Künftige Perspektiven des Wohnungsbaus und der Wohnungsbaufinanzierung für das Gebiet der neuen Bundesländer [1 ed.] 9783428471768, 9783428071760

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Künftige Perspektiven des Wohnungsbaus und der Wohnungsbaufinanzierung für das Gebiet der neuen Bundesländer [1 ed.]
 9783428471768, 9783428071760

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DEUTSCHES INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG

BEITRÄGE ZUR STRUKTURFORSCHUNG HEFT 120 · 1991

Bernd Bartholmai und Manfred Melzer

Künftige Perspektiven des Wohnungsbaus und der Wohnungsbaufinanzierung Für das Gebiet der neuen Bundesländer

DUNCKER & HUMBLOT · BERLIN

D E U T S C H E S I N S T I T U T FÜR

WIRTSCHAFTSFORSCHUNG

gegründet 1925 als INSTITUT FÜR KONJUNKTURFORSCHUNG von Prof. Dr. Ernst Wagemann 1000 Berlin 33 (Dahlem), Königin-Luise-Straße 5

VORSTAND Präsident Prof. Dr. Lutz Hoffmann Dr. Ludolf-Georg von Wartenberg · Dr. Peter Mitzscherling • Wolfgang Roth · Dr. Otto Schlecht · Günter Strassmeir

Kollegium der Abteilungsleiter* Dr. Oskar de la Chevallerie · Dr. Doris Cornelsen · Dr. Heiner Flassbeck · Dr. Fritz Franzmeyer · Dr. Hans Heuer Dr. Kurt Hornschild · Prof. Dr. Wolfgang Kirner · Prof. Dr. Eckhard Kutter · Dr. Reinhard Pohl Dr. Hans-Joachim Ziesing

KURATORIUM Vorsitzender: Dr. Dieter Hiss Stellvertretender Vorsitzender: Dr. Thomas Hertz

Mitglieder Der Bundespräsident Bundesrepublik Deutschland Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium für Wirtschaft Bundesministerium für Verkehr Bundesministerium für Post und Telekommunikation Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit Bundesministerium für Forschung und Technologie Land Berlin Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe Senatsverwaltung für Bundes- und Europaangelegenheiten Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft und Verkehr Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie Deutsche Bundesbank Deutsche Bundesbahn Bundesanstalt für Arbeit Wirtschaftsvereinigung Bergbau Christlich-Demokratische Union Deutschlands Sozialdemokratische Partei Deutschlands Freie Demokratische Partei Deutscher Gewerkschaftsbund, Düsseldorf Industriegewerkschaft Metall, Frankfurt a.M. Berliner Bank Aktiengesellschaft Berliner Pfandbrief-Bank Industriekreditbank Aktiengesellschaft — Deutsche Industriebank Berliner Industriebank Aktiengesellschaft Berliner Kraft- und Licht (Bewag)-Aktiengesellschaft Elektrowerke Aktiengesellschaft Vereinigung der Freunde des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung

Persönliche Mitglieder Dr. Günter Braun Dr. Karl-Heinz Narjes Werner Alfred Zehden * Präsident und Abteilungsleiter sind gemeinsam für die wissenschaftliche Leitung verantwortlich.

DEUTSCHES

INSTITUT

FÜR

WIRTSCHAFTSFORSCHUNG

BEITRÄGE ZUR STRUKTURFORSCHUNG

HEFT 120

Bernd Bartholmai und Manfred Melzer

Künftige Perspektiven des Wohnungsbaus und der Wohnungsbaufinanzierung für das Gebiet der neuen Länder

fliritatL TögP

)DUNCKER & HUMBLOT

BERLIN

1991

Herausgeber: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Königin-Luise-Str. 5, D-1000 Bertin 33 Telefon (0 30) 82 9910 — Telefax (0 30) 82 99 12 00 BTX-Systemnummer * 2 9911 # Schriftleitung: Dr. Reinhard Pohl Verlag: Duncker & Humblot GmbH, Dietrich-Schäfer-Weg 9, D-1000 Berlin 41. Alle Rechte vorbehalten Druck: 1991 bei ZIPPEL-Druck, Oranienburger Str. 170, D-1000 Berlin 26 Printed in Germany ISBN 3-428-07176-X

Inhalt Seite Vorwort 1.

9 Wohnungsversorgung und Bautätigkeit in der DDR - Ausgangssituation

11

Gesamträumliche Betrachtung: Informationen über den Gebäude- und Wohnungsbestand

11

1.1.1

Altersstruktur und Bauzustand

13

1.1.2

Eigentumsverhältnisse

22

1.2

Wohnungsversorgung

24

1.2.1

Einschätzung des Fehlbestands im DDR-Gebiet

26

1.2.2

Bisherige Schätzung des Ersatzbedarfs in der DDR

30

1.3

Regionale Daten zur Wohnungsversorgung

31

1.3.1

Regionale Bestandsdaten

31

1.3.2

Die Versorgung in den Regionen

35

1.4

Bisherige Finanzierung des Neubaus und der Modernisierung

47

1.4.1

Bautätigkeit in der Vergangenheit

47

1.4.2

Die Finanzierung des Neubaus

53

1.4.3

Die Finanzierung der Modernisierung

61

1.1

3

Seite 2.

Analysen zum künftigen Baubedarf in Deutschland

65

2.1

Bevölkerung und Haushalte in beiden Teilen Deutschlands

65

2.1.1

Vorbemerkung

65

2.1.2

Entwicklung der Bevölkerung und Haushalte in Westdeutschland

66

2.1.3

Entwicklung der Bevölkerung in den neuen Bundesländern

69

2.1.4

Zahl der Haushalte bei alternativen Annahmen über die Wanderungen

71

2.2

Wohnungsbedarf in beiden Teilen Deutschlands

72

2.2.1

Perspektiven für den Wohnungsbau im bisherigen Bundesgebiet

72

Perspektiven für den Wohnungsbau in den neuen Bundesländern

75

2.3

Baubedarf insgesamt

76

2.3.1

Fazit: Kräftige Ausweitung des Wohnungsbaus notwendig

76

2.3.2

Zum hohen Ersatzbedarf in Ostdeutschland

78

2.4

Größenordnung des Wohnungsbauvolumens in den neuen Bundesländern

82

3.

Änderung der Wohnungspolitik

87

3.1

Mietenpolitik

87

3.1.1

Vorbemerkung

87

2.2.2

4

Seite 3.1.2

Mieten, Kosten, Finanzierung

88

3.2

Zur künftigen Organisation der Wohnungswirtschaft

98

3.2.1

Wohnungspolitik und Staatsverträge

98

3.2.2

Regelungen zum Mietrecht und zur Wohnungsbauförderung in den neuen Bundesländern

101

Perspektiven für die Wohnungsbestände nach Eigentümergruppen

106

3.2.3.1

Kommunaler Wohnungsbestand

106

3.2.3.2

Wohnungsbestand der Genossenschaften

112

3.2.3.3

Wohnungsbestand privater Eigentümer

114

3.3

Finanzprobleme der Gemeinden

115

3.3.1

Vorbemerkung

115

3.3.2

Finanzlasten aus dem Wohnungsbau

116

3.4

Aspekte einer weiteren Privatisierung

122

4.

Förderungsinstrumente und Wohnungsbaufinanzierung

126

4.1

Zur gegenwärtigen Diskussion um den Kurs der Wohnungspolitik

126

Mögliche Förderungsinstrumente und Investorengruppen als Adressaten in den neuen Bundesländern

132

Überwiegend steuerbegünstigter freifinanzierter Wohnungsbau?

132

4.2.2

Öffentlich geförderter Wohnungsbau

134

4.3

Schlußbemerkung

138

3.2.3

4.2

4.2.1

5

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1

Seite Wohnungsversorgung im DDR-Gebiet nach Siedlungsgrößengruppen 1989

11

Baualter und Bauzustand des DDR-Wohnungsbestandes 1981 und 1986

14

Altersstruktur des Wohnungsbestandes von Einund Zweifamilienhäusern in der DDR 1986

15

Verteilung des Ein- und Zweifamilienhausbestandes nach Siedlungsgrößen in der DDR 1990

17

Altersstruktur der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in der DDR 1990

18

Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in der DDR im Jahre 1990 nach Siedlungsgrößengruppen

19

Wohnungsbestand nach Stadtgrößengruppen und Strukturtypen 1983

21

Wohnungsbestand nach Eigentumsformen - zeitliche Entwicklung

22

Wohnungsbestand in Mehrfamilien- sowie Ein- und Zweifamilienhäusern nach Eigentumsformen 1989

23

10

Wohnungsbestand in beiden deutschen Gebieten

25

11

Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern in der DDR 1986

31

Regionale Altersstruktur der Mehrfamilienhäuser in der DDR im Jahre 1990

33

Mehrfamilienhäuser in den Regionen der DDR nach Baujahresgruppen

34

2

3

4

5

6

7

8

9

12

13

6

Tabelle 14

Seite Regionaler Wohnungsbestand im DDR-Gebiet zum Jahresende 1989

36

Versorgungsgrad mit Wohnungen im Jahre 1989 in den Bezirken und Ländern der DDR

37

Struktur des Wohnungsbestandes nach der Zahl der Wohnräume

40

Einpersonen-Haushalte in der DDR zum Jahresende 1989 in 27 ausgewählten Städten

43

Eigentumsformen und Kennziffern des Wohnungsniveaus in den DDR-Regionen 1989

45

Anschluß der Städte in den Bezirken der DDR an Kanalisation und zentrale Kläranlagen 1989

46

20

Gesamte Wohnungsbauleistungen in der DDR seit 1971

49

21

Neubauleistungen in der DDR seit 1971

50

22

Finanzierung des Wohnungsneubaus in der DDR

59

23

Kreditbestand für den Wohnungsneubau in der DDR

15

16

17

18

19

1985 bis 1989

60

24

Finanzierungsquellen der Wohnungsmodernisierung

62

25

Vorausberechnungen der Bevölkerung und privaten Haushalte bis 2000 Erforderlicher Wohnungsneubau in Deutschland im Zeitraum 1991 bis 2000

70 77

Bauvolumen der DDR nach Produktions- und Verwendungsbereichen 1989

84

Finanzierung der Gesamtaufwendungen des Wohnungsbauprogramms - Angaben zum Staatshaushalt der DDR -

91

Wohnungsbestand und Mietertrag im Jahr 1989 im Gebiet der ehemaligen DDR

94

26 27 28

29

7

Verzeichnis der Schaubilder Seite 1

8

Entwicklung des Binnenwanderungssaldos nach und aus anderen Gemeindegrößengruppen 1970, 1975, 1980, 1985

38

2

Einwohner je Wohnung 1989 in den Kreisen der DDR

41

3

Wohnungsneubau je 1000 Einwohner in den Bezirken der DDR für die Jahre 1976 bis 1989

52

Vorwort

Die vorliegende Untersuchung ist eine erste Bestandsaufnahme der Probleme des Wohnungsbaus in den neuen Bundesländern. Sie wurde unmittelbar nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages als Gutachten im Auftrag des Verbandes öffentlicher Banken e.V. erarbeitet und im November 1990 abgeschlossen.

9

1.

Wohnungsversorgung und Bautätigkeit in der DDR - Ausgangssituation

1.1

Gesamträumliche Betrachtung: Informationen über den Gebäude- und Wohnungsbestand

Im Jahre 1989 betrug der Wohnungsbestand im Gebiet der DDR 7 Mill. Wohnungen, mit denen zunächst noch eine mittlere Bevölkerung von 16,6 Mill. Personen zu versorgen war. Das entspricht einer Relation von 421 Wohnungen je 1000 Einwohner. Infolge der starken Abwanderung, insbesondere vom Herbst 1989, erhöhte sich diese Kennziffer bis zum Jahresende auf 426.

Da in den vergangenen zwei Jahrzehnten der Wohnungsneubau besonders auf mittlere und große Städte konzentriert worden war, weist die Versorgung

mit

Wohnungen nach Siedlungsgrößenklassen erhebliche Unterschiede auf (vgl. Tabelle 1): Gegenüber 1971 hat beispielsweise das Wohnungsangebot in den Städten mit über 100 000 Einwohnern um 13 Wohnungen je 100 Haushalte und in denen mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern sogar um 18 Wohnungen zugenommen, bei den übrigen waren es nur 7 bis 11 Wohnungen.

Tabelle 1 Wohnungsversorgung im DDR-Gebiet nach S i e d l u n g s ^ größengruppen 19Θ9 Bestand

je

Anschluß an d i e t e c h n i s c h e I n f r a s t r u k t u r ( i n vH)

Ei nwohner 1000 E i n - 100 Haushai t e wohner b i s 10 000 10 000 20 000 20 000 50 000 50 000 - 100 000 über 100 000 DDR, insgesamt Quelle:

395 407 450 408 456 421

103 109 1 1 1 101 1 13 106

T r i nkwasser 98 92 96 97 100 96

Abwasserbehandlung 36 46 62 76 97 60

Kanalisation 56 70 80 90 95 74

Angaben der Bauakademie der DDR. 11

Im Bereich der gebäudetechnischen Infrastruktur bestehen in der DDR erhebliche Rückstände. Zwar sind größere Städte weitaus besser versorgt als kleinere Siedlungen, wie die Tabelle zeigt, aber der Zustand der Netze ist schlecht und die Abwasserbehandlung unzulänglich. In den Randlagen kleinerer Städte gibt es erhebliche Defizite beim Anschluß der Wohnungen an Abwasserbehandlungsanlagen: Z.B. bei den Gemeinden bis 10 000 Einwohner zwei Drittel und sogar im Gesamtdurchschnitt noch 40 vH.

Die Entwicklung des Wohnungsangebots im DDR-Raum ist dadurch gekennzeichnet, daß in den siebziger und achtziger Jahren zwar über intensive Neubautätigkeit die Versorgung verbessert werden konnte, damit ging gleichzeitig aber eine erhebliche Verschlechterung der Altbausubstanz einher. Infolge vernachlässigter Instandhaltung und Modernisierung zogen aus den Altstadtquartieren immer mehr Einwohner weg, die Zahl leergezogener, schwer vermietbarer und schließlich sogar gesperrter Wohngebäude nahm ständig zu. Dieser Prozeß wachsender Unterbelegung von Wohnraum in vielen Kleinstädten der DDR wird erst dann wirksam gestoppt werden können, wenn die Sanierung der Altbausubstanz grundlegend vorankommt. Große Aufgaben liegen künftig darin, Maßnahmen einzuleiten, die den Gebäudeverfall aufhalten. Angesichts der mangelnden Kapazität und des äußerst problematischen Zustands der Wasser-, Abwasser und Energieversorgung ist diese Aufgabe jedoch sehr erschwert. Die Wohnungsfrage ist also auch schon hinsichtlich der Infrastruktur ungelöst.

12

1.1.1 Altersstruktur und Bauzustand Zuverlässige Informationen über den Zustand des Gebäudebestands waren bisher kaum verfügbar. Im folgenden werden Angaben aus einer umfassenden Bestandsaufnahme zitiert, die Grundlage für die Investitionsplanung für das kommende Jahrzehnt sein sollten.1 Im Jahre 1986 betrug das Durchschnittsalter aller Wohnungen im DDR-Gebiet 58 Jahre, 1981 waren es 60 Jahre. Bei der Altersstruktur zeigte sich folgendes Bild: 40 vH aller Wohnungen sind bis 1918 gebaut worden und 42 vH entstanden nach dem zweiten Weltkrieg.

Während 1981 nur 18 vH des Bestandes stark baufällig waren (Bauzustandsstufen 3 und 4), sind es 1986 bereits 22 vH gewesen. Ernst zu nehmende Schätzungen der DDR-Bauakademie kommen zu dem Ergebnis, daß bei einer weiteren Vernachlässigung der Sanierungsaufgaben schon bis zur Mitte der neunziger Jahre ein Verfall großer Teile der Altbausubstanz in den Städten und Gemeinden vorprogrammiert wäre: Nimmt man als Bezugsgröße die Zahl aller bis 1945 errichteten Mehrfamilienhäuser, so wäre dann die Hälfte oder sogar 55 vH der Bausubstanz den Zustandsstufen 3 und 4 zuzurechnen.2

Vom derzeitigen gesamten Wohnungsbestand entfallen gut 4,7 Millionen Wohnungen auf Mehrfamilienhäuser und knapp 2,3 Millionen auf Ein- und Zweifamilienhäuser. Die Probleme sind bei beiden Gruppen recht verschieden,

1

Vgl. hierzu H.J. Krehl u.a.: Technisch-ökonomische Konzeption zur Reproduktion der Bausubstanz in den Städten und Gemeinden nach 1990 (TÖK). Unveröffentlichtes Manuskript. Leipzig 1989, S. 12 bis 18. 2

Vgl. Otto Dienemann: Zuarbeit zum Raumordnungsbericht der DDR, Teil Bauwesen - Kurzfassung. Unveröffentlichtes Manuskript. 13

Tabelle Baualter und Bauzustand des DDR-Wohnungsbestandes 1981 und 1986 Jahr

1981

Durchschni t t s a l t e r i n Jahren

60

Baualtersgruppen

Anteil

nach 1945 1919-1945 1900-1918 vor 1900

36 20 13 31

Bauzustand

Antei1

Zustandsstufen 1 2 3 4

1 )

35 47 16 2

1986 58 i n vH 42 18 12 28 i η vH 32 46 18 4

1)Amt1iche K l a s s i f i z i e r u n g des Bauzustandes: 1=gut e r h a l t e n ; 2 = g e r i n g e Schäden ( V e r s c h l e i ß : 6 - 2 5 v . H . ) ; 3 = schwerwiegende Schäden ( V e r s c h l e i ( 3 : 2 6 - 5 0 vH ) ; 4 = n i c h t mehr n u t z b a r . Q u e l l e : Angaben der Bauakademie der DDR.

sowohl wegen der Unterschiede der baulich-konstruktiven Gegebenheiten und der verwendeten Baustoffe als auch wegen des Baualters und des unterschiedlichen Nutzerverhaltens. Schon in früheren Analysen wurde gezeigt, daß der private und genossenschaftliche Mietwohnungsbestand bereits zur Zeit der Gebäudezählung im Jahre 1971 einen schlechteren Zustand aufwies als der 'Volkseigene" Bestand.3 * Ein- und Zweifamilienhäuser, insbesondere wenn die Nutzer auch Eigentümer sind, sind seit dieser Zeit in vielen Fällen wesentlich besser instandgehalten worden als Mehrfamilienhäuser. Im Jahre 1990 entfielen nur 20 vH der Ein- und 3

Vgl. Manfred Melzer: Wohnungsbau in der Deutschen Demokratischen Republik. In: Materialien zur Didaktik der Geographie, Heft 10: DDR, Raumbezogene Prozesse und Strukturveränderungen. Trier 1987, S. 90/91. 14

Zweifamilienhäuser auf die Bauzustandsstufen 3 und 4, 30 vH konnten der Stufe 1 zugerechnet werden (bei den traditionell errichteten Mehrfamilienhäusern sind es nur 9 vH).

Tabelle 3

A l t e r s s t r u k t u r des Wohnungsbestandes von Ein- und ZweiFami1ienhäuserη in der DDR 1986

Baualtersk1fessen der Gebäude

Anzahl der Gebäude

in 1000

in vH des Bestandes

Anzahl der Wohnungen

in 1000

in vH des Bestandes

vor 1870 1-Fami1ienhäuser 2-Fami1ienhäuser gesamt

303.2 90,1 393.3

22 i 5

304,3 180,2 484,5

21 ,3

25,6

244,0 410,0 654,0

28,8

28,5

307,0 378,0 685,8

30,1

13,4

192,0 82,6 274,6

12,1

1870-1918 1-Fami1ienhäuser 2-Fami1ienhäuser gesamt

242,0 204,0 446,0

1919-1945 1-Fami 1 ienljiäuser 2-Fami1ienhäuser gesamt

307,0 191 ,4 496,4

1946-1970 1-Fami1ienhäuser 2-Fami1ienhäuser gesamt

192,0 41 ,6 233,6

nach 1970 1-Fami1ienhäuser 2-Fami1ienhäuser gesamt DDR, insgesamt

174,9

174,9

174,9

10,0

174,9

7,7

1744,2

100,0

2274,0

99,9

Quelle: Angaben der Bauakademie der DDR.

15

Dieser Befund wiegt umso schwerer, als das Durchschnittsalter der Ein- und Zweifamilienhäuser mit 83 Jahren (1990) weitaus höher ist als das der Mehrfamilienhäuser mit 46 Jahren. Von den Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sind 21 vH vor 1870 und weitere 29 vH in der Zeit von 1871 bis 1918 entstanden; lediglich 8 vH sind nach dem zweiten Weltkrieg gebaut worden (Vgl. Tabelle 3).

Interessant ist, daß sich innerhalb der Gruppe der Ein- und Zweifamilienhäuser in den letzten zwanzig Jahren eine deutliche Verschiebung zugunsten der Einfamilienhäuser vollzog: 1971 waren es nur knapp 45 vH, heute dürften es bereits 57 vH sein. Hierbei spielt einerseits eine Rolle, daß eng belegte ältere Gebäude später nur noch von einer Wohnpartei genutzt wurden, andererseits ist aber auch entscheidend, daß beim Neubau die ökonomisch günstigere Bauform des Zweifamilienhauses in den Planungen völlig vernachlässigt worden ist.

Der vorhandene Bestand an Ein- und Zweifamilienhäusern ist jedoch, ganz anders als in der Bundesrepublik, durch den Neubau nur wenig ergänzt worden; überwiegend handelt es sich um alte dörfliche Bebauung. Dies zeigt sich daran, daß in den kleinen Gemeinden bis zu 500 Einwohnern 80 vH und mehr des Wohnungsbestandes auf Ein-und Zweifamilienhäuser entfallen. Bei den Städten und Großstädten ist es hingegen nur ein recht kleiner Anteil (vgl. Tabelle 4). Die Fehler der Wohnungsbaupolitik lagen darin, daß in kleinen Städten der Bau von vier- und fünfgeschossigen Gebäuden, häufig in Randlagen, im Vordergrund stand, während die Ortszentren verfielen. 4

4

Vgl. Klaus Picht: Zu Problemen der Reproduktion des Ein- und Zweifamilienhausbestandes der DDR. In: Materialien der Prognosetagung 1989 in Lehnin/Namitz vom 6. bis 8. November 1989. Berlin (Ost) 1989, S. 40ff.

16

Tabelle

V e r t e i l u n g des Ein- und Zweifami 1ienhausbestandes nach Siedlungsgrößen in der DDR 1990 Bestand in Mi 11ionen Wohnungen

Einwohner

unter 200 200 500 500 1 000 1 000 2 000 2 000 10 000 10 000 50 000 50 000 - 100 000 über 100 000 DDR, insgesamt

A n t e i l der Ein- und Zwei fami 1ienhäuser am gesamten Einund Zweifamilienhausbestand in vH

A n t e i l der Ein- und ZweiFami1ienhäuser am Gesamtbestand der j e w e i l i g e n Siedlungsgröße in vH

η -1,11

•48

0,59 0,34 0,06 0,18 2,28

26 15 3 8 100

87 79 75 67 47 i

tl5

J

33

Quel l e : Klaus P i c h t : Zu Problemen der Reproduktion des Einund Zweifamilienhausbestandes der DDR. I n Bauakademie ( H r s g . ) M a t e r i a l i e n der Prognosetagung in Lehnin/Nahmitz, 6. bis 8. November 1989, B e r l i n 1989, S.41. - A u t o r e n k o l l e k t i v ( L t g . : H . J . K r e h l ) : TÖK, a . a . O . , S.13.

Bei den Mehrfamilienhäusern weisen die bis 1960 in traditioneller Bauweise errichteten Gebäude heute ein Durchschnittsalter von 78 Jahren auf; diese Gruppe umfaßt gut die Hälfte aller Mehrfamilienhäuser. Die andere Hälfte bildet der seit 1961 in "industrieller Bauweise" erstellte Wohnungsbestand mit einem Durchschnittsalter von nur 14 Jahren. Eine tiefere Gliederung der Altersstruktur läßt erkennen, daß knapp ein Drittel der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern bis 1918 gebaut worden ist, weitere 11 vH entstanden im Zeitraum bis 1945. Interessant ist, daß noch ein relativ großer Altbestand aus der Zeit vor 1900 vorhanden ist (vgl. Baualtersgruppen 1 und 2 der Tabelle 5). Der Mietwohnungsbestand weist somit eine Polarität zwischen sehr alten Gebäuden (40 vH aus der Zeit vor 1918) und "fortschrittlichen" Neubauten (40 vH aus der Zeit des großen Bauprogramms nach 1970) aus. 17

Tabelle

A l t e r s s t r u k t u r der Wohnungen i n M e h r f a m i 1 i e n häusern i n der DDR 1990 ( J a h r e s e n d e ) Baualtersgruppen

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Baujahr

Durchschnittsa l t e r in Jahren

vor1870 1870-1899 1900-1918 1919-1945 1946-1960 1961-1965 1966-1970 1971-1981 1982-1990

Summe

143,5 103,0 83,5 57,8 35,5 27 , 5 22,5 14,5 4,5

Wohnungen i n Mehrfami 1 i e n häusern (in Tsd.)

Antei1 am Bestand i n vH

144,2 547,8 767,3 530,4 299,0 306,4 274,8 962,0 868,5

3,1 11,6 16,3 11,3 6,4 6, 5 5,8 20.5 18,5

. 4.700,4

100,0

Q u e l l e : P e t e r D o e h l e r :: Zu den E r f o r d e r n i s s e n der i n t e n s i v e r w e i t e r t e n R e p r o d u k t i o n der Wohnungen des .Mehrfami 1 i e n h a u s b e s t a n d e s 4η den S t ä d t e n d e r · ;«n< DDR im Z e i t r a u m der 8 0 e r J a h r e . I n : W i s s e n s c h a f t l i e h e Z e i t s c h r i f t f ü r Bauwesen, Weimar 1.989, H e f t 3 / 4 , S e i t e 117.

Gut die Hälfte aller Wohnungen in Mehrfamilienhäusern entfällt auf Städte und Großstädte mit mehr als 50 000 Einwohnern. In diesen bilden sie rund 90 vH des dortigen > Wohnungsbestandes (vgl, Tabelle 6). Trotz einer Steigerung der Baureparaturen in den vergangenen* fünfzehn Jahren hat sich der Bauzustand der traditionell errichteten Bausubstanz der Mehrfamilienhäuser

erheblich ver-

schlechtert. Gravierende negative Entwicklungen gab es bei den Altstadtquartieren der großen Städte (Berlin, Leipzig, Halle, Dresden, Chemnitz) sowie bei der Mehrzahl der Mittel- und Kleinstädte.

18

Tabelle

Wohnungen i n Mehrfamilienhäusern i n der DDR im Jahre 1990 nach Siedlungsgrößengruppen Wohnungen i n Mehrfami1ienhäusern

Einwohner

i n Mi 11. Wohnungen über 100 50 000-100 20 000- 50 10 000- 20 unter 10 DDR,

A n t e i l e der Wohneinheiten i n Mehrfamilienhäusern am gesamten Begesamten Bestand der j e - stand der Mehrw e i l i g e n S i e d - fami 1ienhäuser lungsgröße i n vH i n vH

000 000 000 000 000

1,92 0,50 0,80 0,50 1 ,00

91 89 80 77 37

insgesamt

4,72

67

Q u e l l e : A u t o r e n k o l l e k t i v ( L t g . : H . J . K r e h l ) : TÖK, a . a . O . , sowie Berechnungen des DIW.

40 11 17 11 21 100 S. 13,

Von den Stadtarchitekten wird vielfach darauf hingewiesen, daß innerhalb der Gebäude besonders Wohnungen in den oberen Etagen und im Erdgeschoß Einwirkungen von Nässe und andere Bauschäden zeigen. Selbst die denkmalgeschützte Bausubstanz sei in großen Teilen gefährdet. Dringend notwendig sei die Sanierung von Dächern, Fundamenten, Fassaden. Um das Wohnungsangebot der Altbauten wieder attraktiv zu machen, sei die Modernisierung von Heizungen, Energieversorgungssystemen, Sanitäreinrichtungen erforderlich, in vielen Fällen aber auch die Schaffung einer vernünftigen Abwasserentsorgung. Generell - d.h. auch bei den Neubauten - stellen sich Aufgaben der Wärmedämmung, um Energieeinsparungen und damit Reduzierungen des Schadstoffausstoßes der Heizungsanlagen zu erreichen.

Zunehmende Mängel sind auch bei der industriell errichteten Wohnsubstanz zu verzeichnen. Dies gilt zunächst für Betonschäden, Dächer, Installationen und 19

Fassaden, weil Baumaterialien mit vergleichsweise geringer Lebensdauer eingesetzt worden sind. Es gilt aber auch für unzureichende oder wenig dauerhafte Fensterund Türabdichtungen und für Fugen. Schon ab einem Baualter von 25 Jahren sind bei Nachkriegsbauten deutliche Schäden der Wetterschutzschichten der Gebäude erkennbar.

In einer 1983 durchgeführten städtebaulichen Stichproben-Untersuchung von 86 Städten, die rund 38 vH des gesamten Wohnungsbestandes repräsentiere^ wurden 9 Strukturtypen von Wohnungen unterschieden (vgl. Tabelle 7). Für sie sind differenzierte Sanierungsaufgaben erforderlich: 5 die mittelalterlich geprägte Bausubstanz (Strukturtyp 1) erfordert zwar im einzelnen intensive Maßnahmen, bedingt aber angesichts ihres niedrigen relativen Gewichts nur eine begrenzte Bauaufgabe; die heterogene Mischbebauung der Gründerzeit, sie umfaßt gut gebaute Villenviertel, geschlossene Quartiere, aber auch nicht erhaltenswerte Hinterhofgebäude, verlangt sehr umfangreiche und differenzierte Sanierungs- und Modernisierungskonzepte; das dafür erforderliche Bauvolumen wird von DDR-Experten auf die 2,5 bis 3-fache Größenordnung der Altstadtsanierung eingeschätzt; die Bestände der Strukturtypen 4 bis 7 erfordern einen progressiv ansteigenden Instandsetzungs- und Sanierungsbedarf, da mit zunehmendem Alter deutliche Verschleißerscheinungen auftreten.

Hierbei ist zu berücksichtigen, daß 49,5 vH der Bevölkerung in den 99 Mittel- und 15 Großstädten leben. 50,5 vH der Bevölkerung wohnen in Landgemeinden (bis 2000 Einwohner), in Landstädten (bis 5 000 Einwohner) sowie in Kleinstädten (bis 20 000 Einwohner), auf sie entfallen immerhin 48 vH des Wohnungsbestandes.

5

Vgl. Bernd Hunger u.a.: Städtebauprognose - städtebauliche Grundlagen für die langfristige intensive Entwicklung und Reproduktion der Städte. Hrsg.: Institut für Städtebau und Architektur, Berlin (Ost) 1989, S. 87. 20

21

Einwohner

27 88

Dörfliche Bebauung

Kleinbebauung, gesamt

in 1000

in vH

4,5

1,4

3,1

36,3

55

10

45

435

2,7

0,5

2,2 25

21,5

135

110 1,2

574

6,6

62

5,4

7,4

118

in vH

in 1000

216

278

3,1

28,4

13,8

10,7

1747

86,2

5,9 328 16,1 1,6 235 11,7 3,6 199 9,8 0 , 3 35 1,7 107 5,3 360 17,7 144 7,1 472 23,3

3,1

in 1000

Wohne i nhe i ten

Gesamt

Wohn- und Hischgebiete, insgesamt 826 40,8 490 24,2 709 35,0 2025 100,0 Quelle: Bauakademie der DDR, Institut für Städtebau und Architektur: Städtebauliche Intensivierungsmöglichkeiten für den Wohnungsbau in ausgewählten Städten der DDR. Zitiert nach: Autorenkol lektiv(Leitung B.Hunger): Städtebauprognose- Städtebauliche Grundlagen für die langfristige intensive Entwicklung und Reproduktion der Städte. Berlin(Ost) 1989, S.88.

61

738

Kleinbebauung Ein-und Zweifamilienhausbebauung

gesamt

Mehrfami 1ienhausbebauung,

in vH

Wohne i nhe i ten

20 000-50 000

1 , 0 36 1,8 63 6 , 0 55 2,7 150 7 , 0 62 3 , 1 32 4 , 2 41 2 , 0 72 1,2 4 0,2 6 7,1 108 5,3 9,8 129 6,4

in 1000

Wohne i nhe i ten

100 000 50 000-100 000 Einwohner Einwohner

StadtgröGengruppen

Wohnungsbestand nach Stadtgrö&engruppen und Strukturtypen 1983

Wohne i nhe i ten

Mehrfami 1ienhausbebauung vor 1870 19 1870-1918 2 u.3 Geschosse 123 1870-1918 4 u.5 Geschosse 141 1919-1945 2 u.3 Geschosse 86 1919-1945 4 u.5 Geschosse 25 1946-1970 145 1971-1980 199

Strukturtypen

Tabelle 7

in vH

1.1.2

Eigentumsverhältnisse

Eine Betrachtung der Eigentumsstruktur des Wohnungsbestandes erscheint wichtig sowohl im Hinblick auf die künftige Privatisierung - zumindest eines Teiles - des bisher "volkseigenen" Bestandes, als auch bezüglich des Auflebens von Altansprüchen von jetzt außerhalb des DDR-Gebietes lebender Personen.

Tabelle 8

Wohnungsbestand nach Eigentumsformen i n 1000 Wohnungen Wohnungsbestand nach Eigentumsformen S t a a t 1 ich genossenschaftl. pr i v a t Wohnungsbestand insgesamt

1971 1)

1981 1)

1989

in 1000

1971

1981

A n t e i l e am Gesamtbestand in vH

1698

2447

2Ô89

28,1

37,3

41 ,2

596

974

1230

9,8

14,8

17,6

3762

3140

2882

62, 1

47,9

41 ,2

6057

6562

7002

100,0

100,0

100,0

1)Ergebnisse am S t i c h t a g der Zählung Q u e l l e : S t a t i s t i s c h e s Taschenbuch der DDR 1990,, S . 7 0 .

Vom Wohnungsbestand entfallen gegenwärtig je 41 vH auf staatliches und auf privates Eigentum, 18 vH stellen genossenschaftliches Eigentum dar (vgl. Tabelle 8). Seit 1971 haben sich deutliche Verschiebungen ergeben in Richtung eines Eigentumsübergangs zum Staat hin: Häufig waren dies Enteignungen oder freiwillige Schenkungen infolge von Unwirtschaftlichkeit. Betrachtet man die Eigentumsstruktur nach Gebäudearten, so entfallen beim privaten Eigentum 22

1989

nahezu doppelt soviel Wohnungen auf Ein- und Zweifamilienhäuser wie auf Mehrfamilienhäuser. Beim staatlichen Eigentum und gleichfalls beim genossenschaftlichen Eigentum spielen hingegen die Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern nur eine relativ geringe Rolle (vgl. Tabelle 9).

Dem Umstand, daß rund 85 vH aller Wohnungen in Hin- und Zweifamilienhäusern noch Privateigentum darstellen, ist es zuzuschreiben, daß trotz knapper Finanzmittel und Baumaterialien mehr instand gehalten worden ist als bei Mietwohngebäuden. Deshalb kam es zu einer Verjüngung von Bauwerksteilen. Der Zustand eines Teiles dieser Häuser ist somit besser, als es nach dem Baualter anzunehmen wäre. 6

Tabelle 9

Wohnungsbestand nach Eigentumsformen und Gebäudetyp 1989 Zahl der Wohnungen bzw. Anteil nach Eigentumsformen und Gebäudetyp

staatliches Eigentum in 1000

genossenschaftliches Eigentum

invH

in 1000

invH

privates Eigentum in 1000

Gesamtbestand

invH

in 1000

invH

Mehrfamilienhäuser

2580

37

1160

17

970

14

4710

67

Ein- / Zweifamilienhäuser

310

4

70

1

1910

27

2290

33

2890

41

1230

18

2880

41

7000

100

DDR insgesamt

Quelle: Gunnar Winkler (Hrsg.): Sozialreport DDR 1990.

6

Vgl. Klaus Picht: Zu Problemen der Reproduktion ..., a.a.O., S. 42. 23

1.2

Wohnungsversorgung

Im Jahre 1971 standen in der DDR bei einem Bestand von gut 6 Mill. Wohnungen je 1000 Einwohner 355 Wohnungen zur Verfügung, das waren 8 vH mehr als 1968 in der Bundesrepublik. Vorher war der Abstand beider Gebiete noch größer (1950: 25 vH; 1960: 12 vH). Die Bundesrepublik hatte vergleichsweise größere Kriegszerstörungen und erhebliche Zuwanderungen zu verkraften. 7 Bei dieser globalen Versorgungskennziffer überholte die Bundesrepublik die DDR erst Mitte der siebziger Jahre.

Die DDR-Wohnungszählung von 1981 zeigt gegenüber derjenigen von 1971 lediglich einen Nettozugang von 510 000 Wohnungen, obwohl die Zahl der Neubauten in diesem Zeitraum mehr als doppelt so hoch war: Die statistische Abgrenzung wurde geändert, was die Herausnahme von 418 000 Wohnungen (Zusammenlegungen und Umwidmungen) zur Folge hatte 8 .1981 standen somit bei einem Bestand von 6,6 Mill. Wohnungen je 1000 Einwohner 393 Wohnungen zur Verfügung. In gleicher Abgrenzung betrug diese Kennziffer in der Bundesrepublik (im April) 1982 404 -bei einem Bestand von fast 25 Mill. Wohnungen. Bis heute hat sich die zahlenmäßige Versorgung weiter verbessert: In der DDR erreichte sie zum Jahresende 1989 426 Wohnungen je 1000 Einwohner, in der Bundesrepublik waren es 1987 - zum Stichtag der Wohnungszählung vom 25. Mai - 430 (vgl. Tabelle 10). Der Wohnungsbestand in Deutschland kann gegenwärtig mit 33,5 Mill. Wohnungen beziffert werden, von dem gut ein Fünftel auf das DDR-Gebiet entfällt.

7

Vgl. Kaus Dieter Arndt: Wohnungsverhältnisse und Wohnungsbedarf in der sowjetischen Besatzungszone. Sonderheft des DIW, Nr. 50/1960, S. 11.

8

174 000 Wohnungen waren Zusammenlegungen bzw. aufgegebene Mansardenund Souterrainwohnungen, 244 000 weitere Wohnungen wurden ausgebucht, weil sie DDR-Bürgern nicht für Wohnzwecke zur Verfügung standen (z.B. Wohnungen für sowjetische Streitkräfte, ausländische Arbeitnehmer oder Diplomaten sowie Umwidmungen zu Geschäftsräumen). 24

25

Angabe in

vH vH vH 21

57 44 12

51 63 67 70

18 33

19823)

36

65 28 404

351

430

412

355

453

7 002

393

426

19897>

1) Gebäude- und Wohnungszählung, Oktober 1968.- 2) 1%-Wohnungsstichprobe, April 1978.-3) Mikrozensus-Zusatzerhebung, April 1982.- 4) Gebäude- und Wohnungszählung vom 25. Mai 1987.- 5) Volks-, Berufe-, Wohnraum- und Gebäudezählung, Januar 1971.6) Desgleichen, Dezember 1981.- 7) Jahresende 1989.- 8) Bundesrepublik: Wohnungen in Gebäuden, ohne die von ausländischen Streitkräften gemieteten Wohnungen; DDR: 1971 einschließlich, 1981 jedoch ohne zweckentfremdete und von Ausländern belegte Wohnungen.- 9) 1986.- 10) Bundesrepublik: einschließlich Fernheizung und Etagenheizungen, jedoch ohne Einzelofenheizung mit Nachtstrom, Gas oder öl; DDR: einschließlich Fernheizung, einschließlich Einzelofenheizung mit Strom, öl oder Gas.- 11) Anschluß an das öffentliche Versorgungsnetz oder eigene Wasserversorgung auf dem Grundstück mit Zapfstelle im Gebäude, bzw. in der Wohnung.- 12) Bezogen auf die Wohnbevölkerung insgesamt ( einschließlich Anstaltsbevölkerung).

Wohnfläche insgesamt Mill, m2 1 395 2 250 davon: Wohngebäude Mill, m2 1 360 1 850 1 980 2 210 Wohnfläche je Wohnung m2 71 80 82 86 58 63 Wohnfläche je Einwohner m2 23 31 33 35 20 24 Wohnungen je 1000 Einwohner12* Anzahl 330 388

18® >

96 414

22 20 429>

40ö)

6 562 6 541 6 235

1981/1982®>

DDR 1987*> 1970/19716>

( 24 900 ) 26 280 6 057 ( 24 100 ) 25 775 5 971 23 350 24 971 5 847

19782)

vH 53 64 70 75 11 36 47 68 86 90 95 39 68 82 79 92 98 39 60 76 99 100 100 82 94

. vH

32 22 > 17 15 }

23 770 23 050 22 380

19681)

Bundesrepublik Deutschland

Mohnurignbeatand in beiden deutschen Gebieten

1 000 19 624 1 000 19 083 1 000 18 789

nach Ausstattung mit: Zentral- bzw. Sannelheizung10) Bad/Dusche vH Innentoilette vH Waaseranschluß11* vH

nach Baujahrgängen: bie 1918 1919 bis 1948 (BRD)bzw. 1945 (DDR) nach 1948 bzw. nach 1945

Wohnungabestand insgesamt8 > davon: Wohngebäude bewohnte Wohneinheiten

Wohnungabestand und Ausstattung, Wohnungavereorgung

Tabelle 10

Beim innerdeutschen Vergleich ist zu berücksichtigen, daß die Wohnungen im Westteil durchschnittlich um ein Drittel größer sind (86 qm) als in der DDR (65 qm). Die an der Wohnfläche gemessene Versorgung ist somit in der Bundesrepublik erheblich besser. Die durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 9 liegt in der Bundesrepublik bei 35 qm, in der DDR bei 28 qm.

Vermutlich sind die DDR-Ergebnisse überhöht, weil im Bestand nicht nur die bewohnten Wohnungen gezählt wurden, sondern auch die leerstehenden sowie die nicht mehr nutzbaren Wohnungen. Hierfür müßte ein deutlicher Abschlag angesetzt werden. Aber auch dann würde die DDR im internationalen Vergleich quantitativ noch ganz gut dastehen. Das täuscht aber darüber hinweg, daß noch immer ein nennenswertes Wohnungsdefizit gegeben ist und vor allem ein sehr hoher Ersatzbedarf für kaum noch nutzbaren Wohnraum besteht.

1.2.1 Einschätzung des Fehlbestands im DDR-Gebiet Betrachtet man die globalen Zahlen, so scheint der Wohnungsmarkt in der DDR 7 Mill. Wohnungen bei 6,6 Mill. Haushalten - mehr als ausgeglichen zu sein. Ein Teil der Wohnungen dürfte jedoch wegen des schlechten Bauzustandes leerstehen oder kaum noch bewohnbar sein. Man kann den Leerstand nur schätzen, er dürfte aber bei einer halben Million liegen. 10

9

Diese Kennziffer würde jeweils etwas höher ausfallen, wenn man die Bezugsbasis um die Anstaltsbevölkerung bereinigt. 10

Auch der frühere Bauminister Axel Viehweger beziffert den Leerstand auf 300000 bis 500000 Wohnungen. Vgl. "Vereint in die Zukunft 1' (Zusammenfassung der Referate des Verbandstages Norddeutscher Wohnungsunternehmen 1990). In: Die Wohnungswirtschaft, Heft 11/1990, S. 535. 26

1981 gab es im DDR-Gebiet 415 000 Haushalte, die eine Wohnung nicht allein bewohnt haben. Für 1990 wird eine Zahl von 470 000 Wohnungsantragsstellern ohne eigene Wohnung angegeben. Insgesamt gab es 780 000 Wohnungsanträge; 11 die übrigen 310 000 Antragsberechtigten leben offenbar in Unterkünften oder Wohnungen, die von der Räumung bedroht sind.

Sicherlich kann aus der genannten Zahl von 0,8 Mill. Wohnungssuchenden nicht auf einen Fehlbestand in gleicher Höhe geschlossen werden, weil die privaten Haushalte nach den unumgänglichen Mieterhöhungen zunächst einmal "zusammenrücken11 werden: Kleine Haushalte, die in großen Wohnungen leben, werden diese vielleicht gegen angemessene Wohnungen tauschen, Partner

eheähnlicher

Gemeinschaften werden Zweitwohnungen aufgeben, Haushalte mit dem Wunsch nach größeren Wohnungen werden einen Umzug hinausschieben. Nur einige wenige gut verdienende Haushalte werden größere Wohnungen nachfragen können.

Zur besseren Einschätzung des Wohnungsdefizits sei kurz auf die Grundsätze der bisherigen DDR-Wohnraumlenkung eingegangen. Sie lassen sich durch folgende Gesichtspunkte charakterisieren: 12

die Lenkung und Kontrolle der Nutzung der Wohn- und Gewerberäume lag in den Händen der Räte der Städte und Gemeinden;

der vorhandene Wohnraum - nach Größe, Lage, Ausstattung - reichte meistens zur vollen Befriedigung des Bedarfs nicht aus, deshalb mußte eine

11

Vgl. Joachim Zimmermann: Wohnungsmarkt und Städtebau in der DDR: Ausgangslage - Probleme - Konzepte. In: Ifo-Schnelldienst, Heft 15/1990, S. 13. 12

Vgl. Manfred Melzer: Wohnraumlenkung und Mietverhältnisse - Zur Wohnungspolitik in der DDR. In: Gemeinnütziges Wohnungswesen, Heft 4/1983, S. 191ff. 27

einigermaßen "gerechte" Verteilung von den kommunalen Organen entsprechend vielfältiger gesetzlicher Vorschriften durchgesetzt werden; die Maßstäbe der Wohnungsvergabe konnten von den entsprechenden Organen (z.B. hinsichtlich Dringlichkeit, Größe) in gewissem Rahmen selbst festgelegt werden; unterbelegter bzw. zweckentfremdet genutzter Wohnraum war von den Lenkungsorganen zu erfassen und gegebenenfalls neuen Mietern zu übertragen; der grundsätzlich geförderte Wohnungstausch bedurfte der Genehmigung der Lenkungsorgane.

In Leipzig galten folgende Belegungsnormen, deren Einhaltung die Wohnungszuweisung voraussetzte; sie dürften in anderen Regionen ähnlich gewesen sein:

1-Personen-Haushalte: 1-Raum-Wohnungen, 2- bis 3-Personen-Haushalte: 2-Raum-Wohnungen, 3- bis 4-Personen-Haushalte: 2- und 3-Raum-Wohnungen, 4- bis 5-Personen-Haushalte: 3- und 4-Raum-Wohnungen, größere Haushalte: Wohnungen mit 4 und mehr Räumen.

Aus diesen Normen wird deutlich, daß die alte Wirtschaftsführung versucht hat, die Größe der Wohnungen auf Minimalwerte auszurichten, um mit gegebenen Mitteln ein größeres Wohnungsbauprogramm realisieren zu können. Heute gilt als Bedarfsparameter für die Wohnungsgröße: Anzahl der Personen je Haushalt plus 1. Daraus folgt, daß für die Zukunft mit einem beträchtlichen Zusatzbedarf an

28

größeren Wohnungen gerechnet werden kann. Allein an Wohnungen mit mindestens 4 Räumen fehlen nach Angaben von Hunger für eine adaequate Versorgung 400 000 bis 500 000 Wohnungen.13 Denen steht allerdings eine Zahl in Zukunft schwer vermietbarer Ein-Raum-Wohnungen gegenüber, die eventuell mit anderen Wohnungen zusammengelegt werden könnten. Außerdem ist eine gewisse Leerraumreserve vorhanden, deren Nutzungsmöglichkeit jedoch fragwürdig ist.

Auf der anderen Seite ist auf einen Bestand an Zweitwohnungen hinzuweisen, der beträchtlich sein dürfte. Nach der offiziellen Statistik gab es zum Jahresende 1981 lediglich 17 500 Zweitwohnungen, davon 8900 Ein-Raum-Wohnungen. DDRExperten meinen aber, daß die wirkliche Zahl weitaus höher liegt, aus zwei Gründen: Einerseits war es für unverheiratete Paare unmöglich, in Überwindung der Hürde der staatlichen Wohnraumlenkung zu einer größeren gemeinsamen Wohnung zu kommen; jeder der Partner behielt deshalb seine bisherige Wohnung bei, was bei den niedrigen Mieten keine große Belastung der Einkommen darstellte. Andererseits gibt es schon jetzt eine ganze Reihe von Pendlern, die bei einem für längere Zeit vom Wohnort getrennten Arbeitsplatz eine zweite Wohnung beanspruchen. Insgesamt könnte sich die Zahl der Zweitwohnungen auf ca. 300 000 belaufen.

Im Zuge der Umstrukturierungsprozesse der DDR-Wirtschaft wird es mehrschichtige Veränderungen geben: Arbeitssuchende werden zunehmend vom Wohnort getrennte Beschäftigungen annehmen müssen und damit neue Zweitwohnsitze begründen. Andere werden zum Wohnort zurückkehren, z.B. um ein eigenes Gewerbe aufzubauen. In touristisch attraktiven Gebieten dürfte ebenfalls die Anmietung oder der Kauf von Ferienwohnungen (auch durch Westdeutsche) Bedeutung gewinnen. Schließlich wird ein Teil der eheähnlichen Gemeinschaften

13

B. Hunger u.a.: Städtebauprognose- ..., a.a.O., S. 22. 29

verstärkt größere Wohnungen suchen und bisherige Kleinwohnungen aufgeben oder in einer vorhandenen Wohnung zusammenziehen.

1.2.2 Bisherige Schätzung des Ersatzbedarfs in der DDR Die bedeutendste Aufgabe des Wohnungsbaus liegt sicherlich im Ersatz und der "Rekonstruktion11 von Altbauten. Angesichts der erheblichen Baumängel; geht es gegenwärtig vor allem darum, mit entsprechenden Programmen den Verfall der Bausubstanz - teilweise sogar ganzer Stadtkerne - aufzuhalten. Ernstzunehmende Schätzungen gehen dabei soweit, 20 vH des Gebäudebestandes als "unrettbar" einzustufen. Eine vor der Wende in der DDR durchgeführte Planungsrechnung bezifferte den Ersatzbedarf an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern für den Zeitraum 1991 bis 2000 auf mindestens 470 000; da jedoch eine systematische Verringerung des Durchschnittsalters gewünscht war, sogar auf 740 000 Wohnungen. 14 Im Endergebnis, bei dem auch umfassende regionale Zustandserhebungen berücksichtigt worden sind, gelangte man zu der Einschätzung, daß für die neunziger Jahre ein Abgang von 680 000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und von weiteren 130 000 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern unvermeidlich sei. 15

Bei der jetzigen Umkehr der Wohnungsbaupolitik, die eine verstärkte Sanierung bei tendenziell weniger Neubau zum Ziel hat, wird man allerdings hoffen können, daß der Abriß geringer ausfällt. Es bleibt jedoch zu berücksichtigen, daß die

14

Vgl. Peter Doehler: Zu den Erfordernissen der intensiv erweiterten Reproduktion der Wohnungen des Mehrfamilienhausbestandes in den Städten der DDR im Zeitraum der 80er Jahre. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Hochschule für Architektur und Bauwesen, Weimar 1989, Heft 3/4, S. 117 und 119. 15

30

Vgl. H.J. Krehl u.a.: TÖK, a.a.O., S. 40.

Kosten der Rekonstruktion verfallener Wohnungen meist an die Neubaukosten herankommen und sie in einer Reihe von Fällen sogar noch übersteigen werden.

13.

Regionale Daten zur Wohnungsversorgung

13.1 Regionale Bestandsdaten

Die regionale Verteilung des Wohnungsbestandes zeigt folgendes Bild: Auf die beiden bevölkerungsstärksten Länder - Sachsen und Sachsen-Anhalt - entfallen knapp die Hälfte des Gesamtbestandes (3,44 Mill. Wohnungen). Es folgen Brandenburg und Thüringen mit 30 vH (2,12 Mill. Wohnungen). MecklenburgVorpommern umfaßt 12 vH und Berlin (Ost) 9 vH aller Wohnungen.

Tabelle 11 1

Mohnunsen in Ein- und Zwei fami 11*nhkue«rn in der DDR IMS

Länder/Bezirke

DDR Mecklenburg-Vorpommern Rostock Schwerin Neubrandenburg

Wohnungsbestand i n E i n - und Zweifami 1ienhäusern i n 1000

A n t e i l der E i n und Z w e i f a m i l i e n hauswohnungen am Qesamtbestand der j e w e i l i g e n Region i n vH

A n t e i l der E i n und Zweifami 1 l e n hauewohnungen am gesamten E i n - und Zwei fami, t i enhauswohnungsbestand i n vH

2278 .0

33 .0

100.0

281 .5 ,

35 .4

12.4

28,.8 40,.5 40,.0

4.3 4.0 4.1

97,.9 91 .6 , 92,. 1

Brandenburg

466,.2

43.3

20.4

Potsdam Frankfurt Cottbus

208..2 116.,5 141 , 4

46.,6 41 .5 . 40..6

9.2 5.1 6.1

490. 5

39., 1

21 .5

205. ,5 285. 1

39. 9 38. 5

9.0 12.5

421 . 5

42. 1

18.6

Erfurt Gera Suhl

206. 7 101 . 6 113. 2

42. 7 33. 5 52.8

9.1 4.5 5.0

Sachsen

567. 8

25. 9

24.9

215. 6 150. 3 201 . 9

28. 5 25. 2 24. 1

9.5 6.6 8.8

50. 4

8. 6

2.2

Sachsen-Anhalt Magdeburg Hai l e Thüringen

Dresden Leipzi g Chemnitz Beri i n

Q u e l l e : Angaben der Bauakademie der DDR, sowie Berechnungen des DIW.

31

Betrachtet man die regionale Struktur der Wohnungen nach Gebäudearten, so zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern und Bezirken der DDR. Der Anteil der Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern ist mit über der Hälfte am größten im Bezirk Suhl, aber auch in Potsdam und Erfurt entfallen weit über 40 vH auf kleine Gebäude. Hingegen ist deren Anteil vergleichsweise gering in Berlin (Ost) und in Ballungsregionen wie Chemnitz, Leipzig und Dresden, aber selbst in Rostock liegt er unter dem Durchschnitt (vgl. Tabelle 11).

Bei den Mehrfamilienhäusern sind beträchtliche Unterschiede des Durchschnittsalters der Gebäude in den Bezirken festzustellen (vgl. Tabelle 12) : Bei den Gebäuden in traditioneller Bauweise streut das Baualter zwischen 62 Jahren (Cottbus) und 82 Jahren (Chemnitz und Schwerin). Da die Mittelstädte und die Kleinstädte (z.T. auch einige weniger kriegszerstörte Großstädte) über sehr alte Gebäude aus den Epochen vor 1870 bzw. aus der Baujahresgruppe 1871 bis 1918 verfügen, weisen Bezirke mit einer derartigen Siedlungsstruktur ohne Ballungen zumeist ein hohes Durchschnittsalter der Bestände auf, z.B 30

Außenwände

15

> 30

Fugendichtungen

15

> 30

Heizungen

15

> 30

20

> 30

30

> 45

Sanitärinstallationen, Warmwasserleitungen Elektroinstallationen (einschl. Leitungsmaterial)

Die Wetterschutzschicht der Fertigteile ist in der Betonqualität mangelhaft. Bei weiter zunehmendem Verschleiß werden Bauaufwendungen in Milliardenhöhe erwartet. 64 Deshalb kann auch beim Neubau ein Teil (10 bis 12 vH) auf Dauer nicht erhalten werden. Für Alt- und Neubauten zusammen ist somit bis zum Jahre 2000 mit einem Ersatzbedarf von etwa einer Million Wohnungen zu rechnen; das entspricht einem Siebtel des derzeitigen Bestandes.

2.4

Größenordnung des Wohnungsbauvolumens in den neuen Bundesländern

Das Wohnungsbauvolumen belief sich 1989 in der DDR auf 18,3 Mrd. Mark. Etwas mehr als die Hälfte (knapp 10 Mrd. Mark) entfiel auf den Neubau von 80 000 Wohnungen. Für Baureparaturen wurden ein Drittel, für Modernisierungen ein Zehntel aufgewendet.

Detaillierte Ergebnisse über Entwicklung und Struktur der gesamten Bautätigkeit und des Wohnungsbaus vor der Wende, im Jahr 1989, sind im Wochenbericht des

64

82

Vgl. Technisch-ökonomische Konzeption, a.a.O., S. 18.

DIW "Bauwirtschaft und Wohnungswirtschaft in der DDR - Lage und Perspektiven" dargestellt worden, 65 dem die nachstehende Tabelle 27 entnommen ist.

Zur Darstellung der baulichen Probleme wurden in diesem Bericht Expertenschätzungen aus der DDR selbst herangezogen, in denen der künftige Baubedarf allerdings unter dem Blickwinkel der in der DDR stets knappen Ressourcen beziffert wird: für das Wohnungsbauvolumen wurde eine Zielgröße von durchschnittlich 26 Mrd. Mark bis zum Jahr 2000 veranschlagt, für die städtische Infrastruktur wurden 19 Mrd. Mark pro Jahr für erforderich angesehen, insgesamt sollte das Bauvolumen eine Größe von 80 bis 90 Mrd. Mark erreichen, das bedeutet einen Anstieg um 60 bis 80 vH gegenüber dem Niveau von 1989. Aus heutiger Sicht muß man diese Einschätzung als noch zu niedrig bezeichnen; wahrscheinlich müßte die gesamte Bauproduktion mehr als verdoppelt werden. Auf den gewerblichen und öffentlichen Baubereich kann hier nicht näher eingegangen werden. Läßt man die noch bestehenden Unterschiede beim PreisLeistungsverhältnis auf der Angebotsseite des Bauwesens66 außer acht und unterstellt man, daß bald eine Angleichung erfolgt, so kann man das künftige bedarfsgerechte Wohnungsbauvolumen am besten aus einem Vergleich mit Relationen im Westen als Wertgröße beziffern.

65

Wochenbericht des DIW Nr. 28/ 1990. Bearbeiter: B. Bartholmai, M. Melzer.

66

Vgl. Wochenbericht 28/1990 des DIW, a.a.O., S. 382. 83

Tabelle 2

Bauvolumen der DDR nach Produktion·- und Verwendungabereichen 1989 Beiträge von ...

Bauproduktion insgesamt Mrd. M vH

davon: Baureparaturen1) Mrd. M vH

Neubau Mrd. M vH

Modernisierung2) Mrd. M vH

Bauvolumen insgesamt Bauwirtschaft3) davon: Bauindustrie Bauhandwerk Produktionsgenossenschaften des Handwerks private Handwerksbetriebe übrige Baubetriebe Sonstige Betriebe4)

38,0

74

9,9

55

24,9

89

3,2

57

29,3 5,9

57 11

4,3 4.6

24 26

22,3 1.3

80 5

2,7

48 0

3,1 2,8 2,8 13,4

6 5 6 26

2,3 2,3 1.0 8,1

13 13 6 45

0,8 0,5 1.4 2,9

3 2 5 10

zuzüglich Import Bauaufkommen insgesamt

0,1 51,5

0 100

0,0

0

18,0

100

0,1 27,9

36

1.9 26,0

abzüglich Export Bauleistung f.d. Volkswirtschaft

1,9 49,6

100

18,0



— —

0 0 9

0,5 2,4

43

100

5,6

100

52

5,6

11

0

Wohnungsbauvolumen 3

Bauwirtschaft ) davon: Bauindustrie Bauhandwerk Produktionsgenossenschaften des Handwerks private Handwerksbetriebe übrige Baubetriebe Sonstige Betriebe sowie Eigenleistung privater Haushalte Bauleistung f.d. Volkswirtschaft (Struktur in vH) 1

13,2

72

3,6

55

8,7

88

0,9

46

8,9 3,6

49 19

0,9 2,4

13 37

7,6 0,8

78 8

0,4 0.4

21 20

1,7 1,9 0,7 5,1 (3.1) 18,3

9 10 4 28

1.0 1.4 0,3 2,9 (1.4) 6,5

15 22 5 45

0,5 0,2 0,3

5 2 3 12

0,2 0,2 0,1

8 12 5 54

100 100

100 35

1.1 (0,9) 9,8

100 54

1,1 (0.8) 2,0

100 11

) Bauvolumen insgesamt einschließlich Modernisierungsleistung des Bauhandwerks; beim Wohnungsbauvolumen wurden die Leistungen getrennt. — Einschließlich Rekonstruktion. — 3) Betriebe, die dem Bauministerium unterstellt sind, sowie bestimmte landwirtschaftliche Baubetriebe (zwischengenossenschaftliche Bauorganisationen und Meliorationsbetriebe). — 4 ) Einschließlich der Eigenleistung privater Haushalte im Wohnungsbau. Quellen: Statistisches Jahrbuch der DDR 1989; Angaben des Ministeriums für Bauwesen und Wohnungswirtschaft und der Bauakademie der DDR; Berechnungen des DIW.

84

Das Neubauvolumen belief sich 1989 auf rund 68 Mrd. DM, bezogen auf ca. 250000 Wohnungen (Mittelwert aus Genehmigungen und Fertigstellungen) sind das rund 270 000 D M pro Wohnung; dabei gibt es allerdings einen erheblichen Abstand der Kosten bei Wohneinheiten in Eigenheimen (durchschnittlich 360 000 DM) und in Mehrfamilienhäusern (durchschnittlich 170 000 DM). Zu berücksichtigen ist, daß im Ostteil der Schwerpunkt beim Ersatzwohnungsbau für Mehrfamilienhäuser mit kleinerer Wohnungsgröße liegt. Geht man deshalb vom zuletzt genannten Durchschnittskostensatz aus, so würde ein künftiger Neubau von jährlich 100 000 bis 120 000 Wohnungen eine Bauleistung in der Größe von bis zu 20 Mrd. D M (zu heutigen Preisen) bedeuten.

Auch die Größenordnung der Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung des Wohnungsbestandes in den neuen Bundesländern läßt sich anhand der Bauvolumensrechnung verdeutlichen: Im Westen werden jährlich ebensoviel Bauleistungen für bestandbezogene Maßnahmen nachgefragt wie für den Neubau, zur Zeit 66 Mrd. DM, bezogen auf den Wohnungsbestand sind das rund 2500 D M je Wohnung. Überträgt man diese Relation auf die 7 Mill. Wohnungen in den neuen Bundesländern, so ergäbe das allein eine Bauleistung von 17,5 Mrd. DM. Der Aufwand je Wohnung müßte dort jedoch für einige Zeit sehr viel höher sein, wenn man den Nachholbedarf an Gebäudesanierung und bei der Wohnungsausstattung bedenkt.

Beide Beträge - künftiger Neubau und normale Bestandspflege - sind für sich genommen schon so hoch wie das gesamte DDR-Wohnungsbauvolumen der letzten Jahre (in Mark der DDR). Hinzu käme aber noch der Nachholbedarf. Westliche Erfahrungswerte zeigen, daß bei gründlichen Substanzverbesserungen ein durchschnittlicher Aufwand von 25 000 D M je Wohnung üblich ist. Aus der Wohnungsstichprobe von 1978 war ersichtlich, daß pro Jahr etwa ein Zehntel des Wohnungsbestandes bei größeren Maßnahmen einbezogen war. Nimmt man an, daß mehr als die Hälfte der 7 Millionen Wohnungen im Ostteil in ähnlicher Weise

85

bis zum Jahr 2000 verbessert werden müßte, so bedeutet dies eine Bauleistung von nochmals 10 Mrd. D M pro Jahr.

Das Wohnungsbauvolumen in den östlichen Bundesländern müßte also einen Wert zwischen 45 und 50 Mrd. D M (zu heutigen Preisen) erreichen, das ist 2,5 mal so viel wie bisher. Die bestandsbezogenen Maßnahmen werden dabei mit einem Anteil von zwei Dritteln im Vordergrund stehen. Im Westen tendiert das Wohnungsbauvolumen derzeit zu einer Größenordnung von 150 Mrd. DM. Auf die östlichen Bundesländer mit einem Fünftel der Bevölkerung würde somit ein Viertel der Wohnungsbauleistung entfallen, - auch diese Relation zeigt, daß die Schätzung nicht übertrieben ist.

86

3.

Änderung der Wohnungspolitik

3.1.

Mietenpolitik

3.1.1

Vorbemerkung

Die Mieten waren bisher ein wesentliches Element der Sozialpolitik in der DDR. So wie es bei der Wohnraumvergabe keine Privilegien und auch keine Benachteiligung nach sozialen Schichten geben sollte, wurde auch bei den Mieten nicht vom Prinzip der Leistungsfähigkeit oder Belastbarkeit ausgegangen.

Faktisch sollte jedem Haushalt die gleiche Wohnfläche pro Person zugebilligt werden. Für die Wohnraumvergabe, die über sogenannte Lenkungsausschüsse auf Ebene der Gemeinden erfolgte, gab es entsprechende Richtlinien. Auch die Mieten waren wenig differenziert; die Spanne lag zwischen 0,5 Mark und 1,2 Mark je m 2 Wohnfläche. Die Abstufung war am Qualitätsstandard - vor allem dem Baualter der Wohnungen und regional - entsprechend der Gemeindegröße differenziert.

Die Altbaumieten waren auf dem Stand von 1945 eingefroren und betrugen 0,8 bis 1 Mark in größeren Städten, in Dörfern und Kleinstädten oft nur 0,5 Mark oder sogar noch weniger.

Die Mieten für Neubauten waren nur wenig höher; der Preisabstand (ca. 20 vH) erschien den Mietern als gerechtfertigt, weil diese Wohnungen "Vollkomfort" boten.

Bei Wohnungen der Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften (AWG) waren die Mieten im Durchschnitt etwa 20 vH niedriger, dafür mußten die Betriebe bzw. deren Beschäftigte in der Regel Eigenleistungen beim Bau und der Instandhaltung erbringen.

87

Zu den Mieten kamen noch geringe Entgelte für Nebenleistungen (z.B. Warmwasser) hinzu. Die Kosten für Zentralheizung wurden mit ca. 0,5 Mark je m 2 Wohnfläche umgelegt.

Obwohl die Mieten, einschließlich Nebenkosten im Durchschnitt nur 3 bis 4 vH des Haushaltseinkommens ausmachten, gab es noch die Möglichkeit, Mietzuschüsse zu beantragen: Kinderreiche Familien und Alleinstehende mit drei und mehr Kindern konnten einen Ausgleich für den Teil der Bruttomiete erlangen, der 3% des Bruttoeinkommens übersteigt; dies galt auch für Schwerbeschädigte und Ehefrauen von Wehrpflichtigen.

Das Mietrecht verpflichtete den Vermieter, alle Kosten für Baumaßnahmen zu tragen. Dies gilt auch in der Hinsicht, daß Mieter einen Erstattungsanspruch für die Kosten baulicher Veränderungen (in der Wohnung) hatten, die sie selbst auch ohne Zustimmung des Eigentümers - vornahmen, sofern dies zu einer Verbesserung führte.

3.1.2

Mieten, Kosten, Finanzierung

Aus der Sicht der Vermieter waren die Mieterträge völlig unzulänglich. Die Jahresmieteinnahme pro Wohnung belief sich im Durchschnitt auf ca. 750 Mark. Das dürfte gerade ausgereicht haben, um die laufenden Betriebsausgaben (Kosten für Wasser und Abwasser, Heizung, Müllabfuhr, Schornsteinfeger etc.) und allenfalls einen Teil der Verwaltungskosten zu decken; für bauliche Instandsetzungen, geschweige denn für eine Kapitalverzinsung waren keine Mittel übrig.

Der Anteil der privaten Eigentümer von Altbau-Mehrfamilienhäusern

ging deshalb

ständig zurück. Häufig standen entweder die Eigentümer vor der Alternative, für

88

größere Reparaturen Hypotheken aufnehmen zu müssen,67 deren Finanzierung aber nicht aus den Mieten gesichert war, oder sich der Verpflichtung zur Instandsetzung dadurch zu entledigen, daß sie die Eigentumsrechte aufgaben. So mehrte sich das Volkseigentum an Wohngebäuden; die Kommunalen Wohnungsverwaltungen, die in der Regel als Rechtsträger eingesetzt wurden, gerieten tiefer ins Obligo bei der Gebäudeerhaltung, der auch sie nicht nachkommen konnten.

Im Wohnungsneubau reichten die Mieten erst recht nicht an eine Kostendeckung heran. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Kapitalkosten. Zwar wurde der Wohnungsbau in der DDR nicht wie bei uns "gefördert 11, sondern vollständig vom Staat finanziert. Dabei sind die Gelder jedoch nur zu einem geringen Teil unmittelbar aus dem Staatshaushalt aufgebracht worden; der größere Teil (70 bis 80 vH) wurde über die Staatsbank als Kredite zur Verfügung gestellt. Die Wohnungsbaukredite waren zwar in der DDR ohnehin relativ niedrig verzinslich (in der Regel war der Zins für diesen Bereich mit 4 vH festgelegt), indes mußten - im Hinblick auf die Mieten - Zinsen und Tilgungen entweder für längere Zeit ausgesetzt oder durch laufende staatliche Zuschüsse bedient werden.

Wenn der Wohnungsneubau im Durchschnitt der letzten Jahre mit 9 bis 10 Mrd. Mark Bauleistungen zu beziffern ist, so waren es jährlich etwa 7 Mrd. Mark Kredite zur Finanzierung, die neu hinzukamen. Die Summe aller Kredite, die für den Wohnungsneubau von 1970 bis 1989 neu vergeben worden sind, dürfte sich

67

Führte der Eigentümer Baumaßnahmen nicht aus, die die örtliche Gebäudeaufsicht als erforderlich festgelegt hatte, so konnten diese auf Kosten des Eigentümers durch den Rat der Gemeinde veranlaßt werden. In vielen Fällen hatte das zur Folge, daß ohne Mitwirkung des Eigentümers eine Aufbauhypothek ins Grundbuch eingetragen wurde. Darlehensgeber waren zumeist die örtlichen Sparkassen. Vgl. "Not trotz statistischen Ausgleichs" in: Bundesbaublatt, Heft 4/1990, S. 176. Ferner: K. Pleyer und M. Schulz-Offermanns: Grundstücke als Kreditsicherheit in der DDR. In: Der langfristige Kredit, Heft 3/1990, S. 74. 89

auf knapp 100 Mrd. Mark belaufen. 68 Da die Baukosten stiegen, das Mietenniveau aber konstant gehalten wurde, ergab es sich zwangsläufig, daß der Deckungsgrad für die erforderlichen Kosten von Jahr zu Jahr geringer wurde. Die aus dem Staatshaushalt geleisteten Zuschüsse für Zinsen und Tilgung von Investitionskrediten beliefen sich zu Beginn der 80er Jahre noch auf 2 Mrd. Mark, 1985 waren es gut 3 Mrd. Mark 6 9 , bis 1989 stieg der Betrag auf 4,5 Mrd. Mark an.

Aus diesen Zahlen wird deutlich, daß die Kapitalkosten aus den Mieten nicht bedient werden konnten, sondern fast in voller Höhe als Subvention zugeschossen worden sind. Man fragt sich dann, warum der Wohnungsbau nicht von vornherein aus dem Staatshaushalt finanziert worden ist. Als Erklärung bleibt, daß die Staatseinnahmen dies nicht hergaben - an Steuererhöhungen wollte man wohl nicht herangehen. Anders als bei unserem System der Wohnungsbauförderung, bei dem die Vergabe von verbilligten öffentlichen Darlehen (oder die Verbilligung von Kapitalmarktkrediten durch öffentliche Beihilfen) stets die Option birgt, daß die Zinsen zu einem späteren Zeitpunkt angehoben und den Mieten angelastet werden, hat man in der DDR diese Möglichkeit wohl nie ernsthaft ins Auge gefaßt. Indes wäre dies der Weg gewesen, um das Problem zu lösen oder wenigstens der weiteren Zuspitzung entgegenzuwirken: Bei einer moderaten Anhebung der Mieten von Jahr zu Jahr hätte man die Altkredite zurückführen und allmählich deren Tilgung erreichen können. 68

Im Zeitraum 1971 bis 1985 sind Neubaukredite in Höhe von 71 Mrd. Mark vergeben worden. Vgl. B. Bartholmai, M. Melzer: Wohnungsbau in beiden deutschen Staaten. In: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung des DIW, Heft 4/1986, S. 309. Der Gesamtbestand an Wohnungsbaukrediten am Jahresende 1989 belief sich auf 108 Mrd. Mark; diese Angabe findet sich in der vor kurzem erstmals veröffentlichten "konsolidierten Bilanz des Kreditsystems der DDR M (erstellt von der Staatsbank). Ein Vergleich dieser Daten: Neuauszahlungen, Kreditbestand läßt den Schluß zu, daß doch in beträchtlichem Umfang Tilgungen erfolgt sind. Nicht ganz klar ist, ob der genannte Kreditbestand nur die (staatlich verbürgten) Neubaukredite umfaßt, oder ob er auch alle Kredite für Baureparaturen (vorwiegend von privaten Eigentümern) einschließt. 69

90

Vgl. B. Bartholmai, M. Melzer, a.a.O., S. 307.

Tabelle 28 Finanzierung der Gesamtaufwendungen des Wohnungsbauprogramms - Angaben zum Staatshaushalt der DDR 1980

1985

1988

- Mrd. Mark Umfang des Wohnungsbauprogramms

17,39

27,13

30,16

dem Staatshaushalt

7,05

12,80

16,03

Krediten

5,03

8,22

7,49

Mitteln der Kombinate und Betriebe, insbesondere für Werkswohnungen

0,57

0,58

0,71

4,74

5,53

5,94

1,14

1,60

1,89

- Mieteinnahmen der sozialistischen Wohnungsbaugenossenschaften

0,49

0,71

0,78

- Mittel der privaten Hausbesitzer, einschließlich der Mieteinnahmen

2,19

2,09

2,15

- Mittel der sozialistischen Wohnungsbaugenossenschaften

0,82

0,76

0,87

- Eigenmittel der Eigenheimbauer

0,10

0,37

0,25

17,39

27,13

30,16

den Wohnungsneubau, einschl. Neubau von Bildungs-,Versorgungs,-Betreuungseinrichtungen darunter aus dem Staatshaushalt

5,57 2,07

9,35 2,81

9,61 3,90

den Neubau von Eigenheimen

1,08

1,34

1,18

die Modernisierung von Wohnungen sowie Baureparaturen am Wohnungsbestand darunter aus dem Staatshaushalt

4,11 1,40

7,13 3,33

8,33 4,05

Aufwendungen für Wärme· und Energieversorgung, Müllabfuhr, Begrünung u.a. darunter aus dem Staatshaushalt

4,65 1,60

6,20 3,54

7,21 4,25

Zinsen und Tilgung von Investitionskrediten für den Wohnungsneubau (Staatshaushalt)

1,98

3,12

3,84

Die Finanzierung erfolgte aus:

Eigenmitteln davon: - Mieteinnahmen der VEB der Wohnungswirtschaft

K

Der Einsatz der Mittel betrug und erfolgte für:

Es sind indes nicht nur die Kapitalkosten, für die das Mietenaufkommen nicht ausreicht. Auch die Ausgaben für Baureparaturen und Modernisierung stammten zum weitaus überwiegenden Teil aus jährlichen staatlichen Zuschüssen (vorwiegend an die volkseigenen Betriebe der Gebäudewirtschaft und die Wohnungsverwaltungen) oder aus zusätzlichen Krediten, die die Gebäudeeigentümer (vorwiegend private und Genossenschaften) dafür aufnehmen mußten.

Die Maßnahmen für die Erhaltung der Bausubstanz waren völlig unzureichend. Dies lag zwar nicht allein an den Mieten, sondern auch an fehlenden Kapazitäten des Baugewerbes für diesen Bereich. Dennoch läßt sich mit Zahlen klar belegen, daß der nicht durch Mieten gedeckte Aufwand für die Erhaltung und Bewirtschaftung des Wohnungsbestandes im letzten Jahrzehnt rapide angestiegen ist:

Die Zuschüsse aus dem Staatshaushalt beliefen sich im Jahre 1981 auf 6 Mrd. Mark, 1985 auf 10 Mrd. Mark, 1989 waren es bereits 13 Mrd Mark;

rechnet man Kredite für und Eigenleistungen bei Reparaturen hinzu, so sind die Fehlbeträge an Mieten gegenüber dem gesamten jährlichen Aufwand sogar noch höher zu veranschlagen (12,5 Mrd. Mark im Jahre 1985 und 16 Mrd. Mark im Jahre 1989).

Weil die Abgrenzung der im Staatshaushalt ausgewiesenen Subventionstitel nicht ganz eindeutig ist, 70 fällt es dennoch schwer, die Mietensubvention bzw. den Kostendeckungsgrad der Mieten genau zu beziffern. Vom Finanzministerium der DDR wurde eine Kostendeckung von 27 vH angegeben,71 tatsächlich dürfte sie

70

Zu beachten ist, daß sich die Leistungen für das Wohnungswesen nicht allein auf Mietwohnungen, sondern auch auf Eigentümerwohnungen beziehen; außerdem schließen sie zum Teil Aufwand für gesellschaftliche Einrichtungen ein (sogenannter "komplexer Wohnungsbau"). 71

Vgl. Eekhoff: Wohnungsmärkte und Städtebau in der DDR: Ausgangslage Probleme - Konzepte: In: Ifo-Schnelldienst Heft 15/1990, S. 24.

92

jedoch geringer sein. In der folgenden Tabelle 29 sind Erträge und Aufwendungen für den Mietwohnbereich gegenübergestellt worden. Daraus kann auf eine durchschnittliche Kostendeckung - Alt- und Neubauwohnungen zusammengenommen - von ca. 20 vH geschlossen werden: 72

Von den insgesamt 7 Mill. Wohnungen sind rund 5 Mill. Mietwohnungen (genaugenommen ist deren Zahl sogar etwas niedriger, wenn man die Eigentümerwohnungen in Altbau-Mehrfamilienhäusern

abzieht). Der

durchschnittliche jährliche Rohertrag (Miete plus Umlagen für Nebenkosten) dürfte bei knapp 800 Mark je Wohnung liegen, im Altbau eher bei 600 Mark. Der durchschnittliche jährliche Aufwand kann jedoch mit knapp 4000 Mark eingegrenzt werden.

Das gesamte Jahresmietenaufkommen wäre mit 4 Mrd. Mark zu beziffern, wenn man davon absieht, daß ein beträchtlicher Teil der Wohnungen (ca. 10 vH) leersteht; tatsächlich waren es zuletzt allenfalls 3,5 Mrd. Mark, die den Vermietern als Einnahmen zuflössen.

Hingegen kann der jährliche Aufwand für den Mietwohnungsbereich aktuell mit rund 20 Mrd. Mark beziffert werden. Davon entfallen rund 4,5 Mrd. Mark auf den Kapitaldienst und etwa 6,5 Mrd. Mark auf Leistungen für Baureparaturen und Modernisierung: Hinzu kommen 8,5 Mrd. Mark für sonstige Bewirtschaftungskosten und die Verwaltung.

Betriebswirtschaftliche Daten für den Aufwand je Wohnung sind nicht verfügbar. Deshalb ist hier von den jährlichen volkswirtschaftlichen Daten ausgegangen worden. Der Aufwand für Zinsen und Tilgung von Krediten ist insoweit belegt, als

72

Auch Eekhoff grenzt die monatliche Subvention je Mietwohnung mit ca. 250 Mark ein, was angesichts der Durchschnittsmiete von ca. 65 Mark einen Deckungsgrad von nur 20 vH bedeutet. Vgl.: Reform der Wohnungs- und Bauwirtschaft in der DDR, a.a.O. 93

Tabelle 29

Wohnungsbestand und Mietertrag im Jahr 1989 im Gebiet der ehemaligen DDR

Gebäudeart

Wohnungen insgesamt davon in: Mehrfamilienhäusern - errichtet vor 1945 - errichtet nach 1945 Ein- und Zweifamilienhäusern

Wohnfläche im Durchschnitt JahresmietenWohnun- Mietwohnungen 1) Insge- Mietwoh- je Mietwohnung gen aufkommen 3) samt nungen Fläche Miete 2) jeWohng. insges. - in Mill. - Mill, qm qm M mtl. M Mrd. M 7.00

5.09

453

315

62

66

790

4.00

4.71 2.00 2.71

4.71 2.00 2.71

285 128 157

285 128 157

61 64 58

63 54 71

760 650 850

3.60 1.30 2.30

2.29

0.38

168

30

79

88

1050

0.40

1) Einschließlich der vom Eigentümer selbst genutzten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern (insbesondere in Altbauten, ca 12 vH) und einschließlich leerstehender Wohnungen, jedoch ohne privat vermietete Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern. 2) Einschließlich der Umlagen für Nebenkosten. 3) Ohne Berücksichtigung der Ausfälle durch Leerstand.

Zum Vergleich: jährlicher Aufwand Aufwand für:

Insgesamt Mrd. M

Kapitaldienst 1) Reparaturen und Modernisierung 2) Sonst. Bewirtschaftung, Verwaltung

5.3

Insgesamt finanziert aus: Staatszuschüssen 3) - Kapitaldienst - Reparaturen, Mod. - Bewirtschaftung Eigenmitteln, Krediten

Weitere Aufschlüsselung:

Mietwoh- je Mietnungen wohnung Mrd. M M 4.8 6.5

1300

*

8.5

1700

*

19.8

3950

*

12.9 4.6 4.1 4.2 3.1

2580 920 820 840 620

* * *

1) Geschätzt: 5% Zins und Tilgung, bezogen auf einen Kreditbestand von rund 100 Mrd. Mark. 2) Bauproduktion einschl. Eigenleistung der privaten Haushalte und der Wohnungswirtschaft. 3) Bereinigt um anteilige Beträge, die sich auf öffentliche Einrichtungen beziehen.

94

private Vermieter

0.6

Genossenschaften

1.0

VEB und KWV

2.2

Insgesamt

3.8

950

8.5



a) Jahresmietenaufkommen Mrd. M

b) Eigenmittel, Kredite Mrd. M Kombinate, Betriebe f. Werkswohnungen

0.7

private Vermieter Genossenschaften

0.5 0.9

Übrige (VEB, KWV)

1.0

Insgesamt

3.1

für diesen Teil der Kosten unmittelbar Staatszuschüsse ausgewiesen werden (im Haushalt 1988 waren es 4,1 Mrd. Mark, für 1989 wird der Betrag mit 4,6 Mrd. angegeben). Bei den öffentlich verwalteten Wohnungen ist es üblich, daß die Zinsen voll, die Tilgung teilweise durch diese Zuschüsse gedeckt werden; den privaten Vermietern dürfte ein höherer Selbstbehalt abverlangt worden sein. Der Aufwand für Baureparaturen

und Modernisierung

kann aus der Bauproduktion

abgeleitet werden, indem die Leistungen für bzw. von Wohnungseigentümern abgezogen werden; 1989 wurden bestandsbezogene Baumaßnahmen in Höhe von 8,5 Mrd. Mark erbracht, davon ein Viertel durch Eigenleistung privater Haushalte, 7 3 die nur zum geringen Teil Mietwohngebäude betrafen. Am schwierigsten ist es, den Aufwand für die allgemeinen Bewirtschaftungs-

und Verwaltungskosten

beziffern. Im Staatshaushalt werden Zuwendungen für "Wärme- und Energieversorgung, Müllabfuhr, Begrünung und andere Wirtschaftsverwendungen" ausgewiesen (4,2 Mrd. Mark im Jahr 1988). Hinzu kommen jedoch noch eine Reihe anderer Zuschüsse, außerdem ist nicht klar, welcher Teil der Personalkosten letztlich aus öffentlichen Mitteln gedeckt wurde. Der Ansatz von 8,5 Mrd. Mark bzw. 1700 Mark pro Wohnung ist jedenfalls nicht zu hoch gegriffen. 74

Aus diesen Berechnungen und Schätzungen folgt, daß zur Deckung der bisherigen tatsächlichen Kosten ein durchschnittlicher Mietbetrag von monatlich ca. 330 Mark bzw. 5,30 Mark je m 2 Wohnfläche erforderlich gewesen wäre. Das ist das 5-fache der tatsächlich gezahlten Durchschnittsmiete (einschließlich Nebenkosten). Dieser Faktor kann indes nur als eine Orientierung dienen, wenn es um die politische

73

Vgl. hierzu: Bauwirtschaft und Wohnungswirtschaft in der DDR - Lage und Perspektiven: Bearb.: B. Bartholmai und M. Melzer. In: Wochenbericht des DIW, Nr. 28/1990. 74

Einem Hinweis im Bundesbaublatt zufolge wird von den fachlichen Stellen in der DDR sogar ein Betrag von 1800 DM als erforderlich angesehen. Vgl.: "Not trotz statistischen Ausgleichs", a.a.O. Die Differenz ist nicht groß; vermutlich ist bei dieser Angabe der Aufwand für Reparaturen eingeschlossen, die die Wohnungsverwaltungen selbst durchgeführt haben. 95

zu

Forderung geht, die Subventionen abzubauen bzw. die Rentabilität der Wohnungswirtschaft herzustellen.

Das Mietenniveau bildet sich unter Kosten- und Nachfrageaspekten. Gemessen an dem Durchschnittseinkommen und den niedrigen Renten wäre die 300-Mark-Miete im Gebiet der DDR heute noch nicht durchsetzbar. Auch was die Qualität des Angebots betrifft, wären Mieten um 5 D M je m 2 wohl zu hoch, wenn man zum Vergleich das Angebotsund Preisniveau in Westdeutschland heranzieht.

Auch im westlichen Bundesgebiet gilt, daß die erzielbaren Mieten häufig nicht die Kosten decken. Jedenfalls sind neuere Wohnungen in der Regel erst dadurch rentierlich, daß die Investoren auf direktem oder indirektem Wege vom Staat eine Entlastung erhalten. Dies gilt gleichermaßen bei Wohnungen, für die eine aufwendige Sanierung erforderlich ist.

Der Aufwand für Erhaltung und Verbesserung der Bausubstanz ist in der DDR weit hinter den Erfordernissen zurückgeblieben. Aus der Bauvolumensrechnung für die Bundesrepublik-West ergibt sich, daß zur Zeit jährlich rund 2500 D M je Wohnung in den Bestand investiert werden, obwohl die Bausubstanz im Allgemeinen recht gut ist. Wenn der Zustand der Gebäude in der DDR annähernd an eine Normalität herangeführt werden soll, muß erst einmal ein Vielfaches dieses Durchschnittswertes aufgebracht

werden. Dieser

Mietumlagen finanzierbar

Nachholbedarf

wird

sein, sondern erfordert

schwerlich

über

eine zusätzliche

staatliche Förderung. 75

75

Dies läßt sich leicht an einem Beispiel verdeutlichen: Bei einem Betrag von 40 000 D M je Wohnung ergäben sich bei heutigem Zins Kapitalkosten von 4000 D M pro Jahr, bzw. 330 D M pro Monat. Die Kostenmiete würde sich somit gegenüber dem bisherigen Durchschnittsbetrag verdoppeln. 96

Mit welchem Finanzrahmen diese Förderung auszustatten wäre, und wie sie hinsichtlich der Wirkung auf die Mieten und die Renditen für die Investoren ausgestaltet werden könnte, wäre erst noch durch Modellrechnungen einzugrenzen. Dabei ist zu beachten, daß bei unserem Instrumentenrahmen drei Komponenten zusammenwirken: 76 Das Mietrecht

sieht

eine Umlage der Kosten vor, insoweit, als "der Gebrauchswert verbessert wird" (Instandsetzungen begründen in der Regel keine Mieterhöhungen). Ein weit stärkerer Anreiz geht vom Steuerrecht aus, denn es erlaubt den Investoren dennoch, die gesamten Kosten vom jährlichen Ertrag sofort als Erhaltungsaufwand

abzuziehen

(nur

im

Ausnahmefall

muß

eine

längerfristige Abschreibung gewählt werden). Schließlich gab bzw. gibt es eine direkte

Förderung

77

wobei die Zuschüsse im Hinblick auf eine

Berücksichtigung bei Mieterhöhungen oder steuerlichen Absetzungen unterschiedlich behandelt werden. Wenn zur Lösung der Probleme im ehemaligen DDR-Gebiet zur Zeit die mietrechtliche Komponente in den Vordergrund gerückt wird, bleibt die Diskussion jedenfalls oberflächlich. Man müßte der Frage nachgehen, ob bzw. inwieweit die künftigen Investoren einer Steuerpflicht unterliegen werden, so daß auch die (wichtigeren) steuerlichen Anreize greifen werden.

76

Vgl. hierzu: B. Bartholmai, E. Casser, D. Vesper: Analyse der Rahmenbedingungen für energiesparende Investitionen im Mietwohnbereich. Beiträge zur Strukturforschung des DIW, Heft 90/1986. 77

Zu nennen sind: das ehemalige Bund-Länderprogramm zur Wohnungsmodernisierung und Heizenergieeinsparung und in der Folge konzipierte Landesprogramme zur Förderung von Instandsetzung und Modernisierung. 97

3.2

Zur künftigen Organisation der Wohnungswirtschaft

3.2.1

Wohnungspolitik und Staatsverträge

Die Themenkomplexe Mieten und Neuordnung der Wohnungswirtschaft waren seit der Wende in der politischen Diskussion umstritten. In den beiden Staatsverträgen sind die Ziele nur in sehr allgemeiner Form festgelegt worden; daher ist es noch ein weiter Weg, um zu konkreten Lösungen zu kommen.

Im Staatsvertrag zur Währungs,- Wirtschafts- und Sozialunion ist kein konkreter Vorschlag für eine Mietenreform aufgenommen worden. Dort findet sich nur die lapidare Aussage, daß für "Haushaltssubventionen in den Bereichen Verkehr, Energie und Wohnungswesen" ein schrittweiser Abbau" unter Berücksichtigung der allgemeinen Einkommensentwicklung" vorgesehen ist. 78 Die "Nicht-Beschlüsse der DDR-Regierung in Sachen Mietrecht" 79 stießen bei allen Sachverständigen umso mehr auf Unverständnis, als in den bilateralen Verhandlungen der Bauministerien beider Staaten zuvor immerhin wesentliche Eckpunkte für ein künftiges Konzept der Mietgestaltung

und für eine darauf basierende Reform der Wohnungswirt-

schaft erarbeitet worden sind. 80 Soweit dies für Nichtbeteiligte aus Artikeln und Randnotizen, die während der Verhandlungen veröffentlicht wurden, nachvollziehbar ist, war die Annäherung im Themenbereich Mieten sogar weiter fortgeschritten als beim Thema Wohnungswirtschaft und künftige Wohnungsbauförderung.

78

Vgl. Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, Artikel 26: Grundsätze für die Finanzpolitik in der DDR. Veröffentlicht in: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 63, vom 18.5.1990. 79

J. Eekhoff: Vorstellungen zur Wohnungsbaupolitik in der DDR. In: Der langfristige Kredit, Heft 16/17 1990, S. 512.

80

98

Ebenda, S. 516.

Insbesondere bei der Frage, wie rasch und in welchem Umfang eine Privatisierung des volkseigenen Wohnungsbestandes erfolgen solle, gingen die Vorstellungen wohl weit auseinander. In der DDR herrschten politische Kräfte vor, die von einem Verkauf, bei dem auch Unternehmen und private Investoren aus dem Westen zum Zuge kommen sollten, nichts wissen wollten. Schon was den Verkauf unbebauter Grundstücke anbetrifft, wollte man keinen offenen Immobilienmarkt. Mit der Grundstücksverkehrsverordnung der DDR, die in der Zeit der Übergangsregierung (unter Modrow) konzipiert worden war, sind eigentlich nur die Voraussetzungen für den Zugang von Unternehmen geregelt worden, die "Arbeitsplätze schaffen". Diese Verordnung gilt - auch nach dem Einigungsvertrag - weiterhin für volkseigenen Grund und Boden. Im Einigungsvertrag 81 sind dann doch die Vorstellungen des Bauministeriums über die künftige Mietengestaltung in allen wesentlichen Punkten verankert worden. Hingegen ist die Frage der Privatisierung in gewissem Sinne hinausgeschoben worden. Die Entscheidung liegt bei den Landes- und Kommunalpolitikern der neuen Bundesländer, sie wird jedoch nicht ohne Reibung an Eckwerten erfolgen können, die von der Finanzpolitik des Bundes gesetzt werden. Was den volkseigenen Wohnungsbestand anbetrifft, so bestätigt der Einigungsvertrag lediglich die schon zuvor in der DDR getroffene Entscheidung, daß die Gemeinden Eigentümer werden. In der Kommunalverfassung und im Treuhandgesetz war festgelegt worden, daß "das Vermögen" per Gesetz auf die Gemeinden übertragen werden soll. 82 Der Einigungsvertrag machte die Gemeinden zu 81

Vgl.: Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands Einigungsvertrag -, Artikel 22: Finanzvermögen, Abs. (1) und Abs. (4). Veröffentlicht in Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 104, vom 6. September 1990. 82

Im Treuhandgesetz ist festgelegt, daß volkseigenes Vermögen den Gemeinden als Eigentum übertragen werden kann oder sogar muß, wenn es kommunalen Aufgaben dient (§ 1, Abs. 1). In der Kommunalverfassung werden 99

Eigentümern und zwar "mit gleichzeitiger Übernahme der anteiligen Schulden" (vgl. Artikel 22, Abs. 4). Diese Kredite sind im Grunde Staatsschulden,

weil sie im Wege einer Finanzpolitik entstanden sind, die auf eine Verkürzung der Haushaltsaufwendungen zielte;

außerdem hatte der Staat eine vollständige Garantie für Zins und Tilgungen übernommen;

es trifft nicht einmal zu, daß die Kredite für bestimmte Objekte vergeben und so dinglich besichert worden seien, vielmehr wird diese Zuordnung erst nachträglich vorgenommen. 83

Dennoch werden sie auf diese Weise aus den Staatsschulden herausgelöst, die künftig als ein Sondervermögen des Bundes (Kreditabwicklungsfonds) weitergeführt werden, und für die der Finanzminister geradestehen muß (vgl. Artikel 23 des Einigungsvertrages).

Damit ist den Gemeinden nicht nur die ohnehin schon schwierige Aufgabe zugefallen, den volkseigenen Wohnungsbestand in eine funktionsfähige Wohnungswirtschaft zu überführen, sondern sie haften künftig auch noch für den Kapitaldienst der Altkredite gegenüber den neuen Gläubigern, das sind vor allem die

der soziale Wohnungsbau, die Förderung des privaten Wohnungsbaus sowie die Verteilung der Wohnungen als kommunale Aufgabe definiert (§ 1). Für die endgültige Übertragung der volkseigenen Wohnungen ist noch ein besonderes Gesetz erforderlich. Vgl.: Treuhandgesetz, veröffentlicht in Neues Deutschland vom 29.6.1990, S. 10; Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung). In: GBl. der DDR, Teil 1/1990, Nr. 28. 83

Vgl. hierzu auch den Staatsvertrag, a.a.O., Artikel 26, Abs. 1. Dort heißt es: "Die öffentlichen Wohnungsbaukredite werden substanzgerecht den Einzelobjekten zugeordnet". Diese Aufgabe fiel der Deutschen Kreditbank AG zu, die als Geschäftsbank die ehemaligen Staatsbankfilialen weiterführt. 100

Deutsche Kreditbank und die Sparkassen. Zwar sind die Altkredite beim Übergang zur Wirtschafts- und Währungsunion dem Betrag nach halbiert worden, dies führt jedoch keineswegs zu einer Kostensenkung, denn die Banken verlangen jetzt marktübliche Zinsen: Waren es zuvor 4% Zinsen und 1% Tilgung auf den Betrag X, so dürften es heute 9% Zinsen und 1% Tilgung sein, bezogen auf den Betrag

X/2. Angesichts der Tatsachen, daß

die Kostendeckung durch Mieterträge völlig unzulänglich und die Erwartung über eine künftige Fortzahlung bisheriger Staatszuschüsse absolut im Unsicheren bleibt,

der Bauzustand vielfach desolat, die Reparaturerfordernisse dementsprechend hoch sind,

ergibt sich für die Gemeinden der Zwang, größere Teile des Wohnungsbestands baldmöglichst zu veräußern. Dies scheint auch so gewollt. Im Einigungsvertrag (Artikel 23) heißt es weiter: ,f Die Kommunen überführen ihren Wohnungsbestand unter Berücksichtigung sozialer Belange schrittweise in eine marktwirtschaftliche Wohnungswirtschaft. Dabei soll die Privatisierung auch zur Förderung der Bildung individuellen Wohneigentums beschleunigt durchgeführt werden.1'

3.2.2

Regelungen zum Mietrecht und zur Wohnungsbauförderung in den neuen Bundesländern

Mit dem Einigungsvertrag sind mit Oktober dieses Jahres wichtige Vorschriften des Bundesrechts im Gebiet der DDR inkraft getreten, teilweise jedoch mit besonderen Übergangsregelungen. Im Hinblick auf den Wohnungsmarkt sind als besonders relevante Bereiche zu nennen: 101

Die im BGB zusammengefaßten Rahmenvorschriften des Mietrechts, mit Einschränkungen in einer Übergangszeit von zwei Jahren, das Mietpreisrecht (Miethöhe-Gesetz) mit wesentlichen Einschränkungen und Besonderheiten; das Wohngeldgesetz (mit Modifikationen); das Wohnungsbaugesetz (Förderung des Wohnungsbaus) mit den zugehörigen Nebengesetzen und Verordnungen (Wohnungsbindungsgesetz, II. Berechnungsverordnung, Neubaumietenverordnung); hinsichtlich der Einkommengrenzen ist eine Übergangsregelung vorgesehen.

Teilweise schon früher inkraft getreten sind: Das Baugesetzbuch mit den Regelungen zur Städtebauförderung; das Wohnungseigentumsgesetz; das Wohnungsbau-Prämiengesetz; das Steuerrecht, wobei in diesem Zusammenhang insbesondere die Regelungen über Gebäudeabschreibung für vermietete und eigengenutzte Wohnungen relevant sind.

Von grundsätzlicher Bedeutung sind darüber hinaus die Regelungen des BGB über das Sachenrecht und Grundpfandrechte, die mit wenigen Einschränkungen die bisherigen Regelungen über Eigentumsverhältnisse und Rechtsträgerschaften im Gebiet der ehemaligen DDR ersetzen (vgl. Artikel 233 des Vertrages).

Beim Mietrecht ist vorgesehen, daß alte Verträge in der Form gültig bleiben, wie sie geschlossen worden sind. Änderungen oder Ergänzungen, entsprechend dem BGB, sind ab 1991 möglich. Das Recht des Eigentümers auf Kündigung ist eingeschränkt:

Eigenbedarf wird erst ab 1993 als Grund anerkannnt;

102

auch wegen anderer "berechtigter Interessen" (z.B. Behinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung) kann bis dahin nicht gekündigt werden.

Bei Mietverträgen über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke kann der Mieter einer Kündigung widersprechen, wenn dadurch seine wirtschaftliche Existenz gefährdet wird. Diese Einschränkung gilt ebenfalls bis zum Jahr 1993.

Für die allgemeine Mietpreisgestaltung

gilt, daß die Preisbindung beibehalten wird.

Das heißt aber nicht, daß es bei den heutigen Preisen bleibt, sondern, daß ein schrittweiser Mietenanstieg gesetzlich verordnet wird. Den Beschlüssen der Bundesregierung muß auch der Bundesrat zustimmen. Ab 1993 kann die Bundesregierung auch Staffelmieten für Neuabschlüsse verbindlich vorschreiben. Ziel ist letztendlich die ortsübliche Miete, berechnet aus den Neuabschlüssen der letzten drei Jahre (§ 2 MHG).

Das Miethöhegesetz gilt ab sofort für neu gebaute freifinanzierte Wohnungen (auch bei Wiederherstellung von nicht mehr vermietbaren Wohnungen oder beim Um- und Ausbau von bisher nicht für Wohnzwecke genutzten Räumen);

hinsichtlich des Sondererhöhungsrechts bei Modernisierungsmaßnahmen (Umlage zu 11 vH auf die Jahresmiete, vgl. § 3 MHG).

Auch Aufwendungen für größere Instandsetzungen sollen "in bestimmtem Umfang", befristet bis 1996, auf die Miete umlegbar sein, den Umlagesatz kann die Bundesregierung festlegen.

103

Zum Ausgleich von sozialen Härten dient das Wohngeldgesetz. Die Höchstbeträge der als noch tragbar angesehenen Belastung und die Mietobergrenzen, von denen ab die Zuschüsse gekappt werden, sollen von der Bundesregierung (mit Zustimmung des Bundesrates) noch besonders geregelt werden.

Die soziale Bindung von Wohnungen wird in den neuen Bundesländern auf zweierlei Rechtsvorschriften basieren. Das bundesdeutsche Wohnungsbindungsgesetz ist im Ostteil erst für die künftig dort errichteten Sozialwohnungen (im Sinne des II.WoBauG) relevant. Für den dort vorhandenen Bestand an Wohnungen im Kommunaleigentum und Genossenschaftswohnungen, die mit staatlichen Mitteln belastet sind oder gefördert worden sind (auch für alle diese Wohnungen, die zur Zeit noch im Bau befindlich sind), gilt ein spezielles Gesetz über Belegungsrechte, 8 4 das im Sommer von der DDR-Volkskammer beschlossen worden ist; die Wohnraumlenkung ist hingegen mit Wirkung vom 1. September 1990 aufgehoben worden. Aufgrund dieses Gesetzes werden Wohnberechtigungsscheine vergeben, die jeder volljährige Bürger für sich und seine Familie beantragen kann. Berücksichtigt wird dabei

eine angemessene Wohnungsgröße (Höchstgrenzen, nach der Personenzahl des Haushalts),

die Dringlichkeit des Wohnungsbedarfs.

Die Vermieter (Gemeinde, kommunales Unternehmen, Genossenschaft) dürfen freiwerdende Wohnungen nur an Berechtigte vergeben, können aber den Mieter auswählen, bei Dringlichkeit müssen sie den Mieter akzeptieren. Für "Gebiete mit erhöhtem Wohnbedarf 1, die vom Land festgelegt werden, kann die Freiheit der Vermieter zum Vertragsabschluß eingeschränkt werden.

84

Gesetz über die Gewährleistung von Belegungsrechten im kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungswesen" vom 22. Juli 1990, GBl. der DDR Teil I, Nr. 49. 104

Für den Neubau, Ersatz oder Wiederaufbau sowie die Sanierung 85 von Wohnungen in den neuen Bundesländern wird vielfach eine öffentliche

Förderung

notwendig sein. Die Grundlage dafür bildet das II. Wohnungsbaugesetz. Für den neuen Geltungsbereich sollen die Einkommensgrenzen für den berechtigten Personenkreis (§25 des Gesetzes) niedriger gezogen werden. Zu beachten ist, daß diese Einkommensgrenzen gleichermaßen für wohnberechtigte Mieter wie für bauwillige Eigentümer gelten und deshalb auf mittlere Eikommenshöhen - "breite Schichten" - zugeschnitten sind.

Das Gesetz allein bringt für die neuen Bundesländer noch nicht viel, die Frage ist, mit welchem Finanzrahmen es ausgestattet wird; d.h. letztlich, in welchem Umfang sich der Bund an der Finanzierung beteiligt und welche Verzichte gegebenenfalls die westlichen Bundesländer hinzunehmen bereit sind. Darüber wird es noch erhebliches Tauziehen geben.

Außerdem sah der Bund seine Aufgabe in den letzten Jahren vor allem bei der Eigentumsförderung, aus der Förderung des Mietwohnungsbaus wollte er sich hingegen zurückziehen. Es bleibt abzuwarten, ob hier ein Umdenken stattfinden wird. 86

Im bisherigen Bundesgebiet ist die öffentliche Förderung des Mietwohnungsbaus mehr und mehr verkürzt worden, die steuerlichen Hilfen sind hingegen verstärkt

85

Häufig wird übersehen, daß die Städtebauförderungsmittel des Bundes und der Länder im wesentlichen nur für die Kosten der Rahmenmaßnahmen (Planung und Durchführung, evtl. Grundstücksbeschaffung) dienen. Die Investitionen selbst müssen anderweitig finanziert werden. In diesem Zusammenhang ist das Wohnungsbaugesetz relevant (vgl. §16 und §17 sowie §29 des II.WobauG).

86

Im wohnungspolitischen Konzept des Bauministeriums, wie es von J. Eekhoff umrissen wird, soll die "Direktförderung im Kern auf Eigentumsmaßnahmen begrenzt sein." Vgl.: Derselbe, "Vorstellungen zur Wohnungsbaupolitik in der DDR, a.a.O., S. 516. 105

worden. Die degressive Gebäudeabschreibung §7 (5) ESTG ist im neuen Geltungsbereich" auf Gebäude anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1990 angeschafft oder hergestellt worden sind". Die steuerliche Eigentümer-Förderung gemäß §10e und Vorschriften über besondere Absetzungen für nachträgliche Baumaßnahmen, z.B. §7c (Schaffung neuer Mietwohnungen durch Um- und Ausbau) sind ebenfalls "auf Tatbestände anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1990 verwirklicht worden sind".

Wenn man bei der direkten Förderung nach der Finanzausstattung fragen muß, hängt die Inanspruchnahme der steuerlichen Förderung davon ab, ob es genügend Investoren gibt, die steuerpflichtig und darüber hinaus finanzkräftig sind. Der freifinanzierte Wohnungsbau wird überwiegend von privaten Kapitalanlegern finanziert, für die der Anreiz besteht, durch diese Investitionen hohen Steuerbelastungen auszuweichen. Da der Kreis der Steuerpflichtigen mit hohen Belastungen in den neuen Bundesländern vorläufig noch gering ist, wird man für diese Schiene des Mietwohnungsbaus vor allem auf westliche Kapitalanleger setzen müssen.

3.23

Perspektiven für die Wohnungsbestände nach Eigentümergruppen

3.23.1 Kommunaler Wohnungsbestand

Der volkseigene Wohnungsbestand wurde bisher überwiegend durch die Gemeinden oder die Bezirke verwaltet. Dementsprechend gab es zwei Organisationsformen: Die kommunalen Wohnungsverwaltungen und die VEB der Gebäudewirtschaft. Bei den VEB gab es zwei Stufen, die Bezirksebene und die kommunale Ebene, wobei die oberen Betriebe praktisch Leitungs- und Koordinationsaufgaben gegenüber den örtlichen Betrieben ausübten. Im Hinblick auf den Wohnungsneubau fungierten die VEB gewissermaßen als staatliche Bauträger. Die KWV waren hingegen vorwiegend Verwalter von vorhandenen Wohnungsbeständen.

106

In den größeren Städten waren die KWV nicht selten für Wohnungsbestände von mehr als 20 000 Einheiten zuständig. Erst recht können viele der Gebäudewirtschafts-Betriebe als Großunternehmen bezeichnet werden; manche verfügten über Wohnungsbestände in der Größenordnung um 50 000 Einheiten 87 und waren daneben zumeist noch Verwalter von Teilen des Gebäudebestands für öffentliche und kulturelle Zwecke oder auch von Betriebsgebäuden.

Die verwaltenden Organisationen waren nicht Eigentümer der Gebäude, sondern "Rechtsträger". Diese Stellung gab ihnen zwar praktisch eine nahezu vollständige wirtschaftliche Verfügungsgewalt

im Hinblick auf die Bewirtschaftung und

Bestandspflege sowie den Abschluß von Nutzungsverträgen, jedoch gehörten die Grundstücke und die Gebäude nicht zu ihrem Finanzvermögen. Bei zentralstaatlichen Einrichtungen oder Organisationen wird dies anders gesehen; hier kann davon ausgegangen werden, daß das Vermögen bestimmten Verwaltungsaufgaben dient. Darunter können auch Wohngebäude fallen (Gebäude, die für diplomatisches Personal und Militär zur Verfügung stehen, Dienstwohnungen für höhere Staatsbeamte, Gästehäuser u.ä.).

Die

Kommunalverfassung

volkseigene

und der Einigungsvertrag

Wohnungsvermögen

- mit

Ausnahme

bestimmen, daß das des Wohnungsbestands

staatlicher Einrichtungen - in das Eigentum der Gemeinden, Städte oder Landkreise übertragen wird. 88

Laut Statistik umfaßt der volkseigene Bestand 2,9 Mill. Wohnungen, das sind 57% des Gesamtbestandes. Vorwiegend handelt es sich um Mehrfamilienhäuser (2,6 Mill. Wohnungen) wobei der Anteil der Neubauten (nach 1945 errichtete

87

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß in der DDR vielfach riesige Neubaukomplexe in Form von Trabantenstädten errichtet worden sind;

88

Vgl. Einigungsvertrag, a.a.O. Art. 22„ Absatz 4, letzter Satz. Der Wohnungsbestand staatlicher Einrichtungen geht in das Bundesvermögen über und soll vorwiegend für die Wohnungsversorgung von Bundesbediensteten dienen. 107

Gebäude) überwiegt. Aus der Statistik sind dazu keine unmittelbaren Angaben verfügbar, bei einer Schätzung stößt man auf etwas widersprüchliche Angaben zur Neubautätigkeit insgesamt.89 Seit 1945 dürften in neuerrichteten Mietwohngebäuden etwa 2,5 Mill. Wohnungen entstanden sein. Zieht man die Bautätigkeit der Genossenschaften ab (privaten Mietwohnungsbau gab es nicht), so läßt sich eingrenzen, daß der volkseigene Wohnungsbestand etwa 1,8 Mill. NeubauMietwohnungen umfaßt; 0,8 Mill, sind also Wohnungen in Altbau-Mehrfamilienhäusern. Von diesen mag ein Teil nachträglich verbessert worden sein, jedoch gingen die Maßnahmen wohl selten so weit, daß man sie - vergleichbar mit dem Wiederaufbau in unserer früheren Baustatistik - dem Neubau zurechnen sollte.

Ein Teil der als volkseigen geführten Altbauten, dies gilt auch für die ca. 200 000 Ein- und Zweifamilienhäuser, wird den Gemeinden nicht als Eigentum verbleiben, sondern an frühere Eigentümer zurückgegeben werden müssen. Die Quote ist schwer einzugrenzen, jedoch wird von bis zu 500 000 Fällen gesprochen, in denen frühere Eigentümer Ansprüche geltend machen könnten. Zunächst geht es darum, die Grundbucheintragungen zu klären. Es wird jedoch auch Fälle geben, in denen die früheren Eigentümer die Aufgabe von Rechten infrage stellen, weil sie durch wirtschaftliche Pressionen zustandegekommen sind. Wegen dieser Streitfälle wird es keine leichte Aufgabe für die Gemeinden sein, den Teil der Gebäude abzugrenzen, den sie ohne Bedenken für eine künftige Privatisierung ins Auge fassen können.

Für die künftige Organisation der Wohnungswirtschaft sieht die Kommunalverfassung zwei mögliche Wege vor:

89

Die Zahl der seit 1945 insgesamt neu gebauten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern wurde bisher mit 2,7 Mill, beziffert. Offenbar sind bei dieser Zahl jedoch Um- und Ausbau sowie Rekonstruktionsmaßnahmen als Neubau von Wohnungen gezählt worden. Vgl. hierzu auch das Statistische Jahrbuch der DDR 1990, S. 190. Dort wird ab 1960 eine Zeitreihe ausgewiesen, die von den bisher veröffentlichten Daten abweicht. 108

die Gemeinden können den Wohnungsbestand in Form eines rechtlich unselbständigen Sondervermögens oder Eigenbetriebs in eigener Regie verwalten und bewirtschaften; allerdings heißt es:

"Unternehmen der Gebäude- und Wohnungswirtschaft sollen in gemeinnützige Wohnungsgesellschaften umgewandelt werden, an denen sich die Bürger durch Begründung von Wohnungseigentum im Rahmen zu erfassender Rechtsvorschriften beteiligen können." Die Soll-Vorschrift zeigt, daß die "Gemeinnützige90 Gesellschaft" als Regelfall gedacht war. 91 Die alten Unternehmen waren nicht ohne Einfluß, die Kommunalverwaltungen standen vor vielen neuen Problemen. So kam es, daß die bisherigen KWV- und VEB-Betriebe fast durchweg nur das Etikett wechselten. Sie erhielten die Rechtsform der GmbH - die Anteile hält die Gemeinde. Offenbar sind nicht viel Diskussionen darauf verwandt worden, ob es nicht besser sei, die Bestände aufzuteilen und mehrere kleinere Unternehmen einzurichten. 92 In der Wohnungswirtschaft gilt als Erfahrung, daß für eine effiziente Verwaltung, bei der der Bezug zu den Bewohnern gewahrt bleibt, eine Größe um 5000 Wohnungen günstig ist. Eine gewisse Konkurrenz der Gesellschaften - zumindest in den Großstädten wäre sicherlich positv zu werten, wenn man die gewachsenen Monopolstellungen bedenkt. Es ist Sache der Gemeinden, evtl. nachträglich noch eine Teilung der großen Wohnungsunternehmen herbeizuführen. Die Gründe, die dafür sprechen

90

Regeln für eine gemeinnützige Tätigkeit der Wohnungsunternehmen sollen durch Satzungen festgelegt werden. Diese lehnen sich an das WGG an, das im alten Bundesgebiet galt, inzwischen aber aufgehoben ist.

91

Dies wird auch durch das Gesetz über die "Umwandlung volkseigener Wohnungswirtschaftsbetriebe in gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften und zur Übertragung des Grundeigentums an die Wohnungsgenossenschaften" (vom 22. Juli 1990) weitgehend bestätigt.

92

Die Zahl der neu gegründeten Gesellschaften wird mit ungefähr 300 angegeben. Die durchschnittliche Größe liegt somit bei 9000 Wohnungen; in den Großstädten dürften jedoch sehr viel größere Unternehmen verblieben sein. 109

und die möglichen Wege werden unter dem Thema "Privatisierung" noch angesprochen (vgl. Abschnitt 3.4).

Aus dem ehemals volkseigenen Wohnungsbestand erzielen die kommunalen Unternehmen nach derzeitigem Stand (bzw. Stand von 1989) einen Rohertrag von ungefähr 2,2 Mrd. Mark bzw. D M seit der Währungsumstellung; bezieht man sich auf die Tabellen in Abschnitt 3.1, so entfallen davon auf die 1,8 Mill. Neubauwohnungen knapp 1,6 Mrd., die 0,8 Mill. Altbau-Mietwohnungen ca. 0,5 Mrd., die Ein- und Zweifamilienhäuser ca. 0,3 Mrd.

Dies ergibt eine etwas höhere Summe als zuvor genannt, die Differenz beruht auf Mietausfällen infolge von Leerstand oder mangelnder Zahlungsmoral der Mieter.

Diesen Einnahmen steht jedoch ein jährlicher Aufwand von schätzungsweise 11 Mrd. Mark bzw. D M gegenüber (davon ca. 2,5 Mrd. Kreditkosten, 3,5 Mrd. bauliche Unterhaltung und 5 Mrd. allgemeine Bewirtschaftungskosten). Mit anderen Worten: Die kommunalen Wohnungsunternehmen sind nach wie vor Zuschußbetriebe, die für den Anteilseigner immense Verluste einfahren.

An der Größenordnung des jährlichen Fehlbetrags - rechnerisch 8,8 Mrd. Mark, bezogen auf die bisherige Einnahmen/Ausgabenstruktur - wird sich wenig ändern, denn für die drei Hauptkomponenten auf der Aufwandsseite - Kapitalkosten, Baureparaturen, allgemeine Bewirtschaftskosten - sind kaum Spielräume im Sinne einer Kostendämpfung ersichtlich. Die Erträge sind durch die politische Entscheidung für eine fortbestehende Mietpreisbindung noch auf Jahre hinaus begrenzt.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß sich die Aufwendungen für den Kapitaldienst

nicht verringern, obwohl die Altkredite dem Betrag nach halbiert

worden sind. Vor der Währungsumstellung handelte es sich bei den Krediten, die 110

dem staatlich finanzierten Wohnungsneubau zuzurechnen sind, um einen Betrag in der Größe von 45 Mrd. Mark; nach der Umstellung verbleiben also rund 23 Mrd. DM. Nicht ganz klar ist, ob neben diesen Krediten zur Neubaufinanzierung, die staatlich verbürgt waren, weitere Kredite zu bedienen sind, die die Betriebe selbst - im wesentlichen für Baureparaturen - aufgenommen haben, weil die jährlichen Subventionen die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben nicht voll geschlossen haben. 93 Die Gläubiger verlangen für die DM-Kredite marktübliche Zinsen; rechnet man mit 10 vH Kapitaldienst, so wäre die jährliche Zahlungsverpflichtung mit 2,5 Mrd. D M vermutlich nicht zu hoch beziffert. Sie geht gewiß nicht zurück, weil die neuen Unternehmen oder die Gemeinden selbst zur Deckung der Lücken künftig sogar verstärkt Kredite aufnehmen müssen.

Was die Aufwendungen für bauliche Maßnahmen anbetrifft, so ist klar, daß hier ein deutlicher Anstieg erforderlich wäre. Fraglich ist, ob die kommunalen Unternehmen genügend Kreditspielraum dafür haben. Dies hängt einerseits von den Wertstellungen für das Bau- und Grundvermögen in den Eröffnungsbilanzen ab 9 4 , anderseits davon, zu welchem Teil diese beleihbaren Werte bereits durch die Altkredite blockiert sind. Man muß darüber hinaus beachten, daß sicherlich Mietanhebungen erfolgen werden, die Mieter dann aber auch darauf drängen werden, daß der Nachholbedarf an Reparaturen endlich in Angriff genommen wird.

Der jährliche Aufwand für Verwaltung und Bewirtschaftung

könnte teilweise gesenkt

werden, indem die personelle Überbesetzung verringert wird. Die Bemühungen darum sind im Gange, jedoch dürften die Einsparungen durch höhere Löhne

93

Hinzu kämen auch die Zwangshypotheken auf ehemals private Mietwohngebäude, die den KWV zugefallen sind. 94

Hierzu ist eine detaillierte Richtlinie erlassen worden: Anordnungen über die Umbewertung der Wohnungen und Wohngebäude sowie des Grund und Bodens der VEB Gebäudewirtschaft/KWV und der Wohnungsbaugenossenschaften. Ministerium für Bauwesen, Städtebau und Wohnungswirtschaft der DDR. 111

kompensiert werden. Ähnliches gilt für die Bewirtschaftungskosten: Sie sollen zwar stärker auf die Mieten umgelegt werden, dafür werden aber auch manche Vorleistungen teurer, die die Unternehmen selbst zu tragen haben. Zusammenfassend kann man sagen, daß vor allem die Baureparaturen auf Jahre hinaus eine Dauerlast für die Unternehmen darstellen werden. Zwar ist eine Umlegung auf die Mieten - etwa zu 11 vH, entsprechend § 3 MHG - vorgesehen, andererseits sollen die Mieten sozial verträglich bleiben. Deshalb kann man Zweifel daran haben, ob die Finanzierung ohne zusätzliche staatliche Unterstützung möglich ist. Dieser Aspekt wird in Abschnitt 3.3 aufgegriffen.

3.2*3.2 Wohnungsbestand der Genossenschaften

Die Kommunalverfassung verpflichtet die Gemeinden auch zur Förderung des privaten und des genossenschaftlichen Bauens (vgl. § 2). Die knapp 800 Wohnungsgenossenschaften der DDR stehen zur Zeit vor größeren Problemen als die VEB-und KWV-Betriebe, da sie die von ihnen verwalteten volkseigenen Grundstücke erst kaufen sollen und zwar zu den heutigen Werten, wie sie von der DDR-Regierung zuletzt festgelegt worden waren. 95 Die kommunalen Unternehmen

95

In der Vergangenheit wurde den volkseigenen Gebäudewirtschaftsbetrieben und den Genossenschaften das erforderliche Bauland unentgeltlich und unbefristet zur Verfügung gestellt. Mit dem Gesetz über die "Umwandlung volkseigener Wohnungswirtschaftsbetriebe in gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften und zur Übertragung des Grundeigentums an die Wohnungsgenossenschaften" insbesondere der dazugehörigen Durchführungsbestimmung vom 1.9.1990 sollten die Genossenschaften die von ihnen genutzten Grundstücke zu den vordem 30.6.1990 geltenden ortsüblichen Preisen kaufen können. Im Einigungsvertrag ist dieses Gesetz (und die Durchführungsbestimmung) jedoch nicht unter die Rechtsvorschriften der DDR aufgenommen worden, die nach dem 3. Oktober 1990 übergangsweise weiter gelten. Es steht deshalb im Ermessen der Gemeinden, zu welchen Bedingungen sie die Grundstücke verkaufen oder in Erbpacht übertragen. Die Kommunalverfassung schreibt jedoch vor (§ 49), daß "Vermögensgegenstände in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert" werden dürfen. Ausnahmen bedürfen der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, d.h. der neuen Bundesländer. 112

erhalten die Grundstücke und Gebäude hingegen unentgeltlich, sie werden von den Gemeinden als deren Eigenkapital eingebracht. Der Kauf der Grundstücke stellt die Genossenschaften vor die Existenzfrage, denn ihre Mitglieder sind kaum bereit und in der Lage, eine entsprechende Anhebung ihrer Genossenschaftsanteile hinzunehmen.

Ein Weg wäre höchstens darin zu sehen, daß die Gewerbebetriebe, denen die Arbeiter-Wohnungsbau-Genossenschaften (AWG) assoziiert waren, den Erwerb finanzieren. Das liefe darauf hinaus, diese Wohnungsbestände zu Werkswohnungen zu machen. Allerdings ist eine derartige Lösung nicht ersichtlich und wohl auch nicht erwünscht. Wenn die Genossenschaften selbständig bleiben wollen, müßten sie vielmehr damit rechnen, daß die Betriebe zusätzlich Forderungen für die Mittel geltend machen, die sie im Laufe der Zeit für Baumaßnahmen zur Verfügung gestellt haben.

Ohne eine politische Lösung dieser Fragen - sie könnte beispielsweise darin liegen, daß günstige Erbbauverträge für die Grundstücke gewährt werden - ist der Fortbestand der AWG fraglich. Überleben würden nur einige Genossenschaften aus der Zeit vor der Gründung der DDR, soweit diese nicht in die Form der AWG umfunktioniert

worden sind bzw. soweit sie vorwiegend Altbauten

bewirtschaften, die auf eigenen Grundstücken errichtet worden sind.

Die Genossenschaften verfügen zur Zeit über folgende Wohnungsbestände: 0,75 Mill. Mietwohnungen aus der Zeit nach 1945, 0,40 Mill. Altbau-Mietwohnungen und ca. 30 000 Ein- und Zweifamilienhäuser. Wenn die Genossenschaften zur Auflösung gezwungen wären, würden auch diese Bestände den Gemeinden zufallen. Das gilt auch für die damit verbundenen Verpflichtungen. Die Altkredite aus dem Wohnungsbestand der Genossenschaften werden mit 30 Mrd. Mark, bzw. 15 Mrd. D M nach der Währungsumstellung, 113

beziffert. Die Mieterträge waren etwas geringer als bei den kommunalen Betrieben, dafür dürfte der Mietausfall geringer sein.

Erträge aus dem und Aufwendungen für den genossenschaftlichen Wohnungsbestand können zur Zeit mit 0,9 Mrd. D M und rund 5 Mrd. D M veranschlagt werden. Von den Erträgen entfallen 0,6 Mrd. D M auf Mehrfamilienhäuser aus der Zeit nach 1945 und 0,3 Mrd. D M auf Altbauten und Ein- und Zweifamilienhäuser. Die Aufwendungen setzen sich zusammen aus ca. 1,5 Mrd. D M für Baureparaturen, 1,5 Mrd. D M für den Kapitaldienst und rund 2,0 Mrd. D M Bewirtschaftungskosten.

3.233 Wohnungsbestand privater Eigentümer

Die privaten Haushalte verfügen über knapp 2 Millionen Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern, die vorwiegend von den Eigentümern selbst genutzt werden. Der weitaus überwiegende Teil sind alte Gebäude aus der Vorkriegszeit; nur etwa 200 000 Wohnungen sind als privater Eigenheimbau nach dem Kriege entstanden. Daneben gibt es noch knapp 1 MilL Wohnungen in Altbau-Mehrfamilienhäusern, überwiegend Mietwohnungen. Auch für diesen Bestand wird, angesichts der Mieten-Kosten-Schere, nicht sehr bald mit einer Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit zu rechnen sein. Anders als die verwaltenden Betriebe des volkseigenen Wohnungsbestandes waren die privaten Vermieter in das System der Erstattung von Differenzen zwischen Kosten und Erträgen aus der Staatskasse nicht einbezogen; sie profitierten allenfalls von den - an unseren Verhältnissen gemessen - günstigen Kreditkonditionen; direkte Zuschüsse für Reparaturen oder Bewirtschaftungskosten wurden nur in Ausnahmefällen geleistet. Wenn die Mieten, wie im Einigungsvertrag beschlossen, preisgebunden bleiben, läuft

dies unter

Umständen darauf hinaus, daß der seit langem bestehende Druck zur Veräußerung nur wenig gelockert wird.

114

Wenn man beim bisher staatlich verwalteten Teil der Altbauten mit einer weitgehenden Privatisierung rechnen kann, dürfte auch bei diesem Althausbesitz, der sich schon in privater Hand befindet, ein reger Verkauf zu erwarten sein. Dies gilt besonders für Gebäude in guter städtischer Lage, für die eine gemischte Nutzung für Gewerbe und Wohnzwecke besteht oder möglich ist. Es gibt eine Vielzahl von Interessenten, die nach dem Erwerb auch eine Sanierung, den Umund Ausbau oder den Ersatz verbrauchter Bausubstanz allein im Hinblick auf die Standortvorteile finanzieren würden. Dieser Aspekt wird in Kapitel 4 aufgegriffen.

33

Finanzprobleme der Gemeinden

3.3.1

Vorbemerkung

Mit der Kommunalverfassung ist den Gemeinden nicht nur die problembeladene Aufgabe der Wohnungsbestandspolitik übertragen worden, sondern auch die Zuständigkeit für den Neubau und dessen Förderung. Im bisherigen Bundesgebiet sind beide Aufgaben als Verpflichtung des Bundes und der Länder verankert. Die Gemeinden im Westteil der Bundesrepublik haben im Bereich der Förderung des Wohnungsbaus und der Unterstützung der Wohnungsbewirtschaftung nur in begrenztem Umfang Kosten zu tragen. Zwar nennt das II. WoBauG neben Bund und Ländern ausdrücklich auch die Gemeinden, wenn die Bereitstellung öffentlicher Finanzierungsmittel angesprochen wird. Faktisch wird jedoch seit langem der Finanzrahmen zu 90 vH aus Bundes- und Landesmitteln zusammengestellt; die Gemeinden beschränkten sich auf eine sogenannte Spitzenfinanzierung, die zur Kostensenkung spezieller Baumaßnahmen dient. Daneben sind die Gemeinden mittelbar - z.B. über Wohnungsunternehmen, an denen sie als Anteilseigner beteiligt sind oder durch Zuschüsse an andere Vermieter für bestimmte Zwecke - am Wohnungsbau sowie der Verwaltung von Wohnungsbeständen beteiligt.

115

Die Gemeinden im Ostteil des Landes sind überfordert, weil ihnen zu viele wichtige Aufgaben auferlegt worden sind. Die neuen Bundesländer und der Bundestag werden diese Situation korrigieren und die Gemeinden entlasten müssen. Bis dahin stellt die Überlastung der Gemeinden ein ernstzunehmendes Hindernis für den wirtschaftlichen Aufschwung dar:

Alle Experten der ehemaligen DDR bestätigen, daß dem Ausbau der kommunalen Infrastruktur absoluter Vorrang gebührt, weil sich deren desolater Zustand und die unzulänglichen Kapazitäten als limitierender Faktor für einen wirtschaftlichen Fortschritt erweisen. Dies gilt nicht nur für die Sanierung und Modernisierung des Wohnungsbestandes, sondern auch im Hinblick auf die Neuansiedlung von Gewerbebetrieben oder die Aufstockung der Kapazitäten.

Auch für das Baugewerbe entsteht durch die Finanzmisere der Gemeinden eine kritische Situation, denn gerade die Baubetriebe mittlerer Größe und das Handwerk sind vorwiegend auf kommunale Aufträge angewiesen, weil die private Baunachfrage nur sehr zögerlich in Gang kommt. Zur Zeit ist deshalb eher ein Abbau von Kapazitäten in diesen Bereichen zu verzeichnen, die allen Einschätzungen über die erforderliche Umstrukturierung der Bauwirtschaft zuwiderläuft.

Den Gemeinden kommt also eine Schlüsselrolle zu. Ohne erhebliche Unterstützung durch Bund und Länder werden statt f,Zukunftsinvestitionen ,f nur kleine Schritte realisiert werden.

33.2

Finanzlasten aus dem Wohnungsbau

Die Gemeinden müssen jetzt für den größten Teil der Zuschüsse für die Wohnungswirtschaft geradestehen, die früher aus dem Staatshaushalt der DDR 116

geleistet worden sind. Angesichts der spärlichen Einnahmen, die den OstGemeinden zustehen und der Vielzahl unabweisbarer Aufgaben, die sie zu erfüllen haben oder vordringlich in Angriff nehmen müßten, ist es eigentlich nicht vorstellbar, daß sie jährlich für die Wohnungsbewirtschaftung ein Finanzloch in einer Größe bis zu 10 Mrd. D M stopfen sollen.

Zwar sieht die Kommunalverfassung (§ 4, Absatz 2) einen Anspruch auf "übergemeindlichen Finanzausgleich" vor, jedoch gilt dies wohl zunächst gegenüber den neuen Bundesländern, die auch nicht reich sind. Man könnte zwar argumentieren, daß der Bund zweckgebundene Zuschüsse für die Wohnungswirtschaft an die Gemeinden im Ostteil des Landes leisten müsse, weil der Einigungsvertrag eine Anhebung der Mieten auf ein kostendeckendes Niveau hinausschiebt und die Entscheidung über angemessene Anhebungen bei der Bundesregierung liegt. Es ist jedoch kaum anzunehmen, daß der Finanzminister dieser Argumentation folgt, er wird stattdessen auf den im Artikel 7 des Vertrags festgelegten Rahmen für die Verteilung der Steuereinnahmen und der Mittel des Fonds "Deutsche Einheit" zwischen den Gebietskörperschaften Ost und West bis zum Jahr 1995 verweisen. Zusätzliche Leistungen müßte das Parlament beschließen.

Allerdings zeichnet sich ein erster Schritt in diese Richtung bereits ab: Im 3. Nachtragshaushalt zum Bundeshaushalt 1990 sind kürzlich neue Zuweisungen und Zuschüsse für den Bereich der Wohnungswirtschaft-Ost für das 2. Halbjahr eingestellt worden. 96 Der Betrag ist mit 1,15 Mrd. D M zwar relativ gering, jedoch sind in diesem Zusammenhang einige Hinweise aus dem Bauministerium (West) von Interesse. 97 "Kurzfristig wird es zunächst einmal bei dem überkommenen Kostenerstattungs-System der DDR als Ausgangspunkt bleiben," so lautet die

96

Vgl. Entwurf eines Gesetzes über die Festlegung eines Dritten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1990. Einzelplan 25 des Haushaltsplans Abschnitt Β (Haushaltsplan der DDR). 97

Vgl. Hartwig Hamm: Startbedingungen für Wohnungsbauinvestoren. In: Bundesbaublatt Heft 11/1990, S. 624 ff. 117

Einschätzung. Weiter heißt es: "Die wichtigste Antwort kann heute noch nicht gegeben werden, nämlich die Antwort auf die Frage: Wie sieht es endgültig mit dem Umfang der Finanzhilfen im Jahre 1991 und in den Folgejahren aus?"

Aus dieser Sicht ist es für die Gemeinden-Ost außerordentlich wichtig, daß die Bundesregierung bei den Verordnungen über Mietpreise große Schritte tut, damit sie bald aus der Rolle des Garanten für Defizite herauskommen. Man kann erwarten, daß die Anhebung der Mieten zwecks Abbau der bisherigen Subventionen in Stufen bis zum Jahr 1995 erfolgen soll, denn dies ist der Zeithorizont, der im Einigungsvertrag verschiedentlich als Übergangsfrist genannt wird. In der Konsequenz heißt das, daß das Mietenaufkommen pro Jahr um etwa 3 Mrd. DM steigen müßte. Dieser Beschluß müßte vom Bundestag und den Ländern getragen werden. Allerdings bleibt es daneben in gewissem Umfang auch den Gemeinden überlassen,

ob sie ihren Unternehmen freie Hand lassen, die jeweils zulässigen Höchstmieten auch zu berechnen und bei den Nebenkosten eine rasche Kostendeckung herbeizuführen; oder ob sie auf eigene Rechnung ein Mehr an Sozialpolitik betreiben wollen.

Die Gemeinden stehen hier vor einem Zielkonflikt bei der Verwendung der Finanzmittel im Interesse ihrer Bürger. Von der zweiten Strategie wäre abzuraten, aus folgenden Aspekten:

Höhere Mieten sollten allein durch das Wohngeld sozial abgefedert werden. Die finanziellen Leistungen dafür sind von Bund und Ländern aufzubringen. Die Gemeinden würden indirekt Finanzmittel verschenken, wenn sie einem Teil ihrer Bürger den Gang zur Wohngeldstelle ersparen wollen.

118

Im Interesse der Bürger, aber auch im Hinblick auf die Attraktivität für Gewerbeansiedlungen sollte es ein vordringliches Ziel sein, die Infrastruktur zu verbessern. Die Kommunalpolitik sollte also eher auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Sicherung der Einkommen ihrer Bürger, sowie die Erschließung eigener Steuerquellen zielen.

Zur Zeit sind drei Wege möglich, auf denen eine Lösung für das Defizit-Problem der kommunalen Wohnungswirtschaft erreicht werden kann und die wohl auch gleichzeitig verfolgt werden müssen.

Der erste ist die zumindest teilweise Fortzahlung bisheriger Zuschüsse für den Kapitaldienst und für Baureparaturen an die Wohnungswirtschaft, wobei die Subventionen von Bund und Ländern getragen werden müßten. Wie dies technisch geschieht - ob die Gemeinden zweckgebundene Zuweisungen erhalten sollen, die sie verteilen, oder ob unmittelbar die Unternehmen derartige "objektbezogene Beihilfen" beziehen sollen - ist dabei nur von nachrangiger Bedeutung. Für objektbezogene Hilfen spricht, daß dann auch die Genossenschaften und die privaten Vermieter besser dastehen würden. 98

Der zweite Weg ist die Aufnahme von neuen Krediten, beispielsweise für Baureparaturen. Mit dem 10 Mrd. DM-Programm für Instandsetzung und Modernisierung hat die Bundesregierung einen Schritt in diese Richtung getan. Man kann jedoch noch nicht absehen, welche Hemmnisse auf diesem Wege aufgehäuft sind. Einmal sind dies natürlich die unzureichenden Erträge, die ja im Durchschnitt nicht einmal zur Deckung der bisherigen Kapitalkosten ausreichend sind. Zum anderen sind es die Beträge der Altkredite selbst, die, im Verhältnis zu den Grundstücks- und Gebäudewerten, womöglich den Spielraum für Beleihungen weitgehend blockieren. Dies ist unter anderem eine Frage der

98

Die im 3. Nachtragshaushalt 1990 beschlossenen Subventionszahlungen schließen offenbar die privaten Vermieter ein. Vgl. H. Hamm: In Bundesbaublatt a.a.O, S. 626. 119

Bewertungsrichtlinien für Grundstücke und Gebäude, die letztlich erst beantwortet werden kann, wenn die DM-Eröffnungsbilanzen der Wohnungsunternehmen fertiggestellt sein werden. Von den Verbänden der Wohnungswirtschaft wird jedoch bereits heute darauf hingewiesen, daß die Mehrheit der Unternehmen kein Prüfungstestat für die Eröffnungsbilanz erhalten wird, wegen Überschuldung und/oder wegen der unzulänglichen Erträge. Ein Ausweg könnten "werthaltige Erklärungen 11 der öffentlichen Hand (d.h. Deckungszusagen für die Verluste) sein. Denkt man dabei an die Gemeinden als Anteilseigner, so stellt sich letztlich die Frage, ob sie selbst überhaupt kreditwürdig sind. Im Westen gilt die sogenannte "Schuldendeckelverordniing", die eine Obergrenze des Kreditbestandes im Hinblick auf die laufenden Einnahmen festlegt. Wenn man diese Regelung auf die OstGemeinden überträgt, wären viele wohl schon überschuldet."

Der dritte Weg, den die Gemeinden beschreiten können, ist die Veräußerung von Teilen des Wohnungsbestandes. Zur Zeit kommen dafür jedoch vorwiegend nur solche Gebäude in Betracht, die für eine Eigentumsbildung privater Haushalte geeignet sind. Angesichts der relativ geringen Einkommen und der niedrigen Ersparnisbildung ist die potentielle Käuferschicht noch gering. Hinzu kommt, daß die niedrigen Mieten den Anreiz zum Erwerb dämpfen. Aus dem gleichen Grunde werden sich nur schwer Käufer für Mietobjekte finden lassen. In manchen Gemeinden wird bereits darüber nachgedacht, Gebäude zu verschenken, um auf diese Weise das lastende Defizit zu verringern. 100 Dem steht jedoch die Vorschrift

99

Der Kreditbestand aller Gemeinden in den bisherigen Bundesländern beträgt rund 120 Mrd. DM. Pro Kopf der Bevölkerung sind das im Durchschnitt ca. 1800 DM. Legt man die 38 Mrd. D M Altkredite des volkseigenen und genossenschaftlichen Wohnungsbaus auf die Bevölkerung um, so ergibt dies allein schon eine Pro-Kopf-Verschuldung von knapp 2400 D M für die Gemeinden im Ostteil des Landes. 100

Auch der frühere DDR-Bauminister A. Viehweger sprach sich dafür aus, daß die Gemeinden Wohnungen an Mietergemeinschaften verschenken sollten. Vgl.: "Wohnungen verschenken" in: Frankfurter Rundschau vom 15.9.1990. 120

der Kommunalverfassung entgegen, daß Veräußerungen unter Wert nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden, also des Landes, zulässig sind. Ein Ansatzpunkt für die Übernahme eigener Verantwortung in der Wohnungspolitik durch die neuen Bundesländer könnte darin gesehen werden, daß die Altkredite in öffentlich verbürgte Darlehen zurückverwandelt werden. Der Kapitaldienst könnte so lange ausgesetzt werden, bis die Mieten dies hergeben. Zugleich wäre eine nachrangige hypothekarische Sicherung für die Wohnungsunternehmen sehr hilfreich, um eine Überschuldung zu vermeiden. Als ein mögliches Vorbild sei in diesem Zusammenhang auf die Regelungen für Aufwendungsdarlehen nach dem II. WoBauG verwiesen. 101

Außerdem könnten die Länder zusammen mit dem Bund ein langfristiges Programm zur Förderung der Instandsetzung und Sanierung einleiten, etwa vergleichbar dem früheren Modernisierungs- und Energiesparprogramm

im

Westteil unseres Landes. Der Vorteil dieses Weges der Förderung ist vor allem darin zu sehen, daß den Investoren eine Wahlmöglichkeit zwischen der Inanspruchnahme steuerlicher Absetzungen oder direkter Hilfen eingeräumt werden kann. Die Wohnungsunternehmen im Ostteil werden nach den Eröffnungsbilanzen vermutlich ein AfA-Volumen erreichen, daß die Erträge ohnehin übertrifft. Der steuerliche Abzug der Kosten für Erhaltungsmaßnahmen kann somit nicht als Investitionsanreiz wirken. Im früheren Bundesgebiet waren die direkten Förderungsmittel, die im Rahmen des Mod-EnG-Programms zur Verfügung gestellt worden sind, vor allem für die nicht-steuerpflichtigen gemeinnützigen Wohnungsunternehmen von Bedeutung. Das kürzlich vom Bund initiierte KfW-Programm zur

101

Dabei handelt es sich um staatliche Zins- und Tilgungshilfen für Kapitalmarktkredite, die nicht als Zuschüsse vergeben worden sind, sondern nach 12 bis 15 Jahren kumuliert als ein neuer Darlehensbetrag zusammengefaßt werden, mit der Maßgabe, daß die Verzinsung und Tilgung erst dann einsetzt, wenn die Miete dies zuläßt. Die Wohnungsunternehmen können diese Darlehen wegen des "modifizierten Forderungsverzichts" aus der Bilanz heraushalten. Vgl. hierzu § 88, Abs. 3 des II. WoBauG. 121

Wohnungsmodernisierung für den Ostteil ist sicherlich als Sofortmaßnahme sehr wichtig und hilfreich. Es wird jedoch bald ausgeschöpft sein, da nach eigenen Schätzungen der Bundesregierung damit nur ca. 300 000 Wohnungen instandgesetzt werden können. Für die Annahme des Programms brauchen die Gemeinden Mut: Viele Stadtkämmerer werden derzeit nicht übersehen können, ob sie in den nächsten Jahren in der Lage sind, den Kapitaldienst zu leisten. Man kann eigentlich nur hoffen, daß sie dennoch die Mittel aufnehmen werden.

3*4

Aspekte einer weiteren Privatisierung

Mit der Umwandlung der KWV- und VEB-Betriebe in GmbH's kann die Privatisierung des Wohnungsbestandes wohl nicht als abgeschlossen angesehen werden. Grundsätzlich sind zwei Zielrichtungen zu unterscheiden, nämlich die Unterstützung der Vermögensbildung in Form des Wohneigentums und die Übertragung von Mietwohngebäuden auf neue Investoren bzw. die Bildung neuer Wohnungsunternehmen, damit mehr Wettbewerb entsteht. In jedem Fall ist eine Ausgliederung von Teilbeständen erforderlich.

Es läge schon aus dem Grunde nahe, die großen Gesellschaften künftig in kleinere selbständige Unternehmen zu untergliedern, weil die DDR-Kommunalverfassung die Möglichkeit einer "Beteiligung der Bürger durch Begründungen von Wohnungseigentum im Rahmen zu erlassener Rechtsvorschriften" vorsieht (§ 59). Zwar ist die zitierte Formulierung recht unklar, sie kann jedoch so aüfgefaßt werden, daß

Teile der Bewohner als Gemeinschaft bestimmte Gebäude übernehmen könnten und dementsprechend GmbH-Anteile, verbunden mit einem konkreten Nutzungsrecht, 102 von der Gemeinde erwerben sollen;

102

Für die Form der GmbH mit dem Zweck einer bestimmten Nutzung des Sachvermögens durch die Gesellschafter gibt es auch im bisherigen Bundesgebiet durchaus Beispiele. t22~

Ein anderer Weg wäre der, daß Teile des Wohnungsbestands an Eigentümergemeinschaften im Sinne des WEG verkauft werden, und daß die Gesellschaft die so erzielten Verkaufserlöse erhält.

Dieser Gedanke entspricht politischen Überlegungen in Kreisen der DDR, die darauf zielten, Mietergenossenschaften besonders zu fördern. Auch in der Bundesrepublik war dieser Gedanke oft diskutiert worden. Dabei war klar geworden, daß Neugründungen in der Rechtsform einer Genossenschaft sehr viel schwieriger zu realisieren sind, als im Wege der Eigentümergemeinschaft: Bei einer Genossenschaft ist eine individuelle Zurechnung der selbst genutzten Wohnung als Eigentum nur schwer möglich, demzufolge kann auch die steuerliche Förderung im Sinne des EStG nicht in Anspruch genommen werden. 103

In jedem Fall ist es wünschenswert, daß Wege gefunden werden, die es ermöglichen, insbesondere Teile des Altbaubestandes auf Nutzer- bzw. Selbsthilfegemeinschaften zu übertragen. Dies wird ja auch in den Staatsverträgen als erklärter Wille unterstrichen. Fragen ergeben sich - neben der nach der Rechtskonstruktion - zum Kaufpreis, oder einer möglichen Förderung bei sehr aufwendigen Instandsetzungen.

Wenn man den Gedanken einer privaten Vermögensbildung durch Wohneigentum vertritt, wäre es angemessen den Mietern Vorzugspreise einzuräumen, 104 dies gilt besonders im Hinblick auf den Wert der Grundstücksanteile.

103

Vgl.: Wohnen bei Genossenschaften - mehr als Wohnen. Hrsg.: Gesamtverband Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen e.V. Köln, 1988. Und: B. Bartholmai: Steuerliche Förderung Gemeinnütziger Wohnungsbaugenossenschaften (Ebenda, Anlage). 104

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, M. Wissmann, sprach sich kürzlich für einen Verkauf an die Mieter "unter dem Marktpreis" aus. Vgl.: Bundesbaublatt, Heft 6/1990, S. 316. 123

Bei stark sanierungsbedürftigen Gebäuden wären die Mieter - selbst wenn die Kaufpreise gering sind - mit den Folgelasten überfordert. Es wäre also durchaus zu prüfen, ob auch selbstnutzende Eigentümer bei Förderungsprogrammen

zur Sanierung und Modernisierung

einbezogen und

unterstützt werden sollen.

Bei diesen Fragen ist auch zu beachten, daß die direkte Förderung des Wohnungseigentums, wie sie bisher im Gebiet der Bundesrepublik praktiziert wurde, nur für den Neubau von Eigenheimen und Eigentumswohnungen zur Verfügung stand. Die steuerliche Förderung gilt zwar - seit der entsprechenden Änderung im Jahre 1978 - für den Neubau und den Erwerb, jedoch sind auch dabei die Anschaffungs-oder Herstellungskosten die Bezugsbasis; nur in relativ geringem Umfang können nachträgliche Herstellungskosten (bei engem zeitlichen Zusammenhang) einbezogen werden. Auch aus dieser Sicht wäre es also sinnvoll, die Ansatzpunkte der Förderung im Gebiet der neuen Bundesländer zu überdenken und eine problemgerechte Modifikation der Vorschriften für das Gebiet der DDR vorzunehmen. Der gesetzestechnisch einfachere Weg liegt darin, eine gezielte Zusatzförderung für bestandsbezogene Baumaßnahmen zu schaffen, in die - neben den Vermietern - auch die Eigentümer selbstgenutzten Wohnraums einzubeziehen wären. Auch in dieser Hinsicht bietet es sich an, das ModEnG aufleben zu lassen. 105

Während die Politiker aus beiden bisherigen Staaten ziemlich einhellig eine Überführung von Mietwohnungen in das Eigentum privater Haushalte - bei einer besonderen Begünstigung bisheriger Mieter - befürwortet haben, gingen die Meinungen bei der Frage einer Privatisierung von Mietobjekten weit auseinander.

105

Der rechtliche Rahmen besteht ja nach wie vor, - nur Teile des Gesetzes sind 1982 außer Kraft gesetzt worden, als die gemeinsame Förderung durch Bund und Länder beendet worden ist. Es geht also darum, den Förderungskatalog zu überarbeiten und einen neuen Finanzrahmen zu schaffen. 124

Ein Konsens bestand oder besteht noch insoweit, als es für unerläßlich angesehen wird, "große Teile" des volkseigenen Mietwohnungsbestandes mit "sozialen Belegungsbedingungen" zu erhalten. Wie groß dieser Teil tatsächlich sein soll, und auf welche Weise er künftig mit billigeren Mieten in einem Abstand zum übrigen Mietwohnungsbestand - dem privaten oder zu privatisierenden - gehalten werden könnte, war und ist unklar. Die Verfechter einer sehr weitgehenden Privatisierung lassen darüber hinaus die Frage unbeantwortet, wer denn die Käufer und künftigen Vermieter der Wohnungen sein sollen.

125

4.

Förderungsinstrumente und Wohnungsbaufinanzierung

4.1

Zur gegenwärtigen Diskussion um den Kurs der Wohnungspolitik

In Kapitel 2 ist dargestellt worden, daß der Wohnungsbau in beiden Teilgebieten Deutschlands ein wesentlich höheres Niveau erreichen muß als bisher. Bedarfsprognosen sind stets vereinfachte Berechnungen, die weder die Entwicklungen auf der Nachfrageseite (unter dem Einfluß von Einkommen und relativen Preisen) noch auf der Angebotsseite (Kosten- und Renditeaspekte der Investitionen) im Detail darstellen. Sie sollen zeigen, daß sich die Wohnungswirtschaft und die Wohnungspolitik auf neue Orientierungswerte ausrichten müssen. Der Befund, daß im kommenden Jahrzehnt ca. 5 Mill. Wohnungen zu bauen sein werden, wird im Bauministerium kaum bezweifelt.

Rückblick: Im vergangenen Jahrzehnt war der Kurs der Wohnungspolitik vor allem dadurch geprägt, daß man einen globalen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage für erreicht hielt. Die Bevölkerungszahl ließ seit Mitte der 70er Jahre bis zum Jahre 1987 einen anhaltend rückläufigen Trend erkennen; angesichts aller bisherigen Prognosen, die diesen Trend fortschrieben, wurden die Aufgaben in der Bestandspolitik und nicht in der Angebotsausweitung gesehen. Bestandspolitik hieß aus der Sicht der Wohnungswirtschaft, die Erträge vor allem für eine Verbesserung der Gebäude und Wohnungen zu verwenden. Aus der Sicht der Wohnungspolitik hielt man eine "Deregulierung" bzw. eine weitere Liberalisierung des Mietwohnungsmarktes für angezeigt.

Tatsächlich war die Situation am Wohnungsmarkt in der Bundesrepublik schon lange vor Öffnung der Mauer und ohne den unvorhersehbar hohen Zustrom von Deutschen und Nichtdeutschen - etwa seit 1985 - durch Angebotsverknappung

126

gekennzeichnet.106 Dies wird anschaulich, wenn man nur einige Zahlen genauer betrachtet:

Bei den jährlich fertiggestellten Wohnungen ging das Volumen von rund 340000 in der erstenHälfte der 80er Jahre auf weniger als 200 000 (1987 und 1988) zurück. Berücksichtigt man die Abgänge (ca. 70 000 Wohnungen pro Jahr), so war der Nettozugang einige Jahre deutlich geringer als der Zuwachs bei der Zahl der Haushalte.

Bei den Mietwohnungen, auf die junge Haushalte und Familien normalerweise angewiesen sind, verringerte sich die Bautätigkeit von ca. 70 000 auf 30 000 (die Zahl der öffentlich geförderten Mietwohnungen schrumpfte sogar noch stärker). Selbst bei dem höheren Niveau zu Beginn der 80er Jahre reichte der Zugang an Mietwohnungen kaum aus, um die Abgänge (Abbruch, Zweckentfremdung) auszugleichen.

Hinzu kommt die Verknappung durch Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, die insbesondere in Großstädten beträchtlich war. Zwar liegen nur teilweise Daten vor, dennoch kann man eingrenzen, daß in den Ballungsregionen jährlich ca. 50 000 bis 60 000 Mietwohnungen an Einzeleigentümer verkauft worden sind (bei einem Trendverlauf, der durch ein Maximum im Jahre 1984 gekennzeichnet ist). Nimmt man an, daß bei ca. einem Drittel der Fälle bisherige Mieter verdrängt wurden, so bleibt im Endeffekt eine Größenordnung von jährlich 15 000 bis 20 000 Haushalten, die sich nach einer neuen Wohnung umsehen mußten. Die Zahl der Sozialwohnungen, die jährlich in den Großstadtgemeinden neu erstellt wurde, war gewiß nicht höher.

106

Vgl. hierzu auch: Lage und Perspektiven am Wohnungsmarkt. Bearb.: B. Bartholmai. In Wochenbericht 24/1989 des DIW. 127

Nach der Aus- und Übersiedlerwelle - schon vor der Grenzöffnung - und der anhaltenden Zuwanderung von Ausländern war eine Kurskorrektur unabdingbar. Das Ziel des neuen Programms hieß: 1 Million Wohnungen in 3 Jahren. Zahlreiche Instrumente wurden bemüht, um provisorische Unterkünfte in großer Zahl zu schaffen, und alle Möglichkeiten des Neubaus sowie des Um- und Ausbaus zu aktivieren.

Angesichts des unvorhergesehenen Wohnungsmangels stellte sich auch die Frage, ob manche frühe Weichenstellungen zur Deregulierung des Marktes richtig waren. Hier sollen nur zwei Maßnahmen genannt werden, die jetzt in einem neuen Licht diskutiert werden: Die Aufgabe von Mietpreis- und Belegungsbindungen für viele Sozialwohnungen seit 1982 (infolge der Regelungen des 2. Haushaltsstrukturgesetzes) und die 1982 im Mietrecht festgelegte stärkere Anbindung aller Mieten an die jeweils neu abgeschlossenen Verträge.

Ausblick: Mehr Wohnungsbau, aber wie? Geht man von den als bedarfsgerecht bezifferten Größen aus: Im Westen 410 000, im Ostteil 120 000 Wohnungen, so bedeutet das einen Niveausprung gegenüber der derzeitigen Bautätigkeit um ein Viertel im Westteil (gemessen an den hohen Baugenehmigungen des laufenden Jahres) und im Ostteil des Landes sogar eine Verdoppelung (allerdings bezogen auf einen zur Zeit sehr niedrigen Wert). In beiden Gebieten ist auf mittlere Sicht der Bau von Mietwohnungen vordringlich.

Es ist durchaus hilfreich, wenn man die politische Diskussion "polarisiert" darstellt: Grundsätzlich werden zwei Wege gesehen, wie die Baunachfrage der Investoren an dieses Niveau heranzuführen sei: Die Wohnungspolitik läßt einen erheblichen Anstieg des Mietpreisniveaus zu und schafft begleitende Investitionsanreize über steuerliche Instrumente.

128

Der andere Weg ist die direkte Förderung mit Mitteln aus öffentlichen Haushalten; das können direkte Zuschüsse sein, oder Mittel zur Zinsverbilligung von Darlehen.

Der erstgenannte Weg wird von wirtschaftsliberalen Kreisen befürwortet. Dies gilt nicht nur für das westliche Bundesgebiet - mit neuer Vehemenz im Hinblick auf die Diskussion um Modifikationen des Mietpreisrechts - sondern auch für das Gebiet der D D R . 1 0 7 Als Instrument für eine Sicherung sozialer Belange bei dieser Strategie wird - fast ausschließlich - die Subjektförderung hervorgehoben; hingegen wird die Objektförderung als Instrument völlig abgelehnt. 108 Die Begründung dieser Auffassung kann hier nicht ausgebreitet werden. Sie liefert jedenfalls keine Antwort auf naheliegende Fragen und Einwände, nämlich ob der alleinige Weg über Subjektförderung für den Staat tatsächlich billiger ist, als eine Kombination von Objekt - und Subjektförderung wie bisher; die Subjektförderung indirekt (wie behauptet) einen positiven Einfluß auf das Wohnungsangebot hat, oder eher die Abschöpfung von Knappheitsgewinnen erleichtert. Alle Einwände, die gegen den zweiten Weg (direkte Förderung) vorgebracht werden, richten sich weniger gegen das Instrument als solches, sondern gegen die "Störung des Marktes", die darin gesehen wird, daß der Staat an seinen Finanzierungsbeitrag Kosten- und Belegungsbindungen knüpft. Der Unterschied zwischen "öffentlich

gefördertem"

und "sozialem" Wohnungsbau stellt die

eigentliche Hürde dar, vor der die Liberalen scheuen. 109

107

Vgl. Kronberger Kreis (Hrsg.): Soziale Marktwirtschaft in der DDR Reform der Wohnungswirtschaft. In: Schriftenreihe des Frankfurter Instituts für wirtschaftspolitische Forschung e.V., Band 21 (Juli 1990). 108

Vgl. ebenda S. 20 f.

109

Dies zeigt sich auch an der Kompromißbereitschaft gegenüber dem sogenannten 3. Förderungsweg (vereinbarte Förderung), der den Investoren nur geringe Bindungsäquivalente auferlegt, vgl. ebenda S. 57. 129

Eine Ausrichtung der Politik auf den ersten Weg läuft stets Gefahr, daß zyklische Schwankungen der Baunachfrage eintreten: Aus der Sicht, daß die Kaufkraft der Haushalte überfordert wird, die Einkommen mit den Mieten nicht Schritt halten, und der Wohnungsbau dann wegen neuer Halden von Wohnungen, die nicht vermietbar sind, wieder zurückfällt. Oder aus der Sicht, daß anziehende Baukosten und Zinsen, die Investitionslust dämpfen.

Für den zweiten Weg spricht, daß er zu einer Verstetigung des Wohnungsbaus beiträgt. Außerdem ermöglicht er niedrigere Mieten und damit zugleich eine Einsparung bei den Wohngeldleistungen. Häufig wird eingewendet, die direkte Förderung sei für die öffentliche Hand der teuerste Weg und ineffizient. Diese Behauptung ist mit Zahlen noch nicht glaubwürdig belegt worden.

Tatsache ist, daß der öffentlich geförderte Wohnungsbau wegen der späteren Zinsanhebungen für die Darlehen und der Tilgungen ein Finanzierungssystem ist, das erhebliche Rückflüsse aufweist. Betrachtet man den jährlichen Saldo von neuen Auszahlungen und Einnahmen in den Bundes- und Landeshaushalten, so wären die Kosten für 1989 mit 4 bis 4,5 Mrd. D M zu beziffern (davon entfällt etwa die Hälfte auf Mietwohnungen). Das ist ein geringer Betrag, u.a. deshalb, weil die Förderungszahl schrumpfte und weil noch immer vorzeitige Rückzahlungen erfolgen.

Eine andere Tatsache ist, daß die Kosten der indirekten Förderung durch steuerliche Absetzungen erst recht schwer zu beziffern sind; jedoch ist unstreitig, daß sie um ein Vielfaches höher sind. Auch diese Förderung geht zu Lasten von Haushaltsmitteln -, nur spielt sich das Ganze auf der

130

Einnahmenseite ab, und, was nicht in die Kasse kommt, wird auch nicht gezählt. 110

Auf dem Gebiet der DDR geht es darum, einen staatlich finanzierten Wohnungsbau auf einen geförderten Wohnungsbau umzustellen; es wurde bereits angesprochen, daß der Weg über Steueranreize dort auf Jahre hinaus noch wenig tragfähig sein wird, es sei denn, westliche Investoren werden in der DDR aktiv. Für das alte Bundesgebiet wird man neue Konzepte der Förderung entwickeln müssen, die der Tatsache Rechnung tragen, daß ab 1991 (mit geringen Ausnahmen) alle Wohnungsunternehmen steuerpflichtig sind. Die Wohnungspolitik muß also künftig bei ihren Angeboten an die Investoren den Gesamteffekt aus direkten und indirekten Entlastungswirkungen berücksichtigen. Eine ausgedünnte Förderung oder die Vergabe von einmaligen Zuschüssen statt langfristiger Darlehen, könnte durchaus richtungsweisend sein.

Was nicht aus dem Auge gelassen werden darf, ist, daß der jetzt verzeichnete und künftige Zusatzbedarf an Wohnungen zum größeren Teil für Bevölkerungsschichten benötigt wird, die dem unteren Drittel der Einkommensskala zuzuordnen sein dürften. Beim Zuschnitt der Förderung kommt es also letztlich doch darauf an, daß Wohnungen entstehen, deren Mieten für

,f

breite Schichten11 tragbar sind.

Sicherlich gilt, daß auch teurere Wohnungen, wenn sie nachgefragt werden, über Sickereffekte in gewissem Umfang zur Ausweitung des Angebots im preiswerteren Bereich beitragen. 111 Dieser Effekt sollte jedoch nicht überschätzt werden.

110

In den Subventionsberichten wird das Thema konsequent ausgeklammert: Nicht bestritten wird, daß Investoren erheblich "begünstigt" werden; weil es sich jedoch um Regelungen des "normalen" Steuerrechts handelt, werden eben viele begünstigt, so daß von "Vergünstigung" keine Rede sein kann. Vgl. hierzu die "methodischen Erläuterungen zur Abgrenzung der Subventionen des Bundes", Anlage 9 zum 10. Subventionsbericht der Bundesregierung. Bundestagsdrucksache 10/352, S. 308. 111

Vgl. Kronberger Kreis, a.a.O., S. 38. 131

4.2

Mögliche Förderungsinstrumente und Investorengruppen als Adressaten in den den neuen Bundesländern

4.2.1

Überwiegend steuerbegünstigter freifinanzierter Wohnungsbau?

Von verschiedener Seite wird argumentiert, daß der künftig erforderliche Neubau von Mietwohnungen im Gebiet der ehemaligen DDR vorwiegend im freifinanzierten Bereich erbracht werden sollte, weil bereits genügend Wohnungen mit Kostenund Belegungsbindungen vorhanden seien; für größere, gut ausgestattete - und damit natürlich teurere - Wohnungen sei mit einer steigenden Nachfrage zu rechnen. 112 Die direkte Förderung könnte hingegen im Schwerpunkt für Eigentumsmaßnahmen eingesetzt werden, weil noch wenig Haushalte über Wohneigentum verfügen. 113

Hier soll zunächst der Mietwohnungssektor betrachtet werden. Die Argumentation, daß für den freifinanzierten

Mietwohnungsbau beträchtliche Marktchancen

gegeben sind, leuchtet ein, schon deshalb, weil ein Angebot im "gehobenen Segment" bisher fast gar nicht vorhanden war. Unterstützt wird diese Form des Bauens - nicht nur im Neubau, sondern auch als Um- und Ausbau - durch die Mietrechtsregelungen, die im Einigungsvertrag festgelegt worden sind: Die Mieten können frei vereinbart werden, wenn Wohnraum neu geschaffen wird; bei umfangreicher Instandsetzung und Modernisierung wird der Mietanteil aus diesen Maßnahmen (garantierte Ertragsrendite in Höhe von 11 vH der Kosten) weitaus mehr Gewicht haben als die Ursprungsmiete.

Angesichts der wirtschaftlichen Umbruchsituation in den neuen Bundesländern ist eine Prognose der Einkommensentwicklung und -differenzierung kaum möglich. Man kann also weder den Umfang der potentiellen Nachfrage noch die

112

Vgl. Kronberger Kreis (Hrsg.): Soziale Marktwirtschaft in der DDR, a.a.O; S. 38. 113

Vgl. J. Eekhoff: Vorstellungen zur Wohnungsbaupolitik in der DDR, a.a.O., S. 516. 132

Mietenentwicklung für dieses Marktsegment abschätzen. Auch die Investoren werden sicherlich kaum darauf setzen, daß in den nächsten zehn Jahren eine Kostendeckung von der Ertragsseite her erzielt wird. Wichtiger sind die Erwartungen über Ertrags- und Sachwertzuwächse und die Finanzierungshilfen aus steuerlichen Absetzungsmöglichkeiten.

Man kann wohl annehmen, daß in den Bereichen Neubau und Sanierung in den städtischen Zentren, hier insbesondere für Gebäude, die eine Nutzung für Gewerbe und Wohnen verbinden; sowie Neubau und umfassende Modernisierung in guten städtischen Wohnlagen (Grünviertel, Randlagen, Vororte),

sehr bald eine rege Bautätigkeit in Gang kommen wird, nachdem - bzw. vorausgesetzt, daß - der Erwerb von Immobilien durch den Wegfall von Hemmnissen (Verkehrsbeschränkungen, Funktionsfähigkeit der Grundbuchämter) und durch ein vermehrtes Angebot aus dem Bereich des kommunalen Besitzes erleichtert werden wird. Allerdings dürfte dabei die Zahl der Investoren aus den östlichen Bundesländern selbst gering sein. Vorwiegend werden wohl Kapitalanleger aus dem Westen diesen Markt übernehmen. Zu beachten ist, daß die Bautätigkeit im "freifinanzierten" Bereich bisher nur in geringem Umfang von Wohnungsunternehmen, sondern von privaten Haushalten getragen wird. Dies galt (im bisherigen Bundesgebiet) jedenfalls insoweit, als diejenigen Wohnungsunternehmen, die eine langfristige Bewirtschaftung betreiben, sich weniger häufig oder in anderer Form an diesem Markt beteiligt haben als Unternehmen, die vorwiegend als Organisatoren und Bauträger fungierten. 114 114

In der Regel ging es ja darum, die Nachfrage einzelner privater Interessenten für größere Objekte zusammenzubinden. Dabei bot es sich häufig an, die Möglichkeit der Bildung von Einzeleigentum an Wohnungen (entsprechend dem WEG) zu nutzen, um so zugleich die "Bauherreneigenschaft 11 im Sinne des Steuerrechts auf die einzelnen privaten Anleger zu verteilen (Bauherren- und Erwerbergemeinschaften). Ähnliche Organisationsformen sind BGB-Gesellschaften

133

Wenn man insoweit eine günstige Perspektive für den freifinanzierten Bereich zeichnen kann, sollte man doch nicht übersehen, daß dieser Markt beschränkt ist.

Ein ernstzunehmendes Hemmnis könnte sein, daß sich im Ostteil der Republik erhebliche Widerstände gegen eine Besitzüberfremdung zeigen werden. Die Sorgen vor einer Öffnung des Immobilienmarktes bestanden ja in der DDR seit der Wende von Anfang an. 1 1 5

Auch wenn es keine wesentlichen Zugangsbeschränkungen geben sollte, wird der Markt vorwiegend auf "gute Lagen" begrenzt sein.

Für die kommunalen Wohnungsunternehmen und die Genossenschaften in den neuen Ländern wären der Bau von Wohnungen, die nicht-preisgebunden sind oder aufwendige Modernisierungen, die zu ähnlichen Mieten führen wie beim Neubau, ,nur dann von Interesse, wenn sie damit rechnen könnten, daß sie sehr bald eine Kostendeckung erreichen werden. Verluste aus Vermietung haben sie ja schon genug; steuerliche Instrumente kann man nur nutzen, wenn Gewinne unterzubringen sind.

4.2.2

Öffentlich geförderter Wohnungsbau

Die Vorausschätzung, daß im Ostteil des Landes bis zum Jahr 2000 etwa 1 Million Wohnungen als Neubau oder "Rekonstruktion" geschaffen werden müssen, basiert - wie für den Westen - auf der Annahme, daß künftig ein größerer Bevölkerungs-

und geschlossene Immobilienfonds. 115

Dieser Aspekt ist auch im Wochenbericht 28/1990 des DIW dargestellt worden, mit der Empfehlung, eine zeitlich befristete Steuer auf Wertzuwächse einzuführen. Vgl. Bauwirtschaft und Wohnungswirtschaft in der DDR - Lage und Perspektiven. Bearb.: B. Bartholmai, M. Melzer. 134

teil zu versorgen sein wird, der nur über unterdurchschnittliche Einkommen verfügt. Selbst wenn man bedenkt, daß Umschichtungen bei der Nutzung des Wohnungsbestands,

durch

Umzugsprozesse,

an deren

Ende

preiswertere

Wohnungen freigesetzt werden, im Ostteil eine größere Rolle spielen werden als im Westen, wird man doch den größeren Teil des Neubaus förderungstechnisch auf ein Mietenriiveau ausrichten müssen, das nicht allzuweit von den reglementierten Mieten des kommunalen Bestandes entfernt ist: Es ist kaum vorstellbar, daß Wohnungen zu Preisen von 10 D M je m 2 von den Nachfragern angenommen werden, wenn demgegenüber die Durchschnittsmieten vielleicht auf einem Niveau von 3 bis 4 D M je m 2 gehalten werden.

Die Notwendigkeit, das Mietenniveau für große Teile des Bestands in den Beitrittsländern möglichst rasch an Preise vergleichbarer Bestände im Westteil des Landes heranzuführen, ist unbestritten. In einer ehemals geteilten Stadt wie Berlin und in den Grenzgebieten wird schon die Nähe der Märkte eine Angleichung bewirken. Jedoch wird niemand bezweifeln, daß bei einem Vergleich der Angebotsqualitäten auf beiden Seiten, im Osten ein niedriges Preisniveau gerechtfertigt ist; ganz abgesehen davon, daß die Kaufkraft dort noch auf Jahre hinaus geringer sein wird. Der Gebäude- und Wohnungszählung von 1987 zufolge betrug die Durchschnittsmiete im Westen ca. 6,5 D M je m 2 Wohnfläche. Eine stufenweise Anhebung in den östlichen Bundesländern, mit dem Ziel, etwa bis zum Jahre 1995 dort eine Vergleichsmiete zu erreichen, die "marktgerecht" wäre, könnte allenfalls auf ein Mietenniveau von 5 D M je m 2 zielen. Das entspräche etwa dem derzeitigen Kostenniveau (vgl. Abschnitt 3.1.2); da die Aufwendungen steigen müssen, wird die Schere zwischen Erträgen und Kosten kaum zu schließen sein. Deshalb ist auch ein Problem der "Nachsubventionierung" bei Wohnungen des Bestandes zu lösen.

Im Kapitel 3 wurde bereits angesprochen, daß der Einsatz öffentlicher Förderungsmittel im Sinne des II. WoBauG im Bereich der städtebaulichen Sanierung

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möglich ist. 1 1 6 Weil die Finanzmittel der Städtebauförderung selbst nicht zur Finanzierung der Investitionen dienen sollen und auch keinesfalls ausreichen würden, muß der größte Teil der Finanzierung durch die Gebäudeeigentümer selbst erbracht werden, die widerum steuerliche oder direkte Hilfen in Anspruch nehmen können. In einer früheren Untersuchung des DIW wurde anhand von Daten der Bautätigkeits- und der Bewilligungsstatistik gezeigt, daß etwa die Hälfte aller Wohnungen in Sanierungsgebieten mit öffentlichen Mitteln (1. Förderungsweg) gebaut worden sind. 117

In den Bereichen Neubau und Sanierung wird die Wohnungspolitik auf das Instrument der öffentlichen Förderung gar nicht verzichten können, abgesehen von den zuvor beschriebenen speziellen Marktsegmenten, die sich "freifinanziert" entwickeln werden. Die eingangs zitierte Überlegung, daß eine öffentliche Förderung im Bereich des Mietwohnungsbaus in den neuen Bundesländern weitgehend entbehrlich sei, muß aus diesen Gründen in Zweifel gezogen werden.

Eine andere Überlegung war, daß der Schwerpunkt bei der Förderung von Eigentumsmaßnahmen liegen könne. Dazu ist vorab anzumerken, daß das II. WoBauG in § 1 sogar ausdrücklich vorschreibt, daß die Förderung des Wohnungsbaus überwiegend der Bi^iung von Einzeleigentum dienen soll. Diese Vorschrift, die 1976 eingefügt worden ist, wird so interpretiert, daß nicht die Zahl der geförderten Wohnungen, sondern der überwiegende Teil der bewilligten Mittel (Finanzierungsmittel und Aufwendungsdarlehen) gemeint sei. Diese 50%-Quote wurde jedoch in den westlichen Bundesländern nicht immer erfüllt. 118 Nur der 116

§ 26 des II. WoBauG sieht vor, daß "der Wohnungsbau in Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf sowie im Zusammenhang mit städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen ... vordringlich gefördert wird." 117

Diese Angaben beziehen sich auf die Zeit zu Beginn der 80er Jahre. Vgl.: Gesamtwirtschaftliche und strukturelle Auswirkungen von Veränderungen der Struktur des öffentlichen Sektors; Kapitel 3: "Förderung des Wohnungs- und Städtebaus", S. 206. In: DIW-Beiträge zur Strukturforschung, Heft 81/1984. 118

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Vgl. ebenda, S. 153 und 167.

Bund selbst hat als Förderungsgeber seine Mittel weitgehend für Eigentumsmaßnahmen reserviert. Sieht man von dieser gesetzlichen Festlegung - die im Hinblick auf den wieder vordringlichen Bedarf an Mietwohnungen durchaus geändert werden sollte - ab, so ist darüber hinaus zu prüfen, ob eine derartige Förderung den Problemen im Osten gerecht wird.

Es ist unbestreitbar, daß im Bereich der Sachvermögensbildung privater Haushalte ein Nachholbedarf besteht. Die Bürger der DDR konnten aus der Ersparnis vorwiegend nur Geldvermögen, auf Sparkonten oder als Lebensversicherungen, bilden. Anlagen in Beteiligungen am Produktiwermögen (z.B. Aktien) waren ihnen verwehrt; der Erwerb von Grundstücken und der Bau von Eigenheimen wurde nur in geringem Maße unterstützt (vgl. Kapitel 1), oder war nur für eine privilegierte Schicht möglich. Wegen der Erschwernis, Grundstücke zu erwerben, kann man allenfalls sagen, daß es neben den Privilegierten noch eine größere Zahl von Haushalten gibt, die aus der Vorkriegszeit bzw. aus Erbschaften über Grundvermögen verfügen. Infolge des Wertanstiegs der Grundstücke, der jetzt eintritt, sind diese Haushalte im Verhältnis zu allen Sparern besser gestellt. Dies ist ein besonderes Problem, das hier nicht ausführlich diskutiert werden kann.

Ein wesentliches Ziel der Wohneigentumsförderung wird in der Politik gerade darin gesehen, die Verinögensverteilung gerechter zu gestalten. Als Adressaten der direkten Eigentumsförderung in den neuen Bundesländern kommen vor allem Haushalte in Betracht, die entweder bereits über Grundstücke oder über besonders hohe Geldvermögen verfügen. Es ist also durchaus zu bedenken, ob man mit einer Bauförderung nicht sogar zu einer unerwünschten Vermögenskonzentration beiträgt. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist, daß die Eigentumsbildung im Zusammenhang mit der Privatisierung möglichst großer Teile des Wohnungsbestands stehen sollte. 137

Darin stimmten die wohnungspolitischen Kommissionen aus Ost und West überein. Unsere Instrumente der Eigentumsförderung sind für eine Unterstützung dieses Ziels nicht ideal, - weder die direkte, noch die steuerliche. Die direkte Förderung ist fast ausschließlich für Neubauten gedacht. 119 Jedenfalls kommt es entscheidend darauf an, daß neuer Wohnraum geschaffen wird; in diesem Sinne wird die in § 2, II. WoBauG enthaltene Formulierung "Wiederaufbau zerstörter oder Wiederherstellung beschädigter Gebäude" ausgelegt. Hier könnte ein Ansatzpunkt für den Gesetzgeber gesehen werden, die Belange der Sanierung besser einzubeziehen.

Die allgemeine steuerliche Förderung berücksichtigt neben dem Neubau auch den Erwerb; angesichts der Problemlage im Ostteil des Landes käme es jedoch in gleichem Maße darauf an, die im Anschluß erforderlichen Baumaßnahmen zusätzlich zu unterstützen. Dafür bietet es sich an, die Modernisierungsförderung aufleben zu lassen, wobei durchaus eine regionale Beschränkung auf die neuen Länder möglich ist. Hingegen wäre es schwieriger, steuerliche Rahmenbedingungen regional zu differenzieren.

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Schlußbemerkung

Zum Zeitpunkt der Auftragserteilung war überlegt worden, ob es möglich sei, die Fragen der künftigen Wohnungsbaufinanzierung im Gebiet der ehemaligen DDR auch in dem Sinne zu betrachten, welche Anforderungen sich aus der Struktur des Wohnungsbauvolumens für die Kreditnachfrage ergeben werden. Für das bisherige Gebiet der Bundesrepublik ist die Finanzierungsstruktur aus der Kreditstatistik bekannt; sie ist von Interesse im Hinblick auf die Marktanteile der Gruppen von

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Im Westen dient diese Förderung vor allem als Zusatz zur allgemeinen steuerlichen Förderung (§ 10e EStG) für weniger einkommensstarke Gruppen und Haushalte im mittleren Einkommensbereich (2. Förderungsweg). 138

Finanzierungsinstituten (Realkreditinstitute, Geschäftsbanken und Sparkassen, Bausparkassen und Versicherungen) sowie der Segmente der Kreditverwendung (Neubau, Modernisierung, Instandsetzung, Erwerb von Immobilien). Zu diesem Thema hat das DIW vor kurzem eine Auswertung vorgelegt. 120

Im Gebiet der neuen Bundesländer kommt der Kreditmarkt erst in Gang. Für eine Vorausschätzung könnte ein Ansatz darin liegen, daß bestimmte Strukturen im Analogschluß übertragen werden. Dies könnte in der Weise geschehen, daß Tendenzen der Wohnüngsnachfrage (privater Haushalte) und der Baunachfrage (von Investorengruppen) als Basis dienen.

Zur Zeit erscheint dies noch verfrüht, weil die durch die Politik zu setzenden Rahmenbedingungen nicht ausdiskutiert und in weiten Bereichen unsicher sind. In Abschnitt 2.4 ist versucht worden, das Wohnungsbauvolumen in der Größenordnung und Struktur einzugrenzen. Sobald es darüber hinaus möglich sein wird, die Nachfrage der Investoren (einschließlich der privaten Haushalte) nach Neubauund Modernisierungsleistungen und darüber hinaus den potentiellen Erwerb von Gebäuden und Wohnungen genauer zu beziffern, könnte der Aspekt "Kreditmarktentwicklung" aufgegriffen werden.

120

Vgl.: Aktuelle Tendenzen des Wohnungsbaus und der Wohnungsbaufinanzierung. In: Wochenbericht des DIW, Nr. 15-16/1988. Bearb.: B. Bartholmai. 139