalt ausgehen. Zwar kann eine Nachfrage beim Schuldner insoweit Klarheit bringen, allerdings vermag sie nicht dasselbe Maß an Rechtssicherheit herzustellen wie etwa ein Register. Ob das hier dargelegte ökonomische Kalkül aufgeht, hängt entscheidend von den Kosten ab, die ein solches Register mit sich bringt.18 Die heute mögliche elektronische Registerführung und die Zugangsmöglichkeit über das Internet erlauben es, ein Sicherheitenregister zu sehr geringen Kosten zu betreiben.19 Schon von daher lassen

16 Zu den Voraussetzungen des Vertrauensschutzes auf der Seite des Vertrauenden: Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 504 ff. 17 Vgl. zum parallelen Problem bei der konkludenten Genehmigung von Willenserklärungen eines Vertreters ohne Vertretungsmacht MünchKomm-BGB/Schramm, § 177 Rn. 29; Soergel/Leptien, BGB, § 177 Rn. 24, nach denen es ausreichen soll, wenn der Dritte den Umständen nach annehmen darf, dass der Vertretene mit der Zustimmungsbedürftigkeit des Geschäfts rechne. Wie im Text dargelegt ist im vorliegenden Zusammenhang aber schon problematisch, ob der Vertretene überhaupt von dem Geschäft weiß. 18 Armour, in: The Future of Secured Credit, S. 3, 26. 19 Das neuseeländische Register wird beispielsweise von einer einzigen Halbtagskraft gepflegt. Zu den Kosten der Führung eines Registers beim notice filing im Einzelnen unten, S. 386 f.

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§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht

sich die Argumente, die in der Vergangenheit gegen das Registerpfandrecht vorgebracht wurden, 20 heute nicht mehr aufrechterhalten. Festzuhalten ist, dass eine Registrierung auch in Form des notice filing21 Dritten die Möglichkeit verschafft, zu überprüfen, ob und in welchem Umfang ein Schuldner bereits insolvenzfeste Sicherungsrechte an seinem Vermögen bestellt hat. An diese Überprüfungsmöglichkeit lässt sich hinsichtlich der Annahme einer konkludenten Genehmigung durch die Gewährung ungesicherten Kredits jedenfalls für die Vorrangwirkung solcher Sicherheiten anknüpfen, die zum Zeitpunkt der Kreditvergabe bereits bestehen. Denn bei Einsichtnahme in das Register hätte der Gläubiger erfahren, dass ein anderer Gläubiger (möglicherweise) 22 ein Vorrecht an bestimmten Vermögensgegenständen des Schuldners geltend machen kann. Gewährt er gleichwohl Kredit, muss er sich die angezeigten Rechte entgegenhalten lassen, da die Obliegenheit zur Einsichtnahme in das Register verletzt hat. Ein haftungsrechtliches Legitimationsdefizit besteht insoweit nicht.

C. Nachträglich bestellte Sicherungsrechte und ihr Verhältnis zu schon bestehenden Forderungen Von der eben erörterten Situation, in der die fragliche Sicherheit bei Kreditgewährung bereits bestand, ist die Konstellation zu unterscheiden, in der zuerst ungesicherter Kredit gewährt wird und danach der Schuldner einem anderen Gläubiger eine (revolvierende) Sicherheit bestellt. Zu untersuchen ist, unter welchen Voraussetzungen auch in diesen Fällen eine Zustimmung des ungesicherten Gläubigers angenommen werden kann.

I. Zinsanpassungsklauseln Eine solche antizipierte Zustimmung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der ungesicherte Gläubiger in seinen Darlehensbedingungen eine Zinsanpassungsklausel für den Fall der späteren Bestellung eines Sicherungsrechts aufgenommen hat. Mit dieser Klausel, die dem Gläubiger das Recht einräumt, für den Fall der Gewährung einer Sicherheit den Kreditzins dem gestiegenen Risiko anzu20 Drobnig, Gutachten für den 51. DJT, Teil F, S. 59. Dennoch wird auch heute noch das Kostenargument immer wieder gegen die Einführung eines Sicherheitenregisters in Stellung gebracht: Wohlgemuth, Vergemeinschaftung des Mobiliarsicherungsrechts, S. 285 ff.; Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S. 174 f. 21 Zum Konzept des notice filing siehe unten, S. 378 ff. 22 Beim notice filing kommt der Registrierung nur eine Warnfunktion zu. Siehe unten, S. 387 ff.

C. Nachträglich bestellte Sicherungsrechte

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passen, erklärt sich der Gläubiger ja gerade mit der künftigen Gewährung von Sicherheiten einverstanden, weil und soweit er für die Vorrechtseinräumung entschädigt wird. Der Publizität späterer Sicherungsrechte kommt insoweit die Funktion zu, die Durchsetzung der Rechte aus der Zinsanpassungsklausel zu erleichtern. Nur wenn der ungesicherte Kreditgeber die Möglichkeiten hat, die spätere Vereinbarung von Sicherungsrechten zu überprüfen, kann er seine sich hieraus ergebenden Rechte effektiv wahrnehmen.

II. Negativerklärungen und zustimmungsabhängige Sicherungsrechte Den umgekehrten Effekt hat nach dem hier entwickelten Ansatz eine so genannte Negativerklärung (Nichtbesicherungsklausel oder negative pledgeclause). Mit einer solchen Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger verpflichtet sich der Schuldner, nur nach Rücksprache mit dem Gläubiger Sicherheiten zugunsten Dritter zu bestellen. Vor dem Hintergrund der hier aufgestellten These, dass die Insolvenzfestigkeit von revolvierenden Sicherheiten nur bei (konkludenter) Zustimmung der Insolvenzgläubiger haftungsrechtlich legitimiert ist, muss man die Negativerklärung als ausdrückliche Verweigerung der Zustimmung verstehen. Dieser Ansatz führt insofern zu einem grundlegenden Umdenken im Verständnis der Negativerklärung, wobei hieraus freilich nur in Einzelfällen auch veränderte Ergebnisse resultieren.

1. Die Behandlung der Negativerklärung im deutschen Recht Nach allgemeiner Meinung begründet eine Negativerklärung eine (nur) schuldrechtliche Verpflichtung des Erklärenden gegenüber dem Erklärungsempfänger, keine Kreditsicherheiten zugunsten Dritter zu bestellen. 23 Verstößt der Erklärende gegen diese Verpflichtung, so ist gleichwohl das Sicherungsgeschäft selbst wirksam. Der Empfänger der Negativerklärung kann seinen Schuldner wegen Vertragsverletzung auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB in Anspruch nehmen und den Kredit kündigen. Eine dingliche Wirkung, die dazu führen würde, dass klauselwidrige Sicherungsgeschäfte mit Dritten unwirksam sind, wird dagegen allgemein abgelehnt, da Negativerklärungen wegen § 137 S. 1 BGB als dinglich unwirksam erachtet werden. 24 23

Umfassend zu Negativerklärungen nach deutschem Recht: Merkel, Die Negativklau-

sel. 24 Mucke, WM 2006, 1804, 1805; Merkel, Die Negativklausel, S. 148; Schneider, in: Festschr. f. Stimpel, S. 887, 894; Obermüller, Ersatzsicherheiten im Kreditgeschäft, Rn. 419; Uhlenbruck, Gläubigerberatung in der Insolvenz, S. 528; Jaschke, Negativerklärungen nach deutschem und angloamerikanischem Recht, S. 146. Entsprechendes gilt auch unter U. S.-

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§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht

Die bisherige Untersuchung hat deutlich gemacht, dass zwischen den Wirkungen einer Sicherheit in- und außerhalb des Insolvenzverfahrens unterschieden werden muss. Diese Differenzierung öffnet den Blick dafür, worum es bei einer Negativerklärungen eigentlich geht: Der Erklärungsempfänger will sich davor schützen, dass andere Gläubiger in der Insolvenz des Schuldners ein Befriedigungsvorrecht erlangen. Insofern betrifft die Negativerklärung in erster Linie das Verhältnis der Gläubiger untereinander. Nach dem hier entwickelten Modell ist eine Negativerklärung daher als ausdrückliche Verweigerung der Zustimmung zum insolvenzrechtlichen Vorrang anderer durch Globalsicherheiten gesicherter Gläubiger zu interpretieren. Auf den ersten Blick mag es so scheinen, dass die hier vorgeschlagene Konzeption der herrschenden Meinung diametral entgegen steht. Immerhin kommt einer Negativerklärung nach dem hier entwickelten Modell im scheinbaren Widerspruch zu § 137 S. 1 BGB „dingliche“ Wirkung in dem Sinn zu, dass revolvierende Sicherheiten, die der Erklärende entgegen der Negativerklärung bestellt hat, in seiner Insolvenz dem Erklärungsempfänger gegenüber unwirksam sind. Die Gegensätze betreffen freilich nur die Konzeption und nicht die von der herrschenden Meinung befürworteten Ergebnisse. Vielmehr kann auch nach der herrschenden Meinung in der Literatur – an Rechtsprechung fehlt es in Deutschland bislang – der Gläubiger, der sich in Kenntnis des Bestehens einer Negativerklärung eine Sicherheit vom Schuldner bestellen lässt, dem Erklärungsempfänger nach § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet sein.25 Einschlägig soll hier die Fallgruppe des „Verleitens zum Vertragsbruch“26 sein. Die hier vorgeschlagene Behandlung von Negativerklärungen hätte somit im Ergebnis für die Praxis gegenüber der Deutung der ganz herrschenden Meinung geringere Auswirkungen als es auf den ersten Blick scheint. Der Gläubiger, der weiß, dass eine Negativerklärung besteht, ist schon nach der herrschenden Meinung einem Haftungsrisiko ausgesetzt, bei dessen Verwirklichung er im Wege des Schadensersatzes nach §§ 249 ff. BGB den Erklärungsempfänger so zu stellen hätte, als bestünde die Sicherheit nicht. Entsprechendes ergäbe sich nach der hier vertretenen Lösung, da die Bestellung der Sicherheit dem Erklärungsempfänger geamerikanischem Recht, hier werden abredewidrige Sicherungsgeschäfte von den Gerichten als wirksam behandelt und dem Erklärungsempfänger allenfalls Schadensersatzansprüche zuerkannt, vgl. Knott vs. Sherperdstown, 5 S. E. 266 (W. Va. 1888). Die einzige Ausnahme bildet Coast Bank vs. Minderhout, 392 P. 2d, 265. Zu jüngeren abweichenden Konzepten in der Literatur siehe unten, im Text bei Fn. 53. 25 Vgl. Merkel, Die Negativklausel, S. 150. Siehe auch Hinsch/Horn, Internationale Konsortialkredite und Projektfinanzierungen, S. 105; Kästle, Rechtsfragen von Covenants, S. 60. Allgemein zur Anwendbarkeit des § 826 BGB bei Verletzungen von vertraglichen Verfügungsverboten MünchKomm-BGB/Armbrüster, § 137 Rn. 32. Staudinger/Kohler, BGB, § 137 Rn. 49, hält § 137 S. 1 BGB dagegen für eine gegenüber § 826 BGB vorrangige Spezialvorschrift. 26 Siehe hierzu AnwK-BGB-Katzenmeier, BGB, § 826 Rn. 23; PWW/Schaub, BGB, § 826 Rn. 18.

C. Nachträglich bestellte Sicherungsrechte

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genüber unwirksam wäre. Kennt der Sicherungsnehmer die Negativerklärung dagegen nicht und beruht die Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit, scheidet eine Haftung nach dem Konzept der herrschenden Meinung aus. Nach dem hier vertretenen Ansatz ließe sich ein gutgläubiger Erwerb eines Insolvenzvorrechts zwanglos durch eine analoge Anwendung der §§ 366 HGB, 1208, 932 BGB begründen.27 Auch die Verteilung der Beweislast weicht nach beiden Ansichten nicht voneinander ab, da auch bei dem hier vorgestellten Modell der ungesicherte Gläubiger die Bösgläubigkeit des Sicherungsnehmers zu beweisen hätte, 28 so wie er nach der herrschenden Meinung den Vorsatz bezüglich der Schädigung beweisen muss. 29 Unterschiede ergäben sich in erster Linie im Hinblick auf den grob fahrlässigen Sicherungsnehmer. Hier mag in gewissen Fällen eine Pflicht zur Nachfrage beim Sicherungsgeber daraus folgen, dass solche Klauseln jedenfalls bei internationalen Großfinanzierungen standardmäßig vereinbart werden, so dass der Sicherungsnehmer mit ihnen rechnen muss. Nur angedeutet sei die Möglichkeit, dass eine solche Nachforschungsobliegenheit in hervorragender Weise geeignet wäre, die Kommunikation und Kooperation unter den Gläubigern eines schuldnerischen Unternehmens zu befördern, um so die Früherkennung von Krisen zu ermöglichen und damit die Sanierungschancen zu erhöhen.30 Die Überlegungen zeigen, dass der hier vertretene Ansatz die von den Parteien mit einer solchen Bindung verfolgten Zwecke effektiv auszudrücken vermag. Einer zu weitgehenden Beeinträchtigung der Finanzierungsfreiheit des Schuldners ist gegebenenfalls durch eine strengere Anwendung der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB vorzubeugen.31 Die entscheidenden Vorzüge der hier vertretenen Auffassung liegen einerseits in dem Gewinn an Rechtssicherheit, 27 De lege ferenda würde man freilich über die Möglichkeit nachdenken müssen, auch Negativerklärungen registrierbar zu machen und so mit Publizität zu versehen. Ein Erwerb des insolvenzmäßigen Vorrangs durch den Sicherungsnehmer wäre dann nur so lange möglich, wie eine solche Registrierung nicht erfolgt ist. Eine solche Lösung vermeidet Rechtsunsicherheiten, die aus der Frage entstehen können, wann die Unkenntnis des Sicherungsnehmers grob fahrlässig im Sinne von § 932 Abs. 2 BGB ist. 28 Die Beweislast für die fehlende Gutgläubigkeit im Rahmen von § 932 BGB trägt derjenige, der den Erwerb bestreitet, PWW/Prütting, BGB, § 932 Rn. 8. 29 Es ist nicht einmal ausgemacht, dass dieser Beweis schwieriger zu führen ist, als der bloße Beweis der Kenntnis. Dies kommt darauf an, wie großzügig man den Anwendungsbereich des § 826 BGB in dieser Fallgruppe fasst. Für ein weites Verständnis spricht insbesondere die bekannte Rechtsprechung zur Auflösung der Kollision von Globalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt (siehe nur BGHZ 30, 149, 152; 98, 303, 314). 30 Insoweit antwortet die hier vorgeschlagene Konzeption auch auf die Bedenken von Köndgen, in: RWS-Forum „Insolvenzrecht“, 1996, S. 127, 154, der meint, dass covenants nicht das Problem der Allokation von Kontrollrechten unter verschiedenen und unverbundenen Gläubigern lösen könnten. Insoweit optimistischer aus ökonomischer Sicht Thießen, ZBB 1996, 19 ff. 31 Vgl. hierzu Jaschke, Negativerklärungen nach deutschem und angloamerikanischem Recht, S. 140 ff.

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§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht

der sich aus der Entbehrlichkeit der Sittenwidrigkeitsprüfung im Rahmen von § 826 BGB ergibt.32 Andererseits werden Negativerklärungen – jedenfalls soweit ihre insolvenzrechtlichen Wirkungen in Rede stehen – von der Unwirksamkeit gemäß § 137 S. 1 BGB befreit, worin ein rechtsdogmatischer Gewinn zu sehen ist, da keiner der im Übrigen heftig umstrittenen Zwecke der Norm 33 geeignet ist, ihre Anwendung auf die Negativerklärung zu rechtfertigen. Weder beeinträchtigen Negativerklärungen nach dem hier entwickelten differenzierten Verständnis die Verkehrsfähigkeit des schuldnerischen Vermögens i. S. d. Schaffung von res extra commercium,34 noch beeinträchtigen sie die Sicherheit des Rechtsverkehrs, da dessen Schutz durch die Anwendung von Gutglaubensvorschriften hinreichend gewährleistet werden kann. Ebenso wenig beeinträchtigen sie die Funktionstüchtigkeit der Zwangsvollstreckung,35 da das Vermögen selbstverständlich pfändbar bleibt. Im Hinblick auf die Stärkung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann man sogar von einer Effektivierung der (Gesamt-) Vollstreckung sprechen. Schließlich durchbrechen sie nicht den sachenrechtlichen Typenzwang, der ebenfalls als Schutzgut des § 137 BGB genannt wird,36 denn durch die hier vertretene Auslegung wird die Negativerklärung nicht zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen dinglichen Recht. Aus dem Verständnis einer Negativerklärung als Verweigerung der notwendigen Zustimmung folgt lediglich, dass solche erklärungswidrig bestellten dinglichen Rechte keinen insolvenzmäßigen Vorrang genießen. Eine Sonderstellung des Erklärungsempfängers, die gar einem dinglichen Recht gleichkäme, wird hierdurch umgekehrt nicht begründet.

2. Die Negativerklärung im anglo-amerikanischen Rechtskreis Wie die Erörterungen in § 8 zeigen werden, beruht die Legitimation des Vorrangs des gesicherten Gläubigers nach amerikanischem Recht vor allem auf der 32 Für die nach dem hier vertretenen Ansatz gegebenenfalls erforderliche Prüfung der groben Fahrlässigkeit des Sicherungsnehmers kann auf wesentlich ausdifferenzierte Kriterien zurückgegriffen werden. 33 Siehe hierzu Chr. Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S. 60 ff., der zu Recht hervorhebt, dass die Fülle der (angeblichen) Normzwecke, die in Literatur und Rechtsprechung meist unverbunden genannt werden, die teleologische Argumentation bei § 137 BGB beliebig werden lässt. Berger weist weiterhin überzeugend nach, dass der Individualschutz in Gestalt der Freiheitssicherung kein Schutzzweck des § 137 BGB sein kann; a. A. E. Wagner, AcP 194 (1994), 451, 467 Fn. 51. 34 Diese Funktion wird insbesondere von der Rechtsprechung in den Vordergrund gestellt. Vgl. BGH, Urt. v. 25. 9. 1963, BGHZ 40, 115, 118; Urt. v. 18. 6. 1971, BGHZ 56, 275, 279. Soergel/Hefermehl, BGB, § 137 Rn. 1; MünchKomm-BGB/Armbrüster, § 137 Rn. 4 m. w. N. 35 Vgl. Liebs, AcP 175 (1975), 1, 36; E. Wagner, AcP 194 (1994), 451, 472; Soergel/Hefermehl, BGB, § 137 Rn. 1; MünchKomm-BGB/Armbrüster, § 137 Rn. 6 m. w. N. 36 So u. a. Canaris, in: Festschr. f. Flume I, S. 371, 420.

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(beschränkten) Publizität des security interest, die durch das notice filing hergestellt wird. Nur wenn für den security interest durch Registrierung oder auf anderem Weg perfection herbeigeführt wurde, ist dieser insolvenzfest.37 Auch das englische Recht erfordert zur Drittwirksamkeit von Sicherheiten am Vermögen einer Gesellschaft (company charges) deren Registrierung.38 Insofern kann die Behandlung von Negativerklärungen in diesen Rechtsordnungen als Test für die oben entwickelte These dienen, dass diese als Verweigerungen der notwendigen Zustimmung des Erklärungsempfängers zu deuten sind und daher – vorbehaltlich einer schützenswerten Unkenntnis von ihrer Existenz – zur Unwirksamkeit entgegenstehender Sicherungsrechte führen. Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass auch im anglo-amerikanischen Rechtskreis negative pledge-clauses von den Gerichten regelmäßig nicht in dem hier vorgeschlagenen Sinn gedeutet werden. Insbesondere in den Vereinigten Statten werden sie in erster Linie als Verpflichtungen des Erklärenden gegenüber dem Erklärungsempfänger verstanden, Dritten keine Sicherheiten zu bestellen.39 Der gegenteilige Ansatz, der von Judge Traynor in Coast Bank vs. Minderhout 40 entwickelt wurde, konnte sich nicht durchsetzen, wurde allerdings bisher auch nicht ausdrücklich zurückgewiesen. Nach der in Minderhout entwickelten Doktrin soll eine reine Negativerklärung ein equitable lien 41 begründen können, kraft dessen der Erklärungsempfänger die vorrangige Befriedigung verlangen könne. Grant Gilmore42 misst der Entscheidung insofern erhebliche Bedeutung zu. Wie Carl Bjerre gezeigt hat,43 liegt diese Bedeutung in erster Linie darin, dass aus der Entscheidung eine erhebliche Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Behandlung von Negativerklärungen resultiert, so dass potentielle Sicherungsnehmer gut daran tun, sorgfältig zu überprüfen, ob ihr Sicherungsgeber Negativerklärungen abgegeben hat. Aus Sicht der deutschen Dogmatik ist die Entscheidung insofern äußerst interessant, weil sie sich ausführlich mit der Frage auseinandersetzt, ob die in der Entscheidung angenommene Wirkung einer Negativerklärung die common law Regel gegen restraints on alienation verletzen würde, die der in § 137 Abs. 1 BGB angeordneten Unwirksamkeit von Veräußerungsverboten stark ähnelt. Nachdem Judge Traynor 37

Im Einzelnen unten, S. 372 ff. McCormack, Secured Credit, S. 48: „There is general legislative and judicial hostility to the recognition and enforcement of secret security interests, and this hostility is based on the avoidance of detriment to other creditors.“ 39 So die Wiedergabe der herrschenden Meinung in den Vereinigten Staaten durch Bjerre, 84 Cornell Law Review, 305, 315 ff. Der leading case ist insoweit Knott vs. Shepherdstown Manufacturing Co., 30 W. Va. 790 = 5 S. E. 266 (1888). 40 Coast Bank vs. Minderhout, 392 P.2d 265, 268 f. (1964). 41 Siehe zur Einordnung dieses Instituts Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 1, § 38.3, S. 1012. 42 Security Interests in Personal Property, § 38.3, S. 1011. 43 Bjerre, 84 Cornell Law Review, 305, 323 f. 38

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intensiv den Streit behandelt hat, welche Funktion und welche Reichweite diese Regel hat, kommt er schließlich zu dem Ergebnis, dass jedenfalls die von ihm gefundene Auslegung der Negativerklärung kein unreasonable restraint of alienation sei.44 Abgesehen von der vereinzelt gebliebenen Lösung über das equitable lien in Minderhout findet der Gesichtspunkt einer deliktischen Verantwortlichkeit des Sicherungsnehmers gegenüber dem Erklärungsempfänger beachtliche Aufmerksamkeit in der Literatur. 45 Auch die einzige Entscheidung aus dem U. S.amerikanischen Rechtskreis zu dieser Frage spricht dem Erklärungsempfänger einen Schadensersatzanspruch gegen den Sicherungsnehmer wegen „intentional and unjustifi able interference“ mit den Verpflichtungen des Sicherungsgebers zu.46 Für das englische Recht erkennen sowohl Goode als auch McCormack die Möglichkeit von Ersatzansprüchen wegen tort of inducing breach of contract an.47 Alle Autoren betonen freilich, dass solche Ansprüche allenfalls bestehen können, wenn der Dritte von der Existenz der Negativerklärung wusste.48 Auch insoweit sind die Parallelen der Behandlung der Negativerklärung im deutschem Recht zur anglo-amerikanischen Rechtslage deutlich.49 In der anglo-amerikanischen Literatur wird allerdings immer wieder hervorgehoben, dass Sicherungsnehmer gut beraten seien, sich vor Vertragsabschluss intensiv zu informieren, ob der Schuldner bereits zugunsten anderer Gläubiger Negativerklärungen abgegeben hat, da sie sonst Gefahr liefen, dass sich ein mit der Sache befasstes Gericht der in Minderhout entwickelten Doktrin des equitable liens anschließt und das bestellte Sicherungsrecht für unwirksam hält. 50 Schon diese Rechtsunsicherheit führt dazu, dass einer Negativerklärung in diesen Rechtskreisen eine sehr viel größere faktische Bedeutung und Effektivität zukommt, als dies im deutschen Recht der Fall ist. So schreibt LoPucki, dass das Maß an Sicherheit für den Gläubiger, das eine Negativerklärung vermittelt, durchaus dem eines security interest vergleichbar sei.51 In diesem Zusammenhang ist schließlich auf die Überlegungen von Carl Bjerre hinzuweisen. Hervorhebung verdient vor allem, dass Bjerre der Nachweis gelingt, dass es in vollständiger Übereinstimmung mit den Article 9 UCC 44

392 P.2d 265 (1964). Siehe die Nachweise bei Bjerre, 84 Cornell Law Review, 305, 330 Fn. 92. 46 First Wyoming Bank vs. Mudge, 748 P 2d 713 (1988). 47 Goode/Gullifer, Credit and Security, 1–71 f.; McCormack, Secured Credit, S. 231 ff. Entscheidungen englischer Gerichte liegen freilich soweit ersichtlich nicht vor. 48 The English and Scottish Mercantile Investment Company, Ltd. v Brunton, [1892] 2 QB 700; In re Castell & Brown, Ltd., [1898] 1 Ch 315; Ellinger/Lomnicka/Hooley, Modern Banking Law, S. 788. 49 Jaschke, Negativerklärungen nach deutschem und angloamerikanischem Recht, S. 169. 50 Bjerre, 84 Cornell Law Review, 305, 324 f. 51 80 Vanderbilt Law Review 1887, 1924 ff. 45

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zugrunde liegenden Gedanken wäre, einer Negativerklärung auch Wirkung gegen Dritte zuzusprechen, sofern diese tatsächliche oder fingierte Kenntnis von deren Bestehen haben.52 Er spricht sich daher für eine Einbeziehung der Negativerklärung in den Anwendungsbereich von Article 9 UCC aus. Hierdurch würde das System des notice filing auch für Gläubiger mit Negativerklärungen geöffnet, so dass Negativerklärungen mit Publizität versehen werden könnten. Auch wenn Bjerres dogmatische Deutung von Negativerklärungen teilweise von der hier vertretenen Theorie der Zustimmungsverweigerung abweicht, 53 zeigt seine Untersuchung eindrucksvoll, welcher Gewinn an Freiheit im Hinblick auf die Finanzierungsentscheidung eines Unternehmens mit der Drittwirksamkeit von Negativerklärungen einhergeht. Denn auf diese Weise wird die Dichotomie von gesicherten und ungesicherten Gläubigern aufgelöst. Zwischen diese beiden Gläubigergruppen treten die Gläubiger, zu deren Gunsten eine Negativerklärung abgegeben wurde.54

3. Zwischenergebnis Nimmt man an, dass der Vorrang von gesicherten Gläubigern in bestimmten Fällen von der konkludenten Zustimmung der übrigen Gläubiger eines Schuldners abhängt, so muss man Negativerklärungen, mit denen der Schuldner sich verpflichtet, anderen Gläubigern keine Sicherheiten zu bestellen, als die ausdrückliche Verweigerung einer solchen Zustimmung werten. Für den durch eine revolvierende Sicherheit gesicherten Gläubiger bedeutete dies, dass er gegenüber dem Erklärungsempfänger keine Vorrangposition erwerben kann. Dass ein solcher Umgang mit Negativerklärungen durchaus interessengerechte Ergebnisse zu erzeugen vermag, spiegelt sich auch in der unklaren und umstrittenen Rechtslage im anglo-amerikanischen Rechtskreis wider. Allerdings ergäben sich für das deutsche Recht aus dem hier vorgeschlagenen Modell für die Dogmatik der Behandlung von Negativerklärungen fundamentale Unterschiede, da sie dem Anwendungsbereich von § 137 S. 1 BGB entzogen würden. Die Abweichungen der praktischen Ergebnisse wären dagegen möglicherweise wesentlich geringer, wenn man einerseits den gutgläubigen Erwerb des Vorrangs zulässt und andererseits berücksichtigt, dass nach herrschender Meinung § 826 BGB denselben Effekt zeitigen kann. 52

84 Cornell Law Review, 305, 337 ff. Auch Bjerres Theorie fußt auf der These, dass der Vorrang eines Gläubigers im Insolvenzverfahren und die Frage, ob er ein dingliches Recht (property right) hat, zu unterscheiden sind. Plastisch spricht er von „unbundling of property and priority“, a.a.O., 351 f. Allerdings deutet er die Negativerklärung nicht als Verweigerung der erforderlichen Zustimmung des Erklärungsempfängers, sondern als Übertragung der Berechtigung zur Bestellung von Vorrechten. 54 A.a.O., 374 ff. 53

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Aus ökonomischer Sicht wäre eine derartige Effektivierung des Instruments der Negativerklärung nicht nur wegen des damit einhergehenden Gewinns an Rechtssicherheit äußerst wünschenswert. Ermöglichte man schließlich auch die Kundbarmachung solcher Erklärungen in einem öffentlichen Register, so würde auch die tatsächliche Unsicherheit erheblich minimiert und die Effektivität solcher Klauseln weiter dadurch gesteigert, dass der gutgläubige Erwerb des Vorrangs durch andere Gläubiger praktisch ausgeschlossen wäre.

III. Einfache ungesicherte Gläubiger Wie oben unter I. gezeigt wurde, kann eine Zustimmung der ungesicherten Gläubiger zum insolvenzrechtlichen Vorrang nachträglich bestellter Sicherheiten dann angenommen werden, wenn die Darlehensbedingungen Zinsanpassungsklauseln vorsehen. Die Ausführungen unter II. haben gezeigt, dass der Gläubiger durch Empfang einer Negativerklärung umgekehrt seine Zustimmung ausdrücklich verweigert. Es bleiben die gewissermaßen „normalen“ Fälle, in denen der Kreditvertrag weder die eine noch die andere Klausel enthält. In diesen Fällen lässt sich die Zustimmung des ungesicherten Gläubigers zur späteren Bestellung von Sicherungsrechten durch den Schuldner schlicht daran knüpfen, dass er es unterlassen hat, sich seinerseits entweder durch Hereinnahme einer Sicherheit oder der Vereinbarung einer Negativerklärung abzusichern: Wer ungesichert Kredit vergibt, geht das Risiko ein, dass später andere Gläubiger Vorrechte an der Masse erwerben. Anschaulich formuliert Wolfram Henckel: „Vernachlässigen kann man auch die Interessen derjenigen, die zwar die Haftungslage nicht kennen, aber dennoch freiwillig Kredit gewähren, ohne Sicherheit zu fordern. Sie müssen in Kauf nehmen, daß Ihnen andere Gläubiger zuvorkommen und ihnen das Risiko aufgebürdet wird, freie Vermögensstücke als Deckung zu suchen und zu fi nden.“55

Verknüpft man diese Sichtweise mit dem hier entwickelten Modell und überträgt sie auf die Kategorie der Zustimmung, so zeigt sich, dass in der Gewährung ungesicherten Kredits bei gleichzeitigem Verzicht auf eine Negativklausel die konkludente Einwilligung der kreditierenden Partei zur späteren Bestellung insolvenzfester Sicherungsrechte zugunsten Dritter zu sehen ist. Klargestellt sei, dass diese Konstruktion unabhängig davon ist, ob die später bestellte Sicherheit mit Publizität ausgestattet ist, da die Besicherung zugunsten des Dritten ohnehin erst nach der ungesicherten Kreditvergabe erfolgt.

55 Henckel, Referat auf dem 51. DJT, Bd. II, O 8, O 11. Siehe auch Serick, in: Einhundert Jahre Konkursordnung, S. 271, 273 f.; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteresse, S. 79. Implizit auch R. Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 270.

C. Nachträglich bestellte Sicherungsrechte

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Nicht zu übersehen ist, dass die Annahme einer konkludenten Zustimmung in diesen Fällen jedenfalls nach geltendem Recht der Fiktion einer solchen Zustimmung sehr nahe kommt.56 Jedenfalls wird kaum ein Gläubiger, wenn er sich ausdrücklich zu dieser Frage erklären sollte, dem Rangrücktritt zustimmen. Eine entsprechende Erklärung könnte man nur erwarten, wenn er für das erhöhte Risiko, das der Vorrang der gesicherten Gläubiger für den von ihm gewährten Kredit mit sich bringt, bereits bei Darlehensgewährung mit einem höheren Zinssatz entschädigt wird. Diese Überlegungen verdeutlichen, dass die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten die Erfordernisse einer konkludenten Willenserklärung erfüllt, nicht losgelöst vom geltenden Recht und seiner vom Rechtsverkehr akzeptierten Interpretation beantwortet werden kann: Seinen Erklärungsgehalt gewinnt das „schlüssige“ Verhalten erst vor dem Hintergrund der Rechts- und Gesellschaftsordnung.57 Nur durch die Verknüpfung mit dieser gelingt der Schluss von einer tatsächlichen Handlung auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen. Daher setzte die oben skizzierte Auslegung des Verhaltens des ungesicherten Gläubigers als konkludente Zustimmung zur späteren Begründung von Sicherungsrechten einerseits voraus, dass die Rechtsordnung das Recht dieses Gläubigers anerkennt, die Stellung vorrangiger Sicherungsrechte zugunsten Dritter für die Zukunft auszuschließen, und andererseits, dass den Parteien des Kreditgeschäfts diese Möglichkeit auch bewusst ist. Nur dann kann man dem Verhalten desjenigen, der ungesichert Kredit vergibt, einen Erklärungsgehalt dahingehend zumessen, dass er mit der Begründung späterer Vorrechte zu Gunsten Dritter einverstanden ist. In einer Rechtsordnung, die sich einem zustimmungsbasierten Regime für revolvierende Sicherungsrechte verschrieben hat, ist eine solche Auslegung gewiss keine Fiktion, sondern entspricht im Gegenteil dem natürlichen Verständnis nicht nur der Parteien, sondern auch eines objektiven Dritten. Denn in einer solchen Rechtsordnung besteht ein deutlicheres Bewusstsein für den Wert der Zustimmung des ungesicherten Gläubigers, so dass sich dieser Wert auch in den Darlehenskonditionen widerspiegelt.

56 Vor der Gefahr, (unzulässige) ergänzende Vertragsauslegung unter dem Deckmantel der konkludenten Willenserklärung zu betreiben, warnt H. Hübner, in: Festschr. f. Nipperdey, Bd. I, S. 373, 374. Vgl. auch Schack, NJW 1983, 2806. Zu den methodischen Bedenken gegen die Willensfiktion Haferkamp, in: Festschr. f. Horn, S. 1077 ff. 57 Ein Beispiel mag diese Überlegung verdeutlichen: Verbreitet wird dem Besteigen eines öffentlichen Verkehrsmittels die konkludente Annahme des mittels Realofferte abgegebenen Angebots auf Abschluss eines Beförderungsvertrags entnommen (vgl. nur Larenz/Wolf, Allg. Teil, Rn. 18). In einer Gesellschaft, in welcher der öffentliche Personennahverkehr vollständig steuerfinanziert ist, so dass die Beförderung unentgeltlich ist, wird man das Verhalten allerdings vollkommen anders auszulegen haben.

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§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht

D. Die nicht-anpassungsfähigen Gläubiger und das Konzept der formalen Vertragsgerechtigkeit Die Kompensation für das erhöhte Risiko ist freilich nur einer der möglichen Gründe für die Entscheidung eines Gläubigers, Kredit zu vergeben, ohne hierfür eine Sicherheit zu verlangen. Häufig beruht die Gewährung ungesicherten Kredits dagegen nicht auf einer bewussten ökonomischen Entscheidung zugunsten des ungesicherten, aber dafür höher verzinsten Kredits, sondern schlicht darauf, dass der Gläubiger nicht die erforderliche Verhandlungsmacht besaß, die Stellung einer Sicherheit oder die Vereinbarung einer Negativerklärung durchzusetzen. Insofern blendet der hier erörterte rechtsgeschäftliche Erklärungsansatz das häufigste Motiv für einen Verzicht des ungesicherten Gläubigers auf die Stellung einer Sicherheit oder auf eine Negativerklärung aus, nämlich die wirtschaftlich unterlegene Stellung des Kreditgebers.58 Daher ist zu erörtern, ob die Fälle des gestörten Verhandlungsgleichgewichts eine andere Beurteilung erzwingen. Besondere Relevanz hat dieses Argument im Hinblick auf die Gruppe der nicht-anpassungsfähigen Gläubiger.59 Zu denken ist insoweit etwa an Verbraucher, Arbeitnehmer sowie kleine Dienstleistungsunternehmen, die sich nicht anderweitig sichern können und die auf die Geschäftsbeziehung mit dem Schuldner angewiesen sind. 60 In Bezug auf solche Gläubiger scheint die Annahme einer konkludenten Zustimmung in der Tat eine Fiktion zu sein, da diese Gläubiger aus wirtschaftlichen Gründen keine Möglichkeit hatten, dingliche Sicherheiten oder Negativerklärungen in covenants zu vereinbaren. Diese Gläubiger hatten insofern nur die theoretische Option, ihre Zustimmung zu verweigern. Denn der Preis hierfür wäre die Verweigerung des Vertragsabschlusses durch den anderen Teil gewesen. Allerdings ist die dargestellte Ausblendung der wirtschaftlichen Gründe für den Verzicht auf eine Sicherheit oder eine Negativerklärung die zwingende Konsequenz aus den allgemeinen Prinzipien der formalen Vertragsfreiheit und -gerechtigkeit. Nach diesen Prinzipien ist eine privatautonom gesetzte Regelung vom Rechtsanwender grundsätzlich zu akzeptieren. 61 Die „Richtigkeitsgewähr“, 62 die in der Anerkennung eines Vertrags durch die Rechtsordnung liegt, ist damit nur prozeduraler und insofern formaler Art. Sie bezieht sich nur auf die Freiheit des Vertragsschlusses von Willensmängeln und Zwang und führt 58

Hierzu Bebchuk/Fried, 105 Yale Law Journal 857, 888. Zur Abgrenzung der Gruppe der nicht-anpassungsfähigen Gläubiger siehe oben, S. 73 f. Auszunehmen sind insoweit die deliktischen Gläubiger, für die bereits gezeigt werden konnte, dass die Annahme einer Zustimmung ausgeschlossen ist (s. o. unter A.). 60 Der Sache nach findet sich dieses Argument auch bei Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2.23. 61 Flume, Allgemeiner Teil, Bd. II, § 1 6 a). 62 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 ff. 59

D. Die nicht-anpassungsfähigen Gläubiger

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insofern zu nicht mehr als einer „prozeduralen Rationalität“63 des Vertrages. 64 Auf die nicht-anpassungsfähigen Gläubiger bezogen bedeutet dies, dass die Gründe, warum sie sich für die Gewährung ungesicherten Kredits unter Verzicht auf eine Negativklausel entschieden haben, jedenfalls im ersten Schritt unbeachtlich sind. Es kommt daher für die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts grundsätzlich nicht darauf an, ob diese Entscheidung auf wirtschaftlicher Notwendigkeit und einem daraus resultierenden Verhandlungsungleichgewicht beruhte, da diese Überlegungen in einem formalen Verständnis der Vertragsgerechtigkeit keine Berücksichtigung finden können, weil sie nicht den Prozess des Vertragsschlusses als solchen, sondern den Inhalt des Vertrags betreffen. Zu derselben Einordnung der nicht-anpassungsfähigen Gläubiger gelangt auch Dorndorf auf der Grundlage des von ihm verwendeten „wirtschaftsrechtlichen Gerechtigkeitsbegriffs“. 65 Diesem Gerechtigkeitsbegriff liegt nach Dorndorf das Leistungsprinzip zugrunde, 66 so dass eine Ungleichbehandlung nur gerechtfertigt sein kann, wenn die jeweils erbrachten Leistungen unterschiedlich zu bewerten sind. Dass dieser Gerechtigkeitsbegriff letztlich eine Ausprägung der formalen Vertragsgerechtigkeit ist, wird daraus deutlich, dass Dorndorf zur Bewertung der Leistungen auf die subjektive Sicht der Parteien abstellt und keinen Versuch unternimmt, die Leistungen objektiv zu bewerten. Er kommt daher zu dem Ergebnis, dass die Leistung der gesicherten Gläubiger in Form der Kreditgewährung höher zu bewerten sei als die der ungesicherten, da erstere eine höhere Gegenleistung erlangt hätten. Denn sie hätten nicht nur die Forderung gegen den Schuldner, sondern auch ein Sicherungsrecht erworben. 67 Auch er blendet also bewusst 68 ein zwischen den Parteien bestehendes Verhandlungsungleichgewicht aus. Im Einzelfall darf man sich allerdings mit diesem liberalen Vertragsdenken nicht begnügen. Ergebnisse, die nicht mit einer „materiale[n] Ethik sozialer Verantwortung“69 zu vereinbaren sind, können in der Rechtsgeschäftslehre durch die Anwendung der Generalklauseln vermieden werden. Im Insolvenzrecht fällt eine solche Korrektur im Einzelfall durch den Richter ungleich schwerer. Hier ist daher vor allem der Gesetzgeber aufgerufen, den Schutz des 63

MünchKomm-BGB/Kramer, Vor § 145 Rn. 3. Zur ökonomischen Analyse des formalen Vertragsdenkens angesichts von Transaktionskosten und möglicher externer Effekte Vuia, Die Verantwortlichkeit von Banken, S. 98 ff. 65 Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 42 ff., 54 ff. 66 A.a.O., S. 42. 67 A.a.O., S. 48. 68 A.a.O. S. 22. Zu einer von ihm erwogenen, im Ergebnis aber abgelehnten Korrektur dieser Sichtweise aus Gründen „sozialer Gerechtigkeit“ siehe a.a.O., S. 53 ff. 69 Wieacker, Das Sozialmodell der klassischen Privatrechtsgesetzbücher und die Entwicklung der modernen Gesellschaft, in: Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 24. Zur kritischen Einordnung Wieackers durch die neuere rechtsgeschichtliche Forschung HKK/Haferkamp, BGB, § 138 Rn. 7. 64

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§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht

Schwächeren insolvenzrechtlich abzusichern, wie er es etwa mit der Einordnung der Ansprüche aus Sozialplänen als Masseverbindlichkeiten in § 123 Abs. 2 S. 1 InsO getan hat.70 Eine geradezu paradigmatische Ausprägung des beschriebenen materiellen Denkens findet sich im englischen Recht ebenfalls im Hinblick auf die Einordnung der Arbeitnehmerforderungen, die als preferential debts nach Sect. 386 Insolvency Act 1986 behandelt werden, mit der Konsequenz, dass die Arbeitnehmer rangmäßig vor dem durch eine fl oating charge gesicherten Gläubiger rangieren. Es ginge über den hier gesteckten Rahmen hinaus, die Frage zu entscheiden, ob und wie einer materialen Ethik auch im Kreditsicherungsrecht aufzuhelfen ist. Die hier entwickelte Konstruktion zeigt allerdings, dass hinter derartigen Forderungen nicht nur sozialpolitische Erwägungen mit rein distributiver Stoßrichtung stehen, 71 sondern dass sich diese auch auf eine materiell verstandene iustitia commutativa stützen lassen. Diesen Aspekt verkennt Dorndorf, indem er Überlegungen, den Vorrang von Sicherungsrechten zugunsten von Arbeitnehmern und kleinen Unternehmen einzuschränken, mit dem Argument entgegentritt, dass der „wirtschaftsrechtliche Gerechtigkeitsbegriff“ nicht durch „sozialpolitisch motivierte Regelungen“72 eingeschränkt werden dürfe. Ein solcher Schutz der Interessen mag zwar im Verhältnis des Staates zu seinen Bürger erwünscht sein, dürfe nach Dorndorf aber nicht durch die Verkürzung der Rechte einzelner – nämlich der gesicherten Gläubiger – verwirklicht werden. Die hier vorgenommene Betrachtung hat ergeben, dass es sich vielmehr umgekehrt verhält, denn der Schutz der gesicherten Gläubiger verwirklicht sich auf Kosten der ungesicherten. Soweit diese Rechtsverkürzung auf der freien Entscheidung der ungesicherten Gläubiger beruht, ist dagegen nichts zu einzuwenden. Dass diese Entscheidung aber auch dann noch „frei“ genannt werden kann, wenn sie auf wirtschaftlicher Notwendigkeit beruht, ist nicht ohne Weiteres einzusehen.73 Allerdings wird ein Gesetzgeber, der sich für eine stärkere Mate70 Kritisch zu dieser Regelung Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 23.16. Noch ausgeprägter war die Besserstellung der Arbeitnehmer unter der KO durch die Einordnung ihrer Ansprüche als Masseforderungen gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO. Das Insolvenzgeld nach §§ 183 ff. SGB III dient zwar auch der Verwirklichung distributiver Gerechtigkeit; diese Regelung hat aber mit einer Materialisierung nichts zu tun, da sie keine Bevorzugung der Arbeitnehmer gegenüber anderen Gläubigern enthält. 71 Ablehnend etwa Bridge, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Moveable Property, S. 81, 85: „Distributional considerations are foreign to contract law.“ 72 Dorndorf, Kreditsicherungsrecht und Wirtschaftsordnung, S. 55. 73 Bei einer Materialisierung des Haftungsrechts wird zu bedenken sein, dass die Verwirklichung einer materiellen Insolvenzgerechtigkeit die Abgrenzung von Gläubigergruppen anhand bestimmter abstrakter Merkmale erforderlich macht. Wie willkürlich die Ergebnisse einer solchen Kategorisierung sein können, verdeutlichen nicht zuletzt die Probleme und Unschärfen des Verbraucherbegriffs. Siehe zur fehlenden Deckungsgleichheit von Verbraucherbegriff und Verbraucherleitbild nur MünchKomm-BGB/Micklitz, Vor §§ 13, 14 Rn. 7, 64 ff.; siehe auch Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2003, 1666 ff., zu den Zweifelsfragen bei Personengesellschaftern und GmbH-Geschäftsführern.

D. Die nicht-anpassungsfähigen Gläubiger

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rialisierung des Haftungsrechts entscheidet, sorgfältig die Auswirkungen zu bedenken haben, die ein solcher Schritt auf die Kosten der Aufnahme von Kredit für den Schuldner haben kann.

§ 7 Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen Die bisherige Darstellung hat verdeutlicht, dass für die Parteien eines Sicherungsgeschäfts nach deutschem Recht ein erhebliches Maß an Unsicherheit in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht besteht. In rechtlicher Hinsicht geht es um Zweifel hinsichtlich der materiell- und insolvenzrechtlichen Anerkennung einer Sicherheit, in tatsächlicher Hinsicht darum, ob an einem bestimmten Gegenstand des Schuldners bereits zugunsten eines anderen Gläubigers eine Sicherheit besteht. In diesem Abschnitt soll der Blick auf grenzüberschreitende Transaktionen gelenkt werden. Bei internationalen Transaktionen – zum Beispiel Warenlieferungen oder Kreditvergaben über die Grenze – führt der vollständige Verzicht des deutschen Rechts auf Form- und Publizitätserfordernisse auch in kollisionsrechtlicher Hinsicht zu erheblichen Friktionen. Gerade weil das deutsche Mobiliarsicherungsrecht so permissiv ist, erweist es sich einerseits als sehr offen gegenüber fremden Sicherungsrechten. Andererseits ist die Anerkennung von deutschen Sicherungsrechten in ausländischen Rechtsordnungen sehr ungewiss, da diese insbesondere hinsichtlich der Publizität oft strengere Voraussetzungen aufweisen.1 Die Unsicherheit resultiert auch daraus, dass es nur wenige Gerichtsentscheidungen zur Anerkennung von Sicherungsrechten im internationalen Rechtsverkehr gibt. Eine zuverlässige Prognose über die Anerkennung einer Sicherheit ist daher oft sehr schwierig. 2 Aus dem Mangel an Fallmaterial lässt sich aber nicht schließen, dass die Verwendung von Mobiliarsicherheiten im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr keine juristischen Probleme bereitet. Ausschlaggebend dürfte vielmehr sein, dass diese Institute in der Praxis bei internationalen Finanzierungen nur sehr selten verwendet werden. Dieses Finanzierungsverhalten ist wiederum auf die erhebliche Rechtsunsicherheit zurück1 Zu dem Zusammenhang zwischen der kollisionsrechtlichen Offenheit einer Rechtsordnung auf dem Gebiet des Sachenrechts und ihrer materiellrechtlichen Rigidität Drobnig, in: Divergences of Property Law, S. 105, 109; vgl. auch v. Bar/Drobnig, The Interaction of Contract Law and Tort and Property Law in Europe, S. 347. Im Grundsatz stimmt der Befund Ulrich Hübners (ZIP 1980, 825, 832) daher auch heute noch: „Wir erkennen (fast) alles an, umgekehrt werden die bei uns gebräuchlichen Sicherungsmittel häufig nicht anerkannt.“ 2 Dies zeigen die kollisionsrechtlichen Teile der Länderberichte in Sigman/Kieninger (Hrsg.), Cross-Border Security over Tangibles, sehr deutlich. Für die Lage in den Niederlanden: Polak, in: Divergences of Property Law, S. 117, 121 f.

A. Konsequenzen der Anknüpfung an den Lageort

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zuführen, die hinsichtlich der Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit von Mobiliarsicherheiten im internationalen Rechtverkehr besteht. Eine umfassende kollisionsrechtliche Analyse der Behandlung deutscher Sicherungsrechte im Ausland würde den Rahmen dieser Arbeit selbst dann sprengen, wenn sie sich auf unsere Nachbarrechtsordnungen beschränkte.3 Der folgende Überblick über das Recht einiger Mitgliedstaaten soll lediglich aufzeigen, wieso Mobiliarsicherheiten oft keine praxistaugliche Alternative bei Finanzierungen mit möglicher Auslandsberührung sind. Bezüglich der kollisionsrechtlichen Hindernisse für grenzüberschreitende Mobiliarsicherheiten ist zwischen Sicherheiten an beweglichen Sachen und Sicherheiten an Forderungen zu trennen. Bei beweglichen Sachen resultieren die Probleme insbesondere daraus, dass wegen der Anknüpfung an den Lageort bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts der Grenzübertritt des Sicherungsguts zu einem Statutenwechsel führt, so dass sich die Frage ergibt, ob und wie an der Sache bestehende Rechte auch am neuen Lageort anerkannt werden. Bei Sicherheiten an Forderungen tritt zu den auch hier bestehenden Unterschieden der Sachrechte der kollisionsrechtliche Streit um den insoweit einschlägigen Anknüpfungspunkt. Diese Frage wird trotz der Rechtsvereinheitlichung durch Art. 12 EVÜ von den Mitgliedstaaten nach wie vor unterschiedlich beantwortet. Auch durch Art. 14 Rom I-VO wird dieser Streit nicht entschieden, so dass die Parteien bei der Bestellung von Sicherungsrechten an Forderungen im internationalen Rechtsverkehr auch künftig mit einem erheblichen Maß an Rechtsunsicherheit werden leben müssen.

A. Konsequenzen der Anknüpfung an den Lageort für Sicherheiten an beweglichen Sachen Die Rechte an einer Sache unterliegen gemäß Art. 43 Abs. 1 EGBGB dem Recht des Staates, in dem sich die Sache befindet. Diese Regelanknüpfung an den Lageort gilt praktisch weltweit.4 Insbesondere folgen ihr sämtliche Mitgliedstaa-

3 Solche Studien wurden in der jüngeren Zeit unter anderem unternommen von GrahamSiegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr (2005); Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Binnenmarkt (1996); Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten (2000). Speziell zum deutsch-rumänischen Recht Teves, Die Mobiliarsicherheiten im deutschen und rumänischen Recht (2004); zum deutsch-polnischen Recht Ernst, Mobiliarsicherheiten in Polen und Deutschland (2005); zum deutsch-italienischen Recht Lipsky, Statutenwechsel im italienischen Sachenrecht (2010, noch nicht veröffentlicht). Einen Überblick über die unterschiedlichen konzeptionellen Ansätze der Mitgliedstaaten geben v. Bar/Drobnig, The Interaction of Contract Law and Tort and Property Law in Europe, S. 332 ff. 4 Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 10.

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§ 7 Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen

ten der Europäischen Union.5 Aus dieser universalen Geltung der lex rei sitae ergeben sich für grenzüberschreitende Finanzierungen erhebliche Probleme, da jede Veränderung des Lageortes einen Statutenwechsel zeitigt, so dass neu zu fragen ist, wie und ob Rechte, die nach dem Altstatut wirksam an der Sache begründet waren, auch unter der neuen Rechtsordnung Bestand haben und auch hier dem Berechtigten ein Vorrecht in der Insolvenz des Schuldners einräumen. Ist eine Anerkennung nach dem neuen Lageortstatut grundsätzlich möglich, muss weiter geprüft werden, ob das Recht in ein inländisches Recht „übersetzt“ werden muss (Transposition), oder ob nur eine Anpassung seiner Rechtsfolgen an die neue Rechtsordnung erfolgt. 6 Ein deutscher Verkäufer, der eine Maschine auf Kredit nach Portugal liefern will, wird also prüfen müssen, ob ein nach deutschem Recht wirksamer Eigentumsvorbehalt auch nach portugiesischem Recht wirksam wäre. Um auch für den Transport ganz sicher zu gehen, wird er darüber hinaus auch sicherstellen müssen, dass auch die Sachenrechte aller Länder, welche die Sache auf ihrem Weg zum Käufer durchquert, den Eigentumsvorbehalt anerkennen. 7 Nur dann kann er ausschließen, dass andere Gläubiger die Sache vor ihrer Ankunft beim Käufer pfänden. In ähnlicher Weise ist eine Bank, die sich ein Sicherungsrecht an einem hochwertigen, mobilen Ausrüstungsgegenstand bestellen lassen möchte, darauf angewiesen, dass entweder das Unternehmen den Gegenstand nur im Geltungsbereich einer Rechtsordnung verwendet oder dass das Sicherungsrecht auch dann wirksam bleibt, wenn das Sicherungsgut ins Ausland verbracht wird. Die Probleme, die beim Umgang mit Kreditsicherungsrechten an beweglichen Sachen im internationalen Rechtsverkehr bestehen, sind schon seit langem bekannt und oft beschrieben worden. 8 Zuletzt hat Graham-Siegenthaler in einer breit angelegten Studie für die Schweiz, Deutschland, Italien, Frankreich, 5 Kreuzer, in: The Future of Secured Credit, S. 297, 298, mit umfangreichen Nachweisen zu den einzelnen Rechtsordnungen. 6 Im Rahmen von Art. 43 Abs. 2 EGBGB ist der so genannten „Hinnahmetheorie“ der Vorzug zu geben, die lediglich eine Anpassung des ausländischen Rechts hinsichtlich seiner Rechtsfolgen vorsieht, vgl. Staudinger/Stoll, BGB, IntSachR Rn. 356; v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 12 Rn. 31; Erman/Hohloch, BGB, Art. 43 EGBGB Rn. 21; PWW/Brinkmann, BGB, Art. 43 EGBGB Rn. 17; MünchKomm-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 147 ff., dort auch ausführlich zu den Unterschieden zwischen Transposition und Anpassung. 7 Für so genannte res in transitu wird im deutschen Kollisionsrecht verbreitet eine Sonderanknüpfung nach Art. 46 EGBGB an das Statut des Bestimmungsorts befürwortet, vgl. Erman/Hohloch, BGB, Art. 45 Rn. 13; Bamberger/Roth/Spickhoff, BGB, Art. 46 Rn. 7; PWW/Brinkmann, BGB, Art. 46 EGBGB Rn. 3. Dagegen Palandt/Thorn, BGB, Art. 43 EGBGB Rn. 2. Für die Zulässigkeit einer Rechtswahl des Statuts des Absende- oder des Empfangsorts Staudinger/Stoll, BGB, IntSachR Rn. 365 ff. Zu beachten ist aber, dass diese Sonderanknüpfung nicht für Vollstreckungen Dritter im Durchgangsland gilt. Insoweit bleibt es bei der Maßgeblichkeit der lex rei sitae, vgl. nur Spickhoff, a.a.O. 8 Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S. 5 ff.

A. Konsequenzen der Anknüpfung an den Lageort

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England und die Vereinigten Staaten untersucht, welches Schicksal nach jeweiligem nationalem Recht bestellte Sicherungsrechte erfahren, wenn das Sicherungsgut den Lageort wechselt. Dabei zeigt sich insbesondere für Sicherheiten, die nach deutschem Recht bestellt wurden, dass diese im Ausland oft nicht anerkannt werden. Da nach deutschem Recht bestellte Sicherheiten oftmals nicht die von den ausländischen Rechtsordnungen für besitzlose Sicherheiten geforderten Form- oder Registrierungserfordernisse erfüllen, werden sie im Ausland nicht anerkannt, so dass die Sicherungsrechte bei Verbringung des Sicherungsguts ins Ausland ihre dingliche Wirkung für die Dauer des Aufenthalts in dieser Rechtsordnung9 einbüßen. Die folgende Darstellung soll die kollisionsrechtlichen Probleme bei der Anerkennung deutscher Sicherungsrechte im Ausland nicht erschöpfend behandeln, sondern lediglich einige der Schwierigkeiten aufzeigen, die bei der Durchsetzung deutscher Sicherungsrechte im Ausland entstehen können, um die Rechtsunsicherheit zu verdeutlichen, die bei der Verwendung deutscher Mobiliarsicherheiten im grenzüberschreitenden Verkehr besteht.

I. Die Sicherungsübereignung Will ein Geldkreditgeber seine Forderung gegen den Kreditnehmer mit einem Vorrecht an einer beweglichen Sache sichern, so wird er wegen der Anknüpfung an den Lageort das Recht des Staates zu beachten haben, in dem sich die Sache zum Zeitpunkt der Begründung des Rechts befindet. Sofern das so ermittelte Sachstatut überhaupt die Begründung eines besitzlosen Pfandrechts an dem fraglichen Sicherungsgegenstand zulässt,10 ergeben sich keine weiteren Schwierigkeiten. Zu den durch einen Statutenwechsel ausgelösten Unwägbarkeiten in Form von Anerkennungs-, Anpassungs- oder Transpositionsproblemen kann es aber dann kommen, wenn das Sicherungsgut nach der Bestellung des Rechts in eine andere Rechtsordnung verbracht wird. Man denke etwa an ein deutsches Unternehmen, das auch Produktionsstätten im Ausland besitzt. Wird hier eine zur Sicherheit übereignete Maschine vom Sicherungsgeber später auch außerhalb Deutschlands eingesetzt, besteht für den Sicherungsnehmer die Gefahr, dass das am neuen Einsatzort geltende Recht die Sicherungsübereignung nicht 9 Ist eine Wirkung eines ausländischen Sachenrechts nicht mit dem Recht am neuen Lageort vereinbar, so erlischt dennoch nach in Deutschland herrschender Meinung das Recht nicht mit der Verbringung ins Inland, sondern ruht lediglich so lange, wie sich die Sache in der neuen Rechtsordnung befindet, vgl. MünchKomm-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 153; Erman/Hohloch, BGB, Art. 43 EGBGB Rn. 22; PWW/Brinkmann, Art. 43 EGBGB Rn. 17. 10 Nach österreichischem Recht etwa sind besitzlose Pfandrechte nur sehr eingeschränkt zulässig, ausführlich unten, S. 458 ff.

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anerkennt. Ein ähnliches Risiko besteht bei Sicherungsgütern, die bestimmungsgemäß an unterschiedlichen Orten eingesetzt werden, so dass im Vorhinein kaum zu prognostizieren ist, welches Recht anwendbar sein wird. Solche Probleme können sich zum Beispiel bei einer deutschen Firma stellen, die einen Spezialkran als Sicherungsgut verwenden möchte, der auf Baustellen in ganz Europa eingesetzt werden soll. Von den meisten Rechtsordnungen wird die deutsche Sicherungsübereignung als besitzloses Pfandrecht behandelt. Regelmäßig führt dies zur Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung jedenfalls gegenüber Dritten, da heimliche besitzlose Pfandrechte nur in wenigen Rechtsordnungen zulässig sind. Allerdings kennt das griechische Recht die Sicherungsübereignung deutschen Typs,11 so dass sich hier keine kollisionsrechtlichen Anerkennungsprobleme ergeben dürften. Auch in Polen ist die Sicherungsübereignung mittels Besitzkonstituts trotz der Einführung eines Registerpfandrechts im Jahr 1996 nach wie vor zulässig.12 Im niederländischen Recht war die Sicherungsübereignung bis zur Reform des Burgerlijk Wetboek im Jahr 1992 anerkannt. Heute ist die treuhänderische Übertragung des Vollrechts zur Sicherung einer Forderung nach Art. 3:84 Abs. 3 nlBW unzulässig. Funktional ist an die Stelle der Sicherungsübereignung das stil pandrecht nach Art. 3:239 nlBW getreten.13 Dieses muss allerdings entweder in einer notariellen Urkunde errichtet werden, oder es muss die (privatschriftliche) Vertragsurkunde zu einem Register gereicht werden. Das Register kann allerdings nicht durch Dritte eingesehen werden. Die Registrierung verhindert insofern nur Rückdatierungen und andere betrügerische Machenschaften. Sie dient vor allem der zuverlässigen Beweisbarkeit der Pfandrechtsbestellung. Daher lässt sich die Ansicht vertreten, dass den Voraussetzungen des Art. 3:239 Abs. 1 nlBW keine materiellrechtliche Wirkung zukommt. Kollisionsrechtlich wäre dann auch eine deutsche Sicherungsübereignung, die den Voraussetzungen des Art. 3:239 nlBW nicht genügt, vom niederländischen Recht anzuerkennen. Hierfür spricht auch, dass der Hoge Raad 1995 entschieden hat, dass Art. 3:84 Abs. 3 nlBW einer als sale and lease back-Geschäft strukturierten Kreditsicherheit nicht entgegensteht.14 Das Gericht sah hierin auch keine unzulässige Umgehung des Verbots der treuhänderischen Vollrechtsübertragung zu Sicherungszwecken.15 Angesichts dieser Rechtsprechung stehen die Chancen gut, dass eine nach deutschem Recht wirksame Sicherungsübereignung von den niederländischen Gerichten auch nach Verbringung des 11 Areopag 1307/1994, Nomiko Vma 1996, 419; Christodoulou, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 10, S. 444. Für Hinweise und Informationen zum griechischen Recht bedanke ich mich herzlich bei Herrn Michalis Markoulakis. 12 Ernst, Mobiliarsicherheiten in Deutschland und Polen, S. 119 ff. 13 Hierzu Reich, Das stille Pfandrecht der Niederlande, S. 189 ff. 14 Urt. v. 19. 5. 1995, NJ 1996, 119. 15 Bartels/Israël/Smits, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 10, S. 457.

A. Konsequenzen der Anknüpfung an den Lageort

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Sicherungsguts in die Niederlande materiellrechtlich anerkannt wird, wenn sie eindeutig bewiesen werden kann. In Frankreich hatte die Cour de cassation im Jahr 1969 über die Wirkungen einer Sicherungsübereignung nach deutschem Recht zu entscheiden. Da das Sicherungsgut vom Sicherungsnehmer nach Frankreich verbracht worden war, fand französisches Sachrecht Anwendung. Im Ergebnis versagte das Gericht dem Sicherungseigentümer das Recht, Vollstreckungen Dritter in die Sache abzuwehren.16 Ebenso hat die Cour de cassation im Jahr 1973 für eine damals noch zulässige Sicherungsübereignung nach niederländischem Recht entschieden.17 Dabei leitete das Gericht die Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung vor allem aus einem Verstoß gegen das Verbot der lex commissoria ab. Das Verbot des pacte commissoire wurde hinsichtlich des gage allerdings im Zuge der französischen Reform des Mobiliarsicherungsrechts aufgehoben. Nach Art. 2347, 2348 frzCC können Gläubiger und Schuldner nunmehr auch vereinbaren, dass der Gläubiger im Sicherungsfall dadurch befriedigt werden soll, dass das Eigentum an der Pfandsache auf ihn übergeht.18 Das neu geschaffene besitzlose Pfandrecht des französischen Rechts (gage sans dépossession) bedarf aber zu seiner Drittwirksamkeit gemäß Art. 2337 frzCC der Registrierung. Wegen dieses Registrierungserfordernisses ist auch nach geltendem Recht in Frankreich die Anerkennung einer Sicherungsübereignung als gage sans dépossession ausgeschlossen. Die Einführung der fiducie in das französische Sachenrecht durch die Ordonnance Nr. 2006-346 vom 23. 3. 200619 könnte die kollisionsrechtliche Beurteilung allerdings verändern. Da seitdem auch das französische Mobiliarsicherheitenrecht das Institut der treuhänderischen Vollrechtsübertragung zu Sicherungszwecken kennt, sollte die Anerkennung einer deutschen Sicherungsübereignung grundsätzlich möglich sein.20 Das entsprechende Register wurde mit bemerkenswerter Verzögerung zwar durch die Ordonnance Nr. 2010-219 vom 2. 3. 2010 geschaffen, gleichwohl wird die fiducie in der Praxis bisher so gut wie gar nicht genutzt, da die mit diesem neuen Instrument verknüpfte Rechtsunsicherheit enorm hoch ist. Insbesondere ist unklar, ob durch die Eintragung in das Register – das übrigens ähnlich wie in den Niederlanden von den Steuerbehör16 Cass. Civ.1re, Urt. v. 8. 7. 1969, AWD 1969, 459, zitiert bei U. Hübner, JuS 1974, 151 ff.; ders., ZIP 1980, 825; Farge, Les Sûrétes, Rn. 334. Weitere Nachweise bei Katerlöh, Das Handelsunternehmen als Kreditsicherheit im deutschen, französischen und spanischen Recht, S. 126 ff.; Reich, Das stille Pfandrecht der Niederlande, S. 58 f. 17 Cass., Urt. v. 3. 5. 1973, Rev. crit. DIP 1974, 100. 18 C. Wilhelm, ZEuP 2009, 159, 160. 19 Crocq, in: Le Droit des Sûrétes, Rn. 25 ff.; Aynes, Recueil Dalloz 2006, Nr. 19, 1289 f. Allgemein zur Reform in Frankreich Hierzu Farge, Les Sûrétes (2007); in deutscher Sprache Runte, RIW 2005, 511 ff.; C. Wilhelm, ZEuP 2009, 152 ff. 20 Ebenso Leavy, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 101, 123.

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den geführt wird und nicht öffentlich einsehbar ist – tatsächlich die Drittwirksamkeit der fiducie herbeigeführt werden kann. Solange diese Frage ungeklärt ist, kann auch nicht eindeutig das Schicksal einer Sicherungsübereignung an einer nach Frankreich verbrachten Sache prognostiziert werden. Selbst wenn die Sicherheit registriert wird, ist nicht gesichert, dass das Recht insolvenzfest ist. Im italienischen Recht wird die Übereignung zur Sicherheit wegen einer Umgehung der Art. 2744, 1963 itCod. Civ. nicht anerkannt. 21 Gegen die kollisionsrechtliche Anerkennung einer deutschen Sicherungsübereignung spricht neben dem Verbot der lex commissoria in Art. 1963 itCod. Civ. auch, dass das italienische Recht die Drittwirksamkeit eines Rechts in der Regel von gewissen Förmlichkeiten abhängig macht. 22 So muss z. B. die Autohypothek in das Pubblico Registro Automobilistico eingetragen werden. Da die Sicherungsübereignung diesen Erfordernissen nicht genügt, laufen Sicherungsnehmer Gefahr, dass ihrem Recht nur schuldrechtliche Wirkungen beigemessen werden. 23 Insbesondere in der Insolvenz wäre die Sicherheit damit wertlos. Ähnlich wird im Hinblick auf das spanische Recht die Ansicht vertreten, dass es kaum möglich sei, ausländische Sicherungsrechte so auszugestalten, dass sie wirksam bleiben, nachdem das Sicherungsgut nach Spanien gelangt ist. 24 Im englischen Recht ist die kollisionsrechtliche Besonderheit zu beachten, dass hier Sicherheiten am Vermögen einer in England inkorporierten Gesellschaft gesellschaftsrechtlich qualifiziert werden und damit dem Inkorporationsstatut unterliegen. Charges an dem Vermögen einer in England inkorporierten Gesellschaft bedürfen gemäß Sect. 860 Companies Act (2006) daher auch dann der Eintragung in das Gesellschaftsregister, wenn sich dieses Vermögen im Ausland befindet. 25 Die Registrierung ist nach englischem Recht nicht erst im Moment des Grenzübertritts erforderlich. Maßgeblich für die Wirksamkeit einer charge an einem Gegenstand des Gesellschaftsvermögens ist insofern aus englischer Sicht nicht das Sach-, sondern das Gesellschaftsstatut. Ein deutscher Gläubiger einer Gesellschaft englischen Rechts wird daher selbst dann die für eine company charge geltenden Erfordernisse beachten müssen, wenn er nicht damit rechnet, dass das Sicherungsgut je nach England verbracht wird. 26 21 Greving, Der Treuhandgedanke bei Sicherungsübertragungen im italienischen und deutschen Recht, S. 64 ff., 157; Lipsky, Statutenwechsel im italienischen Sachenrecht, S. 260 f. 22 Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 214 ff. 23 Vgl. auch Veneziano, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 159, 192. A. A. Reich, Das stille Pfandrecht der Niederlande, S. 66 ff. Sie stellt maßgeblich auf die hinsichtlich sale and lease back-Transaktionen bestehende Publizitätsfreiheit ab. Ob diese Ausnahme verallgemeinert werden kann, ist sehr fraglich. 24 Carrasco, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 243, 268. 25 Bridge, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 125, 156. 26 Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass sich aus der gesellschaftsrechtlichen Qualifikation die Möglichkeit ergebe, das auf das Kreditsicherungsrecht anwendbare Statut zu wählen, so Lenhard, RIW 2007, 348, 354; Eidenmüller, in: The Future of Secured Credit, S. 273,

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Grundsätzlich müssen auch Auslandsgesellschaften (overseas companies), die in England eine Zweigniederlassung haben, etwaige charges registrieren, die sich auf in England befindliches Vermögen erstrecken. 27 In der Slavenburg-Entscheidung28 wurde das Registrierungserfordernis auch auf solche Vermögensgegenstände erstreckt, die erst nach der Begründung der charge nach England gelangt sind. Aus dieser Entscheidung könnte zu folgern sein, dass auch die Registrierung einer deutschen Sicherungsübereignung bei Verbringung des Sicherungsguts nach England erforderlich ist. Allerdings ist eine solche nachträgliche Registrierung der charge unzulässig, wenn ein Insolvenzverfahren bereits eröffnet ist oder unmittelbar bevorsteht. 29 Ein Kreditgeber wird jedenfalls gut beraten sein, bei der Bestellung des Sicherungsrechts die Anforderungen des englischen (Gesellschafts-) Rechts zu wahren, wenn er damit rechnet, sein Recht in einem englischen Insolvenzverfahren durchsetzen zu müssen. Auf eine deutsche Sicherungsübereignung sollte er sich nicht verlassen.30

282. Dies setzt voraus, dass die gesellschaftsrechtliche Qualifikation auch außerhalb Englands beachtet wird. Hiergegen spricht, dass deutsche Gerichte das Sicherungsrecht nach der lex fori qualifizieren würden. Hiernach handelt es sich bei einer charge um ein Kreditsicherungsrecht, so dass diese sachenrechtlich zu qualifizieren ist. Fraglich könnte sein, ob das Registrierungserfordernis als Teilfrage selbständig zu qualifizieren ist. Dem steht entgegen, dass die Registrierung nach englischem Recht Voraussetzung der Drittwirksamkeit ist. Dies spricht für eine sachenrechtliche Qualifikation und für eine Anwendung von Art. 43 EGBGB. Lenhard (a.a.O.) führt für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation an, dass das Registrierungserfordernis den Schutz der Gläubiger der Gesellschaft bezwecke und „der Preis für die Haftungsbeschränkung“ sei. Dagegen spricht allerdings, dass die Rechtsfolge der Nichtbeachtung des Registrierungserfordernisses nicht der Wegfall der Haftungsbeschränkung, sondern die fehlende absolute Wirkung der charge ist. Insbesondere in deutschen Vollstreckungsund Insolvenzverfahren muss man daher trotz der Handhabung im englischen Recht und der Wahl eines englischen Gesellschaftsstatuts davon ausgehen, dass die am Vermögen einer Gesellschaft ausländischen Rechts bestellten Sicherungsrechte der lex rei sitae unterliegen. Es kommt insofern darauf an, inwieweit nach der Eurofood-Entscheidung des EuGH (Urt. v. 2. 5. 2006, Rs. C-341/04, Slg. 2006, I-3813 = IPRax 2007, 120) Raum für forum shopping hinsichtlich des anwendbaren Insolvenzrechts bleibt. Dies ist mit Weller, IPRax 2004, 412 ff. zu verneinen. Festzustellen ist zwar, dass das Kriterium des COMI prinzipiell manipulationsanfällig ist, Eidenmüller/Frobenius/Prusko, NZI 2010, 545 ff. Allerdings können Sitzverlegungen, die vor Stellung des Insolvenzantrags vorgenommen werden, um die Befriedigungsaussichten der Gläubiger zu beeinträchtigen, als rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich behandelt werden, BGH, Beschl. 13. 12. 2007, EWiR 2008, 181; Eidenmüller, KTS 2009, 137, 151. Auch die empirische Untersuchung von Eidenmüller/Frobenius/Prusko bestätigt, dass das forum shopping jedenfalls aus deutscher Sicht und nach den Fällen DNick und Schefenacker kein praktisch relevantes Phänomen ist. Anders noch Eidenmüller, Finanzkrise, Wirtschaftskrise und das deutsche Insolvenzrecht, S. 8. 27 Sect. 1052 Companies Act (2006). 28 NV Slavenburg’s Bank v. Intercontinental Natural Resources Ltd. [1980] 1 WLR 1076. 29 Bridge, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 125, 135. 30 Reich, Das stille Pfandrecht der Niederlande, S. 85 ff., ist der Auffassung, dass auch die Transposition in eine chattel mortgage unmöglich ist.

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Besonders strenge Anforderungen stellt schließlich das österreichische Recht, das grundsätzlich nur das Besitzpfandrecht kennt; das besitzlose Pfandrecht ist hier nach § 452 ABGB nur ausnahmsweise zulässig.31 Daher hat der OGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 1983 einer deutschen Sicherungsübereignung die kollisionsrechtliche Anerkennung versagt. Nach österreichischem Recht sei nicht nur zur Begründung, sondern auch zum Weiterbestehen des Pfandrechts eine gewisse Publizität notwendig, die zum Schutze der Gläubigerordnung im Inland festgesetzt wurde und deren eigener Anwendungswille Beachtung verlange.32 Auch unter belgischem,33 schwedischem 34 und finnischem Recht verschafft eine treuhänderische Sicherungsübereignung kein absolutes Recht.

II. Der einfache Eigentumsvorbehalt Im innerstaatlichen Handel ist der Eigentumsvorbehalt das wichtigste Sicherungsrecht für den Verkäufer, da er sich hierdurch auf einfache, zuverlässige und billige Art und Weise vor einer Insolvenz seines Käufers schützen kann. Im grenzüberschreitenden Handel kommt dem Eigentumsvorbehalt dagegen eine wesentlich geringere Bedeutung zu. Grenzüberschreitende Lieferungen werden meist über Dokumenten-Akkreditive gesichert.35 Dies beruht möglicherweise auch auf der Unsicherheit auf Verkäuferseite, welche Wirksamkeitserfordernisse nach dem Recht des Empfängerstaates für den Eigentumsvorbehalt gelten. Weil das Recht des Empfängerstaates die im Sicherungsfall maßgebliche lex rei sitae bildet, ist es entscheidend, ob der Eigentumsvorbehalt nicht nur nach dem Recht des Absendestaates, sondern auch nach diesem Recht wirksam ist.36 Der Statutenwechsel führt immer dann zu 31

Im Einzelnen unten, S. 458 f. OGH, Urt. v. 14. 12. 1983, IPRax 1985, 165. Ausführlich zu kollisions- und insolvenzrechtlichen Problemen im deutsch-österreichischen Rechtsverkehr Langenbach, Die vertraglichen Mobiliarsicherheiten in grenzüberschreitenden deutsch-österreichischen Unternehmensinsolvenzen (2009). 33 Dirix, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 221, 241. Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 10, S. 449 ff. 34 Bogdan, Svensk internationell privat- och processrätt, S. 304, zur Unwirksamkeit einer deutschen Sicherungsübereignung nach nicht nur zufälliger oder vorübergehender Verbringung des Sicherungsguts nach Schweden. Für Hinweise zur Rechtslage in den skandinavischen Rechtsordnungen bedanke ich mich bei Herrn Teemu Juutilainen. 35 R. Stürner, in: The Future of Secured Credit, S. 166, 172, schreibt, dass „cautious and carefully working merchants do not deliver really valuable goods to customers far away or in foreign European countries on the basis of retention of title or security interests. They prefer bank guarantees to avoid complicated execution in case of non-payment.“ 36 Nach v. Bar/Drobnig, The Interaction of Contract Law and Tort and Property Law in Europe, S. 342, wenden einige Gerichte auch auf die dinglichen Wirkungen des Eigentumsvorbehalts das Vertragsstatut an, insbesondere wenn dieses von den Parteien gewählt wurde. Im Ergebnis dürfte eine solche schuldvertragliche Qualifikation zu einer günstigeren Beur32

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Problemen, wenn die nationalen Rechtsordnungen in materiell- oder insolvenzrechtlicher Hinsicht voneinander abweichen. Zwar ist der Eigentumsvorbehalt durch Art. 4 der Zahlungsverzugsrichtlinie37 prinzipiell in allen Mitgliedstaaten anerkannt,38 allerdings regelt die Vorschrift nach Auffassung des EuGH nicht die Drittwirksamkeit eines Eigentumsvorbehalts. Deren Voraussetzungen können die Mitgliedstaaten weiterhin frei bestimmen.39 Die Bedingungen, unter denen der einfache Eigentumsvorbehalt als Sicherungsrecht anzuerkennen ist, sind daher durch die Richtlinie nicht harmonisiert worden.40 Kieninger kam in ihrer 1996 vorgelegten Studie zur Behandlung des Eigentumsvorbehalts im Europäischen Binnenmarkt zu dem Ergebnis, dass der einfache Eigentumsvorbehalt keineswegs in allen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zu einem insolvenzfesten Vorrecht des Verkäufers führt.41 Seitdem haben aber Belgien im Jahr 199742 und Luxemburg im Jahr 2000 43 den Eigentumsvorbehalt als insolvenzfestes Recht anerkannt, so dass nunmehr der Eigentumsvorbehalt in allen Mitgliedstaaten als Sicherheit für den Verkäufer zur Verfügung steht. Unterschiede hinsichtlich der Formerfordernisse sind jedoch bestehen geblieben oder haben sich sogar verschärft. So ist nach französischem,44 belgischem, luxemburgischem und spanischem Recht nur der schriftlich vereinbarte Eigentumsvorbehalt insolvenzfest, während nach italienischem Recht (Art. 1524 itCod. Civ.) der Eigentumsvorbehalt nur wirksam ist, wenn sich durch eine Registrierung der Vertragsurkunde, einer notariellen Beglaubigung oder dem Tod einer Partei ein Datum zuverlässig festlegen ist, an dem der Vorteilung des Eigentumsvorbehalts führen, vor allem wenn die Parteien das Recht des Verkäufers gewählt haben. Belege für die angeführte Praxis konnten aber nicht ermittelt werden. 37 Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 6. 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, Abl. EG Nr. L 200/35 ff., v. 8. 8. 2000. Art. 4 Abs. 1 lautet: „Die Mitgliedstaaten sehen in Einklang mit den anwendbaren nationalen Vorschriften, wie sie durch das internationale Privatrecht bestimmt werden, vor, dass der Verkäufer bis zur vollständigen Bezahlung das Eigentum an Gütern behält, wenn zwischen Käufer und Verkäufer vor der Lieferung der Güter ausdrücklich eine Eigentumsvorbehaltsklausel vereinbart wurde.“ 38 v. Bar/Drobnig, The Interaction of Contract Law and Tort and Property Law in Europe, S. 338. 39 EuGH, Urt. v. 26. 10. 2006, Rs. C-302/05 Kommission ./. Italien, Slg. 2006, I-10597, Erwägungsgrund 30. So schon Kieninger, in: Aufbruch nach Europa, S. 151, 160 ff. 40 Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 185. 41 Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S. 42 ff. Im schweizerischen Recht bedarf der Eigentumsvorbehalt nach Art. 715 schwzZGB der Registrierung und ist insofern für die Praxis weitgehend unbrauchbar, Wiegand, Festschr. f. Horn, S. 177, 180. 42 Art. 101 loi sur les faillites. Hierzu Kieninger/Storme, RIW 1999, 94, 97 ff. 43 Gesetz vom 31. 3. 2000, Mémorial, Journal Officiel du Grand-Duché de Luxembourg, A-No 32 v. 21. 4. 2000, S. 814; dazu Kieninger/Storme RIW 1999, 94 ff. 44 Art. 2368 frzCC. Hierzu Leavy, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 101, 112; Drobnig, in: Divergences of Property Law, S. 105, 108.

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behalt spätestens vereinbart wurde (data certa). Ergänzend verlangt das italienische Recht gemäß Art. 11 Abs. 3 Dekret v. 20. 9. 2000, No. 231 als Voraussetzung der Wirksamkeit eines Eigentumsvorbehalts gegenüber Dritten, dass der Vorbehalt vor der Übereignung schriftlich erklärt und auf der Rechnung bestätigt wurde, sowie dass die Vereinbarung ein bestimmtes Datum erkennen lässt und in den Büchern des Käufers vor der Übereignung vermerkt wurde.45 In einem Urteil vom 6. 4. 1956 hat das Mailänder Appellationsgericht einen deutschen Eigentumsvorbehalt wegen Nichtbeachtung des data certa Erfordernisses für unwirksam erachtet.46 Neuerdings wird allerdings argumentiert, dass die Formerfordernisse vor allem der Vermeidung betrügerischer Rückdatierungen dienen und insofern keine Publizitätsfunktion hätten. Wegen dieses Schutzzwecks wird vertreten, dass auch ausländische Eigentumsvorbehalte, die diesen Voraussetzungen nicht genügen, anerkannt werden könnten.47 Für diese Argumentation wird auch Art. 55 legge 218/9548 angeführt, nach dem sich die Publizitätsvorschriften für dingliche Rechte nach dem Recht des Staates richten, in dem sich die Sache zur Zeit der Begründung des Rechts befand. Nach dieser Sichtweise wäre der formlose deutsche Eigentumsvorbehalt bei Lieferungen nach Italien jedenfalls materiellrechtlich beständig. Es blieben Probleme im Hinblick auf die Beweisbarkeit im Prozess. Eine wiederum andere Frage ist, ob die italienischen Gerichte diese Ansicht teilen. Ein vorsichtiger deutscher Verkäufer wird sich hierauf nicht verlassen. In England49 und Österreich 50 sowie in Schottland, Irland und den Niederlanden (Art. 3:92 nlBW) 51 kann jedenfalls der einfache Eigentumsvorbehalt auch mündlich drittwirksam vereinbart werden. Auch im portugiesischen Recht ist der Eigentumsvorbehalt anerkannt, allerdings muss er bei KFZ, Schiffen, Flugzeugen und Beteiligungen in ein Register eingetragen werden. 52 Eine Sonderstellung nehmen die skandinavischen Länder53 bei der Behandlung des Eigentumsvorbehalts ein, wenn dem Käufer die Weiterveräußerung 45 Veneziano, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 182; Lipsky, Statutenwechsel im italienischen Sachenrecht, S. 109. 46 Foro it. 1957, I, 1856–1859. Umfassend zum Statutenwechsel im italienisch/deutschen Rechtsverkehr Lipsky, Statutenwechsel im italienischen Sachenrecht, S. 53 ff. 47 Vgl. die Diskussion bei Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 261 ff. und Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S. 60 ff. 48 Gesetz v. 31. 5. 1995, n. 218, Riforma del sistema italiano di diritto internazionale privato. 49 McCormack, Reservation of Title; ders., Secured Credit, S. 49; Bridge, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 125, 131 . 50 OGH, Urt. v. 16. 2. 1938, SZ 20, Nr. 49; Urt. v. 29. 11. 1960, SZ 33, Nr. 132. Vgl. auch Rummel/Aicher, ABGB, § 1063 Rn. 24. 51 Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, S. 246 ff. (case 3). 52 A.a.O., S. 261. 53 Nach Mörsdorf, RIW 2009, 597, 598 kennt das norwegische Recht den einfachen Eigentumsvorbehalt nicht. Allerdings erscheint es möglich, einen deutschen Eigentumsvorbehalt

A. Konsequenzen der Anknüpfung an den Lageort

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oder -verarbeitung gestattet sein soll. Nach dänischem, schwedischem und finnischem Recht kann sich der Verkäufer bei einer solchen Vertragsgestaltung auch dann nicht auf sein Eigentum berufen, wenn der Verlängerungsfall noch nicht eingetreten ist.54 Der Eigentumsvorbehalt ist vielmehr von vornherein unwirksam, so dass der Käufer gegenüber seinen Abnehmern als Eigentümer verfügen kann. Der im Recht des einfachen Eigentumsvorbehalts ohne Verlängerungsklausel erreichte Grad an Harmonisierung ist somit insgesamt recht hoch einzuschätzen.55 In den meisten Mitgliedstaaten wird der einfache Eigentumsvorbehalt jedenfalls dann anerkannt, wenn er schriftlich vor der Lieferung vereinbart wurde. Die kollisionsrechtliche Rechtsunsicherheit sollte bei grenzüberschreitenden Verkäufen somit nicht überschätzt werden. Dass die Parteien im internationalen Handel gleichwohl auf Akkreditive ausweichen und die hiermit verbundenen hohen Kosten in Kauf nehmen, beruht wohl vielmehr darauf, dass der Verkäufer im Sicherungsfall gezwungen wäre, die Herausgabevollstreckung56 in die Kaufsache in einer ausländischen Rechtsordnung zu betreiben.57 Auf dieses Risiko wird er sich nur einlassen, wenn er mit der fraglichen Rechtsordnung vertraut ist und diese ein effektives Rechtsdurchsetzungsverfahren zur Verfügung stellt. Muss der Verkäufer dagegen fürchten, dass es Monate oder gar Jahre dauert, bevor er überhaupt einen Titel über seinen Herausgabeanspruch erhält, bietet der Eigentumsvorbehalt für ihn keinen wirksamen Schutz, selbst wenn der Vorbehalt materiellrechtlich wirksam ist. Diese Überlegung verdeutlicht zugleich die Grenzen, die der Rechtsvereinheitlichung oder -harmonisierung im Kreditsicherungsrecht gesetzt sind: Selbst in ein Salgspant nach norwegischem Recht (§ 3–22 (1) Panteloven) zu transponieren, und dem Verkäufer so ein Sicherungsrecht zu verschaffen. Beispiele für ein solches Vorgehen sind in der Rechtsprechung nicht nachweisbar. 54 Reinertsen Konow, Løsørepant over landegrenser, S. 96, 103, 114, 644; speziell für das schwedische Recht Persson, Förbehållsklausuler, S. 570. Gegebenfalls könnte eine solche Abrede jedenfalls im dänischen und schwedischen (Persson, Förbehållsklausuler, S. 592 ff.) und finnischen Recht als Kommissionsvertrag anerkannt werden, Reinertsen Konow, Løsørepant over landegrenser, S. 103; siehe auch Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, S. 295 f. Voraussetzung ist aber, dass der Verkäufer (als Kommittent) das wirtschaftliche Risiko des Absatzgeschäfts des Käufers trägt. Dieses Erfordernis lässt sich kaum mit den Interessen bei Sicherungsgeschäften vereinbaren. Auch in Deutschland hatte es zu Beginn des 20. Jahrhunderts (vergebliche) Versuche gegeben, Raumsicherungsübereignung und verlängerten Eigentumsvorbehalt als Kommissionsgeschäft zu strukturieren, hierzu Hoeniger, Die Sicherungsübereignung von Warenlagern, S. 76 ff.; Matthiessen, Zentralblatt HR 1933, 40. 55 Die Rechtslage in Griechenland ist auch hinsichtlich des einfachen Eigentumsvorbehalts der deutschen sehr ähnlich: Art. 532 grZGB entspricht weitgehend Art. 455 BGB a. F. 56 Weil es um die Erwirkung eines Herausgabetitels geht, vermag auch die nur auf Zahlungsansprüche anwendbare Verordnung (EG) Nr. 805/20004 v. 21. 4. 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderung (Abl. EU L 143/15) keine Abhilfe zu schaffen. 57 Drobnig, in: Divergences of Property Law, S. 105, 113; R. Stürner, in: The Future of Secured Credit, S. 166, 172.

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wenn sich der Kreditgeber sicher sein kann, dass sein Recht materiell- und vollstreckungsrechtlich auch im Ausland anerkannt wird, bleiben die auch innerhalb der Union bestehenden erheblichen Unterschiede in der Effektivität der Rechtspflege zu berücksichtigen: Ein den Bedürfnissen der Parteien genügendes Kreditsicherungsrecht setzt ein effektives Vollstreckungsrecht voraus.

III. Verlängerungs- und Erweiterungsformen Die materiellrechtlichen Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten sind deutlich größer, soweit es um Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts geht.

1. Der Eigentumsvorbehalt mit Weiterveräußerungsermächtigung und Vorausabtretung Selbst wenn man außer Acht lässt, welche Wirkung der Veräußerungsermächtigung zugeschrieben wird,58 und nur danach fragt, ob solche Klauseln bis zum Verlängerungsfall dem Verkäufer das Eigentum an der Kaufsache und danach die Kaufpreisforderung als Sicherungsgut verschaffen, unterscheiden sich die Rechtsordnungen deutlich: Sowohl in Österreich 59 als auch in Griechenland60 wird die im verlängerten Eigentumsvorbehalt liegende Sicherungszession anerkannt. Relativ unproblematisch stellt sich die Situation für den Verkäufer auch unter belgischem Recht dar, da er hier im Wege der Surrogation auf die Forderungen zugreifen kann. 61 Es wurde bereits dargestellt, dass die nordischen Länder solche Vereinbarungen schon vor dem Verlängerungsfall nicht akzeptieren, so dass der Verkäufer nicht nur die Forderung aus der Weiterveräußerung nicht erwirbt, sondern sogar sein Eigentum an der Kaufsache bereits im Moment der Übergabe verliert.

58 In den Niederlanden wird die Weiterveräußerung durch den Käufer als Eintritt der aufschiebenden Bedingung des Eigentumsübergangs auf ihn gesehen. Es kommt nach herrschender Meinung zu einem Durchgangserwerb des Käufers, so dass er als Eigentümer an den Dritten übereignet. Vgl. Reehuis, Eigendomsvoorbehoud, Rn. 38. In Frankreich, Belgien und Spanien ist die dem Käufer erteilte Verfügungsermächtigung unwirksam, so dass hier dessen Abnehmer nur im Wege des gutgläubigen Erwerbs Eigentümer werden können, Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 5, S. 301 ff. 59 Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I, S. 371. In Österreich muss die Sicherungszession freilich in die Bücher des Sicherungsgebers eingetragen werden, siehe unten, S. 461. 60 Georgiades, I exasfalisi ton pistoseon, S. 525. 61 Dirix, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 5, S. 315.

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In Italien und der Schweiz wird der deutsche verlängerte Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz des Käufers als unwirksam behandelt, so dass der Verkäufer kein (Sicherungs-) Recht an den Forderungen oder gezahlten Beträgen erwirbt. 62 Im Ergebnis gilt dies auch in Frankreich, allerdings kann hier außerhalb der Insolvenz der Verkäufer ein Recht am Erlangten nach Auftragsrechts (mandat, Art. 1993 frzCC) geltend machen. In der Insolvenz ist er hiermit jedoch nicht bevorrechtigt. 63 In England war ein verlängerter Eigentumsvorbehalt Gegenstand des berühmten Romalpa-Falls. 64 In dieser Entscheidung wurde dem Verkäufer ein Recht an den Forderungen aus den Weiterverkäufen zuerkannt, da der Käufer als Treuhänder des Verkäufers gehandelt habe. Diese Entscheidung ist jedoch bisher nicht bestätigt worden. Im Gegenteil gibt es eine Reihe von Entscheidungen, die dem Verkäufer ein Recht an den Forderungen versagen. 65 Michael Bridge schreibt: „Subsequent cases have distinguished Romalpa out of existence.“66 Man wird heute sagen müssen, dass Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts nach englischem Recht als solche unwirksam sind und allenfalls als charges gedeutet werden können. 67 Als charges sind sie nur insolvenzfest, wenn sie registriert sind. 68 Gleichfalls wird in Irland, Schottland und den Niederlanden die Vorausabtretung in ein Pfandrecht an den Forderungen transponiert, das nur wirksam ist, wenn es den Voraussetzungen des nationalen Rechts genügt. 69 In den Niederlanden muss entweder der Drittschuldner von der Verpfändung unterrichtet (Art. 3:236 Abs. 2 nlBW) oder es müssen die Voraussetzungen des stil pandrecht (Art. 3:239 nlBW) beachtet werden. Inwieweit eine Nichtbeachtung dieser Formvoraussetzungen durch einen nach deutschem Recht bestellten verlängerten Eigentumsvorbehalt zu dessen Unwirksamkeit führt, ist ungeklärt. Deutet man die genannten Erfordernisse nicht als Entstehungsvoraussetzungen, sondern als prozessuale Beweiserfordernisse zum Ausschluss von Rückdatie-

62 Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 263, 78; Veneziano, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 185; Lipsky, Statutenwechsel im italienischen Sachenrecht, S. 193, 63 Dahan, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 5, S. 314. 64 [1976] 1 WLR 676 ff. Hierzu in deutscher Sprache Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S. 83 ff. 65 Siehe zum Beispiel Hendy Lennox (Industrial Engines) Ltd. v. Grahame Puttick Ltd., [1984] 1 WLR 485 ff.; Re Andrabell Ltd., [1984] 3 All ER 407. Zu diesen Fällen McCormack, Secured Credit, S. 183. 66 Bridge, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 5, S. 329. 67 Drobnig, in: Divergences of Property Law, S. 105, 111. 68 Compaq Computer Ltd. v. Abercorn Group Ltd., [1991] BCC 484; Bridge, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 6, S. 327. 69 Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 78.

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rungen, könnte eine Transposition in ein heimliches Pfandrecht nach niederländischem Recht möglich sein.70 Die sich aus dem Vorhergehenden ergebende unübersichtliche Rechtslage wird dadurch weiter verkompliziert, dass im Einzelfall das auf die Vorauszession anwendbare Recht nicht identisch sein muss mit dem Sachstatut, welches den Eigentumsübergang regelt.71 Verkauft der Käufer die Waren wiederum ins Ausland, ist gegebenenfalls eine dritte Rechtsordnung zu berücksichtigen, die dem Verkäufer im Zeitpunkt der Lieferung noch nicht einmal bekannt ist. Wie nämlich im Einzelnen unter B. III. zu zeigen sein wird, besteht hinsichtlich der Bestimmung des auf eine (Sicherungs-) Zession anwendbaren Rechts nach wie vor Streit. Die Unsicherheit über das anwendbare Recht und dessen Erfordernisse ist daher so groß, dass der durch Vorausabtretungen verlängerte Eigentumsvorbehalt bei grenzüberschreitenden Finanzierungen keine verlässliche Sicherheit bietet.

2. Der Verarbeitungsvorbehalt Eine etwas positivere Prognose lässt sich für den Verarbeitungsvorbehalt stellen, bei dem der Verkäufer den Käufer ermächtigt, die gelieferten Waren weiter zu verarbeiten und sich im Gegenzug an den neu hergestellten Sachen ein Sicherungsrecht verschaffen will. Unter Rechtssicherheitsgesichtspunkten ist der Verarbeitungsvorbehalt vor allem deshalb günstiger zu betrachten als die Vorausabtretungskonstruktion, weil der Verkäufer beim Verarbeitungsvorbehalt immerhin das anwendbare Recht kennt, vorausgesetzt, dass er weiß, wo sein Käufer die Waren verarbeiten wird. So kann der Verkäufer sich auf die Erfordernisse des am Verarbeitungsort geltenden Rechts einstellen. Allerdings akzeptieren viele Rechtsordnungen solche Vereinbarungen gar nicht oder nur unter – meist prohibitiven – Voraussetzungen. In anderen Rechtsordnungen ist die Rechtslage so unklar, dass nicht eindeutig beantwortet werden kann, ob eine Erweiterungsklausel dem Verkäufer ein wirksames Sicherungsrecht an den neu hergestellten Sachen verschafft: In Österreich kann der Verkäufer jedenfalls damit rechnen, dass er Miteigentum entsprechend dem Stoffwert an den neu hergestellten Sachen erlangt.72 Auch nach griechischem Recht wird sich der Verkäufer auf Sicherungseigentum 70 Siehe oben unter I. So auch schon Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S. 208. 71 Zum Kollisionsrecht der Sicherungszession unten, unter B. 72 OGH, Urt. v. 30. 10. 1979, SZ 52, Nr. 154. Allerdings können die Parteien nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht auch den Erwerb des Alleineigentums des Vorbehaltskäufers vorsehen; die Vereinbarung von Vorbehaltseigentum des Verkäufers sei dagegen unwirksam, da dieser so mehr bekomme, als ihm zustehe, Rummel/Aicher, ABGB, § 1063 Rn. 92.

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an den neu hergestellten Sachen berufen können, selbst wenn er im Zuge des Verarbeitungsprozesses sein ursprüngliches Eigentum verloren haben sollte. Insoweit findet freilich ein Durchgangserwerb statt.73 Nach der Reform des Kreditsicherungsrechts in Frankreich ist noch nicht erkennbar, wie ein deutscher Verarbeitungsvorbehalt nach französischem Recht behandelt wird. Im Jahre 1991 entschied die Cour de cassation, dass nach Art. L621–121 a. F. frzCCom ein Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz des Käufers grundsätzlich nur beständig ist, solange das Vorbehaltsgut noch in natura vorhanden ist.74 Die Vorschrift wurde inzwischen aufgehoben. Nach Art. 2369 frzCC setzt sich ein Eigentumsvorbehalt an vertretbaren Sachen auch bei Vermischung fort. Nach Art. 2370 frzCC hindert der Einbau des Vorbehaltsguts dann nicht das Vorbehaltseigentum, wenn die Sachen ohne Schaden wieder getrennt werden können. Dem italienischen Recht sind Verarbeitungsklauseln fremd. Es fehlt auch an Entscheidungen, die sich mit der hier in Rede stehenden kollisionsrechtlichen Behandlung solcher Institute befassen.75 In jedem Fall müsste die Vereinbarung den formalen Anforderungen genügen, die an den einfachen Eigentumsvorbehalt gestellt werden. In England und Irland teilt die Verarbeitungsklausel das Schicksal anderer Verlängerungsklauseln und wird entgegen der erwähnten Romalpa-Entscheidung nicht anerkannt.76 Auch nach belgischem Recht verschafft ein Verarbeitungsvorbehalt dem Käufer kein Vorzugsrecht an den neu hergestellten Sachen.77 In Schottland ist die Rechtslage unsicher. Der originäre Eigentumserwerb des Verarbeiters kann hier wohl ausgeschlossen werden, so dass der Stofflieferant auch nach der Verarbeitung Eigentümer bleibt.78 In den Niederlanden wiederum ist die sachenrechtliche Ausgangslage ähnlich wie im deutschen Recht: Der Verarbeiter erwirbt gemäß Art. 5:16 Abs. 2 nlBW Eigentum an der hergestellten Sache. Problematisch ist insofern, wer als Verarbeiter angesehen wird. Nach herrschender Meinung genügen jedenfalls die in Deutschland typischerweise verwendeten Klauseln nicht, um den Lieferanten zum Verarbeiter zu machen. Art. 5:16 Abs. 2 nlBW wird als zwingendes Recht 73 Christodoulou, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 6, S. 371. Ob auch eine Vereinbarung über die Herstellereigenschaft (so Georgiades, Empragmato dikaio, Bd. 1, S. 526) oder eine Abbedingung von Art. 1061 grZGB (so Roussos, in: Festschr. f. Maichlides-Nouaros, Bd. 2, S. 397 ff.) anerkannt werden kann, ist streitig. Gerichtsentscheidungen zu dieser Frage liegen im griechischen Recht nicht vor. 74 Cass. civ. 1re v. 8. 1. 1991, Bull.civ. I., Nr. 9, D. 1991, 276. 75 Veneziano, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security, S. 191. 76 McCormack, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 7, S. 386 f. 77 Dirix, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 7, S. 375; Kieninger/Storme, RIW 1999, 94, 103. 78 Gretton, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 7, S. 389.

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angesehen, woraus allerdings in den Niederlanden anders als in Deutschland konsequent gefolgert wird, dass bloße Vereinbarungen über die Herstellereigenschaft nicht genügen. Es bedarf objektiver Umstände, die dafür sprechen, dass die Verarbeitung tatsächlich im Auftrag und auf das Risiko des Lieferanten erfolgt ist.79 Der deutsche erweiterte Eigentumsvorbehalt wird dem Lieferanten daher bei einer Verarbeitung in den Niederlanden kein Sicherungsrecht an den neu hergestellten Sachen verschaffen, da er typischerweise den Verarbeitungsprozess gerade nicht objektiv steuert. 80 Auch trägt nicht der Lieferant das wirtschaftliche Risiko der Verarbeitung, sondern der Käufer.

3. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt Der Versuch des Verkäufers, sich sein Eigentum an der Kaufsache auch dann noch vorzubehalten, wenn der Kaufpreis bezahlt wurde, aber noch Forderungen aus anderen Lieferungen offen sind, wird nur in wenigen europäischen Ländern erfolgreich sein. Im englischen, schottischen und irischen Recht werden solche all monies oder all sums clauses als wirksame Bedingungen des Eigentumsübergangs gesehen. 81 Anders als im deutschen Recht wird der Verkäufer hier auch dann noch als Volleigentümer behandelt, wenn der Käufer die konkrete Kaufpreisforderung bezahlt hat. Der deutsche Verkäufer, der einen erweiterten Eigentumsvorbehalt mit seinem englischen Käufer vereinbart hat, steht insofern in dessen Insolvenzverfahren sogar besser als nach deutschem Recht. Gleiches gilt nach spanischem Recht. 82 In den meisten Rechtsordnungen wird dagegen das Recht des Verkäufers jedenfalls nach Eintritt des Erweiterungsfalls als besitzloses Pfandrecht behandelt und deshalb den für dieses geltenden Regeln unterworfen. Die Hindernisse, die oben gegen die Wirksamkeit einer deutschen Sicherungsübereignung im Ausland dargestellt wurden, richten sich also auch gegen den erweiterten Eigentumsvorbehalt.

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Veder, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security, S. 216. Bartels/Israël/Smits: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 7, S. 381. 81 Armour v. Thyssen Edelstahlwerke AG, [1991] 2 AC 339; Bridge/McCormack, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 9, S. 426 f. 82 In portugiesischen Verträgen sind solche Klauseln dagegen ungebräuchlich. Allerdings scheint eine ähnliche Argumentation wie unter englischem Recht möglich zu sein, so dass Erweiterungsklauseln als wirksame Bedingung des Eigentumsübergangs gedeutet werden können. Leitao, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 9, S. 422. 80

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IV. Die Bedeutung der EuInsVO für dingliche Sicherheiten Das Inkrafttreten der EuInsVO hat an der hier geschilderten Problemlage nichts geändert. Die Insolvenzfestigkeit einer Mobiliarsicherheit ist auch unter der EuInsVO nach lex rei sitae zu beurteilen. 83 Soweit es um Sicherungsrechte geht, die an Gegenständen bestehen, die sich im Staat der Verfahrenseröffnung befinden, ergibt sich dies schon aus Art. 4 EuInsVO, der nach herrschender Meinung eine Sachnormverweisung84 auf die lex fori concursus enthält. Soweit das nationale Insolvenzrecht an das materielle Sachenrecht bei der Vorrechtsgewährung anknüpft, kommt es darauf an, ob nach dem im Eröffnungsstaat geltenden Sachenrecht ein dingliches Recht an der Sache besteht. 85 Wird also etwa das Verfahren in Deutschland eröffnet und gehört zur Masse ein in Deutschland befindlicher Gegenstand, richtet es sich nach deutschem Sachenrecht, ob ein Absonderungsrecht im Sinne von §§ 50, 51 Nr. 1 InsO besteht. Die oben beschriebenen kollisionsrechtlichen Probleme ergeben sich, wenn der Gegenstand aus dem Ausland nach Deutschland verbracht wurde und an ihm ausländische Sicherungsrechte geltend gemacht werden. Hier ist bei der Frage, ob ein Recht im Sinne von § 51 Nr. 1 InsO besteht, anhand von Art. 43 Abs. 2 EGBGB zu prüfen, welche Auswirkungen der Statutenwechsel auf das ausländische Sicherungsrecht hat. Dingliche Rechte eines Gläubigers, die sich in einem anderen Staat als dem der Verfahrenseröffnung befinden, bleiben gemäß Art. 5 Abs. 1 EuInsVO von der Verfahrenseröffnung unberührt. Bei allem Streit um das Verständnis der Norm86 ist unstreitig, dass im Ergebnis die lex rei sitae darüber entscheidet, ob 83

Schmitz, Dingliche Mobiliarsicherheiten im internationalen Insolvenzrecht, S. 71. Virgós/Schmit, Erläuternder Bericht zum EuInsÜ, Rn. 87; Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, EuInsVO, Art. 4 Rn. 1; Haß/Huber/Gruber/Heiderhoff, EuInsVO, Art. 4 Rn. 2; MünchKomm-BGB/Kindler, IntInsR, Art. 4 EuInsVO Rn. 199; C. Paulus, EuInsVO, Art. 4 Rn. 1; Ehricke/Ries, JuS 2003, 313, 315. 85 Plappert, Dingliche Sicherungsrechte in der Insolvenz, S. 256. 86 Eine Minderansicht in der Literatur versteht die Vorschrift als Kollisionsnorm (so etwa Flessner, IPRax 1997, 1, 7; ders., in: Festschr. f. Drobnig, S. 277, 282 ff.; Guski, Sittenwidrigkeit und Gläubigerbenachteiligung, S. 371; rechtspolitisch befürwortend auch Brinkmann, in: The Future of Secured Credit, S. 248, 270 ff.; Oberhammer, KTS 2009, 27, 39). Die herrschende Ansicht deutet sie jedoch als Sachnorm (so u. a. Herchen, ZInsO 2002, 345 ff.; Chr. Paulus, EuInsVO, Art. 5 Rn. 1; Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, EuInsVO, Art. 5 Rn. 28 ff.). Ausführlich zu diesem Streit Schmitz, Dingliche Mobiliarsicherheiten im internationalen Insolvenzrecht, S. 73 ff., der sich im Ergebnis der h. M. anschließt. Bei diesem Verständnis als Sachnorm besteht ihre Funktion darin, die Reichweite der durch Art. 4 EuInsVO berufenen lex fori concursus zu begrenzen, Haubold: in Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter Europäischem Einfluss, Kapitel 30, Rn. 110. Diese Ansicht kann allerdings zu einer Anwendungslücke in dem Sinn führen, dass das Sicherungsrecht von den Wirkungen einer Insolvenz vollständig unberührt bleibt, da weder die lex rei sitae noch die lex fori concursus anwendbar sind. Auch nach Plappert, Dingliche Sicherungsrechte in der Insolvenz, S. 283, handelt es sich bei Art. 5 EuInsVO um eine Sachnorm. Plappert will aber insoweit die lex fori concursus anwenden, wie dieser die entsprechenden Wirkungen auch der lex rei sitae bekannt sind. Im 84

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ein dingliches Recht an einem Gegenstand besteht. 87 Wird also das Verfahren in Deutschland eröffnet und befindet sich ein Vermögensgegenstand, an dem ein Sicherungsrecht geltend gemacht wird, in Frankreich, so ist die Frage, ob dieses Recht „dinglich“ wirkt, mit anderen Worten insolvenzfest ist, unstreitig nach französischem Recht zu beurteilen. 88 Keinesfalls hat das Inkrafttreten der EuInsVO somit dazu geführt, dass im Insolvenzverfahren ohne weiteres die lex fori concursus darüber entscheidet, ob ein bestimmtes Recht insolvenzfest ist. Ebenso bleiben gemäß Art. 7 EuInsVO auch die Rechte eines Vorbehaltsverkäufers von der Verfahrenseröffnung unberührt. Auch insoweit entscheidet also die lex rei sitae, ob sich der Verkäufer auf ein Recht an der Sache berufen kann.

B. Grenzüberschreitende Sicherheiten an Forderungen Bei grenzüberschreitenden Sicherheiten an Forderungen ergeben sich vollkommen andere Probleme als bei Sicherheiten an beweglichen Sachen. Die Frage, ob eine Rechtsordnung ein nach einem anderen Recht bestelltes Sicherungsrecht anerkennt, stellt sich hier eher selten, da es im Bereich des Internationalen Abtretungsrechts kaum zu Statutenwechseln kommt. Auch Anpassungs- und Transpositionsprobleme spielen daher eine geringere Rolle. Dennoch ist die Rechtsunsicherheit für diese Transaktionen bei Auslandsberührung keineswegs kleiner. Die unterschiedlichen Erfordernisse der einzelnen Sachrechte stellen zusammen mit der erheblichen Unsicherheit über den Anknüpfungspunkt bei der Bestimmung des für die Wirkungen der Sicherheit gegenüber Dritten maßgeblichen Rechts eklatante Hindernisse 89 grenzüberschreitender Sicherheiten an Forderungen dar.

Ergebnis setzt sich damit das Recht mit den schwächsten Eingriffen in die Position des gesicherten Gläubigers durch. Eine vollkommene Immunisierung, welche die Folge der durch die Lösung der herrschenden Meinung herbeigeführten Normenlücke ist, wird damit immerhin vermieden. 87 Plappert, Dingliche Sicherungsrechte in der Insolvenz, S. 250 ff.; Duursma-Kepplinger/ Duursma/Chalupsky, EuInsVO, Art. 5 Rn. 14; Haß/Huber/Gruber/Heiderhoff, EuInsVO, Art. 5 Rn. 25; Chr. Paulus, EuInsVO, Art. 5 Rn. 7; Pannen/Ingelmann, EuInsVO, Art. 5 Rn. 8 ff. Vgl. auch Virgós/Schmit, Erläuternden Bericht zum EuInsÜ, Rn. 95; Westphal/Goetker/Wilkens, Grenzüberschreitende Insolvenzen, Rn. 341; Eidenmüller, in: The Future of Secured Credit, S. 272, 281 f. Zum EuInsÜ auch Herchen, EuInsÜ, S. 55; Favoccia, Vertragliche Mobiliarsicherheiten im Internationalen Insolvenzrecht, S. 156 ff., dort (S. 99 ff.) auch zum deutsch-österreichischen Konkursvertrag. 88 Streitig ist, ob bei der Ausübung des Rechts die Beschränkungen des französischen Insolvenzrechts auch dann zu berücksichtigen sind, wenn es nicht zur Eröffnung eines Sekundärverfahrens kommt. Zu diesem Streit oben, Fn. 86. 89 Flessner, in: The Future of Secured Credit, S. 336, 341, spricht von „blatant obstacles“.

B. Grenzüberschreitende Sicherheiten an Forderungen

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I. Die Bestimmung des auf die Sicherheit an einer Forderung anwendbaren Rechts Mit nur geringen Unterschieden im Einzelnen bestimmen alle Mitgliedstaaten das auf eine Sicherheit an einem körperlichen Gegenstand anwendbare Recht wie gesehen grundsätzlich nach der lex rei sitae. Die Kollisionsrechte der Mitgliedstaaten sind insofern in diesem Bereich weitgehend inhaltsgleich, obwohl es an einer formellen Vereinheitlichung durch eine Verordnung oder einen völkerrechtlichen Vertrag fehlt. Etwas überspitzt kann man formulieren, dass für Sicherungsrechte an Forderungen das genaue Gegenteil zutrifft. Obwohl das EVÜ90 in Art. 12 die Zession mit Auslandsberührung regelte, knüpfen die Gerichte der Mitgliedstaaten insbesondere das für die Drittwirkung einer Abtretung einer Forderung anwendbare Recht unterschiedlich an. Art. 12 EVÜ gehörte daher zu den umstrittensten Vorschriften des Europäischen Schuldvertragsübereinkommens.91 Auch Art. 14 der Rom I-VO bringt insoweit keine Klarheit. Zwar stellt Art. 14 Abs. 3 Rom I-VO klar, dass die Norm auch auf die sicherungsweise Abtretung einer Forderung und der Bestellung eines Pfandrechts an ihr anwendbar ist, eine ausdrückliche Regelung des auf Drittwirkungen einer Zession anwendbaren Rechts fehlt allerdings. Daher wird auch unter Geltung des Art. 14 Rom I-VO umstritten bleiben, ob und wenn ja wie nach dieser Vorschrift die Drittwirkungen einer (Sicherungs-) Abtretung anzuknüpfen sind.92 Die Rechtsunsicherheit betrifft bei Sicherheiten an Forderungen also schon die Frage des maßgeblichen Anknüpfungspunkts. Kollisionsrechtlich muss bei der Abtretung einer Forderung zwischen (1) dem Vertrag, der die Verpflichtung zur Abtretung enthält, (2) der Übertragbarkeit der Forderung, (3) den Wirkungen der Abtretung für den Forderungsschuldner und schließlich (4) den Wirkungen der Abtretung gegenüber Dritten unterschieden werden. Sowohl nach Art. 12 EVÜ, der in das deutsche Recht durch Art. 33 EGBGB inkorporiert wurde, als auch nach Art. 14 Rom I-VO bestimmt sich die erste Frage gemäß dem jeweiligen Absatz 1 der Vorschriften nach dem Vertragsstatut.93 Das Vertragsstatut ist nach Art. 3 ff. Rom I-VO zu 90 Europäisches Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht v. 19. 6. 1980, ABl. EG Nr. L 266 v. 9. 10. 1980, 1 ff. 91 Siehe hierzu die umfangreichen Nachweise bei Kieninger/Schütze, IPRax 2005, 200, 201 Fn. 3–8. 92 Ausführlich Kieninger, in: Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 147 ff. Kieninger spricht sich für eine grundsätzliche Anknüpfung an den Sitz des Zedenten aus. Flessner, IPRax 2009, 35, 39 tritt dagegen für eine Anknüpfung an das Forderungsstatut ein. 93 Palandt/Thorn, BGB, Art. 14 Rom I-VO Rn. 3. Für Art. 14 Rom I-VO ergibt sich eine solche Auslegung auch daraus, dass dieser von „Verhältnis“ zwischen Zedent und Zessionar spricht, während Art. 12 EVÜ/Art. 33 EGBGB von „Verpfl ichtung“ sprachen. Mit dieser Änderung war eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Abs. 1 bezweckt, wie sich aus

342

§ 7 Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen

ermitteln. In Umsetzung des das Abtretungsrecht beherrschenden Gedankens, dass die Zession die Stellung des Forderungsschuldners nicht verschlechtern dürfe, werden dagegen der zweite und dritte Fragenkreis akzessorisch an das Statut angeknüpft, dem die übertragene Forderung unterliegt.94 Für die hier interessierenden Sicherungsgeschäfte ist von besonderer Bedeutung, nach welchem Recht die Drittwirksamkeit einer Zession zu beurteilen ist,95 denn dieses Recht entscheidet über die Frage, ob die Position des Zessionars vollstreckungs- und insolvenzfest ist, sowie welche Folgen eine zweite Verfügung des Zessionars über die Forderung hat. Wie oben skizziert, besteht über diesen vierten Gesichtspunkt nach wie vor Streit.96 In Deutschland97 und möglicherweise auch in England98 knüpft die herrschende Praxis auch insoweit an das Forderungsstatut an und kommt hierdurch zu einer einheitlichen Beurteilung des für die dinglichen Wirkungen einer Zession maßgeblichen Rechts. Der niederländische Hoge Raad hielt dagegen das Vertragsstatut für maßgeblich.99 Von einer dritten Ansicht wird schließlich für die Wirkungen der Zession gegenüber Dritten auf den Sitz des Zedenten100 abgestellt. Eine Entscheidung des Erwägungsgrund 38 Rom I-VO ergibt. Hiernach ist „Artikel 14 Absatz 1 auch auf die dinglichen Aspekte des Vertrags zwischen Zedent und Zessionar anwendbar“, Flessner, IPRax 2009, 35, 37; ebenso Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 96; MünchKomm-BGB/Martiny, Art. 14 Rom I-VO Rn. 18 f.; PWW/Mörsdorf-Schulte, BGB, Art. 14 Rom I-VO Rn. 2. 94 MünchKomm-BGB/Martiny, Art. 14 Rom I-VO Rn. 22; PWW/Moersdorf-Schulte, BGB, Art. 14 Rom I-VO Rn. 3; Palandt/Thorn, BGB, Art. 14 Rom I-VO Rn. 4, 5; AnwKBGB-Doehner, BGB, Art. 33 EGBGB Rn. 8; Basedow, ZEuP 1997, 615, 622 f. 95 Hinzuweisen ist insbesondere auf die ausführliche Diskussion dieser Frage bei Sigman/ Kieninger, Cross-Border Security over Receivables, S. 46 ff. 96 Eine Übersicht über den Streitstand gibt Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 99 ff. 97 BGH, Urt. v. 20. 6. 1990, BGHZ 111, 376, 379 ff. = IPRax 1991, 248; Urt. v. 8. 12. 1998, IPRax 2000, 128, m. Anm. Stadler, IPRax 2000, 104. 98 Im Englischen Recht ist der vom Court of Appeal entschiedene Fall Raiffeisen Zentralbank Österreich AG v. Five Star Trading LLC and others, [2001] 3 All ER 257 der leading case. Inwieweit der Court of Appeal allerdings überhaupt die Frage des auf die Drittwirkungen einer Zession anwendbaren Rechts entschieden hat, ist umstritten. Nach Sigman/ Kieninger, Cross-Border Security over Receivables, S. 47 Fn. 156 hat der Court of Appeal die Frage offen gelassen. Auch Bridge, in: Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Receivables, S. 176 kommt zu dem Schluss, dass das Problem der Drittwirksamkeit in Raiffeisen nicht ausdrücklich entschieden wurde. Bridge hält es allerdings für wahrscheinlich („likely“), dass englische Gerichte die Antwort in Art. 12 EVÜ bzw. Art. 14 Rom I-VO suchen würden. Ob sie dabei dem deutschen oder dem niederländischen Ansatz folgen würden, erörtert er nicht. 99 Urt. v. 16. 5. 1997, Rechtsspraak van de Week 1997, 739; Kieninger, RabelsZ 62 (1998), 678, 689 und Rudolf, Einheitsrecht für internationale Forderungsabtretungen, S. 579 wenden gegen diese Lösung zutreffend ein, dass sie die anderen Gläubiger des Zedenten benachteiligen könne, da diese nicht wissen können, welchem Recht das Verpflichtungsgeschäft unterliegt. Für die Maßgeblichkeit des Statuts des Schuldvertrags zwischen Zedent und Zessionar auch Einsele, ZVglRWiss 90 (1991), 1, 22, und Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S. 714. Einsele schränkt allerdings die Wirkungen des Vertragsstatuts zum Schutze des Drittschuldners und der anderen Gläubiger des Zedenten ein. 100 Kieninger, RabelsZ 62 (1998), 678 ff.; de lege ferenda Mäsch, in: Leible (Hrsg.), Das

B. Grenzüberschreitende Sicherheiten an Forderungen

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EuGH nach dem Auslegungsprotokoll zum EVÜ101 existiert nicht. Im Entwurf zur Rom I-VO war in Art. 13 Abs. 3 im Anschluss an die UNCITRAL-Abtretungskonvention102 vorgesehen, die Drittwirkungen an das Recht am Sitz des Zedenten anzuknüpfen.103 Diese Entscheidung war jedoch so kontrovers,104 dass der Verordnungsgeber schließlich das Problem nicht ausdrücklich regelte. Er beließ es im Wesentlichen bei der bekanntermaßen unklaren Regelung des Art. 12 EVÜ und beauftragte in Art. 27 Abs. 2 Rom I-VO die Kommission, einen Bericht über die Frage vorzulegen, „ob die Übertragung einer Forderung Dritten entgegengehalten werden kann, und über den Rang dieser Forderung gegenüber einem Recht einer anderen Person. Dem Bericht wird gegebenenfalls ein Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung sowie eine Folgenabschätzung der einzuführenden Bestimmungen beigefügt.“

Die Verwirrung über die geltende und die künftig maßgebliche Anknüpfung für die Drittwirkung einer Forderung könnte somit kaum größer sein.105 Weder ist klar, woran nach Art. 12 EVÜ für die Drittwirkung anzuknüpfen ist, noch besteht Einigkeit darüber, worauf Art. 14 Rom I-VO abstellt. Bestritten wird sogar, dass die Normen überhaupt eine Regelung über das auf die Drittwirkungen einer Zession anwendbare Recht enthalten.106 Schließlich ist erst recht ungewiss, welche Empfehlung die Kommission geben wird.107 Legt man die herrschende Meinung zu Art. 33 EGBGB zugrunde, nach der maßgeblicher Anknüpfungspunkt für Drittwirkungen einer (Sicherungs-) AbGrünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, S. 193, 202 ff.; Eidenmüller, Internationale Entwicklungen im Recht der Kreditsicherheiten, S. 117, 151; Bauer, Die Forderungsabtretung im IPR, S. 292; Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Receivables, S. 60 ff. Diese Anknüpfung entspricht nach Kieninger/Schütze, ZIP 2003, 2181, 2182, auch der traditionellen französischen Auffassung. 101 Zweites Protokoll zur Übertragung bestimmter Zuständigkeiten für die Auslegung des am 19. Juni 1980 in Rom aufgelegten Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht auf den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vom 29. 11. 1996, BGBl. II 1998, S. 1422, in Kraft getreten am 1. 8. 2004. Dazu Dutta/Volders, EuZW 2004, 556 ff. 102 United Nations Convention on the Assignment of Receivables in International Trade (2004), noch nicht in Kraft getreten. 103 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnis anzuwendende Recht (Rom I), KOM (2005) 650 endgültig. 104 Gegen eine Anknüpfung an den Sitz des Zedenten u. a. Flessner/Verhagen, Assignment in European Private International Law, S. 53 ff. 105 Siehe auch Mankowski, IHR 2008, 133 ff. 106 Zu Art. 12 EVÜ Kieninger, RabelsZ 62 (1998), 678, 689 ff.; zu Art. 14 Rom I-VO Bauer, Die Forderungsabtretung im IPR, S. 103 ff., 167, 301; Palandt/Thorn, BGB Art. 14 Rom I-VO Rn. 6. A. A. MünchKomm-BGB/Martiny, Art. 14 Rom I-VO, der Art. 14 Rom I-VO insoweit für anwendbar hält (Rn. 16, 32) und eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Zedenten befürwortet (Rn. 35 f.). 107 Die in Art. 27 Abs. 2 Rom I-VO genannte Frist bis zum 17. Juni 2010 ist jedenfalls fruchtlos verstrichen.

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tretung das Statut ist, dem die abgetretene Forderung unterliegt,108 können erhebliche Rechtssicherheitsprobleme bestehen. So muss der Zessionar bei einer Übertragung einer Vielzahl von Forderungen, wie sie bei der Sicherungsabtretung die Regel ist, darauf gefasst sein, dass nicht alle Forderungen demselben Recht unterliegen. Er wird dann nach sämtlichen Forderungsstatuten zu prüfen haben, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit er ein wirksames Sicherungsrecht erwirbt.109 Die Transaktionskosten internationaler Sicherungszessionen in Gestalt von Nachforschungs- und Rechtsberatungskosten sind daher erheblich.110 Vollends unmöglich kann die Bestimmung des anwendbaren Rechts bei einer Vorauszession sein. Wenn hier Zweifel darüber bestehen, welchem Recht die künftigen Forderungen unterliegen werden, kann der Zessionar nicht zuverlässig ermitteln, welches das auf die Drittwirkungen seines Sicherungsrechts anwendbare Recht sein wird. Für den Zessionar ist eine solche Situation deshalb so gefährlich, weil sich aus den nationalen Sachrechten – wie sogleich zu zeigen sein wird – teilweise unterschiedliche Voraussetzungen für die Drittwirksamkeit eines Sicherungsrechts an einer Forderung ergeben. Die beschriebene Unsicherheit besteht nur dann nicht, wenn der Zessionar den Zedenten dazu veranlassen kann, in allen seinen Verträgen mit seinen Schuldnern Rechtswahlklauseln zu vereinbaren. Dann unterstehen alle von der Zession erfassten Forderungen einheitlich dem von Zedenten und Drittschuldnern gewählten Recht. Dieser Weg hat vor allem aus der Sicht verhandlungsstarker Großgläubiger nicht nur den Vorteil, dass nur ein einziges Recht über die Drittwirksamkeit der Sicherungsrechte entscheidet, sondern auch, dass es über den Umweg der Rechtswahl in den Verträgen mit den Drittschuldnern möglich ist, das für die Drittwirkungen einer Abtretung anwendbare Recht zu bestimmen.111 Der Zedent könnte sich so im Ergebnis aussuchen, welches Recht seine Position gegenüber seinen Mitgläubigern regeln soll. Erst recht wäre dies der Fall, wenn auch die Drittwirkungen über Art. 14 Abs. 1 Rom I-VO an das Statut 108 MünchKomm-BGB/Martiny, 4. Aufl., Art. 33 EGBGB Rn. 26; Soergel/v. Hoffmann, BGB, Art. 33 EGBGB Rn. 12; Palandt/Thorn, BGB, 68. Aufl., Art. 33 EGBGB Rn. 2; PWW/ H. F. Müller, BGB, ex Art. 33 EGBGB Rn. 3. Anders Staudinger/Hausmann, BGB, Art. 33 EGBGB Rn. 26 ff., der für die Anwendung des Forderungsstatuts nur auf die in Abs. 2 genannten Fragen plädiert. Nur diesbezüglich müsse der Schuldner geschützt werden. Für alle anderen Fragen sei das Abtretungsstatut maßgeblich. 109 Rudolf, Einheitsrecht für internationale Forderungsabtretungen, S. 581. 110 Eidenmüller, Internationale Entwicklungen im Recht der Kreditsicherheiten, S. 117, 151; Kieninger/Schütze, ZIP 2003, 2181, 2183. 111 Walsh, in: The Future of Secured Credit in Europe, S. 321, 334. Flessner, in: The Future of Secured Credit, S. 336, 343; ders., in: Festschr. f. Canaris, S. 545 ff. spricht sich demgegenüber dafür aus, dass es den Parteien der Abtretung gestattet werden sollte, das auf Drittwirkungen anwendbare Recht direkt im Abtretungsvertrag zu wählen. Nur diese Lösung vermeide Rechtsunsicherheit insbesondere im Rahmen von Verbriefungsgeschäften. Flessner hält die Bedenken, die gegen die Gewährung von Rechtswahlfreiheit in diesem Bereich angeführt werden, für nicht gerechtfertigt. Die Möglichkeit der Wahl des anwendbaren Rechts berge nicht die Gefahr, dass andere Gläubiger des Zedenten benachteiligt würden.

B. Grenzüberschreitende Sicherheiten an Forderungen

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des Kausalgeschäfts angeknüpft würden,112 denn für dieses besteht über Art. 3 Rom I-VO in jedem Fall Rechtswahlfreiheit. Gegen ein solches Resultat sind die im Internationalen Sachenrecht gegen die Zulässigkeit einer Rechtswahl angeführten Argumente einzuwenden.113 Eine Rechtswahl muss in ihren Wirkungen hier wie dort auf das Zwei-Parteien Verhältnis beschränkt bleiben, um externe Effekte auszuschließen.114 Insofern sprechen jedenfalls de lege ferenda die besseren Gründe für eine Anknüpfung an den Sitz des Zedenten. Auch bei einer solchen Abtretung ist Rechtssicherheit für Vorausverfügungen gewährleistet, sie begegnet aber nicht den gegen eine Anknüpfung an das Forderungsstatut angeführten Bedenken.

II. Unterschiede der Sachrechtsordnungen hinsichtlich der Insolvenzfestigkeit von Sicherheiten an Forderungen Die Unsicherheit hinsichtlich des maßgeblichen Anknüpfungspunkts wöge nicht schwer, wenn die Sachrechte der Mitgliedstaaten weitgehend einheitliche Voraussetzungen für die Bestellung eines insolvenzfesten Sicherungsrechts an einer Forderung aufwiesen. Tatsächlich bestehen jedoch auch insoweit erhebliche Unterschiede. Grundsätzlich können Sicherungsrechte an Forderungen rechtstechnisch entweder in Form eines Pfandrechts an der Forderung oder der sicherungsweisen Abtretung der Forderung bestellt werden. In manchen Rechtsordnungen – wie etwa in Deutschland, Griechenland, Italien, England115 und Portugal – stehen beide Formen zur Verfügung.116 Nach belgischem117 und niederländischem118 Recht hingegen kann an einer Forderung nur ein Pfandrecht bestellt werden, da die sicherungsweise Abtretung nicht anerkannt wird. Unterschiede bestehen auch hinsichtlich der Frage, ob und wie die Bestellung eines Sicherungsrechts an künftigen Forderungen möglich ist. In der Mehrheit der hier betrachteten Rechtsordnungen ist dies zulässig; anders ist es allerdings grundsätzlich dort, wo die Benachrichtigung des Schuldners zum Entstehungstatbestand des Sicherungsrechts gehört. 112 Hierfür Einsele, RabelsZ 74 (2010), 91, 112. Einsele hält allerdings Registrierungserfordernisse für Eingriffsnormen, so dass deren Anwendbarkeit unabhängig vom jeweils anwendbaren Recht zu prüfen wäre. 113 Vgl. auch Rudolf, Einheitsrecht für internationale Forderungsabtretungen, S. 582. 114 Siehe unten, S. 468. 115 Hier stehen assignment by way of mortgage und charge zur Verfügung. 116 Siehe die Länderberichte bei Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 12, S. 531 ff. 117 Dirix, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 12, S. 543. 118 Bartels/Israël/Smits, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 12, S. 552.

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§ 7 Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen

Hinsichtlich der materiellen Anforderungen an die Bestellung eines Sicherungsrecht an einer Forderung lassen sich die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten in vier Gruppen einteilen: Variante 1: Benachrichtigung des Schuldners als Wirksamkeitserfordernis Traditionell setzt ein drittwirksames Sicherungsrecht an der Forderung voraus, dass der Schuldner der Forderung von der Bestellung des Sicherungsrechts in Kenntnis gesetzt wurde. Im deutschen Recht ist insoweit an § 1280 BGB zu denken. Gleichfalls ist in Dänemark, Schweden und Finnland und Italien119 nach wie vor die Verständigung des Drittschuldners zwingende Voraussetzung der Insolvenzfestigkeit des Sicherungsrechts.120 Nach portugiesischem Recht kann die zur Drittwirksamkeit erforderliche Benachrichtigung auch noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen.121 Nach belgischem Recht ist die Benachrichtigung des Drittschuldners zwar nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der Verpfändung, allerdings wird auf diesen Zeitpunkt bei der Bestimmung des Rangverhältnisses mehrerer Sicherungsrechte abgestellt. In der Insolvenz des Pfandschuldners ist das Pfandrecht jedoch unabhängig von einer Benachrichtigung des Drittschuldners wirksam.122 Die Aufdeckung des Sicherungsrechts liegt allerdings regelmäßig nicht im Interesse der Parteien, da der Drittschuldner ja jedenfalls bis zum Sicherungsfall trotz der Verpfändung an den Sicherungsgeber zahlen soll. Daher haben viele Rechtsordnungen – darunter bekanntlich auch die deutsche – Alternativen zur Verpfändung mittels Drittschuldnerbenachrichtigung entwickelt. Variante 2: Wahrung bestimmter Formerfordernisse Im österreichischen Recht ist die Verpfändung einer Forderung wirksam, wenn sie in die Geschäftsbücher des Zedenten eingetragen wurde.123 In Frankreich wirkt nach Art. 2361 frzCC die Verpfändung einer Forderung ab dem Datum der zwingend schriftlichen (Art. 2356 frzCC) Verpfändungserklärung gegenüber Dritten. Nach niederländischem Recht steht auch für Sicherungsrechte an

119 Siehe für das italienische Recht zur Verpfändung einer Forderung Art. 2800 itCod. Civ. Zur Sicherungsabtretung Art. 2914 itCod. Civ. Die Benachrichtigung muss schriftlich erfolgen und ein bestimmtes Datum (data certa) erkennen lassen. Als Alternative wird in Italien offenbar stark auf das Factoring zurückgegriffen, das kein Benachrichtigungserfordernis kennt, Candian, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 12, S. 551. 120 Siehe die entsprechenden Länderberichte bei Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 12, S. 531 ff. 121 Leitao, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 12, S. 545. 122 Dirix, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 12, S. 543. 123 OGH, Plenarbeschl. v. 15. 1. 1929, SZ 11/15, S. 50 ff. Im Einzelnen hierzu unten, S. 458 ff.

C. Fazit

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Forderungen das stil pandrecht zur Verfügung, allerdings müssen dabei die besonderen Formvoraussetzungen aus Art. 3:239 nlBW beachtet werden.124 Variante 3: Eintrag in ein öffentliches Register Die zur Errichtung des Sicherungsrechts zu beachtenden Formalitäten können auch darin bestehen, dass das Sicherungsrecht in ein Register eingetragen werden muss. Ist dieses öffentlich, wird hierdurch auch die Publizität des Sicherungsrechts gewährleistet. So ist in England bei Sicherungsrechten an Forderungen, die einer Gesellschaft zustehen, die Registrierung der charge im Gesellschaftsregister erforderlich.125 Variante 4: formloser Vertrag zwischen Zedent und Zessionar In Deutschland und Griechenland126 schließlich bedarf die Sicherungsabtretung weder der Registrierung noch der Verständigung des Drittschuldners. Die Benachrichtigung des Drittschuldners ist hier nur notwendig, um eine befreiende Zahlung des Drittschuldners an den Zedenten auszuschließen. Besondere Formvorschriften bestehen nicht. Die Anforderungen, welche die Parteien bei der Bestellung einer Sicherheit an einer Forderung beachten müssen, weichen somit erheblich voneinander ab. Die Verwirrung hinsichtlich der kollisionsrechtlichen Beurteilung von Sicherungsrechten an Forderungen führt daher auch praktisch zu erheblichen Problemen. Dadurch, dass die Parteien nicht im Vorhinein zuverlässig einschätzen können, nach welchem Recht die Insolvenzfestigkeit ihres Sicherungsrechts zu beurteilen ist, können sie ihre Transaktion nicht den entsprechenden sachrechtlichen Voraussetzungen anpassen. Insofern besteht im Bereich der Sicherungsrechte an Forderungen ein geradezu prohibitives Maß an Rechtsunsicherheit für grenzüberschreitende Finanzierungen.

C. Fazit Die Darstellung der kollisionsrechtlichen Probleme und offenen Fragen grenzüberschreitender Mobiliarsicherheiten zeigt, dass die Diversität der nationalen europäischen Mobiliarsicherungsrechte den Waren- und Kapitalverkehr im europäischen Binnenmarkt erheblich beeinträchtigt.127 Dabei wiegen gerade für 124 Bartels/Israël/Smits, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 12, S. 553. 125 Sect. 860 Abs. 7 (f) Companies Act (2006). 126 Areopag, 649/1968, Nomio Vima 1969, 412; Oberlandesgericht Athen 1541/1985, Armenopoulos 1985, 569; Christodoulou/Poulou, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, case 12, S. 535 f. 127 Flessner, in: The Future of Secured Credit, S. 336, 337. Siehe zu den sich aus einer Beeinträchtigung der Grundfreiheiten ergebenden Konsequenzen unten, S. 478 f.

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§ 7 Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen

deutsche Exporteure diese Beeinträchtigungen schwer, da die durch das deutsche Recht zur Verfügung gestellten Sicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr oft nicht die nötige Sicherheit verschaffen.128 Deutsche Exporteure sind daher auf die Verwendung von Akkreditiven, Garantien oder Bürgschaften angewiesen, die das Geschäft in Gestalt von Bankprovisionen mit erheblichen Transaktionskosten belasten.129 Für das Mobiliarsicherungsrecht besteht somit sowohl wegen der haftungsrechtlichen Unstimmigkeiten vor allem revolvierender Sicherheiten als auch vor dem Hintergrund der Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen Reformbedarf.130 Eine Harmonisierung des Kollisionsrechts könnte zwar für den Bereich der Sicherheiten an Forderungen die Rechtssicherheit deutlich verbessern; sie bliebe aber auf dem Gebiet der Sicherheiten an beweglichen Sachen weitgehend wirkungslos. Erst recht könnte ein kollisionsrechtlicher Ansatz nicht die haftungsrechtlichen Probleme beseitigen. Eine Reform, die das Übel an der Wurzel packen soll, muss daher auf der Ebene des materiellen Rechts ansetzen. Daher sollen im folgenden dritten Teil alternative Regelungsmodelle des Rechts der Mobiliarsicherheiten vorgestellt und analysiert werden.

128 v. Bar/Drobnig, The Interaction of Contract Law and Tort and Property Law in Europe, S. 348. 129 Rutgers, in: The Future of Secured Credit, S. 68, 69; Rank, in: Divergences of Property Law, S. 201, 205; Eidenmüller, JZ 2007, 487, 493. 130 Vgl. nur Drobnig, RabelsZ 38 (1974), 468 ff.; ders., in: Festschr. f. Kegel, S. 141 ff.; Drobnig/Kronke, in: Deutsche zivil-, kollisions- und wirtschaftsrechtliche Beiträge zum X. Kongreß für Rechtsvergleichung, S. 91 ff.; Goode, 33 Texas International Law Journal 47 ff. (1998); v. Bar/Drobnig, The Interaction of Contract Law and Tort and Property Law in Europe, S. 342; Möller, in: Persönlichkeitsschutz und Eigentumsfreiheit in Deutschland und Japan, S. 211, 219 ff.; siehe auch die Beiträge insbesondere von Verstijlen, Drobnig, Polak, Snijders, Kieninger, in Divergences of Property Law. Skeptisch Lwowski, in: The Future of Secured Credit, S. 174 f.

3. Teil

Internationale Entwicklungen: Functional Approach, Notice Filing und das Europäische Sicherungsrecht Die in Article 9 UCC des U. S.-amerikanischen Uniform Commercial Code (UCC) enthaltene Regelung des Mobiliarsicherungsrechts verdient in einer Untersuchung, die sich auch mit der möglichen Zukunft des deutschen und europäischen Mobiliarsicherungsrechts befasst, besondere Beachtung, weil diese Regelung – wenn auch nicht gesetzestechnisch so doch konzeptionell – Leitbild zahlreicher Reformbemühungen auf nationaler und internationaler Ebene in der jüngeren Vergangenheit war und ist. Insbesondere der functional approach des UCC und das Konzept des notice filing, das eine Registrierbarkeit von Mobiliarsicherungsrechten bei geringen Kosten erlaubt, haben zahlreiche nationale und internationale Reformvorhaben erheblich beeinflusst. Zu nennen sind auf nationaler Ebene unter anderem Kanada, Neuseeland, Indien und Norwegen. Auf internationaler Ebene seien als Beispiele das Modellgesetz der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung von 1994, die UNIDROIT Konvention von Kapstadt aus 2001 über internationale Sicherungsrechte in beweglichen Ausrüstungsgegenständen1 mit den Zusatzprotokollen zu Luftfahrzeugausrüstung, 2 beweglichem Eisenbahnmaterial3 und Weltraumausrüstungsgegenständen4 und das Modellgesetz der Organization on American States von 20025 besonders hervorgehoben. Jüngste Früchte dieses Prozesses sind der 2008 von UNCITRAL vorgelegte Legislative Guide on Secured Transactions und der ebenfalls 2008 von der Study Group on a European Civil Code und der Research Group on EC Private Law (Acquis Group) vorgestellte Draft Common Frame of Reference (DCFR), der in seinem IX. Buch Regeln über Mobiliarsicherheiten enthält.

1

Hierzu sei auf den Offi cial Commentary von Roy Goode, 2. Aufl. 2008, hingewiesen. Protocol to the Convention on International Interests in Mobile Equipment on Matters Specific to Aircraft Equipment, Kapstadt, 2001 (in Kraft seit März 2006). Die Bundesrepublik hat das Protokoll nur unter Vorbehalt unterzeichnet. 3 Luxembourg Protocol to the Convention on International Interests in Mobile Equipment on Matters specific to Railway Rolling Stock, Luxemburg, 2007 (noch nicht in Kraft, Stand September 2010). 4 Dieses Zusatzprotokoll liegt derzeit (September 2010) nur als Entwurf vor. 5 Model Inter-American Law on Secured Transactions, zugänglich unter www.oas.org. 2

350 Nach einer Darstellung der für die in dieser Arbeit behandelten wesentlichen Aspekte des Article 9 UCC unter Einschluss rechtsvergleichender Überlegungen (§ 8), sollen die beiden zuletzt genannten Projekte nicht nur wegen ihrer Aktualität, sondern auch wegen ihrer besonderen Bedeutung vor allem für die europäische Rechtsentwicklung näher untersucht werden. Hierbei soll es insbesondere um die Punkte gehen, in denen diese Entwürfe von Article 9 UCC abweichen. Abgeschlossen wird dieser Abschnitt durch einen Blick auf den allerdings mittlerweile zum Stillstand gekommenen Reformprozess in Österreich, der aus deutscher Sicht wegen der engen Verwandtschaft dieser Rechtsordnung – die sich freilich nicht auf das Mobiliarsicherungsrecht erstreckt – besonders interessant ist.

§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code Die folgenden Ausführungen sollen keine umfassende Darstellung von Article 9 UCC liefern. Es sollen vielmehr zwei Regelungsansätze des Article 9 UCC herausgegriffen werden, die für die in dieser Arbeit behandelten Fragen besonders interessant sind. Einerseits wird das U. S.-amerikanische System des notice filing vorzuführen sein, das eine Lösung für das im vorhergehenden Abschnitt erarbeitete haftungsrechtliche Publizitätsbedürfnis bietet. Andererseits soll die Prioritätsregelung des Article 9 UCC vorgestellt werden, die einen Vorrang für den Gläubiger kennt, der die Anschaffung eines bestimmten Gegenstands finanziert (purchase-money security). In einem einleitenden Abschnitt soll kurz die Bedeutung des Uniform Commercial Code als Modellgesetz auf dem Gebiet des Zivilrechts für die U. S.-amerikanischen Bundesstaaten vorgeführt, sowie ein Überblick über die Grundzüge der Regelung des Article 9 UCC gegeben werden.

A. Die Rechtsqualität und die Geschichte des UCC Der Uniform Commercial Code ist kein staatlich gesetztes, als solches unmittelbar geltendes Recht, sondern ein Modellgesetz für die U. S.-amerikanischen Bundesstaaten, das auf Bestrebungen aus den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts zurückgeht, welche die Vereinheitlichung des Rechts der Bundesstaaten insbesondere zur Erleichterung des inneramerikanischen Handels bezweckten. Heute sind die im UCC enthaltenen Regelungen mit mehr oder weniger großen Abweichungen in allen 50 Bundesstaaten sowie im District of Columbia in einzelstaatliches Recht umgesetzt worden. Eine Ausnahme macht insoweit allerdings Louisiana, das in Bewahrung seiner civil law tradition den Article 2, der das Kaufrecht betrifft, nicht implementiert hat. Beim Uniform Commercial Code handelt es sich also weder um bundesstaatliches Recht,1 noch um unmittelbares Recht der Bundesstaaten. Seine insgesamt elf Article2 enthalten vielmehr nur an die Bundesstaaten adressierte Regelungs1 Die Gesetzgebungskompetenz für Vertrags- und Sachenrecht liegt in den USA bei den Bundesstaaten. 2 Der UCC ist wie folgt gegliedert: Article 1: General Provisions; Article 2: Sales; Article 2a: Leases; Article 3: Commercial Paper; Article 4: Bank Deposits and Collections; Article 4a

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§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code

vorschläge, die zuweilen auch ausdrücklich Raum für abweichende Lösungen lassen.3 Trotz Abweichungen bei der Umsetzung und unterschiedlichen Auslegungen durch die einzelstaatlichen Gerichte, ist der Grad an Harmonisierung, den der UCC für das föderale Zivilrechtssystem der USA gebracht hat, erheblich.4 Die ursprüngliche Fassung des UCC datiert von 19525 und war in erster Linie das Werk von Rechtsgelehrten, wobei Karl Llewellyn, Professor an der Columbia Law School, als Chief Reporter fungierte. 6 Organisatorisch standen und stehen noch heute hinter dem UCC das American Law Institute (ALI) und die National Conference of Commissioners on Uniform State Laws (NCCUSL). Diese Verbände unterhalten ein ständiges Editorial Board, das durch die Herausgabe von Reports und Commentaries 7 sowohl die Weiterentwicklung als auch die einheitliche Anwendung des UCC fördert. Funds of Transfers; Article 5 Letters of Credit; Article 6: Bulk Transfers; Article 7 Warehouse Receipts, Bills of Lading and Other Documents of Title; Article 8 Investment Securities; Article 9: Secured Transactions, Sales of Accounts and Chattel Paper. Schon an der Auswahl der Regelungsgegenstände wird deutlich, dass der UCC gegenständlich nicht auf das Handelsrecht beschränkt ist. Er findet vielmehr auch auf Geschäfte zwischen Privatleuten Anwendung. 3 So etwa in Article 7–403 (1) (b) UCC, der eine optionale Beweislastregel zu Lasten des Lagerhalters für Schäden am Lagergut enthält. 4 Dass es sich nicht um eine vollständige Rechtsvereinheitlichung handelt, wird schon daraus deutlich, dass Article 1–105 Kollisionsregeln auch für inner-U. S.-amerikanische Rechtskollisionen enthält. Der UCC ist oft mit den kontinentaleuropäischen Zivilrechtskodifikationen vor allem des 19. Jahrhunderts verglichen worden. Ausführlich wird diese Diskussion nachgezeichnet bei Buxbaum, in: Drobnig/Rehbinder, Rechtsrealismus, multikulturelle Gesellschaft und Handelsrecht, S. 197 ff. Anders als die Kodifikationen europäischen Typs erstrebt der UCC keine vollständige und abgeschlossene Neuregelung der betroffenen Gegenstände. Vielmehr sieht er in § 1–103 (b) UCC ausdrücklich vor, dass „[u]nless displaced by the particular provisions of [the Uniform Commercial Code], the principles of law and equity, including the law merchant and the law relative to capacity to contract, principal and agent, estoppel, fraud, misrepresentation, duress, coercion, mistake, bankruptcy, and other validating or invalidating cause supplement its provisions.“ Die im case law enthaltenen Rechtssätze bleiben also grundsätzlich in Kraft, so dass sie zur Füllung von Lücken des UCC dienen können, Gilmore, 26 (1966) Louisiana Law Review 285, 286. 5 Oft wird als Datum der ersten offiziellen Fassung das Jahr 1962 genannt. Tatsächlich wurde schon der Entwurf von 1952 als „Offi cial Text“ bezeichnet. Diese Fassung wurde allerdings nur von Pennsylvania umgesetzt. Die erste offizielle Fassung, die in fast allen Staaten umgesetzt wurde, war in der Tat erst der Offi cial Text 1962. White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 3 f. 6 Karl Llewellyn (1893–1962) war Professor an der Columbia Law School und an der University of Chicago Law School. Zurückgehend auf seine Schulzeit unterhielt er enge Verbindungen nach Deutschland, die er durch zahlreiche Besuche stärkte. Llewellyn war auch wissenschaftlich stark von deutschen Autoren – insbesondere von der Freirechtsschule – beeinflusst: Auer, Materialisierung, Flexibilisierung, Richterfreiheit, S. 184; Drobnig/Rehbinder (Hrsg.), Rechtsrealismus, multikulturelle Gesellschaft und Handelsrecht (1994); zum Einfluss dieser Prägung Llewellyns auf den UCC Minuth, Der amerikanische Uniform Commercial Code und deutsches Recht, S. 11. 7 Die commentaries des Permanent Editorial Board sind nicht zu verwechseln mit dem so

B. Legal Realism und funktionaler Ansatz

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Seit der ersten Fassung haben die einzelnen Abschnitte des UCC zahlreiche Änderungen erfahren. Gänzlich neu hinzugekommen ist im Jahre 1987 der Article 2A, der das Leasing behandelt. Für den Entwurf des Abschnitts zum Mobiliarsicherungsrecht war zunächst Allison Dunham (Professor an der Columbia Law School) allein zuständig. Später kam Grant Gilmore als Associate Reporter hinzu. Die in Article 9 UCC enthaltenen Regeln über das Mobiliarsicherungsrecht sind zuletzt 1998 einer grundlegenden Reform unterzogen worden. Dieser so genannte revised Article 9 UCC ist 2001 in Kraft getreten; mittlerweile haben alle Staaten ihr Recht dieser Fassung angepasst. 8 Derzeit wird eine weitere Überarbeitung abgeschlossen, die allerdings nur Details betrifft.9

B. Legal Realism und funktionaler Ansatz Die Regelung des Article 9 UCC wird geprägt vom so genannten functional approach. Nach diesem Ansatz sind prinzipiell alle vertraglichen Abreden, die auf die Bestellung einer Sicherheit gerichtet sind, gleichzubehandeln. Alle Transaktionen, die der Sicherung einer Forderung dienen, werden daher durch Article 9 UCC einheitlich den für den security interest geltenden Regeln unterworfen. Mit großer Deutlichkeit ergibt sich diese Philosophie, welche nur die Funktion eines Rechtsgeschäfts berücksichtigt und ihre rechtliche Form vernachlässigt, aus § 9–109 (a) (1) UCC: „[T]his article applies to: a transaction, regardless of its form, that creates a security interest in personal property [. . .].“ 10

Welche Konsequenzen aus dieser funktionalen Betrachtungsweise für die Behandlung des Eigentums folgen, wird im Zusammenhang mit der Behandlung des Eigentumsvorbehalts nach Article 9 UCC dargestellt werden.11 Ideenge-

genannten Offi cial Commentaries, die zusammen mit den einzelnen Vorschriften geschaffen wurden und ergänzende Hinweise zum Verständnis der Regeln enthalten. Die Offi cial Commentaries sind insofern eher mit Gesetzesbegründungen vergleichbar. 8 Sigman, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, S. 62. 9 Der Entwurf dieses amendments ist zugänglich unter http://www.iaca.org/downloads/ 2010Conference/STS/UCC9_AMdraft_Jul10.pdf, zuletzt besucht September 2010. Der komplizierteste Punkt dieser Beratungen war das Problem der exakten Bezeichnung einer natürlichen Person als Schuldner für Zwecke der Registrierung. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass es in den USA nicht in allen Staaten identity cards gibt, die den Namen einer Person eindeutig festlegen. Dieses Problem würde sich in Deutschland aufgrund der hier geltenden strengen namensrechtlichen Bestimmungen nicht in vergleichbarer Weise stellen. 10 Der Ausdruck security interest wird in § 1–201 (35) definiert als „interest in personal property or fi xtures which secures payment or performance of an obligation.“ 11 Siehe unten, S. 405 ff.

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§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code

schichtlich gibt sich Article 9 UCC durch den functional approach als Kind des U. S.-amerikanischen Legal Realism zu erkennen.12 Mit der Bezeichnung Legal Realism wird eine der einflussreichsten Strömungen in der U. S.-amerikanischen Rechtstheorie beschrieben, die ihre Blütezeit zwischen 1920 und 1940 hatte. Die bedeutendsten Vertreter waren neben Karl Llewellyn, Underhill Moore, Walter Wheeler Cook, Herman Oliphant, Jerome Frank und Leon Green.13 Im Ausgangspunkt war der Legal Realism nicht so sehr eine rechtsphilosophische Denkschule,14 sondern war geprägt von dem eher pragmatischen Rechtsverständnis von Oliver Wendell Holmes (Richter am Supreme Court von 1902–1932) und Roscoe Pound (Professor in Harvard). Vor allem Pound betonte in seinen Arbeiten immer wieder die Notwendigkeit einer soziologischen Ausrichtung der Rechtswissenschaft und vor allem der Juristenausbildung.15 Den Realists war das Bemühen gemein, zu ergründen, welche Umstände die Entscheidung des Richters im konkreten Fall tatsächlich bestimmen. Hierbei waren sie sich darüber einig, dass die in precedents, statutes und codes enthaltenen Normen die Entscheidung des einzelnen Falls jedenfalls nicht vollständig vorgeben.16 Die eigentliche Bedeutung dieses law in the books besteht nach den Vertretern des Legal Realism darin, dass es die rationale Begründung eines vom Richter anhand anderer Maßstäbe gefundenen Urteils ermöglicht.17 Die Aufdeckung der wirklich ausschlaggebenden Kriterien und Maßstäbe ist das Anliegen des Legal Realism, für dessen Vertreter daher empirische und soziologische Studien eine überragende Bedeutung hatten. Insofern zeichnet sämtliche Rechtsrealisten eine tiefe Skepsis gegenüber dem positiven Recht und seiner Eignung aus, durch abstrakte Konzepte und die Errichtung technischer Begriffsgebäude die richtige Entscheidung eines konkreten Lebenssachverhalts zu determinieren.18 12 Siehe auch Bridge, in Kieninger: Security Rights in Movable Property, S. 82: „Article 9 represents the supreme achievement of American Realist philosophy“. 13 Leiter, American Legal Realism, in: Edmundson/Golding, The Blackwell Guide to Philosophy of Law and Legal Theory; Rumble, American Legal Realism, S. 2. 14 Twining, Karl Llewellyn and the Realist Movement, S. 375. 15 Pound, 44 American Law Review 35. 16 Eine prägnante Charakterisierung des Amerikanischen Legal Realism gibt Llewellyn selbst in 44 Harvard Law Review 1222, 1233, Some Realism about Realism. Siehe auch Twining, Karl Llewellyn and the Realist Movement, S. 206. 17 Llewellyn, 44 Harvard Law Review 1222, 1238. 18 Diese Skepsis verbindet den amerikanischen Rechtsrealismus mit dem skandinavischen Rechtsrealismus, Martin, Legal Realism, S. 124. Letzter ist allerdings eher ein rechtsphilosophischer Denkansatz, der sich gegen jede metaphysische Überhöhung des Rechts wendet. Ein wunderbares Beispiel für diese Schule ist der Aufsatz von Alf Ross, 70 Harvard Law Review 812 ff., in dem er den Begriff „Eigentum“ als für sich „meaningless“ charakterisiert. Aus sich heraus könne weder festgestellt werden, wann eine Person Eigentümer ist, noch welche Rechtsfolgen hiermit verknüpft sind. Der Begriff des Eigentums diene lediglich der sprachlichen Abstrahierung der Voraussetzungen von den Rechtsfolgen in einem bestimmten Sach-

B. Legal Realism und funktionaler Ansatz

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Gleichwohl ist es kein Widerspruch, dass sich der bedeutendste Rechtsrealist, Karl Llewellyn, durch seine Arbeit am UCC in ganz besonderer Weise um die Reform des positiven Rechts verdient machte. Mit der Schaffung des Uniform Commercial Code verfolgte er das Ziel, das geschriebene Recht einerseits in Einklang mit den tatsächlich vollzogenen Entscheidungen zu bringen und andererseits die Rechtsregeln von unklaren theoretischen Konzepten zu befreien, die keinen Widerpart im wirklichen Leben haben. Nach seinem Verständnis ist das Recht lediglich ein Instrument zur Durchsetzung bestimmter Ziele. Daher muss es darauf ausgerichtet sein, diese Ziele in möglichst einfacher und direkter Weise zu verwirklichen.19 In Article 9 UCC hat sich dieses pragmatisch/funktionale Denken in besonders beeindruckender Weise Bahn gebrochen. Der Rechtszustand vor Schaffung und Umsetzung des UCC war gerade auf dem Gebiet des Mobiliarsicherungsrechts von enormer Zersplitterung gekennzeichnet: „[D]ifferent jurisdictions have widely different legal systems to govern secured credit; commerce among these jurisdictions is rapidly growing; fi nancial transactions to support the growing commerce are lagging behind that commerce (perhaps because, in major part, of the legal friction resulting from inconsistent legal regimes); and legal friction resulting from inconsistent legal regimes is of two types: fi rst, the law differs from jurisdiction to jurisdiction, and second, even within a particular jurisdiction, the rules differ depending on the type of the security device utilized.“20

Unabhängig voneinander entwickelten Llewellyn, Dunham und Gilmore vor diesem Hintergrund in den 40er Jahren die Idee, die unterschiedlichen Sicherungsrechte, welche in den bundesstaatlichen Rechten vorgesehen waren (chattel mortgage, pledge, conditional sale, trust receipts und factor’s lien), als Regelungsgegenstand aufzugeben, und stattdessen die unterschiedlichen Finanzierungsarten (Finanzierung des Anlagevermögens, des Umlaufvermögens, Abzahlungsgeschäfte von Verbrauchern) als Regelungsobjekt mit ihren speziverhalt. Der Begriff des Eigentums erlaubt es nach Ross, die Aussage „Wer eine Sache erworben hat, kann bei ihrer schuldhaften Beschädigung durch einen Dritten Schadensersatz verlangen.“ in zwei Sätze aufzulösen: 1.) „Wer eine Sache erworben hat, ist ihr Eigentümer.“ 2.) „Wer Eigentümer einer Sache ist, kann Schadensersatz von demjenigen verlangen, der sie schuldhaft beschädigt hat.“ Im Kern kommt diese Argumentation den oben (S. 227 ff.) hinsichtlich des „dinglichen Rechts“ geltend gemachten Zweifeln sehr nahe. In Bezug auf das Eigentum ist Ross’ Argumentation allerdings möglicherweise zirkelschlüssig, da er nicht erklären kann, wie man ohne das Konzept des Eigentums eine Sache erwerben kann. „To lawfully purchase an object“ setzt das Eigentum als Rechtsinstitut (und nicht nur als Begriff) voraus. 19 Siehe das Zitat bei Twining, Karl Llewellyn and the Realist Movement, S. 304. 20 Cohen, 20 University of Pennsylvania Journal of International Economic Law 423, 424, der in dieser Passage die Rechtslage am Ende des 19. Jahrhunderts beschreibt (scenario 99). Auf S. 428 macht er deutlich, dass sich der Zustand der Zersplitterung bis zur Einführung des UCC fortgesetzt hatte. Eine Ausnahme machte insoweit nur die Verpfändung von Warenlagern, die in Form von trust receipts in den vierziger Jahren in allen Staaten anerkannt wurde.

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§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code

fischen tatsächlichen Besonderheiten in den Blick zu nehmen. 21 Ausgangspunkt der Regelung sollte also – nach den Maximen der Realists – nicht eine bestimmte rechtliche Transaktion, sondern der zu erfassende Lebenssachverhalt sein. Die endgültige Fassung von Article 9 UCC ging freilich einen noch radikaleren Weg, indem sie auch die Trennung nach Finanzierungsarten weitgehend aufgab. Einerseits hatte sich eine klare Abgrenzung als zu schwierig erwiesen, andererseits hatte sich gezeigt, dass die einzelnen Abschnitte zahlreiche Wiederholungen aufwiesen, da die Unterschiede in der Behandlung der Finanzierungsarten geringer als angenommen waren, so dass auch eine weitgehende einheitliche Erfassung möglich schien. 22 Daher steht im Zentrum der Regelung das Konzept des security interest, das alle anderen Institute umfasst und zugleich ersetzt, die funktional auf die Schaffung einer Kreditsicherheit an einer beweglichen Sache gerichtet sind. 23

C. Die Grundzüge der Regelung I. Der Anwendungsbereich des Article 9 UCC 1. Erfasste Sicherungsgüter und Parteien Article 9 UCC gilt gemäß § 9–109 (a) UCC für sämtliche Sicherheiten, die sich auf personal property beziehen. Dieser Begriff umfasst nicht nur bewegliche Sachen (tangibles) im Sinne von § 90 BGB, 24 sondern auch Rechte – inklusive geistiges Eigentum 25 – und Forderungen (intangibles). 26 Somit sind nur Grundstücke (real property) vom Anwendungsbereich ausgenommen. 27 21

Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 1, S. 290 Fn. 2. A.a.O., S. 292. 23 UCC Official Comment, § 9–102 a. F., Nr. 3. Die traditionellen Sicherungsrechte sind durch Article 9 UCC insofern nicht abgeschafft worden; sie wurden lediglich alle denselben Regeln unterworfen, indem sie sämtlich als security interest verstanden werden. Dieser vor allem für die Übergangszeit wichtige Aspekt des funktionalen Ansatzes spielt heute keine entscheidende Rolle mehr, da der security interest die herkömmlichen Sicherungsrechte auch institutionell insofern ersetzt hat, als diese heute in der Praxis nicht mehr verwendet werden. White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 712. 24 Für Flugzeuge und Schiffe gelten allerdings bundesrechtliche Sondervorschriften, die gemäß § 9–109 (c) (1) UCC vorrangig sind. 25 Für Patente, Warenzeichen und Urheberrechte existieren ebenfalls bundesrechtliche Teilregelungen, für die Article 9 UCC nur ergänzend gilt. Insoweit bestehen für die Praxis erhebliche Unklarheiten bei der Abgrenzung, White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 743 ff. 26 Sigman, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, S. 56. 27 Ein security interest kann auch fi xtures, also Zubehörstücke (v. Plehwe, Besitzlose Warenkreditsicherheiten, S. 222; Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 16) zu Grundstücken betreffen. Das Mobiliarsicherungsrecht hat allerdings grundsätzlich Nach22

C. Die Grundzüge der Regelung

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Auch in persönlicher Hinsicht besitzt Article 9 UCC einen denkbar weiten Anwendungsbereich. Er gilt für alle Arten von Sicherungsgebern und -nehmern und ist nicht etwa auf Transaktionen unter Beteiligung von Unternehmern beschränkt. Auch hier zeigt sich, dass der UCC kein Handelsrecht im Sinne eines Außenprivatrechts für Kaufleute oder Unternehmen ist. Er ist vielmehr an sämtliche Privatrechtssubjekte adressiert, so dass Article 9 UCC auch für Verbrauchergeschäfte gilt. 28

2. Erfasste Vertragstypen Bereits erwähnt wurde, dass Article 9 UCC alle Transaktionen erfasst, welche die Sicherung einer Forderung durch die Bestellung eines Vorzugsrechts an einer beweglichen Sache oder einem Recht bezwecken. Daher gilt die Regelung unter anderem für Pfandrechte (Pledge und chattel mortgage), Eigentumsvorbehalte (title retention oder conditional sale), 29 Drittfinanzierungen von Vorräten (inventory fl oor planning), Sicherungsabtretungen (receivables financing) und Sicherungskäufe (sale and resale). Die Einbeziehung des Eigentumsvorbehalts in die Article 9 UCC ergibt sich ganz deutlich aus § 2–401 (1) UCC: „Any retention or reservation by the seller of the title (property) by the goods shipped or delivered to the buyer is limited in effect to a reservation of a security interest.“

Dass der Verkäufer bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung Eigentümer der gelieferten Waren bleibt, ist also nach der Regelung des UCC kein Anlass, den Verkäufer anders zu behandeln als einen gewöhnlichen Sicherungsnehmer, der einen Kredit für die Anschaffung eines Gegenstands gewährt.30 Article 9 UCC differenziert insofern nicht danach, in welcher Branche (Handel oder Kreditwirtschaft) der Kreditgeber tätig ist, sondern danach, ob es sich bei dem Kredit um einen Anschaffungskredit oder um ein Darlehen ohne bestimmten Verwendungszweck handelt. Kreditsicherheiten für Anschaffungsfinanzierungen genießen als purchase-money security interest ein Vorrecht (super priority) gegenüber sonstigen Sicherungsnehmern – gleich ob die Kreditgewährung darin besteht, dass eine Bank den Erwerb finanziert, oder ob die Finanzierung durch eine Stundung seitens des Verkäufers erfolgt. Diese Gleichbehandlung von

rang gegenüber etwaigen Grundpfandrechten, die das Zubehörstück mit erfassen, § 9–334 (c) UCC. 28 Allerdings kennt Article 9 UCC Sondervorschriften zum Verbraucherschutz, so etwa besondere Informationspflichten bei der Verwertung des Sicherungsguts, § 9–614. 29 Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 17. 30 Es gelten allerdings einige Sondervorschriften insbesondere bis zum dem Zeitpunkt, zu dem der Käufer Besitz an den Waren erwirbt. Bis dahin besteht kein Registrierungserfordernis, § 9–110 UCC.

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§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code

Geld- und Warenkreditgeber, soll im Zusammenhang mit der super priority des purchase-money security interest näher dargestellt und hinterfragt werden.31 Neben den bisher erwähnten Sicherungsgeschäften werden durch § 9–109 (a) (2)–(4) UCC auch andere Transaktionen, die nicht der Bestellung eines Sicherungsrechts dienen, in den Anwendungsbereich von Article 9 UCC einbezogen. Zu diesen Geschäften gehören vor allem „echte“ Forderungsabtretungen im weitesten Sinn (sale of accounts, promissory notes, payment intangibles und chattel paper) 32 sowie Kommissionsgeschäfte (consignments, § 9–102 (a) (20) UCC).33 In dieser Erstreckung des Anwendungsbereichs liegt nur vordergründig eine Durchbrechung des funktionalen Ansatzes. Tatsächlich stellt gerade diese Einbeziehung von nicht auf die Bestellung einer Sicherheit gerichteten Verträgen eine in hohem Maße pragmatische Regelung dar, die einerseits den tatsächlichen Abgrenzungsschwierigkeiten beispielsweise zwischen einer echten und einer sicherungshalber erfolgten Forderungsabtretung Rechnung trägt und andererseits die durch das notice filing-System des Article 9 UCC erzielbare Rechtssicherheit auch für Verträge ohne Sicherungsfunktion verfügbar macht. Das Bedürfnis nach Rechtssicherheit etwa im Bereich der Forderungsabtretung ist beispielsweise im Zusammenhang mit der Verbriefungspraxis (securitization) ganz deutlich geworden. In Deutschland hat man hierauf durch die Schaffung des Refinanzierungsregisters in den §§ 22a ff. KWG reagiert.34 Da durch Article 9 UCC jede Forderungsabtretung – auch wenn sie wie im Rahmen einer Verbriefung nicht sicherungshalber erfolgt – zur Wirksamkeit gegenüber Dritten der Registrierung bedarf, genießen diese Geschäfte automatisch den durch das notice filing und die klaren Prioritätsregeln des Article 9 UCC vermittelten Schutz.35 Vergleichbare Vorteile bietet auch die Einbeziehung von Kommissionsgeschäften. Auch hier werden zur Abgrenzung der Vermögensmassen etwa in der Insolvenz die Prioritätsregeln des Article 9 UCC instrumentalisiert, wodurch – jedenfalls was die Entstehung des Rechts angeht – zugleich die Unterscheidung überflüssig wird, ob es sich bei der Transaktion um ein Sicherungsgeschäft handelt, dem die Parteien nur das Gewand eines Kommissionsvertrags gegeben haben.36 31

Siehe unten, S. 420 ff. Zu den Bedeutungen dieser Ausdrücke ausführlich Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 18 f. 33 Darüber hinaus sind auch gesetzliche Pfandrechte an landwirtschaftlich genutzten Gegenständen (agricultural lien) erfasst. 34 Siehe oben, S. 38 f. 35 Zu den (positiven) Auswirkungen der Reform von Article 9 UCC auf Securitizations, Schwarcz, 74 (1999) Chicago-Kent Law Review 947 ff. 36 Sigman, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, S. 67. Nicht in allen Fällen lässt sich die Differenzierung vollkommen vermeiden, denn bei der Durchsetzung 32

C. Die Grundzüge der Regelung

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Auch Abgrenzungsfragen im Bereich des Factorings erledigen sich durch den weiten Anwendungsbereich von Article 9 UCC weitgehend. Die Frage, ob es sich beim unechten Factoring wegen der Rückbelastungsmöglichkeit um ein Sicherungsgeschäft handelt,37 ist daher nach dem UCC irrelevant, denn als sale of accounts unterliegt die Transaktion in jedem Fall den für security interests geltenden Vorschriften.

3. Die Einordnung des Finanzierungsleasings Allerdings vermag auch Article 9 UCC nicht alle Abgrenzungsschwierigkeiten durch die dargestellte Methode der großzügigen Einbeziehung zu beseitigen. Ein Standardproblem ist auch nach der jüngsten Reform die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Leasingvertrag in den Anwendungsbereich der Regelung fällt. Der UCC trennt zunächst in Article 2A zwischen (true) leases38 und finance leases39. Finance leases werden als Unterfall von leases gesehen. Die für finance leases geltenden Sondervorschriften tragen den in erster Linie schuldrechtlichen Problemen in der Dreiecksbeziehung zwischen Leasinggeber, Leasingnehmer und Verkäufer Rechnung.40 Teilweise quer zu dieser Unterscheidung liegt die Abgrenzung zwischen leases und security interests. Solche Verträge, bei denen es sich der Sache nach um Mietkäufe (disguised sale) handelt, werden vom UCC als Sicherungsrechte behandelt und müssen deshalb den (Registrierungs-) Anforderungen von Article 9 UCC genügen, wenn das Recht Dritten gegenüber wirksam sein soll.41 Auch bei Rechtsdurchsetzung in Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz gelten für disguised sales die Vorschriften des Article 9 UCC über security interests.42 Bei der Abgrenzung zwischen lease und disguised sale kommt es entscheidend darauf an, ob für den Leasinggeber/ Vermieter ein wirtschaftliches Interesse daran besteht, die Sache zurück zu ereines security interest und eines consignments (ebenso wie bei einem sale of accounts) bestehen Unterschiede, die sich daraus ergeben, dass der Kommittent bzw. der Erwerber der Forderung nicht nur ein Sicherungsrecht an dem Gegenstand hat. Entsprechend gelten die Vorschriften, welche die Durchsetzung eines security interest betreffen (§ 9–601 ff. UCC) nicht für White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions Kommittenten und Abtretungsempfänger, § 9–601 (g) UCC. 37 Hierzu aus deutscher Sicht oben, S. 36 f. 38 Unter diesen Begriff fällt nach der Definition in § 2A-103 (1) (p) UCC jede entgeltliche Besitzüberlassung auf Zeit. 39 Dieser Begriff ist in § 2A-103 (1) (l) UCC definiert. 40 Vgl. insbesondere § 2A-209 und § 2A-407 UCC. 41 Will der echte Vermieter oder Leasinggeber einen Streit um die Natur seines Rechts vermeiden, kann auch er sein Recht eintragen, § 9–505 UCC. Das notice filing ist in diesen Fällen aber nicht konstitutiv für die Priorität. 42 Die Unterscheidung spielt gleichfalls eine Rolle im Steuer- und Bilanzrecht, White/ Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 717.

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§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code

langen.43 Dieser residuary interest kann sich etwa daraus ergeben, dass dem Leasinggeber eine Wertsteigerung der Sache während der Vertragslaufzeit zugute kommt. Sind dagegen Wertveränderungen der Sache für die wirtschaftliche Position des Leasinggebers unbeachtlich, weil sie ihm ohnehin nur bis zur Höhe der besicherten Forderung haftet, so besteht kein Interesse des Gläubigers an der Sache selbst, so dass es sich um ein Sicherungsgeschäft handelt. Die Abgrenzungskriterien sind im Einzelnen in § 1–203 UCC festgelegt, wobei freilich das Bestehen eines residuary interest nicht unmittelbar als Kriterium genannt wird. Die Vorschrift zählt stattdessen eine Fülle von Faktoren auf, die im Einzelfall für oder gegen die Annahme eines echten Leasinggeschäfts oder eines security interest sprechen sollen. Als wichtigstes Kriterium nennt die Vorschrift die Laufzeit des Vertrages: Ist diese gleich oder länger als die durchschnittliche Lebensdauer (economic life) des Leasingguts, spricht dies für ein security interest. Das Gleiche gilt, wenn der Leasingnehmer eine Verlängerungs- oder Kaufoption44 hat. Die Parallelen der Regelung des UCC zu den deutschen Leasingerlassen45 sind nicht zu verkennen.46 Unter sehr ähnlichen Bedingungen, unter denen nach den Leasingerlassen das „wirtschaftliche Eigentum“ dem Leasingnehmer zugerechnet wird, behandelt der UCC Leasingverträge als security interest. Erlasskonforme Leasingverträge deutschen Typs unterfallen daher nicht den Regeln des Article 9 UCC über security interests. Das U. S.-amerikanische Recht behandelt somit das (nicht-erlasskonforme) Finanzierungsleasing als Sicherungsrecht. In der Insolvenz des Leasingnehmers hat der Leasinggeber daher nur ein Verwertungsrecht am Leasinggut. 47 Hierdurch wird der Leasinggeber in die Gemeinschaft der Insolvenzgläubiger einbezogen. Er kann sich dieser nicht durch Aussonderung des Leasingguts entziehen. Die Lösung des UCC zeigt, dass eine konsequent funktionale Einordnung des (nicht-erlasskonformen) Finanzierungsleasings zu seiner Erfassung als Kreditsicherungsrecht führt. Ob dieser funktionale Gesichtspunkt durch die dingliche Stellung des Leasinggebers aufgewogen wird, so dass die Zuerkennung eines Aussonderungsrechts vorzugswürdig wäre, soll im Zusammenhang mit der Behandlung des purchase-money security interest erörtert werden, da

43 Huddleson, 39 (1988) Alaska Law Review 615, 625; Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 27. 44 Wobei es auf den Optionspreis ankommt: Ist dieser größer oder gleich des Restwerts, spricht dies für einen Mietleasingvertrag, ist der Optionspreis geringer, handelt es sich um einen Sicherungsvertrag, § 1–203 UCC. 45 Erlasse des Bundesministeriums der Finanzen: Mobilienleasingerlass v. 19. 4. 1971; Teilamortisations-Erlass v. 22. 12. 1975, hierzu oben, S. 222 f. 46 Ausführlich zur Regelung im Einzelnen White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 718 ff. 47 White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 718 ff.

C. Die Grundzüge der Regelung

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sich dasselbe Problem – die Bedeutung der Qualität der Rechtsposition des Gläubigers – noch schärfer beim (einfachen) Eigentumsvorbehalt stellt. 48

4. Rangrücktritte und Negativerklärungen Die Grenzen des Anwendungsbereichs von Article 9 UCC sind erreicht, wenn man Rangrücktritte und Negativerklärungen in den Blick nimmt. Funktional betrachtet lassen sich beide Transaktionstypen als Kreditsicherheit betrachten.49 Dass Rangrücktritte dennoch keine security interests im Sinne des UCC sind, wird durch § 1–209 UCC klargestellt. Mit dieser Regelung sollte verhindert werden, dass durch eine großzügige Bestimmung des Anwendungsbereichs von Article 9 UCC Geschäfte erfasst werden, die nach dem Verständnis der Urheber der Regelung ungeregelt bleiben sollten. Der Grund für diese Beschränkung ist angesichts des funktionalen Grundansatzes der Regelung nicht leicht ersichtlich. Er ist wohl am besten mit einer Art legislative self restraint beschrieben, den Gilmore selbst anschaulich so ausdrückt: „Article 9, for all its comprehensiveness, is a statute drafted to regulate certain wellknown or institutionalized types of fi nancing transactions. It is fair enough to say that a transaction which sets out to be one of those types should conform to the Article 9 UCC rules or fall by the wayside. But beyond the area of institutionalized transactions, there stretches a no-man’s land, in which strange creatures do strange things. For these strange things there are no rules; it makes no sense to measure them against the rules which professionals have developed for professional transactions. The best that can be done is to let the courts pick their way from case to case, working out their solutions ad hoc and ad hominem.“50

Diese Erklärung der Beschränkung des Anwendungsbereichs zeigt nicht nur, dass die Verfasser des UCC die Regelung eher als common law statute denn als kontinentaleuropäische Kodifikation verstanden haben. Sie gibt zugleich ein Musterbeispiel für den pragmatischen Ansatz der Legal Realists. Ein Dogmatiker kontinentaleuropäischer Schule hätte vermutlich versucht, den Ausschluss der Rangrücktrittsvereinbarungen und erst recht der Negativerklärungen damit zu erklären, dass diese keine „dinglichen Rechte“ im Vermögen des Schuldners erzeugen, weshalb sie keine Sicherungsrechte im herkömmlichen Sinn seien. Die Ausführungen Gilmores zeigen, wie fremd den Verfassern des UCC eine solche Argumentation war. Gilmore beruft sich stattdessen darauf, dass es für diese noch nicht standardisierten Vertragstypen „praktischer“ sei, die Freiheit der Gerichte bei der Entwicklung von Lösungen nicht durch eine – not48

Siehe unten, S. 420 ff. Siehe oben, S. 309 ff. Ebenso Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 1, S. 337; White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 715. 50 Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 1, S. 337. 49

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§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code

wendigerweise im Theoretischen fußende und an den Bedürfnissen von Gläubigern und Schuldnern vorbeigehende – Regelung zu beschneiden. Insofern kennzeichnet die zitierte Passage schließlich in bemerkenswerter Weise das Verhältnis von Gerichten und Gesetzgeber soweit es den UCC anlangt: Der UCC will in erster Linie nur die bereits zuvor bestehende Praxis vereinheitlichen und die zugrunde liegenden Regeln fi xieren. Rechtsschöpfung im engeren Sinn war nicht das Ziel der Verfasser. Konsequenterweise enthielten sie sich einer Aussage auf Feldern, in denen das Recht noch nicht durch Praxis und Gerichtsentscheidungen entwickelt war. Der funktionale Ansatz wird hier also dem Pragmatismus einerseits und der Zuständigkeitsabgrenzung in common law Rechtsordnungen andererseits untergeordnet.

II. Entstehung (Attachment) des Security Interest 1. Begriff und Abgrenzung zur Perfection Für das Verständnis der US-amerikanischen Regelung äußerst wichtig ist die Differenzierung des Article 9 UCC zwischen der Entstehung (attachment) des security interest als zweiseitigem Rechtsverhältnis und der Vervollkommnung (perfection) des Sicherungsrechts. Nach der Konzeption von Article 9 UCC bedarf es zur Entstehung des Sicherungsrechts lediglich eines Vertrags (security agreement) zwischen Schuldner und Gläubiger. Durch diesen Vertrag kommt es zum attachment. Dies bedeutet aber grundsätzlich 51 lediglich, dass der Gläubiger sein Sicherungsrecht an der Sache gegenüber dem Sicherungsgeber52 durchsetzen kann. Zwar kann nach § 9–201 (a) UCC auch der Inhaber eines security interest der nur attached ist, sein Recht anderen Gläubigern gegenüber geltend machen. Eine echte absolute Wirkung ergibt sich hieraus jedoch nicht, da diese Regel so zahlreiche und gewichtige Ausnahmen kennt, dass insbesondere in den entscheidenden Fällen der Inhaber eines nicht perfektionierten Sicherungsrechts im Prioritätskonflikt mit einem anderen Gläubiger oder dem Insolvenzverwalter den Kürzeren zieht. Zur vollen Drittwirksamkeit des Sicherungsrechts (perfection), insbesondere zur Herstellung seiner Insolvenzfestigkeit ist somit weitere Voraussetzung, dass einer der Tatbestände der §§ 9–310 ff. UCC erfüllt ist. Die Grundregel ergibt sich dabei aus § 9–310 (a) UCC, wonach Vor-

51 Eine Ausnahme machen die Fälle, in denen es zu perfection upon attachment gemäß § 9–309 UCC kommt. Wichtigster Fall sind hier Sicherheiten, die der Finanzierung von Verbrauchsgüterkäufen dienen (purchase-money security interest in consumer goods). 52 Der UCC spricht den Sicherungsgeber als debtor an, vgl. § 9–102 (a) (28) UCC, der persönliche Schuldner der besicherten Forderung wird als obligor bezeichnet, § 9–102 (a) (59) UCC.

C. Die Grundzüge der Regelung

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aussetzung der perfection das filing eines financing statement bei der zuständigen Stelle ist.53 Es fällt schwer, in der deutschen Dogmatik eine Parallele zu diesem Wandel zu ziehen, den der security interest durch die perfection erlebt. Anders als etwa bei Grundstücksrechten nach deutschem Recht ist eben die Eintragung nicht Entstehungsvoraussetzung des Rechts; das Sicherungsrecht erfasst das Sicherungsgut vielmehr bereits mit Vertragsschluss. Die Eintragung, also das filing eines financing statement, ist insofern nur Voraussetzung der erga omnes Wirkungen des Sicherungsrechts, sie ist aber nicht Element des Entstehungstatbestands des Rechts. Aus kontinentaler Sicht scheint sich insoweit unmittelbar die Frage aufzudrängen, ob es sich beim unperfected security interest überhaupt schon um ein dingliches Recht handelt. Hierfür mag sprechen, dass auch das attachment schon Rechte an der Sache begründet, kraft derer der gesicherte Gläubiger die Sache verwerten darf. Verwendet man jedoch die hier54 vorgezogene rein wirkungsbasierte Definition würde man die Dinglichkeit wohl eher – insbesondere wegen der fehlenden Insolvenzfestigkeit – verneinen müssen. Der Frage soll hier nicht weiter nachgegangen werden. Wie gesehen hilft der Begriff des dinglichen Rechts bei der Lösung einzelner Prioritätskonflikte kaum weiter. Dem pragmatischen Geist der Regelung entsprechend, lässt auch der UCC diese theoretische Frage auf sich beruhen und entscheidet die Konflikte zwischen den verschiedenen Gläubigern nicht nach dem „dinglichen Charakter“ ihres Rechts, sondern anhand einer Abwägung der konkret berührten Interessen. Terminologisch ergibt sich hieraus das Problem der korrekten Übersetzung des Ausdrucks perfection. „Herstellung der Drittwirksamkeit“ oder „Absolutheit“ wäre insofern irreführend, weil eine solche Übertragung kontinental-sachenrechtliche Konzepte bemüht, die nicht ohne weiteres auf den security interest passen.55 Ein security interest ist eben auch schon vor perfection prinzipiell Dritten gegenüber wirksam, was sich etwa daran zeigt, dass ein not perfected security interest bösgläubigen Erwerbern des Sicherungsguts gegenüber bestehen bleibt. Allerdings ist er Dritten gegenüber – insbesondere dem Insolvenzverwalter – nicht immer vorrangig. Um diesen Unterschied in der dogmatischen Konstruktion nicht zu verwischen, wird hier perfection – freilich ein wenig farblos – mit „Vervollkommnung“ übersetzt.

53 54 55

Näher zum filing unten, S. 376 ff. Siehe oben, S. 227 ff. Vgl. auch Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 36 f.

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2. Entstehungsvoraussetzungen Attachment eines security interest bedeutet nach § 9–203 (a) UCC, dass das Sicherungsrecht gegenüber dem Sicherungsgeber sowie gegenüber anderen Gläubigern durchsetzbar ist. Insofern ist das attachment gleichbedeutend mit der Entstehung des Sicherungsrechts, 56 denn erst wenn die Voraussetzungen des attachments erfüllt sind, kann der Sicherungsnehmer gegen den Sicherungsgeber vorgehen und etwa die Herausgabe des Sicherungsguts zum Zwecke der Verwertung verlangen (vgl. § 9–609 f. UCC). Wie bereits erläutert, ist die Frage der Durchsetzbarkeit (enforceability) dabei strikt von der Frage des Vorrangs (priority) zu trennen. § 9–203 (b) UCC nennt drei Voraussetzungen für die Durchsetzbarkeit eines security interest: – die Erbringung einer Gegenleistung durch den Sicherungsnehmer (value has been given); – die entsprechende Rechtsmacht des Sicherungsgebers (the debtor has rights in the collateral or the power to transfer rights in the collateral to a secured party); – die Ausfertigung einer Sicherungsvereinbarung durch den Sicherungsgeber, in der das Sicherungsgut beschrieben wird (the debtor has authenticated a security agreement that provides a description of the collateral). Als Gegenleistung genügt nach § 1–204 UCC nicht nur die tatsächliche Zurverfügungstellung von Kredit, sondern auch das bloße Versprechen, künftig Kredit zu gewähren, so dass ein attachment mit der möglichen Folge der Rangwahrung auch dann erfolgt, wenn das Kapital tatsächlich erst später überlassen wird.57 Erst recht genügen Kreditgewährungen dieser Voraussetzung, die in der Vergangenheit stattgefunden haben, so dass eine Verbindlichkeit auch nachträglich besichert werden kann.58 Das Erfordernis einer Gegenleistung nach § 9–203 (b) (1) UCC darf insofern nicht mit dem oben entwickelten Konzept von der haftungsrechtlichen Kompensation der Masseminderung durch die Kapitalgewährung59 verwechselt werden. Denn das value-Erfordernis ist nicht allseitig auf die übrigen Gläubiger des Schuldners bezogen, sondern setzt nur die allgemeine consideration-Doktrin des common law, die eine Wirksamkeitsvoraussetzung zweiseitiger Verträge formuliert, 60 auf Sicherungsrechte um, indem es die vom Sicherungsnehmer zu erbringende Gegenleistung als Wertübertra56

Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 1, S. 352. LoPucki/Warren, Secured Credit – A Systems Approach, S. 176. 58 Sigman, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, S. 65. 59 Siehe oben, S. 261 ff. 60 Black’s Law Dictionary, „consideration“: Consideration, or a substitute such as promissory estoppel, is necessary for an agreement to be enforceable“. Siehe auch Kötz, Europäisches Vertragsrecht I, S. 86 ff. 57

C. Die Grundzüge der Regelung

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gung kennzeichnet. 61 Insofern wird durch das value-Kriterium nicht überprüft, ob der Sicherungsnehmer durch eine Leistung in das Vermögen des Sicherungsgebers den aus der Bestellung des Sicherungsrechts resultierenden Verlust ausgeglichen hat, sondern nur, ob der Sicherungsnehmer überhaupt irgendeine Leistung erbracht oder wenigstens versprochen hat. Praktisch scheint diese Voraussetzung weitgehend bedeutungslos zu sein. 62 Durch die zweite Voraussetzung, nämlich der Rechtsmacht des Sicherungsgebers, wird die Möglichkeit des Erwerbs eines Sicherungsrechts auf die Fälle beschränkt, in denen der Sicherungsgeber entweder tatsächlich oder durch gesetzliche Fiktion in Bezug auf den Sicherungsgegenstand die Fähigkeit besitzt, Sicherungsrechte zu begründen. Soweit es um tatsächlich bestehende Befugnisse des Sicherungsgebers geht, genügt hier nicht nur die Inhaberschaft am Vollrecht, sondern jedes Recht, 63 das der Sicherungsnehmer in Bezug auf das Sicherungsgut besitzt. So kann etwa auch der Leasingnehmer ein Sicherungsrecht am Leasinggut bestellen. 64 Das Sicherungsrecht kann freilich nicht weiter reichen als die zugrunde liegende Berechtigung. Zu beachten ist aber, dass sich die Rechtsmacht nicht immer aus einer rechtsgeschäftlich oder dinglich vermittelten Befugnis ergeben muss, sondern auch auf einer gesetzlichen Bestimmung beruhen kann. So wird etwa für den Kommissionär unwiderleglich gemäß § 9– 319 (a) UCC vermutet, dass er dieselben Rechte am Kommissionsgut hat wie der Kommittent, so dass er wirksame Sicherungsrechte an diesem bestellen kann, die sogar dem Kommittenten gegenüber vorrangig sind, wenn dieser keine perfection seines Rechts herbeigeführt hat. 65 Unter diesen Voraussetzungen ist auch ein Erwerb von Rechten möglich, die der Sicherungsgeber nicht selbst inne hatte. Abgesehen von diesen Ausnahmen besteht jedoch keine allgemeine Möglichkeit, einen security interest gutgläubig zu erwerben. Die auch praktisch wichtigste Voraussetzung für das attachment ist schließlich die Ausfertigung (authentication) eines security agreement, welches das Sicherungsgut kennzeichnet. Für das security agreement ist zwar gesetzlich keine Schriftform vorgesehen, praktisch wird es aber in mehr oder weniger allen Fällen entweder in schriftlicher oder elektronischer Form vorliegen. Dies ergibt sich schon aus dem authentication-Erfordernis, das in der Praxis für die meisten Fälle gilt. Denn dieses verlangt entweder die Unterschrift oder eine andere Form (elektronische Verschlüsselung) der eindeutigen Zuordnung der Abrede 61 Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 1, S. 352. Unrichtig Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S. 74, der dem value-Erfordernis die Akzessorietät des security interest entnimmt. 62 White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 756. 63 Der bloße Besitz genügt daher nicht. 64 White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 757. 65 UCC Official Comment, § 9–319, Example 1; Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 47. Zur Einbeziehung des Kommissionsgeschäfts in Article 9 UCC siehe oben, S. 357 ff.

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zum Sicherungsgeber. Für mündliche Sicherungsverträge bleiben insofern nur die Fälle des besitzgebundenen Sicherungsrechts nach § 9–203 (b) (3) (B) UCC, bei denen eine authentication entbehrlich ist. Diese ist zwar gleichfalls nicht nötig bei Finanzsicherheiten, sofern der Sicherungsnehmer die Kontrolle (control) über das Sicherungsgut hat, diese Vereinbarungen werden aber schon aus Beweisgründen immer schriftlich erfolgen. 66 Besondere Förmlichkeiten oder gar bestimmte Formulierungen haben die Parteien beim Entwurf des Sicherungsvertrags nicht zu beachten. Es genügt, wenn sich der Abrede (konkludent) der Wille des Sicherungsgebers entnehmen lässt, dem Sicherungsnehmer ein Sicherungsrecht an einem oder mehreren Vermögensgegenständen für eine oder mehrere gegenwärtige oder künftige Forderung zuzuwenden. 67 Aus rechtsvergleichender Sicht verdient das Erfordernis der Angabe des Sicherungsguts im security agreement, das näher in § 9–108 UCC eingegrenzt wird, besondere Aufmerksamkeit. Bemerkenswert ist insoweit zunächst, dass Article 9 UCC kein dem kontinentalen Spezialitätsprinzip verwandtes Konzept kennt. 68 Nicht nur können Sicherungsrechte nach Article 9 UCC das gesamte inventory des Sicherungsgebers 69 oder Gattungen (categories) bestimmter Gegenstände – wie etwa den „gesamten Viehbestand“ erfassen, 70 sie können sich gemäß § 9–108 (b) (4), (5) UCC auch auf nur rechnerische Teile dieser Bestände erstrecken, also etwa auf die Hälfte aller im Besitz des Sicherungsgebers befindlichen Vorräte.71 Bei der Verpfändung einer von drei Maschinen des Sicherungsgebers wird dagegen eine Individualisierung erforderlich sein, da sonst unklar bleibt, welche Maschine betroffen ist. Einer eindeutigen Abgrenzung bedarf es, weil sich die Maschinen nach Art und Zustand möglicherweise unterscheiden, so dass ihr Sicherungswert differieren kann. Das Spezialitätserfordernis besitzt in Article 9 UCC insofern nicht den Rang eines dogmatischen Prinzips – in dem Sinn, das überhaupt nur Sicherungsrechte an einzelnen Sachen bestellt werden können –, sondern ist auf seinen pragmatischen Gehalt zurückgeführt worden, der auf die Lösung der Frage abzielt, was der Gläubiger für sich beanspruchen kann. Wertungsmäßige Gründe, ihm ein Recht an „einem Drittel der Aluminiumvorräte“ zu versagen, bestehen nach dem Konzept des UCC nicht. In jedem Fall genügt daher die (großzügig verstandene) objektive Bestimmbarkeit, wobei freilich nach § 9–108 (c) UCC Klauseln wie „all the debtor’s assets“ oder „all the debtor’s personal property“ nicht anerkannt werden. Diese 66 Zum control-Konzept siehe näher im Zusammenhang mit den Regeln über perfection, unten, S. 372 ff. 67 Sigman, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, S. 65. 68 Sigman, in: Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property, S. 65. 69 Nach § 9–108 (b) (3) UCC kann die Beschreibung des Sicherungsguts durch die Bezugnahme auf im UCC definierte Arten (type) von Sicherungsgütern erfolgen. Der UCC definiert in § 9–102 beispielsweise equipment, fi xtures, goods, inventory, investment property. 70 White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 752. 71 White/Summers, a.a.O.

C. Die Grundzüge der Regelung

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Beschränkung bezüglich so genannter supergeneric language ist aus dem früheren Fallrecht übernommen worden. Ihr telos ist ein wenig dunkel, können doch die Parteien ohne weiteres das wirtschaftlich identische Ergebnis durch wenige Worte mehr – etwa die Aufzählung aller Gattungen – erreichen. 72 Eine umfangmäßige Beschränkung des Sicherungsrechtes ist durch das Verbot der supergeneric language jedenfalls weder bezweckt noch erwirkt. Dies wird auch daraus ersichtlich, dass die Bestimmtheitsanforderungen hinsichtlich der Beschreibung im security agreement von denen abweichen, die für das financing statement gelten, das Gegenstand der Registrierung ist. Denn hinsichtlich des financing statement ist die Verwendung der durch § 9–108 (c) UCC inkriminierten Formulierungen zulässig. Eine Verpfändung aller Vermögensgegenstände des Schuldners wird also durch § 9–108 (c) UCC nicht ausgeschlossen; die Norm stellt nur (leicht zu erfüllende) Erfordernisse hinsichtlich der Bezeichnung auf.

3. Reichweite Die im deutschen Recht häufige Kombination einer Sicherungsübereignung, bei welcher der Sicherungsgeber zur Verfügung über die Sicherungsgüter im Wege des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs ermächtigt ist, mit der Vorausabtretung der aus diesen Verfügungen zugrunde liegenden Verträgen gegen seine Abnehmer („verlängerte Sicherungsübereignung“) 73 wird im UCC durch § 9–203 (f) UCC geregelt. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich das Sicherungsrecht ohne weiteres nicht nur auf das im security agreement angegebene Sicherungsgut selbst, sondern auch auf seine Surrogate und seine Früchte (proceeds). Zu diesen gehören nach § 9–102 (64) UCC unter anderem Erlöse aus Geschäften mit dem Sicherungsgut, Zahlungen auf verpfändete Forderungen, Dividenden, Mieteinkünfte und Ersatzansprüche wegen Beschädigungen oder Untergang des Sicherungsguts. Durch das attachment erwirbt der Sicherungsnehmer also nicht nur ein Recht an der Sache selbst, sondern seine Sicherheit erstreckt sich automatisch auch auf dasjenige, was der Sicherungsgeber für oder durch die Sache erlangt.74 Damit trägt die Regelung der Sichtweise der Praxis Rechnung, nach der nicht die Sache als Rechtsgegenstand von Bedeutung ist, sondern der in ihr ver72 McCormack, Secured Credit, S. 142 unter Bezug auf In re Legal Data Systems Inc., (1991) 135 B. R. 199. 73 Schimansky/Bunte/Lwowski/Ganter, Bankrechts-Handbuch, § 95 Rn. 127. Siehe zur Anfechtbarkeit von Zahlungen, die der Sicherungsnehmer von Dritten erhält BGH, Urt. v. 19. 3. 2009, NZI 2009, 379. 74 Voraussetzung ist, dass die Surrogate und Erträge im Vermögen des Sicherungsgebers als solche identifizierbar sind. Insoweit stellen sich ähnliche Probleme wie bei der deutschen Ersatzaussonderung nach § 48 InsO. Für Einzelheiten zum U. S.-amerikanischen Recht Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 53 ff.

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körperte Wert, der sich insbesondere bei Wirtschaftsgütern wiederum in erster Linie nach dem Ertragswert bemisst. Durch die automatische Einbeziehung von Surrogaten und Früchten in die Sicherungsvereinbarung entspricht die Regelung des UCC dieser wirtschaftlichen Betrachtung und befriedigt so das Bedürfnis der Sicherungsnehmer wie -geber, den im Sicherungsgut verkörperten wirtschaftlichen Wert als Sicherheit verfügbar zu machen, der vom bloßen Substanzwert zu unterscheiden ist. Das deutsche Recht, das im Ausgangspunkt einen gegenständlichen Ansatz verfolgt, erreicht teilweise dadurch ein ähnliches Ergebnis, dass aufgrund der (sicherungsweisen) Vollrechtsübertragung des Sicherungsguts auf den Sicherungsnehmer diesem auch etwaige deliktische Schadensersatzansprüche gegen Dritte zustehen.75 Probleme bereitet allerdings schon die Einbeziehung vertraglicher Ersatzansprüche des Sicherungsgebers; insoweit behilft sich die Rechtsprechung teilweise dadurch, dass sie den Sicherungseigentümer in den Schutzbereich dieser Verträge einbezieht.76 Im Übrigen bedarf es allerdings einer ausdrücklichen vertraglichen Abrede, welche die Sicherungsvereinbarung auch auf die Surrogate des Sicherungsguts erstreckt. Für Ansprüche auf Zahlung der Versicherungssumme für das Sicherungsgut sehen die Sicherungsverträge deswegen eigene Vorausabtretungen vor.77 Gleichfalls erwirbt der Sicherungsnehmer auch nur dann Ansprüche auf den Erlös, sofern die Parteien eine solche Vorausabtretung vereinbart haben. Schließlich sind Früchte des Sicherungsguts nach deutschem Recht ebenfalls nicht von der Sicherungsübereignung erfasst, sofern die Parteien dies nicht ausdrücklich im Sicherungsvertrag vorsehen. 78 Deutlich wird aus diesem Vergleich der Reichweite eines security interest mit der einer Sicherungsübereignung oder -abtretung nach deutschem Recht, dass der UCC das Sicherungsgut als umsatzfähiges Wirtschaftsgut anspricht, während die deutsche Regelung als Konsequenz der Orientierung an den Prinzipien des Sachenrechts das Sicherungsgut als einzelnen Vermögensgegenstand begreift. Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man nach dem Schicksal von Nebenrechten zum Sicherungsgut fragt. Insbesondere bei sicherungsweise abgetretenen Forderungen besteht für den Sicherungsnehmer ein großes Interesse daran, mit der Forderung als Sicherungsgut auch etwa für sie bestellte Personalsicherheiten zu erwerben. Nur so ist für den Sicherungsnehmer sichergestellt, 75

BGH, Urt. v. 20. 5. 1958, NJW 1958, 1231. BGH, Urt. v. 22. 1. 1968; BGHZ 49, 350, 354: Der Vermieter von Geschäftsräumen müsse stets damit rechnen, dass die eingelagerten Sachen nicht dem Mieter gehörten, die Einbeziehung der Eigentümer in den Schutzbereich sei daher gerechtfertigt. Anders für privat vom Sicherungsgeber abgeschlossene Verträge BGH, Urt. v. 7. 11. 1984, NJW 1985, 489, da es insoweit an der Erkennbarkeit für den Vertragspartner fehle. 77 Vgl. etwa § 9 Raumsicherungsübereignungsvertrag, Krauß/Weise (Hrsg.), Beck’sche Onlineformulare, 3.5. 78 BGH, Urt. v. 24. 10. 1979, NJW 1980, 226. 76

C. Die Grundzüge der Regelung

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dass er auch alle Befriedigungschancen, die mit der Forderung verknüpft sind, erlangt. Nach § 9–203 (f) UCC sind solche supporting obligations 79 ebenso wie proceeds vom attachment des Sicherungsguts selbst erfasst. Einer besonderen Verpfändung oder Übertragung bedarf es nicht. Auch nach deutschem Recht gehen Nebenrechte gemäß § 401 Abs. 1 BGB automatisch mit der Forderung auf den Sicherungsnehmer über. Für die im Gesetz genannten akzessorischen Sicherheiten ist diese Regel an sich eine Selbstverständlichkeit, sie wird aber in entsprechender Anwendung auch auf nicht-akzessorische Sicherheiten wie den Schuldbeitritt erstreckt. 80 Für treuhänderische Sicherheiten – also Sicherungsabtretungen, Sicherungsübereignungen und Eigentumsvorbehalte – bedarf es dagegen einer gesonderten Übertragung, wobei umstritten ist, ob sich eine hierauf gerichtete Verpflichtung des Sicherungsgebers ohne weiteres konkludent dem Sicherungsvertrag entnehmen lässt. Die deutsche Rechtsprechung verfährt hier durchaus großzügig81 und erreicht damit dem U. S.-amerikanischen Recht vergleichbare Ergebnisse. Allerdings werden in der Literatur immer wieder Zweifel geäußert, ob nicht der fiduziarische Charakter dieser Sicherheiten einer solchen Auslegung des Sicherungsvertrags entgegensteht, da der Sicherungsnehmer als Treuhänder gegenüber seinem Sicherungsgeber gebunden ist, so dass die Übertragung treuwidrig sein könnte. 82 Die von Article 9 UCC bestimmte Reichweite des attachment zeigt insofern nicht nur, wie sehr die Regelung im Vergleich mit der deutschen Rechtslage auf die praktischen Bedürfnisse der Parteien zugeschnitten ist, sondern auch wie weit sie gerade den Interessen des Sicherungsnehmers entgegenkommt, der durch die Bestellung eines Sicherungsrechts an einem bestimmten Vermögensgegenstand nicht nur ein Vorzugsrecht an diesem selbst erwirbt, sondern ohne weiteres auch in den Genuss eines Rechts an Erlösen und Erträgen kommt sowie bestehende Nebenrechte erwirbt.

4. Die Behandlung revolvierender Sicherheiten Die Flexibilität und Praxisnähe der Regelung über das attachment zeigen sich auch, soweit es um die Zulässigkeit revolvierender Sicherheiten geht. Zunächst kann nach § 9–204 UCC die Beschreibung des Sicherungsguts auch künftige Vermögensgegenstände (after-acquired property) des Schuldners mitumfassen, 79

Vgl. die Definition in § 9–102 (77) UCC. BGH, Urt. v. 23. 11. 1999, NJW 2000, 5075. 81 RG, Urt. v. 8. 12. 1961, RGZ 89, 193, 195 (Sicherungsübereignung); BGH, Urt. v. 15. 6. 1964, BGHZ 42, 53, 56 f. (Eigentumsvorbehalt); Urt. v. 27. 3. 1981, BGHZ 80, 228, 232 (Sicherungsgrundschuld). 82 MünchKomm-BGB/Roth, § 401 Rn. 14 f.; Staudinger/Busche, BGB, § 401 Rn. 39; Erman/Westermann, BGB, § 401 Rn. 4. 80

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soweit es sich nicht um Haushaltsgegenstände (consumer goods) oder deliktische Ansprüche handelt. Die erheblichen dogmatischen Probleme, die sich für das deutsche Recht durch die Bemühung antizipierter Einigung und antizipierten Besitzkonstituts bei Sicherungsübereignungen von Warenlagern ergeben, 83 sind dem US-amerikanischen Recht aufgrund der eindeutigen Regelung unbekannt. 84 Gleiches gilt für die Frage, ob die Bestellung eines Sicherungsrechts die Befugnis des Sicherungsgebers ausschließt, über das Sicherungsgut zu verfügen, oder ob eine solche rechtsgeschäftliche Gestaltung das Sicherungsrecht unwirksam macht. 85 Nach § 9–205 (a) (1) UCC ist ein Sicherungsrecht auch dann wirksam, wenn dem Sicherungsgeber die Befugnis belassen bleibt, das Sicherungsgut oder sein Surrogat zu benutzen, zu verbrauchen, zu vermischen oder zu veräußern. Sieht die Sicherungsabrede eine derartige Befugnis des Sicherungsgebers vor, so erlischt das Sicherungsrecht durch die Verfügung gemäß § 9–315 (a) (1) a. E. UCC. Durch diese klarstellende Regelung, die als Reaktion auf die vor Einführung des UCC in manchen Staaten angewendete fraud in law rule86 bezüglich revolvierender Sicherheiten zu sehen ist, wird etwaigen Bedenken gegen die Zulässigkeit solcher Gestaltungen die Grundlage entzogen. Die Wirksamkeit revolvierender Sicherheiten etwa an Warenlagern oder Forderungsbeständen (fl oating lien) wird weiter dadurch abgesichert, dass nach § 9–204 (c) UCC ein Sicherungsrecht nicht nur an künftigen Vermögensgegenständen bestellt werden kann, sondern auch der Besicherung künftiger Verbindlichkeiten dienen kann. Durch eine solche Gestaltung besteht die erwünschte Flexibilität nicht nur in Bezug auf das Sicherungsgut, sondern auch in Bezug auf die besicherte Forderung.

5. Das Erlöschen des Security Interest und das Verhältnis zur gesicherten Forderung Als vertraglich begründetes Recht kann der security interest einerseits durch Aufhebungsvertrag oder Verzicht des Sicherungsnehmers erlöschen. Security interests erlöschen andererseits dann, wenn der Sicherungsgeber zugunsten eines Dritten über das Sicherungsgut verfügt und der Sicherungsnehmer mit solchen Verfügungen einverstanden war. Erfolgte die Verfügung ohne die Zustimmung des Sicherungsnehmers, so bleibt das Sicherungsrecht grundsätzlich

83

Siehe oben, S. 125 ff. Zum Sachbegriff sowie zum Bestimmtheitsprinzip des U. S.-amerikanischen Rechts, Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S. 177. 85 Siehe hierzu oben, S. 136. 86 Siehe oben, S. 137, Fn. 254. 84

C. Die Grundzüge der Regelung

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bestehen (§ 9–315 UCC). Von dieser Grundregel bestehen allerdings zwei wichtige Ausnahmen: Einerseits hängt der Fortbestand eines security interest gegenüber einem gutgläubigen Erwerber des Sicherungsguts davon ab, ob das Sicherungsrecht bereits vollkommen gemacht wurde. Nur wenn dies der Fall ist, ist ein gutgläubiger Wegerwerb des Rechts nach § 9–317 (b) UCC ausgeschlossen. Die perfection verhindert also den lastenfreien Erwerb des Sicherungsguts, der im deutschen Recht in Bezug auf Sicherungsübereignung und Eigentumsvorbehalt gemäß § 932 BGB möglich ist. Andererseits erlöschen selbst vollkommene security interests gemäß § 9–320 UCC, wenn das Sicherungsgut im ordentlichen Geschäftsgang veräußert wurde (sale in the ordinary course of business, § 1–201 (9) UCC), wobei es nicht darauf ankommt, ob der Erwerber die Existenz des Sicherungsrechts kannte. Geschäfte im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs genießen insofern unter dem UCC einen umfassenden Schutz. Der Einwand der Bösgläubigkeit ist hier selbst dem Inhaber eines perfected security interest versagt. Durch diese Regel wird die Gefahr vermieden, dass jeder Käufer Nachforschungen über etwa bestehende Sicherungsrechte anstellen muss, um dem Vorwurf der Bösgläubigkeit zu entgehen. Soweit aber Veräußerungen außerhalb des ordentlichen Geschäftsgangs betroffen sind, sind Sicherungsnehmer unter dem UCC einerseits erheblich besser vor dem Verlust ihrer Rechtsposition geschützt, es erledigen sich andererseits die dargestellten87 Diskussionen des deutschen Rechts über das Maß der Nachforschungsobliegenheiten des Erwerbers im Rahmen von § 932 Abs. 2 BGB. Das U. S.-amerikanische Recht lässt demgegenüber den gutgläubigen Wegerwerb eines Sicherungsrechts zwar grundsätzlich zu, macht diesen aber dann unmöglich, wenn der Rechtsinhaber seine Rechtsposition etwa durch Eintragung vollkommen gemacht hat. Das Beispiel zeigt, wie es ein registergestütztes Mobiliarsicherungsrecht ermöglicht, Rechtssicherheit und Verkehrsschutz miteinander zu versöhnen. Das Erlöschen eines security interest kann sich schließlich auch aus dem Wegfall des Sicherungszwecks ergeben, der eintritt, wenn keine vom security agreement erfassten Forderungen (mehr) zwischen den Parteien bestehen und auch die künftige Entstehung solcher Forderungen ausgeschlossen ist. Unter dieser Voraussetzung hat der Sicherungsgeber einen Anspruch nach § 9–513 (b) UCC gegen den Sicherungsnehmer auf Abgabe einer Beendigungserklärung (termination statement), durch deren Registrierung die perfection des security interest aufgehoben wird. Technisch gesehen betrifft diese Regelung zwar nicht den Bestand des Sicherungsrechts selbst, sondern nur die Möglichkeit seiner Vervollkommnung, jedoch liegt der Norm der Gedanke zugrunde, dass ein security 87

Siehe oben, S. 55 f.

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interest, dessen Sicherungszweck erreicht ist, nicht mehr besteht. 88 Insofern lässt sich der security interest als akzessorisches Recht bezeichnen, 89 wenngleich den Vätern der Regelung eine solche dogmatische Festlegung gewiss widerstrebt hätte und deswegen auch keine Deduktionsschlüsse aus dieser Charakterisierung gewonnen werden sollten. Bezüglich der Bestimmung des Sicherungszwecks muss man sich erneut vor Augen führen, dass die Parteien unter Article 9 UCC ähnlich flexibel in der Festlegung des Sicherungszwecks sind, wie bei einer deutschen Sicherungsübereignung oder -abtretung. Auch ein security interest kann nicht nur gegenwärtige Verbindlichkeiten sichern, sondern kann nach § 9–204 (c) UCC auch future advances or other value betreffen. Sieht das security agreement eine derartige Bestimmung vor, so erlischt das Sicherungsrecht erst dann, wenn keine Verpflichtung des Sicherungsnehmers zur künftigen Darlehensgewährung besteht. Die Akzessorietät wird weiter dadurch gelockert, dass es den Parteien möglich ist, Sicherungsrechte, die sich erledigt haben, welche aber noch im Register ausgewiesen sind, durch die Vereinbarung eines neuen security agreement gewissermaßen wieder zu beleben.90 Denn der Sicherungsgeber ist nicht gezwungen den Anspruch auf Abgabe einer Beendigungserklärung geltend zu machen, so dass im Register Rechte angezeigt sein können, die tatsächlich nicht (mehr) bestehen, weil etwa die gesicherte Forderung beglichen wurde.91

III. Perfection 1. Begriff und Bedeutung Oben wurde bereits angedeutet, dass sich das vom UCC verwendete Konzept der perfection nur schwer in vom deutschen Recht vertraute Begriffe und Kategorien übertragen lässt. Insbesondere sollte es nicht mit der Drittwirksamkeit eines Rechts – also seiner Dinglichkeit – gleichgesetzt werden. Weder hat ein unvollkommener security interest keine Wirkungen gegen Dritte, noch setzt 88 Citizens Nat. Bank of Tipton v. Indianapolis Auto Auction, 592 N. E.2d 1256 (Ind. Ct. App. 1992): „Security interest has no existence independent of obligation whose payment or performance it secures; thus, satisfaction of underlying obligation extinguishes security interest“. 89 Ebenso Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 47. 90 Diese Möglichkeit ergibt sich daraus, dass im fi nancing statement, das Gegenstand der Registrierung ist, die besicherte Forderung nicht angegeben werden muss. 91 Automatisch wird eine Eintragung spätestens nach fünf Jahren gelöscht, wenn keine Verlängerung erfolgt. Den Sicherungsnehmer trifft nur bei Verbrauchergeschäften eine (strafbewehrte) Pflicht zur Abgabe eines termination statement, da bei Verbrauchern die Gefahr besonders hoch ist, dass sie sich nicht aus eigenem Antrieb um die Bereinigung des Registers bemühen, UCC Official Comment, § 9–513, Nr. 2.

C. Die Grundzüge der Regelung

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sich jeder vollkommene security interest in jedem Fall gegen Dritte (Gläubiger, Erwerber oder Insolvenzverwalter) durch.92 Article 9 UCC verwendet den Ausdruck vielmehr als Kurzformel zur Beschreibung des Status eines security interest in Bezug auf einzelne Prioritätskonflikte.93 Ist ein Sicherungsrecht unter dem UCC in diesem Sinne „vollkommen“, so ergeben sich unmittelbar aus dieser Eigenschaft für sich keine Rechtsfolgen, sondern erst daraus, dass man anhand des so gekennzeichneten Status eines Gläubigers durch die Anwendung von Prioritätsregeln den Rang seines Rechts gegenüber anderen bestimmen kann. Auch perfection ist insofern kein dogmatischer Systembegriff, anhand dessen sich durch Ableitung einzelne Rechtsfragen entscheiden ließen, sondern nur eine Kategorie, mit der bestimmte Sicherungsrechte zu einer Gruppe zusammengefasst werden, um sie einheitlichen Prioritätsregeln zu unterwerfen. Die Bedeutung der perfection kann daher vollständig nur im Zusammenhang mit den einzelnen Vorrangvorschriften erfasst werden, die im Einzelnen unter E. dargestellt werden sollen.94 Zur vorläufigen Einordnung sei hier lediglich daran erinnert, dass nur Sicherungsrechte, die vollkommen sind, auch insolvenzfest sind.95 Gegenüber unvollkommenen Sicherungsrechten genießt der Insolvenzverwalter (trustee in bankruptcy) als lien creditor Vorrang, so dass er das Sicherungsgut zugunsten der Masse verwerten kann. Die typischerweise wichtigste Funktion eines Sicherungsrechts – der Vorrang des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz – hängt also unter dem UCC davon ab, dass der Gläubiger die zur perfection nötigen Schritte unternommen hat. Grundvoraussetzung der perfection ist gemäß § 9–308 (a) UCC stets, dass der security interest entstanden ist (attachment). Zwar können die übrigen zur perfection notwendigen Schritte unter Umständen auch vor der Entstehung des security interest unternommen werden – insbesondere kann schon vorher ein financing statement registriert werden –, dies ändert aber nichts daran, dass die Wirkungen der perfection in dieser Situation erst mit dem attachment eintreten. Es kommt also jeweils auf den Zeitpunkt des Eintritts der letzten Tatbestandsvoraussetzung an. Welche weiteren Schritte neben dem attachment unternommen werden müssen, um einen security interest vollkommen zu machen, hängt

92 Wigmore, Security Interests in Personal Property, S. 436; Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 36 f. Nicht ganz richtig daher Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S. 167, nach dem die Registereintragung unter Article 9 UCC Drittwirksamkeitsvoraussetzung oder sogar Voraussetzung der Wirksamkeit des Sicherungsrechts überhaupt sein soll. 93 Sigman, in: The Future of Secured Credit, S. 143, 146. 94 Unten S. 395 ff. 95 Der Ausdruck perfection stammt ursprünglich aus § 60 des inzwischen außer Kraft getretenen Federal Bankruptcy Act, Wigmore, Security Interests in Personal Property, S. 435. Er wurde dort im Rahmen der Anfechtungsvorschriften verwendet, um zu bestimmen, wann eine Rechtshandlung vorgenommen wurde (vgl. im deutschen Recht § 140 InsO).

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§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code

unter anderem von der Art des Sicherungsguts und von der besicherten Verbindlichkeit ab.

2. Die Möglichkeiten der Perfection Grundsätzlich gibt es unter Article 9 UCC vier verschiedene Möglichkeiten, die zur perfection führen können, nämlich die Registrierung eines financing statement (perfection by filing), die automatische Vervollkommnung (perfection upon attachment), der Besitz des Sicherungsnehmers am Sicherungsgut (perfection by possession or delivery) und die Kontrolle des Sicherungsnehmers über das Sicherungsgut (perfection by control). In der praktischen Bedeutung steht dabei die Registrierung eines financing statement, also das perfection by filing, ganz im Vordergrund.96 Zum Register wird hierbei nicht das security agreement selbst gereicht, sondern das so genannte financing statement, das nur sehr allgemeine Informationen über die Person des Sicherungsnehmers und das Sicherungsgut enthält. Dem Register lässt sich daher nicht mehr als ein Hinweis – eine notice – entnehmen, dass möglicherweise ein bestimmter Vermögensgegenstand des Sicherungsgebers mit einem Sicherungsrecht belegt ist. Ob dies tatsächlich der Fall ist, in welcher Höhe die Forderung valutiert, sowie nähere Details der Vereinbarung, müssen Dritte durch Nachfragen bei Sicherungsgeber oder -nehmer in Erfahrung bringen. Das notice filing ist in zahlreichen Reformvorhaben auf dem Gebiet des Mobiliarsicherungsrechts übernommen worden. Seine Details sollen daher ausführlich in einem eigenen Abschnitt (unter D.) erörtert werden. Zuvor sollen kurz die anderen Möglichkeiten dargestellt werden, wie unter Article 9 UCC perfection herbeigeführt werden kann. a) Perfection by Possession Perfection verlangt grundsätzlich – abgesehen von den Fällen der perfection upon attachment und der perfection by control - eine Handlung des Sicherungsnehmers, der Dritte einen Hinweis auf die mögliche Existenz eines Sicherungsrechts entnehmen können.97 Insofern hängt das Konzept der perfection mit der in § 6 entwickelten haftungsrechtlichen Begründung für die Publizität im Kreditsicherungsrecht zusammen. Entsprechend ist auch unter Article 9 UCC für 96 White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 779 schätzen, dass mehr als 90% aller security interest durch filing vervollkommnet werden. 97 R. Stürner, in: The Future of Secured Credit, S. 166, 168, nennt die Herstellung von Publizität die „Funktion“ der perfection. Dies ist wenigstens unter Article 9 UCC irreführend, da vielmehr umgekehrt die Publizität (durch Eintragung oder Besitzwechsel) Voraussetzung einiger Arten der perfection ist.

C. Die Grundzüge der Regelung

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bewegliche Sachen (goods), bestimmte Wertpapiere (Lagerscheine, Ladescheine, Konnossemente, Wechsel, Schecks, Aktien) und Geld die Möglichkeit vorgesehen, ein Sicherungsrecht dadurch vollkommen zu machen, dass dem Sicherungsnehmer der Besitz am Sicherungsgut verschafft wird.98 Die praktische Bedeutung des so fortgeführten common law pledge ist sehr gering. Sie beschränkt sich auf die Verpfändung bestimmter Wertpapiere – wobei bei Depotverwahrung an die Stelle von possession control (dazu sogleich) tritt – und das traditionelle Leihhausgeschäft (pawnshops). b) Perfection by Control Perfection by control steht nur für einen bestimmten Kreis von Sicherungsgütern zur Verfügung. Hierzu zählen Konten, Wertpapiere (im Sinne von Aktien, Anleihen, Fondsanteile etc.), Wertpapierdepots, Warentermingeschäfte und Akkreditive. Für diese Vermögensgegenstände kommt Besitzverschaffung als Methode der Vervollkommnung von vornherein insoweit nicht in Frage, weil es sich um nicht-verbriefte Rechte handelt.99 Doch auch soweit diese Rechte verbrieft sind, ist die perfection by control für die Parteien wesentlich attraktiver, da hierbei dem Sicherungsgeber ein erheblich größeres Maß an Flexibilität verbleibt.100 Was der UCC unter control versteht, ergibt sich aus § 9–104 ff. UCC. Dabei gelten für die unterschiedlichen Arten von Sicherungsgütern jeweils spezifische Voraussetzungen. Bei Wertpapieren oder Depots sind diese erfüllt, wenn der Sicherungsnehmer entweder selbst der Depositar ist, oder dieser sich in einer Unterwerfungserklärung vertraglich101 verpflichtet hat, den Weisungen des Sicherungsnehmers Folge zu leisten (vgl. § 9-106 i. V. m. § 8-106 UCC). Die Besonderheit dieser Möglichkeit der Vervollkommnung liegt darin, dass sie es erlaubt, dem Sicherungsgeber die Befugnis zu belassen, über die Sicherungsgegenstände zu verfügen, also etwa Aktienpakete aus seinem Wertpapierdepot zu veräußern.102 Control des Sicherungsnehmers muss insofern nicht ex98 Insoweit genügt der mittelbare Besitz nur dann, wenn der Besitzmittler nicht der Sicherungsgeber ist. UCC Official Comment, § 9–313, Nr. 3. Einzelheiten richten sich nach den principles of agency. Ausführlich hierzu Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 87 ff. 99 So etwa für Akkreditive und Bankkonten, White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 775. 100 Dass die Kategorie des Besitzes in Bezug auf Depotverwahrung erhebliche Probleme bereitet, zeigt auch die deutsche Debatte um die Anwendbarkeit von § 166 Abs. 1 InsO auf Aktien, die in einer Globalurkunde verbrieft sind. Vgl. hierzu Chr. Berger, ZIP 2007, 1533, 1534; Hirte/Knof, WM 2008, 49, 50; Uhlenbruck ZInsO 2008, 114; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 166 Rn. 2 ff. m. w. N. 101 Insoweit gelten die Formvorschriften des § 8–107 UCC, die unter anderem sicherstellen, dass der Vertrag ein konkretes Datum aufweist, so dass eine Einordnung in das Prioritätsschema von Article 9 UCC möglich ist. 102 Kieninger/Sigman, Cross-Border Security over Tangibles, S. 41.

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klusiv in dem Sinn sein, dass dem Sicherungsgeber jede Dispositionsbefugnis genommen sein muss. Es genügt vielmehr umgekehrt eine unbedingte Zugriffsmöglichkeit des Sicherungsnehmers. Die perfection by control bewahrt daher einerseits die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Sicherungsgebers, die er bei einem besitzgebundenen Pfandrecht vollkommen einbüßt. Sie vermittelt dem Sicherungsnehmer andererseits äußerst effiziente Zugriffsmöglichkeiten auf das Sicherungsgut, so dass die Durchsetzung seiner Rechte im Sicherungsfall schnell und effektiv erfolgen kann. Zu betonen ist, dass die Kontrolle durch den Sicherungsgeber nicht zur Publizität des Sicherungsrechts führt.103 Ein Dritter ist vielmehr darauf angewiesen, dass er von der Existenz eines Sicherungsrechts hinsichtlich eines bestimmten Gegenstands entweder vom Sicherungsnehmer oder vom Depositar erfährt. Gerade zu einer solchen Information wird es aber immer dann automatisch kommen, wenn ein anderer Gläubiger des Sicherungsgebers ein Sicherungsrecht an bereits verpfändeten Wertpapieren erwerben will. Auch er wird sich nämlich um die Vervollkommnung seines security interest bemühen und sich daher an den Depositar mit der Bitte um die Abgabe einer Unterwerfungserklärung wenden. Hierauf wird der Depositar, der entweder selbst der Sicherungsnehmer ist oder der zugunsten eines anderen Gläubigers bereits eine Unterwerfungserklärung abgegeben hat, ihn über den Bestand eines älteren Sicherungsrechts aufklären. Die Gefahr der Irreführung anderer Gläubiger, die ein Sicherungsrecht in demselben Gegenstand erwerben wollen, wird so auch ohne die Herstellung von Publizität durch das control-Erfordernis ausgeschlossen. c) Automatic Perfection insbesondere bei der Finanzierung von Consumer Goods Schließlich bleibt die Gruppe von Sicherungsrechten zu beleuchten, die ohne weiteres als vollkommene Sicherungsrechte entstehen, bei denen mit anderen Worten perfection upon attachment eintritt. Besondere Schritte zur Vervollkommnung muss der Sicherungsnehmer in diesen Fällen nicht unternehmen. Die einzelnen Sicherungsrechte, die in diese Kategorie fallen, sind in § 9–309 UCC aufgezählt, wobei sich die Einordnung nicht auf einen einheitlichen Grundgedanken zurückführen lässt.104 Am leichtesten fällt die Erklärung hinsichtlich der Sicherungsrechte, die zur Finanzierung der Anschaffung von consumer goods105 gewährt wurden: Abzah103 Kieninger/Sigman, a.a.O. Daher lässt sich perfection nicht mit der Herstellung von Publizität gleichsetzen. 104 White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 758. 105 Consumer goods werden in § 9–102 (23) UCC als bewegliche Sachen definiert, die für persönliche, familiäre oder Zwecke der Haushaltsführung gekauft werden. Der Anwendungsbereich dürfte weitgehend deckungsgleich sein mit dem der §§ 474 ff. BGB.

C. Die Grundzüge der Regelung

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lungsgeschäfte von Verbrauchern sind durch diese Regelung vom Registrierungserfordernis befreit, wodurch ein erhebliches Maß an (überflüssigem) administrativem Aufwand vermieden wird. Der Nutzen einer Registrierung wäre gegenüber den erheblichen Transaktionskosten bei Verbrauchsgütern vergleichsweise niedrig, da diese Güter typischerweise nur einen relativ geringen Wert und nur begrenzte Lebensdauer haben und weiterhin so gut wie nie vom Verbraucher als Kreditgrundlage für weitere Darlehen verwendet werden. Vorrangkonflikte zwischen verschiedenen Gläubigern um dieselbe Sache sind daher unwahrscheinlich. Zum Verständnis des Anwendungsbereichs der Regelung über die Finanzierung von consumer goods ist es notwendig, sich näher mit dem Konzept des purchase-money security interest unter dem UCC zu befassen. Dieser Ausdruck erfasst nach § 9–103 UCC alle Formen der Sicherung eines Gläubigers, der die Anschaffung einer bestimmten Sache finanziert und sich durch ein Sicherungsrecht am Anschaffungsgegenstand selbst sichert. Aus deutscher Sicht ist hieran bemerkenswert, dass nicht nur der Eigentumsvorbehalt (title retention oder conditional sale) als klassisches Sicherungsrecht im Bereich des Abzahlungsgeschäfts unter diese Definition fällt, sondern auch die Finanzierung der Anschaffung durch einen Dritten, der beispielsweise dem Verbraucher ein Anschaffungsdarlehen gewährt und den Kaufpreis direkt an den Verkäufer zahlt.106 Das U. S.-amerikanische Recht differenziert somit nicht danach, in welcher Form Kapital überlassen wird – „Warenkredit“ durch den Vorbehaltsverkäufer oder „Geldkredit“ durch den Drittfinanzierer –, sondern unterscheidet nach den Zwecken der Kapitalüberlassung. Dient diese der Mehrung der Masse des Sicherungsnehmers, weil mit dem zur Verfügung gestellten Kapital ein neuer Gegenstand angeschafft werden soll – daher der Ausdruck purchase-money –, so genießt der Kreditgeber gewisse Privilegien, die sich einerseits bei Verbrauchergeschäften im Verzicht auf das Registrierungserfordernis zeigen und andererseits den Rang von purchase-money security interests107 betreffen.108 106 Eine Direktzahlung ist tatbestandlich freilich nicht zwingend erforderlich, allerdings obliegt dem Sicherungsnehmer der Beweis, dass der überlassene Darlehensbetrag tatsächlich verwendet wurde, um den Kaufpreis zu bezahlen, vgl. § 9–103 (a) (2) UCC; White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 761. 107 Zur super priority des purchase-money security interest siehe im Einzelnen unten, S. 405 ff. 108 Nicht ganz geklärt scheint unter Article 9 UCC die Behandlung von Situationen zu sein, die mit dem deutschen erweiterten Eigentumsvorbehalt vergleichbar sind. Hat etwa der Verbraucher mehrere Gegenstände auf Kredit gekauft und werden diese von einem einheitlichen security agreement erfasst, so ist bei Fehlen einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung streitig, auf welche Forderung etwaige Leistungen des Käufers anzurechnen sind. Dies ist insofern entscheidend, weil bei Tilgung der Kaufpreisforderung das Sicherungsrecht an der Kaufsache seinen Status als purchase-money security interest möglicherweise verliert, denn es sichert nunmehr nicht länger den konkret für seine Anschaffung aufgenommenen Kredit, sondern eine andere Verbindlichkeit. Sollte dies der Fall sein, so verlöre der Sicherungsneh-

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D. Notice Filing I. Überblick und Abgrenzung zum Transaction Filing In den weitaus meisten Fällen erfolgt die Vervollkommnung eines Sicherungsrechts durch die Einreichung eines financing statement bei der registerführenden Stelle des zuständigen Bundesstaats. Der Begriff des „Registers“ sollte allerdings keine Assoziationen zum deutschen Grundbuch wecken. Denn weder verfahrensmäßig noch dogmatisch ist das filing-System nach Article 9 UCC mit dem Grundbuchsystem des deutschen Rechts vergleichbar. In Fortführung des in den 30er Jahren von Karl Llewellyn geschaffenen Registersystems für Trust Receipts (UTRA),109 sieht der UCC vielmehr ein so genanntes notice filing-System vor, bei dem sich aus dem Register nicht mehr ergibt, als eine Warnung dahingehend, dass zwischen den bezeichneten Parteien gegenwärtig oder künftig ein Sicherungsrecht bestehen könnte.110 Folgende Charakteristika des notice filing zeigen die Unterschiede gegenüber dem Grundbuch besonders deutlich: – Das Register nach Article 9 UCC enthält keine Informationen bezüglich des Eigentums an den Sicherungsgegenständen. Es fungiert daher auch nicht als Anknüpfungspunkt für einen gutgläubigen Erwerb des Eigentums.111 – Die Registrierung eines Sicherungsrechts gehört nicht zum Entstehungstatbestand des Rechts, sondern betrifft nur die Frage seiner Vervollkommnung, also seine Einordnung ins Vorrangschema von Article 9 UCC.

mer zugleich das Privileg der automatic perfection. Er wäre also nur noch Inhaber eines unvollkommenen und damit nicht insolvenzfesten security interest. Zu demselben Problem kann es kommen, wenn der Sicherungsgeber nach der Inanspruchnahme eines purchase-money Kredits weiteren „normalen“ Kredit beim Sicherungsnehmer aufnimmt, der gleichfalls durch den angeschafften Gegenstand gesichert werden soll. Auch hier stellt sich die Frage, ob es sich trotz dieser Kombination überhaupt noch um einen purchase-money security interest handelt und – wenn ja – wie sich Zahlungen des Schuldners auswirken. Außerhalb von Verbrauchergeschäften lässt sich § 9–103 (f) UCC die Regel entnehmen, dass ein Sicherungsrecht seine Eigenschaft als purchase-money security interest nicht dadurch verliert, dass es auch nonpurchase-money Verbindlichkeiten sichert. Das Sicherungsrecht hat dann vielmehr eine Doppelnatur (dual status-rule, hierzu unten, S. 410 f.). Ob diese Regel analog für Verbrauchergeschäfte gilt, oder ob hier bei Eintritt des Erweiterungsfalls ein vollständiger Verlust des purchase-money Status eintritt (transformation rule), ist umstritten und wird in einzelnen Bundesstaaten unterschiedlich gehandhabt. White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 761. Alabama folgt etwa der dual status rule: In re Freeman, 956 F.2d 252 (1991). Iowa folgt dagegen der transformation rule: In re McAllister, 267 B. R. 614 (2001). Weitere Nachweise bei 79 C. J. S. Secured Transactions, § 12. 109 Die Wurzeln des notice filing liegen insofern im Bereich der revolvierenden Sicherheiten. Gerade für diese Transaktionen bietet es wegen seiner großen Flexibilität besondere Vorzüge, da Bestandsveränderungen keine erneute Registrierung erforderlich machen. Durch den UCC wurde das System auch auf nicht-revolvierende Mobiliarsicherheiten ausgedehnt. 110 Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 1, S. 468. 111 Sigman, in: The Future of Secured Credit, S. 143, 156.

D. Notice Filing

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– In das Register werden nicht der Sicherungsvertrag selbst oder die Einzelheiten der Parteivereinbarung eingetragen, sondern der Inhalt des financing statement, das nur die Namen von Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer (wobei auch ein Strohmann angegeben werden kann) sowie eine (grobe) Bezeichnung des Sicherungsguts enthält. Dem Register lassen sich daher nur sehr rudimentäre Informationen entnehmen. – Ein financing statement kann registriert werden, auch wenn noch kein security interest besteht. – Die das Register führende Stelle hat eine rein administrative Funktion. Sie besitzt keinerlei materielle Prüfungsaufgaben oder -befugnisse.112 Der in der internationalen Literatur regelmäßig verwendete Gegenbegriff zum notice filing ist der des transaction filing, wie es etwa im englischen Recht in Bezug auf company charges gilt.113 Beim transaction filing wird nicht lediglich ein Hinweis auf ein möglicherweise bestehendes Sicherungsrecht in das Register eingetragen, sondern das Recht selbst mit seinem Inhalt. Dies erfolgt dadurch, dass die Parteien das Original des Sicherungsvertrags zur Prüfung beim Registrar of Companies beim Companies House einreichen. Der Registrar kontrolliert, ob die beantragten Registereintragungen mit dem Inhalt des Sicherungsvertrags übereinstimmen. Das durch dieses Prüfungsverfahren gesteigerte Maß an Richtigkeitsgewähr erlaubt es dem englischen Recht, das Register mit positiver Publizität insofern auszustatten, als das vom Registrar ausgestellte certificate of registration ein unwiderleglicher Beweis (conclusive evidence) für die Richtigkeit der Registereintragung ist.114 Im Gegensatz dazu richten sich unter dem UCC die Rechte des gesicherten Gläubigers stets nur nach der Sicherungsvereinbarung. Auch ist ein gutgläubiger Zweiterwerb eines eingetragenen, aber tatsächlich nicht bestehenden security interest nicht möglich.

II. Inhalt der Anzeige (Financing Statement) Im Gegensatz zum transaction filing ist nach Article 9 UCC somit nicht das security agreement Gegenstand der Registrierung, sondern das so genannte financing statement.115 Das financing statement ist ein Schriftstück oder ein elektronisches Dokument, welches einige Mindestinformationen zu Sicherungsgeber, -nehmer und Sicherungsgut enthält.116 112

McCormack, Secured Credit, S. 147. Einen ausführlichen Vergleich beider Systeme nimmt McCormack, Secured Credit, S. 129 ff. vor. 114 R. v Registrar of Companies Ex p. Central Bank of India, [1986] QB 1114. Siehe auch Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Personal Property Security, Rn. 8.07 ff. 115 Gleichwohl können fi nancing statement und security agreement tatsächlich ein und dasselbe Dokument sein, Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 1, S. 468. 116 Ausführlich zum Inhalt des fi nancing statement nach der Überarbeitung von Article 9 113

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Da das Register ähnlich wie das Personalfoliensystem nach § 4 Abs. 1 GBO nicht nach Sicherungsgegenständen, sondern nach dem Namen der Sicherungsgeber geordnet ist, muss das financing statement zwingend den Namen des Sicherungsgebers angeben.117 Weiterhin enthält das Register den Namen des Sicherungsnehmers oder eines Vertreters.118 Anders als beim Sicherungsgeber kann im financing statement also die wahre Identität des Sicherungsnehmers verdeckt bleiben. Die Möglichkeit, einen representative zu benennen, besitzt große Bedeutung für syndizierte Kredite, bei denen Sicherungsnehmer ein aus mehreren Gläubigern bestehendes Konsortium ist.119 Zwar können nach dem UCC auch mehrere Personen als secured parties auftreten,120 allerdings macht diese Variante bei nachträglichen Veränderungen unter den Konsortialpartnern ein amendment des financing statement nach § 9–512 UCC erforderlich. Durch die Benennung eines representative als secured party of record kann ein Korrekturbedarf bei nachträglichen Veränderungen von vornherein vermieden werden. Das Register weist dann zwar nicht mehr den „wahren“ Inhaber des Sicherungsrechts aus,121 auch im Hinblick auf die Informationsinteressen eines Dritten, der eine Abfrage durchführt, ist das jedoch kaum problematisch. Die Person des Gläubigers ist für einen Dritten nur unter dem Gesichtspunkt relevant, dass er vom Sicherungsnehmer weitere Informationen insbesondere über die Höhe der besicherten Forderung und das Sicherungsgut erlangen kann. Diese Informationen kann er aber entweder auch direkt vom Vertreter erhalten, oder dieser wird ihn an den wahren Sicherungsnehmer verweisen. Auch das financing statement muss wie das security agreement Angaben zum Sicherungsgegenstand enthalten. Die Bestimmtheitsanforderungen entsprechen weitgehend den für das security agreement geltenden Vorschriften, wobei allerdings beim financing statement gemäß § 9–504 (2) UCC wie bereits angedeutet auch Formulierungen wie „all the debtor’s personal property“ zulässig sind. UCC Sigman, 73 American Bankruptcy Law Journal 61 ff. Ein Musterformular enthält § 9– 521 UCC, zu dessen Verwendung sind die Parteien aber nicht gezwungen. 117 Wegen des personenbezogenen Aufbaus des Registers ist die Verwendung des korrekten Namens bei der Registrierung eines fi nancing statement entscheidend für die Zuverlässigkeit etwaiger Abfragen, LoPucki/Warren, Secured Credit – A Systems Approach, S. 345. Der UCC enthält daher ausführliche Vorschriften über die richtige Namensangabe, § 9–503 UCC. Ausführlich auch zu den Problemen, die durch die bei der Computerabfrage verwendeten Logik entstehen White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 789. 118 Neben der Angabe des Namens kann das filing offi ce gemäß § 9–516 (b) (4) (5) UCC auf der Angabe der Adressen von Sicherungsgeber und -nehmer bestehen. 119 Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 44. 120 § 9–503 (e) UCC, dasselbe gilt hinsichtlich des Sicherungsgebers. 121 Es sei denn, der representative agiert auch materiellrechtlich als Treuhänder und hält als solcher das Sicherungsrecht für die Konsortialpartner, Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 44.

D. Notice Filing

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Anders als im security agreement sind im financing statement aber nicht die besicherte Forderung und Nebenabreden zur Vereinbarung (covenants) aufgeführt. Dadurch, dass das financing statement keinen Bezug zu einer bestimmten Forderung enthält, ist es unproblematisch möglich, dasselbe financing statement für eine Vielzahl von Sicherungsrechten zu verwenden, ohne dass erneute Registrierungen erforderlich wären.122 Dem Register lassen sich damit beim notice filing nur äußerst rudimentäre Informationen über das (möglicherweise) bestehende Sicherungsrecht entnehmen. Insofern führt die Registereintragung nach Article 9 UCC nicht zur Herstellung von Publizität, wie wir sie vom Grundbuch kennen. Eher ähneln die Wirkungen des notice filing den früher mit dem Besitzerfordernis beim Pfandrecht verknüpften Publizitätsvorstellungen: 123 Zum einen wird so die (theoretische) Gefahr der Irreführung von Gläubigern vermieden, die fälschlich annehmen, das Vermögen des Schuldners sei frei von Rechten Dritter, zum anderen können sie dem Register entnehmen, wohin sie sich wenden müssen, wenn sie weitere Informationen erhalten wollen. Insofern ist beim notice filing nicht das Register selbst die primäre Quelle von Informationen, sondern der im Register ausgewiesene Inhaber des Sicherungsrechts.124 Will ein Dritter allerdings vom Sicherungsnehmer weitere Details wie etwa die Höhe der Forderung oder die erfassten Gegenstände in Erfahrung bringen, ist er insoweit auf die Kooperation des Sicherungsgebers angewiesen, denn der Sicherungsnehmer hat nach § 9–210 UCC nur diesem gegenüber eine Pflicht, Angaben über die Höhe ausstehender Forderungen und der betroffenen Sicherungsgüter zu machen. So wird einerseits verhindert, dass diese sensiblen Informationen beliebigen Dritten zugänglich werden, andererseits hat der Schuldner ein Eigeninteresse, solche Abfragen durchzuführen und die Ergebnisse an seinen Verhandlungspartner weiterzureichen, wenn ein prospektiver Gläubiger die Kreditgewährung von einer solchen Auskunft abhängig macht.125 Freiwillige Auskünfte eines Sicherungsnehmers gegenüber Dritten sind dadurch nicht ausgeschlossen,126 sie können allerdings in den Kreditbedingungen beschränkt werden.127 122

McCormack, Secured Credit, S. 131. Sigman, in: The Future of Secured Credit, S. 143, 149; Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 220. 124 Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 43; Sigman, 73 American Bankruptcy Law Journal 61, 74. 125 UCC Official Comment, § 9–210, Nr. 3. 126 Dies betrifft insbesondere die Situation, in der die Anfrage des Dritten dadurch ausgelöst wird, dass er seine Forderung durch Zwangsvollstreckung realisieren will. Er hat dann ein schützenswertes Interesse zu erfahren, welche Gegenstände noch „frei“ sind. Auf die Unterstützung des Schuldners braucht er in dieser Situation freilich nicht zu hoffen, Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 1, S. 473. 127 Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 217. 123

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III. Das Registerverfahren 1. Das zuständige Filing Office Da das Zivilrecht in den USA Sache der Bundesstaaten ist, existiert kein bundeseinheitliches Register für Mobiliarsicherheiten. Vielmehr unterhält jeder Bundesstaat sein eigenes Register, in das die nach dem jeweiligen Umsetzungsgesetz geschaffenen Rechte eingetragen werden können.128 Hieraus ergeben sich die für das Zivilrechtssystem der USA so prägenden Probleme der örtlichen Zuständigkeit und des anwendbaren Rechts. Aufgrund der weitgehenden Einheitlichkeit des materiellen Rechts – Article 9 UCC wurde wie erläutert von allen Bundesstaaten mit nur geringfügigen Abweichungen umgesetzt – lässt sich das Problem allerdings soweit es um die Vereinigten Staaten geht129 auf die Frage nach dem zuständigen130 filing office reduzieren. Zu betonen ist allerdings insoweit, dass ein filing beim zuständigen registration office dazu führt, dass der entsprechende security interest in allen bundesstaatlichen Rechtsordnungen als vervollkommnet anerkannt wird. Gemäß § 9–301 UCC richtet sich das auf Fragen der perfection anwendbare Recht grundsätzlich131 nach dem Sitz (location) des Sicherungsgebers. Die wichtigste Konsequenz dieser Regel ist, dass die Eintragung eines financing statement in dem Staat zu erfolgen hat, in dem der Sicherungsgeber seinen Sitz hat. Für persönliche Schuldner bestimmt § 9–307 UCC, dass der gewöhnliche Auf-

128 Bei Schaffung des UCC war überlegt worden, die Zersplitterung im Interesse der leichteren Zugänglichkeit noch weiter zu treiben und die Register grundsätzlich auf Gemeindeebene anzusiedeln. Durchgesetzt haben sich diese Überlegungen seinerzeit nur für Zubehör zu Grundstücken (fi xtures) und agricultural lien. Doch auch insoweit waren die Probleme, die das System des local filing verursacht hat, erheblich. Bei der Reform von 1999 wurde daher local filing auf Sicherungsrechte in fi xtures, Bodenschätze und timber to be cut (§ 9–501 (a) (1) UCC) beschränkt. Unter dem neuen Article 9 UCC sind daher praktisch alle fi nancing statements zentral auf Bundesstaatsebene einzutragen, Sigman, 73 American Banking Law Journal 61, 62. 129 Kollisionsrechrechtliche Probleme können entstehen, wenn Berührungen zum Ausland bestehen. So hatten die Parteien in Re Eagle Enterprises, Inc. (223 B. R. 290) versucht, den Sicherungsvertrag, der in Pennsylvania belegene Gegenstände betraf, deutschem Recht zu unterwerfen. Das Gericht hielt diese Rechtswahl wegen eines Verstoßes gegen die zwingende Vorschrift des § 9–301 UCC für unwirksam. Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 320. 130 Die Wahl des „falschen“ fi ling offi ce führt nicht dazu, dass die Eintragung verweigert wird – dies würde eine Zuständigkeitsprüfung durch das fi ling offi ce erfordern. Die Eintragung wird vielmehr gleichwohl vorgenommen, sie zeitigt nur nicht die angestrebten Wirkungen, insbesondere führt sie nicht die perfection des security interest herbei. 131 Ausnahmen bestehen für Sicherungsrechte, die durch Besitzverschaffung vervollständigt werden (§ 9–301 (2), für Sicherungsrechte an Bodenschätzen und agricultural lien. Hier gilt die lex rei sitae. Für weitere Details auch zur alten Rechtslage siehe White/Summers, Uniform Commercial Code: Secured Transactions, S. 800.

D. Notice Filing

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enthaltsort maßgeblich ist. Für organizations132 kommt es grundsätzlich auf den place of business an, der als der Ort definiert wird, von dem aus der Sicherungsgeber seine Geschäfte führt. Für eingetragene Gesellschaften wird diese Regel durch § 9–307 (e) UCC der Gründungstheorie folgend dahin modifiziert, dass es auf den Staat ankommt, unter dessen Recht die Gesellschaft inkorporiert ist. Diese Neuregelung,133 die anders als Art. 3 Abs. 1 S. 2 EuInsVO nicht lediglich eine widerlegliche Vermutung aufstellt, erlaubt in der Praxis für die Masse der Fälle eine einfache und zuverlässige Bestimmung des zuständigen filing office. Sie führt allerdings dazu, dass die Register der Staaten wie etwa Delaware, die traditionell wegen ihres Gesellschafts- und Steuerrechts als besonders attraktive Gründungsorte gelten, auch besonders wichtig im Bereich des Mobiliarsicherungsrechts sind.134 Wegen des auf diesem Gebiet aber praktisch vollkommen vereinheitlichten Rechts, lässt sich nicht von einem „Wettbewerb der Rechtsordnungen“ sprechen.135 Die Bedeutung Delawares auf dem Gebiet des Mobiliarsicherungsrechts ist nur ein Reflex der gesellschaftsrechtlichen Rechtslage.136

2. Veranlassung der Eintragung durch den Sicherungsnehmer Nach Article 9 UCC können sowohl der Sicherungsgeber, der Sicherungsnehmer oder ein beliebiger Dritter die Eintragung eines fi nancing statement veranlassen. In der Praxis wird die Registrierung jedoch zumeist vom Sicherungsnehmer betrieben, da dieser ein Interesse daran hat, dass die Eintragung möglichst rasch erfolgt. Materiell setzt eine wirksame Eintragung nach § 9–509 UCC allerdings die Zustimmung (authorization) desjenigen voraus, dessen Recht betroffen ist. Insoweit bestehen gewisse Parallelen zum grundbuchrechtlichen Bewilligungsgrundsatz. Anders als im Grundbuchrecht ist die Bewilligung jedoch gemäß § 9–510 UCC keine formelle Voraussetzung der Eintragung, sondern eine materielle Voraussetzung der Eintragungswirkungen. Ob tatsächlich eine authorization der Eintragung durch den Betroffenen vorliegt, wird also durch das filing office nicht geprüft. So erklärt sich, dass es seit der Überarbeitung von Article 9 132

Nach der Definition in Art 1–201 (25) UCC sind dies persons other than an individu-

al. 133 Die Wende zur Gründungstheorie geht zurück auf einen Vorschlag von LoPucki, 79 Minnesota Law Review 577. 134 LoPucki, 79 Minnesota Law Review 577, 606. 135 Zu den Voraussetzungen eines Institutionenwettbewerbs Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen, S. 9 ff. 136 Delaware nutzt diese Situation insofern aus, als dieser Staat überdurchschnittlich hohe Gebühren für Registerabfragen (25,– $) und Eintragungen (50,– $) verlangt. Zu den Kosten des notice filing siehe unten, S. 386.

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§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code

UCC nicht mehr erforderlich ist, dass das financing statement vom Sicherungsgeber unterschrieben wurde.137 Dadurch, dass eine Eintragung auch von beliebigen Dritten veranlasst werden kann und insoweit keine Kontrolle durch das filing office erfolgt, entsteht die Gefahr, dass Dritte eigenmächtig Eintragungen vornehmen lassen. Solche bogus filings sind zwar materiell wegen der fehlenden Bewilligung durch den Sicherungsgeber unwirksam, sie können aber dennoch für den (angeblichen) Sicherungsgeber sehr lästig sein, da sie falsche Schlüsse über seine Vermögenssituation auslösen können. Der Betroffene kann sich hiergegen zunächst durch die Eintragung eines Widerspruchs (correction statement) nach § 9–518 UCC wehren. Weiterhin hat er nach § 9–513 UCC einen Anspruch auf Abgabe eines termination statement gegen den angegeben Sicherungsnehmer, wodurch die Wirkungen der Eintragung enden. Schließlich lösen eigenmächtige Eintragungen Schadensersatzansprüche nach § 9–625 (e) UCC, sowie gegebenenfalls strafrechtliche Sanktionen aus. In der Praxis kommen auch aufgrund dieser Sanktionen solche malicous oder bogus filings freilich nur selten vor.138

3. Außerkrafttreten der Eintragungswirkungen Hat sich ein financing statement erledigt, etwa weil die besicherte Verbindlichkeit erloschen ist oder weil eine Forderung nie entstanden ist, kann der Sicherungsgeber wie bereits erläutert, vom Sicherungsnehmer die Abgabe einer Beendigungserklärung (termination statement) verlangen, durch deren Eintragung die Wirkungen der Eintragung des fi nancing statement aufgehoben werden. Abgesehen von Verbrauchergeschäften, bei denen es dem Sicherungsnehmer obliegt, ein termination statement eintragen zu lassen, ist es also am Sicherungsgeber, für die Löschung von erledigten financing statements zu sorgen. Neben diesem Mechanismus kennt Article 9 UCC auch ein automatisches Erlöschen von Eintragungen durch Zeitablauf. Gemäß § 9–515 UCC treten die Wirkungen der Eintragung eines financing statement nach dem Ablauf von fünf Jahren automatisch außer Kraft. Das automatische Erlöschen kann der Sicherungsnehmer durch die rechtzeitige Eintragung einer Verlängerungserklärung (continuation statement) vermeiden. Diese Regelung verhindert zuverlässig, dass das Register durch Eintragungen belastet wird, denen kein security agreement (mehr) zugrunde liegt. 137 Durch den Verzicht auf das Unterschriftserfordernis sollte das elektronische Eintragungsverfahren erleichtert werden, UCC Official Comment, § 9–502 Nr. 3. 138 Harry Sigman berichtete im persönlichen Gespräch, dass typische Opfer von bogus filings unter anderem Richter und Staatsanwälte seien, an denen sich Verurteilte auf diese Weise rächen wollen.

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4. Unbeschränkte Einsichtsberechtigung und datenschutzrechtliche Bedenken Nach Article 9 UCC kann jedermann Registerabfragen durchführen. Der Angabe oder gar der Darlegung eines berechtigten Interesses wie etwa nach § 12 Abs. 1 GBO bedarf es nicht.139 Dass hierdurch nicht nur prospektiven Gläubigern, sondern auch jedem Dritten – etwa Wettbewerbern eines Unternehmens oder Nachbarn von natürlichen Personen – ein gewisser Einblick in die Vermögensverhältnisse des Sicherungsgebers möglich ist, erscheint insbesondere aus deutscher Sicht vor dem Hintergrund des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auf den ersten Blick befremdlich.140 Umgekehrt lösen diese Bedenken bei U. S.-amerikanischen Juristen oft Stirnrunzeln aus, da dort nicht dasselbe Maß an Sensibilität gegenüber datenschutzrechtlichen Erwägungen wie in Deutschland besteht.141 Gegenüber datenschutzrechtlichen Einwänden muss allerdings erneut daran erinnert werden, dass sich dem Register praktisch keine Details über die finanzielle Situation des Sicherungsgebers entnehmen lassen. Die Brisanz der verfügbaren Daten ist insofern eher gering. Weiter besteht für den Sicherungsgeber jedenfalls gegenüber seinen anderen Gläubigern, möglichen Erwerbern des Sicherungsguts und prospektiven Kreditgebern kein schützenswertes Interesse an einer Geheimhaltung.142 Die Bedenken konzentrieren sich daher auf die Unbeschränktheit der Abfragemöglichkeit, die es auch Dritten ohne ein gerechtfertigtes Interesse erlaubt, eine Recherche durchzuführen.143 Allerdings würde eine inhaltliche Prüfung eines solchen Interesses die Registerbehörden erheblich belasten und damit die Kosten einer Anfrage gerade bei kleineren Transaktionen in prohibitive Höhen treiben. Denkbar wäre es allerdings, demjenigen, der eine Recherche durchführen möchte, eine strafbewehrte Erklärung abzu139 Zum Bezug des Interesses nach § 12 Abs. S. 1 GBO zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Wagemann, Funktion und Bedeutung von Grundstücksregistern, S. 8. 140 Lwowski, in: The Future of Secured Credit, S. 174, 178. 141 Wagner, Das Websurfen und der Datenschutz, S. 251. Beeindruckend auch die Darstellung des Ausmaßes, in dem in den USA das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch Datenbanken beeinträchtigt wird, von Garfi nkel, Database Nation. Siehe auch die (etwas veraltete) Studie von Louis, Datenschutz und Informationsrecht in den USA. 142 Dass der Sicherungsgeber der Eintragung zugestimmt hat (Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 213), ist allerdings in diesem Zusammenhang kaum ein relevanter Gesichtspunkt. Denn eine „freiwillige“ Offenbarung der Daten gegenüber jedermann wird man aufgrund der praktischen Alternativlosigkeit – die Möglichkeit des Besitzpfandrechts ist theoretisch – trotz der Eintragungsbewilligung durch den Sicherungsgeber nicht annehmen können. Appl, ÖNZ 2007, 161, 165 verneint die Freiwilligkeit der Datenpreisgabe, weil im Kreditsicherungsrecht typischerweise ein erhebliches wirtschaftliches Ungleichgewicht zwischen den Partnern bestünde. 143 Vgl. zum österreichischen Entwurf eines Gesetzes über ein Mobiliarpfandregister, Appl, ÖNZ 2007, 161, 166.

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verlangen, dass er an den Informationen ein berechtigtes Interesse hat.144 Eine solche Erklärung hätte freilich in erster Linie Appellcharakter. Die angedrohte Sanktion stünde weitgehend auf dem Papier, da der Beweis einer missbräuchlichen Recherche kaum zu führen ist.

5. Kosten des Registers Das bei den Diskussionen um die Einführung eines Registers für Mobiliarsicherheiten in Deutschland wohl wichtigste Gegenargument war die Befürchtung, dass ein solches Register erheblichen Aufwand und enorme Kosten verursacht.145 Die damaligen Vorstellungen waren freilich stark vom Grundbuchverfahren geprägt. Dass die Übertragung dieses aufwändigen Verfahrens auf Mobiliarsicherungsrechte wegen der einerseits durchschnittlich geringeren Forderungsbeträge und der andererseits größeren Häufigkeit von Transaktionen kaum effizient sein dürfte, bedarf keiner weiteren Darlegung.146 Die Kosten des notice filing nach dem UCC sind demgegenüber deutlich geringer. So liegen etwa die bei einer Abfrage fälligen Gebühren je nach Bundesstaat zwischen 7,– und 30,– US $, wobei Anfragen, ob überhaupt Sicherungsrechte gegen eine bestimmte Person eingetragen sind, in einigen Staaten sogar kostenlos möglich sind. Bei den für eine Eintragung anfallenden Gebühren unterscheiden die meisten Staaten danach, ob die Eingabe auf elektronischem Weg oder in Papierform gemacht wird. Elektronische Anträge auf Eintragung eines financing statement kosten zwischen 3,– und 50,– US $.147 Die anfallenden Gebühren können online per Kreditkarte bezahlt werden. Neben den Gebühren ist auch der sonstige Aufwand bei den Nutzern des Registers im Rahmen einer Kostenanalyse zu berücksichtigen. Dadurch, dass der Zugang zum Register heute über das Internet möglich ist, sind die Barrieren insoweit auch für Nutzer aus anderen Staaten (inter state transactions) oder aus dem Ausland nicht nennenswert. Auch der sonstige Verwaltungsaufwand ist durchaus überschaubar. Für den Sicherungsnehmer beschränkt er sich im We-

144 Beispielsweise muss der Nutzer des neuseeländischen Mobiliarsicherheitenregisters (zugänglich unter www.ppsr.govt.nz/cms) vor einer Suche erklären, dass er mit seiner Suche einen zulässigen Zweck verfolgt. Siehe auch Wagemann, Funktion und Bedeutung von Grundstücksregistern, 2002, S. 8. 145 Vgl. Drobnig, Gutachten für den 51. DJT, Teil F, S. 59 f. Auch heute noch begründet Lwowski seine ablehnende Haltung gegen die Einführung eines Registers mit dessen Kosten, Lwowski, in: Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 173, 178. 146 Zum Vergleich: Bei der Bestellung einer Grundschuld von 50.000,– A betragen allein die ans Grundbuchamt zu zahlenden Gebühren 132,– A. 147 Siehe für weitere Einzelheiten Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 151 f.

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sentlichen darauf, dass er auf eine rechtzeitige Verlängerung seiner Eintragung achten muss.

IV. Funktion des Notice Filing Funktional dient das notice filing - ebenso wie das transaction filing – in erster Linie der Gewährleistung von Rechtssicherheit.148 Im Einzelnen lassen sich insoweit drei verschiedene Ebenen unterscheiden:

1. Publizitätsfunktion Scheinbar im Vordergrund steht bei öffentlich zugänglichen Registern149 die Gewährleistung von Publizität hinsichtlich der eingetragenen Rechte. Für das notice filing ist allerdings bereits deutlich geworden, dass die Publizitätswirkungen des Registers selbst nicht überschätzt werden dürfen. Allerdings besitzt das Register nach Article 9 UCC negative Publizität in dem Sinn, dass an einer Sache keine vorrangigen Sicherungsrechte bestehen können, die sich nicht aus dem Register ergeben. Gläubiger müssen also keine weiteren Nachforschungen anstellen, wenn bezüglich des fraglichen Gegenstands keine Eintragungen vorliegen. Die durch das Register gewährleistete negative Publizität führt zu mehr Rechtssicherheit und einer Reduktion des erforderlichen Nachforschungsaufwands. Dem Register lassen sich jedoch keine positiven Informationen über am schuldnerischen Vermögen bestehende Sicherungsrechte entnehmen. Weder ihr Inhalt noch ob überhaupt solche Rechte bestehen, ist aus dem Register ersichtlich. Die durch einen Registereintrag bewirkte positive Publizität beschränkt sich daher darauf, Dritte hinsichtlich möglicher Sicherungsrechte zu warnen und ihnen die zur weiteren Informationsbeschaffung nötigen Daten zugänglich zu machen. Dass freilich eine solche Warnung hinsichtlich möglicherweise bestehender Sicherungsrechte wirklich erforderlich ist, wird gerade in der deutschen Literatur immer wieder bestritten. Denn tatsächlich vertraut auch ein deutscher Gläubiger nicht darauf, dass die Vermögensgegenstände des Schuldners sämtlich unbelastet sind. Er wird vielmehr im Gegenteil damit rechnen müssen, dass sie 148

Sigman, in: The Future of Secured Credit, S. 143, 149. Anders als etwa beim Refinanzierungsregister nach § 22a KWG ff. Mit diesem Register wird keine Publizität hergestellt, da keine Einsichtsmöglichkeiten für den Rechtsverkehr bestehen. Ähnlich ist dies beim besitzlosen Pfandrecht nach niederländischem Recht, das eine Eintragung bei den Steuerbehörden erfordert. Einsichtsrechte für Dritte bestehen aber insoweit nicht, Veder, in: Cross-Border Security over Tangibles, S. 193, 195 f. 149

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mehr oder weniger vollständig bereits zugunsten anderer Gläubiger belastet sind.150 Einer „Warnung“ in dem skizzierten Sinn bedarf es insofern an sich nicht, da ein Gläubiger auch und erst recht in einem System, das heimliche Sicherungsrechte kennt, Erkundigungen über den tatsächlichen Bestand von Sicherungsrechten einziehen wird. Die Gewinne an Rechtssicherheit und Effizienz, die durch ein notice filing-System erreicht werden, liegen insofern darin, dass man nicht mehr gezwungen ist mit einer – oft falschen – Vermutung zu operieren, dass das gesamte Vermögen belastet ist. Die Nachforschungen können sich auf die Vermögensgegenstände konzentrieren, die als Sicherungsgut im financing statement angegeben sind. Die Rechtssicherheit wird auch dadurch gesteigert, dass sich ein Gläubiger nicht allein auf die Angaben des Schuldners verlassen muss: Er kann dem Register entnehmen, an welchen Gegenständen Sicherungsrechte überhaupt bestehen können und kann sich dann an den eingetragenen Sicherungsnehmer für weitere Auskünfte wenden. Der Gefahr eines betrügerischen Doppelspiels des Schuldners wird dadurch vorgebeugt. Bliebe es freilich bei diesem Vorteil, müsste man den praktischen Nutzen eher gering einschätzen, da die meisten Schuldner – jedenfalls bis zum Eintritt der Krise – ehrlich sind, so dass es möglicherweise ineffizient wäre, nur wegen der wenigen Betrüger ein flächendeckendes Register einzuführen.151 Wie zu zeigen sein wird, bietet das notice filing aber jenseits der Publizitätswirkungen praktische Vorteile. Aus dogmatischer Sicht ist an die Überlegungen zur Rechtfertigung der insolvenzrechtlichen Vorrangstellung des gesicherten Gläubigers anzuknüpfen. Hier wurde für spätere Gläubiger gezeigt, dass der Vorrang ihnen gegenüber gerechtfertigt ist, sofern sie wussten oder hätten wissen können, dass am schuldnerischen Vermögen Sicherungsrechte bestehen.152 Es wurde weiter gezeigt, dass sich die Bösgläubigkeit in diesem Sinn nicht allein daraus ableiten lässt, dass allgemein mit dem Bestehen von Sicherungsrechten zu rechnen ist. Ist dagegen der Bestand eines Rechts einem öffentlich zugänglichen Register zu entnehmen, so ist es gerechtfertigt, die Kenntnis Dritter unwiderleglich zu vermuten.153 Ebenso muss sich auch nach deutschem Recht jedermann unabhängig von seinem guten Glauben eingetragene Rechte an einem Grundstück gemäß § 892 BGB entgegenhalten lassen. Auch wenn der Inhalt der Eintragung beim notice filing nicht Bestand und Inhalt des Rechts umfasst, erlaubt eine Eintragung doch den Vorwurf, dass ein Gläubiger es trotz der aus dem Register ersichtlichen Warnung unterlassen hat, weitere Informationen einzuholen. Auf diese Obliegenheitsverletzung lässt sich die unwiderlegliche Vermutung der 150

R. Stürner, in: The Future of Secured Credit, S. 166, 168. Lwowski, in: The Future of Secured Credit, S. 174, 176. 152 Siehe oben, S. 305 ff. 153 Zur constructive notice als Wirkungen der Registrierung im englischen Recht, Beale/ Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Personal Property Security, Rn. 11.04 ff. 151

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Kenntnis vom eingetragenen Recht stützen, welche ihrerseits die Vorrangstellung des gesicherten Gläubigers rechtfertigt.154

2. Rangzuweisungsfunktion Diese Überlegungen zur Rechtfertigung des Vorrangs des gesicherten Gläubigers leiten über zu einer weiteren Funktion der Registrierung von Kreditsicherheiten, nämlich der Zuweisung eines Befriedigungsranges. Durch die Eintragung wird es möglich, dass verschiedene Gläubiger Rechte in Bezug auf denselben Gegenstand haben, denn ihre Rechte können durch das Instrument der Rangbildung auf der Grundlage der Einträge in ein Verhältnis zueinander gesetzt werden. Genau wie das Grundbuch, das vor- und nachrangige Grundschulden und Hypotheken kennt, erlaubt es ein Mobiliarsicherungsregister verschiedenen Sicherheiten an demselben Gegenstand unterschiedliche Befriedigungsränge zuzuweisen. Der ökonomische Vorteil einer solchen Rangbildung wird deutlich, wenn man vergleichend das deutsche System der Vollrechtsübertragung zu Sicherungszwecken betrachtet. In einem solchen System können nur „erstrangige“ Sicherungsrechte bestellt werden, weil die Übertragung des Vollrechts vom Schuldner nur einmal vorgenommen werden kann. Eine zweite Sicherungsübertragung ist mangels Berechtigung unwirksam, es sei denn, es liegt ausnahmsweise ein Gutglaubenstatbestand vor – in diesem Fall verliert freilich der erste Gläubiger sein Recht. Hat der Sicherungsgegenstand einen die gesicherte Forderung übersteigenden Wert, erlaubt es daher die Vollrechtsübertragung nicht,155 diesen überschießenden Wert durch Bestellung eines nachrangigen Pfandrechts zur Aufnahme weiteren Kredits zu nutzen.156 In einem registerba154 Klargestellt sei, dass Article 9 UCC nicht ausdrücklich mit dem Institut der unwiderleglich vermuteten Kenntnis (constructive notice) arbeitet, Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 43, ders., in: The Future of Secured Credit, S. 143, 152. Dies beruht vor allem darauf, dass es im System von Article 9 UCC nur selten überhaupt auf subjektive Tatbestandsmerkmale ankommt, da die Redaktoren bemüht waren, die Beweisprobleme zu vermeiden, die mit diesen Merkmalen typischerweise verknüpft sind, Sigman, in: The Future of Secured Credit, S. 143, 164. Eine Ausnahme macht § 9–317 UCC. Hiernach kann der gutgläubige Erwerber eines Sicherungsguts die Sache lastenfrei erwerben, wenn er keine Kenntnis von der Existenz eines noch nicht vervollständigten Sicherungsrechts hatte, Sigman, in: The Future of Secured Credit, S. 143, 147 Fn. 8. Auch wenn es um die Anwendung des in § 1–203 und § 9–102 (43) (a) UCC angesprochenen Erfordernis von Treu und Glauben (good faith) geht, spielt die Gut- oder Bösgläubigkeit eine Rolle White/Summers, UCC- Secured Transactions, S. 881. 155 Wenn der Sicherungsgeber ein Anwartschaftsrecht auf das Sicherungsgut hat, weil er es unter auflösender Bedingung übertragen hat, könnte allerdings dieses Anwartschafsrecht als Kreditunterlage verwendet werden und so eine nachrangige Kreditsicherheit geschaffen werden. In der Praxis ist die Sicherungsübereignung unter auflösender Bedingung freilich die Ausnahme. 156 Henckel, in: Festschr. f. Zeuner, S. 193, 201.

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sierten System kann ein Gläubiger, der meint, dass der Wert des Sicherungsguts nicht nur die bereits besicherte, sondern auch seine eigene Forderung abdeckt, sich dagegen ein nachrangiges Recht an der Sache bestellen lassen. Die deutsche Rechtsprechung hat, wie oben dargestellt,157 auf das Problem, dass der Sicherungsgeber rechtlich daran gehindert ist, weitere Kredite aufzunehmen, obwohl wirtschaftlich sein Vermögen noch nicht ausgeschöpft ist, durch die Übersicherungsrechtsprechung reagiert. Der Sicherungsgeber kann nach Durchsetzung seines Freigabeanspruchs den Teil seines Vermögens, den der Gläubiger nicht benötigt, zur Besicherung anderer Kredite verwenden.158 Diese Überlegungen verdeutlichen, dass in einem registerbasierten System aufgrund der durch das Register ermöglichten Rangordnung verschiedener Sicherungsrechte am selben Sicherungsgut die Übersicherungsrechtsprechung keine Berechtigung hätte.

3. Beweisfunktion Mit der Rangzuweisungsfunktion hängt wiederum die Beweisfunktion des Registers zusammen. Denn der Vorrang eines Sicherungsrechts bemisst sich in erster Linie nach dem Prioritätsprinzip, also danach, welches Recht zuerst (dritt-) wirksam geworden ist.159 Insofern kommt der zuverlässigen Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem das Recht Drittwirksamkeit erlangt hat, entscheidende Bedeutung zu. Zur Vermeidung von Beweisproblemen bei der nachträglichen Feststellung des relevanten Zeitpunkts muss daher das materielle Recht so konzipiert sein, dass insoweit belastbare Anknüpfungspunkte vorhanden sind. Wenn dagegen auch mündlich geschlossene Sicherungsverträge anerkannt werden, besteht die Gefahr, dass langwierige und wenig ergiebige Zeugenvernehmungen über das Datum des Vertragsschlusses notwendig werden. Auch wenn die Parteien ihren Sicherungsvertrag in (privat-) schriftlicher Form geschlossen haben, was im Geschäftsverkehr die Regel sein dürfte, erledigen sich damit die Beweisprobleme nicht, da insoweit die Gefahr von Rückdatierungen nicht zu leugnen ist. Solche Machenschaften können allerdings nicht nur zum betrügerischen Erwerb des Vorrangs vor anderen gesicherten Gläubigern dienen, sie werden auch dazu verwendet, Transaktionen aus dem Anfechtungszeitraum heraus „vorzuverlegen“,

157

Siehe oben, S. 284 ff. Sigman, in: The Future of Secured Credit, S. 143, 159. 159 Vgl. für das Rangverhältnis von deutschen Pfandrechten MünchKomm-BGB/Damrau, § 1209 Rn. 1; für charges nach englischem Recht Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Personal Property Security, Rn. 12.01 ff., zur Bedeutung des Prioritätsprinzips unter dem UCC sogleich unter E. 158

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um die Bestellung eines Sicherungsrechts so anfechtungsfest zu machen.160 Auch aus der Perspektive des Anfechtungsrechts besteht daher ein großes Interesse daran, den Zeitpunkt der Vornahme eines Rechtsgeschäfts im Sinne von § 140 InsO eindeutig bestimmen zu können. Weitgehend ausgeschlossen ist die Gefahr von Rückdatierungen, wenn die Mitwirkung einer neutralen, vertrauenswürdigen Stelle am Vertragsschluss erforderlich ist. Dies könnte etwa in der Form der öffentlichen Beglaubigung solcher Verträge geschehen. Gerade Alltagsgeschäfte wie etwa die Lieferung unter Eigentumsvorbehalt würden durch ein solches Formerfordernis aber mit einem erheblichen Mehraufwand belastet. Wesentlich einfacher und genauso effektiv wird dem skizzierten Interesse demgegenüber durch die Eintragung eines financing statement in ein öffentlich geführtes Register Rechnung getragen. Da der Zeitpunkt der Registereintragung der bei der Bestimmung der Rangverhältnisse relevante Zeitpunkt ist, erledigen sich Beweisprobleme und Rückdatierungen sind ausgeschlossen. Gerade im Hinblick auf mögliche Anfechtungsund Vorrangprozesse wird die Rechtssicherheit durch das notice filing also deutlich gesteigert.

V. Notice Filing, Transaction Filing und heimliche Mobiliarsicherheiten im Vergleich Die Darstellung der Funktionen des notice filing hat gezeigt, dass trotz der gänzlich unterschiedlichen rechtstechnischen Ausgestaltung von notice filing einerseits und transaction filing andererseits ein hohes Maß an Übereinstimmung hinsichtlich der mit der Registrierung jeweils verfolgten Zwecke besteht. Auch das Grundbuch dient der Herstellung von Rechtssicherheit, indem es für die Publizität von Belastungen des Grundstücks sorgt. Außerdem erlaubt es die rangmäßige Ordnung bestehender Belastungen. Die „Beweisfunktion“ wird für die Grundpfandrechte dadurch verwirklicht, dass die Entstehung des Rechts nach § 873 BGB seine Eintragung voraussetzt. Bei den deutschen Grundpfandrechten wird also schon dadurch die Gefahr von Rückdatierungen ausgeschlossen, dass ein Element des Entstehungstatbestandes eine der Manipulation durch die Parteien entzogene Handlung einer Behörde ist. Die funktionalen Unterschiede zwischen dem notice filing für Mobiliarsicherheiten und der grundbuchmäßigen Registrierung von Grundpfandrechten sind insofern nicht qualitativer, sondern gradueller Natur. Mit einem notice filing-System werden mit anderen Worten grundsätzlich dieselben Ziele wie bei 160 Siehe beispielsweise die Sachverhalte von OLG Hamburg, Urt. v. 9. 5. 2001, ZIP 2001, 1332 (Rückdatierung einer Grundschuldübertragung); OLG Saarbrücken, Urt. v. 3. 8. 2004, BauR 2005, 890 (Rückdatierung eines Bauvertrages).

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der Registrierung von Grundpfandrechten verfolgt.161 Unterschiedlich sind allerdings das Maß der Zielerreichung einerseits und die Kosten des Systems andererseits. So erzielt das deutsche Grundbuchsystem – wie jedes transaction filing-System – ein erheblich höheres Maß an Rechtssicherheit schon durch die aktive Beteiligung einer staatlichen Stelle, welche die Richtigkeit und Vollständigkeit der registrierten Angaben überprüft.162 Dieses höhere Maß an Richtigkeitsgewähr erlaubt es, das Grundbuch mit positiver Publizität in dem Sinn auszustatten, dass der gutgläubige Erwerb von eingetragenen, aber tatsächlich nicht bestehenden Sicherungsrechten möglich ist. Dagegen ist unter dem UCC der gutgläubige (Zweit-) Erwerb eines security interest auf der Grundlage der Eintragung eines financing statement ausgeschlossen, weil die Eintragung dort insoweit keinen (positiven) Rechtsschein setzt.163 Gerade die Prüfung durch eine staatliche Stelle macht ein transaction filingSystem aber auch verhältnismäßig aufwändig und damit teuer. Daher kommt es bei der Entscheidung zwischen den beiden Registersystemen vor allem darauf an, wie viel Rechtssicherheit sich im Hinblick auf eine bestimmte Klasse von Vermögensgütern „lohnt“. Ökonomisch gesprochen geht es darum, den Grenznutzen eines Registrierungssystems einzuschätzen. Hierbei sind einerseits die Kosten eines Registrierungssystems zu berücksichtigen, andererseits der Wert der betroffenen Vermögensgüter sowie die Häufigkeit ihres Umsatzes. Diese Überlegungen verdeutlichen zunächst, dass es nicht ein „richtiges“ Registersystem für alle Vermögensgegenstände gibt. Vielmehr liegt es nahe, dass für äußerst hochwertige und zugleich verhältnismäßig umsatzarme Vermögensgüter wie Grundstücke und Schiffe andere Regeln gelten als für geringwertige Güter mit hohen Umsätzen. Für relativ teure Güter ist ein höherer Aufwand gerechtfertigt, durch den ein höheres Maß an Rechtssicherheit erzielt werden kann. Da insofern bei der Entscheidung zwischen den Systemen und erst recht bei der Entscheidung, ob ein Registrierungsverfahren überhaupt einzuführen ist, vor allem seine Kosten eine Rolle spielen, haben sich die Rahmenbedingungen der Diskussion um die Einführung eines Registers für Mobiliarsicherungsrechte seit der Insolvenzrechtsreform, als das Thema in Deutschland zuletzt breiter erörtert wurde, entscheidend verändert. Denn heute kann ein Mobiliarsicherheitenregister durch ein rein elektronisches Verfahren zu einem Bruchteil der damals angenommenen Kosten aufgebaut und geführt werden. Besonders eindrucksvoll belegen dies die neuseeländischen Erfahrungen. Dort genügt eine 161 Anders Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 213, die dem Grundbuch und dem Register nach Article 9 verschiedene Funktionen zuschreibt, wobei sie diese Aussage mit der unterschiedlichen dogmatischen Ausgestaltung begründet. 162 Ein Beispiel für ein transaction fi ling bei Mobiliarsicherheiten ist der auf S. 453 ff. erörterte österreichische Entwurf zur Einführung eines Registers für Mobiliarsicherheiten. 163 Allerdings kennt Article 9 UCC eine negative Publizität des Registers insofern als ein lastenfreier Erwerb des Sicherungsgegenstands durch gutgläubige Dritte nur möglich ist, wenn keine perfection herbeigeführt war, § 9–317 b UCC.

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einzige Teilzeitkraft, um das ausschließlich elektronisch geführte Register zu unterhalten. Die Gebühren für Abfragen und Registrierungen mussten sogar gesenkt werden (auf 3 bzw. 1 NZ Dollar), um das Kostendeckungsprinzip nicht zu verletzen.164 Auch das kostengünstigste Registersystem wäre aber ineffizient, wenn durch den Aufwand kein nennenswerter Nutzen erzielt würde. Fest steht hierbei zunächst, dass ein notice filing nicht im selben Maß Rechtssicherheit erzeugt wie etwa das Grundbuchverfahren oder andere transaction filing-Systeme. Demgegenüber darf die Flexibilität des notice filing - ein oft hervorgehobener Vorteil dieses Ansatzes gegenüber dem transaction filing – nicht überschätzt werden.165 Denn auch die Grundschuld kann als nicht-akzessorisches Recht unproblematisch zur Besicherung beispielsweise eines Kontokorrentverhältnisses166 oder wechselnder Forderungen verwendet werden, ohne dass hierbei Änderungen oder Neueintragungen erforderlich würden. Welche Vorteile das notice filing gegenüber der bestehenden deutschen Praxis der weitgehenden heimlichen Mobiliarsicherheiten tatsächlich bietet, bedarf schon deshalb genauerer Untersuchung, weil selbst in den USA immer wieder Zweifel am Nutzen des notice filing angemeldet werden.167 Im Kern zielen die Bedenken gegen die Nützlichkeit des notice filing darauf, dass die dem Register zu entnehmenden Informationen so unvollständig sind, dass die Einsichtnahme in das Register eine Anfrage beim Schuldner, wie seine Vermögenslage tatsächlich aussieht, nicht entbehrlich macht. Auch unter einem notice filing Regime muss ein umsichtiger Gläubiger sich insofern an den Schuldner zur Erlangung der entscheidenden Daten wenden. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Gläubiger beim notice filing seine Nachforschungen auf die Gegenstände konzentrieren kann, die von einem registrierten financing statement erfasst sind. Nur wenn an solchen Gegenständen ein Sicherungsrecht bestellt werden soll, besteht weiterer Nachforschungsbedarf, denn im Übrigen kann sich der Gläubiger darauf verlassen, dass sein Sicherungsrecht – sofern er für perfection sorgt – unvollkommenen security interests vorgeht. Bei einem System, das auf heimlichen Sicherungsrechten basiert, hat der Gläubiger dagegen keinerlei Möglichkeiten, die Angabe des Schuldners zu überprüfen, 164

Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 210 ff. McCormack, Secured Credit, S. 138 für company charges nach englischem Recht. 166 BGH, Urt. v. 13. 11. 1990, NJW 1991, 1286 ff. 167 White, 79 Minnesota Law Review 529, White kritisiert das Fehlen von empirischen Erhebungen über das Maß der tatsächlichen Nutzung des Registers. Tatsächlich könnte das Register insoweit wesentlich unwichtiger sein, als man gemeinhin annimmt. Eine noch schärfere Kritik findet sich bei Bowers, 79 Minnesota Law Review 721. Bowers hält die Registrierung für weitgehend überflüssig und charakterisiert die Gebühren insofern als „Steuer“ auf die Bestellung von Sicherungsrechten, a.a.O. 734. Kritisch aus deutscher Sicht Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S. 167 ff., der allerdings die Funktion des Registers zu Unrecht auf die Herstellung von Publizität beschränkt. 165

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dass ein bestimmter Gegenstand unbelastet sei. Die Registrierung bietet insofern vor allem einen Schutz gegen unredliche Schuldner. Zwar ist es einerseits richtig, dass die meisten Schuldner redlich sind, andererseits steigt gerade in der Krise die Versuchung durch riskantes (und rechtswidriges) Spiel doch noch zu neuem Kredit zu gelangen. Insofern mag die Gefahr von unredlichem Schuldnerverhalten höher sein, als man auf den ersten Blick annehmen könnte. Wirksamen Schutz in einem notice filing-System genießen aber nicht nur Erwerber von Sicherungsrechten, sondern vor allem auch solche Gläubiger, denen gegenüber der Schuldner eine Negativerklärung abgegeben hat. Denn das Register ermöglicht ihnen eine zuverlässige, weil schuldnerunabhängige Kontrolle der Einhaltung dieser Vereinbarung. Ein weiterer Nutzen betrifft das Informationsdefizit zwischen Groß- und Kleingläubigern: Nicht jeder Gläubiger besitzt die Verhandlungsmacht, den Schuldner tatsächlich zur Preisgabe von Informationen über bestehende Sicherheiten zu bewegen. Diese Forderung können vielmehr nur Großgläubiger durchsetzen, auf deren Kreditgewährung der Schuldner angewiesen ist. In einem System heimlicher Sicherungsrechte bestehen daher für Kleingläubiger keine Möglichkeiten, die Vermögenslage ihres Schuldners zu beurteilen. Beim notice filing können sie demgegenüber immerhin zu sehr geringen Kosten die (allerdings spärlichen) Informationen nutzen, die sich aus den registrierten financing statements ergeben. Insofern sorgt das notice filing auch für mehr „informationelle Waffengleichheit“ unter den Gläubigern. Diese Überlegungen zeigen, dass die Publizitätsfunktion des notice filing zwar nicht überbewertet werden sollte, gleichwohl verspricht ein solches System Effizienzgewinne dadurch, dass opportunistisches Verhalten des Schuldners gegenüber neuen Kreditgebern und Inhabern von negative pledge-clauses zuverlässig verhindert wird. Die anderen beiden dargestellten Funktionen des notice filing, die Rangzuweisungsfunktion und die Beweissicherungsfunktion, werden zwar auch von einem transaction filing-System erfüllt, nur entstehen hier durch die behördliche Prüfung erheblich höhere Kosten. Demgegenüber erlaubt es ein System heimlicher Sicherheiten wie dargestellt nicht, Sicherheiten unterschiedlichen Ranges an demselben Vermögensgegenstand zu gewähren – jedenfalls sofern es wie in Deutschland vollrechtsbasiert ist. Auch die Beweisfunktion kann durch das deutsche Recht nicht gewährleistet werden, da hier auch privatschriftliche und sogar mündliche Sicherheitsbestellungen wirksam sind. Abhilfe könnten insoweit zwar Formvorschriften schaffen, allerdings dürften insgesamt größere Kosten dadurch entstehen, dass man für jeden Eigentumsvorbehalt die notarielle Beurkundung vorsieht, als wenn man diese Geschäfte einem Eintragungserfordernis unterwirft.168 168

Ähnlich Kieninger, in: The Future of Secured Credit, S. 215, 219.

E. Die Prioritätsregeln des Article 9 UCC

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Schließlich ist auf die oben entwickelte haftungsrechtliche Bedeutung der Gewährleistung von Publizität im Kreditsicherungsrecht zurück zu kommen. In § 4 ist deutlich geworden, dass die revolvierenden Sicherheiten des deutschen Rechts in nicht zu rechtfertigender Weise den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen. Die Überlegungen in § 6 haben ergeben, dass diesen Bedenken durch die Herstellung von Publizität abgeholfen werden könnte. Die in § 5 vorgeführten Korrekturmechanismen, die die Rechtsprechung zur Linderung dieses Legitimationsdefizits entwickelt hat, hätten sich damit erledigt. Der Gewinn an Rechtssicherheit, der insgesamt durch die Einführung eines Mobiliarsicherheitenregisters auf der Grundlage eines notice filing-Ansatzes erzielt werden könnte, ist schwer zu quantifizieren. Dennoch spricht aus deutscher Sicht vieles dafür, dass dieser Gewinn die mit dem Aufbau und der Führung des Registers verbundenen Kosten aufwiegt.169 Denn die Unsicherheit in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht ist unter dem derzeitigen richterrechtlich entwickelten System heimlicher Sicherungsrechte so groß, dass die unter heutigen Bedingungen geringen Kosten eines Mobiliarsicherheitenregisters von den zu erwartenden Vorteilen voraussichtlich deutlich übertroffen werden.170 Denn die Verringerung von Rechtsunsicherheit führt zu einer Senkung der Finanzierungskosten und damit im Ergebnis zu einem verbilligten Zugang zu Kredit.171 Hinzu kommen die Gewinne an Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr: Mit Registerpublizität ausgestattete Sicherungsrechte haben eine wesentlich höhere Chance, in einer anderen Rechtsordnung anerkannt zu werden, so dass sich die in § 7 dargestellten Probleme insbesondere deutscher Exporteure erledigten.

E. Die Prioritätsregeln des Article 9 UCC Mit priority wird im UCC das Verhältnis verschiedener (Sicherungs-) Rechte an derselben Sache zueinander bezeichnet,172 es geht also um die Zuweisung des 169 A. A. Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S. 167 ff. Rott ist zuzugeben, dass auch ein notice filing-System keine vollkommene Rechtssicherheit herstellen kann. Die Probleme bei der Individualisierung des Schuldners anhand seines Namens sollten aber insbesondere vor dem Hintergrund des klaren und strengen deutschen Namensrechts nicht überbewertet werden, s. o. Fn. 9. Das weiter von Rott angesprochene Problem der Unrichtigkeit des Registers nach einer Verfügung des Schuldners über das Sicherungsgut, stellt sich nach der im DCFR vorgesehenen Regelung nicht in gleicher Schärfe, siehe unten, S. 444. 170 Skeptischer R. Stürner, in: The Future of Secured Credit, S. 166, 173. 171 Lwowski, in: The Future of Secured Credit, S. 174, 179 deutet an, dass die Einführung eines Registers für Mobiliarsicherheiten die Kreditkosten erhöhen würde. Dabei blendet er die Reduktion von Rechtsunsicherheit als ökonomischen Faktor vollkommen aus. 172 LoPucki/Warren, Secured Credit, S. 320.

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Ranges, den der Inhaber eines Sicherungsrechts bei der Befriedigung aus dem Sicherungsgut einnimmt. Im Verlauf der bisherigen Darstellung wurden bereits einige der in Article 9 UCC enthaltenen Prioritätsregeln gestreift. Auch die folgende Darstellung soll keinen vollständigen Überblick über sämtliche Prioritätskonflikte und ihre Lösung durch Article 9 UCC geben. Eine solche Darstellung geriete bedingt durch die Regelungstechnik des UCC zwangsläufig sehr technisch. Die Grundregel des Article 9 UCC, nach welcher der früher vollkommene oder der früher eingetragene security interest dem jüngeren Recht vorgeht, wird durch zahlreiche Spezialvorschriften durchbrochen, die nach der Art der Vervollständigung oder nach der Art des Sicherungsguts differenzieren.173 Die folgende Darstellung beschränkt sich daher auf die Analyse der aus rechtsvergleichender Sicht besonders interessanten Regeln, welche die Stellung eines Gläubigers betreffen, der die Anschaffung eines bestimmten Gegenstands finanziert und hierfür ein Sicherungsrecht (purchase-money security interest) erworben hat.

I. Das (modifizierte) Prioritätsprinzip als Grundsatz Einleitend sei zunächst an die Bedeutung der perfection für die Behandlung von Vorrangfragen erinnert. Wenn konkurrierende Gläubiger ein dingliches Recht an demselben Gegenstand geltend machen, kommt es bei der Ermittlung des Ranges zunächst darauf an, für welche Rechte bereits perfection eingetreten ist: Ein unvollkommener security interest tritt gemäß § 9–322 (a) (2) UCC hinter vollkommenen Sicherungsrechten zurück. Gleichfalls setzt sich ein vollkommener security interest gegenüber später entstandenen gesetzlichen Pfandrechten174 und Pfändungspfandrechten durch. Wie im deutschen Recht richtet sich das Verhältnis zweier Rechte zueinander auch unter Article 9 UCC somit grundsätzlich nach ihrer zeitlichen Reihenfolge.175 Insofern gilt auch für das Rangverhältnis von security interests das Prioritätsprinzip. Beispielhaft sei dies für den Vorrang des Sicherungsnehmers in der Insolvenz des Sicherungsgebers dargestellt: Nach 11 U. S. C. 544 (a) erwirbt der Insolvenzverwalter (trustee) ein Pfändungspfandrecht (judicial lien) an der Insol173 Grant Gilmore hat den Prioritätsregeln immerhin den größten Teil des zweiten Bandes seines Werks, Security Interests in Personal Property, gewidmet. Auf dieses Werk sei für eine vollständige Darstellung verwiesen. Eine Übersicht findet sich bei Sigman, in: The Future of Secured Credit, S. 143, 160 f. In deutscher Sprache Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 243 ff. 174 Zu diesen gehört auch das Recht des Insolvenzverwalters, dazu sogleich im Text. 175 Die Prioritätsregeln des UCC sind allerdings insofern dispositiv als Rangrücktritte aufgrund entsprechender Vereinbarungen (subordination agreements) zulässig sind, § 9–339 UCC, Gilmore, Security Interests in Personal Property, Bd. 2, S. 983 ff.

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venzmasse.176 Als lien creditor hat er sich in das durch Article 9 UCC geschaffene Vorrangsystem einzufügen. Die für den Insolvenzverwalter insofern wichtigste Vorschrift ist daher § 9–317 (a) (2) (A) UCC, nach dem die Rechte eines lien creditor den Rechten des Inhabers eines security interest grundsätzlich (nur) dann vorgehen, wenn dieser zum Zeitpunkt der Entstehung des judicial lien – also zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – noch nicht vollkommen war. Gegenüber vollkommenen security interests kann der Insolvenzverwalter allerdings unter Umständen mit dem Mittel der Insolvenzanfechtung nach 11 U. S. C. 547 ff. vorgehen.177 Danach sind solche Sicherungsrechte anfechtbar, die innerhalb von 90 Tagen vor dem Antrag auf Verfahrenseröffnung erworben wurden, wobei es zeitlich regelmäßig auf den Zeitpunkt der Vervollkommnung ankommt.178 Vorbehaltlich der Anfechtbarkeit eines Sicherungsrechts kann der Insolvenzverwalter jedoch grundsätzlich nur gegenüber im Eröffnungszeitpunkt noch unvollkommenen Sicherungsrechten den Vorrang beanspruchen.179

1. Das Rangverhältnis nach dem Zeitpunkt der Eintragung (First to File Rule) Allerdings stellt die für das Verhältnis mehrerer Sicherungsgeber untereinander geltende Vorschrift des § 9–322 (a) (1) UCC nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt ab, zu dem das Recht vollkommen wird (time of perfection), sondern knüpft neben diesem Zeitpunkt alternativ an den Zeitpunkt der Registereintragung (first to file or perfect) an. Die Brisanz dieser Regel wird deutlich, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass ein financing statement auch schon dann registriert werden kann, wenn noch kein security interest entstanden ist, ein attachment also noch nicht stattgefunden hat, etwa weil noch kein security agree176 Aus deutscher Sicht könnte man diese Konstruktion als Verknüpfung der Theorie vom Beschlagsrecht der Insolvenzgläubiger mit der Theorie von der Gemeinschaft der Insolvenzgläubiger, die durch den Insolvenzverwalter vertreten wird, begreifen. 177 Hierzu Baird, Elements of Bankruptcy, S. 180 ff. 178 Anders als nach § 130 InsO kommt es nicht darauf an, ob der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kannte. Ausführlich zur Anfechtung von security interests nach 11 U. S. C. 547, White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 818. 179 Dieser Grundsatz wird durch § 9–322 (a) (2) (B) UCC dahingehend durchbrochen, dass hiernach auch zum Eröffnungszeitpunkt noch unvollkommene Sicherungsrechte Vorrang genießen, sofern zu diesem Zeitpunkt bereits ein security agreement existierte und ein fi nancing statement registriert worden war. (An der perfection fehlt es in diesen Fällen, da noch keine konkrete Verpflichtung zur Kreditgewährung entstanden ist.) Gewährt unter diesen Umständen der Kreditgeber dem Schuldner innerhalb von 45 Tagen nach Verfahrenseröffnung Kredit, so geht sein Recht dem des Insolvenzverwalters vor. Nach Ablauf dieser Periode kommt es darauf an, ob der Gläubiger bei Kreditgewährung oder Eingehung der Verpflichtung zur Kreditgewährung von der Verfahreneröffnung wusste, § 9–323 (b) UCC.

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ment abgeschlossen wurde. Im deutschen Recht richtet sich die Priorität dagegen grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entstehung des dinglichen Rechts als dem Zeitpunkt seiner Drittwirksamkeit. Durchbrochen wird diese Regel nur durch die Möglichkeit der Eintragung einer Vormerkung, die auch im deutschen Recht gemäß § 883 Abs. 3 BGB eine Rangwahrung schon vor wirksamer Entstehung eines Rechts an einem Grundstück erlaubt.180 Freilich beschränkt sich die Vergleichbarkeit des § 9–322 (a) (1) UCC mit den Wirkungen einer Vormerkung auf eine (teilweise) Funktionsähnlichkeit,181 denn anders als bei der Vormerkung kommt es bei registrierten financing statements nicht darauf an, ob bereits ein Anspruch auf Einräumung eines security interest begründet war. Es genügt, dass irgendwann ein attachment stattgefunden hat. Indem § 9–322 (a) (1) UCC einem security interest, der zwar später entstanden ist, aber früher eingetragen wurde, den Vorrang gegenüber einem früher entstandenen aber später vervollkommneten Sicherungsrecht zuspricht, verbessert er die Rechtssicherheit für Sicherungsnehmer in mehrfacher Weise. Zunächst ist ein Sicherungsnehmer davor geschützt, dass später ein anderer Gläubiger seinen Vorrang behauptet, weil er dem Schuldner „früher“ Kredit gewährt und ein Sicherungsrecht erworben habe. Diese Behauptung hilft dem anderen Gläubiger nicht, da es nur auf den Zeitpunkt der Registrierung oder Vervollkommnung ankommt. Insofern dient die first to file rule der Rechtssicherheit, indem sie Beweiserhebungen über den Zeitpunkt der Entstehung eines Sicherungsrechts (mit den zu befürchtenden Rückdatierungen) überflüssig macht.182 Zum Beweis des Vorrangs steht das eindeutige Datum der Registrierung zur Verfügung. Dadurch, dass das Gesetz auf das Registrierungsdatum abstellt, können sich ferner Sicherungsnehmer für die Phase sichern, in welcher der Abschluss eines Kredit- und Sicherungsvertrags mit dem Schuldner erst noch bevorsteht: Bei der Kalkulation der Darlehensbedingungen legt der Gläubiger bestimmte Annahmen über den Rang seines Sicherungsrechts zugrunde. Um zu vermeiden, dass ein anderer Gläubiger während der Schwebezeit ein Recht am ins Auge gefassten Sicherungsgut erwirbt, und damit der Kalkulation die Grundlage entzieht, kann der Gläubiger (mit Zustimmung des Sicherungsgebers) schon vor Abschluss des security agreement ein financing statement registrieren lassen, wodurch der Rang seines später (möglicherweise) entstehenden Sicherungsrechts gegenüber späteren Eintragungen geschützt wird. Ein umsichtiger Siche-

180 Ob die Rangwahrung eine selbständige Funktion der Vormerkung ist oder im allgemeinen Schutz gegen Zwischenverfügungen aufgeht, ist umstritten. Für letzteres Staudinger/ Gursky, BGB, § 883 Rn. 4, anders MünchKomm-BGB/Kohler, § 883 Rn. 3. 181 Zur Funktionsähnlichkeit von Vormerkung und Registrierung eines fi nancing statement vor attachment, Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 245. 182 White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 843.

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rungsgeber wird daher jedenfalls vor Auskehrung des Darlehens für die Eintragung des financing statement sorgen.183 Weiterhin ermöglicht die vorsorgliche Eintragung eines financing statement die Erstreckung eines Sicherungsrechts auf solches Sicherungsgut, das zum Eintragungszeitpunkt noch nicht dem Sicherungsgeber gehört (future collateral).184 Auch insoweit kommt es hinsichtlich des Ranges auf den Zeitpunkt der Eintragung des financing statement an. Dadurch erledigt sich die im deutschen Recht geführte Diskussion, ob das Prioritätsprinzip auch auf konkurrierende Vorausverfügungen anzuwenden ist.185 Nach Article 9 UCC setzt sich (wie nach herrschender deutscher Meinung) die Verfügung durch, die zuerst durch Eintragung vervollkommnet wurde. Schließlich sorgt die first to file-Regelung für Klarheit dahingehend, dass es nicht auf den Zeitpunkt ankommt, in dem die gesicherte Forderung entsteht. Ein financing statement kann damit auch für Sicherheiten hinsichtlich künftiger Forderungen rangwahrende Wirkung haben. Eine vergleichbare Flexibilität bieten auch die nicht-akzessorischen Sicherungsrechte des deutschen Rechts. Ein ähnlicher Effekt wird für die Hypothek durch § 1113 Abs. 2 BGB erreicht. Die Hypothek entsteht als akzessorisches Recht zwar erst mit der besicherten Forderung. Gleichwohl kann sie schon vorher eingetragen werden, wodurch eine Eigentümergrundschuld begründet wird, deren in diesem Zusammenhang entscheidende Funktion die Rangwahrung für den Fall der späteren Forderungsentstehung ist.186 Im Unterschied zur Hypothek ist beim security interest allerdings der Zusammenhang zur gesicherten Forderung ungleich loser, so dass ein financing statement auch rangwahrend für Transaktionen wirkt, für die im Moment der Registrierung noch keinerlei „Vorstufen der Verwirklichung“ erfüllt sind. Die aus dem deutschen Recht bekannten Voraussetzungen für die Vormerkbarkeit künftiger Ansprüche und die Eintragung einer Hypothek für künftige Forderungen187 sind Article 9 UCC daher fremd.

2. Einschränkungen der First to File Rule Teilweise wird eingewendet, dass die first to file or perfect rule insofern Rechtsunsicherheit erzeuge, als ein Sicherungsnehmer, der sein Sicherungsrecht durch Eintragung eines financing statement vervollkommnet, nie sicher sein könne, 183 In diesem Fall ist das Sicherungsrecht allerdings bereits entstanden, da das value-Erfordernis durch die Eingehung der Verpfl ichtung zur Darlehensauszahlung bereits erfüllt ist. 184 Sigman, in: The Future of Secured Credit, S. 143, 162. 185 Siehe oben, S. 162. 186 MünchKomm-BGB/Eickmann, § 1113 Rn. 52. 187 Nach einer insbesondere von der Rechtsprechung häufig verwendeten Formulierung muss „der Rechtsboden bereitet“ sein: BGH, Urt. v. 19. 1. 1954, BGHZ 12, 115, 117; Urt. v. 13. 6. 2002, BGHZ 151, 116, 121.

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dass nicht zuvor bereits ein anderer Gläubiger ein Sicherungsrecht an demselben Gegenstand auf andere Weise als durch Eintragung vervollkommnet hat. Um diese Bedenken zu würdigen, muss man im Einzelnen die Fälle anschauen, in denen ein Sicherungsrecht auf andere Weise als durch Registrierung vervollkommnet wird. Dass § 9–322 UCC nicht ausschließlich auf den Eintragungszeitpunkt abstellt, ist im ersten Schritt nur eine Reaktion darauf, dass Article 9 UCC wie gesehen mit Besitzwechsel und Kontrolle andere Vervollkommnungsmöglichkeiten kennt, die nicht von einer Registrierung abhängen. Allerdings sind insoweit kaum Beeinträchtigungen der Rechtssicherheit zu fürchten. Denn in den – ohnehin seltenen – Fällen der Vervollkommnung durch Besitzwechsel wird ein Leihhaus gegebenenfalls gut beraten sein, zuvor eine Registerabfrage durchzuführen.188 Umgekehrt wird kein Gläubiger Kredit gegen eine Sicherheit an einem Gegenstand gewähren, von dem er aufgrund des fehlenden Besitzes des Schuldners befürchten muss, dass der Schuldner ihn bereits verpfändet hat. Auch im Verhältnis zur perfection by control sind kaum Konflikte zu besorgen, da beispielsweise hinsichtlich Akkreditiven und Bankkonten nur die „Kontrolle“ als Perfektionierungsmechanismus zur Verfügung steht,189 so dass eine „doppelte“ Vervollkommnung ausgeschlossen ist. Im Übrigen kann ein Sicherungsnehmer, der ein Sicherungsrecht etwa an einem Wertpapierdepot erwerben will, ohne weiteres durch eine Anfrage bei der Depotbank in Erfahrung bringen, ob an dem Depot bereits ein Sicherungsrecht besteht. Umgekehrt kann sich wiederum die Bank durch eine Registerabfrage über mittels filing vervollkommnete Sicherungsrechte informieren. Da die Zweispurigkeit von control und filing insofern nur für einen sehr begrenzten Kreis von Sicherungsgütern besteht und in diesen Situationen Zweifel leicht beseitigt werden können, entsteht aus der Alternativität der Regelung in § 9–322 (a) (1) UCC keine nennenswerte Rechtsunsicherheit.190 Anderes gilt für gesetzliche Sicherungsrechte und Rechte, die im Wege der Zwangsvollstreckung erworben wurden und sonstige rechtliche Privilegien. Da diese Rechte nicht aus dem Register ersichtlich sind und der Sicherungsnehmer hier oft kaum andere Möglichkeiten hat, sich über ihre Existenz unabhängig vom Schuldner zu informieren, sind diese Rechte eine Quelle der Rechtsunsicherheit, die umso größer ist, je zahlreicher eine Rechtsordnung solche „registerfernen“ Vorrechte gewährt.191 Um hier Abhilfe zu schaffen, wäre es denkbar, nach geltendem (deutschen) Recht publizitätslose Pfändungspfandrechte – wie etwa bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen nach §§ 828 ff. ZPO – eben188

Sigman, in: The Future of Secured Credit, S. 143, 162. White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 775. 190 Etwas skeptischer R. Stürner, in: The Future of Secured Credit, S. 166, 169, der für eine weitgehende Beschränkung der Vervollkommnungsmöglichkeiten auf die Registrierung eintritt. 191 LoPucki/Warren, Secured Credit, S. 745. 189

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falls durch Eintragung im Register mit Publizität zu versehen. Derartige Vorschläge konnten sich in den USA allerdings bisher nicht durchsetzen.192 Bezüglich besitzloser gesetzlicher Pfandrechte könnte dem Berechtigten nach dem Vorbild des § 648 BGB ein Anspruch auf Bestellung eines Mobiliarsicherungsrechts gegeben werden. Das Sicherungsrecht wäre wie jedes andere Sicherungsrecht durch Eintragung zu vervollkommnen. Die Bedeutung des Registers als zentrales Instrument zur Bestimmung der Rangverhältnisse würde durch solche Maßnahmen erheblich gestärkt, damit wäre ein deutlicher Gewinn an Rechtssicherheit verknüpft. Weitere Abstimmungsprobleme ergeben sich schließlich, soweit es um die Haftung solcher beweglicher Sachen geht, die als Zubehör (fi xtures) auch der grundstücksrechtlichen Haftung unterliegen können. Nach § 9–334 (e) UCC erlangt der Mobiliarkreditgeber nur dann den Vorrang vor dem durch ein Grundpfandrecht gesicherten Gläubiger, wenn der Mobiliarkreditgeber sein Recht am Zubehörstück (auch) im Grundstücksregister eintragen lässt ( fi xture filing).193 Grundpfandgläubiger können also durch das fi xture filing aus dem Grundstücksregister über vorrangige Sicherungsrechte an Zubehörstücken erfahren. Umgekehrt muss sich der Mobiliarkreditgeber vor Erwerb eines security interests an Gegenständen, bei denen es sich möglicherweise194 um Zubehör handelt, durch Einsichtnahme in das Grundbuch über gegebenenfalls vorrangige Grundpfandrechte informieren.195 Diese Überlegungen zeigen, dass auch ein Mobiliarsicherheitenregister kein Allheilmittel darstellt für sämtliche Probleme bei der Verzahnung rechtsgeschäftlich begründeter Mobiliarsicherheiten mit gesetzlichen Pfandrechten, Rechten, die im Wege der Zwangsvollstreckung erworben werden, und bei der Abgrenzung zwischen Mobiliarsicherheiten und grundpfandrechtlicher Haftung. Aber einerseits stellen sich die geschilderten Fragen in ähnlicher Weise in einem System, das auf heimlichen Sicherungsrechten basiert, andererseits lassen sich wenigstens einige der Probleme durch Anpassungen im Recht der gesetzlichen Sicherheiten und Pfändungspfandrechte lösen. Die dargestellten Ausnahmen und Abstimmungsschwierigkeiten sollten insofern nicht von den er-

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R. Stürner, in: The Future of Secured Credit, S. 166, 171 . Bei Sicherungsrechten an Immobiliarsicherheiten (im Rahmen der Verbriefung von Hypothekenkrediten durch Pfandbriefe) ist dagegen nach § 9–308 (e) UCC nur eine Eintragung in das Register nach Article 9 erforderlich, McDonnell, Uniform Commercial Code – Analysis of Revised Article 9, S. 167. Ausführlich R. Stürner/Kern, Deutsche Hypothekenpfandbrief und U. S.-amerikanische Deckungswerte, S. 75. 194 Die Regeln, nach denen sich die Einordnung als fi xture richtet, werden als chaotic body of law beschrieben, White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 854. 195 Siehe zur im Einzelnen sehr komplizierten Regelung ausführlich White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 855 ff. 193

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heblichen Vorteilen eines Mobiliarsicherheitenregisters unter dem Blickwinkel der Rechtssicherheit ablenken.

II. Einzelne Rangverhältnisse Aus der Vielzahl der einzelnen Regelungen über Rangverhältnisse sollen im Folgenden drei besonders interessante Konstellationen hervorgehoben werden. Zunächst soll das Schicksal von Belastungen des Sicherungsguts bei seiner Veräußerung dargestellt werden. In einem zweiten Schritt wird es um die Rechtsfolgen von Verbindung, Verarbeitung und Vermischung des Sicherungsguts gehen. In einem eigenen Abschnitt sollen die Sonderrechte bei Anschaffungsfinanzierungen dargestellt werden.

1. Die Position des Sicherungsnehmers bei Übertragungen des Sicherungsguts Im Grundsatz bleibt ein security interest als Recht an einer Sache (proprietary right) von der Übertragung der Sache unberührt, so dass er gemäß § 9–315 (a) UCC auch einem Erwerber des Sicherungsguts und seinen Gläubigern entgegengesetzt werden kann. Nach § 9–507 UCC bedarf es insoweit nicht einmal der erneuten Eintragung eines financing statement unter dem Namen des neuen Eigentümers.196 Für Gläubiger, die ein Sicherungsrecht erwerben wollen, bedeutet das, dass sie sich gegebenenfalls über die Herkunft und Erwerbsweise des prospektierten Sicherungsguts informieren müssen, und möglicherweise auch Abfragen unter dem Namen des vorherigen Eigentümers durchführen müssen, um sicher zu gehen, dass nicht dessen Gläubiger ein vorrangiges und weiter bestehendes Recht an diesem Gegenstand haben.197 Rangmäßig geht hierbei der Inhaber vor der Übertragung vervollkommneten Sicherungsrechts den Gläubigern des neuen Eigentümers vor.198 Dieser Vorrang besteht jedoch nur, sofern das Sicherungsrecht nicht durch die Übertragung erlischt. Dies ist zunächst immer dann der Fall, wenn der Sicherungsnehmer mit der Verfügung unter Fortfall der Belastung einverstanden war. Ein solches Einverständnis (authorization) kann sich aus dem security agreement ergeben; das Sicherungsrecht des Sicherungsnehmers beschränkt sich dann auf den Erlös (proceeds) aus der Verfügung. 196 Der DCFR sieht demgegenüber in Article 3:331 (1) vor, dass der Erwerber einen entsprechenden Eintrag gegen sich selbst zu registrieren hat. Hierzu im Einzelnen unten, S. 438. 197 UCC Official Comment, § 9–507, Nr. 3. 198 UCC Official Comment, § 9–325, Nr. 5 Example 2.

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Abgesehen von der Zustimmung des Sicherungsnehmers als Erlöschensgrund im Rahmen einer Übertragung kennt Article 9 UCC auch den gutgläubigen Wegerwerb eines Sicherungsrechts. Allerdings ist dieser gemäß § 9–317 (b) UCC auf unvollkommene Sicherungsrechte beschränkt. Weiter setzt die Vorschrift – ähnlich wie § 932 BGB – die Lieferung (delivery) 199 der Sache und die Erbringung oder jedenfalls das Versprechen einer Gegenleistung voraus. Im subjektiven Tatbestand schadet allerdings nur actual knowledge, das nach § 1– 202 UCC gegeben ist, wenn der Erwerber Tatsachen kannte, aus denen sich bei verständiger Betrachtung das Bestehen eines Sicherungsrechts ergab. Von weitaus größerer praktischer Bedeutung ist schließlich die Wegerwerbsmöglichkeit nach § 9–320 (a) UCC, die unabhängig von der Zustimmung des Sicherungsnehmers einen Wegerwerb auch eines vollkommenen Sicherungsrechts erlaubt, wenn der Erwerber im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs (buyer in the ordinary course of business) handelte. Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus der Definition in § 1–201 (b) (9) UCC. Diese verlangt zunächst, dass der Verkauf der fraglichen Sache200 zum Geschäftsbetrieb des Veräußerers gehört. Weiterhin ist Voraussetzung, dass der Erwerber redlich handelt. Dieses good faith-requirement verlangt keineswegs Gutgläubigkeit hinsichtlich des Nichtbestehens eines Sicherungsrechts. Der Wegerwerb ist also auch dann möglich, wenn der Erwerber vom Bestehen eines Sicherungsrechts ausgehen musste oder sogar positiv davon wusste. Der Erwerber verstößt vielmehr erst dann gegen Treu und Glauben, wenn er weiß, dass der Veräußerer durch die Verfügung seine Verpflichtung gegenüber dem Sicherungsnehmer verletzt, weil er keine Ermächtigung zur vorbehaltlosen Übertragung besitzt. Insofern wird die Gutgläubigkeit hinsichtlich der Berechtigung zur lastenfreien Übertragung geschützt. Funktional ähnelt die Vorschrift damit § 366 HGB, 201 der den gutgläubigen, lastenfreien Erwerb auch dann ermöglicht, wenn der Erwerber weiß, dass die Sache mit dem Recht eines Dritten (Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung (Abs. 1) oder Nießbrauch (Abs. 2)) belastet ist, der Erwerber aber annehmen darf, dass der Inhaber des Rechts mit der lastenfreien Übertragung einverstanden war. § 9–320 (a) UCC schützt damit wie § 366 HGB die Erwartung des Rechtsverkehrs, dass ein Kaufmann hinsichtlich gewöhnlicher Veräußerungen die Einwilligung seiner Lieferanten zur vorbehaltlosen Übertragung besitzt. Diese Erwartung ist deshalb gerechtfertigt, weil die Veräußerung des Gegenstands nicht zuletzt im Interesse des gesicherten Gläubigers liegt, 202 der gegebenenfalls ein Recht am Verfügungserlös erwirbt (nach deut199 Delivery ist bei beweglichen Sachen gleichzusetzen mit Besitzerlangung, White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 865. 200 Die Norm erfasst nur den Kauf einer einzelnen Sache, en gros Käufe sind ausgeschlossen. 201 Ebenso Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 278. 202 Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 53; White/Summers, Uni-

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schem Recht etwa aufgrund eines verlängerten Eigentumsvorbehalts, nach UCC gemäß § 9–203 (f)). Hinzutreten muss schließlich – ebenso wie nach § 366 HGB i. V. m. §§ 932, 929 BGB –, dass der Erwerber den Besitz an der Sache erlangt.

2. Die Position des Sicherungsnehmers bei Verarbeitung, Vermischung und Zusammenfügung Nach deutschem Recht besteht für Gläubiger, die sich durch Eigentumsvorbehalt oder Sicherungsübereignung an Rohstoffen oder Halbfertigprodukten gesichert haben, die Gefahr, dass infolge einer vom Sicherungsgeber oder einem Dritten vorgenommenen Verarbeitung des Sicherungsguts eine neue Sache im Sinne von § 950 BGB entsteht, mit der Konsequenz, dass Rechte an den zur Verarbeitung verwendeten Stoffen nach § 950 Abs. 2 BGB erlöschen. Dieser Gefahr tritt die Praxis durch so genannte Verarbeitungsklauseln entgegen, die nach dem Verständnis der Rechtsprechung dazu führen, dass der Stoffeigentümer originärer Eigentümer der hergestellten Sache wird.203 Indem sich nach § 9–336 (c) UCC das Vorrecht des Gläubigers an einer Sache an Produkten fortsetzt, die aus dieser unter Zufügung von anderen Sachen hergestellt wurden (commingled goods), erzielt Article 9 UCC ein dem deutschen Recht weitgehend vergleichbares Resultat. 204 Rechtstechnisch wird die Surrogation dadurch umgesetzt, dass im Moment der Herstellung das Sicherungsrecht, das zuvor am Stoff bestand, automatisch das neue Produkt erfasst. Dieser security interest an der hergestellten Sache bedarf gemäß § 9–336 (d) UCC zu seiner Vervollkommnung keiner Eintragung, sofern bereits das Sicherungsrecht am Stoff vor der Herstellung vollkommen war. Bestehen an den unterschiedlichen Stoffen, die zur Herstellung des Produkts verwendet wurden, verschiedene vollkommene205 Sicherungsrechte, so sind die sich auf das neue Produkt beziehenden Sicherungsrechte gleichrangig. Ihr Verhältnis bestimmt sich nach dem jeweiligen Stoffwert vor der Verarbeitung. 206 form Commercial Code – Secured Transactions, S. 867; K. Schmidt, Handelsrecht, S. 673; GroßKomm-HGB/Canaris, § 366 Rn. 5. 203 Siehe oben, S. 206. 204 § 9–336 UCC ist insofern enger als § 950 BGB, als § 9–336 UCC die Zusammenfügung mehrerer Sachen zu einem neuen Produkt erfordert, während § 950 BGB auch die Umarbeitung nur eines Stoffes in eine neue Sache (Lehm wird zu Ziegeln gebrannt) regelt. 205 Ein unvollkommenes Sicherungsrecht setzt sich zwar gleichfalls am Produkt fort, es ist aber gemäß § 9–336 (f) (1) UCC nachrangig gegenüber vollkommenen security interests an bei der Herstellung verwendeten Stoffen, UCC Official Comment, § 9–336 Nr. 5. 206 Zu den dogmatisch ebenso aufwändigen wie zweifelhaften Versuchen, dieses ersichtlich interessengerechte Ergebnis auch für das deutsche Recht durch einschränkende Auslegung der Verarbeitungsklauseln zu erreichen, Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Bd. IV, § 46 II 2a).

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§ 9–336 UCC erfasst nicht nur die Verarbeitung eines Sicherungsguts – also die Herstellung eines neuen Produkts durch Zusammenfügung mehrer Sachen in einer Weise, dass diese ihre Unterscheidbarkeit verlieren –, sondern auch die Vermischung mehrerer gleichartiger Sachen, mit dem Ergebnis, dass diese nicht mehr auseinander zu halten sind. Auch bei Vermischung des Sicherungsguts entsteht daher nach § 9–336 UCC ein Sicherungsrecht an den vermischten Gütern. Dasselbe Ergebnis wird durch §§ 947, 948 BGB bei der Verbindung oder Vermischung von Gütern bewirkt, die unter Eigentumsvorbehalt oder Sicherungsübereignung standen.207 Wie das deutsche Recht unterscheidet Article 9 UCC zwischen Verbindungen, durch die eine neue Sache entsteht – dann sind § 9–336 UCC bzw. § 950 BGB anwendbar –, und anderen Zusammenfügungen mehrerer Sachen, bei denen die Identifizierbarkeit der einzelnen Gegenstände erhalten bleibt. Diese werden vom UCC als accessions angesprochen. 208 Bei Zusammenfügungen im Sinne von § 9–335 UCC bleibt einerseits die Bestellung von Sicherungsrechten an einzelnen Bestandteilen möglich, andererseits bleiben an den Bestandteilen vor der Zusammenfügung bestellte Sicherungsrechte bestehen. Auch ihre Vervollkommnung bleibt durch die Zusammenfügung unberührt. Der dogmatische Unterschied zu § 9–336 UCC liegt darin, dass bei Verarbeitung und Vermischung an die Stelle der Einzelsachen das neue Produkt bzw. die Gesamtmenge als Sicherungsgut tritt, während bei Zusammenfügungen die einzelnen Bestandteile als Sicherungsgut unverändert bleiben.209 Einer Aufteilung des Werts der Gesamtsache unter den gesicherten Gläubigern wie bei § 9–336 (f) (2) UCC bedarf es daher bei accessions nicht, da hier den einzelnen Gläubigern jeweils ohnehin nur der einzelne Bestandteil haftet.

III. Die Rechte von Warenkreditgebern und anderen Anschaffungsfinanziers in der Insolvenz des Schuldners Besonders interessant ist aus rechtsvergleichender Sicht die Behandlung von Gläubigern, welche die Anschaffung von Waren durch den Schuldner finanzieren. Der typische Anschaffungsfinanzier ist der Verkäufer als so genannter Wa207

Vgl. PWW/Prütting, BGB, § 948 Rn. 3. Siehe die Definition in § 9–102 (a) (1) UCC. Der Einbau eines Austauschmotors in ein KFZ führt nach deutschem Recht nicht dazu, dass der Motor wesentlicher Bestandteil des KFZ wird (BGH, Urt. v. 27. 6. 1973, BGHZ 61, 80; Erman/Michalski, BGB, § 93 Rn. 6). § 947 BGB ist daher nicht anwendbar. Nach UCC handelt es sich bei dem Motor um eine accession, so dass § 9–336 UCC gilt. Bei einem KFZ ist insofern insbesondere § 9–336 (d) UCC zu beachten, da hinsichtlich des KFZ ein certifi cate of title existiert. 209 Vgl. § 9–336: A security interest may attach to a product or mass that results when goods become commingled goods. § 9–335 (a): A security interest [. . .] continues in collateral that becomes an accession. 208

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renkreditgeber, der seinem Käufer (teilweise) vorleistet, indem er ihm die Ware unter Einräumung kurz- oder mittelfristiger Zahlungsziele liefert. Funktional dienen aber auch Kredite, die eine Bank dem Schuldner gewährt, damit dieser den Kaufpreis für eine bestimmte Anschaffung belegen kann, der Finanzierung des Neuerwerbs von Gegenständen zum Vermögen des Schuldners. Insofern kann es sich auch bei Geldkredit um Anschaffungsfinanzierung handeln. Besonders deutlich ist das in dem Fall, in dem die Darlehensmittel vom Kreditgeber direkt an den Verkäufer fließen, der die Sache an den Schuldner liefert. Der UCC bleibt auch bei der Behandlung der Anschaffungsfinanzierung dem dargestellten functional approach treu und fragt anders als das deutsche Recht nicht, ob ein Verkäufer oder ein Drittfinanzierer den Kredit gewährt hat. 210 Den Unterschied zwischen einer bedingten Übereignung, die nach deutschem Recht ein Aussonderungsrecht vermittelt, 211 und einer Sicherungsübereignung, die nur ein Absonderungsrecht verschafft, kennt der UCC somit nicht. Article 9 UCC behandelt den Eigentumsvorbehalt als „normalen“ purchase-money security interest. Die den Vorrang des Anschaffungsfinanziers in Bezug auf den angeschafften Gegenstand sichernden Regeln über purchase-money security interests gelten insofern für jeden Gläubiger, der die Anschaffung dieses Gegenstands finanziert hat. Auch der Warenkreditgeber wird in der Insolvenz des Käufers „nur“ als gesicherter Gläubiger begriffen; dass er möglicherweise noch Eigentümer der Sache ist, ist unerheblich. 212 Die Darstellung der Rechte des Verkäufers in der Insolvenz des Käufers bliebe aber unvollständig, wenn man den Blick nur auf die Regeln des Article 9 UCC über purchase-money security interests beschränkte. Wie zu zeigen sein wird, hat ein Verkäufer, der die Gegenleistung noch nicht erhalten hat, in der Insolvenz des Käufers unter Article 2 UCC ein zeitlich beschränktes Aussonderungsrecht hinsichtlich der unbezahlten Waren, das unabhängig davon ist, ob der Käufer bereits Eigentum erworben hat oder ob der Verkäufer sich ein Sicherungsrecht hat bestellen lassen. Wiederum anders als nach deutschem Recht hängt also der Vorrang des vorleistenden Verkäufers gegenüber den ungesicherten Insolvenzgläubigern nicht davon ab, dass der Verkäufer unter Eigentumsvorbehalt geliefert hat oder sich auf andere Weise ein dingliches Recht an der Kaufsache verschafft hat. Durch die sogleich im Einzelnen vorzustellende U. S.amerikanische Regelung werden Warenkreditgeber – also kreditierende Lieferanten – gegenüber den einfachen Gläubigern in der Insolvenz des Käufers daher besser als nach deutschem Recht gestellt, indem ihnen diesen gegenüber ein gesetzliches Aussonderungsrecht zusteht. 210 Ausführlich zur Berechtigung dieser Gleichsetzung Walsh, Super Priority for Asset Acquisition Financing in Secured Transactions Law: Formalism or Functionalism?, S. 461 ff. 211 Siehe oben, S. 192. 212 Zu der Kritik, die die Vernachlässigung der dinglichen Berechtigung durch den UCC bemängelt, siehe unten, S. 416.

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1. Das beschränkte Aussonderungsrecht des Verkäufers in der Insolvenz des Käufers nach § 2–702 UCC Zur vollständigen Erfassung der Position des Verkäufers in der Insolvenz des Käufers ist es daher erforderlich, neben den Regeln des Article 9 UCC über purchase-money security interests auch die Rechte des Verkäufers aus Article 2 UCC, der dem Kaufrecht gewidmet ist, in ihrem Zusammenspiel mit dem Bankruptcy Act zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf § 2–705 UCC hinzuweisen, der dem Verkäufer bis zur Ablieferung der Waren beim Käufer ein Anhalterecht gibt, wenn er – während sich die Waren noch auf dem Transport oder noch beim Lagerhalter befinden – davon erfährt, dass der Käufer insolvent 213 ist. Ob bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Übereignung an den Käufer stattgefunden hat, ist unbeachtlich. 214 Dieses Recht des Verkäufers unterscheidet sich somit dadurch von dem Anhalterecht aus § 71 Abs. 2 UN-Kaufrecht, dass das UNKaufrecht ein Aussonderungsrecht in der Insolvenz des Käufers nur dann gewährt, wenn dieser noch kein Eigentum erworben hat.215 Ist die Übergabe an den Käufer dagegen bereits erfolgt und erfährt der Verkäufer nunmehr, dass der Käufer insolvent (geworden) ist, so nützt ihm das Anhalterecht nichts mehr, da dieses nur bis zum Empfang der Güter durch den Käufer (receipt of the goods by the buyer) besteht. Doch auch ab diesem Zeitpunkt ist ein Verkäufer, wie bereits angedeutet, nicht schutzlos gestellt, selbst wenn er sich nicht durch einen purchase-money security interest gesichert hat, weil und soweit er sich auf den durch § 2–507 und § 2–702 UCC vermittelten Schutz berufen kann. a) Barkäufe Zur Bestimmung der Rechte eines Verkäufers, der einem insolventen Käufer geliefert und seine Gegenleistung nicht erhalten hat, kommt es unter dem UCC zunächst darauf an, ob es sich um einen Kreditkauf oder um einen Barkauf handelte. Der Barverkauf setzt grundsätzlich einen gleichzeitigen Leistungsaustausch voraus. Da unter Barverkäufe aber auch die in den USA nach wie vor sehr üblichen Zahlungen per Scheck fallen, 216 kann es schon deswegen auch hier 213 Nach der in § 201-(23) UCC gegebenen Definition ist eine Person insolvent im Sinne des UCC, wenn entweder Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit vorliegen, oder ein förmliches Insolvenzverfahren eröffnet wurde. 214 Amoco Pipeline Co. v. Admiral Crude Oil Corp, 490 F.2d 114, 116 (1974); In re Pester Ref. Co., 66 BR 801 (Bankr.S. D.Iowa 1986); Henning/Wallach, The Law of Sales under the Uniform Commercial Code, § 7:5. 215 MünchKomm-InsO/Ganter, § 47 Rn. 349 ff.; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 47 Rn. 84. 216 Henning/Wallach, The Law of Sales under the Uniform Commercial Code, § 7:10.

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zu einer (unbeabsichtigten) Vorleistung des Verkäufers kommen, wenn sich der Scheck als nicht einlösbar erweist. Da der UCC die Zahlung des Käufers nach § 2–507 (2) UCC bei Barkäufen als Bedingung der Besitz- und Verfügungsrechte des Käufers gegenüber dem Verkäufer formuliert, hat der Verkäufer einen Anspruch auf Rückgabe, wenn ihm die Gegenleistung nicht erbracht wird. Zeitlich ist dieser Anspruch dadurch begrenzt, dass der Verkäufer sein Rückgaberecht nur innerhalb einer angemessenen Zeit geltend machen kann, nachdem er von der Nichterfüllung erfahren hat oder haben könnte. 217 Dieser Anspruch wirkt wie ein Pfandrecht und ist auch gegenüber dem trustee in bankruptcy durchsetzbar. 218 Die Stärke der Position des nicht durch einen security interest geschützten Verkäufers in der Insolvenz darf jedoch nicht überschätzt werden. So sind etwa gutgläubige Erwerber der Kaufsache durch § 2– 507 (3) UCC geschützt, so dass der Verkäufer ihnen gegenüber sein Rückholrecht nicht ausüben kann. Zu diesen gehören nicht nur Dritte, denen der Käufer die Sachen in der Zwischenzeit weiterverkauft hat, 219 sondern insbesondere auch Sicherungsnehmer, die ein Sicherungsrecht auch an künftigen Gegenständen des Käufers innehaben, denn auch Sicherungsnehmer werden nach § 2–403 i. V. m. § 1–201 (32) UCC als purchaser for value behandelt, so dass sie Sicherungsrechte gutgläubig erwerben können. 220 An der Gutgläubigkeit kann es etwa fehlen, wenn der Sicherungsnehmer die schlechte finanzielle Situation des Käufers kennt und hiervon dem Verkäufer trotz Nachfrage nichts mitteilt 221. Im Ergebnis wird ein unbezahlter Verkäufer also regelmäßig hinter einen gesicherten Gläubiger zurücktreten müssen.222 217 Vor der entsprechenden Reform des UCC diskutierten einige Gerichte die Anwendung einer starren 10-Tages-Frist, Szabo v. Vinton Motors, 630 F.2d 1 (1980). 218 UCC Official Comment, UCC 2–507, Nr. 3 (Fassung 2003); ausführlich Mann/ Philipps, 33 Vanderbilt Law Review 1 ff. 219 Früher konnte der Käufer seinen Käufern unter common law keine wirksame Berechtigung verschaffen, so dass der Verkäufer seine Rechte auch gegen diese durchsetzen konnte. Durch die Zunahme der Scheckzahlungen wurde die hierdurch geschaffene Rechtsunsicherheit zu groß, so dass die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs geschaffen wurde, Henning/ Wallach, The Law of Sales under the Uniform Commercial Code, § 7:12. 220 In re Samuels & Co., 526 F.2d 1238, 1246; Henning/Wallach, The Law of Sales under the Uniform Commercial Code, § 7:13; Borkhardt, Registerpublizität und Kollisionsrecht, S. 284. Nachweise zu dieser ganz herrschenden Meinung bei Tabac, 50 Maryland Law Review 408, 430 (Fn. 145, 146). Tabac selbst lehnt diese Ansicht ab (2001 Columbia Business Law Review 508 ff.). Nach seiner Auffassung ist § 2–403 UCC nicht auf Inhaber von revolvierenden Sicherungsrechten anwendbar (a.a.O., 530 ff.). 221 In re Paoella & Sons, Inc., 161 B. R. 107; Henning/Wallach, The Law of Sales under the Uniform Commercial Code, § 7:13. Ob dagegen auch schon die Tatsache genügt, dass der Sicherungsnehmer (Geldkreditgeber), dem Käufer weiter Kredit gewährt und dadurch die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs ermöglicht, obwohl er von der Krise des Schuldners weiß, ist strittig. So In re American Food Purveyors, Inc., 1974 U. S. Dist. Lexis 13012; Iola State Bank vs. Bolan, 235 Kan. 175. 222 Allerdings gibt es widersprüchliche Entscheidungen zu der Frage, ob der unbezahlte Käufer wenigstens ein Recht an etwaigen bei der Verwertung des Guts durch den Sicherungs-

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b) Kreditkäufe Bei Kreditkäufen – also bei Kaufverträgen, die keinen unmittelbaren Leistungsaustausch vorsehen – richten sich die Rechte des Verkäufers gegen den insolventen Käufer nach § 2–702 UCC. Ähnlich wie der Barverkäufer kann auch der kreditierende Verkäufer grundsätzlich auch in der Insolvenz des Käufers auf die gelieferte, unbezahlte Sache zugreifen. Kreditierende Verkäufer erhalten damit „a lien even when they have not asked for one“223 . Hintergrund dieser Regel ist der Gedanke, dass ein Käufer, der – obwohl er insolvent ist – Waren auf Kredit kauft und in Empfang nimmt, betrügerisch handelt. Nach common law war es daher nötig, bei der Geltendmachung des Rückholrechts einen Betrug durch den Käufer zu beweisen. Unter dem UCC ist ein solcher Beweis nicht mehr erforderlich, da § 2–702 UCC als unwiderlegliche Vermutung betrügerischen Verhaltens fungiert.224 Allerdings bestehen enge zeitliche Grenzen für die Geltendmachung des Rückholrechts. Denn die Vorschrift ist im Zusammenhang mit 11. U. S. C. 546 (c) zu sehen, der dem Insolvenzverwalter ein Verweigerungsrecht bezüglich solcher Rückgabebegehren gibt, die auf Lieferungen zurückgehen, welche mehr als 45 Tage vor Verfahrenseröffnung stattgefunden haben. 225 Der Warenkreditgeber kann sich also nur für einen relativ kurzen Zeitraum auf seinen Schutz vor einer Insolvenz des Käufers verlassen. Und auch während dieser Zeit läuft er Gefahr, dass Dritte gutgläubig ein Vorrecht an den von ihm gelieferten Sachen erwerben. Wie bei Barkäufen droht diese Gefahr nicht nur durch Käufer des Käufers, sondern vor allem von Gläubigern, die ein Sicherungsrecht am Vermögen des Käufers innehaben, das auch den Neuerwerb umfasst. Insgesamt ergibt sich damit folgendes Bild für den ungesicherten Warenkreditgeber: Gegenüber dem Insolvenzverwalter und damit gegenüber den ungesicherten Insolvenzgläubigern hat der Verkäufer innerhalb gewisser zeitlicher Grenzen grundsätzlich das Recht, unbezahlte Waren aus der Masse zurückzuholen. Der ungesicherte Warengläubiger ist dabei aber nach herrschender Meinung nachrachrangig gegenüber Gläubigern, die sich auf einen die gelieferte Ware erfassenden security interest berufen können, wobei es nicht darauf ankommt, ob dieser vollkommen ist, oder nicht.226 Begründet wird dieser Nachrang damit, dass der Verkäufer es versäumt hat, sein Recht an den Waren durch die Vervollkommnung eines purchase-money security interest zu sichern. 227 nehmer erzielten Überschüssen besitzt. Bejahend: United States vs. Westside Bank, 732 F.2d 1258, verneinend: In re Flagstaff Foodservice Corp., 14 B.R 462. 223 Tabac, 2001 Columbia Business Law Review 508, 510. 224 Bjornstad, 25 Drake Law Review 357. 225 Zusätzlich muss der Verkäufer sein Rückgabeverlangen innerhalb von 20 Tagen nach Verfahrenseröffnung schriftlich geltend machen. 226 In re Samuels & Co., 510 F.2d 139, 160. 227 Tabac, 2001 Columbia Business Law Review 508, 543, lehnt diese Sichtweise ab und spricht sich gegen die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines Vorrechts durch gesicherte Gläubiger aus.

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2. Sicherheiten zur Finanzierung von Anschaffungen (Purchase-Money Security Interests) Der Tatbestand eines purchase-money security interest wird in § 9–103 UCC umrissen. Ausgangspunkt der Regelung ist der Begriff der purchase-money obligation. Hierunter fallen solche Verbindlichkeiten, die der Schuldner entweder als Kaufpreis- oder als Darlehensverbindlichkeit eingegangen ist, um eine bestimmte Sache zu erwerben. Steht eine Darlehensverbindlichkeit in Rede – ist der Kreditgeber also ein drittfinanzierender „Geldgläubiger“ –, so hat er zu beweisen, dass das von ihm gewährte Darlehen tatsächlich zur Finanzierung einer bestimmten Sache verwendet wurde. Verlangt wird insoweit ein enger Zusammenhang (close nexus) zwischen dem Erwerb der Sache und der besicherten Verbindlichkeit, so dass die Eingehung der Verbindlichkeit und der Erwerb der Sache unselbständige Teile einer einheitlichen Transaktion sind. 228 An einem solchen Zusammenhang fehlt es beispielsweise, wenn der Kredit erst nach der Zahlung des Kaufpreises durch den Schuldner ausgekehrt wird und insofern nur dessen entstandene Liquiditätslücke deckt. 229 Zur Vermeidung solcher Beweisschwierigkeiten wird der Drittfinanzierer regelmäßig den Kaufpreis direkt an den Verkäufer zahlen, der die Sache dem Käufer daraufhin liefert. 230 Diese Sache231 wird als purchase-money collateral bezeichnet, da sie für die purchasemoney obligation haftet. Ein purchase-money security interest ist also ein Sicherungsrecht, das eine purchase-money obligation sichert und auf purchase-money collateral gerichtet ist. Unter diese Definition fällt nach Article 9 UCC nicht nur der einfache Eigentumsvorbehalt, sondern auch der erweiterte Eigentumsvorbehalt in der Form des Kontokorrentvorbehalts (cross collateralization). Dass nach dem Erweiterungsfall die gesicherte Verbindlichkeit auf einer anderen Lieferung beruht als die Sache, die als Sicherungsgut in Anspruch genommen werden soll, berührt nicht den Status des Sicherungsrechts als purchasemoney security interest.232 Die entscheidende Funktion der Vorschriften über purchase-money security interests liegt darin, ihrem Inhaber den Vorrang auch gegenüber solchen Gläubigern des Erwerbers zu verschaffen, die gemäß § 9–204 UCC ein Sicherungsrecht auch an dessen künftigen Vermögensgegenständen erworben haben. 233 Da deren Sicherungsrecht auch den Neuerwerb des Schuldners umfasst, erstreckt 228

In re Cohrs, 373 B. R. 107. White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 847. 230 Gilmore, Security Interests in Personal Property, S. 782. 231 Sicherungsgut können sowohl bewegliche Sachen (goods) als auch Software sein. 232 UCC Official Comment, § 9–103, Nr. 4; McCormack, Secured Credit, S. 180. 233 Gilmore, Security Interests in Personal Property, S. 778; White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 847; McCormack, Secured Credit, S. 172; Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 51; Rakob, Ausländische Mobiliarsicherungsrechte im Inland, S. 133. 229

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es sich grundsätzlich auch auf Gegenstände, die der Schuldner mit von Dritten zur Verfügung gestellten Mitteln erlangt hat. Im Verhältnis zu diesen Dritten genössen die durch eine Neuerwerbsklausel gesicherten Gläubiger nach der allgemeinen Prioritätsregel des § 9–322 UCC daher Vorrang, soweit und weil sie ihr Recht früher vervollkommnet haben. Um ein solches Ergebnis zu vermeiden, durchbricht § 9–324 UCC die first to file rule zugunsten von Anschaffungsfinanzierungen, indem diese Norm dem Anschaffungsfinanzierer den Vorrang vor anderen gesicherten Gläubigern zuspricht, obwohl deren Sicherungsrecht älter ist. Man spricht insofern von einer superpriority des Anschaffungsfinanzierers. Durch die dargestellte Ausnahme von der first to file rule erreicht Article 9 UCC auf konstruktiv ganz anderem Weg ein vergleichbares Ergebnis wie die Systeme, die den Vorrang des Vorbehaltslieferanten darauf stützen, dass er wegen der bedingten Übereignung noch Eigentümer der Sache ist. Nach diesem an der dinglichen Berechtigung orientierten Ansatz gerät die Sache bis zur Kaufpreiszahlung nicht in das Vermögen des Schuldners, so dass dessen übrige Gläubiger so lange auch nicht auf sie zugreifen können. 234 Dieser Begründungsansatz trägt unter Article 9 UCC nicht, da die dingliche Berechtigung hinsichtlich des Sicherungsguts gemäß § 9–202 UCC irrelevant ist. Unter dem UCC stellt sich die Vorrangfrage daher als echtes Konkurrenzproblem dar, das durch die Prioritätsvorschrift des § 9–324 UCC zugunsten des Lieferanten entschieden wird.235 Zur Rechtfertigung dieser Ausnahme vom Prinzip der zeitlichen Abfolge der Eintragungen werden drei unterschiedliche Argumente vorgetragen. Zunächst wird geltend gemacht, dass der Vorrang des Anschaffungsfinanzierers vor älteren Gläubigern nur der Ranglage entspricht, auf die sich die Betroffenen ohnehin bei redlichem Vorgehen verständigt hätten. Das Gesetzesrecht bilde hier also nur den mutmaßlichen Parteiwillen ab und mache dadurch Verhandlungen über Rangrücktrittsvereinbarungen zwischen Anschaffungsfinanzierer und älterem gesichertem Gläubiger überflüssig.236 Auf einen Rangrücktritt hätte sich der ältere Gläubiger redlicherweise einlassen müssen, da der ältere Gläubiger trotz der Neuerwerbsklausel nicht erwarten durfte, den Befriedigungsvorrang auch bezüglich solcher Güter zu erlangen, die durch die Kreditgewährung seitens Dritter in das Vermögen des Schuldners gelangt sind. Als weiteres Argument wird der Schutz der Finanzierungsfreiheit des Schuldners angeführt: Wenn der Schuldner einem Anschaffungsfinanzierer nicht ein erstrangiges Sicherungsrecht hinsichtlich der finanzierten Sache verschaffen könnte, dann fänden solche Anschaffungsfinanzierungen gar nicht statt. Der 234

Für das englische Recht Bridge, in: The Future of Secured Credit, S. 180, 196. Walsh, Super Priority for Asset Acquisition Financing in Secured Transactions Law: Formalism or Functionalism?, S. 460. 236 Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 51. 235

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Anschaffungsfinanzierer würde sich mit dem Nachrang hinsichtlich der Sache, die er finanziert, nicht zufrieden geben; er würde daher von dem Geschäft Abstand nehmen. Hierdurch wäre der Schuldner bei der Finanzierung von Anschaffungen immer darauf angewiesen, dass er den Anschaffungskredit von dem Gläubiger erhält, zu dessen Gunsten bereits ein vollkommenes Sicherungsrecht besteht. 237 Dadurch hätte dieser den Schuldner weitgehend in der Hand. Die Möglichkeit des purchase-money security interest bewahrt dem Schuldner demgegenüber die Freiheit, sich hinsichtlich jeder Anschaffung neu entscheiden zu können, wie und bei wem er die Transaktion finanziert. Aus ökonomischer Sicht wird schließlich darauf hingewiesen, dass die Gewährung eines Vorrechts für Anschaffungsfinanzierungen deshalb gerechtfertigt sei, weil diese neue Werte in das Vermögen des Schuldners brächten und damit das Vermögen des Schuldners um genau den Betrag und den Gegenstand vergrößerten, auf den sich ihr Vorrecht bezieht. Für die älteren Gläubiger verändere sich daher durch den Vorrang des Anschaffungsfinanzierers das Risiko ihrer Forderung nicht, 238 so dass sie durch die superpriority nicht benachteiligt würden. 239 a) Die Voraussetzungen des Vorrangs des Anschaffungsfinanzierers in Bezug auf das angeschaffte Gut Die Erwägung der Risikoneutralität von Anschaffungsfinanzierungen gilt allerdings uneingeschränkt nur für die Anschaffung solcher Gegenstände, die zum Anlagevermögen gehören. Wenn etwa der Schuldner mit dem Kredit eine neue Maschine kauft, dann erhöht sich der Wert des Vermögens des Schuldners um den Wert der Maschine. Da das Sicherungsrecht des Anschaffungsfinanzierers auf diese beschränkt ist, stehen die anderen Gläubiger nicht schlechter, als wenn es gar nicht zu der Transaktion gekommen wäre. Anders kann es bei Anschaffung von Vorräten sein, denn hier kann die Kalkulation des durch eine Neuerwerbsklausel gesicherten Gläubigers gerade darauf ausgelegt sein, dass er im Gegenzug für die Gewährung einer Betriebsmittelkreditlinie ein (vorrangiges) Sicherungsrecht am Vorrats- und Warenlager des Schuldners erwirbt. Diese Erwartung kann durch die superpriority des Anschaffungsfinanzierers durchkreuzt werden. 237 White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 846; Jackson/ Kronman, 88 Yale Law Journal 1143, 1167; McCormack, Secured Credit, S. 173. Kritisch Walsh, Super Priority for Asset Acquisition Financing in Secured Transactions Law: Formalism or Functionalism?, S. 464. 238 Kanda/Levmore, 80 Vanderbilt Law Review 2103, 2139; McCormack, Secured Credit, S. 174. 239 Dieses Argument nimmt die Überlegungen auf, die oben, S. 262 f. zur haftungsrechtlichen Legitimität des Vorrangs des Anschaffungsfinanzierers angestellt wurden.

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Aus diesem Grund differenziert § 9–324 UCC zwischen purchase-money security interests in goods other than inventory und solchen in inventory. Inventory sind gemäß § 9–102 (48) UCC bewegliche Sachen, die zur Vermietung oder zum Verkauf bestimmt sind, sowie Roh-, Halbfertig- und Verbrauchswaren. Vorrats- und Warenlager sind insofern Musterbeispiele für inventory. (1) Goods other than Inventory Für sonstige bewegliche Sachen gilt nach § 9–324 (a) UCC, dass derjenige, der ihre Anschaffung finanziert, den Vorrang gegenüber früher vervollkommneten Sicherungsrechten erwirbt, wenn er sein Sicherungsrecht spätestens 20 Tage nachdem der Schuldner den Besitz an dem fraglichen Gut erwirbt, vervollkommnet. Diese Regel gewährt also dem Gläubiger eine 20-tägige Frist, während derer er die Registrierung prioritätswahrend nachholen kann. Für viele Fälle der Lieferung unter Eigentumsvorbehalt entfällt damit das Registrierungserfordernis vollständig, da und soweit diese entsprechend kurze Zahlungsziele vorsehen. 240 Das so entstandene vorrangige Sicherungsrecht erstreckt sich nach § 9–203 (f) UCC automatisch auch auf Surrogate und Früchte der Sache (proceeds), insbesondere also auch auf Erlöse aus der Veräußerung der Sache. 241 Einer Vorausabtretung bedarf es insoweit nicht. Das Sicherungsrecht erfasst dabei nicht nur die Kaufpreisforderung selbst, sondern auch das, was auf diese Zahlung geleistet wurde, soweit es noch unterscheidbar im Vermögen des Schuldners vorhanden ist (identifi able cash proceeds). Die Unterscheidbarkeit kann insbesondere dann schwierig sein, wenn der Drittschuldner den Kaufpreis auf das Konto des Schuldners eingezahlt hat, so dass es dort mit dessen Guthaben vermischt wurde. Die U. S.-Gerichte wenden diesbezüglich regelmäßig die lowest intermediate balance rule an, nach der ein Vorrecht maximal in der Höhe des niedrigsten Kontostands während der Zwischenzeit besteht. 242 240 Der Verkäufer sollte allerdings nicht so lange warten wie der Lieferant in Hongkong and Shanghai Banking Corp. vs. HFH USA Corp., 805 F. Supp. 133. Der deutsche Verkäufer brachte den mit dem U. S.-amerikanischen Käufer vereinbarten Eigentumsvorbehalt erst dann zur Registrierung, als er von dessen finanziellen Problemen erfuhr. Zu diesem Zeitpunkt war die 20-Tages Frist abgelaufen. Zu diesem Fall Hausmann, 25 Georgia Journal of International & Comparative Law 427, 477. 241 White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 851; McCormack, Secured Credit, S. 190. Allerdings ist non-inventory anders als inventory grundsätzlich nicht zur Weiterveräußerung bestimmt, van der Merwe/Smith, 10 Stellenbosch Law Review 303, 304. 242 Universal CIT Credit Corp. v. Farmers Bank, (1973) 358 F. Supp. 317, White/Summers, Uniform Commercial Code – Secured Transactions, S. 808. Insoweit verwenden die U. S.Gerichte denselben Ansatz wie der BGH im Rahmen der Frage, unter welchen Umständen ein Ersatzaussonderungsrecht an einer auf ein Konto des Schuldners geflossenen Zahlung besteht, BGH, Urt. v. 11. 3. 1999, BGHZ 141, 116; hierzu Kübler/Prütting/Bork-Prütting,

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(2) Inventory In Bezug auf inventory macht Article 9 UCC es einem Lieferanten oder einem Drittfinanzierer nicht ganz so leicht, den Vorrang vor einem früher vervollkommneten Sicherungsrecht zu erlangen. § 9–324 (b) UCC setzt zunächst voraus, dass ein purchase-money security interest in inventory vervollkommnet ist, bevor der Schuldner die Ware in Empfang nimmt. Eine Frist, die eine nachträgliche Vervollkommnung erlaubt, gibt es hier also nicht. Weitere Voraussetzung ist, dass der Anschaffungsfinanzierer innerhalb von fünf Jahren vor dem Besitzerwerb des Schuldners dem Inhaber eines möglicherweise konkurrierenden Sicherungsrechts eine Mitteilung sendet, die diesem ankündigt, dass der Anschaffungsfinanzierer einen purchase-money security interest im Vermögen des Schuldners zu erwerben beabsichtigt. Für den Anschaffungsfinanzierer bedeutet diese Voraussetzung, dass er sich vor der Lieferung zunächst durch Einsicht in das Register über am Vermögen des Schuldners bestehende Sicherungsrechte informieren muss. Wird er dort fündig, muss er die skizzierte Benachrichtigung an den im Register ausgewiesenen Gläubiger senden. In einem dritten Schritt muss er noch vor der Lieferung ein eigenes financing statement zur Eintragung bringen. Dieses Vorgehen wird ihm für sämtliche Lieferungen innerhalb der nächsten fünf Jahre den Befriedigungsvorrang in Bezug auf die von ihm gelieferten Waren verschaffen. Der Zweck dieser nicht nur auf den ersten Blick umständlichen Regeln ist aus deutscher Sicht nicht ganz leicht nachzuvollziehen. Zunächst muss man sich vergegenwärtigen, dass auch der frühere Gläubiger oft die Anschaffung von inventory finanzieren wird, allerdings nicht als purchase-money security, sondern als laufende Kreditlinie oder periodische Zahlungen, die der Schuldner gegen die Vorlage von Quittungen abrufen kann.243 Dabei verlässt sich der Gläubiger darauf, dass er an neu gelieferten Waren ein Vorrecht erwirbt. Er wird nicht – und muss nach dem UCC auch nicht – vor jeder weiteren Kreditauskehrung erneut eine Registerprüfung vornehmen. Umgekehrt ist es vielmehr am neuen Gläubiger, den alten durch die Benachrichtigung zu warnen, um so zu verhindern, dass der frühere Gläubiger dem Schuldner weiterhin gegen Vorlage der Quittungen über neu angeschaffte Waren Kredit gewährt, obwohl die Waren beispielsweise unter Eigentumsvorbehalt gekauft wurden und so bereits vom Verkäufer als Kreditunterlage verwendet wurden. 244 Nach Empfang einer solchen Benachrichtigung wird der Gläubiger also keine weiteren Leistungen mehr auf vorgelegte Quittungen erbringen. Er ist nunmehr gewarnt, dass sein SchuldInsO § 48 Rdn 21; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 48 Rn. 28. Im UNCITRAL Legislative Guide ist diese Regel in Rec. 20 vorgesehen. 243 Walsh, Super Priority for Asset Acquisition Financing in Secured Transactions Law: Formalism or Functionalism?, S. 469. 244 UCC Official Comment, § 9–324, Nr. 4; Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 52.

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ner seine Warenbestände künftig auf andere Weise als durch die Inanspruchnahme der Kreditlinie zu finanzieren gedenkt. 245 Ebenfalls anders als bei goods other than inventory stellt sich die Rechtslage für die aus dem Weiterverkauf der Waren entstandenen Erlöse dar. Bei inventory erstreckt sich nämlich der automatische Vorrang des purchase-money security interest nicht auf die aus einem Weiterverkauf entstandene Forderung („account“, siehe die Definition in § 9–102 (a) (2) UCC), sondern nur auf identifi able cash proceeds (Bargeld, Schecks und Bankguthaben), soweit der Schuldner diese vor der Lieferung an den Käufer empfangen hat. Verkauft der Sicherungsnehmer die unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsgangs weiter – dies hat nach § 9–320 UCC das Freiwerden der Waren zur Konsequenz –, so stehen die hieraus entstehenden Forderungen nicht automatisch dem Vorbehaltsverkäufer als Befriedigungsobjekt zu. Er ist vielmehr nachrangig gegenüber einem anderen Gläubiger, der durch ein früher vervollkommnetes Sicherungsrecht an den Forderungen des Schuldners gesichert ist. Auch die Aufnahme einer „Verlängerungsklausel“ vermag diese Befriedigungsreihenfolge nicht zu verändern, da die Prioritätsregeln des Article 9 UCC nicht durch zweiseitige Vereinbarung verändert werden können. Die Regel entscheidet also den „Kampf um die Forderung“ aus dem Weiterverkauf zwischen einem Gläubiger, der die Anschaffung von Vorräten finanziert hat, und einem Gläubiger der die Forderungen des Schuldners bevorschusst (Forderungsfinanzierer), zugunsten des letzteren. Die Rechtfertigung für dieses vom deutschen Recht und der Vertragsbruchtheorie 246 abweichende247 Ergebnis wird darin gesehen, dass diese Zuweisung der Forderung an den Forderungsfinanzierer den Erwartungen der Parteien entspreche. Wenn nämlich der Schuldner seine Waren auf Kredit verkaufe, sei er zur Refinanzierung auf (Bank-) Kredit angewiesen. Daher sei es angemessen, dem Refinanzierer den Vorrang bezüglich der Forderungen zuzusprechen. Für den Lieferanten ergebe sich daraus auch regelmäßig kein Nachteil, da der vom Refinanzierer gewährte Kredit dazu verwendet werden könne, die Forderung des Lieferanten zu tilgen. 248 Die Zuweisung der Forderung an den Forderungsfinanzierer sei auch effizient: Zunächst erleichtere sie diesem die Bestimmung des Werts seiner Sicherheiten, da er hier den gesamten Forderungsbestand des Schuldners zugrunde legen könne und insoweit keine Sicherungsrechte Dritter zu berücksichtigen habe. Weiterhin erhöhe diese Zuweisung der Forderung an den Forderungsfinanzierer auch 245 Walsh, Super Priority for Asset Acquisition Financing in Secured Transactions Law: Formalism or Functionalism?, S. 469. 246 Zur deutschen Vertragsbruchlehre oben, S. 206 ff. und. S. 279 ff. 247 Walsh, Super Priority for Asset Acquisition Financing in Secured Transactions Law: Formalism or Functionalism?, S. 472 f. 248 UCC Official Comment, § 9–324, Nr. 8. Zur Verwendung des Geldkredits für die Tilgung der Ansprüche der Lieferanten könne der Schuldner auch vertraglich verpfl ichtet werden.

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die Fähigkeit des Schuldners, Kredit aufzunehmen. Für diese ist das Verhältnis von Sicherheitenwert zu Kredithöhe (advance rate) entscheidend. Ist ein Kredit durch eine Sicherheit in Forderungen gesichert, liegt wegen der besseren Verwertbarkeit von Forderungen die advance rate höher, als wenn er durch ein Sicherungsrecht an Waren gesichert ist. 249 Die Vergrößerung des Sicherheitenbestandes des durch ein Sicherungsrecht in Forderungen gesicherten Gläubigers erhöhe daher die Fähigkeit des Schuldners zur Kreditaufnahme mehr, als wenn man diese Forderung einem Gläubiger zuwiese, der ein Sicherungsrecht an Waren besitzt.250 In der Situation des nachgeschalteten Eigentumsvorbehalts schließlich, in der also auch der Vorbehaltskäufer an seinen Käufer unter Eigentumsvorbehalt verkauft, bleibt dagegen das vorrangige Sicherungsrecht des Vorbehaltslieferanten bestehen. Die Rechte des Vorbehaltskäufers aus der Weiterveräußerung sind in der Terminologie des UCC proceeds in der Form von chattel paper. Gemäß § 9– 324 (b) i. V. m. § 9–330 (e) UCC erstreckt sich die superpriority des Lieferanten auch auf chattel paper, so dass der Lieferant bei einem Weiterverkauf unter Eigentumsvorbehalt im Sicherungsfall auf die beim Dritten befindliche Sache zugreifen kann. 251 b) Vergleich mit der Position des Vorbehaltslieferanten unter deutschem Recht Die Darstellung hat gezeigt, dass sich unter dem UCC die Sicherungsmöglichkeiten eines Lieferanten, der seinem Abnehmer Kredit gewähren will, erheblich von den Instrumenten unterscheiden, die einem Lieferanten unter deutschem Recht offen stehen. Der wichtigste Unterschied ist dabei, dass die Position des Verkäufers, selbst wenn er sich das Eigentum an der Ware vorbehält, unter Article 9 UCC nur ein Sicherungsrecht vermittelt, das in der Insolvenz nicht zur Aussonderung berechtigt. Der Eigentumsvorbehalt wird vom UCC als „normaler“ purchase-money security interest begriffen und verschafft als solcher dem Vorbehaltsverkäufer nur ein Recht, sich aus der Sache zu befriedigen. Sofern also der Verkäufer nicht das Rückholrecht aus § 2–702 UCC geltend ma249 Der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions nennt als typische advance rate bei beweglichen Sachen 50% und bei Forderungen 80%, siehe Introduction, Rn. 31. Im deutschen Recht spielt dieser Gedanke eine Rolle bei der unterschiedlichen Berechnung der Übersicherung im Rahmen von Sicherungsabtretung einerseits und Sicherungsübereignung andererseits. Während bei Sicherungsübereignungen der Schätzwert die Grundlage für die Berechnung der Deckungsgrenze ist, stellt man bei Forderungen auf den Nennwert ab. Siehe oben, S. 287. 250 Sigman/Kieninger, Cross-Border Security over Tangibles, S. 52. Schon Gilmore, Security Interests in Personal Property, S. 797, schreibt, dass es einen langjährigen Trend zur Forderungsfinanzierung gebe. Die Forderungsfinanzierung habe die Anschaffungsfinanzierung bei Waren zunehmend verdrängt. Die Priorität des Anschaffungsfinanzierers trage diesem Trend Rechnung. 251 McCormack, Secured Credit, S. 191.

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chen kann, wird er wie ein normaler gesicherter Gläubiger behandelt. Seine Eigentümerstellung ist insoweit unbeachtlich.252 Wie stark die Stellung des Verkäufers genau ist, hängt nach Article 9 UCC anders als nach deutschem Recht entscheidend von der Art der gelieferten Sache ab. Abgesehen von Waren, die zum Weiterverkauf bestimmt sind, Rohstoffen und Halbfertigerzeugnissen etc. ist die Position des amerikanischen Verkäufers – mit den dargestellten Abstrichen – vergleichbar ausgestaltet. Zwar müssen Anschaffungssicherheiten an diesen Gegenständen zur Erlangung des Vorrangs innerhalb von 20 Tagen durch Eintragung vervollkommnet werden, diese leicht durchführbare Registrierung verschafft dem Lieferanten dann aber eine Sicherheit an sämtlichen innerhalb der nächsten fünf Jahre gelieferten Sachen, sowie an Surrogaten und Früchten der Sache. Insoweit steht der Vorbehaltslieferant also sogar etwas besser als nach deutschem Recht, da er automatisch auf Erlöse aus Weiterverkäufen zugreifen kann. Der rechtsgeschäftlichen „Verlängerung“ des Eigentumsvorbehalts bedarf es nicht. 253 Ein funktionales Äquivalent zum Kontokorrentvorbehalt bildet schließlich die Anerkennung der cross-collateralization als purchase-money security interest. Diese verschafft dem Lieferanten ein vorrangiges Sicherungsrecht für eine bestimmte Forderung auch an solchen Waren, die nicht in Vollzug des Vertrags geliefert wurden, aus dem die Forderung stammt. Wesentlich stärker unterscheiden sich die Regelungen von Lieferungen, die zum Weiterverkauf bestimmte Gegenstände, Rohstoffe oder ähnliches betreffen. Diese Unterschiede sind auch auf Differenzen in der Finanzierungskultur zwischen den USA und Deutschland zurückzuführen. Article 9 UCC macht schon den Vorrang hinsichtlich der gelieferten Waren davon abhängig, dass ein möglicherweise beeinträchtigter Gläubiger hierüber zuvor verständigt wird. Der Lieferant muss also aktiv werden, um sich sein Vorrecht bezüglich der Vorbehaltsware zu erhalten. Bezüglich der Erlöse aus Weiterverkäufern schließlich tritt der Lieferant unter dem UCC regelmäßig hinter den Forderungsfinanzierer zurück. Das deutsche Recht verschafft hier dem Lieferanten nicht nur hinsichtlich der gelieferten Sachen selbst, sondern – unter Rückgriff auf die Vertragsbruchlehre – auch hinsichtlich der Erlöse aus Weiterverkäufen den Vorrang vor Geldgläubigern, die ein Sicherungsrecht am Warenlager oder am Forde252 Vgl. auch § 9–202 UCC: „Except as otherwise provided with respect to consignments or sales of accounts, chattel paper, payment intangibles, or promissory notes, the provisions of this article with regard to rights and obligations apply whether title to collateral is in the secured party or the debtor.“ 253 Allerdings sollte dieser Gesichtspunkt nicht überschätzt werden, denn non-inventory goods sind per Definition nicht zum Weiterverkauf bestimmt. Zu denken wäre aber an den Fall, dass der Schuldner die noch nicht bezahlte Maschine weiterverkauft. Soweit sich dieser Verkauf außerhalb des ordentlichen Geschäftsgangs vollzieht, kann der gesicherte Gläubiger nun auf die Maschine selbst zugreifen, da sein Sicherungsrecht nicht erloschen ist. Daneben hat er ein vorrangiges Recht an den proceeds aus dem Verkauf.

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§ 8 Article 9 UCC Uniform Commercial Code

rungsbestand des Schuldners haben. Article 9 UCC entscheidet demgegenüber das Konkurrenzverhältnis zugunsten des Forderungsfinanzierers. Catherine Walsh254 hat versucht, diesen Unterschied zwischen Article 9 UCC255 und dem deutschen Recht mit der fehlenden Publizität der deutschen Sicherungsrechte zu erklären: Im deutschen Recht habe ein Lieferant keine Möglichkeit, sich über bereits bestehende Sicherungsrechte zu informieren. Wenn es die Vertragsbruchlehre nicht gäbe, liefe er daher stets Gefahr, dass ihm unbekannte Gläubiger vorrangige, weil ältere Rechte an den Forderungen geltend machen. Ein solches Risiko würde die Finanzierung durch Lieferanten deutlich benachteiligen. Dieses Argument übersieht allerdings, dass im Normalfall der Lieferant die relevanten Informationen vom Schuldner erlangen kann. Wenn man berücksichtigt, dass praktisch alle Unternehmen ein revolvierendes Sicherungsrecht an ihrem Forderungsbestand bestellt haben, dann wird deutlich, dass es hier nicht um ein Informations-, sondern um ein echtes Wertzuweisungsproblem geht: Der Lieferant vermutet ohnehin, dass ein Dritter Rechte an den Forderungen seines Käufers hat. Es bleibt die normative Frage, ob er dennoch ein Vorrecht an solchen Forderungen erwerben können soll, die unter Einsatz von ihm gelieferter Werte begründet wurden. Mit dem Gedanken der Zurverfügungstellung von neuem Kapital, dessen Bedeutung für die Rechtfertigung von Sicherungsrechten in dieser Arbeit bereits in § 4 deutlich geworden ist, ist der entscheidende Gesichtspunkt für die Beurteilung des Problems angesprochen. Deutlich wird dies auch, wenn man sich erneut die unter Article 9 UCC angeführte Begründung für den Vorrang des Forderungsfinanzierers hinsichtlich der Kaufpreisforderungen aus den Weiterveräußerungen vor Augen führt: Der Vorrang des Forderungsfinanzierers sei gerechtfertigt, da dieser im Gegenzug zur Indeckungnahme der Forderung dem Schuldner neue Darlehensmittel zur Verfügung stelle, mit denen dieser die Forderung des Lieferanten ablösen könne. Der U. S.-amerikanischen Regelung liegt insofern die Vorstellung zugrunde, dass der Forderungsfinanzierer – insoweit einem Factoringunternehmen vergleichbar – eine konkrete Forderung bevorschusst, indem er gegen die Vorlage der Rechnung neue Darlehensmittel entsprechend der advance rate überlässt. Eine solche Praxis erfüllt das oben 256 eingeführte Kriterium der wertmäßigen Surrogation, da hier die überlassenen Darlehensmittel an die Stelle der als Sicherungsgut erfassten Forderung treten. Der Vorrang des Forderungsfinanzierers ist dann in der Tat deswegen gerechtfertigt, weil er durch die Auskehr weiteren Kredits das Vermögen des Schuldners gemehrt hat. 254 Super Priority for Asset Acquisition Financing in Secured Transactions Law: Formalism or Functionalism?, S. 473. 255 Die meisten der kanadischen Personal Property Security Acts (PPSA) weisen eine ähnliche Regelung auf. 256 Siehe oben, S. 260.

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Diese Bevorschussung konkreter neu entstandener Forderungen findet aber bei der gewöhnlichen Globalzession, die einen Betriebsmittelkredit sichert, gerade nicht statt. Bei dieser jedenfalls in Deutschland die Praxis prägenden Finanzierungsform räumt der Gläubiger dem Schuldner eine Kreditlinie auf der Basis vor allem der Geschäftsaussichten des Schuldners ein. Der (auch haftungsrechtlich!) entscheidende Unterschied liegt darin, dass die Entstehung einer neuen Forderung in der ersten, dem Factoring vergleichbaren Situation unmittelbar zu einer Vermögensmehrung durch den Gläubiger in Form der Kreditauskehrung führt, die wiederum eine Befriedigung des Lieferanten wahrscheinlicher oder doch wenigstens möglich macht. Bei der normalen Betriebsmittelkreditlinie, die durch eine Globalzession gesichert wird, finden dagegen zwar auch Kontrollen der Forderungsbestände statt, diese erfolgen jedoch regelmäßig nur quartalsweise. 257 Dem Schuldner steht die Kreditlinie insofern unabhängig vom konkreten Forderungsbestand zur Verfügung. Daher führt die Entstehung einer neuen Forderung nicht zur Auskehr weiteren Kredits und der Zurverfügungstellung frischen Geldes. Unter einem solchen System ist das Ausfallrisiko des Lieferanten erheblich größer, da der Schuldner bei Entstehung der Forderung gegen den Drittschuldner kein frisches Geld bekommt. Um so eher ist es gerechtfertigt, dem Lieferanten ein Vorrecht an den aus den Weiterverkäufen beruhenden Forderungen zu geben. Auf diese Abhängigkeit der Bevorrechtigung des Forderungsfinanzierers von der jeweils gewählten Finanzierungsmethode hat schon Gilmore 258 hingewiesen: Der Vorrang des Forderungsfinanzierers sei gerechtfertigt, sofern dieser dem Schuldner neue Vorschüsse gegen neue Forderungen („new advances against new accounts“) gewähre. Dem Lieferanten sei dagegen der Vorrang vor einem solchen Gläubiger zuzusprechen, der einen früher ausgekehrten Kredit durch ein revolvierendes Sicherungsrecht (fl oating lien) am gesamten Forderungsbestand des Schuldners gesichert habe. 259 Deutlich wird an dieser Stelle erneut, dass jedes Kreditsicherungsrecht sorgfältig mit der Praxis und den Bedingungen der jeweiligen Kreditwirtschaft abgestimmt sein muss. Der Vorrang des durch ein Sicherungsrecht im Forderungsbestand gesicherten Gläubigers bezüglich solcher Forderungen, die aus Verkäufen von unter Eigentumsvorbehalt stehenden Gütern stammen, mag angemessen sein, wenn der Gläubiger die konkrete Forderung wie beim Factoring bevorschusst hat, 260 sie ist jedoch dann nicht gerechtfertigt, wenn solche Gläu257 Vgl. auch das Beispiel im Legislative Guide on Secured Transactions, Introduction Rn. 24. 258 Security Interests in Personal Property, S. 797. 259 Diese Differenzierung lässt sich freilich weder dem alten noch dem überarbeiteten Text von Article 9 UCC entnehmen. 260 Mit diesem Argument wird von der deutschen Rechtsprechung die Anwendung der Vertragsbruchlehre auf das echte Factoring abgelehnt, BGH, Urt. v. 19. 9. 1977, BGHZ 69, 254; Urt. v. 7. 6. 1978, BGHZ 72, 15, 22; Urt. v. 15. 4. 1987, BGHZ 100, 353 ff.

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biger keine speziellen „Forderungsfinanzierer“ sind, sondern vielmehr das schuldnerische Unternehmen als solches finanzieren und sich hierfür durch ein globales Sicherungsrecht gesichert haben. c) Der einfache Eigentumsvorbehalt – Volleigentum oder wirklich nur ein Sicherungsrecht? Wie dargestellt behandelt Article 9 UCC den einfachen Eigentumsvorbehalt als – allerdings bevorrechtigtes – Sicherungsrecht. Der Verkäufer, der sich das Eigentum an den von ihm gelieferten Waren bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung vorbehalten hat, genießt daher dieselben Rechte wie ein sonstiger Gläubiger, der die Anschaffung eines Gegenstands finanziert hat. 261 Dass der Vorbehaltskäufer sich sachenrechtlich gesehen auf das Eigentum an der Kaufsache berufen kann, macht nach Article 9 UCC keinen Unterschied. Diese unbearable lightness of title under the UCC, 262 die ein weiterer Beleg für die Prägung der Regelung durch den Legal Realism und seiner Scheu vor Instituten wie title, property oder ownership ist, war bereits vor Inkrafttreten des UCC heftig kritisiert worden. 263 Auch heute ist die Einbeziehung des Eigentumsvorbehalts in das Konzept des security interest und die sich daraus ergebende Vernachlässigung des fortbestehenden Eigentums des Verkäufers der vielleicht problematischste Einzelaspekt von Article 9 UCC. 264 Im ersten Schritt stellt es aus Sicht des deutschen Kreditsicherungsrechts nichts ungewöhnliches dar, einen Eigentümer haftungsrechtlich nicht als solchen zu behandeln, sondern ihn – weil er das Eigentum nur zum Zwecke der Sicherung einer Forderung innehat – so zu behandeln, als habe er nur ein beschränktes dingliches Recht inne. Genau diese an der jeweiligen Funktion der Vollrechtsinhaberschaft orientierte Bestimmung ihrer Rechtsfolgen führt dazu, dass der Sicherungseigentümer in der Insolvenz des Sicherungsgebers nach § 51 Nr. 1 InsO nur ein Absonderungsrecht geltend machen kann. Diese funktionsbezogene Rechtsfolgenbestimmung ist auch keineswegs auf das Sicherungseigentum beschränkt, sondern findet beim erweiterten Eigentumsvorbehalt nach Eintritt des Erweiterungsfalls in gleicher Weise statt. Auch hier hat der Verkäufer nur ein Absonderungsrecht an der Sache, obwohl er ihr Eigentümer ist. Insofern stehen der Umqualifizierung des Eigentums in ein beschränktes ding-

261 Für eine solche Gleichstellung des Warengläubigers mit sonstigen Gläubigern hat in Deutschland schon Schütz 1940 in seiner Dissertation mit dem Titel „Die Umwandlung des Eigentumsvorbehalts in ein Pfandrecht“ argumentiert. Siehe dort, S. 9 et passim. 262 So der Titel der Abhandlung von Tabac, 50 Maryland Law Review 408 ff. 263 Williston, 63 Harvard Law Review 561, 566 ff. 264 Bridge, in: The Future of Secured Credit, S. 180, 196.

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liches Recht jedenfalls aus deutscher Sicht keine unüberwindbaren dogmatischen oder konzeptionellen Hürden entgegen. 265 Auch praktische Gründe lassen sich dafür anführen, den einfachen Eigentumsvorbehalt unter das Dach der Sicherungsrechte zu bringen und ihn so gleichfalls einem Registrierungserfordernis zu unterwerfen. Hierdurch würden die Probleme betrügerischer Rückdatierungen und nachgeschobener Eigentumsvorbehalte vermieden, und es ließen sich klare, an die Registrierung anknüpfende Prioritätsregeln aufstellen. 266 Andererseits ist es problematisch, ob für den Vorbehaltsverkäufer auch die für einen Sicherungsnehmer geltenden Beschränkungen bei der Verwertung des Sicherungsguts inner- und außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten sollen. Es könnte nicht nur effizient, 267 sondern auch vertragsrechtlich angemessen sein, es dem Verkäufer im Sicherungsfall zu gestatten, sich den Besitz an der Sache zu verschaffen und mit dieser nach freiem Belieben zu verfahren. Das Problem zeigt sich am deutlichsten, wenn man danach fragt, wem ein bei der Verwertung erzielter Übererlös zusteht, der etwa darauf beruht, dass der Marktpreis für die gelieferten aber unbezahlten Waren inzwischen gestiegen ist. Vertragsrechtlich steht ein solcher Gewinn dem Verkäufer zu, denn er kann die Wertsteigerung schon nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht für sich behalten: Kommt der Käufer seiner Leistungspflicht nicht nach, kann der Verkäufer nach § 323 Abs. 1 BGB vom Kaufvertrag zurücktreten und gemäß § 346 Abs. 1 BGB die Sache herausverlangen. Ist ihr Marktwert inzwischen gestiegen, kommt ihm dies zugute, da er sie nun zu dem höheren Preis verkaufen kann. 268 Kreditsicherungsrechtlich kann es andererseits keine Zweifel geben, dass einem gesicherten Gläubiger der Wert des Sicherungsguts nur bis zur Höhe der gesicherten Forderung zuzüglich etwaiger Kosten zusteht. Ein Übererlös, der bei der Verwertung des Sicherungsguts aufgrund einer nachträglichen Werterhöhung realisiert wird, gebührt daher dem Sicherungsgeber bzw. seinem Insolvenzverwalter. 269 265

Kieninger, in: The Future of Secured Credit, S. 215, 221. Bridge, in: The Future of Secured Credit, S. 180, 197. 267 Der Verkäufer kennt typischerweise die Märkte für die von ihm gelieferte Sache am besten, so dass es nicht notwendig erscheint, ihm im Interesse des Schuldnerschutzes eine besondere Verwertungsweise vorzuschreiben. Dies gilt jedenfalls, wenn zwischen Kauf und Sicherungsfall nur ein relativ kurzer Zeitraum liegt, so dass sich der Charakter der Waren noch nicht entscheidend geändert hat. Nicht jeder Verkäufer von Neuwaren besitzt dasselbe Maß an Expertise bezüglich entsprechender Gebrauchtwaren. 268 Richtigerweise ist daher im Rahmen des Wertersatzanspruchs nach § 346 Abs. 2 BGB auf den Zeitpunkt des Entstehens der Wertersatzpflicht abzustellen, Staudinger/Kaiser, BGB, § 346 Rn. 161; MünchKomm-BGB/Gaier, § 346 Rn. 44; a. A. Palandt/Grüneberg, BGB, § 346 Rn. 10; Bamberger/Roth/Grothe, BGB, § 346 Rn. 46; AnwK-BGB-Hager, BGB, § 346 Rn. 45; jurisPK/Faust, BGB, § 346 Rn. 72. 269 Dirix, in: The Future of Secured Credit, S. 223, 226. Siehe auch die Regelung in Art. IX.7:215 (4) und IX.-7:301 (3) DCFR. Hiernach steht bei normalen security rights ein Übererlös 266

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Article 9 UCC270 hat sich angesichts dieses Dilemmas dafür entschieden, den kreditierenden Verkäufer als Kreditgeber zu behandeln, während der Vorbehaltsverkäufer nach deutschem Recht als Volleigentümer der Sache betrachtet wird und als solcher unbeschränkt auf diese zugreifen kann. Näheres Hinsehen zeigt freilich, dass diese Extrempositionen in beiden Rechtsordnungen nicht uneingeschränkt gelten. So ist auch nach deutschem Recht der durch einen erweiterten Eigentumsvorbehalt gesicherte Verkäufer jedenfalls nach Eintritt des Erweiterungsfalls nur ein gesicherter Gläubiger. Und unter dem UCC kann der Verkäufer nach § 2–702 UCC jedenfalls ein dem Aussonderungsrecht des Eigentümers vergleichbares Rückholrecht geltend machen. Die Rechte des Verkäufers richten sich unter dem UCC daher vor allem danach, wie groß der zeitliche Abstand zwischen Übergabe der Kaufsache und Geltendmachung der Rechte des Verkäufers ist. Wenn dieser mehr als 45 Tage beträgt, ist der Verkäufer in der Insolvenz des Käufers nur noch ein (gesicherter oder ungesicherter) Insolvenzgläubiger. Dieses zeitliche Kriterium nimmt die oben vorgeschlagene Differenzierung nach Eigentumsvorbehalten mit Kreditierungselement und solchen mit einer lediglich auf das Synallagma bezogenen Funktion auf. 271 Auch insoweit wurde entscheidend auf die Länge des dem Käufer eingeräumten Zahlungsziels abgestellt. Die angesprochene Höchstfrist von 45 Tagen ergibt sich aus 11 U. S. C. 546 (c). 272 Macht der Verkäufer innerhalb dieser Zeitspanne sein Recht an der Sache wegen des ausstehenden Kaufpreises geltend, so macht er deutlich, dass er dem Käufer keinen Kredit im Sinne der Überlassung von Kapital auf Zeit einräumen will. Schon insofern wäre die Gleichstellung mit einem Darlehensgeber unberechtigt. Weiter hat sich das Gut während dieser Zeitspanne mutmaßlich noch nicht so weitgehend verändert, dass eine Verwertung durch den Verkäufer selbst nicht mehr effizient wäre. Insofern ist es nicht notwendig, den Verkäufer den für Sicherungsnehmer geltenden Verwertungsregeln zu unterwerfen. Schließlich ist auch das Bedürfnis nach einer Registrierung der Rechte des Verkäufers während einer so kurzen Zeitspanne erheblich geringer, da hier das Risiko betrügerischer Machenschaften wesentlich kleiner ist. Ist das Zahlungsziel dagegen wesentlich länger, so fungiert der Verkäufer auch im wirtschaftlichen Sinn als Kreditgeber des Käufers und ist daher als gesicherter Gläubiger und nicht als Volleigentümer zu behandeln. Dem steht nicht dem Sicherungsnehmer zu, während beim Vorbehaltskauf dieser dem Verkäufer verbleibt. Siehe hierzu unten, S. 468 f. 270 Einen ähnlichen Ansatz verfolgt nach der Reform in 2006 auch das französische Recht (Art. 2371 frzCC) bei der Behandlung des Eigentumsvorbehalts: Dirix, in: The Future of Secured Credit, S. 223, 226; Graham-Siegenthaler, in: The Future of Secured Credit, S. 242, 243. 271 Siehe oben, S. 178 ff. 272 11 U. S. C. 546 (c) sah bis zu seiner Überarbeitung eine fi xe 10-Tagesfrist vor, die nur bei schriftlicher Täuschung über die Solvenz des Käufers auf drei Monate ausgedehnt wurde.

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entgegen, dass er als Sicherungsrecht sein Eigentum geltend macht, denn das Eigentum hat nur noch Sicherungsfunktion, da der Verkäufer durch die Kreditierung des Kaufpreises sein Interesse an der Sachsubstanz aufgegeben hat. Der Verkäufer hat sich bei einer echten Kreditierung nur noch den Sachwert als Sicherungsrecht für die Kaufpreisforderung vorbehalten. Die Regelung des UCC in Article 2 und 9 trifft daher eine grundsätzlich in hohem Maße sachgerechte Differenzierung, indem sie auf die Länge des dem Käufer vom Verkäufer eingeräumten Zahlungsziels abstellt. Je länger die Zahlungsfrist ist, um so eher ist es gerechtfertigt, den Verkäufer als normalen Kreditgeber zu behandeln. Bei kurzen Zahlungsfristen tritt hingegen seine Position als Verkäufer in den Vordergrund, weshalb sein Eigentumsrecht als Recht an der Sachsubstanz besondere Beachtung verdient. 273 Die Darstellung hat gezeigt, dass die aus dem deutschen Recht geläufige Dichotomie zwischen kreditierendem Verkäufer einerseits und Geldgläubiger andererseits in dieser Form unter dem UCC nicht besteht. Der UCC spricht den kreditierenden Verkäufer vielmehr funktional zutreffend in doppelter Weise sowohl als Finanzier als auch als Verkäufer an, wobei im Moment der Übergabe und direkt danach die kaufvertraglichen Anknüpfungspunkte überwiegen. Je länger die Kaufsache ohne Gegenleistung überlassen wird, um so mehr tritt das Kreditierungselement in den Vordergrund. Dieser Verschiebung der Funktionen der Transaktion trägt der UCC Rechnung, indem er die Rechte des Verkäufers danach differenziert, wann er auf die von ihm gelieferte Sache zugreifen will. 274

273 Fragwürdig ist daher die auf In re Samuel zurückgehende herrschende Meinung zu § 2–702 UCC, nach der das Rückholrecht des Verkäufers von einem durch eine Neuerwerbsklausel gesicherten Gläubiger (gutgläubig) wegerworben werden kann. Tabac (2001 Columbia Business Law Review 508 ff.) hat gezeigt, dass die Anerkennung dieser Wegerwerbsmöglichkeit die Bedeutung der Eigentümerstellung des Verkäufers verkennt, die eben auch unter dem UCC nicht vollkommen bedeutungslos ist. 274 Wie im Zusammenhang mit der Diskussion um den unitary oder non-unitary approach im UNCITRAL Legislative Guide zu zeigen sein wird (unten, S. 431), ist die Regelung des Rückholrechts als kaufrechtlicher Rechtsbehelf in der Insolvenz des Käufers die Voraussetzung dafür, dass der Eigentumsvorbehalt nur als Kreditsicherheit begriffen wird.

§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich In den letzten zwei Jahrzehnten sind auf dem Gebiet des Mobiliarsicherungsrechts eine Vielzahl nationaler Reformgesetze, völkerrechtlicher Verträge, Modellgesetze und Entwürfe geschaffen worden. Von diesen sollen im Folgenden drei Projekte der jüngeren Zeit herausgegriffen und näher vorgestellt werden. Dies sind der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions, die Regelungen über Mobiliarsicherheiten im DCFR sowie die 2006 veröffentlichten Empfehlungen zur Reform des österreichischen Rechts. Ausschlaggebend für diese Auswahl ist neben der Aktualität dieser Entwürfe – der Legislative Guide und der DCFR wurde 2008 bzw. 2009 vorgelegt – vor allem der exemplarische Charakter der Modelle. Beispielhaft sind sie vor allem hinsichtlich ihrer Abweichungen zum UCC. Die größte Verwandtschaft zeigt insoweit der Legislative Guide, der – mit Ausnahme der Regelungen über Anschaffungsfi nanzierungen – eine moderne und für zivilistisch geschulte Juristen leichter zugängliche Fassung der Regelungen des Article 9 UCC enthält. Die Darstellung kann sich insofern weitgehend auf die Empfehlungen zu den Anschaffungsfinanzierungen und zur Erfassung des Eigentumsvorbehalts beschränken. Anschaffungsfinanzierungen werden auch bei der Behandlung des mobiliarsicherungsrechtlichen Teils des DCFR ein wichtiges Thema sein. Bedeutsam ist der DCFR aber auch deshalb, weil er zeigt, wie sich eine Regelung, die konzeptionell in vielem Article 9 UCC ähnelt, in eine zivilrechtliche Kodifi kation kontinentaleuropäischen Typs einfügen lässt. Während Article 9 UCC gewissermaßen in seinem eigenen Universum frei schwebt und sämtliche Bezüge zum allgemeinen Sachenrecht ausdrücklich leugnet, unternimmt es der DCFR, das Mobiliarsicherungsrecht mit den allgemeinen sachenrechtlichen Instituten wie Eigentum und gutgläubigem Erwerb zu verzahnen. Die Darstellung der österreichischen Empfehlungen schließlich ist nicht nur wegen der großen Nähe des österreichischen Rechts zu den Regeln des BGB reizvoll. Anders als in Deutschland sind freilich in Österreich besitzlose Mobiliarsicherheiten auch in der Praxis die Ausnahme. Dem Faustpfandprinzip kommt insofern dort anders als hierzulande nach wie vor große Bedeutung zu. Inhaltlich verdienen die Empfehlungen – obwohl ihre Umsetzung jedenfalls vorläufig gestoppt wurde – auch deshalb besondere Beachtung, weil sie im Unterschied zu vielen anderen Projekten keine Übernahme der Regelungen des Article 9 UCC vorsehen, sondern die Schaffung eines nach dem transaction

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filing-System aufgebauten Registers für Mobiliarsicherheiten anregen. Anhand dieses (Gegen-) Entwurfs können insofern die Vorteile und Schwächen der unterschiedlichen Registersysteme exemplarisch dargestellt werden.

A. Der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions Der im Jahr 2008 von UNCITRAL veröffentlichte Legislative Guide on Secured Transactions ist das Ergebnis der über sechsjährigen Arbeit der Working Group VI on Security Interests. Der Guide enthält ausführliche Erörterungen der einschlägigen kreditsicherungsrechtlichen Probleme, stellt mögliche Lösungen vor und unterbreitet schließlich insgesamt 242 ausführlich begründete Empfehlungen (Recommendations) zu Gestaltung und Inhalt einzelner Vorschriften. Trotz der ins Detail gehenden Ausarbeitung hat UNCITRAL die Bezeichnung des Texts als Modellgesetz bewusst vermieden, um durch den Titel Legislative Guide die Offenheit der Regelung für Anpassungen durch nationale Gesetzgeber zu verdeutlichen.1 Gleichwohl sind die im Guide enthaltenen Recommendations so gefasst, dass sie ohne weiteres als Grundlage eines Gesetzesvorschlags dienen können. Der Legislative Guide on Secured Transactions wendet sich daher vor allem, aber nicht nur, an die Gesetzgeber kleiner Staaten sowie Schwellen- und Entwicklungsländer, die ihr Mobiliarsicherungsrecht reformieren wollen. Für solche Staaten stellt die eigenständige Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfs auf einem so komplexen Rechtsgebiet wie dem Kreditsicherungsrecht oft eine enorme Hürde dar. Der Guide bietet hier neben einer Orientierung über die regelungsbedürftigen Fragen auch inhaltliche Vorschläge zur Ausgestaltung des Mobiliarsicherungsrechts. In Ergänzung des Guide erarbeitet die Working Group VI gegenwärtig einen Text, der sich näher mit der Ausgestaltung des vom Guide vorgesehenen Registers befasst.

I. Überblick Der Guide ist konzeptionell deutlich vom UCC beeinflusst; eine Tendenz, die angesichts der weltweiten Vorbildwirkung des U. S.-amerikanischen Rechts allgemein, aber insbesondere von Article 9 UCC, wenig überrascht. Schon der Aufbau ähnelt stark Article 9 UCC: Auch im Guide werden in getrennten Kapiteln die Entstehung, die Drittwirksamkeit und die Registrierung eines Siche1 Bazinas, Uniform Law Review 2005, 141; Wiegand, in: Festschr. f. Horn, S. 177, 186. Das Bemühen, den Eindruck zu vermeiden, es handele sich bei dem Guide um ein Modellgesetz, erklärt auch die etwas ungewöhnliche Formulierung der Recommendations, die sämtlich mit „The law should . . .“ beginnen.

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§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich

rungsrechts behandelt. Ebenso gibt es auch im Guide ein besonderes Kapitel, das den Rang des security right betrifft. Keine Parallele im UCC hat allerdings das Chapter IX des Guide, das die für Anschaffungsfinanzierungen geltenden Empfehlungen enthält. Inhaltlich sieht der Legislative Guide grundsätzlich ein einheitliches Sicherungsrecht (security right) vor. Allerdings kennt der Guide auch ein alternatives Regelungsmodell, das Sonderregeln für den Eigentumsvorbehalt und das Finanzierungsleasing beinhaltet (non-unitary approach). Das security right nach dem Legislative Guide bedarf zu seiner Drittwirksamkeit 2 grundsätzlich der Registrierung. Auch das Konzept des notice filing wurde insofern übernommen. Von der Drittwirksamkeit ist gemäß Rec. 32, 33 Guide die Entstehung des security right zwischen Sicherungsgeber und -nehmer zu unterscheiden.3 Für diese ist grundsätzlich ein schriftlicher Vertrag erforderlich. 4 Proceeds, also insbesondere der Erlös aus einer Weiterveräußerung, werden wie nach § 9–203 (f) UCC gemäß Rec. 19 Guide automatisch von einem Sicherungsrecht am verkauften Gegenstand erfasst. Gleichfalls setzt sich nach Rec. 22 Guide das Sicherungsrecht nach Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung an der Gesamtmenge bzw. am Produkt automatisch fort. Einer ausdrücklichen Erstreckung der Sicherungsvereinbarung etwa durch Verlängerungsklauseln bedarf es daher nicht. In den Anwendungsbereich des Guide fallen alle Rechte, die Sicherungsfunktion haben. Mit diesem functional approach sollen sämtliche Transaktionen erfasst werden, die der Sicherung einer Forderung durch die Schaffung eines Vorrechts für den Gläubiger an einem Vermögensgegenstand dienen. 5 In Ausdehnung dieser funktionalen Abgrenzung des Anwendungsbereichs gelten die Regeln über Entstehung, Drittwirksamkeit und Priorität gemäß Rec. 3 Guide für sämtliche Forderungsabtretungen, auch soweit der Abtretung keine Sicherungsfunktion zukommt (outright assignment). Auch diese Einbeziehung der einfachen Forderungsabtretung deckt sich mit der Regelung in § 9–109 (a) (3) UCC. Die Ausdehnung auf outright assignments hat wie bereits angedeutet den Vorteil, dass Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen einfachen Abtretungen und Sicherungsabtretungen (abgesehen von Verwertungsfragen) vermieden

2 Die third-party effectiveness des Guide ist allerdings nicht vollständig mit der perfection nach Article 9 UCC gleichzusetzen. Während ein unvollkommener security interest nach Article 9 UCC außerhalb des Insolvenzverfahrens nach § 9–201 UCC auch Dritten gegenüber Wirkung hat, wirkt das security right des Guide vor Registrierung nur zwischen den Parteien der Sicherungsvereinbarung. 3 Bazinas, Uniform Law Review 2005, 141, 144. 4 Nach Rec. 15 Guide genügt ein mündlicher Vertrag, wenn der Sicherungsnehmer den Besitz am Sicherungsgut erwirbt. 5 Aufgrund des funktionalen Ansatzes wird auch das Finanzierungsleasing als Unterfall der Anschaffungsfinanzierung von der Regelung erfasst, Rec. 188 Guide.

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werden. 6 Zugleich werden auf diese Weise auch Factoringvereinbarungen und Verbriefungsgeschäfte von der Regelung erfasst, 7 so dass auch diese Geschäfte in den Genuss der durch das Register vermittelten Rechtssicherheit kommen. Die Grundzüge der Regelung entsprechen somit weitgehend Article 9 UCC. Die weitere Darstellung beschränkt sich daher auf zwei Felder, in denen der Guide von den Lösungen des Article 9 UCC abweicht. Dies betrifft einerseits die Behandlung des Eigentumsvorbehalts unter dem so genannten non-unitary approach und andererseits die Regeln, die sich mit den Konsequenzen einer Übertragung des Sicherungsguts befassen.

II. Anschaffungsfinanzierungen im Legislative Guide Die Empfehlungen des Guide zu Kreditsicherheiten im Rahmen von Anschaffungsfinanzierungen spiegeln die Bandbreite der unterschiedlichen Lösungen wider, die diesbezüglich in den einzelnen nationalen Rechtsordnungen verwendet werden. Dabei ist die Gretchenfrage, ob eine Rechtsordnung bei der Anschaffungsfinanzierung danach differenziert, ob dem Käufer der Kredit durch den Verkäufer selbst oder durch einen Drittfinanzierer gewährt wird. Es geht mit anderen Worten darum, ob eine Rechtsordnung den traditionellen Sicherungsmitteln von Lieferanten und Verkäufern – nämlich Eigentumsvorbehalt und Finanzierungsleasing – einen Sonderstatus einräumt (so genannter nonunitary oder two-track approach), oder ob sie diese Sicherheiten wie andere Sicherungsrechte behandelt, die zur Sicherung eines Kredits gewährt wurden, welcher der Anschaffung eines neuen Vermögensgegenstands diente (so genannter unitary oder one-track approach). Auch die Frage, ob zwischen der Anschaffung von zum Umsatz bestimmten Gütern (inventory) und der Anschaffung von Ausrüstungsgegenständen zu unterscheiden ist, markiert eine Trennlinie zwischen den verschiedenen Rechtssystemen. Der Guide zeigt sich auch insoweit offen, als er auch diesbezüglich jeweils alternative Regelungsmodelle vorhält. Hieraus resultiert ein relativ komplexes Geflecht von Vorschlägen, das insgesamt vier unterschiedliche Regelungsmodelle hinsichtlich der Anschaffungsfinanzierung umfasst: einerseits den unitary approach mit einer Unterscheidung zwischen Finanzierungen von Vorräten und Ausrüstungsgegenständen (UCC-Modell), den unitary approach ohne eine solche Unterscheidung; andererseits den non-unitary approach mit einer Unterscheidung zwischen Finanzierungen von Vorräten oder Aus-

6 Legislative Guide on Secured Transactions, Chapter I, Rn. 25 ff. Siehe hierzu auch Walsh, in: The Future of Secured Credit in Europe, S. 321, 322. 7 Vgl. Legislative Guide on Secured Transactions, Introduction, Rn. 25 ff.

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§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich

rüstungsgegenständen und schließlich den non-unitary approach ohne eine solche Unterscheidung.

1. Die Alternative zwischen Unitary und Non-Unitary Approach Bei der Frage, ob dem Eigentumsvorbehalt und dem Finanzierungsleasing im Kanon der Anschaffungsfinanzierungen – der Guide nennte diese acquisition financing rights – eine Sonderstellung zukommt, lassen sich die einzelnen Rechtsordnungen in drei Strömungen einordnen: Nach dem streng funktionalen Ansatz, wie er insbesondere Article 9 UCC zugrunde liegt, entbehrt eine Differenzierung der Grundlage, die an die Person des Kreditgebers oder die rechtstechnische Ausgestaltung des Sicherungsmittels anknüpft. Eine unterschiedliche Behandlung wäre nach dieser Sichtweise nur gerechtfertigt, wenn die unterschiedlichen Finanzierungsformen unterschiedlichen Funktionen dienten. Dies ist aber nach dieser Ansicht nicht der Fall, da sowohl der vom Lieferanten eingeräumte Zahlungsaufschub als auch der von einem Dritten gewährte Anschaffungskredit, den Erwerb neuer Vermögensgegenstände durch den Schuldner finanzieren. In konsequenter Durchführung dieser an der Funktion des Kredits für den Schuldner orientierten Betrachtungsweise behandelt Article 9 UCC wie gesehen den Eigentumsvorbehalt nicht anders als ein Sicherungsrecht, das der Schuldner einem Drittgläubiger gewährt hat, der eine Anschaffung finanziert hat. Das deutsche Recht bildet gewissermaßen den Gegenpol zu dieser Position. Denn die Vorrechte, die mit Anschaffungsfinanzierungen üblicherweise verbunden sind – insbesondere der Vorrang gegenüber Inhabern von Globalsicherungsrechten –, sind hier sogar auf Vorbehaltseigentümer und Leasinggeber beschränkt. Selbst wenn ein Gläubiger Geldkredit speziell für die Finanzierung des Erwerbs eines hochwertigen Ausrüstungsgegenstands gewährt, wird er nach deutschem Recht nicht anders behandelt als eine Bank, die eine Betriebsmittelkreditlinie gewährt hat. 8 Hieraus entsteht der fast schon sprichwörtliche Gegensatz zwischen „Waren- und Geldkreditgebern“. Die Unterscheidung zwischen Anschaffungskredit und sonstigem Kredit ist dem deutschen Recht dagegen weitgehend fremd. Eine vermittelnde Position nehmen schließlich solche Rechtsordnungen ein, die zwar die Sonderrolle des Eigentumsvorbehalts nicht leugnen, die aber den diesen Instituten eingeräumten Sonderstatus auch Drittfinanzierern zuerkennen, welche die Anschaffung eines Gegenstands finanzieren. Die Gleichbe-

8 Besonders eindrucksvoll zeigt sich diese Sichtweise in der Entscheidung des BGH, Urt. v. 27. 3. 2008, BGHZ 176, 86 ff., S. 192 ff.

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handlung von Geldkredit- und Warenkreditgebern wird hier dadurch hergestellt, dass die Rechte der Geldkreditgeber „hochgezont“ werden, sofern es sich um Anschaffungsfinanzierungen handelt. Die dargestellten Unterschiede haben einerseits damit zu tun, welche Bedeutung eine Rechtsordnung dem Eigentum im Hinblick auf das Kreditsicherungsrecht beimisst: Wenn man es ernst nimmt, dass der Vorbehaltsverkäufer noch Eigentümer der Kaufsache ist, dann ergibt sich mit Selbstverständlichkeit, dass die Sache ihm allein haftet und er sie in der Insolvenz des Käufers wieder an sich nehmen kann. Erkennt man dagegen, dass das Eigentum auch bloßes Sicherungsmittel sein kann, so liegt es nahe, einen gesicherten Kreditgeber nicht nur deshalb anders zu behandeln, weil er zugleich auch Verkäufer ist. Das deutsche Recht nimmt insoweit eine eigenartige Zwischenstellung ein: Einerseits ist bei der Sicherungsübereignung – also der sicherungsweisen Vollrechtsübertragung – seit langem anerkannt, dass das Vollrecht auch zur Sicherung einer Forderung verwendet werden kann. Insofern ist das deutsche Recht durchaus bereit und in der Lage, die Funktion des Eigentums bei der Bestimmung seiner Rechtsfolgen zu berücksichtigen. Gerade diese funktionale Betrachtungsweise wird beim einfachen Eigentumsvorbehalt aber peinlich vermieden. Trotz der Sicherungswirkung wird das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers jedenfalls nach Auflösung des Kaufvertrags als normales Volleigentum behandelt. Das Beispiel des deutschen Rechts zeigt daher, dass die Unterschiede andererseits auch in den unterschiedlichen Finanzierungspraktiken wurzeln. Insbesondere kommt es auf die jeweiligen Präferenzen für die eine oder die andere Form der Finanzierung an. In einer Wirtschaftsordnung, die traditionell stark auf die relativ simple Finanzierungsform des Warenkredits setzt, liegt es nahe, dass die Regeln für Anschaffungsfinanzierungen speziell auf Warengläubiger zugeschnitten sind, ja ihnen – wie im Falle des deutschen Rechts – unter Umständen sogar exklusiv vorbehalten sind. Diese Bevorzugung des Warenkredits hat insofern auch mit der Frage zu tun, ob und wann sich in einer Volkswirtschaft effiziente Kapitalmärkte entwickelt haben, die auch für kleine Unternehmen alternative Formen der Finanzierung zur Verfügung stellen. In Ländern mit unterentwickelten Kapitalmärkten kommt dem Warenkredit insofern eine besondere Bedeutung zu, da er oft die einzige verfügbare Kreditform ist. Die langsame und von Rückschlägen gekennzeichnete Entwicklung des Bankenwesens und der Kapitalmärkte in Deutschland9 kann insofern möglicherweise die Sonderstellung des Eigentumsvorbehalts im Kanon der Formen der Unternehmensfinanzierung historisch erklären.10

9

Tilly, Geld und Kredit in der Wirtschaftsgeschichte, S. 110 ff. Siehe auch oben, S. 206 ff. zu den kreditpolitischen Hintergründen der Vertragsbruchtheorie. 10

430

§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich

Der Guide reflektiert diese Unterschiede der Rechts- und Finanzierungskulturen, indem er in Chapter IX in den Rec. 178 ff. alternative Modelle zur Regelung der Anschaffungsfinanzierung anbietet. Der ausweislich der Ausführungen in Chapter IX von den Verfassern des Guide präferierte11 unitary approach (Option A) folgt grundsätzlich dem U. S.-amerikanischen Vorbild, das nur ein einziges Sicherungsrecht mit einer superpriority für acquisition financing rights kennt. Die bedingte Übereignung durch den Verkäufer zum Zwecke der Sicherung der Kaufpreisforderung wird hierbei, wie dargestellt, ebenso behandelt wie ein Kredit, der von einem „Geldgläubiger“ (lender) zur Finanzierung einer Anschaffung gewährt wurde. Gleichfalls kann auch der Leasinggeber trotz seiner Eigentümerstellung unter dem unitary approach keine anderen Rechte geltend machen als ein anderer gesicherter Gläubiger. Demgegenüber unterscheidet der non-unitary approach (Option B) zwischen acquisition security rights, die ein Geldgläubiger als Anschaffungsfinanzierer erwirbt, einerseits und retention of title rights und financial lease rights andererseits. Diese Differenzierung würdigt die besondere sachenrechtliche Struktur dieser Rechte. Für alle Gruppen von Anschaffungsfinanzierern sollen allerdings auch nach dem non-unitary approach grundsätzlich dieselben Regeln gelten.12 Insbesondere sind auch Vorbehaltslieferanten und Leasinggeber nach Option B Rec. 192 Guide gezwungen, ihre Rechte in das Sicherungsrechtsregister einzutragen, um die Drittwirksamkeit herbeizuführen. Insoweit schlägt der Guide eine Frist von 20–30 Tagen vor, innerhalb derer die Registrierung auf den Zeitpunkt der Lieferung zurückwirken soll. Zur weitgehenden Gleichstellung von Geld- und Warengläubigern ist in Rec. 187 (d) Guide vorgesehen, dass Geldgläubiger im Wege der Abtretung (assignment) oder der gesetzlichen Rechtsnachfolge (subrogation) die Rechtsposition eines Vorbehaltslieferanten von diesem ohne Inhaltsänderung erwerben können.13 Der Guide ist insofern auch unter dem non-unitary approach bemüht, die Auswirkungen der Anerkennung vollrechtsbasierter Sicherungsmittel so gering wie möglich zu halten. Die Eigentümerstellung des Vorbehaltslieferanten und des Leasinggebers wird daher zwar unter dem non-unitary approach nicht schlichtweg ignoriert, wie es nach dem UCC und dem unitary approach der Fall ist. Aus der Vollrechtsinhaberschaft sollen sie jedoch keine Vorteile ziehen können, in deren Genuss nicht 11

Legislative Guide on Secured Transactions, Chapter IX, Rn. 65, 83. Allerdings kennt Option B Rec. 201 Guide zwei Varianten hinsichtlich der insolvenzrechtlichen Stellung des Vorbehaltskäufers in der Insolvenz des Käufers. Nach der ersten steht der Vorbehaltskäufer auch in der Insolvenz wie ein gesicherter Gläubiger. Ausweislich Option B Rec. 201 Variante B Guide richten sich dagegen dessen Rechte (sowie die eines Leasinggebers) nach den für die Geltendmachung des Eigentums in der Insolvenz geltenden Vorschriften. Es wäre insofern konform mit dem Guide, dem Vorbehaltsverkäufer ein Aussonderungsrecht zuzusprechen, so dass insoweit doch eine unterschiedliche Behandlung erfolgte. 13 Ein Ergebnis wie in BGH, Urt. v. 27. 3. 2008, BGHZ 176, 86 ff. (hierzu oben, S. 196 f.) wäre danach unter dem Guide ausgeschlossen. 12

A. Der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions

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auch ein Drittfinanzierer kommen könnte. Hiermit wird die möglichst weitgehende Gleichbehandlung aller Arten von Anschaffungsfinanzierern bezweckt, die für faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Geld- und Warengläubigern sorgen soll. Es sei nicht einzusehen, warum Lieferanten ein Monopol für die Finanzierung von Anschaffungen haben sollten.14

2. Bewertung der Empfehlung zugunsten des Unitary Approach Wie angedeutet bietet der Guide zwar unitary und non-unitary approach nebeneinander an, plädiert aber im erläuternden Teil deutlich für die Übernahme des unitary and fully integrated approach, der nur ein einziges Sicherungsrecht kennt. Diese Regelung sei nicht nur gesetzgebungstechnisch leichter handhabbar, weil sie ohne Sondervorschriften über Eigentumsvorbehalt und Finanzierungsleasing auskomme,15 sie setze überdies konsequent den hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Guide im Allgemeinen verwendeten funktionalen Ansatz auch für den Bereich der Anschaffungsfinanzierungen um.16 Weil die Anschaffungsfinanzierung durch einen Lieferanten funktionsgleich mit der durch einen Drittfinanzierer sei, sei es geboten, diese Transaktionen einheitlichen Regeln zu unterwerfen. Dieses Argument zeigt, dass der unitary approach entscheidend auf der Annahme beruht, dass der Eigentumsvorbehalt keine andere Funktion habe, als einen Kredit zu sichern, den der Verkäufer dem Käufer gewährt hat. Nur wenn sich diese Sicherungswirkung des Eigentumsvorbehalts in der Tat als seine alleinige Funktion erweist, ist es gerechtfertigt, diesen vollständig dem Sicherungsrecht eines Darlehensgebers gleichzustellen. Wie gezeigt werden konnte, dient der Eigentumsvorbehalt jedoch jedenfalls nach deutschem Recht nicht nur der Sicherung eines dem Käufer eingeräumten Kredits, sondern dient außerhalb von Kaufverträgen mit einem Kreditierungselement der Wahrung des Synallagmas zwischen Verkäufer und Käufer, indem er für einen gleichzeitigen Austausch von Leistung und Gegenleistung auch bei unbaren Zahlungen sorgt.17 Diese zweite Funktion der bedingten Übereignung ist unter dem deutschen Recht deshalb so wichtig, weil das deutsche Kaufrecht dem Verkäufer, dem die Gegenleistung nicht erbracht wurde, lediglich schuldrechtliche Rechte hinsichtlich der gelieferten Sache einräumt. Der Verkäufer hat insofern nach deutschem Recht in der Insolvenz seines Käufers keine Möglichkeit, die Sache auszusondern, es sei denn, er hat einen Eigentumsvorbehalt vereinbart. Unter U. S.-amerikanischem Recht kommt dem Käufer in dieser Situa14 15 16 17

Legislative Guide on Secured Transactions, Chapter IX, Rn. 67. Legislative Guide on Secured Transactions, Chapter IX, Rn. 82. Legislative Guide on Secured Transactions, Chapter IX, Rn. 65. Siehe oben, S. 181 f.

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§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich

tion dagegen das Rückholrecht aus § 2–702 (2) UCC i. V. m. 11 U. S. C. 546 zugute.18 Diese Möglichkeit hat er nach deutschem Recht dagegen nur, wenn er sich das Eigentum vorbehalten hat. Der Schutz des unbezahlten Verkäufers außerhalb von Kreditgeschäften wird somit im UCC durch kauf- und insolvenzrechtliche Institute erfüllt, während nach deutschem Recht der Eigentumsvorbehalt diese Funktion mit übernehmen muss. Diese Überlegungen zeigen, dass die Funktion des Eigentumsvorbehalts auch davon abhängt, ob eine Rechtsordnung kaufrechtliche Institute kennt, die den Schutz des unbezahlten Verkäufers in der Insolvenz verwirklichen. Ist dies nicht der Fall, dann ist der Eigentumsvorbehalt eben nicht nur ein Sicherungsrecht, sondern kann auch ein Instrument zum Schutz des nicht-kreditierenden Verkäufers sein. Insoweit wäre es nicht gerechtfertigt, den Verkäufer als Sicherungsgläubiger zu behandeln. Der unitary approach setzt daher voraus, dass andere Institute existieren, die gewährleisten, dass der Verkäufer in der Insolvenz des Käufers die noch nicht bezahlte Sache aussondern kann. Nur soweit dies gegeben ist, ist der Eigentumsvorbehalt als Mittel zur Wahrung des schuldrechtlichen Synallagmas entbehrlich. Nur dann ist es möglich, den Eigentumsvorbehalt auf der Grundlage des unitary and integrated approach ausschließlich als Kreditsicherheit zu begreifen. Die Entscheidung zwischen unitary oder non-unitary approach kann daher nicht ohne Rücksicht auf das in der konkreten Rechtsordnung geltende Kaufund Insolvenzrecht getroffen werden. Eine allgemeine Empfehlung für den unitary approach auszusprechen, wie es der Guide tut, ist daher problematisch, solange sie nicht auf die Voraussetzungen hinweist, die kauf- und insolvenzrechtlich zum Schutz des nicht-kreditierenden Verkäufers erfüllt sein müssen.

3. Zur Notwendigkeit einer Sonderbehandlung bei der Anschaffung von Waren- und Rohstoffvorräten Wie dargestellt unterscheidet der UCC im Rahmen der Regelung der Anschaffungsfinanzierung danach, ob es sich bei dem angeschafften Gut um inventory – also im weitesten Sinn um Waren- oder Rohstoffvorräte – oder um andere Güter – also etwa um Ausrüstungsgegenstände – handelt.19 Bei inventory kann der Anschaffungsfinanzierer nur dann den Vorrang vor einem früher registrierten Sicherungsrecht am Waren- bzw. Rohstofflager erwerben, wenn er vor der Lieferung dem konkurrierenden gesicherten Gläubiger einen Hinweis nach § 9–324 (b) UCC sendet. Der Warenlagerfinanzierer kann diesem Hinweis entnehmen, dass der Schuldner Teile seiner Bestände künftig vom Lieferanten fi18 19

Siehe oben, S. 420 f. Siehe oben, S. 412 ff.

A. Der UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions

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nanzieren lässt. Der Vorratslagerfinanzierer wird daher dem Schuldner keinen weiteren Kredit auf der Grundlage solcher Vorräte gewähren, die von dem Gläubiger geliefert wurden, der den Hinweis erteilt hat. Der Guide überlässt auch hier die Entscheidung, ob eine solche Differenzierung zwischen der Anschaffung von Vorräten und anderen Gegenständen vorgenommen wird, den einzelnen Gesetzgebern, indem er für beide Modelle Regelungsvorschläge macht.20 Aus dem erläuternden Teil lässt sich freilich eine gewisse Tendenz für die Sonderbehandlung von inventory erkennen.21 Inwieweit dieser Tendenz zu folgen ist, muss sich danach bemessen, ob die Erteilung eines Hinweises zur Wahrung der Rechte des Warenlagerfinanzierers erforderlich ist. Die Regelung des UCC macht es für den Vorratslagerfinanzierer entbehrlich, in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, ob und inwieweit Lieferanten vorrangige Rechte an den eingelagerten Gegenständen beanspruchen können, da er über den Bestand solcher Rechte aufgrund der ihm erteilten Hinweise stets informiert ist. Eine regelmäßige Kontrolle des Registers wird damit überflüssig. Soweit der Vorratslagerfinanzierer keine gegenteiligen Mitteilungen erhalten hat, kann er sich auf den Vorrang seines Sicherungsrechts am gesamten Lagerinhalt verlassen. Nach dieser Regel ist es vielmehr umgekehrt am Lieferanten, vor der Lieferung durch Einsichtnahme in das Register zu überprüfen, ob ein Sicherungsrecht am Vorratslager des Käufers besteht. Soweit dies der Fall ist, muss er den gesicherten Gläubiger auf die beabsichtigte Lieferung unter Eigentumsvorbehalt hinweisen. Der entscheidende Unterschied zwischen Systemen mit und ohne Hinweispflicht bei Anschaffungssicherheiten im Hinblick auf Vorräte liegt somit darin, welche Seite mit den Kosten der Nachforschung hinsichtlich bestehender kollidierender Sicherungsrechte belastet wird. Daher sei daran erinnert, dass unter einem System, das ein notice filing kennt, die Kosten einer solchen Recherche nicht überbewertet werden dürfen. Dagegen ist in einem publizitätslosen System die Feststellung, welche Sicherheiten zu wessen Gunsten ein Schuldner an seinem Vermögen bestellt hat, wesentlich schwieriger und aufwändiger. Um so größere Bedeutung kommt der Frage zu, wer diese Kosten zu tragen hat: Nach deutschem Recht, das bekanntlich weder Publizität noch Informationspflichten des Lieferanten kennt, ist es der Inhaber des Sicherungsrechts am Warenlager, der sich darüber informieren muss, zu welchem Teil der Schuldner Vorräte unter Eigentumsvorbehalt erwirbt. Nach Article 9 UCC ist es umgekehrt der Lieferant, der sich – jedenfalls vor der ersten Lieferung an den Käufer – nach bestehenden Globalsicherheiten am Vorratsbestand des Käufers erkundigen muss. Für die Entscheidung zwischen den Modellen ist daher maßgeblich, welche Finanzierungsquelle bezüglich der Anschaffung von Vorräten typischerweise in der 20 21

Legislative Guide on Secured Transactions, Rec. 192 Alternativen A und B. Legislative Guide on Secured Transactions, Chapter IX, Rn. 133 ff.

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§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich

konkreten Wirtschaftsordnung die größere Bedeutung besitzt. Ist die Finanzierung durch den Lieferanten der Normalfall, liegt es nahe, denjenigen mit den Nachforschungskosten zu belasten, der eine Globalsicherheit am Warenlager innehat. Finanzieren Unternehmen die Anschaffung ihrer Vorräte dagegen hauptsächlich durch Kredit, den sie von einer Bank gegen eine Sicherheit am Warenlager erhalten, und ist insofern die Finanzierung durch Lieferanten eher die Ausnahme, ist es effizient, den Lieferanten mit den anfallenden Kosten zu belasten. Die Regelung hat sich somit an der herrschenden Finanzierungspraxis in der konkreten Rechtsordnung zu orientieren. Eine generelle Präferenz für eine Bevorzugung des Inhabers einer Globalsicherheit ließe sich allenfalls dann begründen, wenn die Finanzierung durch Bankkredit die grundsätzlich effizientere Finanzierungsform wäre. Die Rechtsordnung sollte dann so ausgestaltet sein, dass diese Finanzierungsmethode begünstigt wird. Hierfür könnte immerhin sprechen, dass die Finanzierung durch den Lieferanten für diesen die Notwendigkeit der Refinanzierung auslöst, so dass der Lieferantenkredit insgesamt möglicherweise höhere Kosten verursacht. Diese Überlegung wird durch die grundsätzlich höheren Zinsen beim Warenkredit bestätigt. 22 Andererseits setzt die Bevorzugung des Bankkredits voraus, dass ein solcher bezüglich der Finanzierung von Vorräten überhaupt zur Verfügung steht. Insofern eignet sich die Article 9 UCC Lösung nur für Wirtschaftsordnungen, die über ein funktionierendes und ausdifferenziertes Bankenwesen verfügen. Der Lieferantenkredit ist demgegenüber als sehr einfache Finanzierungsform jedenfalls auf der ersten Stufe von der Existenz eines effizienten Bankenwesens unabhängig. Gerade für Entwicklungs- und Schwellenländer dürfte es insofern ratsam sein, dem Lieferanten keine Hinweispflichten aufzubürden, um den Lieferantenkredit nicht mit zusätzlichen Kosten zu belasten.

III. Die Bedeutung des guten Glaubens unter dem Guide Auch die Regeln, die der Guide hinsichtlich des lastenfreien Erwerbs des Sicherungsguts und der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs des Vorrangs vorschlägt, entsprechen weitgehend dem bereits dargestellten Konzept des Article 9 UCC. Ebenso wenig wie nach Article 9 UCC begründet nach dem Guide die Registrierung eines Sicherungsrechts eine unwiderlegliche Vermutung hinsichtlich der Kenntnis des Bestehens dieses Rechts (Bekanntheitsvermutung, constructive notice).23 Freilich kommt es auf diese Kenntnis ohnehin nicht an, jedenfalls für die Zwecke des Guide, da er es wie Article 9 UCC weitgehend vermeidet, auf den guten Glauben des Erwerbers des Sicherungsguts bei der 22 23

Siehe oben, S. 33. Legislative Guide on Secured Transactions, Chapter IV, Rn. 5 ff.

B. Der Draft Common Frame of Reference (DCFR)

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Frage des lastenfreien Erwerbs abzustellen. Unabhängig von der Kenntnis des Erwerbers bleiben daher drittwirksame Sicherungsrechte auch bei einer Veräußerung des Sicherungsguts nach der Grundregel in Rec. 79 Guide bestehen. Sie erlöschen nur dann, wenn der gesicherte Gläubiger in die lastenfreie Übertragung eingewilligt hat. Weiterhin findet ein lastenfreier Erwerb auch bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsgang statt, es sei denn, der Erwerber wusste, dass die Übertragung die Rechte des Sicherungsnehmers verletzt (Rec. 81 (a) Guide). Die bloße Kenntnis vom Bestehen des Sicherungsrechts genügt insoweit nicht. Es muss wie unter dem UCC24 hinzukommen, dass dem Erwerber auch bekannt war, dass der Veräußerer nicht zur lastenfreien Übertragung befugt war. Wie nach § 366 HGB wird durch diese Regelung der gute Glaube in eine Veräußerungsermächtigung geschützt. Auch hinsichtlich der Rangverhältnisse kommt es gemäß Rec. 93 Guide auf die Kenntnis vom Bestehen eines konkurrierenden Rechts grundsätzlich nicht an. So kann ein Gläubiger durch die frühere Eintragung seines Rechts den Vorrang auch vor solchen Rechten erlangen, von deren Bestand er zu diesem Zeitpunkt zwar wusste, die aber noch nicht drittwirksam waren. Ausnahmen gelten insoweit nur für besitzlose Sicherungsrechte an Wertpapieren sowie durch control drittwirksam gemachte Sicherheiten an Kontoguthaben und an Bargeld. Hinsichtlich dieser Sicherungsrechte ist ein gutgläubiger Erwerb des Vorrangs bzw. ein gutgläubiger Wegerwerb nach Rec. 102 (b), 105, 106 Guide möglich. 25 Die dargestellte fast vollständige Vernachlässigung des guten Glaubens im Rahmen des Erwerbs des Sicherungsguts selbst oder eines Sicherungsrechts an ihm führt einerseits dazu, dass die Regelung Beweisprobleme vermeidet, die sich bei der Prüfung der Gutgläubigkeit leicht ergeben können. Andererseits kann die Ausblendung der Frage der Gutgläubigkeit Abstimmungsprobleme mit den Vorschriften erzeugen, die den gutgläubigen Erwerb des Vollrechts regeln. Die nunmehr darzustellende Regelung des DCFR ist demgegenüber ein Beispiel dafür, wie das Kreditsicherungsrecht mit dem allgemeinen Sachenrecht verzahnt werden kann, ohne dass die Praktikabilität der Regelung leidet.

B. Der Draft Common Frame of Reference (DCFR) Der seit Februar 2009 in einer Outline Edition vorliegende Draft Common Frame of Reference (DCFR) geht auf eine Initiative der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2003 zurück. In der Mitteilung „Ein kohärentes europäisches Vertragsrecht – ein Aktionsplan“ hieß es. 26 24

Siehe oben, S. 402 f. Zur Begründung dieser Ausnahmen siehe Legislative Guide on Secured Transactions, Chapter V, Rn. 156 ff. 26 KOM (2003) 68 endgültig. 25

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§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich

„Die Kommission sieht einen gemeinsamen Referenzrahmen, der gemeinsame Grundsätze und Begriffe im Bereich des europäischen Vertragsrechts festlegt, als wichtigen Schritt zur Verbesserung des gemeinschaftlichen Vertragsrechts an. Bei diesem gemeinsamen Referenzrahmen wird es sich um ein der Öffentlichkeit zugängliches Dokument handeln, das den Gemeinschaftsorganen helfen soll, eine kohärentere Ausgestaltung der geltenden und künftigen Gemeinschaftsvorschriften im Bereich des europäischen Vertragsrechts zu gewährleisten. Dieser Referenzrahmen sollte den Bedürfnissen und Erwartungen der Wirtschaftsteilnehmer in einem Binnenmarkt entsprechen, der sich zur dynamischsten Wirtschaft der Welt entwickeln soll“.

Mit der Erstellung dieses Textes wurde im Jahr 2005 ein weit verzweigtes und vielfach untergliedertes Forschungsnetzwerk beauftragt, an dem nahezu 200 Wissenschaftler beteiligt waren. Im Vertragsrecht hatte bereits die Lando-Kommission wesentliche Vorarbeiten durch die Principles of European Contract Law (PECL) geleistet. 27 An diese Arbeiten knüpft der im Jahr 2009 vorgelegte DCFR teilweise an. 28 Der DCFR geht aber in gegenständlicher wie methodischer Hinsicht weit über den in der Kommissionsmitteilung im Jahr 2003 gesteckten Rahmen und die PECL hinaus. Der DCFR befasst sich nicht nur mit dem Schuldvertragsrecht, sondern auch mit der Zession, dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, dem Deliktsrecht, dem Recht der ungerechtfertigten Bereicherung, dem Erwerb und des Verlusts des Eigentums an beweglichen Sachen und trusts. Das neunte Buch schließlich ist proprietary security rights in movable assets, also dem Mobiliarsicherungsrecht gewidmet. Der DCFR legt somit keineswegs nur „gemeinsame Grundsätze und Begriffe im Bereich des Vertragsrechts“ fest, sondern präsentiert eine abgesehen vom Immobiliarsachen-, dem Familien- und dem Erbrecht vollständige Regelung des Zivilrechts. Der vorgelegte Text könnte somit den Ausgangspunkt für ein vereinheitlichtes europäisches Vermögensrecht bilden. Es besteht allerdings Einigkeit, dass es ein solches einheitliches Vermögensrecht – oder gar ein EuZGB – ein Europäisches Zivilgesetzbuch – in absehbarer Zeit nicht geben wird.29 Abgesehen davon ist die Zukunft des DCFR unklar. Zu betonen ist, dass der DCFR kein offizielles Dokument der Europäischen Union ist; den ursprünglich angestrebten „Gemeinsamen Referenzrahmen“ liefert er derzeit jedenfalls noch nicht. Insofern werden die vorgelegten Regeln auch als 27 Principles of European Contract Law – Teil I u. II, Lando/Beale (Hrsg.); Band III Lando/Clive/Prum/Zimmermann (Hrsg.). Die Teile I u. II liegen in deutscher Übersetzung vor: von Bar/Zimmermann (Hrsg.): Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts 1/2. 28 Zum Verhältnis des DCFR zu den PECL Pfeiffer, ZEuP 2008, 679 ff.; Jud, in: Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71 ff. 29 Vgl. Pfeiffer, AcP 208 (2008), 227, 238; Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/ Zimmermann, JZ 2008, 529, 530; Jansen, JZ 2008, 536, 539; Leible, NJW 2008, 2558, 2562; Schulte-Noelke, NJW 2009, 2161. Siehe auch Hirte, Wege zu einem europäischen Zivilrecht, S. 19 ff. Das Ideal eines Europäischen Zivilgesetzbuchs beschreibt Schmidt-Kessel, GPR 2008, 261 ff., als motivierende Kraft einer europäischen Zivilrechtswissenschaft.

B. Der Draft Common Frame of Reference (DCFR)

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„akademischer CFR“ bezeichnet. Dieser vorläufige und nicht-amtliche Charakter wird im Titel durch den Zusatz Draft hervorgehoben. In Abgrenzung dazu bedürfte ein „politischer CFR“, der offiziellen Anerkennung durch die Europäische Union.30 Ob und in welcher Form eine solche erfolgen wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Sicher scheint zu sein, dass sich eine solche offizielle Anerkennung auf das Vertragsrecht beschränken wird: 31 So hat am 28. November 2008 der Rat einen Bericht 32 über die Festlegung eines Gemeinsamen Referenzrahmens für ein europäisches Vertragrecht angenommen. Nach dem Beschluss des Rates soll der Gemeinsame Referenzrahmen „ein nicht bindendes, aus einem Bündel von Leitlinien bestehendes Rechtsinstrument sein [. . .], das die Gemeinschaftsgesetzgeber auf freiwilliger Grundlage als gemeinsame Inspirations- oder Referenzquelle im Rahmen der Rechtsetzung nutzen“ können. Mit diesem Bericht schien insbesondere die Entwicklung eines europäischen Vertragsrechts als optionales Instrument in eine Sackgasse geraten zu sein, da hier der toolbox-Charakter des Gemeinsamen Referenzrahmens betont wurde. Demgegenüber hat die neue Kommission in der im April 2010 veröffentlichten Mitteilung „EUROPA 2020. Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ erklärt, „Vorarbeiten für ein fakultatives einheitliches europäisches Vertragsrecht“ anzustreben und sich damit für die Entwicklung eines optionalen Instruments ausgesprochen.33 Hierfür wurde im Frühjahr 2010 eine Expertengruppe eingesetzt, deren Aufgabe darin bestehen soll, die Kommission bei der Ausarbeitung eines Gemeinsamen Referenzrahmens im Bereich des europäischen Vertragsrechts zu beraten und zu unterstützen.34 Welche Optionen für die Zukunft des DCFR insbesondere für den Bereich des Mobiliarsicherungsrechts im Einzelnen bestehen, soll unten in § 10 erörtert werden.

30

Vgl. G. Wagner, ZEuP 2008, 677 ff. Siehe auch schon den Standpunkt des Justizministerrates v. 18. 4. 2008, hierzu Remien, GPR 2008, 124 ff. 32 Dok. 15306/08. 33 KOM (2010) 2020 endg., S. 25. Ausführlich M. Stürner, in: Stürner (Hrsg.), Vollharmonisierung in Europäischen Verbraucherrecht?, S. 3, 15 ff. Für die Schaffung eines optionalen Instruments im Bereich des Schuldvertragsrechts auf der Grundlage des DCFR etwa: Leible, NJW 2008, 2558, 2560.; ders., BB 2008, 1469 ff.; Ernst, AcP 208 (2008), 248, 265; Remien, GPR 2008, 124 f. Skeptisch hinsichtlich der praktischen Akzeptanz eines europäischen Vertragsrechts Merkt, ZHR 171 (2007), 490 ff. Anders als der DCFR hat die Versicherungsgruppe die Principles of European Insurance Contract Law (PEICL) von vornherein als optionales Instrument konstruiert, Basedow, ZEuP 2008, 673, 674. 34 Beschluss der Kommission vom 26. 4. 2010 zur Einsetzung einer Expertengruppe für einen gemeinsamen Referenzrahmen im Bereich des europäischen Vertragsrechts (2010/233/ EU). 31

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§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich

I. Die Regelung des Security Right im IX. Buch des DCFR im Überblick Prägendes Element der Regelungen über Mobiliarsicherheiten im IX. Buch des DCFR ist – jedenfalls aus deutscher Sicht – die Einführung eines Europäischen Registers für Mobiliarsicherheiten (European Register of Security Rights). Wie nach Article 9 UCC und dem UNCITRAL Legislative Guide ist auch unter dem DCFR zwischen der Entstehung eines Sicherungsrechts (creation, geregelt in IX. Chapter 2 DCFR) und seiner Wirksamkeit gegenüber Dritten (effectiveness as against third persons, geregelt in IX. Chapter 3 DCFR) zu unterscheiden. Die Entstehung betrifft die Begründung des Sicherungsrechts als Rechtsverhältnis zwischen Sicherungsgeber und -nehmer. Die Begründung kann durch formlosen Vertrag erfolgen. Gemäß Art. IX.-3:101 f. DCFR wirkt ein security right aber nur dann gegenüber konkurrierenden Sicherungsnehmern, Gläubigern, welche die Vollstreckung in das Sicherungsgut betreiben, und gegenüber dem Insolvenzverwalter, wenn es entweder in das Europäische Register für Mobiliarsicherheiten eingetragen wurde oder der Sicherungsnehmer Besitz oder control35 über das Sicherungsgut hat. Für die weit überwiegende Mehrzahl der Fälle wird damit die Eintragung eines Sicherungsrechts zur Voraussetzung seiner Insolvenzfestigkeit. Die Regelung des DCFR entspricht damit der in § 6 für Globalsicherheiten entwickelten Erkenntnis, dass für die Insolvenzfestigkeit eines Rechts die Kenntnis oder doch jedenfalls die Möglichkeit der Kenntnisnahme der anderen Gläubiger vom Bestand des Sicherungsrechts maßgebliche Voraussetzung ist.

II. Funktional begrenzter Anwendungsbereich Auch nach dem DCFR kommt es für die Anwendbarkeit der Regeln des IX. Buchs entscheidend darauf an, ob die konkrete Transaktion Sicherungsfunktion hat. Insofern liegt dem DCFR der vom UCC bekannte functional approach zugrunde.36 Allerdings enthält der DCFR – wie unter IV. 2. darzustellen sein 35 Auch unter dem DCFR ist control auf fi nancial assets, also auf bestimmte Geldforderungen und Finanzinstrumente beschränkt. Nach Art. 2 e) der Finanzsicherheitenrichtlinie (2002/47/EG) sind Finanzinstrumente „Aktien und andere, diesen gleichzustellende Wertpapiere, Schuldverschreibungen und sonstige verbriefte und unverbriefte Schuldtitel, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, und alle anderen üblicherweise gehandelten Titel, die zum Erwerb solcher Aktien, Schuldverschreibungen oder anderer Wertpapiere durch Zeichnung, Kauf oder Austausch berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, mit Ausnahme von Zahlungsmitteln, einschließlich Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen, Geldmarktinstrumenten sowie jegliche Rechte oder Ansprüche im Zusammenhang mit irgendeinem der vorgenannten Aktiva“. 36 Veneziano, in: Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 125, 132.

B. Der Draft Common Frame of Reference (DCFR)

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wird – Sonderregelungen über retention of ownership devices und trägt damit den konstruktiven Besonderheiten insbesondere des Eigentumsvorbehalts Rechnung. Anders als Article 9 UCC und der Legislative Guide ist der Anwendungsbereich des neunten Buchs des DCFR auf Sicherungszessionen beschränkt, so dass Abtretungen von Forderungen ohne Sicherungsfunktion nicht erfasst werden. Damit sind auch Factoringvereinbarungen – jedenfalls soweit es sich um echtes Factoring (non-recourse factoring) handelt – vom Anwendungsbereich ausgenommen. Daher kommt es nach Art. IX.-102 (4) (b) DCFR bei der Frage, ob die Übertragung einer Forderung in das Register einzutragen ist, darauf an, ob die Abtretung Sicherungsfunktion hat.37 Nicht ganz eindeutig ist angesichts dieser Regelung, ob Verbriefungsgeschäfte in den Anwendungsbereich der Vorschriften des IX. Buchs fallen. Von Article 9 UCC sind diese Geschäfte ohne weiteres als sale of accounts erfasst.38 Dagegen ist unter dem DCFR die bloße Forderungsabtretung nicht registrierungsbedürftig. Insofern kommt es nach Art. IX.-1:102 (4) (b) DCFR darauf an, ob und wann eine Forderungsverbriefung als besicherte Darlehensgewährung der Zweckgesellschaft an den Originator zu sehen ist. Diese Frage kann erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten aufwerfen.39 Doch selbst wenn eine Darlehensgewährung zu verneinen sein sollte, ist nicht auszuschließen, dass der DCFR doch Anwendung auf die Transaktion beansprucht, weil und soweit sie eine Treuhandvereinbarung hinsichtlich der für die abgetretenen Forderungen bestellten Sicherheiten enthält. Eine solche Treuhandvereinbarung dient der Sicherung der Zweckgesellschaft und fiele damit unter IX.-1:101 (2) (a) DCFR. Da die Einbeziehung von Verbriefungsgeschäften in die allgemein für Sicherungsgeschäfte geltenden Regeln nicht nur wegen des sich hieraus ergebenden Registrierungserfordernisses und des damit verbundenen Gewinns an Rechtssicherheit wünschenswert ist, ist eine ausdrückliche Erstreckung der Regelung auf Verbriefungen zu befürworten. Jedenfalls sollte es den Parteien auf freiwilliger Basis ermöglicht werden, eine Verbriefungstransaktion im Register anzuzeigen.

III. Das Europäische Register für Sicherungsrechte Die praktisch wichtigste Methode, Drittwirksamkeit eines Rechts herzustellen, ist auch unter dem DCFR die Eintragung des Sicherungsrechts in das vom 37 Nach Article 9 UCC kommt es hierauf nur dann an, wenn es um die Frage geht, ob die Verwertungsvorschriften in § 9–601 ff. UCC auf den Abtretungsempfänger Anwendung finden, siehe oben S. 357 ff. Zum Abtretungsrecht des DCFR und zu seiner Verzahnung mit dessen IX. Buch Kieninger, ZEuP 2010, 724, 740 ff. 38 Schwarcz, 74 Chicago-Kent Law Review 947 ff. 39 Fleckner, ZIP 2004, 585, 591 ff.

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§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich

DCFR vorgesehene Europäische Register für Sicherungsrechte. Auch diesem nach dem Personalfoliensystem aufgebauten40 Register liegt das Prinzip des notice filing zugrunde. Die Eintragung ist somit nicht Entstehungsvoraussetzung des Sicherungsrechts, sondern betrifft nur seine Drittwirksamkeit. Auch nach dem DCFR findet keine Kontrolle der im Register vorgenommenen Eintragungen durch die das Register führende Stelle statt. Deswegen, und weil das Europäische Register für Sicherungsrechte gemäß Art. IX.-3:302 (2) DCFR rein elektronisch geführt werden soll, ist nicht zu befürchten, dass das Eintragungsverfahren übermäßige Kosten verursachen wird. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf die wesentlichen Abweichungen hinsichtlich der die Registrierung betreffenden Vorschriften des DCFR gegenüber dem UCC.

1. Formeller Nachweis der Zustimmung des Sicherungsgebers Ähnlich wie unter dem UCC erfordert die Registrierung eines Sicherungsrechts gemäß Art. IX.-3:306 (1) (d) DCFR die Zustimmung des Sicherungsgebers. Allerdings muss zwischen der formellen Zustimmungserklärung und der dieser Erklärung zugrunde liegenden materiellen Zustimmung unterschieden werden. Das Vorliegen einer formellen Zustimmungserklärung des Schuldners zur Eintragung eines Sicherungsrechts gegen ihn ist nach Article 9 UCC nicht erforderlich. Ob also der Sicherungsgeber mit der Eintragung einverstanden ist, wird nach Article 9 UCC nicht überprüft. Fehlt die materielle Zustimmung des Schuldners, ist die Eintragung zwar wirkungslos, der faktische Eintrag im Register bleibt aber bestehen, wenn nicht der Schuldner seine Löschung verlangt.41 Dagegen setzt gemäß Art. IX.-3:309 DCFR die Eintragung einer Sicherungsrechtsanzeige voraus, dass der betroffene Sicherungsgeber formell seine Zustimmung erklärt, indem er seinerseits eine Zustimmungserklärung registriert. Auf die Abgabe dieser Zustimmungserklärung hat der Sicherungsnehmer einen Anspruch aus der zwischen den Parteien bestehenden Sicherungsvereinbarung. Diese Regelung vermeidet zwar die materielle Überprüfung durch die registerführende Stelle, ob der Sicherungsgeber tatsächlich mit der Eintragung einverstanden ist,42 sie begnügt sich aber andererseits auch nicht mit der Behauptung 40 Allerdings ist es gemäß Art. IX.-3:318 DCFR auch möglich, das Register nach Einträgen hinsichtlich bestimmter Gegenstände zu durchsuchen. Dies kann z. B. sinnvoll sein, wenn der fragliche Gegenstand eine eindeutige Seriennummer oder ein ähnliches Identifikationsmerkmal besitzt. Eine erfolgreiche Suche setzt insoweit allerdings voraus, dass der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut im Rahmen der Registrierung seines Rechts anhand des jeweiligen Merkmals beschrieben hat. 41 Weiterhin hat er Anspruch auf Schadensersatz, siehe oben, S. 383. 42 Eine solche Prüfung ist etwa im Grundbuchverfahren in Form des Bewilligungsgrundsatzes vorgesehen.

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des Sicherungsnehmers. Hintergrund dieser zusätzlichen Formalie beim Registrierungsverfahren ist die Sorge vor missbräuchlichen Eintragungen, die zwar keinerlei Veränderungen der materiellen Rechtslage bewirken, aber doch die Kreditwürdigkeit des betroffenen Sicherungsgebers beeinträchtigen könnten. Insoweit geben allerdings die Erfahrungen in den USA wenig Anlass zur Sorge, da offensichtlich die bestehenden Schadensersatz- und Strafdrohungen hinreichend abschreckend wirken.43 Der DCFR hat sich gleichwohl für das formelle Zustimmungserfordernis entschieden, weil Berichtigungsansprüche (vgl. Art. IX.-3:315 DCFR) und andere rechtliche Sanktionsmechanismen als ex post wirkende Mechanismen nur dann einen hinreichenden Abschreckungseffekt besitzen und damit ex ante wirken, wenn der Verletzer mit einer effektiven und schnellen Durchsetzung dieser Rechte rechnen muss. Insofern setzt der Verzicht auf ein formelles Zustimmungserfordernis voraus, dass derjenige, der unberechtigt ein Sicherungsrecht gegen einen anderen eintragen lässt, eine rasche und effektive Ahndung der Rechtsverletzung fürchten muss. Da nach Ansicht der Working Group zur Zeit nicht in allen Mitgliedstaaten hinreichend effektive Rechtsverfolgungsmechanismen gegeben sind, sei eine ex ante Kontrolle der Zustimmung notwendig. 44 Ob die hier zum Ausdruck kommende Skepsis hinsichtlich der Effektivität der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung in manchen Mitgliedstaaten gerechtfertigt ist, soll an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden. Dafür spricht jedenfalls das Phänomen so genannter „Torpedoklagen“, mit denen der Schuldner eines Anspruchs versucht, die Streitsache in einer als langsam und schwerfällig bekannten Rechtsordnung im Wege einer negativen Feststellungsklage rechtshängig zu machen, um ein vollstreckbares Urteil gegen ihn zu verzögern.45 Jedenfalls sollte der Aufwand, der mit dem Erfordernis der formalen Zustimmung verbunden ist, nicht überschätzt werden, zumal der Sicherungsgeber auch für fünf Jahre46 im Voraus sämtlichen Eintragungen zustimmen kann, die von einem bestimmten Sicherungsnehmer vorgenommen werden. Dennoch bleibt fraglich, ob der tatsächliche Nutzen des Zustimmungserfordernisses den zusätzlichen – wenngleich geringen – Aufwand wirklich lohnt. Denn abgesehen von reiner Schädigungsabsicht ist kein Motiv erkennbar, warum ein Dritter un43 So die Einschätzung Harry Sigmans im Rahmen Vortragsveranstaltung in der Universität zu Köln am 4. November 2008. 44 Comment zu Art. IX.-3:309 DCFR, sub B. 45 Der Schuldner macht es sich dabei zu Nutze, dass der EuGH den Begriff „desselben Anspruchs“ in Art. 21 EuGVÜ und Art. 27 Abs. 1 EuGVVO weit auslegt, EuGH, Urt. v. 8. 12. 1987, Rs. C-144/86, IPRax 1989, 157 ff. (Gubisch ./. Palumbo); Urt. v. 6. 12. 1994, C406/92, JZ 1995, 616 ff. (Tatry ./. Maciej Rataj). Kritisch zur so genannten Kernpunktlehre Prütting, in Gedächtnisschr. f. Lüderitz, S. 623 ff. Siehe auch Carl, Einstweiliger Rechtsschutz bei Torpedoklagen (2007). 46 Wie im UCC läuft die Gültigkeit einer Eintragung automatisch nach fünf Jahren ab, Art. IX.-3:325 DCFR.

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berechtigte Eintragungen vornehmen sollte. Des Weiteren kann der Eintragende nicht darauf hoffen, unerkannt zu bleiben, da er sich vor der Eintragung identifizieren muss. Insofern ist das Risiko, dass jemand absichtlich falsche Eintragungen vornimmt, wohl selbst dann relativ gering, wenn mangels effektiver Rechtsverfolgungsmöglichkeiten eine schnelle Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen nicht möglich ist.

2. Die Bedeutung der Eintragung für den gutgläubigen Erwerb a) Die Registrierung als Grundlage unwiderleglich vermuteter Kenntnis Anders als unter dem UCC soll die Eintragung in das Europäische Sicherungsregister jedenfalls grundsätzlich eine unwiderlegliche Vermutung begründen, dass Dritte vom Bestehen des Sicherungsrechts Kenntnis haben, so dass sie sich hinsichtlich des Erwerbs von Rechten am Sicherungsgut nicht auf ihren guten Glauben berufen können. Grundlage dieser Vermutung ist die durch Art. IX.3:317 DCFR geschaffene Möglichkeit für jedermann, das Register auf die gegen eine bestimmte Person als Sicherungsgeber eingetragenen Rechte zu durchsuchen. Macht ein Dritter von dieser Möglichkeit vor Erwerb eines Sicherungsrechts an der fraglichen Sache keinen Gebrauch, so muss er sich gemäß Art. IX.2:108 (2), Art. IX.-2:109 (2) DCFR dieses Versäumnis in der Weise entgegenhalten lassen, dass er so behandelt wird, als habe er Kenntnis von jedem Sicherungsrecht (retention of ownership device bzw. security right) gehabt, das gegen den Verfügenden eingetragen ist. Diese Vermutung spielt sowohl im Rahmen des lastenfreien Erwerbs des Sicherungsguts wie hinsichtlich der Frage eine Rolle, ob gutgläubig ein vorrangiges Sicherungsrecht an der Sache erworben werden kann. (1) Gutgläubiger, lastenfreier Erwerb des Sicherungsguts bei Veräußerungen im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs Der (gutgläubige) Erwerb des Vollrechts an einer Sache unterliegt den Regeln im VIII. Buch des DCFR. Dort ist sowohl die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs des Vollrechts vom Nichtberechtigten (Art. VIII.-3:101 DCFR) als auch die des gutgläubigen lastenfreien Erwerbs (Art. VIII.-3:102 DCFR) vorgesehen. Insoweit ist fraglich, welche Bedeutung die Registrierung eines Sicherungsrechts nach dem IX. Buch für die Möglichkeit des gutgläubigen lastenfreien Erwerbs nach dem VIII. Buch besitzt. Art. VIII.-3:102 (4) DCFR verweist diesbezüglich auf Art. IX.-6:102 (2) DCFR. Hiernach ist ein Wegerwerb registrierter Sicherungsrechte grundsätzlich unmöglich, da der Erwerber insoweit als bösgläubig behandelt wird. Ausnahmen bestehen nur für Veräußerungen im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs und in Situationen,

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in denen das Sicherungsrecht ausnahmsweise nicht gegen den Veräußernden registriert ist.47 Auch nach dem DCFR muss man daher wie nach dem UCC zwischen dem Erwerb im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs und sonstigem Erwerb unterscheiden. Erwerber, die das Sicherungsgut vom Sicherungsgeber im Wege des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs erwerben wollen, dürfen darauf vertrauen, dass ihr Geschäftspartner berechtigt ist, den Gegenstand lastenfrei zu übertragen. Bei einem Erwerb im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs besteht für den Erwerber somit keine Obliegenheit das Register zu durchsuchen. Dieses Privileg ergibt sich aus Art. IX.-6:102 (2) (a) DCFR. Nur wenn der Erwerber ausnahmsweise vom Bestehen des Sicherungsrechts und der fehlenden Berechtigung des Sicherungsgebers zur lastenfreien Übertragung weiß, ist ein lastenfreier Erwerb ausgeschlossen. Dagegen wird der Erwerber bei Veräußerungen außerhalb des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs als bösgläubig behandelt, so dass ein gutgläubiger Erwerb ausscheidet. Die Regelung des lastenfreien Erwerbs ähnelt insofern der Rechtslage unter dem UCC. 48 Aus dem Fortbestand des Sicherungsrechts bei Veräußerungen außerhalb des ordnungemäßen Geschäftsgangs ergibt sich das oben schon angedeutete Problem, dass das Register hierdurch falsch wird, da der neue Eigentümer nicht als Sicherungsgeber eingetragen ist. Das Sicherungsrecht ist vielmehr noch gegen den alten Eigentümer des Sicherungsguts registriert. Dieser ist aber aufgrund der Veräußerung nicht mehr der Sicherungsgeber. Eine Abfrage unter dem Namen des neuen Eigentümers würde daher das tatsächlich bestehende Sicherungsrecht nicht aufdecken.49 Die Gutgläubigkeit eines Erwerbers des Sicherungsguts wird daher geschützt, so dass er lastenfreies Eigentum erwerben kann. (2) Gutgläubiger Erwerb des Vorrangs Vom Problem des lastenfreien Erwerbs zu unterscheiden ist die Frage, ob andere Gläubiger gutgläubig den Vorrang erwerben können. Unter dem UCC sind andere Gläubiger unter Umständen gezwungen, zu überprüfen, wie und von wem der Veräußerer seinerseits den Gegenstand erworben hat, um feststellen zu können, ob ein vorrangiges Sicherungsrecht an der Sache unter dem Namen des Voreigentümers eingetragen ist.50 Der DCFR behandelt die Frage dagegen als Problem des gutgläubigen Erwerbs und macht damit den Erhalt des Vorrangs zugunsten des Gläubigers des alten Eigentümers davon abhängig, ob von den 47 Hierzu kann es insbesondere bei Veräußerungen des Sicherungsguts nach Bestellung und Registrierung eines Sicherungsrechts kommen, dazu sogleich im Text. 48 Siehe oben, S. 402. Ein konstruktiver Unterschied besteht darin, dass der UCC nicht ausdrücklich mit dem Konzept der constructive notice arbeitet. 49 Den Erwerber trifft daher eine schadensersatzbewehrte Pflicht, eine Registrierung gegen sich selbst vorzunehmen, Art. IX.-3–331 DCFR, dazu sogleich im Text. 50 Siehe oben, S. 404.

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Gläubigern des neuen Eigentümers erwartet werden konnte, dass sie bestehende Sicherungsrechte kennen. Hierbei genügt nach Art. IX.-2:109 (2) DCFR die Tatsache, dass ein Sicherungsrecht gegen den Alteigentümer eingetragen ist, nicht, um den Gläubiger bösgläubig zu machen. Sicherungsnehmer sind daher grundsätzlich nur gehalten, das Register nach Eintragungen gegen ihren potentiellen Sicherungsgeber zu überprüfen. Sie müssen sich nicht auch damit auseinandersetzen, ob unter dem Namen von Voreigentümern des Sicherungsguts noch wirksame Sicherungsrechte eingetragen sind.51 b) Berichtigung des Registers Für den eingetragenen, gesicherten Gläubiger ist die Übertragung des Sicherungsguts vom Sicherungsgeber auf einen Dritten insofern mit Gefahren verbunden: Zwar bleibt das Sicherungsrecht hiervon grundsätzlich gemäß Art. IX.5:303 (1) DCFR 52 unberührt, aber durch den Wechsel des Sicherungsgebers infolge der Veräußerung, entsteht die Gefahr, dass das Sicherungsrecht bei einer weiteren Übertragung gutgläubig wegerworben wird oder dass ein anderer Gläubiger gutgläubig den Vorrang erwirbt. Denn unter dem Namen des neuen Eigentümers findet sich kein Registereintrag. Um den gutgläubigen Wegerwerb des Rechts oder den gutgläubigen Erwerb des Vorrangs durch einen anderen Gläubiger zu vermeiden, muss der Sicherungsgeber daher erreichen, dass sein Sicherungsrecht auch gegen den neuen Eigentümer eingetragen wird. Theoretisch ist es zwar möglich und gemäß Art. IX.-3:331 DCFR ohne Zustimmung des neuen Eigentümers zulässig, dass er diese Eintragung selbst vornimmt. Allerdings wird der Gläubiger oft nichts von der Übertragung des Sicherungsguts erfahren, so dass dieses Recht wenig Schutz verspricht. Daher statuiert Art. IX.-3:331 DCFR weiter eine Pflicht des Erwerbers, der bestehende Sicherungsrechte gegen sich gelten lassen muss, bezüglich dieser Rechte einen Eintrag gegen sich selbst vorzunehmen. Diese Pflicht des Erwerbers ist mit einem Schadensersatzanspruch des gesicherten Gläubigers bewehrt (Art. IX.-3:331 (2) DCFR). Auf diese Weise ist der Erwerber damit belastet, übernommene Rechte vor Verkürzung oder Erlöschen im Wege des gutgläubigen Erwerbs zu schützen. Diese Pflicht ist deswegen gerechtfertigt, weil der Erwerber wusste oder hätte wissen müssen, dass an der von ihm erworbenen Sache ein Dritter ein Sicherungsrecht innehat. Bei Veräußerungen außerhalb des üblichen Geschäftsgangs trifft den Erwerber insofern eine Obliegenheit, 51

Comment zu Art. IX.-3:330 DCFR, sub B. (b). Die Regel wird nicht nur durch die Möglichkeit des gutgläubigen Wegerwerbs eingeschränkt, sondern vor allem durch die vertraglich eingeräumte Befugnis des Sicherungsgebers, über die Sicherungsgüter zu verfügen oder sie zu verbrauchen. In beiden Fällen erlischt das Sicherungsrecht, Art. IX.-5:303 (2) DCFR. Diese Regelung sichert die Handlungsfreiheit des Sicherungsgebers bei Globalsicherheiten über Vorrats- und Warenlager. 52

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Einsicht in das Register zu nehmen. Es steht daher im Einklang mit allgemeinen deliktsrechtlichen Wertungen, ihn für den entstandenen Schaden haften zu lassen.53 Entsprechend haftet etwa nach deutschem Recht der Veräußerer einer ihm nicht gehörenden Sache dem Eigentümer nach § 823 Abs. 1 BGB, wenn infolge der Verfügung der Berechtigte sein Eigentum verliert und der Verfügende fahrlässig handelte.54 Die Effektivität dieser Konstruktion hängt davon ab, ob der Schadensersatzanspruch aus Verletzung der Eintragungspflicht gegen den Neueigentümer werthaltig ist. Dem gesicherten Gläubiger das Insolvenzrisiko des Erwerbers aufzuerlegen, ist überzeugend, da dem gesicherten Gläubiger entgegengehalten werden kann, dass er „sein“ Sicherungsgut so in der Hand des Sicherungsgebers belassen hat, dass dieser über das Sicherungsgut verfügen konnte, ohne dass der Sicherungsnehmer dies bemerkte.

3. Auskunftspflichten des Sicherungsnehmers Der Nachteil eines notice filing-Systems gegenüber dem transaction filing besteht vor allem darin, dass die im Register enthaltenen Informationen vergleichsweise wenig detailliert und daher für sich betrachtet wenig hilfreich für Dritte sind, die eine Sache (oder ein Recht an dieser) vom Sicherungsgeber erwerben wollen. Wie zum UCC gesehen, besteht die Funktion eines notice filing Registers gerade nicht darin, die entsprechenden Informationen unmittelbar bereit zu stellen. Die Registrierung soll lediglich vor dem möglichen Bestehen eines Sicherungsrechts warnen sowie den Namen und die Anschrift des gesicherten Gläubigers (oder eines Vertreters) 55 zuverlässig ermittelbar machen. Weil Dritte, die Rechte am Vermögen des Sicherungsgebers erwerben wollen, insofern auf nähere Auskünfte seitens des eingetragenen Gläubigers angewiesen sind, trifft diesen nach dem DCFR unter den Voraussetzungen des Art. IX.3:319 DCFR eine Pflicht, entsprechenden Auskunftsbegehren hinsichtlich des für ihn eingetragenen Sicherungsrechts nachzukommen. a) Auskunftspfl icht nach Art. IX.-3:319 DCFR Nach Art. IX.-3:319 DCFR hat der Sicherungsnehmer innerhalb von vierzehn Tagen solche Fragen Dritter zu beantworten, die mit Zustimmung des Siche53

Comment zu Art. IX.-3:331 DCFR. BGH, Urt. v. 23. 9. 1983, JZ 1984, 230. 55 Auch unter dem DCFR hat der gesicherte Gläubiger die Möglichkeit, einen Vertreter (agent) zu benennen, wenn er nicht persönlich in Erscheinung treten will, Art. IX.-3:314 DCFR. Der Registereintrag enthält dann Namen und Anschrift des agent mit einem Hinweis auf seine Stellung als Vertreter des gesicherten Gläubigers. 54

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rungsgebers erfolgen. Gegenständlich bezieht sich diese Auskunftspfl icht auf das Bestehen eines Sicherungsrechts und die vom Sicherungsrecht erfassten Gegenstände. Auskunftsberechtigt ist grundsätzlich jedermann, sofern der Sicherungsgeber der Auskunftserteilung zugestimmt hat. Zustimmen wird der Sicherungsgeber nur dann, wenn er ein Interesse am Zustandekommen der Transaktion hat. Verweigert er seine Zustimmung, sollte dies den Dritten so misstrauisch machen, dass er vom mit dem Sicherungsgeber geplanten Geschäft Abstand nimmt. Die Erteilung der Information liegt insofern sowohl im Interesse des Sicherungsgebers wie des Dritten. Daher ist der Sicherungsnehmer aus Art. IX.-3:319 (4) S. 2 DCFR beiden gegenüber schadensersatzpflichtig, wenn er seine Auskunftspflichten verletzt. b) Rechtsfolgen bei fehlerhafter Auskunft Neben der eben angesprochenen Schadensersatzpflicht sind bei fehlerhaften Auskünften auch Art. IX.-3:322 und Art. IX.-3:323 DCFR zu beachten. Diese Normen regeln die Sanktionen für fehlerhafte, verweigerte und verspätete Auskünfte: Erklärt der Sicherungsnehmer fälschlicherweise, dass ein bestimmter Gegenstand nicht belastet sei (negative Falschauskunft), so gilt der Gegenstand gegenüber dem Adressaten der Mitteilung für drei Monate ab der Auskunft als unbelastet. Erwirbt also der Anfragende innerhalb dieser Zeitspanne ein Sicherungsrecht an dem betreffenden Gegenstand, geht dieses Recht dem Recht des Auskunftsgebers vor, obwohl es jünger ist. Ebenso ist auch der lastenfreie Erwerb des Vollrechts möglich. Zu beachten ist aber, dass auch dieser Erwerb auf dem guten Glauben des Erwerbers beruht, der an die fehlerhafte Auskunft anknüpft. Weiß der Erwerber also, dass die Auskunft falsch ist, kommt ihm Art. IX.-3:322 (1) DCFR nicht zugute. Wenn der gesicherte Gläubiger dagegen fälschlicherweise erklärt, dass ein bestimmter Gegenstand mit einem Sicherungsrecht belegt sei (positive Falschauskunft), wird der Anfragende normalerweise von dem Erwerb eines Rechts an diesem Gegenstand Abstand nehmen. Insoweit stehen also Schadensersatzansprüche des Sicherungsgebers als Sanktionen im Vordergrund. Erwirbt allerdings der Anfragende trotz der Auskunft ein Sicherungsrecht an dem tatsächlich unbelasteten Gegenstand, ergibt sich schon nach den allgemeinen Regeln, dass dieses Recht vorrangig gegenüber anderen, später entstandenen Rechten ist. 56 56 Nur in Sonderfällen kann es aufgrund des Auseinanderfallens von Registrierung und Entstehung eines Sicherungsrechts hier zu Problemen kommen: Wird zu Gunsten eines Gläubigers ein Sicherungsrecht an einem Gegenstand eingetragen, bevor das Sicherungsrecht entstanden ist, so bestimmt sich der Rang dieses Rechts gemäß Art. IX.-4:101 DCFR gleichwohl nach dem (früheren) Zeitpunkt der Registrierung. Erklärt nun der Gläubiger, zu dessen Gunsten ein Sicherungsrecht zwar eingetragen, aber noch nicht entstanden ist, fälschlich, dass ein Gegenstand belastet sei, und entsteht das Sicherungsrecht nach Abgabe dieser Erklärung, so fragt sich, ob die Rückwirkung der Eintragung auch in dieser Situation gerechtfertigt

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Verweigert der Gläubiger unberechtigter Weise die Auskunft, ob ein Gegenstand mit einem Sicherungsrecht belastet ist, so wird der Gläubiger gemäß IX.3:323 (1) DCFR so behandelt, als habe er dem Anfragenden fälschlicherweise mitgeteilt, dass der Gegenstand unbelastet sei. Nur selten wird der Gläubiger die Auskunft ausdrücklich verweigern. Daher besitzt Abs. 2 der Vorschrift, der die verspätete Beantwortung regelt, besondere Bedeutung. Hiernach gilt der Gegenstand dem Anfragenden gegenüber nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist so lange als unbelastet, wie der befragte Gläubiger die Anfrage nicht beantwortet hat. Auch insoweit ist allerdings die in Art. IX.-3:321 (1) und Art. IX.-3:322 (1) DCFR enthaltene Drei-Monats-Grenze als Höchstdauer des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen. Der durch die Art. IX.-3:321 f. DCFR vermittelte Vertrauensschutz in die Richtigkeit der Information des Gläubigers, den es in dieser Form im UCC nicht gibt, ist ein weiterer Beleg für die gelungene Fruchtbarmachung des gutgläubigen Erwerbs für das Kreditsicherungsrecht. Hierdurch wird dem befragten Gläubiger ex ante ein starker Anreiz gesetzt, berechtigte Anfragen rechtzeitig und richtig zu beantworten. Der Gutglaubenscharakter der Regelung vermeidet es aber, dass Dritte auch da geschützt werden, wo sie keines Schutzes bedürfen. Die Regelung ist einer reinen Schadensersatzpflicht des Auskunftsverpflichteten – wie sie der UCC kennt – auch deshalb überlegen, weil eine Schadensersatzhaftung wiederum nur so effektiv ist, wie sie sich auch zeitnah und mit vertretbarem Aufwand gerichtlich durchsetzen lässt. Eine Schadensersatzhaftung droht daher in Rechtsordnungen ohne effektive Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten ein stumpfes Schwert zu bleiben, das keine Abschreckungswirkung zeitigt. Ein entscheidender Vorteil der Gutglaubensschutzregelung ist insofern, dass sie ohne die Inanspruchnahme der Gerichte auskommt, so dass ihre ex ante Wirkung unabhängig von der Effektivität der gerichtlichen Rechtsdurchsetzung in der konkreten Rechtsordnung ist. c) Auskunftsrecht des Sicherungsgebers über die besicherte Forderung (Art. IX.-5:401 DCFR) Die dargestellte Auskunftspflicht aus Art. IX.-3:319 DCFR erstreckt sich gemäß Art. IX.-3:320 (6) DCFR nicht auf die Höhe der besicherten Forderung. ist. Dasselbe Problem stellt sich spiegelbildlich, wenn der befragte Gläubiger zutreffend erklärt, der Gegenstand sei unbelastet; das zum Zeitpunkt der Erklärung bereits registrierte Recht jedoch nach dieser Erklärung entsteht. Art. IX.-3:322 DCFR hebt in dieser Sondersituation die Rückwirkung der Eintragung insoweit auf, als der Anfragende innerhalb von drei Monaten ein dingliches Recht an dem Gegenstand erwirbt. Solche Rechte gehen den später entstandenen, aber von einer früheren Eintragung erfassten Rechten des die unrichtige Auskunft erteilenden Gläubigers vor.

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Diese ist aber etwa dann für den Dritten von großer Bedeutung, wenn es um die Bestellung eines nachrangigen Sicherungsrechts geht. Denn der Wert dieses Rechts hängt entscheidend von der Höhe der durch das vorrangige Recht besicherten Forderung ab. Als Grund für diese Beschränkung nennt der Comment zu Art. IX.-3:320 DCFR 57 die großen Schwankungen, denen die Forderung in vielen Fällen unterworfen ist. Die Höhe der Forderung sei daher mitunter schwierig zu bestimmen. Deshalb könnte die Anwendung eines relativ strengen und starren Sanktionsmechanismus für falsche Auskünfte auch auf Informationen bezüglich der Forderungshöhe für den Sicherungsgeber ein unzumutbares Haftungsrisiko erzeugen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang Art. IX.-5:401 DCFR zu beachten, der dem Sicherungsgeber gegen den Sicherungsnehmer einen Anspruch auf Auskunftserteilung über die Höhe der besicherten Forderung gewährt. Hierbei kann der Sicherungsgeber auch verlangen, dass die fragliche Information einem von ihm benannten Dritten erteilt wird. Die Haftung für die Richtigkeit und Rechtzeitigkeit einer hierauf erteilten Auskunft richtet sich dann aber nicht nach Art. IX.-3:322 f. DCFR, sondern nach den allgemeinen vertragsrechtlichen Vorschriften. Der engere Kreis der Auskunftspflichten unter dem DCFR gegenüber dem UCC, wo die Auskunftspflicht aus § 9–210 UCC auch die Höhe der ausstehenden Forderung umfasst, ist insofern auch Ausdruck der schärferen Sanktionsmechanismen des DCFR für fehlerhafte oder verspätete Auskünfte.

IV. Anschaffungsfinanzierungen 1. Acquisition Finance Devices Auch der DCFR kennt Sonderregeln für Anschaffungsfinanzierungen (acquisition finance devices). Der DCFR privilegiert acquisition finance devices hinsichtlich des Zeitpunkts der Drittwirksamkeit und bezüglich des Ranges gegenüber Inhabern von Globalsicherheiten. Damit folgt die Regelung der allgemein akzeptierten Ansicht, dass derjenige, der dem Schuldner den Erwerb eines bestimmten Gegenstands durch die Gewährung von Kredit ermöglicht, einen besonderen Schutz verdient.58 Hervorzuheben ist, dass die Privilegierung von Anschaffungssicherheiten nicht nur Warengläubigern offensteht. Gemäß Art. IX.1:201 (3) DCFR gehören zu den acquisition finance devices neben den unten näher zu untersuchenden retention of ownership devices auch Kredite von dritter Seite, wenn mit den überlassenen Mitteln die Anschaffung einer Sache finanziert und das Sicherungsrecht gerade an der angeschafften Sache bestellt 57 58

A.a.O. sub D. Vgl. Comment zu Art. IX.-1:103 DCFR, sub A.

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wird. Damit können auch Drittfinanzierer in den Genuss der Regelungen über acquisition finance devices kommen. Berechtigterweise wird somit auch vom DCFR nicht danach unterschieden, ob der Anschaffungsfinanzierer das anzuschaffende Gut nicht nur finanziert, sondern auch noch selber liefert. Für die haftungsrechtliche Privilegierung kommt es allein auf die Funktion als Anschaffungsfinanzierung an. a) Zeitpunkt der Drittwirksamkeit (Art. IX.-3:107 DCFR) Wie dargestellt, sind unter dem DCFR die Entstehung des Sicherungsrechts zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer und die Drittwirksamkeit (effectiveness as against third persons) des Sicherungsrechts zu unterschieden. Grundsätzlich entfalten auch acquisition finance devices nur dann Wirkungen gegenüber Dritten, wenn sie registriert wurden. Allerdings privilegiert der DCFR Anschaffungsfinanzierungen dadurch, dass gemäß Art. IX.-3:107 (2) DCFR der Zeitpunkt der Drittwirksamkeit auf den Zeitpunkt der Lieferung vorverlagert wird, sofern die Registeranzeige spätestens 35 Tage danach erfolgte. Eine Anzeige innerhalb dieser Frist hat insofern rückwirkende Kraft. Erfolgt die Anzeige später, gehen früher eingetragene Globalsicherheiten an den Vorratsbeständen dem Recht des Lieferanten vor. Der UCC sieht in § 9–324 (a) demgegenüber nur eine 20-tägige Frist für die Rückwirkung der Registrierung vor. Bei Verbrauchergeschäften sind Anschaffungsfinanzierungen sogar ohne Registereintragung gemäß Art. IX.-3:107 (4) DCFR drittwirksam. Ähnlich wie bei der Regelung für consumer goods in § 9–309 UCC sind Abzahlungskäufe von Verbrauchern somit vom Registrierungserfordernis befreit. Da bei diesen Geschäften mangels zu besorgender Konflikte mit anderen Gläubigern eine Publizität des Sicherungsrechts nicht erforderlich ist, werden sie berechtigterweise nicht mit dem – wenn auch geringen – Aufwand einer Registrierung belastet. b) Superpriority von Acquisition Finance Devices (Art. IX.-4:102 DCFR) Die Bevorzugung von Anschaffungsfinanzierungen zeigt sich ähnlich wie unter dem UCC auch in Bezug auf den Vorrang des Anschaffungsfinanzierers hinsichtlich der Befriedigung aus der von ihm finanzierten Sache. Gemäß Art. IX.-4:102 (1) DCFR genießt der Inhaber eines acquisition finance device, den Vorrang vor Sicherungsnehmern, die ein konkurrierendes (Global-) Sicherungsrecht haben, auch wenn dieses älter sein sollte. Der Grundsatz der zeitlichen Priorität wird also zugunsten sämtlicher Anschaffungsfinanzierer durchbrochen. Damit ist sichergestellt, dass der Gläubiger, der die Anschaffung einer bestimmten Sache finanziert hat, auch ein besseres Recht als alle anderen Gläubiger bei der Befriedigung aus der Sache besitzt (superpriority). Diese Re-

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gel entspricht dem oben entwickelten Grundsatz der haftungsrechtlichen Surrogation.59 Unter dem DCFR genießt der Anschaffungsfinanzierer diese superpriority unabhängig von der Art des von ihm finanzierten Guts. Nach dem UCC gilt die Rückwirkung der Registrierung dagegen wie gesehen nur für goods other than inventory.60 Für inventory ist gemäß § 9–324 (b) UCC eine vorherige Anzeige des zu erwartenden purchase-money security interest bei Inhabern potentiell konfligierender security interests erforderlich, um die Priorität gegenüber diesen älteren Sicherungsrechten zu erreichen. 61 Da der DCFR im Einklang mit der gegenwärtigen deutschen Rechtslage beim Eigentumsvorbehalt die superpriority ohne weitere Voraussetzungen auch auf Anschaffungssicherheiten an Waren- und Rohstoffvorräten erstreckt, ist es unter dem DCFR für die Inhaber von Globalsicherheiten an Waren- oder Rohstofflagern erforderlich, bei der Kalkulation des Sicherungswerts der Warenoder Rohstoffvorräte die Güter auszunehmen, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert wurden. Die insofern notwendige Differenzierung erhöht einerseits die Transaktionskosten derartiger Globalsicherheiten an Lagerbeständen. 62 Andererseits ist sie jedenfalls für retention of ownership devices als Unterfall der acquisition finance devices die zwingende Folge der sachenrechtlichen Verhältnisse. Der Vorbehaltslieferant ist Eigentümer der Sache, so dass es schon konstruktiv ausgeschlossen ist, dass diese von Globalsicherheiten erfasst wird, die der Vorbehaltskäufer an seinem Vermögen bestellt hat. Indem der DCFR dem Vorbehaltslieferanten die superpriority zuerkennt, vermeidet der DCFR eine sich sonst ergebende Durchbrechung der sachenrechtlichen Zuordnung. c) Der Vorrang in Bezug auf wertmäßige Surrogate (Proceeds) Auch Forderungen, die aus dem Weiterverkauf unter Eigentumsvorbehalt stehender Waren entstehen, werden unter dem DCFR anders behandelt als unter dem UCC. Zunächst erstreckt sich weder ein einfaches security right noch ein acquisition finance device nach dem DCFR anders als nach § 9–203 (f) UCC ohne weiteres auch auf proceeds des ursprünglichen Sicherungsguts. Automatisch erfasst sind nach Art. IX.-2:306 (1) DCFR nur Forderungen auf Schadensersatz wegen Beschädigungen oder Zerstörungen des Sicherungsguts und Ver59

Siehe oben, S. 262. Siehe oben, S. 412 ff. 61 Siehe oben, S. 414 f. 62 Wenn man allerdings annimmt, dass der Inhaber eines Sicherungsrechts am Warenlager sowieso damit rechnet, dass sämtliche eingelagerten Güter unter Eigentumsvorbehalt stehen, folgt aus der Regelung auch keine Erhöhung der Transaktionskosten. Allerdings ist eine solche presumption of false poverty nicht ohne Zynismus. Überdies stellt sich die Frage, wieso der Gläubiger bei einer solchen Sicht überhaupt ein Interesse an einem Sicherungsrecht am Warenlager haben sollte. 60

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sicherungsansprüche. Diese Rechte treten an die Stelle des Sicherungsguts, weshalb eine automatische Erstreckung berechtigt sei. 63 Sonstige proceeds, insbesondere Forderungen und Erlöse aus dem Weiterverkauf einer unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sache, sind dagegen nach Art. IX.-2:306 (3) DCFR nur erfasst, wenn dies von den Parteien vereinbart wird. 64 Beziehen die Parteien ihr Sicherungsrecht auch auf Forderungen aus dem Weiterverkauf des Sicherungsguts, stellt sich die Frage nach dem Rang des Sicherungsrechts an der Forderung. In die Terminologie des deutschen Rechts übersetzt geht es um den Konflikt zwischen Globalzession und verlängertem Eigentumsvorbehalt. Auch diesen Konflikt entscheidet der DCFR anders als der UCC. Jedenfalls soweit es um die Weiterveräußerung von inventory geht, setzt sich nach dem UCC, wie gezeigt, der Forderungsfinanzierer durch. 65 Als Begründung für den Vorrang des Forderungsfinanzierers wird unter anderem angeführt, dass dieser bei Entstehung der Forderung dem Sicherungsgeber gegen Vorlage der Rechnung neuen Kredit gewähre und ihm so frisches Kapital zuführe. Mit diesen Mitteln könne der Sicherungsnehmer seinen Lieferanten befriedigen. Schon oben wurde angemerkt, dass dieser Gedanke nicht für alle Arten der Forderungsfinanzierung überzeugt: Denn nur beim Factoring besteht der von diesem Argument unterstellte Zusammenhang zwischen der Entstehung und Verpfändung der Forderung einerseits und der Auskehr neuen Kapitals durch den Sicherungsnehmer andererseits. Bei der durch eine Globalzession besicherten Kreditlinie erhält der Schuldner dagegen im Moment der Entstehung der Forderung nicht nur kein frisches Geld, es erhöht sich auch nicht der dem Schuldner eingeräumte Kreditrahmen. Dem Schuldner steht daher kein Kapital zur Verfügung, mit dem er seinen Lieferanten bezahlen kann. Dessen Befriedigung ist daher durch den Nachrang evident gefährdet. Dieses Risiko vermeidet der DCFR durch eine etwas umständliche Kombination von Grundregel, Ausnahme und Rückausnahme: Nach Art. IX.-4:104 (1) (c) DCFR genießen Sicherungsrechte an proceeds grundsätzlich denselben Rang wie das Sicherungsrecht am ursprünglichen Gegenstand, wenn das Sicherungsrecht an den proceeds gleichzeitig mit dem ursprünglichen Sicherungsrecht registriert wurde. Nach Art. IX.-4:105 (1) DCFR gilt dieser Gleichlauf 63

Comment zu Art. IX.-2:306 DCFR sub B. Das gleiche gilt für aus dem Sicherungsgut neu hergestellte Sachen. Auch diese werden gemäß Art. IX.-2:307 DCFR nicht automatisch von einem Sicherungsrecht an den verwendeten Materialien erfasst. Die Begründung für die Begrenzung der automatischen Erfassung auf Versicherungsforderungen und Schadensersatzansprüche liegt darin, dass in diesen Fällen kein zusätzlicher Aufwand getätigt wird, durch den neue Werte geschaffen werden. Demgegenüber liegen der Forderung aus dem Weiterverkauf entsprechende Verkaufsbemühungen zugrunde und ist die neu hergestellte Sache das Ergebnis eines Verarbeitungsprozesses. Diese zusätzlichen Werte sollen nicht ohne weiteres dem ursprünglich gesicherten Gläubiger zugute kommen. 65 Siehe oben, S. 415 f. 64

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aber nicht für die superpriority, die der Anschaffungsfinanzierer hinsichtlich des angeschafften Guts besaß. Diese Ausnahme wird wiederum durch Abs. (2) eingeschränkt für proceeds in Form von Schadensersatz- oder Versicherungsforderungen (a), sowie für die Erlöse aus dem Weiterverkauf (b). Daher gilt die superpriority des ursprünglichen Sicherungsrechts auch für das Sicherungsrecht an der Forderung. Im Ergebnis genießt das Sicherungsrecht an der Forderung aus dem Weiterverkauf nach Art. IX.-4:104 (1) (c) DCFR denselben Rang wie das Sicherungsrecht am gelieferten und weiterverkauften Gegenstand. Die superpriority des acquisition finance device gilt somit auch für das Sicherungsrecht an der Forderung aus dem Weiterverkauf. Der Vorbehaltslieferant steht daher ähnlich wie nach deutschem Recht unter Anwendung der Vertragsbruchlehre, die ihm ebenfalls den Vorrang vor dem Globalzessionar verschafft. Gegen diese Auflösung des Prioritätskonflikts zwischen Lieferant und Globalzessionar zugunsten des Lieferanten könnte eingewendet werden, dass die Zuweisung der Forderung an den Forderungsfinanzierer dem Schuldner eine insgesamt höhere Kreditaufnahme ermöglicht, da die advance rate – also das Verhältnis von Wert des Sicherungsguts zum ausgekehrten Kredit – bei der Besicherung durch Forderungen günstiger ist. 66 Die Lösung des UCC führt überdies zu niedrigeren Transaktionskosten bei Forderungsfinanzierungen, da sich für den durch ein Sicherungsrecht im Forderungsbestand gesicherten Gläubiger die Notwendigkeit erledigt, zu untersuchen, welche der Forderungen aus Verkäufen von unter Eigentumsvorbehalt stehenden Gütern stammen. Allerdings darf man nicht die praktischen Konsequenzen übersehen, die sich unter den europäischen Finanzierungsbedingungen ergäben, wenn man die superpriority des Vorbehaltslieferanten hinsichtlich der Forderung aus dem Weiterverkauf nach U. S.-amerikanischem Vorbild beseitigte. Der Lieferantenkredit besitzt in Deutschland zwar nur noch in einigen Branchen größere Bedeutung bei der Finanzierung der Vorratsbestände, 67 für diese würde eine Änderung der Regelung jedoch einen erheblichen Eingriff bedeuten: Könnten Lieferanten kein vorrangiges Sicherungsrecht an der Forderung erwerben, so würden sie nicht mehr unter verlängertem Eigentumsvorbehalt liefern, sondern auf einer Bezahlung der Ware vor Weiterveräußerung bestehen. Sie würden also den Vorbehaltskäufer nicht länger ermächtigen, „ihre“ Ware vor vollständiger Zahlung des Kaufpreises weiter zu veräußern. Unterstellt man realistischer Weise, dass der Käufer keine freien Mittel zur Befriedigung des Verkäufers besitzt, stellt sich die Frage, wie und von wem der Vorbehaltskäufer Kredit zur Befriedigung seiner Lieferanten erhalten soll. Die Beschaffung entsprechenden Kredits könnte sich insoweit jedenfalls im Rahmen der derzeitigen Finanzierungs66 67

Siehe oben, S. 415. Siehe oben, S. 42 f.

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praxis in Deutschland als außerordentlich schwierig erweisen. Der Gläubiger, der dem Schuldner eine Kreditlinie eingeräumt hat, die durch ein Sicherungsrecht am Warenlager gesichert ist, wird nicht in allen Fällen bereit sein, die Bezahlung des Vorbehaltsguts durch die Gewährung weiteren Kredits über die eingeräumte Kreditlinie hinaus zu finanzieren. Doch selbst wenn es dem Schuldner gelingt, weiteren Kredit zu erlangen, mit dem er die Vorbehaltslieferanten befriedigen kann, verzögert diese Lösung den Warenumsatz beim Vorbehaltskäufer, da er aufgrund des Fehlens einer Verfügungsermächtigung mit der Weiterveräußerung warten muss, bis er die Vorbehaltsware bezahlt hat. Hierbei ist es leicht vorstellbar, dass zwischen Lieferung und Bezahlung mehrere Wochen liegen können. Denn man muss insoweit die Zeit berücksichtigen, die der Vorbehaltskäufer für die Rechnungsstellung benötigt, dann die Zeit, die der Schuldner zur Prüfung der Rechnung und zur Vorlage bei seinem Finanzierer braucht, sowie schließlich die Spanne, die der Finanzierer benötigt, um seinerseits die Rechnung zu prüfen und schließlich zu bezahlen. Gerade für Branchen, in denen die Waren üblicher Weise zügig umgesetzt werden, könnte sich die Lösung des DCFR insofern als praxisnäher erweisen, da sie dem Käufer eine sofortige Weiterveräußerung des unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Guts ermöglicht.

2. Insbesondere Retention of Ownership Devices Der wesentlichste Unterschied zwischen Article 9 UCC und dem Konzept des neunten Buchs des DCFR besteht darin, dass der DCFR Sonderreglungen für retention of ownership devices vorsieht, die insofern anders als sonstige Anschaffungssicherheiten behandelt werden. Der Vorbehalt des Eigentums wird also unter dem DCFR nicht wie unter dem UCC in ein beschränkt dingliches (Sicherungs-) Recht transponiert. Vielmehr wird die Vollrechtsinhaberschaft des Verkäufers anerkannt, so dass er die ihm als Eigentümer zustehenden Rechte geltend machen kann. Dem DCFR liegt somit ein zweispuriger Ansatz zugrunde, da er anders als der UCC nicht nur ein einheitliches Sicherungsrecht kennt. Diese Differenzierung ist einerseits der besonderen sachenrechtlichen Konstruktion dieser Sicherungsrechte geschuldet. Die Unterscheidung berücksichtigt andererseits die Sonderbehandlung des Eigentumsvorbehalts in Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz nicht nur im deutschen Recht, sondern auch in zahlreichen anderen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen. a) Die Retention of Ownership Devices Zu den retention of ownership devices gehören nach Art. IX.-1:103 (2) DCFR nicht nur der Eigentumsvorbehalt, sondern auch Mietkäufe (hire-purchase ag-

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reements) und Kommissionsgeschäfte mit Sicherungsfunktion. 68 Ebenfalls als retention of ownership device werden financial leases behandelt. Allerdings erfasst die Vorschrift nur solche financial leasing-Verträge, bei denen der Leasingnehmer am Laufzeitende eine Erwerbsoption hat, für deren Ausübung er allenfalls einen nominal amount zu zahlen hat. Erlasskonforme Leasingverträge 69 deutschen Typs fallen daher nicht unter die Regelungen für Sicherungsgeschäfte. Sale and lease back-Verträge werden dagegen richtigerweise nicht als retention of title devices, sondern gemäß Art. IX.-1:102 (4) (c) DCFR als normale Sicherungsrechte behandelt. Eine Einbeziehung in den Kreis der retention of ownership devices wäre nicht gerechtfertigt, da sale and lease back-Verträge keine Anschaffungssicherheiten sind, weil das Sicherungsgut schon vor Gewährung des Kredits zum Vermögen des Sicherungsgebers zählte. b) Die auf Retention of Ownership Devices anwendbaren Vorschriften Nach Art. IX.-1:104 DCFR sind die wichtigsten Vorschriften über Begründung, Umfang, Registrierung, Rang und Beendigung von security rights auch auf retention of title devices anwendbar. Diese Technik würdigt einerseits die besondere Konstruktion dieser Rechte, sie reflektiert aber andererseits auch ihre Funktion als Anschaffungssicherheiten.70 Im Ergebnis werden retention of title devices weitgehend so behandelt wie sonstige acquisition finance devices. Insbesondere ist auch nach dem DCFR der Eigentumsvorbehalt bei Lieferungen an Unternehmer nur drittwirksam, wenn er registriert wurde. Auch insoweit ist aber die für alle acquisition finance devices geltende Privilegierung aus Art. IX.3:107 DCFR zu berücksichtigen, nach welcher der Verkäufer bis zu 35 Tage Zeit hat, die Registrierung seines Rechts nachzuholen. Bei Eigentumsvorbehalten, denen keine Kreditgewährung im wirtschaftlichen Sinn zugrunde liegt 71 und die daher nur sehr kurze Zahlungsfristen vorsehen, wird eine Registrierung daher erst erfolgen, wenn der Schuldner in Verzug gerät. Der Verkäufer kann sein Sicherungsrecht dann immer noch mit rangwahrender Wirkung registrieren. c) Die Durchsetzung von Retention of Ownership Devices Dagegen richtet sich die Durchsetzung von retention of title devices nicht nach den allgemein für security rights geltenden Vorschriften. Gläubiger, die durch 68 Die Verlängerung des Eigentumsvorbehalts wird in den skandinavischen Rechtsordnungen nicht akzeptiert. Die Praxis behilft sich hier damit, den Käufer als Kommissionär des Verkäufers bei der Weiterveräußerung zu behandeln. Solche Kommissionsgeschäfte haben nur Sicherungsfunktion und werden daher vom DCFR als retention of ownership devices behandelt. 69 Siehe oben, S. 222 f. 70 Comment zu Art. IX.-1:104, sub A. 71 Zu dieser Differenzierung, oben, S. 178 ff.

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ein retention of title device gesichert sind, können kraft des ihnen zustehenden Vollrechts – selbst wenn es nur Sicherungszwecken dient – auf die Sache selbst zugreifen. Während der Inhaber eines security rights zur Durchsetzung auf die gerichtliche oder außergerichtliche Verwertung des Sicherungsrechts gemäß Art. IX.-7:201 ff. DCFR verwiesen ist, können die Inhaber von retention of title devices gemäß Art. IX.-7:301, 302 DCFR ihr Recht am Sicherungsgut auch durch Besitzergreifung nach vorherigem Rücktritt vom schuldrechtlichen Vertrag 72 durchsetzen. Insbesondere steht ihnen ein sich bei der Verwertung des Sicherungsguts ergebender Übererlös zu. Bemerkenswert ist, dass der DCFR diese Berechtigung ausdrücklich (Art. IX.-7:301 (4) DCFR) auch demjenigen zuerkennt, dem ein retention of title device vom ursprünglichen Inhaber übertragen wurde. Die von BGHZ 176, 86 ff.73 vorgenommene Differenzierung zwischen ursprünglichem Vorbehaltsverkäufer und seinem Rechtsnachfolger wird somit nicht anerkannt. Wie sich die Bevorrechtigung von retention of title devices zwangsvollstreckungs- und insolvenzrechtlich auswirkt, ist nicht Regelungsgegenstand des DCFR. Insoweit ist auf das nationale Recht zurückzugreifen. Denkt man die enforcement-Vorschriften des DCFR, die entscheidend auf die sachenrechtliche Eigentümerstellung des Gläubigers bei retention of title devices abstellen, 74 konsequent zu Ende, läge für das deutsche Recht eine Anwendung von § 771 ZPO und § 47 InsO nahe. Vorbehaltsverkäufer stünden damit nicht anders als nach geltendem Recht. Insbesondere könnten sie in der Insolvenz des Käufers die Kaufsache aussondern, wenn der Verwalter sich gegen die Erfüllung des Vertrags entscheidet. d) Berechtigung der Sonderstellung Die konstruktive Besonderheit von retention of ownership devices besteht wie gesehen darin, dass hier nicht der Schuldner dem Gläubiger ein Sicherungsrecht an einer dem Schuldner gehörenden Sache bestellt, sondern der Gläubiger seine – aus dinglicher Sicht – eigene Sache als Sicherheit einsetzt. Die Notwendigkeit, für diese vollrechtsbasierten Anschaffungssicherheiten spezielle Vorschriften vorzusehen, ergibt sich nach dem Comment zu Art. IX.-1:103 DCFR75 daraus, dass sonst nicht in allen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen gewährleistet sei, dass die superpriority des Anschaffungsfinanzierers auch insolvenzrechtlich und in der Einzelzwangsvollstreckung anerkannt wird. Die meisten Mitgliedstaaten würden einen solchen Vorrang insolvenzrechtlich nur dem Eigentümer 72 Insoweit wird auf die in Art. III.-3:501 ff. DCFR enthaltenen Rücktrittsvorschriften verwiesen. 73 BGH, Urt. v. 27. 3. 2008, hierzu oben, S. 195 ff. 74 Comment zu Art. IX.-7:301, sub A. 75 Sub B.

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zugestehen. Daher sei eine bevorzugte Behandlung von Anschaffungsfinanzierungen wegen des Fehlens der notwendigen insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Regelungen in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen nicht gewährleistet. Daher müsse der DCFR die vollrechtsbasierten Sicherungsmittel als solche akzeptieren. Die Möglichkeit der Sicherung des Verkäufers durch den Vorbehalt seines Eigentums oder mittels anderer retention of ownership devices sei daher für eine Regelung, die in allen Mitgliedstaaten gelten soll, unverzichtbar. Richtig ist, dass die superpriority des Anschaffungsfinanzierers auch insolvenzrechtlich gewährleistet sein muss. Dass es hierfür allerdings einer Sonderstellung der vollrechtsbasierten Anschaffungssicherheiten bedarf, ist jedenfalls aus deutscher Sicht zu bestreiten: Für den Rang eines Absonderungsrechts ist die materiellrechtliche Rechtslage entscheidend.76 Nach deutschem Insolvenzrecht hätte es daher keiner Sonderbehandlung von retention of ownership devices bedurft, denn der durch Art. IX.-4:102 DCFR vermittelte Vorrang von acquisition finance devices lässt sich ohne weiteres im Rahmen von § 805 ZPO und §§ 50 ff. InsO vollstreckungs- und insolvenzrechtlich umsetzen. Die durch den DCFR vorgesehene Sonderbehandlung von vollrechtsbasierten Anschaffungssicherheiten perpetuiert dagegen die hier bestrittene insolvenzrechtliche Privilegierung insbesondere des Eigentumsvorbehalts, indem die Regelung ersichtlich davon ausgeht, dass der Vorbehaltseigentümer in der Insolvenz sein Eigentum an der Sache geltend machen kann, so dass er diese aussondern kann. Demgegenüber wurde hier die Ansicht vertreten, dass eine derartige Bevorzugung nicht gerechtfertigt ist.77 Auch der kreditierende Vorbehaltsverkäufer ist wirtschaftlich nur ein (vorrangig) gesicherter Gläubiger, der nur abgesonderte Befriedigung beanspruchen können sollte. Aus demselben Grund überzeugt die Privilegierung des retention of title device in Art. IX.-7:301 DCFR nicht. Insbesondere leuchtet nicht ein, warum der so gesicherte Gläubiger einen auf der allgemeinen Marktentwicklung beruhenden Wertzuwachs des Sicherungsguts für sich verbuchen können soll. Zwar ist er sachenrechtlich der Eigentümer des Sicherungsguts, dieses Eigentum hat jedoch nur Sicherungsfunktion für die Kaufpreisforderung. Ein Mehrerlös gebührt daher dem Schuldner, dem die Sache auch schon vor der dinglichen Übereignung haftungsrechtlich zuzurechnen ist. Man wird allerdings dem DCFR zugute halten müssen, dass eine Regelung, die den Eigentumsvorbehalt als gewöhnliches Sicherungsrecht behandelt, in Europa mit großem Widerstand rechnen müsste. Der konsequent funktionale Ansatz des UCC ist nach hier vertretener Ansicht zwar konzeptionell überlegen, er hätte jedoch in rechtspolitischer Hinsicht vor dem Hintergrund der eu76 77

Jaeger/Henckel, InsO, § 49 Rn. 3. Siehe oben, S. 195 ff.

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ropäischen Rechtstradition kaum Chancen auf Umsetzung. Weiter lässt sich für die vom DCFR gefundene Lösung anführen, dass sie Friktionen mit sachenrechtlichen Vorschriften von vornherein vermeidet. Die Regelung muss sich daher nicht mit dem – nach hier vertretener Ansicht freilich unzutreffenden – Vorwurf auseinandersetzen, dass sie die sachenrechtliche Zuordnung des Sicherungsguts ignoriert.

V. Proprietary Security Rights und allgemeines Sachenrecht Die vorstehenden Erörterungen haben gezeigt, dass das IX. Buch des DCFR wesentlich stärker mit dem allgemeinen Sachenrecht verzahnt ist als Article 9 UCC. Der dem UCC zuweilen gemachte Vorwurf der „unbearable lightness of title“ 78 trifft daher den DCFR nicht. Anders als nach Art. 9–202 UCC ist die Frage, wer Eigentümer des Sicherungsguts ist, unter dem DCFR gerade nicht irrelevant. Dies zeigt sich am deutlichsten an den zuletzt vorgestellten Sonderregeln für retention of ownership devices.79 Ein Beispiel für eine gelungene Harmonisierung von Sachen- und Kreditsicherungsrecht ist auch die Zuerkennung der superpriority für acquisition finance devices unabhängig von der Art des Sicherungsguts. Gerade weil die in der Praxis vielleicht wichtigste Gruppe von Anschaffungssicherheiten die vollrechtsbasierten Sicherheiten von Lieferanten sind, wäre eine am UCC orientierte Lösung kaum mit der sachenrechtlichen Zuordnung des Sicherungsguts zum Lieferanten zu vereinbaren. Ebenfalls sehr deutlich zeigt sich die Einbettung des Kreditsicherungsrechts in das Sachenrecht schließlich bei der Regelung über den gutgläubigen Erwerb. Zwar unterscheiden sich die Ergebnisse nach UCC und DCFR wie gesehen nur in Einzelheiten. Konstruktiv fügt sich die Regelung des DCFR durch ihre Anerkennung der Bedeutung des Kennens oder Kennenmüssens der Existenz eines Sicherungsrechts aber weitaus besser in das allgemeine System des Sachenrechts ein. Insbesondere vermittelt sie einen effektiven Verkehrsschutz für Erwerber des Sicherungsguts, die sich durch einen Blick in das Register darüber informieren können, welche Rechte sie gegebenenfalls gegen sich gelten lassen müssen. Sind dort unter dem Namen des Veräußerers keine Rechte ausgewiesen, muss der Erwerber keine weiteren Nachforschungen unternehmen und kann gutgläubig lastenfreies Eigentum erwerben. Gerade gegenüber der Situation nach deutschem Recht80 ist dies ein erheblicher Gewinn an Rechtssicherheit. 78

Vgl. den Titel des Beitrags von Tabac, 50 Maryland Law Review 408. Zu beachten ist aber, dass auch der DCFR reines Sicherungseigentum kennt, das er (zutreffend) als gewöhnliches Sicherungsrecht einordnet, Art. IX.-1:102 (4) (a) DCFR. 80 Siehe oben, S. 53 ff. 79

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C. Die Reformüberlegungen in Österreich Zum Abschluss der rechtsvergleichenden Überlegungen soll ein Blick auf die Entwicklungen in Österreich geworfen werden. Die dortigen Bestrebungen zur Einführung eines Registers für Mobiliarsicherheiten sind allerdings bis auf Weiteres zum Erliegen gekommen. Dennoch sollen die bisher erarbeiteten österreichischen Vorschläge hier näher vorgestellt werden, weil sich an ihnen sehr deutlich die Unterschiede zu einem notice filing-Ansatz zeigen lassen, wie ihn die bisher vorgestellten Modelle verfolgen.

I. Der status quo des österreichischen Rechts 1. Sicherheiten an beweglichen Sachen Anders als im deutschen Recht wird der Grundsatz der Publizität im österreichischen Mobiliarsicherungsrecht streng durchgeführt. Daher verlangt § 451 Abs. 1 ABGB für die Bestellung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache grundsätzlich, dass der Gläubiger sie in Verwahrung nimmt. 81 Das Erfordernis der Gewahrsamsbegründung kann durch Übergabe kurzer Hand nach § 428 ABGB oder durch die Umstellung eines Besitzmittlungsverhältnisses (Besitzanweisung) erfolgen; ein Besitzkonstitut ist als Übergabesurrogat nach herrschender Meinung im Rahmen der Pfandrechtsbestellung nicht hinreichend. 82 Eine Ausnahme vom Faustpfandprinzip gilt nach § 452 ABGB nur dann, wenn die Pfandsache keine körperliche Übergabe von Hand zu Hand zulässt. Dann kann eine „symbolische Übergabe“ dergestalt erfolgen, dass sich die Parteien „solcher Zeichen bedienen, woraus jedermann die Verpfändung leicht erfahren kann.“ Diesem Erfordernis genügt etwa die deutliche und haltbare Anbringung von Pfandzetteln an der Sache. Die Ersetzung der Übergabe durch Anbringung eines Pfandzeichens ist nach der Rechtsprechung dann zulässig, wenn eine Gewahrsamsänderung aufgrund der Beschaffenheit der Sache unzweckmäßig ist. Die objektive Unmöglichkeit der Übergabe wird insoweit nicht gefordert. Zu beachten ist aber, dass sich die Unzweckmäßigkeit aus den physischen Eigenschaften der Sache ergeben muss; dass die Übergabe aufgrund des wirtschaftlichen Interesses des Schuldners an der Weiternutzung unpraktisch wäre, genügt nicht. 83 Die Verpfändung durch Anbringung eines Zeichens wurde von der Rechtsprechung als zulässig erachtet 81 Ein Registrierung des Pfandrechts ist de lege lata nur für die Verpfändung von Schiffen, Patenten, Mustern und Marken durch eine Eintragung in die jeweiligen Register vorgesehen, Schwimann/Hinteregger, ABGB, § 451 Rn. 9. 82 Schwimann/Hinteregger, ABGB, § 451 Rn. 7. 83 Eicher, Mobiliarpfandrecht, S. 149.

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bei einer 2,5 t schweren Maschine 84 oder bei einem fest montierten Vorführapparat. 85 Kraftfahrzeuge müssen dagegen stets nach § 451 ABGBG durch Übergabe verpfändet werden. 86 Eine Besonderheit ergibt sich daraus, dass das ABGB nach § 302 auch den Inbegriff von Sachen (Gesamtsache) kennt. Die zu einer Gesamtsache gehörenden Einzelsachen behalten zwar ihre sachenrechtliche Selbständigkeit, soweit sie aber zusammen Gegenstand einer Verpflichtung sind, werden sie von Verfügungen über den wesentlichen Teil der Gesamtheit mit erfasst. 87 Gesamtsachen im Sinne von § 302 ABGB sind etwa Warenlager, 88 Werkstätten- oder Büroeinrichtungen, eine Münzsammlung oder eine Gemäldegalerie. Soll eine solche Gesamtsache verpfändet werden, kommt es im Rahmen von § 452 ABGB darauf an, ob die Übergabe aller Einzelsachen zusammen unzweckmäßig wäre. 89 Ob die einzelne Sache übergeben werden könnte, ist unerheblich. So kann ein Warenlager dann nach § 452 ABGB verpfändet werden, wenn es aus so vielen Sachen besteht, dass die Übergabe untunlich wäre.90 Dass es sich bei den Lagerbeständen möglicherweise um kleine, leicht bewegliche Sachen handelt, spielt keine Rolle. Andererseits ist beispielsweise bei einer Briefmarkensammlung stets die Übergabe nach § 451 ABGB erforderlich, da ein Besitzwechsel hinsichtlich der Alben unproblematisch zu vollziehen ist. Die Abgrenzung zwischen § 451 und § 452 ABGB ist schwierig und teilweise auch widersprüchlich. Hierdurch entsteht für die Parteien des Sicherungsgeschäfts erhebliche Rechtsunsicherheit. Wo eine Verpfändung nach § 452 ABGB möglicherweise unzulässig ist, wird die Verwendung der beweglichen Sache als Kreditunterlage oft scheitern, da auch die Sicherungsübereignung nach allgemeiner Ansicht im österreichischen Recht nicht durch die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses erfolgen kann.91 Die für die Verpfändung einer beweglichen Sache geltenden Vorschriften werden somit in Österreich anders als in Deutschland analog auf die sicherungsweise Übertragung des Vollrechts angewendet.92 Aufgrund der Priorität des Faustpfands und der Subsidiarität alternativer Publizitätsmittel können nach österreichischem Recht viele bewegliche 84

OGH, Urt. v. 10. 11. 1965, SZ 38/190. OGH, Urt. v. 18. 3. 1956, JBL 1957, 156. 86 OGH, Urt. v. 25. 6. 1975, SZ 48/75, S. 387. 87 Rummel/Spielbüchler, ABGB, § 302 Rn. 1. 88 Schwimann/Klicka, ABGB, § 302 Rn. 2. 89 Eichler, Mobiliarpfandrecht, S. 65. 90 Allerdings muss bei Warenlagern mit wechselndem Bestand eine Vertrauensperson bestellt werden, die den Warenbestand jederzeit unter Kontrolle haben muss. Das Warenlager darf also nicht in der alleinigen Verfügungsmacht des Sicherungsgebers verbleiben, Rummel/ Hofmann, ABGB, § 452 Rn. 4. 91 OGH, Urt. v. 9. 3. 1955, SZ 28/72, S. 177 ff.; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I, S. 406 f. 92 Frotz, in: Verhandlungen des vierten österreichischen Juristentages (1970), Bd. 1 Teil 3, S. 109 ff.; Rummel/Hofmann, ABGB, § 451 Rn. 1; Schwind, in: Festschr. f. Kegel, S. 599, 601. 85

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Sachen nicht zur Kreditsicherung verwendet werden, da einerseits ihre Beschaffenheit einer Übergabe an den Sicherungsnehmer nicht entgegensteht, aber andererseits der Sicherungsgeber nicht auf den Besitz und die damit verbundene Möglichkeit der Weiternutzung verzichten kann.93

2. Sicherheiten an Forderungen Die Verpfändung und Sicherungszession von unverbrieften Forderungen ist im ABGB nicht ausdrücklich geregelt. Nach gefestigter Praxis ist zur Wirksamkeit dieser Sicherungsmittel erforderlich, dass der Sicherungsgeber die Belastung der Forderung in seinen Büchern vermerkt.94 Der Buchvermerk kann als General- oder Vorausbuchvermerk95 auch auf künftige Forderungen bezogen werden, so dass auch Globalzessionen möglich sind.96 Der Buchvermerk ist ersichtlich nur beschränkt geeignet, Publizität im Sinne einer Erkennbarkeit der Belastung für den Rechtsverkehr herzustellen, da die Bücher des Schuldners Dritten nicht frei zugänglich sind. Der Schuldner wird nur solchen Personen Einblick gewähren, auf deren Kreditgewährung er angewiesen ist. Insofern begünstigt der Buchvermerk die Forderungsfinanzierung durch Banken, da diese typischerweise über die nötige Verhandlungsmacht verfügen, den Schuldner zu einer Öffnung seiner Bücher zu bewegen.97 Kleingläubiger wie Lieferanten und Arbeitnehmer bleiben insofern von den Informationen abgeschnitten. Der Buchvermerk ist als Informationsmittel auch deshalb besonders ineffizient, weil Großgläubiger die relevanten Informationen typischerweise ohnehin vom Schuldner erlangen können – dessen Redlichkeit vorausgesetzt. Man muss das im Gesetz nicht angelegte Erfordernis des Buchvermerks insofern wohl eher als Versuch der Rechtsprechung sehen, die Belastung von Forderungen an äußerliche, dem Beweis leicht zugängliche Merkmale zu knüpfen, um so Rückdatierungen und fiktive Abtretungen im Vorfeld der Insolvenz mit dem Ziel der Masseverschiebung zu verhindern. Der Buchvermerk dient somit weniger der Publizität als mehr der Nachweisbarkeit einer Verpfändung oder Sicherungszession. Hierzu passt auch, dass die Rechtsprechung weiterhin die Schriftlich93 Schauer, in: Schauer (Hrsg.), Ein Register für Mobiliarsicherheiten im österreichischen Recht, S. 1, 7, 15. 94 OGH, Plenarbeschl. v. 15. 1. 1929, SZ 11/15, S. 50 ff. 95 Zu diesem Zepke, ZIK 2010, 16 ff. 96 Dass neben dem Buchvermerk auch die Verständigung des Drittschuldners zulässig ist, hat der OGH bestätigt mit Urt. v. 30. 11. 2006, JBl 2007, 397. Siehe hierzu Lurger, in: Festschr. f. Welser, S. 639 ff.; Rebernig, ZIK 2009, 44 ff. Erforderlich ist sie jedenfalls bei nicht buchführungspflichtigen Sicherungsgebern, Schwimann/Hinteregger, ABGB, § 452 Rn. 10; Karollus, ÖBA 1999, 332. Ausführlich hierzu Kaller, Sicherungszession von Buchforderungen, S. 169, die zu einem Alternativverhältnis beider Verfahren kommt. 97 Ähnlich Kaller, Sicherungszession von Buchforderungen, S. 75.

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keit der Verpfändung und der Sicherungszession von Buchforderungen fordert.98 Vor betrügerischem Verhalten schützen allerdings weder der Buchvermerk noch das Schriftformerfordernis zuverlässig, da kaum kontrolliert werden kann, ob der Schuldner den Vermerk in seinen Büchern nicht nachträglich angebracht und die Abtretungserklärung rückdatiert hat.

3. Der Eigentumsvorbehalt Vollkommen publizitätsfrei ist im österreichischen Recht schließlich der (einfache) Eigentumsvorbehalt. Auch besondere Voraussetzungen hinsichtlich der Nachweisbarkeit – etwa im Sinne eines data certa Erfordernisses fehlen. Weder wird die Schriftlichkeit der Vorbehaltsvereinbarung verlangt99 noch besteht insoweit ein Registrierungserfordernis. Zur Rechtfertigung der Ausnahme vom Publizitätsprinzip wird zunächst darauf abgestellt, dass der Verkäufer an sich gar nicht vorleistungspflichtig sei. Liefere er dem Schuldner dennoch auf Kredit, indem er ihm die Sache schon vor Bezahlung zur Verfügung stelle, solle er für diese Wohltat nicht durch den Rechtsverlust bestraft werden.100 Dieses Argument erscheint wenig stichhaltig, da ein Publizitätserfordernis kein Selbstzweck ist oder gar die „Bestrafung“ des Kreditgebers bezweckt, sondern dem Schutz der anderen Gläubiger und des Rechtsverkehrs dient. Überzeugender ist insofern eine Begründung, die auf die Funktion des Eigentumsvorbehalts als Mittel der Anschaffungsfinanzierung abstellt: Der Verkäufer entzieht den übrigen Gläubigern durch den Eigentumsvorbehalt keinen ihnen sonst haftenden Vermögenswert, weil er nur auf das zugreifen will, was durch die Anschaffung in das Vermögen des Schuldners gekommen ist.101 Auch insoweit wird also der oben entwickelte Gedanke der haftungsrechtlichen Neutralität102 für den Verzicht auf das Publizitätserfordernis fruchtbar gemacht. Verlängerungs- und Erweiterungsformen werden allerdings publizitätsmäßig wie Verpfändungen behandelt. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt ist daher mangels Einhaltung der §§ 451, 452 ABGB unwirksam; 103 der verlängerte Ei-

98 Frotz, in: Verhandlungen des vierten österreichischen Juristentages (1970), Bd. 1 Teil 3, S. 228 ff. 99 Schwimann/Binder, ABGB, § 1063 Rn. 39. 100 Frotz, in: Verhandlungen des vierten österreichischen Juristentages (1970), Bd. 1 Teil 3, S. 166. 101 Frotz, a.a.O.; Schwimann/Binder, ABGB, § 1063 Rn. 22. 102 Siehe oben, S. 260. 103 OGH, Urt. v. 25. 9. 1997, JBL 1998, 300, 302; Frotz, in: Verhandlungen des vierten österreichischen Juristentages (1970), Bd. 1 Teil 3, S. 213; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I, S. 379.

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gentumsvorbehalt muss den für Forderungsverpfändung geltenden Vorschriften genügen.104

II. Der Entwurf des Gesetzes über Mobiliarsicherheiten (MSG-E) Auch im österreichischen Recht hat es nicht an Vorschlägen zur Reform des Mobiliarsicherungsrechts gefehlt.105 Wiederholt wurde hier auch die Einführung eines Registers für Mobiliarpfandrechte gefordert, um die mit dem Faustpfandprinzip verbundenen Unzuträglichkeiten in Gestalt von höheren Transaktionskosten und der Unmöglichkeit, die verpfändete Sache weiter zu nutzen, abzustellen. In der Vergangenheit ist Gesetzentwürfen in diese Richtung jedoch kein Erfolg beschieden gewesen. Durch Basel II hat die Diskussion nun einen neuen Anstoß erhalten, da durch dieses Regelwerk ein Druck entstanden ist, das Vermögen des Schuldners in möglichst weitem Umfang für die Verwendung als Kreditsicherheit verfügbar zu machen.106 Umgekehrt wird ungesicherter Bankkredit unter Basel II noch teurer werden. Um vor diesem Hintergrund die Basis der für die Kreditsicherung zur Verfügung stehenden Vermögensgegenstände zu verbreitern, hat eine vom Ludwig-Boltzmann-Institut für Rechtsvorsorge und Urkundenwesen eingesetzte Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Martin Schauer einen Empfehlungskatalog zur Einführung und Ausgestaltung eines Registers für Mobiliarsicherheiten erstellt und im Jahr 2006 veröffentlicht.107 Wie bereits erwähnt, sind die Arbeiten zum Erliegen gekommen. Es fehlte offensichtlich an dem erforderlichen politischen Druck zur Umsetzung einer so tief greifenden Reform. Inhaltlich unterscheiden sich die Empfehlungen deutlich von den bisher dargestellten Regelungen in Article 9 UCC, dem Legislative Guide und dem DCFR. Weder soll das vorgeschlagene Register nach dem Prinzip des notice filing organisiert sein108 noch sehen die Empfehlungen eine Übernahme des functional approach vor. Die Arbeitsgruppe empfiehlt vielmehr, das geltende Recht nur insoweit zu ändern, wie die Art und Weise betroffen ist, auf die das Publizitätsprinzip verwirklicht wird.109 Die Existenz und Zulässigkeit der bestehen104 Schauer, in: Schauer (Hrsg.), Ein Register für Mobiliarsicherheiten im österreichischen Recht, S. 1, 5; Schwimann/Binder, ABGB, § 1063 Rn. 83. 105 Siehe die Darstellung von Schauer, in: Ein Register für Mobiliarsicherheiten im österreichischen Recht, S. 1, 11 ff. 106 Schauer, ÖNZ 2006, 267. Siehe auch oben, S. 45 f. 107 Schauer (Hrsg.), Ein Register für Mobiliarsicherheiten im österreichischen Recht; ders., ÖNZ 2006, 267 ff. Ergänzt wird der Empfehlungskatalog durch einen Gesetzentwurf, der die Vorschläge in konkrete Rechtsnormen umsetzt. 108 Hierfür hatte sich noch Frotz in seinem Gutachten für den Juristentag 1970 ausgesprochen: Verhandlungen des vierten österreichischen Juristentages (1970), Bd. 1 Teil 3, S. 313. 109 Allerdings soll die Akzessorietät des Pfandrechts ähnlich wie für die Hypothek dahin-

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den Kreditsicherungsformen bleibt daher unberührt („Kontinuitätsprinzip“).110 Die wesentliche Neuerung besteht darin, dass neben die Möglichkeit, die Publizität durch Übergabe herbeizuführen, die Eintragung in das Register tritt. Die Registereintragung ersetzt insofern die Anbringung von Pfandzeichen nach § 452 ABGB und den Buchvermerk bei der Verpfändung von Forderungen; diese Optionen sollen abgeschafft werden. Das Register soll Dritten zur Einsicht frei zugänglich sein; sie müssen daher vor der Abfrage kein besonderes Interesse an den Informationen darlegen oder gar nachweisen („uneingeschränkte Registeröffentlichkeit“). Grundsätzlich ist die Registrierung nach den Empfehlungen der Arbeitsgruppe anders als beim notice filing konstitutive Voraussetzung der Entstehung eines Sicherungsrechts, sofern nicht die Form des Faustpfands gewählt wird. Nur für den einfachen Eigentumsvorbehalt soll es bei der Publizitätslosigkeit bleiben. Allerdings deuten die Empfehlungen eine Regelung an, nach der es den Parteien freistünde, das vorbehaltene Eigentum des Verkäufers einzutragen, so dass dieses an der vom Register erzeugten Bekanntheitsvermutung teilnimmt. Der Verkäufer wäre dadurch vor einem gutgläubigen Wegerwerb seines Rechts geschützt, jedenfalls soweit es um Veräußerungen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs geht. An die Eintragung knüpft der Entwurf die bereits angesprochene unwiderlegliche Vermutung der Kenntnis vom Bestehen des eingetragenen Rechts. Diese bezieht sich vor allem auf Gläubiger des Sicherungsgebers, so dass ein gutgläubiger Erwerb des Vorrangs ausgeschlossen ist. Die Vermutung wirkt auch gegenüber Dritten, die das Sicherungsgut außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsgangs erwerben. Zwar erlischt nach Empfehlung 3.3.1. (vgl. § 11 MSG-E) infolge der Übertragung das Sicherungsrecht, der gesicherte Gläubiger hat jedoch auf der Grundlage der vermuteten Kenntnis des Erwerbers vom Bestand des Sicherungsrechts gegen diesen einen (schuldrechtlichen) Anspruch auf Neubegründung. Wird dieser innerhalb von sieben Tagen nach der Übertragung durchgesetzt, so gilt das Sicherungsrecht als ununterbrochen fortbestehend, so dass sich sein Rang nach dem Datum der Eintragung gegen den Voreigentümer richtet. Ähnlich wie nach dem DCFR besteht auch nach § 11 Abs. 5 MSG-E eine schadensersatzbewehrte Pflicht des Erwerbers, die Eintragung gegen sich selbst vorzunehmen.111 Durch diese Konstruktion soll gewährleistet werden, dass das Sicherungsrecht stets unter dem Namen des aktuellen Eigentümers des Sicherungsguts eingetragen ist. gehend modifiziert werden, dass durch die Tilgung der Forderung das eingetragene Sicherungsrecht nicht erlischt. Dieses kann vielmehr zur Sicherung einer anderen Forderung weiter verwendet werden (§ 9 Abs. 1 MSG-E). 110 Empfehlung 1.2. 111 Ausweislich der Begründung zu dieser Vorschrift soll es sich freilich um eine Pfl icht des Veräußerers handeln. In § 11 Abs. 5 MSG-E heißt es jedoch „Rechtsnachfolger“.

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§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich

Deutliche Abweichungen von den bisher vorgestellten Modellen bestehen auch hinsichtlich des Inhalts der Eintragung. Unter den notice filing-Systemen kommt hier wie gesehen der Person des Gläubigers besondere Bedeutung zu, da er nach diesen Modellen die Hauptinformationsquelle für Dritte darstellt. Beim notice filing hat das Register für Dritte nur eine Warnfunktion. Nach 5.2.4. der Empfehlungen der österreichischen Arbeitsgruppe soll demgegenüber der Gläubiger gar nicht in das Register eingetragen werden. Dafür ist nach den Empfehlungen im Register ein Höchstbetrag zu nennen, über den hinaus der gesicherte Gläubiger keine Befriedigung aus dem Sicherungsgut verlangen kann. Insofern können Dritte also den maximalen Wert des eingetragenen Rechts ausdrücklich dem Register entnehmen. Übersteigt dieser Höchstbetrag die tatsächlich bestehenden Forderungen um einen in den Empfehlungen nicht näher spezifizierten Faktor, soll der Sicherungsgeber nach Empfehlung 4.2.1. einen Anspruch auf Herabsetzung des eingetragenen Höchstbetrags haben. Bezüglich der Forderungshöhe ist der Gläubiger als Informationsquelle nach dem österreichischen Modell in der Tat verzichtbar. Soweit es um Fragen geht, die den gegenständlichen Umfang eines Sicherungsrechts betreffen, sehen die Empfehlungen vor, dass Zweifel, die sich aus der registrierten Beschreibung des Sicherungsguts ergeben, zu Lasten des Gläubigers gehen sollen (4.1.1.). Diese Regel wird Sicherungsnehmer dazu anhalten, das Sicherungsgut sehr detailliert im Register zu beschreiben, so dass auch insoweit nicht unbedingt auf den Gläubiger als Informationsquelle zurückgegriffen werden muss. Nicht zu verkennen ist freilich, dass der Verzicht auf die Registrierung des Gläubigers dadurch erkauft wird, dass die zu registrierenden Informationen umfangreicher und detaillierter sind, als bei den notice filing-Systemen. Nach dem österreichischen Entwurf ist die Eintragung eines Sicherungsrechts insofern um Einiges aufwändiger und verlangt insbesondere bei der Beschreibung des Sicherungsguts vom Gläubiger ein erheblich größeres Maß an Sorgfalt, will er nicht Opfer der dargestellten Zweifelsregel werden. Das Registerverfahren selbst ist deutlich förmlicher als die bisher vorgeführten notice filing-Systeme. Nach Empfehlung 5.1.4. kann die Eröffnung einer Einlage, also die Anlegung eines virtuellen Personalfoliums für einen bestimmten Schuldner, nur durch einen Notar erfolgen. Durch die Beteiligung eines Notars bei der Eröffnung der Einlage soll der (angeblichen) Gefahr entgegen getreten werden, dass eine Person durch falsche Namensangabe mehrere Einlagen für sich eröffnet, um so denselben Gegenstand mehrfach belasten zu können. Der förmlichere Charakter zeigt sich auch darin, dass der registerführenden Stelle eine wesentlich wichtigere Funktion zukommt als unter den notice filingRegimen. Insbesondere sind es nicht die Parteien selbst, die eine Eintragung vornehmen, sondern die Registrierungsbehörde. Zuvor hat diese die von den Parteien gestellten Anträge zu prüfen und gegebenenfalls zurückzuweisen (§ 30

C. Die Reformüberlegungen in Österreich

465

Abs 2 MSG-E). Sie ist insofern funktional eher mit dem Grundbuchamt vergleichbar. Die deutlich stärkere Beteiligung der registerführenden Stelle, die sich auch in zahlreichen Hinweispflichten und dem Recht, fehlerhafte Einträge von Amts wegen zu berichtigen, widerspiegelt (Empfehlung 5.3.7., § 37 MSG-E), und die zwingende Beteiligung eines Notars bei der Eröffnung einer Einlage machen das Registerverfahren im Vergleich mit den notice filing-Systemen erheblich langwieriger und nicht zuletzt auch teurer.

III. Der Entwurf im Vergleich zu Notice Filing und Functional Approach Der dargestellte österreichische Entwurf ist ein Paradigma für ein registerbasiertes Mobiliarsicherungsrecht, das nicht nach dem Modell des notice filing operiert, sondern bei dem das Register selbst der maßgebliche Informationsträger ist. Die Registereintragung hat nach dem empfohlenen Modell nicht lediglich eine Warnfunktion, sondern ist konstitutive Voraussetzung der Entstehung eines Sicherungsrechts. Der wesentliche Vorzug dieses Ansatzes besteht darin, dass er nur minimale Eingriffe in das geltende Recht nötig macht und daher relativ leicht politisch umsetzbar ist. Eine solche „kleine Lösung“ hat fraglos bessere Chancen im Hinblick auf ihre rechtspolitische Umsetzung als eine grundlegende Reform. Aus einer pragmatischen Perspektive lassen sich die Gründe für die Befürwortung der „kleinen Lösung“ insofern durchaus nachvollziehen, da dieses behutsame Vorgehen am ehesten eine schnelle Abhilfe im Hinblick auf die durch Basel II gestellten Herausforderungen verspricht. Das der Arbeitsgruppe gesteckte Ziel – die Basis der für die Kreditsicherung verfügbaren Vermögensgegenstände zu verbreitern – kann durch den gewählten Ansatz durch vergleichsweise kleine Veränderungen des status quo erreicht werden. Blickt man über diese begrenzte Aufgabenstellung hinaus und fragt unter bewusster Außerachtlassung der politischen Machbarkeit, ob die österreichischen Empfehlungen den Anforderungen an ein modernes Kreditsicherungsrecht genügen, so erweist sich der Entwurf in konzeptioneller Hinsicht als klar im Nachteil gegenüber den notice filing-Modellen. Die österreichischen Vorschläge verdeutlichen beispielhaft die Schwächen, die oben im Rahmen des Vergleichs zwischen notice filing und transaction filing-Systemen aufgezeigt wurden.112 Der gravierendste Nachteil des österreichischen Modells ist der mit ihm verbundene erheblich höhere administrative Aufwand. Weil bei diesem Modell das 112

Siehe oben, S. 391 f.

466

§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich

Register selbst die maßgebliche Informationsquelle ist, muss das Registerverfahren hier zwangsläufig wesentlich aufwändiger sein als beim notice filing, bei welchem dem Register in erster Linie eine Warnfunktion zukommt. Die Informationsfunktion des Registers macht Vorkehrungen erforderlich, die gewährleisten, dass der Inhalt des Registers stets der wahren Rechtslage entspricht. Der höhere Aufwand, der daher mit dem transaction filing verbunden ist, betrifft, wie das Beispiel des österreichischen Entwurfs zeigt, die Parteien sowohl unmittelbar im Hinblick auf die bei der Registrierung zu beachtenden Schritte und Voraussetzungen, als auch mittelbar in Gestalt von höheren Kosten und einer verlängerten Bearbeitungsdauer in Folge der größeren Bedeutung der registerführenden Stelle: Bei notice filing-Regimen kann der Gläubiger – oft ohne Nachweis der Zustimmung des Sicherungsgebers – ein Sicherungsrecht selbst online eintragen. Hierbei genügt es zumeist, wenn er das Sicherungsgut nur grob beschreibt.113 Weitere Angaben muss er nicht machen. Nach dem österreichischen Entwurf ist demgegenüber zunächst die Anlegung einer Einlage für den Sicherungsgeber erforderlich, die nur durch einen Notar beantragt werden kann. Die Anlegung selbst nimmt die das Register führende Stelle vor. In einem zweiten Schritt müssen die Parteien „einvernehmlich“ die Eintragung eines Sicherungsrechts beantragen. Hierbei müssen sie das Sicherungsgut genau bezeichnen und hinsichtlich der Forderung einen Höchstbetrag angeben. In einem dritten Schritt überprüft die registerführende Stelle die Angaben und trägt schließlich das Sicherungsrecht in das Register ein. Es ist offensichtlich, dass dieses Verfahren nicht nur relativ teuer, sondern auch langwierig sein wird. Ob die höhere Richtigkeitsgewähr, die das Register nach dem österreichischen Entwurf für sich in Anspruch nehmen kann, auch insgesamt zu einer höheren Rechtssicherheit führt, so dass die höheren Kosten gerechtfertigt wären, ist keineswegs ausgemacht. Denn der Wert des Gläubigers als Informationsquelle im Rahmen des notice filing darf nicht unterschätzt werden. Gerade kleinere Transaktionen werden durch den österreichischen Entwurf mit erheblichen Transaktionskosten belastet, so dass es insbesondere für Vorbehaltslieferanten wenig attraktiv sein wird, von der Möglichkeit der deklaratorischen Eintragung ihres Sicherungsrechts Gebrauch zu machen. Der hierdurch bewirkte Schutz vor dem gutgläubigen Wegerwerb des Vorbehaltseigentums bei Veräußerungen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsgangs ist angesichts des relativ kleinen Risikos (zu) teuer erkauft. Der Eigentumsvorbehalt wird daher in der Praxis ein publizitätsloses Sicherungsmittel bleiben. Dies ist aus zwei Gründen problematisch: Zum einen bleiben so die gerade beim Eigentumsvorbehalt so häufigen missbräuchlichen Rückdatierungen weiterhin möglich. Weil und soweit Eigentumsvorbehalte nicht in das Register eingetragen werden, kann dieses zum anderen seine Funktion, Informationen über am Vermögen 113

Siehe etwa zum Inhalt des fi nancing statement nach Article 9, oben, S. 379.

C. Die Reformüberlegungen in Österreich

467

des Schuldners bestellte Sicherheiten auszuweisen, nur noch eingeschränkt erfüllen. Trotz des großen Aufwands und der mutmaßlich erheblichen Kosten ist das Register insoweit unvollständig. Die Rechtssicherheit, deren Verbesserung mit der Einführung eines Registers erstrebt wird, leidet durch diese „blinden Fleck“ erheblich. Weiterhin bleibt es nach dem österreichischen Modell bei der Ungleichbehandlung von Warengläubigern und anderen Anschaffungsfinanzierern, wie sie etwa auch das deutsche Recht kennzeichnet. Wie gesehen, ist diese Unterscheidung weder funktional noch haftungsrechtlich zu rechtfertigen, da Drittanschaffungsfinanzierer genau wie Warengläubiger durch die Kreditgewährung dem Schuldner den Erwerb neuer Vermögensgegenstände ermöglichen, so dass ihr Sicherungsrecht den anderen Gläubigern keine Werte nimmt, die ihnen sonst gehaftet hätten.114 Nach dem österreichischen Entwurf wird jedoch die Anschaffungsfinanzierung durch Warengläubiger begünstigt, da nur ihnen in Gestalt des (noch dazu publizitätslosen) Eigentumsvorbehalts ein Sicherungsmittel zur Verfügung steht, das aufgrund seiner Konstruktion Vorrang vor älteren antizipatorischen Sicherheiten genießt. Auch im Hinblick auf die funktionsadäquate Regelung von Sicherheiten im Rahmen von Anschaffungsfinanzierungen bleibt der österreichische Entwurf somit hinter den Modellen zurück, die Warengläubiger und andere Anschaffungsfinanzierer gleich behandeln. Diese Kritikpunkte zeigen, dass es kein Schaden sein muss, dass der Reformprozess zum Stillstand gekommen ist. Bei einer künftigen Wiederaufnahme der Reformbestrebungen sollte erwogen werden, statt einer rein nationalen eine europäische Lösung anzustreben. Hierzu wäre es erforderlich, auf politischer Ebene eine Debatte über ein harmonisiertes oder sogar vereinheitlichtes europäisches Mobiliarsicherungsrecht zu beginnen.

114

Zur haftungsrechtlichen Neutralität von Anschaffungssicherheiten siehe oben, S. 262 f.

§ 10 Ausblick: Ein Europäisches Mobiliarsicherungsrecht oder ein Mobiliarsicherungsrecht für Europa? In den §§ 8 und 9 ist die inhaltliche Alternative zum geltenden Mobiliarsicherungsrecht deutlich geworden: ein einheitliches Sicherungsrecht, das zu seiner Drittwirksamkeit grundsätzlich einer Anzeige in einem elektronisch geführten Register bedarf. In diesem Abschnitt soll erörtert werden, auf welcher legislatorischen Ebene eine Reform ansetzen könnte und welche Instrumente hierbei zur Verfügung stehen. Diese Überlegungen stellen zugleich die Frage nach der Zukunft des IX. Buchs des DCFR. Insofern kann teilweise an die allgemeine Debatte um den weiteren Umgang mit dem DCFR angeknüpft werden. Als Optionen auf Unionsebene stehen die Rechtsvereinheitlichung per Verordnung oder Richtlinie, das optionale Instrument und die Schaffung eines Modellgesetzes im Raum.1 Im Ergebnis wird ein zweispuriges Vorgehen sowohl auf europäischer wie auf nationaler Ebene befürwortet werden.

A. Reform des Kollisions- oder des Sachrechts? Für das Mobiliarsicherungsrecht ist allerdings zunächst daran zu erinnern, dass eine Harmonisierung der Kollisionsrechte zur Lösung der Probleme nicht genügt. Die Ausführungen in § 7 haben die derzeitigen Probleme grenzüberschreitender Transaktionen deutlich gemacht. Die Parteien können sich nicht darauf verlassen, dass ein nach einer Rechtsordnung bestelltes Sicherungsrecht auch nach einem Statutenwechsel wirksam bleibt. Es besteht Einigkeit darüber, dass es sich hierbei zwar um ein kollisionsrechtliches Problem handelt, das aber nicht allein mit kollisionsrechtlichen Mitteln gelöst werden kann, sondern einer sachrechtlichen Lösung bedarf. 2 Die oft zweifelhafte Anerkennung ausländischer 1 Eine Diskussion dieser Optionen findet sich auch bei Kieninger, Europäisches Mobiliarkreditsicherungsrecht, S. 120 ff. 2 Drobnig, in: Festschr. f. Kegel, S. 141, 150; Kreuzer, in: Festschr. f. Overbeck, S. 613 ff.; ders. in: Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 31, 48; Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 194 f.; Wohlgemuth, Vergemeinschaftung des Mobiliarsicherheitenrechts, S. 195; Kaufhold, Internationales und europäisches Mobiliarsicherungsrecht, S. 185 ff.; Rakob, Ausländische Mobiliarsicherungsrechte im Inland, S. 314; Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S. 39; Schmitz, Dingliche Mobiliarsicherheiten im internationalen Insolvenzrecht, S. 39.

A. Reform des Kollisions- oder des Sachrechts?

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Sicherungsrechte beruht, jedenfalls soweit es um Sicherheiten an beweglichen Sachen geht, nicht auf Differenzen hinsichtlich der von den Mitgliedstaaten verwendeten Kollisionsnorm – alle stellen prinzipiell auf die lex rei sitae ab –, sondern auf den Unterschieden der Sachrechte. Eine formelle Vereinheitlichung des internationalen Sachenrechts würde insofern keine Verbesserungen bringen.3 Auch eine europaweit geltende Regelung nach dem Vorbild des Art. 43 Abs. 2 EGBGB verbunden mit der Schaffung eines so genannten „Entsprechenskatalogs“4 könnte die bestehenden Probleme nicht lösen. Ein solche Regelung würde die Mitgliedstaaten zwar grundsätzlich dazu verpflichten, ausländische Sicherungsrechte anzuerkennen. Wie der Überblick in § 7 gezeigt hat, sind die Unterschiede gerade der deutschen Mobiliarsicherheiten gegenüber den nationalen Sachenrechten vieler anderer Mitgliedstaaten jedoch so groß, dass selbst ein anerkennungsfreundliches Kollisionsrecht kaum der Wirksamkeit der heimlichen Sicherheiten deutschen Typs im Ausland aufhelfen könnte. Die fehlende Anerkennung der deutschen Sicherungsrechte im Ausland beruht nicht darauf, dass ausländische Gerichte nicht bereit wären, sie in das neue Statut einzupassen. In vielen anderen Rechtsordnungen verstoßen die deutschen Sicherungsrechte vielmehr gegen den nationalen ordre public, mit dem form- und publizitätslose Sicherungsrechte in vielen Rechtsordnungen nicht vereinbar sind. 5 Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Anerkennung ausländischer Sicherungsrechte wäre fruchtlos, da eine solche Anerkennungspfl icht ihre Grenze stets im nationalen ordre public fände. 6 Schließlich ist auch die Gewährung von Rechtswahlfreiheit keine taugliche Alternative. Selbst von den Autoren, die sich dafür aussprechen, dass die Parteien auch auf dem Gebiet des Sachenrechts die Möglichkeit haben sollen, das auf ihre Transaktion anwendbare Recht zu wählen, wird die Rechtswahl nur insoweit zugelassen, wie schützenswerte Drittinteressen nicht gefährdet sind. So geht auch v. Wilmowsky davon aus, dass bei Gewährung von Rechtswahlfreiheit „legitime Regelungsinteressen“ gesondert angeknüpft werden müssten.7 Hierzu zählt er Publizitätsfragen, den Schutz bestimmter Gläubigergruppen, 3

Siehe auch Geibel, in: Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2004, S. 335, 340. Hierzu Drobnig, RabelsZ 38 (1974), 468, 480 ff.; Schmitz, Dingliche Mobiliarsicherheiten im internationalen Insolvenzrecht, S. 39 f. 5 Drobnig, in: Festschr. f. Kegel, S. 141, 150; Kieninger, Eur. Rev. Priv. L. 4 (1996), 41, 50; Schilling, Binnenmarktkollisionsrecht, S. 237. Optimistischer noch Jayme, in: Festschr. f. Serick, S. 241, 244 vor allem vor dem Hintergrund der Romalpa-Entscheidung (hierzu oben, S. 334), die von den englischen Gerichten allerdings seitdem nie aufgegriffen wurde. 6 Kreuzer, in Festschr. f. Overbeck, S. 613 ff.; Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 194 f. Speziell für den deutsch-englischen Rechtsverkehr Seif, Der Bestandsschutz besitzloser Mobiliarsicherheiten, S. 275. Am Beispiel des Personenstands-, Familien- und Erbrecht hat Mansel, RabelsZ 70 (2006), 651, 728, gezeigt, dass eine ordre public-Kontrolle durch den Anerkennungsstaat nicht überflüssig ist. Auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaft kann der ordre public des Ursprungsstaats von dem des Anerkennungsstaats abweichen. 7 v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 151 ff. 4

470

§ 10 Ausblick

die Durchführung von Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, den Verkehrsschutz durch die Regeln über den gutgläubigen Erwerb und schließlich den Verbraucherschutz. Angesichts dieses Katalogs muss man fragen, was überhaupt von einer Rechtswahlmöglichkeit noch übrig bleibt, da sie sich dann mehr oder weniger auf das Verhältnis der Parteien beschränkt. 8 Zur grundsätzlichen Lösung des Problems der Anerkennung von Kreditsicherheiten im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr erweist sich damit die Gewährung von Rechtswahlfreiheit als ungeeignet, da sie stets durch Sonderanknüpfungen zur Durchsetzung von Verkehrs- und Drittschutzinteressen eingeschränkt werden müsste.9 Vor allem für die bei Sicherungsrechten entscheidende Wirksamkeit in der Insolvenz des Schuldners könnte unter keinen Umständen das gewählte Recht maßgeblich sein.10 Ein wenig anders fällt die Beurteilung einer kollisionsrechtlichen Lösung für Sicherheiten an Forderungen aus. In § 7 ist deutlich geworden, wie verhängnisvoll sich die hier bestehenden Unklarheiten hinsichtlich des Anknüpfungspunkts auswirken. Eine Klärung des Streits um die Auslegung von Art. 12 EVÜ und Art. 14 Rom I-VO ist daher dringend erforderlich. Bei der Wahl des Anknüpfungspunkts muss entscheidend sein, dass die Parteien im Vorhinein beurteilen können, welches Recht auf ihre Transaktion auch hinsichtlich künftiger Forderungen anwendbar sein wird. Nur dann können die Parteien die Voraussetzungen des einschlägigen Rechts hinsichtlich Form und Publizität berücksichtigen. Die im Vorschlag zur Rom I-VO11 vorgesehene Anknüpfung an den Sitz des Zedenten würde dieses Erfordernis erfüllen und würde auch keine Probleme unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes erzeugen, da sich die Wirkungen der Abtretung im Verhältnis zum Schuldner nach dem Forderungsstatut (vgl. Art. 12 Abs. 2 EVÜ, Art. 14 Abs. 2 Rom I-VO) bemessen.12 Insofern ist eine Klärung der offenen kollisionsrechtlichen Fragen für grenzüberschreitende Abtretungen unabhängig von spezifisch kreditsicherungs8 Kritisch gegenüber v. Wilmowsky auch Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, S. 687. Zur Notwendigkeit, die Wirkung einer Rechtswahl auf das Verhältnis zwischen den Parteien des Verfügungsgeschäfts zu beschränken, siehe auch Kaufhold, Internationales und europäisches Mobiliarsicherungsrecht, S. 169, 295 f. 9 Kreuzer, in: Festschr. f. Overbeck, S. 613, 623; Röthel, JZ 2003, 1027, 1033 f.; Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 193; Deschamps, in: The Future of Secured Credit, S. 284, 285; Wohlgemuth, Vergemeinschaftung des Mobiliarsicherheitenrechts, S. 184 ff. 10 Kreuzer, in: The Future of Secured Credit, S. 297, 299. 11 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnis anzuwendende Recht (Rom I), KOM (2005) 650 endgültig. 12 Hierfür auch Rudolf, Einheitsrecht für internationale Forderungsabtretungen, S. 583 ff.; Kieninger, RabelsZ 62 (1998), 678, 702 ff.; Mäsch, in: Leible, Das Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, S. 193, 202; Horn, in: Festschr. f. Wiegand, S. 373, 383; Stoll, in: Festschr. f. Sonnenberger, S. 695, 706 f.; Bauer, Die Forderungsabtretung im IPR, S. 292. Dagegen u. a. Flessner, in: The Future of Secured Credit, S. 336, 343; ders., in: Festschr. f. Canaris, S. 545 ff. Ausführlich zu den Vor- und Nachteilen der in Frage kommenden Anknüpfungen Rudolf, Einheitsrecht für internationale Forderungsabtretungen, S. 578 ff.

B. Sachrechtsvereinheitlichung

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rechtlichen Fragen zwar dringend notwendig, eine vollständig befriedigende Lösung wäre damit jedoch gerade aus deutscher Sicht nicht erreicht. Die in §§ 3–6 herausgearbeiteten materiell- und insolvenzrechtlichen Defizite der Sicherungs(-global-)zession blieben ungelöst. Nachhaltige und grundsätzliche Abhilfe kann auch für Sicherheiten an Forderungen nur eine Reform des Sachrechts schaffen.13

B. Sachrechtsvereinheitlichung, Modellgesetz oder ein Europäisches Sicherungsrecht (ESR) als optionales Instrument? Eine Reform des Sachrechts kann auf Unionsebene ansetzen oder auf der Ebene der einzelnen nationalen Rechte. Eine rein nationale Reform ließe freilich die Probleme im internationalen Rechtsverkehr jedenfalls prinzipiell bestehen, denn sie würde gerade nicht zu einer Vereinheitlichung oder Harmonisierung der Sachenrechte der Mitgliedstaaten führen. Dies spricht dafür, zunächst auf europäischer Ebene eine Lösung zu suchen. Sub C. soll anschließend beleuchtet werden, ob eventuell trotz der skizzierten konzeptionellen Nachteile eine Reform des deutschen Mobiliarsicherungsrechts erfolgversprechender ist.

I. Vereinheitlichung des Sachrechts Die jedenfalls theoretisch beste Lösung wäre insofern eine Vereinheitlichung der nationalen Rechte im Sinne der Schaffung eines Europäischen Kreditsicherungsrechts. Unabhängig von der Frage, ob die Union die Kompetenz zu einem solchen Schritt besitzt,14 kann jedenfalls auf absehbare Zeit kaum ein Zweifel 13 So schon Seif, Der Bestandsschutz besitzloser Mobiliarsicherheiten, S. 290. Für eine Reform auf der Ebene des Sachrechts auch Veneziano, in: Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 125, 128. 14 Eine Kompetenz der Union könnte sich aus Art. 114 AEUV ergeben, vgl. Weatherill, in: Divergences of Property Law, S. 131, 140. Dagegen wird teilweise eingewandt, dass gemäß Art. 345 AEUV der Vertrag die Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten unberührt lässt. Aus dieser Bereichsausnahme wird man aber kein generelles Verbot für die Gemeinschaft ableiten können, in die Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten einzugreifen. Art. 295 EGV als Vorgängervorschrift zu Art. 345 AEUV verbot nach der Rechtsprechung des EuGH (Rs. C350/92 (Königreich Spanien ./. Rat der Europäischen Union), Slg. 1995, S. I-1985 ) nur die völlige Abschaffung oder die Wesensveränderung nationaler Eigentumsrechte, Ludwigs, Rechtsangleichung nach Art. 94, 95 EG-Vertrag, S. 266. Der EuGH legt die Vorschrift insofern sehr eng aus, wie auch seine Rechtsprechung zur goldenen Aktie bestätigt (Rs. C-367/98 (Kommission ./. Portugal), Slg. 2001, I-4731, Rn. 47 f.; Rs. C-483/99 (Kommission ./. Frankreich), Slg. 2002, I-4781 Rn. 43 f.; Rs. C-503/99 (Kommission ./. Belgien), Slg. 2002, I-4809 Rn. 43 f. Kritisch zu diesem sehr engen Verständnis Streinz/König/Kühling, EUV/EGV, Art. 295 EGV Rn. 12 ff.) Auch nach der Ansicht von König/Kühling steht Art. 295 EGV einer Vereinheitlichung des Mobiliarsicherungsrechts jedoch nicht entgegen, da die Vorschrift der

472

§ 10 Ausblick

daran bestehen, dass ein solches Unterfangen politisch nicht durchsetzbar ist.15 Schon eine Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet des Vertragsrechts wird derzeit von keiner Seite befürwortet.16 Im Bereich des Kreditsicherungsrechts, das eng mit der Eigentums- und Haftungsordnung verknüpft ist, sind die Sensibilitäten der Mitgliedstaaten noch erheblich höher. Eine Richtlinie oder gar eine Verordnung griffe notwendigerweise tief in das nationale Sachen-, Vollstreckungs- und Insolvenzrecht ein und hat daher jedenfalls derzeit keine Aussicht auf politische Unterstützung. Das Zerren um die Regelung des Eigentumsvorbehalts in der Verzugsrichtlinie,17 um die EuInsVO sowie das EuInsVÜ und nicht zuletzt um Art. 14 Rom I-VO sprechen eine deutliche Sprache. Auch für eine Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten fehlt derzeit jegliche politische Unterstützung. Das Projekt wird momentan vor allem von akademischer Seite vorangetrieben. Den erforderlichen politischen Druck könnten nur die Betroffenen (stakeholder) ausüben. Die Finanzsicherheitenrichtlinie hat gezeigt, dass die Mitgliedstaaten auch im so sensiblen Bereich des Insolvenzrechts durchaus in der Lage sind, schnell zu reagieren, wenn mit dem nötigen Nachdruck aus der Praxis Reformbedarf geltend gemacht wird. Bei der Finanzsicherheitenrichtlinie ging dieser Druck allerdings von den großen Finanzinstitutionen aus, die eine nur durch Rechtsvereinheitlichung zu schließende Lücke im Schutz ihrer Abrechnungssysteme vor der Insolvenz eines Beteiligten ausgemacht hatten.18 Der enorme politische Einfluss der betroffenen Kreise führte zu einer europäischen Regelung, die jedenfalls für Sicherheiten an Barguthaben und Finanzinstrumenten erheblich in das Kreditsicherungs- und Insolvenzrecht der Mitgliedstaaten eingreift.19

Gemeinschaft nicht die Kompetenz entziehe, eigentumsrechtliche Fragen zu regeln, a.a.O. Rn. 15. Im Ergebnis ebenso Weatherill, in: Divergences of Property Law, S. 131, 146; Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S. 127 f.; dies., in: Differenzierte Integration im Gemeinschaftsprivatrecht, S. 190; Wohlgemuth, Vergemeinschaftung des Mobiliarsicherheitenrechts, S. 105 ff. 15 So auch Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 196. Treffend Kreuzer, in: Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 31, 50 „Sie [die Vereinheitlichung des Sachrechts] ist der Königsweg, dessen Ziel leider jenseits des absehbaren Zeithorionts liegen dürfte.“ 16 Vgl. Pfeiffer, AcP 208 (2008), 227, 238; Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/ Zimmermann, JZ 2008, 529, 530; Jansen, JZ 2008, 536, 539; Leible, NJW 2008, 2558, 2562. Siehe auch Hirte, Wege zu einem europäischen Zivilrecht, S. 19 ff. sowie zuletzt die Kritik am Konzept der Vollharmonisierung der Verbraucherrechte, hierzu umfassend M. Stürner, in: M. Stürner (Hrsg.), Vollharmonisierung in Europäischen Verbraucherrecht?, S. 3, ff. 17 Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29. 6 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr. 18 Kieninger, in: Differenzierte Integration im Gemeinschaftsprivatrecht, S. 187, 196 f. 19 Zur Finanzsicherheitenrichtlinie und ihrer Umsetzung ins deutsche Recht Ehricke ZIP 2003, 1065 ff.; ders., ZIP 2003, 2141 ff.; Eidenmüller, Internationale Entwicklungen im Recht der Kreditsicherheiten, S. 117, 123 ff.; Meyer/Rein, NZI 2004, 367 f.; Hölzle, ZIP 2003, 2144 ff.; Kollmann, WM 2004, 1012 ff.

B. Sachrechtsvereinheitlichung

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Außerhalb des Bereichs der Finanzsicherheiten ist im Mobiliarsicherungsrecht gegenwärtig nicht erkennbar, von welcher Seite der erforderliche politische Druck kommen soll. Mobiliarsicherheiten sind – wie in § 1 deutlich geworden ist – vor allem für die Finanzierung des Mittelstands bedeutsam. Das Bewusstsein, dass eine Reform des Mobiliarsicherungsrechts die Finanzierungsbedingungen verbessern könnte, hat sich bei kleinen und mittleren Unternehmen noch nicht durchgesetzt oder wird jedenfalls bisher nicht nachdrücklich artikuliert. Möglicherweise wird sich dies in Folge der Finanzkrise ändern. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Schwierigkeiten der Unternehmen, sich mit ausreichendem Fremdkapital zu versorgen, könnten dazu führen, dass die Anstrengungen verstärkt werden, bestehende Ineffizienzen zu beseitigen. 20 Solche Bemühungen könnten auch das Mobiliarsicherungsrecht auf die Tagesordnung bringen. Solange allerdings ein Bewusstsein für die bestehenden Probleme nicht auch auf Bankenseite existiert, werden die Widerstände von dieser Seite gegen eine Harmonisierung schwer zu überwinden sein. Gerade deutsche Banken zeigen sich bislang gegenüber Reformen wenig aufgeschlossen. 21 Die Vereinheitlichung des Mobiliarsicherungsrechts der Mitgliedstaaten durch einen europäischen Rechtsakt erscheint damit auf absehbare Zeit keine realistische Option zu sein. 22

II. Schaffung eines europäischen Modellgesetzes und Einrichtung eines europäischen Registers Kurz- und mittelfristig muss daher nach anderen Instrumenten gesucht werden, welche die europäische Rechtsentwicklung im Bereich des Mobiliarkredits voranbringen könnten. Eine denkbare Alternative wäre ein Modellgesetz. Inhaltlich könnte das IX. Buch des DCFR als Grundlage für die weiteren Arbeiten dienen. Ein solcher Text hätte keine verpflichtende Wirkung für die Mitgliedstaaten, würde diesen aber eine verbindliche Anleitung bei der Reform ihrer nationalen Rechte geben. Im Idealfall käme es durch ein Modellgesetz zu einer vollständigen Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Rechte. 23 Der UCC könnte insofern nicht nur in inhaltlicher Hinsicht, sondern auch im Hinblick

20 Zu im Ergebnis abzulehnenden Überlegungen, Schwierigkeiten bei der Kreditversorgung mit vertragsrechtlichen Mitteln im Sinne einer Pflicht der (Haus-) Bank zu Kreditvergabe abzuhelfen, K. P. Berger, in: Festschr. f. H. P. Westermann, S. 109 ff.; ders., BKR 2009, 45 ff. 21 Lwowski, in: The Future of Secured Credit, S. 174, 175, 179. 22 Ebenso Drobnig, in: The Future of Secured Credit, S. 102, 105; Röthel, JZ 2003, 1027, 1034; Verstijlen in: Divergences of Property Law, S. 17, 32 f. 23 Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 24, bezeichnen das Verfahren der Modellgesetze als das zukunftsträchtigste Instrument der Rechtsharmonisierung.

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§ 10 Ausblick

auf den durch ihn ausgelösten Prozess der weitgehenden Rechtsangleichung Vorbildfunktion für die europäische Rechtsentwicklung haben. 24

1. Die Autorität des Modellgesetzes Der Erfolg gerade des Article 9 UCC beruht allerdings vor allem darauf, dass die Regelung in sämtlichen Staaten praktisch ohne Abweichungen implementiert wurde. Für die Rechtssicherheit bei grenzüberschreitenden Transaktionen wäre nichts gewonnen, wenn die nationalen Unterschiede in nennenswertem Umfang fortbestünden. Der Erfolg eines europäischen Modellgesetzes hängt somit entscheidend von seiner Autorität ab. Diese Autorität kann sich einmal aus der inhaltlichen Überlegenheit und Überzeugungskraft des Entwurfs ergeben. Der Erfolg des UCC beruht aber darüber hinaus auch auf der unumstrittenen Autorität des American Law Institutes. Zu dem American Law Institute gibt es bislang auf europäischer Ebene kein Pendant. Der Ruf nach der Errichtung eines European Law Institute25 hat zwar bereits Zustimmung erfahren, 26 umgesetzt ist er bisher freilich noch nicht. Ein europäisches Modellgesetz – so gut es inhaltlich auch sein mag –, das lediglich das Ergebnis einer auf privater Initiative beruhenden Kooperation von Wissenschaft und Praxis wäre, liefe aber Gefahr, entweder völlig unbeachtet zu bleiben oder durch Abweichungen bei der nationalen Umsetzung weitgehend verwässert zu werden. Ein Modellgesetz, das die europäische Rechtsentwicklung tatsächlich beeinflussen soll, müsste daher mehr sein als ein akademischer Referenzrahmen. Es bedürfte der offiziellen Bestätigung und Anerkennung durch die Union. Nur ein solcher Akt verliehe dem Modellgesetz die erforderliche förmliche Autorität.

2. Die Einrichtung eines Europäischen Registers für Mobiliarsicherheiten Gerade im Bereich des Mobiliarsicherungsrechts bedürfte es jedoch noch eines weiteren Schrittes neben der offiziellen Anerkennung. Zusammen mit einem Modellgesetz müsste die Union die Strukturen für ein Europäisches Register für Mobiliarsicherheiten schaffen. Die Schwierigkeiten, die in den USA mit den

24

Kieninger, in: Differenzierte Integration im Gemeinschaftsprivatrecht, S. 187, 201 f. Der Vorschlag geht auf Ebke, in: Festschr. f. Grossfeld, S. 189 ff. zurück. Erneuert hat ihn Ernst, AcP 208 (2008), 280 ff. 26 Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 550; Leible, NJW 2008, 2558, 2562; Wohlgemuth, Vergemeinschaftung des Mobiliarsicherheitenrechts, S. 296. Vorsichtiger Zimmermann, ZEuP 2010, 719 ff. 25

B. Sachrechtsvereinheitlichung

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bundesstaatlichen Registern bestehen bzw. bestanden, 27 sollten Anlass genug sein, in Europa von vornherein ein einheitliches europäisches Register aufzubauen. 28 Dieses wäre nicht nur wesentlich kostengünstiger als 27 verschiedene nationale Register, es entstünden auch keine Probleme durch untereinander nicht kompatible nationale Registrierungssysteme. Am schwersten wiegt, dass keine Zweifel über das zuständige Register bestehen könnten. Umzüge oder Sitzverlegungen des Schuldners führen bei einem einheitlichen Register weder zu Rechtsunsicherheit noch zu einem erhöhtem Suchaufwand. Durch die Schaffung eines Registers würden zugleich die Spielräume der Mitgliedstaaten begrenzt, bei der Umsetzung von den Regelungen des Modellgesetzes abzuweichen. Da jede nationale Regelung auf die Erfordernisse des Registers abgestimmt und angepasst sein müsste, bestünde zugleich eine gewisse Gewähr dafür, dass die nationalen Umsetzungen miteinander kompatibel sind und jedenfalls in der zentralen Frage der Registrierungsanforderungen nicht voneinander abweichen. Aufgrund dieser inhaltlichen Bindung lässt sich das hier vorgeschlagene Modell als opt-in Lösung charakterisieren: Eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das europäische Modell zu übernehmen, bestünde nicht. Andererseits wäre durch die Anbindung an das europäische Register gesichert, dass die Mitgliedstaaten das Modell mehr oder weniger als Ganzes übernehmen. Es wäre sichergestellt, dass jedenfalls die Rechtsordnungen, in denen das Modellgesetz in nationales Recht umgesetzt wurde, miteinander harmonieren.

III. Ein optionales Instrument für das Mobiliarsicherungsrecht? Angesichts der Tatsache, dass ein europäisches Zivilgesetzbuch derzeit nicht auf der politischen Agenda steht und selbst eine auf das Vertragsrecht begrenzte Harmonisierung der nationalen Rechte nicht beabsichtigt ist, spricht derzeit einiges dafür, dass die Kommission auf der Grundlage des DCFR ein so ge27

Oben, S. 382 ff. Ein solches Zentralregister wird auch gefordert von Langenbach, S. 118 ff.; Röthel, JZ 2003, 1027, 1034. Hierbei könnte teilweise an die Diskussion um den Aufbau eines zentralen Testamentsregisters angeknüpft werden, wie es etwa im Basler Abkommen über die Errichtung eines einheitlichen Systems für die Eintragung von Testamenten aus dem Jahre 1972 vorgesehen ist. Als Vorstufe wird jetzt im Stockholm Programm der Union (Dok. 17024/09) die Möglichkeit angedeutet, die auf nationaler Ebene schon existierenden Register miteinander zu vernetzen. Dies würde die Auffindung der Testamente bei Erbfällen mit Auslandsberührung deutlich erleichtern, DNotI (Hrsg.), Rechtsvergleichende Studie der erbrechtlichen Regelungen des Internationalen Verfahrensrechtes und Internationalen Privatrechts der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, S. 185. Eine solche Vernetzung dürfte allerdings wegen der erheblich geringeren Komplexität eines Testamentsregisters auf diesem Feld wesentlich leichter fallen als eine Vernetzung schon jetzt bestehender nationaler Sicherheitenregister. Für Sicherungsrechte dürfte nur ein Zentralregister praktikabel sein. 28

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§ 10 Ausblick

nanntes optionales Instrument für das Vertragsrecht entwickeln wird, das als von den Parteien wählbares Recht neben die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten träte.29 Im Gesellschaftsrecht gibt es bereits die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) 30 und die Europäische Gesellschaft (SE),31 die als europäische Gesellschaftsformen neben den Formen des nationalen Rechts bei der Rechtsformwahl zur Verfügung stehen. Auch die Gemeinschaftsmarke32 ist ein optionales Instrument. Im Bereich des Schuldvertragsrechts berücksichtigt die Rom I-VO die mögliche Schaffung eines optionalen Instruments in Erwägungsgrund 14: Sollte die Gemeinschaft in einem geeigneten Rechtsakt Regeln des materiellen Vertragsrechts, einschließlich vertragsrechtlicher Standardbestimmungen, festlegen, so kann in einem solchen Rechtsakt vorgesehen werden, dass die Parteien entscheiden können, diese Regeln anzuwenden.33

Auch im Mobiliarsicherungsrecht wird ein solches 29+1 Modell34 von einigen Autoren als vielversprechender Ansatz betrachtet.35 Es wäre einerseits ein geringerer Eingriff in die nationalen Rechte als die Rechtsvereinheitlichung per Verordnung, andererseits stünde das optionale Instrument anders als ein Modellgesetz den Parteien unabhängig von einer mitgliedstaatlichen Umsetzung 29 Zur Schaffung eines optionalen Instruments auf dem Gebiet des Vertragsrechts oben § 9 Fn. 33. 30 Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV). 31 Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE). 32 Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke. 33 Wenn der DCFR nicht in einen europäischen Rechtsakt überführt wird, stellt sich die Frage, ob er als nicht-staatliches Regelwerk von den Parteien gewählt werden kann. Nach Art. 3 Abs. 2 des Vorschlags zur Rom I-VO sollten die Parteien als anzuwendendes Recht auch „auf internationaler oder Gemeinschaftsebene anerkannte Grundsätze und Regeln des materiellen Vertragsrechts“ wählen können. Im endgültigen Text fehlt diese Möglichkeit. Allerdings hindert ausweislich Erwägungsgrund 13 der Rom I-VO die Verordnung die Parteien nicht daran, „in ihrem Vertrag auf ein nichtstaatliches Regelwerk oder ein internationales Übereinkommen Bezug zu nehmen.“ Diese „Bezugnahme“ – in der englische Fassung heißt es „incorporation by reference“ – gestattet aber nicht die kollisionsrechtliche Berufung nichtstaatlicher Regelwerke als lex contractus. Erwägungsgrund 13 betrifft nur die materiellrechtliche Verweisung, ausführlich Mankowski, in: Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 389, 397 ff. 34 Da das Vereinigte Königreich aus drei Teilrechtsordnungen besteht, wäre das optionale Instrument die 30. Rechtsordnung innerhalb der Gemeinschaft. 35 Ein Europäisches Sicherungsrecht als optionales Instrument wurde im Jahr 1990 schon befürwortet von Kreuzer, in: Festschr. f. Overbeck, S. 613 ff. Aus jüngerer Zeit u. a. erneut Kreuzer, in: Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 31, 48; ferner W.-H. Roth, in: The Future of Secured Credit, S. 36, 66; Flessner, in: The Future of Secured Credit, S. 336, 340; Drobnig, in: The Future of Secured Credit, S. 102, 110. Auch Verstijlen in: Divergences of Property Law, S. 17, 34 spricht sich der Sache nach für ein optionales Instrument aus.

B. Sachrechtsvereinheitlichung

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zur Verfügung. Für einen solchen Mechanismus wird auch angeführt, dass er den Wettbewerb unter den Rechtsordnungen befördern könnte.36 Bevor erörtert wird, ob und in welcher Form das optionale Instrument auch im Mobiliarsicherungsrecht geeignet ist, die Probleme des status quo zu beseitigen, soll gezeigt werden, dass die Union nach Art. 352 AEUV befugt ist, ein Europäisches Sicherungsrecht als optionales Instrument zu schaffen.

1. Kompetenz der Union nach Art. 352 AEUV Die Kompetenzgrundlage für die Schaffung eines optionalen Instruments ergibt sich aus Art. 352 AEUV.37 Nach dieser Flexibilitätsklausel kann die Union Verordnungen und Richtlinien erlassen, wenn ein Tätigwerden erforderlich ist, um eines der Ziele der Union zu verwirklichen, und der Vertrag an keiner anderen Stelle der Union die Regelungsbefugnis ausdrücklich zuweist. Nach dem Vertrag von Nizza ergab sich die entsprechende Ermächtigung aus Art. 308 EGV. Art. 352 AEUV unterscheidet sich vor allem darin von Art. 308 EGV, dass Rat und Kommission nunmehr nur noch nach Zustimmung des Europäischen Parlaments von der Vertragsabrundungskompetenz (so die neue amtliche Überschrift) Gebrauch machen können.38 In materieller Hinsicht setzt Art. 352 AEUV dreierlei voraus: Zunächst muss der Erlass eines optionalen Instruments den Zielen der Union dienen.39 Zweitens muss die Schaffung eines solchen Instruments erforderlich sein. Schließlich darf es im Vertrag keine andere Rechtsgrundlage geben. a) Abgrenzung zu Art. 114 AEUV Aus dem letztgenannten Tatbestandsmerkmal ergibt sich, dass die Kompetenz nach Art. 352 AEUV subsidiär gegenüber anderen Kompetenzen ist.40 Bei der Schaffung eines optionalen Instruments ist daher eine Abgrenzung gegenüber der Angleichung von Rechtsvorschriften nach Art. 114 AEUV erforderlich. Wäre die Union schon nach Art. 114 AEUV befugt, ein optionales Instrument 36 Leible, BB 2008, 1469, 1473. Stein, in: Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 669, 687 f., schreibt dagegen, dass „die Vorstellung von der Fruchtbarkeit des Wettbewerbs der Rechtsordnungen, bei dem sich am Ende das bessere Modell durchsetzt“, nur sehr begrenzte Überzeugungskraft habe. Jedenfalls die Rechtswahlpraxis im internationalen Rechtsverkehr stütze diese Argumentation nicht. 37 Hierzu Schmidt-Kessel, Stichwort „Europäisches Zivilgesetzbuch“, in: Basedow/Hopt/ Zimmermann/Illmer (Hrsg.): Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Band I, S. 554. 38 Streinz/Ohler/Herrmann, Der Vertrag von Lissabon zur Reform der EU, S. 110. 39 Streinz/Streinz, EUV/EGV, Art. 308 EGV Rn. 15. 40 Streinz/Streinz, EUV/EGV, Art. 308 EGV Rn. 5.

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§ 10 Ausblick

zu schaffen, so müsste sie den Weg des Beschlussverfahrens wählen und könnte nicht nach Art. 352 AEUV vorgehen.41 Der EuGH hat aber für die Europäische Gesellschaft42 bereits entschieden, dass sich aus Art. 95 EGV, der Vorgängernorm zu Art. 114 AEUV, keine Kompetenz zur Errichtung dieser europäischen Gesellschaftsform ergab. Weil die Verordnung über die Schaffung der SE die bestehenden nationalen Rechte unverändert lasse, bezwecke sie nicht die Angleichung der auf Gesellschaften anwendbaren Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten; „sie verfolgt vielmehr das Ziel, eine neue Genossenschaftsform zu schaffen, welche die nationalen Rechtsformen überlagert.“43 Insofern sperrt Art. 114 AEUV nicht die Anwendung des Art. 352 AEUV für die Schaffung eines optionalen Instruments.44 b) Verwirklichung der Ziele der Union Somit ist zu prüfen, ob ein optionales Mobiliarsicherungsrecht den Zielen der Union dient und zu deren Verwirklichung erforderlich45 ist. Die Ziele der Union sind in Art. 3 EUV genannt. In Betracht kommt hier vor allem Art. 3 Abs. 3 EUV, wonach die Union einen Binnenmarkt errichtet und hiermit „auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums“ hinwirkt. Wie in § 7 deutlich geworden ist, beeinträchtigt die gegenwärtige Rechtslage gerade grenzüberschreitende Transaktionen erheblich. Da massive Unsicherheit über die Wirksamkeit eines Sicherungsrechts im Ausland besteht, sind die Parteien gezwungen, auf teure Instrumente wie Akkreditive und Bankgarantien auszuweichen. Insofern herrscht Einigkeit darüber, dass die Nichtanerkennung von ausländischen Sicherungsrechten die Grundfreiheiten beeinträchtigt.46 Die 41

Rutgers, in: The Future of Secured Credit, S. 68, 80. Rs. C-436/03, Parlament ./. Rat, Slg. I-3733. 43 Rs. C-436/03, Parlament. /. Rat, Slg. I-3733, Rn. 44. 44 Ebenso Rutgers, in: The Future of Secured Credit, S. 68, 79 ff.; Kreuzer, in: Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 31, 60. 45 Dem Merkmal der Erforderlichkeit kommt keine kompetenzbeschränkende Funktion zu, Streinz/Streinz, EUV/EGV, Art. 308 EGV Rn. 25; Rossi, in: Callies/Ruffert, EUV/EGV, Art. 308 EGV Rn. 44. „Erforderlich“ i. S. v. Art. 308 EGV ist ein Tätigwerden nach der h. M. immer dann, wenn eine Diskrepanz zwischen einem Ziel der Gemeinschaft und seiner Verwirklichung besteht, die zur Erreichung der Ziele überwunden werden muss, Schwarze/ Geiss, EU, EGV Art 308 Rn. 16. Begrenzt wird Art. 308 EGV allerdings durch die Subsidiaritätsklausel aus Art. 5 Abs. 2. Diese steht aber einem Tätigwerden zum Abbau der Hindernisse grenzüberschreitender Finanzierungen nicht entgegen, da diese wie gesehen jedenfalls nicht vollständig durch Maßnahmen auf einzelstaatlicher Ebene beseitigt werden können. 46 Wolf, WM 1990, 1941, 1950; Basedow, RabelsZ 59, (1995), 1, 44; W.-H. Roth, ZEuP 1994, 5, 25; ders., in: The Future of Secured Credit, S. 36, 48 ff.; v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 94 ff.; Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Binnenmarkt, S. 122 ff.; dies., Eur. Rev. Priv. L. 4 (1996), 41, 53; dies., AcP 208 (2008), 182, 189; Wohlgemuth, Vergemeinschaftung des Mobiliarsicherheitenrechts (2005); Kaufhold, Internationales und europäisches 42

B. Sachrechtsvereinheitlichung

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Nichtanerkennung ausländischer Sicherungsrechte ist als „Maßnahme gleicher Wirkung“ im Sinne von Art. 34 AEUV zu qualifizieren, weil sie den Transport von Gütern im Binnenmarkt behindert. Insofern beeinträchtigt die Disparität der nationalen Rechte in Verbindung mit der lex rei sitae die Warenverkehrsfreiheit,47 weil grenzüberschreitende Geschäfte einem besonderen Risiko ausgesetzt sind, woraus erhöhte Transaktionskosten resultieren. Damit ist freilich nur festgestellt, dass ein Eingriff in eine Grundfreiheit vorliegt. Es ist eine andere Frage, ob diese Beeinträchtigungen gerechtfertigt sind. Von der herrschen Meinung wird dies bejaht, da die Nichtanerkennung als Ausdruck zwingender Erfordernisse des Allgemeinwohls gedeutet wird. 48 Denn die Verweigerung einer Hinnahme oder Transposition eines ausländischen Rechts beruht in erster Linie auf dessen Unvereinbarkeit mit den nationalen Publizitäts- und Formvorschriften. Insofern bewahrt die Nichtanerkennung die Funktionsfähigkeit der nationalen Haftungsordnung. Auch wenn die Nichtanerkennung ausländischer Sachenrechte insofern nicht europarechtswidrig ist, liegt in ihr doch eine Beeinträchtigung des Binnenmarkts, so dass die Union befugt wäre, nach Art. 352 AEUV ein Europäisches Sicherungsrecht als optionales Instrument zur Überwindung dieser Beeinträchtigungen zu schaffen.

2. Ein optionales Instrument im Verhältnis zu den nationalen Sachenund Vollstreckungsrechten Ein optionales Instrument träte wie dargestellt neben die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten. Die Parteien könnten das optionale Instrument wählen und es Mobiliarsicherungsrecht, S. 281 ff.; Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S. 56 ff.; Rakob, Ausländische Mobiliarsicherungsrechte im Inland, S. 65 ff.; Röthel, JZ 2003, 1027, 1032; Weatherill, in: Divergences of Property Law, S. 131 ff.; Rutgers, in: The Future of Secured Credit, S. 68, 78; MünchKomm-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 155. Allgemein zur Entwicklung eines europäischen Anerkennungssystems Mansel, RabelsZ 70 (2006), 651 ff. 47 Siehe die in Fn. 46 Genannten. Ob darüber hinaus auch die Kapitalverkehrsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit berührt sind, ist umstritten. Eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit verneint W.-H. Roth, in: The Future of Secured Credit, S. 36, 48, die Kapitalverkehrsfreiheit sei nur dann berührt, wenn der Markzugang für Ausländer beschränkt werde, a. A. Caramelo-Gomes, in: Rules for the Transfer of Movables, S. 239, 246; M. Zimmermann, Mobiliar- und Unternehmenshypotheken in Europa, S. 126; Wohlgemuth, Vergemeinschaftung des Mobiliarsicherheitenrechts, S. 171. Eine Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit wird geltend gemacht von Röthel, JZ 2003, 1027, 1032; MünchKomm-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 155; ablehnend Wohlgemuth, Vergemeinschaftung des Mobiliarsicherheitenrechts, S. 162. 48 MünchKomm-BGB/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 193; MünchKomm-BGB/Wendehorst, Art. 43 EGBGB Rn. 159; Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Binnenmarkt, S. 162 ff.; Wohlgemuth, Vergemeinschaftung des Mobiliarsicherheitenrechts, S. 130 ff. A. A. v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 122 ff.

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dadurch zur lex causae berufen. Im Schuldvertragsrecht ist dieses Verfahren weitgehend unproblematisch, da hier kollisionsrechtlich ohnehin grundsätzlich Rechtswahlfreiheit besteht. Im Sachenrecht bereitet dagegen der Umgang mit einem optionalen Instrument ungleich mehr Schwierigkeiten. Denn ein Europäisches Sicherungsrecht erweiterte den numerus clausus der Sachenrechte um ein weiteres Institut. Anders als ein optionales Schuldvertragsstatut tritt ein optionales Mobiliarsicherungsrecht nicht einfach neben die nationalen Rechtsordnungen, sondern greift in diese ein. Die Erweiterung des numerus clausus macht daher Anpassungen im nationalen Recht erforderlich. Insbesondere muss gesichert sein, dass das europäische Instrument von den nationalen Vollstreckungs- und Insolvenzrechten akzeptiert wird.49 Auch ist eine Abstimmung mit den gesetzlichen Pfandrechten erforderlich. Insoweit ist allerdings Flessner zuzustimmen, dass sich diese Fragen nicht grundsätzlich von den derzeitigen Problemen bei der Anerkennung ausländischer Sicherungsrechte unterscheiden.50 Im Wege der Substitution könnte daher einem Europäischen Sicherungsrecht in Insolvenz und Zwangsvollsteckung Wirksamkeit verschafft werden. Insoweit sind die Hindernisse in der Tat überwindbar. Die besondere Schwierigkeit bei der Verzahnung eines Europäischen Sicherungsrechts mit vor allem dem deutschen Sachenrecht liegt in der Lösung von Prioritätskonflikten mit den publizitätslosen deutschen Mobiliarsicherheiten. Zu entscheiden ist, ob beispielsweise eine Sicherungsübereignung gegenüber einem nachträglich bestellten Registerpfandrecht vorrangig ist. An dieser Stelle sind zwei verschiedene Lösungen denkbar. In der „schwachen“ Version wäre ein ESR nach den allgemeinen Regeln in die Vorrechtsordnung der nationalen Rechte einzuordnen. Für das deutsche Recht hieße dies, dass sich der Rang nach der zeitlichen Reihenfolge der Rechtsbestellung richtete, so dass sich eine ältere Sicherungsübereignung durchsetzte.51 In der „starken“ Variante hätte das ESR den Vorrang gegenüber nationalen, nicht-registerpflichtigen Sicherungsrechten, selbst wenn diese älter sind. Der Sicherungseigentümer wäre einem Registerpfandrechtsgläubiger gegenüber stets nachrangig. a) Die Aussagekraft der Registers bei einem optionalen Instrument Gegen die schwache Variante spricht, dass durch die Anwendung des Prioritätsprinzips das (Europäische) Sicherheitenregister zum Teil entwertet würde. 49

Vgl. nur R. Stürner, in: The Future of Secured Credit, S. 166, 167. Flessner, in: The Future of Secured Credit, S. 336, 341. 51 Noch extremer ist der Ansatz der Kapstadt-Konvention, die es in Art. 39 zulässt, dass bestimmte, nach nationalem Recht begründete Rechte unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Begründung Vorrang genießen. Gegen einen solchen Ansatz für das europäische Recht Kreuzer, in: Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 31, 64 f. 50

B. Sachrechtsvereinheitlichung

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Denn ein Registrierungssystem kann nur dann seine oben 52 herausgearbeitete Funktion der Rangzuweisung erfüllen, wenn das Register erschöpfend darüber Auskunft gibt, ob an dem Sicherungsgut vorrangige Rechte bestehen. Insofern würde die schwache Variante dem Register seine negative Publizitätsfunktion nehmen: 53 Wenn ein Gläubiger befürchten muss, dass ihm ein anderer Gläubiger vorgeht,54 dessen Recht nicht aus dem Register ersichtlich war, besitzt das Register keinerlei Informationswert mehr. Niemand, der ein Sicherungsrecht an einem bestimmten Gegenstand erwerben will, könnte sich mit einer Überprüfung des Registers begnügen, sondern müsste stets zusätzlich überprüfen, ob nationale, nicht-registerpflichtige Rechte an dem Gegenstand bestehen. Gerade wegen dieser systemsprengenden Wirkung nicht-registrierter Rechte verweigern sämtliche Staaten, die ein Register für besitzlose Sicherungsrechte kennen, der deutschen Sicherungsübereignung die Anerkennung.55 Eine Rechtsordnung, die sich für die Einführung eines Registerpfandrechts entschieden hat, kann vernünftigerweise nicht zugleich publizitätslose Sicherheiten tolerieren.56 Insofern kann aus rein sachlicher Sicht kaum bezweifelt werden, dass der starken Variante der Vorzug zu geben wäre.57 b) Vorteile eines optionalen Instruments insbesondere für grenzüberschreitende Transaktionen Doch auch in der schwachen Variante wäre ein ESR nicht vollständig sinnlos. Zwar würde die Geltung des Prioritätsprinzips dazu führen, dass viele der Vorteile eines Registers für Mobiliarsicherheiten nicht zum Tragen kämen. Ein 52

S. 389 f. Hierzu oben S. 387. 54 Die Frage könnte auch sein, ob der spätere Erwerber des Registerpfandrechts überhaupt vom Schuldner ein Recht an der zur Sicherheit übereigneten Sache erwerben kann. Dies ist nach geltendem Recht problematisch, weil der Sicherungsgeber nicht mehr Berechtigter ist und die Voraussetzungen eines gutgläubigen Erwerbs nach deutschem Recht nicht vorliegen. 55 Siehe oben, S. 325 f. 56 Polen hat 1998 ein Registerpfandrecht eingeführt und gleichzeitig die bereits vorher anerkannte Sicherungsübereignung beibehalten. Auch gegen diese Koexistenz wurde geltend gemacht, dass ein rationaler Gesetzgeber nicht wollen könne, „dass der von ihm mit großem organisatorischen Aufwand durch die Anlage eines Pfandregisters ermöglichte Verkehrsschutz durch die weitere Anwendung der Sicherungsübereignung mittels Besitzkonstituts umgangen wird“, Tracz/Zoll, PPH 1998, 11, 13, zitiert nach U. Ernst, Mobiliarsicherheiten in Deutschland und Polen, S. 119 ff. In Polen hat diese Situation dazu geführt, dass das Registerpfandrecht kaum genutzt wird. 57 Ein starkes optionales Instrument müsste also konsequenterweise von einer Richtlinie begleitet werden, die gewährleistet, dass ein Gläubiger ein erstrangiges Europäisches Sicherungsrecht auch dann erwerben kann, wenn der Schuldner den Sicherungsgegenstand bereits nach nationalem Recht an einen anderen Gläubiger zur Sicherheit übereignet hat. Ähnlich Kieninger, in: Differenzierte Integration im Gemeinschaftsprivatrecht, S. 187, 199; dies., in: Divergences of Property Law, S. 163, 167. 53

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nicht zu vernachlässigender Vorteil eines schwachen ESR läge aber darin, dass es ein verlässliches Instrument für grenzüberschreitende Transaktionen wäre. Entscheiden sich die Parteien, das ESR zu verwenden, könnten sie sicher sein, dass ihre Transaktion in allen Mitgliedstaaten anerkannt werden wird. Die in § 7 dargestellten Probleme und mit ihnen die Rechtsunsicherheit für grenzüberschreitende Transaktionen hätten sich erledigt. Zwar müsste der gesicherte Gläubiger mit den Unterschieden der nationalen Rechte hinsichtlich der Durchsetzung von Kreditsicherheiten in Zwangsvollstreckung und Insolvenz leben; er könnte sich aber darauf verlassen, dass das ESR ihm in der Insolvenz des Schuldners ein Vorrecht an dem Gegenstand verschafft, gleichviel in welchem Mitgliedstaat sich das Sicherungsgut befindet. Jedenfalls für die unter dem status quo so problematischen Fälle mit Auslandsberührung wäre das ein nicht zu unterschätzender Gewinn an Rechtssicherheit. Zu erwähnen ist auch, dass auch bei rein nationalen Transaktionen das ESR selbst in seiner schwachen Form den Parteien mehr Rechtssicherheit böte als die gegenwärtig im deutschen Recht verfügbaren Instrumente. Denn die Anzeige des Sicherungsrechts in einem Register verhindert effektiv den gutgläubigen Wegerwerb des Rechts und vermeidet Beweisprobleme etwa hinsichtlich des Zeitpunkts der Bestellung des Rechts, der bei Prioritätskonflikten und Anfechtungsstreitigkeiten entscheidend sein kann. c) Abwägung Unter sachlichen Gesichtpunkten ist kaum zu bestreiten, dass das ESR in seiner starken Variante die konsequentere Lösung ist. Ein Registersystem einzuführen, dieses aber weder mit negativer Publizität noch mit einer Rangzuweisungsfunktion auszustatten, erscheint wenig überzeugend. Die Koexistenz von Registerpfandrecht und Sicherungsübereignung würde jedenfalls auf nationaler Ebene die Nachteile beider Systeme vereinen: die Unsicherheit des gegenwärtigen Zustands zu den Kosten, die mit der Errichtung und Unterhaltung eines Registers verbunden sind. Dennoch wird hier im Ergebnis entgegen eines Vorschlags von Kreuzer 58 die Einführung eines starken optionalen ESR nicht befürwortet. Eine solche Lösung würde Eingriffe in die nationale Eigentums- und Haftungsordnung erfordern, die an Stärke einer Rechtsvereinheitlichung kaum nachstünden. 59 Zwar wäre die sicherungsweise Übereignung einer Sache nicht ausdrücklich verboten, sie vermittelte aber kein verlässliches Sicherungsrecht mehr, da der Sicherungseigentümer stets der Gefahr ausgesetzt wäre, dass ein Dritter an der Sache

58 59

Kreuzer, in: Europäisches Kreditsicherungsrecht, S. 31, 62 ff. Kieninger, AcP 208 (2008), 182, 225.

B. Sachrechtsvereinheitlichung

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ein vorrangiges Registerpfandrecht erwirbt. 60 Für Deutschland bedeutete ein solches Vorgehen die Abschaffung der Sicherungsübereignung auf kaltem Weg. Weder methodisch noch politisch vermöchte eine solche „Rechtsvereinheitlichung durch die Hintertür“ zu überzeugen. Weiter spricht gegen die starke Variante des optionalen Instruments, dass durch die Vorrangeinräumung gegenüber nationalen Rechten ein oft hervorgehobener Vorzug der Methode der Rechtsangleichung per optionalem Instrument verloren ginge. Für das Institut des optionalen Instruments wird geltend gemacht, dass es als wählbare Rechtsordnung den Ideenwettbewerb unter den Rechtsordnungen befördere. 61 Das ESR in seiner starken Variante hätte aber durch den Vorrang unabhängig von der zeitlichen Reihenfolge einen erheblichen Wettbewerbsvorteil. Die Parteien könnten gerade nicht mehr frei wählen, welches Instrument für sie das bessere ist, denn ein verlässliches Sicherungsrecht wäre nur das ESR. Diese Monopolstellung schlösse jeden Wettbewerb aus. Die Schaffung eines starken optionalen Instruments besitzt insofern fast dieselben Nachteile wie die Rechtsvereinheitlichung durch Verordnung. Zusätzlich würde sie ein wenig durchsichtiges Nebeneinander der Kreditsicherungsrechtssysteme erzeugen.

IV. Europäisches Modellgesetz oder schwaches optionales ESR als Alternativen auf europäischer Ebene Als Handlungsoptionen stehen damit auf europäischer Ebene einerseits der Entwurf eines europäischen Modellgesetzes durch die Europäische Union unter gleichzeitiger Bereitstellung eines europäischen Registers und andererseits die Schaffung eines optionalen europäischen Mobiliarsicherungsrechts in der dargestellten schwachen Variante zur Verfügung. Gestaltet man das optionale Instrument so aus, dass es weiterhin möglich bleibt, Sicherungsrechte nach nationalem Recht zu begründen, die einem später bestellten ESR vorgehen, so entwertet man wie gesehen das Register weitge60 Dass die nachträgliche Bestellung eines Registerpfandrechts den Schuldner gegenüber dem Sicherungseigentümer zum Schadensersatz verpflichtet, hilft dem Sicherungseigentümer gerade im Sicherungsfall nicht. 61 Vgl. die kritische Würdigung dieses Arguments bei Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen, S. 371 ff. Heckschen, in: Festschr. f. H. P. Westermann, S. 999, 1017, macht den Wettbewerbsgedanken in einem anderen Sinn für die Einführung der SE fruchtbar: Weil nun in allen Mitgliedstaaten eine praxisgerechte Rechtsform zur Verfügung stehe, werde der Wettbewerb um die besten Standortkonditionen forciert, da das Vorhandensein einer geeigneten Rechtsform kein Standortkriterium mehr sei. Diese Argumentation zeigt, dass die Einführung eines optionalen Instruments den Wettbewerb der Rechtsordnungen geradezu überflüssig machen kann.

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hend. Von einem schwachen optionalen Instrument würden wohl allenfalls deutsche Exporteure wirklich profitieren, die auf dieses Sicherungsmittel zur Sicherung ihrer Lieferungen ins Ausland zurückgreifen könnten. Die Probleme der Rechtsdurchsetzung im Ausland62 blieben allerdings bestehen, so dass es keineswegs ausgemacht ist, dass die Exporteure tatsächlich auf Akkreditive verzichten würden. Für Exporteure aus den meisten anderen Mitgliedstaaten wäre ein solches Instrument erst recht wenig attraktiv, da sie sich schon jetzt der jeweiligen nationalen Sicherungsrechte bedienen können, die überwiegend auch im Ausland anerkannt werden. 63 Insgesamt erscheint daher die Entwicklung eines optionalen Instruments jedenfalls auf dem Gebiet des Mobiliarsicherungsrechts wenig aussichtsreich zu sein. Solange der Wille und die Kraft zu echter Rechtsvereinheitlichung fehlen – die auch das Insolvenzrecht einbeziehen müsste –, sollte keine Energie auf die Schaffung eines optionalen Instruments gerichtet werden, das letztendlich Stückwerk bleiben müsste. Bei nüchterner Betrachtung ist es vielleicht nicht einmal zu bedauern, wenn konkrete legislative Schritte auf europäischer Ebene in die Zukunft verschoben werden. Besonders drastisch gegen die Rechtsvereinheitlichung durch einen Rechtsakt der Union hat sich Stevens ausgesprochen. 64 Der Prozess der Rechtssetzung auf Unionsebene sei so beschaffen, schreibt Stevens, dass er „almost inevitably to second rate law“ führe. Auch seien die Abläufe so zäh, dass die unvermeidlichen Fehler eines Rechtsaktes – wenn überhaupt – erst mit enormer Verzögerung korrigiert werden könnten. Weiter seien Widersprüche zum jeweiligen nationalen Recht unausweichlich. Ferner dauerten Verfahren vor dem EuGH bereits jetzt zu lange, und das Gericht sei oft nicht bereit, die ökonomischen Gegebenheiten zu akzeptieren. 65 Man muss kein ausgesprochener Euro-Skeptiker sein, um diese Bedenken jedenfalls dem Grunde nach zu teilen.

62

Hierzu oben S. 333. Hingewiesen sei auf die Sonderrolle Österreichs, für das mit einem solchen optionalen Instrument auch für Geschäfte ohne Auslandsberührung eine praktikable besitzlose Sicherheit erstmals geschaffen würde. 64 Stevens, in: The Future of Secured Credit, S. 83, 99. 65 Stevens (a.a.O.) schreibt, es sei „diffi cult to understate the damage which has been done to the Court’s reputation in England by the idealistic pursuit of a harmonized community legal sphere at the expense of justice between the parties.“ Auch Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529 nennen als Hindernis der Zivilrechtsvereinheitlichung, dass der EuGH kein oberstes Zivilgericht für die Europäische Union sei. Die Notwendigkeit einer Instanz, die für eine einheitliche Auslegung und Anwendung eines Einheitsrechts sorgt, betont auch Stein, in: Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 669, 687. Auch sie hält den EuGH für nicht geeignet, diese Aufgabe zu übernehmen. Als Alternative erwägt sie, diese Aufgabe internationalen Schiedsgerichten zu überlassen. 63

C. Eine Reform des nationalen Mobiliarsicherungsrechts

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Ein unverbindliches Modellgesetz wäre demgegenüber diesen Einwänden nicht ausgesetzt. Da es sich nur um ein Angebot an die nationalen Gesetzgeber handelt, brächte es der Praxis freilich keine unmittelbaren Verbesserungen. Unter Effektivitätsaspekten könnte weiter gegen ein Modellgesetz eingewendet werden, dass dieses Vorgehen naturgemäß keine Gewähr dafür bietet, dass tatsächlich eine nennenswerte Zahl der Mitgliedstaaten ihr Mobiliarsicherungsrecht auf der Basis des Modellgesetzes reformiert. Das Register bliebe dann ungenutzt und das Modellgesetz ein Papiertiger. Solange der oben erwähnte politische Druck fehlt, ist diese Gefahr nicht von der Hand zu weisen. Der UCC ist allerdings das beste Beispiel für ein erfolgreiches Modellgesetz. Damit möglichst viele Mitgliedstaaten das Modellgesetz umsetzen, müssen drei Bedingungen erfüllt sein: Es muss ein Handlungsdruck auch auf nationaler Ebene bestehen, das Modellgesetz muss anderen Regelungsmöglichkeiten konzeptionell überlegen sein, und schließlich muss der Eindruck vermieden werden, die Übernahme des Modellgesetzes habe den Charakter eines juristischen Feldversuchs. Kaum ein Staat wird bereit sein, sein bestehendes Recht gegen eine Konstruktion einzutauschen, die sich noch nie in der Praxis bewähren musste. Das Modellgesetz müsste also einerseits an bewährte Konzepte anknüpfen und zugleich diese Konzepte in eine Regelung transponieren, welche in die nationalen Rechtsordnungen übernommen werden kann, ohne hier zu unüber windlichen Anpassungsschwierigkeiten zu führen. Es ist das große Verdienst des DCFR, die Vereinbarkeit von functional approach und notice filing mit allgemeinen sachenrechtlichen Instituten (Eigentum, gutgläubiger Erwerb) gezeigt zu haben. Es wäre daher sehr zu begrüßen, wenn möglichst rasch aus dem IX. Buch des DCFR ein offizielles Modellgesetz der Europäischen Union geschaffen wird. 66

C. Eine Reform des nationalen Mobiliarsicherungsrechts Angesichts dieser eher skeptischen Einschätzung der legislativen Handlungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene einerseits und des unbestreitbar unbefriedigenden Zustand des deutschen Rechts – nicht nur, aber auch in Bezug auf grenzüberschreitende Transaktionen – andererseits ist zu überlegen, ob parallel oder vielleicht sogar im Vorgriff zu der Entwicklung eines europäischen Modellgesetzes eine Reform des nationalen Rechts zu befürworten ist. Insbesondere Wiegand hat sich im Jahr 2008 für eine „Modernisierung des Sachenrechts“ ausgesprochen. 67 Er tritt für eine Reform des deutschen Sachen66 Für die Schaffung eines Modellgesetzes auch R. Stürner, in: The Future of Secured Credit, S. 166, 167. 67 So der Titel seines Beitrags in der Festschr. f. H. P. Westermann, S. 731 ff.

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§ 10 Ausblick

rechts ein, um die auch von ihm konstatierten Widersprüche, dogmatischen Unklarheiten und Verkehrshemmnisse zu beseitigen, die zu Rechtsunsicherheit führen. Insbesondere fordert er, die Publizität gerade bei Mobiliarsicherheiten zu stärken und die neu entstandenen Eigentumsformen bei Sicherungsübereignung und Eigentumsvorbehalt als solche anzuerkennen. 68 Zwar vermöchte eine Reform auf nationaler Ebene nicht, die bekannten Probleme grenzüberschreitender Transaktionen grundsätzlich zu lösen, da sich bei Verbringung des Sicherungsguts ins Ausland nach wie vor Anerkennungsfragen stellten. Allerdings hätte ein deutsches Registerpfandrecht ungleich bessere Aussichten, im Ausland anerkannt zu werden, als die derzeitigen publizitätslosen Rechte. Dies würde erst recht gelten, wenn der nationale Reformprozess eng mit der Schaffung des europäischen Modellgesetzes verzahnt würde. Hierbei wäre es denkbar, dass das deutsche Recht entweder Vorläufer oder erster Anwendungsfall des Modellgesetzes ist. Insofern vermag eine Reform des nationalen Rechts die Probleme grenzüberschreitender Finanzierungen zwar nicht zu beseitigen aber doch erheblich zu entschärfen. Der hier vorgeschlagene zweispurige Ansatz, nach dem Deutschland die Entwicklung eines europäischen Modellgesetzes maßgeblich vorantreibt und dieses parallel in nationales Recht implementiert, bietet auch im Hinblick auf das oben geforderte gesamteuropäische Register wesentliche Vorteile: Wenn Deutschland im Zuge einer nationalen Reform des Mobiliarsicherungsrechts ein elektronisches Register für Sicherungsrechte errichtete, so ist kein Grund konzeptioneller Grund erkennbar, warum dieses Register nicht auch für bestimmte 69 Sicherungsrechte an im Ausland belegenen Gegenständen offen sein sollte.70 Gleichfalls könnte das Register auch für Sicherungsgeber geöffnet werden, die ihren Sitz im Ausland haben.71 Das deutsche Recht könnte so eine Führungsrolle bei der Harmonisierung des europäischen Mobiliarsicherungsrechts einnehmen. Bislang waren es in Deutschland vor allem die Gerichte, die das Kreditsicherungsrecht fortentwickelt und dadurch den Bedürfnissen der Praxis Rechnung 68 Wiegand, in Festschr. f. H. P. Westermann, S. 731, 744. Siehe in diesem Zusammenhang auch den Beitrag von Lutz, in: Bonner Rechtsjournal 2/2010. 69 Denkbar wäre es etwa, einen Entsprechenskatalog aufzustellen, in den bestimmte Typen ausländischer Mobiliarsicherungsrechte aufgenommen werden, die unabhängig von Belegenheitsort oder Schuldnersitz in das Register eingetragen werden können, vgl. Schmitz, Dingliche Mobiliarsicherheiten im internationalen Insolvenzrecht, S. 42. 70 Das u. a. von Langenbach, S. 118 ff.; Röthel, JZ 2003, 1027, 1034 vorgeschlagene „Zentralregister“ müsste also nicht notwendig ein europäisches Register sein, sondern könnte auch von einem einzelnen Mitgliedstaat geführt werden, der sein Register für ausländische Sicherungsrechte öffnet. 71 Ob ein auf diese Weise registriertes Recht nach der jeweiligen lex rei sitae anerkannt wird, ist eine andere Frage, die freilich stets bejaht werden kann, wenn entweder den jeweiligen nationalen Vorschriften genügt wird oder die Eintragung ins deutsche Register einen Publizitätsakt nach der lex rei sitae zu substituieren vermag.

C. Eine Reform des nationalen Mobiliarsicherungsrechts

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getragen haben. Es ist an der Zeit, dass sich auch der Gesetzgeber dieser Aufgabe stellt und ein haftungsrechtlich ausgewogenes und international anerkennungsfähiges Sicherungsrecht an beweglichen Sachen und Forderungen schafft.

4. Teil

Wesentliche Ergebnisse § 1 Mobiliarsicherheiten als Instrument der Unternehmensfinanzierung A. Für deutsche Unternehmen ist der Bankkredit nach wie vor die wichtigste externe Finanzierungsquelle. Die Beteiligungsfinanzierung und mezzanine Finanzierungsformen spielen demgegenüber gerade für mittelständische Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle. Die Kreditgewährung durch Lieferanten eines Unternehmens ist volkswirtschaftlich gesehen keine Alternative zum Bankkredit, sondern führt im Gegenteil zur Entstehung weiteren Bankkredits, da die kreditierenden Lieferanten sich typischerweise über die Aufnahme von Kapital bei einer Bank refinanzieren. Zunehmend finanzieren Unternehmen sich durch Finanzierungsleasing, durch Factoring und neuerdings auch durch Forderungsverbriefungen (Asset Backed Securities), wobei diese Instrumente durch die Finanzkrise stark in Verruf geraten sind. Die herausragende ökonomische Bedeutung des Bankkredits bedeutet nicht, dass andere Finanzierungsmethoden kreditsicherungsrechtlich zu vernachlässigen sind. Vielmehr muss sich ein Kreditsicherungsrecht auch im Hinblick auf alternative Formen der Finanzierung bewähren, ohne hierbei eine bestimmte Finanzierungsform zu bevorzugen. Aus diesem gleichberechtigten Nebeneinander der Finanzierungsarten ergibt sich die Forderung, dass alle rechtlichen Konstruktionen, die funktional der Kreditsicherung dienen, als Kreditsicherheiten erkannt und behandelt werden. B. Für die Finanzierung vor allem kleiner und mittlerer Unternehmen besitzen Kreditsicherheiten zentrale Bedeutung, weil für einen gesicherten Kredit typischerweise niedrigere Zinsen zu entrichten sind als für einen ungesicherten. Der Zinsvorteil des gesicherten Kredits beruht darauf, dass Kreditsicherheiten das Risiko eines Kreditgebers senken, mit seinem Rückzahlungsanspruch auszufallen. Die in den Kreditzinsen enthaltene Risikoprämie kann daher beim gesicherten Kredit entsprechend niedriger sein. Die höheren Kosten ungesicherten Kredits beruhen auch darauf, dass eine Bank einen solchen Kredit unter Geltung des zweiten Baseler Eigenkapitalakkords mit mehr Eigenkapital unterlegen muss. Demgegenüber können Sicherheiten unter den Voraussetzungen der §§ 174, 175 Solvabilitätsverordnung risikomindernd bei der Berechnung des erforderlichen Eigenkapitals in Ansatz gebracht werden.

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4. Teil: Wesentliche Ergebnisse

Die Alternative zwischen der Aufnahme von gesichertem oder ungesichertem Kredit haben in der Praxis nur Unternehmen mit exzellenter Bonität. Bei anderen Unternehmen wird ein Gläubiger dagegen oftmals überhaupt nur gegen Stellung einer Sicherheit bereit sein, ein Darlehen zu gewähren. Für viele kleine und mittlere Unternehmen ist daher die Möglichkeit, einem Gläubiger eine Sicherheit anbieten zu können, Vorbedingung für die Aufnahme von Kredit und somit essentiell für die Finanzierung des Unternehmens. Gerade in Zeiten ökonomischer Unsicherheit und einer drohenden Verknappung der Kreditversorgung besitzt das Kreditsicherungsrecht daher eine besondere volkswirtschaftliche Relevanz. Spezielle Bedeutung kommt dabei einer effizienten Regelung des Mobiliarkredits zu, weil in der postindustriellen Gesellschaft das Vermögen vieler Unternehmen nur aus beweglichen Sachen und Rechten, insbesondere Forderungen besteht.

§ 2 Funktionale und ökonomische Grundlagen dinglicher Sicherheiten A. Typusprägendes Merkmal einer dinglichen Sicherheit ist es, dass sie ihrem Inhaber ein Befriedigungsvorrecht hinsichtlich des Sicherungsguts vor den übrigen Insolvenzgläubigern verschafft. Allerdings beschränkt sich die risikound damit kostensenkende Wirkung von Kreditsicherheiten nicht auf das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Ein Gläubiger, der durch ein Sicherungsrecht an einem bestimmten Gegenstand des schuldnerischen Vermögens vollumfänglich gesichert ist, kann seine Kontrolle darauf beschränken, den Zustand dieses Sicherungsgegenstands zu überwachen. Ob das schuldnerische Unternehmen als solches profitabel arbeitet, ist für ihn dagegen gleichgültig. Insbesondere beim so genannten asset-based lending reduzieren Kreditsicherheiten insofern den zur Überwachung des Schuldners erforderlichen Aufwand. Wie groß das Kontrollbedürfnis des Sicherungsnehmers in Bezug auf den Sicherungsgegenstand ist, hängt auch von der gesetzlichen Ausgestaltung des Sicherungsrechts ab. Entscheidend ist, wie effektiv der Gläubiger vor einem (gutgläubigen) Wegerwerb seines Rechts durch Dritte geschützt ist. Die deutsche Rechtsprechung hat die wegen § 932 BGB im Ausgangspunkt schwache Position des Inhabers einer besitzlosen Sicherheit in dogmatisch angreifbarer Weise gestärkt, indem sie hinsichtlich des Eigentumsvorbehalts – nicht jedoch hinsichtlich der Sicherungsübereignung – grundsätzlich eine Nachforschungsobliegenheit des Erwerbers der Sache annimmt. Ein weiterer Vorteil des gesicherten Gläubigers außerhalb der Insolvenz liegt darin, dass er seine Forderung durch sein Zugriffsrecht auf das Sicherungsgut leichter und kostengünstiger durchsetzen kann. Insbesondere wenn der Sicherungsvertrag eine Verfallklausel vorsieht oder einen freihändigen Verkauf er-

4. Teil: Wesentliche Ergebnisse

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möglicht, muss der Gläubiger staatliche Gerichte allenfalls zur Erlangung des Besitzes am Sicherungsgut bemühen. Bei einem Sicherungsrecht an einer Forderung kann er sich durch den Einzug der Forderung beim Drittschuldner sogar gänzlich ohne gerichtliche Hilfe befriedigen. Aus diesen verbesserten Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten wird teilweise abgeleitet, dass der Kreditschuldner bei einem gesicherten Kredit einen höheren Anreiz habe, die Forderung freiwillig zu erfüllen, da er sonst den Verlust des Sicherungsgegenstands fürchten muss. Dieser so genannte „Geiseleffekt“ sollte aber nicht überschätzt werden. Im Zusammenhang mit Projektfinanzierungen kommt Kreditsicherheiten eine primär defensive Funktion in dem Sinn zu, dass durch die Belegung des gesamten Anlagevermögens der Projektgesellschaft andere Gläubiger von Vollstreckungen in die verpfändeten Vermögensgegenstände abgehalten werden sollen. Die Sicherheiten am Anlagevermögen werden insofern nicht bestellt, weil der Gläubiger sich von ihrer Verwertung Befriedigungsvorteile verspricht, sondern um eventuelle Störungen des Geschäftsbetriebs durch Pfändungen Dritter in diese Gegenstände auszuschließen. In der Insolvenz des Schuldners ist es die wichtigste Funktion einer dinglichen Sicherheit, dass sie ihrem Inhaber einen Befriedigungsvorrang vor den anderen Insolvenzgläubigern verschafft. Wie stark die Rechtsstellung des Sicherungsnehmers in der Insolvenz ausgestaltet ist, hat daher entscheidende Bedeutung für den Wert des Sicherungsrechts. Trotz gegenteiliger Bestrebungen im Zuge der Insolvenzrechtsreform muss der gesicherte Gläubiger auch unter Geltung der Insolvenzordnung allenfalls graduelle Beeinträchtigungen in Form des Verwertungsrechts des Insolvenzverwalters sowie der Kostenbeiträge nach § 171 InsO hinnehmen. Für den Vorbehaltseigentümer und den Leasinggeber gelten nicht einmal diese Beschränkungen. Sie können die Sache nach § 47 InsO aussondern, ohne Kostenbeiträge entrichten zu müssen. B. Obwohl der Vorrang des gesicherten Gläubigers in der Insolvenz im Prinzip in allen Rechtsordnungen anerkannt wird, besteht Uneinigkeit darüber, ob diese Wirkung dinglicher Sicherheiten effizient im Sinne des Kaldor/HicksKriteriums ist. Zu bejahen ist jedenfalls die Effizienz so genannter Anschaffungsfinanzierungen. Bei diesen Transaktionen stellt der Gläubiger dem Schuldner Kapital zum Erwerb eines bestimmten Vermögensgegenstands zur Verfügung und sichert sich durch ein Sicherungsrecht an diesem Gegenstand. Paradigma ist der Eigentumsvorbehalt. Aber auch der drittfinanzierte Erwerb von Gegenständen ist zu den Anschaffungsfinanzierungen zu zählen. Bei Anschaffungsfinanzierungen vermittelt das Sicherungsrecht seinem Inhaber nur ein Vorzugsrecht an einem Gegenstand, der überhaupt erst aufgrund der Kreditgewährung Massebestandteil geworden ist. Für die ungesicherten Gläubiger bedeutet ein Sicherungsrecht an der angeschafften Sache somit keine Masseverkürzung, so dass sie durch Anschaffungsfinanzierungen nicht benachteiligt werden.

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4. Teil: Wesentliche Ergebnisse

Im Hinblick auf die Effizienz anderer Kreditsicherheiten als Anschaffungssicherheiten lässt sich geltend machen, dass die Begründung eines Vorzugsrechts an einer Sache möglicherweise zu einem Nullsummenspiel führt, da die Kostenvorteile für den gesicherten Gläubiger und den Schuldner durch die Nachteile der nicht-anpassungsfähigen Gläubiger aufgewogen werden. Nicht-anpassungsfähige Gläubiger sind solche Gläubiger, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der Lage sind, ihre Kreditbedingungen dem durch die Bestellung einer Sicherheit zugunsten eines anderen Gläubigers gestiegenen Risiko anzupassen. Andererseits kommt die Kreditgewährung auch den ungesicherten Gläubigern zugute, da sich hierdurch die Liquiditätslage des Schuldners verbessert. Bei Unternehmenssicherheiten kommt hinzu, dass der gesicherte Gläubiger den Geschäftsbetrieb des schuldnerischen Unternehmens schon im Eigeninteresse eng überwacht. Dies führt tendenziell zu früheren und damit aussichtsreicheren Sanierungsbemühungen. Auch wenn es sich als unmöglich erwiesen hat, die Frage nach der Effizienz dinglicher Sicherheiten pauschal zu bejahen oder zu verneinen, lassen sich aus der Diskussion zwei Anforderungen an die Ausgestaltung des Mobiliarsicherungsrechts ableiten: Die potentiellen Kostenvorteile gesicherten Kredits dürfen einerseits nicht durch unnötig hohe Transaktionskosten bei der Begründung des Sicherungsrechts minimiert werden. Solche Transaktionskosten können auch aus Rechtsunsicherheit resultieren. Daher muss die rechtliche Regelung andererseits Möglichkeiten für andere (prospektive) Gläubiger des Schuldners bieten, sich mit möglichst geringem Aufwand über bestehende Sicherungsrechte zu informieren. Die anderen Gläubiger müssen in die Lage versetzt werden, ihre Kreditbedingungen der Bestellung einer Sicherheit zugunsten eines anderen Gläubigers anzupassen. Durch eine solche Informationsmöglichkeit wird nicht nur der Abschluss von Kreditverträgen vermieden, die von vornherein nicht das tatsächliche Risiko des Geschäfts widerspiegeln; es werden auch die Kosten gesenkt, die bei der Begründung eines Sicherungsrechts dadurch entstehen, dass der Gläubiger feststellen muss, ob ein Gegenstand, an dem er ein Sicherungsrecht erwerben möchte, bereits belastet ist.

§ 3 Die Dogmengeschichte des deutschen Mobiliarsicherungsrechts A. Von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Mobiliarsicherheiten seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war einerseits die Abschaffung der Mobiliarhypothek zunächst in vielen Partikulargesetzen und später im ADHGB von 1861 und der Reichskonkursordnung von 1877. Andererseits bestand gerade zu dieser Zeit ein erheblicher Kapitalbedarf der deutschen Wirtschaft, dessen Befriedigung durch die Gründerkrise in den 1870er

4. Teil: Wesentliche Ergebnisse

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Jahren weiter erschwert wurde. Als Reaktion auf diese spezifischen Bedingungen entwickelte die Praxis den so genannten Sicherungskauf als funktionales Surrogat der Mobiliarhypothek. Nach anfänglicher Uneinigkeit setzte sich in der Rechtsprechung des Reichsgerichts die Ansicht durch, dass solche Geschäfte weder als Schein- noch als Umgehungsgeschäft nichtig seien, sondern dass es sich vielmehr um eine zulässige Ausnutzung der Möglichkeit der Übereignung mittels Besitzkonstituts handele. Durch Rückgriff auf die fiducia des älteren und klassischen römischen Rechts gelang es, die Bindungen des Sicherungsnehmers als Ausprägungen seiner Stellung als (eigennütziger) Treuhänder zu deuten. Auch der einfache Eigentumsvorbehalt war schon vor Inkrafttreten des BGB ein allgemein übliches Sicherungsmittel bei Abzahlungskäufen, wie das preußische Gesetz über den Möbelleihvertrag und das Abzahlungsgesetz zeigen. Allerdings war im 19. Jahrhundert die Position des Erwerbers noch nicht zu einem „Anwartschaftsrecht“ im Sinne einer verkehrs- und vollstreckungsfähigen Rechtsposition ausgebaut. Auch die Verlängerungs- und Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts wurden erst nach dem Inkrafttreten des BGB entwickelt. B. Der BGB-Gesetzgeber sicherte der Sicherungsübereignung durch die unbeschränkte Zulassung der Übereignung mittels Besitzkonstituts in §§ 929, 930 BGB auch unter Geltung des BGB die Anerkennung. Die gegen die Sicherungsübereignung gerichteten Bedenken wurden von der zweiten Kommission zwar erörtert, aber letztlich nicht für durchgreifend erachtet. Die Charakterisierung der Sicherungsübereignung als ein Produkt der Rechtsfortbildung ist daher für die einfache Sicherungsübereignung abzulehnen. Maßgeblich für die Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der Sicherungsübereignung waren vor allem zwei Gründe: Zum einen hätte ein Verbot der Verwendung des constitutum possessorium zu Sicherungszwecken eine Durchbrechung des Abstraktionsprinzips bedeutet, da die Wirksamkeit der Verfügung von ihrem Zweck abhängig gewesen wäre. Zum anderen konnte sich der Gesetzgeber dem dringenden Bedürfnis der Praxis nach besitzlosen Sicherheiten nicht verschließen. Die eigenartige Widersprüchlichkeit des Gesetzgebers, einerseits beim Pfandrecht auf dem Erfordernis der körperlichen Übergabe zu beharren und andererseits die Sicherungsübereignung bewusst zu tolerieren, beruht insofern darauf, dass dem Gesetzgeber die Schwächen der Sicherungsübereignung einerseits nur zu deutlich bewusst waren, er aber andererseits keine bessere Antwort auf die unabweisbaren rechtspolitischen Notwendigkeiten geben konnte. Die Zeit für ein Mobiliarsicherheitenregister war noch nicht gekommen. Nach Inkrafttreten des BGB musste sich die Rechtsprechung unter anderem mit der zu bejahenden Frage befassen, ob das Verbot des Verfallspfands aus § 1229 BGB auch auf die Sicherungsübereignung anzuwenden ist. Ein zentraler Streitpunkt war ferner die Zulässigkeit der Sicherungsübereignung eines Wa-

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renlagers. Konstruktive Schwierigkeiten bereiten hier sowohl die dingliche Einigung wie das Besitzmittlungsverhältnis. Überlegungen, die Einigung bzw. das Besitzmittlungsverhältnis durch ein Insichgeschäft des Sicherungsgebers mit sich selbst als Vertreter des Sicherungsgebers zu konstruieren oder insoweit eine mittelbare Stellvertretung anzunehmen, konnten sich nicht durchsetzen. Der von der herrschenden Meinung stattdessen zur Erklärung solcher Geschäfte gewählten Konstruktion einer antizipierten Übereignung und eines gleichfalls antizipierten Besitzmittlungsverhältnisses stehen gravierende dogmatische Bedenken gegenüber. Traditions- und Bestimmtheitsprinzip lassen sich nicht mit der Wirksamkeit einer Verfügung über eine uneinheitliche Sachgesamtheit mit wechselndem Bestand vereinbaren, wenn man diese Prinzipien nicht zu leeren Begriffshülsen degradieren will. Die Bedenken entzünden sich zunächst daran, dass die Einigung über den konkreten Verfügungsgegenstand zum Tatbestand der dinglichen Übereignung im Rahmen von § 929 S. 1 BGB gehört. Die antizipierte Einigung ist daher notwendigerweise unvollständig, da es an einem bestimmten Verfügungsobjekt als essentialium negotii fehlt. Die Rechtsprechung lässt es allerdings hinsichtlich der dinglichen Einigung wie hinsichtlich des Besitzmittlungsverhältnisses ausreichen, wenn die Bestimmtheit im Moment des Abschlusses des Übereignungstatbestands gewahrt ist. Hiermit wird verdeckt, dass das Rechtsgeschäft ursprünglich an einem logischen Dissens leidet. Bezüglich der Konstruktion des antizipierten Besitzmittlungsverhältnisses ist weiter problematisch, dass sich in einem Warenlager typischerweise auch Waren befinden, die der Schuldner unter Eigentumsvorbehalt gekauft, aber noch nicht vollständig bezahlt hat. Die Sicherungsübereignung eines solchen Lagers mit „gemischtem Bestand“ lässt sich besitzrechtlich nur konstruieren, wenn man auf die Lehre vom Nebenbesitz abstellt. Denn selbst wenn man annimmt, dass der Schuldner bezüglich der noch nicht bezahlten Sachen „nur“ sein Anwartschaftsrecht auf den Sicherungsnehmer überträgt, müssen auch für diese Verfügung die Voraussetzungen der §§ 929 S. 1, 930 BGB gewahrt sein. Hinsichtlich dieser Sachen mittelt der Schuldner aber dem Vorbehaltsverkäufer den Besitz. Ein weiteres Besitzmittlungsverhältnis mit dem Sicherungsnehmer ließe sich nur auf der Grundlage der dem Gesetz fremden Lehre vom Nebenbesitz begründen. Methodisch handelt es sich daher bei der Anerkennung revolvierender Sicherungsübereignungen um richterliche Rechtsfortbildung. Auch die dem Sicherungsgeber typischerweise zustehende Befugnis, über das Sicherungsgut im Wege des ordnungsgemäßen Geschäftsgangs im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu verfügen, ruft Bedenken gegen die Anerkennung des Besitzmittlungsverhältnisses bei der Raumsicherungsübereignung hervor. Denn ein Besitzmittlungsverhältnis setzt das Bestehen eines Herausgabeanspruchs des mittelbaren Besitzers voraus. Die Erfüllung dieses Herausgabeanspruchs wird aber durch eine solche Verfügung gerade unmöglich gemacht,

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ohne dass hinsichtlich des Erlöses eine dingliche Surrogation stattfindet. Es ist insofern wenigstens fragwürdig, wenn die Rechtsprechung gleichwohl davon ausgeht, dass bei revolvierenden Sicherungsübereignungen ein „konkretes“ Besitzmittlungsverhältnis besteht. Dieser Standpunkt verdeutlicht, wie sehr die Rechtsprechung von dem Bemühen geleitet war und ist, das berechtigte Bedürfnis der Praxis nach interessengerecht ausgestalteten Mobiliarsicherheiten zu befriedigen. C. Auch die sicherungsweise Verfügung über Forderungen hat der BGB-Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt. Dass er sie dennoch bewusst toleriert und damit anerkannt hat, ergibt sich aus § 216 Abs. 2 BGB (§ 223 Abs. 2 BGB a. F.). Die Praxis bevorzugt die Sicherungsabtretung gegenüber einer Verpfändung der Forderung vor allem wegen der einfacheren Verwertungsmöglichkeiten und des bei der Abtretung fehlenden Erfordernisses der Drittschuldnerbenachrichtigung. Die Sicherungsabtretung wird heute vor allem in Form der revolvierenden Globalzession verwendet. Gegen diesen Geschäftstyp bestehen konstruktive Bedenken, weil er eine Verfügung hinsichtlich künftiger Forderungen enthält. Wie bei der antizipierten Übereignung ist es hinsichtlich der Forderungsabtretung fraglich, unter welchen Voraussetzungen der Zedent ein künftiges Recht übertragen kann. Insoweit ist zwischen echten und unechten Vorauszessionen zu unterscheiden. Von einer unechten Vorauszession spricht man, wenn es um die Übertragung noch nicht fälliger, befristeter oder bedingter Forderungen geht. Weil diese Forderungen im Zeitpunkt der Übertragung bereits bestehen, kann ihr Inhaber sie auch schon übertragen, obwohl die Fälligkeit bzw. die Bedingung noch nicht eingetreten ist. Der Übertragungstatbestand hängt von der Wirksamkeit des Rechts nicht ab und ist somit bereits im Moment der Zession abgeschlossen. Die Übertragung einer bedingten Forderung ist daher insolvenzfest, auch wenn über das Vermögen des Zedenten vor Eintritt der Wirksamkeitsbedingung ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dies ist unabhängig davon, ob der Zedent ein Anwartschaftsrecht hinsichtlich der Forderung geltend machen kann. Bei der echten Vorauszession geht es dagegen um Forderungen, für die im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrags noch keine Grundlage besteht. Es handelt sich insofern um „erwartete“ oder „gehoffte“ Rechte. Weil die Existenz des Verfügungsgegenstands zum Tatbestand des Verfügungsgeschäfts gehört, ist die echte Vorausabtretung erst dann abgeschlossen, wenn das gehoffte Recht später entsteht. Es muss aber sicher festgestellt werden können, ob eine bestimmte Forderung Gegenstand der antizipierten Abtretung war. Die Rechtsprechung lässt hier im Gegensatz zur antizipierten Einigung bei § 929 S. 1 BGB die „Bestimmbarkeit“ in dem Sinn ausreichen, dass es im Zeitpunkt der Entstehung der Forderung möglich sein muss, festzustellen, ob die Forderung von der Zession erfasst wird. Zur Ermittlung der Reichweite der Zession

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kann dabei auch auf außerhalb des Vertrags liegende Umstände zurückgegriffen werden, da es hier nur um die Auslegung der rechtsgeschäftlichen Einigung der Parteien geht. Erkennt man, dass bei Vorausverfügungen der Verfügungstatbestand erst mit Entstehung der abzutretenden Forderung vollkommen ist, wird deutlich, dass die Anwendung des Prioritätsprinzips zur Auflösung der Konkurrenz verschiedener Vorauszessionen problematisch ist. Denn die konkurrierenden Verfügungen werden gleichzeitig im Moment der Entstehung des Verfügungsobjekts wirksam, so dass der Vorrang der „früheren“ Zession nicht damit erklärt werden kann, dass die spätere Zession ins Leere ginge. Maßgeblich für die Wirksamkeit einer echten Vorauszession ist somit, ob der Zedent im Moment des Entstehens der Forderung die Verfügungsbefugnis über diese besitzt. Daran fehlt es entgegen der vom Bundesgerichtshof vertretenen Ansicht, wenn gegen den Schuldner während der Schwebezeit im Rahmen des Insolvenzeröffnungsverfahrens ein Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO verhängt wurde. Typischerweise ist der Sicherungszedent bis zum Sicherungsfall zur Einziehung der abgetretenen Forderungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung befugt. Ähnlich wie hinsichtlich der Verfügungsermächtigung des Sicherungsgebers bei der Raumsicherungsübereignung war lange umstritten, wie ein solches Einziehungsrecht konstruiert werden kann. Insbesondere hielt und hält es die herrschende Meinung zu Recht für unzulässig, Forderungsinhaberschaft und Forderungszuständigkeit aufzuspalten. Zur Abhilfe besann man sich auf das mandatum agendi und entwickelte aus diesem Institut des römischen Rechts die Einziehungsermächtigung. Deren Zulässigkeit ist heute zwar allgemein anerkannt; ihre dogmatische Konstruktion bleibt aber ungeklärt. D. Ausgangspunkt der Analyse des einfachen Eigentumsvorbehalts muss eine funktionale Differenzierung dieses Instituts sein: Übernimmt der Verkäufer im Verhältnis zum Käufer nicht nur die Lieferungs-, sondern auch die Finanzierungsfunktion, dient der Eigentumsvorbehalt der Sicherung des dem Käufer vom Verkäufer gewährten Kredits. Dieser Kredit dient der Finanzierung des Erwerbs der Kaufsache. Der Eigentumsvorbehalt ist in dieser Situation eine Kreditsicherheit, die eine Anschaffungsfinanzierung sichert (Anschaffungssicherheit). Gerade bei kurzfristigen Zahlungszielen dient die bedingte Übereignung jedoch nicht der Sicherung eines Kredits, sondern der Gewährleistung des gleichzeitigen Leistungsaustauschs zwischen Verkäufer und Käufer. In dieser Situation besitzt der Eigentumsvorbehalt nur eine auf das schuldrechtliche Synallagma bezogene Funktion, so dass der Vorbehaltsverkäufer nicht wie ein gesicherter Gläubiger zu behandeln ist. Im BGB ist der Eigentumsvorbehalt in erster Linie als schuldrechtliches Phänomen geregelt. Insbesondere fehlt es an einer Kennzeichnung der Rechtsstellung des Vorbehaltskäufers vor Kaufpreiszahlung. Unklar war, ob diese Position als haftendes Vermögen des Käufers begriffen werden kann. Nach einer sol-

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chen vermögens- und haftungsrechtlichen Verselbständigung der Anwartschaft des Käufers bestand aufgrund der in dieser Position gebundenen Werte ein großes praktisches Bedürfnis. Dessen Befriedigung dient die Lehre vom Anwartschaftsrecht, die es erlaubt, die Position des Käufers schon vor Bedingungseintritt als verkehrsfähigen Vermögensgegenstand zu beschreiben. Mit der Denkfigur des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers versucht die herrschende Meinung die praktischen Probleme zu lösen, die daraus resultieren, dass der Eigentumsvorbehalt nicht als besitzloses Pfandrecht gedeutet wird. In der Insolvenz des Käufers kann der Verkäufer nach ganz herrschender Meinung das Sicherungsgut nach Ablehnung der Erfüllung durch den Insolvenzverwalter gegen Rückzahlung der bereits erhaltenen Kaufpreisraten aussondern. Anders als beim Sicherungseigentum soll also beim Vorbehaltskauf die Funktion des vorbehaltenen Eigentums irrelevant sein. Nach der hier entwickelten Differenzierung muss es dagegen darauf ankommen, ob der vom Verkäufer dem Käufer gewährte Zahlungsaufschub auch Finanzierungsfunktion hatte. Soweit dies der Fall ist, lässt sich eine Besserstellung des Vorbehaltsverkäufers gegenüber sonstigen Finanziers des Schuldners nicht rechtfertigen. Auch der Vorbehaltsverkäufer sollte nur ein Absonderungsrecht geltend machen können, sofern er als Kreditgeber des Gläubigers fungiert hat. Zur Differenzierung ist darauf abzustellen, ob der Verkäufer dem Käufer im wirtschaftlichen Sinn Kredit gewährt hat, indem er ihm einen nicht nur kurzfristigen Zahlungsaufschub eingeräumt hat. Für die haftungsrechtliche Zuordnung des Vorbehaltsguts zum Käufer spricht auch die bilanz- und steuerrechtliche Behandlung als „wirtschaftliches“ Eigentum des Käufers. E. Durch die Erstreckung des Eigentumsvorbehalts auf eine aus der Kaufsache neu hergestellte Sache sowie auf eine aus einem Weiterverkauf entstehende Forderung versucht der Verkäufer, auf das wertmäßige Surrogat der von ihm gelieferten Sache zuzugreifen. Diese Verlängerung dient auch dem Schutz vor anderen Gläubigern, die durch eine Raumsicherungsübereignung oder eine Globalzession gesichert sind. Die Rechtsprechung hat diese Zwecke der Verlängerungsformen sanktioniert, indem sie einerseits durch die Vertragsbruchlehre und andererseits durch die Deutung der Herstellerklausel als Vereinbarung der Herstellereigenschaft sichergestellt hat, dass kein anderer Gläubiger des Käufers ein vorrangiges Sicherungsrecht an den Surrogaten erwerben kann. In beiden Fällen hat die Rechtsprechung in dogmatisch fragwürdiger Weise dem berechtigten haftungsrechtlichen Interesse der Lieferanten Rechnung getragen. F. Der erweiterte Eigentumsvorbehalt ist zwar konstruktiv dem einfachen Eigentumsvorbehalt eng verwandt, funktional ist er jedoch jedenfalls nach dem Erweiterungsfall eine normale Kreditsicherheit. Nach Erfüllung der ursprünglichen Forderung sichert das vorbehaltene Eigentum nicht mehr den zur Anschaffung des Sicherungsguts gewährten Kredit, sondern eine andere Verbindlichkeit. Die für Anschaffungsfinanzierungen angemessenen Privilegien sind in

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Bezug auf den erweiterten Eigentumsvorbehalt daher nicht gerechtfertigt. Insofern ist es überzeugend, dass dem Vorbehaltsverkäufer jedenfalls nach Eintritt des Erweiterungfalls in der Käuferinsolvenz nur ein Absonderungsrecht gewährt wird. Eine grundsätzliche Lösung der durch die Erweiterung des Eigentumsvorbehalts aufgeworfenen Probleme kann allerdings nur der Gesetzgeber schaffen. Das Bedürfnis nach einem korrigierenden Eingreifen des Gesetzgebers verdeutlicht nicht zuletzt das Verbot des Konzernvorbehalts in § 449 Abs. 3 BGB (§ 455 Abs. 2 a. F. BGB). Diese Vorschrift ist der einzige Fall im Mobiliarsicherungsrecht, in dem der Gesetzgeber das Konkurrenzverhältnis der Gläubiger untereinander durch die Beschränkung einer bestimmten Sicherungsform ausdrücklich geregelt hat. G. Dem Finanzierungsleasing kann neben der Funktion, dem Leasingnehmer die Nutzung des Gegenstands zu ermöglichen, auch die Funktion zukommen, die Anschaffung des Leasingguts zu finanzieren. Die deutsche Praxis wird weitgehend vom erlasskonformen Leasing beherrscht, bei dem steuer- und bilanzrechtlich das Leasinggut dem Leasinggeber zugerechnet wird. Die Kriterien der einschlägigen Leasingerlasse eignen sich gleichfalls zur haftungsrechtlichen Abgrenzung von Leasingverträgen mit und ohne Finanzierungsfunktion. Soweit das Leasinggut steuer- und bilanzrechtlich „wirtschaftliches Eigentum“ des Leasingnehmers ist, sollte dies auch haftungsrechtlich dadurch anerkannt werden, dass das Leasinggut dem Vermögen des Leasingnehmers zugerechnet wird.

§ 4 Die haftungsrechtliche Legitimation von Mobiliarsicherheiten A. Insolvenzfeste Sicherungsrechte durchbrechen den insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil der gesicherte Gläubiger in Höhe seines Vorrechts von der wechselseitigen Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger ausgenommen ist. Die Besserstellung des gesicherten Gläubigers kann nicht unter Hinweis auf den dinglichen Charakter eines Kreditsicherungsrechts begründet werden, da sich keine Tatbestandsmerkmale des dinglichen Rechts ausmachen lassen, die für seine Insolvenzfestigkeit angeführt werden können. Es erscheint im Gegenteil sinnvoll, das dingliche Recht wirkungsbezogen zu verstehen und es als auf einen Gegenstand bezogenes, absolutes Recht zu definieren. Bei einem solchen Verständnis ist es aber ein Zirkelschluss, mit dem Hinweis auf die Dinglichkeit eines Rechts seine Insolvenzfestigkeit zu begründen. B. Art. 14 GG enthält keine Garantie der insolvenzrechtlichen Wirkungen von Kreditsicherheiten in dem Sinn, dass es dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich untersagt wäre, das Insolvenzvorrecht des gesicherten Gläubigers einzuschränken oder abzuschaffen.

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C. Auch die Privatautonomie in Form der Verfügungsfreiheit des Sicherungsgebers kann nicht zur Rechtfertigung der insolvenzrechtlichen Bevorrechtigung des Sicherungsnehmers angeführt werden. Dass die Belastung eines Gegenstands nicht lediglich ein minus zur zulässigen Veräußerung ist, wird deutlich, wenn man die haftungsrechtlichen Auswirkungen näher betrachtet: Anders als die Veräußerung eines Gegenstands verändert die Bestellung eines Sicherungsrechts nicht die haftungsrechtliche Zuordnung dieses Gegenstands, da das Sicherungsgut nach wie vor für die Verbindlichkeiten des Sicherungsgebers haftet. Der Empfänger der Sicherheit bleibt Gläubiger des Sicherungsgebers. Er kann aufgrund des ihm vom Sicherungsgeber bestellten Sicherungsrechts vor allen anderen Gläubigern Befriedigung aus dem Sicherungsgut suchen. Zwar sind Kreditsicherheiten trotz dieser Wirkung keine Verträge zu Lasten Dritter, weil sie keine schuldrechtliche Verpflichtung der anderen Gläubiger begründen, aus ihnen resultieren aber in der Insolvenz des Schuldners Benachteiligungen für die anderen Gläubiger, die sich nicht mit der Privatautonomie des Schuldners rechtfertigen lassen. Dies beruht darauf, dass der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht bloß als einfache Verteilungsregel zu verstehen ist. Die sich aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergebende wechselseitige Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger mit ihren Forderungen ist mit Häsemeyer als die insolvenzrechtliche Konsequenz des nicht mehr rückrechenbaren Einflusses zu sehen, den jeder Gläubiger durch seine Kreditgewährung auf die Vermögenslage des Schuldners genommen hat. Von seinem Einfluss auf das schuldnerische Vermögen und seiner Haftung hierfür gegenüber den anderen Gläubigern kann sich ein Gläubiger grundsätzlich nicht durch vertragliche Absprache mit dem Schuldner freizeichnen. Diese Sichtweise wird durch die Theorie von der haftungsrechtlichen Zuweisung bestätigt. Nach dieser Lehre ist den Insolvenzgläubigern die Insolvenzmasse zur gemeinschaftlichen Befriedigung zugewiesen. Jeder Insolvenzgläubiger hat nach dieser Ansicht ein dingliches Befriedigungsrecht an der Insolvenzmasse. In dieses Befriedigungsrecht greift die Bestellung eines Insolvenzvorrechts durch den Schuldner ein. Zu Eingriffen in die Befriedigungsordnung der Gläubiger ist der Schuldner grundsätzlich nicht befugt. Denn solche Eingriffe kommen Verfügungen gleich, die aufschiebend auf die Insolvenz des Verfügenden bedingt sind. Veräußerungen eines Vermögensgegenstands, die der Schuldner auf den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen bedingt, sind aber mangels Verfügungsbefugnis des Schuldners unwirksam. Auch das Insolvenzvorrecht des gesicherten Gläubigers lässt sich als eine unter der Bedingung der Verfahrenseröffnung stehende Verfügung begreifen, so dass sich der Einwand der fehlenden Verfügungsbefugnis des Schuldners auch gegen diese Rechte richtet.

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D. Für die Erklärung der insolvenzrechtlichen Wirkungen dinglicher Sicherheiten ist auf spezifisch haftungsrechtliche Kriterien abzustellen, die das Verhältnis der Gläubiger untereinander in den Blick nehmen. Diese Kriterien sind die haftungsrechtliche Surrogation und – soweit dieser Ansatz nicht trägt – die (konkludente) Zustimmung der anderen Gläubiger. Mit dem Gedanken der haftungsrechtlichen Surrogation können solche Verletzungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes gerechtfertigt werden, die durch die gleichzeitige Überlassung von frischem Kapital ausgeglichen werden. Wie auch § 142 InsO zeigt, ist eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dann haftungsrechtlich neutral, wenn die Benachteiligung der Gläubiger durch Erhöhungen der Aktivmasse kompensiert wird. Kreditsicherheiten lassen sich daher mit dem Gedanken der haftungsrechtlichen Surrogation dann legitimieren, wenn der Gläubiger im Gegenzug zum Erwerb des Insolvenzvorrechts den Wert der Masse durch die Überlassung frischen Kapitals in äquivalenter Weise erhöht. Idealtypisch ist diese Voraussetzung bei Anschaffungsfinanzierungen gegeben. Die Voraussetzungen einer haftungsrechtlichen Surrogation liegen aber auch dann vor, wenn der Gläubiger ein Sicherungsrecht am gegenwärtigen Vermögen des Schuldners erwirbt und diesem im Gegenzug frisches Kapital zur Verfügung stellt. Dass das Kapital zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung typischerweise bereits verbraucht ist, steht der Annahme einer Surrogation nicht entgegen, da es hierfür nur auf die Äquivalenz im Moment des Leistungsaustauschs ankommt. Der Gedanke der haftungsrechtlichen Surrogation versagt jedoch, wenn es um die Vereinbarkeit von Sicherheiten an künftigen Vermögensgegenständen und insbesondere revolvierender Sicherheiten mit dem insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz geht. Bei revolvierenden Sicherheiten besteht kein rechtlicher Zusammenhang zwischen der Auskehrung neuen Kredits und dem Erwerb eines Sicherungsrechts. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus der Befugnis des Schuldners, die abgetretenen Forderungen einzuziehen bzw. über die von einer Raumsicherungsübereignung betroffenen Gegenstände zu verfügen, denn es bleibt dabei, dass der Gläubiger an neuen Sachen oder Forderungen unabhängig davon ein Sicherungsrecht erwirbt, ob er dem Schuldner zugleich neues Kapital zur Verfügung stellt. Das Insolvenzvorrecht eines durch eine revolvierende Sicherheit gesicherten Gläubigers kann somit nicht durch den Gedanken der haftungsrechtlichen Surrogation gerechtfertigt werden. Die Schwierigkeiten hinsichtlich der Konstruktion revolvierender Sicherheiten setzen sich somit in einem haftungsrechtlichen Legitimationsdefizit fort.

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§ 5 Fehlerkorrekturen des Legitimationsdefizits revolvierender Sicherheiten Die deutsche Rechtsprechung hat sich zur Korrektur dieses haftungsrechtlichen Legitimationsdefizits revolvierender Sicherheiten verschiedener Instrumente bedient, ohne hierbei allerdings in jedem Fall die Motive der Beschränkung eines Sicherungsgeschäfts offen zu legen. A. Als Versuch der Fehlerkorrektur erweist sich zunächst das Bemühen, durch die Anwendung des § 419 BGB a. F. die Reichweite heimlicher Sicherungsübertragungen zu begrenzen. Sowohl auf Tatbestands- wie auf Rechtsfolgenebene bestanden gegen diesen Ansatz erhebliche Bedenken. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung daher zu Recht noch vor der Abschaffung des § 419 BGB aufgegeben. B. Auch die große Bedeutung der Sittenwidrigkeitskontrolle von Mobiliarsicherheiten im deutschen Recht lässt sich nur vor dem Hintergrund der nicht gerechtfertigten Benachteiligungen der anderen Gläubiger aus der Insolvenzfestigkeit revolvierender Sicherheiten erklären. Deutlich ist dieser Schutzzweck der Sittenwidrigkeitskontrolle zunächst für die Fallgruppe der „Gläubigergefährdung“. Das Sittenwidrigkeitsurteil knüpft hier an die vom Vorsatz des Sicherungsnehmers umfasste Benachteiligung der anderen Gläubiger an, die über die Kreditwürdigkeit des Schuldners in sittenwidriger Weise getäuscht wurden. Doch auch die Vertragsbruchlehre wird von der Rechtsprechung über ihren eigentlichen Schutzzweck hinaus zur Begrenzung der insolvenzrechtlichen Wirkungen von Globalzessionen verwendet. Flume hat die Vertragsbruchlehre ursprünglich zur Auflösung des Konkurrenzverhältnisses zwischen Vorbehaltslieferant und Globalzessionar entwickelt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sind aber Globalzessionen ohne dingliche Teilverzichtsklausel auch insoweit nichtig, wie es nicht um Forderungen geht, die Gegenstand einer Vorausabtretung im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts sind. Die Vertragsbruchlehre kommt damit im Ergebnis nicht den Vorbehaltslieferanten zugute, sondern der Insolvenzmasse. Eine solche „Fehlsteuerung“ des Schutzes der Sittenwidrigkeitskontrolle lässt sich auch für die Knebelungs- und Übersicherungsrechtsprechung nachweisen. Auch in diesen Fallgruppen profitieren von der Nichtigkeit des Sicherungsgeschäfts in erster Linie die anderen Gläubiger des Sicherungsgebers, obwohl der Sittenwidrigkeitsvorwurf das Verhältnis zwischen Sicherungsgeber und -nehmer betrifft. Auch die Übersicherungsrechtsprechung ist als Korrektiv der Verwendung der Vollrechtsübertragung zur Bestellung von Sicherheiten zu sehen. An einem bestimmten Vermögensgegenstand kann der Schuldner im Wege der treuhänderischen Vollrechtsübertragung nur einem einzigen Gläubiger ein Sicherungs-

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recht zuwenden. Nachrangige Sicherungsrechte sind nicht konstruierbar, obwohl der Wert des Sicherungsgegenstands möglicherweise noch nicht ausgeschöpft ist. Ein Mobiliarsicherungsrecht, das die rangmäßige Ordnung von Sicherungsrechten ermöglichte, käme demgegenüber ohne eine Kontrolle des Verhältnisses zwischen Sicherungsbedürfnis und Wert des Sicherungsguts aus, da sich bei jeder Kreditsicherheit die Höhe des Befriedigungsrechts an der Höhe der Forderung orientiert. C. Die Begrenzung der Wirkungen revolvierender Sicherheiten ist in den letzten Jahren zunehmend mittels des Insolvenzanfechtungsrechts versucht worden. Insbesondere zeigt dies die Kontroverse um die Kongruenz einer Globalzession. Die Einordnung der Globalzession als kongruente Sicherheit durch den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27. 11. 2007 ist zwar rechtspolitisch zu begrüßen, ihr stehen jedoch gravierende dogmatische Bedenken entgegen. Denn ein Anspruch des Sicherungsnehmers auf den in künftigen Ansprüchen liegenden Haftungswert kann nicht mit dem Hinweis darauf begründet werden, dass die Vorauszession dem Bestimmbarkeitskriterium genügt. Ob es zu einer Entstehung eines werthaltigen Sicherungsguts kommt, hängt bei der Globalzession davon ab, dass der Sicherungsgeber Verträge mit Dritten schließt und diese auch erfüllt, die Ansprüche also werthaltig macht. Auf das Werthaltigmachen ergibt sich auch aus der Sicherungsabrede kein Anspruch des Sicherungsnehmers, sondern allenfalls eine diesbezügliche Erwartung. Eine solche rechtlich nicht verfestigte Aussicht rechtfertigt aber nicht die Behandlung der Wertzuweisung als kongruent. Der Auffassung, dass revolvierende Sicherheiten kongruente Sicherheiten seien, liegt daher eine rechtsfortbildende Reduktion des Inkongruenztatbestands zugrunde. Die Bestellung einer Kreditsicherheit kann der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO unterfallen. Hierfür genügt aber nicht, dass Schuldner und Gläubiger wussten, dass die Sicherheit die anderen Gläubiger im Insolvenzfall benachteiligen würde. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Schuldner diese Benachteiligung auch wollte oder billigend in Kauf nahm, weil er mit dem Insolvenzfall rechnete. Für den Gläubiger ergibt sich hieraus insbesondere bei der Besicherung von Sanierungskrediten eine Obliegenheit, das ihm vorgelegte Sanierungskonzept auf seine Schlüssigkeit zu überprüfen. Eine solche Kontrollobliegenheit kann grundsätzlich auch bei Existenzgründungskrediten bestehen, die gegen umfängliche Sicherheiten am künftigen Vermögen des zu gründenden Unternehmens gewährt wurden. Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ist hier aber nur möglich, wenn die Unzulänglichkeit des schuldnerischen Geschäftsmodells evident ist, so dass sich das Scheitern als nahezu sicher darstellt.

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§ 6 Die haftungsrechtliche Funktion der Publizität im Mobiliarsicherungsrecht Neben der haftungsrechtlichen Surrogation kommt zur Rechtfertigung der Insolvenzbeständigkeit von Kreditsicherheiten der Gedanke der Zustimmung der anderen Gläubiger in Betracht. Eine (konkludente) Zustimmung der ungesicherten Gläubiger zur Verkürzung ihrer Rechte durch Sicherheiten zu Gunsten eines Dritten kann aber allenfalls dann festgestellt werden, wenn ihnen diese Rechte erkennbar waren. Insofern kommt der Publizität von Sicherungsrechten eine spezifisch haftungsrechtliche Funktion zu, die nicht mit dem materiellrechtlichen Publizitätsprinzip deckungsgleich ist, das in erster Linie auf die Erkennbarkeit des Rechtserwerbs gerichtet ist. Die haftungsrechtliche Funktion besteht darin, einen prospektiven Gläubiger vor der Kreditvergabe in die Lage zu versetzen, sich ein Bild über am Vermögen des potentiellen Kreditnehmers bestehende Sicherungsrechte zu machen, damit er seine Kreditkonditionen entsprechend anpassen kann. Gewährt er auf der Grundlage dieser Informationen Kredit, kann man dieses Verhalten als konkludente Zustimmung zum Vorrang der gesicherten Gläubiger deuten. Gleichfalls liegt in der Gewährung ungesicherten Kredits eine konkludente Zustimmung zur späteren Bestellung von Sicherungsrechten. A. Eine Zustimmung zum Vorrang erkennbarer Sicherungsrechte kann allenfalls für solche Gläubiger angenommen werden, deren Forderung aus einem rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Verhalten stammt. Beruht die Forderung dagegen auf einer rein tatsächlichen Handlung – etwa einem Delikt des Schuldners –, gibt es kein Verhalten des Gläubigers, dem sich rechtsgeschäftlicher Erklärungswert im Sinne der Erteilung einer konkludenten Zustimmung beimessen ließe. Inhaber von Sicherheiten, die nicht dem Prinzip der haftungsrechtlichen Surrogation genügen, können daher gegenüber Gläubigern von Forderungen aus tatsächlichem Verhalten keinen Vorrang beanspruchen. Konkret bedeutet dies, dass deliktische Gläubiger insolvenzrechtlich gegenüber revolvierenden Globalsicherheiten zu privilegieren sind. B. Gewährt ein Gläubiger einem Schuldner freiwillig Kredit und weiß er dabei, dass zu Gunsten eines anderen Gläubigers eine Sicherheit besteht, so lässt sich sein Verhalten als konkludente Zustimmung zu dieser Sicherheit deuten. Das Wissen um das Bestehen von Sicherungsrechten zu Gunsten Dritter wird man unwiderleglich vermuten können, wenn der Gläubiger sich mit vertretbarem Aufwand zuverlässig über das Bestehen vorrangiger Sicherungsrechte beispielsweise durch Einsichtnahme in ein Register informieren kann. C. Hinsichtlich später bestellter Sicherungsrechte lässt sich eine antizipierte Zustimmung des ungesicherten Gläubigers annehmen, sofern seine Kreditbedingungen eine Zinsänderungsklausel enthalten, kraft derer er seine Darlehensbedingungen dem gestiegenen Risiko anpassen kann. Umgekehrt ist eine Nega-

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tiverklärung als Verweigerung der Zustimmung zu nachträglichen Sicherungsrechten zu verstehen. Wenn der spätere Gläubiger weiß, dass der Schuldner solche Erklärungen zu Gunsten anderer Gläubiger abgegeben hat, kann er diesen gegenüber kein Vorrecht erwerben. Die herrschende Ansicht, nach der Negativerklärungen wegen § 137 S. 1 BGB nur schuldrechtliche Wirkung haben, wird der haftungsrechtlichen Funktion dieser Absprachen nicht gerecht. Keiner der für § 137 BGB angeführten Zwecke lässt sich für die Anwendung auf Negativerklärungen geltend machen. Auch nach herrschender Meinung ist der gesicherte Gläubiger dem Erklärungsempfänger nach § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er bei Hereinnahme der Sicherheit von der Negativerklärung wusste. Der Erklärungsempfänger ist hiernach so zu stellen, als wenn die Sicherheit nicht bestünde. Die hier vertretene Ansicht kann dieses Ergebnis auf eine klarere Begründung stellen und macht einen Rekurs auf die guten Sitten entbehrlich. Sehen die Darlehensbedingungen weder Zinsanpassungsklauseln noch Negativerklärungen vor, lässt sich eine konkludente Zustimmung zum Vorrang später bestellter Sicherheiten daran knüpfen, dass ein Gläubiger in Kenntnis der Möglichkeit späterer Sicherheiten ungesichert Kredit vergeben hat. Es ist insofern am einzelnen Gläubiger, sich durch Hereinnahme einer Sicherheit oder durch eine Negativerklärung vor den Beeinträchtigungen von später zu Gunsten Dritter bestellten Sicherheiten zu schützen. D. Das hier entwickelte Konzept führt den Vorrang des gesicherten Gläubigers auf die freiwillige Zustimmung des nachrangigen Gläubigers zurück. Ob die „Freiwilligkeit“ auch dann bejaht werden kann, wenn dem Gläubiger die notwendige Verhandlungsmacht fehlt, eine Kreditsicherheit für sich selbst zu verlangen, hängt von der Berechtigung einer formalen Vertragsgerechtigkeit im Insolvenzrecht ab. Insbesondere betrifft diese Frage das Verhältnis von Vergütungsansprüchen der Arbeitnehmer zu gesicherten Ansprüchen. Überlegungen zu Gunsten einer Materialisierung müssen aber stets die möglichen negativen Auswirkungen auf die Kreditversorgung in Gestalt höherer Kreditkosten berücksichtigen.

§ 7 Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Finanzierungen A. Die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliedstaaten einem besitzlosen Pfandrecht Insolvenzfestigkeit zuerkennen, weichen stark voneinander ab. Vielfach setzt die Insolvenzfestigkeit eines besitzlosen Sicherungsrechts seine Eintragung in ein Register oder die Wahrung bestimmter Formerfordernisse voraus. Diese Unterschiede auf sachrechtlicher Ebene führen zu erheblichen Friktionen bei grenzüberschreitenden Finanzierungen.

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Aufgrund der in allen Mitgliedstaaten im Grundsatz geltenden Lageortanknüpfung kommt es zu einem Statutenwechsel, wenn das Sicherungsgut in den Geltungsbereich einer anderen Rechtsordnung verbracht wird. Nach deutschem Recht bestellte Sicherheiten an beweglichen Sachen werden in zahlreichen anderen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen nicht anerkannt, weil sie den jeweiligen Erfordernissen nicht genügen. Insbesondere die Sicherungsübereignung sowie der durch Vorausabtretung verlängerte Eigentumsvorbehalt werden im Ausland in den meisten Fällen nicht durchsetzbar sein. Die Disparität der nationalen Sachenrechtsordnungen bezüglich der Anforderung an die Wirksamkeit besitzloser Sicherungsrechte erschwert es den Parteien, im Vorhinein den sachrechtlichen Anforderungen an die Drittwirksamkeit eines Kreditsicherungsrechts Rechnung zu tragen. Einerseits sind sie wegen der Geltung der lex rei sitae gezwungen, bei der Bestellung des Sicherungsrechts an beweglichen Sachen die Rechtsordnung zu beachten, in der sich die Sache aktuell befindet, andererseits müssen sie für den Fall des Statutenwechsels kumulativ die am neuen Lageort geltenden Voraussetzungen berücksichtigen. Gelingt ihnen dies nicht – zum Beispiel weil zum Zeitpunkt der Bestellung des Sicherungsrechts noch nicht klar ist, in welches Land das Sicherungsgut später verbracht wird –, so besteht die Gefahr, dass das Sicherungsrecht unwirksam ist, solange sich die Sache im Ausland befindet. Denn wenn im Falle des Statutenwechsels weder durch Anpassung noch durch Transposition dem ausländischen Sicherungsrecht Wirksamkeit verschafft werden kann, kann sich der Gläubiger in der Insolvenz des Schuldners nicht auf ein Vorrecht berufen. Dann bleibt nur der unsichere und aufwändige Notbehelf, das Sicherungsrecht nachträglich dem neuen Lageortstatut entsprechend ein weiteres Mal zu begründen. Auch die Einführung der EuInsVO hat an dieser Rechtslage nichts geändert, da es auch hiernach dabei bleibt, dass für die Frage, ob ein bestimmtes Recht an einer Sache besteht und ob dieses insolvenzfest ist, die lex rei sitae maßgeblich ist. B. Die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten weichen auch hinsichtlich der Frage voneinander ab, unter welchen Voraussetzungen ein Sicherungsrecht an einer Forderung insolvenzfest ist. Gleichzeitig ist unklar, woran hinsichtlich des auf die Drittwirkungen einer Sicherungsabtretung anwendbaren Rechts anzuknüpfen ist. Sowohl für Art. 12 EVÜ als auch für Art. 14 Rom I-VO ist schon umstritten, ob diese Vorschriften überhaupt eine Regelung hinsichtlich des auf die Drittwirkungen einer Zession anwendbaren Rechts enthalten. Für grenzüberschreitende Forderungsabtretungen besteht daher ein prohibitives Maß an Rechtsunsicherheit.

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§ 8 Article 9 Uniform Commercial Code A. Der Uniform Commercial Code (UCC) ist ein Modellgesetz auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts für die U. S.-amerikanischen Bundesstaaten. Der UCC wurde mit meist nur geringfügigen Abweichungen in allen Bundesstaaten und im District of Columbia umgesetzt, so dass auf dem vom UCC geregelten Gebieten nur geringfügige Abweichungen der einzelstaatlichen Rechte bestehen. Insbesondere gilt dies für das in Article 9 UCC geregelte Recht der Mobiliarsicherheiten. Kollisionsrechtliche Anerkennungs- und Substitutionsprobleme werden dadurch für den inneramerikanischen Rechtsverkehr weitgehend beseitigt. B. Wesentliches Charakteristikum der Regelung in Article 9 UCC ist der so genannte functional approach. Dieser Ansatz unterwirft alle Transaktionen, mit denen die Parteien die Sicherung einer Forderung durch Begründung eines Vorzugsrechts an einem Gegenstand bezwecken, denselben Regelungen. Für die Behandlung eines Rechtsgeschäfts kommt es nach dem functional approach somit nicht auf sein rechtstechnisches Gewand, sondern auf seine Funktion an. Article 9 UCC kennt daher nur ein einziges Sicherungsrecht, den security interest, das alle Formen von Sicherungsgeschäften umfasst und diese zugleich ersetzt. Wie sich nicht nur am functional approach zeigen lässt, ist der UCC in hohem Maße von der Konstruktionsfeindlichkeit und dem Pragmatismus des U. S.-amerikanischen Legal Realism beeinflusst. Exemplarisch verdeutlicht dies § 9–202 UCC, nach dem die Frage, wer Eigentümer des Sicherungsguts ist, für die Anwendbarkeit der Vorschriften über security interests unerheblich ist. Ähnlich wie im deutschen Recht ist somit die vermögensrechtliche Zuordnung eines Gegenstands für seine kreditsicherungs- und haftungsrechtliche Behandlung nicht ausschlaggebend. C. Als Konsequenz des functional approach erfasst Article 9 UCC sämtliche Sicherungsrechte an beweglichen Sachen und Rechten. Darüber hinaus sind Kommissionsgeschäfte und Forderungsabtretungen in den Anwendungsbereich einbezogen, um die im Einzelfall schwierige Abgrenzung zu vermeiden, wann diese Verträge Sicherungsfunktion haben. Diese Regelung macht unter anderem eine Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Factoring insoweit überflüssig. Finanzierungsleasingverträge fallen in den Anwendungsbereich des Article 9 UCC, wenn der Leasinggeber kein wirtschaftliches Interesse daran hat, die Sache zurück zu erlangen (residuary interest). Zur Abgrenzung verwendet der UCC ähnliche Kriterien wie die deutschen Leasingerlasse: Unter den Voraussetzungen, unter denen nach den Leasingerlassen das wirtschaftliche Eigentum dem Leasingnehmer zugerechnet wird, wird der Leasingvertrag als security interest behandelt. Prägend für die Regelung ist die Unterscheidung zwischen der Entstehung (attachment) eines Sicherungsrechts und seiner Drittwirksamkeit (perfection).

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Ein security interest entsteht durch einen Vertrag (security agreement) zwischen Schuldner und Gläubiger. Das Sicherungsrecht ist jedoch erst dann insolvenzfest, wenn perfection eingetreten ist. Abgesehen von Abzahlungskäufen von Verbrauchern, bei denen perfection automatisch mit attachment eintritt, kann perfection durch Übergabe des Sicherungsguts an den Sicherungsnehmer, durch die Einräumung von Kontrolle über das Sicherungsgut oder durch die Registrierung eines Hinweises auf das Sicherungsrecht hergestellt werden. Weil perfection durch Besitzverschaffung nur im Leihhausgeschäft eine Rolle spielt und perfection by control in erster Linie für Sicherungsrechte an Konten und Wertpapieren zulässig ist, steht in der Praxis die Vervollkommnung eines Sicherungsrechts durch Registrierung ganz im Vordergrund. D. Nach Article 9 UCC erfolgt die Registrierung eines security interest, indem die Parteien ein financing statement bei der das Register führenden Stelle einreichen. Das financing statement wird in das Register aufgenommen, welches für jedermann einsehbar ist. Heute sind die meisten Register elektronisch geführt; Eingaben und Abfragen können über das Internet vorgenommen werden. Dem Register lässt sich aber nicht mehr entnehmen als eine Warnung, dass möglicherweise ein Sicherungsrecht besteht. Denn das financing statement enthält nur den Namen des Schuldners, den des Gläubigers oder eines Vertreters sowie eine grobe Beschreibung des Sicherungsguts. Dagegen ergibt sich aus dem Register nicht, ob und in welcher Höhe tatsächlich eine gesicherte Forderung besteht. Dieses notice filing genannte Verfahren unterscheidet sich erheblich etwa vom deutschen Grundbuchverfahren. Insbesondere besitzt das Register beim notice filing keine positive Publizität. Gleichwohl ist der Gewinn an Rechtssicherheit und Transparenz nicht gering einzuschätzen. Das Register erlaubt es nicht nur, sicher festzustellen, ob an einem bestimmten Gegenstand ein vorrangiges Recht erworben werden kann, es ermöglicht auch die rangmäßige Ordnung verschiedener Sicherungsrechte an demselben Gegenstand. Schließlich ermöglicht es das notice filing, den Zeitpunkt der Drittwirksamkeit eindeutig zu bestimmen, so dass sich die Probleme betrügerischer Rückdatierungen von Sicherungsrechten erledigen. Gerade wegen der geringen Kosten, die das notice filing produziert, ist dieses Verfahren eine äußerst effiziente Methode, Rechtssicherheit im Mobiliarsicherungsrecht herzustellen. E. Der Rang von Sicherungsrechten richtet sich unter Article 9 UCC grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der perfection des Sicherungsrechts. Die wichtigste Ausnahme von diesem Prioritätsprinzip ist die Privilegierung von Anschaffungsfinanzierungen (purchase-money security interest): Gläubiger, welche die Anschaffung eines bestimmten Gegenstands finanziert und sich durch ein Recht an diesem Gegenstand gesichert haben, genießen den Vorrang auch gegenüber solchen Gläubigern, die zu einem früheren Zeitpunkt ein Sicherungsrecht am Vermögen des Schuldners erworben haben, das auch den Neuerwerb umfasst. Der Verkäufer, der beispielweise einen LKW unter Eigentumsvorbe-

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halt liefert, kann daher auch nach Article 9 UCC den Vorrang gegenüber einem älteren Inhaber einer Globalsicherheit am Fuhrpark des Schuldners beanspruchen (superpriority des purchase-money security interest). Insoweit decken sich die Ergebnisse mit dem deutschen Recht. Unter dem UCC gilt diese Privilegierung aber nicht nur für Lieferanten, sondern auch für Drittfinanzierer, die dem Schuldner die Anschaffung einer Sache ermöglichen. Wie bereits in § 3 gezeigt wurde, spricht für diese Gleichbehandlung die identische Funktion des jeweils gewährten Kredits. Dort wurde auch begründet, dass diese Gleichsetzung eines Verkäufers mit einem Geldkreditgeber dann unberechtigt ist, wenn der Verkäufer nicht als Fremdkapitalgeber des Käufers fungiert. Unter dem UCC ist die insofern erforderliche Differenzierung dadurch verwirklicht, dass ein Verkäufer bei unbezahltem Kaufpreis in der Insolvenz des Käufers gemäß § 2–702 UCC i. V. m. 11 U. S. C. 546 bis zu 45 Tage nach Lieferung ein Rückholrecht hinsichtlich der Kaufsache hat. Diese Regelung verwirklicht das Interesse des nicht-finanzierenden Verkäufers an der Sache selbst. Das Rückholrecht ist nicht davon abhängig, dass der Verkäufer ein security interest an der Kaufsache hat. Allerdings ist der Verkäufer jedenfalls nach herrschender Meinung nachrangig gegenüber gesicherten Gläubigern, die im Wege des gutgläubigen Erwerbs ein Sicherungsrecht an der Kaufsache erlangt haben.

§ 9 Andere Regelungsmodelle im Vergleich A. Der im Jahr 2008 von UNCITRAL vorgelegte Legislative Guide on Secured Transactions ist konzeptionell stark von Article 9 UCC beeinflusst. Auch der Guide unterscheidet zwischen Entstehung und Drittwirksamkeit eines Rechts, wobei für die Drittwirksamkeit die Anzeige des Sicherungsrechts in einem Register erforderlich ist. Das vom Guide vorgeschlagene Register für Mobiliarsicherheiten folgt gleichfalls dem notice filing Ansatz. Der Guide unterscheidet sich von Article 9 UCC vor allem im Bereich der Anschaffungssicherheiten. Der Guide bietet hier insgesamt vier verschiedene Regelungsmodelle an. Diese eröffnen einerseits die Wahl zwischen einem unitary approach, bei dem es wie nach dem UCC nur ein einziges Sicherungsrecht gibt, und einem non-unitary approach, der für retention of title devices und financial leases die sachenrechtliche Stellung des Sicherungsgebers als Eigentümer berücksichtigt. Andererseits bietet der Guide sowohl im Rahmen des unitary als auch des non-unitary approach die Möglichkeit, bei Anschaffungsfinanzierungen danach zu differenzieren, ob es sich bei den angeschafften Gütern um Waren- oder Rohstoffvorräte (inventory) einerseits oder um Gegenstände des Anlagevermögens andererseits handelt. Unter dem UCC kommen die oben geschilderten Privilegierungen nur Anschaffungsfinanzierungen von Gegen-

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ständen des Anlagevermögens ohne weiteres zu. Bei der Finanzierung von Vorräten (inventory) hängt die superpriority des Anschaffungsfinanzierers dagegen davon ab, dass er einem konkurrierenden Gläubiger, der durch eine Globalsicherheit am Warenlager gesichert ist, zuvor eine Benachrichtigung hat zukommen lassen. Der Anschaffungsfinanzierer muss in dieser Situation also vor seiner Lieferung das Register auf vorrangige Globalsicherheiten überprüfen. Diese Allokation der Prüfungsobliegenheit erscheint dann sinnvoll, wenn Unternehmen ihre Vorräte vorwiegend durch die Inanspruchnahme von Bankkredit finanzieren. Wenn sie aber hierbei in erster Linie auf Lieferantenkredit zurückgreifen, ist es günstiger, der Anschaffungssicherheit eines Lieferanten ohne weiteres das Vorrecht gegenüber einem älteren Globalsicherungsrecht am Warenlager einzuräumen. Dieser Vorrang sollte sich dann – wie in Deutschland durch die Vertragsbruchlehre gewährleistet wird – auch auf die wirtschaftlichen Surrogate erstrecken. Für welche Lösung sich ein Gesetzgeber bei der Umsetzung des Legislative Guide entscheidet, hängt somit von der in der jeweiligen Volkswirtschaft herrschenden Finanzierungspraxis ab. Eine abstrakt überlegene Lösung gibt es an dieser Stelle nicht. B. Der im Frühjahr 2009 vorgelegte Draft Common Frame of Reference regelt das Mobiliarsicherungsrecht im neunten Buch. Die Vorschriften des DCFR über proprietary security rights sind gleichfalls stark vom Modell des Article 9 UCC beeinflusst. Auch der DCFR verwirklicht den functional approach und sieht als wichtigstes Mittel zur Herstellung von Drittwirksamkeit das notice filing vor. Bei der Ausgestaltung des notice filing geht der DCFR vom UCC abweichende Wege hinsichtlich der Vermeidung missbräuchlicher Eintragungen, bezüglich der Auskunftspflichten des Sicherungsnehmers und hinsichtlich der Berichtigung des Registers nach Übertragung des Sicherungsguts unter Fortbestand des Sicherungsrechts. Der konzeptionell wichtigste Unterschied gegenüber dem UCC besteht darin, dass nach dem DCFR die Regeln über Mobiliarsicherheiten in das allgemeine Vermögens- und insbesondere Sachenrecht eingebettet sind. Dies zeigt sich zum einen daran, dass der DCFR den vollrechtsbasierten Sicherheiten (retention of ownership devices) eine Sonderrolle innerhalb der Anschaffungsfinanzierungen zuweist, die vor allem im Rahmen der Durchsetzung des Sicherungsrechts zu einer Privilegierung desjenigen gesicherten Gläubigers führt, der zugleich Eigentümer ist. Zum anderen gelingt es im DCFR, das Kreditsicherungsrecht mit dem allgemeinen Sachenrecht zu verknüpfen, indem die allgemeinen Regeln über den gutgläubigen Erwerb im achten Buch mit den Vorschriften über Kreditsicherungsrechte im neunten Buch miteinander verzahnt werden. Dies spielt vor allem für die Möglichkeit des gutgläubigen lastenfreien Erwerbs einer Sache und die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines Sicherungs-

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rechts eine Rolle. Die große Leistung des DCFR auf dem Gebiet des Mobiliarsicherungsrechts liegt daher darin, zu zeigen, wie sich der functional approach in das allgemeine Vermögensrecht einer in der civil law tradition stehenden Kodifikation integrieren lässt. C. Eine vom österreichischen Justizministerium eingesetzte Arbeitsgruppe hat im Jahr 2006 einen Empfehlungskatalog nebst Gesetzentwurf zur Neuregelung des Rechts der Mobiliarsicherheiten erstellt. Durch die Einführung eines Registers sollte dem Mobiliarkredit aufgeholfen werden, der momentan darunter leidet, dass im österreichischen Recht das Faustpfandprinzip noch eine große Rolle spielt. Zwar ist der Reformprozess mittlerweile zum Erliegen gekommen, die unterbreiteten Vorschläge sind dennoch interessant, weil sie sowohl den functional approach als auch das notice filing ablehnen. Der österreichische Entwurf eines Gesetzes über ein Register für Mobiliarsicherheiten ist insofern auch ein Gegenentwurf zum UCC und den mit ihm verwandten Modellen. Gerade bei der Gegenüberstellung dieser Modelle zeigen sich deutlich die Nachteile eines Registers, das die Vornahme von Eintragungen nicht ausschließlich den Parteien überlässt, sondern der registerführenden Stelle insoweit eine Prüfungspfl icht zuweist. Ein solches Verfahren ist zwangsläufig sehr zeit- und kostenaufwändig, ohne dass die möglichen Gewinne an Rechtssicherheit diese Kosten aufzuwiegen vermöchten. Ein generelles Register für Mobiliarsicherheiten sollte daher an der Idee des notice filing ausgerichtet sein.

§ 10 Ein Europäisches Mobiliarsicherungsrecht oder ein Mobiliarsicherungsrecht für Europa? A. Die Untersuchung hat den dringenden Reformbedarf im Recht der Mobiliarsicherheiten deutlich gemacht. Eine Harmonisierung oder Vereinheitlichung auf dem Gebiet der Kollisionsrechte ist nicht geeignet die Probleme grenzüberschreitender Finanzierungen zu beseitigen. Die Reform muss daher das Sachrecht betreffen. B. Die Vereinheitlichung der Mobiliarsicherungsrechte der Mitgliedstaaten im Wege einer Verordnung erscheint derzeit weder politisch durchsetzbar noch erstrebenswert. Als realistische Alternativen auf europäischer Ebene stehen damit die Schaffung eines Modellgesetzes oder eines Europäischen Sicherungsrechts in Form eines optionalen Instruments zur Verfügung. Der Vorteil eines optionalen Instruments läge darin, dass sich Sicherungsgeber und -nehmer dieses Instituts sofort bedienen könnten, da ein optionales Instrument als wählbares Recht neben die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten tritt. Insofern würde ein Europäisches Sicherungsrecht den numerus clausus der mitgliedstaatlichen Sachenrechte erweitern. Schon deshalb wäre es erfor-

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derlich, das optionale Instrument mit den nationalen Sachen-, Vollstreckungsund Insolvenzrechten zu verzahnen. Das Verhältnis zwischen Sicherungsrechten, die nach nationalem Recht begründet wurden, und dem Europäischen Sicherungsrecht könnte auf zwei verschiedene Weisen ausgestaltet werden: Zum einen könnte zur Bestimmung des Rangverhältnisses zwischen nach nationalem Recht begründeten Rechten und dem Europäischen Sicherungsrecht an den Zeitpunkt der jeweiligen Drittwirksamkeit angeknüpft werden. Dies würde bedeuten, dass etwa eine früher begründete Sicherungsübereignung einem später drittwirksam gewordenen Europäischen Sicherungsrecht gegenüber Vorrang hätte. Eine solche Regelung würde das Register allerdings weitgehend entwerten, da es keinen erschöpfenden Nachweis möglicherweise bestehender Sicherungsrechte bieten könnte. Zum anderen wäre es denkbar, das optionale Instrument mit einem Vorrang wenigstens gegenüber nationalen, publizitätslosen Sicherungsrechten auszustatten, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt der Drittwirksamkeit. Die Funktion des Registers als Warnung im Hinblick auf möglicherweise bestehende Belastungen wäre dann gewahrt. Andererseits würde ein solches „starkes“ optionales Instrument die Sicherungsübereignung und andere publizitätslose Rechte auf kaltem Weg abschaffen und so zu Rechtsvereinheitlichung durch die Hintertür führen. Das optionale Instrument ist daher in seiner schwachen wie in seiner starken Variante mit erheblichen Problemen und Bedenken behaftet, so dass die Entwicklung eines Europäischen Sicherungsrechts nicht mit Nachdruck verfolgt werden sollte, solange die Bereitschaft und die Kraft zu echter Rechtsvereinheitlichung fehlt. Auf europäischer Ebene ist daher die Entwicklung eines Modellgesetzes seitens der Union zu favorisieren. Ein solcher amtlicher Text wäre ein Angebot an die Gesetzgeber der Mitgliedstaaten, wobei hiermit die Garantie verbunden werden sollte, dass nach den Regelungen des Modellgesetzes geschaffene Sicherungsrechte in allen Mitgliedstaaten anerkannt werden. Inhaltlicher Ausgangspunkt des Modellgesetzes sollte das IX. Buch des DCFR sein. C. Ein europäisches Modellgesetz zu schaffen, würde freilich die erheblichen Probleme gerade des deutschen Mobiliarsicherungsrechts – nicht nur, aber vor allem im Hinblick auf grenzüberschreitende Geschäfte – unberührt lassen. Der deutsche Gesetzgeber ist daher aufgerufen, das nationale Mobiliarsicherungsrecht zu reformieren. Diese nationale Reform sollte Hand in Hand mit der Entwicklung eines Modellgesetzes auf europäischer Ebene erfolgen. Das im Zuge der geforderten nationalen Reform zu schaffende Register für Mobiliarsicherheiten sollte auch für bestimmte Sicherungsrechte ausländischen Typs sowie für Sicherungsrechte am Vermögen solcher Sicherungsgeber, die nicht in Deutschland sitzen, offen sein. Dies würde die Weiterentwicklung des deutschen Registers zu einem europäischen Register ermöglichen.

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Bislang lag in Deutschland die Weiterentwicklung des Mobiliarsicherungsrechts vor allem in der Hand der Gerichte. Es ist an der Zeit, dass sich der Gesetzgeber dieser Aufgabe stellt und ein haftungsrechtlich ausgewogenes und international anerkennungsfähiges Sicherungsrecht an beweglichen Sachen und Forderungen schafft. Gelingt ihm dies, könnte hierin zugleich ein wesentlicher Schritt hin zu einem künftigen europäischen Mobiliarsicherungsrecht liegen.

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Sachregister Absonderung 62 – IPR 339 Abstraktionsprinzip 115, 149, 493 Abtretungsverbot164 Abzahlungskauf 177, 182, 219, 493 Acquisition Finance Devices s. Anschaffungsfinanzierungen Advance rate 416, 418, 452 Akzessorietätsprinzip 265 American Law Institute 474 Anerkennung 324 ff. Anschaffungsfinanzierungen 262 ff., 448, 467, 491, 496 – Article 9 UCC 410 ff. – Draft Common Frame of Reference (DCFR) 448 – Effizienz 76 – Inventory 414 – Konkurrenz 213 – Proceeds 450 – Superpriority 411, 412 ff., 449 – UNCITRAL Legislative Guide on Secured Transactions 427, 428 ff. Anwartschaftsrecht 105, 144, 156, 188 ff., 263, 493 Article 9 UCC 356 ff., 473, 506 – after-acquired property 369 – Anschaffungsfinanzierungen 405 – Anwendungsbereich 356 ff. – Attachment 362 ff. – Financing statement 367 – Fixtures 401 – Functional approach 406 – Legal Realism 353 ff. – Perfection 396 – Priority 395 ff. – Proceeds 367 – Security agreement 366 – Warenkreditgeber 406

Asset Backed Securities 6, 34, 38 ff., 198, 489 Asset Based Lending 5, 490 Assignment 426 Attachment – Security Interest 362 ff. Aussonderung 62, 193 Autohypothek 328 Bankkredit 30, 489 Bargeschäft 262, 265 Basel II 6, 45 ff., 462, 489 Benachrichtigung des Forderungsschuldners 153 Beschlagsrecht 249 ff. Beschlussverfahren 478 Besitzkonstitut s. Besitzmittlungsverhältnis Besitzmittlungsverhältnis 94, 494 – Anforderungen 114, 119 – antizipiertes 126, 134 – österreichisches Recht 458 – Sicherungsvertrag 120 Bestimmbarkeit 125, 160 Bestimmtheitsgrundsatz 123, 139 Beteiligungsfinanzierung 28 Binnenmarkt 478 Bogus filings s. Register, missbräuchliche Eintragungen Buchvermerk 460 Cash Flow Related Lending 60 Carve-out 64 Charge 65, 328 f. Constitutum possessorium s. Besitzmittlungsverhältnis Covenants 19, 50, 52 ff., 318 Crown Preferences 66

Sachregister

Data certa Erfordernis 332 Deliktische Gläubiger 303 ff. Deutscher Juristentag 2 Dingliches Recht 227 ff., 248 Diskontierung von Buchforderungen 169, 174 Draft Common Frame of Reference (DCFR) 19, 435 ff., 509 – Entstehung 435 ff. – Factoring 439 – Functional approach 438 – Gemeinsamer Referenzrahmen 437 – Mobiliarsicherheiten 438 – Register 439 – Sachenrecht 457 – Toolbox 437 Drittsicherheiten 259, 267 Drittwirksamkeit 449 EBRD 12 Effizienz 70 Eigenkapital 28 Eigentum 231 ff. Eigentumsfreiheit 233, 498 Eigentumsvorbehalt 220, 263, 431 – im Draft Common Frame of Reference (DCFR) 453, 454, 509 – Entwicklung 103 ff. – Haftungsrechtliche Legitimation 259 ff. – Reform 486 – Verbreitung 44 – Vergleich mit security interest 416 – Zahlungsverzugsrichtlinie 331 Eigentumsvorbehalt, einfacher 176 ff., 191, 420, 493, 496 – Abwehrklausel 179 – Aussonderungsrecht 193 ff. – Bilanzierung 198 – Dogmengeschichte 185 – Draft Common Frame of Reference (DCFR) 453, 454 – Durchsetzung im Ausland 333 – Erster Entwurf zum BGB 187 – Export 332 ff. – Faustpfandrecht 191 – Funktion 178 – in der Insolvenz 192 ff.

551

– Insolvenzrechtsreform 195 – IPR 330 ff. – konkludente Vereinbarung 180 – Österreich 461 ff. – Rücktritt vom Kaufvertrag 183 – Synallagma 179 ff., 182 ff. – Treuhand 196 – Übertragung 196 Eigentumsvorbehalt, erweiterter 497 – Anschaffungsfinanzierung 214 ff. – Funktion 215 – IPR 338 ff. – Konzernvorbehalt 217 ff., 498 – in Österreich 461 Eigentumsvorbehalt, verlängerter 200 ff. – in England 335 – Funktion 200 ff. – in Griechenland 334 – Herstellerklausel 210 ff., 497 – Insolvenz 201 ff., 211 – IPR 334 – in Italien 335 – Kollision mit Globalzession 202 – Kollision mit Vermieterpfandrecht 212 – in den Niederlanden 335 – in Österreich 334, 461 – Kollision mit Raumsicherungsübereignung 212 – in der Schweiz 335 – Sicherungsabtretung 202 f. – Spezifikation 209 – Veräußerungsermächtigung 202 – Verarbeitungsvorbehalt 209 ff., 336, 497 – Vertragsbruchlehre 202, 206 ff. – Vorausabtretung 202 ff., 497 – Synallagma 201 Einheitsrecht – Bedenken 484 – Kompetenz der Union 471 Einigung – antizipierte 131 – Ausführungshandlung 130, 138 – Insichgeschäft 129 Einziehungsermächtigung 170, 173 ff., 496 Entwicklungs- und Schwellenländer 434 Ersatzabsonderung 261

552

Sachregister

Ersatzaussonderung 261 EuInsVO 472, 505 Europäische Gesellschaft (SE) 476 Europäische Insolvenzordnung (EuInsVO) 15, 339 Europäisches Zivilgesetzbuch 436 Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) 476 European Law Institute 474 Factoring 36 ff., 198, 489 Faustpfandprinzip 89 ff. Faustpfandrecht 191 Fiducia 90, 101, 176, 493 Fiducie 327 ff. Finance leases s. Leasing Financing statement – Article 9 UCC 507 Finanzierungsleasing s. Leasing Finanzierungspraxis 2, 208, 417, 434 Finanzsicherheiten 21 Finanzsicherheitenrichtlinie 14, 472 Floating Charge 65, 80 Forderungsverpfändung – ausländische Rechtsordnungen 345 Freigabeanspruch – Übersicherung 390 Fremdfinanzierung 30 Functional approach 349, 406, 426, 462, 465, 506, 510 Geiseleffekt 58, 491 Geschäft für den, den es angeht 126 Gilmore, Grant 353, 355, 361, 419 Gleichbehandlungsgrundsatz 8, 10, 239, 498 Globalsicherheiten 18, 150, 268 ff. – Begrenzungen 273 ff. Globalzession 18, 269, 419 – Bargeschäft 269, 291 ff. – Inkongruenz 293 – Insolvenzanfechtung 290 ff., 502 Grenzüberschreitende Finanzierungen 322 ff., 504 Grundbuchsystem 392 Grundfreiheiten 478 Haftungsrechtliche Zuweisung 258, 499

Hausbanksystem 31 Hypotheca 90 Immobiliarsicherheiten 17 Insolvenzanfechtung 270 ff. – Gleichbehandlungsgrundsatz 247 – Globalsicherheiten 290 ff., 502 – Werthaltigmachen 295 – Vorsatzanfechtung 266 Insolvenzbedingung 255 Insolvenzeröffnungsverfahren 496 Insolvenzrechtsreform 63, 231 ff., 305 Internationales Kreditsicherungsrecht 322 ff., 504 Internationales Sachenrecht 7, 323 ff. – Rechtwahlfreiheit 469, 480 – Reform 468 ff. Kreditklemme 32 Kreditsicherheiten – Anfechtbarkeit 289 ff. – als dingliches Recht 227 ff – Durchsetzung 57 ff., 62 – Effizienz 66 ff., 70 ff., 491 – Funktion 1, 20, 50 ff. – Gleichbehandlungsgrundsatz 238 ff. – gutgläubiger Wegerwerb 54 ff., 442, 466, 490 – Insolvenzfestigkeit 253, 500 – revolvierende 259 – Sittenwidrigkeitskontrolle 275 ff. – Verwertung 22 – Vorsatzanfechtung 298 Kreditsicherungsrecht – europäisches 512 – Modellgesetz 473, 511 – optionales Instrument 511 – Reformen und Reformvorhaben 87, 510 f. Leasing 6, 21, 34 ff., 44, 219 ff., 359, 263, 489, 498 – Article 9 UCC 506 – Draft Common Frame of Reference (DCFR) 454 – Einzelzwangsvollstreckung 221 – erlasskonformes 222 – Funktion 219

Sachregister

– Insolvenz 194, 220 ff. – Vollamortisationsleasing 223 Legal Realism 353 ff., 506 lex commissoria 121, 328 lex fori concursus 339 lex rei sitae 324 ff., 339, 469 – internationales Sachenrecht 505 Lieferantenkredit 33, 43, 422, 434, 452, 489 Llewellyn, Karl 352, 354, 355, 378 Lösungsklauseln 256 mandatum agendi 173, 496 Markierungsverträge 140 Mezzaninkapital 29 Mobiliarhypothek 88 ff., 492 Mobiliarsicherheiten – Draft Common Frame of Reference (DCFR) 438 – Rechtsvereinheitlichung 472 Mobiliarsicherungsrecht – optionales Instrument 476 – Modellgesetz 425, 483 ff., 506, 510 – UCC 485 Modigliani/Miller-Theorem 73 ff. Mortgage 65 Nachforschungen 457 Nachforschungsobliegenheiten 55 f. Nachschubklausel 125 Nebenbesitz 146 Negative-Pledge-Clause s. Negativerklärung Negativerklärung 52, 309 ff., 504 – Article 9 UCC 361 ff. – Equitable lien 313 – Security interest 313 Nichtanpassungsfähige Gläubiger 75, 318 ff., 504 Notice Filing 11, 349, 358, 378 ff., 462, 465, 507 – authorization 383 – Beweisfunktion 390 – Datenschutz 385 – Einsichtsberechtigung 385 – Filing Office 382 – Financing Statement 379, 388 – Funktion 387

553

– Inhalt 379 – Kosten 386 ff. – missbräuchliche Eintragungen 384 – Publizität 394 – Rangzuweisung 389 – Registerverfahren 382 ff. – Representative 380 – Termination statement 384 Numerus clausus der Sachenrechte 480, 510 Ökonomische Analyse 67 ff., 83 Ordre public 469 Österreich 458 Offene-Posten-Listen 161 Optionales Instrument 475 ff., 479 ff., 510 – Kompetenz der Union 477 – Numerus clausus 480 – Register 480 – Vorteile 481 Ordnungsgemäßer Geschäftsgang 443 Pactum reservati dominii 103 Perfection 507 Personalfoliensystem 440 Personalfoliums 464 Personal Property Security Acts (PPSA) 11 Pfändungspfandrecht 400 Pfandzeichen 458 Pignus 90 Pledge 65 Preferential debts – floating charge 320 Principles of European Contract Law (PECL) 436 Prioritätsprinzip 162, 496 Privatautonomie 232 ff., 243, 499 Proceeds 416 Projektfinanzierung 48, 59, 81, 491 Publizität 503 – Kosten 307 – Notice filing 308, 387 – Österreich 458 – Rechtssicherheit 307 – Übergabe 108 Publizitätsprinzip 140 – Funktion 302 ff.

554

Sachregister

Purchase-money security interest 263, 357, 377, 406, 409, 410 ff., 412, 507 Rangrücktritt – Article 9 UCC 361 ff. Raumsicherungsübereignung 140, 494 Refinanzierungsregister 358 Register für Mobiliarsicherheiten – Auskunftspflichten 448 – Auskunftspflichten des Sicherungsnehmers 445 – Auskunftsecht des Sicherungsgebers 447 – Berichtigung 444 – Draft Common Frame of Reference (DCFR) 439 – elektronisch 392 – europäisches 473 ff., 511 – Falschauskunft 446 – Kosten 392, 465 – Missbräuchliche Registereintragungen 384, 441 – Nutzen 393 – Optionales Instrument 480 – Österreich 462 Registerpfandrecht 308 Retention of ownership 448 Richterliche Rechtsfortbildung 176 Rom I-VO 323 ff., 476, 505 Rückdatierungen von Kreditsicherheiten 390, 460, 466 Rückschlagsperre 247 Sachenrecht s. dingliches Recht Sale and Lease back-Geschäft 35, 454 Sale of accounts 439 Sanierungsdarlehen 298 ff., 502 Scheingeschäft 171 Security Interest – Akzessorietät 370 ff. – Article 9 UCC 507 – Durchsetzung 64 – Erlöschen 403 – Ownership 420 – Perfection by Control 375 f. – Perfection by Possession 374 – Reichweite 367 – Verarbeitung 404

– Vermischung 404 – Wegerwerb 403 Sicherheitentausch 292 Sicherungsabrede 120, 172 Sicherungsabtretung 495 – Anerkennung 102, 151 – Einziehungsrecht 169 – IPR 340 ff., 470, 479 – Prozessstandschaft 173 – Rechtswahl 344 – Vorteile 151 Sicherungskauf 86, 94, 110, 119 – Scheingeschäft 95 ff. – Umgehungsgeschäft 97 Sicherungsübereignung 493 – Anerkennung 100 ff., 117 – Englisches Recht 328 – Entwicklung 106 ff. – Französisches Recht 327 – IPR 325 ff. – Italienisches Recht 328 – Kollision mit Eigentumsvorbehalt 141 – Niederländisches Recht 326 – Österreichisches Recht 330, 459, 460 – Reform 486 – revolvierende 122 – Sachgesamtheiten 122 – Statutenwechsel 325 – Warenlager 125 ff., 141, 149, 494 Sicherungsvertrag s. Sicherungsabrede Sicherungszession s. Sicherungsabtretung Sittenwidrigkeit 501 – AGB-Kontrolle – Gläubigergefährdung 277 ff. – Insolvenzverschleppung 277 ff. – Knebelung 281 ff. – Kredittäuschung 277 ff. – Übersicherung 284 – Übersicherung, nachträgliche 287 ff., 501 Sittenwidrigkeitskontrolle 86 Spezialitätsprinzip 122, 149 Stil pandrecht 335 Surrogation 233, 404 – dingliche 261 – Draft Common Frame of Reference (DCFR) 450

Sachregister

– haftungsrechtliche 260 ff., 266, 500, 503 Teilverzichtsklausel 501 Torpedoklagen 441 Tort of inducing breach of contract 314 Traditionsprinzip 107, 149 Transaction filing 391, 466 Transaktionskosten 5 Transposition 324 ff. Trennungsprinzip 149 Treuhänderische Sicherheiten – Entwicklung 93 Treuhandlehre – Entwicklung 100 ff. Typenzwang 150, 312 Übergabe – constitutum possessorium 109 – Funktion 108 Übersicherung s. Sittenwidrigkeit Überwachungsaufwand 82 UNCITRAL Legislative Guide on Secured Tansactions 11, 425 ff., 508 – acquisition financing rights 428 – inventory 427 – non-unitary approach 426, 430 – Proceeds 426 – Security right 426 UNIDROIT Convention on International Interests in Mobile Equipment 13, 349 Uniform Commercial Code 351 ff. – Geschichte 351 ff. Unternehmensfinanzierung 26 ff. Unternehmensgründungskredit 81, 298 ff., 502 Unternehmenssicherheiten – Effizienz 80 ff.

555

– Floating Charge 65, 80 U. S. Bankruptcy Code – judicial lien 396 – lien creditor 397 – trustee 396, 408 Verbriefung s. Asset Backed Securities Verfallspfand 121, 490, 493 Verfügungsverbot 496 Vermögensübernahme 273 ff. Verordnung 483 Vertragsbruchlehre 18, 162, 202, 206 ff., 279 ff., 415, 501 Vertragsfreiheit 233 ff. Vertragsgerechtigkeit 318 ff. Vertrag von Nizza 477 Vorausabtretung 154, 203 ff. – in AGB 203 ff. – Bestimmbarkeit 160, 495 – Direkterwerb 165 – echte 158, 495 – Eigentumsvorbehalt, verlängerter 203 ff. – Insolvenzverfahren 167 – Kollision 162 – unechte 155, 495 – Verfügungsbefugnis 168 – Wirksamkeit 168 Vorauszession s. Vorausabtretung Vorrang 443 Warengläubiger 429, 467 Warenkredit 176 Warenverkehrsfreiheit 8, 478 Zahlungsverzugsrichtlinie 14, 472 Zinsanpassungsklauseln 308 ff., 503 Zuordnung, haftungsrechtliche 235 ff. Zwangsvollstreckung 57 ff.