Kommentar zum Bayerischen Wassergesetze vom 23. März 1907: Zur Verordnung vom 1. Dezember 1907 und zur Vollzugsbekanntmachung vom 3. Dezember 1907 [Reprint 2020 ed.] 9783112372166, 9783112372159

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Kommentar zum Bayerischen Wassergesetze vom 23. März 1907: Zur Verordnung vom 1. Dezember 1907 und zur Vollzugsbekanntmachung vom 3. Dezember 1907 [Reprint 2020 ed.]
 9783112372166, 9783112372159

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Kommentar zum

Bayerischen vom 23. März 1907, zur Verordnung vom 1. Dezember 1907 und zur Vollzugsbekanntmachung vom 3. Dezember 1907

ron

Dr. Theodor Harster,

Dr. Josef Cassimir,

K Bezirksamtsasseffor in Kelheim

K Direttionsassessor im StaatSministerium für Verkehrsangelegenheilen.

Mit zahlreichen Abbildungen.

München 1908. 3. Schweitzer Verlag (Arthur Sellier).

Druck von Dr. F. P. Datterer & Cie., G. m b. H., Freising.

Vorwort. Der Zweck des vorliegenden Kommentars, bei der Anwendung des neuen Wafferrechtes ein brauchbarer Helfer zu sein, dürste sowohl durch die lehrbuch-

artige Behandlung der einzelnen Gesetzesartikel als auch dadurch gefördert werden,

daß die zahlreichen technischen Fragen des Wassergesetzes von fachmännischer Seite bearbeitet und zum Teil durch Abbildungen erläutert wurden. Die technischen und wirtschaftlichen Grundlagen der Wasserkraftausnützung, deren große Wichtig­ keit für die Zukunft wohl unbestreitbar ist, wurden besonders eingehend behandelt, wobei dem technischen Verfasser seine frühere Tätigkeit bei der K. Obersten Bau­ behörde im Staatsministerium des Innern als Mitarbeiter an der staatlichen Denk­ schrift „Die Wasserkräfte Bayerns" zu statten kam. Wir haben uns bemüht, zu allen bei der Bearbeitung auftauchenden Fragen in möglichst bestimmter Form Stellung zu nehmen, und glauben vor allem keiner Frage aus dem Wege gegangen zu sein. Sollten sich gegen die im Einzel­ falle vertretene Auffassung vielleicht begründete Bedenken erheben, so hat auch dann das Buch immerhin zu weiterem Nachdenken angeregt und dadurch an der endgültigen Lösung mitgearbeitet. Die Anfügung sämtlicher Gesetzesbestimmungen und Vollzugsanweisungen, die bei der Anwendung des Waffergesetzes Bedeutung erlangen können, mußte mit Rücksicht auf den Umfang des Werkes unterbleiben; doch konnten die wichtigsten im Anhang wiedergegeben werden. Das Register wurde so ausführlich als irgend möglich gehalten. Es soll aber nicht eine Übersicht über alle Stellen geben, an denen das betreffende Wort

im Kommentar vorkommt, sondern die Auffindung

des Stoffes erleichtern,

den der im Register Nachsuchende zu finden wünscht. Aus diesem Grunde hielten wir bei Wörtern von allgemeiner Bedeutung für das Gesetz, wie z. B. Anspruch, Antrag, Verwaltungsbehörde usw. eine Verweisung auf die einschlägigen Einzel­

materien für besser als eine erschöpfende Zusammenstellung, deren großer Um­ fang die Auffindung des Gesuchten nicht erleichtern,

Kelheim

und

München,

sondern erschweren würde.

im Juni 1908.

Die Verfasser.

Inhaltsverzeichnis. Seite

Vorwort............................................................................................................................................... M Inhaltsverzeichnis........................................................................................................................ V Abkürzungen ................................................................................... VII Verzeichnis der benützten Literatur . ................................................................................... IX a) Juristische Literatur............................................ . . . IX b) Technische Literatur........................................... ................................. XII Berichtigung........................................................................................................................................ XII

XIII

Einleitung

Das Wassergesetz für daS Königreich.Bayer«vom 23.März 1908............................... Abteilung 1. Eigentumsverhältnisse in und an denGewässern . . Art. 1—25

1

Abschnitt I. Öffentliche Gewässer.......................................... „ Abschnitt II. Privatgewässer . . .................................... ........ Titel 1. Geschlossene Gewässer....................................................... Titel 2. Privatflüsse und Bäche .......................................... ,

1—15 16—25 16—20 21—25

1 1 87 87 145

Abteilung II. Benützung der Gewässer.................................................. Abschnitt I. Gemeingebrauch an Gewässern.......................... ....... Abschnitt II. Schiffahrt, Floßfahrt, Trift.......................... r Titel 1. Schiff- und Floßfahrt....................................................... Titel 2. Trift.............................................................................. ........ Abschnitt HI. Reinhaltung der Gewässer............................... ........ Vorbemerkungen zum Abschnitt IV: Die Ausnützung der Wasserkräfte............................................................ 1. Technische Grundlagen der Wasserkraftausnützung . . . 2 Wirtschaftliche Grundlagen der Wasserkraftausnützung . 3. Verstaatlichung der Wasserkräfte....................................... Abschnitt IV. Besondere Nutzungen.................................... , A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen. . , a) An öffentlichen Gewässern............................................ ........ b) An Privatflüffen und Bächen....................................... ........ B. Stauanlagen............................................................................ ........ C. Gemeinschaftliche Bestimmungen....................................... ........

26—73 26—28 29-36 29-30 31-36 37—41

163 163 179 179 200 221

250

42—72 42—49 42—43 44—49 50—58 59—64

Ausgleichsverfahren bei Nutzungen an Privatflüssen und Bächen.................................................................................. ....... 65—72 Abschnitt V. Gebühren ..................... . ....................................... ........ 73

250 260 265 266 266 266 289 312 368

D.

387 405

Abteilung III. Instandhaltung der Gewässer ................................. ....... 74—109 414 A. Allgemeine Bestimmungen für die öffentlichen Gewässer und für die Privatflüsse und Bäche......................... ....... 74—90 414 B. Besondere Bestimmungen.......................................................... 91—108 493 a) Öffentliche Gewässer....................................................... ........ 91—96 493 b) Privatflüsse und Bäche mit erheblicher Hochwassergefahr , 97—99 502

VI

Inhaltsverzeichnis. Seite Art. 100—106 507 107 520 , 108 524

c) Sonstige Privatflüfse und Bäche............................. d) Geschlossene Gewässer................................................ , C. Vorkehrungen gegen außerordentliche Wassergefahr . .

Abteilung IV. Fischerei.............................................................................. .....

537

109

Abteilung V. Öffentliche Waffergenoffenschaste«............................ , 110—152 557 A. Allgemeine Bestimmungen........................................................ 110—135 557 B. Besondere Bestimmungen................................................. ...... 136—152 621 a) Genossenschaften zur Benützung von Gewässern „ 136—145 621 b) Genossenschaften zur Instandhaltung von Gewässern , 146—149 643 c) Genossenschaften zur Herstellung und Unterhaltung von Trink- und Nutzwasserleitungen.......................... 150—152 646

Abteilung VT Zwang-rechte zur Förderung der Benützung und In­ standhaltung der Gewäffer.................................................. ..... 153—165

650

Abteilung VII. Zuständigkeit und Verfahren ... . . „ Abschnitt I. Zuständigkeit..................................... . . „ Abschnitt II Verfahren..................................... . , a) Allgemeine Bestimmungen ... . „ b) Verwaltungsrechtsverfahren........................ . „ c) Verfahren bei Bildung vonGenossenschaften . . . „ d) Entschädigungsverfahren ............................................ .....

166—195 166—167 168—195 168—176 177—178 179—194 195

696 696 701 701 732 741 768

Abteilung VIII. Wafferbncher.

196-200

772

.

...

Abteilung IX. Wafferschan......................................................................... .....

201

807



202—206

809

Abteilung XI. Schlutzbeftimmnngen......................................................... ....

207—214

819

Abteilung X. Strafbestimmungen

...

.

.

.

Anhang.............................................................................................................................................. 831 I. Text des Wassergesetzes.............................................................................................831 II. K. Allerhöchste Verordnung vom 1. Dezember 1907, den Vollzug des Wassergesetzes betr...................................................................................................... 866 III Bekanntmachung vom 3. Dezember 1907, den Vollzug des Wassergesetzes betr. mit den 4 Anlagen.................................................................................. 866 IV. Verzeichnis der im Eigentum des K. Staatsärars stehenden Seen . . . 872 V. Einschlägige Reichs- und Landesgesetze und Verordnungen.............................. 875 A. Reichsgesetze............................................................................................................ 875 1. Berfassungsurkunde Art. 54 ................................................................. 875 2. Strafgesetzbuch §§ 296, 370 Z. 4....................... • . . 875 3. Gewerbeordnung §§ 17—23, 25, 26, 31, 49—51 ............................. 875 4. Zivilprozeßordnung §§ 1025—1048 ...................................................... 875 5. Bürgerliches Gesetzbuch §§ 49—53, 232-240 .................................. 878 6. Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung §§ 105—145 .............................................................................................. 878 B. Bayerische Landesgesetze........................................................................................884 1. Gesetz, die Zwangsabtretung des Grundeigentums für öffentliche Zwecke betr.........................................................................................................884 2. Forstgesetz Art. 94 ....................................................................................... 890

VII

Abkürzungen.

Seite Berggesetz Art. 1, 2, 181, 182 ................................................................. 890 Gemeindeordnung f. d. Landesteile rechts des Rheins Art. 49-54, 56; für die Pfalz Art. 39 .................................................................... 890 5. Polizeistrafgesetzbuch Art. 29 ................................................................. 890 6. Ausführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung und Konkursordnung Art. 4, 67, 16—26 ................................................................................... 890 7. Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Art. 59 ... . 890 8. Gesetz, die Landeskulturrentenanstalt betr. (i. d. Fasig. v. 31. März 1908)........................................................................................................ 891 9. Entwurf eines Fischereigesetzes Art. 5, 69—71, 73—75, 76, 77, 97, 98, 103, 104 ............................................................................................. 898 C. Verordnungen .......................................................................................................... 898

3. 4.

Alphabetisches Register

899

...

Abkürzungen. AB. oder ABAK. = Bericht des VIII (besonderen) Ausschusses über den Entwurf eines Waflergesetzes für das Königreich Bayern. Verh. d. K. d. Abg. 1905/06 BeilBd. 3 »eiL 377 S. 151 ff. AG. = Ausführungsgesetz. Baden — Badisches Waffergesetz vom 26. Juni 1899. BayGZ. — Bayerische Gemeindezeitung. Begründet von Th. von Hauck. Herausgegeben von Dr. Georg Schmidt. München, Schweitzer. BayZfR. — Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern. Herausgegeben von Theodor von der Pfordten. München, Schweitzer. BEG. == Gesetz über die Bewäfferungs- und Entwäfferungsunternehmungen zum Zwecke der Bodenkultur vom 28. Mai 1852. Begr. = Begründung zum Entwurf eines Waffergesetzes für das Königreich Bayern. Verh. d. K. d. Abg. 1905 BeilBd. 1 Beil. 9 S. 536-580. BGB. = Bürgerliches Gesetzbuch. Bl. — Blätter für administrative Praxis. BlfRA. = Blätter für Rechtsanwendung. DA. f. d. GBÄ. — Dienstanweisung für die Grundbuchämter in den Landesteilen rechts des Rheins vom 27. Februar 1905 (JMBl. S. 63 ff.). Döllinger — G. Döllinger, Sammlung der im Gebiete der inneren Staatsverwaltung des Königreichs Bayern bestehenden Verordnungen. EG. — Einführungsgesetz. Elsaß-Lothringen — Gesetz vom 2. Juli 1891 betr. Wafferbenützung und Wafferschutz. FGE. — Entwurf eines Fischereigesetzes für das Königreich Bayern (Verh. d. K. d Abg. 1907. BeilBd. 1 Beil. 4). GBl. = Gesetzblatt. GBO. = Grundbuchordnung. GemO. = Gemeindeordnung. GVBl. = Gesetz- und Verordnungsblatt. GVG. — Gerichtsverfaffungsgesetz.

Hessen = Hessisches Gesetz vom 3ö ^eptem6^Tlä99' ständig fließenden Gewässer.

betr-

bie Bäche

und

die

nicht

VII

Abkürzungen.

Seite Berggesetz Art. 1, 2, 181, 182 ................................................................. 890 Gemeindeordnung f. d. Landesteile rechts des Rheins Art. 49-54, 56; für die Pfalz Art. 39 .................................................................... 890 5. Polizeistrafgesetzbuch Art. 29 ................................................................. 890 6. Ausführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung und Konkursordnung Art. 4, 67, 16—26 ................................................................................... 890 7. Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Art. 59 ... . 890 8. Gesetz, die Landeskulturrentenanstalt betr. (i. d. Fasig. v. 31. März 1908)........................................................................................................ 891 9. Entwurf eines Fischereigesetzes Art. 5, 69—71, 73—75, 76, 77, 97, 98, 103, 104 ............................................................................................. 898 C. Verordnungen .......................................................................................................... 898

3. 4.

Alphabetisches Register

899

...

Abkürzungen. AB. oder ABAK. = Bericht des VIII (besonderen) Ausschusses über den Entwurf eines Waflergesetzes für das Königreich Bayern. Verh. d. K. d. Abg. 1905/06 BeilBd. 3 »eiL 377 S. 151 ff. AG. = Ausführungsgesetz. Baden — Badisches Waffergesetz vom 26. Juni 1899. BayGZ. — Bayerische Gemeindezeitung. Begründet von Th. von Hauck. Herausgegeben von Dr. Georg Schmidt. München, Schweitzer. BayZfR. — Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern. Herausgegeben von Theodor von der Pfordten. München, Schweitzer. BEG. == Gesetz über die Bewäfferungs- und Entwäfferungsunternehmungen zum Zwecke der Bodenkultur vom 28. Mai 1852. Begr. = Begründung zum Entwurf eines Waffergesetzes für das Königreich Bayern. Verh. d. K. d. Abg. 1905 BeilBd. 1 Beil. 9 S. 536-580. BGB. = Bürgerliches Gesetzbuch. Bl. — Blätter für administrative Praxis. BlfRA. = Blätter für Rechtsanwendung. DA. f. d. GBÄ. — Dienstanweisung für die Grundbuchämter in den Landesteilen rechts des Rheins vom 27. Februar 1905 (JMBl. S. 63 ff.). Döllinger — G. Döllinger, Sammlung der im Gebiete der inneren Staatsverwaltung des Königreichs Bayern bestehenden Verordnungen. EG. — Einführungsgesetz. Elsaß-Lothringen — Gesetz vom 2. Juli 1891 betr. Wafferbenützung und Wafferschutz. FGE. — Entwurf eines Fischereigesetzes für das Königreich Bayern (Verh. d. K. d Abg. 1907. BeilBd. 1 Beil. 4). GBl. = Gesetzblatt. GBO. = Grundbuchordnung. GemO. = Gemeindeordnung. GVBl. = Gesetz- und Verordnungsblatt. GVG. — Gerichtsverfaffungsgesetz.

Hessen = Hessisches Gesetz vom 3ö ^eptem6^Tlä99' ständig fließenden Gewässer.

betr-

bie Bäche

und

die

nicht

VIII

Abkürzungen.

KorrefAK. = Bericht des Korreferenten der Kammer der Abgeordneten. KorrefRK. = Bericht des Korreferenten der Kammer der Reichsräte, Berh. d. RRK. Anh.

zum BeilBd. Nachsession 1907 S. 40-123. KrABl. = Kreisamtsblatt. MABl. = Amtsblatt der K. Staatsministerien des K. Hauses und des Äußern und des

Innern. MS. = Mustersatzung für öffentliche Wassergenossenschaften, Anlage III zur BB. vom 3. Dezember 1907 (GBBl. S. 1009 ff.). OAGE. — Oberappellationsgerichtserkenntnis. OGH. = Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für Bayern in Gegenständen des Zivil­ rechts und Zivilprozesses. OGH. N. F. — Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichtes in Zivilsachen. OGHSt. = Sammlung von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für Bayern in Gegenständen des Strafrechts und Strafprozesses. Österreich — Reichsgesetz vom 30. Mai 1869, betr. die der Reichsgesetzgebung vorbe­ haltenen Bestimmungen des Wasserrechtes. RBl. = Regierungsblatt. RefAK. — Bericht des Referenten der Kammer der Abgeordneten. RefRK. := Bericht des Referenten der Kammer der Reichsräte, Berh. d. RRK. Anh. z. BeilBd. Nachsession 1907 S. 4—40. Reger — Entscheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden. Herausgegeben von Reger. RG- — Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. RGSt. = Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. RGBl. = Reichsgesetzblatt. RGO. — Gewerbeordnung für das Deutsche Reich. RRA. = Protokolle des Ausschusses für das Wassergesetz der Kammer der Reichsräte, Verh. d. RRK. Anh. z. BeilBd. Nachsession 1907 S. 124—278. RStGB. — Reichsstrafgesetzbuch. RStPO. = Reichsstrafprozeßordnung. SA. — Seufferts Archiv. StenB. = Stenographische Berichte der Kammer der Abgeordneten Band 5 S. 665—797 und Band 7 S. 6—38. SubhO. = Subhastationsordnung. USchG. = Gesetz über den Uferschutz und den Schutz gegen Überschwemmungen vom 28. Mai 1852. BB. = Bekanntmachung, den Vollzug des Wassergesetzes für das Königreich Bayern vom 23. März 1907 betreffend (GVBl. S. 876 ff.). VGE. --■= Sammlung von Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. BGG. — Gesetz vom 8. August 1878 über die Errichtung eines Verwaltungsgerichtshofs und das Verfahren in Verwaltungsrechtssachen. VVO. — Königlich Allerhöchste Verordnung vom 1. Dezember 1907, den Vollzug des Wasiergesetzes für das Königreich Bayern betreffend (GVBl. S. 873 ff.). WBG. = Gesetz über die Benützung des Wassers vom 28. Mai 1852. Weber — Webers neue Gesetz- und Berordnungen-Sammlung für Bayern mit Einschluß der Reichsgesetzgebung. WG. = Waffergesetz vom 23. März 1907 (GBBl. S. 157 ff.). Württemberg = Wassergesetz vom 1. Dezember 1900. ZEG. = Zwangsenteignungsgesetz. ZPO. = Zivilprozeßordnung. ZVG. — Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung vom 24. März 1897.

Literatur. a) Juristische Literatur.*) Aström — Ueber das Wafserrecht in Nord- und Mitteleuropa. Eine systematische Dar­ stellung vom Gesichtpunkte des Schwedischen Grundeigentumsrechts. Bon Dr. jur. Adolf Aström. Leipzig, A. Deichert Nachf. und Lund, Gleerup Univ.-Bokhandeln (Hjalmar Möller), 1905. Baumert = Die Unzulänglichkeit der bestehenden Waffergesetze in Deutschland und die Notwendigkeit gesetzlichen Schutzes des Wassers als Triebkraft. Vorschläge zur Ab­ änderung und Ergänzung der ersteren und Herbeiführung des letzteren. Bon G. Baumert. Berlin, Puttkammer und Mühlbrecht, 1876. Becher — Das rechtsrheinisch-bayerische Landeszivilrecht und Landeszivilprozeßrecht. Bon Dr. Heinrich Becher. München, Schweitzer, 1896. Vierer — Das Württembergische Wafsergesetz vom 1. Dezember 1900. Herausgegeben von H. Vierer. Ulm, I. Ebner, 1902. Böhm-Klein — Das Bayer. Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 9. Juni 1899. Erläutert von Ferd. Böhm und Max Klein. München, Schweitzer, 1901. Born — Das Wasserpolizeirecht. Die der Wafferpolizei angehörenden Gesetze und An­ weisungen. Bon A. Born. Berlin, Franz Vahlen, 1905. Brenner = Wassergesetz vom 23. März 1907. Handausgabe mit Erläuterungen von Gustav Brenner. München, Beck, 1908. Cancrin = Franz Ludwig von Cancrins Abhandlungen von dem Wasserrechte, sowohl dem natürlichen, als positiven, vornemlich aber dem deutschen. Halle, Johann Jacob Gebauer, 1789. Dernburg — Das Bürgerliche Recht des Deutschen Reichs und Preußens von Dr. Heinrich Dernburg. 3. bzw. 4. Aufl. Halle, Waisenhaus, 1904, 1908. Dernburg P a n d. --- Pandekten von Heinrich Dernburg. 6. Aufl. Herausgegeben von I. Biermann. Berlin, H. W. Müller, 1900. Dittmann = Zivilistische Bemerkungen zum bayerischen Wassergesetz von 1907. Bon Landgerichtsrat Dittmann in Nürnberg. Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern Jahr­ gang 1908 S. 4 ff. Endemann — Endemann, Das ländliche Wafserrecht 1862. Ey mann — Das Waffergesetz für das Königreich Bayern vom 23. März 1907. Erläutert von Otto Eymann. I. Band. Ansbach, Brügel und Sohn, 1908. Frank = Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich nebst dem Einführungsgesetze. Herausgcgeben und erläutert von Dr. Reinhard Frank. 5. bis 7. Auflage. Tübingen I. C B. Mohr, 1908. Ganghofer-Weber = von Ganghofers Kommentar zum Forstgesetz für das König­ reich Bayern. 4. Aufl. Neu bearbeitet von Ernst Weber. München, Beck, 1904. Gaupp-Stein = Die Zivilprozeßordnung für das Deutsche Reich Auf der Grund­ lage des Kommentars von L. Gaupp erläutert von Friedrich Stein. 8. und 9. Aufl. Tübingen, I. C. B. Mohr, 1907. Georgi — Der sächsische Entwurf eines Waffergesetzes. Ein Beitrag zu seiner Beurteilung von Dr. Otto Georgi. Leipzig, Duncker und Humblot, 1907. Gierke = Binding, Handbuch der deutschen Rechtswiffenschaft. 2. Abteilung, 3. Teil, 2. Banb. Otto Gierke: Deutsches Privatrecht. 2. Band: Sachenrecht. Leipzig, Duncker und Humblot, 1905. Haag-Brettreich — Das bayerische Gesetz betreffend die Flurbereinigung vom ^0-Mai 1886 2. Aufl. der Erläuterungen des Gesetzes vom 29. Mai 1886 von Dr. Heinrich von Haag neubearbeitet und mit Bollzugsvorschriften heraus­ gegeben von Fr. Brettreich. München, Beck, 1900. HagerHager, über die Aufnahme des Wafferrechts in das Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich. Berlin 1890. Hahn = Die preußische Gesetzgebung über Borflut, die Ent- und Bewässerungen und das Deichwesen, sowie überhaupt in bezug auf das Wasserrecht Bon Oskar Hahn. 2. Aufl. Breslau, I. U. Kern, 1886. Haller = Württembergisches Wassergesetz vom 1. Dezember 1900 Herausgegeben von Dr. Friedrich Haller. Stuttgart, Kohlhammer, 1902. Hartmann — Das Gesetz über Zwangsabtretung des Grundeigentums für öffentliche Zwecke vom 17. November 1837 usw. Erläutert von Bernhard Hartmann. Würzburg, Stuber, 1879. *j Hier nur aufgeführt, soweit Abkürzungen zu erläutern sind.

X

Literatur.

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XII

Literatur

Berichtigung.

Windscheid-Kipp — B. Windscheids Lehrbuch des Pandektenrechts. 8. Aufl. Bon Th. Kipp. Frankfurt 1907. Wind stoß er = Das bayerische Gesetz über die Flurbereinigung vom 29. Mai 1886 usw. Von I. Windstoßer. Ansbach, Brügel und Sohn, 1900. Zeller Das Gesetz über die Bäche und nicht ständig fließenden Gewässer im Groß­ herzogtum Hessen vom 30. Juli 1887 usw Bearbeitet von Dr. W. Zeller. Mainz, I. Diemer, 1888.

b) Technische Literatur. BeyrichF., Berechnung und Ausführung der Wasserräder. Leipzig, I. M Gebhardt, 1905. Brauer R., Praktische Hydrographie. Hannover, Dr. Jänecke, 1907. Bubendey I. F, Die Gewässerkunde, Handbuch der Jngenieurwissenschaften, III. Teil, 1. Band. Leipzig, W. Engelmann, 1905. Büsing F. W., Die Städtereinigung. Stuttgart, A. Kröner, 1906. Denkschrift der K. Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern, Die Wasserkräfte Bayerns. München, Piloty und Löhle, 1907. Friedrich A., Kulturtechnischer Wasserbau. Berlin, Parey, 1908. Klimpert R, Hydrodynamik. Stuttgart, I. Maier, 1893. Leher Dr. E., Das Wasser und seine Verwendung in Industrie und Gewerbe. Leipzig, Sammlung Göschen 1905. Merckel C., Schöpfungen der Jngenieurtechnik der Neuzeit. Leipzig, Teubner, 1901. Mylius und Jsphording, Der Wasserbau an den Binnenwasserstraßen. Berlin, Ernst und Sohn, 1906. Rankine-Kreuter, Handbuch der Bauingenieurkunst. Wien, Spielhagen u. Schurich, 1892. Schlotthauer F., über Wasserkraft- und Wasserversorgungsanlagen. München und Berlin, Oldenbourg, 1906. Sonne und Esselborn, Elemente des Wasserbaues. Leipzig, W. Engelmann, 1904. Tolkmitt G., Grundlagen der Wasierbaukunst. Berlin, Ernst und Sohn, 1898.

Berichtigung. Auf S. 3 Zeile 20 von oben muß es statt II flum. 56 natürlich: II send. 56 heißen.

XII

Literatur

Berichtigung.

Windscheid-Kipp — B. Windscheids Lehrbuch des Pandektenrechts. 8. Aufl. Bon Th. Kipp. Frankfurt 1907. Wind stoß er = Das bayerische Gesetz über die Flurbereinigung vom 29. Mai 1886 usw. Von I. Windstoßer. Ansbach, Brügel und Sohn, 1900. Zeller Das Gesetz über die Bäche und nicht ständig fließenden Gewässer im Groß­ herzogtum Hessen vom 30. Juli 1887 usw Bearbeitet von Dr. W. Zeller. Mainz, I. Diemer, 1888.

b) Technische Literatur. BeyrichF., Berechnung und Ausführung der Wasserräder. Leipzig, I. M Gebhardt, 1905. Brauer R., Praktische Hydrographie. Hannover, Dr. Jänecke, 1907. Bubendey I. F, Die Gewässerkunde, Handbuch der Jngenieurwissenschaften, III. Teil, 1. Band. Leipzig, W. Engelmann, 1905. Büsing F. W., Die Städtereinigung. Stuttgart, A. Kröner, 1906. Denkschrift der K. Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern, Die Wasserkräfte Bayerns. München, Piloty und Löhle, 1907. Friedrich A., Kulturtechnischer Wasserbau. Berlin, Parey, 1908. Klimpert R, Hydrodynamik. Stuttgart, I. Maier, 1893. Leher Dr. E., Das Wasser und seine Verwendung in Industrie und Gewerbe. Leipzig, Sammlung Göschen 1905. Merckel C., Schöpfungen der Jngenieurtechnik der Neuzeit. Leipzig, Teubner, 1901. Mylius und Jsphording, Der Wasserbau an den Binnenwasserstraßen. Berlin, Ernst und Sohn, 1906. Rankine-Kreuter, Handbuch der Bauingenieurkunst. Wien, Spielhagen u. Schurich, 1892. Schlotthauer F., über Wasserkraft- und Wasserversorgungsanlagen. München und Berlin, Oldenbourg, 1906. Sonne und Esselborn, Elemente des Wasserbaues. Leipzig, W. Engelmann, 1904. Tolkmitt G., Grundlagen der Wasierbaukunst. Berlin, Ernst und Sohn, 1898.

Berichtigung. Auf S. 3 Zeile 20 von oben muß es statt II flum. 56 natürlich: II send. 56 heißen.

Einleitung. Daß die bayerische Wassergesetzgebung vom 28. Mai 1 852 zur Zeit ihres Inkrafttretens und noch lange nachher weit über die Grenzen des Königreichs hinaus mit Recht als mustergültig betrachtet werden durfte, zeitigte ganz naturgemäß den Nachteil, daß man sich in Bayern nur sehr schwer und nach langem Zögern entschloß, an eine Revision des Gesetzgebungswerkes heran­ zutreten, obwohl die wirtschaftliche Entwicklung die Anlegung einer bessernden Hand an das geltende Wasserrecht allmählich zu einer immer dringlicher werdenden Forderung gestaltete. Das Wasserrecht von 1852 trug rein agrarisches Gepräge entsprechend der überragenden Bedeutung, die damals der Landwirtschaft unter den am Wasser interessierten Berufsständen zukam. Um die Wende des Jahrhunderts hatten sich aber die Verhältnisse völlig verändert und die Industrie, die in gewaltigem Auf­ schwung den Wohlstand des Volkes um immer höhere Werte bereichert hatte, verlangte nun mit Recht, daß auch ihr Interesse im Wasserrecht die ihm gebührende Rücksicht finde. Und gerade heutzutage spielt das Wasser im industriellen Haushalt eine sehr bedeutsame Rolle. Die Kohlenschätze der Erde nähern sich langsam aber stetig der Erschöpfung und ebenso gleichmäßig werden natürlich die Preise in die Höhe gehen, die Bayerns Industrie für die Kohle zu zahlen hat. Diese Zukunftsaussichten lenkten das Augenmerk der beteiligten Kreise auf die Wasserkraft, die weiße Kohle, die in vielen Beziehungen an die Stelle der schwarzen treten kann. Die großen Projekte für Wasserkraftanlagen, die außer­ halb Bayerns in den letzten Jahren ausgeführt worden sind und auch in Bayern baldiger Verwirklichung harren, erheischten gebieterisch ein modernes Wasserrecht. Uebrigens hatte auch die in der Gesetzgebung von 1852 meistbegünstigte Landwirtschaft dann, und wann Anlaß, mit dem alten Wasserrecht unzufrieden zu sein und Reformen zu wünschen. Es sei hier nur an die Ableitung von Quellen zur Wasserversorgung großer Städte erinnert, wodurch den Triebwerksbesitzern, den Landwirten, die das Wasser zur Wiesenwässerung brauchten, und so manchem anderen Interessenten schwere Schädigungen zugefügt wurden. Endlich ließ das alte Wasserrecht den erforderlichen Schutz der Heilquellen gegen Grab- und Bohrarbeiten und den im Interesse der Volksgesundheit unerläßlichen Schutz der Gewässer gegen Verunreinigungen gänzlich vermissen. Schließlich aber war es ein Elementarereignis, das zur Neugestaltung des bayerischen Wasserrechts den unmittelbaren Anlaß gab. Die HochWasserkatastrophe von 1899 lieferte den unwiderlegbaren Beweis, daß das dritte Wassergesetz — an sich das schwächste der drei Gesetze — die Instandhaltung der Privatflüsse, vor allem den Uferschutz, allzu stiefmütterlich behandelt hatte. Die Anordnungen der Staatsregierung und ihrer Vollzugsorgane scheiterten vielfach an der unzureichenden gesetzlichen Regelung des Uferschutzes und eine Änderung der geltenden Bestimmungen war dringend geboten, wenn anders man ähnliche schlimme Erfahrungen wie die eben gemachten für die Zukunft vermeiden wollte. Die Kammer der Abgeordneten setzte denn auch sofort einen besonderen Ausschuß, den sogenannten Hochwasserausschuß ein, der über die zur Ver-

XIV

Einleitung.

Hütung künftiger Wasserschäden zu ergreifenden gesetzgeberischen Maßnahmen be­ raten sollte, aber, wie vorauszusehen war, die Frage der Reform unserer gesamten Wassergesetzgebung in den Kreis seiner Erwägungen einbeziehen mußte. So kam denn der Ausschuß zu dem Anträge vom 21. April 1900, die Staatsregierung sei zu ersuchen, die drei Wassergesetze vom 28. Mai 1852 zu revidieren und dem Landtag bei seinem nächsten Zusammentreten einen sie vereinigenden ein­ heitlichen Gesetzentwurf vorzulegen (Beil. 219, AKVerh. 1899/1900 Beil.Bd. 2 S. 794). Dieser Antrag fand die Genehmigung beider Kammern des Landtags (Gesamtbeschluß vom 14. Januar 1902; AKVerh. 1901/02 Bd. 6 S. 23 f., 8 S. 33, RRVerh. Bd. 2 S. 75 ff.). Die Staatsregierung folgte dieser Anregung sofort und legte bereits am 15. Februar 1904 dem Landtag und zwar zunächst der Kammer der Abge­ ordneten einen Entwurf vor, der aber wegen Ablaufs der Legislaturperiode nicht mehr eingehend beraten werden konnte (AKVerh. 19O3/O4Bd. 13 S. 341 f., 15 S. 1157 f., Beil.Bd. 14 S. 1 ff.). Am 29. September 1905 brachte die Staatsregierung den nur rmwesentlich abgeänderten Entwurf neuerdings ein. Die Kammer der Abgeordneten, der auch diesmal der Entwurf zunächst zugegangen war, überwies ihn einem besonderen (VIII.) Ausschüsse von 28 Mitgliedern, der als Referenten den Ab­ geordneten Freiherrn von Malsen, als Korreferenten den Abgeordneten Sartorius bestellte. Beide Berichterstatter gaben zum Gesetzentwurf eingehende Referate ab, die eine Fülle wertvoller Anregungen enthielten. Von besonderem Interesse sind die vorzüglichen Ausführungen des Referenten über die Verun­ reinigung der Gewässer und die dagegen zu ergreifenden Maßnahmen. Über die Beratungen des Ausschusses, der seine Aufgabe in 28 Sitzungen erledigte, erstattete der Referent einen eingehenden Bericht (Beil.Bd. 3 S. 155 ff., Beil. 377; die beiden Referate und die Ausschußprotokolle sind nicht veröffentlicht worden). Die Vollversammlung der Abgeordnetenkammer befaßte sich mit dem Gesetz­ entwurf in den Sitzungen vom 23., 24. und 25. Juli 1906. Auch die Kammer der Reichsräte überwies den Entwurf einem be­ sonderen Ausschuß, dem der Referent, Reichsrat Freiherr von Lindenfels, und der Korreferent, Reichsrat Ritter von Thelemann eingehende Berichte erstatteten. Besonders der Bericht des Korreferenten ist eine glänzende Leistung, die für die Theorie und Praxis, die sich mit dem neuen Wasserrechte beschäftigt, eine wahre Fundgrube bilden wird (RRVerh. Anh. zum Beil.Bd. Nachsession 1907 S. 4—40 [fRefertit] und 40—123 ^Korreferats). Zur Erledigung der Beratungen wurde auf den 14. Februar 1907 eine Nachsession des Landtags einberufen. Zunächst beriet der Ausschuß der Kammer der Reichsräte in 11 Sitzungen, deren Protokolle (Anh. zum Beil.Bd. Nachsession 1907 S. 124—278) eine Menge wichtigen Auslegungsmaterials ent­ halten, den Entwurf und die Vollversammlung nahm ihn in zwei Sitzungen vom 11. und 13. März 1907 in der Fassung an, die ihm der Ausschuß gegeben hatte (StenB. RRK. Bd. 1 S. 509—540). Nach vorangegangener Ausschuß­ beratung stimmte die Vollversammlung der Abgeordnetenkammer am 20. März 1907 zu. Das Gesetz wurde mit 122 gegen 10 Stimmen angenommen (StenB. AK. Bd. 7 S. 5 ff.). Am 23. März 1907 erhielt das „Wassergesetz für das Königreich Bayern" die Allerhöchste Sanktion (GVBl. 1907 S. 157—212). Am 1. Januar 1908 ist es in Kraft getreten. Die Änderungen, die das Gesetz von der ersten Entwicklungsphase des Re­ gierungsentwurfs bis zur letzten, der geltenden Fassung, durchgemacht hat, sind

Einleitung.

XV

im Kommentar eingehend behandelt; eine Zusammenfassung erachten wir für ebenso überflüssig wie eine allgemeine Inhaltsangabe oder eine Gegenüberstellung der wichtigsten Bestimmungen des bisherigen und des nunmehr geltenden Rechts. Auch hierüber geben die Einzeldarstellungen des Kommentars Wohl alle erforder­ lichen Aufschlüsse. Hier sei lediglich noch folgendes zu bemerken gestattet: Das neue Wassergesetz, das die bisher in drei Gesetzen enthaltenen Rechts­ stoffe in ein einziges zusammenfaßt, hat trotz manchen anders lautenden Kund­ gebungen einzelner Jnteressentenvertretungen seine Aufgabe, ein modernes Wasser­ recht zu schaffen, das die widerstreitenden Interessen der beteiligten Berufsstände, soweit dies überhaupt möglich ist, berücksichtigt und ausgleicht, glücklich gelöst. Das Ausgleichsverfahren, das Jnstandhaltungs- und das Genossenschaftsrecht be­ deuten gegenüber der bisherigen Wassergesetzgebung drei mächtige Schritte nach vorwärts und auch auf den heikelsten Gebieten, dem Quellenrechte und dem Rechte der Wasserbenützungsanlagen ist es gelungen, eine Lösung zu finden, die zwar nicht jedem einzelnen Beteiligten entsprechen wird und entsprechen kann, die aber objektiv betrachtet sicherlich für die künftige Entwicklung des bayerischenWasserrechtes eine geeignete Grundlage bilden wird. Vom technischen Stand punkte aus hätte allerdings noch mit einer größeren Anzahl veralteter Be­ stimmungen aufgeräumt werden müssen, um das neue Wassergesetz auch mit dem hohen wissenschaftlichen Stande des heutigen Wasserbaues in vollen Einklang zu bringen.

3*n Namen Seiner Majestät des Königs. Luitpold,

von Gottes Gnaden Königlicher Prinz von Bayern, Regent. Wir haben nach Vernehmung des Staatsrates mit Beirat und Zu­ stimmung der Kammer der Reichsräte und der Kammer der Abgeordneten und in Ansehung des Art. 19, des Art. 28 Abs. 1 Satz 1, des Art. 47 Abs. 1 Ziff. 2, des Art. 60 Abs. 2 Satz 1, 2, des Art. 79 Abs. 3 Satz 1, des Art. 81 Abs. 2, des Art. 114, des Art. 153 Ziff. 1 bis 6, der Art. 155, 156, 158, des Art. 159 Abs. 4 und der Art. 160, 161 und 162 unter Beob­ achtung der in Titel X § 7 der Verfassungsurkunde vorgeschriebenen Formen beschlossen und verordnen, was folgt:

Abteilung I.

Ligentum5verhSltniffe in und an den Gewässern. Abschnitt I.

Öffentliche Gewaffer. Art. 1

Begriff.

Öffentliche Gewässer sind die Flüsse und Flußteile, welche zur Schiff­ oder Floßfahrt dienen, sowie die Nebenarme solcher Flüsse, selbst wenn fie nicht zur Schiff- oder Floßfahrt dienen (öffentliche Flüsse), dann die vom Staate errichteten Kanäle, soweit sie durch die Staatsregierung der Schiff­ oder Floßfahrt eröffnet sind. Abs. 2. Welche Seen und sonstige geschlossene Gewässer als öffentliche zu betrachten find, bemißt sich nach den bestehenden Rechtsverhältnissen.

BollzngSbekanntmachnng. § 1.

Als öffentliche Flüsse werden dermalen die in dem anruhenden Verzeichnis (An- a läge I) aufgeführten Flüsse und Flußteile angesehen. „Die im Verzeichnisse angegebenen Längen in Kilometern sind maßgebend; Anträge auf Änderungen der Längen unterliegen der Genehmigung des Staatsministeriums des Innern.

A«M. 1. Begriff und Einteilung der Gewäffer.

Gewässer find alle ober­ irdischen und unterirdischen Wafferansammlungen. Man unterscheidet 1. fließende und stehende Gewäffer.

Harster-Casstmlr, Wassergesetz.

1

r

2

Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Die Erscheinung des Metzens beruht auf der Unebenheit der Erdoberfläche. Das auf die Erde in verschiedenen Formen niederfallende Waffer (Meteorwasser) findet auf der geneigten Oberfläche keinen ausreichenden Halt; die leicht gegen­ einander verschiebbaren Flüssigkeitsteilchen kommen daher ins „Fließen", so datz sie, dem Gesetze der Schwere unterworfen, den tiefer gelegenen Punkten zustreben. Die einzelnen Tropfen laufen als sogenanntes „wildes Wasser" in den Falten der Erdoberfläche zusammen, bilden durch Ausspülung und Fortführung von Bodenteilchen Rinnen; die Rinnen sammeln sich zu Bächen, die Bäche zu Flüssen, bis schließlich alle fließenden Waffermassen eines größeren Gebietes zu einem mächtigen Strome vereinigt dem am tiefsten gelegenen Hauptrezipienten, dem Meere, zugeführt werden. Nur ein Teil der Niederschläge fließt oberirdisch ab; ein anderer Teil kehrt durch Verdunstung zur Atmosphäre zurück; der Rest wird entweder von den Pflanzen aufgesogen oder er versickert in den durchlässigen Boden. Das in die Tiefe dringende Waffer gelangt, soweit es nicht zur Ausfüllung der Spalten und Klüfte der Gesteine zurückgehalten wird, auf eine undurchlässige Schichte (aus Ton, Lehm oder krystallinischem Gestein). Solches auf undurchlässigem Unter­ gründe unterirdisch angesammelte Sickerwaffer nennt man Grundwasser. Auch das Grundwaffer ist in der Richtung des stärksten Gefälles in Bewe­ gung, wenn, was meistens der Fall ist, die undurchlässige Schichte geneigt ist; man spricht dann von einem Grundwasserbache oder Grundwasser, ströme. Tritt das Grundwaffer auf der undurchlässigen Schichte zutage, so entsteht die Quelle. Mit dem Begriff der Quelle ist daher immer ein Fließen ver­ bunden. Das Quellwaffer ist nur eine bestimmte Erscheinungsform des Grundwaffers. Alles Quellwaffer war, ehe es das Erdinnere verlaffen hat, Grund­ waffer. Als stehende Gewässer bezeichnet man solche ober- und unterirdische Wafferansammlungen, die entweder gar keinen freien Abfluß haben oder aber im Verhältnis zu letzterem eine sehr große Oberfläche besitzen. Hierher gehören die Seen, Teiche, Grundwafferbecken, im weiteren Sinne auch die meist künstlich geschaffenen Wasserbehälter, wie die Sammelbecken (auch Sammelteiche, Stau­ weiher, Staubecken, Talsperren genannt), ferner Zisternen, Brunnen, Kanäle und Wasserleitungen. Im Gesetze hat diese — natürliche — Einteilung der Gewässer keinen Aus­ druck gefunden. Dagegen unterscheidet das Gesetz, weniger der strengen Logik als der bisher üblichen Einteilungsweise folgend,

2. fließende und geschlossene Gewässer. Die Verschiebung gegenüber der an erster Stelle angeführten Einteilung besteht darin, daß aus der Klaffe der fließenden Gewässer im natürlichen Sinne die Quellen und das Grundwaffer in die der geschloffenen Gewäffer herüber­ genommen worden sind (Art. 16). Der juristische Begriff der geschloffenen und der natürliche Begriff der stehenden Gewässer decken sich also nicht (vgl. auch die Erkl. d. K. Staatsministers d. I., RRA. S. 130).

3, ober- und unterirdische Gewäffer. 4. natürliche und künstliche Gewäffer. Für die geschlossenen Gewäffer ist diese Einteilung bedeutungslos, für die Wasserläufe aber ist sie von Interesse wegen der Sonderrechtsstellung der Kanäle im Systeme des Wassergesetzes. Mnstliche Gewässer sind nur die künstlich geschaffenen, nicht die künstlich veränderten. Eine Korrektion macht also weder den Fluß als Ganzes, noch die korrigierte Strecke zu einem künstlichen Wasserlaufe.

8. öffentliche und nicht öffentliche oder private Gewäffer. Einteilung ist die vom Rechtsstandpunkte aus wichtigste.

A«M. 2.

Diese

Geschichte des Begriffs der öffentlichen «nd private« Gewäffer.

Das römischeRecht unterschied bereits öffentliche und private Flüsse. In der 1. 1 § 2, 3 de flumin. 43, 12 sagt lllpian: ,,§ 2. Item fluminum quaedam sunt perennia, quaedam torrentia; perenne est, quod semper fluat, äivvaoc (perennis), tonens 6 %etfidQQov$ (hieme fluens) ... § 3. Fluminum quaedam publica sunt, quaedam non; publicum flumen esse Cassius definit, quod perenne sit; . . .“ Öffentliche Flüsse waren also nur ständig fließende; die Winterflüffe, die im Sommer austrockneten, zählten zu den Privatgewässern. Die Frage, ob alle ständig fließenden Gewässer öffentlich waren, worin diese Öffentlichkeit bestand und welche Wirkungen sie auf die Eigentumsverhältnisse hatte, ist übrigens lebhaft bestritten; vgl. Kappeler, der Rechtsbegriff des öffentlichen Wasserlaufs, entwickelt aus den Quellen des römischen Rechtes, Zürich 1867; Krische, Archiv f. bürgerl. R. 5 S. 465 ff., Ossig S. 87 ff., Georgi S. 7 ff. u. a. Die Schiff- und Floßbarkeit des fließenden Wassers war für die Klaffeneinteilung des römischen Rechtes gleichgültig. Dagegen sah die deutsch rechtliche Auffassung schon früh in der Schiffbarkeit des Flusses ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Die constitutio de regalibus Friedrichs des Rotbarts vom Jahre 1158 (II flum. 56) nahm die schiffbaren Flüffe als Regal in Anspruch und ihr folgend betrachtete das gemeine Recht als öffentliche Gewässer die Flüffe, soweit sie schiff- oder flößbar sind, und die schiffbaren Meeres­ arme, Buchten und Häfen (Dernburg Pand. 1 § 73, 1, bürgerl. R. § 136, 1; Baumert S. 9 ff., Nieberding-Frank S. 62, Georgi S. 21 ff.. Pfleghart S. 39 ff., 50 ff.). Von diesem Grundsätze gehen auch die meisten neueren Wassergesetz­ gebungswerke aus; auch in Frankreich, Österreich und einigen Kantonen der Schweiz ist er in Geltung. Andere Rechte (Württemberg, Braunschweig, Italien, einige Schweizer Wafferrechte, der sächsische Entwurf u. a.) verwerfen das Unterscheidungsmerkmal der Schiffbarkeit und stehen mehr oder minder auf dem Boden des römischen Rechtes. Das bayerische Wasserbenützungsgesetz von 1852 zählte zu den öffentlichen Gewässern 1. die öffentlichen Flüffe, d. h. die Flüffe, soweit sie zur Schiff- oder Floßfahrt mit gebundenen Flößen dienen, und ihre Nebenarme, selbst wenn sie diese Eigenschaft nicht haben; 2. die Flüffe, die nicht mehr zur Schiff- und Floßfahrt dienen, aber früher die — unzerstörbare — Eigenschaft öffentlicher Gewäffer einmal erlangt hatten (WBG. Art. 2); 3. die Seen und sonstigen stehenden Gewäffer, die „nach den desfalls hie­ rüber bestehenden Rechtsverhältnissen" als öffentliche zu betrachten sind (Art. 7 Abs. 1 WBG.); 4. die vom Staat errichteten Kanäle, soweit sie durch die Staatsregierung dem freien Gebrauch eröffnet sind (Art. 8 WBG.).

AttM. 3.

Der Begriff der öffeutttche« «nd private« Gewäffer «ach dem gelteade« Rechte. Das Wassergesetz faßt im wesentlichen dem WBG.

folgend unter dem Begriff „öffentliche Gewässer" zusammen: 1. die öffentlichen Flüsse — die Flüsse und Flußteile, die zur Schiff-und Floßfahrt dienen, samt ihren Nebenarmen, gleichviel ob auch sie diese Eigen­ schaft haben oder nicht (Art. 1 Abs. 1);

4

Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

2. die Flüsse, Flußteile und Nebenarme, die nicht mehr zur Schiff- oder Floßfahrt benützt werden, aber früher einmal anerkanntermaßen öffentliche Gewässer gewesenwaren (Art. 3); 3. die vom Staat errichteten Kanäle, insoweit sie durch die Staatsregierung der Schiff- oder Floßfahrt eröffnet sind (Art. 1 Abs. 1); 4. die Seen und sonstigen geschlossenen Gewässer, die nach den bestehenden Rechtsverhältnissen als öffentliche zu betrachten sind (Art. 1 Abs. 2). Den Gegensatz zu den öffentlichen bilden die privaten Gewässer, die alle Arten von nichtöffentlichen Gewäffern umfassen. Die Einteilung in öffentliche und private Gewässer greift in die in der Anm. 1 aufgeführten Einteilungsarten über. Der Erwähnung bedarf nur das Verhältnis dieser Einteilung zu der Unterscheidung der Gewässer in fließende und geschloffene Gewässer. Die fließenden Gewässer können öffentliche und private sein und von den Seen, Teichen usw. gilt das gleiche. Die Quellen, das Wasser in Zisternen, Brunnen u. dgl. und das Grundwaffer gehören natürlich immer zu den Privatgewäffern. Daraus, daß das Gesetz den ersten Abschnitt der Abteilung I „öffentliche Gewässer" und den zweiten „Privatgewäffer" überschreibt und in diesem zweiten Abschnitt den geschlossenen Gewäffern (Titel 1) die Privatflüffe und Bäche (Titel 2) gegenüberstellt, darf nicht gefolgert werden, daß alle geschloffenen Gewässer Privat­ gewäffer seien; denn nach Art. 1 Abs. 2 gibt es auch Seen und andere ge­ schloffene Gewässer, die zu den öffentlichen zu rechnen sind. Da bei den ge­ schlossenen Gewässern die Vermutung für den Charakter als Privatgewäffer spricht, ist diese Vnteilung des zweiten Abschnittes wohl bedenkenftei. Im Ausschüsse der Abgeordnetenkammer wurde angeregt, den Begriff der öffentlichen Gewässer anders zu bestimmen. Der Korreferent wollte neben die Benützung zur Schiff- oder Floßfahrt die zur Krafterzeugung für Staats­ betriebe im öffentlichen Jntereffe als Unterscheidungsmerkmal setzen. Diese An­ regung blieb erfolglos und wurde im Plenum nicht mehr wiederholt. Ein An­ ttag des Abgeordneten Müller-München, auch die Flüsse, Flußteile und Seen, deren Verhältnisse die Möglichkeit einer Umwandlung in motorische Kraft gewähren, als öffentliche zu erklären, ein Anttag, der die Verstaatlichung fast aller Gewässer in sich geborgen hätte, wurde im Plenum abgelehnt (StenB. S. 680—689). Die Erklärung aller ständig fließenden zu öffentlichen Gewäffern wurde von manchen Stimmen als wünschenswert, aber im Hinblick auf die vom römischen Rechte weit abgehende Rechtsentwicklung in Bayern als undurchführbar bezeichnet (RefAK. S. 3 f., KorrefAK. S. 5, AB. S. 156, StenB. S. 667, Ref. und KorrefRK. S. 6 f. und 41, StenB. VII S. 11, 13, 17, 22; vgl. auch Georgi S. 100 ff.). Gegen die Beibehaltung des Kriteriums der Schiff- oder Floßbarkeit läßt sich ja manches sagen, allein der Regierung kann die Anlehnung an die bestehenden, im großen und ganzen bewährten Rechtsverhältnisse wohl nicht zum Borwurf gemacht werden (vgl. KorrefRK. S. 41, RRA. S. 125 f.).

Die einzelnen Arte« der öffentliche» Gewäffer. I. Die öffentliche« Flüsse. Nach der Begriffsbestimmung des Gesetzes find öffentliche Gewässer die Flüsse und Flußteile, welche zur Schiff- oder Floßfahrt dienen.

A»M. 4.

1. Die Schiffahrt (vgl. Art. 29 f.) umfaßt die über den rein nachbar­ lichen Verkehr hinausgehende also auf größere Entfernungen vorgenommene Be­ förderung von Personen und Sachen in der Längsrichtung des Flusses. Durch welche Kraft die Schiffe bewegt werden, ist gleichgültig. Die Bergfahrt oder der Wechsel von Berg- und Talfahrt ist nicht begriffswesentlich. Die bloße, wenn auch regelmäßige Überfahrt von einem Ufer zum andern ist nicht Schiffahrt im Sinne des Art. 1 (vgl. Seydel 3 S. 253 Anm. 12, Reuß S. 20, Meisner S. 184).

2. Die Floßfahrt ist die Fahrt mit verbundenen Flößen in der Längs­ richtung des Fluffes. Das WBG. fügte im Art. 2 Abs. 1 dem Worte Floßfahrt die Begriffsbestimmung: „mit gebundenen Flößen" bei; das geltende Gesetz hält den Zusatz für selbstverständlich (Begr. S. 546 II) und verzichtet darauf. Von der Floßfahrt zu unterscheiden ist die Flößerei oder Trift, d. h. das Flößen unverbundenen Holzes (Art. 31). Das Reichsgesetz vom 15. Juni 1895 über die privatrechtlichen Verhältniffe der Flößerei (RGBl. S. 341) hat wieder eine andere Terminologie: es versteht unter Flößerei die Floßfahrt mit verbundenem Holze. 8. Der Fluß muß, um öffentlich zu sein, zur Schiff- oder Floßfahrt dienen oder, wie Art. 3 deutlicher sagt, zu diesem Zwecke benützt werden. Mcht die Zweckbestimmung, sondern nur die tatsächliche Verwendung gibt den Aus­ schlag. Die bloße Benützbarkeit allein genügt nicht, auch nicht die künstliche Ein­ richtung zur Schiff- oder Floßfahrt, wenn nicht die tatsächliche Benützung hinzu­ tritt (Pözl II S. 52, OGH. 4 S. 366, VGE. 19 S. 292, Reuß S. 20, Becher 1 S. 1047, Meisner S. 183, Oertmann § 94 II a a, Peyrer S. 123. Randa § 2 Anm. 6 bekämpft de lege ferenda dies Kriterium; er hält nur die'Benütz­ barkeit für ein brauchbares Unterscheidungsmerkmal. Dagegen Pözl a. a. O., Peyrer S. 124). Ob die Benützung zur Schiff- oder Floßfahrt vorliegt, ist von Fall zu Fall zu entscheiden; feste Regeln lassen sich nicht aufstellen. Die Inten­ sität des Verkehrs ist gleichgültig (VGE. 19 S. 292). Die Benützung braucht nicht dauernd zu sein (vgl. auch RG. 4 S. 261), sie muß aber doch eine Ge­ währ der Dauer in sich tragen. Vereinzelte Kahnfahrten auf einer be­ stimmten Flußstrecke oder das ein paarmal wiederholte Hinunterflößen einiger zusammengebundener Baumstämme macht einen Fluß noch nicht schiff- oder flöß­ bar. Die künstliche Einrichtung zur Schiff- oderFloßfahrt begründet nicht die öffentliche Eigenschaft des Gewäffers, sie erleichtert aber den Beweis, daß diese vorliegt. Eine gewisse Regelmäßigkeit des Betriebs muß, wie wir sahen, gewährleistet sein. Das ist bei eingerichteten Wasserläufen wohl eher der Fall als bei anderen. Im übrigen ist es gleichgültig, ob sich der Fluß von Natur oder nur infolge von Vorrichtungen von Menschenhand zur Schiff- oder Floßfahrt eignet. 4. Ein bisher nicht schiff- oder flößbarer, nun durch künstliche Ein­ richtung schiff- oder flößbar gemachter Fluß wird nach Art. 4 Abs. 1 zum öffentlichen Gewässer durch die Erklärung der Staatsregierung mit dem von dieser angegebenen Zeitpunkte. Die tatsächliche Benützung allein ist also hier zur Begründung der Eigenschaft eines öffentlichen Gewäffers weder erforderlich noch genügend. Wird dagegen ein Privatfluß durch die Naturgewalt zum schiffoder flößbaren Gewässer erweitert, so bedarf es keines Willensaktes der Staats­ regierung, um ihm die Eigenschaft eines öffentlichen Gewässers zu verleihen, vorausgesetzt, daß sich zur Benützbarkeit dann auch die tatsächliche Benützung ge­ sellt (vgl. Nieberding-Frank S. 59, Meisner S. 184, Schenkel S. 100 f.). 5. Der Nachweis des öffentlichen Charakters eines Flusses besteht also bei künstlich zur Schiff- oder Floßfahrt eingerichteten Privatflüffen in der Auf-

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Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

findung des Willensaktes der Staatsregierung, der das Gewässer zum öffentlichen Flntz macht, im übrigen aber, da nach Art. 3 Flüsse und Flußteile, auch wenn sie nicht mehr der Schiff- oder Floßfahrt dienen, die Eigenschaft öffentlicher Ge­ wässer behalten, in der Feststellung, daß der betreffende Fluß oder Flußteil am 7. Oktober 1852 oder seitdem irgendwann einmal in einer eine gewisse Dauer gewährleistenden Weise zur Schiff- oder Floßfahrt benützt worden ist. Der Mangel an Schiffahrtsanlagen (Leinpfad u. dgl.), das Vorhandensein künstlicher Hindernisse (Brücken, Wafferbenützungsanlagen u. a.) beweist noch nicht, daß der Fluß nicht schiffbar oder flößbar sei (Born S. 7 f., RG. 45 S. 183).

6. Die Schiff- oder Floßbarkeit als Kriterium der öffentlichen Eigenschaft eines Gewässers hat zur Folge, daß ein Wasserlauf nie auf seiner ganzen Längen­ ausdehnung, auch wenn diese völlig innerhalb der Grenzen des Staatsgebietes liegt, öffentliches Gewässer sein kann, da die Schiff- oder Floßbarkeit erst eine gewisse Strecke unterhalb des Ursprungs technisch möglich sein wird. Die Quelle selbst ist nach Art. 16 Ziff. 3 von der Ursprungsstelle bis zur unteren Grenze des Ursprungsgrundstückes Privatgewäffer und gilt nicht ein­ mal als Wasserlauf, sondern als Bestandteil des Grundstückes, als geschloffenes Gewässer. In ihrem weiteren Laufe wird sie einen Privatfluß bilden, der dem Staat, einer anderen physischen oder juristischen Person oder den Eigen­ tümern der Ufergrundstücke gehören kann (Art. 21, 23, 24). Von der Stelle an, wo die Schiff- oder Floßbarkeit beginnt, ist der Fluß ein öffentliches Ge­ wässer und steht nach Art. 2 im Eigentum des Staates. Das Eigentum anderer Personen ist an dieser Flußstrecke rechtlich undenkbar. Die Schiff- oder Floßbarkeit, die er weiter oben bereits hatte, kann der Fluß in seinem weiteren Laufe verlieren und später wieder gewinnen; er hört da, wo er sie verloren hat, auf, öffentlicher Fluß zu sein und tritt erst mit der Wiedererlangung dieser Eigen­ schaft aus der Klaffe der Privatgewässer in die der öffentlichen zurück (VGE. 5 S. 66, Reuß S. 20). 7. Dieses Nebeneinanderbestehen der Eigenschaft eines öffentlichen und eines Privatflusses, das in der Längenrichtung des Wasserlaufes möglich ist, erscheintin der Breitenausdehnung ausgeschlossen. Technisch ist zwar die Schiff- oder Floßbarkeit wohl in der Regel nicht in der ganzen Breite des Flußbettes vorhanden, das Recht aber kann nicht einen bestimmten Wafferstreifen im Flußbett (vgl. die Königsader der nor­ dischen Rechte) allein als öffentliches Gewässer erklären, sondern es muß sich damit begnügen, wenn ein solcher Streifen schiff- oder flößbar ist, und beim Borliegen dieser Voraussetzung das Flußbett in seiner ganzen Breite als öffentliches Gewässer erklären (vgl. Born S. 8). 8. Aus dem gleichen Grunde bestimmt Art. 1 Abs. 1 (vgl. auch Art. 2 Abs. 2 WBG.), daß die Nebenarme öffentlicher Flüffe als öffentliche Gewässer zu erachten seien, auch wenn sie nicht der Schiff- oder Floßfahrt dienen. Sie sind als Bestandteile der Hauptsache keiner gesonderten rechtlichen Beurteilung fähig. Die Faffung des Art. 3: „Flüffe und Flußteile behalten mit ihren Neben­ armen" usw. läßt erkennen, daß das Gesetz die Nebenarme nicht zu den Fluß­ teilen im engeren Sinne rechnet, daß es also unter Flußteilen nur Teile der Längen-, nicht auch Teile der Breitenausdehnung des Wasserlaufes versteht (vgl. auch Begr. S. 546 II). Die Bezeichnung Nebenarm ist rein technisch betrachtet nur dann zutreffend, wenn es sich um einen notwendigen Bestandteil des Hauptfluffes, um ein unentbehrliches Glied des Ganzen handelt. Dies ist der Fall, wenn dem Nebenarm die Aufgabe zukommt, einen Teil der an der betreffenden Stelle im

Hauptflußbette nicht Platz findenden Waffermenge seitlich abzuführen, während z. B. weiter ober- oder unterhalb die gesamte Waffermenge im eigentlichen Fluß­ bette Raum findet. Es ändert nichts an dem Wesen des Nebenarmes, wenn er den größten Teil des Jahres über vollständig trocken liegt, aber bei Hochwasser durch Ableitung eines Teiles desselben zur Entlastung des Hauptfluffes beiträgt (Hochwasser- oder Flutmulden). Schneidet man den Zusammenhang des Nebenarmes mit dem Hauptfluß durch Mnstliche Bauten an seinem oberen oder unteren Ende ab, so nimmt man ihm die Möglichkeit, Wasser aus dem Hauptflnsse weiterzuleiten; aus dem Nebenarm entsteht alsdann ein stehendes, ein geschlossenes Gewässer. Die Juristen sind zu einer andern Auffassung gelangt als die Techniker. Nach ihrer Ansicht genügt es, wenn der Nebenarm überhaupt an einer Stelle, gleichviel ob oben oder unten mit dem Flußbette ständig oberirdisch verbunden ist. Eine Verbindung, die nur bei Hochwasser besteht, genügt nicht, auch wenn dann die seitlichen Vertiefungen den Hauptfluß durch die seitliche Ableitung eines Teiles des Hochwassers zu entlasten vermögen (OGH. 8 S. 49, 10 S. 394, Seydel 3 S. 253 Anm. 14, Reuß S. 21). 9. Wird die Verbindung mit dem Flußbette durch einen Wasserbau, durch Verschüttung oder Verlandung oder durch starke Vertiefung der Sohle des Haupt­ flusses abgeschnürt, so verwandelt sich der Nebenarm in ein Altwasser und tritt damit in die Klasse der geschlossenen Privatgewäffer ein, auch wenn die Verbindung unterirdisch fortbesteht (Reuß S. 21, Peyrer S. 125; vgl. auch RRA. S. 134). Näheres hierüber s. bei Art. 3 Anm. 2. Das Altwasser, von dem OGH. 10 S. 394 ff. handeln, ist kein Altwasser, sondern ein Nebenarm. Die gesetzliche Regel, daß die Nebenarme öffentlicher Flüffe öffentliche Ge­ wässer sind, trifft nicht zu, wenn an diesen Nebenarmen zur Zeit des Inkraft­ tretens des WBG., also am 7. Oktober 1852, bereits ein Privateigentum bestand (Art. 2 Abs. 2 WBG., 207 WG.; vgl. Seydel 3 S. 253 Anm. 15, 16, Reuß S. 21, Randa § 2 Anm. 10, Meisner S. 184, Peyrer S. 127, Schenkel S. 109).

10. Wird ein bisher nicht schiff- oder flößbarer Nebenarm eines öffentlichen Fluffes zur Schiff- oder Floßfahrt eingerichtet, so ist gemäß Art. 1 Abs. 1 der Art. 4 nicht anwendbar (Reuß S. 21).

11. Eine besonders wichtige Unterart der Nebenarme find die Häfen. Man unterscheidet Sicherheitshäfen und Verkehrshäfen. Die meisten neueren Hafenanlagen dienen beiden Zwecken gleichzeitig. Das Bedürfnis nach Sicherheitshäfen tritt stets da hervor, wo ein lebHafter Lösch- und Ladebetrieb sich an den Ufern eines Stromes abspielt und den an solchen Verkehrsmittelpunkten zumeist zahlreich angesammelten Fahrzeugen all­ jährlich Eis- und Hochwassergefahren drohen. Bei unsicherer Jahreszeit muß daher in Ermangelung eines hochwafferfreien Hafenbeckens zum Schaden der Schiffahrt und des Handels der Umschlagsverkehr unnötig beschränkt oder gänz­ lich eingestellt werden. Aber noch ein weiterer Umstand, dem in neuerer Zeit die größte Bedeutung beigemeffen wird, drängt auf die Erbauung von Sicher­ heitshäfen hin. Der scharfe Wettbewerb, der nicht bloß unter den Schiffahrts­ treibenden selbst, sondern zwischen ihnen und den Eisenbahnen Platz gegriffen hat, sowie die Steigerung der im Schiffahrtspark und vor allem in den großen Schlepp­ dampfern angelegten Werte hat immer mehr dahin geführt, daß die Winter­ ruhe der Schiffahrt auf das äußerste eingeschränkt wird. Es wird vielmehr, solange nicht unmittelbare Eisgefahr besteht, der Betrieb auch während des Winters fortgesetzt, bei eintretendem Frost zwar unterbrochen, aber sobald die hindernden Eisschranken beseitigt sind, möglichst rasch wieder ausgenommen.

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ES ist einleuchtend, daß bei einem solchen Betrieb eine möglichst geringe Entfernung zwischen den einzelnen Zufluchtshäfen erforderlich und gewissermaßen die Voraussetzung ist. Denn sonst läßt sich bei plötzlichem Witterungsumschlag und daraus unerwartet sich ergebender Eisgefahr Schiff und Ladung nicht mehr in Sicherheit bringen. Es ist daher für die vorerwähnte Betriebsweise sehr erstrebenswert, daß sichere und ausreichend große Schutzhäfen etwa in Abständen sich vorfinden, die ein zu Berg fahrender Schleppzug zur späten Herbst- oder frühen Winterszeit, d. h. bei kurzen Tagen, trübem Wetter und kleinem Wafferstande täglich zurücklegen kann. Hätte nun ein Hafenbecken ausschließlich dem Schutze der Fahrzeuge gegen Hochwasser- und Eisgefahr zu dienen, so würde für einen derartigen Hafen eine über das größte Hochwasser reichende Erdumwallung genügen, deren Böschungen durch Pflaster gegen Angriffe von Hochwasser und Eis nach der Fluß­ seite hin befestigt werden müßten. Außerdem wären diejenigen Einrichtungen vorzusehen, welche zur sicheren Festlegung der Fahrzeuge und zum Verkehr der Schiffsmannschaft mit dem Lande dienen, also Halteringe, Pfähle, Treppen, Uferwege. Man wird indessen nur in Ausnahmefällen einen Hafen lediglich zum Schutze der Fahrzeuge anlegen, sondern meistens ihn zugleich auch als Verkehrshafen ein­ richten, d. h. mit Kais und sonstigen für einen zeitgemäßen Umschlagsverkehr paffenden Ufereinfaffungen, mit Lagerplätzen, Bahnanschluß und Zufuhrstraßen ausstatten. Man wird für die Situierung des Hafens eine Örtlichkeit wählen, wo entweder ein nennenswerter Umschlagsverkehr schon vorhanden ist oder doch alle Vorbedingungen für eine günstige Berkehrsentwicklung gegeben sind. Durch die Erbauung einer allen Anforderungen der Technik, des Handels und Verkehrs entsprechenden Hafenanlage wird erfahrungsgemäß nicht nur für die betreffende Stadt oder Ortschaft und deren Hinterland, sondern auch allgemein für die Industrie ein wirtschaftlicher Aufschwung herbeigeführt. Zwar läßt sich der Nutzen einer Hafenanlage nicht immer ziffermäßig nachweisen, aber er tritt meistens mittelbar in die Erscheinung. Je nach den örtlichen Verhältnissen wird sich der Umschlag vom Schiff auf die Eisenbahn oder umgekehrt heben, die örtliche Industrie wird sich lebhafter entwickeln und eine Steigerung des Schiffsverkehrs bewirken. Auch bei den übrigen Trägern des Verkehrs: der Post, dem Tele­ graphen- und Fernsprechwesen, ferner beim Bank- und Versicherungswesen wird sich tat Laufe der Zeit ein Auffchwung bemerkbar machen. In den Gemeinden, in deren Gebiete Hafenanlagen liegen, wird häufig eine Vermehrung des Wohl­ standes in dem Anwachsen der Steuerkrast ihrer Bewohner zutage treten. Ein direkter Gewinn vermag aus Hafenanlagen dadurch erzielt werden, daß man sämtliche nutzbaren, d. h. mit Ufermauern oder mit Böschungen ver­ sehenen Lagerplätze an Interessenten gegen eine jährliche Entschädigung verpachtet. Weitere Einnahmen ergeben sich aus der Vermietung von Lagerschuppen und Lagerhäusern, aus den Gebühren für die Benützung von Kranen und sonstigen Umschlagsvorrichtungen sowie für das Überwintern und allenfalls das Liegen der Schiffe im Hafen. Aus der Erwägung, daß die Flußhäfen in technischer und volkswirtschaft­ licher Hinsicht als unentbehrliche Teile der Wasserstraßen anzusehen find, die zu deren gutem Betrieb so notwendig wie die Bahnhöfe im Betriebe der Eisenbahnen sind (vgl. die Verhandlungen des X. Internat. Binnenschiffahrtskongreffes in Mailand 1905), würde mit zwingender Notwendigkeit folgen, daß bei der Finanzierung für die Erbauung von Hafenanlagen die nämliche Quelle in Betracht kommen müßte wie für die Herstellung der Wasserstraßen selbst, näm­ lich der Staat. Schränkt man indessen diese Folgerung einigermaßen ein, so muß zum mindesten die Herstellung von Sicherheitshäfen als einem not-

wendigen Zubehör der schiffbaren Ströme für eine Aufgabe des Staates erachtet werden, ein Prinzip, das z. B. in Preußen in den letzten 20 Jahren allgemein vertreten wurde und übrigens auch in Bayern von jeher Geltung hatte, so z. B. bei der Erbauung von Schutzhäfen in Würzburg, Aschaffenburg, Paffau, Deggendorf u. a. Es darf daher für zulässig erachtet werden, die Kosten, die vom Staate für die Herstellung eines Sicherheitshafens verwendet werden, L fonds perdu zu nehmen und für die Beurteilung der Rentabilität einer gleichzeitig auch für den Umschlagverkehr eingerichteten Hafenanlage außer Ansatz zu lassen.

Nun zu den Rechtsverhältnissen derHäfen. Wer die oben gegebene technische Definition der Nebenarme als richtig anerkennt, kann in den Häfen keine Unterart der Nebenarme erblicken, sondern muß sie zu den geschloffenen Gewässern rechnen. Der Jurist aber muß auch hier andere Wege gehen. Die Verbindung mit dem Flusse ist hier wie dort für die Eigenschaft als Nebenarm entscheidend; sie gestattet nicht, den Hafen als geschlossenes Gewässer zu betrachten. Auch die Hafenbecken, die durch Hochwasserdämme oder auf irgendeine Weise gegen zu strömendes Wasser vom Flusse her abgeschlossen sind und nur durch den Rückstau des Flusses in die Hafeneinfahrt hinein mit stillstehendem Wasser gefüllt werden, sind trotzdem so lange als Bestandteile des öffentlichen Gewässers zu er­ achten, als sie mit dem Fluß in ständiger oberirdischer Verbindung stehen. Auch ein versandeter und daher zur Schiffahrt nicht mehr benützter und benützbarer Hafen bleibt, solange diese Verbindung dauert, gemäß Art. 3 öffentliches Gewässer (vgl. Begr. S. 546 II, Erkl. d. K. Staatsministers d. I. RRA. S. 131, OGH. 8 S. 49, 10 S. 394, Reuß S. 21, Schenkel S. 110). Anders liegt die Sache nur bei den Binnenhäfen, die nicht durch einen Flußbestandteil — auch eine künstlich geschaffene Verbindungsstrecke kann ein solcher sein —, sondern durch ein selbständiges öffentliches Gewässer, z. B. einen unter Art. 1 fallenden Kanal, vom Flusse getrennt find. Hier fehlt die Verbindung mit dem Flusse, der Hafen ist also auch kein Flußbestandteil.

12. Von den Nebenarmen wohl zu unterscheiden sind die Nebenflüsse, die das Wasserrecht nicht als Bestandteile des Hauptfluffes, sondern als selbständige Wasserläufe behandelt. Sie können Privatflüffe nach Art. 21, 23 oder 24 oder auch öffentliche Flüsse sein (vgl. Seydel 3 S. 253 Anm. 14, Reuß S. 21, Becher 1 S. 1047, Bl. f. RA. 49 S. 104, Oertmann § 94 II a a, ßß, Peyrer S. 125, Randa § 2 Anm. 7). 13. Nicht leicht festzustellen ist häufig der Unterschied zwischen Fluß­ bestandteilen und Kanälen. Durchstiche zum Zwecke der Beseitigung von Schiffahrtshindernissen, zum Zwecke der Flußkorrektion usw. sind nicht als Kanäle zu betrachten. Für die Eigenschaft des Flusses als öffentliches Gewässer kommt es nicht darauf an, ob er im natürlichen oder in einem künstlichen Bette dahinfließt. Das bisherige Flußbett wird in der Regel zum Nebenarm oder Altwasser werden, wenn es nicht völlig verlandet (vgl. Peyrer S. 124).

Künstliche, zum Zwecke der Benützung des Wassers angelegte Seitenarme öffentlicher Flüsse, z. B. Mühl- und andere Gräben, können in der Regel nicht als öffentliche Gewässer erachtet werden (OGH. 10 S. 307, Schenkel S. 108; a. M. Peyrer S. 125), es sei denn, daß sie bestimmt sind, die Verbindung eines Flußbestandteiles mit dem Flusse herzustellen, wie z. B. die Verbindungsstrecke zwischen dem Fluß und einem Binnenhafen, die kein selbständiges öffentliches Gewässer bildet. Unter allen Umständen macht die Einleitung des größten Teils oder gar der ganzen Wassermasse eines öffentlichen Flusses in einen Kanal, gleichgültig, ob dieser ein öffentliches oder privates

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Waffer ist, den Kanal zum öffentlichen Gewäffer und damit nach Art. 2 zum Staatseigentum (VGE. 19 S. 283; a. M. anscheinend Becher S. 1047).

14. Nach § 1 VB. werden als öffentliche Flüsse dermalen die im Ver­ zeichnis Anlagei (GBBl. S. 1005ff.) aufgeführten Flüsse und Flußteile an­ gesehen. Die im Verzeichnisse angegebenen Längen in Kilometern sind maß­ gebend; Anträge auf Änderungen der Längen unterliegen der Genehmigung des Staatsministeriums des Innern. Das Verzeichnis nennt als öffentliche Flüsse — aber teilweise nur innerhalb bestimmter Grenzen — die Donau mit 16 Nebenflüssen, den Rhein und den Main, die Regnitz und die Saale und 19 weitere Floßbäche des Frankenwaldes. Diese 40 öffentlichen Flüsse und Flußbestandteile haben eine Gesamtlänge von 2367,5 km, wovon 1646,5 km auf das Donau- und 721 km auf das Rheingebiet treffen. Natürlich ist dies Verzeichnis nur eine Parteierklärung des Staates als Flußeigentümers, die den Verwaltungsrichter, der nach Art. 177 darüber zu entscheiden hat, ob der Fluß öffentlich ist, nicht bindet. A«M. 5. U. Die nicht mehr zur Schiff- oder Fiotzfahrt benützte» Flußbeftandteile, die früher öffentliche Gewäffer gewesen find. Sie behalten diese Eigenschaft nach wie vor (s. merkungen zum Art. 3).

Anm. 4 und die Be-

AttM. 6, m. Die vom Staat errichteten «nd der Schiff- oder Klotzfahrt er­ öffnete« Kanäle. 1. Unter Kanälen int weiteren Sinne versteht man alle künstlich ge­ grabenen Wasserläufe. Sie können öffentliche oder Privatgewäffer sein. Läuft aber im künstlich eingeschnittenen Bett ein öffentlicher ober privater Fluß, so ist ein Kanal im engeren Sinne nicht mehr gegeben; denn der Fluß und sein Bett bilden zusammen ein Waffergrundstück, das nicht gleichzeitig Fluß und Kanal fein kann. Die Flußeigenschaft als das maius gibt den Ausschlag. Wir können also unter den Kanälen im engeren Sinne — und nur solche behandelt das Wafferrecht gesondert — nur Wasserläufe mit ihnen ausschließlich eigenem künstlich gegrabenem Bett verstehen. Wird in einen solchen Kanal ein öffentlicher Fluß geleitet, so wird, wie wir oben gesehen haben (Anm. 4 Ziff. 13), das ganze Gewässer zum öffentlichen, gleichviel ob es schon früher als Kanal diese Eigenschaft hatte oder nicht (vgl. VGE. 11 S. 265, 19 S. 283, 25 S. 122). Öffentliche Gewässer sind nur die vom Staat errichteten, oder, wie wohl beigefügt werden darf, von ihm übernommenen (Pözl I S. 43) Kanäle und auch diese nicht schon mit der Errichtung, sondern erst mit der Rechts­ wirksamkeit eines Willensaktes der Staatsregierung, der sie der Schiff- oder Floß­ fahrt eröffnet. Erstreckt sich dieser nur auf Teile des Kanals, so werden nur diese öffentliche Gewäffer, die übrigen bleiben Privatgewässer im Eigentum des Staates.

2. Alle Kanäle, die nicht unter Art. 1 fallen, sind Privatgewäffer. Auch bei den Staatskanälen spricht die Vermutung für die Nichtöffentlichkeit des Gewässers. Sie kann nur durch den Nachweis entkräftet werden, daß die Staatsregienmg den Kanal der Schiff- ober Floßfahrt eröffnet hat. Der Nach­ weis, baß ba unb bort unter stillschweigenber Dulbung ber Behörden bie Schiff­ oder Floßfahrt geübt wurde oder geübt wird, genügt nicht, um jene Vermutung zu beseitigen. Ob von der Ermächtigung der Staatsregierung durch tatsächliche Betreibung der Schiff- und Floßfahrt Gebrauch gemacht wird oder nicht, ist gleichgültig. Ebensowenig kommt es darauf an, ob dieser Betrieb regelmäßig und intensiv ist

oder nicht; denn im Gegensatz zum Muffe macht nicht die tatsächliche Benützung zur Schiff- und Floßfahrt, sondern nur die Erklärung der Regierung den Kanal zum öffentlichen Gewässer. Das galt auch schon nach Art. 8 WBG.; das Gesagte ist also in gleicher Weise auf bestehende wie auf neu zu errichtende Kanäle anzu­ wenden (vgl. auch Becher 1 S. 1048 Anm. 8). Kanäle, die von Privaten errichtet werden, können abgesehen vom Falle der Übernehmung durch den Staat, nie öffentliche Gewässer sein. Von Ortschaften, politischen Gemeinden, Distrikten, Kreisgemeinden errichtete Kanäle sind gleich­ falls immer Privatgewäffer, selbst wenn sie der Schiff- oder Floßfahrt dienen sollten. Die Größe des Kanals und seine Fassung ist für die Behandlung nach Art. 1 ebenso gleichgültig wie die tatsächliche Benützung zur Schiff- oder Floß­ fahrt. Benützbar aber muß er für diese sein; denn andernfalls kann ihn die Regierung nicht zum öffentlichen Gewässer erklären. Bisher war das anders, weil nach Art. 8 WBG. eine Eröffnung zum freien Gebrauche genügte, während jetzt eine Eröffnung zur Schiff- oder Floßfahrt erforderlich ist (vgl. auch Reuß S. 29).

3. Die Eigenschaft eines Kanals als öffentlichen Gewässers erlischt mit dem Augenblick, von dem an die Staatsregierung ihn der Schiff, und Floßfahrt dauernd entzieht. Das Wegfallen der Benützbarkeit für diese Zwecke hat das Erlöschen nicht unmittelbar zur Folge, so lange die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht völlig ausgeschloffen ist. Das Aufhören der tatsächlichen Benützung ist wie diese überhaupt für die Frage belanglos. 4. Öffentliche Kanäle sind zurzeit der Ludwigs-Donau-Mainkanal, der Frankenthaler Kanal und derKanalbeiGroßweilan der Loisach. a) Der Ludwigskanal. Er verbindet den Main mit der Donau, be­ ginnt bei Bamberg, durchläuft das Regnitz-, Sulz- und Altmühltal und mündet bei Kelheim. Die Erbauung wurde durch ein Gesetz vom 1. Juli 1834 (Gesetz­ blatt S. 97 ff.) einer Aktiengesellschaft unter Staatsbeteiligung übertragen. Im Vollzug eines Gesetzes vom 4. März 1852 (Gesetzbl. S. 65 ff.) übernahm der Staat als Rechtsnachfolger der Gesellschaft den Kanal allein zu Eigentum und Verwaltung. Die Rechtsverhältniffe des Kanals, vor allem die Schiffahrt, sind durch die Kanalordnung vom 9. Januar 1842 (RegBl. S. 161 ff., Weber 3 S. 413 und 4 S. 490) und eine Reihe späterer Verordnungen und Ministerialbekanntmachungen geregelt; vgl. auch die Bemerkungen zu den Art. 29 und 96 und Faber, Denkschrift zu dem technischen Entwurf einer neuen Donau-Main-Wafferstraße von Kelheim nach Aschaffenburg. b) Der Frankenthaler Kanal verbindet die Stadt Frankenthal mit dem Rhein. Er wurde 1772—1784 angelegt und nach seinem Verfalle 1821 bis 1823 wiederhergestellt. Eine Kanalordnung vom 20. Juni 1844 (Döllinger 28 S. 1086 ff.) und eine Polizeiordnung vom 3. November 1881 (pfälz. KrABl. S. 801) regeln die Benützung. c) Der Loisachkanal bei Großweil ist der Floßfahrt eröffnet (Floß­ fahrtsordnung vom 30. Juli 1859, oberb. KrABl. S. 1475). A«M. 7.

IV. Die «ach den bestehende« RechtSverhältaiste« als öffentlich z« erachtende« See« «nd sonstige« geschloffeuen Gewässer (Abs. 8).

1. Seen sind „die durch Naturvorgänge auf größeren Flächen entstandenen oberirdischen Wasseransammlungen" (Schenkel S. 170). Vom Teich und Weiher unterscheidet den See begrifflich nur seine Größe (vgl. die Anm. 4 und 5 zum Art. 16 und Reuß S. 28). Zu den sonstigen geschlossenen Gewäffern gehören Teiche, Weiher, Altwäffer usw. (s. RRA. S. 130). Ebenso wie Art. 7 WBG. verzichtet das geltende Gesetz darauf, für diese Gewäfferklasse Unterscheidungsmerkmale aufzustellen. Lediglich die bestehenden

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Rechtsverhältnisse find für die Eigenschaft des Sees oder Teichs als öffent­ liches oder Privatgewäffer maßgebend. Die Einrichtung zur Schiffahrt verwandelt einen Privatsee nicht in einen öffentlichen (Pözl IS. 40, Oertmann § 94II b; unrichtig Meisner S. 208 f.), dagegen kann langjähriger Schiffahrtsbetrieb auf einem See für die Eigenschaft als öffentliches Gewäffer von bedeutender Beweiskraft sein. Auch darauf, ob der See einen ständigen Ablauf hat oder nicht, kommt es nicht an. Ein öffentlicher Fluß, der den See durchströmt, macht diesen nicht ohne weiteres zum öffentlichen Gewäffer; es ist vielmehr theoretisch möglich, wenn auch praktisch jedenfalls sehr selten, daß ein öffentlicher Fluß in seinem Laufe durch einen Privatsee unterbrochen wird (a. M. Peyrer S. 127). Die Vermutung spricht bei den Seen und Teichen wie bei den Kanälen für die Privatwassereigenschaft. 2. Da das Gesetz nur einen Satz des WBG. wiederholt, erscheint für die Rechtsverhältniffe, nach denen sich die Eigenschaft des Sees bestimmen soll, das bürgerliche Recht maßgebend, das am 7. Oktober 1852, dem Tage des Inkraft­ tretens des WBG., an dem betreffenden Orte galt (vgl. Oertmann § 94 II b). Das bayerische Landrecht rechnet nach Kreittmayr (Anm. 4 zum TeilII Kap. 1 § 5) nur die größeren Seen zu den öffentlichen, „welche zugleich der Kammer einverleibt und sowohl mit eigenen Seerichtern als See-Ordnungen ver­ sehen sind, wie z. B. der Ammer-, Starnberger- und Chiemsee. Die übrigen Seen .... gehören privatis zu und sind mithin nichts anderes als bona privata, welche Bewandtnis es auch mit den Weihern, Teichen, Brunnen und allen anderen stehenden Gewässern hat, soweit sie nicht in die Qualität der Kammergüter ad bona publica gehören". Zum Beweise der Öffentlichkeit eines Sees ist vor allem die Be­ rufung auf unvordenkliche Verjährung zulässig; sie wird wohl das wich­ tigste der zum Beweise dienlichen Rechtsverhältnisse sein. Daß das geltende Reichs­ zivilrecht die Fortdauer der unvordenklichen Verjährung nicht ausschließt, wo sie die Landesgesetze auf den ihr vorbehaltenen Gebieten anerkennen, darf als fest­ stehend angenommen werden (vgl. Dernburg 1 § 174, 5, Crome 1 § 119, Oert­ mann § 41 und 94 II b; a. M. Endemann 1. Aust. 8 S. 267, Zitelmann S. 45 u. «.). Zum Beweise bedarf es der Feststellung, daß der See seit Menschen­ gedenken unbestritten als öffentlich gegolten hat, daß also beispielsweise die nur an öffentlichen Gewässern zugelaffenen Nutzungsbefugniffe unbeanstandet geübt worden sind und daß dieser Zustand mindestens 40 Jahre lang gedauert hat. Weiter muß nachgewiesen werden, daß auch vor dieser Zeit das Bestehen eines ent­ gegengesetzten Zustandes nicht feststeht. Ein einzelner contrarius actus reicht nicht aus, um den Beweis zu entkräften. Ist der Nachweis gelungen, so gilt der See als öffentlich; die unvordenkliche Verjährung wirkt aber nicht konstitutiv, sie kann jederzeit durch einen Gegenbeweis wieder aus dem Felde geschlagen werden (Oert­ mann § 41). Auch außerhalb des Geltungsgebietes des bayerischen Landrechtes wird die Begriffsbestimmung Kreittmayrs Beachtung verdienen. Das gemeine Recht stellt Unterscheidungsmerkmale für öffentliche und private Seen nicht auf (Dernburg Pand. I § 73, 3).

3, Die Eigenschaft des Hauptsees erstreckt sich auch auf die Nebenseen, mindestens solange sie mit der Hauptwaffermaffe in ständiger oberirdischer Ver­ bindung stehen. Wenn diese beseitigt wird, ist der Nebensee als selbständiger See zu erachten; ob er dann noch ein öffentliches Gewäffer ist, muß gemäß Art. 1 Abs. 2 nach den bestehenden RechtsverhälMissen beurteilt werden.

4. Die Umwandlung eines Privatsees in einen öffentlichen ist nach dem 7. Oktober 1852 nicht ausgeschlossen. Wenn die Staatsregierung einen See für einen öffentlichen erklärt hat und dieser Willensakt allgemeine Anerkennung findet, so gilt der See fortan als öffentliches Gewäffer (Reuß S. 28). Wann ein See aufhört, öffentliches Gewässer zu sein, wird sich gleichfalls nach den bestehenden Rechtsverhältniffen bestimmen. Der Fall wird kaum jemals eintreten. 5. Das „Verzeichnis der im Eigentum des K. Staatsärars stehenden Seen (und größeren Weiher) im Königreiche Bayern" (Anl. 2 S. 201 ff. zum ABAK., abgedruckt im Anhang) zählt 34 oberbayerische, 2 niederbayerische (Rachel­ und Arbersee), 9 oberpfälzische und 2 schwäbische (Schwan- und Alpsee) Seen und Weiher auf, macht aber zwischen öffentlichen und Staatsprivatseen keinen Unterschied (RRA. S. 131). Ein Verzeichnis der öffentlichen Seen wäre bei der Unsicherheit der einschlägigen Rechtsverhältniffe ganz besonders wünschenswert gewesen.

A«M. 8. Die konventionellen Flüsse und der Bodensee. I. Konventione lle Flüsse sind solche, die „in ihrem schiffbaren Laufe mehrere Staaten trennen oder durchschneiden". Bon den öffentlichen Flüffen Bayerns sind konventionell der Rhein, der Main, die Donau, die Iller, der Inn und die Salzach (Seydel 3 S. 259). Für die Rechtsverhältniffe der konventionellen Flüffe sind neben dem ersten Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 und der deutschen Bundesakte vom 8. Juni 1815 (Art. 19) vor allem die Artikel 108—117 der Wiener Kongreßakte vom 9. Juni 1815 und die Beilage XVI hiezu von Bedeutung. 1. Der Rhein. Entsprechend der schon im Rastatter Kongreß und später im Lüneviller Frieden von 1801 und den beiden Pariser Frieden von 1814 und 1815 getroffenen Regelung, wodurch die Talwegsachse des Rheins als Hoheitsgrenze gegen Frankreich bestimmt wurde, bezeichneten die zwischen Bayern und Baden über die Rheinkorrektion abgeschloffenen Vereinbarungen vom 26. April 1817, Art. 10, vom 16. November 1825, Art. 10, und vom 27. Mai 1832, Art. 9 den Talweg des neu zu bildenden Flußbetts als Hoheitsgrenze zwischen den beiden Staaten. Auch die sich aus den abgeschnittenen Flußkrümmungen bildenden Altwäffer sollten dem Staate zufallen, in deffen Hoheitsgebiete sie nach dieser Bestimmung liegen. Die Talwegsachse wird durch die Verbindungslinie der tiefsten Punkte der Hauptstromrinne gewonnen. Sie fällt also mit der Richtung der zusammen­ hängenden stärksten Strömung, dem „Stromstrich" zusammen. Auf die Fest­ stellung und Bezeichnung dieser Linie erstreckten sich die Vereinbarungen nicht (Schenkel, Rheinstrom S. 289 ff.). Über die Schiffahrtsbestimmungen der Wiener Kongreßakte und die noch jetzt maßgebende Rheinschiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 vgl. die Bemerkungen zum Art. 29, über die Instandhaltung des Rheins, besonders die Rheindämme die Ausführungen zum Art. 94. Über die Regulierung des Rheins zwischen Sondernheim und Straßburg haben Bayern, Baden und ElsaßLothringen am 28. November 1901 eine Übereinkunft geschlossen. (Bek. hiezu vom 22. Januar 1907 GBBl. S. 13 ff.). Bon den zahlreichen Verordnungen, die den Rhein betreffen, verdient be­ sondere Erwähnung die BO. vom 18. Juni 1879, die Rheinschiffahrts­ gerichte betr., deren Zuständigkeit sich auf § 14 Ziff. 1 GBG., § 3 Ziff. 1 EG. z. GBG. und Art. 9 AG. z. GBG. gründet. 2. Der Maim. Die Bestimmungen der Wiener Kongreßakte find für den Main nicht durch weitere Staatsverträge ausgebaut worden. Über die

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewäflern.

Schiffahrtsbestimmungen vgl. Art. 29. Eine Vereinbarung zwischen Bayern, Hessen, Nassau und Frankfurt vom Jahre 1846 bestimmte, daß die Korrektions» bauten im gegenseitigen Einverständnis und nach einem zusammenhängenden Plan ausgeführt werden sollten, wenn die beiden Ufer verschiedenen Staaten gehören. Baden schloß mit Bayern 1849 und 1868 gesonderte Vereinbarungen. Am 1. Februar 1883 kam zwischen Preußen, Bayern, Baden und Hessen ein Staatsvertrag zustande, der Preußen ermächtigte, die Mainstrecke bis nach Frankfurt aufwärts zu kanalisieren und das Kanalisationswerk samt dem Fahrwasser der kanalisierten Strecke auch außerhalb seines Hoheitsgebietes zu unterhalten. Gleichzeitig wurden auch die dadurch für die Schiffahrt und Flößerei entstehenden Rechtsverhältnisse neu geregelt (Schenkel, Rheinstrom S. 330). Schließlich kam es am 21. April 1906 zwischen Bayern, Preußen, Baden und Hessen zu einer Übereinkunft über die Kanalisierung des Mains von Offenbach bis Aschaffenburg, nach deren Art. XIII aber der Beginn der Bauarbeiten solange aufgeschoben ist, bis die Frage der Einführung von Schiffahrtsabgaben auf dem Rhein und dem Main im Einverständnisse der vertragschließenden Staaten geregelt sein wird (GBBl. 1907 S. 13 ff.). 3. Die Donau und ihre konventionellen Nebenflüsse Inn und Salzach. Über diese Flüsse hatte schon der Teschener Friede vom 13.Mai 1779 und der Traktat mit Österreich vom 14. April 1816, die defini live Festsetzung der Grenzen und Verhältnisse der gegenseitigen Staaten bctr. (Art. IX), Bestimmungen getroffen. Weitere Ausführungen enthielt das Über­ einkommen zwischen Bayern und Österreich vom 2. Dezember 1851 mit den Vollzugsvorschriften vom 15. Juli 1852 (RegBl. 1852 S. 716—752, Döllinger 28 S. 977 ff., Weber 4 S. 492). Der Pariser Friede vom 30. März 1856 (Art. XV—XX) führte zur ersten allgemeinen Regelung der Donauschiffahrt (Pözl II S. 456 ff.). Näheres hierüber und über die noch jetzt geltende Donauschiffahrtsakte vom 7. November 1857 ist in den Bemerkungen zum Art. 29 zu finden. Wegen der Iller vgl. den Vertrag mit Württemberg vom 18. Mai 1810 (RegBl. S. 1232 ff.). II. DieRechtsverhältnisse desBodensees. Der Bodensee steht unter der gemeinsamen Hoheit seiner Uferstaaten (Österreich, Schweiz, Bayern, Württem­ berg und Baden). Dies staatsrechtliche Gemeinschaftsverhältnis ist ein condominium pro indiviso; staatliche Verfügungen, die sich auf die Gebietshoheit gründen, können nur durch einen gemeinsamen Willensakt aller Uferstaaten erlassen werden, während staatliche Anordnungen auf Grund der Personalhoheit jeder Staat für sich allein treffen kann. Die Ufer und der unmittelbar angrenzende Teil des Sees, soweit man noch leicht Grund faßt — oder auf den Gründen und Haldinen — find der aus­ schließlichen Herrschaft der Einzelstaaten unterworfen. Auch die Häfen gehören zum Gebiete des Uferstaates. Die einschlägigen Fragen sind vielumstritten (Seydel 1 S. 335 und dort angeführte Literatur, Martitz in den „Annalen des Deutschen Reichs" 1885 S. 278, Pözl I S. 41, Peyrer S. 128 Anm. 2, Rettich, Die Völkerund staatsrechtlichen Verhältnisse des Bodensees, Schenkel S. 532, Reuß S. 28). Privatrechtlich wird der Bodensee bald als res nullius (Seydel a. a. O.), bald als Gegenstand eines pro partibus divisis geteilten Eigentums der Ufer­ staaten erachtet (Rehm, Handwörterbuch der Staatswiffenschaften 2 S. 963 ff., Oertmann § 94 II b). Über die Schiffahrt auf dem Bodensee vgl. Bem. 3 zum Art. 30. Die Wiener Kongreßakte erstreckte sich nicht auf den Bodensee; sie galt nur für schiffbare Flüsse. Im Sinne des bayerischen Wasserrechtes ist der Bodensee selbstverständlich ein öffentliches Gewässer.

Auch beim Bodensee besteht die Übung, daß in Fällen, wo die auf dem Grenzgebiet in Aussicht genommenen Ufer- und Wasserbauten wesentliche Einwirkungen auf das Nachbargebiet ausüben können, zuvor unter Mitteilung der Pläne ein Benehmen der Nachbarregierungen über die Ausführung stattfindet. Vgl. die Vereinbarung der fünf Uferstaaten vom 31. August 1857 über das Maß der zulässigen Einengung des Normalprofils am badischen Ausflüsse des Sees (Schenkel S. 216). Auch die Frage einer durch die Erweiterung des Ausflusses am Untersee herbeizuführenden Tieferlegung der Hochwasserstände des Bodensees gilt als eine allen Uferstaaten gemeinsame.

A«m. 9* Zuständigkeit zur Entscheidung über die Öffentlichkeit eines Gewässers. Hierüber vgl. Anm. 3 zum Art. 177.

Eigentumsverhältnisse.

Die öffentlichen Gewässer stehen im Eigentume des Staates.

Begriff «nd Inhalt des Staatseigentums. AttM. 1. Geschichte. Die Möglichkeit eines Eigentums am fließen­ de» Wasser ist eine vielumstrittene Rechtsfrage. 1. Das römische Recht, das die aqua profluens zu den res natural! iure omnium communes zählte (1. 2 J. § 1 de div. rer. 1, 8), schloß jedes Eigentum an der fließenden Wasserwelle aus, weil sich diese nach ihrer natürlichen Beschaffenheit durch die Flucht jeder dauernden Beherrschung entziehe (vgl. Windscheid-Kipp 1 § 146, Kappeler S. 43 ff., Aström S. 12 ff., RG. in SA. 47 Nr. 180, 51 Nr. 6, RG. 53 S. 98 ff. usw.). Die Ansicht Ossigs (S. 73), daß das römische Recht als allen gemeinsam nur die aqua de coelo oder de nubibus profluens, also das Niederschlagswasser, ehe es die Erde erreicht hat, habe bezeichnen wollen, ist eine des Beweises ermangelnde Hypothese. L. Das deutsche und ihm folgend wohl auch das gemeine Recht erkennt zwar ein Eigentum an dem vom fließenden Wasser ausgefüllten Raum, dem Bett, an, betrachtet aber wie das römische die Wafferwelle als herrenlos, weil sie der privatrechtlichen Beherrschung unzugänglich sei (Gierke 2 S. 29, 37, Dernburg Pand. 1 § 73 Anm. 4, Becher 1 § 60 Anm. 4, RG. 10 S. 179, 53 S. 99, Pfleghart S. 50 ff. u. a.). Eine Anzahl von Schriftstellern leugnet die Möglichkeit eines Eigentums nicht nur an der fließenden Welle, sondern auch am Fluß in seiner Gesamtheit ein­ schließlich des Flußbetts (Windscheid 1 S. 630 ff. Wächter Pand. 1 S. 279 ff., Stobbe DPrR. 1 § 64 Anm. 46, Rand« § 1, Baumert S. 96, 148, 221 f.; Born S. 12, Haller Art. 1 Anm. 8, Nieder Art. 1 Anm. 9 ff. Art. 7 Anm. 2, Nieberding-Frank S. 64, Peyrer S. 20 ff., 114, Luthardt Bl. 35 S. 322).

Andere dagegen erkennen am Fluß in seiner Totalität ein Eigentum an (so Roth, bayer. ZR. 1 § 54, Dernburg Pand. 1 § 73 Anm. 4, Gierke 2 S. 29 f. VGE. 25 S. 136, Oertmann § 95, 1, Meisner S. 184 ff., 226, der aber wohl nicht, wie Oertmann § 96 1 d und 2 b a, ßß behauptet, ein Eigentum an den einzelnen Wafferwellen annimmt, RefAK. S. 3 usw.).

8, In den neuen Wassergesetzgebungswerken haben diese verschie­ denen Theorien ihren Niederschlag gefunden. Württemberg, Hessen, der sächsische Entwurf u. a. stehen ganz auf dem Boden des römischen Rechts; der preußische Entwurf dagegen verwirft im § 9 ausdrücklich das Eigentum an der Wafferwelle,

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

erkennt aber im übrigen das Eigentum am Wasserlauf als ein volles und un­ bedingtes an, das sich nicht auf den wasserbedeckten Grund und Boden beschränkt, sondern den Wasserlauf in der Gesamtheit seiner rechtlichen Beziehungen ergreift (S. 127). Der code civil, das bayerische WBG., Österreich, Baden, Bern, Uri, Luzern, Solothurn, die französischen Kantone der Schweiz u. a. haben das Staats­ eigentum am öffentlichen Gewässer mehr oder weniger entwickelt. In Schwyz und Graubünden stehen die öffentlichen Gewässer im zivilrechtlichen Eigentum der Gemeinden, deren Bezirke sie durchfließen (Pfleghart S. 7). 4. Auch an Versuchen, ein Eigentum an der rinnenden Wasserwelle zu konstruieren, hat es nicht gefehlt. Schon Roth behauptet (bayer. ZR. 1 § 54), die römischrechtliche Berkehrsunfähigkeit der fließenden Wafferwelle sei dem bayerischen Rechte unbekannt, er unterscheidet aber nicht zwischen dem Eigentum am Fluß in seiner Gesamtheit und dem an der einzelnen Welle. Eugen Huber (S. 17 ff.) weist darauf hin, daß die stetige'Fortbewegung und Wiedererneuerung des Wassers die Möglichkeit eines Eigentumsrechts nicht ausschließe, da das Eigentum, wie es beim Tier und der Pflanze alle im Stoff­ wechselkreislaufe begriffenen Bestandteile des Organismus umfasse, so auch beim Gewässer alle Wafferteilcheü begreife, die sich nach dem wechselnden Spiele des Zu- und Abflusses jeweils gerade im Flußbette befinden. Schenkel (S. 36 f.) verschließt sich dieser Beweisführung nicht, will aber trotzdem der älteren Anschauung den Vorzug geben, weil sie dem Rechtsgefühl mehr entspreche und weil die neue dazu führen müsse, die rechtswidrige Aneig­ nung von Wasser als Diebstahl zu bestrafen. Das sind aber keine Rechts-, sondern Billigkeitsgründe, die zudem mit Rück­ sicht auf das in den Waffergesetzen anerkannte Gemeingebrauchsrecht am Wasser, das einer Aneignung des Wassers gerade in den Fällen, die Schenkel im Auge hat, den Charakter der Rechtswidrigkeit nehmen wird, kaum als stichhaltig er­ achtet werden können. Allein gerade diese Gemeingebrauchsrechte beweisen, daß das Recht des Gewässereigentümers kein Eigentumsrecht an der einzelnen Wasserwelle insich schließt, weiles den Rechten anderer nicht übergeordnet ist, sondern mit den Gebrauchsrechten der übrigen Volksgenossen nur als gleich­ berechtigt konkurriert. 5. Daraus, daß sich das Eigentum nicht auf die einzelne Wasserwelle erstreckt, folgt aber nicht, daß ein Eigentum am fließenden Wasser überhaupt unmöglich ist. Was von der einzelnen Welle gesagt werden mußte, gilt nicht schlechthin von der Gesamtwaffermenge, die in jedem einzelnen Zeitteil im Flußbett enthalten ist. Auf das Wasser in seiner Gesamtheit erstreckt sich das Gemeingebrauchsrecht der Wasserentnahme nicht. Hier überwiegt die Befugnis des Eigentümers, der berechtigt ist, die Gesamtwaffermasse nach seinem Gutdünken zu benützen, soweit ihm nicht die Rechts­ ordnung hiefür ausdrücklich Schranken setzt. Das Wegschöpfen einer Wasserwelle ist jedem unverwehrt, die Ableitung des ganzen Flusses oder Baches braucht der Eigentümer im Regelfälle nicht zu dulden.

DaS geltende Recht. Das Gesagte ist zu folgendem Ergebnis zusammenzufaffen: Das Eigentum am Gewässer umfaßt das Flußbett und die ge­ samte in jedem Zeitteil im Flußbett enthaltene Wassermenge, nicht aber die einzelnen Wasserwellen. Das entspricht auch am besten dem Vergleiche Eugen Hubers mit dem Organismus des Tieres und der Pflanze. Hubers Ergebnis ist nicht zutreffend;

A«M. 2.

denn das Eigentum erstreckt sich nicht auf jedes im Stoffwechselkreislauf befind­ liche einzelne Molekül, aber die Tatsache, daß alle einzelnen Atome diesen Kreislauf durchmachen, schließt das Eigentumsrecht am Organismus als Ganzem nicht aus. Der Organismus als Ganzes ist eben trotz dieser fortwäh­ renden Veränderung faßbar und greifbar und darum im Gegensatze zu den diese Eigenschaft nicht befitzenden Einzelteilchen des Eigentums fähig.

Es erübrigt noch, nachzuweisen, daß auch die Gesamtwaffermenge wie der tierische und pflanzliche Organismus räumlich begrenzt ist. Diese Grenzen find gegeben beim öffentlichen Flusse, beim Staatsprivatfluffe und beim Privat­ flusse, der nicht den Ufereigentümern als solchen gehört, durch die Uferlinien oder Ufergrundstücksgrenzen, bei den übrigen Privatflüssen und Bächen durch die Flußmittellinie und durch Senkrechte, die auf diese von den Grenzen der Ufer­ grundstücke aus gezogen werden, oder richtiger durch senkrecht durch alle diese Linien gelegte Ebenen. Das ermöglicht allerdings noch nicht die Bestimmung des der Herrschaft des Eigentümers unterworfenen Wafferquantums, aber dessen bedarf es auch nicht. Die Begrenzung, die jederzeit festgestellt werden kann, genügt, um das Flußbett mit der darüber hinströmenden Wassermenge als körperlichen Gegen­ stand, also als Sache im Rechtssinne erscheinen zu lassen (§§ 903 ff. BGB.). Übereinstimmend Pfleghart S. 58 ff.; vgl. auch Hager (S. 21), dessen Ansicht, daß „der Fluß als Ganzes recht wohl als Grundstück aufgefaßt werden kann", völlig zutreffend ist. A. M. Seidler (S. 20), der Hagers Worte mit Ausruf­ zeichen versieht. Zwei Seiten später gesteht er aber zu, daß sich ein Zurückgreifen auf privatrechtliche Begriffe bei den Wafferrechten nicht wohl vermeiden lasse. Die Richtigkeit des gewonnenen Ergebnisses beweist auch Art. 16 Ziff. 3 und für das bisherige Recht Art. 33 Ziff. 2 WBG. Daß geschloffene Gewässer im Privateigentum stehen, bestreitet niemand. Geschlossenes Gewässer ist aber auch die Quelle, also eine aqua profluens, solange sie vom Ursprungsgrundstück nicht abgefloffen ist. Auch hier erstreckt sich das Eigentum nicht auf die einzelnen Wellen; aber die Wassermaffe als Ganzes, begrenzt durch den Ursprung und die untere Grundstücksgrenze, steht trotz ihres ständigen Wechsels im Privateigentum, sie ist para soll. Ebenso ist auch das Wasser eines Flusses in seiner Gesamtheit ein Bestandteil des Flußbettes, einerlei ob dies dem Staat oder privaten Nicht­ ufereigentümern gehört oder als Bestandteil der Ufergrundstücke im Eigentum der Uferangrenzer steht. „Das Bett und das Wasser machen zusammen ein Grundstück aus" (Aström S. 11), das Wassergrundstück, und eben dieses ist bei den öffentlichen Gewässern der Gegenstand des Staatseigentums. Vgl. auch Pfleghart S. 58 ff., ABAK. S. 157. Das von den öffentlichen Flüssen Gesagte gilt sinngemäß auch von den übrigen öffentlichen Gewässern. AttM. 3. Die Wafferallmende und das Wasierregal. Eine von der bisher gebräuchlichen und auch von der hier aufgestellten Anschauung abweichende Rechtsauffassung vertritt Aström (Kap. I, zweite Hälfte). Er folgert daraus, daß die in Brunnen, Teichen, Behältern und natürlichen Senkungen eingeschlossenen Gewässer Gegenstand des Mgentumsrechtes sein können, daß das Gleiche auch für das in einem Flußgebiet enthaltene Wasser gelten müsse; denn das Flußgebiet sei durch die Wasserscheiden gegen die an­ liegenden Flußgebiete durchaus abgegrenzt und müsse daher, wie ein Teich im großen, als ein selbständiger, der menschlichen Herrschaft unterworfener Körper gelten. Die Rezipienten eines Flußgebietes, d. h. die zusammenhängenden Wasser­ läufe mit größeren oder kleineren Behältern (Seen) seien in ihrer Totalität als Rechtsobjekt zu erachten, da diese Rezipienten dem Bette und den Uferlinien nach auf beiden Seiten und bis zur hydrographischen Grenze des Rezeptionsreviers Harster-Casslmlr, Waffergesetz. 2

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

hinauf bestimmt und begrenzt seien. Die Richtigkeit dieser Ausführungen zugegeben, leuchtet es doch nicht ein, warum Aström das, was er von den Wasser­ läufen in ihrer Gesamtheit sagt, nicht auch für jeden einzelnen gelten lassen will. Es kann hier nicht auf die Beweisführung Aströms näher eingegangen werden. Wenn er sich darauf stützt, daß das Rechtssubjekt nicht befugt sei, den Rezipienten abzusperren und über das Wasser nach Belieben zu verfügen, so verwechselt er die von ihm selber zugestandene tatsächliche mit der rechtlichen Beherrschungs­ möglichkeit und macht sich also einer petitio principn schuldig; denn zu beweisen ist die tatsächliche Möglichkeit oder Unmöglichkeit des Eigentums; mit der aus dem gewonnenen Ergebnis erst abzuleitenden rechtlichen Verfügungsgewalt des Eigen­ tümers über die Sache kann also nicht operiert werden. Es besteht aber kein hin­ reichender Grund, das, was von den sämtlichen Wasserläufen in ihrer Gesamtheit gilt, nicht auch für die einzelnen Rezipienten anzuerkennen. Ohne diese Folgerung wäre Aströms Theorie für unser Rechtsgebiet bedeutungslos; denn, was noch übrig bleibt, das Eigentum am Flußgebiete, ist diesem unbekannt. Wir werden sofort Gelegenheit haben, darzulegen, daß unser Recht ein condominium sociale, ein Eigentumsrecht der Volksgenossen am Flußgebiete, wie es Aström vorschwebt, nicht kennt. Aström, der von dem zweifellos richtigen Gedanken ausgeht, daß das fließende Wasser bei den meisten Völkern Nord- und Mitteleuropas ursprünglich einen Be­ standteil der Allmende gebildet habe, verfällt in den Fehler, diese Wasser­ allmende in allen Rechten, die er in den Bereich seiner Betrachtung zieht, nachweisen zu wollen, und verkennt dabei völlig, daß die Rechtsentwicklung vor allem in Deutschland längst über die Wasserallmende hinweggeschritten ist, wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß noch manche Bestimmungen unseres geltenden Rechts in diesem Allmendcharakter des Wassers wurzeln. Im deutschen Recht wurde das Volkseigentum bald durch daS Königseigentum ersetzt; das fließende Wasser, „des riches strasze“ wurde zur Straße des Königs; aus dem condominium sociale bildete sich ein Staats­ regal. Der Staat begnügte sich nicht mit der Oberhoheit über die Wasser­ allmende, sondern er machte auch eine Finanzhoheit über sie geltend und suchte sie im fiskalischen Interesse zu verwerten. Bei dieser Rechtsentwicklung, die das fließende Wasser zur res fisci machte, ist es allerdings nicht überall ge­ blieben; eine Anzahl späterer Rechte hat vielmehr diesen Standpunkt aufgegeben und sich dem Allmendbegriff wieder genähert. Dahin gehören zuvörderst die neueren Gesetzgebungswerke, die, wie das ungarische, die Rechte mehrerer Kantone der Schweiz, z. B. Zürich, Schaffhausen, Appenzell, St. Gallen, Aargau, das Wasserrecht Württembergs u. a. kein Privateigentum am fließenden Wasser kennen. Andere Rechte, vor allem das badische, der preußische Entwurf, das bayerische Wasserbenützungsgesetz von 1852 und noch ausgesprochener das geltende bayerische Wasserrecht stehen auf dem Boden des Wasserregals oder des fiskalischen Wasser ei g en tums, wenn sie auch den historisch begründeten Ansprüchen der Volksgenossen auf die Wafferbenützung in weitgehendem Maße Rechnung tragen. Wir wollen den Satz Aströms: „Das Wafferregal ist tot, aber die Wafferreichsallmende lebt" nicht geradezu umkehren; denn die Wasserallmende lebt wirklich in mancherlei Nutzungsrechten, vor allem im Rechte des Gemeingebrauchs der öffentlichen und in beschränkterem Maße auch der privaten Flüsse und der Bäche fort, aber die Bedeutung, die Aström diesem Satze beimißt, hat er für unser Recht sicher nicht. Es kann nicht wundernehmen, daß Rechte mit ausgesprochenem Regal­ charakter der Durchführung von Aströms Allmendentheorie beträchtliche Hinder­ nisse in den Weg legten, Hindernisse, die auch der Notbehelf der Unterscheidung

eines condominium sociale im weiteren Sinne neben dem engeren nicht aus dem Wege zu schaffen vermochte. Für diese Gebiete stellt Aström den Begriff des Rechtes am Waffer geradezu auf den Kopf, wenn er auch hier der Gesellschaft in ihrer Totalität das Eigentumsrecht am ganzen Waffergebiete zuspricht und wenn er den Staat für die öffentlichen und Staatsprivatflüffe und die Ufereigentümer für die übrigen Privatflüffe, trotzdem ihnen die Rechtsordnung das Eigentum am Flusse gibt, mit einem als ins in re aliena (!) aufzufassenden Benutzungsrechte ab­ speist (S. 288, 292). Vielleicht wären Aström doch Zweifel an der Richtigkeit dieser Theorie aufgestiegen, wenn er nicht übersehen hätte, daß z. B. das bayerische Recht neben den öffentlichen und den Staatsprivatflüffen auf der einen und den den Ufereigentüinern gehörigen Privatflüssen auf der anderen Seite noch eine dritte Kategorie kennt, die Flüsse, die im Eigentum dritter stehen (Art. 40 Abs. 3 WBG-, Art. 24 WG.) und die meistens Staatsprivatflüsse waren, bis sie der Staat, gewiß nicht in der Ausübung eines ins in re aliena, samt allen damit verbundenen Rechten an andere — verkaufte (vgl Begr. S. 553 Ila. E.).

ANM. 4.

Znsammeufaffnng.

AltM 5»

Die Behandlung der öffentlichen Gewässer im Grnndftenerkataffer «nd im Grnndbnche.

Das Eigentumsrecht des Staates an den öffentlichen Gewässern ist also wahres Eigentum im Rechtssinne. Der Eigentümer hat für alle Verfügungen über die beherrschte Sache die Vermutung der Zuständigkeit für sich. Gesetzliche Beschränkungen dieses Verfügungsrechtes sind als Ausnahmen strikt zu interpretieren. Daß die besondere Natur der beherrschten Sache hier viel weiter gehende Eigentumsbeschränkungen nötig macht als sie für andere Sachen gewöhnlich sind, wird später eingehend dargelegt werden. Wie Georgi (S. 119 und 133) aus der Unterscheidung zwischen öffentlichen und Staatsprivatflüssen trotz ausdrücklichem Hinweis auf den Art. 2 folgern kann, das bayerische Gesetz nehme ein Privat­ eigentum des Staates an den öffentlichen Flüssen nicht an, ist uns nicht ver­ ständlich. Mit Recht rühmt dagegen Pfleghart (S. 62) die resolute Stellung­ nahme unseres Gesetzes zugunsten des Staatseigentums an den öffentlichen Ge­ wässern. „Darüber", sagt er, „daß hierunter kein anderes als das gewöhn­ liche zivilrechtliche Eigentum verstanden ist, lassen die von der Regierung abgegebenen Erklärungen gar keinen Zweifel übrig". Die Eigentumstheorien Ditt­ manns und Eymanns werden beim Art. 16 besprochen werden.

1. Die öffentlichen Gewässer werden als Eigentum des Staates in den Grundsteuerkatastern mit eigenen Plannummern für jede Steuergemeinde vorgetragen und mit den Wegen und anderen nicht steuerbaren Flächen in der Regel am Schluffe des Katasters zusammengefaßt. Diese Art der Eintragung ist aber auch bei den Privatflüssen, sogar bei denen, die als Bestandteil der Ufer­ grundstücke im Eigentum der Uferangrenzer stehen, also gar keine selbständigen Grundstücke bilden, gebräuchlich, da man aus steuertechnischen Gründen auf die Eigentumsverhältnisse an diesen Gewässern nicht Rücksicht nahm, ein Zustand, dessen Beseitigung im Interesse der Klarheit der Eigentumsverhältnisse der Ge­ wässer dringend zu wünschen ist. Die Tatsache, daß der Fluß eine gesonderte Plannummer hat, begründet also keinen Beweis dafür, daß er ein eigenes Grundstück bildet und daß er daher nicht ein den Ufereigentümern gehöriger Privatfluß ist (DA. f. d. GBÄ. §§ 170, 189, 300). Der Flächeninhalt der öffentlichen Gewässer ist im Grundsteuerkataster nicht immer ausgeschieden, sondern meist nur in der Angabe der Gesamtwasser­ fläche der Steuergemeinde ausgedrückt.

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

3. Die öffentlichen Gewässer sind nach § 90 GBO. und § 1 BO. vom 1. Juli 1898, die vom Buchungszwange befreiten Grundstücke betreffend (GBBl. S. 377), vom Buchungszwange frei. Sie erhalten ein Grundbuchblatt nur auf Antrag. Antragsberechtigt ist der Eigentümer, der Inhaber eines eintragungs­ fähigen Rechtes am Gewässer oder eines Rechtes an einem solchen Rechte und endlich jeder, der auf Grund eines gegen den Staat als Eigentümer vollstreck­ baren Titels in Ansehung des Gewässers eine Eintragung ins Grundbuch ver­ langen kann (DA. f. d. GBÄ. § 504). Die rechtsgeschäftliche Begründung eines Rechts am öffent­ lichen Gewässer setzt in der Regel das Bestehen eines Grundbuchblattes für dieses voraus; der Eigentümer müßte also vor der Belastung die Anlegung eines Grundbuchblattes und seine Eintragung als Eigentümer erwirken. Allein dies gilt nicht für den gerade bei den öffentlichen Gewässern wichtigsten Fall der Begründung einer Dienstbarkeit am Wassergrundstück. Hier ist nach Art. 84 AG. z. BGB. die Anlegung eines Grundbuchblattes nicht nötig. Die Einigung des Bestellers und des Erwerbers darüber, daß das Wassergrundstück mit der Dienstbarkeit belastet werden soll, ist erforderlich und genügend. Die Erklärung des Bestellers muß öffentlich beurkundet oder in öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden. Die Anlegung eines Grundbuchblattes bei der Veräußerung kommt in« soferne nicht in Frage als die öffentlichen Gewässer als solche unveräußerlich find. Dagegen müssen Grundstücke, die nach ihrer Ausscheidung aus dem Ge­ wässer ihres Charakters als Bestandteile des öffentlichen Gewässers entkleidet werde», aber als res fisci gleichwohl noch buchungsfrei find, vor der Veräußerung ein Grundbuchblatt erhalten (DA. f. d. GBÄ. §§ 505 f.; vgl. auch unten Anm. 7). Wenn für ein öffentliches Gewässer ein Grundbuchblatt angelegt ist, so kann der Eigentümer jederzeit die Ausbuchung verlangen, wenn nicht eine Ein­ tragung besteht, von der sein Eigentumsrecht betroffen wird z. B. ein Fischerei­ recht oder eine Dienstbarkeit u. dgl. Bon Amts wegen darf die Ausbuchung nicht geschehen (DA. f. d. GBÄ. § 507). Das Verfahren bei der Anlegung von Blättern für buchungsfreie Grund­ stücke ist in den §§ 510—521 DA. f. d. GBÄ. geregelt.

AltM. 6. Erwerb uud Verlust des Eigentums am öffeutNche« Gewässer. Das Eigentum des Staates am öffentlichen Gewässer ist die gesetzliche Folge dieses Rechtscharakters. Mit dem Augenblicke, da ein Wassergrundstück die Eigenschaft eines öffentlichen Gewässers erlangt, tritt es ins Eigentum des Staates. Der Eigentumserwerb erfolgt kraft Gesetzes; eines Über­ tragungsaktes bedarf es nicht. Dies gilt auch von Flußbestandteilen, die wie Durchstiche, Hafenbecken u. dgl. gar nicht vom Staate, sondern von dritten ge­ schaffen worden sind. Das Eigentum kann, da Art. 2 zwingender Natur ist, auch nicht dem dritten Vorbehalten werden (vgl. auch Schenkel S. 104 f.). Bei Privatflüssen, die in öffentliche umgewandelt werden, geht das Mgentum mit dem Zeitpunkt über, von dem an nach der Erklärung der Staatsregierung der Fluß als öffentlicher zu gelten hat (Art. 4 Abs. 1). War der Fluß bisher nach Art. 21, 23 oder 24 als Privateigentum im Grundbuche vorgetragen, so wird mit dem erwähnten Zeitpunkte das Grundbuch unrichtig und der Staat kann nach § 894 BGB. die Berichtigung des Grundbuches verlangen. Der Fall ist den im § 355 DA. f. d. GBÄ. aufgezählten Erwerbsgründen, die von der Ein­ tragung unabhängig find, anzureihen. Die Unrichtigkeit des Grundbuches wird

nach §§ 22, 29 GBO. durch die Vorlegung der Ministerialentschließung über die Umwandlung des Privatgewässers in ein öffentliches genügend nachgewiesen. Die dinglich Berechtigten, deren Befugnisse mit dem mehrerwähnten Zeitpunkt erlöschen (f. Anm. 2 zum Art. 4), z. B. die Hypothekengläubiger, die Grundschuld-, Rentenschuld- und Reallastberechtigten an den Ufergrundstücken, deren Bestandteil bisher der Privatfluß war, müssen nach § 894 BGB. der Berichtigung zustimmen. Der Staat kann übrigens auch die Ausbuchung aller zum öffentlichen Flusse ge­ hörigen Wassergrundstücke fordern. Das Erlöschen der Eigenschaft eines öffentlichen Gewässers ist für das Staatseigentum natürlich kein Endigungsgrund. Der Flußnebenarm, der ab­ gebaut und dadurch zum Altwaffer wird und schließlich verlandet, bleibt nach wie vor im Eigentum des Staates. Dagegen bewirkt das Erlöschen der Eigen­ schaft eines öffentlichen Gewässers den Eintritt des Wassergrundstücks in den Rechtsverkehr und die Möglichkeit der Veräußerung, die vorher nicht be­ standen hatte. A«m. 7. Die Schranke« des Staatseigentums. Die privatrechtliche Befugnis des Staates, über die öffentlichen Gewässer als Eigentümer nach Be­ lieben zu verfügen und andere von der Einwirkung auf sie auszuschließen (vgl. auch VGE. 25 S. 136), ist durch eine Anzahl öffentlichrechtlicher Eigen­ tumsbeschränkungen eingeengt. Während aber das WBG. in dem im Art. 1 enthaltenen Leitsätze: „Die öffentlichen Gewässer bilden ein zur allgemeinen Benützung bestimmtes Staatsgut" das Recht der Volksgenossen auf diese allgemeine Benützung oder, um mit Aström zu reden, die Wasserreichsallmende zur gesetzlichen Regel gemacht hatte, hat der Art. 2 SB®, diese gesetzliche Regel durch den Satz: „Die öffentlichen Gewässer stehen im Eigentum des Staates" beseitigt. Dieser Unterschied zwischen den beiden Gesetzen ist theoretisch von weit­ tragender Bedeutung. Das neue R echt kennt nur spezielle Verfügungs­ schranken, die im Gesetze aufgerichtet sein müssen, während das alte eine generelle Verfügungsbeschränkung anerkannt hatte, für die die Notwendigkeit strikter Auslegung nicht gegeben war. Vorbehaltlich be­ sonderer Rechtsvorschriften war also der Staat nach dem alten Rechte nur in­ sofern zur Verfügung über die öffentlichen Gewässer befugt, als dadurch „die all­ gemeine Benützung" nicht geschmälert wurde. Mit Recht leitete man aus diesem Satze den weiteren ab, daß der Staat nicht befugt sei, bei der Ausnützung der Wasserkräfte der öffentlichen Gewässer durch Private entsprechende Gebühren für die Benützung seines Eigentums zu erheben, und auch in der Erfüllung seiner Aufgabe, die öffentlichen Flüsse dem öffentlichen Wohle uneingeschränkt dienstbar zu machen, war der Staat durch den Grundsatz des Art. 1 WBG. mitunter empfindlich behindert (vgl. Begr. S. 538 I, 547 1). Das geltende Recht, das ein allgemeines Benützungsrecht im Sinne des Art. 1 WBG. (zu unterscheiden vom strikt zu interpretierenden Gemeingebrauchsrecht nach Art. 26 ff.) nicht kennt, hat „diesen Folgerungen die Grundlage entzogen und dadurch der Staatsregierung in der möglichst rationellen Ausnutzung der staat­ lichen Wasserkräfte im allgemeinen Interesse einen größeren Spielraum gelassen" (Begr. S. 547 1).

Die praktische Bedeutung der Neuerung (daß eine solche vorliegt, be­ streiten Ref. und KorrefRK. [S. 5 und 44], auch Eymann Anm. 4, wohl mit Unrecht, s. dagegen Jbscher S. 2) steht hinter der theoretischen weit zurück, da der Staat den Volksgenossen gegenüber sehr weitgehende moralische Verpflich­ tungen hat, die ihn hindern, den Bogen des Rechtes allzustraff zu spannen.

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Darin aber, daß diese Verpflichtungen jetzt nicht mehr wie im Art. 1 WBG. rechtliche, sondern nur mehr moralische sind, liegt der in der Praxis freilich, wie gesagt, keineswegs bedeutungsschwere Unterschied zwischen dem bisherigen und dem jetzigen Rechte (s. auch den Schluß der Anm. 7).

Die Berfügungsschranken des geltenden Rechtes sind die folgenden: I.

privatrechtliche:

1. Das Veräußerungsverbot. Das badische Recht statuiert (§ 5) ein Verbot, das dem Staat an öffentlichen Gewässern zustehende Eigentum im Wege privatrechtlichen Rechtsgeschäftes auf andere zu übertragen. Für Bayern gilt auch ohne ausdrückliche Bestimmung das Gleiche. Solange das Gewässer ein öffent­ liches ist, muß es nach Art. 2 im Eigentum des Staates stehen und nach Art. 3 behält wenigstens ein Fluß, Flußteil oder Flußnebenarm die Eigenschaft eines öffent­ lichen Gewässers auch dann noch, wenn die Voraussetzung der Begründung dieser Eigenschaft, das Dienen zur Schiff- und Floßfahrt, weggefallen ist. Die der obersten Staatsbehörde in Baden eingeräumte Befugnis (§ 1 Abs. 5), einem öffentlichen Gewässer diese Eigenschaft zu entziehen, steht in Bayern der Staatsregierung nur bei den geschlossenen öffentlichen Gewässern (Seen, Teichen, Weihern, Kanälen) zu; eine Deklassierimg öffentlicher Flüsse, Flußteile oder Flußnebenarme ist aus­ geschlossen. Gewässerbestandteile, die aus dem Wassergrundstück ausgeschieden und dadurch des Charakters öffentlicher Gewässer entkleidet werden, sind nawrlich verkehrsfähig (vgl. die Erklärung der K. Staatsregierung ABAK. S. 157, RRA. S. 131; ferner Jbscher S. 2). 3. Die Belastungen auf Grund bestehender Privatrechtstitel. Sie sind durch Art. 207 aufrecht erhalten, wenn sie zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes bereits Rechtsbestand hatten. Die Neubelastung der öffentlichen Gewässer ist weder durch die Natur der Sache, noch durch eine besondere Rechts­ vorschrift, wie sie z. B. 8 5 des badischen Wassergesetzes enthält, ausgeschlossen. Natürlich sind aber solche Belastungen nur insoweit zulässig, als der Staat als Eigentümer in seiner Verfügung frei ist. Sobald die Belastung mit einer dem staatlichen Verfügungsrecht gesetzten Schranke zusammentrifft, ist sie unstatthaft. Für die Neubegründung dinglicher Rechte gilt, da das Wasserrecht keine Bestimmungen enthält, das bürgerliche Recht. Zur Begründung einer Dienstbarkeit ist nach Art. 84 AG. z. BGB. die Eintragung ins Grundbuch nicht nötig; die Ersitzung einer Dienstbarkeit ist, abgesehen von dem schwer denkbaren Falle der Tabularersitzung nach § 900 Abs. 2 BGB., ausgeschlossen. Es gibt auch Wasserdienstbarkeiten, die sich in das System des Reichsliegenschaftsrechtes nicht eingliedern lassen, weil sie nicht einem herrschenden Grundstücke zu dienen bestimmt sind und als unzweifelhaft übertragbare Rechte auch nicht zu den beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten gerechnet werden können. Der Fortbestand solcher Rechte, zu denen vor allem die meisten Fischereirechte gehören, ist durch Art. 207 gesichert und die Neu­ bestellung ist nach dem geltenden Landesrechte gleichfalls als statthaft zu erachten (DA. f. d. GBÄ. 88 121, 195; vgl. auch Schenkel S. 43). Belastungen des Wassergrundstückes, die mit der Zweckbestimmung des öffent­ lichen Gewässers im Widersprüche stehen, sind unzulässig (Schenkel S. 185). n. öffentlichrechtliche:

1. Der Gemeingebrauch des Wassers durch Schöpfen mit Handgefäßen, zum Baden, Waschen, Tränken, Schwemmen, sowie zur Eisbahn, ist durch Art. 26 gewährleistet, soweit dies ohne rechtswidrige Benützung fremder Grundstücke ge­ schehen kann. Auch das Recht zur Wasserentnahme in Fällen gemeiner Gefahr, z. B. bei Feuersnot, findet im Art. 26 und im 8 229 BGB. eine genügende Stütze.

2. Die Benützung der öffentlichen Flüsse und staatlichen Kanäle zur Schiffund Floßfahrt steht vorbehaltlich der Bestimmungen der Staatsverträge und vorbehaltlich der näheren Regelung dieser Benützung durch Schiffahrts-, Floßund Kanalordnungen jedem frei. Die Einlegung der Kette oder einer ähnlichen Vorrichtung in einen öffentlichen Fluß zum Schiffahrtsbetriebe unterliegt aber der Genehmigung der Staatsregierung (Art. 29). Die öffentlichen Seen dürfen mit Schiffen, die durch eigene Triebkraft fort­ bewegt werden, nur auf Grund einer besonderen Erlaubnis befahren werden (Art. 30). 3, Auch die Trift in öffentlichen Triftgewäffern ist nach Art. 32 nach Maß­ gabe der Triftordnungen jedem gestattet, soweit nicht Lokalverordnungen, Herkommen oder besondere Rechtsverhältnisse ausschließende Rechte zur Benützung der Triftgewäffer oder bestimmte Beschränkungen in der Ausübung der Trist ge­ schaffen haben. Innerhalb der unter I bezeichneten priva tr echt lichen Sch ranken ist das Staatseigentum an den öffentlichen Gewässern, wie bereits erörtert wurde, frei. Der Staat kann also nach § 903 BGB. mit dem Gewässer, d. h. mit dem Wassergrundstücke — dem Bette und der Wassersäule — nach Belieben Ver­ fahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen (vgl. Preuß. Entw. S. 127). Er kann also den Fluß nach Gutdünken regulieren, korrigieren, ableiten, unterirdisch weiterführen, ja er könnte sogar rein theoretisch genommen seine Wassermasse ganz verbrauchen, wenn er dabei nicht in bestehende Rechte eingreift. Das Recht des Gemeingebrauchs steht dem nicht entgegen; denn es enthält nur eine Befugnis, das vorhandene Gewässer zu benützen, nicht aber einen Anspruch darauf, daß zur Befriedigung jenes Rechtes ein Gewässer vorhanden sei. Das Gleiche gilt vom Schiff- und Floßfahrtsrecht und von der Trist. Soweit nicht besondere Rechtsverhältnisse vorliegen, enthalten sie nur eine Befugnis zur Be­ nützung des vorhandenen Gewässers, nicht aber einen Rechtsanspruch gegen den Staat, daß er ein solches schaffe oder erhalte. Selbstverständlich wird sich der Staat auf den reinen Rechtsstandpunkt nur dann stellen, wenn dringende Gründe dies nötig machen; in allen übrigen Fällen wird er das fiskalische Interesse den Rücksichten auf die Allgemeinheit unterzuordnen haben. Auf die Verwendung der öffentlichen Gewässer zum Wohle der Allgemein­ heit aber hat diese, wenn auch keinen rechtlichen, so doch einen moralischen Anspruch, der an Gewichtigkeit einer Rechtsbefugnis kaum viel nachgibt (vgl. Schenkel S. 36, 100). Oertmanns Ansicht (§ 95, 2), daß der Staat über die Substanz des Flusses auch vorbehaltlich des Gemeingebrauches nicht verfügen könne, ist für das frühere bayerische Wasserrecht, das in den öffentlichen Gewässern ein zur all­ gemeinen Benützung bestimmtes Staatsgut erblickt, einwandstei; für das geltende Recht, das diese Widmung zwar noch als Staatsaufgabe, aber nicht mehr als Rechtspflicht des Staates anerkennt, trifft sie nicht mehr zu.

Al»M. 8. Ans dem Staatseigentum entspringende Rechte. 1« Der Staat hat als Grundeigentümer das Recht, sich die Erzeugnisse der öffentlichen Gewässer anzueignen. Andere bedürfen zur Entnahme von Eis, Sand, Kies, Steinen, Schlamm, Erde und Pflanzen aus dem Flußbett öffentlicher Gewässer und zur Goldwäscherei der Erlaubnis der Staatsbehörde (Art. 26 Abs. 2). 2. Wird im Flußbett ein Schatz entdeckt und in Besitz genommen, so erwirbt das Staatsärar gemäß § 984 BGB. das Eigentum zur Hälfte. 3. Im Grundeigentum wurzelt ferner das Jagdrecht des Staates auf den öffentlichen Gewässern (Art. 1 des Jagdges. vom 30. März 1850).

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Das Jagdrecht übt namens der Grundeigentümer die politische Gemeinde inner­ halb ihres Bezirkes aus (Art. 4 Jagdges.). Flüsse und Bäche unterbrechen nach Art. 2 Abs. 2 Jagdges. nicht die Kontinuität des Jagdbezirkes. Wenn das Gewässer einen zusammenhängenden Grundbesitz von mindestens 240 bayerischen Tagwerken — 81,77 ha im Flachlande und 400 Tagwerken = 136,29 ha im Hoch­ gebirge und von mindestens 50 Tagwerken — 17,03 ha bei Seen darstellt, ist das Staatsärar zur Selbstausübung der Jagd auf dieser Fläche berechtigt (Art. 2 Ziff. 3 u. 4 Jagdges.). Da weitere Beschränkungen als die angegebenen für das Recht auf die Eigenjagd nicht bestehen und auch die Gemeindegrenzen es nicht beschränken (vgl. VGE. 3 S. 217, 270), so kann zur Erreichung der vor­ geschriebenen Tagwerkszahl die ganze Wasserstrecke zwischen den beiden Üferlinien

samt allen Nebenflüssen, soweit sie öffentliche Gewässer, Staatsprivatflüsse oder geschlossene Gewässer im Eigentums des Staates sind, miteingerechnet werden. Die Zu- und Abflüsse der Seen und Weiher können diesen zugerechnet werden, um die Grundstücks fläche von 240 oder 400, nicht aber um die Seefläche von 50 Tagwerken zu erreichen. Ebenso kann natürlich die bezeichnete Wasserfläche mit fiskalischen Landgrundstücken zur Erreichung der Tagwerkszahl von 240 und 400 zusammengerechnet werden. Der Staat hat bisher von diesem Rechte zur eigenen Jagdausübung nur beschränkten Gebrauch gemacht. Nach § 1 Abs. 3 des Finanzministerialreskriptes vom 6. Mai 1850 über die Bestimmungen, nach welchen die Staatsjagden zu verwalten sind, werden ärarialische Flußstrecken nur dann in die erforderliche Tag­ werkszahl eingerechnet, wenn auf beiden Ufern Staatsgrundstücke angrenzen, nicht aber, wenn nur auf einem Ufer Staatsliegenschaften an den Fluß stoßen. Nach ß 6 a. a. O. übt das Ärar auf öffentlichen Flüssen die Jagd auf jenen Strecken bis in die Mitte des Flußbettes aus, die an ärarialische Landjagden grenzen. „Auf den übrigen Flußteilen ist von einem Ansprüche auf die Ausübung des Jagdrechtes bis auf weitere Bestimmung Umgang zu nehmen". Insoweit bleibt also die Jagdausübung den Gemeinden namens des Staatsärars überlassen. Der Fiskus hat gegen die Gemeinde einen verwaltungsrechtlichen Anspruch auf den treffenden, mangels einer Übereinkunft nach der Tagwerkszahl der Grundstücke zu berechnenden Anteil am Jagdpachtschilling (Art. 9 Jagdges., Art. 8 Ziff. 17 BGG.; vgl. auch Trunk Bl. 30 S. 313 ff.). 4, Die Fischerei. Nach Art. 4 FGE. ist, insoweit nicht auf besonderen Rechtsverhältnissen beruhende Rechte dritter Personen bestehen, in öffentlichen Gewässern der Staat fischereiberechtigt. Dies Recht erstreckt sich auch auf die natürlich oder künstlich hergestellten Abzweigungen des Gewässers (Seitenarme, Kanäle, Bewässerungsgräben) in der durch die Lage und durch das Längeverhält­ nis der Hauptwasserstrecke bestimmten räumlichen Ausdehnung. Besondere Rechts­ verhältnisse sind auch hier Vorbehalten (FGE. Art. 5). Das Fischereirecht gibt nach Art. 1 FGE. die Befugnis, in dem Gewässer Fische, Krebse und andere nutzbare Wassertiere — also auch Muscheln mit Ausnahme der Perlmuscheln —, soweit diese Tiere nicht Gegenstand des Jagdrechtes sind, zu hegen und zu fangen (vgl, auch Art. 109 und die Bemerkungen hiezu). Über den Froschfang s. Art. 1 Abs. 4.

5« Die Perlfischerei. Sie fällt, wie später (beim Art. 26) zu erörtern sein wird, nicht unter den Begriff der Fischerei im Rechtsfinne. Dem Staate steht nicht nur an seinen öffentlichen, sondern nach Art. 26 an allen Gewäffern das Recht der Perlfischerei zu, soweit es nicht Dritten eingeräumt ist. Die Perl­ fischerei ist also Staatsregal. 6. Das Recht des Staates auf die durch Veränderungen am oder im Flußbett entstehenden Grundstücke oder Grundstücksteile

(verlassenes Flußbett Art. 12, Inseln Art. 13, Abrisse im Falle des Art. 14 Abs. 2) ist gleichfalls eine Folge seines Eigentums am Gewässer.

A«M. 9.

Die Rechtsschntzmittel, die dem Staat als dem Eigentümer der öffentlichen Gewässer zu Gebote stehen, sind dieselben, die das bürger­ liche Recht dem Grundstückseigentümer gewährt. Vor allem kommen die Eigentumsfreiheitsklage nach § 1004 BGB. und die Besitzesschutzmittel der §§ 854 ff. BGB., diese für, und zugunsten dinglicher Rechte dritter auch gegen das Staatsärar in Betracht. Unbefugte Ausdehnung des Gemeingebrauchs, Entnahme von Erzeugnissen des Gewässers, unerlaubte Anlagen usw. kann der Staat mit der Eigentumsfreiheitsklage bekämpfen; in der Regel aber wird er durch die Anwendung der ausgiebigen Strafschutzbestimmungen, die ihm die Art. 202 ff. gewähren, rascher zum Ziele kommen. Die §§ 823 ff. BGB. sichern dem Staate den Ersatz des ihm durch unerlaubte Einwirkungen auf das Gewässer zugefügten Schadens.

A«m. 10.

Aus dem Staatseigentum entspringende Pfttchte«. 1. Den Eigen­ tümerrechten entsprechen Eigentümerpflichten. Die eben erwähnten §§ 823 ff. BGB. können auch gegen den Staat als Waffe dienen, wenn er durch seine öffentlichen Gewässer fremde Rechtsgüter schuldhaft verletzt. Näheres hierüber bei Art. 74 und an anderen Orten. 2. Die Jnstandhaltungspflicht. Sie obliegt dem Staat nur an den Staatskanälen, den Hochwafferdämmen und bei Flußregulierungen; außerdem erfolgt die Reinigung und Räumung des Flußschlauchs und die Freihaltung der Ufer eines öffentlichen Flusses in der Regel auf Kosten des Staates. Im übrigen aber ist vorbehaltlich des Art. 84 der Schutz und die Unterhaltung der Ufer Kreislast (vgl. Art. 91—96). Schon die Worte des Gesetzes: „erfolgt auf Kosten des Staates" (Art. 91, 93), und „erfolgt durch den Staat" (Art. 94, 96) deuten an, daß es sich hier nicht um erzwingbare Privatrechtspflichten, noch auch um erzwingbare verwaltungs­ rechtliche Verbindlichkeiten, sondern lediglich um Aufgaben handelt, für deren Erfüllung der Staat die moralische Verantwortung trägt, aber rechtlich nicht haftbar gemacht werden kann, um Regimin «laufgaben, wie sie die Begr. S. 565 I nennt. Damit ist aber nicht gesagt, daß der Staat den Schaden, den er etwa durch Vernachlässigung seiner Jnstandhaltungspflicht dritten zufügt, nicht zu ersetzen habe. Wenn auch die Instandhaltung nicht erzwungen werden kann, so sind doch die Art. 91 ff., soweit sie die Jnstandhaltungspflicht des Staates (oder der Kreis­ gemeinden) begründen, Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB., die nicht ungestraft verletzt werden dürfen (vgl. OAGE. vom 20. Oktober 1856, Bl. f. RA. 22 S. 86, Schädigung von Grundstücken durch vermeidbare Ausschwitzungen des Ludwigskanals betr.; Oertmann § 95, 2 f.).

Amn. 11. A«M. 12.

Zuständigkeit zur Entscheidung über die Eigeutumsverhältuiffe der öffentliche« Gewässer. Vgl. Anm. 3 zu Art. 177.

Die Vertretung des StaatsärarS im Zivil» «ad Verwalt««gsrechtSftreite steht den Regierungsfinanzkammern zu (Form. VO. v. 17. Dezember 1825 §§ 87 ff.). Der allgemeine Gerichtsstand des Fiskus wird durch den Sitz dieser Regierung bestimmt (ZPO. § 17). Hier wird allerdings in der Regel der ausschließliche Gerichtsstand des § 24 ZPO., das formn rei sitae, in Frage kommen.

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Die Kollegialmitglieder der Regierungsfinanzkammer können im Prozesse nicht als Zeugen auftreten (RG. in ZS. 45 S. 427, 46 S. 318, Gaupp-Stein ZPO. Vordem, zu Buch II, Tit. VII, I B, Seuffert ZPO. Anm. 2 vor § 373. Die Eideszuschiebung und die Auferlegung des richterlichen Eides muß an die sämtlichen zur Zeit der fraglichen Handlung der Regierungsfinanzkammer an­ gehörenden Kollegialmitglieder erfolgen (§§ 472, 474 ZPO.). Der Eid ist von ihnen allen, nicht etwa bloß vom Regierungspräfidenten oder dem Vertreter des Fiskalats zu leisten. Betrifft der Eid nur die eigenen Handlungen oder Wahr­ nehmungen eines oder einiger der Kollegialmitglieder, so haben ihn nur diese zu leisten. Die Fiskale bei den Kreisregierungen find nicht die Repräsentanten des Fiskus, sondern die Mandatare der diesen repräsentierenden Regierungsfinanz­ kammern, indem fie in streitigen Angelegenheiten die prozessuale Vertretung des Fiskus zu übernehmen haben. Ihre Stellung unterscheidet sich von der anderer Prozeßbevollmächtigter lediglich dadurch, daß sie zur Vertretung nicht einer be­ sonderen Vollmacht bedürfen, sondern hiezu durch ihre Anstellung und kraft ihres Amtes von selbst berufen sind (VO. vom 27. November 1825, die Auflösung des Generalfiskalates betr., § 4). Das gilt vorbehaltlich des Anwaltszwanges auf dem Gebiete des Zivilprozeffes wie auf dem der Verwaltungs- und Berwaltungsrechtsstreitigkeiten (BGE. 13 S. 288, OGH. 6 S. 487). Auf dem Gebiete der Verwaltung hat ein unmittelbarer Verkehr mit dem Fiskalat erst dann einzutreten, wenn dieses die prozessuale Vertretung des Fiskus tatsächlich übernommen hat. Die Regierungsfinanzkammern können die Vertretung auch den Beamten der Rentämter, Bauämter, Forstämter usw. übertragen; in diesen Fällen bedarf es aber stets einer Spezialvollmacht (vgl. noch BollzB. zum VGG. § 4 Abs. 4, Ziff. V FinME. vom 22. Juni 1870 (FMBl. S. 85), Seydel 2, S. 374, Reger-Dyroff S. 334, 376, BGE. 9 S. 324, 16 S. 42).

Öffentliche Flüsse.

Art. 3.

Flüsse und Flußteile behalten mit ihren Nebenarmen die Eigenschaft öffentlicher Flüsse, wenn fie nicht mehr zur Schiff- oder Floßfahrt benützt werden.

Aum. 1.

Inhalt.

Der Art. 3 bezieht sich nicht gleichmäßig auf alle Arten der öffentlichen Gewässer; von den Seen und sonstigen geschlossenen Gewässern und von den Kanälen spricht er nicht. Dagegen erstreckt er sich auf Flüsse und Flußteile, d. h., wie die Darlegungen zum Art. 1 gezeigt haben, nach der Längenausdehnung bemessene Einzelstrecken des Flusses und auf die dazu gehörigen Nebenarme. Unter Nebenarmen versteht man nach der Breitenausdehnung des Flusses gemessene Einzelstrecken, die mindestens an einer Stelle mit der Hauptwassermasse des Flusses in ständiger oberirdischer Verbindung stehen. Entscheidend ist der mittlere Wasserstand des Flusses. Im übrigen vgl. Anm. 4 Ziff. 8 zum Art. 1. Die Nebenarme öffentlicher Flüsse müssen nicht unter allen Umständen öffentliche Gewässer sein; bestehende Privatrechtsverhältnisse werden nach Art. 207 durch das Gesetz nicht berührt. Uber die Erwerbung der Eigenschaft eines öffentlichen Gewässers vgl. Anm. 4 zum Art. 1. Für die Nebenarme bedarf es des Erfordernisses des Dienens zur Schiff- oder Floßfahrt überhaupt nicht, bei den Flüssen und Flußteilen muß diese

Eigenschaft nur zur Begründung, nicht aber auch zur Forterhaltung der recht­ lichen Natur eines öffentlichen Gewässers gegeben sein. Ist diese einmal vor­ handen, so bildet sie, wie Reuß S. 21 mit Recht bemerkt, für den Fluß oder Flußteil einen character indelebilis. Das Erlösche« der Eigenschaft eines öffentlichen GewäfferS. Eine Deklassierung der öffentlichen Flüsse, wie sie z. B. das badische Wasser­ recht (§ 1 Abs. 5) vorsieht, ist dem WG. unbekannt. Flüsse, Flußteile und Neben­ arme verlieren also die einmal vorhandene Eigenschaft öffentlicher Gewässer nur dann, wenn sie aufhören, Flüsse, Flußteile oder Nebenarme zu sein. Diese Änderung kann auf natürlichem Wege vor sich gehen, wird aber meist durch künstliche Einwirkungen hervorgerufen werden. Es werden dabei haupt­ sächlich folgende Fälle in Betracht kommen:

AllM. 2.

1. Verlandungen, Einfüllungen, Verschüttungen u. dgl. heben die Gewäffereigenschaft überhaupt und damit selbstverständlich auch die Eigenschaft eines öffentlichen Geyräffers auf. Ob das Waffer unterirdisch noch vorhanden ist oder nicht, ist gleichgültig. 2. Die Abschneidung der Verbindungen eines Nebenarmes vom Hauptfluffe beseitigt seine Eigenschaft als Nebenarm eines öffentlichen Flusses, selbst wenn bei Hochwasser diese Verbindung wiederhergestellt wird. Ein Neben­ arm, der mit dem Fluß an zwei Stellen verbunden ist, bleibt aber Nebmarm, wenn nur eine Verbindung, gleichviel ob die obere oder die untere, aufgehoben wird. Der Fall der Ziff. 2 wird besonders häufig bei Flußkorrektionen eintreten. Wird ein vielgewundenes Flußbett durch einen Durchstich gerade gelegt, so bildet von nun an das regulierte Beu mit der dm in enthaltenen Wassersäule den Fluß; die bisherigen Windungen werden 3tebc:m-.»ie und bleiben als solche zunächst öffentliches Gewässer. Werden sie aber dur.l) einen Wasserbau vom Hauptflußbette völlig abgeschnitten, so hören sie auf, Flußbestandteile zu sein, und verlieren damit auch den Charakter öffentlicher Gewässer, da in der Regel auch Art. 1 Abs. 2 nicht auf sie angewendet werden kann. Die Altwässer können also nicht öffentliche Gewässer sein, weil sie nicht Flußbestandteile sind. Mit der Abschneidung gehen die Nebenarme aus der Klaffe der öffentlichen in die der Privatgewässer über. Sie bleiben natürlich nach wie vor im Eigentums des Staates, solange sie noch Wasserflächen darstellen und nicht etwa Art. 10 Platz greift (vgl. auch RRA. S. 134). 3. Ein Nebenarm (nicht aber ein Fluß oder Flußteil im Sinne des Art. 3 [f. Anm. 1]) verliert die Eigenschaft eines öffentlichen Gewässers unter Umständen auch dadurch, daß er zum Bett eines Privatflusses wird. Ein Beispiel soll diesen Satz erläutern: Die Altmühl, ein Staatsprivatfluß nach Art. 23, floß früher unmittelbar bei der Stadt Kelheim in die Donau. Flußbautechnische Erwägungen nötigten schließlich dazu, diese Mündungsstelle zu verlegen. Man schnitt das Wasser bei der Mündung durch einen Bau vom Hauptflußbett ab und leitete die Altmühl in einen langen, mit dem Flußbett parallel laufenden Nebenarm der Donau. Die ganze frühere Altmühlmündung und ein breiter Streifen zwischen der Donau und dem erwähnten Nebenarme sind jetzt verlandet. Die Altmühl mündet also jetzt erst an dem Orte, wo sich der Nebenarm mit dem Donaubette vereinigt, mehrere Kilometer unterhalb der früheren Mündungsstelle beim Dorfe Kelheim­ winzer in die Donau. Man kann wohl nicht daran zweifeln, daß der frühere Donauarm zwischen Kelheim und Kelheimwinzer dadurch, daß die ganze Waffer-

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

mässe der Altmühl in sein Bett geleitet wurde, aufgehört hat, ein Nebenarm der Donau und als solcher ein öffentliches Gewässer zu sein, und daß er vielmehr zum Altmühlflußbett und damit zum Privatgewäffer nach Art. 23 geworden ist. Das Gegenteil anzunehmen, wäre widersinnig; man käme dazu, die Altmühl nicht bei Kelheimwinzer, sondern bei Kelheim an der Stelle in die Donau münden zu lassen, bei der sich vor der Regulierung zuerst das Altmühlwaffer mit dem Wasser des Donauarmes vereinigte. Dies Ergebnis ist geographisch und hydrographisch und nicht zuletzt auch nach dem Sprachgebrauch unhaltbar. Natürlich trifft dies Beispiel nicht für alle Fälle zu, in denen ein Privat­ fluß in einen Nebenarm eines öffentlichen Flusses geleitet wird oder sein Bett von selbst in diesen verlegt. Was von der Altmühl gesagt wurde, würde nicht gelten, wenn sich an Stelle der Altmühl ein unbedeutender Privatfluß oder Bach in den ziemlich mächtigen Donauarm ergösse. Wie zu entscheiden ist, wird also immer Tatfrage sein. Ist der Privatfluß ebenso stark, wenig schwächer oder gar stärker als der Nebenarm, so wird unser Beispiel zutreffen, ist das Gegenteil der Fall, so ist es unanwendbar (vgl. auch den Fall der RGEntsch. 49 S. 241). Ob der einmündende Fluß ein Privatfluß nach Art. 21, 23 oder 24 ist, macht an sich keinen Unterschied. Die Folgen für das Eigentum am Flußbett aber gestalten sich verschieden: Bei Staatsprivatflüssen nach Art. 23 tritt am Flußbetteigentum des Staates keine Änderung ein. Bei Privatflüssen nach Art. 24 ist es zweifelhaft, ob das Gleiche angenommen werden kann. Da hier das Eigentum am Flusse in seiner Gesamtheit dem Berechtigten zusteht und der Nebenarm des öffentlichen Flusses zum Bette dieses Privatflusses wird, muß grundsätzlich angenommen werden, daß der Staat sein Privateigentum am Nebenarm an den Flußeigentümer verliert, wenn diese Rechtsfolge nicht bei der Gestattung der Einleitung vertragsmäßig ausgeschlossen wird. Anders liegt die Sache bei den Privatflüssen nach Art. 21, die im Eigentum der Ufereigentümer stehen. Hier ist der Fluß nicht in seiner Gesamtheit, sondern nach einzelnen, den Ufergrundstücken entsprechenden Teilen Eigentumsobjekt und die Ufereigentümer, die bisher am Nebenarm des öffentlichen Flusses nicht eigentumsberechtigt waren, haben wohl auch keinen Anspruch darauf, nach der einge­ tretenen Änderung Flußeigentümer zu werden. Das bisher dem Staat gehörige Bett des Nebenarmes wird also auch nachher Staatseigentum verbleiben.

Art. 4. Umwandlung i« öffentliche Flüffr. Jeder Fluß und jeder Teil eines solchen kann, wenn er vom Staate oder von einem dritten zur Schiff- oder Floßfahrt eingerichtet wird, von der Staatsregierung zum öffentlichen Flusse erklärt werden. Die Eigenschaft als öffentlicher Fluß beginnt mit dem von der Staatsregierung bezeichneten Zeitpunkte. Abs. 2. Ist zur Durchführung der Umwandlung die Abtretung eines Grundstücks oder die Belastung eines Grundstücks mit einer Dienstbarkeit erforderlich, so finden die Bestimmungen in den Artikeln 154 bis 156 An­ wendung. Abs. 3. Für die Entziehung des Flußbetts kann eine Entschädigung nicht verlangt werden. Wird infolge der Umwandlung eines Flusses oder

eines Flußteils in einen öffentlichen Fluß die bisherige Benützung des Wassers oder des^Flußbetts oder eines Teiles desselben zum Nachteil eines Berechtigten aufgehoben oder beeinträchtigt, so kann dieser Entschädigung

verlangen.

A«M. 1. Die Umwandlung eines Privatflnfses in einen öffentlichen. 1. Art. 4 handelt nur von Flüffen und Flußteilen, nicht von den geschlossenett Gewässern. Für diese vgl. Anm. 6 und 7 zum Art. 1 (s. auch ABAK. S. 157). Er behandelt auch nicht die Neuschaffung künstlicher Wafferstraßen (Kanäle) und gilt ebensowenig von dem Falle, daß sich der Fluß durch die Naturgewalt zum schiff- oder flößbaren Gewäffer erweitert (hierüber s. Anm. 4 Ziff. 4 zum Art. 1). Nach der Regel des Art. 1 (vgl. auch Art. 3 WBG., Reuß S. 22) würde die Umwandlung eines Privatfluffes in einen öffentlichen von Rechts wegen mit dem Zeitpunkt eintreten, von dem an gesagt werden kann, daß der Fluß nun zur Schiff- oder Floßfahrt dient. Wann dies der Fall ist, ist eine Tatfrage, die oft schwer zu entscheiden sein wird, weil nur eine Betlützung, die die Gewähr einer gewissen Dauer in sich trägt, die Rechtswirkungen des Art. 1 herbeizuführen im­ stande ist und auch der Begriff der Schiff- oder Floßfahrt im Einzelfalle nicht immer sofort einwandfrei festgestellt werden kann (vgl. Art. 1 Anm. 4). Darum erschien es zweckmäßig, für künftige Fälle der Schiff- oder Floßbarmachung von Privatflüssen den Eintritt der Rechtswirkungen des Art. 1 an einen jederzeit zweifelsfrei feststellbaren Zeitpunkt zu knüpfen. Art. 4 verlangt daher zur Umwandlung des privaten Flusses in einen öffentlichen eine Erklärung der Staatsregierung und läßt die Eigenschaft des öffentlichen Flusses mit dem in dieser Erklärung bezeichneten Zeitpunkte beginnen. Die Umwandlung des Privatflusses in einen öffentlichen vollzieht sich also (im Gegensatze zum Art. 3 WBG.) nicht schon durch die tatsächliche Benützung zur Schiff- oder Floßfahrt, selbst wenn sie allen Erfordernissen des Art. 1 un­ verkennbar genügt, sondern erst mit der Erklärung der Staatsregierung von dem dort bezeichneten Zeitpunkt an (Begr. S. 547 I). Ja es bedarf sogar, wenn diese Erklärung vorliegt, gar nicht der tatsächlichen Benützung zur Schiff- oder Floßfahrt, sondern es genügt, wenn der für öffentlich erklärte Fluß zur Schiff, oder Floßfahrt benützbar ist (a. M. — für das bisherige Recht zutreffend — Oertmann § 94 II a y).

2. Eine Rückumwandlung des Flusses in einen Privatfluß, weil die Schiff- oder Floßfahrt nicht in Gang kommen will oder wieder ein­ schläft, ist nach Art. 3 nicht statthaft; die Erklärung der Staatsregierung, daß der Fluß ein öffentlicher sei, ist unwiderruflich (vgl. KorrefRK. S. 44, RRA. S. 134; anders Baden § 1 Abs. 5). 3, Die Umwandlung kann sich auf den Fluß als Ganzes und auf jeden Teil eines solchen erstrecken. Mr die Nebenarme öffentlicher Flüsse kommt Art. 4 nicht in Betracht; denn sie find nach Art. 1 öffentliche Gewässer, auch wenn sie nicht der Schiff- oder Floßfahrt dienen. Wohl aber gilt er von den Neben­ armen der Privatflüsse. Der Staat kann sie für öffentliche Gewäffer erklären, wenn sie zur Schiff­ oder Floßfahrt eingerichtet oder von Natur dafür geeignet sind. Mit der Um­ wandlung eines Privatflusses nach Art. 4 werden auch alle zur umgewandelten Flußstrecke gehörigen Nebenarme, auch wenn sie nicht schiff, oder flößbar sind, öffentliche Gewäffer (RRA. S. 134, Reuß S. 22, s. aber RG. 45 S. 183). Die Altwässer, die nicht mehr Nebenarme, sondern geschloffene Gewäffer sind, werden von der Umwandlung nicht ergriffen (RRA. S. 134, s. Anm. 2 zum Art. 3).

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

4 . Der Staat kann den Fluß selbst zur Schiff- oder Floßfahrt einrichten oder es kann dies ein anderer tun. Der Genehmigung der Regierung bedarf der dritte zur Einrichtung nicht, soweit nicht die Art. 29 Abs. 3, 42 ff., 76 ff. in Betracht kommen, was allerdings in der Regel der Fall sein wird. Die Umwandlung vollzieht sich aber auch hier erst mit der Erklärung der Staatsregierung. Diese Erklärung wirkt konstitutiv, nicht deklaratorisch; wird sie verweigert, so bleibt der Fluß trotz seiner tatsächlichen Schiff­ oder Floßbarkeit ein Privatfluß (RefRRK. S. 7, RRA. S. 133). Die Regierung wird, wenn die Einrichtung durch Dritte erfolgt ist, die Er­ klärung nach Art. 4 Abs. 1 Wohl nicht eher erlassen, als bis ihr genügende Ge­ währ für einen geordneten Schiff- oder Floßfahrtsbetrieb gegeben erscheint. 5 .) Die Einrichtung zur Schiff- und Floßfahrt setzt die Ein­ willigung des Flußeigentümers und der ■ sonstigen Berechtigten voraus, die aber nach Abs. 2 nötigenfalls erzwungen werden kann. Welcher Art die zu treffenden Einrichtungen sein müssen, bestimmt sich nach der Lage des Falles. Die Anlegung von Häfen und Ländeplätzen, dann Baggerungen, Durchstechungen, Gefällsregulierungen, Wasserbauten, Erweiterungen von Schleusen usw. können dazu erforderlich werden. Die Umwandlung eines flößbaren Flusses in einen schiffbaren fällt nicht unter Art. 4. AltM. 2.

Folge« der Umwandlung. Eine notwendige Rechtsfolge der Um­ wandlung ist es, daß der Staat mit dem in der Erklärung der Staats­ regierung bezeichneten Zeitpunkte von selbst Eigentümerdesumgewandelten Flusses oder Flußbestandteils wird (Art. 2, Begr. S. 547 I). Er kann daher sofort die Berichtigung des Grundbuchs oder die Ausbuchung verlangen (s. Anm. 5 und 6 zum Art. 2; DA. f. d. GBÄ. § 355). Auf Privatrechts, titeln beruhende Belastungen gehen unter, soweit sie mit dem Charakter der Wassergrundstücke als Bestandteile eines öffentlichen Gewässers nicht vereinbar find. So erlöschen z. B. die Hypotheken, Grund- und Rentenschulden usw., die an der nach Art. 21 einen Grundstücksbestandteil bildenden Wasserfläche bestanden hatten, mit dem Augenblick, wo diese öffentliches Gewässer wird. Auch in Bezug auf den Gemeingebrauch, die Verpflichtung zur Duldung des Leinpfades, die Instandhaltung usw. gilt der Fluß in Zukunft als öffentliches Gewässer. A«M. 3. Zwangsenteignung zur Durchführung der Umwandlung (Abf. 2). Zum Zwecke der Schiff- und Floßbarmachung eines Privatfluffes können fich mehrere Beteiligte, wenn die Voraussetzungen des Art. 111 Abs. 1 vorliegen, zu einer Genossenschaft nach Art. 110 Ziff. 1 vereinigen und, wenn weiter auch Art. 112 Abs. 2 gegeben ist, die Widerstrebenden zum Beitritte zwingen. Nach Art. IA Ziff. 4 ZEG. und 153 WG. kann zur Schiffbarmachung von Flüssen und Strömen das Zwangsenteignungsverfahren durchgeführt werden, wenn hiefür die Abtretung eines Grundstücks oder die Belastung eines Grundstücks mit einer Dienstbarkeit erforderlich wird (vgl. auch Art. 5 WBG.). Dies Enteignungsrecht würde für die Umwandlung eines Privatflusses in einen öffentlichen nicht immer völlig ausreichen. Art. 4 gewährt daher ein weiter­ gehendes Enteignungsrecht für diese Umwandlung. Der Vertreter der Kgl. Staats­ regierung bemerkte hiezu, „durch die Erklärung eines Flusses zum öffentlichen trete eine Verschiebung in dem Eigentum und in den Rechten an Grundstücken ein, die zum Wafferlaufe gehörten. Rechte, die auf den Grundstücken bisher lasteten, müßten abgelöst werden, auch weitere Enteignungsakte könnten hiebei erforderlich werden; dies ermögliche Art. 4 Abs. 2 und 3, während für die Schiffbarmachung des Flusses selbst das Zwangsenteignungsgesetz das Erforderliche

vorsehe." (RRA. S. 134). Nach den in Art. 4 für anwendbar erklärten Art. 154—156 gelten für diese Zwangsenteignung die Bestimmungen des ZEG. vom 17. November 1837 und die Art. 16—26 AG. z. ZPO. Näheres hierüber in den Bemerkungen zum Art. 154. Der Verpflichtete, dem die Belastung seines Grundstücks mit einer Dienstbarkeit angesonnen wird, kann jedoch nur dann auf der Abtretung des Grundstückes bestehen, wenn die Belastung zur Folge hätte, daß sein Eigentum von ihm oder nutzungsberechtigten dritten nicht mehr zweck­ mäßig benutzt werden kann (Art. 155). Wenn die Zwangsenteignung zulässig ist, muß auf Anordnung der Ver­ waltungsbehörde jeder Besitzer auf seinem Grund und Boden alle Handlungen, die zur Vorbereitung des Unternehmens erforderlich sind, gegen Entschädigung vornehmen lasten (Art. 156 Abs. 1). Wenn die Abtretungspflicht nicht streitig ist, erfolgt die Feststellung der Entschädigung nach Art. 195 auf Antrag eines Beteiligten durch die zu­ ständige Distriktsverwaltungsbehörde im Wege der Schätzung. Näheres beim Art. 195. Auf Verlangen des Besitzers hat die Verwaltungsbehörde dem Unternehmer, wenn es nicht der Staat ist, die vorgängige Leistung einer entsprechenden Sicherheit aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 2). Die Zwangsenteignung wird in ihrer Wirksamkeit dadurch nicht beein­ trächtigt, daß die Regierung hinterher den Fluß nicht als öffentlichen erklärt (RRA. S. 133).

Airm. 4. Die Entziehung des Flußbettes (Abs. 3 Satz 1). über den Begriff des Flußbetts vgl. Anm. 1 zum Art. 5. Im Zwangsenteignungs­ verfahren nach Art. 4 kann wie bisher schon nach Art. 6 WBG. für die Ent­ ziehung des Flußbettes keine Entschädigung verlangt werden. Das gilt gegenüber dem Eigentümer und allen dinglich Berechtigten. Aus dieser Bestimmung folgt a potiori, daß auch Einwirkungen auf das Flußbett, die keine völlige Entziehung in sich schließen (Reuß S. 26 nennt z. B. das Einrammen von Pfählen) keine Entschädigungspflicht begründen. Daß das Flußbett nicht enteignet zu werden brauche, wie Seydel 3 S. 253 und Reuß S. 26 annehmen, kann aus Art. 6 WGB. oder Art. 4 Abs. 3 Satz 1 WG. nicht gefolgert werden. Dieser sagt nicht, daß die Berechtigten sich die Entziehung des Flußbettes unter allen Umständen ohne weiteres gefallen lasten müssen, sondern nur, daß sie keine Entschädigung verlangen können, wenn diese Duldungspflicht festgestellt ist. Gerade diese Feststellung aber ist, wenn Streit besteht, die Aufgabe des Zwangsenteignungs­ verfahrens. Daß das ZEG. nur von Enteignung gegen Entschädigung handelt (Seydel a. a. O.), beweist in diesem Falle nichts, zumal da die Entschädigung, wie Seydel 2 S. 349 selbst anerkennt, für die Enteignung nicht begriffs­ wesentlich ist (vgl. auch Oertmann § 36 II 1, § 94 II a y).

A«M. 5*

Die Schädigungen von Nutzungsrechten durch die Umwaudluug (Abs. 3 Satz 2). Der zweite Satz des Abs. 3 behandelt die Ent­ schädigungsforderungen der Berechtigten, die nicht ein Grundstück abtreten oder eine Belastung eines Grundstückes mit einer Dienstbarkeit dulden müssen (Abs. 2), aber in ihren Nutzungsrechten durch die Umwandlung des Flusses oder Flußteiles Nachteile erleiden. Eine Zwangsenteignung steht hier nicht in Frage. Der Geschädigte kann also nie verlangen, daß ihm sein Grundstück abgenommen werde, selbst wenn es durch die Aufhebung oder Beeinträchtigung der Nutzung so gut wie wertlos geworden ist.

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Der Regierungsentwurf sprach lediglich von der Aufhebung oder Beschrän­ kung der bisherigen Benützung des Waffers. Auf den Antrag des RefAK. wurden dem die Aufhebung und die Beeinträchtigung der bisherigen Benützung des Fluß­ bettes oder eines Teiles des Flußbettes gleichgestellt (ABAK. S. 157). Der RefRK. führte über das Verhältnis der beiden Sätze des Abs. 3 zutreffend folgendes aus: „Der erste Satz bedeutet, daß für die Entziehung des Flußbettes an sich eine Entschädigung nicht verlangt werden kann; der Eigentümer kann also nicht sagen, er verliere so und so viel Hektar Grundfläche und beanspruche dafür eine bestimmte Summe, da ein Hektar Grund in der betreffenden Gegend einen gewissen Durchschnittswert habe; er kann auch keinen Entschädigungs­ grund daraus ableiten, daß er behauptet, das Flußbett sei in irgendeiner Weise nutzbar zu machen, z. B. durch Errichtung einer Badeanstalt. Dagegen würde auch der im zweiten Satze befindliche Ausdruck „bisherige Benützung" sprechen. Dagegen können von feiten des Flußeigentümers oder eines Drittberechttgten bisher Nutzungen stattgefunden haben, für welche Entschädigung zu gewähren ist. Es handelt sich hier um Nutzungen, wie sie in Abs. 2 des Art. 26 auf­ geführt sind, Kies, Sand, Steine, Pflanzen ic. Die Gewinnung dieser Produtte will die Kammer der Abgeordneten als Benützung des Flußbettes aufgefaßt haben und durch den gemachten Einschub ausdrücklich auf sie verweisen, während die Kgl. Staatsregierung die Worte „Benützung des Wassers" nicht im engeren Sinne verstanden haben wollte, so daß darunter bloß die eigentliche Benützung des Waffers, z. B. zur Bewässerung fiele, sondern im weiteren, wodurch auch die erwähnten Nutzungen mitgetroffen seien." (RefiltK. S. 7; s. auch Jbscher S. 2).

Ob die nachteiligen Einwirkungen vorübergehend oder dauernd find, ist für den Grund des Anspruches gleichgültig und nur für den Betrag von Bedeutung. Die Aufhebung oder Beeinträchtigung des Betriebes einer Stauanlage, eines Triebwerks, einer Fabrik, eines Bewässerungs- oder Entwäfferungsunternehmens, einer berechttgten Wasserein- oder -ausleitung u. dgl. (vgl. Art. 42), Schädigungen der Trift, der Fischerei (ABAK. S. 157) usw. berechtigen zur Ent­ schädigung. Das Gleiche gilt von Beeinträchtigungen von Streunutzungs-, Schilfgewinnungs-, Weideschnittrechten u. dgl. (ABAK. S. 157). Über die Ent­ schädigung der Fischereiberechtigten vgl. nunmehr auch Art. 4 Abs. 2 FGE. Be­ schädigungen der Ufergrundstücke fallen nicht unter Art. 4 Abs. 3. Die nachteiligen Wirkungen müssen unmittelbare Folgen der Umwandlung sein. Beschädigungen durch die Schiff- oder Floßfahrt gehören nicht hieher (Pözl I S. 37). Nur bestehende Rechte werden geschützt. Die Vereitelung einer geplanten besseren Ausnützung des Wassers gewährt keinen Anspruch auf Schadlos­ haltung (Reuß S. 25). Für Störungen im Gemeingebrauch kann keine Entschädigung ge­ fordert werden, wohl aber für Beeinträchtigungen der Goldwäscheret und Perlfischerei (Art. 26 Abs. 2 und 3). Die Belastung mit dem Leinpfad ist eine Gesetzesfolge der Umwand­ lung; sie berechtigt aber nach Art. 7 Abs. 2 zur Entschädigung.

Die Feststellung der Entschädigungen erfolgt nach Art. 195. Entschädigungspflichtig ist der Unternehmer. Die Staatsregierung wird sich, ehe sie die Genehmigung zur Einleitung des Zwangsenteignungsverfahrens erteilt oder die Umwandlungserklärung (Abs. 1) erläßt, zu vergewissern haben, ob die

nötigen finanziellen Garantien für die Schadloshaltung der Berechtigten geboten find (vgl. KorrefRK. S. 44).

AttM. 6.

Znftiindigkeit. Ob die Umwandlung erklärt werden soll oder nicht, steht im freien Ermessen der Staatsregierung; für ein verwal­ tungsrechtliches Verfahren ist kein Platz. Die Erklärung ist ein konstitutiver Rechtsakt; die Nachprüfung der Voraussetzungen durch den Zivil- oder Verwal­ tungsrichter ist ausgeschloffen. Für Zwangsenteignungen gilt Art. 8 Ziff. 10 VGG.

User.

Art. 5

Die Ufer der öffentlichen Flüsse gehören den Eigentümern der anliegen­ den Grundstücke. Abs. 2. Die Eigentümer haben das Begehen der Ufer durch das Auffichtspersonal, das Einbauen von Fixpunkten und die Aufftellung von Fluß­ einteilungszeichen, das Landen und Befestigen der Schiffe und Flöße und in Notfällen die Aussetzung der Ladung während der erforderlichen Zeit zu dulden. Abs. 3. Für den durch das Einbauen von Fixpunkten und die Auf­ stellung von Flußeinteilungszeichen, durch jdas Landen und Befestigen der Schiffe und Flöße oder durch die Aussetzung der Ladung entstehenden Schaden kann Ersatz verlangt werden.

Abs. 4. Die Eigentümer haben das Betreten der Ufer durch die Trieb­ werksbesitzer und ihr Hilfspersonal zu dulden, soweit es zur Aufrechterhaltung des ordnungsmäßigen Betriebs der Wasserbenützungsanlage erforderlich ist. Bei dem Betreten ist die zur Vermeidung von Beschädigungen erforderliche Vorsicht zu beobachten. Für den verursachten Schaden haftet der Triebwerksbefitzer neben dem Urheber des Schadens. Gebäude und die dazu ge­ hörigen Höfe und Gärten sowie Grundstücke, die durch Mauern, Gitter oder andere ständige Einfriedungen abgeschlossen sind, dürfen nicht betreten werden.

AttM. 1.

Flußbett «ud User im technischen Sinne. Die Begriffe „Flußbett" und „Ufer" werden in verschiedenem Sinne definiert. Folgt man dem allgemeinen Sprachgebrauch, so versteht man unter Flußbett die vom Waffer bedeckte, also unter Wasser gelegene Grundfläche und unter Ufer das beiderseits über den Wasserspiegel hinausragende Land (daher „ans Ufer, ans Land bringen"). Da aber der Wasserspiegel eines Flusses ständigen Schwan­ kungen unterworfen ist, bald steigt, bald fällt, so würde auch die Eigentums­ grenze zwischen Flußbett und Ufer eine variable sein. Für die technische Definition der beiden Begriffe bildet nicht der jeweilige Wasserstand das unterscheidende Merkmal von Flußbett und Ufer, sondern der Umstand, ob es sich um die Bodenfläche oder um deren seitliche Begren­ zung handelt; erstere nennt man Flußsohle, letztere Ufer, ohne Rücksicht darauf, ob das Ufer ständig oder nur zeitweise unter Waffer liegt. Die jeweils unter Waffer liegenden Teile der Ufer bilden zusammen mit der Flußsohle das Flußbett, dessen Ausdehnung sich je nach der Wasserführung des Fluffes ändert. Harster-Casstmtr. Waffergesetz.

3

34

Abteilung 1.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Anm. 2. Die Rechtsbegriffe. 1. Das Wasserrecht kann sich mit der schwan­ kenden natürlichen Grenze nicht zufrieden geben; es verlangt eine feste Linie, die auch dann maßgebend sein muß, wenn sie sich im einzelnen Falle nicht mit der natürlichen Grenze deckt. Es lag am nächsten, diese juristi­ sche Grenze da zu suchen, wo das während einer bestimmten Zeit am längsten vom Wasser bespülte und das während dieser Zeit am längsten wasserfreie Land sich scheiden. Das deutsche Recht hat denn auch den mittleren Wasser­ stand für maßgebend erklärt, und ihm folgte das gemeine Recht, was frei­ lich nicht allgemein anerkannt ist (vgl. Dernburg, Pand. 1 § 207, 2, RG. 2 S. 316, 44 S. 124, Nieder Anm. 7 zum Art. 7, Rand« § 1 Anm. 8, Niederding-Frant S. 72).

2. Der strenger logische, aber weniger praktische römische Rechtsgrund­ satz, daß der höchste Wasserstand die Grenze bestimme, (1.1 § 5, 1.3 § 1 D. de fluminibus 43, 12; 1 112 D. de V. 8. 50, 16; § 3 J. de rer. div. 2, 1; Dernburg a. a. O.) hat in Deutschland nur in einzelnen Rechtsgebieten Boden zu fassen vermocht. Er beherrscht das preußische Landrecht und das französische und elsaß-lothringische Recht; auch das Württembergische hat ihn angenommen (vgl. das interessante Urteil des Appellhofs in Lyon vom 25. Februar 1843 bei Emil Huber S. 77, dann Preuß. Entw. S. 122, Jacob-Fecht S. 54, Nieder a. a. O.). Die meisten neueren Wassergesetzgebungen stehen auf dem vorhin erwähnten deutschrechtlichen Standpunkte (daher. WBG. Art. 19, Baden § 6, Hessen Art. 1 Abs. 2, sächs. Entw. § 4, ähnlich auch Preuß. Entw. § 3). EG. z. BGB. Art. 65 überläßt das Uferrecht den Landesgesetzen. 8. Nach geltendem Rechte wird die Grenze zwischen dem Flußbett und den anliegenden Ufergrundstücken durch die Uferlinie bestimmt. Diese wird nach Art. 6 durch die Verwaltungsbehörde nach dem mittleren Wasser­ stande unter besonderer Berücksichtigung der Grenze des Pflanzenwuchses fest­ gesetzt und, wo es nötig ist, auf angemessene Weise bezeichnet. Die Berücksichtigung ausgesprochener Uferränder ist nicht vorgeschrieben (vgl. sächs. Entw. § 4) und wohl nur dann statthaft, wenn sie im großen und ganzen auf dem Niveau des mittleren Wasserstandes liegen. 4. Die eine Ufergrenze ist also durch die Uferlinie fest bestimmt. Wo liegt aber die andere? Wie weit erstreckt sich das Ufer land­ einwärts? Eine zweifelsfreie Beantwortung dieser Fragen sucht man im WG. ebenso vergeblich wie in allen andern deutschen Wassergesetzen. Wir denken uns die Sache folgendermaßen: Es leuchtet wohl ein, daß die obere Ufergrenze keinen festbestimmten Lauf aufweisen kann. Welche Linie sollte sie bezeichnen? Die des höchsten Wasser­ standes kommt, abgesehen davon, daß auch sie nicht festbestimmt ist, nicht in Betracht; denn auch dann, wenn der Fluß seinen höchsten Wasserstand erreicht hat, bespült er ein „Ufer" im Rechtssinne, auf das sich die im Gesetz enthaltenen Eigentumsbeschränkungen wie z. B. die des Art. 5 Abs. 4 erstrecken. Auch die Grenze des Ufergrundstücks gegen das nächste landeinwärts gelegene Grundstück kann nicht maßgebend sein. Bei dem verschiedenen Flächeninhalt der Ufergrund­ stücke würde die obere Ufergrenze bei dieser Annahme einen geradezu bizarren Verlauf nehmen und der Eigentümer des Ufergrundstücks hätte es in der Hand, durch gesonderte Vermessung und Katastrierung seine Verpflichtungen als Ufer­ eigentümer auf einen Streifen von minimaler Breite zu beschränken. Endlich wäre, wenn das Wasser über die angegebene Grenze steigt, ein Ufer im Rechts­ sinn überhaupt nicht vorhanden.

Wir müssen daher annehmen, daß die obere Ufergrenze im Gegensatze zu der durch die Uferlinie festbestimmten unteren einen veränderlichen Lauf hat, der sich nach dem jeweiligen Wasserstande richtet. Der Uferbegriff reicht über den jeweiligen Wasserstand hinaus ein angemessenes Stück landeinwärts. Die Ausdehnung dieses angemessenen Stückes ist nicht durch feste Regeln bestimmt; hierüber wird vielmehr von Fall zu Fall zu ent­ scheiden sein. Der Triebwerksbesttzer z. B. kann sein Uferbetretungsrecht nur möglichst nahe dem Wasser, nicht Hunderte von Metern landeinwärts ausüben. Der Streifen, innerhalb dessen sich seine Befugnis hält, verschiebt sich mit dem Fallen und Steigen des Wassers in der Richtung gegen die Uferlinie oder von dieser weg landeinwärts. 5. Daraus ergeben sich folgende Definitionen: Flußbett im Rechts­ sinn ist der durch die Uferlinien begrenzte Raum, einerlei ob die Wassersäule sich mit diesen Linien deckt, sie überschreitet oder hinter ihnen zurückbleibt (vgl. auch OGH. 4 S. 364). Unter Ufer versteht man einen Landstreifen, der gegen den Fluß hin durch die Uferlinie fest begrenzt ist, nach dem Lande zu aber einer festen Grenze ermangelt, da sich sein Bereich nach dem jeweiligen Wasserstande bestimmt, über den er um ein Stück von angemessener Breite landwärts hinaus­ reicht (vgl. Schenkel S. 524 Anm. 4, Born S. 14, 92 und die dort zitierte Preußische Rechtsprechung; unklar Reuß S. 47 f., der mit dem RefAK. von 1852 anzunehmen scheint, das Ufer im Rechtssinne liege zwischen der Uferlinie und der Grundstücksgrenze gegen den Fluß, die sich ja mit der Uferlinie deckt (s. Anm. 3; zutreffend dagegen RefRK. S. 8 und RRA. S. 135). 6. Die Art. 5 und 6 beziehen sich nur auf öffentliche Flüsse; auf geschlossene öffentliche Gewässer sind sie nicht anwendbar (anders Baden § 6; vgl. Schenkel S. 188). ANM. 3. Das Mereigentum. Nach Art. 5 Abs. 1 gehören die Ufer der öffent­ lichen Flüffe den Eigentümern der anliegenden Grundstücke. Daran, daß zum Ufer auch Grundstücke gehören können, die gar nicht unmittelbar an den Fluß stoßen, sondern weiter landeinwärts liegen, ist hier offenbar nicht gedacht, doch ist dies von keiner Bedeutung, da die Eigentumsverhältnisse dieser Grundstücke ohnehin feststehen. Nur für die unmittelbar an den Fluß grenzenden Grundstücke war es nötig, zu bestimmen, welche Wirkung die Fest­ setzung der Uferlinie auf ihre Eigentumsverhältnisse ausübt. Der Sinn der Vorschrift ist derselbe als wenn sie lauten würde: „Die Grenze zwischen dem Flußbett und den anliegenden Grund­ stücken wird durch die Uferlinie bestimmt" (vgl. VB. § 2 bei Art. 6). Sobald diese rechtsgültig festgesetzt ist, verliert die bisherige Grenze zwischen dem Grundstück und dem Flußbett ihre Bedeutung. Lag sie höher als die Uferlinie, so wächst das Grundstück bis zu dieser kraft Gesetzes, ohne daß es eines Rechts­ geschäftes bedürfte; lag sie tiefer, so wächst umgekehrt das Flußbett gleichfalls ohne eine rechtsgeschäftliche Übertragung auf Kosten des Grundstücks bis zur Uferlinie. Diese Veränderungen knüpfen sich, wie gesagt, an die Festsetzung der Uferlinie. Diese bestimmt die Grenze bis zu ihrer rechtsgültigen Abänderung. Auch dann, wenn ein Grundstücksstreifen jahrzehntelang nicht vom Wasser über­ spült wird oder ebensolange ständig unter Wasser steht, ändern sich die Eigen­ tumsverhältnisse nicht, wohl aber wird dann ein Antrag auf eine Neufestsetzung der Uferlinie begründet erscheinen (vgl. auch KorrefRK. S. 45). Bis dahin hat also auch der Ufereigentümer das Recht der Nutzung an dem Schilf, Rohr u. dgl., das oberhalb der Uferlinie, wenn auch unter dem gewöhnlichen Wasser­ stande wächst (vgl. hiezu auch Dernburg 3 § 94 Anm. 5, Born S. 14; Ditt3*

36

Abteilung L

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

mann S. 10 übersieht, daß nicht die ständige Überflutung allein, sondem erst die hiedurch veranlaßte Änderung der Uferlinie den Eigentumswechsel bewirkt). Der durch die Festsetzung der Uferlinie dem Grundstück hinzugewonnene Streifen wird ein Bestandteil dieses Grundstücks. Der Ufereigentümer kann nach § 903 BGB. frei darüber verfügen und jede fremde Einwirkung ausschließen. Er genießt den Rechtsschutz des Eigentümers und die Besitzesschutzmittel des bürgerlichen Rechtes. Auch für das Recht auf die Schatzhälfte und das Recht zur Eigenjagd ist die Bestimmung des Abs. 1 von Bedeutung. Da der Uferstreifen kein selbständiges Grundstück, sondern ein Bestandteil des Ufergrundstücks ist, so kann er auch nicht gesondert katastriert und ins Grundbuch eingetragen werden. Die Beschränkungen des Ufereigentums im allgemeine«. Sie er­ strecken sich auf das Ufer im weitesten Sinne, sofern die Be­ nützung zu dem den Gegenstand der Beschränkung bildenden Zweck erforderlich erscheint, und ergreifen unter dieser Voraussetzung nicht nur das durch die Uferlütte begrenzte, sondern auch weiter landeinwärts gelegene Grundstücke je nach dem Wasserstande (vgl. auch Peyrer S. 178). Daraus, daß bei einer dieser Be­ schränkungen, der Verpflichtung zur Duldung des Leinpfads, im Art. 7 die Be­ lastung auch der entfernter gelegenen Grundstücke ausdrücklich ausgesprochen ist, darf nicht gefolgert werden, daß sie bei den übrigen Beschränkungen nicht be­ stehe. Oder sollte den Schiffern das Landen und Befestigen der Schiffe und Flöße am Ufer nicht gestattet sein, wenn der Wasserstand des Flusses über die Uferlinie und die Grenze des nächsten oder übernächsten Grundstückes hinaus­ gestiegen ist? Ja bei einigen Beschränkungen des Ufereigentums wird sogar an­ genommen werden müssen, daß sie in gleicher Weise auch den Flußbetteigentümer treffen. So wird der Staat als Flußeigentümer das Landen und Befestigen der Schiffe und Flöße und in Notfällen die Aussetzung der Ladung während der er­ forderlichen Zeit und das Betreten des Flußbetts durch die Triebwerksbesitzer gemäß Art. 5 Abs. 4 gestatten müssen, wenn der Wasserstand soweit unter die Uferlinie sinkt, daß ein Teil des Flußbettes trocken gelegt wird. Die im folgenden unter den Ziffern 1—7 aufgeführten Beschränkungen ge­ hören dem öffentlichen Recht an. Sie treffen den Eigentümer wie den dinglich Berechtigten (Art. 210). Als Beeinträchtigungen privater Rechte sind sie strikt zu interpretieren.

A«M. 4.

AttM. 5. Die einzelnen Eigentnmsbefchränknnge«. 1. Der Ufereigentümer muß den Leinpfad dulden (s. Art. 7).

2. Er muß ferner jederzeit die nach Art. 80 nnd 85 erforderlichen In­ standhaltung sm aß nahmen entweder selbst vornehmen oder wenigstens ihre Bornehmung gestatten. 3. Ferner muß er die Begehung der Ufer durch das Aufsichts­ personal zugeben. Gemeint ist hier nur das Flußaufsichtspersonal. Das Uferbetretungsrecht der Gendarmerie, der Jagdauffeher usw. (f. Peyrer S. 180), liegt auf einem andern Gebiete. Die Verpflichtung erstreckt sich lediglich auf ein Dulden; ein positives Tun wie z. B. das Freihalten eitteS Uferstreifens von Bäumen, Sträuchern, Zäunen u. dgl. zum Zwecke der Uferbegehung (abgesehen vom Falle des Art. 85) kann nicht verlangt werden. 4. Auch das Einbauen von Fixpunkten und die Aufstellung von Flußeinteilungszeichen muß der Ufereigentümer zulassen. Fixpunkte (Festpunkte) nennt man durch Höhenmessungen (Mvellements) dauernd im Gelände bezeichnete Punkte. Sie bestehen zumeist aus Steinen von

etwa 1,0 m Länge, die bis auf die Frosttiefe eingemauert werden. In ihre Oberfläche wird ein eisener Bolzen eingelassen, dessen Kopf auf Normal-Null ein­ nivelliert ist. Solche Fixpunkte sind für die Herstellung von Flußnivellements unentbehrlich. Nach einer Entschließung des Kgl. Staatsministeriums des Innern vom 21. No­ vember 1903 Nr. 26251 wird zurzeit die kilometrische Einteilung der öffentlichen und der im Staatseigentum befindlichen Privatflüffe Bayerns, soweit hiefür ein Bedürfnis besteht, nach einem einheitlichen System unter Mitwirkung des Kgl. Hydrotechnischen Bureaus durch die Kgl. Straßen- und Flußbauämter vorgenommen. Die Gnteilung beginnt an der Mündung der Flüsse in der Weise, daß der Schnittpunkt der Achse des Nebenflusses mit der Uferlinie des Hauptfluffes den Anfangspunkt (Nullpunkt) bildet. Die Einteilung der Flußachsen er­ folgt auf den Steuerblättern, aus denen sie auf das Gelände übertragen werden, um sie sodann durch unverrückbare Kilometersteine festzulegen. An der Donau und am Rhein wird die bestehende Einteilung vorerst beibehalten. Zur leichteren Auffindung der Einteilungssteine und zur raschen Übersicht bei Flußbereisungen wird bei jedem Steine meist hinter dem Leinpfade eine Holztafel mit entsprechender Aufschrift aufgestellt. Entsteht durch die Benützung ein Schaden, so ist nach Abs. 3 der Schädiger zum Ersätze verpflichtet. Rechtsgrund der Ersatzforderung find nicht die allge­ meinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (ZA 823 ff. BGB.), sondern die Spezialnorm des Art. 5 Abs. 3. Es bedarf also auch nicht eines Verschuldens zur Be­ gründung der Schadenshaftung (vgl. für das bisherige Recht Oertmann § 88 I 2). Über den Strafschutz der Fixpunkte und Flußeinteilungszeichen vgl. Art. 202 Ziff. 3 und § 274 Ziff. 2 RStGB. 5, Außerdem ist der Ufereigentümer verpflichtet, das Landen und Be­ festigen der Schiffe und Flöße zu dulden und zwar auch dann, wenn kein Notfall vorliegt. Eine Beschränkung auf behördlich bestimmte Plätze besteht nicht. Beim Landen und Befestigen der Schiffe und Flöße werden in der Regel Anker auf das Ufergelände geworfen oder Pflöcke aus Holz oder Eisen ein­ geschlagen und das Gelände auf eine kürzere Strecke betreten. Alles das muß nur soweit geduldet werden, als es zum Landen und Befestigen der Fahrzeuge nötig ist. Unbefugtes Betreten kann, wenn das Ufergrundstück bebaut ist, nach § 368 Ziff. 9 RStGB. strafbar sein. Die Befugnis zum Anlegen der Schiffe und Flöße berechtigt natürlich nur zu vorübergehendem Bleiben, nicht etwa dazu, die Fahrzeuge ins Winter­ lager zu legen, oder zur Anbringung dauernder Befestigungsvorrichtungen u. dgl. (vgl. OGH. 7 S. 510, Pözl I S. 75, Reuß S. 48). Für allen durch die Benützung entstehenden Schaden ist auf Verlangen Ersatz zu leisten. Mr die Ersatzforderung gilt das unter Ziff. 4 Gesagte. 6. Weiter muß sich der Eigentümer auch dieAussetzung der Ladung — nicht aber auch der Fahrzeuge selbst (ebenso Eymann Anm. 7; a. M. Randa § 6,1; vgl. aber § 904 BGB.) — jedoch nur in Notfällen und nur während der (zur Weiterbeförderung) erforderlichen Zeit gefallen lassen. Ein solcher Notfall ist beispielsweise das Leckwerden eines Schiffes, das Zerreißen eines Floßes u. dgl. Selbstverständlich umfaßt die Duldungspflicht auch die Wiedereinladung auf ein zum Ersätze herbeigeschafftes Schiff oder Floß. Daß der Notfall die Aussetzung der Ladung gerade an der betreffenden Stelle unter Aus­ schluß irgendeiner anderen erfordere, ist natürlich nicht nötig. Der Ufereigentümer wird sich also in der Regel nicht darauf berufen dürfen, daß man die Ladung z. B. ebensogut oder vielleicht besser auch auf dem gegenüberliegenden Ufer hätte

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

löschen können. Das Liegenlaffen der Ladung über die erforderliche Zeit hinaus ist rechtswidrig und kann nach § 366 Ziff. 9 StGB, (wenn z. B. der Leinpfad beeinträchtigt ist) auch strafbar sein; vgl. auch Eymann Anm. 8. Der Eigentümer kann zu seiner Verteidigung gegen eine unbefugte Benützung die Eigentumsfreiheitsklage anstrengen und unter Umständen auch zur Selbsthilfe greifen (§§ 228 ff. BGB). Das Betreten der Ufer ist gestattet, soweit es der genannte Zweck nötig macht. Im übrigen gilt das unter Ziff. 5 Gesagte auch hier. Der durch die Aussetzung der Ladung verursachte Schaden begründet einen Ersatzanspruch. Vgl. hierüber das unter Ziff. 4 Bemerkte. 7. Endlich mässen die Eigentümer das Betreten der Ufer durch die Triebwerksbesitzer unter gewissen Voraussetzungen gestatten. A«M. 6. Das Uferbetretungsrecht der Triebwerksbefitzer Insbesondere (Abs. 4).

Diese neue, auch allen Wasserrechten der letzten Jahrzehnte unbekannte gesetzliche Eigentumsbeschränkung war im Regierungsentwurfe nicht enthalten. Auf den Antrag des Abgeordneten Neuner fügte der AKA. dem Art. 5 einen vierten Absatz an, der lautete: „Die Eigentümer haben ferner das Betreten der Ufer durch die Triebwerksbesitzer zu gestatten, soweit es in deren Interesse erforderlich ist. Für den entstehenden Schaden kann Ersatz verlangt werden." Zur Begründung wurde angeführt, die Triebwerksbesitzer seien im Interesse ihrer Betriebe darauf angewiesen, die Flußufer jederzeit begehen zu dürfen, um sich vom etwaigen Vorhandensein von Hindernissen des regelmäßigen Wasserablaufes zu überzeugen. Nach den bestehenden Rechtsverhältnissen seien sie dazu nicht in der Lage, wenn ihnen solches von den Ufereigentümern nicht freiwillig gestattet werde. Die Anrufung der Verwaltungsbehörde sei in dringenden Fällen zu um­ ständlich. Eine schikanöse Ausübung des Begehungsrechtes sei dadurch ausgeschlossen, daß davon nur Gebrauch gemacht werden dürfe, soweit die Betriebs­ interessen es erfordern. Infolge der Entschädigungspflicht erwachse dem Ufer­ eigentümer keinerlei Nachteil. Der Regierungsvertreter wies darauf hin, daß diese neue Eigentums­ beschränkung nicht veranlaßt sei, daß für Notfälle die §§ 228 f. BGB. Schutz böten und daß über die Notwendigkeit des Betretens, die Höhe der Entschädigung und den Zeitpunkt ihrer Leistung regelmäßig Streitigkeiten entstehen müßten. (ABAK. S. 157). Trotz der wärmsten Befürwortung durch den Referenten strich der RRA. nach lebhafter Debatte den Abs. 4 (RRA. S. 135 ff.), setzte ihn aber in der zweiten Lesung in der jetzigen, wesentlich genaueren Fassung, die der Korreferent vorgeschlagen hatte, wieder ein (S. 267 f.; vgl. auch StenB. S. 14 und 16). Darnach haben die Eigentümer das Betreten der Ufer durch die Triebwerks­ besitzer und ihr Hilfspersonal zu dulden, soweit es zur Aufrechterhaltung des ordnungsmäßigen Betriebs der Wasserbenützungsanlage erforderlich ist. Wie weit dies der Fall ist, ob der Berechtigte nur flutzaufoder auch flußabwärts gehen darf usw., ist von Fall zu Fall zu entscheiden, über den Begriff Wasserbenützungsanlage vgl. Art. 42. Gebäude und die dazu gehörenden Höfe und Gärten sowie Grundstücke, die durch Mauern, Gitter oder andere ständige Einfriedigungen abge­ schlossen sind, dürfen — vorbehaltlich des in den §§ 228 f. BGB. gewährleisteten Notrechts — nicht betreten werden. Unter Gebäuden (s. § 6 der Bauordnung vom 17. Februar 1901) sind Hochbauten zu verstehen, die mit der Erde derart in Verbindung gebracht sind, daß sie mit dem Grundstücke die Eigenschaft einer unbeweglichen Sache teilen (OGHSt. 5 S. 26, RGRechtspr. 6 S. 477), ausgenommen einfache

Mauern, Zäune und Einfriedigungen (Englert, Bauordnung S. X f.). Die Höfe und Garten müssen zum Gebäude gehören, d. h. mit diesem verbunden sein. Der Unterschied zwischen Garten und Feld wird nicht immer leicht festzustellen sein. Daß der Garten eingefriedigt sei, ist nicht nötig (vgl. auch Anm. 2 zum Art. 158 und Eymann Anm. 12). Der Eigentümer kann das Uferbetretungsrecht des Triebwerksbesitzers durch die Errichtung ständiger Einfriedigungen wie Mauern, Zäune, Gitter, Hecken, Drähte u. dgl. ausschließen. Die Einfriedigung muß aber derart sein, daß sie das ganze Grundstück abschließt; gegen den Fluß ist eine Abschließung natürlich nicht nötig (RRA. S. 268). Zu den ständigen Einfriedigungen sind wohl auch Schloßgräben, Schluchten, Steilhöhen u. dgl. zu rechnen (vgl. Poll­ wein, Jagdges. S. 19 Anm. 1). Die Berechtigten müssen bei der Ausübung ihres Uferbetretungsrechtes die zur Vermeidung von Beschädigungen erforderliche Vorsicht beobachten. Für den verursachten Schaden haftet nicht nur der Verursacher, sondern neben ihm als Gesamtschuldner auch der Triebwerksbefitzer, der nicht der Verursacher war. Für ihn gilt nicht das Berschuldungs-, sondern das Veranlaffungsprinzip; für den Verursacher ist nicht Art. 5 Abs. 4 Verpflichtungsgrund, er haftet also nur im Falle seines Verschuldens (§§ 823 ff. BGB.; vgl. auch Eymann Anm. 11). über die Feststellung der Entschädigung vgl. Art. 195.

Art 5 Abs. 4 ist strikt zu interpretieren. Er gibt nur ein Uferbetretungsrecht, kein Recht, auf dem Ufergrundstück Vorgefundene Hinderniffe für den ordnungsmäßigen Betrieb der Wafferbenützungsanlage zu beseitigen u. dgl. Ob solche Befugnisse bestehen, ist nach §§ 228, 904 BGB. zu beurteilen (RRA. S. 138). In ähnlicher Weise wie Art. 5 Abs. 4 regelt FGE. Art. 46 das Uferbenützungsrecht der Fischereiberechtigten. Ufereigentum und Gemeingebrauch. Das im Art. 18 Abs. 2 WBG. enthalten gewesene Verbot der Hinderung des Gemeingebrauches durch den Ufereigentümer ist in das geltende Recht nicht übergegangen. Die Rechts­ schutzmittel des Gemeingebrauchs machten diese Beschränkung da unnötig, wo der Gemeingebrauch den Rechten am Ufergrundstück wirklich vorgeht. Da er aber gerade in der wichtigsten Beziehung, nämlich soweit es sich um die Benützung fremder Grundstücke zur Ausübung des Gemeingebrauchs handelt, hinter diesen Rechten zurückstehen muß (Art. 26 Abs. 1; vgl. auch Art. 9 Abs. 2 WBG.), hätte eine Bestimmung wie die des Art. 18 Abs. 2 WBG. nur irreführen können (vgl. auch RefRK. S. 8). Der Ufereigentümer hat als solcher weder ein besonderes Recht am öffent­ lichen Flusse, noch ein Vorzugsrecht auf die Gewährung einer Wafferbenützung (Pözl II S. 79, Meisner S. 205).

A«M. 7.

AttM. 8.

Ersatzansprüche. Abs. 3 und 4 find bereits behandelt. Für die nicht im Abs. 3 und 4 aufgeführten Eigentumsbeschränkungen kann in der Regel keine Entschädigung gefordert werden.

Zuständigkeit. Über die Feststellung der Uferlinie s. Anm 2 zum Art. 6. Die Eigentumsbeschränkungen des Art. 5 sind, wie erwähnt, öfsentlichrechtlicher Natur (vgl. auch Peyrer S. 179); die Gerichte sind daher zur Entscheidung hierüber nur dann befugt, wenn die Frage als Jnzidentpunkt in einem Privatrechtsstreit zu lösen ist. Bisher galten diese Eigentums-

Sinnt. 9.

40

Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

beschränkungen als Verwaltungsrechtssachen (Art. 18 Abs. 2 WBG, Pözl II S. 79, Krais S. 74, 76, Reuß S. 48 — der vorletzte Satz der Be­ merkungen zum Abs. 1 gehört offenbar zum Abs. 2 — und S. 49, Pollwetn Anm. 5 zum Art. 18). Jetzt fehlt der verwaltungsrechtliche Schutz; denn die erschöpfende Aufzählung der Verwaltungsrechtssachen im Art. 177 erwähnt ihrer nicht. Das Recht, vom Ufereigentümer die Duldung der im Rahmen des Art. 5 liegenden Benützung seines Eigentums zu fordern, kann also nicht für sich allein Gegenstand einer verwaltungsrichterlichen Entscheidung sein, sondern nur als Jnzidentpunkt in einer andern die Zuständigkeit des Verwaltungsrichters begründenden Sache vor sein Forum gebracht werden (vgl. auch Eymann Anm. 5).

Art. 6.

Userlime

Die Uferlinie der öffentlichen Flüsse wird durch die Verwaltungsbehörde nach dem mittleren Wasserstand unter besonderer Berücksichtigung der Grenze des Pflanzenwuchses festgesetzt und, wo es notwendig ist, auf angemessene Weise bezeichnet. Vollzugsbekau«tmachung


hörigen Ufergrundstück, so wird das angesetzte Land Bestandteil dieses Grundstücks und wächst auch in die Belastungen dieses Grundstückes hinein, während die bisher mit dem Abrißland verbundenen Rechte und Lasten erlöschen. Die Wegnahme muß vollständig sein. Der Ufereigentümer braucht nicht zu dulden, daß der Eigentümer den Humus wegnehme und Schutt und Geröll liegen lasse (Emil Huber S. 170). 3. Wenn ein Eigentümer oder ein sonstiger Berechtigter während der Frist gegenüber der Verwaltungsbehörde, in deren Bezirke das Landstück angelegt worden ist, die Erklärung abgegeben hat, daß er sein Recht, das angelegte Landstück vom Ufer­ grundstück wegzunehmen, geltend mache. Die Erklärung ist formlos; sie kann mündlich, schriftlich, telegraphisch, telephonisch erfolgen, muß aber vor dem Ablaufe der Frist dem Vorstande der Verwaltungsbehörde oder seinem Stell­ vertreter zugegangen sein. Die Erklärung wird gegenüber der Behörde abge­ geben; die Person des Ufereigentümers bleibt ganz aus dem Spiele. Die Ver­ waltungsbehörde wird ihm die Erklärung mitteilen, es bedarf aber seiner Kenntnis nicht zur Wahrung der bestehenden Rechte auf das angesetzte Land. Die Rechts­ handlungen eines sonstigen Berechtigten wahren auch die Rechte des Eigentümers und umgekehrt (vgl. auch Schenkel S. 210).

4. Wenn der Eigentümer oder ein sonstiger Berechtigter während der Frist die Anerkennung seines Rechtes, das angelegte Landstück vom Ufergrundstück wegzunehmen vom Ufereigentümer erwirkt hat. Die Anerkennung ist gleichfalls formlos, sie muß nicht notwendig ein Rechtsgeschäft sein, jede ernstlich gemeinte Anerkennung genügt (§ 208 BGB., vgl. Planck § 208 Anm. 2). Eine Annahme der Anerkennung ist nicht nötig. Pollwein Art. 30, 31 Anm. 1 verweist mit Unrecht auf Art. 14 NotG.; denn es handelt sich um eine Anerkennung, die nicht einen selbständigen Berpflichtungsgrund bilden soll, sondern um eine zur Fristunterbrechung taugliche Anerkennung, die ein Rechtsgeschäft sein kann, aber nicht sein muß. Die Anerkennung wirkt nur gegenüber dem Ufereigentümer, der sie abge­ geben hat (s. Anm. 4 Ziff. 1). Die Anerkennung gegenüber einem „sonstigen Berechtigten" wahrt auch die Rechte des Eigentümers und umgekehrt. 5. Wenn der Eigentümer oder ein sonstiger Berechtigter während der Frist sein Recht, das angelegte Landstück vom Ufer wegzunehmen, durch Klagestellung geltend gemacht hat. Die Klage ist die Eigentumsklage nach § 985 BGB. oder die Klage aus dem ding­ lichen Rechte des sonstigen Berechtigten (vgl. z. B. § 1065 BGB.), wenn der Berechtigte mit Besitzesschutz ausgestattet ist, die Besitzentziehungsklage (8 861 BGB.). Die Klage ist in sinnentsprechender Anwendung des im Art. 14 Abs. 1 über die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde Gesagten und gemäß § 24 ZPO. bei dem Amts- oder Landgerichte zu erheben, in dessen Bezirke das Landstück angelegt worden, nicht bei dem, in dessen Bezirk der Abriß erfolgt ist. Die Wirkung der Klageerhebung tritt mit der Zustellung der Klage ein und erstreckt sich nur auf den Beklagten, nicht auf andere Ufereigentümer, an deren Ufer das Land während der Frist etwa weiter versetzt wird (s. oben Ziff. 3). Die Klage eines „sonstigen Berechtigten" wahrt, dem Beklagten gegenüber auch die Rechte des Eigentümers und umgekehrt (vgl. auch Nieder Art. 9 Anm. 9 a. E., Haller Art. 9 Anm. 15). Ist das Recht durch einen der in Ziff. 3—5 aufgeführten Schritte gewahrt, so erlischt es erst, wenn das Zuwachsgrundstück vom Uferlande nicht mehr unter­ scheidbar ist (s. oben Anm. 1; vgl. Schenkel S. 210).

86

Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewäffern.

A«m. 6. DieAbritziusel (Abs.2). Hat sich das abgerissene Land außer Zusammenhang mit einem Fluß- oder Jnselufer im Flusse festgesetzt, so wird es unter den gleichen Voraus­ setzungen wie im Abs. 1 Eigentum des Staates. Dieser braucht die Festsetzung nicht zu dulden und kann sie als Flußeigentümer mit allen Mitteln verhindern. Durch die Festsetzung wird das Grundstück zur Insel. Die bisherigen Belastungen erlöschen mit dem Übergange des Eigentums. Zu den Mitteln der Rechtsverfolgung zählt auch hier (im Gegensatze zum Art. 31 WBG.) auch die Erklärung bei der Verwaltungsbehörde. Die Abrißinsel ist zu verwalten wie andere Staatsrealitäten; Art. 11 (Verwendung zum Nutzen der durch die Ver­ änderung Geschädigten) ist nicht anwendbar (ABAK. S. 160). Im übrigen find die Erörterungen zum Abs. 1 zu vergleichen. Art. 31 Abs. 2 WBG. hatte dem Staat ein Recht verliehen, Abrißland, das fich außer Zusammenhang mit dem Ufer im Fluffe festgesetzt hat, auch während des Laufes der Jahresfrist zu enteignen. Im WG. fehlt eine ähnliche Vorschrift. Sie ist auch nicht nötig, weil, wie die Begr. S. 549II mit Recht bemerkt, der Staat ohnehin nach dem ZEG. die Abtretung des Stückes Land verlangen kann, wenn er es zur Durchführung von Maßnahmen braucht, für die das Zwangsenteignungsverfahren zulässig ist. Über die Beseitigung von Landversetzungen oder Abrißinseln zur Herstellung des Normalprofiles vgl. Art. 81.

A«M. 7. Zuständigkeit. Streitigkeiten über die Anwendung des Art. 14 ge­ hören vor die Gerichte (vgl. Pollwein Anm. 2 zum Art. 29, Anm. 1 zu den Art. 30, 31, Schenkel S. 210).

Ufer der Flußinsel«.

*****

Was in den vorhergehenden Artikeln über Flußufer bestimmt ist, findet auch Anwendung auf die Ufer der in einem öffentlichen Flusse liegenden Inseln. Die Ufer der in einem öffentlichen Fluffe liegenden Inseln werden den Fluß­ ufern gleichbehandelt. Es finden also auf sie Anwendung Art. 5 (Ufereigentum, Eigentumsbeschränkungen der Ufereigentümer), Art. 6 (Festsetzung der Uferlinie), Art. 7 (Leinpfad), Art. 8—11 (Verlandung, Wegräumung und Durchstechung von Verlandungen), Art. 14 (Abriß). Fürs römische Recht ist 1. 56 D. de a. r. d. 41, 1 zu vergleichen. Im Anwendungsgebiet des ALR. war die Anwendbarkeit auf Jnselufer bestritten (Dernburg 3 § 94 Anm. 13).

Vgl. schließlich auch BB. §§ 11 und 29.

Abschnitt II: Privatgewässer.

Art. 16.

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Abschnitt II.

privatgewaffer. Titel 1.

Geschloffene Gewässer. «tf iß

Eigentumsverhältnisse.

Soweit nicht andere Rechtsverhältnisse bestehen, erstreckt sich das Eigen­ tumsrecht an einem Grundstück auf das Wasser, welches 1. auf dem Grundstück in Seen, Weihern (Teichen), Zisternen, Brunnen und anderen Behältern, in künstlich angelegten Wasserleitungen, Kanälen und Gräben sich befindet, 2. auf dem Grundstück unterirdisch vorhanden ist (Grundwasser), 3. darauf entspringt (Quelle) oder sich natürlich sammelt, solange es von dem Grundstücke nicht abgeflossen ist. Ab s. 2. Hinsichtlich der Solquellen und der Grubenwäfser finden die Bestimmungen des Berggesetzes Anwendung. A«M. 1.

Die Begriffe „Privatgewäffer" ««d „gelchloffeue Gewässer".

Den

öffentlichen Gewässern, d. i. den schiff- oder flößbaren Flüssen mit ihren diese Eigenschaft besitzenden oder nicht besitzenden Nebenarmen, ferner den vom Staate errichteten oder übernommenen und der Schiff- oder Floßfahrt eröffneten Kanälen und den nach den bestehenden Rechtsverhältnissen als öffentlich zu betrachtenden Seen und anderen geschloffenen Gewässern (Art. 1 und 3), stellt der zweite Abschnitt der ersten Abteilung die Sammelklasse der Privat­ gewässer gegenüber, die alle nicht öffentlichen Gewässer umfaßt, gleichviel, ob sie natürliche oder künstliche, ob sie Wasserläufe oder geschlossene Gewässer sind. Die Klaffe der Privatgewäffer setzt sich aus geschlossenen Gewässern (Titel 1) und aus Privatflüssen und Bächen (Titel 2) zusammen. Die Kanäle werden zu den geschloffenen Gewässern gerechnet. Die geschlossenen Ge­ wässer sind nicht notwendig Privatgewässer, sondern können auch öffentliche Ge­ wässer sein; die Vermutung spricht aber für den Privatwassercharakter (s. Anm. 6 zum Art. 1). Der Unterschied zwischen den Gewässern des ersten und zweiten Abschnittes ist mehr natürlicher und tatsächlicher als juristischer Art (Pözl II S. 95). Die Benennung öffentliche und private Gewässer darf daher nicht zu der irrigen Annahme führen, der erste Abschnitt der ersten Abteilung, der von den öffentlichen Gewässern handelt, betreffe nur Angelegenheiten des öffentlichen Rechtes, während der zweite, die Privatgewäffer behandelnde Abschnitt nur Rechtsverhältnisse des Privatrechts enthalte. Die Art. 2, 5, 8, 10, 12—15, 18 ff. u. a. beweisen das Gegenteil. Auch die öffentlichen Gewäffer stehen im Privateigentum und auch an den ge­ schloffenen Gewässern sind Rechtsbeziehungen des öffentlichen Rechtes möglich. Eine Zuständigkeitsregel für die Verwaltungsbehörden oder die Gerichte kann also nie aus der Zugehörigkeit des Gewässers zur Klaffe der öffentlichen oder der

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

privaten, sondern immer nur aus der inneren Natur des behaupteten Rechtsver­ hältnisses selber gewonnen werden (vgl. Pözl a. a. O.). Wie die Wassersäule des öffentlichen Flusses und das Flußbett zusammen das Waffergrundstück bilden und gesonderter rechtlicher Beurteilung nicht fähig sind, so ist auch das geschlossene Gewässer von dem Grundstück, auf dem es sich befindet, rechtlich untrennbar; es kann also auch keine eigene Katasterplannummer und kein eigenes Grundbuchblatt erhalten. Geschichte. Schon im römischen Recht erstreckte sich das Grundstückseigentum auch auf das auf dem Grundstücke vor­ handene Wasser und auf das Erdinnere unter dem Grundstücke mit dem Grundwasser und den zutage tretenden Quellen (1. 1 § 12 D. de aqua 39, 3, 1. 11 pr. D. quod vi aut clam 43, 24: „portio agri videtur aqua viva“; Dernburg, Pand. 1 § 198, 1). Das Gleiche gilt für das deutsche und gemeine Recht und die neueren Gesetzgebungswerke (vgl. Annot. z. bayer. LR. II 1 § 5, Nr. 4 e und 8, § 12 Nr. 4, Code civil Art. 641 sEmil Huber S. 16 ff.], dann das hessische Bachgesetz Art. 5, das österreichische Wassergesetz § 4, Baden § 4, Württemberg Art. 2, preuß. Entw. § 7, sächs. Entw. § 2 u. a.).

AktM. 2.

Das geltende Recht. A«m. 3.

Der Inhalt des Art. 16 im allgemeine«. Nach § 905 BGB. erstreckt sich das Recht des Eigentümers eines Grundstücks auch auf den Erdkörper unter der Oberfläche. Der Eigentümer kann jedoch Ein­ wirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, daß er an der Ausschließung kein Interesse hat. Die Ergänzung dieser reichsrecht­ lichen Vorschrift hinsichtlich des Eigentums am Wasser ist nach Art. 65 EG. z. BGB. den Landesgesetzen überlassen. Art. 16, der im wesentlichen dem Art. 33 WBG. entspricht, wiederholt den Grundgedanken des bisher in Geltung gewesenen Zivilrechts, daß das Eigentum am Grundstück sich auf alle auf diesem Grundstücke befindlichen geschlossenen Privatgewäffer erstrecke. Daraus folgt die Rechtsvermutung, daß die geschlossenen Gewässer im Zweifel dem Eigentümer des sie um­ gebenden und einschließenden Landgrundstückes gehören (Pözl II S. 97). Wer eine Ausnahme auf Grund besonderer Rechtsverhältnisse geltend macht, muß sie beweisen. Zu diesen besonderen Rechtsverhältnissen gehören wohl nur nach­ weisbare Privatrechtstitel. Die Ersitzung kommt nach dem BGB. nicht mehr in Frage; denn es kennt nur noch die Tabularersitzung und diese ist nur am Grundstück mit dem Wasser, nicht aber am Wasser allein möglich. Der Vorbehalt „soweit nicht andere Rechtsverhältnisse bestehen", ist gleichbedeutend mit dem Vor­ behalte des Art. 33 WBG. „soweit nicht entgegengesetzte Rechte erworben sind" (vgl. RRA. S. 148). Die künftige Neubegründung solcher Rechtsverhältnisse — „bestehend" heißt nicht bestehend am 1. Januar 1908, sondern bestehend zur Zeit der Entscheidung — muß in den Formen des bürgerlichen Rechts erfolgen (§ 873 BGB.). Im einzelnen erstreckt sich das Grundeigentum auf das Wasser, das sich auf dem Grundstück in Seen, Weihern (Teichen), Zisternen-, Brunnen und anderen Behältern, in künstlich ange­ legten Wasserleitungen, Kanälen und Gräben befindet, auf das

Gruttdwasser und das Wasser, das auf dem Grundstück entspringt (Quelle) oder sich natürlich sammelt, solange es vom Grundstück noch nicht abgeflossen ist. Auch hier wie bei den öffentlichen und Privatflüffen darf bei der Kon­ struktion des Gewässereigentums nicht übersehen werden, daß nicht die Wasserwellen allein eigentumsfähig sind, sondern daß nur die Wass er mässe mit ihrem Behälter, nur das Wassergrundstück, Gegenstand des Eigen­ tums sein kann. Die räumliche Abgrenzung verbürgt die Möglichkeit der Be­ herrschung; erstreckt sich ja doch auch beim wafferlosen Grundstück das Eigentum nach § 905 BGB. auf den Raum über der Oberfläche und den Erdkörper unter der Oberfläche, obwohl der Mensch die Luftströmung über seinem Grund und Boden ebenso gut und ebenso schlecht beherrscht wie die Quellen, Flüsse und Teiche auf und die Wasseradern unter der Oberfläche seines Grundstücks. Wird das Gewäffereigentum auf die Basis der Verbindung des Wassers mit dem Grund­ stücke gestellt, so macht seine Konstruktion weder bei den öffentlichen Gewässern, noch bei den Privatgewässern der Art. 16 und 21 ff. Schwierigkeiten, während solche jeder auf anderer Grundlage beruhenden Auffassung den Weg versperren. So irrt Ey mann (Vordem, zum Art. 1 Ziff. 2 und Anm. 3 zum Art. 16), wenn er dem Satze, daß ein Eigentum am fließenden Wasser allein nicht denkbar sei, die Bemerkung nachschickt, dies gelte auch für geschloffene Gewässer, falls sie über den Rahmen kleinerer, der privatrechtlichen Verfügung unterliegender Ge­ wässer hinausgehen, womit offenbar die Möglichkeit des Eigentums am Wasser solcher kleineren Gewässer ohne Rücksicht auf das wasserhaltende Grundstück aner­ kannt werden soll. Was sind aber „kleinere, der privatrechtlichen Verfügung unterliegende" Gewässer? Wie groß muß der Teich sein, bei dem der EigenMmer noch Eigentümer aller Wasserteilchen ist, und wie groß der, bei dem dies Eigen­ tum zu einem Aneignungs- und Gebrauchsrecht zusammenschrumpft? Wenn Eymann zur Begründung anführt, größere Seen stünden mit Ausnahme der staatlichen nie im Privateigentum eines einzelnen und die Grenzen der ver­ schiedenen Eigentumsanteile seien im Wasser nicht aufzufinden, so muß ihm ent­ gegengehalten werden, daß die Berufung auf das Privateigentum des einzelnen eine unzulässige petitio principii enthält, daß es ferner nicht angeht, das Staats­ eigentum und das Eigentum eines Privaten am Wasser verschieden zu konstruieren, und daß die Auffindbarkeit der Grenze im Wasser gar nicht nötig ist, sondern daß die Auffindung im Bette des fließenden und im Behälter des geschlossenen Gewässers vollauf genügt (vgl. Art. 6 und 21 Abs. 2). Noch weniger erfolg­ reich ist die Berufung auf die Zulässigkeit des Gemeingebrauchs an den Privat­ flüffen und Bächen, die in den Formen des Verfassungsgesetzes statuiert sein müßte, wenn ein Eigentum am Fluß berechtigt sein sollte. Ein verfassungs­ mäßiges Recht des Eigentums am Privatfluß ohne die Schranken des Gemein­ gebrauchs gibt es nicht; denn der Gemeingebrauch an den Privatflüffen ist älter wie die Verfassung, ja sogar, da er in der Wasserallmende wurzelt, älter als das Privateigentum am Gewässer selbst (s. Anm. 3 zum Art. 2). Es wäre also kaum verstanden worden, wenn das Gesetz den Art..26 unter den Schutz des Titels X Nr. 7 VU. gestellt hätte. Wie gezwungen klingt es, wenn Eymann daraus, daß dies nicht geschehen ist, die Anschauung des Gesetzgebers über die Eigentumsfrage am Wasser mit Sicherheit entnehmen will, während ihm die unzweideutigen Worte des Gesetzes: „Die öffentlichen Gewässer stehen im Eigentum des Staates" (Art. 2), „das Eigentumsrecht am Grundstück erstreckt sich auf das Wasser" (Art. 16) und „die Privatflüsse und Bäche sind Bestand­ teile der Grundstücke, zwischen denen sie hindurchfließen" (Art. 21) die wünschens­ werte Klarheit nicht zu enthalten scheinen!

90

Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Die eben angeführten Gesetzesbestimmungen lehren uns einen zweiten Fehler erkennen, der bei der Konstruktion des Gewässereigentums vermieden werden muß. Es ist dies die Annahme, das Eigentum am Fluß oder Bach sei begrifflich verschieden vom Eigentum am geschlossenen Privatgewässer. Wenn das Gesetz eine solche Verschiedenheit anerkennen würde, hätte es doch wohl auch die nötigen Worte gefunden, um das auszusprechen oder zum mindesten anzudeuten. „Eigentum" heißt im Art. 16 nichts anderes als im Art. 2 oder in den Art. 21, 23 und 24 und bedeutet dasselbe wie das Grund­ stückseigentum des geltenden bürgerlichen Rechtes. Die Theorie Eymanns muß notwendig auch dem eben besprochenen Irrtum verfallen. Er erkennt wahres zivilrechtliches Eigentum an bei den Weihern (Teichen), Zisternen, Bmnnen und Behältnissen, den Wasserleitungen und bis zu einem gewissen Grade auch an den Kanälen und Gräben. Dieser „gewisse Grad" spielt auch bei der Gegenüber­ stellung der Seen und der Weiher eine Rolle, wird aber hier ebensowenig wie dort näher bezeichnet. Dem Grundwaffer, Quell- und Regenwasser und den größeren Seen wird im Gegensatze zu den genannten Kategorien die Eigentums­ fähigkeit abgesprochen. Zu der ungerechtfertigten Konstruktion eines rechtlichen Unterschieds im Eigentum der Flüsse und der geschlossenen Gewässer gesellt sich also die noch weniger zulässige, die sogar im Eigentum an den einzelnen Kate­ gorien der geschloffenen Gewässer des Art. 16 künstlich Unterschiede schafft, während das Gesetz mit den Worten „das Eigentumsrecht an einem Gewässer erstreckt sich auf das Wasser, welches 1." uff. die Absicht, alle diese Gewäfferarten gleich­ mäßig zu behandeln, doch gewiß eindeutig zum Ausdruck bringt. Dies muß auch Eymann zugeben; denn er sagt schließlich resigniert: „Allein nachdem der Gesetz­ geber vor den natürlichen Schwierigkeiten des Eigentums am freien Wasser nicht Halt gemacht und auch das in seinem naÄrlichen Zustande befindliche Wasser als Gegenstand des Privateigentums erklärt hat, muß sich die Gesetzesauslegung hiebei bescheiden und das Eigentum daran anerkennen. Nun läßt sich aber der gesetz­ liche Eigentumsbegriff mit dem hier zur Anwendung gelangten nicht verein­ baren. Es ist hiefür keine andere Lösung möglich als diejenige, welche schon von anderer Seite für den Eigentumsbegriff am fließenden Wasser vorgeschlagen wurde: der Eigentumsbegriff ändert, durch die Macht der Verhältnisse (!) ge­ zwungen, seine Natur und sinkt zu einem bloßen bevorrechteten Aneig­ nungsrechte bzw. Gebrauchsrechte herab". Es kann nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber der Gesetzesanwendung zugemutet hat, dieses Aneignungs- und Gebrauchsrecht Eigentum zu nennen. Uns dünkt, es wäre doch noch eine andere und wohl bessere Lösung zu finden gewesen als die des fingierten Eigentums: Wenn doch einmal anerkannt wird, daß das Gesetz unter Eigentum etwas anderes versteht als der Gesetzesinterpret, so ergibt sich daraus die zwingende Notwendigkeit, die eigene Anschauung der des Gesetzes zu opfern. Wenn klar erkannt wird, wie das Gesetz einen Begriff auffaßt, so ist eben diese Auffassung richtig und jede andere falsch; denn die Gesetzesaus­ legung hat nur festzustellen, was das Gesetz will, nicht was es hätte wollen sollen. Zu ähnlichen Ergebnissen wie Eymann gelangt Dittmann S. 5, ohne indes wie Eymann die ungünstigen Schlüffe aus seiner Rechtsauffaffung selbst zu ziehen. Die Kanäle stellt Dittmann den Flüssen gleich, während Eymann hier bis zu einem gewissen Grade volles Eigentum anerkennt. Die Brunnen, für die Eymann Gleiches gelten läßt, scheint Dittmann mit dem Quell- und Grundwaffer auf eine Stufe zu stellen. Näheres über Dittmanns Ansicht findet sich in der Anm. 15. Steht das Waffergrundstück im Eigentum mehrerer zu ausgeschiedenen, genau

begrenzten Anteilen, so teilen die Grundstücksgrenzen auch das Gewässer, andern­ falls besteht Miteigentum im Sinne des bürgerlichen Rechts (so zutreffend Eymann Anm. 4).

Die einzelne» Arte» der geschloffene« Privatgewäffer. A«m. 4. Die See«-

Unter Seen versteht man größere stehende Gewässer, welche die auf das Festland fallenden atmosphärischen Niederschläge soweit zurückhalten, als sie nicht in offenen Wasserläufen oder unterirdisch abfließen. Die Seen waren im Art. 33 WBG. nicht besonders erwähnt, sondern durch den Begriff „Teiche" mitumfaßt. In der Tat liegt der Unterschied des Sees vom Teiche wie der des Flusses vom Bache lediglich in seiner Größe. Schenkel (S. 170) definiert die Seen als die durch Naturvorgänge auf größeren Flächen entstandenen oberirdischen Wasseransammlungen und erblickt den Unter­ schied von den Teichen und Weihern außer in der erheblichen Größe der Wasser­ fläche auch darin, daß das Dasein des Sees nicht auf eine in die Kulturzeit hineinreichende künstliche Tätigkeit des Menschen zurückzuführen ist (ähnlich Emil Huber S. 48, RefAK. S. 10). In Wahrheit dürste aber die En t sie HungsUrsache gleichgültig sein und der Unterschied hauptsächlich in der Größe liegen. Als Teiche und Weiher werden auch durch Naturvorgänge geschaffene Wasser­ becken bezeichnet und der Sprachgebrauch nennt, wie Schenkel anerkennt, auch künstliche Wasserbehälter Seen. Nach ABAK. S. 160 erblickt die Kgl. Staatsregierung das wesentliche Unterscheidungsmerkmal des Weihers vom See in der Ablaßbarkeit des Weihers. Auch das ist kaum zutreffend (s. auch Eymann Anm. 6). Der Unterschied ist übrigens, wie angedeutet, rechtlich ohne jede Wichtigkeit. Die Seen sind, von der Ausnahme des Art. 1 abgesehen, auch dann ge­ schloffene Gewässer im Sinne des Art. 16 ff., wenn sie regelmäßige Zu- und Abflüsse haben und wenn ihr Spiegel durch Stauwerke am Abflusse künstlich reguliert werden kann (Schenkel a. a. O.). Durchfeuchtungen des Bodens (Sümpfe, Moore) fallen nicht unter Art. 16; sie sind überhaupt keine Gewässer (Schenkel S. 175, Eymann Anm. 15). Das Seebett steht nach Art. 16 im Eigentum des Eigentümers des Grundstückes, dessen Teil es ist. Gehören die umliegenden Grundstücke ver­ schiedenen Eigentümern, so gelten für das Eigentum die bestehenden Rechtsver­ hältnisse; im Zweifel werden die §§ 741 ff. BGB. Anwendung zu finden haben (vgl. RRA. S. 148, dann Pözl II S. 98, Baumert S. 230 f., Dernburg 3 § 137 Anm. 2, Meisner S. 209, Schenkel S. 171, Dittmann S. 9, Eymann Anm. 4). Ebenso sind die Rechtsverhältnisse des Seeufers nach dem bestehen­ den Rechte zu beurteilen. Eine sinnentsprechende Anwendung der Rechtssätze des Flußuferrechtes ist ausgeschlossen. Änderungen am Bestände des Ufers (An­ schwemmungen, Landversetzungen u. dgl.) rufen also keine Änderung der Eigen­ tumsverhältnisse hervor. Hätte das Gesetz das Flußuferrecht anwenden wollen, so hätte es das ausdrücklich sagen müssen (vgl. auch code civil Art. 558, Emil Huber S. 47 ff., Schenkel S. 171, Eymann Anm. 5). Mr öffentliche Seen gilt das hier Ausgeführte gleichfalls, öffentlich ist ein See nur, wenn die bestehenden Rechtsverhältnisse ihm diesen Charakter geben. Die Größe des Sees oder die Schiff- oder Floßbarkeit ist kein Unterscheidungs­ merkmal; auch Privatseen können schiff- und flößbar sein (s. auch Eymann Anm. 5). Unrichtig ist die Annahme Eymanns a. a. O., daß die Aufnahme in das dem ABAK. beigegebene Verzeichnis eine Vermutung der Öffentlichkeit begründe. Ab-

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

gesehen davon, daß diesem Verzeichnis im Rechtsstreite nur die Bedeutung einer Parteibehauptung zukommt, stellt es gar nicht ein Verzeichnis der öffentlichen Seen dar, sondern enthält eine Zusammenstellung der dem Staate gehörigen Seen ohne Ausscheidung in öffentliche und Staatsprivatseen (s. Anm. 7 Ziff. 5 zum Art. 1). A«m. 5.

Die Weiher «nd Teiche.

Über den Unterschied zwischen See und

Weiher vgl. Anm. 4. Weiher oder Teiche nennt man kleinere mit Wasser gefüllte Becken, aus denen im Gegensatze zu den Seen das Waffer in der Regel zeitweise abgelassen werden kann (f. Anm. 4). Sie werden unmittelbar durch die atmosphärischen Niederschläge oder durch oberirdische Zuflüffe, selten durch Grundwasser gespeist und sind zumeist mit einfachen Stauvorrichtungen versehen. Während die Industrie sich die Teiche zur Anlage von Wassertriebwerken, Mahlund Schneidemühlen u. dgl. nutzbar macht, dienen sie der Landwirtschaft zu Be­ wässerungsanlagen, zu Feuerlöschzwecken und vorzugsweise zur Fischzucht. Zum Zwecke der Reinigung des Beckens von den abgesetzten Sinkstoffen wird von Zeit zu Zeit das Wasser abgelaffen. Die Weiher und Teiche teilen die Rechtslage der Seen. AktM. 6. Die Zisterne«. In Gegenden, wo weder ein offener Wafferlauf noch Grundwaffer in genügender Menge oder erst in so großer Tiefe vor­ handen ist, daß dessen Gewinnung mit übermäßig hohen Kosten verknüpft wäre, oder wo das Grundwasser infolge des Zutrittes von Meteorwaffer, Petroleum usw. unge­ nießbar ist, bildet das Auffangen von Regenwasser in Zisternen das einfachste Mittel zur Wasserbeschaffung. Die Zisternen, welche das Regenwasser von den Dächern und, wenn es sich nur um Nutzwasser handelt, auch von den gepflasterten Höfen aufzunehmen haben, bestehen aus wasserdichten und meist überwölbten Behältern, die zum Schutze gegen Frost und Sonnenwärme genügend tief im Boden liegen. Sie müssen mit Vorrichtungen zur Zuleitung, Reinigung und Entnahme des Wassers versehen sein und den Bedarf an Wasser für die regenlose Zeit fassen können. Das Wasser wird den Zisternen mittels Eimer oder Pumpen entnommen.

ANM. 7. Die Brunne«. Die Brunnen dienen zur Gewinnung des Grundwassers. Man unterscheidet Kesselbrunnen, Rohrbrunnen und artesische Brunnen. Die Kesselbrunnen bestehen aus einem unter den tiefsten Stand des Grundwassers hinabgeführten und durch den Brunnen­ mantel gegen Einsturz gesicherten Schacht von 1—2 m Durchmesser. Der massive Mantel wird aus Ziegelmauerwerk oder aus Formstücken von Zementbeton oder aus Gußeisen hergestellt. An hölzernen Brunneneinfassungen setzen sich infolge der wechselnden Wasserstandshöhen Algen und Schimmelpilze fest, welche die Be­ schaffenheit des Wassers sehr beeinträchtigen können. Die Außenseite des Brunnen­ mantels muß mit einem starken Tonschlage abgedichtet und die Bodenoberfläche in der näheren Umgebung des Brunnens abgepflastert werden, um so das Durch­ sickern von unreinem Wasser zu verhindern. In der Nähe von Abortgruben, Pfützen, Abwaffer- und Gasleitungen sowie Beerdigungsstätten ist die Anlage von Brunnen zu vermeiden. Bei mehr als 25 m Tiefe wählt man meistens Rohrbrunnen. Bei ein­ fachen Rohrbrunnen werden die Rohre eingerammt oder eingeschraubt, daher der Name Rammbrunnen oder auch Abyssinierbrunnen, weil sie während des Feldzuges der Engländer gegen den Abyssinierkönig Theodor im Jahre 1869 zur Gewinnung von Trinkwasser verwendet wurden. Sie bestehen aus schmied­ eisernen, unten mit einer Stahlspitze oder Schraube versehenen Röhren von 3 bis 8 cm Weite und einer aufgeschraubten Säugpumpe. Der untere Teil des Rohres

ist seitlich mit Schlitzen versehen, so daß das Waffer vorzugsweise durch die Rohr­ wandungen eintreten kann. Bei sehr festem Boden wendet man gebohrte Rohrbrunnen an, wobei unter Verwendung von Futterrohren das Bohrloch hergestellt wird.

Artesische Brunnen, so genannt nach der französischen Grafschaft Artois, wo sie zum ersten Male im 12. Jahrhundert erschlossen wurden, entstehen, wenn zwei wasserundurchlässige, muldenförmig verlaufende Schichten eine wasserdurch­ lässige einschließen und die oberste wasserundurchlässige Schicht an der tiefsten Stelle der Mulde durchbohrt wird. Nach dem Gesetz der kommunizierenden Röhren wird das Wasser an der Durchbruchsstelle in die Höhe strömen. Durch die Entnahme von Grundwasser aus Brunnen wird eine örtliche Senkung des Grundwasserspiegels herbeigeführt. Die Absenkungshöhe unter dem ungesenkten Wasserspiegel nimmt mit dem Abstande von der Entnahmestelle ziem­ lich schnell ab; die Absen­ kungskurve nimmt einen parabelförmigen Verlauf (s. nebenst. Fig.). Je größer die Absenkungstiefe an der Entnahmestelle ist, desto mehr Wasser fließt daselbst zusam­ men, desto ergiebiger ist also der Brunnen. Doch ist diese Ergiebigkeit Schwankungen unterworfen, einerseits wegen der Veränderlichkeit der Sickerwaffermengen, anderseits wegen der bald mehr. bald weniger ausgleichenden wasserleitenden Schicht, des sog. Grundwasserträgers, der ähnlich wie ein Schwamm wirkt. Je mehr Wasser man einem Brunnen entnimmt, desto kräftiger strömt das Wasser zu; hört die Wasserentnahme auf, so steigt der Wafferstand in dem Brunnen allmählich wieder bis zu der natür­ lichen Höhe des Grundwassers an, bis schließlich der Zufluß zum Brunnen ganz aufhört und die Grundwafferströmung sich so vollzieht, als ob der Brunnen nicht vorhanden wäre. Der Einfluß eines Brunnens auf den Stand und die Be­ wegung des Grundwassers reicht also nur so weit, als eine Senkung des Grund­ wasserspiegels stattfindet, er hört mit dieser Senkung auf und erstreckt sich niemals über die Absenkungsweite hinaus. Die Absenkung ist meistens schon in Ent­ fernungen von 100—200 m vom Brunnen sehr gering, selbst wenn sie im Brunnen 2—3 m beträgt.

Sie andere« Behälter. Sie können durch die Natur oder von Menschenhand geschaffen sein. Die Grube mit gemauerten oder gezimmerten Wänden gehört ebenso hieher wie das durch natürliche Ursachen entstandene Wafferloch. Hieher zählen auch diejenigen baulichen Anlagen, welche neben den eine senkrechte Richtung einnehmenden Brunnen ebenfalls zur Gewinnung des Grundwassers dienen und sich in wagrechter oder nahezu wagrechter Richtung erstrecken. Es sind dies Gräben, Sammelrohre, Sammelkanäle und Sammelstollen. Gräben finden hauptsächlich im sandigen Boden für die Wasserver­ sorgung Anwendung. Sie sammeln das Grundwasser, das in dem feinen Sand durch den niederfallenden Regen sich bildet.

ANM. 8.

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Bewässern.

Sammelrohre, die aus Eisen, Zementbeton oder gebranntem Ton bestehen können, sind zum Eindringen des Grundwassers in ihren Wandungen mit zahl­ reichen kleinen Öffnungen versehen. Um aber zu verhindern, daß feine Bestand­ teile der wasserführenden Schichten durch diese runden oder länglichen Öffnungen in das Innere der Rohre gelangen, werden sie mit einer sogenannten „Hülle" von gewaschenem und gesiebtem Mes umgeben. Die Sammelrohre münden in einen Sammelschacht, aus welchem das Wasser zur Berbrauchsstelle geleitet oder auch künstlich gehoben wird. Unter Sammelkanälen versteht man Anlagen mit durchbrochenen Wan­ dungen, welche nicht wie die Sammelrohre fertig verlegt, sondern erst in der Baugrube aus einzelnen Bestandteilen hergestellt und mit Platten überdeckt oder auch überwölbt werden. Sie finden bei größerem Grundwafferandrang Verwendung. Befindet sich die wafferhaltende Schichte, auf welcher die Sammelleitungen aufliegen sollen, in sehr beträchtlicher Tiefe, so müssen Sammel st ollen berg­ männisch vorgetrieben werden. Auch sie erhalten seitliche Eintrittsöffnungen für das Wasser. Zu den Sammelbehältern im großen zählen die Stauweiher (Talsperren). Näheres hierüber in den Vorbemerkungen vor Art. 42. Der Behälter muß natürlich mit dem Grundstück verbunden sein. Wasser in beweglichen Behältern gehört nicht hieher. Die knuftlich angelegte« Wafierleitnngeu. Unter einer Wasser­ leitung im technischen Sinne versteht man eine den Zwecken der Wasserversorgung eines Gebäudes, einer Ortschaft oder einer Stadt dienende Anlage. Andere Flüssigkeiten als Wasser gehören nicht hieher; die Abwasserund Fäkalienleitungen fallen unter die nächste Ziffer. Die Wasserleitung bildet das Mndeglied zwischen dem Gewinnungs- und dem Abgabeorte, sie vermittelt den Transport des Wassers von der Wassersammelanlage zum Bersorgungsgebiet. Je nachdem der Wasserversorgungsort tiefer oder höher als der Wasserbezugsort gelegen ist, unterscheidet man Gefälls- (Gravitations-) Leitungen und Druckleitungen. Bei den ersteren gelangt das Wasser vermöge des natürlichen Gefälles nach dem tiefer gelegenen Bersorgungsorte, während bei Druckleitungen das Wasser künstlich auf das Versorgungsgebiet gehoben werden muß. Die Gefälls- oder Gravitationsleitungen werden ausgeführt entweder a) als offene Gerinne; es sind dies zumeist gepflasterte oder gemauerte Gräben und zwar ausschließlich nur für Nutzwasserversorgungund für größere Waffermengen. Sie haben den Nachteil, daß das in ihnen abgeführte Wasser der Erwärmung und Verunreinigung stark ausgesetzt ist; b) als gedeckte Kanalleitungen, welche die erwähnten Nachteile nicht aufzuweisen haben, aber auch bedeutend höhere Kosten verursachen. Sie können gemauert oder in Beton hergestellt werden oder auch aus Steinzeugrohren bestehen; c) als eiserne Rohrleitungen. Diese Art der Ausführung ist heutzutage wegen ihrer Billigkeit und leichten Herstellung die gebräuchlichste. Die Röhren, zumeist Muffenröhren von 3—4 m Länge, werden mit Hanfstricken und Blei gedichtet und ohne Rücksicht auf das fallende oder steigende Gelände etwa 1,50 m tief unter der Bodenoberfläche verlegt, wobei Wege, Bäche, Flüsse usw. unter­ fahren werden können. Bei Druckleitungen liegt die Waffersammelanlage (Quellstube, Grundwasser­ brunnen) tiefer als das Abgabegebiet (Ortschaft oder Stadt oder Hochreservoir), so daß in nächster Nähe der Sammelanlage eine Pumpstation errichtet wird. Das Wasser wird durch die Pumpen, meist doppeltwirkende Saug- und Druck­ pumpen, in einem Druck- oder Steigrohrstrange auf die für die Wafferverteilung

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erforderliche Höhe gedrückt, von wo es durch eine Fallrohrleitung den einzelnen Berbrauchsstellen zugeleitet wird. Daß der Wasserstrom ständig laufe, ist nicht nötig. Zeitweilige Unterbrechungen sind ohne Bedeutung (Schenkel S. 137). Die Länge, Breite und Tiefe, die Faffung des Gerinnes, der Zweck (Wafferzu- oder -ableitung) begründet keine rechtlichen Unterschiede; auch, darauf, ob die Leitung offen oder geschloffen geführt und ob sie aus einer Quelle im Sinne des Art. 16 Ziff. 3, einem öffentlichen Fluß oder aus einem Privatfluß oder Bache gespeist wird, kommt nichts an (Begr. S. 550 I, Pözl II S. 100, Reuß S. 67 f., Meisner S. 210 f., OGH. 10 S. 309).

Die Kanäle und Gräben« Unter einem Kanal versteht man tech> nisch einen künstlich hergestellten Wafferlauf. Je nach dem Zwecke, dem die Kanäle dienen, unterscheidet man 1. Schiffahrts- und Floßfahrtskanäle; 2. Straßenkanäle für die Kanalisation von Ortschaften und Städten; 3. Ent- und Bewässerungskanäle bei der Bodenmelioration; 4. Wasserleitungskanäle bei der Wasserversorgung; 5. Mühlkanäle, Werkkanäle usw., welche das einem Bache oder Flusse ent­ nommene Wasser einem Triebwerke zuführen. Kleinere Kanäle nennt man meistens Gräben. Ob die Kanäle reines oder verunreinigtes Wasser, Fäkalien u. dgl. enthalten, ist für den Begriff gleichgültig (a. M. Ehmann Anm. 11). Uber den Unterschied zwischen den zu den öffentlichen und den zu den Privatgewäffern gehörigen Kanälen vgl. Art. 1 Anm. 6. Wesentlich für den Begriff des Kanals im Gegensatze zum Fluß oder Bach ist das künstlich hergestellte Bett. Die Größe, Länge, Breite und Tiefe und die Fassung des Bettes (Erd-, Holz-, Steinwände, Röhren usw.) ist für den Begriff ohne Bedeutung; auch der ost mißbräuchlich angewandte Name Kanal tut nichts zur Sache (Pözl II S. 101, Meisner S. 211, KorrefRK. S. 50, Ditt­ mann S. 9, Ehmann Anm. 11). Wenn der Kanal aus einem öffentlichen oder Pvivatfluß sein Wasser erhält, so tut das seinem Charakter als geschlossenes Privatgewässer an und für sich keinen Ein­ trag (so auch Dittmann S. 9, Ehmann Anm. 11), es wird sich vielmehr in der Hauptsache darum handeln, welcher Zweckbestimmung das Gewässer dient und je nachdem wird es als Nebenarm des Flusses oder als selbständiges Privat­ gewässer, als Kanal zu erachten sein. Die Berkehrsbedeutung des Gewässers geht natürlich auch einer weit überwiegenden wirtschaftlichen Verwendung vor. Ein als Floßkanal eingerichteter Nebenarm eines öffentlichen Flusses ist z. B. öffentliches Gewässer, auch wenn er gleichzeitig als Wässerungs- oder Werkkanal dient und wenn diese Bestimmung die Benützung für die Floßfahrt erheblich über­ wiegt (Schenkel S. 137). Vor allem aber ist für die Kanaleigenschast erforderlich, daß das Gewässer von Privaten auf eigenem oder dienstbarem fremden Grunde für Privatzwecke gehalten wird (a. M. Ehmann Anm. 11). Daß der Kanal von Privaten angelegt sei, ist nicht erforderlich, vielmehr kann auch ein öffentlicher Kanal, wenn die im Art. 1 bestimmte Widmung aufhört, als Privatkanal über­ nommen werden (Dittmann S. 9). Der Privatkanal muß der Hauptsache nach Privatzwecken dienen; nicht nötig ist aber, daß er ausschließlich solchen ge­ widmet sei. Es ergeben sich also drei Kriterien für den Begriff des Privatkanals: Künstlich angelegtes Bett, Unterhaltung auf privatem Grunde durch Private und hauptsächliche Widmung für Privatzwecke. Ob ein Rinnsal ein Fluß oder Bach oder ein Privatkanal sei, hat der zu beweisen. 51 ttm. 10«

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Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

der aus der behaupteten Eigenschaft des Gewässers Rechte ableitet. Vgl. zu dieser Darstellung Sinnt. 4 zum Art. 1, dann OGH. 14 S. 775 ff., 15 S. 783 ff., VGE. 11 S. 266, Bl. 17 S. 13, 27 S. 295 und 300, Pözl II S. 100 ff., Reuß S. 67 f., Pollwein Anm. 1 zum Art. 33, Meisner S. 211 f., Dittmann S. 9; in wesentlichen Punkten a. M. Eymann Anm. 11, der aber die Abgrenzung zwischen Flußnebenarm und Privatkanal vermiffen läßt). Daß auch „der Staat Privat­ kanäle zum Eigentum haben kann, ist selbstverständlich. Kanäle, die auf der Grenze laufen, sind nach § 921 BGB. als Grenzeinrichtungen zu behandeln. Gemeinschaftliches Benützungsrecht wird ver­ mutet, wenn nicht äußere Merkmale etwas anderes dartun. Daß der Aushub nur auf einer Seite liegt, beweist allein Wohl noch nicht, daß der Kanal dem Eigentümer dieser Seite allein gehört (a. M. Meisner S. 212 und dort Zitierte). Zwischen den Kanälen und den Gräben besteht kein rechtlicher Unterschied. Von der Natur geschaffene Gräben fallen schon unter die „andern Behälter" der Ziffer 1 (vgl. auch Dittmann S. 9). Die Maße, die Faffung und der Zweck des Mnnsals sind auch hier für den Begriff gleichgültig (teilweise a. M. Eymann Anm. 12). Zu den (natürlichen) Gräben gehören auch die Gieß­ oder Wildbäche, die den größten Teil des Jahres über trocken liegen und nur zur Zeit der Schneeschmelze oder bei starkem Regen flußartige Wasserläufe bilden. Sie sind nicht Privatflüsse, sondern geschlossene Gewässer (Meisner S. 210, Nieberding-Frank S. 60, Reuß S. 70, Eymann Anm. 12). über die Kosten der Offenhaltung solcher Gräben (vgl. Art. 55/40 GemO.).

Das Grundwaffer über die Entstehung des Grundwaffers siehe Art. 1 Anm. 1. Grundwasser und Oberflächenwasser stehen in untrennbarem Zusammenhang. Alles im Boden befindliche Wasser muß au irgendeiner Stelle wieder mit dem Oberflächenwasser kommunizieren, so daß die Höhe des Grundwasserstandes von selbst reguliert wird. Zwischen Grund- und Quellwasser besteht kein Unterschied; letzteres ist lediglich zutage getretenes Grundwasser. Das Grundwasser ist nur dann in Ruhe, wenn die wasserundurchlässige Schichte muldenförmig ist. Eine solche Ansammlung von Grundwasser mit nur zeitweisem Abfluß, nämlich wenn die unterirdische Wasserscheide überschritten wird, nennt man Grundwasser­ becken. So befindet sich z. B. unter dem diluvialen, sehr wasserdurch­ lässigen Untergrund der Stadt Berlin ein 30—50 m mächtiges Grundwasser­ becken, das die Stadt mit Trinkwasser versorgt. Da das Grundwaffer nach dem Gesetze der kommunizierenden Gewässer einen Bestandteil der die Nachbargrnndstücke durchfließenden unterirdischen Wassermaffe bildet, kann eine umfassende Ableitung des Grundwaffers von einem Grundstücke für die hydrostatischen Verhältnisse des benachbarten Gebietes schwerwiegende Folgen mit sich bringen, unter Umständen die Wafferführungsverhältniffe in der Nähe befindlicher Wasserläufe nachteilig beeinflussen. Hinsichtlich der Frage, ob durch die Entziehung von Grundwaffer Kulturschäden hervorgerufen werden, kommt Professor A. Friedrich an der k. k. Hochschule für Bodenkultur in Wien zu folgendem Ergebnis: A«m. 11.

1. War die bisherige Tiefenlage des Grundwasserspiegels für das Wachstum der be­ treffenden Pflanzen ungünstig, so wird eine Absenkung des Grundwaffers inner­ halb der diesen Pflanzen zukommenden Grenzen zweifellos eine Verbesserung der landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich benützten Ländereien herbeiführen. 2. Liegt der Grundwasserspiegel in einer dem Wachstum der Pflanzen förder­ lichen Höhe, so kann dessen dauernde Senkung den Nutzungsertrag schädlich beeinflussen.

3. Wenn dagegen der ungesenkte Grundwasserspiegel schon von vornherein sich in einer weit größeren Tiefe befindet als die kapillare Ansaugungsfähig­ keit des Bodens reicht, so daß selbst tiefwurzelnde Kulturgewächse durch das Grundwasser nicht mehr beeinflußt werden, so kann aus einer weiteren Ab­ senkung des Grundwasserspiegels der Pflanzenvegetation kein Nachteil erwachsen. Bei Anlagen, die eine Absenkung des Grundwassers bezwecken, ist es für den Fall, daß eine Entschädigungspflicht besteht, dringend notwendig, die Höhe des mittleren Grundwasserstandes und die hiedurch bedingten Vegetations­ verhältnisse vor Beginn der Absenkung genau festzustellen. Dies geschieht durch die Konstruktion eines Grundwasserschichtenplans. Man schließt das betreffende Gebiet durch Bohrungen, Probeschächte, usw. auf, nivelliert die gefundenen Wasserspiegel nach eingetretenem Beharrungszustand ein und bildet sich alsdann die Grundwaffer-Horizontalkurven, aus denen man ein genaues Bild der unter­ irdischen Wasserverhältniffe gewinnen kann. Eine besondere Art von Grundwaffer bildet das Horizontalwasser. Während ersteres infolge von atmosphärischen Mederschlägen in den Boden ge­ langt und daher angesammeltes Sickerwaffer ist, entsteht das Horizontalwaffer dadurch, daß in breiten, ebenen, aus sehr durchlässigem Boden bestehenden Tal­ niederungen von Seen, Flüssen, Bächen oder Kanälen, deren Wasser seitlich in das anliegende Gelände eindringt und sich daselbst nach dem Gesetz der kommuni­ zierenden Gefäße gleich hoch mit dem Spiegel des Sees oder des Wasserlaufes einstellt. Das Horizontalwasser steigt und fällt mit dem Niveau des Wasserlaufes oder Sees, aus welchem es herrührt. Diese Schwankungen des Wasserspiegels pflanzen sich, je nach der Neigung der wasserführenden Schichten und dem Grade ihrer Durchlässigkeit, auf weitere Entfernungen schneller oder langsamer fort und machen sich am ehesten in der unmittelbaren Nähe des Wasserlaufes oder Sees, am spätesten in großer Entfernung von letzteren bemerkbar. Es kann daher ein Sinken oder Steigen des Wasserstandes in einem Flusse schon längst vorüber sein, ehe diese Änderungen auch am Stande des Horizontalwaffers in größerer Ent­ fernung von dem betreffende Flusse sich feststellen lassen. Der größte Teil des Grundwaffers gelangt durch die Quellen in die offenen Wasserläufe. Führt z. B. ein Bach an einer bestimmten Stelle 10 cbm stündlich ab und an einer anderen unterhalb gelegenen Stelle 18 cbm, beträgt dagegen der oberirdische Zufluß für diese Strecke nur 5 cbm, so ist leicht ersichtlich, daß die Grundwasserspeisung 3 cbm in der Sekunde ausmacht. Die Tiefe des Grundwasserstandes unter der Bodenoberfläche ist nicht nur für die Vegetation, sondern auch für die landwirtschaftlichen und gesundheitlichen Verhältnisse von größter Bedeutung. Infolge hohen Grundwasserstandes wird der Boden kalt, sumpfig und durch die Hervorrufung von Fieberluft gesundheits­ schädlich. Das Sinken des Grundwaffers verursacht häufig wegen der Zer­ setzung der feucht gebliebenen, fäulnisfähigen Bestandteile des Bodens in be­ wohnten Orten Typhusepidemien. Man ist daher bestrebt, in Städten den Grund­ wasserstand möglichst unveränderlich zu machen, wozu zweckmäßig angelegte Drainierungen und Stauanlagen wesentliche Dienste leisten. Unterirdische Wasseradern hören dann auf, geschloffene Gewässer (Grundwasser) zu sein, wenn sie die ganze Wassermasse eines oberirdischen Wasserlaufes oder einen großen Teil davon aufnehmen und später wieder zutage fördern (vgl. das Berstnken der Donauquellen zwischen Immendingen und Möhringen und des Poik und der Unz, die später die Laibach bilden, in Krain (Peyrer S. 146 Anm. 1; ferner auch KorrefRK. S. 50, RRA. S. 148, Seidler S. 18, Dittmann S. 8, Eymann Anm. 14). Anders steht es mit dem Sickerwasser eines Flusses, das zum Grundwasser gehört (vgl. Peyrer Harster-Lasslmtr, Wassergesetz. 7

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Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

S. 147 Sinnt., Rand« S. 37, Eymann Anm. 14). über die Grubenwässer enthalten die Art. 181 f. BergG. besondere Vorschriften (s. Anm. 17).

Anm, 13.

Die Quellen

1. Eine Quelle entsteht (vgl. Art. 1 Anm. 1), wenn Grundwafser zutage tritt. Gewöhnlich gelangt das Grundwasser am Fuße einer Anhöhe durch Kies- oder Sandschichten oder zerklüftetes Gestein zutage. Die Waffermenge (Schüttung) einer Quelle hängt von der Größe ihres Sammelgebietes und den auf diesem auffallenden Mederschlägen ab, welche die Speisung des unterirdischen Wasserlaufes bewirken. Da aber das Grundwasser ost einen sehr weiten Weg vom Sammelgebiete bis zur Quelle zurückzulegen hat, so macht sich der Einfluß langanhaltender Niederschläge auf die Vermehrung des Wasserreichtums einer Quelle zumeist erst nach einem längeren Zeitraum bemerkbar. Sollen Quellen für eine Wasserversorgungsanlage Verwendung finden, so muß das Wasser vorher chemisch auf seine Reinheit untersucht werden. Es muß frei von organischen Stoffen sein; die anorganischen Bestandteile, hauptsächlich der Kalkgehalt, dürfen ein gewisses Maß nicht überschreiten. Für industrielle Zwecke empfiehlt sich ein Härtegrad bis zu 16 und für Trinkwasser bis zu 25°, d. h. auf 100000 Teile Wasser treffen 16 bis 25 Teile Kalk. Um die Quelle dauernd zu sichern und insbesondere gegen das Eindringen von Tagwaffer und gegen Verunreinigung zu schützen, bedarf es der Quellen­ fassung. Die Art der Quellwafferfassung ist je nach den örtlichen Verhältnissen ver­ schieden. Am einfachstert ge­ staltet sie sich bei Quellen, die aus festem Gestein kommen (vgl. nebenstehende Skizze). Mittels eines Schlitzes entfernt man alle lockeren Bestandteile vor dem Quellenausfluß. Das aus den Felsspalten hervor­ quellende Wasser wird durch eine kleine Staumauer abge­ dämmt, hinter welcher eine mit einer Deckplatte verschließbare Quellkammer angelegt wird. Die drei bergseitigen Wände dieser Kammer sind mit Schlitzen versehen, durch welche das Wasser einströmt. Eine Eisen­ oder Tonrohrleitung führt das Wasser aus der Quellkammer der tiefer gelegenen Quellstube zu, in meist noch andere Leitungen einmünden. Die Quellkammer wird mit Schotter und größeren Steinen bedeckt und sodann vollständig zugeschüttet. Die Lage der Quellfaffung wird durch einen numerierten Stein gekennzeichnet.

Liegen die Quellspalten weiter von einander, so werden mehrere Quellkammern durch Saugkanäle miteinander verbunden, die wiederum in einer Ver­ einigungskammer (Schacht, Wasserschloß) zusammenlaufen.

2. Die Quelle und das aus der Atmosphäre niedergegangene Sammel­ wasser sind nur solange nach Art. 16 zu behandeln als sie von dem Grundstücke nicht abgeflossen sind. Eine Zurückholung des abge-

stoffenen Sammelwassers vom Nachbargrundstück ist also ausgeschloffen; mit dem Abfluß erlischt das Eigentum am Waffer, weil es stets dem Eigentum am wafferhaltenden Grundstücke folgen muß. Unter „Grundstück" im Sinne der Ziff. 3 ist der katastermäßig vermessene und durch eine Plannummer bezeichnete Abschnitt der Erdoberfläche zu verstehen, dessen Grenzen die Ursprungstelle umfassen (ABAK. S. 160, RRA. S. 149 ff.). Die Ansicht Meisners (S. 209), der mehrere Grundstücke desselben Eigentümers als ein Grundstück behandeln will, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit bilden (s. auch sächs. Entw. § 2 Abs. 2), ist unan­ nehmbar; denn sie verwischt jede Grenze und hat keine Grundlage im Gesetze. Diese auch vom RefAK. (S. 11) aufgenommene Ansicht hat der KorrefAK. (S. 13) schlagend widerlegt (s. auch RRA. S. 269). Im RRA. entspann sich über die Frage eine lebhafte Debatte, die aber nicht zu einer Änderung der Re­ gierungsvorlage führte (RRA. S. 149 ff., 269 f.).

Als Quelle ist also nur der Wasserlauf von der Ursprungstelle bis zu der nächsten vom abfließenden Wasser berührten Grund­ stücksgrenze zu erachten. Das noch nicht zutage getretene Wasser, auch wenn es unter der Oberfläche in einem Gerinne fließt, ist nicht Bestandteil der Quelle (RG. 28. Februar 1893, Schenkel S. 175); das hervorsprudelnde Wasser samt dem das Quellbecken und die Abflußrinne bildenden Boden stellt die Quelle dar. Ein Quelleneigentum am Waffer allein ohne Eigentum am Becken ist nicht denkbar (RG. vom 18. April 1893, Schenkel a. a. O.). Ob die Quelle auf dem Grundstücke natürlich entspringt oder ob sie von Menschenhand erschlossen, ob sie künstlich gefaßt ist oder im natürlichen Abfluß­ gerinne weiterläust, ist gleichgültig; auch die Stärke der Quelle ist für die An­ wendbarkeit des Art. 16 ohne Bedeutung (a. M. Graf von Hirschberg Bl. 53 S. 72). Die Quelle muß aber Grundwasser enthalten; ein Springbrunnen, der künstlich in den Boden geleitetes Waffer wieder zutage fördert, ist eine Wafferleitung, keine Quelle (Eymann Anm. 15). Die Quelle muß bei normaler Bodenfeuchtigkeit ständig fließen, andernfalls handelt es sich nur um Niederschlagswaffer. Ein Versiegen bei außerordentlicher Trockenheit schadet nicht (Schenkel S. 175, Eymann Anm. 15). Ist das Ursprungsgrundstück ein öffentlicher Weg, so steht die Quelle im Privateigentum des Wegeigentümers; ist es ein Waffergrundstück, so gehört sie dem Eigentümer des Bettes oder Wasserbehälters und teilt, bis sie das Waffer­ grundstück verlaffen hat, deffen rechtliche Eigenschaften (vgl. Schenkel S. 176). Eine bei einem Tunnelbau angeschnittene Quelle wird Eigentum des Eigentümers der Grundstücksoberfläche (§ 905 BGB.; vgl. Schenkel S. 176). Die Quelle hört mit der Überschreitung der unteren Grenze des Ursprungs­ grundstücks auf, Quelle im Rechtssinne zu sein. Im weiteren Verlaufe wird fix zum Bach, auch wenn die zunächst berührten weiteren Grundstücke dem Eigen­ tümer des Ursprungsgrundstückes gehören. Aus dem geschloffenen Privatgewäffer wird also ein nach dem zweiten Titel dieses Abschnittes zu behandelnder Wasser­ lauf, ein Bach oder ein Privatfluß, und, wenn die Voraussetzungen des Art. 1 gegeben sind, ein öffentliches Gewässer. (Begr. S. 550 I, OGH. 4 S. 40, 7 S. 387, N. F. 1 S. 480 ff., VGE. 17 S. 224, RG. vom 12. November 1889, Schenkel S. 168 f., Burkhard Bl. 30 S. 266 ff., Pözl II S. 99, Meisner S. 209, Reuß S. 66 f., Emil Huber S. 18 ff.). Der von Eymann (Anm. 15) kon­ struierte Fall des Weiterfließens der Quelle ohne Bett wird kaum je Vorkommen; denn, sobald das abfließende Wasser einmal den gleichen Lauf einhält — und das wird es wohl immer sehr bald tun —, ist das Erfordernis des Bettes gegeben.

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Eigentumsverhältnisse in und an den GewSffern.

A«M. 13. DaS Sammelwaffer.

Hieher ist nur das atmosphärischen Nieder­ schlägen entstammende Wasser zu zählen, das nicht in einem Behälter zusammenläust — denn sonst gehört es zu einer der anderen Gewässerarten des Art. 16 —, sondern sich ohne Behälter auf dem Grundstücke sammelt, sich über seine Fläche mehr oder weniger stark ausbreitet und an unzähligen Stellen auf das Nachbargrundstück hinüberrieselt (Eymann Anm. 16). Auch das Dachtrauf­ wasser fällt unter diese Ziffer (vgl. Anm. 3 Ziff. 3 zum Art. 17). Fließt das Niederschlagswasser vom Grundstück ab, so gehört es dem Eigentümer des Grund­ stücks, auf dem es sich nun befindet.

Anm. 14. Das Eigentum an de« gefchloffeuen Gewässer«. Sei« Inhalt ««d feine Schranke«. Das Eigentum an allen Wasserarten des Art. 16 ist aus dem Eigentum am wasserhaltenden Grundstück abgeleitet. Das Wasser allein ist gesonderter Rechtsbehandlung nicht fähig; es kann nur mit dem Grundstück veräußert oder belastet werden. Auch die Einräumung eines dinglichen Wasserbezugsrechtes am Wasser allein ist nicht möglich; denn nicht das Wasser für sich, sondern nur der Wasserbehälter mit dem Wasser ist Rechtsobjekt (RG. v. 18. April 1893, Schenkel S. 167, OGH. 4 S. 40, 7 S. 57, 386, N. F. 1 S. 480, Oertmann § 97 2 da, Becher 1 S. 1052 Anm. 4, Meisner S. 212, Reuß S. 71, Pfleghart S. 8, 141, Eymann Anm. 2 und 3). Nach 8 903 BGB. ist das Berfügungsrecht des Grundeigentümers über das Wasser an und für sich unbeschränkt. Er kann also das Wasser zu jedem beliebigen Zwecke benützen und es, wenn er will, auch ganz verbrauchen (RG. 12 S. 183, BGE. 26 S. 342, Bl. 30 S. 107, 260, Meisner S. 213, Schenkel S. 169, Dernburg 3 § 137, 1, Emil Huber S. 27 ff., Leuthold S. 240, Nieder Art. 2 Anm. 2, Eymann Anm. 3). Der Grundeigentümer ist daher grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Unterlieger einen Teil des Wassers zukommen zu lassen; er kann das Wasser durch künstliche Vorkehrungen auf seinem Grundstücke zurückhalten; er kann vorbehaltlich des Art. 17 die Quelle, statt ihr den natürlichen Abfluß zu lassen, künstlich anderswohin leiten oder sie verschütten, wenn nicht begründete Privatrechtstitel entgegenstehen. Aus dem Gesetz allein können solche Berfügungshindernisse nicht abgeleitet werden. Dagegen darf der Eigentümer nach Art. 17 dem auf seinem Grundstück ent­ springenden oder sich natürlich sammelnden Wasser zum Abfluß auf fremdes Eigentum keine dieses belästigende andere Leitung geben, als wohin nach der Beschaffenheit des Bodens der natürliche Lauf geht, und ebensowenig darf er dem Wasser eine belästigende größere als die natürliche Stärke verleihen (Näheres beim Art. 17). Die Verfügungsmaßregeln des Eigentümers auf seinem Grundstück können zur Folge haben, daß andere Grundstücke gänzlich wasserlos werden oder daß die Ansammlung eines Wasservorrats auf ihnen erheblich beeinträchtigt wird. Hiegegen gab das bisherige Recht keine Handhabe. Der Satz: „qui suo iure utitur, nemini facit iniuriam“ schloß eine Entschädigungspflicht aus. Nur gegen Maßregeln, die keinen anderen Zweck haben können als den, dem Nachbarn Schaden zuzufügen, gewährte das Schikaneverbot hinreichenden Schutz (BGB. § 226). Vgl. hierüber Dernburg 3 § 67, 6 und die dort angeführte Rechtsprechung des Reichsgerichts, OGH. 7 S. 47, 386, 11 S. 453, N. F. 1 S. 481, Burkhard Bl. 30 S. 260, Baumert S. 8, 93, 229 ff., Reuß S. 67, 71, Meisner S. 213 f., Oertmann § 97, 2, Nieberding-Frank S. 237, Peyrer S. 189 ff., Schenkel S. 169, 176, 180 ff., öftere. Wochenschr. 1897 S. 534, 1901 S. 742, Seidler S. 33 f., Steiner, Recht 1907 Sp. 1393, Pfleghart S. 141 usw. Auch das Abfangen von Quellen durch Vorrichtungen auf dem eigenen

Grundstücke war bisher nur unter der Voraussetzung des § 226 BGB. unzu­ lässig (vgl. die eben angeführte Literatur). Das Wfangen mineralischer Quellen zur Ausnützung für gewerbliche Zwecke mit Dernburg 3 § 67, 6 b und Steiner a. a. O. als ein gegen die guten Sitten verstoßendes und daher nach § 826 BGB. zum Schadensersätze verpflichtendes Verfahren zu erachten, ging wohl zu weit. Erst die Art. 19 und 20 unseres Gesetzes haben hier Abhilfe geschaffen. Nach Art. 19 unterliegt die Zutageförderung oder Ableitung von Grundund Quellwafser sowie die Änderung am Abflusse eines Sees oder Weihers der Erlaubnis der Verwaltungsbehörde und Art. 20 macht die Vornahme von Grab­ oder Bohrarbeiten auf Grundstücken im Bereiche von öffentlich benützten Heil­ quellen einschließlich der Solquellen gleichfalls von der Erlaubnis der Verwaltungs­ behörde abhängig. Näheres hierüber Hei den betreffenden Artikeln. Den allgemeinen nachbarrechtlichen Eigentumsbeschrän­ kungen ist natürlich (wie schon bisher) auch der Eigentümer oder Nachbar eines nach Art. 16 zu behandelnden Waffergrundstückes unterworfen. Immissionen auf das Grundstück oder das Wasser des Grundstücksnachbarn sind unter den Voraussetzungen des § 906 BGB. unbefugte Eigentumsstörungen, die mit der Eigentumsfreiheitsklage nach § 1004 BGB. bekämpft werden können. Der Grundstückseigentümer braucht sich nicht gefallen zu lassen, daß ihm der Nachbar durch die Anlegung einer Düngergrube das Brunnenwasser verdirbt, daß eine Fabrik durch ihre Abwässer das Grundwasser unbrauchbar macht usw. (Dernburg 3 § 67, 6 d, Meisner S. 214, Schenkel S. 177). Weitere Beschränkungen der Verfügungsgewalt ergeben sich aus den Art. 28, 37 ff., 57 und 107. Daß das Verfügungsrecht des Eigentümers durch besondere Rechts­ titel ausgeschlossen oder beschränkt sein kann, bedarf keiner Hervorhebung.

A«M. 15.

Der Wafferdiebftahl. 1. Aus dem oben (Anm. 14) aufgestellten Satze, daß nicht das Wasser allein, sondern nur der Wasserbehälter mit dem Wasser Rechtsobjekt sei, ergibt sich, daß ein Diebstahl an dem in geschlossenen Gewässern, also in Seen, Weihern, Zisternen, Brunnen und anderen Behältern, in künstlich angelegten Wasserleitungen, Kanälen und Gräben befindlichen Wasser, am Grund- und am Quellwasser grundsätzlich ebensowenig möglich ist als am Wasser eines Flusses oderBaches. Die Wasserwellen allein sind dort ebensowenig wie hier „bewegliche Sachen" und der Behälter mit dem Wasserinhalt ist es erst recht nicht. In den meisten dieser Fälle, vor allem bei den Quellen, Brunnen und Wasserleitungen, ist das Wasser ebensogut ein fließendes wie bei den Flüssen und Bächen, die Wasserwelle ist hier wie dort nicht fähig, Gegenstand des Eigentums zu sein. Auch von den stehenden Gewässern gilt nichts anderes; denn auch hier ist nur das Wasser mit dem Be­ hälter Sache im Rechtssinne. Dagegen ist am Wasser, das aus einem fließenden oder geschloffenen Gewässer in bewegliche Behälter geschöpft ist, ein Diebstahl möglich. Das Wasser bildet hier „weder den Bestandteil eines Gewässers mehr, noch ist es Teil des Grundstückes, sondern es hat den Charakter einer den Gegenstand selbständiger Verfügung bildenden beweglichen Sache angenommen wie das gefällte Holz oder andere von einem Grundstücke losgelöste Bodenbestandteile" (Begr. zum sächs. Entw. S. 93).

2. Eine sehr verbreitete Ansicht will bei geschlossenen Gewässern die Möglichkeit eines Diebstahls anerkennen (Randa § 2 Anm. 29, Peyrer S. 152, 568, Dittmann S. 5 u. a.; Wohl auch Oertmann § 97, 3). Diese Anschauung dürfte nicht haltbar sein. Die erst vor einiger Zeit erschienene Rechtfertigung dieser Konstruktion durch Dittmann (S. 5; vgl. auch

102

Abteilung L Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Sinnt. 3) operiert mit dem Gegensatze zwischen Flüssen, Seen und Kanälen auf der einen und den Gewässern, die in Zisternen, Wasserleitungen und Heinen Teichen u. dgl. eingeschlossen sind, auf der anderen Seite. Bei der erstgenannten Kategorie, bei der die einzelnen Wasserteilchen doch stets in Bewegung seien, könne der Begriff des Eigentums „eigentlich nur im Wege der Analogie", bei der andern dagegen könne er in seiner Urbedeutung angewandt werden; denn hier beherrsche der Eigentümer auch die einzelnen Wasserteilchen und könne sich ihrer durch Ausschöpfen, Auslaufenlassen usw. bemächtigen. Während also am Flusse, See und Kanal nur ein Eigentum am Bett und Wasser, also am Wasser­ grundstück bestehen könne, sei bei Zisternen, Wasserleitungen, kleinen Teichen u. dgl. ein Eigentum am Wasser allein, losgelöst vom Grundstücke, möglich. Es wäre interessant, zu wissen, wie Dittmann diese Fragen bei den Gewässerkategorien des Art. 16 beantwortet, deren er keine Erwähnung tut, nämlich den Quellen, den Brunnen und dem Grundwaffer. Bei dem Gewichte, das er bei den Flüssen darauf legt, daß die einzelnen Wasserteilchen hier stets in Bewegung sind, wird er bei den erwähnten Gewäfferarten, bei denen das Gleiche zutrifft, Wohl kaum ein Eigentum am Wasser allein konstruieren wollen. Und wie steht es mit den Wasserleitungen, in denen die Wasserteilchen doch gleichfalls in fließender Bewegung sind? Dittmann fühlt hier wohl selbst eine verwundbare Stelle seiner Theorie; denn er sagt in einer Anmerkung: „Nicht entscheidend ist, daß auch in Wasser­ leitungen usw. die einzelnen Wafferteilchen stets ihre Stellung im Raume wechseln." Warum dieses Hauptkriterium für die Unterscheidung der Gewässer, auf die sich der Eigentumsbegriff in seiner Urbedeutung oder auf die er sich nur analog anwenden läßt, gerade bei den „Wasserleitungen usw." auf einmal gänzlich ver­ sagen soll, wird nicht angegeben. Und weiter: Wie willkürlich ist es doch, statt zwischen fließenden und ge­ schloffenen Gewässern zu unterscheiden, den Flüssen, Seen und Kanälen die Zisternen, Wasserleitungen und kleinen Teiche gegenüberzustellen I Dittmann erkennt offenbar selbst, daß sich bei den Seen und Kanälen ein Eigentum am Waffer, losgelöst vom Grundeigentum, unmöglich verfechten läßt. Und in der Tat wird wohl kaum jemand behaupten wollen, daß beim Schlier- oder Tegernsee, die der Zivilliste gehören, also zweifellos unter Art. 16 fallen (s. ABAK. S. 202 f. und OGH. 13 S. 278), der Eigentümer die einzelnen Wafferteilchen beherrsche, während er bei einem träge durch sein Grundstück fließenden Bächlein nicht dazu imstande sei. Wo aber soll die Grenze liegen zwischen dem kleinen Teiche, bei dem der Eigentümer die einzelnen Wafferteilchen beherrscht, und dem See, bei dem ihm dies unmöglich ist? Soll für die Frage, ob der Wasserschöpfende ein strafloses furtum usus oder ob er einen Diebstahl begeht, die Quadratmeterzahl der Weiher­ fläche entscheidend sein, oder wo endet sonst das Eigentum in seiner Urbedeutung und wo beginnt die Analogie? Tatsächlich sind eben die einzelnen Wasserteilchen immer herrenlos, beim Fluß wie bei der Quelle, der Zisterne, dem Brunnen und dem Grundwasser, beim See wie beim Teich, und fließende und geschlossene Gewässer haben das gemeinsam, daß das Wasser nur mit seinem Behälter, nicht aber ohne diesen Objekt des Eigentums, Sache im Rechtssinn sein kann. Auch bei den geschlossenen Gewässern ist ja der Wafferinhalt des Behälters steter Veränderung unterworfen (vgl. Seidler S. 19).

3. Hält schon Dittmann nicht mehr an der Möglichkeit des Diebstahls bei allen geschloffenen Gewässern fest, so nähern sich andere der hier vertretenen Auffassung noch mehr, indem sie die Möglichkeit eines Wasserdiebstahls nur dann anerkennen, „wenn das Wasser durch künstliche Vorrichtungen zum Zwecke des Verbrauchs nach außen hin vollständig abgeschlossen und

der allseitigen Beherrschungsgewalt deS Eigentümers unterworfen ist" (Schenkel S. 94, 138, 168, 172, 565). Dem kann beigepflichtet werden, wenn man den Ton auf das Wort vollständig legt. Wenn der Wechsel, der StB- und Zugang der Wafferwellen vollständig ausgeschloffen ist, wie z. B. bei einer betonierten Zisterne zur Auffangung des Regenwassers (nicht aber bei einem Grundwasser zutagefördernden Brunnen; a. M. RGSt. Reger 2. ErgBd. S. 88), kann § 242 RStGB. Platz greifen. Das wird aber bei der Anzapfung fremder Wasserleitungen, die auch das Reichsgericht als Diebstahl straft (Reger 7 S. 57) wohl nur selten der Fall sein. Wenn hier eine Lücke im Gesetze gegeben ist, so bedarf es eben eines Gesetzes, um sie auszufüllen, wie ja auch bei der verwandten Frage der unbefugten Entziehung elektrischer Kraft auf diesem Wege geholfen wurde (vgl. auch Baumert S. 267 f.).

Aum. 16.

Die Rechte dritter an de« gefchloüeuen Gewässer«. Sie können obligatorischer Natur sein oder dinglichen Charakter tragen. Als solche dingliche Wassernutzungsrechte kommen hauptsächlich Grund­ dienstbarkeiten in Betracht. Sie bedürfen nach § 873 BGB. der Eintragung ins Grundbuch. Grunddienstbarkeiten, die zu der Zeit bestehen, zu der das Grund­ buch als angelegt anzusehen ist, müssen zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs in das Grundbuch eingetragen werden. Der Eintragung sind Grunddienstbarkeiten, mit denen das Halten einer dauernden Anlage verbunden ist, solange nicht unterworfen als die Anlage besteht (ÜBG. Art. 10). Ist das belastete Grundstück buchungsftei und nicht eingetragen, so bedarf es zur Begründung einer Dienstbarkeit nur der Einigung des Bestellers und des Erwerbers darüber, daß das Grundstück mit der Dienstbarkeit belastet werden soll, nicht aber der Anlegung eines Grundbuchblattes und der Eintragung der Dienstbarkeit (AG. z. BGB. Art. 84). Vgl. hiezu auch OGH. N. F. 4 S. 372. Soweit ein Brunnen als Bauwerk zu erachten ist (s. RG. 56 S. 41), kann das Recht, auf ftemdem Boden einen Brunnen zu haben, auch als Erb­ baurecht nach §§ 1012 BGB. begründet werden (Schenkel S. 174). Über Wafferbezugsrechte als Reallasten vgl. OGH. 1894 Bl. 46 S. 378. Nach dem neuen Liegenschastsrechte ist der Weg der Reallastbegründung nicht mehr gangbar (Art. 85 AG. z. BGB.). Die Ersitzung ist nur noch als Tabularersitzung nach § 900 BGB. Rechts­ erwerbsgrund. Für die Vollendung einer Ersitzung, die vor dem Inkrafttreten der Grundbuchverfaffung begonnen hat, gilt Art. 189 EG. z. BGB. Für die Zeit vorher kommt die landesrechtliche Ersitzung und die unvordenkliche Ver­ jährung als Rechtstitel in Betracht (Schenkel S. 178, Oertmann § 97, 2 d ß). Wasserleitungsdienstbarkeiten können auch auf dem Wege der Zwangsenteignung begründet werden (Art. 153 Ziff. 5). Eine Anzahl von Benützungsrechten wird sich weder unter die Grunddienst­ barkeiten, noch unter die persönlichen Dienstbarkeiten der §§ 1090—1092 BGB. eingliedern lassen. Das gilt beispielsweise von vielen Fischereirechten, die ver­ erblich und veräußerlich sind, aber nicht ein herrschendes Grundstück voraussetzen, so daß sie weder unter diese noch unter jene Kategorie fallen. Man wird diese Rechte als dem Wasserrecht eigene dingliche Rechte besonderer Art zu betrachten haben, deren Anerkennung und Regelung nach Art 65 EG. z. BGB. der Landesgesetzgebung Vorbehalten ist (vgl. Begr. z. Entw. eines bad. WG>, Schenkel S. 143). Das Recht, auf ftemdem Boden einen oberirdischen Kanal oder Graben zu haben, gewährt kein Eigentum am Wasser. Dieses ist vom Eigentum am Behälter untrennbar, steht also dem Eigentümer des Bettes zu (OGH. 5 S. 121,

104

Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Pözl II S. 103 Anm., Oertmann § 97, 2 d ß, Dittmann S. 8; a. M. Peyrer S. 144, 150 f.). Wie aber, wenn es sich um Wasser handelt, das auf Grund einer Dienstbarkeit in Röhren über ein fremdes Grundstück ober- oder unter­ irdisch geleitet wird? Es wird behauptet, solches Wasser gehöre nicht gemäß Abs. 1 Ziff. 1 dem Grundeigentümer, sondern es müsse hier der Vorbehalt „so­ weit nicht andere Rechtsverhältnisse bestehen" zugunsten des Eigentums des Wafferleitungsberechtigten eingreifen (KorrefRK. S. 50, RRA. 148, Dittmann S. 8). Das trifft aber wohl nur dann zu, wenn ausdrücklich vereinbart wurde, daß der Unternehmer Eigentümer der Leitung und des Wassers bleiben soll. Wenn nichts Derartiges ausbedungen wurde, mangelt es an einem besonderen Rechtsverhältnis und es greift daher die gesetzliche Regel Platz (s. Ehmann Anm. 10). Die bergrechtliche« Bestimmungen. (Abs. 2). Hier kommen in Betracht die Art. 1, 2, 181, und 182 des Berggesetzes vom 30. Juni 1900 (GBBl. S. 774 ff.). Sie lauten: A«M. 17.

Art. 1. DaS Eigentumsrecht an Grund und Boden erstreckt sich nicht auf die nachbezeichneten Mineralien; deren Aufsuchung und Gewinnung ist. soweit nicht für einzelne derselben abweichende Bestimmungen getroffen sind, unter Einhaltung der Vorschriften deS gegen­ wärtigen Gesetzes einem jeden gestattet. Diese Mineralien sind: .............................. Steinsalz nebst den mit demselben auf der nämlichen Lagerstätte vor­ kommenden Salzen, namentlich Kali-, Magnesia- und Borsalzen sowie die Solquellen.

Art. 2. Die Aufsuchung und Gewinnung von Steinsalz nebst den mit demselben auf der nämlichen Lagerstätte vorkommenden Salzen, namentlich Kali-, Magnesia- und Borsalzen sowie der Solquellen bleibt dem Staate vorbehalten. Das Staatsministerium der Finanzen ist jedoch befugt, die Erlaubnis hiezu Ein­ zelnen oder Gemeinschaften zu erteilen. Art. 181. Auf Grubenwässer, welche der Bergwerksbesitzer erschroten hat, bleibt demselben, auch wenn er sie zu Tage ausflietzen läßt, bis zu deren Bereinigung mit anderen bestän­ digen Tagwässern das Vorrecht der Benützung zum Bettiebe des Bergwerkes und der dazu­ gehörigen Aufbereitungsanstalten Vorbehalten. Art. 182. Insoweit und solange ein Bergwerksbesitzer seine Grubenwässer zu BetriebSzwecken nicht selbst benützt, kann deren Benützung von dem Oberbergamte in widerruflicher Weise auch anderen gestattet werden. Den Besitzern benachbarter Bergwerke und Aufbereitungsanstalten gebührt in diesem Falle der Borrang.

Solquellen sind Quellen, die eine der Ausbeutung fähige Beimischung von Salz enthalten. Der Staat bedarf als Inhaber des Salzregals zur Auf­ suchung und Gewinnung von Solquellen weder einer Mutung, noch einer Ver­ leihung. Erschlossene Solquellen werden mit der Besitzergreifung Eigentum des An­ eignungsberechtigten (RG. 10 S. 212, Dernburg 3 § 144 a. E.) Andere Mineralquellen fallen unter Art. 16 Abs. 1 Ziff. 3 (Begr. S. 5501). Erschrotene Grubenwässer bleiben im Eigentum des Grundstücks­ eigentümers (§ 905 BGB.). Der Bergwerksbesitzer hat nur ein bevorzugtes Nutzungsrecht daran für den Betrieb des Bergwerks und der dazu gehörigen Aufbereitungsanstalten, auch wenn das Wasser zutage tritt und oberirdisch weiter-

fließt. Je nach dem Behälter, in dem es sich sammelt und weitergeleitet wird, gliedert es sich in eine der Klassen des Art. 16 ein. Was über die betreffende Art gesagt wurde, gilt auch für das erschlossene Grubenwaffer. Das Nutzungs­ recht des Bergwerksbesitzers erstreckt sich aber nur bis zur Bereinigung des Grundwassers mit anderen beständigen Tagewässern, d. h. mit Flüssen, Bächen oder geschlossenen Gewässern, die eine dauernde oberirdische Wasseransammlung bilden im Gegensatze zum rasch wieder verschwindenden Mederschlagswaffer. Vgl. über Grubenwässer auch OGH. 15 S. 1 ff. und VGE. 12 S. 306 ff.

AMU. 18» Zuständigkeit. Über das Eigentum und die auf Privatrechtstitel gegründeten Nutzungsrechte an geschloffenen Gewässern haben die Gerichte zu entscheiden (vgl. Becher 1 S. 1053 Anm. 7, Reuß S. 65, Eymann Anm. 1II zum Art. 17). Die Frage, ob ein Gewässer ein geschlossenes ist oder nicht, kann als Jnzidentpunkt im Zivilrechts- wie im Verwaltungs- oder Berwaltungsrechtsstreit zu entscheiden sein. Die Tätigkeit der Berwaltungsbehürden und Verwaltungs­ gerichte ist in den Anwendungsfällen des Art. 16 nicht völlig ausgeschlossen, zumal da, wo die Interessen der Allgemeinheit in Frage stehen: Nach Art. 38/29 GemO. obliegt den Gemeinden die Unterhaltung und Reinhaltung der öffentlichen Brunnen und Wasserleitungen. Diese Verpflichtung kann im Staatsaufsichtsverfahren erzwungen, die Freiheit von der Pflicht nach Art. 10 Ziff. 2 VGG. geltend gemacht werden. Den Interes­ senten steht kein Anspruch gegen die Gemeinde auf die Erfüllung der erwähnten Verpflichtung zu (VGE. 6 S. 95, Kahr 1 S. 332). Zur Neuherstellung öffentlicher Brunnen und Wasserleitun­ gen sind die Gemeinden gesetzlich nicht verpflichtet, soweit nicht ihre gleichfalls im Art. 38/29 GemO. begründete Verbindlichkeit zur Herstellung und Unterhaltung der erforderlichen Feuerlöschanstalten einschlägt (Kahr a. a. O.). Ist zu diesem Zwecke die Anlegung von Weihern, Zisternen oder Brunnen oder die Herstellung einer Wasserleitung nötig, so kann ein Zwang von staatsaufsichtswegen ausgeübt werden (VGE. 19 S. 319, Kahr a. a. O.). Das Gleiche gilt dann, wenn die Wasserleitung zum Schutze gegen übertragbare Krankheiten erforderlich ist (§ 35 Abs. 2 RG. vom 30. Juni 1900, Bete, die Bekämpfung gemeingefährlicher Krank­ heiten (RGBl. S. 313). Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so kann den Hauseigentümern die Anschließung ihrer Häuser an eine gemeindliche Trinkwafferleitung nicht durch eine ortspolizeiliche Vorschrift zur Zwangspflicht gemacht werden, weil es an der gesetzlichen Grundlage einer solchen Vorschrift fehlt. Art. 159 Ziff. 6 GemO. schafft diese Grundlage nicht (s. VGE. 20 S. 21, 21 S. 5, Kahr 2 S. 85). Der Staat gewährt zu Unternehmungen dieser Art den Gemeinden auf An­ suchen namhafte Zuschüsse aus dem nach Art. 89 des BrandversG. vom 3. April 1875 und Art. 7 Ges. vom 5. Mai 1890 über die Abänderung des BrandversG. (GVBl. S. 223 ff.) angesammelten Fond für Förderung des Feuerlöschwesens. Ebenso können hilfsbedürftige Gemeinden aus der Gewinnhälfte der MünchenAachener Mobiliarfeuerversicherungsgesellschast Unterstützungen erhalten. Gemeinden, die eine Verbesserung ihrer Wasserbezugsverhältniffe wünschen, er­ teilt dasK. Wasserversorgungsbureau in München Rat und Auskunft. Die Ausarbeitung der erforderlichen Projekte geschieht in der Regel kostenlos. Das K. Staatsministerium des Innern gewährt für Wafferversorgungsanlagen, die das K. Wafferversorgungsbureau projektiert hat, Z u s ch ü s s e zu den Kosten des Unternehmens aus dem Fond für Förderung des Feuerlöschwesens (Wasser­ versorgungsfond). über die Einreichung der Gesuche um den Beirat

106

Abteilung I

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

oder die Beihilfe des K. Wafferversorgungsbureaus oder um einen Zuschuß aus dem Wasserversorgungsfond (vgl. MinEntschl. vom 16. Mai 1900, die Wasser­ versorgung der Gemeinden bett., MABl. S. 347 ff.) Auch Landeskultur­ rentendarlehen werden für Zwecke der Wasserversorgung gewährt, über Gemeindebrunnen vgl. auch Bl. 23 S. 75, über genossenschaftliche Wasserleitungen Art. 110 Ziff. 3 und 150ff. Im Interesse der Gesundheitspolizei ist die Verwaltungsbehörde nach § 35 RG. vom 30. Juni 1900, betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krank­ heiten (RGBl. S. 306), jederzeit befugt, das Wasser der Brunnen, Quellen und anderen zum Genusse für Menschen oder Tiere bestimmten geschlossenen Gewässer zu untersuchen und, wenn es sich als gesundheitsschädlich erweist, den Behälter zu sperren und den Bruch der Sperre mit Ungehorsamsstrafen zu bedrohen (Reuß S. 65 f., Schenkel S. 174). Aus den gleichen Gründen kann die Einfüllung gesundheitsschädlicher Weiher gefordert werden u. dgl. (RegBl. 1873 S. 978 ff.). Die Unterhaltung und Reinerhaltung der öffentlichen Abzugskanäle — nicht auch ihre Herstellung — gehört gleichfalls zu den Aufgaben der Ge­ meinden. Die Straßengräben gehören nicht hieher. Sie sind Bestandteile der Ortsstraßen und von dem zu unterhalten und zu reinigen, dem die gleiche Pflicht an der Ortsstraße obliegt. Gemeint sind vor allem Schwemmkanäle (Kloaken), die der Abführung der Abwässer und der Fäkalien dienen. Die Herstellung von Hausanschlüssen an die Abzugskanäle kann durch orts­ polizeiliche Vorschriften nach Art. 94 PStGB. den Hauseigentümern als Zwangspflicht auferlegt werden (BGE. 10 S. 281, 20 S. 21, Kahr 1 S. 333 Anm., MedelSutner, PStGB. Art. 94, 1 b). Die erwähnten Verpflichtungen der Gemeinden bestehen nur dem Staate gegenüber. Den Interessenten stehen keine Ansprüche auf die Erfüllung dieser Pflichten zu. Streitigkeiten über die öffentliche Eigenschaft und über die Verpflichtung zur Unterhaltung und Reinerhaltung von öffentlichen Abzugskanälen sind Berwaltungsrechtssachen nach Art. 8 Ziff. 34 VGG. über privatrechtliche Pflichten dritter entscheiden die Gerichte. Die Gebühren für die Benützung der gemeindlichen Wasserleitungen und Kanäle werden nach Art. 40/31 GemO. statutarisch festgesetzt; Streitigkeiten über die Verpflichtung zur Entrichtung sind Berwaltungsrechtssachen nach .Art. 8 Ziff. 31 VGG. Wer die Anstalt nicht benützt, ist nicht gebührenpflichtig (Kahr 1 S. 408 f.). Auch die Begründung privatrechtlicher Gebrauchsbefugnisse durch die Gemeinde ist denkbar. Der Aufwand für die Herstellung und Erhaltung der zur Bewirtschaftung der Grundstücke erforderlichen Feldabzugsgräben gehört in Ermangelung be­ sonderer Rechtstitel nicht zu den Gemeindeausgaben, sondern ist nach Art. 55/40 GemO. aufzubringen.

A«M. 19.

Der Schutz der geschloffene« Gewässer.

Ober- oder ortspolizeiliche Vorschriften oder an Stelle der ortspolizeilichen Vorschriften er­ lassene distriktspolizeiliche Anordnungen, die die Anlage, Einrichtung, Abänderung oder Entleerung und die bauliche Instandhaltung von Abtritten, Dungund Bersitzgruben in unmittelbarer Nähe von Brunnen oder Brunnquellen betreffen, sind nach Art. 73 PStGB. zulässig. Der Mchter muß bei der Verurteilung aussprechen, daß die Polizeibehörde berechtigt ist, hie Beseitigung des polizeiwidrigen Zustandes zu verfügen. Die Vergiftung von Brunnen oder Wasserbehältern und ver­ wandte Delikte bedrohen die §§ 324—326 RStGB. mit hohen Strafen. Art. 92

PStGB. bestraft den, der zum Genusse für Menschen oder Tiere bestimmtes Wasser in Brunnen, Zisternen, Leitungen oder in den zum. öffentlichen Gebrauche bestimmten Quellen oder Bächen unbefugt — vorsätzlich oder fahrlässig — ver­ unreinigt oder verdirbt. Der Ausdruck Bäche umfaßt auch alle Privatflüsse (OLG. München vom 21. Juli 1891 MABl. S. 308, Riedel-Sutner, PStGB. Anm. 3 zum Art. 92). Wer öffentliche Brunnen oder Wasserleitungen aus Bosheit oder Mutwillen besudelt oder den zu ihrer Sicherung erlassenen ober-, distrikts- oder ortspolizeilichen Vorschriften und Anordnungen zuwiderhandelt, ist nach Art. 95 PStGB. strafbar. Unter Umständen kann auch § 304 StGB, anwendbar sein. Zum Schutze der Feldabzugsgräben können nach Art. 121 PStGB. orts­ polizeiliche Vorschriften erlassen werden.

Beschräukuuge« tu Dem Der« füguugsrecht über das Wasser.

Art. 17.

Der Eigentümer ist nicht befugt, dem auf seinem Grundstück entspringen­ den oder darauf sich natürlich sammelnden Wasser zum Abfluß auf fremdes Eigentum eine dieses belästigende andere Leitung, als wohin nach der Be­ schaffenheit des Bodens der natürliche Lauf geht, oder eine belästigende größere als die natürliche Stärke zu geben. Abs. 2. Der Eigentümer des niedriger liegenden Grundstücks ist nicht befugt, den natürlichen Abfluß des Wassers von dem höher liegenden Grund­ stücke zu dessen Nachteile zu hindern. Abs. 3. Der Eigentümer hat auf seinem Grundstücke die Wegräumung der Hindernisse und Veränderungen, die durch andere Personen oder durch Zufall entstanden find und dem Abflusse des Wassers zum Nachteile des tiefer gelegenen Grundstücks eine andere Richtung oder eine größere Stärke geben oder die dem natürlichen Abflusse des Wassers auf das niedriger ge­ legene Grundstück zum Nachteile des höher gelegenen Grundstücks entgegen­ stehen, dem dadurch benachteiligten Grundstückseigentümer gegen Entschädigung zu gestatten. Abs. 4. Durch Begründung einer Dienstbarkeit können von obigen Bestimmungen abweichende Verhältnisse festgesetzt werden.

AtlM. 1.

Geschichte. Die Wurzeln dieses Artikels liegen im römischen Rechte. Die actio aquae pluviae arcendae schützte den Unterlieger gegen Anlagen, durch die der natürliche Wafferablauf vom höher gelegenen ländlichen Grundstücke verändert wurde, und verbot dem Unterlieger, den natürlichen Wafferablauf auf sein Grundstück zu hindern und das Wasser auf das höher liegende Grundstück zurückzudämmen. Das galt nicht nur vom wild abfließenden Tagewaffer, sondern auch von Wasserläufen in festen Gerinnen. Die Klage richtete sich gegen opera manu facta, wurde aber schließlich als actio utilis auch bei natürlichen Bodenveränderungen (Verschlämmung der Abzugsgräben, Bodenaushöhlung durch Wasserstürze u. dgl.) zugelaffen. (Tit. Big. de aqua et aquae pluviae arcendae 39, 3, Dernburg Pand. 1 § 232, Peyrer S. 209 Anm. 2). Die actio aquae pluviae arcendae war eine Unterart der actio negatoria, ihr Anwendungsfall eine Unterart schädlicher Immission aufs Nachbargrundstück. Sie hatte aber den Vorzug, daß sie nicht vollendete Immissionen

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

voraussetzte, sondern auch gegen drohende Zuführungen Schutz gewährte (Dernburg a. a. O., Meisner S. 214). Die Klage ging in ihrer Doppelgestalt ins gemeine Recht über; das deutsche Recht hatte vor der Rezeption eine besondere Rechtsbildung nicht zu verzeichnen. Die neueren Gesetzgebungen haben das Borflutrecht, wie es das römische Recht entwickelt hatte, im wesentlichen herübergenommen; das Preußische Recht — ALR. I 8 § 102 ff., Preuß. Borflutsedikt vom 15. November 1811 und schon vom 6. Juli 1773 (Dernburg 3 § 138 II) — enthält allerdings er­ hebliche Wweichungen (Nieberding-Frank S. 88). Vgl. noch bayer. LR. Tit. IV Kap. 16 § 11, Code civil Art. 640, sächs. BGB. §§ 354 ff., Württ. Art. 6, Baden § 11, Hessen Art. 6, sächs. Entw. §§ 9—12, Preuß. Entw. § 18, Österreich § 11, els.-loth. AG. z. BGB. § 59 und den nicht Gesetz gewordenen § 856 des Entwurfes zum BGB. Das französische Wassergesetz vom 8. April 1898 verpflichtet den Unterlieger sogar, den Abfluß des auf dem oberen Grundstücke infolge künstlicher Hebung aus dem Untergründe (sondage) entspringenden Wassers zu dulden, wenn es sich nicht um eine Vermehrung des Wasserabflusses über den Grund von Gebäuden, Höfen, Gärten u. dgl. handelt.

Das geltende Borflntrecht. Allgemeines. Art. 17 233®., der den Artikeln 34 und 35 WBG. entspricht, enthält gesetzliche Eigentumsbeschränkungen privatrechtlicher Natur, die einer ausdehnenden Auslegung nicht fähig sind (OGH. 15 S. 635). Er gilt für Grundstücke jeder Art, gleichviel wem sie ge­ hören und welchen Zwecken sie dienen, also auch für Straßen, Eisenbahnkörper usw. (Pözl II S. 113). Aus der Stellung des Artikels im System ergibt sich, daß er sich nur auf geschlossene Privatgewässer, also nicht auf öffentliche Gewässer und nicht auf Privatflüsse und Bäche bezieht. Allein nicht alle geschloffenen Privatgewäffer fallen unter den Art. 17. Nur von dem auf einem Grundstück ent­ springenden oder sich darauf natürlich sammelnden Wasser ist die Rede; es scheiden also auch die geschloffenen Privatgewäffer des Art. 16 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 und des Abs. 2 aus dem Geltungsbereiche des Art. 17 aus, so daß nur die Quellen und das Sammelwaffer — Regen- und Schneewasser — übrig bleiben (vgl. OGH. 15 S. 632, Meisner S. 215, Oertmann § 97, 2 c Anm. 5, KorrefRK. S. 51, RRA. S. 154). Nur das oberirdisch abfließende Wasser fällt unter Art. 17, auf Veränderungen des Grundwasserstandes bezieht er sich nicht (KorrefRK., a. a. O.). Soweit hier nicht Art. 19 Platz greift, darf der Eigentümer innerhalb der Grenzen seines Grundstückes frei verfügen. Die Eigentumsbeschränkungen des Art. 17 bedürfen zu ihrer Wirksamkeit selbstverständlich nicht der Eintragung ins Grundbuch. Änderungen des gesetzlichen Rechtszustandes sind nur auf dem Wege des Abs. 4 möglich (vgl. Anm. 6).

A«M. 2.

ANM. 3.

Die VersüguugSbeschräuknngeu des Oberliegers (Abs. 1). 1. Der

Unterlieger ist verpflichtet, den Abfluß des auf dem oberen Grundstück entspringenden oder sich darauf natürlich sammelnden Wassers in seinem nach der Beschaffenheit des Bodens natürlichen Lauf und in der natür­ lichen Stärke zu dulden. Auch Veränderungen des natürlichen Laufs und der natürlichen Stärke muß er sich gefallen lassen, aber nur dann, wenn daraus keine belästigenden Wirkungen für sein Grundstück entstehen (vgl. OGH. N. F. 6 S. 359 ff.).

Nur das ohne menschliches Zutun aus dem Boden dringende oder sich darauf sammelnde Wasser muß der Unterlieger aufnehmen; den belästigenden Abfluß einer vom Oberlieger absichtlich oder zufällig neu er­ schlossenen oder herbeigeleiteten Quelle braucht er nicht zu dulden (vgl. Schenkel S. 212, Emil Huber S. 14, Peyrer S. 213, RefAK. S. 11, ABAK. S. 160, KorrefRK. S. 51, RRA. S. 152 f.). Daß der Oberlieger dem Wasser keine belästigende größere als die natürliche Stärke geben dürfe, hatten schon die Rechtsprechung und die Literatur zum Art. 34 WBG. anerkannt; Art. 17 wollte keine Neuerung bringen, sondern lediglich dies Ergebnis sank­ tionieren (RRA. S. 152). Trotz des Hinweises hierauf, auf Art. 159 des Ent­ wurfes, § 226 BGB. und Art. 6 des Württembergischen WG. erhoben sich in beiden Kammern des Landtags Bedenken gegen die Ausnehmung dieser Vor­ schrift. Zwar soll sie sich nach den Verhandlungen der AK. nicht auf solche Fälle beziehen, „bei welchen unbeabsichtigterweise, z. B. gelegentlich der Neu­ fassung einer Quelle, ein größerer belästigender Abfluß entsteht, dagegen soll unter die Bestimmung des Entwurfs fallen, wenn z. B. ein artesischer Brunnen zum Zwecke der Vermehrung des Wasserquantums erheblich vertieft und dadurch eine belästigende größere Verstärkung des Wassers herbeigeführt worden ist. Es wird nun schon unter Umständen schwierig sein, zu entscheiden, ob der größere Wasserablauf absichtlich oder unabsichtlich herbeigeführt worden ist, unter allen Umständen aber kann der Eigentümer einer Quelle, wenn ein größerer Ablauf herbeigeführt ist, in die allergrößte Verlegenheit geraten, wenn der Unterließet den verstärkten Ablauf unter gar keinen Umständen zu dulden braucht, zumal auch Art. 159 des Entwurfs für solche Fälle nur sehr beschränkt anwendbar sein wird" (KorrefRK. S. 51; vgl. auch ABAK. S. 160 und RRA. S. 152 und 270). Diesen Bedenken wurde Rechnung getragen durch die vom KorrefRK. be­ antragte Einschaltung eines Art. 159a (jetzt 161), der den Unterlieget für verpflichtet erklärt, gegen volle Entschädigung den Abfluß des auf dem höher liegenden Grundstück entspringenden oder darauf sich natürlich sammelnden Wassers in belästigender größerer als der natürlichen Stärke zu dulden. Die Aufnehmungspflicht des Unterliegers erstreckt sich nur auf das Wasser in seiner natürlichen Beschaffenheit, nicht auf Wasser, das durch mensch­ liche Tätigkeit verunreinigt ist. Gegen die Zuleitung solchen Wassers schützen den Unterlieget die §§ 906 f. und 1004 BGB. (vgl. Meisner S. 221, NiebetdingFtank S. 90, Nieder Art. 6 Sinnt. 2, Haller Art. 6 Sinnt. 1, Emil Huber S. 14, Pehrer S. 210, Rauda S. 76, 78, Ehmann Sinnt. 7 u. a.). Das Verbot des Art. 17 Abs. 1 betrifft natürlich nicht nur das nächste, sondern auch entfernter gelegene Grundstücke, wenn die übrigen Voraus­ setzungen vorliegen (OGH. N. F. 3 S. 528), ja es gewährt auch einen Anspruch gegen den unmittelbaren Oberlieger, der verbotene Veränderungen des Wafferzuflusses auf sein Grundstück geduldet und dadurch die schädliche Veränderung deS Wasserablaufs auf das weiter unten liegende Grundstück mitverursacht hat (Schenkel S. 211, Endemann, ländl. Wasserrecht S. 98, Reuß S. 73, Meisner S. 222, Peyrer S. 208). Der Einfachheit halber wird hier immer von höher und tiefer gelegenen Grundstücken gesprochen, wiewohl es richtiger heißen sollte: Grundstück, von dem das Waffer abfließt, und GrundMck, dem das Wasser zufließt; denn es kann auch Wasser vom tieferen Grundstücke dem höher gelegenen zufließen (vgl. Meisner S. 215, Ehmann Sinnt. 11). 8. Der Eigentümer muß dem Wasser den Weg lassen, den eS sich nach der Bodenbeschaffenheit selber sucht. Künstliche Verände­ rungen des Ablaufs sind nur dann statthaft, wenn sie den Unterlieget nicht belästigen. Auch das künstliche Bersickernlaffen des Wassers ist unzulässig, wenn

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Eigentumsverhältnisse in und an den Gewüffern.

es auf dem tiefer liegenden Grundstück wieder hervordringt und dort schädliche Nässe erzeugt (vgl. OGH. 4 S. 355, Pollwein Art. 34 Anm. 2, Nieder Art. 6 Anm. 3, Haller Art. 6 Anm. 3). Gleichgültig ist dabei, ob die Belästigung des fremden Grundstücks durch die Änderung des Wasserlaufs unmittelbar oder mittel­ bar eintritt und ob der Oberlieger dem Unterlieger das Wasser absichtlich oder ohne weiteres Zutun nur durch seine Anlage bewußt oder unbewußt zuführt (OGH. N. F. 3 S. 528). Widerspricht der Unterlieger einer künstlichen Veränderung des Wafferablaufs nicht, so tritt die neugeschaffene Bodengestaltung an die Stelle der bisherigen als Grundlage des Borflutanspruchs. Der Oberlieger darf aber nicht durch Verfallenlassen einer Anlage dem Unterlieger Wasser in belästigender Menge oder Stärke zuführen. Das Gleiche gilt, wenn Naturereignisse die Anlage beschädigt haben. Der Oberlieger hat dann die Wahl zwischen der Instandsetzung der Anlage oder der Wiederher­ stellung des natürlichen Wasserablaufs (Meisner S. 219, Eymann Anm. 11). 3. Änderungen der Vorflut, die in Bodenveränderungen durch Natur­ ereignisse ihren Grund haben, muß sich der Unterlieger gefallen lassen (Schenkel S. 212, Meisner S. 220, Eymann Anm. 10). Mit dem Wasser muß ber Unterlieget auch die festen Bestandteile (Erde, Sand, Steine) aufnehmen, die das Wasser in seinem natürlichen Abflusse mit sich führt, ohne daß er hiefür eine Entschädigung ver­ langen könnte. Dafür bleibt ihm auch die fruchtbare Erde, die das Wasser auf seinem Grundstücke zurückläßt. Mitfortgeriffene Gegenstände vom oberen Grund­ stück, die als solche erkennbar sind (z. B. Bäume), darf der Eigentümer zurück­ holen, er muß es aber nicht tun (Emil Huber S. 15). Vgl. auch Abs. 3 und Anm. 5. Veränderungen, die bei einer ordnungsmäßigenBewirtschaftung des höher liegenden Grundstücks unvermeidlich sind, begründen keinen Anspruch des Unterliegers aus Art. 17 Abs. 1, auch wenn sie auf Benützungsänderungen zurückzu­ führen sind, z. B. Ziehung von Ackerftrrchen (nicht auch von Wasserfurchen), Rodung eines Waldes, Umwandlung eines Ackers in eine Wiese oder einen Weinberg, Pflasterung eines Hofes u. dgl. (Pözl I S. 111, II S. 111, BlfRA. 39 S. 248, Pollwein Art. 34 Anm. 2, Art. 35 Anm. 3, RG. 24 S. 213, OGH. N. F. 3 S. 536, Meisner S. 216, Schenkel S. 213, Nieder Art. 6 Anm. 4, Haller Art. 6 Anm. 3, Nieberding-Frank S. 91, Emil Huber S. 16, Leuthold S. 245, sächs. Entw. § 10 Abs. 2, Peyrer S. 218 f., Randa S. 77, KorrefRK. S. 51, Eymann Anm. 9). überhaupt wird immer der Zweck, dem die Abänderung dient, und der Vorteil, den sie dem höher liegenden Grundstücke bringt, gegen die dem Unterlieger zugefügte Belästigung abgewogen werden müssen, wenn man auch nicht soweit gehen darf wie Meisner (S. 216), der den Art. 34 WBG. nur dann für anwendbar erklärt, wenn der Zweck der Anlage die belästigende Einwirkung auf das Nachbargrundstück ist. Der Unterlieger kann daher auch die Errichtung eines Gebäudes auf dem höher liegenden Grundstück nicht deshalb hindern, weil dadurch die Wafferablaufverhältniffe geändert werden. Der Unternehmer muß aber dafür sorgen, daß Belästigungen des Unterliegers z. D. durch die Dachtraufe hintangehalten werden (Pözl II S. 111, NieberdingFrank S. 91, 94, Schenkel S. 213, Leuthold S. 244, Nieder Art. 6 Anm. 9, Peyrer S. 221, Eymann Anm. 9). Auch für die Dachtraufe gilt Art. 17 wie bisher Art. 34 WBG. Wo nicht besondere Rechte (Dienstbarkeiten) bestehen, darf das Wasser der Dachtraufe nicht unmittelbar auf das Nachbargrundstück fallen. Würde das Regenwasser auf dies Grundstück abfließen, auch wenn kein Gebäude vorhanden wäre, so muß es der Unterlieger aufnehmen, auch wenn es auf ein Dach fällt, ehe es den Boden berührt. Die Zusammenfassung in einer Rinne und die Ableitung zum Boden in einem Abzugsrohr ist unzulässig, wenn diese

Vermehrung der natürlichen Stärke den Unterlieger belästigt, statthaft dagegen z. B., wenn der Unterlieger sein Regenwasser durch einen Kanal abführt und das Traufwasser sich in diesen Kanal ergießt, ohne den Unterlieger zu belästigen (Meisner S. 218, Pözl II S. 112, Nieberding-Frank S. 92, Eymann Anm. 9). 4 Das Gesetz verbietet künstliche Änderungen des Wasserablaufs schon dann, wenn sie den Unterlieger „belästigen"; die Zufügung eines Nachteils (Baden § 11, Württ. Art. 6) ist nicht erforderlich (vgl. KorrefRK. S. 51). Entgangener Gewinn begründet wohl kaum einen Anspruch des Unterliegers. Es kommt nicht darauf an, ob schon ein bestimmter Schaden entstanden ist, sondern es genügt, daß eine solche Einwirkung mit Sicherheit vorausgesehen werden kann. Wenn aber während eines längeren Zeittaumes eine solche Einwirkung nicht eingetreten ist, so kann darin ein Grund für die Annahme gefunden werden, daß die Änderung des natürlichen Wasserlaufs eine Belästigung des fremden Grund­ stücks nicht mit sich bringt (OGH. N. F. 6 S. 359 ff., s. aber auch ebenda 3 S. 538). Minderungen des Wafferablaufs, ein gänzliches Aufhören, Verringerungen des Gefälles usw. muß sich der Unterlieger gefallen lassen; denn er hat weder ein Recht auf das Wasser überhaupt, noch auf eine bestimmte Art der Wasser­ zuführung insbesondere (vgl. OGH. BlfRA. 66 S. 128 und österr. Wochenschr. 1898 S. 451). Auch die Ausführungen des RefRK. (RRA. S. 155) über das moralische Recht der Triebwerksbesitzer auf das Abfließenlassen der Quelle gipfeln in dem Anerkenntnis, daß ihnen ein wirkliches Recht nicht zusteht. 5 . Soweit Art. 17 Abs. 1, Art. 19 und das Schikaneverbot des § 226 BGB. nicht entgegenstehen, ist die Verfügungsgewalt des Grundeigen­ tümers über das auf seinem Grundstück entspringende oder sich natürlich sammelnde Wasser unbeschränkt; er kann es ableiten wohin er will, es völlig verbrauchen usw. (s. Anm. 14 zum Art. 16, KorrefRK. S. 51, Eymann Anm. 8). Die Verpflichtungen des Eigentümers treffen auch die nach Art. 210 ihm gleichgestellten Berechtigten. Was der Eigentümer nicht darf, darf noch viel weniger der dinglich oder obligatorisch Berechttgte. Verstoßen sie gegen Art. 17, so hasten sie selbst, nicht an ihrer Stelle der Eigentümer (a. M. Eymann Anm. 3, der sich aber mit Unrecht auf RRA. S. 154 beruft).

ANM. 4.

Die BerfüguugsbefchrSukuuge« »eS Uuterliegers (Adf. 2). Die durch den Abs. 2 begründete Verpflichtung des Unterliegers ist das Gegenstück zu der durch den ersten Absatz geschaffenen Eigentumsbeschränkung des Oberliegers. Auch sie ist stritt zu interpretteren. Wo sie nicht einschlägt, ist das Verfügungsrecht des Grundeigentümers unbeschräntt. Verboten ist ihm nur, den natürlichen Abfluß des Wassers von dem höher liegenden Grund­ stücke zu dessen Nachteil zu hindern. Man beachte den Gegensatz zwischen Nachteil und Belästigung. Eine bloße Belästigung, die keinen Schaden bringt, muß sich der Oberlieger gefallen lassen. Nachteil ist nur damnum emergens, nicht hierum cessans (Eymann Anm. 15). Zu einem positiven Tun ist der Unterlieget nicht verpflichtet. Auch wenn er unterläßt, dem Wasser durch die Ziehung eines Grabens oder einer Furche den Ablauf zu verschaffen, verstößt er nicht gegen das Gesetz; denn dieses untersagt ihm nur die Hinderung des Wasserablaufs, gebietet ihm aber nicht die Wetterführung und die Beseitigung von Hemmnissen, die sich dieser entgegenstellen (vgl. OGH. 9 S. 182, Bl. 25 S. 407, Pözl I S. 112, Dettmann § 97, 2 c, Emil Hübet S. 15, RRA. S. 153, Eymann Anm. 16). Die Duldungspflicht besteht auch dann, wenn der Unterlieget das ihm zufließende Wasser nicht weiterleiten kann. Sie erstreckt sich nicht nur auf den natürlichen, sondern auch auf den künstlichen Waffetablauf, wenn er nach Abs. 1 zulässig ist.

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Abteilung I

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Ein Recht auf den Zulauf hat seit unvordenklicher Zeit besteht (OGH. 7 sowenig aber hat er ein Recht darauf, selbst wenn dies seit unvordenklicher Zeit Nieberding-Frank S. 90 f., Meisner S. vgl. Anm. 3.

der Unterlieger nicht, auch wenn jener S. 47, 386, BGE. 26 S. 342); eben­ daß der natürliche Zulauf unterbleibe, der Fall gewesen wäre (Pözl II S. 111, 221, Eymann Anm. 15.) Im übrigen

Auw. 5. Die Verpflichtung zur Gestattung der Beseitigung do« Störunge« des natürlichen Waflerablanfes durch de« benachteiligten Grundeigen­ tümer in den Fälle« des Abs. 1 nud 8 lAbs. 3). Während Abs. 1 und 2 nur Störungen betreffen, die der Grundeigentümer selbst oder ihm nach Art. 210 gleichstehende Berechtigte auf ihrem eigenen Grund und Boden vorgenommen haben, bezieht sich der nach dem Muster des württ. WG. Art. 6 und des sächs. Entw. § 11 aufgenommene Abs. 3 auf Störungen des natürlichen Wasserablaufes durch andere Personen oder durch Naturereig­ nisse. Der Grundeigentümer ist dem Nachbarn gegenüber nicht verpflichtet, solche Störungen zu verhindern oder den früheren Zustand wiederherzustellen. Hat der Nachbar ein Interesse daran, so mag er es selber tun (vgl. Anm. 4). Der Nach­ bar darf zu diesem Zwecke das Grundstück betreten, ohne sich eines Haus­ friedensbruches oder einer Übertretung des § 368 Ziff. 9 RStGB. schuldig zu machen. Den Schaden, den er anrichtet, muß er aber ersetzen. Nur der be­ nachteiligte Grundeigentümer und der Berechtigte nach Art. 210 ist zu diesem Vorgehen befugt. Unter „andern Personen" sind die zu verstehen, „für die der Eigentümer nicht ohnehin einzutreten hat, die nicht ohnehin seine Person repräsentieren". (Erkl. des K. Staatsministers d. I. RRA. S. 154). Zufall ist ein Ereignis, das außerhalb der Person des Eigentümers seinen Grund hat (KorrefRK. S. 51, RRA. a. a. O.). Größere Stärke ist gleichbedeutend mit be­ lästigend größere Stärke (ebenda). Die Feststellung der Entschädigung geschieht nach Art. 195 auf Antrag eines Beteiligten im Wege der Schätzung durch die Distriktsverwaltungsbehörde. Wer mit dem Ergebnisse nicht zufrieden ist, kann den Rechtsweg beschreiten. Zu ersetzen ist das volle damnum emergens, das aus der Wegräumung des Hindernisses entsteht, also auch der Schaden, der dadurch entsteht, daß das Hindernis nicht mehr da ist (RRA. a. a. O.). Gegen dritte, die das Hindernis hergestellt haben, bleiben dem Grundstückseigentümer seine Schadensersatzansprüche nach §§ 823 und 1004 BGB. natürlich Vorbehalten.

Anm. 6. Entgegensteüeude Dienstbarkeiten (Abs 4). Den Gedanken des Art. 37 WBG. (147 Abs. 2 AG. z. BGB.) aufnehmend bestimmt Abs. 4, daß durch Begründung einer Dienstbarkeit Verhältnisse geschaffen werden können, die sich mit Abs. 1—3 nicht decken. Nach dem Inkrafttreten der Grund­ buchverfassung können Dienstbarkeiten nur noch durch die Eintragung ins Grundbuch begründet werden. Auch bestehende Rechte bedürfen nach ÜBG. Art. 10 der Eintragung. Durch Ersitzung kann eine Dienstbarkeit nach dem Inkrafttreten der Grund­ buchverfassung nicht mehr ins Leben gerufen werden. Bis dahin konnte sich eine nach Art. 37 WBG. im Laufe begriffene erwerbende Verjährung noch vollenden (Henle-Schneider, AG. 147 Anm. 2). Das WG. spricht nur von der Begründung einer Dienstbarkeit und schließt damit vom 1. Januar 1908 an eine erwerbende Verjährung aus (KorrefRK. S. 51, RRA. S. 154, Eymann Anm. 21).

Da auch bei künftigen Entscheidungen oft auf die Zeit vor der Geltung des WG. zurückzugreifen sein wird, ist eine kurze Besprechung des Art. 37 WBG. unerläßlich. Das Herkommen war im Art. 37 WBG. nicht erwähnt; es konnte also ebensowenig als dies jetzt nach dem WG. möglich ist, abweichende Rechtsverhält­ nisse schaffen. Verträge, die solche Abweichungen begründeten, bedurften nach Art. 14 NotG. der notariellen Verlautbarung (OGH. 4 S. 475; s. auch N. F. 3 S. 540 ff.) Eine Verjährung, die am 7. Oktober 1852 noch im Laufe war, voll­ endete sich nicht nach dem bisher geltenden Rechte, sondern nach Art. 37 WBG. Die bereits abgelaufene Zeit war in die Frist von 10 Jahren einzurechnen (Reuß S. 79 f., OGH. N. F. 6 S. 78 ff.). Art. 37 Abs. 2 WBG. verlangte zur Verjährung, soferne sie nicht schon am 7. Oktober 1852 vollendet war, einen zehnjährigen, ununterbrochenen, fehler­ losen Besitzstand „von der Zeit an, wo eine Änderung des bisherigen Zustandes bezüglich desjenigen, gegen welchen Verjährung geltend gemacht wird, durch künstliche Anlagen zum Abfluffe, zum Bezüge oder zur Abwendung des Waffers erkennbar bewirkt worden ist. Als Anlagen, welche hinsichtlich des Bezuges des Waffers die Verjährung zu begründen geeignet sind, werden nur solche betrachtet, welche der Eigentümer des herrschenden Grundstückes auf dem dienenden er­ richtet hat". Für die Zeit vor dem Inkrafttreten des WBG. kam vor allem auch die unvordenkliche Verjährung als Rechtstitel in Betracht (OGH. 12 S. 99, 2 S. 238, BlfRA. 43 S. 199, 393, 44 S. 248). Fehlerlos war der Besitzstand, wenn er weder vi, noch clam, noch precario ausgeübt wurde. Die künstlichen Anlagen mußten die Gewähr der Beständigkeit in sich tragen (nicht bloß gelegentliches Ziehen einer Wasserfurche oder Offnen einer Lücke, die nach dem Durchströmen des Wassers nicht offen gehalten wird) und eine erkennbare Änderung des bisherigen Wafferablaufes bewirken (OGH. N. F. 6 S. 78 ff., Reuß S. 79 ff. BlfRA. 37 S. 289, Meisner S. 224). Die Anlagen zum Wafferbezuge im Gegensatze zu denen zum Abfluß oder zur Ab­ wendung des Wassers mußten überdies vom Eigentümer des herrschenden auf dem dienenden Grundstück errichtet sein. Der Anschluß eines Grabens an die Grenz­ linie ohne eine Überschreitung der Grenze galt nicht als eine auf dem Nachbar­ grundstück errichtete Anlage (OGH. 5 S. 118). Auch zugunsten einer Ge­ meinde war die Ersitzung eines Wasserbezugsrechtes möglich (OGH. 15 S. 274). StrasbeMmmuuge« Art. 204 Ziff. 1 bedroht Verfehlungen gegen Art. 17 Abs. 1 und 2 mit Geldstrafe bis zu 50 Mk. oder mit Hast bis zu 8 Tagen. Die Ableitung von Wasser auf öffentliche Wege, Straßen und Plätze kann durch ober-, distrikts- oder ortspolizeiliche Vorschriften verboten werden.

Sinnt. 7.

Zuständigkeit. Zur Entscheidung über Rechte und Pflichten aus Art. 17 sind, da es sich um reine Privatrechtsverhältniffe handelt, die Gerichte zuständig (OGH. 4 S. 474, 7 S. 133, Bl. 19 S. 36, KompKonflE. GBBl. 1874 Beil. VI S. 27 ff., Reuß S. 73 f., Pollwein Art. 34 Anm. 4, 35 Anm. 7 und 37 Anm. 4). Die Klage kann auf die Beseitigung der Störung und auf Schadensersatz, nicht aber auf die Wiederherstellung des früheren Zu­ standes gerichtet werden (OGH. 7 S. 40 und N. F. 3 S. 528, 536). Geht die Störung von einem entfernter liegenden Grundstück aus, so kann die Klage eben­ sowohl gegen dessen Eigentümer als gegen den des unmittelbar angrenzenden Grund­ stücks gestellt werden (s. Anm. 3 Ziff. 1 und Meisner S. 221 f.). Ein SchadensHarstei-Las slmir. Wassergesetz. 8

Sinnt. 8.

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Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

ersatzanspruch wegen unzulässiger Veränderung des natürlichen Wasserablaufs setzt Verschulden voraus (OGH. 4 S. 355, Meisner a. a. O., Meder Anm. 10 zum Art. 6). Ein Eingreifen der Verwaltungsbehörden ermöglichen die Art. 18 und 19. Internationales Recht. Kraft internationalen Gewohnheitsrechtes gilt der uralte Rechtsgrundsatz des Art. 17 auch für den Wasserab­ lauf vom einen Staatsgebiet auf Grundstücke des andern. Bei Streitigkeiten wird eine Verständigung der beteiligten Regierungen anzustreben sein. Die Aus­ tragung auf dem Rechtsweg ist nicht immer möglich. Wenn es sich um die Regiminalpflicht des Staates zur Ergreifung entsprechender Maßnahmen handelt, hat nach Art. 76 Abs. 1 RV. auf Anrufen eines Teiles der Bundesrat zu ent­ scheiden (Schenkel S. 216).

AUM. 9.

Art. 18. Erfordert es das Gemeinwohl, insbesondere für Anlagen und Bauten zu öffentlichen Zwecken, so kann von der Verwaltungsbehörde eine den Be­

stimmungen des Art. 17 widersprechende Zuleitung, Wegleitung oder Ab­ wendung des Wassers angeordnet oder genehmigt werden. Auf die zur Aus­ führung der Anordnung erforderliche zwangsweise Abtretung oder Beschwerung eines Grundstücks finden die Vorschriften der Artikel 154 bis 156 Anwendung. Wird durch die Anordnung außerdem die bisherige Benützung des Wassers zum Nachteil eines Berechtigten aufgehoben oder beeinträchtigt, so kann dieser Entschädigung verlangen. 1. Der Art. entspricht dem Art. 3 6 WBG. Die Motive zu dieser Be­ stimmung sagen: „Eine Ausnahmebestimmung in Bezug auf Art. 34 und 35 erscheint zugunsten der im öffentlichen Interesse unternommenen Anlagen und Bauten geboten. Es tritt nämlich, besonders bei Straßen, Eisenbahnen, Kanälen ic. nicht selten die Notwendigkeit ein, dem Laufe solcher Gewässer eine andere Richtung anzuweisen als sie von Natur aus haben. Osters haben sich hiebei in Ermangelung maß­ gebender gesetzlicher Bestimmungen erhebliche Schwierigkeiten ergeben. Die Ver­ waltungsbehörde muß im öffentlichen Interesse hierin freie Hand haben. Sofern jedoch den betreffenden Grundeigentümern Nachteile aus der vorgenommenen Ab­ änderung erwachsen, ist denselben ein Anspruch auf Entschädigung begründet" (Beil. Bd. I S. 147). Der Art. 18 gilt nur für die Gewässer, auf die Art. 17 Anwendung findet. Es handelt sich hier um Maßnahmen im Interesse des gemeinen Wohles, die das Recht des Eigentümers bedrohen. Im Art. 19 handelt es sich dagegen um ein Entgegentreten gegen Maßnahmen des Eigentümers, die das öffentliche Interesse bedrohen (KorrefRK. S. 52 und RRA. S. 155). Über den Begriff Gemeinwohl vgl. Anm. 1 zum Art. 11 und Anm. 4 zum Art. 19. Ob das Gemeinwohl die Maßnahme erheischt, ist eine Tatfrage. Das Bedürfnis einzelner Anwesen wird zur Begründung nicht genügen. Der Gemeindeverband ist ohne Bedeutung. Reuß S. 77 scheint anzunehmen, daß das Bedürfnis einiger Anwesen die Annahme eines öffentlichen Interesses rechtfertige, wenn sie eine eigene politische Gemeinde, nicht aber, wenn sie nur eine Ortschaft bilden. Das ist willkürlich. Entsprechend dem Art. 36 WBG. werden besonders die „Anlagen und Bauten zu öffentlichen Zwecken" aufgezählt, ohne daß dadurch andere

Maßnahmen im öffentlichen Interesse ausgeschlossen wären. Es handelt sich nicht nur um Bauten, die unmittelbar Staats- oder Gemeindezwecken dienen, wie Reuß S. 77 annimmt, sondern überhaupt um Vorkehrungen, die dem Bedürfnis des Publikums entgegenkommen, gleichviel, ob die Interessenten in einem Gemeinde­ verbande vereinigt sind oder nicht (ebenso Ehmann Anm. 3). Das Anwendungs­ gebiet des Art. 18 wird zumal im Hinblick auf Art. 153 Ziff. 6 wohl ein sehr beschränktes sein (vgl. auch Ehmann Anm. 5).

S. Die Verwaltungsbehörde kann unter den gegebenen Voraus­ setzungen eine dem Art. 17 widersprechende Zuleitung, Wegleitung oder Ab­ wendung des Wassers entweder selbst anordnen und nach Art. 174 erzwingen oder sie kann einer Gemeinde oder einem anderem Rechtssubjekte die Zuleitung usw. genehmigen. Nur um die Zuleitung, Wegleitung oder Abwendung des natürlich zufließenden Wassers kann es sich handeln; daß der Grundstücknachbar überhaupt Wasser von seinem Grundstück abfließen lasse, kann nach Art. 18 nicht gefordert werden (Reuß S. 77; s. auch Anm. 3 Ziff. 4 zum Art. 17). Dagegen fällt auch die Aufhebung oder Abänderung einer Grunddienstbarkeit nach Art. 17 Abs. 4 unter die Bestimmung des Art. 18 (Ehmann Anm. 5). Es liegt im pflichtmäßigen Ermessen der Verwaltungsbehörde, ob sie Maßnahmen nach Art. 18 treffen will. Sie kann dies auf Antrag oder von Amts wegen tun; einen Anspruch darauf, daß sie es tue, hat niemand. Die Ansicht Ehmanns (Anm. 1), daß Art. 18 privatrechtliche Rechte schaffe, können wir nicht teilen. Es handelt sich vielmehr um Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse erfolgen, also um öffentlichrechtliche Beschränkungen des Privateigentums, die gemäß Art. 8 Ziff. 10 BGG. unter verwaltungsrechtlichem Schutze stehen. 3. Wr die zur Ausführung der Anordnung erforderliche zwangsweise Abtretung oder Beschwerung eines Grundstückes gilt das ZEÄ. vom 17. November 1837 mit den Art. 16-26 AG. z. ZPO. (Art. 1-53 ff. WG.).

Unter der Beschwerung eines Grundstücks ist die Begründung einer Dienstbarkeit zu verstehen, wonach zu dulden ist, daß ein Wasser über ein Grund­ stück geführt werde, obgleich der natürliche Lauf anderswohin geht (KorrefRK. a. a. O.), oder wonach andere dem Art. 17 widersprechende Duldungspflichten geschaffen werden. Wird die Belastung mit einer Dienstbarkeit verlangt, so kann der Betroffene nur dann die Abtretung an Stelle der Belastung fordern, wenn diese zur Folge hätte, daß das Eigentum nicht mehr zweckmäßig benützt werden kann (Art. 155). Auf Anordnung der Verwaltungsbehörde muß jeder Besitzer auf seinem Grund und Boden alle Handlungen, die zur Vorbereitung des Unter­ nehmens erforderlich sind, gegen Entschädigung vornehmen lassen. Auf Verlangen des Besitzers muß die Verwaltungsbehörde dem Unternehmer, wenn es nicht der Staat ist, die vorherige Leistung einer Sicherheit auferlegen (Art. 156). Über das Verfahren vgl. die Bemerkungen zu den Art. 154—156. Die Enteignung von Grund- und Quellwasser behandelt Art. 153 , Ziff. 6. Der Eigentümer, der ihm durch Art. 210 gleichgestellte und überhaupt jeder dinglich Berechtigte werden durch das Zwangsenteignungverfahren in ihren Rechten geschützt. Wird die bisherige Benützung des Wassers zum Nachteil eines sonstigen Berechtigten geändert, so greift das Zwangsenteignungsverfahren nicht Platz, doch hat der Berechtigte einen Entschädigungsanspruch. Unter diesen Berechtigten können nur obligatorisch Berechtigte verstanden werden (Eymann Anm. 7). Die Fischereiberechtigten gehören gleichfalls hieher, soweit ihre Rechte nicht dinglicher Natur sind. Die Entschädigung der sonstigen Berechtigten, zu deren Nachteil die bisherige 8*

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Benützung des Wassers aufgehoben oder beeinträchtigt wird, ist im Verfahren nach Art. 195 festzustellen. Entschädigungspflichtig ist der Antragsteller, bei einem Vorgehen von Amts wegen der Staat (s. auch Eymann Anm. 8); vgl. im übrigen die Bemerkungen zum Art. 195. 4. Zuständigkeit. Vgl. Art. 8 Ziff. 10 BGG. und Art. 195 WG. Der Verwaltungsrechtsweg ist, soweit nicht eine Enteignung in Frage kommt, ver­ schlossen; im übrigen hilft gegen Verfügungen der Verwaltungsbehörde nur die Beschwerde nach Art. 172 f.

BeschrSuknnge« derZutageförderung oder Ableitung von Grund- «nd Ouellwesser.

Art. 19.

Die Zutageförderung oder Ableitung von Grund- oder Quellwasser so­ wie die Änderung am Abfluß eines Sees oder Weihers unterliegen der Er­ laubnis der Verwaltungsbehörde. Die Erlaubnis ist nicht erforderlich für die Anlage von Brunnen, welche vorübergehenden Zwecken oder dem eigenen Haus- und Wirtschaftsbedarf einschließlich des Bedarfs für landwirtschaftliche Nebenbetriebe dienen. Abs. 2. Die Erlaubnis ist zu versagen oder an Bedingungen zu knüpfen, wenn und soweit Rücksichten des Gemeinwohls es erfordern. Abs. 3. Erleiden durch die in Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen Be­ teiligte erheblichen Schaden, die als Besitzer von Wasserbenützungsanlagen oder als Grundeigentümer das Wasser seit mindestens dreißig Jahren selbst oder durch ihre Rechtsvorgänger ununterbrochen benützt oder unter den gleichen Voraussetzungen die Fischerei ausgeübt haben, so ist bei Erteilung der Erlaubnis in allen Fällen, auch wenn Rücksichten des Gemeinwohls nicht vorliegen, dem Gesuchsteller als Bedingung die angemessene Ent­ schädigung der einzelnen Beteiligten aufzuerlegen, soweit nicht der Schaden durch andere Bedingungen abgewendet werden kann. Abs. 4. Wird in den Fällen des Abs. 2 und 3 als Bedingung die Gewährung einer Entschädigung auferlegt, so ist ihre Höhe nach billigem Er­ messen der Verwaltungsbehörde unter Ausschluß des Rechtsweges festzusetzen. Die Verwaltungsbehörde kann den Vollzug der Erlaubnis davon abhängig machen, daß der Gesuchsteller für die Erfüllung seiner Entschädigungspflicht entsprechende Sicherheit leistet. Abs. 5. Privatrechtliche Ansprüche auf Fortdauer des bisherigen Zu­ standes werden durch die Erteilung der Erlaubnis nicht berührt.

Vollzugsbekanutmachuug. § 30.

Wer die Zutagesörderung oder Ableitung von Grund- und Quellwasser oder wer Änderungen am Abfluß eines Sees oder Weihers vornehmen will, hat um die Erlaubnis bei derjenigen Distriktsverwaltungsbehörde nachzusuchen, in deren Bezirk die Anlagen zur Gewinnung von Wasser zum Zwecke der Zutagesörderung oder Ableitung ganz oder zum größeren Teil geschaffen werden sollen oder in deren Bezirk die Änderung deS Ab­ flusses eines Sees oder Weihers stallfinden soll. Das Gesuch kann bei der Gemeindebehörde schriftlich oder zu Protokoll angebracht werden und ist dann durch diese der Distriktsverwaltungsbehörde vorzulegen.

§ 31. Die Erlaubnis ist nicht erforderlich für die Anlage von Brunnen, welche nur vor­ übergehenden Zwecken oder dem eigciren Haus- und Wirtschaftsbedarf einschließlich deS Bedarfs für landwirtschaftliche Nebenbettiebe dienen. Diese Ausnahme ist vorgesehen worden, um der Erlaubnispflicht nicht auch solche kleinere Wassergewinnungsanlagen zu unterwerfen, die ihrer Natur nach schädigende Einwirkungen auf die Rechte und Befugnisse anderer von vorneherein nicht haben können. Hiernach richtet sich im allgemeinen die Anwendung der Ausnahmevorschrift. Im besonderen ergeben sich für die Auslegung der Begriffe: „vorübergehende Zwecke", /Brunnen*, ,eigener Haus- und Wirtschaftsbedarf*, „landwirtschaftlicher Nebenbetrieb" auf Grund der Verhandlungen über die Beratung des Gesetzes in den Kammern des Landtages folgende Richtpunkte: Unter Brunnen, welche „vorübergehenden Zwecken* dienen, sind beispielsweise solche zu verstehen, die bei Bauten, Volksfesten u. dgl. angelegt werden. Unter „Brunnen* sind Lauf-, Pump-, Schöpf- und Ziehbrunnen zu verstehen, gleichviel ob durch sie Grund- oder Quellwasser geliefert wird. Der Begriff „Brunnen" begreift nicht bloß die Vorrichtungen zur Wasserentnahme in sich, sondern auch die Leitung zum Brunnen sowie die zur Hebung des Wassers dienenden maschinellen Vor­ richtungen (Pumpe, Widder). „Eigener Haus- und Wirtschaftsbedarf" ist einerseits der auf das einzelne Anwesen beschränkte Bedarf im Gegensatz zum Bedarf einer Mehrheit von Anwesen, großen An­ stalten und Ortschaften u. dgl., andererseits der Bedarf für die eigentliche Haushaltung und die in dem nämlichen Anwesen betriebene Wirtschaft für landwirtschaftliche und kleinere gewerbliche Betriebe, wie z. B. Gastwirtschaften, Schmieden, Metzgereien u. dgl. Der „landwirtschaftliche Nebenbetrieb" muß mit dem landwirtschaftlichen Hauptbe­ betrieb in festgegliedertem Zusammenhang stehen, und im Verhältnis zum Hauptbetrieb von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sein. Wenn auch im allgemeinen bei einem Nebenbetrieb, z. B. Brennerei, Brauerei, das im landwirtschaftlichen Hauptbetrieb selbst gewonnene Rohmaterial verarbeitet werden soll, so fällt der Begriff Nebenbetrieb nicht schon deshalb allein weg, weil mit zugekauftem Material gewirtschaftet wird.

§ 32. Der Gesuchsteller hat dem Gesuch um die Erlaubnis beizufügen: I. eine Beschreibung der beabstchtigten, in § 30 bezeichneten Maßnahme nach Zweck, Art und Umfang. 1. Bezüglich des Zweckes ist anzugeben, ob die Anlage a) zur Versorgung von Gemeinden, Ortschaften, Genossenschaften oder mehreren Einzelanwesen mit Trink- und Nutzwasser oder zur Versorgung einer industriellen Anlage mit dem erforderlichen Gebrauchswaffer oder b) zu landwirtschaftlichen Entwässerungs- und Bewässerungszwecken dienen soll. 2. Hinsichtlich der Art ist a) bei Trink- und Nutzwasserversorgungen zu bemerken, ob es sich um die Erschließung von Grundwasser oder um Fassung und Sammlung von Quellwasser, um Leitungen mit natürlichen Druckverhältnissen oder mit künstlicher Förderung handelt. Bei Leitungen mit natürlichen Druckverhältmssen ist anzugeben: Gefälle, Rohrdurchmeffer und Rohrleitungslänge von der Fassung bis zum Berbrauchsgebiet. Bei Leitungen mit künstlicher Förderung ist anzugeben: Art der Hebevorrichtung (Widder, Göppel, Pumpwerk u. dgl.), Art des Motors (Wassermotor oder Wärmemotor), Leistung des­ selben in Pferdestärken (PS), Leistung des Pumpwerkes in Minutenlitern, Förderhöhe, auf die das Wasser zu heben ist. Bei Wassermotoren ist die Aufschlagwassermenge und das Betriebsgefälle anzuführen, b) wenn es sich um Anlagen zu landwirtschaftlichen Entwäfferungs- und BewässerungSZwecken handelt, ist anzugeben, ob es sich um die Erschließung von Grundwasser ober um die Fassung und Sammlung von Quellwasser oder um beide Wassergewinnungsarten handelt. Liegen Beobachtungen oder Ausschreibungen über die Bewegung des Grundwassers und über das Verhalten der Quellen vor, so sind diese mitvo'rzulegeu. Weiter ist die gegenseitige Lage der auszuhebenden Gräben und der einzulegenden Saug- und Sammelstränge und deren Einrichtung zu erläutern und die mutmaßliche Wirkung der geplanten baulichen Anlagen aus das Grund- und Quellwasser und auf das umgebende Gelände zu schildern. Ebenso ist die Art der Borflutgewinnung und Weiterleitung des erschlossenen Wassers zu beschreiben. 3. Hinsichtlich des Umfanges ist zu bemerken: a) bei Trink- und Nutzwasserversorgungen, wieviel Liter Wasser in der Minute ent­ nommen werden und in welchen Zeiträumen für den Tag die Entnahme erfolgt,

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

welche allenfallsige Einrichtungen zur Beschränkung der Wasserentnahme auf ein be­ stimmtes Maß getroffen sind und welche Wassermenge von der Gesamtfördermenge tatsächlich verbraucht wird und welche Menge als reines oder verunreinigtes Ab­ wasser wiederum abfließt, b) bei Anlagen zu landwirtschaftlichen Ent- und Bewässerungen: das Maß der beab­ sichtigten oder unbeabsichtigten Senkung des Grundwasserspiegels und deren voraus­ sichtliche Wirkung auf die Umgebung. Etwa vorzusehende Einrichtungen zur zeit­ weisen Wiederanstauung des Grund- oder Quellwassers sDrainbewässerung) sind zu beschreiben. 4. Bei den sämtlichen in § 30 bezeichneten Maßnahmen ist anzugeben, ob andere Quellfassungen, Grundwasserbrunnen, Drainagen, Triebwerke, Bewässerungsanlagen, Fischwasser u. dgl. in der Nähe der beabsichtigten Anlage sich befinden.

II. Planbeilagen, und zwar a) bei Trink- und Nutzwafferversorgungen: 1. einen Lageplan unter Benützung der Steuerkatasterblätter, aus dem die Basiergewinnungsstelle, die Leitung von dieser zum Wasserverbrauchsort, dieser selbst, und die Aufnahmestelle für die Abwasser ersichtlich sind; 2. Längenprofile der Zu- und Berteilungsleitungen; 3. Pläne über Quellsassungen, Grundwasserbrunnen, Sammelbehälter und künstliche Förderungsanlagen; b) bei Entwässerungs- und Bewässerungsanlagen: 1. einen Lageplan im Maßstab 1 : 1000, 1 : 2000 oder 1 : 2500; 2. Profilpläne der Hauptgräben und Sammelstränge und sonstigen Hauptleitungen und 3. Baupläne in entsprechend großem Maßstabe zu allen übrigen bedeutenderen oder wesentlicheren baulichen Anlagen. Bei der Beschaffung der zeichnerischen Darstellungen haben die amtlichen Kuliuringenieure den Gesuchstellern nach Maßgabe ihrer Dienstesanweisung an die Hand zu gehen. Bei Bewäfferungs- und Entwässerungsanlagen ist in einfach gelagerten Fällen von der Beibringung zeichnerischer Darstellungen Umgang zu nehmen; auch bei Trink- und Nutzwasserversorgungsanlagen ist in einfach gelagerten Fällen von der Beibringung der unter Ziffer !! Buchstabe a Ziffer 2 und 3 bezeichneten Plandarstellungen abzusehen. Wenn das Gesuch oder dessen Belege solche wesentliche Mängel aufweisen, daß die Beurteilung erschwert ist, so kann es unter Angabe der Mängel zur Ergänzung zu­ rückgegeben werden. 8 33.

Für die Beurteilung von erlaubnispflichtigen Unternehmungen nach Art. 19 des Gesetzes sind zwei Gesichtspunkte maßgebend: 1. die Rücksicht auf das Gemeinwohl (Art. 19 Abs. 2 des Gesetzes), 2. die angemessene Schadloshaltung der Beteiligten (Art. 19 Abs. 3 des Gesetzes). Die Erlaubnis zur Ausführung eines Unternehmens muß versagt werden, wenn Rücksichten des Gemeinwohls es fordern. Es besteht die Möglichkeit, daß die Distriktsverwaltungsbehörde zur Versagung der Erlaubnis gelangt, ohne daß Erhebungen im Sinne des Art. 19 Abs. 3 a. a. O. ein­ geleitet werden, soferne sie von vornherein zu der Überzeugung gelangt, daß Rücksichten des Gemeinwohls die Versagung erfordern. Die Distriktsverwaltungsbehörde wird daher jedes Gesuch um Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 19 des Gesetzes im Be­ nehmen mit den einschlägigen amtlichen Sachverständigen (§ 36 Abs. 1) zunächst von diesem Gesichtspunkte aus zu prüfen haben. Gelangt die Distriktsverwaltungsbehörde zu dem Ergebnisse, daß Rücksichten des Gemeinwohls die Versagung der Erlaubnis erfordern, so hat sie das Gesuch abschlägig zu bescheiden; erscheinen hierüber Zweifel begründet oder gelangt sie zu dem Ergebnisse, daß Rücksichten des Gemeinwohls ent­ weder zunächst überhaupt nicht gegeben sind oder daß diesen Rücksichten durch Auflage von Bedingungen Rechnung getragen werden kann, so ist in die weitere Behandlung des Gesuches vom Gesichtspunkte des Art. 19 Abs. 3 des Gesetzes einzutreten; der Ge­ sichtspunkt der Rücksicht auf das Gemeinwohl ist aber selbstverständlich auch bei der weiteren Behandlung des Gesuches stets im Auge zu behalten.

§ 34.

Bei der Würdigung deS Gesuches vom Gesichtspunkte der Schadloshaltung der Be­ teiligten ist zu beachten, daß bei der Erteilung einer Erlaubnis nicht jede mögliche Schädigung eines Beteiligten dem Gesuchsteller gegenüber zur Auflage von Bedingungen

führt, daß vielmehr nach Art. 19 Abs. 3 deS Gesetzes die Berücksichtigung eines Schadens zur Voraussetzung hat: 1. daß es sich um einen erheblichen Schaden handelt, 2. daß der Geschädigte als Besitzer einer Wasserbenützungsanlage oder als Grund­ eigentümer das Wasser, um dessen Zutagesörderung oder Ableitung es sich handelt, seit mindestens dreißig Jahren selbst oder durch seine Rechtsvorgänger ununterbrochen be­ nützt oder unter den gleichen Voraussetzungen die Fischerei ausgeübt hat. Die Distrittsverwaltungsbehörde hat Erhebungen darüber zu pflegen, ob Beteiligte im Sinne der Ziffer 2 vorhanden sind und ob diese Beteiligten einen erheblichen Schaden durch die vom Gesuchsteller beabsichtigten Maßnahmen erleiden. Die Erhebungen werden bei kleineren Unternehmungen in der Regel keine be­ sonderen Schwierigkeiten bieten und durch Einvernahme der Gemeindebehörden, sowie durch Feststellungen der amtlichen Sachverständigen erfolgen können. Bei größeren Unternehmungen z. B. Wasserversorgungsanlagen von größerem Umfange wird die Distriktsverwaliungsbehörde behufs Ermittelung der Beteiligten zur öffentlichen Bekanntmachung des Unternehmens schreiten. Eine solche öffentliche Bekanntmachung soll enthalten : a) Name, Stand und Wohnort des Gesuchstellers sowie eine kurze Beschreibung des beabsichtigten Unternehmens, b) die Angabe, daß die Beschreibungen, Pläne und Zeichnungen am Sitze der DistriktsVerwaltungsbehörde zur Einsicht aufgelegt sind, c) die Aufforderung, innerhalb einer bestimmten Frist, die in angemessener Weise von der Distriktsverwaliungsbehörde festzusehen ist, etwaige Einwendungen gegen das Unternehmen oder Entschädigungsansprüche bei der Distrittsverwaltungsbehörde mündlich oder schriftlich geltend zu machen, d) den ausdrücklichen Hinweis darauf, daß eine Schadloshaltung Beteiligter nur unter den oben unter Ziff. 1 und 2 angegebenen Voraussetzungen stattfinden kann, e) die Aufforderung an die Beteiligten, mit der Geltendmachung etwaiger Entschädigungs­ ansprüche eine Darlegung über das Vorhandensein ihrer Voraussetzungen und tunlichst auch eine ziffermäßige Angabe der Höhe der Entschädigungsforderungen zu verbinden. Die öffentliche Bekanntmachung wird durch ortsübliche Veröffentlichung in den vom Unternehmen berührten Gemeinden, durch Ausschreiben im Amtsblatt und veranlaßten Falles in der Tagespresse zu erfolgen haben.

§ 35.

Wenn die Erhebungen im Sinne des § 34 abgeschlossen sind, so bemißt sich das wettere Verfahren nach den Bestimmungen der Abt. II des Gesetzes über die Errichtung eines Verwaltnngsgerichtshofes und das Verfahren in Verwaltungsrechtssachen, sowie nach Art. 168—175 des Gesetzes. In diesem Verfahren ist im Benehmen mit den Sach­ verständigen festzustellen, wieweit bei den ermittelten Beteiligten die Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 3 gegeben sind. In eine Verhandlung mit den Beteiligten ist erst dann einzutreten, wenn diese Voraussetzungen in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung, Veranlaßtenfalls durch weitere Erhebungen, tunlichst klargestellt sind. Ob im Verfahren von der Befugnis des Art. 168 Abs. 5 des Gesetzes Gebrauch zu machen ist, hat die Distrittsverwaltungsbehörde pflichtgemäß zu ermessen. Im allgemeinen ist eine möglichst einfache, die Beteiligten am wenigsten belästigende Behandlung der Sache anzustreben. Bei den Verhandlungen mit den Beteiligten haben die Verwaltungsbehörden auf die Erzielung einer gütlichen Verständigung tunlichst hinzuwirken. § 36.

Als amtliche Sachverständige kommen für die Distrittsverwaltungsbehörde beim Vollzüge des Art. 19 der amtliche Techniker, das Wafferversorgungsbureau, der amtliche Kulturingenieur, daS hydrotechnische Bureau und der staatliche Konsulent für Fischerei in Betracht. Ob und wieweit deren Einvernahme geboten erscheint, bemißt sich nach dem Zwecke des Unternehmens und dem Wesen der durch das Unternehmen berührten Interessen. Die Einvernahme des Wasserversorgungsbureaus hat in allen Fällen zu erfolgen in welchen die Wasserversorgung Zweck des genehmigungspflichtigen Unternehmens ist oder durch das Unternehmen eine bestehende Wasserversorgungsanlage berührt wird. Sind mehrere der vorbezeichneten Sachverständigen in einer Sache einvernommen worden und ergeben sich widersprechende Gutachten, so hat die Disttiktsverwaltungsbehörde allenfalls unter Anordnung des Zusammentritts der Sachverständigen möglichst dahin zu wirken, daß auf gemeinsamer Grundlage ein übereinstimmendes Ergebnis erzielt wird.

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern. Die gutachtlichen Äußerungen der amtlichen Sachverständigen werden sich auf sämtliche für die Beurteilung eines Gesuches, die Würdigung der erhobenen Einwendungen und Entschädigungsansprüche maßgebenden Gesichtspunkte zu erstrecken haben. Ihrer Begutachtung unterliegt insbesondere auch die Frage, welche Bedingungen technischer Natur etwa aus Rücksichten des Gemeinwohls und zur Hintanhaltung erheblicher Schäden für einzelne Beteiligte geboten erscheinen, sowie auch die Prüfung der Höhe der Ent­ schädigungsansprüche. § 37.

Bei der Bescheidung des Gesuches ist zu berücksichtigen, daß nach dem Gesetze eine Versagung der Erlaubnis nur stattfinden darf, wenn die Rücksichten des Gemeinwohls sie erfordern. Wenn die Rücksichten des Gemeinwohls eine bedingte Erlaubnis gestatten, ist die Erlaubnis nicht zu versagen, sondern unter Bedingungen zu erteilen. Als Bedingungen kommen vor allem solche technischer Natur in Betracht. Auch bei dem in Abs. 3 des Art. 19 vorgesehenen Ausgleich der Interessen soll den daselbst genannten Beteiligten in erster Linie die Fortdauer ihrer bisherigen Wasser­ benützung und die Erhaltung ihrer bedrohten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dadurch gewährleistet werden, daß dem Gesuchsteller die Vornahme entsprechender technischer Maß. nahmen auferlegt wird. Nur soweit der Schaden durch derartige Bedingungen nicht abgewendet werden kann, ist dem Gesuchsteller als Bedingung die angemessene Entschädigung der einzelnen Beteiligten in Geld aufzuerlegen, deren Höhe nach billigem Ermessen unter Ausschluß des Rechtweges festzusetzen ist. Diese angemessene Entschädigung soll keine volle Ent­ schädigung sein, sondern sie soll nach Lage der Verhältnisse des einzelnen Falles unter Wahrung der Grundsätze der Billigkeit und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beider Teile — des Gesuchstellers und der Beteiligten — bestimmt werden. Die Festsetzung der Entschädigung ist Bestandteil deS Verfahrens über die Erteilung der Erlaubnis. Mit der Rechtskraft des Bescheides über die Erlaubnis sind nachträgliche Entschädigungsforderungen ausgeschlossen. Wenn die Erlaubnis unter der Bedingung der Bezahlung einer Geldentschädigung erteilt wird, so kann zugleich in dem Bescheide über die Erlaubniserteilung dem Gesuch­ steller auferlegt werden, für die Erfüllung seiner Entschädigungspflicht eine entsprechende Sicherheit zu leisten, von deren Aufrechtmachung der Vollzug der Erlaubnis und der Beginn der Aussührungsarbeiten abhängig ist. Die Verwaltungsbehörde kann von dieser Auflage absehen, wenn nach den sonstigen Verhältnissen des Gesuchstellers die Erfüllung seiner Entschädigungspflicht gesichert erscheint. Werden im Laufe des Verfahrens Einwendungen erhoben, die sich als privatrecht­ liche Ansprüche auf Fortdauer des bisherigen Zustandes darstellen (Art. 19 Abs. 5 des Gesetzes), so hat die Distriktsverwaltungsbehörde nach Art. 170 des Gesetzes zu bemessen, ob die vom Unternehmer erbetene Erlaubnis unter Vorbehalt der gesonderten Austragung dieser Einwendungen zu erteilen, oder das Verfahren bis zur Erledigung der Einwendungen auszusehen ist (vgl. auch § 271). Jedenfalls werden solche privatrechtlicke Ansprüche auf Fortdauer des bisherigen Zustandes durch die Erteilung der Erlaubnis nicht berührt. § 38.

Die Kosten deS Verfahrens hat der Gesuchsteller zu tragen. Kosten, die durch unbegründete Einwendungen entstehen, können demjenigen auferlegt werden, der die Einwendungen erhoben har (Art. 169 Abs. 2 Satz 2 und 3).

Aum. 1.

Die Eutsteh««gsgeichichte des Art. 19. 1 Aus dem Eigentum am wafferhaltenden Grundstück folgt nach §§ 903 und 905 BGB. die grundsätzlich unbeschränkte Verfügungsgewalt des Eigen­ tümers über die auf dem Grundstücke befindlichen geschlossenen Gewässer. Der Eigentümer einer Quelle ist nicht verpflichtet, sie auf das Nachbargrundstück abfließen zu lassen; er kann den Abfluß zurückhalten, er kann sie fassen und künstlich an andere Orte als dahin leiten, wohin ihr natürlicher Lauf geht (s. Anm. 14 zum Art. 16), soweit nicht Art. 17 und das Schikane­ verbot (§ 226 BGB.) ihm Einhalt gebietet oder obligatorische oder dingliche Privatrechte anderer entgegenstehen (s. auch Begr. S. 550 II). Diese Folgerungen, die das gemeine Recht und die früheren Waffergesetzgebungen — auch das

WBG. — aus der Unbeschränktheit des Grundeigentums gezogen hatten und die sich auch aus Art. 16 WG. und dem geltenden bürgerlichen Rechte mit Not­ wendigkeit ergeben, stießen in der Praxis mit der von Jahr zu Jahr wachsenden Intensität der Wafferausnützung auf immer größere Schwierigkeiten, die eine Ab­ schwächung der geschilderten Folgerungen und eine Vermittlung zwischen dem Verfügungsrechte des Wassereigentümers und den berechttgten Interessen der Be­ teiligten an der Ausnützung des Wassers unvermeidbar machten (vgl. auch den Fall, den Pözl II S. 116 bespricht und mehr nach Grundsätzen der Billigkeit als des Rechts entscheidet; ähnlich das österreichische Ackerbauministerium 1878, Peyrer S. 27 Sinnt. 1, und der österr. VGH. 1879, ebenda S. 196 Sinnt., endlich Dernburg 3 § 67, 6 b). Im Jahre 1886 wurde eine an die Abgeord­ netenkammer gebrachte Petttton um Änderung des WBG. im angegebenen Sinne noch als ungeeignet zur Erörterung im Plenum befunden, aber schon bei einer Verhandlung Wer die gleiche Petttton im Jahre 1890 wurde die Verbesserungs­ bedürftigkeit des geltenden Wasserrechts allgemein anerkannt (StenB. S. 698). Die Klagen, die auch später nicht verstummten (s. Begr. S. 550 II) erheischten bei der Revision der Waffergesetzgebung eine Berücksichttgung, wie sie sie im badischen (§ 48) und Württembergischen Gesetze (Art. 3) und int sächsischen Ent­ würfe (§ 14; s. auch sächs. Entw. von 1845 § 6 und Georgi S. 122 ff.) bereits gesunden hatten. Aufgabe des Entwurfes war es, großen Gemeinwesen die Wasserversorgung durch Wleitung von Quellen zu ermöglichen, ohne den bis­ herigen Nutznießern am Wasser ihre Triebkraft ohne Entschädigung zu schmälern (KorrefAK. S. 14).

8. Der Regierungsentwurf ließ eine Beschränkung des Berfügungsrechts des Wassereigentümers in dreifacher Art zu: a) Verbietung oder Beschränkung der Zutageförderung oder Ableitung von Grund- oder Quellwasser und der Vornahme von Änderungen am Abfluß eines Sees oder Weihers von Amts wegen oder auf Antrag, weil erhebliche Gründe des Gemeinwohls entgegenstehen (Art. 19 Abs. 1); b) gleiche Maßnahmen mit Rücksicht auf die Interessen einzelner Be­ teiligter auf deren Antrag, wenn sie an der Auftechterhaltung des bis­ herigen Zustandes ein sofort erweisbares Recht haben (Art. 19 Abs. 2); c) gleiche Maßnahmen mit Rücksicht auf die Interessen einzelner Be­ teiligter auf deren Antrag, wenn ihr Interesse an diesen Maß­ nahmen das Interesse des Wassereigentümers an der Zutage­ förderung oder Wleitung überwiegt und wenn sich ferner die Antragsteller verpflichten, dem Wassereigentümer den durch die Maßnahmen zugehenden Schaden zu ersetzen, und hiefür Sicher­ heit leisten (Art. 19 Ws. 2). Die Aufwendungen, die dem Wassereigentümer durch die Wiederherstellung des früheren Zustands erwachsen, sind ihm int Fall 1 vom Staate, der Gemeinde oder der Ortschaft, in deren Interesse die Maßnahmen erfolgt sind, und in den Fällen 2 und 3 von den Beteiligten, die den Anttag gestellt haben, zu ersetzen. Die Aufwendungen, die dem Eigentümer durch die schon getroffenen Ver­ anstaltungen erwachsen sind, kann er insoweit ersetzt verlangen als die Ver­ anstaltungen nun für ihn wertlos werden. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Anordnungen oder deren Vollzug davon abhängig machen, daß der Anttagsteller für die Erfüllung seiner Ersatzverbindlichkeiten eine entsprechende Sicherheit leistet (Art. 19 Abs. 3).

3. Der ResAK. erklärte sich mit dem Art. 19 des Entwurfes, dessen Be­ schränkungen der Verfügungsgewalt des Waffereigentümers ihm nicht weit genug

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gemässem.

gingen, nicht einverstanden (S. 14 ff.). Von dem Vorschläge, eine Erlaubnis­ pflicht für alle Ableitungen usw. festzusetzen, sah er nur ab, um die unaus­ bleibliche Belästigung und Beunruhigung der Beteiligten zu vermeiden. Er schlug statt dessen vor, festzusetzen, daß die Verwaltungsbehörde entweder von Amts wegen oder auf Antrag der Beteiligten oder endlich auf Antrag des Eigentümers selbst über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Ableitung zu entscheiden habe. Der Eigentümer sei damit in die Lage versetzt, sich, bevor er seine Wleitungsarbeiten beginne, über die Zulässigkeit des ganzen Unternehmens zu vergewissern. Bei unbedeutenden und solchen Ableitungen, wo fremde Interessen überhaupt nicht geschädigt würden, werde er die Antragstellung unterlassen könnm. Bei allen anderen Ableitungsunternehmungen werde dagegen die Feststellung der Zulässigkeit für ihn ein Gebot der Vorsicht sein, widrigenfalls er sich den Schaden selbst zu­ zuschreiben habe) der ihm durch die Vornahme später nutzlos werdender Arbeiten, Bestellungen rc. erwüchse. Daß die Verwaltungsbehörde bei der Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit sämtliche Beteiligte zu hören und alle einschlägigen Verhältnisse zu würdigen habe, sei selbstverständlich, ebenso, daß die erteilte Genehmigung nur für eine angemessene, in der Entscheidung selbst festzusetzende Frist Geltung habe, innerhalb deren das Ableitungsunternehmen durchgeführt sein müsse, damit nicht etwa ein Rechtstitel zur Ableitung entstehe, welcher nach langer Zeit bei gänzlich veränderten Verhältnissen geltend gemacht werden könnte (S. 17).

4. Einen Schritt weiter ging der KorrefAK., der (S. 14 f.) die Ein­ führung der Anzeigepflicht für alle unter Art. 19 fallenden Wasserableitungen usw. für notwendig erklärte.

5. Im AKA. einigte man sich über folgende Richtpunkte: Der Regierungsentwurf gehe nicht weit genug. „Es müsse vor allem schon zum Schutze des Eigentümers selbst die Befugnis zur Ableitung usw. von einer Genehmigung abhängig gemacht werden. Man war sich darüber klar, daß darin eine nicht unerhebliche Belästigung liege und daß für einzelne Kategorien von häufig vorkommenden und unbedeutenden Ableitungen eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht vorgesehen werden müsse. Übrigens sei selbst eine erhebliche Belästigung den unabsehbaren Schwierigkeiten vorzuziehen, welche entstünden, wenn erst nachttäglich die Ableitung verboten und der frühere Zustand wieder hergestellt werden müßte. Es müsse ferner, auch ab­ gesehen von den Fällen, in welchen das Gemeinwohl in Frage stehe, stets wenigstens denjenigen ein Rechtsanspruch auf Schutz gewährt werden, welche im Vertrauen auf die seit langer Zeit bestehenden Wasser­ laufsverhältnisse das Wasser wirtschaftlich schon eine lange Reihe von Jahren hindurch benutzt hätten, wobei in erster Linie die Vornahme technischer Maßnahmen zur tunlichsten Verhinderung einer Beeinttächtigung und nur int Falle diese Möglichkeit ausgeschlossen sei, die Zahlung einer durch den Eigentümer zu leistenden Entschädigung ins Auge zu fassen sei. Bon mehreren Seiten wurde der Überzeugung Ausdruck gegeben, daß eine voll­ ständig befriedigende und alle Bedenken Beseitigende Fassung schwer zu finden sein werde" (ABAK. S. 161). Schließlich empfahlen die beiden Referenten dem Ausschuß den Art. 19 in einer dem Inhalte nach mit der jetzigen übereinstimmenden Fassung. Der Ausschuß und die Vollversammlung nahmen den Artikel in dieser Gestalt an. 6. Die beiden Referenten der RRK. wären ttotz mannigfacher Be­ denken im einzelnen doch int allgemeinen darüber einig, daß der von der AK.

geschaffene Art. 19 vor dem des Regierungsentwurfs den Vorzug verdiene (Ref. S. 14 f., Korref. S. 52). Zum Ms. 3 beantragte der Korref. bei der zweiten Lesung im RR A. lediglich eine redaktionelle Änderung (S. 270 f.). In der so gewonnenen Fassung wurde Art. 19 Gesetz. (Vgl. übrigens auch die interessante Entstehungs­ geschichte des Art. 3 und 4 des württ. Wassergesetzes bei Nieder S. 52 ff.). Daß die neue gesetzliche Regelung des Quellenrechts nicht gegen alle Bedenken gefeit ist, haben die gesetzgebenden Faktoren selbst anerkannt. Sie haben sich aber bemüht, den gangbarsten Weg zur Ordnung der schwierigen Materie zu finden. Georgi (S. 124) meint doch wohl etwas vorschnell, man könne nicht sagen, daß die gefundene Lösung, die ausgesprochen agrarischen Charakter trage, eine glück­ liche sei. Ob er Recht hat, muß erst die Erfahrung lehren. Ungerechtfertigt ist es auch, wenn Eymann (Anm. zu Anm. la) „den gekünstelten Eigentumsbegriff am Wasser" für die Schwierigkeit, eine befriedigende Lösung zu finden, verant­ wortlich macht. Die Konstruktion des Gewäffereigentums ist hiefür nur von unter­ geordneter Bedeutung; die Hauptsache ist die Ausgleichung der Interessengegen­ sätze, die sich auch bei der Beseitigung des Wassereigentums kaum wesentlich ein­ facher gestalten dürste.

A«M. 2. Dte erlanbnispftichtigen Arbeite« (Abs. 1 Satz 1). Die grundsätz­ lich unbeschränkte Verfügungsmacht des Eigentümers am geschlossenen Gewässer hat durch Art. 19 erhebliche Beeinträchtigungen erfahren, die nur in den Formen des Tit. X § 7 VU. Gesetzeskraft erlangen konnten und als Ausnahmen strikt interpretiert werden müssen. Die Zutageförderung oder Ableitung von Grund- und Quell­ wasser und die Änderung am Abfluß eines nicht öffentlichen SeeS oder Weihers unterliegen nach Art. 19 Abs. 1 der Erlaubnis der Verwaltungsbehörde. über die Begriffe Grundwaffer, Quelle, See und Weiher vgl. die Anm. 11, 12, 4 und 5 zum Art. 16. Mr die Ableitung von Flüssen und Bächen gilt nicht Art. 19, sondern Art. 44 ff.; (vgl. auch württ. VollzBorschr. zum Art. 3 § 1). Auch für die Heilquellen einschließlich der Solquellen gilt Art. 19, doch ist hier auch Art. 20 zu vergleichen. Nach Begr. S. 551 I sind unter der Ableitung von Grund- und Quell­ wasser nicht bloß solche Arbeiten zu verstehen, die die Mleitung zum eigent­ lichen Zweck haben, sondern auch solche Arbeiten, deren mehr zufällige tatsächliche Folge die Ableitung ist, z. B. die Grab- oder Bohrarbeiten für bauliche Anlagen. Zutageförderung sei hauptsächlich Förderung unterirdischen Wassers mittels Stollen und Tiefbohrungen auch durch maschinelle Einrichtungen. Dazu gab die Regierung im RRA. S. 162 eine authentische Interpretation, wonach die vorherige Erlaubnis nur erforderlich sei, wenn die Zutageförderung oder Ableitung beabsichtigt war, während es im übrigen zur Ableitung der nachträglichen Erlaubnis bedürfe. Ist die Quelle einmal absichtlich oder zu­ fällig erschlossen, so finden die Art. 17 und 18 Anwendung, soweit nicht die Ableitung nach Art. 19 von der Verwaltungsbehörde genehmigt wird. Ob es sich um eine neue Zutageförderung oder Ableitung oder um die Änderung einer be­ stehenden handelt, ist gleichgültig. Ableitung ist auch eine künstliche Veranstaltung, durch die das Wasser zum Versickern gebracht wird (württ. VollzBorschr. § 2 Abs. 1). Dgl. übrigens auch öftere. Wochenschr. 1901 S. 742, 1904 S. 128, 415. Daß eine Ableitung innerhalb des Grundstückes in der Weise, daß das Wasser beim übertreten auf ein stemdes Grundstück seinen natürlichen Lauf wieder hat, nicht vom Art. 19 getroffen wird (Eymann Anm. 2), unterliegt keinem Zweifel.

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Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Änderungen am Abfluß eines nicht öffentlichen Sees, Teiches oder Weihers (für öffentliche gilt Art. 42) sind nach der Begr. S. 5511 z. B. will­ kürliche Überstauungen, durch die das Waffer zeitweise zurückgehalten wird, um es dann verstärkt losbrechen zu laffen, dann aber auch die Fälle, in denen dem See oder Weiher unter Absperrung des bisherigen Wafferablaufes künstlich ein ganz neuer Abfluß gegeben werden soll (KorrefRK. S. 53) und endlich die Fälle, in denen einem See oder Weiher, der gar keinen Abfluß hat, durch künstliche Einwirkung ein solcher gegeben wird (vgl. Eymann Anm. 3). Beispiel: A hat einen Teich, der Nachbar B in der Mitte seines an­ grenzenden Besitztums eine Lehmgrube. B zieht nun auf eigenem Grund und Boden von der Lehmgrube aus in der Richtung gegen den Teich einen Graben, der sich dem Teiche bis auf 11/s m nähert. Dadurch bewirkt er, daß aus dem höher gelegenen Teiche Waffer in den Graben sickert und in die Lehmgrube ab­ geleitet wird. Der österreichische Berwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde des A ab und führte zur Begründung aus, der Grundeigentümer habe auf das in einem Teich auf seinem Grundstück eingeschloffene Waffer nur solange ein Recht, als es eben vom Grundstück umschloffen werde; sobald es sich durch Versickerung dieser Umschließung entziehe, ende seine Verfügungsgewalt. Es stehe ihm frei, das Absickern durch Zementierung oder auf andere Weise zu verhindern, der Nach­ bar aber brauche keine Rücksicht auf die mehr oder minder poröse Beschaffenheit des Bodens und die gegenseitige Lage der Grundstücke zu nehmen, er sei also auch nicht verpflichtet, wenn er Erde in seinem Grundstück aushebe, deshalb eine Bewilligung der Wafferbehörde einzuholen, weil durch den Austritt von Sickerwasser infolge unterirdischer Diffusion der Wasserstand in einem fremden Privatgewässer alteriert werde (österr. Wochenschr. 1899 S. 318). Nach dem geltenden bayerischen Wafferrechte ist die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde nötig und zwar gleichviel ob die Versickerung des Wassers beabsichtigt war oder zufällig eingetreten ist, nur kann im letzterwähnten Falle natürlich nicht die vorherige Einholung der Erlaubnis gefordert werden.

A«M. 3. Ausnahme« von der Erlanbuispflicht (Abs. 1 Satz 2). Die Erlaubnis ist nicht erforderlich für die Anlage von Brunnen, die vorübergehenden Zwecken oder dem eigenen Haus- und Wirt­ schaftsbedarf einschließlich des Bedarfs für landwirtschaftliche Nebenbetriebe dienen. Man nahm an, daß solche kleinere Wassergewinnungs­ anlagen ihrer Natur nach schädigende Einwirkungen auf die Rechte und Befugnisse anderer von vornherein nicht haben können. Dieser Gedanke soll für die An­ wendung der Ausnahmevorschrist maßgebend sein (VB. § 31). Ueber den Begriff Brunnen vgl. Anm. 7 zum Art. 16. Alle Arten von Brunnen, Pump-, Schöpf-, Zieh- und Laufbrunnen gehören hieher, gleichviel, ob sie Grund- oder Quellwaffer liefern. Als Brunnen, die vorübergehenden Zwecken dienen, sind z. B. solche bei Bauten, Volksfesten usw. zu verstehen (ABAK. S. 162, vgl. auch Eymann Anm. 6). Zum Begriffe Brunnen gehören die Vor­ richtung zur Wasserentnahme, die Leitung zum Brunnen und die maschinellen Wafferhebungsvorrichtungen (VB. § 31). Unter dem „eigenen Haus- und Wirtschaftsbedarf" soll nur der Bedarf an Trink- und Nutzwaffer für den eigenen Haushalt und die Oekonomie des Wirtschafters verstanden werden, dagegen nicht der Bedarf zu selbständigen gewerblichen Zwecken, sondern zu solchen nur, insoweit sie landwirtschaftliche Nebenbetriebe sind, z. B. Brennereien. Unter den Begriff des „landwirt­ schaftlichen Nebenbetriebes" fällt ein dem landwirtschaftlichen Haupt­ betriebe gegenüber untergeordneter Betrieb, welcher die Verarbeitung und Ver-

äußerung selbstgewonnener Produkte bezweckt (ABAK. a. a. O.). Ueber die Nichthereinziehung der gewerblichen Nebenbetriebe vgl. auch RefRK. S. 14. Die BB. rechnet dagegen im § 31 Ws. 4 auch den Bedarf für die im nämlichen Anwesen betriebenen kleineren gewerblichen Betriebe, wie Gastwirtschaften, Schmieden, Metzgereien u. dgl. hieher.

Ueber den Begriff der landwirtschaftlichen Nebenbetriebe ent­ spann sich im RRA. eine lebhafte Debatte. Ein Ausschußmitglied trat für eine Erweiterung des Kreises der Ausnahmen von der Erlaubnispflicht ein und be­ zeichnete die im ABAK. gegebene Definition der landwirtschaftlichen Nebenbetriebe als viel zu eng. Darnach würde z. B. eine Brennerei, die Kartoffeln zukaufe und Mais verwende, nicht unter den Begriff „landwirtschaftlicher Nebenbetrieb" fallen, nicht zu reden von den kleineren und mittleren Brauereien, denen eine landwirtschaftliche Bedeutung zukomme, soweit sie, wie dies regelmäßig der Fall sei, die Produkte der Gegend, Gerste und Hopfen, verarbeiteten. Es werde kaum irgendwo Vorkommen, daß eine landwirtschaftliche Brauerei nur die Produkte ver­ arbeite, die der landwirtschaftliche Betrieb erzeuge (RRA. S. 159). Die Be­ mühungen, eine diesen von mehreren Rednern als gerechtfertigt bezeichneten An­ regungen entsprechende Fassung zu finden, blieben vorerst ohne Erfolg. In der zweiten Lesung (S. 270) erklärte der K. Staatsminister d. I., eine feste Definition lasse stch nicht geben, es sei vielmehr im Einzelfalle zu entscheiden, was man unter dem eigenen Haus- und Wirtschastsbedarf und was unter einem landwirt­ schaftlichen Nebenbetriebe zu verstehen habe. Der ABAK. habe wohl nur Richt­ punkte geben und einer erweiterten Auffassung nicht präjudizieren wollen. Es könne Vorkommen, daß ein Betrieb, der die Verarbeitung und die Veräußerung selbstgewonnener Produkte bezwecke, daneben auch einen ganz geringen Teil nicht selbsterzeugter Produkte verwende; aus diesem Grunde könne der Begriff Neben­ betrieb nicht alteriert werden. Im großen und ganzen ist also doch von der im ABAK. gegebenen Definition des landwirtschaftlichen Nebenbetriebs auszugehen und nach dem Verhältnis der selbstgewonnenen zu den im Betriebe verwendeten, nicht selbsterzeugten Produkten von Fall zu Fall festzustellen, ob noch ein landwirtschaft­ licher Nebenbetrieb vorliegt oder nicht. Wird mehr als „ein ganz geringer Teil" nicht selbsterzeugter Produkte verwendet, so wird die Frage zu verneinen sein. Der landwirtschaftliche Nebenbetrieb muß mit dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb in festgegliedertem Zusammenhang stehen und im Verhältnis zum Hauptbetriebe von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sein (VB. § 31). Eymann (Anm. 8) will die Vergünstigung des Abs. 1 Satz 2 auch dann eintreten lassen, wenn mehrere Landwirte einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb behufs besserer Ver­ wertung ihrer Produtte gemeinschaftlich betreiben; das eigene Wasser werde in einem solchen Falle dann anzunehmen sein, wenn das Quellengrundstück im Eigentums eines der am ftaglichen Betriebe beteiligten Landwirte stehe. Das geht doch wohl zu weit. Man wird verlangen müssen, daß der landwirtschaftliche Nebenbetrieb zu einem, nicht zu mehreren Hauptbetrieben gehöre. Ob dieser Hauptbetrieb einer Person gehört oder im Miteigentum mehrerer steht, ist gleichgültig; wenn aber ein gemeinsamer landwirtschaftlicher Nebenbetrieb mehreren ge­ trennten Hauptbetrieben angegliedert ist, dürste Abs. 1 Satz 2 nicht mehr an­ wendbar sein.

Aum. 4. Richtpunkte für die Erteiluug oder Versagung der Erlanbuis (Abs. 2). Die Erlaubnis muß erteilt werden, wenn Rücksichten des Gemeinwohls nicht entgegenstehen. Einzelne Beteiligte haben keinen Anspruch auf Schutz für ihre Interessen durch die Versagung oder die beschräntte Exteilung der Genehmigung; vgl. aber Abs. 3. Wenn und soweit jedoch

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Rücksichten des Gemeinwohls es erfordern, ist die Erlaubnis zu versagen oder an Bedingungen zu knüpfen (BB. § 33). Neber den Begriff Gemeinwohl vgl. Anm. 1 zum Art. 11. Gemein­ wohl und öffentliches Jntereffe bedeuten das Gleiche. Was unter Gemeinwohl zu verstehen sei, ist von Fall zu Fall zu entscheiden (Begr. S. 548 II, 551 I), und zwar ist diese Frage als Frage des verwaltungsrichterlichen Ermessens der Zuständigkeit der Verwaltungsrechtsinstanzen Vorbehalten (Begr. S. 576 I). Das Gemeinwohl mit den Interessen des Staates als Fiskus oder der politischen Ge­ meinden oder Ortschaften als juristischer Personen zu identifizieren ist nicht an­ gängig, obgleich das Gesetz im Art. 60 eine Handhabe für diese Auslegung zu bieten scheint. Mcht nötig ist eine Schädigung öffentlicher Interessen; auch eine Gefährdung genügt (vgl. Baden § 48, württ. VollzVorschr. § 2 Abs. 2). Im Regierungsentwurf war von erheblichen Rücksichten des Gemeinwohls die Rede gewesen. Die AK. strich das Wort „erheblich", um den Begriff dadurch zu er­ weitern; dabei wurde aber angenommen, es liege bereits im Ausdruck „Gemein­ wohl", daß es sich immerhin um wertvollere Interessen handeln müsse (Erklärung des K. Staatsministers d. I. RRA. S. 162). Wenn durch die Ableitung ein größeres industrielles Unternehmen eingeht und die politische Gemeinde durch den Wegfall der dafür gezahlten Gemeindeumlagen einen Schaden erleidet, so wird kaum von Rücksichten des Gemeinwohls gesprochen werden können; wohl aber ist dies dann der Fall, wenn durch die Einstellung eines gewerblichen Betriebes infolge der Ableitung zahlreiche Arbeiterfamilien in ihrem Nährstande bedroht oder wenn eine große Anzahl von Landwirten in der erforderlichen Wiesen­ bewässerung gehindert werden (ABAK. S. 161, RefRK. S. 11). Nach der Begr. und den Erklärungen der K. Staatsregierung ist es auch möglich, daß das Gemein­ wohl die Zutageförderung oder Ableitung erheischt, so daß also Gemeinwohl gegen Gemeinwohl steht. Der KorrefRK. (S. 53) führte aus, das sei nicht recht verständlich; der Begriff des Gemeinwohls könne doch nur einer sein, der die Resultante der sich kreuzenden Interessen darstelle (ebenso Eymann Anm. 10). Das ist zweifellos richtig; denn wenn die Gemeinwohlinteressen in der einen Wagschals schwerer wiegen als die in der anderen, so liegt eben nur auf einer Seite Gemeinwohl. Es ist aber gewiß, daß die weniger streng logische Fassung der Regierung zu dem gleichen Ergebnisse führt. Es ist also stets zu erwägen, auf welcher Seite die überwiegenden öffentlichen Interessen liegen (Begr. S. 5511, RefAK. S. 15). Wenn die Wasserversorgung einer großen Stadt nur durch die Zutageförderung oder die Ableitung bestimmter Quellen möglich ist, so wird dies Gemeinwohlinteresse immer schwerer wiegen als das Interesse, das die Allgemeinheit daran hat, daß nicht durch die Einstellung eines industriellen Betriebes eine Anzahl von Arbeiter­ familien brotlos werden oder daß nicht einer Anzahl von Landwirten die er­ forderliche Wiesenbewässerung unmöglich gemacht wird (vgl. auch StenB. S. 696 f. und Eymann Anm. 10). über das Verfahren vgl. die Anm. 10. Die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis ist zwar Ermessenssache, doch ist die Versagung oder die bedingte Erteilung nur aus Rücksichten des Gemeinwohls zulässig. Der Unternehmer hat einen verwaltungsrechtlich verfolgbaren Anspruch darauf, daß ihm die Erlaubnis nicht aus andern Gründen verweigert oder daß sie nicht aus andern als Gemeinwohlrückfichten an Bedingungen geknüpft werde. Es handelt sich also nicht um Fragen des Verwaltungsermeffens sondern des ver­ waltungsrichterlichen Ermessens. Die Bedingungen, die Abs. 2 zuläßt, werden hauptsächlich, müssen aber nicht notwendig technischer Natur sein (z. B. Beschränkung auf bestimmte Zeiten

oder Waffermengen usw. BB. § 37), sondern es ist auch unter Umständen statt­ haft, Geldentschädigungen aufzuerlegen z. B. um einer gefährdeten Gemeinde den Ankauf von Quellen und die Herstellung einer neuen Wasserleitung an Stelle der zwecklos gewordenen zu ermöglichen (vgl. ABAK. S. 162, KorrefRK. S. 53); vorausgesetzt nur, daß die Auferlegung der Entschädigung dem Gemeinwohlinteresse dient (s. auch österr. Wochenschr. 1904 S. 128). Eine Petition der Stadt Aschaffenburg an den Landtag, der sich eine Anzahl anderer Städte anschloß, regte an, für die Förderung von Grundwasser zu öffentlichen Zwecken die Prüfung des Gemeinwohls und den Ein­ spruch von Privaten auf Wasser selber, d. h. auf einen bestimmten Umkreis um die Brunnenanlage einzuschränken. Das Hydrotechnische Bureau und das Wasserversorgungsbureau erklärten mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der Grundwasserverhältnisse die Festlegung einer solchen Einschränkung im Gesetze für ausgeschlossen, die Festlegung im einzelnen Falle dagegen ftir wohl möglich. Hier wird auf Grund der Sachverständigengutachten ein Schädigungsgebiet (Schutzbezirk) festgesetzt, innerhalb dessen die Beteiligten ermittelt und zur Ver­ handlung geladen werden, doch kann einem Beteiligten, auch wenn er nicht zum Schutzbezirke gehört, die Geltendmachung seiner Einsprüche im Verfahren um so weniger verwehrt werden als die Nachholung von Ersatzansprüchen ausgeschlossen ist (RRA. S. 160 f., vgl. auch Anm. 7 zum Art. 16). Die vom KorrefRK. (S. 54) angeschnittene Frage der Festsetzung von Schutz­ zonen auch für Quellenableitungen wurde nicht weiter behandelt (s. auch österr. Wochenschr. 1903 S. 729). Endlich vgl. noch die Ausführungen des K. Staatsministers der Finanzen über die Wasserversorgung der Stadt Bayreuth (RRA. S. 157 ff.). Eine Zurücknahme der einmal erteilten Erlaubnis, weil sich erst hinterher eine Gefährdung des Gemeinwohls oder eine Schädigung einzelner er­ gibt (KorrefRK. S. 53) ist unzulässig. Ein Vorgehen, wie es Art. 20 Abs. 3 gestattet, kennt der Art. 19 nicht. Auch die Vorbehaltung weiterer Bedingungen nach Abs. 2 oder 3 in einer Generalklausel für den Fall, daß das Unter­ nehmen Gefährdungen des Gemeinwohls oder Schädigungen einzelner zur Folge hat, ist wohl nicht zulässig (vgl. VB. ‘§ 37 Abs. 5, StenB. S. 696, RRA. S. 162).

Anm. 5. Die Entichädiguug der Beteiligten (Abs. »). Der Absatz 3 enthält die einschneidendsten Änderungen des Regierungsentwurfs. Dieser sah eine Entschädigung des Waffereigentümers für die durch die Untersagung oder Beschränkung der Zutageförderung oder Ableitung entstandenen Aufwendungen durch die Interessenten vor. Art. 19 Abs. 3 in der geltenden Fassung gewährt dagegen denen, die lange Jahre das Wasser benützt haben, einen Anspruch darauf, daß die Verwaltungsbehörde dem Unternehmer einer Zutageförderung oder Ab­ leitung von Grund- oder Quellwasser die Vornahme entsprechender tech­ nischer Maßnahmen und, wenn diese nicht geeignet sind, den Schaden abzu­ wenden, die angemessene Entschädigung der einzelnen Beteiligten als Bedingung auferlege. Abs. 3 ist für die Verwaltungsbehörde zwingend; wenn die Voraussetzungen vorliegen, muß sie von ihm Gebrauch machen. Darauf, daß dies geschehe, haben die Beteiligten einen verwaltungs­ rechtlich verfolgbaren Anspruch. Die Auferlegung der im Abs. 3 ent­ haltenen Bedingungen ist notwendig, auch wenn keine Rücksichten des Gemeinwohls vorliegen. Wenn die Verwaltungsbehörde keine Entschädigungspflicht auferlegt, so ver­ bleiben den Beteiligten lediglich die ihnen etwa aus allgemeinen zivilrechtlichen

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Normen (§§ 823 ff. BGB.) erwachsenden Entschädigungsansprüche. Wird dagegen die Entschädigung der Beteiligten als Bedingung auferlegt, so wird dadurch eine eigene, von den allgemeinen Zivilrechtsvorschristen unabhängige Grundlage der Schadenshaftung geschaffen, die lediglich die Anwendbarkeit des Art. 19 Abs. 3 auf den konkreten Fall und die Auferlegung der Bedingung durch die Verwaltungsbehörde voraussetzt. Ein Verschulden ist nicht Voraussetzung der Schadenshaftung; die bloße Veranlassung genügt. Entschädigungsberechtigt sind die Beteiligten, die als Besitzer von Wafferbenützungsanlagen oder als Grundeigentümer das Wasser seit mindestens 30 Jahren selbst oder durch ihre Rechtsvorgänger ununterbrochen benützt oder unter den gleichen Voraussetzungen die Fischerei ausgeübt haben, für den erheb­ lichen Schaden, den sie durch die im Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen erleiden, vorausgesetzt, daß die Verwaltungsbehörde bei der Erteilung der Erlaubnis dem Gesuchsteller die Entschädigung als Bedingung auferlegt. Ueber die Abgrenzung des Kreises der Entschädigungsberechtigten sagt der ABAK. (S. 162): „Die 30jährige Benützungsdauer, welche nach dem Vorbild der allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsfrist gewählt wurde, soll nicht als unterbrochen gelten, wenn vorübergehende kürzere Unterbrechungen vor­ liegen, wie sie bauliche Veränderungen, Störungen im Betriebe bei Brand- und anderen Unglücksfällen oder ein schwebendes Konkursverfahren mit sich bringen; auch eine Veränderung im Betriebe, insbesondere in der Größe der benützten Wassermenge, soll keine Unterbrechung begründen. Es ist ohne weiteres ein­ zuräumen, daß darin, daß die einzelnen Beteiligten nur dann Berücksichtigung finden, wenn ste sich auf eine 30 jährige Benützung berufen können, eine gewisse Härte liegt. Indessen ist das Gleiche bei allen gesetzlichen Bestimmungen der Fall, bei welchen Rechte nach Ablauf einer gewissen Frist erworben werden oder verloren gehen. Eine kürzere Benützungsdauer vorauszusetzen oder gar alle bis­ herigen Wasserbenützer ohne Unterschied zu berücksichtigen, erscheint nicht ratsam. Der Ausschuß hielt sich vor Augen, daß er vor allem bestrebt sein muß, die ge­ botene Mittellinie, auf welcher die sich entgegenstehenden Interessen ausgeglichen werden müssen, nicht zu verlassen und eine schikanöse und mißbräuchliche Aus­ beutung der gesetzlichen Bestimmungen hintanzuhalten" (vgl. auch Baden § 48 Abs. 3). Ob die Voraussetzung der dreißigjährigen ununterbrochenen Wasserbenützung oder Ausübung der Fischerei vorliegt, ist nach Art. 168 Abs. 1 von Amts wegen festzustellen, doch wird es im Interesse der Be­ teiligten liegen, die Behörde durch die Beibringung von Beweismaterial zu unterstützen.

Dem Grundeigentümer stehen die im Art. 210 aufgeführten Berechtigten gleich. Bloße Gemeingebrauchsnutzungen (Art. 26) begründen keine Entschädi­ gungsansprüche. Für die Fischerei genügt die dreißigjährige Ausübung, auch wenn ein Recht zur Fischerei nicht erweisbar ist (vgl. RefRK. S. 14). UeberHaupt bezweckt Abs. 3 nicht einen Rechtsschutz, sondern einen Inte ressenschutz, er verlangt nicht das Vorhandensein eines Rechtes, sondern lediglich eine mindestens dreißigjährige tatsächliche Ausübung der Waffernutzung oder der Fischerei. Als Rechtsquelle für die Erwerbung einer Befugnis zur Wassernutzung oder Fischerei ist Art. 19 natürlich nicht verwendbar (s. Ehmann Anm. 11). Die Ausübung der Befitzvorgänger wird ebenso angerechnet wie die der Besitzdiener nach § 855 BGB. Die Ausübung muß ununterbrochen sein, es schadet aber nicht jede Unterbrechung. Wenn die näheren Umstände erkennen lassen, daß die Absicht

Bestand, die unterbrochene Ausübung später wieder aufzunehmen, liegt keine Unter­ brechung vor. Ob dies der Fall ist oder nicht, ist Tatfrage (vgl. auch Eymann Anm. 11). Entschädigungspflichtig ist der Gesuchsteller; nur ihm kann die Schadloshaltung der Beteiligten nach Art. 19 Abs. 3 auferlegt werden. Nur -erheblicher Schaden ist zu ersetzen; für den entgangenen Gewinn hat also der Gesuchsteller nicht aufzukommen (ABAK. S. 162, vgl. auch Eymann Anm. 12). Mit den Worten „angemessene Entschädigung" wollte gesagt werden, daß in der Regel nicht volle Entschädigung zu leisten sei. Welche Höhe als an­ gemessen zu betrachten ist, ist vielmehr in jedem einzelnen Falle besonders zu ent­ scheiden. Durch die Bemessung der Entschädigung soll ein entsprechender Ausgleich der widerstreitenden Interessen unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaft­ lichen Leistungsfähigkeit beider Teile getroffen werden (ABAK. S. 162, StenB. S. 695 f., BB. § 37). Eine volle Entschädigung wird z. B. zu leisten sein, wenn die Ableitung lediglich zu Luxuszwecken erfolgt und der zu Entschädigende besonders bedürftig ist (StenB. S. 696). Eine Beschränkung der zu leistenden Entschädigung auf einen festen Prozentsatz des entstandenen Schadens (StenB. S. 700) war nicht angängig (vgl. auch StenB. S. 701 und Nieder Anm. 10 zum Art. 3). Aus Abs. 3 ergibt sich, daß, wenn Gemeinwohlintereffen nicht in Frage stehen, sondern nur einzelne Beteiligte geschädigt werden, die Erlaubnis nicht versagt, sondern nur gemäß Abs. 3 an Bedingungen geknüpft werden darf (ABAK. S. 162, KorrefRK. S. 53, RRA. S. 163, BB. § 37). Die Entschädigung der Beteiligten darf dem Unternehmer nicht auferlegt werden, wenn der Schaden durch die Erfüllung anderer Bedingungen abgewendet werden kann. Ob dies der Fall ist oder nicht, ist eine Frage des verwaltungsrichterlichen Ermessens (s. Anm. 10). Eine Ausnahme von dieser Regel ist natürlich dann gegeben, wenn die Beteiligten sich über die Ent­ schädigung geeinigt haben (Eymann Anm. 15); es wäre widersinnig, wenn die Verwaltungsbehörde hier auf der Subsidiarität der Entschädigung bestehen würde. Mcht verlangt werden darf die technische Unmöglichkeit der Abwendung des Schadens; es ist zulässig, die Entschädigung dem Unternehmer als Bedingung aufzuerlegen, wenn die anderweitige Abwehr des Schadens wesentlich höhere Kosten verursachen würde als die Entschädigung. Auch in solchen Fällen ist die Abwendung des Schadens unmöglich (s. Eymann Anm. 15). Ob diese Unmög­ lichkeit vorliegt, ist eine Frage des verwaltungsrichterlichen Ermessens, die auf Grund von Sachverständigengutachten zu beantworten fein wird. Es kann jedoch nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes sein, eingehende Berechnungen der zu leistenden Entschädigungen und der Kosten der Abwehrmaßnahmen anzustellen und die gewonnenen Ergebnisse gegeneinander abzuwägen. Er kann dies um so weniger, als ja nicht einmal volle, sondern nur angemessene Entschädigung zu leisten ist und die Berechnung der Höhe der Entschädigung eine reine Ver­ waltungsermessensfrage darstellt. Nur das ist zu prüfen, ob das Mißverhältnis zwischen den beiden in Betracht kommenden Aufwandsgrößen so bedeutend ist, daß die anderweitige Abwendung des Schadens als unmöglich bezeichnet werden muß. Ist die Abwehr des Schadens teilweise möglich, so kann die Bedingung der Abwehr mit der der Entschädigung kombiniert werden („soweit"; Eymann Anm. 15). Die Festsetzung -er Entschädigungen. Sicherheitsleiftvng (Abs. 4). Wenn in den Fällen des Abs. 2 und 3 die Erlaubnis an die Betzarster-Tasslmtr, Waffergesetz. 9

Amu. 6.

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dingung der Entschädigung der Beteiligten geknüpft wird, so ist die Höhe dieser Entschädigung nach billigem Ermessen der Verwaltungsbehörde festzusetzen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen; auch der Berwaltungsrechtsweg kann nach Art. 177 mit Art. 19 Abs. 4 nicht beschritten werden. Man wollte durch diese Bestimmung die sonst Wohl fast in jedem Falle zu erwartenden Streitigkeiten über die Höhe der Entschädigung im Interesse aller Beteiligten vermeiden (ABAK. S. 163; vgl. auch die Kritik dieser Gesetzesbestimmung bei Obermeyer, BayZfR. 1907 S. 96 f.). Die Festsetzung der Entschädigung ist ein Bestandteil des Verfahrens über die Erteilung der Erlaubnis. Die Entschädigung wird definitiv festgesetzt; „eine nach» trägliche Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen soll ausgeschloffen sein. Das ist absolut notwendig im Interesse der Sicherheit des Unternehmers; denn wenn derselbe schon so weit beschwert ist, daß ihm unter Umständen aus Rücksichten des Gemeinwohls die Ableitung versagt oder mit Be­ dingungen erschwert werden kann, wenn er ferner an die dreißigjährigen Besitzer Entschädigungen zu zahlen hat, so muß er wenigstens sicher wissen, daß, wenn der Spruch in der Beziehung gefällt ist, dann nachträglich keine Entschädigungs­ ansprüche mehr kommen" (StenB. S. 696, RRA. S. 162, vgl. auch Anm. 10). Daß die Verwaltungsbehörde den Vollzug der Erlaubnis davon abhängig machen kann, daß der Gesuchsteller für die Erfüllung seiner Entschädigungspflicht eine entsprechende Sicherheit leiste, ist trotz Art. 171 im Art. 19 Abs. 4 be­ sonders hervorgehoben. Die Beteiligten werden durch diese Auflage vor den Folgen eintretender Zahlungsunfähigkeit geschützt. Ob die Verwaltungsbehörde eine Sicherheit auferlegen will oder nicht, ist Sache ihres Ermessens. Das Be­ schwerdeverfahren richtet sich nach Art. 172 f. Die Verwaltungsbehörde kann (muß nicht) von der Auferlegung einer Sicherheit absehen, wenn nach den sonstigen Verhältnissen des Gesuchstellers die Erfüllung seiner Entschädigungspflicht ge­ sichert erscheint (VB. § 37 Abs. 6).

A«M. 7. Privatrechtliche Ansprüche auf Fortdauer des bisherigen Zustandes (Abs. 5). Der Inhalt des Abs. 5 ist eigentlich selbstverständlich. Wenn ein Beteiligter gegenüber dem Wassereigentümer ein besonderes, auf einem Privatrechtstitel beruhendes Recht auf die Untersagung der Ableitung usw. oder auf die Auftechterhaltung des bisherigen Zustandes hat, so geschieht diesem Rechte natürlich auch durch eine ohne Rücksicht darauf erteilte Erlaubnis kein Eintrag (ABAK. S. 163). Seinen Rechten wird auch durch die Nichtgeltendmachung im Verfahren nach §§ 30 ff. VB. nicht präjudiziert (vgl. auch Eymann Anm. 20). Die Distriktsverwaltungsbehörde hat dann nach Art. 170 zu bemessen, ob es die vom Unternehmer erbetene Erlaubnis unter Vorbehalt der gesonderten Austragung dieser Einwendungen erteilen oder das Verfahren bis zur Erledigung der Ein­ wendungen aussetzen soll (§§ 37 Abs. 7, 271 BB.). Hat Art. 19 rückwirkende Kraft? Nach der Begr. S. 551 II hat Art. 19 keine rückwirkende Kraft; er ist also auf die am 1. Januar 1908 bereits bestehenden Anlagen zur Förderung und Ableitung von Grund- und Quellwasser usw. nicht anwendbar. Dagegen soll Art. 19 auf die Grundstücke Anwendung finden, die zwar mit Rückstcht auf die Bestimmungen des bisherigen Rechts erworben worden sind, über die aber am 1. Januar 1908 noch keine Verfügung im Bezug auf das Grund- oder Quellwasser getroffen ist. Dies gilt auch für den Art. 19 in seiner jetzigen Fassung. Ausdehnungen bestehender Wasserleitungen bedürfen der Erlaubnis, wenn damit neue Ableitungen usw. verbunden sind (KorrefRK. S. 53 und KorrefRK. und Erkl. des Staatsmin. d. I. RRA. S. 162). A«M. 8.

Im RRA. (S. 162) warf der Korreferent folgende Frage auf: Es könne auch Fälle geben, „in welchen eine Stadt vielleicht seit Jahren bereits Quell­ grundstücke erworben habe, ohne jedoch die Quellen abzuleiten; erst nach dieser Erwerbung hätten sich an dem Privatfluß, der sich aus der Quelle entwickele, Triebwerksbesitzer angesiedelt, die Kenntnis davon gehabt hätten, daß eine Stadt die Quellen bereits gekauft habe. Wenn nun diese Quellen später abgeleitet würden, frage es sich, ob diese Triebwerksbesitzer zu entschädigen seien? Sie würden Wohl nicht unter Abs. 3 fallen, weil sie jedenfalls noch nicht seit 30 Jahren in Besitz des Triebwerkes seien; aber es frage sich, ob sie nicht unter Abs. 2 fielen und die Entziehung des Wassers als eine Schädigung des Gemeinwohls erachtet werde. Er möchte meinen, daß sie nicht darunter fielen, denn wenn einer wisse, daß die Quellen schon von einer Stadt gekauft seien, und er siedle sich trotzdem an, so müsse er dann, wenn er später durch Ableitung geschädigt werde, den betreffenden Schaden leiden." Dieser Anschauung ist beizupflichten. Der K. Staatsminister d. I. erwiderte lediglich, es sei Sache der Rechtsprechung, zu entscheiden, ob Gründe des Gemeinwohls gegeben seien oder nicht.

ANM. 9« Strafbestimmungen «ad Zwangsmatzregeln. Wer ohne die nach Art. 19 vorgeschriebene Erlaubnis Grund- oder Quellwasser zutagefördert oder ableitet oder Änderungen am Abfluß eines Sees oder Weihers vor­ nimmt, wird nach Art. 203 Ziff. 2 an Geld bis zu 150 Mk. oder mit Haft bis zu 3 Wochen bestraft, über die zulässigen Zwangsmaßregeln vgl. Art. 174.

ANM. 10»

Zuständigkeit «nd Verfahre«. 1. Zu den §§ 30—38 VB., die das Verfahren regeln, sind einige kurze Bemerkungen veranlaßt. Örtlich zuständig ist die Distriktsverwaltungsbehörde, in deren Bezirke die Anlagen zur Gewinnung von Wasser zum Zwecke der Zutageförderung oder Ab­ leitung ganz oder zum größeren Teil geschaffen werden sollen, oder in deren Bezirke die Änderung des Abflusses eines Sees oder Weihers stattfinden soll. Es kann leicht Vorkommen, daß darnach mehrere Distriktsverwaltungsbehörden örtlich zuständig sind; in diesem Falle greift Art. 167 Platz. Das Gesuch kann bei der Gemeindebehörde schriftlich oder zu Protokoll gebracht werden. Zur Entgegennehmung des Gesuchs ist wohl jede Gemeindebehörde, nicht bloß die örtlich zuständige, verpflichtet. Sie hat das Gesuch unverweilt der zuständigen Distrikts­ verwaltungsbehörde vorzulegen (VB. § 30). Die Beilagen, die dem Gesuche um die Erlaubnis beigefügt werden müssen, zählt § 32 BB. auf. Absolut zwingend ist diese Bestimmung nicht. Sie will der Distriktsverwaltungsbehörde nur die nötigen Unterlagen für die Prüfung des Gesuchs verschaffen. Ist diese Würdigung ohne Schwierigkeit mög­ lich, so wird auf der Ergänzung nicht ganz vollständiger Beilagen nicht zu be­ stehen sein; nur, wenn das Gesuch oder die Belege so wesentliche Mängel aufweisen, daß die Beurteilung erschwert ist, kann es unter Angabe der Mängel zur Ergänzung zurückgegeben werden. Von dieser Befugnis wird aber die Behörde in einem solchen Falle wohl stets Gebrauch zu machen haben. Der Zweck, die Art und der Umfang des Unternehmens sind genau zu be­ schreiben; ferner ist anzugeben, ob andere Quellfaffungen, Grundwafferbrunnen, Drainagen, Triebwerke, Bewässerungsanlagen, Fischwasser u. dgl. sich in der Nähe der beabsichtigten Anlage befinden. Die erforderlichen Pläne sind dem Gesuche beizufügen. Eine doppelte Fertigung der Pläne ist nicht vorgeschrieben. Bei der Beschaffung der zeichnerischen Darstellungen haben die amtlichen Kultur­ ingenieure den Gesuchstellern nach Maßgabe ihrer Dienstesanweisung an die Hand zu gehen. Bei Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen sind in einfach gelagerten 9*

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Mllen keine zeichnerischen Darstellungen nötig; auch bei Trink- und Nutzwasser­ versorgungsanlagen kann in einfach gelagerten Fällen von der Beibringung be­ stimmter im § 32 bezeichneter Plandarstellungen abgesehen werden.

Die Distriktsverwaltungsbehörde prüft das Gesuch und die Voll­ ständigkeit der Belege und macht sich dann nach Anhörung des einschlägigen amt­ lichen Sachverständigen (s. § 36 Abs. 1) darüber schlüssig, ob die Erlaubnis nicht ohne weitere Erhebungen schlankweg zu versagen sei, weil Rücksichten des Gemeinwohls dies erfordern. " Bejaht sie die Frage, so weist sie das Gesuch ab, zweifelt sie oder kommt sie zu dem Ergebnisse, daß Rücksichten des Gemeinwohls entweder zunächst überhaupt nicht gegeben sind oder daß ihnen durch die Auf­ legung von Bedingungen Rechnung getragen werden kann, so ist in die weitere Behandlung des Gesuches vom Gesichtspunkte des Art. 19 Abs. 3 einzutreten, dabei aber immer die Rücksicht auf das Gemeinwohl vor allem im Auge zu be­ halten (§ 33 VB.). Die Distriktsverwaltungsbehörde hat (§ 34) zunächst Erhebungen darüber zu pflegen, ob Beteiligte im Sinne des Abs. 3 (s. Anm. 5) vorhanden sind und ob sie durch die vom Gesuchsteller beabsichtigten Maßnahmen einen wesent­ lichen Schaden erleiden. Bei kleineren Unternehmungen werden die Berichte der Gemeindebehörden und die Gutachten der amtlichen Sachverständigen genügen; bei größeren ist das Unternehmen zum Zwecke der Ermittelung der Beteiligten öffentlich bekannt zu machen (vgl. hierüber BB. § 34). über die den Beteiligten zu setzende angemessene Frist zur Geltendmachung von Einwendungen oder Ent­ schädigungsansprüchen vgl. Anm. 2 zum Art. 11. Die Frist ist nicht ausschließend; auch verspätete Einwendungen uff. können vorbehaltlich des Art. 168 Abs. 5 noch berücksichtigt werden. In welcher Weise die öffentliche Bekannt­ machung erfolgen soll (ortsübliche Veröffentlichung in den vom Unternehmen berührten Gemeinden, Ausschreiben im Amtsblatt oder in der Tagespreffe) steht im pflichtmäßigen Ermessen der Behörde („wird zu erfolgen haben"). Wieweit bei den ermittelten Beteiligten die Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 3 vorliegen, ist im Benehmen mit den amtlichen Sachverständigen im verwaltungs­ rechtlichen Verfahren festzustellen (Art. 177, VB. § 35 Abs. 1). Auch die Art. 168—175 sind anwendbar. Sind die Voraussetzungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht tunlichst klargestellt, so ist mit den Beteiligten zu verhandeln. Ob eine Verhandlungstagfahrt unter Zuziehung der Beteiligten und Beschränkung der Einwendungen auf die Tagfahrt und die Zeit vor dieser statt­ finden soll, hat die Behörde pflichtmäßig zu ermessen. Sie soll die Sache mög­ lichst einfach anpacken und auf eine gütliche Erledigung hinwirken (VB. § 36). Ueber die amtlichen Sachverständigen vgl. § 36 BB. Ihre Gut­ achten werden für die Distriktsverwaltungsbehörde von größter Bedeutung sein, aber absolut bindend sind sie nicht.

2. Der Art. 177 unterstellt den Art. 19 Ms. 1—3 dem verwaltungs ­ rechtlichen Verfahren. Da die Distriktsverwaltungsbehörde in ihrem Be­ schlusse und die Regierung im Senatsbescheid auch Fragen des Berwaltungsermessens mitwürdigen kann, bedarf es erst für die Zuständigkeit des Verwaltungs­ gerichtshofes einer genauen Sonderung der Ermessensfragen von den Rechtsfragen und den Fragen des verwaltungsrichterlichen Ermessens, auf die sich die Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs gleichfalls erstreckt. Eymann (Anm. 1, c) führt aus. Verwaltungsrechtsfachen feien folgende Fragen: 1. Liegt eine Zutageförderung, Ableitung rc. im Sinne des Art. 19 vor? 2. Wird die betreffende Tätigkeit zu vorübergehenden Zwecken oder zum eigenen Haus- oder Wirtschastsbedarf vorgenommen? 3. Liegen überhaupt Rück-

sichten des Gemeinwohls vor, welche Anlaß bieten können, die Erlaubnis zu ver­ sagen oder ihre Erteilung an Bedingungen zu knüpfen? 4. Gehören die Per­ sonen, die Rechte aus Abs, 3 ableiten, wirklich zu den Berechtigten im Sinne dieser Bestimmung? 5. Erleiden sie erheblichen Schaden? 6. Kann dieser Schaden in anderer Weise abgewendet werden oder nicht? Mit dieser Auf­ zählung der Berwaltungsrechtsfragen sind wir vollkommen einverstanden, nur die Ziffer 3 erscheint uns bedenklich. Eymann sagt später (Anm. 4): „Diejenigen Fragen, welche reine Ermeffensfragen sind, z. B. ob die zweifellos vorliegenden Rücksichten des Gemeinwohls solche sind, daß die Erlaubnis versagt werden muß oder nur unter Bedingungen zu erteilen ist, ferner ob die aufzuerlegenden Bedingungen geeignet sind, dem Gemeinwohl den erforderlichen Schutz zu gewähren und dgl., sind von den Behörden der aktiven Verwaltung zu ent­ scheiden" (vgl. auch Eymann Anm. 9). Damit scheint uns die Grenze zwischen den Fragen des verwaltungsrichterlichen und des Berwaltungsermeffens nicht richtig gezogen zu sein. Der Abs. 2 des Art. 19 genießt wie Abs. 1 und 3 verwaltungsrechtlichen Schutz. Er gibt dem Unternehmer einen Rechtsanspruch darauf, daß ihm die Erlaubnis nicht versagt oder durch Be­ dingungen beschränkt werde, außer wenn und soweit Rücksichten des Gemeinwohls es erfordern. Der Berwaltungsgerichtshof hat zu prüfen, ob die erlassene Entscheidung diesem Anspruch Rechnung trägt oder ihn verletzt.- Er kann sich also nicht damit begnügen, festzustellen, ob überhaupt Gemeinwohlinteressen vorliegen, die die Versagung oder ganz allgemein die Fest­ setzung irgendwelcher Bedingungen rechtfertigen; er hat vielmehr, wenn er die Fragen nach dem Vorliegen von Gemeinwohlinteressen bejaht, jede einzelne Be­ dingung, an die die Unterinstanz die Erlaubnis geknüpft hat, daraus anzusehen, ob diese konkrete Bedingung durch die vorliegenden Rücksichten des Gemeinwohls gerechtfertigt ist. Legt die Unterinstanz dem Unternehmer Bedingungen auf, die diesem Erfordernisse nicht genügen, so beschränkt sie zu Unrecht seinen ver­ waltungsrechtlichen Anspruch auf grundsätzlich unbedingte Erteilung der Erlaubnis. Der Unternehmer hat also ein Recht, zu fordern, daß die betreffende Bedingung darauf geprüft werde, ob sie durch die Rücksichten des Gemeinwohls geboten ist, und daß sie falle, wenn diese Frage verneint wird. Das bringt das Gesetz klar dadurch zum Ausdruck, daß es sagt, die Erlaubnis sei . . . an Bedingungen zu knüpfen, wenn und soweit Rücksichten des Gemeinwohls es erfordern. Nicht also bloß das Vorliegen der GemeinwohlMcksichten, sondern auch die Recht­ fertigung, die diese jeder einzelnen der darauf gestützten Bedingungen ver­ leihen oder nicht verleihen, ist eine Frage des verwaltungsrichterlichen Ermessens. Dagegen steht es dem Verwaltungsgerichtshofe, wenn er findet, daß die betreffende Bedingung durch die Rücksichten des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, nicht zu, in Erwägungen darüber einzutreten, ob nicht das angestrebte Ziel durch Bedingungen anderer Art einfacher und besser zu erreichen gewesen wäre. Diese Frage liegt ausschließlich auf dem Gebiete des reinen Verwaltungs­ ermessens. Hat die Unterinstanz die Erlaubnis an keine oder an nicht genügende Be­ dingungen geknüpft und kommt der Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis, daß Rücksichten des Gemeinwohls zur Versagung oder bedingten Erteilung hätten führen sollen, so wird er den Bescheid der Unterinstanz aufzuheben haben. Ist die Versagung gerechtfertigt, so kann er selbst entscheiden; ist die bedingte Er­ teilung geboten, so ist die Sache aus diesem Grunde zurückzuverweisen. Der Ver­ waltungsgerichtshof muß sich damit begnügen, zu prüfen, ob die Festsetzung von Bedingungen zulässig ist und ob die Interessen des Gemeinwohls durch Be­ dingungen überhaupt genügend geschützt werden; die Bedingungen auszuwählen

134

Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

ist ihm, da nicht gestattet.

es

sich

hier

um

eine

reine

Ermessenssache

handelt,

Auch die Bedingungen des Abs. 3 bedürfen einer näheren Betrachtung. Dem Unternehmer ist hier ein verwaltungsrechtlicher Anspruch darauf gewährt, daß ihm die Entschädigung der Beteiligten nur insoweit als Bedingung der Erlaubnis auferlegt werde, als dieser Schaden nicht durch andere Bedingungen abgewendet werden kann. Hier hat sich der Verwaltungsgerichtshof, wenn die Unterinstanz die EntschädigungsPflicht statuiert hat, lediglich die Frage vorzulegen, ob ganz allgemein Bedingungen möglich sind, deren Erfüllung den Schaden abwendet, die also die Auferlegung der Entschädigungspflicht ausschließen. Welcher Art diese Bedingungen sind, hat er nicht weiter zu erörtern, dagegen wird wohl noch im Bereiche seines richterlichen Ermessens die Frage liegen, ob diese Bedingungen den Unternehmer nicht schwerer belasten als die Entschädigung, die durch sie vermieden werden soll (vgl. Anm. 5 a. E.). Verneint er die Frage, so würde jeder weitere Schritt auf das Gebiet der reinen Ermessensfragen führen; er kann also nicht selbst die Bedingungen festsetzen, sondern er muß dies der Unterinstanz überlassen, an die die Sache zur neuerlichen Entscheidung zurück­ zuverweisen sein wird. Hat der Unternehmer in seiner Beschwerde oder bei der Verhandlung selbst Bedingungen genannt, durch die er die Abwehrung des Schadens für möglich erachtet, so wird der Verwaltungsgerichtshof zu prüfen haben, ob eine solche Bedingung zulässig ist und ob sie die Entschädigung wirk­ lich abwendet. Nach dem Grundsätze ne eat iudex ultra petita partium wird er aber, wenn der Unternehmer selbst die Auferlegung einer solchen Bedingung be­ antragt, nicht deswegen den Bescheid der Unterinstanz aufrechterhalten können, weil die Erfüllung dieser Bedingung dem Unternehmer größere Opfer zumutet als die Schadloshaltung der Beteiligten.

3. Die Festsetzung der Höhe der Entschädigung ist B er waltun gsermessenssache; sie ist aber ein Bestandteil des Verfahrens über die Erteilung der Erlaubnis. Der Bescheid der Distriktsverwaltungsbehörde hat also über den Grund und den Betrag der Entschädigung zu entscheiden. Ficht die Beschwerde den Ausspruch im Grund und Betrag an, so erkennt die Regierung, Kammer des Innern, im verwaltungsrechtlichen Senat und würdigt dabei nach Art. 31 Abs. 3 VGG. auch die Ermessensfrage des Betrages der Entschädigung; ist nur der Betrag, nicht aber der Grund angefochten, so erfolgt die Entscheidung im Bureauweg. Die Beschwerde gegen den Ausspruch der Regierung geht, wenn sie den Grund der Entschädigungspflicht betrifft, an den Berwaltungsgerichtshof, wenn nur eine Abänderung im Betrage begehrt wird, ans Staatsministerium des Innern.

4. Nach § 37 VB. sind mit der Rechtskraft des Erlaubnisbescheides nach­ trägliche Entschädigungsforderungen ausgeschlossen. Ist also der verwaltungsrechtliche Bescheid über die Erlaubnis ohne Schadloshaltung oder über die nach Abs. 3 zu gewährende Entschädigung dem Grunde nach rechtskräftig ge­ worden, so können nicht bisher Unbeteiligte noch Entschädigungsforderungen geltend machen. Auch die Beteiligten, die ein rechtskräftiges Erkenntnis über den Betrag der Entschädigung erhalten haben, können später keine höheren Beträge mehr verlangen.

5. Die Kosten des Verfahrens hat der Gesuchstellerzutragen. Kosten, die durch unbegründete Einwendungen entstehen, können dem auferlegt werden, der sie verursacht hat (Art. 169 Abs. 2, § 38 VB). Für das verwaltungs­ rechtliche Verfahren höherer Instanz gilt § 97 Abs. 1 ZPO. in sinnentsprechender

Abschnitt II: Privatgewässer.

Art. 19, 20.

135

Anwendung, über die Sicherheitsleistung s. Anm. 6. Streitigkeiten nach Abs. 5 gehören zur Zuständigkeit der Gerichte, ebenso Streitigkeiten über Entschädigungs­ ansprüche aus einer unerlaubten Zutageförderung usw.

***** *v*

Heilquelle«.

Die Vornahme von Grab- oder Bohrarbeiten auf Grundstücken im Be­ reiche von öffentlich benützten Heilquellen einschließlich der Solquellen ist an die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde gebunden. Vor der Erteilung der Erlaubnis ist der Eigentümer der Heilquelle mit seinen Erinnerungen zu hören. Abs. 2. Die Erlaubnis ist zu versagen oder nur unter Bedingungen oder Beschränkungen zu erteilen, wenn und soweit durch die Vornahme der Arbeiten eine Gefährdung des Bestandes oder der Beschaffenheit der Heil­ quelle zu besorgen ist.

Abs. 3. Ergibt sich nach der Erteilung der Erlaubnis, daß durch die Arbeiten der Bestand oder die Beschaffenheit der Heilquelle beeinträchtigt wird, so kann die Verwaltungsbehörde auf Antrag des Eigentümers der Quelle die Einstellung der Arbeiten und die möglichste Wiederherstellung des früheren Zustandes verfügen. Der Eigentümer der Heilquelle hat in diesem Falle dem Unternehmer der Arbeiten die auf die Vornahme und die Ein­ stellung der Arbeiten sowie auf die Wiederherstellung des früheren Zu­ standes erwachsenen Kosten zu ersetzen. Abs. 4. Die Bezeichnung der öffentlich benützten Heilquellen und ihres Bereichs erfolgt durch die Staatsregierung. Bollr«gSberan«t«ach««g. A. Beuichinmg ber öffentlich benützte« Heilqnelle« «ad ihre» Bereiche».

§ 39.

Art. 20 de» Gesetzes bezweckt den öffentlich benützten Heilquellen gegen schädliche Einwirkungen von Grab- und Bohrarbeiten im öffentlichen Jntereffe Schutz zu gewähren. AlS öffentlich benützte Heilquellen sind diejenigen zu erachten, welche zu Heil­ zwecken dienen und deren Benützung einem unbeschränkten Personentreis gegen Entgelt oder unentgeltlich gestaltet ist. Den Heilquellen sind die Sol- (Salz-) Quellen, gleichgülttg, ob sie zu Heilzwecken gebraucht werden oder nicht, und ob sie öffentlich benützt werden oder nicht, gleichgestellt. Der Bereich einer Quelle ist der Umkreis, innerhalb dessen Grab- und Bohrarbeiten auf den Bestand und die Beschaffenheit der Quelle schädlich wirken können. Der Bereich kann gestaffelt werden, d. h. eS können innerhalb des Gesamtbereiches mit Rücksicht auf die geognostischen Berhälwiffe deS Quellengebietes einzelne innere Umkreise festgesetzt werden, innerhalb deren die Voraussetzungen für die Erlaubnis für Grab- und Bohr­ arbeiten je nach der Art und dem Umfange, z. B. nach der Tiefe der Arbeiten, abzu­ stufen sind.

§ 40. Die Bezeichnung der öffentlich benützten Heilquellen, sowie die Festsetzung ihres Bereiches erfolgt durch daS Staatsministerium des Innern (§ 2 der Vollzugs-Verordnung) und zwar in der Regel aus Antrag des Quelleneigentümers. Soweit im Eigentum des StaateS stehende Heilquellen in Frage kommen, erfolgt die Antragstellung durch die Finanzstellen. Der Antrag auf Bezeichnung einer Quelle als öffentlich benützte Heilquelle ist unter näherer Angabe des Namens und der Lage sowie des Eigentümers der Quelle,

136

Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern. ihrer hauptsächlichen chemischen Bestandteile und ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit ausreichend zu begründen. Dem Antrag auf Festsetzung des Bereiches ist ein in entsprechend großem Maßstab gefertigter Lageplan beizufügen, aus welchem die Lage der Quelle und die Grenzen des beantragten Schutzbereiches, bei Aufstellung verschiedener Staffeln auch deren Grenzen, zu ersehen sind. In den Lageplan sind ferner die Gemeindegrenzen, und soweit dieveranlaßt erscheint, die Plannummern der innerhalb des beantragten Schutzbereiches ge­ legenen Grundstücke einzutragen. Beide Anträge sind bei derjenigen Distriksverwaltungsbehörde einzureichen, in deren Bezirk die Quelle liegt.

§41. Die Behandlung des Antrags auf Bezeichnung einer Quelle als öffentlich benützte Heilquelle obliegt der Distriktsverwattungsbehörde; sie hat zu prüfen, ob die in Frage kommende Quelle als öffentlich benützte Heilquelle zu erachten ist. Vielfach wird diese Frage ohne weitere Erhebungen beantwortet werden können. In Zweifelsfällen sind hierüber Erhebungen durch Einvernahme der Gemeindebehörden, der Amtsärzte u. dgl. zu pflegen. Der Antrag ist nebst den etwaigen Erhebungen seitens der Distrittsverwaltungs­ behörde jeweils sofort dem Staatsministerium des Innern durch Vermittlung der Re­ gierung, Kammer des Innern, mit gutachtlicher Berichterstattung zur Berbescheidung in Vorlage zu bringen. In die Behandlung des Antrags auf Festsetzung des Schutzbereiches kann erst eingetreten werden, wenn seitens des Staatsministeriums des Innern die betreffende Quelle als öffentlich benützte Heilquelle anerkannt ist. Eine Ausnahme gilt hinsichtlich derjenigen im Eigentume des Staates befindlichen Quellen, über deren Eigenschaft als öffentlich benützte Heilquellen kein Zweifel bestehen kann. Hier kann sofort in die Behandlung des Antrags auf Festsetzung des Schutzbereiches eingetreten werden.

§ 42. Die Behandlung des Antrags auf Festsetzung deS Schutzbereichs obliegt ebenfalls der Distriktsverwattungsbehörde. Erstreckt sich der beantragte Schutzbereich auf die Be­ zirke mehrerer Distriktsverwaltungsbehörden, so wird die zuständige Distriktsverwattungs­ behörde durch die vorgesetzte Regierung, Kammer des Innern, und wenn die mehreren Distrittsverwaltungsbehörden verschiedenen Kreisregierungen untergeordnet sind, durch das Staatsministerium des Innern bestimmt. Die Behandlung des Antrags hat in jedem Falle im Benehmen mit dem Oberbergamte zu erfolgen. Hiebei ist im allgemeinen auf folgende Gesichtspunkte Bedacht zu nehmen: 1. ein Schutzbereich ist nur insoweit festzusetzen, als hiezu ein Bedürfnis besteht; 2. der Schußbereich ist soweit zu greifen, daß wenigstens annähernde Sicherheit dafür besteht, daß Grab- und Bohrarbeiten außerhalb dieses Bereiches Gefahren für den Bestand oder die Beschaffenheit der Quelle nicht mehr begründen; 3. die Möglichkeit, die Schutzbereiche zu staffeln, ist in jedem Falle eingehend zu er­ wägen (§ 39 Abs. 4). Bei der Staffelung wird eS sich insbesondere empfehlen, auf die bei Wohnhausbaulen u. dgl. unvermeidlichen Ausgrabungen Rücksicht zu nehmen; 4. für benachbarte Quellen kann ein gemeinsamer Schutzbereich festgestellt werden. § 43. Stellt sich bei der im Benehmen mit dem Oberbergamie vorzunehmenden Prüfung eines Antrages auf Festsetzung deS Schuhbereiches einer Heilquelle heraus, daß der eingereichte Lageplan oder der darin bezeichnete Schutzbereich unzureichend ist, so kann der Antrag zur Ergänzung zurückgegeben werden. Anderenfalls ist der Antrag durch AuSschreiben im Amtsblatt und ortsübliche Be­ kanntgabe in sämtlichen vom beanttagten Schutzbereich berührten Gemeinden zur all­ gemeinen Kenntnis zu bringen. Die zu erlassenden öffentlichen Bekanntmachungen müssen enthalten: 1. den Inhalt des Antrages, also insbesondere Name, Stand und Wohnort deS Antragstellers sowie die Bezeichnung der zu schützenden Quelle, die Ausdehnung des beantragten Schutzbereiches und etwaige vom Antragsteller hinsichtlich der Staffelung gemachte Vorschläge; 2. die Angabe, daß der Anttag nebst Lageplan am Sitze der mit der Sachbehandlung befaßten Distriktsverwattungsbehörde während eines Monats zu jedermanns Ein­ sicht aufliegt;

3. die Bemerkung, daß gegen den Antrag bei der Distriktsverwaltungsbehörde schrift­ lich oder mündlich Einwendungen angebracht werden können und zur Erhebung von Einwendungen insbesondere die Grundeigentümer innerhalb des beantragten Schutzbereiches und auch die Berttetungen der vom Schußbereich berührten Ge­ meinden berechtigt sind. 8 44. Nach Ablauf der Auflagefrist wird von der Disttittsverwaltungsbehörde mündliche Verhandlung über den gestellten Antrag und die erhobenen Einwendungen anberaumt. Zur Verhandlungstagfahrt sind der Quelleneigentümer und diejenigen, welche Ein­ wendungen erhoben haben, schriftlich zu laden. Außerdem ist Ort und Zeit der VerhanLlung im Amtsblatt öffentlich bekanntzugeben mit dem Beifügen, daß etwaige weitere Einwendungen gegen die Festsetzung des Schutzbereiches bei Vermeidung des Aus­ schlusses spätestens in der Verhandlungstagfahrt geltend zu machen sind. Zur Verhandlung sind nötigenfalls amtliche Sachverständige beizuziehen. Im übrigen finden auf das Verfahren die Bestimmungen des Art. 168 des Gesetzes entsprechende Anwendung. Die abgeschlossenen Verhandlungen sind von der Distriktsverwaltungsbehörde durch Vermittlung der Regierung, Kammer des Innern, mit gutachtlicher Berichterstattung dem StaLltsministerium des Innern vorzulegen. Die Regierung hat die Verhandlungen vor der Vorlage an das Staatsministerium zu prüfen und nöttgenfalls ergänzen zu lasten.

§ 45. Das Staatsministerium des Innern wird die als öffentlich benützte Heilquellen anerkannten Quellen öffentlich bekanntgeben und dafür Sorge tragen, daß die Fest­ setzung des Schutzbereiches durch die Amtsblätter und außerdem in den vom Bereich berührten Gemeinden in ortsüblicher Weise öffentlich bekanntgegeben wird. Je ein Exemplar des den festgestellten Bereich enthaltenden Lageplanes ist bei der zuständigen Distriktsverwaltungsbehörde sowie bei der zuständigen Bergbehörde und bei den vom Bereich berührten Gemeinden, bei diesen gegebenenfalls in entsprechenden Ausschnitten, zu hinterlegen. 8 46. Auf Antrag von Beteiligten oder von Amts wegen kann die Bezeichnung einer Quelle als öffentlich benützte Heilquelle aufgehoben oder der festgesetzte Schutzbereich be­ schränkt oder erweitert werden. Die Anträge sind bei derjenigen Distriktsverwaltungsbehörde einzureichen, in deren Bezirk die Quelle liegt. Auf die Erweiterung eines Schutzbereiches finden die Bestimmungen in 88 42 bis 45 entsprechende Anwendung. Der Anttag auf Aufhebung der Bezeichnung einer Quelle als öffentlich benützte Heilquelle ist von der Distriktsverwaltungsbehörde nach Maßgabe des 8 41 zu behandeln. Der Anttag auf Beschränkung des Schußbereiches einer Heilquelle kann vom Quelleneigentümer selbst oder von sonstigen Beteiligten, insbesondere den Grundeigen­ tümern und auch den Berttetungen der vom Schußbereich berührten Gemeinden gestellt werden. Über den Antrag ist das Oberbergami, und falls der Antrag nicht vom Quelleneigentümer selbst ausgeht, auch dieser zu hören. Veranlaßtenfalls ist mit den Antragstellern und dem Quelleneigentümer sowie etwaigen sonstigen Beteiligten mündlich zu verhandeln. Die abgeschlossenen Verhandlungen sind dem Staatsministerium des Innern mit gutachtlicher Berichterstattung durch Vermittlung der Regierung, Kammer des Innern, vorzulegen.

B. Grab- und Bohrarbeiten innerhalb des festgesetzten Bereiches der öffentlich benützten Heilquelle«.

8 47.

Zur Vornahme von Grab- und Bohrarbeiten innerhalb des festgesetzten Bereiches der öffentlich benützten Heilquellen ist die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde zu erholen. Zuständig zur Erteilung der Erlaubnis ist die Disttittsverwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Grab- und Bohrarbeiten vorgenommen werden sollen. Unter den erlaubnispflichtigen Grab- und Bohrarbeiten sind die über die gewöhn­ lichen Grabarbeiten für landwirtschaftliche Zwecke (z. B. Rigolen, Drainieren) hinaus­ gehenden Eingrabungen unter die Oberfläche des Bodens z B. zur Anlage von Stein­ brüchen, Kellern, zur Herstellung der Grundmauern von Gebäuden, .Brücken, sowie zu Tiefbohrungen (Anlage von Brunnen) zu verstehen; auch die zum Schürfen (Art. 4 des

138

Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern. Berggesetzes- erforderlichen Grab- und Bohrarbeiten fallen darunter, ebenso Grab- und Bohrarbeiten, die innerhalb eines für mehrere Quellen errichteten Schutzbereiches an eurer Quelle selbst vorgenommen werden.

8 48. Für die Erlaubnispflicht sind bei gestaffelten Bereichen die bei der Festsetzung des Bereiches erlassenen Bestimmungen maßgebend.

8 49.

Das Gesuch um die Erlaubnis einer Grab- und Bohrarbeit kann bei der Ge­ meindebehörde schriftlich oder zu Protokoll angebracht werden und ist durch diese der Distriktsverwaltungsbehörde vorzulegen.

8 60. Der Gesuchsteller hat dem Gesuche um die Erlaubnis einen Lageplan unter Be­ nützung der Steuerkatasterblätter mit Angabe über die Stelle, wo die Grab- oder Bohr­ arbeiten vorgenommen werden sollen, beizufügen, ferner eine kurze Beschreibung der be­ absichtigten Anlage möglichst unter Beischlutz von zeichnerischen Skizzen; insbesondere ist in die Beschreibung die Art der Ausgrabung oder der unterirdischen Arbeit (z. B. Steinbruch nach der Tiefe, Schacht, stollen- oder kanalähnliche Anlage, Bohrung u. dgl.) näher zu bezeichnen.

8 51.

Sollen die Grab- und Bohrarbeiten aus Anlaß eines nach Maßgabe der Bestim­ mungen der Bauordnung und der im Vollzug der Bauordnung erlassenen ortspolizei­ lichen Vorschriften genehmigungspflichtigen Baues vorgenommen werden, so kann das Baugesuch zugleich als Gesuch um die Erteilung der Erlaubnis zur Vornahme der er­ forderlichen Grab- und Bohrarbeiten angesehen werden, sofern es nach § 50 belegt ist. Die Erlaubnis nach Art. 20 Abs. 1 des Gesetzes wird in diesen Fällen in der Regel zweckmäßig mit der baupolizeilichen Genehmigung verbunden.

8 52. Jedes Gesuch um die Erlaubnis zur Vornahme von Grab- und Bohrarbeiten ist der zuständigen Berginspektion und soweit Solquellen in Frage kommen auch der General-Bergwerks- und Salinenadministration in München zur gutachtlichen Äußerung mitzuteilen.

8 53. Über jedes Gesuch ist ferner der Eigentümer der Heilquelle mit seinen Erinnerungen zu hören; zu diesem Zwecke ist ihm, sofern er nicht bereits die Zustimmung zur Vor­ nahme der Arbeit durch seine — von der Gemeindebehörde zu beglaubigende — Unter­ schrift auf dem Gesuche oder den dazu gehörenden Plänen niedergelegt hat, das Gesuch nebst Beilagen unter Mitteilung des einschlägigen Sachverständigen-Gutachtens zur Er­ klärungsabgabe zur Verfügung zu stellen. Bei Grab- und Bohrarbeiten im Bereiche der im Eigentum des Staates befind­ lichen Heilquellen werden die Erklärungen zu dem Erlaubnisgesuche von der Regierungsfinanzkammer und soweit Solquellen in Frage stehen, von der General-Bergwerks- und Salinenadministration in München abgegeben.

8 54.

Auf das weitere Verfahren finden die Besttmmungen in Art. 168 bis 174 des Gesetzes Anwendung. Im allgemeinen ist hiebei eine möglichst einfache, tunlichst beschleunigte und die Beteiligten möglichst wenig belästigende Behandlung der Sache anzustreben. Findet eine mündliche Verhandlung statt, so ist tunlichst auf eine Ausgleichung der sich gegen­ überstehenden Interessen hinzuwirken. Die Möglichkeit der Erteilung der Erlaubnis zur Vornahme der Grab- und Bohrarbeiten unter Bedingungen oder Beschränkungen, worunter auch Sicherheitsleistungen an den Eigentümer der Quelle verstanden werden können, wird besonders in denjenigen Fällen ins Auge zu fassen sein, in welchen ein erhebliches Interesse an der Vornahme der Grab- oder Bohrarbeiten einer verhältnis­ mäßig geringen Bedeutung der Quelle oder einer verhältnismäßig geringen Gefahr für Bestand oder Beschaffenheit einer Quelle gegenübersteht.

§ 55. Die Befugnis der Distriktsverwaltungsbehörde zur Erlassung vorsorglicher An­ ordnungen im Vollzüge des Art. 20 des Gesetzes bemißt sich nach Art. 175 des Gesetzes. Hienach ist insbesondere auch Me Möglichkeit des Schutzes von Heilquellen im Laufe des zur Bezeichnung einer Quelle als öffentlich benützte Heilquelle oder zur Festsetzung oder Erweiterung des Bereiches eingeleiteten Verfahrens gegeben.

8 56.

Art. 20 Abs. 3 trifft Vorsorge für den Fall, daß sich nach der erteilten Erlaubnis zur Vornahme von Grab- und Bohrarbeiten Beeinträchtigungen des Bestandes oder der Be­ schaffenheit einer Heilquelle ergeben, sei es, daß schon nach der Sachlage, die zur Zeit der Erteilung der Erlaubnis gegeben war, diese hätte versagt werden sollen und viel­ leicht nur irrig erteilt worden ist, oder daß sich erst bei der Vornahme der Arbeiten ergibt, daß sie die Heilquellen gefährden. Der nach Abs. 3 vom Eigentümer der Heilquelle zu leistende Ersatz erstreckt sich nicht auf den Schaden, den der Unternehmer der Grab- und Bohrarbeiten dadurch hat, daß er seinen Grund infolge des Verbots nicht oder nicht vollkommen ausnützen kann. Zuständig zur Verfügung im Sinne des Abs. 3 des Art. 20 ist diejenige Distriktsverwaltungsbehörde, welche die Erlaubnis zu den betreffenden Grab- und Bohrarbeiten erteilt hat.

Anm. 1. Der Schutz der Heilquelle» im allgemeiueu. Der Art. 20 bringt neues Recht. Er folgt dem Vorbilde des badischen (§ 6) und des Württembergischen Wassergesetzes (Art. 4). Einen Vorläufer hat er im Art. 5 des Berggesetzes, wonach das Schürfen unstatthaft ist, wenn nach der Entscheidung des Oberbergamts überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses entgegenstehen. Das ist bei der Gefährdung öffentlich benützter Heil­ quellen immer der Fall. Art. 20 hat diesen bergrechtlichen Schutz der Heilquellen zu einem allge­ meinen ausgebaut. Die Begründung sagt hierüber (S. 551II), es erscheine bei der sanitären und finanziellen Bedeutung der Heilquellen für das Wohl der All­ gemeinheit wie für den Wohlstand einer Gemeinde dringend angezeigt, einen allgemeinen erweiterten Schutz im öffentlichen Interesse gegen eine Tätigkeit zu gewähren, die auf den Bestand und die Beschaffenheit der Heilquelle nachteilig wirken könnte (s. auch VB. § 39 Abs. 1). Damit ist die Annahme ihres Grundes beraubt, die Regierung habe den Art. 20 nur deshalb eingebracht, um Konkurrenzprojekte für die staatlichen Heilbäder hintanzuhalten. Der K. Staatsminister der Finanzen gab im RRA. wiederholt die Erklärung ab, „daß es der K. Staatsregierung vollständig ferne gelegen sei, bei Einbringung des Art. 20 sich irgendwie von fiskalischen Rücksichten leiten zu lassen. Der Schutz, den dieser Artikel den Heilquellen gewähre, komme nicht bloß den Staats-, sondern auch den Privatquellen in gleichem Maße zu statten und das Interesse an der Erhaltung dieser Quellen sei so allgemein, daß es geboten erscheine, für höheren Schutz als bisher Sorge zu tragen. Er dürfe den hohen Ausschuß an einen Vorgang erinnern, der vor einigen Jahrzehnten in Teplitz sich abgespielt habe, wo warme Quellen durch Einwirkung eines etwa 6 km entfernten Berg­ werkes versiegt seien. Ähnliche Erfahrungen habe man in Kissingen vor 40—50 Jahren gemacht, da bei Erbohrung des Schönbornsprudels, der fast 4 km von den Rakoczyquellen entfernt liege, eine zeitweilige Minderung des Kohlen­ säuregehalts des Rakoczysprudels sich ergeben habe. Auch später habe bei Reinigungsarbeiten an dem Schönbornsprudel der Kohlensäuregehalt des Rakoczy­ sprudels geschwankt. Daraus ergebe sich, daß Bohrungen auch auf eine Ent­ fernung von mehreren Kilometern immerhin noch schädlich wirken könnten.

140

Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Nun könne aber nicht jedem Privaten anheimgegeben werden, durch willWrliche Bohrungen Quellen irgendwie zu beeinflussen, aber an eine fiskalische Anwendung des im Art. 20 ausgesprochenen Grundsatzes sei, wenn das Gesetz zustande komme, nicht zu denken. Auf Grund der Gutachten von Sachverständigen werde geprüft werden, ob durch die Grabarbeiten irgendwelche Gefährdungen der Quellen eintreten könnten; je nach dem Ergebnis dieser Prüftrng werde die Ent­ scheidung der Verwaltungsbehörde ausfallen" (RRA. S. 164 f.). Vgl. übrigens auch das ftanzösische Gesetz über die Erhaltung und Bewirtschaftung der Mineralquellen vom 14. Juli 1856 und das Dekret hiezu vom 8. September 1856, die noch heute in Elsaß-Lothringen gelten; ferner § 18 des österr. BergG., vom 23. Mai 1854 und die Verordnungen über die Schutz­ rayons der einzelnen Heilquellen (Randa S. 74), dann § 6 des badischen Berg­ gesetzes vom 22. Juni 1890 und die VO. dazu vom 3. Januar 1891, den Schutz der Mineral- und Thermalquellen betr.

A«M. 2.

Der Umfang des Schntzes der Heilquelle«. 1. Für die Heilquellen gilt der allgemeine Quellenschutz des Art. 19 und daneben der besondere Heilquellenschutz des Art. 20. Dieser erstreckt sich nur auf die öffentlich be­ nützten, d. h. einem unbeschränkten Personenkreise zur entgeltlichen oder un­ entgeltlichen Benützung zugänglichen Heilquellen und auf den zur Quelle gehörigen „Bereich" (Begr. S. 552 I, VB. § 39 Abs. 2; s. auch württ. VollzBorschr. § 12). Heilquellen sind Quellen, die infolge der chemischen Zusammensetzung des Waffers zu Heilzwecken verwendbar sind. Die Heilquellen zählen zu den natürlichen Mineralwässern. Der Mineral­ gehalt einer Quelle hängt hauptsächlich von der Beschaffenheit des Muttergesteins ab. Quellen, die aus dem Granit und Gneis kommen, sind am reinsten, während diejenigen, welche ihren Weg durch das Diluvium und Alluvium sowie den Kalk nehmen, überaus reich an festen Bestandteilen sind. Je nach dem vorherrschenden Mineralgehalt unterscheidet man Stahl-, Schwefel-, Natron-, Solquellen usw. Kohlensäurereiche Quellen heißen Sauerquellen oder Säuerlinge. Die Mineral­ wässer gelangen teilweise durch natürliche Quellen an die Oberfläche, teilweise werden sie auch erbohrt. Als warme Quellen oder Thermen bezeichnet man jene, deren Temperatur die mittlere Jahreswärme der Lust an der Ausflußstelle übersteigt. Sie stammen zumeist aus großer Tiefe, können aber auch durch vul­ kanisches Gestein, das seine Wärme noch zum größten Teile bewahrt hat, erhitzt worden sein. Zu den Heilquellen gehören vor allem die Solquellen, d. h. die Salz in ausscheidbaren Mengen enthaltenden Quellen, auch wenn sie nicht zu Heil­ zwecken und nicht öffentlich benützt, sondern nur von Privaten wirt­ schaftlich ausgebeutet werden (VB. § 39 Abs. 3). Im übrigen aber genügt nicht die bloße Verwendbarkeit, sondern es ist die tatsächliche Benützung zu Heil­ zwecken erforderlich. über den Bereich der Quelle und die Zulässigkeit der Staffelung des Bereiches mit Rücksicht auf die geognostischen Verhältnisse des Quellengebietes vgl. BB. § 39 Abs. 4.

2. Die Bezeichnung der öffentlich benützten Heilquellen und ihres Bereiches erfolgt durch durch das K. Staatsministerium des Innern (Art. 20 Abs. 4, VB. § 40 Abs. 1). Das Vorhandensein der Voraussetzungen des Abs. 1 begründet also den Quellenschutz nach Art. 20 noch nicht, sondern es ist weiter erforderlich, daß die Quelle von der Staatsregierung als öffentlich benützte Heilquelle anerkannt werde. Einen Anspruch darauf, daß dies geschehe, hat niemand. Öffentlich benützte Heilquellen von so geringer Bedeutung, daß

sie des Schutzes des Art. 20 nicht würdig sind, sollen nach einer Erklärung des K. Staatsministers d. I. (ABAK. S. 163) ebensowenig unter Art. 20 fallen als solche Heilquellen, die dieses Schutzes nicht bedürfen, weil z. B. nach Maßgabe -er Gesteinsverhältniffe eine Gefährdung ausgeschlossen ist. Wenn eine bisher nicht öffentlich benützte Heilquelle öffentlich benützt wird und die Aufnahme unter die geschützten Heilquellen veranlaßt erscheint, so steht es den Beteiligten frei, die Aufnahme ins Verzeichnis zu beantragen; ein An­ spruch darauf, daß diesem Anträge Folge gegeben werde, besteht jedoch, wie gesagt, nicht (vgl. auch die Art. 3 ff. des zit. franz. Gesetzes vom 14. Juli 1856). Zu einem Vorgehen von Amts wegen wird selten ein Anlaß bestehen; in Ler Regel wird ein Antrag des Quelleneigentümers, bei Heilquellen des Staates ein Antrag der Finanzstellen den Anstoß geben. Der Antrag ist bei der Distriktsverwaltungsbehörde einzureichen, in deren Bezirke die Quelle liegt, über die erforderlichen Belege vgl. VB. § 40. Erstreckt sich der bean­ tragte Schutzbereich auf die Bezirke mehrerer Distriktsverwaltungsbehörden, so greift § 42 Abs. 1 VB. Platz. 3. Den Antrag auf die Bezeichnung einer Quelle als öffentlich benützte Heilquelle hat die Distriktsverwaltungsbehörde zu prüfen und nach den erforderlichen Erhebungen durch die Vermittlung der Regierung, Kammer des Innern, dem Ministerium des Innern mit gutachtlichem Berichte zur 'Verbescheidung vorzulegen (VB. § 41 Abs. 1 und 2). 4. In die Behandlung des Antrags auf Festsetzung eines Schutz­ bereiches kann erst eingetreten werden, wenn das Staatsmisterium des Innern die Quelle als öffentlich benützte Heilquelle anerkannt hat, oder wenn die Quelle im Eigentum des Staates steht und über ihre Eigenschaft als öffentlich benützte Heilquelle kein Zweifel bestehen kann (BB. § 41 Abs. 3). Im AKA. erklärte die Staatsregierung, es würden zurzeit 14 staatliche und zirka 70 private Heilquellen öffentlich benützt. Die staatlich benützten Heilquellen seien folgende: In Kiffingen die Quellen Rakoczy, Pandur, Maxbrunnen, Runder Brunnen und Schönbrunnen Sprudel, in Bocktet eine Stahlquelle, in Brückenau die Wernarzerquelle, in Sieben 2 Stahlquellen und in Reichenhall mehrere Solquellen (AB. S. 163). Die Distriktsverwaltungsbehörde behandelt den Antrag auf Festsetzung des Schutzbereiches in jedem Fall im Benehmen mit dem Oberbergamt. Hiebei ist im allgemeinen auf folgende Gesichtspunkte Bedacht zu nehmen (VB. § 42 Abs. 2):

1. ein Schutzbereich ist nur insoweit festzusetzen, als hiezu ein Bedürfnis besteht; 2. er ist so weit zu greifen, daß wenigstens annähernde Sicherheit dafür besteht, daß Grab- und Bohrarbeiten außerhalb dieses Bereiches Gefahren für den Bestand oder die Beschaffenheit der Quelle nicht mehr begründen; 3. die Möglichkeit der Staffelung (VB. § 39 Abs. 4) ist in jedem Fall eingehend zu erwägen (Rücksicht auf die bei Wohnhausbauten u. dgl. un­ vermeidlichen Ausgrabungen); 4. für benachbarte Quellen kann ein gemeinsamer Schutzbereich fest­ gestellt werden. Wenn der Antrag auf Festsetzung des Schutzbereiches nicht zur Ergänzung zurückgegeben werden muß, ist er im Amtsblatt auszuschreiben und in allen vom beantragten Schutzbereiche berührten Gemeinden ortsüblich bekannt zu machen. Der Inhalt dieser Bekanntmachungen ist im 8 43 VB. genau vorgeschrieben. Der Antrag mit dem Lageplan liegt am Sitze der mit der Sachbehandlung be­ trauten Distriktsverwaltungsbehördc während eines Monats zu jedermanns Ein­ sicht auf. Eine Verkürzung dieser Frist ist unzulässig, eine unerhebliche Ver-

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

längerung schadet dagegen um so weniger, als die Frist im Regelfälle von dem Zeitpunkt an zu berechnen sein wird, in dem angenommen werden kann, daß den Gemeinden das Amtsblatt und' der Auftrag zur VerWndung zugegangen ist. Es wird sich empfehlen, einen dieser Erwägung Rechnung tragenden Zeitraum der Frist hinzuzuschlagen und den Endtermin in der Bekanntmachung zu bestimmen. Nach dem Ablaufe der Auf läge frist beraumt die Distriktsverwaltungs­ behörde eine mündliche Verhandlung über den Antrag und die er­ hobenen Einwendungen an (VB. § 44 Abs. 1). Berechtigt, Einwendungen zu erheben, ist jeder, der an der Festsetzung des Schutzbereichs ein Interesse hat, besonders die Grundeigentümer innerhalb des beantragten Schutzbereichs und die Vertretungen der von diesem berührten Gemeinden (VB. § 43 Abs. 3 Ziff. 3). Ueber die Ladung zur Verhandlungstagfahrt s. § 44 Abs. 1 VB. Ein­ wendungen, die nicht spätestens bei der Tagfahrt vorgebracht werden, sind ausgeschlossen. Die Vorlegung der abgeschlossenen Verhandlungen erfolgt wie beim Antrag auf Anerkennung der Quelle als öffentlich benützte Heilquelle, nur ist hier (§ 44 Abs. 4 VB.) im Gegensatze zum § 41 Abs. 2 VB. der Re­ gierung zur Pflicht gemacht, die Verhandlungen vor der Weiterbeförderung zu prüfen und nötigenfalls ergänzen zu lassen. 5. über die Bekanntmachung der als öffentlich benützte Heil­ quellen anerkannten Quellen und ihres Bereichs und über die Hinter­ legung der den festgestellten Bereich enthaltenden Lagepläne vgl. VB. § 45. 6. Auf Antrag von Beteiligten oder von Amts wegen kann die Bezeichnung einer Quelle als öffentlich benützte Heilquelle aufgehoben oder der festgesetzte Schutzbereich beschränkt oder erweitert werden. Näheres hierüber enthält § 46 BB. Der Inhalt des Schutzes. Die Vornahme von Grab- oder Bohr­ arbeiten auf Grundstücken im Bereiche von öffentlich benützten Heil­ quellen ist an die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde gebunden. Unter Grab- und Bohrarbeiten sind nach derBegr. (S. 552 1) und § 47 VB. die über die gewöhnlichen Grabarbeiten für landwirtschaftliche Zwecke (z. B. Mgolen, Drainieren) hinausgehenden Eingrabungen unter die Oberfläche des Bodens z. B. zur Anlage von Steinbrüchen, Kellern, zur Herstellung der Grundmauern von Gebäuden, Brücken, sowie Tiefbohrungen (Anlage von Brunnen) zu verstehen; auch die zum Schürfen (Art. 4 des BergG.) erforderlichen Grabund Bohrarbeiten fallen darunter; ebenso Grab-und Bohrarbeiten, die innerhalb eines für mehrere Quellen errichteten Schutzbereiches an einer Quelle selbst vor­ genommen werden. Auch die unterirdische Führung von Stollen (Tunnels) durch den Schutzbereich einer Heilquelle gehört wohl hieher. Wenn Arbeiten einmal unter Art. 20 fallen, so kommt es nicht darauf an, welchem Zwecke sie dienen (vgl. württ. BollzBorschr. § 12 Abs. 2). Von der Verpflichtung zur Erholung der Erlaubnis ist auch das Staatsärar bei seinen Grab- und Bohrarbeiten nicht befreit (RRA. S. 165); auch der Eigentümer der zu schützenden Quelle bedarf der Erlaubnis, wenn er im Schutzbezirke solche Arbeiten vornehmen will. Mit Recht weist Eymann (Anm. 3) darauf hin, daß der Begriff „Grund­ stück" im Art. 20 im weitesten Sinne zu verstehen sei und im Gegensatz zu seiner sonstigen Bedeutung auch nicht katastriertes Land umfasse. Zuständig zur Erteilung der Erlaubnis ist die Distriktsverwaltungsbe­ hörde, in deren Bezirke die Grab- und Bohrarbeiten vorgenommen Werdensollen, also nicht die, in deren Bezirke die Quelle liegt (BB. § 47 Abs. 2). über die Anm. 3.

Anbringung des Gesuches bei der Gemeinde vgl. § 49, über die erforderlichen Gesuchsbelege § 50, über die Verbindung des Erlaubnisbescheides mit der etwa in Betracht kommenden baupolizeilichen Genehmigung § 51 VB. Das Gesuch muß der zuständigenBerginspektionund, soweit Solquellen in Betracht kommen, auch der General-Bergwerks- und Salinenadministration in München zur gutachtlichen Äußerung mitgeteilt werden (VB. § 53). Vor der Erteilung der Erlaubnis muß der Eigentümer derHeilquelle mit seinen Erinnerungen geh ört werden, ein Einspruchsrecht gesteht ihm aber das Gesetz nicht zu. Die Nichtanhörung des Eigentümers zieht die Nichtigkeit des Verfahrens nach sich. Die Vernehmung anderer Berechtigter ist — abgesehen vom Art. 210 — nicht vorgeschrieben. Hier gilt Art. 168 Abs. 2. über die Mitteilung des Gesuchs an den Quelleneigentümer vgl. VB. § 53 Abs. 1. Bei Grab- und Bohrarbeiten im Bereiche der staatlichen Heilquellen werden die Er­ klärungen zu dem Erlaubnisgesuche von der Regierungsfinanzkammer und bei Solquellen von der General-Bergwerks- und Salinenadministration in München abgegeben (BB. § 53 Abs. 2). Auf das weitere Verfahren finden nach BB. § 54 Abs. 1 die Art. 168—174 Anwendung. Allgemeine Weisungen für das Verfahren gibt VB. § 54 Abs. 2. Bei gestaffelten Bereichen sind für die Erlaubnispflicht die bei der Festsetzung des Bereichs erlassenen Bestimmungen maßgebend (VB. § 48).

A«M. 4.

Richtpunkte für die Erteilung oder Versaguuq der Erlaubnis (Abs. 2). Die Erlaubnis kann nur dann bedingungslos erteilt werden, wenn erwartet werden darf, daß durch die Vornahme der Arbeiten eine Gefährdung des Bestandes oder der Beschaffenheit der Heilquelle nicht eintreten werde. B estand der Quelle ist z. B. die Menge und Art der Schüttung, Beschaffen­ heit z. B. die chemische Zusammensetzung, die Temperatur (Begr. S. 552 I). Ist zu befürchten, daß die Vornahme der Arbeiten den Bestand oder die Beschaffenheit der Heilquelle gefährden werde, so muß die Erlaubnis ganz ver­ sagt oder darf nur unter Bedingungen oder Beschränkungen erteilt werden. Von der Möglichkeit der bedingten oder beschränkten Erlaubnis, wozu auch die Auferlegung einer Sicherheitsleistung an den Quelleneigentümer gehört, ist besonders dann Gebrauch zu machen, wenn ein erhebliches Interesse an der Vornahme der Grab- oder Bohrarbeiten einer verhältnismäßig geringen Gefahr für den Bestand oder die Beschaffenheit der Quelle gegenübersteht (VB. § 54 Abs. 2). Die Fassung des Gesetzes legt die Annahme nahe, daß durch diese Ein­ schränkungen des Ermessens der Verwaltungsbehörde verwaltungsrechtlich verfolg­ bare Ansprüche geschaffen werden wollten (s. auch RefAK. S. 19 und 71). Dem ist aber nicht so. In der erschöpfenden Aufzählung der wafferrechtlichen Ver­ waltungsrechtssachen, die der Art. 177 gibt, fehlt der Art. 20 und im AKA. erklärte die Staatsregierung, es handle sich bei der Erteilung der Erlaubnis um eine nach technischer Prüfung zu entscheidende reine Ermessensfrage, beider gemäß Art. 168 die Beteiligten ohnehin zu hören seien und durch den Jnstanzenzug der Verwaltungsbehörden hinreichenden Schutz erhielten (vgl. KorrefRK. S. 55). Die Weisung „ist zu versagen oder .... zu erteilen" ist also rein instruktionell, sie bindet die Behörden, gibt aber den Beteiligten keinen Anspruch auf ihre Befolgung (s. auch Eymann Anm. 7 und 9). Die Anschauung des RefRK. (S. 15) daß die Erlaubnis nur dann zu ver­ sagen sei, wenn nach den geognostischen Erfahrungen die Grab- und Bohrarbeiten ein Versiegen oder -Abfließen der Heilquelle befürchten ließen, stellte der K. Staatsminister der Finanzen im RRA. (S. 165) dahin richtig, daß auch die Mög­ lichkeit einer Änderung in der chemischen Zusammensetzung oder am Kohlensäure-

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Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

gehalt des Wassers eine Gefahr für die Quelle begründe. Ist die Gefährdung nicht eine Folge der Grab- und Bohrarbeiten, so findet Art. 20 keine Anwendung. Eymann Anm. 11 erwähnt den Fall der Grabung eines Kellers, in dem Stoffe gelagert werden, die allmählich den Boden mit Säuregehalt durchdringen und so die Heilquelle gefährden. Hier sei nicht Art. 20, sondern Art. 37 anwendbar. Das ist richtig, wenn die Anlegung des Kellers nicht von vornherein zum Zweck der Lagerung der schädlichen Stoffe erfolgte. War dies dagegen der Fall, so konnte, falls die Gefährdung vorauszusehen war, die Erlaubnis zur Grabung für den Keller versagt oder an Bedingungen geknüpft werden. Der Unternehmer der Arbeiten kann keine Entschädigung fordern, wenn ihm die Behörde die Erlaubnis versagt oder nur bedingt oder beschränkt erteilt, über die Möglichkeit vorsorglicher Anordnungen zum Schutze der Heil­ quellen im Laufe des Verfahrens zur Bezeichnung der Quelle als öffentlich be­ nützte Heilquelle oder zur Festsetzung oder Erweiterung des Bereiches vgl. Art. 175 und VB. § 55. Art. 20 macht vom 1. Januar 1908 an alle einschlägigen Grab- oder Bohrarbeiten erlaubnispflichtig, gleichgültig, ob die Arbeiten erst jetzt begonnen werden oder die Fortsetzung eines schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes be­ gonnenen Unternehmens darstellen (vgl. auch Abs. 3 und Eymann Anm. 14).

Airm. 5,

Schntzmatzreqel« «ach der Erteilung der Erlaubnis (Abs. 3). Auch

nach der Erlaubniserteilung kann ein Einschreiten der Ver­ waltungsbehörden notwendig werden, wenn es sich herausstellt, daß die Erlaubnis schon nach der Sachlage zur Zeit ihrer Erteilung hätte versagt werden müssen, oder wenn sich erst bei der Vornahme der Arbeiten ergibt, daß diese nun doch den Bestand oder die Beschaffenheit der Heilquelle beeinträchtigen (VB. § 56 Abs. 1). Dann kann die Verwaltungsbehörde, die die Erlaubnis zu den Grab­ oder Bohrarbeiten erteilt hat (VB. § 56 Abs. 3), — aber nur auf Antrag des Eigentümers der Quelle, nicht von Amts wegen — die Einstellung der Arbeiten und die möglichste Wiederherstellung des früheren Zustandes anordnen. Die auf die Vornahme und die Einstellung der Arbeiten und auf die Wieder­ herstellung des früheren Zustandes erwachsenden Kosten hat der Eigentümer der Quelle dem Unternehmer der Arbeiten zu ersetzen. Mr die Festsetzung der Entschädigung gilt Art. 195. Der zu ersetzende Schaden umfaßt nicht die Nachteile, die der Unternehmer dadurch erleidet, daß er sein Grundstück infolge des Einschreitens der Verwaltungsbehörde nicht vollkommen ausnützen kann (VB. § 56 Abs. 2). Ob die Verwaltungsbehörde von der ihr durch Ms. 3 eingeräumten Be­ fugnis Gebrauch machen will, ist Sache ihres Ermessens. Tut sie es, so macht sie eine öffentlichrechtliche Verbindlichkeit des Unternehmers geltend, die ihrer Natur nach ebenso eine Verwaltungsrechtssache zu sein scheint, wie es die Fälle des Art. 19 sind und besonders nach der Fassung des Regierungsentwurfes waren. Die Art. 20 und 177 versagen aber dem Unternehmer, gegen den nach Abs. 3 vorgegangen wird, den verwaltungsrechtlichen Schutz und verweisen ihn auf die Verwaltungsbeschwerde nach Art. 172. Nach dem Satze plus continet minus muß aus Abs. 3 auch das Recht der Verwaltungsbehörde gefolgert werden, nach der Erteilung der Erlaubnis dem Unternehmer neue Bedingungen und Beschränkungen aufzuerlegen, wenn sich später ergibt, daß diese notwendig sind, um eine Beeinträchtigung des Bestandes oder der Beschaffenheit der Heilquelle zu verhüten. Auch hier wird aber ein Antrag des Eigentums der Quelle abgewartet werden müssen.

Solange der Unternehmer innerhalb der erteilten Erlaubnis handelt, tut er nicht Unrecht; er ist also auch für den dem Eigentümer erwachsenden Schaden nicht haftbar. Verfährt er ohne Erlaubnis oder verstößt er gegen die Erlaubnis­ bedingungen, so ist er nach §§ 823 ff. BGB. für den hieraus entstehenden Schaden verantwortlich (vgl. auch Eymann Anm. 17).

AtlM. 6. Die Bezeichnung der öffentlich benützte« Heilquelle« v«d ihres Be­ reiches (Abi. 4). Vgl. hierüber VB. § 45. Die Namengebung für eine neuentdeckte Heilquelle ist durch Abf. 4 nicht der Staatsregierung Vorbehalten (KorrefRK. S. 55). A«M. 7.

Die Koste« des Verfahrens. Mangels besonderer Vorschrift ist das Verfahren gebührenpflichtig und der Antragsteller zur Kostentragung verbunden, doch können die durch unbegründete Einwendungen veranlaßten Kosten dem auferlegt werden, der die Anwendungen erhoben hat (Art. 169).

AtlM. 8.

Strafb estimmunge« «ud Zwaugsmatzregeln. Wer ohne die nach Art. 20 vorgeschriebene Erlaubnis Grab- oder Bohrarbeiten auf Grund­ stücken im Bereich öffentlich benützter Heilquellen vornimmt oder die in der Er­ laubnis festgesetzten Bedingungen oder Beschränkungen nicht einhält oder wer der nach Art. 20 Abs. 3 erlassenen Verfügung der Verwaltungsbehörde nicht nach­ kommt, wird nach Art. 203 Ziff. 3 an Geld bis zu 150 Mk. oder mit Haft bis zu 3 Wochen bestraft. Ueber die zulässigen Zwangsmaßregeln vgl. Art. 174. ANM. 9.

Zuständigkeit. Vgl. Anm. 3—5 und hinsichtlich der Entschädigung Art. 195.

Titel 2.

privatflüffe und Bäche. Privaiflüffe «nd Bäche im Eigentum derUsereigentümer.

«re* »1

Die Privatflüsse und Bache find, soweit nicht andere Rechtsverhältniffe bestehen (Art. 23, 24), Bestandteil der Grundstücke, zwischen denen sie hin­ durchfließen. Abs. 2. Gehören die Ufer verschiedenen Eigentümern, so wird die Eigen­ tumsgrenze vorbehaltlich etwaiger anderweitiger Festsetzungen gebildet: 1. in Ansehung der gegenüberliegenden Ufergrundstücke durch eine durch die Mitte des Flusses nach Maßgabe des mittleren Wasserstandes zu ziehende Linie;

2. in Ansehung der anliegenden Ufergrundstücke durch eine von dem Endpunkte der Landgrenze rechtwinklig zu der in Ziff. 1 bezeich­ neten Mittellinie des Wasserlaufes zu ziehende Linie. Abs. 3. Die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 4, der Art. 8, 9, des Art. 14 Abs. 1 und des Art. 15 finden auf diese Privatflüsse und Bache entsprechende Anwendung. Abs. 4. Die Ufereigentümer haben das Begehen der Ufer durch das Flußauffichtspersonal zu dulden. Harster-Cassimir, Wafsergesetz.

10

146

Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

A«M. !♦

Vorbemerkung: Die Privatflüsse im» Büche im allgemeinen. Die Gewässer gliedern sich in öffentliche und private (f. Art. 1 Anm. 2 ff.) und beide Kategorien umfassen wieder Flüsse und geschlossene Gewässer (Art. 1 Anm. 1 Ziff. 2). Die Privatflüsse stehen also im Gegensatze 1. zu den öffentlichen Flüssen der Art. 1 u. 3, d. h. den Flüssen die zur Schiff- oder Floßfahrt dienen oder früher gedient haben, 2. zu den geschlossenen Privatgewässern, die außer den stehenden Gewässern auch die künstlichen nicht öffentlichen Wasserläufe umfassen. Privatflüsse und Bäche nennt man alle natürlichen, ober­ irdischen, nicht öffentlichen Wasserläufe. Die Quelle von der Ur­ sprungstelle bis zur unteren Grenze des Ursprungsgrundstückes ist nach Art. 16 Ziff. 3 ein geschlossenes Gewässer, von der erwähnten Grenze an beginnt aber die Eigenschaft des Wasserlaufs als Privatfluß oder Bach ff. Anm. 12 zum Art. 16). Zwischen Fluß und Bach besteht kein rechtlicher Unterschied. Für die Be­ nennung ist nur die Mächtigkeit des Wasserlaufes oder der herrschende Sprach­ gebrauch maßgebend. Der Satz Ulpians (1. 1 § 1 D. de fluminibus 43, 12) flinnen a rivo magnitudine discernendum est aut existimatione circumcolentium, gilt auch heute noch (Reuß S. 87, Schenkel S. 120, Ehmann Anm. 2 u. a.) Der Begriff des Privatfluffes erfordert nicht einen unaufhörlich fortdauern­ den, aber einen in der Regel und während des größten Teils des Jahres be­ stehenden Wasserlauf. Ein Austrocknen in heißen Sommern schadet nicht. Ge­ legentlich als Bach abfließendes Regen- oder Schneewasser bildet keinen Privatfluß, sondern ein geschlossenes Gewässer (s. Art. 16 Anm. 10 a. E., VGE. 17 S. 223, 25 S. 349, Bl. f. RA. 28 S. 152). üb er den Unterschied zwischen Flüssen und Kanälen vgl. Art. 1 Anm.4 und 6, Art. 16 Anm. 10. Wie der öffentliche Fluß ist auch der private für alle Rechtsbeziehungen öffentlich- oder privatrechtlicher Natur nicht als Aggregat der Wasserbestandteile für sich, sondern nur in Verbindung mit dem Bett, in dem er läuft, also als Wassergrundstück von Bedeutung (s. Art. 2 Anm. 1 und 2). über die recht­ liche Konstruktion des Gewässereigentums vgl. Anm. 1 und 2 zum Art. 2 und Anm. 3 zum Art. 16. Gegen Eymann (Vorbemerkungen zum Art. 21) ist auch hier wieder festzustellen, daß das Eigentum an den verschiedenen Gewässerarten immer das Gleiche bedeutet und daß vor allem nicht zwischen reinem und fingiertem Eigentum unterschieden werden darf. Wenn das Gesetz im Art. 21 die Flüsse Bestandteile der Grundstücke nennt, zwischen denen sie hindurchfließen, während Art. 16 von der Erstreckung des Eigentums auf das Wasser spricht, so beweist das keineswegs, daß das Gesetz mit zwei verschiedenen Eigentumsbegriffen arbeitet. Die Behauptung Eymanns (a. a. £).), daß das Gesetz dort, wo es des Eigentums am fließenden Gewässer Erwähnung tue, stets nur vom Eigentum am Flußbette spreche, ist unrichtig (vgl. z. B. Art. 2,23,24). Nach den Eigentumsverhältnissen teilt man die Privatflüsse in drei Klassen, nämlich 1. Die Privatflüsse des Art. 21, bei denen das Wassergrund­ stück als Bestandteil der Ufergrundstücke zwischen den Eigen­ tümern dieser Grundstücke geteilt ist, 2. Die Staatsprivatflüsse des Art. 23, das sind die Privatflüffe, die im Eigentums des Staates stehen,

3. Die Privatflüsse des Art. 24, die anderen physischen oder juristischen Personen zum Eigentum gehören. über diese Einteilung vgl. auch KorrefRK. S. 42 f., 56.

Die Privatflüfte des Art. 2t. Allgemeines. Der Regierungsentwurf hatte die Staatsprivatflüsse vorangestellt, die Privatflüsse im Eigen­ tum anderer Personen folgen lassen und alle übrigen Flüsse den (Eigentümern der Ufergrundstücke zugesprochen. Wenn auch die Fassung des Art. 23 des Entwurfes keinen Zweifel darüber ließ, daß das Gesetz die Zugehörigkeit zur letzterwähnten Klasse als Regel und das Eigentum des Staates oder dritter am Fluß als Ganzem als Ausnahme erachte, hielt es der AKA. doch für gut, dieses Ver­ hältnis dadurch noch deutlicher auszudrücken, daß er den Regelfall als Art. 21 an die Spitze stellte und die beiden Ausnahmefälle als Art. 23 (Staatsprivatflüffe) und Art. 24 (Privatflüsse im Eigentume dritter) folgen ließ. Die Regel ist also die Zugehörigkeit des Privatflusses zur Kategorie des Art. 21; den, der die Zugehörigkeit zu einer andern Klaffe geltend macht, trifft die Beweislast für diese Behauptung (Begr. S. 552 II, ABAK. S. 163 f., StenB. S. 702, Eymann Anm. 1). Die Privatflüsse nach Art. 21 sind, soweit nicht andere Rechts­ verhältnisse bestehen (Vertrag, Ersitzung, künftig noch Tabularersitzung) Bestand­ teile der Grundstücke, zwischen denen sie hindurchfließen. Sie bilden also keine selbständigen Grundstücke, im Gegensatze zu den Kategorien der Art. 23 und 24 gebührt ihnen daher auch keine besondere Katasterplannummer. Die bisher viel verbreitete Übung, solche Flüsse ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse in jeder Steuergemeinde oder Ortsflur mit einer Plannummer zu bezeichnen, mag steuertechnisch bequem sein, ist aber rechtlich unzutreffend und irreführend und daher verwerflich. Jedenfalls be­ gründet ein solcher Katastervortrag nie einen Beweis dafür, daß der Fluß nicht zur Kategorie des Art. 21, sondern zu einer der beiden andern Klassen von Privatflüssen gehört (DA. f. d. GBA. § 170; vgl. auch ABAK. S. 163, RefRK. S. 15 und 20 ff., KorrefRK. S. 56, RRA. S. 166 ff.). Aus dem Gesagten folgt, daß die Flüsse nach Art. 21 auch kein eigenes Grundbuchblatt haben können und daß sie selbständiger Veräußerung oder Belastung nicht fähig sind. Die Veräußerung oder Belastung des Ufergrundstücks erstreckt sich von selbst auch aus den dazu gehörigen Flußteil (Pözl II S. 119, Pollwein Art. 39 Anm. 2 c, Meisner S. 229, Oertmann 8 96 lb/9). Der Art. 21 entspricht im wesentlichen dem Art. 39 Abs. 1 WBG. Der Ausdruck „Zubehör", den schon Art. 147 Ziff. III AG. z. BGB. mit Rücksicht auf den nur beweglichen Sachen die Zubehöreigenschast zuerkennenden § 97 BGB. durch die Worte „als zu den Grundstücken gehörig" ersetzt hatte, ist dem zutreffenden Ausdrucke „Bestandteil" gewichen. Die Worte „nach Maßgabe der Uferlänge" und „mit Inbegriff des bestehenden Gefälls" wurden als selbstverständlich weggelassen (Begr. S. 552 II, 553 I). Die Frage, ob es sich hier um wesentliche GrundMcksbestandteile handelt, ist zu verneinen (KorrefRK. S. 57, RRA. S. 167 f., Dittmann S 9, Eymann Anm. 4). Sie ist übrigens wohl so gut wie bedeutungslos; denn eine Ver­ äußerung des Flußbetts ohne einen schmalen Uferstreifen, der dann eben wieder das Ufergrundstück im Sinne des Art. 21 bildet, wird sehr selten sein und wäre auch dann nicht unstatthaft, wenn der Fluß ein wesentlicher Bestandteil des Ufer­ grundstücks wäre. Im Zweifel wird also der Fluß auch dadurch, daß der Er­ werber das Bett von den Angrenzern auflaust, nicht zum Privatfluß nach Art. 24. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dies ausdrücklich zu bestimmen, allein der Erwerber wird besser fahren, wenn er den Fluß mit einem Uferstreifen als Angrenzerfluß erwirbt; denn das Gesetz behandelt die Privatflüsse nach Art. 24 mit sehr geringer Liebe. Anm. 2.

148

Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewäffrrn.

Vor der Besprechung der Eigentumsverhältniffe im einzelnen ist es nötig, die Eigentumsgrenzen und damit den Abs. 2 dieses Artikels zu behandeln.

A«M. 3.

Die Eigentumsgreaze« (Abs. 2). Gehören die Ufer verschiedenen Eigentümern, so bestimmt sich die Grenze zunächst nach der PrivatVereinbarung der Beteiligten. Nur mangels anderweitiger Festsetzung, die natürlich auch in Zukunft noch getroffen werden kann (RRA. S. 168), greift die Rechtsregel Platz, daß die Grenze bestimmt werde durch eine durch die Mitte des Flusses nach Maßgabe des mittleren Wasser stand es zu ziehende Linie und durch Senkrechte von den Endpunkten der Landgrenzen auf diese Flußmittellinie, über die Bestimmung des mittleren Wasserstandes s. Anm. 1 zum Art. 6). Da er veränderlich ist, ist auch die Eigentumsgrenze veränderlich (KorrefRK. S. 57). Diese Grenzbestimmung entspricht dem römisch-rechtlichen Teilungs­ grundsatz für den alveus derelictus und die insula in flumine publico nata. Dieser ist allerdings nicht allgemein anerkannt. Henrici in Jherings Jahrbüchern 13N.2 und 15N. 7 vertritt unter dem Beifall Dernburgs (Pand. 1 § 207, 3d und Anm. 11) die Ansicht, es wachse jeder Teil des Flußbettes und der Insel dem nächstbelegenen Uferland an („cum exsiccatus esset alveus, proximorum fit“, 1. 30 § ID. de a. r. d. 41, 1 und „insula fit eius, cuius ager propior fuerit cum primum exstitit“ 1. 30 cit. § 2) und an den Punkten, die gleich weit von den einzelnen Ufergrundstücken entfernt seien, entstünden Grenzen. Die Gegenansicht, so führt Dernburg aus, sei nur zu­ treffend für einen Strom, der zwischen parallelen Ufern gerade dahinfließe; für andere Fälle, besonders für Flußbuchten sei damit kein Teilungsprinzip gegeben (vgl. auch Oertmann § 87 II 4 b). Die herrschende Ansicht hält vor allem gestützt auf Gaius II 72 für das römische und gemeine Recht an der Grenzbestimmung durch die Flußmittellinie und durch Lote auf diese von den Grenzpunkten der Ufergrundstücke fest (Wind­ scheid 1 § 185 Anm. 1, Karlowa 2 S. 432 ff.). Bei der Besprechung des Art. 22 wird dargelegt werden, daß die Bedenken, die gegen die Durchführbarkeit dieser Rechtsanschauung geltend gemacht werden, nicht haltbar sind. Was dort vom Jnselerwerbe gesagt ist, gilt hier entsprechend vom Flußeigentum. Die Flußmittellinie muß den beiden Uferlinien parallel sein und daher allen Krümmungen der Uferlinien folgen. Sie wird daher nicht immer eine gerade, sondern oft eine gekrümmte Linie darstellen, auf die die Senkrechten gezogen werden müssen. Ist nur die eine Uferlinie gekrümmt, die andere gerade, oder ist die eine mäßig, die andere stark gekrümmt, so folgt die Mittellinie stets der kürzeren Uferlinie; denn Ausbuchtungen können für die Festsetzung der Mitte des Flusses nicht berücksichtigt werden (vgl. Schenkel S. 131). Mehrere Flußmittellinien gibt es ebensowenig als mehrere Senkrechte auf diese (a. M. Haller Art. 13 Anm. 14). Nebenarme haben ihre eigenen Mittellinien, einerlei ob sie auf beiden Seiten Flußufer oder auf der einen ein Fluß- auf der andern ein Jnselufer haben.

A»M. 4.

Das Eigentum am Flußteil. Der durch die Grenzlinien nach Art. 21 Abs. 2 abgetrennte Flußteil ist mit dem Ufergrundstücke, zu dem er gehört, eine Sache im Rechtssinne und daher in Verbindung mit ihm des Eigentums fähig (vgl. auch Art. 2 Anm. 2 und Art. 16 Anm. 3). Er ist zwar gegenüber dem Ufergrundstück kein selbständiges Waffergrundstück, wohl aber ist er ein selbständiger Bestandteil des Flusses gegenüber den übrigen Fluß­ bestandteilen. Der Eigentümer kann über seinen Anteil frei verfügen, sofern er dadurch

nicht in den Anteil seines Gegenüberliegers eingreist. Grenzen an den Fluß auf beiden Seiten Grundstücke desselben Eigentümers, so daß der Fluß in seiner ganzen Breite diesem gehört, so darf der Eigentümer grundsätzlich d. h. vor­ behaltlich besonderer Rechtstitel und der durch Art. 44 f. geschaffenen Eigentums­ beschränkungen frei über den Fluß verfügen. Er darf ihn ganz verbrauchen und ist nicht verpflichtet, dem Unterlieger noch einen Teil des Flusses übrig zu lassen; denn der Unterlieger hat nach Art. 21 zwar ein Recht auf das an seinem Grundstücke vorbeifließende Wasser, aber kein Recht darauf, daß überhaupt Wasser an seinem Grundstück vorbeifließe. Nur das überschüssige Wasser muß der Eigen­ tümer nach Art. 45 Abs. 2 ins Flußbett zurückleiten (tigl. Meisner S. 233, 239, Burkhard Bl. 30 S. 263 ff., OGH. 9 S. 677, VGE. 13 S. 73 ff., Pözl I S. 121, Roth § 289 Anm. 3, § 287 Anm. 1—2 und BZR. 2 § 320, Baumert S. 93, Randa S. 82, Reuß S. 87, Oertmann § 96, 2 ba, ßß\

Gehört das gegenüberliegende Ufer einem andern, so darf der Eigentümer des einen Ufers den Fluß nur gleichheitlich mit seinem Gegenüber benützen (Art. 45 Abs. 4). Dabei ist er aber nicht auf die Waffermenge beschränkt, die diesseits der Flußmittellinie liegt, sondern er kann, wenn seine Flußseite seichter ist als die andere, seine Nutzung bis zur Hälfte der Gesamtwassermaffe aus­ dehnen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 45, der ausdrücklich von gleichheitlicher Benützung spricht, also nicht die Flußmittellinie als Grenze des Benützungsrechtes gelten läßt. So auch Peyrer S. 157 a. E.; a. M. Randa S. 36 Anm. 21 und zum Teil wieder anders S. 81. Soweit nicht die Wasserbenützung in Frage steht, bildet natürlich die Flußmittellinie die Grenze für das Recht des Ufergrundstückseigentümers. Unrichtig ist es, den Fluß als unteilbare Sache zu betrachten und die Rechte der Grundstückseigentümer aus einem Miteigentum am Fluß abzuleiten (so Roth § 290 Anm. II, OGH. 9 S. 677, Schellhaß S. 33, 38, Reuß S. 87, Bl. f. RA. Erg.-Bd. 1 S. 252; dagegen Pözl I S. 122 f., Baumert S. 221, Pollwein Art. 39 Anm. 2, Oertmann § 96 1 aß; vgl. auch Peyrer S. 144, Dittmann S. 9 u. a.). Nach dem BGB. bleibt für ein solches Miteigentums­ verhältnis nur die von vornherein nicht anwendbare Gesamthand oder ein Mit­ eigentum nach Bruchteilen im Sinne der §§ 1008—1011 BGB. Aber auch mit diesem kommt man bei der Anwendung auf Art. 21 in die Brüche: Die Mit­ eigentümer können über die gemeinschaftliche Sache nur gemeinschaftlich verfügen. Die Früchte der Sache sind gemeinsam; jeder hat nur einen Anspruch auf einen seinem Bruchteil entsprechenden Anteil. Die Lasten der Sache und die Kosten der gemeinschaftlichen Verwaltung und Benützung haben alle nach Verhältnis ihrer Anteile zu tragen, über die Art der Verwaltung und Benützung wird durch Stimmenmehrheit beschlossen. Jeder Miteigentümer kann die Ansprüche aus dem Eigentume dritten gegenüber in Ansehung der ganzen Sache geltend machen. Jeder Miteigentümer kann die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen usw. Wie soll man sich das alles auf das Flußeigentum angewendet vorstellen? Ein Mit­ eigentum am Fluß mit diesen Folgen ist undenkbar und ein Miteigentum ohne diese Folgen ist eben kein Miteigentum. Die Flußanteile können wie erwähnt mit den Ufergrundstücken, denen sie zugehören, veräußert oder belastet und mit diesen auch derelinquiert werden. Mit dem derelinquierten Grundstück erwirbt der Staat auch den dazu gehörigen Flußanteil (§ 928 BGB.). Eine Vermarkung der Flußanteilsgrenzen kann nicht gefordert werden, weil sie unmöglich ist (Meisner S. 229). Das Jagdrecht auf dem Ufergrundstück erstreckt sich auch auf den dazu

150

Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

gehörigen Flußanteil. Die Hälfte des im Flußanteil gefundenen Schatzes gehört dem Eigentümer des Ufergrundstücks. Von den Beschränkungen des Eigentumsrechts am Privatflusse ist die wichtigste die Pflicht zur Duldung des Gemeingebrauches nach Art. 26.

Arrm. 5.

Die de« öffentliche« ««d private« Flüssen «ach Art. 21 gemeinsame« Bestimmnnge«. (Abs.3). I. Von den Rechtssätzen über die öffentlichen Flüsse sind auwendbar: 1. Art. 5 Abs. 4 über die Pflicht der Eigentümer, das Betreten der Ufer durch die Triebwerksbesitzer zu gestatten, soweit es in deren Interesse erforderlich ist, und über die Pflicht der Triebwerks­ besitzer, entstehenden Schaden zu ersetzen (durch den AKA. eingeschaltet; ABAK. S. 164); 2. Art. 8 und 9 über die natürlichen Verlandungen (bisher Art. 42 WBG.); 3. Art. 14 Abs. 1 über die Landversetzung an ein fremdes Ufer (bis­ her Art. 43, 29, 30 WBG.); 4. Art. 15 über die Gleichstellung der Jnselufer mit den Flußufern (bisher Art. 45 WBG.). n. Nicht anwendbar sind dagegen: 1. Die Bestimmungen, die die Schiff- oder Floßfahrt betreffen, z. B. Art. 5 Abs. 2 und 3, 7; 2. Art. 5 Abs. 1 und 6 über das Ufereigentum und die Uferlinie (sie sind nicht nötig, weil zwischen dem Flußbett und dem Ufer keine Grenze besteht, sondern das Ufergrundstück sich bis zur Flußmittellinie erstreckt); 3. Art. 10 und 11 über die künstlichen Verlandungen (sie gehören den Flußeigentümern; Pözl II S. 124, KorrefRK. S. 57); 4. Art. 12 über die natürliche Bettverlegung (an seiner Stelle gilt Art. 25); 5. Art. 13 über die Inseln (hier gilt Art. 22); 6. Art. 14 Abs. 2 über Jnselbildung durch Festsetzung eines Ab­ risses. Der Abriß, der sich im Flußbette festsetzt, ist nicht Insel im Sinne des Art. 22 (RRA. S. 169). Solange er erkennbar und trennbar bleibt, wird der Eigentümer wohl befugt sein, ihn wegzunehmen. Das muß um so mehr angenommen werden, wenn man mit der K. Staatsregierung den Abriß für eine bewegliche Sache hält (s. Anm. 2 zum Art. 14). Die K. Staatsregierung hält aber (RRA. S. 169) ohne Angabe der Gründe eine Wegnahme in der Regel nicht für zulässig. Hat sich der Abriß mit dem Ufer oder mit dem Flußbett untrennbar verbunden, so fällt nach dem Satze, daß die Ufergrundstücke bis zur Flußmittellinie als verlängert gelten, das in diesem Bereiche liegende Abrißland dem Ufereigentümer zu (BGB. § 946).

ANM. 6. DaS

Uferbetret««gSrecht des Flntza«ffichtsperso«als (Abs. 4) ist

durch Art. 21 Abs. 4 gewährleistet (vgl. Art. 5 Ws. 2 und RRA. S. 168).

ANM. 7.

Zuständigkeit, über die nach Art. 21 in Frage kommenden Privat­ rechtsverhältnisse haben die Gerichte zu entscheiden (vgl. Pözl II S. 121, VGE. 3 S. 588, Reuß S. 92, Pollwein Art. 39 Anm. 5, Meisner S. 229, KorrefRK. S. 57, Eymann Anm. 1; s. auch die Bemerkungen zu den Art. 44 und 45). Die Bestimmung des mittleren Wasserstandes ist Sache des Gerichtes; sie ist nicht wie im Art. 6 der Verwaltungsbehörde Vorbehalten (s. auch Eymann Anm. 9).

Insel«.

Art. 22.

Inseln, die sich in Privatflüffen oder Bächen (Art. 21) erheben, gehören dem Eigentümer desjenigen Ufers, auf dessen Seite sich die Insel gebildet hat. Abs. 2. Reicht die Insel über die Mitte des Fluffes, so wird die Eigentumsgrenze nach der Bestimmung in Art. 21 Abs. 2 gebildet.

Abs. 3. Die Bestimmungen in Abs. 1 und 2 finden keine Anwendung auf Stücke Land, die durch Wassergewalt (Durchbruch) vom Ufer getrennt worden find.

A«M. 1.

Die Rechtsgrundsiitze für die Jnselteiluug im allgemeine«. Über den Begriff und die Entstehung der Inseln vgl. Art. 13 und die Bemerkungen hiezu; über die Halbinseln die Anm. 4 zum Art. 8. Die Bestimmungen des römischen Rechtes über den Eigentumserwerb an Flußinseln wurden bereits bei der Betrachtung des Art. 21 besprochen. Dort wurde auch der beiden entgegengesetzten Auffassungen gedacht, die sich in der Wissenschaft über die einschlägigen Rechtsftagen gebildet haben (s. Art. 21 Anm. 3). Noch heute von Interesse sind die Ausführungen Franz Ludwig von Cancrins (3 §§ 36 ff.) über die Jnselteilung. Der Art. 22 folgt wie schon der Art. 44 WBG. der herrschenden, von Windscheid 1 § 185 Anm. 1, Karlowa 2 S. 432 ff. u. a. vertretenen Ansicht: Inseln, die sich im Fluß zwischen dem Ufer und der Mittellinie erheben, gehören dem Eigentümer des Ufers, auf dessen Seite sie sich bilden. Reicht die Insel über die Flußmittellinie, so wird die Eigen­ tumsgrenze gebildet durch die Flußmittellinie nach Maßgabe des mittleren Wasserstandes und durch' Senkrechte von den End­ punkten der Landgrenzen zu dieser Mittellinie, über den mitt­ leren Wasserstand ist Art. 6 Anm. 1 und Art. 21 Anm. 7, über den Lauf der Flußmittellinie Art. 21 Anm. 3 zu vergleichen. Die Jnselbildung zu fördern ist niemand verpflichtet, der Eigentümer ist also auch berechtigt, Kies­ bänke, die in seinem Waffergrundstück entstehen, wegzuräumen (KorrefRK. S. 57, RRA. S. 169). Ist die Insel aber zu festem Bestände gelangt, so ist eine Be­ seitigung nur noch im Wege der Enteignung möglich Art. 153 Ziff. 1 (vgl. auch Eymann Anm. 2).

Einzelfälle. Die Behauptung Henricis und Dernburgs (s. Art. 21 Anm. 3), unser Teilungsgrundsatz versage bei Inseln in Fluß­ buchten oder an Flußmündungen, ist nicht gerechtfertigt. Die Behandlung dieser Fälle bietet allerdings Schwierigkeiten, aber diese sind nicht größer als die, die Henrici und Dernburg mit ihrer eigenen Theorie zu überwinden haben. Die Schwierigkeiten werden gelöst, wenn man auch dem geltenden Rechte die römisch-rechtliche Annahme zugrunde legt, daß die Insel immer nur nach dem der Flußmittellinie gegenüberliegenden Ufer schaut und daß nur die Ufergrundstücke anteilsberechtigt sind, die dieser Front der Insel entgegenschauen, nicht die seitwärts gelegenen, die nicht nach der Front, sondern nach der Seite der Insel blicken. Die Insel hat, wenn sie diesseits der Mittellinie liegt, nur eine Front, wenn sie sie überragt, nur zwei, niemals aber mehr Fronten (vgl. Karlowa 2 S. 433 f.). A«M. 2.

152

Abteilung I. Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern. Ein Beispiel mag das er­ läutern : In der Bucht eines Flusses bildet sich die Insel J. Die FlußMittellinie, die die Bucht unberück­ sichtigt läßt, läuft von A nach B (s. Art. 21 Anm. 3); C, D, E, F, G, H sind die Endpunkte der Ufer­ grenzen. Die Front der Insel ist dem der Flußmittellinie gegenüberliegenden Ufer zugekehrt; nur die dieser Front der Insel entgegen­ schauenden, nicht die seitwärts ge­ legenen Grundstücke sind anteilsbe­ rechtigt. Zieht man die Senkrechten zur Flußmittellinie, so ergeben sich die Anteile für die Grundstücke D—E Die seitwärts gelegenen Grundstücke C—D und

I), E—F (II) und F—G (III). G—H erhalten nichts. Bildet sich eine Insel an der Einmündung eines Nebenflusses in den Hauptfluß, so entstehen dadurch größere Schwierigkeiten, daß zunächst die beiden Flußgebiete abgegrenzt werden müssen. Die Ufergrund­ stücke am Nebenfluß sind an der Insel im Hauptfluß nicht anteilsberechtigt und umgekehrt. Die Grenzlinie wird nach dem mittleren Wafferstand nach Ein­ vernehmung Sachverständiger zu be­ stimmen sein. Gesetzt, sie sei die Linie E—F, A—B und 6—1) seien die beiden Flußmittellinien, J die Insel, G, H, K, L, M, N die Grund­ stücksgrenzen. Die Anteile der am Nebenflüsse gelegenen Grundstücke an dem ins Gebiet des Nebenflusses hin­ einragenden Teile der Insel ergeben sich durch die Ziehung der Senk­ rechten von selbst. Der Front des im Hauptflußgebiet gelegenen Inselteils liegt kein Ufergrundstück gegen­ über. Die Ufergrundstücke am Neben­ fluß haben keinen Anteil an dem im Hauptfluß gelegenen Jnselteil (von den Grenzpunkten G, H, M, N können also nur Senkrechte zur Mittellinie des Nebenflusses, nicht zu der des Hauptflusses gezogen werden). Der im Hauptfluß gelegene Jnselteil fällt, wie Karlowa mit Recht ausführt, auch wenn die Insel die Flußmittellinie nicht überschreitet, den der Insel gegenüberliegenden Anliegern des andern Ufers zu; „denn die Schranke der Flußmitte für jedes Ufer wird nur durch die Konkurrenz des jenseitigen Ufers bewirkt: wo diese nicht vorliegt, fällt auch jene Schranke fort" (Karlowa 2 S. 434 gegen Spiegel­ berg, Eigentumserwerb an Flußinseln ^Rostock 1886] S. 29 f.). Pözls Ansicht (I S. 130), „daß jeder, dessen Eigentum ans Ufer stößt, an einer Insel, welche sich in der Mitte des Flusses gebildet hat, einen Anteil fordern könne", ist nach dem Gesagten nicht haltbar.

A«M. 3.

Das Eigentum a« de« Juielteileu. Der Rechtserwerb tritt ohne weiteres ein. Der Besitzergreifung bedarf es nicht. Die Jnselteile sind selbständige Grundstücke, nicht Bestandteile der Ufergrundstücke. Sie sind daher zu vermessen, zu vermarken, zu katastrieren und ins Grundbuch einzutragen. Nach DA. f. d. GBA. § 178 Abs. 2 Ziff. 4 ist die Umschreibung im Kataster ohne vorherige Eintragung im Grundbuch möglich. Hier dürste es sich aber nicht um Veränderungen im Bestände vor­ handener, sondern um die Entstehung neuer Grundstücke handeln. Die Ver­ äußerungen und Belastungen des Ufergrundstücks ergreifen die Jnselteile nicht von selbst; sie können gesondert veräußert und belastet werden. Über die Schatz­ hälfte und das Jagdrecht gilt das zum Art. 21 Ausgeführte. Änderungen der Nußmittellinie haben nach Art. 21 entsprechende Änderungen der Flußeigentumsgrenzen zur Folge. Mit der Flußmittellinie verschieben sich auch die Grenzen der Ufergrundstücke im Flusse bald nach der einen, bald nach der andern Seite. An den einmal eingetretenen Eigentumsverhältnissen an der Insel, mag diese einem Ufereigentümer gehören oder nach Art. 22 Abs. 2 unter die Berechtigten geteilt worden sein, kann aber eine Verschiebung der Flußmittellinie nichts mehr ändern. Im übrigen bleibt die jeweilige Hauptflußmittellinie maßgebend, sie wird nicht etwa, soweit die Insel reicht, durch die Mittellinien der beiden die Insel umschließenden Arme ersetzt. Dies ist von Bedeutung, wenn sich zwischen der Insel und dem Ufer eine neue Insel bildet. Sie fällt nicht, weil das dem Festland gegenüberliegende Ufer der ersten Insel dem gleichen Eigentümer gehört wie das Festland, ohne weiteres diesem zu, sondern die Mittellinie des ganzen Flusses bestimmt den Jnselerwerb. Wenn sich infolge von Verlandungen u. dgl. die Mittellinie seit dem Entstehen der ersten Insel erheblich gegen das diesem gegenüberliegende Festland verschoben hat, ist der Fall denkbar, daß die zweite Insel ganz dem Eigentümer des jenseitigen Ufers zufällt, während die erste, die zur Zeit ihrer Entstehung viel weiter flußwärts gelegen war, dem Eigentümer des diesseitigen Ufers verbleibt. Der Grundsatz, daß für das Inseleigentum die Flußmittellinie zur Zeit der Entstehung maß­ gebend ist und es für alle Zeiten bleibt, daß aber für das Fluß­ betteigentum und die sich hieraus ergebenden Rechte auf die Erwerbung neuer Inseln stets die jeweilige Hauptflußmittel­ linie bestimmend ist, erleidet keine Ausnahme. Die oben aus diesem Grund­ sätze gezogenen Folgerungen treten also ein, gleichviel ob die erste Insel dem nächstgelegenen Festlandeigentümer allein zugefallen oder nach Art. 22 Abs. 2 geteilt worden ist. Eymann (Anm. 3) nimmt an, daß im ersterwähnten Fall eine Ver­ änderung der Flußmittellinie möglich sei, daß aber im Falle der Jnselteilung nach Art. 22 Abs. 2 die damalige Mittellinie für alle Zeiten nicht bloß als Insel-, sondern auch als Flußbetteigentumsgrenze festgelegt bleiben soll. Zunächst fehlt für diese Unterscheidung der beiden Fälle ein zwingender Grund, außerdem aber scheitert sie an ihren unhaltbaren Konsequenzen: Nehmen wir z. B. an, der linke Flußarm verlandet bis zur Insel und darüber hinaus, so ist für das Flußbett­ eigentum und den künftigen Jnselerwerb nicht die Mittellinie des Flusses in seiner jetzigen Gestalt, sondern die auf dem festen Lande laufende alte Mittel­ linie maßgebend, die zudem Wohl bloß auf der Insel, nicht aber auf den ver­ landeten Flußbetteilen mehr bestimmbar sein wird. Der nach dem rechten Ufer abgedrängte Fluß verwandelt sich dann von selbst aus einem Adjazentenfluß in einen Fluß im Eigentums dritter nach Art. 24, da die das Eigentum ab­ grenzende Flußmittellinie jetzt auf dem Lande läuft, so daß die Anlieger auf der einen Flußseite kein Flußeigentum mehr haben und die Anlieger am jenseitigen Ufer nun Eigentümer des Flusses in seiner ganzen Breite sind. Die Unab-

Abteilung I.

154

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

änderlichkeit der Jnselteilung darf also nicht dazu verführen, auch die Flußnrittellinie für unabänderlich zu halten. Unrichtig scheint uns auch, wenn Eymann (a. a. O.) annimmt, wenn eine diesseits der Mittellinie entstandene Insel sich durch eine Verlandung am Jnselufer über diese Linie hinaus vergrößere, so falle der jenseits gelegene Teil dem jenseitigen Eigentümer zu. Das widerspricht den im Art. 21 aus­ drücklich für anwendbar erklärten Artikeln 8 und 15. Die Insel gilt hier als selbständiges Grundstück; was dem Jnselufer durch Alluvion anwächst, gehört dem Jnseleigentümer ausschließlich. Art. 22 Abs. 2 kann nicht angewendet werden, denn der Grundstückszuwachs ist Alluvion, nicht eine neue Insel.

Anw. 4.

Der Durchbruch ist keine Insel (Abs. 3). Der Abs. 3 entspricht dem Abs. 3 des Art. 13 (s. Anm. 2 zu diesem). Auch der Abriß, der sich ohne Zusammenhang mit dem Ufer im Flusse festsetzt, wird nicht nach Art. 22 behandelt (s. Anm. 5 Ziff. 6 zum Art. 21).

ANW. 5.

Zuständigkeit. Da nur Privatrechtsverhältnisse in Betracht kommen können, haben die Gerichte zu entscheiden (vgl. Pözl II S. 125).

Art. 23.

Pridatslüsfe nnd Bäche im Eigentum des Staates.

Auf die Privatflüsse und Bäche, die im Eigentum des Staates stehen, finden die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 und 4 und der Art. 6, 8 bis 15 und des Art. 21 Abs. 4 entsprechende Anwendung. Bollrugsbekauutmachuug.

Festsetzung (der Uferlinie) an Staats-rivatfluffen.

§ 12.

Wenn sich ein Bedürfnis zur Festsetzung der Uferlinie bei StaatSPrivatflüssen ergibt, so finden die Vorschriften in den §§ 2—11 mit der Maßgabe entsprechende An­ wendung, daß die Vorbereitungen zur Uferlinien-Festsetzung von demjenigen amtlichen Sachverständigen durckzuführen sind, der das Projekt aufgestellt hat oder dem die Be­ urteilung des Projektes übertragen werden soll.

Wegraumuag oder Durchstechung (vonVerlanduntzen) bei Privatstüffen

uud Bache» tm Eigentum M Staate- oder dritter.

R 1Q 9 y*

Handelt es sich um die Wegräumung oder Durchstechung bestehender Verlandungen an den im Eigentum des Staates oder im Eigentum dritter stehenden Privatflüssen und Bächen (Art. 23, 24) und weigert fich der Eigentümer der Verlandung sie weg­ räumen oder durchstechen zu lassen, so hat die Distriktsverwaltungsbehörde auf Antrag des Unternehmers Entscheidung über die Wegräumung oder Durchstechung zu erlassen, wobei für das Verfahren die Art. 168—175 des Gesetzes Anwendung finden. Ist das Projekt nicht von dem Straßen- und Flußbauamt oder von der Sektion für Wildbach­ verbauungen oder vom amtlichen Kulturingenieur ausgearbeitet worden, so hat die Distriktsverwaltungsbehörde über den Antrag, soweit Fragen der Landeskultur in Betracht kommen, den amtlichen Kuliuringenieur, außerdem das Straßen- und Flußbauamt oder die Sektion für Wildbachverbauungen zu hören. Die Besümmung des § 18 findet entsprechende Anwendung. (§ 29 s. beim Art. 11).

A«M. 1.

Die Eiaeutamsverhältvifle. Staatsprivatflüsse sind die nicht öffentlichen natürlichen oberirdischen Wasserläufe, bei denen das WassergrundMck als solches, also Bett und Waffer im Eigentum des Staates steht. Am Waffer allein, an der einzelnen Wafferwelle, ist ein Privateigentum nicht möglich, Wohl

aber an der Gesamtheit der jeweils im Flußbett vorhandenen Wafferwellen, an der Wassersäule, aber auch an dieser nur im Zusammenhänge mit dem Flußbett, in dem sie sich befindet (s. Art. 2 Anm. 1 und 2). Der Fluß muß nicht in seinem ganzen Laufe Staatsprivatfluß sein; er kann auf gewissen Strecken auch Privatfluß nach Art. 21 oder 24 oder öffentlicher Fluß sein. Über die öffent­ lichen Flüsse s. Art. 1 ff. Die Staatsprivatflüsse sind nach § 90 GBO. und § 1 BO. vom 1. Juli 1898 buchungsfrei; das Staatsärar kann aber die Anlegung eines Grundbuch­ blattes für sie beantragen (s. Art. 2 Anm. 5). Im Gegensatze zu den öffentlichen Flüssen sind die Privatflüsse (die Bäche sollen in Zukunft immer unter den Privatflüffen mitverstanden werden) Gegen­ stand des freien Rechtsverkehrs. Der Staat kann sie veräußern, was er auch des öfteren schon getan hat (so z. B. bei verschiedenen Perlwäffern im bayerischen Walde, Begr. S. 553 f., RRA. S. 170), und belasten; er kann auch Flüsse, die bisher dritten oder den Uferangrenzern gehörten, erwerben und ihnen dadurch die Eigenschaft von Staatsprivatflüssen nach Art. 23 verleihen. Nach bisherigem Rechte war das ausgeschlossen; denn nach Art. 40 WBG. war für die Eigenschaft der Staatsprivatflüsse nur das bestehende Recht maßgebend (OGH. 7 S. 385, Pollwein Art. 40 Anm. 1, Meisner S. 227; vgl. auch Begr. S. 552 II). Die Erwerbungsgründe bestimmen sich nach dem geltenden bürgerlichen Rechte. Eine Erwerbung durch unvordenkliche Verjährung ist also ausgeschlossen, eine Erwerbung durch Tabularersitzung nach § 900 BGB. aber immerhin denkbar. Zum Beweise des Staatseigentums können die Grundsteuerkataster der Rentämter und die bei den Regierungsfinanzkammern verwahrten Grundsteuer­ liquidationsprotokolle dienen, Rechtstitel begründen diese Beweisbehelfe nicht. Für die I a g d auf den Privatflüffen gilt das in der Anm. 8 Ziff. 3 zum Art. 2 über die öffentlichen Flüsse Gesagte. Ueber Schatzfund im Flußbette vgl. Art. 2 Anm. 8 Ziff. 2. Als Privateigentum sind Flüsse und Bäche nach Art. 23 auch der Zjwangsenteignung fähig (VGE. 13 S. 68). Das Eigentumsrecht gewährt eine grundsätzlich unbeschränfte Herrschafts­ befugnis über den Fluß (vgl. Anm. 4 zum Art. 21 und RRA. S. 167). Doch bestehen die gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen der Art. 26 (Gemeingebrauch), 5 Abs. 4 und 21 Abs. 2 und 4 (Pflicht der Ufereigentümer, das Begehen der Ufer durch die Triebwerksbesitzer und durch das Flußaufsichts­ personal zu dulden) und dingliche Rechte dritter können die Verfügungsgewalt des Eigentümers noch weiter einengen.

A«M. 2. Die den öffentliche« Klüffe« «nd de« Staatsprivatftüsieu gemeinsamen Beftimm««gea. I. Auf die Staatsprivatflüsse sind ent­ sprechend aawendbar: 1. Art. 5 Abs. 1 und 4 (die Flußufer gehören also den Eigentümern der anliegenden Grundstücke. Die Ufereigentümer müssen das Betreten der Ufer durch die Triebwerksbesitzer im Rahmen des Art. 5 Abs. 4 gestatten); 2. Art. 6 (die Uferlinie wird von der Verwaltungsbehörde nach dem mittleren Wasserstand unter besonderer Berücksichtigung der Grenze des Pflanzenwuchses festgesetzt und, wo es nötig ist, angemessen bezeichnet; vgl. auch § 12 VB.); 3. Art. 8, 10 und 11, betreffend die natürlichen und künstlichen Ver­ landungen (vgl. auch VB. § 29);

156

Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

4. Art. 9 über die Wegräumung oder Durchstechung von Verlandungen (f. auch BB. § 19); 5. Art. 12, die natürliche Bettverlegung betreffend (vgl. auch VB. § 29); 6. Art. 13, die Inseln im Flusse betreffend (vgl. auch VB. § 29); 7. Art. 14 über den Abriß (Art. 30 und 31 WBG. galten nicht für StaatsPrivatflüsse; das avulsum blieb also dem bisherigen Eigentümer); 8. Art. 15 über die Jnselufer (vgl. auch BB. § 29). 9. Vom Recht der Privatflüffe nach Art. 21 ist anwendbar Art. 21 Abs. 4 (Uferbetretungsrecht des AufsichtsPersonals).

n. Nicht anwendbar ist Art. 5 Abs. 2 nicht nur, soweit er von der Schiff, und Floßfahrt handelt, sondern auch hinsichtlich der Einbauung von Fixpunkten und der Aufstellung von Flußeinteilungszeichen. Diese Maßnahmen brauchen die Ufereigentümer also nicht zu dulden (vgl. auch Ehmann Anm. 2). AUM. 3. Zuständigkeit. Vgl. Art. 21 Anm. 7 und RRA. S. 169; über die Vertretung des Staatsärars Art. 2 Anm. 12. Privatfliiste und Bäche int Eigentum dritter

Slrt* 24,

Auf die Privatflüffe und Bäche, die im Eigentum dritter Personen stehen, finden die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 4, der Art. 8, 9, des Art. 14 Abs. 1, des Art. 15, des Art. 21 Abs. 4 und des Art. 25 entsprechende Anwendung.

ANM. 1,

Die Eigentumsverhältnisse Privatflüsse im Sinne dieses Artikels sind die nicht öffentlichen natürlichen oberirdischen Wasser, läufe, bei denen das Wassergrundstück als solches, also Bett und Wasser, einer anderen Person als dem Staate oder den Ufereigentümern (traft ihres Ufereigen­ tums) gehört (vgl. auch Art. 23 Anm. 1). Die Privatflüsse des Art. 24 sind ins Grundbuch einzutragen. Sie sind Gegenstand des freien Rechtsverkehrs; der Eigentümer kann sie veräußern und belasten; es können auch Flüsse, die bisher Staatsprivatflüsse oder Flüsse nach Art. 21 waren, neu erworben und dadurch in die Klasse der Privatflüffe nach Art. 24 eingereiht werden (s. auch KorrefRK. S. 58, RRA. S. 167). Bisher war nach Art. 40 Abs. 3 WBG. eine Neuerwerbung rechtlich nicht mög­ lich, kam aber trotzdem tatsächlich vor; vgl. Pözl II S. 121, Begr. S. 553 f., Anm. 1 zum Art. 23. über die Erwerbungsgründe s. Anm. 1 zum Art. 23. Zum Beweise des Eigentums können auch hier die Grundsteuerkataster und die Grundsteuerliquidationsprotokolle wertvolle Behelfe liefern. Freilich sind ihre Angaben nicht immer richtig. Die Privatflüffe, die nach Art. 21 als Be­ standteile der Ufergrundstücke den Uferangrenzern gehören, haben in der Regel eigene Plannummern und der Katastervortrag erweckt daher den Eindruck, als handle es sich hier um selbständige, vom Ufereigentum unabhängige Waffergrundstücke, die dann natürlich, wenn sie nicht dem Staate gehören, nur nach Art. 24 beurteilt werden könnten. Dazu kommt, daß die Flüsse früher als öffentliche Sachen betrachtet und daher wie die Wege vielfach ohne genauere Prüfung der Eigentumsverhältnisse als Gemeindeeigentum katastriert wurden (vgl. auch DA. f. d. GBA. § 170 und Anm. 2 zum Art. 21), wobei dann vielfach auch noch eine Verwechslung der Steuergemeinde und der politischen Gemeinde mitunterlief (vgl. Anm. 2 zum Art. 21). Das Justizministerium hat eine Nachprüfung der Er­ hebungen über die Privatflüsse im Eigentum dritter und gegebenenfalls die

Richtigstellung der Grundbucheinträge angeordnet (RRA. S. 167). Damit werden Wohl die meisten Zweifel verschwinden. Das Eigentum am Wassergrundstück gewährt den Anspruch auf die Hälfte des im Flußbette gefundenen Schatzes. Vom Jagdrecht auf Müssen nach Art. 24 gilt sinnentsprechend das in der Anm. 8 Ziff. 3 zum Art. 2 Gesagte. Das Eigentumsrecht gewährt eine grundsätzlich ausschließende Herr­ schaftsgewalt über den Fluß (vgl. Anm. 4 zum Art. 21). Sie kann ein­ geengt sein durch privatrechtliche Befugnisse dritter und ist vor allem verkürzt durch die gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen des Gemeingebrauchs (Art. 26), ferner des Art. 5 Abs. 4 und des Art. 21 Abs. 4. Die den öffentliche« Flüsse«, de« ««der« Privatssntzkategorien and den Flüsse« «ach Art. 84 gemeinsame« Bestimmungen I. Von den Rechtssätzen, die für die öffentlichen Flüsse gelten, sind auf die Privatflüsse des Art. 24 a«we«dbar: 1. Art. 5 Abs. 4 über die Verpflichtung, das Betreten der Ufer durch die Triebwerksbesitzer, soweit es nötig ist, zu dulden; 2. Art. 8 und 9 über die natürlichen Verlandungen (Meisner S. 230, vgl. auch VB. § 19); 3. Art. 14 Abs. 1 über die Landversetzung an fremdes Ufer (Der Abs. 2 ist nicht für anwendbar erklärt. Das abgerissene Land, das sich außer Zusammenhang mit einem Ufer im Flusse festgesetzt hat, wird also zunächst nicht Eigentum des Flußeigentümers, sondern bleibt im Eigentum des bisherigen Eigentümers bis zur untrennbaren Verbindung mit dem Flußbett; vgl. auch Anm. 5 II 6 zum Art. 21 und Meisner S. 232); 4. Art. 15 über die Gleichstellung der Jnselufer mit den Flußufern (bisher Art. 45 WBG.). II. Aus dem Rechte der Privatflüsse sind a«we«dbar: 1. Art. 21 Abs. 4, der für Staatsprivatflüsse vorschreibt, daß die Ufer­ eigentümer das Begehen der Ufer durch das Flußaufsichts ­ personal zu dulden haben (hierüber s. Art. 5 Anm. 5 Ziff. 3); 2. Art 25 über die natürliche Bettverlegung eines im Eigentum der Uferangrenzer stehenden Privatfluffes oder Baches (s. die Bemerkungen zu diesem Artikel). A«M. 2.

in. Nicht ««wendbar sind: 1. Alle die öffentlichen Gewässer betreffenden Vorschriften, die aus die Schiff- oder Floßfahrt Bezug haben und daher auch auf die Staatsprivatflüffe im Art. 23 nicht anwendbar erklärt sind z. B. Art. 5 Abs. 2, 3, Art. 7; 2. Art. 5 Abs. 1, wonach die Ufer des Flusses den Eigentümern der an­ liegenden Grundstücke gehören und Art. 6 über die Festsetzung der Uferlinie. Warum diese Bestimmungen nicht auch für die Privatflüssenach Art. 24 gelten sollen, ist nicht einzusehen. Die Begründung (S. 552 II) sagt, für die Anwendbarerklärung der Art. 6, 10 u. a. auf die Privatflüsse im Eigentume dritter sei ein Bedürfnis nicht gegeben gewesen. Das Bedürfnis, das die Anwendung auf die Staatsprivatflüsse angezeigt erscheinen ließ, dürfte aber doch auch für die Anwendung auf die Privat­ flüsse des Art. 24 sprechen! Für das geltende Recht ist aus der Nicht­ anwendbarkeit der Art. 5 und 6 auf die Privatflüsse des Art. 24 zu folgern: Uferlinien gibt es für die Flüsse des Art. 24 nicht.

158

Abteilung I.

3.

4.

5.

6.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

Das Flußbett wird begrenzt durch die Grenzlinien der an­ liegenden Ufergrundstücke. Der Wasserstand des Flusses ist für die Flußbettgrenze ohne Bedeutung. Land, das durch Sinken des mittleren Wasserstandes bloß gelegt wird, bleibt dem Fluß­ eigentümer und umgekehrt geht das Eigentum des Uferangrenzers an einem ständig unter den mittleren Wasserstand des Muffes sinkenden Grundstücks­ streifen nicht verloren. Diese Regelung ist wohl angebracht für die Privatflüffe des Art. 21, bei denen das Waffergrundstück nicht als selbständiges Grundstück in Betracht kommt, sondern einen Bestandteil des Ufergrundstücks bildet, weniger aber für die selbständige Wassergrundstücke darstellenden Flüsse des Art. 24. Die Grundstücksgrenzen sind im Streitfälle von dem Gerichte festzustellen (vgl. auch Ehmann Anm. 1). Nicht anwendbar sind ferner: Art. 10 und 11 über die künstlichen Verlandungen (sie werden als Bestandteile des Flußbettes Eigentum des Flußeigentümers; vgl. OGH. 17 S. 456, RRA. S. 170); Art. 12 über die natürliche Bettverlegung (an seiner Stelle gilt Art. 25); Art. 13 über die Inseln (sie fallen als Bestandteile des Eigentums des FlußeigenÄmers diesem zu sBegr. S. 553 I RRA. S. 170]); Art. 14 Abs. 2 über inselbildende Abrisse (s. I 3).

AltM. 3. Zuständigkeit. Es können nur Privatrechtsverhältniffe in Frage kommen, über die die Gerichte zu entscheiden haben (vgl. Pözl II S. 122, Pollwein Art. 40 Anm. 5, Reuß S. 92).

Natürliche Veränderung des Flvtzlaufes.

Art. 25.

Hat ein Privatfluß oder Bach (Art. 21, 24) sein bisheriges Bett ver­ lassen, so find die Beteiligten insgesamt oder einzeln befugt, den früheren Zustand auf ihre Kosten wieder herzustellen. Abf. 2. Die Befugnis zur Wiederherstellung erlischt, wenn fie nicht binnen Jahresfrist bei der Verwaltungsbehörde angemeldet oder wenn die angemeldete Wiederherstellung nicht binnen der von der Verwaltungsbehörde auf die Anmeldung bestimmten Frist ausgeführt wird. Die Frist zur An­ meldung beginnt mit dem Schluffe des Jahres, in welchem die Veränderung des Wasserlaufes erfolgt ist.

Bollzugsbekauutmachuug. § 57. Wenn ein Privatfluß oder Bach, der tot Eigentum der Ufereigentümer (Art. 21) oder im Eigentum dritter (Art. 24) steht, infolge natürlicher Ereignisse (Elementargewalt u. dgl) sein bisheriges Bett verlassen hat, so können diejenigen, welche am früheren und am neuen Flutzlauf z. B. als Eigentümer deS Flußbetts oder des FlußuferS oder als Triebwerksbesitzer oder als Fischereiberechtigte beteiligt sind, ein wesentliches Jntereffe daran haben, daß der ftühere Zustand wieder hergestellt wird. Aus diesem Grunde sollen die Beteiligten, entweder sämtliche oder nur einzelne befugt sein, den bisherigen Lauf des Flusses oder Baches auf ihre Kosten wiederherzustellen. Diese Befugnis soll den einzelnen Beteiligten auch gegen den Willen der übrigen zustehen. Das Vorhaben der Wiederherstellung des früheren Zustandes muß jedoch bei Ver­ meidung des Verlustes dieser Befugnis innerhalb der Frist eines Jahres bei derjenigen

Distriktsverwaltungsbehörde, angemeldet werden, in deren Bezirk das verlassene Flußbett liegt. Die Frist von einem Jahre beginnt mit dem Schlüsse desjenigen Kalenderjahres, in welchem die Veränderung des Wasserlaufes erfolgt ist. Von der erfolgten Anmeldung ist den übrigen Beteiligten durch die Distriktsverwaltungsbehörde Kenntnis zu geben. Die Distriktsverwaltungsbehörde hat sodann dem Antragsteller eine nach Lage der Verhältnisse angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren die Wiederherstellungs­ arbeiten ausgesührt, d. h. vollendet sein müssen. Wird diese Frist versäumt, so erlischt die Befugnis zur Wiederherstellung.

A«M. 1.

Die Voranssehunge« der Be1tverlega«g. Der Artikel, der int wesentlichen dem Art. 41 WBG. entspricht und auf Staatsprivat­ flüsse (vgl. Art. 23 Abs. 1 und 12) und künstliche Wasserläufe keine Anwendung findet (vgl. Schenkel S. 206), setzt eine Flußbettverlegung ohne mensch­ liches Zutun voraus; die Ursache muß in natürlichen Ereignissen (Elementar­ gewalt u. dgl.) zu suchen sein jVB. § 57). Die Abzweigung eines Nebenarmes fällt nicht unter Art. 25. Von der Bettverlegung ist die Betterweiterung zu unterscheiden. Sie fällt gleich­ falls nicht unter Art. 25. Wohl aber liegt eine Bettverlegung vor, wenn dem Zurück­ treten des Ufers auf der einen Seite ein Uferzuwachs auf der andern entspricht (Oertmann § 87, 3). Ein Privatfluß hat sein Bett erst dann wirklich verlassen, wenn nach mensch­ lichem Ermessen angenommen werden muß, daß er ohne künstliche Einwirkung nicht mehr ins alte Bett zurückkehren werde (s. Art. 12 Anm. 2 und 3).

Die Folge« der Bettverleg««g. L Das alte Flußbett. Mit dem Zeitpunkte, in dem die Wiederherstellung des früheren Zustandes nach Abs. 2 unstatthaft geworden ist, treten folgende Rechtswirkungen ein: Ist der Fluß ein Privatfluß nach Art. 21, so findet im Eigentum und den Belastungen überhaupt keine Änderung statt. Die Teile der Ufergrundstücke, die bisher vom Wasser überströmt waren, find wasserfrei geworden und die Eigentumsgrenzen (Flußmittellinie und Senkrechte darauf) können jetzt durch Vermessung festgestellt und vermartt werden (vgl. § 21 J. de. rer. div. 2, 1; 1. 30 § 1, 1. 56 D. de a. r. d. 41, 1; Württ. Art. 13 Abs. 4, sächs. Entw. § 5, KorrefRK. S. 58, RRA. S. 170 f.). Handelt es sich um einen Privatfluß nach Art. 2 4, so geht das an die Stelle des Waffergrundstücks getretene Landgrundstück ohne weiteres ins Eigentum des Flußeigentümers über und muß ein Grundbuchblatt erhalten (vgl. KorrefRK. S. 58, Pollwein Art. 41 Anm. 5, Nieder Art. 13 Anm. 10, Haller Art. 13 Anm. 13). Die bisherigen Belastungen dauern fort, werden aber meist prattisch bedeutungslos werden (RRA. S. 170 f.).

Arrm. 2.

8. Das neue Flußbett. Ist der Fluß ein Privatfluß nach Art. 21, so wachsen mit dem oben erwähnten Zeitpuntt die Ufergrundstücke ins Flußbett hinein, bis sie bei der Flußmittellinie zusammenstoßen (vgl. auch KorrefRK. S. 58, RRA. S. 170). Einer Uferlinie bedarf es also hier nicht. Gegeneinander werden die Ufergrundstücke durch Senkrechte zur Flußmittellinie abgegrenzt. Eine Ver­ markung der neuen Grenzen kann nicht verlangt werden, weil sie unmöglich ist. Die nicht zu den neuen Ufergrundstücken gehörigen Grundstücksteile, die ins Fluß­ bett fallen, gehen mit dem mehrerwähnten Zeitpuntte von Rechts wegen samt ihren Belastungen unter. Mit dem Zeitpuntte, von dem an die Wiederherstellung des früheren Zu­ standes nach Abs. 2 unstatthaft geworden ist, gehen, wenn es sich um einen Privatfluß nach Art. 24 handelt, die ins neue Flußbett fallenden Grund­ stücksbestandteile samt ihren Belastungen unter (vgl. 1. 1 § 7 D. de flum. 43,12). Das neugebildete Wassergrundstück wird ohne weiteres Eigentum des Flußeigen-

160

Abteilung I. Eigentumsverhältnisse In und an den Gewässern.

tümers (so auch der KorrefRK. im RRA. S. 170 und der K. Kommissär, Staatsrat Dr. Ritter von Henle, der ausführte, diese Ansicht entspreche nicht nur der bisherigen Praxis, sondern auch den natürlichen Verhältnissen, der Auffassung im gemeinen Rechte und in der bayerischen Gesetzgebung. Ebenso wie die Eigen­ schaft des Adjazentengewäffers sich auf das neue Flußbett übertrage, so nehme auch bei den Flüssen im Eigentum eines dritten der alte Fluß seine Eigenschaft auf das neue Flußbett hinüber. Die Folge davon sei, daß der Eigentümer des Flusses Eigentümer des neuen Flußbettes werde. Eine Regelung dieses besonderen Falles, der ohnehin äußerst selten eintreten werde, sei nicht notwendig, weil auch bisher ein Zweifel darüber nicht bestanden habe, obwohl eine Bestimmung im geltenden Wassergesetz nicht enthalten sei. Ein Zweifel sei auch nicht Wohl mög­ lich, weil die Beurteilung der angeregten Fragen aus den allgemeinen Rechts­ grundsätzen zu den dargelegten Ergebnissen führen müsse fRRA. S. 170]). Demgegenüber vertrat der Ausschußvorsitzende RR. von Auer die Meinung, daß man dem Eigentümer des nun vom Flusse bedeckten Grundstücks sein Eigen­ tum nicht nehmen könne (RRA. S. 170). Diese Ansicht hat Dittmann S. 11 f. ausgenommen und eingehender begründet. Er kommt zu dem Ergebnis, daß der Eigentümer des nunmehr überfluteten Grundstücks das Eigentum an dem jetzt daMberströmenden Fluß auf die treffende Strecke erwirbt. Handelt es sich um Überflutung mehrerer Grundstücke, deren Grenzen parallel der nunmehrigen Fluß­ achse verliefen, so kann sich nach Dittmanns Meinung Adjazenteneigentum bilden. Das ist vor allem inkonsequent; denn die Analogie des Angrenzerflußrechts ist doch sicher noch weniger zulässig als die für die Gegenansicht sprechende, aber von Dittmann ausdrücklich verworfene analoge Anwendung des Art. 12, der für die Staatsprivatflüsse nach Art. 23 maßgebend ist. Wenn aber Adjazenteneigen­ tum nicht in Frage steht, so bleibt Dittmann nichts übrig als den Fluß nach Maßgabe der früheren Grundstücksgrenzen unter die Grundstückseigentümer zu teilen. Die Landgrundstücke B und C im nebenstehenden Beispiel würden sich also nach der Überflutung als Wassergrundstücke forterhalten. Das ist rechtlich nicht konstruierbar. Ein Waffergrundstück kann nur bestehen aus dem Fluß in seiner Totalität, wie Dittmann an anderer Stelle selbst ausführt, d. h. aus dem aus der Sohle und den Ufern bestehenden Flußbett und der Wassersäule darin (Art. 1, 23, 24), oder aber aus einem Ufergrundstück nach Art. 21, dessen Bestandteil die wasserüberströmte Fläche bildet. Ein Wassergrundstück, das ohne Zusammenhang mit dem Ufer nur aus einem Teil der Flußsohle besteht, ist undenkbar. Die gleiche Ansicht wie Dittmann vertritt auch Eymann (Anm. 1). Seine Meinung, die Rechtssätze für die Adjazentenflüsse hätten auch für die Privatflüsse nach Art. 24 subsidiäre Geltung, ist zweifellos unzutreffend; denn Art. 24 erklärt auf die Privatflüffe im Eigentum dritter vom Rechte der Adjazentenflüffe nur den Art. 21 Abs. 4 für anwendbar und schließt damit die Anwendung des Art. 21 Abs. 1 und 2 offensichtlich aus. Mit dem Eigentum gehen auch die Belastungen unter. Das ergibt sich auch ohne die analoge Anwendung des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 (vgl. RRA. S. 170 f.) aus den Fundamentalbegriffen des Sachenrechts. Dittmann, der den Untergang des Eigentums leugnet, muß natürlich auch die bisherigen Be­ lastungen des neuen Bettes fortbestehen lassen. Der theoretische Unterschied

schrumpft praktisch auf ein Minimum zusammen; dem Gläubiger, der an den Grundstücken B und C des obigen Beispiels Hypotheken hat, wird es nach dem Ablauf der Wiederh-erstellungsfrist ziemlich gleichgültig sein, ob die Theorie sein Recht für erloschen erklärt oder als fortexistierend betrachtet. Nur für den äußerst seltenen Fall einer neuerlichen Bettverlegung könnte der Unterschied Be­ deutung haben. Nach FGE. Art. 7 erwerben die Fischereiberechtigten nach der Bettverlegung das Fischereirecht im neuen Bette. Beim Art. 25 zeigt es sich, wie zweckmäßig es gewesen wäre, die Art. 5 Abs. 1 und 6 auf die Privatflüsse nach Art. 24 für anwendbar zu erklären. Das neue Flußbett hat gegen die Ufergrundstücke keine Grenze. Diese muß also durch ein Übereinkommen der Beteiligten festgestellt und auf Verlangen vermarkt werden. Einigen sich die Eigentümer der Ufergrund­ stücke nicht mit dem Flußeigentümer, so haben im Streitfälle die Gerichte über den Lauf der Grenze zu entscheiden, wobei sie wohl den mittleren Wasserstand unter besonderer Berücksichtigung des Pflanzenwuchses (Art. 6) zugrundelegen werden.

Die Wiederherstellung des früheren Zustandes. Die Rechtsfolgen der Bettverlegung treten nicht schon mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Naturvorgang vollendet ist, also dann, wenn nach menschlichem Ermessen an­ genommen werden muß, daß der Fluß ohne künstliche Einwirkung nicht mehr ins alte Bett zurückkehren werde (s. Anm. 1). Nach diesem Zeitpunkte tritt viel­ mehr ein Wartezustand ein, der ein volles Jahr dauert. Innerhalb dieser Frist können die Beteiligten insgesamt oder einzeln auf eigene Kosten den früheren Zustand wiederherstellen. Beteiligt sind der Eigentümer des Privatflusses nach Art. 24, die Eigentümer der bis­ herigen Ufergrundstücke und der Grundstücke, die im neuen Flußbette liegen oder an dieses anstoßen, gleichviel, ob der Fluß ein Privatfluß nach Art. 21 oder 24 ist. Ferner sind beteiligt die durch Art. 210 dem Eigentümer gleichgestellten Be­ rechtigten, die Triebwerksbesitzer, die Wäfferungs- und Fischereiberechtigten usw. (vgl. VB. § 57, Pözl I S. 127 f., Pollwein Art. 41 Anm. 3, Reuß S. 94, Meisner S. 230, Oertmann § 87, 2 b, Peyrer S. 458, Emil Huber S. 172, Schenkel S. 207). Auch den Unterhaltungspflichtigen wird das Recht der Wieder­ herstellung zuzugestehen sein (Baden § 9, Württ. § 13). Die Anlieger des neuen Flußbetts müssen den Beteiligten das Betreten der Ufergrundstücke und die Bornehmung der nötigen Arbeiten zur Wiederherstellung des früheren Zustandes gestatten (vgl. Meisner S. 230); sie können aber die Gewährung dieser Erlaubnis wohl von vorheriger Sicher­ heitsleistung abhängig machen. Wenn einer der Beteiligten die Wiederherstellung vor­ nehmen will, kann ihn kein anderer daran hindern (VB. § 57). Rückgriffsansprüche wegen der Kosten der Wiederherstellung bestehen nur gegen die, die sich daran beteiligt Haben, nicht gegen alle, in deren Interesse die Wiederherstellung ist; es gibt also keine Klage aus der Geschäftsführung ohne Auftrag. Zur Entscheidung über Ansprüche dieser Art wären die Gerichte zuständig (vgl. auch Dernburg 3 § 94, 5, ALR. I 9 § 264). Eymann schließt Rückgriffsansprüche auch gegen die aus, die sich an der Wiederherstellung beteiligt haben (Anm. 6). Ist der frühere Zustand wiederhergestellt worden, so treten keine Eigentums­ verschiebungen ein. Die Wiederherstellung des früheren Zustandes kann für Harfter-Tasslmlr, Wassergcsetz. 11

Anm. 3,

162

Abteilung I.

Eigentumsverhältnisse in und an den Gewässern.

manchen wirtschaftlich ein Gebot der Notwendigkeit sein, voraus­ gesetzt, daß die Kosten seine Kräfte nicht übersteigen. In dem Beispiele auf S. 160 stellen die punktierten Linien das alte, die beiden anderen Parallellinien das neue Bett eines Angrenzerflusses dar. Die Acker B und C fallen ins Fluß­ bett und werden nach Art. 21 Bestandteile der Ufergrundstücke A und D. Die Eigentümer dieser Ufergrundstücke haben also nicht nur den bisher nicht genossenen Vorteil, Eigentümer eines Flusses zu sein, sondern sie erwerben, ohne eine Hand zu rühren, noch fremden Grund dazu. Verzichten die Eigentümer von B und C auf die Wiederherstellung, so haben sie ihr Eigentum endgültig verloren. Wenn der Fluß nach dem Ablaufe der Fristen des Abs. 2 sein Bett von neuem ändert, so bleiben B und C Bestandteile der Grundstücke A und D. Das frühere Eigentum und die früheren Belastungen leben nicht wieder auf. Eine Verpflichtung zur Entschädigung der Eigentümer des überströmten Geländes (vgl. ALR. 19 § 271) kennt Art. 25 nicht. Dem entspricht auch, daß ein Beteiligter, der die Wiederherstellung allein vorgenommen hat, von den übrigen, in deren Interesse die Wiederherstellung war, keinen Kosten­ ersatz verlangen kann (vgl. aber ALR. a. a. O. § 264). AltM. 4.

Die Anmelduugs- und die Wiederherftellnngsfrist (Abs. 2). Die Wiederherstellung muß binnen Jahresfrist vorge­ nommen oder wenigstens bei der Distriktsverwaltungsbehörde angemeldet sein, in deren Bezirke das verlassene Flußbett liegt. Das ver­ lassene, nicht das neue Flußbett bestimmt also die örtliche Zuständigkeit (VB. § 57). Die Frist beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in dem die Veränderung des Wasserlaufes erfolgt ist. über den Grund dieser Bestimmung und die Berechnung der Frist vgl. Anm. 4 Ziff. 1 zum Art. 14. Die Anmeldung kann in jeder Form erfolgen (vgl. Art. 14 Anm. 5 Ziff. 3). Eine Wiederherstellung ohne Anmeldung ist unzulässig (ebenso Eymann Anm. 4). Die Distriktsverwaltungsbehörde hat von der Anmeldung den übrigen Be­ teiligten Kenntnis zu geben (VB. § 57). Diesen steht es frei, hiezu eine Er­ klärung abzugeben. Eine Anhörung der Beteiligten ist nicht vorgeschrieben, kann aber (besonders über die Länge der festzusetzenden Ausführungsfrist) ratsam sein. Auf die Anmeldung hin hat die Distriktsverwaltungsbehörde von Amts wegen dem oder den Anmeldenden eine nach Lage der Verhältnisse an­ gemessene Frist zur Ausführung zu setzen. Innerhalb dieser Frist muß die Wiederherstellung vollendet werden (BB. § 57). Eine Verlängerung der Frist ist zulässig, eine Verlängerung der Anmeldungsfrist aber nicht (vgl. Württ. Art. 13 Abs. 2, Schenkel S. 207). Zur Wiederherstellung gehört nur die Her­ stellung des alten Flußlaufes, nicht auch die Einfüllung des neuen Flußbettes (Ehmann Anm. 5). Die Festsetzung der Frist bleibt nur die Verwaltungsbeschwerde. hofs ist ausgeschlossen. Mit dem unbenützten Ablaufe erlischt die Wiederherstellungsbefugnis örterten Wirkungen ein (VB. § 57).

ist Ermessenssache. Den Beteiligten Eine Zuständigkeit des Berwaltungsgerichtsder Anmelde- oder der Ausführungsfrist und treten die in der Anm. 2 näher er­

Die Anmeldungsfrist kann durch einen Beteiligten wohl kaum auch für die andern gewahrt werden. Noch weniger kann es für die Ausführungsfrist dem Rückständigen nützen, daß andere Beteiligte mit den Wiederherstellungsarbeiten fertig sind.

Zuständigkeit. Streitigkeiten über Rechtsansprüche und Verbindlich­ keiten nach Art. 25 sind nach Art. 177 Verwaltungsrechtssachen. Gegenstand der Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs kann die Frage sein, ob die Voraussetzungen des Art. 25 überhaupt gegeben sind und ob eine Wiederherstellungsbefugnis besteht. Dazu gehört auch die Prüfung der Frage, ob die Fristen gewahrt sind, nicht aber auch die Prüfung der dem reinen Berwaltungsermeffen vorbehaltenen Frage, ob die Ausführungsfrist angemessen war oder nicht. Auch Streitigkeiten über die Duldungspflicht der Flußbettanlieger (f. Sinnt. 3) fallen unter Art. 25 und 177. Die Rechtsfolgen des Art. 25 für das Privateigentum ge­ hören zur Zuständigkeit der Gerichte. Diese können die oben ange­ führten Fragen als Jnzidentpunkt mitentscheiden (vgl. Pollwein Art. 41 Sinnt. 6, Schenkel S. 208). AMU. 5.

Abteilung II.

Benützung der Gewässer. Abschnitt I.

Gemeingebrauch an Gewässern. Gemeingebrauch au öffeutliche« Gewässer« und Privatstüsse«.

Art. 26.

In den öffentlichen Gewässern sowie in den Privatflüssen und Bächen ist der Gebrauch des Wassers durch Schöpfen mit Handgefäßen, zum Baden, Waschen, Tränken, Schwemmen sowie zur Eisbahn, soweit es ohne rechts­ widrige Benützung fremder Grundstücke geschehen kann, jedem gestattet. Die Ausübung dieses Gebrauches kann durch polizeiliche Vorschrift geregelt oder beschränkt werden. Abs. 2. Zur Entnahme von Eis, Sand, Kies, Steinen, Schlamm, Erde und Pflanzen aus dem Flußbett öffentlicher Gewässer sowie der im Eigen­ tum des Staates stehenden Privatflüsse und Bäche, ferner zur Goldwäscherei in solchen ist vorbehaltlich besonderer Berechtigungen die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde erforderlich. In den übrigen Privatflüssen und Bächen ist hierzu vorbehaltlich besonderer Berechtigungen dritter nur der Eigen­ tümer des Flußbettes befugt, soweit es ohne Nachteil für andere, besonders in Bezug auf die Tiefe des Flusses und die Sicherheit der Ufer geschehen kann. Abs. 3. Die Perlfischerei ist, soweit das Recht hierauf nicht dritten zusteht, dem Staate Vorbehalten. Die Ausübung unterliegt den polizeilichen Schutzvorschriften. Bollzugsbekanntmachung.

§ 58. Gesuche um Entnahme von Eis, Sand, Kies, Steinen, Schlamm, Erde und Pflanzen aus dem Flußbett öffentlicher Gewässer, sowie der im Eigentum des Staates stehenden Privatflüffe und Bäche, soweit diese Gewässer nicht zu dem der Forstverwaltung 11*

Zuständigkeit. Streitigkeiten über Rechtsansprüche und Verbindlich­ keiten nach Art. 25 sind nach Art. 177 Verwaltungsrechtssachen. Gegenstand der Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs kann die Frage sein, ob die Voraussetzungen des Art. 25 überhaupt gegeben sind und ob eine Wiederherstellungsbefugnis besteht. Dazu gehört auch die Prüfung der Frage, ob die Fristen gewahrt sind, nicht aber auch die Prüfung der dem reinen Berwaltungsermeffen vorbehaltenen Frage, ob die Ausführungsfrist angemessen war oder nicht. Auch Streitigkeiten über die Duldungspflicht der Flußbettanlieger (f. Sinnt. 3) fallen unter Art. 25 und 177. Die Rechtsfolgen des Art. 25 für das Privateigentum ge­ hören zur Zuständigkeit der Gerichte. Diese können die oben ange­ führten Fragen als Jnzidentpunkt mitentscheiden (vgl. Pollwein Art. 41 Sinnt. 6, Schenkel S. 208). AMU. 5.

Abteilung II.

Benützung der Gewässer. Abschnitt I.

Gemeingebrauch an Gewässern. Gemeingebrauch au öffeutliche« Gewässer« und Privatstüsse«.

Art. 26.

In den öffentlichen Gewässern sowie in den Privatflüssen und Bächen ist der Gebrauch des Wassers durch Schöpfen mit Handgefäßen, zum Baden, Waschen, Tränken, Schwemmen sowie zur Eisbahn, soweit es ohne rechts­ widrige Benützung fremder Grundstücke geschehen kann, jedem gestattet. Die Ausübung dieses Gebrauches kann durch polizeiliche Vorschrift geregelt oder beschränkt werden. Abs. 2. Zur Entnahme von Eis, Sand, Kies, Steinen, Schlamm, Erde und Pflanzen aus dem Flußbett öffentlicher Gewässer sowie der im Eigen­ tum des Staates stehenden Privatflüsse und Bäche, ferner zur Goldwäscherei in solchen ist vorbehaltlich besonderer Berechtigungen die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde erforderlich. In den übrigen Privatflüssen und Bächen ist hierzu vorbehaltlich besonderer Berechtigungen dritter nur der Eigen­ tümer des Flußbettes befugt, soweit es ohne Nachteil für andere, besonders in Bezug auf die Tiefe des Flusses und die Sicherheit der Ufer geschehen kann. Abs. 3. Die Perlfischerei ist, soweit das Recht hierauf nicht dritten zusteht, dem Staate Vorbehalten. Die Ausübung unterliegt den polizeilichen Schutzvorschriften. Bollzugsbekanntmachung.

§ 58. Gesuche um Entnahme von Eis, Sand, Kies, Steinen, Schlamm, Erde und Pflanzen aus dem Flußbett öffentlicher Gewässer, sowie der im Eigentum des Staates stehenden Privatflüffe und Bäche, soweit diese Gewässer nicht zu dem der Forstverwaltung 11*

164

Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

unterstehenden Staatsgut gehören, ferner zur Goldwäscherei in solchen Gewässern sind bei derjenigen Gemeindebehörde anzubringen, in deren Bezirk die Entnahme stallfinden soll. Die Gesuche können auch unmittelbar bei demjenigen Sttaßen- und Flußbauamt schriftlich oder zu Protokoll angebracht werden, in dessen Bezirk die Flußstrecke liegt.

8 59. In dem Gesuch ist anzugeben, aus welchem Flusse, an welcher Stelle und in welcher Menge die Gegenstände entnommen werden sollen.

8 60. Ist das Gesuch bei der Gemeindebehörde angebracht worden, so hat diese das Gesuch dem Straßen- und Flußbauamt vorzulegen.

8 61. Bezieht sich das Gesuch um Bewilligung der Entnahme auf einen öffentlichen oder Staatsprivatfluß (§ 58), der zur ärarialischen Trift dient, so ist das Forstami über das Gesuch gutachtlich zu hören.

8 62. Die Bescheidung des Gesuches erfolgt durch das Straßen- und Flußbauamt (§ 4 Abs. 1 der Vollzugsverordnung). Hiebei sind vor allem die flußbautechnischen Rück­ sichten in Betracht zu ziehen; insbesondere ist zu prüfen, ob die Entnahme für die Be­ schaffenheit des Flußbettes und des Fahrwassers, die Sicherheit der Ufer, Brücken und den Abfluß der Hochwässer keinen Nachteil bringt. In den Fällen, in denen die Einvernahme des Forstamis zu erfolgen hat, sind dessen Anregungen möglichst zu berücksichtigen.

8 63. Bei der Erteilung der Erlaubnis hat das Straßen- und Flußbauamt das Maß und die Art der Benützung, sowie die Bedingungen, insbesondere die etwaige Erhebung von Gebühren, im Bescheid genau festzulegen. Die Erlaubnis soll sich in der Regel nur auf die Dauer des laufenden Kalender­ jahres erstrecken.

8 64. Von der Erteilung der Erlaubnis hat das Straßen- und Flußbauamt in den Fällen, in denen das Forstamt zu hören ist, dieses durch Mitteilung einer Abschrift des Bescheides zu verständigen. Handelt es sich um die Erteilung der Erlaubnis zur Ent­ nahme von Gegenständen aus öffentlichen Flüssen, so hat das Sttaßen- und Flußbauamt an das Wasserbaupersonal die erforderlichen Weisungen ergehen zu lassen.

8 65. Gesuche um die Erteilung der Erlaubnis zur Entnahme der in Art. 26 Abs. 2 Satz 1 aufgeführten Gegenstände aus dem Flußbett jener öffentlichen Flüsse und Staatsprivatflüsse, die zu dem der Forstverwaltung unterstehenden Staatsgute gehören, sind an das zuständige Forstami zu richten (§ 4 Äbs. 1 der Vollzugsverordnung) Dieses hat vor der Erlaubniserteilung in allen Fällen, in denen flußbauiechnische Rücksichten in Betracht zu ziehen sind, das Sttaßen- und Flußbauamt zu hör,n und bei der Erlaubniserteilung dessen Gutachten möglichst zu berücksichttgen. 8 66.

Gesuche, die an ein Straßen^ und Flußbauamt oder an ein Forstamt gelangen, das für die betreffende Flußstrecke nicht zuständig ist, sind von diesem unmittelbar an das zuständige Amt Weiler zu letten. Der Gesuchsteller ist hievon zu verständigen.

8 67.

Wegen der Festsetzung der Gebühren für Erteilung der Erlaubnis sind die §§ 166 bis 174 maßgebend.

AUM. 1.

Geschichte.

Das Eigentum am Wassergrundstück, d. h. am Flußbett und der Waffersäule, gewährt wie das Eigentum an jedem andern Grundstück nach § 905 BGB. die ausschließliche Verfügungsgewalt über das Grundstück selbst, über den Erdkörper unter und über den Luftraum über diesem Grundstücke (vgl. Anm. 1 und 2 zum Art. 2 und Anm. 3 zum Art. 16). Diese ausschließliche Verfügungsgewalt kann nicht nur vertragsmäßig beschränkt werden, sondern sie ist auch durch öffentlichrechtliche Nutzungsbefugnisse zugunsten der Allgemeinheit eingeengt. Ebenso alt wie die Ausübung einer Herr­ schaftsgewalt über das fließende Wasser ist auch die Einschränkung dieser Herr­ schaftsgewalt zugunsten der Allgemeinheit durch den Gemeingebrauch, ja diese Befugnisse haben bestanden, ehe die Herrschaftsgewalt am Wasser Anerkennung erlangte. Nach römischem Rechte gehörten die Flüsse zu den res publicae, quae in publico usu habentur. Der usus publicus umfaßte die gewöhnliche Benützung zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse, zur Bewässerung, Schiffahrt, Fischerei u. dgl. (1. 2 —4 D. de rer. div. 1, 8, Randa S. 9 Anm. 12). Der gleiche Gedanke beherrscht das deutsche Recht. Der Sachsenspiegel sagt (II Art. 28 § 4): „Svelk water strames vlit, dat is gerne ne to varene unde to vischene inne" (vgl. auch Schwabenspiegel Laßb. 197). Das Wasser war Reichsallmende, es diente den Volksgenossen, der Gesamtheit. „Wasser und wehde haben wir von dem himlischen Vater zu lehen", sagt noch im Jahre 1563 das Weistum zu Niedermendig (Peyrer S. 27). Wie aber die Landallmende unter das Obereigentum des Königs trat, so auch die Wafferallmende. Aus dem fränkischen Bodenregal entwickelte sich dasStromregal des Mittelalters, neben dem sich die Benützungsbefugnisse der Gesamtheit forterhielten. Die Fischerei­ freiheit der Markgenossen bestand allerdings nur da, wo der König sein Bann­ recht nicht ausübte (Schröder S. 209 f., 537, Gierke S. 27 ff.). Der Gemein­ gebrauch, wie ihn alle neueren Rechte anerkennen, ist also ein Überbleibsel des Allmendcharakters des Wassers (vgl. Anm. 3 zum Art. 2, Cancrin 1 § 100 ff., ALR. II 15 § 44, preuß. Ges. v. 28. Februar 1843 § 2, WBG. Art. 9, 15, 53, Oesterreich § 15, Baden § 12, Hessen Art. 3, Württemberg Art. 16 ff., Preuß. Entw. § 59, sächs. Entw. § 17).

Anm. 2.

Das geltende Recht im allgemeine«. Das WG. geht nicht soweit wie das WBG., das im Art. 1 die öffentlichen Gewässer für ein zur allgemeinen Benützung bestimmtes Staatsgut erklärte, aber es hat doch den Gemeingebrauch, wie ihn die Art. 9, 40 Abs. 2 und 53 WBG. zugelassen hatten, im allgemeinen gleichfalls anerkannt. Ein wesentlicher Unterschied aber besteht zwischen dem jetzigen und dem früheren Recht. Aus Art. 1 WBG. durfte gefolgert werden, daß für das Recht der allgemeinen Benützung der öffentlichen Gewässer eine Vermutung spreche (vgl. Pözl I S. 47, Seydel 3 S. 255, Meisner S. 185, Oertmann § 95, 3). Jetzt ist Art. 1 weggefallen und aus dem Art. 26 ergibt sich eine Vermutung für das Gegenteil (vgl. auch Anm. 7 zum Art. 2, Dittmann S. 35 Anm. 17). Der Gemeingebrauch ist eine gesetzliche Eigentumsbeschränkung öffentlichrechtlicher Natur und als solche strikt auszulegen. Die Auf­ zählung der Gemeingebrauchsbefugnisse im Art. 26 Abs. 1 ist er­ schöpfend; auf weitere Benützungsarten erstreckt sich der Gemeingebrauch nicht (KorrefRK. S. 59, Erklärung des K. Staatsministers d. I. RRA. S. 172; a. M. Eymann Anm. 1 b; f. auch Anm. 3 Ziff. 7 und 5 Ziff. 7). Der Gemeingebrauch erstreckt sich auf alle öffentlichen Gewässer ein­ schließlich der öffentlichen Seen und Kanäle (Art. 1) und auf alle Privatflüsse

und Bäche, gleichviel, wem sie gehören. Ausgenommen von der Eigentums­ beschränkung des Gemeingebrauchs sind abgesehen vom Falle des Art. 28 die ge­ schlossenen Gewässer einschließlich der Quellen (f. Anm. 12 zum Art. 16) und der nicht öffentlichen künstlichen Wasserläufe (Kanäle usw.). Der Gemeingebrauch erstreckt sich nur auf die Benützung des vorhandenen Wassers. Er gibt kein Recht darauf, daß der Eigentümer des Gewässers das zur Ausübung erforderliche Wasser dem Ausübenden zukommen taffe (vgl. Erkl. d. K. Staatsmin. d. I. RRA. S. 141) und ebensowenig verschafft er dem Aus­ übenden ein Recht auf den Zugang zum Wasser durch die Benützung des Ufergrundstückes. Wenn der Gebrauch nicht ohne eine rechtswidrige Benützung fremder Grundstücke geschehen kann, ist er unerlaubt. Wo nicht öffentliche Wege oder Plätze unmittelbar ans Wasser grenzen, ist also das Eigentumsrecht oder ein dingliches oder obligatorisches Privatrecht auf die Benützung des Ufergrund­ stücks, das als Zugang zum Wasser dient, oder endlich ein dem öffentlichen Recht angehöriges Gebrauchsrecht am Ufergrundstück (vgl. z. B. Art. 5 Abs. 2, Art. 7) Voraussetzung des Gemeingebrauchs. Ein Notwegsrecht zum Waffer gibt es nicht (ebenso Ehmann Anm. 9). Wer fremde Grundstücke widerrechtlich benützt, kann nach § 123 und 368 Ziff. 9 RStGB. strafbar sein. Die Ausübung des Gemeingebrauchs entschuldigt ihn nicht. ANM. 3.

Die einzelne« Arte« des Gemei«gebranchs. Der Gemeingebrauch umfaßt den Gebrauch und damit auch den bestimmungsmäßigen Verbrauch des Waffers zum 1. Schöpfen mit Handgefäßen, auch wenn das geschöpfte Wasser un­ mittelbar aus den Handgefäßen in bereitstehende größere Gefäße geschüttet wird (ebenso Ehmann Anm. 4). Schöpfanlagen dauernder oder vorüber­ gehender Natur sind erlaubnispflichtig (Art. 42). Zu welchem Zwecke das geschöpfte Waffer verwendet wird, ist gleichgültig (KorrefRK. S. 59). 2. Baden. Der Ausdruck bezieht sich nur auf Menschen; die Reinigung der Tiere fällt unter den Begriff des Schwemmens, die der Sachen unter den des Waschens. Zum Baden gehört auch das Schwimmen, auch wenn es nicht zum Zwecke des Badens geschieht. Badehütten und sonstige Anlagen zum Zwecke des Badens fallen unter Art. 42. 3. Waschen, d. h. Reinigung einzelner Körperteile von Menschen oder Tieren und Reinigung von Sachen. Die Benützung von Stoffen, die eine schädliche Veränderung des Wassers zur Folge haben, ist hiebei nicht gestattet, ebensowenig das Waschen bestimmter Gegenstände, wenn es diese Wirkung Hervorrust (Art. 37). Anlagen zum Waschen (Waschpritschen, Waschtreppen y. dgl.) sind nach Art. 42 genehmigungspflichtig. 4. Tränken von Tieren. 5. Schwemmen, d. h. Reinigung von Tieren. Das Einlässen von Ge­ flügel ins Waffer ist nach Ziff. 4 und 5 statthaft (ebenso Meisner S. 190, Ehmann Anm. 7). Im Art. 9 WBG. war das Schwemmen nicht er­ wähnt ; offenbar sollte es im Baden und Waschen inbegriffen sein. Warum Pözl II S. 62 das Schwemmen der Schafe für statthaft ansah, das der Schweine dagegen nicht, ist nicht erfindlich (vgl. auch Seydel 3 S. 255 Anm. 40). Anlagen zum Schwemmen fallen unter Art. 42. 6. Eisbahn. Sie umfaßt den Aufenthalt und jede Art der Fortbewegung auf dem Eise, vor allem das Schlittschuhlaufen, Schlittenfahren, dann das Eisschießen usw. Der Staat ist berechtigt, einzelne Strecken bestimmten Personen oder Vereinen zuzuweisen. In diesem Fall ist ein Eislaufverein befugt, die Benützung der Eisbahn von der Zahlung eines Eintrittsgelds als

Beitrags zu den Kosten der Erhaltung eines geordneten Zustandes der Eis­ bahn abhängig zu machen (vgl. Nieder Art. 16 Anm. 7, Haller ebd. Anm. 8). 7. Herkömmliche andere Gemeingebrauchsarten bleiben unberührt (Begr. 553 II). Das hätte man, wie schon der KorrefRK. (S. 59) anregte, Wohl besser im Gesetze, statt in der Begründung gesagt.

ANM. 4. Die Ausübung des Gemeiugebrauchs und die Staatsgewalt. Unter mehreren, die den Gemeingebrauch ausüben wollen, entscheidet vor­ behaltlich des Art. 27 die Prävention; ein besseres Recht zur Ausübung gibt es nicht; auch die Ufereigentümer haben kein solches (KorrefRK. S. 59). Die Ausübung des Gemeingebrauches kann durch polizeiliche Vorschriften geregelt oder beschränkt werden. Diese Vorschriften können für die Allgemeinheit oder nur für einzelne Personen oder Fälle gelten (vgl. Pözl II S. 51, Meisner S. 185, Schenkel S. 222). Als solche Vorschriften kommen beispielsweise in Betracht die Anweisung von Tränk- und Schwemmplätzen für das Vieh und das Verbot der Benützung anderer Plätze (Art. 9 WBG., Begr. S. 553 II), dann die auf Grund des Art. 79 PStGB. erlassenen ortspolizeilichen Verbote des Badens an bestimmten Orten oder des Betretens einer Eisdecke. Das Baden kann nur durch eine orts­ polizeiliche Vorschrift, das Betreten des Eises an gefährlichen Stellen auch durch eine Verfügung der Ortspolizeibehörde von Fall zu Fall verboten werden (vgl. MinEirtschl. vom 3. Januar 1889, MABl. S. 2). Weiter gehören hieher auch die oberpolizeilichen Vorschriften auf Grund des Art. 126 PStGB., die im Jntereffe der Fischzucht das Einlässen von Enten in Fischwässer während der Schonzeit der darin vorkommenden Fischarten verbieten (§ 17 der Landesfischerei­ ordnung vom 4. Oktober 1884, OLG. München StrS. 4 S. 179). Auch wo solche Vorschriften nicht bestehen, verpflichtet d'e Einlassung von Enten in ftemdes fließendes Fischwaffer während der Schonzeit oder in ftemde Fischteiche innerober außerhalb der Schonzeit den, der die Enten hält, nach Art. 19 des Feld­ schadengesetzes zur Zahlung von Ersatzgeld, es sei denn, daß die Möglichkeit einer Beschädigung der Fische oder der Fischbrut ausgeschlossen war. Das Ersatz­ geld beträgt 5 Pfg. für jede Ente, aber nicht mehr als 10 M für gleichzeitig in größerer Anzahl eingedrungene Tiere. Die Regelung des Gemeingebrauchs durch polizeiliche Vorschriften wird be­ sonders dann Platz zu greifen haben, wenn das Wasser zur Befriedigung der be­ sonderen Nutzungsrechte und des Gemeingebrauchs in seinem ganzen Umfange nicht ausreicht (vgl. Bem. zum Art. 27). Die willkürliche Zurückweisung einzelner Personen oder Personenklaffen ist nicht zulässig, jedoch hat auch wie gesagt kein Gemeingebrauchberechtigter ein Recht darauf, vor andern oder neben ihnen zur Ausübung des Gemeingebrauchs zugelaffen zu werden (vgl. auch Schenkel S. 222). Die Polizeivorschriften können nur mit der einfachen Verwaltungsbeschwerde nach Art. 172 angefochten werden. Die Strafbestimmung, die diese Vorschriften deckt, enthält Art. 206. Soweit nicht das Interesse der Schiff- oder Floßfahrt die Einengung des Gemeingebrauchs durch Bestimmungen der Schiffahrts-, Floß- oder Kanalord­ nungen nötig macht, sind nur polizeiliche Beschränkungen zulässig. Wo das Polizeiinteresse fehlt, darf der Gemeingebrauch nicht eingeengt und vor allem nicht an die Entrichtung von Gebühren geknüpft werden. Das im § 65 der Kanalordnung für den Ludwigs-Donau-Mainkanal vom 9. Januar 1842 enthaltene Verbot, im Kanal zu baden, ihn als Schwemme für Pferde und andere Tiere zu gebrauchen und Wasser aus ihm zu schöpfen, ist also im Jntereffe der Kanalschiffahrt zwar gerechtfertigt (Art. 29), dagegen ist die Er-

Hebung von Gebühren für die Eisbahn auf dem Kanale nicht statthaft (vgl. Verh. d. K. d. Abg. 1903/04 Bd. XIII S. 272 f.). Mit Recht erklärt Dittmann (S. 7) einen Vertrag, durch den der Staat jemand die Eisbahn auf einem Fluß oder das Recht, Vieh zu schwemmen, verpachtet, für nichtig. Der Staat als Flußeigentümer darf zwar einzelne nicht vom Gemeingebrauch ausschließen, ist aber nicht gehindert, das Gewässer überhaupt dem Gemeingebrauch zu entziehen, soweit nicht Rechte dritter entgegenstehen. Die Beteiligten sind auf den Gebrauch des vorhandenen Gewässers beschränkt, haben aber kein Recht darauf, daß ein Gewässer für ihren Gebrauch vorhanden sei (vgl. Erkl. d. K. Staatsministers d. I. RRA. S. 141, Gierke S. 26, Meisner S. 185 f., Oertmann § 95, 3 g, Nieberding-Frank S. 305, Peyrer S. 231, Dittmann S. 35). über die Zuständigkeit vgl. Anm. 9. Anm. 5.

Nicht zum Gemeingebrauch gehörige Beuützuugsarteu. Gebrauchs­ arten, die im Gemeingebrauch im engeren Sinne (Abs. 1) nicht ent­

halten sind: 1. Das Schöpfen mit andern als Handgefäßen, vor allem mit Schöpfanlagen, und die Ausübung der übrigen Gemeingebrauchsarten, wenn dazu eine Anlage erforderlich ist (Art. 42); 2. die Entnahme von Eis, Sand, Kies, Steinen, Schlamm, Erde und Pflanzen und die Goldwäscherei (Art. -26 Abs. 2). Vgl. auch Anm. 6 Ziff. 1. Unter Pflanzen sind nur Wasserpflanzen (auch Weiden) zu verstehen. Besonders wertvolle, zu andern als wasserwirtschaftlichen Zwecken künstlich gezogene Pflanzen fallen nicht unter Art. 26 (Eymann Anm. 14). 3. Die Schiff- und Floßfahrt und die Trift. Sie wurzeln zwar in der Allmend­ eigenschaft des Wassers, zum Gemeingebrauch im engeren Sinne gehören sie aber nicht (vgl. auch Art. 29 und 32). 4. Das Fischen, d. i. die Aneignung nutzbarer Wassertiere aller Art, soweit sie nicht jagdbar sind, also der Fische, Krebse und lebenden Schalentiere (FGE. Art. 1). Die Aneignung der nach der BO. vom 11. Juli 1900 (GVBl. S. 693) jagdbaren Tiere wie des Bibers, der Fischotter, der Sumpfotter (Nörz) und des Wassergeflügels fällt nicht unter den Begriff des Fischens, sondern unter den der Jagd, über das Fangen und Erlegen von Tieren, die den Fischen schädlich sind vgl. FGE. Art. 60. Das Auf­ sammeln leerer Muschelschalen gehört nicht hieher, sondern ist, da auch Abs. 2 keine Anwendung findet, freigegeben, über die Perlfischerei vgl. Anm. 8. 5. Das Sammeln angeschwemmten Holzes. Ein Recht hierauf (Epavenrecht) kennt das WG. nicht; es haben also die §§ 867, 1005, 965 ff. BGB. Anwendung zu finden (Schenkel S. 221 f.). 6. Die Durchfahrt und Viehtrift (durch eine Furt). Sie ist nur gestattet, wenn besondere Rechtstitel dazu berechtigen (anders z. B. sächs. Entw. § 17). 7. Die Einleitung unschädlicher Flüssigkeiten oder anderer nicht fester Stoffe und die Einbringung fester Stoffe, die weder die Eigenschaften des Wassers in schädlicher Weise verändern, noch auf den Wasserabfluß und den Wasserstand nachteilig einwirken (z. B. das Einlegen von Holz, nicht aber von Gerberhäuten, auch nicht das Flachs- und Hanfrösten u. dgl.) ist jedermann gestattet. Diese Befugnisse ergeben sich nicht aus dem Art. 26, sondern e contrario aus Art. 37 und 38 (s. Anm. 4 zum Art. 37, Begr. S. 553 II, KorrefRK.S. 59, Erklärung des K. Staatsministers d. I. RRA. S. 172). Ihrem Charakter nach stehen sie den Gemeingebrauchsbefugnissen gleich; ob

man sie ihnen förmlich zuzählen will, ist eine rein terminologische Frage (vgl. auch RG. 16 S. 178, Meisner S. 190 ff., Oertmann § 95, 3 d). An­ lagen fallen unter Art. 42. Die Entuahme von Materialien «nd die Goldwäicheret bei de« öffentliche« Gewässern «nd den Staatspridatstüffen (Abs. 3 Satz 1). Auch Abs. 2 Satz 1 enthält gesetzliche Eigentumsbeschränkungen. Die Befugnisse, die er gewährt, wurzeln zwar wie der Gemeingebrauch im Sinne des Abs. 1 im Allmendcharakter des fließenden Wassers, aber sie unterscheiden sich vom Gemeingebrauche nach Abs. 1, der nur durch Polizeivorschriften geregelt oder beschränkt werden darf, sehr wesentlich durch die Bindung an eine Er­ laubnis der Staatsgewalt, die nach freiem Ermessen erteilt oder versagt werden kann. Den Namen Gemeingebrauch verdienen diese Nutzungen trotz der Einstellung in den Art. 26 nicht (ebenso Dittmann S. 35). Der erste Satz bezieht sich, wie sofort erkannt wird, nicht auf die Gewässer, die weder öffentlich sind, noch zu den Privatflüffen oder Bächen des Staates ge­ hören, also nicht auf die geschlossenen Privatgewässer (Art. 16). Eine nähere Betrachtung zeigt aber, daß noch weitere Kategorien ausscheiden. Es ist nämlich von der Entnahme aus dem Flußbett öffentlicher Gewässer die Rede. Die geschlossenen öffentlichen Gewässer (Seen, Teiche) und die künstlichen öffentlichen Gewässer (Kanäle) fallen also nicht unter Abs. 2; denn bei ihnen kann von einem Flußbett nicht gesprochen werden. Abs. 2 Satz 1 bezieht sich also nur auf öffentliche Flüsse und Staatsprivatflüsse nach Art. 23. Besondere Berechtigungen sind natürlich Vorbehalten. Liegen sie vor, so bedarf es keiner Erlaubnis der Verwaltungsbehörde; denn diese Erlaubnis ist nur da von Wert, wo sie versagt werden kann. Diese Rechte gehören wohl alle dem Privatrecht an (Sichelschlagsrechte u. dgl.; a. M. Eymann Anm. 17). Der Stadt München steht auf Grund des Burgfriedensbriefes von 1460, bestätigt durch die Generalmandate von 1724 und 1775 (s. auch Anm. 7 zum Art. 8) innerhalb des Burgfriedens allein das Recht zur Abführung von Steinen, Sand usw. aus der Isar zu. Wenn die Stadt dritten die Abführung einräumt, ist sie berechtigt, eine Gebühr hiefür zu erheben (a. M. Eymann Anm. 17, Pözl I S. 67, Reuß S. 42). Di e Erlaubnispflicht besteht für die Entnahme folgender Gegenstände aus dem Flußbett, d. h. dem zwischen den beiden Uferlinien liegenden Raume: A«M. 6.

1. Eis. Das gefrorene Wasser ist also dem nicht gefrorenen nicht völlig gleichgestellt; es ist nicht mehr wie dieses Gemeingut, wie das bisher der Fall gewesen war (MinEntschl. vom 22. Januar 1876, MABl. S. 45). Die zu­ nehmende Bedeutung der Verwertung des Eises besonders in der Brau­ industrie und die hiedurch notwendige Regelung der Eisentnahme unter den Interessenten ließen die Erlaubnispflicht angezeigt erscheinen (Begr. S. 553 II). Auf die Menge des entnommenen Eises kommt es nicht an. Auch die Entnahme geringer Mengen (z. B. für Kranke) ist, wo sie nicht herkömmlich ist (Anm. 3 Ziff. 7) nicht erlaubter Gemeingebrauch nach Abs. 1, sondern erlaubnispflichtige Nutzung nach Abs. 2. Dies Ergebnis mag unzweckmäßig sein, aber es folgt aus dem klaren Wortlaut des Ge­ setzes. Das Entnehmen eines geringen Eisquantums als erlaubtes „Schöpfen" anzusehen (KorrefRK. S. 59 und Regierungserklärung RRA. S. 172) geht doch wohl nicht an. Wo wäre auch die Grenze zwischen freigegebenem Schöpfen nach Abs. 1 und erlaubnispflichtiger Eisentnahme nach Abs. 2? (et. M. Pollwein Art. 9 Anm. 1 und für Württemberg Nieder Art. 16

Anm. 4, Haller ebd. Sinnt. 5, Eymann Anm. 1 b). Aus dem Fischereirecht folgt nicht von selbst ein ausschließliches Recht zur Eisentnahme. Seit dem Inkrafttreten des WBG. konnte ein Privatrecht auf ausschließlichen Bezug von Eis nicht mehr ersessen werden (OGH. N. F. 4 S. 4 ff.). Selbst­ verständlich kann aus der Erlaubnis zur Eisgewinnung kein rechtlicher An­ spruch auf die Erhaltung einer bestimmten Wasserquantität und Wasser­ qualität abgeleitet werden. Wenn z. B. A an einer bestimmten Flußstrecke das ausschließliche Recht der Eisgewinnung hat, so kann dem B gleichwohl an der nämlichen Strecke das Recht eingeräumt werden, eine bestimmte sekundliche Waffermenge aus dem Flusse zu entnehmen, auch wenn A be­ haupten würde, die Quantität und Qualität des Eises leide darunter. 2. Sand, Kies, Steine, Schlamm und Erde. Über das Auffammeln leerer Muschelschalen vgl. Anm. 5 Ziff. 4. 3. Pflanzen und zwar natürlich nur solche, die int Flußbett wachsen, also Wasserpflanzen, nicht auch Bäume, Sträucher oder andere Landpflanzen, die int Wasser stehen (Reuß S. 43, Peyrer S. 230). Auch Rohr, Schilf und Weiden unterliegen int Zweifel dem Aneignungsrechte der Allgemeinheit, aber nur, soweit sie int Flußbett, nicht auch, soweit sie auf Verlandungen wachsen (vgl. Peyrer a. a. O.). 4. Waschgold. Das Staatsregal auf Waschgold besteht nach geltendem Bergrecht nicht mehr (Art. 1 BergG. vom 30. Juni 1900). Die int Abs. 2 erwähnten Stoffe sind Bestandteile des Wassergrund­ stücks und stehen als solche im (Eigentum des Flußeigentümers, aber nur in ihrer Verbindung mit dem Fluß oder seinem Bette. Ein Sondereigentum an ihnen besteht nicht, solange sie nicht selbständige Sachen sind. Vor ihrer Trennung beschränkt sich also das Recht des Flußeigentümers — wenn wir vom Art. 26 Abs. 2 Satz 1 einen Augenblick absehen wollen — grundsätzlich auf ein bevor­ zugtes Besitzergreifungsrecht und auf ein Recht, die Besitz­ ergreifung anderer auszuschließen. So ist die Rechtslage bei den ge­ schlossenen — öffentlichen und privaten — Gewässern und bei den Privatflüssen und Bächen, die nicht dem Staate gehören (vgl. Oertmann § 95, 2 a). Ein anderes gilt von den Gewässern des Abs. 2 Satz 1. Bei ihnen kann der Flußeigentümer die Besitzergreifung an den erwähnten Stoffen nicht ausschließen, vielmehr ist diese nur von einer Erlaubnis derBerwaltungsbehörde, nicht aber von der Genehmigung der das Staatsärar als Flußeigen­ tümer vertretenden Finanzbehörden abhängig. Die Verwaltungsbehörde vergibt nicht Staatseigentum, sondern sie regelt die freigegebene Besitzergreifung unter den Interessenten (Pözl I S. 66). Das Vorzugsrecht des Flußeigentümers hin­ sichtlich der Besitzergreifung besteht nur darin, daß er hiezu einer Erlaubnis der Verwaltungsbehörde nicht bedarf, also keine Versagung dieser Erlaubnis riskieren muß. Ist diese Erlaubnis aber einmal erteilt, so hat der Erlaubnisempfänger ganz das gleiche Recht wie der Flußeigentümer selbst. Da das Besitzergreifungsrecht nach Art. 26 Abs. 2 ein Ausfluß des Eigentums am Flußbett ist, kann es natürlich nicht getrennt von diesem veräußert werden. Die Erteilung oder Verweigerung der Erlaubnis ist wie gesagt reine Ermessenssache. Bei einer Versagung ist nur die Aufsichtsbeschwerde möglich. Rechtsansprüche enthält Abs. 2 ebensowenig wie Abs. 1. Aus diesen Gründen kann die Erteilung der Erlaubnis auch an die Entrichtung einer Gebühr ge­ knüpft werden. Bisher waren u. a. folgende Bedingungen üblich, die auch künftig noch zulässig sein werden: die Gebühr muß vorausbezahlt werden; bei der Ent­ nahme von Material aus dem Flusse darf fremder Grund und Boden ohne Be­ willigung der Eigentümer nicht betreten, der Leinritt nicht zur Ablagerung des

ausgehobenen Materiales benützt, das Eis nicht über die Wasserbauten geschleift werden. Für allenfallsige Beschädigungen haftet der Bezugsberechtigte, der ein fortlaufendes Verzeichnis über die Menge des entnommenen Materiales zu führen und den Beamten und Bediensteten des zuständigen K. Straßen- und Flußbau­ amtes auf Verlangen vorzuzeigen hat. Die Entnähme von Materialien und die Goldwäscherei bei den Privatftässen «nd Bäche« nach Art. 31 «ud 34 (Abs. 3 Satz 3). Bei den Privatflüssen und Bächen nach Art. 21 und 24 besteht keine weitere Eigentumsbeschränkung als die, daß der Flußeigentümer die erwähnten Stoffe nur insoweit aus dem Flußbett entnehmen darf, als dies ohne Nachteil für andere, besonders in bezug auf die Tiefe des Flusses und die Sicherheit der Ufer geschehen kann. Auch die Interessen der Fischereiberechtigten dürfen nicht beeinträchtigt werden (Begr. 553 II). Es handelt sich hier um öffentlichrecht­ liche Eigentumsbeschränkungen, die im Verwaltungsverfahren (Art. 172) auszutragen sind (Eymann Anm. 20; a. M. KorrefRK. S. 59). Da auch die hier in Betracht kommenden Handlungen eine Benützung des Wassers des be­ treffenden Privatsiuffes darstellen, werden in der Regel auch die Art. 45 oder 47 anwendbar sein. Dann greift auch das Berwaltungsrechtsverfahren Platz, das Art. 177 für den Fall des Art. 26 Abs. 2 Satz 2 auffallenderweise ausschließt. Für geschloffene Gewässer gilt diese Eigentumsschranke nicht. Bezüglich der Entnahme von Materialien zur Instandhaltung des Flusses vgl. Art. 80 Abs. 3. AltM. 7.

Andern Personen als dem Flußeigentümer sind keine Besitzergreifungs­ rechte eingeräumt, wenn sie nicht auf Grund besonderer Rechtstitel über solche verfügen. Ein Fischereirecht gewährt eine derartige Befugnis nicht ohne weiteres. Dagegen gehören die Sichelschlagsrechte der Fischer hieher (Begr. S. 553 II; vgl. OGH. 7 S. 262). Die Perlfischerei (Abs. 8). Die Perlfischerei ist Staatsregal, gleichgültig, wem das Gewässer gehört. Rechte dritter sind Vor­ behalten. Der Staat hat eine Anzahl von Perlwässern besonders im bayerischen Walde samt der Perlfischerei veräußert. An diesen Gewässern üben jetzt Private die Perlgewinnung aus.

AUM. 8.

Die Ausübung der Perlfischerei unterliegt den polizeilichen Schutzvorschristen.

Strafbestimmung: Wer unbefugt die Perlfischerei ausübt oder den zu ihrem Schutz erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt, wird nach Art. 203 Ziff. 8 an Geld bis zu 150 M oder mit Hast bis zu 3 Wochen bestraft. Der Re­ gierungsentwurf hatte die milderen Strafbestimmungen des (jetzigen) Art. 204 anwenden wollen. Auf Antrag des RefAK. wurde die jetzige Fassung beschlossen (ABAK. S. 194). Die Bestimmungen des Reichs- und Landesstrafrechts über verbotenes Fischen sind auf die Perlfischerei nicht anwendbar (s. Begr. S. 554 I und Bem. zum Art. 203). Zuständigkeit ««d Verfahren. 1. Die rechtliche Natur des GemeingebrauchsamWasserist vielumstritten. Eine interessante Behandlung der ganzen Rechtslage gibt Dittmann S. 34 ff. Die wichtigsten Fragen sind folgende: Gewährt der Gemeingebrauch ein verfolg­ bares subjektives Recht oder nicht, und gehört das Rechtsver­ hältnis dem öffentlichen oder dem privaten Rechte an? Wir haben bereits gesehen, daß Art. 26 WG. — und nur um dieses haben wir uns hier zu kümmern — öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkungen schafft.

Anm. 8.

Das legt die Annahme nahe, der Verpflichtung, die Ausübung des Gemein­ gebrauchs zu dulden, entspräche ein individuelles Recht, diese Duldung zu fordern, solange das Gewässer nach Art. 26 dem Gemeingebrauch unterworfen bleibt. Dem ist aber nicht so. Der Gemeingebrauch nach Art. 26 gewährt keine subjektiven Rechte, dem verpflichteten Flußeigentümer steht nur die Allgemeinheit, nicht der einzelne als forderungsberechtigt gegenüber. Es handelt sich, wie die Motive zum Württembergischen WG. (S. 70) sagen, „nicht um die Betätigung eines besonderen individuellen Nutzungsrechts der Interessenten, sondern um die Ausübung einer nur in den Schranken der polizeilichen Regelung bestehenden allgemeinen Befugnis zur Teilnahme an den Vorteilen einer der Gesamtheit zur Benützung freistehenden Sache, so daß also auch durch die polizeiliche Erlaubnis, soweit dieselbe für einzelne Nutzungen des Gemeingebrauchs vorgeschrieben ist und erteilt wird, ein Individualrecht nicht be­ gründet wird". Mit Recht führt Pfleghart (S. 42) folgendes aus: „Ob der Anspruch auf Teilnahme am Gemeingebrauch nur als eine Reflexwirkung objektiven Rechtes sich darstelle (Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2. Aufl., S. 74 f.. Anschütz, der Ersatzanspruch aus Vermögensschädi­ gungen durch rechtmäßige Handhabung der Staatsgewalt S. 109) oder als Ausfluß eines allen Staats- oder Gemeindegenossen zustehenden subjektiv­ öffentlichen Rechtes, das sich aus ihrer Gliedstellung im gesellschaftlichen Körper ergibt (Gierke S. 24 ff., Otto Mayer, deutsches Verwaltungsrecht 2 S. 111 ff.), erscheine, ist ... . gleichgültig. Entscheidend ist lediglich, daß unter allen Umständen von der Existenz eines jedem einzelnen zukommenden Individual­ rechts auf den Gebrauch der öffentlichen Sache an einer oder mehreren von ihm ausgewählten Stellen und in einem zum vornherein mehr oder weniger genau um­ grenzten Grade und Maße keine Rede ist. Zum Wesen des Gemeingebrauchs gehört es, daß die öffentliche Sache überall, wo sie zugänglich ist, jedem Staatsangehörigen und jedem mit diesem auf gleichem Fuße zu behandelnden Fremden in dem Umfange zum freien Gebrauch überlassen sei, als dies mit den allen andern in gleichem Verhältnis zustehenden Gebrauchsbefugniffen verträglich scheint". Vgl. noch RG. 6 S. 162, 8 S. 157, 18 S. 259, 52 S. 382 f., Pözl II S. 62, Reuß S. 31, 112, Pollwein Art. 9 Sinnt. 6 und Art. 53 Sinnt. 2, Beilage zum Preuß. Entw. S. 156, Schenkel S. 223, BlfRA. 69 S. 213, Randa S. 45, 163 f., Peyrer S. 228 ff., KorrefRK. S. 59 f., Erkl. d. K. Staatsmin. d. I. RRA. S. 141, Eymann Vordem. II 1 zur Abt. II und Sinnt. 1 c zum Art. 26. Aus der geschilderten Auffassung folgte von selbst die Notwendigkeit, dem Gemeingebrauch, da er keine Individualrechte gewährt, den verwaltungsrecht­ lichen Schutz zu entziehen, der ihm bisher von den meisten Schriftstellern zuerkannt worden war (s. die eben angeführte Literatur und Dittmann S. 35; Württemberg gewährt trotz der oben dargestellten Rechtsauffassung unlogischer­ weise den Verwaltungsrechtsschutz; s. Nieder Art. 16 Vordem. A a unb Sinnt. 13, Haller Art. 16 Sinnt. 14). Selbst wenn übrigens der Gemeingebrauch wirklich individuelle Rechte ent­ hielte, so könnten diese doch wie bereits ausgeführt nur int öffentlichen, nie int privaten Rechte wurzeln (Erkl. d. K. Staatsmin. d. I. RRA. S. 141, Baden § 108 Ziff. 1, Schenkel S. 223). Für den privatrechtlichen Charakter der Gemeingebrauchsbefugnisse sind Regelsberger (Pand. § 113), Jhering, NieberdingFrank S. 266 f., Meisner (S. 185, 187, 228) und Oertmann (§ 95, 3 g, § 96 2 b d ««) eingetreten. Dittmann a. a. O. verficht die Meinung, das Verhältnis des einzelnen Interessenten sei stets ein doppeltes: einerseits stehe er dem Fluß­ eigentümer, andererseits den Mitintereffenten gegenüber; das Verhältnis zwischen den Interessenten und dem Eigentümer gehöre dem öffentlichen, das zwischen den

Mitinteressenten dem Privatrecht an. Diese letzte Behauptung kann nicht als zu­ treffend erachtet werden, wie beim Art. 27 gezeigt werden wird.

2. Ob es gerechtfertigt war, den Gemeingebrauchsbefugniffen den Charakter öffentlichrechtlicher Jndividualberechtigungen und damit den verwaltungsrechtlichen Schutz zu versagen, ist doch fraglich. Das Rechtsverhältnis ist im wesentlichen dasselbe wie beim Gemeingebrauch an öffentlichen Wegen. Dort tote hier handelt es sich um Befugniffe, die zwar nur innerhalb der festgesetzten polizeilichen Schranken und nur so lang ausgeübt werden können, als die Widmung des Objektes zum Gemeingebrauche dauert, die sich aber trotz dieser Beschränkung ihrer Natur nach als dem öffentlichrechtlichen Recht entspringende Berechtigungen des einzelnen, nicht der Gesamtheit, darstellen. Die Befugnis des einzelnen zur Ausübung des Gemein­ gebrauchs an öffentlichen Wegen ist durch Art. 8 Ziff. 34 BGG. mit verwaltungs­ rechtlichem Schutz ausgestattet (vgl. Kahr 1 S. 393 ff.); es wäre also eine ähnliche Maßnahme bezüglich des Gemeingebrauchs an Gewässern wohl zu rechtfertigen gewesen. Immerhin wäre auch die Zuständigkeit der Berwaltungsrechtsinstanzen ebenso wie beim Wegerechte dadurch erheblich eingeschränkt, daß bei Streitigkeiten über den Gemeingebrauch in der Regel privatrechtliche Angriffs- oder Verteidigungs­ mittel Anwendung finden werden, über die im Verwaltungsrechtswege nicht entschieden werden kann — auch nicht inzidenter — und die daher zur gesonderten, für den Verwalttmgsrechtsstreit präjudiziellen Austragung auf dem Zivilrechtswege verwiesen werden müßten (vgl. Kahr 1 S. 391).

3. Einer kurzen Besprechung bedarf noch das Verhältnis des den Ge­ meingebrauch Ausübenden zum Flußbetteigentümer. Wir haben gesehen, daß ein Rechtsanspruch auf fortdauernde Widmung des Flusses zum Gemeingebrauche nicht besteht. Die Entziehung seiner Ausübung des Gemein­ gebrauchs muß sich jedermann gefallen lassen, wenn die Entziehung in poli­ zeilichen Maßnahmen, die auch gegen einzelne statthaft sind, ihren Grund hat, oder wenn die Ausübung nicht nur dem Betroffenen, sondern auch allen übrigen entzogen wird (Meisner S. 185 ff., Dittmann S. 35). Beeinträchtigungen des Gemeingebrauchs durch Handlungen des Flußeigentümers begründen keine Klage auf die Beseitigung oder die Unterlassung der Störung; auch von einer Beschwerde an den Staatsrat oder der Verfassungsbeschwerde an den Landtag (Meisner S. 186) kann mangels eines hiedurch zu wahrenden individuellen Rechtes keine Rede sein (s. Dittmann S. 35 f. und Anm. 18, Eymann Anm. 1 c). Hier hilft — auch gegen private Flußeigentümer — nur die einfache Verwaltungsbeschwerde. Gegen eine unbefugte Entziehung des Gemeingebrauchs durch private Flußeigen­ tümer kann nach Art. 174 und 175 vorgegangen werden. Im Rechte zur Aufhebung des Gemeingebrauchs liegt aber nicht das Recht, die Ausübung des — fortbestehenden — Gemeingebrauchs willkürlich zu stören. Ein solches Vergehen verstieße gegen den Art. 26 und würde gemäß § 823 BGB. einen Schadensersatzanspruch rechtfertigen. Dies gilt für den Staat wie für den Privatflußeigentümer; Voraussetzung ist jedoch stets eine schuldhafte Störung, die aber auch dann, wenn der Staat als Träger des Fluß­ hoheitsrechtes Verfügungen trifft, nicht schlechthin ausgeschlossen ist (s. Dittmann S. 35 f.). 4. Nach dem Gesagten sind also Streitigkeiten über den Gemeingebrauch Verwaltungsermessenssachen, da das Gesetz individuelle Gemeingebrauchsrechte nicht anerkennt (vgl. KorrefRK. S. 59 f.). Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach Art. 172. Greift die Ausübung des Gemeingebrauchs in ein Privatrecht ein, so steht, wie Eymann (Anm. 1 c) zutreffend ausführt, nicht der Bestand des Gemeingebrauchs, sondern der des Privatrechts in Frage, es

find also die Gerichte zuständig. Streitigkeiten über die NutzungsBefugnisse des Abs. 2 sind wie schon im bisherigen Rechte reine Er­ messenssachen.

5. Das Verfahren Bei der ErlanBniserteilung nach ABs. 2 regeln die §§ 58—67 VB. Zuständig ist nach § 4 ABs. 1 VV. und § 62, 65 VB. das Straßen- und FlußBauamt, Bei den Flüssen, die zu dem der Forstderwaltung unterstehenden Staatsgute gehören, das Forstamt. Bei der ErlauBniserteilung ist das Maß und die Art der Benützung samt den Bedingungen einschließlich der zu erheBenden GeBühren genau festzulegen. Die ErlauBnis soll sich in der Regel nur auf die Dauer des laufenden Kalenderjahres erstrecken. Die GeBührenerheBung (vgl. Bem. zum Art. 73) Bemißt sich nach den vor Art. 73 aBgedruckten §§ 166—174 VB. Die Gebühren sollen mäßig sein und können unter gewissen Voraussetzungen ganz erlassen werden. Sie bestimmen sich nach dem Rauminhalt der entnommenen Gegenstände, bei Weiden nach der Stückzahl oder nach Bunden, bei anderen Pflanzen nach der Grundfläche des Bodens, bei der Goldwäscherei nach dem Umfang des Unternehmens.

Ausübung des Gemeingebrauchs.

«Wwf 97

Der Gemeingebrauch darf nur in der Weise ausgeübt werden, daß da­ durch der Gemeingebrauch anderer oder die besonderen Rechte dritter nicht gefährdet oder ausgeschlossen werden.

Anm. 1.

Der Gemeingebrauch und die WafferuutzungSrechte. Daß der Ge­ meingebrauch ein Überrest des Allmendcharakters der nicht ge­ schloffenen Gewässer ist, macht sich auch darin geltend, daß er nicht etwa aus­ schließende Befugnisse gewährt, sondern nur mit Rücksicht auf die gleich­ artigen Befugnisse der übrigen Volksgenoffen ausgeübt werden darf. Auch heute noch ist ja der Gemeingebrauch als eine Befugnis des Volks als solchen, der Allgemeinheit, aufzufassen und die Konstruktion von individuellen Rechten zum Gemeingebrauch wenigstens nach dem WG. abzulehnen. Daraus folgt von selbst, daß der Gemeingebrauch hinter allen Wasserbenützungsrechten zurücksteht. Auch die Schiff- und Floßfahrt an öffentlichen Gewässern geht dem Gemeingebrauch vor. Das liegt in der Natur der Sache (ebenso Nieberding-Frank S. 305, Schenkel S. 239). Bon der Trift bei Triftgewäffern gilt wohl Dasselbe. Durch die Erlaubnis nach Art. 42 werden individuelle Rechte geschaffen; auch diese gehen also dem Gemeingebrauche vor. Die Behörde, die die Erlaubnis erteilt, wird aber bei der Erteilung auch auf die Wahrung der Interessen des Gemeingebrauchs Bedacht zu nehmen haben (s. auch Nieberding-Frank S. 305, Württemberg Art. 19, 37, Nieder Anm. 3 zum Art. 19, Haller Anm. 4 zum Art. 19, Peyrer S. 229, Schenkel S. 239, aber auch Meisner S. 184 ff.).

Daß besondere Rechte dritter durch die Ausübung des Gemeingebrauchs weder ausgeschlossen noch gefährdet werden dürfen, ist im Art. 27 überflüssiger­ weise besonders hervorgehoben. Ein Streit über die Beeinträchtigung eines solchen Rechts durch den Gemeingebrauch ist kein Streit um den Gemeingebrauch, sondern ein Streit um das Recht. Ist dieses ein privates, so haben die Gericht e den Streit zu entscheiden (vgl. Eymann Anm. 2).

Durch eine Auflage nach Art. 59 AG. z. BGB. zugunsten des Ge­ meingebrauchs können den am Gemeingebrauch Beteiligten individuelle Rechte erwachsen (vgl. Anm. 1 zum Art. 43 und Dittmann S. 37).

AltM. 2. Kollistoue« bei der Ausübung des Gemeingebrauchs mit dem Ge­ meingebrauch der ander«. Vgl. zunächst Anm. 9 zum Art. 26. Die Ansicht Meisners (S. 189), daß mit den Wassergesetzen die bisher zu ihrer Ergänzung verwendeten Rechtsquellen auch nach dem Inkrafttreten des BGB. aufrecht erhalten seien, so daß der Gemeingebrauch noch heute durch das interdictum ne quid in flutnine publico fiat geschützt werde, hat Oertmann (§ 95, 3 g) in zutreffenden Ausführungen widerlegt. Aber ebensowenig kann es gebilligt werden, wenn Oertmann selbst aus einzelnen Rechtssätzen des WBG. (Art. 18 Abs. 2, 7 Abs. 2) folgern will, daß die Annahme eines absolut wirkenden Privatrechts auf den Gemeingebrauch „einigermaßen sichergestellt" sei (s. auch Dittmann S. 36). Dittmann (S. 35) macht einen Unterschied zwischen dem Ver­ hältnis des den Gemeingebrauch Ausübenden zum Flußbetteigentümer und zu den Mitintereffenten; jenes soll dem öffentlichen, dieses dem Privatrecht ange­ hören. In den Fällen, auf die § 823 BGB. nicht anwendbar sei, müffe nach dem allgemeinen Grundsätze, daß im modernen Rechte jeder gesetzlich anerkannte und geschützte Zustand auch einen gerichtlich verfolgbaren Anspruch gegen den Störer gewähre, eine lediglich auf den den Gemeingebrauch bestätigenden Be­ stimmungen des WG. aufgebaute Klage eingeräumt werden. Diese Klage sei nach dem Wesen des Gemeingebrauchs als einer bloßen Reflexwirkung nicht als eine actio quasi negatoria, sondern als eine modernisierte iniuriarum actio generalis aufzufassen. Da der Gemeingebrauch keine subjektiven Rechte gewährt, so kann u. E. auch von einem zivil- oder verwaltungsrechtlichen Schutz der Ausübung gegen die Mitinteressenten keine Rede sein. Die Be­ stimmungen des WG. über das Ausgleichsverfahren (Art. 65 ff.) betreffen nur Rechte am Wasser, sind also gleichfalls nicht anwendbar. Es unterliegt nun keinem Zweifel, daß Art. 27, der gebietet, den Gemeingebrauch so auszuüben, daß dadurch der Gemeingebrauch anderer nicht gefährdet oder ausgeschloffen werde, als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. zu betrachten ist, so daß also schuldhafte Störungen durch die Mitinteressenten eine Schadensersatz­ pflicht auf Grund der §§ 823 ff. BGB. erzeugen. Liegt dagegen kein Verschulden vor, so können Kollisionen zwischen den Mitinteressenten nur durch ein Ein­ greifen der Verwaltungsbehörden behoben werden. Diese können poli­ zeiliche Vorschriften zur Regelung der Ausübung des Gemeingebrauchs erlaffen (Art. 26 Abs. 1; vgl. Anm. 4 zum Art. 26), deren Übertretung nach Art. 206 Abs. 2 strafbar macht, und sie können auch nach Art. 174 und 175 die er­ forderlichen Maßnahmen treffen und ihre Beachtung erzwingen. Sie haben die kollidierenden Interessen gegen einander abzugrenzen und jedem das zulässige Maß der Benützung zuzuweisen. Gegen die Anordnungen der Verwaltungs­ behörden ist nur die Beschwerde nach Art. 172 zulässig (s. auch Schenkel S. 222 und Eymann Anm. 1 c zum Art. 26 und Anm. 1 zum Art. 27).

ANM. 3. Störungen des Gemeingebrauchs durch Richtbeteiligte.

Wird die Ausübung des Gemeingebrauchs durch Nichtteilnehmer am Gemein­ gebrauch schuldhaft gestört, so greift wieder § 823 Abs. 1 und 2 BGB. Platz. Liegt kein Verschulden vor, so ist gleichfalls nur ein Eingreifen der Verwaltungs­ behörde möglich. (Dittmann will auch in diesen Fällen die oben besprochene iniuriarum actio generalis gewähren). Der von Oertmann (§ 95, 3 g) angeführte Fall, daß ein ohne Verschulden eines Beteiligten im Fluffe versenktes oder stecken

gebliebenes Wrack den Gemeingebrauch hindert, ist also nicht dahin zu entscheiden, daß jeder am Gemeingebrauch Interessierte die Wegräumung mit einer zivilrechtlichen Klage verlangen dürfte (a. M. Oertmann a. a. O., Dittmann S. 37). Die Interessenten werden sich vielmehr an die Verwaltungsbehörden zu wenden haben, die die Beseitigung des Wracks veranlassen wird. Die Art. 174 und 175 werden hier wohl immer zum Ziele führen (vgl. auch RG. 43 S. 293).

Inanspruchnahme von Wasser in Notfälle«.

Art. 28.

In Fallen gemeiner Gefahr ist die Entnahme von Wasser aus öffent­ lichen und Privatgewässern ohne Entschädigung zulässig. Für den hierbei an Grundstücken oder Anlagen entstehenden Schaden kann von der Gemeinde Ersatz verlangt werden. Abs. 2. Entsteht durch die Entnahme des Wassers ein unverhältnis­ mäßiger Schaden, so ist dem Beschädigten insoweit Ersatz zu leisten, als die Billigkeit nach den Umständen eine Schadloshaltung erfordert. A«M. 1.

Das Recht zur Wasserentnahme ans geschlossenen Gewässer« bei ge­ meiner Gefahr.

Der Regierungsentwurf statuierte nur ein Notrecht zur Entnehmung von Wasser aus geschlossenen Gewässern. Der KorrefRK. (S. 60) wies darauf hin, daß der Gemeingebrauch nach Art. 26 sich nicht auf geschlossene Privatgewässer erstrecke, zu denen nach Art. 16 auch Seen von sehr beträchtlicher Größe ge­ hörten, und bezeichnete es als fraglich, ob die Feststellung der Begründung, daß an einem bisher herkömmlichen, vom Eigentümer des Gewässers gestatteten Ge­ meingebrauche nichts geändert werden solle, genügend sei (vgl. auch Anm. 3 Ziff. 7 zum Art. 26), erreichte aber keine Änderung des Art. 26 (RRA. S. 173). Ferner regte er die Erwägung an, wie es sich mit der Entnehmung von Wasser aus den öffentlichen Gewässern und den Privatflüssen und Bächen verhalte, da auch an diesen nur ein beschränkter Gemeingebrauch (Schöpfen mit Handgefäßen) zulässig sei. Sein Antrag, dem Art. 28 und den Randworten die nunmehrige Fassung zu geben, wurde im RRA. (S. 173) angenommen. Das Notrecht des Art. 28 besteht also an allen öffentlichen und privaten Gewässern. Es gewährt die Befugnis, in Fällen gemeiner Gefahr Wasser aus dem betreffenden Gewässer ohne Entschädigung zu entnehmen. Der Begriff der gemeinen Gefahr ist im gleichen Sinne zu fassen, wie in den §8 312 und 313 RStGB. Unter Gefahr ist ein Zustand zu verstehen, der nach menschlichem unbefangenem Ermessen eine Verletzung der geschützten Rechtsgüter mit Grund befürchten läßt (Liszt, Lehrbuch des Strafrechts § 27 III). Unter gemeiner Gefahr versteht man eine Gefahr für eine individuell nicht bestimmte und begrenzte Anzahl von Personen und Sachen, also „eine Gefahr von unbestimmter Richtung und Tragweite" (Merkel, Lehrbuch des deutschen Strafrechts S. 352). Daß Gefahr für einen einzelnen, aber unbestimmt für wen, oder nur für eine einzelne Sache, aber unbestimmt für welche, gegeben sei, genügt nicht (RGSt. 5 S. 309, Rechtspr. 5 S. 557, 7 S. 577, Olshausen § 312 N. 4; a. M. Liszt a. a. O. § 147 III3). Ob eine gemeine Gefahr (Feuers­ brunst, Überschwemmung, unerträglicher Wassermangel für Menschen und Tiere u. dgl. werden hauptsächlich in Betracht kommen) vorliegt oder nicht, ist nach der Lage des Falles zu beurteilen. Feste Regeln können nicht aufgestellt werden. Gemeine Gefahr berechtigt zur Entnehmung von Wasser aus

öffentlichen oder Privaten Gewässern ohne Beschränkung auf bestimmte Arten der Wafferentnehmung. Es ist also auch die Anwendung von Pumpen und andern unter Art. 42 fallenden vorübergehenden Anlagen zulässig (vgl. KorrefRK. S. 60 und RRA. S. 173), ja sogar Ableitungen sind statthaft (Ey­ mann Anm. 3). Auch das Betreten fremden Eigentums, ja das Beschädigen fremder Sachen ist zulässig, wenn es zur Abwendung der Gefahr nach menschlichem Ermessen nötig war. Bestrafungen nach §§ 123, 303, 304, 368 Ziff. 9 RStGB. usw. sind in derartigen Fällen ausgeschlossen, weil auf Grund des Art. 28 ein Recht zu solchen Handlungen bestand. Wer die Entnahme des Wassers zu bestimmen hat, richtet sich nach dem einzelnen Dringlichkeitsfall (Begr. S. 554 11) (Polizeibehörden, Feuerwehrkommandos u. a.). Der Eigentümer ist wenn möglich vorher zu hören (Schenkel S. 224).

A«M. 2

Die Verpflichtung zum Ersätze des a« Grundstücke« und Anlagen durch die Wasterentnehmnng entstandenen Schadens. Für die Entnehmung des Wassers wird vorbehaltlich des Abs. 2 keineEntschädigung gewährt. Darin liegt ein neuer Enteignungsfall, es bedurfte also zum Zustandekommen dieser Gesetzesbestimmung der strengeren Formen des Tit. X § 7 BU. (Begr. S. 554 1). Für den Schaden an Grundstücken und Anlagen kann, soweit er unvermeidlich war, von der Ge­ meinde Ersatz verlangt werden. Diese Bestimmung ist ein Gegenstück zum Art. 19 in seiner ursprünglichen Fassung, der das Gemeinwohl mit dem Interesse des Staates, einer Gemeinde oder Ortschaft identifizierte und daher diesen Rechtssubjekten Verpflichtungen zur Wahrung jenes Interesses auferlegte. Es ist fraglich, ob diese Auslegung des Begriffes „Gemeinwohl" das Richtige trifft; noch bedenklicher aber erscheint es, die Gemeingefahr als eine Gefährdung der Gemeinde zu betrachten und daher in allen Fällen diese für den Schaden aufkommen zu lassen, der zur Abwendung der Gefahr erforderlich wurde. Zunächst drängt sich die Frage auf, warum man nicht ähnlich wie im Art. 19 Abs. 3 des Regierungsentwurfs auch die Ortschaften in den Kreis der Verpflichteten ausgenommen hat. Beispiel: Eine Gemeinde besteht aus zwei Ortschaften, die beide etwa 30 Anwesen zählen und verhältnis­ mäßig weit voneinander entfernt sind. Warum soll die Ortschaft A für den Schaden mitaufkommen, der einem Gutsbesitzer in B an seinen Grundstücken oder Anlagen bei einem Brand in B durch Handlungen nach Art. 28 zugefügt wird? Die Frage wird noch bedeutungsvoller, wenn in A der Hauptsache nach arme Taglöhner und Fabrikarbeiter, in B aber begüterte und gegen Feuersgefahr wohl versicherte Anwesensbesitzer wohnen. Daß die Gegenseitigkeit unter den beiden Ortschaften gewährleistet ist, rechtfertigt nicht die Überwälzung der Ersatzpflicht von der Ortschaft auf die Gemeinde. Im übrigen ist auch keineswegs immer das Interesse der Gemeinde in dem Maße beteiligt, daß es gerechtfertigt wäre, ihr die Ersatzpflicht aufzuerlegen. Erst nach der Vollendung der Rettungs­ arbeiten kann sich herausstellen, daß diese nicht, wie man annehmen mußte, im Interesse der Allgemeinheit, sondern nur im Interesse eines einzelnen, vielleicht des gut versicherten reichsten Anwesensbesitzers in der Gemeinde waren. Trotz­ dem müssen ihm auch die weniger bemittelten Steuerzahler der Gemeinde den Aufwand nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 tragen helfen (vgl. übrigens auch Schenkel S. 225). Die zweckmäßige Regelung des Notstandsrechtes in den §§ 228, 904 BGB. hätte den Art. 28 wohl entbehrlich gemacht (s. auch Eymann Anm. 1). Die Entschädigungspflicht trifft natürlich die Gemeinde, der die Gefahr droht, nicht notwendig die, in deren Bezirke das Gewässer liegt (RefRK. S. 16 und Harster-Casslmir, Wassergesctz. 12

178

Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

RRA. S. 173). War die Wasserentnehmung im Interesse mehrerer Gemeinden, so sind sie nach Maßgabe ihres Interesses haftbar. Die Feststellung des Interesses ist im Streitfälle Sache des Gerichts. Über die Feststellung der Entschädi­ gung vgl. Art. 195. Die Gemeinde und die durch die Wasserentnehmung beschädigten Berechtigten haben auf Grund der §§ 823 ff. BGB. Ersatzan­ sprüche gegen die Verursacher des gemeingefährlichen Ereigniffes, wenn diesen ein Verschulden zur Last fällt (vgl. Begr. S. 554 II). Auch culpa genügt (vgl. Eymann Anm. 5). Dagegen kann die Gemeinde für ihre Leistungen auf Grund des Abs. 1 Satz 2 nach dem offenkundigen Willen des Gesetzes nicht etwa nach §§ 812 ff. BGB. von dem Ersatz verlangen, dessen Interessen die Handlungen gedient haben, die zur Schadenszufügung führten. Art. 195 bezieht sich natürlich auf diese Rückgriffsansprüche nicht (Eymann Anm. 6). A«M. 3. Die VerpMchtung Z«m Ersätze des durch die Wasserentnehmnug eutstaudeue« Schadens (Abs. 3). Im Gegensatze zur Beschädigung von Grundstücken und Anlagen (Abs. 1 Satz 2) ist für den durch die Entnehmung des Waffers zugefügten Schaden in der Regel kein Ersatz zu leisten; doch soll unverhältnismäßiger Schaden — Begr. S. 554 I erwähnt die Zerstörung der Fischbrut durch Auspumpen eines Weihers als Beispiel — insoweit ersetzt werden als die Billigkeit nach den Umständen es erfordert. Diese dem § 13 Abs. 3 des badischen Wassergesetzes nachgebildete Bestimmung ist ebensowenig ein­ wandfrei wie der erste Absatz. Ein Gebot der Billigkeit „nach den Umständen" zur Grundlage eines Rechtsanspruches zu machen, ist trotz des durch § 829 BGB. gegebenen Vorbilds nicht unbedenklich; denn diese Bestimmung ist so dehnbar, daß ein Streit über die EntschädigungsPflicht in den seltensten Fällen zu ver­ meiden sein wird. Wer den Schaden ersetzen muß, ist im Gesetze nicht gesagt. Offenbar wollte man auch diese Last der Gemeinde aufbürden (s. auch Eymann Anm. 8). Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt nach Art. 195.

Zuständigkeit. Streitigkeiten haben die Gerichte zu entscheiden vor­ behaltlich des Art. 195. Es wird sich wohl stets nur um Schadensersatzprozeffe handeln, in denen das Notrecht inzidenter zu würdigen ist (s. auch Eymann Anm. 1). Subjektive Rechte, die für sich allein gegen den Gewässer­ eigentümer mit einer Klage geltend gemacht werden können, gewährt Art. 28 nicht (vgl. auch Art. 26 Anm. 9). ANM. 4.

Abschnitt II.

Schiffahrt, Floßfahrt, Trift Titel 1.

SchG und Zlotzsahrt. Schiff- «ud Flotzsahrt.

Art. 29.

Die Benützung der öffentlichen Flüsse und staatlichen Kanäle (Art. 1 Abs. 1) zur Schiff- und Floßfahrt steht vorbehaltlich der Bestimmungen der Staatsverträge und vorbehaltlich der näheren Regelung dieser Benützung durch Schiffahrts-, Floß- und Kanalordnungen jedem frei. Abs. 2. Auch für die Benützung der für die Schiff- und Floßfahrt eingerichteten Privatgewässer können Schiffahrts- und Floßordnungen erlassen werden. Abs. 3. Die Einlegung der Kette oder einer ähnlichen Vorrichtung in einen öffentlichen Fluß zum Schiffahrtsbetrieb unterliegt der Genehmigung der Staatsregierung. Vollzngsbekauntmachung.

§ 68. Schiffahrts-, Floß- und Kanalordnungen (Art. 29 Abs. 1 und 2, Art. 30 Abs. 1) werden im Wege der oberpolizeilichen Vorschriften erlassen (§ 7 der Vollzugsverordnung). Solche Vorschriften können von der Kreisregierung für den betreffenden Regierungsbezirk, sowie von den zuständigen Staatsministerien für einzelne Regierungsbezirke oder für den Gesamtumfang des Staatsgebietes erlassen werden (Art. 7 des Polizeistrafgesetzbuchs). Schiffahrts-, Floß- und Kanalordnungen zur Regelung der Benützung der öffent­ lichen Flüsse und staatlichen Kanäle zur Schiff- und Flotzfahrt werden in der Regel schon wegen ihrer zwischenstaatlichen Bedeutung durch die zuständigen Staatsministerien erlassen. Soweit Schiffahrts-, Floß- und Kanalordnungen zur Regelung der Benützung der öffentlichen Flüsse und staatlichen Kanäle (Art. 29 Abs. 1), sowie Schiffahrts- und Floßordnungen für die Benützung der im Staatseigentum stehenden Seen mit Schiffen und Flößen lArt. 30 Abs. 1) von den Kreisregierungen ausgehen, sind die Ordnungen vor ihrer Erlassung oder Abänderung dem Staatsministerium des Innern vorzulegen. Schiffahrts- und Kanalordnungen der vorbezeichneten Art sind vor der Vorlage an das Staatsministerium seitens der Kreisregierung der zuständigen Eisenbahndirektion zur Äußerung mitzuteilen.

A«M. 1. Technisches über die Schiff- «ud Flostfahrt.

I.

Die Schiffahrt.

1. Über den Begriff vgl. Sinnt. 4 11 zum Art. 1. Die Binnenschiff­ fahrt findet auf schiffbaren Flüssen und auf Seen, auf kanalisierten Flußstrecken und auf Schiffahrtskanälen statt.

2. Als schiffbar pflegt man nur solche Flüffe anzusehen, auf denen ein regelmäßiger Personen- oder Güterverkehr möglich ist. An die Beschaffenheit der Wafferstraßen, welche in allen Ländern neben dem Meere die ersten und zwar von der Natur geschaffenen Verkehrswege bildeten, wurden anfangs nur be­ scheidene Anforderungen gestellt; denn die Masse der auszutauschenden Güter war nicht groß, so daß ein Fluß, auch wenn er nur mit kleinen Fahrzeugen befahren werden konnte, noch immer bessere Dienste leistete als der Saumpfad oder der ost unbefahrbare Landweg. Mit der Ausbreitung des an den Wasserstraßen ent-

standenen Kulturlebens wuchsen die Ansprüche hinsichtlich des Grades der Schiffbarkeit eines Flusses. Es wurde eine künstliche Verbesserung der Schiffbarkeit der Flüsse sowie die Herstellung künstlicher Wasserstraßen notwendig. Von großer Wichtigkeit ist es, den erreichbaren Grad der Schiffbarkeit des einzelnen Flusses richtig zu beurteilen und hiebei nach einem ein­ heitlichen Plane zu arbeiten. Die Schiffbarkeit eines Muffes hängt in erster Linie von der Wass er tiefe an den seichtesten Stellen der Fahrrinne ab, da sich nach ihr der zulässige Tiefgang der Schiffe richtet. Außerdem muß die Fahr­ rinne auch hinreichend breit und frei von scharfen Krümmungen sein. Aufgabe der Flußregulierung ist es, die einzelnen Schiffahrtshindernisse zu beseitigen. Doch ist bei jedem Muffe für die erreichbare größte Fahrtiefe eine Grenze gesetzt, da die von Natur aus vorhandene Waffermenge eines Flusses sich im allgemeinen nur durch Zuleitung aus einem andern Mederschlagsgebiete vergrößern läßt. Die Schaffung und Erhaltung einer beliebig großen Fahrtiefe durch Regulierung ist unmöglich. Gründliche Beobachtung der vorhandenen regelmäßigen Fluß­ strecken und sorgfältige hydrotechnische Untersuchungen führen zur Bestimmung des richtigen Verhältnisses zwischen der Breite und Waffertiefe eines Flusses. 3. Gehen die Anforderungen der Schiffahrt über das erreichbare Ziel der Mußregulierung hinaus, so bildet die Kanalisierung eines Flusses die Mög­ lichkeit, seine Wassertiefe zu vermehren. Zu diesem Zwecke baut man Wehre in den Flußlauf, durch welche das Niederwasser bis zu einer Höhe aufgestaut wird, daß zwischen je zwei Wehren auf die Länge dieser Flußstrecke (3—10 km), Haltung genannt, überall die von der Schiffahrt verlangte größte Fahrwasser­ tiefe vorhanden ist. Es sind dies meistens bewegliche Wehre, deren Kon­ struktion zum größten Teil bei starken Anschwellungen des Flußlaufes leicht aus dem Wasser entfernt werden kann. Sind die Wehre niedergelegt, so hört die Stauwirkung auf und der Flußlauf erhält wieder sein natürliches Aussehen. Da jedes Wehr eine Gefällsstufe (Staustufe), also einen Höhenunterschied zwischen einem Ober- und Unterwafferspiegel bildet, so muß zur Ermöglichung der Schiff­ fahrt neben diesen Wehren eine Kammerschleuse eingebaut werden. Man versteht darunter ein Bauwerk, das aus zwei senkrechten oder geböschten Seiten­ wänden und einem oberen und unteren Abschlußtor besteht. Soll nun ein Schiff vom Unterwasser nach dem Oberwasser gehoben werden (es finden Höhen­ unterschiede bei Schleusen bis zu 10 m statt), so bleibt das obere Tor ge­ schloffen, das untere Tor wird geöffnet und das Schiff fährt in die Kammer hinein. Nach Schließung des unteren Tores wird nun mittels sogenannter Um­ laufkanäle, die durch Schützen reguliert werden, aus dem Oberwasser so lange Wasser in die Kammer geleitet, bis sie bis zur Höhe des Wasserspiegels der oberen Haltung angefüllt ist. Nun wird das obere Tor geöffnet und das Schiff fährt aus der Schleusenkammer heraus, es ist „durchgeschleust". In ähnlicher Weise vollzieht sich die Durchschleusung eines Schiffes von der oberen nach der unteren Haltung (vgl. die Skizze auf S. 182). In Flüssen mit Floßfahrt werden die Wehre für den Durchgang der Flöße auch mit einer besonderen Floßrinne versehen, deren 9 bis 12 m breite Öffnung mit einem leicht und rasch beweglichen Verschluß (Trommelwehr, Nadelwehr, Walzenwehr, Schützen usw.) versehen ist. Die Floßrinne soll so gelegt werden, daß die Flöße bequem durchfahren können und möglichst wenig ihre Richtung zu ändern brauchen. Planmäßige Flußkanalisierungen haben sich erst seit dem Jahre 1834 entwickelt, zu welcher Zeit Poirse die nach ihm benannten Nadelwehre mit nmlegbaren eisernen Wehrböcken zum ersten Male ausführte. In Bayern harrt das

Projekt der Kanalisierung des Mains zwischen Hanau und Aschaffenburg auf baldige Verwirklichung, wodurch Bayern an die Großschiffahrtsstraße des Rheins angeschloffen wird. Durch die Kanalisierung des Mains wird bis Aschaffenburg eine Fahrwaffertiefe von mindestens 2,50 m geschaffen, so daß künftig die Schiffe von der Rheinmündung an ununterbrochen bis Aschaffenburg fahren können, woselbst in den dort zu erbauenden Hafenanlagen ihre Ladungen auf die Eisen­ bahn oder in kleinere Mainschiffe oder aber auf Landfuhrwerke umgeschlagen werden. Als Hauptmaffengut kommen die für den Betrieb der bayerischen Staats­ eisenbahnen erforderlichen Ruhrkohlen in Betracht. Während bisher im Hafen zu Gustavsburg bei Mainz diese Kohlen aus den Rheinschiffen auf die Eisenbahn umgeschlagen wurden, werden nach der Ausführung der Mainkanalisierung die Kohlenschiffe die billigere Wafferstraße bis Aschaffenburg benützen; dort sollen die Kohlen auf großen Lagerplätzen am Hafen gelagert und je nach Bedarf als­ dann mit der Eisenbahn den einzelnen Stationen des Landes zugeführt werden.

4. Als dritte Gattung von Schiffahrtsstraßen sind die künstlichen Wafferstraßen zu bezeichnen, nämlich die Schiffahrtskanäle. Während den Flüssen von der Natur ein bestimmtes Bett vorgezeichnet und auch die ihnen zukom­ mende Wassermenge von einem ganz bestimmten Niederschlagsgebiet abhängig ist, muß bei einem Schiffahrtskanal sowohl das Bett künstlich gegraben als auch das für die Schiffahrt erforderliche Wasser künstlich herbeigeschafft und angesammelt werden. Namentlich der letztere Punkt bildet das unter­ scheidende Merkmal zwischen einer natürlichen und künstlichen Wafferstraße, während hingegen auch einem Flusse z. B. durch Anlage eines Durchstiches streckenweise ein künstlich gegrabenes Bett zugewiesen werden kann, ohne ihn in­ dessen zur künstlichen Wafferstraße dadurch zu machen. Die Schiffahrtskanäle werden zur Verbindung vorhandener natürkicher Wasserstraßen, d. h. der größeren Flüsse und Ströme in Form von treppenartig aneinandergereihten Strecken mit horizontalem Wasserspiegel, Haltungen genannt, künstlich hergestellt und an den einzelnen Stufen durch Kammerschleusen, neuerdings auch durch Schiffshebewerke und schiefe Ebenen ab­ geschlossen. Solche Kanäle überschreiten die Wasserscheide zwischen zwei Flüssen am Orte einer Einsattelung. Die oberste Haltung heißt Scheitelhaltung, welche möglichst lang und gleichzeitig als Wasserbehälter angelegt werden soll; denn in der Scheitelhaltung ist der Wasserverbrauch am größten, da von ihr aus beim Durchschleusen der Schiffe nach beiden Richtungen hin Wasserverbrauch stattfindet, während allen übrigen Haltungen stets das Wasser von der zunächst oberhalb gelegenen Haltung beim Schleusen zufließt. Die reichliche Speisung der Scheitelhaltung mit Wasser bildet eine Haupt­ bedingung für die Leistungsfähigkeit eines Kanales. Man entnimmt das erforder­ liche Speisewqffer entweder einem oberhalb gelegenen Wasserlaufe mittels Gefällleitung oder aber aus einem tiefer gelegenen Wasserbehälter durch Pumpanlagen.

182

Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

Oft müssen auch Sammelteiche angelegt werden, um für die wafferarme Zeit einen Wasservorrat zu schaffen. Mit der Einführung und stetigen Entwicklung der Eisenbahnen befürchtete man, daß die Schiffahrtskanäle ihre Lebensfähigkeit verlieren würden. Doch das Gegenteil bewahrheitete sich. Die Zahl der Kanäle ist, namentlich auch in Deutschland, im Wachsen begriffen, die Leistungsfähigkeit derselben wird immer mehr gesteigert; die neuesten Kanalschiffe besitzen eine Tragfähigkeit von 600 bis 750 t.

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Neben der früher allein benützten Schleuse dienen heutzutage bei manchen Kanälen Hebewerke und schiefe Ebenen zur Überwindung des WafferstandsUnterschiedes zweier Kanalhaltungen. Hebewerke haben den Vorteil, daß man bis jetzt Höhenunterschiede bis zu 16 m zu überwinden vermag und daher mög­ lichst lange Haltungen mit nur wenigen Stufen von größerer Höhe anlegen kann. Die Schiffe, die sonst mehrere Schleusen zu passieren hätten, gewinnen durch die Zusammenziehung des Gefälles an wenigen Stellen bedeutend an Zeit. Ein Hebewerk besteht im allgemeinen aus einem eisernen Trog, der mit Waffer gefüllt ist und zur Aufnahme des von einer Kanalhaltung nach der andern zu verbringenden Schiffes dient. Der Trog wird auf hydraulisch betriebenen Kolben auf- und abwärts bewegt. Der Vorteil der Hebewerke beruht ferner in dem Er­ sparnis an Wasser, das bei Durchschleusungen nötig ist, doch sind die Herstellungs­ kosten sehr bedeutend. Bis jetzt befindet sich in Deutschland nur am DortmundEmskanal bei Henrichenburg ein Schiffshebewerk von 16 m Hubhöhe. Bei den schiefen Ebenen, auch Schiffseisenbahnen genannt, fährt

das Schiff in einen mit Waffer gefüllten Trog ein, der auf einem mit Rädern versehenen Wagengestell ruht, um so auf Geleisen von einer Haltung nach der andern befördert zu werden. Man vermag mit Schiffseisenbahnen Gefälle bis zu 30 m zu überwinden. 5. Die Wasser st raßen können selbst in Ländern mit einem vollständig entwickelten Eisenbahnnetz nicht ganz entbehrt werden; denn bei Maffengütern und weiten Entfernungen wird sich in der Regel der Schiffstransport erheblich billiger stellen als die Beförderung auf Eisenbahnen. Shmpher hat unter Be­ achtung der meist längeren Wegstrecken einer Fahrt auf Flüffen gegenüber Eisen­ bahnen als durchschnittliche Ersparnis im deutschen Wafferstraßenverkehr 1,4 Pfg. pro Tonnenkilometer berechnet. Biele Gegenden verdanken das weite Absatz­ gebiet für ihre Produkte nur dem Umstand, daß letztere auf große Entfernungen auf Binnenwasserstraßen befördert werden können. Allerdings sind auch die Anforderungen, welche heutzutage der Verkehr an die Schiffahrt und die Wafferstraßen stellt, erheblich gestiegen. Sicherheit, Billigkeit, Schnelligkeit und Regel­ mäßigkeit müssen von der Schiffahrt unbedingt verlangt werden, wenn anders sie den Eisenbahnen gegenüber im Wettbewerbe Stand halten will. Der Sicherheit der Schiffahrt wird durch die Regelung des Fahrwaffers sowie durch die Erbauung genügend zahlreicher Liegeplätze für die Schiffe bei Hochwaffer oder Eisgang Rechnung getragen. Die Billigkeit hängt von der Schiffsgröße, diese wiederum von der vorhandenen Fahrwaffertiefe ab, welche durch geeignete Flußbauten so groß, als es die Natur des Flusses gestattet, her­ zustellen und auch ständig zu erhalten ist. Die Schnelligkeit wird dadurch erhöht, daß das Entladen und Beladen der Schiffe in den Häfen möglichst rasch bewerkstelligt wird. Denn vermöge der telegraphischen und telephonischen Ver­ bindungen ist heutzutage in der Regel über die Güter, die ein Schiff bringt, bereits verfügt, bevor sie noch zur Löschung gelangt sind. Ein zweckentsprechender Hafen muß daher gute Entladevorrichtungen, geeignete Schuppen zur Verteilung und zum Weiterversand der Güter sowie geeigneten Geleisanschluß an eine Bahn­ station besitzen. Bei Kanälen ist man neuerdings bestrebt, die Zahl der Schleusen im Jntereffe der Schnelligkeit des Verkehrs so weit als möglich einzuschränken. Die Regelmäßigkeit des Verkehrs auf Wafferstraßen läßt sich nur bis zu einem gewissen Grade durchführen. Die Regelmäßigkeit leidet sowohl unter sehr hohen als auch sehr niedrigen Wafferständen, hauptsächlich aber unter dem Froste; diesen Erscheinungen gegenüber ist aber der Mensch in den meisten Fällen wehrlos. II. Die Flotzfahrt. Vgl. zunächst Anm. 4 12 zum Art. 1. Die Flößerei bildet einen wichtigen Zweig des allerdings nur für die T a lfahrt in Betracht kommenden Güterverkehrs auf den Flüssen. Geschichtliche Nachweise lassen erkennen, daß in Deutschland schon im 2. Jahrhundert n. Chr. die Floßfahrt betrieben wurde. Die Flöße bestehen zumeist aus einer Anzahl gelenkartig aneinander gereihten Tafeln, sogenannten Ge stören oder Gesperren. Die Balken oder Bretter jeder Tafel werden unter sich fest verbunden. Die Abmeffungen der Flöße sind je nach der Beschaffenheit der Gewäffer verschieden und werden in der Regel durch Polizeiverordnung festgesetzt. Auf den meisten Wafferstraßen ist für die Flöße eine Pflichtbemannung vorgeschrieben. Anker, Ketten, Taue, Fahrbäume müssen auf größeren Flößen in genügender Anzahl vorhanden sein, ebenso müssen mehrere Boote mitgeführt werden. Die Flöße werden in ruhigem Waffer an Floßbindestellen hergestellt. Für den bequemen Betrieb der Flößerei ist eine Wassertiefe von 0,50 m ausreichend. Floßhäfen dienen teils zum Schutze gegen Hochwaffer, teils werden sie benützt, um mehrere kleine Flöße zu einem

großen Floße zusammenzubinden, ferner um das Holz zu sortieren und zu landen, falls es zu Lande weiterverschickt oder in einer Sägemühle verarbeitet werden soll. Zum Verbringen der Holzstämme aus dem Waffer über die Uferböschung hinauf bedient man sich besonderer Aufzüge. Floßhäfen, in welche das erst mittels der Eisenbahn zugeführte Holz ver­ bracht (eingepollert) wird, um daselbst zu Flößen zusammengestellt und auf dem Wafferwege weiter befördert zu werden, nennt man auch Einpollerbecken; derartige Anlagen befinden sich z. B. am Maine bei Kitzingen, Ochsenfurt und Würzburg. Die Führung von Flößen darf nur geschickten und ortskundigen Leuten an­ vertraut werden, da das Lenken, Bremsen und Anhalten der Flöße sehr schwierig ist. Das Bremsen erfolgt durch hebelartige Stangen (Sperren), welche auf die Flußsohle gedrückt werden. Für das Durchlaffen von Floßholz durch Stauwerke werden in diese eigene Floßrinnen (siehe unter I 3) eingebaut, welche an ihrem oberen Ende durch einen beweglichen Verschluß abgesperrt werden. Nach deffen Beseitigung bietet das durchströmende Waffer den Flößen die Möglichkeit, die Gefällsstufe zu überwinden. Auf Kanälen und kanalisierten Flüffen, wo die Waffergeschwindigkeit und infolgedessen die treibende Kraft sehr gering ist, hat man mit gutem Erfolge Schleppdampfer zur Beförderung von Flößen benützt. DaS Schiff- «ad Flotzsahrtsgewerbe. 1. Die RGO. hat im 8 I die Gewerbefreiheit proklamiert und dadurch die etwa noch be­ stehenden Hindernisse der Freiheit des Schiff- und Floßfahrtsgewerbes beseitigt. Die Stapel-un dU ms chlagsr echte, die ehedem einzelnen Städten zugestanden wurden, waren schon zu Anfang des 19. Jahrhunderts aufgehoben worden; nur am Bodensee wurden sie erst durch die internationale Schiffahrts- und Hafen­ ordnung vom 22. September 1867 beseitigt (s. Sinnt. 3 zum Art. 30). Auch die ausschließlichen Rechte der Schiffer- und Flößerzünste auf die Per­ sonen- und Güterbeförderung auf den Wafferstraßen sind weggefallen (vgl. Schenkel S. 247 f.). Die Binnenschiffahrt und die Flößerei sind Gewerbebetriebe, die der RGO. unterliegen (RG. 22 S. 3 ff., Reger 9 S. 223); die herrschende Lehre nimmt aber an, daß die RGO. in die landesrechtlichen Bestimmungen über die Benützung des Wassers, zu denen auch die Regelung der Schiff- und Floßfahrt gerechnet wird, nicht eingreifen wollte (Landmann-Rohmer 1 Einl. S. 33 f.). § 31 RGO. bestimmt: Aum. 2.

„Soweit in Betreff der Schiffer und Lotsen auf Strömen infolge von Staats­ verträgen besondere Anordnungen getroffen sind, behält eS dabei sein Bewenden."

über diese Staatsverträge vgl. die Sinnt. 6.

3. Die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt und der Flößerei sind jetzt durch die Reichsgesetze vom 15. Juni 1895 über die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt (RGBl. S. 301) und über die privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei (RGBl. S. 341) geregelt. Eine eingehendere Besprechung liegt nicht in der Aufgabe dieses Kommentars (vgl. hierüber Keidel, Annalen 1897 S. 289 ff.; erwähnt sei nur, daß nach § 140 BSchG. und § 32 MG. der Bundesrat zur Erlassung von Bestimmungen über den Befähigungsnachweis der Schiffer und Maschinisten und der Floß­ führer befugt ist. Bei Seen, die keine fahrbare Verbindung mit andern Wasser­ straßen haben, steht die gleiche Befugnis der Landesregierung zu. Auf Schiff­ fahrtsbetriebe, die im Anschluß an den Eisenbahnverkehr geführt werden und der

staatlichen Eisenbahnaufsichtsbehörde unterstellt sind (Kettenschleppschiffahxt auf dem Main, Donaudampfschiffahrt), findet das BSchG. keine Anwendung (§ 131 Abs. 3 BSchG.). 3. Schiffer, die gewerbsmäßig den Verkehr zwischen bestimmten, an der gleichen Wasserstraße gelegenen Orten vermitteln und ihre Dienste auf öffentlichen Straßen oder Plätzen anbieten, unterliegen dem § 37 RGO. und den durch die Ortspolizeibehörde etwa angeordneten Beschränkungen ihres Gewerbebetriebes (vgl. z. B. die Donaukahnfahrt von Weltenburg nach Kelheim). Die Gemeindebehörde kann für die Benützung der Gondeln, Kähne usw. nach § 76 RGO. durch orts­ polizeiliche Vorschriften Taxen aufstellen. Überschreitungen dieser Taxen sind nach § 148 Ziff. 8 RGO. strafbar. Eine Ermäßigung der Taxe ist dem Schiffer nach § 79 RGO. erlaubt. Vgl. übrigens auch Art. 152 PStGB. 4. Die Schiffahrt und die Floßfahrt find Unterarten des Berkehrsgewerbes, nicht des Handwerks; die Bestimmungen der RGO. über Zwangsinnungen usw. schlagen also nicht ein. Dagegen gilt der Tit. VII RGO. über das gewerb­ liche Arbeitsverhältnis auch für die Binnenschiffahrt und die Flößerei (§§ 20, 21 BSchG. in der Fassungvom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 868 ff.), § 17 FlG., Landmann-Rohmer 2 S. 13). 5. Die §§ 105 a Abs. 1, 105 b — 105 g RGO. finden aufdie Schiffahrt und die Flößerei keine Anwendung. Die Gewerbetreibenden können aber die Arbeiter in diesen Gewerben nur zu solchen Arbeiten an Sonn- und Fest­ tagen verpflichten, die nach der Natur des Gewerbebetriebes einen Aufschub oder eine Unterbrechung nicht gestatten (§ 105 i RGO.). 6, Für die Schiffs- und Floßmannschaft gelten die Bestimmungen der §§ 121 ff. RGO. über die Verhältnisse der Gesellen und Gehilfen (Landmann-Rohmer § 121 Sinnt. 1), der Schiffer und der Floßführer dagegen unter­ stehen nach § 20 BSchG. und § 16 FIG. den Vorschriften, die für die im § 133 a RGO. bezeichneten Personen (Betriebsbeamte, Werkmeister, Techniker usw.) gelten.

7. Nach § 5 des Kinderschutzgesetzes vom 30. März 1903 dürfen fremde Kinder unter 12 Jahren im Verkehrsgewerbe nicht beschäftigt werden. Die Beschäftigung von Kindern über 12 Jahre ist nur in beschränktem Maße zulässig. Für die Beschäftigung eigener Kinder gilt § 13 des Gesetzes, der die Altersgrenze auf 10 Jahre festlegt. An Sonn- und Festtagen dürfen auch eigene Kinder nicht im Verkehrsgewerbe beschäftigt werden.

A«M. 3.

Das Recht zur Schiff- und Flotzsahrt. Nur auf den öffent­ lichen Flüssen und den öffentlichen, d. h. vom Staat er­ richteten und durch die Staatsregierung der Schiff- oder Floßfahrt eröffneten Kanälen steht die Schiff- und Floßfahrt grundsätzlich jedem frei (s. Art. 1). Dabei ist es gleichgültig, ob der Fluß gerade an der befahrenen Stelle bisher gleichen Zwecken gedient hat oder nicht. Die Befugnis der Be­ nützung zur Schiff- und Floßfahrt erstreckt sich also auch auf Nebenarme öffent­ licher Flüsse, die bisher nicht zu diesen Zwecken verwendet worden waren (Art. 1, 3). Das Recht zur Schiff- und Floßfahrt ist wie der Gemeingebrauch nach Art. 26 ein Überbleibsel des Allmendcharakters der fließenden Gewässer; es stützt sich aber jetzt nicht mehr wie in früherer Zeit und noch im WBG. (Art. 1) auf eine allgemeine, diesen Allmendcharakter anerkennende Gesetzesregel, sondern auf eine Sondervorschrift, die das Recht zur Schiff- und Floßfahrt als solches regelt und daher für dieses Recht die einzige Rechtsquelle bildet. Das Recht zur Schiff- und Floßfahrt, das noch unter dem WBG. eine

selbstverständliche Folge des durch Art. 1 gewährleisteten allgemeinen Benützungs­ rechtes an den öffentlichen Gewässern war, ist jetzt als eine dem öffentlichen Recht entstammende gesetzliche Eigentumsbeschränkung aufzufassen und muß als solche strikt interpretiert werden. Die Vermutung spricht also nicht mehr wie früher für, sondern gegen das Schiff- und Floßfahrtsrecht zugunsten des Eigentumsrechts am Flusse (s. auch Sinnt. 7 zum Art. 2).

Nicht freigegeben ist die Schiff- und Floßfahrt auf 1. den geschlossenen öffentlichen Gewässern (Art. 1 Abs. 2); vgl. Art. 30; 2. den Privatgewässern aller Art (f. Sinnt. 7). Die Begriffe Schiffahrt und Floßfahrt sind in der Sinnt. 4 zum Art. 1 näher erörtert. Durch welche Kraft die Fortbewegung geschieht, ist gleich­ gültig. Auch das Befahren mit Dampfschiffen und anderen durch eigene Triebkraft bewegten Schiffen bedarf an und für sich keiner Konzession, (anders bisher nach Art. 8 Ziff. 1 des bayer. Gewerbegesetzes vom 30. Januar 1868), doch können die Schiffahrtsordnungen dies Erfordernis aufstellen, über die Ein­ legung der Kette vgl. Sinnt. 8. Bloße Überfahrtsanstalten fallen unter Art. 78.

A«M. 4.

Die Regel««« des Schiff, und Floßfahrtbetriebes. Nach Art. 4 Ziff. 9 RV. unterliegt der Flößerei- und Schiffahrtsbetrieb auf den mehreren Staaten gemeinsamen Wafferstraßen und der Zustand der letzteren der Beaufsichtigung durch das Reich und seiner Gesetzgebung. Das Reich hat jedoch von dieser Befugnis bisher noch keinen nennenswerten Gebrauch gemacht. Die Einzelstaaten sind daher befugt, die einschlägigen Verhältniffe einstweilen selbständig zu regeln. Das Aufsichtsrecht des Reiches übt der Reichskanzler aus; bei Streit­ fällen öffentlichrechtlicher Natur entscheidet nach Art. 76 RV. der Bundesrat. Die Staatsgewalt kann die Slusübung des Rechtes zur Schiff- und Floß­ fahrt durch Schi ffahrts-, Floß- und Kanalordnungen und bei den kon­ ventionellen Flüffen durch Staatsverträge regeln. Dieses Anordnungsrecht der Staatsgewalt erstreckt sich nicht nur wie das Recht der Regelung des Gemeingebrauches nach Art. 26 Abs. 1 auf die Er­ lassung polizeilicher Vorschriften, sondern es ist grundsätzlich unbe­ schränkt. Das Recht zur Schiff- und Floßfahrt ist ja wie erwähnt kein in der Natur der Dinge begründetes Gemeingebrauchsrecht, sondern es wurzelt lediglich in einem Zugeständnisse der nach Art. 1 und 2 zur Verfügung über das Gewässer berechtigten Staatsgewalt, die allerdings in dieser Verfügung nicht völlig frei ist, sondern sich innerhalb der durch Art. 29 gezogenen Grenzen halten muß. Aber diese Beschränkung des Anordnungsrechtes der Staatsgewalt reicht nicht weiter als die gesetzliche Festlegung. Die hiebei ausdrücklich vorbe­ haltenen Schiffahrts-, Floßfahrts- und Kanalordnungen können also die Schiffund Floßfahrt nicht nur im polizeilichen, sondern auch im finanziellen In­ teresse beschränken, soweit nicht reichs- oder landesrechtliche Normen dies ausdrücklich untersagen. Hierüber vgl. Sinnt. 5 und Art. 73. Bisher lagen die Verhältnisse wesentlich anders. Art. 1 WBG. statuierte ein Gemeingebrauchsrecht zur Schiff- und Floßfahrt an den öffent­ lichen Gewässern und ließ nur Beschränkungen durch Schiffahrts- und Floßord­ nungen und „andere zum Schutze der öffentlichen Gewässer und ihrer Ufer erforderliche polizeiliche Anordnungen" zu (vgl. Seydel 3 S. 258, Reuß S. 14 ff.). Das Rechtsverhältnis war also das gleiche wie beim Gemeingebrauch nach Art. 26 Abs. 1 des geltenden Wassergesetzes. Jetzt aber ist das Recht zur Schiff- und Floßfahrt keine Unterart des Ge­ meingebrauches mehr, sondern es gründet sich auf eine in die nach Art. 1 und 2 grundsätzlich schrankenlose Verfügungsgewalt. des Staates eingreifende gesetzliche

Sondervorschrift und reicht daher nur soweit als diese ihm Raum läßt. Die einschränkenden Vorschriften bedürfen also nicht wie nach Art. 1 WBG. und Art. 26 WG. einer Rechtfertigung durch das öffentliche Interesse, sondern sie tragen ihre Rechtfertigung in sich selbst, weil innerhalb der Schranken des Art. 29 des Gebrauchsrecht zur Schiff- und Floßfahrt überhaupt nur insoweit zu Recht besteht als der Staat als Eigentümer des Gewässers es dulden will. Die Schiffahrts- und Floßfahrtsordnungen können im Verordnungsweg er­ lassen werden; nur wenn sie in materielles Gesetzesrecht eingreifen, müssen sie formell Gesetze sein wäffern (Art. 5, 7) müssen sich auch die Eigentümer der Ufer der Triftgewässer Eigentumsbeschränkungen im Interesse der Trift gefallen lassen. Die Eigentums­ beschränkungen sind strikt zu interpretieren. Sie wurzeln im öffentlichen Rechte. Bei öffentlichen Triftgewässern unterliegen die Ufereigentümer gleichzeitig den Eigentumsbeschränkungen der Art. 5, 7 und denen des Art. 33. Weitergehende Eigentumsbeschränkungen können nur durch formelle Gesetze, nicht aber durch die Triftordnungen begründet werden (vgl. auch Reuß S. 142). Solange die Trift ruht, ruhen auch die Eigentumsbeschränkungen. Die nach Art. 210 dem Eigen­ tümer gleichstehenden Berechtigten unterliegen ebenfalls den Beschränkungen des Art. 33 (vgl. auch Pözl I S. 182, OGH. 10 S. 118, Reuß S. 142); des­ gleichen müssen sich auch die obligatorisch Berechtigten darein finden. Das ergibt sich a potiori aus der Beschränkung der Eigentümer. Immer aber muß es sich um eine gesetzlich zulässige Triftausübung handeln (Eymann Anm. 1 und 2).

AHM. 2.

Die einzelne« Beschränkuuge« des Ufereigeutums. 1. Die Berpflichtung zur Unterlassung triftgefährdenden oder trifthemmenden Wassergebrauches. Der Ufereigentümer darf also z. B. nicht Anlagen errichten, die der Trift im Wege stehen. Anlagen, die die Trift nicht gefährden oder hemmen, kann der Triftende nicht hindern. Die Worte „oder hemmt" wurden auf Antrag des KorrefAK. (S. 18) eingefügt. Welcher Art der Gebrauch ist, ob er sich als Ausübung des Eigentumsrechtes, eines be­ sonderen Nutzungsrechtes oder des Gemeingebrauchs darstellt, ist gleichgültig. Soweit die Trift nicht gefährdet oder gehemmt wird, sind die bestehenden Rechte nicht eingeschränkt und auch der Gemeingebrauch kann vorbehaltlich polizeilicher Beschränkungen in seinem ganzen durch Art. 26 umschriebenen Umfang aus­ geübt werden (s. Eymann Anm. 4). Verbietet die Triftordnung bestimmte Arten trifthemmenden oder -gefährdenden Waffergebrauchs, so sind Zuwiderhand14*

langen nach Art. 206 Abs. 2 strafbar; subsidiär gilt auch hier Art. 94 Abs. 1 ForstG. (s. Anm. 4 zum Art. 32).

2. Die Duldung der Uferbetretung zur Beförderung des Triftholzes. Eine Entschädigung kann dafür nicht gefordert werden, wenn der Anspruch hierauf nicht bereits durch ein erworbenes Recht begründet ist. Wenn eine Triftpfadanlage besteht, so beschränkt sich die Verpflichtung selbst­ verständlich nicht auf diese (Eymann Anm. 5). Erworbene Rechte heißt nicht zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes, sondern zur Zeit der Entscheidung über den Entschädigungsanspruch erworbene Rechte. Solche konnten also auch nach dem Inkrafttreten des WBG. und können auch nach dem Inkrafttreten des WG. neu geschaffen werden (a. M. Reuß S. 141 f., KorrefRK. S. 61, Ehmann Anm. 8). Es ist absolut nicht einzusehen, warum nicht beispielsweise eine Vereinbarung darüber zulässig sein soll, daß der Ufereigentümer für Nachteile, die ihm durch die Uferbetretung oder die Triftpfadlast zugefügt werden, eine Entschädigung erhalten soll. Es bestand doch nicht der mindeste Anlaß, die Schadloshaltung für diese Lasten der Parteivereinbarung zu entrücken und die Nichtentschädigung als zwingendes Recht im Gesetze zu dekretieren! überdies bedeutet der Ausdruck er­ worbene Rechte int Art. 33 Ziff. 2 doch wohl nichts anderes als im Art. 32 Abs. 2 und im Art. 35, für die wenigstens Eymann Anm. 4 und 7 die Möglich­ keit der Neuerwerbung solcher Rechte auch nach dem 1. Januar 1908 anerkennt. Die Beifügung des Wörtchens „bereits" nötigt trotz Begr. S. 555 II keineswegs zur Annahme eines Unterschieds von so folgenschwerer Bedeutung zwischen Art. 32 Abs. 2 und Art. 35 auf der einen und Art. 33 Ziff. 3 auf der andern Seite. Vgl. übrigens auch die Art. 67 Ziff. 2, 68 Abs. 2 und 69 Abs. 1 WBG. 3. Die Duldung des Triftpfades. Die Verpflichtung hiezu besteht nicht nur an den schon bisher zur Trift benützten Flüssen, sondern sie ergreift von selbst das Ufereigentum auch bei künftig von der Staatsregierung als Triftgewässer erklärten Flüssen und Bächen mit der Erlassung dieser Erklärung oder mit dem in der Erklärung bezeichneten Zeitpunkte. Für den Triftpfad gilt im allgemeinen die Analogie des Leinpfades, doch bestehen erhebliche Verschiedenheiten: a) Der Triftpfad ist in der üblichen (Richtung und) Breite zu dulden. Die näheren Bestimmungen hierüber hat aber nicht wie im Art. 7 Abs. 1 die Verwaltungsbehörde in einem konstitutiven, auch den Richter bindenden Rechtsakte zu treffen; vielmehr ist hiefür nur die Übung und das Bedürfnis der Trift maß­ gebend. Wieweit sie reicht und wieweit sich daher die Duldungspflicht erstreckt, kann in einem Strafprozeß (z. B. nach § 368 Ziff. 9 RStGB.), in einem Zivil­ oder Berwaltungsrechtsstreit oder in einem Verwaltungsverfahren ohne Bindung au einen Rechtsakt der Verwaltungsbehörde festgestellt werden (s. auch Eyrnaun Anm. 6). Der Ausdruck Triftpfad bedeutet einen Weg für die Flößenden, der zum Gehen und zu allen mit dem Wesen eines Pfades vereinbaren Trifthandlungen, nicht aber zu anderen Hantierungen wie z. B. zum Einschlagen von Pfählen, Lagern von Strebebäumen usw. benützt werden darf (OGH. 7 S. 505). über das Anbringen von Verhängen vgl. Ziff. 4. b) Für die Duldung kann keine Entschädigung verlangt werden, wenn der Entschädigungsanspruch nicht bereits durch ein erworbenes Recht begründet ist (vgl. Ziff. 2). Die Beseitigung von Gebäulichkeiten kann für den Triftpfad nicht verlangt werden. Bei Flüssen, die bisher nicht der Trist gedient haben, aber nun in triftbare Gewässer umgewandelt werden, ist für die Belastung mit dem Triftpfad keine Entschädigung zu leisten (vgl. KorrefRK. S. 61; Eymann Anm. 6; a. M. für das bisherige Recht Pözl I S. 182, II S. 186, Reuß S. 141).

c) Die Unterhaltung des Triftpfades obliegt vorbehaltlich besonderer Rechtsverhältnisse dem Triftberechtigten. Zur Unterhaltung eines als Triftpfad benützten öffentlichen Weges wird der Triftberechtigte kaum beizutragen haben. d) Der Duldungspflicht unterliegen, trotzdem dies nicht wie im Art. 7 besonders bestimmt ist, wenn die Ausübung der Trift es nötig macht, auch ent­ fernter gelegene Grundstücke. Das ergibt sich aus dem Uferbegriff (s. Anm. 2 zum Art. 5); der Fall wird übrigens wohl nur ganz selten Vorkommen. 4. Die Duldung der Anbringung von vorübergehenden Haltevorrichtungen (Verhängen), die sich bei Hochwassergefahr während der Trift als nötig erweisen. Diese im Regierungsentwurf nicht enthaltene Ver­ fügungsbeschränkung wurde auf Antrag des KorrefAK. (S. 18 f., ABAK. S. 165) in das Gesetz ausgenommen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Verhängen liege im Interesse der Ufereigentümer und der durch Hochwasser bedrohten Hinter­ lieger und sei namentlich geeignet, Schutz gegen die Versandung von Kultur­ ländereien zu bieten (vgl. auch OGH. 7 S. 505 ff.). Verhänge sind einfache, aus einem Baumstamme mit aufgenagelten Holzscheitern bestehende Rechen, die am oberen Teil der Tristgewässer zum Zwecke der vorübergehenden Zurückhaltung des Tristholzes eingehängt werden, wenn am Hauptrechen eine Stauung eintritt und bei Hochwasser das Triftholz im unteren Laufe des Tristgewässers über die Ufer hinausgeschwemmt wird (KorrefRK. S. 61). 5. Die Gestattung des Aushebens von Triftholz in Notfällen für die Zeit der Gefahr (Art. 33 Ziff. 3). Auch diese Bestimmung ist auf einen Antrag des KorrefAK. (S. 19, ABAK. S. 165) zurückzuführen. Sie wird mit Recht als ebenso begründet bezeichnet wie die durch Art. 5 Abs. 2 dem Ufer­ eigentümer zugunsten der Schiffahrt auferlegte Beschränkung. Für den am Ufergrundstück verursachten Schaden ist eine entsprechende Vergütung zu leisten. Eymann nimmt an, die Vergütung sei wie die im Art. 32 Abs. 3 erwähnten Vergütungen durch die Triftordnung festzusetzen. Das dürfte nicht richtig sein. Art. 32 Abs. 3 gibt an, welche Vergütungen in den Triftordnungen fest­ zusetzen sind. Die nach Art. 33 Ziff. 3 zu leistenden Vergütungen sind nicht darunter. In der Tat besteht auch trotz der gleichartigen Bezeichnung zwischen den Vergütungen nach Art. 32 Abs. 3 und der nach Art. 33 Ziff. 3 ein tief­ greifender Unterschied. Die Vergütungen nach Art. 32 Abs. 3 sind öffentlichrechtlicher Natur und werden durch die Tristordnung ein für allemal festgesetzt, ohne Rücksicht darauf, ob überhaupt ein Schaden entstanden ist und wie hoch er sich beläuft; die Vergütung nach Art. 33 Ziff. 3 dagegen ist, wie die Worte des Gesetzes „gegen entsprechende Vergütung des an dem Grundstücke ver­ ursachten Schadens" klar erkennen lassen, eine einfache zivilrechtliche Schadensersatzforderung, deren Grund und Betrag sich nach dem im Einzelfalle nachweisbar entstandenen Schaden bestimmen. Die Vergütung nach Art. 33 Ziff. 3 ist also nur ein Spezialfall der Entschädigung nach Art. 3 5, dessen Bestimmungen auch für sie gelten. Die Feststellung der Ver­ gütung erfolgt also gemäß Art. 195 durch die Distriktsverwaltungsbehörde oder eventuell auf dem Zivilrechtswege (Näheres beim Art. 195). Die Anführung des Art. 33 Ziff. 3 im Verzeichnisse der Entschädigungsfälle des Art. 195 ist nicht infolge eines Versehens unterblieben; sie war nicht nötig, weil der Sitz der Materie, soweit die Entschädigung in Frage steht, in dem im Art. 195 auf­ geführten Art. 35 liegt. Art. 33 betrifft zunächst die Beschränkungen des Ufer­ eigentums durch die Trift. Die Entschädigung mußte dabei erwähnt werden, um die Annahme unmöglich zu machen, Art. 33 Ziff. 3 verpflichte wie die Ziffer 2 zur Duldung ohne Entschädigung. Die ganze weitere Regelung dieser Entschädigung aber ist dem Art. 35 überlassen.

Zuständigkeit. Streitigkeiten nach Art. 33 sind ihrer Natur nach Berwaltungsrechtssachen (Pözl II S. 189, Pollwein Art. 67 Anm. 2, Reuß S. 141); das Gesetz (Art. 177) erkennt sie aber nicht als solche an. Das in der Anm. 5 zum Art. 31 Gesagte gilt also auch hier (vgl. auch Eymann Anm. 1 und 3). Die Ausführungen Eymanns in der Anm. 3 sind nicht recht klar. Wenn damit gesagt werden soll, daß eine Jnzidententscheidung über die durch Art. 33 geschaffenen Pflichten in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren unzulässig sein soll, so kann ihnen nicht beigepflichtet werden. Die Jnzidententscheidung im Berwaltungsrechtsstreite ist ebensogut möglich wie die in einem Straf- oder Zivilprozeffe, die in der Anm. 1 für zulässig erklärt wird. Wenn ein Entschädigungsanspruch auf Grund der Ziff. 2 auf „erworbene Rechte" gegründet wird, haben die Gerichte zu entscheiden. AltM. 3.

Art. 34. Hat die Staatsregierung ein Gewässer zur Trift eingerichtet, so erfolgt die Unterhaltung dieser Einrichtung durch den Staat, solange die Trift aus­

geübt wird. Die gleiche Verpflichtung obliegt denjenigen Privaten, welche Gewässer mit Bewilligung der Staatsregierung zur Trift eingerichtet haben. Bollzngsbekanntmachnng. Tristeinrichtnuge«.

§ 80.

Ist ein Gewässer zur Trift eingerichtet, so ist die Einrichtung zu unterhalten, so­ lange die Trift ausgeübt wird; aus dem Umstande, daß zeitweise die Trist z. B. mangels triftbaren Holzes ruht, ist nicht ohne weiteres zu schließen, daß die Trist nicht mehr aus­ geübt wird, vielmehr wird im allgemeinen für den Zeitpunkt des Aufgebens der Trift die Erklärung des Tristunternehmers maßgebend sein. Die Unterhaltung der Tristeinrichtung ist Aufgabe des Staates, wenn die Ein­ richtung durch ihn erfolgt ist; haben Private ein Gewässer mit Bewilligung der Staats­ regierung zur Trist eingerichtet, so obliegt ihnen die Verpflichtung zur Unterhaltung der Einrichtung (Art. 34 des Gesetzes). Als Trifteinrichtungen werden vorbehaltlich entgegenstehender besonderer Rechts­ verhältnisse anzusehen sein: 1. die Vorrichtungen zum Stauen des Tristwassers, Klausen, Schwellen, 2. die Tristkanäle und die ständigen Vorrechen, Sperren, 3. die besonderen Vorrichtungen zum Schutze der Ufer und der Wehranlagen gegen Schädigungen durch die Trist.

Der Artikel wurde auf einen Antrag des KorrefAK. (S. 19) in das Gesetz ausgenommen. Zur Begründung wird gesagt: Die Unterhaltung der Trifteinrichtungen solle dem obliegen, der aus der Trift den Nutzen ziehe; dem Staate, der die Triftgebühr einhebe oder dem Privaten, der die Trift mit Genehmigung der Staatsregierung eingerichtet habe. Es sei außerdem wiederholt versucht worden, den die Trift Ausübenden für den Schaden verantwortlich zu machen, der durch das Brechen einer vom Staate zu unterhaltendell abgenützten oder mangelhaften Trifteinrichtung veranlaßt worden sei. Die K. Staatsregierung erhob gegen die Aufnahme des Artikels keine Erinnemng, „da die Unterhaltung der Trifteinrichtungen während der Ausübung der Trift schon bisher als selbstverständlich betrachtet worden sei. Es müsse aber darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Kosten der Unterhaltung der Trift­ einrichtungen durch die Triftgebühren nicht gedeckt würden und daß daher der Staat die Trifteinrichtungen nur nach Maßgabe der ihm zur Verfügung stehenden budgetmäßigen Mittel unterhalten könne" (ABAK. S. 165).

Die Trifteinrichtungen im Sinne des Artikels zählt § 80 VB. auf. Es sind dies die Vorrichtungen zum Stauen des Triftwassers, Klausen, Schwellen (s. Anm. 1 zum Art. 31), die Triftkanäle und die ständigen Vorrechen, Sperren (f. ebenda) und die besonderen Vorrichtungen zum Schutze der Ufer und der Wehranlagen gegen Schädigungen durch die Trift (vgl. auch StenB. S. 709 f.). Diese Aufzählung ist nicht erschöpfend; ob es sich im einzelnen Fall um eine unter Art. 34 fallende Trifteinrichtung handelt oder nicht, ist Tatfrage. Die UnterhaltungsPflicht des Staates ist eine Regiminalaufgabe („erfolgt durch den Staat"), die des Privaten, der das Gewässer mit Bewilligung der Staatsregierung zur Trift eingerichtet hat, ist eine Rechtspflicht gegenüber der Staatsgewalt, deren Erfüllung gemäß Art. 174 erzwungen werden kann, aber nicht gegenüber den Beteiligten, die ein Interesse an der Unterhaltung der Trifteinrichtungen haben, also insbesondere nicht gegenüber dem jeweils die Trift Ausübenden. Die Inter­ essenten können ein Einschreiten der Staatsgewalt nach Art. 34 und 174 herbei­ führen und gegen eine Ablehnung Beschwerde gemäß Art. 172 ergreifen, einen verwaltungsrechtlich verfolgbaren Anspruch haben sie aber nicht (s. auch Eymann Anm. 1). Auffallend ist, daß auch dem Privaten, der die Trift eingerichtet hat und dem die Staatsgewalt nun die Unterhaltung der Trifteinrichtungen an­ sinnt, verwehrt ist, im Verwaltungsrechtswege geltend zu machen, daß die Voraus­ setzungen der behaupteten Verpflichtung nicht gegeben seien, weil die Trist nicht mehr ausgeübt werde oder aus anderen Gründen. Daß es sich a priori hier um reine Rechts- nicht um Ermessensfragen handelt, kann doch kaum geleugnet werden! Die Unterhaltungspflicht erlischt, wenn die Trift nicht mehr ausge­ übt wird. Ob dieser Erlöschungsgrund vorliegt, ist eine Tatfrage, auf die die richtige Antwort nicht immer leicht zu finden sein wird. Aus dem Umstande, daß zeitweise die Trift z. B. mangels triftbaren Holzes ruht, ist nicht ohne weiteres zu schließen, daß die Trist nicht mehr ausgeübt wird, vielmehr soll nach § 80 VB. im allgemeinen für den Zeitpunkt des Aufgebens der Trift die Er­ klärung des Triftunternehmers maßgebend sein. Jedenfalls kann aber (vgl. Art. 32) der Unternehmer der Trifteinrichtung nicht durch die Erklärung, er werde die Trift nicht mehr ausüben, die Verpflichtung zur Unterhaltung von sich abwälzen, wenn andere das Wasser noch regelmäßig zur Trift benützen. Wenn aber auch ihre Benützung in einer nach menschlicher Voraussicht dauernden Weise aufhört, so erlischt damit die Unterhaltungspflicht, auch wenn einer oder der andere den Gedanken, bei gegebener Gelegenheit doch wieder einmal zu triften, noch nicht völlig aufgegeben hat. Ist die Trift rechtsgültig aufgegeben, so darf der Unternehmer die Trift­ einrichtungen, die er geschaffen hat, wegnehmen, ohne daß irgend jemand ihr Verbleiben verlangen könnte. Dies gilt auch dann, wenn andere sich diese Einrichtungen (Stauwehre u. dgl.) für ihre Privatzwecke (Wiesenwäfferung, Eisgewinnung, Fischzucht u. dgl.) nutzbar gemacht haben. Eine erwerbende Verjährung, die zugunsten solcher Interessenten das ius tollendi des Unternehmers beseitigen würde, ist ausgeschlossen (Eymann Anm. 3).

Art. 35. Für Beschädigungen, die den Ufereigentümern, den Besitzern von Trieb­ werken oder anderen Beteiligten durch die Ausübung der Trift unmittelbar verursacht werden, sind, soweit nicht erworbene Rechte entgegenstehen oder die Beschädigungen als eine natürliche Folge versäumter Unterhaltung der

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Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

Ufer oder Triebwerke erscheinen, diejenigen ersatzpflichtig, welche die Trift ausüben. Abs. 2. Die für die Beschädigung von Uferschutzbauten gewährten Entschädigungen sind zur Wiederherstellung dieser Bauten zu verwenden. Jeder Beteiligte kann zur Sicherung dieser Verpflichtung die Hinterlegung der Entschädigung bei der Verwaltungsbehörde verlangen. VollMgsbekanntmachnn«.

Entschädigung.

§ 82.

Besteht Streit über die Höhe der Entschädigung, welche für Beschädigungen durch die Trift in Anspruch genommen wird (Art. 35 Abs. 1), und stellt ein Beteiligter Antrag auf Feststellung der Entschädigung im Wege der Schätzung durch die Distriktsverwaltungs­ behörde, so bemißt sich das weitere Verfahren nach den Vorschriften über das Ent­ schädigungsverfahren (Art. 195 des Gesetzes). § 83. Will ein Beteiligter die Hinterlegung der für die Beschädigung von Uferschutzbauten gewährten Entschädigung verlangen (Art. 35 Abs. 2), so hat er Antrag hierauf bei der Distriktsverwaltungsbehörde zu stellen. Das Verlangen auf Hinterlegung der Entschädigung kann auch schon im Ent­ schädigungsverfahren nach Art. 195 gestellt werden. Die hinterlegten Gelder sind nach Vorschrift der Bestimmungen über das Depositenwesen der Verwaltungsbehörden zu verwahren.

Die Erlatzvflicht für Beschädiguuge« durch die Trift. 1. Beschädi­ gungen, die durch die Ausübung der Trift unmittelbar ver­ ursacht werden, verpflichten zum Ersätze. Zu ersetzen ist der einer Person zu­ gefügte und der durch eine Beschädigung von Sachen entstandene Schaden (z. B. von Deichen, Schleusen, Durchlässen, Mühlen usw.), also der Hauptsache nach eine Beschädigung der Substanz der Ufer und der Wasseranlagen, nicht aber eine durch die Trift mittelbar herbeigeführte Beeinträchtigung fremder Ver­ mögensinteressen, soweit hier nicht besondere Rechtstitel eine Entschädigungspflicht begründen (Meisner S. 261). Auch der in Ausübung des Rechtes zum Aus­ heben des Triftholzes nach Art. 33 Ziff. 3 zu ersetzende Schaden fällt unter Art. 35 (s. Anm. 2 zum Art. 33). Die künftige Unterlassung der Trift kann natürlich nicht verlangt werden. Bei widerruflich genehmigter Trift kann der Geschädigte bei der Staatsregierung die Widerrufung der Trifterlaubnis erbitten; einen Anspruch hierauf gibt ihm die erlittene Beschädigung aber nicht (vgl. auch Bl. 27 S. 375).

ANM. 1.

8. Für die Schadenshaftung gilt das Verursachungs-, nicht das Berschuldungsprinzip. Die Ersatzpflicht setzt also kein Verschulden voraus und ist auch bei einer Schadenszufügung durch Zufall z. B. durch Hochwasser oder andere Naturereignisse gegeben (vgl. Mot. z. WBG. S. 152 I, KorrefRK. S. 62, OGH. 4 S. 645 ff., BlfRA. 39 S. 73, Pözl I S. 185, Reuß S. 143, Pollwein Anm. z. Art. 69, Meisner S. 260, Dettmann § 98, 2 d, Peyrer S. 364 f.). Da es auf Rechtswidrigkeit oder Verschuldung nicht ankommt, befreit auch erwiesener Notstand nicht von der Haftung für den entstandenen Schaden (a. M. Oertmann a. a. O.; vgl. aber Art. 59 Abs. 3 AG. z. BGB.). Der Grund für diese verschärfte Haftung ist die Tatsache, daß Hoch­ wässer auf Triftbächen viel gefährlicher sind als auf nicht triftbaren Gewässern; denn durch das hinabgeschwemmte Holz können Ufer, Brücken, Wehre, Schleusen usw. geschädigt werden (Peyrer S. 364).

3. Daß höhere Gewalt von der Verpflichtung zum Schadensersätze be­ freie, hatte der KorrefAK. S. 20 bereits geltend gemacht. Im AKA. (S. 165) erklärte der K. Staatsminister d. I., dies ergebe sich aus allgemeinen Grund­ sätzen (vgl. auch KorrefRK. S. 62). Im RRA. (S. 175) führte der Regierungs­ kommissär auf die Anfrage, ob das (in Ziff. 2 erwähnte) Urteil des OGH. 4 S. 645 die Auffassung der K. Staatsregierung wiedergebe, aus, es scheine ihm, daß in diesem Urteil wenig Gewicht auf das maßgebende Wort „unmittelbar" gelegt fei. Der Triftunternehmer begehe selbstverständlich keine widerrechtliche Handlung, wenn er die Trift ausübe. Deshalb wäre er an und für sich für den Schaden, der infolge der Triftausübung anderen zugehe, nicht ersatzpflichtig. Das Gesetz lege ihm aber ohne Rücksicht darauf, ob ihn selbst oder seine Leute ein Verschulden treffe, die Verpflichtung zum Schadensersatz für solche Schäden auf, die un­ mittelbar aus der Triftausübung hervorgehen. Er glaube am deutlichsten durch ein Beispiel zu werden. Wenn bei der Trift ohne Verschulden des Unter­ nehmers oder seiner Leute, also weder vorsätzlich noch fahrlässig veranlaßt, Trift­ hölzer hinaussprängen und Schaden den Ufergrundstücken oder an Uferanlagen, z. B. an einem Mühlrade, verursachten, so sei das allerdings ein zufälliger Schaden, aber gleichwohl haste der Unternehmer der Trift für den Schaden, weil er vom Gesetz für den Schaden verantwortlich gemacht werde, der durch die Trift unmittelbar verursacht werde. Dagegen hafte er nicht für solche Schäden, die lediglich in höherer Gewalt ihre Ursachen hätten. Wenn ein Wolkenbruch das angesammelte Holz Plötzlich herunterwerfe und so Schaden an Ufergrundstücken anrichte, so sei das kein Schaden, der unmittelbar durch die Ausübung der Trist hervorgerufen werde, sondern ein Schaden, der nur mittel­ bar seine Ursache in der Trift habe. Darum werde hier eine Schadensersatz­ pflicht des Unternehmers nicht vorliegen. Es handle sich hier übrigens um Fragen, die in jedem einzelnen Falle je nach Lage desselben gewürdigt und ent­ schieden werden müßten. Darin liegt eine Richtigstellung der im AKA. ver­ tretenen Regierungsanschauung. In der Tat ergibt sich aus allgemeinen Grund­ sätzen der Ausschluß der Haftung für höhere Gewalt nur in der Sphäre des Verschuldungsprinzips; unter der Herrschaft des Veranlaffungsprinzips ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen das Gegenteil. Dagegen kann allerdings aus dem Wort „unmittelbar" die Ausschließung der Haftung für höhere Gewalt unter gewiffen Voraussetzungen zu folgern sein, absolut ausgeschlossen ist die Haftung für höhere Gewalt keineswegs (Gegensatz z. B. Art. 59 Abs. 3 AG. z. BGB.; s. auch Oertmann a. a. O.). Allgemeine Regeln lassen sich für die Entscheidung der Frage nicht aufstellen. Festzuhalten ist nur stets, daß das Nichtvorhandensein eines Verschuldens nicht von der Haftung befreit. Auch wenn der Triftende alle Vorkehrungen getroffen hat, die nach menschlicher Voraussicht zur Abwehr erforderlich waren (Anbringung von Triftrechen u. dgl.), wird er nicht von der Ersatzpflicht frei, wenn der Schaden durch die Ausübung der Trist unmittelbar verursacht worden ist. 4. Hat der Geschädigte den Schaden durch eigene Handlungen zur Abwendung der vermeintlichen Gefahr selbst mitherbeigeführt, so ist fest­ zustellen, inwiefern er oder der Triftende den Schaden unmittelbar verursacht hat (§ 254 BGB.), und je nach dem Ergebnis die Schadenshaftung anzunehmen oder abzulehnen. In der Regel wird in solchen Fällen von einer unmittelbaren Schadensverursachung durch den Triftenden nicht mehr gesprochen werden können (vgl. hiezu KorrefRK. S. 62, OGH. 9 S. 491 ff. 4 S. 645 ff., Meisner S. 260, Oertmann a. a. O., Eymann Anm. 4, Peyrer S. 365).

5.

Zur Begründung der Ersatzforderung ist also wie ausgeführt nachzuweisen.

daß der Schaden durch die Trist unmittelbar verursacht worden ist. Schäden anderer Art, besonders solche, die durch das nach beendeter Trist am nächsten Bestimmungsorte gelagerte Triftholz entstehen, können nicht hieher gezählt werden (österr. VGH. vom 7. März 1883, Peyrer S. 365).

6. Der Triftende kann sich nicht darauf berufen, daß der Schaden die not­ wendige Folge des Triftbetriebes war (anders nach Art. 21 WBG. und auch nach jetzt geltendem Recht [f. Anm. 4 zum Art. 7] beim Leinpfade, weil dort nicht das Verursachungs- sondern das Berschuldungsprinzip [§§ 823 ff. BGB.) gilt). Vgl. Oertmann a. a. O.; aber auch Pözl I S. 185, OGH. 5 S. 126, Reuß S. 143, Meisner S. 261, KorrefRK. S. 62. Das Urteil OGH. 5 S. 126 ist trotzdem zutreffend, aber aus einem anderen Grunde, nämlich deshalb, weil für den Stillstand eines Triebwerks infolge der Trift grundsätzlich überhaupt keine Entschädigung, sondern nur die triftordnungsmäßige Vergütung nach Art. 32 Abs. 3 verlangt werden kann und daher eine Schadensersatzforderung für das Mattergehen eines Triebwerks erst recht ausgeschloffen ist (s. auch Anm. 3 zum Art. 32). Im übrigen kann nicht zugestanden werden, daß die Trift grundsätzlich unentgeltlich sei. Auch aus Art. 32 folgt das nicht (a. M. Eymann Anm. 2). Nur für den Stillstand der Triebwerke kann keine Entschädigung nach Art. 35 verlangt werden, für andere Beschädigungen eines Triebwerks oder für Be­ schädigungen der Ufergrundstücke usw. ist sie dagegen zu gewähren, auch wenn es sich um notwendige Folgen des Triftbetriebes handelte. 7. Ersatzpflichtig sind nach Art. 35 Abs. 1 „diejenigen, welche die Trift ausüben" oder besser gesagt die, deren Trifttätigkeit den Schaden unmittelbar verursacht hat. Mehrere haften, gleichgültig, ob Triftherrn oder Triftarbeiter und ohne Rücksicht auf den Grad ihres Verschuldens als Gesamtschuldner. Wer den Schaden verschuldet hat, haftet, auch wenn er nicht zu den nach Art. 35 Ersatzpflichtigen gehört, mit diesen nach Art. 823 ff. BGB. als Gesamt­ schuldner (vgl. OGH. 2 S. 188, BlfRA. 37 S. 222, Pözl II S. 184, Reuß S. 143, Pollwein a. a. O.). Wer die Trist eingerichtet hat, haftet natürlich nicht für den Schaden, den andere bei der Ausübung der Trift verursachen (Eymann Anm. 7). 8. Entschädigungsberechtigt sind die Ufereigentümer und Hinterlieger, die Triebwerksbesitzer und sonstigen Beteiligten, die ein Recht am Wasser oder an einem Ufergrundstück haben. Auch die Fischereirechte gehören hieher (ABAK. S. 165), nicht aber bloß obligatorische Berechtigungen (VB. § 81; a. M. Eymann Art. 3). Über Kollisionen der Trist mit dem Gemeingebrauch vgl. Anm. 1 zum Art. 27; die Trift hat hier den Vorrang. Kollidiert die Triftausübung ver­ schiedener Beteiligter, so hat, wenn die Tristordnungen nicht schon das Nötige enthalten, die Distriktsverwaltungsbehörde die erforderlichen Anordnungen zu treffen (teilweise a. M. Eymann Anm. 3). Für die Feststellung der Entschädigung gilt Art. 195 (s. auch § 82 VB.).

9. Die Entschädigungspflicht tritt nicht ein: a) soweit erworbene Rechte entgegenstehen. Auch für die Zukunft ist die Erwerbung solcher Rechte nicht ausgeschlossen (Begr. S. 555 II Ziff. 2; vgl. auch Anm. 2 Ziff. 2 zum Art. 33). Die Schadensersatzpflicht kann durch Verträge völlig ausgeschlossen und von einem Verschulden überhaupt oder einem bestimmten Grade des Verschuldens abhängig gemacht werden. b) soweit die Beschädigungen als eine natürliche Folge ver­ säumter Unterhaltung der Ufer- oder Triebwerke erscheinen. Auch hier ist ein Verschulden nicht verlangt; nur objektive, nicht subjektive Versäumnis ist erforderlich (a. M. Eymann Anm. 6).

10» Der Ersatzanspruch verjährt nach § 195 BGB. in 30 Jahren. Die Verjährung beginnt nach § 198 BGB. mit der Entstehung des Anspruchs, also mit der Schadenszufügung (vgl. auch OGH. US. 559 ff.). 11. Die Bestimmungen des Art. 35 sind exzeptioneller Natur und betreffen nur das Tristrecht; auf Schadenszufügungen durch die Flößerei mit verbundenen Hölzern können sie nicht angewendet werden.

A«M. 2.

Die Verwendung der Entschädigungen bei Uferschutzbaute«. Der Abs. 2 trifft besondere Anordnungen über die Verwendung der für die Beschädigung von Uferschutzbauten gewährten Ersatzleistungen. Für Vor­ kehrungen zum Triebwerksschutz u. dgl. gilt Abs. 2 nicht. Die Entschädigungsberechtigten sind gesetzlich verpflichtet, die ihnen für die Beschädigung von Uferschutzbauten gewährten Entschädigungen zur Wiederherstellung dieser Bauten zu verwenden. Jeder Beteiligte, d. h. also der, der die Ent­ schädigung gewährt hat, und jeder im Sinne des Abs. 1 Berechtigte kann zur Sicherung dieser Verpflichtung die Hinterlegung der Entschädigung bei der Ver­ waltungsbehörde verlangen. Der Antrag ist bei der Distriktsverwaltungsbehörde zu stellen, was auch schon im Entschädigungsverfahren nach Art. 195 geschehen kann. Die hinterlegten Gelder sind nach Vorschrift der Bestimmungen über das Depositenwesen der Verwaltungsbehörden zu verwahren (§ 83 VB.). Diese sind enthalten in der BO. vom 22. Dezember 1840 (RBl. 1841 S. 33, Weber 3 W. 341 ff.), der MinBek. vom 24. Juni 1862 (RBl. S. 1439, Weber 3 S. 351 Sinnt. 1) und einer Anzahl weiterer Vorschriften (s. Krais, Handbuch 1 S. 36 ff., Pechmann-Brettreich 1 S. 71 ff.).

Zuständigkeit. Zur Entscheidung der Streitigkeiten aus Art. 35 Abs. 1 sind die Gerichte zuständig (Begr. S. 555 II; vgl. auch Bl. 27 S. 375); hinsichtlich des Abs. 2 vgl. Anm. 2 a. E. AltM. 3.

Art. 36.

Wenn die Trift auf einem Tristgewässer aufgegeben wird, sind die bei dem Flusse Beteiligten berechtigt, die Wegräumung der zur Trist getroffenen, den freien Lauf des Wassers hindernden Einrichtungen auf Kosten des Staates oder desjenigen, welchem die Einrichtung der Trift bewilligt wurde, bei der Verwaltungsbehörde zu verlangen. Vollzngsbekanntmachnng. Aufgebe« der Trist.

§ 81.

Wird die Trist auf einem Triftgewässer aufgegeben, so können die bei dem Trift­ gewässer Beteiligten die Wegräumung der den freien Lauf des Wassers hindernden Trift­ einrichtungen verlangen (Art. 36). Unter den „Beteiligten" (Art. 36) sind sowohl die Eigentümer von Ufergrundstücken und Wasserbenützungsanlagen, wie sonstige dingliche Berechtigte und die Fischerei­ berechtigten zu verstehen. Der Antrag auf Wegräumung ist bei derjenigen Dtstriktsverwaltungsbehörde, zu stellen, in deren Bezirk die in Betracht kommende Strecke des Triftgewässers liegt. Uber den Antrag hat die Distriktsverwaltungsdehörde beschluhmäßig zu entscheiden; für das Verfahren sind die Vorschriften der Art. 168—175 des Gesetzes maßgebend.

Die Wegräumung der Trifteiurichtuuge« «ach a«fgegebe«er Trift. Die Aufgebung der Trist verpflichtet zur Wegräumung der zur Trift getroffenen, ben freien Lauf des Wassers hindernden Einrichtungen.

A«M. 1.

Das galt schon bisher nach Art. 71 WBG.; dort waren zwar die öffent­ lichen Flüsse ausgenommen, weil Art. 71 sich nur auf Privatflüffe bezog, aber es war unrichtig, den Satz auch für Flüffe, die von jeher Triftgewäffer waren, nicht gelten zu taffen, wie dies Pözl IS. 188 und Pollwein Anm. z. Art. 71 taten. Auch ein öffentlicher Fluß und ein bisher regelmäßig zur Trift benütztes Gewässer verliert seine Eigenschaft als Trift­ wasser, wenn es nicht me hr dauernd der Trift dient (s. die Bemerkungen zum Art. 34). Mit diesem Augenblicke haben die Trifteinrichtungen keinen Wert mehr, solange die Trift nicht wieder eröffnet wird. Soweit sie den freien Lauf des Wassers hindern, ist ihre Beseitigung geboten, wenn die Beteiligten sie fordern. Die Möglichkeit, daß der Fluß später wieder einmal zur Trift verwendet werden könnte, rechtfertigt diesem schwerwiegenden Interesse gegenüber die Belassung nicht. Die Beseitigung von Trifteinrichtungen, die den freien Wasserlauf nicht hindern, kann nicht verlangt werden. Reuß S. 145 erwähnt als Beispiel die Beseitigung des Triftpfads. Eymann Anm. 5 führt dagegen zutreffend aus, daß dieser keine förmliche Einrichtung ist, sondern nur ein Uferbetretungs­ recht, daß aber etwa mit ihm verbundene Einrichtungen (Stege u. dgl.) wohl unter Art. 36 fallen können. Wann das Gewässer nicht mehr dauernd der Trift dient und daher die Eigenschaft eines Triftgewäffers verloren hat, ist Tatfrage. In der Regel wird die Erklärung des Triftberechtigten maßgebend sein, doch kann der Wille, die Trift aufzugeben, auch durch konkludente Hand­ lungen ausgedrückt werden (ABAK. S. 165); vgl. Anm. zum Art. 34. Bei Flüssen, die früher nicht Triftgewäffer waren, wird natürlich ein Aufgeben der Trift leichter angenommen werden können als bei solchen, die stets der Trift ge­ dient haben; insoferne besteht allerdings ein Unterschied — aber nur ein tat­ sächlicher, kein rechtlicher — zwischen den beiden Kategorien. Wenn aber ein Triftgewäffer der letzterwähnten Art nicht mehr der Trift dient und nach mensch­ lichem Ermessen anzunehmen ist, daß dieser Zustand von Dauer sein werde, ist die Trift aufgegeben, das Gewässer hört auf, Triftgewässer zu sein und Art. 36 greift Platz. Ein bloßer langer Stillstand, etwa über 1 — 2 Jahre hinaus, be­ deutet noch keine Aufgebung der Trift (vgl. Reuß S. 145, KorrefRK. S. 62, Eymann Anm. 2). Eine Erklärung der Staatsregierung, wie Eymann a. a. O. meint, ist nicht erforderlich. Die „bei dem Flusse Beteiligten" find berechtigt, die Wegräumung bei der Verwaltungsbehörde zu verlangen. Der Kreis der Beteiligten wurde oben ge­ nauer umschrieben (s. Anm. 1 Ziff. 8 zum Art. 35, VB. § 81, KorrefRK. S. 62, RRA. S. 175, Reuß S. 145). Bloß obligatorisch Berechtigte gehören nach VB. § 81 Abs. 2 nicht dazu. Der Antrag eines Beteiligten genügt (Reuß S. 145). Der Antrag ist bei der Distriktsverwaltungsbehörde zu stellen, in deren Bezirke die in Betracht kommende Strecke des Triftgewäffers liegt. Über den Antrag ist beschlußmäßig zu entscheiden; für das Verfahren sind die Vorschriften der Art. 168—175 maßgebend (§ 81 Abs. 3 VB.). Ein Einschreiten von Amts wegen im Interesse der Allgemeinheit ist nicht ausgeschlossen, wird aber zu den Seltenheiten gehören. Ist der Staat der Verpflichtete, so hilft nur die Aufsichts­ beschwerde (Eymann Anm. 1). Zeigt sich nach der Aufgebung wieder ein Bedürfnis zur Trift, so kann das Gewässer nach Art. 31 von neuem zur Trift erklärt werden (KorrefRK. S. 62).

A«M. 2. Die Koste« der Wegräumungdie Einrichtung der Trift bewilligt worden Einrichtungsbewilligung nicht erteilt wurde, jeher der Trist gedient haben, ist der Staat

Die Kosten hat der zu tragen, dem ist; bei Gewässern, bei denen eine also bei den Gewässern, die von der Verpflichtete.

Besondere Rechtstitel sind auch hier Vorbehalten, z. B. Verträge, durch die ein Beteiligter die Wegräumung auf eigene Kosten übernimmt oder auf Ersatz verzichtet (Pözl 1 S. 188). Zuständigkeit. S. zunächst Sinnt. 1 a. E. Die Streitigkeiten nach Art. 36 — an sich typische Verwaltungsrechtssachen (s. auch Pözl II S. 189, Reuß S. 145) — sind im Art. 177 nicht erwähnt. Da Art. 36 aus­ drücklich die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden festlegt, müssen trotz der Gesetzesworte „sind berechtigt, zu verlangen" die Angelegenheiten des Art. 36 als Verwaltungsermessenssachen erachtet werden. — über besondere Rechtstitel entscheiden die Gerichte (vgl. KorrefRK. S. 62). Die Verwaltungsbehörde kann den Vollzug ihrer Anordnungen durch Zwangsmaßregeln sichern (Art. 174; vgl. auch Art. 175 und ABAK. S. 165, Eymann Sinnt. 1). ANM. 3.

Abschnitt III.

Reinhaltung der Gewässer. Zuführung vo« Flüfügkeiten.

Art. 37.

Öffentlichen Gewässern,

Privatflüssen und Bachen sowie solchen

ge­

schlossenen Gewässern, an denen ein anderer mitberechtigt oder in denen ein anderer fischereiberechtigt ist, dürfen Flüssigkeiten oder andere nicht feste Stoffe, die eine schädliche Veränderung der Eigenschaften des Wassers zur Folge haben, nur mit Erlaubnis der Verwaltungsbehörde zugeführt werden. Die Erlaubnis ist auch erforderlich, wenn eine bereits genehmigte Zuführung bezüglich der Art oder Menge der zuzuführenden Flüssigkeit in einer für die Eigenschaften des Gewässers schädlichen Weise geändert wird. Abs. 2. Die Erlaubnis ist in widerruflicher Weise zu erteilen. Abs. 3. Die Erlaubnis ist zu versagen oder an einschränkende Be­ dingungen zu knüpfen, wenn und soweit durch die Zuführung gesundheitliche oder erhebliche wirtschaftliche Nachteile zu besorgen sind und wenn in letzterem Falle der von der Zuführung zu erwartende Vorteil von geringerer wirtschaftlicher Bedeutung ist als der durch die Zuführung entstehende Nachteil. Abs. 4. Der Unternehmer kann jederzeit von der Verwaltungsbehörde angehalten werden, diejenigen Einrichtungen zu treffen, welche erforderlich sind, um schädliche Einwirkungen der Zuführung auszuschließen oder möglichst einzuschränken, soweit die Einrichtungen mit dem ordnungsmäßigen Betriebe der Anlage vereinbar sind. Abs. 5. Der Unternehmer der Zuführung ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet, der anderen an dem Wasser Berechtigten durch die Zuführung entsteht. Bollzugsbekanntmachüng. (Die allgemeinen Bestimmungen über die Beschaffenheit der Pläne und Beschreibungen bei Eingaben um die Erlaubnis nach Art. 37 ff. (VB- §§ 84—93] sind beim Art. 42 abgedruckt.)

222

Abteilung II: Benützung der Gewässer.

Allgemeines.

§ 94.

Die Vorschriften über die Reinhaltung der Gewässer, die mit Rücksicht auf die in Betracht kommenden wichtigen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Interessen gegenüber den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen wesentlich verschärft worden sind, erfordern eine besonders sorgfältige und verantwortungsvolle Tätigkeit der mit dem Vollzüge be­ trauten Distriktsverwaltungsbehörden sowie der amtlichen Sachverständigen. Beim Voll­ züge dieser Vorschriften ist stets darauf zu achten, daß den sich entgegenstehenden Interessen nach Tunlichkeit in billig ausgleichender Weise Rechnung getragen wird.

§ 95. Die Vorschriften des Art. 37 beziehen sich nur auf die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zu genehmigenden Anlagen und deren Änderungen und sind auf die zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes bestehenden Anlagen nur insoweit anwendbar, als es sich um genehmigungspflichtige Änderungen an solchen Anlagen handelt. Auf die bei dem Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden Anlagen beziehen sich die Vorschriften in Art. 40 des Gesetzes.

Flüssige Stoffe.

§ 96.

Wer a) öffentlichen Gewässern, Privatflüssen und Bächen, sowie solchen geschlossenen Gewässern, an denen ein anderer mitberechtigt oder in denen ein anderer fischereiberechtigt ist, Flüssigkeiten oder andere nicht feste Stoffe, die eine schädliche Veränderung der Eigenschaften des Wassers zur Folge haben, zuführen will, oder b) eine bereits genehmigte Zuführung bezüglich der Art oder Menge der zuzu­ führenden Flüssigkeit in einer für die Eigenschaften des Gewässers schädlichen Weise ändern will, oder c) an einer bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits bestehenden Anlage zur Zuführung von Flüssigkeiten eine Änderung im Sinne von b) vornehmen will, hat um Erlaubnis bei derjenigen Distriktsverwaltungsbehörde nachzusuchen, in deren Bezirk die Zuführung in das Gewässer erfolgt. Unter den „Flüssigkeiten", deren Zuführung an eine Erlaubnis gebunden ist, sind nicht nur solche Abwässer zu verstehen, die vollständig gelöste Stoffe, sondern auch solche Abwässer, die zwar ungelöste, aber sehr feine feste Stoffe enthalten wie z. B. Zellulose, Hanf-, Wolle-, Flachs-Fasern, Haare aus Gerbereien, erdige Bestandteile aus Gruben u. dgl. Aus dem Gesuche muß Name, Stand und Wohnort des Unternehmers ersichtlich sein. Dem Gesuche sind beizufügen: A. Bei Zuführungen aus gewerblichen Anlagen (Jndustrieabwässer): 1. die Bezeichnung des Gewässers, dem die Abwässer zugeführt werden sollen (Vorfluter), 2. eine genaue Beschreibung des Fabrikattonsbetriebes oder der beabsichtigten Änderung eines solchen bestehenden Betriebes, insbesondere Angaben a) über die Menge und Beschaffenheit des Verarbeitungsmateriales, b) über die Menge und Beschaffenheit der Fabrikationsprodukte, c) über die Beschaffenheit und Menge der Abfälle, die sich bei der Fabrikatton überhaupt ergeben, ohne Rücksicht darauf, ob sie in festem, flüssigem oder gas­ förmigem Zustande sind, d) über den Wasserverbrauch, e) über die Menge und Temperatur der zur Zuführung in das Gewässer bestimmten Abwässer, sowie genaue Angaben über die Zeiten, in denen die Zuführung stattfindet, f) über die beabsichtigte Methode, durch welche die Abfälle oder die Abwässer un­ schädlich gemacht werden sollen (Klärung, Beseitigung), 3. Pläne, aus denen der Vorfluter, die Lage der Äbwasserleitung und die baulichen Einrichtungen zur Unschädlichmachung der Abwässer ersichtlich sind. Die Pläne haben insbesondere zu bestehen aus einem Übersichtslageplan, aus einem besonderen Lageplan, aus Grundrissen und Schnitten der zur Reinigung der Abwässer in Aussicht genommenen baulichen Anlagen, aus einem Längenprofilplan der Ab­ leitungsgräben oder -Rohre von der Reinigungsstelle bis zu dem das Abwasser aufzunehmenden Gewässer bezogen auf einen Festpunkt und aus einem Querprofil­ plan des Gewässers an der Zuleitungsstelle. B. Bei Zuführungen von Haus-, Küchen- und Abortabwässern sowie Meteorwässern (Hausabwässer):

1. Bezeichnung des Gewässers, dem die Abwässer zugeführt werden sollen; 2. Angaben über a) die Zahl der Einwohner, b) die Zahl und Art der Haustiere, c) den Verbrauch von Wasser, d) die Menge des Abwassers, e) die beabsichtigte Methode zur Klärung und Reinigung des Abwassers, 3. Pläne, aus denen der Vorfluter, die Lage der Abwasserleitung und die baulichen Einrichtungen zur Unschädlichmachung der Abwässer ersichtlich sind, wobei insbesondere die unter A Ziffer 3 angeführten Pläne, ferner bei Kanalisationsanlagen von Städten und Ortschaften die sämtlichen Kanalisattonspläne beizubringen sind.

§97 . Die Behandlung des Gesuches erfolgt nach Maßgabe der Vorschriften über das Verfahren in Art. 168—175 des Gesetzes, wobei Art. 109 (vgl. § 234) entsprechend zu beachten ist. Unter den Beteiligten können hier auch die unterhalb der beabsichtigten Anlage gelegenen Gemeinden in Betracht kommen. Der Verbescheidung des Gesuches hat in allen Fällen die Einvernahme von amt­ lichen Sachverständigen vorauszugehen; hiebei müssen gehört werden: 1. über die hydrotechnische Seite des Unternehmens das Hydrotechnische Bureau in München insbesondere hinsichtlich der Menge, Temperatur und Geschwindigkeit des Wassers, der Beschaffenheit der Flußsohle und -Ufer, der Gefällsverhältnisse, der Geschiebeführung des Flusses u. dgl.; 2. über die chemisch-biologische Seite des Unternehmens die Biologische Versuchs­ station für Fischerei in München; 3. über die hygienische Seite der Amtsarzt, in schwierigen Fällen die hygienischen Institute der Landesuniversitäten; 4. in Fällen, in denen durch die Abwasserzuführung eine bedeutende Schädigung der Fischerei auf größeren Flußstrecken zu befürchten ist, der staatliche Konsulent für Fischerei; 5. in Fällen, in denen durch Abwasserzuführung in Gewässer eine Verunreinigung von Trinkwasser zu befürchten ist, die öffentlichen Uniersuchungsanstalten für Nahrungs- und Genußmittel; 6. in Fällen, in denen eine Schädigung der Landeskultur zu befürchten ist, der amt­ liche Kuliuringenieur, über wichtige landwirtschaftlich-botanische Fragen die Agri­ kultur-botanische Anstalt in München; 7. bei öffentlichen Flüssen das Straßen- und Flußbauamt über alle wafferbautechnischen Fragen. Neben den vorgenannten Sachverständigen sollen in wichtigen Fällen über die wirtschaftlichen Folgen der Abwasserzuführung die örtlichen fischereilichen, landwirtschaft­ lichen und industriellen Jntereffenten-Vertretungen gutachtlich einvernommen werden; ferner können von der Disttiktsverwaltungsbehörde in besonderen Fällen auch noch andere Sachverständige insbesondere das Bayerische Gewerbemuseum in Nürnberg und der Polytechnische Verein in München von Amts wegen gehört werden. Die Distriktsverwaltungsbehörde hat zunächst das Hydrotechnische Bureau um ein Gutachten anzugehen; dieses wird sodann die Verhandlungen nebst seinem Gutachten un­ mittelbar der Biologischen Versuchsstation zur Gutachtensabgabe übergeben. Kommt diese von ihrem Standpunkt aus zu einem von dem Gutachten des Hydrotechnischen Bureaus abweichenden Ergebnisse, so haben diese beiden Stellen unmittelbar ins Be­ nehmen miteinander zu treten und den Ausgleich der verschiedenen Meinungen herbei­ zuführen. Hierauf sind die Verhandlungen der Distriktsverwaltungsbehörde wieder zurück­ zugeben zur Einvernahme des Amtsarztes, sowie der übrigen nach Lage des Falles in Betracht kommenden Sachverständigen und Interessenten-Vertretungen. Bei wider­ sprechenden Gutachten der amtlichen Sachverständigen hat die Distriktsverwaltungsbehörde allenfalls unter Anordnung des Zusammentritts derselben möglichst dahin zu wirken, daß auf gemeinsamer Grundlage ein übereinstimmendes Ergebnis erzielt wird.

§

98.

Wenn und soweit durch die Zuführung gesundheitliche Nachteile zu besorgen sind, ist die Erlaubnis zu versagen oder an einschränkende Bedingungen zu knüpfen. Das gleiche gilt, wenn durch die Zuführung erhebliche wirtschaftliche Nachteile zu besorgen sind und wenn der von der Zuführung zu erwartende Vorteil von geringerer wirtschaft­ licher Bedeutung ist als der durch die Zuführung entstehende Nachteil. Gerade bei der

224

Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

Prüfung der letzterwähnten Frage werden die begutachtenden Sachverständigen und die entscheidenden Verwaltungsbehörden stets ihr Augenmerk darauf zu richten haben, daß die an die Erlaubnis zu knüpfenden einschränkenden Bedingungen in richtigem Verhältnis zu den Nachteilen stehen, die durch die Zuführung herbeigeführt würden. Die Erlaubnis ist nur in widerruflicher Weise zu erteilen. Bon dem Widerrufe soll nur Gebrauch gemacht werden, wenn und soweit Rücksichten des Gemeinwohls es erforden. In dem Erlaubnisbescheid ist auszusprechen, daß der Unternehmer über den Beginn der Ausführung und über die Vollenduug der Anlage der Distriktsverwaltungsbehörde Anzeige zu erstatten hat. Diese hat darüber zu wachen, daß die Bedingungen der Erlaubnis eingehalten werden (vgl. § 105). Abschrift des Erlaubnisbescheides ist dem Hydrotechnischen Bureau milzuteilen. Handelt es sich um die Zuführung in ein öffentliches Gewässer, so ist außerdem die Erlaubnis der Distriktsverwaltungsbehörde zur Benützung des Gewässers gemäß Art. 42 erforderlich; die §§ 106—110 sind alsdann zu beachten. § 99. Die vorstehenden Bestimmungen in §§ 97 und 98 finden entsprechende Anwendung, wenn die Distriktsverwaltungsbehörde dem Unternehmer nachträglich die Herstellung von Einrichtungen im Sinne des Abs. 4 des Art. 37 des Gesetzes auferlegr.

§ 100. Der Unternehmer der Zuführung ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet, der anderen an dem Wasser Berechtigten durch die Zuführung entsteht (Art. 37 Abs. 5). Ist die Verpflichtung zur Entschädigung nicht bestritten, so hat auf Antrag eines Beteiligten die Feststellung der Entschädigung im Wege der Schätzung durch die zu­ ständige Distriktsverwaltungsbehörde zu erfolgen (Art. 195).

ANM. 1. Technisches und Wirtschaftliches. Die Seldftreiuigaag der Gewässer und die küuftliche Reinigung der Abwässer. 1. Infolge des stetigen Wachstums der Industrie sowie des erheblichen Bevölkerungszuwachses in den großen Städten hat die Einleitung der Abwässer in die Wasserläufe und somit deren Verunreinigung in bedenklichem Maße zugenommen. Außer den gesund­ heitlichen Schädigungen, welche ein verunreinigter FLußlauf mit sich bringen kann (insbesondere die Nichtverwendbarkeit des Flußwassers zu Trinkzwecken), handelt es sich auch um Nachteile wirtschaftlicher Natur. So werden mit den gewöhnlichen städtischen Abwässern, welche in die Flußläufe gelangen, der Landwirtschaft große Düngermengen entzogen. Durch entstehende Ablagerungen kann die Schiffahrt gestört werden. Aber auch gewerbliche Interessen haben unter der Verunreinigung des Waffers insofern zu leiden, als das Flußwasser für be­ stimmte Zwecke unbrauchbar wird. Wasser z. B., das Nitrate, Alkalikarbonate und Sulfate enthält, eignet sich nicht zur Zuckerfabrikation; für die Herstellung von Tonwaren kann nur Wasser verwendet werden, das frei von Sulfaten und Chloriden ist. Auch die Vermehrung der Härte des Wassers, welche sich durch Zuführung gewisser Stoffe in den Flußlauf ergibt, bringt mitunter gewisse Nach­ teile, da für manche Gewerbe, wie z. B. die Bleicherei, Druckerei, Färberei, Papier- und Tuchfabrikation, für Waschanstalten usw. die Härte des Wassers schädlich ist. Die Interessen der Uferanlieger können durch die Entwertung ihrer Grundstücke wegen der Wasser- und Luftvergiftung geschädigt werden. Außerdem kann sich für flußabwärts gelegene Ortschaften infolge der Verunreinigung des vorbeifließenden Wassers, das zu Trink- und Nutzzwecken nicht mehr verwendbar ist, die Notwendigkeit ergeben, mit großem Kostenaufwand sich anderweitig Ersatz zu verschaffen. 2. Schließlich kommt noch die Schädigung der Fischzucht in den verun­ reinigten Gewässern in Betracht. Ein geringer Verunreinigungszustand der Gewässer ist für die Ernährung der Fische notwendig, um das Gedeihen von Pflanzen- und niederem Tierlebm im Flusse zu ermöglichen. Stark verun­ reinigte Gewässer dagegen gereichen den Fischen zum Verderben, da gewisse Stoffe

entweder im Übermaße oder in einem Zustande vorhanden find, den die Fische nicht vertragen. Auch die Temperatur des Wassers spielt hiebei eine Rolle; im Winter sind verunreinigte Gewässer den Fischen weniger schädlich als im Sommer. Es ist daher die Einleitung sehr warmer Abwässer in Flüsse mit Fischleben schädlich. An sich harmlose Schwebestoffe können sich in den Kiemen der Fische festsetzen und die Atmung hindern. Diese Beobachtung kann man namentlich nach Regenfällen machen, wo in der Nähe der Regenauslässe große Mengen von Fischen tot auf dem Wasser schwimmen, deren Kiemen in der Regel mit Schmutz gefüllt sind. Besonders gefährliche Gifte für Fische sind Schwefelwasserstoff und Ammoniak; weniger gefährlich sind Kohlensäure, Chlor, Alkalien, schweflige Säure, Eisen, Aluminium, Kupfer- und Quecksilbersalze, auch Mineralsäuren. Unschädlich sind arsenige Säuren und arseniges Natron. Bei allen den genannten Stoffen ist der Konzentrationszustand von besonderem Einflüsse. Im allgemeinen find die Abwässer aus Fabriken für das Fischleben gefährlicher als gewöhnliche städtische Abwässer, wenn letztere frisch und nicht in übergroßen Mengen zugeführt werden. 3. Die Frage, wie weit eine Flußverunreinigung zulässig ist, läßt sich nicht nach allgemeinen Regeln beantworten; es handelt sich vielmehr in jedem einzelnen Falle um die richtige Abgrenzung gegen ein Zuviel bei der Zuführung von Schmutzstoffen. Eine gewisse Menge von Schmutzstoffen vermag jedes Gewässer ohne besondere Schädigung aufzunehmen, La es imstande ist, sich aus eigener Kraft wieder zu reinigen. Die Hauptwirkung bei der Selbstreinigung kommt den Spaltpilzen (Bakterien) zu, welche^die organischen Stoffe an sich ziehen, zerlegen und so allmählich aus dem Wasser beseitigen. Die Zersetzungsprodukte bilden wichtige Nährstoffe für höhere Wasser-

pflanzen (Algen). Die höchste selbstreinigende Kraft, welche sich nach der Produk­ tivität an Fischfleisch bemessen läßt, besitzen nach Professor Dr. Hofer die stehenden Gewässer (Dorfteiche), die geringste dagegen die schnellströmenden Gewässer mit großem Gefälle. Die Forderung, daß in die Flußläufe nur reines Wasser eingelassen würde, ist zwar vom Standpunkte der Gesundheitspflege aus erwünscht, vom wirtschaftlichen Standpunkte aus aber nur so weit als begründet anzuerkennen, als der Geldaufwand in angemessenem Verhältnis zu dem damit angestrebten Zwecke bleibt. Nur da, wo der Gebrauch des Flußwassers als Trinkwasser für Menschen und Tiere in Frage kommt, sind die strengsten Maßnahmen gegen Fluß­ verunreinigungen unerläßlich. Beachtet man, daß die meisten fließenden Gewässer je nach der Jahreszeit einem großen Wechsel hinsichtlich ihrer Reinheit unterliegen (Hoch-, Mittel- und Niederwaffer), so ist klar, daß zu gewissen Zeiten Gewässer durch die Einleitung ungereinigter oder wenig gereinigter Abwässer keine größere Verunreinigung er­ leiden als diejenige, welche sich im Wechsel der Jahreszeiten von selbst ergibt, also unabwendbar ist. Sieht man von besonderen Fällen ab, so darf die Forderung für berechtigt erachtet werden, die Benützung von Gewässern zur Einleitung städtischer Abwässer insoweit zu gestatten, als die dadurch entstehende Gesamt­ verunreinigung nicht über das höchste Maß der Verunreinigung, die das be­ treffende Gewäffer bei einem bestimmten Wasserstande erleidet, hinausgeht. Er­ fahrungsgemäß fällt nun bei fließenden Gewässern die größte Menge der Schwebestoffe (Papier, Stroh, Zeugreste, Federn, Reste von Früchten und Gemüsen usw.) mit den Hochwafferständen, dagegen die größte Menge der ge­ lösten Stoffe mit dem Mederwasser zusammen, weshalb die bei diesen Grenz­ wasserständen stattfindenden Verunreinigungen für die Entscheidung der zulässigen Verunreinigung maßgebend sein sollte. Eine Entscheidung auf dieser verhältnis­ mäßig leicht beschaffbaren Grundlage läßt sich nach Büsing mit mehr Sicherheit Harster-C a ss Imi r> Wassergesetz.

15

treffen als z. B. nach mathematischen Formeln oder auf Grund einiger chemischen Untersuchungen oder etwa nach einer Regel, daß die Menge des Flußwaffers mindestens das 15 fache der Abwaffermenge betragen müsse. Wo es ahne große Schwierigkeiten möglich ist, empfiehlt sich die Ausführung des von Oesten ge­ machten Vorschlages, den Einlaß von Abwässern in einen Wasserlauf von dem Nachweis abhängig zu machen, daß in dem einzuleitenden Abwasser Edelfische gedeihen. Mr die Mündung eines Kanalnetzes wird am zweckmäßigsten eine tief­ gelegene Stelle unterhalb und möglichst außerhalb der städtischen Bebauung ge­ wählt und zwar an einer Flußstrecke, wo eine große Wassergeschwindigkeit vor­ handen ist. Die Ausmündung der Abwässer soll in der Höhe des niedersten Wasserstandes erfolgen, damit nicht ein Überströmen der trockenen Uferböschung eintreten kann. Doch nicht immer wird es möglich sein, Abwässer in fließende Gewässer einzuleiten, sondern es können auch stehende Gewässer, wie Seen, Schiffahrtskanäle usw. als Rezipienten in Betracht kommen. Es wird zwar viel­ fach der Einlaß von Abwässern in fließende Gewässer allgemein für zulässig, in stehende Gewässer aber allgemein für unzulässig erachtet. Diese Unterscheidung geht nach Büsing zu weit. In manchen Flüssen kann an der Sohle, an den Ufern, an seichten Stellen oder an konvexen Uferstrecken die Waffergeschwindigkeit oft ganz erheblich herabgemindert werden, so daß sich an solchen Stellen ein Fluß in bezug auf die Verdünnung von eingeleiteten Abwässern wenig anders verhält als ein See oder ein Hafenbecken von größerer Tiefe; es findet eine Ver­ mischung des Wassers nur durch Diffusion statt. Die Keimzahl wird sogar höchstwahrscheinlich in stillstehendem Wasser durch die Absetzung der Schmutzstoffe mehr verringert als in bewegten Gewässern. Es wird daher in besonderen Fällen auch gegen die Einführung von Abwässern in stehende Gewässer kein be­ gründeter Einwand zu erheben sein. Beispiele hiefür bilden: Die Stadt Schwerin, welche seit dem Jahre 1893 ihre sämtlichen Abwässer (Fäkalien ausgenommen) in die bei der Stadt liegenden großen Seen leitet, ohne daß sich bis jetzt Miß­ stände ergeben hätten. Ferner die Gemeinde Tutzing, welche ihre Abwässer in den Starnberger See leitet an einer Stelle, die 35 m weit vom Ufer entfernt und 3 m unter dem Wasserspiegel liegt.

4. In den meisten Fällen wird sich die Notwendigkeit ergeben, die Kanal­ wässer und insbesondere die Abwässer von gewerblichen und industriellen An­ lagen vor ihrer Einleitung in einen Flußlauf künstlich zu reinigen. Auf alle Fälle sollte jede Kanalisationsanlage so angeordnet werden, daß eine spätere Klärung der Abwässer ohne kostspielige und umfangreiche Änderungen durch­ führbar ist. Man unterscheidet hauptsächlich a) Abwässer mit organischer stickstoffhaltiger Substanz und b) Abwässer, welche vorwiegend mineralische Stoffe ent­ halten. Dementsprechend ist auch das zur Reinigung der Abwässer und zur Ver­ nichtung der gesundheitsschädlichen Stoffe einzuschlagende Verfahren ein verschiedenes. aa) Zu den Abwässern der ersten Art zählen die städtischen Kanalabwässer, die Abwässer der Schlachthäuser, Bierbrauereien, Gerbereien, Zucker-, Papier- und Düngerfabriken, Molkereien usw. Allen ist gemeinsam, daß sie entweder an sich eine größere Menge von Fäulnisprodukten enthalten oder infolge ihres Gehaltes an organischen Stoffen leicht in Fäulnis übergehen. Zur Reinigung derartiger Abwässer wendet man im allgemeinen folgende Verfahren an: a) Die Berieselung. Man versteht darunter die Verteilung von Schmutzwasser auf kulturfähigen, durchlässigen Boden; hiebei werden die gesundheits-

schädlichen Stoffe der auf die Rieselfelder verbrachten Flüssigkeiten von den Pflanzen ausgenommen. Das durch den Untergrund sickernde Wasser wird gereinigt in Entwässerungsgräben gesammelt und den Wasserläufen gebrauchs­ fähig zugeführt. Zur Beseitigung sämtlicher Fäkalien einer Stadt mit 100 000 Einwohnern wäre ein Rieselgebiet von mindestens 1000 ha er­ forderlich. Die aufzubringende Menge Abwasser soll der Aufnahmefähigkeit der Pflanzen entsprechen. Um berechtigte Klagen der Anlieger zu vermeiden, ist es notwendig, durch die Anlage eines bis auf die undurchlässige Schichte hinabreichenden Hauptentwässerungsgrabens am unteren Rande der Riesel­ felder das Rieselwasser, bevor es fremde Grundstücke erreicht, abzufangen oder abzuleiten. Auch ist die vorherige chemische und bakteriologische Untersuchung des Wassers der nächstgelegenen Brunnen empfehlenswert. ß) Das biologische Reinigungsverfahren, auch Oxydationsverfahren genannt. Es gründet sich auf die Tatsache, daß Spüljauche unter dem Ein­ flüsse verschiedener Bakterien und Schimmelpilze in Fäulnis übergeht, während die organischen Stoffe schließlich in anorganische übergeführt, also mineralisiert werden. Man leitet das Schmutzwasser in luftdicht abgeschlossene Ablagerungsbecken (Faulräume); in den beiden ersten Becken geht während etwa 24 Stunden die Jauche in Fäulnis über und wird alsdann in einem dritten Raum (Oxydationskammer) mit frischer Luft in Berührung gebracht. In den Filterbecken wird die Flüssigkeit von den Schwebestoffen befreit. Das ausfließende Wasser zeigt schließlich eine Abnahme der organischen Stoffe bis zu 80%. /) Die mechanische Reinigung durch Filtration. Dieses Verfahren ist für kleinere Betriebe von Bedeutung. Man legt Klärbassins an, in welchen die Geschwindigkeit des verunreinigten Waffers verlangsamt wird, so daß die Schwebestoffe allmählich zu Boden sinken. Die Wirkung der Reinigung hängt von der Größe des Beckens ab. Als Filtermaterial verwendet man Sand, Kies, Torfkohle usw. ö) Die Anwendung chemischer Fällungsmittel. Es werden dem Schmutzwasser chemische Stoffe zugesetzt, welche ein Niederschlagen der Schwebe­ stoffe bewirken. Als Zusatz dienen Kalk, Kalk und Glaubersalz, Kalk, Chlor und Karbolsäure usw. Doch werden mit allen diesen Mitteln die gelösten Stoffe nur unvollständig niedergeschlagen. Manche dieser chemischen Zusätze wirken überdies schädigend auf den Bestand der Fischwässer, so daß das chemische Klärverfahren neuerdings immer seltener angewendet wird. k) Reinigung durch Elektrolyse. Das unverhältnismäßig teure Webstersche Verfahren bewirkt eine Sterilisation (Entkeimung) und Reinigung. Man läßt das Abwasser, welches eine hinreichende Menge gelöster Chloride enthalten muß, zwischen zwei eisernen Schienen durchfließen; bei Stromschluß wird das Chlorid zersetzt, es bildet sich Hypochlorit, das eine sterilisierende Wirkung besitzt, und Eisensalz, das die Schwebestoffe niederschlägt. bl>) Zu den Abwässern mit vorwiegend mineralischen Stoffen gehören die Abwässer von Gasfabriken, Steinkohlengruben, Salinen, Erzgruben, Sodafabriken usw. Sie sind wegen ihrer dem Pflanzenwuchs nachteiligen Bestandteile zur Berieselung ungeeignet. Die Schwebestoffe solcher Abwässer werden meistens durch Absitzen in Klärbecken entfernt, während die gelösten Stoffe durch chemische Zusätze gefällt werden. Die Kenntnis von der Wirkungsweise und dem Wirkungsgrad der Abwasser­ reinigung ist heute noch eine mangelhafte; es bedarf noch vieler wiffenschaftlicher Versuche und praktischer Erfahrungen, um jede Aufgabe dieses Gebietes mit Sicherheit lösen zu können. Es handelt sich hier um ein Arbeitsgebiet, das ein 15*

enges Zusammenwirken des Hygienikers, Chemikers und Technikers erfordert, um befriedigende Erfolge zu erzielen. Ein Uinstand erschwert be­ sonders die Entscheidung, daß nämlich die Wasserführung eines Gewässers eine bekannte Größe ist, die nur vorübergehenden Veränderungen unterworfen ist, während dagegen die Abwässer im Laufe der Zeit an Menge meistens zunehmen und auch in bezug auf ihre Beschaffenheit dem Wechsel unterliegen. Was heute unbedenklich ist, kann nach einer Reihe von Jahren das Maß des Zulässigen überschritten haben. Zur ganzen Abwasserfrage vgl. die interessanten, eingehenden Ausführungen des RefAK. (S. 21—32). Geschichte. Zur Zeit der Entstehung des WB G. bestand zu ein­ schneidenden gesetzgeberischen Maßregeln zum Schutze der Reinheit der Gewässer gegen die Zuführung schädlicher flüssiger oder fester Abfallstoffe kein Anlaß. Das Gesetz begnügte sich daher damit, die Benützung des Wassers von Privatflüffen zum Betriebe von Gerbereien, chemischen Fabriken und Bleichen, dann zu Flachs- und Hanfrösten und zu andern Bestimmungen, die die Eigen­ schaften des Wassers auf schädliche Art verändern, der besonderen Bewilligung und Beschränkung durch die Verwaltungsbehörde zu unterwerfen (Art. 58). Für die öffentlichen Gewässer erachtete man eine ähnliche Bestimmung nicht für nötig; die Art. 1 Abs. 2, 10 Abs. 2 und 14 Boten hier die einzigen, wenig wirffamen Behelfe. Auf geschlossene Gewässer war Art. 58 gleichfalls nicht anwendbar. Auch die Art. 67 Abs. 2 und 73 PStGB. waren keine geeigneten Grund­ lagen zu einem nachhaltigen Schutze der Gewässer gegen Verunreinigung, den die mächtige Entwicklung der Industrie allmählich zu einer unabweisbaren Not­ wendigkeit gestaltete. Die neuen deutschen Wassergesetze haben diesem Drucke nachgebend eingehende Vorschriften zum Schutze der Gewässer gegen Verunreinigungen er­ lassen (Baden § 12, Hessen Art. 3, 14, 18, Württemberg Art. 16, 20, preuß. Entw. §59, sächs. § 17) und auch das bayerische WG. mußte die schwebende Frage in einer Weise läsen, die nicht nur den gegenwärtig bestehenden Ver­ hältnissen entspricht, sondern auch den künftigen Fortschritten der Technik die ge­ bührende Berücksichtigung gewährleistet.

Anm. 2.

Die Richtpunkte für die Regel««g im geltenden Rechte. Es war keine leichte Aufgabe, zwischen den die Reinhaltung der Gewässer fordernden Interessen der Allgemeinheit und den berechtigten Wünschen der In­ dustrie, die ohne die Möglichkeit der Absorbierung ihrer Abfallstoffe durch die Gewässer nicht bestehen kann, den richtigen Ausgleich zu finden. Mit Recht hat das Gesetz von der Anerkennung eines industriellen Gemeingebrauchsrechtes zur Abwassereinleitung unter Festsetzung von Grenzzahlen abgesehen. Der RefAK. (S. 29 f.) hat in trefflichen Aus­ führungen nachgewiesen, daß die Feststellung von Grenzwerten praktisch undurch­ führbar ist, und der KorrefRK. (S. 64) hat dies Ergebnis noch durch Anführung weiterer Gründe gestützt. „Da das Wasser eines der wichtigsten Bedürfnisse des Menschen bildet und an die Reinhaltung des Wassers sich die wichtigsten Interessen der Gesundheitspflege knüpfen, so hat der Entwurf in der ganzen Frage wohl vollkommen mit Recht (wie das württemb. Ges.) den hygienischen Gesichts­ punkt als den überwiegenden erachtet und, von ihm ausgehend, die Regelung der Frage unternommen" (KorrefRK. S. 64; vgl. auch RRA. S. 177 ff. und Obermeyer BayerZfist. 1907 S. 95 II). An der Fortgeltung der Art. 67 Abs. 2 und 73 Abs. 1 PStGB. und der

A«M. 3.

auf Grund dieser Gesetzesbestimmungen erlassenen gesundheitspolizeilichen Vor­ schriften hat das Gesetz nichts geändert. Auch Art. 92 PStGB. gilt unver­ ändert fort. A«M. 4.

Die Erlaubnispfticht. 1. Das WG. hat das Interesse der All­ gemeinheit an der Reinhaltung der Gewässer dadurch gewahrt, daß es die Einführung schädlicher Stoffe in die Gewässer an die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde knüpfte. In ähnlicher Weise sind auch die in Anm. 2 angeführten neueren Waffergesetze der meisten anderen deutschen Staaten vor­ gegangen. Der Art. 37 fordert die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde für die Zu­ führung von Flüssigkeiten oder andern nicht festen Stoffen, die eine schädliche Veränderung der Eigenschaften des Wassers zur Folge haben, wenn die Zuleitung in öffentliche Gewässer, Privatflüsse und Bäche und solche geschlossene Gewässer ge­ schieht, an denen ein anderer mitberechtigt oder in denen ein anderer fischereiberechtigt ist. Die Erlaubnis im Sinne des Art. 37 ist rein polizeilicher Natur; sie gewährt kein privates Recht am Wasser oder auf das Wasser. Bei Zuführungen in öffentliche Gewässer und in Staatsprivatflüffe ist daher neben der Erlaubnis nach Art. 37 noch die weitere Erlaubnis nach Art. 42 und 4 6 notwendig (s. §§ 98 Abs. 4 und 106—110 VB. und Anm. 2 zum Art. 42). Bei Gewässern anderer Art wird die Zuführung nur möglich sein, wenn der Unternehmer Eigentümer des Gewässers oder des Ufers ist oder wenn ihm ein dingliches Recht zur Wasserbenützung zusteht. Die Distriktsverwaltungsbehörde kann, wenn gegen das Gesuch auf Grund bestehender Privatrechtsverhält ­ nisse Einspruch erhoben wird, entweder das Verfahren bis zur Erledigung des Einspruchs aussetzen oder unter Vorbehalt der gesonderten Austragung des Ein­ spruchs den Bescheid erteilen, dagegen ist sie wohl nicht befugt, wenn kein privat­ rechtlicher Einspruch vorliegt, von Amts wegen vom Unternehmer den Nachweis zu verlangen, daß er die erforderliche privatrechtliche Verfügungsgewalt über das Wasser habe. Art. 37 bezieht sich nur auf die nach dem Inkrafttreten des Ge­ setzes zu genehmigenden Anlagen und Anlagenänderungen; für die bestehenden Anlagen gilt Art. 40 (ABAK. S. 165, BB. § 95). Vgl. auch Anm. 5 zum Art. 40.

2. Der Begriff: „Flüssigkeiten" darf nicht ganz wörtlich genommen werden. Er umfaßt nicht nur solche Abwässer, die vollständig gelöste Stoffe ent­ halten, sondern auch solche, die zwar ungelöste, aber sehr feine feste Stoffe wie z. B. Zellulose, Hanf, Wolle, Flachsfasern, Haare aus Gerbereien, erdige Bestand­ teile aus Gruben u. dgl. mit sich führen. Art. 37 betrifft also die gesamten industriellen Mwäffer (ABAK. S. 165, VB. § 96 Abs. 2). Zu den übrigen nicht festen Stoffen gehören z. B. Dämpfe, Gase, aber auch die Fäkalien (Begr. S. 555 II). Feste Stoffe, die sich im Wasser auflösen, fallen nicht unter Art. 37, sondern unter Art. 38 (Ehmann Anm. 6). Die Ansicht Eymanns, das Wort „zuführen" bedeute soviel wie „absichtlicheinleiten," ist wohl nicht zutreffend. Ehmann müßte folgerichtig auch unter der „Einbringung" fester Stoffe im Art. 38 nur die absichtliche, nicht auch die unbeabsichtigte Einbringung verstehen; er schließt sich aber (Anm. 2 zum Art. 38) der im AKA. gegebenen entgegengesetzten Begriffsbestimmung an. In der Tat liegen die Verhältniffe im Art. 37 ebenso wie im Art. 38 und im Art. 19; die „Zuführung", die „Einbringung" und die „Zutageförderung" umfassen die ab-

sichtliche wie die unbeabsichtigte Herbeiführung des Erfolges. Die eine wie die andere ist erlaubnispflichtig, nur kann bei der unabsichtlichen Verursachung natur­ gemäß nicht die vorherige, sondern nur eine nachfolgende Genehmigung gefordert werden (s. auch Anm. 2 zum Art. 19). Die mittelbare Zuführung, z. B. durch einen in den Fluß mündenden Kanal, steht der unmittelbaren gleich (Begr. S. 555 II).

3. Gegenstand des Art. 37 sind nur solche Flüssigkeiten oder solche andere nicht feste Stoffe, die eine schädliche Veränderung der Eigenschaften des Wassers zur Folge haben. Daraus ergibt sich, daß die Zuführung solcher nicht fester Stoffe, denen diese schädlichen Eigenschaften mangeln, erlaubt ist, auch wo die Statthaftigkeit sich nicht aus der Unbeschränktheit des Grundeigen­ tums von selbst ergibt. Die Einleitung solcher unschädlichen Stoffe in öffentliche Gewässer und Privatflüsse und Bäche ist daher als eine zwar nicht durch Art. 26, aber mittelbar durch Art. 37 statuierte Benützungsbefugnis zu erachten. Sie folgt nicht aus einem allgemeinen Rechte des Gemeingebrauches; denn ein solches Recht, das dem Elgentum vorginge und die Vermutung der Unbeschränktheit für sich hätte, kennt das WG. auch für die öffentlichen Gewässer nicht mehr. Das, was man jetzt noch Gemeingebrauch nennt, die Befugnis zu den kleinen Nutzungen des Art. 26, sind strikt auszulegende gesetzliche Beschränkungen des Gewässereigentums und die hier besprochene Nutzung ist nicht eine Abart oder Unterart der Befug­ nisse des Art. 26, sondern eine weitere Eigentumsschranke neben diesen, wobei es nichts ausmacht, daß jene Schranken unmittelbar, diese nur durch ein argumentum e contrario aus dem Gesetze gewonnen werden können (vgl. auch Anm. 5 Ziff. 8 zum Art. 26). Natürlich besteht die erwähnte Nutzungsbefugnis nur dann, wenn sie nicht einer „besonderen Anlage" im Sinne des Art. 42 bedarf. Da dies regelmäßig der Fall sein wird, hat die Nutzungsbefugnis nur geringe Bedeutung; sie wird sich im wesentlichen auf das Einschütten unschädlichen Wassers beschränken. Die Eigenschaften des Wassers, zu denen nicht nur die chemische Zusammensetzung, sondern auch die Temperatur und andere physikalische Eigen­ schaften, nicht aber das Gefäll gehören, müssen schädlich verändert werden. Schäd­ lich ist nicht gleichbedeutend mit gesundheitsschädlich; auch nachteilige Einwirkungen auf Tiere und andere Sachen genügen (BlRA. 39 S. 367, OGH. StrS. 4 S. 229, Reuß S. 126, Pollwein Art. 58 Anm. 1). „Die schädliche Veränderung der Eigenschaften des Wassers braucht nicht notwendig die Folge einer Verunreinigung zu sein; z. B. ist die Einleitung heißer, den Fischen schädlicher Dämpfe aus einer Fabrik in einen Fluß rc. keine Verunreinigung, aber eine schädliche Veränderung des Wassers" (Begr. S. 555 II). Die Einleitung besonders kalten Wassers, die eine Vereisung der Triebwerke, schädliche Wirkungen für die Fische hervorruft, das Baden in einem von Sommer­ gästen viel besuchten See unmöglich macht u. dgl., kann gleichfalls unter Art. 37 fallen (vgl. Reuß S. 125, nach Peyrer). Die Prüfung der Schädlichkeit mußvonFall zuFall erfolgen. Das Gesetz hat, wie die Begründung (S. 539 II) sagt, mit Rücksicht auf die Fort­ schritte der chemischen Technik und die Veränderlichkeit der ärztlichen Anschauungen über die gesundheitlichen Nachteile gewisser Einleitungen auf nähere Begriffs­ bestimmungen verzichtet. Auch dem Muster des preußischen Entwurfs, der die Bezeichnung der schädlichen Stoffe dem Oberpräsidenten der Provinz überträgt (§ 24), zu folgen, empfahl sich nicht (vgl. Begr. z. sächs. Entw. S. 70). Ob Zu­ führungen, wie die beabsichtigte, in der betreffenden Gegend gemeinüblich sind oder nicht, ist ohne Bedeutung (Eymann Anm. 7). Schädlich ist die Zuführung, wenn sie irgendeiner Art erlaubter Wafferbenützung Nachteile bringt; der Unter­ nehmer kann die Behauptung der Nichtanwendbarkeit des Art. 37 nicht damjt

begründen, daß das Wasser durch bestehende Zuführungen schon derart verändert sei, daß die neue Einleitung keine weitere Verschlechterung mehr Hervorrufen werde (Eymann a. a. O.).

4. Die Erlaubnispflicht besteht nur dann, wenn die betreffenden Stoffe öffentlichen Gewässern, Privatflüssen und Bächen und solchen geschlossenen Gewässern zugeleitet werden, an denen ein anderer mitberechtigt oder in denen ein anderer fischereiberechtigt ist. über die hier erwähnten Gewässerärten vgl. die Bemerkungen zu den Art. 1, 16 und 21—24. Zu den Mitberechtigungen an geschlossenen Gewässern, von denen Art. 37 Abs. 1 handelt, gehören neben dem Miteigentum alle Arten von dinglichen Rechten an fremder Sache, nicht aber bloß obligatorische Ansprüche in bezug auf das Gewässer, weil sie keine Mitberechtigung am Gewässer verleihen (ebenso Eymann Anm. 3), auch nicht der Besitz, wenn er sich nicht auf eine solche Mit­ berechtigung gründet. Auch das Jagdrecht eines dritten gehört nicht hieher; denn es gründet sich nicht auf ein Recht an der Sache, sondern auf ein Schuld­ verhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Grundeigentümer oder seiner Ver­ treterin nach Art. 4 JagdG., der Gemeinde. Das Fischereirecht hat Art. 37 neben den Mitberechtigungen besonders erwähnt. Rein obligatorische Rechte sind aber auch hier ausgeschlossen (ebenso Eymann Anm. 4). Der Gemeingebrauch gibt kein Recht (s. Anm. 9 zum Art. 26). Wo solche Mitberechtigungen an geschlossenen Gewässern nicht bestehen, bedarf es keiner Erlaubnis zur Zuleitung der erwähnten Stoffe, doch können unter Umständen die §§ 906 f. BGB. in Frage kommen.

5. Der Erlaubnispflicht unterliegt auch der Eigentümer des Gewässers (Begr. S. 555 II). Für ihn enthält Art. 37 eine gesetzliche Eigentumsbeschränkung öffentlichrechtlicher Natur, die wie alle Eigentumsbeschränkungen nicht ausdehnend ausgelegt werden darf. Auch der Staat bedarf zu Zuführungen nach Art. 37 und 38 besonderer Erlaubnis (vgl. Schenkel S. 341, Nieder S. 191). Um die Erlaubnis ist vor der Zuführung nachzusuchen. Solange sie nicht erteilt ist, ist die Zuführung schädlicher Stoffe rechtswidrig und strafbar (Begr. S. 555 II). Die Erlaubnis entzieht den am Wasser Berechtigten die negatorische Klage und verweist sie auf die Geltendmachung ihrer Schadensersatzansprüche; sie „ver­ wandelt den negatorischen Anspruch in einen bloß restitutorischen" (Dittmann S. 61). 6. Die gewerbepolizeiliche Genehmigung einer Anlage nach §§ 16 ff. RGO. schließt die wasserpolizeiliche Erlaubnis zur Zuführung schädlicher Stoffe nicht in sich; es bedarf hier vielmehr gesonderter Erlaubnis nach Art. 37 oder 38 (Begr. S. 556 I, MABl. 1873 S. 494, OGH. 6 S. 162, 378, 531, KorrefRK. S. 66). 7. Die erteilte Erlaubnis wirkt, wenn nichts anderes bestimmt ist, dinglich, d. h. sie ist nicht der Person des Nachsuchenden, sondern dem Unter­ nehmen erteilt. Ein Wasserbenützungsrecht erzeugt sie aber nicht und ebensowenig berechtigt sie natürlich zum Betreten fremder Grundstücke. Wird die genehmigte Zuführung bezüglich der Art oder Menge der zuzuführenden Flüssigkeit in einer für die Eigenschaften des Gewässers schädlichen Weise ver­ ändert, so ist eine neue Erlaubnis nötig. Das gilt auch für Änderungen von Anlagen, die zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes vorhanden waren und bisher den bestehenden Rechtsverhältnissen entsprachen (BB. § 95). S. auch Anm. 5 zum Art. 40. Verbesserungen hinsichtlich der Wirkungen der Flüssigkeit auf die Eigenschaften des Wassers sind natürlich nicht erlaubnispflichtig (vgl. auch Anm. 5 zum Art. 42 und 2 zum Art. 63).

A«M. 5.

Die Erteilung der Erlaabnis sAbs. 2 «ud 3). 1. Die Erlaubnis darf nur widerruflich erteilt werden, damit vermieden werde, daß sie zu einer Berechtigung erstarke (Begr. S. 555 II und § 98 Abs. 2 VB.). Die ausdrückliche Erteilung einer widerruflichen Erlaubnis macht den be­ treffenden Beamten disziplinär haftbar. Ist die Widerrufsklausel im Bescheid aus Versehen weggeblieben, so ist die Erlaubnis deswegen nicht etwa unwiderruflich, sondern nach Art. 37 Abs. 2 ist die Widerrufung auch ohne besonderen Vorbehalt zulässig (ebenso Eymann Anm. 11). Vor der Erteilung der Erlaubnis sind die Beteiligten, bei geschlossenen Gewässern vor allem die Mitberechtigten einschließlich der Fischereiberechtigten zu hören. Den Fischereiberechtigten stand bisher nach Art. 57 WBG. kein Widerspruchsrecht zu; sie mußten sich damit begnügen, ihre Schadens­ ersatzansprüche auf dem Zivilrechtswege geltend zu machen. Über die Stellung und die Ansprüche der Fischereiberechtigten nach geltendem Wasserrechte vgl. Art. 109, über privatrechtliche Verbietungsrechte Anm. 4 Ziff. 1. Das im Abs. 2 liegende Verbot der unwiderruflichen Erlaubnis­ erteilung hat hauptsächlich in industriellen Kreisen lebhafte Befürchtungen wachgerufen. In der Tat geht das WG. in dieser Beziehung weiter als die übrigen wichtigeren Waffergesetze der letzten Zeit. Baden (§ 44), Württemberg (Art. 27), Hessen (Art. 18), der Preußische (§ 58) und der sächsische Entwurf (§§ 27, 35) legen nämlich die Voraussetzungen, ohne die der Widerruf nicht erfolgen darf, im Gesetze fest, während das bayerische WG. es dem Ermessen der Verwaltungsbehörde zu überlassen scheint, ob die Erlaubnis widerrufen werden soll oder nicht. Allein schon aus Art. 37 Abs. 3 und 4 geht deutlich hervor, daß das Gesetz die Widerrufung der Erlaubnis nur dann für zulässig erachtet, wenn zwingende Gründe des öffentlichen Interesses dies gebieten, und im RRA. (S. 181) bestätigte dies der K. Staatsminister d. I. durch folgende Er­ klärung: „Bei der Aufstellung des Entwurfs sei davon ausgegangen worden, die Gründe, aus denen die Erlaubnis zur Zuführung von Flüssigkeiten in Gewässer widerrufen werden könne, im Gesetze nicht zu nennen, vielmehr es dem pflicht­ gemäßen Ermessen der Verwaltungsbehörde zu überlassen, wann sie vom Widerruf Gebrauch zu machen habe. Die K. Staatsregierung habe bereits erklärt, daß vom Mderruf Gebrauch gemacht werde, wann und soweit es die Rücksichten des Gemeinwohles erforderten; daß vom Widerruf nicht aus privatem Interesse des Staates Gebrauch gemacht werde, sei selbstverständlich. Der Herr Kor­ referent wolle, daß die erwähnte Erlaubnis widerrufen werden könne, wenn die Rücksichten des Gemeinwohls es geböten oder, wenn den an die Er­ laubnis geknüpften Bedingungen wiederholt gröblich zuwider gehandelt worden sei. In letzterer Hinsicht gehe er weiter als die Absichten des Entwurfs gingen. Gröbliche Zuwiderhandlungen könnten allerdings unter Umständen zu Mißständen führen, deren Beseitigung im Interesse des Gemeinwohles gelegen sei. Auch eine einmalige derartige Zuwiderhandlung könne unter Umständen zum Widerruf genügen. Er halte es nicht für notwendig, allgemein eine solche Bestimmung in den Entwurf aufzunehmen, vielmehr dürfte es genügen, wenn erklärt werde, daß die Verwaltungsbehörde vom Mderruf nur dann Gebrauch machen werde, wenn und soweit die Rücksichten des Gemeinwohls einen solchen Widerruf er­ forderten" (s. auch VB. § 98 Abs. 2). Durch diese Erklärung, die keinen Widerspruch fand, wurde die Sache im RRA. erledigt (vgl. übrigens auch sächs. Entw. §§ 27 und 35, Württemberg Art. 27, Baden § 44 u. et.). Die Zulassung der Erteilung einer für immer oder für bestimmte Zeit un­ widerruflichen Erlaubnis war mit Rücksicht auf die Interessen der Hygiene

und die Tatsache, daß bei der Erteilung der Erlaubnis die Wirkungen der Ein­ leitung ost nicht genügend übersehbar sein werden, nicht möglich; auch die neueren Wassergesetze der übrigen größeren deutschen Staaten kennen fast ohne Ausnahme keine unwiderrufliche Genehmigung. Der Widerruf wird nicht schon mit der Zustellung an den Unternehmer, sondern erst mit der Rechtskraft der Widerrufserklärung (Art. 172) wirksam. Die Möglichkeit einer Oberaufsichtsbeschwerde steht dieser Wirksamkeit nicht im Wege. Vom erwähnten Zeitpunkt an ist die weitere Zuführung rechtswidrig und nach Art. 202 Ziff. 1 strafbar. Auch vorher schon kann jedoch die Verwaltungs­ behörde nach Art. 175 die dem augenblicklichen Erfordernis entsprechenden vor­ sorglichen Anordnungen treffen und ungeachtet erhobener Beschwerde sofort voll­ strecken lassen. Über die Zwangsbefugnisse der Verwaltungsbehörde vgl. Art. 174, über die Beseitigung der Zuführungsanlage Art. 60. Eine Entschädigung wird im Falle des Widerrufs nicht geleistet. 2. Ob die Erlaubnis zu erteilen oder zu versagen sei, liegt im pflichtmäßigen Ermessen der Verwaltungsbehörde. Ver­ waltungsrechtlich verfolgbare Ansprüche auf die Erteilung der Erlaubnis kennt Art. 37 nicht. über die Schadensersatzansprüche der an dem Wasser Berechtigten vgl. Abs. 5. Das Ermessen der Verwaltungsbehörde ist aber beschränkt durch Art. 37 Abs. 3. Darnach muß die Erlaubnis versagt oder an einschränkende Bedingungen geknüpft werden a) wenn und soweit durch die Zuführung gesundheitliche Nachteile zu besorgen sind. Das Erfordernis der Erheblichkeit der Nachteile ist hier nicht aufgestellt; auch kommt es nicht darauf an, ob die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmers gegen diese Nachteile ein schweres Gegengewicht bilden oder nicht. b) wenn und soweit durch die Zuführung erhebliche wirtschaftliche Nachteile zu besorgen sind und wenn die von der Zuführung zu erwartenden Vorteile von geringerer wirtschaftlicher Bedeutung sind als jene Nachteile. Nur erhebliche wirtschaftliche Nachteile verdienen also Berücksichtigung. Die Vorteile der Zuführung für den einen und die Schäden für den andern Teil müssen gegen­ einander abgewogen werden. Überwiegen die Nachteile, so kann vielleicht noch durch einschränkende Bedingungen z. B. Bestimmungen über die Mengen und den Gehalt der täglich einzuleitenden Abwässer, dann durch die Auflage der Herstellung von Klär- oder Verdampfungsbassins, Haarsieben, Oxydationsfiltern u. dgl. geholfen werden. Geben auch diese Bedingungen keinen ausreichenden Schutz, so ist die Erlaubnis zu versagen. Wirtschaftliche Nachteile sind z. B. die Beeinträchtigung von Wasser­ nutzungsrechten, die Schädigung der Fischerei, nachteilige Einwirkungen auf die Instandhaltung (Begr. S. 556 1); auch die Schädigung der Gesundheit der Haus­ tiere gehört hieher (KorrefRK. S. 66).

A«M. 6.

Auflage« «ach erteilter Erlaubnis (Abi. 4). Auch nach der Er­ teilung der Erlaubnis kann die Verwaltungsbehörde jederzeit den Unternehmer anhalten, die zur Ausschließung oder möglichsten Ein­ schränkung schädlicher Einwirkungen der Zuführung erforder­ lichen Einrichtungen zu treffen, soweit sie mit dem ordnungs­ mäßigen Betriebe der Anlage vereinbar sind. Es bedarf also nicht einer Generalklausel im Beschluß über die Erteilung der Erlaubnis, wodurch die spätere Auferlegung solcher Bedingungen Vorbehalten wäre; das Gesetz behält vielmehr diese Auflagen selber vor. Die Änderung kommt einer neuen Er-

laubnis gleich (s. auch Eymann Sinnt. 13); das Verfahren bemißt sich nach §§ 97—99 BB. Für bestehende Anlagen kommt diese Bestimmung nicht in Frage; für sie gilt Art. 40 (s. VB. § 95). Die Auflagen dürfen nur Einrichtungen betreffen, die mit dem ordnungs­ mäßigen Betriebe der Anlage vereinbar sind. Sie können Wohl auch zugunsten eines späteren Unternehmens erteilt werden (KorrefRK. S. 66). Das Einschreiten der Verwaltungsbehörde setzt nicht den Antrag eines Beteiligten voraus. Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, kann auch von Amts wegen vorgegangen werden (Begr. S. 556 I). Wenn die nach Abs. 4 möglichen Auflagen den erforderlichen Schutz nicht gewähren, bleibt als einziges Hilfsmittel die Widerrufung der Erlaubnis, wenn der Unternehmer nicht freiwillig Abhilfe schafft. Es wird ihm hiefür unter An­ drohung der Widerrufung eine angemessene Frist zu setzen und nachher, wenn dies nötig ist, die Erlaubnis zu widerrufen sein. Die Auferlegung von Bedingungen, die mit dem ordnungsmäßigen Betriebe nicht vereinbar sind, ist nicht zulässig. A. M. Eymann Sinnt. 16. Die Ergebnisse der beiden Anschauungen sind praktisch kaum verschieden.

Anm. 7.

Die Schadenserfatzvflicht des Unternehmers (Abs. 5). Die Er­ teilung der Erlaubnis gewährt kein Recht, dessen Aus­ übung Schadensersatzansprüche dritter ausschließen könnte. Im Gegenteil, Abs. 5 erklärt ausdrücklich den Unternehmer der Zuführung für verpflichtet, den durch die Zuführung anderen an dem Wasser Berechtigten zugefügten Schaden zu ersetzen; doch können diese nie die Unterlassung der Zuführung, sondern nur den Ersatz des ihnen zugefügten Schadens verlangen (vgl. Sinnt. 4 Ziff. 5 und § 26 RGO.). Der Staat wird durch die Erteilung der Erlaubnis nicht ersatzpflichtig'für den durch die erlaubte Zuführung verursachten Schaden (a. M. mit Unrecht Meisner S. 196; OGH. N. F. 1 S. 311 ff. behandelt einen anderen Fall). Art. 37 Ws. 5 enthält eine selbständige Zivilrechtsvorschrift, durch die eine Schadensersatzpflicht geschaffen wird, nicht einen Vorbehalt anderer Normen, auf Grund deren eine solche Ersatzpflicht gegeben sein könnte. Die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung für diese Zivilrechtsnorm ergibt sich aus Art. 65 EG. z. BGB. Die Entschädigungsforderung gründet sich also bei erlaubter Zuführung weder auf §§ 906 f., noch auf § 1004 BGB., sondern ausschließlich auf Art. 37 Abs. 5 (vgl. die Erklärung des K. Staatsministers, der Justiz RRA. S. 181 f., ferner StenB. S. 713). Auch die allgemeinen privatrechtlichen Grundsätze über die Schadenshaftung (§§ 823 ff. BGB.) sind hier nicht verwendbar. Art. 37 Abs. 5 setzt kein Verschulden voraus, sondern beruht wie z. B. auch Art. 35 auf dem Beraulassungspriuzip (s. auch Oertmanu § 96, 2 b a, ««, Obermeyer BayZfR. 1907 S. 95; anders Meisner S. 243 und 291 für das bisherige Recht; vgl.-auch OGH. 8 S. 449 und Art. 59 AG. z. BGB.). Dieser Umstand gibt den wasserrechtlichen Schadensersatzansprüchen nach Art. 37 Abs. 5 ihr Gepräge. Hätte man das Veranlaffungsprinzip ausschließen wollen, so hätte man nur wie im Art. 40 Ws. 2 die Schadensersatzansprüche dritter vorzubehalten brauchen und die Schaffung eines neuen spezifisch wasserrechtlichen Verpflichtungsgrttndes neben dem bereits vorhandenen zivilrechtlichen wäre ohne praktischen Wert gewesen. Dittmann S. 61 nimmt an, es bedürfe zwar keines Verschuldens, aber die Zuführung müsse eine solche sein, daß den am Wasser Berechtigten ein An­ spruch auf Unterlassung der Zuleitung zustünde, falls keine wasserpolizeiliche Ge­ nehmigung erteilt worden wäre. Die Voraussetzungen dieses Anspruchs aber seien nach den Rechtssätzen des Zivilrechts zu bemessen. Das seien entweder die

einschlägigen Sätze der Territorialrechte (Ansicht Meisners, s. Anm. 2 zum Art. 27) oder, wenn man diese Rechte für nicht mehr gültig halte, der Art. 27 WG. und der § 906 BGB. Dem können wir nicht beipflichten. Über die Unanwendbarkeit des Art. 27 vgl. Anm. 2 zum Art. 27. Für den Schadensersatzanspruch aus Art. 37 Abs. 5 ist diese Bestimmung selbst die ausschließliche Rechtsquelle. Ein „juristisches Vakuum", zu dessen Ausfüllung § 906 BGB. heranzuziehen wäre, scheint uns nicht vorzuliegen. Aus dem Gesagten folgt, daß in Zukunft jede Schädigung, nicht bloß eine das Maß des Gemeinüblichen überschreitende (vgl. z. B. OGH. N. F. 1 S. 311), einen Schadensersatzanspruch erzeugen wird, wenn nicht auf Grund eines privaten Rechtstitels eine Verpflichtung zur Duldung besteht (ebenso Eymann Anm. 7; a. M. Dittmann a. a. O.). Demnach kann der Satz, daß in Zukunft jeder Schaden, der durch die Zu­ führung den an dem Wasser Berechtigten erwächst, zu ersetzen sei, nicht ohne jede Einschränkung gelten. Bestehende Rechtsverhältnisse dürfen gegenüber neu sich bildenden nicht zurückgesetzt, die Priorität der Wasserbenützung darf nicht ohne Rechtsschutz gelassen werden. Es ist klar, daß z. B. der Unternehmer einer nach dem 1. Januar 1908 an einem Adjazentenfluß errichteten, mit der Er­ laubnis zur Abwassereinleitung ausgestatteten Zellulosefabrik zwar grundsätzlich jeden Schaden ersetzen muß, der durch die Zuführung dem Unterlieger entsteht; es geht aber wohl nicht an, darunter auch den Schaden zu begreifen, den jener dadurch erleidet, daß eine Anlage, die er kraft seines Rechtes am Wasser mit behördlicher Bewilligung nach der Errichtung der Zellulosefabrik herstellt, z. B. eine Bleicherei, durch die Abwässer der Fabrik beeinträchtigt oder gar unmöglich gemacht wird. Der durch die Gewährung von Schadensersatzansprüchen den bestehenden Nutzungen gewährte Rechtsschutz darf also nicht auf alle künftig neu entstehenden Benützungsarten ausgedehnt werden; das Werdende muß hier viel­ mehr hinter dem Gewordenen zurückstehen. Baden hat einen Anspruch des Unternehmers darauf, „daß er innerhalb des durch die Genehmigung umschriebenen Befugniskreises gegenüber etwa neu zu er­ richtenden Anlagen geschützt werde" (Schenkel S. 340), im § 40 Abs. 1 Ziff. 2 ausdrücklich anerkannt. Dieser Schutz wäre mit einer Ausdehnung der Schadens­ ersatzpflicht auf Fälle der oben bezeichneten Art nicht vereinbar. Entschädigungspflichtig ist der Unternehmer der Zufiihrung (BB. § 100 Abs. 1). Entschädigungsberechtigt sind die am Wasser Be­ rechtigten. Darunter sind nach einer Erklärung der Staatsregierung (RRA. S. 181) nur die zu verstehen, die wirkliche Rechte am Wasser haben, also z. B. die Eigentümer von Adjazentenprivatflüssen. Für die Fischereiberechtigten gilt nicht Art. 37 Abs. 5, sondern Art. 109. Der Gemeingebrauch gibt kein Recht, begründet also auch keine Entschädigungsforderung (RefRK. S. 18 und RRA. S. 181). Für die Feststellung der Entschädigung gilt Art. 195. Wenn der Gegenstand, für den die Entschädigung zu gewähren ist, der Belastung mit einer Reallast, einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld unterliegt, so hastet die Entschädigung nach Art. 165 auch für diese Rechte. Auf Anlagen, die beim Inkrafttreten des Gesetzes bereits genehmigt waren, erstreckt sich Abs. 5 nicht; für sie gilt Art. 40 (VB. § 95, s. auch Obermeyer a. a. O.). Abs. 5 spricht nur von den Ersatzansprüchen der am Wasser Berechtigten. Wenn die Zuführung mittelbar dadurch auf stemde Grundstücke einwirkt, daß das Wasser infolge der Einleitung schädlicher Gase belästigende Gerüche, Aus­ dünstungen u. dgl. erzeugt, so finden auf die daraus etwa entstehenden Schadens­ ersatzansprüche nicht Art. 37 Abs. 5, sondern die §§ 906 mit 823 ff. BGB. An-

Wendung (vgl. Meisner S. 70, 190). Auf die Unterlassung der nach Art. 37 erlaubten Zuführung (§ 1004 BGB.) kann natürlich auch hier nicht geklagt werden (ebenso Eymann Anm. 17; a. M. Dittmann S. 62). Die Erhebung einer Zivilrechtsklage mit dem Antrag, dem Beklagten die fernere Überschreitung der Erlaubnisbedingungen zu verbieten, ist durch Art. 37 wohl ausgeschlossen (vgl. aber Landmann § 26 Anm. 5 und dort Zit.), die Art. 37, 174, 175, 202 Ziff. 1 schaffen raschere Hilfe. In jedem Fall unerlaubter Zuführung können die Geschädigten natürlich neben der Geltendmachung ihrer Schadensersatzansprüche gemäß §§ 906 und 1004 BGB. auch auf die Unterlassung der Zuführung klagen (s. auch Dittmann S. 62).

Strafbeftimmnnge«. Verfehlungen wider Art. 37 und 38 sind nach Art. 202 Ziff. 1 strafbar. Auch die Strafbestimmungen der Art. 67 Abs. 2, 73 Abs. 1, 92 PStGB. sind hier zu erwähnen, über Zwangs­ maßregeln vgl. Art. 174. ANM. 8.

ANM. 9. Zuständigkeit. Daß eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Frage kommen kann, ist für das geltende Recht nicht so ganz selbstverständlich als es für den Art. 58 WBG. gewesen war (VGE. 5 S. 47, 12 S. 298, Pözl II S. 157). Während nämlich Art. 58 WGB. der über die Bewilligung entscheidenden Verwaltungsbehörde völlig freie Hand ließ, ist das Ermessen der nach Art. 37 zur Entscheidung zuständigen Verwaltungsbehörde durch Abs. 2 und 3 erheblich eingeschränkt. Es liegt daher die Annahme nicht fern, es handle sich im Art. 37 nicht um Fragen des freien Verwaltungsermessens, sondern des durch gesetzliche Vorschrift in gewissen Beziehungen gebundenen ver­ waltungsrichterlichen Ermessens, so daß also zwar dem Unternehmer kein Recht darauf gewährt wäre, unter den gegebenen Voraussetzungerr die Erlaubnis zu erhalten, wohl aber den in entgegengesetztem Sinne Beteiligten ein Recht darauf, daß die Erlaubnis dann nicht oder nur beschränkt erteilt werde, wenn die Voraussetzungen des Abs. 3 nicht gegeben sind. Ebenso hätte wohl der Unter­ nehmer ein verwaltungsrechtlich verfolgbares Recht, sich gegen jede nachträgliche Auflage zu sträuben, die nicht den Anforderungen des Abs. 4 entspricht (vgl. z. B. §§ 18 und 51 RGO. und Art. 8 Ziff. 8 VGG.). Allein das Gesetz will dadurch, daß es dem Ermessen der Verwaltungs­ behörde Schranken setzt, den Beteiligten kein Recht geben, zu fordern, daß diese Schranken eingehalten werden. Hierüber zu wachen steht lediglich den Aufsichts­ behörden zu. Der Art. 37 hat daher im Katalog der Berwaltungsrechtssachen (Art. 177) keine Stätte gefunden. Streitigkeiten über den Vollzug des Art. 37 sind Verwaltungsermessenssachen, die in dem durch Art. 172 vorgeschriebenen Jnstanzenzug erledigt werden vorbehaltlich des Rechts, auch gegen Entscheidungen der Kreisregierungen, Kammern des Innern, die Oberaufsicht des Ministeriums anzurufen. Streitigkeiten über die Schadensersatzpflicht nach Abs. 5 gehören unbe­ schadet des Art. 195 vor die Gerichte (vgl. auch RG. in IW. 1901 S. 52). Der Gang des Erlanbnisverfahrens. 1. § 94 VB. stellt den Boll­ zugsvorschriften zu den Art. 37 ff. einen Hinweis auf die be­ sonders sorgfältige und verantwortungsvolle Tätigkeit, die das Gesetz den Distritts­ verwaltungsbehörden und den amtlichen Sachverständigen zur Pflicht mache, und den Leitsatz voran, daß den sich entgegenstehenden Interessen nach Tunlichkeit in billig ausgleichender Weise Rechnung zu tragen sei. Zur Erteilung der Erlaubnis ist die Distrittsverwaltungsbehörde zuständig, in deren Bezirke die Zuführung in das Gewässer erfolgt.

AllM. 10.

2. Aus dem Gesuche muß der Name, der Stand und der Wohnort des Gesuchstellers zu ersehen sein. Die vorgeschriebenen Gesuchsbeilagen zählt § 96 Abs. 4 BB. auf. Sie sind verschieden, je nachdem es sich um A. Zuführungen aus gewerblichen Anlagen (Jndustrieabwässer) oder B. um Zuführungen von Haus-, Küchen- und Abortabwässern und von Meteorwässern (Hausabwässer) handelt. In beiden Fällen ist erforderlich die Bezeichnung des Vorfluters, d. h. des Gewässers, dem die Abwässer zugeführt werden sollen, und die Beifügung bestimmter, im § 96 VB. näher bezeichneten Planbeilagen. Bei den Jndustrieabwässern ist ferner nötig eine genaue Beschreibung des Fabrikationsbetriebes oder der beabsichtigten Änderung eines solchen bestehenden Betriebes, insbesondere Angaben über die Menge und Beschaffenheit des Verar­ beitungsmaterials, der Fabrikationsprodukte und der Abfälle, über den Wasser­ verbrauch, die Menge und Temperatur der zuzuführenden Abwässer, die Zuführungs­ zeiten und die beabsichtigte Methode, durch die die Abfälle oder Abwässer un­ schädlich gemacht werden sollen (Klärung, Beseitigung). Bei den Haus ab­ wässern sind Angaben erforderlich über die Einwohnerzahl, die Zahl und Art der Haustiere, den Wasserverbrauch, die Abwassermenge und die beabsichtigte Klärungs- und Reinigungsmethode. 3. Wir wollen es dahin gestellt sein lassen, ob es nicht zweckmäßiger gewesen wäre, von allzu eingehenden Bestimmungen über die Beschaffenheit der einzelnen Pläne abzusehen und kurz die Vorlage eines fachmännisch bearbeiteten Projektes anzuordnen. Die Pläne müssen bei beiden Abwässerkategorien den Vorfluter, die Lage der Abwasserleitung und die baulichen Einrichtungen zur Un­ schädlichmachung der Abwässer ersehen lassen. Nötig sind in beiden Fällen ein Ubersichtslageplan, ein besonderer Lageplan, Grundrisse und Schnitte der baulichen Anlagen zur Reinigung der Abwässer, ein Längenprofilplan der Ableitungsgräben oder Ableitungsrohre von der Reinigungsstelle bis zum Vorfluter, bezogen auf einen Festpunkt, und endlich ein Querprofilplan des Gewässers an der Zuleitungs­ stelle. Bei Kanalisationsanlagen von Städten und Ortschaften sind die sämtlichen KanalisationsPläne beizubringen (§ 96 VB.). Die Pläne und Beschrei­ bungen sind in dreifacher Ausfertigung vorzulegen. Eine ist für die Distriktsverwaltungsbehörde, eine für den zur Prüfung berufenen amtlichen Sach­ verständigen bestimmt, die dritte ist mit dem Erlaubnisbescheid dem Gesuchsteller hinauszugeben. Die Pläne und Beschreibungen müssen mit Datum versehen und vom Gesuchsteller und dem Planfertiger unterschrieben sein (§ 84 Abs. 1 BB.), über die vom amtlichen Sachverständigen auf Grund der Erlaubnisverhandlungen einzutragenden Berichtigungen, die Unterzeichnung durch den Sachverständigen und den Genehmigungsvermerk der Distriktsverwaltungsbehörde s. § 84 Abs. 2 VB. Die Einheftung des Erlaubnisbescheides in den Planakt ersetzt den auf die Pläne zu schreibenden Genehmigungsvermerk nicht, über Papier und Farben der Pläne, die einen wesentlichen Bestandteil der Verhandlungen bilden, und über die Zulässigkeit mechanischer Vervielfältigungen s. § 84 Abs. 3. Die Erfordernisse des Übersichtslageplans (Steuer­ katasterblattausschnitt im Maßstabe 1: 5000, 1: 2500 oder 1:1000) enthält § 85 BB. Bor allem muß er die Lage zum Vorfluter und zu den in Mit­ leidenschaft kommenden Grundstücken ersehen lassen. Die Eintragung der Plan­ nummern ist am zweckmäßigsten durch die Messungsbehörde vornehmen zu lassen. Als Maßstab des besonderen Lageplans (Situationsplans) ist in der Regel 1:1000 zu nehmen (Lage der Anlage und ihrer einzelnen Teile, Lage des Fest­ punktes, Maße werden in der Regel nicht eingeschrieben; § 86 BB.). Die

Längenprofilpläne (Nivellementspläne) beschreibt § 87 VB. (Längen 1: 1000, Höhen 1: 100, klares Bild von der Höhenlage des Wasserspiegels und der Sohle des in Betracht kommenden Gewässers und Geländes, Wasserspiegel am Tage der Aufnahme, alljährliches Niederwasser, Wasserspiegel mit dem das Unternehmen rechnet, verlässige Anhaltspunkte über die Höhe der Hochwässer). Alle Höhenangaben sind auf Normalnull- oder auf die dem maßgebenden Fest­ punkte beigelegte Höhenzahl zu beziehen. Uber die schon bei der Herstellung des Planes zu schaffenden maßgebenden Höhenpunkte (Festpunkte) enthält § 88 BB. nähere Weisungen. Die Querprofilpläne (Maßstab in der Regel unverzerrt 1:100, verzerrt für die Längen 1:1000, für die Höhen 1:100) sollen in Ver­ bindung mit den Längenprofilplänen Aufschluß über die gegenseitige Höhenlage der Wasserspiegel des Gewässers zu dem durch die Anlage in Mitleidenschaft ge­ zogenen Gelände und in der Regel auch zu dem in Betracht kommenden Grundwasser geben. Die im Längenprofilplan angegebenen Wasserspiegel müssen auch im Querprofilplan wiedererscheinen. Höhenangaben wie bei den Längenprofilplänen. Die Profile sollen in der Regel senkrecht zur Flußrichtung genommen sein und müssen nötigenfalls über das ganze Ueberschwemmungsgebiet reichen; ihre Richtung ist in den Lageplänen einzuzeichnen, über Grundrisse, Aufrisse, Schnitte, (Maßstab in der Regel 1:100), über besondere Einzelpläne im Maßstab 1:10 oder größer für besonders wichtige Bauteile, Bewegungsmechanismen und dgl. und über die Anwendung hervortretender Farben bei Plänen jeder Art s. § 90 VB. Der § 91 a. a. O. gibt Weisungen über die Angabe der wesentlichen Ausmaße der Anlage und ihrer Bestandteile, § 92 über die Beschaffenheit der Beschreibung. Diese soll sich auf die Pläne stützen, so knapp als möglich sein und nur über die Punkte Aufschluß geben, die in den Plänen nicht dargestellt sind oder ihrer Beschaffenheit nach nicht dargestellt werden können. Der Beschreibung ist ein Verzeichnis der mittelbar oder un­ mittelbar in Mitleidenschaft gezogenen Grundstücke nach ihren Plannummern (Realkatastern) unter Beifügung des Namens, Standes und Wohn­ ortes der derzeitigen Eigentümer und als besonderer Anhang eine Zusammen­ stellung aller hydrotechnischen und sonstigen Berechnungen bei­ zugeben. Dabei muß der Gang der Rechnung und das Ergebnis leicht verfolgt werden können. Eine besondere Beschreibung ist dem maßgebenden Festpunkte zu widmen (VB. § 92). 4. Für die Prüfung der Gesuchsbeilagen stellt § 93 BB. die all­ gemein gültige Regel auf, daß jede unnötige Strenge zu vermeiden ist und daß daher in einfacher gelagerten Fällen Erleichterungen in der Vorlage der geforderten Belege zu gewähren sind. Die Distriktsverwaltungsbehörde hat bei der Behandlung des Gesuches die Art. 168—175 über das Verfahren zur Richtschnur zu nehmen (VB. § 97). Der Sachverhalt ist von Amts wegen zu ermitteln. Die Beteiligten, zu denen auch die unterhalb der beabsichtigten Anlage gelegenen Gemeinden gehören können, sind soweit tunlich zu hören. Den Fischereiberechtigten sichert Art. 109 das rechtliche Gehör zu. Nach § 234 VB. soll ihnen von dem Gesuche Kenntnis gegeben und die Möglichkeit gewährt werden, ihre Einwendungen geltend zu machen. In welchem Umfange Fischereiberechtigte als Beteiligte zu erachten sind, hat die Distriktsverwaltungsbehörde im einzelnen Falle nach pflicht­ mäßigem Ermessen und wenn nötig nach der Anhörung des staatlichen Konsulenten für Fischerei oder anderer Fischereisachverständiger zu bestimmen. über die Aufstellung eines gemeinsamen Bevollmächtigten für mehrere Beteiligte, die mündliche Verhandlung, die Beibringung von Zeugen und Sachverständigen durch die Beteiligten, die Ladung zur

Verhandlung und die Ausschließung aller nicht spätestens bei der Berhandlungstagfahrt geltend gemachten Einwendungen vgl. Art. 168 und die Bemerkungen zu diesem Artikel. 5. Die Vernehmung amtlicher Sachverständiger vor der Verbescheidung des Gesuches schreibt § 97 Abs. 2 BB. bindend vor. Es müssen gehört werden a) das Hydrotechnische Bureau in München (s. VO. vom 18. Juni 1898, GVBl. S. 329) über die hydrotechnische Seite des Unternehmens, insbe­ sondere über die Menge, Temperatur und Geschwindigkeit des Wassers, die Be­ schaffenheit der Flußsohle und der Flußufer, die Gefällverhältniffe, die Geschiebe­ führung u. dgl. Nach unserer Auffassung würde es der rascheren Sacherledigung eher entsprechen, wenn diese Aufgaben, die wafferbautechnischer Natur sind und eingehende Kenntnis der örtlichen Verhältnisse erfordern, den einschlägigen Straßen- und Flußbauämtern belassen worden wären. Zudem erscheint uns die Einvernahme des Hydrotechnischen Bureaus, das auf Grund seiner jetzigen Organisation eine Abteilung der Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern bildet, bei Gegenständen, die der I. Instanz zur Entscheidung zukommen, nicht einwandfrei, da diese an das Gutachten ebensowenig gebunden ist wie an das anderer Sachverständiger. b) die Biologische Versuchsstation für Fischerei in München (s. MinEntschl. vom 11. Februar 1901, MABl. S. 85)) über die chemisch, biologische Seite des Unternehmens, c) der Amtsarzt und in schwierigen Fällen das hy'gsienische In­ stitut einer der Landesuniversitäten, d) der staatliche Konsulent für Fischerei inMünchen (s. MinEntschl. vom 30. Januar 1899, MABl. S. 60), wenn durch die Abwasserzuführung eine bedeutende Schädigung der Fischerei auf größeren Flußstrecken zu befürchten ist, e) die öffentlichen Untersuchungsanstalten für Nahrungs­ und Genußmittel, wenn durch die Abwafferzuführung eine Verunreinigung von Trinkwaffer zu besorgen ist, f) der amtliche Kulturingenieur, wenn eine Schädigung der Landeskultur zu besorgen steht, g) die Agrikulturbotanische Anstalt in München (VO. vom 9. August 1902, GVBl. 452, MinEntschl. vom 10. Oktober 1902, MABl. S. 483, und vom 4. September 1903 jGeschästsordnungj MABl. S. 394) über wichtige land­ wirtschaftlich-botanische Fragen, h) das Straßen- und Flußbauamt bei öffentlichen Flüssen über alle wasserbautechnischen Fragen. Die Vorschrift, daß diese Sachverständigen vernommen werden müssen, ist instruktionell, ihre Nichtbeachtung kann disziplinär verantwortlich machen, eine Nichtigkeit des Verfahrens hat sie nicht zur Folge. Ob die Voraussetzungen der Ziff. 4—6 gegeben sind, entscheidet die Distriktsverwaltungsbehörde nach pflicht­ mäßigem Ermessen. Neben den angeführten Sachverständigen sollen in wichtigen Fällen über die wirtschaftlichen Folgen der Abwafferzuführung die örtlichen, fischereilichen, landwirtschaftlichen und industriellen Jnteressentenvertretungen gutachtlich einvernommen werden; in besonderen Fällen kann die Distriktsverwaltungsbehörde auch noch andere Sachverständige, insbesondere das Bayerische Gewerbe­ museum in Nürnberg und den Polytechnischen Verein in München von Amts wegen hören (VB. § 97 Abs. 3). Die Vernehmung der Sachverständigen wird v o r der Verhandlungstagfahrt zu erfolgen haben. Eine rasche Erledigung kann dadurch gefördert werden, daß von

den drei eingereichten Ausfertigungen der Pläne und Beschreibungen nicht bloß das amtliche Exemplar, sondern zwei Exemplare gleichzeitig bei den verschiedenen Sachverständigen in Lauf gesetzt werden, während das dritte beim Amte bleibt. Nach VB. § 97 Abs. 4 ist stets zuerst das Hydrotechnische Bureau um ein Gutachten anzugehen. Dieses leitet die Verhandlungen nebst seinem Gut­ achten an die Biologische Versuchsstation; Meinungsverschiedenheiten der beiden Stellen sind durch unmittelbares Benehmen auszugleichen. Nach Rück­ kunft der Akten vernimmt die Distriktsverwaltungsbehörde die übrigen Sachverständigen. Bei widersprechenden Gutachten der amtlichen Sachverständigen hat die Distriktsverwaltungsbehörde allenfalls unter Anordnung ihres Zusammen­ tretens, das am besten mit der Verhandlungstagfahrt verbunden werden wird, dahin zu wirken, daß auf gemeinsamer Grundlage ein übereinstimmendes Ergebnis erzielt wird. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den amtlichen und Partei­ sachverständigen wird das gleiche Verfahren zulässig, aber nur dann veranlaßt sein, wenn die Distriktsverwaltungsbehörde mehr auf die Seite des Partei­ sachverständigen zuneigt. So beachtenswert die Gutachten der amtlichen Sachverständigen sind, so sind sie doch für die Distriktsverwaltungsbehörde nicht bindend; diese wird aber ein Abgehen vom Gutachten der amtlichen Sachverständigen jedenfalls eingehend zu begründen haben. 6. über Bescheid, Kosten, Sicherheitsleistung, Beschwerde, Vollstreckung, vor­ sorgliche Anordnungen vgl. die Art. 169—175, über das Verhältnis der Er­ laubnis nach Art. 37 zu der nach Art. 42 s. Anm. 2 zum Art. 42, über den Inhalt des Erlaubnisbescheides die Anm. 5. Im Erlaubnisbescheid ist auszu­ sprechen, daß der Unternehmer über den Beginn der Ausführung und über die Vollendung der Anlage der Distriktsverwaltungsbehörde Anzeige zu erstatten habe. Diese hat über die Einhaltung der Erlaubnisbedingungen zu wachen (§§ 98 Abs. 2, 105 BB.). Eine Abschrift des Erlaubnisbescheides ist dem Hydrotechnischen Bureau mitzuteilen.

A«M. 11.

Internationales Recht. Durch Beschluß vom 25. April 1901 hat

der Bundesrat gemäß dem Art. 4 Ziff. 9 und 15 RV. und dem Gesetz vom 30. Juni 1900 betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten mit bezug auf die aus gesundheits- oder veterinärpolizeilichen Rücksichten ge­ botene Reinhaltung der das Gebiet mehrerer Bundesstaaten berührenden Ge­ wässer dem Reichsgesundheitsrat eine Anzahl von Obliegenheiten übertragen. Er soll vermittelnd eingreifen, Gutachten erstatten, auf Vereinbarung Schiedssprüche abgeben und in wichtigeren Fällen durch Vermittlung des Reichs­ kanzlers (Reichsamt des Innern) Anregungen zur Verhütung drohender Miß­ stände oder zur Verbesserung vorhandener Zustände geben. Wenn durch die Zu­ leitung von Fäkalien, häuslichen Abwässern oder Wwässern gewerblicher Anlagen nach der Auffassung eines andern Bundesstaats innerhalb seines Gebiets die Rein­ haltung des Gewässers gefährdet wird und eine Einigung nicht erzielt werden kann, soll der Reichsgesundheitsrat vor der endgültigen Erledigung der Sache gehört werden.

Einbringung fester Stoffe.

Art. 38.

Die Einbringung von festen Stoffen, welche die Eigenschaften des Wassers in schädlicher Weise verändern oder auf den Wasserabfluß und Wasserstand nachteilig einwirken, insbesondere das Einwerfen von Schutt, Unrat, Tier­ leichen, sowie das Einlegen von Flachs und Hanf in Gewässer der in Art. 37

Abs. 1 bezeichneten Art ist verboten.

Ausnahmen können von der Ver­

waltungsbehörde in widerruflicher Weise zugelassen werden.

BollMgsbekanntmachung.

Feste Stoffe.

§ 101.

Die Einbringung von festen Stoffen, welche die Eigenschaften des Wassers in schädlicher Weise verändern oder auf den Wasserabfluß und Wasserstand nachteilig ein­ wirken, insbesondere das Einwerfen von Schutt, Unrat, Tierleichen, sowie das Einlegen von Flachs und Hanf in Gewässer der in § 96 Abs. 1 Buchstabe a bezeichneten Art ist verboten (Art. 38); unter dieses Verbot wird auch in der Regel das Lagern der be? zeichneten Stoffe im Hochwassergebiet der Flüsse fallen. Ausnahmen von vorstehendem Verbote z. B. zu Gunsten kleingewerblicher und landwirtschaftlicher Betriebe (zum Einhängen von Gerberhäuten, von gefärbten Stoffen, rum Einbringen von Därmen der Schlachttiere zur Reinigung, zur Einlegung von Weiden im Interesse der Korbflechterei u. dgl.) können von der Distriktsverwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Einbringung in das Gewässer erfolgen soll, auf Ansuchen der Beteiligten in widerruflicher Weise auf unbestimnite Zeit gestattet werden. Die Be­ stimmung in § 97 findet entsprechende Anwendung.

Anm. 1.

Das Verbot.

Während die Zuführung schädlicher Flüssigkeiten und anderer nicht fester Stoffe mit der Erlaubnis der Verwaltungsbehörde zulässig ist, ist die Einbringung schädlicher fester Stoffe grundsätzlich verboten und nur in Ausnahmefällen mit Erlaubnis der Verwaltungsbehörde statthaft. Ungelöste, aber sehr feine feste Stoffe, die nur mit dem Abwaffer eingeleitet werden können, fallen nicht unter Art. 38, sondern unter Art. 37. Das Gleiche gilt von der Einleitung von Fäkalien (s. Anm. 4 Ziff. 2 zum Art. 37). Die Gewässer, von denen Art. 38 spricht, sind die im Art. 37 näher be­ zeichneten (s. Anm. 4 Ziff. 4 zum Art. 37). Verboten ist 1. Die Einbringung fester Stoffe, die die Eigenschaften des Wassers in schädlicher Weise verändern, über die Begriffe „Eigen­ schaften des Wassers" und „schädliche Veränderung" s. Anm. 4 Ziff. 3 zum Art. 37. Das Gesetz nennt als wichtigste Beispiele das Einwerfen von Unrat, Tierleichen und das Einlegen von Flachs oder Hanf. Ob die Einbringung absichtlich oder unabsichtlich erfolgt, ist gleichgültig (f. Anm. 4 Ziff. 2 zum Art. 37). Auch mittelbare „Einbringung" genügt. Das Lagern fester Stoffe im Hochwassergebiet, wo sie bei steigendem Wafferstande mitgeführt werden können, ist daher künftig verboten, VB. § 101 Abs. 1 (RefAK. S. 29, Erklärung des K. Staatsmin. d. I. ABAK. S. 156). S. Die Einbringung fester Stoffe, die auf den Wasserabfluß und Wasserstand nachteilig ein wirken. Hier erleiden nicht die Eigen­ schaften des Wassers eine schädliche Veränderung, aber der Wasserabfluß wird ge­ hemmt und der Wasserstand nachteilig beeinflußt. Das Gesetz nennt als Beispiel das Einwerfen von Schutt; das Einwerfen von Unrat und Tierleichen kann wie unter 1, so auch unter diese Ziffer fallen. Unter das Verbot des Art. 38 fällt auch die Holztrift auf Gewässern, die nicht der Trist dienen und auch noch nicht von der Staatsregierung als Tristgewässer erklärt sind. Art. 38 schützt das Gewässer nicht nur vor einer Beschädigung, sondern auch vor einer Gefährdung; es ist also nicht notwendig, daß die schädliche Einwirkung bereits eingetreten sei, sondern es genügt, wenn sie zu besorgen steht. Dies ist der Fall, wenn das Einwerfen oder Einbringen der festen Stoffe ge­ eignet ist, die erwähnten schädlichen Wirkungen hervorzurufen. Überschreitungen des Verbotes sind nach Art. 202 Ziff. 1 strafbar. Harstrr-Cassimtr, Waffergesetz. 16

242

Abteilung H

Benützung der Gewässer.

Ausnahme« vom Verbote. Die Verwaltungsbehörde kann Aus­ nahmen in widerruflicher Weise zulaffen. Das Gesetz hat dabei vor allem das Interesse der Landwirtschaft und des Kleingewerbes im Auge. So kann z. B. das Einhängen von Gerberhäuten, von gefärbten Stoffen, das Ein­ bringen von Tierdärmen zur Reinigung, die Einlegung von Weiden im Interesse der Korbflechterei u. dgl. gestattet werden (BB. § 101 Abs. 2, Begr. S. 539 II, 556 I). Ist die Einbringung erlaubt, so haben die am Wasser Berechtigten keine negatorischen Ansprüche, sondern sind auf die Geltendmachung ihrer Schadens­ ersatzforderungen beschränkt. Eine dem Art. 37 Abs. 5 entsprechende Grundlage für diese Ansprüche gewährt Art. 38 nicht, sie können sich also nur auf die all­ gemeinen Zivilrechtssätze stützen (§§ 823 ff. BGB.); eine Feststellung der Ent­ schädigung durch die Distriktsverwaltungsbehörde gemäß Art. 195 findet nicht statt (s. auch Eymann Anm. 1).

A«M. 2.

Zuständigkeit. Die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis steht im Ermessen der Verwaltungsbehörde; der Verwaltungs­ rechtsweg ist nicht eröffnet. Zuständig ist die Distriktsverwaltungsbehörde, in deren Bezirke die Einbringung in das Gewässer erfolgen soll. Die Erlaubnis kann auf unbestimmte Zeit, aber nur widerruflich erteilt werden. Für das Verfahren gilt VB. § 97 (s. Anm. 10 zum Art. 37).

AUM. 3.

Auweuduug auf foustige gefchloffeue Gewässer.

Art. 39.

Die in den Artikeln 37, 38 bezeichneten Handlungen können auch bei solchen geschlossenen Gewässern, die nicht zu den in Art. 37 Abs. 1 genannten gehören, durch die Verwaltungsbehörde insoweit untersagt werden, als es das Gemeinwohl erfordert. Bollzugsbekauutmachuug.

Art. 39.

§ 102. Die Bestimmung in § 97 findet auch aus das Verfahren in den Fällen des Art. 39 entsprechende Anwendung.

AltM. 1.

Der materiellrechtliche Inhalt des Artikels. Die Zuführung von Flüssigkeiten oder anderen nicht festen Stoffen, die eine schädliche Veränderung der Eigenschaften des Wassers zur Folge haben, und die Einbringung von festen Stoffen, die die Eigenschaften des Wassers in schädlicher Weise ver­ ändern oder auf den Wasserabfluß und Wafferstand nachteilig einwirken, ist bei den geschlossenen Gewässern, an denen kein anderer mitberechtigt oder in denen kein anderer fischereiberechtigt ist, als Folge der Unbeschränktheit des Ge­ wässereigentumes grundsätzlich erlaubt. Wenn diese Handlungen mittelbar eine unzulässige Belästigung eines Nachbargrundstückes zur Folge haben, können sich die Berechtigten auf Grund der §§ 906 und 1004 BGB. durch die Eigentumsfreiheitsklage schützen und gegebenenfalls auch Schadensersatz verlangen. Zu den geschloffenen Gewässern gehört nach Art. 16 auch das Grundwasser. Die Zuführung oder Einbringung kann aber auch in den hier besprochenen Fällen von der Verwaltungsbehörde dann untersagt werden, wenn das Ge­ meinwohl dies erfordert, über den Begriff Gemeinwohl s. Anm. 1 zum Art. 11, Anm. 1 zum Art. 18 und RefRK. S. 29, KorrefRK. S. 53. Es werden wohl hauptsächlich gesundheitliche Rücksichten in Frage kommen, aber auch wirtschaftliche sind nicht ausgeschlossen.

In dieser Bestimmung liegt eine gesetzliche Eigentumsbeschränkung öffentlichrechtlicher Natur. Von dem Augenblick an, in dem die untersagende Verfügung die Rechts­ kraft beschreitet, wird das fernere Handeln rechtswidrig und nach Art. 202 Ziff. 1 strafbar, auch wenn der Betroffene etwa noch die durch Art. 172 nicht aus­ geschlossene Oberaufsichtsbeschwerde einlegt (vgl. Sinnt. 5 zum Art. 37). Für bestehende Anlagen gilt Art. 39 nicht (s. Art. 40).

AllM. 2.

Zuständigkeit.

Ob die Verwaltungsbehörde von ihrer Untersagungsbefugnis Gebrauch machen will oder nicht, ist Sache ihres Pflichtmäßigen Ermessens. Auch wenn das Gemeinwohl die Untersagung fordert, muß sie nicht, sondern sie kann nur zu diesem Mittel greifen. Des Antrages eines Beteiligten bedarf es nicht; die Untersagung kann auch von Amts wegen geschehen. Solange die Untersagung nicht erfolgt ist, handelt es sich zweifellos um eine Verwaltungsermeffenssache; denn niemand hat ein Recht auf die Untersagung. Wird ein Antrag auf die Untersagung abgelehnt, so steht dem Abgewiesenen nur die Verwaltungsbeschwerde zu Gebote (s. auch Eymann Sinnt. 2). Dagegen hat nach der Natur der Sache der Eigentümer doch Wohl ein Recht darauf, daß die Staatsgewalt nicht durch eine Untersagung in sein Eigentumsrecht eingreife, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der Untersagung nicht gegeben sind. Ist daher die Untersagung erfolgt und bestreitet der Betroffene das Vor­ liegen dieser gesetzlichen Voraussetzungen, so hätte eigentlich nicht die Verwaltungs­ behörde, sondern der Verwaltungsrichter zu entscheiden. Das geltende Recht steht aber auf anderem Boden. Es verschließt auch in diesem Falle (vgl. auch Anm. 9 zum Art. 37) den Verwaltungsrechtsweg (Art. 177) und gewährt nur die einfache Beschwerde nach Art. 172.

Auwruduug aus bestehende «rrt ja Anlage«. ***• Aus Gründen des Gemeinwohls kann dem Besitzer einer bei dem Inkraft­ treten dieses Gesetzes bestehenden Anlage, durch deren Betrieb die Eigenschaften eines öffentlichen oder eines Privatgewässers in schädlicher Weise verändert werden (Art. 37 bis 39), die Befugnis zur Zuführung von Flüssigkeiten oder anderen nicht festen Stoffen oder von festen Stoffen, die eine solche Ver­ änderung bewirken, durch die Verwaltungsbehörde entzogen oder beschränkt werden. Abs. 2. Entsteht durch einen solchen Betrieb ein erheblicher Schaden für dritte, denen Rechte an dem Gewässer zustehen, so kann auf Antrag der Geschädigten oder eines von ihnen der Unternehmer durch die Ver­ waltungsbehörde angehalten werden, Einrichtungen zu treffen, welche die schädliche Einwirkung der Zuführung von Flüssigkeiten oder anderen nicht festen Stoffen oder von festen Stoffen ausschließen oder möglichst einschränken, soweit die Einrichtungen mit dem ordnungsmäßigen Betriebe der Anlage vereinbar sind. Handelt es sich um eine den bestehenden Rechtsverhältnissen entsprechende Anlage, so hat der Antragsteller dem Unternehmer die Kosten der Einrichtung zu ersetzen. Etwaige Schadensersatzansprüche dritter bleiben unberührt.

244

Abteilung II. Benützung der Gewässer.

BollMgsbekart«tmachu«g. Bei Inkrafttreten deS Gesetzes bestehende ««lagen.

8 10q

§ 1Ude

Werden durch den Betrieb einer bei dem Inkrafttreten des Gesetzes bereits be­ stehenden Anlage die Eigenschaften eines öffentlichen oder Privatgewässers in einer Weise verändert, daß dadurch eine Schädigung des Gemeinwohls herbeigeführt wird, so hat die Distriktsverwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Anlage sich befindet, zunächst möglichst dahin zu wirken, daß der Unternehmer sich freiwillig zur Vornahme von solchen Einrichtungen herbeiläßt, welche den Rücksichten des Gemeinwohls Rechnung trogen; hiebei hat sich die Distriktsverwaltungsbehörde der Mitwirkung der einschlägigen, in § 97 aufgezählten Sachverständigen zu bedienen. Kann die freiwillige Beseitigung der das Gemeinwohl schädigenden Mißstände durch den Unternehmer der Anlage nicht erreicht werden, so kann die Distriktsverwaltungsbehörde die Befugnis zur Zuführung von Flüssigkeiten oder anderen nicht festen Stoffen oder von festen Stoffen, die eine schädliche Veränderung der Eigenschaften des Wassers bewirken, entziehen oder beschränken. Die Entscheidung hat nach Maßgabe der Bestimmungen in Art. 177 im ver­ waltungsrechtlichen Verfahren zu erfolgen, wobei die Bestimmung in § 97 über die Einvernahme der Sachverständigen entsprechend anzuwenden ist. § 104.

Werden durch den Betrieb einer bei dem Inkrafttreten des Gesetzes bereits be­ stehenden Anlage die Eigenschaften eines öffentlichen oder Privatgewässers in einer Weise verändert, daß hiedurch zwar nicht eine Schädigung des Gemeinwohls, wohl aber ein erheblicher Schaden für dritte, denen Rechte an dem Gewässer zustehen, verursacht wird, so kann die Distriktsverwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Anlage sich befindet, auf Antrag der Geschädigten oder eines von ihnen den Urrternehmer dazu anhallen, Einrichtungen zu treffen, welche die schädliche Einwirkung der Zuführung von Flüssigkeiten oder anderen nicht festen Stoffen oder von festen Stoffen ausschließen oder möglichst einschränken, soweit die Einrichtungen mit dem ordnungsmäßigen Betriebe der Anlage vereinbar sind. Die Entscheidung hat nach Maßgabe der Bestimmungen in Art. 177 im ver­ waltungsrechtlichen Verfahren zu erfolgen, wobei die Bestimmung in § 97 über die Ein­ vernahme der Sachverständigen entsprechende Anwendung findet. Handelt es sich um eine den bestehenden Rechtsverhältnissen entsprechende Anlage, so hat der Antragsteller dem Unternehmer die Kosten der Einrichtung zu ersetzen; ist die Verpflichtung zum Ersatz der Kosten der Einrichtung nicht bestritten, so hat auf Antrag eines Beteiligten das Entschädigungsverfahren nach Art. 195 Platz zu greifen. Eine Anlage wird namentlich dann als den bestehenden Rechtsverhältnissen entsprechend anzusehen sein, wenn sie der erteilten Erlaubnis entspricht oder wenn sie ohne Erlaubnis besteht, weil zur Zeit ihrer Errichtung eine Erlaubnis nicht erforderlich war oder mit Rücksicht auf die herrschende Praxis nicht für erforderlich erachtet wurde.

A«m. 1.

Die Entziehung oder Beichränkuug der Znfüürnngtzbefngnis bet be­ stehende« Anlage« ans Gründe« des Gemei«wohls (Abt. 1). 1. Die

Art. 37—39 gelten nicht für Anlagen, die zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes, also am 1. Januar 1908 bereits vorhanden waren und durch deren Betrieb die Eigenschaften eines öffentlichen oder eines Privatgewässers in schädlicher Weise verändert werden. Aus Gründen des Gemeinwohls kann aber die Distrikts­ verwaltungsbehörde, in deren Bezirke sich die Anlage befindet, dem Besitzer die Befugnis zur Zuführung von Flüssigkeiten oder anderen nicht festen Stoffen oder von festen Stoffen, die eine solche Veränderung bewirken, entziehen oder beschränken. über den Begriff des Gemeinwohls vgl. Anm. 1 zum Art. 11 und Anm. 1 zum Art. 18. Die Verfügung der Verwaltungsbehörde richtet sich gegen den „Besitzer" der Anlage, also nicht bloß gegen den Eigentümer, sondern gegen alle, die nach geltendem bürgerlichem Recht als Besitzer in Betracht kommen können. Der Besitzer wird wohl immer auch als der „Unternehmer der Zuführung" zu gelten haben; jedenfalls wollte das Gesetz durch den Gebrauch dieser beiden Bezeichnungen nicht wesentliche Unterschiede machen.

2. Die zu ergreifenden Maßnahmen richten sich immer nur gegen die Zu­ führung, nicht gegen die Anlage selbst, deren Bestandteil sie ist. Art. 40 spricht von der Entziehung oder Beschränkung einer Befugnis; es muß sich also um eine Anlage handeln, die den bestehenden Rechtsverhältnissen entspricht (teilweise a. M. Eymann Anm. 4 und 10). Gegen notorisch unerlaubte Anlagen ist nicht nach Art. 40, sondern mit den nötigen Straf- und Zwangsmitteln vorzugehen. Einer Entscheidung darüber, ob die Anlage erlaubt ist oder nicht, bedarf es aber nicht, abgesehen vom Falle des Abs. 2 Satz 2. Wenn also nicht feststeht, daß die Anlage unerlaubt ist, darf angenommen werden, daß sie erlaubt sei, so daß lediglich zu prüfen bleibt, ob es sich um eine „bestehende Anlage" handelt. Natürlich liegt in einem Vorgehen nach Art. 40 nicht ein Anerkenntnis, daß der Besitzer der Anlage eine Befugnis zur Zuführung habe. über den Begriff schädliche Veränderung s. Anm. 4 Ziff. 3 zum Art. 37. 3. Die Verwaltungsbehörde, die von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden kann, aber auch beim Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 40 nicht unter allen Umständen tätig werden muß, kann die Befugnis zur Zuführung fester oder nicht fester Stoffe entziehen oder beschränken, wenn diese die Eigen­ schaften des Wassers in schädlicher Weise verändern, nicht aber auch, wenn die eingebrachten festen Stoffe auf den Wasserabfluß und den Wafferstand nachteilig einwirken. Die Klassenzugehörigkeit des Gewässers macht keinen Unterschied; Art. 40 gilt für alle öffentlichen und Privatgewässer, also auch für geschlossene Gewässer, gleichgültig, ob daran Mitberechtigungen anderer bestehen oder nicht. Das Einschreiten der Verwaltungsbehörde ist nicht erst durch den Eintritt der schädigenden Wirkung bedingt; auch die Gefährdung genügt (s. Anm. 1 zum Art. 38). Gerade bei bestehenden Anlagen wird aber die Verwaltungsbehörde einen besonders strengen Maßstab anlegen müssen, wenn sie das Vorhanden­ sein der gesetzlichen Voraussetzungen ihres Einschreitens prüft. Sie wird nur dann vorgehen dürfen, wenn ihr jeder Zweifel darüber benommen ist, daß Gründe des Gemeinwohls gebieterisch ein Einschreiten fordern. Sie wird in solchen Fällen zunächst dahin zu wirken haben, daß der Unternehmer freiwillig die Einrichtungen vornimmt, die das Gemeinwohl erfordert, und wenn dies nichts Hilst, zuerst zur Beschränkung der Zuführung durch Erteilung von Auflagen und nur im äußersten Falle zur Entziehung der Befugnis greifen (VB. § 103 Abs. 1, RRA. S. 184). Eine Entschädigung kann für die'Entziehung oder Beschränkung nicht verlangt werden, falls nicht privatrechtliche Nutzungsbefugniffe (Art. 207) eine solche Forderung begründen (Begr. S. 556, RRA. S. 183 f.). Dies gilt auch für unwiderruflich genehmigte Anlagen. Einer An­ regung des KorrefRK. (S. 67), bei unwiderruflich genehmigten Anlagen, wenn die Befugnis aus Gründen des Gemeinwohls entzogen werden müßte, dem dadurch Betroffenen eine Entschädigung zu gewähren, wurde keine Folge gegeben (RRA. S. 183 f.; vgl. auch Obermeyer BayZfR. 1907 S. 95). Interessant ist die Entschl. des württemb. Ministeriums des Innern vom 15. Juli 1896 und die Entscheidung des württemb. Verwaltungsgerichtshofs vom 2|~ 1897, Reger 17 S. 378 ff. über die Anhörung von Sachverständigen vgl. §§ 102 und 97 VB.

A«M. 2. Die Erteil««« voa Auflage« bei bestehenden Anlage« im Privatiuterefle (Abs. 2 Satz 1). Während Abs. 1 die Maßnahmen betrifft, die aus Gründen des Gemeinwohls gegen die Besitzer bestehender Anlagen er-

246

Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

griffen werden können, handelt Abs. 2 von den Auflagen, die im Privat­ interesse eine Beschränkung der schädlichen Zuführung oder Einbringung recht­ fertigen. Die Entziehung der Zuführungsbefugnis ist nur nach Abs. 1 aus Gründen des Gemeinwohls, nicht auch nach Abs. 2 im Privatintereffe möglich. Das Einschreiten setzt voraus: 1. Die Feststellung, daß der Betrieb anderen, denen Rechte an dem Gewässer zustehen, erheblichen Schaden bringt. Der Kreis der am Gewässer Berechtigten ist in der Anm. 7 zum Art. 37 umschrieben worden (vgl. auch RRA. S. 184). Ob solche Rechte vorliegen, hat der Ver­ waltungsrichter zu entscheiden. Handelt es sich um Privatrechte, so ist ihr Be­ stehen Jnzidentfrage des Verwaltungsrechtsstreits (vgl. auch Eymann Anm. 12). Der Schaden, den der Betrieb dem Rechte bringt, muß bereits eingetreten sein; eine bloße Gefährdung genügt nicht. Er muß ferner erheblich sein. Beides ist Tatfrage. Die Feststellung ist nach Art. 168 Abs. 1 Amtssache, sie darf nicht davon abhängig gemacht werden, daß der Berechtigte seinen Schaden nachweise. Der Schaden kann gesundheitlicher oder wirtschaftlicher Natur sein, doch wird bei Gesundheitsschädigungen in der Regel nach Abs. 1 zu verfahren sein. 2. Einen Antrag der Geschädigten oder eines von ihnen. Ein Einschreiten von Amts wegen wie im Falle des Abs. 1 ist also ausgeschlossen. Der Antragsteller wird zu seiner Legitimation die Schadenszufügung glaubhaft zu machen haben; alles weitere ist nach Art. 168 Abs. 1 Amtssache. Das Einschreiten richtet sich gegen den „Unternehmer", d. i. gegen den, der die schadenbringende Zuführung oder Einbringung veranlaßt hat, gleichgültig, ob er der Eigentümer oder nur der Besitzer der Anlage ist. Die Verwaltungsbehörde kann den Unternehmer anhalten, Einrichtungen zu treffen, die die schädliche Einwirkung der Zuführung von Flüssig­ keiten oder anderen nicht festen Stoffen oder von festen Stoffen auf die Eigenschaften des Wassers — nicht auch auf den Wafferablauf und den Wafferstand — ausschließen oder möglichst einschränken, soweit diese Einrichtungen mit dem ordnungsmäßigen Betriebe der Anlage vereinbar sind. Vgl. hierüber die Anm. 6 zum Art. 37. Können solche Einrichtungen nicht getroffen werden, so ist ein weiteres Einschreiten nicht zulässig, wenn es sich nicht um widerruflich genehmigte Anlagen handelt. Auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 unzweifelhaft vorliegen, muß die Verwaltungsbehörde nicht einschreiten. Ob sie es tut oder nicht, ist Sache ihres pflichtmäßigen Ermessens. Ein Recht auf dies Einschreiten hat niemand (vgl. KorrefRK. S. 67 und RRA. S. 186; unzutreffend ebenda RefRK.: „Der Betreffende habe ein Recht, das zu verlangen"). Im übrigen s. auch Anm. 7 und über die Vernehmung von Sachverständigen §§ 102 und 97 BB.

A«M. 3. Die Koftenfrage im Falle des Abs. 2 Satz 1 (Abs. 2 Satz 2). 1. Der Regierungsentwurf unterschied zwischen Anlagen, die den bestehenden Rechtsverhältnissen entsprechen, und andern Anlagen und verstand dabei unter den zu Recht bestehenden Anlagen nicht nur die konzessionierten, sondern auch jene, für die zur Zeit ihrer Errichtung eine Konzession nicht er­ forderlich war oder nach der herrschenden Praxis nicht für notwendig erachtet wurde, während dagegen unter unrechtmäßigen Anlagen nur die gemeint waren, die einer Konzession bedurft hätten, aber trotzdem ohne Erlaubnis der Behörden betrieben werden (Erklärung des K. Staatsmin. d. I. RRA. S. 184 f.). Bei unrechtmäßigen Anlagen sollte der Unternehmer die Kosten der erforderlichen Einrichtungen zu tragen, bei den rechtmäßigen sollte sie der Antragsteller dem Unternehmer zu ersetzen haben (Abs. 2 Satz 2).

Im AKA. wurde auf den Antrag des Referenten gegen den Widerspruch des Korreferenten und der Regierung der die Kostenerstattungspflicht des Antrag­ stellers bei rechtmäßigen Anlagen enthaltende zweite Satz des Abs. 2 gestrichen (RefAK. S. 33, KorrefAK. S. 23, ABAK. S. 166 f.). Das Plenum der Abgeordnetenkammer beschloß in gleichem Sinne; ein Antrag der Abgeordneten Meyer, Sartorius und Genossen auf die Wiedereinsetzung der Bestimmung wurde abgelehnt (StenB. S. 711 f.). Die Kammmer der Reichsräte beschloß dagegen auf den Antrag ihrer beiden Referenten (RefRK. S 18 f., KorrefRK. S. 67) die Wiederherstellung der Regierungsvorlage (RRA. S. 184 ff.), nachdem die Regierung die in der Abgeord­ netenkammer abgegebene Erklärung wiederholt hatte, daß durch die Streichung des Abs. 2 Satz 2 eine erhebliche Belästigung der Industrie eintreten werde. Es sei nämlich der Fall ins Auge zu fassen, daß ein Unternehmer auf Grund der Konzession schon lange Zeit unbeanstandet sein Recht ausgeübt habe und sich nun Einschränkungen gefallen lassen solle. Hier dürfe dann doch zu der Ver­ pflichtung zur Vornehmung der Einschränkungen nicht auch noch die Verpflichtung zur Zahlung der hieraus entstehenden Kosten hinzukommen. Die AK. nahm schließlich gleichfalls die Fassung des Regierungsentwurfes an (StenB. VII S. 26). Im § 104 VB. ist ausgesprochen, daß eine Anlage den bestehenden Rechts­ verhältnissen entspreche, wenn sie der erteilten Erlaubnis genüge oder wenn sie ohne Erlaubnis bestehe, weil zur Zeit ihrer Errichtung eine Erlaubnis nicht er­ forderlich war oder mit Rücksicht auf die herrschende Praxis nicht für erforderlich erachtet wurde. Unerlaubte Anlagen fallen überhaupt nicht unter den Art. 40 (s. Anm. 1 Ziff. 2). 2. Wenn also die Einrichtungen lediglich im Interesse des Antragstellers getroffen werden, ohne daß der Unternehmer hiezu eine Verpflichtung hat, weil die Anlage so wie sie besteht, vollkommen seinem Rechte entspricht, so muß der Antragsteller dem Unternehmer die Kosten der Einrichtung er­ setzen. Dem Unternehmer haften immer nur der oder die Antragsteller, nicht die Geschädigten schlechthin, selbst wenn die Einrichtung weit mehr ihrem Interesse dient als dem des Antragstellers. Beteiligte, die sich im Laufe des Verfahrens dein Antrag angeschloffen haben, sind natürlich gleichfalls als Antragsteller zu erachten (s. auch Eymann Anm. 14). Der Antragsteller, der die Kosten bezahlt hat, wird auf Grund der §§ 812 BGB. einen Anspruch auf verhältnismäßigen Ersatz der Kosten nicht geltend machen können; denn die Bereicherung der Geschädigten besteht hier lediglich in der Aussicht, daß künftige weitere Schädigungen hintangehalten werden, dieser Vorteil rechtfertigt aber keine Bereicherungsklage. Auch eine Klage auf Grund der §§ 683 f. BGB. (Geschäftsführung ohne Auftrag) steht dem Antragsteller nicht zu Gebote, da er aus der Nichtbeteiligung des Geschäftsherrn an der Antragstellung folgern mußte, daß die übernehmung der Geschäftsführung nicht gebilligt werde (§ 678 BGB.). Die Verwaltungsbehörde kann, muß aber nicht verlangen, daß der Antrag­ steller für die Kostendeckung eine Sicherheit leiste.

Die Kosten werden, wenn die Entschädigungspflicht nicht bestritten ist, nach Art. 195 festgesetzt. Im Streitfall entscheiden die Gerichte. Hat der Unter­ nehmer auf Verlangen eines Beteiligten freiwillig die geforderten Einrichtungen angebracht, ohne daß ein Antrag bei der Verwaltungsbehörde gestellt wurde, so ist Abs. 2 Satz 2 nicht anwendbar. Der Unternehmer wird sich also in einem solchen Falle die Erstattung der Kosten durch eine besondere Vereinbarung sichern müssen. Für die Herstellung der Einrichtungen wird eine angemessene Frist zu

setzen sein. Ist die Anordnung rechtskräftig und die Frist abgelaufen, so ist die weitere Unterlassung rechtswidrig und strafbar. Anm. 4.

Die Schadensersatzansprüche im Abs. 8. Etwaige Schadensersatzan­ sprüche dritter bleiben unberührt. Gemeint find natürlich nur Schadensersatzforderungen, die sich auf das Zivilrecht gründen. Art. 40 Abs. 2 ist nicht wie Art. 37 Abs. 5 selbst Quelle von Ersatzansprüchen (vgl. auch ABAK. S. 166, RRA. S. 186). Zur Entscheidung zuständig sind die Gerichte. Art. 195 ist nicht anwendbar. S. auch OGH. N. F. 7 S. 52 ff. und Eymann Anm. 23. Änderungen bestehender Anlage«. Solange die beim Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden Anlagen unverändert bleiben, werden sie ausschließlich nach Art. 40 behandelt. Wird die den bestehenden Rechtsverhältniffen entsprechende Zuführung bezüglich der Art oder Menge der zuzuführenden Flüssigkeit in einer für die Eigenschaften des Gewäffers schädlichen Weise geändert, so ist hiezu nach Art. 37 die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde nötig. Daraus folgt aber nicht, daß von nun an die ganze Anlage nach Art. 37 und nicht mehr nach Art. 40 zu behandeln sei; dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn die Verhältnisse die Anlage als eine neue erscheinen lassen. Die Wiederherstellung einer durch Naturgewalt zerstörten Anlage nach Maßgabe des früheren Zustandes ist nicht als die Herstellung einer neuen Anlage zu erachten (vgl. Landmann § 16 Anm. 3 und dort Zitierte). Wenn die Änderung in der Herstellung einer Nebenanlage besteht, die dem Waffer andere Stoffe zuführt als die Hauptanlage, so gilt für sie auch in Zukunft Art. 37 (besonders auch Abs. 5 über die Schadensersatzansprüche), während die frühere Anlage wie bisher nach Art. 40 behandelt wird. Hier liegt also eigentlich nicht eine Änderung der bis­ herigen Anlage, sondern die Errichtung einer neuen Anlage neben der alten vor.

A«M. 5*

A«M. 6.

Strafbestimmung. Wer den Vorschriften des Art. 40 zuwider­ handelt, wer also die Zuführung trotz der Entziehung der Befugnis fortsetzt oder die ihm gezogenen Schranken überschreitet (Abs. 1), oder wer die von der Verwaltungsbehörde nach Abs. 2 angeordneten Einrichtungen bis zu dem festgesetzten Termine nicht trifft, wird mit Geld bis zu 300 M oder mit Haft bestraft (Art. 202 Ziff. 1). Unabhängig hievon sind die Straf- und Zwangsbefugniffe der Verwaltungs­ behörden nach Art. 174 und 175.

Anm. 7. Zuständigkeit. Bestrittene Rechtsansprüche und Verbindlichkeiten in den Fällen des Art. 40 sind nach Art. 177 Verwalt» ngsrechtssachen. Gemeint sind damit wohl nur die Fälle, in denen die Verwaltungs­ behörde nach Abs. 1 und 2 einschreitet und der Betroffene die gesetzliche Be­ rechtigung dieses Vorgehens leugnet. Der Antragsteller hat keine Parteistellung im Berwaltungsrechtsstreite; denn niemand hat ein Recht darauf, daß die Verwaltungsbehörde einschreite (s. auch Anm. 2 a. E.). Dem Antragsteller bleibt also auch, wenn die Verwaltungs­ behörde ein Einschreiten ablehnt, nur wie in dem ähnlich gelagerten Falle des § 51 RGO. die Aufsichtsbeschwerde. Kommt die Aufsichtsbehörde zu dem Er­ gebnis, daß ein Einschreiten erforderlich sei, so hat sie ihrer Unterbehörde ent­ sprechende Weisungen zu erteilen. Schreitet diese ein, so steht dem Betroffenen nach Art. 177 der Verwaltungsrechtsweg offen. Ob das Einschreiten gesetzlich zulässig war, ist eine verwaltungsrechtliche Frage, ob es notwendig und zweckmäßig war, ist eine Frage des Berwaltungsermeffens. Daß die Entziehung der Befugnis (Abs. 1) nur dann erfolgen dürfe.

wenn eine Beschränkung nicht möglich sei, bestimmt das Gesetz nicht (Gegensatz Art. 19 Abs. 3: Auferlegung der Entschädigung nur zulässig, wenn Abwehr des Schadens durch andere Bedingungen nicht möglich); die Entscheidung, ob die Ent­ ziehung oder die Beschränkung einzutreten habe, liegt daher auf dem Gebiete des Verwaltungsermessens. Vorausgesetzt ist dabei, daß die Gemeinwohlrücksichten auch die Entziehung rechtfertigen. Ist diese Frage zu verneinen und nur die der Zulässigkeit einer Beschränkung zu bejahen, so fehlt es an den gesetzlichen Voraus­ setzungen der Entziehung; erst wenn beide Fragen bejaht werden, beginnt das Gebiet des Berwaltungsermessens (ähnlich Eymann Anm. 1). Im Falle des Abs. 2 ist die rechtliche Zulässigkeit, nicht aber die Zweckmäßigkeit der erteilten Auflagen vom Verwaltungsrichter zu prüfen. Zur rechtlichen Zulässigkeit gehört auch die Frage, ob die Auflagen geeignet sind, den Schaden auszuschließen oder einzuschränken und ob die auferlegten Einrichtungen mit dem ordnungsmäßigen Betriebe der Anlage vereinbar sind. Eymann (Anm. 1, 20 und 22) will den Verwaltungsrichter auch darüber entscheiden lassen, ob der Antragsteller dem Unternehmer einer den bestehenden Rechtsverhältnissen entsprechen­ den Anlage die Kosten der Einrichtung zu ersetzen habe. Diese Ent­ schädigungsforderung ist aber rein zivilrechtlich. Art. 177 verweist ausdrücklich auf Art. 195 und nach dieser Bestimmung haben im Streitfälle die Gerichte zu entscheiden (f. auch VB. § 104 Abs. 3). Als Jnzidentfrage im verwaltungs­ rechtlichen Verfahren kann die Entschädigungsfrage nicht in Betracht kommen; denn das verwaltungsrechtliche Verfahren endet mit der Entscheidung über die Zulässigkeit des Einschreitens nach Abs. 2 Satz 1 und erstreckt sich nicht auf die davon völlig getrennte Frage des Kostenersatzes nach Satz 2. Auch die Frage, ob die Anlage den bestehenden Rechtsverhältnissen entspricht, hat also der Zivil-, nicht der Verwaltungsrichter zu entscheiden, obwohl sie auf dem Gebiete des öffent­ lichen Rechtes liegt. Nach Eymann wäre hiefür der Verwaltungsrichter zuständig und der gemäß Art. 195 angerufene Zivilrichter wäre bei seiner Entscheidung an die des Berwaltungsrichters gebunden. Dann fragt man sich aber, welchen Zweck es haben soll, für die Entschädigungsforderung den Zivilrechtsweg zuzulaffen, wenn sie der Verwaltungsrichter bereits mit bindender Kraft entschieden hat. Aufsicht.

Art. 41.

Die Reinhaltung der Gewässer, insbesondere die Erfüllung der an die Erlaubnis zur Zuführung von Flüssigkeiten oder anderen nicht festen Stoffen oder von festen Stoffen geknüpften Bedingungen unterliegt der ständigen Beaufsichtigung durch die Verwaltungsbehörden. Vollzugsbekauutmachuug.

Aussicht.

§ 105.

Die Reinhaltung der Gewässer, insbesondere die Erfüllung der an die Erlaubnis zur Zuführung von Flüssigkeiten oder anderen nicht festen Stoffen oder von festen Stoffen geknüpften Bedingungen unterliegt der ständigen Beaufsichtigung durch die Distrikts­ verwaltungsbehörden; die Staatsregierung beabsichtigt zur Mitwirkung bei der Beauf­ sichtigung besondere naturwissenschaftlich vorgebildete Aufsichtspersonen aufzustellen. Die näheren Vorschriften hierüber werden Vorbehalten.

Die Verwaltungsbehörden haben die Reinhaltung der Gewässer ständig zu beaufsichtigen. Die Bezirksamtsbeamten können bei den Gemeindevisitationen, die Amts­ techniker bei ihren Dienstreisen darüber Wachen. Auch die übrigen Hilfsorgane

250

Vorbemerkungen zum Abschnitt IV.

Die Ausnützung der Wasserkräfte.

der Verwaltungsbehörden, die Ortspolizeibehörden, die Gendarmerie sind befugt, die Reinhaltung der Gewäffer und die Einhaltung der Erlaubnisbedingungen zu beaufsichtigen. Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verwaltungsbehörden und ihren Hilfsorganen den Zutritt zur Anlage zu gestatten. Über die amtlichen Sachverständigen vgl. BB. §§ 97 und 105.

Borbemerk«»ge« zum Abschnitt IV. Die Ausnützung der Wafferkräfte.

1. Technische Grundlagen der wafsertraftausnützung. Unter Wasserkraft im weitesten Sinne versteht man diejenige Arbeits­ fähigkeit (Energie), welche frei wird, sobald eine bestimmte Menge Wasser von einer bestimmten Höhe herabfällt. In dieser allgemeinen Form würde man beim Regentropfen, der vom Dache des Hauses fällt, beim Wellenschlag des Meeres, bei der Erscheinung von Ebbe und Flut von Wasserkräften sprechen können. Die Technik faßt indeffen den Begriff „Wasserkraft" etwas enger; sie zieht lediglich die nutzbaren Wafferkräfte, d. h. Wasserkräfte, die sich nutzbringend für die Menschheit verwerten lassen, in den Kreis ihrer Betrachtung. Wie jeder bewegte Körper enthält auch das fließende Wasser lebendige Kraft und besitzt die Fähigkeit, einen ihm entgegenstehenden Widerstand auf einem gewissen Wege zu überwinden und dabei eine seiner Geschwindigkeit und Masse entsprechende Arbeit zu leisten. Doch nicht um die Ausnützung der dem fließenden Wasser innewohnenden Arbeitskraft handelt es sich hier; denn diese ist meist gering und daher nur zum Umtrieb kleinerer Motoren ausreichend; hier kommt vielmehr die Ausnützung der Arbeitsfähigkeit des Wassers vermöge seines Gewichtes in Betracht. Hiezu ist aber erforderlich, das Wasser aufzustauen und so ein konzentriertes Gefälle zu erzeugen. Hiebei lassen sich zwei Hauptarten von Wasserkraftanlagen unterscheiden: a) Anlagen, bei denen das nutzbare Gefälle lediglich durch den Einbau eines Wehres in den Fluß gewonnen wird. Die Wirkung des Wehres besteht in der Hemmung des regelmäßigen Wasserabflusses und in der Hebung des Wasserspiegels; der zwischen dem Ober- und Unterwafferspiegel entstehende Höhen­ unterschied wird durch den im Flusse oder unmittelbar am Ufer befindlichen Motor ausgenützt. Das erreichbare Nutzgefälle hängt von der zulässigen Höhe des Aufstaues ab, der in der Regel mit Rücksicht auf die anliegenden Ufergrund­ stücke, auf oberhalb befindliche Triebwerke usw. sich nur in engen Grenzen bewegen kann. b) In den weitaus meisten Fällen wird man das natürliche Gefälle einer längeren Flußstrecke innerhalb eines besonderen Werkkanales an einer geeigneten Stelle konzentrieren und durch hydraulische Motoren verwerten. Der gleichzeitig durch den Wehraufstau gewonnene Teil des Gefälles ist, wenn es sich nicht um Talsperren handelt, bei diesen Anlagen zumeist von untergeordneter Bedeutung, da in solchen Fällen der Hauptzweck des Wehres darin besteht, die Einleitung der dem Flusse zu entnehmenden Waffermenge in den Werkkanal zu ermöglichen und zu sichern. Die vom Gewichte des Wassers geleistete Arbeit drückt man in Pferdestärken (PS) aus. Bezeichnet h den Höhenunterschied in Metern zwischen Ober- und Unterwasser unmittelbar am Wassermotor, Q die sekundlich zufließende Betriebswassermenge in Kubikmetern, dann ist das Gewicht G dieser Wassermenge = Q • 1000 kg und

die beim Durchfallen der Höhe h geleistete Arbeit des Wassers A=Q- 1000-h Kilogramm-Meter (wissenschaftlich gebräuchlicher Meter-Kilogramm); da aber 75 kgm

der Arbeit einer Pferdestärke gleichgesetzt werden, so ergibt sich A—

PS.

Dies ist indessen nur ein theoretischer Effekt, der ideale Waffermotoren bedingen würde. Es wird vielmehr infolge der unvermeidlichen Unvollkommen­ heiten in der Ausführung der Kraftmaschinen sowie der beim Ein- und Austritt des Wassers auftretenden Reibungs- und Stoßverluste die wirkliche (effektive) Nutzleistungauch bei der vollkommensten Anlage stets kleiner als der theoretische Effekt sein. Man nimmt in der Regel das Güte Verhältnis zwischen der effek­ tiven und theoretischen Leistung bei guten hydraulischen Motoren nicht höher als zu 75°/o an, wenngleich in neuerer Zeit bei vorzüglich konstruierten Turbinen ein Güteverhältnis von 80% und darüber garantiert wird. Demnach läßt sich die wirkliche

(effettive)

Größe

einer

Wafferkraft

durch

die

Formel

ausdrücken:

Wassermenge und Gefälle bilden somit die beiden Hauptfaktoren einer Wasserkraft.

a) Wassermenge. Unter sonst gleichen Verhältniffen ist es in erster Linie erstrebenswert, daß die sekundliche Zuflußmenge möglichst groß sei. Sie ist um so reichlicher, je größer das Niederschlag sgebiet und je größer die atmosphärischen Nieder­ schläge sind. Doch kommt nicht die gesamte Niederschlagsmenge eines Gebietes für die Wasserkraftgewinnung in Betracht, sondern nur der oberirdisch abfließende Teil, während das übrige Wasser zum Teil versickert, zum Teil verdunstet oder von den Pflanzen absorbiert wird. Der Verlust durch Versickerung wird um so größer sein, je lockerer der Boden, je zerklüfteter das Gestein ist. Die Ver­ dunstung tritt in der heißen Jahreszeit am lebhaftesten auf. Eine genaue Bestimmung der für die Ausnützung verfügbaren Waffermenge ist lediglich auf Grund von Wassermessungen möglich, die nicht nur bei den verschiedensten Wafferständen eines Flusses vorgenommen werden sollen, sondern sich auf einen größeren Zeitraum erstrecken müssen, wenn sie in zuverlässiger Weise Kenntnis von den Abflußverhältniffen eines Flußgebietes geben sollen. Bei derartigen Messungen kann man sich in kleineren Flüssen eines Bersuchsüberf a l l w e h r e s bedienen, das man quer in den Fluß einbaut. Durch Anbringung einer selbstaufzeichnenden Meßvorrichtung seitlich von dem Wehre erhält man genaue Aufzeichnungen der täglich über das Wehr abfließenden Wassermenge. Bei größeren Flüssen benützt man hydrometrischeFlügel und bei ganz hohen Wafferständen einfache Schwimmer (Hohlkugeln usw.) zur Waffermengenbestimmung. Zur Ermittlung derNiederschlagshöhen dienen die Regen messer (Ombro­ meter), die entweder selbstaufzeichnende Vorrichtungen besitzen oder aber in regel­ mäßigen Zwischenräumen, meist täglich, abgelesen werden. Die Regenhöhen wachsen im allgemeinen mit der Höhenlage des Niederschlagsgebietes und wechseln, je nachdem das Gelände gegen den Wind oder im Regenschatten liegt. Das Produkt aus der Größe des Niederschlagsgebietes und der täglichen, monatlichen oder jährlichen Regenhöhe ergibt die Gesamtmenge des in einem Tage, einem Monate oder einem Jahre niedergegangenen Meteorwaffers. Werden die Ergeb­ nisse der Waffermeffungen in Vergleich gesetzt mit den beobachteten Niederschlags­ mengen, so berechnet sich hieraus der Abflußkoeffizient; fehlen aber die er­ forderlichen Wassermessungen, wie dies nicht selten der Fall ist, so kann der

252

Vorbemerkungen zum Abschnitt IV.

Die Ausnützung der Wasserkräfte.

Abflußkoeffizient nur auf dem Wege der Schätzung annähernd genau ermittelt werden. Es ist nun zu bedenken, daß der Abfluß sich ebensowenig wie der Nieder­ schlag jahraus und jahrein gleichmäßig vollzieht; es treten vielmehr Nieder-, Mittel- und Hochwafferperioden ein. Die Schwankungen zwischen den geringsten und größten Wassermengen sind in den meisten Flußgebieten ost ganz bedeutend. Dieser Umstand erschwert die Wafferkrastausnützung, in deren Interesse die Aus­ nützung der jährlich zufließenden G e s a m t waffermenge gelegen und es daher mit Rücksicht auf einen gleichmäßigen Bettieb erwünscht wäre, daß schon in der natürlichen Form in jeder Zeit möglichst gleichviel Wasser zufließen würde. Denn vom wirtschaftlichen Standpunkte aus ist der Wert einer Wasserkraftanlage am größten, wenn sie ununterbrochen die größtmögliche Kraft zu liefern vermag. Durch den Kraftausfall in der trockenen Jahreszeit kann mit­ unter der Bestand des Werkes in Frage gestellt werden, während durch die Ver­ wertung überschüssigen Wassers in der regenreichen Zeit infolge der Erbauung der hiezu erforderlichen künstlichen Aufspeichernngsanlagen zuweilen ein sehr be­ trächtlicher Kostenaufwand notwendig ist. Am günstigsten liegen daher die Verhältnisse für die Wasserkraftausnützung in solchen Flußgebieten, wo der Unterschied zwischen Nieder- und Hoch­ wasser von Natur aus möglichst klein ist. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn natürliche wasserzurückhaltende Regulatoren in dem betreffenden Gebiete vorhanden sind. Als solche sind anzusehen: Wälder, Moore, Schnee- und Eisgebiete und insbesondere Seen. In je ausgedehnterem Maße solche Regulatoren in einem Flußgebiete sich vorfinden, um so bettächtlicher wird die Niederwassermenge im Verhältnis zum Hochwasser sein. Da, wo von Natur aus die günstigen Vorbedingungen für eine ziemlich gleichmäßige Wasserführung nicht vorhanden sind, kann nur durch künstlichen Ausgleich Abhilfe geschaffen werden. Diese Aufgabe kommt den Sammel­ becken (Talsperren) zu. Der künstliche See, der dirrch die Errichtung einer Sperrmauer oder eines Abschlußdammes und das dahinter liegende Talbecken ge­ bildet wird, ermöglicht eine Ausspeicherung des Wassers, das die normale Bettiebswaffermenge übersteigt, und gestattet durch geeignete Ablaßvorrichtungen eine Regelung des Ablaufes, so daß man je nach der Größe des Ausgleichbeckens einem dauernd gleichmäßigen Abfluß mehr oder weniger nahe kommen kann. Sobald man sich über die Größe des Niederschlagsgebietes, über die gesamte verfügbare Niederschlagsmenge und über deren Verteilung auf die einzelnen Monate des Jahres sowie über die Größe des Abflußkoeffizienten die nötigen Grundlagen verschafft hat, kommt die weitere wichtige Frage, für welche Wasser­ menge das zu erbauende Kraftwerk aufnahmefähig zu machen, d. h. welche Betriebswassermenge zu wählen ist. Von der Beant­ wortung dieser Frage hängen nicht nur die Anlagekosten der Bauten, der Umfang der verwertbaren Kraftleistung sowie allenfalls die Beschaffung einer Dampf­ reserve ab, sondern auch die Konstruktion der Wassermotoren, deren größte Nutz­ leistung, unbeschadet der Möglichkeit eines gewissen Spielraumes, nur bei einer ganz bestimmten Wassermenge und einem ganz besttmmten Gefälle zu erzielen ist. Ein großer Teil der Kraftwerke ist lediglich auf die Ausnützung der während des ganzen Jahres ununterbrochen verfügbaren kleinsten Waffermenge eingerichtet. In neuerer Zeit zieht man für die Normalleistung einer Wasserkraft die Mittelwassermenge eines Fluffes in Rechnung und versteht darunter die­ jenige Waffermenge, welche mindestens 9 Monate im Jahre ununterbrochen vor­ handen ist. In den übrigen 3 Monaten kann bei Winterfrost und lang an-

dauernder Trockenheit der an der Normalleistung fehlende Kraftbedarf des Werkes durch Zuhilfenahme von Wärmemotoren gedeckt werden. Es ist daher von Wichtigkeit, bei Feststellung der an einem Flusse gewinn­ baren Wasserkraft anzugeben, ob es sich um sogenannte Min de st Pferdekräfte handelt, welche ununterbrochen während des ganzen Jahres zur Verfügung stehen und daher die geringste verfügbare Waffermenge zur Grundlage haben oder aber, ob sich die Feststellung auf eine hinsichtlich der Verfügbarkeit zeitlich be­ schränkte Zahl von Pferdekrästen bezieht. Me schon erwähnt wurde, ist der wirtschaftliche Wert einer Wasserkraftanlage am größten, wenn sie ununterbrochen die größtmögliche Kraft zu liefern mag. Eine derartige Ausnützung setzt aber Tag- und Nachtbetrieb während des ganzen Jahres voraus. Es ist indeffen, je nach der Verwendung der durch die Wafferkräfte gewonnenen elektrischen Energie, der Kraft bedarf und somit die Betriebszeit in den einzelnen Werken eine verschiedene. Städtische Beleuchtungsanlagen nützen die ständig zur Verfügung stehende Wasserkraft infolge des unregelmäßigen Strombedarfs sehr schlecht aus.

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Verbrauch an elektrischer Energie für eine städtische Lichtzentrale.

Die vorstehende graphische Darstellung des Kraftverbrauches einer städtischen Licht­ zentrale an einem Wintertage läßt ersehen, daß das Maximum des Strombedarfs in den Abendstunden zwischen 5 und 7 Uhr, je ein Minimum mittags und nach Mitternacht auftritt. Auch bei der Anwendung der elektrischen Energie für den Eisenbahn­ betrieb stehen die fortwährenden Schwankungen des Kraftbedarfs zwischen Null und einem Höchstmaß der wirtschaftlichen Ausnützung der ständigen Wafferkräfte hindernd im Wege. Am ehesten vermag noch die Elektrochemie sich die ununterbrochen bei Tag und Nacht zur Verfügung stehende Wafferkraft nutzbar zu machen, da der­ artige Betriebe ohne nennenswerte Unterbrechungen das ganze Jahr und bei Tag und Nacht fortgeführt werden, also etwa 8000 Stunden lang im Jahr die Wafferkraft nutzbar verwenden, während sich bei den meisten gewerblichen Betrieben im Jahre nur rund 3000 Arbeitsstunden ergeben. Dem Nachteil, daß bei den meisten Betrieben infolge des unregelmäßigen täglichen Kraftbedarfs die verfügbare Wassermenge ganz oder teilweise Stunden und häufig Nächte lang unausgenützt abfließen müßte, begegnet man bei Kraft­ anlagen größeren Stils am besten durch die hydraulische Akkumulierung

254

Vorbemerkungen zum Abschnitt IV.

Die Ausnützung der Wasserkräfte.

in natürlich vorhandenen Seen und, wenn solche nicht vorhanden sind, in künstlich Bedarf z. B. ein Werk nur während hergestellten Ausgleichsweihern. zwölf Stunden des Tages elektrischer Kraft, während bei der Nacht der Betrieb vollständig ruht, so kann man, anstatt das Wasser nachts unausgenützt fortfließen zu lassen, dasselbe in der Nachtzeit in einem Stauweiher oberhalb des Wehres zurückhalten und dann während des Tages die doppelte Wassermenge gegenüber derjenigen des 24 stündigen Betriebes ausnützen, insoferne nicht andere Rück­ sichten, z. B. auf die Schiffahrt, einem solchen Betriebe entgegenstehen. Je nachdem man den Wasserabfluß statt für 24 Stunden nur für zwölf, zehn oder acht Stunden des Tages ermöglicht, steht während dieser Zeit das 2 fache, 2,4 fache oder 3 fache der normalen 24 stündigen Leistung der Wasserkraft zur Verfügung. So kann z. B. mit einer Wasserkraft von 1000 vierundzwanzigstündigen PS, falls hydraulische Akkumulierung möglich ist, eine höchste Tagesleistung von 2000 PS während 12 Stunden oder von 2400 PS während 10 Stunden oder von 3000 PS während 8 Stunden entfaltet werden. Durch derartige Ausgleichsbehälter, in denen das Betriebswasser in den Stunden des Betriebsstillstandes zurückgehalten wird, um es in den Stunden größten Kraftbedarfs wieder zu verwenden, wird die teure und stets mit be­ deutendem Kraftverlust verbundene Akkumulierung des elektrischen Stromes überflüssig.

b) Gefälle. Den zweiten wichtigen Faktor einer Wasserkraft bildet das Gefälle. Es läßt sich niemals das ganze Gefälle einer Flußstrecke, das sog. Bruttogefälle,

vollständig ausnützen. Es wird vielmehr immer ein Teil des Gefälles für die Zuleitung des Wassers zur Kraftanlage im Oberwafferkanal und für die Rück­ leitung zum Flusse im Unterwafferkanal behufs Erzeugung der erforderlichen Waffergeschwindigkeit verbraucht. Als Mindestgefälle der Zu- und Ableitungs­ kanäle nimmt man, wenigstens bei Erdkanälen, in der Regel 0,4 m auf 1 km Länge (0,4 °/oo) an. Je kleiner das Relativgefälle eines Flusses ist, desto empfindlicher macht sich dieser Gefällsverlust geltend; Flüsse, die nur ein Gefälle von 0,4 u/oo oder darunter haben, können daher, wenn nicht etwa durch Abkürzung großer Fluß­ krümmungen mittels Durchstiche Gefälle gewonnen werden kann, für eine wirsschaftliche Wasserkraftausnützung nicht Wohl in Betracht kommen, da ja das vorhandene Bruttogefälle schon größtenteils für die Zu- und Ableitungskanäle verbraucht würde. Bei der Bestimmung der in einem Flusse ausnützbaren Wasserkräfte dürfen diese Gefällsverluste nicht unberücksichtigt bleiben. Ein Beispiel (siehe neben­ stehende Skizze) diene zur näheren Erläuterung. Es soll das Gefälle einer 10 km langen Flußstrecke A—B—C durch eine Kraftanlage ausgenützt werden, welche sich in einem Seitenkanal befindet. Oberund Unterwafferkanal seien gleich lang und sollen ein Sohlengefälle von 0,5 °/oo erhalten. Das bisherige Relativgefälle auf der Strecke A—B—C betrug 1 °/oo. Bei A soll nun der Wasserspiegel durch den Einbau eines Wehres um 2,0 m auf die Kote 402,0 m gehoben werden; die Wasserspiegelkote bei C ist 390,0 m, so daß das Bruttogefälle im Flusse 402,0—390,0 = 12 m beträgt. Ausnützbar sind aber nur 8,0 m; denn durch den je 4 km langen Ober- und Unterwasser­ kanal gehen 2-4-0,5 — 4,0 m Gefälle verloren, so daß das Nutzgefälle, un­ mittelbar an der Kraftanlage gemessen 12,0—4,0 — 8,0 m beträgt.

Erdtanal.

Der Oberwasserkanal, der die Aufgabe hat, die für den Kraftbetrieb erforderliche Waffermenge vom Flusse weg nach dem Motorenhaus zu leiten, kann je nach der örtlichen Beschaffenheit des Geländes als Erdkanal, als ge­ mauerter Kanal, als Stollen oder als Druckrohrleitung ausgeführt werden; bei größeren Anlagen finden zuweilen verschiedene Ausführungsarten gleichzeitig Anwendung. In ebenem Gelände und bei großen Wassermengen bildet der Erdkanal mit geböschten Wänden die Regel. In steilem Gelände, bei sog. Hangkanälen, wählt man ge­ mauerte Kanäle, die man mit­ unter zum Schutze gegen Ber­ eisung, Verunreinigung oder Ver­ schüttung durch herabfallende Geröll­ massen überdeckt. In gebirgigem Gelände gibt man den Stollen den Vorzug, Hangkanal. insbesondere bei Wasserkraftanlagen mit hohem Gefälle und geringer Wassermenge. Je nach der Beschaffenheit des Gebirges werden die Stollen ganz oder teilweise ausbetoniert.

256

Vorbemerkungen zum Abschnitt IV.

Die Ausnützung der Wasserkräfte.

Durch die Stollen wird das Betriebswasser in schwachem Gefälle bis zu einem scharfen AbfaÜpunkt des Berghanges ge­ leitet und dann mittels eines Übergangbauwerkes (Wasserschlosses) in eiser­ nen Druckrohren, sel­ tener in einem Fels­ schachte, zu den Motoren Stollen. Stollen. hinabgeführt. Neuerdings finden auch Eisenbetonrohre Anwendung. Das größte bisher ausgenützte Gefälle mit 950 m weist die Kraft­ anlage von Vouvry in der Nähe des GenferSees auf. In Deutsch­ land besitzt bis jetzt das Kraftwerk der Stadt Nord­ hausen a. H. das mittels einer Talsperre gewon­ nene größte Nutzgefälle mit 192 in. Die beiden Haupt­ faktoren einer Wasserkraft, die Wassermenge und das Gefälle, sind mathematisch genommen als gleichEisenbetonrohr. wertig zu betrachten; denn für die Leistung einer Wasserkraft ist es an sich gleichgültig, obz. B. eine Wasser­ menge von 50 cbm/sec eine Höhe von 2 m herabfällt oder ob eine um das Hundertfache kleinere Wassermenge von 0,5 cbm/sec eine 100 Mal so große Höhe von 200 m durchfällt. In beiden Fällen erhält man die gleiche effektive Leistung Ne = 10 • 50 • 2 = 10 • 0,5 • 200 = 1000 PS. Auf die Kosten eines Kraftwerkes üben indessen die einzelnen Faktoren einen ungleich verschiedenen Einfluß aus. Die Durchlaßfähigkeit und somit die Größe der Waffermotoren hängt von der vorhandenen Betriebswassermenge ab; je kleiner die Wassermenge ist, desto geringere Wmessungen erfordern die Turbinen, aber auch die Zu- und Ableitungskanäle, die Wehre, Schützen u. dgl. und um so geringer stellen sich die Anlage-, Betriebs- und Unterhaltungskosten. Es sind daher, unter sonst gleichen Verhältnissen, Wasser­ kräfte mit hohem Gefälle und kleinen Wassermengen solchen mit großen Wassermengen und kleinem Gefälle vorzuziehen. Dementsprechend teilt man die Wafferkrastanlagen in zweiHauptgruppen ein, nämlich in a) Hochdruckanlagen, welche insbesondere in neuerer Zeit bevorzugt und hauptsächlich an kleineren Gebirgsflüffen mit sehr starkem Gefälle und ver­ hältnismäßig geringer Wassermenge ausgeführt werden; b) Niederdruck anlagen, welche an den Flüssen der Ebene zwar ein niederes Gefälle, aber eine um so reichlichere Waffermenge auszunützen vermögen.

Zu erwähnen ist noch eine besondere Form der Wafserkrastausnützung, nämlich die Gewinnung von Wasserkräften an Schiffahrtskanälen sowie an kanalisierten Flüssen. Bei den Schiffahrtskanälen werden die Wehre durch die Kammer­ schleusen ersetzt. Die an den Schleusengefällen gewinnbare Kraft wird meist un­ mittelbar für Schiffahrtszwecke benützt, so zur Beleuchtung der Schleusen bei Nachtzeit, zum elektrischen Antrieb der Schleusentore, Schützen, Spills u. dgl., ferner zum elektrischen Schiffszug, wie er neuerdings am Teltowkanale bei Berlin eingeführt wurde. Ungünstiger liegen die Verhältnisse für die Wafferkraftausnützung an kanali­ sierten Flüssen. Da an solchen Flüssen bei Hochwasser und Msgang die beweglichen Wehre niedergelegt werden müssen, hört während dieser Zeit die Krastausnützung vollständig auf, so daß in der Regel eine Dampfreserve in der vollen Stärke der Wasserkraft erforderlich ist.

Die gebräuchlichsten Wassermotoren. Die Waffermotoren zerfallen in 2 Hauptgruppen: in Wasserräder und in Turbinen. Der wesentlichste Unterschied zwischen beiden besteht darin, daß bei den Wasserrädern das Wasser an einem Teile des Radumfanges eintritt und, nachdem es gemeinschaftlich mit der Drehung des Rades niedergesunken ist, an der gleichen Stelle des Umfanges wieder austritt, während bei den Turbinen das Wasser durch den Radkranz hindurchfließt und daher an verschiedenen Stellen ein- und austritt. Bis zum Beginne des 18. Jahrhunderts waren die Wasserräder die einzigen hydraulischen Kraftmaschinen; ursprünglich in den einfachsten Formen gehalten, mit geringer Nutzwirkung, wurde etwa seit dem 16. Jahrhundert mit der Ver­ vollkommnung der theoretischen Untersuchungen über die Wirkungsweise der Räder ihre Konstruktion und damit ihre Leistungsfähigkeit immer mehr verbessert, insbesondere auch durch die Verwendung eiserner Räder an Stelle der hölzernen. Immerhin war, dem Wesen der Wasserräder entsprechend, die Ausnützung der Wasserkräfte nur im kleinen Maßstabe möglich. Erst in den Turbinen entstand eine Wasserkraftmaschine, die bis zum heutigen Tage in staunenswertem Maße für die höchsten Kraftleistungen vervollkommnet wurde. Im Jahre 1824 übergab der französische Ingenieur M. Burdin der Pariser Akademie der Wissenschaften eine Abhandlung über horizontale Wasserräder, die er Turbinen (Kreiselräder, turbo — der Kreisel) nannte. Doch zeigten die Burdinschen Turbinen noch mancherlei Mängel, die zu beseitigen erst seinem Schüler Fourneyron gelang. Zahlreich sind seitdem die Verbesserungen und Erfindungen, die in der Entwicklung des Turbinenbaues zu erwähnen wären. Hauptsächlich find es zwei aus Amerika stammende Turbinenarten, welche für den Ausbau der Wasserkräfte von größter Bedeutung geworden sind, nämlich die Francis-Turbine für große Wassermengen und kleine Gefälle sowie das Pelton-Rad für kleine Wassermengen und große Gefälle. Eine Turbine besteht aus drei Hauptteilen: der Turbinenwelle (Turbinen­ achse), die eine senkrechte oder wagrechte Lage annehmen kann, dem Laufrad, das auf die Turbinenwelle mit seiner Nabe festgekeilt ist und mit der Welle rotiert, sowie dem Leitrad (Leitapparat), das feststeht und die Aufgabe hat, den Eintritt des Wassers in das Lauftad möglichst stoßfrei und in einer ganz bestimmten Richtung zu gestalten. Je nachdem der Durchgang des Wassers durch das Turbinenrad in der Richtung der Turbinenachse (achsial) oder Harster-Cassimlr, Wassergesetz. 17

258

Vorbemerkungen zum Abschnitt IV.

senkrecht zu dieser Richtung (ra­ dial) erfolgt, spricht man von Achsialund Radialtur­ binen. Bei den Achsialturbinen (vgl. Skizze) kann das Leitrad oberhalb oder unterhalb des Laufrades liegen und dementsprechend das Wasser von oben nach unten oder umgekehrt in das Laufrad einströmen. Ähnlich kann bei

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Radialturbinen (vgl. Skizze) das Leitrad im Innern des Laufrades liegen oder das Laufrad um­ schließen, so daß das Wasier ent­ weder von innen nach außen strömt (innere Beaufschla­ gung) oder von außen nach innen (äußere Beaufschlagung). Außerdem unterscheidet man Voll­ turbinen und Partialturbinen. Bei den Vollturbinen findet wegen des voll­ ständig geöffneten Leitrades die volle Beauf­ schlagung des Laufrades statt. Die Turbinen arbeiten in diesem Falle mit Überdruck,

11

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d. h. das Wasser wird durch sämtliche Laufradkanäle mit einem gewissen Druck hindurchgepreßt, so daß sie stets vollgefüllt sind. Man nennt diese Art von Turbinen überdruckoder Preßstrahltur­ binen. Für ihre Wirkungsweise ist es gleichgültig, ob der Austritt des Wassers unmittelbar über oder unter dem Unter­ wasserspiegel erfolgt. Bei Partialturbinen dagegen wird ein Teil der Öffnungen des Leitrades abgedeckt,

so daß nur eine beschränkte Anzahl der Kanäle des Laufrades mit Wasser gefüllt wird und der Wasserstrahl frei hindurch­ fließt, ohne den Kanal völlig auszufüllen. Diese Turbinen, welche nicht ins Unterwasser tauchen sollen, nennt man Druck- oder Freistrahlturbinen. Das Aufschlagwasser wird bei Gefällen unter 10 m meist von oben zugeführt; in diesem Falle befinden sich die Turbinen am Ende des Oberwasserkanales in offenen Wasserkammern. Bei höheren Gefällen wird das Wasser mittels eines Rohres zugeleitet, das von oben oder unten oder von der Seite in ein die Turbine umschließendes Gehäuse einmündet. Erfolgt bei Vollturbinen der Ausfluß des Wassers aus der Turbine in nennenswerter Höhe über dem Wasserspiegel, so daß ein Teil des vorhandenen Gefälles unausgenützt bliebe, so schließt man an die Turbine ein Saugrohr an. Dasselbe muß so weit in das Unterwasser hinabreichen, daß die Luft keinen Zu­ tritt zum Rohre hat. Bei einer solchen Rohrturbine übt die zwischen dem Laufrad und dem Unterwasserspiegel befindliche Wassersäule durch ihre Saugwirkung den nämlichen Druck aus, wie wenn sie sich über dem Laufrade befände. Theore-

tisch dürste diese Wassersäule im Saug­ rohr eine Höhe von rund 10 m gleich dem Luftdruck erhalten; mit Rücksicht auf die Verluste darf aber das Maß von 6 m nicht überschritten werden. Die Wahl des Turbinen­ systems wird außer den örtlichen Verhältnissen insbesondere durch das vorhandene Gefälle beeinflußt. Bis zu Gefällen von etwa 100 m finden heutzutage Francisturbinen die meiste Verbreitung; für noch höhere Gefälle sind die Peltonräder am geeignetsten. Die Francisturbinen sind Über­ druckturbinen, bei denen das Wasser in radialer Richtung durch die Räder fließt; sie können mit einem Saug­ rohr (vgl. nebenstehende Skizze) ver­ sehen und mit vertikaler oder horizon­ taler Welle ausgeführt werden. Bei sehr hohen Gefällen würde die Tourenzahl der Turbinen unter Francisturbine mit Saugrohr. Umständen zu groß werden, wollte man den Laufrädern einen so kleinen Durchmesser geben, wie er der vorhandenen Wassermenge entsprechen würde. Um in solchen Fällen Laufräder mit größerem Durchmesser und geringerer Tourenzahl verwenden zu können, auch wenn die verfügbare Wassermenge nicht zur vollen Beauf­ schlagung der Räder ausreicht, verwendet man Partialturbinen, zu denen die

Tangential- oder Peltonräder zählen (vgl. Skizze). Der Leitapparat besteht hier in einfachster Weise aus einer oder mehreren kreisrunden Düsen, durch deren Verengung der Wasserzufluß reguliert werden kann; das Laufrad hat löffelartige Schaufeln. 17»

260

Vorbemerkungen zum Abschnitt IV.

Über die Regulierung der Turbinen ist kurz zu be­ merken, daß ihre Umdrehungs­ geschwindigkeit eine möglichst gleichmäßige bleiben soll, damit die von den Turbinen an­ getriebenen Dynamomaschinen stets mit einer ebenso gleich­ mäßigen Spannung arbeiten. Die zahlreichen, voneinander sehr verschiedenenRegulierungsvorrichtungen verfolgen alle den Zweck, die dem Motor zu­ geführte Wassermenge u n mittelbar an der Tur­ Francisturbine mit drehbaren Leitradschaufeln. bine nach Maßgabe des schwankenden Kraftbedarfs veränderlich zu machen. Besondere Verbreitung hat die Finksche Drehschaufelregu­ lierung gefunden, durch welche alle Kanäle des Leitapparates in gleichem Verhältnis verändert werden (vgl. Skizze). Zur genauen Ermittlung der Arbeit, welche von den Wassermotoren bei einer bestimmten Umlaufzahl in der Minute geleistet wird, bedient man sich des von Prony im Jahre 1821 er­ fundenen Bremsdynamometers, Pronyscher Zaum genannt. Durch diese Vor­ richtung, welche man auf der Hauptwelle der Kraftmaschine oder auf einer mit der Turbinenachse verbundenen Welle der Haupttransmission anbringt, wird die ganze Arbeitsleistung der Welle in Reibungsarbeit umgesetzt, deren Größe sich leicht bestimmen läßt. Der hiedurch nachweisbare Wirkungsgrad der Motoren, meist nicht über 75 °/o, ist ein verschiedener, sobald Änderungen in der Wasser­ führung oder im Gefälle eintreten. Der Zusammenhang der in Pferde­ stärken (PS) ausgedrückten Arbeitsleistung der Wassermotoren und der in Stott (W) angegebenen Leistung der von den Wassermotoren bewegten elektrischen Maschinen drückt sich dadurch aus, daß man 1 Pferdestärke gleichwertig mit 736 Watt setzt, also 1 PS — 736 W; d. h. zum Antrieb einer Dynamomaschine, deren Arbeitsleistung 736 W betragen soll, genügt, wenn man von Energie­ verlusten absieht, eine l pferdige Kraftmaschine. Unter einer Pferde kraft stunde versteht man die gesamte Arbeitsleistung einer 1 pferdigen Kraftmaschine während der Dauer einer Stunde, nämlich 60-60-75 kgm — 270000 kgm. So entfaltet z. B. eine Kraftanlage von 10000 PS, falls dieselben 24 Stunden lang täglich ununterbrochen zur Ver­ fügung stehen, eine Gesamtleistung von 10000-24 = 24000 Pferdekraftstunden für einen Tag. In gleicher Weise versteht man unter einer Wattstunde(=^ Pferdekraft­

stunde) die in einer Stunde gelieferte Energiemenge, wenn der Strom die Stärke von 1 Watt hat, und unter Kilowatt st unde das Tausendfache dieser Energiemenge.

2. wirtschaftliche Grundlagen der wafserkrastausniitzung. Die Ausnützung der Wasserkräfte ist nicht nur eine technische, sondern im hohen Maße auch eine wirtschaftliche Frage. Vom technischen Standpunkte aus kann die Lösung der Frage einer möglichst günstigen Ausnützung der Energie

des herabstürzenden Wassers als eine höchst befriedigende erachtet werden. Da­ gegen ist in wirtschaftlicher Beziehung bei jeder einzelnen Wasserkraft zu untersuchen, ob dieselbe mit Rückficht auf ihre Anlagekosten, ihre Verwendbarkeit und die Konkurrenz seitens der Wärmekraftmaschinen, die hauptsächlich vom örtlichen Marktpreis der Kohlen abhängt, ausbauwürdig ist oder nicht. Ausbau­ fähig sind unzählige Wasserkräfte, ausbauwürdig aber ist nur eine beschränkte Anzahl, die es aber immer mehr wird, je höher die Kohlen im Preise steigen. Die Kraftmengen, welche jahraus, jahrein von der Industrie, der Schiffahrt und den Eisenbahnen benötigt werden, zählen nach vielen Millionen Pferdekräften und sind noch in stetiger Zunahme begriffen. Für die Deckung dieses ungeheueren Kraftbedarfs kommen einerseits die Kohlenvorräte als ständig abnehmende, ander­ seits die Wasserkräfte als unerschöpfliche, sich täglich erneuernde Energiequellen in Betracht. Die Kohlenvorräte der Erde sind zwar noch sehr bedeutend, aber ihre Er­ schöpfung liegt angesichts des fortwährend gesteigerten Kohlenverbrauches in nicht allzuweiter Ferne. Wird doch der Abbautermin der englischen Kohlenfelder unter der Voraussetzung, daß die Konsumsteigerung prozentual die gleiche wie bisher bleiben würde, nur noch auf etwa 100 Jahre berechnet. Die Kohlenproduktion in den kohlenreichsten Ländern der Erde hat sich innerhalb der letzten 50 Jahre verzehnfacht. Bei dem Streben nach immer größeren Fahrgeschwindigkeiten der Schiffe und Eisenbahnen und der hiedurch erforderlichen enormen Antriebskräfte wird auch in Zukunft eine Verminderung des Kohlenverbrauches nicht zu erwarten sein. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkte aus wäre indessen die möglichste Schonung unserer Kohlenvorräte dringend zu wünschen. Dies ist aber nur möglich, wenn die nie versiegbaren Wasserkräfte in weitgehenderem Maße als bisher ausgenützt und als Ersatz herangezogen werden. Etwa die Hälfte aller jährlich geförderten Kohlen dient heutzutage Verwendungsarten, denen die Kohle unentbehrlich ist, so insbesondere dem Schiffs- und Gaswerksbetrieb sowie der Heizung; die andere Hälfte dagegen wird hauptsächlich für Kraftzwecke benützt und könnte daher auch durch Wasserkräfte ersetzt werden. Hiezu bedarf es aber der Errichtung großer Wafferkraftanlagen, die meistens einen hohen Kosten­ aufwand erfordern. Im allgemeinen läßt sich nun behaupten, daß in kohlenarmen Gegenden, wo das Brennmaterial teurer ist, Wasserkraftanlagen gegenüber Dampfbetrieben in wirtschaftlicher Beziehung im Vorteile sind. Diese Konkurrenzfähigkeit der Wasser­ kräfte bewegt sich in einer aufsteigenden Linie entsprechend der fortwährenden Preissteigerung der Kohlen, die durch die mit der Zunahme der Flöztiefen sich erhöhenden Förderungskosten bedingt ist. In Deutschland hat sich der Preis der Kohle in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt. Auch sozialpolitische Gesichtspunkte lassen sich zugunsten der Waffer­ kraftanlagen anführen. Sie benötigen nämlich kein allzu zahlreiches Personal, weshalb Lohnforderungen und Streiks hier keinen geeigneten Boden finden. Wasserkraftanlagen bieten daher in dieser Richtung eine größere Unabhängigkeit als andere Betriebskräfte. Dazu kommt, daß auch die Besitzer der Kohlen­ bergwerke anfangen, der Industrie unter Umständen den Bedarf an Kohlen nicht mehr liefern zu wollen, und sich zu Kohlenkartellen zusammenschließen. Die billigste Pferdekraft liefert der Motor, der die geringsten jährlichen Betriebskosten verursacht. Es zeigt sich bei Bergleichsrechnungen, daß für Wärmekraftmaschinen am meisten die Ausgaben für Heiz- und Schmiermaterialien ins

Gewicht fallen, während bei Wassermotoren die Anlagekosten und somit der Betrag für die Verzinsung des Anlagekapitals zumeist die ausschlag­ gebende Rolle spielen. Es wird daher unter sonst gleichen Verhältnissen im all­ gemeinen nur dann die Wahl zugunsten eines Waffermotors ausfallen können, wenn für diesen der jährliche Aufwand für die Verzinsung des Anlagekapitals nicht größer als derjenige für Heiz- undSchmiermaterialien eines Wärmemotors sein wird. Bon bedeutendem Einfluß auf die Wirtschaftlichkeit einer Wasserkraftanlage ist besonders auch der Grad der Anpassungs­ fähigkeit des Stromverbrauches an den Charakter der Kraftquelle. Die Form der Entfaltung der Kraft des fallenden Wassers ist abhängig vom Wasserhaushalt desjenigen Gewässers, dem sie entstammt. Unsere deutschen Ge­ wässer lassen sich hinsichtlich der Abflußverhältnisse in drei Gruppen einteilen: 1. Wasserläufe mit alpinem Charakter, die im Sommer Hochwasser und im Winter Niederwasser führen; 2. Wasserläufe mit Mittelgebirgscharakter, die umgekehrt im Winter Hochwasser und im Sommer Niederwasser führen; 3. Wasserläufe mit gemischtem Charakter, bei denen Hoch- und Nieder­ wasser bald im Sommer bald im Winter vorherrschen. Diesen drei Gruppen von Wasserläufen stehen drei Hauptklassen von Wasser­ kräften gegenüber. Kraftzentralen an den unter die erste Gruppe fallenden Wasserläufen werden hauptsächlich in den Sommermonaten, wo das Betriebswasser reichlich zufließt, große Kraftmengen abgeben können, während sie zur wasserarmen Winterszeit einen guten Teil ihrer Leistungsfähigkeit einbüßen. Kraftzentralen an Flüssen der zweiten Gruppe vermögen zur Winterszeit die größte Energiemenge zu entfalten. Und schließlich Kraftzentralen an Flüssen mit gemischtem Charakter werden bald im Sommer bald im Winter leistungsfähiger sein; sie erfordern im allgemeinen am wenigsten der künstlichen Nachhilfe zu dauernd gleichmäßiger Kraftentfaltung. Die Form der Krafterzeugung vollzieht sich somit im Rahmen feststehender, eine Jahresperiode umfassender Gesetze; es wird daher die Nutzbarmachung der erschlossenen Kräfte eine um so vollkommenere werden, je williger sich die Form des Kraftbezuges diesem Gesetze unterordnet. Die Formen des Stromverbrauches sind nun ganz verschieden, je nachdem es sich um die Verwendung des elektrischen Stromes zu Beleuchtungszwecken oder zum Bahnbetrieb oder für eine Fabrik mit zehnstündiger Arbeitszeit oder für die elektrochemische Industrie mit Tag- und Nachtbetrieb oder gleichzeitig für Bahn-, Licht- und Kraftzwecke handelt. Die einzelnen Verbrauchsdiagramme unterscheiden sich nicht nur für eine Jahresperiode, sondern auch für den Tageskonsum. So findet man z. B. bei städtischen Elektrizitätswerken, die den Strom für Be­ leuchtungszwecke liefern, daß die verkäufliche Menge des elektrischen Stromes von Januar ab täglich kleiner wird und in den Monaten Juni und Juli auf seinen kleinsten Wert herabsinkt; es beginnt dann wieder ein rasches Ansteigen des Stromverbrauches, der im Monat Dezember seinen höchsten Wert erreicht. Ein derartiger Stromverbrauch stünde am besten im Einklänge mit einer Wasserkraft, die an einem zur Gruppe 2 gehörigen Flußlaufe mit Mittelgebirgscharakter sich gewinnen ließe. Verfolgt man die Tagesstromkurve einer Lichtanlage, so sind in den Stunden von Mitternacht bis morgens 6 Uhr sowie über die Mittagszeit nur geringe Strom­ mengen erforderlich, während der Bedarf zwischen 6 und 9 Uhr morgens und 4—11 Uhr abends in den Wintermonaten gewaltig ansteigt. Ein derartig schwankender oder zeitlich begrenzter Konsum hat zur Folge, daß die vorhandene

Wafferkraft durch den Konsumenten nur sehr unvollkommen ausgenützt wird, so daß ein großer Teil des Wassers unausgenützt über das Wehr abfließen muß. Der Belastungs­ faktor solcher Anlagen, d. h. das Verhältnis der tatsächlich ausgenützten zu der durch die Wasserkraft verfügbaren Ener­ gie, ist ein sehr geringer. Die ideale Belastung wäre jene, welche während 24 Stunden konstant bleibt, wo also der Konsument jede von der Wasserkraft gebotene Kilowattstunde vollständig ausnützt. Es gibt zwar Gattungen von Industrien, wie z. B. elektrochemische Fabriken, Mühlen, Papierfabriken, welche 24 Stunden lang vollbelastet arbeiten; bei den meisten Formen des Stromverbrauches dagegen ist ohne künstliche Nachhilfe eine voll­ kommene Ausnützung der verfügbaren Wasserkraft nicht möglich. Betrachtet man z. B. das vorstehende Diagramm einer Lichtanlage an einem Dezembertage, so sieht man, daß um 6 Uhr abends auf kurze Zeit ein Maximalbedarf von 1340 Kilowatt erforderlich war, die durch die verfüg­ bare Wasserkraft erzeugt werden konnten. Der mittlere Strombedarf da­ gegen betrug innerhalb 24 Stunden nur 400 Kilowatt, so daß ein großer Teil der Wasserkraft inzwischen unausgenützt bleiben mußte. Der Belastungsfaktor dieser Anlage berechnete sich somit an diesem Tage zu-,-^-—-öV=30%; lo4U

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d. h. entsprechend der verfügbaren Wasserkraft hätten an diesem Tage 3,35 mal so viel Strom verbraucht, also verkauft werden können als in Wirklichkeit der Fall war; es wurden vielmehr nur 30 % der zu Gebote stehenden Wafferkraft ausgenützt. Da man es beim elektrischen Stromverbrauch nicht nur mit Tages-, sondern auch mit Jahresschwankungen zu tun hat, so läßt sich aus den Jahresdiagrammen auch der Belastungsfaktor einer Zentrale innerhalb eines bestimmten Jahres mittels des Verhältnisses der tatsächlichen Jahresproduktion zur gesamten verfüg­ baren Kraftmenge berechnen. Nun ist aber die Rentabilität der Wasserkraftanlagen in erster Linie von einem möglichst hohen Belastungsfaktor abhängig; denn in der Zeit, wo der Stromverbrauch ruht oder nur sehr gering ist, verzinst sich das Anlagekapital gar nicht oder nur schlecht. Man hat daher schon seit längerer Zeit versucht, die an sich geringe Ausnützungsfähigkeit der Wasserkraftanlagen durch künstliche Mittel zu steigern, d. h. den Belastungsfaktor möglichst zu heben. Es stehen hiefür folgende Mittel zu Gebote:

a) Modulationen im Stromtarif. Für eine Wasserkraftanlage ergeben sich die Selbstkosten des Stromes aus den Kapitalzinsen, Abschreibungsquoten, den Verwaltungs-, Beaufsichtigungs- und Unterhaltungskosten der Anlage. Davon, ob die Anlage arbeitet oder stillsteht, werden diese Kosten gar nicht oder nur im geringen Maße beinflußt. Daraus folgt, daß ein Kraftwerk auch aus der kleinsten Einnahme Nutzen schöpfen kann, die es aus jenem Teil der verfügbaren Energie zieht, welche außerhalb der Be-

lastungslinie des festen Abnehmerkreises liegt. Denn die außerhalb des Rahmens der festen Stromabgabe verfügbaren Kräfte kosten das hydroelektrische Kraftwerk einen bestimmten Betrag, ganz einerlei, ob sie verkauft werden oder nicht, im Gegensatz zu Dampfbetrieben, wo jede überschüssige Kraft neue Betriebskosten verursacht. Die Jahreseinnahme kann daher auch dadurch vergrößert werden, daß man Kräfte, die sonst nicht verwertet werden können, um billigen Preis ab­ gibt. Namentlich in jenen Fällen, in welchen die Art der Krastentfaltung zu derjenigen des Stromverbrauches sich direkt entgegengesetzt verhält, bringt es dem Kraftwerk bedeutenden Gewinn, wenn es auch jene Kräfte verwerten kann, die es zur Unzeit entwickelt. Für diese Kräfte bildet die chemische Industrie, die außerdem die den Strom liefernden Maschinen 24 Stunden im Tag voll belastet, einen bereitwilligen Abnehmer.

b) Kalorische LrgäNMgsKraft. Durch die Verwendung kalorischer Maschinen zum Ausgleich der „Spitzen" des Stromverbrauches wird die Möglichkeit geschaffen, den Belastungsfaktor der hydraulischen Motoren beträchtlich zu erhöhen. Wie groß die Zahl der zu ver­ wendenden Wärmekraftmaschinen sein soll, um den höchsten Grad der Wirtschaft­ lichkeit zu erzielen, muß stets von Fall zu Fall entschieden werden, wobei auch der Charakter der Kraftquelle wesentlich ins Gewicht fällt. Die Verwendung von Dampfreserven hat allerdings im Gefolge, daß auf den großen Vorteil der reinen hydraulischen Kraftquelle, nämlich ihre völlige Un­ abhängigkeit von Preis- und Lohnbewegungen verzichtet werden muß.

c) Elektrische Akkumulatoren. Die elektrischen Akkumulatoren bilden eine Aufspeicherungsanlage für die fertig erzeugte Energie; sie gestatten die Abgabe dieser Energie innerhalb be­ stimmter Grenzen in beliebigen Mengen und vollziehen dadurch den Ausgleich der Bezugsschwankungen derart, daß die hydraulischen Motoren stets voll belastet werden können. In großen Kraftwerken finden sie indessen infolge der hohen Anschaffungskosten zur Zeit nur in beschränktem Maße Verwendung.

d) Hochdruckpumpverke mit Hochbehältern. Während der Nachtstunden wird das überschüssige Betriebswasser in ein auf einer Anhöhe gelegenes Sammelbecken gepumpt, um am Tage in den stark be­ lasteten Stunden in der nämlichen Rohrleitung wieder herabzufließen und Hochdruckturbinen zu treiben. Den Kraftwerken wird hiedurch ermöglicht, den Schwankungen im Strom­ bezug wenigstens zum Teil zu folgen. Trotzdem der Wirkungsgrad derartiger Anlagen nur 45 —50 % beträgt, arbeiten sie wirtschaftlicher als Wärmekrastmotoren. Ein Nachteil dieser Anlagen besteht darin, daß die Auffpeicherungsmöglichkeit der Hochbehälter nur einen Betriebstag umfaßt. Versagt die Hauptkraftanlage etwa infolge außerordentlichen Nieder- oder Hochwassers, dann stehen auch die Pumpen still, während eine Wärmekraftmaschine in einem solchen Falle einen gänzlichen Stillstand des Werkes verhindern würde.

e) Hydraulische Akkumulierung. Das wirksamste Mittel, den Belastungsfaktor einer Wafferkraftanlage so zu heben, daß er nahezu den Wert 100 °/o erreicht, bildet die hydraulische Akkumu-

lierung (vgl. S. 253 f.). Zu diesem Zweck wird in die Anlage ein Stauweiher eingebaut, dem die Aufgabe zufällt, einerseits den wechselnden Zufluß in den verschiedenen Jahreszeiten dem Bedarf an Betriebswasser entsprechend auszu­ gleichen und anderseits den Turbinen in jedem Augenblicke diejenige Waffermenge zuzuführen, die sie zur Bestreitung der erforderlichen Kraftentfaltung augen­ blicklich bedürfen. Da bei gleicher Kraftäußerung die erforderliche Betriebswaffermenge um so kleiner wird, je höher das Gefälle ansteigt, ist bei der Anlage akkumulierbarer Werke in erster Linie die Erschließung hoher Gefälle zu erstreben. Von großer Wichtigkeit ist dabei, daß der Charakter des Strombezuges und die Form der Wasserführung des auszunützenden Flusses möglichst übereinstimmen. Je rascher die Perioden der Aufspeicherung und der Entleerung aufeinanderfolgen, desto kleiner kann der Fassungsraum der Stauweiher bemessen werden, während größere Becken dort erforderlich sind, wo bedeutende Waffermengen längere Zeit hindurch aufgespeichert und dann in einer längeren Periode verbraucht werden müssen. Die Regulierung des Abflusses aus dem Stauweiher besorgt der Regulator der Turbine, der den Zuflußquerschnitt erweitert und verengt, je nach den augen­ blicklichen Anforderungen an die Kraftentfaltung, und ihn ganz abschließt, wenn die Stromabgabe unterbrochen wird. Fast immer entfällt der weitaus überwiegende Teil der Mehrkosten, die zum Zwecke der hydraulischen Akkumulierung aufzuwenden sind, auf wasserbautechnische Einrichtungen, die keine hohen Amortisationsquoten bedingen. Besonders zweck­ mäßig sind Kraftwerke mit hydraulischer Akkumulierung für den Betrieb elektrischer Bollbahnen.

f) Vereinigung akkumutierfähiger Hochdruckwerke mit Nieder-ruckanlagen. Wenn man den Strombezug elektrischer Bahnen graphisch aufträgt, so gibt dies eine Fläche, die oben sehr viele Spitzen aufweist, im unteren Drittel da­ gegen einen Grundstock darstellt, der einen ziemlich gleichmäßigen Kraftbezug erfordert. Man kann nun das Diagramm des Strombezuges in der Weise teilen, daß man den nahezu gleichmäßigen Kraftbedarf aus Niederdruckanlagen bezieht, die dann so ziemlich voll belastet würden, während man für die Lieferung des sehr veränderlichen Teiles der Kraft, der „Spitzen", akkumulierfähige Hoch druck< werke errichtet. Es ist dabei nicht nötig, daß die beiden Werke am gleichen Orte liegen. Zu beachten ist, daß bei der Fernleitung der elektrischen Kraft nicht nur die Kraft billig sein muß, sondern auch das Leitungsnetz sich rentieren soll. Nun arbeitet aber ein mit veränderlicher Kraft belastetes Netz nur an bestimmten Stunden des Tages wirtschaftlich, so daß sich nur während dieser kurzen Zeit das Anlagekapital für die Leitung verzinst. Es ist daher die Grenze der Fortleitung für veränderliche Kraft eine viel engere als für den gleichbleibenden Strombezug. Aus diesem Grunde wird man am besten eine sehr leistungsfähige Niederdruckanlage mit mehreren kleinen akkumulierfähigen Hochdruckwerken vereinigen und letztere da zu errichten suchen, wo sie dem be­ sonderen Gebiete, das sie mit elektrischem Strome versorgen sollen, am nächsten liegen.

5. Verstaatlichung der Wasserkräfte. Das Bestreben nach einer Monopolisierung der Wasserkräfte durch den Staat hat in der neueren Zeit in einer Reihe von Ländern, so z. B. in

Österreich, in der Schweiz, in Baden viele Anhänger, aber auch ebensoviele Gegner gefunden. Jedes Monopol kennzeichnet sich als das Recht zum ausschließlichen Betrieb einer bestimmten Unternehmungsart. Behält der Staat sich ein solches Allein­ recht vor, so kann der von ihm beabsichtigte Zweck ein doppelter sein. Entweder es erblickt der Staat in dem ihm ausschließlich zukommenden Geschäftsbetriebe eine Quelle für die Mittel zur Befriedigung seiner fiskalischen Bedürfnisse, dann hätte man es mit einem Finanzmonopol zu tun. Oder aber es sind für den Staat volkswirtschaftliche oder militärische oder stttenpolizeiliche Gründe maßgebend, dann handelt es sich um ein Verwaltungsmonopol. Praktisch läßt sich indessen ein strenger Unterschied zwischen diesen beiden Monopolarten nicht durchführen. Wenn einerseits das Finanzmonopol als Steuer wirkt, so wird anderseits der Staat auch bei einem Verwaltungsmonopol gewisse Gegenleistungen in Form von Gebühren fordern. So ist z. B. in Österreich das Postregal in erster Linie ein Verwaltungsmonopol, wenngleich es einen jährlichen Reinertrag von ca. fünf Millionen Gulden liefert. In der Schweiz dagegen ist das Branntweinmonopol in der Hauptsache Finanzmonopol, nebenbei aber dient es auch zur Bekämpfung der Trunksucht. Die Monopolisierung der Wasserkräfte durch den Staat würde demnach dem Staate das ausschließliche Recht der Wasserkraftausnützung an allen fließenden Gewässern einräumen. Zur Verwirklichung dieses Monopols hat sich indessen noch kein Staat entschlossen. Auch die bayerische Staatsregierung stimmte einer Verstaatlichung aller Gewässer nicht zu. Denn eine derartige ohne Entschädigung durchgeführte Maßnahme würde ein viel zu weitgehender Eingriff in die zahl­ reichen bestehenden Privatrechte sein und bei den Beteiligten die größte Miß­ stimmung hervorrufen; wollte man aber alle bestehenden Privatrechte ablösen, so würde dies einen ganz außerordentlich hohen Aufwand an Entschädigungs­ summen erforderlich machen. In beiden Fällen würde sich die Monopolisierung als undurchführbar erweisen. Dieselbe ist für Bayern auch nicht notwendig, da der Staat selbst über genügend große und zahlreiche Wasserkräfte noch verfügt und dieselben, soweit er sie benötigt, in einer den neuzeitlichen Anforderungen der Wasserwirtschaft entsprechenden Weise in Zukunft ausbauen unö verwerten wird und außerdem auf Grund des Enteignungsrechtes besonders günstige Wasserkräfte auch an Privatflüssen von Fall zu Fall erwerben kann.

Abschnitt IV.

Besondere Nutzungen. A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen. a) An öffentlichen Gewässern.

Erlaubnis.

Art. 42.

Jede Art von Wasserbenützung, die sich nicht als Gemeingebrauch dar­ stellt oder die mittels einer besonderen Anlage in oder an öffentlichen Gewässem erfolgt, insbesondere die Errichtung von Triebwerken ohne gespannte Wasserkraft, Wasser-Aus- und -Einleitungen, Schöpfwerken, Bade- oder Waschhäusern u. dergl. und die Abänderung solcher Anlagen unterliegt der Erlaubnis der Verwaltungsbehörde.

Abschnitt IV: Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 42.

267

Vollzrtgsbekarmtrnachnng.

Zu Abteil. II. Abschn. III u. IV u. Abteil. III^. Allgemeine Bestimmungen über Leschaffendeit der Pläne und Beschreibungen bei Eingaben um Erlaubnis oder Genehmigung von Wasserbenützungsanlagen (Art. 57 42 ff., 50 ff.) und von Instandhaltungsanlagen (Art. 75, 76, 77, 7$). Allgemeines.

§ 84.

Alle Pläne und Beschreibungen sind in dreifacher Ausfertigung vorzulegen, eine ist für die zur Genehmigung zuständige Distriktsverwattungsbehörde, die zweite für den zur Prüfung berufenen amtlichen Sachverständigen und die dritte zur Hinausgabe an den Gesuchsteller (mit dem Erlaubnis- oder Genehmigungsbescheid) bestimmt. Die Pläne und Beschreibungen müssen mit Datum versehen und von dem Gesuchsteller und dem Planfertiger unterschrieben sein. Von dem amtlichen Sachverständigen sind alle auf Grund der Genehmigungs­ verhandlungen etwa veranlaßten Änderungen in den drei Ausfertigungen gleichlautend mit deutlich unterscheidbarer unverwaschbarer roter Farbe einzutragen. Die zur Aus­ führung genehmigten Pläne müssen von dem amtlichen Sachverständigen (mit roter Farbe) unterschrieben und von der genehmigenden Distriktsverwaltungsbehörde mit Genehmigungs­ vermerk versehen werden. Die Pläne bilden einen wesentlichen Bestandteil aller Verhandlungen und Ge­ nehmigungen; sie sind auf gutem Zeichenpapier mit guten haltbaren Farben herzustellen. Auf mechanischem Wege entstandene Vervielfältigungen sind zulässig, jedoch nur bei An­ wendung eines Verfahrens, welches sowohl für die Erhaltung der Zeichnung als auch des Papiers Gewähr bietet.

Überfichtslageplan.

§ 85.

Der Übersichtslageplan hat zu bestehen üus einem entsprechend groß bemessenen Ausschnitt aus dem einschlägigen Steuerkatasterblatt im Maßstab 1: 5000 bezw. 1:2500 oder 1:1000; für die zweite und dritte Ausfertigung genügt eine Kopie des Ausschnittes. Der Übersichtslageplan muß die Lage der Wasserbenützungsanlage zum betreffenden Gewässer und zu den in Mitleidenschaft kommenden Grundstücken ersehen lassen; die Plannummern der Grundstücke sind schwarz einzuschreiben, die etwa auf den Ausschnitt treffenden Gemeinde- und Flurgrenzen sind rot zu lavieren. Die Steuerkatasterblätter sind vom Katasterbureau in München, gegebenenfalls durch Vermittlung der einschlägigen Messungsbehörde zu^ beziehen; durch die Messungsbehörde ist am zweckmäßigsten auch der Eintrag der Plannummern betätigen zu lassen.

Besonderer Lageplan (SituationSPlanj.

§ 86-

Als Maßstab des besonderen Lageplans ist in der Regel 1:1000 zu wählen. Dieser Plan muß die Lage der ganzen Anlage und ihrer einzelnen Teile ersehen lassen; auch die Lage des gewählten Festpunktes ist einzuzeichnen. In diesen Plan werden in der Regel keine Maße eingeschrieben.

Langenprofilpläne (Mveüemenlspläne).

„ § 87-

Der Maßstab der Läilgenprofilpläne ist für die Längen in der Regel 1:1000, für die Höhen 1:100. Die Pläne haben ein klares Bild zu geben von der Höhenlage des Wasserspiegels und der Sohle des Gewässers und des Geländes, soweit dieselben für die Anlage in Betracht kommen. Der Wasserspiegel am Tage der Aufnahme ist als maßgebender Wasserspiegel zu betrachten und in sämtliche Pläne einzutragen. Außer diesem Wasserspiegel ist noch das alljährlich eintretende Niederwasser, dann der Wasserspiegel, mit welchem das Unternehmen hauptsächlich rechnet, einzuzeichnen. Verlässige Anhaltspunkte über die Höhe der Hoch­ wässer sind, wenn solche erhältlich, ebenfalls einzubeziehen. Alle Höhenangaben sind entweder auf Normal-Null oder auf die dem maßgebenden Festpunkt beigelegte Höhen­ zahl zu beziehen.

Festpunkte.

§ 88.

Schon bei der Herstellung des Planes für jede Wasserbenützungsanlage ist ein maßgebender Höhenpunkt (Festpunkt) zu schaffen, am besten in Form eines kräfttgen Eisenbolzens mit kugelförmigem Kopfe, welcher in Sockelmauerwerk von Gebäuden oder

268

Abteilung IL

Benützung der Gewässer.

in entsprechend tief in den Boden versenkte Betonklötze so einzusetzen ist, daß auf ihn die Nivellierlatte aufgesetzt werden kann. Dieser Festpunkt kann bei Stau- und Triebwerks­ anlagen nach Ausführung der Anlage als Rückmarke dienen. Bei geringfügigeren An­ lagen genügt ein in den Boden zu treibender und auf Bodenhöhe abznschneidender Pfahl, in dessen oberes Ende ein Eisennagel mit halbkugelförmigem Kopfe einzuschlagen ist. Die Höhenlage dieses maßgebenden Festpunktes ist dann, wenn ein Anschluß an einen in der Nähe gelegenen Punkt der bayerischen Präzisions oder Eisenbahn^)- oder Fluß b)-Nivellements leicht herzustellen ist, durch Nivellement auf ^Normal-Null" zu beziehen (vgl. § 92), andernfalls ist dem Punkte eine beliebige Höhenzahl beizulegen, welche jedoch so zu wählen ist, daß das Projekt keine negativen Höhenzahlen aufweist. (Aufschluß über die Höhenlage dieser Präzisions-Festpunkte gibt zu 1. das Hydrotechnische Bureau, , 2. die betreffende Eisenbahnbau-Jnspektion und , 3. das betreffende Straßen- und Flußbauamt, gegebenenfalls der amtliche Kuliuringenieur.)

vuerprofil-lLne.

§ 89.

Als Maßstab der Querprofilpläne ist in der Regel unverzerrt 1:100, wenn ver­ zerrt für die Längen 1:1000, für die Höhen 1:100 zu wählen. Die Pläne haben in Verbindung mit den Längenprofilplänen Aufschluß über die gegenseitige Höhenlage der Wasserspiegel des Gewässers zu dem durch die Anlage in Mitleidenschaft gezogenen Gelände und in der Regel auch zu dem in Betracht kommenden Grundwaffer zu geben. Die im Längenprofilplan angegebenen Wasserspiegel müssen auch in den Querprofilplänen wieder erscheinen. Alle Höhenangaben haben sich auf Normal-Null oder den gewählten Festpunkt zu beziehen und sind ebenfalls in Form von Höhenzahlen einzuschreiben. Profile sollen in der Regel senkrecht zur Flußrichtung genommen sein und müssen nötigen­ falls über das ganze Überschwemmungsgebiet reichen; ihre Richtung ist in den Lage­ plänen einzuzeichnen.

Sruudriffe, Ausriffe, Schnitte.

§ 90.

Als Maßstab der Grundrisse, Aufrisse und Schnitte ist in der Regel 1:100 zu wählen. Aus den Plänen sollen die nötigen Einzelheiten der Anlage, die Ausmaße und das Baumaterial der einzelnen Bestandteile der Anlage, ihre Höhenlage über oder unter dem gewählten Festpunkt zu entnehmen sein. Besondere Einzelpläne im Maßstabe 1:10 oder größer sind erforderlich für die Darstellung besonders wichtiger Bauteile, so namentlich für Bewegungsmechanismen und ähnliches. Mit hervortretenden Farben sollen bloß Schnittflächen der Bauteile behandelt werden, um aus ihnen das zum Aufbau gewählte Baumaterial ersehen zu können. (Mauerwerk: karminrot, Beton: graublau, Holz: braun, Eisen: tiefblau; die lichtblaue Farbe ist für Darstellung des Wassers, die schwarze für Darstellung des bestehenden Zustandes bestimmt). Im übrigen soll die Behandlung der Pläne möglichst einfach sein; von Darstellung des Nebensächlichen soll abgesehen werden.

Ausmaße.

§ 91.

In den Plänen müssen alle wesentlichen Ausmaße der Anlage und ihrer Bestand­ teile mit deutlichen, nicht zu kleinen Ziffern eingetragen werden. Insbesondere gilt dies von denjenigen Maßen, welche auf den Verbrauch des Wassers, die Höhenlage des Ober- oder Unterwassers einer Stau- oder Triebwerksanlage, die Größe des Motors sich beziehen. Um kleinliche Streitigkeiten zu vermeiden, sind alle Maße, welche man mit einer Genauigkeit von Bruchteilen von Zentimetern zu messen pflegt, bloß auf Zentimeter genau anzugeben. Aus demselben Grunde sind Längenmaße, welche man mit einer Genauigkeit von Bruchteilen von Dezimetern zu messen pflegt, bloß auf Dezimeter genau anzugeben. Damit wird zugestanden, daß die letzte Ziffer dieser Zahlen in den Grenzen von Vr ihrer Einheit auf- oder abwärts schwanken kann.

Beschreibung.

§ 92.

Die Beschreibung soll sich auf die eingereichten Pläne stützen und deshalb grund­ sätzlich nur über solche Punkte Aufschluß erteilen, welche in den Plänen nicht dargestellt sind oder ihrer Natur nach nicht dargestellt werden können. Je vollständiger die Pläne ausgearbeitet sind, desto knapper kann die Beschreibung gehalten werden. Sie soll sich über den Zweck der Anlage, über die bei und längs der Anlage be­ stehenden wasserwirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse, über die voraussichtlich eintretenden Änderungen derselben, über die Zeit der geplanten Ausführung usw. aus-

Abschnitt IV: Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 42.

269

sprechen. Der Beschreibung soll ein Verzeichnis der mittelbar oder unmittelbar in Mit­ leidenschaft gezogenen Grundstücke nach ihren Plannummern (Realkatastern) unter Bei­ fügung des Namens, Standes und Wohnortes der derzeitigen Eigentümer, ferner als besonderer Anhang alle hydrotechnischen und sonstigen Berechnungen in der Weise bei­ gegeben werden, daß der Gang der Rechnung und das Ergebnis leicht verfolgt werden kann. Eine besondere Beschreibung ist dem maßgebenden Festpunkt zu widmen, dessen Höhenzahl anzugeben ist. Ist er an Normal-Null angeschlossen, was immer durch ein Doppelnivellement zu erfolgen hat, so ist zu bemerken, an welchen Punkt angeschlossen wurde, welche Höhenzahl diesem Punkte beigelegt war, welchen Höhenunterschied beider Punkte ein jedes der beiden Nivellements in Millimeter ergeben und welche Länge der einfache Nivellementszug (in Kilometern) hatte.

§93. Welche Pläne und Beschreibungen den einzelnen Gesuchen um Erteilung der Er­ laubnis oder der Genehmigung zur Herstellung oder Abänderung von Wasserbenützungs­ und Jnstandhaltungsanlagen beizufügen sind, ist bei den einschlägigen Vollzugsvorschriften des Näheren bestimmt. Hiebei ist im allgemeinen davon auszugehen, daß in einfacher gelagerten Fällen Erleichterungen in der Vorlage der daselbst geforderten Belege zu ge­ währen sind und daß in solchen Fällen daher bei der Prüfung der Belege jede unnötige Strenge zu vermeiden ist.

Zu Art. 42, 43 und 46. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen an öffentlichen Gewüffern und Staatsprivatffüssen. § 106. Jede Art von Wasserbenützung, die sich nicht als Gemeingebrauch darstellt, oder die mittels einer besonderen Anlage in oder an öffentlichen Gewässern oder an den im Staatseigentum befindlichen Privatflüssen und Bächen (Art. 23) erfolgt insbesondere die Errichtung von Triebwerken ohne gespannte Wasserkraft (z. B. in den Fluß eingehängte Wasserräder), von Wasserausleilungen (z. B. Hauptzuleiter der Bewässerungsanlagen), von Wassereinleitungen (z. B. Hauptableiter der Entwässerungsanlagen u. dgl.), von Schöpfwerken, Bade- oder Waschhäusern u. dgl. sowie die Abänderung solcher Anlagen bedarf der Erlaubnis. Um diese ist — schriftlich oder mündlich — bei derjenigen Distriktsverwaltungsbehörde nachzusuchen, in deren Bezirk die Wasserbenützung erfolgen soll. Treffen mit dem Antrag andere Gesuche auf Grund des Gesetzes (z. B. nach Art. 37, 50), dann nach der Bau- oder der Gewerbeordnung zusammen, so ist, soweit möglich, über sämtliche Gesuche unter Beachtung der hiefür gellenden Vorschriften gleich­ zeitig zu verhandeln. § 107. Dem Antrag auf Wasserbenützung ist beizufügen: a) bei Triebwerken ohne gespannte Wasserkraft: ein Übersichtslageplan; ein Querprofilplan über den Fluß und das angrenzende Ufer, zu nehmen an der Stelle, in welche das Triebwerk zu liegen kommt; Grundriß, Aufriß und Schnitt des Triebwerkes; Beschreibung mit Besitzverzeichnis; An­ gaben über den Festpunkt; b) bei Wasser-Aus- und Einleitungen: ein Übersichtslageplan; ein Querprofilplan über den Fluß und das angrenzende Ufer, zu nehmen an der Aus- bezw. Einleitungsstelle; ein Längenprofilplan des Ausleitungs- oder Einleitungsgrabens oder der Ausleitungs- oder Einleitungsrohrleitung; Schnitte des Grabens oder der Rohrleitung; Beschreibung mit Plan und Besitzverzeichnis, Angaben über den Festpunkt, allenfallsige Berechnungen; Angabe über die Menge des aus- oder einzuleitenden Wassers in der Sekunde oder Minute, Stunde oder im Tag und über die hiewegen zu erwartende Be­ einflussung der Wasserstände im Vorfluter, dann ob die Aus- und Einleitung ohne oder mit Ünterbrechung stattfindet, im letzteren Fall, in welchen Zwischenräumen; c) bei Schöpfwerken: wie bei a). Die Beschreibung hat außerdem anzugeben und nachzuweisen, wieviel Wasser das Schöpfwerk unter den verschiedenen möglichen Umständen schöpfen kann, sowie wieviel Wasser geschöpft werden soll und zu welchen Tages- und Jahreszeiten; d) bei Bade- und Waschhäusern: ein Übersichtslageplan, ein besonderer Lageplan, sowie Grundrisse, Aufrisse und Schnitte, Beschreibung mit Besitzverzeichnis, wennmöglich ein Querprofilplan über den Fluß und das anliegende Gelände, sowie Angaben über den Festpunkt.

8 108. Die Behandlung des Gesuches erfolgt nach Maßgabe der Art. 168—175 des Gesetzes, wobei.Art. 43 Abs. 1 u. 2 und Art. 109 (vgl. § 234) entsprechend zu beachten sind. Über das Gesuch insbesondere auch vom Standpunkt der Wahrung der Interessen der Schiffahrt und Floßfahrt ist das Straßen- und Flußbauamt oder die Sektion für Wildbachverbauungen und, soweit Fragen der Landeskultur in Betracht kommen, der amtliche Kuliuringenieur gutachtlich zu hören. Wenn das Gewässer zu dem der Forstverwaltung unterstehenden Staatsgut gehört oder wenn es der ärarialischen Trift dient, so ist auch das Forstamt als beteiligt ein­ zuvernehmen.

8 109. Bei wichtigen Anlagen an öffentlichen Flüssen, die für deren Benützung im all­ gemeinen oder insbesondere für den Schiff- und Floßfahrtsverkehr oder für die Fluß­ regulierung von Einfluß sind, dann bei wichtigen Wasserausleitungen aus Staatsprivat­ flüssen (Ari. 23 des Gesetzes) hat die Distriktsverwaltungsbehörde das Gesuch nach durch­ geführtem Verfahren, jedoch vor Erlassung des Bescheides der Kreisregierung, Kammer des Innern, vorzulegen. Diese hat die Verhandlungen nach gutachtlicher Einvernahme der Regierungsfinanzkammer und gegebenenfalls..der Regierungsfinanzkammer, Forst­ abteilung mit der etwa veranlaßten berichtlichen Äußerung dem Staatsministerium des Innern zur Einsichtnahme und Erteilung von Weisungen einzusenden. Die Weisungen des Staatsministeriums des Innern sind bei Erlaß des Bescheides zu beachten. 8 HO. In dem Bescheid ist auszusprechen, daß der Unternehmer unverzüglich nach dem Beginn der Ausführung und nach der Vollendung der Anlage dem zuständigen Straßenund Flußbauamt Anzeige zu erstatten hat. Dieses hat darüber zu wachen, daß die Be­ dingungen der Erlaubnis eingehalten werden.

ANM. 1.

Der Geltungsbereich ver Art. 42—49. Aus den Überschriften: „A. besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen" und „B. Stauanlagen" erhellt, daß die Art. 42—49 auf Stauanlagen nur dann anzu­ wenden sind, wenn das Gesetz dies ausdrücklich anordnet. Im RRA. aufgetauchte Zweifel beseitigte eine im angeführten Sinn abgegebene Erklärung der K. Staats­ regierung (RRA. S. 187). Über den Begriff Stauanlagen vgl. Anm. 1 und 2 zum Art. 50. Die Art. 42 und 43 beziehen sich auf alle Arten von öffentlichen Gewässern, also einschließlich der geschlossenen (f. Art. 1), während die Art. 44—49 die drei Kategorien der Privatflüsse und Bäche (Art. 21, 23, 24) zum Gegenstände haben. Auf besondere Nutzungen an geschlossenen Privatgewässern erstrecken sich die Art. 42 ff. nicht.

Anw. 2.

Die rechtliche Natur der Erlaubnis. 1. Jede Art von Wasser­ benützung, die sich nicht als Gemeingebrauch darstellt oder die mittels einer besonderen Anlage in oder an öffentlichen Gewässern erfolgt, und die Abänderung solcher Anlagen unterliegt der Erlaubnis der Verwal­ tungsbehörde (Art. 42). Bon dieser Erlaubnis zu unterscheiden ist die polizeiliche Genehmigung, die Art. 50 für die Errichtung von Stau­ anlagen oder Triebwerken mit gespannter Wasserkraft an öffentlichen Gewässern und an Privatflüssen und Bächen vorschreibt. Das Gesetz versteht unter den an sich dasselbe bedeutenden Begriffen Erlaubnis und Genehmigung verschiedene Dinge. Die Erlaubnis im Sinne der Art. 42 f. besteht in der Ein­ räumung einer Befugnis zur Wasserbenützung durch den Staat als Gewässereigentümer, die Genehmigung dagegen enthält die polizeiliche Regelung des Umfangs und der Beschaffenheit der Anlage und ihres Betriebs im öffentlichen Interesse. Der Gegen­ satz zwischen Erlaubnis (concession) und Genehmigung (autorisation) entstammt

dem französischen Rechte. Das WBG. hatte die beiden Begriffe nicht mehr aus­ einandergehalten, die neueren deutschen Wasserrechte dagegen und mit ihnen auch das WG. find wieder zur Unterscheidung nach französischem Muster zurückgekehrt. 2. Über die polizeiliche Genehmigung wird bei den Art. 50 und 51 aus­ führlich zu sprechen sein; beim Art. 42 interessiert zunächst die rechtliche Natur der Erlaubnis und der Befugnisse, die sich aus ihr ableiten. Seydel (3 S. 251 f.) führt zu dieser Frage folgendes aus: Die Gesetzgebung „kann, wie das französische Recht dies tut, das staatliche Eigentum an der öffentlichen Sache als öffentlichrechtliches Eigentum behandeln. Dann erscheint die Nutzungsgewährung — concession — zwar immerhin als etwas anderes denn die polizeiliche Genehmigung — autorisation —, aber gleichwohl als eine öffentlichrechtliche Handlung mit öffentlichrechtlicher Wirkung. Die Gesetzgebung kann ferner das staatliche Eigentum an der öffentlichen Sache als Privateigentum ansehen, das dem öffentlichen Rechte nur bezüglich seiner Zweckbestimmung angehört. Dies ist der Standpunkt des bayerischen Rechtes hinsichtlich der öffentlichen Sachen überhaupt. Von diesem Standpunkte aus ist wiederum eine zweifache Rechtsgestaltung möglich. Es kann bei der Gewährung einer Sondernutzung die privatrechtliche und die polizeiliche Seite der Sache in bezug auf Behandlung und behördliche Zuständigkeit getrennt werden, ganz ebenso, wie bei jedem anderen Privateigentume des Staates. Es kann aber auch, und so verfährt das bayerische Wasserrecht, die privatrechtliche Verfügungshandlung mit der öffentlichrechtlichen Handlung derart in Vereinigung gebracht werden, daß erstere äußerlich in letzterer verschwindet. Dann tritt die Doppelnatur der Handlung in den Wirkungen zutage: Die privatrechtliche Nutzungs­ gewährung erzeugt privatrechtliche, die polizeiliche Genehmigung erzeugt öffentlichrechtliche Wirkung". Hier ist mit überzeugender Klarheit gesagt, worauf es ankommt: Die Kon­ struktion des staatlichen Eigentums am Gewässer ist die Grund­ lage für die Konstruktion des Wasserbenützungsrechts des ein­ zelnen und der dieses begründenden staatlichen Erlaubnis. Das WG. hat den französischen Begriff des öffentlichrechtlichen Staatseigentums am öffentlichen Gewässer verworfen und im Art. 2 die öffentlichen Gewässer für Staatseigentum mit allen sich hieraus ergebenden zivilrechtlichen Folgen erklärt. Bon den Staatsprivatflüffen gilt selbstverständlich das Gleiche (vgl. Anm. 2 ff. zum Art. 2 und Anm. 1 zum Art. 23). Der Staat tritt bei den Anlagen des Art. 5 0, wenn sie an öffent­ lichen'Gewässern oder Staatsprivatflüffen errichtet werden sollen, dem Unternehmer in doppelter Gestalt gegenüber: als Eigentümer des Gewässers, indem er die nach Art. 42 erforderliche Erlaubnis zur Wafferbenützung erteilt und als Träger der Polizeigewalt, indem er bestimmt, unter welchen Voraus­ setzungen die Wasserbenützungsanlage errichtet und betrieben werden darf (s. auch BGE. 25 S. 131 ff.). Handelt es sich um Anlagen nach Art. 50, die an anderen als staatlichen Privatflüffen oder Bächen errichtet werden sollen, so tritt nur die letztgenannte Tättgkeit, die polizeiliche Genehmigung, in die Erscheinung. Ob der Unternehmer ein Wasserbenützungsrecht hat oder nicht, braucht dabei wenn keine Bestreitung erfolgt, nicht erörtert zu werden. Die Staatsgewalt überläßt es dem Unternehmer, sich mit dem Flußeigentümer auseinanderzusetzen, doch steht der Verwaltungsbehörde natürlich die Befugnis zu, die Genehmigung von der Glaubhaftmachung eines Wasserbenützungsrechtes abhängig zu machen, wenn hierüber Zweifel entstehen. In den Fällen des Art. 4 2, die eine polizeiliche Genehmigung im Sinne des Art. 50 nicht erfordern, ist die Behörde, die über die Erteilung

oder Nichterteilung der Erlaubnis zur Wasserbenützung zu befinden hat, natür­ lich befugt und sogar verpflichtet, auch die öffentlichen Interessen, wie die Hint­ anhaltung von Gefährdungen der Gesundheit, den Schutz gegen Wasserschäden, die Förderung der Schiffahrt usw. ins Auge zu fassen. Sie kann auch aus solchen Gründen, nicht bloß vom Standpunkt des Gewässereigentümers aus, die Erlaubnis versagen und die Erteilung an Bedingungen knüpfen, die der Wahrung öffentlicher Interessen zu dienen bestimmt sind. Daraus ist aber nur zu schließen, daß die Erlaubniserteilung ein Akt ist, der öffentlichrechtliche und privatrechtliche Willenserklärungen in engster Verbindung umfaßt; keineswegs aber darf etwa gefolgert werden, daß dieser Akt nur öffentlichrechtliche Befug­ nisse zur Wafferbenützung erzeugen könne. Der Staat gewährt vielmehr mit der Erlaubnis, die er als Eigentümer im Sinne des Zivil­ rechts erteilt, sowohl am öffentlichen Gewässer wie am Staats­ privatfluß ein nach den Vorschriften des Privatrechts zu beur­ teilendes Recht zur Wasserbenützung und er bringt gleichzeitig zum Ausdruck, daß auch vom Standpunkte des öffentlichen In­ teresses kein Bedenken gegen diese Nutzungsbewilligung bestehe (s. auch VGE. 25 S. 131 ff.). Unter welche Kategorie von Zivilrechtsbefugniffen dieses Recht fällt, ist nach Lage der Sache zu entscheiden; je nach dem Inhalt der Erlaubnis kann z. B. eine Dienstbarkeit, eine prekaristische Bewilligung u. dgl. in Frage kommen. 3. Die Gesetzesmaterialien sind dem eben gewonnenen Ergebnisse nicht durchweg günstig. Die Begr. sagt (S. 557 I), die Vorschriften über die Erlaubnispflicht seien öffentlichrechtlicher Natur, hebt aber an anderer Stelle (S. 559 I) „das gegenteilige Verhältnis zwischen Nutzungsverleihung am Staatseigentum und polizeilicher Genehmigung" scharf hervor, was wohl nur zugunsten unserer Auffassung gedeutet werden kann. Der RefAK. führte aus (S. 34), in den Art. 42 und 43 träten die praktischen Konsequenzen des Art. 2 zutage, nach welchem die öffentlichen Flüsse Eigentum des Staates seien. Selbst wenn aus polizeilichen Gründen der Er­ teilung der Erlaubnis nichts im Wege stünde, hänge diese doch weiter davon ab, ob der Staat als zivilrechtlicher Eigentümer gewillt sei, sein Eigentum der Benützung durch einen dritten zu überlassen. Diese Ansicht teilte auch der RefRK., der im RRA. (S. 196) äußerte, in Art. 42 ff. habe die K. Staatsregierung zu entscheiden, „ob sie die Ausübung eines ihr zustehenden Rechtes oder eine Nutzung am Wasser anderen überlassen wolle". Der KorrefRK., der schon in seinem Referate (S. 72) Zweifel geäußert hatte, fragte im RRA. an, welche rechtliche Natur die Konzessionen nach dem Entwürfe haben sollten. Darauf er­ widerte der K. Staatsminister der Justiz (RRA. S. 197): „Die Konzession nach dem Entwürfe sei jedenfalls ein öffentlichrechtlicher Akt. Dieser habe zwei Seiten, eine wafferpolizeiliche und eine gewerbepolizeiliche. In den Fällen, in denen also eine bloße Erlaubnis erteilt werde, könne kein Zweifel entstehen, daß ein Privatrecht nicht konstituiert werde. Anders sei es natürlich, wenn bei der Errichtung einer großen Anlage zwischen dem Staat und dem Unternehmer ein Vertrag geschloffen werde. Bei diesen Vereinbarungen könne es sich möglicherweise um die Einräumung eines Privatrechtes handeln .... Aber, wenn ein solcher Vertrag nicht geschloffen sei, der nach Privatrecht be­ urteilt werden müßte, handle es sich lediglich um einen Akt des öffentlichen Rechts." Diese Ausführungen, denen der KorrefRK. zustimmte, dürften kaum das Mchtige treffen. Sie verwechseln den Akt, durch den die Rechte geschaffen werden, mit diesen Rechten selbst. Daß die Konzession ein öffentlichrechtlicher Akt sei, ist

nicht zu bestreiten. Aber folgt daraus schon, daß auch die durch diesen Akt ge­ schaffenen Befugniffe öffentlichrechtlichen Charakter tragen müssen? Wie es Privat­ rechtsakte gibt, aus denen öffentlichrechtliche Ansprüche entstehen (z. B. Rechte auf die Verwaltung und den Genuß von Stiftungen aus dem privatrechtlichen Stiftungsgeschäfte), so gibt es auch öffentlichrechtliche Akte, die sofort nach ihrer Entstehung privatrechtliche Befugnisse erzeugen. Es sei hier nur an die Gemeinde­ grundteilungen nach Art. 27 Abs. 4 GemO. oder an die Verteilung von Ver­ landungen nach Art. 11 Abs. 3 erinnert. Aus dem öffentlichrechtlichen Charakter des Entstehungsaktes folgt also auch im Falle der Art. 42 und 43 noch nicht die öffentlichrechtliche Natur des Entstandenen (vgl. BGE. 8 S. 218). Die Fälle, in denen „eine bloße Erlaubnis" erteilt wird, stehen offenbar nicht im Gegensatze zu den vorausgegangenen, sondern zu den nachfolgenden Ausführungen des Justizministers, nämlich zu den Fällen, in denen der Staat und der Unternehmer einen Vertrag über die Wasserbenützung geschlossen haben. Für diesen Fall erklärt die K. Staatsregierung das Entstehen von Privatrechtsbeftrgniffen für möglich. Aber ist denn der Inhalt hier ein anderer als wenn die Erlaubnis ohne Vertrag erteilt wird? Erklärt der Staat nicht in beiden Fällen ganz das Gleiche, nämlich, daß er als Eigentümer des Wassers unter gewissen Bedingungen die Benützung des Wassers zu bestimmten Zwecken gestatten wolle? Und würde nicht das Benützungsrecht, wenn es dem öffentlichen Recht entspränge, eine öffentlichrechtliche Befugnis bleiben, auch wenn es zum Gegenstand eines Vertrages gemacht wird? (vgl. VGE. 4 S. 607, 12 S. 67). Endlich ist noch daran zu erinnern, daß das Gesetz auch unwiderrufliche Konzessionen kennt, die durch einen Vertrag, aber ebensogut auch ohne einen solchen durch die bloße Erlaubniserteilung begründet werden können. Nutzungen Lieser Art können nur im Wege der Zwangsenteignung entzogen oder geschmälert werden (Art. 43 Abs. 3); ihr Privatrechtscharakter ist also im Gesetz ausdrücklich anerkannt (ebenso Seydel 3 S. 256, Reuß S. 34, VGE. 19 S. 45, 25 S. 137; a. M. Eymann Vordem, zum Art. 26 II 2 und Anm. 12 zum Art. 43, der auch eine Enteignung öffentlichrechtlicher Befugniffe zulassen will). Die Wider­ ruflichkeit der Nutzung kann aber doch nur auf die Stärke des Rechtes, nie aber auf seine Zugehörigkeit zum Gebiete des öffentlichen oder privaten Rechtes von Einfluß sein! Wenn die widerrufliche Nutzung am Staatseigentum dem öffentlichen Recht angehört, so kann die Nutzung doch durch unwiderrufliche Ein­ räumung nicht plötzlich zu einer privatrechtlichen Befugnis werden!

4. Man darf eben nicht vergessen, daß der Staat die Nutzung am Wasser als zivilrechtlicher Eigentümer, nicht kraft seiner Staatshoheit einräumt. Beim Württembergischen Wassergesetze, das vielleicht der Staats­ regierung vorschwebte, liegt die Sache gerade umgekehrt; denn das Württem­ bergische Gesetz kennt kein Eigentum am öffentlichen Gewäffer (Württemberg Art. 1, 7) und darum verleiht der Staat die Nutzung nicht als Eigentümer, sondern als Träger der Wafferhoheit und die Nutzungsbefugnisse sind öffentliche, nicht private Rechte (württemb. Motive S. 7, Nieder Vordem. I zu den Art. 31 ff., Haller Anm. 11 zum Art. 1). Ähnlich liegen die Dinge beim badischen Wassergesetze, das über das öffentliche Eigentum des Staats an den öffentlichen Gewässern den Berwaltungsrichter entscheiden läßt und ein Privateigentum des Staates nur an nicht öffentlichen Gewässern kennt (Baden § 108 Ziff. 1, Schenkel S. 104). Dagegen sagt der preußische Entwurf, der an den Wasserläufen ein privatrechtliches Eigentum in vollem Umfang anerkennt (§§ 9, 64), im § 88: „Vorbehaltlich der Bestimmungen in den §§ 86 und 87 begründet die Verleihung das im ordentlichen Rechtsweg verfolgbare Recht, das Gewässer zu dem in der Verleihung bezeichneten Zwecke und nach Maßgabe der darin enthaltenen näheren Harster-Lasslmir, Waffergese». 18

Festsetzungen zu verändern oder zu benützen" (vgl. auch Anm. zum § 64). Auch der sächsische Entwurf betrachtet die staatliche Rechtsverleihung (§§ 18 ff.) als eine Quelle privatrechtlicher Nutzungsbefugniffe. Vgl. noch Schenkel, Rheinstrom S. 344 f., Nieberding-Frank S. 306 ff., Pözl I S. 58, BGE. 8 S. 218, 24 S. 404, 25 S. 134 ff., KompKonflE. RBl. 72 S. 438, OGH. 7 S. 211 ff. Reuß S. 34, 40, Pollwein Anm. 1 und 8 zum Art. 13 und Anm. 3 zum Art. 14, Dernburg 3 § 136, 3, Rauda S. 56 f., 67, Seidler S. 22 f., Meisner S. 198, und Oertmann § 95, 3 e und Anm. 18). Auch die Begründung zu den Vorschlägen für den Entwurf eines Waffergesetzes (S. 93) stellt die privat­ rechtliche, aus dem Eigentumsrechte des Staates an den öffentlichen Flüssen und ihren Wasserkräften folgende Befugnis zur Erteilung der Erlaubnis der auf dem öffentlichen Rechte beruhenden Genehmigung der Anlage gegenüber (vgl. KorrefRK. S. 72). Damit ist auch für das geltende Recht der Kern der Frage getroffen. Der hier dargelegten Auffassung steht nicht entgegen, daß die Erteilung der Erlaubnis nicht der Regierungsfinanzkammer als Vertreterin des Staatsärars in Zivilrechtsangelegenheiten, sondern der Distriktsverwaltungsbehörde zusteht. Es hat dies seinen Grund darin, daß die Erlaubniserteilung auch ein öffentlichrechtlicher Akt ist und daß die Erlaubnis, die nicht mit einer polizeilichen Genehmigung nach Art. 50 Hand in Hand geht, mit den Elementen der privat­ rechtlichen Nutzungseinräumung die einer polizeilichen Bewilligung in sich vereinigt. 5. Die neueste wasserrechtliche Literatur löst unsere Frage ver­ schieden, je nachdem sie von der Wasserallmende oder vom Privateigentum am Waffer ausgeht. a) Eymann (Vordem, zur Abt. II, II 3 und Anm. 1 b zum Art. 42) nimmt an, bei allen Gewässern mit Ausnahme der geschloffenen Privatgewässer stehe die Wasserbenützung grundsätzlich einem jeden frei und nur im öffentlichen Interesse sehe sich das Gesetz genötigt, gewisse Beschränkungen daran eintreten zu lassen. Dies sei geschehen durch die Einräumung gewisser Vorzugsrechte an die Ufereigentümer und den Eigentümer des Flußbetts und durch die Einführung der Erlaubnispflicht für bestimmte Nutzungsarten. So habe das Gesetz den Grund­ satz aufgestellt, daß bezüglich der Privatflüsse und Bäche der beschränkte Gemein­ gebrauch und die besonderen Nutzungen einschließlich der Stauanlagen den Ufer« bzw. Flußbetteigentümern zustünden, während bezüglich der öffentlichen und der Staatsprivatflüsse ein solches ausschließliches Recht des Staates nicht anerkannt worden sei. Außerdem seien besonders belästigende oder andere bzw. die Allgemeinheit gefährdende Wafferbenützungsarten an eine Erlaubnis geknüpft worden, die ihrem Wesen nach ein Verbot der Ausübung der Waffernutzung, sohin eine Aufhebung der natürlichen Handlungsfreiheit darstelle. Wer sich ohne die vorgeschriebene Erlaubnis die Waffernutzung anmaße, begehe ein Unrecht; denn sein natürliches Recht sei durch eine positive Gesetzesbestimmung solange außer Kraft gesetzt, bis die Behörde ihm durch die Erlaubnis seine natürliche Handlungsfteiheit ganz oder zum Teil zurückgegeben habe. Mit der Zurückgewinnung durch die Erlaubniserteilung erlange dieHandlungs­ fteiheit die Natur eines Rechtes. Da die Schranken der Handlungsfteiheit aus öffentlichrechtlichen Gründen geschaffen seien, so gehöre auch ihre Aufhebung durch die Erlaubnis und damit auch das dadurch geschaffene Recht dem öffentlichen Rechte an und sei durch Art. 63 und 177 mit verwaltungsrechtlichem Schutze ausgestattet. Wir müssen dieser jedenfalls nicht durch Einfachheit ausgezeichneten Konstruktion ihre Grundvoraussetzung absprechen, die natürliche Handlungsfteiheit am Gewäffer. Wir können sie am öffentlichen Gewässer nicht anerkennen und sehen noch weniger ein, wie sie sich an den Staatsprivatflüffen rechtfertigen lassen sollte. An anderer

Abschnitt IV: Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 42.

275

Stelle (Anm. 3 zum Art. 16) haben wir bereits Verwahrung dagegen eingelegt, daß unter dem Eigentum am Fluß etwas anderes verstanden werde als an dem am geschlossenen Gewässer. Dagegen stimmen wir Eymann völlig bei, wenn er sagt: „Wenn der Gesetzgeber Eigentum schafft und diesem die einzelnen Grund­ stücke oder beweglichen Gegenstände unterwirft, so sind dadurch die übrigen Menschen von der Benützung dieser Grundstücke oder Gegenstände im allgemeinen ausgeschlossen", und wir ziehen nur den sich mit zwingender Notwendigkeit hieraus ergebenden Schluß, wenn wir folgern: Wenn das Gesetz sagt: „Die öffentlichen Gewässer stehen im Eigentume des Staates" (Art. 2) und: „Auf die Privatflüsse und Bäche, die im Eigentume des Staates stehen, finden" usw. (Art. 23), so sind dadurch die übrigen Rechtssubjekte von der Benützung dieser Gewässer ausgeschlossen, soweit das Gesetz nicht wie im Art. 26 (Gemeingebrauch), im Art. 29 (Schiff- und Floßfahrt) oder im Art. 32 (Trift) selbst ein anderes bestimmt. Die besonderen Nutzungen der Art. 42 ff., für die eine solche Bestimmung nicht vorhanden ist, bestehen also nur insoweit, als der Staat als Gewässereigentümer sie erlaubt; eine natürliche Handlungsfreiheit, die zur Errichtung von Stauanlagen u. dgl. berechtigen würde, gibt es nicht, also kann auch von der Wiederherstellung dieser durch das Gesetz generell entzogenen Handlungsfreiheit durch die für den Einzel­ fall erteilte Erlaubnis keine Rede sein.

Eymann behauptet wie oben erwähnt, das Gesetz habe den Grundsatz auf­ gestellt, daß bezüglich der Privatflüsse und Bäche die besonderen Nutzungen ein­ schließlich der Stauanlagen den Ufer- bzw. Flußbetteigentümern ausschließlich zu­ stünden, während für die öffentlichen und Staatsprivatflüsse ein solches aus­ schließliches Recht des Staates nicht anerkannt werde. Man wird nach jenem Grundsatz im Gesetze vergebens suchen. Vorhanden ist er freilich, weil er sich eben aus dem Eigentum am Gewässer ergibt. Aber ebensowenig wie bei den Flüssen nach Art. 21 und 24 hatte es dann das Gesetz nötig, bei den Flüssen nach Art. 2 und 23 das ausschließende Nutzungsrecht des Gewässereigentümers ausdrücklich hervorzuheben; das Gewässereigentum machte diese Betonung hier ebenso über­ flüssig wie dort. Über den von Eymann behaupteten Verwaltungsrechtsschutz für die durch die Erlaubnis geschaffenen Rechte vgl. Anm. 5 zum Art. 63.

b) Dittmann S. 6 f. folgert aus der Doppelnatur des Staatseigentums an den öffentlichen Gewässern als eines zwar privatrechtlichen, aber öffentlichrechtlich gebundenen, daß auch die Einräumung besonderer Nutzungen am Ge­ wässer stets einen doppelten Charakter trage; die privatrechtliche Nutzungs­ gewährung erzeuge privatrechtliche, die polizeiliche Genehmigung dagegen erzeuge öffentlichrechtliche Wirkung. Im Falle unwiderruflicher Erteilung sei mit der polizeilichen Genehmigung die Einräumung eines dinglichen Rechtes verknüpft, bei widerruflicher Erteilung liege ein prekaristisches Verhältnis zwischen dem Staat und dem Vorzugsberechtigten vor, in beiden Fällen aber ge­ nieße der Vorzugsberechtigte dritten gegenüber Privatrechtsschutz. Dittmann scheint also vollständig auf dem Boden unserer Ansicht zu stehen, nur ist dann nicht klar, wie er dazukommt, die oben angeführte Erklärung des K. Staatsministers der Justiz im RRA. (S. 197) als mit seiner Auffassung „im wesentlichen übereinstimmend" zu bezeichnen. Der Minister nimmt doch offenbar an, daß die Erlaubnis keinen Verleihungsakt mit Privatrechtsfolgen darstelle, daß solche vielmehr nur dann entstünden, wenn daneben der Staat mit dem Berechtigten einen besonderen Vertrag über die Nutzungsgewährung ge­ schlossen habe. Dagegen wäre aber wieder anzuführen, daß, wenn das Nutzungs­ recht öffentlichrechtlich ist, auch ein Vertrag es nicht zum Privatrechte stempeln, daß vielmehr dieser Vertrag selbst nicht dem privaten, sondern dem öffentlichen 18*

Recht angehören würde (s. auch Eymann Anm. 15 zum Art. 1, Anm. 6 zum Art. 7 usw.).

c) Völlig mit der unsern deckt sich Pflegharts Ansicht über den Rechts­ charakter der besonderen Nutzungen. Vom Privateigentum des Staates am Gewäffer ausgehend, das er auf S. 58 ff. überzeugend nachweist, folgert er, daß, wenn der Staat die Verwertung' der Wasserkraft eines sein Gebiet durchströmenden öffentlichen Gewäffers nicht für eigene Rechnung und Gefahr an die Hand nehmen, sondern der privaten Initiative überlassen wolle, er ohne weiteres in der Lage sei, einem allfälligen Unternehmer zugleich mit dem Akt, worin er die Bewilligung zur Erstellung und dem Betrieb eines Wafferwerkes erteile, auch ein alle Garantie bietendes Privatrecht einzuräumen, das jenem den dauernden Genuß der Wassernutzung zu sichern bestimmt sei. So erhalte der Konzessionsakt den Charakter einer wirklichen Verleihung; das Recht entstehe mit der Ausfertigung des Konzessionsaktes (also nicht erst durch einen besonderen Vertrag) und nur seine Ausübung sei von der Errichtung des Wasserwerkes abhängig gemacht (S. 61 f.). 6. über den Inhalt und den Schutz der durch die Erlaubnis ge­ schaffenen Benützungsbefugnis vgl. Anm. 7 zum Art. 43. ANM. 3.

Die erlaubnispftichttge« Benützungsarte«.

Der Erlaubnis bedarf 1. jede Art von Wasserbenützung, die sich nicht als Gemeingebrauch darstellt, 2. jede Art von Wasserbenützung, die mittels einer beson­ deren Anlage erfolgt. In beiden Fällen ist vorausgesetzt, daß es sich um öffentliche Gewässer handelt. Für Staatsprivatflüsse gilt übrigens nach Art. 46 dasselbe. Über den Begriff öffentliche Gewässer vgl. Art. 1 und die Bemerkungen zu diesem Artikel. Der Ausdruck „Gemeingebrauch" im Art. 42 ist im weitesten Sinne zu fassen; er deckt sich also nicht mit dem Gemeingebrauch, von dem der Art. 26 spricht, sondern umfaßt auch die Schiff- und Floßfahrt (Art. 29 f.), die Trift (Art. 31 ff.) und die erlaubte Zuführung von unschädlichen Flüssigkeiten und festen Stoffen (arg. Art. 37, 38). Ebenso Eymann Anm. 1 a und 2. Erfordert die im eben angeführten Sinne gemeingebräuchliche Wafferbenützung eine besondere Anlage, so ist die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde nötig. Das Bestehen von Privatrechtstiteln auf die Wafferbenützung macht die Er­ teilung der Erlaubnis nicht überflüssig (Begr. S. 557 I). Aus der rechtlichen Natur der Erlaubnis (Anm. 2) folgt, daß der Staat zur Wafferbenützung an öffentlichen Gewässern keiner Erlaubnis bedarf; anders liegt die Sache bei der polizeilichen Genehmigung nach Art. 50 (vgl. aber auch die eingehenden Ausführungen Eymanns Anm. 10 a. E.).

A«m. 4. Die Wasserbevütznugsanlagen insbesondere.

Jede Anlage macht die Wassernutzung erlaubnispflichtig. Der Artikel 42 geht also viel weiter als seine Grundlage, der Art. 10 WBG.; denn ihm kommt es nicht darauf an, ob die Anlage im Überschwemmungsgebiete liegt und ob sie den freien Wasserlauf stört oder nicht. Anlage ist jede Vorrichtung zur Wasserbenützung, auch wenn sie nicht auf die Dauer berechnet, sondern nur vorübergehend angebracht ist (s. auch OGH. StS. 8 S. 192). Das Gesetz nennt als Beispiele Triebwerke ohne gespannte Wasserkraft, Wasserausleitungen, Waffereinleitungen, Schöpfwerke, Bade- oder Waschhäuser u. dgl. Triebwerke ohne gespannte Wasserkraft (vgl. Anm. 2 zum

Abschnitt IV: Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 42.

27 7

Art. 50) sind Anlagen, welche lediglich durch die Kraft des fließenden Wassers bewegt werden. Hierher zählen die Schiffs müh len, die heutzutage immer seltener werden. Sie bestehen meist aus zwei kleinen Schiffen, die mit starken Querbalken verbunden sind, so daß zwischen beiden ein Raum für das Wasserrad frei bleibt. Beide Schiffe werden mit Ankern und Ketten am Ufer befestigt. Auf dem landeinwärts gelegenen Schiff befindet sich eine Hütte mit dem Mahlgang. Die Wasserausleitungen. Je nach der Höhenlage des Entnahmewasser­ spiegels gegenüber dem Ufergelände wird das einem Flusse oder Bache zu ent­ nehmende Wasser entweder mit natürlichem Gefälle in einem Haupt­ zubringer dem Triebwerke oder der zu bewässernden Fläche zugeleitet oder aber es muß künstlich gehoben werden, wozu die Wasserhebemaschinen dienen. Der Hauptzubringer wird in der Regel aus einem der abzuführenden Wassermenge entsprechenden offenen Graben bestehen, der durch eine Einlaß­ schleuse vom Flusse abgesperrt werden kann. Zuweilen tritt streckenweise an die Stelle des offenen Grabens eine Rohrleitung, wo Gebäude, Verkehrswege usw. eine solche erfordern. Die Wnstliche Hebung des Wassers erfolgt durch die Wasserhebe­ maschinen oder Schöpfwerke. Man rechnet hieher die Schöpfräder, die aus einem mit Eimern oder Zellen versehenen Rade bestehen. Die Um­ drehung des Schöpfrades erfolgt gewöhnlich durch ein mit demselben verbundenes Wasserrad oder auch durch einen Göpel, eine Windmühle usw. Statt der Schöpfräder können auch Paternosterwerke, Wasserschnecken oder Pumpen verwendet werden. Die Ableitung der gesamten Wassermenge eines Flusses wird der Staat in der Regel wegen des schädlichen Einflusses auf die Grundwasserverhältnisse des angrenzenden Landes sowie auf die Fischerei oder die Floß- und Schiffahrt nicht erlauben. Auch sanitäre Bedenken sprechen zu­ weilen gegen eine vollständige Trockenlegung oder eine zu große Wasserstands­ erniedrigung in einer Flußstrecke, durch welche unter Umständen z. B. die Ein­ leitung des Hauptsammelkanals einer größeren Stadt in den Fluß unmöglich ge­ macht werden kann. Zu den Wassereinleitungen gehören vor allem Entwässerungsgräben, Kanäle und sonstige Vorrichtungen zur Zuführung von Flüssigkeiten usw. (Art. 37) u. dgl.

Die Aufzählung im Art. 42 ist nicht erschöpfend. Es gehören z. B. weiter hieher Waschpritschen, Fischrechen, Stege ins Wasser (Stege über das Wasser fallen unter Art. 78); dann das Einrammen von Pfählen im Flußbett (nicht auch am Ufer), die Grabung von Brunnen am Ufer, die durch das Sickerwasser des Ge­ wässers gespeist werden (Peyrer S. 239) u. a. m. Anlagen, die zur Instand­ haltung des Gewässers bestimmt sind (Flußregulierungen, Uferschutzbauten) fallen nicht unter Art. 42 ff., auch wenn sie zugleich nebenbei der Wafferbenützung dienen. Anders, wenn diese der Hauptzweck ist und die Wirkung für die Instand­ haltung nur eine Begleiterscheinung bildet (Eymann Anm. 3). Die Anlage muß sich in oder an dem öffentlichen Gewässer befinden, also in räumlicher Verbindung mit diesem stehen. Dabei kommen nicht nur die Ufer­ grenzen, sondern auch die Grenzen im Flusse in Betracht (Stauanlage im Fluß an der Grenze zwischen öffentlichem und privatem, nicht dem Staate gehörigem Fluß, VGE. 28 S. 155). Ein Waschhaus in einiger Entfernung vom Fluß, in das das Wasser in Schöpfgefäßen getragen wird, fällt, wie Eymann zutreffend ausführt, nicht unter Art. 42. Wird das Wasser durch einen Kanal ins Wasch­ haus oder das Abwasser in einem Kanal in den Fluß geleitet, so ist nicht das

278

Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

Waschhaus, sondern die Ein- oder Ausleitung erlaubnispflichtig (Eymann Anm. 4). über Anlagen im Überschwemmungsgebiete vgl. Art. 76. Die Abänderung bestehender Anlagen. Vgl. zum folgenden auch die Anm. 5 zum Art. 50 und 2 und 3 zum Art. 63. Anlagen, die am 1. Januar 1908 bereits bestanden und den bestehenden Rechtsvorschriften entsprachen, bedürfen der Erlaubnis nicht. Abänderungen solcher Anlagen sind aber erlaubnispflichtig. Eine Auswechselung von Bestandteilen, die keine Änderung enthält, bedarf keiner Erlaubnis. Das Gleiche gilt von der Wiederherstellung einer durch Brand, Waffergewalt oder andere Ursachen zerstörten Anlage, voraus­ gesetzt, daß die neue Anlage der alten vollkommen entspricht, was freilich in der Regel kaum der Fall sein wird. Die geringste Änderung ist erlaubnispflichtig, auch wenn sie gegenüber dem bisherigen Zustand im allgemeinen Interesse und dem der andern Wassernutzungsberechtigten unstreitig eine Verbesserung bedeutet (vgl. Pözl I S. 53 f., Pollwein Art. 11 Anm. 1, Schenkel S. 342, Nieder Art. 31 Anm. 10, Haller ebd. Anm. 19, Peyrer S. 264, preuß. OVG. Reger 3 S. 13, 4 S. 261). Daß die Änderung wesentlich sei (wie beim § 25 RGO.), ist nicht Bedingung der Erlaubnispflicht (so auch Reuß S. 37, a. M. Eymann Anm. 9). Wenn das Gesetz nur für wesentliche Änderungen die Erlaubnispflicht hätte ein­ führen wollen, hätte es das ausdrücklich sagen müssen. Daß die Änderung vom Unternehmer herbeigeführt sei, ist nicht erforderlich, auch die Beibehaltung einer durch die Naturgewalt oder sonst ohne Zutun des Unternehmers entstandenen Änderung macht erlaubnispflichtig (OGH. StS. 6 S. 213, Eymann Anm. 9). Maßgebend ist immer nur die Wafferbenützungsanlage an sich, ohne Rück­ sicht auf ihre Verwendung zu bestimmten Zwecken. Wenn das Wasserrad einer Öl- oder Gipsmühle 6 Stampfen statt wie bisher 4 in Bewegung setzen soll, wenn der Papiermüller mit seinem unveränderten Triebwerk eine Mahl- oder Schleifmühle betreiben will, bedarf er keiner Erlaubnis nach Art. 42 (Pözl a. a. O.; vgl. auch Schenkel S. 343, Peyrer S. 262). Ob er einer Genehmigung nach Art. 50 oder einer gewerbe- oder baupolizeilichen Bewilligung bedarf, ist eine andere Frage. Die Beseitigung der Anlage fällt nicht unter den Begriff der Änderung. Das ergibt sich aus Art. 52, der für die Beseitigung von Stauanlagen oder Triebwerken mit gespannter Wasserkraft die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde ausdrücklich vorschreibt (vgl. auch Peyrer S. 240; anders Baden § 37 Abs. 2). Wenn bei einer nach dem älteren Recht unwiderruflich ge­ nehmigten Anlage nach dem 1. Januar 1908 erlaubnispflichtige Änderungen notwendig werden, so gelten hiefür die Art. 42 und 43; es kann also die Änderung auch auf Zeit oder widerruflich gestattet werden. Kann die Änderung vom früheren Zustande getrennt gehalten werden, so bestehen in Zukunft die unwiderruflich erlaubte Anlage und die widerruflich erlaubte Änderung neben­ einander; ist dies nicht der Fall, sondern steht eine Umgestaltung der Anlage selbst in Frage (z. B. bei Einsetzung einer Turbine statt eines Mühlrades) so kann allerdings die Unwiderruflichkeit dadurch hinfällig werden, daß die Neuerung nur widerruflich erlaubt wird. Soweit die Änderung und die unwiderruflich erlaubte Anlage nebeneinander bestehen können, ist es unzulässig, die Änderung an Bedingungen zu knüpfen, die auch die Benützung des unveränderten Teils erschweren. Andernfalls dagegen sind Eingriffe in den bisherigen Rechtszustand wohl möglich; denn dieser muß jetzt dem neu zu schaffenden Rechtszustande weichen (BGE. 25 S. 127, s. aber Eymann Anm. 9). Die Staatsregierung hat im RRA. (S. 197) einen verständigen Vollzug

A«m. 5.

durch die Verwaltungsbehörden zugesichert, damit nicht für Wänderungen eine zeitliche oder widerrufliche Erlaubnis erteilt werde, die bei der Unwiderruflichkeit der Anlage selbst ohne Bedeutung wäre. Das Ministerium behält sich in solchen Fällen einen besonderen Einfluß auf den Vollzug vor (vgl. auch KorrefRK. S. 71 und Obermeyer BayZfR. 1907 S. 95).

Art. 43. Die Erlaubnis wird von der Verwaltungsbehörde und zwar in der Regel auf eine bestimmte Zeit oder in widerruflicher Weise erteilt. Die Behörde bestimmt das Maß und die Art der Benützung. Abs. 2. Die Verwaltungsbehörde ist hierbei insbesondere befugt, dem

Unternehmer weitere Bedingungen im Interesse der Land- und Forstwirt­ schaft, der Landeskultur und der Fischerei sowie der Industrie und des Gewerbebetriebs aufzulegen, ferner bei dem Zusammentreffen mehrerer Unternehmungen vom Standpunkte des Gemeinwohls die Wahl zu treffen, endlich die Erlaubnis auf gewisse Betriebszwecke oder auf bestimmte Unter­ nehmer einzuschränken. Abs. 3. Eine auf Grund unwiderruflicher Erlaubnis eingeräumte Nutzung kann nur im Wege der Zwangsenteignung nach Maßgabe der Bestimmungen der Art. 154 bis 156 entzogen oder geschmälert werden. Das Gleiche gilt, wenn eine auf eine bestimmte Zeit eingeräumte Nutzung vor Ablauf der Zeit entzogen oder geschmälert wird. Abs. 4. Die zeitweise Entziehung oder Schmälerung der Wasser­ benützung hat der Berechtigte vorbehaltlich des Art. 82 gegen Entschädigung zu gestatten.

A«M. 1.

Entgegenstehende Rechtsverhältnisse bleiben unberührt.

Das Erlanbnisverfahre«. Zur Erteilung der Erlaubnis ist die Distriktsverwaltungsbehörde zuständig, in deren BezirkedieWafferbenützungerfolgensoll. Bei örtlicher Zuständigkeit mehrerer Distrikts­ verwaltungsbehörden greift Art. 167 Abs. 1 Platz. Das Gesuch kann schriftlich oder mündlich angebracht werden. Treffen mit dem Antrag andere Gesuche auf Grund des WG. (z. B. nach Art. 37, 50) oder der Bau- oder Gewerbeordnung zusammen, so ist) soweit möglich, über alle Gesuche unter Beachtung der hiefür geltenden Vorschriften gleichzeitig zu verhandeln (§ 106 VB.). Im § 107 VB. werden die Beilagen aufgezählt, die dem Antrag bei­ gegeben werden müssen. Alle Pläne und Beschreibungen sind in drei­ facher Ausfertigung vorzulegen. Die näheren Bestimmungen über die Be­ schaffenheit der Pläne und Beschreibungen enthalten die §§ 84—93 VB. (s. auch Anm. 10 zum Art. 37). In einfacher gelagerten Fällen sind nach VB. § 93 Erleichterungen in der Vorlegung der Belege zu gewähren; bei der Prüfung der Belege ist daher jede unnötige Strenge zu vermeiden. Die Behandlung des Gesuches richtet sich nach Art. 168—175 (VB. § 108). Die Ermittlung des Sachverhalts erfolgt von Amts wegen. Die Be­ teiligten sind soweit tunlich zu hören (Art. 168 Ms. 1 und 2). Über das Gesuch sind ferner gutachtlich zu hören insbesondere auch vom Standpunkte der Wahrung der Interessen der Schiff- und Floßfahrt das Straßen- und Fluß­ bauamt oder die Sektion für. Wildbachverbauungen und, soweit Fragen der

280

Abteilung II. Benützung der Gewässer.

Landeskultur in Betracht kommen, der amtliche Kulturingenieur. Wenn das Gewässer zu dem der Forstverwaltung unterstehenden Staatsgut gehört oder wenn es der ärarialischen Trift dient, ist auch das Forstamt als beteiligt zu Ver­ nehmen (BB. § 108). § 109 VB. schreibt vor, daß bei wichtigeren Anlagen an öffentlichen Flüffen, die für deren Benützung im allgemeinen oder insbesondere für den Schiff- und Floßfahrtsverkehr oder für die Flußregulierung von Einfluß sind, dann bei wichtigen Wafferausleitungen aus Staatsprivatflüssen (Art. 23) die Distriktsverwaltungsbehörde das Gesuch nach durchgeführtem Verfahren, jedoch vor Erlassung des Bescheides der Kreisregierung, Kammer des Innern, vorzulegen habe. Diese hat die Verhandlungen nach gutachtlicher Einvernahme der Regierungsfinanzkammer und gegebenenfalls der Forstabteilung dieser Kammer mit der etwa veranlaßten berichtlichen Äußerung dem Staatsministerium des Innern zur Einsichtnahme und Erteilung von Weisungen einzusenden. Ähnlich war schon bisher nach der aut. MinEntschl. N. 19627 vom 30. De­ zember 1890 zu verfahren. Die Weisungen des Ministeriums sind bei der Er­ lassung des Bescheides zu beachten. Die Nichtbeachtung macht disziplinär ver­ antwortlich, beeinträchtigt aber die Gültigkeit des erlassenen Bescheides nicht. Die Vollzugsvorschriften lassen nicht klar erkennen, ob in allen Fällen die Regierungsfinanzkammer als Vertreterin des Flußeigentümers zu hören ist, oder ob bei einfacheren Anlagen die Anhörung dieser Stelle mit Rücksicht auf die im § 108 VB. vorgeschriebene Einvernehmung des Straßen- und Flußbauamtes oder Forstamtes unterbleiben kann. Es liegt zwar nahe, folgendermaßen zu argumentieren: Bei wichtigen Anlagen an öffentlichen Flüssen und bei wichtigen Wafferausleitungen aus Staatsprivatflüssen wird die Regierungsfinanzkammer nach durchgeführtem Verfahren gehört (VB. § 109), es ist also überflüssig, sie auch während dieses Verfahrens einzuvernehmen. Bei weniger wichtigen Anlagen usw. aber erachtete man eine Anhörung der Regierungsfinanzkammer offenbar nicht für nötig, sondern nahm an, daß die Interessen des Staatsärars durch die Unter­ behörden (Straßen- und Flußbauamt, Forstamt) genügend gewahrt seien; für solche Fälle sind also die genannten Unterbehörden zur Vertretung des Arars als generell bevollmächtigt zu erachten. Diese Beweisführung ist kaum zutreffend. Nach § 108 Abs. 1 VB. kommt das Straßen- und Flußbauamt, wie schon die Worte „gutachtlich zu hören" und die Zusammenstellung mit dem amtlichen Kulturingenieur deutlich erkennen lassen, nicht als Vertreter des Flußeigentümers, sondern als sachverständiger Gutachter in Frage. Ebenso ist auch die nach durch­ geführtem Verfahren erfolgende Vernehmung der Regierungsfinanzkammer in den Fällen des § 109 VB. eine gutachtliche; denn als Vertreterin des Flußeigentümers hatte sie bereits während des Verfahrens gemäß Art. 168 Abs. 2 Gelegenheit, sich zu äußern und die nochmalige Vernehmung durch die Kammer des Innern hat lediglich den Zweck, ihr die Möglichkeit eines die Ergebnisse des gesamten Verfahrens zusammenfassenden Gutachtens an das zuständige Ministerium zu geben. Dazu kommt noch, daß nach bisherigem Recht eine Erklärung der Regierungs­ finanzkammer auch in den einfachsten Fällen erholt werdm mußte (s. VGE. 25 S. 136 f.). Hätte die Vollzugsbekanntmachung mit dieser Übung brechen wollen, so hätte sie die Unterbehörden zur Vertretung des Staitsärars in einfacheren Fällen ausdrücklich delegieren müssen. Die Vernehmung der Regierungsfinanz­ kammer wird stets sofort nach der Anhörung des Straßen- und Flußbauamts, Kulturingenieurs und Forstamts zu erfolgen haben; denn, wenn sie die Erlaubnis versagt, hat die Vernehmung der Beteiligten und das weitere Verfahren in der Regel keinen Zweck mehr. Hat bei Anlagen nach § 109 VB. das Ministerium des Innern die Erlaubnis versagt, so wird ein förmlicher Bescheid der Distrikts-

Abschnitt IV: Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 43.

281

Verwaltungsbehörde gar nicht erforderlich sein. Eine Beschwerde ist ausgeschlossen, weil die letzte Instanz bereits gesprochen hat. Hat bei den nicht nach § 109 BB. zu behandelnden einfacheren Anlagen die Regierungsfinanzkammer die Erlaubnis versagt, so hat die Distriktsverwaltungsbehörde, wenn nötig nach Weiterführung des Verfahrens, einen Bescheid zu erlassen, der mit der Beschwerde nach Art. 172 anfechtbar ist. Eine Beschwerde gegen die Regierungsfinanzkammer ans Finanz­ ministerium ist ausgeschlossen; denn ihre Entschließung ist keine an den Unter­ nehmer gerichtete Erklärung, sondern ein Internum zwischen der erlassenden Stelle und der Distriktsverwaltungsbehörde. Ob es sich um eine wichtige Anlage oder Wafferausleitung im Sinne des § 109 VB. handelt, entscheidet die Distriktsverwaltungsbehörde nach pflicht­ mäßigem Ermessen. § 109 VB. gilt auch dann, wenn neben einer Erlaubnis gemäß Art. 37 eine solche nach Art. 42 nötig ist. Für die Erlaubniserteilung bei Stau­ anlagen gilt nach § 116 BB. ein besonderes, vom § 109 teilweise ver­ schiedenes Verfahren (s. Anm. 6 zum Art. 51). über die Aufstellung von gemeinsamen Bevollmächtigten für mehrere int gleichen Interesse Beteiligte s. Art. 168 Abs. 2, über die mündliche Verhandlung, Augenschein, Bevollmächtigte, Beistände, Zeugen und Sachverständige, Aus­ schließung nach der Tagfahrt vorgebrachter Einwendungen vgl. Art. 168 Abs. 3 bis 5, über Bescheid, Kosten, Sicherheit, Beschwerde, Vollstreckung und vorsorg­ liche Anordnungen Art. 169—175. In dem Bescheid ist auszusprechen, daß der Unternehmer unverzüglich nach dem Beginn der Ausführung und nach der Vollendung der Anlage dem zu­ ständigen Straßen- und Flußbauamt Anzeige zu erstatten habe. Dieses hat über die Einhaltung der Erlaubnisbedingungen zu wachen (VB. § 110). Von besonderem Interesse ist die bereits gestreifte Frage, wie sich die Ver­ tretung des Ärars und die die Erlaubnis erteilende Distriktsverwal­ tungsbehörde im Verfahren gegenüberstehen. Die Erlaubnis ist, wie wir oben Anm. 2 sahen, ein Akt, der Privat- und öffentlichrechtliche Elemente in sich vereinigt, der aber privatrechtliche Nutzungsbefugniffe erzeugt. Nach außenhin geschieht dies durch einen Willensakt der Distriktsverwaltungs ­ behörde, ihr Bescheid „verleiht" das Nutzungsrecht, ohne daß es eines Vertragsabschlusses zwischen dem Staatsärar und dem Unter­ nehmer bedürfte (s. auch BGE. 25 S. 134). Nach innen aber wird an der Befugnis der Regierungsfinanzkammer zur Vertretung des Staatsärars nichts geändert. Versagt sie die Erlaubnis oder knüpft sie sie an Bedingungen, so ist dies für die Distriktsverwaltungsbehörde bindend, die Nichtbeachtung ihrer Willenserklärung begründet aber nur eine Haftung nach innen; nach außen wird an dem rechtskräftigen Bescheide der Verwaltungsbehörde nichts mehr geändert. Ebenso ist dem Unternehmer gegenüber nie eine Widerrufung der Erlaubnis durch die Regierungsfinanzkammer wirksam; diese muß vielmehr, wenn sie dies Ziel erreichen will, die Widerrufung bei der Distriktsverwaltungsbehörde bean­ tragen, die aber nicht ohne weiteres verpflichtet ist, diesem Anträge Folge zu geben. Bei der Erlaubniserteilung kann sich also die Distriktsverwaltungsbehörde über eine Weigerung des Flußeigentümers nicht hinwegsetzen, aber sie hat die Frage der Erlaubniserteilung nicht nur von dem Standpunkte des Flußeigen­ tümers, sondern auch von dem der übrigen einzelnen Beteiligten wie von dem des öffentlichen Interesses aus zu würdigen und von diesen Gesichts­ punkten aus kann sie dazu kommen, die von der Regierungsfinanzkammer zu­ gestandene Nutzungsbewilligung zu versagen oder den von jener aufgestellten Be­ dingungen noch eine Anzahl weiterer hinzuzufügen. Eymann Anm. 1 b erkennt

die „vermögensrechtliche Seite" der Erlaubnis an und spricht wie wir der Distriktsverwaltungsbehörde, nicht den Finanzbehörden das Recht zu, neben der polizeilichen auch über die vermögensrechtliche Frage zu entscheiden. Von hier an aber trennen sich die Wege; denn Eymann erachtet anscheinend auch nach innen die Distriktsverwaltungsbehörde nicht an die Äußerung der Regierungs­ finanzkammer für gebunden, sondern er läßt sie nach pflichtmäßigem aber im übrigen freiem Ermessen entscheiden. Dem Arar steht die Beschwerde nach Art. 172 zu, wenn die Distriktsverwaltungsbehörde sich über die Erklärung der Finanzstelle hinwegsetzt. Schließlich ist noch zu bemerken, daß die Erlaubnis zwar einen besonderen Vertrag zwischen dem Staatsärar (vertreten durch die Regierungsstnanzkammer) und dem Unternehmer unnötig macht, daß ein solcher aber sehr wohl geschlossen werden kann. Zu beachten aber ist stets, daß der Erlaubniserteilung Recht schaffende Kraft innewohnt, daß also der Vertrag nur eine Ergänzung der Erlaubnis bilden, nie aber ohne Schaden für seine Gültigkeit im Widerspruch mit ihr stehen kann. Vertragsmäßige Verpflichtungen, die im Erlaubnisbescheide nicht erwähnt sind oder die über die dort enthaltenen Pflichten hinausgehen, sind selbstverständlich bindend.

ANM. 2.

Die Erlaubmsbedingungen im allgemeinen. 1. Die Erteilung oder Nichterteilung der Erlaubnis steht im Ermessen der Ver­ waltungsbehörde. Einen Anspruch auf die Erteilung hat niemand (VGE. 25 S. 119 ff.). Es versteht sich aber von selbst, daß die Amtspflicht das Ermessen der Behörde beschränkt und Maßnahmen reiner Willkür ausschließt. Die Förderung der Interessen der Allgemeinheit und daneben die der Land- und Forstwirtschaft, der Landeskultur und der Fischerei, der Industrie und des Gewerbebetriebes muß ihr besonders angelegen sein. Auch die Erhaltung von Naturschönheiten kann zum Gegenstand von Erlaubnisbedingungen gemacht werden (vgl. RefAK. S. 36, ABAK. S. 169, KorrefRK. S. 72, RRA. S. 191). Im Interesse der Fischerei liegt z. B. die Auferlegung der Anbringung von Fischpässen, Fischtreppen, von Schutzgittern bei Turbinenanlagen u. dgl. Die Verwaltungsbehörde bestimmt das Maß und die Art der Wasserbenützung. Sie setzt vor allem, wenn nötig, die zulässige Wassermenge fest (Begr. S. 557 I); sie kann bestimmte Tage und Stunden zur Wasser­ benützung bestimmen, einen Wechsel mit anderen Berechtigten anordnen usw. Dabei ist auf den Bedarf des Unternehmers, aber auch auf den der übrigen Beteiligten Bedacht zu nehmen; vor allem sind die berechtigten Ansprüche der bereits bestehenden Anlagen sicher zu stellen. 2. Da die Erteilung der Erlaubnis Ermessenssache ist und die Behörde sie ohne Angabe von Gründen versagen kann, ist auch die Auferlegung von Gebühren zugunsten des Flußeigentümers zulässig (Art. 73; vgl. auch VGE. 15 S. 283, 19 S. 46, 25 S. 129). Bei den öffentlichen Flüssen war dies bisher anders (Art. 1 WBG.). Die Verwaltungsbehörde ist auch befugt, die Preise zu bestimmen, die bei Darbietung der durch die Anlage erzielten Nutzwirkungen (z. B. der elektrischen Kraft) im Interesse der Allgemeinheit gestellt werden dürfen (Begr. S. 557 I). Aus dem gleichen Grunde ist auch die Vorbehaltung späterer weiterer Auflagen in einer Generalklausel und die Beschränkung der Erlaubnis auf gewisse Betriebszwecke oder bestimmte Unternehmer zulässig (vgl. VGE. 25 S. 127). Von ihrer Befugnis, auch solche Handlungen und Unterlassungen dem Unter­ nehmer aufzulegen, die zunächst nicht in seiner rechtlichen Macht stehen, wird die Verwaltungsbehörde nur in besonderen Fällen Gebrauch machen. Die Auflage, an fremden Grundstücken Dämme, Ufermauern u. dgl. anzubringen, gibt natürlich kein Recht zu solchen Eingriffen in fremdes Eigentum. Gelingt es dem Unter-

nehmer nicht, sich die Befugnis hiezu zu verschaffen, so kann das Unternehmen nicht ausgeführt werden, wenn nicht eine Änderung der Bedingungen möglich ist. Die Erlassung von Entschließungen, die in ihrem eigenen Ermeffen liegen, soll die Behörde nicht zur Bedingung der Erlaubnis machen (Schenkel S. 375 f.). Daß die Bedingungen erfüllbar sein müffen, ist selbstverständlich (VGE. 15 S. 32).

3. Nach Art. 5 9 AG. z.BGB. kann bei der Erteilung der Erlaubnis zur Benützung eines öffentlichen Gewässers — nicht aber auch eines Privat­ gewässers — zu einer Anlage oder einem Betriebe die zuständige Behörde be­ stimmen, daß der Unternehmer für den Schaden, der bei dem öffent­ lichen Gebrauche des Gewässers durch die Anlage oder den Betrieb verursacht wird, oder für gewisse Arten eines solchen Schadens verantwortlich ist. „Öffentlicher Gebrauch" eines Gewässers ist nur der Gemeingebrauch in dem weiteren Sinne des Art. 42; er umfaßt also die kleinen Nutzungen nach Art. 26, die Schiff- und Floßfahrt und die Trift, nicht aber den Gebrauch auf Grund einer durch eine Erlaubnis nach Art. 42 begründeten Benützungsbefugnis, auch nicht die Fischerei (vgl. auch Böhm-Klein Anm. 2, Henle-Schneider Anm. 7 zum Art. 59). Im Falle der Tötung oder einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit eines Menschen finden die §§ 842—844 (nicht aber auch § 845) BGB. Anwendung. Ein Verschulden ist nicht erforderlich; es gilt das reine Veranlassungsprinzip. Abs. 3 bestimmt jedoch ausdrücklich, daß die Ersatzpflicht des Unternehmers sich nicht auf einen Schaden erstrecke, der durch höhere Gewalt oder durch Verschulden des Verletzten oder des Inhabers der beschädigten Sache verursacht ist. Der Anspruch auf Schadensersatz verjährt in zwei Jahren vom Unfall an; im Fall einer Tötung beginnt die Verjährung der im § 844 BGB. bestimmten Ansprüche mit dem Eintritte des Todes. Eine Nachholung der Bestimmung nach Art. 59 AG. z. BGB. nach erteilter Erlaubnis ist unzulässig. Bei anderen Gewässern als den nach Art. 59 a. a. O. zu beurteilenden kann zwar die gleiche Bestimmung bei der Erlaubniserteilung getroffen werden, doch kann diese Bestimmung nicht selbst die Grundlage eines Schadensersatzanspruchs sein, sondern sie bedeutet nur einen Vorbehalt von Schadensersatzforderungen, die aus anderem Titel etwa ent­ stehen. Das folgt aus dem Mangel einer Gesetzesvorschrift und durch argumentum e contrario aus Art. 59 AG. z. BGB. (anscheinend a. M. VGE. 25 S. 129; s. aber auch Peyrer S. 722). Für die Deckung der Schadensersatzverbindlichkeiten nach Art. 59 AG. z. BGB. kann dem Unternehmer auch die Bestellung einer Sicherheit auferlegt werden. Die Erlaubnis kann widerruflich, unwiderruflich oder auf bestimmte Zeit erteilt werden. Die widerrufliche Erlaubnis. Die Erteilung einer unwiderruflichen Erlaubnis ist nicht wie im Art. 37 Abs. 2 und 38 verboten, doch soll die Erteilung auf eine bestimmte Zeit oder in widerruflicher Weise die Regel sein. Daraus folgt im Gegensatze zum Art. 37, daß sich die Widerruflichkeit nicht von selbst versteht; sie muß vielmehr bei der Erlaubniserteilung ausdrücklich ausgesprochen werden. Fehlt ein solcher Ausspruch, so gilt die Erlaubnis für unwiderruflich. Die Vermutung spricht also auch jetzt noch wie beim Art. 13 und 14 WBG. für die Unwiderruflichkeit der Erlaubnis (Pözl I S. 65, Reuß S. 34). Das WBG. war von dem Grundsatz ausgegangen, daß die Erteilung unwiderruflicher Konzessionen die Regel bilden solle. Durch diese wurden Privatrechte geschaffen, die nach Art. 13 WBG. nur im Wege der Zwangsenteignung entzogen oder beschränkt werden konnten. Nur in Anm. 3.

besonderen Fällen, zumal bei „Anlagen von geringerer Bedeutung, die leicht wieder zu entfernen waren (vgl. Art. 14 Abs. 2 WBG.), sollte die Erlaubnis auch „auf eine beschränkte Zeit" oder „in widerruflicher Eigenschaft" erteilt werden können und zwar war diese Bestimmung wohl hauptsächlich um deswillen aus­ genommen worden, um Anlagen von größerer gemeinwirtschaftlicher Bedeutung auf die Dauer kein Hindernis zu bereiten" (KorrefRK. S. 68). Die Praxis der neueren Zeit hat diese gesetzliche Regel in ihr Gegenteil verkehrt (vgl. VGE. 25 S. 130): Die unwiderruflichen Konzessionen wurden zur Ausnahme und die widerruflichen oder auf bestimmte Zeit erteilten zur Regel. Diese Praxis ist ins geltende Recht übergegangen. Dadurch entstanden vor allem in den Kreisen der Industrie lebhafte Besorgnisse, zumal da das Gesetz die Voraussetzungen nicht festlegt, unter denen vom Rechte des Widerrufs Gebrauch gemacht werden darf, und damit die wichtigsten Existenz­ bedingungen der mit Wafferkraft arbeitenden industriellen Unternehmungen an­ scheinend dem Ermessen der Verwaltungsbehörden preisgibt (vgl. KorrefRK. a. a. O. und RRA. S. 188 ff.). Diese Befürchtungen wurden im AKA. eingehend besprochen. Dabei erklärte der Vertreter der K. Staatsregierung folgendes: „Insbesondere in den letzten Jahren ist in den meisten Fällen die Erlaubnis zur Ausnützung der Wafferkräfte an öffentlichen und Staatsprivatflüssen in wider­ ruflicher Weise gegeben worden, in einzelnen Fällen auch auf bestimmte Zeit. Trotz der Widerruflichkeitsklausel hat die Industrie sich nicht gescheut mit dem Aufwande bedeutender Kapitalien große Anlagen zu errichten. Die Staats­ regierung ist auch in der Tat bei Erteilung der widerruflichen Erlaubnis davon ausgegangen, daß nur aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses von dem Widerrufe Gebrauch gemacht wird. Dies ist in vielen Fällen in den Konzessionsbeschlüffen ausdrücklich hervorgehoben, in anderen Fällen stillschweigend angenommen worden. Ms zwingende Gründe des öffentlichen Jntereffes kann beispielsweise die Einführung der Großschiffahrt, eine Flußkorrektion oder Fluß­ verlegung in Betracht kommen. Bisher ist von dem Widerrufsrechte noch nie Gebrauch gemacht worden. Die erwähnte Beunruhigung der Industrie ist darauf zurückzuführen, daß geglaubt wird, es könnte die widerruflich erteilte Konzession zum Zwecke der Elektrisierung der Staatsbahnen zurückgenommen werden. Diese Befürchtung ist grundlos. Die Berkehrsverwaltung wird, soweit es nicht unbe­ dingt notwendig ist, es sorgfältig vermeiden von Privaten bereits ausgebaute Wafferkräfte in Anspruch zu nehmen" (ABAK. S. 169). Durch diese Erklärung dürften die wach gewordenen Befürchtungen ihres Grundes beraubt sein. Bei widerruflicher Erlaubnis sichert den Unternehmer die bindende Erklärung der Staatsregierung, daß sie nur aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses die Erlaubnis widerrufen werde. Kann sich der Unter­ nehmer trotzdem nicht auf eine widerrufliche Erlaubnis entlassen, so kann die Staatsgewalt ihm durch die Erteilung einer Erlaubnis auf bestimmte Zeit entgegen­ kommen. Genügt auch das nicht, wie z. B. bei großen Anlagen für Stauwerke, namentlich für Talsperren u. dgl., so wird sich der Staat, der ja ein Interesse daran hat, die Industrie im Lande zu erhalten, in derartigen Ausnahmefällen wohl zur Erteilung einer unwiderruflichen Konzession bereit finden lassen (vgl. RRA. S. 188). Die Voraussetzungen des Widerrufs im Gesetze festzulegen, erklärte die Regierung für unzweckmäßig, da man nicht alle Fälle voraussehen und nicht wissen könne, wie sich die Zeitverhältnisse änderten und welche Gründe es not­ wendig machen würden, hie und, da einen Widerruf zu erklären. Es genüge wohl auszusprechen, daß der Widerruf nur aus Gründen des Gemeinwohls erfolgen solle (RRA. a. a. O.).

über die Widerrufung und ihre Folgen vgl. Anm. 5 zum Art. 37, dann Art. 62 und die Bem. hiezu, ferner Jacob und Fecht S. 24 ff. Eine Entschädigung wird im Falle der Widerrufung nicht geleistet. A«M. 4. Die ««widerrufliche Erlaubnis (Abs. 3). Die Erteilung einer un' widerruflichen Erlaubnis soll auf Ausnahmefälle beschränkt sein. Ganz entbehrt werden kann sie nicht, da sonst große industrielle Unternehmungen, die nur dann bestehen können, wenn ihnen eine lange Zeit völlig ungestörten Betriebes gewährleistet wird, aus dem Lande verdrängt werden würden (s. Anm. 3). Eine auf Grund unwiderruflicher Erlaubnis eingeräumte Nutzung kann nur im Wege der Zwangsenteignung nach Maßgabe der Bestimmungen der Art. 154 bis 156 entzogen oder geschmälert werden (vgl. auch Art. 13 WBG.). Ob die Nutzung vor oder nach dem 1. Januar 1908 erlaubt wurde, ist hiebei gleichgültig (vgl. KorrefRK. S. 72). Diese Maßregel wird am häufigsten bei Jnstandhaltungsmaßnahmen größeren Umfangs z. B. bei Flußregulierungen (Korrektionen u. dgl.) notwendig werden (Begr. S. 557 I). über die Verpflichtung zur Duldung einer zeitweiligen Entziehung oder Schmälerung vgl. Anm. 9. über den Charakter des durch die unwiderrufliche Erlaubnis geschaffenen Rechtes s. Anm. 2 zum Art. 42. Daß der Staat auch dann entschädigungspflichtigist, wennerdie Nutzung dadurch schmälert, daß er dritten neue Wasserbenützungsbefugnisse einräumt, ist kaum zu bezweifeln. Der KorrefRK. S. 72 bejaht die Frage; die Regierung hat keine Stellung hiezu genommen. Jedenfalls empfiehlt es sich, bei der Erlaubniserteilung auch hierüber Bestimmungen zu treffen. Fehlen solche, so ist der Staat zum Ersätze verpflichtet (s. auch VGE. 25 S. 137), falls der Unternehmer nicht von den nach ihm kon­ zessionierten Unternehmern auf Grund des bürgerlichen Rechts Ersatz seines Schadens erlangen kann.

Die a«f eine bestimmte Zeit erteilte Erlaubnis. Zwischen der widerruflichen und der unwiderruflichen Erlaubnis steht die Er­ laubniserteilung auf bestimmte Zeit. Die so erteilte Erlaubnis steht während der festgesetzten Zeit einer unwiderruflichen gleich; nach dem Ablaufe der Frist erlischt sie von selbst, ohne daß es einer Widerrufung bedürfte (Art. 62). Die Regierung wird eine Erlaubnis auf Zeit vor allem in den Fällen er­ teilen, in denen schon mit Rücksicht auf die Größe der Anlagen die Industrie mit einem längeren ungestörten Besitze der Anlage rechnen muß (Erkl. des K. Staatsmin. d. I. RRA. S. 188). Sie kommt so dem Unternehmer entgegen und wahrt gleichzeitig dem Staate die Möglichkeit, nach Ablauf der bestimmten Zeit die volle Verfügungsgewalt über das Wasser und das Gefälle wiederzu­ gewinnen und sie den geänderten Zeitumständen entsprechend neu zu verwerten. Um jeden Zweifel daran zu beseitigen, daß die auf eine bestimmte Zeit erteilte Erlaubnis der unwiderruflichen gleichstehe, beschloß der RRA. auf den Antrag seines Korreferenten, dem Art. 42 Abs. 3 einen zweiten Satz anzufügen, durch den bestimmt wird, daß der Weg der Zwangsenteignung zu beschreiten sei, wenn eine auf eine bestimmte Zeit eingeräumte Nutzung vor dem Ablaufe der Zeit entzogen oder geschmälert werde (RRA. S. 188 und 272).

ANM. 5.

Nach dem Ablaufe der Zeit steht es dem Unternehmer frei, um die Verlängerung der Erlaubnis nachzusuchen. Wird diese nicht wieder erteilt, so wird dem Unternehmer damit nur das Recht der Wafferbenützung genommen. Die Anlage bleibt ihm und der Staat muß sie kaufen oder durch Zwangs­ enteignung erwerben, wenn er sie braucht, es sei denn, daß schon bei der Er-

286

Abteilung II. Benützung der Gewässer.

laubniserteilung Vereinbarungen zwischen dem Staat und dem Unternehmer über das Einlösungsrecht des Staates und die dabei zu beobachtenden Bedingungen getroffen worden wären. Solche Vereinbarungen über das Schicksal der Anlage nach dem Ablaufe der zeitlichen Erlaubnis werden in der Regel schon bei der ersten Erlaubniserteilung zu treffen sein (Erkl. des K. Staatsmin. d. I. RRA. S. 189).

Anm. 6, Die dingliche und die persönliche Erlaubnis (Real- «nd Personalprinzip). Die Verwaltungsbehörde ist befugt, die Erlaubnis „auf bestimmte Unternehmer einzuschränken", also Personalkonzessionen zu erteilen. Dadurch wird vor allem der spekulativen Weiterverwertung der Erlaubnis vorgebeugt (ABAK. S. 169). Ebensogut wie einer physischen kann die Erlaubnis natürlich auch einer juristischen Person, z. B. einer Aktiengesellschaft, einer Waffergenoffenschaft usw. erteilt werden (RefRK. S. 20, RRA. S. 188). Grundsätzlich aber gilt im Art. 42 wie im § 25 RGO. das Real­ prinzip. Die Erlaubnis wirkt dinglich; sie wird nicht dem Gesuchsteller allein, sondern dem jeweiligen Unternehmer, also nicht für die Person, sondern für die Anlage erteilt. (Dies wird merkwürdigerweise von Obermeyer BayZfR. 1907 S. 94 bestritten; vgl. dagegen KorrefRK. S. 72). Änderungen der Anlage sind nach Art. 42 erlaubnispflichtig, Änderungen in der Person des Unternehmers machen, vom Falle der Personalkonzession abgesehen, keine neue Erlaubnis nötig. Ob die Verwaltungsbehörde die eine oder andere Erlaubnisart wählen will, ist eine Angelegenheit ihres pflichtmäßigen Ermessens.

Anm. 7.

Das aus der Erlandois eutfpringeade Recht. In der Anm. 2 zum

Art. 42 wurde zu beweisen versucht, daß der Akt der Erlaubnis­ erteilung nicht öffentlichrechtliche, sondern privatrechtliche Nutzungsbefug­ nisse erzeuge (s. auch VGE. 25 S. 137). Welche Wirkungen dieser privatrechtlichen Befugnis zur Wafferbenützung im Verhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Staatsärar als Gewäffereigentümer zukommen, bestimmt sich nach der Erlaubnis oder nach dem zwischen dem Staatsärar und dem Unternehmer etwa bei der Erlaubniserteilung geschlossenen, diese ergänzenden besonderen Vertrage (s. Erkl. des K. Staatsmin. der Justiz RRA. S. 197). Liegt ein solcher Vertrag nicht vor, so ist es Aus­ legungsfrage, welches Recht durch die Erlaubnis geschaffen wird. Der Stärke­ grad dieses Rechtes ist ein anderer bei widerruflicher, ein anderer bei unwider­ ruflicher Bewilligung. Es ist aber gar nicht nötig, diese Befugniffe in ein Schema des BGB. z. B. in die §§ 1018, 1030, 1059, 1090, 1092 einzupressen; denn das BGB. läßt die freieste Gestaltung dinglicher Rechte zu und der Art. 65 EG. z. BGB. erweitert noch zugunsten der Landesgesetzgebung diese reichsrechtliche Bewegungsfreiheit. Mit Rücksicht auf die Besonderheit ihres Entstehungsgrundes bedürfen diese Rechte zu ihrer Wirksamkeit auch nicht der Eintragung ins Grundbuch. Gegenüber dritten genießen die durch die Erlaubnis geschaffenen Wafferbenützungsrechte den Rechtsschutz der §§ 861 ff. BGB.; vgl. §§ 1029, 1090 BGB., Art. 191 EG. z. BGB. Die Übertragung des Nutzungsrechtes ist bei der Personalkonzession, da hier der dingliche Charakter fehlt, ausgeschlossen. Im übrigen gelten hiefür die Vorschriften, die für die Anlage bestehen, mit der sie verbunden sind (§96 BGB.). Eine formlose Übertragung (Anftage des KorrefRK. S. 72) ist also wohl eben­ sowenig möglich wie die formlose Übertragung der Anlage selbst. Die Ver­ äußerung des Nutzungsrechtes macht Konstruttionsschwierigkeiten, wenn man die Nutzungsbefugnis dem Gebiete des öffentlichen Rechtes zuweist. So kommt

Abschnitt IV: Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 43.

287

Eymann dazu, die Leistung des einen Kontrahenten, des Veräußernden, als eine öffentlichrechtliche, die seines den Kaufpreis zahlenden Gegners aber als eine zivilrechtliche zu betrachten. Es handle sich also nicht um einen zivilrechtlichen Kaufvertrag, sondern um eine Verzichtserklärung auf ein öffentliches Recht zugunsten eines andern, verbunden mit einem zivilrechtlichen Schadensersatzvertrage im Hin­ blick auf die Verzichtserklärung. Der Vertrag bedürfe daher grundsätzlich nicht der notariellen Verbriefung (Eymann Vorbem. zu Abt. II, II 4). Man sieht, zu welch kunstvollen Konstruktionsgebilden die Auffassung der Nutzungsrechte als Befugnisse des öffentlichen Rechtes in ihren Folgeerscheinungen führt! Ein Monopol gewährt natürlich die Erlaubnis nicht. Sie hindert nicht die Einräumung neuer Wasserbenützungsrechte an andere (vgl. BGE. 8 S. 217, Reuß S. 41, Pollwein Anm. 1 zum Art. 10, Meisner S. 200). Sind diese Rechte mit der ersten Erlaubnis ganz oder teilweise unver­ einbar, so liegt in der Gewährung die Entziehung der ersten Erlaubnis ganz oder zum Teil. Entschädigungsansprüche gegen den Staat sind im Regelfälle nicht begründet; denn der Staat ist jederzeit befugt, die Bewilligung ganz oder zum Teil zurückzuziehen. Anders verhält sich die Sache bei der unwiderruflich oder auf bestimmte Zeit erteilten Erlaubnis, da hier abgesehen vom Falle des Art. 43 Abs. 4 der Staat das eingeräumte Recht ohne Verpflichtung zum Schadensersatz ebensowenig durch die Einräumung konkurrierender Rechte als durch Widerrufung schmälern darf (s. Anm. 4 und VGE. 25 S. 137). Der Staat müßte also in solchen Fällen zur Zwangsenteignung greifen (KorrefRK. S. 72, Eymann Anm. 13). Vgl. aber auch die Art. 65 ff. Gegenüber späteren Nutzungsrechten begründet die frühere Erlaubnis den Vorzug der Priorität. Wenn auch die Verwaltungsbehörde bei Kollisionen der Berechtigten im Ausgleichsverfahren auch andere Gesichtspunkte beachten kann, so wird sie doch bei gleich wichtigen Interessen stets dem älteren Recht den Vor­ zug vor dem jüngeren zu geben haben (vgl. Pözl I S. 59 f., II S. 65, 69, Pollwein Anm. 1 zum Art. 10, Meisner S. 200, Baden § 19 Abs. 4 Ziff. 2 b und § 40 Abs. 1 Ziff. 2, Schenkel S. 379, württ. VollzVorschr. § 82). Siehe auch Anm. 7 zum Art. 37. Für Anlagen, die am 1. Januar 1908 ordnungsmäßig kon­ zessioniert waren, wird in der Regel das mit unwiderruflicher Nutzungs­ verleihung verbundene Privatrecht beansprucht werden. Maßgebend sind hier die Art. 12 und 13 des WBG. und für die Zeit vor seinem Inkrafttreten die früher in Geltung gewesenen Landesgesetze. Da sich die Rechtsauffaffung von den Gewässern und den daran bestehenden Rechten in neuerer Zeit wesentlich geändert hat, kann nicht unter allen Umständen der Nachweis durch die Vorlegung einer der Erlaubnis im Sinne der Art. 10 ff. WBG. und 42 f. WG. entsprechenden Bewilligungsurkunde gefordert werden. Es wird vielmehr bei älteren Anlagen genügen, daß die Wafferbenützung von der Staatsgewalt anerkannt worden ist z. B. durch die Verleihung eines Lehens, und da, wo der Beweis eines Aner­ kennungsaktes nicht geführt werden kann, ist der Nachweis eines dauernden Anerkennungszuständes, des unvordenklichen Besitzes, als ausreichend zu erachten (s. Pözl II S. 69, Pollwein Art. 13 Anm. 1, Meisner S. 201, Begr. z. sächs. Entw. S. 67, Nieder Vorbem. zu Art. 31 ff. II). Eine Anregung, den vor dem Inkrafttreten des WBG. ohne förmliche Kon­ zession errichteten Anlagen nachträglich eine solche zu erteilen, fand bei der Regierung kein Entgegenkommen (KorrefRK. S. 78).

Anm. 8. Das Verfahre« beim Zusammentreffen mehrerer Uuternehmnnge». Wenn mehrere Unternehmungen, die nebeneinander nicht durchführbar

sind, gleichzeitig für die Erteilung der Erlaubnis in Frage kommen, so hat die Verwaltungsbehörde nach Art. 43 Abs. 2 nicht nach dem Zeitpunkte der Gesuch­ stellung, sondern vom Standpunkte des Gemeinwohls die Wahl zu treffen. Der RefAK. (S. 36 und ABAK. S. 169) faßte diese Bestimmung so auf, daß bei der Konkurrenz einer Nfergemeinde mit anderen Unternehmern in der Regel jene berücksichtigt werden solle. Mit Recht ließ aber die K. Staatsregierung erklären, auch in solchen Fällen bedürfe es der Feststellung, welche von den beteiligten Unternehmungen am meisten der Allgemeinheit diene (ABAK. S. 169). Dabei wird „der überwiegende gemeinwirtschaftliche Nutzen eines Unternehmens, der längere Bestand einer Anlage gegenüber einem weniger lang bestehenden Unternehmen, die größere Gebundenheit eines Unternehmens an einen bestimmten Ort gegenüber einem auch an einem anderen Orte möglichen, die geringere Belästigung gegenüber einem dritte mehr belästigenden Unternehmen, die voraussichtlich vollständige Erreichung des Zweckes eines Unternehmens gegenüber einem in seinem Erfolge weniger gesicherten Unternehmen, endlich auch die Person des Unternehmers, ob eine öffentlichrechtliche Person, eine Gemeinde oder ein Privater usw., in Betracht zu kommen haben" (KorrefRK. S. 72). Auch der geringere Wasserverbrauch, die wirt­ schaftlichere Ausnützung des Wassers und die geringere Inanspruchnahme von Zwangsrechten können einen Vorzug begründen (vgl. sächs. Entw. § 20, Württemb. Art. 34, Nieder Anm. 2, 3 zum Art. 34). Bei ganz gleichen Verhältnissen kann auch die Priorität des Gesuchs in Betracht kommen (vgl. Nieder Anm. 3 zum Art. 34, Haller Anm. 5 zum Art. 34, Peyrer S. 724 ff.. Pfleghart S. 74 ff., Ehmann Anm. 10).

AltM. 9.

Die zeitweilige Entziehung oder Schmälernng der Nntznng (Abs. 4). Die dauernde Entziehung oder Schmälerung einer auf Zeit gewährten Nutzung vor dem Ablaufe der Zeit und einer unwiderruflich gestatteten Wasserbenützung kann nur im Zwangsenteigungsverfahren erfolgen. Dagegen muß sich jeder Berechtigte ohne Rücksicht auf die Stärke seines Rechtes gefallen lassen, daß ihm die Wasserbenützung zeitweise entzogen oder geschmälert werde. Hiefür hat ihm jedoch der Staat eine Entschädigung zu leisten, die nach Art. 195 festgesetzt wird. Art. 82 soll aber Vorbehalten bleiben. Darnach kann bei Instand haltungsarbeiten (Art. 74), durch die die Nutzung zeitweise entzogen oder eingeschränkt wird, nur dann eine Entschädigung gefordert werden, wenn dieser Zustand längere Zeit fortdauert (vgl. auch Art. 13 Abs. 2 WBG.). Entschädigungspflichtig ist der, zu dessen Gunsten die zeitweise Entziehung oder Schmälerung der Wasserbenützung erfolgt.

Entgegenstehende Rechtsverhältnisse bleiben unberührt. Sie können natürlich auch durch den Erlaubnisbescheid geschaffen werden (z. B. Begründung einer Entschädigungspflicht auch bei kurzer Entziehung oder Schmälerung der Nutzung u. a.; s. Pözl I S. 62). Das muß keineswegs immer der Staat sein (a. M. KorrefRK. S. 72; s. aber auch Ehmann Anm. 17). Der Berechtigte wird von der Entziehung oder Schmälerung der Wafferbenützung vorher wenn tunlich zu verständigen sein (s. auch Ehmann Anm. 18).

Anm. 10.

Straf- ««d Zwangsbeftimmtmgeu. Wer eine Anlage, zu deren Errichtung, Abänderung oder Beseitigung nach Art. 42 eine Er­ laubnis erforderlich ist, ohne eine solche errichtet, abändert, beseitigt oder die darin festgesetzten Bedingungen nicht einhält, wird nach Art. 202 Ziff. 2 an Geld bis zu 300 M oder mit Haft bestraft, über die zulässigen Zwangsmaßregeln vgl. Art. 174 f. und für das bisherige Recht Köbler Bl. 46 S. 204 ff.

Abschnitt IV: A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 44. 289

AtlM. 11.

Zuständigkeit. Die Erteilung oder Nichterteilung der Erlaubnis ist Ermessenssache. Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach Art. 172 f.; der Berwaltungsrechtsweg ist verschlossen (Begr. S. 556 II f.; an­ ders Pözl II S. 72). Die durch die Erlaubnis geschaffenen Rechte sind wie oben gezeigt Privatrechtsbefugniffe. Ehmann will diesen Rechten unter Berufung auf Art. 63 und 177 verwaltungsrechtlichen Schutz zubilligen. S. hierüber Anm. 5 zum Art. 63. Streitigkeiten über die Zurücknahme der Erlaubnis im Zwangsenteignungsverfahren nach Art. 42 Abs. 3 sind nach Art. 8 Ziff. 10 BGG. Verwalt un gsrechtssachen. Privatrechtliche Einwendungen gegen die Erteilung der Erlaubnis sind nach Art. 170 zu behandeln. Unterliegt der Unternehmer nachher im Zivilrechtsstreit, so muß er die Wasserbenützung einstellen; die Erlaubnis nach Art. 42 schützt ihn nicht (vgl. auch Pözl II S. 69, Meisner S. 200, Meder Anm. 5 zum Art. 32). über die Entschädigungsforderungen entscheiden die Gerichte vorbehaltlich des Art. 195. Sie haben auch die Frage, ob eine unwiderrufliche Erlaubnis vorliegt und die Frage, ob die betreffenden Arbeiten nicht unter Art. 82 fallen, inzidenter mitzulösen (s. auch Ehmann Anm. 17). b) An Privatflüssen und Bächen. 1. Im Eigentum der Ufereigentümer (Art. 21).

Umfang der Nutzungen.

Art. 44.

Der Ufereigentümer darf das Wasser nur mit Rücksicht auf die Rechte der übrigen Ufereigentümer und der sonstigen Wasserberechtigten und unter den nachfolgenden Bestimmungen benützen. 1. Daß an Privatflüffen oder Bächen, die im Eigentum der Uferangrenzer stehen (Art. 21), das Nutzungsrecht des Flußeigentümers viel weitergehenden Be­ schränkungen unterliegt als an anderen Privatflüssen ist selbstverständlich. Das ergibt sich aus der Natur des Eigentumsobjektes; denn es ist klar, daß die Ver­ fügungsgewalt dessen, dem das ganze Flußbett samt der Wassersäule darin gehört, erheblich weiter reicht als die Herrschaft dessen, der sich mit einer Anzahl Gleich­ berechtigter in das Eigentum an den einzelnen Wassergrundstücken teilen muß. Dazu kommt, daß die Grenzen, bis zu denen das Eigentumsrecht des einzelnen reicht, zwar jederzeit bestimmbar, aber äußerlich nicht erkennbar sind und daß, da es sich nicht um natürliche, sondern um künstliche Grenzen handelt, bei dem stofflichen Zusammenhang der einzelnen Bestandteile des Waffergrundstücks Ver­ fügungen, die ein Eigentümer an seinem wasserbedeckten Grundstück vornimmt, in der Regel auch das eine oder andere ftemde wasserüberströmte Grundstück in Mitleidenschaft ziehen werden. Wenn auch von einem Miteigentum der einzelnen Berechtigten am Flusse nicht die Rede sein kann (s. Anm. 4 zum Art. 21), so besteht doch unter ihnen eine weitgehende Interessengemeinschaft, an der das Gesetz nicht gleichgültig vorübergehen konnte. 2. Auch das Eigentumsrecht des Uferangrenzers an dem ihm nach Art. 21 zufallenden Flußteil ist grundsätzlich unbeschränkt; es umfaßt vor allem das Recht zur Errichtung von Wasserbenützungsanlagen, soweit nicht Art. 37 f., 50 ff., 76 ff. entgegenstehen. Das Gesetz mußte aber im Interesse der übrigen Berechtigten dieses Eigentumsrecht in engere Schranken zwängen als das z. B. bei den Privat­ flüssen des Staates notwendig war (vgl. BGE. 15 S. 29). Eine Loslösung des Harster-Eassimir, Wassergesrtz. 19

aus dem Eigentum fließenden Rechtes vom Ufergrundstück ist nicht möglich, da­ gegen ist die Übertragung der Ausübung des Nutzungsrechts an dritte zulässig (VGE. 26 S. 338). Der Ufereigentümer darf nach Art. 44 das Wasser des wasserüberströmten Teils seines Grundstücks nur mit Rücksicht auf die Rechte der übrigen Ufereigen­ tümer und der sonstigen Wasserberechtigten und innerhalb der durch Art. 45 ge­ zogenen Schranken benützen. Das Gleiche gilt von den dem Eigentümer gleich­ gestellten Berechtigten des Art. 210. Der Verpächter ist für Nachteile mitver­ antwortlich, die der Pächter andern Berechtigten zufügt (RG. 47 S. 162). Die „sonstigen Wasser berechtigten" des Art. 44 sind die Personen, die Rechte am Wasser haben, also nicht die lediglich zum Gemeingebrauch Be­ fugten, wohl aber die Inhaber besonderer Nutzungsbefugnisse (s. Anm. 1 Ziff. 1 a. E. zum Art. 45); Besonderes gilt für die Trift (s. Art. 33) und für die Fischereiberechtigten (s. Art. 109).

Nur die Rechte dieser Beteiligten muß der Ufereigentümer bei seiner Wasser­ nutzung berücksichtigen. Eine Beeinträchtigung ihrer Interessen enthält aber noch keinen Eingriff in ihre Rechte (Schenkel S. 229, Nieberding-Frank S. 254). über die Zuführung schädlicher flüssiger oder fester Stoffe vgl. Art. 37 f. Die Eigentumsbeschränkungen des Art. 44 sind als solche strikt zu inter­ pretieren; es ist also nicht zulässig, weitere Einschränkungen durch polizeiliche Verfügungen nach Art. 206 Abs. 2 zu treffen (a. M. Eymann Anm. 1, der behauptet, das Recht der Ufereigentümer auf die besonderen Nutzungen am Flusse und die Ausschließung anderer folge erst aus dem Art. 44, nicht aus dem Eigentum am Gewässer). 3. Die Art. 44 und 45 bilden ein untrennbares Ganzes. Ihre Trennung scheint nur aus Pietät gegenüber dem WBG. (Art. 39 und 54) erfolgt zu sein. Der Kern dieses Ganzen liegt im Art. 45. Art. 44 sagt nichts, was nicht bereits in diesem enthalten wäre, er faßt vielmehr nur das, was Art. 45 weiter ausführt, in einem Gedanken zusammen und setzt über das im Art. 45 behandelte Kapitel die Überschrift: „Rücksicht auf die Rechte der übrigen Ufereigentümer und sonstigen Wasserberechtigten". Das Gesetz wollte also dem Flußeigentümer nicht außer den Fällen des Art. 45 noch eine erzwing­ bare allgemeine Verpflichtung zur Rücksicht auf die andern Ufereigentümer usw. auferlegen (a. M. Eymann Anm. 1). Wenn ein Ufereigentümer, dem beide Ufer gehören und der darum zur Benützung des gesamten Wassers berechtigt ist, diese Benützung in einer Weise ausübt, daß der größte Teil des Wassers verbraucht wird und nicht mehr in den Fluß gelangt, so hält sich diese Benützung nicht nur im Rahmen des Art. 45, sondern auch, was Eymann leugnet, in dem des Art. 44 und nur das Ausgleichsverfahren nach Art. 65 ff. vermag hier Wandel zu schaffen (s. auch VGE. 15 S. 30 und 26 S. 342).

Es kann daher im übrigen hier auf Art. 45 Bezug genommen werden.

Art. 45. Sofern nicht Lokalverordnungen, Herkommen oder besondere Rechtsver­ hältnisse eine Ausnahme begründen, darf jeder Ufereigentümer das an seinem Grundstücke vorüberfließende Wasser nur so benützen, 1. daß keine einem anderen schädliche Stauung und keine Überschwem­ mung, Versumpfung, schädliche Austrocknung oder sonstige Beschädigung fremder Grundstücke und Anlagen verursacht wird und daß nicht zum Nach-

Abschnitt IV: A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 45. 291

teil anderer eine nutzlose Verschwendung oder eine willkürlich ungleichmäßige Ausnützung des Wassers stattfindet, 2. daß dem Wasser, soweit es durch die Benützung nicht verbraucht ist, der Abfluß in das eigentliche Bett des Flusses gegeben wird, bevor dieser das Ufer eines fremden Grundstücks berührt. Abs. 2. Zu einer Abweichung von vorstehenden Bestimmungen kann von der Verwaltungsbehörde die Ermächtigung erteilt werden, im Falle der Ziff. 1 dann, wenn der Nutzen der Anlage den zu befürchtenden Schaden erheblich überwiegt und Entschädigung gewährt wird, im Falle der Ziff. 2 dann, wenn durch die Ableitung des Wassers anderen Beteiligten kein Nachteil zugeht.

Abs. 3. Sind die Eigentümer mehrerer aneinandergrenzenden Ufer­ grundstücke über eine Anlage oder Wasserbenützung einverstanden, so werden diese Grundstücke bei Anwendung der vorstehenden Beschränkungen als ein einziges Grundstück betrachtet. Abs. 4. Gehören die gegenüberliegenden Ufer verschiedenen Eigentümern, so hat jeder das Recht zur gleichheitlichen Benützung des Wassers. Die gesetzliche« Beschränkungen des Flutzeigentums. Anm. 1. Die Verbote (Abs. 1 Zisf. 1). über das Verhältnis der Art. 44 und 45 s. Ziff. 3

der Bem. zum Art. 44.

Unzulässig ist

1. eine Wasserbenützung, die eine einem andern schädliche Stauung oder eine Überschwemmung, Versumpfung, schädliche Aus­ trocknung oder sonstige Beschädigung fremder Grundstücke ver­ ursacht.

Den Ausdruck Stauung statt des bisher gebräuchlichen Wortes Rückstau (Art. 54 WBG.) hat das Gesetz gewählt, um damit die nachteilige Wirkung nicht nur für ein flußaufwärts, sondern auch für ein flußabwärts gelegenes Grundstück oder Triebwerk zu kennzeichnen. Die Stauung ist erlaubt, wenn sie andern keinen Schaden zufügt. Geringe Unbequemlichkeiten müssen mit in Kauf ge­ nommen werden. Der mittlere Wasserstand spielt dabei keine Rolle (vgl. OGH. 10 S. 106). Ob die Stauung die Eigentumsgrenze des Stauenden überschreitet oder nicht, ist gleichgültig; Gefällsveränderungen sind besonders flußaufwärts oft auf weite Strecken nachweisbar. Zulässig ist auch die unschädliche Aufstauung des Wassers durch den Flußeigentümer, um es gefrieren zu lassen und dann das Eis wegzuschaffen. Die mit polizeilicher Genehmigung erfolgte Errichtung einer Stauanlage ist nicht schon an sich wegen der mit ihr notwendig verbundenen Gefahr als ein den Eigentümern der Ufergrundstücke gegenüber widerrechtliches Unternehmen anzusehen, sie wird aber widerrechtlich, wenn die Anlage so aus­ geführt wird, daß sie die bei einer Stauanlage unvermeidliche Gefahr vergrößert (OGH. N. F. 3 S. 1001 ff.). Überschwemmungen treten ein, wenn bei Hochwasser das Wasser eines Flusses über die Ufer tritt; das Gebiet, das zu beiden Seiten des Flusses zwischen dem Rande der Ufer und der äußersten Überschwemmungsgrenze liegt, heißt Überschwemmungsgebiet. Überschwemmungen können entweder durch die ursprüngliche Geländeform und Bodenbeschaffenheit veranlaßt sein oder aber — um solche Fälle handelt es sich hier — durch künstliche Einbauten in das Fluß­ bett hervorgerufen, zum mindesten in ihrer Wirkung erheblich verstärkt werden, 19*

wenn durch die Einbauten das Flußprofil zu sehr eingeengt und der Hochwaffer­ abfluß gehemmt wird. Bon einer Versumpfung spricht man, wenn das Wasser, das auf einem Boden still steht (stagniert), auf natürliche Weise nicht oder nicht recht­ zeitig abgeführt werden kann. Im ersteren Falle liefert der Boden zumeist keinen, im zweiten einen unsicheren und sehr geringen Ertrag. Über das Ent­ stehen von Versumpfungen ist folgendes zu bemerken. Ein Bach oder Fluß bildet für sein Niederschlagsgebiet die Vorflut, d. h. den Rezipienten zur Aufnahme des von dem Boden oberirdisch oder unterirdisch abfließenden Wassers; die Sohle des Wasserlaufes ist daher die tiefste Stelle zwischen den einzelnen Wasserscheiden. Sobald sich aus irgend einem Grunde die Sohle des Wasser­ laufes erhöht, so daß eine Ableitung des Wassers von den angrenzenden Ländereien nicht möglich ist, verlieren diese ihre natürliche Vorflut; das Wasser staut sich in dem Boden an, es stagniert und der Boden wird versumpfen. Eine der häufigsten Ursachen der Versumpfung bildet das Vorhandensein von Stau­ anlagen, die sowohl für Triebwerke als auch für Bewässerungsunternehmungen häufig in Bäche und Flüsse eingebaut werden. Namentlich bei geringen Fluß­ gefällen können Stauwerke eine weitreichende Erhöhung des Wafferstandes Hervor­ rufen, die bei festen Wehren infolge der Ablagerungen von Sinkstoffen und der dadurch bewirkten Sohlenerhöhung des Wasserlaufes im Laufe der Zeit oft be­ trächtlich über die ursprünglich zugelassene Grenze hinausgeht. Diesen Mißständen kann bis zu einem gewissen Grade am zweckmäßigsten dadurch begegnet werden, daß man feste Wehre, wenn überhaupt, nur in Verbindung mit einer genügenden Anzahl von Durchlaßöffnungen (Freiarchen) zur Ausführung bringen läßt, durch die die vor dem Wehre abgelagerten Sinkstoffe bei Hochwaffer abgeführt und nachteilige Stauwirkungen bei den wechselnden Wafferständen durch Regulierung der Stauhöhen mittels Schleusen nach Möglichkeit vermieden werden können (vgl. Anm. 1 zu Art. 48). Besonderer Vorsicht bedarf es auch bei der Abänderung oder völligen Beseitigung bestehender Stauanlagen zum Zwecke der Verbesserung der Borflut. Hiebei spielt die Besorgnis, daß für das unterhalb des Wehres gelegene Gelände die Hochwassergefahr nach Beseitigung des Staues größer werden könnte, eine wichtige Rolle. Richtig ist, daß nach der Beseitigung einer Stauanlage für die untere Flußstrecke die größte Hochwaffermenge namentlich dann merkbar vermehrt wird, wenn in Verbindung mit einem höheren Wehre noch ein Sammelbecken zur Auf­ nahme größerer Wassermassen vorhanden war. Dafür läuft anderseits das Hochwaffer schneller ab und stellt sich früher ein niedriger Wasserstand ein, weil keine Auf­ speicherung des Wassers mehr stattfindet. Die Vor- und Nachteile dieser Ver­ änderungen müssen von Fall zu Fall abgewogen werden. Ganz genaue Berech­ nungen lassen sich hier nur selten anstellen, gütliche Vereinbarungen unter den beteiligten Interessenten werden am ehesten zum Ziele führen. Bei der Überschwemmung wie bei der Versumpfung ist der Nachweis einer schädlichen Einwirkung nicht erforderlich; diese wird ohne weiteres vermutet (vgl. auch Eymann Anm. 11). Versumpfungen sind immer schädlich; Überschwem­ mungen dagegen sind in gewissen Gegenden wegen des Gehaltes des Wassers an düngenden Stoffen oft sehr erwünscht und nutzbringend. Die vorsätzliche oder fahrlässige Herbeiführung einer Überschwemmung mit gemeiner Gefahr für Menschenleben oder für das Eigentum ist nach §§ 312—314 RStGB. strafbar. Über die Verpflichtung der Besitzer von Stauanlagen zur Öffnung der Schleusen, wenn das Wasser die Stauhöhe zu überschreiten droht, vgl. Art. 55. Das Verbot der Herbeiführung einer schädlichen Austrocknung wurde auf den Antrag des RefRK. in das Gesetz ausgenommen, nachdem die AK. es für Privatflüsse im Eigentum dritter im Art. 47 aufgestellt hatte (RRA. S. 192).

Abschnitt IV: A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen. Art. 45.

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Auch sonstige Beschädigungen fremder Grundstücke und Anlagen sind unstatthaft, über den Begriff Anlage s. Anm. 4 zum Art. 42.

Fremde Grundstücke sind alle Grundstücke, die nicht im Eigentum des Flußeigentümers stehen, mag er auch Rechte anderer Art daran haben. Siehe aber auch Abs. 3 und Eymann Anm. 14. Unter den „andern", die nicht geschädigt werden dürfen, sind nicht nur die andern Flußeigentümer zu verstehen, sondern alle, die Rechte am Wasser haben, und wohl auch die Fischereiberechtigten (ebenso Eymann Anm. 16; a. M. der Staatsmin. d. I. RRA. S. 193). Wer nur ein Interesse, aber nicht ein Recht am Wasser hat, kommt als Beteiligter nicht in Betracht (et. M. Peyrer S. 290). Der Gemeingebrauch (Art. 26) gibt kein Recht am Wasser. L. eine nutzlose Wasserverschwendung zum Nachteil anderer. Die Bestimmung ist dem § 20 des österreichischen Wasserrechts, dem § 14 des badischen und dem Art. 40 Abs. 2 Ziff. 3 des Württembergischen WG. nachgebildet. Die Schädigung anderer genügt allein nicht; denn der Flußeigentümer ist an und für sich nicht verpflichtet, anderen überhaupt eine Waffermenge vom Flusse oder gar eine bestimmte zukommen zu lassen, aber er ist zu einer Verfügung über das Wasser nicht berechtigt, durch die es verschwendet wird, ohne daß ihm selbst dadurch ein Nutzen entstünde. Der Grad des Nutzens ist bedeutungslos. Wenn überhaupt ein Nutzen für den Flußeigentümer, und sei er auch noch so gering, nachweisbar ist, kann von einer nutzlosen Wasserverschwendung keine Rede sein. Es ist also nicht zulässig, den Nutzen, den der Flußeigentümer, hat, und die anderen durch seine Benützung entgehenden Vorteile gegeneinander abzuwägen. Der Nutzen braucht auch nicht notwendig wirtschaftlicher Natur sein; auch ein Springbrunnen gewährt z. B. einen Nutzen im Sinne des Art. 45 )KorrefRK. S. 75 und Erkl. des K. Staatsmin. d. I. RRA. S. 193, ferner Eymann Anm. 16). Nutzlos ist also gleichbedeutend mit zwecklos. Im Ausgleichsverfahren kann auch eine nicht nutzlose Wasserverschwendung untersagt werden. Nach der Begründung (S. 558 I) will das Gesetz vor allem der bei Wässerungen der Wiesen nicht selten obwaltenden Wasserverschwendung vorbeugen. „Auf die Ver­ meidung einer Wafferverschwendung wird schon bei der Erteilung der Genehmigmtg zum Neu- oder Umbau von Wasserbenützungsanlagen durch Auflage der Her­ stellung entsprechender Werkeinrichtungen hinzuwirken sein." Die durch die Beibehaltung veralteter schlechter Einrichtungen verursachte Wasservergeudung fällt nicht unter Art. 45; der Besitzer der Anlage kann nicht gezwungen werden, sie allen Fortschritten der Technik anzupassen (vgl. württemb. VollzVorschr. § 100, Peyrer S. 290). Bei genehmigungspflichtigen Änderungen können aber entsprechende Auflagen gemacht werden (Art. 50 f.); ebenso sind im Ausgleichsverfahren Ausnahmen von dieser Regel möglich (s. Anm. 2 zum Art. 66). über die Bedeutung des Wortes „andere" vgl. Ziff. 1. 3. eine willkürlich ungleichmäßige Ausnützung des Wassers zum Nachteil anderer. Vorbild für diese Bestimmung war gleichfalls das österreichische Wasserrecht (§ 20) und der Art. 40 Abs. 2 Ziff. 3 des württ. WG., der „jede unnötige Störung der Gleichmäßigkeit des Wasserlaufs" verbietet. Durch diese Vorschrift „soll dem bei Triebwerken mit zu breiten Kanälen besonders in wasserarmen Sommern beliebten zeitweisen Ansammeln und plötzlichen Ablassen des Wassers, wodurch die unterhalb gelegenen Triebwerke und Ufer­ grundstücke in ihrem gleichmäßigen Wasserbezuge geschädigt werden, vorgebeugt werden" (Begr. S. 558 I). Der Triebwerksbesitzer darf also bei wasserarmen Bächen nicht plötzlich, sondern nur langsam anstauen, um den weiter unten gelegenen

Triebwerken das nötige Betriebswasser nicht zu entziehen. Bgl. auch Art. 55, 70, 164 und OGH. 6 S. 578; ferner Peyrer S. 285 ff. Als „willkürlich" kann nur die Störung der Gleichmäßigkeit des Waffer­ ablaufs angesehen werden, die dem Störenden keinen Nutzen bringt. Siehe hierüber die Ziff. 2 dieser Sinnt. Der geringste Vorteil für den Flußeigentümer fällt ausschlaggebend zu seinen Gunsten in die Wagschale und wiegt zusammen mit dem Eigentumsrechte alle Interessen anderer auf. Eine Abhilfe ist nur im Ausgleichsverfahren möglich. über die Bedeutung des Wortes „andere" vgl. Ziff. 1. Nicht verboten sind durch Art. 45 Tieferlegungen des Wasserlaufs, die eine Senkung des Grundwasserspiegels der Nachbargrundstücke zur Folge haben (Schenkel S. 228 f.); vgl. aber Art. 19. Eine ungleichmäßige Ausnützung des Wassers zum Nachteil anderer Beteiligter liegt auch vor, wenn an einem Werkkanale eine Reihe von Triebwerken hintereinanderliegen und der oberste Triebwerksbesttzer von der für seine Kraft­ anlage äußerst wirtschaftlichen hydraulischen Akkumulierung Gebrauch macht, d. h. während der Zeit, wo der Betrieb ruht, z. B. bei der Nacht, das Betriebswasser nicht unausgenützt nach dem unterhalb gelegenen Triebwerke ab­ fließen läßt, sondern es in einem Stauweiher oberhalb seines Wehres zurückhält, um dann während des Tages eine um so größere Wassermenge während mehrerer Stunden ausnützen zu können. Die Folge davon ist, daß die unteren Triebwerks­ besitzer ihr Betriebswasser zeitweise gar nicht oder ganz unregelmäßig erhalten und auf das Empfindlichste in ihrem Betriebe gestört werden. Durch eine der­ artige Akkumulierung wird nicht nur das ganze Abflußsystem desjenigen Gerinnes, an dem die Stauanlage mit den verschiedenen Triebwerken liegt, in Unordnung gebracht, sondern auch der Abfluß des Flußlaufes, in den das Gerinne einmündet. Solche störende Einwirkungen machen sich zuweilen noch viele Kilometer fluß­ abwärts bemerkbar, wenn der Fluß ohnehin nur eine geringe Wassermenge führt. Vor kurzem hat nun Ingenieur Fritz Golwig in Wien ein Verfahren angegeben, bei dessen Anwendung die hydraulische Akkumulierung in beliebigem Umfange vorgenommen werden kann, ohne daß hierdurch die Rechte und der Betrieb der unterhalb liegenden Kraftanlagen im mindesten beeinflußt würden. Dieses Ver­ fahren (Osterr. Patent F. Golwig Nr. 26 478) besteht im wesentlichen darin, daß bei jeder Anlage, bei welcher zu bestimmten Zeiten das Wasser zurückgehalten werden soll, unterhalb der Triebwerksanlage ein zweites (Kompensations-) Becken von gleich großem Fassungsraum wie das obere (Stau-) Becken errichtet wird, und daß zusammenwirkend mit diesen beiden Becken selbsttätige Reguliervorrichtungen angebracht werden, welche ununterbrochen bewirken, daß der sekundliche Wasserausfluß aus dem unteren Becken in jedem Augenblicke gleich gemacht wird dem jeweiligen sekundlichen Wasserzufluß aus dem Flusse in das obere Becken (vgl. neben­ stehende SkiM). Nach­ dem das untere Becken ein einziges Mal am besten bei einem höheren Wasserstande gefüllt ist, spielt sich der Betrieb automatisch ab, wobei es ganz gleichgültig ist, wie viel Wasser und wie lange dasselbe im oberen Staubecken zurückgehalten wird, wenn nur die beiden Becken dem Konsum entsprechend genügend groß bemessen werden. Wird z. B. in der Nacht gar keine Kraft gebraucht, so speichert sich

Abschnitt IV: A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 45. 295

das gesamte Wasser im oberen Becken auf. Während dieser Zeit der Aufspeicherung fließt aus dem Vorrat des unteren Beckens kontinuierlich so viel Wasser pro Sekunde ab, als aus dem Flußlaufe in das obere Becken gerade zufließt und dort zurückgehalten wird. Während also das obere Becken sich füllt, entleert sich das untere Becken in der gleichen Zeit; wird dagegen das obere Becken durch den Verbrauch des aufgespeicherten Wassers bei Tage wieder entleert, so füllt das abfließende Wasser wiederum das untere Becken. Über die näheren Einzelheiten der Reguliervorrichtungen gibt die im Selbst­ verläge des Verfassers erschienene Abhandlung „Methoden zur Wafferaufspeicherung, ohne unterhalb befindliche Wafferrechte zu stören", von Ingenieur Fritz Golwig in Wien, 1906, den nötigen Aufschluß. A»M. 2.

DaS Gebot der Zurückleitung des «icht verbrauchte« Wassers (Abs. 1

Ziff. 2). 1. Die Frage, ob der Flußeigentümer das Recht hat, den Fluß ganz zu verbrauchen, ist grundsätzlich zu bejahen; denn der Unterlieger hat zwar ein Recht am Wasser, wenn es da ist, aber nicht ein Recht auf das Wasser, das sein Grundstück noch nicht erreicht hat. Allein das aus der grundsätzlichen Schrankenlosigkeit des Privateigentums abzu­ leitende Verbrauchungsrecht ist wohl nur von theoretischer Bedeutung. Gesetz­ liche Beschränkungen nehmen ihm für die Praxis fast jeden Wert. Zunächst greift es natürlich schon dann nicht Platz, wenn der Ufereigentümer nicht auch Eigen­ tümer des am jenseitigen Ufer liegenden Grundstücks ist, da er sich dann nach Abs. 4 mit seinem Gegenüber in die Wasserbenützung teilen muß. Ferner ist es kaum denkbar, daß die völlige Verbrauchung ohne eine andern schädliche Aus­ trocknung, nutzlose Wasserverschwendung oder willkürlich ungleichmäßige Aus­ nützung des Wassers abgehen wird, in welchem Falle die Verbrauchung nach Abs. 1 Ziff. 1 unzulässig wäre. Die Beschädigung frember Grundstücke ohne die eben erwähnten Begleiterscheinungen durch die bloße Wafferentziehuug steht aber der Verbrauchung ebensowenig entgegen als die durch Art. 44 allgemein anbefohlene Rücksicht auf die Rechte der übrigen Eigentümer und sonstigen Wafferberechtigten (s. Ziff. 3 der Bem. zum Art. 44). Weitere Beschränkungen enthalten die Art. 48 und 49. Über das Verbrauchungsrecht vgl. noch Pözl II S. 147, Meisner S. 233, RG. 38 S. 277, 47 S. 291, SeuffA. 34 N. 267, OGH. 2 S. 240, aber au$ VGE. 12 S. 295, Reuß S. 115 f., Oertmann § 96 2 b ßß, Dernburg 3 § 136, 2 Anm. 19, Emil Huber S. 61 d, Eymann Anm. 18. Der Flußeigentümer ist auch berechtigt, Flußwaffer in einem Wasserreservoir zu sammeln oder es in einen Eisweiher einzuleiten und es in gefrorenem Zustande aus diesem zu entfernen, um es zu nutzen. Auf die Menge des gewonnenen Eises kommt es, soweit Art. 45 Abs. 1 nicht im Wege steht, nicht an (vgl. KorrefAK. S. 24 f. und ABAK. S. 170).

2. Dem durch die Benützung nicht verbrauchten Wasser muß der Abfluß in das eigentliche Bett des Flusses gegeben werden, bevor dieser das Ufer eines fremden Grundstücks berührt. Mit den Worten „eigentliches Bett" soll angedeutet werden, daß das Flußbett an der Stelle, wo es ein fremdes Grundstück berührt, nicht verändert werden darf (Eymann Anm. 19). Über den Begriff Grundstück vgl. Anm. 12 Ziff. 2 zum Art. 16. Die Katasterplannummern desselben Eigentümers bilden nach Abs. 1 Ziff. 2 ein Ganzes, das nach Abs. 3 auch noch durch die Grundstücke anderer Eigentümer vergrößert wird, die mit jenem über die Anlage oder die Wasserbenützung ein­ verstanden sind. Fremd sind dagegen alle Grundstücke, die nicht dem Be-

rechtigten zu Eigentum gehören, gleichviel welche Rechte an diesen Grundstücken ihm sonst zustehen mögen. Noch innerhalb des auf der gleichen Uferseite gelegenen Grundbesitzes des das Waffer Benützenden oder innerhalb des nach Abs. 3 erweiterten Grundkom­ plexes muß die Rückleitung ins Flußbett erfolgt sein, sonst ist nach Abs. 2 eine Ermächtigung der Verwaltungsbehörde zur Wassernutzung nötig (vgl. VGE. 12 S. 23, Baumert S. 40 f., RG. 49 S. 86, Eymann Anm. 20; a. M. Peyrer S. 225). Berührt der Fluß dasselbe Grundstück mehrmals derart, daß sich zwischen den einzelnen Krümmungen fremde Grundstücke einschieben, so muß die Rückleitung vor der ersten Berührung mit einem fremden Grundstück erfolgen. Da, wo der Fluß an das Grundstück wieder herantritt, ist eine neue Wafferbenützung zulässig (Eymann Anm. 20). Die Zurückleitung des nicht verbrauchten Wassers in das Bett des Muffes ist nicht immer möglich. Der KoxrefRK. führte hierüber anschließend an sein Referat (S. 75) im RRA. (S. 193) aus, „es kämen Fälle vor, in denen große Bäche, insbesondere kurz vor ihrer Mündung in einen Fluß so hoch über der Talsohle flössen, daß das Wiesenland am Ufer unter dem mittleren Wasserstande, ja vielfach unter der Sohle des Baches gelegen sei und bei dem zumeist über­ mäßigen Bewässern der Ufergrundstücke das Waffer, da es nicht mehr in den Bach zurückgeleitet werden könne, auf die rückwärts noch tiefer gelegenen Grundstücke in der Niederung gelange und hier, da es wegen des geringen Gefälles nicht mehr abgeleitet werden könne, Versumpfung dieser Grundstücke Hervorrufe; da die Ufereigentümer für ihre Bewässerung und die Art derselben sich auf Her­ kommen und erworbene Rechte berufen könnten, so sei bisher ein Einschreiten seitens der Verwaltungsbehörden nicht zu erreichen gewesen. Der Schaden sei aber für die rückwärts liegenden Grundstücke ganz außerordentlich". Der Ver­ treter der K. Staatsregierung erwiderte hierauf, der Ufereigentümer sei den öffentlichrechtlichen Beschränkungen der Ziff. 1 und 2 unterworfen, soferne nicht eine andere Benützung durch Lokalverordnungen, Herkommen oder besondere Rechtsverhältnisse zulässig sei. Die Einfügung einer Bestimmung, daß trotz eines solchen besonderen Rechts der Oberlieger dem Unterlieger seinen Schaden ersetzen müsse, mache das Recht des Oberliegers illusorisch, übrigens könne in ähnlichen Fällen wohl nach Art. 48 oder durch technische Maßnahmen abgeholfen werden. Wenn die Zurückleitung des nicht verbrauchten Wassers ins Flußbett nicht möglich ist, so ist vorbehaltlich des Abs. 2 die Waffernutzung nicht statthaft (VGE. 15 S. 31), wenn nicht Lokalverordnungen, Herkommen oder besondere Rechtstitel ein Recht zur Nutzung begründen (vgl. auch Art. 17). Ist das nicht verbrauchte Wasser in schädlicher Weise verunreinigt, so gelten für die Zurückleitung die Art. 37 f. (vgl. württ. Motive S. 99). Die Verwendung des Flußwassers für ein Grundstück, das nicht am Ufer liegt und auch nicht mit dem Ufergrundstück nach Ws. 3 eine Rechtseinheit bildet, ist nicht zulässig. Es kann daher auch das Wasser für eine städtische Wasserleitung in der Regel nicht aus einem Privatfluß entnommen werden, da es hier kaum möglich sein wird, dem Abs. 1 Ziff. 2 zu genügen (Meisner S. 238, s. auch VGE. 26 S. 338).

A«M. 3. Ausnahme« von de» Verbote« der Ziffer 1 «nd dem Gebote der Ziffer 2 deS Abs. 1. Die Eigentumsbeschränkungen fallen weg, wenn Lokalverordnungen, Herkommen (s. Anm. 1 Ziff. 2 zum Art. 32) oder besondere Rechtsverhältnisse wie Vertrag, Verzicht, Verjährung (s. OGH. 2 S. 243, US. 573, N. F. 6 S. 76) dies bedingen oder wenn die Verwaltungsbehörde zu einer dem Abs. 1 zuwiderlaufenden Wafferbenützung die Ermächtigung erteilt (Abs. 2).

Abschnitt IV: A. Besondere Nutzungen ausschließlich bet Stauanlagen.

Art. 45. 297

S. übrigens auch Art. 207. Die besonderen Rechtsverhältnisse können auch künftig neu geschaffen werden. Lokalverordnungen und Herkommen Wider das Gesetz aber konnten nach dem 7. Oktober 1852 nicht mehr entstehen. Der Ansicht Eymanns (Anm. 1 und 5), daß alle Ausnahmen von der Regel des Art. 45 öffentlichrechtlicher Natur seien, kann nicht beigetreten werden; sie werden wohl im Gegenteil in der Regel privatrechtlichen Charakter tragen, da sie eine Be­ seitigung öffentlichrechtlicher Schranken des Privateigentums darstellen. Ein Vertrag, Verzicht, Vergleich usw. über die dem Beschädigten aus Art. 45 er­ wachsenden Schadensersatzansprüche gehört Wohl zweifellos dem Privatrecht an (vgl. OGH. N. F. 6 S. 76). Das Gleiche gilt vollends, wenn der Flußeigentümer weitergehende Verpflichtungen als die des Art. 45 auf sich nimmt; denn hier steht nicht eine Modifikation der Verpflichtungen des Art. 45, sondern ein Verzicht auf Eigentumsbefugniffe in Frage. Die Form solcher Verträge usw. bestimmt sich nach dem geltenden Privatrecht, wenn die betreffenden Rechtsgeschäfte diesem angehören (a. M. Eymann, weil sie stets öffentlichrechtlicher Natur seien). A«M. 4.

DaS «ach dem Abs. 1 übrig bleibende Benutzungsrecht des User­ eigentümers. Soweit die einer ausdehnenden Auslegung nicht

fähigen Beschränkungen des Eigentumsrechts nach Art. 44 mit 45 Abs. 1 nicht reichen, darf jeder Ufereigentümer das an seinem Grundstücke vorüberfließende Wasser in jeder beliebigen Weise benützen. Der Ausdruck „am Grundstück vorüberfließendes Wasser" ist eigentlich unzutreffend; denn das Wasser fließt nach Art. 21 nicht am Grundstück vorbei, sondern es fließt über das Grundstück und der Fluß ist samt seinem Bette kein selbständiges Grundstück, sondern ein Bestandteil der bei verschiedenen Eigentümern sich bis zur Flußmittellinie ausdehnenden Ufergrundstücke (vgl. auch Meisner S. 229, 233). Der Ufereigentümer darf das Wasser nicht nur für sein Ufergrundstück, sondern auch für alle hinter diesem gelegenen, ihm gehörigen und mit dem Ufergrund­ stücke räumlich zusammenhängenden Grundstücke zu landwirtschaftlichen, industriellen, gewerblichen oder anderen Zwecken benützen. Den Eigentümern fremder Grundstücke darf er das Wasser nicht überlassen; Abs. 3, der nur von Ufergrund­ stücken handelt, ist nicht anwendbar, über das Verbrauchungsrecht vgl. Anm. 2 Ziff. 1, über die Rechte der Hinterlieger die Art. 157 und 160.

Weitere Eigentumsbeschränkungen enthalten die Art. 26 (Gemein­ gebrauch) und 37 ff. (Reinhaltung der Gewässer). Rücksicht zu nehmen ist aber nur auf die Gemeingebrauchsbefugnis der Allgemeinheit, nicht auf die Ausübung des Gemeingebrauchs durch den einzelnen; denn dieser hat weder ein Recht am Wasser, noch ein Recht auf das Wasser (s. Anm. 9 zum Art. 26; vgl. auch Begr. S. 557 II). AMU. 5.

Die Ermächtig««- der Berwalt««gsbehörde z« einer de« Abs. 1 z«widerla«fe«de« Wafferbeuützung (Abs. 2). 1. Die Verwaltungs­

behörde kann dem Flußeigentümer die Ermächtigung zu einer Wasserbenützung erteilen, die eine andern schädliche Stauung oder eine Überschwemmung, Ver­ sumpfung, schädliche Austrocknung oder sonstige Beschädigung fremder Grund­ stücke und Anlagen verursacht. Die weiteren Fälle der Ziff. 1 können kaum in Betracht kommen, weil die Voraussetzung der Ermächtigung ein erheblicher Nutzen ist, so daß also weder von einer nutzlosen Wafferverschwendung, noch von einer willkürlich ungleichmäßigen Ausnützung des Wassers die Rede sein kann. Die Ermächtigung darf nur dann erteilt werden, wenn der Nutzen der Anlage den zu befürchtenden Schaden erheblich überwiegt und wenn Entschädigung gewährt wird. Die Entschädigung wird nach Art. 195 festgesetzt vorbehaltlich des Rechts-

Wegs, über die Haftung der Entschädigung für Hypotheken usw. vgl. Art. 165. Entschädigungspflichtig ist der Gesuchsteller. 2. Die Verwaltungsbehörde kann ferner die Ermächtigung erteilen, daß von der Beachtung des Gebotes, das nicht verbrauchte Wasser ins Flußbett zurückzu­ leiten, bevor der Fluß das Ufer eines fremden Grundstückes berührt, Umgang ge­ nommen werde. Die Ermächtigung darf nur erteilt werden, wenn durch die Ab­ leitung des Wassers anderen Beteiligten kein Nachteil zugeht. Es kann z. B. ein Grundstück zwischen zwei Bächen liegen, von denen der eine etwas höher fließt als der andere, so daß es unmöglich ist, das Waffer nach der Bewässerung ins alte Bett zurückzuführen (f. Sinnt. 2, Pözl I S. 151). Das Gleiche gilt, wenn der bestehende Nachteil durch eine Entschädigung ausgeglichen wird (vgl. RRA. S. 193). Im übrigen gilt auch hier das vorhin über die Erteilung oder Versagung der Ermächtigung Ausgeführte. Über den Kreis der „Beteiligten" vgl. Sinnt. 1; zu den am Wasser Be­ rechtigten gesellen sich hier noch die Grundeigentümer, die in der Richtung der Wasserableitung liegen und durch diese geschädigt werden (Pözl I S. 151, II S. 149, Reuß S. 116, Pollwein Art. 54 Sinnt. 1, Meisner S. 238). 3. Die Erteilung oder Versagung der Ermächtigung liegt im pflichtmäßigen Ermessen der Verwaltungsbehörde. Die Verwaltungsbehörde kann die Erteilung der Ermächtigung an Bedingungen knüpfen und sie daher auch z. B. von der Leistung einer Sicherheit für die Entschädigung abhängig machen. Widerruflich ist die Ermächtigung nur dann, wenn der Bescheid dies aus­ drücklich sagt.

Der Flußeigentümer hat, auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 gegeben sind, niemals einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Ermächtigung; dagegen hat der, zu dessen Nachteil die gestattete Wafferbenützung gereicht, einen Rechts­ anspruch darauf, daß die Ermächtigung versagt werde, wenn jene Voraussetzungen nicht vorliegen. Wird dem Eigentümer die Ermächtigung versagt, so bleibt ihm in jedem Falle nur die Verwaltungsbeschwerde; wird sie erteilt, so steht dem Geschädigten oder mit Schaden Bedrohten, der geltend macht, daß die Er­ teilung zu Unrecht erfolgt sei, der Berwaltungsrechtsweg offen. Nach Eymann Sinnt. 23 hätte die Regierung, wenn sie der mit seinem Gesuch um die Ermächtigung Abgewiesene anruft, im verwaltungsrechtlichen Senate zu entscheiden, da hier auch die gesetzlichen Voraussetzungen der vorinstanziellen Ent­ scheidung nachzuprüfen seien. Das ist wohl nicht richtig. Wenn die Distrikts­ verwaltungsbehörde die Ermächtigung nicht erteilt, so ist ein bestrittener Rechts­ anspruch oder eine bestrittene Verbindlichkeit nicht in Frage und darum auch eine Verwaltungsrechtssache nach Art. 177 nicht gegeben; die Regierung kann also int Bureauweg entscheiden. Kommt sie zu dem Ergebnis, daß die Ermächtigung zu erteilen sei, so gibt sie der Distriktsverwaltungsbehörde die Weisung zur Durch­ führung des verwaltungsrechtlichen Verfahrens, wenn dies nicht schon geschehen ist. Erteilt diese nach Durchführung des verwaltungsrechtlichen Verfahrens die Ermächtigung und beschwert sich nun einer der Berechtigten mit der Behauptung, die Ermächtigung habe nicht erteilt werden dürfen, so liegt eine Berwaltungsrechtssache vor, die Regierung hat also jetzt int verwaltungsrechtlichen Senate zu entscheiden. Verweigert die Distriktsverwaltungsbehörde die Ermächtigung aber­ mals oder hatte sie schon vor der ersten Entscheidung das verwaltungsrechtliche Verfahren durchgeführt, so kann die Regierung nach Prüfung der Voraus­ setzungen im verwaltungsrechtlichen Senate die Ermächtigung erteilen. Eine Verwerfung der Beschwerde kann aber auch hier im Bureauwege erfolgen. Durch die Erteilung der Ermächtigung werden die Berechtigten ihrer

Abschnitt IV: A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 45. 299

negatorischen Ansprüche beraubt und auf die Geltendmachung ihrer Entschädigungs­ ansprüche verwiesen (s. Eymann Anm. 10). Die Ermächtigung schafft eine öffentlichrechtliche, verwaltungsrechtlich verfolgbare Benützungsbefugnis. In die besonderen Rechtsverhältnisse, die Abs. 1 vorbehält, kann die Verwaltungsbehörde nicht mit einer Ermächtigung nach Abs. 2 eingreifen (ebenso Eymann Anm. 22).

4. Für das Verfahren gelten die Art. 168—175; wird die Ermächtigung trotz Widerspruchs Berechtigter erteilt, so muß vorher das verwaltungsrechtliche Verfahren durchgeführt werden. Ob der Nutzen der Anlage den zu befürchtenden Schaden erheblich über­ wiegt und ob Entschädigung gewährt wird, ferner ob im Falle der Ziff. 2 anderen Beteiligten kein Nachteil zugeht, find Verwaltungsrechtsfragen. 5. Die Worte „wenn Entschädigung gewährt wird" bedürfen einer besonderen Betrachtung. Art. 45 Abs. 1 ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Zuwiderhandlungen machen also, wenn die übrigen Voraus­ setzungen des § 823 vorliegen, schadensersatzpflichtig. Wird nun nach Abs. 2 zu einer Abweichung von den Bestimmungen des Abs. 1 die Ermächtigung erteilt, so wird die unerlaubte Schadenszufügung zu einer erlaubten, Ansprüche auf den Ersatz dieses Schadens nach § 823 BGB. wären also ausgeschlossen. Das Gesetz will aber, daß dieser Schaden ersetzt werde. Diesen Zweck konnte es nicht dadurch erreichen, daß es wie z. B. im Art. 40 Abs. 2 Satz 3 etwaige Schadensersatzansprüche vorbehielt; denn, da es sich um ein erlaubtes Tun handelt, entstehen überhaupt keine zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche. Das Gesetz hat aber auch nicht den z. B. im Art. 37 Abs. 5 eingeschlagenen Weg gewählt, selbst eine von den §§ 823 ff. BGB. unabhängige Schadensersatzpflicht zu statuieren, sondern es hat angeordnet, daß eine Ermächtigung zu einer dem Art. 45 Abs. 1 zuwiderlaufenden Wasserbenützung nur dann erteilt werden dürfe, „wenn Ent­ schädigung gewährt wird". Darauf, daß andernfalls die Ermächtigung versagt werde, haben die von der Abweichung vom Grundsätze des Abs. 1 Betroffenen einen verwaltungsrechtlich verfolgbaren Anspruch. Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt, „wenn Entschädigung gewährt wird" heiße soviel wie „unter der Bedingung daß" dies geschieht. Bereits entstandene Beschädigungen werden im Regelfälle der vorherigen Er­ holung der Ermächtigung nicht in Betracht kommen; das Gesetz kann also nur wollen, daß die Verwaltungsbehörde die Ermächtigung nur unter der Bedingung erteile, daß der Gesuchsteller jeden nach Art. 45 Abs. 1 Ziff. 1 entstehenden Schaden ersetzen werde. Auch die Leistung einer Sicherheit hiefür kann ihm nach Art. 171 zugemutet werden. Entsteht nach der Erteilung der Ermächtigung ein Schaden, so ist Rechtsgrund hiefür nicht § 823 BGB., sondern der Ermächtigungs­ bescheid. Es ist daher auch nicht der Nachweis eines Verschuldens zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs erforderlich. Die Sache liegt ähnlich wie beim Art. 19 Abs. 3 (s. Art. 19 Anm. 5) und beim Art. 59 AG. z. BGB. Wird die Ersatzforderung dem Grunde nach bestritten, so entscheiden die Gerichte, ist nur der Betrag im Streite, so greift Art. 195 Platz. Ob die Entschädigung im Ermächtigungsbescheide wie vorgeschrieben zur Be­ dingung gemacht ist, ist eine Verwaltungsrechtsfrage. A»M. 6. Die Zusammeurechnuug mehrerer Grundstücke für die Anwendung deS Abf. t (Abi. 3). Mehrere aneinander grenzende Ufergrundstücke, deren Eigentümer über eine- Anlage oder eine Wafferbenützung einverstanden sind, gelten für die Anwendung des Abs. 1 (Ziff. 1 und 2) als ein einziges. Die Grundstücke müssen aneinander grenzen, und zwar muß ihre Berührung am Ufer

stattfinden; es dürfen also zwischen den aneinandergrenzenden Ufergrundstücken nicht fremde Ufergrundstücke liegen, deren Eigentümer mit der Wasserbenützung nicht einverstanden sind (ebenso Pözl II S. 148, Pollwein Art. 54 Anm. 1 a. E., Eymann Anm. 30). Ferner muß gefordert werden, daß die sämtlichen nach Abs. 3 in Betracht kommenden Grundstücke auf einer Uferseite liegen (VGE. 12 S. 23, Reuß S. 116, Meisner S. 237, Dernburg 3 § 136 Anm. 18, Preuß. Entw. § 66). Nur das Eigentum, nicht auch andere Rechte am Grundstücke vermitteln den Zusammenhang nach Abs. 3. Die Eigentümer der Grundstücke müssen mit der Anlage oder Wassernutzung einverstanden sein. Ein Vertrag ist nicht erforderlich, stillschweigende Zustimmung genügt. Streitigkeiten über den Inhalt und die Wirkung der Einverständniserklärung (Widerruflichkeit usw.) sind verwaltungs­ rechtlicher Natur (Eymann Anm. 31). Für das Genossenschaftswesen ist Art. 45 Abs. 3 von besonderer Bedeutung. Die Genoffen können sich das Wasser von Grundstück zu Grundstück zuleiten und müssen es erst da dem Flußbette zurückgeben, wo es die Grenze eines nicht zur Genossenschaft gehörigen Grundstückes berührt (vgl. VGE. 12 S. 296, Pözl I S. 150, Meisner S. 237). A«m. 7,

Das Wasserbenntzungsrecht der Eigentümer einander gegenüber­ liegender Ufergrnndftücke (Abs. 4). Das Wassereigentum ist durch

genau bestimmte Grenzen geteilt (vgl. Anm. 3 zum Art. 21). Nach diesen Grenzen bestimmt sich auch das Recht zur Entnehmung von Sand, Steinen, Pflanzen u. dgl. aus dem Flußbette (vgl. Peyrer S. 223). Im übrigen hat bei verschiedenem Eigen­ tum an den gegenüberliegenden Ufern jeder das Recht zur gleichheitlichen Benützung des Wassers, gleichgültig ob der Fluß nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 1 geteilt ist oder ob nach Art. 21 Abs. 1 andere Rechtsverhältnisse bestehen (s. auch Eymann Anm. 32). Mit dem Rechtsgrundsatze des Abs. 4 ist nicht gemeint, daß jeder das Wasser nur bis zur Flußmittellinie benützen dürfe (so z. B. Preuß. Entw. §§11 Ziff. 1 und 64); denn das wäre Praktisch kaum durchführbar; es hat vielmehr im Zweifel jeder ein Recht auf die Hälfte der Gesamt­ wassermenge. Vertragsmäßig kann natürlich auch anderes bestimmt werden. Das Recht auf die Hälfte des Waffers begründet kein Miteigentum an der Gesamtwaffermenge — an dieser ist ein Eigentum überhaupt nicht möglich —, sondern es ist, soweit es über die Grundstücksgrenze hinausgreift, ein durch Art. 45 Abs. 4 gesetzlich gewährleistetes öffentlich rechtliches Recht an fremder Sache. Vgl. über die Frage 1. 17 D. de servil. 8, 3, VGE. 12 S. 23, Preuß. Ges. vom 28. Februar 1843 § 14, Pözl I S. 152, II S. 150, Baumert S. 95, Reuß S. 119, Pollwein Art. 55 Anm. 1, Meisner S. 234 f., Oertmann § 96, 2 a, Dernburg 3 § 136, 2, Nieberding-Frank S. 250, Leuthold S. 148 f., Peyrer S. 157 a. E. u. 223 ff., Eymann Anm. 33. Für die Berechnung der Wasserhälfte ist die Uferstelle maßgebend, an der die Nutzung erfolgt; es entscheidet also nicht die oberste Stelle des Ufers (vgl. Meberding-Frank S. 250, Meisner S. 234). Der Ufereigentümer hat demnach die Hälfte des Waffers zu beanspruchen, das bei ordnungsmäßiger Benützung, ins­ besondere bei ordnungsmäßiger Zurückleitung des nicht verbrauchten Wassers an der Uferstelle, an der die Nutzung erfolgt, gerade im Fluß ist (a. M. Eymann Anm. 33, der annimmt, der Ufereigentümer habe die Hälfte des Wassers zu be­ anspruchen, das nach den natürlichen Verhältnissen an dem betreffenden Grundstück im Flusse sein sollte). Anlagen zur Wafferbenützung dürfen sich natürlich nicht auf das jenseits der Mittellinie gelegene Flußbett erstrecken, wenn nicht Privatrechte dies gestatten. Lokalverordnungen, Herkommen oder besondere Rechtsverhältnisse können auch

Abschnitt IV:

A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

hier etwas anderes bestimmen. den Fall des Abs. 4.

A«M. 8.

Art. 46.

301

Die Vorschriften der Abs. 1—3 gelten auch für

Strafbestimmung «nd ZwangSmastregel«. Eine Strafbestimmung enthält Art. 203 Ziff. 5. über Zwangsmaßregeln vgl. Art. 174 f.

Zuständigkeit. Nach Art. 177 sind Streitigkeiten über Rechts­ ansprüche und Verbindlichkeiten in den Fällen des Art. 45 Ver waltnngsrechtssachen. Der Abs. 2 ist in der Anm. 5 bereits besprochen worden, der Abs. 3 ist nur eine Ergänzung der vorausgehenden Absätze, er untersteht also mit diesen dem Berwaltungsrechtsverfahren. Abs. 1 gewährt dem Flußeigentümer einen verwaltungsrechtlichen Anspruch darauf, daß die im Gesetz enthaltenen öffentlichrechtlichen Schranken seines Eigentumsrechtes nicht unzulässig erweitert werden. Auf der anderen Seite hat der durch die Wafferbenützung des Flußeigentümers Benachteiligte einen verwaltungsrechtlich verfolgbaren Anspruch darauf, daß dieser die seinem Eigentumsrecht im Abs. 1 im öffentlichen Interesse gezogenen Schranken nicht überschreite (vgl. VGE. 3 S. 583, 5 S. 64, 15 S. 28, Pözl II S. 153, Reuß S. 114, 117, Meisner S. 236, 238, KorrefRK. S. 75). Auch Streitigkeiten nach Abs. 4 sind Verwaltungsrechtssachen (Pözl II S. 153, a. M. Reuß S. 119, Pollwein Art. 55 Anm. 2, Seydel 3 S. 263 Anm. 129, Becher S. 1056 Anm. 22, Meisner S. 235, 239); denn es handelt sich wenigstens zum Teil um ein durch Art. 45 Abs. 4 geschaffenes öffentlichrechtliches Nutzungs­ recht an fremder Sache (s. Anm. 7). Zur Entscheidung über die dem Privatrecht angehörigen Ausnahmen des Abs. 1 sind die Gerichte zuständig. Die Verwaltungsrechtsinstanzen können sie nur berücksichtigen, wenn sie liquid sind (Art. 170; s. auch VGE. 25 S. 41, Pözl II S. 152, Meisner S. 238). S. auch Anm. 3. Schadensersatzforderungen nach Art. 45 Abs. 1 sind von den Gerichten zu entscheiden, eine Entschädigungs­ feststellung nach Art. 195 findet nicht statt.

AttM. 9.

Internationales Recht. Art. 45 gilt nur für das bayerische Staatsgebiet. Den Anliegern eines Grenzflusses im fremden Staats­ gebiet erwachsen daraus keine Rechte, wenn nicht Staatsverträge etwas anderes be­ stimmen (Pözl II S. 151, Schenkel S. 237; vgl. auch Ullmann, Völkerrecht § 76).

A»M. 10.

2. Im Staatseigentum (Art. 23).

Art. 46.

Die Benützung der im Staatseigentum befindlichen Privatflüsse und Bäche (Art. 23) durch andere bemißt sich nach Art. 42 und 43. Für die Benützung der Staatsprivatflüsse nach Art. 23 durch andere gelten die Art. 42 und 43. Die Staatsprivatflüsse stehen also in dieser Mchtung den öffentlichen Gewässern völlig gleich. Im übrigen vgl. die Be­ merkungen zu den erwähnten Artikeln. „Der Beisatz: „durch andere" soll zum Ausdruck bringen, daß die Benützung der Privatflüsse des Staates in der in Art. 42 bezeichneten Weise nur einer be­ sonderen Erlaubnis bedarf, wenn die Benützung nicht durch den Staat als Eigentümer, sondern durch andere erfolgt" (Begr. S. 557 II; a. M. Eymann Anm. 10 zum Art. 42 und Anm. 1 zum Art. 46; vgl. auch Art. 50 Anm. 4). Geht ein Privatfluß nach Art. 24 ins Staatseigentum über, so findet von

nun an auf die Wafserbenützung nicht der Art. 47, sondern der Art. 46 An­ wendung. Erworbene Rechte bleiben unberührt. Der Staat muß sich also auch die vom bisherigen Eigentümer unwiderruflich eingeräumten Waffernutzungsrechte gefallen lassen (OGH. 7 S. 213). Ebenso fällt umgekehrt ein Staatsprivatfluß mit der Veräußerung an einen Privaten sofort unter die Art. 24 und 47 (ebenda, vgl. auch Anm. 1 zum Art. 24 und Ehmann Anm. le zum Art. 47).

3. Im Eigentum dritter (Art. 24).

Art. 47. Sofern nicht Lokalverordnungen, Herkommen oder besondere Rechts­ verhältnisse eine Ausnahme begründen, darf der Eigentümer eines Privat­ flusses oder Baches (Art. 24) dessen Wasser nur so benützen, 1. daß keine einem anderen schädliche Stauung und keine Über­ schwemmung, Versumpfung, schädliche Austrocknung oder sonstige Beschädigung fremder Grundstücke und Anlagen verursacht wird und daß nicht zum Nach­ teil anderer eine nutzlose Verschwendung oder eine willkürlich ungleichmäßige Ausnützung des Wassers stattfindet, 2. daß dem Wasser nicht eine andere Richtung gegeben wird, als wohin der bisherige Lauf geht. Ist jedoch der Eigentümer eines Privatflusses oder Baches zugleich Eigentümer eines Ufergrundstücks oder überläßt er die Benützung des Wassers einem Ufereigentümer, so findet die Bestimmung des Art. 45 Abs. 1 Ziff. 2 Anwendung. Abs. 2. Die Bestimmung des Art. 45 Abs. 2 findet Anwendung. Das Eigentum an den Flüssen nach Art. 24. Vgl. im allgemeinen die Bemerkungen zum Art. 24. Der Art. 47 betrifft die Privatflüsse und Bäche, die weder dem Staate, noch den Eigentümern der Ufergrundstücke, sondern anderen physischen oder juristischen Personen gehören. Das Eigentum am Wassergrundstück, d. h. am Flußbett mit der darin be­ findlichen Wassersäule, ist auch hier an und für sich schrankenlos. Der Eigen­ tümer darf danach den Fluß in jeder beliebigen Weise benützen und ihn auch ganz verbrauchen (vgl. hierüber auch die Anm. 2 Ziff. 1 zum Art. 45). Das Gesetz hat aber diesem Verfügungsrechte des Flußeigentümers beträcht­ liche Schranken gesetzt. Aus der Natur der einschlägigen Bestimmungen als öffentlichrechtlicher Einschränkungen des Privateigentums ergibt sich, daß sie nicht ausdehnend ausgelegt werden dürfen. Was diese Bestimmungen nicht verbieten, ist dem Eigentümer erlaubt, was sie ihm nicht gebieten, braucht er nicht zu beachten. Das Eigentumsrecht am Flusse umfaßt grundsätzlich auch das Recht zur Errichtung aller möglichen Wasserbenützungsanlagen (vgl. Pözl I S. 149, II S. 146, Meisner S. 236). Wenn aber hiezu, was die Regel fein wird, die Be­ nützung eines Ufergrundstücks nötig ist, so bedarf es natürlich eines diese Be­ nützung gestattenden Rechtes. Zur Errichtung von Stauanlagen oder Triebwerken mit gespannter Wasserkraft ist nach Art. 50 die vorgängige Genehmigung der Verwaltungsbehörde erforderlich (vgl. auch die Art. 51 — 56). Über die Zu­ führung schädlicher flüssiger oder feste Stoffe vgl. Art. 37 f. Das Verhältnis des Art. 47 zum Art. 44 ist nicht ohne weiteres klar. Der Art. 47 übernimmt zwar den größten Teil des Art. 45, nicht aber den Art. 44. Die Begr. S. 557 II findet seine Anwendung selbstverständlich.

AUM. 1.

Abschnitt IV: A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 47. 303

Eymaml Sinnt. 1 b bestreitet das, kommt aber bei näherer Betrachtung der Rechte, die der Flußeigentümer respektieren muß, doch zu demselben Ergebnis. Bei unserer Auffassung des Art. 44 (f. Bem. Ziff. 3 zum Art. 44) scheint uns mit dem Art. 45 auch der Art. 44, der nur eine Zusammenfassung des Art. 45 dar­ stellt, in den Art. 47 mitherübergenommen worden zu sein. Die Eigeutumsbeschränkungen des Abs. 1 Ziff. 1. Der Flußeigentümer darf das Wasser nur so benützen, daß keine einem andern schädliche Stauung und keine Überschwemmung, Versumpfung, schädliche Austrocknung oder sonstige Beschädigung fremder Grundstücke und Anlagen verursacht wird und daß nicht zum Nachteil anderer eine nutzlose Verschwendung oder eine willkürlich ungleichmäßige Ausnützung des Wassers stattfindet. Hierüber vgl. die Anm. 1 zum Art. 45. Ausnahmen von der Geltung der Ziff. 1 können durch Lokalverordnungen, Herkommen oder besondere Rechtstitel begründet fein. Hiezu s. Anm. 3 zum Art. 45.

AUM. 2.

Die Eigentumsbefchränkung des Abs. 1 Ziff. 2. 1. Die Ziff. 2 des Abs. 1 war im Regierungseutwurfe nicht enthalten. Auf den Antrag des RefAK., der fürchtete, es könne sonst ein Flußeigentümer, der nicht Ufereigentümer sei, den Wafferlauf vollständig verändern und dadurch die einschneidendsten Wirkungen für die Ufergrundstücke, den Grundwasserstand und die sonstigen Wasserverhältnisse der ganzen Gegend hervorrufen, beschloß der AKA. die Ein­ schaltung der Ziff. 2. Man wollte durch den ersten Satz den erwähnten Übel­ ständen, vor allem der dadurch ermöglichten Umgehung des Art. 19 vorbeugen und durch den zweiten dem Flußeigentümer, der zugleich Ufereigentümer ist, die Rechte eines Ufereigentümers nach Art. 45 mit dem Unterschiede (von Art. 45 Abs. 4) zusprechen, daß er als Eigentümer des Flusses die Gesamtwassermenge benützen könne. In der Vollversammlung wurden auf den Antrag der Ab­ geordneten Freiherrn von Freyberg und Sartorius zwischen den Worten der Ziff. 2: „Eigentümer eines Grundstücks" und „so findet" die Worte eingeschaltet: „oder überläßt er die Benützung des Wassers einem Ufereigentümer", so daß somit die Ziff. 2 die jetzige Fassung erhielt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Ausschuß habe mit Absicht das Recht des Eigentümers am Wasser tunlichst einschränken wollen, da das Adjazenteneigentum die Regel und der Fall des Art. 24 die Ausnahme bilden solle. Es gehe aber doch nicht an, den Flußeigentümer nach Art. 24 schlechter zu stellen als den Ufereigentümer, der das Waffer ableiten dürfe, wenn er es nur innerhalb seiner Besitzgrenzen wieder zurückleite. Die vorgeschlagene Fassung gebe dem Flußeigentümer wenigstens die Möglichkeit, sein Eigentum dadurch zu verwerten, daß er die Benützung des Wassers einem Adjazenten überlasse, der es innerhalb seiner Besitzgrenzen in den ursprünglichen Lauf zurückleiten müsse (StenB. S. 715 ff.). Die Kammer der Reichsräte trat diesem Beschlusse bei. Den Bedenken des RefRK. (S. 23 und RRA. S. 194 f.) trat der K. Staatsmin. d. I. mit der Bemerkung entgegen, die Einschaltung der Ziff. 2 sei nicht unangebracht; denn es fei nicht sicher, ob der erste Satz der Ziff. 2, wie der Res. annehme, durch die Ziff. 1 mitgetroffen fei, die sich nach der Ansicht der AK. mehr auf die sonstigen Beschädigungen fremder Grundstücke im Zusammenhalte mit schädlichen Stauungen, nicht aber darauf beziehe, daß dem Fluß eine vollständig andere Richtung gegeben werde. A«M. 3.

2.

Der gegenwärtige Rechtszustand ist demnach folgender:

Der Flußeigentümer, der nicht Ufereigentümer ist, darf den Lauf des Flusses überhaupt nicht verändern; der Eigentümer des ganzen Flusses ist also schlechter gestellt als der Ufereigentümer, dem in der Regel nur die

Hälfte des Flusses gehört. Seine Rechte sind, wie sich der KorrefRK. (S. 23) ausdrückte, so ziemlich auf den Nullpunkt heruntergesetzt. Die K. Staatsregierung hat im AKA. auf diese einschneidende Beschränkung des Privateigentums ausdrücklich hingewiesen (ABAK. S. 170). Art. 47 Abs. 1 Ziff. 2 enthält einen neuen Enteignungsfall, es war also die Beobachtung der im Titel X § 7 BU. vorgeschriebenen Form zum Zustande­ kommen dieser Bestimmung nötig. Ist der Flußeigentümer zugleich Eigentümer eines Ufer­ grundstücks, so darf er das Wasser so benützen, daß er ihm, soweit es durch die Benützung nicht verbraucht ist, den Abfluß in das eigentliche Bett des Flusses gibt, bevor dieser das Ufer eines fremden Grundstücks berührt. Das Gleiche ist der Fall, wenn der Flußeigentümer, der nicht Ufereigentümer ist, die Wasser­ benützung einem Ufereigentümer überläßt, über den Begriff Grundstück vgl. Anm. 12 Ziff. 2 zum Art. 16. Eymann Anm. 5 führt aus, es hätte hier einer besonderen Bestimmung gar nicht bedurft; denn, soweit mit dem Fluß ein Ufergrundstück rechtlich Zusammen­ hänge, sei der Fluß Adjazentenfluß, auch wenn er in seiner ganzen Breite im Eigenturne desjenigen stehe, dem zugleich das betreffende Grundstück gehöre, so daß also die Mittellinie des Flusses nicht die Eigentumsgrenze bilde. Das müssen wir bestreiten. Die Angrenzerflüsse und die Flüsse im Eigentums dritter sind zwei selbständige Flußkategorien, die grundsätzlich nichts miteinander zu tun haben. Daß jene die Regel, diese die Ausnahme sind, rechtfertigt nicht die subsidiäre Anwendung des Angrenzerflußrechts auf die Flüsse nach Art. 24. Wenn der Art. 24 auf die Privatflüsse im Eigentum dritter den Art. 21 Abs. 4 ausdrücklich für anwendbar erklärt, so sagt er damit deutlich, daß er das ganze übrige An­ grenzerflußrecht eben nicht anwenden wollte. Der Privatfluß im Eigentum eines dritten ist ein Waffergrundstück für sich, er wird auch dann kein Angrenzerfluß, wenn dem Eigentümer auch das Ufer gehört. Zwischen Fluß und Ufer besteht hier nur eine tatsächliche, nicht wie Eymann meint, eine rechtliche Einheit (Gegen­ satz Art. 21). Eymann a. a. O. will die Ableitung auch dann zulasten, wenn der Fluß­ eigentümer nicht Eigentümer, sondern Pächter eines Ufergrundstücks ist. Das scheint uns mit dem Wortlaute des Abs. 1 Ziff. 2 nicht vereinbar zu sein.

Art. 45 Abs. 3 ist nicht für anwendbar erklärt. Die aneinandergrenzenden Grundstücke mehrerer Beteiligten, die über die Wasserbenützung oder über die Anlage einverstanden sind, werden also nicht als ein einziges Grundstück betrachtet. Eymann Anm. 6 will auch hier wieder das Angrenzerflußrecht subsidiär gelten lassen. Der Ufereigentümer, der nicht Flußeigentümer ist, hat kein Benützungsrecht, auch wenn der Flußeigentümer selber das Wasser nicht nutzen kann; vgl. aber Art. 157. Eine der Ziffer 2 nicht entsprechende Wassernutzung kann durch Lokalver­ ordnungen, Herkommen oder besondere Rechtstitel begründet sein (vgl. Anm. 3 zum Art. 45). A«M. 4. Die Ermächtigung der Verwaltungsbehörde zn einer dem Abs. 1 znwiderlanfende« Wafferbeuütznng (Abi. 2). Art. 45 Abs. 2 ist für entsprechend anwendbar erklärt. Die Verwaltungsbehörde kann also die Ermächtigung zu einer Abweichung vom Abs. 1 erteilen, im Falle der Ziffer 1 dann, wenn der Nutzen der Anlage den zu befürchtenden Schaden erheblich überwiegt und Entschädigung gewährt wird, und im Fall einer Waffer­ ableitung nach Art. 45 Abs. 1 Ziff. 2 und 47 Abs. 1 Ziff. 2 dann, wenn durch

Abschnitt IV: A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 48.

305

die Ableitung des Wassers andern Beteiligten kein Nachteil zugeht. Wegen der Entschädigung s. Art. 195 und 165. Vgl. auch die Anm. 5 zum Art. 45. AvM. 5.

Strafbestimmung «nd Zwangsmatzregeln.

Siehe Art. 203 Ziff. 5,

174 f. und Anm. 8 zum Art. 45.

Anm. 6.

Zuständigkeit.

Siehe Anm. 9 zum Art. 45.

4. Aufsicht.

Art. 48. Die Benützung aller Privatflüsse und Bäche unterliegt der ständigen Beaufsichtigung durch die Verwaltungsbehörden; diese können aus Gründen des Gemeinwohls, namentlich aus gesundheitspolizeilichen Rücksichten, zur Verhütung von Überschwemmungen oder Versumpfungen, zur Offenhaltung

des Verkehrs uff., allgemeine und besondere Anordnungen erlassen. Abs. 2. Bor der Herstellung oder Abänderung bleibender Anlagen tm oder in Privatflüssen und Bächen hat der Wasserberechtigte Anzeige an die Verwaltungsbehörde zu erstatten. Diese hat zu untersuchen, ob die beab­ sichtigte Anlage nicht den in Abs. 1 bezeichneten Anordnungen und Rücksichten zuwiderläuft. Bollrugsbekanntmachnng.

§ in. Die Benützung aller Privatflüsse und Bäche unterliegt ebenso wie nach Art. 105 die Instandhaltung (Art 74) der Privatflüsse und Bäche der ständigen Beaufsichtigung durch die Distriktsverwaltungsbehörden. Diesen obliegt hiernach im Zusammenhalt mir den übrigen Bestimmungen des Gesetzes die Verpflichtung, der so wichtigen Hebung und Förderung der Privatflußwirtschast ihr besonderes Augenmerk zuzuwenden. Die Straßenund Flußbauämter, die Sektionen für Wildbachverbauungen und die amtlichen Kultur­ ingenieure haben den Distriktsverwaltungsbehörden bei Erfüllung dieser Aufgabe mit Rat und Tat zur Seite zu stehen (§ 6 der Vollzugs-Verordnung). Die praktische Hand­ habung der Aufsicht über die Benützung und Instandhaltung der Privatflüsse und Bäche wird in der Wasserschau (Art. 201) eine wesentliche Unterstützung finden. Ferner enthält das Recht der Distriktsverwaltungsbehörden die Benützung und Instandhaltung der Privatflüsse zu beaufsichtigen, auch die Befugnis die hiezu erforderlichen Anordnungen und polizeilichen Vorschriften, deren Übertretung unter die Strafandrohung des Art. 206 Abs. 2 des Gesetzes fällt, zu erlassen.

§ 112. Die Distriktsverwaltungsbehörden haben sich ebenso wie die vorerwähnten Sachver­ ständigen in Ausübung ihrer Befugnisse nicht darauf zu beschränken, in Ansehung der in ihren Bezirken vorhandenen Wasserbenühungs-Anlagen (vgl. auch Art. 58 Abs. 2) und Instand Haltungs-Anlagen zu prüfen, ob sie den Erlaubnis- und Genehmigungs­ bedingungen entsprechend ausgeführt und unterhalten werden, sondern sie haben stets wo nur immer tunlich zu kulturellen Verbesserungen, zur Vornahme geeigneter Jnstandhaltungsmaßnahmen und zu einer möglichst wirtschaftlichen Ausnützung der in den Wasserläufen gelegenen Kräfte an der richtigen Flußstelle, gegebenenfalls unter An­ wendung des Ausgleichsverfahrens (Art. 65—72), sowie zu einem Zusammenschluß der Beteiligten zu Genossenschaften zur Erreichung der vorerwähnten Zwecke zielbewußt die erforderlichen Anregungen zu geben und diese fortgesetzt bis zur Durchführung zu ver­ folgen. Besonders bezüglich des genossenschaftlichen Zusammenschlusses der Beteiligten bieten die Vorschriften des Gesetzes ausreichende Handhaben, indem die Genossenschaften in Bezug auf ihre Zwecke wesentlich vermehrt, hinsichtlich ihrer Bildung bedeutend erleichtert und in Ansehung ihrer rechtlichen Unterlage erheblich gefestigt worden sind. Die Wichtigkeit der Sache, sowie der Umstand, daß derartige Anregungen in der Regel nur im gegenseitigen mündlichen Benehmen mit den Beteiligten fruchtbringend Harster-Cassimir, Wassergesetz. 20

306

Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

und erfolgreich wirken, werden es bedingen, daß der Vorstand der Distriktsverwaltungsbehörde den wasserwirtschaftlichen Verhältnissen seines Bezirkes sein besonderes Augen­ merk zuwendet. § 113. Die in Art. 48 Abs. 2 des Gesetzes geforderte Anzeige des Wasserberechtigten an die Distrittsverwaltungsbehörde ist nur bei der Herstellung oder Abänderung bleibender An­ lagen vorgeschrieben. Alle nur vorübergehenden Anlagen sind hiernach von der Anzeige befreit. Wenn auch Art. 48 Abs. 2 nach seiner Fassung gegenüber der Bestimmung in Art. 61 des Wasserbenützungsgesetzes insoferne weilergeht, als die Einschränkungen der letzteren Vorschrift, wonach durch die anzeigepflichtige Anlage eine Hemmung oder Be­ schleunigung des Laufes des Wassers eintreten muß und wonach an dem Privatflusse sich Triebwerke befinden müssen, in Art. 48 Abs. 2 nicht enthalten sind, so will doch auch diese Bestimmung ganz unbedeutende Benützungen an Privatflüssen und Bächen wie Ein­ schnitte und Schwellungen zur Ableitung des Wassers nicht der Anzeigepflicht unter­ worfen wissen. Dagegen unterliegen auch geringfügigere Einrichtungen, wie Schöpfwerke, Wasch- und Badehäuser der Anzeigepflicht.

AltM. 1.

Das Anordauugsrecht. Die Verwaltungsbehörden haben die Be­ nützung aller Privatflüsse und Bäche ständig zu beaufsichtigen. Auch die Staatsprivatflüsse gehören hieher, nicht aber die öffentlichen Flüffe, für die eine Bestimmung wie die des Art. 48 Abs. 1 nicht nötig war, und nicht die geschloffenen öffentlichen und privaten Gewässer. Auf die Stauanlagen ist Art. 48 durch Art. 58 Abs. 2 für entsprechend anwendbar erklärt. über die Handhabung des Anordnungsrechtes vgl. VB. §§ 111 f. Nur solche Mißstände, die durch eine Wasserbenützung verursacht werden, nicht auch solche, die in dem tatsächlich bestehenden Zustande des Gewässers liegen, können nach Art. 48 Abs. 1 beseitigt werden (Bl. 27 S. 349, Reuß S. 110, Ehmann Anm. 2). Die Verwaltungsbehörden können aus Gründen des Gemeinwohls allgemeine und besondere Anordnungen erlassen und ihre Befolgung durch Maßnahmen nach Art. 174 erzwingen. Auf die allgemeinen Anordnungen ist Art. 206 Abs. 2 anzuwenden (vgl. auch BGE. 20 S. 48, OLG. München MABl. 1881 S. 350). über den Begriff des Gemeinwohls s. Anm. 1 zum Art.Zll und 4 zum Art. 19. Das Gesetz zählt einige Beispiele von Gründen des Gemeinwohls auf; es nennt gesundheitspolizeiliche Rücksichten, die Verhütung von Überschwemmungen und Versumpfungen (s. hierüber Anm. 1 Ziff. 1 zum Art. 45) die Offenhaltung des Verkehrs u. a. Unter Verkehr ist hier sowohl der auf dem Land als der auf dem Wasser (Überfahrtsanstalten u. dgl.) gemeint (s. auch Ehmann Anm. 10). In der Erfüllung dieser Aufgabe können die Verwaltungsbehörden Wässerungs­ ordnungen erlassen, die Beseitigung von Hindernissen des freien Wasserablaufs gebieten, bei Triebwerken, bei denen dies bei der Erlaubniserteilung unterblieben war, Vorschriften über die Wasserführung nachholen, auch wenn der Erlaubnis­ beschluß keine Generalklausel enthält usw. (Reuß S. 111, Ehmann Anm. 11). Festzuhalten ist aber, daß zu diesen Anordnungen nie Privatinteressen, auch wenn sie einem größeren Personenkreise gemeinsam sind, sondern immer nur Gründe des Gemeinwohls den Anstoß geben dürfen. Die Verwaltungsbehörde kann also z. B. nicht Vorschriften über die Wasserführung bei einem Triebwerk nachholen, weil der weiter obenliegende Müller durch die Aufftauung bis zur zulässigen Stauhöhe Hinterwasser bekommt oder weil der weiter untenliegende zeilenweise wegen Wassermangels seine Mühle stillstehen lassen muß oder weil die Wäfferungsberechtigten nicht genügende Mengen Wassers zur Wässerung ihrer Wiesen bekommen. In solchen Fällen kann nur durch ein Ausgleichsverfahren nach Art. 65 ff. geholfen werden; Art. 48 greift nur dann Platz, wenn Gründe des Gemeinwohls ein Einschreiten gebieten (vgl. VGE. 5 S. 62, OGH. 7

Abschnitt IV: A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 48. 307

S. 130, Pözl II S. 142 f., Reuß S. 110, 114, Seydel 3 S. 262). Mr das Verfahren gelten die Art. 168—175. Bei besonderen Anordnungen, die sich an bestimmte Beteiligte wenden, sind also diese vorher zu hören (KorrefRK. S. 76, RRA. S. 196, Eymann Anm. 11).

Die Berpflilhtnng zur Anzeigung der beabsichtigte« Herstellung oder Abändernug bleibender Anlagen (Abs. 2). Vor der Herstellung oder Abänderung bleibender Anlagen an oder in Privatflüssen und Bächen aller Art hat der Wasserberechtigte eine Anzeige an die Verwaltungsbehörde zu erstatten. Über den Begriff Anlage und Lage am oder im Flusse s. Anm. 4 zum Art. 42. AtztM. 2.

Der Begriff der bleibenden Anlage, der im WBG. eine große Rolle spielte, vom WG. aber für die öffentlichen Flüsse völlig ausgemerzt wurde, hat also für das Recht der Privatflüffe und Bäche seine Bedeutung behalten. Bleibende An­ lagen sind Anlagen, deren Bestand auf eine längere Dauer berechnet ist. Für die Staatsprivatflüsse ist der Begriff ohne Wert, weil für sie das Recht der öffentlichen Flüsse gilt (Art. 46 mit 42 f.), wonach für jede „besondere Anlage", also auch für eine vorübergehende, und für jede Abänderung einer solchen Anlage die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde nötig ist. Für Privatflüsse und Bäche nach Art. 21 und 24 besteht diese Erlaubnispflicht nicht, nur eine Ermäch­ tigung der Verwaltungsbehörde ist erforderlich, wenn sich der Flußeigentümer bei der Errichtung bleibender oder vorübergehender Anlagen über die durch Art. 45 Abs. 1, und 47 Abs. 1 seinem Eigentumsrechte gezogenen Schranken hinwegsetzen will. Auch wenn diese Schranken beachtet werden, ist aber bei bleibenden Anlagen eine Anzeige an die Verwaltungsbehörde er­ forderlich. Bisher bestand diese Anzeigepflicht nach Art. 61 WBG. nur bei Flüssen, an denen sich Triebwerke befanden. Die Ausdehnung war im Interesse einer ge­ ordneten Privatflußwirtschast nötig. Der Begriff Anlage ist wie im Art. 42 auf Anlagen zur Wafferbenützung zu beschränken. Anlagen anderer Art, wie Vorbauten, Erker, Altanen, die von Gebäuden am Ufer über den Fluß hineinreichen, Bretterzäune, die senkrecht auf dem vorbeifließenden Bache stehen usw. fallen unter Art. 76 Abs. 2, aber nicht unter Art. 48 Abs. 2. Ob es sich um eine Anlage von größerer oder geringerer Wichtigkeit handelt ist bei bleibenden Anlagen gleichgültig. Nicht notwendig ist wie im Art. 61 WBG., daß die Anlage eine Hemmung oder Beschleunigung des Wasserlaufs verursache (RRA. S. 195 f.). Auch geringfügigere Einrichtungen wie Schöpfwerke, Wasch- und Badehäuser fallen also unter Art. 48 Abs. 2, jedoch will das Gesetz nach VB. § 113 ganz unbedeutende Benützungen wie Ein­ schnitte und Schwellungen zur Ableitung des Wassers nicht der Anzeigepflicht unterworfen wissen. Da die Nichterstattung der gebotenen Anzeige eine straf­ rechtliche Verantwortlichkeit nach sich zieht, wäre diese Einschränkung wohl besser ins Gesetz als in die Bollzugsvorschriften ausgenommen worden. Änderungen find anzeigepflichtig, auch wenn sie geringfügiger Natur sind und die Wasser­ führung nicht beeinflussen (Ehmann Anm. 13). Die Verwaltungsbehörde hat die Anzeige zu prüfen und zu untersuchen, ob die beabsichtigte An­ lage nicht den Rücksichten des Gemeinwohls (gesundheitspolizeiliche Rücksichten, Verhütung von Überschwemmungen und Versumpfungen, Offenhaltung des Ver­ kehrs uff.) oder den unter Beachtung dieser Gründe bereits erlassenen Anord­ nungen zuwiderläust. Ist dies der Fall, so ist es die Pflicht der Verwaltungs­ behörde einzuschreiten und die Anlage zu untersagen oder die nötigen ein­ schränkenden Bestimmungen zu treffen. Für das Verfahren gelten die Art. 168 bis 175, wenn Anordnungen nach Abs. 1 nötig werden (s. auch Ehmann Anm. 18).

Ist die Anlage erlaubnis- oder genehmigungspflichtig, so ist der Unternehmer zur Einreichung des erforderlichen Gesuchs zu veranlassen. Anzeigepflichtig ist der Wasserberechtigte, d. h. jeder, der auf Grund eines Rechtes zur Wasserbenützung diese oder die Änderung vornimmt. Tut dies der Pächter oder Nießbraucher, so wird neben ihm der Eigentümer zur Erstattung der Anzeige verpflichtet sein. Bei Anlagen zum Zwecke der Fischerei sind die Fischereiberechtigten anzeigepflichtig (Ehmann Anm. 15). Ist die Anzeige erstattet, so bemißt sich die Tätigkeit der Verwaltungsbehörde nach Art. 168 Abs. 1, sie hat sich also von Amts wegen die Grundlagen für ihre weiteren Maßnahmen zu verschaffen.

Strafbeftimmnng «nd Zwangsmatzregel«. Die Versäumung der nach Art. 48 Abs. 2 erforderlichen Anzeige ist nach Art. 204 Ziff. 2 strafbar. Die Nichtbeachtung der auf die Anzeige hin ergangenen Anordnungen fällt nicht unter diese Strafbestimmung, sondern ist nach Art. 174 zu ahnden. Ist die Anlage erlaubnis- oder genehmigungspflichtig, so konkurriert mit der Versäumung der Anzeigepflicht eine Übertretung des Art. 202 Ziff. 2. über vorsorgliche Anordnungen vgl. Art. 175. A«M. 3.

Zuständigkeit. 1. Darauf, daß die Verwaltungsbehörde Anordnungen nach Art. 48 erlasse, hat niemand ein Recht. Gibt die Verwaltungs­ behörde einer Anregung keine Folge, so steht dem Antragsteller nur die Ver­ waltungsbeschwerde nach Art. 172 f. offen (BGE. 3 S. 434, 11 S. 378, 14 S. 68, 15 S. 30, 20 S. 45). Behauptet er durch die Anlage, gegen die die Verwaltungsbehörde nicht einschreitet, geschädigt zu sein, so steht ihm der Rechts­ weg offen. Wie aber, wenn die Verwaltungsbehörde Anordnungen nach Art. 48 Abs. 1 trifft und der Betroffene dagegen geltend macht, daß diese Maßregel nicht durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei oder unzulässigerweise seine Rechte aufhebe oder beschränke? Pözl II S. 143 und Pollwein Art. 52 Anm. 4 gewährten hier verwaltungsrechtlichen Schutz und auch der VGH. sprach (E. 11 S. 377) aus, daß eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs dann in Frage kommen könne, wenn die Verwaltungsbehörde Verpflichtungen auferlege, die nach gesetzlicher Regel, d. h. abgesehen von etwa inmitte liegenden Privatrechtsverhältniffen nur aus verwaltungsrechtlichen Gründen und durch verwaltungs­ rechtlichen Ausspruch erfolgen könnten. Hier handle es sich um den Schutz des verwaltungsrechtlichen Gebietes, dessen Begrenzung bei schrankenloser Anwendung des Art. 52 WBG. geradezu in das Ermessen der aktiven Verwaltung gestellt wäre. A«M. 4.

2. Die Frage, ob Art. 52 WBG. die Grundlage eines verwaltungsrichter­ lichen Vergehens bilden könne (vgl. die eingehende Besprechung bei Eymann Anm. 1 b) hat mit dem 1. Januar 1908 ihr Hauptinteresse verloren; denn jetzt steht, da Art. 48 im Katalog der Berwaltungsrechtssachen im Art. 177 nicht aufgeführt ist, fest, daß Art. 48 eine Zuständigkeit der Verwaltungsrechtsinstanzen niemals begründen kann. Auch dem Betroffenen, der behauptet, die auf Art. 48 gestützten Anordnungen seien unzulässig, sie schüfen unbegründete Pflichten oder beschränkten oder beseitigten begründete Rechte, steht grundsätzlich nur die einfache Verwaltungsbeschwerde zu Gebote, um eine Aufhebung der erlassenen Anordnungen herbeizuführen. 3. Anders aber liegt die Sache dann, wenn die Anordnungen in verwaltungsrechtlich verfolgbare Rechte eingreifen. Hier sind die Verwaltungsrechtsinstanzen zuständig, aber nicht auf Grund des Art. 48, sondern

Abschnitt IV: A. Besondere Nutzungen ausschließlich der Stauanlagen.

Art. 48. 309

auf Grund der Gesetzesbestimmung, auf der diese verwaltungsrechtlich verfolgbaren Ansprüche beruhen. Nicht die Gültigkeit der getroffenen Anordnung allein steht hier in Frage, sondern der Inhalt und der Umfang des durch diese beeinträchtigten verwaltungsrechtlichen Anspruchs. Der Verwaltungsgerichtshof kann also, da er Ermessensfragen nicht zu entscheiden hat, nicht selbst die getroffenen Anordnungen aufheben (f. VGE. 20 S. 48), aber er kann aussprechen, daß der Verwaltungs­ rechtsanspruch die vorgenommene Einschränkung durch die Verwaltungsbehörde nicht vertrage, und dann wird dieser nichts anderes als die Aufhebung ihrer Anordnung übrig bleiben. Die Sache liegt also hier anders als bei der Beschränkung des Gemein­ gebrauchs durch polizeiliche Vorschriften (Art. 26 Abs. 1); weil dort eine Ein­ schränkung verwaltungsrechtlich verfolgbarer Ansprüche nicht in Frage steht und daher Verwaltungsrechtssragen nicht austauchen können. 4. Eymann bespricht die folgenden drei Beispiele: a) Ein Grundbesitzer, dessen Grundstück auf zwei entgegengesetzten Seiten an je einen Privatfluß anstößt, deren Wasserspiegel verschiedene Höhe haben, will einen Entwässerungsgraben auf seinem Grundstück anlegen, der in den tiefer gelegenen Fluß mündet. Die Verwaltungsbehörde befürchtet die Durchbrechung der Scheidewand und die Ableitung des höher liegenden Flusses in den tiefer­ liegenden und untersagt oder beschränkt die Herstellung des Entwässerungsgrabens. Hier handelt es sich um eine Beschränkung der Benützung des Grundstücks (nicht etwa des Wassers nach Art. 45), also um eine reine Privatrechtsangelegenheit, Verwaltungsrechtsfragen kommen also nicht in Betracht. b) Der Grundbesitzer will aus dem höher gelegenen Flusse Wasser in der ihm zustehenden Menge zur Bewässerung seines Grundstückes in einem Graben über dieses führen und bevor der Fluß das Grundstück verläßt, wieder zurück­ leiten. Die Verwaltungsbehörde befürchtet das Gleiche wie im vorigen Fall und trifft dieselben Maßnahmen. Eymann schließt auch hier den Verwaltungsrechts­ weg aus, obwohl die stagliche Wafferbenützung den Vorschriften des WG. entspreche und darum auch andern gegenüber verwaltungsrechtlich verfolgt werden könne. Hier sind wir anderer Meinung. Es darf nicht vergessen werden, daß Verwaltungs­ rechtssachen nach Art. 177 nicht nur Streitigkeiten über Rechtsansprüche, sondern auch Streitigkeiten über Verbindlichkeiten in den Fällen des Art. 45 sind. Hier liegt im Gegensatze zum vorigen Fall eine Wasserbenützung vor. Wenn nun die Behörde diese deshalb untersagt oder beschränkt, weil die Durchbrechung der Zwischenwand eine dem Gemeinwohl schädliche Überschwemmung oder Ver­ sumpfung verursachen werde, so behauptet sie damit nichts anderes als die Unzu­ lässigkeit der Wafferbenützung im Hinblick auf die durch Art. 45 Abs. 1 Ziff. 1 gezogene öffentlichrechtliche Schranke. Bestreitet der Unternehmer die ihm angesonnene Verpflichtung, weil Art. 45 Abs. 1 seiner Wafferbenützung nicht entgegenstehe, so ist ein Verwaltungsrechtsstreit gegeben, in dem über die Zulässigkeit der Wasser­ benützung und damit auch über die der erlassenen Polizeiverfügung zu entscheiden ist. Beteiligt sich keiner der Geschädigten oder Bedrohten, so steht dem Ufer­ eigentümer kein Gegner im Verwaltungsrechtsstreit gegenüber, allein es genügt, um einen solchen herbeizuführen, wenn die zuständige Behörde sein Recht bestreitet oder seine Verpflichtung in Anspruch nimmt. Bei den beiden Unterinstanzen können dabei Rechts- und Ermessensfragen nach Art. 45 und 48 gemeinsam behandelt werden. Die Regierung kann also z. B. im verwaltungsrechtlichen Senate auch darüber entscheiden, ob das Ein­ schreiten der Verwaltungsbehörde gemäß Art. 48 durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt war. Anders der Verwaltungsgerichtshof. Er hat sich auf die Prüfung der Rechtsstagen zu beschränken und darf nur die rechtliche Zulässigkeit

des Einschreitens der Verwaltungsbehörden auf Grund des Art. 45, nicht aber auch seine Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit gemäß Art. 48 zum Gegenstände seiner Würdigung machen (BGE. II S. 398). Hält der Verwaltungsgerichtshof das Einschreiten für gerechtfertigt, so wird er den Unternehmer für verpflichtet zu erklären haben, die Ableitung zu unterlassen oder derart vorzunehmen, daß die befürchteten Nachteile vermieden werden. Bestimmte Vorschriften (wie Ver­ stärkung des Zwischendammes u. dgl.) kann er natürlich nicht machen. BGE. 20 S. 45 steht dem hier gewonnenen Ergebnisse nicht entgegen. Dort war einem Mühlbesitzer untersagt worden, bei Meidung einer Geldstrafe von 50 M für den einzelnen Fall dafür zu sorgen, daß die Überschwemmung eines Gemeindewegs künftig unterbleibe. Es wurde also nicht geltend gemacht, daß die Wafserbenützung gegen Art. 45 (früher 54) verstoße, sondern dem Unter­ nehmer lediglich zur Pflicht gemacht, diese Bestimmung bei seiner Wasserbenützung zu beachten. In welcher Weise er die Überschwemmung verhüten wolle, war ihm vollständig freigestellt; von einer verwaltungsrechtlichen Verbindlichkeit konnte also hier keine Rede sein.

c) Der Grundbesitzer erhält auf Grund des Art. 45 Abs. 2 antragsgemäß nach durchgeführtem Verfahren durch rechtskräftigen Beschluß die unwiderrufliche Ermächtigung, die ganze Wassermasse des oberen Flusses über sein Grundstück zu leiten. Später ergeben sich hieraus Schädigungen des Gemeinwohls. Die Ermächtigung schafft eine öffentlichrechtliche Befugnis, die gegen ein Einschreiten der Verwaltungsbehörde nach Art. 48 durch das verwaltungsrechtliche Verfahren geschützt wird. 5. Der vom BGH. in der Entsch. IIS. 377 ff. behandelte Fall, in dem die Verwaltungsbehörde die Beseitigung eines Pfeilers einer den bestehenden Rechtsverhältniffen entsprechenden Wehranlage angeordnet hatte, wäre nach dem nun­ mehr geltenden Rechte wohl ebenso zu entscheiden (Art. 48, 50, 58 Abs. 2, 63, 177).

Art. 49. Wenn durch eine erlaubte Wasserbenützung einer Ortschaft der für die häuslichen oder wirtschaftlichen Bedürfnisse ihrer Bewohner oder für die Aeuersicherheit unentbehrliche Wasserbedarf entzogen würde, kann die Ver­ waltungsbehörde die Wasserbenützung in geeigneter Weise beschränken.

AttM. 1.

Die Beschränkung der Wasserbenütznag im Falle des Art. 49.

Der Artikel 49 enthält, wie Eymann Sinnt. 1 a zutreffend bemerkt, ein formloses Zwangsenteignungsrecht, das im Gegensatz zum Art. 48 auch in subjektive Rechte — privat- und öffentlichrechtliche — eingreist. Der Artikel spricht von Privatflüffen aller Art, gleichgültig ob sie nach Art. 21, 23 oder 24 zu behandeln sind. Er ermöglicht eine Beschränkung einer erlaubten Wasserbenützung im Interesse der Allgemeinheit, wenn einer Ortschaft der für die häuslichen oder wirtschaftlichen Bedürfnisse ihrer Bewohner oder für die Feuersicherheit unentbehrliche Wasser­ bedarf entzogen würde. Der Artikel fußt auf dem Art. 56 WBG., setzt aber nicht mehr wie dieser eine Anlage zur Wasserbenützung voraus, sondern greift auch bei einer Wasserbenützung Platz, die einer Anlage entbehrt (vgl. auch Begr. S. 558 II). Der Begriff der Ortschaft ist zwar in Anlehnung an Art. {153/85 GO. (Begr. S. 560 I), im übrigen aber so weit als möglich zu fassen. Auch

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Art. 49.

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Einöden fallen darunter. Ob die Ortschaft eine gesonderte Markung und ob sie Vermögen hat, ist gleichgültig (ebenso Eymann Anm. 3). Nur die Entziehung, nicht auch eine Beschränkung des unentbehrlichen Wasserbedarfes rechtfertigt ein Borgehen der Verwaltungsbehörde nach Art. 49. Es muß, wie dies im Art. 56 WBG. ausgesprochen war, ein (dauernder) Notstand für die Wirtschaft der Einwohner zu besorgen sein. Schwierigkeiten der Wasserbeschaffung genügen für sich allein noch nicht; auf der anderen Seite ist aber auch nicht erforderlich, daß kein Bewohner die nötige Waffermenge vorfindet (vgl. auch Begr. a. a. O., Reuß S. 120). Die Beschränkung wird sich nach dem Grade des Nachteils richten (Pözl I S. 153, II S. 152). Der nicht völlig klare Begriff des „notwendigen Bedarfes" im Sinne des Art. 56 WBG. ist hier durch die Benennung der Zwecke näher erläutert. In Betracht kommen die häuslichen oder wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Feuer­ sicherheit, also nicht Bedürfnisse der Industrie, Meliorationen u. dgl. Was beim Art. 19 über den eigenen Haus- und Wirtschaftsbedarf gesagt ist (Anm. 3 zum Art. 19) wird auch hier gelten (ebenso Eymann Anm. 4). Wenn alle Voraussetzungen des Art. 49 gegeben sind, kann die Verwaltungs­ behörde — sie muß also auch dann nicht — die Wasserbenützung in geeigneter Weise beschränken. Ob sie es tun will, ist Sache ihres pflichtmäßigen Ermessens. Lehnt sie ein Einschreiten ab, so bleibt den Interessenten nur die Beschwerde nach Art. 172. Auch die Bedingungen und Auflagen, die die Verwaltungsbehörde erteilt, stehen in ihrem Ermessen; ihre rechtliche Zulässigkeit allerdings kann Gegenstand einer verwaltungsrechtlichen Entscheidung werden. Zu einer völligen Untersagung kann die Verwaltungsbehörde nicht gelangen; denn das Gesetz pflegt zwischen Verbietung und Beschränkung scharf zu unterscheiden, was z. B. aus Art. 40, 43 Abs. 4, 58 Abs. 1 u. a. ersehen werden kann (vgl. auch Anm. 2, ferner VGE. 2 S. 558, 571, Reuß S. 120, Eymann Anm. 1 a; a. M. Pözl I S. 153 f., II S. 152). Der KorrefRK. warf in seinem Referate (S. 76) die Frage auf, verfolgte aber bei den Beratungen die Sache nicht weiter. Die Beschränkung richtet sich nur gegen die Nutzungsrechte auf Grund der Art. 42 ff. Für den Gemeingebrauch gilt Art. 26, für die Reinhaltung der Flüsse gelten die Art. 37 ff., die nur eine widerrufliche Erlaubnis kennen, also die Anwendung des Art. 49 überflüssig machen (Eymann Anm. 1 b). Für Stauanlagen gilt Art. 49 gleichfalls (Art. 58 Abs. 2). Die geschlossenen Privatgewässer unterliegen nach Art. 153 Ziff. 6 einer ähnlichen Bestimmung, doch bedarf es dort einer förmlichen Zwangsenteigmmg. Für öffentliche Gewässer bestand zu einer dem Art. 49 entsprechenden Vorschrift kein Bedürfnis.

Auw. 2.

StrasbeMmmnug und Zwangsmatzregel«. Wer einer nach Art. 49 verfügten Beschränkung zuwiderhandelt, wird nach Art. 203 Ziff. 1 bestraft. Im Regierungsentwurfe (Art. 201 Ziff. 1) hieß es: „Wer einer nach Art. 19 und 48 verfügten Untersagung oder Beschränkung zuwiderhandelt". Der AKA. gab der Übertretung des Art. 19 eine besondere Ziffer, strich in der Ziff. 1 die Untersagung und ließ lediglich die Beschränkung stehen (ABAK. S. 194). Auch hieraus ist zu sehen, daß das Einschreiten nach Art. 49 nie in einer Ent­ ziehung, sondern lediglich in einer Beschränkung der Wafferbenützung bestehen kann (s. auch Anm. 1). ANM. 3*

Zuständigkeit. Streitigkeiten über die Voraussetzungen des Art. 56 WBG. waren bisher Berwaltungsrechtssachen (VGE. 2 S. 558,

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Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

Pözl II S. 153, Reuß S. 120, Seydel 3 S. 263 Anm. 135, Pollwein Art. 56 Anm. 2, Meisner S. 246, KorrefRK» S. 76). Der Regierungsentwurf enthielt im Art. 177 den Art. 49 nicht, auf den Antrag des KorrefRK. wurde er jedoch nachträglich ausgenommen (RRA. S. 195, 255, 276 f.). Streitigkeiten auf Grund des Art. 49 sind also Verwaltungs­ rechtssachen. Mit Recht erachtet Eymann Anm. 1 c auch die Frage, ob die angeordnete Beschränkung nicht einer völligen Entziehung der Nutzung gleichkommt, für eine Verwaltungsrechtsfrage (s. auch Anm. 1). -

B. Stauanlagen. Genehmigung

Art. 50.

Die vorgängige Genehmigung der Verwaltungsbehörde ist erforderlich 1. zur Errichtung von Stauanlagen oder Triebwerken mit gespannter Wasserkraft an öffentlichen Gewässern oder Privatflüssen und Bächen, auch abgesehen von den Fällen des § 16 der Gewerbeordnung; 2. für Änderungen an solchen Anlagen, wenn die Änderung auf den Ver­

brauch des Wassers, die Wassermenge, die Art des Verbrauchs, das Gefälle oder die Höhe des Oberwassers Einfluß hat; 3. zu jeder Abänderung oder Auswechslung von Hauptteilen bestehender Stau- und Triebwerksanlagen, selbst wenn dadurch die in Ziff. 2 be­ zeichneten Wirkungen nicht verursacht werden. Vollzugsbekanntwachnng. Allgemeine-.

§ 114.

Wer eine Stauanlage oder ein Triebwerk mit gespannter Wasserkraft, gleichviel ob die Anlagen gewerblichen oder sonstigen Zwecken dienen (Art. 178), an öffentlichen Ge­ wässern oder an Privatflüssen und Bächen errichten (Art. 50 Ziff. 1) oder wer eine Änderung, die aus den Verbrauch des Wassers, die Wassermenge, die Art des Verbrauchs, das Gefälle oder die Höhe des Oberwassers Einfluß hat, an solchen Anlagen vornehmen will (Art. 50 Ziff. 2), bedarf der vorgängigen wasserpolizeilichen Genehmigung. Das Gesuch um diese ist bei derjenigen Distriktsverwaltungsbehörde einzureichen, in deren Bezirk die Anlage sich ganz oder größtenteils befindet.

GefuchSbeilagen.

§ 115.

I. Dem Gesuch auf Genehmigung zur Errichtung (Art. 50 Ziff. 1 des Gesetzes) ist beizufügen: a) bei Stauanlagen: 1. ein Übersichtslageplan; 2. ein besonderer Lageplan; 3. Längenprofilpläne des Flusses oder Baches, in welchen die Stauanlage zu stehen kommt nach aufwärts auf die doppelte Länge der Stauwette oder bis zum nächst oberhalb gelegenen Triebwerk, nach abwärts in der Regel bis zur Wiedervereinigung des abgeleiteten Wassers mit dem Mutterbelt; 4. Längenprofilpläne des Zu- und Ableitungskanals von der Abzweigung vom Mutterbett bis zu dessen Wiedervereinigung mit demselben oder bis zum nächst unterhalb gelegenen Triebwerk; 5. Querprofilpläne sowohl des Flusses als auch des Zuund Ableitungskanals; 6. Grundrisse, Aufrisse und Schnitte der Stauanlagen, ihrer sämtlichen Bestandteile und Zubehörungen; 7. Einzelheiten der Verschluß- und Aufzugs­ mechanismen; 8. eine vollständige und eingehende Beschreibung, welche namentlich den Nachweis dafür zu erbringen hat, daß der Stau so sich einstellen wird, wie er in den Plänen eingezeichnet ist, daß und unter welchen Voraussetzungen die Entnahme des Wassers in der beantragten Menge stattfinden kann, welche Kontrollen hiefür in der Anlage selbst gegeben sind, welche Veränderungen in den bestehenden Wasserabfluß- und

Überschwemmungsverhältnissen und Grundwasserständen verursacht werden; Angaben über den Festpunkt. b) Bei Triebwerken: 1. ein Übersichtslageplan; 2. ein besonderer Lageplan; 3. Längenprofilplan des Zu- und Ablettungskanals in einer Erstreckung nach aufwärts und abwärts bis zum Mutterbett oder dem nächsten Triebwerk; 4. Querprofile dieses Kanals; 5. Grundrisse, Aufrisse und Schnitte des wasserbaulichen Teiles der Triebswerksanlage, insbesondere der Wasserzusührung zum Motor und der Wasserabsührung von demselben; 6. die Dar­ stellung des Motors selbst in Skizzenform mit eingeschriebenen Hauptmaßen; 7. Einzel­ heiten der Verschluß- und Aufzugsmechanismen; 8. eine vollständige und eingehende Be­ schreibung mit Plan- und Besitzverzeichnis, Angaben über den Festpunkt, über den ge­ ringsten, größtmöglichen und normalen Wasserverbrauch des Motors. Die letzteren An­ gaben hat die den Motor liefernde Fabrik beizubringen und mit ihrer Unterschrift auf den betreffenden Plänen zu bestätigen. c) Liegt ein Gesuch um gleichzeitige Genehmigung einer Stauanlage und eines damit unmittelbar verbundenen Triebwerkes vor, so brauchen die den beiden Anlagen gemeinschaftlichen Pläne nur einmal dargestellt zu werden. II. Bei einem Gesuch um Änderungen (Art. 50 Ziff. 2) sind, wenn es sich um eine in das Wasserbuch bereits aufgenommene Anlage handelt, diejenigen Teile derselben, welche geändert werden sollen, mit Hilfe des Wasserbuches in ihrem zu Recht bestehenden Zustand in einem Plane darzustellen, und in diesem die beabsichtigten Änderungen, mit (unverwaschbarer) roter Farbe einzuzeichnen. Die Beschreibung hat die mit der Änderung ver­ knüpften Wirkungen wasserwirtschaftlicher Natur darzulegen und zu begründen. Handelt es sich um eine Anlage, welche in das Wasserbuch noch nicht ausgenommen ist, so muß diese Anlage nach ihrem dermaligen Bestände ausgenommen und in Plan gelegt werden. Diese Pläne bilden dann wie im vorbeschriebenen Falle die Grundlage zur Darstellung der geplanten Änderungen.

III. Trifft mit dem Antrag ein Baugesuch zusammen, so kann darüber unter Be­ achtung der hiefür gelten Vorschriften gleichzeitig verhandelt werden. Die Distriktsverwaltungsbehörde, bei welcher der Antrag eingereicht wird, hat nötigenfalls unter Zuziehung von Sachverständigen zu prüfen, ob gegen die Vollständig­ keit der Vorlage etwas zu erinnern ist. Finden sich Mängel, so ist der Unternehmer auf kürzestem Wege zur Ergänzung zu veranlassen. Die Bestimmung im § 93 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

Anlagen an öffentlichen Gewaffer« und StaatSprivatflüffe«.

o §

Handelt es sich um die Errichtung oder Abänderung einer in § 114 bezeichneten Anlage an einem öffentlichen Gewässer oder an einem irn Staatseigentum stehenden Privatfluß, so ist im Hinblick auf die Bestimmungen in Art. 51 Abs. 1 des Gesetzes vor allem und ehe das Gesuch um die Genehmigung der Anlage selbst gewürdigt wird, die Frage zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen die Erlaubnis zur Benützung des Wassers erteilt werden kann. Zu diesem Zwecke hat die Distriktsverwaltungsbehörde zunächst über das Gesuch im allgemeinen das Straßen- und Flußbauamt und, soweit Fragen der Landeskultur in Betracht kommen, den amtlichen Kulturingenieur, ferner wenn Fragen der Fischerei berührt werden, den staatlichen Konsulenten für Fischerei gutachtlich einzuvernehmen. Die Bestimmung in § 108 Abs. 3 ist hiebei zu beachten. Sodann sind die Verhandlungen unter berichtlicher Darlegung der für die Beurteilung des Gesuchs maßgebenden technischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, sowie der an die etwaige Erteilung der Erlaubnis zu knüpfenden Bedingungen (Art. 43 Abs. 1 und 2, Art. 73) der Regierung, Kammer des Innern, vorzulegen. Diese hat nach Anhörung der Regierungsfinanzkammer und gegebenenfalls der Regierungsfinanzkammer, Forstabteilung die Verhandlungen mit der etwa veranlaßten berichtlichen Äußerung dem Staatsministerium des Innern einzusenden. Dieses wird, gegebenenfalls im Benehmen mit den übrigen beteiligten Staatsministerien die grundsätzlichen Weisungen über die Gewährung der Erlaubnis zur Benützung des Wassers erteilen; diese Weisungen sind in dem weiteren Verfahren zu beachten. Versagt das Staatsministerium des Jnnerrr die Erlaubnis zur Benützung des Wassers, so ist dem Gesuchsteller hievon unter Einstellung des Verfahrens Mitteilung zu machen. Was die an die Erlaubnis zur Benützung des Wassers eines öffentlichen und Staatsprivatflusses zu knüpfenden Bedingungen anlangt, so wird folgendes bemerkt: Nach Art. 43 Abs. 1 des Gesetzes wird die Erlaubnis zur Benützung des Wassers in der Regel auf bestimmte Zeit oder in widerruflicher Weise erteilt. Von der Erlaubnis

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Benützung der Gewässer.

auf bestimmte Zeit wird in denjenigen Fällen Gebrauch zu nyidjen sein, in denen schon mit Rücksicht auf die Bedeutung und den Umfang des Unternehmens mit einem längeren ungestörten Besitz der Anlage gerechnet werden muß. Bei Erteilung einer Erlaubnis auf bestimmte Zeit werden über die Rechtsverhältnisse, die bei dem Erlöschen der Er­ laubnis maßgebend sein sollen, insbesondere über das Schicksal der Anlage sowie über das Einlösungsrecht des Staates und über die dabei zu beobachtenden Bedingungen in der Regel Vereinbarungen zwischen dem Staat und dem Unternehmer getroffen werden. Bei der Abänderung solcher bestehender Anlagen, die bisher nicht an eine Beschränkung wie z. B. den Widerruf gebunden waren, soll die Erlaubnis nicht Bedingungen vorsehen, die sich mit der früher erteilten Erlaubnis ohne unbillige Härten nicht verein­ baren lassen. Wegen der bei der Festsetzung von Gebühren (Art. 73) dann bei der Auferlegung einer Sicherheitsleistung (Art. 171) zu beobachtenden Gesichtspunkte wird auf die §§ 163, 164 und 272 hingewiesen. Durch die in Abs. 2 des Art. 43 eingeräumten Befugnisse soll eine möglichst wirt­ schaftliche im Interesse der Allgemeinheit gelegene Ausnützung der staatlichen Wasserkräfte ermöglicht werden. Wenn mehrere Unternehmungen Zusammentreffen, so soll für die Prüfung der Frage, welcher Unternehmung die Erlaubnis erteilt wird, insbesondere der überwiegende Nutzen des Unternehmens für die Interessen des Gemeinwohls ausschlaggebend sein. Die Erlaubnis kann auf einen bestimmten Unternehmer eingeschränkt werden, wodurch verhindert wird, daß die Erlaubnis zum Gegenstand spekulativer Veräußerung gemacht wird. Verfahren.

§ 117.

Handelt es sich um die Errichtung oder Änderung einer in § 114 bezeichneten An­ lage an einem sonstigen Privatflusse oder Bach, oder hat im Falle des § 116 das Staatsministerium des Innern die grundsätzliche Erlaubnis zur Benützung des Wassers nicht versagt, so hat die Distriktsverwaltungsbehörde das Unternehmen mittels einmaliger Einrückung in das Amtsblatt bekannt zu machen. Die Bekanntmachung hat zu enthalten: 1. Namen, Stand und Wohnort des Unternehmers, die Art des Unternehmens und die Bezeichnung des Grundstücks auf dem, sowie des Wasserlaufes, in oder an dem das Unternehmen ausgeführt werden soll, 2. die Aufforderung, etwaige Einwendungen gegen das Unternehmen mündlich oder schriftlich bei der Distriktsverwaltungsbehörde binnen vierzehn Tagen vom Ablauf des Tages an vorzubringen, an dem das die Bekanntmachung enthaltende Amtsblatt aus­ gegeben wurde, widrigenfalls alle nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhenden Ein­ wendungen als versäumt gelten, 3. die Angabe, wo die Beschreibungen, Pläne und Zeichnungen zur Einsicht auf­ gelegt sind. Die der Distriktsverwaltungsbehörde bekannten Beteiligten, namentlich die Eigen­ tümer der unmittelbar unterhalb oder oberhalb liegenden Stauanlagen und Triebwerke, sowie der benachbarten Grundstücke sollen außerdem durch persönliche Zustellungen in der vorstehenden Weise benachrichtigt werden. Die Bestimmung in Art. 109 über die Ein­ vernahme der Fischereiberechtigten ist zu beachten (vgl. § 234). Das die Bekanntmachung enthaltende Ämtsblatt ist in der Gemeinde, in deren Bezirk oie Anlage liegt, sowie in den unmittelbar angrenzenden Gemeinden an den hiezu bestimmten Orlen anzuschlagen. Bon dem Amtsblatt ist ein Abdruck zu den Akten zu nehmen, ebenso der Nachweis über den Anschlag und die vorstehend angeordneten be­ sonderen Zustellungen. § 118.

Bei allen Gesuchen hat die Distriktsverwaltungsbehörde einen amtlichen Sach­ verständigen aufzustellen und zwar ist mit dieser Aufgabe, soweit Anlagen an öffentlichen und Staatsprivatflüssen in Betracht kommen, das Straßen- und Flußbauamt zu betrauen, welches sich, wenn Fragen der Landeskultur berührt werden, mit dem amtlichen Kultur­ ingenieur ins Benehmen setzen wird; soweit Anlagen an Privatflüssen und Bächen in Betracht kommen, ist als amtlicher Sachverständiger entweder ein Beamter des Straßenund Flußbauamis oder der amtliche Kulturingenieur oder der Amistechniker oder ein geeigneter Privattngenieur aufzustellen. Auch hinsichtlich der Anlagen an Privatflüssen ist unter Berücksichtigung der Bedeutung und des Umfanges der Anlagen als amtlicher Sachverständiger möglichst ein staatlicher Techniker (Beamter des Straßen- und Flußbauamls, amtlicher Kulturingenieur) aufzustellen.

§ 119.

Sind gegen die Anlage Einwendungen erhoben worden, so hat die Distrikts­ verwaltungsbehörde den Gesuchsteller sowie diejenigen Beteiligten, welche Einwendungen erhoben haben, zu einer mündlichen Verhandlung mit dem Eröffnen zu laden, daß im Falle des Nichterscheinens nach Lage der Sache erkannt werden würde. Auch der amtliche Sachverständige ist zur Verhandlung zu laden; er kann schon vorher über die Ein­ wendungen gutachtlich gehört werden. Die technischen Gutachten sind bei der Verhandlung zur Kenntnis der Beteiligten zu bringen; die Beteiligten sind zur Erklärung hierüber aufzufordern. Die Beteiligten sind befugt, Sachverständige in Vorschlag zu bringen (Art. 168 Abs. 4); der Vorschlag ist rechtzeitig vor der Verhandlung bei der Distrikts­ verwaltungsbehörde einzureichen.

§ 120. Hat der Unternehmer rechtzeitig, d. i. vor Schluß der mündlichen Verhandlung, den Antrag auf Gestattung der unverzüglichen Ausführung der baulichen Anlagen gestellt (§ 19 a der Gew -Ord.), so ist auch hierüber zu verhandeln. Ebenso ist tunlichst auf eine gütliche Ausgleichung der erhobenen Einwendungen hinzuwirken. Bei Anlagen an den gewöhnlichen Privatflüffen hat die Distriktsverwaltungsbehörde ihr Augenmerk darauf zu richten, daß nicht durch die Genehmigung einer Anlage einer ausgedehnten wirtschaftlichen Ausnützung des Flusses oder Baches vorgegriffen wird. Für diesen Fall hat die Disttiktsverwaltungsbehörde zunächst den Gesuchsteller auf die Möglichkeit einer anderen besseren Ausnützung hinzuweisen und, soweit erforderlich, diesem Gesichtspunkte bei Verbescheidung des Gesuches, gegebenenfalls durch Auflagen, Rechnung zu tragen. Die Fälle, welche hier in Betracht kommen können, werden sich hauptsächlich auf die Möglichkeit der Ausnützung einer größeren Wassermenge oder eines größeren Gefälls, letzterenfalls z. B. durch Zusammenlegen mehrerer kleinerer Gefällsstufen in eine einzige, ferner auf die Möglichkeit der weiteren Fortführung eines Unterwasserkanals bis zu einem neuen Triebwerk und bergt beziehen. In Zweifelsfällen soll die Distriktsverwaltungsbehörde das Hydrotechnische Bureau gutachtlich einvernehmen. Des weiteren ist bei Anlagen an gewöhnlichen Privatflüffen der Frage besondere Beachtung zu schenken, ob nicht durch die beabsichtigte Ausführung der Anlage die Wasser­ standsverhältnisse eines öffentlichen oder Staatsprivatflusses, insbesondere die Interessen der Schiffahrt oder Floßfahrt oder Trift in nachteiliger Weise beeinflußt werden können und ob nicht diesen Rücksichten durch entsprechende Auflagen Rechnung getragen werden soll. Ferner ist bei der Genehmigung der Stauanlagen möglichst darauf Rücksicht zu nehmen, daß solche ohne Hochwasserschleusen nicht mehr errichtet werden sollen.

§ 121. Im übrigen sind die Bestimmungen in §§ 17 bis 21a der Gewerbeordnung und, soweit sie nicht entgegenstehen, die Vorschriften über das Verfahren in VerwaltungSrechtssachen nach dem Gesetze vom 8. August 1878, betreffend die Errichtung eines Berwaltungsgerichtshofes und das Verfahren in Berwaltungsrechtssachen, sowie die Vorschriften des Art. 168 Abs. 1 bis 4 und der Art. 169 bis 175 des Gesetzes zu be­ achten. Bei Erledigung der Angelegenheiten ist auf eine tunlichst förderliche Geschäfts­ behandlung Bedacht zu nehmen.

8 122. Handelt es sich um die Errichtung oder Abänderung einer in § 114 bezeichneten Anlage an einem öffentlichen Gewässer ober an einem im Staatseigentum stehenden Privatfluß und hat das Staatsministerium des Innern bei der Vorlage nach § 116 nichts anderes bestimmt, so sind die Verhandlungen nach durchgeführtem Verfahren, jedoch vor Erlaß des Bescheides, durch Vermittlung der Regierung, Kammer des Innern, rvelche die Regierungsfinanzkammer und gegebenenfalls die Regierungsfinanzkammer, Forstabteilung zu hören hat, dem Staatsministerium des Innern nochmals vorzulegen.

Bescheid.

§ 123.

Bei Erlassung des Bescheides ist die Bestimmung in Art. 51, ferner hinsichtlich der Wahrung der Interessen der Fischerei Art. 109 des Gesetzes zu beachten (vgl. § 234). Im Falle der Erteilung der Genehmigung ist insbesondere das Maß der Benützung (Wassermenge) und die Art der Benützung in den Bedingungen genau festzusetzen. Dem Genehmigungsbescheid sind die für die Ausführung der Anlage maßgebenden Pläne als Bestandteil zugrunde zu legen. In dem Bescheid ist ferner zu bemerken, daß vor Beginn der Ausführung sowie nach Vollendung der Anlage der Distriktsverwaltungsbehörde

316

Abteilung II. Benützung der Gewässer.

Anzeige zu erstatten ist. In dem Genehmigungsbescheid ist zugleich über die Ver­ pflichtung zur Herstellung des Höhenmaßes (vgl. Art. 53 des Gesetzes und die §§ 132—146) Entscheidung zu erlassen. Hat der Unternehmer Antrag auf Gestattung der unverzüglichen Ausführung der baulichen Anlage gestellt (§ 120), so darf dem Antrag im Bescheid nur dann eine Folge gegeben werden, 'wenn anzunehmen ist, daß der Unternehmer die von ihm nachgesuchte Erlaubnis ohne wesentliche Änderung des Planes der Anlagen endgültig erhalten wird und seine Interessen durch die Hinausschiebung der Ausführung bis zur Rechtskraft des Bescheides ernstlich gefährdet werden würden. Ist jedoch die Möglichkeit nicht ausge­ schlossen, daß berechtigte Interessen der Nachbarn oder der Allgemeinheit durch die Aus­ führung gefährdet werden, so darf die unverzügliche Ausführung nur gegen Sicherheits­ leistung gestattet werden. In diesem Fall ist die Höhe der Sicherheitsleistung mindestens auf den Betrag zu bemessen, den die Beseitigung der Anlage voraussichtlich erfordert und im Bescheid festzusetzen, wo die Sicherheitsleistung zu hinterlegen ist. Mit der Aus­ führung darf erst nach erfolgter Sicherheitsleistung begonnen werden. Eine Abschrift des Bescheides ist dem amtlichen Sachverständigen und dem Hydro­ technischen Bureau zu übersenden. «»SfLhrung der Anlage. § 124. Die Distriktsverwattungsbehörde hat sofort nach Empfang der Anzeige über den Beginn der Ausführung dem amtlichen Sachverständigen, der in dem Genehmigungs­ verfahren milgewirkt hat, Mitteilung zu machen. Dieser hat darüber zu wachen, daß die Erlaubnisbedingungen, insbesondere hinsichtlich der Ausmaße und der Höhenlage der wichtigsten Bauteile eingehatten werden.

Ausstellung des HöheumatzeS.

§ 125. Ist in dem Bescheide die Verpflichtung zur Herstellung eines Höhenmaßes ausge­ sprochen, so hat der amtliche Sachverständige tunlichst schon während der Ausführung der Änlage die Aufstellung des Höhenmaßes nach Maßgabe der §§ 132—140 vorzunehmen.

vrtSbefichtigung.

§ 126. Ist die Aufstellung des Höhenmaßes erfolgt und die Anlage auch im übrigen fertig­ gestellt, so ist vor ihrer Inbetriebnahme die nach Art. 54 des Gesetzes vorgeschriebene Ortsbesichtigung vorzunehmen. Diese wird in der Regel durch die Distriktsverwaltungs­ behörde selbst unter Zuziehung des Unternehmers und dessen etwaigen Sachverständigen sowie des amtlichen Sachverständigen, der im Genehmigungsverfahren mitgewirkt und das Höhenmaß aufgestellt hat, vorgenommen. Zu derselben sind alle Beteiligten, die im Laufe des Genehmigungsverfahrens Einwendungen erhoben haben mit dem Beifügen zu laden, daß ihnen das Erscheinen freisteht. Die Ortsbesichtigung hat sich auf die ge­ samte Ausführung der Anlage sowie auf die Aufstellung des Höhenmaßes zu erstrecken, insbesondere ist den anwesenden Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich von der Richtig­ keit der Angaben des amtlichen Sachverständigen zu überzeugen. Das Ergebnis der Ortsbesichtigung ist in einem Protokoll niederzulegen, welches die Feststellung zu ent­ halten hat, ob die Anlage der erteilten Genehmigung entspricht, oder ob und inwiefern sie hievon abweicht und letzterenfalls ob und aus welchen Gründen die Abweichungen von der Genehmigung anstandslos belassen werden können oder deren Änderung im Sinne der Genehmigung erforderlich ist. Sind diese Abänderungen am Besichtigungs­ lage selbst ausführbar, so sollen sie noch an diesem vorgenommen werden; wenn dies nicht möglich ist, so ist ein bestimmter Zeitraum hiefür festzusetzen, nach dessen Umfluß eine wiederholte Ortsbesichtigung stattzufinden hat, falls nicht Übereinkommen dahin ge­ troffen wird, daß der amtliche Sachverständige ohne nochmalige Zuziehung der Be­ teiligten gegebenenfalls im Verein mit den Parteisachverständigen diese vornehmen und über die Behebung der Beanstandungen Bericht an die Distriktsverwattungsbehörde erstatten soll. Auf das Protokoll des Sachverständigen über die Aufstellung des Höhenmaßes und die Anbringung der Rückmarken kann im Protokoll über die Ortsbesichtigung Bezug genommen werden (vgl. § 140). Wenn nach Lage des Falles insbesondere nach dem Umfange der gegen die Anlage seinerzeit erhobenen Einwendungen eine Anteilnahme der Distriktsverwattungsbehörde bei der Ortsbesichtigung nicht veranlaßt erscheint, so kann diese von der Distrikts­ verwattungsbehörde dem amtlichen Sachverständigen übertragen werden. Das Protokoll über die Ortsbesichtigung ist bei der Distriktsverwattungsbehörde zu hinterlegen. Jeder Beteiligte ist befugt sich Abschriften desselben oder Auszüge daraus ebenso auch Abschrift des Protokolls über die Aufstellung des Höhenmaßes auf seine Kosten erteilen zu lassen.

«bändentngm nach Art. 50 Ziff. 3.

§ 127.

Wer eine Abänderung oder eine Auswechslung von Hauptteilen bestehender Stauund Triebwerksanlagen vornehmen will, bedarf, auch wenn die Änderung nicht die in Art. 50 Ziff. 2 bezeichneten Wirkungen verursacht, einer Genehmigung (Art. 50 Ziff. 3). Auch bei solchen Gesuchen sind Pläne und Beschreibungen nach Maßgabe der Vorschrift in § 115 II. einzureichen. Die Bestimmung in § 93 Satz 2 findet entsprechende Anwendung Die weitere Behandlung des Gesuches bemißt sich nach den Art. 168—175 des Gesetzes. Das Verfahren soll möglichst einfach und rasch sein. Nachdem auch diese Änderungen und Auswechslungen nach Art. 197 Ziff. 2 des Gesetzes von Amts wegen in das Wasserbuch einzutragen sind, so wird eine Besichtigung über die der Genehmigung entsprechende Ausführung nicht zu umgehen sein, doch ist diese stets von dem amtlichen Sachverständigen allein, und zur Vermeidung besonderer Kosten tunlichst gelegentlich vorzunehmen. Das Ergebnis der Besichtigung ist der Distriktsverwaltungsbehörde mitzuteilen. kintragurrg in § 128. -aS Wafferbnch. Nach durchgeführter Ortsbesichtigung -hat die Eintragung der genehmigten Anlage in das Wasserbuch zu erfolgen (vgl. § 283).

L Technisches.

A. Stauanlagen sind Vorrichtungen zur Hebung (Anstauung) des Wasserspiegels in einem fließenden Gewässer. Solche Anlagen werden Wehre genannt und dienen verschiedenen Zwecken: der Schiffahrt zur Erzielung größerer Tiefen; der Landeskultur zur Bewässerung von Ländereien, indem oberhalb des Wehres

ein Bewässerungsgraben abgeleitet wird; der Industrie zur Ausnützung der Wasserkräfte. In letzterem Falle zweigt oberhalb des Wehres ein Kanal ab, der das Betriebswasser zum Wassermotor leitet. An der Stelle, wo das Wehr errichtet wird, entsteht eine Hemmung des regelmäßigen Wasserabflusses und eine Hebung des Wasserspiegels, ein Stau; es bildet sich ein Ober- und Unterwasser, zwischen denen der Wasserfall den Über­ gang vermittelt. Der Höhenunterschied von Ober- und Unterwasser heißt die Stauhöhe (h), während man unter Stauweite (w) die Länge der Strecke versteht, längs welcher eine deutlich wahrnehmbare Hebung des Wasserspiegels eintritt. Das obere Ende (c) der Stauweite nennt man die Staugrenze; Staulinie (a c) ist die Gefällinie, in welcher sich das gestaute Oberwasser ein­ stellt. Die Stauweite ist annähernd gleich der doppelten Stauhöhe, geteilt durch 2 h das Gefälle des ungestauten Wasserspiegels, also w = -j-. Beträgt z. B. das

Gefälle des ungestauten Flusses J = 1: 2000 und die Stauhöhe h — 3,0 m, so 230 reicht annähernd der Stau vom Wehr aufwärts w — —— 12 000 m.

Um die festgesetzte, zulässige Stauhöhe am Wehr jederzeit erkennen und über­ wachen zu können, wird im Oberwasser ein Merkpfahl (Eichpfahl) gesetzt oder eine sonst geeignete Staumarke (Pegel) angebracht. Der Merkpfahl darf nicht unmittelbar vor dem Wehre stehen, weil hier ein wechselndes, von der Durchfluß­ menge abhängiges Gefälle vorhanden ist. Die Festsetzung einer Stauhöhe ist erforderlich, weil eine Vergrößerung der­ selben wohl Vorteile für den Besitzer des Wehres, dagegen Nachteile für die am Oberwasser liegenden Ländereien oder Triebwerke mit sich zu bringen pflegt.

Die Wirkungen der Wehre erstrecken sich auf das Oberwasser und unter Umständen auch auf das Unterwasser. Infolge der verminderten Wasserge­ schwindigkeit treten oberhalb des Wehres Ablagerungen der Sinkstoffe ein, die bei festen Wehren eine allmähliche Erhöhung der Sohle herbeiführen; unter­ halb des Wehres dagegen bilden sich, falls keine zweckmäßigen Sturzbetten (Wasser­ polster) vorgesehen werden, infolge des Wasserabsturzes zumeist auf größere Strecken starke Auskolkungen der Flußsohle, die eine Senkung des Unterwassers zur Folge haben können. Auch wird der Eisgang durch die Wehre behindert. Nach der Bauart unterscheidet man festeWehre (Überfallwehre), beweg­ liche Wehre und gemischte Wehre. Feste Wehre sind hinsichtlich ihrer Form und Wirkungsweise unveränderlich und können im allgemeinen nur in Flüssen verwendet werden, auf denen keine Schiff- und Floßfahrt besteht und da nur, wenn durch den Stau bei Hochwasser keine schädlichen Überschwemmungen der Ufer hervorgerufen werden. Ein festes Wehr besteht aus dem eigentlichen Wehrkörper, der den Stau bewirkt und aus Holz, Mauerwerk oder Beton gebildet sein kann, sowie aus den Flügeln oder Widerlagern, welche den Anschluß an das Ufer vermitteln und eine Umspülung des Wehres verhindern sollen. Mr die Wahl des Baustoffes ist der Umstand, ihn leicht beschaffen zu können, ferner der Charakter des betreffenden Flußlaufes, die Höhe des Staues, die Geländeverhältniffe von ausschlaggebender Bedeutung. Mit einem festen Wehre allein kann bei vorkommenden Anschwellungen das über­ schreiten der vorgeschriebenen Stauhöhe nicht verhindert werden. Soll dies ge­ schehen, so muß neben dem Überfallwehr noch ein bewegliches Wehr (Freischleuse, Freiarche) vorhanden sein, das Grundschleuse genannt wird, wenn sein fester Rücken oder Fachbaum in der Höhe der Flußsohle liegt.

Die beweglichen Wehre ermöglichen im Gegensatze zu den festen Wehren eine Veränderung des Durchflußprofiles. Sie finden hauptsächlich in Flüssen Anwendung, wo entweder mit Rücksicht auf das Üfergelände zur Vermeidung von Überschwemmungen bei höheren Wasserständen der Stauspiegel gesenkt werden muß, oder wo die Floß- und Schiffahrt, falls keine eigenen Floß- und Kammerschleußen vorgesehen sind, zeitweise ein Umlegen des Wehres erfordern. Für die Wafferkraftausnützung kommen besonders die Schützen- oder Schleusenwehre in Betracht. Unter Schützen versteht man Tafeln aus Holz oder Eisenblech, die in Falzen auf- und abwärts bewegt werden und sich an Pfeiler aus Mauerwerk oder Beton oder an eiserne Ständer (Griesständer) anlehnen. Man spricht von Losständern, wenn sie von einem Stege aus vollständig aus dem Wasser emporgezogen werden können. Die gemischten Wehre (vgl. nebenstehende Zeichnung), die namentlich an den größeren bayerischen Gebirgsflüssen gebaut werden, bestehen aus einem festen und einem beweglichen Wehre. Der bewegliche Teil des Wehres umfaßt meistens mehrere Schleusen für die Abführung des Hochwassers sowie für die Fortbewegung eines Teiles des oberhalb des Wehres sich ansammelnden Geschiebes, ferner bei flößbaren Flüssen eine Floßgasse, welche die durch das Wehr entstehende

S^xwXX

XX-XX,

Sx^wxaXX, &-C

Gemischte Wehranlage.

Gefällsstufe auf eine längere Strecke in Form einer schiefen Ebene aus­ zugleichen hat. Vielfach und bei den neueren Anlagen fast durchwegs befinden sich in den Wehren auch Staudanlm. Fischleitern oder Fischstege; diese treppenförmigen Einbauten ermöglichen den Wanderfischen, welche zu gewissen Zeiten ihre in den oberen Flußläufen gelegenen Laichplätze aufzusuchen Pflegen, an den Wehrstufen den Aufstieg vom Unterwasser nach dem Oberwasser. In Flüssen mit geregelter Schiffahrt ist der Einbau einer'Kammerschleuse notwendig.

Eine besondere Art von Wehren bilden die Talsperren. Sie unterscheiden sich insoferne van den eigentlichen Wehren, als sie meist eine bedeutend größere Höhe erhalten und nur in Ausnahmefällen überströmt werden dürfen. Sie bilden eine wasserdichte Wand, welche quer durch ein Tal gebaut wird, um hinter derselben und zwischen den Seitenhängen in geeigneten Talmulden das zusammenlaufende Nieder­ schlagswasser anzusammeln. Die Baustelle für die Tal­ sperre soll möglichst eng sein, während oberhalb der Sperre das Tal sich möglichst erweitern soll, um mit geringen Baukosten eine möglichst große Waffermenge aufspeichern zu können. Außerdem sollte das Tal, welches unter Wasser gesetzt wird, möglichst wenig bebaut sein, damit die Grunderwerbungskosten nicht zu hoch werden. Auch ist mit Rücksicht auf die Baukosten darauf zu achten, daß die erforderlichen Baumaterialien (Steine, Kies usw.) in nächster Nähe der Baustelle sich vorfinden. j,j] Bei der Aufsuchung des für die Errichtung einer Talsperre geeigneten Gebiets muß ferner entschieden werden, ob man einen Staub amm oder eine Staumauer ausführen will. Staudämme (vgl. oben­ stehende Skizze) werden nur da errichtet, wo feste Gesteins­ schichten zur sicheren Grün- £ düng einer Mauer gar nicht ’■ oder erst in einer großen Tiefe r mit bedeutendem Kostenauf- '> wand zu erreichen wären. Ihre Höhe beträgt meistens j nicht mehr als 15 m; Jntze, e der Erbauer zahlreicher Tal­ sperren in Norddeutschland und Friedrich, der durch seine

e.

Tätigkeit auf dem Gebiete des Talsperrenbaues in Österreich, insbesondere in Mähren sich hervorgetan hat, halten bei Stauweihern mit großem Wafferinhalt schon die Aus­ führung von Staudämmen mit einer Höhe von mehr als 10 m für gefährlich. Man ist indessen in neuerer Zeit insbesondere in Frankreich bestrebt, den Erd­ dämmen den Vorzug vor Sperrmauern zu geben, weil Dämme weniger kostspielig sind und bei sorgfältiger Wahl der Dammerde sowie bei guter Zusammenpreffung der Erde mittels Walzen das Gewicht der Erdschüttung wesentlich erhöht werden kann. Bei größeren Höhen und bei guten Untergrundsverhältnissen, wählt man Staumauern, die aus Bruchsteinmauerwerk oder Beton hergestellt werden können. Hauptbedingung für die Erbauung einer Sperrmauer ist, daß in nicht allzu großer Tiefe an der Sohle sowie an den beiden Talhängen gesunder, nicht zerklüfteter Fels angetroffen wird. Jntze hält es für die Pflicht des Konstrukteurs und der Aufsichtsbehörden vor allen Dingen die Sicherheit und Dauerhaftigkeit solcher Anlagen im Auge zu

Staumauer (Grundriß).

behalten, weshalb man mit allen Mitteln darauf bedacht sein müsse, Talsperren auf festem, felsigem Untergrund mit dauer­ haftem und dichtem Baumaterial auszuführen. Die Staumauern (vgl. SkiM oben und auf S. 320) erhalten im Grundriß meist eine bogenförmige Gestalt, um die Einflüsse der Temperatur hinsichtlich der Bildung von Rissen möglichst unschädlich zu machen. Wie bei Staudämmen, so sind auch bei Staumauern seitliche Hochwafferüberfälle unerläßlich, da ein über­ fluten der Mauerkrone im allgemeinen ausgeschlossen sein soll. Die Krone der Talsperren wird häufig als Verkehrsweg ausgebildet und daher beiderseits mit Brüstungen oder Geländern versehen. Angesichts der Verheerungen, welche der Bruch einer großen Talsperre infolge des plötzlichen Ergusses gewaltiger Wassermaffen in das unterhalb ge­ legene Tal hervorrufen kann, bedarf es der allergrößten Vorsicht und Gewissen­ haftigkeit sowohl bei der statischen Berechnung als auch bei der Bauausführung Harster-Cas s lm ir, Wassergesetz. 2|

solcher Werke. Versäumnisse nach der einen oder andern Richtung können namenloses Unheil zur Folge haben. Anderseits werden bei gewissenhaftester Prüfung aller mit dem Baue einer Talsperre zusammenhängenden Fragen die Sammelbecken, um mit Jntze zu reden, die großen Kampfplätze bilden, in denen das Wasser zur Ruhe und seine Energie zur Aufspeicherung gelangt, um in trockener Zeit in segenbringender Weise nutz­ bar gemacht zu werden.

B. Trieb werke mit gespannter Wasserkraft werden diejenigen hydraulischen Motoren genannt, deren Umtrieb nicht wie bei den Schiffsmühlen lediglich durch die Geschwindigkeit des fließenden Wassers erfolgt, sonderrl zu deren Bewegung das Wasser ge­ staut l gespannt) werden muß. Zu den wichtigsten hieher gehörigen Triebwerken zählen die Tur­ binen (vgl. Seite 257 u. ff.). Zu der Ausnützung kleinerer Wasserkräfte werden bei Mühlen-, Pumpen- und sonstigen Betrieben, die einen langsam laufenden Motor erfordern, Wasserräder verwendet; ihre Wartung benö­ tigt keine allzugroße Aufmerksam­ keit und ihre Nutzleistung ist auch bei weniger sorgfältiger Ausfüh­ rung und bei veränderlichem Wasserznlaufe noch annehmbar. Man rrnterscheidet im allge­ meinen :

1. Oberschlächtige Räder (vgl. Skizze); das Wasser tritt an der obersten Stelle des Rades, dem Radscheitel in die Zellen ein, sinkt mit den Zellen der einen Radhälfte nieder und fließt nahe dem Unterwasserspiegel wieder aus. Die Zellen sind trogartige Ge­ fäße, die nach außen offen und seitlich durch die Wandungen des Radkranzes (das Seitengetäfer) abgeschlossen sind. Das Wasser wird dem Rade meist durch ein hölzernes Gerinne zugeführt, dessen Ende durch eine verstellbare Spannschütze abgesperrt werden kann, und fließt zwischen dem Boden des Gerinnes und der Unter­ kante der Schütze hindurch auf das Rad. Das oberschlächtige Rad darf höchstens vom Unterwasserspiegel noch berührt werden, aber nicht in das Unterwasser eintauchen.

2. Rückenschlächtige oder Brust­ räder (vgl. Skizze); das Wasser tritt bei diesen Rädern zwischen dem Scheitel und

der Mitte in die Zellen durch Kulissenschützen ein, d. h. durch mehrere übereinander befindliche, gitterartige Öffnungen (Leitschaufeln), die durch Heben einer Schütze von unten nach oben abgesperrt werden können; je tiefer (die Schütze Herabgelaffen wird, desto mehr Öffnungen der Kulisse treten in Wirksamkeit. 3. Mittelschlächtige Wasserräder (vgl. Skizze); das Wasser tritt an einem Punkte des Radum­ fanges ein, der in der gleichen Höhe oder nur wenig tiefer als der Mit­ telpunkt des Rades liegt. Die Wasser­ zuführung kann wie bei den Brust­ rädern durch eine Kulissenschütze oder wie bei den oberschlächtigen Rädern durch eine Spannschütze oder auch durch eine überfallschütze erfolgen. Bei den Überfallschützen fließt das Wasser über eine unter Wasser befindliche Schütze hinweg; die Regulierung erfolgt durch Heben oder Senken des llberfallpolsters. Die mittelschlächtigen Räder find in der Regel nicht als Zellen-, sondern als S ch aufelräder ausgebildet, indem die am Radkranze befindlichen trogartigen Gefäße durch nahezu radial gestellte Schaufeln er­ setzt sind, die eine ebene, ge­ brochene oder gekrümmte Form haben können. An Stelle des Seiten getäfers der Zellenräder tritt das vorne und an den Seiten das Rad umschließende kreisförmige Gerinne, Kropf genannt, weshalb mittelschlächtige Räder auch als Kropfrüder bezeichnet werden. Eine besondere Konstruktion von mittelschlächtigenRädern bildet: a) Das Kropfrad von Sage­ bien (vgl. Skizze), das sehr eng gestellte, breite und tiefe Schaufeln, ferner eine sehr langsame Umdrehungsgeschwin­ digkeit hat; b) das Zuppinger Rad (vgl. Skizze) mit langen gekrümmten Blechschaufeln; als Verbesserung dieses Rades ist die W. Müller'sche Konstruktion zu erwähnen, bei der der Radkranz aus drei konzentrischen mit den Schaufelstielen ohne durchlaufende Radarme vernieteten Ringen besteht und eine steife Fachwerkskonstruktion bildet.

4. Unterschlächtige Räder (vgl. Skizze); das Wasser tritt in der Nähe des tiefsten Punktes in das Rad ein. Das unterschlächtige Rad ist ein Schaufel­ rad, dem das Wasser durch eine Spannschütze zugeführt wird. Bei den mit flachen Schaufeln versehenen Rädern wirkt das Wasser nur durch Spann---------- seine Stoßkraft, bei den unter« schlächtigen Rädern mit ge­ krümmten Schaufeln dagegen, den Poncelet' Rädern (vgl. Skizze) durch stetigen Druck, d. h. durch die lebendige Kraft, . die dem Wasser infolge seiner Eintrittsgeschwindigkeit innewohnt. Das Poncelet-Rad nimmt infolge seiner Wirkungs­ weise eine Mittelstellung zwischen den Wasserrädern und Turbinen ein, es bildet eine Übergangsform. Unterschlächtige Wasserräder mit besonders großem Durchmesser sind, wenn viel Wasser von geringer Geschwindigkeit zu Gebote steht, mit einem Panster (daher Pansterräder ge­ nannt) versehen; d. i. eine Vorrichtung, mittels der die Räder durch einen Schwim­ mer den verschiedenenWasserständen entsprechend ge­ hoben oder Herabgelaffen werden können, um größere Gefällshöhen, als sie der leichten Bauart dieser Räder zuträglich sind, zu ver­ hindern. Die Wahl unter den verschiedenen Rad­ arten ist von dem verfüg­ baren Gefälle, aber auch von der Menge des zufließenden Waffers abhängig. Bei hohen Gefällen (meist nicht über 12 m) wählt man oberschlächtige, bei ganz niedern Gefällen unterschlächtige Räder; für die Zwischenstufen kommen die übrigen Systeme in Betracht. Der Wirkungsgrad der Wasserräder wächst im allge­ meinen mit der Gefällshöhe. Während er bei unterschlächtigen Rädern sich zwischen 0,30 bis 0,50 bewegt, kann er bei oberschlächtigen 0,60 bis 0,80 be­ tragen. Um das ausnützbare Gefälle sowie die verfügbare Wassermenge so wenig als möglich zu verkleinern, empfiehlt es sich bei allen Wasserrädern die Schützen möglichst nahe an das Rad zu stellen, um einen ganz kurzen Weg von der Aus­ flußmündung aus dem Gerinne bis zum Eintritt in die Zellen oder Schaufeln zu erhalten. Stauanlagen »ud Waffertriebwerke. 1. Die technische Definition der Stauanlage und die juristische sind identisch. Das Gesetz ver­ steht nach einer Erklärung der K. Staatsregierung im RRA. (S. 187) unter Stauanlagen künstliche Vorrichtungen zur Erzeugung eines

A«M. 2.

konzentrierten Gefälles, bei welchem das Gewicht der abfließen­ den Wassermenge in Arbeit umgesetzt wird" (vgl. auch die in der VGE. 25 S. 412 f. gegebene Definition). Triebwerke sind „maschinelle Anlagen zur Ausnützung der Bewegungskraft des Wassers". Durch die Verbindung eines Triebwerks mit einer Stauanlage entsteht ein Triebwerk mit gefpannter Wasserkraft. Wesentlich für den Begriff des Triebwerks ist also die Verbindung mit einer Stauanlage nicht. Es gibt auch Triebwerke ohne gespannte Wasserkraft, z. B. Schiffsmühlen, Schöpfräder, die einfach in das Wasser eingehängt werden, damit das natürliche Gefäll sie in Bewegung setze. Anlagen dieser Art fallen nicht unter Art. 50, sind aber nach Art. 42 f. erlaubnispflichtig (bgl. auch KorrefRK. S.. 77). Die Anlage muß eine Stauung, d. h. eine Erhöhung des Wasserspiegels zur Folge haben. Ufereinschnitte, Rinnen u. dgl., Tieferlegung des Unterwasserlaufs ohne Veränderung des Oberwasserspiegels, Ableitungen ohne Anstauung usw. gehören nicht hieher (vgl. VGE. 3 S. 583, 589). Die Wasserstauung muß der Zweck der Stauanlage sein; daß sie nur eine Folgeerscheinung ist, genügt nicht. Eisbrecher, die zum Schutz einer Brücke oder eines Wasserwerkes dienen und den Zweck haben, antreibende Eis­ schollen zu spalten oder abzulenken, dann Schlämp- oder Pansterräder usw. sind also keine Stauanlagen, auch wenn sie tatsächlich eine Stauung Hervorrufen. Dagegen sind solche Anlagen nach Art. 42 f. erlaubnispflichtig (vgl. VGE. 4 S. 177, 25 S. 411, Reuß S. 149, Schenkel S. 345). „Um ein Waffertriebwerk zu einem Triebwerk mit gespannter Wasserkraft zu machen, ist erforderlich, daß nicht nur eine Spannung des Wassers stattfindet, sondern auch, daß diese Spannung auch beabsichtigt ist, daß also gerade wie bei der Stauvorrichtung der Aufstau, so hier bei dem Triebwerk die Spannung bezweckt wird, nicht aber nur nebenbei, unbeabsichtigt eintritt" (VGE. 25 S. 413). 8. Der bei der Auslegung der RGO. entstandene Streit, ob der Begriff Stauanlage für ein Wassertriebwerk als ein organisches Ganzes aufzu­ fassen oder ob zwischen den Bestandteilen „Stauanlage" und „Wassertriebwerk" scharf zu unterscheiden sei, hat für das geltende Wasserrecht geringe Bedeutung; denn Art. 50 verlangt die vorgängige Genehmigung der Verwaltungsbehörde nicht nur zu Stauanlagen für Wassertriebwerke, sondern zur Errichtung von Stauanlagen oder Triebwerken mit gespannter Wasserkraft schlechthin und zwar abgesehen von der nach § 16 RGO. etwa notwendigen gewerbepolizeilichen Genehmigung. Da aber die Kontroverse für die Frage der gewerbepolizeilichen Genehmigung Bedeutung hat, mag sie hier kurz erwähnt werden: Der Verwaltungsgerichtshof (E. 16 S. 265) unterscheidet zwischen Stauanlage und Wassertriebwerk; er muß also alles, was nicht zur Stauanlage, sondern zum Triebwerk gehört, z. B. die Turbinen, die Schützen vor diesen usw. von der Genehmigungspflicht nach § 16 RGO. ausschließen. Die Gegenansicht be­ trachtet als Stauanlage nicht das einzelne Stauwerk allein, sondern die Anlage in ihrer Gesamtheit, d. h. das Stauwerk und das ganze System von Wasser­ läufen, denen es dient, also besonders die Wasserzu- und -abführungsanlage (OGH. 17 S. 19, RG. 49 S. 88 ff.. Reger 22 S. 153, Preuß. OVG. Reger 24 S. 12 ff. gegen die frühere Rechtsanschauung in Reger 4 S. 387; ferner Reger 25 S. 2, Landmann § 16 Anm. 36, Reger-Stöhsel § 16 Sinnt. 6, Eymann Vordem. I zu Art. 50 ff.). A«M. 3.

Die gewerbepottzeiliche Genehmigung. § 16 RGO. schreibt für Stauanlagen für Waffertriebwerke zum Betriebe eines stehenden Ge-

Werkes an Gewässern jeder Art eine gewerbliche Genehmigung vor. Unter diese Bestimmung fallen also weder Triebwerke ohne Stauvorrichtung, noch Stau­ anlagen, die nicht einem Wassertriebwerk, sondern andern Zwecken, z. B. einem Bewäfserungsunternehmen, der Trift, einer gemeindlichen Wasserleitung u. dgl. dienen (VGE. 26 S. 338, Landmann a. a. £).). Während also der gewerbepolizeilichen Genehmigung nach § 16 RGO. nur Stauanlagen für Wafsertriebwerke zu gewerblichen Zwecken bedürfen, fallen unter Art. 50 Stauanlagen jeder Art und Triebwerke jeder Art, die mit Stauanlagen verbunden sind. Auch wenn die Stauanlage schon besteht und das Triebwerk später an sie angeschlossen wird, ist die wasserpolizeiliche Genehmigung nötig (f. auch Eymann a. a. O. und Anm. 4). Nach § 23 RGO. sind bei den Stauanlagen für Waffertriebwerke außer den Bestimmungen der §§ 17—22 des Gesetzes die dafür bestehenden landesgesetzlichen Bestimmungen anzuwenden. Die mit dem Reichsrechtvereinbaren landesrechtlichen Normen formell- und materiellrechtlichen Inhalts gelten also fort. An Stelle der bisher in Geltung gewesenen Art. 73—85 und 94 WBG. sind jetzt die Art. 50—64 und 178 WG. getreten.

Ob neben der wafferpolizeilichen und vielleicht der gewerbepolizeilichen auch noch die baupolizeiliche Genehmigung notwendig ist, bestimmt sich nach §§ 6ff. der Bauordnung. Die Wafferbenützungöerlaubnis und die wasserpolizeiliche Geuehmigung. Hierüber vgl. Art. 42 f. und 51 und die Anmerkungen hiezu. Hier genügt es, folgendes auszuführen: Art. 50 schreibt auch für die der gewerbepolizeilichen Genehmigung nach § 16 RGO. nicht bedürftige Errichtung von Stauanlagen oder Triebwerken mit gespannter Wasserkraft die vorgängige Genehmigung der Verwaltungsbehörde vor, wenn sie an einem öffentlichen Gewässer oder einem Privatfluß oder Bach erfolgen soll. Anlagen an geschlossenen Privatgewäffern (Art. 16) fallen nicht unter Art. 50, Wohl aber im Gegensatze zum Art. 73 WBG., über den das Gesetz weit hinaus geht, Anlagen an geschlossenen öffentlichen Gewässern, Kanälen, Seen usw. (Art. 1). Ob sich an dem Gewässer schon Triebwerke be­ finden oder nicht, ist gleichgültig (Begr. S. 558 II; anders das bisherige Recht, Art. 73 WBG.). Die Genehmigungspflicht ist gegeben, auch wenn das Triebwerk nicht am Flusse liegt, vorausgesetzt nur, daß die Stauung im Flusse stattfindet (VGE. 19 S. 280). Das Gleiche ist der Fall, wenn das Wasser in einen Wafferkanal gestaut und von da ohne weitere Stauung dem Triebwerke zugeleitet wird (VGE. 25 S. 246). AltM. 4.

Von der Genehmigungspflicht sind auch Anlagen, die aus Gründen des öffentlichen Wohles ausgeführt werden, nicht befreit (anders Preuß. Entw. §§ 53, 30). Auch der Staat bedarf zur Errichtung von Stauanlagen der Genehmigung, gleichviel ob es sich um eine dem Gemeinwohl dienende oder um eine privat­ wirtschaftliche Unternehmung handelt. Vgl. über die Frage Pözl I S. 193, II S. 194, Seydel 3 S. 267, Bl. 18 S. 179, VGE. 2 S. 557, 568, 16 S. 238, Reuß S. 148 a. E., Schenkel S. 341, Landmann 1 S. 37 ff., KorrefRK. S. 112, Erkl. d. K. Staatsmin. d. I. RRA. S. 252 f., Eymann Anm. 9 zum Art. 42. Anders liegt die Sache bei der Erlaubnis nach Art. 42 (f. Anm. 3 dort). Die Regierungsauffassung (RRA. S. 252 f.), wonach Stauanlagen, die der Staat im allgemeinen Interesse errichtet, nicht genehmigungspflichtig seien, können wir nicht teilen. Der Staat ist auch da, wo seine Anlagen nicht fiskalische, sondern gemeinnützige Zwecke verfolgen, ein Unternehmer wie jeder andere und muß sich als solcher den polizeilichen Vorschriften über die Wafferbenützung fügen. Die

Behörde, die ihn als Unternehmer vertritt, muß daher die von der Distrikts­ verwaltungsbehörde zu erteilende Genehmigung erwirken (ebenso Eymann a. a. O.). Ein in der AK. gestellter Antrag, die Errichtung von Stauanlagen oder Triebwerken mit gespannter Wasserkraft an öffentlichen Gewässern, an Seen, Privatfliissen und Bächen dem Staate vorzubehalten, fand keinen Anklang d Genehmigung ist im Gesetze scharf durchgeführt; es gibt also keine wasserpolizeiliche Erlaubnis nach Art. 42, sondern nur eine wasserpolizeiliche Genehmigung nach Art. 50. Nur da, wo keine Genehmigung nötig ist, sieht das Gesetz wie gesagt aus Zweckmäßigkeitsgründen eine Verbindung des Erlaubnisverfahrens mit der Berück­ sichtigung polizeilicher Gesichtspunkte vor. So sagt völlig klar die Begründung (S. 559 I): „Bei der Genehmigung zur Errichtung von Stauanlagen an öffentlichen Gewässern und an den im Staatseigentume stehenden Privatflüssen und Bächen sind die beiden grundverschiedenen Gesichtspunkte: die Gewährung der Erlaubnis zur Wafferbenützung einerseits und die Gewährung der Genehmigung zur Er­ richtung der Stauanlage anderseits gleichzeitig zum Ausdrucke zu bringen. Diese Gesichtspunkte haben im Entwürfe schon äußerlich (vgl. Art. 41 sjetzt 42] ff. und Art. 49 sjetzt 50]) eine scharfe Abgrenzung erfahren. Damit das gegen­ teilige Verhältnis zwischen Nutzungsverleihung am Staats­ eigentum und polizeilicher Genehmigung auch in dem Bescheide der Verwaltungsbehörde ausdrücklich und unzweideutig hervortritt und damit hieraus die entsprechenden Folgerungen für die Zuständigkeit der Beschwerdeinstanzen (vgl. Art. 175 sjetzt 177]) schärfer gezogen werden können, war in Art. 50 sjetzt 51] Abs. 1 die zwingende Vorschrift für gesonderten Ausspruch bezüglich der beiden Gesichtspunkte vorzusehen." Es ist also unzutreffend, im Falle des Art. 51 die wasserpolizeiliche Würdigung auf die Erlaubnisseite zu schlagen und ihr lediglich die gewerbepolizeiliche Ge­ nehmigung gegenüberzustellen. Art. 51 Ziff. 2 zitiert zwar die §§ 18 und 19 RGO., aber nur deshalb, weil sie nach Art. 178 auch auf nicht gewerbliche An­ lagen Anwendung finden. Das Verfahren nach den Berfahrensvorschristen der RGO. macht aber die Genehmigung noch nicht zu einer gewerbepolizeilichen, wenn § 16 RGO., der vom Zweck der Anlage handelt, nicht anwendbar ist. Es muß vielmehr unterschieden werden zwischen der vom Stand­ punkt des Gewässereigentümers zu erteilenden Erlaubnis nach Art. 42 auf der einen und der polizeilichen und zwar wasser-, gewerbe- und baupolizeilichen Genehmigung auf der andern Seite. Diese Auffassung teilten offenbar auch der RefRK. S. 19 Vordem, zu den Art. 42 f., der KorrefRK. S. 77 II 4 a a. E., und der RefAK. S. 34 (ganz unklar dagegen StenB. S. 717, wo er den Art. 50 lediglich als eine Wiederholung des Art. 42 mit Beziehung auf Stauanlagen bezeichnet). Auch §114 VB. spricht von der nach Art. 50 zu erteilenden „wasserpolizeilichen Genehmigung", der § 116 die Erlaubnis nach Art. 42 gegenüberstellt. Damit ist die besprochene Begriffsbestimmung des K. Staatsmin. d. I. wohl aufgegeben.

5. Die Genehmigung enthält lediglich einen polizeilichen Ausspruch darüber, wie die Wassernutzung durch die Anlage mit Rücksicht auf die Rechte und Interessen anderer ausgeübt werden darf; ein Recht auf die Wasserbenützung erzeugt sie nicht. Die Erlaubnis dagegen gewährt ein zuvor nicht vorhandenes Recht auf die Wasserbenützung, das aber Vonden zur Ausübung nötigen Anlagen und Einrichtungen abhängig ist und nach deren bleibender Beseitigung nicht mehr fortbesteht, so daß es also zu einer Änderung der Anlage nicht nur einer neuen Genehmigung, sondern auch einer neuen Erlaubnis bedarf (Art. 42 f.; Gegensatz: Mot. zum württemb. WG. S. 72, Nieder Vordem, z. d. Art. 31 ff. Anm. IV).

6. Der Unterschied zwischen Erlaubnis und Genehmigung ist wie erwähnt im Gesetze (Art. 42 f., 50 f.) scharf hervorgehoben. Vgl. auch Elsaß-Lothringen §§ 1, 3, 5, Jacob-Fecht S. 22 ff. Damit er auch in dem Bescheide der Verwaltungsbehörde ausdrücklich und unzweideutig in die Erscheinung trete und damit daraus die entsprechenden Folgerungen für die Zuständigkeit der Beschwerdeinstanzen (Art. 177) mit größerer Sicherheit gezogen werden können, hat Art. 51 die zwingende Vorschrift gesonderten Ausspruchs bezüglich der beiden Gesichtspunkte vorgesehen (Begr. S. 559). Für das bis­ herige Recht vgl. über die Doppelnatur der Genehmigung die interessanten Aus­ führungen der VGE. 25 S. 131 f. Art. 51 verlangt gesonderten Ausspruch, aber in einem Bescheide. Den Erlaubnisbescheid vom Genehmigungsbescheide zu trennen ist unzulässig. Im Bescheidstenor sind aber die beiden Bestandteile durch Bezeichnung mit Ziffern oder Buchstaben scharf auseinanderzuhalten.

A«M. 2.

Hier gilt das in den Anmerkungen zum Art. 42 Gesagte. Da es sich bei der Erlaubniserteilung um reine Ermessensfragen handelt und das pflichtmäßige Ermessen der Verwaltungsbehörde durch gesetzliche Schranken nicht eingeengt ist, steht der Verwaltungsrechtsweg nicht offen. Gegen die Versagung gibt es also nur eine Beschwerde nach Art. 172 f. Die Anrufung der Ministerialinstanz als Oberaufsichtsstelle ist durch Art. 172 nicht ausgeschlossen. Vgl. auch Begr. S. 556 II und Anm. 11 zum Art. 43.

Anm. 3.

Der Ausipruch über die Erlaubnis (Abs. 1 Ziff. 1).

1. Gesondert vom Ausspruch über die Erlaubnis hat die Verwaltungsbehörde zu entscheiden, ob nach §§ 18 Satz 1—3 und 19 RGO. die Genehmigung der Stauanlage erteilt, von Bedingungen abhängig gemacht oder versagt werden soll. Die Prüfung hat sich darauf zu erstrecken, ob die Anlage erhebliche Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für das Publikum herbeiführen kann. Dabei sind auch die bestehenden bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften zu beachten. Zu den nötigenfalls festzusetzenden Bedingungen gehören auch die Anordnungen, die zum Schutze der Arbeiter gegen Gefahren für die Gesundheit oder das Leben notwendig sind (über das Verfahren, Sachverständigengutachten usw. vgl. Anm. 6). Nur der Schutz des Publikums, d. h. eines unbestimmten größeren Personenkreises, vor erheblichen Gefahren, Nachteilen oder Belästigungen ist Amts­ sache der entscheidenden Behörde; die Interessen des einzelnen mag dieser selber wahren; sie sind nur zu berücksichtigen, wenn er Einspruch erhoben hat. Dabei ist „davon auszugehen, daß nur solche Nachteile, Gefahren und Belästigungen, welche in der physischen Einwirkung der Anlage auf ihre Umgebung ihren Grund haben, zur Erörterung zu ziehen sind, Nachteile anderer Art aber . . . . z. B. schädliche Konkurrenz, Verteuerung der Arbeitskräfte, stärkere Abnützung öffent­ licher Wege . . . u. dgl. mehr ebenso außer Betracht bleiben wie Einwendungen, welche auf speziellen privatrechtlichen Titeln beruhen. Es ist zu erwägen, ob jene Nachteile, Gefahren oder Belästigungen dasjenige Maß überschreiten, dessen Duldung sowohl den Nachbarn als dem Publikum im Interesse der für die allgemeine Wohlfahrt unentbehrlichen Industrie angesonnen werden kann. Ist diese Frage auf der Grundlage der von dem Antragsteller eingereichten Vorlagen zu bejahen, so wird in eine weitere Erörterung darüber einzutreten sein, ob durch Vorschriften über die Einrichtung der Anlage oder die Art und Weise des Betriebes der Umgebung genügender Schutz gewährt werden kann. Nur wenn sich dies als unausführbar herausstellt, wird die Ab-

Der Ausspruch Uber die Genehmigung (Abs. 1 Ziff. 2).

Weisung des Genehmigungsgesuchs, andernfalls aber die Erteilung der Genehmi­ gung unter gleichzeitiger Festsetzung der für erforderlich erachteten Bedingungen und Vorbehalte auszusprechen sein" (Pr. techn. Anleitung vom 15. Mai 1895; vgl. auch VGE. 13 S. 416 f., Landmann § 18 Anm. 3). Neben den nur beispielsweise angeführten bau-, feuer- und gesundheitspoli­ zeilichen sind auch polizeiliche Vorschriften anderer Art, besonders die wasser­ polizeilichen (vgl. z. B. Art. 37 ff. WG.) genau zu beachten. ZI Die Beobachtung der allgemeinen polizeilichen Vorschriften in die Beschlußbedingungen aufzunehmen ist nicht nötig; der Unternehmer muß sich den bestehenden und auch den nach der Genehmigung seiner Anlage erlassenen Vorschriften dieser Art immer fügen (vgl. VGE. 2 S. 291, 5 S. 280, Reger 5 S. 275, 9 S. 408, Landmann a. a. O. Anm. 5). Die beso nderen Bedingungen dagegen binden nur dann, wenn sie im Genehmigungsbeschluß einzeln aufgeführt sind. Nachträge sind an und für sich nicht gestattet, doch ist die Nachholung von Bedingungen, die den Arbeiter­ schutz betreffen, auch ohne eine Generalklausel jederzeit zulässig (§ 120 d RGO., OGH. 3 S. 552, RG. Reger 9 S. 188, EStrS. 18 S. 73, Reger 8 S. 186). Zum Schutze des Publikums können erschwerende spezielle Bedingungen nur bei genehmigungspflichtigen Änderungen oder dann nachgeholt werden, wenn sie in einer dem Beschluß angefügten Generalklausel Vorbehalten sind (Mot. z. RGO. § 16 Anm. 1, RG. 19 S. 353, Reger 9 S. 1 ff., 4 S. 391, 11 S. 361, 16 S. 1, 22 S. 9). Dieser Vorbehalt kann sich aber nur auf Fälle erstrecken, in denen zur Zeit der Beschlußfassung die Wirkungen der Anlage und die Schutz gewährenden Mittel noch nicht völlig überblickt werden können; denn andernfalls ist ja die Behörde an der sofortigen Auferlegung der Bedingungen nicht gehindert. § 25 RGO. steht einer solchen Generalklausel nicht im Wege (Landmann a. a. O.; vgl. auch Reger 7 S. 332, 9 S. 409, Eymann Anm. 1 d). Die weiteren Auf­ lagen kann stets nur die Behörde machen, die die Genehmigung erteilt hat, also nicht die Bauverwaltung (VGE. 25 S. 127 ff.). 3. Nach § 19 RGO. sind Einwendungen auf Grund besonderer privatrechtlicher Titel zur richterlichen Entscheidung zu ver­ weisen, ohne daß von der Erledigung die Genehmigung der Anlage abhängig gemacht wird. Andere Einwendungen dagegen sind mit den Parteien vollständig zu erörtern; darauf folgt die Prüfung und Entscheidung nach den im § 18 RGO. enthaltenen Vorschriften. Der Bescheid ist dem Unternehmer und jedem Widersprechenden zu eröffnen. Die Einwendungen auf Grund besonderer privatrechtlicher Titel stehen im Gegensatze zu den allgemeinen privatrechtlichen Ver­ fügungsbeschränkungen, vor allem zu den nachbarrechtlichen der §§ 906, 907 BGB. Diese sind nach § 17 RGO. ausgeschloffen, wenn sie nicht innerhalb der dort bestimmten 14tägigen Frist bei der Verwaltungsbehörde vorgebracht werden. Bei rechtzeitiger Geltendmachung sind sie nach § 19 Abs. 2 RGO. mit den Parteien vollständig zu erörtern und mit zum Gegenstand der Prüfung und Entscheidung zu machen. Bei versäumter Frist ist eine Nachbringung im Zivilprozeffe wie im verwaltungsrechtlichen Verfahren ausgeschlossen; doch kann der Betroffene, wenn er auch gegen die Errichtung der Anlage nichts mehr einwenden darf, immerhin noch gemäß § 1004 BGB., § 26 RGO. auf die Her­ stellung von Einrichtungen, die die schädigende Einwirkung ausschließen, oder auf Schadensersatz klagen (Landmann § 17 Anm. 5; vgl. auch VGE. 25 S. 75: „eine Berechtigung zur Berücksichtigung präkludierter Einwendungen kann auch nicht aus der das Verfahren beherrschenden Offizialmaxime hergeleitet werden"). Anders verhält es sich mit den Einwendungen auf Grund besonderer

privatrechtlicher Titel. Als solche kommen z. B. in Betracht: Die Be­ hauptung des Eigentums oder eines die Anlage hindernden dinglichen Rechts am Grundstück, auf das die Anlage kommen soll, oder eines obligatorischen Anspruchs, der der Errichtung der Anlage entgegensteht (Vertrag usw.). Diese Einwendungen werden durch die nach § 1 7 RGO. gesetzte Frist nicht berührt. Die Verwaltungsbehörde kann sie zwar berücksichtigen, wenn sie liquid sind, im übrigen aber hat sie sich nicht mit ihnen zu befassen, sondern sie nach Art. 19 Abs. 1 RGO. zur richterlichen Entscheidung zu verweisen. Diese braucht aber nicht abgewartet zu werden; die Verwaltungs­ behörde kann ihre Entscheidung treffen, ohne sich ferner um das Schicksal jener Einwendungen zu kümmern. Bleibt der Gegner des Unternehmers Sieger, so kann er die Errichtung der Anlage hindern oder ihre Beseitigung veranlassen. „Der Schutz, den die Bestimmungen des 8 26 den konzessionierten Anlagen ge­ währen, findet gegenüber begründeten Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, nicht statt" (OGH. 1 S. 894, Bl. f. RA. 20 S. 147, SeuffA. 31 Nr. 71, VGE. 13 S. 419, 15 S. 274, 25 S. 249, RG. Reger 3 S. 363, 347 und RG. 13 S. 52, Reger 6 S. 159 cheide Urteile nicht ganz zutreffend^, Landmann a. a. O.). Die gegenteilige Anschauung, die von der Präklusion des K 17 RGO. alle privatrechtlichen Einwendungen schlechthin, also auch die nachbarrechtlichen nicht ausnimmt (vgl. die Literatur bei Landmann a. a. O.) kann nicht als richtig anerkannt werden. Die Verweisung der unter § 19 Abs. 1 fallenden Einwendungen zur richter­ lichen Entscheidung soll im Beschluß ausdrücklich ausgesprochen werden; einen Nichtigkeitsgrund bildet aber der Mangel nicht (Landmann § 19 Anm. 3). Eine Verhandlung über diese Einwendungen findet, wie der Gegensatz zwischen § 19 Abs. 1 und 2 RGO. zeigt, nicht statt (a. M. Eymann Vorbem. III 4 zu Art. 50 ff. und Anm. 7 zum Art. 51). Daß bei liquiden Einwendungen der bezeichneten Art dielGenehmigung bis zur Beseitigung des Einspruchs durch einen Rechtsstreit versagt werden könne, hat der Verwaltungsgerichtshof gegen Landmann a. a. O. u. a. mit guten Gründen dargetan und in ständiger Praxis festgehalten (VGE. 2 S. 94, 11 S. 262, 13 S. 420, 25 S. 250 f.; Seydel 3 S. 407, Ehmann Vorbem. III 4 zu Art. 50 f.; stehe jetzt auch Art. 170). Die nachträgliche Geltendmachung von Einwendungen auf Grund besonderer privatrechtlicher Titel als Nichtigkeitsgrund für die erteilte Genehmigung ist den Verwaltungsbehörden gegenüber ausgeschlossen. Vor den Gerichten können solche Einwendungen dagegen immer noch ausgetragen werden (VGE. 2 S. 556, 566 f.). Eymann Vorbem. III 4 zu Art. 50 ff. führt aus, wenn zivilrechtliche EinWendungen erhoben würden, so sei darüber gemäß Art. 168 Abs. 3 zu verhandeln und wenn tunlich eine gütliche Einigung herbeizuführen. Diese sei von der Verwaltungsbehörde zu protokollieren und damit würden die Ein­ schränkungen des Zivilrechts des Einsprechers, über die sich die Beteiligten geeinigt hätten, rechtsgültig, ohne daß es einer notariellen Beurkundung oder der Ein­ tragung im Grundbuche bedürfte. Das ist nicht zutreffend; denn es steht im Widersprüche mit dem Art. 19 RGO., der für alle auf besonderen privatrecht­ lichen Titeln beruhende Einwendungen vorschreibt, daß sie zur richterlichen Ent­ scheidung zu verweisen, also nicht mit den Parteien zu erörtern sind, wenigstens nicht in dem Sinne, daß zu Protokoll der Verwaltungsbehörde Verträge über dingliche Rechte geschlossen werden können, die eine notarielle Beurkundung und die Eintragung im Grundbuch überflüssig machen. Art. 168 Abs. 3 gilt nur subsidiär (VB. § 121) und hier ist durch Art. 178 und durch § 19 RGO. seine Geltung ausgeschlossen. Vor dem 1. Januar 1908 bestand allerdings nicht

der gleiche Rechtszustand; denn damals galt § 19 RGO. nur für gewerbliche Stauanlagen (s. OGH. S. 2, S. 294, 6 S. 664, 15 S. 77; die hier angeführten Gründe treffen für Art. 75 WBG., nicht aber für Art. 178 WG. mit § 19 RGO. zu). Nur über solche Privatrechtliche Einwendungen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, ist nach § 19 Abs. 2 (man beachte den Gegensatz zum Abs. 11) mit den Beteiligten zu verhandeln (a. M. Eymann Anm. 7). Diese Einwendungen beziehen sich auf die allgemeinen nachbarrechtlichen Eigentums­ beschränkungen (§§ 906 f. BGB.). Vereinbarungen über diese begründen keine dinglichen Rechte und wären, wenn sie derartige Abmachungen enthielten, lediglich als pacta de contrahendo aufzufassen. Nach dem Gesagten ist es ausgeschlossen, daß ein Uferbesitzer einem andern zu Protokoll der Verwaltungsbehörde das dingliche Recht einräumt, sein Stau­ wehr über seinen Flußanteil oder über sein Ufer zu führen ohne daß man dazu den Notar oder das Grundbuchamt nötig hätte (vgl. als Gegensatz den Art. 26 AG. z. ZPO.). Wesentlich anders Eymann a. a. O. Über privatrechtliche Einsprüche des Staatsärars befindet nach Eymanna, a. O. die Verwaltungsbehörde traft ihres besonderen Vertretungsrechts selbständig und ohne Vorbehalt des Rechtswegs. Auch das ist nicht ganz richtig. Im Erlaubnisverfahren — bei öffentlichen Gewässern und Staatsprivatflüssen — kann von privatrechtlichen Einsprüchen kaum die Rede sein (s. VB. § 116 Abs. 1—3) und im übrigen besteht die erwähnte Bertretungsbefugnis nicht. Privatrechtliche Einwendungen des Staatsärars gegen die Genehmigung einer Anlage an einem Gewässer anderer Art als die bezeichneten sind also wie die jedes Privaten nach § 19 RGO. zu behandeln. 4. Einwendungen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, hat die Verwaltungsbehörde zwischen dem, der sie erhoben hat, und dem Unternehmer vollständig zu erörtern. Über das Verfahren vgl. Anm. 6. Zu den hier einschlägigen Einwendungen gehören wie eben ausgeführt die allgemeinen, auf das Nachb arrecht gestützten Einwendungen (§§ 906f. BGB.). Sie sind zu verhandeln und dürfen nicht der richterlichen Entscheidung vorbehalten werden. Art. 170 ist nicht anwendbar (§ 121 VB.), weil ihm Art. 178 und § 19 Abs. 2 RGO. vorgehen. Ferner gehören hieher alle subjektiven Berechtigungen öffentlichrechtlicher Natur, die der Genehmigung im Wege stehen. Sie werden im verwaltungsrechtlichen Verfahren als Jnzidentpunkt mitentschieden (s. auch Eymann Vordem. III 4 zu Art. 50 ff.). 5. Die Prüfung und Entscheidung hat sich nicht nur auf die erhobenen nicht auf besonderen Privatrechtstiteln beruhenden Einwendungen, sondern auch darauf zu erstrecken, ob nicht bestehende polizeiliche Vor­ schriften entgegenstehen, ob für den Schutz der Arbeiter hinreichend gesorgt ist und ob nicht erhebliche Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für das Publikum zu befürchten sind. Die Einwendungen auf Grund des Nachbarrechts (§§ 906, 907 BGB.) sind nicht nur vom polizeilichen, sondern auch vom privatrechtlichen Standpunkt aus zu würdigen. Wenn unzu­ lässige Einwirkungen nach § 906 BGB. mit Sicherheit in ausgedehntem Maße zu erwarten sind, wird die Genehmigung zu versagen sein (Landmann a. a. O. Anm. 5, Schenkel S. 370). Während die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis eine reine Ermessens­ sache ist, gilt von der Genehmigung nicht dasselbe. Hier hat der Unternehmer einen Rechtsanspruch darauf, daß vom öffentlichrechtlichen Standpunkt aus sein Gesuch geprüft und im Jnstanzenzug beschieden werde (BGE. 25 S. 252). Streitigkeiten über Rechtsansprüche und Verbindlichkeiten in den Fällen der Genehmigung oder Nichtgenehmigung von Anlagen nach Art. 51 Abs. 1

Ziff. 2 sind daher nach Art. 177 und zum Teil auch nach Art. 8 Ziff. 8 BGG. Verwaltungs rechts fachen. Das Verfahren und der Jnstanzenzug sind also von dem nach Abs. 1 Ziff. 1 erheblich verschieden. Der Verwaltungsgerichtshof ist zuständig zur Entscheidung, ob überhaupt eine wasserpolizeiliche Erlaubnis notwendig ist und ob die bei der Erteilung auf­ erlegten Bedingungen gesetzlich zulässig sind (BGE. 25 S. 124, 248); ob sie notwendig, gerecht und zweckmäßig sind, ist seiner Prüfung entrückt (ebd. S. 126). über die Zuständigkeit bei Abänderungen bestehender Anlagen vgl. Anm. 5. Aus § 25 RGO. darf nicht die Unzulässigkeit einer Genehmigung auf Ruf und Widerruf gefolgert werden (s. auch BGE. 25 S. 121, 130; a. M. Landmann § 25 Anm. 1 a, Schenkel S. 361 f., 393, 397 f., die sie nur zulassen, wenn der Unternehmer nur um widerrufliche Genehmigung nachgesucht hat). Dies ergibt sich jetzt klar aus Art. 62 Abs. 1. Auch wenn man eine widerrufliche Genehmigung grundsätzlich nicht zuläßt, muß man doch zugeben, daß die Wider­ rufung der (widerruflichen) Erlaubnis im wesentlichen die gleiche Wirkung hat wie eine Widerrufung der Genehmigung (s. BGE. 25 S. 132, Eymann Anm. 1 d). Die Versagung der Genehmigung steht der Einbringung eines neuen Ge­ nehmigungsantrags nicht entgegen (BGE. US. 262). Ein Antrag auf eine Änderung der Genehmigungsbedingungen ist wie ein Antrag auf die Genehmigung eines neuen Unternehmens zu behandeln. Eine beschwerende Änderung von Amts wegen ist nur nach Art. 56 und 58 möglich (vgl. Schenkel S. 381 f.).

Die Genehmigung bei Anlagen «ach Art. 50 an Privatflüsseu «nd Bäche«, die «icht Staatsprivatflnsse find (Abs. 2). Es handelt sich um den in der Anm. 1 unter Ziff. 3 c besprochenen Fall. Bei Stauanlagen oder Triebwerken mit gespannter Wasserkraft an den Privatflüssen und Bächen, die nicht Staatsprivatflüsse sind, hat die Verwaltungsbehörde zu prüfen, ob mit Rücksicht auf Art. 45—47 WG. und § 18 Satz 1 — 3 und 19 RGO. oder aus sonstigen Gründen des Gemeinwohls die Genehmigung zu versagen oder nur unter Bedingungen zu erteilen ist. Ob der Unternehmer ein Wasserbenützungsrecht hat oder nicht, braucht die Verwaltungs­ behörde nicht zu untersuchen (a. M. Ehmann Anm. 10). Wird das Verfügungs­ recht auf Grund besonderer Privatrechtstitel bestritten, so ist nach Art. 178 und §19 RGO. zu verfahren. Der Ausdruck „oder aus sonstigen Gründen des Gemeinwohls" ist nicht einwandfrei; denn die Art. 45—47 WG. und die §§ 18 und 19 RGO. ent­ halten keineswegs, wie jener Ausdruck vermuten läßt, eine beispielsweise Auf­ zählung von Gründen des Gemeinwohls, sondern sie gebieten auch eine weit­ gehende Berücksichtigung der Rechte und Interessen des einzelnen. So kann die Genehmigung versagt oder nur bedingt er­ teilt werden: I. Bei Privatflüssen und Bächen nach Art. 21: 1. Wenn eine einem andern schädliche Stauung oder wenn eine Über­ schwemmung, Versumpfung oder sonstige Beschädigung fremder Grundstücke und Anlagen oder endlich wenn zum Nachteil anderer eine nutzlose Wasser­ verschwendung oder eine willkürlich ungleichmäßige Ausnützung des Wassers zu besorgen steht (Art. 44 und 45 Abs. 1 Ziff. 1); 2. wenn dem Wasser, das durch die Benützung nicht verbraucht ist, der Ab­ fluß ins Flußbett nicht gegeben wird, ehe der Fluß das Ufer eines ftemden Grundstücks berührt (Art. 45 Abs. 1 Ziff. 2). ANM. 4.

Harster-Casslmlr, Wassergesetz.

22

II. Bei Privatflüssen und Bächen nach Art. 24: 1. aus den unter I 1 angeführten Gründen (Art. 47 Abs. 1 Ziff. I); 2. wenn dem Wasser eine andere Richtung gegeben wird als wohin der bis­ herige Lauf geht.

III. Bei beiden Kategorien ferner: 1. Wenn die Anlage erhebliche Gefahren, Nachteile oder Belästigungen für das Publikum herbeiführen kann, besonders wenn die bestehenden polizeilichen Vorschriften, zu denen auch die Anordnungen zum Schutze der Arbeiter gegen Gefahr für Gesundheit und Leben gehören, dagegen sprechen; 2. wenn liquide Einwendungen auf Grund besonderer privatrechtlicher Titel geltend gemacht werden; 3. wenn entgegenstehende nachbarrechtliche oder andere Einwendungen nach § 19 Abs. 2 RGO., die rechtzeitig vorgebracht sind, Berücksichtigung erheischen; 4. aus anderen Gründen des Gemeinwohls als den in Ziff. 1 benannten (§ 18 RGO.); vgl. auch RefRK. S. 24, KorrefRK. S. 78 und Regierungs­ erklärung RRA. S. 198. Die Genehmigung muß übrigens nicht versagt werden, wenn sie auf eines der erwähnten Hinderniffe stößt. Die Verwaltungsbehörde ist vor allem berechtigt, von der Ermächtigung des Art. 45 Abs. 2 und 47 Abs. 2 Gebrauch zu machen. Sind die Bedingungen, unter denen diese Gesetzes­ bestimmungen Abweichungen von der Regel der Art. 45 Abs. 1 und 47 Abs. 1 gestatten, nicht gegeben, so darf die Verwaltungsbehörde die Genehmigung nicht erteilen; liegen sie aber vor, so ist es Sache des Verwaltungsermeffens, ob Art. 45 Abs. 2 oder 47 Abs. 2 anzuwenden sei oder nicht.

A«M. 5.

Zuständigkeit. Die Frage der Zuständigkeit zur Genehmigung der Errichtung von Anlagen nach Art. 50 ist in den Sinnt. 3 und 4 zum Art. 51 bereits besprochen worden. Handelt es sich um Änderungen bestehender Anlagen, so muß so­ wohl im Falle des Abs. 1 wie des Abs. 2 des Art. 51 zwischen den Fällen des Art. 50 Ziff. 2 und des Art. 50 Ziff. 3 unterschieden werden. Streitigkeiten über Rechtsansprüche und Verbindlichkeiten, wenn es sich um die Genehmigung solcher Abänderungen bestehender Stauanlagen oder Triebwerke mit gespannter Wasserkraft an öffentlichen Gewässern oder Privatflüssen und Bächen handelt, die auf den Verbrauch des Wassers, die Wassermenge, die Art des Verbrauches, das Gefälle oder die Höhe des Oberwassers Einfluß haben, sind nach Art. 50 Ziff. 2 und 177 Verwaltungsrechtssachen. Verwaltungs­ rechtsfragen sind die Fragen, ob eine der Einwirkungen, von denen Art. 50 Ziff. 2 handelt, vorliegt und demnach eine Genehmigung nötig ist und ob die aufer­ legten Bedingungen gesetzlich zulässig find oder nicht. Die Genehmigung oder Nichtgenehmigung von Abänderungen oder Aus­ wechslungen von Hauptteilen bestehender Stau- und Triebwerksanlagen an öffent­ lichen Gewässern oder an Privatflüssen und Bächen, wenn dadurch die im Art. 50 Ziff. 2 bezeichneten Mrkungen nicht verursacht werden, ist Sache des freien Verwaltungsermessens (Art. 50 Ziff. 3, arg. Art. 177). Es greift also hier nur das Beschwerdeverfahren nach Art. 172 f. Platz; der Verwaltungsrechts­ weg ist nicht eröffnet.

A«m. 6.

Der Gang des Genehmigungsverfahrens.

Die Vorschriften über das Erlaubnisverfahren sind in den §§ 106—110, die über das Genehmigungverfahren in den §§ 114—128 BB. enthalten. Daneben

gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Beschaffenheit der Pläne und Be­ schreibungen bei Eingaben um die Genehmigung (§§ 84—93). S. auch Sinnt. 10 zum Art. 37 und 1 zum Art. 43.

1. Das Gesuch um die wasserpolizeiliche Genehmigung ist bei der Distrikts­ verwaltungsbehörde einzureichen, in deren Bezirke sich die Anlage ganz oder größtenteils befindet (VB. § 114). Bei Zuständigkeit mehrerer Behörden greift Art. 167 Platz. Die Gesuchsbeilagen zählt § 115 1 VB. auf. Sie sind verschieden, je nachdem es sich um Stauanlagen oder Triebwerke handelt. Wird die gleichzeitige Genehmigung einer Stauanlage und eines damit unmittelbar verbundenen Triebwerks erbeten, so brauchen die den beiden Anlagen gemeinschaftlichen Pläne nur einmal dargestellt zu werden. Für Gesuche um Änderungen gilt BB. § 115 II. Trifft mit dem Antrag ein Baugesuch zusammen, so kann darüber unter Beachtung der hiefür geltenden Vorschriften gleichzeitig verhandelt werden (§ 115 III). Zwingend ist diese Vorschrift nicht.

Die Distriktsverwaltungsbehörde prüft zunächst nötigenfalls unter Zuziehung von Sachverständigen die Vollständigkeit der Vorlage und veranlaßt die erforderlichen Ergänzungen auf dem kürzesten Wege. In einfacher gelagerten Fällen sind Erleichterungen zu gewähren; jede unnötige Strenge ist zu vermeiden (§§ 93, 115 Abs. 2 VB.).

2. Wenn neben der Genehmigung nach Art. 50 die Erlaubnis nach Art. 42 f. nötig ist, also bei Anlagen an öffentlichen Gewässern und Staatsprivatflüffen, so ist vor der Würdigung des Genehmigungsgesuchs die Frage zu prüfen, ob die Erlaubnis erteilt werden kann. Es ist also zu­ nächst das Erlaubnisverfahren einzuleiten; s. hierüber Sinnt. 1 zum Art. 43 (Ver­ nehmung des Straßen- und Flußbauamts, für Fragen der Landeskultur des amtlichen Kulturingenieurs, für Fragen der Fischerei des staatlichen Konsulenten, bei Ge­ wässern, die der Forstverwaltung unterstehendes Staatsgut bilden oder der ärarialischen Trist dienen, des Forstamtes). Die Verhandlungen sind dann der Re­ gierung, Kammer des Innern, vorzulegen. Im Begleitberichte sind die für die Beurteilung des Gesuches maßgebenden technischen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erörtern; die Erlaubnisbedingungen einschließlich der Gebühren sind vorzuschlagen. Die Kammer des Innern hört in allen Fällen die Regierungsfinanzkammer und gegebenenfalls auch die Forstabteilung und legt dann die Verhandlungen mit der etwa veranlaßten beachtlichen Äußerung dem Staatsministerium des Innern vor. Dieses gibt, gegebenenfalls int Benehmen mit den übrigen beteiligten Staatsministerien, die grundsätzlichen, für das weitere Verfahren bindenden Weisungen für die Erlaubnis. Ver­ sagt das Staatsministerium des Innern die Erlaubnis, so hat die Distriktsverwaltungsbehörde das Verfahren einzustellen und dem Gesuchsteller die Versagung mitzuteilen. Eine Beschwerde ist, da die höchste Stelle bereits gesprochen hat und keine Verwaltungsrechts­ ansprüche, sondern nur Ermeffensstagen in Betracht kommen, ausgeschlossen, über die Erlaubniserteilung auf Zeit oder auf Widerruf f. § 116 VB. und Sinnt. 3 und 5 znm Art. 43, über Gebühren Art. 73 und die §§ 116 und 163 f. VB., über die Auferlegung einer Sicherheitsleistung Art. 171 und die §§ 164 und 272 VB. 3. Wenn das Staatsministerium des Innern die Erlaubnis nicht versagt hat oder wenn eine Erlaubnis überhaupt nicht nötig ist, beginnt das Genehmigungs­ verfahren. Das Unternehmen ist durch einmalige Einrückung int Amts­ blatt bekannt zu machen (VB. § 117). Die Bekanntmachung muß u. a. (s. § 117 Abs. 2 Ziff. 2) die Aufforderung enthalten, etwaige Einwendungen gegen 22'

das Unternehmen mündlich oder schriftlich bei der Distriktsverwaltungsbehörde binnen 14 Tagen vom Ablauf des Tages an vorzubringen, an dem das die Bekanntmachung enthaltende Amtsblatt ausgegeben worden ist, widrigenfalls alle nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhenden — also auch die auf das Nachbar­ recht (§ 906 f. BGB.) und die Art. 44, 45, 47 gestützten — Einwendungen als versäumt gelten. Die Frist ist nach §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 1, 193 BGB. zu berechnen. Erster Tag ist der auf den Tag der Ausgabe folgende Tag, die Frist endet am 14. Tage nachts 12 Uhr. Ist der letzte Tag ein Sonntag oder ein im betreffenden Bezirke staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag, so endet die Frist mit dem nächstfolgenden Werktag. Ausgabetag ist nicht notwendig der Tag. der auf der betreffenden Nummer angegeben ist (Vordatierung!), sondern der, an dem das Blatt am Ausgabeort verbreitet wird und die für auswärtige Leser bestimmten Exemplare zur Post gegeben werden (Landmann § 17 Sinnt. 4, RegerStöhsel § 17 Sinnt. 7). Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten Art. 22 Abs. 6 VGG. und §§ 233 ff. ZPO. Die Bekanntmachung ist ein wesentlicher Bestandteil des Verfahrens. Wenn sie itnterbleibt, ist das Ver­ fahren nichtig. . Die der Distriktsverwaltungsbehörde bekanntenBeteiligten, namentlich die Eigentümer der unmittelbar unterhalb oder oberhalb liegenden Stauanlagen und Triebwerke sollen außerdem durch persönliche Zustellungen in der angegebenen Weise benachrichtigt werden. Ein Nichtigkeitsgrund ist die Nicht­ beachtung dieser Vorschrift nicht. Das Präjudiz des Abs. 2 Ziff. 2 tritt ein, auch wenn dem betreffenden Beteiligten gegenüber eine persönliche Zustellung nicht erfolgt ist (anders bisher VGE. 18 S. 197 f.). Die Regierungsfinanzkammer als Vertreterin des Gewässereigentümers braucht nicht mehr verständigt zu werden (s. § 116 Abs. 1 VB.). Die Fischereiberechtigten sind nach Art. 109 und VB. § 234 Abs. 2 in Kenntnis zu setzen. Die Einwendungen können schriftlich oder mündlich erhoben werden. Das die Bekanntmachung enthaltende Amtsblatt ist in der Gemeinde, in deren Bezirke die Anlage liegt, und in jeder unmittelbar angrenzenden Gemeinde an den hiezu bestimmten Orten anzuschlagen. Auch die Nicht­ beachtung dieser nicht im Gesetz, sondern lediglich in der Vollzugsbekanntmachung enthaltenen Vorschrift bildet trotz des Imperativs „ist anzuschlagen" keinen Nichtigkeitsgrund (anders bisher VGE. 18 S. 197 f.) und beeinträchtigt nicht die nachteiligen Wirkungen einer Versäumung der Einspruchsfrist. Dies ist auch daraus zu erkennen, daß eine bestimmte Aushangjeit nicht vorgeschrieben ist.

Ein Abdruck des Amtsblattes und die Nachweise über die Anschlagungen und die besonderen Zustellungen sind zu den Akten zu nehmen (BB. § 117).

4. Bei allen Gesuchen hat die Distciktsverwaltungsbehörde einen amtlichen Sachve.rständigen aufzustellen.. Bei Anlagen an öffentlichen Gewässern und Staatsprivatflüssen muß mit dieser Aufgabe das zuständige Straßen- und Fluß­ bauamt betraut werden (Benehmen mit dem amtlichen Kulturingenieur in Fragen der Landeskultur); bei Anlagen an Privatflüssen und Bächen nach Art. 21 oder 24 kann ein Beamter des Straßen- und Flußbauamts, der amtliche Kulturingenieur oder der Amtstechniker oder ein geeigneter Privatingenieur als amt­ licher Sachverständiger aufgestellt werden, jedoch soll möglichst ein staatlicher Techniker (Beamter des Straßen- und Flußbauamts, amtlicher Kulturingenieur > gewählt werden. 5. Sind innerhalb der Frist Einwendungen irgendwelcher Art erhoben worden, so muß die Distriktsverwaltungsbehörde den Gesuchsteller und die Beteiligten, die Einwendungen erhoben haben, zu einer mündlichen Ber-

Handlung mit dem Eröffnen laden, daß im Falle des Nichterscheinens nach Lage der Sache erkannt werden würde, über die Ladung vgl. VGE. 18 S. 196. Eine Präklusion des einmal erhobenen Einspruchs tritt also auch dann nicht ein, wenn er bei der Tagfahrt nicht verfochten wird. Der amtliche Sachver­ ständige ist gleichfalls zu laden; er kann schon vorher über die Einwendungen gutachtlich gehört werden. Die technischen Gutachten sind bei der Verhandlung zur Kenntnis der Beteiligten zu bringen; die Beteiligten sind zur Erklärung hierüber aufzufordern. Sie können selbst Sachverständige Vorschlägen; der Vorschlag ist rechtzeitig vor der Verhandlung bei der Distriktsverwaltungs­ behörde einzureichen; die Auswahl und Beeidigung der Sachverständigen erfolgt nach freiem Ermessen der Behörde (Art. 168 Abs. 4, § 119 VB.). Daß den Beteiligten vor der Tagfahrt bekannt gegeben werde, wer als amtlicher Sach­ verständiger aufgestellt ist, ist nicht vorgeschrieben, ebensowenig muß in der Ladung zur Benennung von Sachverständigen aufgefordert werden. Die amtlichen und nichtamtlichen Sachverständigen haben über die Tatsachen, die durch das Verfahren zu ihrer Kenntnis kommen, Verschwiegenheit zu beobachten und sich der Nachahmung der von dem Unternehmer geheim gehaltenen, zu ihrer Kenntnis gelangten Betriebseinrichtungen und Betriebsweisen, solange als diese Betriebsgeheimnisse sind, zu enthalten (§ 21 a RGO., § 121 VB ). Die Sachverständigen sind auf diese Verpflichtung vor der Vernehmung hinzu­ weisen. Strafbestimmung im § 145a RGO. Die Tagfahrt wird in der Regel am Orte der projektierten Anlage statt­ finden, nötig ist dies aber nicht. Eine Vereitelung der Tagfahrt ist wohl aus­ geschlossen. Erscheint der Gesuchsteller oder erscheinen die Widersprechenden nicht, so wird nach Lage der Sache entschieden; bleibt der amtliche Sachverständige aus, so wird ohne ihn verhandelt und sein Gutachten über das Ergebnis der Verhandlung später erholt.

6. Außer manchen Änderungen von geringerer Bedeutung bringt das nun­ mehr geltende Recht eine besonders folgenschwere Neuerung: Bisher mußte auch dann eine Tagfahrt stattfinden, wenn vorher keine Einwendungen erhoben worden waren. Nur Erinnerungen gegen die gewerbepolizeiliche Ge­ nehmigung wurden durch den Fristablauf präkludiert, während Einwendungen gegen die wafferpolizeiliche Genehmigung noch bei der Tagfahrt gültig erhoben werden konnten. Das ist durch die Ausdehnung des gewerbepolizeilichen Ver­ fahrens auf Stauanlagen jeder Art anders geworden. Wer Einwendungen irgendwelcher Art gegen die Erteilung der Genehmigung Vor­ bringen will, muß dies innerhalb der vorgesetzten Frist tun. Versäumt er dies, so kann er seine Einwendungen bei der Tag« fahrt nicht mehr nachbringen. Werden keine fristgerechten Einwendungen erhoben, so ist eine Tagfahrt überhaupt nicht erforderlich. Es wird sich empfehlen, in der ersten Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes die Beteiligten auf diese tiefgreifende Verschiedenheit des bisherigen und des jetzigen Rechts aufmerksam zu machen. Verspätete Einwendungen sind als unzulässig zurückzuweisen.

7. Die Distriktsverwaltungsbehörde soll auf eine gütlicheAusgleichung hinwirken. § 120 VB. gibt noch einige weitere Richtpunkte: Bei Anlagen an den gewöhnlichen Privatflüssen (Art. 21, 24) soll durch die Ge­ nehmigung einer Anlage nicht einer ausgedehnten wirtschaftlichen Ausnützung des Gewässers vorgegriffen werden. Der Gesuchsteller ist für diesen Fall auf die Möglichkeit einer anderen besseren Ausnützung hinzuweisen. Im Bescheide kann durch entsprechende Auflagen diesem Gedanken Rechnung getragen werden (Aus­ nützung einer größeren Waffermenge, Ausnützung eines größeren Gefälls durch

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Abteilung H Benützung der Gewässer.

Zusammenlegung mehrerer kleinerer Gefällsstufen in eine einzige, weitere Fort­ führung eines Unterwafferkanals bis zu einem neuen Triebwerk u. dgl.). In Zweifelsfällen soll das Hydrotechnische Bureau gehört werden. Ferner ist zu erwägen, ob die Anlage am Privatflufse nach Art. 21 oder 24 nicht die Wasserstandsverhältnisse eines öffentlichen oder Staatsprivatfluffes, insbesondere die Interessen der Schiffahrt, Floßfahrt, Trist nachteilig beeinflußt und ob in dieser Hinsicht nicht besondere Auflagen nötig sind. Stauanlagen ohne Hochwafferschleusen sollen nicht errichtet werden (§ 120 BB.). 8. Im übrigen richtet sich das Verfahren nach den (im Anhang abgedruckten) §§ 17—21a RGO. Soweit diese Bestimmungen Platz lassen, sind die Ver­ fahrensvorschriften des BGG. maßgebend. Diese werden wiederum ergänzt durch die Art. 168 Abs. 1—4, 16 9—17 5. Tunlichst förderliche Geschäftsbehandlung ist ein Hauptgebot. Beteiligt sind nach § 21 Ziff. 4 RGO. alle, die Zulässige Einwendungen — einerlei ob begründete oder unbegründete — erhoben haben (s. Eymann Anm. 1). Über die verschiedene Behandlung der Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, und der Ein­ sprüche anderer Art f. § 19 RGO. und Anm. 3 Ziff. 3 und 4. Die §§ 17—19 RGO. sind bereits in der Anm. 3 eingehend behandelt worden. § 18 Satz 3 trifft Vorschriften über die Abfassung des Bescheides, die sich mit dem Art. 169 Abs. 1 decken. Nach § 19 a RGO. kann dem Unter­ nehmer auf seine Gefahr, unbeschadet des Rekursverfahrens (§ 20) die unver­ zügliche Ausführung der baulichen Anlagen gestattet werden, wenn er dies vor dem Schluffe der Erörterung bei der Verhandlungsfahrt beantragt. Die Gestattung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Ist der Antrag rechtzeitig gestellt, so ist auch hierüber zu verhandeln (VB. § 120). Wenn keine Einwendungen erhoben worden sind, kann die einstweilige Bauzulaffung nicht in Frage kommen (Landmann Anm. 2). Zugelaffen werden darf nur die Ausführung der baulichen Anlagen, nicht aber die Eröffnung des Be­ triebes. Wird im ferneren Verfahren die Genehmigung versagt, so werden die ausgeführten Bauten auf Kosten des Unternehmers wieder zu beseitigen sein (Landmann a. a. O.). Dem Antrag darf nur stattgegeben werden, wenn anzu­ nehmen ist, daß der Unternehmer die nachgesuchte Erlaubnis (richtiger Ge­ nehmigung) ohne wesentliche Änderung des Planes der Anlagen endgültig erhalten wird und seine Interessen durch die Hinausschiebung der Bauaus­ führungen bis zur Rechtskraft des Bescheides ernstlich gefährdet werden würden. Auch dann aber besteht kein Anspruch; es handelt sich um eine reine Er­ messensfrage. Ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß berechtigte Interessen der Nachbarn oder der Allgemeinheit durch die Ausführung gefährdet werden, so darf die unverzügliche Ausführung nur gegen Si cherheitsleistung gestattet werden. Die Höhe der Sicherheit ist mindestens auf den Betrag zu bemessen, den die Beseitigung der Anlage voraussichtlich erfordert. Im Bescheid ist festzusetzen, wo die Sicherheit zu hinterlegen ist. Mit der Ausführung darf erst nach erfolgter Sicherheitsleistung begonnen werden (VB. § 123 Abs. 2). Der Ausspruch nach § 19 a RGO. kann vom Genehmigungsbescheide nicht getrennt und auch nicht selbständig mit einer Beschwerde nach Art. 172 angefochten werden (Landmann a. a. O.). Die Auferlegung der Sicherheit ist Ermessensfache. Die den Vollzugsbehörden gegebene Weisung (darf nur gestattet werden) ist instruftionell und erzeugt keinen verwaltungsrechtlich verfolgbaren Anspruch auf Nichtgestattung, wenn die angeführten Voraussetzungen fehlen (Landmann Anm. 3). über das Rekursverfahren (§§ 20, 21) vgl. die Bemerkungen zum Art. 178.

9. Ist das Verfahren abgeschlossen und die Sachebeschlußreif, so sind bei Anlagen an öffentlichen Gewässern oder Staatsprivat­ flüssen (§ 114 BB.), wenn das Staatsministerium des Innern bei der Vorlage nach § 116 VB. nichts anderes bestimmt hat, die Verhandlungen nach durchgeführtem Verfahren, jedoch vor der Erlassung des Bescheides durch Vermittlung der Regierung, Kammer des Innern, die die Regierungsfinanz­ kammer und gegebenenfalls die Regierungsfinanzkammer, Forstabteilung, zu hören hat, dem Staatsministerium des Innern nochmals vorzulegen (§ 122 BB.). Die VB. sichert also den höheren und höchsten Behörden der aktiven Verwaltung den weitestgehenden Einfluß auf das Erlaubnis- und Genehmigungsverfahren. Dabei wird es allerdings einer äußerst förderlichen Geschäftsbehandlung bedürfen, da dieser Vorteil auch dann noch mit dem Nach­ teil einer Verzögerung der Erledigung notwendig verbunden bleibt. In den meisten Fällen wird das Ministerium Wohl die weitere Vorlage erlassen. Die erteilten Weisungen binden die llnterbehörde nur insoweit als sie nicht gleichzeitig als Berwaltungsrechtsinstanz entscheidet. 10. In welchem Umfange die Fischereiberechtigten im Verfahren als beteiligt zu erachten sind, hat die Distriktsverwaltungsbehörde im einzelnen Falle zu ermessen. Näheres im Art. 109 und im § 234 VB. Wird die Genehmigung erteilt, so ist besonders das Maß der Benützung (Wassermenge) und die Art der Benützung in den Bedingungen genau fest­ zusetzen. Dem Genehmigungsbescheide sind die für die Ausführung der Anlage maßgebenden Pläne als Bestandteil zugrunde zu legen. Im Bescheid ist über die Verpflichtung zur Herstellung des Höhenmaßes(Art. 53, §§ 132—146 BB.) Entscheidung zu erlassen und zu bemerken, daß vor dem Beginn der Aus­ führung und nach der Vollendung der Anlage der Distriktsverwaltungsbehörde Anzeige zu erstatten sei (§ 123 Abs. 1 VB.). Die Nichterstattung der Anzeige ist nach Art. 202 Ziff. 2 als Überschreitung einer Genehmigungsbedingung strafbar. Je eine Abschrift des Bescheides ist dem amtlichen Sachverständigen und dem Hydrotechnischen Bureau zu übersenden (§ 123 Abs. 3). Über die Aufstellung des Höhenmaßes und die Ortsbesichtigung vgl. die Art. 53 und 54. Nach der Ortsbesichtigung ist die genehmigte Anlage ins Wasserbuch einzutragen. 11. Änderungen nach Art. 50 Ziff. 2 sind wie neue Anlagen zu behandeln. Bei Gesuchen um die Genehmigung zur Abänderung oder Auswechs­ lung von Hauptteilen bestehender Stau- und Triebwerksanlagen (Art. 50 Ziff. 3) sind Pläne und Beschreibungen nach § 115 II VB. einzureichen. Auch hier find in einfacheren Fällen Erleichterungen zu gewähren; jede unnötige Strenge ist zu vermeiden (§§ 127 Abs. 2, 93 Satz 2 BB.). Im übrigen gelten die Art. 168—175. Die §§ 25 und 17 ff. RGO. find nicht anwendbar. Die Änderungen und Auswechslungen sind ins Wasser buch einzutragen. Die Besichtigung über die der Genehmigung entsprechende Ausführung ist stets von dem amtlichen Sachverständigen und zur Vermeidung besonderer Kosten tunlichst gelegentlich vorzunehmen. Das Ergebnis ist der Distriktsverwaltungs­ behörde mitzuteilen (§ 127 Abs. 2 VB.).

A«M. 7.

Internationales Recht. Anlagen nach Art. 50, die unmittelbar in das Gebiet eines andern Staates hinüberwirken, weil sich z. B. die Wehranlage über die Grenze erstreckt oder die Zu- oder Ableitungsgräben teilweise über fremdes Gebiet zu führen sind, unterliegen den einschlägigen Vorschriften beider Staaten. Die Regierungen werden über die Bewilligung der Anlage ins Benehmen zu treten haben. Handelt es sich nur um mittelbare Einwirkungen, so ist nur der Staat, in dessen Gebiet die Anlage errichtet wird, zur Genehmigung zuständig.

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Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

eine Berücksichtigung der Interessen des Nachbarstaates und ein Benehmen mit seinen Behörden ist nur da erforderlich, wo Staatsverträge dies gebieten. NachArt.X der Übereinkunft vom 22. Januar 1907 über die Kanalisierung des Mains von Offenbach bis Aschaffenburg (GVBl. S. 25) steht die Konzessionierung von Waffertriebwerken und sonstigen Wafferbenützungsanlagen der Regierung des Territorialstaats jeweils auf ihrem Gebiete zu. Diese wird die Erteilung von Konzessionen versagen, wenn die unternehmende Regierung im Interesse des Schiffahrtsbetriebes und der Flößerei auf der kanalisierten Strom­ strecke gegründete Einwendungen dagegen erhebt. Für ein allgemeines Verbot der Ableitung elektrischer Kraft ins Ausland bestand kein Bedürfnis. Bei öffentlichen Gewässern und Staatsprivatflüssen kann das Verbot, wo es nötig ist, in die Erlaubnisbedingungen ausgenommen werden (ABAK. S. 169).

Die Beseitigung von Stauanlagen oder Triebwerken mit gespannter Wasserkraft ist nur mit Erlaubnis der Verwaltungsbehörde zulässig. Die Erlaubnis darf nur im Interesse des Gemeinwohls und nur insolange ver­ sagt werden, bis die zur Wahrung dieser Interessen erforderlichen Vor­ kehrungen (Art. 60 Abs. 2) getroffen sind. Bollznasberanntmachnng.

8 129. Wer eine bestehende Stauanlage oder ein Triebwerk mit gespannter Wasserkraft beseitigen will, hat bei derjenigen Distriktsverwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Anlage sich besindet, um die Erlaubnis nachzusuchen.

8 130. Dem Gesuche sind nötigenfalls Pläne und Beschreibungen der bestehenden Anlage in dem Umfange, wie sie nach 8 115 für die Neuanlagen erforderlich sind, beizufügen. Aus den Plänen muß der bestehende und der nach Beseitigung der Anlage eintretende Zustand zu ersehen und in der Beschreibung müssen die Wirkungen, welche die Beseitigung in wasserwirtschaftlicher Richtung hervorbringt, beschrieben und begründet sein. Die Bestimmung in § 93 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

8 131. Über das Gesuch ist ein amtlicher Sachverständiger (vgl. § 118) zu hören. Das Verfahren bemißt sich nach den Bestimmungen der Abteilung II insbesondere des Art. 27 des Gesetzes über die Errichtung eines Verwoltungsgerichtshofes und daS Verfahren in Berwaltungsrechtssachen und der Art. 168—175 des Gesetzes. Die Be­ stimmung in 8 108 Abs. 3 ist hiebei zu beachten.

1» Durch die Beseitigung von Stauanlagen und Triebwerken mit gespannter Wasserkraft werden die Abflußverhältnisse oft wesentlich geändert (vgl. Art. 50 Anm. 5 Ziff. 2 a). Dadurch können Interessen des Gemeinwohls geschädigt werden. Das Gesetz knüpft daher die Beseitigung solcher Anlagen an die Erlaubnis der Verwaltungsbehörde (Begr. S. 540 I). Darin liegt wieder eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung, die als solche streng ausgelegt werden muß. Die Erlaubnispflicht erstreckt sich nur auf Stauanlagen oder Triebwerke mit gespannter Wasserkraft, nicht aber auf Triebwerke, die nicht mit Stauanlagen verbunden sind (vgl. Anm. 1 und 2 zum Art. 50). Die Stauanlage und das mit ihr

Verbundene Triebwerk bilden ein Ganzes; auch die Beseitigung des Triebwerks ohne Veränderung der Stauanlage fällt daher unter Art. 52 (ebenso Ehmann Anm. 3). Eine Beseitigung liegt nicht nur dann vor, wenn die ganze Anlage weg­ geräumt wird. Es wird Tatfrage sein, ob die Wegnahme einzelner Teile als Änderung oder als Beseitigung der Anlage zu erachten ist (Ehmann S. 2). Art. 52 bezieht sich auf alle öffentlichen Gewässer und auf alle Privatflüsse und Bäche und gilt nach Art. 57 auch für geschlossene Privatgewäffer. Gleichgültig ist, ob die Anlage zur Zeit des Inkrafttretens des WG. schon bestanden hat oder erst später genehmigt worden ist (Begr. S. 559 I).

Das Ermessen der über die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis gemäß Art. 51 entscheidenden Verwaltungsbehörde ist erheblich eingeschränkt. Nur Gründe des Gemeinwohls rechtfertigen die Versagung, über den Begriff „Ge­ meinwohl" vgl. Anm. 1 zum Art. 11 und Anm. 4 zum Art. 19. Privat­ interessen, auch wenn sie einer Mehrzahl von Personen gemeinsam sind, begründen die Versagung nicht. Auch wenn aber Interessen des Gemeinwohls unzweifelhaft zugunsten der Versagung streiten, ist die Verwaltungsbehörde dritten gegenüber nicht verpflichtet, die Erlaubnis zu verweigern; denn niemand hat einen Rechts­ anspruch darauf, daß die Beseitigung nicht erlaubt werde. Dagegen hat der Eigentümer einen Rechtsanspruch darauf, daß die Verwaltungsbehörde nur inner­ halb der vom Gesetze selbst ihrem Ermessen gezogenen Schranken in sein Privat­ eigentum eingreife. Es ist das Verdienst des RefAK. (S. 38, ABAK. S. 172, 192), diesem Rechtsanspruch die gesetzliche Anerkennung verschafft und die Aufnehmung des Art. 52 unter die Verwaltungsrechtssachen (Art. 177) ver­ anlaßt zu haben. 3. Die Erlaubnis zur Beseitigung darf nicht für alle Zeiten, sondern nur solange versagt werden, bis die zur Wahrung der Interessen des Ge­ meinwohls erforderlichen Vorkehrungen (Art. 60 Abs. 2) getroffen sind (vgl. Württ. Art. 53). Der Berechtigte ist nämlich nur verpflichtet, die ihm nicht erlaubte Beseitigung der Anlage zu unterlassen, niemand aber kann ihn zwingen, die Stauanlage oder das Triebwerk, das er gerne beseitigen möchte, weiter zu benützen oder zu unterhalten. Ist die Forterhaltung der nicht mehr benützten Anlage aus Gründen des Gemeinwohls erforderlich, so sind der Staat, oder die Gemeinde oder die Ortschaft, in deren Interesse dies liegt, verpflichtet, für die fernere Unterhaltung zu sorgen. Sie können hiefür die Überlassung der Anlage, soweit nötig, vom Unternehmer verlangen und zu diesem Zwecke die Zwangsenteignung beantragen. Die Personen, die von der Verhütung der Be­ seitigung einen Vorteil haben, können nach Maßgabe dieses Vorteils zu den Kosten herangezogen werden. Sind Maßregeln nach Art. 60 Abs. 2 nicht erforderlich, so darf die Erteilung der Erlaubnis nicht verzögert werden.

Die Erlaubnis an Bedingungen zu knüpfen ist zulässig, wenn das Ge­ meinwohl diese fordert. Zwar spricht das Gesetz nicht ausdrücklich davon, doch ist nach dem Satze „plus continet minus" in der Befugnis der Versagung die der bedingten Erteilung der Erlaubnis mitenthalten. 3. Die zum Art. 52 gehörige Strafbestimmung enthält Art. 202 Ziff. 2. 4. Die Zuständigkeit ist oben mitbesprochen worden. Über das Ver­ fahren vgl. BB. §§ 129—131. D,er § 108 Abs. 3, den § 131 ausdrücklich für anwendbar erklärt, betrifft die Beteiligung des Forstamtes Bei Gewässern, die zu dem der Forstverwaltung unterstehenden Staatsgute gehören oder der ärarialischen Trift dienen. Verwaltungsrechtsfragen sind die Fragen, ob

346

Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

Jntereffen des Gemeinwohls die Forterhaltung der Anlage fordern (Art. 60 Abs. 2) und ob die Versagung der Erlaubnis nach Art. 52 rechtlich zulässig, nicht aber auch ob sie zweckmäßig ist.

Höhenmatz.

Art. 53.

Bei jeder Stauanlage und bei jedem Triebwerke mit gespannter Wasser­ kraft ist nach Anordnung der Verwaltungsbehörde auf Kosten des Unter­ nehmers ein bleibendes Höhenmaß (Eichmarke, Eichpfahl, Pegel) aufzustellen, das auf eine in die Augen fallende Weise die festgesetzte Wasserhöhe und zwar, sofern der Wasserstand auf einer bestimmten Mindesthöhe erhalten werden muß, auch letztere zu bezeichnen hat. Abs. 2. Das Gleiche gilt bei den bereits bestehenden Anlagen. Abs. 3. Das Verfahren bei Aufstellung dieser Höhenmaße und deren Beschaffenheit wird durch Ministerialvorschrift bestimmt; darin sind auch jene Fälle zu bezeichnen, in denen von der Aufstellung Umgang genommen werden kann.

Bollzngsbekanntmachnng.

Pflicht mr Ansftellmig der Hohenmatze.

9

Bei jeder Stauanlage und bei jedem Triebwerke mit gespannter Wasserkraft ist auf Kosten deS Unternehmers ein bleibendes Höhenmaß aufzustellen, das die festgesetzte Wasserhöhe zu bezeichnen hat (Art. 53 des Gesetzes). In der Regel ist diese Wasserhöhe ein Höchstmaß, welches nicht überschritten werden soll; das Höhenmaß kann jedoch neben diesem Zweck auch noch die Bestimmung haben, eine Mindesthöhe zu bezeichnen, unter welche der Wasserstand nicht heruntersinken soll. Im ersteren Fall, d. h. wenn das Höchstmaß überschritten wird, müssen die zur Regelung der Wasserhöhe an den Stau- und Triebwerken vorhandenen Ablauföffnungen (Schleusen) geöffnet, im letzteren Fall, d. h. beim Absenken des Wasserspiegels auf die Mindesthöhe, geschlossen werden.

Ausnahme von der Aus­ stellung von Höhenmatzen.

§ 133-

An Gewässern, an denen die Festsetzung einer bestimmten Wasserhöhe untunlich ist, wie z. B. bei Wildbächen, in Klammen, dann in jenen Fällen, in denen öffentliche Interessen oder Privatinteressen durch den Aufstau nicht berührt werden, ferner bei solchen Stauanlagen, bei denen es nicht möglich ist, auf die Wasserhöhe durch Vor­ richtungen (Schützen) einen Einfluß auszuüben, kann von der Anbringung eines Höhenmaßes ausnahmsweise mit Genehmigung der Disttiktsverwaltungsbehörde ab­ gesehen werden.

Beschaffeuheit deS HoheumatzeS tut allgemeiueu.

_ ... 8 134

Das Höhenmaß ist so aufzustellen und zu erhallen, daß es jeder zufälligen oder absichtlichen Veränderung möglichsten Widerstand leistet und insbesondere auch gegen Beschädigungen durch Eisgang, Treibzeug, Uferabbrüche, Unterkolkungen u. dgl. geschützt ist. Der Standort des Höhenmaßes ist so zu wählen, daß es in die Augen fällt, vom Wasser unmittelbar und ständig bespült wird, für die Beteiligten, sowie für die Aufsichts­ personen leicht und auf unbeschwerliche Weise zugänglich ist und zu jeder Tageszeit beobachtet werden kann.

Beschaffeuheit deS Höhenmaßes im besonderen (Lichpsahl).

§

Der Hauptkörper des Höhenmaßes besteht aus Beton, in welchen ein Eisengerippe unverrückbar und so eingefügt ist, daß durch dasselbe die festgesetzte Wasserhöhe bezeichnet wird.

Abschnitt IV: B. Stauanlagen.

Art. 53.

347

Die Bestandteile des Eisengerippes sind folgende: eine gußeiserne runde 300 mm im Durchmesser messende Fußscheibe mit zentrisch eingeschnittenem Muttergewinde, eine ebensolche Deckscheibe, ein schmiedeisernes Rohr von 31 mm äußerem Durchmesser mit an Figur 1 der beiden Enden angeschnittenem Schraubengewinde in einer Länge von mindestens 1,0 m. 91111096 nDie Oberfläche der Deckscheibe kommt in die festgesetzte ÄZasserhöhe zu liegen. Ist außer dieser noch diejenige Wasserhöhe zu bezeichnen, unter welche der Wasserstand einer Wasserwertsanlage nicht abgesenkt werden soll, so dient hiezu eine dritte Mittel-)Scheibe Figur r der mit 360 mm Durchmesser, welche zwischen Boden- und Deckscheibe eingesetzt wird. Anlage n. Der im Mittelpunkt der Deckscheibe angebrachte Knopf ist hohl und mit Gewinde versehen, um genügend Spielraum zum Eindrehen zu gewähren. Der höchste Punkt dieses Knopfes liegt 50 mm über der Oberfläche der Deckscheibe und soll zum Aufsetzen der Nivellierlatte beim Einwägen der Deckscheibe benutzt werden. Die Eisenteile werden bei den Straßen- und Flußbauämtern München, Nürnberg und Kaiserslautern in Vorrat gehalten und sind von diesen gegen Erlag der Selbstkosten zu beziehen. Bei der Bestellung ist die voraussichtlich nötige Länge des Rohres anzugeben und gegebenenfalls, in welcher Tiefe unter der Deckscheibe die Mittelscheibe zu sitzen kommt. Es wird dann das Rohr mit den nötigen Gewinden versehen geliefert. "KÜ7.U" «13«.

In den meisten Fällen — namentlich bei neuen Anlagen — wird es möglich sein, das Höhenmaß in eine Ufermauer der Stau- oder Triebwerksanlage einzusetzen. Die Ausgestaltung ist dann etwa nach Figur 3 der Anlage II zu bewerkstelligen. Kommt Figur 3 der das Höhenmaß nicht unmittelbar an das Ufer sondern landeinwärts zu stehen, und ist Änlage ndie Aushebung einer Baugrube möglich, deren Wände entweder in natürlicher Ab­ böschung halten, oder durch einfache Verspreizung abgebolzt werden können, so ist die Ausführung nach Figur 4 zu wählen. In sehr nachgiebigem Boden wird man zweck- Ablage n entsprechend die Anordnung nach Figur 5 wählen, bei welcher 0,6 bis 1,0 m weite Figur ö der Zementrohre brunnenartig abgesenkt werden. Bei Bodenverhältnissen, welche ein Senken Anlage n. des Untergrunds und damit des Höhenmaßes befürchten lassen, ist das Fundament durch Einrammen eines oder mehrerer etwa 0,15 m starker Holzpfähle tragfähig zu machen. Bei unbekannten Untergrundverhältnissen empfiehlt es sich eine Bodenuniersuchung vorhergehen zu lassen und auf Grund dieser sich für die eine oder andere Bauart zu entscheiden. Fast in allen Fällen wird es nötig sein, den untern Teil der Baugruben mit Beton unter Wasser auszufüllen, diesen erhärten zu lassen, auf dieses Fundament den Eichpfahl aufzubauen und dabei die Baugrube womöglich wasserleer zu machen. Letzteres ist übrigens nicht unbedingt nöttg, denn es lassen sich die Eisenteile auch unter Wasser mit Gußbeton einbauen. Zunächst wird der Fundamentbeton auf der Höhe, auf welche die Fußscheibe zu liegen kommen soll, so gut als möglich eben abgeglichen, sodann wird die Tiefenlage dieser Fläche unter Eichhöhe bestimmt, das Eisenrohr hienach abgelängt und die Fußscheibe sowie die Deckscheibe an dasselbe angeschraubt; daraus wird dieses Eichpfahlgerippe in die Baugrube eingesetzt und die Deckscheibe als Eichplatte in die fest­ gesetzte Höhe gebracht. Ist letzteres erreicht, so wird dieses Gerippe so gegen die Wandungen der Baugrube abgespreitzt, daß das Eisenrohr senkrecht steht; alsdann werden Fußscheibe und Eisenrohr ein betoniert. Der obere Teil des Höhenmaßes wird rund geformt und zwar dadurch, daß ein 0,30 m weiter, entsprechend hoch bemessener zylindrischer Holzmantel (am besten aus Latten und Reifen herzustellen) über die Eichplatte gestülpt und ausbetoniert wird. Zu letzterem Zwecke ist die Eichplatte durchbrochen, so daß durch deren Öffnungen der Beton eingebracht und festgestampft werden kann; der Beton muß mit der Oberfläche der Eichplatte bündig liegen. Das Verfahren bei allenfallsiger Anbringung der (Mittel-) Scheibe bemißt sich nach vorstehenden Bestimmungen.

Mckmarken.

§ 137.

Jedes Höhenmaß ist mindestens auf zwei Festpunkte einzunivellieren; diese müssen unabhängig von einander und so beschaffen sein, daß auf ihnen die Nivellierlatte un-Wur6und mittelbar aufgesetzt werden kann. Sie sollen aus Kugelbolzen bestehen, welche in Sockel- Anlage il mauerwerk von Gebäuden u. dgl. oder in guter Grundlage stehenden Beton eingesetzt werden. Sie können von den drei bezeichneten Straßen- und Flußbauämtern (§ 135 Abs. 5) zum Selbstkostenpreis bezogen werden.

§ 138. Wenn in einem einzelnen Falle aus besonderen Gründen die Aufstellung eines Eichpfahles sich nicht als durchführbar erweisen sollte, ist wegen der Zulassung einer

Abteilung II. Benützung der Gewässer.

348

Anlage II der Vollzugsbekanntmachung. Fig. 1.

Fig. 2.

Fig. 3.

Fig. 3 a.

Fig. la.

Fig. 2 a.

Draufsicht

Schnitt a-b

Fig. 4 a,

Abschnitt IV:

B. Stauanlagen.

Art. 53.

349

Noch Anlage II der Bollzugsbekanntmachung. Flg. 5. Fig. 6.

Rnckmirken Fig. 7.

Pläne für das Höhenmatz (Eichpfahl) und für die Rückmarken.

anderen Art von Höhenmaßen (z. B. Eichmarken) Antrag an das Staatsministerium des Innern zu stellen.

Höhenmatz bei den mit Triebwerken verbundenen Stauanlagen.

8 wa.

Liegen Stauanlage und Triebwerk unmittelbar oder so nahe beisammen, daß das Höhenmaß an der Stauanlage zugleich die Wasserhöhe für das Triebwerk anzeigt, so genügt das Höhenmaß an der Stauanlage auch für das Triebwerk. Andernfalls ist bei dem Triebwerk ein zweites Höhenmaß auf die zuständige Oberwasserhöhe zu setzen. Liegen in einem Mühlbach mehrere Triebwerke, die von derselben Stauanlage ab­ hängig sind, so ist für jedes Triebwerk ein Höhenmaß zu errichten.

Ausstellung der Höhenmatze im Zu­ sammenhänge mit einem Bersahren zur Genehmigung einer Stauanlage oder eines Triebwerkes. 9 14°Die Aufstellung des Höhenmaßes sowie die Anbringung der Rückmarken hat durch den amtlichen Sachverständigen, der bei der Genehmigung der Anlage mitgewirkt hat (§§ 118, 124 und 125) zu erfolgen. Zur Aufstellung sind der Unternehmer, sowie alle jene Beteiligten, die im Laufe des Genehmigungsverfahrens Einwendungen erhoben haben, durch die Distriktsverwaltungsbehörde zu laden; auf Ersuchen des amtlichen Sach­ verständigen kann durch die Distriktsverwaltungsbehörde auch die Teilnahme der Ortspolizeibehörde angeordnet werden. Den Beteiligten mit Ausnahme des zur Teilnahme verpflichteten Unternehmers ist das Erscheinen freizustellen. Der amtliche Sachverständige hat über die Aufstellung des Höhenmaßes und die Anbringung der Rückmarken ein Protokoll aufzunehmen. Dieses hat zu enthalten: 1. den Befund der Anlage zur Zeit der Aufstellung des Höhenmaßes, 2. die Angabe über die Form, über den Standort und über die Bauart des Höhenmaßes, 3. die Angabe über die Lage und über die Form der Rückmarken sowie über ihre Höhenunterschiede gegen das Höhenmaß. Dem Protokoll ist be'izugeben:

a) ein Lageplan, in dem das Höhenmaß und die Rückmarken (Abs. 2 Ziff. 2 und 3) eingetragen sind; hiezu genügt bei kleineren Anlagen ein richtig gestellter Steuerkatasterplan, für größere Anlagen ist ein Plan in größerem Maßstabe notwendig; b) wenn ein Anschluß an einen Fixpunkt des bayerischen Präzisionsnivellements ohne zu große Unkosten möglich ist, so sind die Höhenzahlen (Koten) des Höhenmaßes sowie der sämtlichen Rückmarken auf Normal-Null bezogen anzugeben. Das Protokoll ist von dem die Aufstellung des Höhenmaßes leitenden amtlichen Sachverständigen und den anwesenden Beteiligten, sowie gegebenenfalls von dem Ver­ treter der Ortspolizeibehörde zu unterzeichnen und samt den Plänen der Distriktsver­ waltungsbehörde zur Aufbewahrung zu übermitteln.

350

Abteilung II.

Aufstellung eines Höhenmatzes bei bestehenden Anlage«.

Benützung der Gewässer.

§ 141.

Die Distriktsverwaltungsbehörden haben in den nächsten Jahren ihr besonderes Augenmerk darauf zu richten, daß auch bei den zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes bestehenden Anlagen der in § 132 bezeichneten Art, welche ein Höhenmaß nicht besitzen, ein solches dann aufgestellt wird, wenn öffentliche Interessen oder Privatintereflen es erheischen. Eine entsprechende Handhabung dieser Bestimmung wird auch zu einer nicht unerwünschten Beschleunigung in der Durchführung der Anlegung der Wasserbücher Ver­ anlassung bieten (vgl. Art. 197 Abs. 1 Ziff. 2 des Gesetzes). Die Aufstellung eines Höhenmaßes wird z. B. bei solchen Anlagen in Betracht kommen, die vor dem Inkraft­ treten des Wasserbenützungsgesetzes vom 28. Mai 1852 errichtet wurden, sowie bei solchen Anlagen, die nach dem Inkrafttreten des vorbezeichneten Gesetzes genehmigt wurden, bei welchen aber die Setzung eines Höhenmaßes seinerzeit unterblieben ist. Bei derartigen Anlagen kann bereits eine zuständige Wasserhöhe bestehen, oder es ist eine solche nicht nachweisbar und es muß deshalb vorerst die zulässige Wasserhöhe festgesetzt werden.

zuständige Wafferhöhe.

§ 142.

Die zuständige Wasserhöhe kann ersichtlich sein aus dem seinerzeitigen Beschlusse über die Genehmigung der Anlagen, aus vorhandenen Akten, Plänen, Urkunden, namentlich gerichtlichen Urteilen oder Vergleichen. Erscheint der Distriktsverwaltungsbehörde nach Einvernahme eines amtlichen Sach­ verständigen (§ 118) die zuständige Wasserhöhe als nachgewiesen, so ist dem Unternehmer der Anlage sowie den Beteiligten hiervon unter genauer Bezeichnung der Wasserhöhe, sowie der Akten, Urkunden und Pläne, denen diese entnommen wurde und unter Vor­ setzung einer angemessenen Frist mit der Aufforderung Kenntnis zu geben, daß es ihnen freisteht, innerhalb dieser Frist bei Amt von den Akten, Urkunden und Plänen Einsicht zu nehmen und daß etwaige Einwendungen gegen die Verpflichtung zur Aufstellung des Höhenmaßes, sowie gegen die zuständige Wasserhöhe bei Vermeidung des Ausschlusses innerhalb der festgesetzten Frist vorzubringen sind. Werden innerhalb dieser Frist Einwendungen erhoben, so ist vor allem unter Zu­ ziehung des amtlichen Sachverständigen durch mündliches Verhandeln mit den Beteiligten dahin zu trachten, daß Einwendungen durch gütliches Übereinkommen beigelegt werden. Hiebei soll nötigenfalls die zuständige Wafferhöhe den Beteiligten an Ort und Stelle förmlich vorgezeigt werden. Kommt ein Übereinkommen nicht zustande, so sind Wendungen, welche auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, zur richterlichen Ent­ scheidung zu verweisen; andere Einwendungen sind mit den Parteien zu erörtern und beschlußmäßig zu verbescheiden. Wenn keine Einwendungen erhoben oder wenn solche nachträglich zurückgenommen wurden oder wenn ihre Berbescheidung die Rechtskraft beschritten hat, so ist die Aufstellung des Höhenmaßes nach Maßgabe der ermittelten zuständigen Wafferhöhe zu betätigen; hiebei sind die Bestimmungen der §§ 134—140 entsprechend anzuwenden.

zulässige Wafferhöhe.

§ 143.

Sind jedoch Beschlüsse, Atten, Urkunden und Pläne, aus denen die zuständige Wasser­ höhe zu entnehmen ist, nicht vorhanden oder werden die vorhandenen Akten, Urkunden und Pläne von der Distriktsverwaltungsbehörde zum Nachweis nicht für genügend be­ funden, so hat die Distriktsverwaltungsbehörde die zulässige Wasserhöhe zu bestimmen. Zu diesem Zwecke hat die Distrittsverwaltungsbehörde die Beteiligten zu ermitteln und sie sodann zu einer Tagfahrt verbunden mit einer Ortsbesichtigung unter dem Beifügen zu laden, 1. daß Einwendungen gegen die Aufstellung des Höhenmaßes sowie gegen die Besttmmung der Wafferhöhe spätestens in der Tagfahrt geltend zu machen sind, 2. daß die geladenen Beteiligten, die in der Tagfahrt weder in Person erscheinen noch durch einen Bevollmächtigten vertreten sind, mit ihren Einwendungen als ausgeschlossen erachtet werden. Etwa sonstige Beteiligte sind unter dem gleichen Beifügen durch Ausschreiben im Amtsblatt zu laden. In der Tagfahrt ist unter Zuziehung des amtlichen Sachverständigen mit den Be­ teiligten, insbesondere auch über die erhobenen Einwendungen zu verhandeln und hiebei die erforderliche Grundlage für die zulässige Wafferhöhe nach dem gegenwärtigen Stande der Stauanlage oder des Triebwerkes und unter entsprechender Rücksichtnahme auf die öffentlichen Interessen und die Interessen der Beteiligten zu gewinnen. Aus Grund des Ergebnisses der Tagfahrt hat die Distriktsverwaltungsbehörde die

zulässige Wasserhöhe festzustellen; Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind zur richterlichen Entscheidung zu verweisen. Nach Rechtskraft des Bescheides ist die Aufstellung des Höhenmaßes nach Maßgabe der festgestellten zulässigen Wasserhöhe zu betättgen; hiebei sind die Bestimmungen der §§ 134—140 entsprechend anzuwenden.

Eintragung in das Wafferbuch.

§ 144.

Wegen der Eintragung des Höhenmaßes und der Rückmarken in das Wasserbuch sind die Art. 196—200 und die §§ 279—297 zu vergleichen.

Abänderung oder Erneuerung eines bestehenden Höhenmatzes.

§ 145.

Die Abänderung oder Erneuerung eines bestehenden Höhenmaßes kann die Distrittsverwaltungsbehörde verlangen, wenn bei der ursprünglichen Ausstellung wesentliche Mängel stattgefunden haben oder wenn am ursprünglichen Höhenmaß in der Zwischen­ zeit wesentliche Änderungen ein getreten sind, oder wenn seststeht, daß das Höhenmaß der festgesetzten Wasserhöhe nicht entspricht. Bei Änderung oder Erneuerung bestehender Höhenmaße finden die für die Aufstellung der Höhenmaße gegebenen Vorschriften ent­ sprechende Anwendung. Wird an Stelle des alten Höhenmaßes ein neues gesetzt, so ist das alte entweder ganz zu entfernen oder unbrauchbar zu machen.

Pstichte« -er Besitzer von Höheumatzen.

§ 146.

Die Besitzer von Stauanlagen und Triebwerken sind verpflichtet jede Veränderung an den aufgestellten Höhenmaßen bei Vermeidung der in Art. 202 Ziffer 3 des Gesetzes angedrohten Strafe zu unterlassen, sowie jede bei dem Höhenmaße oder den Rückmarken vorkommende Beschädigung oder Veränderung binnen drei Tagen der Distriktsver­ waltungsbehörde anzuzeigen. Die Unterlassung dieser Anzeige wird an Geld bis zu hundert Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft ^Art. 206 Abs. 2).

ANM. 1. Die Notwe«digkeit der Höhenmatze. Höchst- and Mindestwasterhöhe. Koste«. Bei Stauanlagen und Triebwerken mit gespannter Wafferkraft ist das Bestehen eines bleibenden Höhenmaßes im öffentlichen Interesse un> bedingt erforderlich. Art. 77 WBG. hatte daher auch für bestehende Anlagen die Setzung eines solchen Höhenmaßes zwingend vorgeschrieben und auch Art. 53 WG. hat diesem Bedürfnisse Rechnung getragen. Das Gesetz ordnet an, daß bei jeder Stauanlage und bei jedem Triebwerk mit gespannter Wasserkraft (s. Anm. 1 und 2 zum Art. 50) auf Kosten des Unternehmers ein bleibendes Höhenmaß aufzustellen sei, das die fest­ gesetzte — also die zuständige und, wenn diese nicht ermittelt werden kann, die zulässige — Stauhöhe anzuzeigen habe (f. §§ 142, 143 VB.). Diese Maßregel dient dem Zwecke, jederzeit feststellen zu können, ob der Unternehmer die festgesetzte Stauhöhe einhält oder ob er sie überschreitet. Überstauungen, die früher nach Art. 100 WBG. nur dann geahndet werden konnten, wenn all­ gemeine oder besondere polizeiliche Vorschriften oder Anordnungen (Art. 100 WBG.) sie verboten hatten, sind nunmehr auch abgesehen vom Falle des Art. 202 Ziff. 2 nach Art 55 und 203 Ziff. 7 ohne weiteres strafbar, wenn der Unternehmer schuldhafterweise seiner Verpflichtung, durch Öffnung der Schleusen und der sonstigen zur Senkung des Wasserspiegels bestehenden Vorrichtungen, sowie durch Beseitigung von Hindernissen des Wasserablaufs die llberstauung abzuwehren, nicht nachgekommen ist. Es handelt sich also nicht um ein Begehungs-, sondern um ein Unterlassungsdelikt (Näheres beim Art. 203). Verwaltungsrechtliche An­ sprüche begründen llberstauungen nicht; die Beteiligten können aber ein polizei­ liches Vorgehen nach Art. 174 anregen (VGE. 12 S. 393, 17 S. 98). Die Höhenmaße, von denen Art. 77 WBG. sprach, zeigten nur die zulässige Höchst-

wasserhöhe an und auch für das neue Recht gilt grundsätzlich ein Gleiches. Es kann aber nötig werden, den Wasserstand stets auf einer bestimmten Mindest­ höhe zu erhalten und dem Unternehmer im Interesse einer geordneten Wasser­ ausnützung bei der Genehmigung der Anlage eine dahingehende Auflage zu machen. Diese Auflage kann im öffentlichen wie im Privatintereffe nötig werden. Dann ist ein Höhenmaß erforderlich, das auch diese Mindestwasserhöhe anzeigt. Der Verpflichtung, die Überstauung durch Offnen der Schleusen zu verhüten, entspricht die Verpflichtung, einem Sinken des Wasserspiegels unter die Mindest­ wasserhöhe durch das Schließen der Schleusen, also durch Aufstauung vorzubeugen (BB. § 132). Während aber die Nichterfüllung der Verpflichtung im erst­ erwähnten Falle als besonderes Delikt mit gerichtlicher Strafe geahndet wird, ist dies beim Sinkenlaffen des Wasserspiegels unter die Mindestwasserhöhe nicht der Fall. Hier wird in der Regel die Einhaltung einer bestimmten Mindestwasserhöhe im Erlaubnis- oder Genehmigungsbescheide zur Bedingung gemacht und deren Nichtbeachtung nach Art. 202 Ziff. 2 strafbar sein. Ist dies nicht der Fall, so wird Art. 206 Abs. 2 helfen; außerdem kommen noch Ordnungsstrafen nach Art. 174 in Betracht. Bon dem Regelsatze, daß keine Anlage nach Art. 50 ohne Eich pfähl sein soll, müssen dann Ausnahmen gemacht werden, wenn die Fest­ setzung einer bestimmten Wasserhöhe untunlich ist, tote z. B. bei Wildbächen, in Klammen, dann in jenen Fällen, in denen öffentliche Interessen oder Privat­ interessen durch den Aufstau nicht berührt werden, und bei Stauanlagen, bei denen es nicht möglich ist, auf die Wasserhöhe durch Vorrichtungen (Schützen) einen Einfluß auszuüben. In diesen Fällen kann die Distriktsverwaltungsbehörde nach pflichtmäßigem Ermessen genehmigen, daß von der Anbringung eines Höhen­ maßes abgesehen werde (§ 133 VB.). Die Aufstellung eines Höhenmaßes ist nur bei Stauanlagen und Trieb­ werken mit gespannter Wasserkraft, nicht auch bei anderen Anlagen er­ forderlich. Sie hat „nach Anordnung der Verwaltungsbehörde" zu erfolgen. Die Verwaltungsbehörde hat also zu bestimmen, wann und wo das Höhenmaß gesetzt werden, ob es auch die Mindestwasserhöhe anzeigen soll, ob e i n Höhenmaß genügt oder ob mehrere aufgestellt werden müssen usw. (vgl. auch VGE. 15 S. 182). Art. 53 schafft zwingendes Recht, das durch die Privatwillkür nicht ausgeschlossen werden kann (VGE. US. 213). Die Kosten der Aufstellung des Höhenmaßes hat der Unternehmer der Anlage zu tragen, nicht der Antragsteller, dessen Antrag ein verwaltungsrechtliches Verfahren nach Art. 53, 177 veranlaßt hat (s. auch VGE. 2 S. 348, Pözl II S. 212, Reuß S. 162). Auch die Kosten der Unterhaltung des Höhenmaßes fallen vor­ behaltlich besonderer Rechtsverhältnisse dem Unternehmer zur Last. Nach § 134 BB. ist das Höhenmaß so aufzustellen und zu erhalten, daß es jeder zufälligen oder abstchtlichen Veränderung möglichsten Widerstand leistet und insbesondere auch gegen Beschädigungen durch Eisgang, Treibzeug, Ufer­ abbrüche, Unterkolkungen u. dgl. geschützt ist.

Die Zugänglichkeit des Höheumatzes. Art. 77 WBG. hatte bereits bestimmt, daß das Höhenmaß „auf eine in die Augen fallende Weise" anzubringen sei. Der Regierungsentwurf ließ diese Worte als selbstver­ ständlich weg, der AKA. (S. 172 f.) setzte sie aber wieder ein. Das Gesetz wollte offensichtlich allen, die an der Einhaltung der Höchst- oder Mindestwasserhöhe ein Interesse haben, das Recht einräumen, sich durch die Besichtigung des Eichpfahls ANM. 2.

hievon zu überzeugen. Der Eichpfahl muß daher, wie § 134 Abs. 2 BB. aus­ drücklich vorschreibt, so aufgestellt werden, daß er in die Augen fällt, vom Wasser unmittelbar und ständig bespült wird, für die Beteiligten, sowie für die Aufsichtspersonen leicht und auf unbeschwerliche Weise zugänglich ist und zu jeder Tageszeit beobachtet werden kann. Gegenüber dieser klaren Bestimmung wird die Annahme Eymanns (Anm. 7), daß der Triebwerksbesitzer nicht jedem Beteiligten, sondern nur der Aufsichtsbehörde die Betretung seines Privateigentums zum Zwecke der Kontrolle gestatten müsse, nicht haltbar sein. Das wäre auch praktisch undurchführbar. Wer ein Interesse daran hat, eine Überstauung fest­ zustellen, kann nicht erst die Polizeibehörden mobil machen, um Zutritt zum Eich­ pfahl zu erlangen. Nicht jedermann hat freilich ein Recht, den Eichpfahl zu besichtigen; der Triebwerksbesitzer wird vielmehr die Glaubhaftmachung eines Interesses an der Stauhöhe verlangen können. Auch bei Nacht kann er den Zutritt nicht verweigern; es kann zwar nicht verlangt werden, daß der Eichpfahl völlig frei liege, wohl aber, daß er leicht und auch bei Nacht ohne erschwerenden Aufenthalt (Wecken des Portiers, Versicherung der Wächterhunde u. dgl.) zugänglich sei (BGE. 20 S. 145). Wer von seinem Zutrittsrechte Gebrauch macht, kann nicht nach § 123 RStGB. gestraft werden. Zu den Aufsichtspersonen gehören die Beamten der Distriktsverwaltungsbehörde und des Straßen- und Flußbauamts, der amtliche Kulturingenieur, der Amtstechniker, die Ortspolizeibehörde und ihre Organe, die Gendarmerie usw. Andere Personen, die als Aufsichtsorgane auf­ treten, werden sich als solche zu legitimieren haben.

A«M. 3. Die Beschaffenheit der Hühenmatze (Abs. 3).

Nach Abs. 3 bestimmt eine Ministerialvorschrift das Verfahren bei der Aufstellung der Höhenmaße und die Beschaffenheit dieser Höhenmaße. Die VB. enthält in den §§ 132—146 die einschlägigen Bestimmungen. Die VO. betr. das Verfahren bei Aufstellung der Höhenmaße für Stauvorrichtungen und Triebwerke vom 11. Januar 1855 (RegBl. S. 65) ist durch § 304 Ziff. 1 BB. aufgehoben. Die Beschaffenheit der Höhenmaße und ihre Aufstellung schildern die §§ 135 f. VB. und die Anlage II. Die Eichpfähle, wie sie hier vorgeschrieben sind, ver­ heißen längeren zuverlässigen Bestand als die bisher üblichen, die oft durch Frost und andere Einflüsse schon bald nach ihrer Aufstellung an Verlässigkeit erheblich verloren hatten. Die Eisenteile der Höhenmaße werden bei den Straßen- und Flußbauämtern München, Nürnberg und Kaiserslautern in Vorrat gehalten und können von diesen um den Selbstkostenpreis bezogen werden. Bei der Ermittelung der zuständigen Stauhöhe machte man bisher häufig die Erfahrung, daß die Fixpunkte, die den älteren Eichpfahlprotokollen zugrunde lagen, nicht mehr aufzufinden waren. Ganz wird dem auch in Zukunft nicht vorgebeugt werden können, allein die im § 137 VB. vorgeschriebenen, sehr zweck­ mäßigen Rückmarken bieten doch eine verhältnismäßig sichere Gewähr dafür, daß der ordnungsmäßige Zustand der Anlage auch nach langen Jahren noch zuverlässig feststellbar sein wird. Nach § 137 VB. ist nämlich jedes Höhenmaß mindestens auf zwei Festpunkte einzunivellieren; diese müssen unabhängig von einander und so beschaffen sein, daß auf ihnen die Nivellierlatte unmittelbar auf­ gesetzt werden kann. Sie sollen aus Kugelbolzen (Fig. 6 und 7 der Anl. II) bestehen, die in das Sockelmauerwerk von Gebäuden oder in guter Grundlage stehenden Beton eingesetzt werden. Beschafft können sie werden wie die Höhen­ maße. Bei Gesuchen um die baupolizeiliche Genehmigung zu Änderungen an Gebäuden in der Nähe von Stauanlagen oder Triebwerken mit gespannter Wasser­ kraft ist darauf zu achten, daß etwa vorhandene Rückmarken nicht beeinflußt werden. Andere Höhenmaße als die zwingend vorgeschriebenen dürfen nicht verwendet Harfter-Eassimir, Waffergesetz. 23

werden. Wenn in einem einzelnen Falle aus besonderen Gründen die Aufstellung eines Eichpfahls nicht durchführbar ist, bestimmt auf Antrag das K. Staats­ ministerium des Innern, ob eine andere Art von Höhenmaßen z. B. Eichmarken zugelassen werden und wie sie beschaffen sein sollen (§ 138 BB.). über die Zahl der Höhenmaße bei Triebwerken, die mit Stauanlagen verbunden, und bei mehreren Triebwerken, die von derselben Stauanlage abhängig sind, vgl. § 139 VB.

Das Aufftelluugsverfahreu. Das Aufstellungsverfahren ist erheblich vereinfacht. Während früher die Aufstellung stets durch die Distrikts­ verwaltungsbehörde erfolgte, geschieht die Aufstellung des Höhenmaßes und die Anbringung der Rückmarken gemäß § 140 VB. in Zukunft durch den amt­ lichen Sachverständigen, der bei der Genehmigung der Anlage mitgewirkt hat (§§ 118, 124 f. VB.». Ist seine Zuziehung nicht mehr möglich, so ist nach § 118 VB. ein neuer amtlicher Sachverständiger aufzustellen. Die Distriktsver­ waltungsbehörde hat nur dann tätig zu werden, wenn die zuständige Stau­ höhe ermittelt oder die zulässige festgestellt werden muß (§§ 142 f. VB.). Im übrigen beschränkt sich ihre Mitwirkung auf die L a d u n g des Unternehmers und aller derer, die im Laufe des Genehmigungsverfahrens Einwendungen erhoben haben. Der Unternehmer ist zur Teilnahme verpflichtet, den übrigen Beteiligten ist das Erscheinen freizustellen. Die VB. sagt jedoch nicht, daß die Aufstellung des Höhenmaßes und die Anbringung der Rückmarken nur in Gegenwart des Unternehmers erfolgen könne. Ist dieser am Erscheinen verhindert, so muß er einen Bevollmächtigten schicken, im übrigen nimmt das Verfahren auch ohne ihn seinen Lauf. Auf Ersuchen des amtlichen Sachverständigen kann die DistriktsVerwaltungsbehörde auch die Teilnahme der Ortspolizeibehörde anordnen, über das aufzunehmende Protokoll und die Planbeilagen s. § 140 Abs. 2. AMU 4.

Die Anwendung des Art. 53 auf bestehende Anlagen (Abs. S). Der Abs. 2 des Art. 53 bestimmt, daß Abs. 1 auch für bestehende Anlagen zu gelten habe. Für solche hatte schon Art. 77 WBG. die Errichtung eines die zulässige Höchstwafferhöhe anzeigenden Höhenmaßes vorgeschrieben. Aber auch die Aufstellung eines die Mindestwasserhöhe anzeigenden Höhenmaßes kann nach Art. 53 Abs. 2 auch bei solchen Anlagen verlangt werden, voraus­ gesetzt, daß die Beachtung dieser Grenze bisher schon eine Pflicht des Unter­ nehmers war oder daß die Verwaltungsbehörde von ihrem Rechte, auch bei be­ stehenden Anlagen im öffentlichen Interesse Vorschriften über die Wasserführung nachzuholen, Gebrauch macht und die Einhaltung einer Grenze nach unten vorschreibt. Die Distriktsverwaltungsbehörden haben nach § 141 VB. besonders in den nächsten Jahren ihr Augenmerk darauf zu richten, daß keine Anlage, für die ein Höhenmaß vorgeschrieben ist, eines solchen ermangle. Wenn öffentliche oder private Interessen dies erheischen, hat die Distriktsverwaltungs­ behörde die Aufstellung eines Höhenmaßes anzuordnen (s. auch VGE. 11 S. 214). Auch jahrhundertelanges Bestehen einer Anlage ohne Höhenmaß gibt gegenüber der zwingenden Rechtsvorschrift der Art. 77 WBG. und 53 WG. kein Recht auf die Forterhaltung dieses Zustandes. Auch besondere Rechtstitel können die durch jene Bestimmung geschaffenen Verpflichtungen nicht beseitigen (VGE. a. a. O.). Selbstverständlich wird an der Gültigkeit der nach der VO. vom 11. Januar 1855 aufgestellten Höhenmaße nichts geändert. Sie bleiben, wenn sie noch zuverlässig sind, bestehen und sind nicht etwa durch Höhenmaße nach § 135 VB. zu ersetzen. Wo sie aber fehlen, muß die Aufstellung nachgeholt werden. Bestehende Eichpfähle, die den Anforderungen des Gesetzes in Bezug

A«M. 5.

auf Anzeigung der Stauung, Zugänglichkeit usw. nicht genügen, müssen in einen dem geltenden Recht entsprechenden Zustand versetzt werden (VGE. 11 S. 213, 15 S. 182, 16 S. 85). Dabei kann bereits eine zuständige Wasserhöhe bestehen. Ist eine solche nicht nachweisbar, so muß die zulässige Wasser­ höhe festgesetzt werden. Die zuständige Wasserhöhe. Die Begriffe zuständige und zulässige Wafferhöhe entstammen der VO. vom 11. Januar 1855. Unter der zuständigen Wasserhöhe versteht man die Wasserhöhe, auf die der Besitzer der Anlage einen Rechtsanspruch hat. Es ist bestritten, ob dieser Anspruch dem privaten oder dem öffentlichen Recht angehört. Eymann Anm. 1 a weist ihn seiner Auffassung vom Rechts­ grunde der Waffernutzung entsprechend dem öffentlichen Rechte zu. Unserer An­ sicht nach gehört der Anspruch auf die zuständige Wafferhöhe dem Privat recht an. Das Waffernutzungsrecht, das dem Besitzer einer Stauanlage oder eines Triebwerkes mit gespannter Wasserkraft zusteht, entspringt aus dem Eigentum am Gewässer (f. Anm. 2 zum Art. 42). Bei den öffentlichen Gewässern und den Staatsprivatflüssen überträgt die Distriktsverwaltungsbehörde als Vertreterin des Gewässereigentümers die Nutzung durch den Akt der Erlaubniserteilung (Art. 42). Bei den übrigen Gewässern ist das Eigentum und damit die Wasser­ nutzung unbeschränkt, soweit nicht die Distriktsverwaltungsbehörde im polizeilichen Genehmigungsverfahren eine Beschränkung vornimmt. Im einen wie im an­ deren Falle hat der Nutzungsberechtigte, wenn die zuständige Wasserhöhe im Er­ laubnis- oder Genehmigungsverfahren festgesetzt wird, einen Privatrechts­ anspruch darauf, bis zu dieser Grenze stauen zu dürfen. Auch der VGH. erkennt an, daß das Recht auf die zuständige Stauhöhe ein Privatrecht sei (VGE. 16 S. 89, 17 S. 96, 98, 19 S. 84; die in der letzterwähnten Entscheidung gegebene Begründung, Herkommen und Verjährung seien stets Privat­ rechtstitel, ist freilich nicht bedenkenfrei s. auch Anm. 1 Ziff. 2 a zum Art. 32).

AttM- 6.

Die zuständige Wafferhöhe kann ersichtlich sein aus dem seinerzeitigen Beschlusse über die Genehmigung der Anlagen, aus vorhandenen Akten, Plänen Urkunden, namentlich gerichtlichen Urteilen oder Vergleichen (§ 142 Abs. 1 VB.). Auch die VB. erkennt also an, daß das Recht auf die zuständige Stauhöhe ein Privatrecht ist. Das Höhenmaß selber gewährt selbstverständlich kein Recht auf eine bestimmte Wasserhöhe, wohl aber ist es ein wert­ volles Beweismittel für die Stauhöhe, die der Anlage zusteht (s. Schenkel S. 406, Eymann Anm. 1 a). Erscheint der Distriktsverwaltungsbehörde, die vorher einen amtlichen Sach­ verständigen (K 118 VB.) vernehmen muß, die zuständige Wasserhöhe nachgewiesen, so hat sie dem Unternehmer der Anlage und den Beteiligten hievon unter genauer Bezeichnung der Wasserhöhe, sowie der Akten, Urkunden und Pläne, denen diese entnommen ist, und unter Borsetzung einer angemessenen Frist mit der Auf­ forderung Kenntnis zu geben, daß es ihnen freisteht, innerhalb der Frist bei Amt von den Akten, Urkunden und Plänen Einsicht zu nehmen, und daß Ein­ wendungen gegen die Verpflichtung zur Aufstellung des Höhenmaßes und gegen die zuständige Wafferhöhe bei Vermeidung des Ausschlusses innerhalb der festgesetzten Frist vorzubringen sind (§ 142 Abs. 2 VB.). Den Kreis der Be­ teiligten bestimmt die Distriktsverwaltungsbehörde nach Anhörung des amtlichen Sachverständigen nach pflichtmäßigem Ermessen. Die Veröffentlichung im Amts­ blatt und die Anschlagung der Bekanntmachung in den beteiligten Gemeinden ist zulässig, aber nicht vorgeschrieben. Werden innerhalb der Frist Einwendungen erhoben, so ist unter Zu-

ziehung des amtlichen Sachverständigen durch mündliches Verhandeln mit den Beteiligten dahin zu trachten, daß Einwendungen durch ein gütliches Übereinkommen beigelegt werden. Hiebei soll nötigenfalls die zuständige Wasserhöhe den Beteiligten an Ort und Stelle förmlich vorgezeigt werden. Kommt ein Übereinkommen nicht zustande, so sind Einwendungen, die auf be­ sonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, zur richterlichen Entscheidung zu verweisen; andere Einwendungen sind mit den Parteien zu erörtern und beschlußmäßig zu verbescheiden (§ 142 Abs. 3 VB-). Die Rechtsgrundlage dieser Vorschrift bilden Art. 178 und § 19 RGO. Die Präklusion durch Frist­ versäumnis erstreckt sich also nicht auf die Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sondern lediglich auf die im öffentlichen Rechte wurzelnden oder auf die allgemeinen nachbarrechtlichen Bestimmungen gestützten Einwendungen. Die Beteiligten, die Einwendungen erhoben haben, müssen zur Verhandlung geladen werden; die Nichtbeachtung würde die Nichtigkeit des Ver­ fahrens zur Folge haben. Das Übereinkommen zum Protokolle der Distrikts­ verwaltungsbehörde kann die notarielle Beurkundung und die Eintragung ins Grundbuch nicht ersetzen, wenn diese nötig sind (s. Anm. 3 Ziff. 3 zum Art. 51). Wenn keine Einwendungen erhoben oder wenn sie nachträglich zurück­ genommen worden sind oder wenn ihre Verbescheidung die Rechtskraft beschritten hat, ist die Aufstellung des Höhenmaßes nach Maßgabe der ermittelten zuständigen Wafferhöhe vorzunehmen; dabei sind die Bestimmungen der §§ 134 bis 140 entsprechend anzuwenden (§ 142 Abs. 4 VB.).

Die zulässige Wafferhöhe. Wenn die zuständige Stauhöhe nicht festgestellt werden kann, ist die zulässige Wasserhöhe zu er­ mitteln. Die Distriktsverwaltungsbehörde hat die Beteiligten festzustellen und sie zu einer Tagfahrt verbunden mit einer Ortsbesichtigung unter dem Bei­ fügen zu laden, 1. daß Einwendungen gegen die Aufstellung des Höhenmaßes und die Bestimmung der Wafferhöhe spätestens in der Tagfahrt geltend zu machen sind; 2. daß die geladenen Beteiligten, die in der Tagfahrt weder in Person er­ scheinen, noch durch einen Bevollmächtigten vertreten sind, mit ihren Ein­ wendungen als ausgeschlossen erachtet werden. Etwa vorhandene weitere Beteiligte sind unter dem gleichen Beifügen durch Ausschreiben im Amtsblatt zu laden (VB. § 143 Abs. 1 — 3). Die Nichtbeachtung dieser Vorschrift hat die Nichtigkeit des Verfahrens gegenüber den Beteiligten zur Folge, die nicht geladen waren und vom Termine nicht oder erst so spät anderweitig Kenntnis erhielten, daß ihnen die Teilnahme an der Tagfahrt nicht möglich war. Stellvertreter müssen bevollmächtigt sein. Eine Form für die Vollmacht ist nicht vorgeschrieben. Jede Erklärung, die den Willen der Boll­ machterteilung mit ausreichender Deutlichkeit ersehen läßt, genügt. Die Präklusion durch Versäumung der Frist erstreckt sich natürlich nur auf Einwendungen gegen die Ermittlung der zulässigen Wafferhöhe; die Feststellung der zuständigen Wafferhöhe durch die Gerichte wird dadurch nicht ausgeschlossen. In der Tagfahrt ist unter Zuziehung des amtlichen Sachverständigen mit den Beteiligten insbesondere auch über die erhobenen Einwendungen zu ver­ handeln und hiebei die erforderliche Grundlage für die zulässige Wasserhöhe nach dem gegenwärtigen Stande der Stauanlage oder des Trieb­ werkes und unter entsprechender Rücksichtnahme auf die öffentlichen Jntereffen und die Interessen der Beteiligten zu gewinnen (VB. § 143 Ws. 4; vgl. auch VGE. 19 S. 92). ANM. 7«

Auf Grund des Ergebnisses der Tagfahrt hat die Distrikts­ verwaltungsbehörde die zulässige Wasserhöhe festzustellen; Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind zur richterlichen Entscheidung zu verweisen. Nach Rechtskraft des Bescheides ist die Aufstellung des Höhenmaßes nach Maßgabe der festgestellten zulässigen Wasserhöhe vorzunehmen; dabei sind die §§ 134—140 entsprechend anzuwenden (§ 143 Abs. 5 und 6 VB.). Die Festsetzung der zulässigen Stauhöhe kann im Verwaltungs rechtlichen Verfahren angefochten werden (Art. 53, 177). Ist die zulässige Wasserhöhe rechtskräftig festgesetzt, so ist damit eine Vermutung dafür begründet, daß der Besitzer der Anlage ein Recht auf diese Wasserhöhe habe, daß also die festgesetzte zulässige Wasserhöhe auch die zuständige sei (VGE. 16 S. 86). Diese Vermutung kann aber jederzeit durch einen Gegenbeweis entkräftet werden. Jeder Beteiligte kann, ganz gleichgültig, ob er seine Einwendungen im früheren Ver­ fahren bereits geltend gemacht hat oder nicht (VGE. 16 S. 89), jederzeit und zwar im Streitfälle im Zivilprozesse den Beweis erbringen, daß die zuständige Stauhöhe eine andere sei (ebenso Eymann Anm. 1 a). Dringt er damit end­ gültig durch, so wird auch der Festsetzung der zulässigen Stauhöhe durch die Verwaltungsbehörden und Verwaltungsrechtsinstanzen der Boden entzogen und der Sieger kann, gestützt auf das erstrittene rechtskräftige Urteil, verlangen, daß die Distriktsverwaltungsbehörde nunmehr den Eichpfahl gemäß § 142 VB. auf die durch das Urteil festgestellte zuständige Wasserhöhe setze (VGE. 16 S. 89, 17 S. 99). Aber auch Bemängelungen der zulässigen Wasserhöhe sind selbst nach der Rechtskraft des Bescheides nach § 143 Abs. 6 VB. nicht ausgeschlossen. Der Festsetzungsbescheid ist nur beschränkter Rechtskraft fähig; denn nach § 145 VB. kann die Distriktsverwaltungsbehörde eine Abänderung oder Er­ neuerung des Eichpfahls verlangen, wenn bei der Aufstellung wesentliche Mängel unterliefen, also vor allem, wenn die zulässige Wasserhöhe unrichtig festgesetzt worden ist (s. auch Anm. 8 und VGE. 16 S. 89, 17 S. 99). Macht die Distriktsverwaltungsbehörde von diesem Rechte Gebrauch, so beginnt, wenn der Besitzer der Anlage nicht nachgibt, ein neues Berwaltungsrechtsverfahren. Fraglich ist nur, ob die Beteiligten ein Recht haben, bei gegebener Voraussetzung ein Einschreiten der Distriktsverwaltungsbehörde nach § 145 BB. zu verlangen. Die Frage ist wohl nur dann zu bejahen, wenn der Antrag auf ein neues Vor­ bringen gestützt wird, die im ersten Verfahren präkludierten oder rechtskräftig er­ ledigten Einwendungen können zur Begründung eines verwaltungsrechtlichen Anspruchs Wohl nicht mehr verwendet werden. Anm. 8.

Die Abänderung oder Erneuerung eines bestehenden Höheumastes.

Das Höhenmaß und die Rückmarken sind ins Wass er buch einzutragen (Art. 196—200, VB. §§ 144, 279—297). Über die Darstellung in den Plan­ beilagen s. VB. § 290 Abs. 2. Die Distriktsverwaltungsbehörde kann die Abänderung oder Er­ neuerung eines bestehenden Höhenmaßes verlangen (VB. § 145), wenn

1. bei der ursprünglichen Aufstellung wesentliche Mängel stattgefunden haben, oder wenn 2. am ursprünglichen Höhenmaß in der Zwischenzeit wesentliche Änderungen eingetreten sind, oder wenn 3. feststeht, daß das Höhenmaß der festgesetzten Wasserhöhe nicht entspricht. Die wesentlichen Mängel (Ziff. 1) können sowohl auf dem Gebiete des materiellen Rechtes als auf dem der Verfahrensvorschriften liegen. Wenn also die Distriktsverwaltungsbehörde eine unrichtige Wasserhöhe als die zuständige an-

genommen, wenn sie die zulässige Wasserhöhe falsch bestimmt hat oder wenn das Verfahren erhebliche Mängel aufweist, kann sie auf Antrag oder von Amts wegen eine Abänderung des Eichpfahls verlangen. Das Gleiche ist der Fall, wenn die Aufstellung einwandfrei erfolgt ist, aber in der Zwischenzeit wesentliche Ver­ änderungen am Höhenmaße (durch Frost u. dgl.) eingetreten sind (Ziff. 2), so daß es die zuständige oder zulässige Wasserhöhe nicht mehr richtig anzeigt, oder wenn feststeht, daß das Höhenmaß aus anderen Gründen der festgesetzten Wasserhöhe nicht entspricht (Ziff. 3; s. auch Anm. 7 und VGE. 16 S. 89, 17 S. 99). Das Verfahren bei der Abänderung oder Erneuerung eines Höhenmaßes ist dasselbe wie bei der Aufstellung. Wird an Stelle des alten Höhenmaßes ein neues aufgestellt, so ist das alte ganz zu entfernen oder unbrauchbar zu machen (§ 145 Abs. 2 VB.). Anw. 9. Straf- und Zwarrgsbestimmnuge«. Wer ein Höhenmaß in der Ab­ sicht, einem andern Nachteil zuzufügen, wegnimmt, vernichtet, un­ kenntlich macht, verrückt oder fälschlich setzt, wird nach § 274 Ziff. 2 RStGB. mit Gefängnis bestraft. Daneben kann eine Geldstrafe bis zu 3000 M verhängt werden (s. auch VGE. US. 215, 16 S. 86, 17 S. 97). Im übrigen wird, wer ein nach Art. 52 aufgestelltes Höhenmaß absichtlich entfernt, abändert oder beschädigt, nach Art. 202 Ziff. 3 an Geld bis zu 300 M oder mit Haft bestraft. Wird die Verpflichtung zur Eichpfahlsetzung nicht bestritten aber auch nicht erfüllt, so kann mit Zwangsmaßregeln nach Art. 174 vorgegangen werden. Die Besitzer von Stauanlagen und Triebwerken mit gespannter Wasserkraft müssen jede Veränderung an dem aufgestellten Höhenmaße unterlassen (Art. 202 Ziff. 3) und jede bei dem Höhenmaße oder den Rückmarken vorkommende Beschädigung oder Veränderung bei Meidung der im Art. 206 Abs. 2 angedrohten Strafe binnen drei Tagen der Distriktsverwaltungsbehörde anzeigen. Über die Bestrafung der Überstauungen und der Nichteinhaltung der Mindestwasserhöhe s. Anm. 1.

Anw. 10.

Zuständigkeit. Nach Art. 177 sind Streitigkeiten über Rechts­ ansprüche und Verbindlichkeiten in den Fällen des Art. 53 Ver­ waltungsrechtssachen (vgl. auch VGE. 17 S. 94 ff., 19 S. 92 ff.). Da die Bestimmungen der Eichpfahlordnung (VB. §§ 132 ff. im Gesetze Vorbehalten (Art. 53 Abs. 3), also selbst Gesetzesbestandteile, Rechtsverordnungen sind, so hat sich die Würdigung des Verwaltungsrichters auch auf ihre Anwendung zu er­ strecken (ebenso Eymann Anm. 1 d). Zu den Verwaltungsrechtsfragen gehören u. a. auch die Fragen, ob auch die Mindestwasserhöhe bezeichnet werden muß, soweit die Frage nicht im Erlaubnis- oder Genehmigungsbescheide bereits gelöst ist, ob einer der Ausnahmefälle des § 133 VB. vorliegt, ob die zulässige Stauhöhe richtig festgestellt worden ist (VGE. 19 S. 95) u. dgl. (ebenso Eymann Anm. 1 c). Dagegen liegt z. B. die Bestimmung der Stelle, wo der Eichpfahl gesetzt werden soll, im Ermessen der Verwaltungsbehörde.

Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, so haben die Beteiligten einen Rechtsanspruch auf die Eichpfahlsetzung (VGE. 16 S. 85; a. M. Eymann Anm. 4). Im übrigen vgl. Anm. 6 und 7. Zur Einschreitung gegen eigenmächtige Vorrichtungen, die die Erweiterung der durch den Eichpfahl beurkundeten Stauhöhe bezwecken, sind die Polizei­ behörden zuständig (VGE. 17 S. 94). Sie werden nach Art. 174 einschreiten; will der Unternehmer geltend machen, daß er zu seinem Vorgehen berechtigt sei, so kann er im Zivilprozesse die Feststellung der zuständigen oder im Verwaltungs­ rechtsverfahren die der zulässigen Wasserhöhe herbeiführen.

Ortsbeftchtigimg.

Art. 54.

Nach Ausführung der Anlagen und Aufstellung des Höhenmaßes hat die Verwaltungsbehörde eine Ortsbesichtigung unter Zuziehung der Beteiligten und eines Sachverständigen anzuordnen. VollMgSbekanntmachnng. (Die §§ 125 und 126 VB. sind beim Art. 50 abgedruckt).

Wenn im Bescheide die Verpflichtung zur Aufstellung eines Höhenmaßes aus­ gesprochen ist, so hat der amtliche Sachverständige diese tunlichst schon während der Ausführung der Anlage nach Maßgabe der §§ 132—140 VB. vorzu­ nehmen (§ 125 VB.). Nach der Ausführung der genehmigten Anlage und nach der Aufstellung des Höhenmaßes hat die Verwaltungsbehörde in jedem Fall eine Schlußbesichtigung anzuordnen. Auch bei geringfügigen Werken kann davon nicht abgesehen werden. Die Verwaltungsbehörde hat die Ortsbesichtigung in der Regel selbst unter Zuziehung des Unternehmers und dessen etwaigen Sach­ verständigen und des amtlichen Sachverständigen, der im Genehmigungsverfahren mitgewirkt und das Höhenmaß aufgestellt hat, vorzunehmen. Hiezu sind alle Beteiligten, die im Laufe des Genehmigungsverfahrens Einwendungen erhoben haben mit dem Beifügen zu laden, daß ihnen das Erscheinen freisteht. Die Ortsbesichtigung hat sich auf die gesamte Ausführung der Anlage und auf die Aufstellung des Höhenmaßes zu erstrecken, insbesondere ist den anwesenden Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich von der Richtigkeit der Angaben des amt­ lichen Sachverständigen zu überzeugen. Das Ergebnis der Ortsbesichtigung ist in einem Protokolle niederzulegen, das die Feststellung zu enthalten hat, ob die Anlage der. erteilten Genehmigung entspricht oder ob und inwiefern sie hievon abweicht und letzerenfalls ob und aus welchen Gründen die Abweichungen von der Genehmigung anstandslos belassen werden können oder eine Änderung im Sinne der Genehmigung erforderlich ist. Sind die Abänderungen am Be­ sichtigungstage selbst ausführbar, so sollen sie noch an diesem vorgenommen werden; ist Nes nicht möglich, so ist ein bestimmrer Zeitraum hiefür festzusetzen, nach dessen Umfluß eine wiederholte Ortsbesichtigung stattzufinden hat, wenn nicht ein Übereinkommen dahin getroffen wird, daß der amtliche Sach­ verständige ohne nochmalige Zuziehung der Beteiligten gegebenenfalls im Verein mit den Parteisachverständigen diese vornehmen und über die Behebung der Beanstandungen der Distriktsverwaltungsbehörde berichten soll. Auf das Protokoll des Sachverständigen über die Aufstellung des Höhenmaßes und die Anbringung der Rückmarken kann im Protokoll Bezug genommen werden (K 126 Abs. 1 und 2 VB.). Wenn nach der Lage des Falles, besonders nach dem Umfange der gegen die Anlage seinerzeit erhobenen Einwendungen eine Anteilnahme der Distrikts­ verwaltungsbehörde bei der Ortsbesichtigung nicht veranlaßt erscheint, so kann diese von der Distriktsverwaltungsbehörde dem amtlichen Sachverständigen über­ tragen werden (VB. § 126 Abs. 3). Das Protokoll ist bei der Distriktsverwaltungsbehörde zu hinterlegen. Jeder Beteiligte ist befugt, sich Abschriften oder Auszüge daraus und Abschriften des Protokolls über die Aufstellung des Höhenmaßes auf seine Kosten erteilen zu lassen (VB. § 126 Abs. 4). Der durch die Ortsbesichtigung festgestellte Zustand der Anlage ist für die Zukunft maßgebend. Dies gilt auch dann, wenn geringfügige Abweichungen vom Genehmigungsbeschlusse vorliegen, die aber von den Beteiligten anerkannt und nach Laut des Protokolles anstandslos belassen werden (s. VGE. 2 S. 631).

360

Abteilung IL Benützung der Gewässer. Art. 55. Jeder Besitzer einer Stauanlage ist für den Fall, daß und solange der

Wafferstand über die festgesetzte Höhe steigt oder zu steigen droht, ohne An­ spruch auf Entschädigung verpflichtet, durch Öffnung der Schleusen und der

sonstigen zur Senkung des Wasserspiegels bestehenden Vorrichtungen sowie durch Beseitigung von Hindernissen des Wasserablaufs (Treibzeug, Eis, Ge­

schiebe u. bergt) für die Abführung des Wassers zu sorgen. A«m. 1. Die Berpfttchtnng zur Wafterabfnhrnng. Die Begründung sagt (S. 559 II): „Art. 54 trifft nach dem Vorbilde des Art. 51 des württembergischen Wassergesetzes, § 162 des preußischen Entwurfs und § 34 des sächsischen Entwurfs Bestimmungen darüber, wie sich die Besitzer von Stau­ anlagen bei Hochwafferzeiten im Interesse geregelter Hochwasserabführung zu ver­ halten haben". Ähnlich auch RefAK. S. 39. Das ist wohl zu eng gefaßt. Die Vorschrift will offenbar auch dann gelten, wenn der Wafferstand infolge künst­ licher Einwirkungen, gleichviel, von wem sie herrühren, über die festgesetzte Höhe steigt oder zu steigen droht. Ebenso hat der Besitzer zu jeder Zeit, nicht bloß bei Hochwafferzeiten für die Beseitigung von Hindernissen des Wafferablaufs (Treibzeug, Eis, Geschiebe usw.) zu sorgen, übereinstimmend wohl KorrefAK. S. 29. Württ. Art. 51 und Preuß. Entw. § 162, die Vorbilder des Art. 55, sprechen sich klar in diesem Sinne aus (vgl. auch OGH. 6 S. 758). Die Be­ stimmung des Art. 55, die im WBG. fehlte, entspricht einem oft empfundenen Bedürfnis. Sie wird bei der Genehmigung vieler Anlagen die früher unerläß­ liche Aufstellung von Vorschriften für die Wasserführung unnötig machen. Der Besitzer der Stauanlage (nicht bloß der Eigentümer) ist also jetzt gesetz­ lich verpflichtet, jederzeit und zwar auch bei außerordentlichen Ereignissen dafür zu sorgen, daß der Wasserstand die festgesetzte Höhe nicht über­ schreite. Er darf also vor allem nicht selbst über diese Höhe stauen, er muß bei Hochwasser oder, wenn der Besitzer einer weiter oben ge­ legenen Stauanlage das aufgestaute Wasser Plötzlich abläßt, durch die Öffnung der Schleusen und der sonstigen zur Senkung des Wasserspiegels bestehenden Vorrichtungen auf die Abführung des überschüssigen Wassers bedacht sein (s. auch OGH. 6 S. 757). Es kann vorkommen, daß die Eichpfahlhöhe bei einem Triebwerke oder einer isolierten Stauanlage unter keinen Umständen überschritten werden darf und wird, nämlich in künstlichen Triebwerkskanälen, soferne dieselben dem Einflüsse höherer Wasserstände nicht zugänglich sind, außerdem in tief eingeschnittenen Rinnsalen, wo die zulässige Stauhöhe bzw. die Anstauung der niedrigen Wasserstände auf oder über die Höhe des höchsten Hochwassers reichen darf, ohne Schaden zu verursachen, mithin höhere Wasserstände bei rechtzeitigem Offnen der Grundabläffe die Eichpfahlhöhe nicht überschreiten. Anders liegt die Sache, wenn die Stauvorrichtung sich in offenen Wasser­ läufen befindet, bei denen die höheren Wasserstände das Ufer oder das Maß einer für gewöhnlich zulässigen Wafferanstauung übersteigen. In solchen Fällen wäre die Festsetzung der Eichpfahlhöhe auf die Höhe des denkbar höchsten Wafferstandes, wenn überhaupt praktisch durchführbar, gleichbedeutend mit einer fort­ gesetzten Schädigung der anliegenden Grundstücke, deren Besitzer zweifellos voll­ ständige Entschädigung verlangen könnten. Hier ist nicht nur das Maß des zu­ lässigen Aufstaues der niederen und gewöhnlichen Wasserstände, nach denen die Eichpfahlhöhe festzusetzen ist, zu bestimmen, sondern auch zu prüfen, ob die Stau­ vorrichtung und deren Bedienung geeignet ist, bei höheren Wafferständen keinen

nachteiligen Einfluß auf den Wasserlauf auszuüben, d. h. keinen schädlichen Aufstau der betreffenden natürlichen Wafferhöhe zu verursachen. Im AKA. wurde angeregt, daß in Zukunft Stauanlagen ohne Hochwasser­ schleusen nicht mehr genehmigt werden sollten und daß auch bei den bestehenden Anlagen für die nachträgliche Anbringung solcher Schleusen zu sorgen sei (ABAK. S. 173, StenB. S. 722 f., RefRK. S. 25, KorrefRK. S. 79, RRA. S. 199). Eine Entschädigung kann der Besitzer der Anlage für die Wafferabführung nicht verlangen (ebenso Eymann Anm. 1).

A«M. 2.

Die Verpflichtung zur Beseitigung von Ablaufshindernisfe«. Die im Art. 55 ausgesprochene Verpflichtung zur Beseitigung der Hinder­ nisse des Wafferablaufs (Treibzeug, Eis, Geschiebe u. dgl.) erstreckt sich natürlich nur auf den Bereich der Stauanlage und enthält darüber hinaus keine Erweiterung der gesetzlichen Reinigungspflicht des Besitzers (vgl. die Regierungs­ erklärung KorrefRK. S. 79).

ANM. 3.

Besondere Rechtsverhältnisse, Strafbestimmungen, Zuständigkeit.

Art. 55 entspricht einer Anforderung des öffentlichen Interesses. Die hier begründete Verpflichtung kann zwar durch besondere Rechtsverhält­ nisse gegenüber einzelnen beseitigt werden, gegenüber der Allgemeinheit aber greift sie immer Platz. Die Verwaltungsbehörde kann also, wenn das Gemein­ wohl es verlangt, auf der Erfüllung bestehen und sie nach Art. 174 f. nötigen­ falls erzwingen. Die einschlägige Strafbestimmung enthält Art. 203 Ziff. 7 (vgl. auch OGH. MABl. 1876 S. 520). Damit ist auch unbefugtes Überstauen getroffen, soweit es nicht unter Art. 202 Ziff. 2 fällt. Zuständigkeit. Art. 55 ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Aus der Nichtbeachtung entstehende Schadensersatzansprüche gehören vor die Gerichte. Zwangs maßregeln der Verwaltungsbehörde nach Art. 174 f. können nur durch die einfache Berwaltungsbeschwerde bekämpft werden. Der Verwaltungsrechtsweg ist verschlossen.

Art. 56. Die Vorschriften der §§ 26, 51 der Gewerbeordnung finden auf die nicht gewerblichen Anlagen der im Art. 50 bezeichneten Art Anwendung.

Anm. 1. Die Anwendung der -8 36 und 51 RGO.

Für alle Stauanlagen oder Triebwerke mit gespannter Wasserkraft an öffentlichen Ge­ wässern oder an Privatflüssen und Bächen (vgl. Anm. 2 zum Art. 50) finden, einerlei, ob diese Anlagen gewerblichen oder anderen Zwecken dienen, die §§ 26 und 51 RGO. Anwendung. Diese Vorschriften lauten: § 26. Soweit die bestehenden Rechte zur Abwehr benachteiligender Einwirkungen, welche von einem Grundstücke aus auf ein benachbartes Grundstück geübt werden, dem Eigen­ tümer oder Besitzer des letzteren eine Privattlage gewähren, kann diese Klage einer mit obrigkeitlicher Genehmigung errichteten gewerblichen Anlage gegenüber niemals auf Ein­ stellung des Gewerbebetriebes, sondern' nur auf Herstellung von Einrichtungen, welche die benachteiligende Einwirkung ausschließen, oder, wo solche Einrichtungen untunlich oder mit einem gehörigen Betriebe des Gewerbes unvereinbar sind, auf Schadloshaltung gerichtet werden. 8 51. Wegen überwiegender Nachteile und Gefahren für das Gemeinwohl kann die fernere Benützung einer jeden gewerblichen Anlage durch die höhere Verwaltungsbehörde zu

jeder Zeit untersagt werden. Doch muß dem Besitzer alsdann für den erweislichen Schaden Ersatz geleistet werden. Gegen die untersagende Verfügung ist der Rekurs zulässig; wegen der Ent­ schädigung steht der Rechtsweg offen.

Auf die gewerblichen Stauanlagen finden diese Vorschriften ohnedies An­ wendung. Es erschien sachgemäß, sie auch auf die nach Landesrecht zu beur­ teilenden Stauanlagen auszudehnen, um so mehr als die Vorschriften über das Verfahren (Art. 178) die Bestimmungen der RGO. auf Stauanlagen jeder Art erstrecken (Begr. S. 559 II).

ANM. 2.

Bemerkungen zum % 26 RGO. insbesondere.

1. Er greift wie die §§ 17 und 18 RGO. in das Zivilrecht ein. Einwendungen auf Grund nachbarrechtlicher Ansprüche müssen nach den genannten Gesetzes­ bestimmungen innerhalb einer Ausschlußfrist von 14 Tagen bei der Verwaltungs­ behörde angebracht werden. Diese entscheidet über die Einwendungen mit und erledigt sie unter Ausschluß des Rechtsweges, so weit sie sich gegen die Errichtung der Anlage kehren. Die Anbringung von Vorrichtungen, die Belästigungen durch die Anlage hintanhalten, kann auch nach der Genehmigung durch eine Zivilrechtsklage erzwungen werden. Auch Schadensersatzansprüche sind nicht ausgeschlossen; nur kann nicht verlangt werden, daß der Unternehmer die Errichtung der Anlage unterlasse. Eine weitere Beschränkung enthält § 26 für bestehende Anlagen. Darnach kann auf Grund allgemeiner Zivilrechtsnormen besonders des Nachbarrechts nie eine Klage auf Einstellung des Be­ triebes gegen den Unternehmer der Anlage gerichtet werden, wenn die Anlage einmal obrigkeitlich genehmigt ist, sondern sie kann gleichfalls nur die Herstellung schadenverhütender Vorrichtungen oder die Schadloshaltung zum Gegenstände haben. Das BGB. hat an dieser spezialgesetzlichen Vorschrift nichts geändert. Die nachbarrechtlichen Normen, die der § 26 hauptsächlich im Auge hat — besondere Privatrechtstitel umfaßt er nicht — sind enthalten in den Bestimmungen der §§ 906 f. BGB. über die Immissionen, im § 1004 über die Eigentums­ freiheitsklage und in den Besitzesschutzmitteln der §§ 858 Abs. 1, 862, 869 BGB. Die Klage auf Einstellung des Betriebes, die darnach an sich zu­ lässig wäre, ist durch die §§ 17, 18 und 26 RGO. ausgeschlossen. Nach §§ 9 06, 907 BGB. muß der Eigentümer eines Grundstückes nur solche Zu­ führungen dulden, die bei Grundstücken dieser Lage gewöhnlich sind oder die Benützung des Grundstückes nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen. Ist eine Zuführung darnach unstatthaft, so kann auf die Herstellung angemessener Schutz­ vorkehrungen geklagt werden. 2. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. Landmann § 26 Aum. 3, Reger-Stöhsel Anm. 3) soll sich § 26 nur auf Anlagen beziehen, die nach der RGO. einer besonderen obrigkeitlichen Genehmigung bedürfen und diese erlangt haben, nicht also auf Anlagen, die zur Zeit des Inkrafttretens der RGO. bereits bestanden.

Die Richtigkeit dieser Ansicht mag für die RGO. dahingestellt bleiben; für das WG. ist sie entschieden zu bestreiten; denn dieses will den § 26 RGO. offen­ bar auf alle nach Art. 50 zu behandelnden Anlagen, also auch auf die zur Zeit seines Inkrafttretens bereits bestehenden erstrecken. Die Gegenansicht würde zu widersinnigen Ergebnissen führen. Eine Klage auf Einstellung des Betriebes wäre ausgeschlossen bei den gewerblichen Stauanlagen, die nach dem Inkrafttreten der RGO. und bei den nicht gewerblichen, die nach dem Inkrafttreten des WG. genehmigungspflichtig sind und genehmigt werden. Bei allen andern Anlagen, also auch bei den nicht gewerblichen und daher lediglich

nach dem WBG. wasserpolizeilich genehmigten Stauanlagen hätte das Gegenteil zu gelten und so käme der Unterschied zwischen gewerblichen und nicht gewerblichen Stauanlagen, den Art. 56 beseitigen will, bei dieser Auslegung durch eine Hintertür wieder herein.

3. Die Klage auf „Einstellung" des Betriebes ist logisch nur denkbar, wenn die Anlage bereits errichtet ist und betrieben wird; nur für diese Fälle kann also § 26 gelten (so Landmann a. a. O. Anm. 4 gegen die in der Theorie herrschende Ansicht, die den Schutz des § 26 schon vor der Betriebs­ eröffnung beginnen läßt). Der Schutz erstreckt sich nur auf die Anlage, soweit sie ge­ nehmigt ist. Wird eine den Genehmigungsbedingungen nicht entsprechende Anlage in Betrieb gesetzt, so gilt § 26 rüdöt für sie (Landmann a. a. O., RegerStöhsel Anm. 3). 4. Die Klage hat die erforderlichen Schutzvorkehrungen nicht näher zu be­ zeichnen, weil Änderungen an der Anlage nur mit der Genehmigung der Ver­ waltungsbehörde vorgenommen werden dürfen (Landmann Anm. 5, Reger-Stöhsel Anm. 5 und die dort zitierte Rechtsprechung). Auf Schadloshaltung kann nur geklagt werden, wenn die Herstellung entsprechender Einrichtungen untunlich oder mit einem gehörigen Betrieb unver­ einbar ist. Ein Verschulden des Beklagten ist nicht erforderlich; es gilt viel­ mehr das Veranlassungsprinzip (RG. 21 S. 220). Der Schadloshaltungsanspruch brarrcht nicht auf allgemeinen Grundsätzen zu beruhen, sondern findet im § 26 allein seine Grundlage (s. auch Anm. 7 zum Art. 37). Es ist denkbar, daß die Herstellung der Schutzvorkehrungen nur zum Teil untunlich ist, daß also die Klage auf die Herstellung von Einrichtungen und die auf Schadloshaltung neben­ einander hergehen (Landmann Anm. 5, OGH. 6 S. 403). Die Frage der Herstellung entsprechender Schutzvorrichtungen ist gegebenen­ falls noch im Bollstreckungsverfahren zu entscheiden (RG. 5. 11. 1900 IW. 1900 S. 840).

5. Eine Klage auf Verbietung künftiger Überschreitungen der Genehmigungsbedingungen ist an und für sich durch § 26 nicht ausgeschlossen, begegnet aber tieferliegenden Bedenken, über die Einhaltung der Genehmigungsbedingungen zu wachen ist Sache der Verwaltungsbehörden, nicht der Gerichte. Sind die Genehmigungsbedingungen verletzt, so haben die Gerichte zu beurteilen, ob die Verletzung private Rechte beeinträchtigt hat, aber es ist nicht ihre Aufgabe, dem Unternehmer die künftige Einhaltung der Genehmigungs­ bedingungen zur Pflicht zu machen; diese Verpflichtung des Unternehmers gehört vielmehr dem öffentlichen Recht an. Gegen die Behandlung einer auf das bezeichnete Ziel gerichteten Klage wäre daher der affirmative Kompetenzkonflikt zu erheben (a. M. Landmann a. a. O., OLG. Karlsruhe 1888, Reger 10 S. 385, Emil Huber S. 192). 6. Die Klage aus § 26 ist natürlich durch die Nichterhebung eines Einspruchs gegen die Genehmigung der Anlage nicht abgeschnitten; denn ihre Voraussetzungen entstehen ja erst durch die Errichtung der Anlage (Landmann a. a. O).

ANM. 3.

Bemerkungen znm 8 51 RGO. insbesondere. 1. Auch diese Be­ stimmung bezieht sich auf jede Art von Stauanlagen und Triebwerken mit gespannter Wasserkraft, gleichviel ob sie zur Zeit des Inkrafttretens des WG. bereits bestanden oder erst später errichtet wurden (§ 52 RGO.). Dagegen werden unter Art. 55 nur ordnungsmäßig er­ richtete, nicht aber von vornherein Polizei- oder gesetzwidrige

Anlagen fallen; denn die Untersagung eines gesetzwidrigen Betriebes kann unmöglich eine Entschädigungsforderung begründen. War aber die Gesetzwidrigkeit nach dem zur Zeit der Entstehung geltenden Rechte nicht schon bei der Errichtung vorhanden, sondern ist sie erst später infolge veränderter Verhältnisse eingetreten, so greift § 51 wieder Platz (vgl. Landmann 1 § 51 Anm. 2 und die dort an­ geführte Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichts, RG. 50 S. 4, Reger 22 S. 319, VGE. 12 S. 393, Reger-Stöhsel § 51 Anm. 2). Auch vom Staate betriebene Anlagen können beim Borliegen der Voraussetzungen des Art. 56 untersagt werden (vgl. für das bisherige Recht VGE. 2 S. 556). Uber den Begriff Gemeinwohl vgl. Anm. 1 zum Art. 11 und Anm. 4 zum Art. 19. 2. Die Untersagung hat nur die fernere Benützung zum Gegenstände; ob auch noch weiter vorgegangen und die Abtretung der Anlage oder der Grund­ fläche oder die Belastung des Bodens mit einer Dienstbarkeit verlangt werden kann, bestimmt sich nach den einschlägigen Vorschriften des Zwangsenteignungs­ rechtes. Eines Vorbehalts der Untersagung in einer dem Genehmigungs­ beschluß angefügten Klausel bedarf es nicht. Die Untersagung ist nach den Worten des Gesetzes zu jeder Zeit zulässig. Zuständig zur Untersagung ist nach §§ 1 und 2 VV. vom 29. März 1892 die Kreisregierung, Kammer des Innern. Dem voraussichtlich Ent­ schädigungspflichtigen ist rechtzeitig Gelegenheit zur Wahrung seiner Interessen zu geben; bei einer Entschädigungspflicht des Staatsärars ist das Regierungsfiskalat zu verständigen (§ 23 VV.). 3. Die Untersagung ist das äußerste Mittel, das nur dann anzu­ wenden ist, wenn das Gemeinwohl nicht auf andere Weise gegen die verursachten Gefahren und Nachteile geschützt werden kann. Wenn dies Ziel noch durch polizeiliche Vorschriften erreicht werden kann, so ist zu diesen zu greifen (vgl. Art. 41, 48 WG.; VGE. 2 S. 291; Landmann a. a. O.; VGE. 5 S. 280, GVBl. 1884 Beil. IV S. 29; RegerStöhsel § 51 Anm. 2). In diesen Fällen besteht kein Entschädigungsanspruch. Die Erlassung der einschlägigen Vorschriften ist Aufgabe der Verwal­ tungsbehörde; eine Zuständigkeit der höheren Verwaltungsbehörde kommt nur in Betracht, wenn die Vorschriften einer Untersagung gleichstehen; denn dann greift § 51 wieder Platz.

4. Die Untersagung zieht bei rechtmäßig entstandenen Anlagen eine Schadensersatzpflicht nach sich. Der zu ersetzende Schaden umfaßt nach § 252 BGB. auch den entgangenen Gewinn (RG. Reger 5 S. 413, 9 S. 7). Die Entschädigungspflicht tritt nur ein, wenn der Betrieb in seinem ganzen Umfang an dem Orte, wo er sich befindet, völlig unmöglich gemacht wird, nicht aber auch, wenn sich die Untersagung nur auf einen Teil der Anlage erstreckt, ohne den Betrieb im ganzen in Frage zu stellen (RG. 19 S. 360, Reger 9 S. 1). Nur eine rechtmäßige Untersagung hat eine Schadensersatzpflicht im Gefolge; für unzulässiges Vorgehen der Behörden kommt nur eine Haftung des Staates nach § 839 BGB. und Art. 60 f. AG. z. BGB. in Betracht (RG. Reger 11 S. 103; Landmann Anm. 3). Die Entschädigungspflicht kann durch Landesgesetze für gewerbliche Anlagen nicht ausgeschlossen werden. Sie erstreckt sich nach Art. 56 auf alle, auch die nicht gewerblichen Anlagen des Art. 50.

Eine EntschädigungsPflicht besteht nicht, wenn die Genehmigung dadurch hin­ fällig wird, daß die nach Art. 42 widerruflich erteilte Erlaubnis zur Wafferbenützung widerrufen wird (vgl. Anm. 3 zum Art. 43 und KorrefRK. S. 63 f. und 79). Entschädigungsberechtigt ist der Besitzer, d. h. der Unternehmer, auch wenn er nicht Eigentümer der Anlage ist (RG. Reger 5 S. 413).

Wer zum Schadensersätze verpflichtet sei, sagt das Gesetz nicht. Nach einer Erklärung des K. Staatsministers des Innern (RRA. S. 199) muß die Austragung der Frage der Rechtsprechung überlassen bleiben. Die §§ 31, 89 BGB. sind hier, wie Landmann a. a. O. zutreffend ausführt, nicht anwendbar (a. M. Reger-Stöhsel § 51 Anm. 4). Da das WG. auch an anderen Orten das Gemeinwohl mit dem Staatsintereffe identifiziert und dem Staatsärar die Ent­ schädigung für die durch solche Rücksichten veranlaßten Maßregeln aufbürdet (vgl. z. B. Art. 19 Abs. 3 des Regierungsentwurfs, Art. 60), so muß grund­ sätzlich auch hier die Staatskasse als entschädigungspflichtig gelten (ebenso die meisten Schriftsteller zur RGO.; s. auch BGE. 14 S. 141, Seydel 3 S. 405, OGH. 14 S. 628, Reger 14 S. 123, Emil Huber S. 195, Württemberg Art. 45 beim Einschreiten von Amts wegen — sonst müssen sich die Antragsteller zur Entschädigung erbieten —, Nieder Anm. 5 zum Art. 45). Wenn sich dagegen, was das WG. gleichfalls an einzelnen Stellen ausdrücklich anerkennt, das Gemein­ wohl nicht mit dem Interesse des Staates, sondern mit dem einer Gemeinde oder Ortschaft deckt, so trifft die Entschädigungspflicht diese Körperschaften (vgl. Art. 19 Abs. 3 des Regierungsentwurfs, Art. 28 Abs. 1, Art. 60). Dem Antragsteller die Kosten aufzubürden (so Eymann Anm. 2) besteht kein Anlaß; denn das Einschreiten geschieht ja im öffentlichen, nicht in seinem privaten Interesse. Die Schadensersatzforderung wird durch die Nichteinlegung des zulässigen Rechtsmittels gegen die untersagende Verfügung nicht verwirkt (OGH. 14 S. 628, Reger 14 S. 123).

5. Gegen die untersagende Verfügung ist der Rekurs zulässig, der aber nur dem Besitzer der Anlage, nicht anderen Interessenten zusteht. Auch der Schadensersatzpflichtige hat kein Rekursrecht. (VGE. 14 S. 137; 5 S. 280, GVBl. 1884 Beil. IV S. 29; Landmann a. a. O. Anm. 4; Reger-Stöhsel § 51 Anm. 5; Emil Huber a. a. O.). Das Verfahren richtet sich nach § 54 RGO. und den durch diese Bestimmung für anwendbar erklärten §§ 20 und 21 RGO. Darnach muß der Rekurs bei Meidung des Verlustes binnen 14 Tagen vom Tage der Eröffnung des Be­ scheides an gerechtfertigt werden; die bloße fristgerechte Einlegung genügt nicht. Der Rekursbescheid muß mit Gründen versehen und den Parteien schriftlich eröffnet werden. Rekurssachennach §§ 51, 54, 20, 21 RGO. sind nach Art. 8 Ziff. 8 VGG. Verwaltungsrechtssachen, wenn sie die Befugnis zum Gewerbebetriebe betreffen. Für nicht gewerbliche Anlagen enthält das VGG. keine Bestimmung. Auch das WG. hat den Art. 8 Ziff. 8 VGG. nicht ausdrücklich auch auf nicht gewerbliche Anlagen für anwendbar erklärt. • Trotzdem kann diese Ausdehnung nicht bezweifelt werden. Art. 178 erstreckt sich, wie die Überschrift „Berwaltungsrechtsverfahren" über Art. 177 und 178 zeigt, auf die Verfahrensvorschristen in ihrem ganzen Umfang. Mit den Worten „die Vorschriften der Gewerbeordnung" wollte keine Einschränkung vorgenommen und vor allem nicht ein Gegensatz zwischen den Verfahrensvorschriften der RGO. und des VGG. geschaffen werden. Trotz der nicht ganz glücklichen Fassung ist anzunehmen, daß Art. 178 auch den Art. 8

366

Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

Ziff. 8 VGG. auf nicht gewerbliche Stauanlagen und Triebwerke mit gespannter Wasserkraft erstrecken wollte (ebenso KorrefRK. S. 114). Ob bei gegebenen gesetzlichen Voraussetzungen von der Befugnis der Unter­ sagung Gebrauch gemacht werden soll, ist eine Ermessensfrage (Art. 13 Ziff. 3 VGG.; vgl. auch VGE. 5 S. 281). 6. Die Feststellung des EntschädigungsPflichtigen und der Höhe der Entschädigung ist nicht Sache der Verwaltungsbehörden oder Berwaltungsrechtsinstanzen. Art. 195 findet hier keine Anwendung. Nach § 51 Abs. 2 RGO. steht wegen der Entschädigung der Zivilrechtsweg offen. Zuständig sind die Gerichte. Eine Frist für die Beschreitung des Rechtswegs ist nicht vorgeschrieben. Daß die Verwaltungsbehörde auch über die Frage der Person des Schadensersatzpflichtigen und des eventuellen Schadensersatzbetrages Verhand­ lung zu Pflegen habe, wie Landmann Anm. 5 meint, kann in diesem Umfang nicht anerkannt werden. Die Verwaltungsbehörde hat nichts weiter zu tun als nach § 23 VB. vom 29. März 1892 dem voraussichtlich Entschädigungs­ pflichtigen Gelegenheit zur Jnteressenwahrung zu geben, über das.Vorbringen des voraussichtlich Ersatzpflichtigen weiter zu verhandeln, ist sie nicht verpflichtet; denn der Ersatzpflichtige ist wie oben ausgeführt wurde nicht Partei und nicht rekursberechtigt.

Geschloffene Gewäffer.

Art. 57.

Die Vorschriften der Art. 50 bis 56 finden auf Stauanlagen und Triebwerke mit gespannter Wasserkraft an geschlossenen Gewässern ent­ sprechende Anwendung.

Bollzngsbekanntmachnug. § 147. Wie nach Art. 57 des Gesetzes die Vorschriften der Art. 50—56 auf Stauanlagen und Triebwerke mit gespannter Wasserkraft an geschlossenen Gewässern entsprechende An­ wendung finden, so sind auch die Bollzugsvorschriften in den §§ 114—146 auf die ge­ nannten Anlagen an geschlossenen Gewässern nur entsprechend anwendbar, d. h. nur in­ soweit als die Anwendung einem vernünftigen Vollzug und einem praktischen Bedürfnis entspricht. Demgemäß finden sie auf Stauanlagen an Privatkanälen, an Seen und deren Ausflüssen, bei Teichen größeren Umfangs Anwendung, während die Stau- und Ablaßvorricktungen bei kleinen Teichen u. dgl. unter die Vorschriften nicht fallen.

Nach der Begr. S. 559 II erschien die entsprechende Anwendung der Be­ stimmungen über die Stauanlagen auf geschlossene Gewässer notwendig, weil z. B. an Privatkanälen, Seen und an deren Ausflüssen die Errichtung von Stau­ anlagen möglich ist. Gemeint sind nur Anlagen an geschlossenen Privatgewässern; denn solche an geschlossenen öffentlichen Gewässern (über den Unterschied s. Anm. 3 und 7 zum Art. 1) fallen schon unter Art. 50. Art. 57 umfaßt also streng genommen alle Gewässer des Art. 16, an denen die Errichtung einer Stauanlage oder eines Triebwerkes mit gespannter Wasserkraft überhaupt denkbar ist. Die Anwendung der Art. 50—56 soll aber nach § 147 VB. nur insoweit erfolgen als sie einem vernünftigen Vollzug und einem praktischen Bedürfnis entspricht, also auf Stauanlagen an Privatkanälen, an Seen und ihren Ausflüssen und bei Teichen größeren Umfangs, nicht aber auf die Stau- und Ablaßvorrichtungen bei kleinen Teichen u. dgl. Die Genehmigung ist auch dann nötig, wenn der Eigentümer des Gewässers der Unternehmer der Anlage ist. Strafbestimmung: Art. 202 Ziff. 2.

Zuständigkeit. sachen (Art. 177).

Streitigkeiten nach Art. 57 sind Berwaltungsrechts-

Die Anwendung des Art. 48 Abs. 1 (Aufsichts- und Anordnungsrecht der Verwaltungsbehörden) auf geschlossene Gewäffer schließt Art. 57 aus. Art. 49, der von der Beschränkung der Wassernutzung zugunsten des Bedarfs einer Ortschaft handelt, ist aus dem gleichen Grunde auf Stauanlagen an geschloffenen Gewässern nicht anwendbar.

Art. 58. Die Erlaubnis zur Wasserbenützung für Stauanlagen oder Triebwerke mit gespannter Wasserkraft an öffentlichen Gewässern und an den im Staats­ eigentum stehenden Privatflüssen und Bächen kann nur nach Maßgabe des Art. 43 Abs. 3, 4 dauernd oder zeitweise entzogen oder geschmälert werden. Abs. 2. Die Vorschriften des Art. 48 Abs. 1 und des Art. 49 finden auf Stauanlagen und Triebwerke mit gespannter Wasserkraft an Privat­ flüssen und Bächen entsprechende Anwendung. Im AKA. tauchte die Frage auf, ob Art. 48 auf Stauanlagen anwendbar sei. Im Hinblick auf die Überschriften der Abteilungen A und B des IV. Ab­ schnittes lag eine Verneinung der Frage zum mindesten näher als eine Bejahung (vgl. auch Anm. 1 zum Art. 42). Der RefAK. beantragte daher die Einsetzung eines Art. 56 a mit folgendem Wortlaute: „Die Bestimmung des Art. 47 Abs. 1 findet auf Stauanlagen und Trieb­ werke mit gespannter Wasserkraft an Privatflüffen und Bächen entsprechende Anwendung." Der Ausschuß (ABAK. S. 173) und die Vollversammlung (StenB. S. 723) nahmen diese Einschaltung an. Der KorrefRK. wies darauf hin, daß nun folgerichtig auch die Art. 43 Abs. 3 und 4 und 49 im Art. 56 a zu zitieren seien (S. 80). In der zweiten Lesung im RRA. erhielt der Artikel die jetzige Fassung. Zum Abs. 1 sind die Anm. 4, 5, 9 zum Art. 43 zu vergleichen. Mr geschlossene Gewäffer gilt er nicht. Eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts­ hofs kann nur nach Art. 8 Ziff. 10 VGG. in Frage kommen. Die widerruflich erteilte Genehmigung ist wie bei den Anlagen des Art. 42 so auch bei den Stauanlagen die Regel. Über die Voraussetzungen der Widerrufung vgl. Anm. 3 zum Art. 43. Zum Abs. 2 vgl. Anm. 1 und 4 zum Art. 48 und Anm. 1 und 2 zum Art. 49. Für Änderungen gilt nicht Art. 48 Abs. 2, sondern Art. 50 Ziff. 2 und 3. Eine Strafbestimmung enthält Art. 203 Ziff. 1 mit Art. 49. Die ausdrückliche Anführung des Art. 58 Abs. 2 neben dem Art. 49 ist wohl nur aus Versehen, wie man sie anfänglich auch beim Art. 177 vergessen hatte, unterblieben (a. M. anscheinend Eymann Anm. 1 c). Streitigkeiten über be­ strittene Rechtsansprüche und Verbindlichkeiten in den Fällen des Art. 49 mit 58 Abs. 2 sind nach Art. 177 Verwaltungsrechtssachen.

368

Abteilung II.

Benützung der Gewässer.

C. Gemeinschaftliche Bestimmungen UnterhaltungSpflicht.

Art. 59.

Der Unternehmer ist verpflichtet, die Wasserbenützungsanlage, solange sie benützt wird, nach Maßgabe der erteilten Erlaubnis oder Genehmigung zu unterhalten. Vollzngsbekanntmachnng.

UuterhaltuugSpflicht.

§ 148.

Im Interesse einer geordneten Wasserwirtschaft ist es erforderlich, daß der Unter­ nehmer die Wasscrbenützungsanlage, zu deren Herstellung er eine Erlaubnis oder Ge­ nehmigung erhalten hat, für die Dauer der Benützung in dem Zustande unterhält, in dem die Anlage nach der Erlaubnis oder Genehmigung sich befinden soll (Art. 59 des Gesetzes).

:§ 149. Unterläßt der Unternehmer die Unterhaltung einer Wasserbenützungsanlage nach Maßgabe der erteilten Erlaubnis oder Genehmigung, so hat die Distriktsverwaltungs­ behörde, in deren Bezirk die Anlage liegt, ihn zunächst aufzufordern, seiner Verpflichtung nachzukommen. Eine etwa veranlaßte Entscheidung über die Verpflichtung hat, soweit Streitigkeiten über öffentlich-rechtliche Ansprüche und Verbindlichkeiten in Frage stehen, im verwaltungsrechtlichen Verfahren zu erfolgen (Art. 177 Buchstabe b). Der Vollzug der Beschlüsse und Anordnungen der Distriktsverwaltungsbehörde bemißt sich nach §§ 275 und 276.

Aum. 1.

Die Verpflichtung zur Uuterhaltuug der Wafserbeuützuugsaulage.

Art. 59 enthält einen tiefgehenden Eingriff in die Freiheit des Privateigentums. Der Unternehmer, der seine Wasserbenützungsanlage (im Sinne der Art. 42 und 50) benützt, ist gesetzlich verpflichtet, sie nach Maßgabe der erteilten Erlaubnis (Art. 42f.) oder Genehmigung (Art. 50f.) zu unter­ halten. Von dieser Unterhaltungspflicht kann er sich nur dadurch befreien, daß er die Benützung aufgibt. In diesem Falle greift Art. 60 Platz (vgl. die Be­ merkungen zum Art. 60). Als Träger des dieser Rechtspflicht entsprechenden Rechts­ anspruchs kommt nur der Staat, vertreten durch die Distriktsverwaltungsbehörde in Betracht. Andere Beteiligte haben kein Recht darauf, daß der Unternehmer seine Anlage unterhalte (vgl. auch VGE. 8 S. 262, 14 S. 64, 66, Reuß S. 291). Die Bestimmung des Art. 59 ist neu. Bisher war lediglich durch Art. 64 Abs. 2 WBG. den Besitzern von Mühlen, Triebwerken und Stauvorrichtungen zur Pflicht gemacht, die Mühlgräben, Wafferherde, Gerinne und sonstigen Ein­ richtungen in solchem Zustande zu unterhalten, daß keine nutzlose Verschwendung des Wassers zum Nachteile anderer Beteiligter stattfand. Wurde eine solche nach­ gewiesen, so hatte die Verwaltungsbehörde eine angemessene Frist zur Abstellung der Gebrechen vorzusetzen und, wenn der Auflage nicht Genüge geschah, die er­ forderlichen Arbeiten auf Kosten des Verpflichteten vornehmen und den Betrag erforderlichenfalls durch das Rentamt beitreiben zu lassen. Ferner war im Art. 7 USchG. der Schutz von Anlagen oder Gebäuden, die einem Triebwerk oder einer Bewässerungs- oder Entwäfferungsanstalt dienen, den Eigentümern auferlegt und den Verwaltungsbehörden die Befugnis erteilt, sie zum Schutz anzuhalten, wenn aus der Unterlassung für andere oder für die Flußbenützung Schaden entstehen sollte (vgl. dazu VGE. 16 S. 237). Biel weiter als diese Vorläufer geht der Art. 5 9 WG. Er gilt für Wasserbenützungsanlagen jeder Art und erstreckt sich auf die Erhaltung der Anlage schlechthin, auch wenn sie nicht durch die Notwendigkeit des Schutzes gegen Wassergefahr geboten ist.

Die Begründung (S. 559 f.) motiviert die Bestimmung mit dem Hinweise darauf, daß eine geordnete Wasserwirtschaft gebieterisch die Verpflichtung des Unternehmers fordere, eine Wafferbenützungsanlage, zu deren Herstellung er die Erlaubnis oder Genehmigung erhielt, für die Dauer der Benützung in dem Zu­ stande zu unterhalten, in dem sich die Anlage nach der Erlaubnis oder Ge­ nehmigung befinden solle (f. auch VB. § 148). Art. 59 erstreckt sich auf öffentliche und private Gewässer, auf Flüsse und auf geschlossene Gewässer, vorausgesetzt, daß die Anlage, um die es sich handelt, nach Art. 42f. erlaubnis- oder nach Art. 50f. genehmigungspflichtig ist. Ein Stauwerk, das der Eigentümer eines geschlossenen Privatgewässers an­ legt, fällt z. B., da es nach Art. 57 genehmigungspflichtig ist, auch unter Art. 59, nicht aber eine Wasserbenützungsanlage anderer Art, da der Eigentümer des geschlossenen Gewässers hiezu weder einer Erlaubnis, noch einer Genehmigung bedarf. Anlagen gemäß Art. 45 und 47 fallen unter Art. 59, wenn sie einer Ermächtigung nach Art. 45 Abs. 2 oder 47 Abs. 2 bedurften (übereinstimmend Eymann Sinnt. 1 b). Zur Unterhaltung der Anlage gehört auch die Wiederherstellung der Anlage, wenn sie durch Hochwasser oder andere Elementarereigniffe Schaden gelitten hat (OLG. Karlsruhe, Schenkel S. 506), nicht aber die Anbringung von Ver­ besserungen, mögen diese auch im öffentlichen Interesse liegen; denn die Anlage ist nur nach Maßgabe der erteilten Erlaubnis oder Genehmigung zu unterhalten (ebenso Eymann Anm. 4; a. M. Schenkel a. a. O). Hier kann jedoch das Aus­ gleichsverfahren nach Art. 65 ff. zum Ziele führen. Die Unterhaltungspflicht trifft natürlich nicht nur den, der die Anlage er­ richtet hat, sondern den jeweiligen Unternehmer (Begr. S. 560 I). Sie wurzelt im Gesetze, einer Geltendmachung durch die Aufsichtsbehörde bedarf es nicht, um sie entstehen zu lassen. Die Verpflichtung zur Unterhaltung der Anlage umfaßt auch die zur Unter­ haltung des Höhenmaßes und der Rückmarken (Art. 53).

A«M. 2.

Strafbestimmnng und ZwaugSmatzregel«. Die Strafbestimmung zum Art. 59 enthält Art. 203 Ziff. 6; über Zwangsmaßregeln vgl. Art. 174 f., 205. Eine Bestrafung ist Wohl nur dann erreichbar, wenn die Unterhaltungspflicht nicht bestritten ist; andernfalls wird zunächst nach BB. § 149 zu verfahren sein. AttM. 3. Zuständigkeit. Wenn die Verwaltungsbehörde die Unterhaltung der Anlage in Anspruch nimmt — einem dritten steht, wie oben ausgeführt wurde, kein Recht auf die Unterhaltung zu —, so kann der Unternehmer eine verwaltungsrechtliche Entscheidung über seine Unterhaltungspflicht verlangen (BB. § 149). Die bloße Aufforderung zur Instandsetzung kann nicht als instanzielle Entscheidung angesehen werden. Nach der Durchführung des Verfahrens, in dem niemand als dem Unternehmer eine Parteistellung zukommt, ist dem Unternehmer ein mit Gründen versehener verwaltungsrechtlicher Beschluß zuzustellen. Die Beschwerde geht an die Regierung, Kammer des Innern, die im verwaltungsrechtlichen Senat entscheidet; eine weitere Beschwerde geht an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 177). Den Interessenten bleibt es unbenommen, bei der Verwaltungsbehörde ein Vorgehen nach Art. 59 anzuregen. Wird dieser Anregung keine Folge gegeben, so bleibt nur die Verwaltungsbeschwerde (Art. 172f.). Besondere Rechtsverhältnisse werden durch Art. 59 nicht berührt. Sie sind auf dem Zivilrechtsweg auszutragen (s. auch OGH. 10 S. 342). Im verwaltungsrechtlichen Verfahren können sie nur beachtet werden, wenn sie Harster-Casstmlr, Waffergesetz. 24

370

Abteilung H

Benützung der Gewässer.

liquid sind. Die Verwaltungsbehörde kann auch dann, wenn auf Grund eines Privatrechtstitels dritte zur Unterhaltung der Anlage verpflichtet sind, nur gegen den Unternehmer vorgehen. Me sich dieser den Rückgriff auf die privatrechtlich Verpflichteten sichert, ist seine Sache (vgl. Schenkel S. 504 f.).

Art. 60. Wird die Wasserbenützungsanlage nicht mehr benützt, so kann der Unter­ nehmer aus Gründen des Gemeinwohls von der Verwaltungsbehörde an­ gehalten werden, auf seine Kosten die Anlage zu beseitigen und den Zustand wiederherzustellen, der vor ihrer Errichtung bestanden hat. Bei Mittel­ losigkeit des Unternehmers haben der Staat, die Gemeinde oder die Ortschaft, in deren Jntereffe die Beseitigung der Anlage und die Wiederherstellung des früheren Zustandes erfolgt, für die Kosten aufzukommen. Der Staat, die Gemeinde oder die Ortschaft find befugt, die Beteiligten, die von der Be­ seitigung der Anlage und der Wiederherstellung des früheren Zustandes einen Vorteil haben, zu den Kosten nach Maßgabe dieser Vorteile heran­ zuziehen. Abs. 2. Ist die Forterhaltung einer Wasserbenützungsanlage, die nicht mehr benützt wird, aus Gründen des Gemeinwohls erforderlich, so sind der Staat oder die Gemeinde oder die 'Ortschaft, in deren Interesse die Forterhaltung der Anlage liegt, verpflichtet, für die fernere Unterhaltung zu sorgen und zu diesem Zwecke berechtigt, von dem Unternehmer die Über­

lassung der Anlage, soweit notwendig, zu verlangen. Hierbei finden hinsichtlich der Zwangsenteignung die Art. 154 bis 156 Anwendung. Die Be­ stimmung des Abs. 1 Satz 3 findet entsprechende Anwendung. Vollzugsbekauutmachuug. Btstiti-«ng.

§ 150.

Wenn eine Wasserbenützungsanlage vom Unternehmer nicht mehr benützt wird, sei es, daß er freiwillig oder infolge Bermögensverfalles oder etwa infolge des Eintritts eines der zur Erlöschung der Erlaubnis oder Genehmigung führenden Gründe (Art. 61, 62, 64) die Benützung aufgibt, so kann eine solche nicht mehr benützte Wasserbenützungs­ anlage, die nach Art. 59 nicht mehr unterhalten zu „werden braucht, ein Hindernis für den geregelten Hochwafserabfluh bilden, insbesondere Überschwemmungen des umgebenden Geländes verursachen und für die am Flusse gelegenen Brücken gefährlich werden. In diesem Falle kann daher die Beseitigung der nicht mehr benützten Anlage und die Wieder­ herstellung des Zustandes, der vor der Errichtung der Anlage bestanden hat, auS Gründen des Gemeinwohls notwendig werden (Art. 60 Abs. 1). Die Wiederherstellung des früheren Zustandes soll aber nur soweit gefordert werden, als die Wiederherstellung möglich und notwendig ist.

Forterhaltnng.

§ 151.

Andererseits kann aber nach Lage des einzelnen Falls die Beseitigung einer solchen nicht mehr benützten Anlage den Interessen des Gemeinwohls widerstreiten; dies wird z. B. dann gegeben sein, wenn unter dem Einflüsse der Anlage an einem Flußlaufe Ver­ hältnisse eingetreten sind, deren Veränderung durch die Beseitigung der Anlage den Interessen des Gemeinwohls zuwiderlaufen würde; in einem solchen Falle kann es im Interesse des Gemeinwohls liegen, zu verlangen, daß die Anlage forterhalten wird (Art. 60 Abs. 2).

Abschnitt IV: C. Gemeinschaftliche Bestimmungen.

»erfahren.

371

Ari. 60.

§ 152.

Die Entscheidung der Distrittsverwaltungsbehörde hat in den Fällen der §§ 150 und 151 nach Maßgabe der Vorschriften des Art. 177 des Gesetzes im verwaltungsrechtlichen Verfahren zu erfolgen.

§ 153. In dem in § 150 erwähnten Falle sind die Kosten der Beseitigung sowie der Wiederherstellung desjenigen Zustandes, der vor der Errichtung der Anlage bestanden hat, vom Unternehmer zu tragen. Ist der Unternehmer mittellos, so hat die Distrittsverwaltungsbehörde zugleich mit der Entscheidung über die Verpflichtung zur Beseittgung der Anlage Ausspruch darüber zu erlassen, ob für die Kosten statt des Unternehmers gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Staat, die Gemeinde oder die Ortschaft aufzukommen haben, in deren Interesse die Be­ seitigung der Anlage und die Wiederherstellung des ftüheren Zustandes erfolgen soll. Der Distrittsverwaltungsbehörde obliegt auch auf Anttag die Entscheidung über die weitere Frage, ob der Staat, die Gemeinde oder die Ortschaft befugt sind, die Be­ teiligten, die von der Beseitigung der Anlage und der Wiederherstellung des ftüheren Zustandes einen Vorteil haben, zu den Kosten nach Maßgabe dieser Vorteile heranzu­ ziehen; als Beteiligte können z. B. auch Bewässerungsgenossenschasten, die durch die Beseitigung einer Wasserbenützungsanlage Vorteil haben, in Betracht kommen. 8 154.

Geht die Entscheidung der Distrittsverwaltungsbehörde dahin, daß die Forterhaltung der nicht mehr benützten Wasserbenützungsanlage aus Gründen des Gemeinwohles erforderlich ist (§ 151), so sind zugleich der Staat oder die Gemeinde oder die Ortschaft, in deren Interesse die Forterhaltung der Anlage liegt, für verpflichtet zu erklären, fiir die fernere Unterhaltung der Anlage zu sorgen. Der Distrittsverwaltungsbebörde obliegt auch in diesem Falle auf Antrag die Ent­ scheidung über die Befugnis des Staates, der Gemeinde oder der Ortschaft, die Beteiligten, die von der Forterhaltung der Anlage einen Vorteil haben, zu den Kosten nach Maß­ gabe dieser Vorteile heranzuziehen. Will die Körperschaft, welche für das Interesse des Gemeinwohls aufzukommen hat (Staat oder Gemeinde oder Ortschaft) und der daher die Forterhaltung der Anlage zur Pflicht gemacht ist, von dem Unternehmer soweit notwendig die Überlassung der Anlage verlangen, und ist dieses Verlangen nicht auf gütlichem Wege zu erreichen, so kann die Überlassung im Wege der Zwangsenteignung gefordert werden, wobei die Vorschriften der Art. 154 bis 156 Anwendung finden.

8 165. Die Bestimmungen des § 154 kommen auch zur Anwendung, wenn der Unter­ nehmer einer Stauanlage oder eines Triebwerkes mit gespannter Wasserttaft um die Erlaubnis zur Beseittgung bei der Distrittsverwaltungsbehörde nachsucht, die Beseittgung aber versagt wird, weil die Interessen des Gemeinwohls die Forterhaltung der Anlage erfordern (Art. 52 des Gesetzes).

A«M. 1. Die Verpsticht««g znr Beseittgnag der nicht mehr benützte« Anlage (Abs. 1). 1. Der Artikel enthält völlig neue Vorschriften. Er schließt unmittelbar an den vorausgehenden Artikel an und gilt für alle Arten er« laubnis- oder genehmigungspflichtiger Anlagen zur Wafferbenützung. Nicht benützte Wasserbenützungsanlagen, die nach Art. 59 nicht mehr unterhalten werden müssen, können ein Hindernis für den geregelten Hochwafferabfluß bilden, insbesondere Überschwemmungen des umgebenden Geländes verursachen und für die am Fluffe gelegenen Brücken gefährlich werden (VB. § 150). Der Unternehmer (Besitzer) ist verpflichtet, die Wasserbe-nützungsanlage der erteilten Erlaubnis oder Genehmigung entsprechend zu unterhalten, solange er sie benützt. Will er sich dieser Verpflichtung entschlagen, so muß er die Benützung aufgeben. Tut er dies, so kann die Instandsetzung der Anlage nicht mehr gefordert werden, wohl aber kann die Verwaltungsbehörde — aber auch nur diese, nicht ein sonstiger Beteiligter — verlangen, daß der Unternehmer auf seine Kosten die Anlage be24*

fettige und den Zustand, der vor der Errichtung bestanden hat, wiederherstelle, vorausgesetzt, daß Gründe des Gemeinwohls diese Maßnahmen gebieten (vgl. auch Peyrer S. 292 f.). über den Begriff Wasser­ benützungsanlage vgl. Anm. 4 zum Art. 42, über den Begriff Gemeinwohl Anm. 1 zum Art. 11 und Anm. 4 zum Art. 19. Art. 60 Abs. 1 greift nur Platz, wenn die Anlage nicht mehr benützt wird. Aus welchen Gründen dies geschieht (Verzicht, Vermögensverfall u. a.) ist gleich­ gültig. Die Beseitigungspflicht nach Art. 60 Abs. 1 besteht auch dann, wenn die Erlaubnis oder Genehmigung erloschen ist oder wenn der Staat die wider­ ruflich erteilte Wafferbenützungserlaubnis zurückgezogen hat (Art. 64, BB. § 150). Ob die Anlage noch benützt wird oder nicht, ist eine Tatfrage Die öffentlichen Wassergenoffenschaften unterliegen der Aufsicht des Staates. Die Aufsicht begreift 1. die Überwachung der planmäßigen Ausführung und Unterhaltung der Genossellschaftsanlagen, 2. die Überwachung und Prüfung des Rechnungswesens, 3. die Aufsicht darauf, daß die Angelegenheiten der Genossenschaft in Über­ einstimmung mit dem Gesetz und der Satzung verwaltet werden. 2. Aufsichtsbehörde ist nach Abs. 2 die Distriktsverwaltungsbehörde, in deren Bezirke die Genossenschaft ihren Sitz hat (vgl. Anm. zum Art. 116). Dies gilt auch dann, wenn die Genossenschaft sich auf den Bezirk mehrerer DistriktsVerwaltungsbehörden erstreckt. Es ist darauf hinzuwirken, daß die Durchführung des Verfahrens zur Bildung einer Genossenschaft und die Aufsicht nach Art. 132 in den Händen derselben Distriktsverwaltungsbehörde liege (BB. § 242 Abs. 2). Zur Genehmigung der Satzung ist nicht die Aufsichtsbehörde, sondern die K. Regierung, Kammer des Innern, zuständig (Art. 118, 135).

3. Einzelne besondere Fälle der Zuständigkeit derAufsichtsbehölrden sind im Gesetze hervorgehoben, nämlich die Zuständigkeit a) zur Entgegennahme der Anzeige über (ot) die Bestellung des Vorstands oder eine Änderung in seiner Zusammen­ setzung (Art. 119 Abs. 2), //?) die Bestellung und die Namen der Liquidatoren (Art. 128 Abs. 2), ;y) Änderungen im Bestände der Liquidatoren (Art. 129 Abs. 1, 119 Abs. 2),