Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen: Am Beispiel der Tianjin-Explosionen [1 ed.] 9783662627396, 9783662627402

Im Rahmen der kritischen Kognitionslinguistik untersucht die Autorin kontrastiv das Konzept der Katastrophe in der deuts

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Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen: Am Beispiel der Tianjin-Explosionen [1 ed.]
 9783662627396, 9783662627402

Table of contents :
Vorwort
Zusammenfassung
Inhaltsverzeichnis
Notationsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Fragestellung
1.2 These
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Zum Forschungsstand
2.2 Zur Kritischen Kognitionslinguistik
2.3 Referenzialisierung und Konzeptualisierung des Textweltmodells
2.4 Realität und Medienrealität
2.5 Die Funktion der Massenmedien und ihre Wirkung
2.6 Diskurs zum Begriff Katastrophe
3 Korpora und methodologisches Vorgehen
3.1 Anlass zur Themenwahl
3.2 Chronologische Ereignisdarstellung und -behandlung
3.3 Korpuserhebung
3.4 Kognitionslinguistische Korpusanalyse
4 Perspektivierung in der Berichterstattung
4.1 Explizite Perspektivierung in der Berichterstattung
4.2 Implizite Perspektivierung in der Berichterstattung
4.3 Perspektivierung im deutschen Teilkorpus
4.3.1 Explizite Perspektivierung im deutschen Teilkorpus
4.3.2 Implizite Perspektivierung im deutschen Teilkorpus
4.4 Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus
4.4.1 Explizite Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus
4.4.2 Implizite Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus
4.5 Kontrastive Auswertung
5 Evaluierung in der Berichterstattung
5.1 Zur Klassifikation der Evaluation
5.1.1 Explizite Evaluierung
5.1.2 Implizite Evaluierung
5.2 Evaluierung im deutschen Teilkorpus
5.2.1 Explizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus
5.3 Implizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus
5.4 Evaluierung im chinesischen Teilkorpus
5.4.1 Explizite Evaluation im chinesischen Teilkorpus
5.5 Implizite Evaluierung im chinesischen Teilkorpus
5.6 Kontrastive Auswertung
6 Emotionspotenzial in der Berichterstattung
6.1 Emotionen und ihre Beschreibungsparameter
6.2 Darstellung und Ausdruck von Emotionen
6.3 Emotionspotenzial und Emotionalisierung
6.4 Emotionspotenzial im deutschen Teilkorpus
6.4.1 Emotionsbezeichnung im deutschen Teilkorpus
6.4.2 Emotionsdarstellung und Emotionalisierung im deutschen Teilkorpus
6.5 Emotionspotenzial im chinesischen Teilkorpus
6.5.1 Emotionsbezeichnung im chinesischen Teilkorpus
6.5.2 Emotionsdarstellung und Emotionalisierung im chinesischen Teilkorpus
6.6 Kontrastive Auswertung
7 Text und Bild
7.1 Semantische Beziehung zwischen Text und Bild in Pressetexten
7.2 Pragmatische Beziehung zwischen Text und Bild in Pressetexten
7.3 Kognitive Bedeutung der Bilder in Pressetexten
7.4 Bilder zur Konzeptualisierung der Katastrophe im deutschen Teilkorpus
7.5 Bilder zur Konzeptualisierung der Katastrophe im chinesischen Teilkorpus
7.6 Kontrastive Auswertung
8 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Deutschsprachiges Korpus
Chinesischsprachiges Korpus

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Qian Ruan

Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen Am Beispiel der Tianjin-Explosionen

Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen

Qian Ruan

Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen Am Beispiel der Tianjin-Explosionen

Qian Ruan Nanjing, China

Diese Dissertation wurde von der Fakultät I der Technischen Universität Berlin im September 2019 angenommen. Qian Ruan war Promotionsstipendiatin vom China Scholarship Council.

ISBN 978-3-662-62739-6 ISBN 978-3-662-62740-2 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-62740-2 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Carina Reibold J.B. Metzler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Vorwort

Die vorliegende Dissertation ist im Fachgebiet Allgemeine Linguistik am Institut für Sprache und Kommunikation der Technischen Universität Berlin entstanden. Sie wurde im April 2019 eingereicht. Sie ist Ergebnis eines mehrjährigen Prozesses, der durch meine Doktormutter Prof. Dr. Dr. h. c. Monika Schwarz-Friesel und ihre sehr kompetente wissenschaftliche Unterstützung großzügig begleitet worden ist. Ihr gilt vor allem mein ganz besonderer Dank. Ihre fachliche Betreuung, ausgezeichneten Seminare und Kolloquien sowie die effizienten wissenschaftlichen Kommentare haben mich darin bestärkt, eine vernünftige Arbeitsmethode zu finden und wissenschaftlich durchzuführen. Ihre Forschung und Lehre waren mir ein Vorbild und haben mich ermutigt, den Weg voranzutreiben. Auch privat hat sie mir Unterstützung zuteilwerden lassen und mir so über Schwierigkeiten hinweggeholfen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich auch für die Gastfreundlichkeit von Herrn Prof. Dr. Evyatar Friesel bedanken. Prof. Dr. Sabine Koesters Gensini (Rom) möchte ich für die Bereitschaft, meine Dissertation als Zweitgutachterin zu begleiten und mir vielfach hilfreich zur Seite gestanden zu haben, ganz herzlich bedanken. Mein Dankschön gilt auch Prof. Dr. Thorsten Roelcke und Prof. Dr. Helga Marburger, die mich als Gutachter und Vorsitzende der Prüfungskommission ermuntert haben, meine Forschung in eine andere Richtung zu lenken. Maria Fritzsche, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet, möchte ich ganz herzlich danken, denn erst durch die vielen netten Diskussionen mit ihr habe ich den richtigen Weg eingeschlagen; ihre Ratschläge und fachliche Expertise waren sehr hilfreich für mich. Auch den ehemaligen wissenschaftlichen Mitarbeitern Prof. Dr. Konstanze Marx und Dr. Simon Meier, deren Seminare ich besucht habe und die mich wissenschaftlich beeinflusst haben, möchte ich mein herzliches Dankeschön aussprechen. Die

V

VI

Vorwort

Kollegen Johanna Hembd, Markus Weiß, Miett Xylander, Silke Ebbers, Yanan Jin verdienen ebenfalls mein herzliches Dankeschön. Für die finanzielle Unterstützung bedanke ich mich sehr bei dem China Scholarship Council (CSC). Mein letzter und wichtigster Dank gebührt meinen Eltern und Großeltern, die mir die größte Liebe der Welt geschenkt haben und geben. Danke! Berlin im Juni 2019

Qian Ruan

Zusammenfassung

Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich kontrastiv mit dem Konzept der Katastrophe und dessen Verbalisierung in der massenmedialen Krisenkommunikation im Rahmen der kritischen Kognitionslinguistik: Anhand der Berichterstattung zu den Explosionen am 12.08.2015 im chinesischen Tianjin wird mittels einer qualitativen Korpusanalyse untersucht, wie die chinesischen und die deutschen Medien jeweils die Katastrophe in Tianjin verbal präsentieren bzw. konstruieren. Es zeigt sich, dass unterschiedliche Textweltmodelle durch die Spezifik der massenmedialen Perspektivierung und Evaluierung erzeugt werden. Besonders dem Konzept der Katastrophe kommen dabei Bewertungen zu. Die Rezipienten sind dadurch mit Textwelten konfrontiert, die kulturell, sozial und politisch geprägte Einstellungen der Journalisten und kulturell differierende Ausprägungen von Krisennarrativen widerspiegeln. Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Beantwortung der Frage, wie die jeweiligen Medien beim Berichten über die Tianjin-Katastrophe mittels sprachlicher Strukturen und Einheiten wie Emotionsausdrücke, Metaphern und Anaphern perspektivieren und evaluieren. Dabei findet auch die Erörterung des Emotionspotenzials in den Berichten Beachtung. Das deutsche Korpus besteht aus insgesamt 81, das chinesische aus 77 Texten aus den Leitmedien des jeweiligen Landes. Mittels einer detaillierten Sprachstrukturund Textanalyse werden die eingesetzten sprachlichen Mittel, deren Informationsanordnung sowie der Einsatz kommunikativer Persuasionsstrategien erklärt, um die Unterschiede im deutschen und chinesischen Diskurs transparent zu machen. In diesem Zusammenhang wird auch die Relevanz von visuellen Informationsträgern beim Aufbau der jeweiligen Textweltmodelle berücksichtigt. Es zeigen sich insgesamt gravierende Unterschiede, die der jeweiligen Diskurstradition einer kritischen bzw. staatskonformen Berichterstattung geschuldet sind.

VII

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 These . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 3 4

2 Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Zum Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Zur Kritischen Kognitionslinguistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Referenzialisierung und Konzeptualisierung des Textweltmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Realität und Medienrealität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Die Funktion der Massenmedien und ihre Wirkung . . . . . . . . . . . . 2.6 Diskurs zum Begriff Katastrophe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 7 8 10 14 16 18

3 Korpora und methodologisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Anlass zur Themenwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Chronologische Ereignisdarstellung und -behandlung . . . . . . . . . . 3.3 Korpuserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Kognitionslinguistische Korpusanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 23 24 27 29

4 Perspektivierung in der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Explizite Perspektivierung in der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . 4.2 Implizite Perspektivierung in der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . 4.3 Perspektivierung im deutschen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Explizite Perspektivierung im deutschen Teilkorpus . . . . . 4.3.2 Implizite Perspektivierung im deutschen Teilkorpus . . . . . 4.4 Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . .

33 34 35 41 41 43 52

IX

X

Inhaltsverzeichnis

4.4.1 Explizite Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Implizite Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Kontrastive Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56 61

5 Evaluierung in der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Zur Klassifikation der Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Explizite Evaluierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Implizite Evaluierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Evaluierung im deutschen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Explizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus . . . . . . . . . 5.3 Implizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Evaluierung im chinesischen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Explizite Evaluation im chinesischen Teilkorpus . . . . . . . . 5.5 Implizite Evaluierung im chinesischen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . 5.6 Kontrastive Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63 64 65 69 76 76 87 97 97 111 123

6 Emotionspotenzial in der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Emotionen und ihre Beschreibungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Darstellung und Ausdruck von Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Emotionspotenzial und Emotionalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Emotionspotenzial im deutschen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Emotionsbezeichnung im deutschen Teilkorpus . . . . . . . . . 6.4.2 Emotionsdarstellung und Emotionalisierung im deutschen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Emotionspotenzial im chinesischen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.1 Emotionsbezeichnung im chinesischen Teilkorpus . . . . . . 6.5.2 Emotionsdarstellung und Emotionalisierung im chinesischen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Kontrastive Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

127 127 129 133 136 136

7 Text und Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Semantische Beziehung zwischen Text und Bild in Pressetexten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Pragmatische Beziehung zwischen Text und Bild in Pressetexten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Kognitive Bedeutung der Bilder in Pressetexten . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Bilder zur Konzeptualisierung der Katastrophe im deutschen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

161

52

138 145 145 147 158

161 163 166 167

Inhaltsverzeichnis

XI

7.5 Bilder zur Konzeptualisierung der Katastrophe im chinesischen Teilkorpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Kontrastive Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

176 187

8 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

195

Notationsverzeichnis

Kursivierung: Unterstreichung: (Zahl):

Metasprache; Beispiele aus den Korpora Lexeme und Worte im Beispiel werden dadurch von der Verfasserin hervorgehoben; Die Referenznummer von Belegen; C1, C2, … bis C79 bezieht sich auf Belege des chinesischen Teilkorpus, D1, D2, … bis D84 dem-entsprechend auf die des deutschen Teilkorpus; B-D-1: Bild 1 im deutschen Teilkorpus; B-C-1: Bild 1 im chinesischen Teilkorpus

XIII

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1 Abbildung 2.2 Abbildung 2.3 Abbildung 2.4 Abbildung 3.1

Abbildung 3.2

Veranschaulichung der Verknüpfung von Text und außersprachlicher Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 灾难 (Katastrophe) im chinesischsprachigen Google-Books-Korpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Relative Häufigkeit von 灾难 (Katastrophe) in der chinesischen Datenbank BCC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absolute Häufigkeit von 灾难 (Katastrophe) im BCC-Korpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodisches Vorgehen bei der Kodierung von Perspektivierung und Evaluierung bei der kontrastiven Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodische Herangehensweise bei der Kodierung und dem Vergleich des Emotionspotenzials . . . . . . . . . . . .

13 19 20 21

31 32

XV

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1 Tabelle 3.1 Tabelle 5.1 Tabelle 5.2

灾难 (Katastrophe) in den diversen Textsorten . . . . . . . . . . . . Die politische Position der Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Explizite evaluierende Lexik zur Referenzialisierung im Kontext der Tianjin-Explosionen in deutschen Medien . . . . . Explizite evaluierende Lexik zur Referenzialisierung im Kontext der Tianjin-Explosionen in chinesischen Medien . . .

20 28 77 97

XVII

1

Einleitung

Krisen- und Katastrophenkommunikation gehört zum massenmedialen Alltag. Zum einen wird über temporäre Ereignisse berichtet, wie den Unglücksflug MH 370, die weltweit verübten Terroranschläge oder Naturkatastrophen (Tsunami in Süd- und Ostasien, Erdbeben in Italien und China), die Menschenleben fordern, Umweltschäden verursachen und mit wirtschaftlichen Verlusten einhergehen; zum anderen wird in Massenmedien nahezu täglich über zeitintensive Geschehnisse bzw. Zustände berichtet, die als Krisen oder gar als Katastrophen bezeichnet werden: ZTE-Krise, Flüchtlingskatastrophe, Ukrainekrise, Wirtschaftskrise, Bankenkrise etc. Der moderne Sprachdiskurs zeichnet sich dadurch aus, dass wegen der pragmatischen Nutzung des Begriffs Katastrophe und ihrer sprachlichen Referenzialisierung in den Massenmedien der Begriff Katastrophe als eine konstruierte Bedeutung sowie eine Textwelt aufgebaut wird, mit der ein hohes Emotionspotenzial verbunden ist (vgl. Schwarz-Friesel 2017). Da die Rezipienten täglich damit konfrontiert werden, beeinflusst und bildet dies ihre Wahrnehmung der jeweiligen Katastrophe und ihre Erkenntnisse darüber sowie die Meinung zu den Objekten und Sachverhalten, die im Kontext der von den Medien vermittelten Katastrophe stehen. Die zwei Explosionen in Tianjin, die sich am 12.08.2015 ereigneten, 165 Menschenleben forderten und 6,866 Milliarden Ren Min Bi1 kosteten, wurden sowohl in den chinesischen als auch in den deutschen Medien intensiv thematisiert und als Katastrophe bezeichnet. Die mediale Berichterstattung (und darin agierende Personen) stellt für die Rezipienten, insbesondere für ausländische, im Regelfall die einzige Informationsquelle dar und nimmt somit für die Meinungsbildung bzw. zur Evaluierung der Detonationen eine essenzielle Stellung ein.

1 Umgerechnet

sind es etwa 89,2 Millionen Euro.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021 Q. Ruan, Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62740-2_1

1

2

1

Einleitung

Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit besteht in der Analyse der chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen und damit in der Untersuchung, wie die Sprachproduzenten die Katastrophe konzeptualisieren und eine Textwelt konstruieren, und mit welchen sprachlichen Mitteln und Persuasionsstrategien sie diese durchzusetzen versuchen. Hierzu wird eine detaillierte Analyse der sprachlichen Strukturen der Berichterstattung über die Katastrophen durchgeführt – am Beispiel der Tianjin-Explosionen (Tan 2016; Duan 2016; Dong 2015). Dieses Medienereignis ist in mehrerer Hinsicht prädestiniert: einerseits aufgrund des Vorkommnisses selbst, das sowohl der Gesellschaft als auch ausländischen Unternehmen wie VW, Allianz, Swiss Re etc. großen Schaden zugefügt hat; andererseits wegen der wirtschaftlichen engen Zusammenarbeit zwischen China und der restlichen Welt, die eine entsprechende Berichterstattung bedingt, wie zum Beispiel zum Handelskonflikt mit den USA, zur Übernahme deutscher Unternehmen durch Investitionen seitens chinesischer Unternehmen oder zur neuen Seidenstraße. Aufgrund landesspezifischer Ideologien, Werte etc. kann die These aufgestellt werden, dass mit den jeweiligen Sprachhandelnden verschiedene Meinungen und/oder Darstellungsweisen einhergehen, die zu Missverständnissen führen und sich auf der sprachlichen Ebene manifestieren können, was wiederum Missverständnisse befördert. Stattdessen soll durch die Arbeit ein Verständnis dafür gefördert werden, wie derselbe Referent durch die Massenmedien beider Länder sprachlich unterschiedlich referenzialisiert wird und die zu erreichenden kognitiven Auswirkungen auf die Rezipienten sind, nämlich ob sie gleich oder unterschiedlich sind. Journalisten sind gehalten, sowohl nach dem öffentlichen Interesse als auch dem Gesamtkonzept und der redaktionellen Linie des Mediums Informationen zu recherchieren, auszuwählen und zu gestalten (vgl. Mast 2000: 36–40). Das Bewusstsein dafür und ein sensibilisierter Umgang mit der Berichterstattung sollen durch die kontrastive Analyse aktiviert und gefördert werden.

1.1

Fragestellung

Die Kritische Kognitionslinguistik (KKL) beschäftigt sich hauptsächlich mit der Untersuchung der perspektivierten Realitäts-vermittlung und der Realitätskonstruktion mittels Sprache (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 45). In der vorliegenden Arbeit soll auf dieser Grundlage der Frage nachgegangen werden, mit welchen Mitteln die Textwelten zu den Tianjin-Explosionen in chinesischen und deutschen Massenmedien konstruiert werden. Entsprechen diese einander oder weisen sie Unterschiede auf? Inwieweit unterstützen die sprachlichen Strategien

1.2 These

3

und Mittel die Perspektivierung, die Evaluierung und die Emotionalisierung, um eine Textwelt aufzubauen? Unter der Berücksichtigung, dass die Pressetexte von Bildern begleitet werden, wird auch ein Augenmerk auf der Frage liegen, ob die in den Medien präsentierten Bilder zur Perspektivierung, Evaluierung oder Emotionalisierung der Tianjin-Explosionen beitragen. Im zutreffenden Fall soll evaluiert werden, ob die Pressetexte landesspezifische Unterschiede aufweisen. Die kognitive Konzeptualisierung, die Einstellung der Sprachproduzenten und die gewünschte Auswirkung auf die Rezipienten – wie die Evaluation der TianjinExplosionen und evozierten Emotionen – sollen mittels einer Analyse der Sprache und der Textstruktur ermittelt werden.

1.2

These

Vor dem Hintergrund bisheriger Beobachtungen ist davon auszugehen, dass die zu analysierenden chinesischen und deutschen Teilkorpora eine teilweise abweichende Textwelt zu den Tianjin-Explosionen aufspannen. 1. Da sowohl im Chinesischen als auch im Deutschen der Begriff Katastrophe semantisch und pragmatisch negativ definiert bzw. verwendet wird, ist anzunehmen, dass mittels Perspektivierung, Evaluierung und Emotionalisierung die Geschehnisse sowohl im chinesischen als auch im deutschen Teilkorpus als Katastrophe negativ konzeptualisiert werden. Aufgrund der Funktion der Massenmedien wird vermutet, dass in den Berichten über die Tianjin-Explosionen ein hohes Emotionspotenzial enthalten ist und mit der damit einhergehenden Emotionalisierung der Massenmedien bei den Rezipienten Schrecken oder gar Furcht ausgelöst werden sollen. 2. Aufgrund der unterschiedlichen Kenntnis von deutschen und chinesischen Massenmedien über die Rolle der Behörden bei der Krisenbewältigung ist zu erwarten, dass die Auswirkungen der Explosionen unterschiedlich referenzialisiert werden: Während im deutschen Teilkorpus die Umwelt und die Reaktionen der betroffenen Menschen im Fokus stehen, wird in chinesischen Berichten die Rettungsarbeit der Behörden ins Zentrum gerückt. Die Arbeit der Behörden wird im chinesischen Teilkorpus positiv evaluiert, wohingegen diese in deutschen Medien negativ evaluiert bzw. kritisiert wird. Es ist zudem davon auszugehen, dass die Sprachproduzenten die Behörden in der Textwelt des chinesischen Teilkorpus positiv referentialisieren, während im deutschen Teilkorpus von den Sprachproduzenten ein negatives Bild von den Behörden aufgebaut wird.

4

1.3

1

Einleitung

Aufbau der Arbeit

Als erste Grundlage für die Analysen und Darlegungen wird in Kapitel 1 der theoretische Hintergrund der Kritischen Kognitionslinguistik (KKL) vermittelt. Da die Textwelt zu den Tianjin-Explosionen untersucht wird, bedarf es der Erläuterung des Textweltmodells inklusive der Konstruktion seitens der Sprachproduzenten und der Rezeption der Adressaten. Unter Berücksichtigung der Textsorte (Berichte in Online-Massenmedien) werden auch die Medienrealität, -funktion und -auswirkung ergänzend erörtert, damit die konstruierende Rolle der Sprache, ihre Beziehung zu vermittelten Referenten sowie ihre abzielende Auswirkung auf die Rezipienten im Rahmen der spezifischen Textsorte verstanden werden kann. Schließlich werde ich auf Basis des Diskurses die Definition des Begriffs Katastrophe von Schwarz-Friesel (2017) um China-spezifische Kriterien (semantische und pragmatische Bedeutung) erweitern. In Kapitel 2 stelle ich das Korpus und das methodische Vorgehen vor. Zunächst wird die Auswahl des Themas begründet. Im Anschluss wird das Ereignis chronologisch – einschließlich der Zuständigkeiten der verschiedenen amtlichen Behörden – zusammenfasst, um die notwendigen Hintergrundinformationen für die Analyse der aus dem Korpus betrachteten Sätze oder Textabschnitte zu geben. Daran anschließend werden die Zusammenstellung und die Erhebung des chinesisch-deutschen Korpus begründet, das auf drei Auswahlkriterien basiert: die Beschränkung des Zeitraums, die Quellen und ihr Renommee sowie der Umfang des jeweiligen Teilkorpus. Die Untersuchung der Perspektivierung, der Evaluierung sowie des Emotionspotenzials in der Berichterstattung in Bezug auf den Aufbau der Textwelt ist Gegenstand der Kapitel 3 bis 6. Bevor ich zum analytischen Teil übergehe, werden vor allem die Terminologie sowie die jeweiligen sprachlichen Strategien zur Realisierung der Perspektivierung, der Evaluierung und des Emotionspotenzials erläutert. In Kapitel 3 wird der Begriff Perspektivierung und dessen Einflussfaktoren erläutert; hierbei wird zwischen einer expliziten und einer impliziten Perspektivierung unterschieden. Anschließend werden die sprachlichen Strategien – z. B. mittels Lexeme, Zitat und Strukturierung – genannt, die der expliziten und impliziten Perspektivierung dienen können, und anhand von Beispielen erläutert. Im analytischen Teil werden die konkreten Perspektivierungen im chinesischen und deutschen Teilkorpus analysiert. Die Analyse der beiden Teilkorpora mündet in einem vergleichenden Zwischenfazit. Äquivalent wird in Kapitel 4 die (auch

1.3 Aufbau der Arbeit

5

hier zu unterscheidende explizite und implizite) Evaluierung betrachtet, die vornehmlich mit Metaphern, emotionalen Implikaturen und persuasiven Strategien realisiert wird, sowie das Emotionspotenzial in Kapitel 5. In Kapitel 6 wird das Bildmaterial zur visuell unterstützenden Konzeptualisierung der Katastrophe untersucht. Zunächst werden wie in Kapitel 3 bis 5 theoretische Grundlagen behandelt. Hierbei werden zum einen die semantischen Text-Bild-Beziehungen dargestellt, und es wird anhand von Beispielen verdeutlicht, welche Bedeutung Bildern in der Berichterstattung zukommen kann. Zum anderen wird die pragmatische Beziehung zwischen Text und Bild diskutiert, die unter anderem für die Analyse der Evaluierung von Bedeutung ist. Zuletzt wird zudem die Funktion der Emotionalisierung durch Bilder auf der kognitiven Ebene diskutiert, um das Emotionspotenzial in der Berichterstattung herausarbeiten und nachvollziehen zu können. Die Bilder sowie die Bilderunterschriften werden folglich auf all diesen drei Ebenen analysiert. In einem Zwischenfazit werden die Ergebnisse kontrastiv ausgewertet. Im letzten Kapitel, dem Fazit, werden die Ergebnisse der Kapitel 3 bis 6 diskutiert und mögliche Forschungsperspektiven aufgezeigt.

2

Theoretische Grundlagen

2.1

Zum Forschungsstand

Die Analyse von Katastrophen in den Massenmedien als Medienereignis erfordert eine interdisziplinäre Herangehensweise, weshalb für die vorliegenden Arbeit die Erkenntnisse von Medienfunktion und Medienwirkung einbezogen und knapp erläutert werden (vgl. Früh 1994; Luhmann 2017; Bentele 2008; Dittmar 2011). Eine medienwissenschaftliche Auseinandersetzung mit einer Katastrophe findet man bei Conradi (2015), der Schemata, Stereotypen sowie Routinen der Repräsentation von Krisen und Katastrophen diskutiert. Lembcke (2012) untersucht die massenmedialen Reproduktionen am Beispiel des Klimawandels in Bezug auf Katastrophen. Auch Bürkner (2014) und Distelmeyer (2013) analysieren die Repräsentation der Katastrophe in Fotos und die Darstellung fiktiver Katastrophen in Filmen. In der Linguistik werden die Katastrophe und die – mit der Bedeutung von Katastrophe verwandte – Krise intensiv und vielseitig untersucht: metaphorisch (Nerlich/Jaspal 2012), korpuspragmatisch (Scharloth 2010), diskursanalytisch (Wengeler 2013; Ziem/Wengeler, 2014) sowie pragmatisch (zur emotionalen Orientierung im Krisenkontext: Chen 2017). Im Bereich der KKL wird beispielsweise die sprachliche Verarbeitung einer Katastrophe am Beispiel 9/11 (Schwarz-Friesel/Kromminga 2013) sowie die Konzeptualisierung und Referenzialisierung von Katastrophe von Schwarz-Friesel (2017) untersucht. In der vorliegenden Arbeit wird im Rahmen der KKL die Textwelt einer Katastrophe in Pressetexten analysiert. Konkret wird beobachtet, mit welchen sprachlichen Mitteln und Strategien die Katastrophe konzeptualisiert wird. Die Aussagen zur Medienwirkung werden vor dem Hintergrund der Untersuchungsperspektive nur auf der sprachlichen Ebene getroffen; das mittels Sprache auf die Rezipienten

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021 Q. Ruan, Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62740-2_2

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8

2 Theoretische Grundlagen

gerichtete Emotionalisierungs- und Persuasionspotenzial wird am Sprachgebrauch und an der sprachlichen Strukturierung dargelegt. Zur kontrastiven Analyse chinesischer und deutscher Texte liegen in der Linguistik Arbeiten zu unterschiedlichen Themen und Textsorten vor. Zu nennen wären hier exemplarisch kulturalitätsfokussierte Untersuchungen zu den Textsorten wissenschaftlicher Artikel (Zhao 2018), Imagebroschüre (Zhao 2008) und Todesanzeige (Chen 2013) sowie eine Untersuchung zur Textfunktion von Zeitungsartikeln (Wen 2001). Aus Perspektive der KKL allerdings stellte die kontrastive Analyse deutscher und chinesischer Pressetexte zum Thema Katastrophe in den Massenmedien bislang ein Desiderat dar.

2.2

Zur Kritischen Kognitionslinguistik

Die Kritische Kognitionslinguistik (KKL) ist ein seit den 1980er-Jahren etablierter Ansatz, der zum Teil der Kognitionswissenschaft angehört und sich für die menschliche Wahrnehmung, die Emotion und die Perspektive in Form der Reflektion auf der sprachlichen Ebene interessiert. Sie basiert auf der empirischen Analyse von Korpusdaten und hat zum Ziel zu zeigen, wie Sprachproduzenten mittels Sprache die Meinung ihrer Rezipienten manipulieren bzw. diese von etwas überzeugen möchten. Hierbei wird zudem betrachtet, wie die Sprache zur Realitätskonstituierung, insbesondere in Pressetexten und Werbung, instrumentalisiert wird, – und dies wird kritisch evaluiert (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 43; 3 2008a: 47; 2012). Die KKL bezieht sich auf relevante Ansätze der kognitiven Linguistik. Die kognitive Linguistik basiert auf der Annahme, dass Sprache als Leistung des menschlichen Geistes und als ein in das Kognitionssystem integriertes mentales Kenntnissystem zu betrachten ist (vgl. Schwarz 3 2008: 41). Im modularen Ansatz wird die Sprache als ein eigenständiges Modul auf der Interebene der Kognition betrachtet und die Sprache wird von anderen Kenntnissystemen abgegrenzt (vgl. Schwarz 3 2008a: 48), während beim holistischen Ansatz das sprachliche Wissenssystem als Teil allgemeiner Kognitionsprinzipien aufgefasst und die enge Verbindung zwischen sprachlichen und allgemein-kognitiven Prinzipien betont wird (vgl. Schwarz 3 2008a: 54, 56). Beim modularen Ansatz wird folglich Sprache als Kenntnissystem erforscht, das wird als ein im menschlichen Gehirn verankertes Modul und autonomes System betrachtet wird (vgl. Schwarz 3 2008a: 50). Beim holistischen Ansatz wird das Forschungsinteresse auf funktionale Prinzipien der sprachlichen Strukturierung, den Zusammenhang zwischen

2.2 Zur Kritischen Kognitionslinguistik

9

semantischen Phänomenen und konzeptuellen Universalien sowie den konzeptuellen Schnittpunkten zwischen Syntax und Semantik gelegt (vgl. Schwarz 3 2008a: 56). Als Reaktion auf den holistischen und den modularen Ansatz entstand in den 1990er-Jahren ein dritter Ansatz: die KKL (vgl. Schwarz 3 2008a, 2008b; Schwarz-Friesel 2012, 2 2013, 2017). Vertreter dieser Richtung untersuchen den menschlichen Geist auf der Folie des Sprachgebrauchs; in diesem Sinne ist die KKL Teil der Kognitionswissenschaft. Dazu schreibt Schwarz-Friesel (2017: 44): „Die KKL sieht sich als Teil der Kognitionswissenschaft und verknüpft somit ihr Erkenntnisinteresse, Aufschluss über die menschliche Sprache als einem kognitiven Kenntnis- und Verarbeitungssystem zu erlangen, mit dem allgemeinen Anliegen, den menschlichen Geist zu erforschen und zu verstehen.“

Die Arbeitsmethode der KKL ist empirisch und basiert auf der Analyse konkreter Daten natürlicher Sprache oder auf der Durchführung von Experimenten. Der Forscher erstellt zunächst introspektiv eine Hypothese und prüft diese durch die beschriebenen Methoden (vgl. Schwarz-Friesel 2017). Entsprechende Arbeiten haben beispielsweise Skirl (2009), Marx (2011), SchwarzFriesel/Kromminga (2014) und Schwarz-Friesel (2017) vorgelegt. Die KKL bewertet die prozedurale Kompetenz, die Sprachkenntnis situationsspezifisch zu aktivieren, als ebenso wichtig wie die Speicherung sprachlicher Regeln und Kenntnisse. Damit löst sich bei der KKL die disziplinäre Trennung zwischen Semantik und Pragmatik auf (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 44). Beispielsweise charakterisiert Skirl (2009) das Verstehen metaphorischer Äußerungen als ein Phänomen der Schnittstelle zwischen Semantik und Pragmatik. Als Teil der Kognitionswissenschaft berücksichtigt die KKL auch die emotionalen, kommunikativen, sozialen und kulturellen Faktoren (vgl. SchwarzFriesel 2017: 44), d. h., es werden Faktoren untersucht, die sich auf der sprachlichen Ebene manifestieren. Der Benennung der Forschungsrichtung ist zu entnehmen, dass bei der KKL eine kritische Dimension enthalten ist. Die Realität konstituierende Rolle der Sprache zieht die Aufmerksamkeit bei der Vermittlung der außensprachlichen Welt durch Sprache auf sich (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 44). Die Sprache kann als Spur der Aktivität des Geistes verstanden werden; durch die Analyse der Sprache können wir die Perspektive und Einstellung der Sprachproduzenten sowie das kollektive Bewusstsein einer Gesellschaft entschlüsseln (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 45). Die sprachliche Perspektivierung

10

2 Theoretische Grundlagen

und Stereotypkodierung in Pressetexten sowie das darin enthaltene Emotionspotenzial hat Laudien (2016) an der Berichterstattung über Argentinien zwischen Fußballweltmeisterschaft und Finanzkrise im Rahmen der KKL untersucht. Aus der Perspektive der Sprachproduzenten sehen wir, dass Äußerungen als Realisierung der Konzeptualisierungen der Sprachproduzenten fungieren. Durch Sprache bilden Rezipienten ihre Meinung, erlangen sie ihre Identität und durch Sprache können Emotionen aktiviert werden (vgl. Schwarz-Friesel 2008b). Dabei bildet Sprache in diesem Sinn niemals die Realität ab, sondern spiegelt eine durch sie verarbeitete Realität – oder erzeugt gar eine Realität (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 45). Somit wird die KKL von Schwarz-Friesel wie folgt bewertet (2017: 45): „Sprachstrukturen werden als Manifestation sozialer, politischer, kultureller Strukturen gesehen und Äußerungen nicht nur analysiert, sondern auch kritisch reflektierend hinsichtlich ihres persuasiven (Macht-)Potenzials bewertet.“

2.3

Referenzialisierung und Konzeptualisierung des Textweltmodells

Aus der KKL wird für die Textebene auf den Ansatz des Textweltmodells zurückgegriffen (vgl. Schwarz-Friesel 2013, 2017; Schwarz-Friesel/Consten, 2014). Das Textweltmodell ist eine mittels Sprache bzw. Text aufgebaute mentale Welt, die der realen Welt im Regelfall nicht entspricht. Aus der Textproduzentensicht setzen die Sprachproduzenten beim Textweltmodell durch Sprache bzw. Verbalisierung ihre Konzeptualisierung der Außenwelt durch, während Rezipienten durch Sprache vermittelte Sachverhalte mental subjektiv konstruieren und wahrnehmen (vgl. Schwarz-Friesel 2014: 58–61). Das Textweltmodell bildet gemäß Schwarz-Friesel/Consten (2014: 58) diesen inneren und äußeren Prozess ab: „Mittels textueller Einheiten und Strukturen vollziehen wir Referenz auf unterschiedliche außersprachliche Sachverhalte. Die jeweiligen Sachverhalte werden mittels sprachlicher Textstrukturen auf eine spezifische Weise referenzialisiert. Durch die Referenzialisierung bauen wir geistig eine bestimmte Vorstellung von den Sachverhalten, eine Konzeptualisierung, auf. Dieser interne, durch die sprachlichen Informationen vermittelte Sachverhalt ist das Textweltmodell (TWM) eines Textes.“

2.3 Referenzialisierung und Konzeptualisierung des Textweltmodells

11

Die Konzeptualisierung, auch als „spezifische Auswahl und Repräsentation eines Themas“ (Schwarz-Friesel 2017: 45) verstanden (zum Beispiel: Terror an Halloween in New York als feiger, menschenfeindlicher Akt), liegt der Verbalisierung zu den außensprachlichen Sachverhalten von Textproduzenten zugrunde, welche in Form von Texten von den Lesern rezipiert werden. Die Beziehung zwischen Konzeptualisierung und Verbalisierung besteht nach Schwarz-Friesel (vgl. 2017: 45) darin, dass alle Sachverhalte und Objekte in der Außenwelt über Sprache referenzialisiert werden, wofür verschiedene Optionen bestehen, von denen der Sprachproduzent natürlich nur eine Möglichkeit der Konzeptualisierung auswählt. Zum Beispiel referenzialisiert der Textproduzent in einem Pressebericht über einen Terroranschlag durch einen Einzeltäter eben diesen als einsamen Wolf. Im Prozess der Verbalisierung zur außensprachlichen Welt hin durch Referenzialisierung auf Basis einer bestimmten Konzeptualisierung fließen das enzyklopädische Wissen, der individuelle Wissensbestand und die Einstellung sowie der situative Faktor ein und weisen die Perspektivierung und die Evaluierung der Sprachproduzenten aus (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 45). Die Konzeptualisierung eines Textes enthält wiederum die Perspektivierung und die Evaluierung (vgl. Schwarz-Friesel 2014: 134) – in den oben erwähnten Konzeptualisierungen beispielsweise (Terror an Halloween in New York als feiger, menschenfeindlicher Akt; der Terrorist als einsamer Wolf) werden der Terroranschlag und die Terroristen von den Reportern negativ konzipiert. In der Verbalisierung benutzen die Sprachproduzenten eine bestimmte Lexik oder sie konstruieren die sprachlichen Strukturen so, dass sie auch eine individuelle Perspektivierung und Evaluierung aufweisen.1 Wenn die Konzeptualisierung wie die oben erwähnten Beispiele eine Evaluation enthält,2 werden dadurch die innerlichen Gedanken und die Emotionen der Sprachproduzenten abgebildet (der Terroranschlag ist schrecklich; die Terroristen sind menschentötend, kalt und bedrohlich). Der kognitive Prozess beinhaltet ein Emotionspotenzial, eine bewertende Dimension und emotionale Einstellung sowie die Kategorisierungs-, Entscheidungs- und Handlungsprozesse (Schwarz-Friesel 2014: 137).

1 In

der Berichterstattung über den Terroranschlag (Pitzke, Spiegel Online, 2019-03-01, 15:32) wird über die verwendete Lexik in Cuomo und de Blasio marschierten demonstrativ mit, ohne Kostüme, der schlimmste Terrorschlag, New Yorks Albtraum perspektiviert, referenzialisiert und evaluiert. 2 Dies erfolgte etwa dadurch, dass die Terroranschläge und die Terroristen über Adjektive oder Metaphern (zum Beispiel mit den Metaphern Albtraum, einsamer Wolf ) evaluiert werden.

12

2 Theoretische Grundlagen

Den Zusammenhang zwischen Kognition und Emotion weisen auch die neuesten Forschungsergebnisse aus der Neurowissenschaft und der Sprachwissenschaft auf (Schwarz-Friesel 2014: 137; auch Schwarz-Friesel 2013, Kapital 4): „Kognition, als die Gesamtheit der geistigen Aktivitäten, wird maßgeblich von emotionalen Strukturen und Prozessen begleitet und determiniert.“

Das von Schwarz-Friesel (2017: 46; auch 2014: 59) entwickelte Modell (Abbildung 2.1) zeigt die aufeinander bezogenen Ebenen zum Aufbau des Textweltmodells: Die Sprachproduzenten referenzialisieren über die Sprache (resp. die semantische Bedeutung des Textes mit der Anordnung der grammatischen Textstruktur) die außensprachliche Welt (Referenten); in diesem Prozess werden die Referenten evaluiert und die Sachverhaltspräsentation zu den Referenten (TWM) wird aufgebaut. Das Textweltmodell wird als „mentales Modell der Welt eines bestimmten Textes, [als] komplexe Referenzialisierungsstruktur“ verstanden (Schwarz-Friesel 2017: 46). Das TWM entsteht sukzessive im Arbeitsgedächtnis3 , Textreferenten werden dort als „mentale Entitäten mit ihren Relationen und Aktivitäten sowie ihrer raumzeitlichen Verankerung gespeichert“ (ibid.). Lesen die Rezipienten einen Bericht über den Terroranschlag in Berlin, wird der Textreferent, der Terrorist Anis Amri, im Kopf der Leser über die Relation zwischen seinem Terroranschlag bzw. seiner Tat und seinen Erfahrungen4 aufgebaut, die sich zeitlich-räumlich zum Terroranschlag verankern lassen (vgl. Zeit Online, 201904-05, 18:13). Im weiteren Bericht über den Hintergrund der Tat, die der IS für sich reklamiert hat, wird Anis Amri als der Täter und „der Ausführer der Attacke“ 3 Das

Arbeitsgedächtnis (AG) wird verstanden als „memory system, that underpins our capacity to ‚keep things in mind‘ when performing complex tasks“ (Baddeley et al., 2009: 9). Das bedeutet, dass bei einer Aufgabenbearbeitung das AG als Gedächtnis fungiert, welches bei der Durchführung dieser Arbeit benötigt wird. Nach Schwarz-Friesel/Consten (2014: 66) repräsentiert das AG „Wahrgenommenes einige Stunden oder Tage in einem (inhaltsorientierten) Interimsspeicher, bevor die Informationen entweder in das Langzeitgedächtnis (den Speicher für dauerhafte Repräsentationen) überführt oder vergessen werden.“ Wenn man beispielsweise einen Bericht liest, werden die Wörter im Kurzzeitgedächtnis (KG) gespeichert, allerdings durch neue Wörter verdrängt, wobei beim Leseprozess der semantische Gehalt des Berichts im Kopf des Lesers behalten wird. Das KG bietet also eine begrenzte Gedächtniskapazität für eine vergleichsweise kurze Zeit; so kann man etwa sieben Wörter für einige Sekunden behalten, bis neue Wörter die zuvor im Kopf gespeicherten vergessen lassen (vgl. S. Miller 1956). 4 Wie etwa Umstände und Route der Flucht, Zeitpunkt der Ankunft in Italien, Annahme von fünf verschiedenen Identitäten in Deutschland etc.

2.3 Referenzialisierung und Konzeptualisierung des Textweltmodells

13

Abbildung 2.1 Veranschaulichung der Verknüpfung von Text und außersprachlicher Welt. (Schwarz-Friesel 2017: 46; vgl. auch Schwarz-Friesel/Consten 2014: 59)

(ibid.) sowie als „ein Soldat des ‚Islamischen Staates‘“ (ibid.; gemäß Zitat des Reporters aus der Mitteilung des IS) aktiviert. Die mentale Entität von Terroristen wurde durch die Berichterstattung referenzialisiert und im Kopf der Rezipienten aufgebaut.

14

2 Theoretische Grundlagen

Ein Textweltmodell stellt eine Zwischenebene zwischen dem Text und den Referenten dar; im Leseprozess werden „Top-down-Prozesse“5 und „Bottomup-Prozesse“6 von den Rezipienten eingesetzt. Aus der Leseperspektive ist das Textweltmodell „ein geistiges Modell von der im Text beschriebenen Welt“ (Schwarz-Friesel 2014: 59). Wenn die Rezipienten die Konzeptualisierung eines Berichts (zum Beispiel: TERRORANSCHLAG IST EIN FEIGER, MENSCHFEIDLICHER AKT) wahrnehmen, aktivieren sie im Langzeitgedächtnis ihr Wissen über Terroristen und den IS durch das Lexem Terroranschlag und fügen dieses beim Lesen ein (top-down; vgl. Zeit Online, 2019-04-05, 18:13). Im Bottom-up-Prozess verbinden Rezipienten die Propositionen über den Terroristen miteinander, z. B. mit den Phrasen/Wörtern krimineller Delikte, einen Lastwagen gestohlen zu haben, versuchter Brandstiftung, radikalisiert, Gefängnisstrafe, Gefährder, einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat etc. Über die Semantik vermitteln die Textproduzenten auch die Evaluation des Textreferenten. Aus der bewertenden perspektivierten Referenzialisierung der Textproduzenten lässt sich das mentale Textweltmodell steuern (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 57).

2.4

Realität und Medienrealität

Bei der Erörterung des Textweltmodells haben wir erfahren, dass Textproduzenten mittels Sprache eine Welt im Kopf der Rezipienten aufzubauen versuchen, die die Realität nicht eins zu eins abbilden kann (und mitunter auch gar nicht soll). Bei diesem Prozess verwenden die Journalisten spezifische sprachliche Strategien und Formulierungen, welche die Leser auf Basis ihrer kognitiven Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen, beispielsweise durch Elaboration und Inferenz interpretieren können (vgl. Abschnitt 2.1). In den Massenmedien errichten Journalisten bei der Berichterstattung mittels Sprache eine Textwelt, die der Realität nicht eins zu eins entspricht, sondern ihre eigene Perspektive enthält. Bentele (2008: 305 f.) spricht diesbezüglich von der Konstruktion einer Medienrealität, d. h. einer Art von Realität, welche Journalisten durch differenzierte Perspektivität und Selektivität erzeugen. Diese 5 Der

„Top-down-Prozess“ ist ein Leseprozess, bei dem wir das Wissen im Langzeitgedächtnis abrufen, das für das Textverstehen von Bedeutung ist (wissensgeleitetes Verstehen; vgl. Schwarz-Friesel 2014: 69). „Diese Top-Down-Prozesse spezifizieren vage Bedeutungen, verbinden Propositionen miteinander und füllen referenzielle Lücken, elaborieren also maßgeblich die textsemantische Basis des Textes.“ (ibid.) 6 Der „Bottom-up-Prozess“ ist ein zum „Top-down-Prozess“ komplementärer Leseprozess, bei dem wir die Informationen der Textoberfläche verarbeiten (textgeleitetes Verstehen).

2.4 Realität und Medienrealität

15

Medienrealität ist eine Abbildung bzw. „Simulation“ (ibid.) der Realität von Journalisten. Damit ist gemeint, dass im Konstruktionsprozess die Rolle der Journalisten und ihre subjektive Wahrnehmung involviert sind. Aus diesem Grund ist die Medienrealität ungleich der Realität. Mit Bentele (2008: 305) kann sich der Begriff Medienrealität „sowohl auf die jeweils spezifische Realitätsdarstellung in einzelnen Massenmedien, wie auch auf die Realitätsdarstellung in den Medien insgesamt beziehen. Medienrealität nimmt auf natürliche und soziale Realität, insbesondere auf kommunikative Realität Bezug. Ebenso bezieht sie sich auf Medienereignisse und enthält einen Teil an fiktiver Realität.“

Luhmann (5 2017: 105) spricht von der Medienrealität als „Realität der Beobachtung zweiter Ordnung“. Nach Luhmann (vgl. ibid.: 96–99) präsentieren die Massenmedien bzw. die Journalisten die Gesellschaft, wie sie sie wahrgenommen haben. Als Beobachter der Realität zeigen sie über ihre Darstellungsweise resp. Selektionsweise bevorzugte moralische Wertungen. Zudem weist er (vgl. ibid.: 141 f.) auf die Unsichtbarkeit der Massenmedien hin, denn Massenmedien als Beobachter informieren über etwas und müssen dabei gute von schlechten Aspekten unterscheiden. Die Massenmedien als Beobachter können sich selbst aber nicht reflektieren, sie befinden sich in einem System, in dem sie als Beobachter fungieren, die selbst nicht beobachtet werden (ibid.: 142): „Sie [die Massenmedien, d. V.] operieren weltzugewandt und reflektieren nicht, daß schon diese Zuwendung einen unmarkierten Raum erzeugt, in dem sie sich selbst befinden.“

Früh (1994: 56 f.) ist der Auffassung, dass Medien nicht die Realität umfassend und objektiv abbilden. Die Medienrealität ist in diesem Sinne eine Realität, die uns durch die Vermittlung von Informationen eine Informationsumwelt schafft, in der die Primärerfahrung strukturiert, mit bestimmten Wertmaßstäben kommentiert und evaluiert wird. Damit (ibid.: 57) „wählt [sie] nur einen Teil des Geschehens nach systeminternen Kriterien (z. B. Nachrichtenwerte) aus, ordnet sie bestimmten Sachbereichen zu, interpretiert Zusammenhänge und kommentiert diese nach diversen Wertmaßstaben.“

Darüber hinaus weist Früh (ibid.: 57 f.) darauf hin, dass die Massenmedien perspektiv-selektiv sind, denn sie wählen den Ereigniszusammenhang aus und beschreiben unter einer bestimmten Perspektive relevante Aspekte. Wenn die

16

2 Theoretische Grundlagen

Journalisten beispielsweise über eine Krise berichten, wählen sie einige Faktoren aus, die diese Krise verursacht haben oder mit dieser in Verbindung stehen; entsprechend stellen sie die Auswirkung der Krise unter einem bestimmten Aspekt (wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich oder in Bezug auf die Umwelt) dar. Bezüglich der sprachlichen Ebene der von den Medien erzeugten Realität stellt Schwarz-Friesel (2 2013: 225) fest: „Vielmehr wird Realität (scheinbar objektiv) mittels Sprache bezeichnet, tatsächlich aber über bestimmte Strategien aus einem eingeengten, spezifisch emotional und damit (be)-wertend unterlegten Blickwinkel referenzialisiert.“

2.5

Die Funktion der Massenmedien und ihre Wirkung

Massenmedien vermitteln Informationen, die die Realität in entsprechender Weise abbilden. Damit erfahren die Rezipienten subjektiv und ausschnitthaft nur das über die Welt, was ihnen die Medien mitteilen. Dazu stellt Kammerl (2011: 146) fest: „Menschen nehmen also einerseits einen ganz spezifischen Ausschnitt physikalischer Wirklichkeit wahr, andererseits ist das, was wahrgenommen wird, nicht das Ding an sich, sondern sinnlich vermittelte Erfahrungen.“

Insbesondere erfahren Menschen von Ereignissen oder Erfahrungen, die sie nicht selbst erfahren und wahrnehmen konnten. Diese Informationstätigkeit verleiht den Medien ihre Macht. Durch den Themen- und Informationssektor, durch die Lenkung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen und Informationen erlangen wir Wissen über die Welt, womit das Potenzial verbunden ist, die Verhaltensweise der Menschen zu beeinflussen (vgl. Dittmar 2 2011: 98). Wenn die Medien über eine Krise, beispielsweise die Flüchtlingswelle in Europa, mittels Texte, Bildern und Videos berichten, erfährt die Gesellschaft etwas über die Lage der Flüchtlinge und kann – beispielsweise im Rahmen der Politik – entsprechende Maßnahmen treffen. Bei der Vermittlung der Information erschaffen die Massenmedien für die Rezipienten eine konstruierte Realität. Damit übertragen die Massenmedien nicht nur Informationen und teilen uns etwa mit, was geschehen ist, sondern vermitteln Wahrnehmungs- und stoßen Erkenntnisprozesse über die Realität bzw. die Welt an, bilden damit allerdings auch die Meinung der Menschen, die vom Objekt resp. von der Umwelt räumlich getrennt sind. Dazu konstatiert Luhmann (5 2017: 119), „daß die Funktion der Massenmedien in der ständigen Erzeugung

2.5 Die Funktion der Massenmedien und ihre Wirkung

17

und Bearbeitung von Irritation besteht.“7 Mit anderen Worten: Bei der Informationsvermittlung bewirken die Massenmedien Informationsverarbeitung und Realitätserzeugung und manipulieren dabei die Meinung der Rezipienten (vgl. ibid.: 119 f.). Zum Beispiel können Reporter im Rahmen einer Meldung über einen Skandal die betroffenen Personen diffamieren oder bei der Berichterstattung über einen Konflikt oder Krieg die betroffenen Personen negativ (als Mörder) oder positiv (als Opfer) bewerten und den Gesamtvorgang als menschenfeindlich resp. negativ einstufen. Gesellschaftlich wirken die Massenmedien sozialisierend, indem sie die Information vorverarbeiten, äußern und verbreiten und damit zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen: „Massenmedien vermitteln Werte, Normen und Muster für soziale Rollen, sie prägen kulturelle Leitbilder und tragen damit zum sozialen Wandel bei. […] Massenmedien ermöglichen das Zurechtfinden in einer komplexen Umwelt und vermitteln zugleich das Gefühl, zu einer bestimmten Gruppe, einer bestimmten Gemeinschaft dazuzugehören.“ (Meyen 2005: 56)

Durch Vermittlung von Werten, Normen und Mustern unterscheiden die Massenmedien Sachverhalte, Standards und Verhaltensweisen in der Gesellschaft, stellen abweichendes sowie gutes und böses Verhalten im ethischen Sinne heraus (vgl. Luhmann 5 2017: 144). Dadurch erzeugen die Massenmedien die Evaluation und die Einstellung bei der Informationsvermittlung. Nach Schwarz-Friesel (vgl. 2 2013: 233–235) erlangen die Rezipienten von Massenmedientexten bestimmte Wertvorstellungen, die eine Evaluation und Emotionspotenzial enthalten. Zum Beispiel werden in Berichten über Terroranschläge Werte wie Demokratie, Freiheit und Menschlichkeit vermittelt, bei Berichten über die Flüchtlingswelle Humanität oder Autorität. Die Massenmedien können eine emotionale Wirkung auf die Rezipienten durch ihr massenmediales Erzählen ausüben, indem auf stereotype Figuren oder bestimmte Situationen zurückgegriffen wird (vgl. Dittmar 2 2012: 103). Bei der Berichterstattung über Konflikte oder Kriege werden beispielsweise Kinder und Frauen genannt oder abgebildet, die infolge von Alltagserfahrungen im Vergleich zu bewaffneten Soldaten defensiv und/oder hilflos erscheinen, um durch Empathie ihnen gegenüber Sympathie und Antipathie gegen den Krieg zu evozieren. 7 Unter dem Begriff Irritation versteht Luhmann (5 2017: 119 f.) ein Strukturmerkmal im Sys-

tem, welches man der Natur und dem als Natur dokumentierten Wesen der Dinge zudenkt. Irritation ergibt sich erst, wenn dieses System ein mitwirkendes Gedächtnis an allen Handlungen hat, mit dem man Inkonsistenz und Ausgleich erfahren kann. Es deutet auf eine Interaktion von Informationsverarbeitung, Realitätskonstruktion und Gedächtnis hin.

18

2 Theoretische Grundlagen

Durch solche induzierbaren emotionalen Wirkungen sollen gemäß SchwarzFriesel (vgl. 2 2013: 225) bei der Krisenberichterstattung in massenmedialen Texten emotionale Wirkungen wie Empathie und Identifikation ausgelöst werden.

2.6

Diskurs zum Begriff Katastrophe

Der Begriff Katastrophe wird in Wörterbüchern definiert als „schweres Unglück, Naturereignis mit verheerenden Folgen“ (Duden Online); „furchtbares, verhängnisvolles Ereignis“ (DWDS).

Das Wort deutete in der Antike auf eine Wende oder einen Wendepunkt hin (griechisch katastréphein ›umkehren, umwenden‹; (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 47). Das negative Konnotat entwickelte sich erst um das Jahr 1800 mit dem Fokus auf Naturereignisse. Der Begriff wurde vor allem in der Wissenschaft verwendet; der semantische Wandel zur heutigen Bedeutung vollzog sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 47; Briese/Günthner 2009: 192). Der pragmatische Gebrauch von Katastrophe im 20. und 21. Jahrhundert wird von Schwarz-Friesel (2017: 54) untersucht und im Ergebnis wie folgt definiert: „Katastrophe ist eine besonders schwere, überindividuelle Krise und somit ein Ereignis mit gravierenden Folgen für die Gesellschaft/Gemeinschaft. Jede Krise hat also das Potenzial zur Katastrophe. Die Umgangs- und Mediensprache bestätigt die Lesart ‚Katastrophe als Steigerung von Krise‘ durch die vielfach anzutreffende Äußerung.“

Die konkrete Analyse von Schwarz-Friesel (vgl. 2017: 49–53) zeigt, dass die Verwendung des Begriffs Katastrophe im Laufe der zwei Weltkriege und später durch Tschernobyl eine besondere Rolle einnahm, und erst seit den 1990erJahren der rasante Anstieg der Verwendung in journalistischen Texten vorkommt. Das Wort bezieht sich dann auf Naturphänomene wie Tsunami, Hurrikan, Erdbeben und auf gravierende nukleare Zwischenfälle. Die Kookkurrenzanalyse (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 49–55) zeigt, dass Katastrophe am häufigsten für überindividuelle, reale Krisenereignisse von bedeutendem Ausmaß und großer Relevanz für die Gesellschaft verwendet wird. Im chinesischen Xinhua-Wörterbuch („Katastrophe“ auf Xinhua Online Wörterbuch, 2019-03-02, 23:08) wird der Begriff Katastrophe (灾难) definiert als:

2.6 Diskurs zum Begriff Katastrophe

19

„由灾祸造成的苦难“ Übersetzung: der aus Unglück verursachte Jammer. „是对能够给人类和人类赖以生存的环境造成破坏性影响的事物总称“ (维基百 科) Übersetzung: Es ist ein allgemeiner Begriff für Dinge, die verheerende Auswirkungen auf die Menschen und die Umwelt, in der die Menschen leben, haben können. (Wikipedia.zh)

Das chinesische Wort 灾难 (›Katastrophe‹) besteht aus 2 Zeichen und wird im alten Chinesischen getrennt benutzt und jedes Zeichen enthält schon eine negative Bewertung (vgl. „灾“ auf Shuo Wen Jie Zi, 2019-02-04, 18.47; „难“ auf Shuo Wen Jie Zi, 2019-02-04, 18:57). Mit dem Google Books Ngram Viewer lässt sich der Gebrauchsverlauf des Lemmas Katastrophe im 20. und 21. Jahrhundert (Abbildung 2.2) ablesen. Das Diagramm zeigt die Häufigkeit der Verwendung des Lexems Katastrophe im chinesischsprachigen Google-Books-Korpus im Zeitraum von 1900 bis 20088 . Es fallen drei Amplituden auf: 1959 zum Beginn der dreijährigen Naturkatastrophe (1959–1961), 1980 zum Ende der chinesischen Kulturrevolution und 2008 zum Zeitpunkt des schweren Erdbebens in Wenchuan9 .

Abbildung 2.2 灾难 (Katastrophe) im chinesischsprachigen Google-Books-Korpus 8 Nach

2008 lassen sich keine Daten ermitteln.

9 Die Amplitude um 1900 ist im Vergleich zum nachfolgenden Zeitraum bis 1950 bemerkens-

wert. China wurde zu diesem Zeitpunkt (während der Qing-Dynastie) in den Krieg „Siege of the International Legns“ verwickelt.

20

2 Theoretische Grundlagen

Blicken wir auf den Gebrauch des Lemmas in der chinesischen Datenbank BCC von 1946 bis 201510 mit der Angabe „灾难“ (Katastrophe) in den diversen Textsorten (einschließlich Literatur, Journalistische Texte, Diverse Felder, Weibo, Technologie, Altes Chinesisch), zeigt sich das Ergebnis, dass sich die meisten Treffer in den journalistischen Subkorpora finden (Tabelle 2.1): Tabelle 2.1 灾难 (Katastrophe) in den diversen Textsorten

Feld Literatur

Treffer 2 615

Journalistische Texte

19 780

Diverse Felder

18 580

Weibo Technologie Altes Chinesisch

7 922 16 745 1 800

Die chronologische Verteilung des Vorkommens von 灾难 (Katastrophe) in der Datenbank lässt sich mit dem folgenden Häufigkeitsplot kontrastieren: (relative Häufigkeit in %)

Abbildung 2.3 Relative Häufigkeit von 灾难 (Katastrophe) in der chinesischen Datenbank BCC (Xun, Rao/Xie, 2015)

Durch das Diagramm über die relative Häufigkeit von Katastrophe (Abbildung 2.3) sehen wir, dass die Kurve von 1946 bis 2006 relativ stabil verläuft. Im Jahre 2007 fiel die Kurve auf den tiefsten Punkt, im Folgejahr auf den 10 Die

Daten in der Datenbank beschränken sich auf diesen Zeitraum.

2.6 Diskurs zum Begriff Katastrophe

21

höchsten und danach finden sich in den Jahren 2010 und 2014 noch einmal relativ viele Treffer. Auffällig ist ferner, dass in den Jahren 1946, 1952, 1979 und 2003 Gipfel auftreten. Dies lässt sich mit der Geschichte in Einklang bringen: 1946 gab es einen Bürgerkrieg, 1979 den Krieg gegen Vietnam und 2003 die SARS-Pandemie.

Abbildung 2.4 Absolute Häufigkeit von 灾难 (Katastrophe) im BCC-Korpus (Xun E., Rao, Xiao/Zhang, 2016)

Im oberen Diagramm ist bemerkenswert, dass die Zahl der Treffer zwischen 1958 und 1961 sowie im Jahre 2003 hoch ist, während sie in Abbildung 2.4 weniger ausgeprägt ist. Zudem tritt der Gipfel in einem bestimmten Zeitraum auf. Diese Zeitpunkte sind mit den historischen Ereignissen identisch, denn von 1958 bis 1961 findet die dreijährige Naturkatastrophe, im Jahre 2003 die SARSPandemie in China statt. Aus der Analyse der Datenbanken kann der Schluss gezogen werden, dass der Gebrauch von Katastrophe in der chinesischen Datenbank historisch beeinflusst ist durch Krieg, Naturkatastrophe und Pandemie. Die pragmatische Bedeutung des Lexems ist grundsätzlich mit dem Gebrauch in den deutschsprachigen Datenbanken11 identisch, denn auch hier wird es für große, überindividuelle Ereignisse verwendet, die eine schlimme Auswirkung ausübten. 11 Die

Analyse der Entwicklung der Gebrauch des Lemmas Katastrophe im 20. und 21. Jahrhundert mit dem Google Books Ngram Viewer (die Texte umfassen alle Werken des deutschsprachigen Google-Books-Korpus) sowie mit dem COSMASII nach dem Korpus „wöffentlich“ des DeReKo (das deutsche Referenzkorpus) lässt sich bei Schwarz-Friesel (2017: 47 f.) nachlesen.

3

Korpora und methodologisches Vorgehen

3.1

Anlass zur Themenwahl

Am 12.08.2015 ereigneten sich im neuen Bezirk Binhai der chinesischen Stadt Tianjin, eine der vier Stadtstaaten Chinas, zwei schwere Explosionen in einem Lagerhaus für Gefahrstoffgüter. Laut dem chinesischen Staatsrat handelte es sich dabei um einen besonders großen Arbeitsunfall bezüglich der Herstellungssicherheit. Die Explosionen führten zu einem großen Schaden: 165 Menschen verloren ihr Leben und der finanzielle Schaden belief sich insgesamt auf 6.866 Milliarden Ren Min Bi. Unter den Opfern befanden sich 24 an der Rettung beteiligte Feuerwehrleute für die öffentliche Sicherheit, 75 Feuerwehrmänner des Hafens, 11 Polizisten und 55 Personen einschließlich der Angestellten des betroffenen Unternehmens Ruihai Logistics und der umliegenden Unternehmen. Die Tianjin-Explosionen haben sowohl in den chinesischen als auch in den deutschen Medien große Beachtung erfahren. So wurde sowohl in den zentralen deutschen überregionalen Medien (Zeit, Fokus, Tagesspiegel, Bild, Welt, Berliner Morgenpost etc.) als auch in den chinesischen Medien (in den Staatsmedien Xinhua.net und People.com genauso wie in privaten Nachrichtenportalen1 wie Sina.com, Ifeng.com, Souhu.com etc.) berichtet. Deshalb eignet sich das Ereignis für eine kontrastive Untersuchung, für die das Korpus aus Pressetexten beider Sprachen zugänglich sein muss. Inhaltlich sind die Tianjin-Explosionen aufgrund des Schadens ein trauriges Ereignis, ein Unglück. Nach der Definition für Katastrophe von SchwarzFriesel (vgl. 2017: 54) sind sie ein typischer Fall von Katastrophe. Vor dem Hintergrund zahlreicher Parallelen zu Ereignissen wie dem Pariser Terroranschlag 1 Ein

Vergleich zwischen privaten Nachrichtenportalen und Staatsmedien konnte im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht geleistet werden. © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021 Q. Ruan, Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62740-2_3

23

24

3

Korpora und methodologisches Vorgehen

oder Naturkatastrophen (beispielsweise die Tsunamis in Japan und Indonesien) sind solche Unfallberichte wegen ihres Schadens für die Menschen und die Gesellschaft sowie die daraus verursachten negativen Emotionen vergleichbar; folglich kann die Berichterstattung über die Tianjin-Explosionen stellvertretend für die Katastrophenberichterstattung im Allgemeinen betrachtet und analysiert werden. Dennoch wurde über die Tianjin-Detonationen in deutschen und chinesischen Medien unterschiedlich berichtet; so wurde beispielsweise der Referent (die Tianjin-Explosionen) von den Reportern durch den Sprachgebrauch, die Textstruktur und das ausgewählte Bildmaterial unterschiedlich darstellt, d. h., die konstruierten Textwelten im Kopf der Rezipienten differieren.

3.2

Chronologische Ereignisdarstellung und -behandlung

Im Folgenden werden die Ereignisprozesse chronologisch dargestellt: 12. August 2015 22:50 Uhr

Anrufeingang bei der Polizei; Eintreffen der Feuerwehr des öffentlichen Sicherheitsbüros im Tianjin traf am Ort ein (vgl. Yang, 2015)

22:51 Uhr

Das Gefahrgutlager der Firma Ruihai geriet in Brand.

23:34 Uhr

Die erste Explosion ereignete sich; dies entspricht etwa der Größenordnung 2,3 auf einer Erdbeben-Skala oder 3 Tonnen TNT. Nach einer lautstarken Detonation stieg sofort eine grau-weiße Pilzwolke von 10 Metern Höhe auf (vgl. CCTV, 2015)

14. August 2015 16:40 Uhr

Erfolgreiche Bekämpfung des offenen Feuers.

Wichtige Ereignisknoten nach den Explosionen: Aussetzung der Löscharbeiten: Um 10 Uhr, am 13.08.2015, hielt das Rettungskommando ein Treffen ab und beschloss, die Löscharbeiten vor Ort einzustellen (vgl. Cri.cn 2015). Eintritt der chemischen Abwehreinheit: Am Morgen des 13.08.2015 ging eine anti-chemische Truppe der Pekinger Militärlegion zur Tianjin Binhai New Area, wo die anti-chemische Truppe von Beijing Weiwei zum ersten Mal die Gebäude der Kerngebiete der Explosionen im Gefahrgutlager der Firma Ruihai betrat (vgl. Xinhuanet 2015a).

3.2 Chronologische Ereignisdarstellung und -behandlung

25

Einsatz der nuklearen, biochemischen Truppe: Am 15.08.2015 mobilisierte die Feuerwehr des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit aus der Feuerwehr Liaoning und Jiangsu insgesamt 6 Fahrzeuge und 30 Offiziere von der nuklearen, biochemischen Truppe. Aus der Feuerwehr Hebei wurden drei chemische Einheiten von drei chemischen Abteilungen mobilisiert. Auch zwei nukleare, biochemische und multikinetische Energiedetektoren wurden vom Pekinger Hauptquartier zur Entsorgung mobilisiert (vgl. Xinhuanet 2015b). Die Ergebnisse der Feldstudie: Bis zum 16.08.2015 wurde bestätigt, dass sich der Standort von Cyanid auf zwei Stellen verteilte; nach vorläufigem Urteil gab es Hunderte von Tonnen (Fazhiwanbao 2015). Umweltverschmutzung: Durch die Analyse der chemischen Zusammensetzung von 111 gefährlichen Gütern, die sich zum Zeitpunkt des Vorfalls in den Lagern der Firma Ruihai befanden, wurde festgestellt, dass mindestens 129 chemische Substanzen explodiert oder ausgetreten waren, darunter Natriumhydroxid, Kaliumnitrat, Ammoniumnitrat, Natriumcyanid, Magnesiummetall und Natriumsulfid, die 50 % des Gesamtgewichts ausmachen. Bei den zwei Explosionen wurden mehr als 100 Arten von Sekundärschadenstoffen freigesetzt, die unterschiedliche Verschmutzungsgrade in der lokalen Umgebung – in Wasser, Boden und Luft – verursachten. Dies könnte die Gesundheit der Personen beeinträchtigen, die keine Schutzmaßnahmen an der Unfallstelle ergriffen haben. Wegen der Komplexität und Vielfalt der Schadstoffe wurde eine mittel- und langfristige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt (vgl. Untersuchungsbericht zum besonders schweren Feuer- und Explosionsunfall am Tianjin Port „8/12“ im Gefahrgutlager der Firma Ruihai 2016: 8–13). Für die Luft zeigt die Monitoring-Analyse an, dass die Explosionen im zentralen Bereich zu einer starken Belastung der Atmosphäre führten. Bis zum 12. September überschritten im Unfallzentrum die nachgewiesenen Schadstoffkonzentrationen von Schwefeldioxid, Cyanwasserstoff, Ammoniakgas den angegebenen Arbeitsplatzgrenzwert um das Vierfache (vgl. ibid.: 8 f.). Das am Unfallort in beiden Kratern angesammelte Wasser war stark verschmutzt, die durch die Explosionen entstandenen Streu- und Sekundärschadstoffe mit dem Oberflächenabfluss aus Lösch-, Wasch- und Regenwasser gelangten in den Oberwasserflächenabfluss und die meisten von ihnen traten in das umliegende unterirdische Leistungsnetz ein, wodurch das entsprechende Gewässer verschmutzte (vgl. ibid.). Dem Bericht zufolge verursachten die Explosionen eine Verschmutzung des Bodens im zentralen Bereich, in deren Kernbereich bis zum 31. Oktober noch Natriumchlorid in überhöhter Menge nachgewiesen wurde (vgl. ibid.: 11 f.).

26

3

Korpora und methodologisches Vorgehen

Inhalt der Rettungsarbeiten: 1) Die Behörden koordinierten die professionellen Kräfte von anti-chemischen Truppen, Medizin- und Gesundheitspersonal und die Umweltüberwachung; sie organisierten, erstellten Arbeitspläne und klärten Verantwortlichkeiten, sie bauten den Kooperationsmechanismus zur Verbesserung der Befehlskette des koordinierten Befehlssystems auf. 2) Die Behörden trafen vor Ort ein, führten die Rettungsarbeiten durch und überwachten die Situation und Umwelt. 3) Sie leisteten Unterstützung zur Beruhigung der betroffenen Familien der Opfer und informierten die Öffentlichkeit. 4) Sie führten die Untersuchung durch (vgl. ibid.: 20 f.). Rettungseinsatz: Insgesamt wurden mehr als 16 000 Menschen für die Bergung und Entsorgung vor Ort mobilisiert und mehr als 2 000 Geräte und Fahrzeuge eingesetzt. Die Rettungskräfte setzten sich aus Volksbefreiungsarmee, bewaffneter Polizei, Feuerwehrmännern, Fachleuten für die chemische Entsorgung, Experten in den Bereichen Explosionsschutz, chemische Verteidigung, Seuchenprävention, Brandbekämpfung, medizinische Versorgung, Umweltschutz etc. zusammen. Außerdem wurden 9 000 medizinische Arbeiter rekrutiert, um die Verletzten zu behandeln (vgl. ibid.: 21 f.). Ursache der Explosionen: Der Asbest im Container auf der Südseite des Gefahrgutlagers trocknete durch die Verdunstung des Feuchthaltemittels teilweise aus; unter dem Einfluss von hohen Temperaturen und anderen Faktoren beschleunigte dies die Hitzeentwicklung im Asbest, der sich daraufhin entzündete. Dies verursachte eine langfristige großflächige Verbrennung von Nitrocellulose und anderen gefährlichen Chemikalien in benachbarten Behältern und führte zu den Explosionen von gefährlichen Chemikalien wie Ammoniumnitrat im Ankunftsbereich des Lagers (vgl. ibid.: 18). Ermittlungsergebnis: Die Polizei untersuchte die Verantwortlichkeit von 24 Personen des Unternehmens gemäß gesetzlicher Bestimmung und verhängte strafrechtliche Vollzugsmaßnahmen. Der Staatsanwalt leitete Ermittlungen gegen 25 Verwaltungskontrollziele ein und ergriff ebenfalls strafrechtliche Vollzugsmaßnahmen. Außerdem holte das Untersuchungsteam die Stellungnahmen von 123 verantwortlichen Mitarbeitern ein. Nach Abschluss der Ermittlungen wurden 3 Verantwortliche ausgemacht, die in unterschiedlichem Maße bestraft worden sind: 1. das Unternehmen Ruihai; dieses hat gefährliche Güter illegal gelagert und ein

3.3 Korpuserhebung

27

mangelhaftes Sicherheitsmanagement betrieben. 2. die Zwischen- und technischen Serviceagenturen; diese führten die Sicherheitsüberprüfungen durch und gaben eine positive Bewertung ab, obwohl geltende Vorschriften und Gesetze nicht eingehalten worden sind. 3. die relevanten Behörden; diese verstießen gegen die Vorschriften und führten Verwaltungs- und Projektgenehmigungen durch, ohne diese ausreichend zu überwachen (vgl. ibid.: 23–89).

3.3

Korpuserhebung

Für das Korpus wurden die Berichte der chinesischen und deutschen Leitmedien zusammengetragen, die zwischen August 2015 und November 2016 zu den Tianjin-Explosionen erschienen sind. Startdatum war der 12. August 2015, an dem sich die Tianjin-Explosionen ereigneten, als letzter Erhebungstag wurde der 9. November 2016 festgelegt, an dem das Gerichtsurteil für 49 Verantwortliche fiel. Das chinesische Korpus umfasst 77 Texte, zusammengetragen aus den 4 wichtigsten zentralen Nachrichten-Websites, die vom staatlichen InternetInformationsbüro und der staatlichen Verwaltung für Presse, Veröffentlichung, Radio, Film und Fernsehen am 06.11.2015 veröffentlicht wurden.2 Aus dieser Liste wurden vier Websites ausgewählt: www.people.com.cn, www.xinhuanet. com, www.chinanews.com, www.cnr.cn. Es handelt sich dabei um Staatsmedien. Berücksichtigt wurde ihr Ranking und Einfluss; so sind etwa die Websites www. people.com.cn und www.xinhuanet.com nach Angabe des staatlichen InternetInformationsbüros und der staatlichen Verwaltung für Presse, Veröffentlichung, Radio, Film und Fernsehen die zwei wichtigsten und einflussreichsten Websites Chinas.3 Auch der Quantität der Berichte zum Thema wurde Rechnung getragen: www.chinanews.com und www.cnr.cn lieferten zu den Suchbegriffen „天津大爆 炸“ (Tianjin-Explosionen) die meisten Treffer in der chinesischen Suchmaschine baidu.4 2 Die Liste der wichtigsten Webseiten Chinas findet man unter https://epaper.gmw.cn/ gmrb/html/2015-11/07/nw.D110000gmrb_20151107_6-04.htm (Abrufdatum: um 20:00, am 04.04.2019). 3 Vgl. ibid. 4 Eine Berechnung der Zahl der Berichte über die Tianjin-Explosionen je Website ist nicht möglich, doch es wurde versucht, die Orientierung der Webseiten an der Zielgruppe ihres Publikums als Faktor zu erfassen, bei der Website www.chinadaily.com etwa die englische Bezeichnung, die auf einen gewissen Bildungshintergrund der Leserschaft hindeutet. Entsprechende Websites sind www.gmw.cn, www.ce.cn, www.taiwan.cn, www.tibet.cn etc. Bei

28

3

Korpora und methodologisches Vorgehen

Das deutsche Korpus wurde aus Berichten der digitalen Qualitätsmedien zusammengestellt, wobei die Webportale Zeit Online, Spiegel Online, FAZ.NET und SZ.de herangezogen wurden. Ausgewählt wurden die Medien danach, dass sie überregional ausgerichtet sind und in ganz Deutschland gelesen werden, Onlineportale haben und die meisten Visits aufweisen.5 Darüber hinaus wurde darauf geachtet, dass die Redaktionssitze zerstreut liegen; sie befinden sich in Berlin (Zeit Online), Frankfurt (FAZ.NET), Hamburg (Spiegel online) und München (SZ). Berücksichtigt wurden auch unterschiedliche politische Positionen (vgl. Tabelle 3.1). Tabelle 3.1 Die politische Position der Quellena

Name

Politische Ausrichtung

DIE ZEIT

Mitte

DER SPIEGEL

linksliberal

Süddeutsche Zeitung

linksliberal

Frankfurter Allgemeine Zeitung

konservativ-liberal

a DIE

ZEIT gilt als bürgerlich-liberal und lässt unterschiedliche Meinungen zu. Wenn es um die kontroversen Debatten geht, stellt DIE ZEIT zwei gegensätzliche Meinung als Pro und Contra gegenüber (Hanke, 2011). Der SPIEGEL wird als linksliberal beschrieben (Eurotopics: 2019) Pointner (2010: 52) positioniert Süddeutsche Zeitung als liberal-kritisch und marktliberal, bzw. linksliberal (Deutschland.de: 2012). Frankfurter Allgemeine Zeitung wird als konservativ-liberal beschrieben (Pointner 2010: 153; Deutschland.de : 2012).

Zunächst wurden die Suchbegriffe „Tianjin Explosionen“ bzw. „天津大爆炸“ in die jeweiligen Suchfelder von google.de bzw. baidu.cn eingegeben und die www.cctv.cn handelt es sich zwar ein umfassendes Medium, doch beinhaltet es vorwiegend Videos, die für die Forschungsfrage nicht geeignet sind. 5 Angabe gemäß der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) im August 2015 nach den Suchkategorien: Sprache (Deutsch), Format (Text/Bild), Erzeuger (Redaktion), Homepage (Homepage des Angebots), Inhalt (Nachrichten). Das Ergebnis zeigt an: Zeit Online: 28 774, Spiegel Online: 247 898 496, SZ.de: 11 037 663, FAZ.NET: 45 328 458 Visits. Die erhobenen Daten findet man unter dem Link: https://ausweisung.ivw-online.de/index.php?i=10&mz_szm=201508&suche=&sort=&az_ filter=0&hinweisfilter=1&kat1=9&kat2=12&kat3=16&kat4=19&kat5=0&kat6=0&kat7= 40&filter=Neue+Auswahl+%FCbernehmen. (Abrufdatum: um 20:15, am 04.04.2019).

3.4 Kognitionslinguistische Korpusanalyse

29

Ergebnisse hinsichtlich des genannten Zeitraumes gefiltert.6 Anschließend wurden diejenigen gefundenen Texte ausgewählt, die sich mit den Tianjin-Explosionen befassten.7 Dabei wurde ein Beitrag nur einmal berücksichtigt, wenn er von einem bestimmten Medium mehrfach (oder nur sehr leicht modifiziert) in den jeweiligen ausgewählten deutschen oder chinesischen Medien verbreitet worden war. Der gleiche Bericht wurde in diesem Fall dann nur einmal im deutschen oder chinesischen Teilkorpus aufgenommen. Auch reine Videoberichte wurden wegen des Forschungsgegenstands ausgeschlossen, nicht jedoch Texte, die Videos und andere multimodale Bestandteile enthielten.8 Begonnen wurde vor dem Hintergrund der Verfügbarkeit mit der Erstellung des deutschen Korpus,9 welches aus 81 Artikeln besteht. Das chinesische Korpus enthält 77 Artikel.10

3.4

Kognitionslinguistische Korpusanalyse

Das Anliegen der Arbeit ist, die Textwelt in deutschen und chinesischen Berichten über Katastrophen mithilfe der kognitionslinguistischen Analyse zu entschlüsseln und zu vergleichen. Um die gestellten Fragen zu beantworten und die Thesen zu

6 Artikel

wurden ausgeschlossen, wenn sie das Wort Explosionen nicht enthielten.

7 Im chinesischen Korpus werden die Tianjin-Explosionen auch als Explosionsunfall in Tianjin

bezeichnet. Gefiltert wird nach dem Schema „Unfall“, „ein zufälliges Ereignis, bei dem Personen oder Sachen zu Schaden kommen“ (Marx 2011: 85). In Bezug auf die Explosionen enthält die Ereignisstruktur die Explosionen, den Schaden und Verlust, die Rettungsarbeit sowie die Reaktionen darauf. Berichte sind dann ausgeschlossen worden, wenn sie nicht über die genannte Ereignisstruktur verfügten oder wenn z. B. zwar über die TianjinExplosionen im Zusammenhang mit Aktienkursen berichtet wurde, aber das Thema nicht die Tianjin-Explosionen, sondern der Aktienkurs war. 8 Deshalb ist die Zahl der Texte aus dem umfangreichen Portal cctv.cn im Vergleich zu der Zahl der Texte aus den anderen ausgewählten Medien geringer (vgl. hier zu chinesischsprachigem Korpus im Anhang). 9 Es wurde berücksichtigt, dass sich die Tianjin-Explosionen in China ereigneten. Folglich berichteten die chinesischen Medien im Vergleich zu den deutschen Medien umfassender und häufiger, weshalb pro Tag maximal ein Bericht je Medium berücksichtigt worden ist. Dabei ging häufigkeitsbedingt die Erstellung des deutschen Korpus der des chinesischen voraus, da chinesische Inhaltsäquivalente leichter zu finden waren. 10 Es konnten von deutschen Artikeln nicht immer Entsprechungen für das chinesische Teilkorpus gefunden werden. Ziel sollte jedoch sein, ein möglichst umfassendes deutsches Teilkorpus aus den ausgewählten Medien zu erstellen, weshalb der deutsche Beitrag, zu dem keine Entsprechung in den ausgewählten chinesischen Medien gefunden wurde, beibehalten worden ist.

30

3

Korpora und methodologisches Vorgehen

beweisen, soll die Untersuchung anhand der qualitativen Analyse aus der Perspektive der KKL erfolgen. Der Forschungsgegenstand besteht aus Online-Texten einschließlich Bildern und Comics, womit die Analyse auf die Texte und die zugehörigen Bilder ausgerichtet ist. Durch die kognitionslinguistische Analyse der Texte und Bilder wird angestrebt, die vom Textproduzenten intendierte aufgebaute Textwelt sprachlich explizit zu entschlüsseln. Die KKL wird unter Einbezug der Textlinguistik als geeignete Methode angesehen, das Korpus hinsichtlich der Fragestellungen unter besonderer Berücksichtigung der textuellen Strategien und verwendeten sprachlichen Mittel zu analysieren. Die explizite und implizite Perspektivierung wird separat analysiert (Abbildung 3.1). Hierbei wird die implizite Perspektivierung nicht nur durch sprachliche Mittel, sondern auch durch die Form bzw. Textstruktur vorgenommen. Wegen der publikationsseitigen Begrenzung wird die Textstruktur, die die Perspektivierung spiegelt, durch Metasprache beschrieben. Die Perspektivierung und die Evaluierung können grundsätzlich verbunden sein. Die bei der Perspektivierung notwendigerweise vorgenommene Evaluierung wird jedoch nicht im Kapitel Perspektivierung analysiert, sondern in einem darauf folgenden, gesonderten Kapitel. Die kodierten Ergebnisse im chinesischen und im deutschen Korpus werden in dem folgenden Kapitel ausgewertet und miteinander verglichen. Die bewertende Perspektivierung stellt eine Evaluierung seitens der Sprachproduzenten dar, und Evaluierung ist stark an Emotionen gebunden. Aus KKLPerspektive werden in den nächsten zwei Kapiteln jeweils die Evaluierung und das Emotionspotenzial in den Berichten zu den Tianjin-Explosionen im Korpus ermittelt. Die Vorgehensweise ist der Analyse der Perspektivierung formal sehr ähnlich: Die explizite Form lässt sich zunächst von der impliziten Darstellung unterscheiden. Dabei wird die Analyse sowohl für die explizite als auch die implizite Darstellung in Bezug auf den thematischen Aspekt sortiert.11 Das bedeutet, dass die vom Textproduzenten genutzten sprachlichen Phänomene in jedem Aspekt dekodiert werden. Die Fälle, in denen die explizite und implizite Darstellung jeweils zur Perspektivierung und zur Evaluierung durch sprachliche Äußerung und Form zwecks

11 Nach dem thematischen Aspekt zu sortieren, bedeutet, dass Analyse und Ergebnispräsentation im Rahmen der Schemata für die Explosionen (zum Beispiel die Rettungsarbeit, die Explosionen) durchgeführt werden. Die Analyse des Emotionspotenzials greift auf die von Schwarz-Friesel definierten Basisemotionen (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 67), die auch im Korpus auftreten, zurück.

3.4 Kognitionslinguistische Korpusanalyse

31

Abbildung 3.1 Methodisches Vorgehen bei der Kodierung von Perspektivierung und Evaluierung bei der kontrastiven Analyse

semantischer Einheit nicht getrennt erfolgt und bei denen nicht (oder zu unpräzise) zwischen der expliziten und impliziten Form unterschieden werden kann, werden als Sonderfall zwischen expliziter und impliziter Äußerung analysiert. Bei der Kodierung des Emotionspotenzials werden Emotionsdarstellung und Emotionalisierung12 unterschieden (Abbildung 3.2), die Emotionen entsprechend ihrer Klassifikation (in Kategorien wie Wut, Trauer etc.) behandelt. Es ist nicht auszuschließen, dass die Emotion einer Figur durch emotionsbezeichnende Lexeme ausgedrückt wird. In diesem Fall wird zunächst das Ereignis nach der Emotionsklassifikation präsentiert und danach wird es dem Kapitel 5 Emotionspotenzial im deutschen/chinesischen Korpus hinzugefügt. In der folgenden Darstellung werden die Herangehensweise der Analyse und die kontrastive Auswertung des Emotionspotenzials visualisiert. Zuletzt werden die in den Berichten enthaltenen Bilder aus Perspektive der KKL analysiert. Es wird zunächst die semantische Beziehung zwischen Text und Bild untersucht, woraufhin die pragmatische Bedeutung – die Funktion des Bildes 12 Die

Begriffe Emotionspotenzial und Emotionalisierung werden in Abschnitt 5.4 definiert.

32

3

Korpora und methodologisches Vorgehen

in Bezug auf den Text diskutiert wird. Auf dieser Basis werden danach die Bilder auf der kognitiven Ebene analysiert. Dadurch soll verdeutlicht werden, wie die Bilder zum Aufbau der Textwelt beitragen.

Abbildung 3.2 Methodische Herangehensweise bei der Kodierung und dem Vergleich des Emotionspotenzials

4

Perspektivierung in der Berichterstattung

Im letzten Abschnitt wurden die KKL und der Aufbau eines Textweltmodells (TWM) theoretisch behandelt. Daran anschließend wird nunm vorliegenden Kapitel konkret auf die Perspektivierung in der Berichterstattung eingegangen und diese an Beispielen erläutert. Ziel ist es zu zeigen, wie sie in den beiden Teilkorpora umgesetzt wird. Der aus dem jeweiligen Blickwinkel der Textproduzenten verfasste Text enthält eine bestimmte Perspektivierung. Die mentale Konzeptualisierung von Referenten bzw. Sachverhalten, Personen, Objekten sowie Ereignissen ist eine Voraussetzung für die sprachliche Referenzialisierung. Das Verfassen eines Textes ist mit einem kognitiven Prozess verbunden. Der wahrgenommene Sachverhalt wird mit Sprache referenzialisiert. Der Textverfasser selektiert die Information, gestaltet diese mit einer bestimmten sprachlichen Struktur und baut einen Text auf (vgl. Schwarz-Friesel 2013: 213). Das mit der Sprache referenzialisierte Referenzobjekt reflektiert deshalb eine bestimmte Perspektive des Textproduzenten. Dieser durch Sprachproduzenten perspektivierte Text trägt zum Aufbau der Textwelt bei. Schwarz-Friesel/Consten (2014: 134) sind der folgenden Auffassung: „Eine perspektivierte Verbalisierung referenzialisiert also selektiv bestimmte Aspekte eines Sachverhalts auf eine spezifische Weise und führt somit zu einem TWM, das eine sehr eigene Realität abbildet. Dabei können die spezifischen Referenzialisierungen von Ereignissen bei Rezipienten Konzeptualisierungen von EREIGNISSEN (d. h. Vorstellungen von Ereignissen) erzeugen.“

Der Selektions- und Verbalisierungsprozess einschließlich Strukturierung wird von zwei Faktoren determiniert: der situativen Bedingung, die den Kontext der wahrgenommenen Situation des Textverfassers betrifft, und der Kommunikationssituation (Schwarz 3 2008a: 216). Beispielsweise kann bei einem Bericht

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021 Q. Ruan, Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62740-2_4

33

34

4

Perspektivierung in der Berichterstattung

über einen Konflikt oder Anschlag von Person A der Selektions- und Verbalisierungsprozess abweichen von dem aus einer Gegenposition von Person B (situative Bedingungen). Außerdem kann der Inhalt eines Berichts auf Twitter anders ausfallen als in einem Zeitungsartikel (Kommunikationssituation). Weitere Faktoren sind das im Hirn des Textverfassers gespeicherte Weltwissen, die individuelle Einstellung sowie die Emotionen. Das gespeicherte Weltwissen setzt sich aus persönlichen Erlebnissen und ihren Bewertungen wie auch aus kollektiven Wissensbeständen zusammen und ist von der Kultur beeinflusst (vgl. Schwarz 3 2008a: 216). Das heißt, über ein Objekt oder Sachverhalt kann gar nicht objektiv bzw. eins zu eins berichtet werden. Zum Beispiel kann ein Reporter bei einem Bericht über den Terrorakt in New York im Jahr 2017 durch die im Kopf gespeicherten, zuvor erfolgten Anschläge von 9/11 sowie seine Einstellung dazu dahingehend beeinflusst werden, die Autoattacke dank des kollektiven Wissens mit 9/11 zu vergleichen und diese als Terroranschlag zu bezeichnen. Die einzelnen von Wahrnehmung und Verbalisierungsprozessen beeinflussten Konzepte bilden sich zu einem komplexen Schema bzw. zu einer Textwelt. Die spezifische Sichtweise des Produzenten und damit einhergehende anvisierte Textwelt lässt sich an seiner Sprache erkennen (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 38). Zur in den Text eingebetteten Perspektivierung ist Schwarz-Friesel der Auffassung, dass der Produzent „eine bestimmte Perspektive in die verbale Sachverhaltspräsentation einfließen [lässt], er stellt den Sachverhalt aus einem Blickwinkel dar.“ (ibid.: 214)

4.1

Explizite Perspektivierung in der Berichterstattung

Grauman (2002) unterscheidet explizite und implizite Perspektivierung. In der Berichterstattung lässt sich die explizite Perspektivierung besonders durch bestimmte Lexeme wie Deiktika1 , Eigennamen sowie die Verba Sentiendi2 ausdrücken/erkennen, während die implizite Perspektivierung in den vom Textproduzenten intendierten/aufgebauten Konzeptualisierungen reflektiert und in der Textstruktur verankert wird (vgl. Schwarz-Friesel/Consten 2014: 134; Laudien 2016: 46). Durch die Auswahl bestimmter Lexeme kann der Textproduzent in der Berichterstattung die Perspektivierungen reflektieren. Laudien (2016: 1 Deiktika

sind deiktische Ausdrücke wie die Pronomen ich und du, „deren Referenz durch Bezug auf Aspekte der Äußerungssituation bestimmt werden kann“ (Meibauer 2 2008: 209). 2 Verbi Sentiendi sind Verben des Denkens.

4.2 Implizite Perspektivierung in der Berichterstattung

35

42) spricht davon, dass sich „Perspektivierungen […] über produktionsspezifische Auswahl sprachlicher (lexikalischer und syntaktischer) Mittel […] explizit im Text“ nachweisen lassen. Beispiel (1) ist ein Ausschnitt aus dem Bericht über den 2017er Terroranschlag in New York. Der Reporter nutzt die Lexeme Täter sowie Komplize, welche die Illegalität des Angriffs auf die Menschen reflektieren. Außerdem kontrastiert der Reporter mittels Deixis (wir) die Position der Rezipienten und die der Terroristen (Opfer–Täter). (1) „Was wir nicht wissen Der Hintergrund des Täters: Die Polizei hat die Identität des Mannes bisher nicht bekannt gegeben, um die andauernden Ermittlungen nicht zu gefährden. Auch über Herkunft und Motive weiß man derzeit nichts. Niemand hat sich zu der Tat bekannt. Unklar ist auch, ob der Täter möglicherweise Komplizen hatte, die nicht an der unmittelbaren Tatausführung beteiligt waren.“ (Süddeutsche Zeitung, 2019-03-01, 19:17)

4.2

Implizite Perspektivierung in der Berichterstattung

Die implizite Perspektivierung reflektiert die Informationsauswahl. Diese Selektion betrifft vor allem die Tatsache, welche Informationen in der Berichterstattung ausgewählt und präsentiert werden. Dazu sagen Schwarz-Friesel/Consten (vgl. 2014: 134), dass ein Textproduzent durch den Einsatz der informationsstrukturellen Mittel (Auslassen von Informationen) eine bestimmte Perspektive implizit vermitteln kann. Zum Beispiel wählt der Reporter im Artikel „Ein weiterer bestialischer Angriff“ (SZ.de, 2019-03-02, 23:04) die Reaktion der Politiker auf den Terroranschlag in London am 04. Juni 2017 aus. In der Anleitung schreibt der Reporter Politiker weltweit reagieren bestürzt auf den Anschlag in London. Im Bericht ist es aber unmöglich, die Reaktionen aller Politiker in der Welt zu präsentieren, weswegen wenige Politiker einiger Länder ausgewählt und ihre Meinungen dazu wiedergegeben werden. Die Reaktionen auf den Terroranschlag werden zwar nicht wortwörtlich zitiert, sondern zusammengefasst, die negativen Evaluierungen zum Terroranschlag werden aber wörtlich (mit Anführungszeichen) zitiert: vorsätzlichen und feigen Attacke, entsetzlich, grauenvoll, alle Hintergründe des schrecklichen Anschlags, neuen Tragödie, dieses Verbrechen ist schockierend in seiner Grausamkeit und seinem Zynismus, einem weiteren bestialischen Angriff.

36

4

Perspektivierung in der Berichterstattung

Die Auswahl der Informationen in der Berichterstattung schließt die Detailliertheit der beschriebenen Aspekte eines Ereignisses ein (vgl. SchwarzFriesel/Consten 2014: 134). Von Stutterheim/Klein (2002: 66) sagen hierzu: „Selection not only concerns which bits and pieces of the original representation are chosen for verbalisation at all but also at which level of ‚granularity‘ these are put into words. Thus, the speaker may decide to give only a very account of some subevents but go into much more detail for other subevents, or to begin with a global account and then refine it, etc.“

Die Selektion der Granularität der Information ist in Bezug auf die Perspektivierung im Text als Fokussierung zu verstehen. Linell (2002: 48) sieht hierbei „background-focus relations“, die basieren auf „what is relevant and important (in focus, new) as opposed to background circumstances. (A good deal of this could, as we have seen, be discussed in terms of ‚perspectivity‘)“ Das bedeutet, die vom Sprachproduzenten als Fokus betrachteten resp. herausgestellten Aspekte werden detailliert und binnendifferenziert beschrieben. Im Bericht über den Terroranschlag in New York am 11.12.2017 wurde zum Beispiel auf Welt.de das Fluchtverhalten der Betroffenen sowie ihre Verletzungen diskutiert (vgl. Welt.de, 2019-03-02, 16:26). Auf der Wortebene verwendet der Sprachproduzent für das Flüchten der Menschen variierende Prädikate auf Basis von rennen, entkommen, eilen. Für die Beschreibung der vom Terroranschlag betroffenen Menschen selbst nutzt der Sprachproduzent die Subjekte ich, vier Menschen, die drei Opfer, die New Yorker, metonymisch ganz New York, die Stadt. Auf der Strukturebene lässt sich die Beschreibung des Weglaufens der Menschen und die ihrer Verletzungen in mehreren Abschnitten als repetitiv beschreiben (sie erfolgt in 6 der insgesamt 14 Abschnitte, zuzüglich der Schlagzeile). Die Formen sind verschieden; es gibt ein Interview mit Augenzeugen (direkte Rede), eine Beschreibung der Videoaufnahme, die Wiedergabe von Angaben der Polizei (indirekte Rede) sowie die Berichte der Journalisten. Auf der inhaltlichen Ebene sind das Flüchten der Fußgänger, die Verletzungen der Opfer und ihre Reaktionen sowie die Anzahl der Opfer und ihr Zustand detailliert thematisiert worden. In ihrer Berichterstattung reflektieren die Reporter durch die Anordnung der Reihenfolge der Referenz die Perspektivierung der Reporter implizit. Nach Burger/Luginbühl (2014: 229) entspricht die inhaltliche Abfolge einer „umgekehrte[n] Pyramide“. Das heißt, die zentralen Informationen stehen am Anfang, dann folgen die einzelnen Aspekte im Detail. Die Informationen werden also entsprechend der Perspektive des Textproduzenten vom zentralen Aspekt aus über die nachfolgenden Einzelaspekte entfaltet, wobei sich die Reihenfolge aus der

4.2 Implizite Perspektivierung in der Berichterstattung

37

vom Sprachproduzenten gesehenen Wichtigkeit ergibt. In die Schlagzeile fließen die wichtigsten Informationen eines Berichts ein, womit die Aufmerksamkeit der Rezipienten gelenkt werden soll. In (2) fungiert die Zahl der Toten als zentraler Aspekt der Schlagzeile und am Anfang des Fließtextes noch einmal als Einstiegsthema: Der Reporter berichtet detailliert über die Zahl der Toten an den verschiedenen Orten, beschreibt den Ablauf der Attentate, gibt die Reaktionen der Politiker wieder, stellt die Rettungsarbeit dar und äußert sich zum Schluss zum Entsetzen aller Welt über die Anschläge. Die Abfolge des Berichtens reflektiert die Perspektive des Autors; (2) „Mindestens 128 Tote nach Terrorserie in Paris“ (Frankfurter Allgemeine, 201903-01, 19:46)

Die Perspektivierung des Textproduzenten wird von den Rezipienten dekodiert, indem sie die Konzeptualisierung über die Implikaturen3 im Text sowie ihr Weltwissen rekonstruieren (vgl. Laudien 2016: 47). Die in unserem Langzeitgedächtnis abgespeicherten komplexen Wissensrelationen werden als Schemata (auch Frames, Skripts, Szenarien, Rahmen) bezeichnet. Schemata repräsentieren mental die Stereotype der Gegenstandsbereiche, Situationen und Handlungen. Konzepte sind Basiseinheiten dieser komplexen Relationen. Die konzeptuellen Einheiten sind Variablen der Schemata und repräsentieren die allgemeinen stereotypen Charakteristika (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 38). Implizite Perspektivierungen können bei Lesern durch die Rekonstruktion der Konzeptualisierung mithilfe des Kontextes und Weltwissens erfolgen. Der Bericht über die Vor- oder Nachgeschichte eines Ereignisses oder die relevanten Informationen (in einem bestimmten historischen, politischen, sozialen Kontext) als Implikatur können zur Aktivierung der im Kopf gespeicherten Stereotype führen. Ein solches Stereotyp steht dann mit dem aktuell wahrgenommenen Sachverhalt mittels Sprache im Einklang, es kann den komplexen Sachverhalt modifizieren, simplifizieren oder über einen bestimmten Aspekt fokussieren (vgl. Laudien 2016: 45 f.). (3) ist ein Ausschnitt aus einem Bericht über den Terroranschlag in New York im Jahr 2017; der Reporter berichtet neben dem Attentat des Terroristen auch über dessen Person, indem er ihn als einen „normalen“ Fahrer vorstellt und aussagt, dass er die Überprüfung auf einen kriminellen Hintergrund erfolgreich bestanden

3 Nach Meibauer et al. (vgl. 2002: 219) wird unter Implikatur eine Bedeutung verstanden, die in der Äußerung nicht durch das Gesagte direkt und explizit ausgedrückt wird, sondern auf die durch das Gesagte referenziert wird; die Bedeutung des Gesagten und die Bedeutung, die durch das Gesagte (mit-)gemeint ist, ergibt die Gesamtbedeutung der Äußerung.

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Perspektivierung in der Berichterstattung

habe. Der Reporter hat durch den letzten Satz scheinbar gegen das „Kooperationsprinzip“ und die „Konversationsmaximen“ (Maxime der Relevanz) verstoßen.4 Eine mögliche Lesart ist, dass eine im Alltag normal aussehende Person ein Terrorist ist, der eine Überprüfung bestanden hat. Somit könnte das Stereotyp aufgebaut werden: Bürokratie und Nachlässigkeit der betroffenen Abteilung des Staates. (3) „Unterdessen hat der Fahrdienstbetreiber Uber bestätigt, dass der festgenommene Terrorverdächtige als Fahrer für das Unternehmen tätig gewesen ist. Er sei sechs Monate für Uber gefahren und habe 1 400 Fahrten erledigt, teilte das Unternehmen am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichten-agentur dpa mit. Er habe eine Überprüfung auf einen kriminellen Hintergrund erfolgreich bestanden.“ (Frankfurter Allgemeine, 2019-03-01, 19:58)

Die Perspektivierung kann auch über die Auswahl der Zitate zur eigenen Nutzung in die Textstruktur eingebettet werden, um die eigene Meinung zu unterstützen. Köller (2004: 686) hat die Redewiedergabe wie folgt verstanden: „Alle Redewiedergaben haben auf eine ganz bestimmte Weise mit der Perspektivität zu tun, insofern es bei ihnen immer darum geht, in welchen Formen und hinsichtlich welcher Inhalte Äußerungen oder Denkinhalte anderer Personen in die jeweils aktuellen Äußerungen integriert werden können.“

Das Zitat kommt im Bericht in Form der direkten sowie der indirekten Rede vor. Bei der direkten Rede wird die Rede des ursprünglichen Sprechers in der Schriftsprache wortgetreu mit Anführungszeichen wiedergegeben. Köller (vgl. 2004: 687) hält den Einsatz direkter Rede für angezeigt, 1) wenn es um die Schlüsse und Konsequenzen aus den Aussagen eines anderen geht; 2) wenn der Wahrheitsgehalt einer Äußerung geprüft werden muss; 4 Das 1975 von Grice entwickelte Kooperationsprinzip und die Konversationsmaximen sind Mittel zur Analyse für die konversationellen Implikaturen. Das Kooperationsprinzip lautet: „Mache deinen Gesprächsbeitrag jeweils so, wie es von dem akzeptierten Zweck oder der akzeptierten Richtung des Gesprächs, an dem du teilnimmst, gerade verlangt wird.“ (Grice 1979: 248) Die Maxime der Relevanz als eine der vier Konversationsmaximen lautet: „Sei relevant“ (ibid.). Sie bedeutet, dass man nur das sagen soll, was man für seinen Beitrag zum Gespräch für relevant hält. In einer Kommunikation geht man davon aus, dass die Kommunikatoren das Kooperationsprinzip einhalten und miteinander vernünftig kommunizieren, durch den scheinbaren Verstoß oder die scheinbare Befolgung wird über das wörtlich Gesagte hinaus noch eine zusätzliche Bedeutung, die der Sprecher eigentlich sagen wollte, erschlossen (vgl. Meibauer 2 2008: 30 f.).

4.2 Implizite Perspektivierung in der Berichterstattung

39

3) wenn der Charakter der Person durch ihre Rede selbst präsentiert werden soll oder der dramatische Höhepunkt szenisch durch den Sprachgebrauch des Sprechers gestaltet werden soll. Burger (vgl. 3 2005: 97) äußert eine ähnliche Meinung bzw. sieht in der direkten Sprache vier Funktionen, die mit den oben dargestellten teilweise überlappen: Erstens wird signalisiert, dass das Zitierte von einem bestimmten Sprecher geäußert wird; zweitens wird durch den mündlichen Prätext die Aufmerksamkeit gelenkt; drittens bietet die direkte Rede die Möglichkeit, die Emotion des Urhebers mitzutransportieren; viertens wird signalisiert und betont, dass es sich um ein Zitat handelt. Betrachtet man die oben erwähnte Forschungslage, ist klar, dass die Zitate in der massenmedialen Kommunikation je nach Ansicht der Textproduzenten unterschiedliche Funktionen einnehmen und die Perspektive der Textproduzenten darstellen (können). Dies erfolgt, um die Skepsis an der Aussage (Wahrheitsgehalt), die Betonung der Sprecher oder den Inhalt realitätsnah, ursprünglich, dramatisch darzustellen. Einige Beispiele aus den Berichten sollen diese Funktionen illustrieren: In (4) wird eine Rede von Trump als Schlüssel zitiert. Im Kontext signalisiert die Funktion der Zitate durch Ausdrücke wie die politischen Konsequenzen, USPräsident Trump hat sich… festlegt, während der letzte zitierte Satz den Charakter des Sprechers bzw. die Emotion, die Wut von Trump mit seinem mündlichen Sprachgebrauch Ich habe…sowie durch Ausrufezeichen ! szenisch gestaltet. (4) „Die politischen Konsequenzen: US-Präsident Trump hat sich bereits kurz nach der Attacke in Tweets festgelegt. Man dürfe nicht zulassen, dass Kämpfer des anderswo bereits besiegten IS in die USA einreisen könnten. […] ‚Ich habe das Heimatschutzministerium gerade damit beauftragt, unser schon jetzt extremes Programm an Sicherheitsüberprüfungen zu intensivieren‘, so Trump auf Twitter weiter. ‚Es ist in Ordnung, politisch korrekt zu sein, aber nicht dafür!‘“ (SZ.de, 2019-03-01, 20:05)

In (5) dienen die zitierten Worte einer Inschrift der Erinnerung an die Opfer des Terroranschlags vom 19. Dezember 2016. Durch den Kotext des Zitats wird die kritische Einstellung des Textproduzenten manifestiert. Der Textproduzent evaluiert den Inhalt des Zitats mit den Lexemen schlicht, kein Wort … und über den Fragesatz Aber ist das überhaupt notwendig? Dadurch zeigt er sich einerseits enttäuscht über die Schlichtheit, andererseits drückt er Skepsis an der Notwendigkeit eines solchen Zitates aus und stellt damit implizit infrage, ob man einen solchen Terroranschlag überhaupt vergessen kann.

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Perspektivierung in der Berichterstattung

(5) „‚Zur Erinnerung an die Opfer des Terroranschlags am 19. Dezember 2016. Für ein friedliches Miteinander aller Menschen‘, lautet sie schlicht. Kein Wort über die Gesinnung, das Motiv des Täters. Aber ist das überhaupt notwendig?“ (Welt.de, 201903-01, 20:14)

Über die Präsentation einer Kombination aus direkten und indirekten Zitaten wird die Perspektive eines Journalisten implizit reflektiert. Durch die Umwandlung der direkten Rede in die indirekte Rede wird der zitierte Inhalt abgehoben und somit Aufmerksamkeit erzeugt. Dazu konstatiert Köller (2004: 699): „Die direkte Rede ist so gesehen eine Form der Redewiedergabe, die den höchsten Grad an Illusionskraft hat, insofern sie den Anschein zu erwecken versucht, dass man sich in einer gegebenen Kommunikationssituation kurzfristig ganz in eine andere hineinversetzen kann.“

Durch die Darstellung verschiedener Perspektiven bzw. durch das Wechseln einer Perspektive impliziert der Reporter sein eigenes Perspektiv. Textproduzenten können die Strategie nutzen, um sich von ihrem zitierten Inhalt zu distanzieren resp. diesen zu stigmatisieren (vgl. Shethar 2002: 182). Dies kann durch die Nutzung von Konjunktiv I und der Konjunktiv II umgesetzt werden. Mit dem Gebrauch von Konjunktiv I signalisiert der Autor, dass die zitierten Worte eine fremde Herkunft haben. In der Alltagssprache wird für Zitate auch der Indikativ verwendet. Dies kann ein Indiz dafür sein, dass der Autor die zitierte Quelle als zuverlässig akzeptiert und meint, das Zitierte nicht klar von seiner eigenen Rede unterscheiden zu müssen. Der Konjunktiv II wird als Ersatzform für den Konjunktiv I verwendet, wenn zwischen Konjunktiv I und Indikativ Formgleichheit herrscht. In diesem Fall kann der Autor eindeutig signalisieren, dass er Zweifel an dem zitierten Inhalt hat (vgl. Köller 2004: 703–706). Neben der Verwendung von Zitaten kann der Textproduzent auch Fragen aufwerfen. Mit der Fragestellung lenkt der Autor die Aufmerksamkeit auf die Suche nach der korrekten Antwort oder auf Informationslücken. Köller (ibid.: 660) versteht die Fragestellung als „perspektivierende geistige Handlung, die einen bestimmten Ausgangspunkt und eine bestimmte Zielorientierung hat“. Denn allein das Aufwerfen einer Frage kann schon einen bestimmten Sachverhalt präsupponieren oder Skepsis seitens des Sprechers ausdrücken. In (6) wird der zitierte Inhalt mit der rhetorischen Frage vom Textproduzenten kritisch evaluiert. Ein Fall wird präsupponiert: Der Unfall ist selbst verschuldet, also zahlt keine Versicherung. Wenn man Fragen wie in (6) stellt, gibt man die Möglichkeit dieses Falls jedoch auf.

4.3 Perspektivierung im deutschen Teilkorpus

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(6) „Unfall selbst verschuldet: Muss die Versicherung alle Schäden zahlen?“ (Bussgeld-Info.de, 2019-03-01, 20:23)

4.3

Perspektivierung im deutschen Teilkorpus

4.3.1

Explizite Perspektivierung im deutschen Teilkorpus

Explizite Perspektivierung im deutschen Teilkorpus findet durch Eigennamen statt. Dabei können zwei Kategorien unterschieden werden: die explizite Perspektive über konkrete Namen einer Quelle wie der Staatssender CCTV in 1., die 21 Jahre alte Studentin Liu in 8., die Internetaufsicht (CAC) in 5.; die explizite Perspektive über abstrakte Namen wie die Polizei in 4., die Staatsmedien in 1., die empörten Familien in 7. Die Eigennamen lassen sich wie folgt gruppieren: 1. die staatlichen Medien Chinas: D3: „laut dem Staatssender CCTV “, D14: „Der staatliche Sender CCTV berichtete“; 2. die lokalen Medien Chinas: D3: „die Tageszeitung „Beijing News“ berichtet“, D23: „doch die Pekinger Zeitung „Xinjingbao“ (Beijing News) demonstriert Mut angesichts der Gefahr“; 3. die ausländischen Medien: D6: „nach Informationen des britischen „Guardian“, D7: „die Tageszeitung ‚Global Times‘“; 4. die Polizei Chinas: D3: „Wie die Polizei in Tianjin mitteilte“; 5. die amtlichen oder professionellen Institutionen: D3: „Die chinesische Erdbebenwarte erklärte“, D33: „Die Internetaufsicht (CAC) warnte nach Angaben der Staatsagentur Xinhua“, D53: „Laut der Umweltorganisation Greenpeace“; 6. Politiker und Behörden: D79: „forderte Li Keqiang“, D6: „Tianjins stellvertretender Bürgermeister“; 7. die Familien der betroffenen Opfer: D79: „Nach Klagen empörter Familien“; 8. Augenzeugen: D3: „sagte die 21 Jahre alte Studentin Liu, die nahe am Hafen wohnt“, D3: „sagte der 27 Jahre alte Lin Chen, der ungefähr zehn Kilometer vom Explosionsort entfernt wohnt am Telefon.“.

Umweltschäden aus verschiedenen Perspektiven Die von den Explosionen verursachten Umweltschäden sollten Berichten zufolge vor allem Luft und Wasser tangieren, weil die detonierten Chemikalien im Hafen aufbewahrt wurden und chemische Reaktionen auslösten, die giftige Stoffe in Luft und Wasser entließen.

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Perspektivierung in der Berichterstattung

In (7) berichtet der Reporter darüber, dass der chemische Stoff Natriumcyanid im Hafen gelagert worden sei. In (8) und (9) wird aus der Perspektive von Behörden, Augenzeugen, Menschen, Feuerwehrleuten berichtet, dass die chemischen Stoffe sich schon im Wasser befänden und die Luft anormal sei. (7) D6: „In der Industrie kommt Natriumcyanid vor allem in der Metallherstellung zur Anwendung […]. Im Hafen von Tianjin lagerten offenbar riesige Mengen des hochgefährlichen Natriumcyanids.“ (8) D27: „Die Behörden haben inzwischen bestätigt, dass hochgiftiges Natriumcyanid und andere gefährliche Chemikalien wie die brandfördernden Substanzen Kaliumnitrat und Ammoniumnitrat am Unglücksort gelagert worden waren. Die genaue Menge sei unklar. Natriumcyanid soll bereits in Abwasserproben in der Gegend nachgewiesen worden sein.“ (9) D6: „Augenzeugen berichten jedenfalls, dass in der Luft ein schlechter Geruch hing. Menschen beklagten gereizte Atemwege. Feuerwehrleute nahe dem Unglücksortes hätten tränende Augen.“

Bei der Art des Berichtens wie in (8) bzw. beim Verweis auf eine abstrakte Quellenangabe (die Behörden) fallen auch Aspekte der Situationsschilderung und Entschädigungen auf (D18: „Den Behörden zufolge müssen die mehr als 1000 am Einsatz beteiligten Retter äußerst vorsichtig vorgehen, weil noch immer nicht geklärt ist, welche Gefahrenstoffe die Explosion ausgelöst haben“; D59: „Die Stadtregierung will angeblich Apartments zurückkaufen, die bei dem Unglück beschädigt wurden. Das berichten chinesische Staatsmedien.“).

Reaktionen von den betroffenen Personen Im deutschen Korpus wird über die Reaktion der Familienmitglieder der Todesopfer sowie über die Bewohner in Tianjin berichtet; dabei zitieren die Reporter unter Angabe der konkreten Quelle, also aus der Perspektive der betroffenen Personen. (10) D23: „‚Ich habe Angst vor giftigen Stoffen in der Luft‘, sagt die 52 Jahre alte Wang Jingzhong der Deutschen Presse-Agentur.“ (11) D37: „‚Wir wollen unseren Sohn sehen – egal, ob tot oder lebend‘, sagte Liu Ruwen der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua.“ (12) D4: „Augenzeugen erzählten in Staatsmedien von einer heftigen Druckwelle nach der Explosion, die viele Fenster zerstörte und Türen aus den Angeln riss. Glasscherben und andere herumfliegende Teile hätten zahlreiche Menschen verletzt.“

4.3 Perspektivierung im deutschen Teilkorpus

43

Hinweise von Politikern und Beten vom Papst In ähnlicher Art und Weise (Quelle mit den konkreten Namen) werden die Aussagen von Politikern zu staatlichen Maßnahmen und zum Andenken an die Todesopfer der Feuerwehrleute zitiert (D41: „Bei einem Besuch am Unglücksort bewies Ministerpräsident Li Keqiang den getöteten Feuerwehrleuten am Sonntagabend mit einer Schweigeminute seinen Respekt und beschrieb sie als Helden.“). Neben Politikern wird auch der Papst mit konkreter Quellengabe zitiert (D26: „Papst Franziskus hat den Opfern der Explosionskatastrophe in der nordchinesischen Stadt Tianjin sein Mitgefühl ausgesprochen. Er bete für alle Betroffenen, sagte er auf dem Peterplatz in Rom.“).

Nennung von Maßnahmen und Ergebnissen aus den chinesischen Staatsmedien Die Zahl der Toten und Verletzten infolge der Explosionen werden einschließlich Orts- und Zeitangaben von den Staatsmedien Chinas detailliert vermittelt und zitiert. (13) D3: „Eine gewaltige Explosion hat mindestens 44 Menschen in der chinesischen Hafenstadt Tianjin in den Tod gerissen. Mehr als 520 Verletzte kamen in Krankenhäuser. 66 von ihnen waren in einem kritischen Zustand, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag berichtete.“

Auch über die Verdächtigen, die unter dem Verdacht illegaler Handlungen festgenommen worden sind, wurde mit Details zu Anzahl der Festgenommenen sowie Toten und Verletzten unter Berufung auf die Staatsmedien berichtet (zum Beispiel in D81: „Man ermittelt jetzt gegen 23 Verdächtige, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.“). Auch den Rettungseinsatz, der vom Staat organisiert wurde, stellt der Reporter im Bericht mit Hinweis auf die Staatsmedien dar (zum Beispiel in D15: „Der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge begannen 217 Atomund Chemieexperten am Donnerstag mit Untersuchungen am Unglücksort.“).

4.3.2

Implizite Perspektivierung im deutschen Teilkorpus

Informationsauswahl Die implizierte Perspektivierung der Textproduzenten reflektiert die Informationsauswahl. Im deutschen Korpus berichten die Reporter über den Schaden, die Explosionen, die Maßnahmen sowie die Reaktionen. Die konkreten thematischen Aspekte in Berichten sind die folgenden: 1. die Zahl der Toten und

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4

Perspektivierung in der Berichterstattung

Verletzten durch die Explosionen; 2. die Szenedarstellung der Explosionen und die durch die Explosionen verursachten Umweltschäden; 3. die Reaktionen der Familienmitglieder der Todesopfer; 4. die Anweisungen der Politiker; 5. die Informationspolitik Chinas; 6. die Diskussion über die angemessene Methode bei den Löscharbeiten der Feuerwehr; 7. die Rettungsarbeit Chinas nach den Explosionen; 8. die Entschädigung der Bewohner; 9. die Worte des Gedenkens an die Opfer sowie der Einfluss auf die deutschen Unternehmen.

Szenedarstellung aus der Perspektive der Journalisten und Augenzeugen Der nicht vor Ort berichtende Reporter verbalisiert die Explosionen mithilfe von Videos, Fotos (Feuerball, Rauchwolke, Druckwelle etc.). Das heißt, der Journalist berichtet über die Geschehnisse aus seiner visuellen Wahrnehmung bzw. seiner eigenen Perspektive oder er zitiert Augenzeugen, was deren Perspektive zeigt. (14) D3: „Videos in sozialen Netzwerken zeigten einen gewaltigen, pilzförmigen Feuerball. Auch Fotos blutverschmierter Menschen, die auf der Straße lagen, und Bilder beschädigter Gebäude wurden gepostet. Andere Aufnahmen zeigten eine riesige Rauchwolke, die über dem Hafenareal der Stadt aufstieg.“

Auch die Rettungsarbeit vor Ort wird von Journalisten auf diese Art und Weise wiedergegeben (D15: „Am Freitag war dort jedoch nur wenig Aktivität zu sehen […] Einige Polizisten waren ohne Schutzkleidung zu sehen, andere trugen Gasmasken.“). In den Berichten wird der thematische Aspekt, aus welcher Quelle die Informationen über die Explosionen stammen, ausgewählt und bekundet. Im Text D2 „Peking zensiert Berichte über Katastrophe in Tianjin“ wird beispielsweise aus der Perspektive des Journalisten berichtet. Mit der Indikativform betten Journalisten ihre eigene Perspektive in die Berichte ein. Dazu sagt Köller (2004: 449): „Mit ihm [dem Indikativ, d. V.] kann nicht nur signalisiert werden, dass man einen Sachverhalt ohne einschränkende Bedingungen objektiviert, sondern auch, dass der Sprecher intentional besonderen Wert darauf legt, die Möglichkeit solcher einschränkenden Bedingungen nicht ins Bewusstsein des Rezipienten treten zu lassen.“

Im Bericht sagt der Journalist mit den Aussagen implizit, dass die Berichte wegen der Zensur nicht objektiv sind wie folgt vor: (15) D2: „Staatliche Medien wurden von der Zensurbehörde angewiesen, keine eigenen Mutmaßungen anzustellen.“

4.3 Perspektivierung im deutschen Teilkorpus

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(16) D2: „Die staatlichen Medien berichteten ausführlich über den heldenhaften Einsatz der Feuerwehr und die Bemühungen der Krankenhäuser um die Verletzten und lobten die gute Organisation der Einsätze.“

Eine konkrete Quellenangabe wird in Berichten unterlassen, wenn der Textproduzent allgemeine Informationen vermittelt, etwa am Ende der Berichte über die Stadt Tianjin. Dabei wird aus dem Wissensbestand der Journalisten berichtet und zudem wieder deren Perspektive reflektiert, beispielsweise in D74: „Mit knapp 15 Millionen Einwohnern ist Tianjin eine der größten Städte des Landes. Sie ist ein wichtiges Industrie- und Handelszentrum […]“

Fragen und Diskussionen zu ungeklärten Aspekten Um die Perspektive eines Journalisten zum thematischen Aspekt Informationspolitik bei Explosionen zu unterstützen, kann er sprachliche Mittel sowie Schein-Evidenz einsetzen.5 In (17) wird die Frage, die die Zahl der Todesopfer hinterfragt, im Passiv formuliert. Durch Passivierung kann das Subjekt resp. die Agens-Rolle getilgt werden, womit die Person, die die Frage aufgestellt hat, nicht angegeben werden muss. Hinzu kommt, dass der vage Ausdruck immer wieder nicht bewiesen werden kann. In (18) verwendet der Reporter die allgemeine Quellenangabe viele, womit neben der Perspektive des Journalisten auch ein expliziter allgemeiner Perspektiv-Marker vertreten ist. In (19) wird der Inhalt des dass-Satzes vom Textproduzenten als Tatsache bezeichnet. (17) D2: „So war immer wieder die Frage aufgeworfen worden, ob nicht die Zahl der Todesopfer in Wirklichkeit weit höher liegen müsste.“ (18) D2: „Viele wollten auch der Versicherung der Behörden, nach der die Luft nach der Explosion nicht mit Giftstoffen belastet ist, nicht glauben.“ (19) D2: „Kritisiert wurde auch die Tatsache, dass die Spezialeinheit der Armee für nukleare und chemische Zwischenfälle erst zwölf Stunden nach der Explosion von Peking nach Tianjin aufbrach.“

Im deutschen Teilkorpus wird über die Zahl der Todesopfer seitens der Journalisten berichtet, über die Art und Weise der Löscharbeiten und darüber, ob die Feuerwehr die richtige Methode angewendet hat.

5 Schein-Evidenz ist nach Peters (2012: 26) „das Vorgeben einer Evidenz hinsichtlich eines bestimmten Sachverhalts, unabhängig von dem (nicht zu bestimmenden) Wahrheitsgehalt.“

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Perspektivierung in der Berichterstattung

(20) D38: „Möglicherweise verursachte erst ihr Löschversuch mit Wasser die verheerende zweite Explosion, die auf Satellitenaufnahmen eindrücklich festgehalten ist.“ (21) D39: „Die hohe Opferzahl löste Diskussionen aus, ob Feuerwehrleute für solche Situationen ausreichend ausgebildet sind.“ (22) D39: „Es stellt sich auch die Frage, ob Feuerwehrleute für solche Notfälle überhaupt ausreichend ausgebildet sind.“

Aus den obigen Analysen lässt sich folgern, dass Journalisten die Staatsmedien Chinas zitieren, wenn etwas Konkretes genannt wird, etwa Zahl-, Orts- sowie Zeitangaben, also die Zahl der Toten oder festgenommenen Verdächtigen. Damit wird die Perspektive der chinesischen Staatsmedien wiedergegeben. Thematische Aspekte wie Hinweise von Politikern oder die Reaktionen der Betroffenen lassen sich in Form von Zitaten mit konkreter Quellenangabe einbinden. Über die Explosionen selbst, die daraus erwachsenden Umweltschäden sowie die Zahl der Toten unter den Feuerwehrleuten wird aus der Perspektive der Journalisten berichtet.

Fokussierung auf die Zahl der Opfer durch strukturelle Gestaltung Die implizierte Perspektivierung in den Berichten kann über die Strukturierung erfolgen, insbesondere durch die Titelauswahl (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 218). Im deutschen Teilkorpus wird die Zahl der Toten bereits im Titel genannt, anschließend noch einmal in der Einleitung und am Anfang des Fließtextes. In (23) etwa wird im Titel die Zahl der Toten mit 112 angegeben; in der Einleitung wird die Zahl erneut genannt und mittels Zeit- und Ortsangabe präzisiert. Im ersten Abschnitt des Textes wird schließlich auch die Zahl der Vermissten genannt. Wie oben bereits dargestellt, stellen Burger/Luginbühl (2014: 229) fest, dass die Wichtigkeit der Inhalte in einem Bericht einer „umgekehrte[n] Pyramide“ gleich nach unten abnimmt. Demzufolge werden die Toten fokussiert. (23) D35: „Nach Explosionen: Zahl der Toten steigt auf 112 Tianjin (dpa) – Die Zahl der Toten nach dem schweren Explosionsunglück auf dem Hafengelände der nord-chinesischen Stadt Tianjin ist bis Sonntag auf 112 gestiegen. Vier Tage nach der Katastrophe wurden noch 95 Menschen vermisst, darunter 85 Feuerwehrleute, wie die Behörden nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua berichteten. Damit werden deutlich mehr Feuerwehrleute vermisst als ursprünglich eingeräumt.“

Die Fokussierung auf die Zahl der Toten spiegelt sich nicht nur in ihrer Position innerhalb eines einzelnen Textes (Anfangsphase), sondern auch in der Verteilung

4.3 Perspektivierung im deutschen Teilkorpus

47

im gesamten Korpus. Die Anzahl der Todesopfer sowie der Verletzten wird im ganzen Korpus wiederholt bzw. in der Textwelt der Rezipienten reaktiviert.6 Zwar weisen spätere Texte im Verlauf der späteren Rettung der Vermissten und Lage sowie der Ermittlungen ihren eigenen Fokus auf, doch erwähnen die Reporter dennoch immer wieder die Toten und Verletzten. In (24) berichtet der Reporter am Artikelende detailliert über die Zahl der Toten und Verletzten im zeitlichen Verlauf. Dabei gruppiert er die Opfer, nennt die Ursache für ihren Tod und geht auf den Zustand der Verletzten ein. (24) D5: „Verantwortliche sollen hart bestraft werden7 […] Die Zahl der Toten ist inzwischen auf 114 gestiegen. 70 Menschen wurden am Montag noch vermisst, wie die amtliche Nachrichtenagentur meldete. Die Zahl sei von zuvor 95 gefallen, da 25 Vermisste unter den Toten identifiziert worden seien. Unter den Opfern sind Dutzende Feuerwehrleute, die zu dem Feuer gerufen worden waren, als sich die Explosionen ereigneten. In Krankenhäusern wurden 698 Verletzte behandelt. Darunter sind 57 Schwerverletzte.“

Eine ähnliche Strukturierung trotz unterschiedlicher Themen lässt sich unter anderem auch in D29 erkennen: Die Überschrift des Textes „Angst vor der Giftwolke“ vermittelt die Existenz einer Giftkonzentration in der Luft nach den Explosionen sowie die Reaktionen der Anwohner. Über die aktuelle Zahl der Todesopfer im Bericht wird nach drei Tagen der Explosionen noch einmal berichtet.

Fokussierung auf die Umweltverschmutzung durch Spezifizierung Die Fokussierung wird nicht nur durch die Textstruktur erzeugt, sondern auch durch die Aspekte, über die im Detail berichtet wird. Im deutschen Teilkorpus legt der Reporter die Umweltverschmutzung als Fokus fest und spezifiziert hier, besonders auf der inhaltlichen Ebene. Vor allem lässt sich die Spezifizierung8 durch die Darstellung der Multiperspektive manifestieren (vgl. SchwarzFriesel/Consten 2014: 68). Dies war bereits bei den Belegen (7), (8) und (9) zu

6 In

der kognitiven Linguistik wird nach der Einführung eines neuen Referenten der wieder auftretende Textreferent unter Re-Aktivierung gefasst (vgl. Schwarz 2000: 119). 7 Im Text berichtet der Reporter über die thematischen Aspekte Forderung des Premiers nach Entschädigung und schneller Veröffentlichung der Informationen sowie Schaden für die Umwelt (wegen der Raumbegrenzung gekürzt). 8 Unter Spezifizierung versteht Schwarz-Friesel/Consten (2014: 68) „Instanziierungen, die spezifische Lesarten durch kontextuell bestimmte Kategorisierungen der Art (X IST EIN Y) erzeugen“.

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4

Perspektivierung in der Berichterstattung

beobachten, bei denen die Umweltverschmutzung jeweils aus den Perspektiven der Journalisten, Behörden und Augenzeugen dargestellt wird. Außerdem wird die Umweltverschmutzung durch die Strategie Spezifizierung präzisiert. Im deutschen Korpus werden drei Chemikalien, Natriumcyanid, Kaliumnitrat und Ammoniumnitrat, am Ort der Explosionen wie am Beispiel Natriumcyanid in (25) kategorisiert – hinsichtlich ihrer Qualität/Eigenschaften sowie des Schadens für Mensch und Umwelt. (25) D36: „NATRIUMCYANID: Der hochgiftige Stoffist ein Salz der Blausäure, die ebenfalls äußerst giftig und zudem hochentzündlich ist. Das farblose, kristalline Pulver Natriumcyanid riecht nach Bittermandeln und kann über die Haut aufgenommen werden. Wer Staub oder Dämpfe einatmet, kann bewusstlos werden, Luftnot bekommen und an Atemlähmung sterben – denn der Sauerstofftransport wird blockiert. In geringer Konzentration reizt Natriumcyanid Haut, Augen und Atemwege. Es kann auch eine große Belastung für Gewässer sein.“

Die Fokussierung beim Dokumentieren von Umweltschäden wird im deutschen Teilkorpus von den Reportern durch die Strategie Verbindung9 unterstützt. Für die Berichte über die Umweltverschmutzung wird die referenzielle Dynamik, also die neue Situation (Regen) der schon gegebenen hinzugefügt. Die Schlagzeilen (26) und (27) äußern deutlich, dass der Regen die Situation vor Ort verschlechtert. (28) bezeichnet das Phänomen, das sich durch den Regen ergibt. Durch Hineinsetzen der neuen Informationen über die Umweltverschmutzung vollziehen sich die Spezifikation sowie die Dynamik der Berichte über die Schäden, die durch Explosionen verursacht wurden. (26) D46: „Regen verschärft Situation nach Explosionsunglück in China“ (27) D48: „Neue Gefahr durch Regen in Tianjin“ (28) D64: „Auf den Straßen sei eine weiße Flüssigkeit zu sehen, berichtete die Zeitung ‚Global Times‘. Auch andere chinesische Reporter sprachen von ungewöhnlichem weißen Schaum auf den Straßen“.

Art und Weise des Zitierens Die Art und Weise des Zitierens reflektiert die Perspektive der Journalisten, der zitierte Inhalt wird durch eine Kombination aus direkten und indirekten Zitaten 9 Der

Verbindungsprozess wird wie folgt verstanden: „Konnektivitätsoperationen (der Art [VERBINDE R1 UND R2 DURCH DIE RELATION X]) setzen referenzielle Objekte und/oder Sachverhalte in eine sinnvolle (d. h. im jeweiligen Textweltmodell plausible) Beziehung zueinander.“ (Schwarz-Friesel/Consten, 2014: 69))

4.3 Perspektivierung im deutschen Teilkorpus

49

wiedergegeben. Der direkt zitierte Inhalt (mit Anführungszeichen) hebt sich von indirekten Zitaten (ohne Anführungszeichen) ab. Nach Köller (vgl. 2004: 684) kann die direkte Rede verwendet werden, wenn es darum geht, Schlüsse und Konsequenzen aus den Aussagen eines anderen zu ziehen. In (29) fordert Li Keqiang gewisse Maßnahmen, wobei die Metapher klares Bild vom Journalisten direkt zitiert wird. (29) D79: „Nach einer teils chaotischen Informationspolitik, die wenig zur Beruhigung der Bevölkerung beigetragen hat, forderte Li Keqiang, die Öffentlichkeit schnell zu unterrichten, damit sie sich ein ‚klares Bild‘ von der Lage machen könne, wie die Staatsagentur Xinhua schrieb. Der Premier mahnte, dass die Ursache der Katastrophe eingehend untersucht und die Verantwortlichen streng bestraft werden müssten.“

In der deutschen Berichterstattung zitieren Reporter die chinesischen Medien, was nach Bucher (vgl. 1992: 259) zu den Grundformen der Ereignisdarstellung gehört und als distanzierte Berichterstattung mit Quellenangabe bezeichnet werden kann. Mit der Redewiedergabe kann man nach Köller (vgl. 2004: 687) die fremde Rede in seine eigenen Texte integrieren, um die eigene Äußerung oder Meinung zu stützen. Köller (ibid.) hat es wie folgt formuliert: „[…] dass es [hier das Es benennen] auch die Wiedergabe komprimierter und selektierter Inhalte fremder Rede umfasst bzw. die Wiedergabe von Gedanken, Gefühlen, Wahrnehmungen und Sprachhandlungen anderer Personen“. Im Anschluss an das Zitat stellen die deutschen Medienvertreter Mutmaßungen dazu an, d. h., der Sachverhalt wird danach aus der Perspektive der deutschen Journalisten dargestellt resp. bewertet. In (30) wird die Tageszeitung Beijing News als Quelle angegeben; nach der indirekten Rede zeigt sich die Perspektive des Journalisten durch seine Mutmaßung, die die Partikel tatsächlich und das Modalverb könnte markieren. Anschließend fügt der Journalist seine Inferenz mit dem Konjunktiv II (könnte) zu: „[They] spell out the different degrees of doubt or certainty the speaker has concerning the factuality of the proposition“ (Diewald/Smirnova 2010: 83); könnte signalisiert dabei Faktizität (vgl. Schwarz-Friesel 2014: 181). So lässt der Reporter die Rezipienten über die zitierte Zahl der Toten nachdenken. (30) D3: „Vor der amtlichen Nachrichtenagentur hatte schon die Tageszeitung ‚Beijing News‘ berichtet, dass allein in ein Krankenhaus 42 Leichen gebracht worden seien. Die tatsächliche Zahl der Todesopfer könnte also um einiges höher liegen.“

In (31) wird die Qualität der Luft durch das Lexem normal mit Anführungszeichen direkt zitiert und hervorgehoben; anschließend begründet der Reporter dies

50

4

Perspektivierung in der Berichterstattung

mit einer Aussage der Behörden. Danach berichtet er über das kontradiktorische Verhalten der Behörden und markiert dies durch den Indikator aber [sicherheitshalber]. Mit dem Modalverb scheinen leitet der Reporter seine Mutmaßung ein, denn das Lexem scheinen zeigt eine gewisse Unsicherheit beim Urteil an (vgl. Diewald/Smirnova 2010: 251–263). Die distanzierte wie auch skeptische Perspektive des Journalisten auf die Behauptung der Behörden, die noch durch das überhaupt bekräftigt wird, lässt sich an der Präsentation der konträren Inhalte sowie seiner Mutmaßung ablesen. (31) D23: „Die Umweltbehörden testen jetzt Luft und Wasser und versichern den zehn Millionen Einwohnern von Tianjin, dass die Luft ‚normal‘ sei. Überhaupt sei der Rauch der schweren Explosionen am späten Mittwoch längst auf das offene Meer hinausgezogen. Aber sicherheitshalber seien Abflüsse des Hafengeländes geblockt worden, berichten Behördenvertreter. Überhaupt scheint das Rohrsystem zerstört zu sein.“

In (32) zitiert der Journalist vor allem eine Aussage des Chefs der Feuerwehr direkt, in der die hohe Opferzahl der nachfolgenden Kollegen beschrieben und begründet wird. Anschließend erklärt der Reporter den aus seiner Perspektive geltenden Grund für die hohe Opferzahl im Indikativ. Die Diskussion mit unbekannten Dritten zeigt ebenfalls die Perspektive des Journalisten an. Diese Perspektive manifestiert er durch die geeignete Auswahl eines Behördenzitats. (32) D27: „‚Als die Explosion passierte, waren Feuerwehrleute dabei, den Brand zu löschen, und Nachschub war gerade eingetroffen. Sie wurden völlig überrascht, so dass die Opferzahl hoch ist‘, sagt der Chef der Feuerwehr von Tianjin. Die Feuerwehrleute waren zu dem Einsatz in dem Gefahrgutlager gerufen worden, ohne zu wissen, was dort brannte oder gelagert war. Die hohe Opferzahl löste Diskussionen aus, ob Feuerwehrleute für solche Situationen ausreichend ausgebildet sind.“

Vor- und Nachgeschichte der Explosionen Im deutschen Teilkorpus ergänzen Reporter am Ende der Berichte alle relevanten Informationen zu den Tianjin-Explosionen. Solche Informationen dienen der Aktivierung des Weltwissens und zusammen mit den schon vorhandenen Informationen ziehen die Textrezipienten neue Schlussfolgerungen. Diese Schlussfolgerungen erzeugen dann die Repräsentationen für die Textwelt, die sich nicht explizit aus dem Text ergeben, sondern aus der Aktivierung im Langzeitgedächtnis (vgl. Schwarz-Friesel/Consten 2014: 70). In (33) und (34) werden eine Vielzahl an Explosionen in China einem wohingegen der Reporter zugeschrieben, um damit das Stereotyp ES GIBT

4.3 Perspektivierung im deutschen Teilkorpus

51

VIELE INDUSTRIEUNFÄLLE IN CHINA, DIE AUF SICHERHEITSVORKEHRUNGEN ZURÜCKZUFÜHREN SIND aufzubauen. Ein Stereotyp wird von Schwarz-Friesel definiert als „mentale Repräsentation im Langzeitgedächtnis, die als charakteristisch erachtete Merkmale/Eigenschaften eines Menschen bzw. einer Gruppe von Menschen abbildet und dabei durch grobe Generalisierungen bzw. Simplifizierungen eine reduzierte, verzerrte oder falsche Konzeptualisierung des Repräsentierens darstellt“ (Schwarz-Friesel 2 2013: 341). So können Stereotype durch Übergeneralisierungen oder auf Basis von Erfahrungen konstruiert werden. Die Formulierungen wie viele Industrieunfälle oder immer wieder Explosionen sind übergeneralisiert. In (33), nämlich in der Nominalphrase (NP) viele Industrieunfälle in China, ist die Präsupposition10 enthalten, dass es in China viele Industrieunfälle gibt. Der Stereotyp kann mit einer positiven oder negativen Evaluation einhergehen (Laudien 2016: 24). Die negative Bewertung erfolgt mit einer Attribuierung wie Mangel an Sicherheitsvorschriften und per Bestechungszahlung oder dem direkten Zitat illegale Aktivität in (34), ferner den wertenden Adjektiven kostspielig in (33) sowie mangelhaft und lax in (34). Die Auflistung der zwei Einzelfälle in (34) erhöht die persuasive Funktion, damit die Rezipienten den Stereotyp auf die TianjinExplosionen anwenden, dass nämlich die Ursachen dafür sehr wahrscheinlich ein Mangel an Sicherheitsvorkehrungen und laxe Kontrollen sind. (33) D2: „Viele Industrieunfälle in China sind auf einen Mangel an Sicherheitsvorkehrungen zurückzuführen. Kostspielige Sicherheitsvorschriften werden ignoriert und Sicherheits- oder Umweltgutachten werden per Bestechungszahlung erlangt. Die chinesische Regierung hat dies am Freitag indirekt zugegeben, als sie als Reaktion auf die Explosion von Tianjin eine landesweite Inspektion von Chemikalien und Sprengstoffen anordnete. ‚Illegale Aktivitäten‘ müssten ausgemerzt werden, um die Sicherheit zu garantieren.“ (34) D76: „In China kommt es immer wieder zu Explosionen in Industrieanlagen: Im Juli starben 15 Menschen und ein Dutzend weitere wurden verletzt, als in der nördlichen Provinz Hebei ein illegales Lagerhaus für Feuerwerkskörper in die Luft flog. Vor einem Jahr kamen mehr als 70 Menschen bei einer Explosion in einer Autoteilefabrik 10 Eine Präsupposition ist eine im Satz enthaltene Voraussetzung. Wenn ein Sprecher beispielsweise sagt: Der US-Präsident verkündet die Reformpläne zum Einwanderungssystem, dann setzt dies voraus, dass ein US-Präsident existiert. Meibauer (2008: 46–48) fasst sieben Typen von Präsuppositionen zusammen: Existenzpräsupposition, faktive Präsupposition (mit Verben wie wissen, erfahren), nicht faktive Präsupposition (mit Verben wie träumen, vorstellen), lexikalische Präsupposition (verknüpft mit Verben wie erledigen, schaffen), strukturelle Präsupposition (mit Fragesatz) und kontrafaktische Präsupposition (mit einem irrealen Konditionalsatz).

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4

Perspektivierung in der Berichterstattung

in Kunshan bei Shanghai ums Leben. Ursache für die Unglücke sind oft mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen und Ursache für die Unglücke sind oft mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen und laxe Kontrollen durch die Behörden.“

4.4

Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus

4.4.1

Explizite Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus

Im chinesischen Teilkorpus lässt sich explizite Perspektivierung ebenfalls an den Eigennamen erkennen. Im Vergleich zum Ergebnis beim deutschen Teilkorpus sieht man, dass die meisten Eigennamen, die eine explizite Perspektivierung reflektieren, auch im chinesischen Teilkorpus auftreten. Dennoch gibt es zwei große Unterschiede: Der erste liegt darin, dass die explizite Perspektivierung durch Nennung unbekannter Leute mit allgemeinem Berufstitel oder die durch Nennung von Leuten mit bestimmten Eigenschaften wie Tianjiner oder Netizen variabler ist (vgl. 8.). Der zweite Unterschied ist, dass im chinesischen Teilkorpus neben der expliziten Benennung der Staatsmedien (vgl. 1.) auch bei Behörden differenziert auf konkrete Dienststellen wie bei die Pressestelle der Regierung verwiesen wird (vgl. 7.). Das bedeutet, die Veröffentlichung der Informationen erfolgt explizit und direkt vonseiten der Behörden. Im Detail lassen sich die Eigennamen wie folgt gruppieren: 1. die Staatsmedien: 新华网 (Xinhua Net), 中新网 (Chinanews Net), 人民网 (Peo ple.com); 2. die lokalen Medien: 新京报 (Beijing News); 3. die ausländischen Medien: CNN, 图片报 (Bild), 德国国家电视台 (ARD); 4. die amtlichen oder professionellen Institutionen: 国家地震台 (Nationale seismische Station), 市环境监测中心 (die Umweltüberwachungszentrum der Stadt), 天津市气象台 (Meteorologische Station Tianjin), 天津市红十字会 (Rotes Kreuz Tianjin); 5. Experten: 专家提醒 (Experten erwähnen), 这位不愿具名的专家回复 (der Experte, der nicht genannt werden wollte, antwortet); 6. die Polizei Chinas: 公安部消防局 (Feuerwehr des Ministeriums für öffentliche Sicherheit); 7. Behörden und Politiker: 国务院工作组 (die Arbeitsgruppe des Staatsrates), 天 津市人民政府新闻办公室 (die Pressestelle der Volksregierung Tianjin), 市长 黄兴国 (Bürgermeister Xingguo Huang);

4.4 Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus

53

8. unbekannte Leute: 天津人 (Tianjiner), 网友们 (Netizens), 记者在天津港口 医院见到 (Der Reporter sah im Tianjin Port Hospital), 中新社记者先后采 访数名12日彻夜抢救伤病患的医生 (Der Reporter von China News Service interviewte mehrere Ärzte, die die verletzten Patienten in der 12. Nacht gerettet hatten), 消防员 (ein Feuerwehrmann); 9. Augenzeugen: 住在事故现场不远处的冯先生 (Herr Feng, der nicht weit von der Unfallstelle wohnt).

Die Arbeit der Rettungskräfte Die Rettungsarbeit lässt sich aus der Perspektive der Politiker und Einsatzkräfte darstellen. In (35), (36) und (37) zum Beispiel wird der Rettungseinsatz aus der Perspektive von Personen vorgestellt, die im Amt, im Regiment und im Krankenhaus arbeiten. Dabei werden in (35) und (36) die konkreten Namen aufgeführt, wohingegen der Reporter in (37) nur einen allgemeinen Berufstitel ohne Namen als Quelle angibt. (35) C71: „昨天深夜, 正在一台红外遥测车上工作的该团副团长季表示, 目前已 派出4组队员穿着重型防护服, 携带检测设备到爆炸现场开展抵近的侦察“ Übersetzung: Gestern Abend sagte Ji, der stellvertretende Leiter des Regiments, der in einem Infrarot-Telemetrie-Fahrzeug arbeitete, momentan seien vier Gruppen zum Ort der Explosionen unterwegs, die schwere Schutzkleidung tragen und Inspektionsausrüstung mitbringen, um Aufklärungsarbeit zu leisten. (36) C1: „‚不用登记交费, 随来随治, 伤势重的优先。‘ 塘沽医院一位医护人员说。“ Übersetzung: Ein Mitarbeiter des Tanggu Hospitals sagte: „Sie brauchen sich nicht anzumelden und zu bezahlen, kommen Sie jederzeit, die Schwerverletzten haben Priorität.“ (37) C45: „爆炸事故受伤消防员: 现场很多群众 就想把火灭掉“ Übersetzung: Ein bei den Explosionen verletzter Feuerwehrmann: Viele Leute waren vor Ort, ich wollte das Feuer löschen.

Szenedarstellung aus der Perspektive der Reporter Die Darstellung der Explosionen ist wie im deutschen Teilkorpus aus der Perspektive der Reporter realisiert. Der Unterschied liegt aber darin, dass im chinesischen Teilkorpus die Perspektive der Journalisten wie in (38) über den Berufstitel deutlich gekennzeichnet wird. Über die Szene werden die Rezipienten direkt vom Reporter vor Ort informiert.

54

4

Perspektivierung in der Berichterstattung

(38) C15: „记者沿着天津开发区第五大街行至警戒线, 十余名警察维护现场秩序, 满地玻璃碎片, 有刺鼻气味。“ Übersetzung: Der Reporter lief entlang der Fifth Avenue bis zur Warnlinie, mehr als ein Dutzend Polizisten hielten die Ordnung vor Ort aufrecht. Die Glassplitter waren überall und in der Luft lag ein stechender Geruch.

Reaktionen betroffener Personen Wie im deutschen Teilkorpus wird die Wahrnehmung der Augenzeugen wie in (39) auch im chinesischen berichtet. Anstatt die Perspektive der Familienmitglieder der Opfer explizit aufzuzeigen, werden im chinesischen Teilkorpus die Feuerwehrleute zitiert wie in (37). Über die Bemühungen um die Rettung wird explizit berichtet. (39) C63: „亲历者讲述滨海爆炸瞬间: 两次被气浪掀飞“ Übersetzung: Die Zeugen erzählten vom Moment der Explosionen: Zweimal kam eine Luftwelle.

Hinweis auf die Rettungsarbeit der Politiker und Behörden In (40) und (41) werden die Politiker mit Namen explizit referenziert. Das Lexem Fokus bezeichnet laut Duden Online den „Schwerpunkt, Mittelpunkt des Interesses, einer Sache, einer Auseinandersetzung, eines Diskurses (bildungssprachlich)“ („Fokus“ auf Duden Online, 2019-03-01, 21:26). Die IP An die erste Stelle zu setzen bezieht sich in (40) auf das Leben und das Eigentum des Volkes, was als prioritär hervorgehoben wird. In (41) wird die Rettungsarbeit einschließlich des Feuerlöschens als höchste Priorität betrachtet. Auf der lexikalischen Ebene wird die Rettungsarbeit herausgestellt, nämlich als Schwerpunkt der Handlungen nach den Explosionen. (40) C4: „他 (郭声琨) 强调, 要认真学习领会、坚决贯彻落实中央领导同志重要 指示精神, 坚持把人民群众生命财产安全放在首位, 科学有力地做好救援救治和 善后处置工作。“ Übersetzung: Er (Guo Shengkun) betont, wir sollen den Geist der Rede Politikern ernsthaft lernen und erfassen, (wir) sollen darauf bestehen, das Leben und das Eigentum des Volkes an die erste Stelle zu setzen, wissenschaftlich fundiert und engagiert die Rettungsarbeit zu leisten und sich mit der Folge des Unfalls auseinanderzusetzen. (41) C47: „天津市公安局消防局表示, 初步掌握的爆炸物是集装箱。目前以救人 灭火为第一要务, 请网友们不要凭猜测发布消息。“

4.4 Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus

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Übersetzung: Das Polizeipräsidium und die Feuerwehrstation von Tianjin äußern: „Die Informationen, die wir vorläufig haben, sind, dass der Sprengstoff die Container sind. Momentan haben das Feuerlöschen und die Rettung von Menschenleben höchste Priorität, wir bitten die Netizen, keine falschen Informationen zu posten.

Umweltschäden aus Sicht von Institutionen und Experten Berichte über die Umweltverschmutzung, die von den Explosionen verursacht wurde, liefern Behörden und Experten. Ein charakteristisches Merkmal ist, dass darin die konkreten Namen der Behörden sowie der jeweils vollständige Titel der Experten genannt werden wie in (42), (43) und (44). Das heißt, die Haltung der zuständigen Behörden zur Umweltverschmutzung wird in den Berichten in Verbindung mit den Namen der Beteiligten dargestellt. (42) C42: „天津市环保局在发生爆炸事故后, 立即调动应急、监测队伍奔赴现场 。凌晨2:50达到事故现场, 迅速开展现场应急监测工作。“ Übersetzung: Nach den Explosionen mobilisierte das Amt für Umweltschutz Tianjin sofort das Notfallteam und Überwachungsteam, um 2:50 Uhr morgens kamen sie vor Ort an und die Notfallüberwachung wurde zügig eingeleitet (43) C5: „国家海洋局: 天津港周边海域海水中未见异常“ Übersetzung: Staatliche Meeresverwaltung: Keine Abnormalitäten im Meerwasser rund um den Hafen von Tianjin (44) C12: „正在天津爆炸现场执行救援指导任务的军事医学科学院化武专家组 指出, 爆炸现场根本不可能产生神经性毒气, 所谓‚神经性毒气‘ 之说属‚重大误 判‘ 。“ Übersetzung: Die Expertengruppe der Akademie der militärischen medizinischen Wissenschaft, die gerade am Ort der Tianjin-Explosionen die Rettungskräfte anleitet, weist darauf hin, dass am Ort der Explosionen kein neuropathisches Gift entstehen kann, das sogenannte „neuropathische Gift“ sei „eine große falsche Aussage“.

Opfer und Schäden durch die Explosionen Die Zahl der Toten und Verletzten erfahren die chinesischen Staatsmedien wie in (45) direkt von den Rettungskräften vor Ort. Wie sich gezeigt hat, zitieren die deutschen Medien diese Zahlen aus den chinesischen Staatsmedien. (45) C14: „天津‚滨海新区8·12危险品仓库爆炸救援现场指挥部‘消息, 截至13 日18时, 此次爆炸事故已造成50人死亡; 住院治疗701人, 其中重症伤员增加到71 人。“

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4

Perspektivierung in der Berichterstattung

Übersetzung: Nach Angabe des „Kommandos über die Rettungsarbeit am Ort der Explosionen im Gefahrgutlager am 12.08. in Binhai New Area“ haben die Explosionen bis zum 13.08., 18 Uhr, 50 Todesfälle verursacht. 701 Personen wurden im Krankenhaus behandelt, die Zahl der Schwerverletzten hat sich auf 71 erhöht.

4.4.2

Implizite Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus

Informationsauswahl Bezüglich der Auswahl der Informationen beziffert das chinesische Teilkorpus wie das deutsche Teilkorpus die Schäden, die die Explosionen verursacht haben (die Toten und Verletzten, die Umweltverschmutzung sowie die verbrannten Gebäuden), schildert den Rettungseinsatz sowie die Anweisungen der Politiker etc. Im chinesischen Teilkorpus spielt aber der thematische Aspekt Gerüchte vermeiden eine wichtige Rolle. Denn der Reporter wählt aus seiner Perspektive die Informationen aus. Er zielt darauf ab, manchen in sozialen Medien wie Weibo und Wechat aufkommenden Informationen zu widersprechen. In den Berichten der Staatsmedien wird der Umgang mit den sozialen Medien dokumentiert, etwa in (46) eingeleitet durch die Wendung das Programm „Suche nach Wahrheit“ bei People.com. In (47) wird das Anliegen Gerüchte vermeiden aus der Perspektive des Reporters dargestellt, was der Ausdruck der Reporter wurde am 14. des Monats informiert signalisiert. (46) C16: „人民网‚求真‘栏目为您一一列举辨别, 同时提醒大家, 传递消息和爱心 时坚持‚批判性思维‘和‚慢半拍‘原则, 确认属实之后再进行转发。“ Übersetzung: Das Programm „Suche nach Wahrheit“ bei People.com listet Informationen auf und überprüft den Wahrheitsgehalt für Sie, dabei erinnert es alle daran, sich an die Prinzipien „kritisches Denken“ und „langsam zu machen“ zu halten. Wenn Sie Informationen aus guter Absicht verbreiten, bestätigen Sie diese zuerst und leiten Sie diese dann weiter. (47) C30: „记者14日获悉, 国家互联网信息办公室近日严肃查处了360多个传播 涉天津港‚8·12‘特别重大火灾爆炸事故谣言信息的微博微信账号, 这些互联网企 业依法对有关账号采取关停措施。“ Übersetzung: Der Reporter wurde am 14. des Monats informiert, dass das Nationale Internet-Informationsbüro kürzlich mehr als 360 Konten bei Weibo und Wechat gründlich untersucht hat, welche die Gerüchte über die „8/12“ Tianjin-Explosionen verbreitet hatten, diese Internet-Unternehmen haben Maßnahmen ergriffen, um die relevanten Konten gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu schließen.

4.4 Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus

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Diskussionen/Pressekonferenzen Die Diskussionen über die Tianjin-Explosionen werden im gesamten Korpus wiedergegeben, im chinesischen Teilkorpus tritt dieser Teil jedoch in Form von Frage-Antwort-Sequenzen in Pressekonferenzen auf, die in Berichten verarbeitet worden sind. Durch Nachfragen lassen sich Wissenslücken schließen, wobei dabei hilfreich ist, das fehlende Wissen aus einer bestimmten Perspektive aufzuarbeiten (vgl. Köller 2004: 674). In (48) wird nach den Ursachen und Chemikalien vor Ort gestellt, wodurch die Aufmerksamkeit der Rezipienten in diese Richtung gelenkt wird. (48) C31: „什么原因造成消防员重大伤亡?事故现场到底有哪些危化品?涉事企 业的安评报告何时才能公开?到底是什么引发了爆炸?“ Übersetzung: Welche Chemikalien vor Ort gibt es, was haben die Explosionen verursacht, welche sind die Auswirkungen auf die Umwelt, wann wird der Sicherheitsbewertungsbericht für die betroffenen Unternehmen veröffentlicht?

Die von den Reportern gestellten Fragen beantworten Behördenvertreter und Experten. In dieser Form werden die Perspektive der Medien sowie die Antworten der Behörden und Experten in den Staatsmedien präsentiert. Dies ist nach Klein (1994: 4) ein argumentatives Verfahren und bedeutet, sich „auf Autorität zu berufen“, womit der Textproduzent versucht, überzeugend zu wirken. Die ausgewählten Fragen im chinesischen Teilkorpus betreffen (zum Zeitpunkt der Erkundigung) ungeklärte Fragen: In (49) zitiert der Reporter Worte des Polizeichefs und der Experten, die ihre Meinung zu den Ursachen der Explosionen äußern und offene Fragen beantworten. (49) C31: „什么原因造成消防员重大伤亡? 截至14日15时, 已确认消防官兵21人牺牲。针对消防官兵伤亡比较严重的情况, 天津市公安消防局局长周天在发布会上说… 天津大学化工学院卫教授认为…

然而,到底是什么原因造成消防员重大伤亡, 有关方面并未给出明确说法。“ Übersetzung: Was verursachte die schweren Verluste unter den Feuerwehrleuten? Am 14. Mai um 15 Uhr wurde bestätigt, dass 21 Feuerwehrleute und Soldaten ihr Leben verloren. Als Reaktion auf diese schweren Verluste von Feuerwehrleuten und Soldaten sagte der Direktor der Feuerwehr Tianjin auf der Pressekonferenz, Prof. Wie am Institut für Chemie der Universität Tianjin meint: […] Was jedoch eigentlich so viele Opfer der Feuerwehrleute verursachte, darüber machten die relevanten Abteilungen keine klare Aussage.

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4

Perspektivierung in der Berichterstattung

Anders als im deutschen Teilkorpus, wo die Reporter ihre Mutmaßungen über ungeklärte Fragen implizit anstellen, wird hier implizit keine Antwort aus der Perspektive des Reporters gegeben. In (49) wird allerdings die Information keine klare Aussage im letzten Satz in der Konjunktivform formuliert, womit zumindest die Perspektive des Reporters implizit signalisiert wird. Zudem benutzt der Autor die Partikeln jedoch und eigentlich, mit denen er eine differenzierte Haltung zu den zitierten Quellen einnimmt. Mit dem Ausdruck keine klare Aussage evaluiert der Reporter die Worte der entsprechenden Abteilung, seine eigene Perspektive wird gleichzeitig reflektiert.

Fokussierung auf die Zahl der Toten und Verletzten und die Rettungsarbeit durch strukturelle Gestaltung Wie schon im deutschen wird auch im chinesischen Teilkorpus die Zahl der Toten und Verletzten im Titel von Berichten genannt und immer wieder korrigiert. Somit wird die Fokussierung auf die Toten und Verletzten in der Strukturgestaltung reflektiert. In (50) und (51) ist zu erkennen, dass die sich ändernde Zahl immer wieder in den Überschriften genannt wird: (50) C72: „天津港爆炸事故遇难人数升至116人“ Übersetzung: Zahl der Opfer der Explosionen im Hafen Tianjin steigt auf 116 (51) C17: „天津港爆炸事故已发现遇难者147人 26人失联“ Übersetzung: Bei den Explosionen im Hafen Tianjin sind 147 Menschen ums Leben gekommen, 26 werden vermisst

Der Fokus in den Berichten über die Tianjin-Explosionen liegt auf der Rettungsarbeit. Wie (35) bis (37) und (40) bis (45) gezeigt haben, stellen die Reporter die Rettungskräfte verschiedener Ressorts und die Rettungseinsätze vor. Auf diese Weise schildert der Reporter die Rettungsarbeit mithilfe verschiedener Referenzen, zum Beispiel kommt in (52) die Institution Nationale Kommission für Gesundheit und Familienplanung vor, in (51) das Rote Kreuz. Andererseits wird über die Durchführung der Rettungseinsätze von den Reportern ohne Quellenangabe direkt berichtet, d. h. aus der Perspektive des Journalisten, wobei bewertende Phrasen wie sofort in (52) und um sich vollständig auf die Unterstützung vorzubereiten in (53) verwendet werden. Außerdem werden bewertende Lexeme wie schnell, einheitlich, umfassend, wissenschaftlich und ordentlich aus der zitierten Quelle vom Reporter ausgewählt und im Bericht eingebunden. So wird auf die Rettungsarbeit als primäre Angelegenheit fokussiert.

4.4 Perspektivierung im chinesischen Teilkorpus

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(52) C32: „8月12日晚, 滨海新区爆炸事故发生后, 天津市红十字会第一时间召开 紧急会议, 研究部署救援工作, 要求各部门迅速行动,统筹安排,科学有序做好救 援工作。“ Übersetzung: Am Abend des 12. Augusts: Das Rote Kreuz von Tianjing trifft sich zur Sitzung sofort nach den Unfallexplosionen im Gebiet Binhai und fordert alle Abteilungen auf, schnell zu handeln, einheitlich und umfassend zu planen, wissenschaftlich fundiert und ordentlich die Rettungsarbeit zu machen. (53) C49: „国家卫生计生委正从北京等地组织血液药品等医药物资, 全面进行支 援准备, 组织医疗专家赶赴天津协助开展医疗救援工作。“ Übersetzung: Die Nationale Kommission für Gesundheit und Familienplanung organisiert Blut, Medikamente und andere medizinische Materialien aus Peking und anderen Orten, um sich vollständig auf die Unterstützung vorzubereiten, und organisiert medizinische Experten, die nach Tianjin eilen, um bei der medizinischen Rettungsarbeit zu helfen.

Die Fokussierung auf die Rettungsarbeit manifestiert sich in den Berichten durch den Fokus auf das Einzelschicksal einer Rettungskraft bei der Teilnahme an dem Einsatz (vgl. Schwarz-Friesel 2014: 54). In (54) werden durch bestimmte Phrasen/Lexeme Einzelheiten dargestellt: das Geschehen vor den Explosionen (nicht im Dienst, sich zu Hause ausruhen, den Anruf erhalten, zum Unfallort fahren), die Wahrnehmung der Explosionen (visuell: die riesige Schockwelle, der Airbag wurde geöffnet, der Himmel scheint unter Beschuss zu sein, brennenden Eisen fielen ständig herunter; auditiv: einen Knall, nichts zu hören) und die Handlungen während der Explosionen (aus dem Auto stieg, in das Abteilungsgebäude stürzen). (54) C2: „爆炸当晚崔振河并不值班。接到值班员报告起火的电话后,在家休息的 崔振河立刻开车赶往事故现场。在距离事故现场200米左右的地方时, 爆炸就发 生了。巨大的冲击波迫使行驶的汽车停了下来, 气囊也打开了, ‚轰的一声, 当时就 什么也听不见了‘, 崔振河从车内爬出来, 天空好像在下着火雨,‚爆炸后烧红的铁 块不停地往下掉‘, 沿着路边树林, 崔振河冲进距离事故现场只有一路之隔的支 队楼内…“ Übersetzung: Cui Zhenghei war in der Nacht der Explosionen nicht im Dienst. Nachdem Cui Zhenghei, der sich zu Hause ausruhte, den Anruf des diensthabenden Offiziers erhalten hatte, um das Feuer zu melden, fuhr er sofort zum Unfallort. Als er noch 200 Meter vom Unfallort entfernt war, ereignete sich eine Explosion. Die riesige Schockwelle brachte das Auto zum Stehen und der Airbag wurde ebenfalls geöffnet. „Es gab einen Knall und zu dieser Zeit war nichts anderes zu hören.“ Cui Zhenghe stieg aus dem Auto und der Himmel schien unter Beschuss zu sein. „Brennenden Eisen fielen ständig herunter.“ Entlang des Waldes stürzte Cui Zhenghei in das Abteilungsgebäude, das nur wenig vom Unfallort entfernt war […]

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4

Perspektivierung in der Berichterstattung

Art und Weise des Zitierens Im chinesischen Teilkorpus gibt es wie im deutschen Korpus Zitate, die Worte werden vom Reporter im Bericht wiedergegeben und interpretiert. In der Zitierweise von (55) ist eine persuasive Strategie enthalten: Zuerst legt der Reporter die Schlussfolgerung des Amts für Umweltschutz als Titel fest, um die Aufmerksamkeit der Rezipienten zu wecken; dann zitiert er unterstützend das Ergebnis des amtlichen Tests für die Bewertung der Umweltverschmutzung. (55) C33: „环保: 天津爆炸对北京空气未造成影响

另据北京青年报记者昨天从市环保局获悉, 天津滨海爆炸事故对北京市空气质 量没有造成影响。“ Übersetzung: Amt für Umweltschutz in Beijing: Die Tianjin-Explosionen hat keine Auswirkung auf die Luft in Beijing Der Reporter der Beijing Youth Daily erfuhr aus dem städtischen Umweltschutzamt, dass die Tianjin-Explosionen keine Auswirkung auf die Luftqualität in Beijing haben.

Fachsprachliche Formulierungen wie PM2.5-Dichte und Volatile Organic Compound, die Windrichtung, die bei den Explosionen freigesetzten Schadstoffe werden in (56) gebraucht. Der Journalist übernimmt die Darstellung der Umweltbehörde Beijing und stellt sich in Massenmedien gleichzeitig als Experte auf dem Gebiet Umwelt dar. Mit der Fachsprache kann der Sachverhalt exakt beschrieben werden (vgl. Liimatainen 2008: 27). Dabei muss beachtet werden, dass die Rezipienten als Laien diesen Fachwortschatz nicht verstehen dürften. Neben der Fachsprache drückt sich der Wunsch nach Exaktheit durch Bezifferung aus. Die Zahl hat einen niedrigen Informationswert für Laien, da ihnen die Kompetenz fehlt. Andererseits handelt es sich um ein Faktum, das keinen Interpretationsspielraum bietet und nicht angreifbar ist (vgl. Peters 2012b: 185–187). (56) C33: „北京环保检测中心数据显示, 昨天本市东南、西南部地区及城六区 的PM2.5浓度呈现出‚先上升后下降‘的趋势。早上8点, 通州、大兴、亦庄等东南 部地区PM2.5浓度为127微克/立方米, 随后逐渐升高, 中午12点达到161微克/立方 米, 为全天最高值。下午逐渐下降, 到16点降至106微克/立方米。另外, 北京地区挥 发性有机物监测显示, 各项特征污染物浓度均处于正常水平, 未见异常。“ Übersetzung: Die Angabe des Messzentrums für Umweltschutz in Beijing zeigt, dass der Wert für die PM2,5-Dichte eine Tendenz zum „Aufsteigen und dann Sinken“ gestern in der Südost- und Südwestregion der Stadt und weiteren sechs Bereichen aufwies. Morgens um 8 Uhr betrug die PM2.5-Dichte in den Bereichen Tongzhou, Daxing, Jizhuang 127 µg/m3 und stieg anschließend. Um 12 Uhr erreichte sie bis zu 161 µg/m3 , was der höchste Wert an diesem Tag war. Am Nachmittag sank er allmählich auf

4.5 Kontrastive Auswertung

61

106 µg/m3 . Außerdem zeigt das Testzentrum für Volatile Organic Compound an, dass die Dichte der typischen Schadstoffe auf einem normalen Standard liegt, es gab nichts Ungewöhnliches.

4.5

Kontrastive Auswertung

Nachdem die Perspektivierung im Gesamtkorpus analysiert wurde, lassen sich nun Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausstellen: Gemeinsamkeiten: 1. Die Berichte über den Verlust von menschlichem Leben stehen im Fokus. Außerdem wurden in beiden Sprachen die thematischen Aspekte Szenedarstellung der Explosionen, Auswirkungen auf die Umwelt sowie Hinweise der Politiker von den Reportern ausgewählt und in den Berichten präsentiert. 2. Die Art und Weise der Fokussierung auf die Zahl der Todesopfer und Verletzten ist vergleichbar und wird mittels Strukturierung realisiert. Die Zahl der Opfer wurde in den Überschriften der Berichte genannt, womit die Sprachproduzenten versuchen, die Aufmerksamkeit der Rezipienten darauf zu richten. Unterschiede: 1. Im deutschen Teilkorpus wird der Umgang mit Informationen von den Behörden kritisch betrachtet und hinsichtlich der Veröffentlichung entsprechender Informationen vorwiegend auf die Zahl der Opfer zurückgegriffen. Anders wird in den chinesischen Medien dem thematischen Aspekt Gerüchte vermeiden Beachtung geschenkt, womit bestimmte Informationen als nicht bestätigt und falsch in den Berichten zurückgewiesen werden. Die explizit perspektivierte Darstellung der Reaktion der Opferfamilien fehlt im chinesischen Teilkorpus. 2. Die gemeinsam angeordneten thematischen Aspekte werden durch verschiedene sprachliche Mittel referenzialisiert. Die Explosionen und die Auswirkungen auf die Umwelt werden in den deutschen Medien aus der Perspektive des Reporters implizit dargestellt, während in den chinesischen Medien die Perspektive der Journalisten hinsichtlich der Explosionen und Schäden explizit signalisiert wird.

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4

Perspektivierung in der Berichterstattung

3. Ein deutlicher Unterschied besteht darin, dass die Textproduzenten im deutschen Teilkorpus implizit als distanzierte Beobachter perspektivieren. Die implizite perspektivierte Darstellung manifestiert sich in der Darstellung der Explosionen, in den Fragen und Diskussionen darüber, warum es so viele Tote durch die Explosionen gegeben hat, sowie in der Fokussierung auf die Umweltverschmutzung in den Berichten. Bei Letzterer wird strategisch Fachsprache eingesetzt. Darüber hinaus zeigen die Sprachproduzenten der deutschen Medien implizit ihre kritische Haltung zur Informations- und Sicherheitspolitik Chinas, beispielsweise in ihren Berichten über die Stadt(verwaltung) Tianjin sowie über frühere Produktionsunfälle in der Industrie, womit ein kritischer Stereotyp bei den Rezipienten aufgebaut werden soll. 4. Im chinesischen Teilkorpus fungieren die Text-produzenten als Informationsvermittler der Behörden, indem sie den Fokus in den Berichten auf die Rettungs-arbeiten legen und Angaben der Experten und Institutionen zur Umweltverschmutzung vollständig akzeptieren und kommentarlos wiedergeben. Bei der Fokussierung auf die Rettungsarbeit benutzen sie verschiedene sprachliche Strategien – so referenzialisieren sie verschiedene Rettungskräfte und verfassen Berichte über kämpferische Retter im (nicht distanzierenden) Indikativ. Ein weiteres Merkmal ist, dass die deutschen Medien ungeklärte Fragen mittels Diskussionen und Äußerung von Fragen erörtern und davon sprechen, dass Fragen aufgeworfen wurden. Die Sprachproduzenten der chinesischen Medien folgen dem Prinzip Gerüchte vermeiden, zitieren unkritisch Aussagen von Autoritäten bei Pressekonferenzen oder weisen direkt auf bestehende Wissenslücken hin.

5

Evaluierung in der Berichterstattung

Im letzten Kapitel wurde die Perspektivierung in der Berichterstattung analysiert und festgestellt, dass sich in manchen Fällen die Perspektivierung nicht von der Evaluierung trennen lässt; zum Beispiel nimmt der Reporter durch perspektivierte Berichte über die Vor- und Nachgeschichte der Explosionen eine negative Evaluierung der Kontrollaufgaben der Behörden vor. Nach Schwarz-Friesel (vgl. 2 2013: 225) wird der Sachverhalt in den Massenmedien so präsentiert, dass dabei bestimmte Perspektiven und Bewertungen vermittelt werden, d. h., die Referenzialisierung erfolgt über bestimmte Perspektiven und Strategien und mit einem wertenden Blick. Durch Referenzialisierungen kommt es in den Massenmedien zu einer Evaluierung, wenn eine explizite oder implizite Bewertung einer Person, eines Sachverhalts oder eines Ereignisses vermittelt wird (vgl. SchwarzFriesel/Consten 2014: 137). Damit ist verbunden, dass die Evaluierung in den Massenmedien mit einer bestimmten Perspektive verbunden sein kann. Evaluierung ist an Emotion geknüpft. Zur Verbindung zwischen Einstellung und Emotion meint Schwarz-Friesel: „Es sind kognitive Teile der Emotion des Menschen, die als komplexes mehrdimensionales Bewertungssystem angesehen wird“ (ibid.: 137). Und die Kognition, als Gesamtheit aller geistigen Aktivitäten, wird maßgeblich von der emotionalen Struktur und Prozessen begleitet und determiniert (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: Kapitel 4). In den kognitiven Prozess wird eine bewertende Dimension integriert, und die emotionale Einstellung determiniert sämtliche Kategorisierungs-, Entscheidungs- und Handlungsprozesse (vgl. Schwarz-Friesel/Consten 2014: 137). Eine ähnliche Meinung vertritt auch Bednarek (vgl. 2009: 155), wenn sie sagt, dass die Organismen ihre Umwelt kognitiv bewerten durch die Stimulierung der Ereignisse. Diese Bewertungen entspringen oder sind Teil emotionaler Erfahrungen durch die Darstellung der Ereignisse. Nach Fritzsche (2014: 4) können Emotionen „in positive und negative eingeteilt werden, somit ist jedes emotionale Erleben an eine Bewertung des © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021 Q. Ruan, Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62740-2_5

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5

Evaluierung in der Berichterstattung

Erlebten gekoppelt“. Deswegen kann man aus bestimmten Emotionsdarstellungen oder emotionsbezeichnenden Formulierungen die Evaluierung dekodieren. Zum Beispiel wird in (57) mit der NP in tiefer Trauer die Emotion Trauer explizit benannt. Nach Polajnar (vgl. 2012: 29) gehört die Trauer zu den negativen Emotionen. Dadurch wird die negative Bewertung des Terroranschlags in Barcelona 2017 bei den Rezipienten rekonstruiert, die die Emotion Trauer auslöst. Dabei verwendet der Sprecher auch das explizit negativ bewertende Lexem widerwärtig, das explizit eine negative Bewertung des Anschlags seitens des Sprechers vermittelt. (57) „‚In tiefer Trauer sind wir bei den Opfern des widerwärtigen Anschlags in Barcelona‘, schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag auf Twitter.“ (SZ.de, 2019-03-01, 22:40)

5.1

Zur Klassifikation der Evaluation

Die „Appraisal Theory“ (vgl. Martin/White 2005) zur Evaluation klassifiziert die Evaluation in drei Kategorien: Attitüde, Graduation und Engagement. Attitüde bezieht sich auf unser Gefühl einschließlich der emotionalen Reaktion (schrecken, schüchtern) und unsere Bewertung (schlecht, gut) von Verhalten und Sachverhalten. Engagement erfolgt dadurch, dass der Sprecher seine Reaktionen, die Anzeige seines Standpunkts mittels Projektion, die Modalität oder die Zustimmung zu Worten, einem Sachverhalt oder Verhalten reflektiert. Dies ließ sich an der in Kapitel 2 analysierten Kodierung der Perspektivierung, an der Art und Weise des Zitierens ablesen. Das dritte Kriterium Graduation bezieht sich auf die Intensität. Bednarek (vgl. 2006a: 42) klassifiziert die Evaluation zur Analyse von Pressetexten in neun Kategorien: Verständlichkeit, Emotivität, Erwartbarkeit, Wichtigkeit, Notwendigkeit/Möglichkeit, Zuverlässigkeit, Evidentialität, mentaler Zustand, Stil. Bednarek (vgl. 2006b: 197 f.) unterscheidet die kognitive Ebene der Evaluation von der sprachlichen Ebene. Doing evaluation wird als kognitiver Vorgang verstanden, während having evaluation die mentale Repräsentation einer Evaluation beschreibt. Mit saying evaluation schließlich wird der sprachliche Ausdruck der Bewertung verstanden. Um die Evaluierung, seitens der Textproduzenten sowie die sprachliche Evaluation im Korpus möglichst genau zu analysieren, wird explizite Evaluierung von impliziter unterschieden (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 214). Eine ähnliche Vorgehensweise bei der Analyse der Evaluierung in Texten ist von Laudien (2016) und Fritzsche (2014) gewählt worden.

5.1 Zur Klassifikation der Evaluation

5.1.1

65

Explizite Evaluierung

Die explizite Kodierung manifestiert sich über die expliziten Attribuierungen sowohl im Chinesischen als auch im Deutschen, die folgenden Lexeme sind Beispiele dafür. • Negativ wertende Adjektive: nervig, arrogant, überheblich, autoritär, 自私的 (egoistisch), 冷漠的 (gleichgültig), 残忍的 (grausam), 有罪的 (schuldig) • Positiv besetzte Adjektive: gut, schön, verantwortungsvoll, demokratisch, 聪明 的 (intelligent), 善良的 (gutherzig), 谦虚的 (bescheiden), 勤奋的 (fleißig) • Positiv evaluierende Substantive: Frieden, Humanität, Freiheit, Freundschaft, 正义 (Richtigkeit), 勇敢 (Tapferkeit), 尊敬 (Respekt), 包容 (Toleranz) • Pejorative Nomina: Tragödie, Gewalt, Betrug, Machos, 贪污 (Korruption), 虚 荣 (Eitelkeit), 环境污染 (Umweltverschmutzung), 错误 (Fehler) • Positiv wertende Verben: verbessern, unterstützen, vertrauen, lieben, 鼓励 (ermutigen), 奖励 (loben), 喜爱 (mögen), 保护 (schützen) • Negativ wertende Verben: wettern, eiern, faszinieren, nerven, sorgen, 引诱 (verführen), 讨厌 (hassen), 谋杀 (morden), 损害 (schaden) Bewertende Lexeme sind in Pressetexten zahlreich belegt. In (58) ist in angesichts von Terroranschlägen in so vielen Städten Europas eine Präsupposition (Es gibt Terroranschlägen in so vielen Städten Europas) enthalten, das Lexem Terroranschlag konnotiert die negative Bewertung. (58) „Angesichts von Terroranschlägen in so vielen Städten Europas habe nur eine Attacke in Berlin noch gefehlt.“ (SZ.de, 2019-03-01, 22:29)

In (59) bewertet der Reporter das Handeln des 45-jährigen Mannes mit dem positiv besetzten Adjektiv heldenhaft. Der Mann hat sich während des Terroranschlags als Geisel gegen eine Frau austauschen lassen, um ihr Leben zu retten. (59) „Der 45 Jahre alte Mann setzte während des Terroranschlags in einem Supermarkt nahe Carcassonne sein Leben heldenhaft aufs Spiel: Er ließ sich gegen eine Geisel, eine Frau, austauschen, um sie zu retten.“ (Frankfurter Allgemeine, 2019-03-01, 22:51)

Auch Komplexanaphern als satzübergreifende Kohärenzmittel sind ein wichtiges explizites Instrument, um die Bewertung des Sprachproduzenten zu bekunden. Komplexanaphern werden von Marx (2011: 60) so verstanden, dass

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5

Evaluierung in der Berichterstattung

„sie auf komplexe Referenten Bezug nehmen, die nicht durch Nominalphrasen repräsentiert sind, sondern durch umfangreiche grammatische Strukturen, wie z. B. Verbalphrasen, einzelne Sätze oder ganze Textabschnitte. Dadurch fungieren sie als Mittel der Diskursorganisation.“

Hinsichtlich der Referenten weisen Schwarz-Friesel/Consten (2014: 123) darauf hin, dass Komplexanaphern „nicht Bezug auf einzelne Referenten [nehmen], sondern auf einen komplexen Sachverhalt oder Prozess.“ Über evaluierende Komponenten in Komplexanaphern als Strategie der Bewertung des Sprachproduzenten bei der Darstellung eines Sachverhalts sagt Marx (2011: 148): „Durch Evaluierung rückt die Einschätzung des Autors (in Sachtexten) in den Vordergrund.“ (60) „‚Das Unternehmen ist erschrocken über diesen sinnlosen Gewaltakt‘, heißt es in der Stellungnahme von Uber weiter.“ (Frankfurter Allgemeine, 2019-03-02, 07:01)

Dieses Beispiel stammt aus einem Text über ein Attentat in New York. Aus dem Kotext ist ersichtlich, dass sich diesen sinnlosen Gewaltakt auf den Terroranschlag bezieht. Die Lexeme sinnlos, Gewalttakt beinhalten eine negative Bewertung. Ferner sind Metaphern und Vergleiche wichtige Mittel der Evaluierung. Ob diese implizit oder explizit umgesetzt wird, hängt davon ab, ob die als Metapher und Vergleich fungierenden Lexeme selbst explizit eine Bewertung darstellen oder ob sie neutral sind und die Bewertung der Referenten nur durch den Kontext von den Rezipienten erschlossen wird. Eine Metapher wird mit Bezug auf die Evaluierung Schwarz-Friesel (2 2013: 202) zufolge so verstanden: „Metaphern erzeugen somit eine geistige Repräsentation, die eine bestimmte Konzeptkonfiguration abbildet [… Die Metapher wird verstanden] als Ausdrucksvariante unserer Sprache, mit der wir insbesondere das schwer Fassbare, schwer Beschreibbare unserer Gefühls- und Erlebniswelt konzeptuell greifbar machen und benennen, mit der wir komplexe abstrakte Sachverhalte komprimiert und mental-bildhaft wiedergeben.“

Die Äußerungsform ist „X ist ein Y“ (Skirl/Schwarz-Friesel 2013). Der Zielbereich X (Konzept 1) ist wie der Ursprungsbereich Y (Konzept 2). Die Eigenschaften des Ursprungsbereichs werden auf den Zielbereich übertragen und damit eine mentale Repräsentation bzw. ggf. Evaluierung erzeugt werden kann. In (61) metaphorisiert der Reporter den Täter der Terrorattacke als einsamen Wolf . Der Zielbereich (Konzept 1: der Täter) ist wie der Ursprungsbereich (Konzept 2: einsamer Wolf ) bzw. hat Attribute wie der Ursprungsbereich, das heißt,

5.1 Zur Klassifikation der Evaluation

67

die Eigenschaften des einsamen Wolfes werden auf den Täter übertragen: Er lebt allein, ist aggressiv und kann Menschen töten. Der Täter wird nicht nur durch das Lexem selbst, sondern auch durch die Eigenschaften, die von der Metapher übertragen werden, negativ bewertet. (61) „Acht Menschen sterben bei der Terrorattacke, elf Personen werden schwer verletzt. Der Täter soll als ‚einsamer Wolf ‘ gehandelt haben.“ (SZ.de, 2019-03-02, 07:14)

Zur Evaluierung im Text gibt es verschiedene Typen von Metaphern, einsamer Wolf gehört zu den kreativen Metaphern. Kreative Metaphern verweisen nach Skirl/Schwarz-Friesel (2013: 30) „auf bekannte konzeptuelle Kombinationen (z. B: Dinge sind Zombie) […], die sich in lexikalisierten Metaphern nachweisen lassen und diese entweder erweitern oder zumindest mit unkonventionellen lexikalischen Mitteln benennen (wie z. B. Zombie-Plattform)“. Das Konzept in (61) lässt sich auf das Konzept EINZELGÄNGER ALS EINSAMER WOLF zurückführen, die kreative Erweiterung lautet: vom Einzelgänger zum Täter. Metaphern können Dinge auch explizit evaluieren. In Pressetexten werden Terroranschläge als Albtraum kreativ metaphorisiert, in (62) und (63) für die Anschläge in Berlin und New York. Das Lexem Albtraum ist grundsätzlich negativ konnotiert. Im Duden wird Albtraum definiert als „mit Albdrücken verbundener Traum; Angsttraum“. Synonyme dafür sind „Albdruck, Albdrücken, Angsttraum, böser/schlechter/schrecklicher Traum“ („Alptraum“ auf Duden Online, 2019-03-02, 21:08). Der Zielbereich (Konzept 1: Terroranschlag) ist wie der Ursprungsbereich (Konzept 2: Albtraum). Das bedeutet, die Eigenschaften und Emotionen eines Albtraums, etwas Schreckliches, Böses, Schlechtes, Angstvolles etc., auf die Terroranschläge übertragen werden. Das Konzept TERRORANSCHLAG ALS ALBTRAUM verweist auf das bekannte Konzept ERFAHRUNG ALS ALBTRAUM, Erfahrung wird kreativ zu Terroranschlag erweitert. (62) „Der Albtraum ist wahr geworden: ein Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt.“ (Frankfurter Allgemeine, 2019-03-02, 12:55) (63) „Terroranschlag New Yorks Albtraum“ (Spiegel Online, 2019-03-02, 12:59)

Innovative Metaphern verweisen nicht auf bekannte Konzeptualisierungen, sondern etablieren neue Konzeptkopplungen (vgl. Skirl/Schwarz-Friesel 2013: 30). Im Chinesischen wird der Liebhaber als Michelangelo metaphorisiert, weil er

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5

Evaluierung in der Berichterstattung

im Sinne von künstlerischer Holzbearbeitung die Liebe sorgfältig schnitzen kann. Der Liebhaber wird darüber emotional positiv bewertet. Lexikalische Metaphern sind konventionalisiert, in unserem konzeptuellen Gedächtnis fest verankert und im Lexikon der Sprache gespeichert (vgl. ibid.: 30). Im Chinesischen werden z. B. Lehrer als Kerzen metaphorisiert, da sie sich aufopfern und für andere strahlen. Dabei werden sie als selbstlos positiv bewertet. Der Vergleich1 ist ein ähnliches sprachliches Phänomen wie die Metapher und kann auch zur Evaluierung beitragen. Metapher und Vergleich haben im Sprachgebrauch eine enge Verbindung (vgl. ibid.: 30). Zu erkennen ist dies in (62) am Bild vom Alptraum. In (64) wird das Konzept DER ANSCHLAG IST WIE EIN ALBTRAUM (X ist wie Y) verwendet, während in (62) und (63) das Konzept DER ANSCHLAG IST EIN ALBTRAUM (X ist Y) explizit die IST-Relation ausdrückt. Ein deutlicher logischer Widerspruch entsteht zwischen Anschlag und Albtraum in (62) und (63), da der Anschlag nicht unter die Kategorie ALBTRAUM fällt, sondern auf der konzeptuellen Ebene gedeutet werden muss. In (64) ergibt sich kein logischer Widerspruch, denn die IST-WIE-Relation drückt durch die Vergleichspartikel nur eine Ähnlichkeit zwischen Anschlag und Albtraum aus. Die Gemeinsamkeit beider Fälle liegt darin, dass auf der konzeptuellen Ebene die Äußerung als DER ANSCHLAG IST WIE EIN ALBTRAUM gedeutet wird. In beiden Fällen steht der Verstehensprozess im Zentrum, die Eigenschaften des ALPTRAUMS auf den ANSCHLAG zu übertragen. (64) „Angehörige der Anschlagsopfer von Berlin: ‚Es ist wie ein Albtraum.‘“ (Spiegel Online, 2019-03-02, 13:01)

Ob man mittels Vergleich die Sache explizit oder implizit evaluiert, hängt davon ab, welches Lexem im Ursprungsbereich als Vergleichsobjekt fungiert. In (64) wird die Evaluation des Anschlags explizit ausgedrückt, weil das Lexem Albtraum selbst negativ bewertend ist. Im anderen Fall muss man in der konkreten Sprechsituation die Evaluierung vornehmen, z. B. in Liebe ist wie Wein. Wein ist ein Stoff mit Bouquet, der Entspannung bringt und Rauschzustände erzeugt; mit

1 Die

Unterscheidung von Metapher und Vergleich in der Linguistik sehen Skirl/SchwarzFriesel (2013: 30) darin: „Metaphorische Äußerungen der Form A ist ein B drücken sprachlich explizit eine IST-Relation aus, die im Normalfall einen logischen Widerspruch ergibt. Im Verstehensprozess werden sie deshalb umgedeutet im Sinne von KONZEPT1 (bezeichnet durch A) IST WIE KONZEPT2 (bezeichnet durch B). Vergleiche der Form A ist wie ein B ergeben meist keinen logischen Widerspruch; die sprachlich explizit ausgedrückte IST WIE-Relation muss aber auch erst auf konzeptueller Ebene gedeutet werden.“

5.1 Zur Klassifikation der Evaluation

69

dem Weinvergleich kann man deuten, dass Liebe duftet, den Menschen Glück bringt und Traurigkeit lösen kann, aber auch, dass Liebe der Gesundheit schadet.

5.1.2

Implizite Evaluierung

Implizite Evaluierung erfolgt im Text durch die Konzeptualisierung. Durch die perspektivierte Referenzialisierung lässt die Konzeptualisierung im Kopf des Rezipienten erzeugen. Durch die Konzeptualisierung erkennt man die Einstellung der Produzenten, d. h. Kritik, Lob etc., die man als Leser aber nicht teilen muss (vgl. Schwarz-Friesel/Consten 2014: 58). Der Bericht über das Verhalten des Terroristen lässt die Rezipienten erkennen: DER MANN TÖTETE MENSCHEN. Diese Konzeptualisierung bzw. das Verhalten des Mannes dürfte von den Rezipienten als negativ bewertet werden. (65) „Ein Mann steuert einen Wagen in New York über einen Fußgänger- und Fahrradweg, acht Menschen sterben, elf werden verletzt, darunter eine Deutsche.“ (Welt.de, 2019-03-02, 13:09).

Eine implizite Evaluierung wird vor allem durch das Weltwissen der Rezipienten im Kontext der Erfassung der Implikatur erreicht (vgl. Laudien 2016: 48). Dazu sagt Bednarek (2009: 149): „[Implicit Evaluation] does not include any explicitly evaluative language, but may imply positive or negative evaluation depending on the position taken up by the speaker/hearer, their values, their background“. Schwarz-Friesel (vgl. 2 2013: 218) ist der Auffassung, dass die Evaluierung durch die Informationsstrukturierung bzw. der Informationsanordnung sowie der Verteilung und dem Fokus/Hintergrund beeinflusst ist. Dies wurde bei der Analyse der Perspektivierung im deutschen Teilkorpus mit den Berichten über die Vor- und Nachgeschichte der Explosionen belegt. (66) ist einem Bericht über den Terroranschlag in New York am 01.11.2017 (Halloween) entnommen. Der letzte Satz sollte von den meisten Menschen mit dem Terroranschlag 9/11 assoziiert werden. Mit den erstrahlenden nationalen Farben implikatiert der Reporter – wegen und trotz der Anschläge auf das World Trade Center – Unbesiegbarkeit und die Zuversicht, dass die Bürger keine Angst vor dem Terrorismus haben müssen. (66) „Auch die traditionelle Halloween-Parade im Village fand am Dienstagabend wie geplant statt, unter starkem Polizeischutz. Cuomo und de Blasio marschierten demonstrativ mit, ohne Kostüme. Jenseits der Sixth Avenue erstrahlte das neue World Trade Center in den Nationalfarben Rot, Weiß, Blau.“ (Spiegel Online, 2019-03-02, 13:12)

70

5

Evaluierung in der Berichterstattung

Evaluierung ist eng verbunden mit Emotion und durch eine Emotionsdarstellung kann man eine Evaluierung kodieren. Das bedeutet, der Sprecher vermittelt in Abhängigkeit der kodierten Emotion eine positive oder negative Bewertung des Sachverhalts. Nach Schwarz-Friesel (vgl. 2 2013: 81) ist die sprachliche Bewertung ein Resultat der Interaktion von sprachlichen und kognitiven Prozessen, die von emotiven Faktoren beeinflusst werden. Diese emotiven Faktoren sind bezogen auf die Welt und an den Referenzierungsprozess gekoppelt und werden als „emotionale Einstellung“ bezeichnet (ibid.: 82). Die emotionale Einstellung kann positiv oder negativ sein und wird von sozial geprägten Konzeptualisierungen beeinflusst (vgl. ibid.: 82). In Pressetexten werden Emotionen nicht nur durch Metaphern und Vergleiche explizit evoziert, sondern auch implizit durch emotionale Implikaturen (E-Implikaturen), an denen sich die implizite Evaluierung des Textproduzenten hinsichtlich des Referenzobjektes erkennen lässt. Die E-Implikatur wird über expressive Bedeutungen kodiert. Expressive Bedeutungen betreffen nach Schwarz-Friesel (2010: 7) „die emotionale Einstellung im Sinne einer positiven oder negativen Bewertung des Produzenten“. Sie lassen sich mit Interjektionen oder Lexemen wie Modalpartikeln, affektiven Adjektiven, Nomen, Adverbien und Verben umsetzen (ausführlich hierzu Schwarz-Friesel 2 2013: Kap. 5). Auch durch Sprechakte sind expressive Bedeutungen kodierbar. In (67) lässt sich erkennen, dass die Dekodierung expressiver Bedeutungen implizit (qua konzeptueller Elaboration) allein über die Kodierung des referenzialisierten Sachverhalts (der Lieferwagen war in die Menschenmenge gerast) erfolgen kann. Das konzeptuelle Standardwissen über das Töten beinhaltet den emotionalen Standardwert NEGATIV sowie den Konzeptknoten TRAUER. In (68) kann der Autor in der Äußerung zur dargestellten Sondersituation (die Straßen sind menschenleer, die Polizei sperrt die Straße ab, auch die Autobahn wurde abgesperrt und alle Fahrzeuge werden kontrolliert) der emotionale Standardwert NEGATIV sowie die Konzeptknoten ANGST und ANSTRENGUNG kodiert werden. (67) „Ein Lieferwagen war am Nachmittag in eine Menschenmenge auf dem Prachtboulevard Las Ramblas gerast.“ (Welt.de, 2019-03-02, 13:19) (68) „Die Straßen im Zentrum rund um die Flaniermeile Las Ramblas sind menschenleer, die Polizei sperrt die Straße immer noch ab. Um diese Uhrzeit sind die Straßen und Plätze normalerweise äußerst belebt. Die Polizei scheint nach wie vor auf der Suche nach Verdächtigen, hat die Autobahn stadtauswärts abgesperrt und kontrolliert alle Fahrzeuge, die die Stadt verlassen wollen.“ (Focus.de, 2019-03-02, 13:21)

5.1 Zur Klassifikation der Evaluation

71

Im kommunikativen Sinn sprechen die Textproduzenten mit ihren Rezipienten mit Empathie über betroffene Personen, die Äußerung zeigt dies jedoch nicht explizit. Dazu sagt Schwarz-Friesel: „Der Rezipient muss eine bestimmte emotionsbasierte Implikatur (E-Implikatur) ziehen, die sich auf die emotionale Verfassung des Produzenten bezieht, um diese gemeinte expressive Bedeutung zu erschließen.“ (Schwarz-Friesel 2010: 9) Die Implikatur spielt für die implizite Evaluierung eine wichtige Rolle, insbesondere wird sie bei Ironie eingesetzt (vgl. Laudien 2016: 48). Die Haupteigenschaft von Ironie ist nach Schwarz-Friesel (2009: 223), „dass das Gegenteil von dem, was gemeint ist, gesagt wird und dass eine (in der Regel) negative Bewertung des Sprechers übermittelt wird“. In (69) vermittelt der Sprecher über die Implikatur die Information, dass der Fahrer keinen kriminellen Hintergrund hat. Durch den Kontext erfährt man, dass der Terrorist im Namen des „Islamischen Staates“ gehandelt hat. Dies verstößt scheinbar gegen die „Maxime der Qualität“ (Grice 1989). Dadurch erschließt man die negative Evaluierung, dass die von den Behörden durchgeführte Überprüfung nicht wirkungsvoll war. (69) „Er habe eine Überprüfung auf einen kriminellen Hintergrund erfolgreich bestanden.“ (Frankfurter Allgemeine, 2019-03-02, 13:25).

E-Implikaturen sind pragmatisch und annulierbar, denn die Wirkung hängt von der Aktivierung des konzeptuellen Wissens über Emotionen ab. Es ist aber auch möglich, die E-Implikatur durch eine expressive Bedeutung explizit zu kodieren (Schwarz-Friesel 2010: 9). In (70) vermittelt die Gefühlszustandsbeschreibung fassungslos die Einstellung vieler Menschen zum Terroranschlag am Breitscheidplatz, wodurch die negative Bewertung des Geschehens bekundet wird. (70) „Am abgesperrten Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz sind viele Menschen noch immer fassungslos über das Geschehen.“ (SZ.de, 2019-03-02, 13:36)

Die explizite und implizite Evaluierung wird besonders in den Massenmedien mithilfe persuasiver Strategien unterstützt. Dazu meint Klein (vgl. 1994: 4), dass die Bewertungen in den Medien vor allem sprachlich realisiert werden und man eine Bewertung sowohl mit argumentativen als auch mit suggestiven Mitteln unterstützen kann. Diese argumentativen Verfahren zur Absicherung der gewünschten Evaluierung (Klein 1994: 4) sind: • auf eine regelhafte Beziehung referieren;

72

• • • • •

5

Evaluierung in der Berichterstattung

auf einen kausalen Faktor referieren; auf einen Teil als Symptom für ein Ganzes referieren; Induktion; Analogie; sich auf Autorität berufen.

Klein (vgl. 1994:4–7) weist darauf hin, dass der regelhafte Beziehung2 , die in der Logik oder aus naturempirischen Gründen gilt, auch natürlichsprachliche Argumentationen zugrunde liegen. Der Zusammenhang zwischen den Faktoren in der Beziehung kann naheliegend sein, insbesondere im Bereich des menschlichen Handelns. In (71) werden die Terroranschläge der vergangenen Jahre aufgelistet; daran können wir sehen, dass über die Jahre die Anzahl der Angriffe stark zunimmt und die großen Städte Europas wie Paris, Berlin, Brüssel etc. betroffen sind. Die Ansicht, die im ersten Satz vertreten wird, und die Evaluierung werden argumentativ-empirisch belegt. (71) „Europäische Metropolen sind in den vergangenen Jahren immer stärker ins Fadenkreuz von Terroristen gerückt. Die Chronologie des Terrors in Europa“: (2014: Madrid; 2015: London; 2010: Moskau; 2014: Brüssel; 2015: Paris, Kopenhagen, Paris; 2016: Istanbul, Brüssel, Istanbul, Nizza, Berlin; 2017: Istanbul, Paris, London, St. Petersburg, Stockholm, Manchester, London)3 (Spiegel Online, 2019-03-02, 15:18).

Das argumentative Verfahren, das der Bewertung bzw. Evaluierung dient, kann wahrscheinlich oder naheliegend sein. Zum Beispiel kann ein singuläres Faktum als Selbstverständlichkeit dargestellt und dadurch verallgemeinert werden. In (72) behauptet der Reporter, dass der Anschlag in Nizza das normale Leben der Menschen in Frankreich störe. Diesem Einzelfall wird Regelhaftigkeit unterstellt, um die nachfolgenden Behauptungen hinsichtlich der Evaluierung der Unsicherheit des Landes sowie der Bedrohung für die Menschen zu rechtfertigen. (72) „Mit Nizza haben die Menschen in Frankreich ihre Hoffnung begraben, endlich wieder einen normalen Alltag zu führen. Jeder ist zum potenziellen Opfer eines

2 Nach KLEIN (vgl. 1994:4) repräsentiert die regelhafte Beziehung beispielsweise in der Form

von Basis-Konditional. Die Argumentation zum Beispiel „Anna könnte Fehler machen, denn sie ist ein Mensch.“ präsupponiert die regelhafte Beziehung: „Alle Menschen könnten Fehler begehen.“ 3 Im Artikel listet der Reporter die Terroranschläge in Europa auf und beschreibt sie. Wegen der Raumbegrenzung wurde hier die Liste auf Orts- und Jahresangaben beschränkt.

5.1 Zur Klassifikation der Evaluation

73

Anschlags geworden. Nirgendwo mehr scheint es wirklich sicher.“ (Zeit Online, 2019-03-02, 15:20).

Mit dem „Bezug auf die Autorität“ (Klein 1994: 4), in Form von Worten resp. Meinungen von Experten oder Politikern werden die Rezipienten dazu verleitet, den Inhalt nicht zu hinterfragen, sondern als wahr und richtig zu akzeptieren. In (73) zitiert der Autor die wissenschaftlichen Institute AMS und NOAA, was die Wirkung der Aussage „Im vergangenen Jahr ist die größte Menge an Treibhausgasen seit Beginn der Messungen ausgestoßen worden“ bei den Rezipienten verstärken soll. (73) „Im vergangenen Jahr ist die größte Menge an Treibhausgasen seit Beginn der Messungen ausgestoßen worden. Das melden die Amerikanische Meteorologische Gesellschaft (AMS) und die Nationale Meeres- und Atmosphärenbehörde (NOAA) in ihrem Jahresbericht State of the Climate 2017.“ (Zeit Online, 2019-03-02, 15:23).

Um eine induktive Argumentation handelt es sich, wenn eine generelle Aussage mit Beispielen abgesichert wird. Beim Typ Analogieargument wird ein Sachverhalt mit einem anderen verglichen, wobei dem zu vergleichenden Sachverhalt eine ähnliche Situation unterstellt wird (vgl. Klein 1994: 5 f.). Dieses argumentative Verfahren wird in der Korpusanalyse empirisch belegt. Nach Klein (vgl. ibid.: 4) sollen suggestive Verfahren den Rezipienten Eindrücke vermitteln, ohne die Bewertung auf einer auf logischen Regeln basierenden Fundierungsbeziehung beruhen zu lassen. Suggestive Verfahren sind – jeweils mit Beispiel verdeutlicht: • „Sympathieträger präsentieren“ • Die Bewertung, dass Familie etwas Gutes ist, unterstreicht der Aussagende z. B. durch die Abbildung eines Haustiers neben der Familie. • „Atmosphäre präsentieren“ • Durch die Darstellung eines normalen, aber engagierten Arbeitnehmers, verspricht man sich in einem entsprechenden Bericht suggestive Auswirkungen auf die Akzeptanz und eine positive Bewertung der Person und ihres Berufs. • „Kontrastieren“ • Im Bericht wird ein Konflikt zwischen zwei Ländern geschildert, von denen eines positiv, das andere negativ dargestellt wird. • „Hervorheben“ • Aussagen in einem Bericht werden z. B. in Überschriften zusammengefasst. Die Rezipienten lassen sich davon beeinflussen und lesen mit einer bestimmten Stimmung und Einschätzung weiter.

74

5

Evaluierung in der Berichterstattung

• „Evidenz vermitteln“ • Der Textproduzent liefert z. B. Daten oder Fakten, die aber in keiner logischen Verbindung zur Argumentation stehen. Zum letztgenannten Verfahren untersucht Peters (2012a) die Scheinevidenz als persuasive Strategie in Pressetexten. Scheinevidenz definiert er als „das Vorgehen einer Evidenz hinsichtlich eines bestimmten Sachverhalts, unabhängig von dem (nicht zu bestimmenden) Wahrheitsgehalt“ (ibid.: 26). Mithilfe der Strategien „Kompetenz suggerieren“ und „Nähe herstellen“ soll die Persuasion verbessert werden (ibid.). Wenn man „Kompetenz suggerieren“ möchte, kann dies durch die Vermittlung von Fakten, den Gebrauch von Fachsprache sowie eine konkrete Bezifferung erreichen. Selbst wenn die Fakten keine logische Beziehung zur Argumentation aufwiesen, könnte sie als legitim angesehen werden, wenn die Medien Scheinevidenzmarker wie Tatsache, offenbar, offensichtlich, zweifellos, tatsächlich verwenden (vgl. ibid.: 45f). Mit der Angabe von Zahlen und Diagrammen lässt der Reporter seine Argumentation unangreifbar und überzeugend wirken. Da die Mathematik eine präzise Wissenschaft ist, bieten Zahlen keine Interpretationsspielräume und drücken Exaktheit aus, eine Sichtweise, die auf die Argumente übertragen werden sollen. Nachteilig können sich allerdings abstrakte Zahlen auswirken, wenn sie die Vorstellungskraft der Leser übersteigen. Außerdem ist nicht unbedingt klar, ob die Zahlenangabe für die Argumentation eine Bedingung oder eine Beschränkung hat (vgl. ibid.: 50). In (74) behauptet der Autor, dass das Risiko, bei einem Terroranschlag zu sterben, sehr gering sei. Zur Unterstützung dieser Behauptung gibt er zwar Zahlen für die vergangenen 20 Jahre an, aber selbst wenn die Statistik zutreffend ist, wird die steigende Tendenz bei Terroranschlägen in der letzten Zeit nicht berücksichtigt. (74) „Tatsächlich ist das Risiko äußerst gering, in Europa wegen eines Amoklaufs oder Terroranschlags zu sterben. In den vergangenen 20 Jahren waren es im Schnitt 48 Menschen jährlich, die durch Terror starben. In Deutschland ist es sogar weniger als einer pro Jahr.“ (Zeit Online, 2019-03-02, 15:31).

Auch durch die Verwendung von Fachsprache kann in einem Bericht der Eindruck vermittelt werden, dass es sich um einen wissenschaftlichen Beitrag, d. h. um ebenso korrekte wie exakte Informationen handelt. Wenn die Rezipienten als Laien die Fachtermini nicht verstehen, muss dies also nicht auf Kosten der persuasiven Strategie gehen (vgl. ibid.). In (75) erscheint etwa der Fachterminus PTBS. Die Leser haben keine Möglichkeit zu überprüfen, ob diese Methode in der dargestellten Sache wissenschaftlich gültig ist.

5.1 Zur Klassifikation der Evaluation

75

(75) „Selbst wenn ein Kind ein traumatisches Ereignis nicht selbst durchlebt hat: Zu intensiver Medienkonsum oder die Konfrontation mit grausamen Szenen kann dieselben Symptome auslösen, wie man sie bei einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) feststellt.“ (Zeit Online, 2019-03-02, 15:34)

Bei der persuasiven Strategie „Nähe herstellen“4 erleben Journalisten zunächst das Ereignis persönlich, dann referenzialisieren sie es und stellen es aus ihrem Blickwinkel dar. Nach Peters (2012a: 40) besteht die Bedingung, „dass man einen Sachverhalt selbst wahrgenommen haben muss, um ihn als evident erkennen zu können“. Settekorn (2002: 237) spricht von „[e]inem Effekt der Approximation, mit dem der Sachverhalt dem Leser nahe gebracht werden soll“. In (76) berichtet der Reporter nach einer unmittelbaren Beobachtung eines Waldbrandes in Kalifornien, dass die Fotos und Videos, die die Rezipienten visuell wahrnehmen können, nicht annähernd die dramatische Situation vermitteln könnten. Sein eigenes Erlebnis fungiert hier als Evidenzmarker. (76) „Doch all die Fotos und Videos, so dramatisch sie auch sein mögen, und all die schrecklichen Zahlen erzählen nur einen Bruchteil davon, was da tatsächlich passiert in Kalifornien.“ (SZ.de, 2019-03-02, 15:37).

Nähe im Bericht manifestiert sich darüber hinaus über die Wahrnehmung des Ereignisses durch die betroffenen Personen. Ihre Aussage darüber wirkt evident und sorgt für eine persuasive Evaluierung. Peters (2012a: 56) meint dazu: „Durch die Inszenierung von Einzelschicksalen wirken die Schilderungen glaubwürdig und können so beim Rezipienten für Empathie und Identifikation sorgen.“ Auch Schwarz-Friesel (2013: 227) stellt fest: „Die Konfrontation mit einem identifizierbaren, konkret beschriebenen Individuum ermöglicht eine wesentlich größere Einfühlung als mit einer anonym und generisch benannten Menge.“ In (77) gibt der Reporter die Evidentialität an. Der Reporter ist vor Ort, um die Wahrnehmung und Bewertung der Betroffenen weiterzugeben. (77) „Im Juli dann haben die neuen Brände begonnen, wenig überraschend, wie Bell sagt: ‚Es ist heiß und es ist trocken, man muss kein Quantenphysiker sein, um zu wissen, dass dies eine gefährliche Kombination ist. Es braucht nicht viel für eine Katastrophe.‘“ (SZ.de, 2019-03-02, 15:42)

4 Herstellung von Nähe gehört zur persuasiven Strategie der Scheinevidenz, laut der Definition

wird es so verstanden, „dass man einen Sachverhalt selbst wahrgenommen haben muss, um ihn als evident erkennen zu können“ (Peters 2012a: 40).

76

5

Evaluierung in der Berichterstattung

Um „Nähe herzustellen“, verorten die Journalisten zudem das Ereignis (vgl. Peters 2012a: 42), wobei die Verortung sowohl lokal als auch temporal sowie detailliert erfolgt. Über die Funktion der Verortung sagt Peters (ibid.: 42): „Die Medien bringen damit ihr Wissen über die genauen Abläufe zum Ausdruck. Die Exaktheit soll dabei Kompetenz und Gewissheit suggerieren. Außerdem legt es den Schluss nahe, dass sie selbst vor Ort sind, um (sich) über die gegenwärtige Lage zu informieren.“ Das heißt, durch eine exakte Verortung wird detailliertes Wissen über das Ereignis angedeutet, um so den persuasiven Effekt des Berichts auf die Rezipienten zu verstärken. In (78) soll Glaubwürdigkeit hinsichtlich der Schilderung des chronologischen Ablaufs durch eine mehrmalige Zeitangabe vermittelt werden. (78) „Nach dem schweren Erdbeben auf der indonesischen Insel Lombok vor einer Woche ist die Zahl der getöteten Menschen noch einmal deutlich gestiegen. Die indonesische Katastrophenschutzbehörde geht aktuell von mindestens 436 Toten aus. Demnach wurden 1.350 verletzt. Mehr als 350.000 Betroffene sind derzeit obdachlos.“ (Zeit Online, 2019-03-02, 15:44).

5.2

Evaluierung im deutschen Teilkorpus

5.2.1

Explizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus

Im Bericht kommt es zu expliziten Attribuierungen mittels wertender Lexik. Im deutschen Teilkorpus finden sich zahlreiche explizit evaluierende Referenzialisierungen der Tianjin-Explosionen. Wie Tabelle 5.1 zeigt, treten dabei Berichte mit negativ evaluierender Lexik auf. Den größten Teil der evaluierenden Lexik machen hier die infolge der schweren Explosionen freigesetzten Giftstoffe und andere Schäden aus.

Konzeptualisierung der Katastrophe durch explizite evaluierende Ausdrücke Die Explosionen werden mit den attributiv verwendeten Adjektiven schwer, heftig, gewaltig, verheerend, massiv charakterisiert. Die bei den Explosionen freigesetzten giftigen Substanzen werden mit attributiven Adjektiven oder Substantiven evaluativ beschrieben: gefährlich (Chemikalie, Stoffe), hochgiftig (Natriumcyanid, Chemikalie), giftig (Gase, Stoffe, Chemikalie), gefährlich (Substanz, Stoffe), schlecht (Geruch), Giftstoffe, Giftgaswolke, Gift [im Grundwasser].

5.2 Evaluierung im deutschen Teilkorpus

77

Tabelle 5.1 Explizite evaluierende Lexik zur Referenzialisierung im Kontext der TianjinExplosionen in deutschen Medien Positiv

Negativ

Adjektiv

kritisch, schwer, schwer (Explosionen), stark

Substantive

Schaden, Amtspflichtverletzung, Machtmissbrauch, Kritik, Trümmer, Vorwürfe, Umweltschäden, Katastrophe, Skepsis, Verwirrung

Komplexe Nominalphrase

Komplexe Verbalphrase

Wichtiges Industrie- und Handelszentrum, eine der größten Städte Chinas

Schwere Zerstörung, chaotische Informationspolitik, Verstoß gegen Sicherheitsrichtlinien, Schlechter Geruch, schädliche Chemikalie Zyanid, gefährliche Chemikalie, ohne Genehmigung, heftige Explosion, hochgiftige Natriumcyanid, eine Vernachlässigung von Pflichten, gefährliche Chemikalien und Explosivstoffen, erste Probleme beim Arbeitsschutz, Mangel an Sicherheitsbewusstsein, lockere Umsetzung von Sicherheitsvorschriften, Schwere Explosionen, Kritischer Zustand, Bild der Verwüstung gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen, beklagen gereizte Atemwege, könnten schwerer sein als bislang, um ihre Sicherheit besorgen,

Auch die Auswirkungen der Explosionen werden explizit mit Adjektiven bewertet. In (79) evaluiert der Reporter gewisse Phänomene explizit mit ungewöhnlich, nennt weißen Schaum auf den Straßen und weist darauf hin, dass massenweise Fische sterben. In (80) beschreibt und evaluiert der Reporter das körperliche Unbehagen der Menschen: gereizte Atemwege, tränende Augen. Aus

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5

Evaluierung in der Berichterstattung

diesen Informationen lässt sich schlussfolgern, dass die Zustände und Vorgänge gefährlich und schädlich sind. In diesem Sinne ist die Katastrophe negativ konzeptualisiert. (79) D56: „Zudem kommt es zu ungewöhnlichen Phänomenen: In Tianjin gibt es weißen Schaum auf den Straßen, in einem nahegelegenen Fluss sterben massenweise Fische.“ (80) D30: „In der Luft von Tianjin soll ein schlechter Geruch hängen. Menschen beklagten gereizte Atemwege. Feuerwehrleute nahe dem Unglücksort hätten tränende Augen, berichteten Augenzeugen.“

Die Situation vor Ort wird von den Medien mit evaluierenden Substantiven und Adjektiven bewertet: schwere Zerstörungen, Verwüstung, Verwirrung (schwere, kilometerweite) Schäden, Trümmer, riesiges Trümmergebiet. In (81) beschreibt der Reporter den Ort der Explosionen als Trümmerfeld. Außerdem wird das Ausmaß der Zerstörung verglichen (der Größe von 10 Fußballfeldern entsprechen) und beziffert (100 000 Quadratmeter) und als groß eingestuft dank enzyklopädischem Wissen entsprechend auch von den Lesern. In (82) wird eine kreative Metapher eingesetzt, das explizit evaluierende Substantiv Verwüstung drückt eine schwere Zerstörung aus. Die kreative Metapher verweist auf die bekannte konzeptuelle Kombination SZENE ALS BILD und erweitert es um das lexikalische Mittel Verwüstung (vgl. Skirl/Schwarz-Friesel 2013: 30). (81) D45: „Das Trümmerfeld ist 100 000 Quadratmeter groß – das entspricht der Größe von 10 Fußballfeldern.“ (82) D3: „In der Binhai-Industriezone, einem der Vorzeigeprojekte der chinesischen Regierung, bot sich ein Bild der Verwüstung.“

Die NP der Katastrophe fungiert in (83) als Komplexanapher und hat bei der Etablierung des Textweltmodells eine bewertende Funktion. „Komplexanaphern fassen komprimiert den Sachverhalt wieder und bewerten sie.“ (SchwarzFriesel/Consten 2014: 138) In (83) bewertet der Textproduzent die Explosionen explizit als gewaltig und berichtet dann von mindestens 50 Toten. Mit dem Lexem Katastrophe werden die zuvor dargestellten Auswirkungen noch einmal negativ verstärkt. Alle Beschreibungen bilden das Antezedensfeld von Katastrophe. Die Katastrophe etabliert im Textweltmodell einen neuen abstrakten Referenten, einen Sachverhaltsknoten. Die Evaluierung der Explosionen und des Schadens wurden zusammengefasst und fallen insgesamt negativ aus.

5.2 Evaluierung im deutschen Teilkorpus

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(83) D3: „Zerberstende Fensterscheiben, zu Boden geworfene Menschen:Gewaltige Explosionen haben die chinesische Hafenstadt Tianjin erschüttert und mindestens 50 Menschen getötet. […] Am Tag nach der Katastrophe boten sich in Tianjin apokalyptische Bilder.“

Es werden auch Verben gebraucht, die mit ihrem Referenten zusammen eine explizite Evaluierung darstellen, und hierbei vor allem Verben, die die Folgen der Explosionen beschreiben, wie komplett zerstören, beschädigen, schaden. In (84) bezeichnen die Verben zerstören, eindrücken die Zerstörungsvorgänge. In (85) werden mit dem Partizip II (eingestürzt) die Zerstörung von Gelände und Ausrüstung dargestellt, womit die negativen Nachwirkungen durch Verben explizit angezeigt werden. (84) D3: „In den naheliegenden Hochhäusern wurden alle Fenster zerstört und Türen eingedrückt.“ (85) D3: „Wohnbaracken für Bauarbeiter waren eingestürzt.“

In (86) ist sowohl explizite als implizite Evaluierung belegt. Die explizite Evaluierung extrem gefährlich bezieht sich durch das Kopulaverb ist auf Explosionsgebiet, der Grund dafür sind die Chemikalien und ihre Unzugänglichkeiten: „wegen brennender Chemikalien und verkanteter Container, die jeden Moment wegbrechen können.“ Um die persuasive Strategie „auf Autorität berufen“ (Klein 1994: 4) anzuwenden, wird der Chef des Militärs zitiert, um die Rezipienten zu überzeugen, dass die Rettungsarbeit im Unglücksgebiet extrem gefährlich ist. In (87) erfolgt die explizite Evaluierung durch die Worte „Neue Gefahr droht“. (86) D44: „‚Sich in dem Explosionsgebiet zurechtzufinden, ist wegen brennender Chemikalien und verkanteter Container, die jeden Moment wegbrechen können, extrem gefährlich‘, sagte Wang Ke, Chef der mehr als 200 Chemiespezialisten des Militärs nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua.“ (87) D48: „Neue Gefahr droht durch Regen, der angekündigt war.“

Im folgenden Beleg (88) werden die Explosionen durch einen indirekten Vergleich (A ist so X, dass …) evaluiert. Die Kraft der Detonationen ist durch die explizite Bewertung so stark gekennzeichnet. Die Äußerung, dass sie vom nationalen Erdbebenzentrum registriert wurden, zeigt Parallelen zwischen dem Erdbeben und den Erschütterungen durch die Detonationen auf. Die Kraft der beiden Explosionen wird mit 3 und 21 Tonnen TNT bemessen. Die Rezipienten sollen so durch ihr Weltwissen die Stärke erschließen.

80

5

Evaluierung in der Berichterstattung

(88) D3: „Die Erschütterungen der Detonationen waren so stark, dass sie vom nationalen Erdbebenzentrum registriert wurden. Die chinesische Erdbebenwarte erklärte, die erste Explosion habe die Kraft von drei Tonnen TNT gehabt, während die zweite Explosion der Detonation von 21 Tonnen des Sprengstoffs entsprach.“

Der Metapher Cocktail in (89) liegt eine mentale Verbindung zugrunde. Die Umstände, die zur Katastrophe in Tianjin führten, werden als explosiver Cocktail metaphorisiert. Die spezifische Relation zwischen Konzept 1 (Katastrophe) und Konzept 2 (explosiver Cocktail) wird so gedeutet, dass Konzept 1 dem Konzept 2 hinsichtlich der Merkmale Z entspricht (vgl. Schwarz-Friesel 2015: 55). Die semantische Bedeutung von Cocktail aktiviert, dass das Substanzgemisch in Tianjian Eigenschaften einer alkoholischen Getränkemischung innehat (Mixtur, brennbar). Mit dem attributiven Adjektiv explosiv und der Erklärung im nachfolgenden Text soll der Schluss gezogen werden, dass die Katastrophe hochgefährlich ist, weil es eine Mischung von Chemikalien vor Ort gibt, die eine explosive Reaktion auslösen kann. Über die Lexeme Katastrophe und explosiv, die mit der Metapher kombiniert verwendet wurden, lässt sich eine negative Evaluierung vornehmen; eine ähnliche Verwendung im Korpus findet sich in der NP der tödliche Chemiecocktail. (89) D6: „KATASTROPHE IN TIANJIN Ein explosiver Cocktail […] Das alles ergibt eine hochexplosive Mischung, vor allem dann, wenn Wasser ins Spiel kommt, was bei Natriumcyanid und anderen Chemikalien eine explosive Reaktion auslösen kann. Deshalb geriet zuletzt auch das Verhalten der Feuerwehr in die Kritik.“

Neben Katastrophe werden die Explosionen auch als Tragödie bezeichnet und auch hier liegt eine intensive negative Bedeutung vor. Nach Duden Online („Tragödie“ auf Duden Online, 2019-03-02, 21:27) hat das Lexem Tragödie neben seiner literarischen Bedeutung zwei Bedeutungen: a) „tragisches Geschehen, schrecklicher Vorfall“ b) „(umgangssprachlich emotional übertreibend) etwas, was als schlimm, katastrophal empfunden wird“ Im Bericht werden die Tianjin-Explosionen direkt zu Tianjin-Tragödie komprimiert, das als abstrakter Textreferent bewertet wird und sich direkt auf die zitierten Worte nach dem Doppelpunkt bezieht. Aus dem Kontext des Berichts erfährt man,

5.2 Evaluierung im deutschen Teilkorpus

81

dass die Tatsache, dass ein Feuerwehrmann vermisst wird, von den Medien als tragisch, als schrecklich evaluiert wird. In dem nachfolgenden Satz bewertet der Reporter die Opferzahl als hoch (nie zuvor so viele Feuerwehrleute) und evaluiert dies gleichzeitig als Katastrophe. (90) D37: „Tianjin-Tragödie: ‚Wir wollen unseren Sohn sehen‘5 “ „Tianjin (dpa) – Nie zuvor in der Geschichte Chinas sind so viele Feuerwehrleute bei einem Unglück ums Leben gekommen wie bei der Katastrophe im Hafen von Tianjin. Dabei sind noch nicht einmal alle getöteten und vermissten Retter gezählt.“

Die Konzeptualisierung der Katastrophe erfolgt durch explizite Bewertung der Szene nach den Explosionen. In (91) werden die Explosionen direkt als tragisch bewertet: Die Situation im Krankenhaus (voll mit Leuten) zeigt, dass bei den Explosionen viele Menschen verletzt worden sind. Die emotionale Bewertung mit tragisch drückt die negative Evaluierung der Umstände, die die Explosionen verursacht haben, aus. (91) D3: „[…] sagte der 27 Jahre alte Lin Chen, der ungefähr zehn Kilometer vom Explosionsort entfernt wohnt, am Telefon. ‚Ich habe gehört, dass die Krankenhäuser voll mit Leuten sind. Es ist wirklich tragisch.‘“

Explizite negative Evaluierung der Informationspolitik Im Korpus findet sich eine explizite Evaluierung der Informationspolitik Chinas, bei der bewertende Lexeme angewendet werden. Somit lässt sich gleichzeitig die Informationspolitik Chinas anhand der Berichte über die Explosionen evaluieren. Mit der komplexen Verbalphrase (VP) falsche Informationen gezielt streuen evaluiert der Autor von (92) die Maßnahmen der Behörden negativ, in (93) liegt eine Präsupposition vor (nach einer teils chaotischen Informationspolitik > > die Informationspolitik ist chaotisch). (92) D17: „Die chinesische Regierung streut nach Katastrophen wie der Explosion in Tianjin gezielt falsche Informationen.“

5 Der

Kontext der zitierten Worte: D39: „[…] dass noch 85 Feuerwehrleute in den Trümmern um den riesigen Krater vermisst werden, die Familien sind empört, schimpfen auf die Behörden, stürmen am Samstag sogar eine Pressekonferenz in einem Hotel. Es kam zu Tumulten, doch wurden die Protestierenden von Sicherheitsleuten abgedrängt. ‚Wir wollen unseren Sohn sehen, egal, ob tot oder lebend‘, sagte Liu Ruwen der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Sein 19-jähriger Sohn Liu Zhiqiang wird seit dem späten Mittwochabend vermisst.“

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5

Evaluierung in der Berichterstattung

(93) D79: „Nach einer teils chaotischen Informationspolitik, die wenig zur Beruhigung der Bevölkerung beigetragen hat, forderte Li Keqiang, die Öffentlichkeit schnell zu unterrichten, damit sie sich ein ‚klares Bild‘ von der Lage machen könne, wie die Staatsagentur Xinhua schrieb.“

Mit dem Adjektiv schlecht in (94) evaluiert der Reporter die Handlung des Informierens explizit negativ. (94) D38: „Feuerwehrleute waren schlecht informiert“

Das explizit bewertende Verb klagen in (95) bezieht sich auf die Proposition P mit der Handlung: man verwehrt ihnen Informationen. Danach wird die metaphorische Äußerung jemanden im Dunkeln lassen benutzt. Die innovative Metapher bezieht sich auf das Gegenteil Licht, Licht als Metapher kommt aus der Alltagssprache. Dass jemandem ein Licht aufgeht, bedeutet, „dass etwas ‚klar‘ wird: das sind alles positiv konnotierte Aussagen“ (Kreuzer 2016: 63). Jemanden im Dunkeln lassen heißt folglich, jemandem die Einsicht in die Wahrheit zu verwehren. Durch den Kontext wird ersichtlich, dass die Angehörigen beklagen, nicht über den Fortgang der Rettungs- oder Bergungsarbeiten in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Diese Information wird durch eine Auswahl von Zitaten der Angehörigen ausgedrückt und negativ bewertet. (95) D17: „Die Angehörigen klagen in solchen Fällen stets darüber, dass man ihnen Informationen verwehrt und sie teils tagelang im Dunkeln lässt über den Fortgang von Rettungs- oder Bergungsarbeiten.“

Negative Evaluierung des Unternehmens Neben der expliziten negativen Bewertung der Informationspolitik wird die Firma Ruihai wegen ihres Verstoßes gegen die Sicherheitsbestimmungen explizit bewertet. (96) D23: „Dass Sicherheitsvorschriften verletzt wurden, steht außer Frage.“ (97) D51: „Nach dem Unglück in Tianjin vor einer Woche enthüllen die Ermittler jetzt illegale Machenschaften der Betreiber des Unternehmens Ruihai Logistik.“ (98) D68: „Die Betreiber des explodierten Gefahrgutlagers in Tianjin waren offenbar in illegale Machenschaften verwickelt.“

In (96) wird die Proposition P, dass Sicherheitsvorschriften verletzt wurden, bewertet. Mit den Worten außer Frage stehen kennzeichnet der Textproduzent die

5.2 Evaluierung im deutschen Teilkorpus

83

Proposition P als Fakt und damit gleichzeitig seine Einstellung zur Proposition P. In (97) und (98) verwendet der Textproduzent direkt die bewertende NP und bezeichnet die Handlungen der Firma als illegale Machenschaften – in (98) verstärkt bewertet durch das Modalverb offenbar.

Explizite negative Evaluierung der Rettungsarbeiten Die Rettungsarbeit wird im deutschen Korpus nur einmal in der Süddeutschen Zeitung explizit bewertet. In (99) bestimmt das Adjektiv langsam mit adverbialem Gebrauch, wie die Rettungsarbeiten vorangehen. (99) D18: „Nach den gewaltigen Detonationen im Hafen der chinesischen Stadt Tianjin gehen die Rettungsarbeiten nur langsam voran.“

Die lexikalische Bedeutung von (100) beinhaltet die spezifische Einstellung: gute Nachrichten. In (100) haben wir somit eine Doppelproposition: eine Proposition in einer Einstellungsproposition, EP (P). EP: Gute Nachrichten gab es für die von den Detonationen betroffenen Anwohner. P: Sie sollen laut Staatsmedien zumindest teilweise entschädigt werden. In (100) gilt der in der Proposition dargestellte referenzielle Sachverhalt als Fakt. Die Faktizität des in P Dargestellten wird als GUTE NACHRICHTEN positiv bewertet. (100) D54: „Gute Nachrichten gab es für die von den Detonationen betroffenen Anwohner: Sie sollen laut Staatsmedien zumindest teilweise entschädigt werden.“

Am Ende mancher Berichte stellen die Textproduzenten die Stadt vor, in der sich die Explosionen ereignet haben. Dabei verwenden sie bewertende Substantive und NPs, die Tianjin als große Stadt beschreiben. Dies geschieht durch Lexeme wie Hafenmetropole, Millionenstadt, die nordchinesische Metropole, die Zehn-Millionen-Metropole, eine der größten Städte des Landes, Industriemetropole. Ihr Status in der Wirtschaft wird in den Medien als WICHTIG oder ZENTRUM beschrieben: ein wichtiger Umschlagplatz, Wirtschaftszentrum, Industriezentrum, Industrie- und Handelszentrum, Kulturzentrum, ein bedeutender Umschlagplatz, eine der wichtigsten Industriestädte Chinas, eine der wohlhabendsten Städte Chinas.

Explizite negative Evaluierung der Beamten In (101) erfolgt die explizite Bewertung mittels Anwendung der persuasiven Strategie „auf Autorität berufen“ (Klein 1994: 4). Explizite negative Bewertungen sind: niederschmetternde Erkenntnis, zur pfuscherhaften Reaktion der Regierung,

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5

Evaluierung in der Berichterstattung

ist unerhört, eine menschengemachte Katastrophe, von systemischen Fehlern, von der ungeregelten Handhabung gefährlicher Chemikalien bis zur betrügerischen Zusammenarbeit von Unternehmern und korrupten Beamten. Der Übergang von der argumentativen Form „Autoritätsbeweis“ zu den suggestiven Formen der Absicherung der Bewertung ist fließend (vgl. ibid.). Der Textproduzent zitiert die explizite Bewertung gebildeter Chinesen, die sich nicht von plumper Propaganda überzeugen lassen würden. Sie impliziert, dass Menschen mit hohem Bildungsgrad selbstständig denken können und eine vernünftige Meinung haben. Ein anderer Autoritätsbeweis ist der Politologe Zhang Ming von der Pekinger Volksuniversität, der als Experte ausgewiesen wird. (101) D69: „Am Ende der Ermittlungen und vor Beginn der ersten Prozesse gegen 24 Beteiligte steht eine niederschmetternde Erkenntnis – vor allem für die gebildeten Chinesen, die sich von plumper Propaganda nicht überzeugen lassen. ‚Alles an diesem Fall, von den Explosionen selbst bis zur pfuscherhaften Reaktion der Regierung, ist unerhört‘, zitiert die ‚New York Times‘ den Politologen Zhang Ming von der Pekinger Volksuniversität. ‚Es ist eine menschengemachte Katastrophe, die hätte verhindert werden können und die eine Reihe von systemischen Fehlern offenbarte – von der ungeregelten Handhabung gefährlicher Chemikalien bis zur betrügerischen Zusammenarbeit von Unternehmern und korrupten Beamten.‘“

Die negative Evaluierung bezieht sich in den beiden nachfolgenden Belegen, in denen die explizite negative Evaluation seitens der chinesischen Staatsagentur zitiert wird, auf die Vernachlässigung der Pflichten von Beamten. Dabei wird die explizite negative Evaluation mittels direkter Rede zitiert: „Vernachlässigung der Pflichten“ in (102), nachlässig und unverantwortlich, rechtswidrig in (103). Demnach unterstützt die konkrete Handlung diese Evaluation argumentativ: die illegalen Machenschaften erlauben und nicht auf die Sicherheitsrisiken und „illegalen Geschäfte“ reagiert haben in (104). Der Journalist übernimmt diese Zitate und führt keine Gegenargumente oder Zweifel an, womit er zum Ausdruck bringt, dass er die Meinung akzeptiert. (102) D60: „Laut Xinhua […] Elf hohen Beamten des Transportministeriums, der Stadtregierung, der Aufsichtsorgane und des Hafenbetreibers werfen Ermittler zudem ‚Vernachlässigung der Pflichten‘ vor.“

5.2 Evaluierung im deutschen Teilkorpus

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(103) D58: „Der Zoll war laut Staatsagentur ‚nachlässig und unverantwortlich in der Aufsicht über das illegale Geschäft mit gefährlichen Chemikalien‘ durch das Unternehmen Ruihai Logistik, dem Besitzer des Lagers. Es bestehe der Verdacht, dass ‚rechtswidrige‘ Zollfreigaben ausgestellt und illegale Machenschaften erlaubt wurden. Auch der Hafenbetreiber trage Verantwortung, weil er nicht auf die Sicherheitsrisiken und ‚illegalen Geschäfte‘ reagiert habe.“

In (104) benutzt der Textproduzent den bedingten Kausalsatz, um eine möglicherweise herrschende Korruption negativ zu bewerten: sollte sich …, so ist zu befürchten … in Kombination mit dem Lexem tatsächlich. Die negative Evaluation drückt die Genitivmetapher6 aus: ein tiefer Sumpf der Korruption. Der das bewertende Adjektiv enthaltende Ursprungsbereich ein tiefer Sumpf charakterisiert die intransparente, unvertraute Sphäre des Zielbereichs Korruption. Die Lexeme niemals, wer drücken die Dimension der Bewertung in Frequenz und Umfang aus. (104) D17: „Sollte sich tatsächlich ein tiefer Sumpf der Korruption auftun, so ist zu befürchten, dass die Öffentlichkeit niemals die Wahrheit über die Ursachen des Unglücks erfährt und auch nicht, wer alles von den Machenschaften wusste.“

Explizite Evaluierung der Informationspolitik Im folgenden Beispiel wird zuerst explizit das Krisenmanagement bewertet; der Sprachproduzent wendet ein argumentatives Verfahren an, um in seiner Bewertung auf ein Grundprinzip zu referieren. In (105) wird über das Lexem professionalisieren ausgedrückt, dass die Regierung über Erfahrungen im Krisenmanagement verfügt. Dann werden die konkreten Maßnahmen genannt, einschließlich die Neuausrichtung der Informationspolitik: Nachrichten würden absichtlich gestreut und zurückgehalten, die Medien kontrolliert. Der Textproduzent vergleicht dieses Handeln mit den früheren Vorfällen, die mit den negativ evaluierenden Lexemen Schiffsunglück und Milchpulverskandal benannt werden. Über die Formulierung immer das gleiche Muster baut der Journalist eine regelhafte negative Beziehung auf. Nach Klein (1994: 4) können die Regelhaftigkeit, die der Argumentation zugrunde liegen, solche sein,

6 Skirl/Schwarz-Friesel (2013: 30) definieren Genitivmetaphern wie folgt: „In Genitivme-

taphern bezeichnet das Nomen im Genitiv (=das Genitivattribut) den Zielbereich und wird wörtlich verstanden, das zweite Nomen (=das Kopfnomen der Nominalphrase) bezeichnet dementsprechend den Ursprungsbereich und wird metaphorisch verstanden.“

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5

Evaluierung in der Berichterstattung

„die aus logischen oder aus naturgesetzlich-empirischen Gründen ausnahmslos gelten, sie können aber auch sozusagen windelweich sein, so dass ein Zusammenhang nur wahrscheinlich oder naheliegend ist.“

Der Zusammenhang der oben aufgelisteten Ereignisse besteht in der Krisensituation und der Art und Weise, wie die Regierung dem Autor zufolge jedes Mal handelt. Die Modusform Indikativ signalisiert die durchweg Denkweise des Sprechers (vgl. Köller 2004: 450). (105) D17: „Doch Peking hat sein Krisenmanagement professionalisiert. Nachrichten werden bewusst gestreut und zurückgehalten, die Medien zum Diktat gerufen, die Angehörigen von Opfern unter Druck gesetzt. So geschah es nach dem Milchpulverskandal mit zahlreichen toten Babys oder nach dem Zugunglück in Wenzhou, auch nach dem Absturz von MH 370, nach der Massenpanik am Silvesterabend in Shanghai und erst kürzlich nach dem Schiffsunglück auf dem Jangtse. Immer das gleiche Muster. Beobachter glauben, dass es in Tianjin kaum anders zugehen wird.“

Die Evaluierung der Staatsmedien erfolgt durch Implikatur sowie die Auswahl der Zitate und die Zitierform. In (106) benutzt der Sprachproduzent zwar das explizit bewertende Adjektiv ungewöhnlich, um das Verhalten der chinesischen Staatsmedien zu evaluieren. Die konventionelle Implikatur7 ungewöhnlich implikatiert die Erwartbarkeit in Bezug auf Vorverurteilungen des Sprechers (vgl. Geoffrey/Hunston 2000). Der Textproduzent spannt einen Erwartungshorizont bezüglich der Kritisierung der chinesischen Staatsmedien auf, der mit der Gewohnheit verbunden ist, dass die Staatsmedien keine Kritik am Umgang mit Vorfällen äußern. Andererseits wählt der Sprachproduzent Informationen aus und zitiert sie in einer Kombination aus direkter und indirekter Rede. Evaluierende Lexeme werden durch die Wiedergabe in direkter Rede wie in „sehr ungenügende Informationen“, „allgemeines Vertrauen in die Behörden“ akzentuiert. Im Umfeld wird die Quelle des Zitats angegeben, dabei zeigt sich eine geringe Distanz zwischen der Partei und dem Medium durch den Relativsatz: die eng mit der Kommunistischen

7 Bei der konventionellen Implikatur handelt es sich um das Gesagte und die Bedeutungen des

nicht Gesagten. Über das Gesagte kodiert man die Bedeutung des nicht Gesagten. Das, was die konventionelle Implikatur auszeichnet, ist doch, dass sie auf der konventionellen Bedeutung eines Wortes basiert (vgl. Meibauer 2 2008: 37).

5.3 Implizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus

87

Partei verbunden ist. Er lässt die Rezipienten durch Inferenz8 konstituieren, dass die Global Times ein Staatsmedium ist und trotzdem Kritik äußert, was aber ungewöhnlich ist, da die Staatsmedien gewöhnlich kaum Kritik äußern. (106) D5: „Ungewöhnlich kritisch äußerten sich chinesische Staatsmedien am Montag zu den Vorfällen. In den ‚ersten dutzenden Stunden‘ nach den Explosionen hätten die Behörden nur ‚sehr ungenügende Informationen‘ geliefert, kommentierte die Tageszeitung ‚Global Times‘, die eng mit der Kommunistischen Partei verbunden ist. Eine zu langsame Reaktion nähre die ‚verrücktesten Gerüchte‘ und das schwäche wiederum das ‚allgemeine Vertrauen in die Behörden‘.“

5.3

Implizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus

Konzeptualisierung der Katastrophe durch implizite Evaluierung Die Textproduzenten äußern sich auch implizit wertend über die TianjinExplosionen, die als KATASTROPHE konzeptualisiert werden. Diese Konzeptualisierung bzw. intensive negative Bewertung spiegelt sich in Äußerungen wider. In ihren Berichten inszenieren die Autoren die Explosionen mittels verbaler Darstellung der auditiven Wahrnehmung von Augenzeugen in (107) (ein gewaltiger Knall), der visuellen Wahrnehmung in (107) (der Himmel färbt sich rot) und ebenso der visuellen Wahrnehmung in (108) (pilzförmigen Feuerball, blutverschmierter Menschen, die auf der Straße lagen). Dabei wird in (108) die visuelle Wahrnehmung Videos in sozialen Netzwerken, Fotos, Bildern und anderen Aufnahmen entnommen, in (108) die taktile Wahrnehmung eines Augenzeugen ergänzt (die Erde bebt). Das Adjektiv gewaltig in (107) und (108) evaluiert explizit die starke Wahrnehmung, denn mit Detonationen solcher Stärke werden Kernwaffenexplosionen und Erdbeben assoziiert. Sie werden dadurch indirekt als groß und kräftig konzeptualisiert und bewertet. (107) D62: „Ein gewaltiger Knall, der Himmel färbt sich rot, die Erde bebt: Nach dem Unglück in der chinesischen Millionenstadt Tianjin mit Dutzenden Toten beschreiben Augenzeugen den Moment der Detonation.“

8 Beim Textverstehen benutzt der Rezipient die Inferenz zur Herstellung von Beziehungen im

Text, die nicht mittels Sprache explizit vermittelt werden. „Prozesse, die nicht im Text verbalisierte Bezüge durch Weltwissensaktivierung herstellen, werden in der Forschung generell Inferenzen (oder Brückenprozesse) genannt.“ (Schwarz-Friesel/Consten 2014: 70)

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5

Evaluierung in der Berichterstattung

(108) D3: „Videos in sozialen Netzwerken zeigten einen gewaltigen pilzförmigen Feuerball. Auch Fotos blutverschmierter Menschen, die auf der Straße lagen, und Bilder beschädigter Gebäude wurden gepostet. Andere Aufnahmen zeigten eine riesige Rauchwolke, die über dem Hafenareal der Stadt aufstieg.“

In den deutschen Medien berichtet ein Augenzeuge von seiner Wahrnehmung der Explosionen und seinen Reaktionen darauf. Die Aussage des Zeugen „Ich bin schnell auf die Straße gelaufen“ in (109) enthält seine emotionale Bewertung der Explosionen und das instinktive Verhalten in gefährlichen Situationen wie dieser implikatiert die ANGST des Sprechers davor (vgl. Schwarz-Friesel 2010: 8). Der Ausdruck emotionaler Bewertung ist „nicht an einen Illokutionstyp gekoppelt, sondern kann mittels aller funktionaler Sprechakttypen realisiert werden“ (ibid.). (109) D62: „‚Ich saß auf meinem Bett, als ich plötzlich einen lauten Knall hörte. Dann vibrierten die Fenster. Es war wie ein Erdbeben. Ich bin schnell auf die Straße gelaufen, um mich in Sicherheit zu bringen‘, sagte der 27-jährige Lin Chen, der ungefähr zehn Kilometer von der Explosionsstelle entfernt wohnt.“

Die emotionale Implikatur wird eingesetzt, um die Gefährlichkeit der Lage zu evaluieren. In (110) sind die Worte des Sprechers assertiv/repräsentativ. Das konzeptuelle Standardwissen über die Ungewissheit, welche Chemikalien sich vor Ort befanden und immer noch befinden, und die Einräumung der Möglichkeit, dass weitere chemische Reaktionen stattfinden, entspricht dem emotionalen Standardwert NEGATIV und dem Konzeptknoten ANGST. (110) D66: „‚Wir wissen nicht sicher, welche Chemikalien es waren‘, sagte Gao Huaiyou vom Amt für Produktsicherheit von Tianjin. ‚Wir wissen auch nicht, welche Mengen es waren.‘ Die Chemikalien seien nur vorübergehend gelagert gewesen, auch fehlten Dokumente. Es könnten jederzeit weitere chemische Reaktionen stattfinden, sagte Tianjins Feuerwehrchef Zhou Tian.“

Die Konzeptualisierung der Katastrophe erfolgt über die implizite Evaluierung der giftigen Stoffe, indem der Reporter mögliche Folgen und damit die Gefahr, die durch die möglichst vor Ort verbleibenden Chemikalien ausgeht, ausführlich beschreibt wie in (111). Durch die Ausdrücke lässt sich schlussfolgern, dass die Lage gefährlich ist, die Chemikalien die Ursache der Explosionen sein dürften und die sich schon ereigneten Explosionen stark und kräftig gewesen sein müssen. (111) D6: „Das farblose, kristalline Pulver Natriumcyanid riecht nach Bittermandel und kann über die Haut aufgenommen werden. Wer Staub oder Dämpfe einatmet, kann bewusstlos werden, Luftnot bekommen und an Atemlähmung sterben – denn

5.3 Implizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus

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der Sauerstofftransport wird blockiert. Das ähnlich aufgebaute Kaliumcyanid, auch Zyankali genannt, war früher ein oft genutztes Mittel, um den Freitod herbeizuführen. Kaliumnitrat, ein auch Salpeter genanntes helles Pulver, ist brandfördernd und kann bei höheren Temperaturen explodieren. Es dient etwa zur Herstellung von Schießpulver und Feuerwerkskörpern. Auch Ammoniumnitrat ist brandfördernd. Die Zersetzung der farblosen Kristalle kann bei höheren Temperaturen zu Detonationen führen. Früher wurde die Substanz vor allem als Sprengstoff geschätzt.“

Implizite Evaluierung des Umweltschadens Die große Menge von Chemikalien in der Umgebung ist mehrfach als erlaubt dargestellt worden. Das Konzept der Katastrophe impliziert Bedrohung und Lebensgefahr. Über die Adjektive und den Quantifizier in (112) und (113) wurde die Menge direkt bewertet (dramatisch hohe Menge, riesige Mengen). Dabei benutzen die Reporter Scheinevidenz (vgl. Peters 2012): Mit dem Modalwort offenbar in (113) bewertet der Reporter seinen Standpunkt als anscheinend. Mit den Mengenangaben das 356-Fache des Grenzwerts in (112) und 700 Tonnen und das Siebzigfache der erlaubten Menge in (113) will der Reporter die Menge der freigesetzten Chemikalien erfassen. Außerdem wird die persuasive Strategie „Bezug auf Autorität“ (vgl. Klein 1994: 4) eingesetzt, um die Aussage zu verifizieren, indem er seine Quellen benennt: teilt das Umweltschutzamt von Tianjin mit in (112) und einem vorangegangenen Bericht der Zeitung „Xinjingbao“ zufolge, nach Informationen des britischen „Guardian“ in (113). (112) D80: „In der Umgebung des Chemielagers in der chinesischen Hafenstadt Tianjin sind dramatisch hohe Mengen an Zyanid gemessen worden. Mehr als eine Woche nach den verheerenden Explosionen in einem Gefahrgutlager übersteigt der Blausäuregehalt des Wassers in unmittelbarer Nähe den Grenzwert um das 356-Fache. Die extrem hohe Konzentration der hochgiftigen Chemikalie sei bei mehreren Proben innerhalb des Sperrbezirks festgestellt worden, teilte das Umweltschutzamt von Tianjin mit.“ (113) D6: „Im Hafen von Tianjin lagerten offenbar riesige Mengen des hochgefährlichen Natriumcyanids. Einem vorange-gangenen Bericht der Zeitung ‚Xinjingbao‘ zufolge, den die Zensur gelöscht hat, sollen es 700 Tonnen gewesen sein. Nach Informationen des britischen ‚Guardian‘ ist dies das Siebzigfache der erlaubten Menge.“

Das Ausmaß der Katastrophe zeigt sich auch an der Zahl der Toten. Durch die Lexeme Todesopfer, vermisst, im Krankenhaus macht sich der Leser Gedanken über die negative Auswirkung der Explosionen auf das Leben der Menschen und

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Evaluierung in der Berichterstattung

die Gesellschaft. Mit einer konkreten Angabe zur Opferzahl kann er sich ein Bild davon machen, wie stark die Explosionen und ihre Zerstörung waren. (114) D81: „Die Zahl der Todesopfer stieg bis Mittwoch auf 139. 34 Menschen werden nach Behördenangaben noch vermisst, mehr als 500 weitere liegen noch immer im Krankenhaus.“

Die Konzeptualisierung der Explosionen als Katastrophe erfolgt über Metaphern. Durch die sprachliche Kodierung lässt sich die Evaluierung in der Konzeptualisierung explizieren. Die mentale Sachverhaltsrepräsentation bei (115) wird in zwei Schritten sprachlicher Kodierung etabliert. Vor allem geht eine sprachökonomische Kodierung mit der gleichzeitig evaluierenden Klassifikation einher: X ist ein Y1 oder Y2 (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 54, s. hierzu ausführlich Schwarz-Friesel 2015a; zur Katastrophenmetaphorik in der Berichterstattung zum Klimawandel s. Nerlich/Jaspal 2012). (115) D4: „DETONATIONEN IN TIANJIN ‚War das eine Atomexplosion oder ein Erdbeben?‘“

In einem anderen Beitrag werden die Explosionen direkt mit einem Erdbeben verglichen. Nach Skirl/Schwarz-Friesel (vgl. 2013: 12) ist die Form des Vergleichs: A ist wie B. Die sprachlich explizit ausgedrückte IST-WIE-Relation muss auf konzeptueller Ebene gedeutet werden. Das heißt, A und B haben auf der konzeptuellen Ebene das gleiche Merkmal Z. Diese Vergleichsform lässt sich in (116) nachweisen: Es war wie ein Erdbeben. Aus dem Kontext schließen wir, dass das Lexem es sich auf den vorherigen Satz bezieht, also auf die Schilderung der Explosionen, d. h., die Phänomene, der laute Knall und die vibrierenden Fenster, entsprechen den Auswirkungen eines Erdbebens. Dies impliziert die Evaluierung: die Zerstörung und die Kraft der Tianjin-Explosionen. (116) D3: „Mehr als 40 Tote nach Explosionen in China , […] ‚Ich saß auf meinem Bett, als ich plötzlich einen lauten Knall hörte. Dann vibrierten die Fenster. Es war wie ein Erdbeben. Ich bin schnell auf die Straße gelaufen, um mich in Sicherheit zu bringen‘, sagte der 27 Jahre alte Lin Chen.“

Implizite Evaluierung der Informationspolitik Eine weitere implizite Evaluierung liegt hinsichtlich der Informationspolitik der Regierung vor. Die Informationspolitik wird in deutschen Medien negativ und

5.3 Implizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus

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als intransparent evaluiert, wofür verschiedene argumentative Verfahren eingesetzt werden. Vor allem die Zensur spielt bei der Bewertung der Informationspolitik im deutschen Teilkorpus eine große Rolle. Dies geschieht vornehmlich über den Verweis auf die Zensur in den sozialen, den privaten und den Staatsmedien. Konkret wird der Eindruck vermittelt, dass die Zensurbehörde Informationen im Internet gelöscht habe und die privaten Medien einschränke. Es wird auch gemutmaßt, dass die Staatsmedien angewiesen worden seien, nur Positives zu berichten. (117) ermöglicht eine Evaluierung durch implizite und explizite sprachliche Mittel. Die Zensur referenzialisiert der Reporter über konkrete Maßnahmen: die Lenkung der Berichterstattung, Unterbindung kritischer Diskussionen im Internet, Löschen zahlreicher Einträge von Bloggern, Ausübung von Druck auf die Staatsmedien. Die explizite Evaluierung manifestiert sich in der Präsupposition in nachdem in chinesischen Internetforen viel Kritik an der Informationspolitik […] geäußert wurde. Dabei wird mit der NP die Informationspolitik explizit negativ bewertet. Der Beleg kann als stellvertretend für das insgesamt negative Bild über die Informationspolitik in deutschen Medien betrachtet werden. (117) D2: „Nach der Explosionskatastrophe von Tianjin ist die chinesische Zensur bemüht, die Berichterstattung über den Unfall zu lenken und eine kritische Diskussion und Fragen im Internet abzuwürgen. Nachdem in chinesischen Internetforen viel Kritik an der Informationspolitik und der Reaktion der Behörden geäußert wurde, löschte die chinesische Zensur zahlreiche Einträge von Bloggern. Staatliche Medien wurden von der Zensurbehörde angewiesen, keine eigenen Mutmaßungen anzustellen.“

In (118) und (119) wird die Zensur im Internet auf unterschiedliche Referenzen verteilt. In (118) wendet der Textproduzent eine Kombination aus direkter und indirekter Rede an. Die direkt zitierten Worte heben sich dadurch von den indirekten Zitaten hervor, wie Gerüchte, unbestätigte Informationen, unbegründete Gerüchte. Der expressive Ausdruck9 angeblich signalisiert Distanz und Skepsis an dem folgenden zitierten Inhalt. Nach Schwarz-Friesel (2013: 181) fügen satzinterne Expressiva der Proposition eine zusätzliche, spezifische Bewertung hinzu. Da unter der Modalpartikel angeblich „wie behauptet wird; vermeintlich; nicht verbürgt“ („angeblich“ auf Duden Online, 2019-03-02, 23:24) verstanden wird, kann der Leser den Schluss ziehen, dass der Sprachproduzent nicht unbedingt der Meinung ist, dass es sich nur um Gerüchte, unbestätigte Informationen handelt, folglich Zweifel hinsichtlich des Wahrheitsgehalts des zitierten Inhalts bestehen. 9 Expressive

Ausdrücke sind Interjektionen, affektive Adjektive, Modalpartikeln auf der lexikalischen Ebene (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 181).

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Evaluierung in der Berichterstattung

(118) D33: „50 Webseiten wurden bestraft, weil sie angeblich ‚Gerüchte‘ oder ‚unbestätigte Informationen‘ veröffentlicht und damit Panik ausgelöst hätten. Auch wurden Webseiten bestraft, weil sie Nutzern ermöglicht hätten, ‚unbegründete Gerüchte‘ zu verbreiten. Die Internetaufsicht (CAC) warnte nach Angaben der Staatsagentur Xinhua, dass sie ‚Null-Toleranz‘ für solches Verhalten habe.“

In (119) referenzialisiert der Textproduzent die Informationspolitik unter Bezug auf die Maßnahme „China löscht Suchbegriffe“. Die Bedeutung des Hypotheseindikators offenbar expliziert die Ansicht des Sprechers „auf Grund von äußeren Wahrnehmungen oder erkenntnismäßig zu erschießenden Bedingungen“ (Helbig/Helbig 1990: 179). Der Textproduzent nutzt das Wort, um zu signalisieren, dass die Zensur-Hypothese auf seiner äußeren Wahrnehmung und Erkenntnis basiert. Die äußere Wahrnehmung und Erkenntnis (die chinesische Regierung zensiert die Berichte einiger Onlinemedien) lässt sich als konkretes Beispiel für Evidenz heranziehen. (119) D66: „China löscht Suchbegriffe Offenbar zensiert die chinesische Regierung die Berichte einiger Onlinemedien. Ein Artikel der ‚Beijing News‘ über mögliches giftiges Natriumcyanid auf dem Katastrophen-gelände war am Freitag nicht mehr abrufbar.“

Auch in Bezug auf die Kontrolle von Informationen wurde die Rolle der Staatsmedien kritisch evaluiert. In (120) und (121) stellt der Textproduzent fest, dass die Behörden über ihre Informationspolitik eine starke Kontrolle auf den Informationsfluss ausüben, indem sie Informationen nur an die Staatsmedien weiterleiteten. So heißt es in (120): „Zeitungen dürfen eigentlich nur Berichte der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua übernehmen und nicht selbst recherchieren“ und in (121): „Die chinesische Regierung hat sich bemüht, […] nur die Staatsmedien berichten zu lassen“. Des Weiteren bewertet der Reporter die Qualität der Berichte der Staatsmedien, in denen lediglich die positive Arbeit der Behörden (Rettungseinsatz) dargestellt, auf Fragen nach Ursachen und politischer Verantwortung jedoch ausweichend geantwortet werde. Mittels Inferenz kann man daraus schließen, dass die Behörden nur positive Berichte zulassen. Beachtenswert ist in (120) die persuasive Strategie der „Kontrastierung“ (Klein 1994: 7), womit der Reporter eine evaluierende Täter-OpferPerspektivierung vornimmt (vgl. Schwarz-Friesel 2014: 54): die starke Zensur vs. die besorgte Bevölkerung. Eine negative Bewertung der Zensur kann Emotionen auslösen. Auf der Basis der skizzierten Informationen in (121) drückt der

5.3 Implizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus

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Autor den negativen Eindruck in der Bevölkerung aus, dass die Behörden nicht die ganze Wahrheit sagen. (120) D35: „Das wahre Ausmaß der Katastrophe und die Gefahren durch Schadstoffe in Luft und Wasser kommen nur langsam zutage, während die Behörden den Informationsfluss stark unter Kontrolle halten. Zeitungen dürfen eigentlich nur Berichte der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua über-nehmen und nicht selbst recherchieren. Die starke Zensur verstärkte den Eindruck in der besorgten Bevölkerung von Tianjin, dass die Behörden ihnen nicht die ganze Wahrheit sagen.“ (121) D4: „Die chinesische Regierung hat sich schon öfter bei größeren Katastrophen und Unfällen bemüht, eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern und nur die Staatsmedien berichten zu lassen. Diese konzentrieren sich dann auf eine positive Darstellung des Rettungseinsatzes und stellen keine allzu dringlichen Fragen nach Unfallursachen und politischer Verantwortung.“

Schulddiskurs Der Schulddiskurs spielt eine wichtige Rolle in der Berichterstattung in den deutschen Medien. Einerseits wird diskutiert, wer die Schuld bzw. die Verantwortung für die hohe Opferzahl bei den Feuerwehrleuten trägt und die damit verbundene Entschädigung leistet, und andererseits, wer für die Explosionen und damit die Toten und Verletzten sowie die Schäden in der Umwelt und der Wirtschaft verantwortlich ist. Der Schulddiskurs erfolgt sowohl explizit als auch implizit und auch die Kombination der expliziten und impliziten Vermittlung ist im Korpus belegt. In (122) wird die Proposition von „dass den Behörden keine genauen Listen mit dem Lagergut vorlagen“ vom Textproduzenten als Tatsache evaluiert. Das Lexem Tatsache ist ein Gewissheitsindikator für Evidenzialität (vgl. Peters 2012: 178). Als Evidenz wird die Mitverantwortung der Katastrophe betrachtet. Der Hypotheseindikator offenbar (vgl. Peters 2012a: 30) und der Hypotheseindikator möglicherweise, deren Bedeutung die Vermutung des Sprechers, „dass p unter gewissen Umständen, Bedingungen gilt“ (Helbig/Helbig, 1990: 167), expliziert, drücken die Einschätzung des Sprachproduzenten zu dem in den Propositionen geäußerten Wahrheitsgehalt aus. Man kann dem entnehmen, dass die vom Sprachproduzenten vermutete Ursache für die zweite Explosion die Löschversuche der Feuerwehrleute sind, die auf das fehlende Wissen der Behörden über das Lagergut zurückzuführen ist. Somit weist der Reporter den Behörden eine Mitschuld zu.

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Evaluierung in der Berichterstattung

(122) D38: „Die Tatsache, dass den Behörden keine genauen Listen mit dem Lagergut vorlagen, könnte mitverantwortlich sein für die Katastrophe: Als das Feuer ausbrach, wussten die Feuerwehrleute vor Ort offenbar nicht, wogegen sie zu kämpfen hatten. Möglicherweise verursachte erst ihr Löschversuch mit Wasser die verheerende zweite Explosion, die auf Satellitenaufnahmen eindrücklich festgehalten ist. Ein riesiger schwarzer Krater klafft auf dem Gelände.“

In (123) weist der Reporter mit der Faktendarstellung ohne zu wissen, was dort brannte oder gelagert war den Behörden die Schuld zu. Danach stellt er die Diskussion aus der Perspektive unbekannter Dritter dar und lenkt die Aufmerksamkeit auf die Ausbildung der Feuerwehrleute. Gemäß Standardwissen geht man davon aus, dass für dessen Ausbildung die Behörden zuständig sind, womit die Verantwortung für die hohe Opferzahl indirekt den Behörden zugewiesen wird. (123) D27: „Die Feuerwehrleute waren zu dem Einsatz in dem Gefahrgutlager gerufen worden, ohne zu wissen, was dort brannte oder gelagert war. Die hohe Opferzahl löste Diskussionen aus, ob Feuerwehrleute für solche Situationen ausreichend ausgebildet sind.“

In (124) präsentiert der Autor ein Opferbild der Brandbekämpfer. Implizite und explizite Evaluation werden miteinander kombiniert, um den Vorwurf zu bewerten, dass nicht alle Brandbekämpfer von den Behörden gleich behandelt worden seien. Die Ungleichbehandlung von angeworbenen und offiziellen Feuerwehrleuten wird vom Autor als Vorwurf der Angehörigen dargestellt. Dabei beschreibt er die Gefühlslage der Angehörigen explizit als empört, die Handlung der Behörden sieht er also negativ. Am Ende erwähnt der Reporter die Situation am Anfang. Es scheint ein Verstoß gegen die „Maximen der Quantität“10 vorzuliegen. Nach „dem Kooperationsprinzip“11 schließen wir aus, dass dies als Implikatur für eine indirekte Kritik an den Behörden zu gelten hat, weil anfangs die Brandbekämpfer nicht gleich behandelt worden seien. (124) D41: „Nach Klagen empörter Familien über die Ungleichbehandlung der frei vom Hafenbetreiber ange-worbenen Brandbekämpfer und der offiziellen Feuerwehrleute, die in China zum Militär gehören, hob der Premier hervor, alle hätten 10 Die Maximen der Quantität folgen nach Grice zwei Kriterien: 1. „Make your Contribution as informative as is required.“ 2. „Do not make your contribution more informative than is required.“ (Grice 1989: 26) 11 Das Kooperationsprinzip beschreibt, dass man zu einer erfolgreichen Führung eines Gesprächs beiträgt. Grice formuliert es wie folgt: „Make your conversational contribution such as is required, at the stage at which it occurs, by the accepted purpose or direction of the talk exchange in which you are engaged.“ (Grice 1989: 26).

5.3 Implizite Evaluierung im deutschen Teilkorpus

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die gleiche Ehre verdient. Auch werde den Angehörigen die gleiche Entschädigung gezahlt. Anfangs waren die vermissten freien Löschkräfte nicht einmal mitgezählt worden.“

Eine weitere Gruppe, die nach Ansicht des Textproduzenten ebenfalls verantwortlich für die Explosionen ist, ist die Firma Ruihai Logistik, die gegen Gesetze und Sicherheitsvorschriften verstoßen und die Lizenz für das Geschäft erkauft hat. Auch die Beamten werden dabei negativ evaluiert, denn sie werden wegen eines Verdachts der Korruption und der Pflichtvernachlässigung kritisiert. Konkret referiert der Reporter darauf, dass die Firma gegen die Sicherheitsvorkehrungen verstoßen und mehr Gefahrgut als erlaubt gelagert hat. Die Festnahme der Manager weist die Täterrolle Ruihai Logistik zu. Die Schuldzuweisung (125) erfolgt durch eine implizite und eine explizite Evaluierung. Die Strategie „negativ besetzter Kontext“12 (Klein 1994: 7) wird angewendet: Der Textproduzent berichtet zitierend, dass die Firma Ruihai Logistik giftige Chemikalien gelagert sowie sich auf Transport und Lagerung von Gefahrgütern spezialisiert habe. Daraus lässt sich inferieren, dass die Firma Gefahrgüter transportiert und dabei ein großes Risiko besteht. Die komplexe Präpositionalphrase (PP) Auf der Internetseite des Unternehmens, die im Laufe des Tages nicht mehr aufzurufen war soll bei den Rezipienten den Eindruck erwecken, dass die Informationspolitik intransparent und problematisch ist. Danach weist der Journalist darauf hin, dass einige Container der Firma im letzten Jahr nicht ordnungsgemäß geschlossen gewesen seien, um einen negativen Kontext der Explosionen aufzuzeigen. Über diese Aussage könnten bei den Rezipienten der Stereotyp erzeugt werden, dass die Firma oft gegen Gesetze verstößt, was eine grundsätzlich negative Bewertung zur Folge hätte (vgl. Laudien 2016: 23). Diese Rückführung auf die Vorgeschichte ermöglicht eine Referenz auf die jetzige Situation. Angesichts der Festnahme einiger Manager lässt sich der Firma Ruihai Logistik Schuld zuweisen. (125) D4: „Nach Angaben chinesischer Medien lagern bei Ruihai Logistiks nicht nur Sprengstoffe, sondern auch giftige Chemikalien. Auf der Internetseite des Unternehmens, die im Laufe des Tages nicht mehr aufzurufen war, hieß es, dass die Firma vier Jahre alt sei und sich auf Transport und Lagerung von Gefahrgütern spezialisiert habe. Im vergangenen Jahr ordnete die Stadtverwaltung in dem Lager eine Notfallübung

12 Bei der Darstellung einer Person und eines Sachverhalts in sogenannten „positiv oder negativ besetzten Kontexten“ verspricht man sich von solchen Stimmungsberichten offensichtlich eine suggestive Wirkung bzgl. der Akzeptanz oder Ablehnung dieser Person oder dieses Sachverhalts (vgl. Klein 1994: 7).

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Evaluierung in der Berichterstattung

an, nachdem festgestellt worden war, dass fünf von 4 300 dort gelagerten Containern nicht ordnungsgemäß verschlossen waren. Einige Manager von Ruihai Logistics wurden schon festgenommen und von der Polizei befragt.“

In (126) kann man der Faktendarstellung, dass nämlich im Hafen gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen wurde, mithilfe von Weltwissen die negative Bewertung des Unternehmens entnehmen. Später nutzt der Reporter die persuasive Strategie „Bezug auf die Autorität“ (Klein 1994: 4), indem er sich auf die Institutionen Staatsrat und Generalstaatsanwaltschaft bezieht. Durch die Auswahl des Zitats, dass die Firma giftige Stoffe über die erlaubte Menge hinaus verwahrt hat, lässt sich ebenfalls die illegale Handlung, die einer negativen Bewertung zufolge hat, erschließen. (126) D5: „Ein Ermittlungsteam des Staatsrates sowie die Generalstaatsanwaltschaft haben Untersuchungen eingeleitet. Zuletzt mehrten sich die Hinweise darauf, dass im Hafen gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen wurde. Wie etwa die Zeitung ‚Bejing News‘ am Montag berichtete, hatte die Firma, die das Gefahrgutlager gepachtet hatte, 30 Mal mehr des giftigen Natriumcyanids gelagert als erlaubt.“

Außerdem wird auf den Missbrauch der Beziehung der Manager von Ruihai Logistik zu den Beamten hingewiesen, wodurch unzulässigerweise Betriebsgenehmigungen erteilt worden seien und damit den Beteiligten eine Mitverantwortung an den Explosionen bescheinigt werden müsse. In (127) wird auf die Schuld der Beamten und des Chefs des Unternehmens durch die Ausnutzung dieser Beziehung referiert. Der Journalist erklärt, dass Dong Shexuan, einer der beiden Leiter des Unternehmens, der Sohn des früheren Chefs der Hafenpolizei sei. Gemäß Konversationsmaximen gehen wir davon aus, dass der Textproduzent scheinbar gegen das Kooperationsprinzip „Be relevant“ (Grice 1989: 27) verstößt. Die Aussage in (127) „Dong Shexuan ist der Sohn des früheren Polizeichefs des Hafens“ enthält Implikatur. Daraus schließen wir, dass eine Vetternwirtschaft, also eine enge Beziehung zwischen dem Unternehmen und dem früheren Polizeichef bestand, um die Lizenz zu bekommen. Die beiden Gruppen werden indirekt kritisiert. Die expliziten negativ bewertenden Lexeme Machtmissbrauch und Dienstpflichtverletzung durch das Zitat der Institution Staatsanwaltschaft und die persuasive Strategie des „Bezug[s] auf die[se] Autorität“ (Klein 1994: 4) soll die obige indirekte Evaluierung legimitieren. (127) D81: „Die beiden Chefs des Unternehmens Ruihai, Yu Xuewei und Dong Shexuan, hätten ihre Beziehungen ausgenutzt, um an Genehmigungen für den Betrieb

5.4 Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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des Lagers zu kommen, hieß es von der Staatsagentur Xinhua. Auch hätten sie zeitweise ohne Lizenz die Chemikalien transportiert. Dong Shexuan ist der Sohn des früheren Polizeichefs des Hafens. Laut Staatsanwaltschaft wird zudem gegen elf Behördenvertreter wegen Machtmissbrauchs und Dienstpflicht-verletzung ermittelt.“

5.4

Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

5.4.1

Explizite Evaluation im chinesischen Teilkorpus

Tabelle 5.2 Explizite evaluierende Lexik zur Referenzialisierung im Kontext der TianjinExplosionen in chinesischen Medien Positiv

Negativ

Adjektiv

受伤 (verletzt)

Substantive

破裂现象 (Bruchphänomen), 谣言 (Gerüchte)

Komplexe Nominalphrase 爱心市民 (liebenswürdige Bürger und Bürgerinnen), 好心人 (gut meinende Menschen), 重要指示 (wichtige Anweisung), 正能量 (positive Energie)

剧烈的爆炸 (heftige Explosion), 巨大的爆炸声 响 (großer Explosionsknall), 危险品 (gefährliche Stoffe), 刺鼻气味 (Gestank), 刺激性气味 (beißender Geruch)

Komplexe Verbalphrase

全力的搜救 (Rettungsarbeiten vollständig durchführen), 全力控制现场 (den Standort völlig kontrollieren), 尽快查清事故原因 (die Unfallursache so schnell wie möglich herausfinden), 做好 善后工作 (gutes Handeln gegen die Nachwirkungen), 确保最好、最及时的治疗 (rechtzeitig die beste Behandlung sicherstellen)

伤势危重 (schwer verletzt sein), 受损严重 (schwer beschädigt sein)

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Evaluierung in der Berichterstattung

Konzeptualisierung der Katastrophe durch explizite evaluierende Ausdrücke Im chinesischen Teilkorpus finden sich die in Tabelle 5.2 aufgeführten expliziten evaluierenden Lexeme zu den Tianjin-Explosionen. Es sind sowohl negativ evaluierende Lexeme belegt, die auf die Explosionen selbst referieren, als auch positiv evaluierende Lexik bezüglich der Rettungsarbeiten und Helfer. Die Explosionen werden bezeichnet mit komplexen NPs wie 剧烈的爆炸 (heftige Explosion), 巨大的爆炸声响 (großer Explosionsknall) und die verursachten Schäden mit NPs wie 刺鼻气味 (Gestank), 刺激性气味 (beißender Geruch). Die negativ bewertende VP zielt auf die Auswirkungen, die Menschen und die Umwelt, wie sich an 伤势危重 (schwer verletzt sein), 受损严重 (schwer beschädigt sein) zeigt. Komplexe NPs, die auf die Helfer referieren, sind 爱心市民 (liebenswürdige Bürger und Bürgerinnen), 好心人 (gut meinende Menschen) oder bewerten deren Einsatz: 正能量 (positive Energie). Komplexe VPs, insbesondere solche mit positiv bewertenden Adverbialien, stellen die Leitung der Rettungsarbeit und die Aktivitäten heraus wie确保最好、最及时的治疗 (rechtzeitig die beste Behandlung sicherstellen). In den Berichten benutzen die Reporter indirekte Anaphern zur Evaluierung. In (128) etwa berichtet der Autor zunächst über vier gefährliche Substanzen sowie konkreter 700 Tonnen Natriumcyanid und fasst danach alle Chemikalien mit der indirekten Anapher diese giftigen Chemikalien zusammen, wodurch sie sie negativ (giftig) bewertet werden. Mit der Mengenangabe 700 Tonnen wird auch die Quantität der giftigen Stoffe angegeben, die ob der hohen Zahl nur als gefährlich eingeschätzt werden kann. (128) C18: „记者现场了解到, 目前已检出液碱、碘化氢、硫氢化钠、硫化钠等4 种物质。另据厂家前来反映, 出事货场目前还存放至少700多吨氰化钠, 这些剧毒 化学物分别装在木箱和铁桶中。50公斤一桶存放在集装箱里。“ Übersetzung: Der Reporter erfuhr vor Ort, dass bisher vier Substanzen flüssiges Alkali, Jodwasserstoff, Natrium-hydrogensulfid und Natriumsulfid nachgewiesen wurden. Nach Angaben des Herstellers befinden sich auf dem Unfallgelände derzeit mindestens 700 Tonnen Natriumcyanid. Diese giftigen Chemikalien lagern in Holzkisten und Eisenfässern. 50 kg befinden sich in einem Eimer im Container.

Die explizite Evaluierung der Explosionen erfolgt in deren Beschreibung. Die Zerstörung wird umschrieben mit Lexemen wie 掏空 (zertrümmert), 炸毁 (zerstören), 严重受损 (schwer schädigen), 刺鼻的气味 (stechender Geruch), die eine negative Evaluierung der von den Explosionen herbeigeführten Auswirkungen beinhaltet. Die mögliche negative Auswirkung auf die Menschen wird durch die Phrase sich

5.4 Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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unwohl fühlen expliziert, während das Modalwort offensichtlich die Einstellung des Reporters in Bezug auf die Evaluation des gesundheitlichen Zustands der Menschen signalisiert (vgl. Peters 2012a: 46). Die Beschreibung der Szene, dass die Blätter der umliegenden Bäume abfielen, vermittelt mithilfe des enzyklopädischen Wissens die Einstellung, dass die Kraft der Explosionen stark war und die dabei erzeugte Hitze die Blätter fallen ließ. (129) C19: „整栋的大楼被爆炸的冲击波掏空, 附近树木的叶子荡然无存, 被炸毁 的车辆只剩下空壳子, 几辆严重受损的消防车停在一旁。现场四周依然弥漫着浓 重的烟雾和刺鼻的气味, 令人感到明显不适。“

Übersetzung: Das ganze Gebäude wurde von den Explosionen zertrümmert und die Blätter der umliegenden Bäume fielen sämtlich herab. Von den zerstörten Fahrzeugen blieben nur noch Gestelle übrig, mehrere schwer beschädigte Feuerwehrautos stehen an der Seite. In der Nähe des Unfallorts herrschen immer noch starker Rauch und stechender Geruch, weswegen sich die Menschen offensichtlich unwohl fühlen. (130) enthält die explizite negative Evaluierung der von den Explosionen verursachten Sachschäden wie (zerstörte Autos) und chaotischen Zustände wie (ein Durcheinander auf der Straße). Es werden auch auf der Straße zurückgelassene Schuhe erwähnt. Hier sind zwar keine Lexeme zur expliziten negativen Evaluierung enthalten, der Textproduzent erzeugt aber bei den Rezipienten durch Inferenz eine Vorstellung davon, wie Betroffene einer Explosion in Panik geraten und verängstigt davonlaufen, ohne auf Dinge wie Schuhe zu achten. Die individuelle Vorstellung einer solchen Situation mag stattdessen auch den Tod des Schuhbesitzers beinhalten. (130) C20: „大街上遗落的鞋子, 被爆炸冲击波破坏的汽车, 集装箱货堆被爆炸的 冲击波冲击的七零八落, 第八大街与东海路交口立交桥附近一片狼藉。“ Übersetzung: Auf der Straße zurückgelassene Schuhe, durch die Explosionsschockwelle zerstörte Autos, überall verstreuter Inhalt des bei der Schockwelle geborstenen Containers. Ein Durcheinander herrscht in der Nähe der Überführung an der Kreuzung von Eighth Street und Donghai Road.

In (131) behauptet der Reporter durch die Partikel als sprachlich nur eine Ähnlichkeit, die Äußerung auf konzeptueller Ebene bedeutet also DIE EXPLOSIONEN SIND…, WIE/ALS … In (131) nutzt der Reporter das bewertende Adjektiv schrecklich, wobei er die Szene mit einem Erdbeben vergleicht, allerdings mit dem Komparativ auf ein Mehr hinweist. Mithilfe des enzyklopädischen Wissens

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Evaluierung in der Berichterstattung

beurteilt der Rezipient die Explosionen negativ, da ein Erdbeben als Naturgewalt eine große Zerstörungskraft innehat und damit eine Gefahr für Mensch und Natur darstellt. (131) C34: „夜里11时40分左右, 巨大声响将他们震醒。魏冠辉说, 比地震还要可 怕, 他们住103, 出来时身在101。“ Übersetzung: Um 23.40 Uhr in der Nacht wurde sie von einem riesigen Geräusch aufgeweckt. Wie Guanhui sagte, war es noch schrecklicher als ein Erdbeben. Sie wohnten in 103 (Hausnummer), als sie herauskamen, befanden sie sich schon 101.

Die Konzeptualisierung der Katastrophe erhält sprachlich eine irreale Komponente im Bewusstsein durch Verwendung eines Vergleichs oder einer Metapher; auf der sprachlichen Ebene lautet das Prinzip: X IST WIE Y oder X IST Y, um die Merkmale von das Ende der Welt, Leben und Tod zu konstruieren. „Die reale Explosion wird auf der sprachlichen Darstellungsebene fiktionalisiert fassbar gemacht und damit im Bewusstsein de-realisiert.“ (Schwarz-Friesel 2017: 56) Die Referenten das Ende der Welt, [Übergang] vom Leben zum Tod kann man nicht erfahren. Durch die Darstellung von Ungewissheit und De-Realisierung konzentriert sich der Reporter auf die Existenzbedrohung. Durch den Transfer in die Sphäre des Todes entsteht ein hohes Emotionspotenzial13 in (133): „… konnte ich nicht aufhören zu weinen, als ich meine Mutter tröstete.“ Darauf werden wir im nächsten Kapitel ausführlich eingehen. (132) C15: „‚跟世界末日一样‘, 另一位李师傅说。“ Übersetzung: „Wie das Ende der Welt“, sagte ein anderer Meister Lee.

(133) C73: „目睹爆炸的一位网友说: ‚跟经历了一次生死一样, 我在安慰我妈的 时候自己止不住的掉眼泪。‘“ Übersetzung: Einer der Internetbenutzer, der Zeuge der Explosionen war, sagte: „Als ob ich den Übergang vom Leben zum Tod erlebt hätte, konnte ich nicht aufhören zu weinen, als ich meine Mutter tröstete.“

Die apokalyptisch anmutende Zerstörung brachte für den Textproduzenten die abstrakte Dimension der Bedrohung ins Bewusstsein. Die eigene Lebenswelt ist betroffen, das Geschehen wurde als Angriff auf die Umgebung, in der die 13 Das Emotionspotenzial wird als eigenständiger Forschungsaspekt in Kapitel 5 ausführlich untersucht.

5.4 Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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Menschen leben, wahrgenommen, ja geradezu als Hölle. Im Korpus rückt die Konzeptualisierung der Explosionen in den Fokus, wobei der Angriff auf das Lebens- und Sicherheitsgefühl dominiert (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 57). Die im Beleg (134) auftretende Metapher ist durch einen Doppelpunkt mit dem Zielbereich verbunden: DIE EXPLOSIONSSZENE IST DAS FEGEFEUER. Fegefeuer etabliert eine intensive Evaluierung über die semantischen Merkmale: Feuer, Sünden, Qualen. Die Metapher Fegefeuer fokussiert eine schwere Schädigung des normalen Lebens und die Zerstörung der Lebensumgebung. (134) C67: „记者亲历天津滨海新区爆炸现场: 人间炼狱 “ Übersetzung: Reporter erlebt die Explosionsszene in Binhai New Area Tianjin vor Ort: Fegefeuer auf der Erde.

Die Explosionen werden von den Reportern als Erdbeben konzeptualisiert, mit expliziten und impliziten Evaluationen. Die explizite Evaluation konzentriert sich auf die starken Wahrnehmungen der Explosionen durch die Betroffenen, etwa in (135) der erste gigantische Knall, der zweite große Knall, ein gewaltiger Explosionsknall. Die implizite Evaluierung hingegen manifestiert sich in der Vermittlung des kognitiven Zustands der Zeugen und der Szenedarstellung. Der Ausdruck dachten die sechs Personen im Apartment, es sei ein Erdbeben vermittelt den kognitiven Zustand. Ihre Wahrnehmungen lassen die Menschen die Explosionen mit einem Erdbeben verwechseln, da die Symptome denen eines Erdbebens entsprachen. Mit dem Ausdruck dann flogen die Glastür und die Eisentür heraus in (135) vermittelt der Journalist die Kraft der Druckwelle und der Erschütterung. Auch in (136) werden die Ereignisse unmittelbar während der Explosionen beschrieben: Mit die Vorhänge am Fenster stürmen heftig ins Haus und Fensterscheiben und Aquarien zerbrachen inferiert man die Stärke der Druckwelle und Erschütterungen, insbesondere über das bewertende Adjektiv heftig. (135) C58: „爆炸发生时, 天津滨海新区企业工人在位于天滨公寓的宿舍休息。第 一声巨响时, 宿舍六人都以为是地震了, 随后看到天空亮了一下, 听到第二声巨 响, 然后整个玻璃门和铁门就飞出去了.“ Übersetzung: Als es zur Explosion kam, ruhten sich die Arbeiter des Unternehmens in Tianjin im Apartment in der Binhai New Area aus. Als sie den ersten gigantischen Knall hörten, dachten die sechs Personen im Apartment, es sei ein Erdbeben. Danach sahen sie, wie es am Himmel blitzte, und sie hörten den zweiten großen Knall, dann flogen die Glastür und die Eisentür heraus.

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Evaluierung in der Berichterstattung

(136) C6: „据居住在滨海新区开发区二大街的杜先生介绍, 11时30分左右, 突然 出现巨大爆炸声, 窗户上窗帘猛烈向屋内冲。有一些居住在附近的市民反映家中 玻璃、鱼缸出现破裂现象。“ Übersetzung: Laut Herrn Wu, der in der Second Avenue, Baihai New Area wohnt, ertönte plötzlich ein gewaltiger Explosionsknall, die Vorhänge am Fenster stürmten heftig ins Haus. Die Bewohner aus der Umgebung sagen, dass Fensterscheiben und Aquarien zerbrachen.

Explizite Evaluierung der Rettungsarbeiten Im chinesischen Korpus wird eine explizite Evaluation der Feuerwehrleute vorgenommen, sie werden als Opfer und Helden explizit positiv evaluiert. In den folgenden Beispielen wird die explizite Evaluation deutlich, in die die implizite über eine persuasive Strategie integriert ist, weswegen sich die explizite und implizite Evaluierung nicht eindeutig trennen lassen. In (137) evaluiert der Reporter einen Feuerwehrmann explizit mit den Worten Der in entgegengesetzte Richtung laufende Held und erklärt: Der Feuerwehrmann laufe an den Ort der Explosionen und kontrastiert das Verhalten an der Metapher Strom der Menschen (vgl. Klein 1994: 7). Durch die Sprachkodierung das bewundernswertste entgegengesetzte Laufen und von vielen wird Lob ausgedrückt wird das Verhalten explizit positiv evaluiert. Dabei wird auch die implizite Evaluation integriert, der expressive Ausdruck Man sollte zu danken wissen vermittelt dem Leser die Dankbarkeit des Schreibenden. Durch den Konzeptknoten wird die positive Evaluation kodiert, der Ausdruck es sind ausschließlich junge Leute im Alter von 20 weist auf das viel zu geringe Alter der Brandbekämpfer hin. Die Strategie „Sympathieträger präsentieren“ (Klein 1994: 7) soll die positive Bewertung absichern. (137) C26: „‚逆行英雄‘的说法来源于当天被网友们疯狂转载的另一条微博。网 友‚@妖妖小精‘上午9时左右发出了一张漫画, 图中一位消防战士正逆着人流走 向爆炸现场深处。“ „这张被命名为‚最帅逆行‘的漫画也被转发了近百万次。在近六万条留言中, 有两 条网友留言得到了最多的‚点赞‘: 一个是‚平安归来‘, 另一个是‚要知道感谢, 他们 不过是20左右的年轻人‘。“ Übersetzung: „Der in entgegengesetzte Richtung laufende Held“ stammt von einem Microblog, das schon am selben Tag extrem häufig geteilt worden ist. Die Internetnutzerin „@ Yao Yao Xiao Jin“ postete um 9:00 Uhr vormittags einen Comic, in dem ein Feuerwehrmann gegen den Strom der Menschen an den Ort der Explosionen lief. Der Cartoon mit dem Namen „das bewundernswertste entgegengesetzte Laufen“ wurde ebenfalls fast eine Million Mal geteilt. Unter den fast 60 000 Kommentaren drücken zwei beispielhaft das Lob aus: Der eine ist „Kehren Sie bitte gut zurück“ und der

5.4 Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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andere: „Man sollte zu danken wissen, es sind ausschließlich junge Leute im Alter von 20.“

Ein anderes Beispiel für die positive Evaluierung der Rettungsarbeiten über „kontrastieren“ (Klein 1994: 7) findet sich in einem Bericht über den nächtlichen Besuch des Explosionsortes: Sie schliefen nicht, als die anderen schliefen (C75).14 Im Artikel wird einerseits von den dort wohnenden Menschen berichtet, dass sie nach 24 Stunden endlich Schlaf finden konnten. Dies bildet einen Kontrast zu den Feuerwehrleuten, Soldaten, Ärzten und Freiwilligen, die nicht schliefen, sondern sich an den Löscharbeiten, der Krankenbehandlung und anderen Hilfsleistungen beteiligten. Dabei werden bewertende Ausdrücke wie an der ersten Front der Löscharbeit, mit allen Bemühungen und mit positiver Energie erfüllt verwendet, sodass ein positives Bild des Rettungseinsatzes entsteht. In (138) werden die Brandbekämpfer durch die Lexeme Held, revolutionäre Märtyrer, Geld für Lob, gedenken explizit positiv evaluiert, der Grad des Lobs bzw. die positive Evaluation wird im Satz Unsere Standards sind hoch mit dem Adjektiv hoch expliziert. Mit dem Ausdruck die Helden sind wie unsere Brüder soll suggeriert werden, es seien Menschen, zu denen man eine enge, familienartige Beziehung habe. Darüber hinaus wird über den expressiven Ausdruck und die emotionsbasierte E-Implikatur unsere Brüder eine positive Evaluation kodiert. Die Nennung von der amtierende Parteisekretär, Bürgermeister von Tianjin, Huang Xinguo und der Ministerpräsident stellt einen Autoritätsbeweis dar, der die Rezipienten dazu veranlassen soll, die Bewertung zu akzeptieren und in einer konklusiven, d. h. auf Regelhaftigkeit basierenden Fundierungsbeziehung zu der Bewertung zu stehen (vgl. Klein 1994: 7). (138) C74: „黄兴国称, 总理说英雄无编外, 我们将认真落实, 一视同仁, 英雄犹如 我们的兄弟, 我们追认为革命烈士, 标准上我们按高的原则, 就高的标准, 发褒扬 金和抚恤金, 召开大会弘扬精神, 选择在事故地址上建公园, 立碑永志, 让人们永 远怀念他们。“ Übersetzung: Huang Xingguo behauptete, der Ministerpräsident sagte, der Held unterscheidet sich nicht dadurch, dass er einen offiziellen Status im Staat hat. Wir werden diesen Grundsatz ernsthaft umsetzen und behandeln alle gleich. Die Helden sind wie unsere Brüder, wir werden sie als revolutionäre Märtyrer ansehen. Unsere Standards sind hoch und wir bieten Geld für Lob und Entschädigung, halten Versammlungen ab, verbreiten ihren Geist, wählen einen Ort am Unfallort, an dem ein Park und ein Denkmal gebaut werden, um den Leuten für immer zu gedenken und um ihre Tat zu rühmen. 14 Aus Platzgründen wird nur die Übersetzung des Textes genannt, hier wird der entsprechende Teil der Analyse präsentiert.

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Evaluierung in der Berichterstattung

Das folgende Beispiel entstammt einer Notiz eines verunglückten Feuerwehrmannes, unter der sich eine Metapher mit dem explizit positiv bewertenden Lexem tapfer befindet; die Feuerwehrleute werden als tapfere Löwen metaphorisiert. Der Zielbereich (Konzept 1: Feuerwehrleute) ist wie der Ursprungsbereich (Konzept 2: tapfere Löwen) und weist Attribute wie der Ursprungsbereich auf (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 201). Die Eigenschaften eines tapferen Löwen bzw. das Konzept eines tapferen Löwen werden bzw. wird übertragen auf die Feuerwehrleute. Als Resultat ergibt sich die Lesart, dass die Feuerwehrleute tapfer, stark, kämpferisch, groß und zuverlässig sind. Es entsteht also eine spezifische mentale Repräsentation dadurch, dass eine Relation zwischen den Konzepten Feuerwehrleute und tapfere Löwen gebildet wird. Im Weiteren wird die Metapher Feuerwehrriesen genannt, womit die Merkmale groß, kräftig im Ursprungsbereich auf die Feuerwehrleute übertragen werden (sollen), und mit den Adjektiven zuverlässig, engagiert attribuiert und damit explizit positiv bewertet. Im Gegensatz dazu wird das Feuer als Monster de-realisiert. Die Metapher Monster fokussiert semantisch allerdings auf die Merkmale menschenfeindlich, böse, übernatürliche Kräfte innehabend, welche den Menschen Unglück bringen können, womit das Feuer als etwas bewertet wird, das sich der menschlichen Kontrolle entzieht, negativ ist und zerstörerisch wirkt (vgl. SchwarzFriesel/Kromminga 2013: 60). Das positive Bild der Feuerwehrleute wird durch das kontrastive Bild Monster nochmals unterstrichen und durch das argumentative Verfahren „Kontrastieren“ (Klein 1994: 7) lassen sich das heldenhafte Verhalten und die Schutzfunktion der Brandbekämpfer absichern. (139) C35: „牺牲消防员笔记: 为人民幸福生活随时出征的雄狮 当我加入消防员的队伍之后, 我才知道, 他们每天也会和边防军人一样学习技 能, 拼命的锻炼, 随时都在戒备状态, 时时刻刻都准备跟火魔作斗争, 守护着人们 的安全。只要有灾情, 不管他们在作什么都会第一时间奔赴现场。[…] 当我见到他们的那天, 看见他们…我知道该做什么, 消防兵就是为了人民的幸福 生活能随时出征的雄狮。现在的我只知道一件事, 努力练, 努力学习, 为人民造福 。在边疆的军人守护着祖国, 我现在也能骄傲地说, 人民的幸福生活由我们可靠 竭诚的消防巨人来守护。“

Übersetzung: Notiz des verunglückten Feuerwehrmanns: Für das glückliche Leben des Volkes: der sich zu jeder Zeit aufmachende tapfere Löwe. Als ich mich den Reihen der Feuerwehrleute anschloss, lernte ich, dass sie jeden Tag wie Grenzsoldaten Fähigkeiten lernen, ihr Bestes geben, um ihre Kräfte zu stärken, und immer in Alarmbereitschaft sind. Sie sind immer bereit, das Monster Feuer zu bekämpfen und die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten. Wenn

5.4 Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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sich eine Katastrophe ereignet, gehen sie als Erste an den Ort, egal was sie tun. […] Als ich sie an diesem Tag sah, sah ich sie … Ich wusste, was zu tun war. Die Feuerwehrleute waren die tapferen Löwen, die sich für das glückliche Leben der Menschen zu jeder Zeit aufmachen. Jetzt weiß ich nur eine Sache, zum Wohl der Menschen hart zu arbeiten und zu lernen. Die Soldaten an der Grenze bewachen das Vaterland. Ich bin stolz zu sagen, dass das glückliche Leben der Menschen von unseren zuverlässigen und engagierten Feuerwehrriesen geschützt wird. Explizite Evaluierung bestimmter Informationen im Internet Eine implizite negative Bewertung im chinesischen Teilkorpus findet sich in Internetberichten zu Gerüchten, die sich auf die Ursache der Explosionen beziehen. Ein Journalist gebraucht hierfür 成语 (Chengyu)15 . Wie in deutschen Redewendungen ergibt sich die Bedeutung eines Chengyu-Idioms nicht einfach aus der Addition der wörtlichen Einzelbedeutungen; vielmehr werden mit Chengyu Sachverhalte oder Verhaltensweisen positiv oder negativ evaluiert. In (140) werden Informationen im Internet abwertend evaluiert, indem der Reporter ein Chengyu-Idiom heranzieht (ungefähr Man nimmt Fischaugen und gibt sie als Perlen aus). Laut Xinhua Wörterbuch („鱼目混珠“ in Xinhua Online Wörterbuch, 2019-03-04, 18:45) wird damit zum Ausdruck gebracht, dass etwas Falsches als etwas Wahres ausgegeben wird. Der Textproduzent bewertet damit also die Informationen im Internet als unzutreffend. (140) C16: „网络求助信息‚鱼目混珠‘“ Übersetzung: Informationen, mit denen man Hilfe sucht, im Netzwerk (sind) „Man nimmt Fischaugen und gibt sie als Perlen aus.“

In (141) gebraucht der Journalist ebenfalls Chengyu (子虚乌有), wobei es dabei um Unwahrheiten geht (vgl. „子虚乌有“ in Xinhua Online Wörterbuch, 2019-0304, 18:45). Im Text verwendet der Textproduzent den Ausdruck für das Einräumen eines Internetnutzers, dass die von ihm zuvor geposteten Informationen falsch seien. Der Ausdruck sich betrogen fühlen bezieht sich auf diese falschen Informationen. Die explizite Evaluierung der Informationen über die Explosionen wirkt sich auf die Referenz auf die konkreten Bespiele aus. In (141) referieren die explizit bewertenden Lexeme Gerede und Wahrheit auf die Informationen. Der 15 In China herrscht eine ausgeprägte Sprichwortkultur, die verschiedenen Arten von Idiomen beinhaltet. Am bekanntesten sind Chengyu, meist viergliedrige, d. h. aus vier chinesischen Zeichen bestehende lexikalisierte Redewendungen.

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Evaluierung in der Berichterstattung

Reporter rechtfertigt die Proposition, in der die konkrete Information als falsch bewertet wird, mit dem Lexem Gerede. Dementsprechend wertet der Reporter hier mit dem explizit bewertenden Lexem Wahrheit, das sich auf die richtige Information bezieht. Es bildet eine Form „Kontrast“ (vgl. Klein 1994: 7) zu den als Wahrheit bestätigten Informationen, damit soll sich das Persuasionspotenzial erhöhen. (141) C16: „传闻: 有微博称博主父亲在事故中遇难 真相: 该博文获得3700名网友‚打赏‘, 但在14日凌晨该博主承认之前实属子虚乌 有, 大量网名表示‚上当受骗‘“ Übersetzung: Gerede: Ein Weibo-Nutzer behauptet, sein Vater ist bei dem Unfall ums Leben gekommen. Wahrheit: Dieser Weibo wurde von 3 700 Internetnutzern mit Geld gelobt16 , am frühen Morgen des 14. gab er zu, dass es nicht wahr war 17 , zahlreiche Internetnutzer „sahen sich betrogen“.

Neben Chengyu sind im Korpus auch Metaphern in Verbindung mit explizit bewertenden Lexemen belegt. In (142) bezieht sich die metaphorisch verwendete Verbform fliegen auf Gerüchte, womit eine abstrakte Entität bezeichnet wird, die (anders als eine konkrete Entität) grundsätzlich nicht fliegen kann. Eigenschaften der Handlung des Fliegens werden übertragen auf den Zielbereich, womit sich die Lesart ergibt, dass sich Gerüchte im Internet sehr schnell verbreiten. (142) C16: „让谣言少飞一会儿“ Übersetzung: Lass die Gerüchte wenig fliegen.

In (143) werden Mündung und das Genitivattribut des Büros für InternetAngelegenheiten metaphorisch gebraucht, womit insgesamt auf den Ursprungsbereich Gerüchte referiert wird. Damit ist dem Leser klar, dass die Schusswaffe, die das staatliche Amt für Netzsicherheit und Informationstechnologie in Händen hält, auf die Gerüchte im Internet abzielt, deren Verbreitung so als illegale Handlung dargestellt wird. (143) C37: „天津港爆炸事故 哪些造谣账号撞到网信办枪口上“ 16 Der

Twitter-ähnliche chinesische Microblogging-Dienst Weibo hat eine Funktion namens Lobens, mit der ein Internetnutzer einem Weibo-Nutzer eine frei festlegbare Geldsumme zukommen lassen kann. 17 Es ist die Übersetzung im Sinne von Chengyu „子虚乌有“.

5.4 Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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Übersetzung: Tianjin-Explosionen: Welche Konten die „Mündung“ der Waffe des Büros für Internet-Angelegen-heiten betreffen.

Zahlreiche explizite negative Evaluierungen von Informationen erfolgen im nächsten Beleg auf konzentrierte Weise. Die Informationen im Internet werden als Gerüchte, Betrugsinformation, extrem unverantwortliche Bemerkungen negativ bewertet. Der Textproduzent evaluiert explizit das Verhalten (man postete unwahre Informationen über die Explosionen) negativ mit Gerüchte herstellen und verteilen, Betrugsinformation verteilen, belügen. Dazu nennt er konkrete Beispiele von Gerüchten wie im Radius von einem Kilometer gebe es kein Leben mehr. Solch teils vermeintlichen, teils offensichtlichen “Fehlinformationen” nennt der Textproduzent negativ bewertend schlechte soziale Auswirkungen verursachen, Panik hervorrufen, die Feuerwehrleute beleidigen. (144) C21: „据介绍, 天津港‚8·12‘爆炸事故发生后, 一些微博账号、微信公众号 编造、散布‚有毒气体已向北京方向扩散‘‚方圆一公里无活口‘‚商场超市被抢‘ 等谣言, 制造恐慌情绪。还有人谎称亲属在爆炸中身亡, 以‚救灾求助‘为名传播 诈骗信息、谋取钱财。一些‚网络大V‘发布极不负责任的言论, 造成了恶劣的社 会影响。有吴姓‚大V‘称‚天津的爆炸已成为大规模杀伤性武器, 堪称爆破界杰 作‘; 有一位‚大V‘将天津爆炸事故与广岛、长崎原子弹爆炸相关联, 渲染恐怖气 氛; 还有人发布辱骂消防队员的言论、配发血腥图片, 受到了网民的谴责和举报 。“ Übersetzung: Berichten zufolge wurden nach den „8/12“-Explosionen im Hafen von Tianjin von einigen Weibo- und WeChat-Konten aus Gerüchte gestreut, z. B. dass sich die giftigen Gase bis Peking ausbreiteten, es im Radius von einem Kilometer kein Leben mehr gebe, die Einkaufszentren und Supermärkte ausgeraubt würden etc., was Panik verbreite. Andere Personen lügen, dass ihre Verwandten bei der Explosion getötet worden seien, und mit der Falschinformation „Katastrophenhilfe“ betrügerisch Geld erschleichen. „Internet Big V“ veröffentlicht extrem unverantwortliche Bemerkungen, die schlechte soziale Auswirkungen auf das soziale Miteinander zur Folge haben. Ein „Big V“ namens Wu schreibt: „Die Explosionen in Tianjin sind zu einer Massenvernichtungswaffe geworden und ein Meisterwerk der Sprengindustrie.“ Ein anderer „Big V“ verbindet die Explosionen in Tianjin mit den Atombombenabwürfen in Hiroshima und Nagasaki und sorgt so für Panik. Es gibt Menschen, die die Feuerwehrleute mit blutigen Bildern gedemütigt haben, dies wurde von einem Internetnutzer verurteilt und gemeldet.

Explizite Evaluierung des Unternehmens In (145) metaphorisiert der Textproduzent Ruihai als Sprengstoff mit dem bewertenden Adjektiv unkontrolliert. Der Bindestrich —— wird im Chinesischen

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Evaluierung in der Berichterstattung

verwendet, um eine Aussage zu erläutern und zu signalisieren, dass diese aus der Aussage abgeleitete Erklärung noch zur Aussage gehört.18 Zugrunde liegt die Konstruktion X (ist) Y, bei der eine nichtwörtliche, übertragene Bedeutung angenommen werden kann (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 199). Die Eigenschaft des Zielbereichs (unkontrollierbare Sprengstoffe) weist mit dem Ursprungsbereich übereinstimmende Attribute auf. Eigenschaften der unkontrollierbaren Sprengstoffe bzw. des Konzepts der unkontrollierbaren Sprengstoffe werden übertragen auf das Unternehmen Ruihai, das damit extrem gefährlich und unkontrollierbar sei und zu tödlichen Explosionen neige. (145) C7: „失控的‚炸药包‘——瑞海公司调查“ Übersetzung: Unkontrollierte „Sprengstoffe“ – Untersuchung zu Ruihai

Explizite Evaluierung der Beamten Die Rolle der Regierung wird im chinesischen Korpus im Schulddiskurs diskutiert. Ein Beispiel für eine negative Rollenzuweisung liegt mit (146) vor, wo der Textproduzent pflichtverletzende Handlungen von Beamten beschreibt. Die Beamten werden mit expliziten negativ bewertenden Substantiven bewertet: Vernachlässigung der Pflicht, Pflichtverletzung, Verstöße gegen Gesetze und Vorschriften. Der Staatsrat habe gründlich und rechtzeitig untersucht, ob ein Fehlverhalten vorliege, und wird deshalb positiv dargestellt mit den explizit bewertenden Lexemen: sofort einzurichten, gründlich zu untersuchen, streng geltend zu machen, strikt zu verfolgen, ernsthaft durchzuführen, entschlossen zu handeln, nie zu dulden. (146) C8: „他强调, 这次事故伤亡重大, 教训极其惨痛, 国务院立即成立事故调查 组, 要彻查事故原因, 依法严格追责、严厉问责、严肃查处, 对涉及玩忽职守、 失职渎职、违法违规的, 要一究到底, 坚决处理, 决不姑息。“ Übersetzung: Er betont, dass der Unfall große Schäden verursacht habe und die Lehren daraus äußerst schmerzhaft sei. Der Staatsrat richte sofort eine Unfalluntersuchungsgruppe ein, um die Ursachen des Unfalls gründlich zu untersuchen, die Ansprüche vor dem Gesetz streng geltend zu machen, die Rechenschaftspflicht strikt zu befolgen und die Untersuchung ernsthaft durchzuführen. Die Vernachlässigung und die Verletzung von Pflichten wie auch Verstöße gegen Gesetze und Vorschriften seien genauestens zu untersuchen, er sei entschlossen zu handeln und Ähnliches nicht mehr zu dulden.19 18 Frei

übersetzt laut Xinhua Online Wörterbuch, Suchbegriff „破折号“.

19 Nach dem Kontext bezieht sich er am Anfang des Beispiels auf den Ministerpräsidenten Li

Keqiang, aus Platzgründen wird nur der für die Analyse relevante Teil zitiert.

5.4 Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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In (147) wird Wissenschaftlichkeit in die Auseinandersetzung über die Angemessenheit der Feuerlöscharbeit eingebracht. In der Äußerung von Lei Jinde finden sich Formulierungen wie wissenschaftlich, ein streng wissenschaftliches Entsorgungsverfahren, solche Übungen haben wir auch durchgeführt, welche die Entscheidungen und Arbeiten auf ein wissenschaftliches Niveau heben sollen. (147) C53: „雷进德: ‚没有, 处置程序肯定是科学的, 再一个, 消防特勤部门是有一 套严格的、科学的处置程序的, 也进行过这样的演练。我们会对外发的。‘“ Übersetzung: „Nein, der Entsorgungsprozess ist sicherlich wissenschaftlich begründet und darüber hinaus hat die Feuerwehr ein streng wissenschaftliches Entsorgungsverfahren und solche Übungen haben wir auch durchgeführt. Wir werden es veröffentlichen.“

Der Textproduzent von (148) benennt die Verletzung und die Vernachlässigung von Pflichten seitens der Beamten, womit explizit Fehler eingeräumt werden. Aber mit der sich anschließenden Formulierung werden die Missstände deutlich abgeschwächt und milder bewertet. Mit dem Ausdruck Es ist bemerkenswert wird der Fokus auf den darauffolgenden Inhalt gelegt. Durch die argumentative Strategie „Hervorheben“ vermittelt der Reporter (Klein 1994: 4), dass neben der genannten Person zehn weiteren Personen Pflichtvernachlässigung vorgeworfen wird. Die Rezipienten können damit davon ausgehen, dass die so viele Beamte kein schlimmes Verbrechen begangen, sondern nur ihre Pflichten vernachlässigt haben, womit die negative Bewertung der Beamten abgemildert wird. (148) C22: „经前期调查, 检察调查专案组初步查明, 天津市交通运输委员会、天 津市和滨海新区安监局、天津新港海关、天津港(集团)有限公司等行业监管部 门在审批、管理和监督等环节存在的严重失职渎职问题。 值得注意的是, 除交通运输部水运局副巡视员王金文以涉嫌滥用职权罪被立案 侦查并采取刑事强制措施外, 其他10人均涉嫌玩忽职守罪。“ Übersetzung: Nach einer Voruntersuchung ermittelt die Sonderermittlungsgruppe zunächst den Verkehrsausschuss in Tianjin, das Sicherheitsbüro in der Tianjin Binhai New Area, den Zoll in Xinggang, Tianjin Port (Group) Co., Ltd. sowie Behörden, Verwaltung und Überwachung in anderen Sektoren, sie haben ein ernstes Problem hinsichtlich der Pflichtverletzung. Es ist bemerkenswert, dass außer dem stellvertretenden Inspektor Wang Jinwen, der unter dem Verdacht des Machtmissbrauchs steht und von der Polizei ermittelt und in Strafhaft genommen wurde, weitere 10 Personen mutmaßlich ihre Pflicht vernachlässigt haben.

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Evaluierung in der Berichterstattung

In (149) wird die Arbeit der obersten Staatsanwälte positiv bewertet als ein Schritt nach vorne, ein gutes Beispiel. Danach gibt der Textproduzent eine Aussage wieder, wonach die Arbeitsweise der obersten Staatsanwälte die Öffentlichkeit zufriedenstellen kann. Dabei handelt er sprachlich nicht nur stilistisch auf hohem Niveau, das sich an der Formulierung aus der Perspektive der Funktionsorientierung der Staatsanwälte zeigt, sondern greift auch auf wissenschaftliche Lexik zurück: identifizieren, feststellen, Untersuchung. Mit Peters (vgl. 2012a: 52) kann diese Art der Darstellung die Meinung eines Journalisten und seine Konzeptualisierung bzw. Einstellung unterstützen. Die zitierte Person Zhuang Deshui wird mit ihrem wissenschaftlichen Titel als stellvertretender Direktor des Forschungszentrums für unbestechliche Regierungsarbeit an der Universität Peking im Kontext vorgestellt. Dadurch wird nicht nur die persuasive Strategie „Bezug auf Autorität“ (Klein 1994: 4) verwendet, sondern sowohl die Autorität selbst als ihre vor dem Hintergrund ihrer Expertise kaum anzweifelbare Meinung werden von den Medien genauestens ausgewählt und platziert. (149) C22: „‚最高检提前介入天津爆炸案, 是一种工作方式的改变, 更是一种进 步‘。庄德水认为, 这是一个良好的范例, 可能成为重大灾难事故发生后检察机关 的常规动作, 具有重要意义。 ‚重大责任事故背后往往存在着渎职犯罪, 从检察机关职能定位来看, 其有职责 有义务对事故原因和相关责任人进行界定, 从而更好地判断是否存在渎职犯罪‘ 。庄德水说, 检察机关提前介入事故, 可以更好地查清问题责任, 同时也给公众一 个满意的交代。“ Übersetzung: „Die schon weit fortgeschrittene Untersuchung der obersten Staatsanwaltschaft ergab eine Änderung der Arbeitsweise und war ein Schritt nach vorne.“ Zhuang Deshui ist der Ansicht, dass es ein gutes Beispiel und von großer Bedeutung ist und die übliche Vorgehensweise von Staatsanwälten nach großen Katastrophen werden könnte. Aus der Perspektive der Funktionsorientierung der Staatsanwälte sei es ihre Pflicht, die Ursache des Unfalls und die dafür Verantwortlichen zu finden, um genau festzustellen, ob ein Pflichtvergehen vorliegt. Laut Zhuang Deshui ließen sich durch die schon weit fortgeschrittene Untersuchung der Staatsanwälte die für den Unfall verantwortlichen Personen bereits besser identifizieren und der Öffentlichkeit könne auch schon eine zufriedenstellende Erklärung gegeben werden.

5.5 Implizite Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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Implizite Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

Konzeptualisierung der Katastrophe durch implizite Evaluierung Im chinesischen Teilkorpus beschreiben Bürger die Explosionen und ihre Reaktion darauf in einer extremen Situation. Die expressiven Ausdrücke enthalten die emotionalen Einstellungen ANGST und FURCHT. Der Textproduzent bewertet die Explosionen negativ als gefährlich und lebensbedrohlich (vgl. SchwarzFriesel 2010: 7). In (150) können die Rezipienten die Situation gut nachvollziehen: Wegen der starken Explosionen herrscht Rauch in der Umgebung und deswegen ist die Sicht sehr gering, einige Passanten sind verletzt und verängstigt. In (151) wird der Fokus auf das Verhalten eines Stellvertreters der Überlebenden und seinen festen Wunsch, am Leben zu bleiben, gelegt. (152) beschreibt die Lage der Arbeiter am Explosionsort, woraus man entnehmen kann, dass sie von den Explosionen in der Nacht überrascht und geweckt worden sind. Ihre Wahrnehmung der Explosionen war derart stark, dass sie verängstigt so schnell wie möglich entkommen wollten und aus dem Zimmer rannten, ohne sich Schuhe und Kleider überzuziehen. (150) C46: „爆炸地点附近, 能见度很低, 路人相互搀扶离开现场。“ Übersetzung: In der Nähe des Explosionsortes ist die Sicht sehr gering, die Passanten helfen sich gegenseitig und verlassen den Unglücksort. (151) C75: „天津爆炸核心区生还者获救现场画面: 当时紧抓铁杆“ Übersetzung: Überlebende wurden aus dem Explosionskerngebiet gerettet: Zu dieser Zeit habe ich das Geländer festgehalten. (152) C51: „中新网记者在天津开发区第五大街警戒线50米处的街口, 遇见8位从 事故现场逃出来的工人, 他们大多光脚光膀子, 仅着短裤或内裤。“ Übersetzung: An der Straßenkreuzung, 50 Metern entfernt von der Warnlinie der Fifth Avenue auf dem Entwicklungsgebiet Tianjin, traf sich der Reporter von Chinanews.com mit acht Arbeitern, die vom Explosionsort geflüchtet waren. Die meisten von ihnen waren barfuß und trugen nur Shorts oder Unterwäsche.

Die E-Implikatur in (153), viele Menschen bluten, Bewohner verließen ihre Wohnungen und vermieden die Erschütterung auf der Straße, zeigt dem Leser die Szene der Menschen nach den Explosionen: Blutverschmierte und – eine typische Reaktion in einer gefährlichen Situation – flüchtende Menschen, womit eine

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Evaluierung in der Berichterstattung

negative Bewertung impliziert ist. Der Leser soll durch emotionsbasierte, expressive Ausdrücke bzw. emotionsbasierte E-Implikaturen die NEGATIV-Einstellung des Textproduzenten teilen. (153) C50: „‚屋顶都塌了, 玻璃碎了一地。‘萧女士家离爆炸现场约有两公里距离, 她称, 自己和家人未受伤, 但附近街道上都是伤者, ‚很多人流血, 居民都出了门在 街上躲避震动。‘“ Übersetzung: „Das Dach bricht zusammen und das Glas springt.“ Frau Xiaos Wohnung ist etwa zwei Kilometer vom Ort der Explosionen entfernt. Sie sagte, sie und ihre Familien seien nicht verletzt worden, aber auf der Straße in der Nähe seien überall Verletzte. „Viele Menschen bluten, Bewohner verließen ihre Wohnungen und vermieden die Erschütterung auf der Straße.“

Die Explosionen, welche die Menschen wahrgenommen haben, werden in der chinesischen Berichterstattung insbesondere als Erdbeben konzeptualisiert. Gemäß (154) werden die Explosionen vom National Seismograph Network, das auf die Messung von Erdbeben spezialisiert ist, registriert. Die Konnotation von Erdbeben in der Alltagssprache ist ‚groß, gewaltig‘ und ‚unvermeidbar‘, da ein Erdbeben natürliche Ursachen hat. Daraus könnte man schließen, dass auch diese Explosionen groß, heftig und unvermeidbar gewesen sind. Über die Analogie zwischen Explosion und Erdbeben wird die Schuldfrage getilgt und das Leid, das den Menschen widerfahren ist, als unvermeidbar dargestellt. (154) C23: „记者获悉, 国家地震台网清晰记录到了12日晚间天津发生的爆炸事 故, 从记录结果看, 共有两次爆炸, 间隔约30秒, 第二次震级更高, 相当于21吨TNT 。“ Übersetzung: Nach Angaben des Reporters hat das National Seismograph Network die Explosionen, die sich am Abend des 12. in Tianjin ereigneten, deutlich verzeichnet: Nach den Aufzeichnungen gab es zwei Explosionen in einem Intervall von etwa 30 Sekunden, das Ausmaß der zweiten Explosion war deutlich höher und entsprach 21 Tonnen TNT.

Die Konzeptualisierung als Erdbeben fokussiert die Wahrnehmung der Menschen, die gewaltigen Explosionen manifestieren sich in der menschlichen Wahrnehmung. Die Abbildung der Wahrnehmung als Hilfsmittel macht Zustände sichtbar und fühlbar und hat zusätzlich Persuasionspotenzial (vgl. Peters 2012a: 44). Die Konzeptualisierung spiegelt sich in den folgenden Äußerungen wider. In (155) lässt sich die Stärke der Schockwelle durch die visuelle Wahrnehmung der von der Druckwelle der Explosionen zerstörten Gegenstände (die Explosionswelle hat alle Türen und Fenster im Haus deformiert, meine Wohnzimmerlampe flog herum

5.5 Implizite Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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und die Balkontür war zerbrochen) und die taktile Wahrnehmung (zum Zeitpunkt des Vorfalls wurde das ganze Gebäude erschüttert) darstellen. Über die Angabe der großen Distanz zum Explosionsort wird vor dem Hintergrund der Schäden noch einmal verdeutlicht, wie stark und gewaltig die Explosionen gewesen sein müssen. (155) C15: „事发爆炸地点南边不到700米的万科清水港湾业主邵女士称, 爆炸冲 击波导致家中门窗全部变形,事发当时整栋楼都发生了晃动,‚我家客厅灯直接炸 飞了, 阳台木门炸碎‘。“ Übersetzung: Frau Shao, die Eigentümerin von Vanke Qingshuigang, das sich weniger als 700 Meter südlich der Explosionsstelle befindet, sagte, dass die Explosionswelle alle Türen und Fenster im Haus deformiert habe, zum Zeitpunkt des Vorfalls wurde das ganze Gebäude erschüttert. „Meine Wohnzimmerlampe flog herum und die Balkontür war zerbrochen.“

In (156) erfolgt die Evaluierung der Explosionen wieder sowohl explizit als auch implizit. Durch die Darstellung der visuellen und taktilen Wahrnehmung der Augenzeugin lässt sich auf die Stärke der Explosionen schließen. Die TW erhält durch die visuelle Wahrnehmung zerstörte Gegenstände sowie eine grundlegend chaotische Situation, die durch die Aussage der Augenzeugin, die Bewohner hätten Angst davor, sich erneut zu verletzen, und flöhen auf die Straße, unterstrichen wird. Gleichzeitig bezieht sich der expressive Ausdruck, der Konzeptknoten ANGST, auf den Standwert negativ (vgl. Schwarz-Friesel 2010: 8). Durch die noch um die pharmazeutische Fabrik ergänzte TW wird dem Chemielager noch eine Chemiefabrik nebengeordnet und damit den Lesern buchstäblich vor Augen geführt, dass die Katastrophe ein noch weitaus größeres Ausmaß annehmen könne. Die der Szenedarstellung zugefügten Stromabschaltung und Mobilfunkstörung deutet ebenso auf die zivilisationsbedrohende Lage hin wie der explizite bewertende Ausdruck beißender [Geruch] bezüglich der lebensnotwendigen Lufteigenschaften. Insgesamt beinhaltet die TW eine typische Szene des Chaos und der Verwüstung, die eine äußerst negative Evaluation enthält. (156) C50: „天滨公寓距离事发地点西侧仅1公里, 家住该公寓最西侧三号楼的 屈女士称, 三号楼的玻璃窗全部被震碎, 天花板外层大量脱落, 因为附近有药 厂, 住户怕二次伤害, 都逃到了街上。家住爆炸地点南侧不到1公里的启航嘉园小 区住户邓先生称, 目前海港城、启航嘉园、万通国际这三个小区都已断电 ‚手机 信号断了一段时间后又恢复, 空气中弥漫着呛人的味道。‘“ Übersetzung: Der Tianjin-Wohnkomplex befindet sich nur 1 km westlich der Unfallstelle. Frau Qu, die in Gebäude 3, der westlichsten Seite des Tianjin-Komplexes, wohnt, sagte, dass alle Glasfenster von Gebäude Nr. 3 zerschmettert worden seien und die

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Evaluierung in der Berichterstattung

äußere Schicht des Dachs weitgehend abgeschält sei. Die Bewohner hätten Angst davor, sich erneut zu verletzen, und flöhen auf die Straße, weil sich in der Nähe eine pharmazeutische Fabrik befindet. Herr Deng, ein Bewohner der Qi-Hang-Jia-YuanGemeinde, die weniger als 1 km südlich der Explosionsstelle liegt, sagte, dass in den drei Gemeinden Harbo City, Qi Hang Jia Yuan und Wangtong International der Strom abgeschaltet worden sei. „Das Telefon ist seit einiger Zeit gestört, ein beißender Geruch liegt in der Luft.“

Während die Explosionen überwiegend als Erdbeben konzeptualisiert werden, kodiert ein Reporter seine visuelle Wahrnehmung der Explosionen sprachlich als Atompilz. Laut Duden versteht man unter Atompilz die „bei einer Atomexplosion entstehende, riesige pilzförmige Wolke“ („Atompilz“ auf Duden Online, 2019-0302, 22:17). Die Semantik des Atompilzes impliziert, dass die Explosionen (wie) eine Atombombenexplosion sind, die als stärkste menschengemachte Explosionsquelle gilt und äußerste Zerstörung zur Folge hat. Die visuelle Wahrnehmung der Explosionen wird in (157) als Pilzwolke und umfänglich über die Farbe des Himmels beschrieben, was auf die Freisetzung der Energie bei den Explosionen hindeutet: sah […] die Pilzwolke in den Himmel ragen, stieg die zweite Pilzwolke auf und die Flamme wurde größer und wie die Flammen lichterloh hoch in den Himmel schlugen sowie ferner die Pilzwolke stieg auf mit brennenden Stücken in (158). Der Umfang wird mit in den Himmel ragen, der ganze Himmel gemessen. Die Bilder und Fotos werden hier als hilfreich klassifiziert (Videos […] zeigten, zeigte ein Bürger die Fotos), da ihnen Evidenz nicht abgesprochen werden kann. Auch die taktilen Wahrnehmungen, die in (157) durch das Schwanken spürte und in (158) mit Erschütterung wiedergegeben werden, drücken die große Energie der Explosionen aus. (157) C50: „‚我当时正在出租车上, 司机师傅说车怎么晃了, 一抬头整个天都红了 。‘距事发现场约3公里的黄先生介绍, 感到晃动后, 天空腾起蘑菇云, ‚当时的天跟 下午四点的天一样, 非常亮。几分钟后, 第二个蘑菇云腾起, 火焰更大。‘“ Übersetzung: „Ich saß in dieser Zeit im Taxi und der Fahrer sagte, das Taxi schwankt, und der ganze Himmel war rot.“ Herr Hang, der etwa 3 Kilometer vom Unfallort entfernt war, sah, als er das Schwanken spürte, die Pilzwolke in den Himmel ragen. „Damals war es so hell wie der Himmel um 4 Uhr am Nachmittag. Ein paar Minuten später stieg die zweite Pilzwolke auf und die Flamme wurde größer.“ (158) C15: „当地网友上传的视频显示, 爆炸现场火光冲天, 腾起蘑菇云, 伴有抛 射状燃烧物, 河北多地有震感。“

5.5 Implizite Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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Übersetzung: Videos, die lokale Internetnutzer hochluden, zeigten, wie die Flammen lichterloh hoch in den Himmel schlugen, die Pilzwolke stieg auf brennenden Stücken. In der Provinz Heibei und an vielen anderen Orten seien Erschütterungen zu spüren gewesen.

Eine Konzeptualisierung der Katastrophe erfolgt in den chinesischen Medien auch über die Schadstoffe. Der Reporter verwendet in (159) vage Ausdrücke für die Qualität (anfällig für die Explosionen sein), der Autor von (160) für den Zustand die Worte gelblichen chemischen Schaums, für den Schaden und die Quantität groß (vage bewertendes Adjektiv) und für die Kontrollierbarkeit der Chemikalien ausgetreten. Interessant ist, dass die Sicherung der Chemikalien konkret, explizit und neutral integriert wird: Zurzeit entsorgt die Feuerwehr vollständig das Natriumcyanid, 15 % Wasserstoffperoxid wurden vorbereitet und damit wird das Natriumnitrat abgezogen. Insgesamt erscheint die von den Chemikalien ausgehende Gefahr im Vergleich zum deutschen Teilkorpus geringer. (159) C24: „据现场消防指挥部消息, 当时发生爆炸的地点存放着硝酸钾、硝酸 钠等硝酸盐物质。这些固体氧化剂遇热、碰撞都容易爆炸。目前此处已被炸成一 个大坑。“ „目前消防救援正全力处置氰化钠, 已准备15 %的双氧水, 准备将它们拉走, 但据 现场检测, 下水沟里已检出氰化钠, 说明已经泄露。“ Übersetzung: Nach Angabe der Feuerwehrkommandos lagerten am Explosionsort Nitratsubstanzen wie Kaliumnitrat und Natriumnitrat. Diese festen Oxidationsmittel sind anfällig für Explosionen, wenn sie Hitze oder Druck ausgesetzt sind. Eine große Grube wurde hier gesprengt. Zurzeit entsorgt die Feuerwehr vollständig das Natriumcyanid: 15 % Wasserstoffperoxid wurden vorbereitet und damit wird das Natriumnitrat abgezogen, aber nach einer Inspektion vor Ort wurde Natriumcyanid im unteren Graben nachgewiesen, was darauf hinweist, dass es schon ausgetreten ist.

(160) C25: „记者还注意到, 现场聚集着大滩泛着黄色、类似化学品的泡沫。“ Übersetzung: Der Reporter merkte auch an, dass sich am Strand eine große Menge gelblichen chemischen Schaums anhäufte.

Implizierte Evaluierung der Rettungsarbeiten Die implizite Evaluierung der Rettungsarbeiten und des individuellen Einsatzes erfolgt mit der Strategie „Erzählen durch Einzelschicksal“ (vgl. SchwarzFriesel 2 2013: 227). Dabei werden Rettungsaktionen einzelner Feuerwehrleute

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Evaluierung in der Berichterstattung

und die jeweiligen gefährlichen Umstände ausführlich dargestellt, die Brandbekämpfer als Opfer konzeptualisiert. In (161) wird die gefährliche Umgebung, in der die Feuerwehrleute arbeiten mussten, beschrieben: habe sich auf dem Boden eines LKW befunden, etwas kontinuierlich gegen den LKW schlug, Überall fiel Feuer vom Himmel. Die Beschreibung der körperlichen Wahrnehmung (Die Hitzewelle hinter ihm habe ihn niedergedrückt und der Helm sei ihm vom Kopf gerissen worden, Zu dieser Zeit spürte ich, dass die Fußsohlen geschmolzen und das Gesicht verbrüht waren, Es war besonders heiß) und die Vermittlung des Gefühlszustands (ich hatte das Gefühl, nicht herauskommen zu können, ich fürchtete, der LKW würde explodieren) sind expressiv: Die E-Implikatur LEID kodiert die negative Evaluation. Das Verhalten des Herausgehens stellt einen Kontrast zum Wunsch zu überleben, der die gefährliche Situation widerspiegelt, dar und die E-Implikatur MITLEID impliziert die positive Bewertung des Feuerwehrmanns. (161) C36: „刘钰涛瞬间失去意识, 略微清醒后, 发现自己身处货车车底,‚听见有 东西不断砸到车上, 我怕那个车爆炸了, 就往外走。‘ 30秒后, 火场二次大爆炸, 能 量被称约为46枚战斧式巡航导弹落地。身后冲来热浪将刘钰涛推倒, 头盔炸飞, ‚ 当时觉得脚底靴子已经融化, 脸被烫伤, 特别热。天上到处都在往下掉火种, 感觉 出不去了。‘倒地2分钟后, 强烈求生欲支撑下, 刘钰涛爬起来继续往外走。更多消 防车正疾驰而来。“ Übersetzung: Yutao Liu habe sofort das Bewusstsein verloren und als er aufgewacht sei, habe er sich auf dem Boden eines LKW befunden. „Ich hörte, dass etwas kontinuierlich gegen den LKW schlug. Und ich fürchtete, der LKW würde explodieren, und stieg dann sofort aus. Nach 30 Sekunden kam die zweite große Explosion, deren Kraft dem Einschlag von 46 Tomahawks entsprach.“ Die Hitzewelle hinter ihm habe ihn niedergedrückt und der Helm sei ihm vom Kopf gerissen worden. „In diesem Moment spürte ich, dass die Fußsohlen geschmolzen und das Gesicht verbrüht waren. Es war besonders heiß. Überall fiel Feuer vom Himmel und ich hatte das Gefühl, nicht herauskommen zu können.“ Nachdem er zwei Minuten auf dem Boden gelegen habe, sei Yutao Liu mit dem Wunsch zu überleben aufgestanden und nach draußen gegangen. Weitere Feuerwehrfahrzeuge seien schnell dazugekommen.

Auch in (162) berichtet der Reporter detailliert über die Rettungsaktion eines sich opfernden Feuerwehrmanns. Die Gefährlichkeit der Situation für einen Feuerwehrmann wird durch die VP schrammte am Tod vorbei ausgedrückt und damit dessen Todesnähe bzw. Lebensgefahr betont. Sein Kollege, der ums Leben kommt, wird als Buch im Feuerfeld metaphorisiert. Das Merkmal im Ursprungsbereich (Buch), dass etwas leicht entzündlich ist und durch ein Feuer rasend schnell zerstört würde, wird auf den Zielbereich (Feuerwehrmann) übertragen. So chancenlos wie ein Buch, das aus einem Feuerfeld (dt. eher Meer aus Feuer) gerettet werden soll, war auch der Kollege, der sich in einem Feuerfeld befindet, was mit

5.5 Implizite Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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den Worten konnte er nicht mehr aus dem Feuer herauskommen abgeschlossen wird – sie implikatieren, dass er tot ist. Im Zentrum der Darstellung steht das Opfer, das der Feuerwehrmann in einer extrem gefährlichen Situation erbringt; die expressiven Ausdrücke enthalten eine emotionsbasierte Implikatur, womit die Emotion SYMPATHIE ausgelöst werden soll. Das Verhalten des Feuerwehrmanns wird vom Textproduzenten positiv gewertet. (162) C36: „‚一开始我在前方作战车, 后来看见水供不上了, 就出去让后面救援车 蓄水、供水。‘时间改变命运。微小时差下, 身处100米外的陈剑和死亡擦肩而过, 动身向火点奔跑的‚火场文书‘訾青海则瞬间被击倒在地, 此后, 再未能走出火场 。“ Übersetzung: „Am Anfang stand ich vorne am Kampfwagen, später habe ich gesehen, dass kein Wasser geliefert werden konnte, und dann bin ich rausgegangen, und ich wies die Fahrer der Feuerwehrautos an, die nacheinander von hinten kamen, das Wasser zu speichern und zu versorgen. Die Zeit ändert das Schicksal.“ Mit weniger Zeitversschiebung kam Chen Jian, der 100 Meter entfernt war, und schrammte am Tod vorbei. „Das in den Feuerpunkt rennende Buch im Feuerfeld“: Zi Jinghai wurde sofort zu Boden gerissen, danach konnte er nicht mehr aus dem Feuer herauskommen.“

In (163) stellt der Journalist anhand eines Dialogs dar, dass ein Feuerwehrmann, der sich in einer schwierigen Situation befindet, bereit ist, sich zu opfern. Gleichzeitig denkt er an seine Eltern und macht sich Sorgen für sie. Er fürchtet, dass sich niemand um seinen Vater kümmern würde, wenn er sterbe, denn der Dialog impliziert, dass seine Mutter bereits nicht mehr lebt. Durch diese Kombination wird der Feuerwehrmann als großer Sympathieträger positiv herausgestellt. Die Formulierung im letzten Satz verstärkt das sympathische Bild des Feuerwehrmanns. Schwarz-Friesel (2 2013: 151) vertritt die Meinung: „Emotionsausdrückende Wörter referieren nicht auf Emotionen, sondern vermitteln über ihre semantische Bedeutung primäre emotionale Eindrücke und Einstellungen, fokussieren also die expressive Ausdrucksfunktion und fungieren eher als Symptome denn als Symbole.“ Das Verb seufzen als expressiver Ausdruck ist emotionsausdrückend (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 153), laut Duden („Seufzen“ auf Duden Online, 2019-03-02, 22:34) bedeutet seufzen, als „Ausdruck von Kummer, Sehnsucht, Resignation, Erleichterung o. Ä. hörbar tief u. schwer ein- u. [mit klagendem Ton] aus[zu]atmen“. Im Satz die Herzen von Menschen sind aus Fleisch wird auf die „Maximen der Quantität“ (Grice 1989: 26) zurückgegriffen, da aus dem enzyklopädischen Wissen bekannt ist, dass alle Organe des menschlichen Körpers, also auch das Herz, aus Fleisch sind. Aus der Annahme, dass nicht gegen das Kooperationsprinzip verstoßen wird, muss man schließen, dass das fleischliche Herz Schmerz verspüren, mit ihm folglich Mitgefühl empfunden werden kann

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Evaluierung in der Berichterstattung

(Siahaan 2007: 44). Im Text wird der Satz genutzt, um Mitleid mit dem Feuerwehrmann auszudrücken. Das expressive Verb seufzen vermittelt zusammen mit der Implikatur die positive Einstellung des Sprechers, der die Schmerzen und Leiden des Feuerwehrmanns verspürt und Mitgefühl hat. Der Dialog zwischen den Feuerwehrmännern wird mittels Lobs von zahlreichen Internetnutzern explizit als positives Verhalten bewertet, was die große Zahl von 1 Million Lesern untermauert. (163) C26: „就在大概三小时前, 天津滨海新区发生危险品爆炸事故, 消防队员第 一时间赶往现场。 两张截图中的聊天记录显露出当时的紧张状态, 不到20句的对话里, 不时出现同 音异义的别字: ——‚我回补(不)来, 我爸就是你把(爸)‚记得给我妈上坟‘ 。 ——‚好你爸就是我爸‘ 。 随后的时间里, 伴随着消防战士牺牲数字的更新, 此前微博转载量很难过百 的‚@东夷南夏‘所发出的这条微博很快就获得了近28万个赞。有媒体通过微信 公众号报道了这条微博, 新闻的阅读量也瞬间突破百万。面对创纪录的传播力 度, 该媒体的一位负责人感叹说, 人心都是肉长的。“ Übersetzung: Vor ungefähr drei Stunden gab es gefährliche Explosionen in der Tianjin Binhai New Area, wohin schnell Feuerwehrleute eilten. Zwei Screenshots des Chats zeigen die Spannung in dieser Zeit. In weniger als 20 Sätzen kamen von Zeit zu Zeit Homonyme20 auf.

In der folgenden Zeit, während Updates über die Opferzahl der Feuerwehrleute erfolgten, kam über das vom @Dongyi Nan Xia gepostete Microblogging 280 000 Mal Lob, ihre Posts wurden früher kaum über hundertmal geteilt. Einige Medien berichteten von dieser Nachricht von Weibo durch öffentliche Konten der Wechat, und die Anzahl der Nachrichtenleser überschritt sofort 1 Million. Angesichts der rekordbrechenden Verbreitung seufzt eine für dieses Medium zuständige Person: Menschliche Herzen sind aus Fleisch. Implizite negative Evaluierung des Unternehmens Der Schulddiskurs und die Frage nach den Täter-Opfer-Rollen (vgl. SchwarzFriesel 2014: 54) spielen eine bedeutende Rolle in den chinesischen Medien. 20 Hymonyme im Chinesischen können nicht eins zu eins ins Deutsche übersetzt werden, denn die Aussprache von zwei chinesischen Zeichen kann gleich sein, aber Unterschiedliches bedeuten. Wenn man sie aber ins Deutsche übersetzt, dann sind sowohl die Aussprache als auch die Bedeutung verschieden.

5.5 Implizite Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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Es wird diskutiert, wer die Schuld bzw. die Verantwortung für die Explosionen trägt. Die Täterrolle des Unternehmens Ruihai besteht in dem Missbrauch der Beziehungen zu den zuständigen Behörden. Das intransparente Geschäft des Unternehmens wird in (164) metaphorisch als schwarzes Loch bezeichnet, wodurch die semantischen Merkmale eines schwarzen Lochs (undurchsichtig, intransparent, mysteriös, verschlingend) auf die mysteriösen Machenschaften, auch mit Bezug auf die Behörden, übertragen werden; damit wird die Verbindung von Unternehmen und Behörden als illegal evaluiert. (164) C27: „瑞海公司大起底: ‚超级炸弹‘背后的‚黑洞‘“ Übersetzung: Gründliche Untersuchung des Unternehmens Ruihai: „Das schwarze Loch“ hinter der „Superbombe“

In (165) wird über das Sicherheitsbewusstsein des Unternehmens berichtet, das mit den Worten zitiert wird, dass vor die wertvollen Ressourcen Geld und Zeit stets das Leben als das Höchste gestellt würde. Die Sicherheit wird zwar vom Unternehmen herausgestellt, doch passt dies nicht zu den Zuständen, die zu den Explosionen geführt hatten. Nach dem Kooperationsprinzip (Grice 1989: 26) gehen wir davon aus, dass der Textproduzent kooperativ ist und anscheinend trotzdem gegen die „Maximen der Qualität“ (ibid.) verstoßen hat. Aus der Tatsache, dass sich die Explosionen ereignet haben, können wir nur schließen, dass das Unternehmen gegen die selbst erhobenen Werte verstoßen hat und diese auf leeren Worten beruhen (vgl. Schwarz-Friesel 2010: 5). (165) C28: „在这一计划中, 该公司将‚安全、责任、荣誉‘ 确立为企业的安全价 值观。 其中, 在安全方面, 该公司明确, ‚金钱再好, 没有生命美好, 时间再紧, 没有安全要 紧‘, 以及 ‚安全不是万能的, 没有安全却是万万不能的‘。“ Übersetzung: In diesem Plan legt das Unternehmen „Sicherheit, Verantwortung und Ehre“ als Sicherheitswerte des Unternehmens fest. In Bezug auf die Sicherheit machte das Unternehmen klar: „Geld ist gut, aber nicht besser als das Leben. Zeit ist knapp, aber nicht knapper als die Sicherheit“ sowie „Sicherheit ist nicht allmächtig, keine Sicherheit ist absolut unmöglich.“

Bei den Spekulationen über ein gesetzeswidriges Verhalten seitens des Unternehmens wird direkt auf die Festnahme der Geschäftsführer referiert; der Autor von (166) berichtet über die polizeiliche Bestätigung des präsentierten Sachverhalts. Diese persuasive Strategie benennt Klein (1994: 4) mit „auf Autorität berufen“: Eine kompetente Person stimmt der Darstellung eines Sachverhalts zu, um die

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Evaluierung in der Berichterstattung

Rezipienten davon zu überzeugen, dass er zutrifft und hier konkret der Verdacht auf gewisse Personen fällt, dem Unternehmen also die Schuld an den Explosionen gegeben werden kann. (166) C68: „瑞海公司实际控制人于学伟等10名负责人, 在事发第二天已被警方 控制。目前, 这 10人当中4人在医院, 6人已被刑拘, 关押在天津市第一看守所, 对 于这一消息, 警方称属实。“ Übersetzung: Die eigentlichen Kontrolleure des Unter-nehmens Ruihai, Yu Xuewei und weitere 9 zuständige Personen, seien am Tag nach dem Unfall von der Polizei überwacht worden. Im Moment lägen 4 von 10 im Krankenhaus, 6 wurden in Untersuchungshaft genommen. Diese Nachricht hat die Polizei bestätigt.

Rechtfertigung für die Anweisungen und die Arbeit der Behörden Im Korpus wird der Prozess der Löscharbeiten mit Scheinevidenz oder reiner Faktendarstellung gerechtfertigt. In (167) wird zunächst die Zahl der Todesopfer einschließlich der Feuerwehrleute präsentiert: „Bis gestern 18 Uhr verursachten die Explosionen insgesamt 50 Todesfälle, 17 davon sind Feuerwehrleute. Zur gleichen Zeit stieg die Zahl der Todesopfer bei den Feuerwehrleuten weiter.“ Hierfür wird die Evidenz von einem bekannten Dritten gegeben. Diese Evidenz wird sprachlich als assertiver Sprechakt präsentiert, denn im assertiven Sprechakt „leg[t] sich der Sprecher darauf fest, dass die Proposition, die durch die Äußerung ausgedrückt wird, wahr ist“ (Meibauer et al. 2007: 238). Der assertive Sprechakt lässt somit keinen Zweifel zu, der Sprecher kann den Lesern für die Unterstützung der Argumente die bis dato unbekannten Gründe liefern (vgl. Peters 2012a: 46). In (167) werden zwei Gründe und damit die Ursache für die hohe Opferzahl unter den Feuerwehrleuten genannt: die zweite Explosion und Gift. (167) C76: „截至昨天18时, 此次爆炸事故共造成50人死亡, 其中有17人是消防官 兵。在救援力量增加的同时, 消防官兵的伤亡数字也在增加, 消防员伤亡为何如 此惨重? 亢永认为, 消防员灭火时肯定会穿防护服、戴防毒面具, 进行全套防护。但这一 次这么多消防员牺牲了, 主要是因为两次爆炸, 令冲到前线救火的消防员猝不及 防。另外, 危化品会有一定毒性, 消防员冲在现场, 毒物的吸收也是导致伤亡的一 部分原因。“ Übersetzung: Bis gestern 18 Uhr verursachten die Explosionen insgesamt 50 Todesfälle, 17 davon sind Feuerwehrleute. Zur gleichen Zeit stieg die Zahl der Todesopfer bei den Feuerwehrleuten weiter. Warum ist die Opferzahl bei den Feuerwehrleuten so hoch?

5.5 Implizite Evaluierung im chinesischen Teilkorpus

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Kang Yong meint, als sie das Feuer löschten, trugen sie sicherlich Schutzkleidung, Gasmaske und weitere Schutzausrüstung. Allerdings sind diesmal so viele Feuerwehrleute ums Leben gekommen, weil es zu einer zweiten Explosion kam. Die Feuerwehrleute, die zum Geschehen eilten, wurden davon festgehalten. Darüber hinaus befanden sich gefährliche Chemikalien am Unfallort. Vergiftung gehört auch zu den Ursachen der Verluste.

Neben dem assertiven Sprechakt werden bei der Darstellung der Fakten Fachsprache und eine Reihe von Evidenzialitätsmarkern eingesetzt. Sie sollen die Evidenzen verstärken und gleichzeitig die Evaluation sichern (vgl. Peters 2012: 52). In (168) tritt Lei Jinde als Experte auf, nachdem im vorausgegangenen Text sein Status als der stellvertretende Direktor der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Feuerwehr im Ministerium für öffentliche Sicherheit vorgestellt worden war. Aus seiner Aussage Das Entscheidene ist, […] wir wissen nur wird der Schluss gezogen und von den Medien hervorgehoben, dass niemand weiß, wo das Calziumcarbid liegt. Mit Peters (2012a: 51) zeichnet sich ein Experte „dadurch aus, dass er diese Fakten kennt und die richtigen Schlüsse daraus ziehen kann. Die Medien versuchen diesen Expertenstatus für sich zu beanspruchen, indem sie Fakten präsentieren, deren Wahrheitsgehalt sich für den durchschnittlichen Rezipienten nicht überprüfen lässt.“ Im Beleg wird aber nicht nur der Sachverhalt genannt, sondern dieser auch an einem Beispiel erörtert. Mit dem Modalwort absolut wird die Evaluation vom Experten vorgenommen. (168) C53: „雷进德: 关键是, 电石在堆场的哪个位置, 这不是外人知道的, 比如它 在一个角落上, 电石没有着火, 更用不着用水灭, 堆场很大的, 只是我们了解里面 有电石, 但电石是否已经发生了爆炸, 发生了燃烧, 那时候谁也不清楚, 并不是消 防部队就很蠢, 知道有电石还拿水灭, 不是这个意思。这个绝对不能说是用水错 了。“ Übersetzung: Lei Jinde: Das Entscheidene ist, dass Außenstehende nicht wissen, wo das Calziumcarbid im Hof lagert. Wenn es zum Beispiel in einer Ecke liegt, dann brennt das Calziumcarbid nicht und man braucht nicht mit Wasser löschen. Der Hof ist groß, wir wissen nur, dass es hier Calziumcarbid gibt. Ob es in Brand gerät und explodiert, weiß niemand. Das bedeutet nicht, dass das Feuerwehrteam dumm ist und dennoch mit Wasser löscht, obwohl es weiß, dass Calziumcarbid vorhanden ist. Das ist nicht so. Es kann absolut nicht gesagt werden, dass das Löschen mit Wasser falsch ist.

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5

Evaluierung in der Berichterstattung

In (169) wird zunächst die skalare Implikatur21 , die in nur enthalten ist, im Kotext Es dauerte insgesamt nur 10 Tage verwendet. Nur drückt laut Duden („nur“ auf Duden Online, 2019-03-02, 23:32) semantisch aus, dass „sich etwas ausschließlich auf das Genannte beschränkt, nicht weiter als“ das Genannte erstreckt. Somit wird mit nur implikatiert, dass die Ermittlung nicht länger als 10 Tage gedauert hat, die Arbeit der Ermittler folglich sehr effizient ist. (169) C22: „8月27日, 最高检公布天津港‚8·12‘爆炸案所涉的11人被检方控制, 其 中厅官7人, 前后仅用时10天。“ Übersetzung: Am 27. Aug. verkündete die oberste Staatsanwaltschaft, dass die von den „8/12“-Tianjin-Explosionen betroffenen 11 Personen vom Staatsanwalt festgehalten worden seien, 7 davon seien Abteilungsbeamte. Die Ermittlung dauerte insgesamt nur 10 Tage.

Die von Textproduzenten berichteten unwahren Informationen werden wie die implizite positive Bewertung der Feuerwehrleute durch das argumentative Verfahren „Bezug auf die Autorität“ (Klein 1994: 4) evaluiert. In (170) wird zunächst deutlich angezeigt, dass der Amt CAC (Cyberspace Administration of China) gegenüber den Onlinegerüchten eine Null-Toleranz-Haltung einnähmen und die Verursacher bestrafen wollten. „Internet V“ sei zu verbieten, viele Weibo- und Wechat-Konten sollten dauerhaft geschlossen oder vorübergehend gesperrt werden. Der Bezug auf den Amt und ihr Verhalten impliziert, dass die Verbreitung von Gerüchten im Internet aus der Perspektive des Staates illegal ist und bestraft werden muss. (170) C40: „国家网信办对网上谣言采取零容忍态度, 加大了对各类谣言和违法 信息的打击力度, 并责成地方网信办和互联网企业依法对散布谣言和幸灾乐祸 信息的 “网络大V”采取禁言或约谈等处罚措施。@李长青律师等90多个微博账 号、“油嘴滑舌”等70多个微信公众号被永久关闭,还有200多个账号被临时关闭 。“ Übersetzung: CAC vertrat eine Null-Toleranz-Haltung gegenüber Gerüchten und verschärfte das Vorgehen gegen verschiedene Arten von Gerüchten und Falschinformationen und beauftragte lokale Internetverbindungsstellen und Internetfirmen, „Internet V“ zu verbieten, die Gerüchte und schädliche Informationen verbreiten. @AnwaltLiChangqing und weitere mehr als 90 Weibo-Konten, „schlaue Zunge“ und weitere

21 Die skalare Implikatur gehört zu den konversationellen Implikaturen, die durch Befolgen, Ausbeutung und Widerstreit der Konversationsmaximen entsteht und unabhängig von Wahrheitsbedingungen ist. Sie ist relativ kontextabhängig wie im Fall von immer, oft, manchmal, 1, 2 (vgl. Meibauer 2 2008, 24–37).

5.6 Kontrastive Auswertung

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mehr als 70 Wechat-Kontos wurden für immer geschlossen, 200 Konten vorübergehend gesperrt.

5.6

Kontrastive Auswertung

Gemeinsamkeiten: 1. In der expliziten Evaluierung werden in beiden Korpora die Explosionen, die Arbeit der Behörden und die Rolle des Unternehmens negativ evaluiert. In beiden Korpora werden die Explosionen unter verschiedenen Aspekten beschrieben und evaluiert, beispielsweise die Stärke der Explosionen, die von den Reportern mit Sprengstoffen und Erdbeben verglichen werden. Darüber hinaus werden in beiden Ländern die freigesetzten giftigen Stoffe, das zerstörte Terrain und das tragische Ende von Menschenleben hervorgehoben. Das betroffene Unternehmen Ruihai wird bezüglich der illegalen Lagerung von giftigen Stoffen sowie der missbräuchlichen Nutzung der Beziehung zu einzelnen Beamten evaluiert. Auch die Beamten werden als nachlässig und bezüglich der Korruption in beiden Teilkorpora negativ dargestellt. 2. Im gesamten Korpus wird die negative Evaluierung hinsichtlich der Explosionen durch die Wahrnehmung der Menschen und das für lebensbedrohende Zustände typische Fluchtverhalten implizit dargestellt. Unterschiede: 1. Die Explosionen wurden in deutschen Medien als Katastrophe und Tragödie konzeptualisiert, was seinen Niederschlag auch in den Überschriften der Beiträge findet. In chinesischen Medien sind die Explosionen in den Titeln als Erdbeben konzeptualisiert und die Reporter fokussieren damit einhergehend auf die taktile Wahrnehmung der Menschen sowie die Gegenstände, die durch die Druckwelle der Explosionen umhergeschleudert worden sind. Als weitere implizite Evaluierungen finden sich im chinesischen Teilkorpus fiktionale Metaphern wie das Fegefeuer auf der Erde, das Ende der Welt. 2. Bei den Berichten über die Explosionen wird im deutschen Korpus auch die Informationspolitik der Regierung als chaotisch und intransparent kritisiert; durch die Äußerungen, die explizite Evaluation enthalten und auch präsupponiert sind, wird sie explizit negativ evaluiert.

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Evaluierung in der Berichterstattung

3. Die implizite Evaluation wird durch die Referenz auf die Zensur im Internet, die Rolle der chinesischen Staatsmedien sowie die Art und Weise ihrer Berichterstattung umgesetzt. Metaphorische Ausdrücke wie die Leute im Dunkeln lassen sowie Strategie wie „Bezug auf die vergangene Erfahrung“, „Bezug auf die Experten“ helfen dabei, die implizite Evaluierung abzusichern. Statt der Informationspolitik werden im chinesischen Teilkorpus bestimmte Informationen explizit als Gerüchte sowie die Auswirkungen ihrer Verbreitung explizit mit negativ bewertenden Lexemen evaluiert. Für die implizite Evaluierung von Informationen wird Chengyu, eine im Chinesischen geschätzte Art von Idiomen, verwendet – und dies erwartungs-konform für negative Evaluierungen. Außerdem wird zur Evaluierung von als falsch angesehenen Informationen die persuasive Strategie „Bezug auf die Autorität“ (Klein 1994: 4) angewendet, Strafverfolgungsbehörden werden mitunter metaphorisch als Mündung einer Schusswaffe bezeichnet, die auf Gerüchte verbreitende Accounts in den sozialen Medien zielen. 4. Die Rettungsarbeiten werden von deutschen Medien als langsam evaluiert. Dagegen evaluieren chinesische Medien diese mit positiv bewertenden Lexemen, die Helfer werden metaphorisch als tapfere Löwen und das Feuer im Kontrast als Monster inszeniert. Die Strategie „Bezug auf die Autorität“ (Klein 1994: 4) führt zur Anerkennung der Behörden und des Bürgermeisters sowie entsprechender Informationen. Zudem werden die Feuerwehrleute wegen ihres Kampfes gegen das Feuer als Sympathieträger eingebracht und als Helden positiv evaluiert. 5. Die Schuldfrage, wer denn für die Explosionen, die zahlreichen Opfer unter den Feuerwehrleuten und die Sachschäden verantwortlich sei, wird von den deutschen Medien eindeutig mit dem Unternehmen und der Regierung beantwortet. Aufseiten des Unternehmens werden die Nichteinhaltung der Sicherheits-vorschriften und der Missbrauch der Beziehung zu einzelnen Beamten explizit und scharf kritisiert. In chinesischen Medien wird die Verantwortlichkeit ausschließlich dem Unternehmen zugewiesen, metaphorisch als Sprengstoff, Superbombe bezeichnet und seine Beziehung zu den Behörden als schwarzes Loch. Das Berichten über die Aussagen zur Sicherheitspolitik des Unternehmens enthält Implikationen, die Ironie wird dann benutzt, um die Kritik an dem Unternehmen zu üben. Die gesetzwidrige Handlung wird durch die Referenz auf die Festnahme der Personen der Geschäftsführung bestätigt. 6. Mit Bezug auf die Regierung wird in deutschen Medien explizit negativ evaluiert, dass die Feuerwehrleute unzureichend informiert seien, dass sie eine mangelhafte Ausbildung haben und dass die Beamten nachlässig und

5.6 Kontrastive Auswertung

125

korrupt seien. Bemerkenswert ist, dass das Bild der Behörden in den chinesischen Medien positiver und gelenkt ist. Zwar werden die betroffenen Beamten ebenfalls negativ evaluiert, aber durch den Bezug auf Autoritäten, Scheinevidenz, einen wissenschaftlichen Stil und Faktendarstellung wird die Handlungsweise der Feuerwehr zu rechtfertigen versucht. Zudem wird ein positives Bild von der Regierung vermittelt, indem einerseits von harten Strafen für die illegal handelnden Personen, andererseits über die effiziente Arbeit der Staatsanwaltschaft berichtet wird. 7. Eine positive Evaluierung wird vom deutschen Journalismus im Hinblick auf die Entschädigung der Bewohner und Hinter-bliebenen durch die Regierung vorgenommen.

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Emotionspotenzial in der Berichterstattung

Beim Textweltmodell rekonstruiert der Leser mit der Sprache die Konzeptualisierung zu den Sachverhalten. Im Rahmen der Konzeptualisierung steuern die emotionalen Komponenten maßgeblich die mentale Repräsentation eines Sachverhalts (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 213). In Abschnitt 4.1.2 wurde die emotive Bewertung erläutert. In den Massenmedien wird das textuelle Emotionspotenzial mit persuasiven Strategien umgesetzt (vgl. ibid.: 224). Bevor das Emotionspotenzial in den Massenmedien näher beleuchtet wird, soll eine Definition von Emotion erfolgen und ihre Beschreibungsparameter genannt werden. Nach Schwarz-Friesel (ibid.: 72 f.) sind Emotionen eine komplexe Syndromkategorie: „Emotionen stellen permanent verankerte, interne Kenntniszustände im menschlichen Organismus und der Persönlichkeitsstruktur dar, die repräsentationale und prozedurale Aspekte involvieren und die als Bewertungs-instanzen sowohl auf die eigene Ich-Befindlichkeit als auch auf externe Befindlichkeiten im Gesamtkomplex menschlichen Lebens und Erlebens bezogen sind. Emotionale Zustände sind mehrdimensional verankert und können regulativ bewusst oder unbewusst auf den Menschen einwirken. Sie involvieren körperliche Wahrnehmungen, seelische Empfindungen und ausdrucksbezogene Manifestationsformen. Emotionen sind als Ausdruckskomponenten auf der verbalen und der nonverbalen Ebene wahrnehmbar.“

6.1

Emotionen und ihre Beschreibungsparameter

Um Emotionen zu klassifizieren, können zwei Methoden herangezogen werden: eine strukturorientierte und eine funktionsorientierte. Bei der strukturorientierten Kategorisierung stehen die inhärenten Merkmale im Vordergrund und diese Kategorisierung verfügt über einen universalen Status. Die universalen Basisemotionen © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021 Q. Ruan, Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62740-2_6

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6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

„Glück, Zorn, Trauer und Furcht anhand ihres Gesichtsausdrucks von Menschen aller Kulturen erkannt werden“ Schwarz-Friesel (2 2013: 67) – zumindest grundsätzlich. Die funktionsorientierte Klassifikation erfolgt „nach gemeinsamen Bezugsoder Referenzgrößen sowie Situationsbedingungen“ (ibid.). Im Folgenden werden funktionsorientierte vier Emotionskategorien aufgelistet (vgl. ibid.): • Emotionen, die als Reaktion auf eine Bedrohung entstehen und starke körperliche Symptome aufweisen; • Emotionen, die durch bestimmte Situationen ausgelöst werden, z. B. Trauer nach dem Tod eines vertrauten Menschen, (Vor-)Freude auf Weihnachten oder Sorge um die Umwelt wegen ihrer Verschmutzung; • Emotionen, die die Menschen selbst mit ihrer inneren Aktivität oder ihrem Verhalten verursachen, z. B. Stolz auf den Erfolg eines Arbeitsprojekts, Scham wegen eigener Nachlässigkeit, Reue wegen verschwendeter Zeit oder Gefühle von Minderwertigkeit wegen einer schlechten Arbeitsleistung; • Emotionen, die im Kontakt mit anderen Menschen entstehen oder mit denen Menschen ihr Verhältnis zu anderen festlegen: Liebe zum Ehepartner, Sympathie mit süßen kleinen Tieren, Mitleid mit Kranken, Hass, Neid, Eifersucht etc. Parameter zur Beschreibung von Emotionen sind: Intensität, Dauer und Wertigkeit/Qualität (vgl. Otto/Euler/Mandl 2000; Rost 2001; Schwarz-Friesel 2 2013: 69). Die Intensität misst den Aktivierungsgrad einer Emotion, der Aktivierungszustand weist die Ablaufphase aus, ob es ein Auslösezustand, eine Fokussierung oder eine Auswirkung ist. Auf der sprachlichen Ebene kann man den Grad zum Beispiel durch Dimensionsadjektive (hoch, zutiefst) erschließen (Schwarz-Friesel 2 2013: 69): (171) „Laut Statistik ärgern wir uns zweimal in der Woche kräftig, nach durchschnittlich einer Stunde verflüchtigt sich das Gefühl wieder. Wer losbrüllt, baut seinen Ärger nicht ab, sondern bleibt auf dem hohen Ärgerniveau stehen.“ (Apotheken-Umschau.de, 2019-03-02, 15:59) (172) „Zunächst einmal sind langandauernde Angst oder ein kurzer Schreck ein normales menschliches Empfinden.“ (Focus.de, 2019-03-02, 16:05) (173) „Er sei ‚geschockt und zutiefst traurig‘.“ (BZ-Berlin.de, 2019-03-02, 16:09)

Hinsichtlich der Dauer der Emotionen ist zum einen zu fragen, ob Emotionen permanent oder nicht permanent im Körper verankert sein können; zum anderen geht

6.2 Darstellung und Ausdruck von Emotionen

129

es um den zeitlichen Verlauf der emotionalen Prozesse, die man mit Zeiteinheiten wie Sekunden, Minuten oder Stunden beschreiben kann (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 70). (174) „Er ist ein freudiger Mensch.“ (175) „‚Wenn es in den Medien ruhiger wird, wird auch die Angst wieder abnehmen‘, sagt Heyne.“ (Focus.de, 2019-03-02, 16:20)

Die Wertigkeit ordnet Emotionen auf einer Skala von positiv (Liebe, Freunde) bis negativ (Angst, Trauer, Zorn, Ekel) ein (vgl. ibid.: 67).

6.2

Darstellung und Ausdruck von Emotionen

Um das Emotionspotenzial im Text zu analysieren, ist es notwendig, zwei Kategorien zu unterscheiden: die emotionsbezeichnenden Wörter und die emotionsausdrückenden Wörter. Emotionsbezeichnende Wörter dienen nach SchwarzFriesel (2 2013: 145) „der deskriptiven Benennung von emotionalen Zuständen. Der Sprecher vollzieht mit der Verwendung solcher Wörter eine direkte Referenz auf das von ihm wahrgenommene Gefühl.“ Zu dieser Kategorie gehören also alle Basisemotionen, die im Deutschen über Substantiven wie Liebe, Freude, Glück, Hass, Wut, Zorn, Angst, Trauer sowie die dazugehörigen Adjektive und Verben wie lieben, wütend etc. ausgedrückt werden (vgl. ibid.). Emotionsausdrückende Wörter referieren mit Schwarz-Friesel (ibid.: 151) nicht auf Emotionen, sondern „vermitteln über ihre semantische Information primär emotionale Eindrücke und Einstellungen, fokussieren also die expressive Ausdrucksfunktion und fungieren eher als Symptome denn als Symbole. Nicht die deskriptive, referenzielle Funktion steht hier im Vordergrund, sondern der expressive Ausdruck der emotiven Einstellung des Sprachproduzenten.“

Auf der lexikalischen Ebene können Emotionen also zum Beispiel über Interjektionen oder Konnotationen eines Lexems vermittelt werden (vgl. ibid.: 155, 162). So drückt im Chinesischen 哼 [heng]1 normalerweise Ärger aus (ob es wirklich Ärger ist, hängt aber von der Sprechsituation und dem Kontext ab). Als weiteres 1 In

Pinyin notiert; Pinyin ist eine phonetische Umschrift auf Basis des lateinischen Alphabets, mit der die im Hochchinesischen artikulierten chinesischen Schriftzeichen verschriftet werden. Auf eine Verzeichnung des Tonhöhenverlaufs wird hier verzichtet.

130

6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

chinesisches Beispiel sei das Wort 公仆 [gong pu]genannt, das positiv konnotiert ist und bedeutet, dass ein Beamter seine Aufgabe gut erfüllt und sich dem Gemeinwohl der Bürger widmet. Zudem gibt es Lexeme, die auf einen Sachverhalt referieren, der im Rahmen eines gesellschaftlichen Wertesystems positiv oder negativ bewertet wird (vgl. ibid.: 167). Wörter wie Frühlingsregen, Winterschnee beziehen sich in China (aber nicht unbedingt im Deutschen) traditionell auf positiv bewertete Sachverhalte, denn es gibt die chinesischen Redewendungen 春雨贵如油 (Der Frühlingsregen ist so teuer wie Öl) und 瑞雪兆丰年 (Der frühzeitige Winterschnee sagt die Ernte des Jahres voraus). Anders werden Lexeme wie Tod, Umweltverschmutzung, Terroranschlag sowohl im Deutschen als auch im Chinesischen negativ bewertet. In (176) wird durch das Lexem Katastrophe die Trauer über den Tod von Menschen und zudem die Angst vor einem weiteren Anschlag ausgedrückt. (176) „Sie wollten nicht nur Menschen töten, sondern auch bei denen Angst säen, die vielleicht noch einen Urlaub in Spanien planen. Für das Land ist dieser Anschlag deshalb eine doppelte Katastrophe.“ (SZ.de, 2019-03-02, 16:23)

Die Äußerungen können Lexeme mit pejorativen Konnotationen (Tragödie, Katastrophe, Attentäter) enthalten, durch die man die affektiven Bewertungen der Figuren im Sachverhalt unmittelbar erkennen kann, und geben Aufschluss über ihren Gefühlszustand. Über die Präsuppositionen in (177) und (178) impliziert der Reporter: Terroranschläge sind Katastrophen, ein Unglück. Die Lexeme mit pejorativen Konnotationen (Gewalttakt, Terrorakt) und die Komplexanapher Tragödie zeigen das Emotionspotenzial Trauer bei einem Terroranschlag. Das Schimpfwort Tiere in (179) zeigt uns neben der abwertenden Einstellung gegenüber Terroristen die Emotion Wut. (177) „Doch die New Yorker hatten Glück im Unglück, die Stadt ist nur knapp einer schlimmeren Katastrophe entkommen.“ (Welt.de, 2019-03-02, 16:26) (178) „[…], sagte de Blasio. ‚Unsere Seele lässt sich niemals von einem Gewaltakt bewegen, von einem Terrorakt, der uns einschüchtern sollte. Wir wurden bereits früher einmal auf den Prüfstand gestellt, ganz in der Nähe der heutigen Tragödie. Wir werden darauf antworten, wie wir es immer tun. Wir bleiben unverzagt.‘“ (Spiegel Online, 2019-03-02, 16:31) (179) „Auf eine entsprechende Frage sagte Trump vor Journalisten in Washington: ‚Ich würde dies sicherlich in Erwägung ziehen. Es müssten Strafen eingeführt werden, ‚die schneller und schärfer sind als die Strafen, die diese Tiere derzeit bekommen‘“ (Frankfurter Allgemeine, 2019-03-02, 16:34)

6.2 Darstellung und Ausdruck von Emotionen

131

Auf der Satzebene drücken Exklamativsätze (Es reicht!) und Optativsätze (Hätte der Anschlag verhindert werden können?) sowie Sätze mit Doppelpropositionen (Ich bin wie Millionen von Menschen in Deutschland entsetzt, erschüttert und tief traurig über das, was gestern Abend am Berliner Breitscheidplatz geschehen ist) emotive Einstellungen aus. Über Vergleiche (Es ist wie ein Albtraum) und Metaphern (Tat eines einsamen Wolfs, Rückkehr des Lebens) kann der Autor mit Analogien emotionsdarstellende und -ausdrückende Referenzialisierungen erzeugen. Lexeme (ermorden, weinen, lachen) oder Ausdrücke, die spezifischen Vorgänge oder Handlungen beschreiben (Amri rast in den Weihnachtsmarkt), vermitteln dem referenziellen Sachverhalt eine emotive Einstellung. Mit expressiven Ausdrücken wie Interjektionen (wie die Empfindungswörter pfui, oh affektiven Adjektiven (lieb, eklig) und Modalpartikeln kann die emotionale Einstellung des Sprechers exponiert werden, sich aber auch die konzeptuelle Repräsentation des referenzierten Sachverhalts verändern. Emotionen und Gefühle sind eng miteinander verbunden. Nach SchwarzFriesel (2 2013: 78) besteht der Unterschied zwischen Gefühl und Emotion in der Wahrnehmung: „Gefühle sind subjektiv erlebte Bewusstseinszustände mit einem emotionalen, bewertenden Inhalt. Gefühle stellen die Ebene von Emotionen dar, die die subjektiv erfahrenen Inhalte des auf den eigenen Zustand bezogenen Bewusstseins darstellt. Gefühle sind somit erlebte Emotionen, d. h. bewusst empfundene Zustände der inneren Befindlichkeit, die subjektive Erfahrung des eigenen emotionalen Zustandes.“ Durch die Bekundung von Gefühlen als durch Sprache fassbare und ausdrückbare Selbstbeschreibung des subjektiv erlebten Bewusstseinszustands werden Emotionen folglich greifbar. In (180) und (181) etwa vermittelt der Zeuge diese Selbstbeschreibung seine Emotionen nach dem Terroranschlag in Barcelona am 17. August 2017. Auf einen solchen Übergriff ist keine wohlüberlegte Reaktion möglich, das Gefühl SCHOCK wird durch die Äußerung Ich konnte einfach nicht glauben angezeigt, die Angst somit verbalisiert. Durch die Gefühlsbekundung des Zeugen in (181) wird ausgedrückt, dass dieser infolge der Pariser Anschläge die Möglichkeit eines solchen Ereignisses auch für Barcelona gesehen und Angst davor hatte. (180) „Ich konnte einfach nicht glauben, dass das, was ich so oft im Fernsehen gesehen hatte, plötzlich real sein sollte.“ (SZ.de, 2019-03-02, 17:17) (181) „Aber wenn ich ehrlich bin, dann habe ich seit dem Anschlag von Paris dieses mulmige Gefühl gehabt, dass so etwas auch Barcelona passieren würde.“ (SZ.de, 2019-03-02, 17:17)

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6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

Die Emotion einer Person kann sich in einer Situation auch über die körperliche Reaktion oder typische Verhaltensweisen zeigen (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 170–190, 2017: 355). Die Sachverhaltsrepräsentation bzw. das Referenzpotenzial dient als Basis für die textuelle Emotivität. Der typische Fall ist das physische Verhalten (Bewegung, Gestik, Mimik), das die Emotion der Figur im Text reflektiert (vgl. ibid.: 362). (182) und (183) sind jeweils Berichte über die körperliche Reaktion der Menschen nach dem Terroranschlag in Barcelona und Paris. Die Angst vor Terroranschlägen und die Unsicherheit der Angehörigen und Freunde in (182) manifestiert sich in der körperlichen Befindlichkeit, sich weinend in den Armen zu liegen und die Handlung des Anrufens von Angehörigen und Freunden. In (183) kombiniert der Autor das emotionsbezeichnende Lexem Wut und die Handlungen Manche reden leise miteinander, andere rufen wild gestikulierend, um die Wut darzustellen. Die Sprachlosigkeit, das Weinen sowie die Körperhaltung (umarmen, an einem Metallgitter lehnen) zeigen die Trauer und die Hilfslosigkeit der Menschen. (182) „Vor einem Hostel in einer Seitengasse liegen sich Jugendliche einer amerikanischen Reisegruppe weinend in den Armen. Sie leihen sich gegenseitig das Handy, um Angehörige und Freunde anzurufen, die noch in der Stadt unterwegs sind.“ (Zeit Online, 2019-03-02, 17:22) (183) „Zu Hunderten stehen die Menschen an den Absperrungen an der Promenade des Anglais. Manche reden leise miteinander, andere rufen wild gestikulierend, schreien ihre Wut heraus. Ein Paar verharrt minutenlang in fester Umarmung. Einige Meter weiter lehnt eine junge Frau an einem der Metallgitter, blickt auf die Straße und weint.“ (Spiegel Online, 2019-03-02, 17:26)

Mittels Situations- oder Szenebeschreibung, insbesondere Landschaftsschilderungen, kann der Autor die emotionale Befindlichkeit einer Person im Text anzeigen. Die äußere (Text-)Welt bzw. die Umgebung, die der Autor referenziert hat, kann als Spiegelbild ihrer Gefühle fungieren (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 362). In (184) zeichnet der Reporter detailliert den Terroranschlag in Manchester im Mai 2017 nach. Durch die Wahrnehmung der Menschen (es klang) sowie die Vergleiche (als sei ein Ballon geplatzt, wie das Rote Meer) und Zustands- und Verhaltensbeschreibungen (Schreie, Schweigen, stolperten übereinander, den Wunsch zum Ausgang zu gelangen), zeigt der Reporter dem Leser, dass durch die Explosionen viele Zuhörer verletzt wurden und überall Blut war. Die Zuhörer reagierten zuerst unvorbereitet und heftig darauf, wurden sich dann aber dessen bewusst, bekamen Angst und wollten fliehen.

6.3 Emotionspotenzial und Emotionalisierung

133

(184) „Teenie-Idol Grande hatte am Montagabend in der Manchester Arena gegen 22.30 Uhr gerade ihre letzte Zugabe gespielt, die Liedzeile ‚Nothing to prove I am bulletproof‘ ging vielen der rund 21 000 Zuhörer noch durch den Kopf, als an einem der Ausgänge eine Bombe explodierte. ‚Es klang erst, als sei ein Ballon geplatzt‘, erinnert sich Konzertgast Sammy. ‚Es gab ein paar Schreie, dann Schweigen, dann teilte sich die ganze Arena wie das Rote Meer. Alle stolperten übereinander, um zum Ausgang zu gelangen.‘“ (Spiegel Online, 2019-03-02, 17:33)

In (185) inszeniert der Autor Berlin am Tag nach dem Anschlag: eine Straßenszene, kaltes, graues Wetter mit dichtem Nebel, umspringende Fußgängerampeln, Tauben. Die zerstörte Spitze der Kirche in dichtem Nebel drückt das unterdrückte, dumpfe Gefühl der Menschen zur äußeren Welt aus, das Wetter fungiert als Spiegel der Wahrnehmung und des Gefühls nach dem Terroranschlag am Breitscheidplatz. (185) „Eisiger Wind pfeift durch die Straßen zwischen dem Berliner Breitscheidplatz und dem Bahnhof Zoo. Die gezackte Spitze der Gedächtniskirche wird vom dicken Nebel fast verschluckt. Ein Schwarm Tauben fliegt zwischen Kirche und Bikini-Haus, die Fußgängerampeln wechseln von Rot auf Grün. Dieser kalte, graue Dienstagmorgen könnte einen typischen Berliner Schmuddeltag verheißen.“ (SZ.de, 2019-03-02, 17:40)

6.3

Emotionspotenzial und Emotionalisierung

Neben der Emotionsdarstellung auf lexikalischer und syntaktischer Ebene gibt es satzübergreifende Phänomene, die sich auf die Emotionsdarstellung und die Emotionalisierung der Leser auswirken. Die Emotionsdarstellung auf der textuellen Ebene erfolgt im TWM. Schwarz-Friesel (2 2013: 213) zufolge konstituiert die Textwelt „aufgrund der Textinformationen auch die Konzeptualisierung […]. Auf der Ebene Konzeptualisierung steuern nicht nur die kognitive, sondern auch emotionale Komponenten.“ Beim Leseprozess und damit Textweltaufbau wird mental eine komplexe Konzeptualisierung zu dem dargestellten Sachverhalt vorgenommen. Dabei liegt der Referenzialisierung zu einem bestimmten Sachverhalt eine mentale Repräsentation der Textproduzenten zugrunde (vgl. ibid.: 213) Nach Schwarz-Friesel (vgl. ibid.: 34) trifft der Textproduzent bei der Konzeptualisierung eine thematische Auswahl. Dabei werden referenzielle und kommunikative Aspekte berücksichtigt, d. h., schon das Thema eines Textes beeinflusst den Aufbau einer Textwelt, in der auch der situative Hintergrund, das Weltwissen und die Interessen eine Rolle spielen. In Berichten über Terroranschläge etwa wird eine Textwelt aufgebaut, in der Emotionen wie TRAUER,

134

6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

SCHRECKEN und WUT enthalten sind. Denn das Lexem Terroranschlag ist sowohl auf semantischer Ebene als auch auf konnotativer Ebene negativ bewertet. Das Lexem lässt die Menschen mit ihrer Wissensaktivierung frühere Terroranschläge wie 9/11, Paris, Brüssel, Barcelona oder Berlin assoziieren, in denen viele Menschen ihr Leben ließen. Die Rezeption massenmedialer Texte erfolgt über die Kodierung der sprachlichen Mittel wie Implikatur etc. Das Emotionspotenzial liegt in der implizit kodierten Konzeptualisierung (vgl. ibid.: 234). Das Konzept in (186) lautet: Die Terroristen töten normale, friedliche Menschen. das in (186) qua Implikatur vermittelt im Text wird, lautet: Leben Sie Ihr Leben, lassen Sie Ihr Leben nicht von anderen bestimmen. Durch die Konzeptualisierung liest man von Trauer und Wut. Dabei sieht man an Exklamativsätzen wie Seien Sie!, Leben Sie! sowie lassen Sie!, dass der Sprecher als New Yorker stolz auf seine Heimatstadt und seinen Lebensstil ist. (186) „Nach Angaben von New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo sei New York als weltweites Symbol der Freiheit getroffen worden. ‚Seien Sie New Yorker!‘, sagte Cumo. ‚Leben Sie Ihr Leben, lassen Sie Ihr Leben nicht von anderen bestimmen.‘ Cuomo sagte, Menschen hätten an einem sonnigen Tag friedlich ihr Haus verlassen und seien abends nicht mehr zurückgekehrt.“ (Spiegel Online, 2019-03-02, 17:53).

Auf der textuellen Ebene bringt der Textproduzent über die Gestaltung eines Textes Emotionspotenzial ein. Durch die Platzierung und Fokussierung der Information wird eine bestimmte Perspektivierung und Evaluierung sowie Konzeptualisierung des Textproduzenten widergespiegelt. (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 219). Die folgenden Schlagzeilentexte zum Terroranschlag zeigen exemplarisch solche Platzierungen und Fokussierungen: (187) „Acht Tote bei Terroranschlag in New York“ (Schlagzeile; Spiegel Online, 201903-02, 17:56).

Durch die Erwähnung von Toten eines Terroranschlags in der Schlagzeile wird die Aufmerksamkeit auf den Beitrag gelenkt. In diesem wird zuerst über die Toten und Verletzten detailliert berichtet, dann der genaue Vorgang des Terroranschlags nachgezeichnet und schließlich die Maßnahmen der Polizei sowie die Reaktionen von Zeugen und Politikern genannt. Allerdings entspricht die Ereignisdarstellung nicht der Ereignisabfolge, die Schäden werden aufgrund ihrer Positionierung besonders hervorgehoben. Was im Kopf der Leser verbleibt, ist die Konzeptualisierung TERRORISTEN TÖTEN MENSCHEN.

6.3 Emotionspotenzial und Emotionalisierung

135

Das Emotionspotenzial betrifft nicht nur den kodierten emotionalen Zustand oder die Gefühle der Personen in der Textwelt, sondern auch die antizipierten Gefühle der Leser (vgl. ibid.: 225). Erst dadurch kann in der Textwelt und in der Folge beim Leser ein emotionaler Zustand aktiviert werden bzw. eine Emotionalisierung erfolgen. Schwarz-Friesel erkennt das Potenzial zur produzentenseitigen Aktivierung in einer gezielten Referenzierung: „In der referenziellen Darstellung werden emotionale Aspekte in den Vordergrund gestellt. Spezifische Gefühle wie Wut, Trauer, Freude, Hass, Neid sollen aktiviert werden.“ (ibid.: 214) Viele Massenmedien arbeiten emotionsaktivierend und emotionsetablierend. Die Platzierung, Fokussierung und auch Aussparung von Informationen sollen bei den Lesern emotionale Reaktionen auslösen (vgl. ibid.: 218) Ziel ist, eine emotive Beziehung zwischen den Lesern und den Personen in der Textwelt zu etablieren, um so die Gefühlswelten in Einklang zu bringen – etwa mit ANGST vor Terroristen. Neben der Informationsstruktur werden zur Emotionalisierung in der Berichterstattung auch persuasive Strategien verwendet, die vom Textproduzenten antizipiert und intendiert werden. Schwarz-Friesel betont, hierbei werde „Realität (scheinbar objektiv) mittels Sprache bezeichnet, tatsächlich aber über bestimmte Strategien aus einem eingeengten, spezifisch emotional und damit (be)wertend unterlegten Blickwinkel referenzialisiert“ (ibid.: 225). Die vom Textproduzenten angewandte persuasive Strategie soll auf die Rezipienten einwirken, in der Krisenberichterstattung werden insbesondere Empathie und Identifikation evoziert (vgl. ibid.). Aus der Klassifikation von Klein (1994: 4f) werden im Folgenden die wichtigsten persuasiver Strategien genannt, die eine Emotionalisierung in der Berichterstattung befördern können (mit Beispielen in Klammern): • • • • • • • • • • • • • •

sich auf Autorität berufen (nach Angaben des französischen Innenministers Gérard Collomb …); auf eine regelhafte Beziehung referieren (Die politischen Konsequenzen: …); auf kausale Faktor referieren (Das Motiv: …, … als Ursache); Sympathieträger präsentieren (Anschlag auf die Jugend); Atmosphäre präsentieren (wie das Rote Meer, wie ein Albtraum); hervorheben (Ein besonders feiger Akt des Terrorismus); kontrastieren (Eine Stadt zwischen Terror und Halloween).

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6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

Persuasive Strategien als sprachliche Mittel werden von Sprachproduzenten angewendet, um ihre Argumente zu unterstützen und das Persuasionspotenzial bzw. die Emotionalisierung zu steigern. Ob und wie die von den Sprachproduzenten eingesetztes Strategien tatsächlich bei den Rezipienten wirken, lässt sich von den Texten nicht ableiten, denn die Wirkung „hängt […] nicht nur von der Absicht des Sprechers und seiner textuellen Kompetenz ab, sondern auch von der Äußerungssituation sowie den Kenntnissen und Interessen der Leser“ (Schwarz-Friesel 2 2013: 216) ab – und müsste empirisch qualitativ, etwa mittels Leitfadeninterviews, ermittelt werden.

6.4

Emotionspotenzial im deutschen Teilkorpus

6.4.1

Emotionsbezeichnung im deutschen Teilkorpus

Im Korpus sind vor allem solche emotionsbezeichnenden Lexeme belegt, die die Emotionen der von den Explosionen Betroffenen deutlich kennzeichnen. Die Angst vor den Explosionen und den daraus entstandenen Wirkungen kommt in den direkten Zitaten der Augenzeugen und den Berichten der Reporter zum Vorschein. (188) D23: „‚Ich habe Angst vor giftigen Stoffen in der Luft‘, sagt die 52 Jahre alte Wang Jingzhong der Deutschen Presse-Agentur.“ (189) D23: „Kein Wunder, dass sich viele Menschen fürchten.“ (190) D27: „Als Grund für die Evakuierung nannten die Behörden der Nachrichtenagentur Xinhua zufolge drehende Wind – was darauf schließen lässt, dass tatsächlich giftige Gase befürchtet werden.“

In (191) berichtet der Reporter von einer Nacht des Grauens, als sich die Explosionen ereigneten. Laut Duden Online („Grauen“ auf Duden Online, 2019-03-02, 23:37) bedeutet das Lexem Grauen „Furcht und Entsetzen vor etc. Unheimlichem, Drohendem; grauenerregendes Ereignis“. Die Explosionen werden daher als furcht-, entsetzen- sowie grauenerregend evaluiert. (191) D3: „Die Augenzeugen beschrieben eine Nacht des Grauens. Die Explosionen begannen wie mit einem Feuerwerk, dann aber erschien ein riesiger Feuerball und färbte den Nachthimmel glühend orangefarben. Eine hohe pilzförmige Rauchwolke erschien am Himmel. Der Druck warf Menschen um oder aus ihren Betten. Augenzeugen beschrieben, dass Objekte aus Metall vom Himmel fielen.“

6.4 Emotionspotenzial im deutschen Teilkorpus

137

In (192) wird die Chemikalie als weiße Flüssigkeit und ungewöhnlicher weißer Schaum bezeichnet, der die Angst der Leute steigern dürfte, weil man nicht weiß, welche Stoffe für die Schaumbildung verantwortlich und ob diese gesundheitsgefährdend sind. Im Text wird die Angst vor der Verbreitung giftiger Stoffe explizit genannt. (192) D64: „Der erste Regen seit der Explosionskatastrophe im Hafen von Tianjin schürt in der nordchinesischen Stadt neue Angst vor der Verbreitung giftiger Stoffe. Auf den Straßen sei eine weiße Flüssigkeit zu sehen, berichtete die Zeitung ‚Global Times‘. Auch andere chinesische Reporter sprachen von ungewöhnlichem weißem Schaum auf den Straßen.“

Neben Angst wird im Korpus auch von Sorge um die möglicherweise schon beeinträchtigte Umwelt gesprochen: (193) D64: „Der Regen löste Sorgen aus, dass die weit verstreuten Chemikalien bei Kontakt mit Wasser gefährlich reagieren oder das Abwasser vergiften.“ (194) D55: „Viele Menschen in Tianjin machen sich wegen giftiger Stoffe in Luft und Wasser Sorgen.“

Im Korpus wird auch die Emotion von Familienangehörigen der verunglückten Feuerwehrleute durch die emotionsbezeichnenden Lexeme Wut und Trauer bezeichnet; die folgenden Beispiele zeigen diese im konkreten Kontext. (195) D79: „Die Zahl der Toten steigt, die Wut der Angehörigen auch.“ (196) D43: „Nach den Explosionen im chinesischen Tianjin ist die Wut der Angehörigen groß.“ (197) D43: „Kerzen werden für die Opfer angezündet. Die Stimmung schwankt zwischen Trauer und Wut.“ (198) D61: „In China wächst die Wut über mangelnde Sicherheitsstandards.“

Die Wut der Angehörigen wird direkt durch emotionsbezeichnende Lexeme dargestellt. In (199) werden zwei Emotionen explizit gekennzeichnet, einmal die Angst der Regierung2 und auf demgegenüber die Wut der Angehörigen der Explosionsopfer. Die befürchtete Ausbreitung der Wut wird mit einem Virus im Kindergarten verglichen. Die Konzeptualisierung Virus im Kindergarten kodiert der Autor über ihre semantischen Merkmale: In Kindergärten herrscht durch das 2 Peking

wird hier metonymisch verwendet und steht für die Regierung Chinas.

138

6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

Verhalten und noch schwache Abwehrsystem von Kindern eine besonders hohe Ansteckungsgefahr, die in einen pandemieartigen Zustand mündet. Übertragen auf eine entsprechende Verbreitung von Wut wird dem folgerichtig die Angst der Regierung vor Unruhen gegenübergestellt. (199) D17: „Peking ist getrieben von der Angst, dass sich die Wut ausbreiten könnte wie eine Grippe im Kindergarten.“

6.4.2

Emotionsdarstellung und Emotionalisierung im deutschen Teilkorpus

Die Wut der Angehörigen wurde im Korpus durch die Repräsentation des Sachverhalts vermittelt. Schwarz-Friesel (2017: 363) vertritt die Meinung: „[Ü]ber Zustands-, Verhaltens-, Handlungsbeschreibungen und Gedanken der Figuren sowie über allgemeine Situationsdarstellungen erschließen sich dem Rezipienten Gefühle und Einstellungen.“ Dafür muss man inferieren, wobei die Inferenz auf unserem enzyklopädischen Wissen basiert, denn bestimmte Handlungen, Körpersymptome und perzeptuelle Wahrnehmungen sind für gewöhnlich von bestimmten Emotionen begleitet (vgl. ibid.). In (200) kommt die Wut der Familienangehörigen zum Ausdruck, indem die Rezipienten schlussfolgern, dass die Handlungen schimpfen, stürmen, fordern auf affektive Anspannung und Aggressivität und damit auf den Gefühlszustand EMPÖRT zurückzuführen sind. (200) D41: „Die Familien der Vermissten sind empört, schimpfen auf die Behörden, stürmten sogar eine Pressekonferenz in einem Hotel. Sie fordern, über den Verbleib ihrer Angehörigen informiert zu werden.“

Im Korpus wird die Emotion der Angehörigen der Opfer und der Anwohner in der Nähe des Unglücksorts (WUT) in (201) und (202) über die Handlungsverben protestieren, fordern und mit der Forderung Gebt unseren Kindern eine saubere Zukunft SORGE ausgedrückt. (201) D5: „Dutzende Anwohner, deren Wohnungen sich 600 Meter vom Unglücksort befanden, protestierten am Montag und forderten: ‚Gebt unseren Kindern eine saubere Zukunft.‘“ (202) D79: „70 Menschen werden in Tianjin noch vermisst. Angehörige protestieren gegen die Behörden.“

6.4 Emotionspotenzial im deutschen Teilkorpus

139

In der Textwelt werden die Emotionen der Angehörigen auch zeitgleich durch verschiedene Mittel ausgedrückt. In (203) lässt sich die Wut der Familien einerseits durch die Handlungsbeschreibungen einen Vertuschungsversuch beklagen und Antwort verlangen vermitteln, andererseits durch das Lexem (sich) fühlen gekennzeichnet. Der Textproduzent verwendet die Metapher, um das Gefühl als explizit solches zu versprachlichen (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 361). Über die semantischen Merkmale erschließen wir, dass die Familien nicht über die vermissten Feuerwehrleute und die Situation vor Ort informiert worden sind. Sie befinden sich wie im Dunkeln, wodurch sie nichts sehen resp. erfahren können. Insgesamt wird die Emotion WUT über das untragbare Schweigen der Behörden dargestellt. (203) D37: „Die Familien beklagen einen Vertuschungsversuch, weil erst nicht alle vermissten Feuerwehrleute gezählt wurden. Auch wurden sie nicht informiert. So fühlen sie sich im Dunkeln gelassen und verlangen jetzt Antworten.“

Die Wut der Bürger wird in der Berichterstattung durch die persuasive Strategie „Kontrastieren“ (Klein 1994: 7) hervorgehoben. Denn das Emotionspotenzial betrifft die antizipierten Gefühle der Leser. Die persuasive Strategie beeinflusst die Gefühlskonstruktion der Rezipienten (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 224– 226). In (204) wird einerseits die Forderung der Angehörigen der Feuerwehrleute vermittelt, die nicht als offizielle Feuerwehrleute tätig waren, und andererseits im Kontrast die strenge Informationskontrolle der Regierung dargestellt. Dadurch kann bei den Rezipienten das Gefühl evoziert werden, dass die Regierung nicht willens ist, der Forderung der Angehörigen nachzukommen, und somit den emotionalen Zustand der Wut. (204) D38: „Angehörige von Feuerwehrleuten fordern Aufklärung und Respekt: Viele der Männer, die zum Brandherd beordert wurden, waren bei der Hilfsfeuerwehr. Die chinesische Regierung kontrolliert streng, welche Informationen über die Katastrophe an die Öffentlichkeit gelangen. Dutzende Webseiten, die angeblich Gerüchte verbreiteten, wurden bestraft.“

Im Korpus wird die Emotion TRAUER durch verschiedene sprachliche Mittel zum Ausdruck gebracht. Die Sachverhaltsbeschreibung, durch die die körperliche Reaktion kodiert wird, vermittelt ein intensives Emotionspotenzial (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 361) In (205) wird der emotionale Zustand bzw. die Trauer durch das Weinen der Mutter eines ums Leben gekommenen Feuerwehrmanns und ihre körperliche Reaktion (ihr geht es gesundheitlich schlecht) vermittelt. Die adverbiale Phrase den ganzen Tag beschreibt die Dauer dieses

140

6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

emotionalen Zustands. Der Parameter zur Beschreibung der Emotion enthält das Kriterium der Dauer. Schwarz-Friesel (2 2013: 70) vertritt die Meinung: „Das Kriterium der Dauer bezieht sich zum einen auf den Sachverhalt, dass Emotionen permanent und nicht-permanent im menschlichen Organismus verankert sein können und zum anderen auf den zeitlichen Verlauf emotionaler Prozesse, der (u. a. je nach Intensität) variabel ist.“ (205) D37: „‚Seine Mutter weint den ganzen Tag im Hotel – ihr geht es gesundheitlich schlecht‘, sagte ein Verwandter.“

In den nächsten Beispielen inferieren die Leser die Emotion TRAUER dadurch, dass die Figur der Mutter des Opfers den Wunsch, ihren Sohn zu sehen, expliziert. In (207) wird auch das emotionsbezeichnende Lexem verzweifeln verwendet, um den Emotionszustand der Trauer und Verzweiflung der Mutter aufzuzeigen. Das nonverbale Mittel unter Tränen vermittelt u. a. den emotionalen Zustand der Trauer. Dabei soll durch die persuasive Strategie „Sympathieträger präsentieren“ (Klein 1994: 7) (Mutter, die ihren Sohn verloren hat) die Emotionalisierung umgesetzt werden, um die Emotion MITLEID bei den Rezipienten zu evozieren. (206) D37: „‚Wir wollen unseren Sohn sehen – egal, ob tot oder lebend‘, sagte Liu Ruwen der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua.“ (207) D37: „‚Ich wünsche mir nur, dass unser Sohn lebend zurückkehrt‘, sagte die verzweifelte Mutter unter Tränen zu Reportern.“

In Beispiel (208) wird der dringende Wunsch der Mutter, ihren Sohn zu sehen, der sich bei den Löscharbeiten geopfert hat, durch die Beschreibung ihrer Handlung dargestellt: Sie versuchte, ihren Sohn auf dem Handy zu erreichen, und fuhr dann zum Unglücksort. Die Lexeme sofort, eilen vermitteln die Intensität dieses Wunsches, während das Lexem vergeblich Erfolglosigkeit signalisiert. Zudem impliziert die Situationsbeschreibung keine Spur und nicht unter den Verletzten, dass ihr Sohn seit dem Unglück vermisst wird, wodurch die Trauer der Mutter des vermissten Feuerwehrmanns zum Ausdruck gebracht wird. (208) D37: „Seine Mutter Wang Liying versuchte sofort nach dem Unglück vergeblich, ihren Sohn auf dem Handy zu erreichen, und eilte aus der benachbarten Provinz Hebei nach Tianjin. Aber keine Spur von ihrem Sohn und den anderen – auch nicht unter den Verletzten in den Krankenhäusern.“

Wörter wie Sprachlosigkeit, schweigen können den hochgradigen emotionalen Zustand des intensiven Leids und der Trauer manifestieren. Schreiben ist

6.4 Emotionspotenzial im deutschen Teilkorpus

141

zu einem emotionalen Bewältigungsversuch geworden (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 316 f.). In (209) wird über die Trauer der Opfer berichtet, indem durch eine Schweigeminute und Schiffsirenen das Gedenken angezeigt wird. Die aus der Tradition und der Kultur festgelegte Art und Weise des Angedenkens an die Toten kann den emotionalen Zustand des Andenkens darstellen und wird als Trauertag bezeichnet. (209) D64: „Mit einer Schweigeminute und dem Heulen von Schiffssirenen gedachten die Menschen in Tianjin am Dienstag der Opfer. Der siebte Tag nach dem Tod ist in China traditionell der Trauertag.“

Die Situationsdarstellung nach den Explosionen wird in (210) mit der Erwähnung der mehr als ausgelasteten Krankenhäuser durch einen Augenzeugen vermittelt und impliziert, dass viele Personen bei den Explosionen verletzt worden sind. Diese Situation wird vom Augenzeugen durch das emotionsbezeichnende Lexem tragisch bewertet. Der emotionale Zustand TRAUER kommt dadurch zum Ausdruck. (210) D3: „[…] sagte der 27 Jahre alte Lin Chen, der ungefähr zehn Kilometer vom Explosionsort entfernt wohnt, am Telefon. ‚Ich habe gehört, dass die Krankenhäuser voll mit Leuten sind. Es ist wirklich tragisch.‘“

Im Korpus wird durch verschiedene sprachliche Mittel die Emotion ANGST dargestellt. In (129) kommt die Emotion ANGST durch Vermitteln des Gefühlszustands zum Ausdruck, das subjektive Gefühl wird durch den Vergleich realisiert. Nach Schwarz-Friesel sind Vergleiche „sowohl in der Alltagskommunikation als auch in literarischen Texten ein frequentes Mittel, Gefühle zu kodieren, indem die subjektiven Empfindungen in direkte Analogie zu einem anderen Referenzbereich gesetzt werden.“ (Schwarz-Friesel 2017: 360) Die realen Tianjin-Explosionen werden im Text mit dem Ende der Welt in (211) und die Hölle auf Erden in (212) verglichen. Dies führt auf der sprachlichen Darstellungsebene zu einer abstrakten und de-realisierten Unfassbarkeit und de-realisiert dies ebenso im Bewusstsein. Die Zerstörung der realen Umgebung sowie des Sicherheitsgefühls lässt im kognitiven Klassifikationssystem keine Einordnung zu, womit intensiv auf das Gefühl der Vulnerabilität der Lebenswelt fokussiert wird. (211) D4: „‚Es fühlt sich an wie das Ende der Welt!‘ schrieben Anwohner in den sozialen Medien im Internet.“

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6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

(212) D42: „Der Fotograf He Xiaoxin hatte sich hineingeschlichen in das abgesperrte Gebiet am Hafen in Tianjin. ‚Die Hölle auf Erden‘ habe er gesehen.“

Im Folgenden wird beschrieben, dass die Lage von einigen Personen vor dem Hintergrund ihres subjektiven Gefühls als Erdbeben und Atomexplosion eingeschätzt worden ist. Durch die Bedeutungspräsentation und über das enzyklopädische Wissen entsteht ein mentales Bild: die zertrümmerten Gebäude sowie Toten und Verletzten lassen auf ein Erdbeben schließen, die Pilzwolke und die Freisetzung der giftigen Stoffe auf eine Atomexplosion. Folglich wird die Zerstörung der Umgebung und des Schreckens anschaulich zum Ausdruck gebracht und das Grauen und die Angst dargestellt. (213) D4: „Manche fragten sich, ob sie gerade ein Erdbeben oder eine Atomexplosion erlebt hatten.“

Die Beschreibung der Umwelt in Tianjin kann die emotionale Befindlichkeit der Menschen manifestieren, indem der Blick auf die äußere (Text-)Welt zum Spiegelbild der Gefühle wird (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 364). In (214) wird über die giftigen Stoffe berichtet, die bei den Explosionen ausgetreten oder entstanden sind und eine Bedrohung für die Gesundheit darstellen, sowie die Zyanid- und Blausäure-Gehalte im Wasser jeweils als hohe Menge und um das 365-Fache den Grenzwert übersteigend beschrieben. (214) D80: „In der Umgebung des Chemielagers in der chinesischen Hafenstadt Tianjin sind dramatisch hohe Mengen an Zyanid gemessen worden. Mehr als eine Woche nach den verheerenden Explosionen in einem Gefahrgutlager übersteigt der BlausäureGehalt des Wassers in unmittelbarer Nähe um das 356-Fache den Grenzwert.“

Bei der Referenzialisierung, die sich auf den Blick auf die äußere Welt durch die Situationsbeschreibung des Unglücksorts bezieht, stellt der Autor die Emotion ANGST dar. In (215) wird die Situation am Unglücksort durch die Ungewissheit über die dort gelagerten Chemikalien, die zu jeder Zeit zu neuen Explosionen führen können, referenziell spezifiziert präsentiert. Dementsprechend erschließt man die Situation am Unfallort als Bedrohung für das menschliche Leben und die Umwelt. Die emotionale Befindlichkeit, die Angst vor neuen Explosionen und Zerstörung, wird dargestellt. (215) D66: „‚Wir wissen nicht sicher, welche Chemikalien es waren‘, sagte Gao Huaiyou vom Amt für Produktsicherheit von Tianjin. ‚Wir wissen auch nicht, welche Mengen es waren.‘ Die Chemikalien seien nur vorübergehend gelagert gewesen, auch

6.4 Emotionspotenzial im deutschen Teilkorpus

143

fehlten Dokumente. Es könnten jederzeit weitere chemische Reaktionen stattfinden, sagte Tianjins Feuerwehrchef Zhou Tian.“

In der Textwelt wird die Konzeptualisierung GROSSE EXPLOSIONEN, SCHLIMME ZERSTÖRUNG insbesondere durch die Darstellung der Wahrnehmungen angezeigt, was unsere Sinnesorgane empfinden, wodurch mit Hilfe des enzyklopädischen Wissens der emotionale Zustand ANGST erschlossen werden kann. In (216) wird die akustische Wahrnehmung der Explosion mit einem lauten Knall als laut beschrieben. Durch die Angabe der Distanz lässt sich erschließen, dass der große Knall auch mit weitem Abstand noch wahrgenommen werden konnte, wodurch das Ausmaß des Knalls im Kopf noch verstärkt wird. In (217) wird durch Beschreibung der Bilder die visuelle Wahrnehmung dargestellt, es entsteht somit ein mentales Bild der Verwüstung. Die emotionale Befindlichkeit der Menschen wird dabei durch die Beschreibung der Situation manifestiert. (216) D62: „‚Ich saß auf meinem Bett, als ich plötzlich einen lauten Knall hörte‘, sagte der 27-jährige Lin Chen, der etwa zehn Kilometer vom Explosionsort entfernt wohnt.“ (217) D77: „Amateurbilder zeigten einen Feuerball über dem Hafenviertel der Millionenmetropole. Häuser und Autos sind ausgebrannt, Bewohner des Hafenviertels haben ihre Wohnungen verloren und zahlreiche Menschen müssen in Krankenhäusern behandelt werden.“

Im folgenden Beleg wird die körperliche Befindlichkeit beschrieben, das instinktive Fluchtverhalten infolge der extremen Gefahrensituation und die damit verbundene Angst. (218) D62: „Er sei schnell auf die Straße gelaufen, um sich in Sicherheit zu bringen.“

In der deutschen Berichterstattung ist belegt, dass die Emotion des Mitgefühls durch eine Kombination aus emotionsbezeichnendem Lexem und enzyklopädischen Kenntnissen über eine dargestellte Handlung zum Ausdruck gebracht wird. In (219) etwa wird Mitgefühl vor allem durch das emotionsbezeichnende Lexem Mitgefühl expliziert und durch die päpstliche Handlung Franziskus betet für alle Betroffenen dargestellt. (219) D26: „Rom (dpa) – Papst Franziskus hat den Opfern der Explosionskatastrophe in der nordchinesischen Stadt Tianjin sein Mitgefühl ausgesprochen. Er bete für alle Betroffenen, sagte er auf dem Peterplatz in Rom.“

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6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

Den Emotionszustand in der Textwelt können die Rezipienten aus dem Textsinn erschließen. Textverstehen ist ein kognitiver Prozess, bei dem die Rezipienten durch ihre Kompetenz, insbesondere mithilfe des Titels eines Textes, die Kohärenz der Zuordnung der Emotionskategorien klassifizieren können (vgl. ibid.: 366). Im Korpus wird als Titel eines Berichts die NP Zerstörung, Wut und Trauer (D43) verwendet. Im Text wird über die Toten und Verletzten, die Bergungsarbeiten und die giftigen Stoffe und das anfängliche Schweigen bezüglich der vermissten Feuerwehrleute berichtet. Über die Informationen aus der Makrostruktur und dem Titel können die Rezipienten den Explosionen die Emotionen WUT und TRAUER zuordnen. Denn das Emotionspotenzial hängt auch von der Interaktion aller textzentrierten Informationen auf der Mikro- und Makrostrukturebene ab (vgl. ibid.). Emotionspotenzial wird in den Massenmedien implementiert, da die Emotionalisierung die Rezipienten beeinflusst. Implementiert wird es nicht durch die emotionsbezeichnenden Lexeme, sondern durch die Art und Weise, wie die zu berichtenden Informationen vermittelt werden (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 224). Die Emotionalisierung der Trauer kann auch durch die Hervorhebung von Toten, insbesondere von Helfern wie Feuerwehrleuten, zum Ausdruck gebracht werden. In (220) und (221) werden die Toten und Verletzten bis ins kleinste Detail spezifiziert. Bei der Erschließung der Emotionalisierung müssen die Leser aufgrund ihres enzyklopädischen Wissens den Schluss ziehen, dass die Explosionen eine große Zahl an Todesopfern gefordert haben, darunter viele Feuerwehrleute und Polizisten. (220) D50: „Die Bergungsarbeiten im Detonationsgebiet gehen schleppend voran. Noch immer werden nach Angaben des Staatsfernsehens 65 Menschen vermisst. Mehr als 670 Verletzte werden in umliegenden Krankenhäusern behandelt. Von 114 Toten wurden 101 identifiziert. Unter ihnen sind 53 Feuerwehrleute und sieben Polizisten.“ (221) D3: „Die Krankenhäuser in Tianjin waren überfordert von der großen Zahl an Verletzten. Bis zum Donnerstagabend waren mindestens 50 Tote zu beklagen, unter ihnen zwölf Feuer-wehrleute.“

6.5 Emotionspotenzial im chinesischen Teilkorpus

6.5

Emotionspotenzial im chinesischen Teilkorpus

6.5.1

Emotionsbezeichnung im chinesischen Teilkorpus

145

Die Emotion TRAUER kann explizit auf die Sachverhalte referenziert werden. Die Beschreibung schwer zu unterdrücken und anhaltend bezeichnet jeweils die Intensität und die Dauer der Trauer (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 69). Durch den Gedankenstrich wird die Emotion TRAUER auf die Handlung projiziert: Menschen huldigen den Helden, trauern um die Seelen der Toten und besänftigen die Verletzten. (222) C13: „此刻, 是悲恸难抑的萦回——人们在祭奠一座城市的英雄, 悼念亡灵 、抚慰伤者。“ Übersetzung: Im Moment herrscht schwer zu unterdrückende und anhaltende Trauer – Menschen huldigen den Helden, trauern um die Seelen der Toten und besänftigen die Verletzten.

Die Emotionen TRAUER und SCHMERZ sollen über Lexeme wie Schmerz, schmerzhaft und traurig im Korpus explizit ausgedrückt werden, wobei sich die Emotionen durch die persuasive Strategie „Hervorheben“ (Klein 1994:7) verstärken lässt. Die nach und nach aufgedeckten menschlichen Fehler als Quellen der Entrüstung rücken in den Hintergrund, sodass das Opfern von Helden hervorgehoben und die Emotion der Trauer über traurig intensiver dargestellt werden kann. (223) C13: „给这座城市造成巨大伤痛的大爆炸, 虽然事故的原因仍在调查之中, 但其背后已经逐渐暴露的人为因素让人悲愤不已, 而此种背景下, 英雄的牺牲尤 其让人扼腕悲痛。“ Übersetzung: Obwohl die Ursache des Unfalls immer noch untersucht wird, sind die Explosionen, die in der Stadt so viel Schmerz und Wut herbeigeführt haben, eine Quelle der Entrüstung wegen der menschlichen Fehler, die nach und nach aufgedeckt wurden, und unter solchen Umständen ist das Opfern von Helden besonders traurig und schmerzhaft.

In den chinesischen Berichten wird die Zuneigung unter den Beteiligten explizit dargestellt, die Emotion als Wärme bezeichnet. In (224) ist Wärme explizit belegt und referiert auf die Hilfe der Bürger. (224) C29: „事故发生后, 天津市民自发集结成为志愿者帮助伤者, 灾难面前满满 的温情让人们感受到温暖和力量。“

146

6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

Übersetzung: Nach dem Unfall versammelten sich die Bürger von Tianjin spontan und boten sich als Freiwillige an, um den Verwundeten zu helfen, sodass die von der Katastrophe betroffenen Menschen Wärme und Stärke spüren.

In chinesischen Medien wird zudem die Emotion STOLZ explizit zum Ausdruck gebracht. In (225) treten die emotionsbezeichnenden Lexeme stolz und traurig auf. Durch enzyklopädisches Wissen lässt sich erschließen, dass sich traurig auf die Explosionen bezieht und dass stolz auf den vorherigen Satz, d. h. die Arbeit der Freiwilligen referiert. Das stolz erscheint ein weiteres Mal im nachfolgenden Satz und bezieht sich direkt darauf (was jemand A macht, ist B), dass die Tianjiner auf ihren Posten geblieben sind. Insgesamt wird das emotionsbezeichnende Lexem stolz durch Bezug auf die Sachverhalte, die Arbeitsmoral und die Handlung der Freiwilligen explizit und implizit zum Ausdruck gebracht. (225) C77: „‚物资够了, 志愿者满了, 血库饱和了‘,‚谁说天津人只会嘻嘻哈哈, 在 最危难的时候, 每个人都挺身而出!‘这一天, 成为所有天津人悲伤而骄傲的一天。 让很多天津人骄傲的还有, 满目疮痍同时面临着未知风险的滨海新区, 并没有瘫 痪。这一天, 天津人坚守岗位。“ Übersetzung: „Materialien sind ausreichend vorhanden, es gibt viele Freiwillige, die Blutbank ist aufgefüllt“; „wer sagt, dass die Tianjiner nur reden können, hat unrecht“: In der gefährlichsten Situation haben alle gehandelt!“ An diesem Tag seien alle traurig, aber stolz. Was viele Tianjiner stolz mache, sei die verheerende und gleichzeitig mit unbekannten Risiken konfrontierte Binhai New Area, aber sie seien nicht gelähmt. An diesem Tag seien die Tianjiner auf ihren Posten geblieben.

Bezüglich der Arbeitsmoral wird von chinesischen Medien die Emotion RESPEKT im Titel eines Berichts explizit mit Ehrung ausgedrückt. (226) C38: „向消防、民警、所有一夜未眠的志愿者致敬“ Übersetzung: Ehrung für die Feuerwehr, die Zivilpolizei und allen über Nacht wach gebliebenen Freiwilligen

(227) C52: „那个冲向火场的背影, 向你致敬“ Übersetzung: Ehrung für den Menschen mit Rückgrad, der zum Feuer geht

6.5 Emotionspotenzial im chinesischen Teilkorpus

6.5.2

147

Emotionsdarstellung und Emotionalisierung im chinesischen Teilkorpus

In der chinesischen Berichterstattung wird die Emotionskategorie ANGST durch verschiedene Mittel dargestellt. Vor allem wird die Situation vor Ort mit Metaphern beschrieben, welche die Emotion der Rezipienten evozieren soll. In (228) werden durch die Metapher Fegefeuer auf der Erde die Explosionen de-realisiert. Der Transfer ins Irreale ermöglicht ein mentales Modell zur Verarbeitung des eigentlich emotional kaum zu Verarbeitenden. Es handelt sich um einen spezifischen kognitiven und emotionalen Bewältigungsversuch einer extremen Situation (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 56). (228) C67: „记者亲历天津滨海新区爆炸场: 人间炼狱“ Übersetzung: Reporter erlebt die Explosionen in Binhai New Area Tianjin vor Ort: Fegefeuer auf der Erde.

Über einen Vergleich lässt sich ein Gefühlszustand dadurch kodieren, dass die subjektive Empfindung in direkte Analogie zu einem anderen Referenzbereich gesetzt wird (vgl. ibid.: 359). Durch den Vergleich in (229) werden die Merkmale der Explosionen, Erschütterung und Qualm, mit den Merkmalen eines Erdbebens und einer Atombombenexplosion in Analogie gesetzt. Die Vergleiche spiegeln die Konzeptualisierung DIE GROSSEN UND SCHWEREN EXPLOSIONEN, mit der die verbundene Angst vor Explosionen dargestellt wird. (229) C60: „地震一般的冲击,类似‚蘑菇云‘的浓烟冲上几十米的高空, 这是亲眼 目睹爆炸的居民向记者描述最多的话。“ Übersetzung: Erschütterung wie beim Erdbeben, Qualm in Form einer ‚Pilzwolke‘ sei Dutzende Meter hoch in die Luft gestiegen; dies berichteten die meisten der Anwohner, die Augenzeugen der Explosionen waren, den Reportern.

Über den Vergleich in (230) und (231) werden die Explosionen im Bewusstsein de-realisiert, denn den Tod und das Ende der Welt kann man nicht erleben. Ausgedrückt wird damit die unfassbare subjektive Empfindung während der Explosionen. Das eigentlich emotional kaum zu Verarbeitende lässt sich durch den Vergleich verarbeiten (vgl. ibid.). In (230) stellen das emotionsbezeichnende Lexem trösten und das emotionsausdrückende nonverbale Mittel weinen intensiv die Emotion ANGST dar.

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6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

(230) C5: „目睹爆炸的一位网友说: ‚跟经历了一次生死一样, 我在安慰我妈的时 候自己止不住的掉眼泪。‘“ Übersetzung: Einer der Internetnutzer, der Zeuge der Explosionen war, sagte: „Nachdem ich einmal Leben und Tod erlebt hatte, konnte ich nicht aufhören zu weinen, als ich meine Mutter tröstete.“

(231) C61: „‚跟世界末日一样‘, 另一位李师傅说.“ Übersetzung: „Wie das Ende der Welt“, sagte ein anderer Meister Lee.

Im Korpus wird der Gefühlszustand über die Augenzeugendarstellung direkt vermittelt. Dabei wird auch die Situation vor Ort beschrieben und so die Emotion indirekt vermittelt. In (232) wird beschrieben, wie die Explosionen wegen der Erschütterung zuerst als Erdbeben aufgefasst worden sind, danach die Situation im Zimmer, als Erschütterung, Druckwelle und Sturm folgten. Die Situationsbeschreibung impliziert die emotionale Befindlichkeit ANGST, die durch das Gefühl und die Situationsbeschreibung gespiegelt wird. (232) C9: „‚第一感觉是地震了, 整个床都在抖。‘随之一股气流冲进卧室窗口, 窗 帘随之被高高掀起。三分钟后, 在公司值班的同事打来电话, 公司玻璃被冲击波 大面积震碎, 窗框被震歪。“ Übersetzung: „Das erste Gefühl war: ein Erdbeben, das ganze Bett wurde erschüttert.“ Ein gewaltiger Luftdruck sei durch das Fenster des Schlafzimmers eingedrungen, der Vorhang sei dabei angehoben worden. Nach drei Minuten habe der diensthabende Kollege aus der Firma angerufen, das Glas in der Firma sei von der Schockwelle geborsten, die Fensterrahmen seien durch die Erschütterung verbogen.

In (233) wird die Situationsbeschreibung aus der Perspektive des Reporters präsentiert. Durch die Beschreibung viele Menschen in Pyjamas auf den Straßen und die Schilderung des Augenzeugen, dass sie nach den Explosionen die Treppe hinunter gerannt seien, wird die Handlung der Menschen nach den Explosionen beschrieben – Furcht und Hast in der Nacht. Die Handlung spiegelt die emotionale Befindlichkeit ANGST, die in dieser Situation herrschte. Die Vorstellung des Augenzeugen, dass die Menschen davonrannten, spiegelt diese emotionale Befindlichkeit in der Masse. (233) C60: „凌晨零时左右, 记者在滨海新区的多条大街上看到众多穿着睡衣的 人。两个年轻人告诉记者, 他们住在天滨公寓, 公寓里有十几栋楼, 都是滨海新区 各个公司的员工宿舍, 爆炸发生后, 他们跑下楼.“

6.5 Emotionspotenzial im chinesischen Teilkorpus

149

Übersetzung: Gegen Nachmittag habe der Reporter viele Menschen in Pyjamas auf den Straßen von Binhai New Area gesehen. Zwei junge Leute hätten dem Reporter gesagt, dass sie in den Tianbin-Wohnungen wohnten. Die Gebäude enthielten mehr als ein Dutzend Wohnungen, in denen das Personal mehrerer Unternehmen wohnte. Nach den Explosionen seien sie die Treppe hinuntergerannt.

Im Vergleich zum deutschen Teilkorpus, wo die noch unbestimmten giftigen Chemikalien als Bedrohung für die Gesundheit und angstauslösend dargestellt worden sind, berichten die Reporter chinesischer Medien zwar auch von den noch nicht bekannten Chemikalien, lenken aber das Thema positiv auf die bevorstehenden Untersuchungen und evozieren so bei den Rezipienten das Gefühl SICHER. Durch Sachverhaltsdarstellungen können Reporter die Emotion bei den Rezipienten über die sprachliche Gestaltung einer Perspektivierung, die mit Emotionalisierung einhergeht, gezielt evozieren (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 224). In (234) wird über eine Unterbrechung der Löscharbeiten wegen unbekannter Chemikalien berichtet. Demgegenüber wird durch die positive Bewertung mittels eine klare Vorstellung und die Nennung der folgenden Schritte (Eingreifen des Umweltschutzamtes, Einsatz der Spezialeinheit, Pressekonferenz) das mentale Bild korrigiert, es wird vermittelt, dass die Arbeit zur Verbesserung der schlechten Situation dynamisch und transparent sei. Die positive Situationsbeschreibung soll ein sicheres Gefühl bei den Rezipienten evozieren und stellt somit ein Emotionspotenzial dar. (234) C55: „目前, 救援工作思路明确: 由于危化品数量内容存储方式不明, 暂缓 扑灭, 确定好具体方案再实施;密切关注环保监测, 派防化团进现场。据悉, 有关工 作小组下午4点30分将召开首场新闻发布会。“ Übersetzung: Zurzeit sind die Rettungsarbeiten von einer klaren Vorstellung geleitet: Aufgrund der unbekannten Lagerung gefährlicher Chemikalien wurde entschieden, dass die Löscharbeiten vorübergehend unterbrochen werden und ein spezifischer Plan implementiert werden muss. Eine Untersuchung der Umweltschutzbehörde folge unmittelbar, das Team zur Bekämpfung chemischer Substanzen werde zum Ort geschickt. Es sei bekannt, dass die Arbeitsgruppe um 16:30 Uhr ihre erste Pressekonferenz abhält.

In (235) wird durch die positive Situationsbeschreibung die Gefühlskonstruktion SICH SICHER FÜHLEN gesteuert. Im Text wird die distanzierte Ereignisdarstellung mit den Quellenangaben Xinhua News Agency, @ ChinasexklusiveBerichte mit der persuasiven Strategie „Bezug auf die Autorität“ (Klein 1994: 4) kombiniert; die Nennung der Autorität Wen Wundei, Direktor des Tianjin Environmental

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6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

Protection Bureau soll die Rezipienten überzeugen. Ferner wird die persuasive Strategie „Kontrastieren“ (ibid.: 7) bei der Inhaltsvermittlung verwendet (die meisten … Natriumcyanidfässer …, eine kleine Menge …) und die Strategien: direkte Bewertung (relativ stabil) sowie Faktenvermittlung (Cyanid in den Kontrollproben) eingesetzt. Dadurch entsteht das mentale Bild, dass die Umwelt durch die Explosionen nicht stark geschädigt sei, was wiederum beim Rezipienten das Gefühl SICH SICHER FÜHELN evozieren soll. (235) C69: „据新华社对外部‚@中国独家报道‘消息, 天津港危险化学品仓库爆炸 事故发生后, 爆炸现场存储的桶装氰化钠大部分保存完好,其中少量因爆炸冲击 发生泄漏。“ „天津市环保局局长温武瑞表示, 目前周边区域环境空气质量相对稳定, 在海河 闸口和渤海近海的监测取样也没有发现氰化物。“ Übersetzung: Laut Xinhua News Agency „@ Chinas exklusive Berichte“ wurden die meisten am Explosionsort gelagerten Natriumcyanidfässer gut aufbewahrt, eine kleine Menge von Leckagen ist aufgrund von Auswirkungen der Explosionen aufgetreten. Wen Wundei, Direktor des Tianjin Environmental Protection Bureau, sagte, dass die Luftqualität in den umliegenden Gebieten derzeit relativ stabil ist und Cyanid in den Kontrollproben an den Toren des Haihe-Flusses und des Bohai-Meeres nicht nachgewiesen wurde.

In den chinesischen Medien wird die Emotionskategorie TRAUER durch explizite Lexeme und implizite sprachliche Mittel dargestellt. In (236) werden der Vergleich und die Personifikation verwendet. Das Wasser im Krater wird mit Tränen der Trübsal verglichen, die körperliche Reaktion Tränen und das explizit emotionsbezeichnende Lexem Tränen sollen zusammen die Emotion TRAUER ausdrücken. Die Stadt Tianjin wird personifiziert, indem die Tränen als von ihr stammend betrachtet werden. Die Stadt selbst kann zwar keine Emotionen haben, doch wird auf diese Weise die Emotion der Menschen in der Stadt und der Rezipienten, nämlich Trauer, dargestellt. (236) C10: „事故第七日, 这个盈满了积水的大坑, 像一滴悲痛的眼泪凝固在四周 焦黑的土地上, 凝固成一座城市此刻的表情——今天是 ‚头七‘, 是逝者灵魂安息 的日子。“ Übersetzung: Am siebten Tag nach dem Unfall sammele sich das Wasser wie Tränen im Krater auf dem schwarzen, verbrannten Land und es verfestige sich im Moment zum Ausdruck der Mimik einer Stadt – heute ist „der erste siebte Tag“ und die Seelen der Toten ruhten an diesem Tag.

6.5 Emotionspotenzial im chinesischen Teilkorpus

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Die implizite Manifestation der Emotion kann auf die Naturbeschreibung referieren und der Blick auf die äußere Textwelt wird zum Spiegelbild des Gefühls, die emotionalen Zustände und Prozesse werden vermittelt (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 364). In (237) wird das Naturphänomen Regen als Metapher beschrieben. Der Zielbereich (Konzept 1: Regenwolke und der regnerische Himmel) ist wie der Ursprungsbereich (Konzept 2: bald weinen) bzw. hat Attribute (beide erzeugen Flüssigkeit) wie der Ursprungsbereich. Das Attribut weinen wird auf den Himmel und die Regenwolke übertragen. Als Ergebnis ergibt sich die Lesart, dass der Himmel traurig ist. Der Himmel und die Regenwolke werden in diesem Prozess personifiziert. Die emotionale Befindlichkeit TRAUER der Menschen wird durch die Beschreibung des Naturphänomens und die Konstruktion der Metapher zum Ausdruck gebracht. (237) C13: „8月18日上午9时, 天津滨海, 雨云低垂,天空欲哭。“ Übersetzung: 9 Uhr am 18. Aug., am Binhai in Tianjin hängt eine Regenwolke tief und der Himmel möchte bald weinen.

Die nonverbale Manifestation vermittelt den emotionalen Zustand (vgl. ibid.: 363). In (238) vermittelt das Prädikat wird um […] getrauert explizit die Emotion TRAUER. Aus der Emotion TRAUER heraus wird im Text explizit auf die nonverbale Manifestation Schweigen und Pfiffe referiert. (238) C13: „18日上午9时许, 天津港‚8·12‘特别重大火灾爆炸事故现场以鸣笛、 默哀等形式, 悼念在事故中不幸罹难的同胞。“ Übersetzung: Um 9 Uhr am 18. Oktober wurde am Ort der extremen Explosionen und Brände im Tianjin-Hafen „8/12“ in Form von Pfiffen und Schweigen um die Landsleute getrauert, die bei dem Unfall ums Leben gekommen sind.

Im Korpus liegt auch ein Bericht über ein elegisches Couplet3 vor (239), das ein hohes Emotionspotenzial enthält. Um es zu verstehen, muss man den Textsinn mithilfe der globalen Textkohärenzstruktur erschließen (vgl. ibid.: 366). Das Couplet drückt die Trauer um die verunglückten Feuerwehrleute aus. Im Text wird das Stadtviertel Binhai, in dem sich die Explosionen ereignet haben, personifiziert: Es singt und weint um die treue Seele. Die nonverbale Manifestation singen und weinen vermittelt die Emotion TRAUER. Der Textproduzent verwendet die treue Seele, die Jugendzeit, das heiße Blut und den Frühling des Lebens metonymisch, sie stehen für die verstorbenen Feuerwehrleute, deren Eigenschaften 3 Ein

elegisches Couplet ist ein chinesisches Gedicht zum Andenken der Toten.

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6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

jung und treu betont werden. Im Gegensatz dazu wird das Feuer metaphorisch als Monster verwendet, das ein negatives, menschenfeindliches Bild konzeptualisiert. Einen Kontrast bildet das sympathische Bild der Brandbekämpfer erneut durch die Eigenschaften jung und treu sowie durch ihre Tapferkeit. Zusammen mit der Emotion Trauer soll bei den Rezipienten also zugleich die Emotion SYMPATHIE evoziert werden. (239) C13: „青春热血洒疆场, 滨海长歌哭忠魂 锦绣年华降火魔, 凝然不惧佑滨海……“ Übersetzung: Die Jugendzeit und das heiße Blut werden auf dem Kampffeld verschüttet, Binhai singt einen langen Gesang und weint um die treue Seele. Der Frühling des Lebens bekämpft das Feuermonster, die Feuerwehrleute haben keine Angst und segnen Binhai.

Die Sachverhaltsbeschreibung, die nonverbalen Manifestationen (z. B. Weinen) und körperliche Reaktionen kodieren und vermitteln intensiv den emotionalen Zustand der Figuren (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 363). In (240) schreibt der Textproduzent über die Suche der Eltern eines Soldaten nach ihrem Sohn. Die schlichte Handlungsbeschreibung impliziert, dass die Eltern ihren verlorenen Sohn nicht finden können, und eine nonverbale Manifestation, das plötzliche Weinen, manifestiert intensiv ihre unfassbare Trauer. (240) C13: „8月15日晚, 天保大道中队牺牲战士宁宇的父母从四川赶到了儿子生 前战斗过的地方, 最后看一眼儿子生活过的痕迹。 夫妻二人先是来到食堂, 默默地在儿子平时吃饭的座位上坐了一会儿, 又到盥 洗室看了看儿子的洗漱用品, 最后来到了宁宇的房间, 母亲蒋明琼趴在儿子的床 上, 努力寻找儿子的气息。当她将头埋在宁宇的被子中时, 失声痛哭。“ Übersetzung: Am Abend des 15. August eilten die Eltern von Ningyu, einem verunglückten Soldaten der Tianbaodadiao Squadron, aus Sichuan zu dem Ort, an dem ihr Sohn zu Lebzeiten gekämpft hatte, und sahen schließlich die Spuren des Lebens ihres Sohnes. Das Paar kam zuerst in die Kantine, saß eine Weile ruhig auf dem Stuhl, auf dem sein Sohn zu Lebzeiten beim Essen gesessen hatte, ging dann ins Badezimmer, schaute auf die Badeartikel seines Sohnes und kam schließlich ins Zimmer von Ningyu. Die Mutter Jing Mingqiong lag auf dem Bett ihres Sohnes, suchte nach seinem Atem und als sie ihren Kopf in Ningyus Steppdecke vergrub, weinte sie stimmlos.

In (241) werden die körperliche Reaktion und die Handlung der Figur beschrieben: Er hörte … lange zu, langsam fing er an; zusammen mit der Erklärung, dass

6.5 Emotionspotenzial im chinesischen Teilkorpus

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er mit seinem linken Ohr nur noch schlecht hören könne, kann man die Inferenz ziehen, dass es ihm physisch nicht gut geht. Über die körperliche Reaktion stimmlos weinen wird vermittelt, dass er die Emotion zu unterdrücken versuchte, aber es misslang und es so stark und intensiv war, dass die Tränen wie Regen flossen. Darüber wird die Emotion TRAUER dargestellt. (241) C13: „爆炸冲击波让他左耳听力困难, 当记者问现在队里确认还有几人幸 存时, 他侧耳听了半天, 在慢慢地掰着手指头数到3之后, 就哽咽停住、泪如雨下 。“ Übersetzung: Die Schockwelle der Explosionen habe dazu geführt, dass er mit seinem linken Ohr nur noch schlecht hören könne. Als der Journalist ihn fragte, wie viele Personen in der Mannschaft überlebt hätten, bemüht er sich zuzuhören. Langsam habe er drei Finger angehoben, seine Stimme habe aufgehört, bis ihm die Tränen wie Regen geflossen seien.

Die Emotionskategorie TRAUER manifestiert sich im chinesischen Korpus wie im deutschen Korpus in der Darstellung der Sachverhalte. Durch die Angabe der Zahl der Opfer unter den Feuerwehrleuten und anderen Mitarbeitern werden die Explosionen als der schwerste Unfall in der Geschichte bewertet. Die auf den referenzierten Sachverhalt bezogene Bewertung sind die emotionale Einstellung (vgl. Schwarz-Friesel 2 2013: 86) und das Emotionspotenzial, also die darin eingebettete Trauer. (242) C62: „截至18日上午9时, 事故造成114人遇难, 其中已有83人身份确认, 包 括公安消防人员18人, 天津港消防人员32人, 民警6人, 其他人员27人。这是1949 年新中国成立以来消防官兵伤亡最为惨重的事件。“ Übersetzung: Bis zum 18. Aug., 9 Uhr sind 114 Menschen ums Leben gekommen, von denen 83 identifiziert wurden, darunter 18 Feuerwehrmänner, 32 Feuerwehrmänner im Hafen von Tianjin, 6 Zivilpolizisten und 27 weitere Mitarbeiter. Dies ist der schwerste Unfall unter den Feuerwehroffizieren und Soldaten seit Gründung des neuen China seit 1949.

Die Emotion TRAUER wird durch emotionsbezeichnende und emotionsausdrückende Lexeme vermittelt. In (243) wird durch das emotionsausdrückende Lexem weinend und das Lexem unbehaglich die Emotion der Krankenschwester (Trauer) ausgedrückt. Das emotionsbezeichnende Lexem traurig und das die PP unter Schmerzen, die eine taktile Wahrnehmung verbalisiert, sowie die Sachverhaltsdarstellung, nämlich der Tod der Feuerwehrleute, manifestieren die Trauer der Kollegen.

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Emotionspotenzial in der Berichterstattung

(243) C52: „一名护士哭着从急诊室走出, ‚看着消防员就这么走了, 难受‘。火场 内, 一名消防员悲痛地告诉记者, 事发时, 第一批进入火场的至少有19名消防员‘ 一开始没爆炸, 他们都进去了, 结果炸了。’ 刚才抬出去几个, 都没了。“ Übersetzung: Eine Krankenschwester sei weinend aus der Notaufnahme gekommen. „(Ich) schaue die Feuerwehrleute nicht an, (mir ist) unbehaglich.“ Ein Feuerwehrmann im Feuerwehrhaus erzählte Reportern traurig und unter Schmerzen, dass zum Zeitpunkt des Unfalls die erste Gruppe von mindestens 19 Feuerwehrleuten vor Ort eingetroffen sei. „Es war am Anfang noch nicht explodiert, alle gingen rein und dann explodierte es.“ Einige wurden gerade herausgebracht.

Im chinesischen Teilkorpus legen der Textproduzent Wert auf Authentizität, damit die Ereignisdarstellung auf die Rezipienten besser einwirkt und deren Sympathie und Mitgefühl evoziert wird. In (244) zitiert der Reporter die Gedanken des Feuerwehrmanns durch den Mund des Arztes. Schon bevor er sich seiner Arbeit nachgeht, weiß er, dass es todgefährlich ist, und geht dennoch zum Unfallort. Die Eigenschaften heldenhaft, tapfer und verantwortungsvoll spiegeln sich durch den Bezug auf Authentizität. Dadurch soll bei den Rezipienten die Emotion MITGEFÜHL evoziert werden. (244) C43: „泰达医院肾内科医生李青说有一个消防队员告诉他, ‚现场进去了有 可能就出不来, 可没有办法, 这就是我们的职责。‘“ Übersetzung: Li Qing, ein Nephrologe im TEDA-Krankenhaus, sagte, einer der Feuerwehrleute habe ihm gesagt: „Es ist möglich, dass wir nicht in der Lage sind, aus dem Ort wieder herauszukommen. Es gibt aber keinen anderen Weg. Das ist unsere Pflicht.“

In (245) wird durch Hintergrundwissen über die Feuerwehrleute die persuasive Strategie, auf „die regelhafte Beziehung“ (Klein 1994: 4) zu referieren, realisiert. Die Emotion LIEBE zwischen dem Feuerwehrmann und seiner Verlobten wird durch die relevanten Fakten, dass sie heiraten wollen und die Wohnung für die Hochzeit vorbereitet ist, sowie das explizite emotionsbezeichnende Lexem lieben dargestellt. Diese Emotion bildet einen Kontrast zu dem Teil der Realität, in dem der Feuerwehrmann seine Aufgabe durchführen muss, dies lebensgefährlich ist und er sterben könnte. So soll bei den Rezipienten die vom Textproduzenten intendierte Empathie evoziert werden. (245) C43: „一个塘沽的消防员将要结婚, 婚房都准备好了, 他去现场前给她的未 婚妻发去短信说: 我爱你, 如果我活着回来……“ Übersetzung: Ein Feuerwehrmann aus dem Gebiet Tanggu wolle heiraten, die Wohnung für die Hochzeit sei vorbereitet. Bevor er zum Unfallort gegangen sei, habe er

6.5 Emotionspotenzial im chinesischen Teilkorpus

155

eine SMS an seine Verlobte geschickt und gesagt: „Ich liebe dich, wenn ich lebend zurückkomme…“

In (246) erinnert sich der Verletzte an die Explosionen und zieht eine Analogie zu einer Szene im Krieg. Als Resultat entsteht ein mentales Bild wie das Folgende: eine extrem gefährliche Situation, Urknalle, fliegende Feuerbälle und Eisen als konkrete Dinge, die das Leben bedrohen, neben dem Feuer, das den ganzen Körper umgibt. Die Zerbrechlichkeit des Lebens der Menschen unmittelbar neben den Explosionen baut mit der Situationsbeschreibung einen Kontrast auf, womit Empathie für den Feuerwehrmann evoziert werden soll (Schwarz-Friesel 2 2013: 224). (246) C56: „‚就像是战争中的场面, 两声巨响前后相差不到10秒, 到处都是铁块和 火球在飞, 整个人瞬间被裹在火里。‘“ Übersetzung: „Es ist wie eine Kriegsszene, das Intervall zwischen den zwei lauten Urknallen beträgt weniger als 10 Sekunden. Überall fliegen Eisen und Feuerbälle, der ganze Körper ist sofort von Feuer umgeben.“

Das Emotionspotenzial eines Textes betrifft die kodierten Gefühle; dies wird durch eine perspektivierte Sachverhaltsdarstellung vermittelt (vgl. ibid.: 225). In (247) legt der Journalist den Fokus auf die blutige Feuerwehrbekleidung, indem er detailliert darüber berichtet, wo sich Blut auf den Feuerwehranzügen und den Stiefeln befand, wie viele Feuerwehranzüge betroffen waren und auf welche Weise sie zurückgelassen wurden. Mit der Darstellung wird der Rezipient aufgefordert, ein mentales Bild mit Inferenz zu erzeugen, das schwer verletzte Feuerwehrleute beinhaltet, um schließlich Mitgefühl zu erwecken. (247) C56: „今天清晨, 泰达医院门口的草地上, 还留着一件消防服: 袖口的血凝 成一片, 胸口的血已经变成黑紫色。医生说, 这是一位消防员被运来时扔下的。 医院急诊室后门, 一个大篓子里, 高高地堆了至少五件消防服。急诊室的一张床 下面, 还被人落下了一只消防靴, 上面是密集的血滴。“ Übersetzung: Heute am frühen Morgen lag auf dem Gras vor der Tür des TEDAKrankenhauses ein Feuerwehranzug. Verkrustetes Blut hing auf der Manschette, das Blut auf der Brust war schwarzviolett geworden. Der Arzt sagte, der Anzug wurde beim Transport des Feuerwehrmanns fallen gelassen. Ein großer Korb habe hinter der Hintertür der Notaufnahme gelegen, darin mindestens fünf Feuerwehranzüge. Unter einem Bett in der Notaufnahme wurden auch die Stiefel eines Feuerwehrmanns verstaut, viel Blut sei darauf gewesen.

156

6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

Das Gefühl WÄRME und die Emotion LIEBE werden im Korpus in Form von Metaphern ausgedrückt. Das Herz wird als Metapher für Liebe genutzt. Liebe ist ein prototypisches Konzept von GEFÜHL, es lässt sich mit der Metapher Herz assoziieren (vgl. Siahaan 2007: 40). In (248) wird von Menschen mit liebevollem Herzen eine Fahrzeugbesetzung gebildet. Das Herz wird als Sitz des Gefühls betrachtet. Das Adjektiv liebevoll, durch das die emotionale Einstellung kodiert wird, modifiziert weiter das Gefühl: Zuneigung zu den anderen. Dies erschließt sich aus dem Kontext, denn im Folgenden wird erklärt, dass die Fahrer die Verwundeten freiwillig mit dem Auto transportieren. (248) C29: „很多市民在救护车不够用的情况下, 自发组成爱心车队, 用自己的私 家车运送受伤人员。“ Übersetzung: Weil nicht genügend Ambulanzen zur Verfügung stehen, haben die Bürger mit liebevollem Herzen selbst eine Fahrzeugbesetzung gebildet, um die Verwundeten zu transportieren.

Auch in (249) wird das Herz metaphorisch gebraucht, hier jedoch, um die große Nächstenliebe der Sportvereinsmitglieder gegenüber den von den Explosionen betroffenen Menschen auszudrücken. Der Zielbereich (die Leute vom Sportverein brachten 300 Decken für die von den Explosionen betroffenen Menschen) bezieht sich auf den Ursprungsbereich (das liebevolle Herz). Die Eigenschaft der Ursprungsbereichs wird auf den Zielbereich übertragen mit dem Ergebnis, dass die Sportler Nächstenliebe praktizieren. Das Emotionspotenzial kommt somit zum Ausdruck. (249) C57: „天津体育界为爆炸事故民众奉献爱心: 我们和你们一起 天津滨海新区爆炸事故发生后, 天津体育界人士14日来到滨海新区仓库爆炸临 时安置点, 为那里的群众送去300条毛巾被, 以解燃眉之急。“ Übersetzung: Die Sportgemeinschaft von Tianjin widmet sich mit liebevollem Herzen den von den Explosionen betroffenen Leuten: Wir stehen zu euch. Nach den Explosionen in der neuen Zone Binhai von Tianjin kamen die Leute aus dem Sportverein in Tianjin zu den provisorischen Siedlungen und brachten 300 Decken für die Menschen mit, um die Not zu lindern.

WÄRME wird im Korpus auf den Sachverhalt, also das Angebot von Unterstützung, bezogen und über die Hilfeleistungen der Bürger wird spezifiziert berichtet. In (250) referiert die Blutspende auf die Hilfe. In (251) tritt das Lexem berührt auf, das auf die Unterstützung bezogen ist, die Fremden in der eigenen Wohnstätte

6.5 Emotionspotenzial im chinesischen Teilkorpus

157

übernachten zu lassen. Das Emotionspotenzial kommt sowohl über die Referenz auf die konkrete Hilfe als auch über die Darstellung des Gefühls zum Ausdruck. (250) C29: „目前已经有上百人报名献血。“ Übersetzung: Es gibt auch über hundert Bewohner und Einheiten in der Nähe, die sich gemeldet haben, um Blut zu spenden.

(251) C29: „在采访中, 还有一幕让记者深深感动, 一户居住在附近的住户, 在事 故发生后, 立即带着孩子前往开发区二小进行紧急避难。在那里, 志愿者们看到 这家的孩子太年幼, 马上就把这一家人带到家中留宿。“ Übersetzung: Es gab eine Szene beim Interview, die den Reporter tief berührt hat. Nach dem Unfall brachte eine Familie, die in der Nähe wohnte, ihr Kind in die zweite Schule der Entwicklungszone zur Notevakuierung. Dort sahen Freiwillige, dass das Kind zu klein war und ließen die Familie in ihrem Zuhause übernachten.

Ferner wird die Sorge für die Bevölkerung und die Rettungshelfer in chinesischen Medien explizit und implizit angezeigt. In (252) und (253) werden die metaphorischen Ausdrücke der Verlust schmerzt das Herz […] der Menschen und betet das Herz […] für die Stadt verwendet, um die Sorge der Menschen um die Verwundeten und die Stadt darzustellen. Phrasen wie das Herz zieht, das Herz betet sind mit dem Organ inkompatibel, womit das Herz metaphorisch als Sitz der Sorge interpretiert wird. In (252) wird explizit ausgedrückt, dass das Herz sich Sorgen für die Mitarbeiter und die Freiwilligen macht. Das Lexem auch ergibt eine Implikatur in (252) und es implikatiert dass die zuvor erwähnte Handlung, dass das (so personifizierte) Herz aller Menschen betet, ebenfalls eine Form der Sorge ist. (252) C11: „13日5时许, 郭声琨抵达天津后, 立即来到现场察看情况。他说, 这起 事故造成重大人员伤亡, 牵动着中央领导同志和社会各界的心。“ Übersetzung: 5:13 Uhr: Als Guo Shengkun in Tianjin ankam, begab er sich sofort vor Ort, um die Situation zu begutachten. Er sagte, der vom Unfall verursachte Verlust ziehe am Herzen der Genossen der zentralen Führung und der Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft.

(253) C48: „这一夜, 所有人的心, 为津城、为滨海而祈祷, 也为冲在一线的消防 官兵、公安战士、医护人员、普通志愿者而牵挂……“ Übersetzung: Diese Nacht betet das Herz aller Menschen für die Stadt Tianjin und den Binhai-Hafen, sie machen sich auch Sorgen für die an den Unfallort

158

6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

geeilten Feuerwehrleute, Soldaten, Mitarbeiter des Gesundheitswesens, normalen Freiwilligen …

Die Emotion SORGE (um die Betroffenen) wird im Korpus durch Referenz auf die Handlung dargestellt (vgl. Schwarz-Friesel 2017: 366). In (254) wird die Emotion SORGE seitens der Politiker durch die Beschreibung der Handlungen (besuchen, fragen, bitten) angezeigt. Das emotionsbezeichnende Lexem besorgt bezeichnet explizit die Emotion SORGE (vgl. Schwarz-Friesel 2013: 144). (254) C39: „郭声琨还来到医院, 看望正在接受救治的受伤人员, 关切询问伤情和 救治情况, 嘱托医护人员一定要精心施救, 确保受伤人员得到最好、最及时的治 疗, 尽最大努力减轻他们的痛苦, 使他们早日康复。“ Übersetzung: Guo Shengkun kam auch ins Krankenhaus, um die Verwundeten zu besuchen, und erkundigte sich besorgt nach der Verletzung und der Behandlung. Die ärztlichen und pflegenden Mitarbeiter bat er, die Verwundeten bestmöglich und schnell zu behandeln und ihr Bestes zu geben, um ihr Leiden zu lindern, damit sie sich bald erholen.

6.6

Kontrastive Auswertung

Gemeinsamkeiten: 1. In beiden Ländern werden emotionsbezeichnende Lexeme verwendet. Bei der Emotionsdarstellung werden die Emotionen ANGST und TRAUER durch verschiedene Referenzialisierungen umgesetzt. Die Emotionalisierung in Richtung Mitleid mit den Feuerwehrleuten wird in beiden Korpora durch persuasive Strategien unterstützt. Unterschiede: 1. Die typischen emotionsbezeichnenden Lexeme in deutschen Medien sind Angst (vor den giftigen Stoffen) sowie die Sorge darum, die Wut (der Familienangehörigen der Opfer). Dagegen werden im chinesischen Korpus die emotionsbezeichnenden Lexeme Trauer, Wärme und Stolz benutzt, die die Emotionen TRAUER, WÄRME und STOLZ zugeschrieben werden können. 2. Die Emotionskategorie ANGST wird in den deutschen Medien durch die Konzeptualisierung der Katastrophe aufgezeigt, besonders die Berichte über die Wahrnehmung der Menschen skizzieren ein Horrorbild, das durch Metaphern

6.6 Kontrastive Auswertung

3.

4.

5.

6.

159

und Vergleiche, die die Gefühle der Augenzeugen wiedergeben, dargestellt wird. Sowohl Metaphern als auch Vergleiche lassen die Situation vor Ort (giftige Stoffe in der Umgebung) und ein de-realisiertes Gefühl darstellen, sodass das Gefühl der Vulnerabilität der Lebenswelt intensiv fokussiert wird. Die reine Situationsbeschreibung von Tianjin manifestiert die emotionale Befindlichkeit der Menschen, besonders die Ungewissheit über die Chemikalien, die am Unglücksort gelagert wurden. In den chinesischen Medien wird die ANGST durch die Konzentration auf die Wahrnehmung der Menschen detailliert dargestellt. Die Verwendung von Metaphern und Vergleichen de-realisiert wie in deutschen Medien die Lebenswelt im Bewusstsein und vermittelt so ein Gefühl von den Explosionen. Die Beschreibung der Szenerie vor Ort manifestiert auch die ANGST. Im chinesischen Teilkorpus gibt es keine Angstdarstellung, die durch Berichte über Giftstoffe im Wasser und in der Luft herbeigeführt würde. Im deutschen Teilkorpus erfolgt dies jedoch und zwar durch die Hervorhebung der Zahl der Opfer unter den Feuerwehrleuten. Die Emotionskategorie WUT wird in deutschen Medien besonders über die Reaktion der Familienangehörigen dargestellt. Handlungen wie beklagen, Aufklärung und Respekt fordern vermitteln einen Eindruck von der Wut der Familienangehörigen und ihren Wunsch nach Ermittlung der Ursache und nach Entschädigung. Außerdem stellen Metaphern wie die Leute im Dunkeln lassen und die Grippe im Kindergarten die Wut der Bürger über das viel zu späte Informieren durch die Behörden und das Tempo der Verbreitung dieser Emotion dar. Im chinesischen Teilkorpus ist nur ein einziges Mal das emotionsbezeichnende Lexem Wut belegt, das sich direkt auf die Ursache für die Explosionen bezieht. Die Emotion TRAUER wird in deutschen Berichten über die Mütter der Brandbekämpfer ausgedrückt, wobei ihre psychische Gesundheit, ihre Tränen, ihren Wunsch, die verlorenen Söhne zu sehen, sowie ihre körperlichen Reaktionen, die diesen Wunsch widerspiegeln, im Zentrum stehen. Die Berichte über ihr Schweigen und ihre Sprachlosigkeit manifestieren auch den emotionalen Zustand, das intensive Leid der Betroffenen. Die Emotion TRAUER wird von chinesischen Medien vielfältiger dargestellt. TRAUER wird zuerst über die Personifizierung der Stadt Tianjin zum Ausdruck gebracht, weiter durch die Beschreibung der Umgebung von Tianjin, durch weinen der Personen aus verschiedenen Kreise der Gesellschaft, einschließlich der Mütter der Opfer, der Krankenschwestern und der Kollegen der Feuerwehrleute. Auch andere körperliche Handlungen, wie die Suche einer Mutter nach den Spuren ihres toten Sohnes oder der Versuch, die Emotionen zu

160

6

Emotionspotenzial in der Berichterstattung

unterdrücken, stellen die Trauer der Betroffenen dar. Das Gedenken der Toten zum Beispiel in Form von Schweigen oder Pfiffen sowie ein elegisches Couplet gehören zur offiziellen Form der Trauer. Die emotionale Einstellung, man habe es mit dem schwersten Unfall in der Geschichte zu tun, sowie die persuasive Strategie der Emotionalisierung, die Trauer der Menschen mit einem Verbrechen zu kontrastieren, bringen diese Emotion zum Ausdruck. 7. In den chinesischen Texten wird stärker versucht, auch die Rezipienten zu emotionalisieren. Die Autoren versuchen, über die persuasive Strategie des Bezugs auf Authentizität, die Pflichttreue der Helfer und ihren Mut in einer extrem gefährlichen Situation darzustellen. Über die persuasive Strategie des Bezugs auf eine regelhafte Beziehung wird Hintergrundwissen über die Feuerwehrleute vermittelt, um Empathie auszulösen. Dem dient auch die perspektivierte Sachverhaltsdarstellung von blutiger Feuerwehrbekleidung. 8. Es gibt auch andere positive Emotionen, die in chinesischen Medien dargestellt werden, z. B. Nächstenliebe, die Fürsorge und der Stolz auf die Arbeit(smoral). Die Nächstenliebe und die Fürsorge werden über die Handlungsdarstellung der Hilfe der Freiwilligen, die Spenden sowie den Besuch der Verletzten dargestellt. Außerdem spielt die Metapher Herz eine wichtige Rolle bei der Emotionsdarstellung, sie vermittelt die Emotion der LIEBE und der SORGE. Der Stolz auf die Arbeitsmoral wird zum Ausdruck gebracht, indem das emotionsbezeichnende Lexem Stolz explizit auf den Umstand und die Intensität der Arbeit der Helfer in verschiedenen Bereichen referiert.

7

Text und Bild

Für die Berichterstattung und Inszenierung ist nicht nur Text, sondern auch das Bild relevant – insbesondere auch zur Unterstützung textuell erzeugter mentaler Bilder. Auch wenn es Ansätze gibt, Bilder verstärkt einzubinden (iconic turn), werden in der Linguistik mangels linguistischer Bildtheorien in erster Linie Bild- und Textbeziehungen untersucht (Diekmannshenke/Klemm/Stöckl 2011; Stöckl 2004; Gaede 1992). Verstärkt wird die Bedeutung des Bildes resp. die Beziehung zwischen Bild und Text in der Werbung betrachtet, da sie persuasive Strategien unterstützen können (Fährmann 2006; Janich 4 2005). In Pressetexten werden Bilder, Comics, Emojis sowie Videos verwendet, die als Teil der Texte verstanden werden. Burger/Luginbühl vertreten dabei die Ansicht, dass „für die Beschreibung von Medienprodukten […] ein erweiterter Textbegriff erforderlich [ist], der auch die Relationen der sprachlichen Zeichen zu den anderen verwendeten semiotischen Systemen einschließen muss“ (Burger/Luginbühl 2014: 407).

7.1

Semantische Beziehung zwischen Text und Bild in Pressetexten

Besonders zu beachten ist, dass Bilder in Pressetexten eine interaktionale Rolle gegenüber dem Text spielen, Bilder stehen in einer semantischen Beziehung zum Text. Burger/Luginbühl (vgl. 2014: 427–432) unterscheiden drei Arten der semantischen Beziehung zwischen Texten und Bildern in Pressetexten:

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021 Q. Ruan, Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62740-2_7

161

162

7 Text und Bild

1) Redundante Beziehung: Hierbei bietet das Bild die gleichen Informationen wie der Text.1 Der typische Fall dafür sind Nachrichtenbilder, die beispielsweise den Moment zeigen, an dem der Polizist den Attentäter ergreift, oder einen Staatsbesuch, bei dem sich zwei Politiker die Hände schütteln (vgl. ibid.: 427). 2) Komplementäre Beziehung: Komplementär heißt, dass sich Bild und Text gegenseitig ergänzen, das Bild veranschaulicht die Informationen, die der Text vermittelt (aber nicht sämtlich enthält), wie es etwa bei Berichten zu einem Krieg oder einer Katastrophe üblich ist. Dabei können weder die Bilder das gesamte Geschehen präsentieren, da das einzelne Bild immer nur einen konkreten Aspekt zeigt, noch vermittelt der Text im Regelfall das Gesamtgeschehen, sondern bietet vor allem abstrakte Informationen, die die Bilder nicht zeigen können (vgl. ibid.: 427). Im Folgenden ist ein typisches Beispiel, das die Komplementarität und die jeweiligen Stärken verdeutlicht. (Off:) „Auf der indonesischen Insel Sulawesi wird die Not immer größer. Nach der TsunamiKatastrophe bricht jetzt auch noch ein Vulkan aus. Ständig werden neue Leichen geborgen. Die Überlebenden sind verzweifelt“ (shz.de, 2019-03-02, 18:23)

(shz.de, 2019-03-02, 18:23). Bilder, die in dieser Arbeit zur Analyse dienen, sind Screenshot der jeweiligen Webseite.

3) Rhetorische Beziehung: Bei der rhetorischen Beziehung zwischen Text und Bild lassen sich verschiedene Typen unterscheiden (vgl. Burger/Luginbühl 2014: 431): Teil-Ganzes, Ursache-Wirkung, Autor-Werk usw. Dies sei exemplarisch an einem Bericht über einen Tsunami in Indonesien verdeutlicht: 1 Burger/Luginbühl (vgl. 2014: 427) weisen darauf hin, dass „gleich“ wegen der unterschiedlichen semiotischen und semantischen Qualität von Text und Bild nur ‚möglichst annähernd gleich‘ bedeutet.

7.2 Pragmatische Beziehung …

163

Während der Text den Einfluss des Tsunamis auf Tourismus und Politik beschreibt „Nach Terroranschlägen und Vulkanausbrüchen durchkreuzt die jüngste Erdbeben-Katastrophe Indonesiens Wachstumspläne im Tourismus. Das könnte auch für den Präsidenten zum Problem werden“, zeigt das Bild zerstörte Häuser.

(Frankfurter Allgemeine, 2019-03-02, 18:27)

7.2

Pragmatische Beziehung zwischen Text und Bild in Pressetexten

Das Bild hat neben einer semantischen auch eine pragmatische Beziehung zum Text. Das heißt, das Bild übt eine bestimmte Funktion im Text aus. Mit Burger/Luginbühl (2014: 439) gehören dazu: a) Authentizität: Mit der wörtlichen Bedeutung heißt dies, dass das Bild beweist, was der Text vermittelt. Burger/Luginbühl weisen darauf hin, dass dies für auch informierende Texte gilt. Der Journalist fügt seinem Bericht ein entsprechendes Bild bei, wenn der Text explizit beschreibt, was das Bild darstellt. Das Bild macht den Rezipienten bewusst, was der Text sagt, und natürlich weckt das Bild wie eine Überschrift auch Aufmerksamkeit (vgl. ibid: 440). Beispiel: In dem Artikel Fall Amri wird im Bundestag untersucht

164

7 Text und Bild

(Zeit Online, 2019-03-02, 18:33) zeigt das Bild den zerstörten Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin. Die Bildunterschrift lautet Der Ort des Anschlags vom Dezember 2016, der abgebildete zerstörte Weihnachtsmarkt beweist die Tat des Terroristen Amri und ruft den Anschlag ins Gedächtnis der Rezipienten.

(Zeit Online, 2019-03-02, 18:33)

b) Aktualität: Der Wert eines Bildes in Bezug auf die Aktualität liegt darin, dass es abbildet, was gerade vor Ort passiert. Beispiel: Nach einem Terroranschlag sperrt die Polizei die Straße und bearbeitet den Fall vor Ort (vgl. ibid.: 441).

(SZ.de,2019-03-02, 18:37)

7.2 Pragmatische Beziehung …

165

C) Wecken von Interesse (Emotion): Eine zentrale Funktion emotionalisierender Bilder ist, Interesse zu wecken: „Emotionalisierende Bilder [können] das Interesse an dem im Text Gesagten wecken oder steigern“ (Burger/Luginbühl 2014: 441). Beispiel: Das folgende Bild zeigt die Mimik eines Polizisten (lachendes Gesicht) und die Interaktion mit dem Verkleideten. Im Hintergrund der zwei Personen kann man sehen, dass viele Leute an die Absperrung drängen. Der Text dazu: Der Gouverneur Andrew Cuomo rief die Bewohner der Stadt auf: „Seien Sie New Yorker! Leben Sie Ihr Leben, lassen Sie Ihr Leben nicht von anderen bestimmen.“ Dem Aufruf folgten viele – und nahmen wenige Stunden später nur zehn Gehminuten vom Anschlagsort an der Halloween-Parade teil.

(SZ.de, 2019-03-02, 18:47)

d) Interdependenz von Text und Bild: Falls ein inter-dependentes Verhältnis eines Bildes zum Text vorliegt, hat das Bild die Funktion der Ironie oder Relativierung. „[D]abei ist es in der Regel das Bild, das das im Text Gesagte in irgendeiner Weise in Frage stellt, relativiert, ironisiert.“ (vgl. Burger/Luginbühl 2014: 442) Die Funktion der ironischen Bewertung wird in der Korpusanalyse empirisch bewiesen.

166

7.3

7 Text und Bild

Kognitive Bedeutung der Bilder in Pressetexten

An der semantischen und pragmatischen Beziehung zwischen Text und Bild ist zu erkennen, dass mit einem Bild ein Inhalt auf eine Weise vermitteln kann, den man mittels Sprache nicht mit vergleichbarer Wirkung (ergänzen, evaluieren, beweisen etc.) darstellen kann. Kroeber-Riel/Weinberg (vgl. 2003) sind der Auffassung, dass Bilder im Gehirn anders als Sprache verarbeitet werden und Bilder in anderer Weise wirken auf das Verhalten als sprachliche Informationen. Fährmann (2006: 47) stellt diesbezüglich fest: „Angenehme Bilder erzeugen ein angenehmes Wahrnehmungsklima“ und „beeinflussen die kognitive Beurteilung.“ Man kann somit annehmen, dass nichtkonträre Bilder zu Pressetexten, die über eine unangenehme Sache, beispielsweise eine Katastrophe, berichten, ein unangenehmes Wahrnehmungs-klima oder Gefühl wecken und bei den Rezipienten eine negative Bewertung davon bewirken. Wird zum Beispiel ein Foto von einem Terroranschlag betrachtet, hat dies in der Regel ein unangenehmes Gefühl bzw. Erschrecken und ebenfalls eine negative Beurteilung der Tat zur Folge. Auch die in Bildern enthaltenen Farben spielen haben einen Einfluss auf die Emotionalisierung (vgl. ibid.: 47), denn Farben beeinflussen unsere Objektwahrnehmung. Schneider (2016: 58) vertritt die folgende Auffassung: „Viele Farben sind im Gehirn mit Gegenständen bzw. Formen verbunden, so dass die Wahrnehmung dieser direkt auf eine Form und im zweiten Schritt auf einen Gegenstand schließen lässt.“ Das heißt, eine bestimmte Farbe kann uns einen bestimmten Gegenstand und seine Form assoziieren lassen. Sieht man beispielsweise die Farbe Orange, könnte man etwa an eine Orange denken. Aber auch andere Objekte, die diese oder eine andere typische Farbe aufweisen, können durch ihre Farbe assoziiert werden. In der Bildgestaltung können die Nachbearbeitung oder perspektivierte Fotografien, die überhaupt eine bestimmte Farbe zeigt, unsere Wahrnehmung für einen Gegenstand oder die Szene einer Sache beeinflussen. In diesem Zusammenhang spricht Schneider (vgl. 2016: 58) davon, dass Farben eine emotionale Assoziation bewirken, weil sie mit in unserem Gehirn gespeicherten Erfahrungen in Verbindung stehen. Wie eine Farbe unsere Wahrnehmung und emotionale Assoziationen beeinflusst, hängt einerseits vom kollektiven Wissen, andererseits von den individuellen Erfahrungen ab. „Zwei Sphären des Unterbewusstseins haben aktiv teil an der affektiven Wahrnehmung von Farben. Einerseits das kollektive Unbewusste und andererseits das individuelle Unbewusste. Ersteres wird als in jedem Menschen wirksam angenommen.“ (Seebohn 2000: 483) Die folgende Tabelle zeigt die Zuordnung von Farbe und Gefühl nach Schneider (2016: 59; vgl. Heller 1989).

7.4 Bilder zur Konzeptualisierung …

167

Rot

die Liebe, die Erotik, die Leidenschaft, die Wut/der Zorn, die Aggressivität, die Sexualität, die Hitze, die Gefahr, die Energie, die Begierde, das Verbotene, die Verführung, die Nähe, die Aktivität

Blau

die Ferne, die Kühle, das Vertrauen, das Männliche, die Sportlichkeit, die Harmonie, die Sympathie, die Treue

Grün

das Giftige, die Erholung, die Hoffnung, das Beruhigende, das Natürliche, die Lebendigkeit, das Herbe, das Gesunde, die Jugend, die Ruhe

Gelb

die Eifersucht, der Neid, der Geiz, die Verlogenheit

Braun

die Faulheit, das Altmodische, die Gemütlichkeit, das Biedere, das Spießige, das Aromatische, das Mittelmäßige, das Angepasste, das Unsympathische

Schwarz das Böse, die Magie, die Macht, das Schwere, die Brutalität, das Harte, die Leere, das Konservative, der Lärm, das Verbotene Weiß

die Reinheit, die Unschuld, die Neutralität, die Wahrheit, das Gute, die Ehrlichkeit, das Leichte, das Salzige, die Frömmigkeit, das Zarte, das Neue, die Funktionalität, das Leise, die Sachlichkeit

Silber

die Schnelligkeit

Gold

das Treue, die Pracht

7.4

Bilder zur Konzeptualisierung der Katastrophe im deutschen Teilkorpus

(B-D-1: D3)

168

7 Text und Bild

(B-D-2: D3)

Bild D-1 trägt den Untertitel Wie in einem Endzeit-Film: Die Explosion hat sich viele Kilometer weit ausgewirkt. Es wurde aus einer geringeren Distanz aufgenommen. Das Bild stellt die Zerstörung einer Straße in Tianjin dar. Endzeit-Film ruft Assoziationen wach, dass die menschliche Zivilisation zerstört wird und es kein Leben auf der Erde mehr gibt. Das Bild D-2 mit dem Untertitel Rauch steigt auf über dem Frachthafen von Tianjin wurde aus der Vogelperspektive fotografiert. Außerdem sind ausgebrannte Autos, unzählige durcheinanderliegende Container, verbrannte Gegenstände und Smog über der Stadt zu erkennen. Der Untertitel beschreibt einen Teil dessen, was das Bild darstellt, und macht den Rezipienten dies bewusst. Das Bild fungiert in Zusammenhang mit der Bildunterschrift als Beweis für den im Text dargestellten Sachverhalt. Der darin enthaltene Farbton Schwarz (vor allem links unten) weist auf die Brutalität der Explosionen hin. Insgesamt stellen die Bilder D-1 und D-2 mit dem Untertitel anschaulich die starke Zerstörung dar und geben somit eine negative Bewertung der Explosionen wieder. Außerdem schürt der Farbton Schwarz im Bild D-1 und D-2 Angst.

7.4 Bilder zur Konzeptualisierung …

169

(B-D-3: D4)

(B-D-4: D56)

170

7 Text und Bild

Bild D-3 zeigt uns mit dem Untertitel Verwüstung soweit das Auge reicht: Unzählige Autos gerieten durch die Explosion in Brand durch die Explosionen ausgebrannte Autos. Ins Auge sticht die Vielzahl der schwarzen, völlig zerstörten Autos. Das Bild zeigt authentisch, was der Text vermittelt, das Lexem Verwüstung im Untertitel enthält eine negative Bewertung dazu. Mit unserem enzyklopädischen Wissen gehen wir davon aus, dass Autos wertvolle Gegenstände sind. Dies führt zur Inferenz, dass die Explosionen einen großen wirtschaftlichen Schaden angerichtet haben. Bild D-4 ist mit Nahe der Unglücksstelle in der ostchinesischen Stadt Tianjin werden abertausende tote Fische in einem Fluss ans Ufer gespült untertitelt. Auf den ersten Blick fallen die zahlreichen toten Fische ins Auge. Durch den Untertitel zieht man die Inferenz, dass die Explosionen, die auch den Fluss betreffen, der Umwelt so geschadet haben, dass viele tote Fische am Ufer liegen. Mit enzyklopädischem Wissen und Inferenz lässt sich aus Bild D-3 und Bild D-4 ableiten, wie stark die Explosionen waren und welche Folgen für Wirtschaft und Umwelt sie nach sich gezogen haben.

(B-D-5: D40)

7.4 Bilder zur Konzeptualisierung …

171

(B-D-6: D40)

Der Bild D-5 beigefügte Text lautet: Natriumcyanid ist ein weißliches Pulver, das beim Einatmen, Verschlucken und bei Kontakt mit der Haut innerhalb kurzer Zeit tödlich sein kann. Natriumcyanid wird in der Bergbauindustrie zur Gewinnung von Gold eingesetzt. Bild D-5 ist eine Nahaufnahme, damit man das Gesicht des Soldaten sehen kann, denn er trägt eine Gasmaske. Das Bild steht in rhetorischer Beziehung zum Text, es fordert die kognitive Fähigkeit, die zwei Aspekte zu verbinden. Im Text wird vermittelt, dass Natriumcyanid für Menschen tödlich ist. Aus dem Foto erschließt man, dass es in der Nähe der Explosionsorte Giftstoffe, vermutlich Natriumcyanid geben könnte, sodass die Fachkräfte im Einsatz einen besonderen Schutz benötigen. Diese durch Bild und Text kodierte Situationsdarstellung bewertet einerseits die gefährliche Lage und andererseits kann die dargestellte gefährliche Situation Angst bei den Rezipienten hervorrufen. Im Bild D-6 ist zu sehen, wie ein Mann mit Schutzhelm und Gasmaske in geduckter Haltung laufend Tüten trägt. Dadurch zieht man die Inferenz, dass er in eine gefährliche Situation geraten ist. Der Text zu Bild D-6 lautet: „Aus diesem Grund hatte die Regierung die Bewohner in den angrenzenden Stadtgebieten aufgefordert, ihre Wohnungen zu verlassen. ‚Ich kann sicher sagen, dass es keinen zusätzlichen Schaden für die Bevölkerung geben wird‘, versicherte der Stabschef der Volksbefreiungsarmee in der Region Peking.“ Das Bild steht in rhetorischer Beziehung (Ursache-Wirkung) zum Text. Aus dem Text erschließt man, dass das Wohngebiet kontaminiert sein könnte, weshalb es der Mann verlassen musste. Außerdem visualisiert das Bild einen einzelnen Mann, der in einer gefährlichen Situation so viele Sachen trägt, dass sein Rücken gebogen ist, wodurch Sympathie bei den Rezipienten ausgelöst werden soll.

172

7 Text und Bild

(B-D-7: D78)

(B-D-8: D78)

Im Bild D-7 wird in Nahaufnahme der leidende Gesichtsausdruck eines Mannes deutlich dargestellt. Die Bildunterschrift lautet: 520 Menschen wurden mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht, 66 schweben in Lebensgefahr. Das Foto bildet einen Teil dessen ab, was der Text aussagt. Dadurch, dass der Mann wegen seiner physischen Schmerzen sein Gesicht verzieht, wird seine taktile Wahrnehmung vermittelt. Aus dem Foto und der Bildunterschrift lässt sich ableiten, dass viele weitere Menschen einen ähnlichen oder sogar noch viel größeren Schmerz erleiden müssen. Die daraus dekodierte Wahrnehmung des Leids der Menschen

7.4 Bilder zur Konzeptualisierung …

173

deutet auf eine negative Emotion der Verletzten hin und kann auch dazu beitragen, die Rezipienten das Leid der Betroffenen erleben zu lassen und dadurch Angst auszulösen. Bild D-8 stellt dar, dass Menschen sich in einem Zelt aufhalten und ein Mann eine Maske trägt. Untertitelt ist das Foto mit den Worten Der Schock und die Strapazen sind den Bewohnern von Tianjin anzusehen. Während das Bild anschaulich die Szene präsentiert, vermittelt der Text die Gefühle der Menschen (der Schock und die Strapazen). Durch das Bild mit der konkreten Szenedarstellung werden die Gefühle und das emotionale Leid der von den Explosionen Betroffenen veranschaulicht, Text und Bild stehen in einer komplementären Beziehung. Durch die Darstellung der einfachen Leute soll das Bild die Emotion SYMPATHIE wecken.

(B-D-9: D40)

174

7 Text und Bild

(B-D-10: D78)

Der Untertitel zum Bild D-9 lautet: Die Familien der Vermissten sind empört, schimpfen auf die Behörden, stürmten sogar eine Pressekonferenz in einem Hotel. Sie fordern, über den Verbleib ihrer Angehörigen informiert zu werden. Zu sehen ist im Zentrum von Bild D-9 eine weinende Frau, die ein Plakat hält, ihr Mund ist geöffnet. Durch ihre Körperhaltung und den Gesichtsausdruck kommen die Emotionen TRAUER und WUT zum Ausdruck. Die Leute in der Nähe tragen Mundschutz und senken ihre Köpfe und eine Frau neben ihr sieht die Frau besorgt an. Daraus zieht man die Inferenz, dass die Leute dabei auch negative Emotionen haben. Der Text vermittelt mehr Informationen als das Bild, beides steht in einer komplementären Beziehung. Über den beigefügten Text, besonders die Lexeme empört, schimpfen, stürmen, auffordern, ist die Wut der Menschen zu erschließen. Durch das Bild wird die Emotion der Familienmitglieder der Vermissten durch nonverbale Mittel ausgedrückt. Die Bildunterschrift zu Bild D-10 lautet: Derweil ist noch immer nicht einmal klar, wie hoch die Zahl der Opfer der Tragödie tatsächlich ist. In den ersten Tagen hatten die chinesischen Behörden offenbar bewusst verschwiegen, dass noch viele Brandbekämpfer vermisst werden. Bild D-10 zeigt ein schwer beschädigtes Löschfahrzeug, auf dem Boden liegende Feuerwehranzüge sowie verbrannte Erde und Häuser im Hintergrund. Es stellt eine Beziehung zum Text her, das Bild stellt einen Teil der Informationen dar, was der Text vermittelt. Deswegen fordert es die Rezipienten auf, diese beiden Aspekte kognitiv zu verbinden. Über den unten angefügten Text wird vermittelt, dass viele Brandbekämpfer vermisst werden. Das Bild macht die Feuerwehrleute zu Opfern und Sympathieträgern, indem es die von ihnen hinterlassenen Gegenstände zeigt. Außerdem bewertet der Text

7.4 Bilder zur Konzeptualisierung …

175

diese im Bild vermittelten Sachverhalte negativ mit dem Lexem Tragödie. Durch das Lexem offenbar wird die negative Einstellung der Reporter zum Verhalten der Regierung kodiert.

(B-D-11: D42)

(B-D-12: D78)

Im Bild D-11 wird eine Szene des Betens und Trauerns um die Opfer wiedergegeben. Besonders auffällig sind die Herzform und das Datum 12.08. Die Bildunterschrift lautet: Kerzen werden für die Opfer angezündet. Die Stimmung

176

7 Text und Bild

schwankt zwischen Trauer und Wut. Explizit werden darin die Emotionen der Leute durch die Lexeme Trauer und Wut bezeichnet. Das Zusammenspiel von Text und Bild kann als komplementäre Beziehung betrachtet werden. Das Bild stellt eine Gebetsszene dar, die zusammen mit dem Text die Emotion TRAUER vermittelt. Bild D-12 (Bildunterschrift: Einsatzkräfte in Tianjin) zeigt zwei Feuerwehrmänner und zwei Soldaten auf verbranntem Boden, auch die abgebildeten Autos und andere Gegenstände sind verbrannt, womit die Zerstörung der Umgebung gut dokumentiert ist. Der Kontrast zwischen den schweren Brandfolgen und ein paar kleinen Rettungskräften vermittelt den Eindruck, dass die Rettungsarbeit schwer ist.

7.5

Bilder zur Konzeptualisierung der Katastrophe im chinesischen Teilkorpus

In den chinesischen Medien werden ebenfalls Fotos – wie das Bild D-3 im deutschen Teilkorpus – mit ausgebrannten Autos gezeigt, hier mit der Bildunterschrift Die ausgebrannten Autos am Unfallort. Sie können die gleiche Wirkung, die Inferenz auf den wirtschaftlichen Schaden, auf die Rezipienten ausüben.

(B-C-1: C1)

7.5 Bilder zur Konzeptualisierung…

177

(B-C-2: C3)

Die Bilder C-1 und C-2 im chinesischen Teilkorpus bilden einen ähnlichen Inhalt wie die Bilder D-1 und D-2 im deutschen, aber die Bildunterschriften sind unterschiedlich. Der Text zu C-1 lautet Fotos vom Explosionsort durch unbemanntes Flugfahrzeug und weist eine redundante Beziehung zum Bild auf, in dem ein großes schwarzes Loch im Fokus liegt, und authentifiziert das Bild. Man kann aber auch andere Farben deutlich erkennen. Zwar sind in chinesischen Medien ähnliche Bilder wie in den deutschen belegt, aber durch die Untertitel weicht die Rezeption der Text-Bild-Konstruktion ab. Ein deutlicher Unterschied besteht darin, dass in den chinesischen Untertitel zu denjenigen Bildern, die Chaos und Zerstörung darstellen, die Rolle der Rettungsarbeit hervorgehoben wird. Bildunterschrift zu B-C-2: „这是8月13日拍摄的爆炸现场。当日, 记者从国 务院有关部门在天津滨海新区召开的有关会议上了解到, 截至13时, 滨海新区 危险品仓库爆炸事故导致44人死亡, 住院521人, 其中重症伤员52人。预计失联 人数超过21人。新华社记者岳月伟摄 图片来源: 新华网“ Übersetzung: Das Bild entstand am 13. Aug. am Explosionsort. An diesem Tag erfuhr der Journalist in der von den verantwortlichen Abteilungen des Staatsrats abgehaltenen Sitzung im neuen Gebiet von Binhai in Tianjin, dass die Explosionen im Gefahrgutlager im neuen Gebiet von Binhai bis 13 Uhr 44 Tote forderten. 521 Menschen wurden ins Krankenhaus gebracht, viele davon sind schwer verletzt. Die Vermisstenzahl wird auf mindestens 21 geschätzt. In der Bildunterschrift gibt der Reporter den Explosionsort und Informationen über die Zahl der Toten, Verletzten und Vermissten bekannt. Das Bild steht zum Text in einer komplementären Beziehung, da es Informationen vermittelt, die im Text nicht genannt werden. Andererseits ist in in der von den verantwortlichen

178

7 Text und Bild

Abteilungen des Staatsrats abgehaltenen Sitzung im neuen Gebiet von Binhai in Tianjin eine Präsupposition enthalten: Mit der Aussage wird präsupponiert, dass der Staatsrat eine Sitzung anlässlich der Explosionen abgehalten hat, womit sich die Arbeit der Regierung indirekt ausdrücken lässt.

(B-C-3: C7)

(B-C-4: C41)

Im Bild C-3 sind das ausgebrannte Gebäude, Chaos und schwarzer Rauch zu erkennen, im Zentrum des Bildes steht ein ausgebranntes Feuerwehrfahrzeug. Der Text zu Bild C-3, Der Reporter ging direkt an den Ort der Explosionen, gibt die Qualität des Bildes an und steht in redundanter Beziehung zum Bild. Dieses zeigt einen ähnlichen Inhalt wie Bild C-10 im deutschen Teilkorpus, jedoch bestehen zwei Unterschiede: Im deutschen Artikel wird in einer Nahaufnahme

7.5 Bilder zur Konzeptualisierung…

179

das bei der Löscharbeit völlig zerstörte Feuerwehrfahrzeug gezeigt, es ist also deutlich sichtbar und wird als Fokus präsentiert. Auf dem chinesischen Bild steht das Feuerwehrfahrzeug zwar ebenfalls im Mittelpunkt, es wurde jedoch aus der Ferne fotografiert. Zudem gibt es im Untertitel keine negative Evaluierung und keine Mutmaßungen, sondern eine einfache Erklärung. Mit dem Adjektiv direkt wird der Eindruck erzeugt, dass die Situation vollständig abgebildet ist. Bildunterschrift zu Bild C-4: „天津港‚8·12‘瑞海公司危险品仓库特别重大 火灾爆炸事故进入第8天。美华酒店、万丽泰达酒店因事故第八、九次新闻 发布会的召开再次聚集了媒体的镜头。位于两家酒店之间的泰达学院, 驻扎 着以北京卫戍区某防化团为主体的国家陆上核生化应急救援队的队员, 7天 来他们每天都在往返于爆炸核心区。“ Übersetzung: Der achte Tag nach dem verheerenden Brand- und Explosionsunfall im Gefahrgutlager des Unternehmens Ruihai am Tianjin-Hafen am „8/12“ ist angebrochen. Wegen der achten und neuesten Pressekonferenz zum Unfall sammelten sich in den Hotels Meihai und Wanglitaidai wieder die Medienvertreter. Im Taida College, das sich zwischen den Hotels befindet, war das nationale Nuclear und Biochemical Emergency Rescue Team stationiert, das auf eine Gruppe zur Bekämpfung chemischer Substanzen im Weifang-Bezirk Pekings basiert. Sie pendeln sieben Tage zum Explosionskerngebiet. Bild C-4 der chinesischen Medien stellt einen ähnlichen Inhalt wie Bild 5 im deutschen Teilkorpus dar, Rettungskräfte in Schutzkleidung. In Letzterem lässt sich in einer Nahaufnahme die Maske deutlich erkennen, während das Foto im chinesischen Korpus aus einer größeren Distanz aufgenommen worden ist, womit unterstrichen wird, dass die Verteidigungsgruppe vor Ort ist. Der Text zu Bild C-4 handelt hauptsächlich von der Pressekonferenz sowie der speziellen Verteidigungsgruppe. Besonders wird durch Sie pendeln sieben Tage zum Explosionskerngebiet die Anstrengung ausgedrückt. Im Unterschied zum deutschen Text, bei dem der Fokus auf das Giftgas gelegt wird, werden im chinesischen Text die Erklärung und die Interpretation auf den Rettungseinsatz gelenkt.

180

7 Text und Bild

(B-C-5: C32)

(B-C-6: C13)

Bild C-5 zeigt uns, dass die Bewohner nach den Explosionen in der Nähe des Unfallorts in Zelten blieben und womöglich dort auch übernachteten. Ein ähnlicher Inhalt wird von dem in Deutschland verwendeten Bild D-8 dargestellt. Im chinesischen Artikel erhält das Foto keine Bildunterschrift. Der Titel des Berichts, Rotes Kreuz Tianjin und Binhai bieten Notfallhilfe an, fokussiert auf den Einsatz des Roten Kreuzes. Der Unterschied ist durch Untertitel zu erkennen. Im deutschen Text wird das negative Gefühl und somit das Emotionspotenzial der Bewohner dargestellt.

7.5 Bilder zur Konzeptualisierung…

181

Das Bild 6 stellt eine Situation dar, in der Menschen das Andenken an die Opfer bewahren. Brennende Kerzen und das um das Handgelenk gewickelte gelbe Band sind traditionelle Symbole der Trauer. Die Bildunterschrift lautet: „8月13 日, 在天津泰达第二小学安置点, 市民为大爆炸的死难者祈福。“ (Übersetzung: Am 13. Aug. segnen die Bürger die Opfer.) Das Bild steht zum Text in einer redundanten Beziehung, es soll die Emotion LIEBE durch die abgebildeten Kinder und die Segnung evozieren. Das Wort segnen drückt explizit Gutmütigkeit und das Andenken an die Opfer aus, das positive Emotionspotenzial wird durch das Zusammenspiel von Text und Bild unterstützt. In chinesischen Medien werden nicht nur Bilder verwendet, die Zerstörung und Chaos zeigen, sondern auch die engagierte Rettungsarbeit.

(B-C-7:C44)

182

7 Text und Bild

(B-C-8: C44)

Bild C-7 zeigt eine Gruppe junger vitaler Leute, die optimistisch blicken und in einem zentripetalen Bogen stehen. Der Text unter dem Bild lautet: „天津汉将救援志愿者在爆炸发生后第一时间赶到塘沽, 帮忙运送物资、 伤员及家属。“ (Übersetzung: Die Rettungshelfer von Tianjin Hanyuan eilten sofort nach den Explosionen nach Tanggu, um den Transport von Material sowie von Verwundeten und ihren Familien zu unterstützen.) Der Text ergänzt die Informationen, die das Bild vermittelt, beides steht also in einer komplementären Beziehung. Durch die Darstellung der jungen Leute und das Lesen des Textes, besonders der Schlüsselwörter sofort, unterstützen, Material, soll angenommen werden, dass die Freiwilligen voller Energie und engagiert sind, sie halten zusammen, tragen zum Gemeinwohl bei und haben einen positiven Eindruck vom Rettungseinsatz. Bild C-8 dokumentiert die Lebensmittelverteilung. Der rote Anzug mit dem Symbol deutet darauf hin, dass es sich um die Freiwilligen Chinas handelt. Die Bildunterschrift lautet: „安置点物资充足, 饮用水、食品等生活必需品 已经全部发放到位。“ (Übersetzung: Ausreichend Materialien, das erforderliche Trinkwasser und Nahrungsmittel wurden bereits an Ort und Stelle ausgeteilt.) Das Foto soll Aktualität, die Nationalfarbe Rot und handlungsfähige und handelnde Leute zeigen. Das Zusammenspiel von Text und Bild hebt ihre gute Rettungsarbeit hervor, wodurch ein sicheres Gefühl bei den Rezipienten entstehen soll.

7.5 Bilder zur Konzeptualisierung…

183

(B-C-9: C70)

(B-C-10: C65)

Bild C-9 bildet viele Soldaten ab, die mit Gerätschaften ausgerüstet sind, einheitliche Uniformen tragen und in Reih und Glied stehen. Das Bild hat keinen Untertitel, sondern fungiert als Beweis für den Inhalt des Artikels. Der Bericht beschäftigt sich mit der Zahl der Soldaten sowie ihren konkreten Aufgaben. Durch das Bild soll den Soldaten Charaktereigenschaften wie diszipliniert, entschlossen, kämpferisch und handlungsfähig zugesprochen und ein positiver Zustand angezeigt werden.

184

7 Text und Bild

Bildunterschrift von Bild C-10: „一名受伤官兵正在医院接受救治, 痛在消 防队员身, 疼在敬爱你们的网友心。每一次在火场中发现易燃易爆物品, 都是 你们毫不犹豫地冲上去降温灭火消除隐患, 避免灾难扩大。“ Übersetzung: Ein verwundeter Offizier wurde im Krankenhaus behandelt, er hatte körperliche Schmerzen. Schmerz empfindet auch das Herz der Internetnutzer, die vor euch Respekt haben und euch lieben. Jedes Mal, wenn brennbare und explosive Materialien gefunden werden, eiltet ihr ohne Verzögerung zur Feuerbekämpfung und Abkühlung, um eine noch größere Katastrophe zu verhindern. Das Bild soll durch den Gesichtsausdruck des Feuermanns die Rezipienten dazu bringen, sich seinen physischen Leiden zuzuwenden. Der schriftliche Text drückt dies explizit mit den Worten er hatte körperliche Schmerzen und damit das Emotionspotenzial der Rezipienten aus. Mit der Verwendung des metaphorischen Ausdrucks Herz der Internetnutzer wird dargestellt, dass die Rezipienten Mitgefühl haben. Für die Handlungsbeschreibung wird jedes Mal auf die persuasive Strategie „Bezug auf die regelhafte Beziehung“ (Klein 1994: 4) zurückgegriffen. Die Emotionalisierung, die das Bild bewirkt, wird im Text expliziert. Auch das Zusammenspiel von Text und Bild dient der Emotionalisierung und soll das Mitgefühl der Rezipienten wecken.

(B-C-11:C42)

7.5 Bilder zur Konzeptualisierung…

185

(B-C-12: C42)

Im Unterschied zu den deutschen Medien werden in chinesischen Medien auch Bilder der Pressekonferenzen gezeigt. Es gibt zwei Haupttypen: Typ 1 ist in Bild D-11 zu sehen, das zahlreiche Journalisten zeigt, die ihre Hände heben. Typ 2 ist durch Bild D-12 repräsentiert, in dem sich eine Autoritätsperson den Fragen der Medien stellt. Durch die Bildunterschrift wird der Person seine Funktion zugeschrieben (hier: Polizeichef). Durch die zahlreichen Journalisten (Typ 1), ihr Händeheben und die vielen Mikrofone zieht man die Inferenz, dass dieses Ereignis bedeutend ist und die Leute viel Skepsis zeigen. Die Darstellung der Autoritätsperson (Typ 2) setzt hingegen auf die persuasive Strategie „Bezug auf Autorität“ (ibid.), wodurch die Skepsis also durch den Bezug auf die Autorität zerstreut werden soll.

186

7 Text und Bild

(B-C-13:C65)

(B-C-14: C65)

In den chinesischen Medien erscheinen nicht nur Fotos, sondern auch Comics, die zum Emotionspotenzial beitragen sollen. Die folgenden zwei Comics sollen über ihre Darstellung und das Zusammenspiel von Text und Bild das Mitgefühl der Rezipienten evozieren. Bild C-13 mit Feuer im Hintergrund hat zwei Elemente, einen Schuh und den Text 我们不冲让谁冲 (Übersetzung: Wer wird vorwärtseilen, wenn nicht wir). Es lässt sich die Inferenz ziehen, dass der Schuh als Metonymie für die Feuerwehrleute steht und damit die Worte aus ihrem Mund kommen. Das Text-Bild-Zusammenspiel ruft die Assoziation hervor, dass das Feuer die Feuerwehrleute einschließt. Die Feuerwehrmänner begeben sich ins Feuer und opfern sich. Der Bildhintergrund Gelb unterstützt den Gedanken an Feuer und eine

7.6 Kontrastive Auswertung

187

gefährliche Situation, der Schuh als persönlicher Gegenstand des Feuerwehrmanns signalisiert seinen Tod. Der Schuh dient der Emotionalisierung, evoziert werden soll das Mitgefühl der Rezipienten. Der Text zu C-14 lautet: „‚好兄弟, 你们一定都要平安归来啊!爆炸附近的 楼房玻璃被震碎、天花板没命地往下掉, 所有人都在逃离, 而你们却在逆向行 进, 向最危险的地方冲锋!‘“ Übersetzung: „Guter Bruder, ihr müsst sicher zurückkommen, das Glas am Gebäude in der Nähe der Explosionen war zerschmettert, die Decke fiel ohne Rücksicht, alle fliehen, ihr marschiert aber in entgegengesetzter Richtung vorwärts zum gefährlichsten Ort!“ In Bild 14 werden mit einer Ausnahme Menschen dargestellt, die dem Betrachter entgegenkommen. Die Ausnahme bildet ein Feuerwehrmann, der einen Feuerlöscher auf dem Rücken trägt und im Feuerwehranzug und mit Helm in die Richtung geht, aus der alle anderen kommen. Dieses Bild als Comic weckt Aufmerksamkeit und konstruiert einen Kontrast zwischen den Leuten und dem Feuerwehrmann. Durch die gegensätzliche Laufrichtung soll das Bild der Emotionalisierung dienen und Mitgefühl auslösen. Im Bericht vermittelt der Reporter übereinstimmend die gefährliche Situation und die tapfere Handlung des Feuerwehrmanns. Mit den guten Wünschen und der Anrede Guter Bruder wird eine intime Emotion zum Feuerwehrmann ausgedrückt.

7.6

Kontrastive Auswertung

Gemeinsamkeit: 1. In chinesischen und deutschen Medien werden Bilder präsentiert, die die Explosionen, die davon verursachten Zerstörungen, verletzte Feuerwehrleute und Feuerwehrfahrzeuge darstellen.

188

7 Text und Bild

Unterschiede: 1. Fotos zu den Explosionen bzw. ihren Folgen werden in deutschen Medien in den Bildunterschriften erklärt. Verwendet werden dabei eher Bilder, die aus einer größeren Distanz fotografiert worden sind, wobei die Farbtöne Schwarz und Grau den großen Umfang der Zerstörung darstellen. Im Gegensatz dazu zeigen die Bilder chinesischer Medien Sachverhalte und Personen aus einer geringeren Distanz und mehr Farben. Die Bildunterschriften schildern keine Szenen. 2. Zur Darstellung der Umweltschäden erscheint im deutschen Artikel das Foto mit den toten Fischen, das sich im chinesischen Teilkorpus nicht findet. Zur Darstellung der Umweltschäden vor Ort legt der deutsche Reporter den Fokus auf die Rettungskräfte mit Masken und beschreibt mit dem Untertitel die Schäden. Die negative Evaluierung der Umweltschäden erschließt man durch Inferenz. Der Reporter setzt die negative Evaluierung der Umweltschäden durch die Präsentation eines einzigen Bewohners mit Schutzkleidung um, im Untertitel wird auf mögliche Schadstoffe hingewiesen. Im chinesischen Korpus werden die Rettungskräfte von hinten und aus größerem Abstand fotografiert, wodurch keine Maske zu erkennen ist. In der Bildunterschrift wird über die Rettungsarbeiten berichtet. 3. Bei der Darstellung der Toten im deutschen Korpus, insbesondere der Feuerwehrleute, stehen die Bilder mit den Untertiteln in komplementärer Beziehung. Auf den Fotos werden die verzerrte Mimik eines Feuerwehrmanns sowie das vollständig zerstörte Feuerwehrfahrzeug dargestellt, die Untertitel ergänzen abstrakte Informationen, also die Zahl der Opfer, sowie die explizit negative Evaluation der Explosionen. Das ausgebrannte Fahrzeug soll Sympathie bei den Rezipienten wecken. Im chinesischen Teilkorpus kommen ähnliche Bilder vor, doch im Unterschied zum deutschen evaluiert der Reporter im Untertitel das Handeln als tapfer und liebevoll. Außerdem werden in chinesischen Medien Bilder der Feuerwehrleute sowie Comics ohne Untertitel präsentiert. Dies soll auf tapferes Handeln und Selbstlosigkeit hinweisen sowie das Mitgefühl der Rezipienten wecken. 4. Bei der Darstellung von Menschen in Zelten vermittelt das deutsche Medium über die Bildunterschrift die negativen Emotionen der Betroffenen vor Ort, während im chinesischen Bericht auf diese Weise der Einsatz der Nothilfe dokumentiert wird. 5. Im chinesischen Teilkorpus erscheinen Fotos von freiwilligen Helfern. Mit diesen Bildern erfolgt eine positive Evaluierung des Rettungseinsatzes, die Emotionalisierung soll den Rezipienten ein sicheres Gefühl geben. Fotos von

7.6 Kontrastive Auswertung

189

der Pressekonferenz dienen als Beweis für die Veröffentlichung von Informationen und Beantwortung von Fragen. Im Unterschied dazu finden sich im deutschen Teilkorpus Fotos von wütenden Personen. Über die Bildunterschrift vermittelt der Reporter, dass die Angehörigen von Vermissten mangels Informationen empört und wütend sind.

8

Fazit und Ausblick

Die Analyse der Berichterstattung über die Tianjin-Explosionen hat gezeigt, mit welchen sprachlichen Mitteln und welcher Textstruktur über eine Katastrophe berichtet wird und dass sich die durch die jeweiligen chinesischen und deutschen Berichte aufgebauten Textwelten unterscheiden. Sprache fungiert als Vermittlungsinstrument, hilft dabei, Bewusstsein zu steuern, Meinung zu bilden und Emotionen darzustellen und zu evozieren. Medien präsentieren den Inhalt, den die Reporter aufgrund ihres Berichtskonzepts den Rezipienten darstellen möchten. Insgesamt gesehen präsentieren die Reporter im deutschen Teilkorpus eine Textwelt der Katastrophe, die schwerwiegend und von Menschen verursacht ist. Die dadurch herbeigeführten Umweltschäden bedrohen Menschenleben und machen den Leuten Angst. Es wird darüber berichtet, dass die Behörden nach den Explosionen absichtlich Informationen verschleiern, was die Angehörigen der Opfer wütend macht und empört, und es soll bei den Rezipienten ein Mitgefühl für die Feuerwehrleute erzeugt werden. Aufgrund der Explosionen äußern die Reporter Kritik an der Informationspolitik Chinas, der Zensur und der Rolle der Staatsmedien. Außerdem üben die deutschen Medien Kritik an den Behörden wegen ihrer Meinung nach falschen Anweisungen an die Feuerwehrleute, der Korruption und der Nachlässigkeit der Beamten. Aufseiten des Unternehmens kritisieren die deutschen Medien den Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften und die missbräuchliche Nutzung einer Beziehung zu den Behörden. Die Textwelt im chinesischen Teilkorpus stellt auch eine Katastrophe dar, die stark wie ein Erdbeben ist und deren Erschütterungen das Leben der Bewohner tiefgreifend beeinträchtigen. Durch Institutionen und Experten wurde die Umwelt dabei überwacht. Es wird berichtet, dass die Behörden die spezielle Truppe zur Bekämpfung giftiger chemische Stoffe sowie andere Fachleute entsenden, um die Situation zu entschärfen. Damit soll bei den Rezipienten ein Gefühl der Sicherheit entstehen. Die Reporter stellen den Einsatz der Ärzte, Freiwilligen Chinas (eine © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021 Q. Ruan, Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62740-2_8

191

192

8

Fazit und Ausblick

Hilfsorganisation) und Bürger dar und schildern eine fast herzliche Atmosphäre des Miteinanders. Es wird außerdem ausführlich über den Kampf der Feuerwehrleute gegen die Brände sowie die Trauer der Menschen berichtet, womit eine Emotionalisierung erfolgen, Mitgefühl evoziert werden soll. Die negative Evaluierung bezieht sich wie im deutschen Teilkorpus auf den illegalen Verstoß gegen Vorschriften sowie die kriminelle Nachlässigkeit der Beamten. Gleichzeitig jedoch werden das konsequente Handeln und die strafrechtlichen Ermittlungen positiv evaluiert, womit die Kritik an den Behörden in eine positive Richtung korrigiert werden soll. Positiv präsentiert werden die Behörden ohnehin in den Berichten über die Katastrophe und ihrer Bewältigung. In Bezug auf die Rolle der Medien neigen die deutschen Reporter als Beobachter dazu, über das Thema zu diskutieren, implizit zu evaluieren und zu kritisieren sowie fokussiert die negativen Emotionen der Betroffenen darzustellen. Dadurch könnte sich ein negatives Bild der Behörden bei den Rezipienten aufbauen. Doch die chinesischen Reporter fungieren als Mund der Behörden, sie berichten über die Explosionen, stellen dabei die Arbeit der Behörden intensiv dar und versuchen das Mitgefühl der Rezipienten zu evozieren. Dies könnte darauf abzielen, mit einem positiven Bild der Behörden die Beziehung der Rezipienten zu den Behörden zu verbessern. Um eine bestimmte Textwelt aufzubauen, werden im deutschen Korpus vor allem sprachliche Mittel und die Organisation der Textstruktur verwendet. Letztere manifestiert sich in der Informationsauswahl, insbesondere zur Informationspolitik der Behörden sowie der Zahl der Opfer, die häufig im Titel genannt wird. Über die Abbildung der menschlichen Wahrnehmung sowie die E-Implikatur, die Beschreibung des Phänomens vor Ort, werden die Explosionen widergespiegelt. Durch die Art und Weise der Zitate aus den chinesischen Quellen, der Fragestellung sowie der Diskussionen über die Richtigkeit des Handelns der Feuerwehrleute, in denen auch mit Scheinevidenz gearbeitet wird, werden die Inhalte der veröffentlichten Informationen sowie die Anweisungen der Behörden Chinas in Frage gestellt. Um die negative Evaluation abzusichern, wenden die Reporter deutscher Medien eine persuasive Strategie an, insbesondere dem „Bezug auf die regelhafte Beziehung“ (Klein 1994: 7), es wurden also schlechte Erfahrungen von früher vermittelt. Außerdem wurde im Korpus die Situation geschildert. Es erfordert kognitive Fähigkeiten, enzyklopädisches oder Weltwissen, um eine Sache zu beurteilen, und hängt auch von der Ideologie ab, wie sie beurteilt wird. Von den individuellen, kulturellen und ideologischen Werten hängt ebenfalls ab, ob und welche Emotionen evoziert werden, wenn zum Beispiel über die Zensur, die Rolle der Staatsmedien, die Menge der chemischen Stoffe oder die Behandlung von angestellten Brandbekämpfern und Feuerwehroffizieren berichtet wird. Über

8

Fazit und Ausblick

193

die typischen Handlungs- und Gefühlsbeschreibungen und den Wunschausdruck bringt der Autor die negativen Emotionen der Betroffenen zum Ausdruck. Mit sprachlichen Mitteln bewerten Reporter explizit negativ oder positiv. Dies manifestiert sich in der Auswahl und Anwendung der Lexeme, die in Form von Verben, Adjektiven und Substantiven sowie in komplexen Nominalphrasen und komplexen Verbalphrasen belegt sind. Mit Metaphern und Vergleichen werden die Explosionen, das Unternehmen und die Beamten bewertet sowie ein Emotionspotenzial dargestellt. Ob die Metaphern und Vergleiche explizit (wie Albtraum) oder implizit (wie Sumpf ) bewerten, hängt davon ab, ob die als Metaphern und Vergleiche fungierenden Lexeme explizit bewerten oder nicht. Es sind Metaphern belegt, die mit bewertenden Adjektiven zusammen verbunden werden (wie explosiver Cocktail) und eine klare Bewertung beinhalten, sowie Komplexanaphern (wie Katastrophe und Tragödie), welche die Explosionen beschreiben und eine explizite Bewertung wie auch ein hohes Emotionspotenzial enthalten. Die die Berichte begleitenden Fotos tragen in deutschen Medien dazu bei, die Explosionen und ihre Zerstörung zu veranschaulichen sowie die Emotion ANGST zu evozieren. Dies erfolgt über die perspektivierte Auswahl der Fotos von den unmittelbaren Folgen der Explosionen, den zerstörten Autos, toten Fischen, einer leidenden Person, dem verletzten Feuerwehrmann etc. Durch die Ergänzung der Bildunterschriften fungieren die Bilder als Beweis, Szenedarstellung oder visuelle Ergebnisse der Erklärungen in den Texten. Die schwarze und graue Farbe hilft, die Emotion ANGST zu wecken, durch die Darstellung der Mimik werden die negativen Emotionen der Leute anschaulich aufgezeigt. In den chinesischen Medien werden ebenfalls sprachliche Mittel und eine Textstruktur eingesetzt, um gezielt eine Textwelt aufzubauen. Vor allem nehmen die Reporter eine stärkere Auswahl an Informationen vor, schildern zum Beispiel, dass die Verbreitung von Gerüchten vermieden werden sollte, oder fokussieren auf die Rettungsarbeiten. Das vollständige Zitieren von Informationen der chinesischen Behörden zeigt die Akzeptanz der zitierten Inhalte seitens der Reporter. Bei der Darstellung und der Evaluation der Explosionen werden von chinesischen wie von deutschen Journalisten zahlreiche E-Implikaturen eingesetzt und die Wahrnehmung von Zeugen geschildert, wozu Phänomene vor Ort beschrieben werden. Die positive Evaluierung der Feuerwehrleute erfolgt durch Metaphern, E-Implikaturen sowie die Strategie „Erzählen durch die Einzelschicksale“ (Schwarz-Friesel 2 2013: 227), um damit die Emotionen SYMPATHIE und MITGEFÜHL der Rezipienten auszulösen. Über die Implikaturen ironisieren die Reporter das Unternehmen dafür, dass es die herausgehobenen Sicherheitsvorschriften nicht beachtet hat. Unter Verwendung von Scheinevidenz, insbesondere Darstellung von Fakten, lassen sich die Anweisungen der Behörden unter anderem mit der persuasiven Strategie „Bezug auf die Autorität“ (Klein 1994: 4)

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8

Fazit und Ausblick

überzeugend darstellen. Ebenfalls nutzen die Reporter sprachliche Mittel, um Emotionen bei den Rezipienten zu evozieren. Durch die Personifikation der Landschaft sowie über das Couplet, das Metaphern und Vergleiche enthält, wird eine traurige Atmosphäre erzeugt. Durch expressive Ausdrücke, die E-Implikaturen dienen, versuchen die Reporter das Mitgefühl der Rezipienten auszulösen. Im chinesischen Korpus bewerten die Reporter mit Lexemen die Explosionen und das betroffene Unternehmen explizit negativ, die Rettungsarbeit positiv und mit Chengyu, einem chinesischen Sprichwort, insbesondere die Gerüchte negativ. Beachtenswert ist, dass zur Evaluierung der Beamten sowohl positiv als auch negativ bewertende Lexeme eingesetzt werden. Wie im deutschen Teilkorpus nutzen die Textproduzenten Metaphern und Vergleiche, um die Explosionen, das Unternehmen sowie die Feuerwehrmänner zu bewerten. Die als Metaphern fungierenden Lexeme könnten explizit bewertend sein oder bewertende Adjektive wie bei tapferer [Löwe], liebvolles [Herz] mit sich führen. Für die Darstellung der Emotionen kodieren Journalisten chinesischer Medien die typische Handlungs-, und Situationsbeschreibung und den Gefühlsausdruck. Interessant ist, dass über Metaphern, insbesondere die Metapher Herz, Emotionen zum Ausdruck gebracht wird. Welche Emotion dargestellt wird, hängt vom konkreten Kontext ab. Die ausgewählten Bilder in chinesischen Medien sind wie in den deutschen perspektiviert und zeigen beispielsweise Freiwillige, Comics oder Pressekonferenzen, die von deutschen Medien nicht gezeigt werden. Bei der Darstellung der Verwüstungen durch die Explosionen wird nur die einfache Angabe zu den Bildern angegeben, wie Foto über … Das Explosionsgeschehen können die Rezipienten selbst daraus ableiten. Fotos, die auch im deutschen Teilkorpus vorkommen und mit Bildunterschriften ergänzt werden, lenken die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf die Rettungsarbeit. Mit den Comics, besonders mit der Farbdarstellung und den Worten von Feuerwehrleuten, soll das Mitgefühl der Rezipienten evoziert werden. Die Ergebnisse der vorgelegten Arbeit belegen insgesamt, wie sehr sich Ereignisdarstellungen von Krisensituationen in unterschiedlichen kulturellen und politischen Kommunikationsräumen voneinander unterscheiden können. Besonders aufschlussreich ist dabei, wie stark die Berichte von den Medien gezeichnet sind. In chinesischen Medien sind die Behörden des Landes als effiziente Institutionen darzustellen. Es wurde in deutschen Medien gezeigt, dass bei KatastrophenNarrativen persuasive Aspekte hier besonders die emotionalen Dimensionen spielen eine herausragende Rolle. Weitere kontrastive Untersuchungen zu Textwelten von Krisennarrativen im Rahmen der Kognitionslinguistik, die die Informationspolitik und mediale Kommunikation bei Katastrophen detailliert anhand von Korpusanalysen beleuchten, sollten folgen.

Literaturverzeichnis

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© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2021 Q. Ruan, Kontrastive Analyse zur chinesischen und deutschen Berichterstattung über Katastrophen, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62740-2

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