Kommunikation und Marketing für Technik-Innovationen: Stakeholder gewinnen, Strategien umsetzen und Produkte erfolgreich vermarkten [1. Aufl. 2020] 978-3-658-27261-6, 978-3-658-27262-3

Wenn neue Ideen entwickelt werden, entstehen daraus oft innovative technische Produkte oder Dienstleistungen. Diese müss

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Kommunikation und Marketing für Technik-Innovationen: Stakeholder gewinnen, Strategien umsetzen und Produkte erfolgreich vermarkten [1. Aufl. 2020]
 978-3-658-27261-6, 978-3-658-27262-3

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-X
Erst die Strategie, dann die Aktion! (Birgit Lutzer, Angelika Howind)....Pages 1-27
Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte Zielgruppen der Innovationskommunikation (Birgit Lutzer, Angelika Howind)....Pages 29-67
Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden Informationsträgern (Birgit Lutzer, Angelika Howind)....Pages 69-120
Aufmerksamkeit und Interesse wecken durch Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen (Birgit Lutzer, Angelika Howind)....Pages 121-161
Ihre persönliche Überzeugungskraft (Birgit Lutzer, Angelika Howind)....Pages 163-193
Umgang mit Widerstand (Birgit Lutzer, Angelika Howind)....Pages 195-212
Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung (Birgit Lutzer, Angelika Howind)....Pages 213-230
Back Matter ....Pages 231-242

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Birgit Lutzer Angelika Howind

Kommunikation und Marketing für TechnikInnovationen Stakeholder gewinnen, Strategien umsetzen und Produkte erfolgreich vermarkten

Kommunikation und Marketing für Technik-Innovationen

Birgit Lutzer · Angelika Howind

Kommunikation und Marketing für Technik-Innovationen Stakeholder gewinnen, Strategien umsetzen und Produkte erfolgreich vermarkten

Birgit Lutzer Steinhagen, Deutschland

Angelika Howind Osnabrück, Deutschland

ISBN 978-3-658-27261-6 ISBN 978-3-658-27262-3  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-27262-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet Über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort: Warum die brillante Idee im Kämmerlein nicht ausreicht

Es ist mehr als eine gute Idee notwendig, um sich am Markt durchzusetzen. Derjenige, der schon früh strategische Partner mit ins Boot holt und seine Innovation geschickt vermarktet, streicht den Erfolg ein. Und das Nachsehen hat der geniale Stubenhocker, der im Stillen mit seiner Erfindung glänzt. Die überzeugende Kommunikation ist das Mittel, um Unterstützer zu gewinnen, das neue Produkt oder die Dienstleistung bekannt zu machen, Nachfrage zu schaffen und Abnehmer zu finden. Widerstände gegen Innovation können mit ihrer Hilfe überwunden werden. In diesem Buch geht es um die auf Überzeugung von Personen und Gruppen gerichtete Kommunikation, die Ihnen im Lauf Ihres Innovationsprozesses begegnen können. Dazu gehören: • • • •

Finanziers, Investoren und Entscheidungsträger Mitarbeiter, Teammitglieder und andere Beteiligte Multiplikatoren wie Zeitungsredaktionen oder Verbandsrepräsentanten Vorhandene und potenzielle Kunden bzw. Abnehmer

Sie erhalten in diesem Ratgeber praxisorientierte Hinweise, Best-Practice-Beispiele und Expertentipps. An vielen Stellen des Buchs sind Interviews eingebaut. Die Befragten sind entweder Marketing-, PR- und Kommunikationsfachleute oder Anbieter erklärungsbedürftiger Leistungen. Mit ihren Erfahrungen runden sie die Erläuterungen in den einzelnen Kapiteln ab. Das Buch teilt sich inhaltlich in mehrere Bereiche, die Sie unabhängig voneinander lesen können: Strategische Überlegungen und Planungen, ihre Informationsträger (gedruckt oder digital), ausgewählte Marketing- und PR-Maßnahmen. Dieser Ratgeber hat im Hintergrund zwei ideelle Träger: den Bildungsverband REFA Nordwest und das Institut für anwandte Arbeitswissenschaft in Düsseldorf.

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Vorwort: Warum die brillante Idee im Kämmerlein nicht ausreicht

Beide Institutionen haben Fallbeispiele geliefert und Kontakte zu Interviewpartnern vermittelt. Der Bildungsverband REFA Nordwest e. V. hat sich auf technische Weiterbildungen spezialisiert. Sie basieren auf der sog. REFA-Lehre, einem komplexen Regelwerk, mit dem sich die Arbeit des Menschen und die Produktivität von Unternehmen verbessern lassen. Die Umsetzung von REFA-Prinzipien ist gleichzeitig eine wichtige Grundlage für Industrie-4.0-Projekte, die zu den am weitesten verbreiteten Innovationen in Betrieben gehören. Die Verantwortlichen aus den einzelnen REFA-Regional- und Bezirksverbänden stehen vor der Herausforderung, die Inhalte ihrer Qualifikationsmaßnahmen zu erklären. Und sie müssen durch werbliche Kommunikation Teilnehmer und Mitglieder gewinnen (weitere Informationen unter www.refa-nordwest.de). Das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) in Düsseldorf ist eine Forschungseinrichtung der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie, die sich mit der Gestaltung und Neuerungen der Arbeitswelt befasst. Das Institut unterstützt seine Mitgliedsverbände und deren Mitgliedsunternehmen durch praxisorientierte Forschungsarbeit. Die Kernkompetenz besteht in der Verknüpfung von Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation mit der Praxis in Unternehmen. Forschungsergebnisse und Erkenntnisse daraus werden in Studien, auf Veranstaltungen und durch Publikationen veröffentlicht. Einen wichtigen Schwerpunkt bilden Projekte und Studien zur Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben in Unternehmen. Dabei geht es neben technischen Fragen um die Change-Kommunikation (mehr dazu finden Sie unter www.arbeitswissenschaft.net). Aus Gründen der Lesbarkeit haben wir uns für die maskuline Ausdrucksform entschieden. Damit Sie die Inhalte dieses Buchs passend zuordnen können, haben wir die Textabschnitte von Angelika Howind jeweils am Schluss mit ihrem Namen versehen. Und nun wünschen wir Ihnen eine angenehme und erhellende Lektüre. Bei Fragen und Feedback können Sie gern mit uns Kontakt aufnehmen: [email protected] und [email protected]. Birgit Lutzer Angelika Howind

Inhaltsverzeichnis

1 Erst die Strategie, dann die Aktion! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Vorher hinschauen und prüfen erspart Ärger hinterher. . . . . . . . . . 3 1.2 SWOT-Analyse: Stärken – Schwächen – Chancen – Risiken. . . . . 4 1.3 Die Walt-Disney-Methode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.4 Die Marktanalyse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.5 Ein Marketingkonzept kann verschiedene Schwerpunkte haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.6 Die strategische Content-Planung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.7 Nehmen Sie Ihre Kunden mit auf die Reise – die Customer Journey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2 Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte Zielgruppen der Innovationskommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.1 Tools zur Zielgruppenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.1.1 Tools für Business-to-Consumer: Sinus-Milieus und Buyer Personae. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.1.2 Business-to-Consumer-Zielgruppen: Techniker, Ingenieure und andere „Fachchinesen“. . . . . . . . . . . . . . . 35 2.2 Die Ansprache von Investoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.2.1 Gezieltes Gewinnen einzelner Geldgeber . . . . . . . . . . . . . 37 2.2.2 Geld von der Menge: Crowdfunding. . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.3 Mitstreiter und Kooperationspartner gewinnen. . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.3.1 Kooperationsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.3.2 Geeignete Kooperationspartner finden. . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.4 Verbände und ihre Akteure als Multiplikatoren ansprechen . . . . . . 51

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Inhaltsverzeichnis

2.5

Mitarbeiter zu Ideenproduzenten machen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.5.1 Ihr Vorschlagswesen – machen Sie den Selbst-Check. . . . 56 2.5.2 Personen als Innovationsförderer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2.5.3 Unternehmensinterne Ideenwettbewerbe. . . . . . . . . . . . . . 61 2.5.4 Weitere Tipps für die laufende Ideenproduktion. . . . . . . . 64 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3 Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden Informationsträgern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3.1 Ein paar Faustregeln für die Gestaltung von Informationsmedien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3.1.1 Die Wirkung von Farben, Formen und anderen Gestaltungselementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3.1.2 Bilder wecken Neugier und Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3.1.3 Rund um die Texte Ihrer Informationsmedien. . . . . . . . . . 77 3.2 Phantasievolle Namen machen neugierig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3.3 Ideen- und Projektskizzen, Präsentationen, Hand-outs. . . . . . . . . . 92 3.3.1 Ideen- und Projektskizzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3.3.2 Präsentationsfolien und Anschauungsmaterial. . . . . . . . . 96 3.4 Flyer, Broschüren & Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3.5 Die Firmen- oder Innovationswebseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3.6 Suchmaschinenoptimierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.7 Videos als Informationsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3.8 Podcast – das Audioinformationsformat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4 Aufmerksamkeit und Interesse wecken durch Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4.1 Digital und modern: Social-Media-Aktivitäten. . . . . . . . . . . . . . . . 121 4.2 Plattformen für soziale Kontakte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 4.3 (Bewegte) Bilder ansehen und austauschen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 4.4 Nachrichtenplattformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 4.5 Mobile Marketing – das Smartphone als Marketingkanal. . . . . . . . 129 4.6 Blogmarketing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 4.7 Online-Werbung schalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4.8 Versand von digitalen und gedruckten Newslettern. . . . . . . . . . . . . 134 4.9 Mailingaktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

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4.10 Anzeigenkampagnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 4.11 Pressearbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4.11.1 Die technische Case Study ist sehr gefragt bei Redaktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 4.11.2 Was Sie über die Zusammenarbeit mit Redaktionen wissen sollten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4.12 Sponsoring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 5 Ihre persönliche Überzeugungskraft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.1 Wie Glaubwürdigkeit entsteht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.2 Modelle der zwischenmenschlichen Kommunikation. . . . . . . . . . . 171 5.2.1 Sach- und Beziehungsebene von Paul Watzlawick . . . . . . 171 5.2.2 Das Vier-Seiten-Modell von Friedemann Schulz von Thun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 5.2.3 Die vier Grundcharaktere und ihre Kommunikationsbedürfnisse – ein Ansatz von Tobias Beck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 5.3 Körpersprache & Co . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 5.4 Ein Griff in die Rhetorikkiste. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 5.4.1 Argumentieren Sie aus der Sie-Perspektive. . . . . . . . . . . . 180 5.4.2 Richtige Worte und Wörter finden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 5.5 Zündend präsentieren – eine Kunst für sich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 5.5.1 Die Grundstruktur Ihrer Darbietung . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 5.5.2 Der Elevator Pitch: In der Kürze liegt die Würze . . . . . . . 185 5.5.3 Souverän vor Publikum sprechen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 6 Umgang mit Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 6.1 Die genauen Gründe für Widerstand gegen Ihre Innovation ermitteln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 6.2 Workshops als Mittel gegen Widerstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 6.3 Die richtigen Worte bei Gegenwind finden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 7 Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung. . . . . . . . . . . . . . 213 7.1 Erst vorbereiten, dann beantragen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 7.2 Programme zur Förderung von Beratung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 7.3 Worauf Sie beim Antrag achten müssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 7.4 Unterstützung durch Verbände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 7.5 Gewerblicher Rechtsschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

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Inhaltsverzeichnis

7.6 7.7 7.8

Wettbewerbe und Preise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Weitere Unterstützer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 Zeitschriften und andere Medien für Erfinder und Innovationsinteressierte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

Expertenprofile. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

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Erst die Strategie, dann die Aktion!

Zusammenfassung

Bevor Sie voller Begeisterung losstürmen, um andere von Ihrer Idee zu überzeugen, sind strategische Überlegungen nötig. In diesem Kapitel geht es um wichtige Vorabanalysen und um die Entwicklung von Marketing-, Kommunikations- und Content-Konzepten. Sie können die Vorlagen mit eigenen Inhalten füllen und an Ihren Bedarf anpassen. Ziele der zum Marketing gehörenden Unternehmenskommunikation und der Werbung sind, Menschen zu beeinflussen und eine Einstellungs- oder Verhaltensänderung bei ihnen hervorzurufen. Auch beim Innovationsmarketing geht es in allen Phasen darum, eine positive Einstellung bei bestimmten Interessengruppen gegenüber der Neuerung zu wecken und sie vielleicht sogar später zur Abnahme bzw. zum Kauf zu bewegen. Doch eine Dose mit Erbsen, die Superkräfte verleihen, ist etwas anderes als ein Einkaufsservice durch einen Roboter. Bei der Aufbereitung Ihrer Inhalte spielt es eine Rolle, ob Sie ein innovatives Produkt oder eine neuartige Dienstleistung verwirklichen möchten (Tab. 1.1). Ein Produkt kann vor dem Kauf in die Hand genommen und überprüft werden. Bei einer Dienstleistung handelt es sich um eine nutzenstiftende, immaterielle Leistung, die durch eine Person erbracht wird und bei der die Mitwirkung des Abnehmers erforderlich ist. Dieses Phänomen wirkt sich direkt auf das Marketing und die Kommunikation aus. Doch wie genau? Der Kunde sucht vor der Annahme eines Angebots Entscheidungssicherheit. Bei einem Produkt ist die Recherche meist einfach: Testberichte, Internetforen und Kundenbewertungen geben ein weitgehend zuverlässiges Bild ab. Der Kauf ist so gut wie sicher. Bei einer Dienstleistung kann die Qualität erst nach dem Vertragsschluss bei Abnahme beurteilt werden. Der Interessent sucht im Vorfeld © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Lutzer und A. Howind, Kommunikation und Marketing für TechnikInnovationen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27262-3_1

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1  Erst die Strategie, dann die Aktion!

Tab. 1.1   Unterschiede im Produkt- und Dienstleistungsmarketing (Quelle: Birgit Lutzer) Produkt (z. B. Gerät, Anlage, Substanz usw.) Dienstleistung Ist sinnlich wahrnehmbar

Immaterielles Leistungsversprechen

Kann direkt in Augenschein genommen und Qualität kann erst bei oder nach Inanspruchnahme der Dienstleistung durch den überprüft werden (z. B. Funktionen eines Abnehmer beurteilt werden Notebooks) Wurde unter Einwirkung von Personen her- Wird durch eine Person erbracht (Trainer, gestellt; diese spielen aber keine Rolle mehr Coach, Berater usw.) Produkte gleicher Sorte sind identisch

Die Qualität der Dienstleistung kann schwanken, auch wenn sie durch dieselbe Person erbracht wird (Tagesform, Vorbereitung usw.)

Das fertige Produkt ist sofort einsatzfähig

Damit die Dienstleistung zum erwünschten Ergebnis führt, ist eine Mitwirkung des Kunden erforderlich (widerspenstige Teilnehmer, die den Trainer ablehnen, vereiteln den Seminarerfolg)

nach Indizien, dass der Anbieter vertrauenswürdig ist und dass seine Leistung zum gewünschten Ergebnis führt. Bei einem Dienstleister ist also in besonderem Maß vertrauensbildende Kommunikation gefragt. Oft werden deshalb in der Unternehmenskommunikation folgende Kompetenzbelege eingesetzt: • Bezugnahme auf Ruf, Image und Bekanntheitsgrad des Anbieters • Nachprüfbare Zahlen (z. B.: „95 % unserer Teilnehmer bestehen die Prüfung bei einem unabhängigen Träger.“) • Akademische Titel • Buchpublikationen und andere Veröffentlichungen • Auszeichnungen, Preise • Statements zufriedener Kunden (nachvollziehbar mit Namen und Firmenangabe) Eine wichtige Informationsquelle möglicher Kunden, Auftraggeber und Abnehmer sind Bewertungsforen. Suchen Sie die für Ihr Unternehmen oder Ihre Erzeugnisse relevanten Portale heraus und verfolgen Sie die Punktvergabe sowie die Kommentare. Bei einer Negativrückmeldung prüfen Sie zunächst, ob die Rückmeldung berechtigt ist, denn davon hängt Ihre weitere Vorgehensweise ab.

1.1  Vorher hinschauen und prüfen erspart Ärger hinterher

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Berechtigtes Negativ-Feedback Entschuldigen Sie sich für den Fehler, doch unterlassen Sie unbedingt eine Rechtfertigung. Bieten Sie eine Lösung an und verlagern Sie die weitere Kommunikation auf das Telefon. Hintergrund: Je mehr über die Sache zu lesen ist, desto stärker ist die öffentliche Aufmerksamkeit. Und viel Text wird auch besser von Suchmaschinen gefunden, was gegen Ihr Interesse verstößt. Schmähung, Lüge, Behauptung ohne Sachgrund Gegen solche Rückmeldungen müssen Sie vorgehen, und zwar schnell. Je länger ein übler Kommentar stehen bleibt, desto mehr verbreitet er sich im Internet. Schritt 1: Nehmen Sie sofort nach Entdeckung Kontakt mit den Portalbetreibern auf und versuchen Sie, eine Löschung zu erreichen. Wenn Sie wissen, von wem der Kommentar stammt: Rufen Sie ihn nach Möglichkeit an und fordern Sie die Lösung. Oft reicht das aus. Bleibt er stur, schalten Sie einen Anwalt ein. Dieser kann bei den Betreibern eine einstweilige Verfügung erwirken, dass der Kommentar bis zum Abschluss eines späteren Gerichtsverfahrens ausgeblendet wird. In diesem sollte der Jurist versuchen, eine Unterlassungserklärung zu erwirken. Das ist wichtig, denn sonst veröffentlicht der andere die schlechte Nachrede in einem anderen Portal. Wenn Sie den Verfasser nicht kennen, weil die Rezension anonym ist: Es hilft nur die einstweilige Verfügung und die Anzeige gegen Unbekannt. Doch nun soll es um Ihre Marketing- und Kommunikationsaktivitäten gehen.

1.1 Vorher hinschauen und prüfen erspart Ärger hinterher Es gibt eine Reihe an Analyseinstrumenten, mit denen Sie Ihre Idee oder Ihr Projekt im Vorfeld abklopfen sollten. So bewahren Sie sich selbst und gegebenenfalls andere Beteiligte vor Schiffbruch. Denn vielleicht gibt es bereits ein ähnliches Angebot – oder Sie stellen fest, dass der von Ihnen angenommene Bedarf schon durch ein anderes Produkt erfüllt wird. Recherchequellen finden sich im Internet – beispielsweise auf der Webseite des Deutschen Patent- und Markenamts (www. dpma.de/recherche/). Auch auf Messen und durch ausführliche Lektüre passender Fachmedien können Sie unauffällig ermitteln, an welchen Projekten die Konkurrenz arbeitet und ob es Interessenkonflikte mit Ihrem Vorhaben gibt. Manchmal lohnt es auch, die eigene Idee oder Erfindung an und für sich vorab gründlich unter die Lupe zu nehmen.

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1  Erst die Strategie, dann die Aktion!

1.2 SWOT-Analyse: Stärken – Schwächen – Chancen – Risiken Sehr effektiv und gleichzeitig einfach ist eine SWOT-Analyse (Abb. 1.1) mit der Gegenüberstellung von Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken. Die Methode ist ein Instrument der strategischen Unternehmensplanung. Die Buchstaben stehen für Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Bedrohungen). Wichtig: Dieses Werkzeug sollte immer mit Blick auf ein Ziel bzw. einen Soll-Zustand eingesetzt werden.  Tipp  Das SWOT-Kreuz eignet sich auch zum Einbau in eine Projektskizze oder Präsentation! Nachfolgend erhalten Sie ein paar Beispiele für die SWOT-Kategorien.

Stärken (Strength) Bei den Stärken geht es um Wettbewerbsvorteile und Disziplinen, die das Unternehmen besser beherrscht als die Konkurrenz. Zum Beispiel: hochwertige Produkte, qualifizierte Mitarbeiter, technologisches Know-how, gut erreichbarer Standort, niedrige Fixkosten. Geht es um eine Innovation, muss der Blick auf deren Eigenschaften gerichtet werden. Vielleicht ist sie wirkungsvoller, preisgünstiger, schneller herzustellen usw. Leitfragen sind z. B.: • • • • •

Was lief gut in der Vergangenheit (Zahlen)? Welche Wirkfaktoren stecken hinter dem aktuellen Erfolg? Wodurch hebt sich das Unternehmen positiv vom Wettbewerb ab? Welche Eigenschaften der Innovation sind besonders gefragt am Markt? Was funktioniert besser als bei vergleichbaren Angeboten?

Abb. 1.1   SWOT-Analyse: Übertragen Sie das Kreuz auf ein Blatt Papier und füllen Sie es mit Stichpunkten aus. (Quelle: Birgit Lutzer)

1.2  SWOT-Analyse: Stärken – Schwächen – Chancen – Risiken

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Schwächen (Weaknesses) Schwächen sind alle Faktoren und Merkmale, in denen das Unternehmen schlechter aufgestellt ist als der Wettbewerb. Dazu gehören eine geringe Finanzkraft, überdurchschnittlich hohe Personalkosten, Abhängigkeiten, ein wenig erfolgreicher Vertrieb oder auch fehlendes Know-how. Bei einem innovativen Produkt oder einer Dienstleistung geht es um Nachteile wie hohe Herstellungsund Erbringungskosten, eine Komplexität mit hohem Erklärungsbedarf und ähnliches. Leitfragen sind z. B.: • • • •

Wo besteht Verbesserungsbedarf im Unternehmen? Welche Projekte der jüngeren Vergangenheit sind gescheitert – und warum? Was macht die Konkurrenz einfach besser? Welche Nachteile hat die Innovation (z. B. Material, Kosten, Bedienbarkeit etc.)?

Chancen (Opportunities) Welche Faktoren und Entwicklungen können ein Vorteil für das Unternehmen sein? Wo liegen Potenziale? Beispiele: gesellschaftliche Trends und Entwicklungen, geänderte Kundenanforderungen, der technologische Fortschritt usw. Aus solchen Chancen lassen sich für das Unternehmen neue Angebote oder mehr Absatz ableiten. Ähnliche Kriterien gelten bei Innovationen. Leitfragen z. B.: • Welche Umstände könnten die Entwicklung des Unternehmens oder den Erfolg der Innovation positiv beeinflussen? • Welche günstigen Marktentwicklungen zeichnen sich ab? • In welche bisher wenig beackerte Marktnische könnte das Angebot passen? • Welche Möglichkeiten bietet der technische Fortschritt? Risiken (Threats) Im Blick stehen mögliche Gefahren und Einschränkungen, die die Entwicklung eines Unternehmens oder den Erfolg einer Innovation gefährden können. Dazu gehören gesetzliche Einflüsse, Marktbewegungen, Krisen usw. Nicht alles lässt sich genau voraussagen. Leitfragen sind z. B.: • Welche ungünstigen Marktentwicklungen sollten im Auge behalten werden? • Welche Aktivitäten oder Angebote der Konkurrenz könnten den eigenen Erfolg verhindern? • Inwieweit gibt es neue Wettbewerber? • Wie ist die wirtschaftspolitische Lage in dem Segment, in dem Sie sich bewegen?

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1  Erst die Strategie, dann die Aktion!

So analysieren Sie die Zusammenhänge Mit der kombinierten SWOT-Matrix werden Zusammenhänge zwischen Stärken und Schwächen einerseits und zwischen Chancen und Risiken andererseits sichtbar. Je nachdem, welche Merkmale des Unternehmens mit ausgewählten Merkmalen des Umfelds in Verbindung gebracht werden, lassen sich für die Strategieplanung allgemeine Stoßrichtungen ableiten und in den vier Feldern der Matrix darstellen. Die folgenden Fragen helfen dabei, Zusammenhänge zwischen den Stärken und Schwächen des Unternehmens sowie Chancen und Risiken im Umfeld zu identifizieren. Dadurch ist eine Zuordnung der Merkmale und Einflussfaktoren zu den vier Strategiefeldern möglich. Strategie „Ausbauen“: Stärken und Chancen zusammenführen Bieten sich im Markt Möglichkeiten, um mit der eigenen Kompetenz das Geschäftsfeld zu erweitern? Leitfragen dazu: • Welche Stärke kann mit welcher Chance verknüpft werden? • Welche Stärke ist geeignet, eine der Chancen umzusetzen? • Welche Dienstleistung oder Produktlinie kann in Tiefe oder Breite erweitert werden? Beispiel: Ein Softwareentwickler ist mit einem Programm erfolgreich im Business-to-Business-Bereich tätig. Er bringt eine modifizierte Version für Verbraucher auf den Markt. Strategie „Aufholen“: Schwächen und Chancen Bietet der Markt Möglichkeiten, um die eigenen Schwächen auszugleichen? Leitfragen dazu: • • • •

Welche Schwächen verhindern die Nutzung von Chancen? Welche Schwächen können zu Stärken entwickelt werden? Wo gibt es die Chance, Schwächen zu minimieren? Wo gibt es den Bedarf, gegenüber dem Wettbewerb aufzuholen?

Beispiel: Ein Zulieferer für Antriebsteile von Dieselfahrzeugen setzt auf seine Entwicklungsstärke und investiert in den Ausbau der Brennstoffzellentechnologie in industrieller Produktion.

1.2  SWOT-Analyse: Stärken – Schwächen – Chancen – Risiken

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Strategie „Absichern“: Stärken und Risiken Das Unternehmen setzt seine Stärken ein, um Risiken zu vermeiden. Leitfragen dazu: • • • •

Welche Stärken können welchen Risiken entgegengesetzt werden? Welche Stärken verhindern Risiken? In welchen Bereichen gibt es den Bedarf der Absicherung? Wie können Stärken den Eintritt bestimmter Risiken abwenden?

Beispiel: Ein bisheriger Monopolist kauft ein Start-up auf, das zu ihm in Wettbewerb treten will. Strategie „Vermeiden“: Schwächen und Risiken Es wird überprüft, wie durch Schwächen entstehende Risiken ausgeschaltet werden können. Leitfragen dazu: • • • •

Welche Schwächen sind riskant? Welche Risiken drohen konkret? Welche Maßnahmen dagegen sind nötig? Sind Risiken durch das Vermeiden oder Beenden bestimmter Aktivitäten zu verhindern?

Beispiel: Ein Industrieunternehmen, das auf zahlreichen Auslandsmärkten aktiv ist, stellt den Export in die USA ein, denn dort muss es wettbewerbs- und zollbedingt mit zu niedriger Rendite kalkulieren. Stolpersteine in der SWOT-Analyse Die SWOT-Analyse ist nur unter bestimmten Bedingungen ein Instrument, um Entwicklungen realistisch und vorausschauend zu beurteilen und Entscheidungen zu fundieren. Stellen Sie sicher, dass alle vier Felder mit derselben Objektivität bearbeitet werden. Es ist verlockend, sich auf Stärken und Chancen zu konzentrieren. Doch auch Schwächen und Risiken sind relevante Faktoren. Stärken und Schwächen beziehen sich auf Fakten, die messbar sind. Chancen und Risiken können Sie auf der Grundlage von Erfahrungen extrapolieren. Sie können Trends auswerten und z. B. Zielgruppen befragen. Die Zukunft voraussehen können Sie jedoch nicht. Sie haben es mit Vermutungen zu tun, sodass Sie stets mehrere mögliche Verläufe analysieren sollten. Beziehen Sie dabei immer die zukünftige

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1  Erst die Strategie, dann die Aktion!

Performance Ihres Wettbewerbers mit ein. Was passiert, wenn er in Zukunft ähnlich agiert, wie Sie es vorhaben? Und eine letzte Gefahr: Die SWOT-Analyse soll nicht dazu dienen, die bisherige Strategie zu untermauern. Was heute Stärken und Schwächen sind, kann sich binnen Monaten durch externe Umstände verändern. Eine besonders breit angelegte Datenbasis zur Kategorisierung der Einflussfaktoren in die vier Analysefelder ist deshalb eine aufwendige, aber notwendige Voraussetzung für die Entwicklung Ihrer Strategie.

1.3 Die Walt-Disney-Methode Der Erfinder von Micky Maus und Co. hat schon früh die Basis für eine Methode gelegt, die sich als Kreativitätstechnik und auch als Vorgehensweise bei einer Risikoabwägung durch ein Team eignet: Dadurch kann ein Ziel, Vorhaben oder Problem aus der Perspektive eines Träumers, eines Realisten und eines Kritikers betrachtet werden. So lassen sich auch mögliche Chancen und Risiken von Innovationen abklopfen. Träumer  In dieser Rolle sind Sie enthusiastisch, haben viele Ideen, denken immer positiv und lassen Ihren Wünschen freien Lauf. Hier entfalten Sie Ihre gesamte Kreativität, unabhängig davon, ob Ihre Ideen praktisch umsetzbar und realistisch sind. Sie blenden das Wort „unmöglich“ aus. Fragen Sie sich beispielsweise: „Woran hat noch nie jemand gedacht?“, „Was habe ich mir schon immer gewünscht?“ Realist  Sie denken praktisch und fragen sich, wie Sie die Idee des Träumers mit der Realität verknüpfen können. Fragen Sie sich beispielsweise: „Was ist an dieser Idee positiv?“, „Mit welchen Rahmenbedingungen kann die Idee verknüpft werden?“, „Wie könnte die Idee realisiert werden?“, „Was benötige ich für die Umsetzung der Idee des Träumers?“ Stellen Sie etwa einen Aktions- und Maßnahmenplan auf. Kalkulieren Sie, wie viele monetäre und personelle Ressourcen benötigt werden, um die Idee zu verwirklichen. Kritiker  Mit scharfem Blick nehmen Sie sich die Ideen der Träumer vor und betrachten sie sehr differenziert. Und Sie hinterfragen konstruktiv-kritisch die Ansätze des Realisten. Sie suchen Schwachpunkte und Fehler unter folgenden Gesichtspunkten: „Welche Hindernisse können auftreten?“, „Was muss verbessert werden?“, „Wo liegen die Schwachstellen?“, „Was ist überflüssig an dieser

1.3  Die Walt-Disney-Methode

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Idee?“, „Was ist an diesen Vorschlägen schlecht, was gut, was genial, was innovativ?“, „Was gibt es schon?“, „Was würde dieses kosten, was jenes?“, „In welcher Zeit wäre es zu realisieren, was bräuchte man dazu usw.?“, „Haben wir etwas übersehen?“, „Wie schätzen wir die Chancen und Risiken der Idee ein?“  Tipp  Erlauben Sie niemals dem Kritiker in Ihnen, direkt mit dem Träumer zu kommunizieren. Schaffen Sie einen absoluten kreativen Freiraum für den Träumer.

So gehen Sie bei der Walt-Disney-Methode vor: 1. Um richtig in die drei Rollen schlüpfen zu können, empfiehlt es sich, diese gedanklich durch drei sog. Denkstühle zu symbolisieren. Jedem Stuhl wird durch ein beschriftetes Schild eine der drei Rollen Träumer, Realist und Kritiker zugewiesen. Wer darauf Platz nimmt, nimmt die jeweilige Rolle ein. Jedes Teammitglied sitzt nacheinander auf den drei Stühlen. Die Redezeit beträgt je nach Teamgröße 15–30 min. Alle Aussagen werden festgehalten. 2. Geben Sie Ihrem Team die zu beantwortende Fragestellung, das zu lösende Problem, das zu erreichende Ziel oder Vorhaben bekannt. Halten Sie dies auf dem Flipchart oder einem Whiteboard fest, damit die Aufgabe jederzeit im Blick ist. 3. Beginnen Sie zunächst, Visionen und Ideen rund um Ihre Innovation aus der Perspektive des Träumers zu entwickeln. Nach diesem Durchgang folgt der Realist und zum Schluss der Kritiker. 4. Aus den Ergebnissen der Kritikerphase leiten Sie im Anschluss Fragen ab, die wiederum an die Rolle des Träumers weitergegeben werden. Auch das Feedback des Realisten fließt mit ein. Damit beginnt der eigentliche kreative Kreislauf. Der Träumer erkennt, dass einige Ideen unrealistisch sind. 5. Schließen Sie Ihren Kreativitätsprozess ab, wenn Sie feststellen, dass keine weiteren relevanten Fragen offen sind, oder wenn Sie bereits absehen können, dass ein weiteres „Stühlehüpfen“ keine neuen Denkansätze mehr bringt. 6. Tragen Sie abschließend die gesammelten Aspekte zusammen und strukturieren Sie sie. Stimmen Sie ab, wie Sie nun weiter vorgehen wollen oder welche Ideen Sie weiterverfolgen werden (vgl. für die Gesamtdarstellung der Methode Börkircher 2015, S. 25). Ist Ihre Innovation schon weiter fortgeschritten, sollten Sie sie vor der Veröffentlichung trotzdem noch einmal gründlich abklopfen. Denn ein weiteres Zahnrad Ihrer Vorabrecherche in Hinsicht auf mögliche Fallstricke ist das Testen. Dass Firmen ihre neuen Erzeugnisse vor der offiziellen Einführung auf Herz und Nieren

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z. B. mit Prototypen erproben, ist hinlänglich bekannt. Doch auch neue Serviceangebote und Dienstleistungen lassen sich vorher überprüfen. Die Zwecke von Pretests lassen sich so zusammenfassen: • Abschätzung von Marktpotenzial und Erfolgsaussichten • Bestätigung, dass Kundenwünsche und -anforderungen in ausreichendem Maß umgesetzt sind • Überprüfung auf Vollständigkeit, Wirksamkeit oder Durchführbarkeit Ist eine Innovation bereits verwirklicht und vor der Markteinführung, zielen die Tests darauf, • die komplette Marktreife zu erlangen, • gegebenenfalls beteiligte Mitarbeiter und spätere Anwender zu schulen und • die Zustimmung und Aufmerksamkeit verschiedener Zielgruppen für die Innovation zu wecken. Getestet wird meist im eigenen Unternehmen, in Pilotbetrieben oder beim Kunden bzw. Händler vor Ort, und zwar sowohl in realen als auch in simulierten Arbeitsumgebungen oder -situationen. Dabei tauchen immer wieder typische Fehler auf: • Informationsmanagement: Der Sinn des Tests oder auch die Tatsache, dass ein solcher durchgeführt wird, erschließt sich den Mitarbeitern oder Beteiligten nicht. Sie bringen dem Projekt Widerstand entgegen. Auch während der Testphase und nach ihrer Beendigung wird oft nur unzureichend darüber aufgeklärt. Zwischen- und Endergebnisse verschwinden in Schubladen, was zu Ärger bei den Beteiligten führt. Kommt heraus, dass nachgebessert werden muss, wird diese Information ebenfalls weder weitergeleitet noch umgesetzt. • Auswahl der Testpersonen/-gruppen: Wichtige Interessengruppen werden beim Testen vergessen. Dies hat oft zur Folge, dass die Verantwortlichen z. B. an Kundenanforderungen und -wünschen vorbei testen. Oder sie legen den Testschwerpunkt zu sehr auf Technik und Prozesse und vergessen die Menschen, die nachher mit dem neuen Produkt oder der Dienstleistung umgehen sollen. • Planung und Durchführung: Die Tests bringen zwar Ergebnisse, doch andere als die gewünschten. Oft ist dies das Resultat von hektischem Aktionismus.

1.4  Die Marktanalyse

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Dazu gehört das Abweichen von vorgegebenen Abläufen und Bedingungen ebenso wie der Verzicht auf das Erfassen und Dokumentieren von Testverläufen und Ergebnissen. Einen weiteren Radius als eine rein auf Ihre Innovation bezogene Analyse ist die Betrachtung des Markts.

1.4 Die Marktanalyse Unter einer Marktanalyse versteht man die Betrachtung eines bestimmten Marktsegments (z. B. Branche, Produkte, Zielgruppe etc.) zu einem festgesetzten Zeitpunkt. Die Untersuchung kann je nach Zielsetzung auf eine bestimmte Region beschränkt sein, national oder international. Es hängt an der Beschaffenheit Ihrer Innovation, welchen Schwerpunkt Ihre Marktanalyse haben sollte. Sehr genau muss die Ausgangsfragestellung formuliert werden. Denn nur so können Sie (oder der von Ihnen beauftragte Dienstleister) die richtigen Informationen zusammenstellen. Manche Daten finden Sie in Ihrem eigenen Unternehmen und andere sind extern zu beschaffen. Hilfreiche Fragen sind z. B.: • Wie lässt sich der Markt für Ihre Erfindung am genauesten beschreiben? • Welche Akteure beeinflussen den Markt (z.  B. Politiker, Wirtschaftsorganisationen usw.) und wie verhalten sich diese aktuell? • Welche Meinungsführer haben großen Einfluss? • Welche Wettbewerber gibt es für Ihre Innovation? • Wie steht es um die Zielgruppe bzw. Zielgruppen? Wie genau ist deren Bedarf? Bei Technologien geht es immer auch um aktuelle Entwicklungen. Typische Fragen: • Welche Produktionstechnologien werden aktuell eingesetzt? • Welchen Einfluss hat die digitale Transformation auf die technische Entwicklung, die Nachfrage und den Absatz? • Inwieweit verändern sich die Marktkräfte dadurch? Je spezieller die Fragestellung, desto eher kann auch eine besondere Analyse nötig werden. Die Tab. 1.2 zeigt ein paar Beispiele.

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1  Erst die Strategie, dann die Aktion!

Tab. 1.2   Analyseverfahren für spezielle Fragestellungen (Quelle: Birgit Lutzer) Was sind aktuelle Technologietrends, die die Zeitreihenanalysen zum TechnologieeinInnovation betreffen? satz, Substitutsprodukte (Erzeugnisse mit ähnlichen Eigenschaften), Kundenbedarfsanalyse Deckt das mit der Innovation verbundene Produktportfolio den Bedarf potenzieller Kunden ab? Wie sind die Marktchancen der einzelnen Sparten bzw. Reihen?

Portfolioanalyse (Kategorisierung vorhandener oder geplanter Angebote, um für jeden Bereich gegebenenfalls eine individuelle Strategie abzuleiten), Konsumentenoder Abnehmerbefragung

Wie sehen mehrere mögliche Innovationszielmärkte im Vergleich aus?

Gegenüberstellung der Marktentwicklungen, Bewertung des Zukunftspotenzials durch die Einschätzung aller dafür wichtigen Faktoren

Wie ist die Branche aufgestellt, in der die Innovation angesiedelt ist? Wie gestalten sich Preise, Wettbewerber und Nachfrage?

Branchenstrukturanalyse bzw. Five Forces (Bestimmung der Attraktivität einer Branche anhand von fünf Komponenten bzw. Forces: Verhandlungsmacht der Lieferanten und die der Kunden, Bedrohung durch neue Wettbewerber, durch Ersatzprodukte und Wettbewerbsintensität in der Branche)

Welche externen Faktoren können Einfluss auf das Unternehmen bzw. die Innovation haben?

PEST-Analyse (Ermittlung von politischen, wirtschaftlichen, soziokulturellen und technologischen Einflussfaktoren)

1.5 Ein Marketingkonzept kann verschiedene Schwerpunkte haben Ein Marketingkonzept hilft, alle Phasen des Innovationsprozesses strategisch zu betrachten und mit Plan vorzugehen. Dazu gehört auch die Kommunikation. Form und Inhalte des Konzepts sind abhängig von der Beschaffenheit Ihrer Idee oder Innovation. Entscheidend für die Wahl der passenden Konzeptgrundlage und der sprichwörtliche rote Faden sind die Ziele, die Sie mit diesem Konzept erreichen möchten. Für Ziele im Marketing gilt genau das gleiche wie für persönliche: Sind sie zu schwammig, fällt es schwer, sie zu erreichen. Sie müssen SMART sein: • Spezifisch (Konkret – z. B.: „Wir wollen einen Investor für unsere Innovation finden.“)

1.5  Ein Marketingkonzept kann verschiedene Schwerpunkte haben

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• Messbar (Während sich der Bekanntheitsgrad einer Innovation einige Zeit nach Markteinführung nur abschätzen oder mit riesigem Aufwand messen lässt, lassen sich Verkaufszahlen meist sofort überprüfen.) • Ausführbar (Sie müssen über die persönlichen oder personellen bzw. finanziellen Ressourcen verfügen, um die zur Zielerreichung erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.) • Realistisch (Setzt sich ein Erfinder das Ziel, mit seiner Innovation innerhalb von drei Monaten europäischer Marktführer zu werden, ist dies möglicherweise ein unrealistisches Ziel. Bleiben Sie lieber auf dem Teppich und setzen sich Ziele, die Sie auch erreichen können.) • Terminierbar (Zu jedem Ziel gehört ein konkretes Datum oder eine Zeitangabe, zu der seine Erfüllung überprüft wird.) Als Schablone für die Entwicklung Ihres Marketingkonzepts stehen Ihnen mehrere Ansätze zur Verfügung. In vielen klassischen Marketingfachbüchern findet man den Begriff Marketingmix. Dieses Konzept stammt aus dem Jahr 1960 und geht auf Jerome McCarthy zurück. Es bezeichnet die Auswahl und den abgestimmten Einsatz der vier Instrumente „product“ (Produktpolitik), „price“ (Preispolitik), „place“ (Distributionspolitik) und „promotion“ (Kommunikationspolitik). • Produkt: Hier geht es um Ihre Produkte und/oder Leistungen. Im Fokus stehen alle damit zusammenhängenden Entscheidungen und Aktivitäten. Dazu gehört die Beschaffenheit (z. B. technische Ausstattung eines Geräts), Designelemente, die Verpackung und andere Besonderheiten. Im Bereich der Dienstleistung stehen etwa die Art des Angebots und Zusatzschleifen (vielleicht ein besonderer Service) und auch die Verpackung und die Frage, ob ein neues Angebot an den Markt gebracht bzw. die Herstellung eines alten eingestellt werden soll. • Preis: Die Preiskalkulation ist ein wichtiger Filter, um bestimmte Zielgruppen anzusprechen oder auszuschließen. Haben Sie eine originelle und innovative App entwickelt, ist dies i. d. R. ein Angebot, das erschwinglich ist und sich an die Masse richtet. Anders sieht es aus, wenn Sie hochwertige Spitzentechnologie anbieten, mit der Firmen ihre Digitalisierungsprojekte umsetzen können. Auch bei Smart- und iPhones gibt es enorme Preisunterschiede, die oftmals mit dem Markenimage zusammenhängen. • Distribution: In diesem Handlungsfeld überlegen Sie, wie Sie Ihr Angebot an den Mann, die Frau oder die Firma bringen. Wollen Sie Lizenzen vergeben?

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Oder sind Händler bzw. andere Vertriebspartner ein geeigneter Weg? Oder wollen Sie einen eigenen Vertrieb mit ein paar Mitarbeitern aufbauen? • Kommunikation: Alle Informationen, die Sie in unterschiedlichen Formaten und über verschiedene Kanäle über Ihr Angebot verbreiten, sind in diesem Bereich zusammengefasst. Dazu gehören Webseite, PDF-Dateien, Kataloge, Flyer und Videos ebenso wie die Pressearbeit und andere Maßnahmen der Unternehmenskommunikation. Aus dieser Aufstellung wird schnell deutlich, dass die vier P kaum ausreichen, um die Komplexität des Marketings ausreichend abzubilden. Aus diesem Grund erfanden Fachleute schnell weitere P wie „Personal“, „Prozess“ und andere. Differenzen bestehen in der Fachliteratur über die genaue Zahl der Marketing-P: Manche Autoren nennen bis zu zehn Elemente, zu denen auch exotischere wie z. B. „Pampern“ gehören. Darunter versteht man die besondere Betreuung von Bestandskunden, um ein Wohlgefühl (und daraus resultierend eine stärkere Bindung ans Unternehmen) zu erzeugen. Ein paar geläufigere Beispiele, die den klassischen Marketingmix ergänzen: Positionierung, Präsentation und Promotion. • Positionierung: Im Fokus stehen markante Merkmale, die ein Unternehmen, eine Organisation oder einen Freiberufler zu etwas Besonderem machen und vom Wettbewerb unterscheiden. Auch ein innovatives Produkt oder eine Dienstleistung können mit diesen Merkmalen ausgezeichnet werden. Diese zentralen Eigenschaften werden immer wieder über verschiedene Kanäle in den Vordergrund der werblichen Kommunikation gestellt. Sehr häufig bei technischen Angeboten verwendet werden die folgenden Positionierungsmerkmale: Angebotsgestaltung, Qualität, Preis, Service, Spezialisierung und Innovationskraft. Wenn Sie jetzt sagen „Auf mein Angebot trifft alles zu!“, ist das ein bisschen viel des Guten. Eine Faustregel besagt, dass es maximal drei sein sollen. Sind Sie unsicher, können Sie auch Anwender, Kunden oder Vertriebspartner befragen, was nach deren Meinung die zentralen Merkmale Ihres Produkts oder Ihrer Leistung sind. • Präsentation: Sie umfasst die Elemente Ihrer Außendarstellung. Zunächst benötigen Sie für Ihren Unternehmensauftritt oder Ihr Angebot (z. B. Marke, Produkt bzw. Produktreihe) ein grundlegendes Corporate Design, das Logo, Farben und Gestaltungselemente umfasst. Es zieht sich als roter Faden durch alle Publikationen und sorgt für einen Wiedererkennungseffekt. In Ihrem Corporate Design gestaltet sein sollten dann Geschäftspapiere, E-Mail-Signaturen, Webseite, Kataloge, Flyer, PDF-Dateien, Messestände und andere Kommunikationsmedien.

1.5  Ein Marketingkonzept kann verschiedene Schwerpunkte haben

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• Promotion: Hier geht es um Marketing-, Werbe- und Public-Relations-Maßnahmen, mit denen Sie Ihr Unternehmen oder Ihr technologisches Angebot bekannt machen und Kaufanreize setzen. Dazu gehören Anzeigenkampagnen, Mailing-Aktionen, Social-Media-Aktivitäten, Messeauftritte, Events usw. Wichtig ist, dass alle Einzelmaßnahmen aufeinander abgestimmt werden. Sonst verpufft die Wirkung. Die genannten P (und je nach Ziel bzw. Beschaffenheit des Angebots weitere) verbinden sich zusammen in einem Marketingkonzept. Da Form und Inhalte des Konzepts abhängig von der Ausprägung Ihrer Idee oder Innovation sind, erhalten Sie in Tab. 1.3 eine beispielhafte Gliederung. Diese können Sie an Ihren Bedarf anpassen.  Tipp  Auch wenn Sie externe Dienstleister mit der Erstellung Ihres Marketingkonzepts beauftragen, sollten Sie vorab eigene Überlegungen anstellen und die einzelnen Abschnitte wenigstens mit Stichpunkten füllen! Dazu sind eine gründliche Recherche und bestenfalls die Vorstrukturierung der Informationen nötig. Tab. 1.3   Gliederung für ein Marketingkonzept. (Quelle: Birgit Lutzer) Ausgangssituation und Ziele, die durch das Konzept erreicht werden sollen

Dieser Part enthält eine Beschreibung des aktuellen Verwirklichungsstands Ihres Projekts. Vielleicht stehen Sie noch ganz am Anfang. Sie haben eine brillante Idee, deren Verwirklichung Sie mit dem Marketingkonzept fördern möchten. Oder Ihr Vorhaben ist schon weiter fortgeschritten. Möglicherweise suchen Sie Investoren und dabei soll das Marketingkonzept helfen. Es könnte auch sein, dass Sie Kooperationspartner finden möchten. Passend zu dieser Ausgangssituation setzen Sie dann die smarten Ziele fest, die Sie durch das Konzept erreichen wollen

Beschreibung der Idee bzw. Innovation

Sie sollte in verständlicher Sprache beschrieben werden. Hilfreiche Fragen: Was war/ist das Ausgangsproblem? Welchen Bedarf treffen Sie damit? Wie sieht die Lösung (Ihr Projekt) aus? Welche Vor- und Nachteile hat es? Welchen Nutzen stiftet die Innovation?

Zielgruppendefinition

Beschreiben Sie die Personenkreise oder Firmen, die Sie mit Ihrer Innovation ansprechen möchten, möglichst genau. Möchten Sie die Bevölkerung eines bestimmten Landes erreichen, können auch die Milieustudien des Sinus-Instituts hilfreich sein. Diese schlüsseln die Lebenssituation, Altersgruppen, Berufe und sogar Werte auf (Link: http://www.sinus-institut.de; für weitere Hinweise s. Kap. 2, Phasen und Zielgruppen der Innovationskommunikation) (Fortsetzung)

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1  Erst die Strategie, dann die Aktion!

Tab. 1.3   (Fortsetzung) Markt- und Wettbewerbssituation

Die Markt- und Wettbewerbsanalyse dient dazu, Informationen zum aktuellen Ist-Zustand zusammenzutragen und eine Voraussage zu treffen, welche Marketingaktivitäten mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein werden. Umfassende Erhebungen werden von Marktforschungsinstituten durchgeführt. Sind Sie regional tätig und/ oder auf ein bestimmtes Themengebiet mit überschaubarer Konkurrenz spezialisiert, geben sicher auch eine gezielte Internetrecherche und die Analyse von Firmenauftritt und Werbematerialien des Wettbewerbs Aufschluss. Fragen, die in der Markt- und Wettbewerbsanalyse beantwortet werden sollten: • Welche Wettbewerber gibt es aktuell, wo haben diese ihren Firmensitz und was genau bieten diese an? • Wie teilt sich der Markt aktuell auf? • Welche Stärken und Schwächen haben die konkurrierenden Anbieter? • Welche potenziellen Wettbewerber gibt es außer den bekannten? Inwieweit könnten sich bestimmte andere Träger zur Konkurrenz entwickeln? • Welche Besonderheiten zeigen die Außenauftritte (Internet, Broschüren usw.) des Wettbewerbs? • Wie könnten Sie sich mit Ihrer Innovation davon abheben? Die Markt- und Wettbewerbssituation kann sich zuweilen sehr schnell ändern, sodass die fortlaufende Beobachtung und ein gutes Maß an Flexibilität erforderlich sind

Positionierung und AlleinstellungsMerkmale der Idee bzw. Innovation

Unter dem Begriff „Positionierung“ versteht man markante Merkmale, die eine Innovation auszeichnen und die in den Vordergrund der werblichen Kommunikation gerückt werden. Das gleiche gilt für die Alleinstellungsmerkmale, die auf den Begriff Unique Selling Proposition (USP) – einzigartiges Verkaufsversprechen – zurückgehen. Das Konstrukt des USP stammt aus den 1960er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, wo es noch vergleichsweise wenige verschiedene Produkte in den Supermärkten gab. Es war also einfacher als in der Gegenwart, Differenzierungskriterien festzulegen. Die Alleinstellungsmerkmale leiten sich aus den Fragen ab: Was unterscheidet die Innovation von gegebenenfalls bereits vorhandenen Angeboten bzw. Leistungen? Was macht sie so einzigartig?

Kommunikation, Botschaft bzw. Botschaften

Mit einer Botschaft übermitteln Sie ein treffendes Bild Ihrer Innovation für die Zielgruppe bzw. Zielgruppen. Es geht dabei um eine sprachliche Verpackung von Positionierung, Alleinstellungsmerkmalen und Vorteilen der Innovation. Diese Botschaft kann eine einzelne Aussage sein oder mehrere Punkte enthalten. Kommunizieren Sie immer die gleichen Inhalte, auch über verschiedene Kanäle! (Fortsetzung)

1.5  Ein Marketingkonzept kann verschiedene Schwerpunkte haben

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Tab. 1.3   (Fortsetzung) Außendarstellung

Dieser Konzeptabschnitt beinhaltet Hinweise zum Corporate Design – der grafischen Erstellung des Innovationsauftritts (z. B. Webseite, Werbe- und Informationsmaterialien). Beispiele: Farben, Formen, Bildsprache, Wechselspiel Text – visuelle Gestaltung (s. auch Kap. 3 über Informationsträger)

Marketing- und PR-Maßnahmen

Welche Maßnahmen für welche Zielgruppe sind wann geplant? Beispiele: Mailing-Aktion, Social-Media-Aktivtäten, Pressearbeit, Anzeigenkampagne, Plakatwerbung, Imagefilm etc. (vgl. Kap. 2, 3 und 4, in denen es jeweils um Maßnahmen geht)

Budgetierung

Faustregeln, wie viel Prozent vom geplanten Umsatz für Marketing zwingend eingesetzt werden müssen, helfen nur wenig. Erstellen Sie eine Übersicht, welche Aktivitäten erforderlich sind, was davon in welcher Zeit mit eigenen Kapazitäten erledigt werden soll und welche Bausteine Sie extern vergeben möchten. Holen Sie immer Angebote von mehreren Firmen bzw. Freiberuflern ein, um ein Gefühl für die Kosten zu bekommen! Aus allen diesen Informationen leiten Sie dann einen (vorläufigen) Kostenplan ab

„Informationen sofort zu organisieren, spart viel Zeit nachher!“ Interview mit Lars Pielemeier, Geschäftsführer des REFA Nordwest-

Regionalverbands Ostwestfalen-Lippe

Lars Pielemeier

Als Geschäftsführer ist Lars Pielemeier u. a. für die Erarbeitung von Marketingkonzepten und Strategien der Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Aus eigener Erfahrung weiß er, dass dafür eine gründliche Recher-

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1  Erst die Strategie, dann die Aktion!

che nötig ist. Und anschließend müssen die zusammengetragenen Inhalte geordnet und aufbereitet werden. Dazu gibt er Tipps. Foto: Birgit Lutzer. Welche Arten von Informationen sind denn überhaupt wichtig als Grundlage für ein Marketingkonzept? Pielemeier: Zunächst sind alle Informationen über die Markt- und Wettbewerbssituation wichtig. Darüber hinaus ist es interessant, welche Konzepte und Strategien sich andere ausgedacht haben. Davon lassen sich vielleicht Teile übertragen. Hinzu kommen je nach Anlass bzw. Konzeptziel wissenschaftliche Forschungsergebnisse, Studien und Statistiken. Und nicht zuletzt hat das persönliche Gespräch mit Zielgruppenmitgliedern eine enorme Bedeutung. Denn dadurch lassen sich manchmal mehr Erkenntnisse gewinnen als durch das alleinige Verharren in theoretischen Überlegungen. Daraus wird sicher eine riesige Stoffsammlung. Haben Sie einen Tipp für eine systematische Herangehensweise? Pielemeier: Bevor ich recherchiere, überlege ich mir eine vorläufige Struktur des Themas, an dem ich gerade arbeite. Wir nehmen als Beispiel das Marketingkonzept. Für die einzelnen Punkte der Gliederung lege ich passende Dateiordner an. So kann ich sofort eine strukturierte Stoffsammlung erstellen und spare später viel Sortieraufwand. Welche Quellen und Informationsformate nutzen Sie am meisten? Pielemeier: Das Zusammentragen von Informationen, die vielleicht einmal wichtig sein könnten, ist eine laufende Tätigkeit bei mir. Ich verbinde dabei klassische und digitale Quellen. Zum einen lese ich ganz normale Bücher und Zeitschriften. Steht dort etwas Interessantes, das ich verwenden kann, übertrage ich das Originalzitat oder den Auszug mit Quellenangabe in eine Word-Datei. Und die lege ich in einem vorstrukturierten Dateibaum ab. Das gleiche gilt für PDF-Dateien oder auch in Einzelfällen eingescannte Dokumente. Am häufigsten jedoch sind PDF.

1.5  Ein Marketingkonzept kann verschiedene Schwerpunkte haben

Manche PDF sind sehr umfangreich. Dauert es nicht sehr lange, die nach relevanten Inhalten zu durchforsten? Pielemeier: Ich fange schon vor dem Herunterladen mit einer ersten Sichtung an und blicke ins Inhaltsverzeichnis. Daraus geht oft hervor, inwieweit das Gesamtdokument oder Auszüge daraus für meine Fragestellung relevant sind. Bereits heruntergeladene Dateien speichere ich im richtigen Ordner ab. Sind einige zusammengekommen, durchforste ich sie geblockt mit der erweiterten Suche des Acrobat Readers. Wie funktioniert die genau? Pielemeier: Bei der erweiterten Suche können Sie alle PDF auf Ihrer Festplatte oder in einem ausgewählten Ordner nach Stichwörtern durchsuchen. Nehmen wir mal an, ich habe 30 PDF-Dateien zum Thema Messeauftritt gespeichert. Mich interessiert alles, was mit dem Stand zu tun hat. Dann gebe ich das Wort ein und erhalte eine Liste aller PDF, in denen der Begriff vorkommt. Klicke ich auf eine davon, erscheint eine Miniaturübersicht aller Einzelseiten, aus denen der Textzusammenhang hervorgeht. So kann ich auch aus großen Mengen an Text sehr schnell das herauspicken, das für mich wichtig ist. Sollte man die verschiedenen Tätigkeiten, die für eine Konzepterstellung nötig sind, geblockt ausführen oder lieber hin- und herspringen? Pielemeier: Es geht am schnellsten, wenn Sie etwa das Recherchieren und Herunterladen an einem Stück durchführen. Dann nehmen Sie sich Zeit für die genauere Suche nach Textbausteinen, und zwar jeweils für ein Thema. Das ständige Hin- und Herschalten zwischen verschiedenen Aufgaben erfordert mehr Zeit und Energie als das durchgängige Ausführen einer Aufgabe. Doch meistens muss eine Konzepterstellung in den normalen Arbeitsalltag eingebunden werden, sodass ein Teil von Hin- und Herswitchen sich leider kaum umgehen lässt.

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1.6 Die strategische Content-Planung Ein Segment des Marketings ist die Unternehmenskommunikation – in diesem Fall die Innovationskommunikation, um die es in diesem Buch schwerpunktmäßig geht. Seit einigen Jahren hat sich in diesem Zusammenhang auch der Begriff des Content Management (manchmal auch Content Marketing) verbreitet. Es geht im Kern um die Frage, welche Botschaften Sie über welche Kanäle verbreiten möchten und wie Sie diese passend aufbereiten. Die Antwort darauf hängt wiederum zusammen mit den Zielgruppen Ihrer Unternehmenskommunikation. Ein praktisches Beispiel: Der Verband REFA Nordwest bietet anspruchsvolle Weiterbildungen im Bereich der Arbeitsorganisation und des Industrial Engineering an. Da die Maßnahmen zeitaufwendig sind und eine entsprechende Investition erfordern, gibt es nur wenige private Selbstzahler. Oft sind es Führungs- und Fachkräfte in Firmen, die REFA-Weiterbildungen für ihre Mitarbeiter buchen. Die Entscheidungsträger (z. B. Produktionsleiter, Unternehmer etc.) bilden also eine wichtige Zielgruppe des Verbands. Doch auch die potenziellen Teilnehmer als zweite Zielgruppe sollen durch Kommunikationsmaßnahmen angesprochen werden. Deshalb läuft die Content-Strategie zweigleisig: Fachund Führungskräfte werden durch technische Case Studies angesprochen, die die Pressestelle passenden Medien zur kostenfreien Veröffentlichung anbietet. Parallel dazu laufen Aktivitäten auf Social-Media-Portalen wie Facebook (lustige Posts und Videos) und YouTube (Video-Kanal). An diesem praktischen Beispiel zeigt sich, um welche Fragen sich die Content-Strategie dreht: • Was wollen Sie mit Ihren Veröffentlichungen erreichen? • Was sind die zentralen Botschaften, die Sie übermitteln möchten? • An wen richten sich Ihre Inhalte? • Welchen Nutzen bzw. welche Lösung bietet Ihr Content? • Was macht Ihre Inhalte einzigartig und hebt sie von anderen Veröffentlichungen ab? • In welchen Formaten wollen Sie Ihre Botschaften aufbereiten? • Was sind die Medien bzw. Kanäle, über die Sie Ihre Inhalte den Zielgruppen zugänglich machen wollen? • Wie können Sie die Erstellung und Veröffentlichung von Content planen und organisieren?

1.6  Die strategische Content-Planung

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Ziele  Typische Ziele einer Kommunikations- oder Content-Strategie sind Imagepflege, Ausbau des Bekanntheitsgrads und auch die Interessentengewinnung. Letztgenanntes wird oft mit dem Begriff Leadgenerierung versehen. Darunter versteht man einen Anreiz z. B. auf der Webseite, der eine Person dazu bringt, ihre Kontaktdaten zu hinterlassen. Diese werden dann für weitere werbliche Informationen genutzt, um den Interessenten zum Kunden zu machen. Anwendungsbeispiele sind die Anmeldung zu einem Newsletter oder das Registrieren als Neukunde. Auch Gewinnspiele und kostenlose Downloads (z. B. Whitepaper oder Checklisten) werden häufig für die Leadgenerierung eingesetzt und in die Content-Strategie eingebunden. Zentrale Botschaft bzw. Botschaften  Bevor Sie mit Inhalten an die Öffentlichkeit gehen, lohnt die Überlegung, was genau Sie übermitteln möchten. Nehmen wir an, Sie hätten in Ihrem Unternehmen ein innovatives Produkt entwickelt, das Sie an den Markt bringen möchten. Zunächst arbeiten Sie den Kundennutzen heraus, also z. B. drei Vorteile, die das Angebot den Nutzern bringt. Dieser Nutzen wird dann über die verschiedenen Kanäle Ihrer Content-Strategie herausposaunt: als Slogan, der auf allen Kommunikationsmedien auftaucht, in Bildform bei Pinterest, als lustiges Erklärvideo und ausführlicher als suchmaschinentauglicher Blogbeitrag mit mindestens 300 Wörtern. Es geht also um immer dieselben Inhalte, die ein anderes Outfit verpasst bekommen. Zielgruppe bzw. Zielgruppen Sie können für die Zielgruppensegmentierung auf vorhandene Systeme wie die Buyer-Personae zurückgreifen oder klassisch die Punkte herausarbeiten, die speziell für Ihre Zielgruppe bzw. Zielgruppen von Bedeutung sind. Achtung, manchmal liegen Entscheidungsträger und Anwender auseinander. Beispiel: Über den Erwerb eines Geräts entscheidet der Produktionsleiter. Doch für den Kauf spielt auch die Meinung der Werker eine Rolle, denn sie müssen damit umgehen. Mit ihrer Content-Strategie können Sie entweder zweigleisig fahren oder versuchen, einen Argumentationsstrang zu entwickeln, mit dem Sie beide Seiten erreichen. Zweck Ihres Contents  Wenn Sie einen Fachbeitrag in einer wichtigen Branchen­ zeitung veröffentlichen, ist dessen vorrangiges Ziel die Information der Leser. Am Anfang steht ein bestimmtes Ausgangsproblem, das Sie mit Ihrem ­Content lösen (oder für das Sie einen Lösungsansatz skizzieren). Anders sieht es bei einem Facebook-Inserat aus: Mit einer bunt und lustig gestalteten Anzeige geht

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es darum, Besucher auf Ihre Webseite zu leiten. Jedes Content-Format kann ein eigenes Ziel haben. Der Punkt, an dem alle Fäden zusammenlaufen, ist Ihr Content-Konzept. Einzigartigkeit  In der aktuellen Informationsflut ist es zugegebenermaßen schwierig, sich mit einzigartigen Botschaften als strahlender Stern am Himmel abzuheben. Deshalb recherchieren Sie bitte vor dem Aufsetzen des Content, was es schon gibt an Veröffentlichungen zu Ihrem Thema. Und dann kommt die spannende Frage, wie Sie sich positiv davon abheben möchten. Welchen Mehrwert wollen Sie Ihren Lesern bieten? Wie können Sie das Thema tunen, um Aufmerksamkeit zu erregen? Manchmal bietet es sich auch an, eine ungewohnte Verknüpfung mit einem vorhandenen, vieldiskutierten Thema zu versuchen. Auch Bilder können eine Möglichkeit sein, Content einzigartig zu machen. Prüfen Sie auch Ihre vorhandenen Veröffentlichungen und verbessern Sie sie bei Bedarf! Aufbereitung, Medien und Kanäle  Ihr Content muss in seiner Aufbereitung zu den gewählten Medien und Übermittlungskanälen passen. Eine textlastige Präsentation ist ebenso sinnlos wie ein Blogbeitrag, der aus nur einem einzigen Standardsatz besteht. Der wiederum wäre für Twitter geeignet. Beliebte Verbreitungsmedien sind Blogbeiträge, Presseartikel, E-Books/Whitepaper, Videos, Podcasts, E-Mail-Newsletter, Umfragen (z. B. per Facebook), Gruppenbeiträge bei LinkedIn oder XING, Pinterest-Bilder, Webinare, Leitfäden usw. Hinzu kommen immer wieder neue Medien, Social-Media-Portale und Formate. Die Technik machts möglich. Planung und Umsetzung Ihrer Content-Strategie  Unabhängig davon, ob Sie allein oder in einem Team für die Verteilung von Inhalten zuständig sind: Ein Redaktionsplan hilft, die Beiträge fristgerecht hochzuladen bzw. zu verschicken. Außerdem können Sie bestimmte Kampagnen abgestimmt durchführen, indem dasselbe Thema parallel z. B. auf Facebook, durch ein Video und einen Blogbeitrag veröffentlicht wird. So potenziert sich die Wirkung Ihrer Kampagne – und jeder Mitwirkende weiß, was er wann zu tun hat.

1.7 Nehmen Sie Ihre Kunden mit auf die Reise – die Customer Journey Eine besondere Kommunikationsstrategie ist die Customer Journey – die Reise eines potenziellen Kunden vom ersten Kontakt bis zum Geschäftsabschluss. Die Reise verläuft über Kontaktpunkte (Touchpoints), über die der Interessent in

1.7  Nehmen Sie Ihre Kunden mit auf die Reise – die Customer Journey

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kommunikative Berührung mit dem Produkt, der Marke oder dem Unternehmen kommt. Typische Touchpoints sind Werbeanzeigen, Pressebeiträge, Empfehlungen, Telefonate etc. Aus dieser Aufzählung wird schon ersichtlich, dass es sich sowohl um aktiv bereitgestellte Kontaktpunkte als auch um zufällige, wie den Tipp des guten Freunds, handelt. Der Weg ins Ziel kann sich über mehrere Stunden oder Tage erstrecken. Gängige Wunschhandlungen sind Käufe, Bestellungen oder Anfragen. Ein Beispiel für eine solche Journey: Die Inhaberin einer Marketingagentur möchte gern Filme drehen und denkt über den Kauf einer Videokamera nach. Als erstes recherchiert sie nach Kriterien und Testberichten. Sie besucht Online-Portale und sichtet Kundenkommentare bei Amazon. Dabei kristallisieren sich bald zwei Favoritenmarken heraus. Sie geht auf die entsprechenden Webseiten und holt weitere Informationen über die Videokameras ein. Zum Schluss schwankt sie zwischen drei Geräten. Eine Online-Bestellung kommt wegen des höheren Risikos nicht infrage. Um ganz sicher zu sein, ruft sie zunächst bei einem Fachgeschäft an. Der Mensch am Telefon ist freundlich und versichert ihr, dass die infrage kommenden Modelle vorrätig sind. Sie besucht das Geschäft, lässt sich beraten und geht zufrieden mit dem Wunsch-Camcorder nach Hause. Aus dieser Schilderung geht hervor, dass die Reise dieser Kundin eher von Zufällen bzw. ihr selbst gesteuert wurde. Einflussmöglichkeiten der kontaktierten Anbieter liegen auf ihrer jeweiligen Webseite, bei Amazon, am Telefon und im Fachgeschäft. Bei der Customer Journey geht es darum, die einzelnen Ablaufschritte möglichst genau zu planen und dafür zu sorgen, dass der Kaufinteressent am Ball bleibt. Betrachten Sie zunächst Ihre vorhandenen Kontaktpunkte wie beispielsweise die Webseite, eine Produktseite im Shop, Ihren Messestand, Ihre Anzeigenkampagnen usw. Die Einzelpunkte müssen eine Verbindung untereinander haben, sonst kann kein Interessent auf die Reise gehen. Denn er wird nur von einzelnen Eindrücken bzw. Impulsen befeuert. Erste Aufmerksamkeit sollten Sie dem Startpunkt der Reise widmen. Was ist die Ausgangssituation eines typischen Interessenten? Welche Gedanken und welches Interesse hat er, bevor er die Initiative ergreift? Warum und auf welchem Weg kontaktiert er Sie? Wenn Sie das wissen, können Sie ihn besser abholen. Wenn Sie neue Kunden auf verschiedenen Pfaden gewinnen, müssen Sie für jeden möglichen Startpunkt einen neuen Reisebeginn konzipieren. Irgendwann aber laufen die Pfade zusammen. Ganz wichtig: Niemand lässt sich gern holterdipolter zu einer Entscheidung drängen. Deshalb sollte Ihre Reise lang genug sein, um eine erste Vertrauensbeziehung zwischen Ihnen und dem potenziellen Auftraggeber aufzubauen. In Abb. 1.2 sehen Sie eine vereinfachte Kundenreise:

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1  Erst die Strategie, dann die Aktion!

Abb. 1.2   So kann eine Customer Journey aufgebaut sein. (Quelle: Birgit Lutzer)

Die Kontaktpunkte zum Ziel können ergänzt werden. Bei jedem einzelnen Kontaktpunkt kommt es darauf an, dass sich der mögliche Käufer oder Auftraggeber optimal betreut fühlt. Sonst bricht er die Reise ab. Ein Beispiel: Selbst wenn der Besuch der Firmen- oder Produktwebseite positiv verläuft, schreckt ein unfreundlicher oder inkompetenter Mitarbeiter am Telefon den Interessenten wieder ab. Hilfreiche Fragen für die Gestaltung der einzelnen Kontaktpunkte: • • • •

Wie ist die Ausgangssituation? Welchen Informationsbedarf hat der Interessent? Wie ist seine Einstellung zum Angebot? Wie können Sie mögliche Bedenken ausräumen?

Wie leiten Sie am besten zum nächsten Kontaktpunkt weiter?  Tipp  Auch alle Informationsmaterialen, die Sie im Lauf der Reise einsetzen, müssen aufeinander abgestimmt sein. Beispiele: Webseite, Flyer, PDF-Dateien etc.

1.7  Nehmen Sie Ihre Kunden mit auf die Reise – die Customer Journey

„Unsere Customer Journey wird ständig weiterentwickelt!“

Interview mit Kai Stegemann, Geschäftsführer der Star Pump Alliance GmbH

Kai Stegemann

Die Interessen von Pumpenherstellern und Kaufinteressenten zusammenzuführen, ist das Ziel des Online-Portals https://www.starpumpalliance. com. Das Konzept basiert auf einer Customer Journey. Geschäftsführer Kai Stegemann erläutert Konzept, Umsetzung und Erfahrungen mit der Starpump-Alliance-Kundenreise. Was waren Ihre Vorüberlegungen bei der Konzeption des Portals? Stegemann: Mehrere Pumpenhersteller äußerten den Wunsch, dass wir alle Informationen über Pumpen auf einer Internetseite zusammenfassen. So wurde der Plan geboren, mit unserer Homepage das Wissen und die Expertise aus unterschiedlichsten Marktsegmenten und Anwendungen zusammenzufassen. Wir wollten dem Pumpennutzer eine zentrale Anlaufstelle bieten. Über die Plattform kann er sich zunächst informieren und dann in wenigen Schritten individuelle Anforderungen an seine Pumpentechnologie eingeben. Das Ziel dieser Auswahlmöglichkeit besteht darin, Pumpensucher und Hersteller schneller und effektiver zu vernetzen. Durch die Vorselektion des Users kann der Hersteller kurzfristig binnen von zwei Tagen ein technisches Angebot für den potenziellen Kunden erstellen.

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1  Erst die Strategie, dann die Aktion!

Eine Customer Journey wird oft von verschiedenen Ausgangssituationen her geplant. Welche Startpunkte berücksichtigen Sie in Ihrem Online-Portal? Stegemann: Die typische Ausgangssituation eines potenziellen Kunden ist so: Er recherchiert online nach einer passenden Technologie. Doch die Ergebnisse der Suchmaschinen sind von Algorithmen getrieben, die nicht optimal auf den Business-to-Business-Bereich zugeschnitten sind. Deshalb sind die Suchergebnisse nicht anwendungsspezifisch. Hinzu kommt, dass die Ermittlung eines passenden Herstellers oft nur über viele Zwischenschritte möglich ist. Von diesem Ausgangspunkt her haben wir den Weg des Kunden zu einem passenden Anbieter gestaltet. Welche Kontaktpunkte enthält Ihre Webseite? Stegemann: Der klare Fokus liegt natürlich darauf, Kontakte bzw. Leads im Sinn von Anfragen zu generieren. Hierfür nutzen wir viele plakative Elemente. Dazu gehören kleine Teaser und große Slider-Bereiche, in denen die Anwendung unserer Technologie gezeigt wird. Diese spielen wir natürlich auf allen Unterseiten der Webseite aus. Weitere Kontaktpunkte sind Support-Elemente (Ask SPA/Ask Producer), um allgemeine Anfragen bedienen zu können. Zusätzlich bieten wir dem User weitere Hilfsmittel an wie einen Umrechner, Werkzeuge etc., um ihm diverse Mehrwerte zu liefern. Abgerundet werden diese Informationsquellen durch unseren News-Bereich. Er hat Mediencharakter und präsentiert Brancheninformationen. So haben die User einen weiteren Grund, regelmäßig unsere Seite besuchen. Zusätzlich versuchen wir, Newsletter-Anmeldungen zu sammeln. Inwieweit gibt es eine Verbindung zu persönlichen Touchpoints wie z. B. Telefon oder ein Beratungstermin? Stegemann: Einen persönlichen Dialog bilden wir aktuell nur mit unseren Kontaktformularen ab. Zukünftig möchten wir noch näher am Kunden sein und überlegen, ein eignes Chat-Modul aufzusetzen. So kann der Interessent live mit uns kommunizieren. Auch wenn wir nur online agieren – die direkte Kommunikation bleibt ein sehr starkes Argument für den Kunden.

Literatur

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Inwieweit entwickeln Sie Ihre Kundenreise weiter? Stegemann: Der ständige Verbesserungsprozess betrifft natürlich auch unser Portal. Wir kontrollieren laufend, ob und wie wir die Kontaktpunkte verbessern können. Ein Beispiel: Ein User hat seine individuellen Ansprüche an eine Pumpentechnologie in unserem Selektor ausgefüllt und seinen Pumpenhersteller gefunden. Doch das Abschicken der Anfrage bleibt aus. Wir möchten verstehen, warum er die Reise beim letzten Schritt abgebrochen hat. Hierzu tracken wir die einzelnen Buttons, wie „Anfrage abschicken“ und werten die dadurch gewonnenen Daten aus. Abschließend beobachten wir eigens definierte Eckdaten (u. a. Absprungrate, Verweildauer etc.), um die Webseite stetig zu optimieren. Unterstützend zur Seite stehen Analysetools wie Analytics. Außerdem nutzen wir Mouseflow. Es gibt uns einen Überblick, wie gesucht wird. Das heißt konkret, wir sehen alle Maus- und Scrollbewegungen der User. So können wir jede Seite einzeln betrachten und optimieren. Wie sind Ihre Erfahrungen bisher – funktioniert Ihre Kundenreise wie geplant? Stegemann: Die ersten Erfolge nach dem Kick-off im Juni 2018 geben uns Recht. Wir wachsen, generieren Leads und haben eine steigende monatliche Sichtbarkeit bzw. Reichweite). Das ist erst einmal zufriedenstellend. Durch die Online-Präsenz erreichen wir weitere interessante Märkte rund um den Globus. Wir sehen natürlich auch, dass manche Elemente noch nicht so funktionieren wie geplant. Doch genau an diesen Punkten stellen wir uns dann die Frage, wie wir sie verbessern können.

Literatur Börkircher M (2015) Per Reizwortanalyse Produkt- und Geschäftsideen fördern. Betriebspraxis & Arbeitsforschung 225:25–27

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Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte Zielgruppen der Innovationskommunikation

Zusammenfassung

Im Lauf des Innovationsprozesses haben Sie es mit verschiedenen Menschen(-Gruppen) zu tun, die Sie für Ihr Projekt gewinnen müssen. Jeder Personenkreis muss möglichst individuell angesprochen werden. In diesem Kapitel geht es zunächst um Instrumente zur Zielgruppensegmentierung und anschließend um ausgewählte Beispiele: Investoren, Kooperationspartner und eigene Belegschaftsmitglieder (für andere Zielgruppen s. das Kapitel „Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen“). Zunächst soll es um die Phasen von der Ideenfindung bis zur Markteinführung gehen, da Sie bei jedem Schritt auf andere Personen und Gruppen treffen. Ein sehr bekanntes Instrument zur Steuerung des Innovationsprozesses und seiner Phasen ist das Stage-Gate-Modell von R. G. Cooper. (vgl. www.stage-gate.com, Zugriff am 02.10.2019) Er unterteilt das gesamte Vorhaben von der Idee bis zur Markteinführung in einzelne Abschnitte (Stages) und Gates (Meilensteine; Abb. 2.1). Am Anfang steht die Analyse der Idee mit Blick auf ihre technische und wirtschaftliche Eignung. Erst danach durchschreiten die Verantwortlichen das Tor zur Entwicklung bzw. Fertigung. Weitere Schritte gehen über die Serienreife zum Launch (Markteinführung). Je nach Branche, Firma oder Art der Innovation kann die Zahl der einzelnen Schritte variieren. Während Cooper von fünf bis sechs ausgeht, sind es bei hochtechnologischen Projekten oft mehr. Eine bedeutende Rolle spielen die Gates. Vor jedem neuen Tor wird vom Projektteam oder dem Vorgesetzten entschieden, ob das Vorhaben fortgesetzt oder eingestampft wird. Als Basis für diesen Entschluss gibt es vorab definierte Kriterien.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Lutzer und A. Howind, Kommunikation und Marketing für TechnikInnovationen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27262-3_2

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Abb. 2.1   Die Innovationsphasen im Stage-Gate-Modell. (Quelle: Birgit Lutzer)

Diese Zeichnung in Abb. 2.1 soll an einem vereinfachten Beispiel erläutert werden: • Initialzündung: Ein Erfinder hat die Idee, einen Roboter für das Unkrautzupfen zu produzieren. Er durchleuchtet den Einfall zusammen mit ein paar Kollegen. Alle sehen durch die vielen älteren Gartenbesitzer sowie Firmen mit Grünflächen auf dem Betriebsgelände einen Bedarf und sind begeistert. Sie wollen das Projekt gemeinsam weiterverfolgen und durchqueren Gate 1. • Stage 1 – Machbarkeitsstudie: Die Forscher überlegen, unter welchen Rahmenbedingungen sie einen solchen Helfer produzieren könnten. Dazu erstellen sie eine umfangreiche Studie. Nach Abschluss entscheidet sich die Gruppe dafür, einen Finanzier bzw. Hersteller für den metallischen Unkrautvernichter zu suchen. Damit durchqueren sie Gate 2. • Stage 2 – Finanzierungssicherung: Einer der Kollegen findet nach längerer Suche einen Gartengerätehersteller, der in die Produktion des Unkrautroboters einsteigen möchte. Es fehlen allerdings noch bestimmte Zulieferer, die bei der Umsetzung helfen müssen. Gemeinsam fällt der Beschluss, sich am Markt nach geeigneten Partnern umzuschauen. So passieren alle zusammen das Gate 3. • Stage 3 – Finden von Partnern: Es werden zwei passende Anbieter als Partnerunternehmen angeworben. Sie stellen benötigtes Material und Teile. Dafür erhalten sie später eine Umsatzbeteiligung. Nun ist alles vorbereitet und es geht im Sauseschritt weiter durch Gate 4.

2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

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• Stage 4 – Gerät in der Produktion: Nach der Herstellung eines Prototypen und weiterer Tests geht das Gerät in die Produktion. Es folgen Maßnahmen, um die Markteinführung vorzubereiten. Denn diese ist Gate 5. • Stage 5 – Markteinführung: Sie wird begleitet von einer großen Kampagne. Das Gerät ist zwar teuer, doch es kommt gut bei den zwei Zielgruppen an. Nach einem Jahr erfolgt eine Auswertung. Auf Basis der ermittelten Zahlen, Daten und Fakten soll der Roboter weiter verbessert und optimal an den Bedarf der Käufer angepasst werden. In jedem Abschnitt des Stage-Gate-Modells entsteht Kommunikationsbedarf. Und daraus leiten sich die Fragen ab, mit welchen Informationen Sie wann an wen herantreten und wie Inhalte Ihrer Botschaft aufbereitet sein sollen. Erstellen Sie zunächst einen Plan über die Phasen der Ideen- bzw. Innovationskommunikation. Darin sollten auch Ihre Ziel- und Interessengruppen genannt und gegebenenfalls näher beschrieben werden (Abb. 2.2). Nur dann, wenn jemand für sich selbst oder für das Unternehmen Vorteile sieht, wird er Sie bei der Verwirklichung Ihrer Idee unterstützen. Marketingfachleute bezeichnen ein Argument, in dem ein Vorteil präsentiert wird aus Sicht der

Abb. 2.2   Phasen und Zielgruppen der Innovationskommunikation. (Quelle: Birgit Lutzer)

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Person, die überzeugt werden soll, als Nutzenargument. Dabei kann der vom Kommunikator vermutete Nutzen von dem abweichen, was sich der Empfänger der Botschaft vom Befolgen des Appells (z. B. Bewilligung einer Finanzierung, Weiterleiten eines Verbesserungsvorschlags an ein Entscheidungsgremium etc.) verspricht. Bevor Sie also nach vorn preschen und für Ihre Idee oder Innovation werben, ist gründliche Vorbereitung gefragt. Klopfen Sie Ihren Vorschlag nach folgenden Kriterien ab: • Neuigkeitswert: Wie innovativ ist Ihre Idee? Gibt es bereits ähnliche Vorschläge oder deren Verwirklichung durch andere Anbieter? Wie können Sie Ihr Projekt klar davon abgrenzen? • Nutzen bzw. Vorteile: Welches Problem löst Ihre Innovation? Was hat der Anwender davon? In welcher Weise würde ein Investor davon profitieren? Wann wird der Nutzen sichtbar – sofort oder erst später? Wie gewichtig sind die Vorteile und warum? • Nachteile: Wodurch können Nachteile oder Einschränkungen durch Ihr Projekt auftreten? Wie bedeutsam sind sie? Überwiegen die Nachteile im Blick auf die Vorteile? • Gewinnpotenzial: Wie würde sich die Umsetzung der Idee oder der Kauf einer Innovation auf die Finanzen auswirken? Entwickeln Sie Szenarien mit konkreten Zahlen. • Ressourcen: Hier geht es um die Menge der Mittel, die Sie zur Verwirklichung benötigen. Beispiele: finanzielle Mittel, Arbeitskräfte, Material, Maschinen etc. • Zeitrahmen für die Verwirklichung: Planen Sie dabei auch die Zeit ein, die Sie für Überzeugungsarbeit benötigen. • Übereinstimmung mit den Firmenzielen bzw. der Unternehmensphilosophie: Besondere Vorsicht ist dann gefragt, wenn Ihr Vorschlag den Interessen Ihrer Firma oder denen eines möglichen Investors widersprechen. Sie erkennen daran, dass Sie sich intensiv mit den Zielgruppen und Zielpersonen für Ihre Innovation befassen müssen.

2.1 Tools zur Zielgruppenanalyse Zur Analyse gibt es einige vorgefertigte Instrumente, auf die Sie zugreifen können. Als zwei von vielen Beispielen für die Business-to-Consumer-Kommunikation seien die Sinus-Milieus und die Buyer Personae genannt. Bevor es an

2.1  Tools zur Zielgruppenanalyse

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spezielle Personenkreise geht, folgen Überlegungen zur einer typischen Businessto-Business-Zielgruppe: Techniker und Ingenieure, denn mit denen haben Sie wahrscheinlich häufig zu tun.

2.1.1 Tools für Business-to-Consumer: Sinus-Milieus und Buyer Personae Die Sinus-Milieus teilen die Bevölkerung in Gruppen ein Das Grundprinzip der Sinus-Milieus besteht darin, eine Gesellschaft, Bewohner einer Region oder eines Orts in Gruppen Gleichgesinnter zu unterteilen. Dabei kommen zwei Dimensionen ins Spiel: die soziale Lage und die normative Grundorientierung, also Werte und innere Einstellungen. Daraus ergibt sich ein Bild von Ovalen bzw. Kreisen mit Schnittmengen. Denn zwischen den einzelnen Gruppen bestehen Überschneidungen und es gibt Mischtypen (Beispiel in Abb. 2.3 – es gibt noch viele weitere Gruppierungen). Interessant an den Sinus-Milieus ist, dass sie sich auch mit den Befindlichkeiten, Orientierungen und Lebensstilen der Menschen befassen. Wer versteht, was Personen bewegt, kann diese leichter bewegen. Sinus-Milieus werden regelmäßig erstellt und aktualisiert. Außerdem kann man die Entwicklung von Sinus-Milieus für eine ausgewählte Zielgruppe beim Sinus Institut in Auftrag geben (mehr Info unter https://www.sinus-institut.de/). Buyer Personae liefern idealtypische Abnehmerbeschreibungen Dabei handelt es sich um idealtypische Beschreibungen von Käufertypen. Eine Buyer Persona ist eine fiktive Person, die einen typischen Kunden repräsentiert. Sie besteht aus einer möglichst genauen Beschreibung und einem Bild, um ihr ein

Abb. 2.3   Darstellung der Sinus-Milieus. (Quelle: Birgit Lutzer)

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

konkretes Gesicht zu verleihen. Marketingverantwortliche können dadurch die Bedürfnisse, Probleme und Verhaltensweisen potenzieller und vorhandener Kunden besser nachvollziehen. Auf diese Weise können sie ihre werblichen Inhalte und andere Botschaften passgenau zuschneiden. Beispiel Buyer Persona

Der 44-jährige Ingenieur Michael Schmitt ist technischer Leiter in einem Maschinenbauunternehmen. Die Arbeit ist sehr wichtig für ihn und entsprechend knapp fällt die Freizeit aus. Was seine persönliche Ausstattung anbetrifft, legt er Wert auf Qualität und bekannte Markennamen. Dafür ist er auch bereit, Geld zu investieren. Die folgende Abbildung zeigt, wie die Persona aussieht (Quelle: Pixabay):

Buyer Personae entstehen z. B. durch die Beantwortung von Fragen aus einem Interviewleitfaden. Diese können so oder so ähnlich lauten: • Hintergrund bzw. Eckdaten: – Wie heißt die Persona? – Wie alt ist sie?

2.1  Tools zur Zielgruppenanalyse

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– Was ist ihr Beruf? – Welchen finanziellen Hintergrund hat sie? – Wie ist ihre Familien- oder Partnersituation? – Wie sieht sie aus? – Wie gestaltet sie ihre Freizeit (Hobby, Interessen etc.)? • Informations- und Mediennutzungsverhalten – Welche (Online-)Medien nutzt sie? – Woraus bezieht sie fachliche Informationen? – Auf welche Influencer hört sie? • Kauf- und Konsumverhalten – Welchen Lebensstandard hat sie? – Worauf legt sie Wert? – Was sind Kaufgründe für sie? Wie genau die Fragen lauten, hängt von dem Angebot ab, das an der Persona ähnliche Menschen verkauft werden soll. Für ein möglichst realistisches Bild und verschiedene Perspektiven sollte dies durch ein gemischtes Team von Mitarbeitern aus Marketing, Vertrieb und Kundenbetreuung geschehen. Manchmal benötigen Sie auch keine besonderen Analyseinstrumente, nämlich dann, wenn Sie die Zielgruppen Ihrer Innovationskommunikation genau kennen. Beispielhaft soll es nun um einen Personenkreis gehen, der Ihnen am Anfang des Innovationsprozesses begegnet: mögliche Investoren. Weitere Information zu anderen Zielgruppen finden Sie im Kapitel über Marketingmaßnahmen.

2.1.2 Business-to-Consumer-Zielgruppen: Techniker, Ingenieure und andere „Fachchinesen“ Wie ticken Ingenieure als Marketingzielgruppe? Auf bestimmte Inhalts- und Darstellungsformate reagieren „Fachchinesen“ besonders positiv. Die Lieblingsinformationsquellen technischer Fachkräfte sind Suchmaschinen wie Google. Darüber hinaus sind Fachmedien für sie interessant. Sie teilen sich auf in gedruckte Fachmedien, Online-Informationsquellen und Newsletter. Also erreichen Sie mit Suchmaschinenmarketing und Pressearbeit technikaffine Zielgruppen. Achten Sie darauf, dass Ihre Webseite suchmaschinenoptimiert ist. Falls noch nicht vorhanden, richten Sie einen Blog mit interessanten Fachbeiträgen ein. Suchen Sie andere Blogger als Kooperationspartner für Content-Tausch. Zu achten ist darauf, dass Einstieg, Headline und Zwischenüberschriften abgewandelt werden, um doppelte Inhalte zu vermeiden. Bei der Pressearbeit ist ein Mix aus Presseinfos,

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Fachbeiträgen und Case Studies der richtige Weg, um in Ihren Zielmedien berücksichtigt zu werden. Liefern Sie spannende Inhalte statt Werbe-Bla-Bla. Erreichbarkeit Ihrer Zielgruppe  Auch der Zeitpunkt einer Aussendung (z. B. Newsletter) spielt eine Rolle. Bei manchen Berufstätigen fällt der Griffel zum Feierabend, während andere rund um die Uhr an sieben Tagen der Woche auf Geschäftsempfang geschaltet haben. Fachinformationen werden also eher zur Arbeitszeit gelesen. Eine Ausnahme mögen Freiberufler bilden, die oft bis spät in die Nacht, am Wochenende und an Feiertagen aktiv sind. Verständlichkeit  Die meisten Menschen – und damit auch Ingenieure – zeigen Abneigung gegen lange, schwer lesbare Texte (Bleiwüsten). Geschätzt werden Bilder, Grafiken und andere Visualisierungen als Ergänzung und Verständlichmacher. Selbst wenn Sie sich mit Ihren Kommunikationsmaßnahmen an Fachleute wenden, achten Sie auf Verständlichkeit. Ihre branchenspezifische technische Fachsprache mit bestimmten Schlüsselbegriffen muss natürlich verwendet werden. Trotzdem gibt es Möglichkeiten der Vereinfachung: Bilden Sie kurze Sätze, Absätze und unterhaltsame (Zwischen-)Überschriften. Ergänzen Sie Texte durch Abbildungen, Übersichten und Grafiken. Glaubwürdigkeit  Auch Ingenieure versuchen mit verschiedenen Strategien, die tägliche Informationsflut zu bewältigen. Um die Inhaltsspreu vom nützlichen Weizen zu trennen, bewerten sie Informationen besonders kritisch und ziehen oft unterschiedliche Glaubwürdigkeitsindikatoren heran (Name, Ruf, Reputation des Verfassers, wissenschaftliche Belege etc.). Das Gesamtbild zählt. Anpassung an Zielgruppe und Übermittlungskanal Sorgen Sie dafür, dass Sprachstil und Aufbereitung Ihrer Inhalte an den Kommunikationskanal angepasst sind. Wichtig ist ein gewisser Tiefgang. Manchmal reicht es dafür, als Beleg auf wissenschaftliche Studien zu verweisen. Ebenfalls gut sind handfeste Tipps, wie z. B. ein technisches Problem zu lösen ist. Technische Case Studies können Sie z. B. zusammen mit Kunden bzw. Anwendern Ihrer Produkte erstellen. Beide Seiten profitieren dann von den Veröffentlichungen – und Sie fördern durch die gemeinsame Aktion die Kundenbindung an Ihr Unternehmen. Reaktion auf Leadgenerierung  Diese Marketingtechnik zielt auf das Gewinnen von Daten potenzieller Kunden. Diese sollen dann in einem festgelegten Prozess Schritt für Schritt weiter kontaktiert und zu einem Geschäftsabschluss geführt werden. Unternehmen bieten aus diesem Grund z. B. Whitepapers, E-Books und

2.2 Die Ansprache von Investoren

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andere gehaltvolle Informationen zum kostenlosen Download an. Der Preis dafür sind die Kontaktinformationen des Interessenten. Die spannende Frage ist, für welche Belohnung Ingenieure bereit sind, Ihre Daten preiszugeben? Häufig ziehen Whitepapers, Case Studies und Fachbeiträge – und zwar dann, wenn der Verfasser oder das Medium einen guten Namen hat (beispielsweise eine bekannte technische Fachzeitschrift). Wichtig sind die Belohnung und das Medium, über das das Angebot vertrieben wird. Für eine allgemeine Checkliste allein rückt fast niemand seine Daten heraus. Es muss schon ein Whitepaper oder ein E-Book sein. Wenn die eigene Firma und deren Webseite bzw. Blog eher unbekannt sind, kann es sinnvoll sein, eine Leadkampagne über ein bekanntes Fachmedium abzuwickeln. Dies ist i. d. R. kostenpflichtig. Achten Sie darauf, dass Sie die über die Kampagne gewonnenen Kontakte auch erhalten – und dass nicht nur das Medium davon profitiert. Nun sollen exemplarisch besondere Zielgruppen betrachtet werden, die im Innovationsprozess eine Rolle spielen können: Investoren, Kooperationspartner und Belegschaftsmitglieder als Personenkreis. Weitere Anwendungsbeispiele finden Sie im Kapitel über Marketingmaßnahmen.

2.2 Die Ansprache von Investoren Oft benötigen Sie am Anfang des Innovationsprozesses Geld, um Ihre Erfindung Schritt für Schritt zu verwirklichen. Eine Möglichkeit ist das direkte Kontaktieren eines oder mehrerer Investoren. Die zweite hier beschriebene Variante ist das Crowdfunding, bei dem Sie über Portale versuchen, viele kleine Geldgeber aus der Masse zu gewinnen.

2.2.1 Gezieltes Gewinnen einzelner Geldgeber Zunächst benötigen Sie eine Investorenliste, die Sie z. B. mit Excel erstellen. Geeignet ist auch die kostenlose Anwendung „Google Docs Sheet“. Damit können Sie etwa Ihre Zahlen und Statistiken als farbige Grafiken darstellen. Der Zugriff erfolgt über den PC, Tablet oder das Smartphone. Auch mehrere Personen können über diese Wege daran arbeiten – auch im Offline-Modus. Neben den Stammdaten des Investors sollten folgende Informationen erfasst werden: • Wann wurde der Kontakt durch wen hergestellt? • Bisherige Schritte bzw. Treffen und Kommentare über deren Verlauf

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

• Aktueller Stand • Wer macht was bis wann? Wird unzureichend dokumentiert, ist es bei mehr als zehn potenziellen Investoren schwierig, den Überblick zu behalten. Um an Adressen und Ansprechpartner zu kommen, gibt es verschiedene Wege: • Bereits vorhandene Kontakte • Fach- und Branchenverbände • Online-Investorenportale • Soziale Netzwerke (z. B. XING, LinkedIn etc.) Die Recherche sollte immer unter der Fragestellung erfolgen, inwieweit die Idee bzw. Innovation im Interessenfokus des möglichen Investors stehen könnte. Weiterhin ist interessant, ob das Unternehmen oder die Person bereits in andere Projekte investiert hat. Hinweise finden sich z. B. im Pressebereich, den viele Firmen auf ihrer Webseite pflegen. Auch die wirtschaftliche Situation des Kandidaten ist von Bedeutung. Was nützt Ihnen ein Investor, der nach kurzem Projektlauf Insolvenz anmeldet? Ist die Liste erstellt, stellt sich die spannende Frage nach der besten Reihenfolge der Ansprache. Wer nur nach Ruf und Image des potenziellen Investors geht, macht möglicherweise einen Fehler. Je größer und bekannter das Zielunternehmen ist, desto schwieriger kann zumindest die Kaltakquise sein. Je besser die Innovation zu den Zielen oder in das Portfolio des Kandidaten passt, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er in das Projekt investiert. Handelt es sich um eine Firma, benötigen Sie den richtigen Ansprechpartner. Am besten ist es natürlich, wenn Sie bereits jemanden im Unternehmen kennen und diesen nach der Person fragen können. Noch besser ist es, wenn Ihre Kontaktperson Sie direkt mit dem Entscheidungsträger zusammenbringt. Wissen Sie den Namen der Person und sind deren Netzwerkkontakte öffentlich, können Sie diese durchforsten und so vielleicht jemand finden, der ebenfalls mit Ihnen vernetzt ist und der Sie direkt vorstellt. Intern ist es meist so, dass Investitionsanfragen zunächst an denjenigen weitergeleitet werden, der sich fachlich am meisten mit der Materie auskennt. Falls Sie keine Kontakte ersten Grades in der Zielfirma haben, lohnt die Recherche (Webseite, ist meist weniger ergiebig als LinkedIn oder XING). Dringend abzuraten ist vom Versenden einer Projektskizze oder eines Business-Plans an eine info@E-Mail-Adresse. Die Gefahr, dass die Sendung untergeht oder in falsche Hände gerät, ist zu groß.

2.2  Die Ansprache von Investoren

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Irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem Sie einem Interessenten erste Informationen zukommen lassen. Es ist nun wichtig, das Wesentliche fundiert und überzeugend zu übermitteln – doch bitte schicken Sie keine dicke Schwarte. Wecken Sie mit Ihren Materialien Unlust beim Empfänger, haben Sie Ihre Chance verspielt. Ihre E-Mail oder Ihr schickes Konzept wandern in die Ablage P. Am besten geeignet sind eine Executive Summary und/oder eine Präsentation. Verläuft diese Phase reibungslos, kommt es zu einem persönlichen Treffen. Der Interessent möchte sich einen persönlichen Eindruck von Ihnen verschaffen und Ihre Idee bzw. Innovation noch besser verstehen.

2.2.2 Geld von der Menge: Crowdfunding Immer häufiger ist in sozialen Netzwerken zu lesen: „Suche Unterstützung für die Verwirklichung einer neuen Technologie!“ Oft steckt dahinter eine Crowdfunding-Aktion – das Einwerben von Geld durch eine große Masse. Crowdfunding-Projekte werden über Internetportale organisiert. Der Initiator definiert im Vorfeld eine Mindestsumme, die er für die Realisierung seines Vorhabens benötigt. Diese muss innerhalb eines festgesetzten Zeitraums erreicht werden. Den Unterstützern winkt im Fall der Umsetzung eine Belohnung, die je nach Projekt sehr unterschiedlich aussehen kann (z. B. ein erstes Exemplar, ein Anteil am späteren Gewinn etc.). Wird die angestrebte Summe nicht erreicht, erhalten die Unterstützer ihr Geld zurück. Neben finanziellen Aspekten ist das Crowdfunding so beliebt, weil es oft mit einer hohen emotionalen Beteiligung einhergeht. Wenn Sie für die Verwirklichung ihrer Idee ein Crowdfunding-Portal nutzen möchten, sollten Sie sich über folgendes klar sein: Sie stellen sich mit Ihrer Innovation der Öffentlichkeit und können auch damit scheitern. Vorteile einer solchen Aktion können jedoch auch darin liegen, erste Aufmerksamkeit auf Ihr Thema zu lenken, den Markt zu testen, eine Community aufzubauen oder ganz konkret den Vorverkauf für ein Produkt zu initiieren. Bevor Sie loslegen, sollten Sie mit vertrauenswürdigen Personen über Ihre Crowdfunding-Pläne sprechen. Was halten sie davon? Wie sehen sie als Außenstehende die Situation? Außerdem: Erfolgreiche Crowdfunder haben i. d. R. schon vor dem eigentlichen Projektstart eine Community aufgebaut. Potenzielle Unterstützer lassen sich beispielsweise über soziale Netzwerke wie XING, LinkedIn, Facebook und Twitter finden. Eine weitere Möglichkeit bieten Blogs – oder auch persönliche Gespräche (z. B. auf Veranstaltungen). Auch die aktive Mitgliedschaft ein einem thematisch passenden Verband kann dazu beitragen, Mitstreiter zu finden. Jede Person hat erfahrungsgemäß wieder ein eigenes Netzwerk, sodass auf diese Weise ein Schneeballeffekt entstehen kann.

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Versierte Crowdfunder empfehlen, vorher genug Zeit für die Kampagne einzuplanen. Ist die Projektbeschreibung hochgeladen, müssen E-Mails verschickt, Updates in sozialen Netzwerken veröffentlicht, Telefonate geführt und Aktivitäten koordiniert werden. Zunächst gilt es, das passende Crowdfunding-Modell für das eigene Vorhaben festzulegen. Aktuell gibt es vier verschiedene Formen, die auch gemischt auftreten können: • Klassisches Crowdfunding: Die Unterstützer erhalten für ihre finanzielle Beteiligung ein nichtmonetäres Dankeschön, das z. B. ein erstes Exemplar des fertigen Produkts sein kann. • Crowdinvesting: Hier erwerben die Investoren Anteile am späteren Ergebnis bzw. am zukünftigen Gewinn. • Spenden-Crowdfunding: Spendeneinwerbung ist das Ziel. Die Geber erhalten keine Gegenleistung. • Crowdlending: Es wird entweder mit oder ohne Zinsen Geld entliehen – als Alternative zu Bankenkrediten. Als nächstes steht die Wahl der geeigneten Plattform auf der Agenda. Hilfreiche Fragen: • Welche Grundausrichtung hat das Portal? Geht es nur um Geld oder auch um ideelle Werte bzw. um soziales Engagement? • Ist die Kampagne thematisch oder branchenspezifisch festgelegt? • Geht es um regionale, nationale oder internationale Unterstützung? • Wie nutzerfreundlich ist das jeweilige Portal? • Welche Support-Angebote gibt es? Schauen Sie sich auf jeden Fall mehrere Plattformen an, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Um ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Faktoren ein erfolgreiches Crowdfunding-Projekt ausmachen, beobachten Sie laufende und prüfen Sie bereits abgeschlossene Vorhaben direkt auf den Plattformen. Über eine Stichwortsuche können Sie mit Ihrem Thema verwandte Projekte finden. Was zeichnet diese aus? Wie sind die Projektinformationen aufbereitet? Welche Belohnungen wurden angeboten? Manchmal kann es auch sinnvoll sein, direkt mit den Initiatoren Kontakt aufzunehmen und sie nach ihren Erfahrungen zu fragen. Zielsumme  Sie sollte möglichst realistisch sein und das abdecken, was damit erreicht werden soll. Eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme und üblich ist das Aufschlüsseln von Kostenblöcken mit Angabe des Verwendungszwecks.

2.2  Die Ansprache von Investoren

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Natürlich müssen auch die Kosten für die Belohnungen mit einkalkuliert werden (Produktion, Versand, gegebenenfalls Steuer usw.). Weitere Aufwände können z. B. für die Nutzung der Plattform oder auch für Dienstleister entstehen, die später die Zahlungen abwickeln. Häufig wird auf Plattformen zwischen Fundingschwelle (Mindestsumme, die erreicht werden muss) und Fundinglimit (Maximalsumme, die eingesammelt wird) unterschieden. Einzigartige Story  Was ist die Geschichte Ihrer Idee? Wer sind Sie? Was treibt Sie an? Was war der Auslöser für die Innovation? Diese und andere Fragen zu Ihrem Projekt stellen sich Menschen aus der Crowd. Entwickeln Sie eine stimmige, wahre und authentische Story. Die Story sollte emotional sein und kann in Textform, aber auch z. B. als kleiner Film oder Audiobeitrag übermittelt werden. Ebenfalls überzeugend wirken Storys, die Journalisten vielleicht im Vorfeld über Ihr Projekt veröffentlicht haben. Belohnung  Sie ist ein wichtiges Kriterium für den Erfolg eines Crowdfunding-Projekts. Vergleichsweise einfach ist dies, wenn am Ende ein konkretes Produkt steht. Dann ist es möglich, dies anzubieten – entweder kostenlos oder zu attraktiven Konditionen. Hat das Vorhaben kein greifbares Ergebnis, muss die Belohnung in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Story stehen. Beispiele sind etwa freier Eintritt für eine Veranstaltung, auf der das Projekt präsentiert wird oder eine gemeinsame Aktion mit den Initiatoren (eine medienwirksame Presseaktion etwa). Um Unterstützer mit verschiedenen Budgets anzusprechen, sollten Sie gestaffelte Belohnungen für verschieden hohe Investitionssummen anbieten. Sonderaktionen und attraktive Zwischenbelohnungen können einen Finanzierungsschub auslösen. Projektseite  Zentral für die Crowdfunding-Kampagne ist die Startseite. Auf dieser befinden sich die Beschreibung des Projekts, ein Video (möglichst mit professioneller Unterstützung erstellt) und die Nennung der Prämien. Alle gegebenenfalls mit dem Vorhaben zusammenhängenden Fragen sollten z. B. in einem FAQ-Bereich beantwortet werden. Eine ansprechende, emotionale Gestaltung mit Texten, Infografiken und Bildern wirkt mehr als das schmucklose Auflisten trockener Zahlen, Daten und Fakten. Ohne die geht es natürlich auch nicht, doch der Gesamteindruck zählt! Testseite bzw. Vorschau Die meisten Portale bieten inzwischen eine verlinkungsfähige Vorschauseite oder einen Testmodus. Nutzen Sie diese Möglichkeiten, um sich vorab ein Feedback von Personen aus Ihrem Netzwerk zu holen!

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

So können Sie missverständliche Formulierungen sofort ausmerzen und fehlende Inhalte ergänzen. Multiplikatoren  Manchmal bietet es sich an, schon im Vorfeld die Presse bzw. andere Multiplikatoren (z. B. Fachzeitungen, Betreiber von Branchenportalen, Blogger usw.) mit ins Boot zu holen und ihnen Ihr Projekt vorzustellen. Der Start Ihrer Kampagne sollte schon vorher an die große Glocke gehängt werden, um mögliche Unterstützer auf Sie aufmerksam zu machen. Weitere Aktivitäten • Genaue Zielgruppendefinition und Recherche, auf welchen Kanälen diese Personenkreise am besten erreichbar und auf das Projekt ansprechbar sind (Vereine, Verbände, Online-Foren etc.) • Einbindung des persönlichen Netzwerks für Aktivitäten • Plan für Social-Media-Kommunikation • Verlinkung eigener Webseiten, Blogs, Profile und E-Mail-Signatur zur Projektseite – mit Hinweis • Vorbereitung einer Pressemappe mit Texten und Bildern zum Projekt • Erstellen eines Redaktions- bzw. Content-Plans, was wann über welchen Kanal kommuniziert werden soll Nach dem Abschluss  Neben der Belohnung ist eine schnelle Reaktion auf Fragen und Anmerkungen der Unterstützer nötig, auch nach Abschluss des Fundings. Denn diese möchten gern wissen, wie es weitergeht und ihre Prämien erhalten. Bei vielen Crowdfunding-Portalen erhalten Sie nach erfolgreichem Abschluss ihres Projekts eine Liste mit Dienstleistern, die Sie für die Abwicklung einschalten können. Steuern  Wenn Sie Erfolg mit Ihrem Crowdfunding-Projekt hatten, können Sie sich erst mal freuen. Denn dann bekommen Sie eine kleine oder größere Geldsumme für Ihr Projekt. Doch Achtung: Diese Summe gilt steuerrechtlich als Einnahme und muss für das Jahr des Erhalts versteuert werden. Wenn Sie erst nach Abschluss des Jahres in die Produktion gehen, können Sie die damit verbundenen Kosten auch erst dann geltend machen. Im schlimmsten Fall zahlen Sie dann viele Steuern und haben eine finanzielle Lücke, was die Herstellungskosten betrifft.

2.3  Mitstreiter und Kooperationspartner gewinnen

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2.3 Mitstreiter und Kooperationspartner gewinnen Die Kräfte zu bündeln, ist ein wichtiger Part des Ideen- und Innovationsmanagements. Die Neugründung oder der Kauf einer Firma sind dazu nicht immer notwendig. Schließen sich zwei oder mehr autarke Partner(-unternehmen) zusammen, besteht eine Kooperation. Formen des Zusammenwirkens beim Innovationsprozess und bei der Vermarktung der Neuerung gibt es viele.

2.3.1 Kooperationsarten Open Innovation Die eigenen Innovationskompetenzen zu erweitern, ist das Grundprinzip der offenen Innovation. Weiter verbreitet ist der Begriff Open Innovation. Im Gegensatz dazu steht die exklusive Erfindung, die in den stillen Kämmerlein des Unternehmens entwickelt und umgesetzt wird. Es geht um die Öffnung des Neuerungsprozesses, um Wissen mit externen Trägern auszutauschen. Dabei dringen Informationen in das Unternehmen ein und andere heraus. Auch interne und externe Vermarktungswege werden genutzt, um die Innovation bekannt und Abnehmern zugänglich zu machen. Eine konsequente Umsetzung dieses Prinzips ist die Open-Source-Entwicklung. Darunter versteht man öffentlich zugängliche Software, die geändert werden kann und deren Nutzung i. d. R. kostenlos ist (z. B. OpenOffice als Alternative zum MicrosoftOffice-Paket). Folgende drei Informationsaustauschwege gibt es bei der offenen Innovation: 1. Outside-in: Das Unternehmen saugt Informationen von außen ein, um die eigene Innovation nach vorn zu bringen. Dazu werden z. B. Kunden, Lieferanten oder Berater angezapft. Außerdem kann es um die Nutzung einer externen technischen Struktur gehen (z. B. Maschinen, Software etc.) oder um das Einkaufen von Marketingkompetenz. 2. Inside-out: Um die eigene Innovation an den Mann, die Frau oder die Firma zu bringen, nutzt das Unternehmen etwa Marketing- und Vertriebskanäle von Kooperationspartnern. Dazu zählt auch die Vergabe von Lizenzen für das eigene Produkt. 3. Coupled: Dies ist eine Mischform der beiden anderen. Der Austausch erfolgt in beide Richtungen. Im Fokus steht eine enge und intensive Zusammenarbeit mit externen Partnern.

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Cluster  Während Netzwerke manchmal in Abhängigkeit von den Beteiligten einen eher lockeren Charakter haben, bestehen an Cluster-Organisationen höhere formale Anforderungen. Cluster (Schwarm) sind ökonomische Netzwerke von Produzenten, Lieferanten, Forschungsinstitutionen, Behörden, Dienstleistern in geografischer Nähe. Eine Cluster-Organisation umfasst möglichst viele Firmen aller Größen, die entlang der Wertschöpfungskette in ähnlichen Branchen gemeinsam ihre Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit verbessern wollen. Bei der Vermarktung von Innovationen jedoch gibt es in beiden Varianten nützliche Synergieeffekte!

2.3.2 Geeignete Kooperationspartner finden Sie wollen Erfolg für Ihre Innovation. Gemeinsam mit anderen erreichen Sie u. U. mehr als allein im stillen Kämmerlein. Zunächst sollten Sie sich Gedanken machen, welche Arten des Zusammenwirkens es gibt. Anbei erfolgt eine Auflistung möglicher Kooperationsformen: • Horizontal • Vertikal • Diagonal Horizontal  Sie kommt zustande, wenn sich Partner zusammenschließen, die auf derselben Stufe der Wertschöpfungskette tätig sind: zwei Händler, zwei Produktionsbetriebe usw. Sie tun also dasselbe und haben auch übereinstimmende Zielgruppen. Beispiel: Zwei IT-Unternehmen vergeben gemeinsam einen Forschungsauftrag, da sie an ähnlichen Problemen arbeiten. Vertikal  Bei vertikalen Kooperationen geht es um das Zusammenwirken von Akteuren, die sich auf unterschiedlichen Ebenen der Wertschöpfungskette befinden: ein Hersteller und ein Lieferant, ein Unternehmen und ein Freiberufler usw. Sie haben einander ergänzende Tätigkeiten bzw. Leistungsschwerpunkte. Zusammengeschlossen ergeben diese etwas Neues. Beispiel: Ein Teilehersteller gibt mit einem Lieferanten eine Serie aus einem vom diesem bereitgestellten Material heraus. Diagonal  Kooperation, bei der Anbieter aus verschiedenen Branchen zusammenwirken. Beispiel: Ein technischer Verband bietet seinen Mitgliedern vergünstigte Konditionen bei Partnerunternehmen (Autohersteller, Handy-Anbieter etc.).

2.3  Mitstreiter und Kooperationspartner gewinnen

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Die Antriebe, nach Kooperationspartnern zu suchen, sind verschiedenartig. Meistens geht es um • Ausweitung des Marktfelds und Gewinnung neuer Zielgruppen, • Bindung von Anwendern an ein Unternehmen, • Austausch von Wissen, • Fehlerreduktion durch ein verbessertes Herstellungsverfahren, • Zeitersparnis (etwa durch Auslagerung von Prozessen oder parallele Bearbeitung von Projekten), • gemeinsame Ressourcennutzung und dadurch niedrigere Kosten. Beim Gewinnen von Kooperationspartnern kommt wieder die überzeugende Kommunikation ins Spiel. Zunächst ein Überblick möglicher Akteure (Tab. 2.1). Bei deren Ansprache kommt es darauf an, Nutzenargumente aus deren Perspektive zu nennen. Ein Weg zum Finden geeigneter Kooperationspartner ist die Vergabe von Forschungs- oder Entwicklungsaufträgen an Hochschulen oder spezialisierte Unternehmen. Auch in gemeinsamen Forschungsprojekten lassen sich Kompetenzen gut bündeln. Ein anderer Weg ist das Netzwerken z. B. über Verbände, XINGoder LinkedIn-Gruppen und den Besuch von Fachveranstaltungen. Die Kaltakquise kann mühselig sein. Manchmal ist es sinnvoller, zunächst einen losen Kontakt aufzubauen und bei positivem Verlauf erst später mit dem eigentlichen Anliegen aufzuwarten. Eine Kooperation kann nur gelingen, wenn es den Beteiligten gelingt, eine stabile Vertrauensbasis aufzubauen. Nur dann, wenn eine gemeinsame Basis an Werten besteht und jeder Partner bereit ist, seine individuellen Ziele denen der Kooperation unterzuordnen, kann dies gelingen. Denn wer sich öffnet und Informationen preisgibt, macht sich gleichzeitig angreifbar. Nutzt der andere diesen Vorschuss nicht aus, wächst langsam eine vertrauensvolle Beziehung. Kaputt gemacht werden gemeinsame Projekte durch Verstecken wichtiger Informationen, Unehrlichkeit und Eigennutz.  Tipp  Zu allen Phasen der Kooperation, jedoch insbesondere am Anfang, ist eine engmaschige Kommunikation gefragt. Nur durch gegenseitiges Geben und Nehmen kann die Zusammenarbeit gelingen.

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Tab. 2.1   Arten von Kooperationspartnern. (Quelle: Birgit Lutzer) Wunschpartner. Ansprache z. B. Öffentliche Stellen (z. B. Wirtschaftsförderung, Innovationsförderungs-organisationen etc.): Neben Förderprogrammen können sie Ihnen Informationen und meist ein hervorragendes Netzwerk an weiteren nützlichen Anlaufstellen bieten

Ziel dieser Einrichtungen ist die Unterstützung von Firmen und Freiberuflern bei deren Innovationstätigkeit. Zeigen Sie, dass Ihre Erfindung ein interessantes Projekt ist, dessen Förderung sich lohnen würde (für die Wirtschaftsregion, für die Vernetzung, die Digitalisierung usw.)

Forschungseinrichtungen: Sie arbeiten vielleicht an ähnlichen Fragestellungen wie Sie. Oder sie haben eine Ausstattung bzw. Infrastruktur, mit deren Hilfe Sie Ihre Innovation schneller verwirklichen können

Auch die Wissenschaftler möchten ihre Projekte voranbringen und z. B. ihre Geräte wirtschaftlich einsetzen. Sie argumentieren: „Durch den Austausch von Wissen, gemeinsame Nutzung von Technologie, gemeinsame Forschungstätigkeit können wir nützliche Synergie-Effekte schaffen“

Kunden: Wenn Sie Ihre Kunden mit einbinden, können Sie Ihre Innovation maßschneidern (sofern es sich z. B. um eine neue Herstellungstechnologie oder ein neues Produkt handelt)

Auftraggebern und Abnehmern legen Sie dar, dass ihr Bedarf und ihre Wünsche durch die Innovation noch besser erfüllt werden als bisher und dass sie deshalb Vorteile haben, wenn sie Ihr Projekt z. B. durch Tests und qualifiziertes Feedback mit vorantreiben

Lieferanten bzw. Dienstleister: Diese Marktpartner können durch Komponenten oder Teilleistungen zur Verwirklichung Ihrer Innovation beitragen (entweder kostengünstig oder als Investition)

Wenn sich die Lieferanten und Dienstleister an der Realisierung des Vorhabens beteiligen, erhalten sie im Gegenzug eine Umsatzbeteiligung (oder andere geldwerte Vorteile)

Händler bzw. Vertriebspartner: Wenn Sie ein neues Produkt anbieten, können Sie dies über einen externen Vertrieb durch Händler oder andere Vertriebspartner an Kunden bringen

Die Händler und Vertriebspartner erhalten ein attraktives Produkt, mit dem sie ihr eigenes Angebot erweitern können. Wenn sie es verkaufen, erhalten sie eine Provision

Wettbewerber: Sie können für einen Informationsaustausch gewonnen werden oder auch für die gemeinsame Einwerbung von Fördermitteln. Das setzt allerdings voraus, dass der „Innovationskuchen“ in gewisser Weise geteilt wird

Wenn die Wettbewerber mit Ihnen kooperieren, können beide Seiten vom Informationsaustausch profitieren. Das Einwerben von Fördergeldern ist einfacher, wenn beide Seiten einen Schulterschluss machen, statt sich gegenseitig das Wasser abzugraben

Nicht konkurrierende Firmen mit derselben Zielgruppe: Hier geht es um gemeinsame Kampagnen und Marketingmaßnahmen (z. B. Anzeigenschaltung, Pressearbeit, Mailings, Social-Media-Aktivitäten etc.)

Die Kosten für gemeinsame Aktionen sind wesentlich geringer, gleichzeitig wird eine größere Zielgruppe dadurch erreicht, dass alle Beteiligten ihre jeweiligen Ressourcen aktivieren (z. B. bei Social-Media-Aktivitäten oder dem gemeinsamen Anschreiben aller Kunden)

2.3  Mitstreiter und Kooperationspartner gewinnen

„Ein Clusterpreneur muss Menschen mögen!“

Interview mit Dr. Eduard Hauser, Idee-Suisse-Vorstandsmitglied

Dr. Eduard Hauser

Dr. Eduard Hauser hat das Swiss-Aerospace-Cluster ins Leben gerufen und war 35 Jahre lang Unternehmensberater. Der Schweizer gibt Auskunft zur Bedeutung von Cluster-Organisationen für das Ideen- und Innovationsmarketing in seinem Heimatland. Foto: Susanne Hauser. Was unterscheidet ein Cluster von einem Firmennetzwerk oder von einer projektbezogenen Kooperation? Hauser: Die öffentlich-private Kooperation, also die Zusammenarbeit zwischen Einheiten von öffentlichen Körperschaften, Privatunternehmen und/oder Non-Profit-Organisationen, bildet die Voraussetzung für eine Cluster-Organisation. Ihre Grundstrategie richtet sich auf Innovation, Wettbewerbsorientierung, Nachhaltigkeit und Kooperation. Dem Cluster ähnliche Gebilde gibt es viele. Zusammenschlüsse, die alle Kriterien erfüllen, sind dagegen selten. Der Definition zufolge müssen sich Cluster-Mitglieder in erreichbarer Nähe zueinander befinden. Inwieweit ist dies zu Zeiten der Digitalisierung noch bedeutsam? Hauser: Die geografische Nähe spielt im Embryonalstadium der ClusterEntwicklung eine große Rolle. Die Player können sich über kurze Distanzen – eine Tagesreise für das Hin und Zurück – über Wissensinhalte und

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Erfahrungen austauschen. Die persönlichen Kontakte werden bei Bedarf durch moderne Medien unterstützt, jedoch nicht von diesen ersetzt. Körpersprachliche Signale, die die Bildung von Vertrauen oder Misstrauen beeinflussen, werden durch die digitale Kommunikation nur unzureichend abgebildet. Das persönliche und direkte Face-to-Face-Prinzip wird durch den sprichwörtlichen Nasenfaktor ergänzt. Schließlich ist „jemanden gut riechen können“ ein Synonym für Sympathie. Gibt es Cluster-Organisationen, die über Landesgrenzen hinaus funktionieren? Hauser: Cluster können oder müssen im weiteren Wachstum zu Größe und Bedeutung unter Umständen international ausgerichtet werden. Der Swiss-Aerospace-Cluster könnte sich ohne weltweite Ausrichtung nicht weiterentwickeln. Die Grenzen der Branche sind zu eng gesetzt und die Zukunftsprojekte können oft nur über Landesgrenzen hinweg umgesetzt werden. Ein erster Schritt ist die international ausgerichtete Kooperationsstrategie, die mit dem Aufbau von Brückenköpfen beginnt. Warum sind Cluster bei der Vermarktung innovativer Ideen so wichtig? Hauser: Die Förderung der Vermarktung neuer Ideen und Projekte ist zentral; dies kann vor allem Start-ups mit innovativen Geschäftsideen nützen. In einem Umfeld, in dem auf öffentliche und private Unterstützung hingearbeitet wird, werden sie mit ihren Ideen gefördert. Denn in der Schweiz ist die Finanzierung von Neugründungen ein problematisches Thema. Das Innovationsmarketing geschieht über Kooperationen, die horizontal oder vertikal wirken. Das Marketing selbst folgt den Prinzipien Produkt, Preis, physische Distribution und Promotion. Wie funktioniert das Zusammenspiel dieser 4P? Hauser: Das Produkt oder die Dienstleistung wird mit dem entsprechenden Nutzen für konkrete Zielgruppen dargestellt. Dabei ist die Einzigartigkeit der zentrale Schlüssel für die Beachtung des Angebots. Der Preis wird in Abhängigkeit von der Nutzenstiftung und in seiner Elastizität dargestellt. Dies heißt, dass die Preisbildung in Abhängigkeit von der Veränderung der Nachfrage im Markt positioniert wird. Die Promotion des Produkts umfasst die Werbung, die Verkaufsförderung, das Sponsoring, die Öffentlichkeitsarbeit etc. Schließlich geht es um den Vertrieb des Produkts; wie wird der Weg des Produkts vom Produzenten zum Kunden

2.3  Mitstreiter und Kooperationspartner gewinnen

gestaltet? Die verschiedenen Möglichkeiten der Distribution des Produkts in Kooperation mit Partnern sind dargestellt. Aus allen P wird ein strategischer und operativer Marketingmix gestaltet. Könnten Sie da ein Beispiel aus einer vorhandenen Cluster-Organisation nennen? Hauser: Beim Swiss-Aerospace-Cluster etwa wird neuen Ideen im Rahmen des europäischen Galileo-Wettbewerbs Raum gegeben. Der jährliche nationale und internationale Wettbewerb für neue Lösungen bei der Navigationstechnologie erfreut sich großer Beliebtheit. Die Vermarktung von Ideen wird über diesen Wettbewerb (www.galileo-masters.eu) stark unterstützt. Wie genau läuft denn der Wettbewerb ab? Hauser: Die potenziellen Wettbewerbsteilnehmer, also Wissenschaftler an Hochschulen, kleine und mittlere Unternehmen in der Navigationsbranche oder Start-ups, werden zu einer Informationstagung eingeladen. Die Cluster-Leitung stellt Galileo vor, zeigt die Bedingungen auf und wirbt mit Beispielen für eine Mitwirkung. Die eingereichten Ideen werden von einem Fachgremium beurteilt. Die besten davon werden ausgezeichnet, zuerst auf nationaler Ebene. In der nächsten Phase erfolgt die Beurteilung der besten Schweizer Ergebnisse durch eine europäische Kommission. Zum Schluss werden die Teilnehmer zu einer hochkarätigen Veranstaltung auf europäischer Ebene eingeladen. Bei diesem Anlass erfolgt die medienwirksame Auszeichnung der Gewinner. Welche Arten von Vorschlägen gehen ins Rennen? Hauser: Es werden interessante Ideen eingereicht, zum Beispiel „wie Drohnen das schnelle Finden von Verschütteten in Lawinen ermöglichen“ oder „wie Staus in den Städten vermieden werden können“. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Ideen in Projekte umgesetzt werden. Startups finden potenzielle Investoren aus der Wirtschaft und Städte setzen die im Wettbewerb eingereichte Navigationstechnologie in Pilotversuchen zur Regulierung des Verkehrs ein. Das hört sich nach viel Publicity an … Hauser: Stimmt. Der Wettbewerb findet im europäischen und nationalen Raum große Beachtung. Dadurch können sich die Teilnehmer eine breite

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Wirkung im europäischen Markt erhoffen. Außerdem gibt es konkrete Ergebnisse, wenn Ideen in Projekte umgesetzt werden. Start-ups finden potenzielle Investoren aus der Wirtschaft. Dazu gehört das bereits genannte Stau-Beispiel: Einige Städte setzen die Technologie in Pilotversuchen zur Regulierung des Verkehrs ein. Wie setzt sich denn idealerweise ein Organisations- und FirmenCluster zusammen, das gemeinsam Innovationsmarketing betreibt? Hauser: Wichtig ist bei dieser Organisation, dass die bedeutendsten Player der Branche als Vorzeigeunternehmen dabei sind. Ihre Mitwirkung schafft bei den kleinen Firmen Vertrauen, dass das eigene Engagement den Wunsch nach den „low hanging fruits“ erfüllt. In anderen Worten geht es also um die Erwartung, dass die Cluster-Mitgliedschaft das eigene Geschäft belebt. Was sollte ein einzelner Innovator tun, der ein Cluster aufbauen möchte? Hauser: Ein Einzelner kann wenig tun, selbst wenn er ein guter, erfolgreicher Innovator ist. Er wird immer an Grenzen seines Einflusses stoßen. Aus unserer Erfahrung ist es wichtig, zunächst die örtlichen Behörden für das Anliegen zu gewinnen. Unterstützen diese Institutionen das Cluster, ist die Chance groß, dass die bedeutenden Player einer Branche einsteigen. Wichtig ist auch, dass Forschungsinstitutionen und Hochschulen für den Wissens- und Technologietransfer sowie Verbände für die Umsetzung der Bildungsfragen im Cluster gefunden werden. Wer eine ClusterOrganisation ins Leben rufen möchte, sollte sich unbedingt Beratung und Hilfe von Fachleuten holen. Das ist einleuchtend. Wie sieht denn eigentlich die am besten geeignete juristische Form einer Cluster-Organisation aus? Hauser: Es kommt natürlich auf den Einzelfall an. Cluster sind meist Vereine mit Führungsgremium und Bildung von Projekt- und Fachgruppen. Die Leitung der Cluster-Organisation wird einem Clusterpreneur übergeben, der Kooperationen entwickeln und Widerstände beseitigen kann. Die Erfahrung als Unternehmer ist eine gute Voraussetzung. Dazu gehört auch, dass der Clusterpreneur wegen des hohen Kommunikationsanteils dieser Aufgabe Menschen mögen muss.

2.4  Verbände und ihre Akteure als Multiplikatoren ansprechen

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2.4 Verbände und ihre Akteure als Multiplikatoren ansprechen Die Mitgliedschaft in branchenspezifischen Verbänden ist ein zwar manchmal aufwendiger, doch sehr fruchtbringender Weg für das Knüpfen nützlicher Kontakte und die Erhöhung Ihres Bekanntheitsgrads. Die meisten Verbände bieten verschiedene Veranstaltungsformate an, die Sie jeweils für Ihre Zwecke nutzen können. Doch kommen wir zunächst zur Auswahl des passenden Verbands. Neben finanziellen Überlegungen kommt es darauf an, was Sie durch Ihre Mitgliedschaft erreichen möchten: • • • •

Fach- und Brancheinformationen bekommen Kooperations- und Netzwerkpartner finden Mögliche Kunden auf Ihre Innovation aufmerksam machen Sich engagieren, um bekannter zu werden

Eine zentrale Frage ist die der anderen Mitglieder. In manchen Verbänden treffen Sie überwiegend auf Wettbewerber, in anderen vielleicht auf mögliche Abnehmer Ihres Angebots. Auch die Frage, ob es sich um einen lokalen, nationalen oder international aufgestellten Verband handelt, könnte ein Entscheidungskriterium für Sie sein. Folgende Begegnungs- und Informationsformate bieten die meisten Verbände an: Lockere Treffen, um sich bei einem Bierchen inoffiziell auszutauschen  Diese finden meist auf regionaler Ebene statt und sind eine gute Möglichkeit für Neue, hereinzuschnuppern. Sie finden dort sofort heraus, ob Ihnen die Menschen sympathisch sind – und ob es vor Ort vielleicht interessante Kontakte für Ihr Business gibt. Wenn Sie das erste Mal mit in der Runde sitzen, kommt Zurückhaltung besser an als das sofortige Austeilen von Flyern auf die Höflichkeitsfrage: „Und, was machen Sie beruflich?“ Auch Ihre Visitenkarte sollten Sie nur auf Nachfrage herausgeben. Passen Sie sich in Themenwahl und Gesprächsbeiträgen an die anderen an. Alles andere ergibt sich dann von selbst. Betriebsbesichtigungen  Hier haben Sie die Möglichkeit, Best-Practice-Beispiele aus anderen bekannten Unternehmen kennenzulernen. Neben Kurzvorträgen und einem Rundgang gibt es meist noch einen informellen Teil, um sich über das Thema auszutauschen. Übrigens: Mit schlauen Fachfragen können Sie auf dezente Weise zeigen, dass Sie selbst ein Experte sind. Das kommt besser an als ein Redeschwall zum eigenen Kompetenzbereich. Sind Sie selbst

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Unternehmer, können Sie selbst eine Betriebsbesichtigung anbieten – und so andere Mitglieder und gegebenenfalls Medienvertreter auf Ihre Innovation aufmerksam machen. Ansprechpartner für Veranstaltungsvorschläge sind meist die Regionalvorstände. Fachvorträge und Workshops Verbandsintern gibt es oft Bildungsangebote, Konferenzen und Fachtagungen, an denen die Mitglieder teilnehmen können (manchmal zu besonders günstigen Konditionen). Als Teilnehmer erhalten Sie dort gebündelte Informationen rund um Ihr Kernthema. Und Sie können Pausen für Networking nutzen. Selbst einen Vortrag oder einen Workshop zu Ihrem Fachgebiet oder über Ihre Innovation zu halten, ist ein weiterer Weg für Aufmerksamkeit. Ihre Veranstaltung wird im Programm angekündigt. Sie erscheint im gedruckten Programm und im Internet. Wenn Sie Glück haben, wird neben potenziellen Abnehmern sogar die Fachpresse auf Sie aufmerksam. Offizielle Mitgliederversammlungen Bei diesen z. T. langatmigen Sitzungen geht es zunächst um Formalitäten wie Ehrungen, Berichte, Vorstandswahlen usw. Manchmal werden diese ergänzt durch einen Fachvortrag. Und zum Schluss gibt es zur Freude aller kleine Häppchen und Getränke. Wenn Sie mehr als nur sporadisch etwas im Verband tun möchten (auch, um bekannter zu werden), könnten Sie einen ehrenamtlichen Vorstandsposten annehmen. Doch dabei kommt es auf die gründliche Abwägung von Aufwand und Nutzen an. Und: Oft gibt es ein ziemliches Gerangel um solche Ämter. Ob Sie darauf Lust haben, müssen Sie selbst entscheiden. Verbandswebseite  Manchmal ist es möglich, seine Firma in ein öffentlich zugängliches Mitgliederverzeichnis einzutragen. Sie werden dann vielleicht von einem Interessenten gefunden. Abgesehen davon, tragen die meisten Verbände auf ihrer Internetseite nützliche Informationen zusammen wie Fachbeiträge, Terminankündigungen und Veranstaltungstipps. Mitgliedschaftsnachweis  Ab und zu bekommen Sie auch eine Art Siegel oder Logo, das Sie als Verbandsmitglied ausweist. Dieses Kennzeichen dürfen Sie für Ihre Werbung und Öffentlichkeitsarbeit nutzen. Das Ziel solcher Siegel besteht darin, den Verwender als seriös und fachkompetent auszuzeichnen. Selbst wenn die reine Mitgliedschaft nur aussagt, dass jemand einen Beitrag zahlt, kann sie eine positive Wirkung auf das Image haben.

2.4  Verbände und ihre Akteure als Multiplikatoren ansprechen

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Medienkontakte  Häufig melden sich Journalisten auf der Suche nach Interviewpartnern bei Fachverbänden. Entweder gibt es dort einen Presseverantwortlichen, der sich um die Vermittlung kümmert – oder diese Aufgabe wird von der Geschäftsstelle erledigt. Sorgen Sie dafür, dass die Verantwortlichen Ihren fachlichen Schwerpunkt kennen und wissen, dass Sie gern für Interviews bereitstehen. In allen Verbänden und anderen Großgruppen treffen Menschen mit ähnlichen, aber auch mit entgegengesetzten Interessen aufeinander. Es gibt Seilschaften, Führungscliquen und auch Gegner – ebenso, wie in jedem Taubenzüchterverein. Solche komplexen Strukturen stellen hohe Anforderungen an Personen, die für den Verband tätig sind. Wenn sie dann noch eine Schnittstellenfunktion haben wie Ilias Nikolareas im Gebietsverband REFA Nordwest, ist eine besondere kommunikative Kompetenz gefragt.

„Ein Innovationsmanager muss Schnittstellenkompetenz haben!“

Interview mit Ilias Nikolareas, Bildungsbeauftragter des REFA Nordwest

Ilias Nikolareas

Als Bildungsbeauftragter kümmert sich Ilias Nikolareas um alles, was mit den Inhalten von REFA-Qualifizierungen, den REFA-Lehrplänen und dem kontinuierlichen Informationsaustausch mit den REFA-Ausbildungsleitern zu tun hat. Gibt es Neuerungen, z. B. in der Konzeption von REFA-Lehrgängen, übermittelt er diese an die zuständigen Verantwortungsbereiche. In Bezug auf die Kommunikation besetzt er eine ähnliche Schnittstellenfunktion wie ein Innovationsmanager. Und worauf es ankommt, wenn man

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

immer wieder mit unterschiedlichen Beteiligten spricht, zwischen deren Interessen vermittelt und sie von Veränderungen überzeugt, verrät er im Interview. Foto: privat Wer ist bei Ihnen von Neuerungen in der Lehre oder im Bildungsangebot betroffen? Nikolareas: Bei der Weiterentwicklung der REFA-Lehre und bei der Einführung neuer Qualifizierungen, wie aktuell den REFA Ingenieur, gibt es innerhalb des Verbands und manchmal auch nach außen zuweilen Interessenskonflikte. Unsere Lehrkräfte müssen sich mit den neuen Inhalten und Methoden vertraut machen. Das erfordert einen individuellen Zeiteinsatz. Oder Bestandskunden zögern, ihre Mitarbeiter anzumelden, wenn sie noch weitere Informationen zum Nutzen des Bildungsangebots benötigen. Der Gebietsverbandsvorstand wiederum möchte das Projekt gern schnell abschließen. Zwischen diesen und anderen Parteien sitze ich in meiner Funktion. Manchmal muss ich wie ein Jongleur zwischen den Gruppen vermitteln. Und das geht nur durch Kommunikation. Nehmen wir die Lehrkräfte. Wie gewinnen Sie sie für die Umstellungen? Nikolareas: Zum einen sorge ich durch die REFA Lehrer-Schulungen dafür, dass jeder REFA Lehrbeauftragte die neuen Inhalte nachvollziehen kann. Zum anderen unterstützen wir die Dozenten, was zum Beispiel die Lehrunterlagen anbetrifft. Diese setzen sich aus standardisierten Ordnern, Präsentationen und Übungsaufgaben zusammen, die individuell angepasst werden können. Wie sieht es aus mit persönlichen Gesprächen? Nikolareas: Die sind enorm wichtig. Deshalb führen wir regelmäßig Konferenzen für die Ausbildungsleiter unserer REFA Regional- und Bezirksverbände durch. Über diese erfahre ich, wenn es zum Beispiel Probleme bei der Umsetzung der Neuerung geht. Natürlich stehe ich den Lehrkräften auch darüber hinaus als Ansprechpartner per Telefon und E-Mail zur Verfügung. Und wenn es bei einer Diskussion mal hoch hergeht? Nikolareas: Das ist natürlich jeweils situationsabhängig. Ich versuche grundsätzlich, dem Sachverhalt gerecht zu werden. Und ich versuche, mich

2.5  Mitarbeiter zu Ideenproduzenten machen

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in die Lage meiner Gesprächspartner hineinzuversetzen. Wenn ich verstehe, warum jemand eine bestimmte Meinung hat und emotional agiert, kann ich mich besser auf ihn einstellen. Ich bleibe automatisch entspannter und das Gespräch verläuft i. d. R. in einer angenehmeren Atmosphäre. Und es gibt ja auch ein paar rhetorische Möglichkeiten, um Menschen schnell wieder auf die Sachebene zurückzuführen. Nennen Sie dafür doch mal ein Beispiel Nikolareas: Ich achte darauf, sog. Reizwörter zu vermeiden. Darunter versteht man Formulierungen, die negativ aufgeladen sind und die in jedem Fall für schlechte Stimmung sorgen, wie das kleine Wörtchen Problem. Besser ist eine positive Gesprächsführung mit der Wahl alternativer Begriffe, die positiv besetzt sind. Statt „Sie als Dozenten müssen das Problem XY lösen“ mache ich aus Betroffenen Beteiligte. Ich versuche, sie mitzunehmen und zeige die Chancen auf wie: „Lassen Sie uns die Sache gemeinsam anpacken. Ich bin davon überzeugt, dass wir das mit vereinten Kräften schaffen werden.“

2.5 Mitarbeiter zu Ideenproduzenten machen Die interne Innovationskommunikation ist ein Teil des übergeordneten Innovations- bzw. Ideenmanagements oder des betrieblichen Vorschlagswesens. Firmenleitung und andere Entscheidungsträger möchten die Belegschaft mit gezielten Kommunikationsmaßnahmen anspornen, Ideen und Anregungen im Sinn des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zu produzieren und einzureichen. Eine andere Variante besteht darin, die Belegschaft für die mit Innovationen verbundenen Wandlungsprozesse zu gewinnen. Für Letztgenannte lesen Sie bitte das Kapitel über Widerstand gegen Innovationen. Schauen wir uns hier zunächst Ihr betriebliches Vorschlagswesen an. Wie genau steht es darum? Einige Kennzahlen helfen weiter für die treffsichere Selbsteinschätzung. Beteiligungsquote  Sie gibt an, wie viel Prozent Ihrer Mitarbeiter Verbesserungsvorschläge einreichen. Die Quote ermitteln Sie, wenn Sie die Zahl der Ideenstifter durch die Belegschaftsgröße teilen. Der Wert sollte natürlich möglichst hoch sein.

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Umsetzungsquote  Mit dieser Kennzahl wird die Qualität der eingereichten Ideen abgebildet. Dafür wird die Zahl der umgesetzten Ideen durch die der eingereichten Vorschläge geteilt. Gute Werte liegen zwischen 40 und 60 %. Ideenquote je Mitarbeiter  Rechnen Sie aus, wie viele Ideen durchschnittlich pro Mitarbeiter eingereicht werden. Die Zahl der Ideen wird ganz einfach durch die Zahl der Mitwirkenden geteilt. Dabei sollte ein Wert herauskommen, der über Eins liegt. Vorschlagsbearbeitungsdauer in Tagen Wer einen Vorschlag einreicht, ist gespannt auf das Feedback. Wie lange dauerte es bei Ihnen, bis jemand über die finale Entscheidung informiert wird? Beträgt die Zeitspanne ohne jegliche Rückmeldung mehrere Wochen, sinkt die Motivation der Ideeneinreicher in den Keller. Eine gute Möglichkeit, um die Wartezeit abzukürzen, sind Zwischennachrichten zum Stand der Dinge. Außerdem sollten Sie unbedingt vorher kommunizieren, wie lang die durchschnittliche Bearbeitungsdauer beträgt – und dass diese bei umfangreichen bzw. weitgehenden Vorschlägen gegebenenfalls mehr Zeit in Anspruch nimmt.

2.5.1 Ihr Vorschlagswesen – machen Sie den SelbstCheck Stand der Dinge • Wie hoch ist die Zahl der eingegangenen Verbesserungsvorschläge aus den letzten zwölf Monaten? • Wie viele davon haben Sie umgesetzt? • Sind Sie damit zufrieden oder sehen Sie Bedarf, die Zahl zu erhöhen? Image des Vorschlagswesens • Beurteilen die Führungskräfte das Ideenmanagement als wichtige Einrichtung? • Nehmen sie ihren Mitarbeitern gegenüber Bezug darauf? • Ermuntern sie ihre Teams, Vorschläge einzureichen? Fehlerkultur bzw. innovativer Geist • Haben Sie eine offene Fehlerkultur in Ihrem Unternehmen? • Werden kreative Ideen und kritische Äußerungen der Mitarbeiter begrüßt oder ausgebremst? • Sind die Mitarbeiter motiviert, eigene Vorschläge einzubringen?

2.5  Mitarbeiter zu Ideenproduzenten machen

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Transparenz • Wissen die Mitarbeiter, welche übergeordneten Unternehmensziele bestehen? • Ist der Ansprechpartner für das Vorschlagswesen allen Mitarbeitern bekannt? • Gibt es ein feststehendes und einleuchtendes Verfahren, nach dem die eingereichten Ideen geprüft werden? • Erhalten die Vorschlagseinreicher zeitnah eine qualifizierte Rückmeldung zu ihrer Idee? • Ist in der Belegschaft bekannt, wer die Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung von Verbesserungsvorschlägen trifft? • Ist der Prozess von der ersten Idee bis zur Verwirklichung für alle Mitarbeiter transparent? Anreize und Würdigung • Passen die von Ihnen gebotenen Anreize für die Ideeneinreichung zu den Interessen der Mitarbeiter? • Werden gute Ideen ausreichend gewürdigt? • Halten Sie attraktive Prämien und Belohnungen vor? • Sind bereits belohnte Mitarbeiter mit der Form ihrer Anerkennung zufrieden? In manchen Unternehmen verläuft die Kommunikation über Verbesserungen informell – etwa durch ein Gespräch mit den Vorgesetzten oder bei Teamsitzungen. Meist ist es jedoch so, dass die Inhalte für die Präsentation der Idee vorgegeben sind, entweder auf Formularen oder durch Eingabemasken bei digitaler Erfassung. Typische Angaben sind: • Ist-Situation, Problemstellung, Änderungsbedarf • Lösung, Verbesserungsvorschlag • Kosten und Einsparpotenzial • Realisierungszeitraum • Nutzungsdauer Dieses Schema ist eine Anregung. Es kommt ganz auf die internen Gegebenheiten an – und natürlich auf die Beschaffenheit Ihrer Idee oder Innovation. Was das Einsammeln schriftlich formulierter Vorschläge anbetrifft, arbeiten die meisten Firmen entweder mit klassischen Papierformularen oder mit einer OnlineVariante (z. B. über das Intranet oder ein spezielles Ideenportal). Papiere werden am Empfang oder in Pausenräumen ausgelegt. Manchmal hat der Innovationsmanager auch einen richtigen Briefkasten, wo sie eingeworfen werden können.

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Werden das Intranet oder Unternehmensideenportale genutzt, verläuft die Begutachtung und Bewertung der Vorschläge oft schneller und transparenter (wenn der aktuelle Stand einsehbar ist). In manchen Firmen muss zunächst eine bestimmte Zahl anderer Mitarbeiter einen Vorschlag wie in sozialen Netzwerken liken, bevor er die nächste Begutachtungsstufe erreicht. Das hat zur Folge, dass Vorschlagseinreicher ihre Kollegennetzwerke nutzen, um Stimmen für ihre Idee einzuwerben (hohe Beteiligung plus Wir-Gefühl). Außerdem ist es bei manchen Portalen möglich, per Stichworteingabe nach Vorschlägen für den eigenen Bereich zu suchen. Das betriebliche Vorschlagswesen ist jedoch kein Selbstläufer. Selbst wenn es einmal eingeführt ist, müssen die Mitarbeiter regelmäßig kommunikativ über verschiedene Kanäle angetriggert werden. Typische Inhalte sind: • Nutzen und Aufbau des betrieblichen Vorschlagswesens • Aktuelle Projekte bzw. laufende Aktivitäten bzw. Bearbeitungsstände von Ideen • Statistiken (eingereichte und verwirklichte Vorschläge) • Kluger Kopf bzw. Idee des Monats (Mitarbeiter, dessen Einfall verwirklicht wurde, Prämien- oder Wettbewerbsgewinner) • Prämierungsveranstaltungen • Sonderwettbewerbe Die Aufgabe von Innovationsmanagern und deren Teams besteht darin, anspornende Anlässe zu schaffen. Sehr wirkungsvoll ist es auch, Mitarbeiter in die Auswahl von Sachprämien einzubeziehen. Ein Bonmot aus der Öffentlichkeitsarbeit lautet: „Tu Gutes und sprich darüber“. Deshalb muss über diese Aktivitäten regelmäßig berichtet werden. Als Informationsträger eignen sich • Broschüren, Flyer, Flugblätter, Plakate (bei Beschäftigten aus anderen Ländern auch mehrsprachig); • PDF-Dateien und Präsentationen; • persönliche Briefe und Anschreiben (per E-Mail oder gedruckt, z. B. Vorstands-Mailing an alle Belegschaftsmitglieder); • Beilagen in der Lohn- und Gehaltsabrechnung; • Vorschlagsfibeln; • Bekanntmachungen am schwarzen Brett; • Werbeaktionen in der Kantine; • Berichte in der Betriebszeitung und/oder im Intranet; • Firmenvideos, die über offen aushängende Displays gezeigt werden.

2.5  Mitarbeiter zu Ideenproduzenten machen

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Auch die persönliche Kommunikation ist ein wirkungsvolles Instrument, die Motivation von Mitarbeitern zum Entwickeln von Ideen aufrechtzuerhalten – und auch, um direkt Vorschläge abzufragen. Geeignete Gelegenheiten sind etwa • Mitarbeitergespräche, • Teamsitzungen, • Belegschaftsversammlungen, • Konferenzen und Seminare. Von zentraler Bedeutung für ein lebendiges Vorschlagswesen ist ein innovationsfreundliches Arbeitsklima. Doch was macht ein solches Klima aus? Zunächst muss es eine Förderung von Kreativität vonseiten der Organisation oder des Unternehmens geben. Dazu gehören die faire Bewertung von Ideen und die institutionalisierte Anerkennung kreativer Arbeit. Diese sollte auch in Form von Freiräumen für solche Tätigkeiten erfolgen. Denn oft gelten Aufgaben, die nicht unmittelbar zum Umsatz beitragen, als nutzlose Zeitverschwendung. In innovationsbewussten Unternehmen haben Gespräche und Verhandlungen über innovative Ideen einen festen Platz. Die Kommunikation ist dabei nur wenig reglementiert und findet abteilungs- und hierarchieübergreifend statt. Vieles wird auf dem kurzen Dienstweg geregelt. Den Mitarbeitern werden Eigeninitiative und Entscheidungsspielräume bei ihrer Tätigkeit eingeräumt. Wenn dann noch finanzielle Mittel, Räume, Materialien und Informationen bereitgestellt werden, können die Ideen sprudeln. Unterstützung durch die Vorgesetzten und das eigene Team sind ebenfalls wichtige Komponenten. Dabei ist es notwendig, dass Misserfolge und Fehler akzeptiert und als wichtige Lernanlässe betrachtet werden. Damit Ideen produziert und Innovationen umgesetzt werden, gibt es verschiedene Wege, von denen hier einige beispielhaft vorgestellt werden sollen.

2.5.2 Personen als Innovationsförderer Einige Unternehmen setzen Innovationspromotoren ein. Diese sollen mögliche Widerstände in der Belegschaft überwinden und den Innovationsprozess aktiv fördern. Es gibt mehrere Promotoren, die einander ergänzen: den Fachpromotor, der die Technologie verstanden hat und sie anderen erklärt. Der Machtpromotor hat Zugriff auf Ressourcen, um die Änderungen durchzusetzen, selbst wenn nicht alle „Hurra!“ schreien. Und der sog. Prozesspromotor hat die Aufgabe, organisato­ rische und administrative Hindernisse aus dem Weg zu räumen, wenn es um die Umsetzung oder Einführung der Innovation geht. Dann gibt es oft noch einen

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Beziehungspromotor, der der Brücke zu externen Partnern baut, Kooperationen einstiehlt und hilft, Konflikte rund um die Erneuerung zu lösen (vgl. Hauschildt et al. 2016, S. 189 ff.). Diese Funktionsträger sollen sich idealerweise regelmäßig treffen, sich über ihre Tätigkeit austauschen und ihre Aktivitäten miteinander abstimmen. Der Pharma-Riese Pfizer hat Champions innerhalb der Belegschaft gekürt. Ihre Aufgabe bestand darin, je nach eigener Kernkompetenz in anderen Begeisterung für eine blühende Innovationskultur zu wecken (und eigene Ideen beizusteuern). Unterschieden wurden sechs verschiedene Typen: 1. Ermöglicher (Facilitator): Er leitet Teams durch den Erneuerungsprozess und ermuntert die Beteiligten dazu, Neues auszuprobieren und umzusetzen. 2. Trainer: Macht seine Leute fit, sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen. Er weckt den Ehrgeiz, die eigene Leistung mithilfe der Innovation zu verbessern. 3. Mentor: Stärkt dem Team und einzelnen Mitarbeitern den Rücken, wenn es um das Ausprobieren und Entwickeln von Neuerungen geht. 4. Hirte (Shepherd): Er hält das Team zusammen und steuert das Zusammenwirken der Mitglieder. 5. Querdenker (Ideator): Er bringt ungewöhnliche Lösungsvorschläge ein und bringt auch andere dazu, den gewohnten Denkrahmen zu verlassen. 6. Evangelist: Verfolgt mit Überzeugungskraft die Mission, andere Mitarbeiter für die Innovation zu begeistern. Das Pfizer-Champions-Team besteht aus rund 500 Personen, mit steigender Tendenz. Es ist immer Bewegung: Einige Champions verlassen das Unternehmen, neue kommen hinzu, andere wechseln in Positionen, die keine Championstätigkeit nebenbei ermöglichen. Die Champions erhalten eine beständige Förderung durch Trainings, Workshops und Events. So bleiben sie motiviert und fördern die Innovationskultur dauerhaft (https://www.innovationleader.com/pfizer-culture-of-innovation/, Zugriff am 20.03.2018). In der Innovationsfachliteratur werden Promotoren und Champions näher charakterisiert: Diese Personen müssen risikobereit und sehr überzeugt von der Innovation sein. Hinzu kommen Führungsqualitäten wie Charisma und die Fähigkeit, andere zu begeistern. Und sie müssen eine klare Vorstellung davon haben, wie sie innerhalb der Unternehmensstruktur Einfluss nehmen können (vgl. Hauschildt et al. 2016, S. 190). Wenn Sie selbst Personen als innerbetriebliche Innovationsförderer berufen möchten, sind folgende Leitfragen dabei hilfreich:

2.5  Mitarbeiter zu Ideenproduzenten machen

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1. Welche Rollen sollen die Promotoren bzw. Champions spielen? 2. Wie sollen diese Personen gefunden oder gewonnen werden? 3. Was ist der Nutzen, den sie durch ihre Tätigkeit haben sollen? Welche Anreize und Belohnungen soll es für das Engagement geben? 4. Wie wollen Sie die Promotoren bzw. Champions trainieren und bei ihrer Tätigkeit unterstützen? 5. Wie sollen sie zu einer zentralen Innovationsgruppe bzw. einem internen Innovationsnetzwerk verbunden werden? 6. Anhand welcher Kriterien werden Sie die Ergebnisse des Netzwerks messen? 7. Wie soll das Championsprogramm im Lauf der Zeit am Leben gehalten werden?  Tipp  In der Praxis wird es manchmal schwierig sein, einer Person anhand ihrer Eigenschaften eine feste Rolle zuzuweisen. Denn es gibt immer Mischtypen und Menschen, die mehrere Aspekte erfüllen können. Hier ist Kreativität Ihrerseits gefragt!

Wenn das betriebliche Vorschlagswesen einmal etabliert ist, muss es am Leben gehalten werden. Denn sonst versiegt die Kreativität Ihrer Belegschaftsmitglieder. Alles geht seinen gewohnten Gang. Die folgenden Maßnahmen können Sie nach Bedarf punktuell oder regelmäßig durchführen.

2.5.3 Unternehmensinterne Ideenwettbewerbe Wettbewerbe gibt es in zahlreichen Formen – extern, intern und gemischt. Und es gibt welche, an denen sich Unternehmen selbst beteiligen können. Hier soll es um die interne Variante gehen. Veranstaltet eine Firma einen Ideenwettbewerb unter ihren Mitarbeitern, hat dieser verschiedene Zielsetzungen. Einerseits sollen zu einer vorgegebenen Problemstellung hochwertige und weiterführende Lösungsansätze zusammengetragen werden. Andererseits dienen solche Wettbewerbe auch als Ansporn, sich einzubringen. Als Lohn winken Anerkennung und z. B. auch Prämierungen. Doch alleiniges Wedeln mit dem Geldschein reicht oft nicht aus, um Teilnehmer zu aktivieren. Psychologen unterschieden intrinsische und extrinsische Antriebsarten. Intrinsisch motiviert ist jemand, der mit Begeisterung nach einer Antwort für die Aufgabenstellung sucht. Es macht ihm Spaß und fordert ihn heraus. Vielleicht ist er auch selbst vom Ausgangsproblem betroffen und deshalb an der Teilnahme interessiert. Eine extrinsische Motivation liegt vor, wenn ein Mensch etwas tut, um etwas anderes zu erlangen. Er macht beispielsweise mit, weil er einen bestimmten Sachpreis einkassieren möchte. Das Beisteuern einer

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

guten Idee ist für ihn nur Mittel zum Zweck. Wenn es um den Auf- und Ausbau einer innovationsfreudigen Unternehmenskultur geht, ist die intrinsische Motivation der Beteiligten wichtiger als die extrinsische. Für beide Antriebsarten gibt es Anreize (Tab. 2.2). Wenn Sie einen Ideenwettbewerb durchführen möchten, benötigen Sie zuerst eine knackige Aufgabenstellung. Diese sollte möglich nah an dem sein, womit sich die gewünschten Teilnehmer täglich befassen. Am besten ist es, wenn Sie drei einfache Fragestellungen festlegen und zur Auswahl stellen. Manche Firmen nutzen Ideenwettbewerbe, um Lösungen für eigene Probleme zu finden. Andere möchten Einfälle für Kundenanforderungen sammeln. Unabhängig von der genauen Fragestellung gehört immer eine Erläuterung dazu. Zwei Beispiele: 1. Eigene Lösung: „Im Rahmen unseres Herstellungsprozesses kommt es immer wieder zu langen Wartezeiten. Die entstehen durch Umrüstung von Maschinen und lange Wege. Wie können wir diese Abläufe verbessern?“ 2. Lösung für einen Kunden: „Unser Auftraggeber XY möchte eine Plattform für das Wissensmanagement bei uns entwickeln lassen. Es handelt sich um eine Akademie mit dem Angebot … Ziel der Plattform soll sein … Der Kunde selbst hat folgenden Bedarf angemeldet: … Welche Elemente sollte diese Ihrer Ansicht nach enthalten? Wie sollte sie aufgebaut sein?“ Ergänzen Sie diese Erläuterungen durch Bilder und Videos. Durch die unterschiedlichen Medienformate wird die Aufgabenstellung klarer und Sie vermeiden damit Verstehensprobleme aufseiten der Mitarbeiter. Im Rahmen des Wettbewerbs Tab. 2.2   Anreize für die Teilnahme an internen Ideenwettbewerben. (Quelle: Birgit Lutzer) Anreize, die die extrinsische Anreize, die auf die intrinsische Motivation zielen Motivation fördern Geld- und Sachpreise

Anerkennung und positive Aufmerksamkeit (feierliche Prämierungen, Erwähnung in der Mitarbeiterzeitung etc.)

Erfüllung von Zielvorgaben

Möglichkeit, eigene Ideen umzusetzen Zeit, um kreativ zu sein Teilnahme an Sitzungen oder Konferenzen und Workshops, um sich mit anderen Beteiligten über die Ideen auszutauschen Leitungsaufgaben bei der Umsetzung der prämierten Idee Prozentuale Erfolgsbeteiligung nach der Verwirklichung des Einfalls

2.5  Mitarbeiter zu Ideenproduzenten machen

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sollte es möglich sein, dass die Teilnehmer miteinander über ihre Lösungsansätze diskutieren. Manche Firmen nutzen für diesen Zweck eine Online-Plattform mit Chats und Themenforen. Auch der gesamte Wettbewerb kann darüber gesteuert werden. Haben Teilnehmer Vorschläge eingereicht, ist eine kurze Reaktionszeit Ihrerseits gefragt – möglichst noch am selben Tag. Neben einem Dank für die Idee sind sicher Rückfragen erforderlich. Geeignet sind W-Fragen wie z. B. „Wie könnte die Realisierung Ihrer Idee aussehen?“ oder „Welche weiteren Anwendungsformen sehen Sie für die von Ihnen beschriebene Lösung?“ Aufseiten der Ideeneinreicher entsteht durch das wertschätzende Interesse ein weiterer Motivationsschub, ihren Einfall vielleicht noch zu verfeinern. Eine andere Variante besteht darin, geeignete Ideen zur Diskussion zu stellen – entweder direkt und persönlich oder über den digitalen Weg. Je mehr Austausch stattfindet und je mehr Mitarbeiter sich beteiligen, desto lebendiger und fruchtbarer ist Ihr Wettbewerb. Die Krönung der gesamten Kampagne ist der Abschluss. Die Stars dieser Veranstaltung sind die Mitarbeiter, die sich mit Ideen beteiligt haben. Und diese sollten Sie ordentlich feiern. Neben der Pokalverleihung bei einem attraktiven Event gehören das Aushängen der Siegerideen auf Plakaten und eine Würdigung der Preisträger in der Firmenzeitung mit dazu. Denn so stellen Sie sicher, dass sich auch bei Ihrem nächsten Wettbewerb wieder viele Belegschaftsmitglieder beteiligen. Haben nur wenige Mitarbeiter an Ihrem Ideenwettbewerb teilgenommen, lohnt ein Blick hinter die Fassade auf mögliche Ursachen. Vielleicht sind die Anreize falsch gewählt. Möglicherweise haben manche Belegschaftsmitglieder auch Angst, sich mit Vorschlägen zu weit aus dem sprichwörtlichen Fenster zu lehnen. Das kann dann der Fall sein, wenn sie befürchten, etwas ähnliches wie ihren Vorschlag gebe es schon. Auch eine zu weit gesteckte, allgemeine Aufgabenstellung kann zur Unsicherheitsbarriere werden. Unsicherheit bezüglich der Bewertungskriterien kann auch demotivierend wirken. Belegschaftsmitglieder mit unzureichenden Sprachkenntnissen trauen sich die Teilnahme genau deswegen oft nicht zu. Auch Zeitmangel und fordernde andere Aufgaben können ein Grund sein, sich der Wettbewerbs-teilnahme zu verschließen.  Tipp  Denken Sie daran: Ein Wettbewerb ist eine einmalige oder ­turnusmäßig wiederkehrende Angelegenheit. Es kommt aber d ­ arüber hinaus darauf an, auch das normale betriebliche Vorschlagswesen regelmäßig mit Impulsen zu versorgen.

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

2.5.4 Weitere Tipps für die laufende Ideenproduktion Nachfolgend finden Sie einige ideenfördernde Maßnahmen, die Sie flexibel einsetzen können. Einige zielen auf Einzelaktivitäten und andere darauf, Gruppen und Teams gemeinsam zur Produktion innovativer Einfälle zu bewegen. Punkte sammeln für gute Ideen Das Prinzip ist wie beim Bäcker, der Karten für Brotkäufe stempelt (sind zehn erfüllt, winkt ein Gratisbrotlaib): Wer z. B. zehn gute Ideen eingereicht hat, erhält eine kleine Prämie. Beispiele für Belohnungen sind Tank-, Restaurant- oder Kinogutscheine. Mit diesem kleinen Format ermuntern Sie die Belegschaft zu vielen Vorschlägen, die sich auf die Lösung alltäglicher Probleme richten. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass durch diese wenig aufwendige Maßnahme die Innovationskultur im gesamten Betrieb positiv beeinflusst wird. • The-winner-is-Verlosung: Auch bei dieser Variante stehen eher kleine Alltagsideen im Blick: Sammeln Sie gute Einfälle in einer Lostrommel und ziehen Sie regelmäßig (z. B. einmal im Monat) einen Gewinner. Hierbei sollten die Prämien schon etwas größer sein als bei der Punktekarte: Wellness- oder Cabrio-Wochenende kommen gut an. Ebenfalls positiv: Der Ideeneinreicher erhält Aufmerksamkeit und Anerkennung. • Ideenausstellung: Hier geht es um die bildhafte Darstellung von Ideen – und deren Weiterentwicklung durch die Betrachter. Wer eine Idee oder einen Verbesserungsvorschlag hat, präsentiert diese z. B. als Collage, Bilder mit Texten oder in anderen kreativen Formen. Die Werke werden für alle zugänglich in den Firmenräumlichkeiten ausgestellt (z. B. Foyer, Flur etc.). Die Künstler können mit den Kollegen über ihren Einfall diskutieren und die Idee auf Basis der Rückmeldungen weiterentwickeln. Auch Besucher bekommen auf diese Weise einen lebendigen Eindruck von der Innovationskultur im Haus. • Ideen-Pitch vor hochrangigen Führungskräften: Der Ideen-Pitch geht auf den sog. Elevator-Pitch zurück. Dieser basiert auf einer Story: Ein Mitarbeiter betritt den Fahrstuhl in seinem Unternehmen und trifft dort auf mehrere Vorstandsmitglieder. Eines davon fragt ihn, wer er sei. Der Angesprochene hat nun drei Minuten Zeit, sich während der Fahrt vom Erdgeschoss bis in den zehnten Stock selbst zu präsentieren. Die optimale Eigendarstellung in drei Minuten wird z. B. in Rhetorikseminaren trainiert. Beim Ideen-Pitch erhalten beispielsweise jährlich drei Mitarbeiter mit besonders guten Ideen die Chance, diese in jeweils zehn Minuten der obersten Geschäftsleitung oder dem Vorstand zu präsentieren – und kurz mit diesen darüber zu diskutieren.

2.5  Mitarbeiter zu Ideenproduzenten machen

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• Internes Crowdfunding: Internes Crowdfunding basiert auf den Grundsätzen des Einwerbens von Unterstützung durch die Masse. Diese wird bei der internen Form von der Belegschaft repräsentiert. Alle Mitarbeiter können eigene Ideen und Projekte auf einer firmeninternen Plattform hochladen und den anderen vorstellen. Um Zustimmung zu bekommen, muss das Projekt folglich ansprechend, verständlich und emotional beschrieben werden. Anschließend erfolgen eine Diskussion und die Bewertung. Gleichzeitig erhält jeder ein festes Budget, das er in Projekte investieren kann. So können interne Vorhaben von den Belegschaftsmitgliedern finanziert werden. Sie sind damit Teil der Ideenumsetzung und entsprechend motiviert, auch eigene Vorschläge einzubringen.

„Es gibt viele Wege aus der Kreativitätsblockade!“

Interview mit Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Mikko Börkircher, Verband der Metall- und Elektro-Industrie NRW e. V.

Mikko Börkircher

Mikko Börkircher führt für Mitgliedsunternehmen seines Verbands mehrmals im Jahr Innovations- und Kreativitätsworkshops durch. Dazu gehört auch das Wissen, wie man am besten mit Blockaden eigener Schaffenskraft umgeht. Foto: Verband der Metall- und Elektro-Industrie NRW e. V.

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2  Schritt für Schritt: Phasen und ausgewählte …

Woran erkenne ich, ob ich einfach nur müde bin – oder ob ich eine Blockade habe? Börkircher: Häufig ist die Kreativitätsblockade mit Stress und Zeitdruck verbunden. Vielleicht müssen Sie dringend eine Lösung für eine komplexe Aufgabe finden und diese möglichst schon gestern eingereicht haben. Oder Ihnen fällt bei einer kurzfristig einberufenen Kreativitätssitzung partout nichts ein. Gleichzeitig führt die Blockade zu weiterem Stress. Das hört sich nach einem Teufelskreis an … Börkircher: Ganz genau. Doch es gibt gute Chancen, ihn zu durchbrechen und Ihre Blockade zu überwinden. Zunächst ist es wichtig, sich über die Ursachen des sprichwörtlichen Bretts vor dem Kopf im Klaren zu werden. Dann können Sie diese gezielt beseitigen bzw. eine andere Denkhaltung einnehmen. Nennen Sie doch mal eine weit verbreitete Ursache für Kreativitätsblockaden! Börkircher: Möglicherweise streben Sie zu sehr nach Perfektion, weil Sie stets eine Topleistung erbringen wollen. Natürlich sollte Ihr Ergebnis möglichst gut sein. Doch wenn Sie sich selbst unter Druck setzen, geht gar nichts mehr. Ein sehr gutes Ergebnis liegt bereits bei 80 oder 90 % vor. Genau das besagt auch das Pareto-Prinzip bzw. die 80-zu-20-Regel. Für 80 % der Arbeit benötigen Sie nur 20 % der Gesamtzeit. Die restlichen 20 % der Arbeit benötigen jedoch 80 % der Zeit. Sie nannten eben den Zeitdruck als Ursache für Blockaden. Börkircher: Genau. Wenn Sie Führungskraft sind: Lassen Sie sich und Ihrem Team bei kreativen Prozessen unbedingt die nötige Zeit, damit die Ideen reifen können. Wenn Sie Ergebnisse durch enge Zeitvorgaben erzwingen wollen, kommt nichts Gutes dabei heraus. Stellen Sie besser einen Folgetermin in Aussicht. Sie werden merken, dass sich die Lage dadurch sofort entspannt. Und dann kommen plötzlich gute Ideen. Welche Rolle spielen Gefühle bei Blockaden? Börkircher: Emotionen wie Wut, Angst, Ärger usw. lähmen den Kreativitätsprozess. Dadurch wird Energie verbraucht, die Sie eigentlich für die Ideenentwicklung benötigen. Versuchen Sie daher, den Kopf frei zu bekommen. Auch unterschwellige Probleme, zum Beispiel mit Kollegen

Literatur

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oder Vorgesetzten, können zu geistigen Lähmungserscheinungen führen. Hier hilft es, den Konflikt zu klären – wenn möglich. Manchmal können auch Entspannungsübungen und Pausen helfen. Wie beeinflussen bisherige Erfahrungen mit Kreativität den Ideenfluss? Börkircher: Insbesondere schlechte Erfahrungen können dazu führen, Situationen zu vermeiden. Nehmen wir als Beispiel den Kunstunterricht. Wer dort für ungewöhnliche Ideen mit schlechten Noten abgestraft wurde, wird in Zukunft automatisch vorsichtiger. Auch die Erfahrung, dass eigene Ideen vom Team abgelehnt werden, hat oftmals einen inneren Rückzug und Blockadehaltungen zur Folge. Dies können Sie durchbrechen. Machen Sie sich bewusst, dass es sich um Negativzuschreibungen anderer Personen handelt. Und die müssen Sie sich nicht zu eigen machen. Sind Optimisten sicherer vor Kreativitätsblockaden als Pessimisten? Börkircher: Absolut richtig. Der Glaube, dass die eigenen Ideen gut sind und umgesetzt werden können, ist ein kraftvoller Motor. Gedanken wie „Das wird ja eh wieder nichts“ oder „Das hat letztens auch nicht funktioniert“ haben eine lähmende Wirkung auf die Ideenproduktion. Ohne Hoffnung stirbt auch der Antrieb. Deshalb ist es so wichtig, dass Sie Ihre Mitarbeiter zumindest durch die teilweise Umsetzung von deren Vorschlägen ermutigen.

Literatur Hauschildt J, Salomo S, Schulz C, Kock A (2016) Innovationsmanagement. Vahlen, ­München

3

Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden Informationsträgern

Zusammenfassung

Mit zielgruppengerecht gestalteten Informationsträgern können Sie Ihre Innovation maßgeschneidert präsentieren. Neben Tipps zu Gestaltung und Texten erhalten Sie in diesem Kapitel Hinweise zu ausgewählten Medien. Mit diesem Hintergrundwissen können sie besser mit Kreativdienstleistern zusammenarbeiten – und kleinere Projekte in Eigenregie umsetzen. Die Zahl der Informationsträger, mit denen Sie andere für Ihre Innovation gewinnen können, ist hoch. Eine grobe Unterscheidung ist die in gedruckte und digitale Medien. Dann gibt es Formate wie Podcasts und Videos. Auch das genaue Ziel des Mediums ist individuell, wie die folgenden Beispiele zeigen: • Mit Katalogen, Prospekten oder Produktbeilegern informieren Sie potenzielle Kunden, Abnehmer oder Anwender über Zahl, Art und technische Bestandteile Ihres Angebots. • Ein Video, in dem Sie Ihre Innovation vorstellen, kann als Erklärvideo oder als Image-Filmchen konzipiert sein. • Präsentationsfolien können das Ziel haben, den Nutzwert Ihrer Innovation zu verdeutlichen (um etwa einen Investor, Großabnehmer oder Hersteller zu gewinnen). Was Aufbau, Gestaltung und Inhalte anbetrifft, gibt es ein paar Grundprinzipien, die sich auf alle Informationsträger anwenden lassen. Um die soll es zunächst gehen, bevor wir uns mit einzelnen Medien befassen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Lutzer und A. Howind, Kommunikation und Marketing für TechnikInnovationen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27262-3_3

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

3.1 Ein paar Faustregeln für die Gestaltung von Informationsmedien Ob Firmenbroschüre, Präsentation oder Anzeige: Die Gestaltung von Informationsmedien setzt sich aus einem Layout und aus Texten zusammen – oder bei einem Film aus dem Szenario und den sprachlich bzw. textlich übermittelten Informationen.

3.1.1 Die Wirkung von Farben, Formen und anderen Gestaltungselementen Schon der alte Goethe oder auch Sigmund Freud entwickelten Ideen zur Wirkung von Farben. Ihre Konzepte wurden aufgegriffen und von Psychologen verfeinert. Auch in der Unternehmenskommunikation wird darüber nachgedacht. Die Farben des Corporate Design (grafisches Konzept des Außenauftritts) etwa haben eine Eigenwirkung auf den Betrachter. Während Dunkelblau und Anthrazit überwiegend in Branchen wie Banken und Versicherungen auftauchen, geht es etwa im Bildungswesen wesentlich bunter zu. Auch Internetseiten, auf denen Innovationen präsentiert werden, glänzen je nach Produkt oder Dienstleistung durch Vielfalt. Die folgende Tabelle zeigt alle Hauptfarben und die damit verbundenen Assoziationen von Versuchspersonen aus unserem kulturellen Umfeld im Überblick (Schwarz und Weiß gelten nicht als eigenständige Farben, haben aber auch eine emotionale Wirkung). Die Farbmedaille ist zweiseitig: Es gibt positive und negative gedankliche Verknüpfungen (Tab. 3.1). Die Farben, mit denen sich ein Unternehmen oder eine Einrichtung in Logo, Geschäftsdrucksachen etc. darstellt, sollten von ihrer Aussage, assoziativen Kraft und Kombination her zur Firmenausrichtung und der Zielgruppe passen. Richten Sie eine eigene Webseite für Ihre Innovation ein, gilt dasselbe. Ähnlich wie die Farbgebung, beeinflussen grafische Elemente und Formen die Gedanken und Gefühle der Person, die eine Broschüre studiert oder eine Webseite besucht. Gerade, symmetrische und kastenförmige Elemente wirken statisch, distanziert und – je nach Farbgebung – konservativ. Geschwungene Linien und kreisförmige Bestandteile erwecken eher einen freundlichen Eindruck.

3.1  Ein paar Faustregeln für die Gestaltung von Informationsmedien

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Tab. 3.1   Farben und Assoziationen. (Quelle: Birgit Lutzer) Farbe

Positive Assoziationen

Negative Assoziationen

Gelb

Anfang, Neues, Wissen, Transparenz, Klarheit, Durchschaubarkeit, Heiterkeit und Freundlichkeit

Einbildung, Arroganz, Anmaßung, Frechheit, Oberflächlichkeit, Feigheit, Neid

Orange

Effektivität, Effizienz, Energie, Öko- Rohheit, Ungehobeltheit, Aufdringnomieprinzip, Vitalität, Durchsetzungs- lichkeit, Rüpelhaftigkeit fähigkeit

Rot

Vitalität, Energie, Tatkraft, Macht, Dynamik, Aktivität, Erregung, Liebe

Blut, Zorn, Aggression, Chaos, Gewalt, Dominanz, Unterdrückung

Violett

Umkehr, Einkehr, Religion, Busse, Reinlichkeit, Würde

Naivität, Weltfremdheit, fanatischer Feminismus (zumindest in Deutschland)

Blau

Ernsthaftigkeit, Autorität, Gewissenhaftigkeit, Weite, Distanz, Treue, Tradition, Frieden

Kälte, Starrheit, extremer Konservativismus

Grün

Neutralität, Ruhe, Entspannung, Fruchtbarkeit, Natürlichkeit

Unentschlossenheit, Unreife, Giftigkeit, Bitterkeit

Weiß

Unschuld, Reinheit, das Gute, Unbeflecktheit, Jungfräulichkeit

Phantasielosigkeit, Naivität, Langeweile

Grau

Seriosität, Erfahrung, Sachlichkeit, Vertrauenswürdigkeit

Tristesse, Ödheit, Langeweile, Starrheit

Schwarz

Geheimnis, Erotik, Potenz, Faszination Das Böse, Finstere, Gewalttätige und Dunkle

3.1.2 Bilder wecken Neugier und Interesse Eine sehr starke emotionale Reaktion rufen Bilder hervor, und zwar von Menschen (oder anderen Lebewesen). Deshalb sind sie so wichtig für den Überzeugungsprozess, und zwar sowohl in gedruckten als auch in digitalen Medien. Der Leser oder Besucher hat wenig Zeit und oftmals eine große Auswahl an weiteren Beiträgen, die er sich stattdessen angucken könnte. Also bewegen Sie ihn mit passenden Abbildungen dazu, dass er Ihren Beitrag oder Ihre Webseite auswählt. Bilder sollten aus der Masse herausstechen, aber immer einen Bezug zu Ihren Inhalten haben. Sie sollten vielleicht sogar das Geschriebene zusammenfassen, sodass der Interessent Zeit spart und dennoch Ihre Botschaft erfasst. Wenn Sie eine jüngere Zielgruppe haben und soziale Netzwerke als Medium nutzen,

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

sind Bilder von besonderer Wichtigkeit. Gerade auf Plattformen wie Facebook und Instagram sind es Bilder, die erst zu den eigentlichen Texten bzw. Webseiten führen. Doch wie kommt man zu professionellen, ansprechenden Bildern? Eine große Auswahl kann leicht und oft auch kostenlos von Bilddatenbanken bezogen werden, z. B. Pixabay.com. Hier müssen Sie keine Copyright-Angabe machen und dürfen die Motive meist auch bearbeiten und stark verfremden. Kostenpflichtige Anbieter bieten oft noch mehr Variantenreichtum – und noch professionellere Bilder sowie Videos, die nicht an jeder Straßenecke zu finden sind. Auch wenn Sie dafür bezahlen: Bei diesen Bildern ist unbedingt die Angabe des Copyrights zu beachten. Die Betreiber der Bilddatenbanken geben vor, wie dies zu geschehen hat: Meist in die Abbildung selbst integriert oder in unmittelbarer Nähe. Außerdem gibt es Beschränkungen, was die Bildbearbeitung betrifft. Wird das Motiv zu stark verfremdet, droht eine Abmahnung. Doch was ist zu stark? Das ist wieder mal Auslegungssache. Sie selbst müssen entscheiden, ob Sie dieses Risiko eingehen wollen. Ein paar Links zu kostenpflichtigen Bild- und Videodatenbanken: • • • • • •

https://de.123rf.com/ https://de.depositphotos.com/ https://www.gettyimages.de/ https://www.istockphoto.com/de https://www.shutterstock.com/de/ https://stock.adobe.com/de

 Tipp  Wenn Sie z. B. für einen Blog einen hohen Bildbedarf haben, ist ein Abo oft die günstigere Variante.

Auch ein Smart- oder iPhone befindet sich mittlerweile in jeder Tasche. Es ist schneller gezückt als jede Kamera und bietet eine weitere Möglichkeit, Bilder entstehen zu lassen. Und das an jedem Ort, zu jeder Zeit. Quellen für Fotos oder Abbildungen gibt es also genug. Ist ein Foto unscharf oder passt die Farbgebung nicht, können Sie mit Bildbearbeitungsprogrammen wie dem kostenlosen Gimp oder Photoshop und anderen nachhelfen. Aber da solche Fotos oft Schnappschusscharakter haben, ist im Einzelfall zu überlegen, ob es nicht besser ist, in professionelle Fotos zu investieren. Was für Blogbeiträge noch funktionieren mag, ist ein No-go für die Unternehmensdarstellung. Was haben Sie von kostengünstigen Fahndungsfotos, wenn Sie dadurch potenzielle Kunden verschrecken? Zunächst erhalten Sie ein paar Tipps zu den Rahmenbedingungen. Sie gelten, wenn Sie selbst Fotos erstellen.

3.1  Ein paar Faustregeln für die Gestaltung von Informationsmedien

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Das gleiche gilt, wenn eine Zeitung Ihnen bei einem Pressetermin einen unerfahrenen Mitarbeiter zuweist. Dann können Sie entsprechend unterstützen: • Geduld beim Fototermin haben: Zeitdruck ist der Killer guter Bilder. Ein Fotograf sollte niemals unter Druck gesetzt werden. • Schärfeprüfung: Fotos müssen an den richtigen Stellen scharf sein. Das gilt insbesondere für Gesichter. Prüfen Sie durch Vergrößerung im Kameradisplay, ob Ihr Bild wirklich scharf ist. Auch der Mitarbeiter einer Zeitung muss dies tun, deshalb lassen Sie ihn dies unbedingt kontrollieren (statt zu nörgeln und zu drängeln). • Auflockerung durch Entertainment bieten: Eine gute Stimmung ist enorm wichtig. Doch manche Personen sind sehr angespannt, wenn sie fotografiert werden sollen. Manchmal hilft ein Scherz wie „Bei Kindern schlage ich vor, sie sollen jetzt ‚Ameisenscheiße‘ sagen“. Das Wort zaubert auch bei Erwachsenen ein schönes Lächeln ins Gesicht. Wenn diese Voraussetzungen geklärt und sichergestellt sind, gibt es noch ein paar handwerkliche Dinge, die beachtet werden sollten, um ein Foto richtig zu arrangieren (Quelle: Mit freundlicher Erlaubnis der Rominger Kunststofftechnik GmbH):

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

3.1  Ein paar Faustregeln für die Gestaltung von Informationsmedien

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Körperhaltung, Gestik und Mimik haben ebenfalls eine Wirkung darauf, wie eine abgebildete Person rüberkommt. Dazu gibt es ein paar Faustregeln, wie in Tab. 3.2 dargestellt. Lassen Sie zudem Abb. 3.1 und 3.2 auf sich wirken. Der Mann in Abb. 3.1 wirkt dominant und flößt Respekt ein. Der in Abb. 3.2 gezeigte ist sicher ein netter und lustiger Kerl. Doch es gibt auch noch etwas zwischen diesen Extremen: Wie wäre es mit einem Lächeln bei gerader Kopfhaltung wie in Abb. 3.3? Dieser Mann verbindet zwei Elemente. Mit schrägem Kopf würde er ähnlich wie der lustige Mann auf Abb. 3.2 wirken. Und ohne Lächeln hätte er die Wirkung eines typischen Alphatiers. Auch die Frage, ob der Fotograf Sie auf Augenhöhe, von unten oder von oben aufnimmt, hat eine Wirkung auf den Betrachter. So lassen sich manche Politiker, Regierungs- und Firmenchefs gern von unten aufnehmen, um ihre Machtposition zu zeigen. Wird jemand von oben fotografiert, wirkt er oft klein. Neben diesen beispielhaften Signalen gibt es noch zahlreiche weitere wie Kleidung, Farben und Accessoires. Überlegen Sie sich vor einem Fototermin, wie Sie wirken wollen. Probieren Sie unterschiedliche Varianten! Weitere Tipps für Status-Signale im persönlichen Umgang liefern Tom Schmitt und Michael Esser in ihrem Ratgeber „Status-Spiele: Wie ich in jeder Situation die Oberhand behalte.“ Weitere Tipps für Status-Signale im persönlichen Umgang liefern Tom Schmitt und Michael Esser in ihrem Ratgeber ­„Status-Spiele: Wie ich in jeder Situation die Oberhand behalte.“

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

Tab. 3.2   Die Wirkung von Körperhaltung und Mimik auf Fotos (und natürlich auch im persönlichen Kontakt; Quelle: Birgit Lutzer) Hoher Status, Respekt einflößend

Niedriger Status, sympathisch

Gerade Kopfhaltung

Geneigter Kopf

Kaum Mimik, Pokerface

Lächeln

Arme verschränkt

Hände im Gesicht

Symmetrische, aufrechte Körperhaltung

Asymmetrisch, Hüfte herausgeschoben, Schultern nach vorn

Abb. 3.1   Hochstatus. (Quelle: Pixabay)

Abb. 3.2   Niederstatus. (Quelle: Pixabay)

3.1  Ein paar Faustregeln für die Gestaltung von Informationsmedien

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Abb. 3.3   Kompromiss. (Quelle: Pixabay)

3.1.3 Rund um die Texte Ihrer Informationsmedien Mindestens ebenso bedeutsam wie Bilder und Gestaltungselemente sind sprachliche Werkzeuge für den Überzeugungsprozess. Denn gerade bei der Beschreibung einer Idee oder der Vermarktung einer Innovation kommt es auf Details an. Die folgenden Hinweise richten sich einerseits an sprachlich Interessierte, die gern selbst formulieren. Andererseits können die Tipps Ihnen helfen, die Qualität der Arbeiten eines Texters zu beurteilen. Am Anfang steht die Überlegung, ob Sie sich mit Ihren Informationen an Experten oder an Laien wenden – und ob es wirklich nur um reine Information wie beim Erklären einer Technologie oder um Beeinflussung geht (Tab. 3.3). Richten Sie sich an Experten, müssen bestimmte Fachbegriffe in Ihrem Text vorkommen, sonst werden Sie nicht ernst genommen. Sollen Laien nachvollziehen, um was es in Ihrem Projekt geht, ist eine besonders verständliche Informationsaufbereitung nach dem Keep-it-short-and-simple(KISS)Prinzip gefragt. Das bedeutet: • • • • •

Kurze Sätze Wenig bis keine Fachbegriffe – und wenn doch, dann mit Erläuterung Logischer Aufbau vom Allgemeinen zum Speziellen Bildhaft-emotionale Sprache Ergänzende Abbildungen, Fotos und Visualisierungen

 Tipp  Sind Sie unsicher, ob Ihr Text verständlich ist? Lassen Sie dies testweise von einem Laien beurteilen!

Einfache Sprache (KISS) in Verbindung mit bildhaft-emotionalen Formulierungen, Verwendung von Synonymen – Wörtern gleicher oder ähnlicher Bedeutung Zusätzlich zu den Verständlichmachern visuelle Blickfänge, die mehr unterhalten als informieren

Übersetzungen der Fachtermini, regelbasiertes Schreiben nach dem Keep-itshort-and-simple(KISS)-Prinzip

Bilder und Zeichnungen, die Abläufe verdeutlichen und das Verstehen erleichtern

Fachsprache in Verbindung mit bildhaft-emotionalen Formulierungen (z. B. journalistische Überschriften und Bildunterzeilen)

Anleitung

Fachsprache

Tabellen, Infografiken, Zu den sachlichen Abbildungen Abbildung von Maschinenteilen kommen z. B. Fotos von Menschen an der Maschine, unterhaltsame Strichzeichnungen

Beeinflussung

Laien Anleitung

Beeinflussung

Experten

Tab. 3.3   Experten- und Laienkommunikation im Vergleich. (Quelle: Birgit Lutzer)

78 3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

3.1  Ein paar Faustregeln für die Gestaltung von Informationsmedien

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Interesse wecken durch Bezugnahme auf den anderen Wenn Sie jemand mit einem Informationsträger (oder auch mit gesprochenen Worten) für ein Anliegen, Projekt oder Angebot gewinnen möchten, sollten Sie bei seinen Wünschen, Bedürfnissen oder Problemen ansetzen. Bauen Sie Ihre Information nach dem Schema SIE + ICH = WIR auf. Beispiel: Werbetext für ein sehr innovatives Seminar (Tab. 3.4): Schlüpfen Sie vorher gedanklich in den Kopf Ihrer Gesprächspartner. Wie ist deren Ausgangssituation? Welche Interessen verbinden sie möglicherweise mit Ihrer Innovation? Vorsicht bei vollmundigen Behauptungen Ein häufiger Fehler in der Außenpräsentation oder der Darstellung einer Innovation liegt im feinen Unterschied zwischen Behauptung und Beleg. Während eine Behauptung schnell in die Kategorie Eigenlob fällt und nur bedingt glaubwürdig ist, kommt der Beleg eleganter um die Ecke. Er übermittelt Fakten, die beim Empfänger der Botschaft zur erwünschten Schlussfolgerung führt – dem Inhalt der Behauptung. • Behauptung: „Durch mich als Coach werden Sie garantiert erfolgreich!“ (Schlussfolgerung: Angeber) • Beleg: „Seit fünf Jahren begleite ich als Coach Führungskräfte bei Konzern XY.“ (Schlussfolgerung: Da dieser Coach schon seit fünf Jahren für Konzern XY arbeitet, unterstützt er seine Klienten offensichtlich in wirkungsvoller Weise. „Ich werde ihn kontaktieren.“ Oder kürzer: „Durch ihn als Coach werde ich garantiert erfolgreich!“) Tab. 3.4    Umsetzung SIE + ICH = WIR. (Quelle: Birgit Lutzer) Sie

Dynamisch-dominanter Chef, liebevoller Papa, cooler Macho oder einfühlsamer Frauenversteher? Als Mann handeln Sie jeden Tag in verschiedenen Rollen. Doch in welchen fühlen Sie sich wohl?

+ Ich (mein In diesem Seminar geht es darum, Ihren eigenen Handlungsspielraum zu Angebot) erweitern und Neues auszuprobieren • Tag 1: High-Heels, Make-up und Perücke – wir verwandeln uns in Frauen und machen einen richtigen Mädelstag • Tag 2: „Ich brech‘ die Herzen der stolzesten Frau‘n: Flirt- und Kommunikationstraining mit anschließendem Discobesuch • Tag 3: Weck den Krieger in dir! Durchsetzungsstrategien in Beruf und Privatleben. Zum Schluss tanzen wir nackt ums Lagerfeuer! = Wir

Begrenzte Teilnehmerzahl – sichern Sie sich noch heute Ihren Platz!

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

Auch bei der Präsentation von Produkten ist dieses Phänomen zu beobachten: • Behauptung: „Unsere neue Software ist die beste für Ihre Buchhaltung!“ (Schlussfolgerung: „Das behauptet jeder Anbieter.“) • Beleg: „Schon 1000 kleine Unternehmen nutzen unsere neue Software für ihre Buchhaltung!“ (Schlussfolgerung: „Na dann hat sich die Software wohl schon bewährt. Ich werde sie auch testen.“)  Tipp  Arbeiten Sie nur mit Belegen. Frage: Welche Zahlen, Daten und nachprüfbaren Fakten führen potenzielle Abnehmer zur Schlussfolgerung, dass meine Idee bzw. mein innovatives Angebot gut ist?

Verpacken Sie technische Fakten in eine Geschichte! Bildhafte Geschichten haben einen festen Platz in der Unternehmenskommunikation. Dadurch vereinfacht sich die Nachvollziehbarkeit erklärungsbedürftiger Inhalte. Ist die Story gut aufgebaut, startet ein kleiner Film in der Vorstellungskraft der Leser oder Hörer. Eine positive Einstellung der Zielperson gegenüber wird dann gefördert, wenn durch das Lesen oder Hören angenehme Gefühle entstehen (z. B. Belustigung oder Spannung). Bei der Entwicklung einer Story, die sich um eine Firma, eine Person oder auch um eine Innovation rankt, ist folgendes zu beachten: • Die Erzählung sollte wahr sein bzw. so konstruiert, dass sie nicht wie ein Lügenmärchen wirkt. • Die Story sollte einen klaren Bezug zur Firma oder zur Innovation haben und Sympathie wecken. • Wichtig ist ein Spannungsbogen. • Liegt keine Geschichte auf der Hand, bieten vielleicht das Firmengebäude, die Umgebung, markante Punkte in geografischer Nähe einen Ansatz. Vielleicht gab es auch bei der Entwicklung der Innovation ein skurriles Ereignis, das ausgewalzt werden kann. • Damit die Erzählung verständlich ist und leicht erinnert wird, sollte sie einfach sein und einem roten Faden folgen. Außerdem müssen Sie überlegen, ob Sie eine reale bzw. realistische Geschichte erzählen möchten (die Story hinter Ihrer Erfindung) oder etwas symbolisches, Fiktionales. Es gibt verschiedene Grundraster, auf die Sie für die Entwicklung Ihrer Story zurückgreifen können. Am einfachsten ist ein dreiteiliger Aufbau. Ausgangspunkt ist ein Problem oder eine Krise, dann erfolgt eine Aktion und

3.1  Ein paar Faustregeln für die Gestaltung von Informationsmedien

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dadurch schließlich die Lösung. Eine Auswahl an Dreierrastern mit Umsetzungsbeispielen: Drama in drei Akten 1. Ausgangssituation (ein typischer Kunde) 2. Konflikt (der Kunde bekommt plötzlich ein Problem, das Sie mit Ihrer Innovation lösen könnten) 3. Lösung (Ihre Innovation und deren Vorteile. Der Kunde ist begeistert!) Phönix aus der Asche 1. Darstellung des Helden (Sie selbst in Ihrer Ausgangssituation; Initialzündung, Idee) 2. Der Held erleidet eine niederschmetternde Krise (hier geht es um etwas, das den Erfindungsprozess erschwerte; es könnte eine Frustphase im Lauf Ihrer Innovationsentwicklung sein – z. B. kein Geld und keinen Finanzierer in Aussicht) 3. Die Wiederauferstehung des Helden (Sie kommen nach verschiedenen vergeblichen Versuchen auf die Idee, Ihr Projekt durch Crowdfunding zu finanzieren – und haben damit durchschlagenden Erfolg) Das Riesenproblem 1. Problem darstellen (Beschreibung des Ausgangsproblems, das Sie mit Ihrer Innovation beseitigen wollen) 2. Problem dramatisieren (mögliche schlimme Folgen, wenn das Problem weiter besteht) 3. Lösung (Ihre Innovation und deren Vorteile) Vorher–Nachher 1. Zustand vor der Existenz Ihrer Innovation (die Welt war öde und leer …) 2. Der verbesserte Zustand nach Einsatz Ihrer Erfindung (Jetzt ist alles gut!) 3. Darstellung der Innovation (die eigentliche Heldin der Geschichte) Noch mehr Tipps für das Storytelling gibt es auf https://onlinemarketing.de/news/ storytelling-formate-10-alternativen-heldenreise (Zugriff am 10. Juni 2019). Der Klassiker: Die Heldenreise Komplexer als die Dreierschemata ist die sog. Heldenreise. Auch davon gibt es verschiedene Varianten. Die folgende vereinfachte Version des amerikanischen

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

Drehbuchautors Christopher Vogler geht auf das Ursprungsmodell aus dem Jahr 1949 von Joseph Campbell (s. Literaturliste) zurück: 1. Ausgangspunkt der Reise ist die gewohnte oder unzureichende Welt des Helden (mal wieder die Ausgangssituation, bevor Sie Ihre Erfindung machten) 2. Der Held wird von einem Boten aufgefordert, sich zu einem Abenteuer aufzumachen (ein Kunde weist Sie auf ein bestimmtes Problem hin) 3. Diesem Appell verweigert er sich zunächst und bleibt dort, wo er ist (Sie haben aber erst wenig Interesse, sich damit näher zu befassen) 4. Ein Mentor überzeugt ihn vom Sinn der Reise; das Abenteuer beginnt (Ihr Vorgesetzter verdeutlicht Ihnen, dass das Kundenproblem wichtig ist und dass die Entwicklung einer Innovation ein gutes Geschäft für beide Seiten wäre; Sie machen sich an die Arbeit und beginnen mit Recherchen) 5. Der Held macht den ersten Schritt; nach diesem muss er weitergehen, ob er will oder nicht (Sie machen Experimente und entwerfen erste Skizzen) 6. Der Reisende muss sich ersten Bewährungsproben stellen; er begegnet dabei Verbündeten und Gegnern (es kommt zu Schwierigkeiten; Sie stecken fest; zum Glück hilft Ihnen ein guter Kollege; leider versucht auch ein Neidhammel aus ihrem Team, Ihnen das Wasser abzugraben) 7. Unter Mühen dringt er bis zum gefährlichsten Punkt vor; dort trifft er auf seinen schärfsten Widersacher (Das Projekt steht auf der Kippe; im Team sind Zweifel aufgekommen, ob die Investition in Ihre Erfindung lohnt) 8. Es kommt zum Kampf bzw. der entscheidenden Prüfung; der Held geht schwer angeschlagen als Gewinner aus dem Duell hervor (Sie präsentieren Ihre Ideen bzw. die bisherige Arbeit dem Kunden; nach einigem Hin und Her zeigt er sich sogar bereit, sie durch Verbesserungsvorschläge zu unterstützen) 9. Nun kann er einen Schatz oder das Elixier an sich nehmen (Ihr Projekt ist gerettet; mit dem Kunden haben Sie nun einen wertvollen Unterstützer an der Seite) 10. Er tritt den Rückweg an, während er sich langsam erholt (nun geht es mit Riesenschritten an die Fertigstellung Ihrer Erfindung) 11. Der Feind ist besiegt und die Belohnung befindet sich in der Hand des Helden; durch das Abenteuer hat er sich zu einer gereiften Persönlichkeit weiterentwickelt (das Endergebnis ist durch die Tipps des Kunden sogar noch besser als Ihr erster Entwurf) 12. Das Ende der Reise: der Rückkehrer wird zu Hause mit Anerkennung belohnt (Sie werden befördert)

3.1  Ein paar Faustregeln für die Gestaltung von Informationsmedien

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Eine Story muss kurz, knackig und bildhaft sein. Die Heldenreise eignet sich eher für eine Fortsetzungsgeschichte, z. B. in Form einer mehrstufigen Kampagne. Auch bei Präsentationen z. B. vor Entscheidergremien kann eine gut erzählte, kurze Story einen knackigen Einstieg bilden und Aufmerksamkeit erzeugen! Das eben beschriebene Konzept bezieht sich auf die Idee, dieselbe Botschaft oder Story jeweils passend aufbereitet über verschiedene Kanäle zu verbreiten. Ein weiterer Ansatz ist das sog. transmediale Erzählen. Dabei wird eine Story gesplittet bzw. eine Fortsetzungsgeschichte in Folgen über verschiedene Medien verbreitet. Dabei können auch Anweisungen oder interaktive Elemente eingebaut werden. Beispiel: Ein Kommunikationstechnologiehersteller erdenkt eine fortlaufende Geschichte über eine Anwenderfamilie im Dokustil. Die Handlung beginnt mit einem bebilderten Blogbeitrag. Weiter geht es mit einem Video, das auf YouTube gepostet wird. Die Fortsetzung finden Interessierte auf der Facebook-Seite des Anbieters. Was sind die Vorteile dieser Strategie? Und was ist bei ihrer Umsetzung zu beachten?

„Grundsätzlich kann alles transmedial erzählt werden!“

Interview mit dem Medienexperten Sebastian Strothenke

Sebastian Strothenke

Wie kann man Inhalte packend über verschiedene Medien erzählen? Mit diesem Thema befasst sich Medienexperte Sebastian Strothenke aus Werther/Westfalen in Theorie und Praxis. Er war mehrere Jahre lang Geschäftsführer einer Marketingagentur. Foto: privat

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

In welchen Branchen wird das transmediale Storytelling (TS) eingesetzt? Strothenke: Primär begegnet uns das TS in der Unterhaltungsbranche, also Kino, Literatur, TV-Serien und Internet. Dennoch gibt es auch transmediale Erzählweisen im Dokumentarischen, ARTE „Prison Valley“ beispielsweise. Es geht in diesem Film um die US-amerikanische Gefängnisindustrie. Das Format erlaubt dem Internetnutzer, in direkte Kommunikation mit den Protagonisten des Films, Experten und Teilnehmern thematischer Foren zu treten. Darüber hinaus wachsen Bilder, O-Töne, Texte, Dokumente und Einträge auf diese interaktive Weise zu einer einzigartigen Erzählung zusammen. Können Sie eine Anwendung aus dem technischen Marketing nennen? Strothenke: Im Marketing wurde diese Strategie bereits bei Automobilen eingesetzt. Ein Beispiel ist die Audi-Kampagne „The Heist“. Hier musste der Nutzer den verlorenen Prototypen des neuen Audi A3 wiederfinden. Statt einer Modellshow gab Audi bekannt, dass der Prototyp gestohlen worden war. Die Öffentlichkeit wurde aufgefordert, sachdienliche Hinweise auf der Audi-Webseite zu posten. Das Auto war natürlich nicht wirklich gestohlen worden. Die Kampagnenverantwortlichen hatten das Ziel, die Öffentlichkeit an einem aufwendig inszenierten Spiel teilnehmen zu lassen. Landesweit wurden an öffentlichen Orten Hinweise zum Verbleib des Fahrzeugs platziert. Das gesamte Projekt erhielt viel Lob als innovative Werbekampagne. Wenn eine Geschichte über verschieden Kanäle gesplittet wird, besteht die Gefahr Interessierte zu verlieren? Strothenke: Jeder Kanal bietet dem User, im TS-Design Explorer genannt, einen Zugang zur Storyworld. Sie müssen sich das vorstellen, wie bei „Alice im Wunderland“: Jeder Kanal ist ein Kaninchenbau! Der Nutzer betritt eine Welt, die so interessant für ihn ist, dass er sich häufig und gern sehr lange in ihr aufhält. Bei der Nutzung gilt übrigens auch folgende Aktivitätsformel: 1-9-90. Es bedeutet, dass 1 % der Nutzer alle Inhalte konsumieren und suchen; 9 % der Nutzer sind etwas weniger aktiv, helfen jedoch durch Kommentare oder Lösen von Rätseln. Die können ja ebenfalls zu einer transmedialen Geschichte gehören. Schließlich nehmen die restlichen 90 % eine Lean-back-Haltung ein. Sie konsumieren passiv den

3.1  Ein paar Faustregeln für die Gestaltung von Informationsmedien

Fortgang der transmedialen Erzählung. Somit wird auch die entscheidende Komponente des TS deutlich: Es benötigt zumindest einen Bruchteil von aktiven Gestaltern, damit die Strategie aufgehen kann. Was sind aus Ihrer Sicht Nachteile der crossmedialen Erzählweise? Strothenke: Aus meiner Sicht stammt Crossmedia aus einer Zeit kontrollierter und regulierter Medienkanäle: Fernsehen–Kino–Zeitung. Crossmediales Erzählen ist eine Kommunikationsform, die auf die Passivität der Empfänger baut. Die (Werbe-)Botschaft wird an die jeweiligen Spezifika des genutzten Mediums angepasst. Mehrere Botschaften bzw. Geschichten, aus denen eine Marken- oder Fantasiewelt entstehen kann, sind im Crossmedia nicht vorgesehen. Verkürzt bedeutet das: „One slogan – all channels“. Eine solche Kampagne hat kein Eigenleben. Sie ist nicht darauf ausgelegt, sich mit den Impulsen der Explorer weiterzuentwickeln. Haben sich die Erwartungen der Nutzer tatsächlich so geändert? Strothenke: Wir haben in der Gegenwart viele Medienkanäle hinzubekommen: Internet/Games, Soziale Medien und mobile Anwendungen. Mediennutzer erwarten mehr als nur die ihnen bekannte, leicht durchschaubare Werbestrategie. Sie wollen selbst aktiv werden und sich nicht nur mit einer Werbebotschaft beschallen  lassen. Die Kommunikationsstrategie beim transmedialen Erzählen ist deshalb stark auf Interaktivität, Spannung und Spaß ausgelegt. Was ist nötig, um eine transmediale Geschichte zu entwickeln und umzusetzen? Strothenke: Dabei müssen Autoren, Game Designer, Filmemacher, Social Media Manager und IT-Fachleute zusammenarbeiten, um die Ziele Unterhaltung und Reichweite der Zielgruppe (und darüber hinaus Neukundengewinnung) zu erreichen. Es ist von größter Wichtigkeit, dass die unterschiedlichen Fachleute als Einheit zusammenarbeiten. Weiter sollte der Fortschritt des Designprozesses in einer Produktionsbibel, die alle Details der Strategie und Entwicklung enthält, festgehalten werden. Ein kreativer Projektmanager sollte das Vorhaben leiten und die Kernziele der Transmedia-Story im Blick behalten.

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

Tab. 3.5   Mit Sprache die Sinne antriggern. (Quelle: Birgit Lutzer) Riechen

„Dem Haushaltsgas Tetrahydrothiophen wird etwas beigemischt, das einen markanten, stechenden Geruch hat. Manche beschreiben den schwefelartigen Geruch als den von faulen Eiern, andere erkennen eine starke Knoblauchkonzentration. In jedem Fall ist er so unangenehm, dass ihn die meisten Menschen mit Gefahr in Verbindung bringen.“ (Gekürzte Warnung für Betreiber von Gasherden, gefunden auf focus.de/immobilien/ energiesparen, Zugriff am 10. Juni 2019)

Hören

„Sobald Sie beim Autofahren ein ungewöhnliches Quietschen hören, sollten Ihre Alarmglocken schrillen.“ (Praxistipp für Autofahrer, gefunden auf zuhause.chip.de, Zugriff am 10. Juni 2019)

Tasten/Fühlen (bei diesem Text auch Sehen)

„Überall siedeln Bakterien; eine neue Beschichtung könnte dem ein Ende setzen: Sie ist so glitschig, dass neben Blut und Wasser auch Bakterienkolonien abgleiten. Die Technologie könnte helfen, medizinische Geräte rein zu halten.“ (Beitrag aus der Materialforschung, gefunden auf spiegel.de/wissenschaft/technik, Zugriff am 10. Juni 2019)

Sehen

„Die industriell eingesetzten Leuchtmarker funktionieren wie die grüngelben Leuchtsterne, die man oft in Kinderzimmern findet. Scheint Licht darauf, laden sie sich auf und leuchten im Dunkeln nach; man spricht von Phosphoreszenz.“ (Aus einem Beitrag zur Aufdeckung von Produktpiraterie mit dem Smartphone, gefunden auf maschinenmarkt.vogel.de, Zugriff am 10. Juni 2019)

Wenn Sinneseindrücke beschrieben werden, wirkt die Geschichte besonders lebendig. Im Gehirn werden dabei die gleichen Regionen angesprochen wie bei einem tatsächlichen Erlebnis. Stellen Sie sich einfach nur vor, dass Sie in eine Zitrone beißen. Na, was haben Sie an Ihrer Mundschleimhaut bemerkt? Die folgenden Beispiele (Tab. 3.5) stammen aus Produktbeschreibungen technologieorientierter Firmen.

3.2 Phantasievolle Namen machen neugierig Wer kauft schon einen Mülleimer, wenn er einen Abfall-Hai haben kann? Die Antaswiss AG (https://www.antaswiss.ch/de/abfallhai.html, Zugriff am 10. Juni 2019) vertreibt u. a. Abfallbehälter mit fantasievollen Namen. Abfall-Hai klingt wesentlich interessanter als Mülleimer – und das Design der Metalltonne ist an das Erscheinungsbild des Meeresjägers angepasst. Auch das Image des Hais

3.2  Phantasievolle Namen machen neugierig

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(sei es zu Recht oder zu Unrecht) als gefräßiger Raubfisch lässt sich metaphorisch auf die Mülltonne übertragen. Dies ist also ein Beispiel für einen richtig guten und treffsicheren Produktnamen. Ebenso wie beim Abfall-Hai, sollten Ihre Produktbezeichnung oder der Name für ihre neue Firma einzigartig und originell sein. Doch bevor Sie nun loslegen, um einen schicken Namen für Ihr Unternehmen oder Ihr Angebot zu finden, lohnt ein Innehalten. Zunächst geht es darum, welchen Weg Sie für die Namensfindung einschlagen möchten. Beim ersten Weg versuchen Sie und Ihr Team, in Eigenregie einen Namen zu finden. Wählen Sie den zweiten, greifen Sie auf Webanwendungen und Tools zurück. Oder als dritte Möglichkeit ziehen Sie eine passend spezialisierte Agentur hinzu. Sie sind selbst kreativ Anbei ein Ansatz, dem eigenen Gehirn auf die Sprünge zu helfen. Erstellen Sie zunächst ein Cluster – eine frei assoziierte Begriffssammlung mit allem, was Ihnen zu Ihrem neuen Unternehmen oder Produkt einfällt. Dabei erfolgt noch keine Zensur. Wir nehmen als Beispiel ein kleines Gerät mit einem besonders behandelten Korken zur Weinverbesserung und -veredelung, das vom Schweizer Erfinder Lars Rominger entwickelt wurde. Es handelt sich also um diesen Korken, der an einem Stab befestigt ist. In einem Cluster sammeln und verknüpfen Sie Ihre Assoziationen zu einem Begriff (hier: Weinveredelungsgerät; Abb. 3.4). Schauen Sie sich Ihr Cluster genau an. Gibt es darin Begriffe, die besonders treffend die Eigenschaften oder den Nutzen Ihrer Erfindung beschreiben? Oder

Abb. 3.4   Cluster Namensfindung. (Quelle: Birgit Lutzer)

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

Tab. 3.6   Begriffe, die vielleicht für eine Namensfindung geeignet sind. (Quelle: Birgit Lutzer) Eigenschaften bzw. Nutzen bzw. Bestandteile Ergebnis

Zielgruppe

Ähnliches

Korken

Weinliebhaber Ottonormalverbraucher Weinhändler

Ihre Begriffe Holzfass Barrique Einlagerung

Kostengünstig Zeitsparend Edelwein

Ihre Kategoire

gibt es Wörter, die erwünschte Assoziationen wecken? Kennzeichnen Sie diese. Dann erstellen Sie eine Tabelle (Tab. 3.6), in der Sie die geeigneten Begriffe strukturieren – z. B. nach Eigenschaften, Zielgruppe usw. Ergänzen Sie Wörter in den einzelnen Spalten, die hineinpassen. Suchen Sie nun zu allen Begriffen Synonyme (Wörter mit gleicher oder ähnlicher Bedeutung). Auch Sprichwörter und Redensarten können hilfreich sein. Tragen Sie sie ebenfalls in die Tabelle ein. Prüfen Sie, ob Sie dadurch eine Inspiration für den von Ihnen gesuchten Namen bekommen. Bei Lars Rominger war es der Begriff Barrique, der ihn besonders ansprach: die Bezeichnung für ein Eichenfass für die Veredelung von Wein, Whisky und zuweilen auch Bier. Er erweiterte das Wort zu Barriqueur und hatte den passenden Namen für seine Innovation.  Tipp  Auch Gespräche mit Bekannten oder Teamsitzungen, in denen andere Kreativitätstechniken zur Namensfindung eingesetzt werden, sind geeignet.

Im Internet finden Sie eine Reihe an Namensgeneratoren. Einige davon sind sperrig in der Bedienung, andere nur auf Domainnamen spezialisiert. Außerdem kommen immer wieder neue Plattformen auf den Markt, während andere gelöscht werden. Am besten recherchieren Sie selbst nach einer geeigneten Plattform, die Ihrem Bedarf entspricht. Ein positives Beispiel: • NameRobot (https://www.namerobot.de, Zugriff am 09.01.2019): Das vielseitige Programm bietet eine praktische Kreativunterstützung bei der Namensfindung: Stichwörter eingeben, Synonyme finden, Reime bilden usw. Wer einen Premium-Account bucht, kann die Namen gleich auf Verfügbarkeit überprüfen lassen.

3.2  Phantasievolle Namen machen neugierig

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Andere mit der Namensfindung beauftragen: Es gibt Agenturen und Freiberufler, die sich auf Namensfindungen spezialisiert haben – oder die diesen Service neben anderen Leistungen anbieten. Diese Dienstleister sind mit möglichen Fußangeln bei der Namensfindung vertraut und können Ihnen oft auch Zusätzliches anbieten wie eine Logoentwicklung. Außerdem existieren eine Reihe an Online-Plattformen, wo Kreative nach einem Briefing mehrere Namensvorschläge einreichen. Gefällt Ihnen ein Name, wird der Ideenstifter für seine Denkarbeit entlohnt. Die Kosten sind im Verhältnis zur Agenturbeauftragung wesentlich niedriger und werden manchmal sogar zurückerstattet, wenn kein Vorschlag passt. Ein Beispiel stellvertretend für andere: • designenlassen.de (https://www.designenlassen.de/firmennamen-finden, Zug­ riff am 18.01.2019): Sie bekommen zahlreiche Vorschläge von unterschiedlichen Kreativen und entscheiden sich am Ende für den besten Namen. Bei Nichtgefallen erhalten Sie Ihr Preisgeld zurück. Optional kann eine Partnerrechtsanwaltskanzlei der Portalbetreiber gebucht werden, die sich um den Marken-Check und die Eintragung ins Markenregister kümmert. Die Kreativleistung ist nur ein Aspekt der Namensfindung für Ihr „Baby“. Darüber hinaus müssen Sie juristische und sprachlich-kulturelle Gesichtspunkte beachten. Gibt es bereits einen Anbieter oder ein Erzeugnis mit der gleichen oder einer ähnlich lautenden Bezeichnung, blühen Ihnen Prozesse und hohe Folgekosten (nämlich dann, wenn Sie schon mit der Veröffentlichung nach vorn geprescht sind und alles wieder einstampfen müssen). Sind Sie international aktiv, ist erhöhte Vorsicht bei der Auswahl lustig klingender Namen geboten. Der Möbelriese IKEA etwa machte vor einigen Jahren Schlagzeilen, weil einige seiner Produktnamen eine sexuelle Bedeutung in anderen Sprachen hatten. Der Berliner Kurier berichtete (https:// www.berliner-kurier.de/news/produktnamen-klingen-nach-sex-ikea-laesst-die-thailaender-erroeten-5322828, Zugriff am 03.01.2019): „Damit Regale, Sessel oder Körbe in Thailand für Schnäppchenjäger nicht plötzlich Hintern, Busen oder Oralsex bedeuten, hat der Möbelriese die Namen von Linguisten überarbeiten lassen. Vier Jahre hat das Projekt in Anspruch genommen. […] Auslöser war der schlüpfrige Name für das Bettmodell „Redalen“. Auf Thai ist das Wort eine Umschreibung dafür, jemanden fast ins Bett zu kriegen. Oder der nette graue Übertopf „Jättebra“ – er ist in dem südostasiatischen Land ein abfälliges Wort für Sex.“ Um solche Fettnäpfchen zu vermeiden, ist es wichtig, Ihre Namensideen von Muttersprachlern Ihrer Zielländer überprüfen zu lassen. Die Bedeutungen und Assoziationen müssen auch in anderen Sprachen zu Ihrem Unternehmen oder Ihrem Erzeugnis passen. Außerdem sollten Ihre Kunden und Abnehmer den Namen fehlerfrei sprechen und schreiben können.

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

Hat schon ein anderer den gleichen oder einen ähnlichen Namen? Selbst wenn sie Ihren Wunschnamen bei Google oder einer anderen Suchmaschine ohne Ergebnis eingeben: Es kann trotzdem sein, dass jemand anderes sich diesen bzw. einen damit verwechselbaren Namen gesichert hat. Optimismus nach dem Prinzip „Wo kein Kläger, da kein Richter“ ist fehl am Platz. Viele Unternehmen haben Anwälte darauf angesetzt, weltweit Verstöße gegen ihr Markenrecht zu ermitteln und diese zu ahnden. Dann folgen eine Abmahnung und gegebenenfalls ein Verfahren. Und Sie müssen wieder einen neuen Namen suchen. Sicher, das ist in jedem Fall eine große Herausforderung. Inzwischen gibt es national und international eine solche Vielfalt an Namen und Marken, dass Sie manchmal sogar mehrere Hundert Favoriten entwickeln müssen, um einige mit realistischer Chance auf Eintragung ins Handels- und Markenregister zu finden. Wenn Sie so weit sind, ist für die nationale Markenschutzsicherung das Deutsche Patent- und Markenamt Ihre erste Anlaufstelle. Je nach Art Ihres Projekts und Ihrer Zielgruppen kann es darüber hinaus sinnvoll sein, auch eine Anmeldung als EU-Marke oder in anderen Ländern vorzunehmen. Wenn ein Name feststeht, lassen Sie ihn so schnell wie möglich zunächst provisorisch schützen. Denn bei den Markenregistern geht es nach der Reihenfolge der Anmeldungseingänge.

„Der Firmenname darf keine Rechte Dritter verletzen!“

Interview mit Rechtsanwalt Michael Ketzinger

Michael Ketzinger

3.2  Phantasievolle Namen machen neugierig

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht ist Michael Ketzinger überwiegend auf dem Gebiet des Arbeitsrechts, des Wettbewerbsrechts, des Erbrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes tätig. Er fasst zusammen, warum speziell der Firmenname mit Bedacht gewählt werden sollte. Foto: privat Was ist der juristische Zweck des Firmennamens? Ketzinger: Gründer und Unternehmen, die eine in das Handelsregister einzutragende Rechtsform wählen, agieren unter einem sog. Firmennamen. Dieser Name wird für den Geschäftsverkehr genutzt und kennzeichnet den Wirtschaftsbetrieb. Ein Kaufmann betreibt darunter seine Geschäfte. Gleichzeitig ist der Firmenname von wirtschaftlicher Bedeutung, da er die Identifizierung des Unternehmens ermöglicht. Worauf sollte man bei der Wahl des Firmennamens achten? Ketzinger: Der Firmenname ist geschützt über das Handelsrecht nach Eintragung ins Handelsregister, durch das Bürgerliche Gesetzbuch bei tatsächlicher Verwendung und durch Eintragung einer Marke oder Unternehmenskennzeichnung beim Deutschen Patent- und Markenamt. Vor Eintragung muss also unbedingt die rechtliche Machbarkeit geprüft werden. Ähnliche oder verwechslungsfähige Firmennamen sollten recherchiert und gefunden werden. Und was ist mit dem eigenen Namen? Ketzinger: Dieses gilt sowohl bei der Benutzung des eigenen Namens („Meier OHG“), bei einer Sach- oder Tätigkeitsbezeichnung („Meiers Foto Shop OHG“) oder bei Phantasiebezeichnungen-/namen. Auch bei dessen Wahl ist zu beachten, dass er keine Rechte Dritter ­verletzt. Wie sieht es aus für Freiberufler, die keinen Eintrag ins Handelsregister benötigen bzw. kein Gewerbe anmelden müssen? Ketzinger: Für eine Rechtsform, die nicht ins Handelsregister einzutragen ist, wird eine sog. Geschäftsbezeichnung benutzt. Darunter versteht man einen Wahlnamen, der im Wesentlichen eine wirtschaftliche Bedeutung hat. Er dient dazu, eine Firmenidentität zu stiften und sichert die Unterscheidbarkeit von anderen Unternehmen.

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

Wo sollte ich denn über Google hinaus recherchieren? Ketzinger: Recherchen können beispielsweise unter der Domain unternehmensregister.de auf der Homepage des Deutschen Patent- und Markenamtes durchgeführt werden. Darüber hinaus gibt es Namensgeneratoren wie beispielsweise namerobot.de, designenlassen.de. Im Übrigen stellt auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) einen Service für die firmenrechtliche Voranfrage zur Verfügung. Inwieweit ist die IHK-Vorprüfung ein Muss? Ketzinger: Sie ist zwar nicht verpflichtend, sollte aber in jedem Fall von Unternehmern und Gründern genutzt werden. Denn sie genügt zudem häufig als Nachweis für eine vorläufige Bewertung der Eintragungsfähigkeit gegenüber dem Amtsgericht, bei dem das Handelsregister geführt wird. Notare fügen sie häufig der Namensanmeldung hinzu. Natürlich kann es trotz aller präventiven Vorsichtsmaßnahmen in der Praxis zu Rechtsverletzungen kommen – meist nicht aus böser Absicht, sondern aus Unwissenheit, wie die Praxis zeigt. In der Regel werden die Verletzer abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Seltener werden durch die Verletzungshandlung auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Hier gilt es dann abzuwägen, ob die Unterlassungserklärung unterzeichnet wird oder ob man den Weg einer gerichtlichen Auseinandersetzung wählt. Ohne die Begleitung durch darauf spezialisierte Rechtsanwälte wird einem weder das Eine noch das Andere gelingen.

3.3 Ideen- und Projektskizzen, Präsentationen, Hand-outs Diese werden direkt auf der Webseite bzw. in einem Crowdfunding-Portal veröffentlicht, an mögliche Investoren bzw. Käufer geschickt oder im Rahmen von Präsentationen herausgegeben. Ideen- und Projektskizzen, Präsentationen und begleitende Unterlagen haben oft ein ähnliches Ziel: Interessierte (z. B. mögliche Investoren, potenzielle Käufer bzw. Abnehmer, Journalisten etc.) sollen in kurzer Zeit einen Überblick über das Projekt erhalten. Aus diesem Grund bietet sich bei allen vier Medien folgender inhaltlicher Aufbau an:

3.3  Ideen- und Projektskizzen, Präsentationen, Hand-outs

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Problem/Ausgangssituation • Welches Problem oder welcher Bedarf haben zu Ihrer Idee bzw. Innovation geführt? • Was ist Ihr Projektziel? (Beispiele: Umwelt und Natur schützen, einen Missstand beheben, Gutes erhalten, die Lebensqualität verbessern usw.) Die Lösung: Ihre Innovation bzw. Idee (wenn möglich, schon mit Bild oder bei Präsentationen mit integriertem Filmchen) • Wie ist Ihre Innovation beschaffen? • Wie löst sie das Problem bzw. stillt sie den Bedarf? • Welche Vorteile bietet dies gegenüber der Ausgangssituation? • Welche Alleinstellungsmerkmale hat Ihr Projekt (gegebenenfalls im Vergleich zu vorhandenen Produkten oder Leistungen)? Wie genau und warum Ihre Lösung funktioniert • Technische Beschreibung (kurz und verständlich) • Weitere Infos zu den Besonderheiten und Spezialitäten des Produkts oder der Leistung Markt • Zielgruppen, bereits vorhandene oder potenzielle Kunden • Wettbewerb • Marktanteile, Vertriebs- oder Verkaufsziele in Zahlen (gegebenenfalls über mehrere Jahre) • Markteinführungsstrategie Wertschöpfungskette, Geschäfts- oder Vertriebsmodell • Organigramm • Übersichtszeichnung der Vertriebsstruktur (Zusammenspiel aller Beteiligten wie eigene Mitarbeiter, Partner, Kunden, Dienstleister, Lieferanten usw.) • Leistungs- und Geldflüsse Umsetzung  • Was haben Sie bisher erreicht (z. B. Kunden, strategische Partnerschaften, Erwerb von Schutzrechten, technische Zwischenresultate, Forschungsprojekte, Fördergelder etc.)? • Zukunft bzw. weitere Meilensteine (z. B. Einstellung von Fachkräften, Bezug eigener Räumlichkeiten, Sicherung der Finanzierung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt usw.)

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

Finanzen • Kennzahlen für die nächsten zwei bis gegebenenfalls fünf Jahre (Mitarbeiter, Umsatz, Cashflow, Kapitalbedarf etc.) Firma, Team, Beteiligte • Zum Beispiel Fachleute, Management, Verwaltungs- oder Beirat usw. • Hintergrundinfos über die Schlüsselpersonen (z. B. Ausbildung bzw. Qualifikation, Karriereschritte, Gründungserfahrung usw.) Anliegen • Finanzierungsbedarf, andere Formen der Unterstützung etc. (Quelle: Nach einer Checkliste der Business-Angels Switzerland, gefunden auf der Webseite http://www.businessangels.ch/de/business-angels-switzerland-2/ bei-bas-eine-finanzierung-finden/die-erfolgreiche-investorenprasentation, Zugriff am 06.03.2018)

3.3.1 Ideen- und Projektskizzen Oft sind diese Unterlagen regelrechte Bleiwüsten. So bezeichnet man extrem textlastige Schriftstücke, die dem Auge keinerlei Ruhepause durch die Auflockerung des Schriftbilds gönnen. Nur unter höchster Konzentration, Willensanstrengung oder Zwang wird der Text überhaupt gelesen, da er vom Schriftbild her gesehen eine Zumutung ist. Dabei gibt es so viele Möglichkeiten, längere Texte lesefreundlich zu gestalten: • Lockern Sie längere Passagen durch Abschnitte und Zwischenüberschriften auf. • Verwenden Sie maximal zwei verschiedene Schrifttypen (z. B. einen für die Überschriften und den anderen für Fließtexte). Zu viele Schriften verwirren das Auge und stören den Gesamteindruck. • Verwenden Sie Fettdruck, Kursiv und verschiedene Schriftgrößen einheitlich (z. B. alle Überschriften in 14 Punkte, die Fließtexte in 12 Pt). Dasselbe gilt für Farben: Immer wieder in derselben Weise eingesetzt, erleichtern sie die Orientierung.

3.3  Ideen- und Projektskizzen, Präsentationen, Hand-outs

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• Setzen Sie Wichtiges in Szene, um Langeweile und Desorientierung zu vermeiden. Das Unterstreichen von Textteilen stört oft den Gesamteindruck. Als Alternativen bieten sich z. B. die Verwendung einer anderen Farbe, Aufhellung oder Verdunkelung des Farbtons, Rahmen, Fettgedrucktes, Piktogramme an. Doch Vorsicht: Diese Mittel sparsam verwenden, denn sonst hebt sich das Wichtige nicht genug ab. • Ergänzen Sie lange Erläuterungen durch passende Infografiken, Fotos und andere Abbildungen. • Das Thema Zeilenabstand wird häufig unter dem Aspekt des Papiersparens betrachtet: „Als Zeilenabstand nehme ich 0,5 – und die Ränder mache ich so schmal wie möglich. Dann passt mehr auf eine Seite und ich kann Papier sparen!“ Natürlich sparen Sie Ausdrucke – aber auf Kosten der Lesbarkeit (Stichwort Bleiwüste). Und eine schlechte Lesbarkeit kann Ärger beim Leser hervorrufen. • Zeilenabstand, Schrift und Seitenränder müssen in angemessenem Verhältnis zueinanderstehen. Zu breite Textspalten beeinträchtigen die Lesbarkeit, weil das Auge die nächste Zeile nicht so leicht findet (mindestens 30 und höchstens 60 Zeichen bei einer Schriftgröße von neun bis elf Punkten). Die Seitenränder sollten bei jeder Seite einheitlich breit sein (mindestens 2,5 cm). • Arbeiten Sie in Ihren Unterlagen mit Tabellen, gestalten Sie diese am besten einheitlich nach folgenden Grundsätzen: Die Spalten und Zeilen sollten nach einem nachvollziehbaren inhaltlichen Prinzip geordnet sein, z. B. nach einer Rangordnung von Werten und nicht alphabetisch. Es muss eindeutig gezeigt werden, was die in der Tabelle aufgeführten Zahlen oder Werte bedeuten – und sie sollte im besten Fall auch ohne lange Erläuterungen verständlich sein. Die in der Matrix und im (kurzen) Begleittext verwendeten Begriffe müssen im Sinn der Verständlichkeit übereinstimmen. Ist die Tabelle besonders breit, empfiehlt sich eine Beschriftung links und rechts, da der Leser sonst ein Lineal zur Hilfe nehmen muss, um die Inhalte der Tabelle eindeutig zuordnen zu können Dieselbe Strategie, nur mit Beschriftungen oben und unten, empfiehlt sich bei vielzeiligen Tabellen. Generell sollten viele Zeilen mit farbig unterlegten, inhaltsfreien Durchschüssen lesbarer gemacht werden. Sind die Räume zwischen den Spalten oder Zeilen zu groß, machen die Augen Fehlsprünge und müssen sich immer wieder neu orientieren. Bei langen Spalten sollte die Tabelle durch regelmäßige Zeilenzwischenräume (etwa alle fünf Zeilen) eingeteilt werden. Wann immer möglich gruppieren Sie Informationen nach inhaltlichen Aspekten. Zahlen müssen rechtsbündig geschrieben werden. Zahlenvergleiche

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

können vom Auge und damit vom Gehirn leichter verarbeitet werden, wenn sie in einer Spalte statt in einer Zeile aufgeführt sind. Bilder ziehen den Blick auf sich und werden (je nach Motiv) gern angeschaut. Sie dienen der Motivation und Stimulation des Betrachters. Eine Präsentation mit Visualisierungen wird von den meisten Menschen positiver eingeschätzt als eine Darbietung ohne Bilder. Wenn es sich also bei Ihrem Thema anbietet, verwenden Sie unbedingt Abbildungen, Fotos und Zeichnungen.

3.3.2 Präsentationsfolien und Anschauungsmaterial Natürlich hängt es auch am Charakter Ihrer Innovation, wie genau eine Präsentation ausfällt. Und es ist wichtig, ob Sie Folien per E-Mail verschicken, sie zusammen mit einem Vortrag vor Publikum (z. B. potenziellen Investoren) zeigen oder ob Sie zum gemeinsamen Anschauen über eine Distanz Skype, SlideShare bzw. ein ähnliches Programm verwenden. Nehmen wir an, Sie hätten wie Lars Rominger von der Rominger Kunststofftechnik GmbH ein Gerät zur Weinveredelung erfunden. Dann böte sich eine Präsentation mit persönlicher Anwesenheit der Beteiligten an. Der Erfinder könnte die Anwendung des Barriqueur praktisch demonstrieren und den behandelten Rebensaft ausschenken wie auf Abb. 3.5 gezeigt. Gute Stimmung wäre dabei garantiert – und wer sagt denn, dass Sie nur mit PowerPoint und Beamer arbeiten dürfen? Je lebendiger Ihre Darbietung ist und je mehr Sinne Sie damit ansprechen, desto besser! Zunächst müssen Sie überlegen, was Sie in welcher Weise zeigen wollen. Und das ist wiederum vom Ziel Ihrer Präsentation abhängig. Von reinen Folienschlachten ist in jedem Fall dringend abzuraten! Beispiele • Anschauungsmaterial (Modelle, Prototypen) • Kleine Experimente bzw. Versuche, die die Wirkungsweise Ihrer Innovation unter Beweis stellen • Anwendungsbeispiele aus anderen Bereichen (z. B. als kleines Filmchen) • Auszüge aus Studien, die Ihre Idee oder Innovation näher beleuchten • Zeitungsberichte, Zitate von Fachleuten oder Fachbeiträge zu Ihrem Thema Wenn Sie genug Material für Ihre Präsentation gesammelt haben, wird das Material strukturiert und nach Wichtigkeit geordnet. Als Faustregel gilt: vom Allgemeinen zum Speziellen.

3.3  Ideen- und Projektskizzen, Präsentationen, Hand-outs

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Abb. 3.5   Bei seiner Auszeichnung als innovativster Unternehmer 2016 zeigte der Erfinder Lars Rominger die Anwendung des Barriqueur. Danach floss der Rebensaft. (Quelle: Rominger Kunststofftechnik GmbH)

Fragen als Entscheidungshilfe, ob etwas verwertet werden soll • Ist die Information aktuell? • Enthält der Baustein einen neuen Aspekt Ihres Themas oder stützt sie eine andere wichtige Aussage, die Sie in Ihrer Präsentation machen? • Können Sie das Element einfach in die Präsentation einbauen? Wenn ja, wie (in die Runde geben, Folie, Ausdruck zum Austeilen, Zeichnung am Flipchart, Video, Podcast etc.)? • Ist die Information verständlich und schnell zu erfassen? Wenn sie kompliziert ist und einen hohen Erklärungsbedarf hat, ist sie möglicherweise weniger für Ihre Zwecke geeignet. Auch erfahrene Vortragende machen oft einen Fehler: Sie blenden oftmals überfrachtete PowerPoint-Folien ein und lesen diese dann vor. Oder sie sprechen genau dann, wenn das Publikum noch mit der Lektüre der eingeblendeten Informationen befasst ist. Besser: Erst Lesezeit einräumen, dann sprechen. Und: Wenn Sie dasselbe sagen möchten, was an der Leinwand geschrieben steht, s­ paren Sie

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

sich die Worte. Sie können davon ausgehen, dass Ihre Zuhörerinnen und Zuhörer des Lesens kundig sind. Für Ihre Präsentation benötigen Sie also zwei Texte: einen für den mündlichen Vortrag und einen für die Folien bzw. die anderen Medien, mit denen Sie arbeiten. Das, was Sie bei der Präsentation erzählen, sollten Sie zunächst komplett ausformulieren. Wichtig sind dabei kurze und verständliche Sätze, sonst laufen Sie Gefahr, sich zu verhaspeln. Auch wenn Sie einen ausformulierten Text vorbereiten – bitte sprechen Sie auf jeden Fall frei. Ein auswendig gelernter und heruntergeleierter Text wirkt öde und langweilig. Außerdem kann es immer sein, dass Sie zwischendurch eine Frage beantworten müssen. Ist der gesamte Text fertig, teilen Sie ihn als nächstes in Sinnabschnitte ein. Jeden Part fassen Sie ein paar kurzen Sätzen zusammen. Aus diesem Abstract erstellen Sie Karteikarten mit Stichwörtern. Als Sicherheit notieren Sie sich die zusammengefassten Sätze auf die Rückseite der Karte. Dieses Verfahren bewirkt zudem, dass Sie sich die Inhalte Ihrer Präsentation noch besser einprägen (Beispiel in Tab. 3.7). Was die Texte für Folien und andere Präsentationsmedien betrifft: Wenn Sie eine eng beschriebene DIN-A4-Seite als Folie an die Wand projizieren, müssen Sie gleichzeitig Operngläser mit ausgeben (oder Sie lassen es einfach, da keiner der Anwesenden diesen Text lesen wird). Für die Beschriftung von Folien, Zetteln für die Pinnwand oder Zeichnungen am Flipchart verwenden Sie bitte gut lesbare Stichpunkte. Halten Sie sich konsequent an die gleichen Begrifflichkeiten. Wenn Sie für dieselbe Bedeutung unterschiedliche Bezeichnungen verwenden, ist bei Tab. 3.7   Der Sprechtext für Ihre Präsentation. (Quelle: Birgit Lutzer) Kompletter Text

Zusammenfassung

Stichwörter

Es gibt im diesem Betrieb zwei Arten von Audits: interne und externe. Bei den internen Audits überprüft ein ­Mitarbeiter des Unternehmens, ob alle Anforderungen und Arbeitsanweisungen erfüllt werden. Danach werden die Verbesserungen geplant und von den betreffenden Mitarbeitern durchgeführt. Entscheidend für die Zertifizierung ist jedoch die Prüfung durch einen externen Auditor der Überwachungsorganisation. Wenn dieser keine Abweichungen feststellt, wird ein Zertifikat vergeben oder verlängert. Für ein erfolgreiches externes Audit ist i. d. R. ein internes Audit nötig

Internes und Internes Audit: Mitarbeiter externes Audit: prüft, ob alle Vorgaben Zielsetzungen erfüllt sind Externes Audit (wichtig für Zertifizierung): durch einen externen Auditor. Wenn dieser keine Abweichungen feststellt, Zertifizierung. Internes Audit Voraussetzung für externes

3.3  Ideen- und Projektskizzen, Präsentationen, Hand-outs

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komplexen Inhalten die Verwirrung komplett! Als Schriftgröße wird mindestens 18 Punkte empfohlen. Zunächst fällt der Blick des Publikums auf Abbildungen (sofern vorhanden) – und dann auf die Überschrift. Umfasst diese mehrere Zeilen, entsteht Unlust. Beschränken Sie sich auf eine Zeile und formulieren Sie knackig statt sperrig! Ein Hinweis zu den weiteren Texten: Kein Mensch kann mehr als fünf Stichpunkte auf einmal erfassen und verarbeiten (Abb. 3.5). Und Stichpunkte sollten wirklich nur das sein, was sie sein sollen: die Zusammenfassung längerer Inhalte. Zwei ungünstige Varianten mit Nervfaktor oder Einschlafgarantie sehen Sie hier:

So sieht es besser aus – die gezielte Reduzierung von Inhalten macht eine Information verständlicher:

Eine Abbildung mit wenigen Details, bei der ein Blick zur Orientierung ausreicht, kann klein gehalten werden. Dies trifft etwa auf Piktogramme zu – einfache Bilder,

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

die ohne sprachliche Ergänzung einen Begriff oder eine Handlung symbolisieren. Sie sollen sich unauslöschlich in das Gehirn einbrennen – und sind besonders nützlich in der internationalen Kommunikation oder bei einer möglichst schnellen Orientierung (Beispiele: Firmenlogos, Verkehrszeichen etc.). Ein Piktogramm muss auf den ersten Blick erkennbar sowie verständlich sein. Wenn Sie in Ihren Folien oder auch in Hand-outs Piktogramme verwenden, müssen diese Icons einheitlich gestaltet sein. Sie können Ihre Folien und Hand-outs mit Piktogrammen strukturieren – beispielsweise, indem Sie z. B. neue Abschnitte, Themenwechsel und Zusammenfassungen mit unterschiedlichen Icons kennzeichnen. Doch Vorsicht vor einem Übermaß an Briefmarkenformaten! Kommt es auf die Wahrnehmung von Einzelheiten an, ist ein größeres Format angenehmer für die Augen des Betrachters. Fragen Sie im Zweifelsfall mehrere Testpersonen, welche Größenverhältnisse ihnen angenehm sind. Außerdem ist es möglich, dreidimensionale Darstellungen in Präsentationen einzubinden. Passt dies zu Ihrer Innovation, lohnt es sich vielleicht, einen Anbieter für 3D-Visualisierungen einzuschalten!

3.4 Flyer, Broschüren & Co Ein Flyer dient der kurzen Vorstellung Ihrer Idee bzw. Innovation. Oft besteht er aus einem zweifach gefalzten DIN-A4- Bogen mit sechs kleinen Einzelseiten. Im Endformat passt dieses Printerzeugnis in einen Briefumschlag im Format DIN lang. Damit Sie später nicht draufzahlen müssen, was das Briefporto anbetrifft, sollten Sie vorab überlegen, ob der Flyer mit oder ohne ein Anschreiben verschickt werden soll. Denn danach bemisst sich das Gewicht des ausgewählten Papiers. In Deutschland sollte das Gewicht der gesamten Sendung mit Umschlag, Briefmarke und Inhalt maximal 20 g betragen – in der Schweiz und in Österreich gelten andere Tarife, die dann gegebenenfalls beachtet werden sollten. Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie sich von Ihrem Grafiker oder von der Druckerei beraten. Die zweite Vorüberlegung betrifft die Reihenfolge, in der die Informationen aus Ihrem Flyer vom Leser aufgenommen werden. Mit der Entscheidung für eine bestimmte Falzung legen Sie diese Reihenfolge fest. Beim eben beschriebenen Format DIN lang kommen Wickelfalz und Zickzackfalz infrage (Abb. 3.6). Farben, Typografie, die Verwendung von Abbildungen, Grafiken oder Fotos werden bei der Gestaltung des Flyers auf das Corporate Design Ihrer Geschäftspapiere und anderer Druckerzeugnisse Ihrer Firma abgestimmt.

3.4  Flyer, Broschüren & Co

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Abb. 3.6   Wickel- oder Zickzackfalz? Am besten bauen Sie vorher einen Dummy. (Quelle: Birgit Lutzer)

Ein paar Tipps zur Verteilung Ihrer Inhalte: • Titel- bzw. Vorderseite: Hier stehen immer der Name oder Firmenlogo, der Titel des Flyers und ein Aufreißer – also ein Gestaltungselement oder ein Satz, der den Betrachter neugierig macht und dazu animiert, den Flyer zu lesen. • Rückseite: Adresse, Telefon- und Faxnummern, Internetadresse sowie gegebenenfalls eine Wegbeschreibung.

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• Restliche Seiten: Wie diese Inhalte verteilt werden, müssen Sie individuell entscheiden. Grundsätzlich bietet sich aber auch hier die Gleichung „Sie + ich = wir“ als Strukturierungshilfe an.  Tipp  Sind die gedruckten Informationen zur Auslage in Ihren Geschäftsräumen oder auf Messen und anderen Veranstaltungen gedacht, benötigen Sie Prospektständer, in denen sie besonders gut zur Geltung kommen.

3.5 Die Firmen- oder Innovationswebseite Vor der Einrichtung einer Webseite oder einer zu Ihrer Firma gehörigen Microsite mit Informationen über Ihre Innovation sollten Sie die folgenden Fragen klären: • Was soll das Ziel Ihrer Internetdarstellung sein (Beispiele: erweiterte Visitenkarte mit Kurzinfos und Kontaktdaten, Information, Kundenakquisition, Verkauf von Produkten etc.)? • Wen möchten Sie damit erreichen? • Welche Funktionalitäten müssen vorhanden sein, damit Sie die gewünschten Personen und die Ziele Ihrer Webseite erreichen? Wie der Inhalt Ihrer Webpräsenz beschaffen ist, hängt von Ihrer Tätigkeit oder von der Art Ihrer Innovation ab. Ein Filmproduzent wird vielleicht auf integrierte Videos setzen, eine Band auf Hörproben – meistens handelt es sich jedoch um Bild-Text-Kombinationen. Bitte schlüpfen Sie vor der Veröffentlichung von Informationen gedanklich in den Kopf mehrerer typischer oder gewünschter Webseitenbesucher. Was interessiert die unterschiedlichen Zielpersonen? Ein Journalist als Multiplikator bzw. Influencer etwa hat einen anderen Informationsbedarf als ein Käufer oder ein potenzieller Investor. Um alle diese Gruppen zufriedenzustellen, können Sie Inhalte gezielt auf Ihrer Webseite verteilen. Medienvertreter etwa erhalten dann einen Pressebereich (selbst wenn sie natürlich die Freiheit haben, auch andere Teile Ihrer Online-Präsenz zu sichten). Bei der Navigation sind Übersichtlichkeit und logische Anordnung gefragt. Je mehr Informationsebenen Ihre Webseite bietet, desto verschachtelter und komplexer ist sie. Sitemaps und Suchfunktionen erleichtern bei großen Webseiten und Blogs das schnelle Finden von Inhalten. Die Online-Suchstrategie der meisten Interessenten unterteilt sich in zwei typische Motive:

3.5  Die Firmen- oder Innovationswebseite

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1. Das Bedürfnis nach einer effizienten Entscheidung hinsichtlich des Zeitaufwands und des Preises: Gesucht wird nach dem günstigsten Angebot, dem besten Preis-Leistungs-Versprechen, der zeitsparendsten Bezugsmöglichkeit und/oder dem besten Produkt. 2. Die Suche nach detaillierten Informationen zum Produkt und zur Kategorie: Interesse besteht an der umfassendsten Produktbeschreibung, den besten Detailinformationen, einer Erörterung der Vor- und Nachteile, beachtenswerten Kriterien, einem Überblick über verfügbare Produkte und der Sicherheit, genau das zu kaufen, was man tatsächlich haben will. Ihre Webseite sollte die Elemente enthalten, die Ihre Zielgruppen dort mit hoher Wahrscheinlichkeit suchen. Mit einer Themenplattform etwa bieten Sie schnelle und aktuelle Orientierung rund um Ihre innovative Idee. Ihre Webseite kann auch Ratgebercharakter haben mit Forenelementen, einem Blog-Bereich, Social Media, E-Mail-Newsletter, Podcasts und YouTube-Videos. Dort finden Menschen Anregungen und persönliche Ansichten zu ihren Produkten und Dienstleistungen. Wichtige Erfolgsfaktoren sind • • • • • •

die Auffindbarkeit des Angebots im Netz; Inhalte, die das Preis-Leistungs-Verhältnis deutlich machen; Inhalte, die darstellen, dass das Angebot dem Bedarf entspricht; Inhalte, die die Expertise des Anbieters herausstellen; eine Argumentation, die den Kundennutzen in den Fokus rückt; ein kundenorientierter Vertrieb, der die digitale Kommunikation individuell ergänzt.

Was die Gestaltung anbetrifft, muss die Internetseite zum Corporate Design ihres Gesamtfirmenauftritts passen. Professionell erstellte Bilder von Menschen aus dem Unternehmen (z. B. das Gesamtteam als Gruppenaufnahme aus ungewöhnlicher Perspektive und einzelne Ansprechpartner in Form von Porträtfotos) wecken eher Sympathie als die abstrakte Darstellung einer Technologie. Baukastensysteme und Wordpress-Seiten wirken inzwischen zwar professionell, doch zeichnet sie eine gewisse Beliebigkeit aus. Das Beste ist, wenn Sie Ihre Webseite individuell gestalten und programmieren lassen. Wichtig ist auch, dass Ihre Webseite für die Darstellung auf mobilen Endgeräten geeignet ist. Immer mehr Zugriffe erfolgen heute von unterwegs aus über das Handy. Welche Basistechnologie für Ihre Webseite geeignet ist, hängt von den gewünschten Funktionen ab. Da sich Gestaltungstrends und die Technologie für Internetpräsenzen ständig ändern, soll es in diesem Abschnitt um davon losgelöste Tipps gehen. Im Zentrum steht die Kernfrage, wie Sie Ihre Webseiten zum Publikumsmagneten

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machen können. Doch zunächst ein kleiner Exkurs zum Thema Kennzahlen. Denn Besuch ist nicht gleich Besuch. Um die Zugriffe zu analysieren, benötigen Sie ein datenschutzkonformes Statistikprogramm und eine Datenschutzerklärung. In dieser geben Sie an, welche Daten Sie mit welchem Programm erheben und wie Sie diese verwenden. Mindestens alle 14 Tage sollten Sie sich die Zahlen anschauen, sie analysieren und Ihre Online-Marketingstrategie gegebenenfalls anpassen. Zu den Begrifflichkeiten: • Traffic bezeichnet allgemein den Verkehr auf Ihrer Webseite. Er unterscheidet sich in Visits oder Sessions (Besuch einer Person unabhängig von den geklickten Unterseiten) und Pageviews (Zahl der angeklickten Seiten). Je mehr Einzelseiten eine Person beim Besuch Ihrer Webseite anklickt, desto besser. Denn daraus lässt sich auf großes Interesse schließen. Damit in Zusammenhang stehen der Benutzerfluss und die Absprungrate. Wenn die meisten Leute nach Sekundenbruchteilen wieder von Ihrer Webseite weggehen, müssen Sie handeln. Weiterhin messbar ist der Weg von Interessenten durch Ihre Webpräsenz. Manche Statistiken zeigen an, bei welcher Einzelseite der Einstieg erfolgte, was der Nutzer anschließend anklickte und bei welcher Seite der Absprung erfolgte. • Sources: Diese Angaben beziehen sich auf den Ausgangspunkt Ihres Traffic. Dabei werden meistens die folgenden Quellen unterschieden: direct (Eintippen oder Kopieren der URL ins Browser-Adressfeld), Search (per Stichwort über eine Suchmaschine), Paid (Klicks auf bezahlte Anzeigen), Social Media (jemand kommt über einen Link in einem Social-Media-Post) oder E-Mail (Sie haben E-Mails versendet und der Klick erfolgte darüber). Fest steht, dass Interaktivität Trumpf ist für viel Traffic in der Online-Welt. Denn potenzielle Kunden, Investoren und andere Zielgruppen für Ihre Innovation wollen mehr als nur trockene Zahlen, Daten und Fakten. Sehr beliebt sind Möglichkeiten, z. B. eigene Impulse einzubringen, zu diskutieren oder ganz einfach ein bisschen Spaß zu haben. Den menschlichen Spieltrieb machen sich auch Gamification-Fachleute zunutze. Wettbewerbsorientiert-unterhaltsame Effekte werden z. B. in Arbeitsprozesse eingebunden, um die Motivation der Mitarbeiter zu erhöhen. Viele Online-Shops sind mit Gamification-Elementen versehen, um Kauflust zu wecken. Wird bei einem Produkt angezeigt, dass es z. B. nur noch zwei Exemplare gibt, wächst bei den meisten Menschen der Ehrgeiz, sich schnell etwas davon zu sichern (und der Konkurrenz die berühmte Nasenlänge

3.5  Die Firmen- oder Innovationswebseite

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voraus zu sein). Es geht um weitaus mehr als um beliebiges Gedaddel. Wenn Sie Ihren Webseitenbesuchern die Möglichkeit bieten, sich Ihre Informationen spielerisch zu erschließen, steigt deren Interesse daran. Außerdem bleiben Sie als Anbieter stärker im Gedächtnis haften. Doch welche Maßnahmen ziehen? Für alle gilt: Sie müssen dabei unbedingt die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beachten. Recherchieren Sie vorher genau, ob die technische Umsetzung DSGVO-konform ist. Das Einbeziehen der Zielpersonen, Besucher einer Internetseite oder Leser eines Informationsträgers kann auch noch weitergehen, und zwar durch das Starten eines Dialogs. Dieser kann real in Form von Botschaft und Antwort sein – oder er kann zu einer Selbstreflexion anregen, die zur Schlussfolgerung führt: „Ich melde mich jetzt bei dem Unternehmen, weil sein Angebot nützlich für mich sein könnte“. Entwickeln also auch Sie ein Instrument, das Aktivität von Ihren Zielpersonen erfordert – und natürlich ein Nachdenken darüber, ob die Zusammenarbeit mit Ihnen sinnvoll sein könnte! Ein paar Beispiele: Umfragen, Abstimmungen und Bewertungen Viele Leute schlüpfen gern in die Rolle von Testern, Bewertern und Produktverbesserern. Lassen Sie Seitenbesucher Ihre Innovation oder Teile davon testen und direkt auf Ihrer Webseite bewerten. Das setzt allerdings voraus, dass Sie ziemlich sicher sein müssen, ein überwiegend positives Feedback zu bekommen. Sie erhalten vielleicht nützliche Verbesserungsvorschläge. Um die Mitmachquote bei aufwendigen Aktionen zu erhöhen, sollten Sie eine Belohnung anbieten (z. B. einen Tank- oder Einkaufsgutschein). Für einfache Abstimmungen durch Fragen mit Multiple-ChoiceAntworten halten viele Webseitenbaukästen oder WordPress-Miniprogramme Widgets oder Plugins bereit, die mit ein paar richtig gesetzten Mausklicks auf der Webseite platziert werden können. Wettbewerbe und Mitmachaktionen  Wettbewerbe, Aktionen zum Mitmachen bzw. Gewinnspiele appellieren ebenfalls an den menschlichen Spieltrieb. Ein paar Beispiele: • Lassen Sie Leute einen Namen für Ihre Innovation erfinden. • Prämieren Sie das beste Video zu einem Thema, das mit Ihnen zu tun hat (Video wird dann bei YouTube hochgeladen und die User sollen Ihnen den Link schicken) • Schreiben Sie einen kleinen Fotowettbewerb aus. User sollen zu einem bestimmten Thema lustige Bilder schicken.

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Wichtig sind die Preise. In welchem finanziellen Rahmen Sie sich dabei bewegen, hängt von den Zielen des Wettbewerbs ab. Geht es einfach nur um höhere Klickzahlen, reicht ein einfacher und gleichzeitig beliebter Preis (Trinkflasche mit Ihrem Logo, ein Zehn-Euro-Gutschein für etwas inhaltlich Passendes etc.). Geht es um qualifizierten Content wie Bilder oder Ideen, die Sie bei Ihrer Marketingstrategie verwenden möchten, sollten Sie wegen des höheren Anreizes mehr investieren. Möchten Sie mit Ihrer Aktion Kontakte zu potenziellen Kunden aufbauen, ist mehr Denkarbeit erforderlich ist. Es geht darum, einen Preis zu finden, der attraktiv für mögliche Abnehmer bzw. Auftraggeber ist, aber wenig Reiz für Personen hat, die aus Ihrer Zielgruppe herausfallen. Und der Gewinn sollte unbedingt etwas mit Ihrer Innovation zu tun haben. Ein hochwertiger allgemeiner Preis wie ein iPad sorgt zwar für viele Teilnehmer, doch der Bezug zu Ihrer Erfindung fehlt. Sprechen Sie mit Ihren Vertriebsleuten, sofern es diese gibt.  Tipp  Auch über Facebook-Seiten kann man Gewinnspiele durchführen, die dann wiederum mit der Homepage verknüpft werden.

Integration von Audio- und Videodateien Ein abwechslungsreicher Medienmix kommt besser an als Bleiwüsten – viele textlastige Seiten, die sich die Besucher erst genau durchlesen müssen. Videos und Audioformate sind angesagt. Ein paar Zahlen: Auf YouTube laden Nutzer weltweit jeden Tag pro Minute (!) 300 Stunden Videomaterial hoch. Viele Kunden schauen lieber einen kleinen Film über die Anwendung eines Produkts an, statt sich einen Text darüber durchzulesen. Die beliebtesten Videoformate sind verschiedenen Untersuchungen zufolge Erklärvideos (gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit einer Grundschule herzustellen, denn Kinder ziehen immer), Produktdemonstrationen (z. B. ein Prototyp bei einem Ihrer Kunden), einfache Problemlösungen für typische Probleme Ihrer Zielgruppe und Testimonials zufriedener Kunden. Die meisten Internetnutzer legen Wert auf verständliche, lebhafte Produktdarstellungen und echte, ruhig etwas holperig vorgetragene Statements. Auch Hörstücke sind bei einer großen Zahl an Menschen beliebt. Also sorgen Sie mit mehreren Formaten für Abwechslung. Videos und Audiobotschaften sollten je nach Inhalt durch kurze Texte und gegebenenfalls Grafiken ergänzt werden.  Tipp  Prüfen Sie immer nach, wie die Darstellung auf dem Smartphone ist, denn darüber erfolgen immer mehr Zugriffe.

3.5  Die Firmen- oder Innovationswebseite

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Branchennews und Veranstaltungstipps Durch kleine, gegebenenfalls verlinkte Tipps und Beiträge können Sie Ihre Webseite als nützliches Informationsportal aufstellen. Besucher kommen wieder, weil sie bei Ihnen relevante Inhalte finden. Beispiele: • Wirtschaftspolitische Entscheidungen, die Ihre Branche betreffen • Hinweise auf Messen, Events und Vortragsveranstaltungen rund um Ihr Thema • Präsentation neuer Erfindungen, Anwendungen usw., die Ihre Kunden interessieren Dabei müssen Sie nicht immer das sprichwörtliche Rad neu erfinden, sondern können auf ausführliche Informationen verlinken. Achten Sie aber darauf, Ihre Texte umzuformulieren. Sonst haben Sie doppelte Inhalte, die von Google & Co. abgestraft werden. Außerdem ist es wirkungsvoll, Kurzfassungen von passenden Beiträgen in XING-, Facebook- oder LinkedIn-Gruppen zu veröffentlichen. Auf diese Weise erhöhen Sie die Zugriffszahlen und untermauern Ihren Expertenstatus. RSS-Feeds (Nachrichten-Ticker) So bezeichnet man ein Miniprogramm, mit dem Sie als Webseitenbetreiber Aktualisierungen automatisiert veröffentlichen können. Menschen, die den Feed abonniert haben, erfahren von Änderungen per E-Mail, durch einen speziellen Reader, mit einem Favoritenlesezeichen oder durch einen News-Ticker direkt auf der Internetseite. Chat-Funktion  Richten Sie Ihre Webseite so ein, dass Besucher direkt über einen Chat mit Ihnen kommunizieren können. Ist Ihr Büro unbesetzt, können User eine Nachricht an Sie hinterlassen. So haben Sie die Möglichkeit, auch im Nachhinein zu reagieren. Die Antwort sollte so schnell wie möglich erfolgen. Im Internet gibt es unter dem Suchbegriff „Tools für Live-Chat“ viele Angebote. Prüfen Sie Kundenrezensionen und recherchieren Sie genau, um die bestmögliche Alternative für Ihre Zwecke zu finden. Chatbots  Für eine spezielle, sehr standardisierte Kommunikation können Sie einen Chatbot einsetzen. Die Besucher Ihrer Webseite gehen mit dem textbasierten System in einen Dialog. Es lässt sich so anlegen, dass es sie durch Fragestraßen führt, die per Ja- oder Nein-Antwort zu den gewünschten Informationen lenken und für Sie Leads generiert. Nutzer geben Ihre Kontaktdaten und ihre Zustimmung ein, um von Ihnen z. B. weiterführendes Infomaterial zu bekommen.

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Kundendiskussionsforen  Wenn Sie auf Ihrer Webseite die Möglichkeit integrieren, sich über Themen auszutauschen, ist das ein besonderer Service für Ihre Kunden (und andere Webseitenbesucher). Von Suchmaschinen werden solche Angebote mit einem höheren Ranking belohnt. Auf der anderen Seite bedeutet die Moderation laufende Aktivitäten und einen entsprechend hohen Zeitaufwand. Wenn Sie sich trotzdem dafür entscheiden: Viele Baukastenwebseiten oder andere Systeme halten geeignete Technologien bereit. Außerdem können Sie auf einen externen Dienst zugreifen. Achten Sie darauf, dass der Anbieter hohe Datensicherheitsstandards erfüllt. Nützliche Downloads  Bieten Sie Checklisten, E-Paper und andere für Ihre Zielgruppe interessante Informationsangebote zum Download an. Wichtig: Möchten Sie dadurch die Kontaktdaten des Interessenten als Gegenleistung haben, müssen Sie wieder die DSGVO beachten. Der andere muss ausdrücklich zustimmen, dass Sie seine E-Mail-Adresse und gegebenenfalls die Anschrift für eine weitere Kontaktaufnahme speichern. Eine Alternative besteht darin, dass einfach nur auf einen Link geklickt werden muss, um etwa die PDF-Datei mit Ihren Informationen zu bekommen. Nachteil: Sie locken zwar Besucher auf Ihre Webseite, haben aber keine Möglichkeit, etwas über die Person zu erfahren und/oder den Kontakt für weitere Kommunikationsaktivitäten zu nutzen. Vernetzung mit Social-Media-Portalen Die Verknüpfung Ihrer Webseite mit Social-Media-Portalen kann auf verschiedene Weise geschehen. Zum einen gibt es Buttons wie „Like“, „Share“, das Twitter-Symbol. Bei deren Verwendung ist unbedingt auf Datensicherheit zu achten. Das gleiche gilt für die Integration von YouTube-Videos. Wenn jemand auf das eingebettete Video klickt, um es anzuschauen, landet er bei YouTube. Ist er dort angemeldet, wird sein Verhalten auf dem Portal gespeichert und ausgewertet (welche Art von Videos sieht er, was klickt er weg etc.). Daraus erstellt das System ein Nutzerprofil. Der Erfassung dieser Daten kann der User nur dann entgehen, wenn er sich abmeldet, also anonym schaut. Es muss möglich sein, dass er entscheidet, in welcher Rolle (an- oder abgemeldet) er das Video betrachtet. In vielen Portalen ist es überdies möglich, direkte Links zur eigenen Webseite zu schalten. Ein Beispiel: Sie haben einen neuen Beitrag mit Bild auf einer WordPress-Webseite veröffentlicht, in dem es um ihre Innovation oder Technologie geht. Bei Facebook, XING und LinkedIn etwa gibt es Gruppen zu bestimmten Oberthemen wie etwa Technologie, Industrie 4.0 usw. Als Mitglied des Netzwerks können Sie dort einen Link zu Ihrem Beitrag setzen. Hereingezogen werden das Bild, die ersten paar Sätze des Beitrags und der Name Ihrer URL. Achtung: Diese Methode bitte nur bei sachlichen

3.6 Suchmaschinenoptimierung

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und informativen Beiträgen verwenden. Platte Werbung kommt überall schlecht an. Wenn Sie Pech haben, werden Sie dann für die jeweilige Gruppe von den Administratoren gesperrt.

3.6 Suchmaschinenoptimierung Eine bedeutsame Frage ist die nach der Auffindbarkeit Ihrer Webseite im Netz. Wer im Internet nicht auf den ersten Google-Seiten zum Suchwort gefunden wird, fliegt unter dem Radar der Nutzer. Google wird von 86 % der deutschen Nutzer als Suchmaschine auf dem Desktop und 99 % bei der Suche mit mobilen Endgeräten eingesetzt (https://de.statista.com/statistik/studie/id/6921/dokument/google-statista-dossier/, Zugriff am 31.05.2019). Die Suche von Google und die Platzierung der Ergebnisse in einer absteigenden Reihenfolge funktioniert durch den Einsatz eines Algorithmus, der vom Suchmaschinenbetreiber immer wieder verändert wird. Unter dem Stichwort Search Engine Optimization (SEO) werden die Maßnahmen gefasst, die dazu dienen, Webseiten auf einen der vordersten Listenplätze bei der Suche nach bestimmten Begriffen zu bringen. Bestimmte Faktoren von Webseiten werden von der Suchmaschine erkannt und bewertet. Diese Faktoren gilt es optimal zu berücksichtigen, damit das Suchergebnis positiv, also auf den vordersten Plätzen ausfällt. In der Fachsprache wird dabei von organischen Suchergebnissen gesprochen, im Gegensatz zu anorganischen, die z. B. durch Anzeigen bei Google in die vorderste Reihe befördert werden. Wer viel Geld in die Hand nimmt, kann sich also durch Google Ads beste Plätze in den Suchergebnissen sichern. Wer dagegen den organischen Weg wählt, benötigt Know-how und einen langen Atem, denn das organische Ranking bei Google entwickelt sich erst allmählich. Außerdem muss die eigene Seite kontinuierlich in Hinblick auf die Algorithmen von Google gepflegt werden, um bestimmte Faktoren zu erfüllen und Veränderungen in ihrer Wertung durch die Suchmaschine nachzuvollziehen. Beim „Crawling“, der Untersuchung der Webseite durch die Suchmaschine prüft sie diese Faktoren ab. Im nächsten Abschnitt geht es um wichtige Faktoren. Keywords Um Präsenz und Rang einer Webseite bei Google zu optimieren, gilt es zunächst, die passenden Keywords für Ihre angepeilte Zielgruppe zu finden. Sie müssen häufiger in Überschriften und Texten sowie in der Seitenoptimierung vorkommen, damit die Suchmaschine sie berücksichtigt. Wollen Sie Google Ads schalten, also

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die Anzeigen, die bei Google Einträge in der Rangfolge anorganisch nach vorn bringen, steht Ihnen der Google-Keyword-Planer zur Verfügung, um die Suchwörter zu recherchieren, nach denen Ihre Zielgruppe Ausschau hält. Um alle potenziellen Suchbegriffe zu erfassen, muss einbezogen werden, in welchem Stadium der Suche sich der Interessent befindet. 1. Stadium erster Aufmerksamkeit: Steht der Kaufinteressierte ganz am Anfang seiner Suche, gibt er allgemeine Begriffe ein, arbeitet also hauptsächlich mit einem Keyword. 2. Stadium tieferes Interesse: Ist er schon informierter, differenziert er seine Suche und benutzt mehrere Begriffe, die genauer auf die gewünschten Eigenschaften des Objekts seiner Begierde eingehen. 3. Stadium eines konkreten Wunschs: Auf der dritten Stufe findet sich der Experte, der bestens informiert ist, über Branchen- und Produktwissen verfügt und nun ganz gezielt Detailinformationen abrufen will. 4. Stadium Aktion bzw. Handlung: Eine gewünschten Webseite wird besucht, um den Kauf zu tätigen, eine Information abzurufen, sich anzumelden o. ä. Um die passenden Keywords für Ihr Angebot zu ermitteln, stehen Ihnen kostenlose Online-Tools zur Verfügung. Sie geben dort ein Suchwort ein, dass Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung beschreibt und erfahren, je nach Tool, was genau Ihre Zielgruppe mit diesem Begriff verbindet: • http://www.ubersuggest.io/: Ubersuggest erleichtert Ihnen das Finden von Spezifikationen, die Nutzer der Suchmaschinen ihren Suchbegriffen zuordnen. Dadurch bekommen Sie Zugriff auf sog. Longtail-Keywords, eine Verknüpfung mehrerer Suchbegriffe, um detailliertere Suchkriterien darzustellen. • http://www.keywordpro.net/: KeywordPro unterteilt die Longtail-Keywords, die es auf Basis der Eingabe eines Suchbegriffs findet, in Ober- und Unterbegriffe und visualisiert diese Ergebnisse in Form von Mindmaps, Baumdiagrammen, Clouds, Tabellen oder Trenddarstellungen. • https://trends.google.de/trends/?geo=DE: Mit diesem Google-Tool lassen sich aktuelle und zukünftige Trends von Suchanfragen bestimmen. Außerdem gibt es Aufschluss über ähnliche Suchbegriffe und ermöglicht es, die Performance von zwei Suchbegriffen abzugleichen. Sie können also testen, welcher Begriff eine höhere Relevanz hat. • http://www.answerthepublic.com/: Fragen zu einem Suchwort, die Nutzer im Internet gestellt haben, finden Sie mit diesem Tool. Sie erfahren, welche Themen rund um den Begriff Relevanz haben und welche Details für Interessenten wichtig

3.6 Suchmaschinenoptimierung

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sind. Außerdem lohnt es sich, diese Seite einfach einmal auszuprobieren. Viel Vergnügen…! • http://www.soovle.com/: Dieses Tool bietet Ihnen eine Auswertung der Suchanfragen auf den Plattformen Google, Amazon Bing, Wikipedia, Answers.com, Yahoo, und YouTube sowie z. B. ebay oder Netflix in Form von Mindmaps. • http://www.eyeplorer.com/: Der eyePlorer findet zu einem Suchbegriff passende Themen und erstellt eine Mindmap, anhand derer der Stellenwert der Themenbereiche deutlich wird. Dadurch können auch komplexe Themen nutzerrelevant aufbereitet werden. Haben Sie die relevanten Suchbegriffe und Fragen Ihrer potenziellen Kunden ermittelt, verfügen Sie über wichtige Anhaltspunkte, was in den Texten oder anderen Inhalten wie Grafiken auf Ihrer Webseite unbedingt zu berücksichtigen ist. So sichern Sie sich die Aufmerksamkeit und das Interesse Ihrer Besucher. SEO-Profis verfügen über Tools, mit denen sich zu den Suchwörtern Auswertungen der bestpositionierten Wettbewerbsseiten erstellen lassen. Es ist exakt abzulesen, welcher Begriff wie oft im Text vorkommen muss, um diese Seiten hinsichtlich des textlichen Faktors zu überflügeln. Auf diese Tools haben jedoch nur wenige Cracks Zugriff, denn die Investition ist erheblich. Für den Otto-Normal-SEO-Einsteiger muss also die übliche Software ausreichen. Wichtig ist es, die schon vorhandenen Möglichkeiten tatsächlich zu nutzen. Es wird z. B. immer häufiger mit Software wie WordPress gearbeitet, die durch Templates (Vorlage, Schablone) die Erstellung von Webseiten einfacher macht. Sie bietet das „SEO Plugin by Yoast“, das praktische Hilfestellungen bei der organischen Optimierung gibt. Werden alle Felder gewissenhaft und korrekt ausgefüllt, zeigt eine kleine Ampel grün. Zu erstellen ist u. a. die Metabeschreibung, die in den Suchmaschinen unter dem Linktext steht, die Google & Co., aber auch den Nutzern wertvolle Hinweise auf die Inhalte liefert. Das Keyword muss zum Thema passen, die Verschlagwortung Hinweise liefern. Selbst die Benennung der Bild- oder Illustrationsdateien sollte Keywords enthalten, um beim Crawling berücksichtigt zu werden. Auch zu Überschriften und Texten zeigt die Ampel an, ob noch Verbesserungsbedarf besteht. Maschinenlesbare Überschriften (H1 ist die größte, danach folgen absteigend H2 usw.) sind ein wichtiger Faktor, der bei der Erstellung der Seite berücksichtigt werden sollte. Setzen Sie Links zu Unterseiten oder externen Webseiten, muss das Title-Attribute, die Benennung des Links, einen sinnvollen Bezug zum Inhalt herstellen, zu dem er führt. Die Länge der einzelnen Absätze, Überschriften und die Lesbarkeit der Texte spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Schachtelsätze, Konjunktive, viele Füllwörter, Fremdwörter und eine

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ungenügende Dichte an Keywords wirken sich negativ auf die Bewertung der Seite aus. Der Flesch-Reading-Ease ist ein Test zur Lesbarkeitsindexierung von Inhalten und ist als Tool in vielen Softwares zur SEO-Optimierung integriert. Er prüft • die Lesbarkeit des Content (Sätze mit 9–13 Wörtern, kurze Wörter mit maximal drei Silben, einfache Sprache), die Syntax (pro Satz ein Gedanke, Hauptaussage im ersten Satzteil, sinnentsprechend eingefügte Absätze); • die Prägnanz (eine bildhafte Sprache, viele Verben); • die Anregung (die Ergänzung durch Fotos, Illustrationen, Symbole). Positiv wird eine Sitemap gewertet, auf der die Unterseiten gelistet werden. Auch sie macht den Suchmaschinen die Bewertung einfacher und ist für Besucher der Seite eine gute Orientierungshilfe. Die Ladegeschwindigkeit einer Seite ist ebenfalls ein Kriterium für das Ranking. Was langsam lädt, wird schnell weggeklickt. Besonders wichtig ist das Responsive-Design, die Optimierung der Seite für die Nutzung mit mobilen Endgeräten. Wird eine Webseite ohne Anpassung z. B. auf dem Smartphone angezeigt, funktioniert weder die Darstellung noch die Funktionalität. Links bieten nicht nur einen Anreiz für den Nutzer, weiterführende Inhalte aufzurufen. Insbesondere Backlinks, die entweder zu anderen Webseiten weiterleiten oder von externen Seiten zur eigenen führen, sind Kriterien zur Bewertung der Relevanz des Content. Der aktive Aufbau von Backlinks wird z. B. durch Gastbeiträge auf anderen Webseiten erreicht, in denen ein Link zur eigenen Seite enthalten ist. Der passive Aufbau von Backlinks funktioniert z. B., indem Besucher der Webseite auf ihrer Seite oder in den Sozialen Medien darauf hinweisen und einen Link zu Ihnen setzen. Sie können auch Linkpartnerschaften eingehen: Damit Ihre Webseite von Google & Co. als relevant betrachtet wird, muss sie möglichst gut verlinkt sein. Je mehr andere Webseiten auf Ihre Internetpräsenz verweisen, desto besser. Die erste Maßnahme sollte sein, selbst Links von XING, LinkedIn, Facebook und anderen Portalen zu schalten. Darüber hinaus ist es wichtig, mit den Betreibern von für Sie wichtigen Webseiten und Portalen Kontakt aufzunehmen. Es könnten z. B. Anbieter nicht konkurrierender Leistungen und Produkte mit derselben Zielgruppe wie Sie sein. Bieten Sie ihnen eine Link-Partnerschaft auf Basis der Gegenseitigkeit an. Als erstes richten Sie selbst eine Unterseite Partner ein. Dort schalten Sie dann einen Logo-Link mit Kurzbeschreibung zur Partnerwebseite. Ebenso verfährt die andere Seite.

3.7  Videos als Informationsträger

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3.7 Videos als Informationsträger Mit einem Video können Sie jede Art von Geschichte erzählen – von der Technikreportage über das Erklärvideo bis hin zu einer Firmenstory, die spannend umgesetzt wird. Hinzu kommt die unendliche Menge bereits vorhandener und z. T. sehr bekannter Filme. Wenn Sie ein neues Video drehen, können Sie durch die Art Ihres Films oder direkte Zitate auf das Original verweisen. So erstellen Sie eine gedankliche Verknüpfung bei den Zuschauern. Hierbei muss jedoch immer das Urheberrecht beachtet werden. Filmarten und Elemente  Die am meisten verbreiteten Videoformate speziell für erklärungsbedürftige technische Inhalte sind der Imagefilm und das Erklärvideo. Viele Unternehmen lassen aufwendige Imagefilme produzieren. Damit wollen sie auf sich und ihr Angebot aufmerksam machen. Lange Imagefilme eignen sich nur schlecht als YouTube- oder Facebook-Video. Sie werden meist in die Homepage integriert. Nur Personen mit ernsthaftem Interesse am Unternehmen nehmen sich die Zeit, sich diesen Streifen zu Gemüte zu führen. Dazu gehören vielleicht Journalisten, potenzielle Kunden oder Bewerber. Videos, in denen die Bedeutung von Begriffen oder die Anwendung einer Technologie verständlich erklärt werden, sind beliebt. Viele Anwender schauen sich lieber ein Filmchen an, statt sich mühsam durch einen Text zu kauen. Außerdem wirken Videos lebendiger als reiner Text und sprechen die Emotionen stärker an. Die Verbindung der audiovisuellen Komponenten, also Sprache, Text, Bild und Musik, ist jeweils individuell. Die genaue Zusammensetzung muss an das Ziel des Videos und ans Thema angepasst werden. Die Audiospur  Das, was man hört, ist ebenso wichtig wie die bildliche Darstellung. Zunächst muss die Aufnahme mündlicher Sprache klar und verständlich sein. Doch auch andere Geräusche spielen eine Rolle. Je nachdem, welche Musik oder welche Töne Sie einer Szene unterlegen, können Sie vollkommen unterschiedliche Stimmungen erzeugen. Eine bunte Blumenwiese wirkt mit der entsprechenden Musik plötzlich bedrohlich. Nehmen wir als Beispiel einen Imagefilm. Da ist eine zum Unternehmen passende Musik unabdingbar. Manche Firmen lassen sich dafür extra einen Jingle komponieren, also eine Art akustischen Slogan, der immer wieder auftaucht. Er wird dann in alle Videos eingebaut, aber auch in Podcasts oder Audio-Werbung. Gerade weil technische Informationen oft vergleichsweise trocken und kompliziert sind, eignen sich Videos besonders, um dies auszugleichen. Mit Filmen lassen sich sehr leicht Emotionen

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

wecken – auch bei Technikern und Ingenieuren, die als verkopft gelten. Und was speziell Innovationen anbetrifft: Authentisch ist das Neue nur dann, wenn es auch über die neuen Medien erzählt wird. Damit das Video auch im Netz gefunden wird  Fangen wir mal mit dem Titel des Videos an. Er sollte interessant sein und relevante Schlüsselwörter zur dargestellten Innovation oder Technologie haben. Diese Keywords müssen auch in der Beschreibung und in den Tags auftauchen. Zu Beginn der Beschreibung sollte die URL zur eigenen Webseite stehen. So taucht sie sofort im Suchergebnis auf. Die Vermarktung von Firmenvideos muss in die allgemeine Marketingstrategie eingebunden sein. Einbindung in Social-Media-Portale Sie bieten viele Möglichkeiten, Aufmerksamkeit für Videos zu wecken. Bei Facebook und YouTube gilt die Faustregel, dass kurze, unterhaltsame Filmchen höhere Klickraten erzielen als trockene und langatmige Videos. Wer viele Videos produziert, sollte einen eigenen YouTube-Unternehmenskanal einrichten. Dazu gehört eine Mediathek auf der Firmenwebseite, in der alle Videos aufgelistet sind. Auch in Newslettern sollte auf das Video hingewiesen werden. Wichtig ist auch die Einbindung in Blogs und das Setzen von Links – z. B. in der E-Mail-Signatur. Einen Drehtermin müssen Sie gut vorbereiten. Dazu gehören z. B. • Festlegung des Ziels • Ein Konzept • Inhalte oder Prozesse, die dargestellt werden sollen • Klärung des Budgets • Festlegung der Länge • Skript und Storyboard als roter Faden • Gegebenheiten am Drehort • Ausrüstung • Drehplanung • Schnitt und Bearbeitung • Vermarktung Ziele  Was wollen Sie mit dem Video erreichen? Wer ist die Zielgruppe? Welches Vorwissen haben diese Personen? Was genau soll der Betrachter nach dem Anschauen können oder wissen?

3.7  Videos als Informationsträger

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Konzept  Welche Art von Film möchten Sie herstellen – eine Animation, einen Realfilm oder gemischt? Soll er lustig oder rein informativ sein? Als Ausgangspunkt für ein knackiges Videokonzept wählen Sie ein Ausgangsproblem oder einen bestimmten Aufhänger bzw. Anlass. Damit holen Sie das spätere Publikum ab und erleichtern ihm den Einstieg ins Thema. Inhalte bzw. Prozesse Welche Abläufe, Arbeitsschritte und Sequenzen sollen im Video dargestellt werden – und in welcher Form jeweils? Schauen Sie als Ergänzung unbedingt in die technische Dokumentation, sofern diese bereits vorliegt. Auch Gespräche mit Technikern, Produktentwicklern und Anwendern liefern Ihnen nützliche Informationen, was wichtig ist. Budget  Wie viel Geld planen Sie für die Produktion ein? Legen Sie genau fest, auf welche Einzelposten Sie das Budget verteilen. Planen Sie dabei immer eine Reserve ein, denn sie benötigen auch noch finanzielle Mittel, um z. B. Werbung für Ihr Video zu machen. Länge  Hier kommt es auf den Zweck des Videos, die Verwendung und Ihre Zielgruppe an. Die Dauer muss auch an die Komplexität des Sachverhalts angepasst sein. Für kleine YouTube- oder Facebook-Videos gilt: Hier kürzer desto besser. Niemand, der sich nur kurz informieren möchte, hat Interesse an einem Informationsvideo in Spielfilmlänge. Zeitplan  Planen Sie möglichst genau durch, wie lange die Videoproduktion insgesamt dauern wird. Rechnen Sie unbedingt Zeitreserven ein. Neben technischen Schwierigkeiten können z. B. Beteiligte erkranken. Oder ein Großauftrag kommt dazwischen, sodass Sie nicht in der Maschinenhalle bzw. einem anderen Ort in der Firma drehen können. Und bei Außenaufnahmen kann das Wetter die Zeitkalkulation zunichtemachen. Skript  Darunter versteht man ein Drehbuch, in dem Sie die einzelnen Filmabschnitte festhalten und näher beschreiben. Sie geben Aufbau und Ton in der passenden Reihenfolge vor. Außerdem gehören gesprochene Passagen mit genauen Formulierungen ins Skript. Auch benötigte Werkzeuge und gegebenenfalls Warnhinweise werden festgehalten. Achtung, in manchen Fällen muss ein Skript vor der Produktion von bestimmten Institutionen im Unternehmen und/ oder Fachkräften schriftlich freigegeben werden. Ebenfalls notwendig ist eine gewisse Flexibilität. Denn manchmal stellt sich beim Dreh heraus, dass Änderungen gemacht werden müssen. Dafür sollte Platz sein.

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Storyboard  Dieses ist eine weitere Ausarbeitung des Skripts. Meist wird das Storyboard als dreispaltige Tabelle angelegt. Die erste enthält Skizzen der wichtigsten Szenen. Daraus sind die Positionen der Akteure (und/oder Maschinen), die Kameraposition und die Perspektive ersichtlich. Die zweite Spalte enthält schriftliche Kommentare zum Geschehen, Erklärungen des Bildinhalts und ähnliches. Die dritte Rubrik ist für die Tonspur reserviert. Sie dreht sich um Gesprochenes, Geräusche und Musik. STORYBOARD Film- oder Serientitel:

Die Struktur eines Storyboards könnte so aussehen:

3.7  Videos als Informationsträger

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Gegebenheiten vor Ort Hier geht es um Licht, Lärm, Zugänglichkeit von Bereichen, die gefilmt werden sollen und andere Rahmenbedingungen, die die Videoproduktion beeinflussen. Besuchen Sie den Drehort möglichst vor dem Dreh, um sich ein Bild von den Bedingungen zu machen. Wie sind die Hintergrundgeräusche? Was ist mit den Lichtverhältnissen? Sind alle technischen Details sichtbar und zugänglich, die Sie aufnehmen möchten? Gibt es Störquellen, die Sie berücksichtigen müssen? Achten Sie spätestens beim Dreh darauf, dass nur das aufgenommen wird, was Sie zeigen möchten. Dreckiges Geschirr, Namensschilder, herumlaufende Personen, ein plötzlich vorbeifahrender Gabelstapler machen das Ergebnis zunichte und Sie müssen alles noch einmal aufnehmen. Ausrüstung  Sie ist abhängig von den Gegebenheiten vor Ort. Dementsprechend müssen Sie z. B. Kamera(s), Drohne, Stativ(e), externes Mikrofon, zusätzliche Lichtquellen und Energielieferanten wie Akkus auswählen. Übrigens: Auch mit Smartphones lassen sich professionelle Videos drehen. Dreh  Bei der Aufnahme des Videos achten Sie darauf, möglichst alle Szenen aus zwei verschiedenen Perspektiven aufzunehmen – einmal aus der Ferne und einmal als Nahaufnahme. So können Sie mehr Abwechslung in den späteren Film bringen. Meist werden Videos nachvertont. Manchmal reicht die Qualität der Originalaudiodatei nicht aus – oder Sie wollen etwas mit Musik oder anderen Klängen unterlegen. Ein Profisprecher ist nur manchmal nötig. Möglicherweise gibt es auch freiberufliche Schauspieler, die diese Leistung günstiger anbieten. Und manchmal entdecken Sie in Ihrem Umfeld auch ein Talent, das mit klarer, lebhafter Stimme sprechen kann. Schnitt und Bearbeitung Hat Ihr Video einen kommerziellen Hintergrund, müssen Sie ein Schnittprogramm kaufen. Die kostenlosen Angebote sind nur für private Videos gedacht. Ihr Programm sollte über eine mehrspurige Timeline verfügen. Das bedeutet, Sie können z. B. die Audiospur und die Videospur getrennt bearbeiten. Außerdem sollte es möglich sein, Grafiken, Bilder und technische Zeichnungen zu importieren und in Ihr Video einzubauen. Spezialeffekte und Filter ermöglichen eine weitreichende Verfremdung Ihrer Aufnahme. Die meisten Clips beginnen mit einem Titel, der Nennung des Themas und gegebenenfalls einem Unternehmensnamen mit Logo.

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

Vermarktung  Wo wollen Sie Ihr Video hochladen bzw. zum Anschauen zur Verfügung stellen? Wie wollen Sie Ihre Zielgruppe darauf aufmerksam machen? Möchten Sie zusätzliche Anzeigen schalten?

3.8 Podcast – das Audioinformationsformat Podcasts sind eine Folge von Audiobeiträgen im MP3-Format, die ins Internet gestellt werden. Sie können über Feed-Formate abonniert oder von Plattformen heruntergeladen werden. Ihre Vorteile bestehen in der einfachen Produktion und der Aufmerksamkeitsstärke von Audiodateien. Der Begriff Podcast ist ein Kunstwort, das sich aus der Abkürzung von „play on demand“ (Pod) und „broadcast“ (cast) zusammensetzt. Podcasts entwickeln sich zu einem immer wichtigeren Bestandteil des deutschen Medienangebots. Sie können nebenbei gehört werden, z. B. beim Autofahren. Ein Video während des Fahrens zu schauen, ist weniger ratsam. Das Smartphone als permanenter Begleiter bietet jederzeit Zugriff auf Audiodateien, die sich angenehm hören lassen, während Videos auf dem kleinen Display über eingeschränkten Nutzungskomfort verfügen. Expertenstatus  Ein Podcast dient auch dazu, Ihren Expertenstatus auszubauen und Sie bekannter zu machen. Als Innovator sind Sie Spezialist für Ihr Angebot. Wenn Sie darüber sprechen (lassen) und Ihre Zielgruppe nach und nach mit Details und Vorteilen Ihres Produkts oder Ihrer Dienstleistung vertraut machen, gewinnen Sie an Glaubwürdigkeit. Vertrauensaufbau durch eine Stimme  Eine Stimme hat eine andere Wirkung als Schrift oder Bilder. Sie wirkt authentischer und baut eher Vertrauen auf. Wenn es sich nicht gerade um eine lärmende Gruppe von Wochenendreisenden im Zug handelt, hören Menschen anderen gern zu. Die Voraussetzung zur Gewinnung ihrer Aufmerksamkeit ist es allerdings, dass Sie etwas Interessantes zu erzählen haben. Bezug zu den Hörern Interesse weckt, was sich mit der Erfahrungswelt der Zuhörer verbinden lässt. Es muss einen Nutzen und einen Mehrwert bieten. Welche Schnittmengen gibt es zwischen Ihrem Thema und den Interessen Ihrer potenziellen Hörer? Auf welche Weise knüpfen Sie damit an die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe an? Wenden Sie sich an Kunden, gehen Sie auf die Vorteile ein, die ihnen Ihre Innovation bietet.

3.8  Podcast – das Audioinformationsformat

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Zielgruppengerechte Inhalte  Im Podcast haben Sie die Möglichkeit, Storytelling in Höchstform zu bieten. Erzählen Sie die Geschichte Ihrer Idee. Berichten Sie über den steinigen Weg von der Idee bis zur Marktreife. Beziehen Sie andere Akteure in Ihren Podcast ein, die Ihre Weggefährten während dieser Entwicklungsphase waren. Laden Sie einen Ihrer Kunden zum Gespräch ein, der berichtet, wie er von Ihrer Innovation profitiert. Bleiben Sie dabei authentisch und verfallen nicht in den Modus einer Eigenwerbesendung. Sie kennen Ihre Innovation am besten und können faktisch mit den Vorzügen des Produkts oder der Dienstleistung punkten. Wollen Sie mit Ihrem Podcast Fachleute erreichen, gehen Sie genauso vor wie Sie es z. B. im Rahmen einer Fach- oder Verbandsveranstaltung machen: In der Pause treffen Sie andere Experten und tauschen sich mit ihnen locker über ihre jeweiligen Spezialgebiete aus. Als Innovator haben Sie viele spannende Informationen rund um Ihre Neuheit in petto, um in mehreren Episoden Ihres Podcasts darüber zu berichten. Wen wollen Sie mit Ihrem Podcast erreichen? Daraus ergibt sich, ob Sie eine eher fachliche Sprache nutzen oder Ihre Inhalte für Laien verständlich aufbereiten. Erstellen Sie einen Redaktionsplan, in dem Sie den Informationen, die Sie vermitteln wollen, Struktur geben. Was wollen Sie wie und in welcher Reihenfolge kommunizieren? Interaktion mit den Zuhörern Ein Podcast eignet sich auch, um mit den Zuhörern zu interagieren. Regen Sie Ihre Zuhörer dazu an, Ihnen Fragen zuzusenden oder – bei YouTube – im Kommentarfeld zu stellen. In der nächsten Folge greifen Sie diese Fragen auf und sind so ganz nah an den Bedürfnissen Ihrer Zielgruppe. Um eine hohe Reichweite im Internet zu erzielen, können und sollten Sie zahlreiche digitale Kanäle nutzen: • Social Media sind die Plattformen, auf denen Sie Ihren Podcast bekannt machen. Je nach Zielgruppe können es Facebook, Twitter, Instagram, Xing, LinkedIn und Co. sein. • Ein eigener YouTube-Kanal hat den Vorteil, dass Ihre Zuhörer über die Kommentarfunktion mit Ihnen interagieren können. • Wenn Sie den Podcast über Ihren Blog verbreiten, haben Sie die Möglichkeit, auch Texte und Bilder zu veröffentlichen. • Soundcloud, ein Online-Dienst zum Austausch und zur Vermarktung von Audiodateien, lässt sich in Wordpress-Seiten einbinden. • Mit einem eigenen RSS-Feed (hergestellt z. B. mit dem kostenlosen Easypodcast) lassen sich Podcasts im iTunes-Store anmelden.

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3  Überzeugen Sie Ihre Zielgruppen mit ansprechenden …

Leitfragen zur Produktion eines Podcasts: • • • •

Welche Inhalte will ich kommunizieren? Welche Zielgruppe will ich erreichen? Welche Alleinstellungsmerkmale soll mein Podcast haben? Will ich den Podcast allein bestreiten, ein Team bilden oder Gäste dazu einladen? • Wie will ich den Podcast verbreiten? Im Gegensatz zu Videoproduktionen ist ein Audioformat schon mit einfachen Mitteln und kostengünstig herzustellen. Ein Raum ohne Störfaktoren, ein gutes Aufnahmegerät oder USB-Mikrofon, ein Pop-Filter (er verhindert unerwünschte Knallgeräusche, z. B. beim Sprechen der Buchstaben B und P) und ein Schnittprogramm sind die Bestandteile des benötigten Equipments. Bei kostenlosen Programmen müssen Sie darauf achten, ob diese auch für die kommerzielle Verwendung zugelassen sind. Um Ihre hörbare Präsenz im Netz zu verstärken, vernetzen Sie sich intensiv. Bitten Sie Ihre Podcast-Gäste, in ihren Social-Media-Kanälen auf die Beiträge hinzuweisen. Schaffen Sie Win-win-Situationen, in denen Sie als Gast an den Podcasts Ihrer Gäste teilnehmen. Nehmen Sie Ihre Entwicklungspartner, Lieferanten, Zulieferer mit ins Boot. Nutzen Sie Ihre E-MailListe, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Regen Sie Ihre Podcast-Abonnenten an, anderen möglichen Interessenten von Ihnen zu berichten. Werden Sie zum Leuchtturm Ihres Branchensegments!

Literatur Campbell J (1953/1999) Der Heros in tausend Gestalten. Frankfurt a. M., Insel Schmitt T, Esser M (2016) Status-Spiele: Wie ich in jeder Situation die Oberhand behalte, 9. Aufl, Frankfurt

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Aufmerksamkeit und Interesse wecken durch Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen

Zusammenfassung

In Ihrer Marketing-, PR- oder Content-Strategie haben Sie Ziele festgelegt – und Maßnahmen, um diese zu erreichen. In diesem Kapitel geht es um Einzelbausteine Ihres Aktivitätenplans. Für eine maximale Wirkung sollten diese möglichst gut aufeinander abgestimmt sein. Klassisches Marketing setzt darauf, Angehörigen der gewünschten Zielgruppe etwas zu präsentieren und sie z. B. durch Anzeigen, Plakate, Werbespots, Messepräsenzen oder andere Aktivitäten als Kunden zu gewinnen. Als Anbieter versuchen Sie damit, Ihre Innovation in das Sichtfeld potenzieller Kunden zu schieben und ihnen einen Kaufimpuls zu vermitteln. Doch Marketingaktivitäten können auch auf andere Zielgruppen gerichtet sein – z. B. Finanzierer, Sponsoren, Multiplikatoren, mögliche Vertriebspartner etc. Wen Sie mit welchen Maßnahmen ansprechen, ist in Ihrem Marketingkonzept festgelegt.

4.1 Digital und modern: Social-Media-Aktivitäten Um Aktivitäten auf sozialen Netzwerken kommt heute niemand mehr herum. Und: Sie lassen sich nicht z. B. an Praktikanten oder Mitarbeiter delegieren, denn die Basis für jede Aktion ist ein persönliches Profil – nämlich Ihres. Von diesem aus können Sie handeln und, z. B. bei XING oder Facebook, Unterseiten wie eine Firmenpräsentation oder gesammelte Hinweise zu Ihrer Innovation anlegen. Die Betreiber der Portale entwickeln ihr Angebot ständig weiter, sodass Sie ungefähr auf dem Laufenden bleiben sollten. Menschen, die mit auf ihr Handy gesenktem Blick vor die Straßenlaterne laufen, weil sie gerade eine WhatsApp-Nachricht © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Lutzer und A. Howind, Kommunikation und Marketing für TechnikInnovationen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27262-3_4

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

tippen, sind ein weit verbreitetes Alltagsphänomen geworden. Und auch in der Geschäftswelt haben Social-Media-Aktivitäten einen festen Platz. Nach der allwissenden Suchmaschine Google verzeichnet YouTube die meisten Anfragen. Auch in Businesskontaktbörsen wie LinkedIn oder XING melden sich durchschnittlich alle zwei Sekunden neue Nutzer an. Und Facebook hat mehr User als die USA, Russland und Europa zusammen an Einwohnern. Neben Geschäftskontakten bringen Aktivitäten in sozialen Netzwerken auch einen hohen Zeitaufwand mit sich. Statt hektischem Aktionismus sind deshalb Vorüberlegungen erforderlich. Leitfragen: • In welchen Netzwerken tummeln sich die Zielgruppen für Ihre Innovation? • Welches Netzwerk passt zu Ihnen und Ihrem Image? • Welche Kommunikationskanäle können Sie mit Ihren Ressourcen überzeugend und authentisch bedienen? Bei Social-Media-Aktivitäten lassen sich zwei Formen unterscheiden: Aktion und Reaktion. Bei Aktion stoßen Sie selbst einen Dialog an, während Sie bei Reaktion z. B. eine Antwort verfassen: • Aktion: Wesentliche Inhalte sind hier gefragt. Belangloses Geschnatter oder reine Werbung möchte niemand lesen, sondern nur Informationen, die einen Nutzen transportieren. • Reaktion: Wer eine Firmen-Facebook-Seite führt und sich bei einer Anfrage fünf Tage Zeit mit der Antwort lässt, hat etwas Wesentliches nicht verstanden. Es sind schnelle Reaktionen erforderlich – möglichst noch am selben Tag. Alles, was Sie veröffentlichen, muss zu Ihrer Firmendarstellung passen. Ein Unternehmen, das sehr konservativ und traditionell nach außen auftritt, weckt Irritationen, wenn der Social-Media-Beauftragte im Namen der Firma alberne Videos und dümmliche Witze auf Facebook postet. Ein stimmiger und gleichzeitig wirtschaftlicher Weg besteht darin, dieselben Inhalte dem Portal entsprechend aufzubereiten. Beispiel: In der Zeitung erscheint ein Fachbeitrag über die Funktionsweise Ihrer Innovation, während Sie auf YouTube ein Erklärvideo veröffentlichen. Richtig eingesetzt, können Social-Media-Aktivitäten, die auch als virales Marketing bezeichnet werden, u. a. diese erwünschten Folgen haben: • Bindung vorhandener Kunden • Generieren neuer Geschäftskontakte

4.2  Plattformen für soziale Kontakte

• • • • •

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Erhöhung des Bekanntheitsgrads (Ihr eigener und der Ihrer Innovation) Ausbau eines Expertenstatus Höheres Ranking bei Suchmaschinen Schaffung einer Community für Crowdsourcing Einfachere Krisenkommunikation

Die Auswahl an sozialen Netzwerken ist groß und erweitert sich ständig: Es finden sich soziale Beziehungs-, Bilder- und Videonetzwerke neben Blogger-Angeboten und virtuellen Zusammenschlüssen für berufliche Kontakte. Was alle Portale, Netzwerke, Blogs und Foren gemeinsam haben: Sie funktionieren nach dem Prinzip „Geben und Nehmen“. Denn neben der Geschäftsanbahnung geht es um gegenseitige Unterstützung, den Austausch nützlicher Informationen und manchmal auch um das gemeinsame Lachen über lustige Meldungen. Die Begegnung von Menschen steht im Vordergrund. Dennoch empfiehlt es sich, private und berufliche Social-Media-Aktivitäten zu trennen.  Tipp  Mit gut gemachten Bildern und Videos lassen sich die Gefühle der Nutzer wesentlich stärker ansprechen als mit reinen Textbotschaften.

4.2 Plattformen für soziale Kontakte Eine Reihe an Portalen dient dazu, Menschen über persönliche Profile miteinander in Kontakt zu bringen. Die wichtigsten seien hier genannt: Facebook – die Plattform für die Masse Dieses Portal steht auch nach Jahren immer noch an der Spitze der meistgenutzten sozialen Netzwerke. Auch deshalb ist Facebook so beliebt bei Marketingstrategen in Firmen. Im Vordergrund steht der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern. Immer mehr Unternehmen nutzen das Portal auch für eigene Facebook-Seiten und treten in Verbindung mit (potenziellen) Kunden. Übermittlung von Lob, Kritik und Erfahrungsberichten erfordert schnelles und flexibles Reagieren. Facebook lebt von den Inhalten seiner Accounts. Es wird massenhaft genutzt, weil es Emotionen anspricht und soziale Bedürfnisse (scheinbar) befriedigt. Neugier, Mitgefühl, Anteilnahme, Empörung, Wut, Engagement – wer sich und seine Interessen, Anliegen, Erlebnisse, Einsichten und Ansichten auf Facebook teilt, gibt etwas von sich preis. Das wiederum verlockt andere Facebook-Mitglieder, genauer hinzuschauen. Für Unternehmen bietet

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

Facebook die Chance, sich auf eine andere Art darzustellen, als es in Imagebroschüren oder auf der eigenen Webseite möglich und nötig ist. Bei Facebook steht die menschliche Seite des Unternehmens im Mittelpunkt. Hier geht es um die Mitarbeiter und Kunden, um Storys aus dem typischen Alltag, um den Stolz auf abgeschlossene Projekte, um die Arbeit an Neuentwicklungen, Freude über Auszeichnungen, interessante Hintergründe von aktuellen Projekten und alles andere, was Kunden, Interessenten und die breitere Zielgruppe interessiert. Während Webseiten relativ statisch sind, kann Facebook jeder im Handumdrehen mit neuen Inhalten füttern. Schnell ein Foto mit dem Smartphone aufnehmen und hochladen, ein paar Sätze dazu getippt, und schon ist ein neuer Post im Netz. Allerdings ist dieser Post auch genauso schnell in die hintere Reihe gerückt, weil jeder neue Post die alten in der Chronik nach unten rückt. Deshalb kann ein Facebook-Account niemals eine Webseite ersetzen. Basisinfos zum Unternehmen lassen sich bei Facebook nicht abbilden. Es ist eine wichtige Ergänzung zur Webseite, aber nicht das digitale Hauptquartier. Auch als Vermarktungsplattform bietet Facebook zahlreiche Möglichkeiten, Anzeigen zielgruppengerecht zu schalten. Mit einer Facebook-Anzeigenkampagne können Sie Personen gezielt auf Inhalte Ihrer Webseite oder Microsite aufmerksam machen. Zunächst müssen Sie überlegen, was genau Sie mit dieser Maßnahme erreichen möchten. Mehr Klicks auf der Webseite? Bestellungen? Anfragen? Beim Buchen der Anzeigen legen Sie die Zielgruppe fest. Diese können Sie auswählen z. B. nach demografischen Daten, Region, Berufsgruppe, Hobby usw. Die Inserate sind verlinkt zu Ihrer Webseite und erscheinen an bestimmten Stellen bei Facebook: So können sie etwa in der rechten Spalte erscheinen oder in der Desktop- bzw. mobilen Version des Newsfeeds. Formate gibt es viele – von Bild-Text-Kombinationen und Slideshows über Videos – entweder einzeln oder in Form eines Karussells. Generell dominieren bei Facebook (bewegte) Bilder mit eingängigen, kurzen Sprüchen. Bei Facebook können Sie zwischen zahlreichen Buchungsformen und Anzeigenformaten wählen. Manche Inserate dienen dazu, Gefällt-mir-Bewertungen zu bekommen und Besucher auf die eigene Webseite zu locken. Andere zielen darauf, für die Installation einer App zu werben. Eine einfache Form, die auch mit dem Facebook „Power Editor“ erstellt werden kann, ist ein Bild mit Überschrift und einer Textzeile. Pro Kampagne können sechs verschiedene Motive hochgeladen werden. Die Annonce erscheint entweder am rechten Rand oder auch im Newsfeed der Nutzer. Die Empfänger der Anzeige können sehr genau z. B. in Bezug auf Geschlecht, Beziehungsstatus, Ausbildung und Interessen festgesetzt werden. Anschließend wird vom System angezeigt, wie groß die gewählte Zielgruppe ist. Außerdem gibt es die Option, Facebook selbst mit Daten über eigene Geschäftskontakte

4.2  Plattformen für soziale Kontakte

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zu versorgen. Sie laden eine Excel-Adressdatei hoch und Facebook ermittelt die übereinstimmenden E-Mail-Adressen. Ob Sie einen solchen Schritt gehen, müssen Sie selbst abwägen. Abgesehen davon, dass es ein Vertrauensbruch ist, gibt es datenschutzrechtliche Bedenken. Wählen können Sie bei Facebook, ob Sie für Klicks auf Ihre Anzeige oder für deren Einblendung zahlen wollen. Hier ist das Prinzip ähnlich wie bei Google AdWords: Sie geben ein Gebot ab und konkurrieren mit anderen, die mit ihrem Inserat dieselbe Zielgruppe ansprechen möchten. Wer hier am falschen Ende spart, riskiert, unterzugehen. Die Möglichkeit, das Gebot vom System optimieren zu lassen, besteht ebenfalls und ist bei unerfahrenen Anzeigenkunden sicher der bessere Weg. Ein Erfahrungswert, der jedoch auch vom Inhalt der Anzeige bestimmt wird: Die rechte Anzeigenspalte wird meist ignoriert. Anders sieht es mit dem Einblenden im Neuigkeitsbereich aus: Hier kann es sein, dass eine gute gemachte Anzeige schnell gelikt und weiterverbreitet wird.  Tipp  „Stumpf ist Trumpf“ gilt nach Aussagen von Online-Marketingfachleuten für Facebook-Werbung. Halten Sie Ihre Botschaft einfach, geben Sie sich locker und würzen Sie das Ganze mit einem guten Schuss Humor!

XING Dieses Portal ist die richtige Wahl, wenn Sie überwiegend in Deutschland oder im deutschen Sprachraum aktiv sind. Zunächst benötigen Sie einen Premium-Account, denn die kostenlose Variante bietet zu wenige Funktionen. Wichtig sind ein professionelles Profilbild, vollständige Angaben und die richtigen Stichwörter (damit Sie auch gefunden werden). Sie sehen, wer Ihr Profil besucht hat. Außerdem können Sie auch an Nichtkontakte Nachrichten schicken, sogar mit Anhang. Die erweiterte Suche bietet viele Filter, mit denen Sie gezielt interessante Kontakte ausfindig machen können. Ihre Privatsphäre steuern Sie selbst durch entsprechende Einstellungen. So können Sie entscheiden, ob Ihre Kontakte für andere sichtbar sind oder nicht. Wenn Sie Veranstaltungen durchführen, lassen sich Events anlegen. Zu diesen versenden Sie persönliche Einladungen an Ihre Kontakte. Auch in Gruppen können Sie die Veranstaltung posten und damit noch mehr potenziell Interessierten zugänglich machen. Übrigens: Sie können themenbezogene Gruppen selbst gründen und auch welchen beitreten. Dazu ein Hinweis: Am meisten profitieren Sie davon, wenn Sie sich engagieren und z. B. auf Fragen anderer antworten. So können Sie durch Fachkompetenz auf sich und Ihre Innovation aufmerksam machen. Auch das Posten von Links (z. B. zu einem eigenen Blogbeitrag über Ihre Neuerung) ist möglich. Ein Unternehmensprofil stellen Ihre

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

Firma als Arbeitgeber dar. Neben einer Unternehmensbeschreibung lassen sich Zahlen, Daten und Fakten unterbringen – ebenso, wie eine Verlinkung zu allen Mitarbeiterprofilen. Sogenannte Business-Pages unterstützen Sie ebenfalls bei Ihren Marketing- und Vertriebsaktivitäten. Dabei geht es schwerpunktmäßig um die Darstellung Ihrer Angebote sowie um die Generierung von Leads. Im Gegensatz zu den Unternehmensprofilen lassen sich mehrere Business-Pages anlegen. Das kommt infrage, wenn Sie etwa mehrere umfangreiche Produktgruppen oder Marken haben. LinkedIn Wer Wert auf internationale Kontakte legt, ist bei LinkedIn gut aufgehoben. Das Portal basiert auf den drei Säulen Netzwerk, Bildung, Wissensvermittlung. Die Networking-Funktion hilft beim Finden von Kontakten, bei Bildung geht es um Unterstützung bei der beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung und bei Knowledge um den Austausch fachlicher Inhalte. Neben einem kostenfreien Basis-Account stehen vier Arten der Premiummitgliedschaft zur Auswahl.

4.3 (Bewegte) Bilder ansehen und austauschen Bilder und Videos ziehen oft mehr Aufmerksamkeit auf Ihre Innovation als textlastige Posts, die man sich erst einmal genau durchlesen muss. Eine Auswahl der bekanntesten Portale: Instagram – für bildhafte Botschaften Das Portal dient der Veröffentlichung von Fotos und Videos. Mithilfe der Instagram-App stehen den Nutzern viele Bildbearbeitungswerkzeuge zur Verfügung. Kategorisiert werden die Veröffentlichungen durch sog. Hashtags, eine Raute und darauffolgende stichpunktartige Erläuterungen. Seit August 2016 gibt es die Zusatzanwendung Instagram Stories. Damit können kurze Videos und beschriftete bzw. bemalte Bilder zu einer Geschichte verknüpft und geteilt werden. Nach 24 h werden die Stories wieder gelöscht. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich das Verbreiten von Stories für Marketingzwecke einsetzen lässt. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Flickr Mitglieder sind viele Amateur- und Profifotografen. Neben Bildern können Videos in der Maximallänge von drei Minuten hochgeladen und verschlagwortet werden. Die Dateien lassen sich archivieren. Andere Nutzer können Kommentare

4.3  (Bewegte) Bilder ansehen und austauschen

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hinterlassen und sich darüber miteinander austauschen. Viele Firmen distribuieren und archivieren ihre Pressebilder bei Flickr. Das Hochladen einer größeren Anzahl von Bildern ist an eine kostenpflichtige „Pro-Mitgliedschaft“ gebunden. Mode, Lifestyle und mehr – Pinterest Die meisten Nutzer zapfen die Plattform Pinterest an, wenn Sie sich über Wohnen, Mode, Ernährung oder Reisen informieren möchten. Die virtuelle Pinnwand eignet sich weniger zur direkten Kommunikation. Jeder Nutzer sammelt auf seiner eigenen Pinnwand Nachrichten und Bilder von anderen. Er kann diese thematisch strukturieren. Werben kann man auf Pinterest mit „Promoted Pins“, die in die normalen Informationen eingebunden werden. Präsentationen für die ganze Welt: SlideShare Als Veröffentlichungsplattform für unterschiedliche Fachgebiete und Branchen hat sich SlideShare etabliert. Präsentationen, Dokumente und Videos können hochgeladen, mit Keywords versehen und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Um Networking geht es dabei weniger, doch vielleicht wird auf diesem Weg ein Investor auf Ihre Innovation aufmerksam. Übrigens: Auch große und bekannte Organisationen wie das Weiße Haus nutzen SlideShare zu Image- und Informationszwecken. Der Video-Klassenprimus: YouTube Seine enorme Reichweite macht YouTube so attraktiv für Marketingaktivitäten. Pro Minute kommen rund 100 h an neuem Filmmaterial hinzu. Lange Zeit bot YouTube die einzige Möglichkeit, einen eigenen Videokanal anzulegen. Trotz einiger Konkurrenzangebote, die ebenfalls diese Option bieten, ist YouTube immer noch die am stärksten frequentierte Plattform. Neben Firmen und Prominenten veröffentlichen auch sehr viele Videoblogger ihre Inhalte. Manchen gelingt es, sich durch viele Abonnenten und Produktplatzierungen ein berufliches Standbein aufzubauen. Unternehmen versuchen verstärkt, durch lukrative Kooperationen mit solchen Influencern ihren eigenen Wirkungskreis zu verbreitern. Es wird sich zeigen, ob dieser Trend so bleibt, wenn YouTube seine Angebote kostenpflichtig macht. Vimeo – YouTube für Erwachsene Eine weitere Anlaufstelle für effektives Social-Media-Marketing bildet die Videoplattform Vimeo. Dort werden meist technisch und/oder künstlerisch anspruchsvolle selbstproduzierte Inhalte veröffentlicht. Versehentlich verwackelte

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

Mobilphone-Videos finden sich dort hingegen nicht. Das Nutzungsprinzip gleicht dem von YouTube: Das Filmmaterial ist frei zugänglich, doch nur angemeldete Nutzer können Kommentare und Bewertungen posten. Bis zu 500 MB pro Woche können kostenlos hochgeladen werden. Bei einem größeren Datenaufkommen muss zu einem kostenpflichtigen Paket gewechselt werden. Kommerziell tätige Unternehmen, die Vimeo für Werbezwecke nutzen möchten, sind ebenfalls zu einer bezahlten Mitgliedschaft verpflichtet. Ausgenommen davon sind unabhängige Produktionsfirmen, Künstler und gemeinnützige Träger.

4.4 Nachrichtenplattformen In diesen Portalen steht der Austausch von Nachrichten und anderen Informationen im Vordergrund – mal mit wenigen und mal auch mit vielen Worten. Kurz und knackig: Twitter Der Mikroblogging-Dienst ermöglicht das Verbreiten von Kurznachrichten mit maximal 140 Zeichen (Tweets). Die Minibotschaften werden chronologisch im eigenen Profil und im Newsfeed von Abonnenten (Followers) aufgelistet. Auch die direkte Ansprache von Personen per @-Zeichen ist möglich – ebenso wie die Zuordnung von Nachrichten zu bestimmten Themen mit der Raute-Taste. Interesse wecken kann man durch Links zu Fotos, Videos oder Webseiten. Die Funktion „Twitter Advertising“ bietet das Hervorheben von Profilen und das Sponsern von Tweets, um mehr Aufmerksamkeit zu wecken. Achtung: Beim Echtzeitmedium Twitter sind besonders schnelle Reaktionen gefragt! Der Klassiker unter den Blogplattformen: Tumblr Bei Tumblr können Textbeiträge in beliebiger Länge und Bilder veröffentlicht, mit anderen Nutzern geteilt sowie Nachrichten mit einem Messenger verschickt werden. Für eine bessere Sichtbarkeit lassen sich die Inhalte mit Hashtags (#) verschlagworten. Die Nutzergruppe von rund 230 Mio. Menschen setzt sich überwiegend aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen zusammen, sodass sich Tumblr für Kampagnen mit jungen Zielgruppen eignet. Authentisches Auftreten und das Veröffentlichen bedeutsamer Inhalte sind auch hier das A und O.

4.5  Mobile Marketing – das Smartphone als Marketingkanal

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4.5 Mobile Marketing – das Smartphone als Marketingkanal Mobile Marketing ist heute ein unverzichtbarer Bestandteil des Marketingmix für Unternehmen, die sich im Consumer-Markt bewegen. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) hat in seiner Studie „Digitale Nutzung in Deutschland 2018“ einen stetigen Anstieg der Nutzungslänge von mobilen Endgeräten wie Smartphones, Tablets, Wearables und E-Readern festgestellt. Im Jahr 2017 betrug die durchschnittliche Internetnutzung mit dem Smartphone an Wochentagen 152 min (2015 etwa 80 min), am Wochenende 202 min (2015 etwa 100 min). Die Nutzung klassischer Medien nimmt dagegen stetig ab. Gab es 2014 noch 40,4 Mio. Smartphonenutzer, waren es 2018 bereits 57 Mio. (Angaben laut Statistik-Portal Statista, Zugriff am 4. April 2019). Aus der Studie des BVDW geht hervor, dass Kleidung, Schuhe, Accessoires, Elektrogeräte und Computerzubehör von internetaffinen Verbrauchern bereits vorwiegend online eingekauft werden. Eine eigene Webseite hatten laut Statista 66 % der deutschen Unternehmen (2015 waren es 58 %). Vor allem kleine Unternehmen scheuen noch die Kosten, die mit einem professionellen Webauftritt verbunden sind. Die Webseite wird als Visitenkarte im Netz missverstanden, die keinen Nutzen bringt. Die Vorteile von Mobile Marketing Damit digitale Kommunikation funktioniert, müssen Voraussetzungen geschaffen werden. Das eigene Angebot muss für die Zielgruppe einfach auffindbar sein. Dafür sorgen professionelle SEO-Maßnahmen. Eine weitere wichtige Grundlage ist das Responsive Webdesign, das dafür sorgt, dass die Webseite oder Landing-Page auch auf mobilen Endgeräten einwandfrei angezeigt wird und alle Funktionen leicht zu bedienen sind. Um noch näher am Interessenten oder Kunden zu sein, entwickeln immer mehr Unternehmen Apps. App ist die Abkürzung von Applikation und bezeichnet umgangssprachlich Softwareprogramme, die sich vom Nutzer auf Smartphones und Tablets installieren lassen. Jeder kennt die kleinen Programme, die vom Hersteller vorinstalliert werden. Software für Wetter, Uhr, Kalender sind selbstverständliche Helferlein im Alltag. Die E-Commerce-Branche erleichtert ihren Kunden mithilfe von Apps den Zugang zu ihrem Kundenkonto, die Bahn macht die Buchung mobil und informiert (nicht immer) über Verspätungen, die Bank ermöglicht unterwegs eine Überweisung. Per App wird die Anwendung vereinfacht, Prozesse werden beschleunigt und der Zugang zu Informationen wird schneller gewährleistet.

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

Apps sind jedoch Instrumente, die zu weit mehr genutzt werden, als die Servicequalität und damit die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Mit Apps können gezielt Kaufimpulse vermittelt werden. Nutzer hinterlassen digitale Spuren ihrer Vorlieben und Interessen. Dadurch ist es möglich, individuell entsprechende Angebote zu lancieren, die auf Basis der erhobenen Daten automatisiert übermittelt werden. Mobile Coupons mit Rabatt-Code oder Infos zu Sonderaktionen werden per Code, SMS oder E-Mail versendet und regen zum Kauf an. Selbst Einzelhändler können auf diesem Weg ihre Kundenbindung und Kundengewinnung verstärken, wenn ihre Coupons vor Ort eingelöst werden müssen. In dieser Hinsicht besteht für viele deutsche Unternehmen noch Luft nach oben. Die Transparenz des Nutzerverhaltens ist ein Plus für das digitale Marketing, aber ebenso ein Quell der Kritik in Hinblick auf den Datenschutz. Es besteht die Möglichkeit, detaillierteste Profile von App-Nutzern anzulegen. Das gefällt nicht jedem. Deshalb ist es wichtig, die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auch bei der Gestaltung von Apps anzuwenden, über die Erhebung von Daten zu informieren und Nutzern zu gewährleisten, dass sie ihre Daten einsehen und löschen lassen können. Aktuell nutzen v. a. große und auf E- und Mobile Commerce spezialisierte Unternehmen Apps im Rahmen ihres Online-Marketings. Wird die Erstellung von Apps in Zukunft einfacher und weniger kostenintensiv, werden sie einen höheren Anteil im Marketingmix von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) einnehmen. Hat Ihr Wettbewerb schon eine App? Sind Sie der Pionier in Ihrem Marktsegment, kann Ihnen eine App alle Vorteile des Spitzenreiters für diesen Service einbringen. Müssen Sie dagegen nachziehen, können Sie sich alle Informationen zunutze machen, die Ihnen der App Store in Form von Kundenbewertungen und Kommentaren liefert. Machen Sie es einfach besser! Die App-Vermarktung Ein Knackpunkt in der Vermarktung einer App ist ihre Auffindbarkeit. Wer seine neue App einfach nur in einen App-Store einstellt, wird keine zufriedenstellenden Downloads verzeichnen können. Schon die Art und Weise, wie eine App in den Store gestellt wird, kann über ihre Sichtbarkeit entscheiden. Ihr Titel sollte kurz, knackig und aussagekräftig sein. Ein attraktiv gestaltetes Icon verschafft Aufmerksamkeit. Das Vorschaubild gibt einen ersten Eindruck, was den Nutzer erwartet. Der Beschreibungstext mit etwa 300 Wörtern sollte die Vorteile und Alleinstellungsmerkmale der App deutlich machen. Zur besseren Auffindbarkeit dienen Tags, das sind passende Schlagwörter, die Interessenten auf der Suche nach Merkmalen, über die Ihre App verfügt, suchen. Bei der Suche wird sie dann entsprechend ihres Rankings nach Downloadzahlen, der Downloadfrequenz, der

4.6 Blogmarketing

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Anzahl von Nutzerbewertungen und der Güte der Bewertungen angezeigt. Einsteiger beginnen also eher auf den hinteren Plätzen. Für Starter ist das eine schwierige Ausgangslage. Deshalb ist es wichtig, auch außerhalb des App Stores die Werbetrommel für Ihre App zu rühren. Dazu können z. B. zielgruppenorientierte Facebook-Ads oder Anzeigen bei Google dienen, die auf eine Landing-Page oder die eigene Webseite führen. Schon im Vorfeld des Veröffentlichens der App können auf diese Weise zukünftige Nutzer gewonnen werden, deren Kontaktdaten bei der Aktion erfasst werden. Per SMS oder Newsletter wird der Launch der App dann aufmerksamkeitsstark bekannt gemacht. Auch die gute, alte PR-Arbeit kann zum erfolgreichen Start beitragen. Der nächste Schritt im App Marketing ist der App Boost. Mit Werbeplatzierungen durch spezialisierte Agenturen werden bei Kampagnen tausende Interessenten angesprochen und zum Download der App animiert. Dadurch steigt die App im Ranking des Stores. Ist die App gut gemacht, kann sie sogar als Neuheit der Woche von der Redaktion des Stores hervorgehoben werden. Bei der hohen Anzahl an stetig in den Stores neu angebotenen Apps ist es unerlässlich, kontinuierlich für Aufmerksamkeit zu sorgen. Das kann z. B. durch Updates gelingen. Auf Basis der Downloadzahlen, der User-Bewertungen und der im Rahmen der Nutzung gewonnenen Daten werden Hinweise gewonnen, wo Optimierungs- oder Erweiterungsbedarf besteht. Das Update wird wieder von entsprechenden Marketingmaßnahmen gepusht. (Angelika Howind)

4.6 Blogmarketing Bei den meisten Firmen und Freiberuflern gehört das Betreiben eines eigenen Blogs schon zum guten Ton. Darin werden meist neben Meldungen aus der eigenen Firma Inhalte veröffentlicht, die im weiteren Sinn mit dem eigenen Thema (also Ihrer Innovation) zu tun haben. Beispiel: Sie haben einen Roboter erfunden und laden Beiträge zu Industrie 4.0 hoch. Der Schreibstil ist bei einem Blog oft lockerer als in einem von Journalisten betriebenen Online-Fachmagazin. Viele Blogbetreiber duzen ihre Leser auch. Das Bloggen kann eine Einzelmaßnahme im Rahmen einer größeren Kampagne sein – oder Sie entwickeln eine Kampagne, um Ihren Blog bekannt zu machen. Doch zunächst ein paar technische Hinweise. Als Software bietet sich WordPress an. Sie haben die Wahl zwischen kostenlosen und bezahlungspflichtigen Themes, also gestalterischen Vorlagen. Die können Sie dann wiederum mit Bildern und Farbwahl an Ihre eigenen Zwecke bzw.

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

das Erscheinungsbild Ihres Unternehmens anpassen. Ein mit Wordpress betriebener Blog hat i. d. R. zwei Navigationen: • Eine feststehende Zeile mit Links zu Seiten, die Sie selbst anlegen können • Kategorien für die aktuellen Meldungen, die Sie veröffentlichen Die häufigste Einstellung besteht darin, dass jeweils die letzte neue Meldung in die Startseite hineingezogen wird. In der feststehenden Kopfzeile sind gleichbleibende Inhalte untergebracht. Hier handelt es sich um weitere Angaben zum Blog, zu seinen Themen und zu den Betreibern. Haupttext ist der letzte Beitrag, der darüber hinaus den gewählten Kategorien zugeordnet wird. Was in den Feldern am Rand steht, kann per Einstellung festgelegt werden und ist abhängig vom gewählten Thema. Den eigenen Blog vermarkten Um den Bekanntheitsgrad Ihres Blogs (und damit die Zahl der Zugriffe) zu erhöhen, ist neben spannenden, gut aufbereiteten Themen eine möglichst gute Vernetzung im Internet erforderlich. Je besser Ihre Beiträge für eine breitere Öffentlichkeit geeignet sind, desto einfacher ist es, Partnerblogs z. B. für einen Content-Tausch (gegenseitige Veröffentlichung von Gastbeiträgen) zu gewinnen. Ein richtiger Glücksgriff kann geschehen, wenn ein professionelles OnlineMagazin Ihren Blog entdeckt und daraus als Zweitverwertung Beiträge publiziert. Achtung: Um Inhaltsdoppelungen zu vermeiden, sollten Sie bei der Streuung Ihrer Beiträge den Text variieren.  Tipp  Empfehlen Sie die Links zu Ihren Blogbeiträgen über Ihre sozialen Netzwerke, um auch auf diesem Weg die Zahl der Klicks zu erhöhen!

Fremde Blogs zur Vermarktung Ihrer Innovation nutzen Viele Blogs kommen in ihrer journalistischen Qualität an professionelle Magazine heran. Hinzu kommt, dass Blogger oft eine eigene Reichweite und viele Anhänger haben, die ihre Beiträge regelmäßig lesen. Nehmen Sie Kontakt mit Bloggern auf, die zu Ihrem Thema veröffentlichen. Häufig sind diese bereit (oder bieten dies auch ganz offiziell an), gegen Honorar einen Link zu schalten oder sogar einen dauerhaft platzierten, verlinkten Beitrag über Sie und Ihre Innovation zu veröffentlichen. Die Konditionen sind sehr unterschiedlich, die Preise liegen im Schnitt aber unter denen für Inserate oder gekaufte redaktionelle Beiträge in großen Online-Fachmagazinen. Wenn Ihnen die eigene Recherche zu aufwendig

4.7  Online-Werbung schalten

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ist: Portale wie Seedingup, Bloggercontent und andere bieten eine Mittlerrolle an. Seedingup etwa funktioniert so: Sie loggen sich als Werbetreibender (Advertiser) ein und können gezielt nach thematisch passenden Blogs forschen. Die Preise für Blogeinträge, Video-Posts, Advertorials, Pressetexte und ähnliches variieren in Abhängigkeit vom Google-Ranking des Bloggers.

4.7 Online-Werbung schalten Aus der Menge der Werbeformen seien hier die Inserate herausgegriffen, die mit einem Link zur eigenen Webseite verbunden sind. Sie können mit einem auszählbaren Redirect-Link ausgestattet sein, der die Erfolgskontrolle leicht macht. Typische Stellen, um Online-Inserate zu schalten: • Nachrichtenportale von bekannten Zeitungen • Suchmaschinen (z. B. Google AdWords) • Social-Media-Portale (z. B. Facebook) Für alle drei Varianten gilt: Ordern Sie Preislisten, lassen Sie sich gegebenenfalls beraten und vergleichen Sie. Ob sich ein Online-Inserat gelohnt hat, erfahren Sie ohnehin erst im Nachhinein. Nachrichtenportale Die Preise bei bekannten Nachrichtenportalen sind entsprechend hoch. Für ein Banner auf der Startseite werden schnell mehrere Tausend Euro fällig. Meist gibt es verschiedene Anzeigenformate – etwa vom sog. Skyscraper. Das Banner hat eine besonders große Höhe, abgeleitet aus dem Englischen für Hochhaus. Es wird meist am rechten oder linken Webseitenrand platziert und ist beim Herunterscrollen oft noch sichtbar. Außerdem gibt es Anzeigen, die sich (aufdringlich) über den Inhalt der Webseite schieben. Diese werden jedoch oft als nervig empfunden und wecken negative Emotionen dem Inserenten gegenüber. Davon ist also eher abzuraten. Darüber hinaus gibt es Content-Banner, die in Beiträge integriert werden. Manchmal können Sie als Werbekunde bestimmen, wie oft ein User Ihre Anzeige präsentiert bekommt. Hat er sie zweimal gesehen und nicht angeklickt, erübrigt sich jedes weitere Einblenden. Generell ist es so, dass Banner mit gut gemachten Animationen häufiger angeklickt werden als statische, denn Bewegung weckt Aufmerksamkeit und Interesse. Der Preis für Inserate in Nachrichtenportalen richtet sich meist nach dem Tausend-Kontakt-pro-Page-Impression-Prinzip. Häufig werden auch Rabatte angeboten.

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

Suchmaschinen: Beispiel Google AdWords Die wohl bekannteste Suchmaschine ist Google, sodass hier das Beispiel AdWords beschrieben werden soll. Sobald ein Nutzer nach Produkten oder Dienstleistungen mit Bezug zu Ihrem Angebot recherchiert, erscheinen oben oder unten auf der Google-Ergebnisseite gekennzeichnete Anzeigen. Das Kampagnenbudget legen Sie selbst fest und bezahlen später für jeden Klick auf Ihre Anzeige. Für diesen Preis geben Sie in Ihrem AdWords-Konto ein Maximalgebot, wie viel Sie für einen Klick auf die Anzeige zahlen würden. Auch die durchschnittlichen Kosten pro Tag legen Sie selbst fest. An manchen Tagen werden Ihre Anzeigen häufiger geschaltet und an anderen zum Ausgleich weniger, sodass Sie sich pro Monat immer in Ihrem festgesetzten Rahmen bewegen. Beim Finden passender Schlüsselbegriffe ist Sorgfalt gefragt. Hierzu wählen Sie Wörter aus, die potenzielle Kunden wahrscheinlich verwenden, wenn sie nach Ihren Produkten oder Dienstleistungen suchen. Geschieht dies, kann Ihre Anzeige gemeinsam mit den Suchergebnissen erscheinen und möglicherweise zusätzlich auf anderen Webseiten zu diesem Thema zu sehen sein. Warum „kann“ und „möglicherweise“? Ob Ihre Anzeige erscheint, ist von vielen Faktoren abhängig. Einer ist der von Google AdWords intern verliehene Rang, der auf der angenommenen Nützlichkeit für den User basiert. Eine weitere Rolle spielt die Höhe Ihres Gebots – und die Frage, ob der User überhaupt auf gekennzeichnete Anzeigen klickt. Ist dies nicht der Fall, erscheint auch Ihre Anzeige nicht, da es sinnlos wäre. Das Zusammenspiel der richtigen Keywords und Maximalgebote ist die Grundlage für den Erfolg. Die meisten Kunden beginnen mit einem eher niedrigen Budget und prüfen, welcher Suchbegriff die erwünschte Wirkung erzielt. Erst dann wird eine höhere Summe investiert. Dies scheint zumindest aktuell die richtige Strategie zu sein.

4.8 Versand von digitalen und gedruckten Newslettern Sich in der heutigen Informationsflut mit einem Newsletter zu behaupten, bedeutet eine Herausforderung. Bevor Sie selbst einen aussenden, beantworten Sie bitte für sich selbst die folgende Frage: Wie viele Newsletter lesen Sie und wie viele löschen Sie? Newsletter, die nur werbliche Informationen enthalten, werden meistens gelöscht. Und bitte versenden Sie dieses Medium nur an Personen, die es ausdrücklich abonniert haben. Die Inhalte, über die Sie berichten, müssen

4.8  Versand von digitalen und gedruckten Newslettern

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• für die Empfänger relevant, • aktuell und mit Neuigkeitswert versehen sowie • spannend aufbereitet sein. Da kaum jemand einen Newsletter von A bis Z durchliest, ist es sinnvoll, die einzelnen Berichte mit Bild und Kurztext anzuteasern, also kurz anzureißen. Später bei der Auswertung können Sie dann sehen, welche Themen besonders oft angeklickt wurden. Redaktionelle Inhalte sind klar von Werbung zu trennen. Sehr empfehlenswert sind Anbieter wie newsletter2go.de. Sie können hier zwischen vereinzelt verschickten Newslettern oder einem Abo entscheiden. Bereits enthalten ist eine Abmeldefunktion und Sie können Layouts abspeichern. Verfügen Sie über viele vorhandene redaktionelle Inhalte (z. B. durch einen Blog), können Sie Beiträge zielgruppengerecht zusammenstellen und eine bebilderte Kurzfassung in den Newsletter integrieren. An den Klicks sehen Sie auch, welche Ihrer Themen besonders gefragt sind.  Tipp  Ein informativer, hochwertiger und nach journalistischen Kriterien gestalteter Newsletter macht sehr viel Arbeit und lohnt sich nur bei einer hohen Zahl an Abonnenten. Wenn Sie fremde Inhalte veröffentlichen oder auf diese verweisen, müssen Sie vorher das Einverständnis der Autoren bzw. Inhaber der Rechte einholen.

Gedruckte Newsletter finden sich z. B. in Form von Mitarbeiter-, Mitglieder- oder Kundenzeitungen. Wenn Sie in ein solches Medium investieren, sollte die Qualität gut sein. Sie zeigt sich z. B. durch die Inhalte. Seitenlange Werbetexte über Ihre Innovation möchte niemand lesen, sondern informativ-unterhaltsame Beiträge mit Bezug zu den Lesern Ihres Mediums. Für Abwechslungsreichtum können Sie sorgen, indem Sie unterschiedliche Formate mischen: • Ein Grußwort/Editorial • Interviews • Reportagen • Kurze Berichte Wichtig sind ansprechende und möglichst professionelle Fotos. Auch das Papier spielt eine Rolle. Der Umschlag sollte etwas dicker sein als die Blätter im Innenteil. Die Zeitung sollte sich hochwertig anfühlen und auch so gestaltet sein. Wichtig: Zu den Redaktions- und Gestaltungskosten kommt noch das Porto. Ab einer

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

gewissen Auflage und Erscheinungsfrequenz bietet die Post Sonderkonditionen. Wenn Sie ein Heft ohne Kuvert oder Folienverpackung verschicken, kann es zerfleddert im Briefkasten landen.

4.9 Mailingaktionen Unter einem Mailing versteht man eine allgemeine oder personalisierte Massenaussendung, die meist zu Werbezwecken verschickt wird. Auch Newsletter zählen dazu. In der Innovationskommunikation werden Mailings eingesetzt, wenn eine Neuerung kurz vor der Einführung steht oder als fertiges Angebot auf dem Markt ist. Während früher überwiegend postalische Mailings versendet wurden, dominiert heute die digitale Variante (entweder direkt in die E-Mail geschrieben oder als Anhang). Printmailing Kommen wir zunächst zum postalisch versandten Mailing. Dieser Klassiker besteht aus mehreren Elementen: • Umschlag: Er stellt den ersten Kontakt zum Empfänger her. Das Kuvert sollte durch gezielte Gestaltungselemente neugierig machen und so einen Anreiz schaffen, es zu öffnen. • Brief bzw. Anschreiben: Dieser Informationsträger hat die Funktion eines kurzen Verkaufsgesprächs per Brief: Er enthält werbliche Informationen und soll den Empfänger zu einer Handlung bewegen, wie z. B. Annahme des präsentierten Angebots oder Kontaktaufnahme, um mehr zu erfahren. • Reaktionsmittel: Manchen Mailings liegen Antwortkarten oder Formulare bei, die der Empfänger ausfüllen und zurücksenden soll. • Beigaben: Drückt sich eine Beigabe durch den Umschlag, wird er häufiger geöffnet. Deshalb verschicken manche Unternehmen Teebeutel, Cremeproben, Samentütchen und andere platte Gegenstände als Präsente.  Tipp  Die Investition in ein Print-Mailing lohnt dann, wenn es hochwertig gestaltet ist – also entweder ganz oder gar nicht. In die Überlegungen einfließen sollten Kenntnisse der Responsequoten: Bei anonymen Empfängern, die noch nie Kontakt zum Absender hatten, liegt diese bei 1–3 %.

Die Reihenfolge, in der das menschliche Auge Informationen aufnimmt, ist bei den meisten Menschen in unserem Kulturkreis ähnlich. Auch für Briefe gibt es

4.9 Mailingaktionen

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wissenschaftliche Untersuchungsergebnisse. Überlegen Sie selbst einmal, in welcher Reihenfolge Sie die Einzelinformationen auf einem Anschreiben wahrnehmen. 1. Zunächst schauen Sie vermutlich auf die Adresse im oberen Teil des Briefs. Sie prüfen innerhalb von Sekundenbruchteilen, ob der Brief wirklich an Sie gerichtet ist und ob Ihr Name auch korrekt geschrieben ist. 2. Dann wandert Ihr Blick nach oben rechts, wo i. d. R. Logo und Kontaktdaten des Absenders abgebildet sind. 3. Als nächstes studieren Sie die Betreffzeile, um zu erfahren, um was es geht. 4. Vielleicht lesen Sie danach erst das PS am Schluss, bevor Sie zum Schluss 5. den Fließtext aufnehmen. Daraus leiten sich folgende Empfehlungen ab: • Ist die Betreffzeile langweilig und nichtssagend, schließt der Empfänger daraus auf den gesamten Brief – Ihr Schreiben wandert in die Abfalltonne. • Da die Betreffzeile und das PS in fast jedem Fall gelesen werden, sollten Sie diese Plätze für besonders wichtige Mitteilungen nutzen. • Für eine gute Lesbarkeit des Fließtexts bilden Sie mit je einer Leerzeile dazwischen einzelne Textblöcke. Flattersatz ist besser als Blocksatz. Letztgenannter wirkt zum einen streng und starr, zum anderen reißt er bei Zeilen mit wenigen Wörtern auch Löcher in den Text. Wichtige Briefe und Mailings sollte eine möglichst hochrangige Person unterzeichnen. Wenn jemand anders unterschreibt, dann bitte möglichst ohne das i. A. Es lässt den Unterschreiber als wenig kompetenten Hiwi ohne eigene Entscheidungskompetenz erscheinen. Oft besteht bei gedruckten Mailings das Problem, dass der Umschlag gar nicht erst geöffnet wird. Oder das Anschreiben wird zwar entnommen, doch landet es nach dem Überfliegen sofort im Papierkorb. Wird nachtelefoniert, ob das Schreiben angekommen und Interesse am Angebot besteht, erinnert sich der Empfänger in vielen Fällen nicht mehr daran. E-Mailings Da wohl jeder Berufstätige sich über die vielen Spam-Aussendungen ärgert, ist es empfehlenswert, nur bereits bekannte Geschäftskontakte oder Interessenten anzuschreiben. Zentral für das Gelingen einer E-Mail-Massenaussendung sind zwei Faktoren: Die E-Mail muss im Postfach des Empfängers landen (Nr. 1) – und sie sollte gelesen werden (Nr. 2). Der Versandzeitpunkt ist wichtig: Richten Sie sich an

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

• Unternehmen: werktags, am besten morgens; • Privatleute: jeder Tag einschließlich Wochenende, morgens oder abends. Ebenso wie beim Printmailing muss die Betreffzeile spannend sein und zum Lesen anregen. Von der Masche, scheinbar versehentlich eine E-Mail mit einem heißen Tipp und einem Link zum Anklicken an den falschen Empfänger zu schicken, ist abzuraten. • Die Betreffzeile sollte höchstens 40 Zeichen haben (keine Sonderzeichen!). • Sie dient dazu, den Inhalt der E-Mail zusammenzufassen; Fehlinformation führt zu Ärger und zum Löschen. • Die Kernschlüsselbegriffe der Botschaft sollten darin vorkommen. • Der Name des Empfängers im Betreff ist überflüssig. • Kommt der Wohnort vor, wird die E-Mail eher gelesen. Ein technisches Problem besteht dann, wenn die E-Mail unkorrekt angezeigt wird. Es gibt Newsletter-Softwareprogramme, die für eine saubere Darstellung in allen gängigen E-Mail-Programmen sorgen. Das gleiche gilt für die Darstellung auf mobilen Endgeräten (iPhone, Smartphone etc.). Testen Sie Ihre Aussendung unbedingt, bevor Sie sie an viele Empfänger schicken!

„Mit skurrilen Bildern wecken wir Aufmerksamkeit!“

Interview mit Martin Lott, Geschäftsführer des REFA NordwestRegionalverbands Nord

Martin Lott

4.9 Mailingaktionen

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Der REFA Nordwest-Regionalverband Nord hat einen Arbeitskreis Industrial Engineering gebildet. Dieser führt regelmäßig Vortragsveranstaltungen und Betriebsbesichtigungen mit Bezug zur REFA-Lehre durch. Zu diesem werden Verbandsmitglieder und auch andere Interessenten eingeladen. Die Nachfrage ist groß, was Geschäftsführer Martin Lott auch auf die Gestaltung der Einladungen zurückführt (s. Mailing-Beispiel am Ende dieses Kastens). Er schildert die Marketingüberlegungen, die zu dieser Gestaltung geführt haben. Foto: Schön FOTOGRAFIE, Axel Schön Was ist das Grundprinzip, nach dem Sie Ihre Einladungen aufbauen? Lott: Ein großes Hinguckerbild wird ergänzt durch einen relativ lockeren Text. Passende Fotos bzw. Visualisierungen beziehen wir vom Portal fotolia.com. Was bei der Auswahl wichtig ist: Das Bild muss einen Bezug zum Thema der Veranstaltung haben und gleichzeitig auf originelle Weise die Fantasie der Empfänger anregen. Ihre Einladungen weichen von den Erwartungen ab, die viele Menschen möglicherweise an Ihren Verband haben. Lott: Früher hatten wir ein anderes Konzept und haben konventionelle Schreiben ohne Bild mit sachlichen Formulierungen verschickt. Die Resonanz war zufriedenstellend mit Luft nach oben. Doch dann beschlossen wir, mehr auf Emotionen zu setzen. Das funktioniert sehr gut. Unserer Erfahrung nach jedenfalls ist es wichtig, vorhandene Erwartungen an der richtigen Stelle zu durchbrechen und die Leute positiv zu überraschen. Inwieweit gab es konkrete Reaktionen auf den Wechsel? Lott: Unsere Zielgruppe besteht fast ausschließlich aus technikaffinen Menschen. Und die haben fälschlicherweise den Ruf, ausschließlich auf Zahlen, Daten und Fakten zu reagieren. Mich haben schon mehrere Veranstaltungsteilnehmer auf unsere originellen Anschreiben angesprochen. Und die Anmeldungszahlen sind gestiegen. Deshalb werden wir genau so weitermachen.

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

4.10 Anzeigenkampagnen

141

4.10 Anzeigenkampagnen Sie lernen nun einige Faustregeln für die Gestaltung von Anzeigen kennen, was aber nicht heißt, dass Sie sich selbst an Ihren PC setzen und ein Inserat gestalten sollen. Schalten Sie eine erkennbar selbstgestrickte Anzeige, erzielen Sie negative Reaktionen wie „Haben die nicht mal Geld für eine vernünftige Anzeige?“. Die folgenden Hinweise helfen Ihnen, die Professionalität einer Anzeige zu beurteilen und dienen zur Vereinfachung der Kommunikation mit einem Grafiker. Die Print- oder Online-Anzeige muss entsprechend dem Corporate Design Ihres Unternehmens oder der Produktreihe, zu der Ihre Innovation gehört, gestaltet sein. Wenn Sie einen Grafiker oder eine Agentur beispielsweise für die Logoentwicklung und das Erstellen Ihrer Geschäftspapiere engagiert haben, ist es am einfachsten, auch den Anzeigenauftrag in deren Hände zu geben (vorausgesetzt, Sie sind mit der bisherigen Arbeit zufrieden). So sind alle Kommunikationsmedien aus einem Guss und lassen in ihrer Gestaltung einen professionellen Charakter erkennen. Ein Inserat ist ein Blickfang, bei dem es auf die ansprechende Darstellung von Inhalten ankommt. Vor der Konzeption einer Anzeige sollte man die Reihenfolge kennen, nach der Reize durch das menschliche Auge wahrgenommen werden: 1. Bewegte vor unbewegten Inhalten 2. Primäre vor den sekundären Bedürfnissen (z. B. Nahrung vor Spendenaktion) 3. Auffällig vor neutral (z. B. verfremdete Gegenstände) 4. Visuell vor verbal (z. B. Verbotstafel schneller als das Wort Verbot) Kein Mensch verhält sich ausschließlich rational. Deshalb werden in der Werbung emotionale Inhalte präsentiert, um eine bestimmte Handlung hervorzurufen. Welche Begriffe oder Bilder lösen bei (fast) jedem Menschen ähnliche Emotionen aus (Tab. 4.1 und 4.2) Zum Thema Erotik in Anzeigen: Die Zeiten, in denen nur Frauen als Sexualobjekte abgebildet wurden, sind vorbei. Mit sexuellen Reizen lässt sich zwar an bestimmte Zielgruppen viel verkaufen, doch ist es wichtig, dass die Erotik zum beworbenen Produkt passt. Es spricht nichts dagegen, dass Sie in einer Anzeige für einen teilautomatisierten Herd einen gutaussehenden und attraktiven Mann abbilden. Doch die Erotik muss wohldosiert sein und darf auf keinen Fall ins Vulgäre abgleiten. Es kommt darauf an, dass die Botschaft der Anzeige verständlich ist. Text, Abbildungen und Gestaltungselemente bilden eine Einheit. Die Aussage der

142 Tab. 4.1  Mit Wörtern können Emotionen geweckt werden. (Quelle: Birgit Lutzer)

4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken … Begriffe

Gefühl

Freude, Spaß, Lebenslust, Genuss

Positiv

Freiheit, Grenzenlosigkeit, Weite

Positiv

Selbstverwirklichung, Individualität, Charakter

Positiv

Vertrautheit, Geborgenheit, Nähe

Positiv

Erotik, Leidenschaft, Sex

Positiv

Angst, Beklemmung

Negativ

Krankheit, Altern, Tod, Sterben

Negativ

Problem, Schwierigkeit, Verpflichtung

Negativ

Hunger, Durst, Entbehrung

Negativ

Tab. 4.2   Die emotionale Wirkung von Bildern. (Quelle: Birgit Lutzer) Abbildung/Foto

Gefühl

Babys, Kleinkinder, junge Tiere

Kindchenschema weckt zärtliche Gefühle

Erotische Reize

Starke Emotionen, sexuelle Erregung

Gesichter, Augen

Aktivierung, Blick und Aufmerksamkeit werden gefangen

Raubtiere in Angriffsstellung, bedrohlich aussehende Personen (z. B. mit Strumpfmaske)

Angst, Unwohlsein

Abbildungen sollte zum Text passen oder einen gezielten Kontrast dazu bilden, um die Aufmerksamkeit zu wecken. Auch das bewusste Verfremden von Abbildungen bis zur Unkenntlichkeit kann ein gestalterisches Stilmittel sein. Woran man eine professionell gestaltete Anzeige erkennt Natürlich ist es unmöglich, alle Anzeigen über einen Kamm zu scheren. Es kommt immer auf die Intention des Gestalters bzw. dessen Auftraggebers an. Gegen manche der im Folgenden genannten Kriterien kann auch bewusst verstoßen werden, um einen besonderen Effekt zu erzielen. Es handelt sich also mehr um Anhaltspunkte als um ein strenges Regelwerk. Ihre Anzeige sollte auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten sein. Beispiel: Ältere Menschen können oft schlecht sehen. Richtet sich die Anzeige an lebens- und arbeitserfahrene Fachkräfte, verwenden Sie bei Print-Anzeigen am besten eine gut

4.10 Anzeigenkampagnen

143

lesbare und große Schrift (Schriftgrade 11–14 Punkt) sowie starke Kontraste. Tendenziell werden die Abbildungen eine Anzeige stärker wahrgenommen als der Text. Trotzdem ist die Lesbarkeit entscheidend für den Erfolg einer Anzeige, denn das, was schlecht oder überhaupt nicht zu entziffern ist, wird definitiv nicht gelesen. So ist weißer Text auf schwarzem Hintergrund schlechter zu lesen als schwarzer auf weißem. Bei der Verwendung von Farben darf die Schrift nicht flimmern – was manchmal bei zu kleiner Schrift oder bei bestimmten Farbkombinationen vorkommt. Große Headlines in auffälligen Farben sind für das Auge meist kein Problem; allerdings sollte bei längeren Fließtexten Farbe nur dann verwendet werden, wenn der Kontrast groß genug ist – wie beispielsweise dunkelblaue Schrift auf hellgelbem Hintergrund. Gliederung  Eine professionell gestaltete Anzeige sollte übersichtlich und logisch gegliedert sein. Wichtiges wird vor Unwichtigerem wahrgenommen – wie beispielsweise die Überschrift vor dem Fließtext. Die Headline sollte auf einen Blick erkenn- und erfassbar sein – ebenso wie der Zusammenhang der einzelnen Textblöcke mit Fließtext. Sind zwischen den einzelnen Zeilen zu große Abstände, löst sich dieser Zusammenhang. Abzuraten ist von einer Überfrachtung der Anzeige mit zu vielen Informationen. Dies wirkt abschreckend und hat zur Folge, dass der Betrachter seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zuwendet. Blickführung  In vielen Anzeigen geschieht die Leseführung durch die Schriftgestaltung – beispielsweise durch die Verwendung von deutlichen Größenabstufungen. Eine professionell gestaltete Anzeige sollte i. d. R. nicht mehr als zwei bis drei verschiedene Schrifttypen und Größenabstufungen enthalten, sonst entsteht der Eindruck eines unübersichtlichen Schriftsalats. Schrift und Schriftgröße müssen zum Inhalt der Anzeige passen. Tipp: Die Auszeichnung von Schriften unter 24 Punkt mit Schatten wirkt billig und unprofessionell – ebenso wie die Verwendung von Versalien (Großbuchstaben) in längeren Fließtexten. Andere Strukturierungshilfen Geeignet sind beispielsweise Liniensysteme, Einzüge, Textblöcke, Schmuckelemente wie Sternchen, Pfeile oder Piktogramme (eher sparsam verwenden, sonst verpufft die Wirkung). Sog. Stopper ziehen den Blick des Lesers auf sich und zwingen ihn zum kurzen Verweilen (z. B. roter Stern, in dem das Wort Toppreis steht). Stopper sollten sehr dezent eingesetzt werden, da sie häufig marktschreierisch wirken.

144

4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

Abwechslungsreichtum  Langweilig gestaltete Anzeigen laufen ins Leere, denn sie ziehen keinen Blick auf sich. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um Abwechslung zu erzeugen – z. B. mit Kontrasten wie klein-groß, hell-dunkel, gerade-schräg, flächig-gemustert, rund-eckig etc. Farbverläufe als Hintergrund verleihen der Anzeige eine räumliche Tiefe. Bei strukturierten Hintergründen sollte die Auflösung nicht zu groß sein (verschwommen), damit die Lesbarkeit des Texts gewährleistet ist. So macht der harte Wechsel von Hell und Dunkel im Hintergrund den Text unlesbar. Und nun noch ein paar technische und organisatorische Hinweise. Platzierung  Wenn die Anzeige fertig gestaltet ist, erfolgt die Versendung der Daten an die Zeitung(en), in der bzw. denen sie erscheinen soll – und zwar i. d. R. durch den Grafiker oder die Werbeagentur. Oft bieten die Anzeigen auch selbst eine Gestaltung an. Fragen Sie bei der Zeitung nach, welche anderen Inserate noch auf der Seite Ihrer Anzeige stehen werden. Denn wenn Sie Pech haben, verpufft die Wirkung Ihrer Anzeige, weil sie zwischen den zahlreichen anderen Anzeigen untergeht. Dann sollten Sie über eine Verschiebung des Erscheinungsdatums nachdenken. Freigabe  Lassen Sie sich nach Möglichkeit von Ihrem Ansprechpartner vorher noch einmal einen Korrekturabzug als PDF schicken, damit Sie sicher sein können, dass die Anzeige auch so aussieht, wie sie soll. Manchmal kommt es zu Fehlern, weil beispielsweise eine Datei nicht zu öffnen ist oder versehentlich eine alte Datei (einer früheren Anzeige) verwendet wird. In diesem Fall: Wenn man Ihnen keinen Korrekturauszug geschickt hat und Sie erst nach Erscheinen der Anzeige feststellen, dass sie fehlerhaft ist, handeln Sie einen Rabatt oder als Entschädigung eine (je nach Schaden auch mehrere) Freianzeigen heraus. Mediadaten  Die Preise für die Anzeigen erfahren Sie, wenn Sie bei den Zeitungen die sog. Mediadaten ermitteln. Diese stehen im Internet auf der Webseite des Mediums zum Download bereit. Sie können auch Ihre Werbeagentur oder den Grafiker mit der kompletten Durchführung beauftragen. Schalten Sie mehrere Anzeigen hintereinander, können Sie oft einen Rabatt aushandeln. Wichtig ist auch, die Zusammenarbeit von Anzeigenabteilungen und Redaktionen für sich zu nutzen: Fragen Sie den Ansprechpartner, wie es mit einem redaktionellen Beitrag über Ihre Innovation aussieht.

4.10 Anzeigenkampagnen

145

Frequenz  Wie häufig sollte man inserieren? Wenn Sie nur eine einzelne Anzeige in einer Zeitung schalten und dann nie wieder auf diese Weise in Erscheinung treten, können Sie sich das Geld sparen. Anzeigen wirken durch Regelmäßigkeit. Wichtig ist auch, dass das Medium wirklich von Ihrer Zielgruppe gelesen wird.

„Unser Anzeigen-Kommunikator passt zur Zielgruppe!“

Interview mit Frank Schumacher, Geschäftsführer des REFA NordwestRegionalverbands Rheinland

Frank Schumacher

Die Bundeswehr ist ein wichtiger Auftraggeber für REFA-Weiterbildungen. Dadurch können sich Soldaten auf den Übergang ins Zivilleben in einem technischen Beruf vorbereiten. Ein Medium, das von vielen Bundeswehr-Angehörigen gelesen wird, ist das Bundeswehr Sport-Magazin. Und genau dort schaltete der Regionalverband Rheinland die folgende Anzeige:

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

Regionalverbands-Geschäftsführer Frank Schumacher erläutert die hinter diesem Inserat stehenden Marketingüberlegungen.

4.10 Anzeigenkampagnen

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Das Thema REFA“ und Ihre Weiterbildungen sind sehr komplex. Sie haben sich jedoch für eine relativ kleine Anzeige entschieden. Warum? Schumacher: Romane will keiner lesen. Es muss auf einen Blick zu erfassen sein, um was es geht. Deshalb haben wir uns für die Kombination eines Bilds mit einem für unsere Verhältnisse kurzen Text entschieden. Die Herausforderung bestand darin, die Inhalte auf das Nötigste zusammenzudampfen. Haben Sie das Foto von der Bundeswehr bekommen? Schumacher: Nein, denn aus Sicherheitsgründen werden keine Fotos in Zusammenhang mit den realen Namen herausgegeben. Das Bild stammt aus der Datenbank fotolia.com. Dazu haben wir einen weit verbreiteten Namen genommen, sodass keine Verbindung zu einer realen Person besteht. Es könnte aber ein Zeitsoldat sein, der Pläne für sein Leben nach der Bundeswehr schmiedet. Was waren weitere Auswahlkriterien? Schumacher: Ebenfalls eine Rolle spielte der Sympathiefaktor unseres Kommunikators. Er lächelt breit, die Körperhaltung ist offen und entspannt, auch eine Tasse Kaffee ist zu sehen. Es ist wichtig, dass sich die Zielpersonen der Anzeige mit ihm identifizieren. Das Zitat ist dann auch fiktiv, oder? Schumacher: Es ist real, doch wir dürfen den Urheber aus den genannten Gründen nicht nennen. Die wörtliche Rede ist ein Stilmittel, um die Anzeige lebendiger zu machen. Und sie wirkt durch die Kombination von Bild und Namen wie ein echtes Testimonial. Was haben Sie sich bei der stichpunktartigen Zusammenfassung Ihrer Weiterbildungen überlegt? Schumacher: Hier bestand das Ziel darin, die Titel der einzelnen Qualifikationen mit einem Nutzen oder einer Anwendung zu verbinden. Das wirkt werbepsychologisch stärker als nur die Bezeichnung des Lehrgangs. Welche Tipps haben Sie für Innovatoren, die eine Anzeige für ein kompliziertes Angebot entwickeln möchten? Schumacher: Vereinfachen Sie den Sachverhalt, um den es geht, so weit wie möglich. Bilder zum Beispiel eines zufriedenen Anwenders lockern Ihr

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

Inserat auf. Ebenfalls abwechslungsreich ist ein stilistischer Textmix. Bei uns haben wir das ja mit dem Zitat und mit den Stichpunkten umgesetzt. Wenn es geht, sollte es sich um eine reale Person handeln. Das war bei uns durch die Sicherheitsvorgaben der Bundeswehr ausgeschlossen.

4.11 Pressearbeit Eine wichtige Zielgruppe unmittelbar vor und nach der Markteinführung Ihrer Innovation sind Redaktionen und freiberufliche Journalisten. Medienarbeit fördert den guten Ruf. Wer Beiträge in technischen Medien zu seinem Fachgebiet oder über seine Innovation publiziert hat, gilt als nachgewiesener Experte für sein Thema. Potenzielle Kunden und die Branche werden aufmerksam. Doch über Medienveröffentlichungen und die Zusammenarbeit mit Redaktionen geistern hartnäckig einige Fehlannahmen durch den Kosmos. Mit denen soll erst einmal gründlich aufgeräumt werden. • Irrtum 1: Mein Thema ist so interessant, dass sich Redakteure vor Begeisterung überschlagen werden. Redakteure veröffentlichen vorzugsweise Beiträge mit Inhalten, die neu, einmalig oder brisant sind. Auch Vorschläge bekannter Branchenrepräsentanten oder von Top-Managern bekannter Konzerne werden wegen des Promifaktors gern genommen. Wenn Sie also ein noch unbekannter Experte zu einem schon bekannten Thema sind, sollten Sie diesem eine noch nie da gewesene Besonderheit verleihen. Bereiten Sie Ihre Inhalte doch für eine ganz spezielle Zielgruppe auf und wenden Sie sich dann an Medien, die sich auf genau diesen Personen- oder Unternehmenskreis spezialisiert haben. Eine andere Möglichkeit besteht darin, Bezug auf ein viel diskutiertes Thema wie die digitale Transformation zu nehmen und damit eine Verbindung zum eigenen Kompetenzbereich herzustellen. Gern von Zeitschriftenredaktionen genommen werden technische Fall- und Anwendungsbeispiele aus Unternehmen. • Irrtum 2: Schon bei der ersten Presseaktion wird mein Beitrag in der bekanntesten Fachzeitschrift erscheinen. Richten Sie sich besser zunächst auf das sprichwörtliche Klinkenputzen und eine geringe Resonanz ein. Fachveröffentlichungen gehorchen immer einem Schneeballeffekt: Haben Sie schon etwas publiziert, fällt die Überzeugungsarbeit leichter. Daher bietet sich gerade zu Beginn folgende Vorgehensweise an: Wenden Sie sich zunächst

4.11 Pressearbeit

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an kleinere Medien und an Online-Zeitungen, die aus Gründen der Aktualität viele Texte benötigen. Dort ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Sie Ihr Thema platzieren können. • Irrtum 3: Ein Fachbeitrag bringt mir sofort Kunden. Sicher können Sie durch einen Fachbeitrag neue Auftraggeber gewinnen – das ist schließlich ein wichtiges Ziel dieses Kommunikationsinstruments! Doch die genaue Wirkung einer Veröffentlichung ist schwer im Voraus zu berechnen. Manche Menschen schneiden sich einen Beitrag aus und melden sich erst nach einem halben Jahr mit einer Anfrage. Wenn Sie regelmäßig in Medien veröffentlichen, die von Ihrer Zielgruppe gelesen werden, erhöhen Sie im Lauf der Zeit Ihren Bekanntheitsgrad. Je mehr Sie veröffentlichen, desto kürzer ist der Zeitraum bis zu folgender Reaktion: „Ach, von dieser Ingenieurin habe ich doch schon mal etwas gelesen. Sie scheint eine gefragte Expertin zu sein! Wir werden Sie für unsere Ausschreibung kontaktieren“. Medienarbeit lohnt sich dennoch! Trotz der genannten Einschränkungen ist der Aufbau eines Expertenstatus zwingend mit Fachveröffentlichungen verknüpft. Gerade wenn Sie erst am Beginn Ihrer Pressearbeit stehen oder darüber nachdenken, ist eine Politik der kleinen Schritte sinnvoll. Kommen wir zunächst zu einer Voraussetzung, die alle Pressetexte erfüllen müssen: die journalistische, sachliche Schreibweise. Sachlich statt wertend – die journalistische Schreibe Der Hauptunterschied zwischen einem wertenden und einem sachlichen Text besteht darin, dass der erste eine bestimmte (positive oder negative) Beurteilung des Textgegenstands durch den Leser hervorrufen möchte, während der zweite eine überprüfbare Beschreibung liefert. Beispiel: • Bewertend: „Der Baum ist schön.“ • Beschreibend: „Der Baum ist grün.“ Insbesondere dann, wenn eine Firma oder eine Person ihre Innovation in einem Pressetext als durchschlagend oder bahnbrechend bezeichnen, können diese Formulierungen zu negativen Emotionen auf journalistischer Seite führen. Denn Medienvertreter möchten sich selbst ein Bild von den Gegebenheiten machen. Es kommt in einem Pressetext darauf an, Fakten und nachvollziehbare Belege für das zu liefern, was als positive Schlussfolgerung gezogen werden soll.

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

• Ungünstig als alleinige Aussage: „Unser innovatives Minikraftwerk schont die Umwelt und ist besonders nachhaltig.“ • Besser: „Das Minikraftwerk basiert auf erneuerbaren Energien und ist deshalb besonders umweltfreundlich.“ Der erste Satz ist eine Behauptung. Damit ist er weniger glaubwürdig als der zweite. Der zweite enthält nachvollziehbare Daten und Fakten. Jetzt sagen alle mal „Cheese“! Das Pressefoto Werden einem Pressetext Bilder hinzugefügt, steigt die Chance auf eine Veröffentlichung. Wichtig: • Das Bild sollte Lebewesen mit gut erkennbaren Gesichtern zeigen – keine leeren Räume oder Gebäude. • Es ist sinnvoll, vor einem Pressetermin selbst eine Idee für ein originelles Foto zu entwickeln, statt alles dem Pressefotografen zu überlassen. • Geht es um ein besonders wichtiges Pressefoto, das z. B. auf Anfrage einem Fachbeitrag hinzugefügt werden soll, lohnt die Investition in einen Profifotografen, der das Motiv ins richtige Licht setzt. • Wird das Firmenlogo aufdringlich in den Vordergrund gerückt, retuschieren es die Redaktionen manchmal weg – besser dieses nur dezent abbilden. Ein Pressefoto ist dann besonders gelungen, wenn es eine eigene, kleine Geschichte erzählt! Wenn Sie es selbst erstellen, sollten Sie unbedingt auf folgende Details achten: • • • •

Heranzoomen und die Schärfe prüfen – ein Muss! Hintergrund und Motiv sollten einen farblichen Kontrast bilden. Bei unruhigem Hintergrund muss das Motiv mit Abstand positioniert werden. Weißflächen sind nach Möglichkeit zu vermeiden.

Meldungen an Redaktionen gibt es in mehreren Formen. Je nach Anlass und Zielsetzung wählen Sie die passende Sorte aus: • Presseinfo: Sie ist mit maximal einer DIN-A4-Seite kurz und bezieht sich auf einen aktuellen Anlass (beispielsweise den Pretest einer Innovation bei einem Kunden der Erfinder, eine neue Produktidee etc.). Die damit kontaktierten Medienvertreter sollen durch die Presseinfo motiviert werden, Kontakt

4.11 Pressearbeit









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mit den Versendern aufzunehmen und einen Beitrag zu produzieren. Der Text fasst kurz die Eckdaten Ihres Anliegens zusammen: Wer? Was? Wo? Wann? Warum? Die Presseinfo wird vor einem Termin (Pressegespräch oder -konferenz, Veranstaltung usw.) an Redaktionen geschickt, um sie einzuladen. Bitten Sie auf dem Schreiben um Rückmeldung bzw. Anmeldung. So haben Sie bei mehreren Aussendungen einen Überblick, wer kommt. Achten Sie auf Ihre vollständige Kontaktadresse mit Nennung eines Presseansprechpartners! Stellungnahme: Sie wird als Reaktion auf eine Anschuldigung oder Krise an Medien geschickt und im Wortlaut veröffentlicht. Achten Sie darauf, sich sachlich zu äußern. Zahlen, Daten und Fakten wirken überzeugender als Pathos und Polemik! Public-Relations-Meldung: Hierbei handelt es sich um einen beeinflussenden Text mit entsprechenden Bildern, in dem z. B. die Vorteile Ihrer Innovation dargestellt werden. Er muss in Print- und Onlinemedien mit Anzeige, Werbung oder vergleichbaren Begriffen derselben Bedeutung gekennzeichnet werden, damit geneigte Leser sofort erkennen, dass es sich keineswegs um den neutralen Bericht eines Redaktionsmitglieds handelt. Für die Veröffentlichung einer PR-Meldung müssen Sie entweder direkt bezahlen oder in Form eines Anzeigenauftrags. Interview: Fragt eine Redaktion bei Ihnen nach einem schriftlichen Interview, beantworten Sie die Fragen per E-Mail. Sie können auch ein vollständiges Interview einschließlich Fragen und Antworten vorformulieren. Dieses bieten Sie Medien zur kostenlosen Veröffentlichung an. Allerdings führen die meisten Journalisten lieber ihre eigenen Interviews. Ein wichtiger Hinweis zu mündlichen Interviews: Die Reporter sind nicht verpflichtet, den Beitrag vor Abdruck einem Interviewpartner zukommen zu lassen. Die Frage danach kann sehr negative Stimmung erzeugen. Auf eine höfliche und vorsichtige Bitte mit dem Zusatz „Ich weiß ja, dass es nicht üblich ist …“ werden die meisten Medienvertreter positiv reagieren. Bei sehr komplizierten Sachverhalten sollten Sie diese Frage unbedingt im Vorfeld klären. Fachbeitrag: Sie als Verfasser äußern sich werbefrei und informativ zu einem Thema aus Ihrem Fachgebiet. Der Beitrag erscheint unter Ihrem Namen und wird oft ergänzt durch ein Autorenprofil mit Kontaktdaten – bzw. bei Online-Veröffentlichungen mit Verlinkung zu Ihrer Webseite. Ein solcher Beitrag zeichnet Sie in der Außenwirkung als Experten aus. Der Umfang des Fachbeitrags wird an die Vorgabe des Mediums angepasst, in dem er erscheinen soll – durchschnittlich zwei bis drei DIN-A4-Seiten mit je 2800 Anschlägen. Da jedes Medium gern exklusiv berichtet, sollten Sie immer anbieten, den Beitrag für die Redaktion zurechtzustricken. Das erhöht die Veröffentlichungswahrscheinlichkeit.

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

• Technische Case Study: Diese journalistischen Berichte mit Anwendungsbeispielen sind oft Kooperationsprojekte zwischen einem Anbieter, Dienstleister oder Zulieferer und dessen Kunden. Mit der Veröffentlichung einer Case Study erhoffen sich beide Seiten die Aufmerksamkeit von Lesern – und natürlich die potenzieller Kunden. Technische Fallstudien werden gern von Redaktionen veröffentlicht. Deshalb widmen wir diesem Beitragsformat noch mehr Aufmerksamkeit im nächsten Abschnitt.

4.11.1 Die technische Case Study ist sehr gefragt bei Redaktionen Mit zu jeder technischen Fachzeitschrift gehören Berichte über die Anwendung oder den Einsatz neuer Technologien. Dazu gehören Fotos. Der Aufbau bzw. die Bausteine von Case Studies sind meist ähnlich: • • • • • •

Kurzbeschreibung der mitwirkenden Firmen Ausgangssituation bzw. Problem Lösung, deren Implementierung und Anwendung Änderungen bzw. Verbesserungen durch die Innovation Tipps für Firmen, die ähnliche Pläne haben Extrakasten mit technischen Daten zum Projekt

Nun folgen genauere Erläuterungen zu den einzelnen Punkten. Einstieg – Mitwirkende und Ausgangssituation  Damit die Rahmenbedingungen nachvollziehbar sind, müssen die mitwirkenden Unternehmen kurz skizziert werden. Anschließend erfolgt die Beschreibung des Problems, das durch den Einsatz der Maschine, Software o. ä. gelöst werden soll. Beispiel: Ein Komponentenhersteller hat sein Lagersystem aus Kapazitätsgründen umgestellt. Durch den Einbau wörtlicher Rede wird der Text lebendig und leichter lesbar als eine trockene Aneinanderreihung von Fakten. Vom Problem zur Lösung  Anschließend erfolgt die Beschreibung der technischen Lösung. Für einen guten Lesefluss kann es sinnvoll sein, die Daten und Fakten in einen Extrakasten auszulagern. Erläutert wird dann nur die Vorgehensweise oder die Anwendung aus Bedienerperspektive. Dieser Abschnitt wird oft angereichert durch Umsetzungstipps.

4.11 Pressearbeit

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Verbesserungen durch die neue Technologie Am Schluss folgen die Ergebnisse der Innovation oder des Projekts. Der Abschnitt enthält Antworten auf Fragen wie: Was hat sich dadurch erhöht, verringert, beschleunigt, vergünstigt oder ähnliches. Mit dazu gehört ein Statement der Initiatoren, inwieweit das mit dem Ausgangsproblem verknüpfte Ziel erreicht wurde. Tipps für Firmen mit ähnlichen Plänen  Die Empfehlungen sollten Hand und Fuß haben. Mit Checklisten etwa können Sie Ihren Beitrag noch interessanter für Redaktionen machen, denn Sie stiften damit einen wertvollen Zusatznutzen für die Leser. Oft dauert es durch mehrere Abstimmungsgänge eine Zeit lang, bis die technische Case Study ihre endgültige Form hat. Anschließend wird sie als Themenvorschlag an die Redaktionen der Zielmedien verschickt. Oft kann es sein, dass der Beitrag dann noch an die jeweilige Publikation angepasst werden muss. Ob das die Redaktion selbst übernimmt oder der Verfasser der Ursprungsversion, ist Verhandlungssache. Um Missverständnissen vorzubeugen, ist es besser, wenn Änderungen in der Hand der Versender bleiben.

4.11.2 Was Sie über die Zusammenarbeit mit Redaktionen wissen sollten Sind alle Pressematerialien vorhanden, geht es um den Vertrieb Ihrer Informationen. Zunächst wird ein Presseverteiler zusammengestellt – eine Liste von Medien, die kontaktiert werden sollten. Fragen zur Auswahl: • Zu welchen Medien passt das Thema (z. B. Lokalpresse, Fachzeitschriften, Online-Medien usw.)? • Welche Medien nutzen die Personen, die mit dem Bericht oder Fachbeitrag erreicht werden sollen? • In welchen Medien wird gegebenenfalls schon inseriert – oder sollte eine Anzeige geschaltet werden, damit der Bericht auch erscheint? • Wann erscheinen die Medien und wie lange würde z. B. ein Fachbeitrag dort zu lesen sein (24 h lang in der Tagespresse, vier Wochen lang in monatlich erscheinendem Periodikum wie einer regionalen Wirtschaftszeitschrift, dauerhaft im Internet etc.) Für Presseneulinge bietet es sich an, einen gemischten Verteiler aus kleinen und großen Medien zu erstellen. Je bedeutsamer z. B. eine Fachzeitschrift ist, desto

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

schwieriger kann es sein, dort Beachtung zu finden. Übrigens: Umfasst ein Presseverteiler 50 Medien, die durch einen Anruf kontaktiert und bei Interesse mit dem Material versorgt werden, liegt die durchschnittliche Veröffentlichungsquote ohne gleichzeitige Anzeigenschaltung bei ein bis drei Berichten pro Fachbeitrag! Das unangekündigte Versenden von Pressematerial an Redaktionen per E-Mail ist zumindest am Anfang der falsche Weg, denn wirkungsvolle Pressearbeit ist zu einem guten Teil Beziehungsarbeit. Zunächst wird der richtige Ansprechpartner ermittelt – entweder durch Internetrecherche (s. Impressum oder Mediadaten) oder notfalls beim Anruf. Der Redakteur erhält am Telefon eine kurze Information, um was es in dem Pressetext oder im Fachbeitrag geht – und wird gefragt, ob er Interesse daran hat. Im positiven Fall erhält er zeitnah das versprochene Material – am besten mit einer personalisierten E-Mail direkt an ihn, in der Sie auch auf das Telefonat Bezug nehmen sollten. Nach ungefähr einer Woche wird noch einmal durch einen Anruf oder eine E-Mail nachgefasst, ob die Redaktion das Material verwendet hat und bei Bedarf ein Belegexemplar geordert. Eine Presseaktion mit einer Mischung aus Presseinfos und Fachbeiträgen alle acht bis zwölf Wochen ist ausreichend. Und es dauert immer mehrere Wochen, bis Ihnen wirklich eine finale Auswertung vorliegt, welche Medien Ihr Thema aufgegriffen haben. Bei den Telefonaten sind Zeit und ein dickes Fell erforderlich, denn manche Redaktionsmitglieder reagieren gereizt. Dennoch lohnt sich der Aufwand nach einiger Zeit: Mit manchen Personen ergibt sich plötzlich ein längeres Gespräch und es kommt zu einer Zusammenarbeit. Der Arbeitsalltag in Medienredaktionen ist von Hektik geprägt. Viele Mitarbeiter hetzen von Termin zu Termin. Im E-Mail-Postfach häufen sich Presseinformationen. Deshalb kommt es darauf an, sich mit Ihrem Thema positiv von den anderen abzuheben. Machen Sie den Journalisten neugierig auf Ihr Thema. Die meisten größeren Zeitungen oder auch die Programmabteilungen von Radio und Fernsehen sind in bestimmte Ressorts (Wirtschaft, Politik, Kultur usw.) eingeteilt. Ihre Meldung sollte sofort an den richtigen Bereich gehen. Ermitteln Sie durch einen Anruf, wer für Ihr Anliegen zuständig ist. Erklären Sie kurz (!), worum es geht. Fragen Sie, ob Sie die Info per E-Mail zuschicken dürfen. Tipp: Das Bombardement der Medien mit unnötigen oder langweiligen Presseinfos bewirkt das Gegenteil – nämlich den Gedanken „Ach – Firma X nervt schon wieder“. Bei vielen Medien ist ein Bericht an das Schalten einer größeren Anzeige gekoppelt. Manche Redakteure sind bei guten Anzeigenkunden sehr viel aufgeschlossener für einen redaktionellen Bericht. Das liegt daran, dass die Zeitungen von Anzeigenkunden leben. Wenn Sie sich gegen ein Inserat entscheiden, sind Thema und Aufmachung der Presseinfo besonders wichtig.

4.11 Pressearbeit

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Um eine Presseaktion so wie beschrieben bei 50 Medienkontakten durchzuführen, ist inklusive Texterstellung ein Zeitaufwand von etwa zwei Tagen erforderlich – vorzugsweise am Anfang des Monats, um die Frist des Redaktionsschlusses zu wahren. Wer etwa in der Mai-Ausgabe erscheinen möchte, muss alles Pressematerial bis Anfang April an die Redaktion senden. Auch zwischendurch können kleinere Tätigkeiten anfallen, wie beispielsweise Belegexemplare anzufordern oder nachzufassen. Später, wenn bereits ein näherer persönlicher Kontakt zu einzelnen Journalisten besteht, reduziert sich der Aufwand, denn dann reicht vielleicht eine E-Mail ohne vorherigen Anruf, um ein Thema anzubieten. Immer wieder wird die Frage gestellt, was Pressearbeit genau bringt. Professionelle PR-Abteilungen von Unternehmen messen beispielsweise den ­ Anzeigen-Äquivalenzwert, der mit den Kosten der Presseaktion verrechnet wird. Beispiel: Wenn ein ganzseitiger Beitrag in einer Zeitschrift erscheint, wird der Preis für eine Anzeige gleichen Formats ermittelt. Andere zählen die erschienenen Berichte und setzen diese in Relation zu Auflage und Wichtigkeit des Mediums. Problematisch bei diesen Verfahren: Was nützt ein hoher Anzeigen-Äquivalenzwert, wenn niemand auf den Beitrag reagiert – die erhofften Anfragen trotzdem ausbleiben? Pressearbeit hat eine Langzeitwirkung und sollte regelmäßig durchgeführt werden. Wer eine Aktion beendet und dann nie wieder etwas von sich hören lässt, darf sich nicht über mangelnde Resonanz beklagen. Leider kann niemand ernsthaft versprechen, dass tatsächlich eine bestimmte Zahl an Aufträgen, neuer Kunden oder Investoren durch einen Pressebericht gewonnen wird. Garantiert jedoch steigt der Bekanntheitsgrad – und manchmal legen sich Interessenten einen Beitrag beiseite, um sich Wochen oder Monate später zu melden. Ebenso sicher ist: • Ein Innovator oder eine Firma, die Fachbeiträge veröffentlicht und über die berichtet wird, gelten als seriöser Anbieter. • Wer veröffentlicht, hat bessere Chancen bei Bewerbungs- oder Ausschreibungsverfahren in der Wirtschaft. • Pressetexte und erschienene Berichte können auf der Internetseite veröffentlicht und in andere Marketingaktivitäten eingebunden werden. Manche Unternehmen oder Freiberufler schalten Agenturen ein, die ihnen (häufig für hohe Honorare, was in Anbetracht des Aufwands nachvollziehbar ist) die Pressearbeit abnehmen. Skepsis ist angesagt, wenn die Verantwortlichen aus Public-Relations-Agenturen sehr offensiv mit ihren Pressekontakten werben („Mit dem Chefredakteur der Zeitschrift XY spiele ich Golf“). Selbst wenn die Aussage der Wahrheit entspricht, fallen bei der Auswahl von Themen noch andere

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

Dinge ins Gewicht, wie z. B. das redaktionelle Konzept oder geschäftliche Verbindungen hinter den Kulissen. Überdies reagieren manche Medienvertreter allergisch auf PR-Fachleute aus Agenturen, die bei ihnen unter dem Verdacht der Schönrederei stehen. Es ist zwar mühseliger, doch besser und preisgünstiger, eigene persönliche Kontakte zu Medienvertretern aufzubauen. Unabhängig davon kann es sinnvoll sein, sich z. B. bei Themenfindung, bei der Erstellung von Pressetexten und bei Pressefotos punktuell Unterstützung zu suchen. Auch Freiberufler bieten manchmal an, nach außen als Ihr Presseverantwortlicher aufzutreten. Diese Lösung ist ein Kompromiss zwischen Agentur und Eigenregie, häufig kostengünstiger und vor allen Dingen: Die Medienkontakte bleiben bei Ihnen. Eine weitere Möglichkeit, um Zeit und Aufwand zu reduzieren, ist die Gründung von kleinen Netzwerken, die ihre Pressearbeit gemeinsam durchführen. Es sollten sich sinnvollerweise nur Personen bzw. Firmen zusammenschließen, die einander ergänzende Schwerpunkte haben, statt in direktem Wettbewerb zu stehen. Das Netzwerk benötigt eine zentrale Adresse, einen Namen und einen Ansprechpartner für die Medienvertreter – im Optimalfall vielleicht auch einen kleinen, gemeinsamen Internetauftritt. Die Fachbeiträge und Texte können dann reihum geliefert und mögliche externe Unterstützung (z. B. ein redegewandter Student für die Telefonate) gemeinsam finanziert werden. Veröffentlichungen nach dem Gießkannenprinzip: Online-Presseportale Sonderstatus nehmen kostenlose Online-Presseportale ein, in denen jeder Absender fast ungefiltert Pressemeldungen veröffentlichen kann. Diese Portale werden wenig bis überhaupt nicht von Journalisten zu Recherchezwecken besucht. Ihr Vorteil liegt darin, dass Sie über die Verlinkung zu Ihrer Webseite und bestimmte Stichwörter in Ihrem Beitrag eher von Suchmaschinen gelistet werden. Ab und zu gibt es Vorgaben von Seiten der Betreiber, was bestimmte Formulierungen anbetrifft (Beispiel: Keine direkte Anrede des Lesers). Bei manchen Portalen muss man sich einen Account zulegen und bei anderen nicht. Wenn Sie eine Meldung nur schwer in anderen Medien unterbringen können, lohnt der Zeiteinsatz, um sie in den wichtigsten PR-Portalen unterzubringen. Doch Achtung: Google & Co. strafen identische Inhalte (z. B. weitgehend übereinstimmende Textbausteine) ab. Am besten modifizieren Sie den Beitrag für jedes Portal, indem Sie neue Headlines und Zwischenüberschriften bilden, Sätze aufspalten oder zusammenfügen und Ersatzwörter einbauen. Und ja, der Aufwand ist groß (zumindest für jemanden, der sich nur am Rande mit Texterstellung befasst).

4.12 Sponsoring

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Einige Beispiele für PR-Portale • Ohne Registrierung: – open-pr.de – prcenter.de – presseanzeiger.de – offenes-presseportal.de – inar.de – newsmax.de – presse-kostenlos.de – portalderwirtschaft.de • Mit Registrierung: – pr-inside.com – live-pr.com – firmenpresse.de – pressemitteilung.ws – news4press.com – perspektive-mittelstand.de – pr-newsticker.de – open-business-network.com – fair-news.de – pressbot.net – dailynet.de – pressmap.de – pr-presse.de

4.12 Sponsoring Zunächst zur Begriffsklärung: Unter Sponsoring versteht man eine Sonderform der Werbung – ein Geschäft mit Leistung und Gegenleistung. Der Sponsor erbringt eine Leistung in Form von Geld, kostenlosen Dienstleistungen oder Sachmitteln. Damit erkauft er sich positive Aufmerksamkeit, denn zentrales Element des Sponsorings ist die begleitende Öffentlichkeitsarbeit. Zu den Gegenleistungen des Gesponserten gehören z. B.: • Erwähnung des Sponsors bei der Pressearbeit • Mündliche Namensnennung auf Veranstaltungen • Aufhängen von Plakaten und Schildern mit seinem Firmenlogo

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

• Auslegen von Flyern und Broschüren des Sponsors auf Veranstaltungen • Kostenlose Anzeigen des Sponsors in Broschüren, Flyern, einer Kundenzeitung etc. Die umfangreichsten und wichtigsten Tätigkeiten sind die Kontaktpflege und der Aufbau einer positiven Beziehung zu potenziellen Unterstützern. Wenn Sie einen guten Draht zu einer Führungskraft in einem Unternehmen haben, das für Sie als Sponsor infrage kommen könnte, ist die Ansprache viel leichter. Zunächst benötigen Sie ein schlüssiges Sponsoringkonzept, das Sie Interessenten präsentieren können. Leitfragen: • Wofür genau suchen Sie einen oder mehrere Sponsor(en) (direkt für die Finanzierung einer Innovation oder z. B. für eine Veranstaltung, bei der Sie Idee, das Produkt oder die Dienstleistung präsentieren möchten)? • Wie können Sie einem Unterstützer Ihre Idee oder Innovation am besten schmackhaft machen? • Welchen Nutzen könnte der Sponsor durch sein Engagement haben? Das eigentliche Konzept sollte auf maximal zehn Seiten möglichst kurzgefasst sein. Handelt es sich um einen erklärungsbedürftigen Sachverhalt, halten Sie besser noch eine ausführliche Variante bereit. Diese geben Sie dann bei Interesse an den Ansprechpartner heraus. Inhalte sind z. B.: • Projektskizze, in der Sie Ihre Idee oder Innovation beschreiben (oder der Rahmen, in dem Sie die Erfindung präsentieren möchten) • Beschreibung und Zielgruppen der Maßnahme • Nutzen für den Sponsor • Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und Werbung • Terminplanung • Gewünschte Leistung des Unternehmens und Gegenleistung durch Sie • Zuständigkeiten, gegebenenfalls zusätzliche Ansprechpartner Wenn Sie mehrere Sponsoren suchen (z. B. einen Hauptsponsor und mehrere kleinere), staffeln Sie die Leistungen in Pakete zu unterschiedlichen Konditionen auf. Bieten Sie darüber hinaus noch eine individuelle Aushandlung von Leistung und Gegenleistung an, hat der Sponsor eine höchstmögliche Flexibilität. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie ihn für Ihr Anliegen gewinnen. Der Erstkontakt

4.12 Sponsoring

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mit möglichen Sponsoren geschieht i. d. R. telefonisch, um deren grundsätzliches Interesse zu klären. Im Anschluss daran versenden Sie zusammen mit einem Anschreiben Ihr Konzept und rufen gegebenenfalls noch einmal an, sofern der Angeschriebene nicht von allein reagiert. Manchmal wird diese Art des Nachfassens jedoch als aufdringlich empfunden, sodass eine kurze E-Mail vielleicht die bessere Variante ist. Im positiven Fall erfolgt nach Erhalt und Sichtung der Unterlagen ein persönliches Gespräch, in dem Sie Ihr Projekt nochmals vorstellen und zusätzliche Informationen geben. Wenn sich beide Seiten einig geworden sind, sollten Sie Leistung und Gegenleistung sowie alle Rahmenbedingungen in einem Sponsoringvertrag festhalten. Zum Zeitpunkt X beginnt das eigentliche Projekt. Genau wie bei allen anderen Marketingaktivitäten gehört im Anschluss eine kritische Auswertung unter folgenden Gesichtspunkten dazu: • Welche Aktivitäten liefen gut, welche schlecht? Was sollte in Zukunft anders bzw. besser gemacht werden? • Wie hoch ist die Zahl der tatsächlich erreichten Zielpersonen (z. B. Gäste auf einer Veranstaltung)? • Wie sind die Erfolge der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (z. B. Anzahl der Journalisten bei der Pressekonferenz, erschienene Berichte in den Medien)? Die Auswertung sollte schriftlich erfolgen und in einer Dokumentation festgehalten werden. Diese lassen Sie auch allen Sponsoren zukommen. So stärken Sie deren Vertrauen und die Bereitschaft, Sie und Ihre Vorhaben auch in Zukunft zu unterstützen. Selbst als Sponsor auftreten Natürlich gibt es auch die umgekehrte Konstellation. Nämlich dann, wenn Sie selbst ein Projekt sponsern, um dadurch Kontakte zu Mitgliedern Ihrer Zielgruppe zu bekommen. Möglicherweise ist dies zu einem späteren Zeitpunkt des Innovationsprozesses interessant – etwa bei oder nach der Markteinführung Ihrer Erfindung.

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4  Aufmerksamkeit und Interesse wecken …

„Wir laufen mit, das ist Ehrensache!“

Interview mit Walter Janssen, Geschäftsführer des REFA NordwestRegionalverbands Weser-Ems

Walter Janssen Der REFA Nordwest-Regionalverband Weser-Ems hat sehr gute Erfahrungen mit dem Marketinginstrument Sponsoring gemacht. Ein wichtiges Ziel des Verbands besteht in Hochschulkooperationen. Teile der REFA-Lehre sollen in technische Studiengänge integriert werden. So können die Studierenden neben ihrem normalen Abschluss gleichzeitig eine REFA-Qualifikation absolvieren. Um die Zusammenarbeit mit einer Hochschule zu festigen und die Aufmerksamkeit von Studierenden zu gewinnen, hat der Regionalverband im Juni 2018 einen Spendenlauf der Hochschule Emden-Leer gesponsert. Geschäftsführer Walter Janssen stellt das Projekt und seine Hintergründe vor. Foto: privat. Wie genau sahen Ihre Sponsoringaktivitäten beim Spendenlauf aus? Janssen: Das, was wir uns ausgedacht haben, ging weit über einen Messestand und finanzielle Beteiligung hinaus. Wir haben für jeden angemeldeten Läufer einen Rucksack und eine Trinkflasche gestiftet. Und was ganz klar war: Wir sind selbst mitgelaufen. Insgesamt 20 mit einem REFA-T-Shirt bekleidete Läufer sind für den Regionalverband Weser-Ems an den Start gegangen.

4.12 Sponsoring

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Das ist ja schon viel Präsenz auf mehreren Kanälen… Janssen: Das stimmt. Unsere Rucksäcke werden auch jetzt nach der Veranstaltung gern getragen. Sie sind hochwertig und haben ein gut sichtbares Logo aufgedruckt. Das gleiche gilt für die Trinkflaschen. So rufen wir uns immer wieder positiv in Erinnerung. Ein gut sichtbarer Messestand mit Ansprechpartnern ist natürlich schon Standard. Das Mitlaufen wiederum fördert das Gemeinschaftsgefühl – sowohl innerhalb unseres Regionalverbands als auch mit anderen Läufern. Vor und nach dem Lauf sowie am Messestand kommt man fast automatisch ins Gespräch. Sie haben auch noch selbst Medienberichte initiiert. Wie sah das konkret aus? Janssen: Dazu haben wir einen Pressebericht in der hiesigen Lokalzeitung erwirkt und eine Videoreportage von unserem Filmteam erstellen lassen. Der Beitrag kann über YouTube und Facebook angeschaut werden. Hat die Lokalzeitung von sich aus über Sie berichtet? Janssen: Nein, die Leiterin unserer Pressestelle hat einen der anwesenden Sportredakteure persönlich angesprochen. Sie fragte ihn, ob er Interesse hätte, an einem Bericht aus der Perspektive eines Sponsors. Das passte zu seiner Beitragsidee. Sie formulierte einen Text vor und lieferte der Redaktion passende Fotos. Wir hatten besonderes Glück: Der Beitrag erschien in der Samstagsausgabe und erzielte viel Aufmerksamkeit. Wie zufrieden sind Sie im Nachhinein mit dem Sponsoringprojekt? Stehen Aufwand und Ertrag in einem guten Verhältnis? Janssen: Wir haben auf einen Schlag dafür gesorgt, dass unser Regionalverband vor Ort und an der Hochschule bekannt wird. Durch Gespräche mit den Hochschulverantwortlichen konnten wir das Kooperationsvorhaben vorantreiben. Nächstes Jahr sind wir wieder dabei. Und dann setzen wir noch eins drauf.

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Ihre persönliche Überzeugungskraft

Zusammenfassung

Im Gespräch mit Menschen, die Sie für Ihre Neuerung gewinnen wollen, kommt es auf Ihre Wirkung an. Sie erfahren, unter welchen Umständen Personen Glaub- und Vertrauenswürdigkeit zugeschrieben wird, welche Rolle die nonverbale Kommunikation spielt und worauf Sie bei Formulierungen achten sollten. Anwenden lässt sich dieses Wissen auf persönliche Gespräche und Präsentationen.

5.1 Wie Glaubwürdigkeit entsteht In der Finanzierungsphase sind Sie in der Situation, für etwas Unterstützung einwerben zu wollen, das noch nicht oder nur in Teilen existiert. Sie bieten zunächst nicht viel mehr als heiße Luft. Theorie ist gut, Praxis ist besser. Aber Sie haben einen Vorteil: Sie treffen auf Personen und Institutionen, die ein Interesse daran haben, Innovationen zu fördern. Dieses Interesse gründet in unterschiedlichen Motiven. Bei Institutionen kann es z. B. in der politischen Ausrichtung auf die Förderung von Innovationen bestehen. Andere Förderer haben ein wirtschaftliches Interesse, wenn sie mittelbar oder unmittelbar von Ihrer Innovation profitieren können. Darüber hinaus gibt es Einzelpersonen, die aus persönlichen oder altruistischen Gründen förderwürdige Projekte unterstützen wollen, wie z. B. Stifter, Mentoren und ehrenamtliche Berater. Trotzdem: Ihr Projekt mag stimmig sein und in sich überzeugen. Zunächst einmal geht es für die anderen jedoch darum, ob Sie als Motor dieses Projekts in der Lage sind, es tatsächlich mit der nötigen Schubkraft auf den Weg zu bringen. Ihre Gesprächspartner wollen einschätzen, ob Sie

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Lutzer und A. Howind, Kommunikation und Marketing für TechnikInnovationen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27262-3_5

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5  Ihre persönliche Überzeugungskraft

Ihnen die erfolgreiche Umsetzung Ihres Projekts zutrauen können. Machen Sie einen kompetenten und aufrichtigen Eindruck? Denn Glaubwürdigkeit ist keine feststehende Eigenschaft, sondern eine Zuschreibung durch andere. Über den ersten Eindruck und die starke Wirkung von Vorurteilen Stellen wir uns vor, Sie hätten als Erfinder den Auftrag, eine Gruppe von Mitarbeitern, aufgebrachten Bürgern o. Ä. davon zu überzeugen, dass deren Misstrauen gegen Ihre Innovation unbegründet ist. Sie stehen also das erste Mal vor dieser Gruppe. Sobald Sie die Bildfläche betreten, startet ein blitzschneller Austausch von Informationen. Beide Seiten verschaffen sich in Sekundenbruchteilen einen Eindruck voneinander, dem das (vorläufige) Einsortieren in eine Schublade folgt. Unsere Wahrnehmung filtert Informationen. Nur ein Bruchteil dessen, was unsere Sinne erfassen, kommt uns zu Bewusstsein. Treffen Sie selbst auf eine unbekannte Person, fällen Sie innerhalb von Sekundenbruchteilen eine vorläufige Einschätzungsentscheidung. Und bei der bleiben Sie erst einmal. Das Schubladendenken vereinfacht die Sicht auf die Welt und auf die Bewertung von Informationen. Um schneller reagieren zu können, wird Unbekanntes mit Bekanntem abgeglichen. Dies geschieht auch, wenn sich ein Vorurteil gebildet hat. Auch wenn es tausend Gegenbeispiele gibt, wird an der eingeschliffenen Haltung festgehalten, denn die eigene Meinung zu ändern, würde Arbeit mit sich bringen. Möglicherweise müssten sogar neue Informationen eingeholt und auch weitere Denkmuster überprüft werden, die mit dem Vorurteil in Verbindung stehen. Außerdem wäre es nötig, einen Fehler einzugestehen. Wer hat schon gern Unrecht? Das Phänomen hat folgenden evolutionsbiologischen Hintergrund: Wenn pro Tag bis zu 100.000 Entscheidungen getroffen werden und vom Gehirn eine Informationsflut im Umfang von etwa 5 bis 20 Petabytes gespeichert wird, ist klar, warum vieles nicht ausführlich bearbeitet werden kann. Müsste alles bedacht werden, was alle Sinne aufnehmen, wäre das Bewusstsein komplett paralysiert. Insbesondere in Gefahrensituationen ist es sinnvoll, neue Informationen in ein gewohntes Raster einzuordnen: unsere Routinen, Vorurteile, Einstellungen und Haltungen. Ohne großes Federlesen gleicht die unbewusste Wahrnehmung Informationen mit dem ab, was die inneren Schubladen vorhalten. Existiert ein Bild von etwas ähnlichem, wird die Anstrengung unnötig, es neu zu bedenken und zu beurteilen. Ein Beispiel für diese Kategorisierung ist ein Stereotyp bzw. Klischee. Es vereinfacht die Einschätzung von Menschen, indem sie Personengruppen zugeordnet werden, um die Komplexität der Beurteilung zu reduzieren. Diese Vereinfachung kann sich auf Alter, Geschlecht, Bekleidung, Herkunft und Auftreten von Menschen beziehen. Begegnet Ihnen ein fremder Mensch,

5.1  Wie Glaubwürdigkeit entsteht

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schätzen Sie ihn intuitiv aufgrund dieser Stereotype ein und haben eine Vorstellung davon, was Sie möglicherweise im Kontakt mit ihm erwartet und welches Verhalten ihm gegenüber für Sie ratsam ist. Entwicklungsgeschichtlich war diese Stereotypisierung von Vorteil. Auf elementarster Ebene geht es darum, Freund oder Feind blitzschnell zu unterscheiden. Um das soziale Miteinander bekömmlich zu gestalten, ist es bis heute nötig, Hierarchien zu entschlüsseln und sich entsprechend der eigenen Position zu verhalten. Stereotype passen sich der gesellschaftlichen Entwicklung an. Hat bis in die 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts ein Tattoo noch signalisiert, dass sein Träger entweder zur See fährt oder im Knast gesessen hat, ist es heute ein manchmal mehr, manchmal weniger dekorativer Körperschmuck. Hatten noch in den 1960er-Jahren viele deutsche Hausfrauen oder Bäuerinnen bei der Arbeit ein Kopftuch umgebunden, steht heute diese Verhüllung der Haare für eine Zugehörigkeit zum Islam. Diese Kategorisierung ist nicht mit einer Bewertung verbunden. Wird sie mit positiven oder negativen Implikationen verknüpft, handelt es sich um ein Vorurteil. Jeder Mensch hat demzufolge Vorurteile (oder bildet sich diese), aber die wenigsten stehen offen zu ihnen. In dem Abschnitt über Stereotype sind sie schon ganz kurz zur Sprache gekommen. Vorurteile sind wertende Kategorien, z. B. über einzelne Bevölkerungsgruppen mit niedrigerem oder höherem Status, Berufsgruppen, Wissenschaftszweige, Ethnizitäten oder sexuelle Orientierungen. Angehörige der IT-Branche kennen ein Vorurteil gegenüber ihrer Berufsgruppe besonders gut: ITler sind Nerds ohne soziale Kontakte, die bis in die Nacht am Rechner hocken und nur einmal in der Woche duschen. Coaching ist ein Bullshit-Job für Klienten aus Bullshit-Jobs. Mediziner werden die, die dicke Telefonbücher auswendig lernen können. Mit derartigen Vorurteilen werden Sie im Gespräch höchstwahrscheinlich nicht direkt konfrontiert. Sie werden eher auf festgefahrene Meinungen stoßen, die sich über Jahre entwickelt haben und ebenso lange nicht durch aktuelle Informationen revidiert wurden. Werden Sie wertend vorgetragen, handelt es sich um Vorurteile. „Warum wollen Sie Zeit und Geld in diesem Branchensegment vertun? Es ist doch schon lange ausgereizt.“ Sie haben intensive Marktrecherche betrieben und können anhand von Daten, Zahlen, Fakten nachweisen, dass gerade in diesem Segment ein hohes Entwicklungspotenzial schlummert. Wenn Sie jetzt antworten „Das stimmt nicht“, gehen Sie auf Konfrontationskurs. Wählen Sie eine kooperativere Formulierung. „Ja, das haben wir auch gedacht. Doch dann haben wir ein Potenzial entdeckt, das ich Ihnen jetzt gern vorstellen möchte.“ Eine andere Art von Vorurteil kann Ihnen aufgrund Ihres Alters oder Ihres Geschlechts begegnen. Jüngere und ältere Menschen sehen sich starken Vorbehalten ausgesetzt, weil die große Mehrzahl der Innovatoren sich im Alter

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z­ wischen etwa 35 und 60 Jahren befindet. „Schafft er das schon“ und „Schafft er das noch?“ sind die Fragen, die sich vorurteilsbehaftete potenzielle Unterstützer stellen. Werden Sie nicht direkt auf Ihr Alter angesprochen, gehen Sie gar nicht auf Ihr Alter ein. Überzeugen Sie durch Professionalität im weiteren Gesprächsverlauf, denn irgendwann spielt Ihr Alter keine Rolle mehr. Werden Sie direkt oder indirekt mit Ihrem Alter konfrontiert, bleiben Sie ganz gelassen. Ein junger Innovator kann z. B. antworten: „Ich verfüge noch nicht über eine so große Lebenserfahrung. Aber ich stehe jetzt auch hier, weil ich immer auf kompetente und erfahrene Ratgeber vertrauen kann“. Der Ältere muss sein Licht nicht unter den Scheffel stellen: „Mag sein, dass ich die 100 Meter nicht mehr so schnell laufe. Aber mein Erfahrungswissen und mein langjähriges Netzwerk bringen mir Vorteile, die die Projektumsetzung deutlich schneller ermöglichen als üblich“. Frauen sind im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) noch deutlich unterrepräsentiert. Das Vorurteil, Frau hätten aufgrund ihres Geschlechts keinen adäquaten Zugang zu Wissenschaft, Technik und Unternehmertum, sitzt in vielen Köpfen noch fest verankert. Diese Einstellung ist gesellschaftlich latent präsent, selbst bei Frauen. Und sie führt dazu, dass sich Mädchen tatsächlich weniger dafür interessieren als ihre männlichen Altersgenossen. Obwohl sie in der Schule auch in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern gute Noten erzielen, entscheiden sie sich eher für Berufe, in denen Frauen in unserer Gesellschaft typischerweise arbeiten. Innovatorinnen führen diese Vorbehalte ad absurdum. Es widerspricht der Political Correctness, diese Vorurteile offen zu äußern. Sie werden in der Skepsis gegenüber dem Vorhaben von Frauen, in einer gewissen Herablassung und Arroganz deutlich. Als Frau hilft es dann weiter, sich seinen Teil zu denken und unbeirrt auf der sachlichen und professionellen Ebene zu bleiben. Pusten Sie Machos und reaktionäre Frauen mit Ihrer Kompetenz an die Wand! Wann gelten Menschen als glaubwürdig – und wann nicht? Wenn Sie während des Innovationsprozesses mit bis dato Ihnen unbekannten Personen kommunizieren, können diese zunächst nicht beurteilen, ob Sie über Integrität verfügen. Wer Sie unterstützen bzw. den von Ihnen vorgeschlagenen Weg mitgehen soll, muss sich ein Bild von Ihnen machen, um herauszufinden, ob er Sie als glaubwürdig einschätzen kann. Er wird vielleicht im Vorfeld versuchen, Informationen über Sie zu gewinnen. Im Zeitalter des allmächtigen Gedächtnisses des Internets findet er möglicherweise Hinweise, wie er Sie einschätzen kann. Im Gespräch wird er sich eine Meinung über Ihre Person bilden. Dabei gleicht

5.1  Wie Glaubwürdigkeit entsteht

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er Ihre Aussagen, Ihr Auftreten und Ihre Körpersprache mit seinem Erfahrungswissen ab. Bewusst und unbewusst sucht er nach Indizien, um zu einem Urteil zu kommen. Das Bauchgefühl spielt eine wichtige Rolle, denn es reagiert auf typische Muster, die erfahrungsgemäß als positiv oder negativ gewertet werden. Übrigens haben Kommunikations-wissenschaftler in Experimenten die Bedingungen herausgefunden, unter denen die Zuschreibung von Glaubwürdigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit geschieht. Dazu gehören z. B.: • Übereinstimmung von Worten und Handeln bzw. Ehrlichkeit • Fach- und Hintergrundwissen, Expertenstatus • Sympathiefaktor Auf diese Punkte richten wir nun eine große Lupe: • Übereinstimmung von Worten und Handeln/Ehrlichkeit: Ein Unternehmen der Medizintechnik, das sich in der Presse als Kämpfer für das Wohl von Patienten darstellt, erwirbt die Rechte an einer Erfindung: ein besonders preisgünstiges Gerät, mit dem eine schwere Krankheit effektiv behandelt werden kann. Das Patent verschwindet unverwirklicht in der Schublade, da das Instrument eine Konkurrenz zu vorhandenen, einträglichen Verfahren darstellt. Ein Journalist deckt die Mauschelei auf und der Anbieter gerät in öffentliche Kritik. Seine Glaubwürdigkeit hat das Unternehmen damit verspielt. Ebenso schlecht ist es um die Glaubwürdigkeit eines Gründers bestellt, der eine Crowdfunding-Kampagne für ein Öko-Car-Sharing-Projekt in ländlichen Regionen auf der Basis von E-Mobilität betreibt und privat einen getunten Porsche mit 1400 PS fährt. Bei Veranstaltungen zu seiner Kampagne muss er seinen Boliden mindestens zwei Kilometer vor der Location an einer sehr dunklen Ecke parken … Die Unvereinbarkeit von Wort und Tat kann nicht nur im Rahmen überschaubarer Zusammenhänge zu Irritationen bis hin zur Unglaubwürdigkeit führen. „Das Netz vergisst nie“ ist im digitalen Zeitalter von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Es muss nicht gleich der gefürchtete Shitstorm sein, der Sie und Ihr Projekt in ein ungünstiges Licht stellt. Schon einige wenige negative Posts im Internet, die sich auf der ersten oder zweiten Seite bei Google finden, sorgen bei allen, die sich dort über Sie informieren wollen, für gewisse Zweifel. Allein der Aufwand, um diese Zweifel auszuräumen, verursacht verbrannte Zeit für andere wichtige Dinge. Wenn Sie authentisch an die Sache herangehen, kennen Sie Ihre Stärken und Schwächen und haben sich darauf vorbereitet, Lösungen für noch offene Baustellen zu finden. Eine ehrliche Antwort wie „Sie wissen ja, ich bin Ingenieur und kein Controller. Deshalb habe ich mir als Unterstützung einen Experten ins Boot geholt und

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kann Ihnen bis zum Ende des Monats die gewünschten Zahlen liefern“ oder „Genau dieses Kompetenzfeld ist in unserem Team noch nicht besetzt. Aber mein Mitarbeiter Franz Mayer absolviert gerade bei der Akademie Müller eine Fortbildung zum Thema, die er in sechs Wochen abgeschlossen haben wird“ wirken glaubwürdiger als Vertuschungsversuche. Was gerade noch als Schwäche gewirkt hat, kehren Sie in eine Herausforderung um, deren Lösung Sie bereits in die Hand genommen haben. So kommen Sie niemals in die Situation, dass Sie sich unglaubwürdig machen durch verbale Nebelkerzen, die Sie werfen, um besser dazustehen als Sie es gerade tatsächlich tun. Im Gegenteil, Sie stellen sich dar als verantwortungsvollen Macher, der sein Projekt lösungsorientiert vorantreibt – wenn Sie Ihre Ankündigungen tatsächlich termingerecht umsetzen. Zeigen Sie Mut zur Lücke – Nobody is perfect. Wie sagte noch gleich Thomas A. Edison: „Ich bin nicht gescheitert. Ich kenne jetzt 1000 Wege, wie man keine Glühbirne baut.“ Ihre Gesprächspartner werden es zu schätzen wissen, wenn Sie mit offenen Karten spielen. Stellen Sie Ihr Ziel vor, zeigen Sie seine Potenziale auf und beschreiben Sie den Weg dorthin einschließlich aller Steine, die Sie noch aus dem Weg räumen werden. • Fach- und Hintergrundwissen bzw. Expertenstatus: Einem ausgewiesenen Experten wird i. d. R. schneller und mehr vertraut als einem blutigen Anfänger. Vor einer Begegnung suchen manche potenziellen Aufraggeber, Unterstützer oder auch Gegner nach Indikatoren, ob Sie über die für Ihr Projekt nötige Fachkompetenz verfügen. Punkten können Sie hier mit akademischen Graden und Titeln, Fachveröffentlichungen und Referenzprojekten bei bekannten Firmen bzw. wissenschaftlichen Institutionen. In der persönlichen Begegnung sollten Sie Fragen fundiert beantworten können und den in Ihrer Branche üblichen Fachjargon beherrschen (und dabei trotzdem verständlich sprechen). Doch vor zu plattem Imponiergehabe sei an dieser Stelle gewarnt: Stehen Sie dazu, wenn etwas noch nicht ganz stimmig ist. Niemand mag den allwissenden Perfektionisten. Diese Empfehlungen sollten Sie keinesfalls so verstehen, dass Sie sich gnadenlos an eine Person oder eine Gruppe anpassen, um glaubwürdig zu wirken. Bleiben Sie authentisch und Sie selbst. Wenn Sie sich verbiegen, werden Sie das unbewusst kommunizieren und schlimmstenfalls als völlig unglaubwürdig empfunden werden. • Sympathiefaktor: Ein bedeutender Faktor in der Zuschreibung von Glaubwürdigkeit ist die Sympathie. Wissenschaftlich wird davon ausgegangen, dass Sympathie Glaubwürdigkeit untermauern kann oder sogar ein Bestandteil davon ist. Der Halo-Effekt (halo bedeutet Heiligenschein), eine aus der Sozialpsychologie stammende Bezeichnung für eine kognitive Verzerrung, beschreibt einen Fehler der Personenbeurteilung. Ist ein Merkmal der

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Person besonders dominant, werden andere Merkmale in der Beurteilung weit weniger gewichtet oder sogar völlig außer Acht gelassen. Physisch auffallend attraktive Menschen werden z. B. als intelligent und dominant eingeschätzt. Auch überdurchschnittliche Leistungen führen zu diesem Effekt. Nun ist nicht jeder als Adonis oder als Aphrodite auf die Welt gekommen. Glücklicherweise werden Sympathiepunkte auch für andere Merkmale vergeben. Wirkt jemand offen und präsent? Oder macht er sich klein und unscheinbar? Der Hopplajetzt-komm-ich-Auftritt, der den gesamten Raum und alle Anwesenden sofort dominiert, wird von vielen Menschen als übergriffig empfunden. Besser ist ein selbstbewusster Auftritt, der zeigt: „Ich freue mich darauf, Sie kennenzulernen!“ Abgesehen davon verbinden Gemeinsamkeiten. Eine subjektiv wahrgenommene Ähnlichkeit, z. B. durch die Einhaltung des gerade angemessenen Dresscodes, ist eines der ersten Kriterien, um Sympathie zu empfinden. Das Herstellen von Nähe ist ein weiterer entscheidender Faktor. Deshalb hat auch der gute alte Handschlag eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Er sagt aus: Ich komme in Frieden, respektiere dich, teile dein Begrüßungsritual und traue dir soweit über den Weg, dass ich dir die Hand gebe. Damit wird eine verbindlichere Grundlage der Kommunikation hergestellt. Wird der Eindruck vermittelt, auf die Bedürfnisse der Gesprächspartner einzugehen? Hören Sie aktiv zu, wenn Ihr Gegenüber redet. Das bedeutet, dass Sie konzentriert bei der Sache sind. Sie können mal zustimmend nicken, „Mhmmhm“ machen, ein Stichwort notieren. Beantworten Sie Fragen ausführlich und fragen Sie nach, ob der Punkt damit geklärt ist, bevor Sie das Thema wechseln. Als respektvoller Gesprächspartner sind Sie sympathisch. Mit welchen Kompetenzen können Sie punkten? Sie sollen sich natürlich nicht zum Angeber machen. Ihre Fähigkeiten und deren Nutzwert sollten Sie jedoch sachlich einfließen lassen. Leistungsstarke Menschen wirken sympathischer. Wenn die Chemie trotz aller Bemühungen nicht stimmt Sie betreten den Raum, in dem das wichtige Gespräch stattfindet, werfen einen ersten Blick auf die Anwesenden und fühlen einen intensiven Adrenalinstoß: „Wo bin ich denn hier gelandet?“ Intuitiv nehmen Sie wahr, dass Sie mit diesen Menschen rein gar nichts verbindet und Sie Ihnen auf Anhieb nicht gerade sympathisch sind. Die Option „Beam me up, Scotty“ steht technologisch leider immer noch nicht zur Verfügung. Die besondere Herausforderung besteht darin: Sie brauchen die Unterstützung dieser Personen und müssen diese Situation jetzt unbedingt meistern. Achten Sie darauf, dass Ihnen die Gesichtszüge nicht entgleisen und vermeiden Sie eine negative Körpersprache. Man darf Ihnen Ihr Unbehagen und/oder Ihren Fluchtimpuls nicht anmerken. Bleiben Sie ­freundlich

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und gelassen. Jetzt erst recht! ist die passende Haltung, mit der Sie für diese Challenge gerüstet sind. Haben Sie den Eindruck, direkt in einem Haifischbecken gelandet zu sein, gehen Sie direkt auf die formale Sachebene und konzentrieren Sie sich auf alle Daten, Fakten und Informationen zu Ihrer Innovation. Geben Sie klar und bestimmt Auskunft zu allen Fragen. Lassen Sie sich keinesfalls von provozierenden oder herabwürdigenden Einwürfen aus der Fassung bringen. Sind Ihnen die Menschen auf andere Weise sehr fremd und Sie empfinden Antipathie oder das Bedürfnis nach Abgrenzung, wenden Sie einen Trick an. Nehmen Sie die Haltung ein: Das ist nicht mein Verein. Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen Ihnen und dieser Gruppe, aber eine friedliche und respektvolle Kommunikation ist möglich. Damit bewegen Sie sich weg von der negativen emotionalen Ebene. Denn auch Ihre Gesprächspartner nehmen die Unterschiede war. Durch ein gewisses Maß an Authentizität geben Sie Ihnen die Möglichkeit, Sie als Person wertzuschätzen, obwohl sie offensichtlich wenig mit Ihnen verbindet. Sind Sie als Person in Haltung, Einstellung und Handlung konsistent, müssen diese Diskrepanzen nicht zu Ihrem Nachteil sein. Sie haben sogar die Chance, auf diese Weise besonderes Interesse zu wecken. Sie zählen zu den Großstädtern, die sich mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen? Eingefleischte Autofahrer werden das exotisch finden: „Ach, Sie haben gar kein Auto? Wie machen Sie denn Ihren Wochenendeinkauf?“ Sie fotografieren an den Wochenenden Lost Places? „Oh, damit verbringen Sie Ihre Freizeit? Das ist ja sehr spannend!“ Im Gespräch können Sie Ihren Respekt durch kleine Äußerungen ausdrücken. „Ich danke Ihnen für diese gute Anregung.“, „Das war ein wichtiger Einwand, den ich gleich aufgreifen werde.“, „Ihre Anmerkung bezieht sich auf einen entscheidenden Aspekt, der…“ Setzen Sie diese Bemerkungen dosiert ein, entwickelt sich das Gespräch eher zu einem konstruktiven Miteinander. Einen Sympathiebonus gewinnen Sie, wenn Sie Ihre Gesprächspartner im Verlauf der Unterhaltung mit Ihrem Namen ansprechen. Auch die Worte Bitte und Danke sind verknüpft mit dem Ausdruck von Respekt und Höflichkeit. Wohl dosiert kommen diese Signale gut an. Werden Sie übertrieben, wirkt ihr Einsatz aufdringlich-einschmeichelnd und deshalb negativ. 

Tipp Nutzen Sie die Spiegelmethode! Sie vermitteln Ihrem Gesprächspartner unterschwellig das Gefühl einer angenehmen Situation, wenn Sie sein Verhalten spiegeln. Passen Sie sich an seine Körpersprache, sein Sprechtempo, seine Lautstärke und seinen Sprachduktus an. Redet er sehr sachlich-faktisch, bindet er viele Adjektive oder Symbole ein? Übernehmen Sie sein Verhalten, soweit es Ihnen möglich ist.

5.2  Modelle der zwischenmenschlichen Kommunikation

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5.2 Modelle der zwischenmenschlichen Kommunikation Um die Ausführungen über nonverbale Kommunikation und das Zwischen-den-Zeilen-Lesen besser nachvollziehen zu können, folgen hier zunächst ein paar grundlegende Modelle der zwischenmenschlichen Kommunikation.

5.2.1 Sach- und Beziehungsebene von Paul Watzlawick Der österreichisch-amerikanische Wissenschaftler betrachtet alles zwischenmenschliche Verhalten als Kommunikation (Watzlawick 2016). Der Grundsatz „Es ist unmöglich, nicht zu kommunizieren“ besagt, dass wir Menschen beim Zusammentreffen mit anderen immer Signale aussenden, auch wenn wir nicht miteinander sprechen. Diese Signale werden vom jeweils anderen entschlüsselt und steuern das Verhalten. Wichtiger als die Sachebene einer Äußerung ist für Watzlawick die Beziehungsebene der Interaktion. Die Beziehungsebene bestimmt die Sachebene. Das Unterbewusstsein kann dem Bewusstsein einen Strich durch die Rechnung machen. Rational beruht z. B. eine Entscheidung auf einer felsenfesten Überzeugung. In dem Moment, in dem sie kommuniziert wird, bricht dem Sprecher der Schweiß aus und seine Hände zittern. Das kann unterschiedliche Ursachen haben. Unsicherheit, Ängste, das Befürchten von Überforderung, Respekt vor der Aufgabe – tief verwurzelte Erfahrungen müssen sich nicht unbedingt auf der Gedankenebene bemerkbar machen. Gefühle, Einstellungen, Haltungen, Bedürfnisse und Ängste drücken sich in der Formulierung aus – und in Körpersprache, Mimik und Gestik. Stress und Wut lösen sogar einen spezifischen Körpergeruch aus, den das Gegenüber bewusst oder unbewusst wahrnehmen kann. Auch die Art, wie die Beziehung zum Gegenüber definiert wird, wird durch Äußerungen deutlich. Beispiel: Eine Chefin gibt einem Mitarbeiter mit scharfer Stimme eine Anweisung. Er spürt durch den Tonfall und die Art der Formulierung, wie sie ihn und die Gesamtsituation sieht: • • • •

Es ist eine hierarchische Beziehung, bei der er den niedrigen Rang hat. Sie erwartet, dass er gehorcht. Möglicherweise fühlt sie sich ihm überlegen. Vielleicht ist sie auch zornig, weil er das Gewünschte nicht schon von selbst umgesetzt hat.

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Was lernen wir daraus? Das sog. Bauchgefühl meldet sich. Und andere bekommen diese Informationen zwischen den Zeilen mit, trotz des Bemühens, die Wahrheit zu verbergen.

5.2.2 Das Vier-Seiten-Modell von Friedemann Schulz von Thun Der Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun hat ein Kommunikationsmodell entwickelt (Schulz von Thun 2010), in dem er jeder Nachricht – also Äußerung – statt zweier (wie beim Watzlawick-Modell) vier Aspekte zuordnet. Sowohl der Sprechende (Sender) als auch der Gesprächspartner (Empfänger) können die Botschaft auf vier verschiedene Weisen interpretieren. • Auf der Sachebene werden die vermittelten Daten und Fakten erfasst: Worüber spricht er? • Die Selbstoffenbarung übermittelt, was der Sender über sich selbst mitteilt: Diese Ebene entspringt meist dem Unterbewusstsein und drückt sich auch durch Mimik, Gestik und Körpersprache aus. Was sagt er über sich aus? • Die Beziehungsebene gibt Informationen über die Haltung des Senders zum Empfänger: Wie steht er zu mir? • Die Appellebene zeigt, welche Absicht der Sender verfolgt: Was will er von mir? Die Kommunikation zwischen zwei Menschen hat also dem Modell entsprechend auf jeder Seite vier mögliche Schwerpunkte, wie Abb. 5.1 zeigt. Eine wichtige Erkenntnis birgt das Modell: Reagiert das Gegenüber komplett anders als erwartet, hat es seinen Schwerpunkt möglicherweise auf eine andere Ebene gelegt als der Sender der Botschaft. Der Sender ist sachlich, der Gesprächspartner fühlt sich jedoch auf der Beziehungsebene angesprochen. Beispiel: Ein Mitarbeiter schlägt vor, im Unternehmen eine Innovation umzusetzen, sein Vorgesetzter versteht diesen Einsatz als Kritik an seinem eigenen Innovationsmanagement. Er wehrt den Vorschlag als unnötig ab.

5.2  Modelle der zwischenmenschlichen Kommunikation

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Abb. 5.1   Die vier Seiten einer Nachricht. (Quelle: Birgit Lutzer)

5.2.3 Die vier Grundcharaktere und ihre Kommunikationsbedürfnisse – ein Ansatz von Tobias Beck Ein anderes Modell teilt Menschen in vier Grundcharaktere ein. Es ist als Orientierungsrahmen in manchen Situationen vielleicht hilfreich. Der Speaker, Berater und Dozent Tobias Beck hat einprägsame Tiersymbole für diese Grundcharaktere gefunden: Wal, Hai, Delfin und Eule. Die mit den Grundcharakteren verbundenen Eigenschaften geben Hinweise auf die Motivationsfaktoren von Personen. Dieses Raster ist sehr verallgemeinernd und wird individuellen Persönlichkeiten nicht gerecht. Menschen lassen sich nicht generell sortieren. Dennoch steckt im Kern dieser Grundcharaktere ein hilfreiches Instrument. Es gibt Menschen, die in das Raster passen. Andere haben Anteile von zwei oder mehr Grundcharakteren in unterschiedlicher Ausprägung. Wenn Sie im Gespräch einschätzen können, mit welchem Grundtypus (Abb. 5.2) Sie es zu tun haben, können Sie Ihre Kommunikationsstrategie daran anpassen. • Der Wal: Die stark fürsorglich orientierte Haltung dieser Persönlichkeit ist am besten zu beschreiben mit der Leitfrage „Was kann ich für andere tun?“ Als sozial eingestellter Mensch ist der Wal hilfsbereit, offen und freundlich. Er fasst schnell Vertrauen und ist zugewandt, hört gut zu, ist geduldig und anpassungsfähig. Wenn er etwas sagt, tut er es mit Bedacht. Er denkt über das Gehörte nach und stellt Verständnisfragen. Der Wal legt großen Wert auf eine vertrauensvolle gemeinsame Basis. Konflikte vermeidet er. Vor wichtigen Entscheidungen stimmt er sich mit Personen ab, auf deren Meinung er Wert legt.

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Abb. 5.2   Die vier tierischen Grundcharaktere von Tobias Beck. (Quelle: Pixabay)

Um mit dem Wal zu einem positiven Ergebnis zu kommen, muss erst Vertrauen aufgebaut werden. Wichtig ist es, eine persönliche Ebene zu entwickeln. Der Wal mag es nicht, zu etwas gedrängt zu werden, weil er sich erst seiner Entscheidung völlig sicher sein möchte. Dazu benötigt er viele Informationen, um keine Fehlentscheidung zu riskieren. • Der Hai: Auf der Basis seiner dominanten Prägung fragt der Hai: „Was können andere für mich tun?“ Dass Sie es mit einem Hai zu tun haben, bemerken Sie spätestens, wenn er in die Runde wirft „Können wir jetzt zur Sache kommen“ und damit den Aufwärm-Smalltalk auf der Stelle abbricht. Er ist selbstsicher, konsequent, urteilt klar, entscheidet autonom und schnell. Kompromisse sind nicht seine Sache. Der Hai bleibt deutlich auf Distanz, übernimmt die Gesprächsführung und fragt konsequent die Fakten ab. Es geht ihm darum, seine Interessen durchzusetzen. Um mit dem Hai übereinzukommen, sollten Sie konsequent auf der professionellen und sachlichen Ebene bleiben. Haben Sie alle Fakten parat und legen Sie sie klar und präzise dar. Weil der Hai gern entscheidet, kann eine Alternative nützlich sein, damit er zwei Optionen hat. Er hat kein Problem damit, kurzfristig zu einer Entscheidung

5.3  Körpersprache & Co

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zu kommen. Wichtig sind im Gespräch mit dem Hai die Akzeptanz seiner Gesprächsführung und eine exzellente Vorbereitung aller Fakten. • Der Delfin: Fröhlich und lebensbejahend fragt sich dieser Typ: „Was tue ich mir heute mal Gutes?“ Der Delfin ist sehr kommunikationsfreudig. Spontan, charmant, einem Schwätzchen über den letzten Branchenskandal und Scherzen nicht abgeneigt, zeigt er sich begeisterungsfähig und veränderungs- und innovationsfreudig. Es ist nicht einfach, den Gesprächsfaden zu halten, denn er springt von Thema zu Thema. Nicht immer ist er ganz bei der Sache. Wichtig im Gespräch mit dem Delfin ist eine lockere Atmosphäre. Wenn Sie ihm berichten, wer sich schon für Ihr Projekt begeistert hat, erleichtern Sie ihm seine Zusage der Unterstützung. • Die Eule: Sie ist geprägt durch ihre Gewissenhaftigkeit: „Erst kommt die Arbeit und dann das Vergnügen“. Als sehr selbstbeherrschter Mensch ist der Eulentyp im Gespräch ruhig und besonnen. Die Fakten werden gewissenhaft unter die Lupe genommen, weil die Eule ihre Verantwortung pflichtbewusst trägt. Sie ist korrekt, konsequent und vorsichtig. Im Gespräch fragt sie nach, macht sich Notizen und fordert weitere Informationen ein. Sie strukturiert das Gespräch und hält den Zeitplan exakt ein. Als Vorbereitung auf das Gespräch sollten Sie auf Ihr formelles Auftreten achten, besonders pünktlich sein, seriös und professionell agieren. Eine Entscheidung für oder gegen eine Unterstützung wird erst nach gründlicher Analyse fallen. Zwischenfazit Kommunikation zwischen Menschen ist weitaus mehr als der Austausch von Worten. Sie können die besten Fakten und Daten aufbieten und trotzdem wird Ihre Botschaft nicht angenommen. Welche weiteren Faktoren spielen eine Rolle?

5.3 Körpersprache & Co Worte allein machen nur einen geringen Anteil der Kommunikation aus. In der Wissenschaft wird davon ausgegangen, dass ihr Anteil nur 7 % beträgt; 55 % des Informationsaustauschs finden nonverbal über die Körpersprache statt. Einen Anteil von 38 % nimmt die paraverbale Kommunikation (Stimmlage, Tonfall, Lautstärke) ein. Hinzu kommt die extraverbale Kommunikation, wie z. B. Zeit und Ort, an dem sie stattfindet. Eine weitere Rolle spielen unsere Sinne: Kommunikation kann Optik, Akustik, Olfaktorik, Gustation und Haptik ansprechen. Im zwischenmenschlichen Kontakt werden viele Signale unbewusst ausgesendet.

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Kennen Sie diese Signale, können Sie daran arbeiten, Ihre Kommunikation bewusster zu steuern. Das Wissen um die Signale der nonverbalen Kommunikation gibt Ihnen die Möglichkeit, andere Menschen besser zu lesen. Wenn Sie die bisher genannten Signale in Mimik, Haltung und Gestik deuten können, verfügen Sie bereits über Anhaltspunkte, um jenseits aller Worte einzuschätzen, wer Ihnen offen und zugewandt gegenübersteht, wer Vorbehalte hat und wer Sie und Ihr Projekt ablehnt. Es ist also nicht nur von Bedeutung, was gesagt wird, sondern auch auf welche Weise, wo, wann und zu wem. Nicht jeder im Austausch aufgenommene Eindruck gerät ins Bewusstsein. Im Gegenteil: Vieles wird unbewusst aufgenommen. Einiges davon spiegelt sich in den Gefühlen der Beteiligten wider. Spontane Sympathie oder Antipathie, eine gewisse Irritation, eine Alarmiertheit oder ein freudiges Interesse sind Resultate des unbewussten Abcheckens. Die nonverbale Kommunikation eines Menschen kann etwas komplett anderes aussagen als seine Worte. Wer einen Raum mit undurchdringlichem Pokerface betritt, statt freundlich in die Runde zu schauen, wirkt abweisend und dominant, obwohl er einen guten Tag wünscht. Hängende Schultern wirken lahm und unsicher, trotz einer inhaltlich schlüssigen Präsentation. Wer bei der Begrüßung die Hand des Gegenübers schüttelt und gleichzeitig auf seine Schulter tätschelt, drückt damit aus, dass er sich selbst als ranghöher empfindet. Da helfen auch keine Beteuerungen, sich auf die zukünftige partnerschaftliche Kooperation zu freuen. Bevor Sie weiterlesen, eine kleine Warnung: Wie auch bei der verbalen Kommunikation wird nicht jede Botschaft des Senders vom Empfänger richtig gedeutet. Jemand fährt sich während des Gesprächs immer wieder mit der Hand an die Wange? Möglicherweise hat er Zahnschmerzen und ist keineswegs unsicher. Oder Ihr Gesprächspartner sitzt stocksteif auf seinem Stuhl, als würde er sich nichts sehnlicher wünschen, als sich an einem anderen Ort zu befinden? Er könnte auch kürzlich einen Bandscheibenvorfall gehabt haben und vermeidet es lediglich, die Wirbelsäule zu krümmen. Es sollten also immer mehrere Signale in dieselbe Richtung weisen. Ein paar körpersprachliche Signale, auf die Sie speziell in Businesskontexten achten sollten: Äußeres Erscheinungsbild Albert Einstein hatte auf dem Zenit seiner Karriere als Wissenschaftler von Weltrang sicherlich das Standing, sich mit seinem berühmten Zausel-Look zu präsentieren. Wollen Sie von sich überzeugen, sollten Sie sich im besten Licht präsentieren und dem Anlass angemessen gestylt erscheinen. Der Dresscode ist wichtig, um in Gesprächen mit Innovationsförderern vertrauenswürdig und professionell zu wirken. Das muss nicht

5.3  Körpersprache & Co

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unbedingt der Businessanzug sein, sollte jedoch formell wirken. Finden Sie vor Gesprächen in noch unbekannter Umgebung heraus, welcher Kleidungsstil dort üblich ist. Vermeiden Sie es under- oder overdressed beim ersten Eindruck einen Minuspunkt zu erzielen. Mehrere psychologische Studien haben ergeben, dass sich formelle Kleidung sowohl auf den Träger als auch auf seine Gesprächspartner auswirkt. Wer einen gutsitzenden und hochwertigen Anzug oder ein entsprechendes Kostüm trägt, wirkt selbstbewusster und erfolgreicher. Dadurch fühlt sich er sich tatsächlich professioneller und ist in der Lage, analytischer zu denken und zu handeln. Das wiederum führt zu erfolgreicheren Verhandlungen. Bleiben Sie trotz dieses Effekts authentisch. Jemand, der sich im Businessanzug total unwohl fühlt, vermittelt dieses negative Gefühl. Männer in zu kurzen Anzughosen und schlabberigen Jacketts erwecken eher Mitleid als Respekt. Der 100-Euro-Anzug aus dem Billigkaufhaus sollte im Kleiderschrank bleiben. Dann sind Chinos, Hemd und Sakko die bessere Wahl. Nähe und Distanz Jeder Mensch hat einen individuellen Bedarf nach körperlicher Distanz. Kommt ihm jemand zu nah, fühlt er sich unwohl. Halten Sie am besten immer einen Meter Abstand von Ihnen noch unbekannten Menschen. Tritt Ihr Gegenüber im Gespräch etwas zurück, wissen Sie, dass er eine größere Zone benötigt und rücken keinesfalls nach. Rückt Ihnen jemand für Ihr Empfinden zu nah auf die Pelle, bewegen Sie sich – wenn er nachrückt – langsam seitwärts im Kreis. So müssen Sie nicht zurückweichen, sondern geben der Situation eine Dynamik, in der Sie führen. Haben sich Ihre Gesprächspartner schon hinter einem Tisch verschanzt und Sie sollen wie vor einem Richtertisch platziert werden, respektieren Sie die geschaffene räumliche Distanz. Mimik  Ein besonders intensiver Blickkontakt mag in der zwischenmenschlichen Beziehung in Liebesdingen nützlich sein. Im Business wirkt ein langanhaltender, direkter Blick in die Augen bedrohlich und feindselig. Suchen Sie im Gespräch häufig den kurzen Blickkontakt, um Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit zu demonstrieren. Wenn Sie Ihren Gesprächspartner nicht anschauen, wirken Sie desinteressiert. Blicken Sie auf den Boden, versteht ihr Gegenüber das als Mutlosigkeit. Erhobene Augenbrauen drücken Erstaunen oder höchste Aufmerksamkeit aus. Gesenkte Mundwinkel sind Signale für Missbilligung und Abwertung. Das Zusammenpressen der Lippen zeigt Anspannung und Reserviertheit. Das Runzeln der Stirn kann auf Nachdenklichkeit hindeuten, aber auch als Zweifel interpretiert werden.

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Sitzhaltung  Beim Sitzen parallel gestellte oder eng aneinandergedrückte Beine zeigen die innere Anspannung. Schlingen Sie Ihre Beine um die Stuhlbeine, drückt das ebenfalls Anspannung oder Angst aus. Werden die Beine weit auseinandergesetzt, wirkt der Sitzende selbstbewusst und unbekümmert. Wird die Hand beim Sitzen unter die Oberschenkel geschoben, entsteht der Eindruck von Unsicherheit. Wer sich vorn auf die Stuhlkante platziert, wirkt fluchtbereit. Genüsslich im Stuhl zurückgelehnt sitzt jemand, der völlig entspannt oder arrogant ist. Eine spezielle Haltung von Männern ist Zeichen maskuliner Dominanzansprüche: Mit weit gespreizten Beinen, mit dem Gesäß weit nach vorn zur Stuhlkante vorgerückt, am besten noch mit beiden Armen auf den Stuhllehnen, präsentieren sie ihr Gemächt. Was das bedeutet, ist eindeutig… Aber auch die Damen geben mit ihrer Sitzhaltung unterschwellige Zeichen. Neigen sie Ihre Knie zur Seite, kann das als Flirt-Aufforderung missverstanden werden. Stehen die Beine und Knie in leichter Schrittstellung oder sind die Füße gekreuzt, könnte dies als kompetent und professionell ausgelegt werden. Im Rock mit weit geöffneten Beinen dazusitzen, passt in den Film „Basic Instinct“, jedoch nicht in ein Businessgespräch. Gestik  Die Floskel „Ich habe dir schon tausendmal gesagt“ ist die natürliche Verbündete des erhobenen Zeigefingers. Und genauso kommt diese Geste an: als Belehrung oder Rechthaberei. Das Trommeln mit den Fingern zeigt Nervosität und Ungeduld. Zur Faust geballte Hände sind Ausdruck von Wut und Durchsetzungswillen. Die Hände am Jackenrevers vermitteln Unsicherheit. Das Reiben der Hände wirkt selbstgefällig. Vor der Brust verschränkte Arme sind Abwehrsignale. Die beim Sprechen vor den Mund gehaltene Hand soll Worte oder die Wahrheit zurückhalten. Wird die Hand nach dem Sprechen vor den Mund gehalten, soll das Gesagte lieber zurückgenommen werden. Frauen, die während des Gesprächs Haarsträhnen um die Finger wickeln, wirken neckisch, nicht kompetent. Stimmlage und Lautstärke  Manche Menschen sind hinreißende Redner. Andere stehen sich selbst im Weg, stocken oder nuscheln. Den Aussetzern kann durch ein wiederholtes Probereden entgegengewirkt werden, bis der Text tadellos sitzt. Einer undeutlichen Aussprache können Sie mit etwas praktischer Übung beikommen. Üben Sie Ihre Präsentation mit einer Nuss im Mund. Noch effektiver ist es, die Nuss im Privaten über einige Tage einzusetzen, um die Artikulation deutlicher zu machen. Nussallergiker können sich alternativ einen Korken an die obere Zahnreihe legen. Probieren Sie es einfach aus. Der Chamäleon-Effekt wiederum beschreibt eine unbewusste Verhaltensweise, das Gegenüber zu imitieren, um Vertrauen aufzubauen und Sympathie zu gewinnen. Als Spiegeltechnik nutzen Sie den

5.3  Körpersprache & Co

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Effekt, indem Sie sich in der Stimmlage, der Sprechgeschwindigkeit und der Lautstärke Ihrem Gesprächspartner anpassen. Dadurch schaffen Sie eine gute Grundlage zum Gelingen des Gesprächs. Sprechen Sie so laut, dass jeder im Raum Sie verstehen kann. Müssen sich Ihre Zuhörer darauf konzentrieren, Sie überhaupt akustisch zu verstehen, bleibt kaum noch Energie übrig, um sich auch noch mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. Haptik  Wenn es in einem Gespräch um viel geht, kann schon einmal Nervosität ausbrechen. Vermeiden Sie es, mit feuchten Schwitzhänden in die Begrüßung zu gehen. Ihre Gesprächspartner werden beim Händeschütteln feststellen, dass Sie aufgeregt sind. Das wirkt nicht souverän. Suchen Sie besser vorher das WC auf und waschen Sie Ihre Hände. Olfaktorik/Düfte  Gegen ein sehr dezent aufgetragenes Parfüm oder Aftershave ist nichts einzuwenden. Haftet jemandem jedoch ein raumfüllender Duft an, kann das andere Menschen in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigen. Auch der Verzehr von Knoblauch oder rohen Zwiebeln ist im Vorfeld eines Gesprächs kontraproduktiv. Die schnelle Mahlzeit vor dem Meeting in der nächsten Frittenbude kann Ihnen ein alles durchdringendes Friteusen-Bouquet verleihen. Das findet nicht jeder angenehm. An der Kleidung haftenden Zigarettengeruch empfinden viele Menschen als abstoßend. Gustation/Geschmack  Wie Ihr Gesprächspartner schmeckt, müssen Sie im Businessbereich glücklicherweise nicht ausprobieren. Zungenküsse sind dort eher unüblich. Findet das Gespräch auf Ihrem Terrain statt, sollten Sie jedoch darauf achten, was Sie als Getränke oder Snacks anbieten. Bieten Sie nur an, was einen gewissen Qualitätsanspruch erfüllt. Offerieren Sie z. B. keinen Cappuccino oder Latte Macchiato, wenn er nur als Pulver angerührt wird und geschmacklich nicht überzeugt. Stellen Sie nicht die billigsten Kekse vom Discounter auf den Tisch, die einfach nur trocken und süß sind. Wasser aus Plastikflaschen ist ein No-Go, weil es viele Menschen nicht mögen. Fazit Achten Sie auf die nonverbalen Signale Ihrer Gesprächspartner und beziehen Sie sie in Ihre Kommunikation mit ein. Dadurch läuft die Kommunikation geschmeidiger und klarer ab, was Ihnen wiederum Pluspunkte einbringt. Bleiben Sie so authentisch wie möglich. Versuchen Sie, Ihre Aussagen aufgrund von Diskrepanzen umzubiegen, wird das negativ auffallen.

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5  Ihre persönliche Überzeugungskraft

5.4 Ein Griff in die Rhetorikkiste Wenn Sie Unterstützung für Ihr innovatives Projekt einwerben wollen, brauchen Sie die Aufmerksamkeit Ihrer Gesprächspartner. Ein paar Rhetorikkenntnisse können nützlich sein, wenn es um passende Formulierungen geht.

5.4.1 Argumentieren Sie aus der Sie-Perspektive Interesse wecken Bei Gesprächspartnern oder Zuhörern sorgen Sie für Aufmerksamkeit, in dem Sie Ihr Anliegen mit deren Interessenlage verknüpfen. Was motiviert andere Menschen, sich Ihrer Sache zu widmen? Bauen Sie diese Motive in Ihre Darstellung ein und argumentieren Sie, warum Ihr Projekt genau dieses Thema bedient. Dazu ist es wichtig, sich vorab ein konkretes Bild der Anforderungen zu machen. Entweder können Sie sie den Förderunterlagen entnehmen oder Sie analysieren Projekte, die bereits Unterstützung einwerben konnten. Was genau hat diese ausgezeichnet? Welche Merkmale der Projekte wurden in der Begründung für die Förderung hervorgehoben? Suchen Sie die Übereinstimmungen mit Ihrem Vorhaben und heben Sie sie hervor. Einbeziehen statt abgrenzen Wenig Sympathie wecken im Businessgespräch viele Ich-Botschaften. Sie sind im Beziehungsgespräch mit Partner oder Freunden sinnvoll eingesetzt, wenn es darum geht, die eigenen Beweggründe transparent zu machen. Im Gespräch mit potenziellen Unterstützern kippt der Eindruck ins Negative, wenn jemand permanent seine Leistung, seine Entwicklungsarbeit, seine Erfolge, seine Vision etc. herausstellt. Stolz auf das eigene Schaffen, eine Spur Ehrgeiz und Durchsetzungskraft sind erwünscht. Der übertrieben selbstbezogene Egomane wirkt hingegen unsympathisch. Ich-Botschaften nehmen Ihren Gesprächspartner nicht mit, wenn Sie ihn überzeugen wollen. Sie demonstrieren damit, dass Sie sich auf einer subjektiven Ebene bewegen und grenzen sich ab. Das macht es Ihrem Gegenüber schwer, sich auf Sie zuzubewegen und mit Ihnen konform zu gehen. Ersetzen Sie Ich-Botschaften grundsätzlich durch Sie-Botschaften, wenn es inhaltlich möglich ist. Statt „Ich werde Ihnen erläutern, wie …“ leiten Sie eine Erklärung ein mit „Sie werden erfahren, dass …“. Als Alternative zu „Ich zeige …“ sagen Sie „Sie sehen …“. „Ich halte es für wichtig“ wird ersetzt durch „Sie erfahren, wie wichtig es ist, dass …“. „Ich gebe Ihnen…“ wandeln Sie um in „Sie bekommen…“.

5.4  Ein Griff in die Rhetorikkiste

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Gegenwart statt Zukunft Reden Sie in der Zukunftsform, öffnen Sie dem Zweifel ein Hintertürchen. Man kann vieles versprechen, wenn der Tag lang ist. Größere Verbindlichkeit im Gespräch stellen Sie her, wenn Sie in der Gegenwartsform sprechen. Vage Aussage: „Ich werde den Versand des Infomaterials an Sie veranlassen“. Verbindlich-konkret: „In spätestens einer Stunde finden Sie eine PDF mit weiteren technischen Informationen in Ihrem E-Mail-Postfach“. Oder, ein anderes Beispiel: Statt „Wir werden Ihre Verbesserungsvorschläge zu unserem Prototypen umsetzen“ sagen Sie besser „Ihre Verbesserungsvorschläge setzen wir um“.

5.4.2 Richtige Worte und Wörter finden In einzelnen Formulierungen und Begriffen steckt manchmal mehr als auf den ersten Blick erkennbar ist. Anbei einige Beispiele, die sich natürlich auch auf die schriftliche Kommunikation anwenden lassen: Metaphern – sprachliche Bilder  Das Wort Metapher stammt aus dem Griechischen und bedeutet Übertragung. Zwischen der eigentlichen Bedeutung des Worts und der neuen Anwendung besteht eine Ähnlichkeit. Wenn jemand zu Ihnen sagt: „Die Schulze ist eine falsche Schlange und der Nüssli ein Waschlappen!“ bekommen Sie durch die bildhafte Formulierung eine genaue Vorstellung davon, was ausgedrückt werden soll: Frau Schulze verhält sich ausgesprochen strategisch und Herr Nüssli ist wenig durchsetzungsfähig. Hätte Ihr Gesprächspartner zusammenhanglos gesagt: „Frau Schulze ist ein Spaten und Herr Nüssli ein T-Shirt!“ wären dies zwar auch Metaphern, doch wegen des mangelnden Bezugs verwirrend. Verwandt mit der Metapher ist der Vergleich. Seine Wirkung ist dieselbe, nur, dass er zusätzlich die Wörter wie bzw. genauso enthält: „Frau Müller ist wie eine Dampfwalze in Teamsitzungen“. Eine mit Metaphern oder Vergleichen angereicherte Sprache hat einen hohen Unterhaltungswert, sorgt für gute Stimmung beim Leser oder Hörer und ist auch zu empfehlen, wenn es um das Erklären komplexer Sachverhalte geht. Verneinungsfalle  Können Sie sich noch daran erinnern, dass Sie in Ihrer Kindheit und Jugend zuhause wegen immer der gleichen Angewohnheiten Stress hatten? Viele Eltern verzweifeln daran, dass ihre Kinder Ermahnungen komplett ignorieren. „Du sollst deine Schuhe nicht im Flur herumliegen lassen!“ „Du sollst deine schmutzige Wäsche nicht im Bad liegen lassen!“ „Du sollst nicht den ganzen Tag online sein!“ Dieses Ignorieren kann etwas mit den pubertären

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5  Ihre persönliche Überzeugungskraft

Umschaltungen der Synapsen zu tun haben und ist teils auch Ausdruck jugendlicher Abgrenzung. Wichtig zu wissen ist allerdings, dass diese Art der Formulierung von Ermahnungen vom Gehirn des Nachwuchses gar nicht unmittelbar aufgenommen werden kann. Zu jeder konkreten Aussage oder zu jedem Gedanken erzeugt das Gehirn, vereinfacht ausgedrückt, ein Bild. Doch eine Verneinung kann nicht mit einer klaren Vorstellung abgebildet werden. Ein einfaches Beispiel: Denken Sie nicht an ein Nilpferd mit roten Gummistiefeln an den Füßen! Wie soll es Ihnen gelingen, nicht daran zu denken? Der Reiz, der durch den Begriff ausgelöst wird, lässt das Bild sofort im Bewusstsein entstehen. Um es zu tilgen, müssen wir z. B. konzentriert an etwas anderes denken. Es lässt sich kein Nichts denken. Wenn Wörter wie nicht oder kein verwendet werden, wird also genau das Bild abgerufen, das negiert werden soll. Die Fallstricke der Negation lauern auch in der professionellen Kommunikation, wenn Sie z. B. einen Mitarbeiter über mögliche Auswirkungen einer Innovation informieren möchten. Dann was passiert im Gehirn Ihres Gegenübers, wenn Sie auf einen Einwand hin beteuern: „Das ist alles gar kein Problem!“. Klarer und überzeugender kommt Ihr Anliegen herüber, wenn Sie etwas formulieren wie: „Dafür haben wir bereits folgende Lösung entwickelt.“ Die Aussage „Machen Sie sich keine Sorgen“ hat ebenfalls negative Implikationen. „Sie können sicher sein, dass…“ ist die positive Alternative. „Sie gehen kein Risiko ein, wenn…“ ersetzen Sie z. B. durch „Ich garantiere Ihnen, dass…“ Aktiv- und Passivsätze  Sehr verbreitet in Wissenschaft und technischer Fachsprache sind sog. Passivformulierungen. Bei einem Passivsatz wird etwas mit einer Person oder einer Sache gemacht: „Durch den Test wurde ein starker Bakterienbefall nachgewiesen.“ Bei einem Aktivsatz geht von jemand oder etwas eine Handlung aus. „Forscher wiesen im Experiment einen starken Bakterienbefall nach.“ Eine hohe Zahl an Passivsätzen macht einen Text oder eine Rede abstrakt. Überwiegen Aktivformulierungen, wirkt die Sprache lebendiger und dynamischer. Bei der Übermittlung werblicher Inhalte sollte deshalb der Schwerpunkt auf dem Aktiv liegen. Abwechslung  Um einen Text oder Gesagtes lebendig zu gestalten, greifen Verfasser oft zu Synonymen – zu Wörtern mit gleicher oder ähnlicher Bedeutung. Der Vergleich zeigt den Effekt: Variante mit Wortdoppelungen: „Wenn Sie die Füllung eingefüllt haben, können Sie den Füllstand an der Seite des Behälters ablesen.“ Synonymsatz: „Lassen Sie das Granulat in den Behälter rieseln. Den Füllstand können Sie an der Seite ablesen.“ In Bedienungsanleitungen und technischen Dokumentationen hingegen sind Ersatzbegriffe fehl am Platz. Legen Sie

5.5  Zündend präsentieren – eine Kunst für sich

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sich auf eindeutige Bezeichnungen fest und verwenden Sie diese durchgängig – in Texten und auch bei mündlichen Erklärungen, z. B. am Telefon, wenn Sie keine Möglichkeit haben, direkt auf etwas zu zeigen. Ebenso, wie ständige Wortwiederholungen ermüden, führt ein immer wieder gleichbleibender Satzbau zu Langeweile. Ein ödes Beispiel: „Die Stechhilfe ist ein medizinisches Instrument. Es dient zum schnellen Abzapfen von Blut. Eine winzige Nadel sticht in den Finger. Ein Bluttropfen tritt heraus.“ Mehr Abwechslung schaffen Sie, wenn Sie Haupt- und Nebensätze unterschiedlichen Aufbaus mischen. Prüfen Sie bei gleichbleibendem Inhalt, ob Sie die Reihenfolge einzelner Wörter ändern können. Das könnte dann so klingen: „Ein medizinisches Instrument für das schnelle Abzapfen von Blut ist die Stechhilfe. Nur ein einzelner Tropfen tritt aus dem Finger, da die Nadel winzig ist.“ Wenn Sie Ersatzwörter suchen: Neben gedruckten Synonymlexika gibt es auch im Internet viele kostenlose Online-Angebote. Achtung, Reizwörter  Außer in der Negation lauern in der Wahl der Worte weitere Quellen für misslingende Kommunikation. Eine ganze Reihe von Begriffen ist negativ besetzt und schwächt die Überzeugungskraft. Problem, Sorge, Risiko sind Begriffe, die Sie grundsätzlich vermeiden sollten, weil sie immer negativ wirken. Verpflichtung ist ebenfalls mit negativen Assoziationen verbunden. Durch den Einsatz positiver Ersatzformulierungen erzielen Sie mit Ihren Aussagen eine höhere Aufmerksamkeit und stärken Ihre Glaubwürdig-keit. Sofort, einfach, direkt, entdecken, gewinnen, garantieren sind Begriffe, die positive Assoziationen auslösen. In Verbindung mit Ihrem Projekt wirken Nutzen, Vorteil oder Qualität vertrauensbildend. Füllwörter  Eine weitere Gruppe von Wörtern beeinträchtigt den Vertrauensaufbau, weil sie die Verbindlichkeit der Aussage in Frage stellen: eigentlich, eventuell, vielleicht, möglicherweise sind Ausdruck von Halbherzigkeit. Mit allerdings, irgendwie, freilich, jedoch, aber, indes, indessen, hingegen schwächen Sie im Gespräch ebenfalls ab, was Sie ausdrücken wollen.

5.5 Zündend präsentieren – eine Kunst für sich Ob bei Ihrer Präsentation der Funke der Begeisterung für Ihre Innovation überspringt, hängt auch von der Art ab, wie Sie sie Ihren Zuhörern präsentieren. Eine gelungene Präsentation setzt sich aus zwei Hauptbausteinen zusammen: Ihrer Person als Kommunikator und von Ihnen eingesetzte Medien. Im Fokus dieses

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5  Ihre persönliche Überzeugungskraft

Abschnitts stehen Techniken für den inhaltlichen Aufbau einer Präsentation bzw. Rede über Ihre Innovation. Für die Gestaltung von Folien schauen Sie bitte in den Teil über Informationsträger.

5.5.1 Die Grundstruktur Ihrer Darbietung Für den Aufbau von Überzeugungsreden und auch für viele andere Marketingkontexte gibt es zahlreiche Aufbauraster. Aus der Masse seien hier exemplarisch zwei herausgegriffen, die sich im Übrigen auch für die schriftliche Kommunikation anwenden lassen. Die AIDA-Formel Eine Methode, um Ihre Kommunikation in knapper Weise zielgerichtet zu gestalten, ist die AIDA-Formel. Ein amerikanischer Werbespezialist entwickelte sie bereits 1898. Das Akronym AIDA ist aus den Anfangsbuchstaben der Begriffe „attention“ (Aufmerksamkeit), „interest“ (Interesse), „desire“ (Verlangen) und „action“ (Handlung) zusammengesetzt. Die Ziele der einzelnen Bestandteile von AIDA werden folgendermaßen definiert: • Attention: Das Erzeugen von Aufmerksamkeit ist die Grundlage für eine gelingende Kurzpräsentation. Gerade zu Anfang einer Vortragsveranstaltung ist es manchmal eine Herausforderung, Ihr Publikum sofort voll und ganz zum Zuhören zu bewegen. Deshalb muss der Einstieg einen Aha-Effekt bewirken, der die Personen erreicht und sie auf Ihren Vortrag fokussiert. • Interest: Interesse wird geweckt, wenn etwas sich vom Gewohnten abhebt, neu und spannend ist, Vorteile beinhaltet, Emotionen weckt und einen Anknüpfungspunkt zur eigenen Person hat. Das innovative Angebot muss in einen Kontext gesetzt werden, der eines oder mehrere der genannten Kriterien erfüllt. Nehmen Sie an einem Kongress zu einem Fachgebiet teil, das mit Ihrer Innovation zu tun hat, können Sie davon ausgehen, dass ein fachliches Interesse an dem besteht, was Sie zu bieten haben. Besteht keine fachliche Überschneidung, können Sie den Vorteil Ihres Projekts in einem größeren Zusammenhang darstellen, der für Laien verständlicher ist. Sie tun z. B. etwas für die Umwelt (Energieeinsparung), sie schaffen stupide Arbeitsprozesse ab und sorgen durch Zeitersparnis für eine Konzentration auf die Kernkompetenzen (Digitalisierung).

5.5  Zündend präsentieren – eine Kunst für sich

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• Desire: Im dritten Schritt geht es darum, das Interesse am Projekt, am Produkt oder an der neuen Dienstleistung in ein Begehren umzuwandeln. Für die Kurzpräsentation heißt das, nun einen Ankerpunkt zu setzen, der Ihren Gesprächspartner dazu motiviert, Ihr Anliegen zu unterstützen. Überzeugen Sie mit den konkreten Vorteilen Ihres Projekts. Das Begehren benennt in diesem Zusammenhang also den Antrieb, etwas zum Erfolg Ihrer Sache beizutragen. Wie auch beim nachfolgend beschriebenen Elevator Pitch kann diese Unterstützung ganz niedrigschwellig in einer Vernetzung bestehen, in der Übernahme der Rolle als Multiplikator oder in der Bereitschaft zu einem weiterführenden Gespräch. • Action: In der Werbung geht es an diesem Punkt um den Kauf. In Ihrer Präsentation ist der entscheidende Punkt Ihr Appell an die Gesprächspartner bzw. Zuhörer. Sie wollen sie als Innovationsförderer gewinnen und haben ein Anliegen. Sagen Sie konkret, was genau Sie sich wünschen – z. B. einen weiteren Gesprächstermin, ein Unterstützungsangebot. Bezogen auf ihren Einsatz im modernen Marketing gibt es Kritik an dieser Methode. Für heutige Herausforderungen sei sie zu eindimensional, weil sie Strategien des Einbeziehens von Kriterien wie Kundenzufriedenheit und Vertrauensaufbau nicht berücksichtigt. Um eine schlagkräftige Kurzpräsentation zu entwickeln, kann sie jedoch als Struktur gute Dienste leisten. Auch das folgende Raster kann nützlich für eine Kurzpräsentation Ihrer Person und Ihrer Innovation sein.

5.5.2 Der Elevator Pitch: In der Kürze liegt die Würze Um eine Innovation voranzubringen, müssen Sie Menschen mit unterschiedlichstem Hintergrund in Ihr Boot holen. Das passiert nicht ausschließlich bei Gelegenheiten, die speziell für diesen Zweck veranstaltet werden – wie eine Präsentation. Sie werden immer wieder in Situationen kommen, in denen Sie Ihrem Gesprächspartner deutlich machen wollen, worum es sich bei Ihrem Projekt handelt. Das kann ein interessanter Kontakt bei einem Netzwerktreffen sein, auf einer Messe oder einem Kongress, der Tischnachbar im Businessclub, ein anderer Partygast, ein Gesprächspartner in einer Vortragspause. Auch in einem Fahrstuhl (Namensgeber des Elevator Pitch) kann die Frage an Sie gerichtet werden: „Was machen Sie beruflich?“ Sie haben möglicherweise in diesem Moment die Chance, bei einem Entscheidungsträger einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Fangen Sie jetzt an, Ihr Gegenüber mit einem Schwall von fachlichen Informationen

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und euphorischen Plänen zuzutexten, werden Sie für einen eher negativen Eindruck sorgen. Die Alternative zum spontanen Austausch, der gewaltig daneben gehen kann, ist eine exzellente Vorbereitung auf eben diese Situationen. Konzipieren Sie einen Elevator Pitch, eine Kurzpräsentation, die Sie jederzeit aus Ihrem Gedächtnis zaubern können. Dieses Konzept löst die Herausforderung, innerhalb eines sehr knapp bemessenen Zeitrahmens (etwa einer Fahrt im Fahrstuhl vom Erdgeschoss in den zehnten Stock) einen persönlichen Eindruck, positive Aufmerksamkeit für das Anliegen und einen Handlungsauslöser zu platzieren. Es wird im Vertriebsbereich seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt. Heute wird die Idee, jemanden innerhalb kürzester Zeit von sich, seinem Produkt oder seiner Dienstleistung zu überzeugen, in weiteren Bereichen genutzt. Denn durch die digitalen Medien und den durchgetakteten Alltag der meisten Menschen hat sich die Aufmerksamkeitsspanne verkürzt. Deshalb ist der Elevator Pitch ein probates Mittel, um in der Kommunikation gezielt eine Botschaft und einen Appell zu senden: Das bin ich, das biete ich, das hast du davon und das erwarte ich von dir. Damit diese Form der Kurzpräsentation erfolgreich ist, muss ihr Inhalt aus den Essentials bestehen, den auf das Wesentliche eingedampften Kernaussagen. Das kostet Zeit und viel Gehirnschmalz, denn für Sie ist natürlich Ihr gesamtes Projekt von großer Wichtigkeit. Versuchen Sie deshalb nicht, Ihren Elevator Pitch kurz vor knapp zu entwickeln. Das Schema ist relativ einfach: Knackige Einleitung (Aufmerksamkeit wecken) Mein Name ist (Ihr Vorname und Nachname) und ich bin (Geschäftsführer/Gründer/Leiter der Abteilung…) von (Unternehmensname). Ich/Wir haben (Produkt/Dienstleistung) für (Zielgruppe) entwickelt, damit (Vorteile). Anders als (Wettbewerb), bietet es (Alleinstellungsmerkmal). Das hat den Vorteil, dass (Nutzen). (Appell).

Sie werden feststellen, dass es dennoch eine Herausforderung sein kann, Ihr Vorhaben in dieser knappen und prägnanten Weise zu beschreiben!

5.5.3 Souverän vor Publikum sprechen Ein Tipp für die Zeit unmittelbar vor Ihrem Vortrag: Bevor Sie in eine Redesituation gehen, stellen Sie sich mental darauf ein. Sie freuen sich, gleich Menschen von Ihrem Projekt zu überzeugen und sie zu begeisterten Unterstützern zu

5.5  Zündend präsentieren – eine Kunst für sich

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machen. Mit dieser Haltung strahlen Sie eine positive Energie aus. Ihre Augen leuchten und Ihre Körpersprache wirkt offen und entspannt. Sind Sie ein eher zurückhaltender Mensch, üben Sie es, diese positive Haltung einzunehmen. Fangen Sie schon morgens beim ersten Blick in den Spiegel an: „Heute wird ein guter Tag, an dem ich mein Projekt wieder ein Stück voranbringen werde!“ Sie betreiben damit eine Selbstkonditionierung, die Ihre Haltung beeinflusst und es Ihnen erleichtert, für Ihr Vorhaben offensiv einzutreten. Denken Sie auch an eine hervorragende Vorbereitung Ihrer Rede. Sie ist nicht nur das A und O in Hinblick auf mögliche Pannen. Auch die Wirkung Ihrer Präsentation steht und fällt mit der Qualität Ihrer Vorbereitung. Eine PowerPoint-Präsentation ist eine Zumutung, wenn der Vortragende währenddessen mit dem Rücken zum Publikum steht, um zu sehen, welcher Punkt auf der nächsten Folie zu behandeln ist. Liest er dann auch noch ab, hat er die Gunst des Publikums verloren. Die Folien einer Präsentation sind ausschließlich visuelle Unterstreichungen des Gesagten. Sie setzen kleine Ankerpunkte, damit die Zuhörer dem Vorgetragenen leichter folgen können. Werden sie vorgelesen, scheinen Zweifel an der Kompetenz der Anwesenden zu bestehen. Traut er mir nicht zu, einem freien Vortrag zu folgen? Oder ist er selbst so inkompetent, dass er nicht über den Text hinausdenken kann? Wie Sie Ihren Körper als Unterstützung einsetzen Atmung Ruhiges und gleichmäßiges Atmen hilft Ihnen dabei, die Ruhe zu bewahren und nicht vor Aufregung durch Ihren Text zu jagen. Das wird Ihrem Publikum dabei helfen, Ihrer Präsentation zu folgen. Vermeiden Sie es, während des Einatmens zu sprechen. Das gibt dem Gesagten einen eher gehetzten Klang. Machen Sie lieber eine winzige Atempause, bevor Sie fortfahren. Stimmvolumen Wenn Sie im Stehen reden, verleiht das Ihrer Stimme mehr Kraft. Ihr Brustkorb hat ein anderes Volumen als im Sitzen. Wenn es möglich ist, ziehen Sie es deshalb vor, im Stehen vorzutragen. Einer kraftvollen Stimme zuzuhören, ist angenehm. Diesen Effekt können Sie auch bei wichtigen Telefonaten nutzen. Stehend gewinnen Sie stimmlich an Durchsetzungs- und Überzeugungskraft. Geschwindigkeit Wenn Sie mit Höchsttempo durch Ihre Präsentation rasen, kann Ihnen das Publikum schlecht folgen. Außerdem gehen dabei rhetorische Pausen und Betonungen zur Akzentuierung des Gesagten verloren. Wenn Sie einen Tick langsamer sind, als Sie es üblicherweise in Gesprächen halten, liegen Sie richtig.

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Modulation Ihre Stimme ist ein Instrument, mit dem Sie unterschiedliche Wirkungen erzielen können. Sprechen Sie eintönig und modulationsarm, wirkt das einschläfernd. Eine piepsige Stimme wirkt nicht überzeugend. Ein schriller Vortrag schreckt ab. Bringen Sie für Ihre Zuhörer Abwechslung in die Präsentation, in dem Sie mal lauter, gezielt auch mal leiser, schneller und langsamer vortragen. Blickkontakt Starren Sie während der Präsentation ständig auf Ihre Notizen oder die PowerPoint-Präsentation, verhindern Sie es, in Kontakt mit den Zuhörern zu kommen. Ihnen entgehen die Reaktionen auf das Gesagte und Sie stellen keine positive Beziehungsebene her. Auch Ihr Publikum möchte von Ihnen wahrgenommen werden. Blicken Sie Ihre Zuhörer immer wieder an, denn Ihr Hauptaugenmerk sollte auf denjenigen liegen, die Sie unterstützen sollen. So stellen Sie eine positive Beziehung zu Ihrem Publikum her Starten Sie mit einem zündenden Funken Überlegen Sie sich eine außergewöhnliche Einleitung, mit der Sie sich vorstellen: „Ich bin ein Pionier im Sektor xyz“ oder „Was ich mache, gibt es noch gar nicht“. Mit diesen Umschreibungen Ihrer innovativen Arbeit wecken Sie Interesse und schaffen Aufmerksamkeit. Dann fassen Sie in maximal drei Sätzen zusammen, worum es sich bei Ihrem Projekt handelt. Die Beziehungsebene bedienen Fachgremien setzen auf eine sehr fachliche Darstellung der Projekte, die sie auf ihre Förderwürdigkeit hin bewerten wollen. Dennoch spielt der menschliche Faktor eine wichtige Rolle. Menschen sind keine Roboter. Ein Pokerface lässt sich nicht deuten und wird als arrogant gewertet. Ein Lächeln hingegen stellt eine freundliche Verbindung her und schafft eine positive Verknüpfung mit der Beziehungsebene der Kommunikation. Mag die Sachebene im Gespräch den Schwerpunkt einnehmen, die Beziehungsebene schwingt unterbewusst mit und gibt Impulse, die sich auch auf die Entscheidung auswirken können. Selbst bei einer Ablehnung Ihres Anliegens bekommen Sie deshalb möglicherweise wertvolle Hinweise, wie Sie etwas nachbessern können, um Unterstützer zu überzeugen. Punkten Sie dosiert mit Gefühlen Begeisterung kann anstecken. Die Teilnehmer Ihrer Präsentation werden wahrnehmen, dass Sie voll und ganz hinter Ihrem Projekt stehen und sich hundertprozentig dafür einsetzen. Das kommt gut an. Doch Achtung: Begeisterung birgt die Gefahr, die Anwesenden im Überschwang mit einem Redeschwall zu überfordern. Entweder hören sie nicht mehr zu oder sind zunehmend verärgert. Es zählt nicht, wie viel Sie zu Ihrem Projekt

5.5  Zündend präsentieren – eine Kunst für sich

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sagen, sondern dass Sie die Dinge auf den Punkt bringen und dann durch Fragen herausfinden, was Ihre Gesprächspartner darüber denken und was Sie tun können, um unterstützt zu werden. Wer fragt, der führt! Natürlich sprechen Papier ist geduldig und windet sich nicht vor Langeweile, wenn es gestelzte Floskeln ertragen muss. Ihren Zuhörern geht das anders. Hüten Sie sich vor dem Fehler, sich übertrieben formell auszudrücken wie in diesem Beispiel: „Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr erfreut, dass Sie mich zu diesem für mich so wichtigen Anlass eingeladen haben, um Ihnen mein Projekt mit dem Arbeitstitel XYZ vorstellen zu dürfen. Bevor ich näher darauf eingehe, werde ich Ihnen erläutern, wie…“ Die Hälfte der Anwesenden hat schon keine Lust mehr, der Präsentation gedanklich zu folgen. „Komm endlich zur Sache!“ ist sinngemäß die gedankliche Reaktion auf diese Floskeln. Die Zuhörer beginnen mit den Füßen zu scharren, verschränken Ihre Arme, hüsteln, tuscheln, kramen in ihren Unterlagen. Bilden Sie kurze Hauptsätze und verzichten Sie auf Schachtelsätze. Schriftsprache ist nicht dazu geeignet, Menschen zu packen. Deshalb sind die bereits angesprochenen kleinen Kärtchen mit Stichpunkten so wichtig, falls Sie befürchten, ohne Gedankenstütze den Faden zu verlieren. Üben Sie Ihre Präsentation, damit sie sitzt, aber lernen Sie keinesfalls einen schriftlich formulierten Text komplett auswendig. Unterhaltsam präsentieren Betten Sie Ihre Präsentation in eine Geschichte ein, die Ihnen zugleich einen roten Faden liefert. Nehmen Sie Ihr Publikum z. B. auf eine Reise mit. Erzählen Sie die Geschichte Ihres Projekts als imaginäre Reise: Beschreiben Sie das visionäre Ziel der Reise und rollen Sie den Weg dorthin von vorn auf: Wie ist es zu der Idee gekommen? Wer sind die Reisenden? Welche Aspekte haben bei Festlegung der Reiseroute eine Rolle gespielt? Welche Schwierigkeiten hat es auf der Reise gegeben und bei welchem Zwischenziel sind Sie angekommen? Welche Etappen sind noch zu bewältigen? Und wie können die Anwesenden dazu beitragen, dass das Ziel erreicht wird? Sie nutzen mit dem Symbol der Reise ein positives Bild, das Ihr Vorhaben greifbarer macht. Wenn Sie dieses durchgängige Motiv der Reise visualisieren, also in Ihre Präsentation passende Fotos oder Illustrationen einbauen, wird Ihr Vortrag lebendiger und sympathisch. Viele andere Symbole eignen sich genauso gut, um Ihre Präsentation aufzulockern. Bauen Sie symbolisch ein Haus, gehen Sie auf eine Expedition, verwenden Sie die Geschichte einer berühmten Innovation aus der Vergangenheit als Rahmen für die Darstellung Ihres Vorhabens. Für Ihr Publikum ist diese Weise des Vortrags anschaulicher und nachvollziehbarer.

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Punkte, auf die Sie inhaltlich eingehen müssen: Wert Ihrer Innovation Es geht darum, die Vorteile, den Nutzen und v. a. die Alleinstellungsmerkmale Ihrer Innovation deutlich zu machen. • Löst sie Probleme oder beseitigt sie unerwünschte Zustände, die es bisher gegeben hat (effizienter, energiesparend, nachhaltiger, günstiger in der Herstellung, bequemer, passgenauer usw.)? • Bedient sie eine bestimmte Nachfrage passgenauer (flexibler und/oder einfacher in der Handhabung, individuell anpassbar, mobiler usw.)? • Eröffnet sie völlig neue Wege (Ihre Innovation bietet eine Chance, die es so noch nie gegeben hat, z. B. durch eine bahnbrechende technologische Neuerung)? Argumentieren Sie dabei aus Nutzersicht: Ihr innovatives Angebot kann sicherlich sehr viel. Um zu überzeugen, interessiert jedoch am meisten, was der Nutzer davon hat. Größer, schneller, höher, weiter – verlieren Sie sich nicht in kalten Fakten. Argumentieren Sie, was es dem Nutzer faktisch bringt. Welche Vorteile hat er davon? Diese Vorteile können Sie mit wenigen, aber prägnanten Fakten untermauern. Positionieren Sie sich im Wettbewerb Stellen Sie dar, was Mitbewerber in Ihrem Markt tun und wie Sie sich davon absetzen. „Bisher war es üblich, dass…“ An dieser Stelle können Sie untermauern, welcher Fortschritt durch Ihr Vorhaben zu erzielen ist. Führen Sie dazu Fakten an, die aussagekräftig sind (30 % mehr, 10 min schneller, 15 % Einsparung usw.). Solche Daten bleiben als konkrete Fakten im Gedächtnis haften. Handlungsimpuls Was wollen Sie von Ihrem Gegenüber? Stehen Sie vor einem potenziellen Investor, ist Ihre Motivation sonnenklar. „Ich sehe, ich konnte Ihr Interesse wecken. Deshalb möchte ich Sie gern einladen, sich ein konkretes Bild zu machen. Wann haben Sie Zeit, sich mein Projekt anzusehen? Kommenden Dienstag um 16.00 Uhr? Oder ist Ihnen der Freitag lieber?“ Geht es Ihnen um eine Vernetzung, können Sie Ihre Visitenkarte überreichen oder eine Verbindung per Xing oder LinkedIn anregen. Ist Ihnen am Bekanntwerden Ihres Projekts gelegen, bitten Sie um Informationsweitergabe an entsprechende Multiplikatoren im Netzwerk des Gesprächspartners. Vielleicht kennt Ihr Gegenüber jemanden, der als Förderer für Sie wichtig sein könnte? Fragen Sie nach, ob er einen Kontakt herstellt oder ob Sie sich auf ihn beziehen dürfen.

5.5  Zündend präsentieren – eine Kunst für sich

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Bleiben Sie cool, auch wenn mal etwas schief geht! Aussetzer Blackouts mitten im Vortrag können jedem passieren. Plötzlich ist der Zusammenhang verschwunden und der Betroffene weiß nicht mehr, wie es jetzt im Text weitergehen soll. Das kommt sogar vor, wenn jemand vom Manuskript abliest und nach einem Blick ins Publikum die folgende Textstelle nicht findet. Die nun einsetzende komplette Adrenalinüberflutung beim Vortragenden sorgt dafür, dass sich Sekunden wie Stunden anfühlen. Oh, wie peinlich? In den meisten Fällen bemerken die Anwesenden gar nichts davon, weil sich der Vortragende rasch fängt und weitermacht. Dauert es doch einen Moment länger, bevor Sie den Anschluss finden, gehen Sie offensiv damit um und sagen, was Sache ist: „Ich habe gerade den Faden verloren und muss mich kurz orientieren.“ Jeder zeigt für ein kleines Malheur wie dieses Verständnis. Pannen Sie wollen präsentieren und Ihr iPad oder Laptop spielt plötzlich nicht mehr mit. Wohl dem, der nun seinen Plan B zum Einsatz bringen kann, z. B. in Form eines simplen Sticks oder der Kopie der Präsentationsdatei, die vorsorglich auf einem weiteren Gerät gespeichert wurde. Wenn es wirklich wichtig ist, sollten Sie bestens vorbereitet sein und solche Pannen einkalkulieren, um dennoch handlungsfähig zu bleiben. Auf Ihr Publikum machen Sie einen noch professionelleren Eindruck, wenn Sie Pannen schnell beheben können. Kehren Sie Einwände um Wischen Sie Gegenargumente nicht einfach beiseite, sondern nutzen Sie sie, um die Stärken Ihres Vorhabens etwas detaillierter darzustellen. Sie haben sich detailliert mit Ihrem Projekt auseinandergesetzt und sind der Spezialist zum Thema. Bleiben Sie gelassen und freundlich, egal, wie absurd Ihnen eine Frage oder ein Einwand erscheinen mag. Fragen und Zwischenrufe Störkommentare können ablenkend auf Sie wirken, weil sie Ihren Denk- und Redefluss unterbrechen. Bedenken Sie jedoch, dass Sie Ihre Präsentation für genau diese Menschen halten, weil Sie sie für Ihr Projekt gewinnen wollen. Führt eine Frage zu weit von Ihrem Thema weg oder ist nur komplex zu beantworten, antworten Sie, z. B. in der Pause nach der Präsentation darauf einzugehen. Bleiben Sie ruhig und höflich und lassen sich nicht aus dem Konzept bringen. Lässt sich eine Beantwortung nicht umgehen, verschaffen Sie sich kurz Zeit zum Nachdenken. Sagen Sie „Ein sehr interessanter Gedanke“ oder setzen Sie eine andere wertschätzende Formulierung ein. Das ist eine gute Grundlage für eine kurze Antwort, nach der Sie mit der Präsentation fortfahren.

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Und wenn Sie eine Abfuhr bekommen? Möglicherweise werden Sie am Ende Ihres Vortrags mit einem Nein konfrontiert. Zeigen Sie jetzt Gelassenheit und Zuversicht. Fallen Sätze wie „Das ist doch völlig unausgegoren“ oder „Mit sowas verschwende ich meine Zeit nicht“ bleiben Sie auf der Sachebene. Vielleicht können Sie das Blatt noch zu Ihren Gunsten wenden, wenn Sie nachfragen: „Es interessiert mich sehr, in welchem Bereich des Projekts Sie Nachbesserungsbedarf sehen.“ Und auf die zweite Äußerung: „Was fehlt Ihnen an meinem Projekt, damit es Ihre Zeit wert wäre?“ besteht zumindest die Chance, dass Sie wertvolle Hinweise zu tatsächlichem Optimierungsbedarf bekommen. Kann Ihr polterndes Gegenüber nun keine konstruktive Kritik anbringen, stimmt möglicherweise einfach die Chemie nicht. Oder es gibt Gründe für die Ablehnung, die Sie nicht herausfinden sollen. Zugegeben: Es ist schwer, souverän auf eine Abfuhr zu reagieren, wenn sie abwertend geäußert wird. Nach dem Gespräch können Sie Ihre Wunden lecken, wenn Sie diese Art der Ablehnung persönlich getroffen hat. Verabschieden Sie sich freundlich und lassen Sie sich Ihre Enttäuschung nicht allzu sehr anmerken. Auch der Ausdruck von Ärger ist jetzt fehl am Platz. Denn dadurch sind alle Brücken gekappt und Sie bleiben als beleidigte Leberwurst oder schlechter Verlierer im Gedächtnis. Hinterlassen Sie einen positiven und sympathischen Eindruck: „Es ist sehr schade, dass Sie nicht dabei sind. Aber ich bedanke mich für Ihr Interesse und Ihre Bereitschaft zu einem Gespräch. Vielleicht kommen wir bei anderer Gelegenheit zusammen, das würde mich freuen! Herzlichen Dank!“ Denn man sieht sich oft zweimal im Leben: Wer weiß, bei welcher Gelegenheit Sie diese Menschen doch ins Boot holen werden. Sie kennen die Motive nicht, die zur Ablehnung geführt haben. Es könnte z. B. nur noch ein Restbudget zur Verfügung stehen. Die Entscheidung fiel zugunsten eines anderen Projekts, das dem Auswahlgremium nur eine Winzigkeit besser gefallen hat als das Ihre. Vielleicht ergibt sich deshalb in Zukunft eine andere Möglichkeit, Ihnen Förderung zukommen zu lassen. Ernten Sie mehrere Abfuhren, bleiben Sie trotzdem dran. Viele Menschen scheitern im Vertrieb, weil sie ein „Nein“ persönlich nehmen und ihnen dadurch die Energie fehlt, sich zu motivieren. Sie finden dann Ausreden, um das Verkaufsgespräch zu vermeiden. Es fehlen wichtige Unterlagen, etwas muss noch dringend geklärt werden, plötzlich gibt es etwas Wichtigeres zu tun. Betrachten Sie das Einwerben von Unterstützung als Challenge. Je mehr Menschen und Institutionen Sie ansprechen, desto größer ist die Chance, Unterstützer zu gewinnen.

Literatur

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Sie lernen in den Gesprächen, Menschen besser einzuschätzen, ihre Reaktionen zu erkennen und Einwände zu behandeln. Mit der Zeit werden Sie sicherer und überzeugender. Bleiben Sie hartnäckig und optimistisch. 

Tipp Bitten Sie vertraute Menschen, wichtige Präsentationen mit Ihnen zu simulieren, damit Sie sie bewusst trainieren können. Geht es wirklich um die Wurst und stehen wesentliche Entscheidungen an, kann es helfen, wenn Sie sich zur Vorbereitung einige Stunden Unterstützung von einem Profi einkaufen, der Sie auf Gespräche und Präsentationen vorbereitet.

Literatur Schulz von Thun, F (1981/2010) Miteinander reden 1: Störungen und Klärungen: Allgemeine Psychologie der Kommunikation, 48. Aufl. Rowohlt, Hamburg Watzlawick P, Beavin J, Jackson DD (1967/2016) Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien, 13. Aufl. Huber, Göttingen

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Umgang mit Widerstand

Zusammenfassung

Es wäre schön, wenn die ganze Welt mit offenen Armen auf Sie und Ihre Innovation wartete. Die Realität weicht leider oft von diesem Wunschtraum ab. In diesem Kapitel geht es um mögliche Gründe für Widerstand und um Reaktionsmöglichkeiten darauf. Der Widerstand gegen eine Innovation ist immer ein Interessenskonflikt. Dem Streben nach Veränderung steht der Wunsch nach Erhaltung des Gewohnten gegenüber. Je weitreichender der Wandel, desto heftiger kann die Auseinandersetzung werden. Bevor Sie lospreschen und die Werbetrommel für Ihre Idee schlagen, sollten Sie möglichen Gegenwind gedanklich vorwegnehmen – und sich eine Reaktion darauf überlegen.

6.1 Die genauen Gründe für Widerstand gegen Ihre Innovation ermitteln Gründe, weswegen eine Person oder eine Gruppe beim Thema Innovation mauern, gibt es viele. Je besser Sie wissen, was die Ursachen für den Gegenwind sind (oder sein könnten), desto leichter können Sie diese Vorbehalte ausräumen. Typische Barrieren gegen die Umsetzung einer Innovation sind: Wissensdefizite  Es fehlt den Widerständlern an Informationen über die Innovation. Sie verstehen die Technologie nicht oder befürchten, mit deren Anwendung überfordert zu sein.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Lutzer und A. Howind, Kommunikation und Marketing für TechnikInnovationen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27262-3_6

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6  Umgang mit Widerstand

Unwille  Die Innovation wird grundsätzlich abgelehnt. Hier können auch irrationale, emotionale oder persönliche Ursachen zum Tragen kommen. Unzureichende Kommunikation Die Innovatoren haben keinen Kontakt zu den Beteiligten und/oder Beteiligten. Jeder kocht sein eigenes Süppchen und die Akteure sprechen nicht miteinander. Keine Einbeziehung bei Planung und Umsetzung Manchmal lehnen Personen oder Gruppen eine Innovation ab, wenn sie eine fertige Lösung vor die Nase gesetzt bekommen. In Einzelfällen legt sich der Widerstand nach einer Weile scheinbar von selbst. Die Gegner erkennen, dass die Innovation ihnen Vorteile gegenüber dem Ist-Zustand bringt. Sie stellen fest, dass die Auswirkungen der Neuerung mit existierenden Bedürfnissen, Werten und Erfahrungen kompatibel sind. Oder sie merken durch Tests und Ausprobieren, dass sie durchaus gut mit der Komplexität z. B. einer neuen Technologie umgehen können. Auch die Sichtbarkeit der Innovation selbst oder ihrer Auswirkungen fördern die Akzeptanz. Daraus leitet sich ab: Damit dieser Effekt überhaupt und möglichst schnell eintritt, ist gezielte und überzeugende Kommunikation gefragt. Abwarten und Hoffen ist der falsche Weg! Wenn Sie als interner Innovator den Eindruck oder das Bauchgefühl haben, es gebe Widerstand gegen Ihr Projekt, schauen Sie genau hin. Bevor Sie handeln, beantworten Sie für sich oder im Innovationsteam folgende Fragen: • Welche Personen sind möglicherweise gegen Ihre Innovation? • Was könnte jeweils die Ursache für den Widerstand sein? • Wie manifestiert sich der Widerstand? • Welche Wirkungen könnte der Widerstand gegebenenfalls auf Ihr Projekt haben? • Gibt es vielleicht auch erwünschte Wirkungen (z. B. Verfeinerung, Verbesserung des Innovationskonzepts usw.)? Personen  Wenn Sie sich näher mit der Gruppe Ihrer Gegner befassen, ist die Frage von deren Macht und Einfluss wichtig. Dabei geht es um mehr als um formale Macht. Wenn ein Werker von seinen Kollegen als Meinungsmacher akzeptiert wird, hat er trotz seiner Stellung in der Unternehmenshierarchie Einfluss. Auch Menschen, die viele Informationen bekommen und streuen, sind mögliche Influencer. Ganz gefährlich für den Projektverlauf sind natürlich Entscheider, die sowohl formale Macht als auch Einfluss haben.

6.1  Die genauen Gründe für Widerstand gegen Ihre Innovation ermitteln

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Ursachen  Warum jemand etwas gegen Ihre Innovation hat, kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Vielleicht hatte er selbst dieselbe Idee und Sie waren schneller. Möglicherweise hat er (oder sie) falsche Vorstellungen davon, wie sich die Umsetzung der Innovation auf ihn selbst und seine Arbeit auswirkt. Wird eine Neuerung in einem Betrieb eingeführt wie beispielsweise die Digitalisierung von Prozessen, bedeutet dies für die Mitarbeiter oft eine erhebliche Änderung ihrer Arbeitsweise. Vielleicht ist es sogar nötig, sich weiter zu qualifizieren, um mit der neuen Technologie umgehen zu können. Die Innovation wird als eine unwillkommene Turbulenz betrachtet, selbst wenn nach außen eifrig Beifall geklatscht wird. Und gerade das indirekte Mauern kann sich als schwer überwindbares Bollwerk für diejenigen erweisen, die die Neuerung vorantreiben möchten. Auch Weltanschauungen, politische Überzeugungen, Bequemlichkeit oder eine persönliche Abneigung gegen Sie als Person können zum Aufflammen von Widerstand führen. Ausprägungen des Widerstands  Das Arbeiten gegen Ihr Vorhaben kann sich in verschiedener Weise zeigen. Widerstand kann offen oder verdeckt sein. Manche Akteure führen einen emotionsgeladenen Kampf, andere gehen kühl, sachlich und strategisch vor. Typische Verhaltensweisen sind das Verzögern, Verhindern oder Verändern Ihres Projekts. Letztgenanntes geschieht oft, wenn das Unterbinden unmöglich ist. Dann wird das angezielte Ergebnis so zurechtgestutzt, dass es den Opponenten wieder in den Kram passt. Widerstand kann auch positive Ergebnisse haben. Nämlich dann, wenn es den Beteiligten darum geht, die Neuerung zu verbessern. Sie haben z. B. Bedenken, die sich als richtig und wichtig erweisen könnten. Genauere Daten und Fakten bekommen Sie, wenn Sie Personen aus verschiedenen Kreisen befragen, die später mit Ihrer Innovation zu tun haben werden. Welche Befragungsform Sie wählen und wie groß der Umfang Ihrer Recherchen ist, hängt natürlich von Ihrem Budget und Ihren Ressourcen ab. Es ist dabei nicht immer die Masse, die zählt. Wenn Ihnen ein späterer Anwender in der Mittagspause einen wertvollen Hinweis liefert, kann dies Ihnen mehr bringen als eine ausgefeilte qualitative Erhebung.  Tipp  Wenn ein Informationsdefizit die Ursache für Widerstand ist, müssen Sie dieses beseitigen. Sorgen Sie dafür, dass die Kontrahenten an sie angepasste Erklärungen bekommen. Sind es Laien, ist Ihrerseits Geduld gefragt!

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6  Umgang mit Widerstand

Ein Wissensdefizit kann auch in Angst münden. Derartig motivierter Widerstand bleibt meistens so lange bestehen, bis die Befürchtungen überwunden sind. Es kann aber auch sein, dass die betreffenden Personen Horrorphantasien entwickeln oder innerlich resignieren und sich achselzuckend in ihr Schicksal ergeben. Die Folge ist eine niedrige Arbeitsmotivation, oft verbunden mit Dienst nach Vorschrift. Da dieser Prozess sich über einen längeren Zeitraum hinzieht, sind gezielte Kommunikationsmaßnahmen und ein langer Atem nötig. Ein Weg, um Ängste von Mitarbeitern auszuräumen, sind persönliche Einzelgespräche. Doch Vorsicht: Wenn Sie nun wortreich versuchen, Ihren Gesprächspartner zu beruhigen und ihm zu beweisen, dass seine Sorgen überflüssig sind, erreichen Sie das Gegenteil: Durch Ihre Beschwichtigungen wird er noch misstrauischer. Und er fühlt sich allein gelassen. Deshalb ist es besser, dem anderen erst einmal genau zuzuhören. Fragen Sie nach, wie er die Neuerung sieht und versuchen Sie, ihn zu verstehen. Und das ist etwas ganz anderes als die Floskel „Ich verstehe Sie ja, aber …“, der meist sofort die Gegenargumentation folgt. Wenn Ihre Mitarbeiter spüren, dass Sie ihre Ängste nachvollziehen können, entweicht schon allein dadurch viel Druck aus dem Kessel. Die meisten Menschen sind nach einer Gesprächsphase, in der sie ihre Sorgen schildern können, offener für weitere Informationen über den anstehenden Wandel.

„Wir bauten die Angst der Mitarbeiter in kleinen Schritten ab!“

Interview mit Klaus Weßing, Vorstandsvorsitzender der Gigaset AG

Klaus Weßing

6.1  Die genauen Gründe für Widerstand gegen Ihre Innovation ermitteln

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Die Gigaset AG ist ein Anbieter von DECT-Schnurlostelefonen, professionellen Telefonie- und Smart-Home-Lösungen sowie Smartphones. Das Stammwerk, die Gigaset Communications GmbH, hat ihren Sitz in Bocholt. Die dortige Produktion ist hochautomatisiert und digitalisiert. CEO Klaus Weßing ist seit 1983 im Unternehmen. Seit 2015 ist er Vorstandsvorsitzender der Gigaset AG. Er erläutert, warum die allerersten Roboter vor 20 Jahren zum Fürchten waren und wie es gelang, die Mitarbeiter trotzdem für die Arbeit mit modernen Maschinen zu gewinnen. Foto: Kay Schilling. Ihr Unternehmen hat bereits vor 20 Jahren mit der Automatisierung und dem Einsatz von Robotern begonnen. Wie reagierte die damalige Belegschaft darauf? Weßing: Die Belegschaftsmitglieder hatten zunächst aus guten Gründen Angst. Denn die alten Roboter vor 20 Jahren sind gefährlich gewesen. Ihre Kräfte und die enormen Geschwindigkeiten waren einfach zu hoch. Über jedem Roboter war zum Schutz der Mitarbeiter eine Zelle mit Fangzaun eingebaut, damit keiner ins Geschehen eingreifen konnte. Die modernen Roboter sind da ja weitaus sensibler … Weßing: Das stimmt. Doch wenn jetzt die gleichen Menschen mit verbesserten Maschinen arbeiten sollen, muss erst ein Umdenken stattfinden. Sie müssen ihre Angst überwinden – und noch mehr. Final sollen sie gern einen Roboter anfassen, der vor 20 Jahren gefährlich war. Inwiefern müssen die Mitarbeiter die Roboter anfassen? Weßing: In einigen Bereichen unserer Smartphonefertigung kommunizieren Menschen und Roboter über Gesten. Es gibt auf beiden Seiten Haltungen und Handlungen, die bedeuten „Ich bin fertig, mach du bitte weiter“. Der Roboter wartet zunächst in einer bestimmten Pose, während der Mitarbeiter eine Folie von einem Teil abzieht. Dann berührt er die Maschine, so dass diese weiterfährt. Das ist möglich über Sensoren, durch die der Roboter jede Einwirkung auf seinen Arm registriert. Wie ist es Ihnen gelungen, Skepsis gegenüber diesem neuen Arbeitssystem abzubauen? Weßing: Dafür haben wir ein Mensch-Maschine-Interaktionskonzept entwickelt, das sich als sehr wirkungsvoll erwiesen hat. Die neuen Roboter wurden bei den Produktionsmitarbeitern ganz sanft im Verlauf eines halben

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6  Umgang mit Widerstand

Jahres eingeführt. Wir haben erst einen Roboter hingestellt. Nach und nach durfte sich jeder Mitarbeiter damit vertraut machen. Der Roboter hat ein Teil genommen, es bearbeitet und dem Mitarbeiter präsentiert. So schafften wir es, 90 % der Belegschaft an die neue Technologie heranzuführen. Inwieweit haben Sie Ihre Mitarbeiter in die Entwicklung Ihres neuen Fertigungskonzepts einbezogen? Weßing: Hier kommt es darauf an, in welchem Bereich jemand tätig ist. Produktive Mitarbeiter erhalten Produkt- und Arbeitsplatzschulungen, sind jedoch nicht an der eigentlichen Technologieentwicklung beteiligt. Instandhalter sind von Anfang an dabei. Zusammen mit den Engineering-Teams entwickeln sie die Konzepte für neue Technologien und bestimmen von Anfang an mit. Sie programmieren auch die Anlagen selbst, sodass sie voll eingebunden sind. Auch Konstrukteure und Entwickler haben bei uns viel Freiheit, Roboter und Menschen ins Zusammenspiel zu bringen. Das funktioniert gut.

6.2 Workshops als Mittel gegen Widerstand Weitere wirksame Instrumente zum Umgang mit internem Widerstand und zur Einbeziehung von Mitarbeitern in Planung und Entwicklung sind Workshops. In unterschiedlicher und manchmal auch fachübergreifender Zusammensetzung werden die Mitarbeiter über die Neuerungen informiert. Die Zusammenkünfte dienen auch dazu, die Stimmung der Belegschaftsmitglieder oder in betroffenen Abteilungen zu ermitteln. Ein Workshop kann auch darauf zielen, weitere Ideen für die Verbesserung der Innovation zu generieren. Doch Workshop ist nicht gleich Workshop. Leider verwechseln manche Veranstalter einen interaktiven Arbeitskreis mit stundenlangen Frontalvorträgen. Dabei gibt eine Reihe an strukturierten Methoden für den Erfahrungs- und Ideenaustausch in einer Gruppe (oder zwischen mehreren). Auch Lösungen für komplexe Fragestellungen können auf diese Weise erarbeitet werden. Was die Planung Ihres Innovationsworkshops betrifft: Betrachten Sie zunächst den allgemeinen Ablauf, bevor Sie sich mit Einzelheiten wie etwa die eingesetzten Methoden kümmern.

6.2  Workshops als Mittel gegen Widerstand

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Vor Beginn Gerade die Phase, in der die Teilnehmer in den Workshoplokalitäten eintreffen, ist wichtig für die Stimmung und den weiteren Verlauf der Veranstaltung. Sie sollten für Orientierung sorgen und den Ankömmlingen das gute Gefühl vermitteln, willkommen zu sein. Das schaffen Sie z. B., indem Sie den Workshoport durch Beschilderung deutlich kennzeichnen. Das gilt im Zweifelsfall schon für die Anreise, wenn die Tagungsstätte versteckt liegt und nicht von Navigationssystemen angezeigt wird. Doch auch große Hotels und Tagungszentren können ihre Tücken haben. Müssen die Teilnehmer erst einmal länger durch Flure irren, bevor sie fast schon zufällig die richtige Tür zum Seminarraum finden, ist Frustration vorprogrammiert. Fast überflüssig zu sagen: Die Räumlichkeiten, in denen Sitzungen im Plenum und Kleingruppenarbeiten stattfinden, sollten aufgeräumt und in Hinsicht auf die Ausstattung fertig vorbereitet sein. Denn für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Dazu gehören auch ein „Herzlich willkommen“ auf dem Flipchart und das Kennzeichnen der Teilnehmerplätze. Hängen Sie gut sichtbar einen Workshopablaufplan mit Zeitangaben aus. Sorgen Sie für Getränke auf den Tischen und Pausensnacks. Die Eröffnung  Mit einem knalligen Einstieg holen Sie die Teilnehmer ab und können sie für das gemeinsame Thema begeistern. Starten Sie hingegen mit einem langatmigen Frontalvortrag und einer Präsentationsfolienschlacht, schlafen die ersten schon ein, bevor der Workshop richtig begonnen hat. Mit zum Einstieg in diesen gehört bei einer Gruppe, die sich noch nicht gut kennt, eine Vorstellungsrunde mit Abfrage der Teilnehmererwartungen. Um lange Monologe zu verhindern, hat sich folgende Vorgehensweise bewährt: Nachdem Sie sich selbst kurz (!) vorgestellt haben, bitten Sie die Teilnehmer, dies nach der hier beispielhaften Vorgabe ebenso zu tun: Name, Abteilung, Tätigkeit, gegebenenfalls Erfahrungen in Bezug auf die Themenstellung des Workshops. Für die Abfrage der Erwartungen teilen Sie für jede Person maximal drei bunte Kärtchen und Stifte aus (pro Karte ein Wunsch). Aus den Karten bilden Sie anschließend einen Arbeitsspeicher. Das bedeutet, sie heften die Karten jeweils thematisch gebündelt an eine Pinnwand. Zwischendurch nehmen Sie immer wieder Bezug darauf und entfernen ein erledigtes Kärtchen nach dem anderen. Am Schluss müssten die Pinnwand wieder leer und die Teilnehmer zufrieden sein. Arbeitsphase  Sorgen Sie unbedingt für ein abwechslungsreiches Konzept mit Plenumsphasen, interaktiven Kurzvorträgen und Kleingruppenarbeit. Die Ergebnisse aus den Kleingruppen sollten spätestens gegen Ende des Workshops zusammengetragen werden. Sinnvoll ist es, daraus einen genauen Aktionsplan für die Zukunft abzuleiten. Aus diesem sollte hervorgehen: Wer macht was bis wann?

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6  Umgang mit Widerstand

Ein paar Methoden für effektive Workshops Welt-Café Das Grundkonzept des Welt-Café besteht darin, Personen über eine bestimmte Fragestellung moderiert miteinander ins Gespräch zu bringen. Ermöglicht werden sollen intensive Diskussionen in kleinen Kreisen. Und so funktioniert das Welt-Café mit beispielhaften 30 Teilnehmern: In einem Raum werden fünf große Tische mit je sechs Plätzen aufgestellt. Jedem Tisch werden ein Unterthema sowie ein Moderator zugewiesen. In der Mitte liegen Stifte und Papier. Manchmal auch dient eine Papiertischdecke dazu, Ideen festzuhalten. Die Teilnehmer verteilen sich an die Tische und erhalten vom Moderator eine Kurzeinweisung, worum genau es geht. Sie diskutieren und entwickeln Lösungsansätze, die der Moderator festhält. Um den Austausch zu vertiefen, wechseln die Teilnehmer mehrmals die Tische und die Gruppen werden durchmischt. Am Ende steht eine Abschlussrunde im Plenum, bei der die Moderatoren die Ergebnisse ihres Tischs präsentieren. Reizwortanalyse Diese Methode wurde von Prof. Dr. Horst Geschka und Dipl.-Ing. Götz Schaude entwickelt. Sie eignet sich für Arbeitsgruppen, die für eine möglichst schriftlich vorgegebene Aufgabe innovative Lösungen durch Querdenken produzieren sollen. Unter Reizwort werden hier Begriffe für beliebige Gegenstände und Phänomene verstanden. • Schritt 1 – Begriffsfindung: Die Gruppe soll zunächst gemeinsam zehn Begriffe aus völlig anderen Bereichen sammeln, die auf den ersten Blick weit entfernt von der Aufgabenstellung sind. Beispiel: Jeder Teilnehmer nennt einen Gegenstand aus dem Haushalt oder ein Naturphänomen etc., der mit dem Anfangsbuchstaben seines eigenen Vornamens beginnt. • Schritt 2 – Merkmalsanalyse: Fragen Sie sich dann, welche Merkmale, Ausprägungen, Anwendungen usw. es von den mit den Reizwörtern bezeichneten Gegenständen gibt? Sie können hierfür z. B. eine Tabelle auf einem Flip-Chart anlegen oder den Begriff mit Stichpunkten darunter notieren. • Schritt 3 – Beziehung zur Aufgabe herstellen: Nun geht es darum, eine Verbindung zwischen den Reizwörtern und ihren Merkmalen herzustellen. Dadurch kommen originelle und verwegene Lösungen zustande. • Schritt 4 – Daraus abgeleitete Ideen für die Stammbuchgestaltung: Fischform (christliches Symbol), Gel/Wasser, weißer/blauer Umschlag, Stammbaum/ Familienwurzeln, Maserung, Holzdeckel, in Form einer Tasche, aus Metall, Schlüssel dabei, Duft des Umschlags, Aufklappkarten, Slide-Show, Klingeln bei Hochzeitstag, Wasser-/Fleckenabweisend (vgl. Börkircher 2016, S. 13f.)

6.2  Workshops als Mittel gegen Widerstand

203

Tab. 6.1   So kann eine Reizwortanalyse aussehen. (Quelle: Mikko Börkircher) Reizwörter

Merkmale, Ausprägungen, Anwendungen

Rhein

Flüssig, enthält Fische, kalt

Baum

Hat Wurzeln und Jahresringe, ist biegsam

Kaffeetasse

Rund, weiß, hat einen Henkel

Pfefferminzbonbon

Ist scharf, klein und frisch

Moderationskoffer

Voll, vielfältig, bunt

Deckenlampe

Leuchtet, warm, elektrisch

Uhr

Tickt, hat einen Zeiger und Zahlen

Laminat

Robust, rutschig, praktisch

Ein Anwendungsbeispiel für eine Reizwortanalyse finden Sie in Tab. 6.1: Verwaltungsmitarbeiter sollen Ideen für die innovative Umgestaltung von Stammbüchern entwickeln. Sicher gibt es noch viele weitere Workshopmethoden. Ihre Auswahl wiederum ist abhängig von der genauen Themenstellung. Doch wie sind die Erfahrungen innovativer Firmen mit Workshops für Mitarbeiter?

„In unseren Workshops haben wir alle mitgenommen!“

Interview mit Dr. Jürgen Holdhof, Geschäftsführer der EDUR Pumpenfabrik Eduard Redlien GmbH & Co. KG, Kiel

Dr. Jürgen Holdhof

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6  Umgang mit Widerstand

Bisher stand in der EDUR Pumpenfabrik der Verkauf von Pumpen im Vordergrund. Durch die Digitalisierung gibt es nun neue, innovative Lösungen für die Kunden. In diesen spielt der Service eine größere Rolle als zuvor. Das bedeutet u. a. eine Umstellung für die Vertriebsmitarbeiter. Dr. Jürgen Holdhof, Geschäftsführer der EDUR Pumpenfabrik, erläutert, wie Firmenleitung und Führungskräfte die Mitarbeiter in Planung und Umsetzung des Industrie-4.0-Projekts einbeziehen. Foto: privat. Welcher Weiterentwicklungsbedarf besteht für Ihre Vertriebsmitarbeiter? Holdhof: Zunächst mussten sich die Vertriebsingenieure ein fundiertes Wissen über Sensorik und andere Aspekte der neuen Technologie aneignen. Das war nötig, damit sie den Kunden digitale Lösungen aufzeigen können. Hier war und ist eine intensive Schulung der Mitarbeiter vonnöten. Außerdem haben wir unter den Vertriebsmitarbeitern Spezialisten ausgewählt. Diese bearbeiteten auf der einen Seite die aus der Umstellung entstehenden Fragen gemeinsam mit der Konstruktion. Darüber hinaus entwickelten sie auf Basis ihrer Vertriebstätigkeit weitere Ideen für das EDUR-Geschäftsmodell. Außerdem binden wir fortlaufend externe Experten ein, um das Know-how unserer Mitarbeiter in Hinsicht auf digitale Technologien und Prozesse zu erweitern. Inwieweit gab es Widerstände gegen Ihr neues Geschäftsmodell? Holdhof: Interne Widerstände bei grundlegenden Veränderungen gab es sicher auch bei uns. Der Wunsch, an gewohnten Strukturen festzuhalten, ist individuell unterschiedlich ausgeprägt, aber definitiv vorhanden. Um die Mitarbeiter mitzunehmen, ist ihre Beteiligung an der Entwicklung des Geschäftsmodells unabdingbar. Denn unsere Vertriebsmitarbeiter kennen ihre Kunden und deren Branchen am besten. Neuerungen am Markt und geänderte technologische Anforderungen sind ihnen durch diese Zusammenarbeit oft zu einem sehr frühen Zeitpunkt bekannt. Und dann haben Sie angefangen, Workshops durchzuführen? Holdhof: Genau. Wir nutzen sie einerseits zur Identifizierung von Chancen und Risiken aus digitalen Technologien. Andererseits geht es darum, Veränderungen gemeinsam zu planen und zu entwickeln. Die Entwicklung eines neuen digitalen Geschäftsmodells ist ein komplexes Vorhaben mit vielen Akteuren. Es handelt sich um einen laufenden Prozess, in den

6.2  Workshops als Mittel gegen Widerstand

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immer wieder neue Aspekte einfließen. In die Workshops einbezogen werden daher Mitarbeiter aus allen Abteilungen. Nur so können wir das Digitalisierungsthema ganzheitlich angehen. Was sind denn die genauen Zielsetzungen der Workshops? Holdhof: Zunächst einmal geht es um ein reines Brainstorming: Welche digitalen Technologien können wir für EDUR sinnvoll nutzen und damit unser Geschäftsmodell sinnvoll weiterentwickeln? Was erwartet und braucht der Markt (vielleicht auch unbewusst)? Was macht die Konkurrenz? Im nächsten Schritt muss ermittelt und bewertet werden, welche Konsequenzen das für EDUR hat: Welche Auswirkungen sind zu erwarten? Können wir aus den Technologien Werte generieren? Welche Strukturen müssen geschaffen werden? Welche zusätzlichen Kompetenzen brauchen wir? In einem mittelständischen Unternehmen wie unserem mit begrenzten Ressourcen sind eine saubere Bestandsaufnahme und Wirkungsabschätzung bei allen Projekten wichtig. Erst dann beginnen wir mit der Umsetzung. Wie geht es jetzt weiter? Holdhof: Damit es nicht nur bei Analyse und Planung bleibt, erarbeiteten die Workshopteilnehmer eine To-Do Liste mit Priorisierung und Zeitplan für jeden der genannten Bereiche, also Fertigung, Montage und Lager. Aus der umfangreichen Vorarbeit in den Workshops wird das Konzept des zukünftigen Geschäftsmodells abgeleitet und mit der Umsetzung begonnen. Wichtig ist hier Transparenz über die einzelnen Schritte. Damit haben wir bis jetzt sehr gute Erfahrungen gemacht. Denn nur so können wir alle Belegschaftsmitglieder mitnehmen. Haben Sie das durch entsprechende Rückmeldungen erfahren? Holdhof: Genau. Die Reaktionen der Mitarbeiter sind durchweg sehr positiv. Auch wenn es im ersten Moment ungewohnt ist, mit einem so vagen Thema wie Digitalisierung ohne konkretes Zielbild prinzipiell auf grüner Wiese zu starten, sehen wir durch die transparente Zusammenarbeit unterschiedlicher Mitarbeiter einen erheblichen Ideenreichtum. Insofern gehen wir davon aus, dass diese Erfahrungen und Eindrücke der betreffenden Mitarbeiter auch Strahlkraft bei der Umsetzung haben.

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6  Umgang mit Widerstand

Im Übrigen kann es auch von zwei weiteren Interessengruppen Widerstand geben: Kunden und Wettbewerber. Lehnen Kunden Ihre Innovation ab, spiegelt sich dies meist direkt in Ihren Umsatzzahlen. Sie weichen mit Ihrer Neuerung von den Erwartungen Ihrer Auftraggeber ab, sodass deren Zufriedenheit sinkt. Und das wirkt sich relativ schnell auch auf den Absatz aus. Häufig tritt dieses Phänomen in Zusammenhang mit einem ungeschickten Timing auf: Führen Sie etwa eine Digitalisierungstechnologie zu früh ein, sind die Kunden vielleicht noch nicht so weit. Auch das Präsentieren nur halb ausgereifter Neuerungen kann zu Widerstand und zur Verweigerung der Verwendung führen. Als Gegenmaßnahme sollten Sie Ihre Kunden möglichst früh in den Innovationsprozess einbeziehen. Wenn Sie wissen, wo deren Bedürfnisse und vielleicht auch Befürchtungen liegen, können Sie sich darauf einstellen und Ihr Vorhaben daran anpassen. Kommunizieren Sie nicht die Vorteile Ihrer Innovation, sondern die handfesten Vorteile, die sie Ihren Kunden beschert. Für Sie als Experten für Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung liegen alle Vorzüge der Neuheit klar auf der Hand. Anderen müssen sie diese erst zugänglich machen. Das funktioniert nicht notwendig über technische Fakten, deren Qualität Laien gar nicht beurteilen können. Natürlich kann auch Ihre Konkurrenz versuchen, Sie an der Umsetzung und Verbreitung Ihrer Innovation zu hindern. Dies kann z. B. durch geschickte Imitationen geschehen. Dies ist insbesondere dann gefährlich, wenn in die Nachbildung Erfahrungen mit Ihrer Innovation einfließen, sodass die Folgetechnologie besser ist. Negativrezensionen im Internet etwa sind ein beliebter Weg, um Wettbewerber zu schädigen. Kontrollieren Sie deshalb regelmäßig, welche Veröffentlichungen und Kommentare es zu Ihrem Firmennamen oder Ihrem Produkt gibt. Jemand, der dies am eigenen Leib erfahren hat, ist der Schweizer Erfinder Lars Rominger. Vor einigen Jahren entwickelte er ein kleines und für Endverbraucher erschwingliches Gerät zur Weinverbesserung und -veredelung – den Barriqueur. Der Wissenschaftler wies nach, dass die zweistündige Behandlung mit seinem Gerät nachgewiesenermaßen denselben Effekt auf Wein hat wie jahrelanges Einlagern. Die konservativ aufgestellte Weinbranche setzte der korkenförmigen Erfindung mit dem Slogan „Wenn Weine zum Weinen sind“ aus wirtschaftlichen Gründen massiven Widerstand entgegen. Denn es durfte doch nicht sein, dass jeder Privatmensch in Eigenregie Wein veredeln bzw. verbessern konnte! Ein bekannter Rebensaftkenner wünschte Rominger in einem Newsletter an Weinhändler gar den Tod durch Ertrinken. Der Schweizer reagierte mit Humor und schaltete die Anzeige in Abb. 6.1 in mehreren Wein-Magazinen. Neben den genannten Widerständen gibt es weitere, die den Erfolg Ihrer Innovation verzögern oder sogar verhindern können. Dazu gehören starre Hierarchien und endlose Entscheidungswege ebenso wie Widerstände der Bevölkerung,

6.2  Workshops als Mittel gegen Widerstand

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Abb. 6.1   Rominger konterte Angriffe aus der Weinbranche mit Humor. (Quelle: Rominger Kunststofftechnik GmbH)

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6  Umgang mit Widerstand

wenn Ihre Neuerung starke Auswirkungen auf die Umwelt hat. Trotzdem: Wenn Sie von Ihrer Idee überzeugt sich, überlegen Sie sich eine Strategie, wie Sie den Widerstand abbauen.

6.3 Die richtigen Worte bei Gegenwind finden Für eine geschliffene Argumentation und kritische Nachfragen ist es gut, wenn Sie entsprechende Einwände und Gegenargumente vorher sammeln und eine Antwort darauf finden. In Tab. 6.2 finden Sie typische Killerargumente, um Ihre Pläne möglichst frühzeitig zu stoppen. Dem Gegner geht es darum, eine Sachdiskussion zu verhindern. Er möchte Sie mundtot machen. Erkennbar ist ein solches Totschlagargument auch daran, dass es Sie auf der emotionalen Ebene trifft. Tab. 6.2   Killerphrasen und Antwortbeispiele. (Quelle: Birgit Lutzer) Killerkritik

Ihre Antwort

„Wir haben das immer so „Gerade weil wir dauerhaft am Markt bleiben möchten, gemacht und es ist erfolgreich!“ müssen wir auf Veränderungen reagieren.“ Hat der andere das alte Verfahren oder Produkt entwickelt, ist besondere Diplomatie und Kompromissfähigkeit Ihrerseits gefragt: „Ich empfehle deshalb einen Testlauf. Bei negativem Ergebnis machen wir so weiter wie bisher. Verläuft er positiv, haben wir zwei erfolgreiche Ansätze.“ „Ein solches Projekt können Sie Manchmal ärgert sich der Kritiker einfach nur darüber, hier nicht durchsetzen!“ dass er die gute Idee nicht hatte. Nehmen Sie ihm den Wind aus den Segeln: „Beim letzten Meeting haben Sie über … gesprochen. Genau diese Äußerung hat mich zu meiner Idee inspiriert. Was halten Sie davon, wenn wir sie gemeinsam weiterentwickeln?“ „Das ist doch viel zu teuer!“

Ignorieren Sie das Preisargument und heben Sie auf den Nutzen der Innovation ab: „Mit diesem Projekt investieren wir in eine Innovation, mit der wir uns klar vom Wettbewerb abgrenzen. Sie bietet folgende Vorteile: …“

„So etwas kommt nicht an bei unseren Kunden/Mitarbeitern/ Vertriebspartnern …“

Schlagen Sie eine Befragung der genannten Kreise vor oder sprechen Sie selbst mit einigen Personen. Letztgenannte Vorgehensweise ist zwar möglicherweise nicht repräsentativ, doch sie spiegelt immerhin eine Tendenz

Einwand gegen Ihr Projekt:

Ihre Antwort:

6.3  Die richtigen Worte bei Gegenwind finden

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Es ist besser, die Verletzung zu verbergen und souverän zu bleiben – auch wenn es schwerfällt. Andere Gegenargumente zielen darauf, Sie scheinbar auf der Sachebene auszuhebeln. Forscher unterscheiden technologische, marketingspezifische, finanzwirtschaftliche und gesellschaftliche bzw. umweltbezogene Einwände (vgl. Hauschildt et al. 2013, S. 34–39). Auch auf solche Sprüche sollten Sie eine passende Antwort parat haben! Dazu gehören genaue technische Daten und Fakten, mit denen Sie die Einwände widerlegen können. Technologisch begründete Einwände „Die Innovation leistet weniger oder etwas anderes, als das, was Sie behaupten“ oder „Ihr Projekt kommt zu früh. Das technische Umfeld muss erst dafür reif sein“: Die Gegner stellen einzelne technische Effekte oder das Gesamtkonzept infrage, fordern weitere Gutachten und zweifeln die Übertragbarkeit von Pretest-Ergebnissen an. Geht es um den Zeitpunkt der Innovation, werden weitere Untersuchungen und Befragungen gefordert. Häufig ist auch zu hören, es fehle an qualifiziertem Personal und das ganze Projekt sei viel zu unausgegoren. Marketingspezifische Gegenargumente  „Für das neue Produkt wird es keine Nachfrage geben“ oder „Wir kannibalisieren damit unser Haupterzeugnis“: Häufig kommen solche Bedenken aus der Marketing- oder Vertriebsabteilung. Die Gegner widersprechen den Schätzungen von Bedarf und Nachfrage und den Resultaten aus Marktuntersuchungen. Der Bezug auf das vorhandene Angebot wird gern hergestellt, um auf den möglichen Konkurrenzeffekt zu bereits vorhandenen Erzeugnissen hinzuweisen. Finanzwirtschaftliche Begründungen „Das Projekt sprengt unseren finanziellen Rahmen“ oder „Wenn die Innovation keinen Erfolg hat, ist das teurer als die Beibehaltung des Ist-Zustands“: Solche Argumente kommen sowohl bei angespannter finanzieller Lage als auch bei einer entspannten Finanzsituation ins Spiel. Beim zweiten Einwand werden die Verluste durch Nichthandeln den angeblich höheren Kosten eines möglichen Scheiterns gegenübergestellt. Gesellschaftlich-umweltbezogener Widerspruch  „Durch die Innovation bringen wir wichtige Interessensgruppen gegen uns auf“ oder „Das Projekt würde wertvolle Umweltressourcen zerstören und nachhaltigen Schaden anrichten“: Die Gegner malen Horrorszenarien aus, die die Erneuerung mit sich bringen würde. Gerade bei Umweltfragen sollten Sie zeigen, dass Sie daran gedacht haben und z. B. wichtige Anlaufstellen (Behörden, Verbände etc.) von vornherein in den Innovationsprozess einbeziehen.

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6  Umgang mit Widerstand

 Tipp  Bleiben Sie auf der Sachebene, auch wenn die Gegner versuchen, die Emotionen der Beteiligten aufzupeitschen! Besorgen Sie sich Forschungs- und Testergebnisse, mit denen Sie die Einwände widerlegen können.

„Eine Führungskraft muss ihre Mitarbeiter kennen. Nur so kann sie sie von technischen Neuerungen überzeugen!“

Interview mit Dr. Martina Frost vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft

Dr. Martina Frost Dr. Martina Frost ist Arbeits- und Organisationspsychologin und seit 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit am Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) in Düsseldorf beschäftigt. Am Beispiel von Industrie-4.0-Prozessen erläutert sie, wie Führungskräfte ihre Mitarbeiter von der Innovation überzeugen und sie zum Mittragen des digitalen Wandels gewinnen können. Denn eine den 4.0-Technologien kritisch gegenüberstehende Belegschaft kann die Einführung der Neuerung blockieren. Foto: Tania Walck. Inwieweit hat der Führungsstil einen Einfluss darauf, ob die Mitarbeiter bei Wandlungsprozessen mitziehen oder nicht? Frost: Die 4.0-Technologien an sich erfordern kein spezifisches Führungsverständnis oder einen spezifischen Führungsstil. Je nachdem, welcher Führungsstil bereits im Unternehmen gelebt wird, wirkt sich die Einführung der 4.0-Technologien unterschiedlich auf die Beschäftigten und die

6.3  Die richtigen Worte bei Gegenwind finden

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Unternehmenskultur aus. Um Unsicherheiten und Ängste der Beschäftigten zu verringern und die Lern- und Innovationsfähigkeit in den 4.0-Arbeitsprozessen zu fördern, ist ein Führungsverständnis am wirkungsvollsten, das die Rahmenbedingungen (Kontexte) für Arbeit so beeinflusst, dass die beteiligten Personen aktiv eigenständig handeln und selbstgesteuert Anpassungen an die Situation vornehmen können. Hinter einem solchen Führungsverständnis steht ein Menschenbild, nach dem Beschäftigte als eigenständige Personen gesehen werden. Die transformationale Führung wird dabei als hilfreich zur Einführung der neuen Technologien diskutiert. Dieser Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, dass die Führungskraft über ihr Verhalten Einfluss auf das Verhalten der Mitarbeiter nimmt und diese verwandelt, also z. B. die Geführten individuell in ihrem Entwicklungsprozess unterstützt. Dabei sollten Führungskräfte Anreize setzen, die die jeweiligen Motive der Mitarbeiter ansprechen. Können Sie dafür ein Beispiel nennen? Frost: Ein Vorgesetzter, der finanzielle Anreize bietet, wenn sich ein Mitarbeiter mit einer neuen Technologie beschäftigt bzw. diese nutzt, zielt damit auf die extrinsische Motivation ab. Der Beschäftigte erlernt den Umgang mit dem neuen Arbeitssystem, weil er eine finanzielle Belohnung erwartet. Wer es schafft, das Interesse der Belegschaftsmitglieder an der Innovation selbst zu wecken und ihnen die Vorteile der Neuerung verdeutlicht, appelliert damit an die intrinsische Motivation. Diese ist deutlich nachhaltiger. Wichtig ist, Forschungsergebnissen zufolge, eine klare Darstellung des Sinns und Zwecks bzw. der Notwendigkeit des Einsatzes der Technologien in Kombination mit dem Hervorheben eines persönlichen Nutzens, den jeder Mitarbeiter durch die Anwendung der Technologie hat. Das ist doch sehr individuell … Frost: Was konkret jemand als Nutzen betrachtet, hängt mit seiner persönlichen Motivlage zusammen. Übertragen auf die Arbeitsbedingungen bedeutet das: Besteht eine Aufgabe zu einem großen Anteil aus Routinetätigkeiten, so eignet sich eine derartig regelbasierte Vorgehensweise eher für einen Mitarbeiter mit einem Ordnungsmotiv. Jemanden mit einem ausgeprägten Neugiermotiv würde diese Art der Aufgabe schnell langweilen. Solche Menschen eignen sich gern neues Wissen an. Geistige Herausforderungen wirken auf sie anspornend und auch der Umgang mit neuen Technologien könnte für diese Personen als spannende Herausforderung erlebt werden.

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6  Umgang mit Widerstand

Das kann ich als Führungskraft doch nur dann umsetzen, wenn ich die Motivlage meiner Mitarbeiter kenne, oder? Frost: Genau. Kenne ich mögliche Arbeitsmotive meiner Teammitglieder, kann ich die vorhandenen Tätigkeiten und Aufgaben dem richtigen Mitarbeiter zuteilen. Um die Arbeitsmotive zu erfassen, sind Mitarbeitergespräche, Verhaltensbeobachtungen und psychometrische Fragebogen hilfreich. Allein aus Verhaltensmustern bzw. -beobachtungen lassen sich keine sicheren Rückschlüsse ziehen. Ein- und dasselbe Verhalten kann nämlich aus verschiedenen Motiven entspringen. Deshalb ist die Anwendung mehrerer Methoden parallel empfehlenswert. Unterschwellige Motive lassen sich bisher kaum erfassen. Wie geht es dann weiter? Frost: Ausgehend von den Ergebnissen aus Fragebogenerhebungen, Mitarbeitergesprächen und eventuellen Verhaltensbeobachtungen kann ein individuelles Motivprofil der Mitarbeiter erstellt werden. Die Anforderungen der Tätigkeit (Soll) werden mit den Motiven des Mitarbeiters (Ist) in Hinsicht auf Abweichungen und Passungen abgeglichen. Die Digitalisierung liefert dabei neue technische Möglichkeiten, um diesen Abgleich durchzuführen. Liegt das Ergebnis vor, können die Vorgesetzten ihr Führungsverhalten an den Arbeitsmotiven ihrer Mitarbeiter ausrichten und so zur Begeisterung der Mitarbeiter beitragen. Lässt sich ein solches Projekt überhaupt mit firmeneigenen Ressourcen umsetzen? Frost: Je aufwendiger das Verfahren, desto besser ist die Inanspruchnahme externer Unterstützung. Zum einen öffnen sich die Mitarbeiter eher, wenn sie von einer neutralen Person außerhalb der eigenen Firma befragt werden. Zum anderen sollten professionelle Unternehmensberater wissen, wie bei solchen Vorhaben z. B. die Europäische Datenschutz-Grundverordnung umgesetzt werden muss. Wichtig ist dabei, dass eine enge Absprache bezüglich der Ziele und dem Vorgehen des Projekts zwischen den Führungskräften des Betriebs und den externen Beratern erfolgt und mit den Beschäftigten vereinbart wird, welche Daten wie und wofür verwendet werden.

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Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung

Zusammenfassung

Forschung und Entwicklung halten die Wirtschaft wettbewerbsfähig. Glücklicherweise gibt es auf unterschiedlichen Ebenen zahlreiche Akteure, die sich für Innovationen einsetzen. In diesem Kapitel geht es um finanzielle Fördermittel, Beratung und nützliche Informationen für Erfinder. Für Freiberufler sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist es oft schwierig, den Gesamtaufwand für die Verwirklichung einer Innovation von der Idee bis zur Markteinführung zu stemmen. Sie erhalten zunächst Informationen rund um die Beantragung von Fördermitteln. Innerhalb dieses Kapitels kann kein auch nur annähernd umfassender Überblick über sämtliche Innovationsförderer geboten werden. Deshalb soll es Ihnen eine Orientierung verschaffen, wo Sie nach den passenden Fördermöglichkeiten für Ihr Innovationsvorhaben suchen können und welche anderen Formen von Unterstützung geboten werden.

7.1 Erst vorbereiten, dann beantragen Den größten Fördertopf hält die EU bereit. In Deutschland gibt es Förderprogramme sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene. Regional sind es u. a. die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern, die als Anlaufstellen für Innovatoren dienen. Technologie- und Gründerzentren sind speziell auf die Bedürfnisse von innovationsstarken Unternehmen ausgerichtet. Daneben fördern Verbände, Vereine und z. B. Stiftungen Innovationen. Aber auch Einzelpersonen können ein Innovationsprojekt unterstützen. Ein Schwerpunkt der Förderpolitik besteht in der Stärkung des Technologiesektors. Daneben gibt es © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Lutzer und A. Howind, Kommunikation und Marketing für TechnikInnovationen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27262-3_7

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7  Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung

jedoch auch die Initiative, strukturschwache Regionen zu unterstützen. Gefördert werden auch nichttechnische Innovationen, Dienstleistungen und soziale Projekte, die dazu dienen, Arbeitsplätze zu schaffen und strukturelle Verbesserungen für die Region und ihre Bewohner zu bewirken. Bereits in einem frühen Stadium, wenn Ihre Idee erst zu einem Projekt werden soll, müssen Sie es als förderungswürdig verkaufen. Ihnen ist Ihre Idee sonnenklar. Wahrscheinlich können Sie auch Spezialisten auf Ihrem Fachgebiet davon überzeugen. Wenn es jedoch darum geht, Förderung und Unterstützung einzuwerben, bedarf es einer Darstellungsweise, die auch Laien verständlich macht, worin der Nutzen Ihrer Neuerung besteht. Zwar werden bei den institutionellen Förderangeboten Fachleute für die Beurteilung der Förderwürdigkeit eingeschaltet, aber nicht jeder Beteiligte an den Entscheidungsprozessen kann Experte für jedes relevante Fachgebiet sein. Wird z. B. im Vorfeld der Beantragung von Fördermitteln eine Projektskizze angefordert, ist es entscheidend, das Vorhaben auf wenigen Seiten den Förderrichtlinien entsprechend zu präsentieren. Als erster Schritt auf dem Weg zur Realisierung Ihrer Innovation ist es nützlich, sich beraten zu lassen, wie Sie weiter vorgehen und welche Unterstützung für Ihr Vorhaben potenziell zur Verfügung steht. Bei der Antragstellung selbst kann ebenfalls ein Profi behilflich sein, um die Förderung nicht etwa durch falsch ausgefüllte Formulare zu gefährden. Der bürokratische Aufwand kann – je nach Förderart und Förderer – beträchtlich sein. Einige Förderinstrumente können miteinander kombiniert werden. Bei anderen Programmen muss nachgewiesen werden, dass weitere Förderinstrumente zur Finanzierung nicht zur Verfügung stehen. Auch aus diesem Grund ist eine fachlich versierte Beratung wichtig.

7.2 Programme zur Förderung von Beratung Es gibt Fördermittel für die Unterstützung bei Fragen zum Innovationsmanagement, zur Finanzierung, Organisation und Antragstellung durch eine qualifizierte Beratungsorganisation. Nachfolgend eine Auswahl: Competitiveness of Enterprises and Small and Medium-sized Enterprises  Die EU hat das Programm Competitiveness of Enterprises and Small and Medium-sized Enterprises (COSME) aufgelegt. Es dient der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU und unterstützt sie bei der Finanzierung von innovativen Vorhaben durch Zuschüsse, Darlehen und Bürgschaften. Gefördert wird auch die Inanspruchnahme von Unterstützungs- und Beratungsdiensten. Die finanzielle

7.2  Programme zur Förderung von Beratung

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Unterstützung wird indirekt über Finanzemissäre, wie z. B. die Europäische Investitionsbank (EIB) und den Europäischen Investitionsfond (EIF), geleistet. Ansprechpartner für diese Förderung ist das Enterprise Europe Network (EEN; http://www.een-deutschland.de). Förderberatung des Bunds Es gibt unterschiedliche Förderprogramme der Länder: Zuschüsse, Bürgschaften, stille Beteiligungen, Kredite und Beratungsleistungen sollen innovative Unternehmen fördern. Eine hohe Priorität hat die Unterstützung von Projekten in Schlüsseltechnologien und von Clustern. In der stark durch die mittelständischen Unternehmen geprägten deutschen Wirtschaft sollen Cluster eine regionale Stärkung und Erweiterung von Kompetenzen durch die interdisziplinäre Vernetzung von Akteuren aus Forschung, Wirtschaft und anderen Bereichen bewirken. Die zentrale Plattform zur Förderungsberatung: https://www.foerderinfo.bund.de. go-Inno  In der Frühphase eines Innovationsprojekts fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie KMU beim Hinzuziehen qualifizierter externer Berater, um die personelle und organisatorische Situation auf das Projekt hin auszurichten und die Finanzierung zu sichern. Das Programm heißt go-Inno. Die Förderung findet in Form sog. Innovationsgutscheine statt, die bis zu 50 % der Kosten decken. Projektträger ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR). go-digital  KMU werden in drei Bereichen der Digitalisierung unterstützt: Digitalisierte Geschäftsprozesse, digitale Markterschließung und IT-Sicherheit. Darunter fallen z. B. die Entwicklung eines Online-Handels, die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und die Gewährleistung der Datensicherheit. Zur Umsetzung der Digitalisierungsprojekte können Beratungsunternehmen beauftragt werden, die auch alle notwendigen Maßnahmen rund um die Antragstellung übernehmen. Inno-Komm  Das Förderprogramm für Innovationskompetenz unterstützt gemeinnützige Industrieforschungseinrichtungen, die ihre Forschungs- und Entwicklungsergebnisse Wirtschaftsunternehmen zur Verfügung stellen. KMU, die über keine eigene Entwicklungsabteilung verfügen, können sich mit diesen Forschungseinrichtungen kurzschließen. Projektträger ist die EuroNorm GmbH ([email protected]). Weiterführende Informationen zu diesen Förderprogrammen finden Sie hier: https://www.innovation-beratung-foerderung.de.

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7  Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung

Industrie- und Handelskammern Die Innovationsberatung der Industrie- und Handelskammern (IHK) ist eine erste Anlaufstelle. Dort bekommen Sie Informationen zu Fördermöglichkeiten, Wissens- und Technologietransfer, Patentberatung und Hinweise zu möglichen Kooperationspartnern oder regionalen Netzwerken und Institutionen, mit denen Sie sich mit Ihrem Vorhaben verknüpfen können (https://www.ihk.de/innovationsberatung) Zentralverband des deutschen Handwerks Angedockt an den Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) fungieren die Beauftragten für Innovation und Technologie als Ansprechpartner für innovative Unternehmen aus dem Handwerk. Sie unterstützen beim Innovationsmanagement und haben Beratungsschwerpunkte in Themenbereichen wie Energieeffizienz, Pro-duktentwicklung, IT-Sicherheit, CAD- und CAM-Anwendungen sowie Bau- und Restaurierungstechnologien (www.bistech.de) Deutscher Verband für Technologietransfer und Innovation e. V.  Der Deutsche Verband für Technologietransfer und Innovation e. V. (DTI) erfüllt den Zweck, die Interessen der Innovations- und Technologieberatungsorganisationen zu vertreten. Durch die Verknüpfung des Wissens und der Erfahrungen der Mitglieder sollen Innovationsmanagement, Technologietransfers und die Innovationsförderung optimiert werden. Die Mitglieder unterstützen innovative Mittelständler und Forschungseinrichtungen bei der Umsetzung von Einzel-, Kooperations- und Netzwerkprojekten. Ein Schwerpunkt der Arbeit besteht in der Technologie- und Innovationsberatung: • KMU werden bei der Planung, Entwicklung und Vermarktung ihrer Projekte begleitet; Netzwerke und Cluster werden organisiert und betreut. • Technologie- und Wissenstransfer zwischen Wirtschaft und Forschung wird auch international organisiert; das Schützen von Know-how wird gefördert. • Außerdem verwalten im DTI vertretene Projektträger Förderprogramme mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr (http://www. dti-verband.de). EU-Förderung von Forschung und Innovation Horizon 2020 Das EU-Förderprogramm (Laufzeit 2014 bis Ende 2020) ist mit einem Volumen von fast 80 Mrd. € ausgestattet. Es fördert die Kooperation zwischen Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft von der Grundlagenforschung bis zur Markteinführung. Schwerpunkte des Programms sind die Themenfelder Wissenschaftsexzellenz, führende Rolle der Industrie und gesellschaftliche

7.2  Programme zur Förderung von Beratung

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Herausforderungen. Das Folgeprogramm Horizont Europa (2021–2027) wird derzeit erarbeitet. Im Rahmen von Vorhaben, die in den Themenfeldern führende Rolle der Industrie und gesellschaftliche Herausforderungen angesiedelt sind, können KMU über Horizon 2020 auch Fördermittel für die Markteinführung beantragen. Das EU-Büro des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) bietet weiterführende Informationen zu Förderprogrammen der EU an (https://www.eubuero.de). Zur Umsetzung von Horizon 2020 wurden Anlaufstellen in Deutschland eingerichtet. Eine Übersicht dieser nationalen Kontaktstellen bietet die Webseite: https://www.horizont2020.de/beratung-nks.htm. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat die Nationale Kontaktstelle für kleine und mittlere Unternehmen (NKS KMU) beauftragt, Unternehmen zu unterstützen, die sich im Rahmen von Horizont 2020 fördern lassen wollen (https://www.nks-kmu.de). Der Service der NKS KMU ist für die Unternehmen und ihre Partner aus Hochschulen, Verbänden, Beratung und Regierungsstellen kostenfrei. Angeboten werden u. a.: • • • •

Förderberatung für KMU Beratung zur Risikofinanzierung Vermittlung zu kompetenten Netzwerkpartnern Unterstützung bei der Erarbeitung der Förderanträge

go-cluster Die Vernetzung in einem Cluster ist für Innovatoren interessant, die nicht im Alleingang, sondern in Kooperation mit anderen Akteuren ihr Projekt entwickeln und umsetzen. Die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft in sog. Clustern wird auf Bundesebene vom Programm go-cluster gefördert, weil sie die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit steigern soll. Die Bundesländer fördern Cluster als Maßnahme zur regionalen Stärkung der beteiligten Akteure. Die Form der Unterstützung ist unterschiedlich und umfasst z. B. das professionelle Management des Clusters, Projektentwicklung, Weiterbildung oder Öffentlichkeitsarbeit (https://www.clusterplattform.de). Europaweite Cluster-Plattformen • EU Cluster Portal • European Cluster Collaboration Platform • European Cluster Observatory • European Cluster Excellence Initiative (ECEI) • European Institute of Innovation & Technology (EIT)

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7  Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung

Förderung von Innovationen durch den Bund In Deutschland ist die Förderung von innovativen Entwicklungen auf Bundesebene in mehreren Ministerien angesiedelt, u. a. im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) und im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Die Innovationsförderung des Bundes zielt darauf, KMU bei der Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu unterstützen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWI) hat eine Förderdatenbank mit einem Überblick über Förderprogramme des Bundes, der Länder und der EU angelegt: http://www.foerderdatenbank.de/. In dieser Datenbank lassen sich infrage kommende Förderprogramme nach vielfältigen Kriterien herausfiltern. Die Antragstellung auf Fördermittel beim BMBF erfolgt je nach Programm ein- oder zweistufig. Bei der zweistufigen Variante wird zunächst eine Projektskizze eingereicht. Wird diese positiv bewertet, kann der Antrag auf Förderung gestellt werden. Ein Lotsendienst gibt telefonisch Auskunft und Hilfestellung: Förderberatung „Forschung und Innovation“ des Bundes, Beratungstelefon: 0800/2623009, E-Mail: [email protected]. Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) Gefördert werden anspruchsvolle Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sowie Kooperationen von mittelständischen Unternehmen im Verbund mit Forschungseinrichtungen, die auf technologische Innovationen abzielen und über gute Marktchancen verfügen. Auch das Management und die Organisation von innovativen Unternehmensnetzwerken sowie internationale Partnerschaften werden unterstützt (https://www.zim.de). ERP-Programm (European Recovery Program) Ursprünglich war es dazu gedacht, der deutschen Wirtschaft im Rahmen des Marshall-Plans beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zu helfen. Heute ist das ERP ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaftsförderung. Das ERP-Innovationsprogramm erleichtert Unternehmen den Zugang zu zinsgünstigen Krediten und Beteiligungen (https:// bmwi.de). Vorfahrt für den Mittelstand Das BMBF unterstützt die Vernetzung von regionalen KMU, Forschungseinrichtungen oder Hochschulen, um ihre Innovationsfähigkeit zu stärken, mit dem Zehn-Punkte-Programm „Vorfahrt für den Mittelstand“. Auf der Homepage des Ministeriums werden regelmäßig neue Fördermöglichkeiten angekündigt, die – je nach Ausschreibung – von Einzeloder Kooperationsprojekten in Anspruch genommen werden können.

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KMU-innovativ Es handelt sich um ein Programm des BMBF. Ein Einstiegsmodul ist speziell für Unternehmen vorgesehen, die noch keine Erfahrungen in der Beantragung von Fördermitteln gesammelt haben. Es umfasst z. B. die Förderung von Machbarkeitsstudien und Potenzialanalysen. Die Bearbeitung der Projektanträge soll innerhalb verbindlicher Fristen schnell gewährleistet werden. Das Programm ist gestartet in den Technologiefeldern: • Elektronik und autonomes Fahren • Forschung für die zivile Sicherheit • Medizintechnik • Informations- und Kommunikationstechnologien • Materialforschung • Mensch-Technik-Interaktion • Photonik und Quantentechnologien • Produktionstechnologie • Ressourceneffizienz und Klimaschutz Innovationsforen Mittelstand Zur Etablierung von Forschungsnetzwerken und Kooperationen von Innovations- und Technologieprojekten dienen die Innovationsforen. Sie vernetzen KMU, größere Unternehmen, Wissenschaft, Verbände, Vereine und Verwaltung zu gemeinsam festgelegten Themen. In einer bis zu neun Monate dauernden Phase arbeiten die Netzwerkpartner ihre Strategie aus, tauschen ihr Know-how aus und suchen nach geeigneten Bündnispartnern für ihre Ziele. Ein zweitägiges Innovationsforum dient dann der Konkretisierung der Vernetzung und Kooperationen. Durch diese Vernetzung soll der Wissenstransfer aktueller Forschungsergebnisse gefördert werden, um mittelständische Unternehmen dabei zu unterstützen, gemeinsam mit geeigneten anderen Akteuren innovative Projekte zu entwickeln und umzusetzen (https://www.unternehmen-region. de/de/innovationsforen-mittelstand-1743.html). KMU-NetC Ebenfalls der Vernetzung von KMU mit anderen Akteuren dient dieses Programm. Es fördert die Forschungs- und Entwicklungsvorhaben von KMU, die sich in leistungsstarke Netzwerke und Cluster einbringen, um durch innovationsfördernden Wissenstransfer wettbewerbsfähig zu bleiben (https:// www.bmbf.de/de/kmu-netc-3244.html).

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7  Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung

Förderung von Innovationen in strukturschwachen Gebieten WIR! – Wandel durch Innovation in der Region Das Pilotprogramm zur Förderung von technologischen, sozialen und nichttechnischen Innovationen in strukturschwachen Gebieten startet zunächst in Ostdeutschland. Ausdrücklich erwünscht ist auch die Teilnahme von noch innovationsunerfahrenen Akteuren. Adressaten des Programms sind Forschungs- und Entwicklungs-, Einzel- und Verbundvorhaben, Innovationsdienstleistungen und -infrastrukturen, Weiterbildungsträger sowie junge Unternehmen. Gefördert wird in der ersten Phase die Ausarbeitung von Strategien. Die überzeugendsten Initiativen werden in der Umsetzung ihrer Konzepte in förderwürdige Projekte unterstützt (https:// www.unternehmen-region.de/). Innovation und Strukturwandel Dieses neue Programm ist eine innovationsfördernde Unterstützung für strukturschwache Regionen. Bisher beschränkt es sich auf Projekte in den neuen Bundesländern. Ab 2020 werden Initiativen im gesamten Bundesgebiet gefördert. Im Fokus des Programms (https://www.unternehmen-region.de/) mit verschiedenen Förderinstrumenten stehen: • Innovationskompetenz an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen und Wissenstransfer an regionale KMU • Strategische Kooperationen von KMU und Forschung • KMU-orientierte Nachwuchsgruppen an den Hochschulen • Niedrigschwellige Angebote für Unternehmen und Forschung zur gemeinsamen Entwicklung und Erprobung von Innovationsideen Start-up-Förderung WIPANO Der Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen, abgekürzt WIPANO, wird von diesem Programm gefördert. Eine der Zielgruppen sind KMU und Selbstständige der freien naturwissenschaftlichen/technischen Berufe, die zum ersten Mal ihre Innovationen patentieren lassen wollen bzw. seit mehr als fünf Jahren keine gewerblichen Schutzrechte angemeldet haben (https:// www.innovation-beratung-foerderung.de). High-Tech-Gründerfonds Der Fond investiert in der Seedphase (die erste Finanzierungsphase des Unternehmens) maximal eine Mio. € in High-Tech-Startups, die noch nicht älter als drei Jahre sind (https://high-tech-gruenderfonds.de/).

7.3  Worauf Sie beim Antrag achten müssen

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7.3 Worauf Sie beim Antrag achten müssen Für einen erfolgreichen Antrag muss i. d. R. ein Konzept mit der Grundstruktur des Innovationsprojekts vorliegen. Stellen Sie anhand der folgenden Checkliste Informationen zu Ihrer Idee zusammen, die den Erstberatern eine Orientierung vermitteln, wohin die Reise Ihres Projekts gehen soll. Checkliste für Erstkontakte mit den fördernden oder beratenden Institutionen Das Projekt (eine knappe Beschreibung Ihrer Idee) • Welches Problem soll gelöst werden? • Was steht zur Lösung bereits technisch zur Verfügung? • Welches Know-how liegt vor und welche Voraussetzungen wurden geschaffen? Das Ziel des Projekts • Wie soll das Ergebnis Ihres Projekts konkret aussehen? • Welchen Vorteil (welches Alleinstellungsmerkmal) wird es wem bieten? Die Realisierung des Projekts • Wie sieht die technologische, organisatorische oder methodische Umsetzung aus? • Können Sie das Projekt allein stemmen oder werden Sie Partner einbeziehen? • Was werden Sie wie umsetzen? • Mit welchem zeitlichen und finanziellen Rahmen rechnen Sie? Das Marketing für das Projekt • An welche Zielgruppe richtet sich Ihr Projekt (Marktanalyse)? • Wie wollen Sie diese Zielgruppe erreichen (Markteinführung bzw. Vertrieb)?

7.4 Unterstützung durch Verbände Auch viele Verbände sind Anlaufstellen für Innovatoren. Anbei eine allgemeine Übersicht, die der ersten Orientierung dienen soll: Bundesverband deutscher Innovationszentren Im Bundesverband der deutschen Innovations-, Technologie- und Gründerzentren sowie Wissenschaft- und Technologieparks schließen sich mehr als 160 Mitglieder und Partnerorganisationen

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7  Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung

aus dem In- und Ausland zusammen. Im Fokus dieser Innovationszentren stehen die Unterstützung von Technologietransfer und Innovation sowie Unternehmensgründung und -entwicklung. Auf der Webseite des Verbands finden Sie die Kontaktdaten aller Mitglieder nach Bundesländern aufgeschlüsselt (https://www. innovationszentren.de). Stifterverband  Im Stifterverband haben sich mehr als 3000 Mitglieder wie z. B. DAX-Konzerne, Mittelständler, Unternehmensverbände, Stifter und Privatpersonen organisiert, um Bildung, Wissenschaft und Innovation zu fördern. Dieser Verbund aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft verfolgt eine ganzheitliche Strategie. Sie setzt in der Schule an, unterstützt zivilgesellschaftliche Projekte, aber auch Wissenschaft und Innovationen in Form von Wettbewerben, Förderprogrammen, Studien oder Beratungen. Mehr als 670 Stifter lassen sich von diesem Verband beraten. Neben den Programmen des Verbands sind auf der Webseite auch die Stiftungen und ihre Förderschwerpunkte verzeichnet. Mit einer Suchmaske lassen sich gegebenenfalls geeignete Stiftungen für einen Förderantrag herausfiltern. Der Stifterverband berät nur zu Anfragen zu Einzelstiftungen, nicht jedoch zu Fördermöglichkeiten im Allgemeinen (https://www.stifterverband.org/). Deutscher Erfinderverband e.  V. Mit mehr als 500  Mitgliedern ist der unabhängige Deutsche Erfinderverband e. V. (DEV) eine Vereinigung von Wissenschaftlern, Ingenieuren, innovativen KMU und Freien Erfindern. Sektionen des Verbands sind über die Bundesrepublik verteilt vertreten. Als zentrale Anlaufstellen für Erfinder berät der DEV ehrenamtlich zu Themen rund um die Themen Erfindung und Innovation (https://www.deutscher-erfinder-verband.de).

7.5 Gewerblicher Rechtsschutz Rund um Schutzrechte geht es in diesem Abschnitt. Bitte recherchieren Sie bei Interesse auf den angegebenen Webseiten für weitere Informationen. Deutsches Patent- und Markenamt Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) ist die Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtschutz. Ihre Aufgabe ist der Schutz geistigen Eigentums in Form von Patenten, Marken, Gebrauchsmustern und Designs. Sie ist dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zugeordnet. Die beiden Datenbanken DPMAregister und DEPATISnet verschaffen online kostenlos einen Überblick über bereits angemeldete Schutzrechte. Im DPMAregister können Sie überprüfen, ob Ihre Idee

7.5  Gewerblicher Rechtsschutz

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tatsächlich neu und einzigartig ist. Es lässt sich auch feststellen, ob es bereits eine Lösung gibt, die aber noch nicht gewerblich verwendet wird. DEPATISnet ist das Archiv für internationale Schutzrechte, das auch die Prüfer einsetzen, wenn sie kontrollieren, ob die Rechte nicht bereits vergeben sind (https://www.dpma.de). European Patent Office Europäische Patente gewähren in den Vertragsstaaten 20 Jahre lang dieselben Schutzrechte, die national gelten (https://www.epo.org). Produktsicherheit und Zertifizierungen In diesem Abschnitt geht es um den Zusammenhang von Produktsicherheit und Vermarktung. Im Rahmen Ihres Entwicklungsprojekts müssen Sie sich mit gesetzlichen Vorgaben auseinandersetzen, die zur Sicherheit von Produkten festgelegt wurden. Außerdem gibt es für die Vermarktung Ihrer Innovation zu bedenken, dass es vorteilhaft sein kann, freiwillig eine Zertifizierung vornehmen zu lassen. Der rechtliche Rahmen Das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) regelt die Sicherheitsanforderungen für technische Geräte, Verbraucherprodukte und die Einrichtung und den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen. Außerdem regelt es die CE-Kennzeichnung und das GS-Zeichen. Produkte müssen so beschaffen sein, dass sie bei sachgemäßem Umgang Menschen nicht oder nur in geringem Umfang gefährden. Werden die Sicherheitsanforderungen nicht eingehalten und kommt jemand zu Schaden, haftet der Hersteller. Diese Haftung greift auch, wenn es sich z. B. um eine Auftragsproduktion handelt. Die Einhaltung des ProdSG ist also für alle Produzenten Pflicht, die unter dieses Gesetz fallen und Waren in Europa vertreiben. Für den internationalen Handel gelten die jeweiligen Gesetze des Importlands. Das ProdSG fokussiert sich auf vier Bereiche: 1. Produkteigenschaften – Wie ist es zusammengesetzt? – Wie ist es verpackt? – Wie wird der Verbraucher beim Zusammenbau angeleitet? – Wie wird es installiert? – Wie wird es gewartet? – Wie lange wird es benutzt? 2. Einwirkungen auf andere Produkte (wenn es mit anderen Produkten verwendet werden kann) 3. Produktbezogenen Angaben – Wie ist es aufgemacht? – Wie ist es gekennzeichnet?

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7  Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung

– Gibt es Warnhinweise? – Ist eine verständliche Gebrauchs- und Bedienungsanleitung vorhanden? – Gibt es Angaben zur Entsorgung? 4. Verbraucher bzw. besonders gefährdete Verwendergruppen – Ist eine Gruppe von Verbrauchern bei der Nutzung mehr gefährdet als andere? Durch die Anwendung des ProdSG unterliegen Hersteller, Importeure und Händler Haftungsrisiken, wenn durch die Nutzung ihres Produkts Menschen geschädigt werden. Die Einhaltung des Gesetzes ist deshalb schon in der Entwicklungsphase wichtig. Achten Sie auch auf Fehlerquellen, die außerhalb Ihres direkten Einflussbereichs liegen, wie z. B. an Teilen des Produkts, die Sie von Zulieferern beziehen. Und arbeiten Sie alle Pflichten gewissenhaft ab, die Ihnen das Gesetz auferlegt, wie etwa die Erstellung der korrekten und vollständigen produktbezogenen Angaben. Ansprechpartner für das Thema Produktsicherheit • Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) für Lebensmittel, Agrar- und Fischereiprodukte sowie Produkte des täglichen Gebrauchs (https://www.ble.de) • Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) für alle weiteren Produkte (https://tes.bam.de) • Gemeinsam informieren die beiden Bundesanstalten auf einer Plattform über deutsche Sonderregeln zur Produktsicherheit (https://www.pcp.bam.de). • Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin betreibt eine Plattform zur Sicherheit von Produkten und für Produktrückrufaktionen (https:// www.baua.de/). CE-Kennzeichnung  Jeder Hersteller in Europa ist verpflichtet, vor der Markteinführung die Einhaltung der relevanten EU-Richtlinien zu überprüfen und zu dokumentieren. Damit soll sichergestellt werden, dass Produkte die Gesundheit und Sicherheit von Personen nicht gefährden. Mit dem CE-Zeichen (CE steht für „Communauté Européenne“) bestätigt der Hersteller, dass sein Produkt den Richtlinien entspricht. Einige Produktgruppen wie Spielzeug, elektrische Geräte, Schutzausrüstungen, medizinische Produkte und Messgeräte müssen das CE-Zeichen tragen. Bei Produkten, die potenziell gefährlich sein könnten, wie z. B. Maschinen, muss ein unabhängiges Prüfunternehmen, wie beispielsweise TÜV, DEKRA, Intertek oder andere staatlich benannte Stellen, hinzugezogen werden. Waren Prüf- oder Zertifizierungsinstitute an der Kontrolle der Einhaltung

7.5  Gewerblicher Rechtsschutz

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der Richtlinien beteiligt, wird die CE-Kennzeichnung um eine vierstellige Zahl erweitert, mit der die EU die jeweilige Prüfstelle kodiert. Unter anderem bieten die IHK Seminare an, die zur CE-Kennzeichnung informieren. Auch die unabhängigen Prüfunternehmen sind Ansprechpartner für dieses Thema. GS-Zeichen  Bei dem GS-Zeichen (GS steht für Geprüfte Sicherheit) handelt es sich um eine freiwillige Zertifizierung. Von einer unabhängigen Prüfstelle wird ein Baumuster des Produkts in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz laut Produktsicherheitsgesetz geprüft. Weitere Qualitätskriterien sind nicht relevant. Allerdings gibt das GS-Zeichen dem Hersteller die Gewissheit, sich im Rahmen des Gesetzes zur Produktsicherheit zu bewegen. Der Verbraucher kann beim Kaufentscheid davon ausgehen, dass das Produkt von unabhängiger und kompetenter Seite auf seine Sicherheit hin überprüft wurde. Dieser Sicherheitsaspekt kann ein Produkt wettbewerbsfähig machen oder ihm einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) benennt die zuständigen Stellen, die die Prüfung zur Vergabe des GS-Zeichens durchführen (http://www.zls-muenchen.de). DIN-Normen  Die Einhaltung von DIN-Normen ist freiwillig, so lange der Gesetzgeber oder vertragliche Vereinbarungen ihre Nutzung nicht zwingend vorschreiben. Ist es in einem Marktsegment üblich, mit DIN-Normen zu arbeiten, wird damit die Einhaltung der darin festgeschriebenen Anforderungen aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit zum Standard. Setzt jemand jedoch mit einer Innovation einen anderen oder höheren Standard, kann er beim Deutschen Institut für Normung e. V. (DIN) einen Antrag auf Normung stellen. Die Norm wird in einem Dokument gefasst, das Anforderungen an das Produkt, die Dienstleistung oder das Verfahren festlegt. Damit wird offiziell ein neuer Standard gesetzt, der dem Erstanbieter einen Vorsprung im Wettbewerb verschafft (https://www.din.de). Zertifizierungen  Zertifiziert werden können mehrere Bereiche und Leistungen von Unternehmen: • Produkte und Dienstleistungen, ihre Herstellungsverfahren sowie die Handelsbeziehungen • Personen • Systeme • Unternehmen

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7  Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung

Der Zweck einer Zertifizierung ist die Garantie der Einhaltung festgelegter Mindeststandards zum Schutz des Käufers von Produkten und Dienstleistungen, aber ebenso eine Optimierung des Qualitätsmanagements des Unternehmens. Die Deutsche Akkreditierungsgesellschaft (DAkkS) stellt sicher, dass auch private Zertifizierungsstellen für den entsprechenden Geschäftsbereich zugelassen sind und überprüft sie fortlaufend. Eine Akkreditierung gibt Ihnen also Auskunft darüber, ob ein Zertifizierungsanbieter über eine Zulassung verfügt. In der Datenbank der DAkkS finden Sie akkreditierte Zertifizierer (https://www.dakks.de). • • • • •

Zu den bekannteren Zertifizierungen zählen: ISO 9001, ISO 14001: Managementsystem ISO 50001: Energiemanagementsysteme EN ISO/IEC 17065: Produkte oder Dienstleistungen. OHSAS bzw. ISO 14001 oder EMAS: Einhaltung von Anforderungen an den Arbeits- und Umweltschutz • BS 7799 oder ISO/IEC 27001: Informationssicherheit nach BS 7799 oder ISO/IEC 27001 • FSC oder Fair-Trade: Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards Diverse andere Zertifizierungen tragen dazu bei, Standards zu setzen und Qualität zu sichern. Ein weiterer Vorteil von Zertifizierungen besteht darin, dass Audits im Zusammenhang mit Angebotsabgaben zur Prüfung der Einhaltung bestimmter Qualitätsmerkmale weniger aufwendig bzw. nicht notwendig sind. Kommt es zu einem Schadensfall, kann die Zertifizierung in der Frage einer Haftung als Nachweis der eingehaltenen Herstellerpflichten wichtig sein. Bei der Vermarktung spielt diese Sicherungsmaßnahme auch im Businessto-Consumer-Bereich zum Vertrauensaufbau bei Kunden und Verbrauchern eine wichtige Rolle. Deshalb empfiehlt es sich, gegebenenfalls eine passende Zertifizierung durchführen zu lassen. Lassen Sie sich von qualifizierten Beratern dabei unterstützen. Eine Plattform der Existenzgründerinitiative „Deutschland startet“ hat ein Verzeichnis von Fördermitteln angelegt, die auf Bundes- oder Länderebene auch von bestehenden Unternehmen für Beratungszwecke beantragt werden können (https://www.deutschland-startet.de/foerdermittel/). Auch die Innovationsberater von IHK und Handwerkskammern (HWK) sowie die Prüforganisationen selbst beraten Sie zum Thema Zertifizierung.

7.6  Wettbewerbe und Preise

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7.6 Wettbewerbe und Preise Für innovative Produkte und neue Verfahren gib es bundesweit eine Vielzahl von Wettbewerben und Preisen, die von unterschiedlichsten Akteuren ausgelobt werden. Die Online-Plattform Für-Gründer.de hat im Jahr 2019 allein über 160 Wettbewerbe für Existenzgründer ausfindig gemacht (https://www.fuer-gruender.de). Es lohnt sich aus mehreren Gründen, an Wettbewerben teilzunehmen. Einige Wettbewerbe sind hoch dotiert, bei anderen bekommt der Sieger einen Wanderpokal. Die Teilnehmer werden jedoch durch die Medienarbeit der Veranstalter der Fachszene und/oder einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Das kann sowohl bei der Suche nach Investoren als auch bei der Vermarktung hilfreich sein. Wichtig ist auch die Resonanz auf die Innovation. Wie kommt sie bei der Zielgruppe an? Es gibt Wettbewerbe, Preise und Auszeichnung für Branchen, Technologien und Themenbereiche, für KMU, Existenzgründer, Frauen und Netzwerke, für Ideen, Businesspläne, Produkte und Dienstleistungen usw. Die regionalen IHK und HWK haben einen Überblick über das, was vor Ort ausgelobt wird. Eine Auswahl: Deutscher Zukunftspreis Der Bundespräsident prämiert Innovationen, durch die Arbeitsplätze geschaffen werden. Um den jährlich vergeben Zukunftspreis kann man sich nicht bewerben, man wird vorgeschlagen. Preis: ein Preisgeld von 250.000 € (www.deutscher-zukunftspreis.de). Innovationspreis der deutschen Wirtschaft  Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie ist Schirmherr des Innovationspreises für marktreife oder schon eingeführte neue Produkte an je ein Großunternehmen, ein Unternehmen des Mittelstands, ein Start-up und Industrie 4.0. Der Preis wird jährlich verliehen. Preis: Wanderpreis in Form einer Skulptur (www.innovationspreis.com). Best Innovator Award  Die Unternehmensberatung A.T. Kearney und die Wirtschaftswoche prämieren einmal im Jahr nachhaltiges Innovationsmanagement. Preis: Pokal und eine Unternehmensbewertung (www.best-innovator.de). Hermes Award  Der Internationale Technologiepreis der Hannover Messe wird jährlich für wissenschaftliche und technologische Innovationen verliehen, die zum ersten Mal auf der Messe ausgestellt wurden. Preis: PR-Paket im Wert von 100.000 € (www.hermesaward.de)

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7  Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung

7.7 Weitere Unterstützer Mit einer Innovation und der häufig damit verbundenen Verantwortung für ein Unternehmen oder eine Gründung ist ein Mensch ausgelastet. Es gibt Probleme, Fragen und Entscheidungen, die nicht immer einfach zu bewältigen sind. Familie und Freunde sind wohlwollende und interessierte Gesprächspartner, die jedoch auch ein Anrecht auf eine Kommunikation rein privater Natur haben. Sorgen Sie deshalb für eine Form des Austauschs mit Win-win-Charakter. Dazu gibt es viele Möglichkeiten. Netzwerke und Gruppen Recherchieren Sie, ob es in Ihrer Region Gruppen gibt, in denen sich Gleichgesinnte aus der Wirtschaft, Forschung und anderen Bereichen treffen. Unternehmer- und reine Unternehmerinnenverbände, Wirtschaftsjunioren, XING-Gruppen, Master-Mind-Gruppen, branchen- oder themenbezogene Netzwerke: Überall treffen Sie auf Menschen, denen an einem Austausch liegt. Testen Sie, wo Sie sich am besten aufgehoben fühlen und profitieren Sie vom Geben und Nehmen von Tipps, Anregungen, Ideen und im Idealfall konstruktiver Kritik. Branchenbezogene Kontakte können sich auf einem hohen Fachlevel bewegen. Interessante Impulse geben jedoch auch Gespräche mit fachfremden Unternehmern, die einen ganz anderen Blick auf Ihr Thema werfen und gegebenenfalls Ihre eigene Betriebsblindheit durch alternative Sichtweisen aufbrechen. Auch wenn es um das Marketing Ihrer Innovation geht, kann Ihnen das Netzwerken wertvolle Hinweise einbringen. Mentoren  Liegt Ihnen mehr der Austausch im Dialog? Suchen Sie sich einen Mentor. Gibt es jemanden, der es schon ein Stück weitergebracht hat als Sie und dessen Meinung Sie interessiert? Schreiben Sie ihm einfach etwas wie Beispiel

Sehr geehrter Herr Müller, Ihre Karriere als Unternehmer habe ich jahrelang mit Interesse verfolgt. Besonders hat mich beeindruckt, wie innovativ und erfolgreich Sie die Produktentwicklung vorangetrieben haben. Als Gründer und Entwickler suche ich den Austausch mit einem erfahrenen Unternehmer. Haben Sie Interesse, mit mir ins Gespräch zu kommen? Über eine positive Antwort würde ich mich sehr freuen. Mit freundlichen Grüßen

7.8  Zeitschriften und andere Medien für Erfinder …

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Dem Brief geben Sie natürlich mehr Inhalt, indem Sie auf die Tätigkeit bzw. Branche des potenziellen Mentors eingehen und auch Ihre Person und Ihr Projekt näher beschreiben. Die Win-win-Situation besteht in diesem Fall für den Mentor in der Wertschätzung, die er durch Ihre Bitte erfährt, und die Gelegenheit, seine Erfahrungen und sein Know-how an jemanden weiterzugeben, der sich ausdrücklich dafür interessiert. Sie profitieren vom Austausch mit einem erfahrenen Unternehmer. Seniorenexperten  In vielen Städten und Gemeinden gibt es Seniorenexperten, die sich im Ruhestand befinden, aber gern ihre Erfahrungen an Existenzgründer und Unternehmer im Rahmen von Beratungen weitergeben. Möglicherweise finden Sie unter ihnen einen passenden Ansprechpartner.

7.8 Zeitschriften und andere Medien für Erfinder und Innovationsinteressierte Anbei eine Auswahl an Medien. Die Texte stammen von den Herausgebern. • B2B-Industriemarketing-Blog von Vogel Business Media: Ein Blog, so pragmatisch gedacht wie die Industrie selbst. Unser Ziel: Das B2B Marketing Ihres Unternehmens zu unterstützen, auf dass Ihr Vertrieb viele neue Kunden für Ihr Unternehmen begeistert. Bei uns stehen Information und Inhalt im Vordergrund, nicht die Werbung für unsere Produkte. Dazu versorgt Sie der B2B Industriemarketing Blog mit konkreten Expertentipps, zum Beispiel aus den verschiedenen Dienstleistungsabteilungen unseres Fachverlags, der auf eine über 125 Jahre lange Erfahrung in der Kommunikation mit Industrieunternehmen zurückschauen kann. https://b2bmarketing.works/b2b-industriemarketing-blog • IM+io (Magazin): AWSi Publishing ist das neue Verlagsangebot des AWS-Instituts für digitale Produkte und Prozesse. Unter dieser Marke verlegt das Institut aktuelle Publikationen rund um das Thema Digitalisierung. Zentrales Produkt ist die Fachzeitschrift IM+io. Das Magazin enthält Fachbeiträge, Interviews und nützliche Informationen rund um Innovation, Fortschritt und Technologie. Aber auch darüber hinausgehend ist AWSi Publishing die zeitgemäße Plattform zum Publizieren wissenschaftlicher und praxisorientierter Zeitschriften, Arbeitspapiere und Bücher zur digitalen Transformation von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. https://www.aws-institut.de/ im-io/?doing_wp_cron=1561460753.2695589065551757812500.

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7  Holen Sie sich Unterstützung für die Verwirklichung

• InTeR – Zeitschrift zum Innovations- und Technikrecht: InTeR geht interdisziplinär den Fragen nach, die sich deutsche und europäische, auf dem gesamten Gebiet der Technik tätige Unternehmen an die Rechtswissenschaft und -praxis stellen. Behandelt werden unter anderem Patentrecht, Datenschutz und Datensicherheit, Produkt-, Produzenten- und Anlagenhaftung, alle Fragen des geistigen Eigentums (Wettbewerbsrecht, Markenrecht. Designschutz), technikbezogenes Umwelt- und Energierecht, Rechtsfragen der technischen Normung und Standardisierung, Qualitätsmanagement, das Zollrecht und alle benachbarten technischen Bereiche – aber auch spezifische Rechtsfragen einzelner Technik- und Technologiesparten (z. B. Medizintechnik, Bio- und Gentechnologie oder Energietechnik). https://www.dfv.de/portfolio/medien/ InTeR—Zeitschrift-zum-Innovations–und-Technikrecht-68 • t3n: Dieses Medium ist das Magazin und Netzwerk für digitale Pioniere, Early Adopter und Zukunftsmacher. Wir beleuchten online und im vierteljährlich erscheinenden Printmagazin die relevanten digitalen Themen aus Wirtschaft und Gesellschaft bis hin zu den bahnbrechenden Tech-Trends der Zukunft. Denn Digitalisierung ist komplex. Heute entsteht dies, morgen das. Und ob das übermorgen noch wichtig ist, wissen die wenigsten. Wir schon – denn das herauszufinden, ist unsere Aufgabe als Redaktion. Einen wichtigen Part im Magazin und auf dem Themen-Portal nimmt auch das Marketing ein. https://t3n.de/magazin/ • Technology Review: Aktuelle Nachrichten und Infos aus Technik, Wissenschaft und Wirtschaft, aufbereitet von der Redaktion des Innovationsmagazins Technology Review. Als deutsche Ausgabe des „MIT Technology Review“ vom Massachusetts Institute of Technology identifiziert die Redaktion neue Technologien, die Wirtschaft und Gesellschaft verändern werden. In 13 Ausgaben jährlich zeigt es entscheidende Trends vor allem in den Bereichen von Digitalisierung, Biotechnologie, Energie, Verkehr und Chemie. Kernkompetenz von Technology Review als Leitmedium für die technologiegetriebene Wirtschaft. https://shop.heise.de/zeitschriften/technology-review • Zeitschrift Ideen- und Innovationsmanagement: Ideen- und Innovationsmanagement gehören zum Instrumentarium jeder modernen Unternehmensund Personalführung. Denn damit aus Ideen Innovationen werden, ist aktive Förderung gefragt. Wie Sie schlummernde Kompetenzen in Ihrer Organisation aufspüren und Neuerungen zum Erfolg in der Praxis verhelfen, erfahren Sie in dieser renommierten Fachzeitschrift. Lesen Sie aktuelle Studien und Expertenberichte aus Forschung und Wissenschaft. Informieren Sie sich zu erfolgversprechenden neuen Methoden und Tools sowie aktuellen Best Practices aus Unternehmen und Verwaltung. https://www.ideenmanagementdigital.de/

Expertenprofile

Vielen Dank an alle Experten und Expertinnen für die Mitwirkung an diesem Buch! Die Reihenfolge ist alphabetisch. Dr. Mikko Börkircher,  Verbandsingenieur und Sicherheitsingenieur

Er ist bei METALL NRW Ansprechpartner u. a. zu Fragen der Arbeitszeit- und Entgeltgestaltung, des Arbeits- und Gesundheitsschutzes und Industrie 4.0. Börkircher studierte und promovierte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Anschließend arbeitete er acht Jahre in leitenden Funktionen in den Branchen Bau, Rohstoff und Chemie. Er verfügt über langjährige Forschungs-, Lehr- und Beratererfahrung im Industrial Engineering, Lean Management, Ideen- und Qualitätsmanagement. Foto: METALL NRW

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 B. Lutzer und A. Howind, Kommunikation und Marketing für TechnikInnovationen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-27262-3

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Expertenprofile

Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Mikko Börkircher Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen e. V. (METALL NRW) www.metall.nrw [email protected] Dr. phil. Martina Frost, Wissenschaftliche Expertin und Projektleitung am ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. in Düsseldorf

Sie studierte Psychologie an der Universität Bonn sowie an der RWTH Aachen mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie. Am Institut für Psychologie der RWTH Aachen promovierte sie und ist zertifizierter Coach für Fach- und Führungskräfte. Seit Oktober 2015 ist sie im Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit am ifaa beschäftigt. Dort leitete sie das Teilvorhaben „Führung und Organisation“ des BMBF-Verbundprojekts „Prävention 4.0“ und ist als Expertin, Beraterin und Autorin für die Bereiche Führung, psychische Gesundheit und künstliche Intelligenz tätig. (Foto: Tania Walck) ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. Dr. phil. Martina C. Frost - Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit E-Mail: [email protected] www.arbeitswissenschaft.net

Expertenprofile

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Dr. Eduard Hauser,  Autor, Plattform www.entwicklungschweiz.ch

Hauser ist Wirtschaftssoziologe. Er hat als Unternehmer 35 Jahre Firmen und Institutionen in Strategiefragen beraten. Seit dem Rückzug aus der Beratung publiziert er in Fachzeitschriften und schreibt Bücher. Seine aktuellen Themen sind: Psychoanalyse Schweiz, Patient Gesundheitssystem, CEO – Chief Execution Officer, Clustermanagement, Anatomie in der Wirtschaft und Gesellschaft und neu „Vision Schweiz 2030“. Foto: Susanne Hauser. Eduard Hauser [email protected] Dr. Jürgen Holdhof,  Geschäftsführer der EDUR-Pumpenfabrik Eduard Redlien GmbH & Co. KG

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Expertenprofile

Dr. Jürgen Holdhof ist seit vielen Jahren geschäftsführender Gesellschafter der EDUR-Pumpenfabrik in Kiel und beschäftigt sich mit nachhaltiger Pumpentechnik, Unternehmensstrategie, Change Management, strategischen Allianzen und modernen Business-to-Business-Lösungen. Er engagiert sich u. a. in verschiedenen Gremien des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) und hat die Online-Pumpenplattform Star Pump Alliance mitgegründet. Foto: privat. Dr. Jürgen Holdhof EDUR-Pumpenfabrik Eduard Redlien GmbH & Co. KG www.edur.com [email protected] Walter Janssen,  Industrial-Engineer

Als Industrial-Engineer, Fachbereich Logistik, bei der Volkswagen AG, Werk Emden ist er für die Gestaltung und Optimierung der logistischen Abläufe und deren Arbeitsplätze verantwortlich. Die Entwicklung von Personalkonzepten und deren Personaleinsätze gehört ebenfalls zu seinem Aufgabenbereich. Seit 2011 als Vertreter der Volkswagen AG in der REFA-Fach- und Branchenorganisation Fahrzeugbau. Foto: privat. Walter Janssen Informatik-Betriebswirt [email protected]

Expertenprofile

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Michael Ketzinger,  Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Gesellschafter der Ketzinger Hoffmann PartG mbB

Er ist Gesellschafter der Kanzlei Ketzinger Hoffmann Partnerschaftsgesellschaft mbB mit Sitz in Bielefeld. Er betreut mehrere Agenturen und Unternehmen in den Bereichen des Wettbewerbs- und Medienrechts. Als langjähriger Dozent an der Fachhochschule des Mittelstandes (FHM) Bielefeld u. a. mit dem Schwerpunkt Medienrecht, ist Rechtsanwalt Ketzinger darüber hinaus als Referent und Vortragender im Rahmen von Seminaren und Vortragsveranstaltungen tätig. Foto: privat. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Ketzinger Rechtsanwälte Ketzinger Hoffmann PartG mbB www.kh-partner.de [email protected]

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Expertenprofile

Dipl.-Ing. Martin Lott,  Berater und Coach in den Bereichen Arbeitsorganisation und Entlohnung

Der Diplom-Ingenieur ist Geschäftsführer des REFA Nordwest-Regionalverbands Nord und der Kieler Unternehmensberatung AEQ-Krull/Lott GbR sowie des Norddeutschen Beratungskontors. Die Kernkompetenzen des REFA-Lehrers liegen in der prozessorientierten Arbeitsorganisation. Hinzu kommt das breite Feld der Entgeltgestaltung. Seit 2004 ist er als Berater und Coach aktiv und hat u. a. Handbücher zur anforderungsbezogenen Entgeltfindung geschrieben. Foto: Schön FOTOGRAFIE, Axel Schön. Dipl.-Ing. Martin Lott AEQ Krull/Lott GbR [email protected] www.aeq-krull.de

Expertenprofile

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Ilias Nikolareas,  Bildungsbeauftragter des REFA Nordwest e. V., Mitglied des REFA-Kreises der Bildungsbeauftragten der Länder auf Bundesebene

Der Bildungsbeauftragte ist für die Einhaltung der fachlichen und pädagogischen Weisungen und für die einheitliche Durchführung der REFA Aus- und Weiterbildung gemäß geltender Prozessbeschreibungen verantwortlich. Er prüft die Einhaltung der Qualitätsstandards von Weiterbildungsseminaren, unterbreitet dem REFA Institut e. V. Vorschläge zur Verbesserung der REFA-Lehre und ist Impulsgeber für Innovationen in der REFA Weiterbildung. Durch das REFA-Institut werden die Ergebnisse in den KVP-Prozess sowie in die Weiterentwicklung der REFA-Lehre umgesetzt. Sein Motto: „Wer den KVP lehrt, muss ihn auch leben und vorleben!“ Foto: privat. REFA Nordwest e. V. [email protected] www.refa-nordwest.de

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Expertenprofile

Lars Pielemeier,  Euro. I.E., Geschäftsführer, REFA OWL

Lars Pielemeier ist seit mehr als 17 Jahren für das Thema Berufliche Weiterbildung von Firmen und Mitarbeitenden in der Region Ostwestfalen-Lippe aktiv. Sein Tätigkeitsfeld umfasst die Themen Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung. Mit den Methoden des Industrial Engineering verbessern die Betriebe ihre Zeitnutzung, senken die Verschwendung und steigern ihre Leistungsfähigkeit und Flexibilität nachhaltig. Lars Pielemeier setzt dabei auf eine ganzheitliche Sichtweise. Foto: Birgit Lutzer. Lars Pielemeier, Euro. I.E. REFA Regionalverband Ostwestfalen-Lippe Hermann-Delius-Str. 4 www.refa-owl.de [email protected]

Expertenprofile

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Frank Schumacher,  REFA Industrial Engineer, Geschäftsführer REFA Regionalverband Rheinland

Er ist Geschäftsführer des REFA Regionalverbands Rheinland. Die Beratung von Unternehmen und Teilnehmern in betriebswirtschaftlichen Bereichen gehört zu seinen Kernkompetenzen. Als Lehrkraft schult er Teilnehmer in der REFA Grundund Fachausbildung. Außerdem ist er für die IHK Aachen in der Industriemeisterausbildung tätig. An der FH Aachen unterrichtet er REFA Arbeitsorganisation im Studiengang Industrial Engineering. Foto: Weber (Inden-Pier). Frank Schumacher [email protected]

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Expertenprofile

Kai Stegemann,  Geschäftsführer der Star Pump Alliance GmbH

Der Geschäftsführer des Start-ups Star Pump Alliance GmbH (SPA) koordiniert das Miteinander in der Allianz, verantwortet das Marketing und kümmert sich um ihre strategische Ausrichtung. Die Star Pump Alliance ist ein Zusammenschluss mehrerer namhafter mittelständischer Pumpenhersteller, die weltweit aktiv sind. Mit den Herstellern als Pumpenexperten an ihrer Seite verfolgt die SPA das Ziel, Pumpenanwendern die Auswahl der individuell passenden Pumpentechnologie für ihre Anwendung zu erleichtern. Professionellen Pumpenanwendern wird die richtige Pumpe für jede Anwendung vermittelt und sie erhalten eine direkte Verbindung mit dem passenden Pumpenhersteller. Foto: Guido Rehme, Fotostudio Rehme, Emsdetten. Kai Stegemann Star Pump Alliance GmbH www.starpumpalliance.com [email protected]

Expertenprofile

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Sebastian Strothenke,  freier Film-und Medienexperte; Sozialarbeiter

Nach erfolgreichem Soziale-Arbeit-Studium mit medialem und kulturellem Schwerpunkt und Studium der Interdisziplinären Medienwissenschaften an der Universität Bielefeld berät er freiberuflich Unternehmen und Organisationen im Bereich der veränderten Medienwelten. Schwerpunkte sind die Bereiche Film und moderne Dramaturgie (transmedial; interaktiv und klassisch). Weiterer Arbeitsschwerpunkt ist die Anwendung von Erzähltechniken für Marketing/ PR und Management. Ein wichtiges derzeitiges Projekt ist die Aufstellung eines modernen Filmproduktions- und Lehrsystems. Foto: privat. Sebastian Strothenke E-Mail: [email protected]

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Expertenprofile

Klaus Weßing,  Vorstandsvorsitzender der Gigaset AG

Er blickt auf eine langjährige Managementkarriere mit über 30 Jahren Erfahrung in der Kommunikationsbranche zurück. Im Mittelpunkt seiner Arbeit standen und stehen dabei stets neue Produkte und Produktlösungen, kundenorientierte Prozesse sowie die Neugestaltung von Unternehmensstrukturen. Als CEO ist er für die technische Exzellenz der Produkte sowie die nachhaltige Produktqualität verantwortlich. Er prägt maßgeblich die operativ Wertschöpfungsprozesse mit integrierter internationaler Vernetzung. Klaus Weßing Gigaset AG www.gigaset.com [email protected]