Kirchengeschichtliches Repetitorium: Zwanzig Grundkapitel der Kirchen-, Dogmen- und Theologiegeschichte. Mit Lernfragen auf CD-ROM von Marcel Nieden 9783825237103, 3825237109

In geschickter Verbindung von Ereignissen und Entwicklungslinien bietet dieses Studienbuch grundlegende Informationen zu

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Kirchengeschichtliches Repetitorium: Zwanzig Grundkapitel der Kirchen-, Dogmen- und Theologiegeschichte. Mit Lernfragen auf CD-ROM von Marcel Nieden
 9783825237103, 3825237109

Table of contents :
Kirchengeschichtliches Repetitorium
Title Page
Copyright
Inhalt
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage
Zur dritten Auflage
I. Das Zeitalter der Apostolischen Väter
II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts
III. Die Entstehung der Institution Kirche und die Theologie um 200
IV. Das Christentum des 3. Jahrhunderts
V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums
VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte
VII. Augustin
VIII. Die Entstehung des Papsttums und Überblick über die byzantinische Reichskirche
IX. Die Christianisierung der Germanen
X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter
XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter
XII. Das Spätmittelalter
XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation
XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530
XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555
XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter
XVII. Pietismus und Aufklärung
XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution
XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert
XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert
Literaturverzeichnis
Personen- und Sachregister
Lernfragen zum Kirchengeschichtlichen Repetitorium auf CD-ROM
Hinweise zur Benutzung der CD-ROM
Abkürzungsverzeichnis
Lernfrage I
Lernfrage II
Lernfrage III
Lernfrage IV
Lernfrage V
Lernfrage VI
Lernfrage VII
Lernfrage VIII
Lernfrage IX
Lernfrage X
Lernfrage XI
Lernfrage XII
Lernfrage XIII
Lernfrage XIV
Lernfrage XV
Lernfrage XVI
Lernfrage XVII
Lernfrage XVIII
Lernfrage XIX
Lernfrage XX

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Wolfgang Sommer Detlef Klahr

Kirchengeschichtliches Repetitorium Zwanzig Grundkapitel der Kirchen-, Dogmen- und Theologiegeschichte mit Lernfragen auf CD-ROM von Marcel Nieden 5. Auflage

Vandenhoeck & Ruprecht

WOLFGANG SOMMER, geb. 1939 in Berlin, Dr. theol., Professor für Kirchen- und Dogmengeschichte an der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau, seit 2004 i.R. Hauptarbeitsgebiet: Kirchen- und Theologiegeschichte der Neuzeit, insbesondere Theologie- und Frömmigkeitsgeschichte des Luthertums in der Frühen Neuzeit. DETLEF KLAHR, geb. 1957 in Bergen/Celle, Dr. theol., Theologischer Assistent an der AugustanaHochschule in Neuendettelsau bis 1997. Superintendent des Kirchenkreises Burgdorf bei Hannover. Seit 2007 Landessuperintendent in Emden/Ostfriesland. MARCEL NIEDEN, geb. 1965 in Darmstadt, Dr. theol. habil., Theologischer Assistent an der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau bis 2004, seit 2005 Privatdozent für Kirchengeschichte ebenda. Pfarrer in Weßling/Oberbayern. Seit 2011 Professor für Evangelische Theologie mit Schwerpunkt Historische Theologie an der Universität Duisburg-Essen.

Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012, 1994 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. – Printed in Germany. Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Druck und Bindung: CPI books GmbH, Ulm UTB-Band-Nr. 1796 ISBN 978-3-8252-3710-3

Inhalt Vorwort .....................................................................................................

7

I.

Das Zeitalter der Apostolischen Väter ........................................

9

II.

Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts ............................................

16

III.

Die Entstehung der Institution Kirche und die Theologie um 200

26

IV.

Das Christentum des 3. Jahrhunderts ..........................................

35

V.

Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums ........................................................

41

VI.

Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte ..................

51

VII.

Augustin ......................................................................................

62

VIII.

Die Entstehung des Papsttums und Überblick über die byzantinische Reichskirche ..........................

73

IX.

Die Christianisierung der Germanen ..........................................

80

X.

Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter .............

90

XI.

Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter ........................................................

103

XII.

Das Spätmittelalter ......................................................................

113

XIII.

Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation ..

123

XIV.

Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530 ..........................................

133

5

XV.

Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555 ..............................

148

XVI.

Überblick über das konfessionelle Zeitalter ...............................

157

XVII.

Pietismus und Aufklärung .........................................................

175

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution .............................................

197

XIX.

Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert ....

216

XX.

Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert .............

237

Literaturverzeichnis .................................................................................

260

Personen- und Sachregister .....................................................................

265

Lernfragen zum Kirchengeschichtlichen Repetitorium auf CD-ROM ....

279

Hinweise zur Benutzung der CD-ROM ..................................................

280

Abkürzungsverzeichnis ...........................................................................

291

6

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage Hier wird der Versuch unternommen, in thematischer Auswahl wichtige Daten, Ereignisse und Zusammenhänge für ein Lernen im Überblick zusammenzustellen … Ein nur additiv gesammelter »Paukstoff« kann den gewünschten Lernzweck nicht erfüllen. Es wurde deshalb besonders darauf geachtet, bei aller Knappheit der Darstellung den problemgeschichtlichen Zusammenhang der Ereignisse erkennen zu lassen. Ein kurzer Einstieg in das jeweilige Kapitel ist als Hinführung zu den Grundaspekten zu verstehen, die dann lernorientiert, nach inhaltlichen Gesichtspunkten untergliedert, das Grundwissen entfalten … Das hier vorgelegte Repetitorium möchte somit bei der Erarbeitung des kirchengeschichtlichen Grundwissens eine Lernhilfe und hoffentlich auch eine Verstehenshilfe sein. Der verbreiteten Resignation angesichts der zu bewältigenden Stoffülle in der Kirchengeschichte soll mit diesen „Schneisen“ ein wenig entgegengewirkt werden. Neuendettelsau, März 1994

Wolfgang Sommer / Detlef Klahr

Zur dritten Auflage Der Bedarf an einer knappen Gesamtdarstellung der Kirchen-, Dogmen- und Theologiegeschichte, die den Rahmen des sog. kirchengeschichtlichen Grundbzw. Überblickwissens für Examina in etwa absteckt, ist nach wie vor sehr groß. Das zeigt die Verbreitung dieses Kirchengeschichtlichen Repetitoriums seit seinem ersten Erscheinen im Jahre 1994. Daß ein solcher Versuch neben den umfangreichen Darstellungen der Gesamt- und Teilkirchengeschichte ein Wagnis war und ist, braucht kaum eigens hervorgehoben zu werden. Er wurde aus der Überzeugung heraus unternommen, daß es nicht nur aus studienpraktischen Gründen, sondern auch aus dem Selbstverständnis der Kirchengeschichte heraus sinnvoll und notwendig ist. Denn angesichts der sich immer weiter differenzierenden kirchenhistorischen Detailforschungen, die die Kirchengeschichte mit allen Wissenschaften teilt, sind schwerpunktmäßige Grundlinien in einem knappen Gesamtüberblick unverzichtbar. Die Schwierigkeit, solche Grundlinien zu markieren, hat einen derartigen Versuch in dieser Knappheit bisher verhindert. Das ist verständlich und doch unbefriedigend. Somit besteht weiterhin die Hoffnung, daß dieses Kirchengeschichtliche Repetitorium neben der notwendigen Orientierungshilfe zu einer sinnvollen Ergänzung des kirchengeschichtlichen Studiums im Detail und zur Arbeit an den Quellen führen möge. 7

Für die dritte Auflage wurde es überarbeitet, in einigen Kapiteln etwas gekürzt und in der Kirchengeschichte des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart fortgeführt. Die bisherigen Schwerpunktfragen zur Wiederholung entfielen. An ihre Stelle sind die Lernfragen zum Kirchengeschichtlichen Repetitorium getreten, ausgearbeitet von Marcel Nieden. Sie erschließen das gesamte in den »Grundaspekten« entfaltete Wissen in Form von Frage und Antwort. Damit bieten sie die Möglichkeit, den kirchengeschichtlichen Lernstoff ohne größeren Schreibaufwand zu wiederholen und dauerhaft im Langzeitgedächtnis zu verankern. Die beiliegende CD-ROM enthält die Lernfragen in verschiedenen Dateiformaten (PDF, RTF, HTML), so daß die Fragen und Antworten – je nach Lerntyp – auf Karteikarten ausgedruckt oder auch als Lernprogramm benutzt werden können. Die Formatierung erlaubt es, die Lernfragen in das eigene Textverarbeitungsprogramm zu übernehmen und etwa im Blick auf Schwerpunktthemen weiter zu bearbeiten. Durch dieses Medium sollen im Rahmen der kirchengeschichtlichen Ertragssicherung neue Wege zu einem individuellen, effizienten Lernen eröffnet werden. Frau Andrea Siebert hat in gewohnter Professionalität die Druckvorlage erstellt und sich insbesondere um die elektronische Präsentation der Lernfragen verdient gemacht. Ihr sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht danken wir für die bewährte Zusammenarbeit sowie für die Bereitschaft, sich auf diese neue Form eines kirchengeschichtlichen Lernbuches einzulassen. Neuendettelsau, April 2001

Wolfgang Sommer / Marcel Nieden

Für die vierte Auflage wurde das bewährte Repetitorium geringfügig überarbeitet, die Literaturangaben wurden aktualisiert. Neuendettelsau, im März 2006

Wolfgang Sommer / Marcel Nieden

Für die fünfte Auflage wurden die Literaturangaben aktualisiert. Es sei noch einmal auf das Vorwort zur 3. Auflage hingewiesen. Neuendettelsau, im Januar 2012

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Wolfgang Sommer / Marcel Nieden

I. Das Zeitalter der Apostolischen Väter Einstieg In diesem Zeitalter (vom Ende des 1. bis zur Mitte des 2. Jh.s) tritt das junge Christentum vollends in die griechische Welt ein. Es beginnt die eigentliche Geschichte des Christentums in der griechisch-römischen Antike. Die sog. Apostolischen Väter stellen eine frühchristlich-nachapostolische Schriftengruppe dar, die mit dem neutestamentlichen Kanon in mancherlei Weise verbunden ist, aber selbst nicht in den Kanon aufgenommen wurde. Im Kanon sind etwa gleichzeitig das Johannesevangelium, der Hebräerbrief, der Jakobusbrief und vor allem die Pastoralbriefe. Es ist eine Periode frühchristlicher Theologie, die noch keine Norm kennt, an der echt und falsch entschieden werden könnte. Diese Schriften stammen fast alle aus dem Heidenchristentum und stellen größtenteils Gelegenheitsschriften, Briefe, Homilien dar, die für uns einen besonderen Wert dadurch haben, weil sie die ältesten Zeugnisse des christlichen Glaubens neben dem NT enthalten. Die Bedeutung der Apostolischen Väter liegt weniger in der dargebotenen Lehre als in dem Lebensbild, das wir durch sie von den ersten christlichen Gemeinden haben. Über Glauben, Leben und kirchliche Sitte der frühen Christenheit geben sie uns aufschlußreiche Kunde. Zur Zeit der Apostolischen Väter, auch nachapostolisches Zeitalter genannt, wird die Richtung der weiteren kirchengeschichtlichen Entwicklung entscheidend bestimmt. Die wichtigste geschichtliche Zäsur zwischen Paulus und den Apostolischen Vätern stellt der gescheiterte jüdische Aufstand gegen die Römer im Jahre 70 dar. Für das Verhältnis zwischen Juden und Christen hatten die Ereignisse um 70 und die Zerschlagung des darauf folgenden Widerstandes gegen die Römer unter Bar Kochba schwerwiegende Folgen. Die politische Niederlage gegenüber den Römern führte zu einer religiösen Konzentration im Judentum, während für das junge Christentum der geschichtliche und räumliche Hintergrund des Judentums immer mehr verblaßte. Nach dem Fall Jerusalems unter Titus im Jahre 70 wanderte die dortige judenchristliche Gemeinde ins Ostjordanland ab, wo sich ihre geschichtlichen Spuren immer mehr verlieren. Der Schwerpunkt der christlichen Entwicklung lag nun ganz im hellenistischen Bereich. Die stärker werdende christliche Mission bedingt ein Abgrenzungsverhältnis zwischen Juden und Christen. Das Werben um die Juden hat freilich die christliche Mission im 2. Jh. und teilweise auch im 3. Jh. noch weithin begleitet. Aber das christliche Selbstbewußtsein war von nun an oft mit einem Antijudaismus 9

verbunden, der in unterschiedlicher Intensität seit der Zeit der Apostolischen Väter eine Begleiterscheinung der Kirchengeschichte bleibt. Die religiöse Konzentration im Judentum hatte die Ausgrenzung der Randgruppierungen, also auch des Christentums, zur Folge. Die Ausbreitung des Christentums vollzog sich spontan, weithin durch das Beispiel der Christen in den Gemeinden. Mit dem sittlichen Ernst ihrer Lebensführung traten sie aus dem gewohnten Rahmen der spätantiken Gesellschaft heraus. In der Theologie und im Amtsverständnis der Apostolischen Väter macht sich der Wandel vom Urchristentum in die neue Zeit besonders bemerkbar. Gegenüber dem Urchristentum zeigen die Schriften der Apostolischen Väter ein immer stärkeres Dringen auf die sittliche Bewährung des Glaubens. In vielerlei Hinsicht haben auch äußere, geistig-politische Ursachen die Ausbreitung des Christentums in dieser Zeit begünstigt. Die Weite des Reiches, der lebhafte Verkehr zwischen den Provinzen, die hellenistische Kultur und damit die sprachliche Einheit, verbunden mit einer toleranten Religionspolitik der römischen Herrscher – all dies war dem jungen Christentum wie jeder anderen Religion entgegengekommen. Vor allem in den Städten, konzentriert auf Griechen und Römer, weniger auf dem Lande, breitete sich das junge Christentum aus. Allerdings gehören zur geschichtlichen Situation der Apostolischen Väter auch die ersten »Christenverfolgungen«.

Grundaspekte Die wichtigsten Schriften der Apostolischen Väter – Der erste Clemensbrief, um 95 in Rom geschrieben. – Die Ignatianen, 7 Briefe des Bischofs Ignatius von Antiochien an verschiedene Empfänger, um 115 auf seiner Reise nach Rom geschrieben, wo ihn der Märtyrertod erwartete. – Der Polykarpbrief an die Philipper, um 110 in Smyrna geschrieben. – Der Barnabasbrief, um 130, möglicherweise aus Ägypten stammend. – Der zweite Clemensbrief, um 140 in Rom oder Korinth geschrieben. – Der Hirt des Hermas, um 150 in Rom abgefaßt. – Die Papiasfragmente, um 150 überliefert bei Irenäus und Euseb. 10

– Die Zwölf-Apostel-Lehre (Didache), aus der ersten Hälfte des 2. Jh.s stammend, wahrscheinlich in Syrien verfaßt. Zum Verhältnis von Juden und Christen im nachapostolischen Zeitalter – Im Jahre 70 erhoben sich die Juden gegen die Römer und erlebten eine folgenreiche Niederlage. Unter den Kaisern Trajan und Hadrian wurde der Widerstand der Juden endgültig zerschlagen (Bar-Kochba-Aufstand um 135). – Diese politischen Ereignisse beeinflußten das Verhältnis zwischen Juden und Christen erheblich. Im Judentum führten sie zur religiösen Konzentration nach innen mit der Folge einer Ausgrenzung von Randgruppierungen einschließlich des Judenchristentums. Um das Jahr 90 wird gegenüber den Separatisten in das Achtzehnbittengebet der Synagoge eine Verfluchung eingefügt. – In den Schriften der Apostolischen Väter zeigt sich ein christliches Selbstbewußtsein in Verbindung mit einer antijüdischen Haltung (so etwa im Barnabasbrief und bei den Ignatianen). – Die Beschneidung und das Festhalten an jüdischen Speisegeboten (noachitische Gebote) verlieren für die christlichen Gemeinden an Bedeutung. Der Übergang des frühen Christentums aus dem jüdischen in den griechischen Bereich ist zu dieser Zeit praktisch zum Abschluß gekommen. Mission und Ausbreitung des Christentums – Rasche und gleichmäßige Ausbreitung des Christentums im ganzen römischen Reich. Im Unterschied zu den Missionsreisen des Apostels Paulus vollzog sich die christliche Mission spontan. Für die rasche Ausbreitung des Christentums im nachapostolischen Zeitalter gibt es verschiedene Gründe. – Innere Gründe: Die Christen beeindruckten die spätantike Gesellschaft mit ihrer Lebensführung in Übereinstimmung von Glaube und Tat. Die christliche Hilfe gegenüber dem Nächsten hob sich von der antiken Wohltätigkeit ab. Der Umgang mit Frauen und Sklaven als gleichberechtigten Mitgliedern in den christlichen Gemeinden hatte gegenüber den Gepflogenheiten der antiken Gesellschaft Aufsehen erregt. – Äußere Gründe: Das Friedenswerk des Kaisers Augustus (Pax Augusta). 11

Intensivierung des Handels zwischen den Provinzen und damit des kulturellgeistigen Austausches. Die hellenistische Kultur und damit die sprachliche Einheit. Tolerante Religionspolitik der römischen Herrscher. Christenverfolgungen in dieser Zeit – Um 64 fand in Rom unter Kaiser Nero ein Pogrom statt, bei dem Petrus und Paulus wahrscheinlich den Märtyrertod erlitten. – Einzelne Verfolgungen in der 1. Hälfte des 2. Jh.s, meist als örtliche Maßnahmen. Seit Kaiser Trajan (98–117) war den römischen Behörden die Nachforschung nach Christen untersagt, nur auf Anzeigen sollten sie reagieren (Reskript des Kaisers Trajan an Plinius d.J., ca. 111/13). – Hauptmotive für die Verfolgungen: tiefer Gegensatz zwischen der römischen Gesellschaft und dem christlichen Selbstverständnis. Der christliche Glaube hat die bestehenden Verhältnisse in Staat und Gesellschaft nicht einfach überhöht, sondern kritisch in Frage gestellt. Die Christen wurden daher in der römischen Gesellschaft als Fremdkörper empfunden. Ihre Heilsgewißheit, ihr enges gemeinschaftliches Leben und ihre Ferne von den gesellschaftlichen Sitten sowie ihre strenge Lebensführung bis zur Todesbereitschaft wirkten abstoßend. – Der Ablehnung geht die Anziehungskraft des Christentums parallel. Das nachapostolische Zeitalter stellt sich uns als eine Zeit der Konsolidierung der Kirche im Gebiet des römischen Reiches dar. Zur Theologie der Apostolischen Väter – Die Aneignung des Evangeliums durch das Heidenchristentum ist ein theologischer Prozeß in Kontinuität und Wandlung gegenüber dem Urchristentum. Gott ist in erster Linie der Gott der Schöpfung, der Erlösung und der sittlichen Gerechtigkeit. Betonung der Transzendenz Gottes und des Unterschiedes zwischen Gott und Mensch. – In der Christusanschauung Akzentverlagerung vom Sohn Davids zum Sohn Gottes. Durch die Auferstehung ist Christus als der Kyrios erwiesen. Die Gleichung Gott = Logos steht in enger Beziehung zur Präexistenzvorstellung. Als Offenbarer und Richter der Welt, als Begründer einer neuen Hoffnung und Geber der neuen Gesetze ist er vor allem der Herr des sittlichen Lebens. Der fehlende Zusammenhang mit der urchristlichen »Leben-Jesu-Überlieferung« wirkt sich christologisch aus. 12

– Die Kirche ist der Leib Christi. Nicht nur Christus, sondern auch die Kirche ist präexistent. Sie ist eine Schöpfung des Geistes; die erfahrenen Geist- und Kraftwirkungen beweisen, daß man die Gemeinde der Endzeit ist. Zu diesem Selbstverständnis gehört auch das Martyrium. – In der Ethik der Apostolischen Väter zeigt sich besonders der Weg vom NT zum kirchlichen Christentum. Christus bringt das neue Gesetz. Die Freiheit dieses neuen Gesetzes versteht man auf heidenchristlichem Boden weithin als Freiheit vom jüdischen Zeremonialgesetz. Damit wird die Tiefe des paulinischen Gesetzesverständnisses nicht erreicht, sondern man fällt in die Gesetzlichkeit zurück. Der Moralismus ist ein deutlicher Wesenszug bei den Apostolischen Vätern. Die Konsolidierung der kirchlichen Ordnung – Aus den ursprünglichen charismatischen Gemeindefunktionen (Apostel, Propheten, Lehrer) entwickeln sich zwei Modelle der Gemeindeleitung: die judenchristliche Presbyterialordnung und die paulinische Episkopalordnung. Beide Leitungsmodelle verschmelzen zur Zeit der Apostolischen Väter zur Ämtertrias von Bischof, Presbyter und Diakon. Das Bischofsamt wächst als besonderes Leitungsamt aus dem Presbyterkollegium heraus. – Der sog. Monepiskopat (ein Bischof leitet die Gemeinde allein) tritt zuerst in Syrien und Kleinasien in Erscheinung und wird in den Ignatiusbriefen deutlich bezeugt. Auch der erste Clemensbrief betont stark die Bedeutung des kirchlichen Amtes und macht den Amtsträger zum Nachfolger der Apostel. – Der Brauch, den Bischof durch Handauflegung (Ordination) zu beauftragen, ist nach jüdischem Vorbild um 100 vermutlich zuerst in Kleinasien geübt worden. – Der Gedanke der apostolischen Sukzession entwickelt sich ebenfalls nach jüdischem Vorbild. Zwei Bedeutungen kann dieser Gedanke beinhalten: 1. Die Träger des Amtes haben die rechte Lehrtradition von den Aposteln übernommen. 2. In ununterbrochener Folge sind sie von den Aposteln und deren Nachfolgern eingesetzt worden. Inhaltliche Aspekte einzelner Schriften – Der erste Clemensbrief ist ein Mahnschreiben des römischen Presbyters Clemens an die Gemeinde von Korinth. Unruhestifter in der Gemeinde von 13

Korinth sollen zur Ordnung gerufen werden. Gott ist ein Gott der Ordnung in Natur und Geschichte. Im Mittelpunkt dieses Briefes steht eine Theologie der Schöpfung. Aus ihr resultiert die positive Stellung zur Welt und zum Staat. Der christliche Glaube ist wesentlich Gehorsam gegenüber dem neuen Gesetz in Christus. – In den Ignatiusbriefen kommen die erfahrenen Geistwirkungen z.Zt. der Apostolischen Väter zum Ausdruck. Es sind charismatische Schriften, die vom griechischen Denken beeinflußt sind. Kaum Bezüge zum AT. Zur Abwehr der Häresien wird der Gehorsam gegenüber dem Bischof als Gehorsam gegenüber Gott betont (Monepiskopat). Im Abendmahlsverständnis vollzieht sich ein wichtiger Wandel: Es wird als fa,rmakon avqanasi,aj (als Medizin zur Unsterblichkeit) verstanden. Nicht die universale Erwartung des Reiches Gottes steht im Zentrum der christlichen Hoffnung, sondern die individuelle Unsterblichkeit. – Im Hirt des Hermas wird die Tauf- und Bußauffassung z.Zt. der Apostolischen Väter deutlich. Die Christen sind verpflichtet, nach der Taufe rein und heilig zu leben. Einmal nur ist in der Taufe Vergebung gewährt und die Kraft zum Guten geschenkt, eine zweite Buße ist nicht möglich. Diese Gedanken stehen unter der eschatologischen Erwartung des nahen Weltendes und der Wiederkunft Christi. Die Parusieverzögerung führt zur Milderung der ethischen Forderung: 1. Der Begriff des göttlichen Gebotes wird ausgedehnt. In der Askese gibt es Abstufungen (zweiter Clemensbrief). Besser ist Fasten als Gebet, Almosen besser als beides. 2. Auch im Begriff der Sünde werden Abstufungen vorgenommen. Es gibt bewußte und unbewußte Sünde. Die Sünde wird wesentlich beschrieben als Verderben, böse Begierde, Gefangenschaft in der Gewalt des Todes, als Irrtum und Unkenntnis. Der Gedanke der Schuld tritt weniger in Erscheinung. Im Hirt des Hermas wird die Nähe der Parusie verkündigt als ein Gericht, das über die Kirche und jeden einzelnen hereinbricht. Dennoch ist die Lage nicht zum Verzweifeln. Hermas verkündet aufgrund einer Vision, daß noch ein einziges Mal die Möglichkeit der Buße gegeben sei. Die Einmaligkeit dieser zweiten Buße wird scharf betont. – Bei Papias und Barnabas zeigt sich die Eschatologie der Apostolischen Väter, die Vorstellung von einem tausendjährigen irdischen Reich vor der Wiederkunft Christi. Nach jüdischem Vorbild wird der Weltenablauf in sechs Jahrtausenden gedacht, analog der sechs Schöpfungstage. Dann folgt das siebte 14

Jahrtausend, wenn Christus mit seinen Gläubigen auf Erden sichtbar regieren wird. Erst danach tritt der achte Tag ein, die Ewigkeit. Diese Anschauung eines irdischen tausendjährigen Reiches (Millennium) wird als Chiliasmus oder Millenarismus bezeichnet. Dieser Gedanke zieht sich seitdem durch die ganze Kirchengeschichte. Literaturhinweise ANDRESEN, C. / RITTER, A.M.: Geschichte des Christentums I/1, 7–18. BEYSCHLAG, K.: Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. I, 65–98. FRANK, K.S.: Grundzüge der Geschichte der Alten Kirche, 1–14. FRANK, K.S.: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, 173–177. HÄGGLUND, B.: Geschichte der Theologie, 13–19. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 2, 2.–2.2, 60f. u. § 2, 3.–3.4, 63–65. JACOBS, M.: Das Christentum in der antiken Welt, 13–35. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 31–41.

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II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts Einstieg Auf das Zeitalter der Apostolischen Väter folgt in der zweiten Hälfte des 2. Jh.s kirchen- und theologiegeschichtlich eine geistig höchst angespannte Zeit. Die Hauptfrage lautete nun: Welche geistige Relevanz hat das Christentum in bezug auf die nichtchristliche Welt zu beanspruchen? In der Kirchengeschichte nennt man die Zeit zwischen 150 und 200 das Zeitalter der Apologeten. Aber nicht nur diese Verteidiger des Christentums sind in dieser Zeit auf den Plan getreten. Zeitgleich mit ihnen verläuft die große gnostische Krise des 2. Jh.s, der christliche Gnostizismus, und schließlich wurde Marcion zu dieser Zeit der große Ketzer der Alten Kirche und begründete Montanus die prophetisch-apokalyptische Reformbewegung des Montanismus. Wir haben es also mit einer Vielzahl von geistigen Strömungen und theologischen Entwürfen zu tun, die sich z.T. konkurrierend gegenüberstehen. Das ist ein Hauptwesenszug dieses geistigen Umbruchs seit der Mitte des 2. Jh.s. Unter den Apologeten des 2. Jh.s versteht man diejenigen christlichen Schriftsteller, die sich gegen die verschiedenen Anfeindungen des Christentums erstmals literarisch zur Wehr setzten. Ihre geschichtliche Bedeutung liegt nicht in ihrer Wirkung nach außen, sondern vielmehr in ihrer innerkirchlichen Rückwirkung. Die Apologeten sind in gewisser Weise die Väter der kirchlichen Theologie. Mit Hilfe der zeitgenössischen Philosophie reflektieren sie über die Wahrheit der christlichen Offenbarung. Unter Gnosis versteht man eine synkretistische religiöse Bewegung, die bereits in die Anfänge des Christentums hineingewirkt hatte. Weltverachtung und Sehnsucht nach der Rückführung der Seele des Menschen in die göttlichhimmlische Welt sind Kennzeichen dieser Bewegung. Als religiöse Strömung und spekulative Erlösungslehre wandert die Gnosis vom Orient Richtung Westen und macht dabei Anleihen bei der babylonischen und persischen Religion. Dann kommt diese Strömung über Syrien auch auf jüdisches Gebiet, insbesondere nach Samarien, und nimmt hier jüdische Elemente auf. Schließlich macht diese synkretistische Bewegung den Versuch, das junge Christentum in seinen Strudel hineinzuziehen. Was man in der Kirchengeschichte unter christlichem Gnostizismus versteht und was im 2. Jh. die große Krise des Christentums brachte, gibt sich selbst als christliche Theologie. 16

In Marcion begegnen wir einer der interessantesten Gestalten der Alten Kirche, die höchst unterschiedliche Deutungen erfahren hat. Er hat inmitten eines Christentums, das sich auf den bloßen Schöpfungsglauben und eine christianisierte Moral zu beschränken drohte, das paulinische Grundproblem von Gesetz und Evangelium wiederentdeckt. Doch dieses Verhältnis von Gesetz und Evangelium bricht bei ihm in einen radikalen Dualismus auseinander. Im Montanismus lebt nach der Mitte des 2. Jh.s die apokalyptische Naherwartung erneut auf. Mit seinem ethischen Rigorismus wurde er die älteste schismatische Bewegung der Kirchengeschichte von ökumenischem Ausmaß. Es handelt sich bei ihm nicht um eine Häresie, denn eine eigentliche Theologie hat diese Bewegung nicht hervorgebracht. Wenn auch nicht lehrhaft formuliert, so sind doch die Aussagen der Montanisten gegen die werdende Großkirche gerichtet. Indem der Montanismus an die pneumatische Linie des Urchristentums anknüpft, will er eine Reaktion gegen die Theologie der Apostolischen Väter und der Apologeten sein. Grundaspekte Die Literaturgattung der Apologeten – Die sog. Apologeten sind christliche Schriftsteller in der zweiten Hälfte des 2. Jh.s, die sich literarisch zur Wehr setzen gegen: Verleumdungen durch die heidnische Umwelt, Repressalien durch die römische Staatsgewalt und Abgrenzungen von seiten des Judentums. Adressaten sind meistens die römischen Kaiser bzw. deren staatliche Vollzugsbeamte. – Die heidnische Polemik gegenüber dem Christentum ist weithin unliterarisch als allgemeine Volksstimmung vorhanden. Tertullian hat sie in seiner Apologie charakterisiert. Den Christen wird Atheismus vorgeworfen, da bei ihnen der Götterglaube keine Bedeutung mehr hat. – Greifbar wird die heidnische Polemik gegenüber dem Christentum bei Celsus, der um 180 sein Wahres Wort gegen die Christen gerichtet hat. Ein religiöser Idealismus und Humanismus begegnet uns in dieser antichristlichen Schrift des Celsus, dem die Ausschließlichkeit des christlichen Monotheismus höchst zuwider ist. Die wichtigsten Apologeten – Justin der Märtyrer (Martyrium unter Mark Aurel ca. 165). Von ihm sind zwei Apologien überliefert an die Kaiser Antoninus Pius (138–161) und Mark 17

Aurel (161–180), weiterhin der Dialog mit dem Juden Tryphon (eine Verteidigung des AT in christlicher Sicht). – Von Justin beeinflußt sind: Tatian, Rede an die Hellenen; Athenagoras von Athen, Bittschrift für die Christen an Kaiser Mark Aurel; Theophilus von Antiochien; weitere Apologeten des 2. Jh.s: Quadratus, Aristides und Melito von Sardes. Zum theologischen Beweisverfahren der Apologeten – Die Apologeten wollen das Christentum als die wahre Philosophie erweisen. Es ist ein vollkommener Ersatz für die griechische Philosophie und die jüdische Religion. Unter Philosophie versteht Justin vor allem wahre Gotteserkenntnis. Allein das Christentum kann geben, was die Philosophen suchen, jedoch nicht finden können. Für diese These stellen die Apologeten vier Beweisverfahren auf: 1. Der Wunderbeweis. Die Austreibung der Dämonen und die Heilung der Besessenen durch Christus und in seinem Namen durch die späteren Apostel erweisen Christus als Gott. 2. Der Weissagungsbeweis. Mit Hilfe der allegorischen Exegese möchten die Apologeten den Juden beweisen, daß das AT voller Weissagungen hin auf Christus ist. In der Entsprechung von Weissagung und Erfüllung tritt ein göttlicher Plan zutage, der alles so gefügt hat und sich in Christus offenbarte. 3. Der Altersbeweis. Mose ist älter als Homer und alle griechische Weisheit. Alles, was Philosophen und Dichter sagten, hat seinen Ursprung bei den Propheten. Damit ist gesagt, daß die griechische Philosophie nicht nur abhängig ist vom Christentum, sondern das Christentum ist die vernünftige Religion, die schon seit Beginn der Schöpfung bestand und überall da zum Durchbruch kommt, wo man vernünftig zu denken und zu leben versucht. Das Christentum ist die natürliche Religion. Naturgemäß und vernunftgemäß ist gleichbedeutend. Damit ist der stoische Ursprung des Altersbeweises der Apologeten offensichtlich. 4. Der praktische Beweis. Die Christen haben die erkannte Wahrheit nicht nur gelehrt, sondern gelebt. Erst das christliche Leben befähigt zu wahrhaft philosophischem Leben, das nicht nur bei wenigen Gebildeten, sondern auch bei den einfachen Leuten möglich ist.

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Zur Logos-Christologie der Apologeten – Die Logos-Lehre hat ihren Ursprung im Stoizismus, der im Kosmos, in der Ordnung der Natur, die Weltvernunft (Logos) als höchstes Prinzip setzte. Dieser Logos war von Ewigkeit her Gott immanent (λόγος ἐνδιάθετος) und tritt zur Weltschöpfung aus Gott heraus (λόγος προορικός). Als Weltvernunft war der Logos schon vor Christus in der griechischen Philosophie wirksam, freilich unvollkommen (λόγος σπερματικός). – In Christus ist der Logos Fleisch geworden. Der Logos-Christus ist der Gott, der sich den Menschen zu erkennen gibt. Die Kluft zwischen dem transzendenten Gott und der irdischen Welt ist damit ausgefüllt. Mit diesem Logos-Begriff der Apologeten wird die Möglichkeit geschaffen, das außerchristliche Erkennen mit dem christlichen zu vereinen. – Die Apologeten setzen die Präexistenz des Logos-Christus voraus. Bei der Schöpfung tritt der Sohn aus Gott heraus. Ihre Christologie wird darum subordinatianisch genannt (der Sohn ist dem Vater untergeordnet). Zur Ethik und Eschatologie der Apologeten – Die Logos-Christologie versteht Christus vor allem als Lehrer. Er schenkt die rechte Erkenntnis von Gott und lehrt das neue Gesetz, das den Weg zum Leben weist. Das Heil wird mit Hilfe intellektueller und moralischer Kategorien interpretiert. Die Freiheit der menschlichen Entscheidung ist Voraussetzung für die Ethik der Apologeten. Eine Erbsünde kennen sie nicht. Die Vernunft ist verdunkelt durch die Dämonen, die mit dem Irrtum auch die Sünde gebracht haben. Sünde ist vor allem Mangel an Wissen des Guten. – Auch in der Eschatologie zeigt sich diese moralistische und rationalistische Tendenz. Die Naherwartung wird in der Theologie der Apologeten nicht mehr thematisiert. Würdigung – Die Bedeutung der Apologeten liegt vor allem in ihrer innerkirchlichen Wirkung. Sie sind die Väter der kirchlichen Theologie. – Zur Rechtfertigungstheologie des Paulus vergrößert sich jedoch der Abstand. – Für die weitere dogmengeschichtliche Entwicklung ist vor allem ihr Versuch wichtig geworden, das Christentum mit der griechischen Bildung zu vereinen.

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– Die Logos-Christologie ist eine Grundlage für die Ausbildung des Trinitätsdogmas. Der christliche Gnostizismus: Definition und Quellen – Gnosis bezeichnet in der Religionsgeschichte eine synkretistische religiöse Bewegung des Späthellenismus. Gnostizismus ist der gemeinsame Name verschiedener Richtungen, die diese religiöse Bewegung in das System einer Weltdeutung erhoben haben. Der christliche Gnostizismus des 2. Jh.s hat das Christentum in ein allgemeines religionsphilosophisches System einzufügen versucht. Er versteht sich selbst als christliche Theologie (Adolf von Harnack: die Gnostiker seien die ersten christlichen Theologen). – Die Literatur des christlichen Gnostizismus ist mit dem Beginn des 5. Jh.s weithin vernichtet worden bzw. verlorengegangen. Eine kleine Anzahl von Schriften in koptischer Übersetzung sind erhalten geblieben: Pistis Sophia und die 1946 in der Nähe des Dorfes Nag Hammadi in Oberägypten gefundenen Manuskripte: das Thomasevangelium und das Evangelium der Wahrheit. Bis zu den Funden von Nag Hammadi stellten die antignostischen Schriften der Kirchenväter Irenäus, Tertullian und Hippolyt die Hauptquelle für den christlichen Gnostizismus dar. Denkstrukturen des christlichen Gnostizismus – Die Erlösungsbedürftigkeit der Seele ist Ausgangspunkt der mythologischen und kosmologischen Spekulationen. Inmitten der materiellen Welt gefangen, sehnt sie sich nach ihrem geistig-göttlichen Ursprung zurück. Durch Erkenntnis über ihren Ursprung und ihr Ziel findet sie Erlösung. – Ein schroffer Dualismus zwischen Geist und Materie, Gut und Böse, Gott und Welt durchzieht alle Systeme des christlichen Gnostizismus. Mit diesem Dualismus hängt es zusammen, daß der Gnostizismus zwischen dem höchsten Gott und einem niederen Gott, der die Welt geschaffen hat, unterscheidet (Demiurg). – Der höchste Gott sendet den himmlischen Erlöser in die materielle Welt, wo er nur äußerlich sich mit dem Menschen Jesus verbindet, bis er sich vor der Passion wieder von ihm trennt. In einer anderen Anschauung der doketischen Christologie hat der Christus-Logos nur einen Scheinleib angenommen. Menschwerdung und Passion sind nur »Schein«. Im Werk Christi haben Leiden und Tod 20

keine Bedeutung, sondern alles Gewicht wird auf die Erkenntnis und Erleuchtung gelegt, die Christus für die Seele bringt. Anthropologie und Ethik im christlichen Gnostizismus – Die Menschen werden in Pneumatiker, Psychiker bzw. Pistiker und Hyliker eingeteilt. – Nur die sog. Pneumatiker mit ihrer Fähigkeit zur Erkenntnis können erlöst werden. Die anderen Menschen, die Psychiker oder Pistiker und Hyliker, sind letztlich von dieser Erkenntnis ausgeschlossen. – Wenn die Erlösung die Befreiung des Geistes von der Materie bedeutet, dann muß das ethische Ideal asketisch sein. Aber die ethische Anschauung kann auch ins Gegenteil umschlagen, da ja der Geist nichts mit der Materie zu tun hat. Askese und Libertinismus sind darum die beiden ethischen Grundhaltungen im christlichen Gnostizismus. Einige Richtungen des christlichen Gnostizismus – Simon Magus (Apg 8) ist im Judentum verwurzelt, sucht aber Anschluß an das Christentum und bezeichnet sich als »Gottes große Kraft«. – In Kleinasien ist um 100 Kerinth aufgetreten. – Wichtig für den christlichen Gnostizismus sind vor allem drei Systeme: die sog. Ophiten mit orientalischem Charakter, Basilides und Valentin. 1. Die ophitische Gnosis hat ihren Namen von der Schlange (ophis) im Paradies (Gen 3). Im Unterschied zum biblischen Bericht erscheint die Schlange hier nicht als Ursprung des Falles, sondern als die von Gott gesandte Vermittlerin der wahren Gnosis, durch die der Mensch gerettet werden soll. Hier herrscht die orientalische Mythologie vor (Naassenerpsalm). 2. Basilides stammt aus Syrien, ab ca. 130 begegnet die Schule der Basilidianer in Alexandrien. Das Christentum ist in Ägypten ursprünglich gnostisch gewesen. Der älteste ntl. Kommentar zum Johannesevangelium stammt aus der Feder eines Gnostikers. Basilides hebt die Mythologie auf eine höhere Reflexionsstufe, indem er das mythologische Drama philosophisch überformt. Aus dem höchsten, unbekannten Gott gehen durch Emanation verschiedene Äonen aus, die philosophisch-ethische Begriffe tragen (nous, logos, sophia und dikaiosyne). Der vom höchsten Gott gesandte Christus führt die menschliche Seele durch die verschiedenen Äonen wieder in die geistige Welt zurück. 21

3. Valentin kommt aus Alexandrien als Schüler des Basilides und wirkt um 150 in Rom. In Syrien ist das Zentrum der Schule der Valentinianer. Neben die Valentinianer des Ostens tritt die römische Schule: Herakleon und Ptolemäus (Brief des Ptolemäus an die sog. Flora). Bei Valentin erreicht der christliche Gnostizismus seinen gedanklichen Höhepunkt. Die Spekulation gewinnt an theologischer Tiefe. Er fragt, wie es zu dieser elenden Welt gekommen ist. Sie geht doch zurück auf den guten Gott! Die Frage der Weltentstehung, der Kosmogonie, wird so für dieses Denken zur Frage nach der Theodizee, nach der Gerechtigkeit Gottes. Die Welt entsteht durch den präexistenten Fall der Weltweisheit (Sophia). Der Sophia-Mythos stellt eine mythologische Nacherzählung der biblischen Heilsgeschichte dar. Er versucht eine Antwort auf die Frage nach der Entstehung der Welt und der Erlösungssehnsucht der Menschen zu geben. Biblisches Christentum und christlicher Gnostizismus – Der christliche Gnostizismus will ein tieferes, philosophischeres Verständnis des Christentums vermitteln. Christus ist die Mitte und der Wendepunkt des ganzen Weltendramas. Auch findet sich im christlichen Gnostizismus oft tiefe Christusfrömmigkeit. Dennoch bedeutet der christliche Gnostizismus des 2. Jh.s eine große Krise. Sie besteht vor allem in drei fundamentalen Gegensätzen zum biblischen Evangelium: 1. Der Gnostizismus lehnt den Schöpfungsglauben ab. Der Weltenschöpfer ist ein anderer als der höchste Gott. Das Materielle ist das schlechthin Gottwidrige. Das AT mit seiner Lehre von der Schöpfung wird verworfen. Die Kirchenväter sprechen von »blasphemia creatoris«. 2. Im christlichen Gnostizismus wird der Mensch nicht von seiner Schuld, sondern von seinem schicksalhaften Verstricktsein in die Materie erlöst. 3. Die doketische Christologie hebt die geschichtliche Einmaligkeit der Inkarnation Gottes in Christus auf. Der himmlische Christus wird zu einer der vielen Erlösergestalten der damaligen religiösen Sehnsucht. Marcion: Gestalt und Wirken – Er stammte aus Sinope, einer kleinasiatischen Stadt an der Südküste des Schwarzen Meeres, wo sein Vater Bischof der christlichen Gemeinde war. Sein Beruf: Schiffsreeder. – Unter Kaiser Antoninus Pius tauchte er in Rom auf und suchte in der Gemeinde für seine Ideen zu werben, anfangs auch mit Erfolg. 22

– Um das Jahr 144 führten seine Reformbemühungen zur Trennung von der dortigen Gemeinde und von der gesamten Großkirche. Es kam zur Gründung eigener marcionitischer Gemeinschaften. Rasche Verbreitung über das ganze damalige Kirchengebiet in Nordarfrika, Gallien, Palästina, Syrien und Kleinasien. – Marcion verstand sich als Reformator der Kirche, indem er die christliche Verkündigung seiner Zeit von allen sog. judaistischen Verfälschungen reinigen und zum wahren Paulinismus zurückführen wollte. – Marcion hat als erster eine geschlossene ntl. Schrifteneinheit der atl. Schrift gegenübergestellt: ein von allen atl. Zitaten gereinigtes Lukasevangelium und zehn Paulusbriefe. Die schon vorher einsetzende Kanonbildung bekommt erst unter Marcion einen klaren theologischen, wenn auch unbiblisch-ideologischen (verfälschenden) Grundsatz: Verhinderung des Wiedereindringens jüdischer Denkweisen in das Evangelium Jesu Christi. In seinen Antithesen stellt er den Gott der Liebe schroff dem Gott des Gesetzes entgegen. Theologische Grundgedanken Marcions – Marcion ist der erste Theologe in der Kirchengeschichte, der das AT konsequent disqualifiziert. Er versteht es nicht mehr allegorisch und im Schema von Verheißung und Erfüllung im NT, sondern wörtlich. Damit kommt er zu dem Ergebnis: Der atl. Schöpfergott ist ein völlig anderer als der Vater Jesu Christi. Die paulinische Dialektik von Gesetz und Evangelium wird bei Marcion zu einer Alternative: Gesetz oder Evangelium. Das Evangelium Jesu Christi hat das Gesetz endgültig aufgehoben. – Die Erfahrung der Schlechtigkeit der Welt und die Ablehnung des atl. Schöpfungsglaubens führt Marcion zu einer scharfen Askese, die in der geschlechtlichen Enthaltsamkeit gipfelt. – Mit seiner Zwei-Götter-Lehre hängt auch seine Christologie zusammen. Sie ist modalistisch und doketisch. Christus hat nur einen Scheinleib angenommen. Zur Bedeutung Marcions – Er hat das Urvertrauen des christlichen Glaubens zu seiner Überlieferung aufs schwerste erschüttert und dagegen eine eigene Überlieferung gesetzt. Damit hat er die Kirche zur Reflexion über ihr Verhältnis zum Urchristentum gezwungen: die Kanonbildung bekommt prinzipiellen Charakter. 23

– Durch Marcion ist die Frage des Gottesbegriffes klar gestellt. Gegen seinen Dualismus und gegenüber dem Dualismus des christlichen Gnostizismus behauptet die Kirche die Identität von Schöpfung und Erlösung, von Schöpfer und Erlöser. – Das Problem der doketischen Christologie wirft die Frage auf: Welchen Sinn für die Erlösung hat die menschliche Seite an Christus? – Marcions Ablehnung des AT, die Entleerung des Gottesbegriffes, die Verfälschung des Evangeliums, die Auflösung der Geschichtlichkeit Jesu sind Beispiele dafür, wohin man kommt, wenn das AT vom christlichen Glauben abgehoben und der geschichtliche Zusammenhang zwischen dem alten und neuen Bund aufgelöst wird. – Marcions Verhältnis zum christlichen Gnostizismus zeigt Zusammenhänge wie Unterschiede: Übereinstimmung besteht in der Ablehnung des AT, im Doketismus und in der Leugnung der Auferstehung des Fleisches. Unterschiede: Marcion ist kein Synkretist; es fehlen die gnostische Systematik und mythologische Spekulationen. Typologese und Allegorese lehnt er ab. Er wollte einen schlichten Gemeindeglauben verkündigen. Die Lehre von verschiedenen Menschenklassen kennt er nicht. Bei Marcion haben wir es mit einem vom christlichen Gnostizismus beeinflußten, aber dennoch eigenständigen Denker zu tun (Irenäus versteht Marcion als Schüler des syrischen Gnostikers Cerdo). Der Montanismus – Eine prophetisch-apokalyptische Bewegung nach der Mitte des 2. Jh.s in der kleinasiatischen Provinz Phrygien. Sie gilt als die älteste schismatische Bewegung der Kirchengeschichte. – Sie geht zurück auf Montanus, der sich möglicherweise in Anlehnung an den in Joh 14–16 verheißenen Parakleten als Werkzeug Gottes verstand. Er verkündete das bevorstehende Weltende und die Herabkunft des himmlischen Jerusalems. – Diese Bewegung war eine Gegenreaktion auf die Kompromißhaftigkeit der Großkirche vor allem in ethischer Hinsicht. Der Montanismus nimmt die pneumatische Linie des Urchristentums auf: Geisterfüllte Prophetie, Enthusiasmus, strenge Askese und der Drang zum Martyrium charakterisieren die Anhänger dieser Bewegung in Kleinasien und später auch im Abendland. Da die Naherwartung im Mittelpunkt stand, mußte ihr Ausbleiben das baldige Ende dieser Bewegung bedeuten. 24

– Auf die Behauptung der individuellen Geistbegabung im Montanismus wird in der Großkirche die Vorstellung ausgebildet, daß die Geistfülle nur in der Versammlung der Bischöfe gegeben ist. In diesem Zusammenhang werden erstmals regionale Bischofssynoden erwähnt. Literaturhinweise ANDRESEN, C. / RITTER, A.M.: Geschichte des Christentums I/1, 18–31. BEYSCHLAG, K.: Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. I, 99–138 u. 142–149. BIENERT, W.A.: Dogmengeschichte, 49–99. CHADWICK, H.: Die Kirche in der antiken Welt, 32–40. FRANK, K.S.: Grundzüge der Geschichte der Alten Kirche, 15–38. FRANK, K.S.: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, 147–156; 165–167 u. 178–183. HÄGGLUND, B.: Geschichte der Theologie, 20–32. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 2, 4.–7. (65–75) u. § 3, 7. (126–128). MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 42–51.

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III. Die Entstehung der Institution Kirche und die Theologie um 200 Einstieg Die christlichen Gemeinden befanden sich seit der Mitte des 2. Jh.s in einer schweren Existenzkrise. Der zunehmende christliche Pluralismus schien die noch äußerlich festgehaltene Einheit der christlichen Gemeinden in synkretistische Auflösungserscheinungen zu verwandeln. In dieser Situation ist es verständlich, wenn nach Maßstäben für die Wahrheit des christlichen Glaubens gesucht wurde. Es galt, die geschichtliche Identität der Offenbarung sicherzustellen und das Fundament des Christlichen zu bestimmen. Der vielschichtige Prozeß der Entstehung der Institution Kirche fällt mit der Überwindung des christlichen Gnostizismus, des Marcionitismus und des Montanismus zusammen. Zu anderen Formen des christlichen Glaubens wird ein deutliches Nein gesprochen. Der Anspruch des Christentums wird exklusiv. Die Richtung dieses Prozesses wurde schon im nachapostolischen Zeitalter erkennbar. Aber seit der Mitte des 2. Jh.s werden die grundlegenden Auseinandersetzungen vollzogen, die dann den weiteren Gang der kirchlichen Entwicklung bestimmen. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist die Entstehung der Institution Kirche, ein geschichtlicher Prozeß der Normierung des Christlichen. Adolf von Harnack stellte in seinem Lehrbuch der Dogmengeschichte Kanon, Glaubensregel und Bischofsamt als die sog. drei katholischen Normen heraus. In der neueren Forschung wird insbesondere die dritte Norm des Bischofsamtes im Blick auf das zugrundeliegende Amts- und Kirchenverständnis problematisiert. Das charisma veritatis wird eher als Überlieferung der wahren Lehre selbst durch die Bischöfe verstanden und nicht als eine notwendig mit dem Bischofsamt verbundene sakramentale Amtsgnade. Mit diesem Prozeß der Normierung ist die Institution Kirche um 200 im wesentlichen ausgebildet. Ohne diese Fundamente wäre die Kirche gewiß im Strudel der vielfältigen religiösen Bewegungen des 2. Jh.s untergegangen. Freilich ist auch die andere Seite dieses notwendigen geschichtlichen Vorgangs nicht zu übersehen: die urchristliche, vom freien Walten des Geistes bestimmte Vielfalt konnte sich nun in rechtliche und gesetzliche Formen verengen. Der Entstehungsprozeß der Institution Kirche mit den drei theologischen Normen hat für die Theologie um 200 eine besondere Bedeutung. Wenn 26

der christliche Glaube in der Glaubensregel gültig fixiert ist, dann besteht die theologische Aufgabe vor allem darin, dieses Glaubensgut (depositum fidei) zu entfalten. Die Bindung an die Tradition ist nun eine wesentliche Aufgabe der Theologie. Daß dies keine Einschränkung der theologischen Arbeit bedeutet, zeigen die ersten bedeutenden Kirchenväter der Alten Kirche: Irenäus, Tertullian, Clemens von Alexandrien und Origenes. In welcher Weise sich die Theologie entfaltet, hängt wesentlich von dem Selbstbewußtsein der einzelnen Theologen ab, das besonders auch durch ihre Herkunft bestimmt wird. Der erstaunliche Reichtum der Theologie um 200 entfaltet sich im Osten und Westen des römischen Reiches unter verschiedenen Gesichtspunkten. Da die Theologie der sich ausbildenden Kirche vor allem durch den Kampf gegen den Gnostizismus geprägt ist, steht im Mittelpunkt die Gottes- und Schöpfungslehre, die Inkarnation und die Auferstehung des Fleisches.

Grundaspekte Die sog. katholischen Normen – Der Entstehungsprozeß der Institution Kirche fällt mit der Abwehr und Überwindung des christlichen Gnostizismus, des Marcionitismus und des Montanismus zusammen. Mit Hilfe der sog. katholischen Normen wird zu anderen Formen des christlichen Glaubens ein deutliches Nein gesprochen. Der Anspruch des Christentums wird exklusiv. – Unter den sog. katholischen Normen versteht man die Kanonbildung, die Bekenntnisformulierung als regula fidei und das Herauswachsen des Bischofsamtes aus dem Presbyterkollegium (Monepiskopat). Mit diesem Prozeß der Kriterienbildung im Blick auf die apostolische Tradition ist die Institution Kirche um 200 im wesentlichen ausgebildet. – Die ältere Forschung (Adolf von Harnack) hob die Verrechtlichung und Formalisierung des christlichen Glaubens gegenüber der urchristlichen Freiheit hervor. Heute werden die Tendenzen zur „frühkatholischen“ Kirche bereits im nachapostolischen Zeitalter gesehen. Zur Entstehung des neutestamentlichen Kanons – Neben das AT in griechischer Übersetzung traten von Anfang an verschiedene frühchristliche Schriften, die im Gottesdienst verlesen wurden.

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– Seit der Mitte des 2. Jh.s bildete sich wahrscheinlich in Kleinasien aus der bisherigen mündlich-schriftlichen Herrenüberlieferung die komplexe Einheit der Vier-Evangelien-Gruppe heraus. – Um 100 existierten bereits Sammlungen von Paulusbriefen, die im Gottesdienst auch außerhalb der ursprünglichen Empfängergemeinden verlesen wurden. – Zwischen 150 und 180 kam es zu der entscheidenden Zusammenfügung der Vier-Evangelien-Gruppe mit 13 Paulusbriefen, der Apostelgeschichte, dem 1. Petrusbrief, dem 1. bis 3. Johannesbrief und der Apokalypse. Aus diesen ntl. Schriften führt Irenäus gegen die christlichen Gnostiker den Schriftbeweis. – Der sog. Kanon Muratori ist das älteste Verzeichnis ntl. Bücher, entstanden vermutlich in Rom um 200, entdeckt durch L. Muratori 1740. – Marcion gab die entscheidenden Impulse im Prozeß der Kanonbildung. Maßstab für die Auswahl der Schriften wurde die Apostolizität. Umstritten waren (Antilegomena) z.B. die Apostelgeschichte, die Apokalypse und der Hirt des Hermas. – Im Osterfestbrief des Athanasius 367 begegnet erstmals eine Zusammenstellung der 27 kanonischen Schriften des NT. – Die Sammlung der Schriften des NT ermöglichte den Nachweis, daß der gegenwärtige christliche Glaube mit der eigentlichen Urkunde der Christusbotschaft übereinstimmt. – Der Begriff »Kanon« kommt erst im 4. Jh. auf, am Ende dieses Jh.s stand der Umfang der Sammlung fest (Kanonsliste der röm. Synode von ca. 382). – Die Kanonbildung bedeutet sowohl historischen Abstand zum Urchristentum wie den bleibenden Maßstab der frühchristlichen Schriften für die ganze weitere Kirchengeschichte. Ohne Kanonbildung hätte dem Christentum der Untergang im Synkretismus gedroht. Zur Entstehung der Glaubensregel – Der christliche Glaube verschaffte sich von Anfang an bekenntnishafte Ausdrucksformen. Zuerst eingliedrige, später zwei- bis dreigliedrige Bekenntnisformulierungen (Mt 28,19; 2Kor 13,13). – Die älteste Bekenntnisformulierung außerhalb des NT ist das römische Taufsymbol aus der Mitte des 2. Jh.s (Symbolum Romanum). Es ist ein dreimal 28

dreigliedriges Symbol mit folgendem Wortlaut: »Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, den Herrn, den Heiligen Geist, die Kirche und die Auferstehung.« – Im späteren 2. Jh. wurde das Symbolum Romanum theologisiert. Es entstanden Zusätze besonders zum 2. Artikel, weil hier die Inkarnation Gottes in Jesus Christus gegenüber dem gnostischen Doketismus hervorgehoben werden mußte. So entwickelt sich das Apostolische Glaubensbekenntnis, es enthält die Glaubensvorstellungen der apostolischen Zeit. Im Unterschied zu den älteren Bekenntnissen ist das Apostolikum durch seine Zweckbestimmung charakterisiert: Es geht um die Zusammenfassung des rechten christlichen Glaubens gegenüber den Häretikern, nicht mehr nur um eine persönliche Selbstaussage der Glaubenden. – Die regula fidei bezeichnet die normativen Elemente der apostolischen Verkündigung im Sinne eines großkirchlichen common sense. Sie ist nicht primär Glaubensvorschrift, sondern Ausdruck und Rahmen der ganzen apostolischen Botschaft. Sie verbürgt die Übereinstimmung der ntl. Schriftensammlung des Kanons mit der mündlichen Tradition. So ist die Glaubensregel und die doppelteilige Schrift als Einheit zu verstehen. – Zuweilen hat die Glaubensregel auch schon eine Autorität erlangt, die über der Schrift stand (Tertullian). Es war gegen die Gnostiker leichter mit der Regel zu kämpfen als mit der gesamten Bibel. Insgesamt hat aber die Glaubensregel in der Alten Kirche eine orientierende und dann auch notwendig normierende Kraft entfaltet. Zur Bedeutung des Bischofsamtes – Die Autorität des Bischofsamtes muß im Zusammenhang mit der Kanonund Bekenntnisbildung gesehen werden. Es geht um die Beglaubigung der gegenwärtigen christlichen Verkündigung gegenüber der urchristlichen Wahrheit. – Der Monepiskopat als kirchliches Leitungsamt entwickelte sich aus dem Presbyterkollegium zuerst in Kleinasien. Der Bischof wurde als Garant der rechten apostolischen Tradition verstanden Der einzelne Amtsträger konnte die christliche Wahrheit gegenüber den Häretikern besser verbürgen als ein Kreis von Klerikern. – Um 160 erstellte Hegesipp die erste römische Bischofsliste. Auch Irenäus hat eine solche römische Bischofsliste mitgeteilt (um 185). Weitere Bischofs29

listen finden sich in anderen bedeutenden Gemeinden (Antiochien, Alexandrien, Jerusalem). – Mit diesen Listen sollte das Glaubensgut des Christentums (1Tim 6,20) bewahrt bleiben. Aber mit der Bewahrung des Glaubensgutes wurde auch die Überlieferungskette (Sukzession) herausgestellt, die sich in den Bischöfen als Hüter der apostolischen Tradition dokumentierte. Irenäus – Er stammte aus Kleinasien und wurde 177 Nachfolger des Bischofs von Lyon. – Um 190 griff Irenäus in den sog. Osterterminstreit (Passahstreit) zwischen Viktor von Rom und den kleinasiatischen Gemeinden ein. Nach jüdischem Brauch feierte man in Kleinasien das Osterfest am 14. Nisan unabhängig des Wochentages. Der Forderung Viktors zur Übernahme des römischen Ostertermins (der Sonntag nach dem 14. Nisan) auch in Kleinasien widersprach Irenäus. Der römische Bischof habe kein Recht, über den Differenzen bei der Osterfeier das kirchliche Band zu zerschneiden. – Zwei Werke sind uns von Irenäus überliefert: Entlarvung und Widerlegung der fälschlich sog. Erkenntnis (Adversus haereses) und die Darstellung der apostolischen Verkündigung. – In seinem Kampf gegen den christlichen Gnostizismus findet Irenäus den Hauptgedanken seiner Theologie: Die Zusammengehörigkeit von Schöpfung und Erlösung. – Grundlage seiner Theologie ist die sich bildende zweiteilige Bibel. Irenäus ist der erste bedeutende Schrifttheologe der Alten Kirche. Er bedient sich der buchstäblichen Exegese gegen die gnostische Allegorese. Anhand der Schrift entwickelt er seine Theologie als eine Heilsordnung Gottes von der Schöpfung bis zur Vollendung (oikonomia salutis). Irenäus steht damit am Beginn einer heilsgeschichtlichen Theologie. – Die Mitte des Heilswerkes, die Erlösung durch Christus, umschreibt Irenäus verschiedenartig. Charakteristisch für seine Theologie: das ewige Leben ist Anteil an Gottes Unvergänglichkeit, Vergottung der menschlichen Natur. Die Erlösung schließt die Gabe der Unsterblichkeit ein. – In dem Begriff der »ἀνακeαλαίωσις« oder »recapitulatio« (Eph 1,10) bringt Irenäus die Erlösung durch Christus zum Ausdruck: Christus faßt das 30

ganze Schöpfungswerk in sich als Haupt zusammen und verwirklicht dadurch den ursprünglichen Schöpfungssinn. Er stellt als der neue Adam die durch den Sündenfall verlorene Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott wieder her. Die Bestimmung des Menschen ist: Christus gleich zu werden. – Gott ist wahrhaftig in Christus Mensch geworden. Die Betonung der vollen Menschlichkeit Jesu stellt Irenäus gegen den gnostischen Doketismus. – Im Gegenüber zu den Apologeten zeigt sich bei Irenäus ein wesentlicher Unterschied: hier war die Erlösung die Wiederherstellung der Schöpfung. Bei Irenäus ist die Erlösung nicht nur Wiederherstellung, sondern Vollendung der Schöpfung. Damit überbietet Christus die Geschöpflichkeit Adams vor dem Fall. Es zeigt sich: Das Christentum ist nicht die natürliche Religion und die wahre Philosophie, sondern neue göttliche Offenbarung. Tertullian – Als Römer ist Tertullian eine sehr anders geprägte Persönlichkeit als Irenäus. Er ist ein typischer Theologe des lateinischen Westens. – Nach 150 als Sohn eines Offiziers in Karthago geboren, wirkte er dort und in Rom als Jurist. Wann und unter welchen Umständen er Christ wurde, ist nicht bekannt. Zwischen 195 und 220 sind seine zahlreichen Schriften entstanden. Etwa 207 schloß sich Tertullian dem Montanismus an. Um 220 ist er gestorben. – Wie Irenäus ist auch Tertullian vor allem Bibeltheologe. Aber dem erbaulichen Stil des Irenäus steht die geschliffene Rhetorik und Dialektik Tertullians gegenüber. – Neben katechetischen Abhandlungen (Traktate über das Gebet, Vater Unser, Taufe und Buße) verfaßte Tertullian vor allem apologetische Schriften. Hauptgegner: der christliche Gnostizismus und Marcion. – Die wichtigsten Werke: Apologeticum, Adversus Marcionem, De praescriptione haereticorum und Adversus Praxean. – Das Apologeticum ist in Form einer Gerichtsrede aufgebaut und stellt ein Meisterwerk der frühchristlichen Apologetik dar. Die Christenverfolgungen werden als Wahnsinn gebrandmarkt, da sie gegen die vertrauenswürdigsten Bürger im Reich gerichtet sind. Die Verfolgung der Christen dient aber nur ihrer Ausbreitung (»semen est sanguis Christianorum«). 31

– Bei Tertullian zeigt sich ein neuer Staats- und Gehorsamsbegriff: der Staat verliert seine religiöse Verklärung. – Für Tertullian ist die Philosophie Quelle der gnostischen Häresie. Glaubenserkenntnis steht gegen spekulative Vernunft. Positiv wertet er die natürliche Gotteserkenntnis mit dem »testimonium animae naturaliter Christianae«. – Gegen den transzendenten »Gott der Philosophen« stellt Tertullian scharf die Inkarnation Gottes in Jesus Christus heraus. – In seinem Kirchenverständnis ist er ein strenger Hüter der apostolischen Tradition, der das apostolische Glaubensbekenntnis gegen die Gnostiker und Marcion erstmals im normativen Sinn gebraucht. – Tertullians Formulierungen bilden die Grundlage für die spätere Trinitätslehre und Christologie: Vater, Sohn und Heiliger Geist sind drei Personen in der Einheit Gottes (tres personae – una substantia). Der Sohn ist als selbständige Person aus dem Vater hervorgegangen, er ist ihm deshalb untergeordnet (Subordination). Wie Irenäus versteht Tertullian die Trinität heilsgeschichtlich. In der Christologie unterscheidet Tertullian streng zwischen göttlichen und menschlichen Eigenschaften Christi. Sie sind in einer Person vereint, aber nicht vermischt. Der Logos ist ins Fleisch gekommen, ist aber nicht in Fleisch verwandelt worden. – Christus ist vor allem der Lehrer, der das neue Gesetz verkündigt. Ziel der Erlösung ist der Wandel nach Gottes Geboten. – Die Gnade nimmt das Verderben weg, das der Natur des Menschen vom Sündenfall her anhaftet. Das naturhafte Verderben wird durch die Geburt vererbt: Ursprung der späteren Erbsündenlehre. Die Gnade gibt dem Menschen Kraft zum neuen Leben und ermöglicht ein verdienstvolles Handeln. Damit legt Tertullian den Grund zur abendländischen katholischen Heilslehre. Zur alexandrinischen Theologie – Die antignostischen Väter Irenäus und Tertullian wirkten beide im Westen. Im Osten stehen ihnen die beiden großen Alexandriner Clemens und Origenes gegenüber. In der alexandrinischen Theologie kämpfte man ebenfalls gegen die Gnostiker, bemühte sich jedoch zugleich um eine Aufnahme und Umformung des gnostischen Gedankengutes 32

– Die theologische Arbeit geschah in Alexandrien im Rahmen der sog. Katechetenschule, an der Clemens und Origenes wirkten. Hier wurde zum ersten Mal eine wirkliche Synthese zwischen Christentum und griechischer Philosophie erzielt. Die Bibel wurde mit Hilfe der allegorischen Methode ausgelegt. Die Philosophie ist der sog. mittlere Platonismus, eine Weiterführung der alten platonischen Akademie. – In der alexandrinischen Theologie wollte man den bloßen Autoritätsglauben (Pistis) zu einer begründeten Erkenntnis erheben (Gnosis). Während Irenäus unter Gnosis nur verführerische Spekulation versteht, ist sie bei Clemens und Origenes die vollkommene Stufe des Christseins. Clemens von Alexandrien – Geboren um die Mitte des 2. Jh.s wahrscheinlich in Athen. Nach verschiedenen Reisen kam er nach Alexandrien, wo er an einer Schule tätig war. Am Anfang des 3. Jh.s verließ er Alexandrien aufgrund einer Verfolgung, um 215 ist Clemens in Kappadokien gestorben. – Auch Clemens ist Bibeltheologe und bejaht voll das AT. – Griechische Philosophie und biblische Erkenntnis will er zusammenbringen. Der göttliche Logos ist in Christus Mensch geworden. Dies wird bei aller Offenheit für die spätantike Weisheit betont. Von Clemens hat sich eine Trilogie erhalten: 1. Der Protreptikos, eine Werbe- und Verteidigungsschrift des Christentums für gebildete Griechen. 2. Der Paidagogos. Er stellt eine Art Ethik dar. Das Motiv für das rechte christliche Handeln kommt aus dem Inneren des Herzens. Der göttliche Logos erzieht die Menschen in einem geistig-sittlichen Prozeß. 3. Stromateis (Teppiche). Wie in einem Teppich sind hier die verschiedensten Lebensaspekte bunt miteinander vermischt. Die Glaubenserkenntnis ist nicht Theorie, sondern zu ihr gelangt man nur durch persönliche Annahme. Der vollkommene Christ ist der vollkommene Gnostiker, er hat menschliche Lehrer nicht mehr nötig, weil er schon hier in der Gemeinschaft mit Gott lebt. – Auch eine Homilie über Mk 10,17ff. ist von Clemens überliefert, in der es um die Frage geht, wie ein Reicher in das Himmelreich kommen könne. – Clemens von Alexandrien ist ein einflußreicher Theologe der Alten Kirche, der in das spätere christliche Mönchtum hineinwirkt. 33

Literaturhinweise ANDRESEN, C. / RITTER, A.M.: Geschichte des Christentums I/1, 31–38. BEYSCHLAG, K.: Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. I, 149–199. BIENERT, W.A.: Dogmengeschichte, 99–115 u. 122–135. CAMPENHAUSEN, H. V.: Griechische Kirchenväter, 24–42. CAMPENHAUSEN, H. V.: Lateinische Kirchenväter, 12–36. CHADWICK, H.: Die Kirche in der antiken Welt, 87–91 u. 100–127. FRANK, K.S.: Grundzüge der Geschichte der Alten Kirche, 39–56. FRANK, K.S.: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, 139–143; 183–187 u. 195–197. HÄGGLUND, B.: Geschichte der Theologie, 33–48. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 2, 8.–11., 75–89. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 51–61.

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IV. Das Christentum des 3. Jahrhunderts

Einstieg Für die Situation von Kirche und Theologie im 3. Jh. ist ein stetig wachsendes christliches Selbstbewußtsein charakteristisch. Bei zwei großen Theologen findet dieses Selbstbewußtsein in ihrer theologischen und kirchlichen Arbeit besonders prägnanten Ausdruck: im Osten bei Origenes, dem größten Denker der Alten Kirche vor Augustin, und im Westen bei Bischof Cyprian von Karthago. Im Leben und Wirken des Origenes (ca. 185–254) erreicht die theologische Entwicklung im vorkonstantinischen Zeitalter ihren Höhepunkt. Christlicher Glaube und griechisches Denken und Empfinden gehen in diesem Theologen engste Verbindung ein, und von seiner theologischen Fragestellung aus werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Neben Plotin (205–270), dem Begründer des Neuplatonismus, ist Origenes die bedeutendste geistige Gestalt seines Zeitalters. In der Mitte des 3. Jh.s wirkte im Westen der zweite bedeutende Theologe dieser Zeit: Cyprian von Karthago. Sachlich und zeitlich steht Cyprian zwischen Tertullian und Augustin, und mit ihnen gehört er zu den drei bedeutendsten lateinischen Kirchenvätern aus Nordafrika. Cyprian ist der erste Theologe in der Kirchengeschichte, der eine ausgebildete Lehre von der Kirche und ihrem Amt entwickelt hat. Die äußere Situation der Kirche im 3. Jh. hatte sich weiter gefestigt, die Verbreitung des christlichen Glaubens in allen Bevölkerungsschichten, auch auf dem Lande und in den führenden städtischen Kreisen, nahm weiter zu. Nach den verschiedenen Verfolgungswellen im 2. Jh. erlebte die Kirche in der ersten Hälfte des 3. Jh.s eine verhältnismäßig ruhige Zeit. In der römischen Kaiserzeit spricht man von der Epoche des sog. religiösen Synkretismus. In der Mitte des Jh.s kommt es zum gewaltigen Zusammenprall zwischen Kirche und römischem Staat bei der ersten reichseinheitlichen, planmäßigen Christenverfolgung unter Kaiser Decius. Als er 249 in der akuten Krise des römischen Weltreiches seine Regierung antritt, nutzt er die seit der Jahrtausendfeier (248) aufgekommene altrömische Restaurationsstimmung, um die gut organisierte Kirche vernichtend zu schlagen. Zur selben Zeit wirkt Cyprian von Karthago, der die großen Herausforderungen der Verfolgungszeit mit grundlegenden Werken zum Kirchenund Amtsbegriff beantwortet. In einer weiteren schweren Verfolgung unter Kaiser Valerian erleidet Cyprian 258 das Martyrium. Nach einer 40jährigen 35

Friedenszeit kommt es unter Kaiser Diokletian zur schwersten Christenverfolgung vor der sog. Konstantinischen Wende. Grundaspekte Zur Situation von Kirche und Theologie im 3. Jahrhundert – Charakteristisch für das Christentum des 3. Jh.s ist ein wachsendes kirchliches Selbstbewußtsein im Zuge einer immer größeren Verbreitung des christlichen Glaubens in allen Bevölkerungsschichten. – Schwere staatliche Verfolgungen bedrängten die Gemeinden erheblich, konnten die Kirche aber als eine über das ganze Reich ausgebreitete Großorganisation nicht mehr in ihrem Bestand bedrohen. – In der Mitte des 3. Jh.s kam es unter Kaiser Decius 249–251 zur ersten reichseinheitlichen Christenverfolgung. – Unter Kaiser Valerian erlebte die Kirche zwischen 257 und 258 eine zweite schwere Verfolgung, die aber ebenso wie die erste ihr Ziel nicht erreichte: die Zerschlagung der kirchlichen Organisation. Es folgte eine ca. 40jährige Friedenszeit, bis unter Kaiser Diokletian die letzte große Christenverfolgung vor der sog. Konstantinischen Wende hereinbrach. – Zwei große Theologen wirkten in dieser Zeit: im Osten Origenes, der größte Denker der Alten Kirche vor Augustin, und im Westen Bischof Cyprian von Karthago. Origenes – Biographische Notizen – Bischof Eusebius von Caesarea (ca. 264 bis ca. 340), Bewunderer und Tradent des Origenes, berichtet im 6. Buch seiner Kirchengeschichte ausführlich über das Leben und Wirken des Origenes. – Origenes wurde ca. 185 in Alexandrien geboren und wuchs in einem christlichen Hause auf. – Sein Vater Leonides war in Alexandrien als Lehrer tätig und fiel Anfang des 3. Jh.s einer Christenverfolgung zum Opfer. In seiner Jugendzeit führte der asketische Ernst Origenes zur wörtlichen Befolgung von Mt 19,12: er entmannte sich »um des Himmelreiches willen«. – Ab 203 lehrte Origenes an der »Katechetenschule« in Alexandrien (Euseb von Caesarea). Als erfolgreicher Lehrer entschloß er sich, bei dem heidnischen 36

Philosophen Ammonios Sakkas, dem Lehrmeister Plotins, die philosophischen Grundwissenschaften zu studieren. – Das geistige Umfeld des Origenes ist die sog. mittelplatonische Philosophie: Gott wird als höchstes geistiges Wesen gedacht, aus dem in einem Emanationsprozeß die Welt der geistigen Wesenheiten hervorgeht. – Im Jahre 231/32 ereignete sich der sog. Fall des Origenes. Dahinter steht ein Autoritätskonflikt zwischen Bischof Demetrius von Alexandrien, der die Katechetenschule unter seine Aufsicht zwingen wollte, und der freien Lehrtätigkeit des Origenes. Anlaß war eine Presbyterweihe, die Origenes auf einer Vortragsreise gespendet wurde. Daraufhin verlegte Origenes seine Lehrtätigkeit nach Palästina (Caesarea). Weite Reisen führten den berühmten Lehrer nach Kleinasien, Griechenland und Rom. – Origenes starb 254 in Caesarea an den Folgen der ihm bei der Christenverfolgung unter Decius zugefügten Folterungen. Origenes als systematischer Theologe – Hauptwerk: »Περὶ ἀρχῶν« (De principiis), erste systematische Zusammenfassung des christlichen Glaubens. Die heilsgeschichtliche Überlieferung der Kirche verbindet sich in diesem Werk mit den abstrakten Kategorien und Wertbegriffen der mittelplatonischen Philosophie in Alexandrien. – Das philosophisch-theologische System ähnelt in seiner äußeren Struktur einem gnostischen Mythos. Es enthält folgende Elemente: Gott ist das absolute, unveränderliche, geistige Ur-Eine. Die Entstehung des Sohnes und des Geistes aus Gott ist der erste Akt im kosmologischen Drama. Der Sohn ist als der Logos der Offenbarer Gottes und der Weltschöpfer zugleich. Er ist in Ewigkeit gezeugt. Der Logos hat wesenhafte, aber nur abgeleitete Gottheit: Er ist wesenseins mit dem Vater, dennoch aber diesem untergeordnet (subordinatianisch). Als dritte Hypostase steht unter dem Sohn der Heilige Geist. Alle drei Wesen bilden eine Trias, der alle übrigen Geistwesen untergeordnet sind. Die von Gott geschaffenen Wesen haben die Gabe der Freiheit erhalten. Sie haben sie verschieden benutzt im Gegenüber zu Gott. Die Entfernung von Gott führt in Abstufungen zum Fall in die materielle Tiefe (Engel, Menschen, Dämonen). Erscheint die Welt somit theologisch als ein Strafort, so ist sie im letzten doch nicht Chaos, sondern Kosmos. Die göttlichen Strafen sind immer Mittel der Erziehung Gottes, die auf eine Rückführung in seine Wahrheit, auf die Erlösung in Jesus Christus angelegt ist. 37

Die Erlösung vollbringt der Logos auf zweierlei Weise: 1. durch sein Vorbild und seine Lehre und 2. durch seinen Tod als Lösegeld (λύτρον) an den Teufel für die Befreiung des Menschen. Der durch Christus befreite Mensch vervollkommnet sich stufenweise. Nach dem leiblichen Tod kommt das Läuterungsfeuer zur Seligkeit. Origenes wendet sich entschieden gegen den doppelten Ausgang der Heilsgeschichte. Im Anschluß an 1Kor 15,28 lehrt er die sog. Wiederbringung aller Dinge (ἀποκατάστασις πάντων). – Der Logos hat sich in der Präexistenz mit einer reinen menschlichen Seele verbunden. Diese Einheit zwischen Logos und Seele ist dann in Maria eingezogen, darum ist Christus der θεὸς ἄνθρωπος. Die Erlösung durch Christus wirkt geistig-moralisch. – Die Kirche ist vor allen Dingen Erziehungsanstalt, Erziehungsraum für den Logos. Die amtliche Kirche wird durchaus anerkannt, jedoch sollen Geist und Amt eine Einheit bilden. Erstmals in der Alten Kirche symbolische Auffassung von Taufe und Abendmahl. – Dominanz des göttlichen Erziehungsgedankens läßt keinen Raum für die genuin biblische Vorstellung des Gerichtes, der Sünde und der Vergebung. Strafen werden vorläufig verstanden, der Ernst des Gerichtsgedankens kommt nicht zum Tragen. Origenes als Bibeltheologe – Vor allem Bibelexegese (Kommentare, Homilien und Textausgaben). – Kommentarwerke unterscheiden zwischen sog. Scholien und Homilien. Scholien erläutern Einzelpunkte des Textes, Homilien kommentieren biblische Bücher fortlaufend. – Er bedient sich vor allem der allegorischen Exegese im Anschluß an die Allegorese der antiken Schriftsteller. – Besondere Bedeutung als Bibeltheologe: umfassende Textausgabe des AT, die sog. sechsfache Ausgabe, die Hexapla. – In seinen exegetischen Arbeiten unterscheidet Origenes grundsätzlich für jeden biblischen Text einen dreifachen Schriftsinn: einen leiblichen (buchstäblichen), seelischen (psychischen) und geistlichen (pneumatischen).

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Cyprian von Karthago – Zu seinem Leben und Werk – Cyprian von Karthago steht sachlich und zeitlich zwischen Tertullian und Augustin. – Caecilius Cyprianus wurde ca. 210 in Karthago geboren. Zunächst Rhetor, mit ca. 40 Jahren Christ. Bald nach seiner Taufe Presbyter und Bischof von Karthago. Probleme der Christenverfolgung unter Decius 250/51 bestimmen sein Wirken. Unter Kaiser Valerian wurde Cyprian 258 Märtyrer. – Die ersten Schriften: Traktate über das Almosengeben, über die Geduld und die Mahnung zum Martyrium. Sodann sog. biblische Beweisstellen für die Verkündigung in der Gemeinde. – Hauptwerke: De lapsis und De ecclesiae catholicae unitate. – Der Briefwechsel Cyprians stellt eine wichtige Quelle für die Kirchengeschichte in der Mitte des 3. Jh.s dar. Zur kirchengeschichtlichen Bedeutung Cyprians – Cyprian ist der erste Theologe, der eine ausgebildete Lehre von der Kirche und ihrem Amt entwickelt hat. – Die Schrift über die Abgefallenen betont die herausragende Stellung des Bischofsamtes. In ihr sind seelsorgerliche Anweisungen für das Verhalten der Christen während der Verfolgungszeit enthalten. – Die Unterordnung unter den Bischof als Voraussetzung für die Einheit der Kirche wird in der Schrift Über die Einheit der katholischen Kirche angesichts der Gefahr der Spaltungen während der Verfolgungszeiten herausgestellt. – Petrus ist für Cyprian das Urbild aller Bischöfe und somit das Urbild der Einheit der Kirche. Jeder einzelne Bischof hat Anteil an diesem Amt, das die Kirche konstituiert. – Im sog. Ketzertaufstreit ging es zwischen Rom und Karthago um die Frage nach der Gültigkeit der von »Ketzern« gespendeten Taufe. Kann eine solche Taufe in der Großkirche anerkannt werden? Cyprian verneint diese Frage, da eine außerhalb der wahren katholischen Kirche vollzogene Taufe ungültig ist, »quia salus extra ecclesiam non est«. Er fordert eine Taufe der Konvertiten aus häretischen Gemeinschaften. Die römische Praxis hielt dagegen jede rite vollzogene Taufe für wirksam, unabhängig von der Person des Spenders. Stephan I. 39

von Rom berief sich gegen Cyprian für die Gültigkeit der römischen Praxis auf die ältere Tradition und die Vorrangstellung des römischen Bischofs. – In diesem Streit zwischen Cyprian und Stephan werden zwei unterschiedliche Kirchenauffassungen erstmals historisch sichtbar: der Episkopalismus und der spätere Papalismus bzw. Kurialismus. Literaturhinweise BEYSCHLAG, K.: Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. I, 200–214. BIENERT, W.A.: Dogmengeschichte, 116–142. CAMPENHAUSEN, H. V.: Griechische Kirchenväter, 43–60. CAMPENHAUSEN, H. V.: Lateinische Kirchenväter, 37–56. CHADWICK, H.: Die Kirche in der antiken Welt, 130–141. CHADWICK, H.: Origenes, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 1, Alte Kirche I, 134–157. FRANK, K.S.: Grundzüge der Geschichte der Alten Kirche, 58–72. FRANK, K.S.: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, 187–191 u. 198f. HAENDLER, G.: Von Tertullian bis Ambrosius, 21–42 u. 54–75. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 1, 8., 18–21 u. § 2, 10.5, 82–84. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 61–75. WICKERT, U.: Cyprian, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 1, Alte Kirche I, 158–175.

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V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums Einstieg Mit dem Begriff »Konstantinische Wende« ist die grundlegende Wandlung in der Stellung der Kirche zum römischen Staat im Zeitalter Konstantins d.Gr. bezeichnet. Es ist eine Zäsur, die nicht nur innerhalb der spätantiken Kirchengeschichte, sondern für die gesamte Geschichte des Christentums von großer Bedeutung ist. Der römische Staat hat erst verhältnismäßig spät, reichseinheitlich erst seit der Mitte des 3. Jh.s, die Tragweite der Existenz der christlichen Gemeinden und ihre immer stärker werdende organisatorische Verbindung erkannt. Das bedeutet freilich nicht, daß der Konflikt zwischen dem Christentum und dem römischen Staat erst zu dieser Zeit entstanden wäre. Staatliche Politik im römischen Weltreich und christlicher Glaube standen sich vielmehr von Anfang an schroff gegenüber. Die Verfolgung unter Kaiser Decius hat die Organisation der christlichen Kirche nicht wesentlich getroffen. Die Stellung der Kirche in der römischen Gesellschaft war schon längst so gefestigt, daß die Verfolgungsmaßnahmen ins Leere gehen mußten. Die Gesamtheit der Bevölkerung stand offenbar nicht mehr hinter den staatlichen Anordnungen. In der zweiten Hälfte des 3. Jh.s regierten oft nur für kurze Zeit Kaiser, die sich um das ständige Anwachsen des Christentums in den verschiedenen Provinzen wenig gekümmert haben. Der Abwehrkampf um den Weiterbestand des Reiches wurde immer härter, bis Diokletian schließlich mit seiner durchgreifenden Reichsreform die Rettung des Reiches vor dem Zusammenbruch versuchte und damit die schwerste Christenverfolgung in der alten Zeit am Anfang des 4. Jh.s heraufführte. Trotz der großen Zahl der Märtyrer konnte auch diese Verfolgung die weite Verbreitung und organisierte Kraft der Kirche nicht brechen. Die Kirche war zu einem Machtfaktor im Reich geworden, die kluge Machtpolitiker nicht mehr vernachlässigen oder gar verfolgen durften. Der Aufstieg Konstantins 306 zur alleinigen Herrschaft im Westen wandelte die Lage der Kirche grundlegend. Die berühmte Schlacht an der Milvischen Brücke bei Rom am 28.10.312, durch die Konstantin mit dem Sieg über seinen Herausforderer Maxentius die Alleinherrschaft im Westen gewonnen hatte, markiert die entscheidende Wende im Verhältnis der Kirche zum Staat. 41

Kurze Zeit danach kam es zwischen Konstantin und dem Herrscher des Ostens, Licinius, zu dem sog. Edikt von Mailand im Jahre 313. Es brachte die rechtliche Wende der Stellung der Kirche zum Staat. Die Verfolgung wurde eingestellt, das Christentum zur erlaubten Religion (religio licita) erklärt. Damit begann die Entwicklung zur Reichskirche, d.h. die enge Verbindung und Verflechtung von Kirche und Staat, wie sie seit Kaiser Theodosius im Jahr 380 dann Wirklichkeit wurde. Immer breiter und tiefer hat sich das Christentum in Gesellschaft und Staat hineinentwickelt. Aber all diesen Erscheinungen läuft in vieler Hinsicht eine Bewegung entgegen, die zu den eigenartigsten Phänomenen in der christlichen Geschichte gehört – das Mönchtum. Zur Gesamtsituation der sog. Konstantinischen Wende gehört auch das Bild der Eremiten und Klöster in der Wüste Ägyptens und Syriens. Viele Aspekte kommen zusammen, die zur Entstehung dieses Phänomens beigetragen haben. Seit dem Urchristentum gibt es die altchristliche Askese. Das Mönchtum kann durchaus als eine neue Form dieser Askese verstanden werden. Neu insofern, als sich nun einzelne aus der sozialen Gemeinschaft heraus in die völlige Einsamkeit begeben. Diese Absonderung der Asketen von der Gemeinde ist die Geburtsstunde des Mönchtums. Der historische Ursprung des Mönchtums in Ägypten erklärt sich aus einer Erneuerung asketischer und gnostischer Impulse, die für das Christentum in Ägypten besonders charakteristisch sind. Das Streben nach geistiger Unabhängigkeit gegenüber der griechischen Bischofskirche, die wirtschaftliche Not und die Rechtsunsicherheit als Folgen der Fremdherrschaft in breiten Volksschichten Ägyptens, die das Kloster als Ort der Sicherheit erscheinen ließen – das erklärt wenigstens zum Teil das Entstehen des monastischen Lebens in Ägypten. Die Kirche des Konstantinischen Zeitalters hat das Mönchtum vollauf akzeptiert, es wurde eine Institution innerhalb der Kirche. Das ist immer wieder ein staunenswerter Vorgang, aber er erklärt vor allem die Entlastungsfunktion, die offenbar das Mönchtum ähnlich wie das vorherige Märtyrertum für diese Kirche darstellt. Grundaspekte Christenverfolgungen in der Alten Kirche – Der römische Staat hat erst seit der Mitte des 3. Jh.s die Tragweite der gut organisierten und weit verbreiteten christlichen Kirche erkannt. Der Zusammenstoß der christlichen Gemeinden mit den römischen Behörden war aber von Anfang an unvermeidlich. Die Jahrhunderte vor Konstantin durchziehen ver42

schiedene lokale und reichseinheitliche Verfolgungswellen von unterschiedlicher Intensität. Hauptmotive für die staatliche Verfolgung waren: Die eschatologische Hoffnung der Christen erschien den Römern als eine revolutionäre Angelegenheit, weil sie mit einer Kritik am Bestehenden verknüpft war. Durch ihren strengen Monotheismus waren die Christen genötigt, den Kaiserkult zu verweigern. Der Kosmopolitismus des christlichen Glaubens widersprach dem Universalismus der römischen Reichsidee. In der römischen Gesellschaft wurden die Christen als Fremdkörper empfunden, da ihre Heilsgewißheit, ihr enges gemeinschaftliches Leben und ihre Ferne von den gesellschaftlichen Sitten sowie ihre strenge Lebensführung bis zur Todesbereitschaft abstoßend wirkten. – Bis zu Kaiser Decius gab es keine allgemeingültige, gesetzliche Regelung gegenüber den Christen im ganzen Reich. Das Christentum galt nicht als religio licita, war aber andererseits auch nicht gesetzlich verboten. Es zog jedoch verschiedentlich Verdächtigungen auf sich. So lag es weitgehend im Ermessen der Magistrate bzw. Provinzstatthalter, was sie gegenüber den Christen unternehmen wollten. Das Strafrecht sah ein Verbot des Christentums nicht vor. Die Verweigerung des Kaiserkultes gab die Möglichkeit, die Christen in einem Kriminalprozeß (die sog. cognitio) des Hochverrats anzuklagen (crimen laesae Romanae religionis). Eine zweite Möglichkeit war die sog. coercitio, d.h. das dem Imperium innewohnende Recht, Verbrecher oder Gehorsamsverweigerer nach Belieben zu strafen bzw. zum Gehorsam zu zwingen. Die Provinzstatthalter hatten damit staatspolizeiliche Befugnisse, in ihren Provinzen für Ruhe und Ordnung zu sorgen. – Grundlage für diese prinzipiell unklare Rechtslage bildete das Reskript des Kaisers Trajan an den Statthalter Plinius d.J. (ca. 111/13): Keine polizeiliche Fahndung nach Christen. Auf Anzeige hin Prozeß mit geregeltem Verfahren. Keine Berücksichtigung anonymer Anzeigen. Straffreiheit für Apostaten. – Auch traf das Vereinsverbot des Kaisers Trajan die Christen in besonderer Weise. – Der im Volk sporadisch entstandene Haß gegenüber den Christen verband sich mit den Verfolgungen der staatlichen Organe, die man bis zur Mitte des 3. Jh.s in drei Abschnitte einteilen kann: 1. Jh. mit den Verfolgungen durch Kaiser Nero und Domitian. Die Zeit von Kaiser Trajan bis Mark Aurel (Anfang des 2. Jh.s bis 180). Die Zeit von Commodus bis Philippus Arabs (180–249). 43

– Hauptquelle für die Christenverfolgungen in der Alten Kirche sind die sog. Märtyrerakten. Das sind entweder Augenzeugenschilderungen der Gemeinde oder direkte staatliche Prozeßakten mit christlichen Interpolationen. In der Regel stellen sie ökumenische Rundbriefe dar. Der älteste außerneutestamentliche Märtyrerbericht ist der des Bischofs Polykarp von Smyrna (Martyrium 156 bzw. 167). Sodann: der Märtyrerbericht über das Martyrium des Justin (in Rom ca. 165 hingerichtet), der Martyriumsbericht über eine Christenverfolgung in den Gemeinden von Lyon und Vienne im Jahre 177 sowie im nordafrikanischen Scili im Jahre 180. Neben diesen Märtyrerakten berichten auch die Apologien der Kirchenväter über einzelne Christenverfolgungen im 2. Jh. – Um das Jahr 212 wurde allen Reichsangehörigen das römische Bürgerrecht verliehen in der sog. Constitutio Antoniniana des Kaisers Caracalla. Der Unterschied zwischen den römischen Bürgern und den Peregrinen, den Fremdlingen im Reich, war aufgehoben. Erst nach dieser Gleichstellung aller Reichsbewohner konnte eine gezielte und reichseinheitliche Christenverfolgung im römischen Reich stattfinden, wie sie Kaiser Decius im Jahre 249 begann. Die Maßnahmen des Kaisers Diokletian (284–305) – Während der ca. 40jährigen Friedenszeit im Verhältnis des Christentums zum römischen Staat nach den Verfolgungen unter den Kaisern Decius und Valerian ist aus dem Jahre 262 ein Reskript des Kaisers Gallienus überliefert, das den christlichen Bischöfen in Ägypten die Rückgabe der christlichen Kultstätten und Friedhöfe sowie die Beendigung aller Belästigungen des christlichen Glaubens bestätigte. Dies ist die erste kaiserliche Antwort auf eine Bittschrift kirchlicher Amtsträger, womit die Kirche als Institution von der höchsten staatlichen Autorität als Gegenüber partiell anerkannt wurde. – Die Politik Diokletians war im Inneren auf Einheitlichkeit und Straffung der Kräfte ausgerichtet. Durchgreifende Reichsreformen sollten den zerfallenden Staat wieder zu festigen versuchen: Verwaltungs- und Militärreform sowie das neue System der Teilung und zeitlichen Begrenzung der kaiserlichen Regierung (Tetrarchie). – Diese reichseinheitlichen Maßnahmen führten zum Zusammenstoß zwischen Kirche und Staat, vor allem bei der Rekrutierung der Christen für den Heeresdienst. – In den Jahren 303 und 304 kam es durch verschiedene Edikte zu größeren antichristlichen Maßnahmen: Kirchen wurden niedergerissen, die Heiligen 44

Schriften mußten ausgeliefert und verbrannt werden, alle christlichen Versammlungen waren verboten. Die Provinzstatthalter wurden angewiesen, den christlichen Klerus zu verhaften und durch verschärfte Haft sowie durch Foltern zum Opfern zu zwingen. Diese Christenverfolgung unter Diokletian war die schwerste in der Geschichte der Verfolgung des Christentums bis zu Konstantin. – Infolge der Reichsreform kam es jedoch in den verschiedenen Provinzen zu unterschiedlichen Abläufen der Verfolgung. Aufgrund gewisser Sympathien für das Christentum scheint der Cäsar des Westens, Konstantins Vater, Konstantius Chlorus, nicht alle Edikte gegen die Christen in seinen Provinzen Gallien und Britannien in Kraft gesetzt zu haben. Trotz der großen Zahl der Märtyrer konnte auch diese Verfolgung, wie schon die vorhergehenden unter Decius und Valerian, die weite Verbreitung und organisierte Kraft der christlichen Kirche nicht brechen. Die Kirche war zu einem Machtfaktor im Reich geworden, den kluge Machtpolitiker nicht mehr ignorieren konnten. – Diokletian dankte im Jahre 305 ab, ebenso der westliche Mitregent Maximian, die Verfolgung wurde im Westen eingestellt. – Im Osten verkündete Galerius im Namen aller Kaiser in Nikomedien am 30.4.311 ein Toleranzedikt: das Christentum wurde als religio licita anerkannt. Äußere Wandlungen zwischen Kirche und Staat in der Regierungszeit Konstantins – Die Schlacht an der Milvischen Brücke bei Rom am 28.10.312, durch die Konstantin mit dem Sieg über seinen Herausforderer Maxentius die Alleinherrschaft im Westen gewonnen hatte, markiert die entscheidende Wende im Verhältnis der Kirche zum Staat. – Die Vereinbarung von Mailand 313 zwischen Konstantin und Licinius bekräftigte auch für den Osten die Religionsfreiheit für die Christen, wo seit dem Toleranzedikt von 311 wieder Verfolgungen stattfanden. Das Christentum wurde der heidnischen Religion gleichgestellt, Kirchengut zurückgegeben und die Kirche als juristische Person anerkannt. – Nach seinem letzten Sieg über den Herausforderer im Osten, Licinius, wurde Konstantin im Jahre 324 Alleinherrscher im Reich. Mit dem neuen Verhältnis von Kirche und Staat in der Regierungszeit Konstantins ist in gewisser Weise schon die mittelalterliche Geschichte angelegt. Zum ersten Mal wurde der Staat von seiten der christlichen Kirche theologisch überhöht. Die Bischöfe erhielten 45

schon bald bei bestimmten staatlichen Verwaltungsakten ein Mitwirkungsrecht. Die politische Funktion des bischöflichen Amtes beginnt in dieser Zeit. Wichtige Maßnahmen des Kaisers Konstantin (306–337) – Die Motive Konstantins bei seiner Entscheidung für das Christentum sind sowohl religiöser wie politischer Natur. Die politischen Motive stehen in seiner Kirchenpolitik offenkundig im Vordergrund. – Konstantin griff selbst in zwei innerkirchliche Streitigkeiten ein: in die sog. donatistischen Streitigkeiten in der nordafrikanischen Kirche, die auf ein unterschiedliches Verständnis von der Heiligkeit der Kirche zurückgehen. Die Kirche als eine Gemeinschaft von aktiv Heiligen bei den Donatisten steht der Auffassung der Kirche als Heilsanstalt in den Heilsgütern, vor allem in den Sakramenten, gegenüber. Konstantin berief 314 eine Synode nach Arles ein, die den Donatismus verurteilte (1. Reichssynode der Kirchengeschichte). – Durch die Einberufung des 1. Ökumenischen Konzils von Nizäa (325) ergriff Kaiser Konstantin selbst die Initiative, um die Streitigkeiten in Alexandrien über die Stellung des Sohnes zum Vater zu schlichten. Das entscheidende Stichwort »ὁμοούσιος« (der Sohn ist wesenseins mit dem Vater) kommt aus der Umgebung des Kaisers bzw. von ihm selbst. – Im Jahre 321 wurde die Sonntagsfeier eingeführt. Das Kreuzeszeichen als Zeichen der Erlösung hielt seinen Einzug in die Öffentlichkeit. – Daß das Christentum auf dem Weg zur Reichskirche war, macht besonders der rege Kirchenbau Konstantins deutlich: Konstantin erbaute eine Kirche in Konstantinopel, die Grabeskirche in Jerusalem, in Rom die Erlöserkirche (Lateran) und die alte Petersbasilika aus den Materialien des neronianischen Zirkus. – Im Jahre 330 verlegte Konstantin die Hauptstadt in den Osten: durch Vergrößerung und Verschönerung des alten Byzanz schuf er Konstantinopel. Die Gründung Konstantinopels bedeutete die Befreiung Roms aus der Nähe zum römischen, später byzantinischen Kaiser. Während sich in Konstantinopel die völlige Abhängigkeit des Bischofssitzes vom Kaiser entwickelte, konnte sich in Rom das Papsttum als kirchliches und politisches Zentrum entfalten. Konstantinopel als kirchlicher Mittelpunkt des Ostens wurde bald der Nebenbuhler Roms, was die Entfremdung der Ost- und Westkirche weiterhin beschleunigte und vertiefte.

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– Die Maßnahmen in der Regierungszeit Konstantins stehen nicht im unmittelbaren Gegensatz zu den vorausgehenden Entwicklungen. Der Weg zu einer weltweiten und mit der Welt auch vielfach Kompromisse schließenden Kirche war längst beschritten. Aber daß das Christentum nun in die öffentliche Verantwortung trat, war doch etwas bisher ganz Neues und brachte nicht wenige Gefahren mit sich. Innerkirchliche Wandlungen zur Zeit der Regierung Konstantins – Die kirchliche Regierungsgewalt des Kaisers hatte für die Verfassung der Kirche erhebliche Auswirkungen: der Kaiser nahm Einfluß auf die kirchliche Gesetzgebung, auf die Lehre, auf das kirchliche Gerichtswesen und die kirchliche Verwaltung. Er rief Synoden ein und bestätigte Bischofswahlen, zuweilen ernannte er auch selbst Bischöfe. – Innerhalb der Gemeinden wurden die Bischöfe immer stärkere Autoritätspersonen. Sie verfügten über das Gemeindevermögen und hatten auch Mitwirkungsrechte bei der staatlichen Gerichtsbarkeit. Neben dem Bischof gab es weitere Ämter: Diakone, Archidiakone und Presbyter. In den Klerus wurde man durch eine eigene sakramentale Handlung, die Weihe, aufgenommen. Auch die Berufs- und Ehelosigkeit des Klerus begann sich in dieser Zeit langsam durchzusetzen. – Vor allem der Gottesdienst und das frömmigkeitliche Leben haben sich seit der Regierungszeit Konstantins zu immer reicheren und feierlicheren Formen weiterentwickelt. Der Gottesdienst bestand aus zwei Teilen: der sog. missa catechumenorum, bestehend aus Schriftlesung und Gebet für die nichtgetauften Christen, und der sog. missa fidelium (Eucharistiefeier). In der Eucharistiefeier, bei der das Abendmahl als Opferfeier verstanden wurde, gelangte der Gottesdienst zu seinem Höhepunkt. – In Nizäa 325 wurde der Ostertermin festgelegt: der erste Sonntag nach dem Frühlingsvollmond. Ostern war das Hauptfest. Das Weihnachtsfest wurde im Laufe des 4. Jh.s in Rom auf den 25. Dezember gelegt, auf das Fest der Wintersonnenwende. – In der Frömmigkeit des 4. Jh.s zeigen sich vielfache Wechselwirkungen zwischen Christentum und Heidentum: Heiligenverehrungen, Aufschwung der Marienfrömmigkeit, Reliquienkulte, Bilderverehrung und das Wallfahrtswesen.

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Die Kirche des 4. Jahrhunderts auf dem Weg zur Reichskirche – Nach Konstantin d.Gr. regierten seine Söhne: Konstantin II. (337–340), Konstans (337–350), seit 340 über das ganze Abendland, und Konstantius (337– 361), seit 350 Alleinherrscher des Reiches. Die Kirche wurde unter diesen Herrschern, von denen Konstantius der bedeutendste war, nicht mehr nur begünstigt, sondern die staatliche Religionspolitik schritt auch zur gewaltsamen Vernichtung der heidnischen Kulte fort. 341 wurde das heidnische Opfer mit der Todesstrafe bedroht. 346 wurde die Schließung der Tempel verfügt. – Die Entwicklung in Richtung auf das Staatskirchentum wurde durch den Kaiser Julian (361–363) unterbrochen. Eine sog. heidnische Reaktion an der Spitze des Staates setzte ein. Julian versuchte durch die Wiederbelebung der heidnischen Kulte den Staat zu reformieren. Die Christen wurden aus dem Staatsdienst gedrängt und die Privilegien des Klerus aufgehoben. Der Kaiser begünstigte neben dem Heidentum auch das Judentum. Die Christen wurden nicht verfolgt, aber aus der gesellschaftlichen und staatlichen Sphäre zurückgedrängt. Das zeigt besonders das Schulgesetz von 362, das die Christen von aller höheren Bildung ausschloß. Im Perserfeldzug 363 ist Julian gefallen. Die privilegierte Stellung der Kirche wurde unter den Nachfolgern Julians sofort wieder hergestellt. – Mit dem Religionsedikt von 380 wurde die Trinitätslehre im Sinne der nicänischen Orthodoxie verbindliches Reichsdogma. Die Religionsfreiheit im römischen Reich war damit faktisch aufgehoben. Unter Theodosius d.Gr. (379– 395) tritt das Christentum damit in die Funktion einer »Staatsreligion« ein. Entstehung des Mönchtums – Das christliche Mönchtum entwickelte sich aus der christlichen Askese. Asketische Deutungsmöglichkeiten biblischer Vorgaben: »Wüste« als Ort des Heils und der Gottesnähe bzw. des Gottesgerichts, Vergänglichkeit dieser Welt (1Kor 7,31), Armut der Christusnachfolge (Mt 19,21), Verzicht auf Ehe »um des Himmelreiches willen« (Mt 19,12) und Vorzug der Ehelosigkeit (1Kor 7,1ff.). Charismatisches Wanderasketentum, gnostisch-christliche und eschatologisch-enthusiastische Strömungen. – Förderungen der christlichen Askese aus der Umwelt: Apokalyptik des palästinischen Judentums, Vollkommenheitslehre des Philo von Alexandrien, Tugendlehre der Pythagoräer, der Orphiker und der Stoa. Dualismus von Leib und Seele/Geist des Neuplatonismus und der Gnosis. 48

– Zusätzliche Gründe im 3. Jh.: wachsende Distanz zur Gemeindeordnung, insbesondere zum Bischof, Entledigung von wirtschaftlich-politischen Lasten. – Im Verlauf des 3. Jh.s Auftreten außergemeindlicher Askese: Auszug aus der bisherigen Kulturwelt in die Wüsten Ägyptens und Syriens als Beginn des Mönchtums. – Dieses sog. Eremiten- oder Anachoretentum zeigt folgende Züge: Der Eremit wird zum Bild des vollkommenen Christen, der in stellvertretender Weise für die Gemeinde ein Leben unmittelbar mit Gott lebt. Für die Frömmigkeit der Eremiten spielt der Dualismus von Fleisch und Geist, die Gottesgemeinschaft und der Kampf gegen die Dämonen eine zentrale Rolle. – Historisch faßbar wird das älteste Mönchtum in der Gestalt des Heiligen Antonius. Hauptquelle für sein Leben bildet die Vita Antonii des Athanasius aus der 2. Hälfte des 4. Jh.s. Antonius (ca. 250–356) ist einer von vielen Anachoreten, die in die Wüste gingen und hier vielfach Gruppen um sich sammelten. Die Weitergabe der Weisheit dieser Mönchsväter an ihre Schüler ist in den sog. Apophthegmata Patrum gesammelt. – Eine andere Form des Mönchtums ist das sog. Koinobitentum, das gemeinsame Leben im Kloster. Es entwickelt sich teilweise gleichzeitig mit dem Anachoretentum. Seit 320 ist das Koinobitentum in Ägypten nachweisbar. Pachomius (292–346) ist der Begründer dieses Klosterlebens, das nun auch eine Regel ausbildete. Jedem Kloster stand ein Abt vor. In Tabennisi am Nil war das erste christliche Kloster entstanden. Auf Pachomius geht auch die Gründung eines Frauenklosters zurück. Die Wildwüchsigkeit und Regellosigkeit des bisherigen Mönchtums wurde nun durch eine einheitliche strenge Lebensordnung und die Verpflichtung auf eine Regel abgelöst. Gehorsam gegenüber dem Abt, Disziplin, Arbeitspflicht und keinerlei persönlicher Besitz waren die Hauptforderungen. Ein »ewiges Gelübde« wurde nicht gefordert. – Das Mönchtum hat sich seit dem Anfang des 4. Jh.s rasch in Ägypten, Syrien und Palästina ausgebreitet. In der zweiten Hälfte des 4. Jh.s kommt es auch nach dem Westen, wo es trotz heftigen Widerspruchs bald gelehrte Theologen fand: Hieronymus in Rom (gest. 420), Ambrosius in Mailand (gest. 397), Augustin in Nordafrika (gest. 430), in Gallien Martin von Tours (gest. 396/97) und Johannes Cassianus (gest. ca. 435, Kloster Lerinum in Südgallien). – Die Kirche des Konstantinischen Zeitalters hat das Mönchtum vollauf akzeptiert, es wurde eine Institution innerhalb der Kirche.

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– Basilius von Caesarea (gest. 379) gilt als »Vater« des griechischen Mönchtums: Mönchsregeln, geistliches Leben (Gebetszeiten und Beichte). – Benedikt von Nursia (ca. 480– nach 547), auf den die Gründung des Klosters Monte Cassino 529 und die Regula Benedicti zurückgehen. Reaktion auf vagabundierendes Mönchtum durch folgende Forderungen: stabilitas loci, conversatio morum, oboedientia (Ortsgebundenheit, Ethik, Gehorsam) und »ora et labora« (Kontemplation und Arbeit). – Durch das Konzil von Chalcedon 451 wurde das Mönchtum kirchlich integriert. Gründe: Kontrolle durch die Bischöfe und Entlastungsfunktion für die Kirche (Zwei-Stufen-Ethik). – Die Geschichte des Mönchtums hat sich seit dem 4. Jh. im Osten und Westen sehr verschieden weiterentwickelt. Literaturhinweise ANDRESEN, C. / RITTER, A.M.: Geschichte des Christentums I/1, 64–72. CHADWICK, H.: Die Kirche in der antiken Welt, 142–150. CLAUSS, M.: Konstantin der Große und seine Zeit. DASSMANN, E.: Kirchengeschichte II/1, 15–63. FRANK, K.S.: Geschichte des christlichen Mönchtums, 1–50. FRANK, K.S.: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, 205–218 u. 365–384. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 3, 10.–11., 135–144 u. § 6, 1.–3., 261–274. JACOBS, M.: Das Christentum in der antiken Welt, 169–186. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 76–91.

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VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte Einstieg Auf dem Konzil von Konstantinopel (381) wurde die Lehre von der Trinität das erste Dogma der christlichen Kirche. Das Konzil von Chalcedon (451) formulierte die Lehre von der Person Jesu Christi als das zweite Dogma. Bis zu diesen Konzilsentscheidungen durchzieht die ganze Geschichte der Alten Kirche ein leidenschaftliches theologisches Ringen, in das vor allem seit der Konstantinischen Wende auch viele kirchenpolitische Machtansprüche hineinspielen. In diesen Streitigkeiten ging es jedoch um das Zentrum des christlichen Glaubens, d.h. um die Frage, ob Jesus Christus ein von göttlichem Geist inspirierter Mensch oder im Vollsinn wahrhaftiger Gott ist. Der Streit um die Trinitätslehre in der Alten Kirche ist im eigentlichen ein Streit um die Gottheit Jesu Christi. Insgesamt spielte dabei die Tatsache eine wesentliche Rolle, daß sich im 2. Jh. das Schwergewicht der christlichen Gemeinden und ihrer Theologie endgültig aus dem jüdischen Bereich in die Welt des griechischen Denkens verlagerte. Damit bestand die Notwendigkeit, den christlichen Glauben nun auch für griechisches Denken und Empfinden entsprechend auszudrücken. Das Bekenntnis von 381 fällt in die Zeit nach der Konstantinischen Wende. Das ist gewiß nicht zufällig. Auch in der Dogmengeschichte stellt die neue Situation der Kirche unter Konstantin und seinen Söhnen eine erhebliche Zäsur dar. Man hat von der normgeschichtlichen Wende des 4. Jh.s gesprochen, bei der sich das Gewicht der kirchlichen Glaubensnorm aus der Ebene christlicher Überzeugung in die Region einer objektiven dogmatischen Normativität verlagert hat (Karlmann Beyschlag). In Nizäa und Konstantinopel wurde das Geheimnis des Wesens Gottes nicht ergründet. Aber es wurde gegenüber anderen Interpretationen deutlich festgehalten, daß Gott sich in Jesus Christus vollgültig offenbart hat und im Geist in der Kirche gegenwärtig ist. Der Weg zur Anerkennung des Christentums im römischen Staat über die Konstantinische Wende bis zur Reichskirche ist ohne diese dogmengeschichtliche Entwicklung der Trinitätslehre nicht denkbar. Nach dem trinitarischen Dogma, der Feststellung, daß Christus wahrhaftiger Gott ist, mußte sich im christlichen Denken das weitere Problem aufdrängen, wie sich Göttliches und Menschliches in der Person Jesu Christi zueinander verhalten. Nach schweren Kämpfen kam es schließlich 451 zum Konzil von 51

Chalcedon. Hier wurde die sog. Zwei-Naturen-Lehre zum Dogma erhoben: das Bekenntnis zu der einen Person Jesu Christi in zwei Naturen, vollkommener Gott und vollkommener Mensch, weder miteinander vermischt noch voneinander getrennt. Nur in negativen Ausdrücken vermochte man die Extrempositionen der unterschiedlichen Schulmeinungen abzuweisen, um somit ihr jeweiliges berechtigtes Anliegen gemeinsam festhalten zu können. Die Formulierungen machen klar, daß man auf begrifflichem Wege das Geheimnis der Person Jesu Christi nicht ausschöpfen kann. Auch nach 451 gingen die christologischen Streitigkeiten im Osten noch leidenschaftlich weiter in den sog. monophysitischen Kämpfen, die am Ende des 5. Jh.s zum ersten Auseinanderbrechen der östlichen und westlichen Kirche führten. Für die weitere Lehrentwicklung aber blieb das Chalcedonense grundlegend. Grundaspekte Trinitätstheologische Ansätze im Neuen Testament – Die Wurzeln für die Ausbildung der kirchlichen Trinitätslehre liegen im NT. Die These von außerchristlichen Quellen der Trinitätslehre (platonische Philosophie, Parsismus) kann heute als erledigt gelten. Freilich durchzieht die ganze Geschichte des Christentums Kritik an der Trinitätslehre (z.B. die Antitrinitarier in der Reformationszeit). Der Streit um die Trinitätslehre in der Alten Kirche, der mit den philosophischen Denkmitteln der Zeit geführt wurde, ist im eigentlichen ein Streit um die Gottheit Jesu Christi. – Die älteste Überlieferungsschicht im NT zeigt adoptianische Vorstellungen: Jesus sei bei der Taufe durch Johannes von Gott zum »Sohn« adoptiert worden (Mk 1,11). Jesus ist aber auch hier nicht bloßer Mensch, sondern in diesem Sohn offenbart sich Gott. – Vor allem die Aussagen über die Präexistenz Christi und seine Gottesebenbildlichkeit im johanneischen und paulinischen Christusbild drängten zu einer weiteren lehrmäßigen Ausbildung der Gottesvorstellung (Joh 1,1–14; Phil 2,5– 11; Röm 8,29; 2Kor 4,4 und Kol 1,15). Auch die Aussagen über den Heiligen Geist deuten auf eine Weiterbildung im Sinne der trinitarischen Reflexion: der Heilige Geist wird eng mit Christus und Gott zusammengebracht, aber eben auch von ihnen unterschieden (Joh 14,17.26). – Auf einer entwickelteren Stufe erreichen die Aussagen über Gott, Christus und den Heiligen Geist sog. triadische Formeln (2Kor 13,13; Mt 28,19). 52

– Auch die frühen Glaubensbekenntnisse und die Glaubensregel stellen in ihrer dreigliedrigen Form einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Ausbildung der kirchlichen Trinitätslehre dar, so z.B. das Symbolum Romanum um 150. Erste Klärungsversuche des trinitarischen Problems um 200 – Für die weitere Entwicklung wurde besonders die Logos-Christologie der Apologeten wichtig. Sie haben die griechische Logosvorstellung (Weltvernunft, Weltgesetz) mit dem Logosgedanken von Joh 1 verbunden. Zwei Gesichtspunkte sind folgenreich: einmal die Auffassung von der Vernünftigkeit des christlichen Glaubens, und zum anderen die Verlagerung des christologischen Denkens in den Raum der Präexistenz. Indem der präexistente Logos in seiner Eigenständigkeit bedacht wurde, entstand das Problem des »pluralistischen Monotheismus« (Friedrich Loofs). Es mußte nun von einer Zweiheit, später auch Dreiheit von Gottwesen gesprochen werden, die dennoch die Einheit nicht gefährden durften (Christus als δεύτερος θεός bei Justin). – Gegen die Logos-Christologie der Apologeten ist die Bewegung des Monarchianismus gerichtet. Die Monarchianer betonen die Einheit Gottes und lehnen die spekulativen Elemente in der Gottesvorstellung ab. In zwei Bewegungen tritt der Monarchianismus auseinander, nur den Widerspruch gegen die Logoslehre der Apologeten haben sie gemeinsam: 1. der sog. dynamistische Monarchianismus (Adoptianismus); 2. der modalistische Monarchianismus. – Die Bewegung des dynamistischen Monarchianismus versteht das Göttliche an Jesus als eine Kraft, die bestimmte Fortschritte machte und bei der Taufe durch Johannes zur Adoption Jesu als Sohn Gottes geführt hat. Gott ist nur einer; die Beziehung zwischen Vater und Sohn ist eine dynamische, nicht eine Beziehung des Wesens. Vertreter: Theodot der »Gerber« (um 190 in Rom), Theodot der »Wechsler« (um 200/10). Mit Einschränkung kann man auch Paul von Samosata (seit 260 Bischof von Antiochien) zu dieser Richtung rechnen. – Die modalistischen Monarchianer haben Vater und Sohn als zwei verschiedene Erscheinungsformen des einen Gottes verstanden. In der Konsequenz konnte diese Auffassung bis zur Identifizierung Christi mit Gott selbst führen. Die Gegner haben hier von Patripassianismus gesprochen, d.h. der Vater selbst hat gelitten. Vertreter: Noëtus von Smyrna, Praxeas und Sabellius. Noëtus bestreitet die personhafte Verschiedenheit von Vater und Sohn, nur auf diese Weise könne der Monotheismus gewahrt bleiben. Christus muß wirklich 53

Gott sein, der für uns gelitten hat, denn nur so kann dieses Leiden für uns Erlösung bedeuten. Damit weist dieser Theologe schon auf Athanasius im 4. Jh. voraus. Praxeas versuchte eine Form von Modalismus zu entwickeln, die die Aussage, daß der Vater selbst gelitten habe, vermeidet. Er erklärte in diesem Zusammenhang den Namen »Sohn Gottes«. Er identifizierte nicht einfach den Sohn mit dem Vater, sondern er unterschied das Göttliche in Jesus und sein Fleisch. Nur das Fleisch sei von Maria geboren, nur dieses habe gelitten, nicht der Vater. Dieses Fleisch Jesu werde in der Bibel Sohn Gottes genannt. Das Göttliche im Erlöser sei dagegen personhaft identisch mit dem höchsten Gott. Gegen Praxeas hat sich vor allem Tertullian gewandt. Sabellius ist der wichtigste Vertreter dieser Richtung. Er beschreibt die personhafte Einheit Gottes in drei Masken bzw. Rollen (prosopa), die sich in der Heilsgeschichte nacheinander offenbaren. Diesem sog. ökonomischen Typus der Trinitätslehre steht die sog. immanente Trinitätslehre gegenüber, die eine innere Ausdifferenzierung im Wesen Gottes aussagt. – Vor allem die Christusvorstellung des Monarchianismus führte zu seiner Abweisung. Beim dynamistischen Monarchianismus war Jesus weder im Vollsinn Mensch noch Gott. Der Modalismus sah vom geschichtlichen Bild Jesu völlig ab, wenn er die Unterschiede zwischen Vater und Sohn beseitigte. Die kirchliche Theologie betonte dagegen die Lehre von der Wesenseinheit des Sohnes mit dem Vater (gegen den Dynamismus) und die Lehre von den drei Personen der Gottheit (gegen den Modalismus). Beiträge der Kirchenväter zur Entwicklung der Trinitätslehre – Die Kirchenväter knüpfen wieder an die Logos-Christologie an. Irenäus lehrt die fortschreitende Offenbarung Gottes in der Heilsgeschichte. – Tertullian schafft klare Begriffe: Seine Formel lautet: una substantia – tres personae. In der einen Substanz leben drei Personen, und doch ist Gott nur eine Einheit. In der Heilsgeschichte differenziert sich diese Einheit in die Dreiheit. – Origenes vertritt als erster eine sog. immanente »Trinitätslehre«. Gott bringt den Sohn in einem ewigen Akt hervor. So wie der Sohn aus dem Vater entsteht, so der Geist aus dem Sohn. Damit steht der Sohn unter dem Vater und der Geist unter dem Sohn (Subordinatianismus). Für die drei Personen der Gottheit gebraucht Origenes den Begriff der Hypostase. Das meint individuelle Wesenheit. Hinsichtlich ihrer Hypostase sind Sohn und Geist unterschieden vom Vater, aber zugleich sind sie doch eins hinsichtlich der Einheit des Willens. 54

Die Anfänge des arianischen Streites – Gegenstand dieses Streites (318–381) ist die Frage, ob Christus ein von göttlichem Geist inspirierter Mensch oder im Vollsinn wahrhaft Gott ist. – Anlaß für diesen Streit gab der Presbyter Arius in Alexandrien am Anfang des 4. Jh.s. Er kam theologisch von Lucian von Antiochien her, der die Subordination des Logos unter Gott besonders stark betonte. Sein philosophisch orientierter Gottesbegriff stellte die Einzigkeit und Transzendenz Gottes heraus. Jesus Christus ist ein Geschöpf Gottes, aus dem Nichts vor der Zeit erschaffen. Arius: »Denn Gott war allein und es gab keinen Logos und keine Weisheit. Als aber dann Gott uns erschaffen wollte, schuf er zuerst den Einen und nannte ihn Logos, Weisheit und Sohn, damit er uns durch ihn schaffen sollte.« Den origenistischen Begriff der Hypostase hat er übernommen, aber der Sohn und der Geist haben nur eine abgeleitete Gottheit. Daß der Sohn wesenseins mit dem Vater wäre, das ist für Arius undenkbar. – Gegen Arius trat Bischof Alexander von Alexandrien auf, der an dem Geheimnis der Gottgleichheit Christi entgegen aller philosophischen Spekulation festhielt. – Auf einer Synode in Alexandrien 318/19 wurde Arius mit einigen Freunden verurteilt. Er flüchtete zu Bischof Eusebius von Nikomedien. Die origenistisch denkenden Bischöfe im Osten unterstützten ihn, der Streit weitete sich aus. – Kaiser Konstantin beschloß, in den Konflikt schlichtend einzugreifen. Er berief 325 nach Nizäa eine Reichssynode ein, das sog. 1. Ökumenische Konzil. Hier wurde ein älteres Glaubensbekenntnis angenommen, dessen entscheidende Aussagen lauten: Der Sohn ist »aus dem Wesen des Vaters gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater«. Das Stichwort »ὁμοούσιος«, das der Kaiser vermutlich selbst bzw. Bischof Hosius von Corduba in die Verhandlungen einführte, entsprach dem lateinischen Ausdruck »unius substantiae« bei Tertullian. – Der Begriff »ὁμοούσιος« hatte die verschiedenen Parteien auf der Synode (Arianer, gemäßigte Origenisten und die Gruppe um Bischof Alexander, Marcell von Ancyra, Hosius von Corduba) vereinigen können, da es in seiner Bedeutung zwischen »wesenseins« bzw. »wesensgleich« schillerte. – Für Arius und seine Freunde war der Begriff freilich unakzeptabel. Sie verweigerten die Unterschrift unter das Bekenntnis und wurden verurteilt und verbannt. 55

Der arianische Streit von 325 bis 362 und Bischof Athanasius – Der Ausdruck »eines Wesens mit dem Vater« hatte in Nizäa die Bedeutung von »gezeugt, nicht geschaffen«, d.h., er meint die volle Gottheit des Sohnes. Es wurde nicht der Versuch unternommen, die Frage der göttlichen Einheit und der Verschiedenheit der Personen denkerisch zu lösen. So entstanden neue Fragen und neue Probleme. Die beiden wichtigsten sind: 1. Wie verhalten sich die verschiedenen göttlichen Personen zueinander? 2. Wie ist diese bezeugte Gottheit Jesu Christi mit dem irdischen Jesus der Evangelien zusammenzudenken? Um diese Probleme wurde im arianischen Streit gerungen. – Die Entscheidung von Nizäa war für die meisten Bischöfe im Osten, die von der Theologie des Origenes her die Unterschiede zwischen den göttlichen Personen stärker betonten, eine Herausforderung. Sie dachten im Grunde arianisch. Der Arianismus wurde auch durch die kaiserliche Politik in den Jahren nach 325 begünstigt. – Dieser Gruppierung stand Bischof Athanasius gegenüber (seit 328 Bischof von Alexandrien, gest. 373). Er war der eigentliche Streiter für das Nizänum und Hauptgegner der Arianer. Er lernte die abendländische Trinitätslehre durch seine Verbannungen in Trier (335–337) und Rom (ab 339) kennen (Tertullians Substantia-Begriff). Athanasius sah in dem Begriff »ὁμοούσιος« zunächst die Gottheit des Sohnes ausgesagt. Später verstand er ihn im Sinne der Wesenseinheit Gottes unter Hinzunahme des Hypostase-Begriffes. – Die soteriologische Bestimmung der Trinitätslehre ist für Athanasius charakteristisch. Er hielt an der Wesenseinheit des Sohnes mit dem Vater vor allem darum so streng fest, weil nur dann die Erlösung durch den Sohn gesichert war. Als Geschöpf Gottes kann Christus keine wirkliche Gotteserkenntnis bringen. Ohne Gotteserkenntnis aber kann es keine Erlösung geben. Seine entscheidende Formel lautet: »Das Wort ward Fleisch, damit wir vergöttlicht würden.« Vergottung des Menschen meint hier die Wiederherstellung der menschlichen Natur in ihrer Unverweslichkeit, in ihrer Unsterblichkeit. Man hat hier von »physischer« Erlösungslehre gesprochen gegenüber dem mehr ethischen Erlösungsverständnis in der Theologie des Westens. – Seit 350 war Konstantius Alleinherrscher im Gesamtreich und verhalf dem Arianismus zum Durchbruch. – Die theologischen Gruppierungen im arianischen Streit seit 325 sind folgende: 1. radikale Arianer, als Anhomöer bezeichnet (ἀνόμοιος = [wesens]un56

gleich), 2. Homöusianer (ὁμοιούσιος = wesensgleich/wesensähnlich), 3. Homöer (ὅμοιος κατὰ τὰς γραάς = gleich gemäß den Schriften), 4. Homousianer (ὁμοούσιος = wesenseins). Die zahlenmäßig größte Gruppe bildeten die Homöusianer (origenistische Mittelpartei), die gegen den neu erstarkten Arianismus die im Nizänum bekannte »Wesenseinheit« von Vater und Sohn als »Wesensgleichheit« bzw. »Wesensähnlichkeit« interpretierten. Die Homöer brachten eine Formel ein, die die Gottheit des Sohnes nicht ontologisch, sondern biblizistisch herausstellte. Dieses homöische Bekenntnis wurde in Konstantinopel 359 zum Dogma erklärt. – Die Regierungszeit Kaiser Julians (361–363) entschärfte von außen die Gegensätze zwischen den verschiedenen Gruppierungen des arianischen Streites. – Auf der Synode von Alexandrien 362 kam es zu einer Einigung, die sich in der Formel zusammenfassen läßt: Gott sei ein Wesen in drei Hypostasen (μία οὐσία – τρεῖς ὑποστάσεις). Die drei Kappadokier und das Bekenntnis von 381 – Nach dem Tod des Kaisers Julian haben Theologen aus Kappadokien durch präzise Begriffssprache die Möglichkeit für die Formulierung eines wirklich trinitarischen Bekenntnisses geschaffen. Zu ihnen gehören: Basilius von Caesarea, genannt der Große (gest. 379), Gregor von Nyssa (gest. 394) und Gregor von Nazianz (gest. ca. 390). Unter »οὐσία« (Wesen) verstanden sie das gemeinsame Gottsein, während »ὑπόστασις« (ursprünglich das »Daruntergestellte«) die Vereinzelung dieses Gottseins bei Vater, Sohn und Geist meint. – Damit waren die Voraussetzungen geschaffen für das Konzil von Konstantinopel 381, das weithin die Bestimmungen des Konzils von Nizäa 325 übernommen hat. In dem Glaubensbekenntnis von 381 wurde vor allem der 3. Artikel wesentlich erweitert. – Schon Athanasius hatte gegen die Arianer und viele von Origenes herkommende Theologen die Gottheit des Heiligen Geistes betont. Abgelehnt wurde die Gottheit des Heiligen Geistes von den sog. Pneumatomachen, die sich um den Bischof Macedonius von Konstantinopel versammelten (342–360). Bekenntnis von 381: Der Heilige Geist geht vom Vater aus und wird mit dem Vater und dem Sohn zusammen verehrt.

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Die christologische Frage in der Alten Kirche – Christologische und trinitätstheologische Problemstellungen sind, wie besonders der arianische Streit zeigt, aufs engste miteinander verknüpft. Aber erst nach 381 ergab sich die Notwendigkeit einer dogmatischen Klärung auch auf dem Gebiet der Christologie. – Das christologische Grundproblem lautet: Wenn Christus wahrhaftiger Gott ist, so gilt es zu klären, wie sich Göttliches und Menschliches in Jesus Christus zueinander verhalten. Diese Frage stellt sich nicht erst im 4. und 5. Jh., sondern schon seit der Zeit des Urchristentums. Christologische Vorstellungen im vorkonstantinischen Christentum – Von den frühen christologischen Vorstellungen hatten die sog. ebionitische Christologie und der Doketismus keine Zukunft. Die Ebioniten waren Judenchristen, die in betontem Gegensatz zu Paulus und unter Einflüssen jüdischer und gnostischer Kreise sich von der Großkirche absonderten und Jesus als den natürlichen Sohn von Josef und Maria verstanden. Jesus sei zum Messias bestimmt gewesen, würde eines Tages wiederkehren, um sein Reich aufzurichten. Sie sahen in Christus einen bloßen Menschen, der freilich von Gott mit besonderen Geistesgaben ausgestattet ist (ähnlich wie der Adoptianismus). – Der sog. Doketismus in den verschiedenen gnostischen Kreisen und bei Marcion lehrte, daß Christus nur scheinbar Mensch geworden sei. – Die weitere Entwicklung der kirchlichen Christologie stützt sich auf die Aussagen bei Paulus und Johannes (Joh 1,1–14, Röm 1,3ff. und Phil 2,5–11). – Wie bei der trinitarischen Frage wiesen die Apologeten mit ihrer LogosChristologie in die Zukunft. Durch den Präexistenzgedanken betonten sie die Gottheit Christi. – Von den frühen Kirchenvätern haben vor allem Tertullian und Origenes das christologische Problem näher entfaltet. Tertullian sprach von der Annahme des menschlichen Fleisches durch den Logos. Jesus Christus hat zwei Naturen bzw. zwei Substanzen. Jede Substanz hat ihre besondere Eigenheit und Aktivität. Beide Substanzen dürfen jedoch nicht voneinander getrennt werden. Tertullian: »Wir sehen einen doppelten Seinsstand (status), unvermischt, aber verbunden in einer Person, den Gott und den Menschen Jesus.« Tertullian betont die Inkarnation und die volle Menschheit Jesu, d.h., daß Jesus eine menschliche Seele gehabt habe. 58

– Origenes versuchte mit Hilfe seiner spekulativen Gotteslehre sowohl die Gottheit wie die Menschheit in Jesus Christus zum Ausdruck zu bringen. Die präexistente menschliche Seele Jesu habe sich mit dem göttlichen Logos vereint und sei dadurch total sündlos. Die anderen präexistenten menschlichen Seelen seien jedoch von Gott abgefallen. In der Verbindung mit dem Logos ging die Seele bei der Inkarnation in den Leib Jesu ein. Zwischen dem göttlichen Logos und dem Leib ist die Seele das Mittelglied. Alexandrien und Antiochien – zwei Zentren im Osten – Die christologischen Streitigkeiten wurden im 4. und 5. Jh. wesentlich zwischen diesen beiden theologischen Zentren ausgetragen. In Alexandrien war man vor allem an der Vereinigung der menschlichen mit der göttlichen Natur in Christus interessiert und betonte die Einheit zwischen Gott und Mensch in Jesus Christus aus soteriologischem Interesse (Athanasius). In Antiochien wurde mehr der Unterschied der beiden Naturen Christi hervorgehoben. Das irdische Wirken Jesu diente als ethisches Vorbild (»Leben-Jesu«-Theologie). – Der Streit begann im 4. Jh. mit dem Bischof Apollinaris von Laodicea in Syrien. Seine Theorie: Die menschliche Seele wurde bei Jesus durch den göttlichen Logos ersetzt. Er stellt als erster Theologe die christologische Frage im engeren Sinn. Aber weil mit seiner Auffassung die vollkommene menschliche Natur in Christus geleugnet war, haben sich sowohl die Antiochener wie Alexandriner gegen ihn erklärt; seine Lehre wurde zuletzt 381 in Konstantinopel verworfen. Auch die Arianer vertraten die Ansicht, daß der Logos die Stelle der Seele bei Jesus eingenommen habe. In Antiochien wurde gegen die Arianer an der Gottheit Christi festgehalten, zugleich aber die Konsequenzen der Leugnung einer menschlichen Seele in Jesus gesehen: Jesus wäre sonst nicht wahrhaft Mensch gewesen. – Eustathius von Antiochien (gest. 337) lehrte deshalb, daß der Logos dem aus Leib und Seele bestehenden Menschen Jesus eingewohnt habe. Damit wurde die spätere antiochenische Christologie des frühen 5. Jh.s in gewisser Weise vorweggenommen. Hauptvertreter der antiochenischen und alexandrinischen Schule im frühen 5. Jh. – Am Anfang des 5. Jh.s verschärften sich die christologischen Streitigkeiten zwischen Antiochien und Alexandrien. Grund waren kirchenpolitische Rivalitäten beider Patriarchate gegenüber Konstantinopel. 59

– Theologisch ging der Gegensatz nun dahin, daß man in Antiochien das Verhältnis zwischen Gottheit und Menschheit in Jesus in einer Entwicklung dachte, die in der Auferstehung und Himmelfahrt ihren Höhepunkt erlangte (ἕνωσις σχετική). In Alexandrien hatte man dagegen an der Einheit von Gottheit und Menschheit im physischen Sinne festgehalten (ἕνωσις υσική). – Bedeutende Vertreter der antiochenischen Schule waren Diodor von Tarsus (gest. vor 394), Theodor von Mopsuestia (gest. 428) und Theodoret von Kyros (gest. ca. 460). Besonders die beiden letzten Theologen stehen für bedeutsame exegetische Leistungen in Antiochien. – Die alexandrinische Schule ist zunächst vertreten von Kyrill (gest. 444) und sodann von Dioskur (gest. 451). Der nestorianische Streit – Es ging hier vor allem um die Vorrangstellung der Patriarchate im Osten: Alexandrien, Antiochien und Konstantinopel. – Bischof Kyrill von Alexandrien (gest. 444) stand dem Bischof Nestorius von Konstantinopel (gest. nach 451) gegenüber. Nestorius hatte eine ähnliche Christologie wie die älteren antiochenischen Theologen: gegen Apollinaris müsse die wahrhaft menschliche Natur Jesu Christi betont werden. Der Logos habe nicht nur einen Leib, sondern einen vollkommenen Menschen angenommen. In Antiochien: Logos-Anthropos-Christologie. In Alexandrien: Logos-Sarx-Christologie. – Kyrill nahm den Kampf mit Nestorius durch die Frage auf, ob man Maria das Prädikat »Gottesgebärerin« (»θεοτόκος«) zusprechen könne. Nestorius wollte bei Maria eher von »Christusgebärerin« sprechen. – Der Streit weitete sich aus und Kaiser Theodosius II. berief 431 ein Konzil nach Ephesus ein. Nach tumultartigen Szenen kam es zur gegenseitigen Verdammung der beiden Parteien. Der Kaiser setzte Kyrill und Nestorius gefangen. Kyrill konnte aus dem Gefängnis entkommen, während Nestorius abgesetzt und verbannt blieb. Die Teilsynode Kyrills 431 wurde das 3. Ökumenische Konzil. Maria bekam das Prädikat »Gottesgebärerin« zuerkannt. – Nach dem Tode Kyrills berief sein Nachfolger Dioskur eine Synode in Ephesus 449 ein. Sie erklärte, daß in Christus nur die eine göttliche Natur herrsche (eutychianischer Streit [448–451], benannt nach dem Alexandriner Eutyches). 60

Der Lehrbrief Leos und die Zwei-Naturen-Lehre auf dem Konzil von Chalcedon 451 – Leo I., d.Gr. (440–461) schaltete sich unmittelbar in die christologischen Streitigkeiten im Osten ein mit einem berühmten Lehrbrief (449), in dem er vor allem das christologische Denken des Westens zum Ausdruck brachte. Christus ist eine Person in zwei Naturen, Gottheit wie Menschheit sind unverändert und wirken doch in der Gemeinschaft mit der je anderen zusammen (Tomus Leonis). – Diese Bestimmungen wurden die Grundlage des Bekenntnisses in Chalcedon, wo das 4. Ökumenische Konzil im Jahre 451 stattfand. In Chalcedon wurde die sog. Zwei-Naturen-Lehre zum Dogma erhoben: das Bekenntnis zu der einen Person Christi in zwei Naturen, wahrer Gott und wahrer Mensch, weder miteinander vermischt noch voneinander getrennt. Die vier Begriffe lauten: »unvermischt«, »unverwandelt« (das Anliegen der antiochenischen Schule aufnehmend) und »ungeschieden« und »ungetrennt« (das Anliegen des alexandrinischen Standpunktes aufnehmend). – Die christologischen Streitigkeiten setzten sich nach 451 in den sog. monophysitischen Kämpfen fort. Literaturhinweise BEYSCHLAG, K.: Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. I, 254–308 u. Bd. II/1, 1–130. BIENERT, W.A.: Dogmengeschichte, 154–225. FRANK, K.S.: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, 241–260 u. 272–285. HÄGGLUND, B.: Geschichte der Theologie, 53–81. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 1, 1–51 u. § 4, 1.–11., 153–189. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 91–100. RITTER, A.M.: Dogma und Lehre in der Alten Kirche, in: Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte, Bd. 1, 99–283.

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VII. Augustin Einstieg Die Reichsteilung von 395 hatte eine unterschiedliche Entwicklung im Osten und Westen zur Folge. Byzanz war zur Metropole der östlichen Reichshälfte aufgestiegen und konnte mit Erfolg die herandrängenden Völker abwehren. Dagegen strömten in das weströmische Reich (Hauptstadt zunächst Mailand, ab 402 Ravenna) germanische Völkerschaften ein. Auch das so bedeutungsvolle Rom wurde 410 von den Westgoten erobert. Insgesamt bedeuteten diese Ereignisse einen gewaltigen Umbruch der bestehenden Werte im politischen wie im kulturellen Bereich. Auch in Nordafrika, der Heimat Augustins, machte sich dieser Wandel bemerkbar. Hippo Regius, die römische Garnisonsstadt und bischöfliche Wirkungsstätte Augustins, wurde bereits von den Vandalen belagert, als Augustin hier 430 starb. Neben den politischen Umwälzungen fallen in die Zeit Augustins auch wichtige innerkirchliche Spaltungen und Lehrstreitigkeiten. Zum einen die Auseinandersetzung mit den Donatisten, deren kirchenspaltende Wirkung erst in dieser Zeit voll zur Geltung kam, und zum anderen das Ringen mit Pelagius um ein rechtes Verständnis von Sünde und Gnade. Es ist von größter bleibender Bedeutung, daß Augustin in dieser spätantiken Umbruchszeit lebt und damit zum Wegweiser im politischen und geistigen Wandlungsprozeß wird. Im Denken Augustins faßt sich der geistige Ertrag der altkirchlichen Entwicklung vor ihm zusammen, und die Jahrhunderte nach ihm werden entscheidend durch seine theologischen Einsichten geprägt. Mit keinem bedeutenden Theologen der Christenheit läßt sich die Wirkungsgeschichte Augustins vergleichen. Nicht nur die kirchlich-theologische Entwicklung der Alten Kirche gipfelt in Augustin, sondern auch die Bildungsgeschichte der Spätantike. Die Verbindung von Christentum und Antike gibt dem Denken Augustins ein spannungsvolles Gewicht, beinhaltet allerdings auch manche schwerwiegenden Probleme. Leben und Werk Augustins sind dabei eng miteinander verflochten. Grundaspekte Die Confessiones – Hauptquelle für Augustins Leben und Denken – Die Confessiones sind 397/98 entstanden, kurz nachdem Augustin seine entscheidende Wendung zur paulinischen Gnadenlehre vollzogen hatte. Er stellt sein Leben als Exempel der göttlichen Gnade in Form eines Lobpreises und 62

Bekenntnisses dar. Die Confessiones sind die bedeutendste christliche Selbstbiographie der Spätantike und eines der wichtigsten Erbauungsbücher der Christenheit. – Sie sind in drei Teile gegliedert: Die Bücher 1–9 stellen den Weg Augustins bis zur Bekehrung 386 in Mailand dar. In Buch 10 gibt sich Augustin Rechenschaft über seinen gegenwärtigen geistigen Standpunkt zur Zeit der Abfassung der Confessiones. Die Bücher 11–13 bringen eine Exegese von Genesis 1. Die Probleme der Genesisauslegung haben Augustin immer wieder beschäftigt, d.h. die Frage nach dem »Woher« des Bösen. Stationen der inneren Entwicklung Augustins – Augustin wird 354 in Thagaste/Nordafrika geboren. Er stammt aus einer religiösen Mischehe. Sein Vater Patricius war zur Zeit der Geburt Augustins noch Heide, während seine Mutter Monnica Christin war. Das religiöse Vorbild der Mutter prägt Augustin in seiner Jugend stark, führt ihn aber auch in schwere innere Konflikte. – Zunächst Studium in Karthago mit dem Berufsziel des Rhetors. Theater- und Liebesleidenschaft. Mit 19 Jahren Konkubinat und Geburt des Sohnes Adeodatus. In Karthago begegnet Augustin Ciceros Dialog Hortensius (seit dem Mittelalter verschollen). Erste wichtige geistige Etappe (Hortensius-Erlebnis). Seit dieser Zeit geistige Wahrheitssuche. Erste erfolglose Begegnung mit der Bibel. Vor allem das AT stößt ihn inhaltlich ab, das kirchliche Christentum befriedigt ihn nicht. – In dieser Situation Begegnung mit dem westlichen Manichäismus: Augustin tritt in den Status des Hörers. Der Manichäismus hat sich der jeweiligen religiösen Umgebung stark angepaßt. Der westliche Manichäismus in Nordafrika, Italien und Gallien begriff sich als eine höhere, philosophische Form des Christentums. Das kosmologische System des Manichäismus beruhte auf einem schroffen Dualismus zwischen Licht und Finsternis. Die Seele des Menschen, an die materielle Leiblichkeit gebunden, kann durch Verzicht auf geschlechtlichen Verkehr und Einhaltung von besonderen Speisevorschriften den Weg zur Erlösung in die göttliche Lichtwelt finden. – Faszination für Augustin: Selbstanspruch als philosophische Gnosis, Ursprung des Bösen findet eine Erklärung. Das Gute und das Böse sind die beiden absoluten Prinzipien der Welt. Alles Böse kommt von dem bösen, finsteren Gott und alles Gute von der Lichtwelt Gottes. 63

– Augustin trifft den Manichäerbischof Faustus von Mileve. Faustus kritisiert ähnlich wie Marcion das AT, lehnt den Weissagungsbeweis ab und übt an den Evangelien und Paulusbriefen Literarkritik. Eine wichtige spätere antimanichäische Schrift Augustins ist: Contra Faustum (397/98). – In Mailand (ab 384) beginnt der innere Loslösungsprozeß vom Manichäismus durch die Begegnung mit zwei großen geistigen Mächten: Neuplatonismus und katholische Kirche in Gestalt des Bischofs Ambrosius. Augustin nimmt zunehmend an der Gotteslehre des Manichäismus Anstoß. Gott kann nicht angreifbar und verwundbar sein. Durch die Lektüre neuplatonischer Schriften erkennt Augustin das Wirkliche im rein Geistigen. Er findet eine Antwort auf die Frage nach der Wirklichkeit des Bösen: Gott wird hier mit dem höchsten Sein und dem höchsten Gut gleichgesetzt, alles Seiende ist demnach ein Gut. Darum eignet dem Bösen kein eigentliches Sein, sondern ist nur Mangel an Sein, weil ein Mangel an Gutem. Das Böse ist also keine Substanz, wie die Manichäer meinten. Es ist vielmehr Raub des Guten (privatio boni). – Die Predigten des Ambrosius beeindrucken Augustin. Seine allegorische Exegese führt ihn zur Überwindung der anthropomorphen Züge des atl. Gottesbegriffes. Diese Theologie zeigt Augustin einen ähnlichen Geist, wie er ihn auch im Neuplatonismus fand. Augustin kann Gott als rein geistiges Wesen verstehen. Durch die anziehende Persönlichkeit des Ambrosius macht Augustin die Entdeckung der Autorität. Vor aller Erkenntnis steht die Anerkenntnis. Aus dem Zirkel zwischen Glauben und Erkennen kann man nicht heraustreten. Die Autorität der Heiligen Schrift ist ihm jetzt eine vernünftige Sache, weil die Kirche sich über die ganze damals bewohnte Erde verbreitet hatte. Freilich muß der Glaube vom bloßen Autoritätsglauben zur Einsicht führen. Die mittelalterliche Scholastik wird für dieses augustinische Programm die Formulierung finden: »credo, ut intelligam«. Die Bekehrung Augustins – Die Annäherung Augustins an das kirchliche Christentum durch den Mailänder Kreis christlicher Neuplatoniker und besonders durch den Bischof Ambrosius gipfelt in seiner sog. Bekehrung (386). Bei ihr geht es um eine Entscheidung, sie bestand in dem Entschluß zum asketischen Leben, dem Verzicht auf Heirat und auf weltliche Karriere. – Durch Vorbilder asketisch-mönchischer Lebensweise bekommt Augustins Leben und Denken eine neue Richtung: Er hört von dem ägyptischen Einsiedler 64

Antonius (Vita Antonii des Athanasius, ca. 360) und von einem Kloster in der Nähe Mailands. Danach liest er Röm 13,13 und bezieht diese Stelle direkt auf sich selbst (vgl. 8. Buch, Confessiones, Gartenszene). – Die Bekehrung Augustins fällt mit einer ernsten Erkrankung zusammen, seine ehrgeizigen Zukunftspläne zerfließen. Sein Lebensziel soll nunmehr im Geistigen liegen, in der vita contemplativa. – Die Bekehrung zog die Entscheidung zur Taufe nach sich: Ambrosius tauft Augustin 387 in Mailand. Die philosophischen Schriften nach der Bekehrung – In diesen Schriften herrschen neuplatonische Themen vor. Augustin philosophiert mit christlicher Zielsetzung. Der Neuplatonismus ist seiner kritischen Kraft beraubt, er leistet nur noch Hilfsdienste. – Die Probleme Augustins in dieser Periode sind: Gott und die Seele, das Problem des Ordo, d.h. das Problem der Weltordnung und das Problem des Bösen und Guten. Augustin versucht den Nachweis für die Unsterblichkeit der menschlichen Seele zu erbringen. Indem der Mensch rein geistige Wahrheiten erkennen kann, nimmt er an der Ewigkeit dieser Wahrheiten teil. Gott ist der Schöpfer der Welt, aber es gibt eine Abstufung im Guten. Der Gegensatz zwischen Gut und Böse ist derjenige zwischen Weise und Töricht. Alle sittliche Verfehlung kommt aus der Unwissenheit. – Die wichtigsten philosophischen Schriften dieser Zeit sind: Contra Academicos, De ordine, Soliloquia, De quantitate animae, De immortalitate animae. – Die Beschäftigung mit den Paulusbriefen führt zu dem Werk: De libero arbitrio (388–395). In diesem Werk überwindet Augustin die manichäische Ansicht des Bösen: das Böse hat seinen Ursprung im freien Willen des Menschen, d.h. in der Auflehnung gegen Gott, nicht in einem kosmischen Prinzip. Ein wichtiger Schritt in die Nähe zum biblischen Christentum ist damit getan. Die paulinische Wende Augustins – Sie geht parallel mit dem Eintritt ins kirchliche Amt: seit 391 kommt Augustin mit dem Bischof von Hippo Regius in Kontakt. Er wird Presbyter und ist ab 395 bis zu seinem Tod 430 selbst Bischof von Hippo Regius. 65

– Zur Vorbereitung auf dieses Amt studiert Augustin wiederum die Paulusbriefe. Das Ergebnis ist die Schrift: De diversis quaestionibus ad Simplicianum (396). In dieser Schrift beantwortet Augustin zwei Fragen, die Simplician, der Nachfolger des Ambrosius in Mailand, an ihn gerichtet hatte: das rechte Verständnis von Röm 7 und Röm 9,10–29. – Unter dem Eindruck des Römerbriefes wandelt sich Augustins Auffassung vom freien Willen. Die vorher vertretene Wahlfreiheit gegenüber Gott wird jetzt verneint. Die Kraft, sich für Gott zu entscheiden, besitzt der Mensch nicht aus sich selbst. Sie ist ein Gnadengeschenk Gottes. Der Wille wird aus einer psychologischen Funktion zu einer ethischen Qualifikation, einer Kraft zum Guten. Diese Kraft zum Guten hat der Mensch nach dem Sündenfall verloren. Jetzt lautet die Frage nicht mehr, wo das Böse herkommt, sondern woher das Gute kommt. Es kommt nicht aus Werken, sondern aus Glauben. Die vita beata ist das Zeugnis der göttlichen Gnade. Von hier aus gewinnt Augustin das Verständnis für Röm 9 und der ganzen Gnadenlehre des Römerbriefes. Unter diesem Eindruck verfaßt Augustin seine Confessiones. Hauptproblemstellungen der Theologie Augustins Augustins Kirchen- und Sakramentsverständnis – Geschichtlicher Hintergrund: sein Kampf gegen den Donatismus. Donatismus: eine schismatische Bewegung, die im Zusammenhang mit der Christenverfolgung unter Diokletian in Nordafrika entstand (seit 312). Die Donatisten hielten sich für eine Gemeinde der wahrhaft heiligen Christen. Beim Anschluß von Katholiken forderten sie die Wiedertaufe. Die Wahrheit der Kirche bestand für sie nicht in ihrer universalen Verbreitung, sondern in ihrer aktiven Heiligkeit. Die persönliche Würdigkeit des Spenders ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Sakramente. – Zur Überwindung des donatistischen Schismas wurden unter dem Einfluß Augustins verschiedene Synoden in Karthago abgehalten (401, 404 und 411). Als die friedliche Zurückgewinnung der Donatisten in die katholische Kirche keinen Erfolg hatte, befürwortete Augustin auch staatliche Repressalien (Anwendung der Ketzergesetze gegen die Schismatiker, die Kaiser Honorius um 400 erlassen hatte; Augustin berief sich auf Lk 14,23). – Der donatistische Standpunkt steht im Zusammenhang mit rigoristischen Anschauungen in der nordafrikanischen Kirche, wie sie schon im Ketzertaufstreit sichtbar wurden. Der großkirchlich-katholische Standpunkt: Sakramente 66

sind an sich heilige Handlungen, die nicht durch die Heiligkeit ihrer Spender oder Empfänger beeinflußt werden. Die Gültigkeit der Sakramente erkennen die Katholiken auch bei den Donatisten an. – Eine erste Schicht in Augustins Kirchenverständnis ist die äußere Heils- und Sakramentsgemeinschaft. In ihr sind Predigt und Sakramente Gnadengaben, die unabhängig der Würdigkeit ihrer Spender wirken. Entscheidend für Augustins Kirchenbegriff ist aber nicht diese äußere Heilsanstalt, sondern die innere Gemeinschaft der Liebe und des Glaubens, die communio sanctorum. Ihre Glieder sind durch das Band der Liebe und der Einheit, das vinculum caritatis et unitatis miteinander verbunden. Nur Gott kennt die Mitglieder dieser wahren Kirche. Sie ist ein Abbild der Einheit Gottes, ein corpus Christi mysticum. Diese innere Kirche verwirklicht sich aber in der äußeren Heilsanstalt, nicht neben ihr. Die äußere Kirche ist zwar nicht gleichbedeutend mit der wahren Kirche, aber sie ist auch nicht von ihr getrennt. Die äußere Kirche ist ein corpus permixtum. Das hebt aber ihre Heiligkeit nicht auf. Dennoch ist die bloße Zugehörigkeit zur äußeren Kirche keine Garantie für das Heil. – Im Zusammenhang mit seiner Gnadenlehre kann Augustin auch von dem sog. Kreis der Erwählten als der eigentlichen Kirche Gottes sprechen, dem numerus praedestinatorum. Dieser Kreis der Erwählten ist nicht identisch mit der äußeren Heilsanstalt, auch nicht mit der Gemeinschaft der Gläubigen. Das Zentrum von Augustins Kirchenverständnis liegt aber in der Gemeinschaft der Glaubenden und Liebenden, zu denen er nicht nur die Lebenden, sondern auch alle Vollendeten rechnet. – Für das Kirchenverständnis Augustins ist auch das große Werk über den Gottesstaat De civitate Dei wichtig. Die Gläubigen wandern als Fremdlinge in dieser Welt der ewigen Heimat entgegen. Geschichtlicher Hintergrund dieses Werkes ist die Eroberung Roms durch Alarich und die Westgoten im Jahre 410. Augustin sieht die ganze Menschheitsgeschichte unter dem Kampf zweier Bürgerschaften, zwischen den Gott Liebenden und denen, die Gott hassen und nur sich selbst lieben: civitas Dei und civitas diaboli. Irdisches Abbild dieser beiden civitates sind Kirche und Staat, aber die irdische Kirche ist noch nicht die civitas Dei, und der Staat ist notwendig, um Frieden und Gerechtigkeit unter den Menschen zu gewährleisten. Vor allem dieses Werk Augustins hat auf das Mittelalter erheblich eingewirkt. – Dem Kirchenverständnis entspricht das Sakramentsverständnis Augustins. Zwischen dem äußerlichen Sakramentsvollzug (sacramentum) und der innerlichen Sakramentswirkung (effectus sacramenti) ist zu unterscheiden, ebenso 67

zwischen dem äußeren und inneren Wort. Die einmal vollzogene Taufe oder Weihe verleiht dem Empfänger einen unverlierbaren character. Die Wirksamkeit der Sakramente liegt allein in der Souveränität Gottes begründet. Das Sakrament ist verbum visibile. Erst das innere Wort gibt zum Zeichen die Sache: »accedit verbum ad elementum et fit sacramentum«. Augustin vertritt eine symbolische Sakramentsauffassung in dem Sinne, daß beim Abendmahl nicht eine bloße Erinnerung gefeiert wird, sondern die reale geistige Gemeinschaft mit Christus. Die Theologie des sog. Pelagianismus – Schon vor der Begegnung mit Pelagius hatte Augustin seine Sünden- und Gnadenlehre nach 396 ausgebildet. – Historischer Hintergrund der antipelagianischen Schriften Augustins, in denen seine Sünden- und Gnadenlehre zum Ausdruck kommt, ist der sog. Pelagianismus. Dies ist eine Richtung in Kirche und Theologie des 4. Jh.s, die auf Pelagius zurückgeht, einem asketischen Mönch aus Britannien (355–420). – Grundlage der pelagianischen Theologie ist der mönchische Standpunkt: Das Christentum hat die Aufgabe, den Menschen sittlich zu stärken, denn gutes und böses Handeln haben ihre Wurzeln im freien Willen. Pelagius wendet sich damit gegen den manichäischen Dualismus und beruft sich z.T. auf Augustins frühes Werk über den freien Willen. Eine sündliche Natur des Menschen gibt es nicht, die Sünde ist eine Gesinnung, ein Willensakt, der nicht vererbbar ist. Aber durch Adams Sünde hat die gesamte Menschheit die Gewohnheit des Sündigens angenommen (consuetudo peccandi). Dieser Sündenlehre entspricht die Gnadenlehre: die Hilfe der Gnade hat schon Gott in die Schöpfung gelegt. Aber die Kraft zum Guten wurde durch den Sündenfall geschwächt. Daraufhin hat Gott seine Gnade in zwei Akten der geschichtlichen Offenbarung verstärkt und erneuert: die Gnade des mosaischen Gesetzes und die Offenbarung Gottes in Christus, die nova lex. Dem schlechten Beispiel Adams tritt das gute Beispiel Christi entgegen. Die Gnade wird durch die Taufe vermittelt und schenkt Vergebung der vor der Taufe begangenen Sünden. Nach der Taufgnade vermag der Mensch wieder gute Werke zu vollbringen, die ihm den entsprechenden Lohn verheißen. Der pelagianische Streit – Der sog. pelagianische Streit (411–431) entstand, als Pelagius mit seinem Freund Caelestius von Rom aus nach Karthago kam. Pelagius reiste weiter nach 68

Jerusalem, aber zwischen Caelestius und Augustin kam es zum Streit um das Problem der Erbsünde und der Möglichkeit der Sündlosigkeit. Caelestius wandte sich gegen die Erbsünde und die Auffassung, daß die Kindertaufe der Sündenvergebung diene. Kleine Kinder befinden sich vielmehr in dem Stand, in dem sich Adam vor dem Sündenfall befunden hatte. – Eine Synode in Karthago (411) verurteilte Caelestius. Pelagius konnte dagegen im Osten durch zwei Synoden Unterstützung finden (415). Auch Bischof Zosimus von Rom votierte zugunsten des Pelagius, woraufhin die Nordafrikaner heftig protestierten. Kaiser Honorius (395–423) stellte sich auf die Seite Augustins. Rom nahm sein Urteil zurück, nachdem schon Innocenz I. 417 sich auf die Seite der Afrikaner gestellt hatte (diese Entscheidung Roms wurde später in der Sentenz zusammengefaßt: »Roma locuta, causa finita«). Die Synode von Karthago (418), auf der die Verurteilungen der Pelagianer bestätigt wurden, beendete die erste Phase des pelagianischen Streites. Auf dem 3. Ökumenischen Konzil von Ephesus 431 erfolgte die offizielle Verurteilung des Pelagianismus. Julian von Eclanum wurde nach 420 der Wortführer des Pelagianismus. Er warf Augustin Manichäismus vor, vor allem in seiner Erbsündenlehre und seiner Beurteilung der Ehe. – Nach der Abweisung des Pelagianismus kam es im Westen zum Streit um den sog. Semipelagianismus. Mönche von Hadrumetum und in Südgallien (Massilia und Lerinum) wandten sich gegen überspitzte Sätze der augustinischen Gnadenlehre. Johannes Cassianus und Vincentius von Lerinum vertraten einen theologischen Standpunkt, der sich zwischen Augustin und Pelagius bewegte: die göttliche Gnade und der freie Wille des Menschen wirken zusammen. Die göttliche Gnade wirkt nicht unwiderstehlich, und Gott bestimmt auch nicht einen Teil der Menschheit zur ewigen Verdammnis. – Im 5. Jh. hat Leo d.Gr. (440–461) dem Pelagianismus ein Ende bereitet. Der Augustinismus siegte über den Semipelagianismus auf der Synode von Orange 529. Augustins Sünden- und Gnadenlehre – Augustins Sünden- und Gnadenlehre nimmt ihren Ausgang bei der Schöpfung. Der Stand der Anfangsgnade (prima gratia) ermöglichte ein posse non peccare, posse non mori. Adam hatte die Freiheit, das Gute oder das Böse zu wählen. Indem er durch den Sündenfall das Böse, d.h. die Gottferne, das Eigen69

seinwollen wählte, ging ihm die Freiheit zum Guten verloren. Als Strafe folgen: ignorantia, concupiscentia und mortalitas. Für Sünde gebraucht Augustin zwei Begriffe: superbia und concupiscentia. Im ersten Begriff kommt das biblische Sündenverständnis als Auflehnung gegen Gott, Ich-Liebe zum Ausdruck, während der andere Begriff die Begehrlichkeit, die Verkehrung der menschlichen Natur meint, die Sinnlichkeit auch im sexuellen Sinne. Für das Erbsündenverständnis Augustins ist der Begriff concupiscentia entscheidend. Die Sünde pflanzt sich nicht durch Nachahmung, sondern durch die den Zeugungsakt bestimmende Begehrlichkeit fort. Die concupiscentia ist damit Grund und Folge der Sünde. Die Menschheit steht seit dem Sündenfall Adams unter dem Zwang zur Sünde, necessitas peccandi. Augustin lehrt jedoch nicht deterministisch. Das zeigt auch sein Verständnis von Röm 5,12. In Adam haben alle Menschen gesündigt. Adams Wille war auch unser Wille. Die Sünde wird nicht unbeteiligt vererbt, sondern willentlich. Sie lebt in der concupiscentia jedes Menschen fort. – In seiner Gnadenlehre hat Augustin im Anschluß an Paulus den Gegensatz zwischen Gesetz und Evangelium deutlich herausgestellt. Der Wille nach dem Sündenfall ist unfähig, das Gesetz zu erfüllen. Es überführt den Menschen als Sünder und führt ihn in die Furcht vor der Strafe. Erst die bedingungslose Gnade Gottes schafft Befreiung. Für sie hat Augustin ebenfalls zwei Begriffe: remissio peccatorum und infusio caritatis. Die Originalität Augustins beruht darauf, daß er den zweiten Begriff in den Vordergrund rückt. Die Gnade ist nicht nur Vergebung der Sünden, sondern vor allem Eingießung der Liebe Gottes. Auf den Begriff der Rechtfertigung angewendet heißt das: das Schwergewicht liegt nicht auf der Gerechtsprechung (Vergebung), sondern auf der Gerechtmachung durch Gott. Die gänzliche Unverdienbarkeit der Gnade macht schon der Begriff der vocatio deutlich. Die zuvorlaufende Gnade (gratia praeveniens) geht der Berufung voraus. Durch Wort und Sakrament wird der Mensch zum Glauben berufen. Im Glauben wirkt die Gnade so weiter, daß der menschliche Wille zum Tun des Guten befähigt wird (gratia cooperans). Gott kann den Menschen aber auch außerhalb der Kirche berufen. Es gibt eine geistige vocatio in einer spiritualisierten Mystik. Die volle Eingießung der göttlichen Gnade geschieht erst in der Liebe, der Glaube ist nur ein erster und grundlegender Schritt. – Der Vorzug der Liebe vor dem Glauben bei Augustin zeigt einen wesentlichen Unterschied zwischen ihm und Luther: Bei Luther ist der Glaube an das Verheißungswort Gottes der Grund der Gerechtmachung. Bei Augustin dagegen 70

ist der Glaube nur ein erster Schritt, die Gnade Gottes wird erst im Vollsinn mit der Liebe eingegossen. – Die Gnadenlehre Augustins gipfelt in seiner Prädestinationslehre. Die Allmacht des göttlichen Willens macht die Gnade zur später sog. gratia irresistibilis. Alles geht letztlich auf Gottes Erwählung zurück. Nur die Erwählten empfangen die Gnade. Die feste Zahl der zum Heil Bestimmten erklärt sich aus der Anschauung, daß die erwählten Menschen einen Ersatz für die gefallenen Engel bilden sollen. Die Zahl der Erwählten deckt sich nicht mit der Zahl derer, die der sichtbaren Kirche angehören. In seiner Erwählung zeigt sich Gottes Barmherzigkeit. An den Nichterwählten wirkt sich die Gerechtigkeit Gottes zu ihrer Verdammnis aus. – Die wichtigsten Schriften der Sünden- und Gnadenlehre Augustins sind: De spiritu et littera (412), De fide et operibus, De praedestinatione sanctorum, De dono perserverantiae. Zur Trinitätslehre Augustins – Hauptwerk: die 15 Bücher über die Trinität De trinitate (399–419). Das augustinische Ineinander von Theologie und Philosophie wird in diesem Werk besonders deutlich. – Die Wesensgleichheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist steht für Augustin seit 381 fest. Es sind drei Personen, doch ein göttliches Wesen. Die beiden wichtigsten Beiträge Augustins zur Trinitätslehre: der relationale Personbegriff und geschöpfliche Analogien (vestigia trinitatis). – Der relationale Personbegriff: Augustin begreift die trinitarischen Personen nach der schwächsten Kategorie der Relation. Die drei Personen sind drei gleichewige Relationen der einen Gottheit. Es besteht also eine Verschiedenheit in der einen Gottheit. Der Vater ist nicht der Sohn und der Sohn ist nicht der Vater. Aber diese Verschiedenheit ist keine absolute, sondern eine relative Verschiedenheit, eine Verschiedenheit der Beziehung. Dennoch ist Gottes Wesen eine Einheit, da die Relationen trotz ihrer Verschiedenheit die Einheit Gottes nicht aufheben können. – Augustin hat für die göttliche Dreieinigkeit geschöpfliche Analogien auszusagen versucht: Im menschlichen Geist wirken die Kräfte der memoria, intelligentia und voluntas. Auch in der menschlichen Liebe findet sich eine Dreiheit: der Liebende, das Geliebte und die Liebe selbst. 71

Literaturhinweise BEYSCHLAG, K.: Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. II/2, 24–111. CHADWICK, H.: Augustin. DASSMANN, E.: Augustinus. Heiliger und Kirchenlehrer, 11–25; 118–130 u. 147–156. DRECOLL, VOLKER H. (Hg.): Augustin Handbuch, Tübingen 2007 (dieses umfangreiche Lehr- und Studienbuch enthält Beiträge bekannter Fachleute zur gegenwärtigen Augustinforschung). FRANK, K.S.: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, 285–295. HAENDLER, G.: Die abendländische Kirche im Zeitalter der Völkerwanderung, 41–65. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 5, 1.–10., 209–246. LOEWENICH, W. v.: Augustin, 28–50 u. 65–117. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 100–111.

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VIII. Die Entstehung des Papsttums und Überblick über die byzantinische Reichskirche Einstieg Das Papsttum entwickelte sich aus bescheidenen Anfängen zu einer der bedeutendsten Institutionen der abendländischen Christenheit. Es stellt die zentralistische Kirchenverfassung der römisch-katholischen Kirche dar. In frühchristlicher Zeit war das Bischofsamt ein kollegiales Leitungsamt. Bis ca. 150 wurden die Gemeinden kollektiv von Episkopen und Diakonen geleitet. Auch nach der Ausbildung des monarchischen Bischofsamtes seit dem 3. Jh., die in den einzelnen Gebieten nicht gleichzeitig erfolgte, standen die einzelnen Orts- und Gebietskirchen gleichberechtigt nebeneinander. Die eigenständigen Bischofskirchen bilden die Gesamtkirche. Von diesem Communio-Charakter zur Vorrangstellung eines einzelnen Bischofs über andere Bischofskirchen verläuft kein geradliniger Weg. Ein solcher Anspruch wurde anfangs als Störung der gesamtkirchlichen Parität empfunden. In Rom entwickelte sich der Monepiskopat verhältnismäßig spät. Er ist hier erst seit der Mitte des 2. Jh.s bezeugt. Seitdem bekam dieses neue Amt in Rom aber sogleich eine ganz wesentliche Bedeutung. Im 6. Jh. kam es im oströmischen Reich zu einer bedeutsamen Erneuerung der alten römischen Reichskirche. Der Gegensatz zwischen den beiden Reichshälften war schon im 5. Jh. immer größer geworden, und seitdem das westliche Imperium 476 aufhörte zu bestehen, konnte sich im Osten das byzantinische Reich im Zeitalter der Völkerwanderung relativ gut behaupten. Grundlegend für die byzantinische Reichskirche war die Herrschaft Kaiser Justinians I. (527– 565). Was in dieser Zeit geschaffen wurde, sollte für die orthodoxen Kirchen des Ostens von bleibender Bedeutung sein. Die byzantinische Reichskirche war eine streng zentralistische Kirche, von der sich jedoch in dieser Zeit die nestorianischen und monophysitischen Nationalkirchen abgespalten haben. Schon der Begriff »Nationalkirchen« macht deutlich, daß die Idee einer einheitlich griechisch gestalteten und von Konstantinopel geleiteten Reichskirche gerade geschichtlich gesehen nicht erfolgreich war. Später entstanden in Bulgarien, Rumänien, Serbien und vor allem in Rußland Nationalkirchen, die allerdings nach der Struktur der kaiserlichen Kirche gestaltet waren und auch mit dem Patriarchen von Konstantinopel in ständiger Verbindung blieben.

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Grundaspekte Das Bischofsamt in Rom – Die charismatisch geprägten Gemeindefunktionen (Apostel, Propheten, Lehrer) treten bereits z.Zt. der Apostolischen Väter zugunsten der Ämter der Bischöfe, Presbyter und Diakonen zurück. Der in der ersten Hälfte des 2. Jh.s bereits nachweisbare Monepiskopat ist in seiner weiteren Entwicklung eng mit dem Ausbau des Kultus und dem antignostischen Kampf verbunden. – Die Herausbildung des Monepiskopats verläuft in den einzelnen Gebieten unterschiedlich. An der Gleichrangigkeit der einzelnen Bischofskirchen ändert er nichts (Communio-Charakter). – In Rom ist der Monepiskopat erst seit der Mitte des 2. Jh.s bezeugt. Hier verbindet er sich jedoch sogleich mit der besonderen Tradition der römischen Gemeinde und erlangt damit eine in die Zukunft weisende Bedeutung: der Bischof wird Garant der apostolischen Wahrheit (charisma veritatis certum). Er ist Nachfolger der Apostel. Besonderheiten der römischen Gemeinde – Das Prinzip der Apostolizität führte die auf einen Apostel zurückgehenden Kirchen (Apostelkirchen) zu besonderem Ansehen. Rom vereinigte die Tradition der beiden bedeutendsten Apostel: Petrus und Paulus. – Die römische Gemeinde profitierte vom politischen Rang und der kulturellen Bedeutung der Welthauptstadt. – Ihre caritative Aktivität genoß besonderes Ansehen. – Das »Symbolum Romanum« wurde die Grundlage des apostolischen Glaubensbekenntnisses und das römische Kanonverzeichnis (Kanon Muratori) bestimmte den weiteren Prozeß der Kanonbildung. – Die römischen Bischofslisten (Hegesipp, Irenäus) entstanden Ende des 2. Jh.s aus dem Bedürfnis, die Apostolizität der Lehre in Rom sicherzustellen. Vorgeschichte des Papsttums bis zur Zeit Konstantins – Eine gesamtkirchliche Anerkennung der Vorrangstellung des römischen Bischofs über andere existiert in den ersten drei Jahrhunderten nicht. Man kann aber von einer Vorgeschichte des gesamtkirchlichen Primatsanspruches des römischen Bischofs als Nachfolger des Petrus sprechen. 74

– Viktor I. (189–198) versuchte als selbstbewußter Bischof die römische Praxis der Feier des Auferstehungstages den kleinasiatischen Gemeinden aufzuzwingen. Der Abbruch der Kirchengemeinschaft mit den Kleinasiaten durch Victor wurde gesamtkirchlich zurückgewiesen (Einspruch durch Irenäus). – Anfang des 3. Jh.s haben einzelne Bischöfe eine laxere Bußpraxis unter Hinweis auf Mt 16,19 geübt. Der römische Bischof Kallist (217–222) erweiterte die Bußpraxis hinsichtlich der kirchlichen Ehevorschriften und der Aufnahme von Häretikern. – Stephan I. (254–257) hat im Ketzertaufstreit den Vorrang des römischen Bischofs in der Nachfolge des Petrus über andere Kirchengebiete unter Berufung auf Mt 16,18f. beansprucht. Als römischer Bischof hatte er ein starkes Selbstbewußtsein, die wahre Tradition zu besitzen. Damit stand er dem episkopalen, die Eigenständigkeit aller Bischöfe vertretenden Kirchenverständnis Cyprians von Karthago gegenüber. Auch Stephans Anspruch wurde gesamtkirchlich nicht akzeptiert. – Zur Zeit Konstantins spielen die römischen Bischöfe bei den Bemühungen um kirchliche Einheit keine besondere Rolle. Der Kaiser berief das Konzil von Nizäa ein. Zwei Ereignisse seiner Regierungszeit sind für die zukünftige Vorrangstellung des römischen Bischofs über andere jedoch wichtig: die neue Hauptstadt Byzanz (330) und der Bau der Petersbasilika in Rom. – Im weiteren Verlauf des 4. Jh.s haben folgende römische Bischöfe die Vorrangstellung Roms ausgebaut: Julius I. (337–352), der im arianischen Streit auf der Seite des Athanasius stand und auf der Synode von Serdika 342 für den römischen Bischof ein Schiedsrecht bei Streitigkeiten erlangte; Damasus I. (366–384). Er führte erstmals den Titel »pontifex«. Siricius (384–399). Bei ihm begegnen erstmals päpstliche Dekretalen. Von Papst Leo I. bis zu Gregor I. – Anfang des 5. Jh.s hat Innocenz I. (402–417) den Vorrang des römischen Bischofs weiter ausgebaut. Die Entwicklung gipfelt bei Leo I. (440–461), dem ersten Papst, der den Primat des römischen Bischofs zu einem festen System ausbaute und biblisch begründete: Im römischen Bischof ist Petrus als Apostelfürst gegenwärtig, dem Christus das höchste Richteramt (Mt 16,18f.), Verwaltungsamt (Joh 21,15–19) und Lehramt (Lk 22,31f.) übertragen hat. Die Bedeutung Leos kommt in seiner Begegnung mit dem Hunnen Attila (452) und dem Vandalen Geiserich (455), seinem Lehrbrief (Tomus Leonis) und der 75

Behauptung zum Ausdruck, daß Rom schon immer den Primat gehabt habe (Fälschung des 6. Kanons des Konzils von Nizäa). – Felix III. (483–492) exkommunizierte den Patriarchen Acacius von Konstantinopel und führte damit das erste förmliche Schisma zwischen Ost- und Westkirche herbei: (484–519). – Gelasius I. (492–496) stellte die sog. Zwei-Gewalten-Theorie auf: die bischöfliche Gewalt steht in geistlich-dogmatischen Angelegenheiten über der kaiserlichen. – Das Papsttum kam Anfang des 6. Jh.s in die Abhängigkeit der Ostgoten und des byzantinischen Kaisers. – Unter Gregor I. (590–604) erlangte das Papsttum an der Schwelle zum Mittelalter wieder Macht und Ansehen. Die Bedeutung dieses »Mönchspapstes« liegt auf den Gebieten der Theologie (Vermittler augustinischer Theologie an das Mittelalter), des Kultus und der Liturgie. Er legte die Grundlagen für den späteren Kirchenstaat und suchte die Verbindung mit den Franken, Westgoten und vor allem mit den Angelsachsen. Die byzantinische Reichskirche zur Zeit Kaiser Justinians I. (527–565) und die orientalischen Nationalkirchen – Nach dem Untergang Westroms (476) konnte sich das byzantinische Reich zur Zeit der Völkerwanderung relativ gut behaupten. Die Herrschaft Kaiser Justinians I. war hier von besonderer Bedeutung und für das östliche Christentum grundlegend. – Folgende Aspekte seiner Herrschaft zeigen dies: Neubau der Hagia Sophia, Schließung der Akademie in Athen (529), Zusammenfassung aller Beschlüsse der vorausgegangenen Reichskonzilien im Codex Justinianus, Sakralisierung des Kaisertums und das byzantinische System der Symphonie zwischen Reich und Priestertum. – Justinian berief gegen den Willen des Papstes 553 eine Reichssynode nach Konstantinopel ein (5. Ökumenisches Konzil). Hier wurde das Chalcedonense in der kyrillischen Auslegung bekräftigt (Neuchalcedonismus). – Trotz der streng zentralistisch geführten byzantinischen Reichskirche spalteten sich in dieser Zeit die nestorianischen und monophysitischen Nationalkirchen von Byzanz ab: die syrisch-nestorianische Kirche (intensive Mission in 76

Mittel- und Ostasien), die syrisch-monophysitische Kirche (Jakobiten), die koptische Kirche in Ägypten und die armenische Kirche. – Gründe für die Abspaltung von der byzantinischen Reichskirche: Kulturgeschichtlich: stärkeres nationales Selbstbewußtsein der durch Alexander d.Gr. unterworfenen Völker. Kirchliche Kulturarbeit: Entwicklung der Schriftsprache, kirchliche Literatur. Kirchenpolitisch: Rivalität der Patriarchate in Ägypten und Syrien. Theologisch: Absetzung von der Entscheidung in Chalcedon (monophysitische Streitigkeiten: theopaschitischer Streit, Dreikapitelstreit). Die Kirche des Ostens seit Justinian I. – Die Geschichte des griechischen Christentums vollzog sich seit der Spätantike in räumlicher und sprachlicher Kontinuität. Erst seit der Eroberung von Byzanz durch die Türken 1453 verlagerte sich das Schwergewicht auf die slawischen Völkerschaften. – Im 7. Jh. erlebte die byzantinische Reichskirche schwere Erschütterungen: Perserkriege, Einbruch der Araber und die Entstehung des Islam. Das byzantinische Reich verlor in dieser Zeit große Gebiete, es erhielt seine mittelalterliche Gestalt. Die byzantinische Herrschaft in Italien ging im Verlauf des 8. Jh.s zu Ende. Im Verlauf des 9. und 10. Jh.s jedoch wieder Eroberungen und politischer Aufstieg. Anfang des 11. Jh.s erreichte Byzanz den Höhepunkt seiner politischen Macht im Mittelalter. – Z.Zt. des bedeutenden Kaisers Heraklius (610–641), siegreich gegenüber den Persern, fand der monenergistische und monotheletische Streit statt. Nach dem Streit um die eine Natur Christi kam es zum Streit um die eine Kraft bzw. einen Willen in Christus. Der wichtigste Theologe dieses Streites: Maximus Confessor (580–662). Seine bedeutende theologische Leistung liegt darin, daß von dem menschlichen und göttlichen Willen in Christus so gesprochen werden konnte, daß sowohl ihre Harmonie wie ihre je eigene Wirkungsart erhalten blieb. In der Unterordnung des menschlichen unter den göttlichen Willen in Christus kommt der menschliche Wille zu seiner eigentlichen Bestimmung. Diese »Zwei-Willen-Lehre« mit der Wiederholung der vier negativen Bestimmungen des Chalcedonense wurde auf dem 6. Ökumenischen Konzil von Konstantinopel 680/81 zum Dogma erhoben. – Johannes von Damaskus, gest. ca. 750, bedeutender Theologe und Mönch der griechischen Kirche z.Zt. des Bilderstreites. Verteidigung der Bilderver77

ehrung gegen die Bilderstürmer. Hauptwerk: »Πηγὴ γνώσεως« (Quelle der Erkenntnis), eine systematische Zusammenfassung des orthodoxen Glaubens. Bedeutender Prediger der griechischen Kirche. – Liturgie und kultische Verehrung des göttlichen Geheimnisses stehen im Zentrum von Theologie und Gottesdienst der griechischen Kirche. Der Bilderstreit in der byzantinischen Kirche – Das Aufkommen von Kultbildern im 4. Jh. wurde durch den Neuplatonismus begünstigt (Gegenwart des Urbildes im Abbild). Auch allgemeinreligiöse (Ehrung der Heiligen) und pädagogische Gründe (Belehrung der Analphabeten) spielten dabei eine Rolle. – Die Bilderverehrung hat sich besonders im Mönchtum verbreitet. Der Streit um die Bilder (vor allem im 8. und 9. Jh.) wurde mit Hilfe des christologischen Dogmas von Chalcedon geführt. Die Verteidiger der Bilderverehrung (Ikonodulen) betonten die wahre menschliche Natur Christi und folgerten damit ihre Abbildbarkeit. Mit ihrem Kampf gegen die Bilderverehrung wollten die Kaiser den politischen Einfluß der Mönche zurückdrängen. Der Kampf für die Bilder wurde von seiten der Mönche und Priester als Kampf gegen die kaiserliche Bevormundung geführt. – Das Konzil von Nizäa 787 beendete den Bilderstreit mit folgenden Feststellungen: nur Gott gebührt die Anbetung (λατρεία), den Bildern kommt Verehrung (προσκύνησις) zu. Nur das Abbild Gottes ist im Bild gegenwärtig, das nicht mit dem Urbild Gottes identisch ist. Die Bilderverehrung war damit gegen die Bilderfeinde (Ikonoklasten) gerechtfertigt. Nach einem noch einmal aufbrechenden Streit im 9. Jh. entschied die Synode von Konstantinopel 843 endgültig zugunsten der Bilder. Seitdem wird alljährlich das Fest der Orthodoxie gefeiert. – Im 9. und 10. Jh. große missionarische Erfolge der byzantinischen Kirche auf dem Balkan. 863 begann die Mission der Brüder Konstantin (Kyrill) und Methodius. Entwicklung einer slawischen Kirchen- und Schriftsprache, Hauptvoraussetzung für die Missionierung der Russen. – Seit Mitte des 10. Jh.s verschiedentlich Übertritte zum Christentum bei Kiew, im Zentrum des Reiches. 988/89 ließ Großfürst Wladimir sein Volk im Dnjepr taufen. Beginn der nationalen und christlichen Geschichte in Rußland.

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– Seit dem Untergang Konstantinopels durch die Türken 1453 wurde Moskau das nationale und kirchliche Zentrum des russischen Reiches. Literaturhinweise ANDRESEN, C. / RITTER, A.M.: Geschichte des Christentums I/1, 106–126. BROX, N.: Das Papsttum in den ersten drei Jahrhunderten, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 11, Das Papsttum I, 25–42. CHADWICK, H.: Die Kirche in der antiken Welt, 278–289. DASSMANN, E.: Kirchengeschichte II/1, 156–210. FRANK, K.S.: Grundzüge der Geschichte der Alten Kirche, 117–140. FRANK, K.S.: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, 298–308 u. 320–328. HAGE, W.: Das Christentum im frühen Mittelalter, 11–50. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 8, 1.–4., 403–416 u. § 3, 14., 150f.

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IX. Die Christianisierung der Germanen

Einstieg Der westliche Teil des Imperium Romanum erlebte zwischen dem 5. und 8. Jh. eine tiefgreifende geschichtliche Wandlung. In dieser Zeit der Völkerwanderung, als die germanischen Völker sich auf dem Boden des römischen Reiches ausbreiteten und hier die gesamte politische Ordnung neu gestalteten, verlagerte sich der Schauplatz der Geschichte vom Mittelmeerraum in die Gebiete nördlich der Alpen. Durch neue Menschen, neue Räume, neue religiöse, geistige und kulturelle Grundlagen ist dieser Wandlungsprozeß charakterisiert, mit dem das sog. Mittelalter beginnt. Bei der engen Verbindung von politischer Herrschaft und Kirche schon in der Zeit der spätantiken Reichskirche ist es verständlich, daß die Auflösung der politischen Ordnung im Reich, das Hereinströmen und Seßhaftwerden der neuen Völkerschaften auch für das Christentum und seine kirchliche Gestaltung eine epochemachende Bedeutung hatte. Rein geographisch gesehen gewann das Christentum viele Gebiete im Norden Europas hinzu, aber im Süden, in Nordafrika und Spanien, übernahm der Islam alte, bedeutende Kirchenprovinzen. Während sich die Germanenreiche auf römischem Boden in ihrem Drang zur Eigenständigkeit von der romanischen Bevölkerung abzugrenzen versuchten, war die katholische Reichskirche seit Leo I. eine immer stärker romanisierte Kirche geworden. Bei dem allgemeinen politischen und gesellschaftlichen Auflösungsprozeß kam ihr eine stetig wachsende Bedeutung zu. Die Bischöfe wurden zu Trägern der staatlichen Verwaltung, an die Stelle der staatlichen Behörden traten die kirchlichen. Das entscheidende Einheitsband der Bevölkerung und die eigentliche Autorität war die römisch-katholische Kirche des 5. Jh.s Auch ihr irdischer Reichtum nahm zu, vor allem aber war sie die mit fast überirdischem Glanz versehene Heilsanstalt, in der sich die Schätze der antiken Kultur aufbewahrt hatten. Von da aus ist es verständlich, daß diese Kirche auf die germanischen Völkerschaften eine erhebliche Anziehungskraft ausübte. Die Hinwendung der Germanen zum Christentum ist dabei in einem Wechselverhältnis zu sehen, d.h. die Christianisierung der Germanen geht mit jenem Vorgang parallel, den man in der älteren Forschung die »Germanisierung des Christentums« genannt hat. Wie das griechische und römische Element die Kirche der ersten Jahrhunderte nachhaltig prägte, so wurde auch die weitere kirchengeschichtliche Entwicklung 80

von germanischen Vorstellungen und Verhältnissen beeinflußt. Im Einzelnen ist jedoch dieser Einfluß als typisch germanisch schwer nachzuweisen. Grundaspekte Die sog. Völkerwanderung als Beginn eines neuen Zeitalters – Aufgrund klimatischer Veränderungen und Bevölkerungszunahme drangen seit Beginn des 5. Jh.s ostgermanische Heere in die Mittelmeerländer ein. In Gallien und Britannien besetzten die Westgermanen römisches Gebiet. Anstelle der langsam zerfallenden Staatsordnung im Römerreich entstanden neue germanische Reiche. – 476 Sturz des letzten weströmischen Kaisers. Das weströmische Reich hörte auf zu existieren. Im Mittelmeerraum entstand das ostgotische Reich, in Nordgallien das Frankenreich. – Der Schauplatz der Geschichte verlagerte sich vom Mittelmeerraum in die Gebiete nördlich der Alpen. – Im Prozeß des zerfallenden Römerreiches trat die Kirche in vielen Bereichen die staatliche Erbschaft an. Die Folge davon: wachsende Anziehungskraft und erhöhtes Selbstbewußtsein. – Die Kirche wurde die Übermittlerin der antiken Kultur an die neuen Völkerschaften. Wulfila und das gotische Christentum – Die Goten sind der erste ostgermanische Stamm, der sich nach dem Seßhaftwerden dem Christentum insgesamt öffnet. Dieses gotische Christentum wird besonders deutlich in der Gestalt des Wulfila (311–383). – Von Haus aus mit der griechischen und gotischen Sprache vertraut, betätigte er sich schon frühzeitig als Lektor in einer christlichen Gemeinde. – Im Jahre 341 wurde er von Euseb von Nikomedien zum Bischof geweiht. Als Missionsbischof wirkte er seitdem unter den Goten. – Grundlage seiner Missionsarbeit war seine Übersetzung der Bibel ins Gotische. Voraussetzung dazu war die Schaffung einer gotischen Schriftsprache. Christus ist für Wulfila vor allem der Arzt, der Heilende, weniger der große Held und Helfer in der Schlacht wie bei den späteren Germanenführern.

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– Unter dem Einfluß des Euseb hat Wulfila eine sog. »homöische Theologie« vertreten: der Sohn ist dem Vater gleich gemäß der Schrift. Diese nicht ausdrücklich benannte Wesenseinheit des Sohnes mit dem Vater ließ Raum für den Arianismus und wird deshalb auch mit dem Begriff des »germanischen Arianismus« bezeichnet. Zu dieser Form des Christentums bekannten sich alle sog. Ostgermanen vom 4.–6. Jh. (die sog. Kleingoten als Gruppe um Wulfila, die Westgoten unter Alarich, die Vandalen, die Sueven und Burgunder und die Ostgoten unter ihrem König Theoderich). – Warum nahmen diese germanischen Völkerschaften das Christentum in der seit dem 2. Ökumenischen Konzil 381 verworfenen Form auf? Antwort der neueren Forschung: sie wollten gegenüber der romanischen Welt und der katholischen Kirche ihrer Selbständigkeit und ihrem Selbstbewußtsein Ausdruck geben. König Theoderich und das ostgotische Reich – Das Ostgotenreich unter König Theoderich war das bedeutendste Germanenreich vor dem Aufstieg der Franken. Die Ostgoten kamen vom Balkan, kurz vor 500 eroberten sie mit ihrem Führer Theoderich Italien. Diese Eroberung geschah im Auftrag des Kaisers in Konstantinopel, wo Theoderich entscheidende Eindrücke empfangen hatte. Sein politisches Ziel war die Erneuerung des weströmischen Reiches. – Die Herrschaft Theoderichs in Italien (493–526) führte zu kulturellem Aufstieg, wovon verschiedene Bauten, vor allem in der Hauptstadt Ravenna, zeugen (Kirche San Apollinare). Theoderich förderte die ostgotische Kirche homöischen Bekenntnisses, respektierte jedoch auch die katholische Mehrheitskirche in Italien. – Zur Ausweitung und Sicherung seiner Herrschaft betrieb Theoderich eine intensive Bündnispolitik. Mit den Westgoten in Südgallien und Spanien und mit den Burgundern sowie mit den Vandalen wurden Bündnisse geschlossen; das den Franken angebotene Bündnis schlug jedoch deren König Chlodwig aus (ca. 466–511). – Nach dem Tod Theoderichs zerfiel das Reich rasch. In den germanischen Reichen homöischen Bekenntnisses, die um 500 das westliche Mittelmeer umschlossen, ging die Herrschaft meist nur von einer kleinen germanischen Oberschicht aus. Der Drang zur Eigenständigkeit gegenüber der romanischen Bevölkerung im politischen und kirchlichen Sinne ließ die Festigung der Herrschaft 82

auf Dauer nicht zu. Die Folge war der baldige Zerfall dieser germanischen Reiche. Die Hinwendung des Frankenkönigs Chlodwig zur katholischen Kirche – Die erste Form der Verbindung von Germanentum und Christentum, der germanische Arianismus, blieb zwar nicht ohne Wirkungen, war aber kirchengeschichtlich nur eine Übergangserscheinung. Erst die Hinwendung der Westgermanen zur römisch-katholischen Kirche, vor allem der Franken und Angelsachsen, führte zu ganz neuen Verhältnissen und in eine reiche geschichtliche Zukunft. – Die Anziehungskraft der römisch-katholischen Kirche hatte verschiedene Gründe: In den Umbruchszeiten kam ihr eine stetig wachsende Bedeutung zu, da die kirchliche Organisation im allgemeinen politischen und gesellschaftlichen Auflösungsprozeß fortbestand. Sie war das entscheidende Einheitsband der ansässigen Bevölkerung, die Bischöfe genossen Autorität. In ihrem Kultus und in ihrer Organisation begegnete sie den Germanen als eine selbstbewußte Heilsanstalt, als Hüterin der antiken Kultur. – Die zunehmende Bedeutung der katholischen Kirche für die Germanen findet ihren ersten epochemachenden Ausdruck in der Taufe Chlodwigs (wahrscheinlich am Weihnachtstag 498) in Reims. Chlodwig heiratete die katholische Prinzessin Chrodechilde und ließ seinen ersten Sohn katholisch taufen. Er begriff bald, daß er zur Sicherung seiner Herrschaft in Gallien die römische Kirche berücksichtigen mußte. Die endgültige Entscheidung für das Christentum fiel wohl schon in der Schlacht gegen die Alemannen (497). Gregor von Tours vergleicht dieses Ereignis in seiner Frankenhistorie (um 590) mit der Hinwendung Konstantins zum Christentum bei der Schlacht an der Milvischen Brücke 312. – Die weltgeschichtliche Bedeutung dieses Übertrittes liegt darin, daß Chlodwig das Fundament zu dem großfränkischen Reich legte, indem er mehrere fränkische Stämme unter seiner Herrschaft zusammenfaßte. Seit der Taufe Chlodwigs gelang die Vereinigung von Germanen und Romanen sowohl im nationalen wie im religiösen Sinne. Die Verbindung mit der katholischen Kirche vermittelte den Franken die Kulturgüter der alten Welt: das entstehende fränkische Großreich erhielt ein kulturelles Fundament und ein einheitliches Selbstverständnis. – Nach der Zuwendung Chlodwigs zur katholischen Kirche gaben die anderen Germanenreiche seit dem Ende des 6. Jh.s ihren Arianismus auf und entschieden 83

sich ebenfalls für die katholische Form des Christentums (Westgoten in Spanien, Langobarden in Italien und die Angelsachsen in Britannien). Die Missionierung der Angelsachsen – Zwei Einflüsse sind hier bedeutend: die iroschottische Mission und die römische Mission. – Auf den britischen Inseln entwickelte sich ein eigenständiges katholisches Christentum: die irische Mönchskirche mit einer ausgeprägten Frömmigkeit seit dem 4. Jh., ohne Ämterhierarchie und von Rom unabhängig. Eine andere Art der Osterberechnung, ein anderer Kalender, außerordentlich strenge Zucht, Ausgestaltung des Bußwesens und die aus der griechischen Kirche überlieferte Privatbeichte kennzeichneten die Frömmigkeit dieser Kirche. Aus der »peregrinatio propter Christum« ergab sich ihre lebhafte Missionsarbeit. – Bei der Missionierung der Angelsachsen im 7. Jh. kamen auch die Impulse hinzu, die von Papst Gregor I. ausgingen. Sie waren stärker auf den organisatorischen Aufbau der Kirche auf den britischen Inseln ausgerichtet. Seit der Synode von Whitby 664 setzte sich der Einfluß Roms gegenüber der iroschottischen Mission durch (römische Praxis des Ostertermins). Die innere Frömmigkeit der irischen Mönchskirche und die organisatorische Stärke der römischen Kirche kamen dann in dem bedeutendsten Missionar, der aus dem angelsächsischen Christentum des 8. Jh.s hervorgegangen war, zusammen, in Bonifatius. – Von der Kultur und dem geistigen Leben des angelsächsischen Christentums gibt der Mönch Beda Venerabilis (gest. 735) Zeugnis in seiner Historia ecclesiastica gentis Anglorum, eine bedeutende Quelle für das frühe Christentum in England. Wandlungen der kirchlichen Situation im Zeitalter der Germanenmission – Die siegreichen germanischen Völker nahmen die Religion der Besiegten nicht an, ohne deren Lebensformen gründlich umzuwandeln und sie tief zu beeinflussen. Die Kirche kam in den germanischen Herrschaftsgebieten in eine neue soziale Situation. Die Germanen waren Bauern und Grundherren, nicht Städter. Die Folge war: Schwerpunktverlagerung des kirchlichen Lebens von den Städten auf das Land. Die Kirche wurde schon im Frühmittelalter Großgrundbesitzerin und in die feudalen Strukturen der Gesellschaft eingepaßt. Sie wurde zur Adelskirche. Die höheren kirchlichen Stellen, vor allem die Bischofssitze, wurden nur noch mit Adeligen besetzt, niedrigere Positionen blie84

ben Nichtadeligen vorbehalten. Damit trat eine soziale Zweiteilung des Klerus ein. – Mit diesem sozialen Wandel hängt die Institution des »germanischen Eigenkirchenwesens« zusammen. Adelige Grundherren bauten Kirchen und stellten Kleriker an. Ein Grundherr behandelte die Kirche und die in ihr Tätigen wie sein Eigentum. Damit ging der Einfluß der Bischöfe auf die Besetzung der Landpfarreien zurück. Auch die Bischofssitze wurden bald zu Eigenkirchen der fränkischen Könige. Sie beriefen die Reichssynoden ein und entschieden über die Besetzung der Bistümer. Ebenso gerieten die Klöster in Abhängigkeit von adeligen Grundherren. – Diese enge Verbindung des Geistlichen und Weltlichen entsprach dem germanischen Herrschaftsverständnis. Aber diese Entwicklung in den germanischen Landeskirchen steht in einem Spannungsverhältnis zum Anspruch des Papsttums in der römisch-katholischen Kirche. Es bereitet den großen Kampf zwischen Kaiser und Papst im hohen Mittelalter vor (Investiturstreit). Wandlungen auf dem Gebiet von Frömmigkeit und Theologie – Vorstellungen aus der germanischen Religion wirkten bei der Begegnung der Germanen mit dem christlichen Glauben nach: der germanische Mensch steht zur Gottheit in einem Freundschaftsverhältnis. Zwei Wesenszüge der germanischen Religion kommen in diesem Verhältnis zum Ausdruck: 1. Der Germane bewahrt sich im Verhältnis zur Gottheit sein Selbstbewußtsein. Durch die Verbindung mit der Gottheit vervollkommnet sich sein Menschentum. 2. Es geht vor allem um die Entsprechung zwischen menschlichem Gottesdienst und göttlicher Hilfe. Das Verhältnis beruht auf Gegenseitigkeit. Wenn die göttliche Hilfe ausbleibt, kann die Enttäuschung riesengroß werden. Der Mensch sieht sich dann dunklen, rätselvollen Schicksalsmächten gegenüber. – Den auferstandenen, den Tod besiegenden Christus haben die Germanen als Kämpfer gegen Teufel und Dämonen herausgestellt. Er ist der siegreiche Herr über die Schicksalsmächte. Die Siegeserfahrung des im Namen Christi geführten Kampfes ist das Hauptmotiv für den Übertritt der Germanen zum Christentum. – Christus als Herr über die lebensfeindlichen Mächte und als Helfer in der Not macht die soteriologische Ausrichtung der Theologie verständlich, die seit 85

der Sünden- und Gnadenlehre Augustins das Grundthema der mittelalterlichen Theologie ist. – Auch das Institut der Privatbeichte wird auf diesem theologisch-frömmigkeitlichen Hintergrund verständlich. Von der Einführung durch Basilius d.Gr. im griechischen Mönchtum kommt die Privatbeichte über die irischen Mönchsmissionare während des 6. und 7. Jh.s nach England und ins Frankenreich. Es wurde ein wichtiges Seelsorgeinstitut für das ganze Volk, gerade weil hiermit jedem einzelnen die Lossprechung von seiner Sündenlast und die Anweisungen zur Wiedergutmachung zugesprochen wurden. – Die christliche Frömmigkeit verband sich mit verschiedenen Formen der germanischen Naturfrömmigkeit. Eindrückliches Beispiel hierfür sind die berühmten Externsteine im südlichen Teutoburger Wald. – Das auf Gegenseitigkeit angelegte Freundschaftsverhältnis des Menschen zu seinem Gott war vor allem auch ein wechselseitiges Rechtsverhältnis: die Treue des Gefolgsmannes und die Milde des Führers. Die Gefolgschaftstreue erweist sich im Halten der Gebote. Die Predigt des Gesetzes und das Verdienstdenken treten damit in den Vordergrund. Bei Treuebruch können bestimmte Bußleistungen miteinander ausgetauscht werden, entsprechend der verschiedenen Leistungen bei einem Vertragsverhältnis. Das Verständnis der Schuld verwandelt sich aus einem persönlichen Verhältnis in eine sachlich-dingliche Angelegenheit. Die Kirche als Kultur- und Erziehungsinstitution – Durch die Übertritte ganzer Volksstämme zum Christentum und die späteren Zwangstaufen war die Christianisierung oft nur ein äußerlicher Akt. Die Missionsarbeit begann meist erst nach der Taufe. – Die Kirche bleibt auch im Zeitalter der Germanenmission eine lateinische Institution. Das Lateinische als Kirchensprache schafft auch eine kulturell-geistige Einheit. Damit erlangt die Kirche in dem corpus christianum des Mittelalters eine fundamentale Bedeutung. Der lateinische Meßgottesdienst hebt den Bereich des Gottesdienstes und der Kleriker weit ab von den Niederungen des einfachen Gemeindelebens. Der Dualismus von Kleriker und Laien prägt die ganze weitere mittelalterliche Kirchengeschichte. – Die Klöster sind die Zentren der gelehrten Bildung, und in den sog. Florilegien wird das antike Wissen gesammelt. Beispiel hierfür ist das Werk des Erzbischofs Isidor von Sevilla (560–636). In der Zusammenstellung von 86

Auszügen aus antiken Schriftstellern wirkte er bis in die Hochscholastik hinein. Bonifatius als Missionar und Organisator im Frankenreich – Am Anfang des 8. Jh.s kommt es zu einer engeren Verbindung zwischen den Angelsachsen und Rom, wobei die intensive Petrusfrömmigkeit im angelsächsischen Christentum eine besondere Rolle spielt. Sie wird vor allem bei Bonifatius deutlich. – Der angelsächsische Mönch Winfried, genannt Bonifatius (672–754), wirkte seit 716 auf dem Festland als Missionar und vor allem als Organisator der Kirche in den missionierten Gebieten. Seit dem 7. Jh. nahm das Geschlecht der Karolinger im Frankenreich einen politischen Aufstieg. Karl Martell (714–741) schlug die Araber 732 entscheidend. Das Christentum konnte sich damit im Frankenreich festigen. – Vor der Wirksamkeit des Bonifatius waren hier neben den Resten des Christentums aus der Römerzeit die Aktivitäten aus dem irischen Mönchtum wichtig. Kilian wirkte in Würzburg, Emmeram in Regensburg (um 700), Corbinian, der Stifter des Klosters Freising (um 725). Bei den Alemannen wirkte Columban und Gallus, der Gründer von St. Gallen. Das Wirken dieser iroschottischen Mönche galt vor allem dem Frömmigkeitsleben, nicht der Organisation. – Bonifatius dagegen war nicht nur Missionar, sondern vor allem kirchlicher Organisator. Zwei Elemente bestimmen sein Wirken: 1. Die enge Bindung an Rom und das Papsttum und 2. die Verbindung von antiker Kultur und christlicher Frömmigkeit, womit er die Voraussetzungen für die »Karolingische Renaissance« und das Wirken Karls d.Gr. schuf. – Nach einer erfolglosen Mission unter den Friesen (716) erteilte Papst Gregor II. Bonifatius den Auftrag zur Mission unter den Völkern Germaniens. Auf einer zweiten Romreise leistete er dem Papst Gehorsamseid und war von 723– 732 als kirchlicher Organisator besonders in Hessen und Thüringen tätig. Gregor III. verlieh ihm auf einer dritten Romreise (732) die Würde eines Erzbischofs. Damit war er berechtigt, Bistümer zu errichten bzw. zu reorganisieren. So wurden u.a. Salzburg, Regensburg, Freising und Passau neu geordnet, auch das Bistum Eichstätt entstand in dieser Zeit. Nach dem Tode Karl Martells haben seine Söhne Karlmann und Pippin d.J. (751–768) die Bedeutung dieser kirchenorganisatorischen Tätigkeit des Bonifa87

tius erkannt. Pippin wurde 751 von den Franken zum König erhoben. Zuletzt lebte Bonifatius im Bistum Mainz, wo er besonders mit dem von ihm gegründeten Kloster in Fulda verbunden war. Bei einer nochmaligen Mission unter den Friesen wurde er 754 erschlagen. Sein Grab befindet sich im Dom zu Fulda. Das Bündnis zwischen Papsttum und Frankenreich – Folgende Faktoren trugen zur allmählichen Abwendung des Papsttums von Konstantinopel bei: Dogmatische Gegensätze zwischen Ost und West. Die Politik der oströmischen Kaiser gegenüber Rom. Rivalität mit dem oströmischen Patriarchat um die gesamtkirchliche Führung. Zerfall der byzantinischen Herrschaft in Italien. – 754 kam es zu einem bedeutenden Bündnis zwischen Papst Stephan II. und Pippin: dem sog. Pakt von Quierzy. 1. Der Papst ernennt Pippin zum Schutzherrn über Rom (patricius Romanorum, gegen die Langobarden). 2. Der Papst erhält bestimmte italienische Gebiete, wird damit Landesherr in Italien. Mit dieser sog. Pippinischen Schenkung (eingelöst 756) wurde der Grund zum Kirchenstaat gelegt. 3. Der König erhält als eigentliche königliche Würde die päpstliche Salbung. Damit bekommt das fränkische Königtum eine neue sakrale Legitimation. Dieser Vertrag zwischen Rom und dem fränkischen König Pippin ist epochemachend für die ganze weitere mittelalterliche Kirchengeschichte. Der Papst als Herr des Kirchenstaates erlangt Unabhängigkeit gegenüber der weltlichen Herrschaft. Der Aufstieg des Papsttums im Mittelalter ist von hier aus folgerichtig. Und auch das Königtum bekam nun die für das ganze Mittelalter charakteristische kirchliche Weihe. – In dieser Zeit entstand auch noch eine andere »Schenkung«: die sog. Konstantinische Schenkung (Donatio Constantini). Nach ihr soll schon Kaiser Konstantin dem damaligen »Papst« vielerlei kirchliche Würden und Rechte übertragen haben, schließlich das ganze weströmische Reich. Damit sollte die weltliche Herrschaft des Papstes begründet werden. Im Humanismus wurde dieses päpstliche Dokument als Fälschung erkannt (Laurentius Valla).

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Literaturhinweise ANDRESEN, C. / RITTER, A.M.: Geschichte des Christentums I/2, 11–51. ANGENENDT, A.: Das Frühmittelalter, 112–244 u. 265–291. FRANK, K.S.: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche, 222–235. HAENDLER, G.: Die abendländische Kirche, 28–40. HAENDLER, G.: Die lateinische Kirche im Zeitalter der Karolinger, 48–67. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 7, 1.–6., 337–371. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 123–137.

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X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter Einstieg Für die mittelalterliche Geschichte ist die Herrschaftszeit Karls d.Gr. von herausragender Bedeutung. Reich und Kirche wuchsen zu einer tiefen Einheit zusammen, so wie es sich später im Mittelalter nicht mehr wiederholen sollte. Karl fühlte sich unmittelbar Gott gegenüber verantwortlich. Er verstand sich als den eigentlichen Herrn der Christenheit. Weder der byzantinische Kaiser noch der Papst konnten ihm gleichwertig sein. Als Bewahrer der apostolischen Tradition der Christenheit und als Symbol der Einheit hat Karl den Papst durchaus hoch geachtet. Aber die Kirche seines Reiches leitete er im Bewußtsein eines Auftrages von Gott selbst. Nach dem Tod Karls d.Gr. zerfiel das Karolingerreich sehr rasch. Ludwig der Fromme, der Sohn Karls, und seine Söhne konnten die Zentralgewalt nicht mehr halten. Adel und Bischöfe wurden immer mächtiger, der wirtschaftliche Niedergang folgte dem politischen. Was sollte aus der Kirche werden, die zur Zeit Karls so fest mit dem Reich verwachsen war? Sollte sie nicht inmitten der politischen und wirtschaftlichen Auflösungserscheinungen der Hort der Einheit bleiben? In dieser Zeit des äußeren Zerfalls des Reiches wuchs das kirchliche Selbstgefühl, und es entwickelte sich bei den führenden Bischöfen in der westfränkischen Kirche eine ausgesprochen hierarchische Strömung. Um 900 setzte im Osten des fränkischen Reiches eine Entwicklung ein, die den Höhepunkt der mittelalterlichen Geschichte und Kirchengeschichte einleitete, die Epoche des Hochmittelalters (ca. 900–1300). Durch den Verfall der Königsmacht nach Karl d.Gr. erstarkten die Stammesherzogtümer. Bei den Sachsen kam es zu einer Königserhebung, mit der das Prinzip des Wahlkönigtums und damit die Unteilbarkeit des Reiches eingeleitet wurde. Besondere Bedeutung kommt der Regierungszeit Ottos d.Gr. zu, vor allem im Inneren seiner Herrschaft. Im Kampf mit den partikularen Gewalten stützte er sich auf die Kirche. Seit Otto hatte das Kaisertum bis zur Mitte des 11. Jh.s über das Papsttum dominiert. Aber durch seine Bemühungen, das Papsttum sittlich zu heben und zu fördern, wirkte es beim Aufstieg des großen Gegners mächtig mit. Der Aufstieg des Papsttums hängt zudem mit einer mönchischen Reformbewegung zusammen, die in dem burgundischen Kloster Cluny im 10. Jh. ihren 90

Ausgang genommen hatte. Bei Leo IX. und Gregor VII. kommt das Papsttum zu immer größerem Gewicht gegenüber dem Kaisertum, was besonders im Investiturstreit deutlich wird. Die Zeit Gregors VII., die zweite Hälfte des 11. Jh.s, stellte einen Höhepunkt in der Machtentfaltung der Kirche und ihres Einflusses auf praktisch allen Gebieten des Lebens dar. Daß es am Ende des 11. Jh.s zur Kreuzzugsbewegung kam, jenem eigenartigen Phänomen, das die mittelalterliche Geschichte so wesentlich kennzeichnet, hat in diesem enorm gesteigerten kirchlichen Selbstbewußtsein einen wichtigen Grund. Mit dem Stauferkaiser Friedrich I., genannt Barbarossa, setzte ein neuer Aufschwung des Imperiums ein. Die politische Macht wollte sich nicht mehr wie zuvor einfach von der Papstkirche leiten lassen. In seinem Selbstbewußtsein lenkte Friedrich auf die römische Kaiserzeit zurück. Die Regierungszeit Barbarossas war insgesamt eine Glanzzeit des Kaisertums, besonders auch in den wenigen Jahren der Regierung seines Sohnes Heinrich VI. (1190–1197). Durch seinen frühen Tod wandelte sich das Verhältnis von Kaisertum und Papsttum grundlegend. Mit Innocenz III. kam das Papsttum auf den Gipfel seiner Macht. Der Papst war zu dieser Zeit wirklich der Mittelpunkt der europäischen Politik. Das große Ringen zwischen Papsttum und Kaisertum im Mittelalter ging zugunsten des Papsttums aus. Aber es war ein Gipfel, dem rasch der Wendepunkt, d.h. der Abstieg und der Niedergang folgten.

Grundaspekte Das Frankenreich unter der Herrschaft Karls d.Gr. (768–814) – Karl d.Gr. baute das Frankenreich zu einem europäischen Großreich aus, zum größten Herrschaftsgebiet, das im Mittelalter im Abendland errichtet worden ist. Außer Frankreich und dem mittleren Deutschland gehörten Ober- und Mittelitalien und große Teile Spaniens zu diesem Reich. Bayern, Kärnten und weite Gebiete der Sachsen wurden in das Frankenreich eingegliedert. Auch die noch heidnischen Stämme der Friesen, die Sachsen und die Slawen in Mittelund Osteuropa sowie die Awaren wurden durch Karl gewaltsam dem Christentum zugeführt. – Das Ziel der Eroberungspolitik Karls war die Erweiterung des Herrschaftsgebietes und die Missionierung der unterworfenen Völkerschaften. Die Schwertmission erscheint im Zeitalter Karls als erlaubt, ja geboten. Das ist eine neue Erscheinung, die den mittelalterlichen Kreuzzugsgedanken vorbereitet. 91

– Die Eroberungspolitik Karls muß von seiner universalen Herrschaftsidee verstanden werden. Sein Selbstverständnis war das eines theokratischen Königs, der sich unmittelbar Gott gegenüber verantwortlich wußte. Er verstand sich als defensor et rector ecclesiae. Im Hintergrund dieses Selbstverständnisses steht eine bestimmte Rezeption von Augustins De civitate Dei. – Die gewaltsame Missionierung zeigte sich besonders bei den Sachsen. Dieser germanische Stamm hatte seine Eigenständigkeit am längsten erhalten und wehrte sich entschieden gegen die Übernahme des Christentums. Seit 772 kam es zu den Sachsenkriegen und ab 776 zu großen Massentaufen. Erst danach setzte unter Widukind der heftigste Widerstand gegen die Franken ein (Schlacht bei Verden an der Aller 782). Widukind schloß 785 mit den Franken Frieden, danach kam es zu erneuten schweren Aufständen gegen die Frankenherrschaft. Das letzte Gewaltmittel der Franken war die Deportation von Tausenden von Sachsen in das Frankenreich. Am Anfang des 9. Jh.s waren die Sachsen praktisch unterworfen. – Im sächsischen Gebiet wurden die Bistümer Bremen, Verden, Minden, Münster, Paderborn und Osnabrück errichtet. Die sog. Karolingische Renaissance – Zur Zeit Karls kam es zu einem großen Aufschwung des kirchlichen und kulturell-geistigen Lebens. Im Herrschaftsbewußtsein eines römischen Kaisers wollte Karl die Grundlagen der antiken Kultur in seinem Reich erneuern. – Karl berief bedeutende Gelehrte an seinen Hof und baute planmäßig eine Hofschule in Aachen auf. Berühmt sind folgende Gelehrte, die meist von außen kamen: Alkuin, ein Angelsachse, Ratgeber Karls und Leiter der Hofschule. Paulus Diaconus, ein Langobarde und Benediktinermönch aus Monte Cassino. Er schrieb die Historia Langobardorum. Aus dem Maingau stammte Einhard, er schrieb die wichtigste Quelle für das Wirken Karls: Vita Caroli magni. – Karl schuf die Grundlagen für die kirchliche Kultur des Mittelalters, z.B. mit der gezielten wirtschaftlichen Förderung der Klöster, so daß sie bedeutende kulturelle und geistige Zentren wurden. Gesetzliche Anerkennung des sog. Zehnten. – Neben vielen kleinen frühromanischen Dorfkirchen (Landpfarramt!) ist der bedeutendste Kirchenbau Karls der Aachener Dom.

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– Nicht nur für das Leben der Kirche, sondern auch für ihre Lehre fühlte sich Karl verantwortlich. In folgende Lehrstreitigkeiten hat Karl eingegriffen: a) Streit über die Bilderverehrung (Synode in Frankfurt a.M. 794, die sich gegen die Beschlüsse zur Bilderverehrung auf dem 7. Ökumenischen Konzil von Nizäa 787 wandte). Gegen die Bilderverehrung ließ Karl die sog. Libri Carolini verfassen. Verfasser vermutlich Alkuin. b) Im Streit um das sog. filioque hat sich Karl entschieden für diesen Zusatz im Glaubensbekenntnis ausgesprochen (Synode in Aachen 809). Papst Leo III. hat dies abgelehnt. Erst am Anfang des 11. Jh.s kam dieser Zusatz in den römischen Kultus. c) Im sog. Adoptianischen Streit, in der Auseinandersetzung mit adoptianischen Tendenzen in der spanischen Kirche griff Karl auf das Dogma von der Zwei-Naturen-Lehre von 451 in Chalcedon zurück. Der Traditionalismus ist Kennzeichen der Zeit. – Das Wirken Karls kommt Weihnachten 800 bei seiner Krönung in Rom durch Papst Leo III. zum Höhepunkt. In der Forschung ist dieser Akt immer wieder debattiert worden. Es besteht heute Einigkeit darüber, daß Karl die Kaiserwürde selbst angestrebt hat. Mit dieser Kaiserkrönung Karls war neben dem längst installierten Papsttum die Macht des weströmischen Kaisertums wiedererstanden. Daß der Papst den Kaiser salbte, war für die weitere Zeit bedeutsam. In der Regierungszeit Karls war jedoch der Kaiser der eigentliche Herr von Kirche und Reich. Freilich mußte sich Karl mit dem byzantischen Kaiser im Blick auf den Imperator-Titel arrangieren (Zweikaiserproblem). Der Zerfall des Karolingerreiches – 843 Vertrag von Verdun: die Reichseinheit zerfiel in die Länder Frankreich, Italien und Deutschland. Von Norden drangen die Normannen (Wikinger), vom Süden die Sarazenen, vom Osten die Ungarn ein. – Im Erzbistum Reims kam es in der Mitte des 9. Jh.s zu den sog. pseudoisidorischen Dekretalen. Eine Sammlung von echten und unechten kirchenrechtlichen Schriften, die den Bischöfen zu mehr Macht und Unabhängigkeit gegenüber der weltlichen Gewalt verhelfen sollten. Darunter befand sich auch die Konstantinische Schenkung. Mit diesen Dokumenten war zugleich ein Programm zur Stärkung der kirchlichen Macht des Papstes aufgestellt, dem die Bischöfe unmittelbar untergeordnet sind. – Papst Nikolaus I. (858–867) vertrat das absolute Recht des Papsttums in der Kirche auf der Grundlage dieses Programms. Nach seinem Tod Niedergang des 93

Papsttums und Verstrickung in die politischen Machtkämpfe des italienischen Adels. – In der zweiten Hälfte des 9. Jh.s Aufschwung der byzantinischen Kirche und ihrer Mission unter den Slawen: seit ca. 863 missionierten Methodius und Konstantin (Kyrill). Die Streitigkeiten mit Rom um die Slawenmission führten 867 zu einem Schisma zwischen der lateinischen und griechischen Kirche: photinianisches Schisma (867–880). – Die westliche Kirche hatte im Norden nur einen bescheidenen Missionserfolg: Ansgar (801–865) wurde der Apostel des skandinavischen Nordens. 831 entstand das Erzbistum Hamburg. – Im Mönchtum kam es unter Benedikt von Aniane (gest. 821) zu einer ersten Reformbewegung, die auf die allgemeine Durchführung der Benediktinerregel achtete. Das ostfränkische Reich unter Otto d.Gr. (936–973) – Mit Heinrich I. (919–936) begann die Zeit der sog. Ottonen. Sein Sohn Otto I. (936–973) errichtete eine neue politische Zentralgewalt nach dem Niedergang des Karolingerreiches, das ostfränkische Reich. – Politische Eroberung und Missionierung gingen bei Otto wie im Zeitalter Karls Hand in Hand. Unter seiner Regierung wurde die Elbgrenze überschritten und es begann die Eroberung und Missionierung des Ostens. Die Schlacht auf dem Lechfeld (955) hielt für zwei Generationen die andrängenden Ungarn zurück. Mit der Gründung und Ausstattung des Erzbistums Magdeburg war ein Missionszentrum für den Osten errichtet. – Die Bedeutung Ottos d.Gr. liegt besonders im Inneren seiner Herrschaft. – Im Kampf mit den partikularen Gewalten stützte er sein Königtum auf die hohen Amtsträger der Kirche, auf die Bischöfe und Äbte der großen Klöster. Er gab ihnen besondere Vorrechte und vermehrte ihren Besitz, vor allem erhob er sie zu Territorialherren, so daß in ihrer Person weltliche und geistliche Macht vereint waren. Diese enge Verbindung zwischen Kirche und königlicher Herrschaft seit Otto nennt man das sog. Ottonische Reichskirchensystem oder geistliches Fürstentum. – Die Stellung der Bischöfe als Territorialfürsten hatte die Einschränkung ihrer kirchlich-theologischen Rechte und Pflichten zur Folge, die jetzt vorwiegend von den Archidiakonen wahrgenommen wurden. 94

– Otto verstand die Kirche als seine Landeskirche, in der er selbst Bistümer und Abteien besetzte. Er empfing von Bischöfen und Reichsäbten den Lehenseid und verlieh ihnen als Zeichen der Übertragung des Bistums den bischöflichen Stab. Damit ist jene Problematik geschaffen, um die es im Kampf zwischen Kaiser und Papst im Mittelalter vor allem gehen sollte: Darf ein weltlicher Fürst ein geistliches Amt verleihen (Investitur)? – Otto hatte ein hohes Bewußtsein seiner geistlichen Würde und sakralen Sendung. Der König verstand sich nicht als Laie, sondern als »Mittler« zwischen Klerus und Volk. – Am 2. Februar 962 empfing Otto die Krone Karls d.Gr. in der Peterskirche in Rom aus der Hand Papst Johannes XII. Die Kaiserkrönung Ottos I. ist ein bedeutendes Datum in der mittelalterlichen Geschichte, weil damit das Imperium erneuert und zugleich auch das Papsttum wieder aufgerichtet war. Von nun an setzte es sich endgültig durch, daß der Papst es sein mußte, der den Kaiser krönt. Das Kaisertum war eine Art kirchliche Würde, zugleich an das deutsche Königtum gebunden. Voraussetzungen für den Aufstieg des Papsttums im 11. Jahrhundert – Im 10. Jh. wurde nicht nur das Reich Karls d.Gr. in verminderter Form durch Otto wieder erneuert. Im Norden, Osten und Südosten formierten sich die Nationen der Polen, Ungarn und Böhmen, deren Kirchenorganisationen sich nach Rom orientierten. Im weiteren Osten stand die russische Kirche im Einflußgebiet von Byzanz. Das aufsteigende Papsttum war nicht auf das Reich Ottos und seiner Nachfolger angewiesen. Im 11. Jh. wurden auch Dänemark, Norwegen und Island christianisiert, im 12. Jh. Schweden. – Die cluniazensische Reformbewegung führte zu einer grundlegenden Wende in der Geschichte des Papst- und Kaisertums. Seit Otto dominierte das Kaisertum bis zur Mitte des 11. Jh.s über das Papsttum. Durch die Bemühungen, es sittlich zu heben und zu fördern, wirkte es beim Aufstieg des großen Gegners mächtig mit. Die Impulse zu dieser Förderung kamen aus der mönchischen Reformbewegung (cluniazensische Reform). Die cluniazensische Reform im 10. und 11. Jahrhundert – Das Kloster Cluny wurde 910 in Burgund von Herzog Wilhelm von Aquitanien gegründet. Sein bedeutendster Abt war im 10. Jh. Odo. Strenge Beachtung der Benediktinerregel, reiches liturgisches Leben und die Befreiung der Klöster 95

von der Obergewalt der Bischöfe standen im Mittelpunkt der Reformbewegung im 10. Jh. – Die mönchischen Reformgedanken kamen schließlich in den Klerus und an die Kurie nach Rom. Sie entwickelten sich zu kirchenpolitischen Zielen, d.h. zu einer Reform der Kirche. Gegen zwei Erscheinungen richtete sich die Reformbewegung: 1. Gegen die sog. Simonie. Ursprüngliche Bedeutung: Geldzahlung für die priesterliche Weihe (nach Apg 8,18–24). Spätere Bedeutung: Geldzahlung für die Übertragung einer kirchlichen Stelle. Es waren meist Laien, die diese Stellen gegen Geldzahlung übertrugen. Auf die sog. Laieninvestitur zielte schließlich die ganze Kritik. 2. Gegen den sog. Nikolaitismus (nach Offb 2,6). Damit war das eheliche Leben der Kleriker gemeint oder auch das Leben im Konkubinat. Es sollte einer strengeren Zucht im Klerus weichen. Heinrich III. und der Aufstieg des Papsttums – Die beiden Nachfolger Ottos d.Gr. setzten die theokratische, auf universale Herrschaft ausgerichtete Politik fort. Sie sind jedoch längst nicht so bedeutend wie Otto d.Gr. Erst mit Heinrich II. (1002–1024, Gründung des Bistums Bamberg 1007), vor allem mit Heinrich III. (1039–1056) kommt das Kaisertum auf den Gipfel seiner Macht. Heinrich III., der Fromme, stand unmittelbar in Beziehung zur cluniazensischen Reformbewegung. Auf den Synoden von Sutri und Rom (1046) hat er drei gleichzeitig regierende, der Simonie verfallene Päpste abgesetzt und einen deutschen Bischof zum Papst ernannt (Suidger von Bamberg, Papstname »Clemens II.«). Mit diesem Papst Clemens II. beginnt der Aufstieg des Papsttums, den das deutsche Königtum mit Hilfe des Reformgedankens veranlaßt hat. – Unter den von Heinrich ernannten Päpsten wurde vor allem Leo IX. (1048– 1054) bedeutsam. Mit diesem Papst kam der Geist der mönchischen Reform in das Papsttum, das immer mehr erstarkte, indem es die Reform der ganzen Kirche betrieb. Leo IX. hat regelmäßige Synoden eingeführt, auf denen die Simonie und der Nikolaitismus verurteilt wurden. Er bereiste verschiedene Länder und machte überall den päpstlichen Einfluß geltend. In Rom legte er die Grundlage für das Kardinalskollegium, eine Art herausgehobenem Klerikerstand. Zwei Männer wurden in diesen Kreis aufgenommen, die für die weitere Entwicklung im Papsttum besonders wichtig sind: der Mönch Humbert, später Kardinal96

bischof von Silva Candida, sowie der Cluniazensermönch Hildebrand, der spätere Papst Gregor VII. – Das erstarkte Papsttum kam noch unter Leo IX. in einen schweren Konflikt mit Byzanz. Der Patriarch von Konstantinopel, Michael Kerullarios, wollte sich dem Primatsanspruch des Papstes nicht beugen. Weitere Streitpunkte: Slawenmission und das sog. filioque. Mit der gegenseitigen Exkommunikation kam es 1054 zum Bruch zwischen der lateinisch-abendländischen und griechisch-orientalischen Kirche. Der Investiturstreit (1075–1122) – Wesentliche Impulse für den Investiturstreit gab Humbert 1058 mit seinen drei Büchern gegen die Simonisten: Libri tres adversus Simoniacos. Simonie bedeutete jetzt jede Teilnahme eines Laien an der Übertragung kirchlicher Ämter, also die Laieninvestitur. Die Insignien des Bischofsamtes, Stab und Ring, kann nur der übergeben, der selbst in diesem Amte steht, an das ja der Geist gebunden ist. Keine weltliche Gewalt kann und darf sich hier einmischen. In Anlehnung an Augustin und die Donatio Constantini hat Humbert die Überordnung der geistlichen über die weltliche Gewalt im Bild von Leib und Seele zum Ausdruck gebracht. – 1059 wurde auf einer römischen Synode das sog. Papstwahldekret erlassen, nach dem nicht mehr der deutsche König das Recht hatte, einen Wahlvorschlag einzubringen, sondern nur noch die Kardinalbischöfe. – Der Mönch Hildebrand setzte als Papst Gregor VII. (1073–1085) diese Gedanken Humberts in die Tat um. Weltabkehr und Weltbeherrschung sind bei diesem bedeutenden Papst des Mittelalters aufs tiefste verbunden. Strengste Beachtung des Zölibats und die Ausrottung der Simonie dienten dem einen Ziel, die libertas ecclesiae zu erkämpfen. Seine Anschauungen sind im sog. Dictatus Papae (unveröffentlicht) zusammengefaßt. Die höchste kirchliche Richtergewalt steht allein dem Papst zu und gipfelt in dem Anspruch, auch Treueeide lösen zu können. Gregor berief sich dabei auf Mt 16,18ff. sowie auf Augustins De civitate Dei und auf die Ansprüche Gregors I. und Nikolaus I. Das Verhältnis der weltlichen und geistlichen Gewalt gestaltet sich wie das der Seele zum Leib und wie der Sonne zum Mond. – Gregor VII. stand Heinrich IV. (1056–1106) gegenüber. Zunächst ging es in diesem Kampf des Papstes mit dem deutschen Königtum um das Verbot der Laieninvestitur, schließlich um die politische Oberherrschaft der Kirche in der Welt. 97

– Anlaß für den Investiturstreit war die Besetzung des Bistums in Mailand. Nach der Exkommunikation Heinrichs durch Gregor 1076 kam es zur Szene von Canossa im Januar 1077. Der büßende König erlangte schließlich durch Gregor VII. die Aufhebung des Bannes. In der Geschichte des deutschen Königtums stellt Canossa 1077 eine tiefe Demütigung dar. – Nach der Wiedererstarkung Heinrichs und dem Tod Gregors VII. ging der Kampf um die Investitur weiter. Das geistliche Amt wurde immer mehr als ein rein priesterliches verstanden, in das nicht mehr die Herrscher, sondern nur die Kirche einführen könne. – Im Wormser Konkordat (1122) haben Heinrich V. und Calixt II. den Investiturstreit mit einem Kompromiß beendet: Der König verzichtete auf die Investitur mit Ring und Stab (geistliche Belehnung), ihm blieb die Investitur mit dem Zepter (weltliche Belehnung) vorbehalten, die vor der Weihe stattfand. Nach dem Wormser Konkordat war es dem deutschen König jedoch immer noch möglich, einen bereits gewählten Bischof durch Verweigerung der Annahme der Investitur vom Episkopat auszuschließen. Die Kreuzzugsbewegung (1095–1270) 1. Geschichtliche Hintergründe und Kreuzzugsidee – In der zweiten Hälfte des 11. Jh.s erlebte das byzantinische Reich eine tiefe Krise und schwere Zusammenbrüche. Die Seldschuken drangen in Kleinasien ein; Syrien und Palästina wurden Schauplätze schwerster Kämpfe. Der Islam eroberte die alten christlichen Gebiete in Palästina und Syrien wie am Anfang des 7. Jh.s. – Der neue byzantinische Kaiser Alexios I. Komnenos (1081–1118) bat den Papst um Hilfe. Der Hilferuf aus dem Osten fand in der westlichen Kirche ein begeistertes Echo. Die Kreuzzugsbewegung hat in dem enorm gesteigerten kirchlichen Selbstbewußtsein zur Zeit Gregors VII. einen wichtigen Grund. – Die heiligen Stätten sollten aus den Händen der Ungläubigen entrissen werden. Das seit der Alten Kirche bekannte Pilger- und Wallfahrtswesen verband sich mit dem Gedanken der gewaltsamen Mission seit Karl d.Gr. und dem seit dem 9./10. Jh. wachsenden positiven Verhältnis der Kirche zu kriegerischen Auseinandersetzungen. In der Gottesfriedensbewegung in Südfrankreich kam es zur Überwindung des Fehdewesens: der Unfriede galt als religiöses Delikt, während der Friede ein Gottesfriede – pax Dei – sei, der aber zu seiner Durch98

setzung und Erhaltung einer kriegerischen Ordnung bedarf. Daraus entwickelte sich das eigene Standesethos des »christlichen Ritters«. – Weitere Motive für die Kreuzzugsidee: Versprechen der Vergebung aller Sünden, religiöse Sehnsucht, wirtschaftliche und politische Expansionsbestrebungen, Abenteuerlust, Flucht aus bedrängten Verhältnissen und phantastische Vorstellungen vom Orient. 2. Die Kreuzzüge und ihre Folgen für die westliche Kirche – Papst Urban II. rief auf der Synode von Clermont 1095 zum ersten Kreuzzug auf (1096–1099). Kämpfe um Antiochien 1098 und Eroberung Jerusalems 1099. Hier wie andernorts hinterließ das Kreuzzugsheer blutige Spuren. Errichtung von geistlichen Königtümern, sog. Kreuzfahrerstaaten. Schon bald nach ihrer Gründung wurden sie durch die verschiedensten Gegensätze aufgerieben. – 50 Jahre danach kam es unter Führung Bernhards von Clairvaux (1090– 1153) zum 2. Kreuzzug (1147–1149). Er wurde von dem französischen König Ludwig VII. und dem deutschen Konrad III. geleitet. Große Ernüchterung im Abendland durch das totale Scheitern dieses Kreuzzuges. – Der 3. Kreuzzug (1189–1192) war durch die Eroberung Jerusalems durch den Sultan von Ägypten veranlaßt. An ihm nahmen Kaiser Friedrich Barbarossa, König Philipp II. von Frankreich und König Richard Löwenherz von England teil. – Zur Zeit Innocenz III. fand der 4. Kreuzzug statt (1202–1204), Eroberung Konstantinopels und Errichtung des lateinischen Kaisertums (1204–1261). Für kurze Zeit war der Papst wieder Herr der ganzen Kirche von West und Ost. – Während der Herrschaft Friedrichs II. kam es zum 5. und 6. Kreuzug (1218– 1221 und 1228–1229). – 1244 fiel Jerusalem endgültig in die Hände der Türken. – Die wichtigsten Folgen der Kreuzzüge sind: Begegnung der westlichen Länder mit der hochstehenden Kultur der Araber und Byzantiner. Erheblicher Aufschwung des Handels in den Städten Frankreichs und Italiens; die Stellung des Bürgertums gegenüber Adel und Klerus wird immer bedeutsamer. Durch die Ritterorden kommt der Adel in den Dienst der Kirche; die Kreuzzüge fördern das Reliquien- und Ablaßwesen; die Passionsfrömmigkeit findet Anschauungsmöglichkeiten in Palästina (Bernhard von Clairvaux). Durch den wachsenden Geldbedarf der Kurie wegen der Kreuzzüge wächst die Kritik an der Kirche: 99

Arnold von Brescia ruft die Kirche in der Mitte des 12. Jh.s zur apostolischen Armut zurück. Es wird der Grundgedanke der kirchlichen Opposition der folgenden Jahrhunderte. Durch die Begegnung mit der außerchristlichen Kultur verlor die Kirche ihre unumschränkte Alleingeltung. Die während der Kreuzzüge auftretenden nationalen Spannungen schärften das nationale Bewußtsein unter den Völkern Europas. Die Regierung Kaiser Friedrichs I. Barbarossa (1152–1190) – Mit diesem Kaiser setzte ein neuer Aufschwung des Imperiums ein. In seinem Selbstbewußtsein lenkte Friedrich auf die römische Kaiserzeit zurück. Erneuerung der alten Rechte der Krone in einer neuen Kaiserideologie. – Als an der Kurie in Rom wieder mächtige Päpste regierten wie Hadrian IV. (1154–1159) und vor allem Alexander III. (1159–1181), kam es zum dramatischen Kampf zwischen Kaiser und Papst um die Weltherrschaft. Zunächst war das Papsttum geschwächt, auf den Tod Hadrians IV. folgte ein jahrzehntelanges Schisma. Gegen den von der Mehrheit gewählten Alexander III. stellte die kaiserliche Partei in Viktor IV. einen Gegenpapst auf. Alexander verhängte über Barbarossa 1160 den Bann. Erst im Frieden von Venedig 1177 ließ Barbarossa den Gegenpapst fallen und erkannte Alexander III. an. Durch die geschickte Diplomatie war die Regierungszeit Barbarossas insgesamt eine Glanzzeit des Kaisertums. Auf dem 3. Kreuzzug ist Barbarossa in den Wellen des Salev-Flusses in Kleinasien ertrunken. – Mit seinem Sohn Heinrich VI. (1190–1197) schien das Weltreich der Staufer Wirklichkeit zu werden. Durch die Erbschaft Siziliens (Heinrich heiratete Konstanze von Sizilien) war das Papsttum vom Süden und Norden durch die kaiserliche Herrschaft umklammert. Doch der Kaiser starb mit 32 Jahren. In Deutschland brachen Thronwirren aus, und es begann das Pontifikat Innocenz III. Papst Innocenz III. (1198–1216) – Unter ihm ist das Papsttum auf der Höhe seiner Macht; er faßte alle Herrschaftsansprüche seiner Vorgänger Nikolaus I. und Gregors VII. zusammen. Der Papst ist vicarius Christi und seine Autorität beruht auf der priesterlichen Vollmacht des Bindens und Lösens. Das gilt auch für die Sünden der Fürsten und Könige. Der Papst hat das Kaisertum aus der alten Zeit hinübergeführt (translatio imperii) und in seiner Hand sind die beiden Schwerter vereint (nach Lk 22,38). Alle weltlichen Herrscher sind nur Lehensträger des Papstes.

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– Innocenz III. war ein ausgesprochen politischer Papst. Zu Beginn seines Pontifikates ist er mit einer theologischen Schrift hervorgetreten: De contemptu mundi. Weltverachtung und Weltbeherrschung sind auch in Innocenz zutiefst miteinander vereint. – Innocenz brachte zunächst den Welfen Otto IV. auf den Kaiserthron (1209), nachdem ihm dieser die Herrschaft über die deutsche Kirche zugesichert hatte. Als Kaiser schloß Otto jedoch ein Bündnis gegen den Papst. Innocenz ernannte Friedrich II. zum Kaiser. Friedrich mußte dem Papst öffentlich den Treueid schwören und Verzichtsleistungen zusagen. – Der Höhepunkt der mittelalterlichen Papstmacht zeigt sich auf dem 4. Laterankonzil von 1215. Verbot neuer Ordensgründungen. Neue Bestimmungen über die Inquisition werden erlassen: die Bischöfe können nun auch die weltliche Gewalt zu diesem Zwecke einsetzen. Alle Laien sollten mindestens einmal im Jahr zur Osterzeit an der Eucharistie teilnehmen. Vorher sollten sie die Ohrenbeichte ablegen. Der sakramentale Charakter der mittelalterlichen Kirche zeigt sich besonders im Dogma von der sog. Transsubstantiation (Substantielle Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi. Folge: Entzug des Laienkelches). Es ist das einzige Dogma, das im Mittelalter unter Innocenz III. verkündet wurde. Friedrich II. (1215–1250) und der schließliche Sieg des Papsttums über das Kaisertum – Mit Friedrich II., dem Sohn Heinrichs VI., kam der letzte glanzvolle staufische Kaiser auf den Thron. In seinem Selbstbewußtsein hat sich Friedrich geradezu eine gottähnliche Stellung zugeschrieben. Ihm gegenüber stehen die Nachfolger von Innocenz III.: Gregor IX. und Innocenz IV., die alle weltliche Herrschaft als Papstlehen verstehen. Der mehrmalige Bannstrahl aus Rom konnte Friedrich II. in seinem Selbstbewußtsein und seiner geschickten Politik nichts mehr anhaben. Auf dem Konzil von Lyon (1245) wurde der Kaiser für abgesetzt erklärt. In Deutschland wurde ein Gegenkönig ernannt, aber Friedrich II. starb 1250 unbesiegt. Die Streitschriften Friedrichs gegen den Papst und sein Selbstbewußtsein kündigen ein neues Zeitalter an: Anerkennung der geistlichen Autorität des Papstes, aber Ablehnung seiner Machtpolitik. – Mit der Hinrichtung des letzten Staufers Konradin (1268) siegte zwar das Papsttum über das Kaisertum, geriet aber dadurch in die Abhängigkeit der Franzosen. Der Höhepunkt der mittelalterlichen Papstkirche ist zugleich der Wendepunkt zu ihrem politischen und geistlichen Niedergang im Spätmittelalter. 101

Literaturhinweise ANDRESEN, C. / RITTER, A.M.: Geschichte des Christentums I/2, 52–69; 77–82; 101–115 u. 150–168. ANGENENDT, A.: Das Frühmittelalter, 292–360. GOEZ, W.: Kirchenreform und Investiturstreit 910–1122. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 9, 3.–11., 486–548. HOLZE, H.: Die abendländische Kirche im hohen Mittelalter (12./13. Jh.). MAYER, H.E.: Geschichte der Kreuzzüge. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 137–162 u. 171–174. ÖKUMENISCHE KIRCHENGESCHICHTE, Bd. 1, 210–243.

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XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter Einstieg Das geistige Leben in der Karolingischen Renaissance, der ersten Kulturblüte des Mittelalters, lebte vor allem in den großen Schulen in Aachen und Tours. Das bleibt kennzeichnend für das ganze Mittelalter. Von daher hat die gesamte Wissenschaft dieser Zeit, die ausschließlich in Schulen stattfand, ihren Namen: Scholastik. Zu ihr gehören nicht nur Theologie und Philosophie, sondern auch Rechtswissenschaft und Medizin. Gegenüber dem älteren System der artes liberales, in der die Grammatik die Führung hatte, sind in der scholastischen Wissenschaft die Dialektik und Logik bestimmend. In der Entwicklungsgeschichte der Scholastik gibt es verschiedene Stufen und Einschnitte. Ein solcher ist z.B. die Entstehung der Universitäten um 1200, womit der Übergang von der Früh- zur Hochscholastik bezeichnet ist. Aber auch dies ist nur eine höhere Form von Schule: Weil die Wissenschaft sich erweitert, schafft sie sich eine neue Organisation des Lehrbetriebes. In der Lehre wird vor allem Wissensstoff weitergegeben. Auf diesem Tradieren liegt im ganzen Mittelalter der entscheidende Akzent. Die Scholastik ist traditionalistische Wissenschaft. Als eine an die Tradition gebundene Wissenschaft entdeckt die Scholastik im Laufe der Zeit immer mehr die Vieldeutigkeit dieser Tradition. Je stärker die Autorität der Tradition empfunden wird, desto mehr werden die gegensätzlichen Elemente in dieser Tradition sichtbar und wächst die Notwendigkeit, sich damit auseinanderzusetzen in einer eigenen Verantwortlichkeit. Es bedeutet das Ineinander von Rezeptivität und Produktivität, neben die Autorität tritt die ratio, die kritische Durchleuchtung der Tradition. Erst in dem Augenblick, wo dies geschieht, beginnt eigentlich das Zeitalter der Scholastik. Der Aufbruch der Theologie im 13. Jh. wird durch den Einbruch der aristotelischen Tradition herbeigeführt. Die aristotelische Rezeption im Mittelalter ist eine geistesgeschichtliche Bewegung ersten Ranges. Mit dem ganzen Aristoteles kam dem christlichen Abendland ein neues Weltbild entgegen. Das bedeutete nicht nur eine große Bereicherung, sondern auch eine tiefe Erschütterung, eine schwere Krise. Denn diese aristotelisch beeinflußte Weltsicht stand in einem erheblichen Gegensatz zu dem alten Weltbild, in dem man bisher gelebt hatte und das von der Synthese zwischen Christentum und Platonismus bestimmt war (die altkirchlichen Dogmen und die Theologie der Kirchenväter). 103

Der bedeutendste aller scholastischen Theologen ist Thomas von Aquin. In seinem Werk kommt die scholastische Theologie zu ihrem Höhepunkt. Indem Thomas die platonisch-augustinische Tradition der Kirchenvätertheologie mit dem aristotelischen Rationalismus verbindet, stellt er die theologische Arbeit des 13. Jh.s auf eine neue Grundlage. Die Theologie des Hochmittelalters wurde stark durch die Bettelorden der Dominikaner und Franziskaner bestimmt. Bevor sie an den Universitäten nicht ohne schwere Kämpfe eine führende Rolle spielten, sind sie am Anfang des 13. Jh.s aus einer bedeutsamen Bewegung der Frömmigkeitsgeschichte des Mittelalters hervorgegangen: dem Ruf zur Nachfolge Jesu und der Apostel in strikter Armut. Aber die Armutsbewegung kam auch in die Kirche selbst. Eine neue Stufe in der Geschichte des Mönchtums war mit der Entstehung der Bettelorden am Anfang des 13. Jh.s erreicht. Nachdem schon Innocenz III. verschiedene Gemeinschaften innerhalb der Kirche mit ähnlichen Idealen wie die außerkirchliche Armutsbewegung unterstützte, wurden die Bettelorden sehr bald vom Papsttum in Beschlag genommen und seinen Zielen dienstbar gemacht. Wieder kamen der Kirche wie in der cluniazensischen Reform entscheidende Impulse zur Erneuerung aus der mönchischen Frömmigkeit. Grundaspekte Charakteristik und Periodisierung der Scholastik – Die mittelalterliche Scholastik ist Schulwissenschaft, die das antike Erbe und die Theologie der Kirchenväter (vor allem Augustin) rezipiert und mit Hilfe der Dialektik und Logik bearbeitet. – Die Literaturformen der Scholastik: 1. Sentenzensammlungen: Vor allem die Libri quattuor sententiarum des Petrus Lombardus (1100–1160). Dieses Hauptlehrbuch der Dogmatik im Mittelalter ist in vier Hauptgebiete eingeteilt: de Deo, de creatura, de incarnatione Verbi, de sacramentis. 2. Kommentarwerke zu Schriften der antiken und christlichen Tradition, vor allem zu dem Sentenzenwerk des Lombarden (sog. Sentenzenkommentare). 3. Summen: Systematische Zusammenfassung der Lehre im heilsgeschichtlichen Schema. 4. Quaestiones disputatae: Darstellung dogmatischer Einzelprobleme. – Die Einteilung der Scholastik in Früh-, Hoch- und Spätscholastik ist nur eine Hilfskonstruktion. Die Zäsuren werden durch den unterschiedlichen Grad der 104

Tradierung des antiken Erbes, vor allem des Aristoteles, gesetzt. Die Frühscholastik umfaßt etwa die Periode von 1000–1200. Eine neue Stufe ihrer Entwicklung erreicht die Frühscholastik ab 1150, als die logischen Schriften des Aristoteles (Organon) vollständig bekannt wurden. Die Hochscholastik beginnt um 1200, als das Abendland durch die Vermittlung der Araber und Juden Bekanntschaft mit dem gesamten Aristoteles, mit seiner Ethik und Metaphysik, machte. Zur gleichen Zeit entstehen die ersten Universitäten in Europa (Bologna, Paris, Oxford und Cambridge). Mit dem Begriff Spätscholastik wird die Theologie des 14. und 15. Jh.s zusammengefaßt. Theologen des 9. Jahrhunderts – Der Ire Johannes Scotus Eriugena (gest. ca. 870). Bedeutsam als Traditor des neuplatonischen Erbes an das Mittelalter. Hauptwerk: De divisione naturae. Übersetzer der Werke des Dionysius Areopagita ins Lateinische. – Hrabanus Maurus (gest. 856). Abt von Fulda und Erzbischof von Mainz. Bedeutsam als Sammler antiker Literatur und Kirchenväterschriften sowie als Verfasser von mehreren Bibelkommentaren. Hauptschrift: De clericorum institutione. – Walahfried Strabo (gest. 849). Abt von Reichenau. Verfasser von Bibelkommentaren und liturgischen Schriften. – Lehrstreitigkeiten fanden über die Abendmahlslehre und die Prädestination statt: Paschasius Radbertus (gest. ca. 865), Abt von Corbie, vertrat eine realistische Anschauung, nach der die Elemente durch ein Schöpfungswunder in Leib und Blut Christi verwandelt werden. Ihm stand der Mönch Ratramnus (gest. nach 868) entgegen, der in den Bahnen Augustins eine symbolische Abendmahlsauffassung vertrat. – Der Mönch Gottschalk (gest. ca. 868) hat die Gnaden- und Prädestinationslehre Augustins logisch zur doppelten Prädestination weiter zugespitzt (gemina praedestinatio). Theologen der Frühscholastik – Im 11. Jh. beginnt das eigentliche Zeitalter der Scholastik. Neben die Autorität der Tradition tritt die ratio, die kritische Durchleuchtung der vielgestaltigen Tradition. Rezeptivität und Produktivität greifen ineinander, so daß die Notwendigkeit der Auswahl und der Akzentuierung des Stoffes gegeben ist. Der ganze Gegensatz von Neuplatonismus und Aristotelismus wird dem Mittelalter in dem 105

Maße bewußt, je mehr die beiden Größen in ihrer ursprünglichen Gestalt bekannt werden. – Seit ca. 1090 kommt es zum sog. Universalienstreit. Dahinter steht die Frage nach der realen Wirklichkeit von Glaubensaussagen. Unter Universalien versteht man die Allgemeinbegriffe, die von den sog. Nominalisten (Roscellinus von Compiègne) nur für Begriffe des menschlichen Verstandes angesehen werden, denen kein tatsächliches Sein zukommt. Ihnen stehen die sog. Realisten (Wilhelm von Champeaux und Anselm von Canterbury) gegenüber, die in der augustinisch-neuplatonischen Tradition den Allgemeinbegriffen das eigentliche Sein zusprechen, an denen die Einzeldinge teilhaben. Diese Universalienproblematik durchzieht die Geschichte der Scholastik bis in das 15. Jh. – Berengar von Tours (gest. 1088) ist der erste Theologe, der mit Hilfe der dialektischen Methode die Tradition bearbeitet. Er streitet mit logischen Argumenten gegen die realistische Abendmahlsauffassung. Die Einsetzungsworte bezeichnet er als eine bildliche Redeweise. Seine rationale Kritik der Wandlungslehre führt zum Abendmahlsstreit des 11. Jh.s, bei dem Lanfrank (Abt des Klosters Bec in der Normandie) die traditionellere Auffassung einer Verwandlungslehre vertritt. Sie konnte sich gegenüber der Dialektik durchsetzen, ihre dogmatische Fixierung erfolgte 1215 auf dem 4. Laterankonzil. – Peter Abaelard (1070–1142). Er hat die dialektische Methode konsequent angewandt in seinem Werk: Sic et non. Der Sinn des Werkes: Die Wahrheit der Kirche ist nicht einfach gegeben, sondern sie muß immer gesucht werden. Der Weg führt über das inquirere et dubitare. Mit Hilfe philologischer Kritik und logischen Argumenten wird die Tradition bearbeitet, um ihre Widersprüche auszugleichen und die bleibende Wahrheit zu finden. Diese Methode wurde für die ganze Scholastik grundlegend. – Anselm von Canterbury (1033–1109), Benediktinermönch und Erzbischof von Canterbury. Die dialektische Methode gilt ihm als theologisch notwendig. Das Problem von Vernunft und Offenbarung beantwortet er im Sinne Augustins: credo ut intelligam, fides quaerens intellectum. In zwei theologischen Traktaten meditiert Anselm über Gott als höchstes geistiges Wesen. Im Monologion wird das Göttliche als das höchste Sein erwiesen (summa essentia), welches das Beste, Größte und Höchste von allem ist. Alles, was existiert, hat daraus seine Existenz. Im Proslogion führt er den später sog. ontologischen Gottesbeweis: Die Idee Gottes, die innerhalb der Vernunft gegeben ist, enthält die Aussage, daß über Gott hinaus ein im Vergleich zu ihm höheres Wesen nicht gedacht werden kann (aliquid quo nihil maius cogitari potest). Dieses Wesen 106

muß auch in Wirklichkeit existieren, nicht nur gedanklich, weil dem Begriff Gottes als des vollkommensten Wesens die Existenz entsprechen muß. Über Gott hinaus kann nichts Größeres gedacht werden, weder im Verstand noch in der Wirklichkeit. Damit meint Anselm die Existenz Gottes bewiesen zu haben. In der Schrift Cur Deus homo? hat Anselm mit seiner Satisfaktionslehre eine Neuinterpretation der Erlösungslehre vorgelegt. Die Menschwerdung Gottes ist nicht nur denkmöglich, sondern denknotwendig. Das Sündenverständnis Anselms kommt von Augustin her. Sünde ist ein objektiver Entzug an Ehre, die Gott gehört. Entscheidend ist der Begriff der Ehre Gottes. Sie ist durch die menschliche Sünde so tief verletzt worden, daß Strafe oder Genugtuung folgen müssen. Nur die Genugtuung (satisfactio) kann die Ehre Gottes wieder herstellen. Der Mensch muß sie leisten, aber nur Gott kann sie leisten: Christus als Deus homo. Christi Tod am Kreuz ist ein freiwilliges Opfer, das Gott nicht ohne Belohnung läßt. Christus hat damit ein besonderes Verdienst erworben, das nun auf die an ihn Glaubenden übergeht. Die Satisfaktionslehre Anselms trägt »germanische Züge«. – Bernhard von Clairvaux (1090–1153). Dieser große Zisterziensermönch und Mystiker wendet sich gegen die rationale Kritik und die dialektische Methode. Nicht die rationale Erkenntnis, sondern die demutsvolle Einfügung des menschlichen Willens in den göttlichen ist hier die Voraussetzung der theologischen Arbeit. Es ist die mystische Erkenntnis und Frömmigkeit, die Bernhard mit Hugo von St. Viktor verbindet (1097–1141). Neben die bernhardinische Passionsmystik, die sich auf das Bild des irdischen, leidenden Christus konzentriert, tritt im Augustiner-Chorherrenstift St. Viktor bei Paris die Erneuerung der sog. areopagitischen Mystik: Über die Stufen der Reinheit und Erleuchtung kann der Gläubige, unterstützt durch die kirchlichen Sakramente, in der Ekstase bis zur Schau Gottes gelangen. Diese Mystik hat sich im 12. Jh. vor allem in den Nonnenklöstern ausgebreitet (Hildegard von Bingen, gest. 1179). – Der Mönch Gratian aus Bologna schreibt um 1140 das Werk: Concordantia discordantium canonum (eine Zusammenstellung der gültigen kirchlichen Rechtssätze). Dieses sog. Decretum Gratiani wurde das Hauptstück des Corpus iuris canonici. Theologen der Hochscholastik – Mit der Entstehung der Universitäten, der Bettelorden und der Begegnung mit dem ganzen Aristoteles um 1200 erreicht die Scholastik im Ausbau theologischer Systeme ihren Höhepunkt. Die spanisch-arabischen und jüdischen 107

Religionsphilosophen Averroes von Cordoba und Moses Maimonides sind die Vermittler des ganzen Aristoteles in einer pantheistischen Ausdeutung an die christliche Theologie. Franziskaner Alexander Halesius Bonaventura Duns Scotus

Dominikaner Albertus Magnus Thomas von Aquin

– Alexander Halesius (gest. 1245) besitzt als erster Scholastiker eingehende Kenntnis des ganzen Aristoteles. Die aristotelische Philosophie verbindet er mit den Grundgedanken Augustins. Theologie ist für ihn eine Gotteserkenntnis, die durch göttliche Erleuchtung (illuminatio gratiae) des menschlichen Willens (voluntas) zustande kommt. Alexander ist damit der Begründer der franziskanischen Schule des sog. Voluntarismus. Primat des Willens vor dem Intellekt. – Johannes Fidenza, genannt Bonaventura (1221–1274), ist Schüler Alexanders und Vertreter der franziskanisch-mystischen Theologie des Hochmittelalters. Die mystische Glaubenserfahrung vollzieht sich in der von Gott erleuchteten Seele (Illuminationstheologie). Der göttliche Krafteinfluß, vermittelt durch die Sakramente, erweist sich als gratia habitualis. – Albertus Magnus (1200–1280) ist der erste bedeutende Dominikaner-Theologe des Hochmittelalters aus Deutschland. Naturerkenntnis und Theologie, Physik und Metaphysik bilden für ihn eine Einheit (»Doctor universalis«). Albert hat die sog. Universalienlehre des Aristoteles übernommen. Die Universalien als oberste zusammenfassende Begriffe sind als leitende Ideen im göttlichen Geist vorhanden (ante rem). In den Einzeldingen (in re) wirken sie als lebendige und tragende Form der Materie. Im erkennenden Geist des Menschen (post rem) erscheinen die Universalien als begriffliche Abstraktionen. Albertus Magnus geht erkenntnistheoretisch mit Aristoteles. Er vertritt einen gemäßigten Realismus: Die Begriffe sind Ideen im göttlichen Geist und Formen in den Einzeldingen. In der Theologie und Ethik folgt er Augustin. – Thomas von Aquin (1225–1274) ist der bedeutendste scholastische Theologe. Er studierte wohl unter Albert d.Gr. in Paris und Köln und lehrte an verschiedenen Schulen Italiens und in Paris. Thomas hat auf das Grundproblem des hohen Mittelalters, in welchem Verhältnis die beiden großen Traditionen Augustin und Aristoteles zueinander stehen, eine Antwort gegeben, die eine scharf durchdachte Synthese beider ermöglichte. Die inhaltliche Verschiedenheit des philosophischen und theologischen Denkens hat er bei der Entdeckung des wirklichen Aristoteles festgestellt (Problem der doppelten Wahrheit). Bei Tho108

mas kommt es zu einer harmonischen Doppelschichtigkeit. In den Fragen der philosophischen Einsicht folgt er Aristoteles, in den theologischen Fragen dagegen der augustinischen Tradition. Der aristotelische Einfluß zeigt sich vor allem in der Erkenntnislehre, der Metaphysik und in der äußeren Darstellungsform. Augustinischer Einfluß ist besonders in der Gotteslehre und Rechtfertigungslehre sichtbar. Im thomistischen Denken konnte jedes theologische Problem inhaltlich gemäß der kirchlichen Dogmatik gelöst werden, indem man Augustin folgte, während die Darstellung dieses Problems in den Begriffen der aristotelischen Logik erfolgte. Sein großes System stellt sich in harmonischer Weise dar. Grundlage für diese Harmonie ist die Überwindung des Dualismus von Gott und Welt: Alle von Gott geschaffenen Dinge spiegeln sein Wesen wider, jedoch nur in gebrochener Weise (per analogiam). Die natürliche Gotteserkenntnis der Vernunft bedarf der übernatürlichen Offenbarung, die sie ergänzt und vollendet (gratia non tollit, sed perficit naturam). Philosophie und Theologie, Natur und Gnade, Wissen und Glauben können so im Bild eines zweistöckigen Hauses beschrieben werden. Der untere Teil der Philosophie leistet Hilfsdienste für den oberen Teil der Theologie. Alle Wissens- und Glaubensaussagen stehen somit in einem differenzierten, ganzheitlichen Verhältnis zueinander. Das kommt in der Summa theologiae, dem Hauptwerk des Thomas, zum Ausdruck (1265–1273). Die Rechtfertigungs-, Sakraments- und Bußlehre ist bei Thomas in das Schema von Natur und Gnade eingeordnet. In der Rechtfertigungslehre steht Thomas näher beim antipelagianischen Augustin als die franziskanische Theologie. Der Empfang der Gnade ist freilich allein an die kirchlichen Sakramente gebunden, deren Empfang heilsnotwendig ist. In der Theologie des Thomas spiegelt sich die führende Stellung der Papstkirche im 13. Jh. wider. Die Armutsbewegung im 12. Jahrhundert – Die Vormachtstellung des Papsttums im 13. Jh. und ihre theologische Fundierung in der Theologie des Thomas beherrschten die Kirchen- und Theologiegeschichte des hohen Mittelalters. Aber zum Gesamtbild gehört auch die Frömmigkeitsgeschichte. Hier sind schon im 12. Jh. zum ersten Mal seit der Alten Kirche wieder bedeutsame kirchliche Gegenbewegungen entstanden, die sich gegen den Reichtum und die weltliche Macht in der Papstkirche richteten. Das arme Leben Jesu und seiner Apostel rückte in den Vordergrund und wurde zum kritischen Maßstab gegenüber einer verweltlichten Kirche. – Schon im Zeitalter Bernhards rief der Prediger Arnold von Brescia seit 1147 in Rom zur apostolischen Armut auf. 109

– Der Zisterzienserabt Joachim von Fiore (ca. 1135–1202) entwarf eine Dreizeitalterlehre: auf das Zeitalter des Vaters und des Sohnes folgt das Zeitalter des Geistes (anhebend mit Benedikt, vollendet 1260). – Die beiden bedeutsamsten Armutsbewegungen im 12. Jh. waren die Katharer und die Waldenser. – Das dualistisch-gnostische Gedankengut der Katharer (die »Reinen«, davon »Ketzer«) läßt sich bis in die Antike zurückverfolgen. Sie werden deshalb auch »Neumanichäer« genannt. In ihrer Forderung nach einer reinen Kirche und in ihrer Abwendung von der sündhaften Welt, lehnten sie die Ehe, die kirchlichen Sakramente, Bilder, Heiligen und Reliquien ab. Sie praktizierten eine strenge Askese. – Im Unterschied zu den Katharern waren die Waldenser eine Bewegung, die das »Gesetz Christi« in der Bibel verkündigte und ohne Beeinflussung von nichtchristlichem Gedankengut dem Leben Jesu und seiner Apostel in Armut nachzufolgen versuchte. Begründet wurde sie von dem Lyoner Kaufmann (Petrus) Waldes 1176. Angestoßen durch die Aussendungsrede (Mt 10) bildete sich um Waldes ein Verein von Männern und Frauen, die umherzogen und Buße predigten. Die sich rasch ausbreitende Bewegung wurde von der katholischen Hierarchie sofort bekämpft (Albigenserkriege 1209–1229 und durch die Inquisition seit 1232). – Hauptverbreitungsgebiet sowohl der Katharer wie der Waldenser waren Südfrankreich und Oberitalien. Die Entstehung der Bettelorden am Anfang des 13. Jahrhunderts – Der mächtigste Papst des Mittelalters, Papst Innocenz III., versuchte durch Unterstützung von Gemeinschaften innerhalb der Kirche, die ebenfalls das Armutsideal propagierten, die Armutsbewegung in die Kirche zu integrieren. – Dieses Ziel haben vor allem die Bettelorden am Anfang des 13. Jh.s erreicht. Im Zusammenhang mit den aufstrebenden Städten war durch die Bettelorden in der Geschichte des Mönchtums eine neue Situation entstanden: Nicht mehr an die Klausur gebunden, zogen sie umher und widmeten sich besonders der Seelsorge und Predigt unter der städtischen Bevölkerung. Sie folgten dem armen Leben Jesu und seiner Apostel in völliger Besitzlosigkeit nach. Durch die päpstliche Förderung dieser neuen Orden war die Armutsbewegung in die Kirche eingezogen.

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– Der Dominikaner- oder Predigerorden (»Ordo fratrum praedicatorum«, O.P.) wurde durch den Spanier Dominikus (1170–1221) gegründet. Seine Hauptaufgabe fand er in der Predigt, in der Theologie an den Universitäten und der Mitwirkung an der Inquisition (1232 errichtet unter Gregor IX.) zur Reinhaltung der kirchlichen Lehre und Abwehr der Häresien. – Die Armutsbewegung war auch zum großen Teil eine religiöse Frauenbewegung. Um ihre kirchliche Integration zu fördern, entstanden zahlreiche Dominikanerinnen-Klöster. Der Orden verbreitete sich rasch in vielen Ländern Europas. – Der Franziskanerorden (»Ordo fratrum minorum«, O.F.M.) ist durch die überragende Gestalt seines Gründers Franz von Assisi (1181/82–1226) geprägt worden. – Das Leben seiner Jugend in Reichtum wandelte sich unter dem Eindruck der Aussendungsrede an die Jünger (Mt 10) zur Nachfolge des armen Lebens Jesu und seiner Apostel. Franz »vermählte« sich mit der Armut (1208) und gewann bald Gesinnungsgenossen, mit denen er umherzog. Der Kreis fand schon um 1210 die päpstliche Bestätigung. – Die Frömmigkeit des Franziskus rief bereits bei seinen Zeitgenossen eine regelrechte franziskanische Bewegung hervor. Die heitere und demutsvolle Frömmigkeit des Franziskus, seine Liebe zu Christus, den Menschen und allen Kreaturen, gab die entscheidenden Anstöße für diese Bewegung, die anfangs ohne feste Organisation und Regel blieb (vgl. aber 1223 Regula bullata). Sehr bald jedoch, vor allem nach dem Tode des Franz, bemächtigte sich die Kirchenpolitik dieser Bewegung, und es rückten die alten Armutsideale in den Hintergrund. Darüber entstanden schwere Kämpfe zwischen Spiritualen und Konventualen. Schließlich setzte sich die freiere, den Gegebenheiten angepaßte Richtung durch. – Der Franziskanerorden erhielt in dem Klarissenorden seinen weiblichen Zweig. Die Frauen hatten nach mancherlei Kämpfen eine wichtige Stellung in den Bettelorden inne. Außerhalb der klösterlichen Organisation lebte die Frauenbewegung im Beginentum. – Neben den Bettelorden entstanden im 12. Jh. der Eremitenorden der Karmeliten und im 13. Jh. der Augustiner-Eremitenorden (1256), der nach der »Regel Augustins« lebte und der für die Reformationsgeschichte durch Martin Luther eine besondere Bedeutung hat.

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Literaturhinweise ANDRESEN, C. / RITTER, A.M.: Geschichte des Christentums I/2, 69–75; 115– 150; 168–193 u. 210–224. DINZELBACHER, P.: Christliche Mystik im Abendland, 98–131 u. 159–237. HÄGGLUND, B.: Geschichte der Theologie, 122–159. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 10, 1.–13., 549–609. HEINZMANN, R.: Philosophie des Mittelalters, 137–222. KAHL, H.-D.: Bernhard von Fontaines, Abt von Clairvaux, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 3, Mittelalter I, 173–191. KÖPF, U.: Franz von Assisi, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 3, Mittelalter I, 282–302. KÜHN, U.: Thomas von Aquin, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 4, Mittelalter II, 38–62. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 162–171 u. 174–188. LEPPIN, V.: Theologie im Mittelalter. SCHMIDT, M.A.: Anselm von Canterbury, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 3, Mittelalter I, 123–147.

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XII. Das Spätmittelalter Einstieg Verschiedene Wandlungen während des 13. Jh.s zeigen an, daß das eigentliche Hochmittelalter von dem vielgestaltigen und widerspruchsvollen Zeitalter des sog. Spätmittelalters abgelöst wird. Der Sieg des Papsttums über die Staufer war ein Pyrrhussieg. Nur mit Hilfe des französischen Königtums hat das Papsttum das Kaisertum bezwingen können. In Frankreich bildete sich während des 13. Jh.s zuerst die neue Herrschaftsform des werdenden Nationalstaates aus. Die verschiedenen Einzelgewalten wurden zu einer zentralen, nationalen Herrschaft zusammengefügt. Bisher stand der mittelalterlichen Kirche keine zentrale politische Gewalt gegenüber. Diese wesentliche Voraussetzung für die politische Machtstellung der Kirche ging nun verloren. Mit der neuen nationalen Herrschaftsform und dem wirtschaftlichen Aufstieg der Städte war auch das Rittertum an sein geschichtliches Ende gelangt. Auch das Zeitalter der Kreuzzüge war nun endgültig vorbei. 1291 wurde die Festung Akkon vom Islam zurückerobert. Kritik am Papsttum gab es nicht erst im Spätmittelalter. Aber erst jetzt wurde deutlich, wie tief Anspruch und Wirklichkeit in der mittelalterlichen Papstkirche auseinanderklafften. Die Veräußerlichung der Papstkirche und die rücksichtslose Verweltlichung am päpstlichen Hof wurden nun für jedermann offensichtlich. Der Gegensatz zwischen Kurialismus bzw. Papalismus und dem Konziliarismus war schon im 14. Jh. hervorgetreten, noch bevor die großen Reformkonzilien in der ersten Hälfte des 15. Jh.s die Idee des Konziliarismus bekräftigt hatten. Sie hatte ihren Hintergrund in der schwersten Krise des Papsttums, dem Papstschisma seit 1378. Das Renaissancepapsttum am Vorabend der Reformation (Julius II., Alexander VI. und Leo X.) war durchaus gefestigt und im allgemeinen Ansehen unbestritten. Im Gegensatz zu Frankreich, wo die französische Nationalkirche ihre »gallikanischen Freiheiten« gegenüber Rom verteidigte, blieben im Deutschen Reich alle Reformansätze stecken. Das Wiener Konkordat 1448 hatte die Reformen vereitelt, und die steuerliche Aussaugung und Bedrückung der deutschen Kirche durch Rom war in den letzten Jahrzehnten vor der reformatorischen Bewegung besonders groß. Seit dem Frankfurter Fürstentag von 1456 haben die deutschen Stände auf den Reichstagen immer wieder ihre »Gravamina der deutschen Nation« formuliert. In den Einzelterritorien des Deutschen Reiches konn113

ten jedoch einige Fürsten eine gewisse Eigenständigkeit erreichen. Hier liegen die Anfänge des Landeskirchentums, das also älter als die Reformation ist. Die ganze Entwicklung des Spätmittelalters ist gekennzeichnet durch Sprünge und Risse, die in dem großen universalen Bau des corpus christianum immer deutlicher auftreten. Das zeigt auch das spätmittelalterliche theologische Denken, das durch eine zunehmende Differenzierung und Individualisierung geprägt ist. »Das Spätmittelalter ist das Zeitalter der höchsten Steigerung der Kirchlichkeit« (Bernd Moeller). Das meint vor allen Dingen die kirchliche Bindung der gesamten Bevölkerung, d.h., daß die Kirche mit ihren weit verzweigten Institutionen das gesamte Leben der spätmittelalterlichen Menschen beherrschte. Im Mittelpunkt der Frömmigkeit stand die Frage nach dem ewigen Heil der Seele. Kritik an den Mißständen in der Kirche des Spätmittelalters, z.B. an dem Ablaßwesen und der Macht- und Geldpolitik der Kurie, übten besonders zwei Reformbewegungen, die mit den Namen Wiclif und Hus verbunden sind. Geistesgeschichtlich gesehen gehen der Reformation zwei bedeutsame Bewegungen voraus: Renaissance und Humanismus. Die frühkapitalistischen Tendenzen der spätmittelalterlichen Wirtschafts- und Sozialgeschichte beeinflußten auch die Frömmigkeit dieser Zeit. Grundaspekte Das Papsttum im Spätmittelalter – Dem Sieg des Papsttums über das deutsche Kaisertum in der zweiten Hälfte des 13. Jh.s folgte bald eine tiefe Niederlage. Es geriet in die Abhängigkeit des französischen Königs. – In Frankreich entstand zuerst die neue Herrschaftsform des werdenden Nationalstaates. Sie bildete ein Gegengewicht zur politischen Machtstellung des Papstes. – Die Bulle Unam sanctam 1302 von Bonifaz VIII. (1294–1303) faßte die bisherigen politischen Machtansprüche des Papsttums zusammen und erklärte den Gehorsam gegenüber dem römischen Bischof als heilsnotwendig. – Philipp IV. von Frankreich (»der Schöne«) appellierte an ein allgemeines Konzil; der Papst drohte mit Bann. Philipp antwortete mit der Gefangennahme des Papstes (1303). Hintergrund des Streites war die Besteuerung des Klerus und der Klöster in Frankreich und England. 114

– Von 1309–1376 »babylonische Gefangenschaft« der Päpste: Abhängigkeit von Frankreich, politische Ohnmacht und moralischer Verfall des Papsttums. – Machtkampf zwischen Papst Johannes XXII. und Ludwig dem Bayern (1314–1347). Letzter Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum. – »Goldene Bulle« 1356 regelt die Königswahl ohne päpstliche Bestätigung. – Papstschisma von 1378–1415: je ein Papst in Rom und Avignon. Schwerste Krise des Papsttums. – Kritik am Papsttum richtete sich vor allem gegen Mißbrauch im Gerichtswesen und in der Finanzwirtschaft. – Mit zwei Namen ist das neue Denken über Kirche und Staat im Spätmittelalter verbunden: Marsilius von Padua (ca. 1290–1343) und seiner Schrift Defensor pacis. Gedanke der Volkssouveränität: alle weltliche Herrschaft ist vom Volke delegiert. Kirche und Papst haben allein geistliche Aufgaben. Oberste Vertretung der Kirche liegt beim Generalkonzil, dem auch Laien angehören. Wilhelm von Ockham (ca. 1285–1347/49): Geistliche und weltliche Gewalt werden in ihren Zuständigkeitsbereichen deutlich unterschieden, zugleich aber auch im Blick auf das Gemeinwohl einander zugeordnet. Die wahre Kirche ist die communio sanctorum, nicht die sichtbare Papstkirche.

Der Konziliarismus – Aus dem Niedergang des Papsttums erwuchs in der ersten Hälfte des 15. Jh.s die Reformbewegung des Konziliarismus. Sie wurde von zwei Theologen an der Pariser Universität getragen: Pierre d’Ailly (gest. 1420) und Jean Charlier, genannt Gerson (gest. 1429). Ziel war die Reform der Kirche an Haupt und Gliedern, Überordnung des Konzils über den Papst in Anlehnung an die Gedanken des Defensor pacis und Ockhams Gegenüberstellung von Konzil und Papst. – Das Reformkonzil in Konstanz (1414–1418), von König Sigismund angeregt und geleitet. Drei Verhandlungsgegenstände: causa unionis (Schisma), causa fidei (Hus), causa reformationis (Kirchenreform). Das Konzil brachte einen ersten Sieg des Konziliarismus: Überwindung des Papstschismas durch Rücktritt der bisherigen Päpste und Wahl Martins V. (1417–1431). Im Dekret vom 6.4.1415 wurde der Grundsatz des Konziliarismus ausgesprochen, doch erst das Dekret Frequens vom 9.10.1417 bestimmte die regelmäßige Abhaltung von Konzilien (Einschränkung der päpstlichen Gewalt). 115

– Zweites Reformkonzil in Basel (1431–1447/49) führte zunächst zum Erfolg des Konziliarismus, indem es sich der Auflösungsbulle des Papstes widersetzte, der schließlich das Konzil anerkennen mußte. – Papst Eugen IV. eröffnete ein Gegenkonzil in Ferrara und Florenz (1437– 1439), das durch die verkündete Kirchenunion mit der Ostkirche (Dekret Laetentur coeli vom 6.7.1439) Aufsehen erregte. Die Griechen hatten sich angesichts der Türkenbedrohung um Hilfe an den Papst gewandt. – Papst Pius II. verdammte 1460 den Konziliarismus als Häresie und Majestätsbeleidigung. Die konziliaristischen Gedanken blieben dennoch weit bis ins 16. Jh. hinein aktuell. – Das Papsttum ab der Mitte des 15. Jh.s, das sog. Renaissancepapsttum, zeigt die Verweltlichung und Veräußerlichung der Kurie auf ihrem Höhepunkt. In geistlicher Hinsicht tiefer Verfall, kulturell jedoch von großer Bedeutung: Sixtus IV. (1471–1484), Alexander VI. (1492–1503), Julius II. (1503–1513) und Leo X. (1513–1521). – Die französische Nationalkirche verteidigte ihre »gallikanischen Freiheiten« gegenüber Rom. Im Deutschen Reich dagegen blieben seit dem Wiener Konkordat 1448 die Reformen stecken. Vom Frankfurter Fürstentag 1456 an haben die deutschen Stände immer wieder auf den Reichstagen ihre »Gravamina der deutschen Nation« formuliert. Die Theologie im Spätmittelalter – Das spätmittelalterliche theologische Denken ist durch eine zunehmende Differenzierung und Individualisierung geprägt. Vier Theologen ragen heraus: 1. Johannes Duns Scotus (ca. 1270–1308) – Englischer Franziskanertheologe, der noch in die Hochscholastik gehört, aber durch seine scharfe Kritik an Thomas besonders in seinem Sentenzenkommentar (Opus Oxoniense) für das theologische Denken im Spätmittelalter charakteristisch ist: die Harmonie zwischen Vernunft und Offenbarung in der Theologie des Thomas bricht nun auseinander. – Das Gott-Mensch-Verhältnis wird neu definiert: statt ontologischer Kategorien aktual-personhafte Beziehungen zwischen Gott und Mensch. Gott ist souveräner freier Wille, der Mensch versucht ihm in seinem eingeschränkten freien Willen zu antworten (Voluntarismus). 116

– Im Rechtfertigungsvorgang wirken beide Willen zusammen, jedoch ist der eigentliche Grund der Rechtfertigung die freie göttliche Annahme des Menschen (acceptatio divina). – Die Willenslehre des Duns Scotus löst die hochscholastische Einheit von Theologie und Philosophie auf. 2. Wilhelm von Ockham (ca. 1285–1347/49) – Ebenfalls englischer Franziskanertheologe (Hauptwerk: Sentenzenkommentar). Er trennt scharf zwischen Theologie und Philosophie: Gott ist durch die Vernunft nicht erkennbar, die Vernunft richtet sich nur auf das Irdische. – Gott ist absoluter Wille (potentia absoluta). Er hat sich aber an die von ihm gesetzte Ordnung gebunden (potentia ordinata). Die Selbstbindung Gottes in der Geschichte des alten und neuen Bundes zeigt sich in der Heiligen Schrift. Zu der von Gott gesetzten Ordnung gehören auch wesentlich die Kirche und ihre Gnadenmittel. Die Heilige Schrift gibt gültige Kunde von der Geschichtlichkeit der Offenbarung. – Die Gnade Gottes ist relational als Gunst Gottes (favor Dei) verstanden, nicht als eingegossenes Geschenk (donum). – Die Gnadenlehre Ockhams neigt dazu, alles Gewicht auf den würdigen Empfang der göttlichen Gnade auf seiten des Menschen zu legen: pelagianische Tendenzen (facere quod in se est). Der bedeutendste Theologe in der Nachfolge Ockhams: Gabriel Biel in Tübingen (gest. 1495). Seine Theologie beeinflußte das Studium Luthers in Erfurt. – Die herrschenden scholastischen Schulrichtungen im Spätmittelalter sind: die »via antiqua« (Thomas von Aquin, v.a. Dominikanertheologen) und die »via moderna« (Ockham, Biel, v.a. Franziskanertheologen). 3. Meister Eckhart (ca. 1260–1327) – Dominikaner, bedeutendster mystischer Theologe des Spätmittelalters. – In seinem theologischen Denken ist er von Thomas, der neuplatonischen Tradition, der Theologie Augustins und Bernhards geprägt. – In der Tiefe der Seele gibt es ein »Seelenfünklein«, ein increatum, in dem Gott Wohnung nehmen möchte. Das durch Welt- und Selbstliebe des Menschen 117

verschüttete »Seelenfünklein« kann durch »Gelassenheit« (Abkehr von allem Weltlichen) dem Göttlichen wieder geöffnet werden. Dann geschieht die Einigung der Seele mit Gott, die unio mystica. – Pantheisierende Tendenzen in seinem Gottesbild (esse est Deus). – Die geschichtliche Inkarnation tritt bei Eckhart zurück, entscheidend ist die Geburt des Sohnes in der gläubigen Seele. Die Vermittlung der Gnade durch die Sakramente steht in dieser mystischen Theologie nicht mehr im Mittelpunkt. – Eckhart verfaßte ein scholastisches umfangreiches Werk: Opus tripartitum. Seine bedeutende Wirkungsgeschichte ging jedoch von seinen deutschen Predigten aus, die er vor allem in Dominikanerinnenklöstern hielt. – 1329 wurden einige Sätze Eckharts als häretisch und andere als verdächtig verworfen. – Seine wichtigsten Schüler: Johannes Tauler (gest. 1361) und Heinrich Seuse (gest. 1366). 4. Nikolaus Cusanus (1401–1464) – Kein Universitätstheologe, sondern Bischof und Kardinal. Großer, anregender Denker, der die scholastische Begrifflichkeit weit hinter sich läßt (Hauptwerk: De docta ignorantia). – Cusanus geht es vor allem um einen angemessenen Ausdruck für Gott und dessen Verhältnis zu Welt und Menschen. Gott ist die coincidentia oppositorum, das absolute possest, das nicht nur das Bestehende, sondern auch das Mögliche zusammenfaßt, und das non aliud zu allem, was existiert. – Der Mensch kann sich Gott nur in docta ignorantia zu nähern versuchen. – Bei Cusanus findet sich schon der Begriff des »deus absconditus«. Kirchliches Leben und Volksfrömmigkeit im Spätmittelalter – Das Zeitalter ist von intensiver Frömmigkeit gekennzeichnet. Mittelpunkt des frommen Lebens war die Frage nach dem ewigen Heil der Seele. Die Antwort wurde allein in dem Angebot der göttlichen Gnade durch die Kirche und ihre Sakramente gesucht und gefunden. Zentrum des kirchlichen Lebens war der Meßgottesdienst und das Bußsakrament.

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– Neben den vielen Meßpriestern, die nicht predigten oder seelsorgerlich tätig waren, gab es in den Städten Prädikanten und Bettelmönche, die anschaulich und in der Volkssprache predigten. – Verschiedene Klosterreformen suchten das oft verwahrloste Mönchtum zu reformieren; Mönche und Meßpriester waren vielfachem Spott ausgeliefert (Antiklerikalismus). – Das intensive Frömmigkeitsleben des Spätmittelalters kommt besonders in der Frömmigkeitsbewegung der »Devotio moderna« zum Ausdruck. Sie erfaßte vor allem die bürgerlichen Schichten in den Städten. Bewährung des Glaubens in tätiger Nächstenliebe stand im Zentrum. – Ende des 14. Jh.s entstand in Deventer die Reformbewegung der »Brüder vom gemeinsamen Leben«. Diese halbklösterlichen Gemeinschaften, die sich von den Niederlanden auch im nordwestlichen Deutschland verbreiteten, verbanden mystische Frömmigkeit mit humanistischer Weltaufgeschlossenheit. Bekannt wurden sie durch ihre pädagogische Tätigkeit. Aus ihren Kreisen ging die Reformbewegung der Windesheimer Kongregation hervor. – Bekannter Prediger dieser Bewegung: Geert Groote (1340–1384). Das bedeutendste Erbauungsbuch der spätmittelalterlichen Mystik: die vier Bücher De imitatione Christi. Verfasser wahrscheinlich Thomas von Kempen (gest. 1471). – Für die spätmittelalterliche Volksfrömmigkeit sind eine intensive Heiligenverehrung, vor allem Marien- und Annenverehrung, ein blühendes Ablaß-, Reliquien- und Wallfahrtswesen charakteristisch. Die Werkfrömmigkeit findet ihren Ausdruck in reichhaltigen Stiftungen und durch das fromme Genossenschaftswesen. – Christus wurde vor allem als Weltenrichter gesehen: Angst vor plötzlichem Tod und Gericht bestimmten die spätmittelalterliche Frömmigkeit (Totentänze, ars moriendi). – Auch schreckliche Judenverfolgungen und der Hexenwahn gehören in das Spektrum dieser Frömmigkeit. Der Dominikanertheologe Heinrich Institoris kodifizierte (mit Jakob Sprenger?) den Hexenwahn in seinem Hexenhammer (Malleus maleficarum, 1487/88).

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Die sog. »Vorreformatoren« – Der Begriff »Vorreformatoren« wurde im 19. Jh. für Theologen des 14. und 15. Jh.s gebildet, um die Kontinuität der Reformation zur Tradition der »Kirche Christi und ihren Zeugen« aufzuzeigen. – John Wiclif (1328–1384), Theologieprofessor in Oxford. Hauptwerk: Trialogus. – Zunächst englischer Patriot im Kampf gegen das Papsttum, ist er zu einer biblisch begründeten Kritik weiter fortgeschritten: biblizistischer Ansatz, die Heilige Schrift ist das Gesetz Gottes. Wenn die Papstkirche diesem Gesetz widerspricht, ist sie die Kirche, die der Antichrist regiert. Er übersetzte mit Hilfe von Freunden die Vulgata ins Englische. – Scharfe Kritik übte er am Ablaßhandel, der Reliquienverehrung und am Mönchtum. – Mit Augustin sah Wiclif die Kirche als die communio praedestinatorum. – Bedeutsam ist Wiclifs Widerspruch gegen die Wandlungslehre. Das Abendmahl versteht er sinnbildlich, allein für die Gläubigen geltend. – Wiclif wurde zu Lebzeiten nicht verfolgt, seine Reformbewegung hatte in der englischen Kirche keine nachhaltigen Folgen. – Jan Hus (ca. 1370–1415). Wiclifs Gedanken kamen nach Böhmen und vor allem an die Universität Prag. Im Mittelpunkt stand hier Jan Hus als Priester und Professor an der Universität Prag. Die Kirchenkritik von Hus hat biblische, soziale und nationale Motive; an der Wandlungslehre hält er fest. Hauptschrift: De ecclesia von 1412. – Die Auseinandersetzungen um Hus begannen an der Prager Universität, seit 1410 wurde er als Ketzer verfolgt: kleiner und großer Bann, Bücherverbrennung und Predigtverbot. – Unter königlichem Geleit kam er auf das Konstanzer Konzil. Dort wurde ihm der Prozeß gemacht, er starb am 6.7.1415 auf dem Scheiterhaufen. – Das war das Signal für den gewaltigen Aufstand seiner Anhänger, die sog. Hussitenkriege (1419–1436). Hauptforderung: Wiedereinführung des Laienkelches, da Priester und Laien gleichgestellt beim Heilsempfang sind. – Die hussitische Bewegung spaltete sich in zwei Gruppen: die Prager und die sog. Taboriten (schwärmerischer Zug der Bewegung). 120

– In den »Böhmischen Brüdern« lebte das Hussitentum frömmigkeitsgeschichtlich weiter und beeinflußte die Geschichte der Reformation und den Pietismus. – Zu den sog. Vorreformatoren werden auch (Petrus) Waldes (spätes 12. Jh.) und der Bußprediger Girolamo Savonarola (1452–1498) gezählt. Renaissance und Humanismus – Rückbesinnung auf die Kultur der heidnischen Antike; Abwertung der Epoche zwischen Antike und der damaligen Gegenwart als »Mittelalter«. – Entdeckung der Individualität des Menschen; kritischer Geist in den Wissenschaften: Laurentius Valla entlarvt 1440 die Konstantinische Schenkung als Fälschung. Das geistige und künstlerische Schaffen stand nicht mehr unmittelbar im Dienst der Kirche. – Hauptland Italien im 14. und 15. Jh. – In der Renaissance wird auch versucht, den neuen Geist mit der christlichen Religion in Einklang zu bringen. Philosophische Akademie in Florenz: Marsilio Ficino (1433–1499) übersetzte den echten Platon und verglich diesen mit Paulus. Giovanni Pico della Mirandola (1463–1494) zeigt einen christlichen Platonismus. – Von der Renaissance wird die Bewegung des Humanismus im späten 15. Jh. unterschieden, vor allem in den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und England. – Das Ziel ist hier die Rückführung zu einer einfachen christlichen Frömmigkeit, die auf der Bibel und dem Leben und Glauben im Urchristentum gründet. – Kirchenkritik und Reform wird durch Bildung und tätige Nächstenliebe (Nähe zur Devotio moderna!) erwartet. – Schwerpunkt des Humanismus ist das wissenschaftlich-philologische Interesse an Antike und Bibel. – Bedeutende Vertreter des Humanismus: Willibald Pirckheimer, Freund Dürers in Nürnberg; Konrad Peutinger (Augsburg); Johannes Reuchlin (Pforzheim), bekannt geworden durch die sog. Dunkelmännerbriefe von 1515 und 1517 gegen die Kölner Theologen. – Der bedeutendste aller Humanisten um 1500 war Desiderius Erasmus von Rotterdam (1466–1536). Erasmus wollte die Kirche seiner Zeit wieder auf die Ursprünge, den schlichten Glauben der Urchristenheit zurücklenken. An den kirchlichen Zuständen und der scholastischen Theologie übte er scharfe Kritik. 121

Sein Lebensideal war die humanitas christiana (Handbüchlein eines christlichen Streiters, 1500–1503), eine christliche Ethik. Mit der Herausgabe des griechischen Neuen Testaments 1516 schuf er eine wichtige Voraussetzung für die Theologie des jungen Luther und der Reformation. Aspekte zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte – Zwei Ereignisse markieren im 15. Jh. einen tiefen Einschnitt: die Erfindung des Buchdruckes durch Johannes Gutenberg ca. 1450 und die Entdeckung neuer Erdteile und Meere am Ende des 15. Jh.s. – Seitdem das städtische Bürgertum immer mehr an Macht und Einfluß gewann, war die Geldwirtschaft an die Stelle der Naturalwirtschaft getreten. Dieser Wandel beeinflußte das wirtschaftliche und frömmigkeitliche Leben des städtischen Bürgertums. Im Tauschwert als maßgeblichem Wertfaktor und im Nützlichkeits- und Zweckdenken zeigte sich der neue frühkapitalistische Geist. Das kirchliche Zinsverbot des Mittelalters wurde im Laufe der Zeit immer mehr aufgehoben, wobei die Kurie selbst mit ihrer Geldpraxis voranging. – Die romfeindliche Stimmung am Vorabend der Reformation hängt mit der Geldpolitik der Kurie eng zusammen. Kritik an Rom bedeutete jedoch gerade nicht Abstand von der kirchlichen Frömmigkeit. Im Gegenteil, in den Formen der kirchlichen Frömmigkeit suchte das reich gewordene Stadtbürgertum nach einer persönlichen Heilssicherheit. Dieses Streben ist Hauptantrieb für die vielfältigen Ausdrucksformen der spätmittelalterlichen Frömmigkeit. Literaturhinweise BASSE, M.: Entmachtung und Selbstzerstörung des Papsttums. DINZELBACHER, P.: Christliche Mystik im Abendland, 281–364. HÄGGLUND, B.: Geschichte der Theologie, 151–159. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, § 6, 11.–16., 311–335; § 8, 11.–14., 450–473 u. § 10, 14.–18., 610–636. MIETH, D.: Meister Eckhart, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 4, Mittelalter II, 124–154. MIETHKE, J.: Wilhelm von Ockham, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 4, Mittelalter II, 155–175. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 189–211. MOELLER, B.: Spätmittelalter. ÖKUMENISCHE KIRCHENGESCHICHTE, Bd. 2, 121–228. SEEBASS, G.: Geschichte des Christentums III, 23–91. ZSCHOCH, H.: Die Christenheit im Hoch- und Spätmittelalter. 122

XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation Einstieg Das Herrscherhaus Habsburg bestimmte im 15. und 16. Jh. die politische Szene in Europa. Karl V. (1519–1556) besaß eine Machtfülle, wie sie vor ihm kein deutscher Kaiser besaß. Seine universale Herrschaft war nicht nur den anderen europäischen Mächten und dem Papsttum eine Bedrohung im Blick auf eigene politische Einflußnahme, sondern stand auch im Gegensatz zu den Machtinteressen der Landesfürsten. Längst kennzeichnete die zahlreichen Territorialstaaten ein Anwachsen der fürstlichen Macht, das bereits im 15. Jh. seinen Anfang genommen hatte. Die Auseinandersetzung von Territorial- und Zentralgewalt spielte schon bei der Kaiserwahl 1519 eine wichtige Rolle und blieb für die gesamte Zeit der Reformation bestimmend. Die nach mehr Unabhängigkeit strebenden Landesfürsten waren dabei aber nach wie vor auf die Stände im eigenen Land angewiesen, ohne die es weder finanziell noch personell zu einer wirksamen Regierung des Landes kommen konnte. In dieses Machtgefüge reihten sich die größeren Städte, insbesondere die freien Reichsstädte, mit dem stärker werdenden Stadtbürgertum ein. Die politische Situation wurde besonders auch durch die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse beeinflußt. Ein neues Nutzethos und Zweckdenken bestimmten das wirtschaftliche Leben des städtischen Bürgertums. Zunehmend verdrängten frühkapitalistische Wirtschaftsformen die Naturalwirtschaft. Die erhebliche Stellung des Bankhauses Fugger hatte im frühen 16. Jh. wiederholt mit beträchtlichen Summen die politische Lage beeinflußt. Alle diese politischen, wirtschaftlichen und sozialgeschichtlichen Veränderungen waren auch in Luthers mitteldeutscher Heimat um 1500 spürbar. Das ernestinische Kursachsen nahm Teil an der Auseinandersetzung zwischen Landesfürsten und Kaisertum. Friedrich der Weise (1486–1525) wußte dabei seine territorialen Ansprüche geltend zu machen. Wirtschaftlich beeinflußte gerade in Kursachsen der expandierende Bergbau das soziale Gefüge erheblich. Und schließlich sollte der immer intensivere Ablaßhandel gerade in Kursachsen zum Stein des Anstoßes werden. Die Zeichen der Zeit standen zu Luthers Geburt auf Veränderung in allen gesellschaftlichen Bereichen. Geistesgeschichtlich hatten die Reformbewegungen des 14. und 15. Jh.s ebenso den Boden für die werdende Reformation mitbereitet wie der gerade in Deutschland religiös motivierte Humanismus. 123

Trotzdem: das Wirken des Mannes, mit dem die Reformation der Kirche im 16. Jh. aufs engste verknüpft ist, läßt sich nicht einfach auf die zeitlich gegebenen Umstände reduzieren. So facettenreich einerseits die geschichtliche Situation sich gestaltet, so eigentümlich und unverwechselbar ist andererseits das Leben und Wirken Martin Luthers, aus dessen intensivem Bibelstudium in Wittenberg die Anfänge der Reformation erwachsen. Grundaspekte Überblick über die einzelnen Phasen der Reformationsgeschichte bis 1555 1. Phase: 1517–1521 – Reformation als literarische Bewegung (»Schriftenkrieg«). – Ablaßstreit und römischer Prozeß gegen Luther. – Die neue reformatorische Theologie in der Heidelberger Disputation (April 1518), beim Augsburger Verhör vor Cajetan (Oktober 1518), in der Leipziger Disputation (Juni/Juli 1519) und in den reformatorischen Hauptschriften (1520). 2. Phase: 1521–1524 – Reformation als geschichtliche Bewegung. Zeit der spontanen Aufbrüche. – Züricher Reformation unter Huldreich Zwingli. – Sog. linker Flügel der Reformation: Karlstadt, Müntzer, Spiritualisten und Täufer. – Luther nimmt Stellung zu Fragen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens. 3. Phase: 1525 – Krisenjahr der Reformation: Bauernkrieg. – Literarischer Streit zwischen Luther und Erasmus von Rotterdam über die Willensfreiheit. 4. Phase: 1525–1530 – Territoriale Konsolidierung der Reformation. – Zwar weiterhin spontane Aufbrüche, schwerpunktmäßig aber jetzt eine Reformation »von oben«. Anfänge des evangelischen Landeskirchentums. 124

5. Phase: 1530–1546/47 – Ausbreitung der Reformation im Reich mit Hilfe des Schmalkaldischen Bundes. – Einführung der Reformation außerhalb der Reichsgrenzen im Norden und Osten Europas. 6. Phase: 1546/47–1555 – Krisis und Stabilisierung der Reformation. – Schmalkaldischer Krieg führt zur Niederlage der Protestanten. Augsburger Interim 1548. – Passauer Vertrag 1552 zeigt die politische und religiöse Pattsituation im Reich. Sie führt zum Augsburger Religionsfrieden 1555. Luthers Werdegang bis zum Klostereintritt (1483–1505) – Vorfahren Luthers väterlicherseits waren Bauern am Westrand des Thüringer Waldes. Seine Mutter stammte aus einer bürgerlichen Familie in Eisenach. – Luthers Vater war im Kupferbergbau tätig und brachte es vom einfachen Bergmann zum Hüttenmeister. – Geburt Luthers am 10. November 1483 in Eisleben (Grafschaft Mansfeld). – Schulbesuch in Mansfeld, Magdeburg und Eisenach. – In sozialer und pädagogischer Hinsicht sowie im Blick auf die Frömmigkeit zeigt das Elternhaus Luthers keinerlei Auffälligkeiten, die über den üblichen Rahmen des Spätmittelalters hinausgingen. – Luthers Jugend ist von der spätmittelalterlichen Frömmigkeit geprägt: der gerechte und strafende Gott und der Weltenrichter Christus stehen im Vordergrund. Von seiner Erziehung und Frömmigkeit ist sein Klostereintritt nicht herleitbar. – 1501–1505 studierte Luther an der Artisten-Fakultät der Universität Erfurt. Das Studium der sieben freien Künste gliederte sich in das sog. Trivium (Grammatik, Dialektik und Rhetorik) und das sog. Quadrivium (Geometrie, Arithmetik, Musik und Astronomie). 125

– In der Artisten-Fakultät in Erfurt herrschte der Ockhamismus (via moderna). Die Lehrer Luthers waren: Jodocus Trutfetter aus Eisenach und Bartholomäus Arnoldi aus Usingen. – Herbst 1502 promovierte Luther zum Baccalaureus der freien Künste, am 7. Januar 1505 wurde er Magister Artium. Luthers Klosterzeit bis zur Doktorpromotion (1505–1512) – 17.7.1505 Eintritt in das Kloster der Augustiner-Eremiten in Erfurt. – Gründe für den Klostereintritt: Gewittererlebnis bei Stotternheim (2.7.1505) ist der äußere Anlaß; dahinter steht die Angst vor einem plötzlichen Tod, bei dem man unvorbereitet vor den Richterstuhl Christi treten müsse. Todeserfahrungen in der Umwelt (Pest in Erfurt) und eigene gefährliche Verletzung. Geprägt vom Erfurter Ockhamismus wollte Luther die größte Heilssicherheit durch den Weg der Vollkommenheit im Mönchsstand erreichen (facere quod in se est). – Frühjahr 1507 Priesterweihe Luthers im Erfurter Dom, anschließend Theologiestudium, dem folgende Werke zugrunde lagen: Sentenzen des Petrus Lombardus (gest. 1160), Sentenzenkommentar des Gabriel Biel, Quaestiones von Wilhelm von Ockham sowie Pierre d’Ailly. Für die Bibellektüre dienten die Glossa ordinaria (fälschlich seit dem 16. Jh. Walahfried Strabo zugeschrieben) und die Bibelerklärung des Nikolaus von Lyra (gest. 1340). – Von Herbst 1508–1509 moralphilosophische Vorlesungen an der ArtistenFakultät in Wittenberg, dort Absolvierung des biblischen Baccalaureus. – Winter 1510/11 Romreise Luthers. Anlaß: Ordensstreitsache in der deutschen Augustinerkongregation. Die Romreise hatte keine Bedeutung für seine reformatorische Entwicklung. – Im Sommer 1511 kam Luther durch Vermittlung von Johannes von Staupitz (1468–1524), dem Generalvikar der observanten Augustinerklöster in Sachsen, endgültig nach Wittenberg. Staupitz ermunterte Luther zur Doktorpromotion im Oktober 1512 und zur anschließenden Übernahme seiner Bibelprofessur. – Die Anfechtungen Luthers brachen durch das intensive Ernstnehmen der mönchischen Frömmigkeit auf: die vollkommene Liebe zu Gott wie zum Nächsten und die Herzensreue (contritio) vermochte er nicht in sich zu erfüllen. Als entscheidende Triebfeder entdeckte er vielmehr die Ich-Sucht, das »Auf-sichselbst-Verkrümmtsein« (incurvatus in se). Vor dem gerechten und strafenden 126

Gott und dem Richter Christus steigerten sich Furcht und Ängste. Sie wurden noch einmal verschärft durch die von Augustin übermittelte Lehre von der Prädestination. – Staupitz, in der via antiqua theologisch gebildet und von der deutschen Mystik und der Devotio moderna geprägt, wurde zu Luthers wichtigstem Seelsorger im Kloster. Sein Hinweis auf Augustin und Bernhard lenkte Luthers Blick vom richtenden auf den gekreuzigten Christus hin, der Gottes Liebe zu uns zeigt. – Die entscheidende Hilfe hat Luther jedoch weder von Staupitz noch von der Mystik und der älteren scholastischen Theologie empfangen, sondern aus dem Studium der Heiligen Schrift. Luthers reformatorische Entdeckung – Zwischen 1513 und 1518 hielt Luther die sog. Frühvorlesungen: erste Psalmenvorlesung (1513–1515), Vorlesung über den Römerbrief (1515/16), Galaterbrief (1516/17) und Hebräerbrief (1517/18). In diesen Vorlesungen vollzieht sich das Werden der neuen, reformatorischen Theologie. – Die erste Psalmenvorlesung zeigt noch die Tradition des vierfachen Schriftsinnes (sensus litteralis, allegoricus, tropologicus und anagogicus). Besonderen Wert legt Luther auf den buchstäblichen und existentiellen Sinn (sensus litteralis und tropologicus). Einfluß der Mystik auf seine sog. Demutstheologie: der Mensch erkennt sich rückhaltlos als Sünder, dieses wahre Urteil erkennt Gott an, so daß der demütige Mensch aus einem Verdammten zu einem Gerechtgesprochenen wird (Wer Gott recht gibt, dem gibt Gott recht). – Die Römerbriefvorlesung zeigt die entscheidende Weiterentwicklung von Luthers Theologie. In späteren Rückblicken (Vorrede zum ersten Band der Gesamtausgabe seiner lateinischen Schriften 1545) sagt Luther, daß ihm die neue Erkenntnis am Begriff der Gerechtigkeit Gottes (iustitia dei) im Zusammenhang von Röm 1,17 aufgegangen sei. Er wäre geradezu von neuem geboren worden und durch die Pforten des Paradieses gegangen. »Gerechtigkeit Gottes« versteht Luther nun nicht mehr als eine aktive, sondern als eine passive Gerechtigkeit, die Gott dem Menschen schenkt. Diese Rechtfertigung geschieht durch Glauben, der von Gott durch sein Wort und den Heiligen Geist geweckt wird. – Diese die ganze Bibel neu aufdeckende Erkenntnis sah Luther in der Gnadenlehre Augustins, vor allem in seiner Schrift De spiritu et littera, bestätigt. 127

– Der Zeitpunkt dieser reformatorischen Entdeckung wurde in der Forschung vielfach diskutiert. Man spricht von einer Früh- bzw. Spätdatierung im Rahmen von 1513–1518. Der Ablaßstreit – Eine ausgebildete Ablaßtheologie kannte die spätmittelalterliche Kirche nicht. – Der Ablaß gehört ins dritte Glied des Bußsakramentes: Reue des Herzens (contritio cordis), Bekennen mit dem Munde (confessio oris), Genugtuung mit dem Werk (satisfactio operis). Nachdem die Sünde in der Beichte durch die Absolution vergeben wurde, blieben noch die zeitlichen, d.h. befristeten Kirchenstrafen, die im Ablaß nachgelassen wurden. Die geforderten Bußleistungen waren austauschbar. In der Praxis bedeutete jedoch der Ablaß nicht nur Entlastung von kirchlichen Bußstrafen, sondern auch eine solche von befristeten Sündenstrafen, die Gott dem Menschen auferlegt hat (Krankheit, Krieg, Hungersnot, Fegefeuerstrafe). Gerade diese Verschränkung zwischen kirchlicher Bußstrafe und befristeter Sündenstrafe durch Gott ist charakteristisch für die Ablaßpraxis der spätmittelalterlichen Kirche. – Besonders in den Plenarablässen wurde nicht eindeutig zwischen Schuldund Strafaspekt der Sündenfolge unterschieden (culpa et poena). Dadurch entstand der Eindruck, durch den Ablaß werde auch die Vergebung der Schuld erworben. – In der Scholastik wurde die Lehre ausgebildet, daß der Papst Ablaß aus dem Schatz der überschüssigen guten Werke Christi und der Heiligen (thesaurus bonorum operum) austeilen könne. – Anlaß für Luthers Ablaßkritik war der sog. Petersablaß, den Papst Julius II. (1503–1513) zum Neubau der Peterskirche ausgeschrieben hatte. Papst Leo X. (1513–1521) übertrug diesen Ablaß für die Kirchenprovinzen Magdeburg und Mainz 1515 dem Erzbischof Albrecht von Mainz (1490–1545). In einem Handel mit der Kurie und dem Bankhaus Fugger in Augsburg sollte die Dispensgebühr für seine Ämterkumulation und das Unterschreiten der kirchenrechtlichen Altersbestimmungen finanziert werden. Die praktische Durchführung übernahm der Dominikanerpater Johannes Tetzel (ca. 1465–1519). – Der unmittelbare Anlaß für Luthers 95 Thesen vom 31. Oktober 1517 (Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum) waren seine Erfahrungen als 128

Beichtvater und die Kenntnis der Ablaßinstruktion Albrechts (Instructio summaria). – Weitere Schriften im Ablaßstreit: Tetzels Gegenthesen, verfaßt von Konrad Wimpina (Januar 1518); Luthers Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute (Februar 1518, gelehrte Schrift Luthers zum Ablaßproblem); Sermon von dem Ablaß und Gnade (März 1518, Erläuterung der Ablaßkritik für das Volk); De potestate papae (Streitschrift des Silvester Prierias); Obelisci (handschriftliche Stellungnahme Johannes Ecks zu Luthers Thesen); Asterisci (handschriftliche Reaktion Luthers auf die Vorwürfe Ecks). Der römische Prozeß gegen Luther – Vermutlich durch Denunziation der deutschen Dominikaner im Juni 1518 eröffnet, zunächst auf Verdacht der Ketzerei. – Luthers Äußerungen über die Kraft der Exkommunikation und den Bann führten zur Umwandlung des Verfahrens in notorische Ketzerei im August 1518. Binnen 60 Tagen sollte Luther in Rom erscheinen. Kurfürst Friedrich der Weise erreichte die Weiterführung der Verhandlung über die causa Lutheri auf deutschem Boden. – Oktober 1518 Verhör Luthers vor Cajetan (1469–1534) in Augsburg. Zwei Hauptthemen: Leugnung Luthers, daß der Schatz der Kirche mit den Verdiensten Christi und der Heiligen identisch sei (58. Ablaßthese). In der 7. These seiner Resolutiones sagt Luther, daß nicht das Sakrament als solches, sondern allein der Glaube rechtfertige. Der entscheidende Gegensatz zur kirchlichen Sakramentslehre wurde damit deutlich. Luther leistete den geforderten Widerruf nicht. – Von Oktober 1518 bis Juni 1520 blieb der Prozeß gegen Luther fast zwei Jahre ausgesetzt. Grund dafür war vor allem die anstehende Kaiserwahl. Januar 1519 starb Kaiser Maximilian. Die Kurie versuchte auf Kurfürst Friedrich den Weisen einzuwirken, um die Wahl Karls von Spanien zum neuen Kaiser zu verhindern. – Im Juni 1520 erging die Bannandrohungsbulle Exsurge domine. – Am 10. Dezember 1520 verbrannten Luther und seine Freunde am Elstertor in Wittenberg Werke des kanonischen Rechts und der scholastischen Theologie. Auch ein Exemplar der Bannandrohungsbulle ging ins Feuer. – Am 3. Januar 1521 erging die Bannbulle Decet Romanum pontificem, die Exkommunikation Luthers. 129

– Im Wormser Edikt vom 26. Mai 1521 folgte darauf die Reichsacht. Reformatorische Theologie in den Disputationen und Schriften des Jahres 1520 – Die Heidelberger Disputation (April 1518) entfaltet die Kreuzestheologie Luthers. Rechtfertigungslehre und Kreuzestheologie gehören zusammen: es gibt keinen freien Willen nach dem Sündenfall; der Mensch hat nur die Freiheit zum Bösen (Ablehnung des facere quod in se est). Erst die Verzweiflung am eigenen Vermögen (resignatio ad infernum) kann die Gnade Christi ergreifen. Die Theologie der Herrlichkeit (theologia gloriae) spekuliert über das Wesen Gottes, die Theologie des Kreuzes (theologia crucis) erkennt Gottes Liebe in Schwachheit und Torheit gegenüber Macht und weltlicher Weisheit. – In der Leipziger Disputation (27. Juni bis 16. Juli 1519) disputieren Karlstadt, Eck und Luther über die Autorität des Papstes und der Konzilien. Eck kann Luther die Behauptung entlocken, daß der Papst und die Konzilien irren können. Damit schien Luther der »hussitischen Ketzerei« überführt. Mit der Leipziger Disputation ist der Bruch mit dem katholischen Kirchenbegriff vollzogen. – Seit der Leipziger Disputation gewann Luther Anhänger unter den Humanisten. Aus dem Kreis der Humanisten kam auch Philipp Melanchthon (1497–1560), bereits 1518 Professor für Griechisch an der Wittenberger Universität. Er wurde der wichtigste Mitarbeiter und Freund Luthers. – Der Sermon von den guten Werken ist das Dokument der reformatorischen Ethik. Anhand der 10 Gebote zeigt Luther die neue Verhältnisbestimmung von Glaube und guten Werken: das erste und höchste gute Werk ist der Glaube an Christus. Unterscheidung zwischen profanen und heiligen Werken fällt dahin. – Die Schrift An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung (Sommer 1520) entfaltet Luthers reformatorisches Programm: Niederreißung der drei Mauern der Romanisten: Überordnung der geistlichen Gewalt über der weltlichen; Auslegung der Schrift allein Sache des Papstes; ein Konzil darf nur vom Papst einberufen werden. Dagegen setzt Luther: durch die Taufe sind alle Christen geistlichen Standes (allgemeines Priestertum der Gläubigen). Damit fällt die Unterscheidung zwischen Klerikern und Laien. Die Bischöfe haben versagt, darum wendet sich Luther an die weltliche Obrigkeit. Der zweite Teil der Schrift bringt das Reformprogramm: Abschaf130

fung des Kirchenstaates, des Zölibates und des Bettels. Dafür planvolle Armenfürsorge, Reform des Bildungswesens, Ablehnung von Zins und Wucher, Kampf gegen die Monopolgesellschaften und öffentlichen Laster. – Die Schrift De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium ist eine gelehrte Schrift, die sich vor allem der Sakramentenlehre widmet. Das Sakrament wird durch die Verheißung (promissio) und durch den Glauben (fides) bestimmt. Das Wichtigste am Sakrament ist das Wort der Verheißung, das durch ein Zeichen bestätigt wird. Dieses Wort fordert wie alle Verkündigung den Glauben. Damit ist das Sakrament ein verbum visibile. Es wird dem Wort gleichgeordnet. Die überkommene Siebenzahl der Sakramente fällt dahin, da ein Sakrament nur von Christus selbst eingesetzt sein kann und ein äußeres Zeichen hat, zu dem die Verheißung hinzutritt. Taufe, Abendmahl und Buße (später wegen des fehlenden Zeichens nicht mehr streng als Sakrament verstanden) sind die biblischen Sakramente. Im Abendmahl ist Christus in den Elementen gegenwärtig. Die Gabe dieses Sakramentes ist die Sündenvergebung. Die drei römischen Gefangenschaften des Abendmahls sind: Verweigerung des Laienkelches, Transsubstantiationslehre und der Opfercharakter der Messe. Mit dieser Schrift vollzieht Luther den Bruch mit dem Sakramentalismus der mittelalterlichen Kirche. – In dem Traktat Von der Freiheit eines Christenmenschen (Spätherbst 1520) gibt Luther die »Summe eines christlichen Lebens«. So im Begleitbrief an Papst Leo X. Die Schrift ist gegliedert und bestimmt durch die beiden paradoxen Thesen: der Christenmensch ist zugleich ein freier Herr und dienstbarer Knecht aller Dinge (nach 1Kor 9,19). Rechtfertigungstheologie und Christologie werden in die Spannung von innerem und äußerem Menschen gestellt: durch den »fröhlichen Wechsel« gewinnt die glaubende Seele Anteil an allen Gütern Christi, während sie ihre Sünde, Ungerechtigkeit und Schmach auf Christus legt. In diesem Glauben ist der Mensch frei von allen sog. frommen Werken. Der äußerliche Mensch dient als dienstbarer Knecht dem Nächsten mit guten Werken. Aber nicht das gute Werk macht den Menschen gut, sondern nur der Glaube. Literaturhinweise HAMM, B.: Der frühe Luther. Etappen reformatorischer Neuorientierung (Neue Forschungen zur Ausgestaltung von Luthers reformatorischer Theologie und Frömmigkeit). HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 2, § 11, 1.–8., 5–45. 131

LOHSE, B.: Luthers Theologie, 22–154. MOELLER, B.: Deutschland im Zeitalter der Reformation, 11–47. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 212–219. MÜHLEN, K.H. ZUR: Reformation und Gegenreformation, Teil I, 7–80. ROGGE, J.: Der junge Luther 1483–1521, 139–159 u. 194–211. SCHORN-SCHÜTTE, L.: Die Reformation, 12–43. SCHWARZ, R.: Luther, 15–129. WALLMANN, J.: Kirchengeschichte Deutschlands seit der Reformation, 5–32.

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XIV.

Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

Einstieg Mit Bann und Wormser Edikt schien der Luthersache ein deutlicher Riegel vorgeschoben zu sein. Luther und seinen Freunden kam jedoch die politische Lage zu Hilfe. Es fand sich keine Macht, die das Wormser Edikt in den deutschen Territorien durchsetzen konnte. Karl V. hat unmittelbar nach dem Wormser Reichstag das Deutsche Reich verlassen. Nicht die Innenpolitik des Reiches, sondern die Außenpolitik seines riesigen Imperiums stand in den folgenden Jahren im Vordergrund seines Wirkens. Zum Augsburger Reichstag 1530 kam er schließlich für kurze Zeit wieder ins Reich, um sich den inneren Angelegenheiten zu widmen. Während der kaiserlichen Abwesenheit hatte das Reichsregiment unter Ferdinand, dem Bruder Karls, die eigentliche Regierungsgewalt im Reich wahrgenommen. Die Abwehr der Türken forderte die Hilfeleistung aller Stände. So wurde die Durchführung des Wormser Ediktes immer wieder hinausgeschoben. Die Stände verwiesen auf die noch nicht abgestellten Gravamina der deutschen Nation und forderten die baldige Einberufung eines Konzils auf deutschem Boden. Erst jetzt wurde ganz deutlich, daß die lange Hinausschiebung des Prozesses gegen Luther die Ausbreitung seiner Gedanken erheblich gefördert hatte. Nach Worms kam es nicht nur in Kursachsen, sondern auch in oberdeutschen Städten und freien Reichsstädten und über die Reichsgrenzen hinaus zu einer reformatorischen Bewegung. In den Niederlanden, in der Schweiz, Österreich, Böhmen, bis nach Ostpreußen breitete sie sich aus. Andere Reformatoren zeigten ein eigenständiges Profil gegenüber Luther, so Martin Bucer in Straßburg und Huldreich Zwingli in Zürich. Bald nach dem Wormser Reichstag wird auch deutlich, daß die reformatorische Bewegung einen radikalen Seitenflügel erhält, die von Luther sog. »Schwärmer«. Sie wollten die Freiheit des Evangeliums unmittelbar und teilweise mit Gewalt in die kirchliche und politische Praxis umsetzen. Die Auseinandersetzung mit Rom trat gegenüber dieser innerevangelischen Kampfsituation zuweilen zurück. Seit den frühen 20er Jahren hatte sich die reformatorische Bewegung durch wandernde Prädikanten weiter ausgebreitet. In den oberdeutschen Städten und in der Schweiz bildete sich das zweite Zentrum der Reformation. Seine beson133

dere Prägung gegenüber Kursachsen ist von zwei geschichtlichen Voraussetzungen bestimmt. Zum einen war durch das Genossenschaftswesen in der Bürgerschaft ein sittlich-politisches Verantwortungsbewußtsein lebendig, das sich selbstverständlich auch auf alle kirchlichen Angelegenheiten bezog. Zum anderen war der Südwesten des Reiches in kultureller Hinsicht gegenüber Mitteldeutschland weiter entwickelt, was sich besonders in der starken Präsenz des Humanismus zeigt. Humanismus und reformatorische Bewegung kommen hier eng zusammen, die meisten Theologen sind unmittelbar aus dem Humanismus hervorgegangen. Das gilt auch für Huldreich Zwingli, den Reformator von Zürich. Als bedeutendste Seitenbewegung der Reformation bildete sich in der Mitte der 20er Jahre die Bewegung des Täufertums. Die Wittenberger und Züricher Reformation steht in der Tradition der antidonatistischen Entscheidungen der Alten Kirche. Die wahre Kirche ist nicht außerhalb der verfaßten Kirche sichtbar zu statuieren. Im Täufertum fand dagegen wieder der alte Gedanke aus der vorkonstantinischen Zeit von der wahren Kirche als der Gemeinschaft der wahrhaft Frommen und Heiligen lebhafte Zustimmung. Über das von den Obrigkeiten bestimmte äußere Kirchenwesen mit seinen offenkundigen Mängeln enttäuscht, hoffte man auf die reale Erneuerung der Kirche durch den Geist Christi. Das Jahr 1525 ist das Krisenjahr der deutschen Reformationsgeschichte. Die Verquickung der reformatorischen Bewegung mit dem Bauernkrieg und Luthers literarische Stellungnahmen haben die inneren Gegensätze zwischen Reformation, Schwärmertum und Humanismus noch weiter verschärft. Seit 1525 lief die politische Geschichte im Reich auf eine womöglich gewaltsame Ausrottung der lutherischen Lehre hin. Dennoch führte die Uneinigkeit der altgläubigen Mächte ab dem Reichstag in Speyer 1526 zu einem planmäßigen evangelischen Kirchenaufbau. In den Reichstag von Augsburg 1530 setzten die protestantischen Stände große Hoffnung, die jedoch nicht erfüllt wurde. Grundaspekte Luthers Auftritt vor Kaiser und Reich in Worms 1521 – Am 17. und 18. April 1521 mußte sich Luther vor Kaiser und Reich verantworten. Luther wurde zum Widerruf aufgefordert. Er wollte sich jedoch nur durch das Zeugnis der Schrift und klare Vernunftgründe widerlegen lassen. Alle politischen Vermittlungsbemühungen lehnte Luther ab. Seine berühmte Antwort lautet: »Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen.« Darauf 134

wurde im Wormser Edikt über Luther und seine Anhänger die Reichsacht verhängt. Die Situation nach dem Wormser Reichstag – Das Wormser Edikt blieb das wichtigste Rechtsinstrument der kaiserlichen Politik in der Luthersache bis 1555. Territorialpolitisch konnte es jedoch in Kursachsen nicht greifen. – Politische Gründe schoben die Durchführung des Wormser Ediktes immer wieder hinaus: Abwesenheit Karls V. vom Reich und die notwendige Hilfeleistung aller Stände zur Abwehr der Türken. Die Stände verwiesen auf das in Aussicht genommene Konzil auf deutschem Boden. – Aus dem reformatorischen Gedankengut wurde nach Worms eine reformatorische Bewegung: in Kursachsen, Oberdeutschland und den freien Reichsstädten. Außerhalb des Reiches: Niederlande, Schweiz, Österreich, Böhmen und Preußen. Verbreitung von Lutherschriften in West- und Südeuropa. – Reformatoren neben Luther mit eigenem Profil: Huldreich Zwingli (1484– 1531) in Zürich und Martin Bucer (1491–1551) in Straßburg. – Die reformatorische Bewegung erhielt einen radikalen Seitenflügel: Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, Thomas Müntzer, Täufer und Spiritualisten. Die Auseinandersetzung mit den sog. Schwärmern ist vorherrschend. Luthers Wartburgzeit – Unter dem Schutz Friedrichs des Weisen hielt sich Luther vom 4. Mai 1521 bis 1. März 1522 auf der Wartburg auf. – Briefliche Kontakte und Vertiefung der Freundschaft vor allem mit Melanchthon. Weitere Briefe gehen an Georg Spalatin, Nikolaus von Amsdorf und an Justus Jonas. – Werke auf der Wartburg: Wider Latomus, Thesen über den Zölibat und De votis monasticis, Eine treue Vermahnung, sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung, Vom Mißbrauch der Messe. – Die bedeutendsten Werke unpolemischen Charakters sind: Übersetzung des NT ins Deutsche und die Kirchenpostille. Luther benutzte das griechische NT des Erasmus von 1516 mit einer lateinischen Übersetzung. In seinem Deutsch knüpfte Luther an die sog. sächsische 135

Kanzleisprache an. Das Neue Testament Deutsch erschien im September 1522 in Wittenberg (»Septembertestament«). Die Kirchenpostille ist ein Predigtwerk, womit Luther zu einer evangeliumsgemäßen Predigt anleiten wollte. Er hat später daran weitergearbeitet und sie für sein bestes Werk gehalten. Auf der Wartburg vollendete Luther auch seine Auslegung des Lobgesangs der Maria (Magnificat). Die Wittenberger Unruhen – Während Luthers Abwesenheit kam es zu ersten Veränderungen im alten Kirchenwesen. Unter dem Einfluß Karlstadts wurden praktische Reformen angestrebt: Abschaffung von Zölibat, Meßgottesdienst und Verehrung der Bilder. – Weihnachten 1521 hielt Karlstadt einen Abendmahlsgottesdienst in beiderlei Gestalt, wobei er auf liturgische Kleidung, Opfergebete, Konsekrationsworte und vorangehende Beichte verzichtete. – Mit den sog. Zwickauer Propheten kamen geistbegabte Laien nach Wittenberg. Sie beriefen sich auf persönliche innere Geistoffenbarungen und forderten die Abschaffung der Kindertaufe. – Im Januar 1522 erließ der Rat der Stadt Wittenberg die erste städtische Reformationsordnung. Trotz dieser Ordnung kam es Anfang Februar 1522 zum Bildersturm. Der Rat der Stadt wandte sich mit einem Hilferuf an Luther. – Entgegen der Mahnung des Kurfürsten verließ Luther die Wartburg und hielt seit dem 9. März seine sog. Invokavit-Predigten in der Wittenberger Stadtkirche. Mit diesen Predigten konnte Luther die Reformen in geordnete Bahnen lenken. Luther übte nicht an dem Inhalt, sondern an der Art und Weise der Reformen in Wittenberg Kritik. Sie entbehrten der Liebe und der Rücksicht auf die Schwachen. Luther wollte nichts mit Zwang und Gewalt ausgerichtet wissen. Er sah den eigentlichen Feind nun vor allem in den eigenen Reihen, besonders in dem Wirken Karlstadts. Schriften zur Gottesdienstreform – Anders als in Oberdeutschland und der Schweiz kam in Wittenberg zunächst eine lateinische Gottesdienstordnung heraus: Formula missae et communionis (1523), ohne Heiligen- und Marienfeste, ohne canon missae. – 1523: Das Taufbüchlein verdeutscht. 136

– 1524: Geistliches Gesangbüchlein, erstes Gemeindegesangbuch, größtenteils aus Lutherliedern bestehend. – 1526: Deutsche Messe (Anlehnung an die Meßform, Predigt und Abendmahl bilden die beiden Zentren des Gottesdienstes). – 1523/24 hatte Thomas Müntzer bereits ein Deutsches Kirchenamt und eine Deutsche evangelische Messe in Allstedt herausgegeben. Schriften zur sozialen Neuordnung – 1522: Vom ehelichen Leben. Ehe ist ein »göttlicher, seliger Stand«, doch »ein äußerlich leiblich oder weltlich Ding«. Sie gehört zum ersten Artikel, nicht zur Erlösung. – 1523: Ordnung eines Gemeinen Kastens, Vorwort zur sog. Leisniger Kastenordnung. Das Kirchengut soll zur Armenpflege und zum Kirchen- und Schulwesen der Gemeinden verwendet werden. – 1523: Daß eine christliche Versammlung … Recht und Macht habe, alle Lehre zu urteilen. Eine neue Gemeindeordnung auf biblischer Grundlage. Das Recht der Gemeinde geht dem Recht des Papst- und Bischofsamtes vor. – 1523: Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei. Wichtigste Schrift dieser Zeit, in drei Teile gegliedert: 1. Biblische Begründung der obrigkeitlichen Gewalt (Röm 13) und Aussagen der Bergpredigt stehen scheinbar im Widerspruch. Die mittelalterliche Antwort einer Zweistufenethik (concepta und consilia) führt nicht weiter. Luther unterscheidet das Reich Gottes vom Reich der Welt, geistliches und weltliches Regiment Gottes. Schwert und Wort sind die beiden Mittel, durch die Gott in seiner Schöpfung handelt. 2. Grenzen der obrigkeitlichen Gewalt: sie erstreckt sich nur über das Äußere, den Leib, nicht die Seele. Diese Ausführungen sind das Hauptstück der Schrift. 3. Fürstenspiegel, Anweisung für ein christliches Regiment und Grundsätze für den sog. gerechten Krieg. – 1524: Von Kaufshandlung und Wucher. Scharfe Kritik an der frühkapitalistischen Wirtschaftsweise. Der theologische Kern seiner Kritik: Gier des Menschen, alles für sich haben zu wollen. – 1524: An die Ratsherren …, daß sie christliche Schulen aufrichten und erhalten sollen. Reformatorisches Bildungsprogramm aus dem Geist des Humanismus, antischwärmerisch. 137

Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt (ca. 1480–1541) – Aus bürgerlicher Familie stammend, nach Studium in Erfurt und Köln ab 1504 in Wittenberg. 1512 Doktorvater Luthers. – Von der thomistischen Theologie geprägt, wurde Karlstadt durch Luther ab 1517 zum augustinischen Theologen und Mitstreiter Luthers. – Nach den Wittenberger Unruhen übernahm Karlstadt 1523 eine Pfarrstelle in Orlamünde. Schrift gegen die Kindertaufe. Abstand von der Gewalt im Bauernkrieg. 1529 aus Sachsen nach Kiel vertrieben, dort Begegnung mit dem Täuferprediger Melchior Hoffmann. Ab 1530 Aufnahme bei Zwingli in Zürich. Als Professor in Basel gestorben. – Seine radikalen Reformen sind biblizistisch begründet: auch der Dekalog enthält zeremonielle und gesetzliche Vorschriften, die einzuhalten sind (Bilderverbot und Sabbatheiligung). Karlstadt bestreitet radikal die Realpräsenz Christi in den Elementen. Er schloß sich der symbolischen Deutung der Einsetzungsworte des niederländischen Humanisten Cornelisz Hendricxz Hoen an. Abendmahl als inneres, vom Heiligen Geist geleitetes Gedächtnismahl (Einfluß der Mystik). Auch für den Glaubenden hat das Gesetz Bedeutung: tertius usus legis. Thomas Müntzer (ca. 1490–1525) – Um 1490 in Stolberg/Harz geboren; Theologiestudium in Leipzig und Frankfurt/Oder; Kontakt zu Luther spätestens seit der Leipziger Disputation; 1520 Prediger in Zwickau, vermittelt durch Luther. Die weiteren Stationen: Böhmen, Allstedt (1523/24), Mühlhausen, Süddeutschland (Bauernaufstände), Folter und Hinrichtung nach der Schlacht bei Frankenhausen (27. Mai 1525). – Wichtige Werke: Prager Manifest (1521), Deutsches Kirchenamt (1523), Deutsche evangelische Messe (1524), Fürstenpredigt (1524), Hochverursachte Schutzrede wider das geistlose sanftlebende Fleisch zu Wittenberg (1524). – Müntzers reformatorische Predigt vereinigt Einflüsse Luthers mit Aspekten aus der spätmittelalterlichen Mystik (Tauler). Die mystischen Gedanken mischen sich schon im Prager Manifest mit apokalyptisch-chiliastischen Ansichten. Der Glaube entsteht aus der Erfahrung des Geistes im Inneren des Menschen (inneres Wort). Kritik an den Wittenbergern mit ihrem Pochen auf das äußere Wort. Die Verbindung zur Apokalyptik zeigt sich vor allem darin, daß sich Müntzer als »Knecht der Auserwählten Gottes« versteht. Die Zeit der 138

Scheidung sei gekommen. Die Regenten fordert er auf, sich des Evangeliums endlich tapfer anzunehmen (Fürstenpredigt). – Erst spät wird Müntzer in die Bauernaufstände verwickelt, in denen er das Gericht Gottes anbrechen sieht. Huldreich Zwingli (1484–1531) und die Reformation in Zürich – Bäuerlicher Herkunft, Studium in Wien und Basel, von der via antiqua und vom Humanismus geprägt. – 1506–1516 Pfarrer in Glarus. Begegnung mit Erasmus von Rotterdam in Basel (1516). Ab 1516 Pfarrer in Einsiedeln. – Ab 1519 Leutpriester am Großmünster in Zürich. 1522 sog. Fastenstreit als Aufbruch zur Reformation in der Stadt. – 1531 Tod Zwinglis als Feldprediger während der zweiten Schlacht bei Kappel. – Die Reformation in Zürich wie in Oberdeutschland hat gegenüber Kursachsen besondere soziale und geistesgeschichtliche Prägungen: genossenschaftliche Verfassungsordnungen stärkten die sittlich-politische Verantwortung der Bürgerschaft. Starker humanistischer Einfluß auf die reformatorische Bewegung. – Zwingli kam 1516 zur Klarheit der Schrifterkenntnis: der buchstäbliche Sinn ist das Tor zur rechten Schriftauslegung. Zwingli war Erasmus dankbar für die Erschließung des Urtextes des NT. Neben den biblischen Studien treten Kirchenväterstudien, vor allem Augustins. – Im sog. Pestlied (Sommer 1519) evtl. erste reformatorische Anklänge (umstritten). – Seit Berufung nach Zürich Bruch mit üblicher Perikopenordnung: Reihenpredigten über ganze biblische Bücher. – 1522 erreichte Zwingli Verbot des sog. Reislaufens (Söldneranwerbung) in Stadt und Land Zürich. Den Verstoß gegen das kirchliche Fastengebot seiner Anhänger (Wurstessen im Hause Froschauer) verteidigte Zwingli mit der Schrift Von Erkiesen und Freiheit der Speisen. – 1523 zwei Disputationen mit altgläubigen Vertretern über Schriftprinzip, Bilder und Messe. 139

– Ab 1525 Einführung der evangelischen Abendmahlsfeier. Kirchenerneuerung praktisch abgeschlossen: Abschaffung der Messen, nur noch schriftgemäße Predigt, Verbot der Bilder, geregelte Armenpflege, Abschaffung der Hurerei durch Schließung der Bordelle, Einrichtung eines theologischen Seminars (sog. Prophezei zur Übersetzung und Auslegung der Bibel). – 1528 Berner Disputation. Die Reformation kommt über Zürich hinaus bis nach Genf. – 1529 »Christliche Vereinigung« der katholischen Stände (vor allem die sog. Urkantone) und der bewaffnete Kampf für eine evangelische Schweiz führten zum ersten und zweiten Kappeler Krieg und zur konfessionellen Spaltung der Schweiz. – Hauptschriften Zwinglis: Von Erkiesen und Freiheit der Speisen (1522). Auslegen und Gründe der [67] Schlußreden (erste deutschsprachige evangelische Dogmatik, 1523). De vera et falsa religione commentarius (1525). – Zwingli kommt auf eigenständigem Wege zur reformatorischen Erkenntnis. Seit der Leipziger Disputation ist er von Luthers Kritik an der Papstkirche beeindruckt. Die Theologie Zwinglis ruht auf folgenden Elementen: Scholastik im Sinne der via antiqua, Humanismus (stoisch geprägtes Tugendideal, Studium der Bibel im Urtext), Kirchenväterstudien, vor allem Augustin. – Unterschiede gegenüber Luther: Der Priester Zwingli leidet mehr unter der Not seines Volkes als unter Fragen des persönlichen Seelenheils. Seine scharfe Kritik am katholischen Kirchenwesen gipfelt im Vorwurf der Kreaturvergötterung, d.h. der Abgötterei. Damit richtet er sich gegen die Werkgerechtigkeit und den spätmittelalterlichen Sakramentalismus. Das Evangelium erhebt Anspruch auf das gesamte menschliche Leben. Zwinglis Reformation strebte eine religiöse und gesellschaftliche Erneuerung an. Täufer und Spiritualisten – Die Täufer traten zuerst als Abspaltung der Züricher Reformation auf. Ihre Kritik an der Kindertaufe wurzelte in ihrem Kirchenbegriff, der Rechtgläubigkeit und Heiligkeit der Kirche vereinen möchte. Am 21.1.1525 erste Glaubenstaufe in Zürich. – Zwei Namen stehen am Anfang der Täuferbewegung: die beiden humanistisch gebildeten Züricher Bürger Konrad Grebel (ca. 1498–1526) und Felix 140

Mantz (ca. 1500–1527). Als erster Täufer wurde im Januar 1527 Felix Mantz vom Züricher Rat zum Tode verurteilt. Dieser Märtyrertod führte die Bewegung über die Schweiz nach Österreich, Süd- und Mitteldeutschland. Die unterschiedlich strukturierten Täufergemeinden bildeten sich vornehmlich in den Städten; im Zuge der Ausbreitung der Bewegung kamen spiritualistische, mystische und apokalyptisch-eschatologische Gedanken in das Täufertum. – Michael Sattler verfaßte 1527 die sog. Schleitheimer Artikel. Für das frühe Täufertum sind folgende Kennzeichen charakteristisch: Gemeindekirche nach urchristlichem Vorbild, Abgrenzung von Rom und den Kirchen der Reformation. Absonderung von der »Welt«, Verweigerung von Eid, Kriegsdienst und Zinszahlung. Keine obrigkeitlichen Ämter. Abendmahl als Gemeinschaftsmahl. – Weitere Täufer: Balthasar Hubmaier (1485–1528, hingerichtet), Hans Hut (ca. 1490–1527), Menno Simons (1496–1561), Jakob Hutter (ca. 1500–1536, in Innsbruck hingerichtet). – Das Wirken des Geistes im Inneren der Seele unter Ablehnung aller äußeren Mittel haben insbesondere die Spiritualisten vertreten: Hans Denck (ca. 1500– 1527), Rektor der Sebaldusschule in Nürnberg; Sebastian Franck (1499–1542). Mit seiner Türkenchronic (1531) ist Franck der erste evangelische Geschichtsschreiber mit konsequent spiritualistischem Ansatz. Zu den Spiritualisten gehört auch der schlesische Adlige Kaspar von Schwenckfeld (1489–1561), er vertritt eine spiritualistische Abendmahlslehre. Seine Anhänger sammelten sich in Schlesien, Süddeutschland und später in der Neuen Welt. Luther und Erasmus – Schon vor 1524/25 wurde deutlich, daß zwischen beiden die Unterschiede größer waren als die Gemeinsamkeiten. – September 1524 erschien die Schrift des Erasmus gegen Luther: Diatribe de libero arbitrio. September 1525 Luthers Gegenschrift: De servo arbitrio. Februar 1526 Antwort des Erasmus: Hyperaspistes. Daraufhin antwortete Luther nicht mehr, entschuldigte sich jedoch in einem Brief an Erasmus für sein heftiges Temperament. – Die Diatribe des Erasmus stellt die Stellen aus AT und NT zusammen, die für den freien Willen des Menschen sprechen. Dann versucht er die Stellen zu entkräften, die in der Bibel offenbar gegen den freien Willen sprechen. Zum Schluß faßt er seine Ansicht gegenüber den Auffassungen seiner Gegner zu141

sammen. Der freie Wille nach Erasmus ist »eine Kraft, durch die der Mensch sich zu dem hinwenden kann, was zum ewigen Heil führt oder davon wegführt«. Erasmus denkt im Schema des Sowohl-als-auch. Jeder extreme Radikalismus ist ihm fremd. Das Verhältnis von Gnade und Natur sieht er im Grunde ähnlich wie Thomas: die Gnade hebt die Natur nicht auf, sondern vollendet sie (gratia perficit naturam). – In Luthers Gegenschrift De servo arbitrio werden folgende theologische Themen erörtert: Schrifterkenntnis, Kirchenverständnis, Rechtfertigung (Anthropologie und Christologie), Gottesbild (deus absconditus und revelatus). – Luther sieht in der Heiligen Schrift den unfreien Willen des Menschen gegenüber Gott klar bezeugt. Er vergleicht den Menschen in seiner Unfreiheit einem Reittier, auf dem entweder Gott oder der Teufel reitet. Gegenüber Erasmus geht es Luther vor allem um die Frage der Heilsgewißheit. Er hebt die Klarheit der Schrift und die Alleinwirksamkeit Gottes hervor. Der Bauernkrieg und Luther – Bauernbündnisse im 15. Jh. gegen überhöhte Forderungen: »Arme Konrad«, »Bundschuh«. Ursachen der Aufstände: Abschaffung traditioneller Bauernrechte durch die Grundherren, gestärktes Selbstbewußtsein der Bauern aufgrund der veränderten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen. – 1524/25 Bauernaufstände von Kärnten bis Thüringen, außer Bayern und Nordostdeutschland. – Programmschrift der oberschwäbischen Bauern: Zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben, März 1525. Verfasser: Sebastian Lotzer und Christoph Schappeler aus Memmingen. Forderungen: freie Pfarrwahl, Abschaffung der Leibeigenschaft, Erleichterung der Abgaben. – Luthers Antwort: Ermahnung zum Frieden (April 1525). Fürsten und Bauern fordert er zum friedlichen Ausgleich auf, in dieser Sache geht es um weltliches Recht. Die Fürsten sind die Hauptschuldigen, aber die Bauern haben kein Recht, sich bei ihren Forderungen auf das Wort Gottes zu berufen. – Angesichts der Aufstände in Thüringen gibt Luther die Schrift im Mai 1525 ein weiteres Mal heraus mit einem Anhang: Auch wider die räuberischen und mörderischen Rotten der anderen Bauern. Dieser Anhang wird separat gedruckt mit dem Titel: Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern. Damit entstand der Eindruck, daß Luther sich allein auf die Seite der Fürsten 142

geschlagen habe. Der tiefe Haß Luthers gegenüber den aufrührerischen Bauern kommt aus seiner apokalyptischen Sicht. Im Bauernkrieg sieht er den letzten Anlauf des Teufels gegen den Sieg des Evangeliums. – 15. Mai 1525: Schlacht bei Frankenhausen; Bauern vom Bundesheer altgläubiger und reformatorischer Fürsten vernichtend geschlagen, 6000 Tote. – In seinem Sendbrief von dem harten Büchlein wider die Bauern (Juli 1525) rechtfertigt sich Luther gegenüber der Kritik an seinen Worten gegen die Bauern. – Auch nach dem Bauernkrieg ging die Reformation als Volksbewegung weiter, der Weg im Bündnis mit der fürstlichen Macht war jedoch vorgezeichnet. Territorialer Ausbau der Reformation – In den Jahren nach dem Wormser Reichstag ist die reformatorische Bewegung überwiegend ein städtisches Ereignis. Die fürstlichen Territorien halten sich bis auf Kursachsen, Hessen, Brandenburg-Ansbach und Anhalt zurück. – 1524–1526 entstanden verschiedene fürstliche Bündnisse: 1524 Regensburger Bund (katholische Mächte unter Führung Bayerns); 1525 Dessauer Bund (altgläubige Mächte Norddeutschlands, Brandenburg, Kurmainz, BraunschweigWolfenbüttel). Dagegen stand der Torgauer Bund 1526 (Landgrafschaft Hessen und Kurfürstentum Sachsen). – Der 1. Reichstag zu Speyer 1526 sollte endgültig dem Wormser Edikt zur Durchführung verhelfen. Die günstige Lage für die altgläubigen Stände währte jedoch nicht lange: Sieg Karls V. über Franz I. führte zu einem Bündnis zwischen Papst und Frankreich, der sog. Liga von Cognac 1526. – Im Zuge der Uneinigkeit der altgläubigen Mächte kam es in Speyer 1526 zu einer Kompromißformel, die in Hessen und Sachsen zur eigenständigen Kirchenreformation führte. Sie lautete: »Bis zum angekündigten Konzil solle ein jeder sich halten, wie er das gegen Gott, auch kaiserliche Majestät und das Reich getraue zu verantworten.« – Die Homberger Synode von 1526 zeigt das hessische Reformmodell: Kirchenaufbau von unten, Einzelgemeinden wählen Delegierte zu einer Generalsynode. Deutliche Unterscheidung von Glaubensgemeinde und Bürgergemeinde. Die Mitglieder der Glaubensgemeinde sollen in Reinheit, Zucht und Heiligkeit leben (strenge Kirchenzucht). Luther protestierte: ihm war diese Ordnung nichts anderes als ein »Haufen Gesetze«. 143

– In Kursachsen kirchliche Organisation durch eine landesherrliche Kommission: »Kursächsische Kirchen- und Schulvisitation« (1526–1530). Kommissionen von Juristen und Theologen sorgten durch landesherrliche Edikte für die Einheit des Gottesdienstes, der Lehre und des Unterrichtes. – Luther veranlaßte selbst die kursächsische Visitation. Der Landesherr sollte als Notbischof tätig werden, weil die anderen Bischöfe versagt haben. – Das kursächsische Modell setzte sich durch; aus der Übergangslösung wurde die dauerhafte Einrichtung des »landesherrlichen Kirchenregimentes«. Melanchthon gab die theologische Legitimation: die weltliche Obrigkeit ist Hüterin beider Tafeln der Gebote (custodia utriusque tabulae). Der Abendmahlsstreit – Am Beginn stand Luthers Auseinandersetzung mit Karlstadt. Zwischen 1526 und 1529 war der Abendmahlsstreit ein literarischer Streit zwischen Luther und Zwingli. – Zwingli trat Ende 1524 erstmals mit der symbolischen Deutung der Einsetzungsworte hervor (das »est« als »significat« verstanden im Anschluß an den niederländischen Humanisten Hoen). Auch die Reformatoren von Basel und Straßburg, Ökolampad und Bucer, traten für die symbolische Auffassung ein. – Die wichtigsten Schriften: Zwingli: Amica exegesis (1527). Luther: Daß diese Worte: das ist mein Leib, noch feststehen, wider die Schwarmgeister (1527). Zwingli: Daß diese Worte … ewiglich den alten Sinn haben werden (1527). Luther: Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (März 1528). – Zwingli betont die Ehre und Majestät Gottes. So ist ihm das unmittelbare Eingehen Gottes in das Kreatürliche ein letztlich undenkbarer Gedanke. Eine leibliche Anwesenheit Christi auf Erden ist ausgeschlossen. Zwingli unterscheidet scharf zwischen der göttlichen und der menschlichen Natur Christi, zwischen Himmel und Erde. Das Abendmahl ist ein Gedächtnismahl der Gemeinde. Dagegen setzt Luther seine Inkarnationstheologie, er wisse von keinem anderen Gott als von dem, der Mensch geworden ist. – Der Abendmahlsstreit kam 1529 in den Strudel der Verquickung von Religion und Politik. Auf dem 2. Reichstag zu Speyer 1529 wurde die Aufhebung des Abschiedes von 1526 beschlossen. Dagegen legten fünf Fürstentümer und 144

14 freie Reichsstädte ihre Protestation am 19.4.1529 ein (Hessen, Kursachsen, Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Lüneburg und Anhalt). – Von dieser Protestation kommt der Name »Protestantismus« (protestari = Zeugnis ablegen für etwas, für die Gewissensfreiheit bezüglich des Evangeliums). – Auf dem Marburger Religionsgespräch vom 1. bis 4.10.1529 wollte Landgraf Philipp von Hessen einen antihabsburgischen Bund von Süd nach Nord aufbauen. Dagegen stand die Uneinigkeit im Abendmahlsverständnis. In 14 Artikeln wurde Einigkeit festgestellt. Auch im 15. Artikel über das Abendmahl war man sich in der Forderung des Laienkelches und der Ablehnung der Transsubstantiation einig. In der Art und Weise der Gegenwart Christi in den Elementen konnte jedoch nur Uneinigkeit konstatiert werden. Diskutiert haben in Marburg: Luther und Melanchthon, Zwingli und Ökolampad. Weiter anwesend waren: Jonas, Brenz, Osiander und Bucer. Philipp Melanchthon (1497–1560) – 1497 in Bretten geboren. Studium in Heidelberg und Tübingen. Prägung durch den Humanismus. – 1518 Berufung als Professor für Griechisch an die Universität Wittenberg (Antrittsrede: De corrigendis adolescentiae studiis). – 1521 Loci communes (erste lateinische systematische Darstellung der reformatorischen Theologie). – Weitere wichtige Werke: Confessio Augustana (1530), Apologie der CA (1530), Examen ordinandorum (1552). In den späteren Auflagen der Loci theologici (1535 und 1543/44) werden Unterschiede in der Theologie zwischen Luther und Melanchthon sichtbar (Betonung der menschlichen Willensfreiheit, Tendenz zu einer symbolischen Abendmahlsauffassung, schärfere Unterscheidung von Rechtfertigung und Heiligung).

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Der Augsburger Reichstag 1530 – Karls V. Einladung zum Reichstag war in versöhnlichem Ton gehalten. – Melanchthon arbeitete im Auftrag des Kurfürsten Johann von Sachsen eine Bekenntnisschrift aus, wobei er die Schwabacher und die Torgauer Artikel von 1529 mit heranzog. – Die Confessio Augustana wurde am 25.6.1530 vor dem Reichstag verlesen. – Vier oberdeutsche Städte (Straßburg, Memmingen, Konstanz und Lindau) reichten die Tetrapolitana ein. – Zwingli ließ seine Fidei ratio ad Carolum imperatorem einreichen. – Johann Eck erarbeitete im Auftrag des Kaisers eine Widerlegung des Augsburgischen Bekenntnisses: die Confutatio. Durch ihre öffentliche Verlesung auf dem Reichstag hielt Karl V. die CA für widerlegt. Er forderte Unterwerfung. – Melanchthon arbeitete daraufhin seine Apologie der Augsburgischen Confession aus. – Nach Abreise der meisten evangelischen Stände wurde das Wormser Edikt erneuert. – Die Confessio Augustana, die von der irenischen Art Melanchthons geprägt ist, gliedert sich in zwei Teile: 1. Teil: Art. 1–21 über Glauben und Lehre. Betonung der Übereinstimmung der reformatorischen Position mit der Heiligen Schrift und den altkirchlichen Bekenntnissen. Der Streit mit den Altgläubigen gehe daher nur um einige Mißbräuche (Basis: Schwabacher Artikel). 2. Teil: Art. 22–28 behandeln die kontroversen Fragen wie Messe, Kelchentzug, Zölibat, Fasten, Mönchsgelübde (Basis: Torgauer Artikel). – Luther war während des Augsburger Reichstages auf der Veste Coburg. Grundsätzlich lobte er die CA, bemerkte aber zugleich die fehlende Kritik am Primat des Papsttums und an der Fegefeuervorstellung. Literaturhinweise BEUTEL, A. (Hg.): Luther Handbuch. BEUTEL, A.: Martin Luther. Eine Einführung in Leben, Werk und Wirkung. DECOT, R.: Kleine Geschichte der Reformation in Deutschland. GOERTZ, H.-J.: Pfaffenhaß und Großgeschrei, 119–162 u. 184–220. 146

GRESCHAT, M.: Philipp Melanchthon: Theologe, Pädagoge und Humanist. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 2, § 11, 8.–16., 38–98 u. § 12, 1.–4., 99–120. KAUFMANN, Th.: Martin Luther. LOCHER, G.W.: Huldrych Zwingli, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 5, Reformationszeit I, 187–216. LOHSE, B.: Luthers Theologie, 161–195. MAU, R.: Evangelische Bewegung und frühe Reformation 1521–1532. MOELLER, B.: Deutschland im Zeitalter der Reformation, 48–101. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 219–235. MÖRKE, O.: Die Reformation. Voraussetzungen und Durchsetzung. Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 74. MÜHLEN, K.-H. ZUR: Reformation und Gegenreformation, Teil I, 80–151. SCHORN-SCHÜTTE, L.: Die Reformation, 43–84. SCHWARZ, R.: Luther, 130–209. STUPPERICH, R.: Die Reformation in Deutschland, 42–99. WALLMANN, J.: Kirchengeschichte Deutschlands seit der Reformation, 32–71.

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XV.

Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

Einstieg Nach dem Augsburger Reichstag 1530 glaubten die evangelischen Stände, daß der Kaiser und die katholischen Fürsten demnächst gewaltsam gegen sie vorgehen werden. Um sich vor einer solchen gewaltsamen Durchführung des Reichstagsbeschlusses zu schützen, schlossen die Unterzeichner der CA im Februar 1531 ein Schutzbündnis, den Schmalkaldischen Bund. Im Falle eines Angriffes wollten die Evangelischen ihre Errungenschaften zu behaupten versuchen. Dies schloß nötigenfalls auch einen bewaffneten Widerstand gegen den Kaiser ein. Landgraf Philipp von Hessen war die treibende Kraft in diesem Bündnis, dem er eine deutlich antihabsburgische Ausrichtung gab. Auch die süddeutschen Reichsstädte, an der Spitze Straßburg, traten dem Schmalkaldischen Bund bei. Aus der reformatorischen Bewegung wurde damit eine politisch wie militärisch ernstzunehmende Größe im Reich. Sie bestimmte nun für eineinhalb Jahrzehnte die deutsche Reformationsgeschichte. Die von Anfang an vielgestaltige reformatorische Bewegung erlebte auf ihrem sog. linken Flügel am Anfang der 30er Jahre eine schwere Katastrophe. Das stille, gewaltlose Täufertum wurde durch die apokalyptische Predigt eines einzelnen in eine gewaltsame religiöse Hysterie geführt. Melchior Hoffmann (ca. 1500–1543), ein Kürschner aus Schwäbisch Hall, erwartete den Anbruch des Reiches Gottes zunächst in Straßburg, sodann in Münster in Westfalen. In den 30er Jahren drang die reformatorische Bewegung in immer neue Gebiete ein und konnte sich in größeren Territorien innerhalb wie außerhalb des Reiches durchsetzen. Die Reformation hat sich regional unterschiedlich entwikkelt. Meistens haben die Fürsten die entscheidende Rolle gespielt, weshalb man auch von der sog. Fürstenreformation spricht, d.h. von einer Reformation von oben. Die Annahme der Reformation kam jedoch auch jetzt noch vielfach aus den Gemeinden selbst. Zwei theologisch bedeutsame Ereignisse fallen in die 30er Jahre: eine Annäherung im Abendmahlsstreit zwischen Oberdeutschland und der Wittenberger Reformation in der Wittenberger Konkordie und die Schmalkaldischen Artikel Luthers von 1537 als Zusammenfassung der evangelischen Lehre. Nachdem Karl V. durch das Ende der auswärtigen Kriege freie Hand bekam und mit dem Papst eine Verständigung über die Einberufung des Konzils nach 148

Trient erfolgte (1545), kam es zum Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges. Er begann im Todesjahr Luthers 1546 und endete 1547 mit der Niederlage der Protestanten. Verschiedene politische Verwicklungen verhinderten jedoch ein geschlossenes Vorgehen gegen sie. Nach dem Passauer Vertrag von 1552 entstand eine Pattsituation zwischen den beiden religiösen Gruppierungen im Reich, die im Augsburger Religionsfrieden von 1555 faktisch festgeschrieben werden sollte. Der Augsburger Religionsfriede von 1555 schuf die Voraussetzung für das Verhältnis der zwei großen Konfessionen im Reich, nachdem die religiöse Einheit zerbrochen war. Für die Folgezeit ist nun die konfessionelle Ausrichtung und Gestaltung des Kirchenwesens in den Territorien, vor allem die obrigkeitliche Kirchenverfassung im deutschen Protestantismus, charakteristisch. Die Beschlüsse des Augsburger Religionsfriedens haben die spezifische Struktur sowohl des deutschen Katholizismus wie des Protestantismus tief geprägt und die konfessionelle Landkarte Deutschlands bis in die Gegenwart hinein geformt. In der deutschen Geschichte hat das Jahr 1555 deshalb die Bedeutung eines Epochenjahres, während in der europäischen Gesamtgeschichte der Augsburger Religionsfriede diesen Rang nicht einnimmt. Grundaspekte Der Schmalkaldische Bund – Im Februar 1531 in Schmalkalden an der kursächsisch-hessischen Grenze gegründet. Grund: Schutz vor dem in Augsburg 1530 wieder in Kraft gesetzten Wormser Edikt und der gewaltsamen Zurückdrängung der Protestanten. – Aufgabe des Bündnisses: gegenseitige Waffenhilfe im Verteidigungsfall, Aufstellung eines Bundesheeres und gemeinsames Vorgehen gegen die Prozesse am Reichskammergericht, die die Reformation aufzuhalten versuchten. – Zum Bund gehörten: Kursachsen, Hessen, Braunschweig-Lüneburg, Braunschweig-Grubenhagen, Anhalt, Mansfeld und die Städte Magdeburg und Bremen. Dem Bund schlossen sich sodann zahlreiche Reichsstädte, vor allem in Süddeutschland, an. Das kaisertreue Nürnberg blieb außerhalb des Bundes. – Die Theologen, besonders Luther, hatten schwere Bedenken, einem bewaffneten Widerstand gegen den Kaiser zuzustimmen. Sie ließen sich schließlich von den Juristen belehren, daß die eigentliche Obrigkeit die Landesfürsten seien und der Kaiser nach der Wahlkapitulation nur von den Fürsten gewählt und eingesetzt sei. Die Strukturen des werdenden frühneuzeitlichen Territorialstaates 149

kündigten sich an. Der Schmalkaldische Bund bestimmte für eineinhalb Jahrzehnte die Reformationsgeschichte. Die territoriale Ausbreitung des Protestantismus – Die Gründung des Schmalkaldischen Bundes und die andauernde Türkengefahr gewährte den Protestanten einen ersten befristeten Religionsfrieden im »Nürnberger Anstand« (1532). Die protestantischen Reichsstände werden bis zu einem Konzilsentscheid toleriert, die Prozesse am Reichskammergericht zu den Religionssachen sistiert. Der Kaiser war auf die protestantischen Stände angewiesen. – 1534 ging das Herzogtum Württemberg zur Reformation über. Herzog Ulrich führte die Reformation in Verbindung mit drei Reformatoren ein: Ambrosius Blarer (von der Schweizer und oberdeutschen Reformation geprägt), Erhard Schnepf und Johannes Brenz (1499–1570), beide streng lutherisch gesonnen. – 1534 zog die Reformation in das Herzogtum Pommern ein. Johannes Bugenhagen (1485–1558) schuf die Kirchenordnung; vorher hatte er schon die Kirchenordnungen für Braunschweig (1528), Hamburg (1529) und Lübeck (1531) geschaffen. Später erstellte er noch die Kirchenordnungen für Dänemark (1537), Holstein (1542) und Braunschweig-Wolfenbüttel (1543). – 1539 führte Herzog Heinrich die Reformation im Herzogtum Sachsen ein, nachdem Herzog Georg gestorben war. – Im selben Jahr bekannte sich auch das Kurfürstentum Brandenburg unter Kurfürst Joachim II. zur Reformation. Sie erhielt hier ein konservatives Gepräge, indem die katholische Liturgie und die alten Gebräuche beibehalten wurden. – Der größere Teil Deutschlands war Anfang der 40er Jahre evangelisch geworden. Auch die meisten Reichsstädte, z.B. Augsburg. – Schon in den 20er Jahren war die reformatorische Bewegung über die Reichsgrenzen hinausgeschritten: nach Polen-Litauen, Ungarn, vor allem Siebenbürgen und Skandinavien. – 1525 hat Albrecht von Preußen das Ordensland in ein weltliches Herzogtum umgewandelt und die Reformation eingeführt. 1544 Gründung der Universität Königsberg mit starker geistiger Ausstrahlung. – 1527 erklärte sich der Reichstag von Schweden zur Reformation. Erstmals trennte sich ein großer Staat von Rom. 150

– In den 30er Jahren kamen zwei weitere bedeutende Staaten hinzu: 1534 England unter König Heinrich VIII. und 1536 Dänemark unter König Christian III., zugleich auch Norwegen. Die Katastrophe des Täuferreiches in Münster – Das gewaltlose Täufertum wurde von katholischen wie evangelischen Obrigkeiten seit Speyer 1529 gnadenlos verfolgt. – Durch Melchior Hoffmann (ca. 1500–1543), einem Kürschner aus Schwäbisch-Hall, kamen apokalyptisch-enthusiastische Gedanken in das Täufertum. Sie gipfelten in der Aufforderung zur gewaltsamen Vernichtung aller Gottlosen. Nachdem Hoffmann in Schweden, Ostfriesland, in den Niederlanden und in Straßburg viele Anhänger gewonnen hatte (die sog. Melchioriten), warteten sie auf den Anbruch des Gottesreiches in Münster in Westfalen. Der Prediger Bernhard Rothmann hatte hier seit 1533 täuferische Gedanken verbreitet. Aus Holland kamen die Melchioriten in großen Scharen und konnten die Mehrheit im Stadtrat und die Herrschaft über die Bewohner erlangen (Jan Bockelson aus Leiden und Jan Matthys aus Haarlem). Sie errichteten ein apokalyptisches Königreich mit Gütergemeinschaft, Polygamie und gewaltsamer Herrschaft über alle Bürger. – 1535 eroberte der Bischof von Münster die Stadt nach über einjähriger Belagerung. Grausame Vergeltung wurde geübt, die katholische Herrschaft wiederhergestellt. – Das ganze Täufertum erlitt durch das Täuferreich in Münster die schwerste Katastrophe; das Täuferreich in Münster diente dann immer wieder als Vorwand für Verfolgungen. Die Wittenberger Konkordie 1536 – Martin Bucer (1491–1551) versuchte nach dem Abendmahlsstreit mehrfach zwischen den Wittenbergern und den Oberdeutschen zu vermitteln. – 1536 wurde der Abendmahlsstreit in Deutschland mit der Wittenberger Konkordie beendet. Man einigte sich auf die Anerkennung der CA, der Apologie und einer Kompromißformel: sakramentale Einheit und Speisung der Unwürdigen (unio sacramentalis; manducatio indignorum). Die Abendmahlsgabe hängt nicht ab von der Würdigkeit oder Unwürdigkeit des Empfängers. – 1540 hat Melanchthon eine geänderte Fassung der CA vorgelegt (CA Variata). Hier ist u.a. der Abendmahlsartikel X der CA im Blick auf eine Anschlußfähigkeit an die oberdeutsche Theologie verändert worden. 151

– Zürich blieb außerhalb dieser Verständigung. Der Nachfolger Zwinglis, Heinrich Bullinger (1504–1575), verfaßte mit anderen 1536 die Confessio Helvetica prior. – 1549 einigten sich Genf und Zürich über das Abendmahl im Consensus Tigurinus. Konzilspläne und Luthers Schmalkaldische Artikel – 1536 schrieb Papst Paul III. ein Konzil nach Mantua aus. Februar 1537 berieten die protestantischen Stände auf der Bundesversammlung in Schmalkalden über die Teilnahme am Konzil. Sie lehnten das Konzil als unfrei ab. Angenommen wurde Melanchthons Tractatus de potestate et primatu papae. – Für das Konzil hatte Luther auf Wunsch des sächsischen Kurfürsten ein Gutachten ausgearbeitet: die Schmalkaldischen Artikel. Auf dem Konvent 1537 war Luther nicht anwesend (schwer erkrankt); Melanchthon verhinderte die offizielle Annahme der Artikel, sie wurden nur von den Theologen unterschrieben. Erst im Konkordienbuch 1580 wurden die Schmalkaldischen Artikel als Bekenntnisschrift aufgenommen. – Luther teilt die Artikel in drei Teile: 1. Die von allen anerkannten Lehrinhalte der altkirchlichen Glaubensbekenntnisse (Trinität und Christologie). 2. Lehrinhalte, über die man verhandeln und diskutieren kann. 3. Artikel, die unter keinen Umständen aufgegeben werden können: Rechtfertigung sola fide, Ablehnung des Meßopfers, der Stifte und Klöster und des Papsttums (qua göttlichen Rechts). Die Religionsgespräche – Das Konzil kam nicht zustande; im wiederauflebenden Türkenkrieg und den Konflikten mit Frankreich war der Kaiser auf die evangelischen Stände angewiesen. Der »Frankfurter Anstand« 1539 erneuerte einen befristeten Religionsfrieden für die Protestanten. – Karl V. versuchte nun mit dem Mittel von Religionsgesprächen die Protestanten in die katholische Kirche zurückzuführen. Sie fanden in Hagenau (1540), in Worms (1540/41) und in Regensburg (1541) statt. – In Worms diskutierten Melanchthon und Eck über die Erbsünde auf der Grundlage der CA Variata und gelangten in einigen Artikeln zu einem Teilkonsens (Wormser Buch). 152

– In Regensburg hatte man sich im Artikel von der Rechtfertigung verständigen können, aber über die Transsubstantiationslehre, über Beichte und Absolution sowie über die päpstliche Autorität in der Kirche konnte nur der Dissens konstatiert werden. Die Religionsgespräche scheiterten. Schwächung des Schmalkaldischen Bundes und Schmalkaldischer Krieg – Nach den erfolglosen Religionsgesprächen rückte die Gefahr einer gewaltsamen Auseinandersetzung der beiden Gruppierungen im Reich immer näher. – Günstige Umstände verhalfen Karl V., zwei wichtige Fürsten vom Schmalkaldischen Bund zu isolieren. Da die Doppelehe Landgraf Philipps von Hessen 1540 gegen Reichsrecht verstieß, mußte er sich die Gunst des Kaisers erkaufen und von seiner evangelischen Politik Abstand nehmen. Zudem nutzte Karl die alte Rivalität zwischen dem albertinischen und ernestinischen Sachsen aus, indem er Moritz von Sachsen die Kurwürde versprach. Moritz trat aus dem Schmalkaldischen Bund aus. – Obwohl am Anfang der 40er Jahre die Reformation noch in verschiedene Gebiete drang (die Stadt Regensburg im Süden und Braunschweig-Wolfenbüttel im Norden), konnte Karl V. gegen den Herzog von Kleve 1543 siegreich sein, weil der Schmalkaldische Bund nicht eingriff (Abkommen Philipps mit dem Kaiser). Dadurch wurden auch die evangelischen Regungen im Erzstift Köln unter Erzbischof Hermann von Wied wieder zurückgedrängt. – 1546 eröffnete der Kaiser den Schmalkaldischen Krieg mit dem Vorwand, Sachsen und Hessen hätten Landfriedensbruch begangen. Der Schmalkaldische Krieg war ein Religionskrieg, bei dem Kaiser und Papst den Protestanten gegenüberstanden. Zentren kriegerischer Auseinandersetzungen lagen sowohl in Süd- und Norddeutschland. Da Moritz von Sachsen auf der Seite des Kaisers kämpfte, wurde Kurfürst Johann Friedrich in der Schlacht bei Mühlberg auf der Lochauer Heide (24.4.1547) besiegt. In der Wittenberger Kapitulation vom 19.5.1547 ging die Kurwürde von Johann Friedrich auf Moritz von Sachsen über. Johann Friedrich wurde gefangengenommen. Eröffnung des Konzils von Trient – Paul III. berief zum 15. März 1545 das Konzil nach Trient ein. Kaiser und Papst hatten sich darauf verständigt. Das immer wieder hinausgeschobene Konzil konnte nun endlich beginnen (13.12.1545); die Protestanten blieben fern. 153

– Aufgaben des Konzils: theologische Antwort auf die Herausforderung der Reformation, Beendigung des Religionsstreites, Abwehr der Ungläubigen und Kirchenreform. – 1547 ließ der Papst das Konzil von Trient nach Bologna verlegen, vom südlichsten Punkt des Reiches in den Kirchenstaat. Nach dem Sieg Karls fürchtete der Papst eine zu große Macht des Kaisers. Karl V. protestierte gegen die Verlegung des Konzils, die Verhandlungen in Bologna wurden suspendiert. Das Augsburger Interim und der politische Umschwung unter Moritz von Sachsen – Auf dem Augsburger Reichstag 1548 wurde das »Augsburger Interim« verkündet, eine kaiserliche Erklärung, die bis zu einem Konzilsbeschluß gelten sollte. Die Religionsfrage hatte der Kaiser nun wieder selbst in die Hand genommen. – Das »Augsburger Interim« ist der Versuch, nach der Niederlage der Protestanten im Schmalkaldischen Krieg die katholische Kirche soweit wie irgend möglich wiederherzustellen. Vor allem katholische Theologen haben es ausgearbeitet (Pflug und Helding), einziger evangelischer Theologe: der brandenburgische Hofprediger Johann Agricola (ca. 1492–1566). Mit ihm hatte Luther in den 30er Jahren den Streit über die Geltung des Gesetzes (antinomistischer Streit). – Den Protestanten wird bis zu einem Konzilsentscheid nur das Abendmahl unter beiderlei Gestalt und die Priesterehe zugestanden. – In Süddeutschland konnte man sich gegen das Interim kaum wehren, in Norddeutschland gab es erheblichen Widerstand, vor allem in den Städten (Magdeburg). – In Kursachsen erging im Dezember 1548 das »Leipziger Interim«, hauptsächlich verfaßt von Melanchthon. Es wird erklärt, daß Zugeständnisse nur in den »Adiaphora« (Mitteldingen), also den Zeremonien und Riten möglich seien, nicht aber in den zentralen Glaubensartikeln. – Das »Leipziger Interim« stieß bei den strengen Lutheranern auf heftige Kritik: Matthias Flacius (1520–1575) und Nikolaus von Amsdorf (1483–1565). – 1552 kam es zum politischen Umschwung zugunsten der Protestanten: Moritz von Sachsen, der »Judas von Meißen«, stellte sich gegen den Kaiser. Gründe: nichteingehaltene Gebietszusagen Karls an ihn, Kränkung durch die Gefangenschaft seines Schwiegervaters, des Landgrafen Philipp von Hessen. Moritz 154

wird zum Anwalt der Verteidigung fürstlicher Selbständigkeit gegenüber einem zu starken monarchischen kaiserlichen Regiment. Der frühneuzeitliche Territorialstaat kündigt sich an. – Im Frühjahr 1552 überfiel Moritz den völlig überraschten Kaiser in Innsbruck, der gerade noch fliehen konnte. – Im Passauer Vertrag 1552 wurde die vor dem Schmalkaldischen Krieg bestehende Rechtsordnung wiederhergestellt, das »Augsburger Interim« aufgehoben. Der Augsburger Religionsfriede 1555 – Der Augsburger Reichstag 1555 (Karl V. nicht anwesend, geleitet von seinem Bruder, König Ferdinand) verabschiedet einen unbefristeten Religionsfrieden zwischen den beiden Religionsparteien bis zur Wiederkehr der Glaubenseinheit (Reichstagsabschied vom 25.9.1555). – Die Religionsfreiheit bezieht sich nur auf die Wahl zwischen den beiden »Religionen«: Altgläubige und Augsburger Konfessionsverwandte. Die Seitenbewegungen der Reformation wie Täufertum, Antitrinitarier, Spiritualisten und auch die Anhänger Zwinglis blieben außerhalb des Religionsfriedens. – Keine allgemeine Religionsfreiheit. Es gilt das Prinzip: cuius regio – eius religio. Nur die Landesherren können zwischen den Konfessionen wählen, die Untertanen müssen ihnen hier folgen (ius reformandi). – Das alte Ketzerrecht wurde außer Kraft gesetzt; andersgläubige Untertanen hatten das Recht zur Auswanderung (ius emigrandi). Bei der Übersiedlung in ein Territorium der eigenen Konfession wurde ihr Gut und das der Familie unter Eigentumsschutz gestellt. – Für die geistlichen Fürstentümer gilt eine Ausnahme: das sog. Reservatum ecclesiasticum (geistlicher Vorbehalt). Ein geistlicher Reichsfürst wird durch den Konfessionswechsel Privatmann, er verliert seine geistlichen Würden und weltlichen Herrschaftsrechte. – Freie Reichsstädte, in denen beide Konfessionen vorhanden sind, sollen in dieser Doppelheit fortbestehen bleiben. – Zur CA gehörende Städte und Gemeinden in den geistlichen Fürstentümern können evangelisch bleiben. Diese Bestimmung wurde zwar nicht in den Religionsfrieden aufgenommen, aber in einer persönlichen Erklärung König Ferdinands den Protestanten bewilligt, die sog. Declaratio Ferdinandea. 155

– Karl V. legte 1556 seine Ämter nieder und verzichtete auf die Kaiserkrone; er starb 1558 in Spanien. – Mit dem Augsburger Religionsfrieden endet im Deutschen Reich die Zeit eines einheitlichen christlichen Bekenntnisses, es beginnt das konfessionelle Zeitalter. Literaturhinweise HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 2, § 12, 5.–11., 121–161. KIRCHNER, H.: Reformationsgeschichte von 1532–1555/1566, 21–46. LAU, F. / BIZER, E.: Reformationsgeschichte Deutschlands bis 1555, 67–170. MOELLER, B.: Deutschland im Zeitalter der Reformation, 102–146. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 240–247. ÖKUMENISCHE KIRCHENGESCHICHTE, Bd. 2, 288–308 u. 331–337. SEEBASS, G.: Geschichte des Christentums III, 93–229. STUPPERICH, R.: Die Reformation, 102–141. WALLMANN, J.: Kirchengeschichte Deutschlands seit der Reformation, 60–87.

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XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

Einstieg Der Begriff »konfessionelles Zeitalter« für die Zeit vom Augsburger Religionsfrieden 1555 bis zum Westfälischen Frieden 1648 ist erst in unserem Jahrhundert von dem Religionssoziologen Ernst Troeltsch (1865–1923) und dem Historiker Otto Brunner (1898–1982) geprägt worden. In der Darstellung der allgemeinen Geschichte und der Kirchengeschichte hat er sich durchgesetzt, wobei das Jahr 1555 nicht mehr den Zäsurcharakter hat, den es in der traditionellen Epochengliederung einer Reformationsgeschichte bis 1555 und einer daran anschließenden Zeit der Gegenreformation inne hatte. Für die Situation im Deutschen Reich ist zweifellos der Augsburger Religionsfriede 1555 ein wichtiger Einschnitt, der den konfessionellen Grundzug des Zeitalters besonders deutlich macht. Das eigentlich Neue gegenüber dem Spätmittelalter und der Reformation seit 1555 ist, daß das gesamte Leben unter die Signatur des Konfessionellen, d.h. der konfessionellen Gegensätze getreten ist. Die religiösen Bewegungen des Spätmittelalters und auch die Anfänge der Reformation kennen diese konfessionelle Polarisierung nicht. Die Aufspaltung der mittelalterlichen christlichen Einheitskultur in eine Vielheit von Konfessionen und Kirchen, Staaten und politischen Entwürfen, die sich gegenseitig abgrenzen und differenzieren, ist das eigentlich bestimmende Element der Epoche. Der konfessionelle Grundzug des Zeitalters zeigt sich in der Politik bei den großen Kriegen im 16. und 17. Jh., aber auch bei der christlichen Mission und der kolonialen Expansion der europäischen Mächte in fremde Kontinente. In der Kirchengeschichte dieses Zeitalters vollziehen sich die Prozesse der lutherischen, calvinistischen und katholischen Konfessionalisierung. Dieser konfessionelle Grundzug des Zeitalters steht aber im Zusammenhang mit einem scheinbar gegenläufigen Prozeß, nämlich mit der in dieser Zeit immer deutlicher werdenden Säkularisierung, d.h. der Verweltlichung aller Lebensbereiche. Konfessionalisierung und Säkularisierung treten in ein dialektisches Verhältnis zueinander. Je stärker die Konfessionen und ihre gegenseitige Abgrenzung alle Lebensbereiche bestimmten, um so mehr wurden aus zunächst religiös motivierten Konflikten rein politische Auseinandersetzungen. Die Überlagerung von Politik und Religion zeigt im Deutschen Reich der Dreißigjährige Krieg. Je länger er dauerte, um so deutlicher brachen die reinen Machtinteressen durch. 157

Der konfessionellen Streitigkeiten überdrüssig, wurde in Theologie und kirchlicher Frömmigkeit die Bewährung des Glaubens im praktischen Leben das wichtigste Anliegen. Der Pietismus hat im Deutschen Reich erheblich zur Entkonfessionalisierung des Christentums beigetragen. Im konfessionellen Zeitalter hat sich der frühmoderne Territorialstaat herausgebildet. Auch dieser wichtige Vorgang macht den Zusammenhang von Konfessionalisierung und Säkularisierung deutlich. Das konfessionelle Zeitalter zeigt keineswegs nur konfessionelle Erstarrung, sondern gerade auch eine erstaunliche geistige Lebendigkeit und geistliche Vertiefung. Obwohl das Wirken Johannes Calvins in die Reformationszeit gehört, ist die Geschichte des Calvinismus ein wichtiges Phänomen des konfessionellen Zeitalters. Den nachreformatorischen Katholizismus prägen vor allem das Konzil von Trient und die »katholische Reform«. Grundaspekte Zur allgemeinen Charakteristik des Zeitalters – Mit dem Begriff »konfessionelles Zeitalter« wird allgemein die Zeit nach der Reformation im engeren Sinne, die Zeit vom Augsburger Religionsfrieden 1555 bis zum Westfälischen Frieden 1648 bezeichnet. Der Zäsurcharakter von 1555 gilt besonders für das Deutsche Reich, wird aber in der neueren Forschung relativiert. Der Prozeß der »Konfessionalisierung« wird schon in die erste Hälfte des 16. Jh.s verlegt. – In der Forschung werden auch die Begriffe »Spätreformation« und »Zweite Reformation« (Eindringen des Calvinismus in lutherische Gebiete) verwandt und diskutiert. – Das Neue gegenüber Spätmittelalter und Reformation: das gesamte Leben wird von den konfessionellen Ausprägungen des Christentums bestimmt. An Stelle der mittelalterlichen christlichen Einheitskultur stehen sich nun in gegenseitiger Abgrenzung konfessionell bestimmte Kirchen und Territorien gegenüber. Dieser Prozeß wird Konfessionsbildung bzw. Konfessionalisierung genannt. – Die Konfessionalisierung steht im Zusammenhang mit einer fortschreitenden Säkularisierung: Übergang von religiösen Streitigkeiten zu rein politischen Machtkämpfen. Den Umschlag von Religion in Politik zeigt im Deutschen Reich besonders der Dreißigjährige Krieg (1618–1648). 158

– In das konfessionelle Zeitalter gehört auch die Herausbildung des frühmodernen Territorialstaates. – Neben konfessionelle Konsolidierung und Erstarrung tritt eine erstaunliche geistige Lebendigkeit und geistliche Vertiefung. Sie zeigt sich nicht nur in spiritualistischen Denkhorizonten und der Dogmenkritik der Antitrinitarier, die gegen die offizielle Lehre standen, sondern auch in der orthodoxen Theologie selbst und vor allem in der Frömmigkeitsbewegung des älteren Luthertums. Hier machen sich Einflüsse der spätmittelalterlichen Mystik bemerkbar. Die Entwicklung des Luthertums zur Konfessionskirche Die innerlutherischen Lehrstreitigkeiten – Die Entwicklung zu einer eigenständigen lutherischen Konfessionskirche kam erst in einem längeren Prozeß im Verlauf des 17. Jh.s zu einem gewissen Abschluß. Der Weg zu dieser Entwicklung führte über heftige theologische Streitigkeiten. Erst nachdem sie einigermaßen geklärt waren, konnte eine gemeinsame Basis des Luthertums gefunden werden. – Die Streitigkeiten sind durch die Verknüpfung von politischen Gegensätzen (z.B. zwischen Kursachsen und Kurpfalz) und theologischen Kontroversen bestimmt. Die unterschiedlichen theologischen Ansätze bei Luther und Melanchthon (humanistisches Gedankengut) machen sich nach dem Tode Luthers stärker bemerkbar. – Der Streit ging zwischen den Philippisten, den Schülern Melanchthons (wie z.B. Georg Major, Johann Pfeffinger u.a.), und den Gnesiolutheranern, genuine Lutherschüler (z.B. Flacius, von Amsdorf). – Um folgende Fragen wurde zwischen diesen beiden Gruppierungen gerungen und diskutiert: »Adiaphoristischer Streit« (1548–1552): Protest des Flacius gegen die von Melanchthon im Leipziger Interim gemachten Zugeständnisse an die katholische Kirche, Bestimmungen über Recht und Ritus als gleichgültige Nebendinge zu betrachten. »Majoristischer Streit« (1552–1558): Verhältnis von Rechtfertigung und Heiligung, guten Werken und ewiger Seligkeit. »Synergistischer Streit« (1556–1560): die alte Problematik der menschlichen Willensfreiheit im Verhältnis zu Gott. »Osiandrischer Streit« (1550–1566): Andreas Osiander (1488–1552) lehrte die Gerechtmachung des Sünders durch die Einwohnung Christi im Inneren des 159

Menschen. Dagegen standen Philippisten und Gnesiolutheraner und betonten die forensische Rechtfertigungslehre Melanchthons (Zurechnung der Gerechtigkeit Christi). – »2. Abendmahlsstreit« (1552–1562): Vorwurf heimlicher Zuneigung der Melanchthonschüler zum Calvinismus (»Kryptocalvinismus«). – Christologische Streitigkeiten um die Höllenfahrt Christi und die Allgegenwart der erhöhten menschlichen Natur Christi (Ubiquitätslehre). Konkordienformel (1577) und Konkordienbuch (1580) – Auch im römischen Katholizismus und im Calvinismus lassen sich Entwicklungen auf eine systematische Festlegung der Lehre beobachten (Tridentinum und Calvins Institutio). – Die treibende Kraft zu einer lehrmäßigen Einigung im Luthertum ging von den Fürsten aus. Kurfürst August von Sachsen ließ das sog. Torgische Buch erarbeiten. Wichtigster Theologe war Jakob Andreae (1528–1590). – Dieses Dokument wurde den lutherischen Territorialkirchen zur Begutachtung zugeleitet und erhielt schließlich die Bezeichnung: Solida Declaratio, feste Erklärung (SD). Ein kurzer Auszug (Epitome) wurde der Erklärung vorangestellt. Epitome und Solida Declaratio bilden zusammen die Formula concordiae (FC). – Die Konkordienformel versteht sich als abschließender und verbindlicher Kommentar zur CA. Sie ist kein selbständiges Bekenntnis. – Ihr Ziel ist nach innen: Ausgleich zwischen den zerstrittenen Positionen. Nach außen: klare lehrmäßige Abgrenzung gegenüber dem römischen Katholizismus und Calvinismus. – Wichtige Grundentscheidungen der FC: Die Heilige Schrift wird als »einzige Regel und Richtschnur« bezeichnet, nach der alle Lehren und Lehrer zu beurteilen sind. Die drei altkirchlichen Bekenntnisse (Apostolikum, Nizäno-Constantinopolitanum und Athanasianum) sowie die lutherischen Bekenntnisse aus der Reformationszeit werden als Wahrheitszeugen (testes veritatis) bezeichnet. Die Heilige Schrift ist das Fundament der Glaubenswahrheit, zu der die Bekenntnisse den Weg eröffnen. Mit Hilfe der Theologie Luthers lehnt die FC den freien Willen bei der Bekehrung und Wiedergeburt des Menschen strikt ab. Sie hebt jedoch den forensischen Charakter der Rechtfertigungslehre im Sinne Melanchthons hervor. 160

Die Transsubstantiationslehre, das Meßopfer und die Verweigerung des Laienkelches werden ebenso abgewiesen wie die nur geistig-sinnbildliche Abendmahlsauffassung. Realpräsenz von Leib und Blut Christi in den Elementen (manducatio indignorum, manducatio impiorum). Gegenüber Calvins Prädestinationslehre wird die allgemeine Gnade Gottes (gratia universalis) herausgestellt. – Zum 50. Jahrestag der CA erschien in Dresden das Konkordienbuch, das folgende Bekenntnisschriften für die lutherischen Gebiete zusammenfaßte: die drei altkirchlichen Symbole (Apostolikum, Nizäno-Constantinopolitanum und Athanasianum); CA und Apologie (1530); Schmalkaldische Artikel Luthers (1537); Melanchthons Traktat De potestate et primatu papae (1537); Großer und Kleiner Katechismus Luthers (1529); Konkordienformel (1577). – Nicht alle lutherischen Kirchen haben die FC angenommen. Lutherische Territorialkirchen ohne FC sind: Pommern, Holstein, Braunschweig-Wolfenbüttel und die Reichsstadt Nürnberg. In Hessen-Kassel und in Anhalt versuchte der Calvinismus einzudringen. Die lutherische Orthodoxie – Die lutherische Orthodoxie ist Teil der konfessionellen Theologie im späten 16. und im 17. Jh. Hauptkennzeichen ist die Konzentration auf die reine Lehre und ihre Verteidigung gegenüber den Angriffen von seiten des römischen Katholizismus und des Calvinismus. Dogmatik und Polemik bilden die beiden Hauptdisziplinen der Theologie. – Von dem um die wahre Lehre kämpfenden Luther führt durchaus ein Weg zur lutherischen Orthodoxie. Der Artikel der Rechtfertigung steht auch im Mittelpunkt der lutherisch-orthodoxen Theologie. – Hauptwegbereiter für die lutherische Orthodoxie ist jedoch Melanchthon. Seine Loci communes von 1521 sind Vorbild für Titel und Methode bedeutender Werke der Frühorthodoxie: Martin Chemnitz (1522–1586): Loci theologici; Leonhard Hutter (1563–1616): Compendium locorum theologicorum; Johann Gerhard (1582–1637): Loci theologici (1610–1625), Hauptwerk der lutherischen Orthodoxie. 161

– Diese Werke folgen Melanchthon in der Anwendung der aristotelischen Logik auf die Darbietung der theologischen Dogmatik. Theologische Zentralbegriffe werden in eine logisch-rhetorische Ordnung gebracht (Loci-Methode). Der Einzug der aristotelischen Metaphysik in die lutherische Theologie ist ein Hauptkennzeichen der lutherischen Orthodoxie. Er steht im Zusammenhang mit dem Geist des Späthumanismus und der Notwendigkeit, mit exakter Begrifflichkeit die Angriffe der Gegner abzuwehren. – Hauptvertreter der Hochorthodoxie: Johann Andreas Quenstedt (1617–1688); Abraham Calov (1612–1686); David Hollaz (1648–1713). Diese Theologen der Hochorthodoxie bedienen sich der sog. analytischen Methode. Theologie wird als praktische Wissenschaft vom Heilsweg verstanden. Im Gegenüber zur Loci-Methode geht es hier nicht um bloße Erkenntnis, sondern um eine Veränderung des Erkenntnisgegenstandes (homo peccator ad Deum reducendus). – Neben dem Wiedereinzug der aristotelischen Philosophie in die Theologie ist die orthodoxe Lehre von der Heiligen Schrift ein weiterer Grundzug der lutherischen Orthodoxie. In der Anwendung der aristotelischen Kategorie des Prinzips auf die Schrift entsteht die Lehre vom Schriftprinzip: die Schrift ist aus sich selbst heraus wahr und keiner weiteren Beglaubigung bedürftig. Sie besitzt auctoritas (Vollmacht), perfectio und sufficientia (Vollkommenheit und volle Genügsamkeit), perspicuitas (durchsichtige Klarheit) und efficacia (Heilswirksamkeit). Die gesamte Heilige Schrift wird bis zu den einzelnen Buchstaben als vom göttlichen Geist inspiriert verstanden (Verbalinspirationslehre). – Diese logisch ausgebaute orthodoxe Schriftlehre wurde zum Einfallstor für die historische Kritik an der Bibel, da es in ihrem Ansatz selbst lag, mit Vernunftkritik an die biblischen Schriften heranzugehen. Georg Calixt und der sog. Synkretistische Streit – Georg Calixt (1586–1656) lehrte an der damals bedeutenden Universität Helmstedt (Helmstedter Theologie). Gegenüber der Hochburg der lutherischen Orthodoxie, der Universität Wittenberg, war hier der Geist des Späthumanismus besonders ausgeprägt. – Auch Calixt war orthodox-lutherischer Theologe, aber von Melanchthon herkommend an einer Überwindung des christlichen Konfessionshaders interessiert. Unter dem Eindruck der Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges wollte 162

er auf das allen Konfessionen gemeinsame Fundament zurücklenken, um von hier aus zu einer Übereinkunft in den gegenwärtigen Streitigkeiten zu gelangen. Dieses Fundament sah er im apostolischen Glaubensbekenntnis und in den Lehrentscheidungen der ersten fünf Jahrhunderte. Dieser sog. consensus quinquesaecularis wurde von den orthodoxen Theologen (Abraham Calov) in Wittenberg als Religionsmengerei (Synkretismus) bekämpft. – Seit dem Thorner Religionsgespräch 1645 wurde der Synkretistische Streit erbittert geführt: die Wittenberger warfen Calixt eine Relativierung von Luther und der Reformation vor. Im Zusammenhang mit diesen Streitigkeiten ist der Begriff »lutherische Kirche« gebildet worden. – Calixt legte in seiner Theologie besonderen Akzent auf die Ethik. Auf ihn geht es letztlich zurück, daß Dogmatik und Ethik als zwei theologische Disziplinen auseinandertreten, die freilich nicht getrennt werden dürfen. Auch mit seiner Unterscheidung zwischen Fundamentalartikeln des Glaubens, zu denen er jedoch nicht die Theologie der Reformatoren rechnete, und weniger fundamentalen Artikeln, steht Calixt schon im Übergang zu einer neuen Zeit. Die lutherische Erbauungsliteratur – Das Zeitalter der lutherischen Orthodoxie ist das klassische Zeitalter der Erbauungsliteratur, der Frömmigkeit und der geistlichen Dichtung. Die Blüte dieses Erbauungsschrifttums um 1600 wird mit einer »Frömmigkeitskrise« bzw. »Frömmigkeitswende« (Winfried Zeller) in Verbindung gebracht. Die sich mit Hilfe der aristotelischen Metaphysik immer mehr rationalisierende Theologie gab dem Bedürfnis nach gelebtem Glauben, nach Frömmigkeit keine Impulse. Theologie und Frömmigkeit traten in der dritten nachreformatorischen Generation besonders stark auseinander. Für das Entstehen der Frömmigkeitsbewegung können aber auch Ängste vor übermächtigen Gegnern (Papsttum als Antichrist) und Furcht vor den drohenden Zeichen der Endzeit in Anschlag gebracht werden. Zudem bot die Rechtfertigungslehre in der melanchthonischen Fassung wenig Raum, die dem Sünder zugerechnete Gerechtigkeit in einem erneuerten, heiligen Leben erfahrbar werden zu lassen. So werden die Anleihen verständlich, die bei der altkirchlichen, hoch- und spätmittelalterlichen Mystik sowie bei naturphilosophischen Strömungen genommen werden, um das Bedürfnis nach Verinnerlichung, Konkretisierung und Individualisierung des christlichen Glaubens befriedigen zu können. – Bedeutendster Autor und wichtigstes Werk der Frömmigkeitsbewegung um 1600 ist Johann Arndt (1555–1621) mit seinem Werk Vier Bücher vom wahren 163

Christentum (1605–1610). Bis ins 19. Jh. hinein erlebte dieses Werk eine enorme Verbreitung. Arndt wollte vom Fundament der lutherischen Rechtfertigungslehre ausgehend »die Lehre Christi ins Leben verwandeln«. Damit gilt Arndt heute als Begründer des Pietismus in frömmigkeitsgeschichtlicher Hinsicht (Johannes Wallmann). – Neben Arndt stehen weitere bedeutende Vertreter der Frömmigkeitsbewegung mit ihren Werken: Stephan Praetorius (1536–1603): Geistliche Schatzkammer (von M. Statius 1636 veröffentlicht). Philipp Nicolai (1556–1608): Freudenspiegel des ewigen Lebens (1599). Valerius Herberger (1562–1627): Herz-Postillen. Johann Gerhard (1582–1637): Meditationes sacrae (1606). Bei Gerhard wird besonders das Anliegen deutlich, Frömmigkeit und gelehrte Theologie zusammenzuhalten. – Diese Frömmigkeit steht mit zahlreichen Reformbestrebungen im Zusammenhang: die Arndt-Schüler Johann Valentin Andreae (1586–1654) und Johann Amos Comenius (1592–1670). Dazu die Anklageliteratur: z.B. Theophil Großgebauer (1627–1661) mit seiner Wächterstimme aus dem verwüsteten Zion. – Die lutherische Erbauungsliteratur wirkte auch auf die geistliche Dichtung Paul Gerhardts (1607–1676) ein. Viele seiner Lieder sind von der Frömmigkeit Arndts geprägt, besonders von dessen Paradiesgärtlein (1612). Die mystisch gefärbte Frömmigkeitssprache Johann Arndts beeinflußte auch die Texte der Kantaten und Passionen Johann Sebastian Bachs. – In die lutherische Erbauungsliteratur wirkten auch spiritualistische Gedanken ein, z.B. Valentin Weigel (1533–1588). Mit seiner spekulativ-mystischen Gedankenwelt nimmt der Görlitzer Philosoph Jakob Böhme (1575–1624) eine besondere Stellung ein.

Der Calvinismus Johannes Calvin (1509–1564) – biographischer Überblick – Am 10. Juli 1509 in Noyon als Sohn eines bischöflichen Notars geboren. – Juristische und humanistische Studien in Paris, Orléans und Bourges. – Von 1533 an Mitglied eines Humanistenkreises an der Universität Paris, der von reformatorischen Gedanken erfüllt war (Faber Stapulensis). 164

– In einer »plötzlichen Bekehrung« Hinwendung zur reformatorischen Erkenntnis (1527/28 oder 1533/34). – Ende 1534 mußte Calvin wegen der Protestantenverfolgungen unter Franz I. Frankreich verlassen. Über Straßburg kam er Anfang 1535 nach Basel. Hier entstand sein erstes und gleichzeitig bedeutendstes Werk: Institutio religionis Christianae (1536). Ein klassisches Werk der reformatorischen Theologie, als Katechismus evangelischer Lehre in Anlehnung an Luthers Katechismen konzipiert. Auch sollten mit diesem Werk die Evangelischen in Frankreich vor falschen Anschuldigungen verteidigt werden. Mehrmalige Auflagen: 1539, 1541 und 1559. – Nach kurzen Aufenthalten in Oberitalien und Südfrankreich wurde Calvin durch Wilhelm Farel (1489–1565) in Genf unterwegs festgehalten mit der Bitte, bei der Durchführung der Reformation in der Stadt mitzuarbeiten. Zwistigkeiten in der Bürgerschaft ließen nicht zu, daß sich Farel und Calvin in Genf halten konnten. 1538 wurden sie ausgewiesen. – Calvin übernahm auf Drängen Martin Bucers die Leitung der französischen Flüchtlingsgemeinde in Straßburg. Teilnahme an den Religionsgesprächen Anfang der 40er Jahre in Hagenau, Worms und Regensburg. Persönliche Beziehungen zu Melanchthon. Kommentar zum Römerbrief. – Anhänger Calvins in Genf versuchten, seine Rückkehr zu erreichen. Ab 1541 zweiter Genfer Aufenthalt. Beginn seines reformatorischen Wirkens unter anhaltenden Kämpfen. Erster Erfolg: Annahme der Genfer Kirchenordnung durch den Rat, die Ordonnances ecclésiastiques (1541). – 1553 führten die politischen und religiösen Kämpfe zum Prozeß gegen den Antitrinitarier Michael Servet. Er endete mit seiner Verbrennung. – Seit 1555 hatte sich Calvin gegenüber seinen Gegnern durchgesetzt. Er wurde zum reformatorischen Führer und Berater für die Evangelischen in Westund Osteuropa. – 1559 Gründung der theologischen Akademie in Genf. – 1564 stirbt Calvin in Genf. Theodor Beza (1519–1605) wird sein Nachfolger in der Leitung der Genfer Kirche.

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Theologische Grundanschauungen Calvins – Calvin, der größte Schüler Luthers, ist sowohl als Dogmatiker wie als Exeget und Prediger bedeutsam. Er hat die reformatorische Theologie abschließend zusammengefaßt. Nach Luther haben auf seine Theologie die Einflüsse von Augustin, Erasmus, Bucer und Melanchthon eingewirkt. – Gegenüber Luther machen sich bei Calvin zwei theologische Akzentverschiebungen bemerkbar: der biblizistische Ansatz in der Stellung zur Heiligen Schrift und die Betonung von Gottes Souveränität, Majestät und Ehre in Calvins Gottesverständnis. – An der lehrmäßigen Zusammenschau des gesamten biblischen Zeugnisses im AT und NT ist Calvin besonders interessiert. Die Autorität der Schrift erwächst aus der inneren Selbstbezeugung des Heiligen Geistes (testimonium spiritus sancti internum). Calvin will die Einseitigkeit des lutherischen, von Paulus her interpretierten Bibelverständnisses vermeiden, verliert jedoch die Freiheit, mit der Luther zwischen Wort Gottes und Heiliger Schrift unterschied. – Calvin betont die völlig freie Gnade Gottes, die der Berufung durch das Wort und dem Glauben vorausgeht. Auch Calvin sieht wie Luther die Erwählung und Rechtfertigung Gottes im Zusammenhang, stellt aber seit 1539 der Erwählung die Verwerfung logisch gegenüber, so daß er zu einer Lehre von der doppelten Prädestination (praedestinatio gemina) kommt. Sie wird das besondere Kennzeichen des Calvinismus in schweren Auseinandersetzungen nach innen und außen. Im Calvinismus des 17. Jh.s bildet sich auch die Vorstellung aus, daß die Erwählung an sichtbaren Früchten des Glaubensgehorsams ablesbar sei (syllogismus practicus). – Die ethische Akzentuierung der Theologie Calvins hängt mit ihrem streng theozentrischen Charakter zusammen. Der Ehre Gottes gebührt der Glaubensgehorsam, so daß Calvin von dem dreifachen Nutzen des Gesetzes spricht (triplex usus legis). Das Gesetz hat auch im neuen Leben des gerechtfertigten Christen seine Gültigkeit. – Im Verständnis des Abendmahls hebt Calvin die reale Gegenwart Christi hervor, die durch den Geist gewährt wird (Spiritualpräsenz). Eine manducatio impiorum lehnt Calvin ab.

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Calvins kirchliches Wirken in Genf – Calvins Bild der Kirche zeigt sich schon in der Genfer Kirchenordnung (Ordonnances ecclésiastiques). Die Verfassungsform der Kirche ist im NT vorgebildet. Sie umfaßt vier Ämter: Prediger, Lehrer, Älteste und Diakone. Für die calvinistischen Gemeinden ist besonders das Ältestenamt charakteristisch, das die Kirchenzucht übt und Laien übertragen ist. Die strenge Kirchenzucht Calvins wollte die Ehre des Namens Christi wahren und orientierte sich an den weltlichen Strafen der Carolina (Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532). Auch Unterricht und Sozialfürsorge sind unmittelbare Tätigkeitsbereiche der Gemeinde. – Charakteristisch für die calvinistische Kirche ist die wechselseitige Durchdringung von bürgerlicher und kirchlicher Gemeinde. Calvin hält an der volkskirchlichen Struktur fest. Er macht keinen Unterschied zwischen der großen Masse und den ernsthaften Christen. – Nach vielen politischen und theologischen Streitigkeiten setzt sich Calvin schließlich durch; die Genfer Kirche wird Modell für viele calvinistische Kirchen in Westeuropa. Die Ausbreitung des Calvinismus in Westeuropa – Sie fällt in die Zeit der westeuropäischen Konfessionskämpfe und des wiedererstarkten Katholizismus. Deshalb stärkere gesellschaftspolitische Aktivität des Calvinismus im Vergleich zum Luthertum. Frankreich – Die Confessio Gallicana (1559) wurde das Fundament für eine französische protestantische Kirche. – Der politische und religiöse Gegensatz führte zu acht grausamen Hugenottenkriegen (1562–1598). Höhepunkt der Protestantenverfolgung in der sog. Bartholomäusnacht (1572). Heinrich IV. gewährte den Hugenotten im Edikt von Nantes (1598) Gewissens- und Religionsfreiheit sowie die bürgerliche Gleichberechtigung. – Nach dem Edikt von Nantes hatte der französische Calvinismus eine bedeutende geistige und politische Stellung in Frankreich inne. Unter Ludwig XIV. begann eine erneute schwere Leidenszeit. Er hob 1685 das Edikt von Nantes auf, viele Hugenotten mußten Frankreich verlassen und fanden in anderen Län167

dern Europas Aufnahme. Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg hatte im Edikt von Potsdam (1685) die Glaubensflüchtlinge in sein Land gerufen. Sie spielten seitdem im wirtschaftlichen, kulturellen und geistigen Leben Brandenburg-Preußens eine wichtige Rolle. Niederlande – Im Zusammenhang mit dem niederländischen Befreiungskampf von der spanischen Herrschaft (1566–1609) errang der Calvinismus in den nördlichen Provinzen – anders als in Frankreich – die Position der Staatsreligion. – Grundlegendes Bekenntnis der calvinistischen Kirche wurde die Confessio Belgica (1561). – Im konfessionellen Zeitalter sind die Niederlande das Land mit der am weitesten gewährten Religionsfreiheit. Wirtschaftlicher und geistig-kultureller Aufschwung im 17. Jh. – Hauptstreitpunkt in der orthodoxen calvinistischen Theologie war die Frage nach der Gültigkeit der Prädestinationslehre. Der sog. Arminianische Streit, benannt nach Jakob Arminius (1560–1609), einem entschiedenen Gegner der Prädestinationslehre, wurde auf der Synode von Dordrecht (1618/19) mit der Bestätigung der Prädestinationslehre entschieden. Sie wurde damit für den gesamten Calvinismus verbindlich. – An den neu gegründeten Universitäten Leiden, Groningen und Utrecht entfaltete sich eine bedeutende calvinistische Theologie. Hauptvertreter: Giesbert Voetius (1588–1676), der Begründer des niederländischen Präzisismus (Ausweis einer lebendig-konkreten, »präzisen« Frömmigkeit). Johannes Coccejus (1603–1669): bekannt durch seine »Föderaltheologie«, eine auf den biblischen Bundesschlüssen (foedera) aufgebaute heilsgeschichtliche Theologie. Hugo Grotius (1583–1645) stellte für das Zusammenleben der Völker allgemeinverbindliche Grundsätze von Sitte und Recht auf (natürliches Recht), mit denen er ein Wegbereiter für die europäische Aufklärung wurde. Schottland – Im Königreich Schottland war der Calvinismus durch den Reformator John Knox (1505–1572) in besonders strenger Form zum Siege gekommen. Die schottische calvinistische Kirche hatte ihre Bekenntnisgrundlage in der Confessio Scotica (1560) gefunden. 168

England – Die Errichtung der anglikanischen Staatskirche 1534 durch Heinrich VIII. hatte dynastisch-politische Gründe. In der Regierungszeit von Königin Elisabeth I. (1558–1603) vertrat die englische Staatskirche in der Lehre einen gemäßigten Calvinismus (39 Artikel von 1563), Kultus und Verfassung blieben in katholischen Formen. – Die Bewegung des Puritanismus nahm seit der Mitte des 16. Jh.s calvinistisches Gedankengut auf. Die Grundsätze einer strengen Lebensheiligung, vor allem im städtischen Bürgertum, standen im Gegensatz zur absolutistischen Politik des Königshauses und der anglikanischen Staatskirche. – Der staatliche Druck auf die Puritaner führte schließlich zur Auswanderung vieler in die Niederlande und von dort nach Nordamerika. Seitdem haben die Puritaner die Geschichte des amerikanischen Protestantismus wesentlich beeinflußt. – In der englischen Revolution von 1640–60 hatte der Puritanismus auch politisch Erfolg. Oliver Cromwell (1599–1658) führte als bedeutender politischer Führer das Parlamentsheer der »Heiligen« an. Unter Cromwell beschränkte Religionsfreiheit und strikte Trennung von Staat und Kirche. – Den strengen Puritanern (Kongregationalisten oder Independenten) standen die Presbyterianer gegenüber. Beide Richtungen waren durch die WestminsterConfession (1646) in der Lehre geeint, geschieden jedoch im Kirchenverständnis. Die Kongregationalisten kannten nur völlig unabhängige Einzelgemeinden, während die Presbyterianer an der Verschränkung von bürgerlicher und kirchlicher Gemeinde festhielten und einen synodalen Kirchenaufbau forderten. – Nach Cromwells Tod Wiedererrichtung der bischöflichen Staatskirche. Der Rekatholisierungsversuch der Stuarts scheiterte (Glorious Revolution 1688). In der Toleranzakte von 1689 wurde den protestantischen Dissenters Religionsund Gewissensfreiheit gewährt, jedoch eingeschränkte bürgerliche Rechte. Katholiken und Sozinianer blieben außerhalb der Toleranz. – Aus der englischen Revolutionszeit ist besonders die Gruppe der Quäker bedeutsam (Gesellschaft der Freunde). Sie wurde von dem Schuster George Fox (1624–1691) gegründet. Durch ihren strikten Grundsatz der Toleranz wirkten sie in der Sozialgeschichte der Neuzeit bahnbrechend (Gleichberechtigung der Frau, Gefängnisreform, später Sklavenbefreiung). – Die puritanische Erbauungsliteratur wirkte durch zahlreiche Übersetzungen auf die deutsche Theologie- und Kirchengeschichte ein, sie ist eine wichtige 169

Wurzel für den deutschen Pietismus. Bekanntestes puritanisches Erbauungsbuch Practice of Piety von Lewis Bayly (geschrieben vor 1628). Deutschland – Gegenüber Westeuropa blieb der Calvinismus im Deutschen Reich verhältnismäßig schwach. Er mußte sich unter die CA und das landesherrliche Kirchenregiment stellen. – 1560 wurde die ehemals lutherische Pfalz unter Kurfürst Friedrich III. calvinistisch. 1563 Kirchenordnung der Kurpfalz, die den Heidelberger Katechismus enthält (als Unionskatechismus gedacht: abgeschwächte calvinistische Lehre, ohne doppelte Prädestination). Verfasser: vor allem Zacharias Ursinus und Kaspar Olevianus. – 1613 trat Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg aus politischen Gründen zum Calvinismus über. Er verzichtete auf sein ius reformandi, die Bevölkerung blieb lutherisch. – Weitere calvinistische Gebiete: Bremen, Anhalt, Hessen-Kassel und LippeDetmold. – Ursprünglicher Calvinismus nur am Niederrhein und in Ostfriesland. Die sich hier ausbildende synodale Kirchenverfassung wirkte auf die ersten synodalen Strukturen in den deutschen Landeskirchen des 19. Jh.s ein. Der römische Katholizismus nach der Reformation »Katholische Reform« und »Gegenreformation« – Mit diesen beiden Begriffen ist die katholische Kirche nach der Reformation sinnvoll bezeichnet. Der Begriff »Gegenreformation« macht deutlich, daß die Reformation und das Auftreten Luthers das entscheidende Ereignis auch für den römischen Katholizismus im 16. Jh. sind. – Der neuere Begriff »katholische Konfessionalisierung« im Zusammenhang mit der lutherischen und der reformiert-calvinistischen Konfessionsbildung hat seine eigene Berechtigung, ist jedoch mit dem Begriff »Gegenreformation« nicht identisch. – Der Begriff »katholische Reform« macht deutlich, daß die Erneuerung des römischen Katholizismus nicht nur eine Gegenbewegung darstellt. Er hat sich durch eine innere Reformbewegung erneuert, die ihre Impulse aus den alten 170

katholischen Ländern Spanien und Italien empfängt. Die Quelle dieser Impulse ist die mystische Frömmigkeit in Spanien, die eng an die Kirche gebunden ist. Hauptvertreterin: die heilige Theresia von Avila (1515–1582). Sie wird die Begründerin des Ordens der »unbeschuhten Karmelitinnen«. Die katholische Reform ist vor allem eine Bewegung der Neugründung von Orden (Barmherzige Brüder, Theatiner, Oratorianer) oder erneuerter älterer Orden (Kapuziner). Neben dem Ordensleben kam es auch zu einer Erneuerung der Theologie in der Schule von Salamanca. Durch einen pastoral ausgerichteten Klerus gelangten die Reformimpulse in die Gemeinden. – Das Konzil von Trient und die Tätigkeit des Jesuitenordens machen die Anliegen der katholischen Reform und der Gegenreformation besonders deutlich. Das Konzil von Trient (1545–1563) – Im Konzil von Trient (Tridentinum) hat die katholische Kirche auf die Herausforderung der Reformation in Lehr- und Reformdekreten geantwortet. Sie eröffnen die Geschichte des neuzeitlichen Katholizismus. Die katholische Lehre mußte in zentralen Fragen, die durch die reformatorische Theologie gestellt waren (Rechtfertigungs- und Schriftlehre), erst definiert werden. In der mittelalterlichen Theologie waren sie nicht endgültig geklärt. – Die tridentinische Rechtfertigungslehre richtet sich gegen das »sola fide« der Reformation wie auch gegen pelagianisierende Strömungen in der Spätscholastik (Möglichkeit des Verdienens der göttlichen Gnade durch gute Werke). Die göttliche Gnade kann sich der Mensch nicht verdienen, sie geht dem Glauben und der Rechtfertigung voraus (gratia praeveniens). Die Rechtfertigung ist aber wesentlich eine Gerechtmachung, die Eingießung der Gnade erfolgt in den Sakramenten (gratia iustificans). In der Heiligung und Erneuerung kann der Mensch, wenn er nicht willentlich einen Riegel vorschiebt, mit der göttlichen Gnade zusammen an seinem Heil mitwirken. Die tridentinische Rechtfertigungslehre geht somit einen Mittelweg zwischen Glaubens- und Werkgerechtigkeit. – Als Quellen der Kirchenlehre werden gleichberechtigt Schrift und kirchliche Tradition bestimmt. Das richtet sich gegen das »sola scriptura« der Reformation. Schrift und Tradition gebühren die »gleiche Ehrfurcht«. Das kirchliche Lehramt gibt die authentische Auslegung der Heiligen Schrift. Maßgeblicher Bibeltext ist die lateinische Übersetzung (Vulgata). Dem reformatorischen »sola scriptura« steht die katholische Trias gegenüber: Schrift, Tradition und Lehramt. 171

– Weitere Lehrdekrete betreffen die Erbsünde, Fegefeuer und die Sakramentslehre (Bestätigung der sieben Sakramente: Taufe, Firmung, Buße, Eucharistie, Ehe, Priesterweihe, Letzte Ölung). – Die Reformdekrete beinhalten vor allem die Reform des bischöflichen Amtes. Keine Reform des Papsttums. Den Bischöfen wird die Residenzpflicht, die Errichtung theologischer Seminare für den Priesternachwuchs und die Pflicht zur Abhaltung von Synoden und Visitationen vorgeschrieben. Weiterhin wird eine Reihe von Mißständen abgestellt, vor allem der Ablaß für Geld. – Weitere wichtige Reformmaßnahmen nach Abschluß des Konzils: die Professio fidei Tridentina (tridentinisches Glaubensbekenntnis, das von jedem Priester abgelegt werden muß); Index librorum prohibitorum (Verzeichnis der verbotenen Bücher); ein verbessertes Brevier und ein einheitliches Meßbuch (Missale Romanum, 1570). – Ein der kirchlichen Reform aufgeschlossenes Papsttum wachte über die Durchführung der Konzilsbeschlüsse. – Bedeutende Bischöfe im Geist des Konzils: Karl Borromäus (1538–1584), Erzbischof von Mailand, und Julius Echter von Mespelbrunn (1545–1619), Fürstbischof von Würzburg. Ignatius von Loyola und der Jesuitenorden – Ignatius von Loyola (1491–1556) entstammte baskischem Adel. Er schlug zunächst die Offizierslaufbahn ein. Durch eine Verwundung veranlaßt, erfolgte die entscheidende Wendung in seinem Leben: er brach mit seiner weltlichen Vergangenheit, las geistliche Bücher und begab sich auf Wanderschaft. – Die Erfahrungen dieser Wanderjahre schlugen sich nieder in den Exercitia spiritualia (1522–1535). Es sind geistliche Übungen mit dem Ziel der Selbstüberwindung und der völligen Ergebung in den Willen Gottes. – Bald fand Ignatius die ersten ihm ergebenen Genossen, die sich zur Mission nach Palästina verpflichteten. Wenn dies nicht möglich sei, wollten sie sich dennoch in bedingungslosem Gehorsam dem Papst unterstellen. – Paul III. bestätigte 1540 den neuen Orden der Gesellschaft Jesu (Societas Jesu). Er erhielt eine strenge hierarchische Verfassung, Verzicht auf Ordenstracht und gemeinsames Gebet in Klausur. Gelübde des unbedingten Gehorsams gegenüber dem Papst. Damit wurde der Jesuitenorden das Hauptinstrument des Papsttums im Dienste der Rekatholisierung und der katholischen Erneuerung. 172

– Haupttätigkeiten des Ordens waren große Missionsaktivitäten in China und Japan, das Unterrichts- und Erziehungswesen in eigenen Schulen, Kollegien und Universitäten sowie Volksseelsorge und Beraterfunktion an Fürstenhöfen (Beichtväter). Dadurch gewannen sie oft erheblichen Einfluß auf die Politik im Dienst der Kurie. – Der jesuitische Katholizismus hat in der Armen- und Krankenpflege, im Kirchenbau, in der Musik, in Wissenschaft und Dichtung Bedeutendes geleistet. – Nach außen hin hat der nachtridentinische Katholizismus mit Hilfe der Inquisition das neue naturwissenschaftliche Weltbild bekämpft (Giordano Bruno und Galileo Galilei). Nach innen haben die Jesuiten die Reformbestrebungen der Jansenisten (Cornelius Jansen, 1585–1638) bekämpft. Jansen versuchte auf der Grundlage der augustinischen Sünden- und Gnadenlehre die Kirche und Theologie seiner Zeit zu erneuern. Im Geist des Jansenismus wirkte Blaise Pascal (1623–1662) und polemisierte gegen die Jesuiten in seinen Lettres Provinciales (1656/57). – Eine innerliche, völlig passive Frömmigkeitsform bildete sich im sog. Quietismus (Miguel de Molinos, Jeanne Marie de Guyon). Der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) – In seiner ersten Phase (1618–1629) vorwiegend eine Auseinandersetzung der evangelischen Reichsstände mit der katholischen Fürstenpartei der Liga und des Hauses Habsburg. In der zweiten und dritten Phase (1630–1648) gewinnt der Krieg europäische Dimensionen. Nicht mehr die Religion, sondern Fragen von Macht und Staatsräson werden bestimmend. – Im Frieden von Münster und Osnabrück 1648 wird der Augsburger Religionsfriede anerkannt und auf die Reformierten ausgedehnt. Das ius reformandi der Reichsstände bleibt mit Einschränkungen bestehen. Für die österreichischen Erblande hatten die Bestimmungen des Westfälischen Friedens keine Gültigkeit (Ausweisung der Protestanten).

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Literaturhinweise HÄGGLUND, B.: Geschichte der Theologie, 230–252. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 2, § 12, 12.–14., 161–179; § 13, 3.–8., 197–241; § 14, 12.–15., 341–365; § 15, 7.–13., 407–451; § 16, 2.–7., 485–526. HECKEL, M.: Deutschland im konfessionellen Zeitalter, 9–66 u. 181–237. JUNG, Martin H.: Reformation und Konfessionelles Zeitalter. KOCH, E.: Das konfessionelle Zeitalter – Katholizismus, Luthertum, Calvinismus (1563–1675). KIRCHNER, H.: Reformationsgeschichte, 101–124 u. 149–171. LINK, Chr.: Johannes Calvin – Humanist, Reformator, Lehrer der Kirche. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 247–265. PLASGER, G.: Johannes Calvins Theologie. Eine Einführung. SCHMIDT, K.D.: Die katholische Reform und die Gegenreformation, 4–52. SEEBASS, G.: Geschichte des Christentums III, 231–339. VAN’T SPIJKER, W.: Calvin. Biographie und Theologie. WALLMANN, J.: Kirchengeschichte Deutschlands seit der Reformation, 88–122.

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XVII. Pietismus und Aufklärung Einstieg Pietismus und Aufklärung sind nicht nur zentrale Phänomene der neueren Theologie-, Frömmigkeits- und Geistesgeschichte, sondern auch der Kirchengeschichte. Insofern ist es berechtigt, die eigentliche Neuzeit in der Kirchengeschichte mit diesen beiden Bewegungen beginnen zu lassen. Allerdings sind die Aspekte äußerst vielgestaltig, in denen sich ein neues Zeitalter in der Kirchengeschichte ankündigt. Eine eindeutige Zäsur wird man zwischen dem konfessionellen Zeitalter und dem Zeitalter des Pietismus und der Aufklärung nicht setzen können. Aber in der politischen, sozialen und geistigen Geschichte Europas gibt es seit der Mitte des 17. Jh.s viele Anzeichen dafür, daß in alle Lebensbereiche ein neuer Geist einzieht, der mit dem unbestimmten Begriff »Neuzeit« freilich nur unzureichend bezeichnet ist. Der Dreißigjährige Krieg ging mit dem Frieden von Münster und Osnabrück 1648 zu Ende. Im Westfälischen Frieden 1648 wurden nun auch die Calvinisten reichsrechtlich anerkannt. Daß Katholiken, Lutheraner und Calvinisten gleichberechtigt nebeneinander standen, war ein Kompromiß, der den neuen Geist in Politik und Recht zum Ausdruck brachte. Das Zeitalter des Pietismus und der Aufklärung ist in der politischen Geschichte das Zeitalter des fürstlichen Absolutismus. Die absolute Monarchie fand in Frankreich unter Ludwig XIV. (1643–1715) ihren Höhepunkt. Der pragmatisch-rationale, auf das Zentrum des Hofes mit seiner Beamtenschaft und dem stehenden Heer ausgerichtete politische Geist beeinflußte nachhaltig die Kirchen und veränderte das gesamte gesellschaftliche Gefüge. Der moderne absolutistische Staat unterscheidet sich erheblich von dem mittelalterlichen Ständestaat. Der Zentralismus des Hofes setzte sich gegen die alten Rechte und Privilegien des niederen Adels durch, der besonders das Recht zur Erhebung von Steuern hatte. Auch in den Territorien des Deutschen Reiches wird der neue Pragmatismus in der Politik seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges immer deutlicher. Angesichts der verheerenden Verwüstungen durch den Krieg auf allen Lebensgebieten mußte eine Wiederaufbauarbeit geleistet werden, die nicht zuletzt die Kirchen selbst betraf. Der Pietismus ist besonders für die deutsche Frömmigkeits-, Theologie- und Kirchengeschichte das bedeutendste Phänomen seit der Reformation. Verinnerlichung und Verlebendigung des Glaubens sind seine Hauptanliegen. 175

Aus den geschichtlichen Bedingungen des 17. Jh.s ist nicht nur der Pietismus, sondern auch die Aufklärung als europäische Bewegung hervorgegangen. Die Vorstellungen über die Theologiegeschichte der Neuzeit sind noch immer von einem Dreierschema in der Abfolge von Orthodoxie, Pietismus und Aufklärung bestimmt. Nicht nur die vielfältige räumliche und zeitliche Verschränkung dieser drei Phänomene kommt dabei erheblich zu kurz, sondern auch der Blick dafür, daß mit der Aufklärung sich eine Weltanschauung Bahn bricht, die ihre Intentionen nicht mehr unmittelbar aus dem geschichtlichen Zusammenhang von Kirche und Theologie gewonnen hat. Gewiß ist die Aufklärung in Westeuropa und erst recht in Deutschland weder eine antireligiöse noch eine antichristliche Bewegung. Auch hat es schon lange vor der radikalen Aufklärung erhebliche, scharfe Kritik an der Kirche gegeben. Dennoch ist das Christentum in seiner bisherigen Kirchen- und Theologiegeschichte durch keine andere Bewegung so herausgefordert worden wie durch die Aufklärung. Da die Geschichte der Aufklärung seit ihrer Entstehung im 17. Jh. keineswegs beendet ist, besteht die Herausforderung fort. Auch die Aufklärung hat als geschichtliche Bewegung ihre Traditionszusammenhänge; ihre geistigen Wurzeln kann man in den kirchenkritischen Bewegungen des Hochmittelalters und vor allem in der Renaissance des 15. und 16. Jh.s sehen. Das Neue an der Aufklärung ist jedoch ihre konsequente Zukunftsorientierung. Nicht die Rückschau in eine bessere Vergangenheit, sei es die Antike oder das Urchristentum, kennzeichnet das aufklärerische Verständnis von Geschichte, sondern der optimistische Blick in eine stetig sich verbessernde Zukunft der Menschheit. Pietismus und Aufklärung sind vor allem zentrale Phänomene des neuzeitlichen Protestantismus. Der römische Katholizismus wird von ihnen wesentlich weniger berührt. Grundaspekte Der Beginn der Neuzeit in der Kirchengeschichte – Mit Pietismus und Aufklärung beginnt die eigentliche Neuzeit in der Kirchengeschichte. Dieser Beginn läßt sich jedoch nicht als ein eindeutiger Einschnitt markieren. Im Verlauf des 17. Jh.s ist dennoch ein umfassender Wandlungsprozeß wahrnehmbar, der die europäische Neuzeit heraufführt. – Für die deutsche Kirchengeschichte kann die zeitliche Abgrenzung dieser Epoche sowohl aus der politischen Geschichte wie aus der Theologiegeschichte genommen werden: 1648–1806 (Westfälischer Friede bis Untergang des Alten Reiches). 176

1675–1799 (Speners Pia desideria bis Schleiermachers Reden über die Religion). – Seit dem Dreißigjährigen Krieg lockerte sich die bisherige enge Verbindung zwischen politischen und kirchlichen Ereignissen. Die deutsche Kirchengeschichte wurde immer mehr zu einer Geschichte der inneren Vorgänge in den jeweiligen Kirchentümern. – Der fürstliche Absolutismus beeinflußte nachhaltig die Situation der Kirchen: Nach dem Dreißigjährigen Krieg setzte sich ein rein zweckrationales, weltlich-immanentes Politik- und Staatsverständnis durch, das auf religiös-ethische Kriterien bewußt verzichtete. Reine Machtpolitik verdrängte die konfessionellen Gegensätze. Charakteristisch für den neuen Geist ist der Leviathan des Engländers Thomas Hobbes (1588–1679). Im Rückgriff auf Machiavelli wurde das zweckrationale Staatsverständnis im Begriff der Staatsräson zusammengefaßt. Im Luthertum Kampf gegen die Staatsräson (Antimachiavellismus). – Auswirkungen des Absolutismus auf das landesherrliche Kirchenregiment lassen zwei verfassungsrechtliche Theorien entstehen: Episkopalismus und Territorialismus. Episkopalismus meint, die bischöflichen Rechte sind seit 1555 auf die Landesherren übergegangen. Sie sind weltliche und kirchliche Obrigkeit, allerdings nur über die äußeren Kirchenangelegenheiten (ius circa sacra), nicht über die inneren wie Predigt, Sakramentsverwaltung, Seelsorge, was dem Pfarramt vorbehalten ist (ius in sacra). Im Territorialsystem wird die Kirchengewalt des Landesherren unmittelbar aus seiner Landeshoheit abgeleitet. Es entsprach dem fürstlichen Absolutismus und sicherte auch theoretisch den faktischen Einbau der Kirchen in die Staatsverwaltung. – Nach dem Dreißigjährigen Krieg entwickelte sich in den deutschen Territorien ein eigentliches Staatskirchentum. Die Regierungen benutzten die Kirche für die »Sozialdisziplinierung« (Gerhard Oestreich) der Bevölkerung. – Weiteres Charakteristikum des Zeitalters: Durch die neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfindungen entsteht ein neues Weltbild. Konflikt mit dem Weltbild der Orthodoxie, vor allem mit der altprotestantischen Schriftlehre: die Bibel wird auf naturwissenschaftlichem Gebiet nicht mehr als Lehrmeisterin anerkannt. Begriffsbestimmung und Wurzeln des Pietismus – In der gegenwärtigen Pietismusforschung wird der Pietismus als die bedeutendste religiöse Erneuerungs- bzw. Frömmigkeitsbewegung des Protestantis177

mus seit der Reformation bezeichnet (Martin Brecht und Johannes Wallmann). Individuelle Glaubenserfahrung (»Gottseligkeit«) steht im Zentrum des pietistischen Glaubens, Denkens und Handelns. Im nachreformatorischen Katholizismus sind der Jansenismus und Quietismus verwandte religiöse Phänomene. – Anfang des 17. Jh.s fast gleichzeitig in England, den Niederlanden und Deutschland entstanden, verläuft die Geschichte des Pietismus weitgehend parallel mit der europäischen Aufklärung. Der Pietismus hat sich darüber hinaus in der Schweiz, Skandinavien, Osteuropa und in Nordamerika verbreitet. – Hauptzeit des lutherischen Pietismus in Deutschland ist das Wirken Speners und Franckes zwischen ca. 1670 und 1720. Als praktische Reformbewegung hat der Pietismus in Deutschland ähnliche Ziele wie die Aufklärung: praxis pietatis, sozialethische Impulse, Überwindung der konfessionellen Polemik (Abstand zum römischen Katholizismus jedoch eher vertieft). Im Verständnis von Sünde, Gnade und Rechtfertigung sind Pietismus und Aufklärung geschieden. – Durch zwei Kennzeichen hebt sich der Pietismus charakteristisch von der Orthodoxie ab: Sammlung der Frommen in Konventikeln als Kerngemeinde in der Kirche (ecclesiola in ecclesia) und eine Hoffnung auf baldige Besserung für die Kirche auf Erden, d.h. Abkehr von der Erwartung eines nahen Jüngsten Tages (Johannes Wallmann). – Als Frömmigkeitsbewegung im weiteren Sinn beginnt der Pietismus mit Johann Arndt und den von ihm ausgehenden Impulsen: Ergänzung der Reformation der Lehre durch die Reformation des Lebens. Im engeren Sinn als sozial greifbare pietistische Bewegung ist Philipp Jakob Spener der Begründer des Pietismus im Luthertum. – Zu den Wurzeln des Pietismus gehören auch die puritanische Erbauungsliteratur in England und die spätmittelalterliche Mystik bzw. der Spiritualismus des 16. und 17. Jh.s. Das Verhältnis zwischen Pietismus und Mystik wird aber heute nicht mehr im Sinne Albrecht Ritschls (Geschichte des Pietismus, 1880–1886) gesehen: nicht weltflüchtig-mystische Tendenzen dominieren im Pietismus, sondern seine sozialethischen Impulse. Philipp Jakob Spener – Überblick über Leben und Wirken – Im Lebensgang Speners (1635–1705) begegnen viele Impulse, die am Entstehungsprozeß des Pietismus beteiligt sind. 178

– 1635 im Elsaß als Sohn eines Juristen geboren. Unter dem Eindruck puritanischer Erbauungsbücher und Johann Arndts Vier Bücher vom wahren Christentum wuchs Spener auf. Selbständige Aneignung des zeitgenössischen Wissens in Philosophie (Justus Lipsius) und Naturwissenschaften schon vor dem Universitätsstudium. – Seit 1651 philosophisches und theologisches Studium an den Universitäten Straßburg und Basel. In Straßburg gründliche Schulung in lutherisch-orthodoxer Dogmatik (Johann Konrad Dannhauer). – In Genf Begegnung mit Jean de Labadie (1610–1674), dem Begründer des separatistischen Pietismus in der reformierten Kirche der Niederlande. – Durch die Reformschrift des Rostocker Theologen Theophil Großgebauer, Wächterstimme aus dem verwüsteten Zion (1661), wurde Spener auf die Verderbnis der Volkskirche hingewiesen. – Von 1666–1686 Senior der lutherischen Pfarrerschaft in Frankfurt a.M. Zunächst Wirken im Sinne der Reformbestrebungen der lutherischen Orthodoxie. Intensives Lutherstudium. – Nach einer Predigt Speners über die falsche Gerechtigkeit der Pharisäer (1669) kam es zur Sammlung ernsthafter Christen im kleinen Kreis. 1670 entstand das Frankfurter Collegium pietatis, von dem der Pietismus als kirchliche Reformbewegung seinen Ausgang nahm. Der führende Kopf des Frankfurter Collegium pietatis war der Jurist Johann Jakob Schütz, der Hauptvermittler des labadistischen Gedankengutes (ecclesiola extra ecclesiam) an den Frankfurter Kreis. Seit 1675 versammelten sich die sog. Saalhofpietisten, die später in die Separation abwanderten. – Als Vorrede zu einer Neuausgabe der Evangelienpostille von Johann Arndt kam 1675, auch separat gedruckt, die Schrift heraus: Pia Desideria oder Hertzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren Evangelischen Kirchen, die sog. Programmschrift des Pietismus. – Von 1686–1691 war Spener Oberhofprediger in Dresden am Hof Kurfürst Johann Georgs III. Reformbemühungen durch öffentliche Katechismusübungen mit Erwachsenen und Kindern. Streitigkeiten zwischen der lutherischen Orthodoxie und der pietistischen Bewegung in Leipzig und Hamburg. Spannungen zwischen Spener und Kurfürst Johann Georg III. – Von 1691–1705 war Spener Konsistorialrat und Propst an der Berliner Nikolaikirche. Hier erreichte er den Gipfel seines kirchlichen Einflusses. Umfangrei179

cher Briefwechsel. 1694 Mitbegründung der preußischen Reformuniversität in Halle an der Saale, die vom Pietismus Speners und Franckes besonders geprägt wurde. – 1705 starb Spener als »Patriarch des Pietismus«. Die »Pia Desideria« – Programmschrift des Pietismus – Die Schrift ist dreigeteilt: 1. Diagnose des verderbten Zustandes der Kirche in allen drei Ständen (Obrigkeit, Predigerstand und Gemeinden). 2. Prognose: Hoffnung besserer Zeiten für die Kirche auf Erden aufgrund der noch ausstehenden biblischen Verheißungen (Judenbekehrung und Fall des päpstlichen Rom). 3. Kirchenreformprogramm in sechs Punkten: 1. Häufiges Lesen der gesamten Bibel und Austausch darüber in eigenen Versammlungen neben dem Gottesdienst (Konventikelvorschlag). 2. Verwirklichung des allgemeinen Priestertums der Gläubigen. 3. Beim christlichen Glauben kommt es vor allem auf die Praxis, weniger auf die Theorie an. 4. Konfessionelle Streitigkeiten sind auf das Notwendige zu beschränken. 5. Reform des Theologiestudiums als Kern der Kirchenreform: gelebter Glaube ist wichtiger als angelerntes Wissen. 6. Die Predigten haben im Sinne Arndts der Förderung des Glaubens und seiner Früchte zu dienen, nicht der Eitelkeit der Prediger und ihrer Gelehrsamkeit. Die auf Luther und Arndt fußenden Reformvorschläge Speners zeigen traditionelle und neue Gesichtspunkte. Das Neue gegenüber der lutherischen Orthodoxie ist: die sog. Hoffnung besserer Zeiten für die Kirche auf Erden (gemäßigter Chiliasmus) und die Wiedereinrichtung der apostolischen Kirchenversammlungen nach 1Kor 14. Seit 1676 faßte Spener sein Kirchenreformprogramm in der Formel »ecclesiola in ecclesia« zusammen. Nicht mehr von der Besserung und Förderung der Unfrommen des großen Haufens, sondern von der Sammlung und Förderung der Frommen erhoffte er sich die Besserung der Kirche. August Hermann Francke (1663–1727) und der hallische Pietismus – Mit dem Wirken Franckes setzte sich der Pietismus als Reformbewegung durch. Vom hallischen Pietismus gehen zahlreiche Impulse auf vielen Gebieten bis in unsere Gegenwart. 180

– Franckes Lebensgang wirkte sich charakteristisch auf den hallischen Pietismus aus. 1663 in Lübeck geboren, empfing er in seiner Jugend am Hof Herzog Ernsts d. Frommen in Gotha wichtige Reformanregungen für die Kirchen- und Schulreform. Sein Bekehrungserlebnis 1687 in Lüneburg markiert die Wende zwischen einem gelehrten Studium und der persönlichen Betroffenheit durch das Wort Gottes. Es bestand in einer Gebetserhörung, bei der sich die tiefsten Zweifel über die Wahrheit der Bibel und die Existenz Gottes plötzlich in eine unerschütterliche Gewißheit verwandelten: »Denn wie man eine Hand umwendet, so war alle mein Zweiffel hinweg.« Eine datierbare Bekehrung und ein vorausgehender »Bußkampf« werden zum Kennzeichen des hallischen Pietismus. Zweifel und Anfechtungen gehören nicht zum Glauben des wiedergeborenen Christen. An der Lehre von der Taufwiedergeburt hielt Francke fest (gegen Großgebauer). – Vor seiner Berufung nach Halle 1692 wirkte Francke an der Leipziger Universität, in Hamburg und in Erfurt. – Im Doppelamt als Pfarrer und Professor an der entstehenden Universität Halle begann das große Reformwerk Franckes mit pädagogischen Initiativen: Aufbau einer Armenschule, eines Waisenhauses und schließlich Schulen für alle Stände (angelehnt an das soziale Drei-Stände-Schema). Auch eine eigene Lehrerbildungsanstalt wurde gegründet. Ziel der Pädagogik Franckes war: »wahre Gottseligkeit« und »christliche Klugheit«, d.h. Frömmigkeit und Tüchtigkeit (Einführung des Realienunterrichts). – Die von Spener geforderte Reform des Theologiestudiums hat Francke in Halle verwirklicht: Ausrichtung auf die praxis pietatis, Konzentration auf die biblische und praktische Theologie bei Einschränkung der konfessionellen Polemik, Verknüpfung von Studium und Praxis durch pädagogische Einsätze der Studenten in Franckes Anstalten. Diese Reformmaßnahmen zogen viele Studenten nach Halle. An der Theologischen Fakultät wirkten neben Francke Paul Anton, Joachim Justus Breithaupt und Joachim Lange. – Der brandenburg-preußische Staat begünstigte den Aufbau von Franckes Anstalten (König Friedrich Wilhelm I.) und verdrängte den Widerstand von seiten der Orthodoxie. – Francke gründete mit Carl Hildebrand von Canstein die erste deutsche Bibelanstalt (1710). Verbilligtes Herstellungsverfahren von Bibeln. Der Pietismus erweist sich damit als Bibelbewegung, der die Bibeln in die Häuser brachte. 181

– Die Reformimpulse Franckes gingen weit über Preußen und über Deutschland hinaus. Sie sind in dem Großen Aufsatz (1704) niedergelegt. Besondere Kontakte bestanden mit Schlesien, Ostpreußen (Universität Königsberg), Baltikum, Skandinavien und ost- und südosteuropäischen Ländern, vor allem Rußland. – Mit dem hallischen Pietismus ist die Entstehung der Äußeren Mission verbunden: die Dänisch-Hallische Mission in Trankebar (Südindien). Die Missionare Bartholomäus Ziegenbalg und Heinrich Plütschau bauten auf damals dänischem Territorium lutherische Gemeinden auf. Dabei ließen sie sich in beachtlicher Weise auf die kulturellen und religiösen Verhältnisse Indiens ein. Die Aktivität des hallischen Pietismus kann mit dem Schlagwort zusammengefaßt werden: »Weltverwandlung durch Menschenverwandlung« (Martin Schmidt). Grundzüge der Theologie Speners und Franckes – Speners Theologie kommt besonders in seinen Predigten zum Ausdruck (Die Evangelische Glaubenslehre, 1688, auf der Grundlage eines Predigtjahrgangs). Fundament ist die lutherische Rechtfertigungslehre. Sie faßt Spener vor allem im Begriff der Wiedergeburt (regeneratio) zusammen, von der er die Erneuerung (renovatio) unterscheidet. Die allein von Gott gewirkte Wiedergeburt versteht Spener als Voraussetzung und Fundament für das Wachsen im Glauben, die Erneuerung, auf die es ihm vor allem ankommt. Die praxis pietatis ist eine »Reise zur Vollkommenheit«, die sich jedoch in diesem Leben nicht vollendet. Das Kirchenverständnis Speners (ecclesiola in ecclesia) kommt von der Unterscheidung von Wiedergeburt und Erneuerung her. Hier legt er den Hauptakzent auf die Besserung der schon wiedergeborenen Christen. Das Festhalten an der lutherischen Rechtfertigungslehre zeigt freilich eine Schwerpunktverlagerung von der Rechtfertigung auf die Heiligung, die im Kontext der zeitgenössischen Reformbestrebungen zu sehen ist. – Auch Franckes Theologie steht in der Tradition Luthers mit einer betont christozentrischen Theologie und einem tiefen Sündenverständnis. Ihm lag vor allem an einem existentiellen Bezug der Heilstatsachen auf den einzelnen Menschen. Durch die Betonung von Bußkampf und einmaliger, benennbarer Bekehrung wirkt sich eine anthropologisch-psychologische Betrachtungsweise aus, die das lutherische simul iustus et peccator nicht durchzuhalten vermag. Gegenüber Luthers Theologie bedeutet dies eine nicht unwesentliche Akzentverschiebung.

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Gottfried Arnold (1666–1714) – Bei Arnold kommt der Einfluß einer mystischen Frömmigkeit sowie des Spiritualismus auf den Pietismus zum Ausdruck. Neben den Kontakten zu Spener zeigt sich bei Arnold jedoch auch schon früh radikal-pietistische Kirchenkritik (Babels Grablied). – Zwei bedeutsame kirchengeschichtliche Werke Arnolds: Die erste Liebe der Gemeinden Jesu Christi (1696) und Unparteiische Kirchen- und Ketzerhistorie (1699/1700). Schon in dem ersten Werk hat Arnold die sog. Verfallstheorie angewandt: die wahre Kirche der miteinander in Glaube und Liebe Verbundenen stehe unter Kreuz und Verfolgung und sei seit dem Urchristentum immer mehr in weltliche Verstrickungen verfallen. – In der Unparteiischen Kirchen- und Ketzerhistorie wendet Arnold diese Verfallsidee auf die gesamte Kirchengeschichte an. Das Christentum sei vor allem seit Kaiser Konstantin immer mehr abgesunken. Schuld daran ist das Bündnis der Kirche mit dem Staat, die Priesterherrschaft und der Dogmenzwang. Der Verfall betrifft keineswegs nur die Papstkirche, sondern auch die reformatorischen Kirchen. Die stillen, friedliebenden, ihren Glauben lebenden Christen bilden die innere Herzenskirche, die sich von den »Mauerkirchen« abhebt. Zu ihnen gehören auch die Ketzer und Abweichler von der Amtskirche, aber die Ketzer werden auch nicht einfach zu Heiligen stilisiert. Maßstab bei Arnold ist eine »unparteiische«, d.h. über den Konfessionen stehende Betrachtungsweise, die den individuellen Ausprägungen des Christentums gerecht zu werden versucht. Arnold warf die Frage nach der Schuld in der Kirchengeschichte auf und öffnete den Blick für das Wirken der Laien und Frauen in der Christentumsgeschichte. Dieses Werk Arnolds ist eines der berühmtesten Werke aus der Geschichte des Pietismus mit nachhaltiger Wirkung in der Zeit von Aufklärung und Klassik. Der radikale Pietismus – In die Geschichte des Pietismus gehören von Anfang an auch kirchenkritische Strömungen, die zur Separation von der Volkskirche aufrufen. Die soziale Gestaltung dieser Strömungen ist unterschiedlich: Es gibt Gemeinschaftsbildung wie extremen Individualismus bis zum Rückzug aus der Welt und Verzicht auf Ehe. Nicht nur an der Institution, sondern auch an der Lehre der Kirche üben die radikalen Pietisten vielfach Kritik: Hauptkennzeichen sind eine Kritik an der Rechtfertigungslehre im Sinne einer Gerechtmachung, chiliastische Zukunfts183

hoffnungen mit der Erwartung des tausendjährigen Reiches (Apk 20) und die Lehre von der Allversöhnung, d.h. Ablehnung der »ewigen Höllenstrafen«. Die Grenzen zwischen radikalem Pietismus und Mystik bzw. Spiritualismus sind oft fließend. – Hauptvertreter(innen) des radikalen Pietismus sind: Johann Jakob Schütz (1640–1690); Johann Wilhelm Petersen (1649–1726) und dessen Ehefrau Johanna Eleonora Petersen, geb. von und zu Merlau (1644–1724); Johann Konrad Dippel (1673–1734); Eva von Buttlar (1670–1710). Auch Gottfried Arnold war in seiner Frühzeit radikaler Pietist, vor seiner Heirat und dem Eintritt ins kirchliche Amt. Zinzendorf und die Herrnhuter Brüdergemeine – Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700–1760) ist neben Spener, Francke und Arnold die vierte Hauptgestalt des deutschen Pietismus. Bedeutsam in seiner Theologie und Frömmigkeit, ging er vor allem als Begründer und Gestalter der Herrnhuter Brüdergemeine in die Geschichte ein. – In Dresden 1700 als Sohn eines Ministers aus österreichischem Adelsgeschlecht geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters wuchs Zinzendorf bei seiner Großmutter Henriette Katharina von Gersdorf auf. Einflüsse von Arndt und Spener sowie mystischer Frömmigkeit. – Von 1710–1716 Besuch des hallischen Pädagogiums, anschließend juristisches Studium an der Universität Wittenberg. Bildungsreise durch Westeuropa: Begegnung mit dem Geist der Frühaufklärung, dem Calvinismus und Jansenismus. – Wichtig für seine Theologie und Frömmigkeit war die Verbindung zum Grafenhof Reuß-Ebersdorf. Die dortige überkonfessionelle »philadelphische Gemeinschaft« verschiedener Christen wurde das Modell für die spätere Herrnhuter Brüdergemeine. – Ab 1722 gestattete Zinzendorf mährischen Glaubensflüchtlingen auf seinem Besitz in der Oberlausitz die Ansiedlung. Es entstand die Siedlung Herrnhut unter Führung des Zimmermanns Christian David. Diese Exulanten waren Nachfahren der alten, aus der hussitischen Bewegung hervorgegangenen Brüderunität.

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– Nach schweren inneren Konflikten erlebte die Gemeinde am 13. August 1727 bei einer gemeinsamen Abendmahlsfeier ihre innere Neugeburt. Durch Zinzendorfs Wirken war die Verbindung zur lutherischen Ortsgemeinde hergestellt, aber auch alte, selbständige Gemeindetraditionen wurden erneuert. – Kennzeichen der Herrnhuter Brüdergemeine: Bewußtsein der engen Verbindung mit dem Heiland, der von Sündenstrafen erlöst und den Zugang zum barmherzigen Vater eröffnet. Ausgeprägtes Gemeindebewußtsein auf der Grundlage einer überkonfessionellen Herzensreligion, die zu Dankbarkeit und Aktivität drängt. Neue gottesdienstliche Formen: Liebesmahl und Fußwaschung. Gemeindegliederung nach Geschlecht und Familienstand in »Chöre« und durch persönliche Zuneigung in »Banden«. Lospraxis: ein Bibelwort oder Liedvers als Losung für den nächsten Tag. – Die weltzugewandte Aktivität des Herrnhuter Pietismus kommt in der spontanen, aus der Gemeinde hervorgehenden Missionsbewegung zum Ausdruck. Durch Verzicht auf konfessionelle Prägung bei den Missionsgemeinden und Unabhängigkeit von Kolonialmächten war die Herrnhuter Mission bald derjenigen aus Halle überlegen. Begonnen in Westindien und Grönland, zogen bis 1760 über 200 Brüdermissionare in viele Gebiete der Erde. – Zinzendorfs »Tropentheorie« beschreibt die christlichen Konfessionen und Gruppierungen als unterschiedliche Erziehungsweisen Gottes (τρόποι παιδείας). In den Konfessionen will die Herrnhuter Brüdergemeine als eine besondere Gemeinschaft zum Segen der ganzen Christenheit wirken. Durch die vielen Reisen Zinzendorfs entstanden zahlreiche Tochtergründungen Herrnhuts. – Die Theologie Zinzendorfs erneuert die theologia crucis Luthers: Gotteserkenntnis gibt es nur durch Christus am Kreuz, Ablehnung jeder rationalen Gotteserkenntnis: »Wer Gott im Kopfe weiß, der wird ein Atheist«; »Ohne Jesus wäre ich Atheist«. Die christliche Heilszuversicht entsteht durch emotionale Betroffenheit gegenüber dem Gekreuzigten und seinem stellvertretenden Strafleiden. Sie findet in religiösen Gefühlserlebnissen ihren Ausdruck (»Blut- und Wundentheologie«). Bekannt wurden vor allem seine Berliner Reden von 1738. – Sowohl die Herrnhuter Brüdergemeine wie auch die Theologie Zinzendorfs hatten in Aufklärung und Klassik (Lessing, Goethe und Herder) und in der Theologiegeschichte des 19. Jh.s eine bedeutende Wirkung. Schleiermacher nannte sich einen »Herrnhuter höherer Ordnung«.

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Pietismus am Niederrhein und in Württemberg – Im reformierten Protestantismus am Niederrhein wirkten Theodor Undereyck (1635–1693) und Gerhard Tersteegen (1697–1769). Am Niederrhein zeigt der Pietismus, besonders bei Tersteegen, eine mystisch-seelsorgerliche Ausrichtung. – Von allen deutschen Ländern ist besonders Württemberg vom Pietismus geprägt worden. Pietistische Innerlichkeit verbindet sich hier mit grüblerischspekulativen Aspekten. Bedeutsam sind: Johann Albrecht Bengel (1687–1752), vor allem durch seine bibelwissenschaftlichen Arbeiten (Griechisches NT, 1737 und Gnomon Novi Testamenti, 1742). Sodann der von Jakob Böhme beeinflußte Friedrich Christoph Oetinger (1702–1782). Hauptwerk: Theologia ex idea vitae deducta, 1765. Wurzeln und allgemeine Charakteristik der Aufklärung – Als eine im 17. Jh. entstehende europäische Bewegung hat die Aufklärung ihre älteren Traditionszusammenhänge: die kirchenkritischen Bewegungen des Hochmittelalters und die Renaissance des 15. und 16. Jh.s. – Im 17. Jh. wirkten bei der Entstehung der Aufklärung zahlreiche Faktoren zusammen: Träger der Aufklärung war das reich und selbstbewußt gewordene Bürgertum in den Städten sowie Beamten- und Adelskreise an den Höfen. Hier entstand ein rationales, zweckorientiertes Denken im Wirtschaftsleben, in Naturwissenschaften und Technik, in der Rechts- und Staatsauffassung. Historische Parallelität zwischen Aufklärung und fürstlichem Absolutismus. – Die Aufklärung beginnt als Denkbewegung in der westeuropäischen Philosophie des 17. Jh.s und bestimmt den allgemeinen Zeitgeist im 18. Jh. Aber die Aufklärung ist nicht nur eine geistige Bewegung. Gegenüber der »Krise« in der ersten Hälfte des 17. Jh.s, die durch Klimaverschlechterungen und Bevölkerungsstagnation gekennzeichnet ist, macht sich seit 1650 ein erheblicher Bevölkerungsanstieg bemerkbar. Aufschwung von Wirtschaft und Handel in Westeuropa. – Blickte der Erneuerungswille des Pietismus oft in eine bessere Vergangenheit, so wird für das Lebensgefühl der Aufklärung der optimistische Blick in die Zukunft charakteristisch. Diese Erwartung einer Vervollkommnung aller menschlichen Geschichte schließt die Heilsgeschichte des Christentums ein. Dadurch erhebliche Spannung zur Geschichtlichkeit der Offenbarung in Jesus Christus: Hauptherausforderung der Aufklärung für Kirche und Theologie. 186

Die westeuropäische Aufklärung Holland – In Holland entstanden die ersten neuzeitlichen philosophischen Systeme. Der Freiheitskampf gegenüber Spanien, der Späthumanismus (»Neustoizismus«) und der wirtschaftliche und kulturelle Aufstieg im reich gewordenen Handelsbürgertum schufen die Voraussetzungen für Gewissensfreiheit und Toleranz. Holland wurde zur »Arche der Verfolgten« in Europa. – Der Franzose René Descartes (1596–1650) bringt mit seiner Philosophie das neuzeitliche Selbstbewußtsein des Menschen zum Ausdruck: mittels der Vernunft vergewissert er sich seiner selbst (»cogito ergo sum«) und versteht die ihn umgebende Welt als Objekt in seiner Verfügungsmacht (Geist-Materie-Dualismus). Die Philosophie wird aus der Magd der Theologie (ancilla theologiae) zu einer wissenschaftlichen Grunddisziplin, die sich auf sinnlich erfahrbare Beobachtungen und rationale Prinzipien gründet. Hauptwerk: Meditationes (1641). – Bei Baruch Spinoza (1632–1677) zeigt sich der kritische Geist gegenüber der christlichen Tradition. Hauptwerk: Tractatus theologico-politicus (1670). Christliche Religion gründet sich auf Liebe und Ehrfurcht, nicht auf Dogmen und Wunder. Das AT ist für ihn das Geschichtsbuch des Volkes Israel. Gegenüber dem Dualismus Descartes identifiziert Spinoza Gott mit der Natur bzw. der Substanz: »deus sive natura«. Der Pantheismus Spinozas (Aufhebung des Unterschiedes von Gott und Welt) wurde eine starke kritische Herausforderung für die neuere Theologie- und Geistesgeschichte. England – Der neue Geist machte sich hier schon im 17. Jh. bemerkbar: Herbert von Cherbury (1581–1648) legt in seinem Werk De veritate (1625) die Grundzüge einer natürlichen Religion dar. – Der Philosoph John Locke (1632–1704) ist der klassische Vertreter der englischen Erfahrungsphilosophie. Sein Christentumsverständnis ist auf Toleranz, Tugend und Moral gegründet. Das Verhältnis von Offenbarung und Vernunft ist harmonisch ausgeglichen: die Glaubenswahrheiten können wohl über-, aber nicht widervernünftig sein. – Im englischen Deismus (ab 1700) wird die Kritik an der Bibel immer schärfer: Sie gilt den Deisten nicht mehr als Urkunde einer über die Vernunft und die 187

Natur hinausgehenden Offenbarung. Der Deismus hält am Schöpfungsglauben fest, verneint aber das Eingreifen Gottes in den Lauf der Welt. – Die beiden wichtigsten Schriften des englischen Deismus sind: John Toland, Christianity not mysterious (1696) und Matthew Tindal, Christianity as old as the creation (1730). Das Christentum enthält nichts Geheimnisvolles, was der menschlichen Vernunft entgegenstünde. Das bedeutet Kritik an den neutestamentlichen Wundern bis zu den Auferstehungsberichten, vor allem auch Kritik am AT. In den deistischen und antideistischen Streitschriften ging es vor allem um das Verständnis der biblischen Wunder, der alttestamentlichen Weissagungen auf Christus und den Begriff des Kanons. Es sind die Hauptproblemstellungen der europäischen Bibelwissenschaft des 18. Jh.s. – In Frankreich und Deutschland war die Wirkung des deistischen Streites wesentlich stärker als in England selbst. Die anglikanische Staatskirche war gefestigt genug, um die radikale Kirchenkritik abzuweisen. In der englischen Theologie konnte sich das geschichtliche Denken früh durchsetzen, weil hier die Verbalinspirationslehre der Schrift nicht wie in Deutschland vorherrschend war. Frankreich – Die französische Aufklärung bricht mit den traditionellen Mächten der absolutistischen Herrschaft und der Kirche am radikalsten. Die enge Verbindung der Kirche mit dem Ancien Régime ließ sie zur Hauptfeindin der französischen Aufklärer werden. – Der Franzose Pierre Bayle (1647–1706), der nach Holland floh, schrieb eines der kritischen Grundwerke der europäischen Aufklärung: Dictionnaire historique et critique (1695–1697). – Hauptrepräsentant der französischen Aufklärung ist Voltaire (1694–1778). Große Wirkung im französischen Bürgertum als Vorkämpfer für Geistesfreiheit, Toleranz und Menschenrechte. Als Anhänger des englischen Deismus brachte er von seinem Englandaufenthalt 1726–1728 die Gedanken des Deismus nach Frankreich und verwendete sie als Kampfmittel gegen die katholische Kirche (»Écrasez l’infâme!«). Die politische Situation in England stellte er als Vorbild für Frankreich hin. Sein Essay über die Sitten (1754–1758) bricht mit der bisherigen biblisch orientierten Menschheitsgeschichte und stellt in skeptischer Haltung die kulturelle Verschiedenartigkeit heraus, ohne Orientierung an ideellen Maßstäben. 188

– Die 35bändige Enzyklopädie (hg. von Diderot und d’Alembert, 1751–1780) vermittelte die aufklärerischen Ideen an das französische Bürgertum. Von der Antikirchlichkeit Voltaires, der an einem allgemeinen Gottesglauben festhielt, schritt man hier zum direkten Atheismus und Materialismus weiter (de Lamettrie und Baron von Holbachs Système de la nature, 1770). – Jean Jacques Rousseau (1712–1778) steht an der Grenze der Aufklärung: Die Quelle für das Glück der Menschheit liegt nicht in der rationalen Erkenntnis, sondern in den Gefühls- und Gemütskräften des natürlichen Menschen (Programm »Zurück zur Natur!«). Der ursprüngliche Mensch sei von Geburt an gut. Gesellschaft, Kultur, Staat und Religion verbilden die natürliche gute Anlage des Menschen. In seinem Gewissen ist der universale Wille (volonté générale) angelegt. Mit zwei Schriften erzielte Rousseau eine große Wirkung: Du contrat social (1762): Programm einer idealen, natürlichen Staatsordnung. Emile (1762): Ideal einer naturgemäßen Erziehung. Allerdings schloß Rousseau zur Durchsetzung seiner Ideale die Gewalt nicht aus. Er gilt deshalb als ein geistiger Vater der Französischen Revolution. Die Eigenart der deutschen Aufklärung – Die philosophische und theologische Aufklärung in Deutschland zeigt gegenüber Westeuropa charakteristische Unterschiede. Das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung wird nicht durch spannungsvolle Gegensätze, sondern durch harmonische Ergänzung bestimmt. Die aufklärerischen Gedanken sind in Deutschland nicht grundsätzlich andere als in Westeuropa, aber ihnen fehlt die politische Sprengkraft und die kritisch-feindselige Haltung gegenüber der Kirche. – Für diesen Unterschied gibt es sowohl allgemein- wie theologiegeschichtliche Gründe. Infolge des Dreißigjährigen Krieges ist die Entwicklung Deutschlands gegenüber Westeuropa weit zurückgeworfen. Durch die konfessionelle und politisch-kulturelle Zersplitterung breitet sich die deutsche Aufklärung vor allem in protestantischen Gebieten, an fürstlichen Residenzen und an den Universitäten aus. Pietismus und Aufklärung treten in Deutschland fast gleichzeitig auf. Der Kampf des Pietismus gegen die Orthodoxie hat der Aufklärung in Deutschland in den praktischen Reformzielen wesentlich den Weg geebnet. Die theologische Aufklärung ist in Deutschland weniger ein theoretischer Prozeß, als vielmehr eine praktische Reformbewegung ähnlich dem Pietismus (Klaus Scholder). 189

Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) und der Beginn der Aufklärung in Deutschland – Leibniz steht am Beginn der deutschen Aufklärungsphilosophie mit erheblichen Wirkungen auf die Theologie. Mit seinem an Platon orientierten, umfassenden Denken war er ein Philosoph von europäischem Rang (Veranlassung der Gründung der Akademie der Wissenschaften in Berlin und St. Petersburg). – Leibniz ging es um die Konformität von Glaube und Vernunft. Vernunft und Offenbarung, Philosophie und Theologie, Leib und Seele müssen in ihren harmonischen Zusammenhängen gedacht werden (»prästabilierte Harmonie«). – Die Bedingung für diese Harmonie ist die Unterscheidung von notwendigen, ewigen Wahrheiten und tatsächlichen Wahrheiten. Zu den ersteren zählt Leibniz die geometrischen Gesetze, aber auch die vollkommene Weisheit, Güte und Macht Gottes. Hier kann es keinen Widerspruch zwischen Offenbarung und Vernunft geben, da die Vernunft diese Wahrheiten als denknotwendig erweist. Freilich ist damit die Offenbarung der Vernunft, die Theologie der Philosophie untergeordnet. Bei den tatsächlichen Wahrheiten (z.B. Naturgesetze) kann es zur Durchsetzung einer höheren Ordnung, zur Durchbrechung der Naturgesetze kommen. So versucht Leibniz die Übervernünftigkeit der Wunder als denkmöglich hinzustellen. – Das umfassende Denken von Gott, Welt und Mensch kommt bei Leibniz besonders in seiner Monadenlehre zum Ausdruck. »Die Monaden sind die wahren Atome der Natur und mit einem Wort, die Elemente der Dinge.« Die Monaden sind unteilbare, ursprüngliche Einheiten. Jede Monade besitzt für sich selbst ein inneres Gesetz und ist mit den anderen Monaden in einer »prästabilierten Harmonie« aufeinander abgestimmt. Leibniz kann damit sowohl der mechanischen Naturwissenschaft wie einer philosophisch-idealistischen Weltbetrachtung eine Berechtigung zuerkennen. – Das Problem der Theodizee, die Rechtfertigung Gottes angesichts des Übels in der Welt, löst Leibniz mit der These, daß unsere Welt »die beste aller möglichen Welten« ist. Auch das Übel gehört zur Welt. Die Vernunft vermag jedoch das Gute und Göttliche als die eigentliche Gestalt der Welt zu erkennen. Die optimistische Weltsicht von Leibniz vermochte die Sünde nur als das unvollkommene Gute zu begreifen.

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Christian Wolff (1679–1754) und der theologische Wolffianismus – Der von Leibniz herkommende Philosoph Christian Wolff war ein besonders einflußreicher Denker der deutschen Aufklärung. Seit 1707 wirkte er an der Universität Halle. Die Universitäten Halle und Göttingen sind die geistigen Zentren der deutschen Aufklärung. – Für die Philosophie Wolffs ist eine umfassende, rationalistische Metaphysik charakteristisch, die auf einer mathematisch-demonstrierenden Methode aufbaut. Mit Hilfe vernünftiger Einsicht kann die Existenz Gottes bewiesen werden. Die Offenbarung ergänzt die Vernunft, sie kann ihr nicht widersprechen, da sie »übervernünftig« ist. Die inhaltlichen Lehren der Offenbarung tastete Wolff nicht an, aber die Vernunft war es nun, die der Offenbarung ihre Möglichkeiten und Grenzen aufzeigte. Sein Verständnis des Christentums war ganz auf die Stärkung der moralischen Kräfte im Menschen ausgerichtet, einer »übernatürlichen« Offenbarung bedurfte es dazu nicht. – Die Beweise für die Vollkommenheit Gottes bei Wolff zeigen sich auch in der sog. Physikotheologie, in der die ganze Welt als der Spiegel von Gottes Vollkommenheit gesehen wurde. Alle Dinge dieser Welt haben einen von Gott bestimmten Zweck, so daß die Schöpfung die Vollkommenheit des Schöpfers widerspiegelt. – Der Gegensatz zwischen Aufklärung und Pietismus zeigt sich besonders deutlich bei der Vertreibung Wolffs aus Halle (1723). Am Beispiel der Sittenlehre der Chinesen hatte Wolff in einer Rede nachgewiesen, daß sich die Moral allein auf die Vernunft unabhängig der Offenbarung gründe, was den erheblichen Protest August Hermann Franckes hervorrief. – Die von Wolff beeinflußten Theologen werden dem sog. Wolffianismus bzw. der Übergangstheologie zugeordnet. Es sind Theologen in der ersten Hälfte des 18. Jh.s im Übergang vom Pietismus zur Aufklärung. Sie versuchen sowohl der orthodox-pietistischen Tradition wie auch der Vernunft und der natürlichen Religion gerecht zu werden, wobei die Akzente unterschiedlich gesetzt sind und auch die Stellung zu Wolff verschieden ist. – Bedeutsam ist Siegmund Jakob Baumgarten (1706–1757), der Lehrer Semlers in Halle. Baumgarten kam aus dem hallischen Pietismus und bemühte sich um eine vernünftig-logische Darstellung der orthodoxen Dogmatik im Sinne der Demonstrationsmethode Wolffs. An der Lehre von der Verbalinspiration der Schrift hielt er fest, war aber überzeugt, daß die natürliche Gotteserkenntnis auf die Offenbarung hinführe. Mit seinen Nachrichten von einer Hallischen Bi191

bliothek (1748–1751) machte er die kritischen Werke der westeuropäischen Bibelwissenschaft in Deutschland bekannt. – Weitere Theologen: Johann Lorenz Schmidt (1702–1749), der Verfasser der Wertheimer Bibel. Die alttestamentlichen Weissagungen auf Christus wurden darin bestritten, das löste einen heftigen Streit aus. Hermann Samuel Reimarus (1694–1768), Hamburger Gymnasialprofessor, der durch die Wertheimer Bibel zu seiner höchst kritischen Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes veranlaßt wurde (Fragmentenstreit s.u.). – Beeinflußt von Wolff, aber mit teilweiser kritischer Abgrenzung, sind vor allem mit biblischen und kirchenhistorischen Arbeiten hervorgetreten: Johann Lorenz von Mosheim (1694–1755), er wirkte in Helmstedt und Göttingen und führte die pragmatische Methode in die Kirchengeschichte ein, womit er der Begründer der neueren Kirchengeschichtswissenschaft wurde. Christoph Matthäus Pfaff (1686–1760) entwickelte maßgeblich die kirchenrechtliche Theorie des Kollegialismus. Johann Georg Walch (1693–1775) wurde bekannt durch die Edition einer großen Lutherausgabe (1740–1753). Johann Salomo Semler (1725–1791) und die Neologie – Die Neologie stellt den Höhepunkt der deutschen Aufklärungstheologie in der zweiten Hälfte des 18. Jh.s dar. Im Verhältnis zwischen Vernunft und Offenbarung tritt das Eigengewicht der kritischen Vernunft immer stärker hervor. Hauptkritikpunkt ist die altprotestantische Schriftlehre. – Der Begründer der historisch-kritischen Theologie in Deutschland ist Johann Salomo Semler. Er gilt als der bedeutendste Theologe der deutschen Aufklärung. Mit seinem Werk ist die Wende vom Alt- zum Neuprotestantismus markiert. Durch die konsequente Anwendung der Methode der historischen Kritik ist Semlers Theologie von Orthodoxie und Pietismus deutlich abgegrenzt. Aber auch gegenüber der radikalen Aufklärung und dem Naturalismus erhebt der »fromme Aufklärer« Semler Einspruch. Die Eigenart der deutschen Aufklärung kommt somit bei Semler besonders klar zum Ausdruck. – Hauptwerk Semlers, der seit 1752 in Halle lehrte, ist die Abhandlung von freier Untersuchung des Kanon (1771–1775). Die Erkenntnis der relativ späten Entstehung und historischen Bedingtheit des neutestamentlichen Kanons führte zur Aufgabe des gesetzlichen Kanonverständnisses und der Verbalinspirations192

lehre. In der zum Kanon gewordenen Heiligen Schrift ist das Wort Gottes zwar enthalten, aber es darf nicht mit der Schrift identifiziert werden. Bei der Schriftinterpretation sei auch die »Akkomodation« zu beachten, d.h. die Anpassung des frühen Christentums an die religiöse Umwelt. – Diese historische Arbeit führte Semler zu der wegweisenden Unterscheidung von Theologie und Religion. Theologie ist jetzt eine veränderliche, korrekturbedürftige, entwicklungsfähige Fachangelegenheit für Pfarrer und Lehrer. Religion dagegen meint die Zustimmung zu den Grundwahrheiten der biblischen Religion, Frömmigkeit und Nächstenliebe als Angelegenheit für alle Christen. Semler ging es mit dieser Unterscheidung um ein doppeltes Ziel: Freiheit für die akademische Theologie bei gleichzeitigem Respekt vor der »Heilsordnung« als Inbegriff der göttlichen Offenbarung. – Die Unterscheidung von Theologie und Religion hat Semler noch weiter in die Unterscheidung von öffentlicher Religion und Privatreligion differenziert. Die öffentliche Religion hat in den Bekenntnisschriften ihre Grundlage, während die Privatreligion die individuelle Form des christlichen Glaubens darstellt. Semler ist für die Freiheit der christlichen Privatreligion eingetreten und hat mit seinem Versuch einer freieren theologischen Lehrart (1777) Freiheit für die theologische Forschung gefordert. Gleichzeitig wollte er aber den christlichen Glauben nicht einem willkürlichen Individualismus ausliefern. So hat Semler dem Wöllnerschen Religionsedikt von 1788 zugestimmt, das die Verpflichtung der Pfarrer und Lehrer auf die Bekenntnisschriften forderte. – Die Theologen neben Semler nahmen z.T. gegenüber der Tradition eine kritischere Haltung ein, waren sich jedoch in dem Ziel der Förderung eines undogmatischen, moralischen Christentums der allgemeinen Wohltätigkeit und Menschenliebe einig. Wichtige Neologen sind: Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem (1709–1789) mit seinen Betrachtungen über die vornehmsten Wahrheiten der Religion und Johann Joachim Spalding (1714–1804) mit seinem einflußreichen Werk Über die Nutzbarkeit des Predigtamtes und deren Beförderung. Diese meist in kirchlichen Ämtern stehenden Theologen wirkten vor allem durch ihre Predigten im Sinne einer zeitgemäßen, sozialethischen Interpretation des Christentums. Fragmentenstreit – Auch in Deutschland gibt es radikale Aufklärer, die jede übernatürliche Offenbarung ablehnen und vom Rationalismus bis zum Spiritualismus bzw. Spinozismus fortschreiten, z.B. Karl Friedrich Bahrdt (1741–1792). 193

– Der radikale Angriff auf das Christentum kommt in Deutschland jedoch vor allem durch die Veröffentlichung der Fragmente eines Ungenannten zum Ausdruck. Zwischen 1774 und 1778 gab Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) aus der Wolfenbütteler Bibliothek Auszüge aus der Schrift des Hamburger Gymnasiallehrers und Orientalisten Reimarus Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes heraus. Der schon 1768 verstorbene Reimarus übte in dieser Schrift scharfe Bibelkritik, stellte die Betrugsthese auf, nach der die Entstehung des Christentums reiner Jüngerbetrug gewesen sei. Lessing wollte mit dieser Veröffentlichung eine Diskussion erreichen über die eigentliche Bedeutung und das Wesen des Christentums. Dazu kam es nicht, die Gegensätze zwischen Spätorthodoxie und idealistischer Aufklärung waren zu tief. Die Veröffentlichung der Fragmente eines Ungenannten lösten einen heftigen Streitschriftenkrieg aus, an dem sich auch der Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze und Semler beteiligten und Lessing persönlich angriffen. – Lessings Position kommt in dem berühmten Satz zum Ausdruck: »Zufällige Geschichtswahrheiten können der Beweis von notwendigen Vernunftwahrheiten nie werden« (Über den Beweis des Geistes und der Kraft, 1777). Hier knüpft Lessing an die Unterscheidung von notwendigen und tatsächlichen Wahrheiten bei Leibniz an. Die historischen Inhalte der Bibel können den Beweis des Geistes und der Kraft nicht führen, denn sie leuchten nicht mit unbedingter Notwendigkeit ein. Die positiven Religionen sind Stationen für einen göttlichen Erziehungsprozeß, dessen Ziel die wahre Religion der Liebe und der Vernunft ist (Die Erziehung des Menschengeschlechts, 1780). Das kommt auch in der Ringparabel des Nathan zum Ausdruck.

Höhepunkt und Überwindung der Aufklärung – Mit Immanuel Kant (1724–1804) erreicht die Aufklärung zugleich ihren Höhepunkt und ihre Überwindung. Berühmt wurde seine Definition in seiner kleinen Schrift Was ist Aufklärung? (1784): »Aufkärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen.« Mit seiner Kritik der reinen Vernunft (1781) übt Kant Kritik an der bisherigen Metaphysik und den Gottesbeweisen. In seiner Kritik der praktischen Vernunft (1788) kommt er zu einem neuen Verständnis der Metaphysik: Die theoretische Vernunft kann die Trias Gott, Freiheit und Unsterblichkeit nicht begründen, sie sind aber notwendige Postulate der praktischen Vernunft. In seiner Religionsphilosophie (Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, 194

1793) kritisiert Kant die nur äußerliche Religionsausübung der historischen Kirchen. – Mitten im Aufklärungsjahrhundert zeigt sich der neue Geist eines Denkers, der die Fragestellungen der Aufklärung überwindet und Kritik an Kant übt: Johann Georg Hamann (1730–1788). Das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung, Sünde und Gnade wird auf eine völlig neue Stufe gestellt. Durch intensive Bibellektüre erlebte Hamann 1758 in London eine »Bekehrung«, die ihn zu einer neuen Selbsterkenntnis führt: Nicht die abstrakt-theoretische, außerhalb des Glaubens stehende Vernunft entschleiert die Rätsel unseres Daseins, sondern alle unsere Erkenntnis hat ihren Angelpunkt in der Menschwerdung Gottes, in der Herablassung Gottes in die Leibhaftigkeit und Konkretheit der irdischen Existenz (Kondeszendenz). Hamann ist im 18. Jh. derjenige, der sich am intensivsten mit der Theologie Luthers beschäftigt hat. Die Aufklärung in der katholischen Kirche – Das Papsttum erlebte einen Tiefpunkt seines politischen und geistigen Einflusses. Vor allem der Jesuitenorden wurde durch sein politisches Machtstreben sowohl von den Regierungen wie auch von der Kirche selbst immer mehr als Belastung empfunden. – In der ersten Hälfte des 18. Jh.s kommt es dennoch zu einigen verspäteten Aktionen im Geiste der Gegenreformation: Verfolgungen der »Kirche der Wüste« in Frankreich und die Vertreibung der Evangelischen aus dem Erzbistum Salzburg 1731. Auch die jansenistischen Streitigkeiten brachen wieder auf. 1713 verdammte eine päpstliche Bulle den Augustinismus. Sie kam unter jesuitischem Einfluß zustande und löste einen Sturm der Entrüstung in Frankreich aus. – Auch in anderen Ländern wurde der Kampf gegen die Jesuiten immer heftiger, so in Portugal und Spanien. Papst Clemens XIV. mußte schließlich 1773 den Jesuitenorden aufheben. – Der Begriff »Josephinismus« zeigt jedoch, daß die Aufklärung auch in das Innere der katholischen Kirche einzudringen vermochte. Unter Joseph II. (1780– 1790) wurde der Versuch unternommen, die Kirche in Österreich unter die Herrschaft des aufgeklärten Absolutismus zu bringen. Das bedeutete völlige Unabhängigkeit von Rom, Verringerung der Zahl der Klöster, Reform der theologischen Ausbildung des Klerus, Vereinfachung des Kultus im Sinne einer vernünftig-moralischen Frömmigkeit. Durch das Toleranzpatent von 1781 wurde auch den Protestanten die bürgerliche Gleichberechtigung und das Recht 195

auf Religionsausübung verliehen. Später ist dieses nationalkirchliche Reformwerk weitgehend wieder zurückgenommen worden. – In Deutschland waren vor allem die rheinischen Erzbistümer und die fränkischen Bistumer Würzburg und Bamberg vom Geist der Aufklärung erfaßt. Die Bestrebungen liefen auch hier in Richtung eines volkstümlichen Reformkatholizismus und eines gegenüber Rom selbstbewußten Episkopalismus. Der Trierer Weihbischof von Hontheim (Pseudonym »Justinus Febronius«) stellte 1763 folgende Forderungen auf: nur das Bischofskonzil, nicht der Papst ist unfehlbar, päpstlicher Primat bedeutet nur einen Ehrenvorrang, die deutsche Kirche solle von Rom unabhängig sein. In der Emser Punktation (1786) wurden die Reformforderungen zusammengefaßt. Uneinigkeit unter den Bischöfen und fehlende Unterstützung von seiten der katholischen Staaten führten jedoch zum Sieg der römischen Kurie über den Febronianismus. Literaturhinweise BEUTEL, A.: Kirchengeschichte im Zeitalter der Aufklärung. BRECHT, M.: Philipp Jakob Spener, sein Programm und dessen Auswirkungen, in: Geschichte des Pietismus, Bd. 1, 279–389. FITSCHEN, K.: Der Katholizismus von 1648 bis 1870, 26–96. GERICKE, W.: Theologie und Kirche im Zeitalter der Aufklärung, 70–136. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 2, § 18, 6.–16., 680–736. HORNIG, G.: Johann Salomo Semler, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 8, Die Aufklärung, 267–279. HORNIG, G.: Neologie und Aufklärungstheologie, in: Handbuch der Dogmenund Theologiegeschichte, Bd. 3, 125–146. KRUMWIEDE, H.-W.: Geschichte des Christentums III, 73–102. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 274–306. WALLMANN, J.: Der Pietismus, 36–143. WALLMANN, J.: Kirchengeschichte Deutschlands seit der Reformation, 123– 171.

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XVIII.

Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

Einstieg Die gesamtgeschichtliche Situation vor und nach der Französischen Revolution mit ihren Folgen zeigt so große Wandlungen, daß man mit Recht von der Epoche um 1800 spricht, einer tiefen Zäsur, von der die weitere geschichtliche Entwicklung nachhaltig bestimmt wird. Der Untergang des absolutistischen Staates und die Ausrufung der Republik durch den Konvent brachte den entscheidenden politischen Umbruch, in dessen Verlauf die Herrschaft im Staate von der Aristokratie auf das Bürgertum überging. Die revolutionäre Umgestaltung der bisherigen Verhältnisse im staatlichpolitischen Bereich muß im Zusammenhang mit dem Wandel gesehen werden, der sich auf wirtschaftlich-sozialem Gebiet schon während des 18. Jh.s vollzogen hatte. Technische Erfindungen schufen die Voraussetzungen für eine industrielle Produktion, die das Leben der Menschen in Stadt und Land tiefgreifend veränderte. Auch in kulturell-geistiger Hinsicht ist die Französische Revolution für die Gebildeten um 1800 das Ereignis schlechthin, dem entweder in begeisterter Zustimmung oder leidenschaftlicher Ablehnung begegnet wurde. Lange zurückreichende geistesgeschichtliche Traditionen vor ihr, kirchenkritische Strömungen des Mittelalters, Renaissance, Humanismus und europäische Aufklärungsphilosophie, traten mit dem revolutionären Geschehen in Frankreich in direkte Verbindung. Endlich konnten diese Ideen ihre politisch-gesellschaftliche Verwirklichung finden. Aber der Fortgang der Revolution und ihre Folgen, die diktatorische Schreckensherrschaft und die gewaltsame Unterjochung der europäischen Völker unter die Vormacht Frankreichs, riefen vielfältige Gegenreaktionen hervor, die zur Restauration der vorrevolutionären Zustände drängten. Die geistigen Positionskämpfe des 19. Jh.s sind somit wesentlich mit der jeweiligen Stellung zur Französischen Revolution verbunden. Auch in der Kirchen- und Theologiegeschichte markiert die Epoche um 1800 einen tiefen Einschnitt. Nicht aus der innerkirchlichen Entwicklung selbst, sondern durch das Eigengewicht der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren und ihrer Einwirkung auf Kirche und Theologie, wird die kirchenge197

schichtliche Epochenwende um 1800 verständlich. Der vielschichtige Prozeß der langsamen, aber unaufhaltsamen Loslösung aller weltlichen Faktoren von dem früher beherrschenden kirchlich-theologischen Einfluß wurde durch die Französische Revolution erheblich beschleunigt und erfaßte vor allem immer breitere Bevölkerungsschichten. Dieser Säkularisierungsprozeß bezeichnet die spezifisch neuzeitliche Situation, in der sich Kirche und Theologie seit spätestens der Aufklärung befinden. Durch die Industrialisierungswellen des 19. Jh.s mit ihren tiefen Eingriffen in die Lebenssituation der Menschen in den schnell wachsenden Städten waren die Kirchen ganz besonders herausgefordert. Die rasch zunehmende Entfremdung der Kirche in der städtischen Bevölkerung ging mit einer sozialen Entwurzelung einher, auf die die Kirchen in ihrer bisherigen Organisationsstruktur verständlicherweise nur unzulänglich reagieren konnten. Die großen Probleme der Inneren Mission und der sozialen Frage im 19. Jh. sind nur von einzelnen Theologen und vor allem von Laien aufgegriffen worden, die ihren Glauben in praktischer Nächstenliebe bezeugten. In der Erweckungsbewegung hatte eine enorme Missionsaktivität im 19. Jh. ihren Ursprung, die zunächst von eigenständigen Missionsgesellschaften ausging, seit der Mitte des Jahrhunderts aber auch immer mehr als Angelegenheit der Kirche selbst verstanden wurde. Durch die Französische Revolution war ein Überlegenheits- und Sendungsbewußtsein Frankreichs entstanden, ein Nationalismus, der durchaus religiöse Züge trug. Dieses moderne Phänomen des Nationalismus konnte sich jedoch auch, anders als in Frankreich, mit der Kirche verbinden, so z.B. in Preußen während der Befreiungskriege gegen Napoleon. Im Kampf für »Gott, König und Vaterland« haben sich dann sowohl der politische Konservativismus wie Nationalismus, aber auch der für eine freie Wirtschaft kämpfende Liberalismus zusammengefunden. Die neue Wertung der Geschichte schien zunächst die Kirchen im allgemeinen Bewußtsein aufzuwerten, war doch ihre Existenz durch alle Wandlungen hindurch, auch durch die Stürme der Revolution, ein lebendiger Beweis für Kraft und Beständigkeit jahrhundertealter Traditionen. Aber im Rückgriff auf die Geschichte sehnte man sich nicht nur in das christliche Mittelalter zurück oder befriedigte vielfache historische Interessen, sondern mit dem Historismus entstand eine Weltanschauung, die alles Gegebene aus seiner Entwicklung begriff und damit die modernen Phänomene des Relativismus und Nihilismus mit heraufführte. Das geistige Grundproblem des 18. Jh.s, das Verhältnis von Glaube und Vernunft bzw. Natur, verwandelte sich nun in das Verhältnis von Glaube und Geschichte. Dieses Problem stellt für die Kirchen und ihre Theolo198

gie wohl die schwerste Herausforderung dar, die ihnen seit dem 19. Jh. aufgegeben wurde. Grundaspekte Von der Französischen Revolution zum Wiener Kongreß – die Epoche um 1800 Die Französische Revolution – Der Wechsel vom 18. zum 19. Jh. stellt einen entscheidenden kirchengeschichtlichen Einschnitt dar. Man spricht von der Epoche um 1800. – Die sozialen Konflikte und die gesellschaftspolitische Sprengkraft der französischen Aufklärung führten zur Französischen Revolution 1789. Mit der Zerschlagung des absolutistischen Staates und der Herrschaftsübernahme durch das Bürgertum war auch die mit dem alten Regime zutiefst verbundene Kirche aus dem staatlich-gesellschaftlichen Leben ausgeschaltet worden. Zum ersten Mal war damit in Europa die jahrhundertealte Verbindung von Staat und Kirche aufgelöst. Im Unterschied zu Frankreich führte die schon vor der Französischen Revolution erfolgte Trennung von Staat und Kirche in den Vereinigten Staaten von Amerika (losgetrennt von England 1776) nicht zu einer kirchenfeindlichen Haltung. Das Christentum und die staatsfreien Kirchen wurden hier vielmehr ein wichtiger Faktor in Volk und Politik. – Wichtige kirchenpolitische Maßnahmen der Nationalversammlung (1789– 1792): Erklärung des Kirchengutes zum Nationaleigentum, Auflösung sämtlicher Klöster und Orden, Zivilverfassung für die Geistlichkeit. Inhalt der Zivilverfassung: Unterstellung der kirchlichen Verwaltung unter die staatliche, Wahl von Bischöfen und Priestern durch die Bürger, Festlegung der Gehälter für die Geistlichen, Entbindung vom Gehorsam gegenüber einer geistlichen Obrigkeit außer Landes (gegen den Primat des Papstes gerichtet, gallikanische Tradition!), Forderung eines Treueeides auf Nation und Verfassung für alle Geistlichen. Heftiger Widerstand im Klerus gegen diese Anordnungen. – Kirchen- und christentumsfeindliche Maßnahmen des Konventes (1792– 1794): Aufhebung der christlichen Zeitrechnung und Verbot der christlichen Feste; Erklärung der Ehe zu einer rein bürgerlichen Angelegenheit; Verwüstung vieler Kirchen, Raub und Zerstörung von Kunstschätzen. – Unter Robespierre 1794 der neue Kult der Anbetung der Vernunft und des »Höchsten Wesens«. Die antikirchlichen Maßnahmen fanden im Volk erheblichen Widerstand. 199

– Unter dem Direktorium 1795–1799 wurde nach der Beendigung der Schrekkensherrschaft die Religionsfreiheit wiederhergestellt. Aufrechterhaltung der Trennung von Staat und Kirche. – Napoleon I. Bonaparte restaurierte die katholische Kirche im Konkordat vom 15. Juli 1801: Die katholische Kirche wurde als Mehrheitskirche der französischen Bürger staatlich anerkannt, blieb aber der staatlichen Aufsicht unterstellt. Für das Gehalt der Geistlichen sorgte der Staat, der Papst ernannte die neuen Bischöfe, mußte aber akzeptieren, daß das Kirchengut durch die Revolution verloren war. Der Reichsdeputationshauptschluß von Regensburg 1803 – Der Umsturz in Frankreich besiegelte auch das Ende des alten Deutschen Reiches und führte zu grundlegenden Veränderungen im Verhältnis der Kirchen zu Staat und Gesellschaft. Ein direktes Übergreifen der Revolution von Frankreich auf Deutschland verhinderte zwar die unterschiedliche Sozial- und Gesellschaftsstruktur (staatliche Zersplitterung und schwächere Position des Bürgertums). Aber durch die Koalitionskriege gegen das revolutionäre Frankreich wurde Deutschland unmittelbar in den Strudel der Veränderungen hineingezogen. – 1797 mußte das Deutsche Reich das linksrheinische Gebiet an Frankreich abtreten. Das betraf vor allem die drei geistlichen Kurfürstentümer Mainz, Köln und Trier. Für den Verlust ihrer linksrheinischen Gebiete sollten Preußen, Österreich, Bayern-Pfalz und andere weltliche Fürsten im rechtsrheinischen Gebiet entschädigt werden. – Dies geschah im Reichsdeputationshauptschluß von Regensburg 1803, der die politischen und rechtlichen Grundlagen des Alten Reiches zerstörte: Auflösung fast sämtlicher geistlicher Herrschaften rechts des Rheins und ihre Unterstellung unter die Verfügungsgewalt der Fürsten. Das bedeutet Säkularisierung des Kirchengutes, d.h. Verfügung der Landesherren über die umfangreichen Besitztümer von Klöstern, Stiften und Bistümern; viele Klöster wurden aufgelöst. – Mit diesen Maßnahmen endete das Institut der geistlichen Fürstentümer, jenes »Ottonische Reichskirchensystem«, das die deutsche Geschichte seit dem 10. Jh. geprägt hat. – Die Bildung der neuen Territorien löste die bisherige konfessionelle Geschlossenheit der deutschen Staaten auf. Ausdrücklich wurde den Landesher200

ren gestattet, andere Religionsverwandte auf ihren Territorien zu dulden und ihnen die vollen bürgerlichen Rechte zu gewähren. Diese Entwicklung setzte sich mit den Beschlüssen des Wiener Kongresses fort. Deutschland unter Napoleon – politische Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongreß 1814/15 – Das Jahr 1806 ragt in der deutschen Geschichte mit drei Ereignissen heraus: Errichtung des Rheinbundes unter dem Protektorat Napoleons; Kaiser Franz II. verzichtet auf die römisch-deutsche Kaiserwürde: formales Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation; staatlicher Zusammenbruch Preußens durch die Niederlage von Jena und Auerstedt. – Die französische Einwirkung führt zur Einführung des Code Napoléon, einer Sammlung der Zivilgesetzgebung (bürgerliche Gleichheit, Religionsfreiheit, Gleichberechtigung der Konfessionen, religionsneutraler Staat). – Das Allgemeine Landrecht von 1794 in Preußen begründete Staat und Gesellschaft im Geist der Aufklärung naturrechtlich. Dadurch wurden die preußischen Reformen vorbereitet, die nach dem Zusammenbruch Preußens der Freiherr vom und zum Stein und Fürst Hardenberg als »Revolution von oben« in Gang setzten. Sie betreffen: Freiheit der Berufswahl (unabhängig von den Standesgrenzen), Aufhebung der persongebundenen Erbuntertänigkeit der Bauern, Selbstverwaltung der Städte, Reform der Verwaltung, Gewerbefreiheit, Steuerreform, bürgerliche Gleichstellung der Juden und Heeresreform. Unter Wilhelm von Humboldt Bildungsreform im Geist des Neuhumanismus; 1810 Eröffnung der Berliner Universität. – 1813/14 deutsche Befreiungskriege gegen Napoleon. Dadurch wichtige Impulse für die deutsche Nationalbewegung. – Auf dem Wiener Kongreß 1814/15 erfolgte die politische Neuordnung Europas weitgehend im alten Geist der Legitimität und der monarchischen Staatsform. Die nationalen und liberalen Reformkräfte wurden abgedrängt. In Deutschland wurde der Deutsche Bund errichtet (1815–1866); in den deutschen Staaten waren die Konfessionen vielfach miteinander vermischt. – Nach 1815 Zeitalter der Restauration (nach dem Werk des Juristen Karl Ludwig von Haller Die Restauration der Staatswissenschaften genannt). Man wollte die Situation vor 1792 wiederherstellen, in der »Heiligen Allianz« 1815 hatten die Monarchen Rußlands, Österreichs und Preußens dieser Restauration noch eine religiöse Färbung gegeben. Das »System Metternich« (nach dem 201

Führer dieser Politik, Fürst Lothar Wenzel von Metternich, genannt) konnte die Reformkräfte aber nur notdürftig zurückhalten, die schließlich in zahlreichen Aufständen durchbrachen (Julirevolution in Frankreich 1830 und die Revolutionen von 1848/49 in der Schweiz, Frankreich und in den Staaten des Deutschen Bundes sowie in Preußen). Kirchenreform in Deutschland – die preußische Union und ihre Folgen – Das Ringen um ein zeitgemäßes Kirchenverständnis und Bestrebungen zur Kirchenreform sind das eigentlich bestimmende kirchengeschichtliche Thema des 19. Jh.s. – Die Stein-Hardenbergschen Reformen widmeten sich auch der Reform der Kirche. In diesem Zusammenhang unternahm Schleiermacher 1808 einen Verfassungsvorschlag, der die Union zwischen lutherischer und reformierter Kirche in Verbindung mit der Einführung einer presbyterial-synodalen Ordnung und einer Gottesdienstreform vorsah. – Zum 300jährigen Jubiläum des Thesenanschlages Luthers kam es 1817 zur Union in Preußen. König Friedrich Wilhelm III. (1797–1840) rief am 27. September 1817 zur Vereinigung der nur noch äußerlich getrennten protestantischen Konfessionen auf. Der Aufruf des Königs fand starkes positives Echo. In Berlin war Schleiermacher die treibende Kraft für die Union: gemeinsame Abendmahlsfeier der Geistlichen am Vortag des Reformationsfestes unter seinem Vorsitz. – Kurz vor der Union in Preußen war im Herzogtum Nassau eine vollständige Vereinigung der beiden Konfessionen vollzogen worden: Verwaltungs-, Kultusund Konsensusunion (Übereinstimmung in der Lehre). – Weitere Kultusunionen: 1820 in Anhalt-Bernburg, 1820/21 in Waldeck-Pyrmont, 1822 in Rheinhessen und 1827 in Anhalt-Dessau. Konsensusunion: 1818 in Pfalz, 1821 in Baden. – In Preußen ist nur eine Verwaltungsunion geschaffen worden. Die Einführung einer vom König erarbeiteten Agende sollte die liturgische Reform bringen, löste jedoch einen heftigen Agendenstreit zwischen 1822 und 1829 aus. Vielfacher Widerstand in der Pfarrerschaft und in den Gemeinden, der schließlich zu einem Kompromiß führte: Eine Agende wurde zwar eingeführt, aber jeweils mit angehängten Formularen für die örtlichen Gegebenheiten. 202

– Der Widerstand gegen die königliche Agende und gegen die Union in einigen Gemeinden, vor allem in Schlesien, rief gewaltsame staatliche Gegenmaßnahmen hervor. Folge: Tausende von Lutheranern wanderten nach Nordamerika und Australien aus. Die im Land verblieben, verbanden sich zur altlutherischen Kirche. In Preußen wurde sie ab 1841 als freikirchliche Organisation anerkannt. – Die Auseinandersetzungen um Agende und Union führten schließlich zum Einlenken des Königs. In einer Kabinettsorder von 1834 wurde den Konfessionen die Weiterexistenz garantiert. Verwaltungsmäßige und kultische Union bringen nur zum Ausdruck, daß die konfessionellen Unterschiede nicht mehr kirchentrennend sind. Damit hat die Union in Preußen drei verschiedene Gemeinden hervorgebracht: unierte, lutherische und reformierte. Zu einer einheitlichen Unionskirche ist es nicht gekommen. – Als Reaktion auf die Union in Preußen ist auch der lutherische Konfessionalismus zu verstehen, der sich aus der Erweckungsbewegung heraus entwickelte. Das Signal dazu gab 1817 der Kieler Pastor Claus Harms (1778–1855) mit seinen gegen die Union gerichteten Thesen zur 300-Jahrfeier des Thesenanschlags Luthers. – Wurzeln für die Unionsbemühungen im frühen 19. Jh.: Zurücktreten der konfessionellen Gegensätze und Einigungsbestrebungen zwischen den Kirchen im Zeitalter von Pietismus und Aufklärung. Reform der Kirchenverfassung – Auch das Ringen um eine zeitgemäße Kirchenverfassung verdankt sich aufklärerischen Reformimpulsen nach der Französischen Revolution. Hierbei ging es vor allem um eine größere Unabhängigkeit der Kirche gegenüber dem Staat. – In der Restaurationszeit nach 1815 wurden die liberal-reformerischen Kräfte für eine unabhängige Kirchenverfassung zurückgedrängt. Ein Kompromiß wurde jedoch in den preußischen Westprovinzen Rheinland und Westfalen erzielt: in der rheinisch-westfälischen Kirchenordnung von 1835. Der Staat akzeptierte hier die im westdeutsch-reformierten Protestantismus verankerte Presbyterial- und Synodalordnung, die Gemeinden mußten jedoch die Organe der preußischen Konsistorialverfassung (Konsistorien und Generalsuperintendenten) anerkennen. Der Anfang einer eigenen kirchlichen Verfassung war damit gemacht. 203

– Nach der vom König 1846 einberufenen Generalsynode, die jedoch ohne Folgen blieb, brachte erst die Revolution von 1848 einen Entwurf für eine presbyterial-synodale Kirchenordnung. Über die Situation der Kirchen hieß es in der Paulskirchenverfassung: »Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig, bleibt aber den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen« (§ 147). – Die politische Entwicklung nach der gescheiterten Revolution führte aber nicht zu einer eigenständigen Kirchenverfassung. Nur eine verwaltungsmäßige Trennung von Kirche und Staat war mit der Errichtung der Behörde des Evangelischen Oberkirchenrates (1850) erfolgt. – Eine deutliche Einschränkung des landesherrlichen Kirchenregimentes brachte erst die im Geist des Liberalismus erlassene Kirchengemeinde- und Synodalordnung von 1873. Hintergrund: der liberale Kultusminister Adalbert Falk und Bismarcks Rückgriff auf den Liberalismus. Eine kirchliche Selbstverwaltung war damit bis zu der 1876 geschaffenen Generalsynode weitgehend möglich. – Im Laufe des 19. Jh.s setzte sich die presbyterial-synodale Kirchenverfassung fast im gesamten deutschen Protestantismus durch. Die politisch-weltanschaulichen Gegensätze verbanden sich mit kirchlich-theologischen Positionen in der Bildung der kirchlichen Parteien: Konservativ-Konfessionelle, Liberale und sog. Mittelpartei. Erst in der Weimarer Verfassung von 1919 ist das landesherrliche Kirchenregiment an sein endgültiges Ende gekommen. Die soziale Frage im deutschen Protestantismus – Wie die Gesamtgesellschaft, so standen auch die Kirchen angesichts der radikalen Umgestaltung der Verhältnisse durch die Industrialisierung vor größten Herausforderungen. In den Kirchen haben nicht wenige einzelne, vor allem Laien, tatkräftig Hilfe praktiziert. Gegenüber der kirchlichen Sozialarbeit in den katholischen Orden war der Protestantismus aus seiner Geschichte auf die Notwendigkeit einer kirchlich verantworteten Sozialarbeit unvorbereitet. Zwar wollte Luther die christliche Liebestätigkeit in der christlichen Gemeinde verankert wissen, aber durch die Geschichte der Reformation kam sie praktisch in die Verantwortung der weltlichen Obrigkeit. Nach dem Dreißigjährigen Krieg entfaltete besonders der Pietismus vielfältige soziale Aktivitäten. Die Franckeschen Anstalten in Halle können als das erste Werk der Inneren Mission bezeichnet werden. 204

– Aus der Erweckungsbewegung kamen die ersten Initiativen zur Hebung der sozialen Nöte: Baron Hans Ernst von Kottwitz (1757–1843) gründete 1807 in Berlin die »Freiwilligen-Armen-Beschäftigungsanstalt«. Möglichkeit zur Selbsthilfe für Arbeiterfamilien. – Gründung verschiedener Rettungshäuser: Johannes Falk (1768–1826) gründete den Lutherhof in Weimar für Waisenkinder (Verbindung mit Goethe, Dichter des Liedes O du fröhliche …). Adalbert Graf von der Recke-Volmerstein (1791–1878) errichtete Haus Overdyk bei Bochum und Düsselthal bei Düsseldorf. Die Deutsche Christentumsgesellschaft veranlaßte die Gründung zahlreicher Rettungshäuser in Süddeutschland. In Hamburg schuf Amalie Sieveking einen weiblichen Verein für Armen- und Krankenpflege. – Johann Hinrich Wichern (1808–1881), wichtigster Anreger und Organisator der evangelischen Sozialarbeit in Deutschland, widmete sich vor allem dem Gedanken der »Inneren Mission«. Johann Hinrich Wichern und die Innere Mission – Wichern kommt theologisch von Schleiermacher und der Erweckungsbewegung her, in Hamburg erlebte er die Sozialnöte der Großstadt. – 1833 gründete Wichern in Hamburg das »Rauhe Haus«, eine Erziehungsanstalt für verwahrloste Jungen als Ersatz für die Familie. Leiter waren Brüder, die in einer »Gehilfenanstalt« ausgebildet wurden: Beginn der männlichen Diakonie. Eigene Druckerei: »Agentur des Rauhen Hauses« und Zeitschrift: Fliegende Blätter aus dem Rauhen Haus (1844). – Auf dem Wittenberger Kirchentag 1848 hielt Wichern eine berühmte Rede, mit der er die Arbeit der Inneren Mission als gleichberechtigte Aufgabe der evangelischen Kirche neben der Verkündigung herausstellte. Es kam zur Gründung eines »Centralausschusses für die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche«. Seine Denkschrift Die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche, eine Denkschrift an die Deutsche Nation (1849) faßte seine Gedanken zur »christlichen und sozialen Wiedergeburt des heillosen Volkes« zusammen. – Wicherns Anstöße führten mit den Impulsen aus England zu vielen sozialen Einrichtungen in ganz Deutschland: Stadtmissionen, Herbergen zur Heimat, Gefangenenfürsorge. – Der Gedanke der Inneren Mission ist bei Wichern in die Ordnungen von Familie, Kirche und Staat integriert. Er hoffte auf den »christlichen Staat«, auf 205

eine »christliche Gesellschaftsordnung«. Kirche und Staat sah Wichern im Zusammenhang. Nach der gescheiterten Revolution 1848 kam er in Kontakt mit den preußischen Konservativen. Furcht vor gewaltsamen gesellschaftlichen Umstürzen und Hoffnung auf eine Rechristianisierung der Gesellschaft waren die Gründe für dieses Bündnis; die Reformimpulse Wicherns lösten keine Veränderungen im gesellschaftlichen Gefüge aus (wie z.B. die Gewerkschaftsbewegung in England). – Neben Wichern stehen andere bedeutende Gestalten der Inneren Mission: Theodor Fliedner (1800–1864) gründete 1836 in Kaiserswerth das erste evangelische Diakonissen-Mutterhaus. Wilhelm Löhe (1808–1872) weihte 1854 in Neuendettelsau die dortige Diakonissenanstalt ein. Löhe wollte im Unterschied zu Wichern, der die Innere Mission auf Vereinsbasis begründete, alle soziale Tätigkeit in der Gemeinde verwurzelt sehen. Zwischen Wichern und Löhe stand ein unterschiedliches Kirchenverständnis. Friedrich von Bodelschwingh d.Ä. (1831–1910) baute seit 1872 Bethel bei Bielefeld auf, die wohl bekannteste »Stadt der Liebe«. Nicht nur Krankenpflege, sondern gemeinschaftliche Arbeit von Schwachen und Kranken und die Gründung von Arbeiterkolonien und neuen Siedlungsformen waren seine wegweisenden Ziele. Geschichte der evangelisch-sozialen Bewegung – Im Zuge der Industrialisierung gewann die soziale Frage in der Verelendung der Industriearbeiterschaft ihre eigentliche Brisanz. Auf diese Herausforderung gingen ein: Gustav Werner (1809–1887) mit seinem Versuch einer »christlichen Fabrik«; Victor Aimé Huber (1800–1869) mit seinem Genossenschaftsgedanken und Rudolf Todt (1839–1887) mit seinem Hinweis auf die notwendige Verbindung von Sozialismus und Christentum. – Adolf Stoecker (1835–1909), seit 1874 konservativer Hofprediger in Berlin, versuchte die tiefe Kluft zwischen Kirche und Arbeiterschaft durch eine Parteigründung zu überwinden: nach der Berliner Eiskellerversammlung (1878) gründete er die »Christlich-Soziale Arbeiterpartei«. Keine Erfolge bei den Arbeitern, höchstens im Kleinbürgertum. Verhängnisvoll war der Antisemitismus Stoekkers. Stoecker gründete 1890 mit anderen den »Evangelisch-Sozialen Kongreß«, ein wichtiges Forum von Theologen und Wirtschaftsfachleuten (Teilnehmer u.a. 206

Adolf von Harnack). Vermittlung der christlich-sozialen Gedanken an das gebildete Bürgertum. Konservative Kritik und kirchlicher Parteienstreit führten zu Spannungen in diesem Kreis, vor allem durch den Gegensatz zwischen Stoecker und Naumann. – Friedrich Naumann (1860–1919), zunächst Pfarrer, dann Politiker, zog die Konsequenzen aus dem geringen Einfluß der christlich-sozialen Bewegung: Die soziale Not des Industriezeitalters erfordere eine neue Politik, nicht nur eine franziskanische Gesinnung im Geiste Jesu. Die christlich-soziale Bewegung führte unter Naumann, beeinflußt vom Zeitgeist, in die national-soziale Bewegung (1896 Gründung des »National-sozialen Vereins«, Zeitschrift Die Hilfe). Der Weg Naumanns aus dem kirchlichen Amt in die Politik war von einer Trennung von Religion und Politik bestimmt, wobei er sich in mißverständlicher Umdeutung auf Luthers Zwei-Reiche-Lehre berief (Eigengesetzlichkeit von Politik und Wirtschaft gegenüber der christlichen Ethik). Viele Impulse zur sozialen Verantwortung sind von Naumann und seinem Kreis ausgegangen. – In der Schweiz begründeten Hermann Kutter (1869–1931) und Leonhard Ragaz (1868–1945) die »religiös-soziale Bewegung«. Zum Sozialismus stand man hier positiv, Unterschied zur christlich-sozialen Bewegung in Deutschland. 1924 bildete sich die Arbeitsgemeinschaft der religiösen Sozialisten Deutschlands. – Die evangelische Sozialarbeit im 19. Jh. blieb weithin eine bürgerliche Angelegenheit, sie fand kaum Zugang zur Industriearbeiterschaft. Ihren offenkundigen Grenzen steht aber nicht nur das vorbildliche soziale Engagement einzelner gegenüber, sondern auch die Tatsache, daß die evangelischen Landeskirchen in ihrer Sozialarbeit bis heute weitgehend von den Initiativen des 19. Jh.s leben. Nicht nur in der Mission, sondern auch in der diakonischen und karitativen Tätigkeit wurden nationale Grenzen überschritten und als ureigene kirchliche Aufgabe erkannt. Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert Gesamtcharakteristik – Aus schwersten Anfeindungen und tiefgreifenden äußeren Verlusten, die das Papsttum und die katholische Kirche in der Revolutionszeit erleiden mußten, erfolgte im Verlauf des 19. Jh.s trotz vielfältiger Kritik ein stetiger Anstieg von Geltung und Macht des römischen Katholizismus und insbesondere des Papsttums. Die politischen und wirtschaftlichen Grundlagen für die bisherige führende Stellung der Kirchen in Staat und Gesellschaft waren durch die Revolu207

tion in Frankreich, die Auflösung der geistlichen Fürstentümer in Deutschland seit 1803 und die Säkularisierung des Kirchengutes zunichte gemacht. Diesem äußeren Verlust ging ein erstaunlicher innerer Erneuerungsprozeß parallel, aus dem dann vor allem das Papsttum wieder erstarkt hervorging. – Der Wiederaufstieg der katholischen Kirche im 19. Jh. verdankte sich drei Hauptfaktoren: religiöse Erneuerung in der katholischen Bewegung, universalkirchliche Politik der Kurie bei gleichzeitiger Neuordnung der Bistümer sowie der sog. Ultramontanismus. – Unter Papst Pius IX. (1846–1878) erreichte der Ultramontanismus seinen Höhepunkt im 1. Vatikanischen Konzil 1869/70. Wichtigstes Ereignis in der Geschichte des neueren Katholizismus: Beendigung des Gegensatzes zwischen Episkopalismus und Kurialismus. – Das erstarkte katholische Selbstbewußtsein im 19. Jh. und die herausragende Stellung des Papsttums in der katholischen Kirche zeigten auf der anderen Seite eine starke Abkapselung von der modernen Welt, die Gefahr einer geistigen und kulturellen Gettosituation, die zu den Abspaltungen des »Deutschkatholizismus« und der »Altkatholischen Kirche« führten sowie zum Gegensatz der katholischen Kirche zum modernen politischen und geistigen Liberalismus. Die katholische Bewegung im deutschen und österreichischen Katholizismus – Im Zeitalter der Romantik und der Restauration nach dem Wiener Kongreß erlebte der deutsche Katholizismus in verschiedenen Zentren eine religiöse Erneuerung. Verbindungen zur gleichzeitigen protestantischen Erweckungsbewegung stehen am Anfang dieses religiösen Aufbruchs um 1800. Die frühromantische Verklärung des katholischen Mittelalters als christlicher Einheitskultur (Novalis: Die Christenheit oder Europa, 1799) und aufsehenerregende Konversionen zur römischen Kirche förderten das katholische Selbstbewußtsein (z.B. Friedrich Schlegels Konversion 1808). – In Bayern ist der Theologe Johann Michael Sailer (1751–1832) die wichtigste Persönlichkeit eines frommen, antischolastischen Katholizismus (Universität Landshut), von dem viele Impulse ausgehen, u.a. auch die Allgäuer Erweckungsbewegung. – In Münster in Westfalen hatte sich um die Fürstin Amalia Gallitzin ein Kreis gebildet, zu dem auch Johann Georg Hamann gehörte; er gab für die katholische Bewegung im Rheinland wichtige Anstöße. 208

– In Wien ist der Kreis um Clemens Maria Hofbauer (1751–1820), dem »Apostel Wiens«, von einem immer stärker werdenden kirchlichen Selbstbewußtsein erfüllt. Nur durch ein erstarktes Papsttum könne sich die katholische Kirche erneuern. – In Mainz bildete sich ein Kreis um Bischof Joseph Ludwig Colmar (1760– 1818), der den antiaufklärerischen, antiprotestantischen katholischen Kirchenbegriff noch stärker betonte und eine neuscholastische theologische Schule begründete. – An der Universität München (gegründet 1826) wirkte Joseph von Görres (1776–1848), der für einen selbstbewußten Katholizismus vor allem publizistisch tätig war. – An der Universität Tübingen ist die »Tübinger Schule« von Johann Sebastian Drey (1777–1853) und Johann Adam Möhler (1796–1838) bedeutsam, da sie sich vom Zeitgeist nicht abkapselte und mit Idealismus und Romantik in Austausch trat. In Möhlers Symbolik (1832) vereinte sich romantisches Organismusdenken mit selbstbewußter Kontroverstheologie: Der römische Katholizismus galt Möhler als die vollendetste Gestaltung in der Christentumsgeschichte, da er die wahre Vereinigung aller Gegensätze darstellt. Organisatorischer Neuaufbau des Katholizismus – Papst Pius VII. (1800–1823) konnte 1814 nach der Abdankung Napoleons wieder in Rom einziehen. Die Zeit der Demütigung des Papsttums war damit beendet und der römische Katholizismus begann seinen Aufstieg. – Die politische Reaktion während und nach dem Wiener Kongreß kam der kirchlichen Reaktion auf die Revolution und die Demütigungen unter Napoleon entgegen. – Der Kardinalstaatssekretär Consalvi, der schon das Konkordat mit Napoleon 1801 ausgehandelt hatte, erreichte auf dem Wiener Kongreß die Wiederherstellung des Kirchenstaates. Das Papsttum hatte seine politische Bewegungsfreiheit wiedererlangt, an der Kurie setzte sich die universalkirchliche Politik gegenüber allen nationalkirchlichen Tendenzen durch. – 1814 stellte der Papst in einer Bulle den Jesuitenorden wieder her. Sein Einfluß nahm im Laufe des 19. Jh.s immer mehr zu (Collegium Romanum und Übertragung der katholischen Mission an die Jesuiten).

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– Durch Konkordate bzw. päpstliche Erlasse konnte Rom in einer Reihe von Staaten die kirchliche Hierarchie wieder aufbauen und neu gestalten. In Deutschland mußte nach dem Untergang des Alten Reiches mit den Einzelstaaten verhandelt werden. Zunächst 1817 Konkordat mit Bayern, das den Bischöfen erhebliche kirchliche Rechte sicherte, aber auch dem Staat die Nominierung der Bischöfe und das Plazet für alle kirchlichen Erlasse einräumte. Bayern wurde in die beiden Erzbistümer München-Freising mit den Suffraganen Passau, Regensburg und Augsburg und das Erzbistum Bamberg mit den Suffraganen Würzburg, Eichstätt und Speyer eingeteilt. In Preußen waren die Zentren das Erzbistum Köln im Westen und Posen-Gnesen im Osten. Im Königreich Hannover wurden die beiden Bistümer Hildesheim und Osnabrück neu organisiert. – In Südwestdeutschland mußte Rom infolge der dort stärker verankerten nationalkirchlichen Traditionen bei der Neuorganisation der Kirchenprovinzen eine stärkere staatliche Kirchenaufsicht hinnehmen (vgl. Febronianismus). Ultramontanismus und Kölner Kirchenstreit – Ultramontanismus bezeichnet eine nach Rom ausgerichtete Haltung (»jenseits der Berge«, ultra montes), die für die Macht und Stärke des Papstes und den Einfluß der katholischen Kirche im gesellschaftlichen Leben eintritt. Sie schließt den Kampf für die Freiheit der Kirche gegenüber dem Staat ein, was den Ultramontanismus bis ca. Mitte des 19. Jh.s teilweise mit dem Liberalismus in Deutschland zusammenführt. – Die Wurzeln des Ultramontanismus im 19. Jh. liegen in Frankreich als Reaktion auf die Revolution und den Versuch Napoleons, Kirche und Papsttum völlig dem Staat zu unterwerfen. Grundlegendes Werk: Joseph de Maistre (1753– 1821), Du Pape, 1819. Die Unfehlbarkeit des Papstes ist hier schon deutlich ausgesprochen. Der Ultramontanismus in Frankreich, unterstützt vom Geist der Romantik, zeigte bereits heftige antiprotestantische Züge. Verbreitung des Ultramontanismus durch die Jesuiten, volksmissionarische Aktivität des Klerus und katholische Presse. Neben Frankreich hatte der Ultramontanismus besonders auch in Belgien Erfolg (Trennung von Staat und Kirche), von wo die ultramontanen Tendenzen nach ganz Westeuropa gingen. – In Deutschland wurde der Ultramontanismus besonders von Joseph von Görres in München propagiert. Auch der »Mainzer Kreis« nahm die Gedanken von de Maistre auf.

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– Besondere Bedeutung erlangte in Deutschland der Kölner Kirchenstreit, wie der spätere Kulturkampf in Preußen aus dem Gegensatz zwischen einer selbstbewußten Kirche und dem preußisch-protestantischen Staatskirchentum erwachsen. Problemstellung: es ging um die Frage der Mischehen. Das tridentinische Eherecht verbot jede Ehe mit Nichtkatholiken. Inzwischen hatte sich eine liberalere Praxis durchgesetzt (in Zweifelsfällen sollten die Kinder dem Bekenntnis des Vaters folgen), die aber nun auf die Tendenz zur Rückkehr zum strengen kanonischen Eherecht stieß. Unter Umgehung des Papstes konnte Preußen zunächst von dem Kölner Erzbischof Graf Spiegel und anderen Bischöfen die liberalere Praxis bestätigen lassen. Aber sein Nachfolger Freiherr von Droste-Vischering (1773–1845) hielt an der strengen päpstlichen Weisung zum Umgang mit Mischehen fest. Diese Unbeugsamkeit führte zum schweren Konflikt: 1837 erfolgte die Verhaftung des Erzbischofs und seine Abschiebung auf die Festung Minden. Der Erzbischof von Posen-Gnesen Dunin erlitt das gleiche Schicksal. – Folge des »Kölner Ereignisses«: Die katholische Bevölkerung stand geschlossen hinter der Hierarchie im Kampf gegen den Staat. Mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. (1840–1861) endete der Streit, die Kirche erlangte in Preußen größere Freiheiten. Errichtung einer katholischen Abteilung im Kultusministerium 1850. – Zur Stärkung des katholischen Bewußtseins trugen auch das Kölner Dombaufest 1842 (Weiterbau des Domes) und die Wallfahrt zum Heiligen Rock in Trier 1844 bei, unterstützt von einer aktiven katholischen Publizistik. – In Opposition zum Geist des Ultramontanismus entstanden eine liberale kirchliche Bewegung: der »Deutschkatholizismus« und eine liberalere Richtung in der Theologie: der »Hermesianismus«. Der Deutschkatholizismus strebte die Gründung einer deutschen Nationalkirche in ganz rationalistischem Geist an, geführt von dem suspendierten schlesischen Kaplan Johannes Ronge. Ablehnung von kirchlichem Lehramt, Zölibat und Heiligenverehrung. So rasch die Anhänger im liberalen Bürgertum ab 1845 zunahmen, so schnell war die Bewegung nach 1848 wieder erloschen. Georg Hermes (1775–1831), an der Bonner Fakultät lehrend, gab dem Hermesianismus den Namen, der die katholische Theologie mit Hilfe der Philosophie Kants und des deutschen Idealismus neu sichern wollte, gegen die Neuscholastik der Mainzer Schule. – Mit dem Ultramontanismus vereint war auch der soziale Katholizismus, der vor allem von dem Mainzer Bischof Freiherr von Ketteler (1811–1877) reprä211

sentiert wird. In einer Reihe von Schriften hat er die soziale Verantwortung der Kirche gegenüber der Arbeiterschaft in heftiger Kritik an den Auswüchsen der liberalistischen Wirtschaftsweise herausgestellt. Bedeutsam sind auch die von Adolf Kolping 1846 gegründeten Gesellenvereine, die den bedrohten Handwerkerstand zu unterstützen versuchten und in der Kolping-Familie sich weit ausbreiteten und bis heute wirken. Papst Pius IX. (1846–1878) und das 1. Vatikanische Konzil 1869/70 – Das Pontifikat Pius IX. war das längste in der bisherigen Papstgeschichte und das wichtigste in der Geschichte des neueren Katholizismus. Aus den Erfahrungen der Revolution von 1848 machte Pius IX. den Kampf gegen den Liberalismus und Nationalismus zu seinem Programm. – 1854 verkündete Pius IX. in einer Bulle das erste bedeutende Mariendogma der Neuzeit: die unbefleckte Empfängnis Mariens (immaculata conceptio). Das Dogma besagt: Maria wurde im Augenblick ihres Empfangenwerdens im Leib der Heiligen Anna, ihrer Mutter, durch ein wunderbares Eingreifen des Heiligen Geistes von aller Befleckung durch die Erbsünde im voraus befreit. Hintergrund des Dogmas ist der zunehmende Ultramontanismus und eine verstärkte Marienfrömmigkeit der Zeit wie des Papstes selbst (Marienerscheinung von Lourdes 1858). Das Neue des Dogmas: Pius IX. verkündigte es ohne vorausgehenden Konzilsbeschluß. Schon Duns Scotus hatte diese Lehre vertreten, Thomas jedoch nicht. – 1864 erging die Enzyklika Quanta cura mit dem Verzeichnis über die Irrtümer der Zeit, die verurteilt werden: Syllabus errorum. Hier zeigte sich der Ultramontanismus besonders deutlich: Rationalismus, Indifferentismus, Sozialismus, Kommunismus, Bibelgesellschaften und staatliche Kulturhoheit werden als liberale Irrtümer der Zeit verurteilt. – Diese Entwicklung gipfelt im 1. Vatikanischen Konzil 1869/70. Auch die Bischöfe der Ostkirchen und die Protestanten waren zu diesem ökumenischen Konzil eingeladen, nahmen jedoch nicht teil aus Protest gegen seinen Hauptzweck: die Feststellung der päpstlichen Unfehlbarkeit. Schon im Vorfeld gab es erhebliche Kritik an dieser Absicht, besonders in Deutschland. – In der Constitutio de fide wurde die Anschauung des Thomas bestätigt, daß Glaube und Vernunft sich nicht widersprechen können. In der Constitutio de ecclesia wurden der Universalepiskopat des Papstes und die päpstliche Unfehlbarkeit definiert. 212

Universalepiskopat des Papstes meint die Jurisdiktionsgewalt des Papstes über die Gesamtkirche (Primat). Episkopalismus und Konziliarismus sind damit abgewiesen und der Kurialismus bzw. Papalismus hat den Sieg des jahrhundertelangen Kampfes davongetragen. Neben dem Universalepiskopat steht die Unfehlbarkeitserklärung: Sie besagt, daß der Papst in solchen Lehrentscheidungen unfehlbar ist, die er »ex cathedra« trifft, d.h. in Ausübung seines obersten Lehramtes über Fragen des Glaubens und der Sitten (Infallibilität). Solche unfehlbaren Entscheidungen müssen für die Gesamtkirche getroffen sein und das Glaubensfundament (depositum fidei) »heilig bewahren und getreulich auslegen«. In der päpstlichen Entscheidung, nicht in der Zustimmung der Kirche, hat die Unfehlbarkeit einer solchen Lehrentscheidung ihren Rechtsgrund. – Das 1. Vatikanische Konzil ist der Höhepunkt des Ultramontanismus im 19. Jh. Dennoch gab es nicht wenig Widerstand und Versuche, das Dogma der Unfehlbarkeit abzuschwächen. Der Münchner Kirchenhistoriker Ignaz von Döllinger (1799–1890) hatte in seinem Buch Der Papst und das Konzil (1869) das Unfehlbarkeitsdogma scharf abgelehnt. – So kam es nach dem 1. Vatikanischen Konzil zur Abspaltung der »Altkatholischen Kirche« von der römisch-katholischen Kirche. Nach der Exkommunikation Döllingers, der die alte Kirche vor dem Vatikanum wiederherstellen wollte, fand der erste Altkatholikenkongreß in München 1871 statt. Auf dem zweiten Kongreß in Köln wurde ein eigener Bischof gewählt, der von einem Bischof der Kirche von Utrecht geweiht wurde und damit in die apostolische Sukzession eintrat. Die Altkatholische Kirche blieb eine auf das katholische Bildungsbürgertum beschränkte, kleine, jedoch dauerhafte Kirche bis in die Gegenwart. Vom Kulturkampf bis zum Antimodernisteneid (1871–1910) – Der Begriff »Kulturkampf« meint den Zusammenstoß der erstarkten katholischen Kirche mit dem Geist des Liberalismus und Nationalismus im 19. Jh. Im engeren Sinn ist es der Kampf des preußischen Ministerpräsidenten und ersten Reichskanzlers des 1871 gegründeten Deutschen Reiches, Otto von Bismarck (1815–1898), mit der Kurie in Rom. – 1870 war die katholische Zentrumspartei gegründet worden. In Verbindung mit dem Ultramontanismus fürchtete Bismarck für das neu gegründete Reich einen mächtig gewordenen politischen Katholizismus. Ihm, nicht der katholischen Kirche selbst, galt darum seine Gegnerschaft. Die Kirchen, auch die evan213

gelische Kirche, wollte er jedoch strikt aus Staat und Politik fernhalten und auf den religiösen Bereich beschränkt wissen. 1871–1875 wurden verschiedene Gesetze erlassen, die schließlich weit in den kirchlichen Bereich eingriffen: gegen den Mißbrauch der Kanzel zu politischer Agitation, Verbot der Jesuiten und verwandter Orden, Schulaufsichtsgesetz (Schulaufsicht des Staates) und die sog. Maigesetze 1873 (»Kulturexamen« für Geistliche und ihre Ausbildung an staatlichen Universitäten), Einschränkungen des Kirchenrechtes, Brotkorbgesetz (Sperrung der Staatsleistungen), Einführung der Zivilehe 1875 u.a. – Der geschlossene Widerstand der Bischöfe führte zu Verhaftungen und Absetzungen, die katholische Bevölkerung scharte sich um ihre Bischöfe. – Erst nach dem Tod Pius IX. lösten sich die verhärteten Fronten unter Papst Leo XIII. (1878–1903). – Bismarck nahm zwischen 1880 und 1887 die Kulturkampfgesetzgebung Schritt für Schritt zurück (außer Zivilehe, Jesuitenverbot und Aufhebung der Religionsartikel in der preußischen Verfassung). – Diesem Kulturkampf, der auf der ganzen Linie ein Sieg der katholischen Kirche war, folgte ein weiterer Aufschwung des Katholizismus unter Führung des Papstes in der Zeit Kaiser Wilhelms II. (1888–1918). – Papst Leo XIII. verkündete 1891 die Enzyklika Rerum novarum. Ausgangspunkt für die neuere katholische Soziallehre mit wichtigen Reformanstößen, z.B. die Entstehung katholischer Arbeitervereine. – Gegen den strengen Kurialismus versuchte der Reformkatholizismus seit Ende des 19. Jh.s einen größeren Freiraum vor allem auch in der katholischen Theologie zu erkämpfen (z.B. der Würzburger Dogmatiker Hermann Schell, 1850–1906). – Aber unter Pius X. (1903–1914) wurden solche Bestrebungen als »Modernismus« verurteilt und von allen katholischen Theologen vor Übernahme eines Kirchenamtes der sog. Antimodernisteneid 1910 verlangt, bei dem von verschiedenen modernen Ideen und wissenschaftlichen Erkenntnissen (z.B. Evolutionstheorie) Abstand genommen werden mußte. Er wurde 1967 abgeschafft. Literaturhinweise FITSCHEN, K.: Der Katholizismus von 1648 bis 1870, 97–174. FRIEDRICH, M.: Kirche im gesellschaftlichen Umbruch. Das 19. Jahrhundert. GRANE, L.: Die Kirche im 19. Jahrhundert, 15–25 u. 156–165. 214

JUNG, M.: Der Protestantismus in Deutschland von 1815 bis 1870. KRUMWIEDE, H.-W.: Geschichte des Christentums III, 143–163. NIPPERDEY, T.: Religion im Umbruch, 9–123. NOWAK, K.: Geschichte des Christentums in Deutschland, 15–93 u. 112–146. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 307–312 u. 326–347. WALLMANN, J.: Kirchengeschichte Deutschlands seit der Reformation, 199–210 u. 229–255.

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XIX.

Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

Einstieg Was für die Geschichte im 19. Jh. insgesamt gilt, das gilt auch für die evangelische Frömmigkeits- und Theologiegeschichte: Das 19. Jh. begegnet uns als eine sehr komplexe Welt, in der nicht nur die sog. äußere Geschichte mit ihren vielen Einzelphänomenen und Ereignissen höchst vielgestaltig ist, sondern gerade auch die Geschichte von Frömmigkeit und Theologie. Am Anfang des Jahrhunderts wirkte der Mann, der als »Kirchenvater des 19. Jh.s« bezeichnet wurde: Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher. In diesem Titel kommt zunächst die völlig unbestrittene überragende Bedeutung Schleiermachers unter den Theologen des 19. Jh.s zum Ausdruck. Aber auch ein kritischer Aspekt schwingt in diesem vielzitierten Ausspruch mit. Denn je nachdem, wie man zu den theologischen Hauptströmungen des 19. Jh.s steht, kommt auch der große Anreger Schleiermacher zu stehen. Das vielgestaltige Phänomen der Erweckungsbewegung in der ersten Hälfte des 19. Jh.s wird von der gegenwärtigen Forschung verstärkt in den Blick genommen. Weithin Konsens besteht darüber, daß es sich bei der Erweckungsbewegung um eine »kritische Erneuerungsbewegung innerhalb des gesamten Protestantismus« handelt, die bei allen Unterschieden im einzelnen doch von der gemeinsamen Gegenreaktion auf Aufklärung und Französische Revolution bestimmt ist (Erich Beyreuther). Mit der Betonung der individuellen Glaubenserfahrung und der Verknüpfung von Zeitgeschichte und biblischer Heilsgeschichte sowie mit der ausgeprägten Vereinsmentalität in vielen erweckten Kreisen mit sozialen und missionarischen Aktivitäten steht diese bedeutende Frömmigkeitsbewegung nicht nur mit dem Pietismus, sondern auch mit der Aufklärung in deutlicher Verbindung. Aber auch der Zeitgeist ist in der Erwekkungsbewegung zu spüren, so daß sie »gewissermaßen die Form darstellt, in der die Romantik sich im eigentlich kirchlichen Bereich ausprägte« (Bernd Moeller). Die deutsche evangelische Theologie im 19. Jh. ist ein besonders reiches und vielgestaltiges Gebilde. Theologiegeschichtlich gesehen ist das 19. Jh. von einem ausgesprochenen theologischen Pluralismus geprägt. Die drei großen geistigen Kräfte der neueren Theologiegeschichte: Orthodoxie, Pietismus und Aufklärung wirken auch in der Theologie des 19. Jh.s vielfältig nach. Aber bestimmend wird doch nun die Individualität, ja Subjektivität der einzelnen Theo216

logen, die mit diesen traditionellen Einordnungen nicht mehr erfaßt werden können. So wird das theologische Gesamtbild erheblich differenzierter und vielgestaltiger. Theologische Gruppierungen sind deshalb nur eine Hilfskonstruktion für die ganz eigen geprägte Biographie und Theologie der einzelnen Theologen. Die Begriffe »Konfessionalismus«, »Liberalismus«, »Kulturprotestantismus« können die differenzierten Gedankengänge vieler einzelner Theologen keinesfalls zusammenbündeln. Der Versuch eines Überblicks über die theologischen Strömungen im 19. Jh. kommt freilich ohne eine gewisse Klassifizierung nicht aus. Insgesamt ist die Beobachtung gewiß richtig und weiter zu bedenken, daß das 19. Jh. theologisch in vielen Punkten weiter und breiter angelegt war, als es kirchlich in Anspruch genommen wurde (Joachim Rogge). Grundaspekte Friedrich Schleiermacher – Überblick über Leben und Werk – Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher entstammte einer reformierten Theologenfamilie und wurde als Sohn eines preußischen Feldpredigers am 21.11.1768 in Breslau geboren. – Er besuchte die herrnhutischen Bildungsstätten in Niesky und Barby. – Die Frömmigkeit der Brüdergemeine führte Schleiermacher einerseits in schwere Glaubenszweifel, eröffnete ihm aber auch den Sinn für den Reichtum religiöser Individualitäten und der religiösen Gemeinschaft. In einem Brief an die Schwester bekennt Schleiermacher 1802: »Ich kann sagen, daß ich nach allem wieder ein Herrnhuter geworden bin, nur von einer höhern Ordnung.« – 1787–1789 Studium an der Universität Halle. Vor allem Studium der griechischen Philosophie und Auseinandersetzung mit Kant, besonders mit dessen Ethik. An der Theologischen Fakultät war Johann Salomo Semler, der führende Repräsentant der deutschen Aufklärungstheologie, nicht ohne Eindruck auf Schleiermacher. – Nach einer Tätigkeit als Hauslehrer in Schlobitten/Ostpreußen und Hilfsprediger in Landsberg/Warthe 1796 Übernahme einer Seelsorgerstelle an der Berliner Charité. Frühromantischer Freundeskreis: Friedrich Schlegel (1772–1829) und Henriette Herz (1764–1847). – Im Geist der Frühromantik schrieb Schleiermacher sein erstes epochemachendes Werk: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern (1799 anonym erschienen). 1800 erschienen die Monologen. Entwurf einer Ethik der Individualität mit autobiographischen Zügen. 217

– 1802–1804 wirkte Schleiermacher als Hofprediger in Stolp in Hinterpommern. Arbeit an der großen Platon-Übersetzung und kritische Sichtung der ethischen Tradition in dem Werk: Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre (1803). – 1804 wurde Schleiermacher außerordentlicher Professor und Universitätsprediger in Halle. – 1806 erschien Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch. Inhalt: Frage nach Ursprung und Wesen des Christentums und der Bedeutung Jesu Christi in Form eines Dialoges. – 1807 siedelte Schleiermacher nach Berlin über, zunächst Privatgelehrter ohne Amt. Kontakt mit den preußischen Reformern und patriotische Predigten. – Ab 1809 reformierter Prediger an der Dreifaltigkeitskirche in Berlin, einer lutherisch-reformierten Simultankirche. – 1810 Übernahme einer theologischen Professur an der neu gegründeten Berliner Universität und erster Dekan der Theologischen Fakultät. – Durch das Wirken im Doppelamt als Prediger und Professor gewann Schleiermacher großen Einfluß auf die geistige Welt seiner Zeit. Als Mitglied in der Akademie der Wissenschaften zu Berlin hielt er auch Vorlesungen an der Philosophischen Fakultät. Neben Lehrtätigkeit in fast allen theologischen Disziplinen (außer AT) wirkte Schleiermacher vor allem durch seine Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, Dialektik, Ethik, Psychologie, Politik, Staatslehre, Ästhetik, Hermeneutik und Erziehungslehre. – Am 12. Februar 1834 starb Schleiermacher in Berlin. Die »Reden über die Religion« – Mit fünf literarisch stilisierten Reden entfaltet Schleiermacher das »Wesen« der Religion gegenüber Orthodoxie, Aufklärung und Pietismus neu. – In der ersten Rede (»Apologie«) sucht Schleiermacher zwischen nüchterner Aufklärung und schwärmerischer Romantik sinnvoll zu vermitteln: Die Gottheit sendet zu allen Zeiten »Mittler zwischen dem eingeschränkten Menschen und der unendlichen Menschheit«. Entgegen der Vermischung der Religion mit der Metaphysik und ihrer Erniedrigung zum moralischen Zweck will Schleiermacher der Religion ihr Recht zurückgeben als »eigene Provinz« im menschlichen Geistesleben, als ursprüngliche Anlage im Menschen. Unabhängig 218

von Wissen und Moral ist sie ein drittes Element zwischen Denken und Handeln. – Die zweite Rede »Über das Wesen der Religion« umschreibt die Religion als »Anschauung« und »Gefühl«, »Sinn und Geschmack fürs Unendliche«, »Anschauen des Universums«. »Universum« meint die Totalität alles Seienden und Geschehenden, »Gefühl« die Erfahrung der göttlichen Offenbarung in der eigenen Existenz. – Die dritte Rede »Über die Bildung zur Religion« wendet sich scharf gegen die aufklärerische Pädagogik und skizziert eine religiöse Erziehungslehre. Über die Erweckung des religiösen Sinnes soll es zu einer eigenständigen religiösen Bildung kommen. – In der vierten Rede »Über das Gesellige in der Religion oder über Kirche und Priestertum« kommt das Kirchenverständnis des jungen Schleiermacher zum Ausdruck. Es lebt aus herrnhutischen Erfahrungen, stellt die wahre Kirche kritisch gegen die Anstaltskirche, ohne diese jedoch aufheben zu wollen. Programm einer Kirchenreform, Forderung der Trennung von Kirche und Staat. – Die fünfte Rede »Über die Religionen« hebt die positiven Religionen des Judentums und Christentums gegen die natürliche Religion der Aufklärung ab. Geschichtliche Religionen sind Gemeinschaften einer gemeinsamen »Grundanschauung«. Das Christentum ist die Gemeinschaft der Grundanschauung Christi. Schleiermacher versteht das Christentum als Kritik aller Religionen: »die Religion der Religionen«. Grundzüge der Theologie Schleiermachers – Neben Vorlesungen über NT, Hermeneutik, christliche Sittenlehre, Praktische Theologie und Kirchengeschichte sind vor allem zwei Werke bedeutsam: Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen (1811) und das Hauptwerk: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt (1821/22, 2. Aufl. 1830/31). – In der Kurzen Darstellung geht es um formale Zielbestimmung, Aufbau und Zusammenhang der Theologie in ihren Einzeldisziplinen. Die Theologie ist nicht eine reine, sondern eine positive Wissenschaft, betrieben um eines praktischen Zweckes willen (wie Medizin und Jura). – Die praktische Aufgabe der Theologie ist »Kirchenleitung«. Das meint Auf219

gaben übergemeindlicher Leitung (Kirchenregiment) wie leitende Tätigkeiten in der Einzelgemeinde (Liturgie, Predigt, Unterricht und Seelsorge). – Gliederung der theologischen Wissenschaft in drei elementare Teilbereiche (verglichen mit Wurzel, Stamm und Krone eines Baumes): 1. Praktische Theologie als »Krone des theologischen Studiums«. Ihre Aufgabe ist die systematische Zusammenfassung der Formen und Regeln des leitenden kirchlichen Handelns im weitesten Sinne. Die praktische Theologie baut auf der historischen auf. Schleiermacher hat die Praktische Theologie wissenschaftlich neu begründet. 2. Historische Theologie als »Körper«. Zu ihr gehören die exegetische Theologie, Kirchengeschichte, Dogmatik und »Kirchliche Statistik«. Zwei wichtige Neuerungen: die Exegese gehört zur historischen Theologie, sie ist nicht mehr Hilfswissenschaft der Dogmatik. Die Dogmatik gehört zur historischen Theologie als »Kenntnis der jetzt in der evangelischen Kirche geltenden Lehre«. 3. Philosophische Theologie (neue Begriffsprägung). Sie hat die wissenschaftlich-theoretischen Grundlagen zu liefern als Theorie des Christentums. Vergleichbar den späteren dogmatischen Prolegomena. – Schleiermacher hat die Glaubenslehre als Unionsdogmatik konzipiert. Der Begriff »Glaubenslehre« deutet die Richtung an, in der hier die systematische Theologie entfaltet wird: nicht als autoritativ abgestützte Lehrsätze, sondern als Ausdruck der Glaubenserfahrung. »Christliche Glaubenssätze sind Auffassungen der christlich-frommen Gemütszustände, in der Rede dargestellt.« – Im Zentrum steht der Glaube an Christus als an den Erlöser. Der Christologie als Mitte der Theologie Schleiermachers geht aber eine anthropologische »Einleitung« voraus, in der Schleiermacher das menschliche Bewußtsein analysiert und eine allgemeine Theorie der Religion entfaltet. Das Wesen der Frömmigkeit wird mit dem »Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit« beschrieben. – Die inhaltliche Glaubenslehre entfaltet Schleiermacher aus der Analyse des christlichen Bewußtseins in Verbindung mit der christlichen Tradition. Aufgabe der bisherigen Anordnung des dogmatischen Stoffes, dafür Gliederung in drei Teile: 1. Das christliche Bewußtsein abgesehen von Sünde und Gnade; 2. das Bewußtsein der Sünde; 3. das Bewußtsein der Gnade. – Erst am Schluß erscheint die Lehre »Von der göttlichen Dreiheit«. Die Trinitätslehre steht damit für ihn nicht im Zentrum des dogmatischen Denkens. 220

– Schleiermacher versuchte als ein apologetischer Theologe die Wahrheit des Evangeliums so auszulegen, daß sie für die Zeitgenossen glaubwürdig und verständlich wird. Berühmt ist seine Frage geworden, in der er die Spannung des christlichen Glaubens mit der ihn umgebenden Welt zusammenfaßt: »Soll der Knoten der Geschichte so auseinandergehen: das Christentum mit der Barbarei und die Wissenschaft mit dem Unglauben?« Die Erweckungsbewegung in Deutschland Allgemeine Charakteristik der Erweckungsbewegung – »Erweckungsbewegung« meint einen konfessionsübergreifenden religiösen Aufbruch im frühen 19. Jh. Zeitlich gehen der deutschen Erweckungsbewegung die Erweckungen in England und Nordamerika voraus. Im Protestantismus Frankreichs, der Niederlande und der Schweiz spricht man von »Réveil«. Über Länder- und Sprachgrenzen hinweg besteht ein großes Verbundenheitsgefühl. – Vielgestaltigkeit der Bewegung, doch einige gemeinsame Merkmale: heftiger Gegensatz gegen die Vernunftreligion der Aufklärung; Ernstnehmen der menschlichen Sünde vor Gott, aus der nur die Gnade Christi zu neuem Leben erwecken kann; individuelle, persönliche Erfahrung der Wiedergeburt; die Wiedergeburt des einzelnen soll zur Neugestaltung der Gesellschaft aus dem Geist des christlichen Glaubens führen. Deshalb soziale, weltzugewandte Aktivität und Missionseifer zur Verbreitung des christlichen Glaubens unter den Heiden. Verurteilung des Geistes der Französischen Revolution. – Nicht nur Theologen, sondern vor allem auch Laien entdecken die Bibel neu und schließen sich in Form der freien Assoziation, des Vereins, zum gemeinsamen Handeln zusammen. Frömmigkeit wird in der Sozietät gelebt und erfahren. Wurzeln der Erweckungsbewegung – Eine wichtige Wurzel ist der ältere Pietismus, vor allem die Herrnhuter Brüdergemeine mit ihren Diasporapredigern. – Für die erste Phase der Erweckungsbewegung ist auch Schleiermacher ein wesentlicher Anreger. – Bedeutsam für die Erweckungsbewegung wurde die »Deutsche Christentumsgesellschaft«, gegründet 1780 in Basel von Johann August Urlsperger aus Augsburg (1728–1806). Mitglieder: Heinrich Jung-Stilling (1740–1817), Johann Friedrich Oberlin (1740–1826) und Johann Caspar Lavater (1741–1801). 221

– Auch die Kritiker der Aufklärung, Johann Gottfried Herder (1744–1803) und Johann Georg Hamann, wirken in die Erweckungsbewegung hinein. Aufklärung und Erweckung können jedoch nicht nur gegensätzlich gesehen werden. Hier wie dort wird Gottes Wirken in Natur und Geschichte schon für die Vernunft erfahrbar. Aber diese Erfahrung wird erst in der christlichen Offenbarung vollendet. Diese Perspektive verbindet die deutsche Aufklärung mit der Erweckung, neben der Frömmigkeitsform des Vereins. Geschichtliche Entwicklung der Erweckungsbewegung – In der ersten Hälfte des 19. Jh.s können drei Phasen unterschieden werden: 1. Phase (ca. 1800–1815): Charakteristisch ist ein konfessionsübergreifendes Erfahrungschristentum in geistiger Weite, beeinflußt von Romantik, Idealismus und nationaler Gesinnung. 2. Phase (ca. 1815–1830): Durch Erweckungspredigten, Zeitschriften- und Traktatliteratur, Bibel- und Missionsgesellschaften größere Verbreitung in Volk und Kirchen. Die Konfessionen werden wieder wichtiger; Abgrenzung der Protestanten gegenüber der katholischen Kirche und der Philosophie des deutschen Idealismus sowie Schleiermacher. 3. Phase (ca. 1830–1848): Entwicklung zum Konfessionalismus. Die Institution Kirche und ihr Bekenntnis treten in den Mittelpunkt. Abschwächung der Breitenwirkung der Erweckungsbewegung; kirchliche Parteienkämpfe zwischen Rationalismus und Konfessionalismus. Zentren und Hauptvertreter der Erweckungsbewegung – Der überkonfessionelle religiöse Aufbruch zeigt sich an der Allgäuer katholischen Erweckung, die durch Schüler von Johann Michael Sailer, zuletzt Bischof von Regensburg, ausgegangen ist. – Die Erweckung in Franken ging von Nürnberg und der Universität Erlangen aus. Der reformierte Theologieprofessor Christian Krafft (1784–1845) und der Pädagoge Karl von Raumer (1783–1865) sind die Hauptgestalten. Von einem ökumenischen Luthertum ausgehend, entwickelte sich die Erlanger Erweckung immer mehr in Richtung eines konfessionellen Luthertums. – Im Mittelpunkt der pommerschen Erweckung stand der Baron Hans Ernst von Kottwitz. Von der Herrnhuter Brüdergemeine herkommend, Beziehungen 222

zum preußischen Adel, soziale Aktivitäten, Mittelpunkt eines erweckten Kreises in Berlin. Wie die Erlanger Erweckung, so ist auch die Erweckung in Preußen zum lutherischen Konfessionalismus weitergeschritten. – In Württemberg stand die Erweckungsbewegung in besonders enger Verbindung mit dem Pietismus, vor allem Johann Albrecht Bengels (1687–1752). Eschatologisch-apokalyptische Stimmungen verbanden sich mit den politischen Unruhen der Zeit. Chiliastisch geprägt waren auch die von Johann Michael Hahn (1758–1819) ausgehenden Hahnschen Gemeinschaften. Durch Johann Christoph Blumhardt (1805–1880) wurde Bad Boll seit 1852 ein Hauptort der schwäbischen Erweckung. Herausragender Erweckungsprediger in Württemberg war Ludwig Hofacker (1798–1828). – Die Erweckung am Niederrhein stand in Verbindung mit dem reformierten Pietismus dieser Gegend. Für die frühe Erweckung im Siegerland war Heinrich Jung-Stilling die prägende Gestalt. Später wirkten vor allem im Wuppertal erweckte Prediger, so z.B. Hermann Friedrich Kohlbrügge (1802–1875). Am Niederrhein war die Erweckung eng mit der dortigen aufstrebenden Industrie verbunden. Die Spannung zwischen schwerer sozialer Not und abgekapselter religiöser Erbauung war hier besonders groß. – In Bremen wirkte Gottfried Menken (1768–1831) durch erbauliche Predigten. In ihnen zog er direkte Parallelen zwischen der politischen Geschichte der Zeit und der Heilsgeschichte. Das Jahr 1789 bezeichnete er als Triumph der dämonischen Mächte. – Wichtige Gestalten der niedersächsischen Erweckung sind der Theologe und Liederdichter Carl Johann Philipp Spitta (1801–1859) mit seiner Liedersammlung Psalter und Harfe (1833) und der in Hermannsburg wirkende Ludwig Harms (1808–1865). – Aus der Erweckungsbewegung hervorgegangene Bibel- und Missionsgesellschaften: Württembergische Bibelanstalt, 1812; Baseler Mission, 1815; Norddeutsche Missionsgesellschaft und Leipziger Mission, 1836; Neuendettelsauer Mission und Hermannsburger Mission, 1849.

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Erweckung in Europa und Nordamerika England – Rund 100 Jahre früher als in Deutschland kam es in England und Nordamerika zu mehreren Wellen von Erweckungsbewegungen. Hintergrund für den ersten religiösen Aufbruch in England bildete die durch die englische Aufklärung verursachte Krise in Kirche und Volk. Der englische Deismus hielt nur noch an einem allgemeinen Gottesglauben fest, gerade dadurch war eine religiöse Leere und Gleichgültigkeit entstanden. Die an der Bibel orientierte persönliche Lebensgestaltung wurde tief erschüttert. – Innerhalb der Staatskirche bildeten sich religiöse Gesellschaften (»religious societies«), die auf die praxis pietatis drängten. Der persönliche Glaube sollte sich im calvinistisch-puritanischen Sinne im Gehorsam gegenüber dem göttlichen Gesetz ausweisen können. – Im Methodismus kam die Erweckung in England zu ihrem Höhepunkt. Die methodistische Bewegung wurde die letzte große Kirchenbildung in der Geschichte der Christenheit genannt (Erich Beyreuther). Gründer ist der anglikanische Geistliche John Wesley (1703–1791), daneben bedeutsam George Whitefield (1714–1770) und Charles Wesley (1707–1788). – Die Brüder Wesley gründeten 1729 einen Studentenverein in Oxford. Das fromme Leben in strengen Regeln führte zum Spottnamen »Methodisten«. – Durch Bekanntschaft mit der Verkündigung der Herrnhuter und unter dem Eindruck von Luthers Vorrede zum Römerbrief kam es »am 24. Mai 1738, abends 8¾ Uhr«, zur Bekehrung John Wesleys. Sie bildete den Auftakt zu seinen einzigartigen Erweckungspredigten, die ihn zusammen mit seinem Bruder und Whitefield durch ganz England, Schottland und Irland führten. Predigten vor Tausenden im Freien. Erneuerung des urchristlichen Wanderapostolats. – Die methodistische Verkündigung rief zur persönlichen Christusnachfolge auf, zielte auf Bekehrung unter Bußkampf und Gnadenerlebnis und führte in feste Gemeinschaftsformen. – Charakteristisch für die methodistische Bewegung ist das von Wesley geschaffene Laienpredigeramt. Von hier Anstöße im 19. Jh. in die Gewerkschaftsbewegung und in die Arbeiterpartei. In England deshalb stärker christlich orientierte Sozialpolitik als auf dem europäischen Kontinent.

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– Nach Wesleys Tod kam es 1795 zur Trennung des Methodismus von der anglikanischen Staatskirche. Dies geschah jedoch im ökumenischen Geist, ohne strenges Abgrenzungsbedürfnis. – Im frühen 19. Jh. erlebte die anglikanische Kirche eine erneute Erweckungsbewegung, die »Low-Church-Bewegung«. Von diesen »Evangelikalen« gingen wesentliche Impulse zur Abschaffung der Sklaverei aus. Der hochkirchliche Anglikanismus griff auch auf die Freikirchen über. 1804 wurde von Freikirchlern und Anglikanern die »British and Foreign Bible Society« gegründet. – In etwa parallel mit dem kontinentalen Konfessionalismus ist die Oxfordbewegung zu verstehen. Hauptgestalt: John Henry Newman (1801–1890). Betonung von Liturgie und Sakrament, von Institution und Amt der Kirche. Erneuerung der Sukzessionstheorie. Diese hochkirchliche Richtung spielt in der anglikanischen Theologie und Kirche bis heute eine wichtige Rolle. Nordamerika – Fast gleichzeitig mit der englischen ist die nordamerikanische Erweckungsbewegung aufgebrochen. Hauptgestalt: Jonathan Edwards (1703–1758). Auf calvinistisch-puritanischem Fundament aufbauend, entwickelte er eine Theologie der Evangelisation. Mittelpunkt der Predigt: Aufforderung zur persönlichen Bekehrung. Charakteristisch: Missionseifer in stark eschatologischer Stimmung, Evangelisation im eigenen Land und Heidenmission in der ganzen Welt. – Schüler Edwards ist Samuel Hopkins (1721–1803). Verstärkte missionarische Aktivitäten, kämpfte leidenschaftlich für die Sklavenbefreiung. – Der sich rasch ausbreitende Methodismus hat die gewaltige Bevölkerungswanderung von der Ostküste nach dem Westen mit Hilfe berittener Reiseprediger begleitet und bei vielen Siedlern ein bibelfestes Christentum verankert. – In der ersten Hälfte des 19. Jh.s mehrere Wellen von Erweckungsbewegungen (»revivals«). Von den Colleges an der Ostküste gingen sie auf immer weitere Kreise über und organisierten sich in den sog. camp meetings. Die Erwekkungsbewegungen haben den amerikanischen Protestantismus in den Freikirchen bis heute nachhaltig geprägt: selbstbewußter Missionseifer, aktive Mitarbeit der Laien und vielfältige Verbindung von Religion und Öffentlichkeit bis heute charakteristisch.

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Schottland – Die schottische Erweckungsbewegung wird von Thomas Chalmers (1780– 1847) angeführt. Seine Erweckungspredigt rief zu selbstverantwortlicher Hilfe in den sozialen Nöten in Edinburgh um 1845 auf. Er erneuerte den altkirchlichen Diakonat. – 1843 kam es auch in Schottland zum Bruch mit der Staatskirche, es entstand die »Freie Kirche von Schottland«. Der Réveil im westeuropäischen Protestantismus – Die Genfer Erweckung in der Schweiz ging von jungen Theologiestudierenden aus, die den Rationalismus in Staat und Kirche bekämpften. Die Bewegung nahm Einflüsse aus Deutschland, England und Schottland auf. Man wollte zum alten Calvinismus zurücklenken. Ab 1831 evangelistische Arbeit in der Genfer Kirche und in Frankreich. – Im Waadtland war Alexandre Vinet (1797–1847) ein bedeutender Theologe, der nur eine vom Staat völlig getrennte Kirche mit seinem Gewissen und dem Evangelium vereinbar sah. – In Basel gingen von der Deutschen Christentumsgesellschaft wichtige Anstöße nach Süddeutschland aus. 1815 Gründung der Baseler Mission. – In der französischen Erweckungsbewegung war Adolphe Monod (1802– 1856) der bedeutendste Prediger. Die holländische Erweckung wurde von Willem Bilderdijk (1759–1831) und Isaak da Costa (1798–1860) angeführt. – Auch das lutherische Skandinavien erlebte verschiedene Erweckungsbewegungen. Für die Kirche Dänemarks wurde besonders Nikolaj Frederik Severin Grundtvig (1783–1872) bedeutsam. Sein Ziel war eine echte Volkskirche auf der Grundlage des Apostolikums. Gründer der dänischen Volkshochschule. In Norwegen war Hans Nielsen Hauge (1771–1824) ein bedeutender Erweckungsprediger. Charakteristisch für die Erweckung in Norwegen ist der hohe Anteil von Laien und der Zusammenschluß der Frommen in Kreisen innerhalb der Kirche. Die Erweckung in Schweden war von herrnhutischen und schottischen Einflüssen geprägt. Reichhaltige Verbreitung von Erbauungsliteratur: die lutherische Rechtfertigungslehre wurde gegenüber einer zu starken Akzentuierung der Heiligung betont.

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Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland Der Gegensatz zwischen Hegel und Schleiermacher – Schleiermacher und Hegel können mit Recht als die Väter der Theologie des 19. Jh.s bezeichnet werden. Ihre differenzierten Wirkungen haben ihren Grund in unterschiedlichen Denkansätzen. – Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) ist neben Fichte und Schelling der umfassendste und tiefgründigste Philosoph des deutschen Idealismus. Während Schleiermacher in seiner Jugend wichtige Impulse vom herrnhutischen Pietismus und aus der Frühromantik empfängt, steht Hegel der Romantik fremd gegenüber. Seine geistige Heimat sind die spekulativ-rationalistischen Traditionen der schwäbischen Geistesgeschichte. – Hegel steht in Opposition zu Kant und Schleiermacher. Während Kant mit seiner Kritik an der bisherigen Metaphysik und den Gottesbeweisen Gott nur noch als Postulat der praktischen Vernunft gelten ließ, hatte Schleiermacher Gott als das »Woher« des schlechthinnigen Abhängigkeitsgefühls definiert. Dagegen setzt Hegel Gott als lebendigen Geist, der sich dem Menschen als denkendem Wesen offenbart. Das zum Bewußtsein seiner selbst gekommene philosophische Denken ist die Wirklichkeit schlechthin, »der Geist«, das Absolute. – Für Hegel hat das die Gegenstände erkennende Denken letztlich immer nur mit sich selbst zu tun. Es gibt nur diesen denkenden Geist und seine Bewegung. So ist das Wesen des Denkens und das Wesen der Dinge dialektisch zu begreifen. Das Gesetz des Geistes, das alles in Natur und Geschichte erklären kann, ist der dialektische Dreischritt von Thesis, Antithesis und Synthesis. Weil alles in Bewegung ist, existiert das Einzelne letztlich nur durch den Zusammenhang: »das Wahre ist das Ganze«. Diese dialektische Methode ist die Grundlage für Hegels System sowohl bei der Ausbildung des Begriffs wie bei der Erfassung der gesamten Geschichte. – Das Christentum ist für Hegel die absolute Religion. Gerade in seinem dogmatischen Fundament, in der Trinitätslehre und Christologie, glaubte Hegel mit Hilfe des dialektischen Dreischrittes die tiefste Wahrheit bestätigt zu sehen. – Das spekulative Denken Hegels hatte jedoch keinen Zugang zu einem Kirchenverständnis, das der real-historischen Situation der Zeit gerecht würde. Hier ist der Hauptunterschied zu Schleiermacher zu sehen. Für Hegel ist der Glaube die niedere Form des Wissens. Dem entspricht die Kirche als die niedere Form des Staates. In der Vorrede seiner Rechtsphilosophie steht der charakteristische 227

Satz: »Alles Wirkliche ist vernünftig und alles Vernünftige ist wirklich.« Von Hegel aus konnte sowohl ein Weg zum politischen Konservativismus wie auch zur revolutionären Umgestaltung der Verhältnisse führen. Theologische Neubesinnung aus dem Geist der Erweckung – In der Nachwirkung Kants war der theologische Rationalismus im frühen 19. Jh. weit verbreitet. Kennzeichen dieser spätaufklärerischen Richtung: das menschliche Licht der Vernunft wird zum alleinigen Maßstab für die biblische Offenbarung. Hauptvertreter: Julius August Ludwig Wegscheider (1771–1849), Professor in Halle; Heinrich Eberhard Gottlob Paulus (1761–1851), Professor in Heidelberg. – Gegen den Rationalismus stand die Richtung des Supranaturalismus. Hier wurde das Übernatürliche der Offenbarung verteidigt, wiederum mit rationalen Argumenten. – Durch Schleiermacher, die Romantik und Erweckung veränderte sich diese Ausgangssituation im frühen 19. Jh. August Neander (1789–1850), Kirchenhistoriker und Fakultätskollege Schleiermachers in Berlin, stellte gegen den Rationalismus die fromme, vom Wort Gottes ergriffene christliche Persönlichkeit. Sein Losungswort: »Pectus est, quod theologum facit« (Das Herz macht den Theologen, »Pectoraltheologie«). Neander gilt als Begründer der neueren evangelischen Kirchengeschichtsschreibung. Gegen den Rationalismus sieht er die Geschichte des Christentums wesentlich als Frömmigkeitsgeschichte mit dem Ziel der weltüberwindenden Kraft des christlichen Glaubens. Hauptwerk: Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche, 1825– 1852. – August Tholuck (1799–1877), Schüler Neanders, wirkte seit 1826 viele Jahrzehnte in Halle. Einflußreichster und vielseitigster Theologe aus dem Geist der Erweckung. Besonders mit seiner Lehre von der Sünde stellte sich Tholuck scharf gegen den Rationalismus und fortschrittsgläubigen Zeitgeist. Hauptwerke: Die Lehre von der Sünde und vom Versöhner oder die wahre Weihe des Zweiflers, 1823 und Kommentar zum Römerbrief, 1824. Tholuck wirkte auch besonders durch seine Predigten (vor allem Themapredigten) und seine Seelsorge.

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Konfessionelle Theologie außerhalb Erlangens – Mit der Erweckungsbewegung sind auch alle diejenigen Theologen verbunden, die im 19. Jh. die altprotestantische Theologie, vor allem die Theologie des Luthertums im 16. und 17. Jh., zu erneuern versuchten. Sie werden auch unter den Begriffen »Konservative Theologie«, »Restaurations- bzw. Repristinationstheologie« zusammengefaßt. – Gemeinsame theologische Grundzüge: Betonung des Sakraments (vor allem Altarsakrament), des die Kirche begründenden Bekenntnisses und des geistlichen Amtes. Vertreter häufig in kirchenleitenden Ämtern stehend. Kampf für eine staatsunabhängige Kirche, oft verbunden mit der politischen Reaktion. – Ernst Wilhelm Hengstenberg (1802–1869), reformierter Herkunft, Professor für AT in Berlin. Weniger theologisch als kirchenpolitisch einflußreich ist die von ihm mitbegründete Evangelische Kirchenzeitung, das Hauptorgan des theologischen und politischen Konservativismus. – Weitere konfessionell-lutherische Theologen: August Vilmar (1800–1868), hessischer Kirchenpolitiker und Theologe in Marburg. Bekannte Schrift: Die Theologie der Tatsachen wider die Theologie der Rhetorik, 1856. Theodor Kliefoth (1810–1895), kirchenleitend in Mecklenburg tätig, vor allem liturgische Abhandlungen. Wilhelm Löhe zeigt in seinem Werk Drei Bücher von der Kirche (1845) einen selbstbewußten, ökumenisch geöffneten lutherischen Konfessionalismus. Ludwig Adolf Petri (1803–1873), Führer des Neuluthertums in Hannover. Die führende Gestalt des politischen Konservativismus ist Friedrich Julius Stahl (1802–1861). Hauptwerk: Die Kirchenverfassung nach Lehre und Recht der Protestanten, 1840. Die Erlanger Theologie – Die Theologen an der Erlanger Theologischen Fakultät (»Erlanger Schule«) gehören ebenfalls zu den konfessionell-lutherischen Theologen. Sie ragen jedoch durch ihre Bedeutung und Geschlossenheit über die anderen konfessionellen Theologen heraus. – Der Begriff »Erlanger Theologie« gründet sich bei aller individuellen Vielfalt auf ein gemeinsames theologisches Fundament. Sie ist »das einzige Zentrum, welches den konfessionellen Aufbruch zu einer eigenständigen Theologie mit wissenschaftlichem Anspruch zu gestalten vermochte« (Karlmann Bey229

schlag). Gegen den theologischen Rationalismus stellen die Erlanger ihre Erfahrungstheologie: die persönlich erfahrene Wende von der Sünde zur Gnade als Wiedergeburt wird das entscheidende theologische Erkenntnisinstrument. Durch die Erfahrung der Wiedergeburt werden die objektiven Größen Bibel, Bekenntnisse und theologische Erkenntnisse, vor allem Luther, neu entdeckt und erschlossen. – Geistesgeschichtlich steht die Erlanger Theologie in Verbindung mit Schleiermacher, dem deutschen Idealismus, besonders Hegel und Schelling, der Erweckungsbewegung und der Romantik. Wichtiger als diese Verbindungslinien ist aber die Anregung, die Johann Georg Hamann den Erlangern gegeben hat: Erfahrungsgewißheit, Inkarnation und »Kondeszendenz« (Herablassung Gottes in den Raum der Geschichte) und die Wiederentdeckung Luthers. – Im Wirken von Adolf von Harleß (1806–1879) ab 1833 in Erlangen beginnt die Erlanger Theologie. Seine Theologie ist streng kirchlich orientiert. Seit 1838 erschien unter seiner Leitung die Zeitschrift für Protestantismus und Kirche. Ab 1852 Präsident des Oberkonsistoriums in München. Hauptwerk: Christliche Ethik, 1842, große Verbreitung im 19. Jh. – Johann Christian Konrad von Hofmann (1810–1877), von Schleiermacher und der idealistischen Geschichtsphilosophie beeinflußt, geht seine ganz eigenen Wege. Ausgangspunkt ist die Wiedergeburtserfahrung als ein Tatbestand des persönlichen Glaubens: »Ich, der Christ, bin mir, dem Theologen, eigenster Stoff meiner Wissenschaft.« Von der individuellen Heilserfahrung erschließt sich ihm die Wahrheit der Bibel und der kirchlichen Bekenntnisse. In seiner Schriftauslegung entwickelt Hofmann eine an den württembergischen Pietismus erinnernde heilsgeschichtliche Theologie. Im heilsgeschichtlichen Zusammenhang ist auch seine kritische Stellung gegenüber der traditionellen Versöhnungslehre zu sehen: Gott hat uns durch Christus in seinem gesamten Leben, Leiden und Sterben seinen »Liebeswillen« bezeugt, die Versöhnung liegt nicht im isoliert verstandenen stellvertretenden Strafleiden Jesu am Kreuz. Damit geriet Hofmann in einen heftigen Streit, bei dem er die lutherische Theologie seiner Zeit auf den ursprünglichen Luther zurückverweisen wollte. Unter den Erlanger Theologen ist Hofmann derjenige, der sich besonders seiner politischen und sozialen Verantwortung bewußt war (Mitarbeit in der liberalen Fortschrittspartei). Wichtigste Werke: Weissagung und Erfüllung im Alten und Neuen Testament, 1841–1844 und Der Schriftbeweis, 1852–1855. 230

– Weitere bedeutende Erlanger Theologen: Gottfried Thomasius (1802–1875), Dogmatiker. Hauptwerk: Christi Person und Werk, 1853–1861. Thomasius hat die traditionelle »Kenosislehre« (Erniedrigung Christi) so interpretiert, daß Christus bei seiner Menschwerdung auf einen Teil seiner göttlichen Eigenschaften verzichtete. Theodosius Harnack (1817–1889), Vater von Adolf von Harnack. Bedeutendes Werk: Luthers Theologie, 1862–1885. Franz Hermann Reinhold Frank (1827–1894), Dogmatiker und Ethiker mit umfassenden systematischen Werken u.a. Die Theologie der Concordienformel, 1858–1864. Die liberale Theologie – Der Begriff »liberale Theologie« kommt von Semlers Versuch einer freieren theologischen Lehrart (1777) her. Die historisch orientierte Arbeit der liberalen Theologie hat ihre Wurzeln in der Aufklärung, steht aber im 19. Jh. in zugespitzter Form vor dem Problem von Glaube und Geschichte. – Herausragende Bedeutung in der historischen Erforschung des NT und der Kirchen- und Dogmengeschichte im 19. Jh. hat Ferdinand Christian Baur (1792–1860), von Hegel beeinflußt, seit 1826 Professor in Tübingen. – Baur ist insofern der Begründer der neueren historisch-kritischen Theologie, als er die neutestamentlichen Schriften in die historische Situation des Urchristentums einzuordnen versucht. Er geht von dem Grundsatz aus: »Das Christentum ist alles, was es ist, einzig durch die Person seines Stifters.« Aus den Synoptikern, nicht aus dem Johannesevangelium, kann ein geschichtlich zuverlässiges Bild Jesu ermittelt werden. Die Predigt der wahren Gerechtigkeit vom Reich Gottes steht im Mittelpunkt der Lehre Jesu, die sich in seiner Person verwirklicht. – Die Geschichte des Urchristentums erklärte Baur nach der Geschichtsdialektik Hegels: Auf das Judenchristentum als Thesis folgte durch das Wirken des Apostels Paulus das gesetzesfreie, universale Heidenchristentum als Antithesis. Gegenüber dem gemeinsamen Feind der gnostischen Richtungen und Marcion entwickelte sich dann die frühkatholische Kirche als Synthesis. Die neutestamentlichen Schriften müßten in diesen Entwicklungsgang eingeordnet werden. Baur forderte darum für das NT eine »Tendenzkritik«. – Baur begründete die neuere Disziplin der Dogmengeschichte. Die Entstehung der Dogmen ordnete er in einen umfassenden geistigen Entwicklungspro231

zeß ein, der die Wahrheit der altkirchlichen Dogmen ebenso erkennen läßt wie ihre notwendige Fortentwicklung. Wichtige Werke Baurs: Die christliche Lehre von der Versöhnung, 1838, Das Christentum und die christliche Kirche der ersten drei Jahrhunderte, 1853. – David Friedrich Strauß (1808–1874), von Hegel beeinflußt, Schüler Baurs, löste mit seinem Werk Das Leben Jesu (1835/36) einen heftigen Streit aus. Grund dafür war die These: Die Darstellung Jesu in den Evangelien sei nicht historisch, sondern mythisch. Nachträgliche Legenden hätten sich um die historische Gestalt Jesu gelegt. Für Strauß war Jesus ein menschlicher Lehrer der Gottes- und Nächstenliebe. Die Wahrheit des Christentums sah Strauß in der Idee des Gottmenschen, in der Versöhnung zwischen Gott und Mensch. Diese Idee verwirklichte sich im Urchristentum und wurde erst nachträglich produktiv-gestaltend am Leben Jesu veranschaulicht. Dies gälte es jedoch vernünftig aufzuklären: »Die Idee schüttet ihre Fülle nicht in ein einzelnes Exemplar aus, das Unendliche realisiert sich nicht in einer endlichen Gestalt.« Die christologischen Aussagen des NT seien kollektiv auf die Entwicklung der Menschheit zu beziehen. – Das Leben Jesu von Strauß erfuhr heftigen Widerspruch von allen theologischen Richtungen, der Verfasser auch persönliche Anfeindungen. – Einen extremen Standpunkt nahm Bruno Bauer (1809–1882) ein, der die Entstehung des NT erst ins 2. Jh. verlegte und an der Historizität Jesu zweifelte. Albrecht Ritschl und seine Schüler – Albrecht Ritschl (1822–1889), von Kant, Schleiermacher und Baur in seinem theologischen Entwicklungsgang geprägt, entwickelte eine Theologie, die das Christentum als historisches Faktum begreift und auf die persönliche Glaubenserfahrung konzentriert. Das NT bezeugt zuverlässig die wahre Gottesoffenbarung in Christus. Als eine Ellipse mit zwei Brennpunkten hat Ritschl das Christentum beschrieben: das Reich Gottes als sittliches Ziel aller Menschen und die Erlösung als »Rechtfertigung und Versöhnung«. Die Umwandlung und Hinwendung des menschlichen Willens zum Willen Gottes, die zur sittlichen Tat drängt, ist Kern der Erlösung des einzelnen wie der Gemeinschaft im Reich Gottes. Ritschls Theologie ist somit wesentlich durch drei Faktoren bestimmt: Betonung der Ethik, Aufweis des historisch Tatsächlichen und die ins klare Bewußtsein gehobene Glaubenserfahrung. In seiner Opposition gegenüber Mystik, Pietismus, Spekulation und katholischer Kultfrömmigkeit ist Ritschl der 232

zeitgemäße Theologe des »Kulturprotestantismus«. Seit 1864 lehrte er in Göttingen. Hauptwerke: Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung, 1870–1874 und Unterricht in der christlichen Religion, 1875. – Die Theologie Albrecht Ritschls hatte im ausgehenden 19. Jh. eine führende Stellung inne. Vor allem die Zeitschrift Die Christliche Welt, seit 1886 von Martin Rade herausgegeben, war das Organ der unterschiedlichen Ritschl-Schüler. – Wilhelm Herrmann (1846–1922), Systematiker in Marburg seit 1879, betonte stärker als Ritschl die persönliche Glaubenserfahrung angesichts des Eindruckes der Person Jesu. Daraus erwächst auch der sittliche Ernst als Zentrum des christlichen Glaubens. Hauptwerk: Ethik, 1901. Sowohl Karl Barth wie Rudolf Bultmann haben bei Wilhelm Herrmann in Marburg studiert. – Auch der in seiner Zeit berühmteste Theologe, der Kirchenhistoriker Adolf von Harnack (1851–1930), setzte als Historiker der Alten Kirche und Dogmenhistoriker die historisch orientierte Arbeit Ritschls fort. Das zeigt sich schon 1892 im Streit um das Apostolikum, in dem Harnack auf die historische Verwurzelung der Bekenntnisaussagen aufmerksam machte. Das frühe Christentum als historische Erscheinung und die Wahrnehmung der ursprünglichen Verkündigung Jesu führten Harnack zur Forderung eines undogmatischen Christentums. Das altkirchliche Trinitäts- und Christusdogma sah er als Schöpfung des griechischen Geistes auf dem Boden des Evangeliums an. Sein dogmenfreies Christentumsverständnis kommt in dem Satz zum Ausdruck: »Nicht der Sohn, nur der Vater allein gehört in das Evangelium, wie es Jesus verkündigt hat.« Harnack wirkte seit 1888 in Berlin. Hauptwerke: Lehrbuch der Dogmengeschichte, 1885–1889, Das Wesen des Christentums, 1900. Die Vermittlungstheologie – Zwischen dem theologischen Liberalismus und Konfessionalismus versuchten mehrere Theologen im Anschluß an Hegel und Schleiermacher zu vermitteln. – Von Hegel kamen die beiden spekulativen Theologen Karl Daub (1765– 1836) und Philipp Marheineke (1780–1846) her. – Den Namen »Vermittlungstheologen« trugen jedoch vor allem Theologen, die, von Schleiermacher beeinflußt, zwischen dem Christentum und der moder233

nen Kultur Brücken schlagen wollten. Ihr Organ wurden die Theologischen Studien und Kritiken, seit 1828. – Aus der wenig homogenen Gruppe der Vermittlungstheologen, die Anleihen aus verschiedenen Richtungen aufnahmen, ragt Richard Rothe (1799–1867) heraus. Rothe kommt von der Erweckungsbewegung, Schleiermacher und Hegel her. Sein eigenwilliger Grundgedanke: Der sittliche Vervollkommnungsprozeß des von Jesus ausgehenden gemeinsamen Lebens in der Kirche findet seine Vollendung im Staat. Kirche und Staat sind nicht als empirische Größen zu verstehen. Er unterscheidet scharf zwischen der Geschichte des Christentums und der Geschichte der Institution Kirche. Das christliche Prinzip soll mit seiner Kraft alle irdischen Verhältnisse durchdringen. Hauptwerk: Theologische Ethik, 1845–1848. – Carl Immanuel Nitzsch (1787–1868) kämpfte für die Union, wobei er jedoch die Verbindung von Kirche und Bekenntnis für notwendig hielt. Hauptwerk: Praktische Theologie, 1847–1867. Die biblische Theologie – Hier sind eigengeprägte Theologen zusammengefaßt, die in unterschiedlicher Weise das biblische Fundament aller Theologie betonen. – Johann Tobias Beck (1804–1878), seit 1843 in Tübingen lehrend, kommt vom Biblizismus und der heilsgeschichtlichen Theologie Bengels her. In den biblischen Schriften ist die göttliche Offenbarung grundgelegt, die sich in weiteren Stufen zum Heil der Menschheit entfaltet. Hauptwerk: Die christliche Lehrwissenschaft nach den biblischen Urkunden, 1847. – Martin Kähler (1835–1912), seit 1860 in Halle wirkend, griff das Grundproblem des Verhältnisses von Glaube und Geschichte bahnbrechend auf. 1892 hielt er einen Vortrag mit dem Titel: Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche biblische Christus. Der Titel zeigt die wichtige Unterscheidung: Nicht der historische Jesus, sondern der von der Gemeinde gepredigte und bezeugte Christus ist der Grund des christlichen Glaubens. Die Versuche, ein Bild des historischen Jesus zu zeichnen, gehen in die Irre. Die Evangelien müsse man als »Urkunde der kirchengründenden Predigt« verstehen. Freilich war für Kähler der gepredigte Christus kein anderer als der irdische Jesus. – Schon weit in das 20. Jh. hinein wirkte Adolf Schlatter (1852–1938), seit 1898 in Tübingen. Seine Bedeutung liegt vor allem auf dem Gebiet der neute234

stamentlichen Wissenschaft und der Erforschung der Religion und Geschichte des antiken Judentums. Er setzte erstmals die paulinische Rechtfertigungslehre von derjenigen Luthers ab. In seiner Exegese suchte er die biblischen Schriften aus ihrem eigenen Sinngehalt heraus zu verstehen und ohne Anleihen vom Zeitgeist zu verlebendigen. Zahlreiche Werke, vor allem neutestamentliche Kommentare. Die religionsgeschichtliche Schule – 1892 erschien ein kleines Buch von Johannes Weiß (1863–1914): Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes. Rein exegetisch stellte er fest, daß Jesu Predigt vom Reiche Gottes eschatologischen Charakter trägt, was dem ethischen Entwicklungsgedanken Ritschls diametral entgegenstand. – Das war der Auftakt für eine Reihe von jüngeren exegetischen Theologen in Göttingen, die Zusammenhänge Israels und des Urchristentums mit der antiken Religionsgeschichte auf der Grundlage der Literarkritik und Formgeschichte zu erforschen. Es waren dies z.B.: Hermann Gunkel (1862–1932), Wilhelm Bousset (1865–1920) und William Wrede (1859–1906). – Die Erforschung der Zusammenhänge zwischen der biblischen und der außerbiblischen Religionsgeschichte zeigte nicht nur verschiedene Ähnlichkeiten, sondern inmitten des geschichtlichen Prozesses auch die besondere Art der biblischen Religion. Die Fremdheit der biblischen Botschaft gegenüber modernen Vorstellungen war offenkundig. Damit waren die Versuche der liberalen Theologie, von der biblischen Verkündigung unmittelbare Brücken in die Gegenwart zu schlagen, in Frage gestellt. – Dies hat vor allem ein Systematiker der religionsgeschichtlichen Schule umfassend reflektiert: Ernst Troeltsch (1865–1923), Professor in Heidelberg, später Religionsphilosoph in Berlin. – Troeltsch ist als Historiker wie als Religionsphilosoph und Religionssoziologe ein Forscher, der mit seinen Anregungen bis in die Gegenwart wirkt. Die Frage nach dem Verhältnis des Christentums zur modernen Kultur, das Verhältnis von Offenbarung und Geschichte sowie persönlicher Entscheidungsfreiheit und gesellschaftlicher Bedingtheit vor allem in der Geschichte der Neuzeit – das sind Problemfelder, die seit Troeltsch bleibende Herausforderungen für die Theologie darstellen. Dazu gehört auch seine Unterscheidung von Alt- und Neuprotestantismus (Beginn mit der Aufklärung). Luther und die Reformation gehören für ihn noch ins Mittelalter. 235

Für die Kirchengeschichte bedeutsam: seine große Untersuchung Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen, 1912. – Eine besondere Stellung nimmt Albert Schweitzer ein (1875–1965), der mit seiner These von der »konsequenten Eschatologie« eine lebhafte Diskussion auslöste und die Unmöglichkeit einer historischen Darstellung des Lebens Jesu erwies. Das zeigt besonders sein Werk: Von Reimarus zu Wrede, 1906 (ab 2. Aufl. 1913 unter dem Titel Geschichte der Leben-Jesu-Forschung). Literaturhinweise BEYREUTHER, E.: Die Erweckungsbewegung, 1–48. BIRKNER, H.-J.: Friedrich Schleiermacher, in: Gestalten der Kirchengeschichte, Bd. 9,1, Die neueste Zeit I, 87–115. FISCHER, H.: Friedrich Schleiermacher. GRANE, L.: Die Kirche im 19. Jahrhundert, 165–185 u. 242–274. GRESCHAT, M. (Hg.): Theologen des Protestantismus im 19. und 20. Jahrhundert I und II. HÄGGLUND, B.: Geschichte der Theologie, 276–307. KANTZENBACH, F.W.: Programme der Theologie, 56–163. MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 312–326. WALLMANN, J.: Kirchengeschichte Deutschlands seit der Reformation, 172–198 u. 211–228.

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XX.

Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

Einstieg Ein Grundgefühl der Krise erfaßte viele Menschen durch die ganze Zeit der Weimarer Republik, was auf die gewaltigen Erschütterungen hindeutet, die der Erste Weltkrieg auf allen Gebieten des Lebens weltweit hinterlassen hatte. Der Zusammenbruch der äußeren Ordnungen und vor allem der entfesselte Haß zwischen den Industrie- und Kulturnationen Europas und das Massensterben auf den Schlachtfeldern des Krieges zeigten jedem die Abgründe auf, zu denen der Mensch fähig ist. In Deutschland brachte das Ende des Ersten Weltkrieges auch das Ende der Monarchie. Damit aber war die aus der Reformationszeit überkommene Verfassungsform der evangelischen Landeskirchen, das landesherrliche Kirchenregiment, an sein definitives Ende gelangt. Wie sollte sich nun das Verhältnis von Staat und Kirche gestalten? Es ist verständlich, daß auch in Deutschland Stimmen laut wurden, die auf eine klare Trennung von Kirche und Staat zielten. War doch in Frankreich 1905 und in Rußland durch die Oktoberrevolution 1917 ein solches Beispiel gegeben worden. Aber in der Weimarer Reichsverfassung von 1919 wurde nur erklärt, daß keine Staatskirche bestehe und die Kirchen ihre Angelegenheiten selbständig regeln durften. Die evangelischen Kirchen füllten den gewonnenen Freiraum im Sinne einer landeskirchlichen Struktur und im Geist des deutsch-nationalen Konservativismus. Dieser konservativ-nationale Geist, der den gesamten Protestantismus in seinen verschiedenen Strömungen während der 20er Jahre charakterisiert, ist angesichts des Zäsurerlebnisses des Ersten Weltkrieges immer wieder ein erstaunliches Phänomen. Von hier aus wird man auf die Verbindungslinien aufmerksam, die aus dem 19. Jh. in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg hineinreichen. Durch das ganze 19. Jh., verstärkt in der Wilhelminischen Kaiserzeit, ist eine geistige Haltung wahrnehmbar, die sich gegen die Aufklärung, gegen den westeuropäischen Rationalismus und gegen die eigene selbstgenügsam-optimistische Lebens- und Weltdeutung des Bürgertums richtete. Am Ende des 19. Jh.s und um die Jahrhundertwende äußerte sich dieser Geist u.a. in der Lebensphilosophie und in der Jugendbewegung. Im »deutschen Geist« (Ernst Troeltsch) vom August 1914 kulminierte diese ältere deutsch-nationale Gesinnung, die sich besonders im Protestantismus ausgebreitet hatte. Das herausfordernde Problem für das liberale Bürgertum war die geistige Verarbeitung der verheerenden, nicht faßbaren Nie237

derlage. Dort, wo man die Niederlage anerkannte, war die geistige Haltung eine andere als da, wo man sie nicht wahrhaben wollte. Die innere Abwehr ließ den Krieg nicht als Ende, sondern als Anfang eines weiteren Kampfes gegen Liberalismus und Demokratie erscheinen. Die neue nationale, antidemokratische Bewegung in den 20er Jahren, die im Bürgertum und vor allem bei der Jugend viel Anklang fand, trägt als »konservative Revolution« eine geistig einflußreiche Strömung in der Weimarer Republik. Von diesem Gedankengut aus haben nur wenige 1933 die großen Gefahren der nationalsozialistischen Ideologie wahrgenommen. In der Theologiegeschichte des 20. Jh.s ist der Aufbruch der dialektischen Theologie bzw. der »Theologie der Krise« ein herausragendes Ereignis. Auch wenn die Verbindungslinien mit dem Zeitgeist inzwischen immer deutlicher geworden sind, so schmälert dies doch in keiner Weise die enorme theologische Leistung, die hier vollbracht wurde. Sie hat auch wesentlich dazu beigetragen, daß in Kirche und Theologie gegenüber der gewaltsamen Ideologie des Nationalsozialismus nicht unerheblicher Widerstand geleistet werden konnte. Ihre lange, fortdauernde Wirkung bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg hat mit dieser Bewährungsprobe in der Zeit des Nationalsozialismus gewiß nicht wenig zu tun. Im Bereich der deutschen katholischen Kirche war die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg eine geistig-religiös besonders fruchtbare und intensive Zeit. Die römische Weltkirche war während der Zeit des Nationalsozialismus rein existentiell nicht so herausgefordert wie der deutsche Protestantismus. In der Weimarer Republik war das katholische Zentrum neben der Sozialdemokratie eine der wesentlichen Stützen der neuen Republik. Der kirchliche Neuaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg hängt eng mit dem kirchengeschichtlich wohl bedeutendsten Ereignis des 20. Jh.s zusammen, mit der Ökumenischen Bewegung. Auch sie hat ihre Wurzeln vor allem im 19. Jh. durch die Zusammenarbeit der Kirchen auf den Missionsfeldern und in der Diakonie. Wenn auch die römisch-katholische Kirche nicht zum Ökumenischen Weltrat der Kirchen gehört, so ist doch das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und den reformatorischen Kirchen im 20. Jh. auf eine Basis gestellt, die im Blick auf die vergangenen Jahrhunderte der Kirchengeschichte trotz vieler fortbestehender Probleme zu Zuversicht und Hoffnung Anlaß gibt.

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Grundaspekte Neuansätze in der evangelischen Theologie – Die Theologie Albrecht Ritschls, vor allem die seines Schülers Wilhelm Herrmann, war das gemeinsame Fundament, auf dem sich alle Strömungen evangelischer Theologie vor und nach dem Ersten Weltkrieg zusammenfinden konnten. Zentrale Begriffe dieser Theologie waren »Sittlichkeit« und »Kultur«. Der christliche Glaube war in dieser Welt des liberalen Kulturprotestantismus ganz selbstverständlich die wichtigste Kraft in der Beförderung der Sittlichkeit im einzelnen wie gemeinschaftlichen Leben. – 1917 erschien erstmals das Werk Rudolf Ottos (1869–1937): Das Heilige. Bis 1930 erlebte dieses Buch 22 Auflagen, es ist der Auftakt zu einem ganz neuen Gottesverständnis. Schon hier wird Gott als der »ganz Andere« gesehen, dem der Mensch im »mysterium tremendum et fascinosum« begegnet. Der Abstand zum theologischen Zeitgeist einer rationalen, sittlich-religiösen Christentumsauffassung wurde schlagartig deutlich. – Im selben Jahr hielt der Berliner Kirchenhistoriker Karl Holl (1866–1926) zum vierhundertjährigen Jubiläum des Thesenanschlags Luthers den berühmt gewordenen Vortrag: Was verstand Luther unter Religion? Hier wurde ein ganz neues Lutherbild deutlich, das aus strenger historischer Arbeit und systematischer Durchdringung vor allem die Theologie des jungen Luther, seine Kreuzesund Rechtfertigungstheologie, klar herausstellte. Die liberalen Lutherbilder vom Heroen und nationalen Freiheitskämpfer hatte Holl weit hinter sich gelassen. Mit seinen Forschungen begann die sog. Lutherrenaissance, die auch für die dialektische Theologie der kommenden Zeit große Bedeutung hatte. Holls These, daß die Mitte der Frömmigkeit Luthers die »Gewissensreligion« sei und ihr das Bewußtsein des Sollens zugrunde liege, zeigt freilich auch den Einfluß des Zeitgeistes auf diesen bedeutsamen Neuansatz im Verständnis der gesamten reformatorischen Theologie. – Zu einer folgenreichen theologischen Neubesinnung nach dem Ersten Weltkrieg führte die dialektische Theologie, die mit dem Werdegang und Wirken Karl Barths (1886–1968) eng verbunden ist. Barth war zunächst von der neuprotestantisch-liberalen Theologie der Vorkriegszeit geprägt, als er 1911 im Kanton Aargau Pfarrer in einer Bauern- und Arbeitergemeinde wurde. Konfrontierung mit der sozialen Frage, Hinwendung zum religiösen Sozialismus. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges erschütterte Barth durch das Versagen seiner theologischen Lehrer gegenüber der Kriegs239

ideologie und auch des religiösen Sozialismus. Zusammen mit seinem Freund Eduard Thurneysen (1888–1974) kehrte Barth der liberalen Theologie den Rükken und suchte Antwort auf seine Fragen allein beim biblischen Text. Aus der intensiven Beschäftigung mit der Bibel angesichts seines Predigtauftrages entstand der Kommentar zum Römerbrief (1. Auflage 1919). Der theologische Ansatz der dialektischen Theologie – Er kommt besonders klar in dem Vortrag Barths zum Ausdruck: Der Christ in der Gesellschaft, den er am 25.9.1919 in Tambach hielt. Die entscheidende Wendung lautete hier: »Der Christ ist der Christus«. Das bedeutete die Abwendung von den Christen und den christlichen Kulturgütern und die Hinwendung zu Christus, die Abwendung vom Menschen hin zu Gott, der sich in Kreuz und Auferstehung Jesu Christi offenbart hat und damit der sog. christlichen Welt radikal und fremd gegenübersteht. Durch alle sog. christlichen Bewegungen geht eine Bewegung »senkrecht von oben« hindurch, »deren Kraft und Bedeutung enthüllt ist in der Auferstehung Jesu Christi von den Toten«. – Diese Bewegung bedeutete die totale Negation alles Bestehenden, das Ende des sog. »Bindestrich-Christentums«: christlich-sozial, christlich-national, christlich-sittlich etc. Die Sünde des Menschen besteht darin, daß er sich dieser Bewegung »senkrecht von oben« widersetzt mit Mitteln der Religion, z.B. mit der Religion der christlichen Sittlichkeit. – Die göttliche Negation ist aber zugleich auch Position. Ähnlich dem jungen Luther zeigt Barth, wie Gott, indem er zerstört, aufbaut, indem er Sicherheit wegnimmt, neue schenkt. Diese dialektische Denkstruktur gab der dialektischen Theologie den Namen: »Positiv ist die Negation, die von Gott ausgeht und Gott meint. Während alle Positionen, die nicht auf Gott gebaut sind, negativ sind.« Dem radikalen Nein zur Mitarbeit in der christlichen Kulturarbeit stand ein Ja der christlichen Verantwortung gegenüber. Barth konnte deshalb die Mitarbeit in der Sozialdemokratie fordern. – Aber wie ist ein solches Sprechen von Gott überhaupt möglich, wenn die überkommene Harmonie zwischen Vernunft und Offenbarung, zwischen Kultur und Christentum, so radikal zerbrochen ist? Barth gab auf diese Frage in einem Vortrag am 17.4.1920 in Aarau Antwort: Biblische Fragen, Einsichten und Ausblicke. Barth entdeckte in der Bibel »eine merkwürdige Sache«: das Zeugnis eines unerhörten Betroffenseins vom Worte Gottes. Die seit der Aufklärung aufgebrochene Spannung zwischen der Bibel als geoffenbartem Wort Gottes und historischem Dokument hatte Barth mit dem Betroffensein der biblischen 240

Zeugen beantwortet. Die Bibel blieb damit der historischen Kritik geöffnet, ohne daß diese Kritik jedoch an den Grund des Betroffenseins heranreichen könnte. – 1922 erschien die zweite, völlig neu bearbeitete Auflage des Römerbriefkommentars. Er verschärfte noch den bisherigen Neuansatz, von ihm ging seit den 20er Jahren eine große Wirkung aus. Mitbeteiligt an diesem theologischen Neuansatz war vor allem das Denken Sören Kierkegaards (1813–1855), die Kritik am bürgerlichen Christentum durch Franz Overbeck (1837–1905), dem Freund Friedrich Nietzsches (1844–1900), und auch der russische Schriftsteller Feodor M. Dostojewskij (1821–1881). – Neben Barth und Thurneysen gehören zur Gruppe der dialektischen Theologen vor allem: Friedrich Gogarten (1887–1967), der durch ein intensives Studium Luthers zu ähnlichen Einsichten kam; Emil Brunner (1889–1966), der vor allem Schleiermacher für die Misere der Theologie verantwortlich machte: Die Mystik und das Wort, 1924; Rudolf Bultmann (1884–1976), der von der historischen Erforschung des NT aus und der Wiederentdeckung der reformatorischen Theologie, besonders Luthers, zur dialektischen Theologie fand. – Ein Aufsatz Gogartens in der Christlichen Welt trug den Titel Zwischen den Zeiten. Diese kritische Ortsbestimmung der neuen Theologie wurde zum Titel der Zeitschrift, die von 1923–1933 die dialektische Theologie wirkungsvoll verbreitete. Schriftleiter: Georg Merz (1892–1959). – Die Gruppe der dialektischen Theologen ist schon vor 1933 an bereits länger sichtbar gewordenen Differenzen auseinandergebrochen: durch die Neigungen Gogartens zu den Deutschen Christen wuchs der Abstand zu Barth. 1934 kam es zum Bruch zwischen Barth und Brunner wegen der Debatte um einen anthropologischen »Anknüpfungspunkt« in der Theologie. Durch Bultmanns Programm der »Entmythologisierung« und seine begrifflichen Anleihen bei der Philosophie Martin Heideggers (1889–1976) kam es zu Differenzen mit Barth. Damit gingen diese beiden bedeutenden Theologen des 20. Jh.s eigene Wege. Die Kirchen in der Weimarer Republik – Das Ende der Monarchie und die Ausrufung der Republik am 9. November 1918 bedeuteten auch für die Kirchen einen tiefen geschichtlichen Einschnitt. Sie standen nun vor großen politischen, geistigen und rechtlich-organisatorischen Herausforderungen. Aber anders als der Katholizismus war der deutsche Protestantismus mit dem Ende des Ersten Weltkrieges auch seiner jahrhundertelangen Ordnungsstruktur enthoben, dem landesherrlichen Kirchenregiment. 241

– Die entscheidende Frage für die evangelischen Kirchen lautete nun: Wie sollte ein eigenes Kirchenregiment gebildet werden, nachdem das staatliche entfallen war? Der Neubeginn stand vor großen Problemen: die national-kaisertreue Gesinnung in der protestantischen Bevölkerung, auch der katholischen; eine fehlende politische Vertretung ähnlich dem katholischen Zentrum; große Unsicherheit in wirtschaftlicher Hinsicht. – Zwei Vorstellungen über die inhaltliche Neuordnung der evangelischen Kirchen standen sich gegenüber: Martin Rade (1857–1940) forderte die »Freie evangelische Volkskirche«, eine kirchliche Ordnung von unten nach oben, in der »die Pastorenkirche der Laienkirche, die Konsistorialkirche der Gemeindekirche weichen« sollte. Dagegen nahmen die kirchenleitenden Behörden und Synoden für sich in Anspruch, die kirchliche Ordnung in Zukunft zu gestalten. – Die Frage nach der Stellung der Kirchen im neuen Staat war mit der Schulfrage eng verbunden. Zu den gegensätzlichen Positionen der rechts und links stehenden Parteien mußten die Kirchen angesichts der Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 Stellung beziehen. Nicht nur von katholischer, sondern auch von evangelischer Seite wurde die Politik der radikalen Trennung von Staat und Kirche abgelehnt. – Bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Januar 1919 war die SPD als stärkste und das katholische Zentrum als zweitstärkste Partei hervorgegangen. Die Haltung der Sozialdemokratie bei den Verhandlungen über die zukünftige Stellung der Kirchen im Staat ermöglichte es beiden Kirchen, in der neuen demokratischen Ordnung konstruktiv mitzuarbeiten. Die Weimarer Reichsverfassung vom August 1919 – Die geschichtliche Entwicklung hatte schon im 19. Jh. seit dem Wiener Kongreß das Band zwischen Kirche und Staat immer mehr gelockert und zur allmählichen Verselbständigung der evangelischen Landeskirchen geführt. Ausdruck dafür war die Paulskirchenverfassung von 1848: grundsätzliche Trennung von Staat und Kirche, klare rechtliche und sachliche Unterscheidung, selbständige Ordnung und Verwaltung der kirchlichen Angelegenheiten. – Auf diesen Bestimmungen baute die Weimarer Reichsverfassung auf. Artikel 137 lautet: »Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.« Das bedeutet: grundsätzliche Trennung von Staat und Kirche, jedoch in besonderer Art und Weise (»hinkende Trennung«). 242

– Die Kirchen erhielten den Status von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die Möglichkeit der Kirchensteuererhebung, Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an den allgemeinbildenden Schulen und das zugesicherte Existenzrecht der theologischen Fakultäten an den staatlichen Universitäten. – Bedeutung dieser Beschlüsse: Die Regelung des Staat-Kirche-Verhältnisses wurde reichsrechtlich vorgenommen, die Kirchen waren somit überall vor radikaleren Entscheidungen geschützt. Die Art der Trennung von Kirche und Staat in der Weimarer Reichsverfassung war sowohl für die Kirchen wie für den Staat von Vorteil. – Das landeskirchliche Prinzip, vor allem die landeskirchlichen Leitungsorgane setzten sich gegenüber den liberalen Forderungen nach kirchlichen Urwahlen ebenso durch wie gegenüber dem Ruf nach einer einheitlichen evangelischen deutschen Reichskirche. Diese letzte Forderung erhob z.B. der »Evangelische Bund«, 1886 gegründet, deutsch-national und antikatholisch geprägt. Die alte Spannung zwischen den Interessen der einzelnen Landeskirchen und dem Ruf nach einer gesamtevangelischen Kirche ging eindeutig zugunsten der Landeskirchen aus. Organisatorische Struktur der Landeskirchen und Vertragsregelungen zwischen Staat und Kirche – Schon auf dem Dresdener Kirchentag im September 1919 wurde deutlich, daß es nicht zu einem organisatorischen Zusammenschluß aller deutschen Landeskirchen kommen würde. Vor allem die unterschiedliche Bekenntnissituation stand einem solchen Ziel entgegen. – Im Mai 1922 haben sich die deutschen evangelischen Landeskirchen in Wittenberg zum »Deutschen Evangelischen Kirchenbund« zusammengeschlossen. Die Selbständigkeit und der Bekenntnisstand der Landeskirchen blieben darin unangetastet. Drei Organe hatte dieser Kirchenbund: Kirchentag, Kirchenbundesrat (Vertretung der 28 Landeskirchen) und der Kirchenausschuß. Präsident des Kirchenausschusses war von 1925–1933 Hermann Kapler (1867–1941). Der Kirchenbund wurde nach dem Umlageprinzip finanziert, war also finanziell auf die Landeskirchen angewiesen. – Öffentliche Veranstaltungen des Kirchenbundes zur Zeit der Weimarer Republik: Kirchentag in Bethel 1924, Kirchentag in Königsberg 1927, Gedenktag an die vierhundertjährige Übergabe der CA in Nürnberg 1930. Präsident des Kirchentages: Wilhelm von Pechmann (1859–1948). Mit dem Kirchenbund 243

hatte der deutsche Protestantismus eine gemeinsame Vertretung gegenüber Staat und Ökumene. – Die Grundstruktur der verschiedenen Verfassungen in den deutschen Landeskirchen verlief parallel zum Aufbau des Kirchenbundes: Synode als Vertretung der Kirchenmitglieder, Oberkirchenrat bzw. Landeskirchenrat als Verwaltungsbehörde und öfter ein Kirchensenat, in dem Mitglieder der Synode und der kirchlichen Verwaltungsbehörde zusammenwirkten. Nach unten waren die Kirchenorgane in den einzelnen Landeskirchen verschieden geordnet und wurden vor allem unterschiedlich benannt. – Die größte Landeskirche war die Evangelische Kirche der altpreußischen Union, die sich 1922 eine Verfassung gab und fast 19 Millionen Mitglieder hatte. Es folgten: Sachsen, Hannover, Württemberg, Bayern, Thüringen und Schleswig-Holstein. Unterschiedlich war nicht nur die jeweilige Größe, sondern auch die konfessionelle Ausrichtung: fünfzehn lutherische, zwölf unierte Kirchen und eine reformierte Kirche. – Daß die konfessionellen Unterschiede nicht unerheblich waren, zeigt der Streit über die Erneuerung und Einführung des Bischofsamtes in einigen Landeskirchen. – Durch zahlreiche Kirchenverträge zwischen den Landeskirchen und den deutschen Ländern wurden verschiedene Angelegenheiten auf der Grundlage der Weimarer Verfassung geregelt: Garantien für den Religionsunterricht und die theologischen Fakultäten an den Universitäten, staatliche Zuschüsse an die Kirchen sowie staatliche Einspruchsmöglichkeit bei der Besetzung von kirchenleitenden Ämtern. Die Kirchenverträge orientierten sich an den vorangegangenen Konkordaten, den Verträgen der katholischen Kirche mit den deutschen Ländern. – Diese Entwicklung zur Festigung der evangelischen Landeskirchen spiegelt sich in dem Buch wider, das der preußische Generalsuperintendent Otto Dibelius (1880–1967) veröffentlichte: Das Jahrhundert der Kirche (1926). Das Vorhandensein einer selbständigen evangelischen Kirche wurde als eine erstaunliche Wendung nach der Novemberrevolution dankbar begrüßt. In dem neuen, religiös neutralen Staat sollte die Kirche nach wie vor die Aufgabe haben, die ethischen Werte zu fördern und gegen Angriffe zu verteidigen. Der Abstand zwischen diesem Buch von Dibelius und der dialektischen Theologie war riesengroß.

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Die katholische Kirche nach dem Ersten Weltkrieg – Der Katholizismus nach dem Ersten Weltkrieg kann als »moderner Katholizismus« (Walther von Loewenich) bezeichnet werden. Auch für die katholische Kirche bedeutete der Erste Weltkrieg eine wichtige Zäsur. Aber durch die zentrale Leitung der Weltkirche und die Gegnerschaft gegenüber dem nationalistischen Liberalismus, der wesentlich zur Katastrophe des Ersten Weltkrieges beigetragen hat, war die Gesamtsituation der katholischen Kirche anders als vor allem im deutschen Protestantismus. – Auf Pius X. (1903–1914), unter dessen antiliberalem Kurs der Antimodernisteneid geleistet werden mußte, folgte Benedikt XV. (1914–1922), unter dem 1917 der Codex Iuris Canonici herauskam. Für den Katholizismus nach dem Ersten Weltkrieg wurde vor allem das Pontifikat Pius XI. (1922–1939) wichtig. Unter ihm wurden viele Konkordate abgeschlossen, u.a. das Reichskonkordat Hitlers mit Rom 1933. 1929 kam es zu den Lateranverträgen, dem für die Kirche äußerst günstigen Konkordat mit dem italienischen Staat, womit der langwierige Konflikt zwischen der Kurie und dem faschistischen Italien sein Ende fand. Die volle Souveränität von Vatikanstadt wurde hergestellt. – Pius XI. wurde auch der »Papst der Katholischen Aktion« genannt. Durch eine Aktivierung der Laien unter Führung des Klerus sollte das gesamte gesellschaftliche Leben von katholischen Impulsen erfüllt werden. Die Katholische Aktion zeugt von einem selbstbewußten, tatkräftigen Katholizismus nach dem Ersten Weltkrieg. Auch ein differenziertes Verbands- und Vereinswesen förderte das Wirken der katholischen Kirche in weiten Bevölkerungskreisen. Zeitschriften wie das niveauvolle Hochland unterstützten die Katholische Aktion. – Die Aktivierung der Laien zeigt besonders die katholische Jugendbewegung, eine religiöse Erneuerungsbewegung, in der Romano Guardini (1885–1968) eine führende Rolle spielte. Katholische Studentenverbindungen und katholische Arbeitervereine förderten die Mobilisierung der katholischen Laien. Das Wesen der Katholischen Aktion kommt besonders in dem Werk Guardinis: Vom Sinn der Kirche (1922) zum Ausdruck. – Auch das Ordensleben erlebte einen erheblichen Aufschwung, man spricht vom »monastischen Frühling«. Viele sozial-karitative und pädagogische Aktivitäten. – Ein selbstbewußter deutscher Katholizismus präsentierte sich beim Katholikentag 1931 in Nürnberg.

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– Besonders in der Bibelbewegung und in der liturgischen Bewegung kommt die lebendige Frömmigkeit des modernen Katholizismus zum Ausdruck. 1933 wurde das »Katholische Bibelwerk« gegründet. Verbreitung und Förderung der Bibel und ihres Verständnisses erhielten durch die Bibelbewegung erheblichen Aufschwung. Die liturgische Bewegung wollte vom modernen Subjektivismus weg zu den Schätzen der Alten Kirche zurücklenken. Die Benediktinerklöster Beuron und Maria Laach wurden die Hauptzentren. Pflege des gregorianischen Gesanges und Betonung des Gemeinschaftscharakters der Messe. Die liturgische Bewegung war eng mit der katholischen Jugendbewegung verbunden. Das zeigt die Schrift Guardinis, Vom Geist der Liturgie, 1918. In der Liturgie-Enzyklika von Pius XII. Mediator Dei (1947) wurden die Impulse der liturgischen Bewegung bestätigt. – 1918 Gründung der »Hochkirchlichen Vereinigung«. Förderung des Verständnisses gegenüber anderen Konfessionen im Streben nach der »einen Kirche« (Una-Sancta-Bewegung). Die geschichtlichen Voraussetzungen des Kirchenkampfes – Unter dem Begriff »Kirchenkampf« ist nach dem Zweiten Weltkrieg die Geschichte der evangelischen und katholischen Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus zusammengefaßt worden. Der Begriff entstand 1933/34 und bezeichnete in der sich bildenden Bekennenden Kirche eine innerkirchliche Auseinandersetzung: Das Handeln der Kirche sollte bekenntnis- und evangeliumsgemäß bleiben, Gegner waren die Deutschen Christen (DC). Seit der staatlichen Kirchenausschußpolitik 1935 konnte sich der Begriff zum grundsätzlichen Kampf zwischen den christlichen Kirchen und dem nationalsozialistischen Staat erweitern. – Geschichtliche Voraussetzungen in der Weimarer Republik: Die neu gewonnene Selbständigkeit und das Selbstbewußtsein der evangelischen Landeskirchen in den 20er Jahren wirkten nach 1933 in die Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Staat wesentlich ein. Von der dialektischen Theologie gingen entscheidende Impulse zur Abwehr der nationalsozialistischen Ideologie aus. Die nationalsozialistische Bewegung hatte am Ende der Weimarer Republik in der evangelischen Bevölkerung und in der Pfarrerschaft wachsende Zustimmung gefunden. Das national-konservative Gedankengut im evangelischen Bürgertum verhinderte eine realistische Wahrnehmung der Absichten und Ziele der nationalsozialistischen Bewegung. Das zeigt sich besonders im »Fall Dehn«: 246

Der Berliner Pfarrer Günther Dehn hatte mit seinem Vortrag Kirche und Völkerversöhnung den national gesinnten Protestantismus erheblich herausgefordert, bei seiner Berufung als Theologieprofessor in Halle 1931 kam es zu Studententumulten. – Eine nicht unbedeutende Minderheit in der evangelischen Kirche lehnte aber bewußt die nationalsozialistische Ideologie ab: z.B. die Religiösen Sozialisten, Liberale um Martin Rade, dialektische Theologen, der lutherische Theologe Hermann Sasse und das Mitglied des Kirchenausschusses Wilhelm von Pechmann. In der katholischen Kirche überwog die ablehnende Haltung gegenüber der NSDAP; die Existenz einer politischen Partei, des Zentrums, wirkte sich vorteilhaft für die politische Auseinandersetzung aus. Die nationalsozialistische Bewegung vor 1933 – Die dualistische Weltanschauung Adolf Hitlers (1889–1945), der Kampf der Arier gegen die Juden, des guten Prinzips gegen das böse Prinzip, bestimmte wesentlich die Politik der NSDAP. Hitlers Antisemitismus war die entscheidende Triebkraft für die Politik der Partei. – Die Kirchenpolitik der Partei verfolgte zunächst eine taktisch angelegte Neutralität gegenüber den Kirchen. Art. 24 des Parteiprogramms 1920 lautete: »Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums.« – Wahlsieg der NSDAP bei den Wahlen im September 1930. Seitdem betont kirchenfreundliche Haltung der NSDAP. Die Nationalsozialisten versuchten, von der kirchlichen Basis aus die Herrschaft in den Kirchen zu erobern. Frühjahr 1932 Gründung der Deutschen Christen durch den Berliner Pfarrer Joachim Hossenfelder. Die Richtlinien der DC strebten auf der Grundlage der nationalsozialistischen Ideologie den Zusammenschluß der evangelischen Landeskirchen zu einer evangelischen Reichskirche an. – Bei den preußischen Kirchenwahlen Ende 1932 bekamen die Deutschen Christen ein Drittel aller Sitze. Hitlers Kirchenpolitik und die Durchsetzung einer evangelischen Reichskirche – Hitlers Kirchenpolitik hatte zunächst das Ziel der Gleichschaltung der Kirchen mit dem Staat. In der Politik der Partei und Hitlers selbst war spätestens seit 1938 klar, daß das Ziel die Vernichtung von Christentum und Kirchen in 247

Deutschland war. Die staatliche Kirchenpolitik rechnete dagegen mit der Existenz der Kirchen unter staatlicher Oberaufsicht. – Nach der Eröffnung des Reichstages (»Tag von Potsdam«, 21.3.1933) hielt Hitler am 23.3.1933 seine Regierungserklärung, in der er den Kirchen im neuen Staat erhebliche Zusicherungen machte. – Mit dem Vatikan schloß Hitler am 20.7.1933 das Reichskonkordat ab. Für die katholische Kirche bedeutete dies Rechtssicherheit, der Staat machte ihr große Zugeständnisse, vor allem in der Schulpolitik. Für Hitler war mit dem Wegfall der Zentrumspartei ein wichtiges innenpolitisches Ziel erreicht. Außenpolitisch konnte das Reichskonkordat den Eindruck einer geordneten Kirchenpolitik des neuen Staates erwecken. – Gegenüber den 28 evangelischen Landeskirchen war zunächst die Reichskirche das politische Ziel Hitlers. Die DC arbeiteten seit Hitlers Machtergreifung massiv auf dieses Ziel hin. – Auch in den Landeskirchen war die Forderung nach einer Reichskirche populär. Hermann Kapler unterbreitete Vorschläge (Drei-Männer-Kollegium: Hermann Kapler, August Marahrens, Hermann Albert Hesse). Daraufhin berief Hitler den Königsberger Militärpfarrer Ludwig Müller zu seinem »Bevollmächtigten für die Angelegenheiten der evangelischen Kirche«. – Um die Unabhängigkeit vom Staat zu wahren, stellten die evangelischen Landeskirchen mit Friedrich von Bodelschwingh d.J. (1877–1946) einen eigenen Kandidaten für das Reichsbischofsamt auf. Druck von außen und innere Uneinigkeit führten jedoch zum Rücktritt Bodelschwinghs. – Daraufhin Ausarbeitung einer Verfassung der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) unter Leitung Müllers, verabschiedet am 11.7.1933, Reichsgesetz bereits am 14.7.1933. – Am 23.7.1933 Reichskirchenwahlen. Große Mehrheiten für die DC mit Unterstützung Hitlers. – Am 27.9.1933 wählte die Nationalsynode in Wittenberg Ludwig Müller zum Reichsbischof. Die Entstehung der Bekennenden Kirche und die Anfänge des Kirchenkampfes 1933/34 – Das Ziel der Gleichschaltung der evangelischen Kirche schien erreicht. Am Ende des Jahres 1933 hatte sich die Lage jedoch schon wesentlich gewandelt. 248

– Aus einer Gemeinde- und Pastorenbewegung gegen die Gleichschaltungspolitik des NS-Staates entwickelte sich die Bekennende Kirche. Sie hat im wesentlichen drei Wurzeln: die neue dialektische Theologie Karl Barths, der Pfarrernotbund und der Kampf um eine an das christliche Bekenntnis gebundene Kirche in den Gemeinden (Bildung freier Synoden). Die an Schrift und Bekenntnis gebundene Kirche konnte sich mit der dialektischen Theologie zu einer gemeinsamen Sprache gegen die NS-Ideologie zusammenfinden. – Im Sommer 1933 erschien die Schrift Karl Barths Theologische Existenz heute! Damit war das schriftgemäße christliche Bekenntnis thematisiert, nicht jedoch die Kirchenpolitik. – Am 6.9.1933 hatte die preußische Landeskirche nach staatlichem Vorbild (7.4.1933) den sog. Arierparagraph beschlossen. Pfarrer und Kirchenbeamte jüdischer Abstammung mußten aus ihren Ämtern entlassen werden. Daraufhin gründete Martin Niemöller (1892–1986) Ende September 1933 den Pfarrernotbund. Seine Mitglieder verpflichteten sich zur alleinigen Bindung an Schrift und Bekenntnis. Der Arierparagraph bedeutete konkrete Verletzung des Bekenntnisses. In kurzer Zeit über 7000 Mitglieder, fast die Hälfte der deutschen Pfarrer. – Am 13.11.1933 Kundgebung der DC im Berliner Sportpalast. Hier wurde die Abschaffung des AT und der jüdischen Theologie des Paulus gefordert. Reaktion: breite Abwendung von den DC. – Dennoch Versuch des Reichsbischofs, die Landeskirchen in die Reichskirche zu integrieren. Im Laufe des Sommers 1934 wurden die meisten Landeskirchen in die Reichskirche eingegliedert. Bei den noch intakten Kirchenleitungen in Bayern, Württemberg und Hannover mit den Landesbischöfen Hans Meiser (1881–1956), Theophil Wurm (1868–1953) und August Marahrens (1875– 1950) gelang dies nicht. Die Bischöfe wurden von den Gemeinden nachhaltig unterstützt. – Im April 1934 protestierten gemeinsam die Vertreter der freien Synoden und der »intakten« Landeskirchen gegen die staatlichen Gewaltmaßnahmen (Ulmer Erklärung). – Ende Mai 1934 fand die 1. Reichssynode der Bekenntnisgemeinschaft der Deutschen Evangelischen Kirche statt. Sie umfaßte Vertreter lutherischer, reformierter und unierter Kirchen, freier Synoden, Kirchentage und Gemeindekreise. Mit dieser Barmer Synode war die Bekennende Kirche Wirklichkeit geworden. Sie verabschiedete eine Theologische Erklärung, die in sechs Thesen und Verwerfungen ein Bekenntnis für den Grund des christlichen Glaubens und 249

der Kirche ablegte. Besonders die Theologie Karl Barths ging in dieses Bekenntnis ein. Die 1. These lautet: »Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.« Die weiteren Thesen betreffen die Einheit von Rechtfertigung und Heiligung, die Herrschaft Christi in der Kirche (gegen das Führerprinzip) und damit die Freiheit der Kirche gegenüber dem Staat und die Unabhängigkeit des kirchlichen Verkündigungsauftrages. – Gegen die Barmer Thesen erhob sich lutherische Kritik. Die Erlanger Theologen Werner Elert und Paul Althaus sahen das Gesetz im Sinne der Dialektik von Gesetz und Evangelium nicht berücksichtigt. Den nationalsozialistischen Staat und seinen Führer erkannten sie als die von Gott gesetzte Ordnung an. Sie unterzeichneten den sog. Ansbacher Ratschlag vom 11.6.1934. – Im Herbst 1934 Höhepunkt der Auseinandersetzungen zwischen Reichskirchenleitung, Staat und Partei mit den Landeskirchen Bayern und Württemberg. Die Bischöfe Meiser und Wurm wurden unter Hausarrest gestellt. – Ende Oktober 1934 fand die 2. Reichsbekenntnissynode in Berlin-Dahlem statt. Endgültige Trennung der Bekennenden Kirche von den deutschchristlichen Kirchenleitungen. Errichtung eigener Kirchenleitungen der Bekennenden Kirche (Bruderräte). Zusammen mit den Kirchenleitungen der »intakten Kirchen« bildeten sie die (erste) »Vorläufige Kirchenleitung der DEK«. Vorsitz: Landesbischof Marahrens. – Das Scheitern der Kirchenpolitik Müllers war Ende Oktober 1934 deutlich. Der Kirchenkampf von 1935 bis 1939 – Nachdem die Reichskirchenpläne gescheitert waren, ernannte Hitler im September 1935 Hanns Kerrl zum Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten. Er sollte die evangelischen Kirchen »befrieden«. Persönlich war Kerrl davon überzeugt, daß Nationalsozialismus und Christentum vereinbar seien. – Kerrl berief einen Reichskirchenausschuß, der die Leitung der DEK übernehmen sollte. Parallel dazu wurden verschiedene Landeskirchen- und Provinzialkirchenausschüsse gebildet. Mit der Einrichtung von Kirchenausschüssen waren sowohl die deutschchristlichen Kirchenleitungen wie die kirchenleitenden Organe der Bekennenden Kirche suspendiert. Über die Politik der Kirchenausschüsse kam es deshalb zur Spaltung der Bekennenden Kirche. In den intakten 250

Landeskirchen und einigen lutherisch geprägten Bruderräten herrschte Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage. Der preußische Bruderrat der Bekennenden Kirche lehnte dagegen jede Mitarbeit in den Kirchenausschüssen ab. – Auf der 4. Reichsbekenntnissynode im Februar 1936 in Bad Oeynhausen scheiterte der Versuch, die Spaltung der Bekennenden Kirche zu überwinden. Zum gemäßigten Flügel gehörten die intakten Kirchen von Bayern, Württemberg und Hannover sowie die Bruderräte einiger lutherischer Kirchen. Sie sahen sich durch den Lutherrat vertreten, der am 18.3.1936 gebildet wurde. Der radikale Flügel der BK (altpreußische Union, Oldenburg, Bremen und Hessen-Nassau) unterstellte sich einer neu gewählten (zweiten) »Vorläufigen Kirchenleitung«. – Hinter der Spaltung der Bekennenden Kirche standen vor allem theologische Differenzen: die Frage, was die Kirche zur Kirche macht. Dietrich Bonhoeffer (1906–1945) erklärte 1936: »Wer sich wissentlich von der Bekennenden Kirche in Deutschland trennt, trennt sich vom Heil.« Im Mai 1936 verfaßte der radikale Flügel der BK eine Denkschrift an Hitler, in der die Verletzungen der Menschenrechte durch den NS-Staat angeklagt wurden. – Die staatliche Politik der Kirchenausschüsse war mit der Spaltung der Bekennenden Kirche wiederum gescheitert. Im Februar 1937 trat der Reichskirchenausschuß zurück. Zu den von Hitler überraschend in Aussicht gestellten neuen Wahlen für die ganze evangelische Kirche kam es nicht. Statt dessen wurde der staatliche Druck auf die Kirchen immer bedrückender. – Die päpstliche Enzyklika Mit brennender Sorge vom 14.3.1937 verurteilte die nationalsozialistische Religions- und Kirchenpolitik. Die Stichworte »Vernichtungskampf« und »öffentliche Vertragsverletzung« (Reichskonkordat) ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die Enzyklika Pius XI. wirkte weit über den Bereich der katholischen Kirche hinaus. – Im Februar 1938 kam es zum Prozeß gegen Pfarrer Martin Niemöller aus Berlin-Dahlem, dem Symbol des kirchlichen Widerstandes im In- und Ausland. Auf Anordnung Hitlers wurde Niemöller als persönlicher Gefangener des Führers bis zum Kriegsende in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau inhaftiert. Der Fall Niemöller war kein Einzelschicksal. Viele evangelische Pfarrer und katholische Priester wurden verfolgt und kamen in die Konzentrationslager. Der aktive politische Widerstand Dietrich Bonhoeffers führte zu seiner Gefangenschaft in Berlin-Tegel und zu seiner Ermordung im Konzentrationslager Flossenbürg (9.4.1945). 251

Der Kirchenkampf während des Zweiten Weltkrieges – Am Beginn des Krieges steht Hitlers Stillhaltebefehl. Jede Aktion gegen die Kirchen sollte für die Dauer des Krieges verboten sein (»Burgfrieden«). In beiden Kirchen kam es zu Aufrufen im Geist einer nationalen Solidarität. Der Kampf gegen die Kirchen ging indessen weiter. Die Unterdrückung kirchlicher Tätigkeiten erreichte 1941 einen neuen Höhepunkt. – Gegen das Euthanasieprogramm, das Hitler im Oktober 1939 befohlen hatte, protestierten vor allem der württembergische Bischof Wurm und der Bischof von Münster, Clemens August Graf Galen. Diese öffentliche Anklage verhinderte dennoch nicht den Abtransport vieler Tausender behinderter und geisteskranker Menschen aus den kirchlichen Anstalten in die Gaskammern. – Am verhängnisvollsten ist das Versagen der Kirchen bei dem Massenmord an den Juden. Die wenigen Hilfsversuche blieben Einzelunternehmungen. In der evangelischen Kirche z.B. durch Pfarrer Heinrich Grüber, in der katholischen Kirche durch Propst Bernhard Lichtenberg. Auch in der Bekennenden Kirche wurde die Bedeutung und Tragweite des nationalsozialistischen Antisemitismus nicht erkannt. Ende Juli 1941 wurde die »Endlösung« der Judenfrage beschlossen, das Tragen des »Judensterns« befohlen. Erst 1943 verurteilten der deutsche Episkopat und die preußische Bekenntnissynode die Tötung Unschuldiger. – Seit November 1941 versuchte Landesbischof Wurm, die zerrissene evangelische Kirche wieder zur Einheit zu führen. Nach langwierigen Verhandlungen kam es 1943 zur Veröffentlichung von 13 Sätzen über Auftrag und Dienst der Kirche. Sie fanden breite Zustimmung. Das Einigungswerk von Bischof Wurm war das Fundament, auf dem nach dem Zweiten Weltkrieg die evangelischen Landeskirchen wieder zusammengeführt wurden. Der deutsche Protestantismus nach dem Zweiten Weltkrieg Das Ende des Zweiten Weltkrieges stellte für den deutschen Protestantismus ähnlich wie das Ende des Ersten Weltkrieges eine epochale Zäsur dar. Das gilt vor allem für seine territoriale Größe sowie Einflußnahme in Staat und Gesellschaft. Durch die Abtrennung der mehrheitlich protestantisch geprägten Ostgebiete verlor der deutsche Protestantismus mehr als ein Drittel seines Bestandes. Die staatliche Teilung 1949 veränderte auch die konfessionelle Landkarte Deutschlands: Im Westen wurden Protestantismus und Katholizismus etwa gleich stark. Den Kirchen öffneten sich hier große Freiräume für ihre eigene Arbeit wie für ihre Mitgestaltung der öffentlichen Angelegenheiten. Der zu252

nächst noch volkskirchliche Protestantismus in der DDR sah sich seit den 50er Jahren einer starken staatlichen Konfrontationspolitik ausgesetzt. – Die Erfahrungen aus dem Kirchenkampf und seine Konsequenzen in theologischer und kirchenpolitischer Hinsicht prägten die evangelischen Landeskirchen nach 1945 bis weit in die 60er Jahre hinein. Auch die unterschiedlichen Positionen in der Bekennenden Kirche wirkten fort. Einer bruderrätlichen Leitung der Kirche (Martin Niemöller) stand die Schaffung einer Lutherischen Kirche Deutschlands auf der Grundlage der lutherischen Bekenntnisschriften gegenüber (Hans Meiser). Dennoch waren die Weichen durch das Einigungswerk von Bischof Wurm schon so gestellt, daß sich sowohl die Selbständigkeit der Landeskirchen wie ihre Gesamtvertretung in einem obersten Leitungsorgan abzeichneten. – Vom 27. bis 31. August 1945 fand die Konferenz von Treysa statt. Die dort versammelten Kirchenführer verabschiedeten eine Vorläufige Ordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Vorsitz des Rates der EKD: Landesbischof Wurm. Die neu betonte Verantwortung der Kirche für Politik und Gesellschaft macht die Kundgebung zur Verantwortung der Kirche für das öffentliche Leben deutlich. – Im August 1946 wurde das Hilfswerk der EKD gegründet. Vorsitz: Eugen Gerstenmaier (1906–1986). Durch die Verteilung der Auslandsspenden und den Suchdienst hat es zur Linderung der größten Not der Nachkriegszeit erheblich beigetragen. Hilfswerk und Innere Mission sind seit 1957, endgültig 1975 zum Diakonischen Werk der EKD vereinigt. – 1948 wurde in Eisenach die Grundordnung der EKD verabschiedet, die 13 lutherische, 12 unierte und zwei reformierte Kirchen zusammenschloß. Organe: Synode und Rat. Vorsitz des Rates: Otto Dibelius von 1949–1961. 1948 schlossen sich die lutherischen Landeskirchen in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) zusammen. – Am 18. und 19. Oktober 1945 gab der Rat der EKD in Stuttgart gegenüber Vertretern des Ökumenischen Rates der Kirchen eine Erklärung ab, die Stuttgarter Schulderklärung. Darin heißt es: »Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden. … wir klagen uns an, daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.« Die Stuttgarter Schulderklärung war sehr bald heftig umstritten. Auf der Grundlage der Erfahrungen des Kirchenkampfes wurde ein neuer Anfang sowohl innerkirchlich wie auch in der politischen Verantwortung 253

der Kirchen gesucht. Vor allem aber ermöglichte die Stuttgarter Schulderklärung den Brückenschlag der evangelischen Kirchen zur Mitarbeit in der Ökumenischen Bewegung. – Vom jüdischen Volk war in der Stuttgarter Schulderklärung nicht die Rede. Die Mitschuld der Kirche gegenüber dem namenlosen Leid der Juden während der NS-Herrschaft trat nach 1945 erst sehr langsam ins Bewußtsein. Die EKDSynode in Berlin-Weißensee 1950 veröffentlichte ein Wort zur Schuld an Israel. Seit 1948 Gründungen von Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Seit 1961 ist eine Arbeitsgruppe »Juden und Christen« auf den evangelischen Kirchentagen tätig. – Im August 1947 veröffentlichte der Bruderrat der EKD ein Wort zum politischen Weg unseres Volkes (Darmstädter Wort). Dem deutschen Nationalismus im 19. und frühen 20. Jahrhundert und dem Versagen in den sozialen Fragen wurden hier die Mitschuld an dem Entstehen des NS-Staates gegeben. – Von den vielen Denkschriften der EKD zu gesellschaftspolitischen Fragen ragt an politischer Wirkung die Denkschrift über Die Lage der Vertriebenen und das Verhältnis des deutschen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn von 1965 heraus. Der Protestantismus in der DDR – Die Verfasssung der DDR 1949 räumte den Kirchen noch weitgehende Rechte ein, ähnlich dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Seit der 3. Parteikonferenz der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) im Juli 1952 verstärkte sich der staatliche Druck gegen die Kirchen im Zuge des planmäßigen Aufbaus des Sozialismus. Verbot des Religionsunterrichtes in den öffentlichen Schulen, Verfolgung der Jungen Gemeinde und der Studentengemeinden an den Universitäten, Kampf gegen die Konfirmation. Der Berliner Bischof Otto Dibelius und der Thüringer Landesbischof Moritz Mitzenheim waren die herausragenden protestantischen Kirchenführer in der Frühzeit der DDR. – 1957 Errichtung eines Staatssekretariats für Kirchenfragen, zuständig für alle Angelegenheiten im Verhältnis Staat – Kirche. Die Kirchen wurden immer mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt. – Seit der Errichtung der Mauer in Berlin (13.8.1961) wurde der organisatorische Zusammenhalt der EKD immer schwieriger. 1968 gab sich die DDR eine neue Verfassung, die keinerlei Rechtsbestimmungen für die Kirchen enthielt. 254

Am 10.6.1969 schlossen sich die acht Gliedkirchen der EKD in der DDR zum Bund der Evangelischen Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik (BEK) zusammen. Das war sowohl die Folge staatlichen Druckes wie auch der kirchlich gewünschten Interessenwahrnehmung gegenüber dem Staat. Die organisatorische Einheit der EKD war damit zerbrochen. Der Bund bekannte sich jedoch »zu der besonderen Gemeinschaft der ganzen evangelischen Christenheit in Deutschland«. – Seit der Gründung des Kirchenbundes suchten die evangelischen Landeskirchen ihren Weg im DDR-Staat unter der Formel »Kirche im Sozialismus« zu gehen. Der Protetantismus war seit den späten 50er Jahren längst keine Volkskirche mehr, wollte sich aber auch nicht aus dem gesellschaftlichen Leben zurückziehen. – Im Herbst 1989 fand die »friedliche Revolution« in der DDR unter wesentlicher Mitwirkung von evangelischen Theologinnen und Theologen, Kirchenvertretern und Gemeindegliedern statt. Seit der Loccumer Erklärung vom 17.1.1990 wurde die kirchliche Einheit des deutschen Protestantismus wiederhergestellt (rechtlich am 27.6.1991). Die katholische Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg – Unter dem Pontifikat Papst Pius XII. (1939–1958), der eine streng antikommunistische Kirchenpolitik betrieb, wurden wichtige Entscheidungen in der katholischen Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg verfügt: Die Enzyklika Mediator Dei (1947) unterstützte die liturgische Bewegung. Die Bulle Munificentissimus Deus (1950) dogmatisierte die leibliche Himmelfahrt Marias. Sie schloß sich an das Mariendogma von 1854 an und unterstreicht somit die große Bedeutung der Mariologie im modernen Katholizismus. Zum ersten Mal wurde damit eine Ex-cathedra-Entscheidung im Sinne des 1. Vatikanums getroffen. In der Enzyklika Humani generis (1950) wurde der modernistische Geist in der Theologie verurteilt. – Das herausragendste Ereignis in der katholischen Kirche des 20. Jh.s ist gewiß das 2. Vatikanische Konzil von 1962 bis 1965. Das bisher größte Konzil in der Konzilsgeschichte wurde unter dem Pontifikat Johannes XXIII. (1958– 1963) begonnen und vollendet unter dem Pontifikat Pauls VI. (1963–1978). – Die Bedeutung des Konzils kommt in dem Begriff »aggiornamento« zum Ausdruck. Es meint die Annahme der Herausforderungen der Zeit und das Eingehen auf ihre Probleme, ohne jedoch Abstriche an der Dogmatik der katholi255

schen Kirche zu machen. Die innere Reform der Kirche hatte sich das Konzil zur Hauptaufgabe gemacht. – Bedeutsam sind vor allem Aussagen in folgenden Bereichen: 1. Das Kirchenbild des Konzils: Kirche als »Volk Gottes«, als Gemeinschaft des Glaubens, des Opfers, des Gebetes und der Liebe. Die Kirche weiß sich im Dialog mit sich selbst, mit den getrennten Christen und mit der Welt. 2. Erneuerung der Liturgie: Empfehlung der Einführung der Volkssprache im Meßgottesdienst, stärkere Beteiligung der Gemeinde am Gottesdienstgeschehen, in Ausnahmefällen Gewährung des Laienkelches. 3. Verhältnis von Papsttum und Bischofsamt: Die Bedeutung des Bischofsamtes und des Bischofskollegiums wird wesentlich gestärkt. In Gemeinschaft mit dem Papst wirken die Bischöfe gemeinsam in der Leitung der Kirche. Das Papstamt bedeutet nicht Herrschaft, sondern Dienst an der Kirche. 4. Das Dekret über den Ökumenismus stellt den Willen zur Gemeinschaft mit den getrennten Christen heraus. Der ökumenische Gedanke fand im Konzil auch durch die Anwesenheit von nichtkatholischen Beobachtern einen Ausdruck. – Die katholische Theologie hat sich seit dem 2. Vatikanum um eine Intensivierung der Bibelwissenschaft und um eine zeitgemäße Interpretation der dogmatischen Lehraussagen bemüht. – In den politisch und wirtschaftlich-sozial bedrückenden Verhältnissen Lateinamerikas entwickelte sich eine »Theologie der Befreiung«, der es um eine »Option für die Armen« ging (Leonardo Boff). In Europa standen in der Nachwirkung des 2. Vatikanums folgende Diskussionsthemen im Vordergrund: Verhältnis Papsttum – Bischöfe der Gesamtkirche, größere Beteiligung der Laien, vor allem der Frauen, am kirchlichen Leben, Reform des Priesteramtes, Sexualethik und Ökumene. Die Ökumenische Bewegung – Bestrebungen zur Wiedervereinigung der getrennten Konfessionen durchziehen die ganze neuere Kirchengeschichte. Vor allem in den Reunionsgesprächen des 17. Jh.s sowie in Pietismus und Aufklärung wurden schon konkrete Pläne entwickelt und Einigungsversuche unternommen. – Im 19. Jh. ist es besonders die Erweckungsbewegung, die Anstöße zu überkonfessionellen und übernationalen Zusammenschlüssen auf sozialem und missionarischem Gebiet gegeben hat, besonders im englischsprachigen Bereich. 256

– Probleme der Mission in Afrika und Asien im 19. Jh., die Konkurrenz der Kirchen auf dem Missionsfeld, bereiteten den Boden zu einer neuen Begegnung der Kirchen untereinander. Die Impulse zur Ökumenischen Bewegung kamen wesentlich aus dem Missionseifer der englischen und amerikanischen Erwekkungsbewegung. – Auf der 1. Weltmissionskonferenz 1910 in Edinburgh wurde eine gemeinsame missionarische Arbeit im protestantischen Bereich vereinbart. Diese Konferenz gab wesentliche Impulse zur späteren Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen. – Der Erste Weltkrieg und seine Folgen brachten nicht nur die Missionsgesellschaften, sondern auch die Kirchen einander näher. Theologie und Ethik, nicht nur Fragen der Mission, wurden nun aufgegriffen. – Zwei Bewegungen laufen zunächst parallel: 1. Die Bewegung für Praktisches Christentum (Life and Work) unter Führung des schwedischen Erzbischofs Nathan Söderblom (1866–1931). 2. Die Bewegung für Glaube und Kirchenverfassung (Faith and Order). – Am Anfang des Ersten Weltkrieges hatte Friedrich Siegmund-Schultze (1885–1969) den »Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen« mitbegründet. Die Bewegung für Praktisches Christentum konnte hier anknüpfen. Der deutsche Protestantismus ist jedoch durch innere und äußere Probleme in der ersten Hälfte des 20. Jh.s verhindert, an der Ökumenischen Bewegung mitzuarbeiten. – Die 1. Weltkonferenz für Praktisches Christentum fand 1925 in Stockholm statt. Auch eine Delegation vom Deutschen Evangelischen Kirchenbund war dabei. In dieser Bewegung ging es vor allem um Fragen der christlichen Ethik und um Hilfe in den sozialen Problemen des modernen Lebens. – Die 1. Weltkonferenz für Glaube und Kirchenverfassung fand 1927 in Lausanne statt. Hieran nahmen auch deutsche Vertreter teil, u.a. Otto Dibelius. – Im Jahre 1937 fand die 2. Weltkonferenz für Praktisches Christentum in Oxford und die 2. Weltkonferenz für Glaube und Kirchenverfassung in Edinburgh statt. Hier wurde die Zusammenarbeit der beiden ökumenischen Bewegungen und die Bildung eines Ökumenischen Rates der Kirchen beschlossen. Die deutschen Kirchen waren an diesen Konferenzen nicht beteiligt. – 1948 konstituierte sich in Amsterdam der Ökumenische Rat der Kirchen. Die Vollversammlung stand unter dem Thema »Die Unordnung der Welt 257

und Gottes Heilsplan«. Die beiden ökumenischen Bewegungen waren nun vereint. – Auf der 3. Vollversammlung 1961 in Neu-Delhi traten auch der Internationale Missionsrat und die orthodoxen Kirchen dem ÖRK bei. – Die Ökumenische Bewegung hat mit ihren vielen Konferenzen im 20. Jh. wesentliche Anstöße zur Annäherung der christlichen Kirchen gebracht. In der Kirchengeschichte des 20. Jh.s nimmt sie einen hervorragenden Platz ein. Sie hat ein wesentlich gewandeltes Klima zwischen den Kirchen im Vergleich zu früheren Jahrhunderten geschaffen. Ökumenische Initiativen in Deutschland und Europa – Die innerprotestantische Ökumene führte in Deutschland nach zehnjährigen Lehrgesprächen 1957 zu den Arnoldshainer Thesen. Sie stellten zwischen der Theologie des lutherischen, reformierten und unierten Bekenntnisses weitgehende Übereinstimmung im Verständnis des Abendmahls fest. 1962 wurden sie vom Rat der EKD rezipiert. Trotz dieser Übereinkunft im Abendmahlsverständnis kam es jedoch nicht zu einer Kirchengemeinschaft im Vollsinn. Der VELKD stehen seitdem die in der »Arnoldshainer Konferenz« zusammengeschlossenen, meist unierten Landeskirchen gegenüber. – Die innerprotestantische Ökumene in Europa führte über die Leuenberger Gespräche 1969–1971 zur Leuenberger Konkordie, die am 16.3.1973 verabschiedet wurde. Sie versteht sich als »Erklärung und Verwirklichung der Kirchengemeinschaft«. Fast alle protestantischen Kirchen Europas haben sie angenommen. Die seit der Reformation strittigen Fragen im Verständnis des Abendmahls, der Christologie und der Prädestination lassen ein gemeinsames Verständnis des Evangeliums zu, »so weit es für die Begründung von Kirchengemeinschaft erforderlich ist« (Art. 6). – Die protestantisch-katholische Ökumene führte seit dem Deutschlandbesuch von Papst Johannes Paul II. 1980 zu einer »Gemeinsamen Ökumenischen Kommission«, die vom Rat der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzt wurde. Im Vordergrund standen die gegenseitigen Lehrverurteilungen im 16. Jahrhundert. In der Studie Lehrverurteilungen – kirchentrennend? kam man zu dem Ergebnis, daß die gegenseitigen Verwerfungsaussagen des 16. Jh.s keine kirchentrennende Bedeutung mehr haben. 1994 gaben die VELKD und die Arnoldshainer Konferenz ihre zustimmenden Voten zu diesem Dokument ab. Die Deutsche Bischofskonferenz stimmte eben258

falls in einer knappen Erklärung zu, gab die Entscheidung jedoch an Rom weiter, das bisher auf dieses Dokument noch nicht geantwortet hat. – Seit 1995 arbeiteten Delegierte des Päpstlichen Rates für die Förderung der Einheit der Christen und des Lutherischen Weltbundes an einem Dokument, das 1999 zur Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre führte. Hier wurde ein Konsens »in den Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre« zwischen römischem Katholizismus und den lutherischen Kirchen festgestellt. Nach heftigen Diskussionen auf beiden Seiten und einem komplizierten Zustimmungsverfahren wurde die Gemeinsame Offizielle Feststellung samt einem Anhang, der der richtigen Interpretation dienen soll, am 31. Oktober 1999 in Augsburg unterzeichnet. Literaturhinweise GRESCHAT, M.: Der Protestantismus in der Bundesrepublik Deutschland (1945– 2005). HÄGGLUND, B.: Geschichte der Theologie, 313–319. HAUSCHILD, W.-D.: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 2, § 20, 819–908. KRUMWIEDE, H.-W.: Geschichte des Christentums III, 192–242. MAU, R.: Der Protestantismus im Osten Deutschlands (1945–1990). MOELLER, B.: Geschichte des Christentums, 347–364. NOWAK, K.: Geschichte des Christentums in Deutschland, 205–326. ÖKUMENISCHE KIRCHENGESCHICHTE, Bd. 3, 179–349 u. 388–401. (In der neuen Ökumenischen Kirchengeschichte findet sich leider [und bezeichnenderweise!] kein entsprechender Abschnitt zur Geschichte der Ökumenischen Bewegung. Dafür drei neue Darstellungen der protestantischen, römisch-katholischen und orthodoxen Kirchengeschichte.) SCHOLDER, K.: Die Kirchen im Dritten Reich, in: Die Kirchen zwischen Republik und Gewaltherrschaft, 113–155. WALLMANN, J.: Kirchengeschichte Deutschlands seit der Reformation, 256– 325.

259

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Personen- und Sachregister Abaelard, Peter 106 Abendmahlsstreit – im Mittelalter 105f. – im 16. Jahrhundert 144, 148, 151 Ablaßstreit 124, 128f. Absolutismus 175, 177, 186, 195 Acacius von Konstantinopel 76 Adoptianischer Streit 93 Adoptianismus 52f., 58 Agendenstreit 202f. Agricola, Johann 154 Alarich, König 67, 82 Albertus Magnus 108 Albigenserkriege 110 Albrecht von Mainz, Erzbischof 128f. Albrecht, Herzog von Preußen 150 d’Alembert, Jean Lerond 189 Alexander d.Gr., König von Makedonien 77 Alexander Halesius 108 Alexander III., Papst 100 Alexander VI., Papst 113, 116 Alexander von Alexandrien 55 Alexandrien 33, 36f., 46, 55, 60 Alexandrinische Theologie 32f. Alexios I. Komnenos, byzant. Kaiser 98 Alkuin 92f. Althaus, Paul 250 Altkatholische Kirche 208, 213 Ambrosius 49, 64 Ammonios Sakkas 37 Amsdorf, Nikolaus von 135, 154, 159

Anachoretentum 49 Andreae, Jakob 160 Andreae, Johann Valentin 164 Ansbacher Ratschlag 250 Anselm von Canterbury 106 Ansgar 94 Antijudaismus 9f. Antimodernisteneid 213f., 245 Antiochien 53, 60 Antisemitismus 206, 247, 252 Antitrinitarier 52, 155, 159 Anton, Paul 181 Antoninus Pius, Kaiser 17, 22 Antonius 49, 65 Apollinaris von Laodicea 59f. Apologeten 16f., 19, 31, 53, 58 Apostolikum 29, 32, 74, 160, 163, 226 Apostolikumsstreit 233 Apostolische Väter 9, 12–14, 16f., 74 Arianischer Streit 55f., 58, 75 Arierparagraph 249 Aristides 18 Aristoteles, Aristotelismus 103, 105, 107, 109, 162 Arius 55 Arminianischer Streit 168 Arminius, Jakob 168 Armutsbewegungen 104, 109, 110, 111 Arndt, Johann 163f., 179f. Arnold von Brescia 100, 109 Arnold, Gottfried 183f. Arnoldshainer Thesen 258 Athanasius 28, 49, 54, 56f., 59, 65, 75 265

Athenagoras von Athen 18 Attila, König 75 Augsburger Interim 125 Augsburger Religionsfriede 125, 149, 155–157, 173 Augsburger Verhör 124, 129 August, Kurfürst von Sachsen 160 Augustin 35, 49, 62–72, 86, 92, 97, 104–109, 111, 117, 120, 127, 139f., 166 Augustiner-Eremiten 111, 126 Augustus, Kaiser 11 Averroes von Cordoba 108 Bach, Johann Sebastian 164 Bahrdt, Karl Friedrich 193 Bannandrohungsbulle 129 Bannbulle 129 Bar Kochba 9, 11 Barmer Theologische Erklärung 249f. Barnabasbrief 10f., 14 Barth, Karl 233, 239–241, 249f. Basilides 21f. Basilius von Caesarea 50, 57, 86 Bauer, Bruno 232 Bauernkrieg 124, 134, 138, 142f. Baumgarten, Siegmund Jakob 191 Baur, Ferdinand Christian 231f. Bayle, Pierre 188 Bayly, Lewis 170 Beck, Johann Tobias 234 Beda Venerabilis 84 Beginentum 111 Bekennende Kirche 248–252 Benedikt von Aniane 94 Benedikt von Nursia 50, 110 Benedikt XV., Papst 245 Bengel, Johann Albrecht 186, 223 266

Berengar von Tours 106 Berliner Mauer 254 Bernhard von Clairvaux 99, 107, 109, 117, 127 Bettelorden 104, 107, 110, 111 Beyreuther, Erich 216, 224 Beyschlag, Karlmann 51, 229f. Beza, Theodor 165 Bibelbewegung 246 Biel, Gabriel 117, 126 Bilderdijk, Wilhelm 226 Bilderstreit 77f., 93 Bilderverbot 136, 138 Bischofsamt 13, 26, 29, 46, 73f., 244, 256 Bischofslisten, römische 29f., 74 Bischofssynoden 25 Bismarck, Otto von 204, 213f. Blumhardt, Johann Christoph 223 Bockelson, Jan 151 Bodelschwingh d.Ä., Friedrich von 206 Bodelschwingh d.J., Friedrich von 248 Boff, Leonardo 256 Böhme, Jakob 164, 186 Böhmische Brüder 121 Bonaventura 108 Bonhoeffer, Dietrich 251 Bonifatius 84, 87f. Bonifaz VIII., Papst 114 Borromäus, Karl 172 Bousset, Wilhelm 235 Brecht, Martin 178 Breithaupt, Joachim Justus 181 Brenz, Johannes 145, 150 Brüder vom gemeinsamen Leben 119 Brüderunität 184, 121 Brunner, Emil 241

Brunner, Otto 157 Bruno, Giordano 173 Bucer, Martin 133, 135, 144f., 151, 165f. Bugenhagen, Johannes 150 Bullinger, Heinrich 152 Bultmann, Rudolf 233, 241 Buttlar, Eva von 184 Caelestius 68f. Cajetan 124, 129 Calixt, Georg 162f. Calixt II., Papst 98 Calov, Abraham 162f. Calvin, Johannes 158, 161, 164– 167 Canstein, Carl Hildebrand von 181 Caracalla, Kaiser 44 Cassianus, Johannes 49, 69 Chalmers, Thomas 226 Chemnitz, Martin 161 Chiliasmus 15, 180, 183, 223 Chlodwig, König 82f. Christenverfolgungen 10, 12, 31, 35–37, 39, 41, 42-45, 66 Christian III., König von Dänemark 151 Clemens von Alexandrien 32f. Clemens XIV., Papst 195 Clemensbriefe 10, 13f. Cluniazensische Reform 91, 95, 104 Coccejus, Johannes 168 Codex Justinianus 76 Colmar, Joseph Ludwig 209 Columban 87 Comenius, Johann Amos 164 Commodus, Kaiser 43 Consalvi, Ercole 209

Constitutio Antoniniana 44 Corbinian 87 Costa, Isaak da 226 Cromwell, Oliver 169 Cyprian von Karthago 35, 30f., 75 Damasus I., Bischof von Rom 75 Dannhauer, Johann Konrad 179 Darmstädter Wort 254 Daub, Karl 233 David, Christian 184 Decius, Kaiser 35–37, 39, 41, 43– 45 Declaratio Ferdinandea 155 Deismus, englischer 187f., 224 Demetrius 37 Demutstheologie 127 Denck, Hans 141 Denkschriften der EKD 254 Descartes, René 187 Deutsche Christentumsgesellschaft 205, 221, 226 Deutschkatholizismus 208, 211 Devotio moderna 118, 121, 127 Dialektische Theologie 238–241, 244, 246, 249 Dibelius, Otto 244, 253f., 257 Didache 11 Diderot, Denis 189 Diodor von Tarsus 60 Diokletian, Kaiser 36, 41, 44f., 66 Dionysius Areopagita 105 Dioskur 60 Dippel, Johann Konrad 184 Doketismus 20, 22–24, 29, 31, 58 Döllinger, Ignaz von 213 Dominikaner 104, 108, 111, 117, 129 Dominikus 111 267

Domitian, Kaiser 43 Donatismus 46, 62, 66f. Dostojewskij, Feodor M. 241 Dreikapitelstreit 77 Dreißigjähriger Krieg 157f., 162, 173, 175, 177, 189, 204 Drey, Johann Sebastian 209 Droste-Vischering, Clemens August von 211 Duns Scotus, Johannes 108, 116f., 212 Dürer, Albrecht 121 Dynamismus 53f. Ebionitismus 58 Echter von Mespelbrunn, Julius 172 Eck, Johannes 129f., 146, 152 Edikt von Mailand 42, 45 Edikt von Nantes 167 Edikt von Potsdam 168 Eigenkirchenwesen, germanisches 85 Einhard 92 Elert, Werner 250 Elisabeth I., Königin von England 169 Emmeram 87 Emser Punktation 196 Episkopalismus 40, 177, 196, 208, 213 Erasmus von Rotterdam 121f., 124, 135, 139, 141f., 166 Erlanger Theologie 229f. Ernst der Fromme, Herzog 181 Erweckungsbewegung 198, 205, 208, 216, 221–226, 229, 256f. Eugen IV., Papst 116 Euseb von Nikomedien 81f. Eusebius von Caesarea 36 268

Eustathius von Antiochien 59 Euthanasieprogramm 252 Eutyches 60 Eutychianischer Streit 60 Evangelisch-Sozialer Kongreß 206 Falk, Adalbert 204 Falk, Johannes 205 Farel, Wilhelm 165 Faustus von Mileve 64 Febronianismus 196, 210 Febronius, Justinus 196 Felix III., Papst 76 Ferdinand I., König von Österreich 155 Fichte, Johann Gottlieb 227 Ficino, Marsilio 121 Filioque 93, 97 Flacius, Matthias 154, 159 Fliedner, Theodor 206 Fox, George 169 Franck, Sebastian 141 Francke, August Hermann 178, 180–182, 191 Frank, Franz Hermann Reinhold 231 Frankfurter Fürstentag 113, 116 Franz I., König von Frankreich 143, 165 Franz von Assisi 111 Franziskaner 104, 108, 111, 117 Französische Revolution 197–200, 203, 216, 221 Frauenbewegung, religiöse 111 Frequens, Dekret 115 Frieden von Venedig 100 Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen 123, 129, 135 Friedrich I., Kaiser 91, 99f.

Friedrich II., Kaiser 99, 101 Friedrich III., Kurfürst von der Pfalz 170 Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg 168 Friedrich Wilhelm I., König von Preußen 181 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 202 Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen 211 Frühvorlesungen Luthers 127 Galen, Clemens August Graf von 252 Galerius, Kaiser 45 Galilei, Galileo 173 Gallienus, Kaiser 44 Gallitzin, Amalia 208 Gallus 87 Gegenreformation 157, 170f., 195 Geiserich, König 75 Gelasius I., Papst 76 Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre 259 Georg, Herzog von Sachsen 150 Gerhard, Johann 161, 164 Gerhardt, Paul 164 Germanischer Arianismus 82f. Gersdorf, Henriette Katharina von 184 Gerson (Jean Charlier) 115 Gerstenmaier, Eugen 253 Glaubensregel 27–29, 53 Gnosis, Gnostizismus 16, 20–22, 26f., 30f., 33, 48 Goethe, Johann Wolfgang von 185, 205 Goeze, Johann Melchior 194 Gogarten, Friedrich 241

Goldene Bulle 115 Görres, Joseph von 209f. Gottesfriedensbewegung 98 Gottschalk 105 Gratian 107 Grebel, Konrad 140 Gregor I., Papst 75f., 84 Gregor II., Papst 87 Gregor III., Papst 87 Gregor IX., Papst 101, 111 Gregor VII., Papst 91, 97f., 100 Gregor von Nazianz 57 Gregor von Nyssa 57 Gregor von Tours 83 Groote, Geert 119 Großgebauer, Theophil 164, 179, 181 Grotius, Hugo 168 Grüber, Heinrich 252 Grundordnung der EKD 253 Grundtvig, Nikolaj Frederik Severin 226 Guardini, Romano 245f. Gunkel, Hermann 235 Gutenberg, Johannes 121 Guyon, Jeanne Marie de 173 Hadrian, Kaiser 11 Hadrian IV., Papst 100 Hahn, Johann Michael 223 Haller, Karl Ludwig von 201 Hamann, Johann Georg 195, 208, 222, 230 Harleß, Adolf von 230 Harms, Claus 203 Harms, Ludwig 223 Harnack, Adolf von 20, 26f., 207, 231, 233 Harnack, Theodosius 231 269

Hauge, Hans Nielsen 226 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 227, 230–234 Hegesipp 29, 74 Heidegger, Martin 241 Heidelberger Disputation 124, 130 Heilige Allianz 201 Heinrich I., König 94 Heinrich II., Kaiser 96 Heinrich III., Kaiser 96 Heinrich IV., Kaiser 97f. Heinrich IV., König von Frankreich 167 Heinrich V., Kaiser 98 Heinrich VI., Kaiser 91, 100f. Heinrich VIII., König von England 151, 169 Heinrich, Herzog von Sachsen 150 Hengstenberg, Ernst Wilhelm 229 Herakleon 22 Heraklius, byzant. Kaiser 77 Herberger, Valerius 164 Herbert von Cherbury 187 Herder, Johann Gottfried 185, 222 Hermann von Wied 153 Hermes, Georg 211 Hermesianismus 211 Herrmann, Wilhelm 233, 239 Herz, Henriette 217 Hesse, Hermann Albert 248 Hexenhammer 119 Hieronymus 49 Hildegard von Bingen 107 Hilfswerk der EKD 253 Hippolyt 20 Hirt des Hermas 10, 14, 28 Hitler, Adolf 245, 247f., 251f. Hobbes, Thomas 177 Hoen, Cornelisz Hendricxz 138, 144 270

Hofacker, Ludwig 223 Hofbauer, Clemens Maria 209 Hoffmann, Melchior 138, 148, 151 Hofmann, Johann Christian Konrad von 230 Holbach, Paul Heinrich Dietrich Baron von 189 Holl, Karl 239 Hollaz, David 162 Honorius, Kaiser 66, 69 Hopkins, Samuel 225 Hosius von Corduba 55 Hossenfelder, Joachim 247 Hrabanus Maurus 105 Huber, Victor Aimé 206 Hubmaier, Balthasar 141 Hugenottenkriege 167 Hugo von St. Viktor 107 Humanismus 123, 134, 137, 139f., 145, 197 Humbert von Silva Candida 96f. Humboldt, Wilhelm von 201 Hus, Jan 114f., 120 Hut, Hans 141 Hutter, Jakob 141 Hutter, Leonhard 161 Ignatianen 10f., 13f. Ignatius von Loyola 172 Innerlutherische Lehrstreitigkeiten 159f. Innocenz I., Bischof von Rom 69, 75 Innocenz III., Papst 91, 99–101, 104, 110 Innocenz IV., Papst 101 Inquisition 110f., 173 Investiturstreit 85, 91, 97f. Irenäus 20, 28–33, 74f. Isidor von Sevilla 86

Islam 77, 80, 98, 113 Jansen, Cornelius 173 Jansenismus 173, 178, 184 Jerusalem, Johann Friedrich Wilhelm 193 Jesuiten 171f., 195, 209, 214 Joachim II., Kurfürst von Brandenburg 150 Joachim von Fiore 110 Johann, Kurfürst von Sachsen 146 Johann Friedrich, Kurfürst von Sachsen 153 Johann Georg III., Kurfürst von Sachsen 179 Johann Sigismund, Kurfürst von Brandenburg 170 Johannes Scotus Eriugena 105 Johannes von Damaskus 77 Johannes XII., Papst 95 Johannes XXII., Papst 115 Johannes XXIII., Papst 255 Jonas, Justus 135, 145 Joseph II., Kaiser 195 Josephinismus 195 Judenchristentum 9, 11, 13 Judenmassenmord 252, 254 Judentum 9–11, 13f., 17f., 23, 30, 48, 51, 105, 201 Judenverfolgungen 119, 254 Julian, Kaiser 48, 57 Julian von Eclanum 69 Julius I., Bischof von Rom 75 Julius II., Papst 113, 116, 128 Jung-Stilling, Heinrich 221, 223 Justin der Märtyrer 17f., 44 Justinian I., byzant. Kaiser 73, 76f. Kähler, Martin 234 Kallist, Bischof von Rom 75

Kanon Muratori 28, 74 Kanon, Kanonbildung 23, 26–29 Kant, Immanuel 194, 217, 227, 232 Kapler, Hermann 243, 248 Kappadokier 57 Karl d.Gr., Kaiser 87, 90–93, 95, 98, Karl Martell 87 Karl V., Kaiser 123, 129, 133, 135, 143, 146, 148, 152–156, 167 Karlmann, König 87 Karlstadt, Andreas Bodenstein aus 124, 130, 135f., 138, 144 Karmeliten 111 Karolingische Renaissance 87, 92, 103 Katharer 110 Katholische Aktion 245 Katholische Bewegung 208 Katholische Reform 158, 170f. Kerinth 21 Kerrl, Hanns 250 Ketteler, Wilhelm Emmanuel Freiherr von 211 Ketzertaufstreit 39, 66, 75 Kierkegaard, Sören 241 Kilian 87 Kirchenbund in der DDR 255 Kirchenkampf 246, 248, 250, 252f. Kirchenstaat 76, 88, 131, 154, 245 Klarissen 111 Kliefoth, Theodor 229 Knox, John 168 Kohlbrügge, Hermann Friedrich 223 Koinobitentum 49 Kollegialismus 192 Kölner Kirchenstreit 210f. 271

Kolping, Adolf 212 Konferenzen – 1. Weltmissionskonferenz in Edinburgh (1910) 257 – 1. Weltkonferenz für praktisches Christentum in Stockholm (1925) 257 – 1. Weltkonferenz für Glaube und Kirchenverfassung in Lausanne (1927) 257 – 2. Weltkonferenz für praktisches Christentum in Oxford (1937) 257 – 2. Weltkonferenz für Glaube und Kirchenverfassung in Edinburgh (1937) 257 – Konferenz von Treysa (1945) 253 – 3. Vollversammlung des ÖRK in Neu-Delhi (1961) 258 Konfessionalisierung 157f., 170 Konfessionalismus, lutherischer 203, 222f., 225 Konkordienbuch 160f. Konkordienformel 160f. Konrad III., König 99 Konradin, Herzog von Schwaben 101 Konstans, Kaiser 48 Konstantin (Kyrill) 78, 94 Konstantin d.Gr., Kaiser 41f., 45– 48, 51, 55, 74f., 88, 183 Konstantin II., Kaiser 48 Konstantinische Schenkung 88, 93, 97, 121 Konstantinische Wende 36, 41f., 51 Konstantinopel 46, 59, 73, 82, 88, 99 Konstantius, Kaiser 48, 56 Konstantius Chlorus, Kaiser 45 Konziliarismus 113, 115f., 213 272

Konzilien – 1. Ökumenisches Konzil von Nizäa (325) 46f., 55–57 – 2. Ökumenisches Konzil von Konstantinopel (381) 51, 57, 59, 82 – 3. Ökumenisches Konzil von Ephesus (431) 60, 69 – 4. Ökumenisches Konzil von Chalcedon (451) 50–52, 61 – 5. Ökumenisches Konzil von Konstantinopel (553) 76 – 6. Ökumenisches Konzil von Konstantinopel (680/81) 77 – 7. Ökumenisches Konzil von Nizäa (787) 78, 93 – 4. Laterankonzil (1215) 101, 106 – 1. Konzil von Lyon (1245) 101 – Konzil von Konstanz (1414– 1418) 115, 120 – Konzil von Basel (1431– 1447/49) 116 – Konzil von Ferrara und Florenz (1437–1439) 116 – Konzil von Trient (1545–1563) 149, 153, 158, 160, 171f. – 1. Vatikanisches Konzil (1869/70) 208, 212f., 255 – 2. Vatikanisches Konzil (1962– 1965) 255f. Kottwitz, Hans Ernst Baron von 205, 222 Krafft, Christian 222 Kreuzzugsbewegung 91, 98, 113 Kulturkampf 211, 213 Kulturprotestantismus 233, 239 Kurialismus 40, 113, 208, 213 Kutter, Hermann 207 Kyrill von Alexandrien 60

Labadie, Jean de 179 Laetentur coeli, Dekret 116 Laieninvestitur 96f. Lamettrie, Julien Offray de 189 Landesherrliches Kirchenregiment 144, 177, 204, 237, 241 Landeskirchentum 114, 124 Lanfrank 106 Lange, Joachim 181 Lavater, Johann Caspar 221 Leibniz, Gottfried Wilhelm 190f. Leipziger Disputation 124, 130, 138, 140 Leo I. d.Gr., Papst 61, 69, 75, 80 Leo III., Papst 93 Leo IX., Papst 96f. Leo X., Papst 113, 116, 128, 131 Leo XIII., Papst 214 Lessing, Gotthold Ephraim 185, 194 Leuenberger Konkordie 258 Lichtenberg, Bernhard 252 Licinius, Kaiser 42, 45 Lipsius, Justus 179 Liturgische Bewegung 246, 255 Loccumer Erklärung 255 Locke, John 187 Loewenich, Walther von 245 Logos-Christologie 19f., 53f., 58 Löhe, Wilhelm 206, 229 Loofs, Friedrich 53 Lotzer, Sebastian 142 Low-Church-Bewegung 225 Lucian von Antiochien 55 Ludwig der Bayer, Kaiser 115 Ludwig der Fromme, König 90 Ludwig VII., König von Frankreich 99 Ludwig XIV., König von Frankreich 167, 175

Luther, Martin 70, 111, 123–156, 159–161, 163, 166, 180, 182, 195, 203f., 207, 224, 230, 235, 239f. Lutherrat 251 Lutherrenaissance 239 Macedonius von Konstantinopel 57 Machiavelli, Niccolo 177 Maistre, Joseph de 210 Major, Georg 159 Manichäismus 63–65, 68f. Mantz, Felix 141 Marahrens, August 248–250 Marburger Religionsgespräch 145 Marcell von Ancyra 55 Marcion 16f., 22–24, 28, 31f., 64, 231 Marcionitismus 26f. Marheineke, Philipp 233 Mariendogma 212, 255 Mark Aurel, Kaiser 17f., 43 Marsilius von Padua 115 Martin V., Papst 115 Martin von Tours 49 Märtyrerakten 44 Matthys, Jan 151 Maxentius, Kaiser 41, 45 Maximilian I., Kaiser 129 Maximian, Kaiser 45 Maximus Confessor 77 Meiser, Hans 249f., 253 Meister Eckhart 117f. Melanchthon, Philipp 130, 135, 145f., 151f., 154, 159–162, 165f. Melito von Sardes 18 Menken, Gottfried 223 Merz, Georg 241 Methodismus 224f. 273

Methodius 78, 94 Metternich, Lothar Wenzel von 202 Michael Kerullarios von Konstantinopel 97 Millenarismus 15 Mission – Äußere 182, 257 – christliche 9, 11, 76f., 91f., 173 – Innere 198, 204–206 Mitzenheim, Moritz 254 Modalismus 23, 53f. Moeller, Bernd 114, 216 Möhler, Johann Adam 209 Molinos, Miguel de 173 Monarchianismus 53f. Mönchtum 33, 42, 48–50, 104 Monenergistischer Streit 77 Monepiskopat 13f., 27, 29, 73f. Monod, Adolphe 226 Monophysitische Streitigkeiten 52, 61, 77 Monotheletischer Streit 77 Montanismus 16f., 24–27, 31 Montanus 16, 24 Moritz, Kurfürst von Sachsen 153– 155 Moses Maimonides 108 Mosheim, Johann Lorenz von 192 Müller, Ludwig 248, 250 Müntzer, Thomas 124, 135, 137– 139 Mystik – im Pietismus 183f. – im Spätmittelalter 127, 138, 159, 163, 178 Nag Hammadi 20 Napoleon I., Kaiser 198, 200f., 209 Naumann, Friedrich 207 274

Neander, August 228 Neologie 192 Nero, Kaiser 43 Nestorianischer Streit 60 Nestorius von Konstantinopel 60 Neuchalcedonismus 76 Neuplatonismus 35, 48, 65, 78, 105, 117 Neustoizismus 187 Newman, John Henry 225 Nicolai, Philipp 164 Niemöller, Martin 249, 251, 253 Nietzsche, Friedrich 241 Nikolaitismus 96 Nikolaus Cusanus 118 Nikolaus I., Papst 93, 100 Nikolaus von Lyra 126 Nitzsch, Carl Immanuel 234 Noëtus von Smyrna 53 Novalis 208 Oberlin, Johann Friedrich 221 Ockham, Wilhelm von 115, 117, 126 Ockhamismus 126 Odo, Abt von Cluny 95 Oestreich, Gerhard 177 Oetinger, Friedrich Christoph 186 Ökolampad, Johannes 144f. Ökumenische Bewegung 238, 254, 256–258 Ökumenischer Rat der Kirchen 257 Ökumenismusdekret 256 Olevianus, Kaspar 170 Ophiten 21 Origenes 32f., 35–37, 54, 56–59 Osiander, Andreas 145, 160 Osterterminstreit (Passahstreit) 30, 75

Otto I. d.Gr., Kaiser 90, 94–96 Otto IV., Kaiser 101 Otto, Rudolf 239 Ottonisches Reichskirchensystem 94, 200 Overbeck, Franz 241 Oxfordbewegung 225 Pachomius 49 Papalismus 40, 113 Papiasfragmente 10, 14 Papstschisma (1378–1415) 115 Papstwahldekret 97 Parusie, Parusieverzögerung 14, 19, 24 Pascal, Blaise 173 Paschasius Radbertus 105 Passauer Vertrag 125, 149, 155 Patripassianismus 53 Paul III., Papst 152f., 172 Paul VI., Papst 255 Paul von Samosata 53 Paulskirchenverfassung 204, 242 Paulus, Apostel 9, 11, 19, 23, 58, 70, 74 Paulus Diaconus 92 Paulus, Heinrich Eberhard Gottlob 228 Pechmann, Wilhelm von 243, 247 Pelagianischer Streit 68f. Pelagius 62, 68f. Petersen, Johann Wilhelm 184 Petersen, Johanna Eleonora 184 Petri, Ludwig Adolf 229 Petrus, Apostel 39, 74f. Petrus Lombardus 104, 126 Peutinger, Konrad 121 Pfaff, Christoph Matthäus 192 Pfarrernotbund 249

Pfeffinger, Johann 159 Philipp II., König von Frankreich 99 Philipp IV., König von Frankreich 114 Philipp, Landgraf von Hessen 145, 148, 153f. Philippus Arabs 43 Philo von Alexandrien 48 Photinianisches Schisma 94 Pico della Mirandola, Giovanni 121 Pierre d’Ailly 115 Pippin d.J., König 87f. Pippinische Schenkung 88 Pirckheimer, Willibald 121 Pius II., Papst 116 Pius VII., Papst 209 Pius IX., Papst 208, 212, 214 Pius X., Papst 214, 245 Pius XI., Papst 245, 251 Pius XII., Papst 246 Plinius d.J. 12, 43 Plotin 37 Plütschau, Heinrich 182 Pneumatomachen 57 Polykarpbrief 10 Polykarp von Smyrna 44 Praetorius, Stephan 164 Präexistenzvorstellung 12, 19, 38, 52f., 58f. Praxeas 53f. Presbyterkollegium 13, 27, 29 Preußische Reformen 201f. Prierias, Silvester 129 Privatbeichte 84, 86 Pseudoisidorische Dekretalen 93 Ptolemäus 22 Puritanismus 169 Quadratus 18 275

Quäker 169 Quenstedt, Johann Andreas 162 Quietismus 178 Rade, Martin 242, 247 Ragaz, Leonhard 207 Ratramnus 105 Raumer, Karl von 222 Recke-Volmerstein, Graf von der 205 Regula Benedicti 50, 94f. Reichsdeputationshauptschluß 200 Reichskonkordat 245, 248, 251 Reichssynoden – 1. Reichssynode der BK (1934) 249 – 2. Reichssynode der BK (1934) 251 – 4. Reichssynode der BK (1936) 251 Reimarus, Hermann Samuel 192, 194 Religionsedikt (380) 48 Religiöse Sozialisten 207, 239, 247 Renaissancepapsttum 113, 116 Reservatum ecclesiasticum 155 Revolution in der DDR 255 Richard Löwenherz, englischer König 99 Ritschl, Albrecht 178, 232f., 239 Robespierre, Maximilian de 199 Rogge, Joachim 217 Romreise Luthers 126 Ronge, Johannes 211 Roscellinus von Compiègne 106 Rothe, Richard 234 Rothmann, Bernhard 151 Rousseau, Jean Jacques 189

276

Sabellius 53f. Sailer, Johann Michael 208, 222 Sasse, Hermann 247 Sattler, Michael 141 Savonarola, Girolamo 121, 142 Schell, Hermann 214 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 227, 230 Schlatter, Adolf 234 Schlegel, Friedrich 208, 217 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst 177, 185, 202, 205, 216– 222, 227f., 230, 232–234, 241 Schmalkaldischer Bund 125, 148– 150, 153 Schmalkaldischer Krieg 125, 149, 153–155 Schmidt, Johann Lorenz 192 Schmidt, Martin 182 Schnepf, Erhard 150 Scholder, Klaus 189 Schütz, Johann Jakob 179, 184 Schweitzer, Albert 236 Schwenckfeld, Kaspar von 141 Semipelagianismus 69 Semler, Johann Salomo 191f., 217, 231 Servet, Michael 165 Seuse, Heinrich 118 Siegmund-Schultze, Friedrich 257 Sigismund, Kaiser 115 Simon Magus 21 Simonie 96f. Simons, Menno 141 Simplician 66 Siricius, Bischof von Rom 75 Sixtus IV., Papst 116 Söderblom, Nathan 257 Sozinianer 169

Spalatin, Georg 135 Spalding, Johann Joachim 193 Spätreformation 158 Spener, Philipp Jakob 177–183 Spiegel, Ferdinand August Graf von 211 Spinoza, Baruch 187 Spiritualismus 178, 183f., 193 Spiritualisten 135, 140f., 155 Spitta, Carl Johann Philipp 223 Sportpalastkundgebung 249 Staupitz, Johannes von 126f. Stein, Heinrich Friedrich Freiherr vom und zum 201 Stephan I., Bischof von Rom 39f., 75 Stephan II., Papst 88 Stoecker, Adolf 206f. Strauß, David Friedrich 232 Stuttgarter Schulderklärung 253f. Subordinatianismus, subordinatianisch 19, 37, 54f. Sukzession, apostolische 13, 30 Sukzessionstheorie 225 Supranaturalismus 228 Symbolum Romanum 28f., 53, 74 Synoden – Synode von Aachen (809) 93 – Synode von Alexandrien (318/19) 55 – Synode von Alexandrien (362) 57 – Synode von Arles (314) 46 – Synode von Clermont (1095) 99 – Synode von Dordrecht (1618/19) 168 – Synode von Ephesus (449) 60 – Synode von Karthago (401) 66 – Synode von Karthago (404) 66 – Synode von Karthago (411) 66, 69 – Synode von Karthago (418) 69

– Synode von Konstantinopel (359) 57 – Synode von Konstantinopel (843) 78 – Synode von Orange (529) 69 – Synode von Serdika (342) 75 – Synode von Whitby (664) 84 – Synoden von Sutri und Rom (1046) 96 Taboriten 120 Tag von Potsdam 248 Tatian 18 Täufertum 134f., 140f., 148, 151, 155 Tauler, Johannes 118, 138 Territorialismus 177 Tersteegen, Gerhard 186 Tertullian 17, 20, 29, 31f., 35, 54, 56, 58 Tetrarchie 44 Tetzel, Johannes 128f. Theoderich, König 82 Theodor von Mopsuestia 60 Theodoret von Kyros 60 Theodosius d.Gr., Kaiser 42, 48 Theodosius II., Kaiser 60 Theodot der »Gerber« 53 Theodot der »Wechsler« 53 Theologie der Befreiung 256 Theopaschitischer Streit 77 Theophilus von Antiochien 18 Theresia von Avila 171 Tholuck, August 228 Thomas von Aquin 104, 108, 117, 142, 212 Thomas von Kempen 119 Thomasius, Gottfried 231 Thurneysen, Eduard 240f. Tindal, Matthew 188 277

Todt, Rudolf 206 Toland, John 188 Toleranzedikt (311) 45 Toleranzpatent 195 Tomus Leonis 61, 75 Trajan, Kaiser 11f., 43 Transsubstantiationslehre 101, 131, 153, 161 Troeltsch, Ernst 157, 235, 237 Ulrich, Herzog von Württemberg 150 Ultramontanismus 208, 210–213 Una-Sancta-Bewegung 246 Undereyck, Theodor 186 Union, preußische 202f. Universalienlehre 108 Universalienstreit 106 Urban II., Papst 99 Urlsperger, Johann August 221 Ursinus, Zacharias 170 Valentin 21f. Valerian, Kaiser 35f., 39, 44f. Valla, Laurentius 88, 121 VELKD 253 Viktor I., Bischof von Rom 30, 75 Viktor IV., Papst 100 Vilmar, August 229 Vincentius von Lerinum 69 Vinet, Alexandre 226 Voetius, Giesbert 168 Voltaire 188f. Voluntarismus 108, 116 Walahfried Strabo 105, 126 Walch, Johann Georg 192 Waldenser 110 Waldes (Petrus) 110, 121 Wallmann, Johannes 164, 178 278

Wegscheider, Julius August Ludwig 228 Weigel, Valentin 164 Weimarer Reichsverfassung 204, 237, 242–244 Weiß, Johannes 235 Werner, Gustav 206 Wesley, Charles 224 Wesley, John 224f. Westfälischer Friede 157, 173, 175 Whitefield, George 224 Wichern, Johann Hinrich 205f. Wiclif, John 114, 120 Widukind 92 Wiener Kongreß 199, 201, 208f., 242 Wiener Konkordat 113, 116 Wilhelm II., Kaiser 214 Wilhelm von Aquitanien 95 Wilhelm von Champeaux 106 Wimpina, Konrad 129 Windesheimer Kongregation 119 Wittenberger Konkordie 151 Wolff, Christian 191 Wöllnersches Religionsedikt 193 Wormser Edikt 130, 133, 135, 143, 146, 149 Wormser Konkordat 98 Wulfila 81f. Wurm, Theophil 249f., 252 Zeller, Winfried 163 Ziegenbalg, Bartholomäus 182 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von 184f. Zölibat 131, 135f. Zosimus, Bischof von Rom 69 Zwickauer Propheten 136 Zwingli, Huldreich 124, 133–135, 138–140, 144f., 152, 155

Lernfragen zum Kirchengeschichtlichen Repetitorium auf CD-ROM Die CD-ROM enthält die Lernfragen zum Kirchengeschichtlichen Repetitorium. Sie erschließen das gesamte, in den »Grundaspekten« des Repetitoriums entfaltete Wissen in Form von Frage und Antwort. Die Lernfragen sind wie Karteikarten angelegt: • Auf der Vorderseite finden Sie eine oder mehrere Fragen zu einem bestimmten, überschaubaren Abschnitt aus den »Grundaspekten«. • Auf der Rückseite finden Sie die dazugehörige(n) Antwort(en), d.h. die Inhalte des entsprechenden Abschnitts – und zwar unter mnemotechnischen Gesichtspunkten strukturiert und elementarisiert. Die Lernfragen sind ein praktisches Hilfsmittel, um den im Repetitorium gebotenen kirchengeschichtlichen Lernstoff zu wiederholen und dauerhaft im Langzeitgedächtnis zu verankern.

Die CD-ROM bietet Ihnen die Möglichkeit, • die Lernfragen auf Papier oder Karton Ihrer Wahl auszudrucken und einen Satz von Lernkarteikarten im DIN-A6-Format zu erstellen; • die Lernfragen in das eigene Textverarbeitungsprogramm zu übernehmen und zu bearbeiten, etwa im Blick auf ein Schwerpunkthema in der mündlichen Prüfung; • die Lernfragen wie ein Programm zum Lernen am Bildschirm zu benutzen.

279

Hinweise zur Benutzung der CD-ROM 1. Technische Voraussetzungen Die technischen Voraussetzungen wurden so niedrig wie möglich gehalten: Um mit den Lernfragen arbeiten zu können, sollte Ihr Computer (PC oder Mac) über ein CD-ROM-Laufwerk verfügen und mit einem Drucker verbunden sein.

2. Inhalt der CD-ROM Die CD-ROM enthält die Lernfragen in drei verschiedenen Versionen: • Lernfragen zum Ausdrucken (PDF-Dateien) • Lernfragen zum Bearbeiten (RTF-Dateien) • Lernfragen zum Lernen am Bildschirm (HTML-Dateien)

2.1. Lernfragen zum Ausdrucken Wenn Sie die Lernfragen nicht weiter bearbeiten, sondern sogleich einen Karteikartensatz erstellen und mit dem Lernen beginnen wollen, dann sind die »Lernfragen zum Ausdrucken« der schnellste und sicherste Weg zum Ziel.

Speicherformat: Portable Document Format (PDF) Die »Lernfragen zum Ausdrucken« sind im sog. Portable Document Format (PDF) abgespeichert. Dieses Format hat den Vorteil, daß Sie die Dateien genau so öffnen können, wie sie auf der CD-ROM abgespeichert wurden. Die Formatierungen bleiben dabei weitgehend erhalten – unabhängig von den Einstellungen Ihres Systems. Allerdings erlaubt dieses Format keine eingehendere Bearbeitung des Textes. Wenn Sie die Lernfragen vor dem Ausdrucken erst noch revidieren möchten, sollten Sie auf die »Lernfragen zum Bearbeiten« zurückgreifen. 280

Anlage der Dateien Die einzelnen Seiten der PDF-Dateien sind speziell für den Ausdruck der Lernfragen auf Papier oder Karton im DIN-A4-Format eingerichtet worden: Wenn Sie ein bedrucktes Blatt in der Mitte einmal längs und einmal quer auseinanderschneiden, dann kommt der Text der Frage- bzw. Antwortfelder genau auf den vier DIN-A6-Blättern zu stehen.

Vorderseite: 



281

Rückseite: 



Softwarevoraussetzung: Adobe® Acrobat®-Reader® Um die »Lernfragen zum Ausdrucken« öffnen zu können, müssen Sie zuvor den Adobe® Acrobat®-Reader® (oder den Adobe® Acrobat®) auf Ihrem Rechner installiert haben. • Laden Sie den Acrobat®-Reader® (Freeware) aus dem Internet unter folgender Adresse auf Ihren Rechner: www.adobe.de/products/acrobat/readermain.html. • Installieren Sie das Programm. Hinweis: Der Acrobat®-Reader® benötigt je nach Version zwischen 5 und 24 MB Speicherplatz auf Ihrer Festplatte. 282

So öffnen Sie die »Lernfragen zum Ausdrucken«: • Legen Sie die CD-ROM in das entsprechende Laufwerk ein. • Starten Sie den Acrobat®-Reader®. • Klicken Sie auf das Symbol »Öffnen« oder auf die Schaltfläche »Datei« und dann »Öffnen«. Das Dialogfeld »Öffnen« erscheint. • Klicken Sie im Feld »Suchen in:« auf das Symbol für das CD-ROM-Laufwerk. • Doppelklicken Sie auf den Ordner »pdf«. • Doppelklicken Sie auf eine Datei Ihrer Wahl.

2.2. Lernfragen zum Bearbeiten Wenn Sie die Lernfragen im eigenen Textverarbeitungsprogramm nach Ihren Vorstellungen ändern möchten, dann sind die »Lernfragen zum Bearbeiten« das Richtige für Sie.

Speicherformat: Rich-Text-Format (RTF) Die »Lernfragen zum Bearbeiten« sind im sog. Rich-Text-Format (RTF) abgespeichert. Dieses Format erlaubt es, die Dateien mit den Lernfragen in nahezu allen Textverarbeitungsprogrammen ohne Formatierungsverlust zu öffnen und im programmspezifischen Dateiformat abzuspeichern (z.B. als DOC-Datei).

283

Anlage der Dateien Jede RTF-Datei enthält eine Tabelle, die über zwei Kolumnen einer DIN-A4Seite im Querformat verläuft. Wenn Sie eine der RTF-Dateien öffnen, erscheinen auf jeder Seite sechs Tabellen-Felder: vier Text- und zwei Leerfelder. Die Vorderseite enthält vier Frage- und zwei Leerfelder:

Fragefeld

Fragefeld

Leerfeld

Leerfeld

Fragefeld

Fragefeld

Die Rückseite enthält vier Antwort- und zwei Leerfelder:

284

Antwortfeld

Antwortfeld

Leerfeld

Leerfeld

Antwortfeld

Antwortfeld

Die Maße und die Position der Tabelle wurden speziell für den Ausdruck der Lernfragen auf Papier oder Karton im DIN-A4-Format berechnet: Wenn Sie ein bedrucktes Blatt in der Mitte einmal längs und einmal quer auseinanderschneiden, dann kommt der Text der Frage- bzw. Antwortfelder genau auf den vier DIN-A6-Blättern zu stehen.

Softwarevoraussetzungen: Textverarbeitungsprogramm

RTF-Dateien können von den meisten Textverarbeitungsprogrammen ohne einen manuellen Konvertierungsvorgang geöffnet und im jeweils programmspezifischen Dateiformat abgespeichert werden.

So öffnen Sie die »Lernfragen zum Bearbeiten«: • Legen Sie die CD-ROM in das entsprechende Laufwerk ein. • Starten Sie Ihr Textverarbeitungsprogramm. • Klicken Sie auf das Symbol »Öffnen« oder auf die Schaltfläche »Datei« und dann »Öffnen«. Das Dialogfeld »Öffnen« erscheint. • Klicken Sie im Feld »Suchen in:« auf das Symbol für das CD-ROMLaufwerk. • Doppelklicken Sie auf den Ordner »rtf«. • Doppelklicken Sie auf eine Datei Ihrer Wahl. Hinweis: Sollten Sie im Ordner »rtf« keine Dateien angezeigt finden, überprüfen Sie die Auswahl der angezeigten Dateitypen. Klicken Sie im Feld »Dateitypen« am besten auf »Alle Dateien«. Dann werden auch die »Lernfragen zum Bearbeiten« im Rich-Text-Format angezeigt. 285

2.3. Lernfragen zum Lernen am Bildschirm Wenn Sie die Lernfragen wie ein Lernprogramm benutzen wollen, dann liegen Sie mit dieser Version richtig. Sie bietet Ihnen unter anderem die Möglichkeit, die Lernfragen nach bestimmten thematischen und personalen Stichworten aufzurufen und damit die Kirchen-, Dogmen- und Theologiegeschichte in Längsschnitten zu lernen.

Speicherformat: Hypertext Markup Language (HTML) Die »Lernfragen zum Lernen am Bildschirm« sind in der sog. HypertextMarkup-Language (HTML) abgespeichert. Dieses Format erlaubt es, die Dateien mit Hilfe eines Internet-Browsers zu öffnen und die speziellen Menüfunktionen dieser Software für die Arbeit mit den Lernfragen zu nutzen.

Anlage der Dateien Das Fenster ist folgendermaßen aufgebaut:

Kapitelleiste

Fragenfeld

Stichwortfeld

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Antwortenfeld

• Kapitelleiste:

Hier finden Sie die Links zu den Lernfragen der einzelnen Kapitel. Klicken Sie auf eine der Kapitelbezeichnungen, und die dazugehörigen Lernfragen im Fragenfeld werden geöffnet. • Fragenfeld: Hier erscheinen die Fragen zu den einzelnen Kapiteln oder auch zu den einzelnen Stichworten. Durch Klicken auf die Nummer der Karte öffnen Sie die Antwort(en). • Antwortenfeld: Hier erscheinen die Antworten zu den Fragen. Rollen Sie den Eintrag im Antwortenfeld bis an das untere Ende: Dort finden Sie wichtige Stichworte, die Ihnen zeigen, in welchen größeren Zusammenhängen der Inhalt der Antwort(en) steht. Klicken Sie auf ein Stichwort, und die dazugehörigen Fragen im Fragenfeld werden geöffnet. • Stichwortfeld: Hier finden Sie Stichworte zu Themen und Personen. Durch Klicken auf eines der Stichworte öffnen Sie die dazugehörigen Fragen im Fragenfeld. Hinweis: Bei der Auswahl der Stichworte wurden vor allem solche Themen und Personen berücksichtigt, zu denen sich im Buch keine zusammenhängende Darstellung findet und über die sich daher auch nicht leicht ein Überblick gewinnen läßt.

Softwarevoraussetzungen: Internet-Browser Die HTML-Dateien können Sie mit den meisten Browsern (wie z.B. Microsoft® Internet-Explorer®, Netscape® Communicator® u.a.) problemlos öffnen.

So öffnen Sie die »Lernfragen zum Lernen am Bildschirm«: • Legen Sie die CD-ROM in das entsprechende Laufwerk ein. • Starten Sie Ihren Datei-Manager. • Doppelklicken Sie auf das Symbol des CD-ROM-Laufwerks. 287

• Doppelklicken Sie auf den Ordner »html«. • Doppelklicken Sie auf die Datei »index.html«. Die Startseite wird geöffnet. • Klicken Sie in der Kapitelleiste auf ein Kapitel oder in dem Stichwortfeld auf ein Stichwort. Hinweis: Um nicht bei der Arbeit an einer Frage von der zuletzt eingesehenen Antwort abgelenkt zu werden, können Sie den Text im Antwortenfeld durch Klicken auf die Schaltfläche »blanko« ausblenden. Durch Klicken auf die Nummer der Karte im Fragenfeld wird der Text wieder eingeblendet.

3. Ausdrucken der Lernfragen Die beiden Versionen »Lernfragen zum Ausdrucken« und »Lernfragen zum Bearbeiten« ermöglichen Ihnen die Herstellung zweiseitig bedruckter Lernkarten in DIN-A6-Größe (Postkartengröße). Die Dateien sind so formatiert, daß Sie Papier bzw. Karton der Größe DIN A4 als Druckmedium benutzen können: Sie drucken pro Seite jeweils vier Vorder- bzw. vier Rückseiten der Lernkarten aus. Verfügt Ihr Drucker über die Funktion »Zweiseitiges Drucken«, dann können Sie die einzelnen Blätter in einem Druckvorgang ausdrucken. Andernfalls drukken Sie zuerst die ungeraden Seiten der Datei aus, legen anschließend die gedruckten Seiten erneut in die Papierzuführung (auf die richtige Seite achten!) und drucken die geraden Seiten aus. Dann müssen Sie die einzelnen Blätter nur noch auf DIN-A6-Größe zuschneiden, und Ihr Lernkartensatz ist fertig. Sollte das Wechseln des Papierstoßes zu umständlich oder der Drucker für die gewünschte Papierstärke ungeeignet sein, empfiehlt es sich, die Seiten einfach fortlaufend auf Normalpapier auszudrucken und mit Hilfe eines professionellen Kopiergerätes die zweiseitig bedruckte DIN-A4-Version zu erstellen. Der geringe finanzielle Mehraufwand vermag bei wenig benutzerfreundlichen Druckern langwierige, mitunter nervenzehrende Versuche einer korrekten manuellen Papierzuführung leicht aufzuwiegen.

288

4. Arbeit mit den Lernfragen Die Arbeit mit den Lernfragen setzt die gründliche Lektüre des Kirchengeschichtlichen Repetitoriums voraus – lassen sich doch die in den Antworten gebotenen Lerninhalte nur dann richtig verstehen, wenn die entsprechenden Abschnitte des Buches zuvor gelesen wurden. Die Lektüre des Repetitoriums ist daher die erste Aufgabe. Dabei können Sie die Lernfragen in unterschiedlicher Weise heranziehen. Die nachfolgenden Bemerkungen wollen Ihnen einige Anregungen für einen möglichst gewinnbringenden Umgang mit den Lernfragen geben. Die beiden angedeuteten Lernwege lassen sich natürlich auch miteinander kombinieren.

Sie wollen mit Karteikarten lernen. Nachdem Sie sich einen Satz mit Lernkarten erstellt haben, sollten Sie mit der Lektüre des Repetitoriums beginnen. Lesen Sie zunächst ein Kapitel und nehmen Sie sich dann die entsprechenden Lernkarten der Reihe nach vor. Bedenken und beantworten Sie die Lernfragen möglichst gründlich. Versuchen Sie, sich das Gelesene anhand der Antworten auf den Lernkarten einzuprägen. Nach diesem ersten Durchgang sollten Sie die Lernfragen des Kapitels noch einmal wiederholen, dann das nächste Kapitel lesen, dessen Inhalte anhand der Lernfragen erlernen, und so fort. Auf diese Weise werden die Lernkarten von drei Kapiteln ein erstes Mal durchgearbeitet. Anschließend sollten Sie den Kartensatz ein zweites Mal vornehmen. Die Wiederholung wird bereits leichter und schneller erfolgen. Eine Reihe von Karten wird Ihnen nun schon dem Inhalt nach (fast) vollständig geläufig sein – nehmen Sie diese Karten aus dem Stapel heraus. Arbeiten Sie den Satz mit den verbleibenden Karten dann ein drittes Mal durch. Wiederum werden die Karten, die jetzt korrekt beantwortet wurden, zur Seite gelegt. Fahren Sie so fort, bis Sie alle Lernkarten der drei Kapitel durchgearbeitet haben. Dann kommen die nächsten drei Kapitel an die Reihe … Anhand der »Lernfragen zum Lernen am Bildschirm« haben Sie übrigens auch nach dem Aussortieren der Karten jederzeit noch die Möglichkeit, die Lernfragen in numerischer Reihenfolge zu wiederholen.

289

Sie wollen am Bildschirm lernen. Lesen Sie ein Kapitel des Buches und öffnen Sie dann die dazugehörigen Lernfragen im HTML-Format. Die Arbeit mit diesen Lernfragen entspricht weitgehend dem Lernen mit Karteikarten. Auch hier empfiehlt es sich, kapitelweise vorzugehen und die Lernfragen des zweiten Kapitels erst aufzurufen, wenn die des ersten gelernt worden sind. Haben Sie auf diese Weise die Lernfragen zu drei Kapiteln durchgearbeitet, sollten Sie in einem zweiten Durchgang diese Lernfragen noch einmal nacheinander vornehmen, und zwar so lange, bis Sie auf alle Fragen eine korrekte Antwort geben können. In einem dritten Durchgang sollten Sie schließlich die Lernfragen anhand des Stichwortfeldes nach bestimmten thematischen Gesichtspunkten wiederholen. Diese Möglichkeit sei auch allen, die mit Karteikarten lernen, als ein ergänzender Wiederholungsmodus wärmstens empfohlen.

290

Abkürzungsverzeichnis 1. Abkürzungen 1.x 1000j. 30j. 400j. Abm. äg. Äg. allg. altki. anglikan. apostol. atl. Aug. außerchristl. Bd. begr. bes. Bi. bibl. bischöfl. Bürgergde. bürgerl. byzantin. calv. christl. christolog. d. demokrat. Dez. dialekt. div. dogmat. dt. einheitl. engl. ev. Ev.

erstes Mal, erstmals tausendjähriger, -e, -es dreißigjähriger, -e, -es vierhundertjähriger, -e, -es Abendmahl ägyptischer, -e, -es Ägypten allgemeiner, -e, -es; allgemein altkirchlicher, -e, -es anglikanischer, -e, -es apostolischer, -e, -es alttestamentlicher, -e, -es August außerchristlicher, -e, -es Band begründete besonderer, -e, -es; besonders Bischof biblischer, -e, -es bischöflicher, -e, -es Bürgergemeinde bürgerlicher, -e, -es byzantinischer, -e, -es calvinistischer, -e, -es christlicher, -e, -es christologischer, -e, -es der, die, das demokratischer, -e, -es Dezember dialektischer, -e, -es; dialektisch diverser, -e, -es dogmatischer, -e, -es deutscher, -e, -es einheitlicher, -e, -es englischer, -e, -es evangelischer, -e, -es Evangelium 291

Evn. evtl. Feb. fränk. franz. friedl. frühkath. fürstl. Gde. Gden. geb. gegr. geistl. german. geschichtl. gesellschaftl. gesellschaftspolit. gg. Glaubensgde. gnost. göttl. griech. handschriftl. hg. histor. humanist. hussit. islam. Jan. Jh. Jh.s jüd. kaiserl. kanon. kath. kg. ki. Ki. königl. kosmolog. latein. leibl. 292

Evangelien eventuell Februar fränkischer, -e, -es französischer, -e, -es friedlicher, -e, -es frühkatholischer, -e, -es fürstlicher, -e, -es Gemeinde Gemeinden geborener, -e, -es; geboren gegründet geistlicher, -e, -es germanischer, -e, -es geschichtlicher, -e, -es gesellschaftlicher, -e, -es gesellschaftspolitischer, -e, -es gegen Glaubensgemeinde gnostischer, -e, -es göttlicher, -e, -es griechischer, -e, -es handschriftlicher, -e, -es herausgegeben historischer, -e, -es; historisch humanistischer, -e, -es hussitischer, -e, -es islamischer, -e, -es Januar Jahrhundert Jahrhunderts jüdischer, -e, -es kaiserlicher, -e, -es kanonischer, -e, -es katholischer, -e, -es kirchengeschichtlicher, -e, -es kirchlicher, -e, -es Kirche königlicher, -e, -es kosmologischer, -e, -es lateinischer, -e, -es leiblicher, -e, -es

liturg. luth. M. m. ma. Militärpfr. Mio. monophysit. moral. moralphilosoph. mündl. mytholog. nachapostol. natürl. neuhumanist. niederländ. nördl. ntl. obrigkeitl. od. Offb. öffentl. ök. Okt. origenist. ostgerman. oström. päpstl. paulin. persönl. philolog. philosoph. Pls.-Briefe polit. preuß. priesterl. protestant. puritan. reformator. relig. rhein. röm.

liturgischer, -e, -es lutherischer, -e, -es Mensch menschlicher, -e, -es mittelalterlicher, -e, -es Militärpfarrer Millionen monophysitischer, -e, -es moralischer, -e, -es moralphilosophischer, -e, -es mündlicher, -e, -es mythologischer, -e, -es nachapostolischer, -e, -es natürlicher, -e, -es neuhumanistischer, -e, -es niederländischer, -e, -es nördlicher, -e, -es; nördlich neutestamentlicher, -e, -es obrigkeitlicher, -e, -es oder Offenbarung öffentlicher, -e, -es ökumenischer, -e, -es Oktober origenistischer, -e, -es ostgermanischer, -e, -es oströmischer, -e, -es päpstlicher, -e, -es paulinischer, -e, -es persönlicher, -e, -es philologischer, -e, -es philosophischer, -e, -es Paulusbriefe politischer, -e, -es preußischer, -e, -es priesterlicher, -e, -es protestantischer, -e, -es puritanischer, -e, -es reformatorischer, -e, -es religiöser, -e, -es rheinischer, -e, -es römischer, -e, -es 293

schriftl. sd. Sept. simonist. sittl. staatl. städt. tatsächl. theol. theoret. übernatürl. urchristl. urspr. v. Verf. w. weibl. weltl. westl. weström. wg. wirtschaftl. württemberg. zw.

schriftlicher, -e, -es sondern September simonistischer, -e, -es sittlicher, -e, -es staatlicher, -e, -es städtischer, -e, -es tatsächlicher, -e, -es theologischer, -e, -es; theologisch theoretischer, -e, -es übernatürlicher, -e, -es urchristlicher, -e, -es ursprünglicher, -e, -es; ursprünglich von, vom Verfasser wird, werden; wurde, wurden weiblicher, -e, -es weltlicher, -e, -es westlicher, -e, -es weströmischer, -e, -es wegen wirtschaftlicher, -e, -es württembergischer, -e, -es zwischen

2. Kurzbezeichnungen AT BK BS CA D DC DDR DEK EKD F FC GD KG KIG 294

Altes Testament Bekennende Kirche Braunschweig Confessio Augustana Deutschland Deutsche Christen Deutsche Demokratische Republik Deutsche Evangelische Kirche Evangelische Kirche in Deutschland Frankreich Formula Concordiae Gottesdienst Kirchengeschichte Die Kirche in ihrer Geschichte. Ein Handbuch

KGE KZ LXX MA NL NS NSDAP NT ÖRK SD SED SJ SPD USA VELKD VKL WK

Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen Konzentrationslager Septuaginta Mittelalter Niederlande Nationalsozialismus Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Neues Testament Ökumenischer Rat der Kirchen Solida Declaratio Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Societas Jesu Sozialdemokratische Partei Deutschlands United States of America Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands Vorläufige Kirchenleitung Werk, Werke

3. Symbole + = Ѧ * † ĺ ļ ’

und ist, sind entspricht geboren gestorben zeigt eine zeitliche und/oder logische Folge an zeigt einen Unterschied/Gegensatz an zeigt eine enge Verbindung an

295

nachapostolischen Zeitalter?

Staat! > Warum wurden die Christen verfolgt?

> Nennen Sie Beispiele früher Christenverfolgungen durch den römischen

I.4.

> Wie entwickelte sich das Verhältnis von Juden und Christen im

KG Rep I. Das Zeitalter der Apostolischen Väter

I.2.

I. Das Zeitalter der Apostolischen Väter

KG Rep

römischen Reich?

> Welche Gründe führten zur raschen Ausbreitung des Christentums im

I.3.

> Nennen Sie die wichtigsten Schriften der Apostolischen Väter!

KG Rep I. Das Zeitalter der Apostolischen Väter

I.1.

I. Das Zeitalter der Apostolischen Väter

KG Rep

Pogrom in Rom unter Nero (Märtyrertod Petrus/Paulus?) Verfolgungen in Rom + Kleinasien unter Domitian – einzelne, lokal begrenzte Verfolgungen – Trajan: Reskript an Plinius d.J. (ca. 111/13)

I.4.

geistiger Austausch sprachliche Einheit

I.3.

● ● ● ●

Heilsgewißheit enges Gemeinschaftsleben Ferne von gesellschaftlichen Sitten strenge Lebensführung (Todesbereitschaft)

> kritische Infragestellung der Verhältnisse in Staat + Gesellschaft → Fremdkörper:

● 95: ● ab 100:

> ● um 64:

2) äußere Gründe ● Pax Augusta ● Intensivierung des Handels zwischen den Provinzen: ● hellenistische Kultur: ● tolerante Religionspolitik der röm. Herrscher

1) innere Gründe ● beeindruckende Lebensführung ● karitatives Engagement ● Frauen/Sklaven gleichwertig

spontane christliche Mission + Missionsreisen des Paulus

I.1.

Abschluß nach innen → um 90: Separatistenfluch im 18-Bitten-Gebet ● Jerusalemer Gemeinde (Judenchristen): Flucht ins Ostjordanland → Bedeutungslosigkeit ● andere Gemeinden – Selbstbewußtsein, z.T. antijüdisch (Barnabasbrief, Ignatianen) – Beschneidung + Speisegebote (noachitische Gebote) verlieren an Bedeutung → Übergang des frühen Christentums in den griechischen Bereich

Folgen 1) Juden: 2) Christen:

70: Niederschlagung des jüd. Aufstands + Zerstörung des Tempels I.2. Trajan/Hadrian: Widerstand endgültig zerschlagen (Bar-Kochba-Aufstand um 135)

8) Zwölf-Apostel-Lehre (Didache) (100/150, Syrien?)

7) Papiasfragmente (um 150, bei Irenäus + Euseb überliefert)

6) Hirt des Hermas (um 150, Rom)

5) 2. Clemensbrief (um 140, Rom/Korinth)

4) Barnabasbrief (um 130, Ägypten?)

3) Polycarpbrief an die Philipper (um 110, Smyrna)

2) Ignatianen (7 Briefe des Bischofs von Antiochien, um 115, Romreise)

1) 1. Clemensbrief an die Korinther (um 95, Rom)

Papiasfragmenten und im Barnabasbrief?

> Um welche Themen geht es im Hirt des Hermas, in den

Inhaltliche Aspekte einzelner Schriften

dieser Zeit erkennbar?

> Welche Ansätze zur Konsolidierung der kirchlichen Ordnung sind in

KG Rep I. Das Zeitalter der Apostolischen Väter

I.6.

I. Das Zeitalter der Apostolischen Väter

KG Rep

Ignatiusbriefen?

> Um welche Themen geht es im 1. Clemensbrief und in den

Inhaltliche Aspekte einzelner Schriften

> Charakterisieren Sie die Theologie der Apostolischen Väter!

KG Rep I. Das Zeitalter der Apostolischen Väter

I.5.

I. Das Zeitalter der Apostolischen Väter

KG Rep

I.8.

I.7.

I.7.

I.8.

2) Papiasfragmente (um 150), Barnabasbrief (um 130): Eschatologie ● Chiliasmus/Millenarismus: 1000j. irdisches Reich (Millennium) vor der Parusie ● nach jüd. Vorbild: Weltenablauf in 6 Jahrtausenden (vgl. 6 Schöpfungstage) – dann 7. Jahrtausend: Christus mit Gläubigen auf Erden sichtbar regierend – dann erst 8. Tag: die Ewigkeit

1) Hirt des Hermas (um 150): 2. Buße ● Taufe = einmalige Sündenvergebung + Kraftbegabung → heilig + rein leben (Naherwartung) – keine 2. Buße möglich ● Parusieverzögerung → Milderung: – Differenzierung innerhalb des göttl. Gebotes: ● Abstufungen in der Askese (2. Clemensbrief) ● Fasten ist besser als Gebet, Almosen besser als beides – Differenzierung innerhalb der Sünde: ● bewußte + unbewußte Sünde ● Sünde = böse Begierde, Todesknechtschaft, Irrtum, Unkenntnis – Parusie = Gericht über Kirche + die einzelnen Menschen ● aber Hermas (aufgrund Vision): doch noch eine Buße möglich (2. Buße)

2) Ignatiusbriefe (um 115): Charismen ● kaum Bezüge zum AT ● zur Häresieabwehr: Gehorsam gg. Bischof = Gehorsam gg. Gott → Monepiskopat ● Abm. = pharmakon athanasias ● individuelle Unsterblichkeit statt universaler Reich-Gottes-Erwartung

1) 1. Clemensbrief (um 95): Ordnungen ● Mahnschreiben des röm. Presbyters Clemens an die Gemeinde v. Korinth: ruft Unruhestifter zur Ordnung (Gott = Gott der Ordnungen) ● Theologie der Schöpfung → positive Stellung zu Welt + Staat ● christl. Glaube = v.a. Gehorsam gegenüber dem neuen Gesetz in Christus

2) Zeit der Apostolischen Väter ● Verschmelzung beider Modelle → Ämtertrias: Bischof, Presbyter + Diakon ● Bischofsamt als besonderes Leitungsamt – Monepiskopat: zuerst in Syrien + Kleinasien (Ignatiusbriefe) – Ordination: um 100 in Kleinasien (jüd. Vorbild) – Gedanke der apostolischen Sukzession in 2 Bedeutungen: a) Übernahme der rechten Lehrtradition b) ununterbrochene Folge der Einsetzung

1) Urchristentum ● charismatische Gemeindefunktionen (Apostel, Propheten, Lehrer) ● daraus 2 Modelle der Gemeindeleitung: a) judenchristliche Presbyterialordnung b) paulinische Episkopalordnung

4) Ethik ● Christus bringt neues Gesetz: Freiheit vom jüdischen Zeremonialgesetz ● Gesetzlichkeit + Moralismus bei den Apostolischen Vätern

3) Ekklesiologie ● Kirche = Leib Christi: wie Christus präexistent ● Kirche = Schöpfung des Geistes → Geisterfahrungen ● Kirche = Gemeinde der Endzeit: Martyrium

2) Christologie ● Sohn Davids → Sohn Gottes ● durch Auferstehung: Christus als Kyrios erwiesen ● Christus = Herr des sittlichen Lebens (Offenbarer + Weltenrichter)

1) Gotteslehre ● Gott = Gott der Schöpfung, Erlösung + sittlichen Gerechtigkeit ● Betonung der Transzendenz: Gott-Mensch-Differenz

I.6.

I.5.

KG Rep

KG Rep

Die Apologeten

> Worin liegt die kirchengeschichtliche Bedeutung der Apologeten?

Die Apologeten

> Nennen Sie einige »Beweise« der Apologeten für die Wahrheit des

Christentums!

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

II.4.

> Charakterisieren Sie die Theologie der Apologeten!

> Was versteht man unter den sog. Apologeten? > Nennen Sie wichtige Apologeten!

II.2.

Die Apologeten

II.3.

Die Apologeten

KG Rep II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

II.1.

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

KG Rep

4) Logos-Christologie = Grundlage für Ausbildung des Trinitätsdogmas

3) wichtig für Dogmengeschichte: Christentum ∞ griech. Bildung

2) Abstand zur paulinischen Rechtfertigungstheologie vergrößert sich

1) v.a. innerkirchliche Wirkung: Väter der christlichen Theologie

3) Eschatologie ● auch hier moralistische + rationalistische Tendenz ● Naherwartung nicht mehr thematisiert

II.4.

2) Ethik ● Christus = v.a. Lehrer der Gotteserkenntnis + des neuen Gesetzes ● Heil wird intellektuell-moralisch verstanden ● M. hat Willensfreiheit ● keine Erbsünde: Vernunft durch Dämonen verdunkelt, die mit Irrtum auch die Sünde brachten (Sünde = v.a. Mangel an Wissen des Guten)

II.3. 1) Christologie ● Logos-Lehre: urspr. stoisch (Logos = Weltvernunft: höchstes Prinzip im Kosmos) ● subordinatianische Präexistenzchristologie – Logos war von Ewigkeit her Gott immanent (logos endiathetos) – tritt bei der Weltschöpfung aus Gott heraus (logos prophorikos): so schon vor Christus in der griech. Philosophie wirksam (logos spermatikos) – in Christus Fleisch geworden: Transzendenzdifferenz = überwunden → christl. Erkennen ∞ außerchristl. Erkennen

die wahre Philosophie (i.S. von wahrer Gotteserkenntnis): vollkommener Ersatz für griech. Philosophie + jüd. Religion

II.2.

II.1.

1) Wunderbeweis: Dämonenaustreibungen/Heilungen erweisen Christus als Gott 2) Weissagungsbeweis: allegorische Auslegung des AT auf Christus hin (göttl. Plan) 3) Altersbeweis: Mose = älter als Homer + griech. Weisheit → griech. Philosophie ist vom Christentum abhängig → Christentum = die vernünftige + natürliche (ursprüngliche) Religion 4) praktischer Beweis: erst Christen haben erkannte Wahrheit auch gelebt → christl. Leben = ein wahrhaft philosophisches Leben, das auch einfachen Leuten möglich ist

● Christentum =

– 2 Apologien an Antoninus Pius + Mark Aurel – Dialog mit dem Juden Tryphon (Verteidigung des AT in christl. Sicht) ● Tatian: Rede an die Hellenen ● Athenagoras von Athen: Bittschrift für die Christen an Mark Aurel ● Theophilus von Antiochien, Quadratus, Aristides, Melito von Sardes

> ● Justin der Märtyrer († um 165 unter Mark Aurel)

● wenden sich literarisch an Kaiser/Vollzugsbeamte ● wehren sich gegen: – Verleumdungen der heidnischen Umwelt: meist unliterarische Volksstimmung (Atheismusvorwurf), Ausnahme: Kelsos, Wahres Wort (gg. Monotheismus) – Repressalien durch die röm. Staatsgewalt – Abgrenzungen von seiten des Judentums

> christliche Schriftsteller in der 2. Hälfte des 2. Jh.s

mus und charakterisieren Sie deren religiöse Lehren!

> Nennen Sie wichtige Gestalten und Schulen des christlichen Gnostizis-

> Erläutern Sie einige zentrale Denkstrukturen des christlichen Gnosti-

zismus!

Der christliche Gnostizismus

II.8.

Der christliche Gnostizismus

KG Rep

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

II.6.

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

KG Rep

> Welche Ansichten sind für die Anthropologie und Ethik des christlichen

> Definieren Sie die Begriffe »Gnosis« und »Gnostizismus«! > Nennen Sie wichtige Quellen des christlichen Gnostizismus! Gnostizismus charakteristisch?

Der christliche Gnostizismus

II.7.

Der christliche Gnostizismus

KG Rep II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

II.5.

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

KG Rep

II.8.

3) drei große Systeme des christlichen Gnostizismus a) Ophiten: Schlange (Gen 3) = von Gott gesandte Vermittlerin der wahren Gnosis ● orientalische Mythologie (Naassenerpsalm) b) Basilides (aus Syrien, ab ca. 130: Schule der Basilidianer in Alexandrien) ● Christentum in Äg. urspr. gnostisch (ältester NT-Kommentar (zu Joh) = gnostisch) ● Basilides: philosophische Überformung des mytholog. Dramas → Mythologie auf höherer Reflexionsstufe ● aus höchstem Gott → Emanation v. Äonen (philosophisch-ethische Begriffe) ● Christus führt die Seele durch die Äonen wieder in die geistige Welt zurück c) Valentin (aus Alexandrien, Schüler von b), wirkt um 150 in Rom) ● gedanklicher Höhepunkt des christl. Gnostizismus: Spekulation mit theol. Tiefe ● Kosmogonie → Theodizee: Welt gründet im guten Gott → Woher dann Elend? ● Welt entsteht durch Fall der präexistenten Weltweisheit (Sophia) ● sog. Sophia-Mythos = mytholog. Nacherzählung der biblischen Heilsgeschichte: Antwort auf Frage nach Weltentstehung + Erlösungssehnsucht

2) Kerinth (um 100) in Kleinasien

1) Simon Magus (Apg 8): im Judentum verwurzelt, »Gottes große Kraft«

2) Ethik ● Erlösung = Befreiung des Geistes von der Materie → asketische Ethik oder → libertinistische Ethik: Geist hat mit Materie nichts zu tun

II.7. 1) Anthropologie ● Einteilung in sog. Pneumatiker, Psychiker/Pistiker + Hyliker ● nur die Pneumatiker mit ihrer Fähigkeit zur Erkenntnis können erlöst werden, die anderen sind letztlich ausgeschlossen

II.6.

3) höchster Gott sendet himmlischen Erlöser in die materielle Welt: ● Gottessohn = nur äußerlich mit dem M. Jesus verbunden (→ hat sich bei Kreuzigung wieder vom M. Jesus getrennt) bzw. nur scheinbar M. geworden (Scheinleib) = doketische Christologie ● Leiden/Tod ohne Bedeutung, dafür: Erkenntnis/Erleuchtung, die Christus der Seele bringt

2) schroffer Dualismus ● Geist ↔ Materie ● Gut ↔ Böse ● Gott ↔ Welt → Unterschied zw. höchstem Gott + niederem Weltschöpfergott (Demiurg)

1) Ausgangspunkt der Spekulationen = die Seele ● erlösungsbedürftig ● gefangen in der materiellen Welt ● sehnt sich nach ihrem geistig-göttl. Ursprung → durch Erkenntnis über ihren Ursprung + ihr Ziel findet sie Erlösung

● Pistis Sophia ● Nag-Hammadi-Texte (Fund 1946): – Thomasevangelium – Evangelium der Wahrheit ● antignostische Schriften des Irenäus, Tertullian + Hippolyt

> weitgehende Vernichtung seit 400, kleine Anzahl in koptischer Übersetzung erhalten:

= synkretistische religiöse Bewegung des Späthellenismus II.5. 2) Gnostizismus = Name für div. Richtungen, die diese religiöse Bewegung in das System einer Weltdeutung erhoben haben → vgl. »christlicher Gnostizismus«: Christentum wurde in ein allg. religionsphilosophisches System einzufügen versucht (Adolf von Harnack: die Gnostiker = die ersten Theologen)

> 1) Gnosis

KG Rep

KG Rep

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts Marcion

> Worin liegt die kirchengeschichtliche Bedeutung Marcions?

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

Marcion

> Wer war Marcion? Geben Sie einige Stichworte zu Leben und Werk!

II.12.

> Welche Gedanken sind für die Theologie des Marcion charakteristisch?

> Versuchen Sie eine theologische Kritik des christlichen Gnostizismus!

II.10.

Marcion

II.11.

Der christliche Gnostizismus

KG Rep II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

II.9.

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

KG Rep

gg. marcionitischen + christl.-gnostizistischen Dualismus behauptet Ki. die Einheit von Schöpfer- + Erlösergott

II.12.

4) AT:

Ablösung des christlichen Glaubens von der atl. Grundlage → ● Entleerung des Gottesbegriffs ● Verfälschung des Evangeliums ● Auflösung der Geschichtlichkeit Jesu

3) doketische Christologie: Welchen Sinn für die Erlösung hat die m. Seite an Christus?

2) Gottesbegriff:

1) Kanon: Vertrauen des christl. Glaubens zu seiner Überlieferung erschüttert → zwang Ki. zur Reflexion über ihr Verhältnis zum Urchristentum: Kanonbildung bekommt prinzipiellen Charakter

3) modalistische + doketische Christologie (Scheinleib)

2) scharfe Askese (geschlechtliche Enthaltsamkeit) ● Grund: – negative Wertung der Welt – Ablehnung des atl. Schöpfungsglaubens

II.11. 1) erstmals wird AT konsequent disqualifiziert ● Marcion versteht AT wörtlich (nicht allegorisch; nicht im Schema von Verheißung + Erfüllung) → atl. Schöpfergott = anderer Gott als der Vater Jesu Christi (Zwei-Götter-Lehre) → paulin. Dialektik von Gesetz und Ev. wird zur Alternative: Gesetz od. Ev. (Ev. hat das Gesetz endgültig aufgehoben)

II.10.

2) Werk ● Selbstverständnis eines Reformators: Reinigung der christl. Verkündigung von allen sog. judaistischen Verfälschungen → Rückkehr zum wahren Paulinismus ● erstmals ntl. Schrifteneinheit der atl. Schrift gegenübergestellt: ein von allen atl. Zitaten gereinigtes Lk-Ev. + 10 Paulusbriefe (ohne Pastoralbriefe) → Kanonbildung mit klarem theologischem, wenn auch ideologisch verfälschendem Grundsatz: Verhinderung des Wiedereindringens jüd. Denkweisen in das Evangelium (vgl. Marcions Antithesen: Gott der Liebe ↔ Gott des Gesetzes)

1) Leben ● Schiffsreeder aus Sinope (am Schwarzen Meer; Vater dort Bischof) ● unter Antoninus Pius in Rom: warb in Gde. für seine Ideen ● um 144: Trennung von röm. Gde. + Großkirche → Gründung eigener marcionitischer Gemeinschaften: rasche Ausbreitung (fast gesamtes Kirchengebiet)

Marcion

2) negative Kritik (3 fundamentale Gegensätze) a) Ablehnung des Schöpfungsglaubens (Kirchenväter: »blasphemia creatoris«): ● Schöpfer = niederer Gott ● das Materielle = das Gottwidrige b) Erlösung nicht von Schuld, sd. von Verstrickung in Materie c) doketische Christologie (Scheinleib) hebt geschichtliche Einmaligkeit der Inkarnation auf

1) positive Kritik II.9. ● positive Intention: tieferes, philosophisches Verständnis des Christentums ● Christus = Mitte des ganzen Weltendramas → z.T. tiefe Christusfrömmigkeit

II.13.

II.14.

> Was versteht man unter dem sog. Montanismus?

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

KG Rep

bestimmen?

> Wie ist das Verhältnis Marcions zum christlichen Gnostizismus zu

Marcion

II. Geistige Strömungen und theologische Entwürfe im Christentum des 2. Jahrhunderts

KG Rep

II.13.

II.14.

1) Montanus ● verstand sich wohl als Werkzeug Gottes (vgl. Joh 14–16: Paraklet) ● verkündete bevorstehendes Weltende + Herabkunft des himmlischen Jerusalem ● Ausbleiben der Parusie → baldiges Ende der Bewegung 2) Bewegung = Gegenreaktion auf ethische Kompromißhaftigkeit der Großkirche → Aufnahme urchristlicher Pneumatik: Prophetie, Enthusiasmus, strenge Askese, Martyriumsdrang 3) Antwort der Großkirche: Bischofssynoden ● Geistesfülle nur in Versammlung der Bischöfe

= eine prophetisch-apokalyptische Bewegung (ab 150 in der kleinasiatischen Provinz Phrygien, dann auch im Abendland)

→ Marcion ist vom christlichen Gnostizismus beeinflußt, aber dennoch selbständig (Irenäus: Marcion = Schüler des syrischen Gnostikers Cerdo)

2) Unterschiede ● kein Synkretismus ● keine gnost. Systematik + mytholog. Spekulationen: Marcion wollte schlichten Gemeindeglauben verkündigen ● keine Typologese/Allegorese ● keine Lehre von Menschenklassen

1) Übereinstimmungen ● Ablehnung des AT ● Doketismus ● Leugnung der Auferstehung des Fleisches

Die sog. katholischen Normen

> Wie entstand der Monepiskopat?

> Wie entstand der neutestamentliche Kanon? > Welche kirchengeschichtliche Bedeutung hat die Kanonbildung?

III.4.

Die sog. katholischen Normen

KG Rep

III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie

III.2.

III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie

KG Rep

> Was versteht man unter der sog. Glaubensregel (regula fidei)? > Wie entstanden die ersten Bekenntnisse und welchem Zweck dienten

> Was versteht man unter den sog. katholischen Normen? > Was sind die wichtigsten Gründe für die Ausbildung dieser Normen? sie?

Die sog. katholischen Normen

III.3.

Die sog. katholischen Normen

KG Rep III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie

III.1.

III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie

KG Rep

III.3.

2) frühchristliche Schriften = der bleibende Maßstab für KG: ohne Kanonbildung → drohender Untergang im Synkretismus

> 1) historischer Abstand zum Urchristentum w. manifest

2) Gruppenbildung (Hypothese) a) ab 150: in Kleinasien anstelle mündl.-schriftl. Herrenüberlieferung 4-Evn.-Gruppe b) um 100: bereits Sammlung von Pls.-Briefen, die im GD div. Gden. verlesen w. 3) Marcion → Zusammenführung (ca. 150–180) von 4-Evn.-Gruppe, 13 Pls.Briefen, Apg, 1Petr, 1–3Joh + Offb ● aus diesen Schriften führt Irenäus gg. Gnostiker den Schriftbeweis ● Kanon Muratori = ältestes Verzeichnis ntl. Schriften (um 200, Rom?) ● Auswahlkriterium = Apostolizität → umstritten: Apg, Offb, Hirt des Hermas 4) Kanonbildung: gg. Ende des 4. Jh.s stand der Umfang der Sammlung fest ● erst im 4. Jh. kommt der Begriff »Kanon« auf ● 39. Osterfestbrief des Athanasius (367): erstmals alle 27 ntl. Schriften aufgelistet

Monepiskopat (1 Bi. leitet 1 Gde.)

● beachte Zusammenhang mit der Kanon- + Bekenntnisbildung: Ziel = Beglaubigung gegenwärtiger Verkündigung mit der urchristl. Wahrheit ● erstmals in Kleinasien: aus dem Presbyterkollegium übernimmt einer die Leitung ● Grund: einzelner konnte Wahrheit besser gg. Häretiker verbürgen als ein Klerikerkreis ● vgl. die Bischofslisten – in Rom (Hegesipp, Irenäus) – in anderen herausragenden Gemeinden: Antiochien, Alexandrien, Jerusalem – Zweck: ● Bewahrung des Glaubensgutes (1Tim 6,20) ● Überlieferungskette (Sukzession): Bi. = Hüter der apostolischen Tradition

christlichem Gnostizismus Marcionitismus Montanismus exklusiver Anspruch des Christentums

> 1) neben LXX traten von Anfang an div. frühchristliche Schriften (im GD) III.2.

● ● ● →

> die Abwehr + Überwindung von

III.1. – der Kanon – die regula fidei – der Monepiskopat → mit ihnen ist die frühkatholische Kirche um 200 im wesentlichen ausgebildet ● Forschung – früher: Frühkatholizismus als Verrechtlichung (von Harnack) – heute: frühkatholische Tendenzen schon in der nachapostol. Zeit

> ● kath. Normen =

III.4.

● zuerst eingliedrige, dann zwei- bis dreigliedrige Bekenntnisformulierungen ● älteste Bekenntnisformulierung außerhalb NT = das römische Taufsymbol (Symbolum Romanum, um 150): 3 x 3 »Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, den Herrn, den Heiligen Geist, die Kirche und die Auferstehung.« → ab 150 theologisiert: christolog. Zusätze betonen Inkarnation gg. Gnostiker → so entstand das Apostolikum 2) Zweck = Zusammenfassung des rechten christl. Glaubens gegenüber Häretikern ↔ ältere Bekenntnisse: persönliche Selbstaussage der Glaubenden

> 1) Entstehung

= Bezeichnung für die normativen Elemente der apostol. Verkündigung i.S. eines großkirchlichen common sense = Ausdruck + Rahmen der ganzen apostolischen Botschaft → verbürgt Übereinstimmung des ntl. Kanons mit der mündl. Tradition → Einheit von regula + Kanon, teilweise aber auch regula der Autorität nach über dem Kanon (Tertullian): mit ihr ließen sich Gnostiker leichter bekämpfen

> regula fidei

KG Rep

KG Rep

III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie Tertullian

> Welche Gedanken sind für die Theologie Tertullians charakteristisch?

III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie

Irenäus

> Beschreiben Sie den theologischen Ansatz des Irenäus! > Worin unterscheidet sich Irenäus von den Apologeten?

III.8.

> Geben Sie einige biographische Stichworte zu Tertullian! > Nennen Sie seine Hauptwerke!

> Geben Sie einige biographische Stichworte zu Irenäus! > Welche Werke sind von Irenäus vollständig erhalten?

III.6.

Tertullian

III.7.

Irenäus

KG Rep III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie

III.5.

III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie

KG Rep

wirkte als Jurist in Karthago + Rom → Christ (Wann?) zw. 195 + 220: zahlreiche Schriften ab 207: Montanist † um 220

III.7.

1) Erkenntnislehre III.8. ● Spannung: Philosophie ↔ Theologie – Philosophie = Quelle der gnostischen Häresie: Spekulation ↔ Glaube – »Gott der Philosophen« ↔ Inkarnation Gottes in Jesus Christus ● aber: »testimonium animae naturaliter Christianae« (natürliche Gotteserkenntnis) 2) Trinitätslehre ● Formulierungen = Grundlage für spätere Trinitätslehre + Christologie ● tres personae – una substantia → Sohn = selbständige Person aus dem Vater, daher untergeordnet (Subordination) 3) Christologie ● göttl. + m. Eigenschaften Christi: in einer Person vereint, aber nicht gemischt → Logos ist ins Fleisch gekommen, aber nicht in Fleisch verwandelt worden ● Christus = v.a. Lehrer des neuen Gesetzes: Ziel der Erlösung = Wandel nach Geboten 4) Rechtfertigungslehre ● durch Fall naturhaftes Verderben, das vererbt wird (= Ursprung d. Erbsündenlehre) ● Gnade gibt Kraft zu Leben nach Gottes Geboten + zu Verdiensten (= Grundlage der kath. Heilslehre) 5) Ekklesiologie ● strenge Wahrung d. apostol. Tradition: Apostolikum erstmals normativ gg. Gnostiker

1) katechetische Schriften (Traktate über das Gebet, Vaterunser, Taufe, Buße) 2) apologetische Schriften (gg. christl. Gnostizismus + Marcion): ● Apologeticum in Form einer Gerichtsrede – Christenverfolgung = Wahnsinn, weil gg. vertrauenswürdigste Bürger gerichtet – Verfolgung → Ausbreitung: »semen est sanguis Christianorum« – Staat verliert religiöse Verklärung ● Adversus Marcionem ● De praescriptione haereticorum ● Adversus Praxean

> Gruppen:

● ● ● ●

> ● * nach 150 in Karthago als Sohn eines Offiziers

III.5.

III.6.

(Christus überbietet Adam) → Christentum = nicht natürl. Religion/wahre Philosophie, sd. neue göttl. Offenbarung

> Erlösung ist nicht nur Wiederherstellung, sd. Vollendung der Schöpfung

1) heilsgeschichtliche Theologie ● Irenäus = der erste bedeutende Schrifttheologe der Alten Kirche: zweiteilige Bibel, gg. Allegorese → Theologie der Heilsordnung Gottes von Schöpfung bis Vollendung: oikonomia 2) Christologie: Menschlichkeit Jesu gg. gnost. Doketismus gestellt 3) Soteriologie: Mitte des Heilswerkes = die Erlösung durch Christus ● Erlösung: anakephalaiosis/recapitulatio (Eph 1,10) = Wiederherstellung + vollendende Zusammenfassung d. Schöpfung: Christus stellt Ebenbildlichkeit wieder her → M. soll Christus gleich werden ● durch Erlösung: ewiges Leben = Anteil an Gottes Unvergänglichkeit → Vergottung

> Kampf gg. christl. Gnostizismus: Einheit von Schöpfung und Erlösung

2) Darstellung der apostolischen Verkündigung

> 1) Entlarvung und Widerlegung der fälschlich sog. Erkenntnis (Adversus haereses)

● ab 177 Bi. von Lyon ● um 190 Eingriff in den sog. Osterterminstreit (Passahstreit) – Bi. Viktor I. von Rom: auch kleinasiatische Gden. sollen am Sonntag nach dem 14. Nisan Ostern feiern (statt nach jüdischem Brauch am 14. Nisan) – Irenäus: römischer Bischof darf deswegen kirchliches Band nicht zerschneiden

> ● aus Kleinasien

III.10.

zusammenfassen?

> Welche Theologen sind Vertreter der sog. alexandrinischen Theologie? > Mit welchen Grundbegriffen läßt sich diese Theologie

III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie

KG Rep

Tertullian?

> Was verbindet bzw. unterscheidet die beiden Theologen Irenäus und

> Nennen Sie seine Hauptwerke!

Alexandrien!

> Geben Sie einige biographische Stichworte zu Clemens von

III.11.

Tertullian

KG Rep III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie

III.9.

III. Die Entstehung der frühkatholischen Kirche und ihre Theologie

KG Rep



3)

→ 1) 2)

III.11.

● bejaht AT (Bibeltheologe) ● bemüht sich um Synthese von bibl. Erkenntnis + Philosophie (göttl. Logos ist in Christus Mensch geworden) vgl. die Homilie über Mk 10,17ff. + v.a. die erhaltene Trilogie: Protreptikos: eine christl. Werbe-/Verteidigungsschrift für gebildete Griechen Paidagogos: eine Art Ethik – Motiv für rechtes Handeln aus Innerem des Herzens – Logos erzieht die Menschen in geistig-sittlichem Prozeß Stromateis: Lebensaspekte wie in einem »Teppich« miteinander verwoben – Glaubenserkenntnis in persönl. Annahme, nicht Theorie – vollkommener Christ = vollkommener Gnostiker: lebt schon jetzt in Gemeinschaft mit Gott → keine m. Lehrer mehr nötig Einfluß auf das spätere Mönchtum

> Clemens:

● nach Reisen schließlich Lehrer in Alexandrien ● Anfang 3. Jh.: Flucht aus Alexandrien wg. Verfolgung ● † um 215 in Kappadokien

> ● * um 150 (in Athen?)

Osten (Grieche) ↔ erbaulich ↔

III.10.

Tertullian: Westen (Römer) Tertullian: rhetorisch-dialekt. (Jurist)

Umformung des gnost. Gedankengutes ● wirkliche Synthese zw. Christentum + griech. Philosophie (mittlerer Platonismus) ● Bibelauslegung: Allegorese ● statt bloßem Autoritätsglauben (Pistis) begründete Erkenntnis (Gnosis) = vollkommene Stufe des Christseins (↔ Irenäus: abwegige Spekulation)

> ● Kampf gg. Gnostizismus (wie Irenäus + Tertullian), aber zugleich Aufnahme +

> v.a. Clemens von Alexandrien + Origenes

2) Unterschiede ● Prägung: Irenäus: ● Stil: Irenäus:

1) Übereinstimmungen III.9. ● Bibeltheologie ● heilsgeschichtliche Trinitätstheologie: trinitarische Personen offenbaren sich in zeitlicher Abfolge mit jeweils spezifischem Heilswirken

Origenes

> Inwiefern wirkte Origenes als Bibeltheologe?

Origenes

> Geben Sie eine Übersicht über das Leben des Origenes!

KG Rep IV. Das Christentum des 3. Jahrhunderts

IV.2.

IV.3.

IV.4.

> Erläutern Sie das philosophisch-theologische System des Origenes!

IV. Das Christentum des 3. Jahrhunderts

KG Rep

im 3. Jahrhundert?

Origenes

> Was kennzeichnet die geschichtliche Situation von Kirche und Theologie

KG Rep IV. Das Christentum des 3. Jahrhunderts

IV.1.

IV. Das Christentum des 3. Jahrhunderts

KG Rep

IV.3.

2) Methode: v.a. Allegorese (vgl. antike Schriftsteller) → dreifacher Schriftsinn: ● leiblich (buchstäblich) ● seelisch (psychisch) ● geistlich (pneumatisch)

● Kommentare: – Scholien (Einzelpunkte des Textes erläuternd) – Homilien (fortlaufende Kommentierung des Textes) ● Textausgaben: v.a. die Hexapla (AT)

Dominanz des göttlichen Erziehungsgedankens → Raum für bibl. Vorstellungen von Gericht, Sünde, Vergebung?

1) Werke:

Fazit:

IV.4.

1) Gott = das absolute, unveränderliche, geistige Ur-Eine → aus ihm fließt alles: ● Logos (als Offenbarer + Weltschöpfer): in Ewigkeit vom Vater gezeugt → wesenseins mit d. Vater, aber untergeordnet (Subordinatianismus): das Schöpfungsurbild ● Hl. Geist (3. Hypostase): unter dem Sohn → Vater, Logos, Geist = Trias 2) Schöpfung + Fall: Geistwesen mißbrauchten Freiheit → Absturz in Materie (Engel, Menschen, Dämonen) ● Welt = pädagogischer Strafort Gottes: dient der Besserung durch den Logos 3) Erlösung: Logos ∞ präexistente m. Seele → so in Maria eingezogen: theos anthropos Logos wirkt Erlösung: ● durch sein Vorbild + seine Lehre ● durch lytron an Teufel: Befreiung des Menschen → Erlösung wirkt geistig-moralisch: neue sittliche + theologische Einsichten → stufenweise Vervollkommnung des Menschen: nach Tod Läuterungsfeuer → zuletzt w. alles wieder zurückgebracht (apokatastasis panton [vgl. 1Kor 15,28]) 4) Kirche = Erziehungsanstalt des Logos: Einheit von Geist + Amt → erstmals symbolische Auffassung von Taufe + Abendmahl

Hauptwerk: Peri archon (De principiis) = 1. systematische Zusammenfassung des christl. Glaubens

IV.2.

IV.1.

● * um 185 in Alexandrien: in christlichem Haus aufgewachsen – Vater: Leonides = Lehrer in Alexandrien – asketischer Ernst → wörtliche Befolgung von Mt 19,12 ● ab 203: Lehrer an der »Katechetenschule« in Alexandrien + Philosophiestudium bei Ammonios Sakkas – geistiges Umfeld = Mittelplatonismus: Gott = höchstes geistiges Wesen, aus dem geistige Wesenheiten hervorgehen (Emanation) ● 231: sog. Fall des Origenes: Presbyterweihe auf Vortragsreise → Exkommunikation durch Bi. Demetrius von Alexandrien → Lehrtätigkeit in Caesarea (Palästina) – Reisen nach Kleinasien, Griechenland + Rom ● † 254 in Caesarea an Folterfolgen (decische Verfolgung)

Quelle: Euseb von Caesarea, Kirchengeschichte, 6. Buch

● Theologen des Christentums – Origenes – Cyprian

● Verfolgung des Christentums – 1. Hälfte des 3. Jh.s: Epoche relativer Ruhe (religiöser Synkretismus) – 249–251: erste reichseinheitliche Christenverfolgung unter Decius – 257/58: zweite schwere Verfolgung unter Valerian – ca. 40jährige Friedenszeit – 303–311: letzte große Verfolgung unter Diokletian → Verfolgungen konnten aber Ki. in ihrem Bestand nicht mehr gefährden

● Ausbreitung des Christentums → wachsendes ki. Selbstbewußtsein

IV.5.

IV.6.

Positionen an!

> Nennen Sie die Kontrahenten im sog. Ketzertaufstreit und geben Sie ihre

IV. Das Christentum des 3. Jahrhunderts

KG Rep

> Worin liegt die kirchengeschichtliche Bedeutung Cyprians?

Karthago!

> Geben Sie einige Stichworte zu Leben und Werk des Cyprian von

IV. Das Christentum des 3. Jahrhunderts

KG Rep

IV.5.

IV.6.

2) Stephan I. von Rom: ja ● Grund: eine rite vollzogene Taufe wirkt unabhängig von der Person des Spenders ● vgl. auch: – die römische Praxis – die ältere kirchliche Tradition – die Vorrangstellung des römischen Bischofs → Papalismus/Kurialismus

1) Cyprian von Karthago: nein ● Grund: eine außerhalb der wahren kath. Kirche vollzogene Taufe = ungültig, »quia salus extra ecclesiam non est« → Episkopalismus

Streitfrage: Ist eine von »Ketzern« gespendete Taufe gültig?

> Cyprian = erster Theologe mit ausgebildeter Lehre von Kirche + Amt

1) Leben ● * um 210 in Karthago; Name: Caecilius Cyprianus ● Ausbildung zum Rhetor ● um 250 Christ → nach Taufe bald Presbyter + Bischof von Karthago – Probleme aus decischer Verfolgung bestimmten sein Wirken ● † 258 als Märtyrer (valerianische Verfolgung) 2) Werk ● erste Schriften: Traktate über Almosen, Geduld, Martyrium, über biblische Beweisstellen für Verkündigung ● Hauptwerke: a) De lapsis – herausragende Stellung des Bischofsamtes – seelsorgliche Anweisungen für verfolgte Christen b) De ecclesiae catholicae unitate – Petrus = Urbild aller Bischöfe: Anteil an seinem Amt – Unterordnung unter Bi. = Voraussetzung für ki. Einheit ● Briefwechsel = wichtige kg. Quelle für die Mitte des 3. Jh.s

> Cyprian = sachlich + zeitlich zwischen Tertullian + Augustin

der Alten Kirche?

> Was ist die Hauptquelle für die Geschichte der Christenverfolgungen in

> Beschreiben Sie die seit dem 2. Jahrhundert geltende Rechtslage für das

staatliche Vorgehen gegen die Christen!

Christenverfolgungen in der Alten Kirche

Christenverfolgungen in der Alten Kirche

V.4.

V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

KG Rep

V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

KG Rep

V.2.

> Wie verlief die Geschichte der Christenverfolgungen bis Diokletian?

> Nennen Sie wichtige Motive für die Christenverfolgung durch den

römischen Staat!

Christenverfolgungen in der Alten Kirche

V.3.

Christenverfolgungen in der Alten Kirche

KG Rep V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

V.1.

V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

KG Rep

V.3.

V.4.

Beispiele: ● Bericht über das Martyrium des Bi. Polykarp v. Smyrna († 156/167) = ältester Märtyrerbericht außerhalb des NT ● Bericht über das Martyrium des Justin († um 165 in Rom) ● Märtyrerbericht über Verfolgung der Gemeinden von Lyon + Vienne im Jahr 177 ● Märtyrerbericht über Verfolgung im nordafrikanischen Scili im Jahr 180 ● vgl. auch die Apologien der Kirchenväter: Christenverfolgungen im 2. Jh.

die sog. Märtyrerakten (= in der Regel: ök. Rundbriefe): a) Augenzeugenschilderungen der Gemeinde b) staatliche Prozeßakten mit christlichen Interpolationen

6) ca. 40jährige Friedenszeit (258–303) ● 262 Reskript des Gallienus an äg. Bischöfe: Rückgabe christl. Kultstätten = 1. kaiserliche Antwort auf ki. Bittschrift: partielle Anerkennung der Kirche

5) Verfolgung unter Valerian (257/58)

4) Verfolgung unter Decius (249–251) ● erste reichseinheitliche und auf Gesetz basierende Christenverfolgung

3) von Commodus bis Philippus Arabs (180–249) ● z.T. spontane Haßaktionen der Bevölkerung, insgesamt aber eher ruhig ● 212 Constitutio Antoniniana des Caracalla: fast alle Reichsbewohner erhielten das röm. Bürgerrecht → Gleichstellung von römischen Bürgern und Peregrinen = rechtliche Grundlage der reichseinheitlichen Verfolgung unter Decius

2) von Trajan bis Mark Aurel (100–180) ● 111/13: Pliniusbrief + Trajanreskript ● einzelne lokale Verfolgungen unter Mark Aurel (Lyon, Vienne): Märtyrer

1) sporadische Verfolgungen durch Nero + Domitian (1. Jh.)

V.1.

V.2.

● Vereinsverbot unter Trajan: traf auch die Christen

2) Grundlage (der prinzipiell unklaren Rechtslage) = Reskript des Trajan (ca. 111/13): a) keine polizeiliche Fahndung nach Christen b) bei Anzeige: Prozeß mit geregeltem Verfahren c) keine Berücksichtigung anonymer Anzeigen d) Straffreiheit für Apostaten

1) Möglichkeiten: a) strafrechtliche Tatbestände (z.B. Verweigerung des Kaiserkults [crimen laesae Romanae religionis]) → Kriminalprozeß (cognitio) b) Störung der öffentlichen Ordnung → Polizeiaktion (coercitio) des Präfekten: beliebige Bestrafung von Gehorsamsverweigerern + Zwang zum Gehorsam

● Christentum = keine religio licita, aber auch nicht verboten, sd. verdächtig → Ermessensfrage für Magistrate + Provinzstatthalter

4) Christen wurden als Fremdkörper empfunden: ● Heilsgewißheit ● enges Gemeinschaftsleben ● Ferne von gesellschaftlichen Sitten ● strenge Lebensführung (Todesbereitschaft)

3) Kosmopolitismus des christlichen Glaubens → widersprach Universalismus der römischen Reichsidee

2) strenger Monotheismus → Verweigerung des Kaiserkults

1) eschatologische Hoffnung der Christen → Kritik am Bestehenden

● seit 250 erkannte Staat Tragweite der gut organisierten und weit verbreiteten Kirche ● Zusammenstoß mit röm. Behörden aber von Anfang an unvermeidlich

Kirche im 4. Jahrhundert?

> Welche Auswirkungen hatte die sog. Konstantinische Wende auf die

> Welche Ereignisse markieren den Anfang eines grundlegenden Wandels

im Verhältnis von Kirche und Staat?

Konstantin der Große (306–337)

V.8.

Konstantin der Große (306–337)

KG Rep

V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

V.6.

V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

KG Rep

> Nennen Sie einige kirchenpolitisch bedeutsame Maßnahmen Kaiser

> Welche politischen Ziele verfolgte Diokletian? > Welche Maßnahmen ordnete er gegen die Christen an? > Wie verlief die diokletianische Verfolgung? Konstantins!

Konstantin der Große (306–337)

V.7.

Christenverfolgungen in der Alten Kirche

KG Rep V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

V.5.

V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

KG Rep

Maßnahmen nicht im Gegensatz zu bisheriger Entwicklung, aber Christentum durch Protektion nun in öffentlicher Verantwortung

1) Einfluß des Kaisers:

V.8. Konstantin ● bestimmte ki. Lehre + Gesetze mit ● griff in Gerichtswesen + Verwaltung der Ki. ein ● rief Synoden ein ● bestätigte Bischofswahlen, ernannte z.T. die Bischöfe 2) Klerus: ● Bischöfe w. zu Autoritätspersonen (verfügten über Gemeindevermögen) ● weitere Ämter neben Bischof: Diakon, Archidiakon + Presbyter ● Aufnahme durch sakramentale Weihehandlung ● Berufs- + Ehelosigkeit begann sich langsam durchzusetzen 3) Liturgie: ● GD ausgebaut: missa catechumenorum (Schriftlesung + Gebet) + missa fidelium (Eucharistie) → Eucharistie (Abm. als Opfer ) = Höhepunkt des GD ● Feste fixiert: – Ostern (= Hauptfest) 325 in Nizäa auf 1. Sonntag nach dem Frühlingsvollmond – Weihnachtsfest im 4. Jh. in Rom auf 25. Dez. (= Wintersonnenwende) 4) Frömmigkeit: heidnische Einflüsse auf ● Heiligen-/Marienverehrung ● Bilder-/Reliquienkult ● Wallfahrtswesen

Fazit:

V.7. 1) Eingriff in innerkirchliche Streitigkeiten a) Nordafrika: donatistische Streitigkeiten ● Donatisten: von sündigen Klerikern gespendete Sakramente = unwirksam ↔ Großkirche: Sakramente unabhängig vom Spender wirksam → Einberufung der Synode von Arles 314 = 1. Reichssynode d. KG: Verurteilung des Donatismus b) Alexandrien: Streitigkeiten über die Stellung des Sohnes zum Vater → Einberufung des 1. Ök. Konzils von Nizäa 325: Stichwort »homousios« von kaiserlicher Seite eingebracht 2) 321 Einführung der Sonntagsfeier → Kreuzzeichen in der Öffentlichkeit 3) Kirchenbauten in Konstantinopel, Jerusalem (Grabeskirche) + Rom (Petersbasilika) 4) 330 Verlegung der Hauptstadt in den Osten: Ausbau von Byzanz zu Konstantinopel → Bi. von Rom konnte sich kirchlich + politisch entfalten, Bi. von Konstantinopel geriet in Abhängigkeit vom kaiserlichen Hof ● ● ● ●

V.5.

Abriß der Kirchengebäude Auslieferung + Verbrennung der hl. Schriften Verbot jeder christlichen Versammlung Verhaftung + Folter des Klerus: Opferzwang

V.6.

● neues Staat-Kirche-Verhältnis → Mittelalter: – Staat erstmals theologisch überhöht – Mitwirkungsrecht der Bischöfe bei staatl. Verwaltungsakten → polit. Funktion des Bischofsamtes ● Konstantins Entscheidung für das Christentum hatte v.a. politische Gründe

3) 324 Sieg Konstantins über Licinus: Alleinherrschaft im Reich

2) 313 Mailänder Vereinbarung zw. Konstantin + Licinius: Religionsfreiheit auch für die Christen im Osten ● Gleichstellung mit heidnischer Religion ● Rückgabe von Kirchengut ● Ki. = rechtsfähige Körperschaft (juristische Person)

1) 28.10.312 Schlacht an der Milvischen Brücke bei Rom: Konstantin besiegte Konkurrent Maxentius (Sohn des Maximinian) → gewann Alleinherrschaft im Westen

Die sog. Konstantinische Wende

● Westcäsar Konstantius Chlorus (Vater Konstantins) mit Sympathien für Christen → in seinen Provinzen Gallien + Britannien wohl nicht alle Edikte umgesetzt ● große Anzahl an Märtyrern, aber Ki. nicht mehr zu ignorierender Machtfaktor ● nach Abdankung der beiden Augusti Diokletian + Maximinian: Verfolgung im Westen eingestellt ● 311 Toleranzedikt des Ostaugustus Galerius: religio licita → im Osten danach aber immer noch einzelne Verfolgungen

> die bis dahin schwerste Verfolgung (303–311), allerdings lokale Unterschiede:

> antichristliche Edikte (303/04):

Verwaltungsreform, Militärreform, Einführung der Tetrarchie → Konflikt mit Kirche v.a. wg. Rekrutierung für den Heerdienst

> Reichsreform gg. Staatszerfall:

Entstehung des Mönchtums

> Wie entwickelte sich das Mönchtum vom 4. bis zum 6. Jahrhundert?

> Welche geschichtlichen Wurzeln hat das christliche Mönchtum?

V.12.

Entstehung des Mönchtums

KG Rep

V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

V.10.

Osten!

> Beschreiben Sie erste Ausprägungen und Gestalten des Mönchtums im

V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

KG Rep

Christentums zur »Staatsreligion«?

Entstehung des Mönchtums

V.11.

> In welchen Etappen verlief nach Konstantins Tod der Weg des

KG Rep V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

V.9.

V. Die Konstantinische Wende und die Entstehung des Mönchtums

KG Rep

1) Osten V.12. ● seit Anfang des 4. Jh.s: Ausbreitung in Äg., Syrien, Palästina ● Basilius von Caesarea = »Vater« des griech. Mönchtums: Mönchsregeln, geistliches Leben (Gebetszeiten, Beichte) 2) Westen ● in der 2. Hälfte des 4. Jh.s: Ausbreitung nach Westen ● nach anfänglichem Widerstand bald bedeutende theologische Anhänger: Hieronymus (Rom), Ambrosius von Mailand, Augustin (Thagaste), Martin von Tours (Gallien) + Johannes Cassianus (Kloster Lerinum in Südgallien) ● Benedikt von Nursia: – begründete 529 Kloster auf dem Monte Cassino – Regula Benedicti (gg. vagabundierendes Mönchtum): ● stabilitas loci ● conversatio morum ● oboedientia ● »ora et labora« 3) Reaktion der Kirche ● Akzeptanz → Mönchtum wurde Institution in der Kirche ● 451 Chalcedon: Mönchtum in Kirche integriert ● Gründe: Kontrolle durch Bischöfe, ki. Entlastungsfunktion (Zwei-Stufen-Ethik)

2) Koinobitentum ● teilweise gleichzeitig mit Eremitentum entstanden ● seit 320 in Äg. nachweisbar: Pachomius (292–346) – gründete in Tabennisi das 1. (Männer-)Kloster → begründete auch ein Frauenkloster – regelte Leben der Klöster: ● jedem Kloster steht 1 Abt vor ● Gehorsam gg. Abt ● Disziplin + Arbeitspflicht ● Besitzlosigkeit

V.11. 1) Eremiten- oder Anachoretentum ● im 3. Jh.: Auftreten außergemeindlicher Askese → Auszug in die Wüsten Ägyptens + Syriens = Beginn des Mönchtums ● Eremit = Bild des vollkommenen Christen, stellvertretend für Gde. mit Gott lebend ● Eremitentheologie: – Fleisch-Geist-Dualismus – Gemeinschaft mit Gott – Kampf gegen die Dämonen ● Prototyp = der Hl. Antonius (ca. 250–356; Quelle: Vita Antonii des Athanasius) ● Weitergabe der Väterweisheit an die Schüler in den sog. Apophthegmata Patrum

V.9.

3) Situation im 3. Jh. ● wachsende Distanz zur Gemeindeordnung (v.a. zum Bischof) ● Befreiung von wirtschaftlich-politischen Lasten

2) Förderung der christlichen Askese durch die Umwelt ● Apokalyptik des palästinischen Judentums ● Vollkommenheitslehre Philos ● Tugendlehre der Pythagoräer/Orphiker/Stoiker ● Leib-Seele-Dualismus des Neuplatonismus + der Gnosis

1) christliche Askese ● asketische Deutungsmöglichkeiten biblischer Vorgaben: – »Wüste« als Ort von Heil + Gottesnähe/-gericht – Vergänglichkeit der Welt (1Kor 7,31) – Armut der Christusnachfolge (Mt 19,21) – Verzicht auf Ehe »um des Himmelreiches willen« (Mt 19,12) – Vorzug der Ehelosigkeit (1Kor 7) ● charismatisches Wanderasketentum ● gnostisch-christliche + eschatologisch-enthusiastische Strömungen

3) Theodosius d.Gr. (379–395): Christentum wird »Staatsreligion« ● Religionsedikt von 380: nizänische Trinitätslehre wird verbindliches Reichsdogma ≈ Aufhebung der Religionsfreiheit

V.10.

2) Julian (361–363): sog. heidnische Reaktion → Versuch einer Staatsreform durch Wiederbelebung heidnischer Kulte (→ u.a. Judentum begünstigt) ● Christen aus Staatsdienst gedrängt ● Privilegien des Klerus aufgehoben ● Schulgesetz: Christen von höherer Bildung ausgeschlossen → nach 363: Wiederherstellung der ki. Privilegien

1) Konstantins Söhne: Unterdrückung des Heidentums ● Konstantin II. (337–340) ● Konstans (337–350), seit 340 Herrscher über den ganzen Westen ● Konstantius (337–361), seit 350 Alleinherrscher → Kirche wurde begünstigt, heidnische Kulte gewaltsam zurückgedrängt: – bei heidnischem Opfer: Todesstrafe – Schließung der Tempel

Apologeten?

> Welche Bewegung erhob sich als Reaktion auf die Überlegungen der

> Geben Sie einen Überblick über die Entwicklung der Trinitätstheologie

im vorkonstantinischen Christentum!

Erste Klärungsversuche des trinitarischen Problems um 200

VI.4.

Erste Klärungsversuche des trinitarischen Problems um 200

KG Rep VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

VI.2.

> Worin besteht der trinitätstheologische Beitrag der Apologeten?

VI.3.

VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

KG Rep

Testament?

Erste Klärungsversuche des trinitarischen Problems um 200

> Welche trinitätstheologischen Ansätze finden sich bereits im Neuen

KG Rep VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

VI.1.

VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

KG Rep

VI.4.

VI.3.

1) dynamistischer Monarchianismus (Adoptianismus) ● Jesus = M., der bei Taufe zum Sohn Gottes adoptiert + mit bes. göttlicher Kraft begabt wurde → Gott = einer: dynamische Vater-Sohn-Beziehung ● Vertreter: Theodot der »Gerber« (um 190 in Rom), Theodot der »Wechsler«, mit Einschränkung: Paul von Samosata 2) modalistischer Monarchianismus ● Vater + Sohn/Christus = 2 Erscheinungsformen ein + desselben Gottes → Konsequenz: der Sohn = der Vater → Patripassianismus a) Noët von Smyrna: Vater + Sohn = nicht personal verschieden ● Grund: Leiden Christi nur erlösungswirksam, wenn Christus Gott ist (vgl. später: Athanasius) b) Praxeas versuchte Patripassianismus zu vermeiden (↔ Tertullian) ● nur das Fleisch (der sog. Sohn Gottes) hat gelitten, nicht der Vater ● das Göttliche im Erlöser = personhaft identisch mit dem Vater c) Sabellius: das eine Gottwesen offenbart sich in drei Masken/Rollen (prosopa) in der Heilsgeschichte = ökonomische Trinität ↔ immanente Trinität (innere Ausdifferenzierung im Wesen Gottes)

Monarchianismus: Betonung der Einheit + Ablehnung der Spekulation → 2 Richtungen:

Verbindung der griech. Logosvorstellung (Weltvernunft) mit Logos Joh 1: ● der christliche Glaube = vernünftig ● Verlagerung des christologischen Denkens in den Raum der Präexistenz → Problem des »pluralistischen Monotheismus« (Friedrich Loofs): Vielheit von Gottwesen, die doch Einheit nicht gefährden soll (vgl. Justin: Christus = deuteros theos)

subordinatianische Präexistenzchristologie

VI.1.

1) trinitätstheologische Ansätze im NT VI.2. ● adoptianische Vorstellungen ● Präexistenz/Gottesebenbildlichkeit ● Paraklet 2) Logos-Christologie der Apologeten ● griech. Logosvorstellung mit Logosgedanken von Joh 1 verbunden → Problem: »pluralistischer Monotheismus« (Vielheit in Gott) 3) Gegenbewegung: Monarchianismus (Einheit Gottes) a) dynamistischer Monarchianismus (Adoptianismus) ● Jesus = Mensch, der bei Taufe zum Sohn Gottes adoptiert + mit bes. göttlicher Kraft begabt wurde b) modalistischer Monarchianismus ● Jesus = eine besondere irdische Erscheinungsform Gottes 4) Reaktionen der frühen Kirchenväter ● Wiederaufnahme der Logos-Christologie – Irenäus/Tertullian: Gottes heilsgeschichtliche Offenbarung als Trinität – Origenes: immanente Trinität

1) in der ältesten Überlieferung adoptianische Vorstellungen: Jesus bei Taufe zum »Sohn« adoptiert (Mk 1,11) 2) Ausbau der Christus- + Hl.-Geist-Vorstellungen: ● Christus: Präexistenz (Joh 1,1–14; Phil 2,5–11) + Gottesebenbildlichkeit (Röm 8,29; 2Kor 4,4; Kol 1,15) ● Hl. Geist: mit Gott + Christus verbunden, aber auch von ihnen unterschieden (Joh 14,17.26) 3) triadische Formeln: 2Kor 13,13; Mt 28,19 4) frühe Glaubensbekenntnisse + regula fidei: Dreigliederung (vgl. Symbolum Romanum)

Trinitätstheologie wurzelt im NT (↔ Platonismus-/Parsismus-These) ● Kritik an der Trinitätslehre durchzieht KG (vgl. Antitrinitarier) → Grundproblem: die Gottheit Jesu

> Welche Bedeutung kommt Athanasius und den drei Kappadokiern bei der

> Charakterisieren Sie die erste Phase des arianischen Streites!

Ausbildung des trinitarischen Dogmas zu? > Welche wichtigen Entscheidungen wurden auf dem Konzil von Konstantinopel getroffen?

Der arianische Streit (318–381)

VI.8.

Der arianische Streit (318–381)

KG Rep VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

VI.6.

VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

KG Rep

arianischen Streites nach 325!

> Geben Sie einen Überblick über die theologischen Hauptlinien des

> Wie reagierte die kirchliche Theologie auf den Monarchianismus? > Welchen Beitrag leisteten die frühkatholischen Kirchenväter zur

Entwicklung der Trinitätslehre?

Der arianische Streit (318–381)

VI.7.

Erste Klärungsversuche des trinitarischen Problems um 200

KG Rep VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

VI.5.

VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

KG Rep

● übernahm i.w. die Bestimmungen von 325 (Nizäno-Constantinopolitanum) ● 3. Artikel erweitert: Geist geht v. Vater aus + wird mit Vater/Sohn zusammen verehrt ↔ Pneumatomachen um Bi. Macedonius von Konstantinopel – vgl. schon Betonung der Gottheit des Geistes bei Athanasius

> 2. Ök. Konzil von Konstantinopel 381

notwendig: nur als Gott (nicht als Geschöpf) kann Christus wirkliche Gotteserkenntnis bringen ● Grund: ohne wahre Gotteserkenntnis keine Erlösung ● Formel: »Das Wort ward Fleisch, damit wir vergöttlicht würden.« ● Vergottung = Wiederherstellung der m. Natur in ihrer Unverweslichkeit: »physische« Erlösungslehre (↔ eher ethische Erlösungslehre im Westen) 2) drei Kappadokier Basilius v. Caesarea, Gregor v. Nyssa, Gregor v. Nazianz ● schaffen nach Tod Julians präzise Begriffssprache: – usia = das gemeinsame Gottsein (Wesen) – hypostasis = die Vereinzelung des Gottseins (urspr. d. »Daruntergestellte«) = Basis für die Bekenntnisformulierung

● Wesenseinheit =

> 1) Athanasius: soteriologische Bestimmung der Trinitätslehre

VI.8.

VI.7. homousios begriffen als »gezeugt, nicht geschaffen«: meinte die Gottheit des Sohnes → ungelöste Probleme: ● Wie verhalten sich die diversen göttl. Personen zueinander? ● Wie ist die Gottheit Christi mit d. irdischen Jesus zusammenzudenken? 2) viele Bischöfe im Osten (von Origenes geprägt) neigten Arius zu ● ab 325: Arianismus von kaiserlicher Politik begünstigt 3) Athanasius (seit 328 Bi. v. Alexandrien; † 373) ● verstand homousios zunächst i.S. der Gottheit des Sohnes, dann i.S. der Wesenseinheit Gottes ● lernte durch seine Exile (Trier; Rom) westl. Trinitätslehre kennen (Tertullians Substantia-Begriff) 4) seit 350: Konstantius verhalf Arianismus zum Durchbruch → 4 Parteien: a) Arianer/Anhomöer: anomoios = [wesens]ungleich b) Homöusianer (origenist. Mittelpartei): homoiusios = wesensgleich/-ähnlich c) Homöer: homoios kata tas graphas: Gottheit des Sohnes biblizistisch begründet → homöisches Bekenntnis wurde 359 in Konstantinopel zum Dogma erklärt d) Homousianer/Altnizäner: homousios = wesenseins ● heidnische Reaktion unter Julian 361–363: entschärfte Gegensätze → Synode von Alexandrien 362: Gott = mia usia – treis hypostaseis

1) Nizäa:

● knüpft an Logos-Christologie an ● fortschreitende Offenbarung Gottes in der Heilsgeschichte ● klare Begriffe: tres personae – una substantia: eine Substanz als dreifache Person ● in d. Heilsgeschichte differenziert sich d. Einheit in die Dreiheit ● erstmals immanente Trinitätslehre: Gott bringt den Sohn in einem ewigen Akt hervor ● wie der Sohn aus dem Vater, so der Geist aus dem Sohn: Subordinatianismus ● Bezeichnung für die einzelnen Personen: »Hypostase« → Sohn + Geist = der Hypostase nach vom Vater unterschieden, aber dem Willen nach mit ihm eins

VI.5.

Frage: Ist Christus ein göttlich inspirierter Mensch oder wahrhaft Gott? VI.6. 1) Arius (Presbyter in Alexandrien) ● kam theologisch von Lucian von Antiochien her: betonte Subordination ● philosophisch orientiertes Gottesverständnis: Einzigkeit + Transzendenz Gottes → Christus = Geschöpf Gottes: aus dem Nichts, vor der Zeit erschaffen = Hypostase (vgl. Origenes), aber nicht wesenseins mit dem Vater 2) vornizänischer Streitverlauf ● Bi. Alexander von Alexandrien: Gottgleichheit Christi (gg. Spekulation) ● Synode v. Alexandrien 318/19: Verurteilung des Arius → floh zu Euseb von Nikomedien: Unterstützung origenistischer Bischöfe → Ausweitung des Streites 3) Konstantin berief 325 Reichssynode nach Nizäa = das 1. Ök. Konzil ● Annahme eines älteren Bekenntnisses: Sohn = »aus dem Wesen des Vaters gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater« ● Stichwort »homousios« vom Kaiser bzw. Hosius v. Corduba (≈ »unius substantiae« Tertullians): schillerte zwischen »wesenseins« + »wesensgleich« → vereinigte Synodenparteien: – Arianer – gemäßigte Origenisten – Gruppe um Bi. Alexander, Markell, Hosius ● Arianer verweigerten Unterschrift → Verurteilung + Verbannung

3) Origenes:

2) Tertullian:

> 1) Irenäus:

→ ki. Theologie: Lehre von der Wesenseinheit des Sohnes mit dem Vater ● Modalismus: ungeschichtliches Jesusbild (Jesus wußte sich als Gegenüber zum Vater) → ki. Theologie: Lehre von den drei Personen der Gottheit

> ● Dynamismus: Jesus = weder wirklich Mensch noch wirklich Gott

des 5. Jahrhunderts?

> Welche Wendung nahmen die christologischen Streitigkeiten in der Mitte

> Warum kam es gegen Ende des 4. Jahrhunderts zu heftigen

Auseinandersetzungen um die Christologie?

Die christologische Frage in der Alten Kirche

VI.12.

Die christologische Frage in der Alten Kirche

KG Rep VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

VI.10.

VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

KG Rep

Streit zu Beginn des 5. Jahrhunderts!

> Nennen Sie die wichtigsten theologischen Positionen im christologischen

> Geben Sie einen Überblick über die Entwicklung der Christologie im

vorkonstantinischen Christentum!

Die christologische Frage in der Alten Kirche

VI.11.

Die christologische Frage in der Alten Kirche

KG Rep VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

VI.9.

VI. Überblick über die altkirchliche Dogmengeschichte

KG Rep

VI.11.

VI.12.

3) 4. Ök. Konzil zu Chalcedon 451 ● die sog. Zwei-Naturen-Lehre wurde Dogma: die eine Person Christi in 2 Naturen, wahrer Gott + wahrer Mensch, weder vermischt noch getrennt ● 4 Begriffe: – »unvermischt«/»unverwandelt« (Anliegen Antiochiens) – »ungeschieden«/»ungetrennt« (Anliegen Alexandriens) ● allerdings: nach 451 Fortsetzung der Kontroverse (sog. monophysit. Kämpfe)

2) Lehrbrief Leos d.Gr. (440–461) von 449 (Tomus Leonis) ● christologisches Denken des Westens: – Christus = eine Person in zwei Naturen – Gottheit + Menschheit = unverändert, doch gemeinsam wirkend = Basis für die Bekenntnisformulierung

1) eutychianischer Streit (448–451) ● benannt nach Alexandriner Eutyches ● 449 berief Dioskur Synode nach Ephesus: in Christus herrschte die eine göttliche Natur

3) nestorianischer Streit (428–433) um das mariologische Theotokos-Prädikat a) Nestorius von Konstantinopel: Maria = christotokos (Christusgebärerin) b) Kyrill: Maria = theotokos (Gottesgebärerin) ● Kaiser Theodosius II. berief 431 Konzil nach Ephesus: Tumulte → gegenseitige Verdammung der Parteien ● Kaiser ließ Kyrill + Nestor festsetzen: Kyrill konnte entkommen; Nestor blieb verbannt ● Teilsynode Kyrills wurde später als 3. Ök. Konzil anerkannt: Maria = theotokos

2) Antiochien ● Verbindung von Gott + M. als Entwicklung, in Auferstehung/Himmelfahrt kumulierend (henosis schetike) ● Vertreter: Diodor von Tarsus, Theodor von Mopsuestia, Theodoret von Kyros ● Logos-Anthropos-Christologie (nicht nur Leib, sd. einen M. angenommen)

1) Alexandrien ● Verbindung von Gott + M. im physischen Sinne (henosis physike) ● Vertreter: Kyrill, Dioskur ● Logos-Sarx-Christologie

VI.9.

VI.10.

1) theologischer Gegensatz + kirchenpolitische Rivalität zweier Patriarchate a) Alexandrien ● Einheit von Gott + M. in Jesus Christus betont ● Hintergrund: Soteriologie (Athanasius) b) Antiochien ● Unterschied von Gott + M. in Jesus Christus betont ● Hintergrund: ethisches Vorbild des M. Jesus (»Leben-Jesu«-Theologie) 2) Streitbeginn mit Apollinaris von Laodicea (Syrien) im 4. Jh. ● Apollinaris: in Jesus m. Seele durch Logos ersetzt (so lehrten auch die Arianer) ↔ Antiochien/Alexandrien: vollkommene m. Natur in Christus damit geleugnet → Verurteilung des Apollinaris in Konstantinopel 381 ● Antiochien: – Festhalten an der Gottheit Christi gg. Arianer – Festhalten an der m. Seele: sonst wäre Christus nicht wahrhaft M. gewesen → Eustathius von Antiochien: Logos habe dem M. Jesus eingewohnt ≈ Vorwegnahme der späteren antiochenischen Christologie des 5. Jh.s

christologische Streitigkeiten im 4./5. Jh.

1) Ebionitismus ● Ebioniten = separatistische judenchristliche Gruppe unter speziell jüd. + gnost. Einfluß + in betontem Gegensatz zu Paulus ● Jesus = natürl. Sohn Josefs + Marias: ein bloßer M. mit bes. Geistesgaben (vgl. Adoptianismus), zum Messias bestimmt, eines Tages wiederkommend 2) Doketismus: Gottessohn = nur scheinbar Mensch geworden 3) wichtig für weitere Entwicklung: Paulus + Joh (Röm 1,3ff.; Phil 2,5–11; Joh 1,1–14) 4) Apologeten: Logos-Christologie (durch Präexistenz Gottheit Jesu betont) 5) Tertullian ● Inkarnation = keine Metamorphose, sd. Annahme des m. Fleisches → in Jesus: 2 substantiae/status, jede(r) hat besondere Eigenheit + Aktivität: doppelter Status, »unvermischt, aber verbunden in einer Person« ● volle Menschheit Jesu: Fleisch + Seele 6) Origenes ● Logos ∞ präexistente m. Seele → Seele Jesu = sündenfrei (↔ andere präexistente Seelen von Gott abgefallen) → Logos zog mit Seele in Maria bzw. den Leib Jesu ein ● Seele = Mittelglied zwischen Logos + Leib

Problem: Verhältnis von Göttlichem + Menschlichem in Jesus

> Was versteht man unter der sog. paulinischen Wende Augustins?

> Beschreiben Sie wichtige Stationen im geistigen Entwicklungsgang

Augustins bis zu seiner Bekehrung!

Stationen der inneren Entwicklung

VII.4.

Stationen der inneren Entwicklung

KG Rep VII. Augustin

VII.2.

nach seiner Bekehrung?

VII. Augustin

KG Rep

VII.3.

> Erläutern Sie Hintergrund und Eigenart der Bekehrung Augustins! > Welche philosophisch-theologischen Probleme beschäftigten Augustin

Stationen der inneren Entwicklung

> Welcher Text ist die Hauptquelle für Augustins Leben und Denken?

KG Rep VII. Augustin

VII.1.

VII. Augustin

KG Rep

VII.3.

Wandlung in der Auffassung vom freien Willen ● Wahlfreiheit des Menschen gegenüber Gott wird verneint → Entschluß für Gott = Gnadengeschenk Gottes ● Wille wird aus psychologischer Funktion zur ethischen Qualifikation: Kraft zum Guten ● diese Kraft hat der M. nach dem Fall verloren → Leitfrage also: Woher kommt das Gute? (nicht mehr: das Böse) ● Antwort: das Gute kommt nicht aus Werken, sd. aus dem Glauben (vita beata als Zeugnis göttlicher Gnade) → von hier aus interpretiert Augustin Röm 9 + Gnadenlehre des Röm → unter diesem Eindruck verfaßt er die Confessiones

paulinische Wende um 395 VII.4. ● parallel zum Eintritt ins ki. Amt in Hippo Regius (Weihe zum Presbyter + Bischof) ● zur Vorbereitung auf das ki. Amt: erneutes Studium der Paulusbriefe → De diversis quaestionibus ad Simplicianum (396): 2 Fragen des Mailänder Bi.: richtiges Verständnis von Röm 7 + Röm 9,10–29

● Probleme: – Gott + Seele → Unsterblichkeit der Seele: sie kann rein geistige Wahrheiten erkennen, hat somit an Ewigkeit dieser Wahrheiten teil – Weltordnung (ordo): Abstufungen im Guten – Verhältnis von Gut + Böse: Gegensatz beider ≈ Gegensatz zw. Weise + Töricht: alle sittl. Verfehlung kommt aus der Unwissenheit ● wichtigste Schriften: Contra Academicos, De ordine, Soliloquia, De quantitate animae, De immortalitate animae ● Pls.-Briefe → De libero arbitrio (388–395): Ursprung des Bösen = der freie Wille (Auflehnung gg. Gott), nicht ein kosmisches Prinzip (gg. Manichäer)

> nach 387: christliche Philosophie mit neuplatonischem Einfluß

→ Annäherung Augustins an das kirchliche Christentum → 386 Bekehrung in Mailand: asketisches Leben, Verzicht auf Heirat + weltl. Karriere ● Hintergründe: – beeindruckende Vorbilder asketisch-mönchischer Lebensweise: Vita Antonii + Kloster in der Nähe Mailands → Augustin liest Röm 13,13 + bezieht Stelle direkt auf sich (vgl. 8. Buch der Confessiones, Gartenszene) – ernste Erkrankung: Zukunftspläne fallen → vita contemplativa als Lebensziel → 387 Taufe durch Ambrosius in Mailand

> Mailänder Kreis christlicher Neuplatoniker (v.a. Ambrosius)

VII.1.

1) * 354 in Thagaste: Vater Patricius damals Heide, Mutter Monnica Christin VII.2. ● Rhetorik-Studium in Karthago: Theater-/Liebesleidenschaft → Sohn Adeodatus 2) in Karthago: Hortensius-Erlebnis → geistige Wahrheitssuche ● erste Bibelbegegnung eher abstoßend (AT), ki. Christentum unbefriedigend → Hinwendung zum Manichäismus (Status des Hörers) = höhere, philosophische Form des Christentums (kosmolog. Dualismus, Askese als Weg zur Lichtwelt) → philosophisch-gnost. Erklärung des Bösen: negatives Prinzip (Gott der Finsternis) ● Begegnung mit Manichäerbischof Faustus von Mileve: Faustus kritisiert AT (wie Marcion), lehnt Weissagungsbeweis ab + übt Literarkritik an Evn. + Pls.-Briefen 3) ab 384 Mailand: Abwendung vom Manichäismus, verursacht durch Begegnung mit a) Neuplatonismus: Gott = höchstes Sein/Gut, aus dem alles Sein kommt → alles Sein ist ein Gut, das Böse hat im Grunde kein Sein (gg. Manichäer): es ist Raub des Guten (privatio boni) b) kath. Kirche in Gestalt des Bi. Ambrosius: ● seine Allegorese hilft Anthropomorphismen des atl. Gottesbildes zu überwinden ● Persönlichkeit des Ambrosius (Predigten) → Entdeckung der Autorität: vor Erkenntnis steht die Anerkenntnis → Hl. Schrift hat Autorität, weil durch sie Ki. entstehen konnte ● doch muß der Glaube vom Autoritätsglauben zur Einsicht führen

● geschrieben nach Wende zur paulin. Gnadenlehre ● eigenes Leben = Exempel der göttlichen Gnade → Form: Lobpreis/Bekenntnis ● Gliederung: – Buch 1–9: Weg bis Bekehrung 386 in Mailand – Buch 10: Rechenschaft zur Zeit der Abfassung der Confessiones – Buch 11–13: Exegese von Gen 1: Woher kommt das Böse?

Confessiones (397/98) = bedeutendste christliche Selbstbiographie der Spätantike

> Erläutern Sie die Grundzüge der Theologie des sog. Pelagianismus!

> Welches Kirchenverständnis entfaltet Augustin in der Auseinandersetzung

mit den Donatisten?

Hauptproblemstellungen der Theologie Augustins

VII.8.

Hauptproblemstellungen der Theologie Augustins

KG Rep VII. Augustin

VII.6.

VII. Augustin

KG Rep

> Welches Sakramentsverständnis entfaltet Augustin in der Auseinanderset-

> Was versteht man unter den sog. Donatisten? zung mit den Donatisten?

Hauptproblemstellungen der Theologie Augustins

VII.7.

Hauptproblemstellungen der Theologie Augustins

KG Rep VII. Augustin

VII.5.

VII. Augustin

KG Rep

VII.7.

VII.8.

2) Gnadenlehre ● Hilfe durch die Gnade (= Kraft zum Guten) ● Gnade schon in der Schöpfung mitgegeben, aber durch Fall geschwächt → in 2 Akten geschichtlicher Offenbarung Gnade verstärkt + erneuert: a) mosaisches Gesetz b) nova lex: Christus = das gute Beispiel gegenüber d. schlechten Beispiel Adams ● Gnade durch die Taufe vermittelt: Vergebung der vor der Taufe begangenen Sünden → wieder gute Werke möglich: Verdienste → Lohn

1) Sündenlehre ● mönchischer Standpunkt: Christentum soll M. sittlich stärken – Voraussetzung: gutes/böses Handeln wurzelt im freien Willen ● Pelagius beruft sich z.T. auf Augustins De libero arbitrio: gg. Manichäismus ● Sünde = eine Gesinnung; ein Willensakt, der nicht vererbbar ist ● aber durch Fall hat gesamte Menschheit die consuetudo peccandi angenommen

● Pelagius: asketischer Mönch aus Britannien

● Unterscheidungen: a) – äußerlicher Sakramentsvollzug: sacramentum – innerliche Sakramentswirkung: effectus sacramenti b) – äußeres Wort – inneres Wort ● »accedit verbum ad elementum et fit sacramentum«: – erst das äußere Wort macht das sinnliche Zeichen zum Sakrament: sacramentum – erst das innere Wort (Geistwirkung) gibt zum sinnlichen Zeichen die Sache: effectus sacramenti → Sakrament = verbum visibile ● Taufe + Weihe verleihen einen character indelebilis ● Abendmahl: symbolisches Verständnis i.S. einer realen, geistigen Gemeinschaft (keine bloße Erinnerung)

Sakramentsverständnis

VII.5.

VII.6.

2) De civitate Dei: Gläubige als Fremdlinge unterwegs zur himmlischen Heimat ● Hintergrund: Eroberung Roms durch Alarich (Westgoten) im Jahr 410 ● Menschheitsgeschichte = Kampf zweier Bürgerschaften: die Gott Liebenden ↔ die sich selbst Liebenden (civitas Dei ↔ civitas diaboli) ● irdisches Abbild jeweils: Kirche ↔ Staat, aber: Kirche ist noch nicht die civitas Dei, Staat ist notwendig zur Wahrung von Frieden + Gerechtigkeit

1) Unterscheidung zw. Ki. als geistlicher + sozialer Realität a) äußere Heils- + Sakramentsgemeinschaft ● Sakramente unabhängig von Würdigkeit des Spenders wirksam b) innere Gemeinschaft der Liebe + des Glaubens: communio sanctorum ● Glieder durch das vinculum caritatis et unitatis verbunden ● Abbild der Einheit Gottes: corpus Christi mysticum ● Mitglieder von b) kennt nur Gott: numerus praedestinatorum → b) verwirklicht sich in a) → a) = corpus permixtum: Zugehörigkeit zu a) noch keine Heilsgarantie

Kirchenverständnis

● Schisma in Nordafrika seit 312 (diokletianische Verfolgung) – vgl. schon rigoristische Anschauungen der nordafrikanischen Ki. im Ketzertaufstreit – div. Synoden in Karthago zur friedlichen Überwindung: ohne Erfolg → staatliche Repressalien unter Honorius (Augustin: Lk 14,23) ● persönl. Würdigkeit des Spenders = Voraussetzung für Wirksamkeit der Sakramente ↔ großkirchlich-kath. Standpunkt: Sakramente = an sich heilige Handlungen, w. nicht durch Heiligkeit des Spenders beeinflußt ● bei Eintritt von Katholiken: Wiedertaufe ↔ großkirchlich-kath. Standpunkt: Sakramente der Donatisten w. anerkannt

Donatisten = Gde. der wahrhaft heiligen Christen

> Erläutern Sie die Grundzüge der Gnadenlehre Augustins!

KG Rep

> Geben Sie einen Überblick über den Verlauf des pelagianischen Streites!

KG Rep

Hauptproblemstellungen der Theologie Augustins

> Worin besteht der Beitrag Augustins zur Entfaltung des trinitarischen

Hauptproblemstellungen der Theologie Augustins

> Erläutern Sie die Grundzüge der Sündenlehre Augustins!

Dogmas?

VII. Augustin

VII.12.

VII.11.

VII. Augustin

VII.10.

Hauptproblemstellungen der Theologie Augustins

Hauptproblemstellungen der Theologie Augustins

KG Rep VII. Augustin

VII.9.

VII. Augustin

KG Rep

3) Erbsünde ● Sünde pflanzt sich durch die den Zeugungsakt bestimmende Begehrlichkeit fort → concupiscentia = Grund + Folge der Sünde ● Menschheit steht unter dem Zwang zur Sünde (necessitas peccandi) ● doch lehrt Augustin nicht deterministisch: in Adam haben alle Menschen willentlich gesündigt (Röm 5,12) → Sünde wird nicht unbeteiligt, sondern willentlich vererbt

2) Sünde ● superbia (Auflehnung gg. Gott durch die Ich-Liebe) ● concupiscentia (Begehrlichkeit, Verkehrung der menschlichen Natur, Sinnlichkeit)

1) Adam VII.10. ● durch die Anfangsgnade (gratia prima): posse non peccare, posse non mori ● Adam hatte Freiheit, das Gute od. Böse (= Gottesferne/Selbstbehauptung) zu wählen: Entscheidung für die Selbstbehauptung → Verlust der Freiheit zum Guten → Strafe = ignorantia, concupiscentia, mortalitas

● Hauptwerk: die 15 Bücher De Trinitate (399–419) VII.12. ● Basis spätestens seit 381: in Gott gibt es 3 Personen, aber nur 1 göttliches Wesen

zwei wichtige Beiträge Augustins zur Trinitätslehre 1) relationaler Personbegriff ● trinitarische Personen nach der schwächsten Kategorie (= Relation) begriffen: 3 Personen = 3 gleichewige Relationen in der einen Gottheit → eine Verschiedenheit der Beziehung in Gott, die aber die Einheit des Wesens nicht aufhebt 2) geschöpfliche Analogien (vestigia trinitatis) ● im menschlichen Geist wirken memoria, intelligentia, voluntas ● in der Liebe finden sich der Liebende, das Geliebte, die Liebe

1) pelagianischer Streit (411–431) VII.9. a) Pelagius kam mit Freund Caelestius nach Karthago, reiste nach Jerusalem weiter → Streit zw. Caelestius + Augustin über Erbsünde + Sündlosigkeit: Caelestius gg. Erbsünde + Kindertaufe zur Sündenvergebung, da kleine Kinder im supralapsarischen Zustand Adams ● Synode von Karthago 411: Verurteilung des Caelestius ↔ 2 Synoden im Osten ● Bi. Innocenz I. von Rom pro Augustin (»Roma locuta, causa finita«) ↔ Nachfolger Bi. Zosimus pro Pelagius ● nordafrikanischer Protest → Kaiser Honorius pro Augustin → Zosimus schwenkte um ● Synode von Karthago 418: Verurteilung der Pelagianer bestätigt b) seit 420 Bi. Julian von Eclanum Wortführer der Pelagianer → Manichäismusvorwurf an Augustin (betr. Erbsündenlehre + Eheauffassung) ↔ 3. Ök. Konzil zu Ephesus 431 verurteilte Pelagianismus offiziell 2) Streit um den sog. Semipelagianismus (5./6. Jh.) ● Mönche v. Hadrumetum + in Südgallien (Massilia + Lerinum) gg. Spitzensätze – Johannes Cassianus + Vincentius von Lerinum: Position zw. Augustin + Pelagius: Kooperation v. göttl. Gnade + m. Willen → gg. gratia irresistibilis + Reprobation ● Leo I. d.Gr. (440–461) bereitete Pelagianismus ein Ende ● Synode von Orange 529: Sieg des Augustinismus

VII.11. 1) Anschluß an Paulus: Gegensatz Gesetz ↔ Evangelium ● nach Fall: Wille kann Gesetz nicht erfüllen → Gesetz überführt den M. der Sünde ● erst die bedingungslose Gnade befreit 2) Gnade ● remissio peccatorum ● infusio caritatis: steht im Vordergrund → Akzent eher auf Gerechtmachung als auf Gerechtsprechung 3) Unverdienbarkeit der Gnade ● Berufung: gratia praeveniens geht der vocatio (durch Wort + Sakrament) voraus ● Gnade wirkt im Glauben weiter + befähigt zum Tun des Guten (gratia cooperans) ● geistig-mystische vocatio auch außerhalb der Kirche möglich → Glaube = nur Anfang, Gnade ist erst mit der Liebe ganz eingegossen 4) Prädestinationslehre ● Allmacht des göttl. Willens → Gnade w. zur später sog. gratia irresistibilis ● Erwählte: – nur sie empfangen die Gnade – ihre Zahl ≈ der Zahl der gefallenen Engel – ihre Zahl = nicht mit den Angehörigen der sichtbaren Ki. identisch ● Erwählung: Barmherzigkeit Gottes; Nichterwählung: Gerechtigkeit Gottes ● wichtige Schriften: De spiritu et littera (412), De fide et operibus, De praedestinatione sanctorum, De dono perseverantiae

Bedeutung für die byzantinische Reichskirche!

> Charakterisieren Sie die Herrschaft Kaiser Justinians I. in ihrer

Papsttum?

> Welche römischen Bischöfe markieren die Entwicklung hin zum

KG Rep VIII. Die Entstehung des Papsttums und Überblick über die byzantinische Reichskirche

VIII.2.

VIII. Die Entstehung des Papsttums und Überblick über die byzantinische Reichskirche

KG Rep

dem Kreis der anderen christlichen Gemeinden heraus?

Sinne begründet?

VIII.4.

> Unter welchen römischen Bischöfen wird das Papsttum im eigentlichen

VIII.3.

> Wie bildete sich in Rom der Monepiskopat aus? > Welche Besonderheiten heben die römische Gemeinde schon früh aus

KG Rep VIII. Die Entstehung des Papsttums und Überblick über die byzantinische Reichskirche

VIII.1.

VIII. Die Entstehung des Papsttums und Überblick über die byzantinische Reichskirche

KG Rep

VIII.4.

● Neubau der Hagia Sophia ● Schließung der Akademie von Athen (529) ● Codex Justinianus: Beschlüsse der früheren Reichskonzilien ● Sakralisierung des Kaisertums: Reich ∞ Priestertum 2) 5. Ök. Konzil von Konstantinopel 553 gg. päpstlichen Willen einberufen: Chalcedonense in kyrillischer Auslegung bestätigt (Neuchalcedonismus) 3) Abspaltungen trotz zentralistisch geführter Reichskirche: ● syrisch-nestorianische Kirche (Mission in Mittel- + Ostasien) ● syrisch-monophysitische Kirche (Jakobiten) ● koptische Kirche + armenische Kirche 4) Gründe für die Abspaltungen: ● kulturgeschichtlich: stärkeres nationales Selbstbewußtsein (durch ki. Kulturarbeit gefördert: Entwicklung der Schriftsprache, ki. Literatur) ● kirchenpolitisch: Rivalität der Patriarchate in Ägypten + Syrien ● theologisch: Ablehnung von Chalcedon (monophysitische Streitigkeiten: theopaschitischer Streit, Dreikapitelstreit)

Justinian I. (527–565) 1) wichtig für Kirche:

● nach Untergang Westroms (476): byzantinisches Reich konnte sich dank Justinian I. während der Völkerwanderung relativ gut behaupten

VIII.3. 1) Leo I. d.Gr. (440–461) = der erste »eigentliche« Papst ● systematischer Ausbau der Primatsidee: biblische Begründung ● im röm. Bischof ist Petrus als Apostelfürst gegenwärtig, dem Christus anvertraut hat: das höchste a) Richteramt (Mt 16,18f.) b) Verwaltungsamt (Joh 21,15–19) c) Lehramt (Lk 22,31f.) ● zur Bedeutung: – Begegnung mit Attila + Geiserich – Lehrbrief (Tomus Leonis) – Behauptung, Rom habe immer schon den Primat gehabt (Fälschung des 6. Kanons des Konzils von Nizäa) 2) Felix III.: exkommunizierte Patriarch Acacius von Konstantinopel → 1. förmliches Schisma zwischen Ost- + Westkirche (484–519) 3) Gelasius I.: sog. Zwei-Gewalten-Theorie: die bischöfliche Gewalt steht in geistlichdogmatischen Angelegenheiten über der kaiserlichen ● Papsttum ab Anfang 6. Jh. in Abhängigkeit von Ostgoten + byzantinischen Kaisern 4) Gregor I. d.Gr. (590–604): Papsttum erlangte wieder Macht + Ansehen ● zur Bedeutung: – »Mönchspapst«: Vermittler augustinischer Theologie – liturgische + kultische Reformen – materielle Voraussetzungen für den späteren Kirchenstaat – Verbindung mit Franken, Westgoten + v.a. Angelsachsen

VIII.2.

1) Viktor I.: selbstbewußter Versuch, röm. Ostertermin gg. Kleinasien durchzusetzen – Abbruch der Kirchengemeinschaft mit Kleinasiaten gesamtkirchlich zurückgewiesen 2) um 200: einzelne Bischöfe übten laxere Bußpraxis (mit Hinweis auf Mt 16,19) → Kallist erweiterte Praxis im Blick auf ki. Ehevorschriften + Häretikeraufnahme 3) Stephan I. beanspruchte im Ketzertaufstreit unter Berufung auf Mt 16,18f. Primat über andere Kirchengebiete ↔ Cyprian: Eigenständigkeit + Parität aller Bischöfe (Episkopalismus) ● Stephans Anspruch gesamtkirchlich nicht akzeptiert 4) zur Zeit Konstantins: keine bes. Rolle, jedoch für Zukunft wichtig: ● neue Hauptstadt Byzanz (330) + Bau der Petersbasilika 5) im 4. Jh. Ausbau der Vorrangstellung Roms durch folgende Bischöfe: ● Julius I.: stand zu Athanasius + erlangte auf der Synode zu Serdika (342) Schiedsrecht bei Streitigkeiten ● Damasus I.: führte erstmals den Titel »pontifex« ● Siricius: erstmals päpstliche Dekretalen

● im 1.–3.Jh. keine anerkannte Vorrangstellung des röm. Bischofs → zunächst Geschichte des Anspruchs auf Vorrangstellung

erhielten bes. Ansehen (Apostelkirchen) ● in Rom: Verbindung mit den bedeutenden Aposteln Petrus + Paulus 2) der politische Rang + die kulturelle Bedeutung der Welthauptstadt 3) berühmte karitative Aktivitäten 4) wichtige Rolle im Rahmen der Normbildung ● Symbolum Romanum wurde Grundlage des Apostolikums ● röm. Kanonverzeichnis (Kanon Muratori) bestimmte Kanonisierungsprozeß ● röm. Bischofslisten (Hegesipp, Irenäus) sollten Apostolizität der Lehre in Rom sicherstellen

> 1) Prinzip der Apostolizität → die auf einen Apostel zurückgehenden Gemeinden

Prophet, Lehrer) treten zurück zugunsten der Ämter von Bi., Presbyter, Diakon ● erste Hälfte des 2. Jh.s: allmähliche Ausbildung des Monepiskopats → Gleichrangigkeit der einzelnen Bischofskirchen (Communio-Charakter) – in Rom Monepiskopat erst ab ca. 150 bezeugt: verbindet sich dort mit besonderer Tradition der römischen Gde.: Bischof = Nachfolger der Apostel + Garant der apostol. Wahrheit (charisma veritatis certum)

> ● Zeit der Apostol. Väter: charismatische Gemeindefunktionen (Apostel, VIII.1.

christologische Dogma von Chalcedon weiter ausgestaltet?

> Durch welche theologische Auseinandersetzung wurde das

Die Kirche des Ostens seit Justinian I.

VIII. Die Entstehung des Papsttums und Überblick über die byzantinische Reichskirche

KG Rep

VIII.6.

wie wurde dieser entschieden?

> Was sind die geschichtlichen Hintergründe des sog. Bilderstreites und

> Geben Sie einen Überblick über die politische, kirchliche und

theologische Situation des östlichen Christentums seit Justinian I.!

Die Kirche des Ostens seit Justinian I.

VIII.7.

Die Kirche des Ostens seit Justinian I.

KG Rep VIII. Die Entstehung des Papsttums und Überblick über die byzantinische Reichskirche

VIII.5.

VIII. Die Entstehung des Papsttums und Überblick über die byzantinische Reichskirche

KG Rep

3) Bilderstreit im 9. Jh. ● Synode von Konstantinopel 843: endgültiger Entscheid zugunsten der Bilder → Fest der Orthodoxie

– Ikonoklasten (Kaiser): Einfluß der Mönche zurückdrängen – Ikonodulen: gg. kaiserliche Bevormundung ● 7. Ök. Konzil von Nizäa 787: – Gott allein die Anbetung (latreia) ↔ den Bildern die Verehrung (proskynesis) – nur das Abbild Gottes ist im Bild gegenwärtig

2) Bilderstreit im 8. Jh. ● politische Motive:

VIII.7. 1) Aufkommen von Kultbildern im 4. Jh. ● Gründe: – neuplatonisch: Gegenwart des Urbildes im Abbild – allgemeinreligiös: Ehrung der Heiligen – pädagogisch: Belehrung der Analphabeten ● Bilderverehrung bes. im Mönchtum verbreitet → Anwalt = Johannes v. Damaskus ● Rezeption des Chalcedonense: Ikonodulen betonten wahre menschliche Natur Christi → Abbildbarkeit schwere Erschütterungen: Perserkriege, Einbruch der Araber, Entstehung des Islam → große Gebietsverluste Verlust der Herrschaft in Italien neue Eroberungen → um 1000: Höhepunkt der Macht

VIII.5.

VIII.6.

● Streitbeginn z.Zt. des Kaisers Heraklius (7. Jh.) ● Frage: Eine Kraft/ein Wille in Christus? – wichtigster Theologe = Maximus Confessor: göttl. + m. Wille Christi in Harmonie bei gleichzeitiger Wahrung der Unterschiede: in der Unterordnung unter den göttl. Willen kommt der m. Wille zu seiner Erfüllung – 6. Ök. Konzil von Konstantinopel 680/81: »Zwei-Willen-Lehre« wurde zum Dogma erhoben (mit Wiederholung der 4 negativen Bestimmungen von 451)

monenergistischer + monotheletischer Streit

● im 8. Jh.: ● im 9./10. Jh.: 2) Kirche + Theologie ● monenergistischer + monotheletischer Streit – 6. Ök. Konzil von Konstantinopel 680/81: Dyotheletismus ● im 8./9. Jh.: Bilderstreit – 7. Ök. Konzil von Nizäa 787: Gott (latreia) ↔ Bilder (proskynesis) ● Johannes von Damaskus († ca. 750), Mönch + Theologe – Pege gnoseos = systematische Zusammenfassung des orthodoxen Glaubens ● im 9./10. Jh.: missionarische Erfolge auf dem Balkan – Mission der Brüder Konstantin (Kyrill) + Methodius ab 863 → slawische Kirchen- + Schriftsprache (= Voraussetzung für Russenmission) ● ab 950: einige Konversionen bei Kiew → Großfürst Wladimir ließ 988/89 sein Volk im Dnjepr taufen = Beginn der nationalen + christl. Geschichte in Rußland ● seit 1453 (Untergang Konstantinopels): Moskau = ki. Zentrum Rußlands

1) Politik ● im 7. Jh.:

● griech. Christentum: sprachliche/räumliche Kontinuität bis 1453 → Verlagerung auf die slawischen Völker

> Worin bestand die Anziehungskraft der römisch-katholischen Kirche für die Germanen? > Wodurch wurde Chlodwig für die weitere Kirchengeschichte bedeutsam?

> Worin liegt die kirchengeschichtliche Bedeutung des Wulfila?

IX.4.

Das gotische Christentum

KG Rep IX. Die Christianisierung der Germanen

IX.2.

Italien!

> Geben Sie einen Überblick über die Geschichte des Ostgotenreiches in

IX.3.

IX. Die Christianisierung der Germanen

KG Rep

Zeitalters dar?

Das gotische Christentum

> Inwiefern stellt die sog. Völkerwanderung den Beginn eines neuen

KG Rep IX. Die Christianisierung der Germanen

IX.1.

IX. Die Christianisierung der Germanen

KG Rep

IX.3.

● endgültige Entscheidung fürs Christentum wohl schon in Alemannenschlacht (497) – Gregor von Tours (Frankenhistorie): Vergleich mit Ereignis vom 28.10.312 ● 498 Taufe in Reims durch Bischof Remigius (am Weihnachtstag?) ● Heirat mit kath. Prinzessin Chrodechilde + kath. Taufe des 1. Sohns ● Grund: Herrschaftssicherung in Gallien ohne kath. Ki. nicht möglich → bedeutende Konsequenzen: 1) Begründung eines großfränkischen Reiches: Vereinigung von Germanen (mehrere fränkische Stämme) + Romanen im Frankenreich durch ein einheitl. religiöses Selbstverständnis + gemeinsames kulturelles Fundament 2) Überwindung des germanischen Arianismus ● andere Germanenreiche gaben ab 6. Jh. Arianismus auf → kath. Christentum: Westgoten in Spanien, Langobarden in Italien, Angelsachsen in Britannien

> Hinwendung des Frankenkönigs Chlodwig zur katholischen Kirche

● Einheitsband der ansässigen Bevölkerung (Bischöfe genossen Autorität) ● selbstbewußte Heilsanstalt: Hüterin der antiken Kultur

> ● ki. Organisation bestand in politisch-gesellschaftl. Auflösungsprozeß fort IX.4.

1) Eroberung Italiens durch die Ostgoten unter Theoderich ● im Auftrag des Kaisers von Konstantinopel ● Ziel Theoderichs: Erneuerung des weströmischen Reiches 2) Theoderichs Herrschaft in Italien (493–526) a) innen ● kultureller Aufstieg (vgl. Bauten in Hauptstadt Ravenna [San Apollinare]) ● ostgotische (homöische) Ki. gefördert, aber auch kath. Mehrheitskirche toleriert b) außen ● intensive Bündnispolitik mit – Westgoten in Südgallien/Spanien – Burgundern – Vandalen ● Bündnis mit Franken wurde von Chlodwig ausgeschlagen 3) Reichszerfall nach Tod Theoderichs ● allg. in germanisch-homöischen Reichen des Mittelmeerraums um 500: Herrschaft nur durch kleine german. Oberschicht, die zur politisch-kirchlichen Eigenständigkeit gegenüber der romanischen Bevölkerung drängte → keine dauerhafte Festigung der Herrschaft

Ostgotenreich in Italien = das bedeutendste Germanenreich vor Aufstieg der Franken

IX.2.

1) Hauptbegründer des gotischen Christentums → Goten = 1. ostgerman. Stamm, der sich nach Seßhaftwerdung Christentum öffnet 2) Schöpfer der gotischen Schriftsprache → gotische Bibelübersetzung = Grundlage seiner Missionsarbeit 3) Vermittler homöischer Theologie ● 341 Weihe zum Missionsbischof durch Euseb von Nikomedien: nicht ausdrücklich bekannte Wesenseinheit von Vater + Sohn → »germanischer Arianismus« bei allen Ostgermanen vom 4.–6. Jh.: sog. Kleingoten um Wulfila, Westgoten unter Alarich, Vandalen, Sueven, Burgunder, Ostgoten unter Theoderich ● Grund für die Annahme des homöisch-arianischen Bekenntnisses: Selbständigkeit/Selbstbewußtsein gegenüber der romanischen Welt + kath. Kirche ● Christus = v.a. der Arzt ↔ Held/Helfer in d. Schlacht (so spätere Germanenführer)

Wulfila (311–383) ● von Hause aus mit griechischer + gotischer Sprache vertraut ● schon frühzeitig Lektor in christl. Gemeinde

2) Aufwertung der Kirche ● beerbte Staat in vielen Bereichen → Anziehungskraft + Selbstbewußtsein ● vermittelte antike Kultur an Germanen

1) Verlagerung des Geschichtsschauplatzes in Gebiete nördl. der Alpen IX.1. ● seit Beginn des 5. Jh.s: – ostgermanische Heere dringen in Mittelmeerraum ein – westgermanische Heere besetzen Gallien/Britannien ● Gründe: Klimawechsel, Bevölkerungszunahme ● Folge: Beseitigung des westl. Römerreiches, dafür neue germanische Reiche – 476 Sturz des letzten weströmischen Kaisers → Mittelmeerraum: ostgotisches Reich → Nordgallien: Frankenreich

Germanenmission!

der Germanenmission eine wichtige Rolle?

> Inwiefern spielte die Kirche als Kultur- und Erziehungsanstalt zur Zeit

IX.8.

> Nennen Sie einige strukturelle Veränderungen in der Kirche zur Zeit der

KG Rep IX. Die Christianisierung der Germanen

IX.6.

und Theologie zur Zeit der Germanenmission!

IX. Die Christianisierung der Germanen

KG Rep

Christianisierung der Angelsachsen?

> Nennen Sie einige Veränderungen auf dem Gebiet von Frömmigkeit

IX.7.

> Welche beiden missionarischen Bewegungen bemühten sich um die

KG Rep IX. Die Christianisierung der Germanen

IX.5.

IX. Die Christianisierung der Germanen

KG Rep

2) Klöster = Zentren gelehrter Bildung → Florilegien = Sammlungen antiken Wissens – vgl. Isidor von Sevilla: Auszüge aus antiken Schriftstellern

1) Kirche = lateinische Institution: Latein = Kirchensprache → kulturell-geistige Einheit des corpus christianum → latein. Meßgottesdienst = abgehoben vom einfachen Gemeindeleben: Dualismus von Klerikern + Laien

● durch Übertritte ganzer Volksstämme + spätere Zwangstaufen: Konversion = oft nur äußerlicher Akt → Missionsarbeit nach der Taufe

IX.8.

IX.7. 1) Freundschaftsverhältnis zur Gottheit a) als Ausdruck menschlichen Selbstbewußtseins: durch Verbindung mit der Gottheit vervollkommnet sich das Menschsein b) als Ausdruck der Erwartung: menschlichem Gottesdienst entspricht göttl. Hilfe → wenn Hilfe ausbleibt: Gottheit w. zu dunkler, rätselhafter Schicksalsmacht = wechselseitiges Rechtsverhältnis: Treue des Gefolgsmanns + Milde des Führers → Konsequenzen: 1) Gefolgschaftstreue erweist sich im Halten der Gebote → Gesetzespredigt + Verdienstgedanke treten in den Vordergrund 2) bei Treuebruch: gemäß Vertragsverhältnis können bestimmte Leistungen durch andere (= Bußleistungen) ersetzt werden → Wandel im Schuldverständnis: sachlich-dinglich statt persönlich-relational ● Christus = Kämpfer gg. Tod/Dämonen/Schicksalsmächte: Nothelfer – Sieg durch Kampf im Namen Jesu = wichtigstes Konversionsmotiv → soteriologische Ausrichtung der ma. Theologie (vgl. schon Augustin) 2) Privatbeichte (über iroschottische Mönchsmissionare aus griech. Mönchtum) = wichtiges Seelsorgeinstitut fürs ganze Volk: persönl. Lossprechung + Bußauflage 3) Verbindung von christl. Frömmigkeit mit germanischer Naturfrömmigkeit ● vgl. Externsteine

IX.6.

Problem:

german. Herrschaftsverständnis (enge Verbindung von Geistlichem + Weltlichem) in Spannung zum Anspruch des Papstes → Investiturstreit

2) »germanisches Eigenkirchenwesen« ● Pfarreien: Adelige Grundherren bauten Kirchen + stellten Kleriker an → Einfluß der Bischöfe auf Besetzung der Landpfarreien ging zurück ● Bistümer: selbst Bischofssitze wurden zu Eigenkirchen der fränkischen Könige → Könige beriefen Reichssynoden ein + besetzten Bistümer ● Klöster: Abhängigkeit von adeligen Grundherren

1) soziale Zweiteilung des Klerus ● Germanen = Bauern + Grundherren (keine Städter) → kirchliches Leben verlagerte sich aufs Land: Ki. wurde Großgrundbesitzerin + in feudale Gesellschaftsstruktur eingepaßt → Adelskirche: höherer Klerus nur noch Adelige, niederer Klerus v.a. Nichtadelige

● germanische Völker rezipierten Religion der Besiegten

● Hauptquelle = Historia ecclesiastica gentis Anglorum des Beda Venerabilis

2) römische Mission ● Papst Gregor I.: Impulse zum organisatorischen Aufbau der britischen Kirche ● 664 Synode von Whitby: Ostertermin nach röm. Praxis → Rom setzte sich gegenüber Iroschotten durch → Frömmigkeit der irischen Ki. + Organisation der römischen Ki. in Bonifatius = bedeutendster Missionar des angelsächsischen Christentums im 8. Jh.

IX.5. 1) iroschottische Mission ● seit 4. Jh.: irische Mönchskirche ● Besonderheiten: – Unabhängigkeit von Rom – keine Ämterhierarchie – anderer Kalender → spezielle Osterberechnung – strenge Zucht (Bußwesen) – Privatbeichte (aus griechischem Mönchtum: Basilius d.Gr.) ● peregrinatio propter Christum → lebhafte Missionsarbeit

IX.10.

IX.9.

Konstantinopel bei? > Worin kommt die Annäherung des Papsttums an das Frankenreich geschichtlich zum Ausdruck?

> Welche Faktoren trugen zur allmählichen Ablösung des Papsttums von

IX. Die Christianisierung der Germanen

KG Rep

> Beschreiben Sie das Wirken des Bonifatius!

Beginn des 8. Jahrhunderts!

> Umreißen Sie die Situation des Christentums im Frankenreich zu

IX. Die Christianisierung der Germanen

KG Rep

IX.9.

IX.10.

a) Papst: Pippin = »patricius Romanorum« (gg. Langobarden) b) territoriale Zusagen 756 eingelöst = sog. Pippinische Schenkung: Papst erhält ehemalige langobardische Gebiete in Italien → Papst wurde Landesherr (= Grundlegung des Kirchenstaates) c) König erhält als Würde die päpstliche Salbung: sakrale Legitimation des fränkischen Königtums ● Bedeutung: – Papst erlangt Unabhängigkeit v. weltlicher Herrschaft → Aufstieg – Königtum erhält die fürs MA charakteristische ki. Weihe 2) damals entstand die sog. Konstantinische Schenkung (Donatio Constantini): Konstantin soll dem Papst viele ki. Würden + Rechte sowie das weström. Reich übertragen haben → Legitimation weltl. Herrschaftsansprüche des Papstes ● Dokument = Fälschung (Laurentius Valla)

> 1) 754 Pakt von Quierzy zw. Papst Stephan II. + Pippin d.J.

● Politik der oström. Kaiser gegenüber Rom ● Rivalität mit dem oström. Patriarchat um die gesamtkirchliche Führung ● Zerfall der byzantinischen Herrschaft in Italien

> ● dogmatische Gegensätze zwischen Ost + West

● 2 Elemente bestimmend: – Bindung an Rom + Papsttum (Petrusfrömmigkeit) – Verbindung v. antiker Kultur + christl. Frömmigkeit → Voraussetzungen für »Karolingische Renaissance« ● missionarische + v.a. kirchenorganisatorische Wirksamkeit: – nach erfolgloser Friesenmission: Gregor II. gab Auftrag zur Germanenmission – nach Gehorsamseid vor Papst: Kirchenorganisation in Hessen + Thüringen – nach Weihe zum Erzbischof: Erlaubnis zur Bistumsgründung + -reorganisation → Kirchenorganisation unterstützt von Karlmann + Pippin d.J.: ● (neu) gegründete Bistümer: Salzburg, Regensburg, Freising, Passau – Aufenthalt im Bistum Mainz (+ Ausbau seines Klosters Fulda) – † 754 während Friesenmission (Grab im Dom zu Fulda)

> Mönch Winfried, genannt Bonifatius (672–754)

2) iroschottische Mission: Columban (Luxeuil), Gallus (St. Gallen), Kilian (Würzburg), Emmeram (Regensburg), Corbinian (Freising) → Arbeit galt v.a. der Frömmigkeit, nicht der Organisation 3) seit dem 7. Jh.: Geschlecht der Karolinger im Frankenreich aufsteigend → Karl Martell: 732 Schlacht bei Tours + Poitiers über die Araber → Festigung des Christentums

> 1) Reste des Christentums aus der Römerzeit

KG Rep

KG Rep

Das Frankenreich unter der Herrschaft Karls d.Gr. (768–814)

> Welche Ursache und Bedeutung hat die Kaiserkrönung Karls d.Gr.?

Das Frankenreich unter der Herrschaft Karls d.Gr. (768–814)

> Erläutern Sie das Selbstverständnis Karls d.Gr.! > Welche politischen Ziele verfolgte Karl d.Gr. und wie gelang es ihm,

diese umzusetzen?

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

X.4.

X.3.

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

X.2.

> Was versteht man unter der sog. Karolingischen Renaissance? > In welche Lehrstreitigkeiten hat Karl d.Gr. eingegriffen?

> Worin liegt die kirchengeschichtliche Bedeutung der Regierungszeit

Karls d.Gr.?

Das Frankenreich unter der Herrschaft Karls d.Gr. (768–814)

Das Frankenreich unter der Herrschaft Karls d.Gr. (768–814)

KG Rep X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

X.1.

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

KG Rep

X.3.

X.4.

2) Bedeutung: Höhepunkt des Wirkens Karls d.Gr. ● neben erstarktem Papsttum: Macht des weström. Kaisertums wiedererstanden → Zweikaiserproblem: Ausgleich mit Byzanz im Blick auf Imperator-Titel nötig ● Papst salbte Kaiser, aber während der Regierungszeit Karls: Kaiser = der eigentliche Herr von Kirche + Reich

1) Ursache ● Forschung heute: Kaiserwürde wohl von Karl selber angestrebt

25.12.800 Kaiserkrönung Karls d.Gr. in Rom durch Papst Leo III.

● Synode v. Frankfurt/M. 794 gg. Beschlüsse des 7. Ök. Konzils v. Nizäa 787 ● aus Protest gg. die Bilderverehrung ließ Karl die Libri Carolini verfassen 2) Streit um das sog. filioque ● Karl plädierte für d. Zusatz (Synode in Aachen 809) ↔ Papst Leo III. dagegen → erst Anfang des 11. Jh.s kam Zusatz in röm. Kultus 3) adoptianischer Streit ● gegenüber adoptianischen Tendenzen in der spanischen Ki. griff Karl auf ZweiNaturen-Lehre von Chalcedon zurück (Traditionalismus)

> 1) Streit über Bilderverehrung

● Hintergrund: Herrschaftsbewußtsein eines römischen Kaisers → Karl: 1) berief Gelehrte an seinen Hof + baute Hofschule in Aachen auf ● Alkuin: Angelsachse, Berater Karls + Leiter der Hofschule ● Paulus Diaconus: Langobarde, Benediktiner, Historia Langobardorum ● Einhard: aus dem Maingau, Vita Caroli magni 2) schuf Grundlagen für ki. Kultur des MA ● wirtschaftliche Förderung der Klöster → geistige + kulturelle Zentren ● gesetzliche Anerkennung des sog. Zehnten 3) baute Kirchen: Aachener Pfalzkapelle, Dorfkirchen

> = der Aufschwung des ki. + kulturellen Lebens durch Rückgriff auf Antike

X.2.

X.1.

1) Erweiterung des Herrschaftsgebietes 2) Schwertmission (→ Kreuzzugsgedanke) ● Frankenreich → größtes abendländisches Herrschaftsgebiet im MA (F, mittleres D, Ober-/Mittelitalien, Teile Spaniens; eingegliedert: Bayern, Kärnten, Sachsen) ● zwangsmissioniert: Friesen, Sachsen, Slawen (in Mittel-/Osteuropa), Awaren ● Beispiel: Sachsenmission – seit 772 Sachsenkriege → große Massentaufen ↔ Widerstand unter Widukind → 782 Schlacht bei Verden an der Aller – Friedensschluß Widukinds mit Franken, danach erneut schwere Aufstände → Deportationen v. Sachsen ins Frankenreich → Anfang 9. Jh.: Widerstand gebrochen – Bistümer im sächsischen Gebiet: Bremen, Verden, Minden, Münster, Paderborn, Osnabrück

> Ziele:

● theokratischer König: Gott gegenüber unmittelbar verantwortlich → König = defensor et rector ecclesiae ● Hintergrund: Rezeption von Augustins De civitate Dei

> Theokratie + Universalherrschaft:

1) Theokratie + Universalherrschaft ● defensor et rector ecclesiae 2) Eroberungspolitik ● Ziele: a) Erweiterung des Herrschaftsgebietes b) Schwertmission (→ Kreuzzugsgedanke) 3) »Karolingische Renaissance« ● Gelehrte am Hof (Alkuin, Paulus Diaconus, Einhard) ● Grundlagen für ki. Kultur des MA (Klosterförderung, Zehnt) ● Kirchenbauten (Aachener Pfalzkapelle, Dorfkirchen [Landpfarramt]) 4) Eingriff in Lehrstreitigkeiten a) Streit über die Bilderverehrung b) Streit um das sog. filioque c) adoptianischer Streit 5) Kaiserkrönung

Karl der Große (768–814)

> Welche Ziele verfolgte die cluniazensische Reform?

Ottos d.Gr.?

> Worin liegt die kirchengeschichtliche Bedeutung der Regierungszeit

KG Rep X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

X.6.

im 11. Jahrhundert!

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

KG Rep

Herrschaft Karls d.Gr.!

X.8.

> Nennen Sie wichtige Voraussetzungen für den Aufstieg des Papsttums

X.7.

> Umreißen Sie die politische und kirchliche Situation in der Zeit nach der

KG Rep X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

X.5.

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

KG Rep

Ziele der Reformbewegung 1) im 10. Jh.: religiöse Ziele ● strenge Beachtung der Benediktinerregel ● reiches liturgisches Leben ● Befreiung der Klöster von der Obergewalt der Bischöfe 2) im 11. Jh.: kirchenpolitische Ziele → mönchische Reformgedanken verbreiteten sich in Klerus + Kurie: Weiterentwicklung zu kirchenpolitischem Reformprogramm a) gg. Simonie = urspr.: Geldzahlung für die priesterliche Weihe (vgl. Apg 8,18–24) = später: Geldzahlung für die Übertragung einer ki. Stelle durch Laien (Laieninvestitur) b) gg. Nikolaitismus (vgl. Offb 2,6) = eheliches Leben/Konkubinat der Kleriker

Kloster Cluny in Burgund ● gegr. 910 durch Herzog Wilhelm von Aquitanien ● bedeutender Abt: Odo

2) cluniazensische Reform (mönchische Reformbewegung) ● Impulse zur sittl. Hebung + Förderung des Papsttums ● Königtum unterstützte Bewegung → Aufbau des späteren Gegners

1) wachsender Einflußbereich des Papstes außerhalb des Reiches ● 10. Jh.: Nationen jenseits der Reichsgrenze orientierten sich in ihrer Kirchenorganisation an Rom: Polen, Ungarn, Böhmen (vgl. russische Ki. im Einflußgebiet von Byzanz) ● 11. Jh.: Christianisierung von Dänemark, Norwegen, Island ● 12. Jh.: Christianisierung von Schweden

● seit Otto d.Gr. bis ca. 1050 dominierte das Kaisertum, aber:

X.6.

X.8.

1) neue politische Zentralgewalt: das ostfränkische Reich 2) Eroberung + Missionierung: Überschreiten der Elbgrenze → Osten ● Erzbistum Magdeburg = Missionszentrum ● 955 Schlacht auf dem Lechfeld: Ungarn für 2 Generationen zurückgedrängt 3) das sog. Ottonische Reichskirchensystem/geistliche Fürstentum = Ordnung, in der ki. Strukturen als wesentliche Stütze kaiserl. Herrschaft fungieren ● gegen Stammesherzöge: Privilegierung der ki. Amtsträger (Bischöfe, Äbte) a) Erhebung in den Reichsfürstenstand: Territorialherren (geistl. ∞ weltl. Macht) b) besondere Vorrechte + Vermehrung des Besitzes → ki.-theologische Rechte + Pflichten nur eingeschränkt wahrnehmbar: Archidiakone 4) Sakralkönigtum: König = Mittler zw. Klerus + Volk ● Reichskirche = Landeskirche des Königs: Besetzung der Bistümer + Abteien ● empfing Lehenseid + verlieh Bischofsstab als Zeichen der Übertragung → später (Investiturstreit): Darf ein weltlicher Fürst ein geistliches Amt verleihen? 5) 962 Kaiserkrönung Ottos d.Gr. in Rom durch Papst Johannes XII. = Erneuerung von Papsttum + Imperium → fortan gilt: a) nur Papst kann Kaiser krönen b) Kaisertum ist eine Art ki. Würde + an das deutsche Königtum gebunden

Otto I. d.Gr. (936–973)

1) Zerfall des Karolingerreiches X.5. ● 843 Vertrag von Verdun: Dreiteilung (F, Italien, D) ● Heere drangen ein: Normannen (Norden), Sarazenen (Süden), Ungarn (Osten) 2) Behauptung der Papstidee in Zeiten des Niedergangs ● um 850 im Bistum Reims: pseudo-isidorische Dekretalen = Sammlung echter/unechter kirchenrechtlicher Schriften (darunter die Donatio Constantini) ● Zweck: – Stärkung bischöfl. Macht + Unabhängigkeit von weltl. Gewalt – Stärkung der ki. Macht des Papstes → Papst Nikolaus I. darauf aufbauend: absolutes Recht des Papstes in der Kirche → nach seinem Tod: Niedergang des Papsttums + Verstrickung in Machtkämpfe des italienischen Adels 3) Missionserfolge ● Osten: Aufschwung der byzantin. Kirche + der Slawenmission ab 850 – Konstantin (Kyrill) + Methodius → Streit mit Rom um Slawenmission: Schisma zwischen latein. + griech. Kirche (photinianisches Schisma 867–880) ● Westen: bescheidene Missionserfolge im Norden – Ansgar = Apostel Skandinaviens (831 Erzbistum Hamburg) 4) erste mönchische Reformbewegung ● Benedikt von Aniane: allgemeine Durchführung der Benediktinerregel

X.7.

Die Kreuzzugsbewegung

> Welche Gründe führten zur Kreuzzugsbewegung?

Der Investiturstreit

> Wer gab wesentliche Impulse für den sog. Investiturstreit?

KG Rep X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

X.10.

> Schildern Sie den Höhepunkt des Streitverlaufs!

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

KG Rep

Ottos d.Gr. bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts?

Der Investiturstreit

> Wie entwickelten sich Kaisertum und Papsttum in der Zeit vom Tod

KG Rep X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

X.9.

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

KG Rep

X.12.

X.11.

X.11.

1) Krise des byzantinischen Reiches im 11. Jh. X.12. ● Seldschuken drangen in Kleinasien ein ● Islam eroberte alte christliche Gebiete in Syrien + Palästina (vgl. Anfang 7. Jh.) → Hilferuf Kaiser Alexios I. Komnenos → begeistertes Echo im Westen 2) gesteigertes kirchliches Selbstbewußtsein unter Gregor VII. 3) Pilger- + Wallfahrtswesen ● heilige Stätten den Händen der Ungläubigen entreißen 4) positives Verhältnis der Kirche zur kriegerischen Gewalt (seit 9./10. Jh.) ● vgl. schon Gedanke der Schwertmission bei Karl d.Gr. ● Gottesfriedensbewegung in Südfrankreich: Überwindung des Fehdewesens → Unfriede = religiöses Delikt, Friede = ein Gottesfriede (pax Dei), der zu seiner Durchsetzung + Erhaltung der kriegerischen Gewalt bedarf → Standesethos des »christlichen Ritters« 5) weitere Motive: Sündenvergebung, relig. Sehnsucht, wirtschaftl./polit. Expansionsbestrebungen, Abenteuerlust, Flucht vor heimischen Verhältnissen, Orientphantasien

1) Papst Gregor VII. (1073–1085) ● versuchte Gedanken Humberts in die Tat umzusetzen ● engste Verbindung von Weltabkehr + Weltbeherrschung ● 1 Ziel: libertas ecclesiae → strengste Zölibatbeachtung + Ausrottung d. Simonie ● Dictatus Papae (unveröffentlicht): – Papst hat höchste kirchliche Richtergewalt: kann auch Treueide lösen – Grund: Mt 16,18ff., De civitate Dei, Ansprüche Gregors I. + Nikolaus I. – Verhältnis von geistlicher + weltlicher Macht ≈ Verhältnis von Leib + Seele, Sonne + Mond 2) Kaiser Heinrich IV. (1056–1106) ● Streitpunkt erst Laieninvestitur, dann die polit. Oberherrschaft der Ki. in d. Welt ● Anlaß des Investiturstreites: Besetzung des Erzbistums Mailand durch Heinrich IV. ● 1076 Gregor bannte Heinrich IV. → 1077 Gang nach Canossa 3) Ausgang des Streites nach Gregors Tod + Wiedererstarken Heinrichs IV. ● geistliches Amt als rein priesterl. Amt verstanden: nur Kirche kann darin einführen ● 1122 Wormser Konkordat zw. Heinrich V. + Calixt II.: Kompromiß – König: keine Investitur mit Stab/Ring, dafür mit Zepter (vor der Weihe) – aber: König kann Investitur verweigern + dadurch vom Episkopat ausschließen

Investiturstreit (1075–1122)

X.10.

● 1059 Papstwahldekret:

Wahlvorschlag nur noch vom Kardinalskollegium, nicht mehr vom dt. König

● Werk: Libri tres adversus Simoniacos – Simonie = jetzt: jede Art von Laienbeteiligung an der Übertragung ki. Ämter (Laieninvestitur) – Insignien (Stab + Ring) kann nur der übergeben, der selber im Amt steht – in Anlehnung an Augustin + Donatio Constantini: Verhältnis von geistl. + weltl. Gewalt ≈ Verhältnis von Leib + Seele

Humbert von Silva Candida

1) Kaiser: Fortsetzung der theokratischen, universalherrschaftlichen Politik X.9. ● Höhepunkt der kaiserlichen Macht unter den Saliern: a) Heinrich II. (Gründung des Bistums Bamberg) b) Heinrich III. der Fromme – Beziehung zur cluniazensischen Reformbewegung – Besetzung der cathedra Petri mit kaiserl. Päpsten aus Deutschland: 1046 Synoden von Sutri + Rom: 3 simonist. Päpste abgesetzt, dafür Suidger von Bamberg (= Clemens II.) → mit ihm beginnt der Aufstieg d. Papsttums 2) Papst Leo IX.: Geist der mönchischen Reformbewegung kam auf das Papsttum ● Einführung regelmäßiger Synoden: diese verurteilten Simonie + Nikolaitismus ● Reisen durch verschiedene Länder: Sicherung des päpstlichen Einflusses ● Begründung des Kardinalskollegiums, darin 2 Mönche aufgenommen: – Humbert (später: Kardinalbischof von Silva Candida) – Hildebrand (später: Papst Gregor VII.) ● allerdings auch schwerer Konflikt mit Byzanz wegen diverser Streitpunkte: – Patriarch Michael Kerullarios beugte sich nicht röm. Primatsanspruch – Slawenmission – filioque → 1054 gegenseitige Exkommunikation der lateinisch-abendländischen Ki. + der griechisch-orientalischen Ki.

> Inwiefern gelangte das Papsttum unter Innocenz III. auf den Höhepunkt

> Welche Folgen hatten die Kreuzzüge für die westliche Kirche?

seiner Macht?

Papst Innocenz III.

X.16.

Die Kreuzzugsbewegung

KG Rep X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

X.14.

den Stauferkaisern Friedrich I. und Heinrich VI.?

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

KG Rep

Angaben zu deren Anlaß und Verlauf!

> Nennen Sie die wichtigsten Kreuzzüge und machen Sie jeweils kurze

> Wie gestaltete sich das Verhältnis von Papsttum und Kaisertum unter

X.15.

Die Kreuzzugsbewegung

KG Rep X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

X.13.

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

KG Rep

X.14.

1) alle Herrschaftsansprüche der Vorgänger Nikolaus I./Gregor VII. zusammengefaßt: Papst ● = vicarius Christi ● hat umfassende Autorität aufgrund priesterl. Vollmacht des Bindens + Lösens (gilt auch für Sünden der Fürsten + Könige) ● hat Kaisertum aus alter Zeit hinübergeführt (translatio imperii) ● vereinigt in sich beide Schwerter (vgl. Lk 22,38) → alle weltl. Herrscher = Lehensträger des Papstes: päpstliche Universalherrschaft 2) theologischer Hintergrund: Weltverachtung ∞ Weltbeherrschung ● vgl. Schrift zu Beginn des Pontifikats: De contemptu mundi ● gleichwohl ausgesprochen politischer Papst 3) politisches Wirken: ● Innocenz brachte Welfen Otto IV. auf Kaiserthron: Otto sicherte päpstliche Herrschaft über deutsche Kirche zu, schloß aber Bündnis gg. Papst → Innocenz ernannte Friedrich II. gg. Treueid + Verzichtsleistungen zum Kaiser

4) kirchlich ● durch Ritterorden: Adel kommt in den Dienst der Kirche ● Förderung des Reliquien- + Ablaßwesens ● Passionsfrömmigkeit: Anschauungsmaterial in Palästina (Bernhard v. Clairvaux) ● wachsender Geldbedarf der Kurie → Kritik: Arnold von Brescia ruft zur apostol. Armut = Grundgedanke der ki. Opposition der folgenden Jahrhunderte ● durch Begegnung mit außerchristl. Kultur: eingeschränkte Alleingeltung der Kirche

3) wirtschaftlich ● Aufschwung des Handels in den Städten Frankreichs + Italiens → Bürgertum

2) politisch ● Spannungen der Kreuzfahrer während der Züge schärften nationales Bewußtsein

1) kulturell ● Begegnung mit der hochstehenden Kultur der Araber + Byzantiner

X.16.

Innocenz III. (1198–1216) ● Papsttum auf der Höhe seiner Macht → sichtbar: 4. Laterankonzil 1215

2) Sohn Heinrich VI. ● Erbschaft Siziliens (Heirat mit Konstanze von Sizilien) → Bedrohung des Papsttums durch Nord-Süd-Umklammerung ● aber Kaiser starb mit 32 Jahren → in D: Thronwirren

1. Zug (1096–1099) X.13. ● Anlaß: Hilferuf des byzantin. Kaisers → Aufruf Urbans II. auf der Synode von Clermont 1095 ● Verlauf: – Kämpfe um Antiochien + Eroberung Jerusalems – Errichtung von geistl. Königtümern (sog. Kreuzfahrerstaaten) 2. Zug (1147–1149) ● Anlaß: Kreuzzugspredigt Bernhards von Clairvaux (1090–1153) ● Leitung: Ludwig VII. (F) + Konrad III. (D) ● Verlauf: totales Scheitern → Ernüchterung im Abendland 3. Zug (1189–1192) ● Anlaß: Eroberung Jerusalems durch den Sultan v. Ägypten ● Leitung: Barbarossa (D), Philipp II. (F), Richard Löwenherz (England) ● Verlauf: trotz großangelegter Organisation nur geringe Gebietsgewinne 4. Zug (1202–1204) ● Anlaß: Aufruf Innocenz III. zur Rückeroberung der hl. Stätten ● Verlauf: Eroberung Konstantinopels + latein. Kaisertum (1204–1261) → Papst für kurze Zeit Herr der ganzen Kirche (Ost + West) ● Herrschaft Friedrichs II. – 5. Zug + 6. Zug – 1244: Jerusalem fiel endgültig in türkische Hände

X.15. 1) Friedrich I. Barbarossa (1152–1190; † auf 3. Kreuzzug) ● neuer Aufschwung des Imperiums: Orientierung an röm. Kaiserzeit → neue Kaiserideologie: Erneuerung der alten Rechte der Krone – durch geschickte Diplomatie: Glanzzeit des Kaisertums ● Auseinandersetzung mit dem Papsttum um die Weltherrschaft: – Hadrian IV. – anschließend jahrzehntelanges Schisma: Alexander III. ↔ Viktor IV.: von kaiserlicher Partei erhoben – Alexander III. belegte Barbarossa mit Bann → im Frieden von Venedig (1177) ließ Barbarossa Gegenpapst fallen + erkannte Alexander III. an

X.18.

X.17.

Staufern des 13. Jahrhunderts?

> Wie endete der Kampf zwischen Papsttum und Kaisertum unter den

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

KG Rep

> Nennen Sie wichtige Bestimmungen des 4. Laterankonzils 1215!

Papst Innocenz III.

X. Papsttum und Kaisertum im Früh- und Hochmittelalter

KG Rep

X.17. Bischöfe können nun auch weltl. Gewalt zu diesem Zweck einsetzen

2) Konradin = letzter staufischer Herrscher ● 1268 in Neapel durch Karl von Anjou hingerichtet → Sieg des Papsttums über das Kaisertum + Beginn der Abhängigkeit v. Frankreich → Höhepunkt = Wendepunkt: politischer + geistlicher Niedergang des Papsttums im Spätmittelalter

1) Kaiser Friedrich II. (1215–1250) X.18. ● Glanzzeit staufischer Herrschaft ● kaiserl. Selbstbewußtsein: gottähnliche Stellung ↔ Päpste (Innocenz III., Gregor IX., Innocenz IV.): weltliche Herrschaft = Lehen des Papstes → mehrfacher Bann: erschütterte freilich Selbstbewußtsein nicht mehr ● Konzil von Lyon 1245: Kaiser für abgesetzt erklärt, Gegenkönig ernannt → Friedrich II. starb aber 1250 unbesiegt ● Streitschriften + Selbstbewußtsein weisen in neues Zeitalter: Anerkennung der geistl. Autorität des Papstes, aber Ablehnung seiner Machtpolitik

4) Dogma von der Transsubstantiation (= einziges Dogma des MA)

3) einmal im Jahr zur Osterzeit: Pflichtkommunion nach Ohrenbeichte

2) neue Inquisitionsbestimmungen:

1) Verbot neuer Ordensgründungen

Theologen der Frühscholastik

> Inwiefern beginnt nach 1000 das eigentliche Zeitalter der Scholastik? > Was versteht man unter dem sog. Universalienstreit?

> In welche Perioden läßt sich die Scholastik des Mittelalters einteilen?

XI.4.

Charakteristik und Periodisierung der Scholastik

KG Rep

XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

XI.2.

diskutiert?

XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

KG Rep

> Was versteht man unter der Scholastik? > Nennen Sie die wichtigsten scholastischen Literaturformen!

> Nennen Sie drei bedeutende Theologen des 9. Jahrhunderts! > Welche theologischen Fragen wurden im 9. Jahrhundert kontrovers

XI.3.

Charakteristik und Periodisierung der Scholastik

KG Rep XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

XI.1.

XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

KG Rep

entwickelte Prädestinationslehre Augustins zur doppelten Prädestination weiter (gemina praedestinatio)

XI.4.

der Allgemeinbegriffe (universalia) + damit der Glaubensaussagen ● ab ca. 1090: 1) Nominalismus (Roscellinus von Compiègne) – universalia: haben kein Sein, sind lediglich Begriffe des Verstandes 2) Realismus (Wilhelm von Champeaux, Anselm von Canterbury) – universalia: haben das Sein im eigentlichen Sinne, Einzeldinge besitzen es nur in abgeleiteter Weise (= augustinisch-neuplatonische Konzeption) → Universalienproblem durchzieht Scholastik bis ins 15. Jh.

> = die Auseinandersetzung um die Frage nach der Wirklichkeit

kritische Aneignung der vielgestaltigen Tradition → Dialektik von Autorität + Rationalität, Rezeptivität + Produktivität → Gegensatz von Neuplatonismus + Aristotelismus wird mehr + mehr bewußt

> neben die Tradition tritt die ratio:

● Ratramnus, Mönch: 2) Prädestination ● Gottschalk, Mönch:

XI.3.

realistische Auffassung (Elemente durch Schöpfungswunder in Leib/Blut Christi) eher symbolische Auffassung (nach Augustin)

● Paschasius Radbertus, Abt von Corbie:

> 1) Abendmahl

● wichtiger Vermittler des neuplatonischen Erbes an das MA ● De divisione naturae, latein. Übersetzungen des Dionysius Areopagita 2) Hrabanus Maurus, Abt von Fulda + Erzbischof von Mainz ● sammelte antike Literatur + Kirchenväterschriften ● De clericorum institutione, Bibelkommentare 3) Walahfried Strabo, Abt von Reichenau ● Bibelkommentare, liturg. Schriften

> 1) Johannes Scotus Eriugena (»Ire«)

3) Spätscholastik (1300–1500)

2) Hochscholastik (1200–1300) ● ab 1200: über die islam. + jüd. Philosophie gesamter Aristoteles bekannt (v.a. Ethik + Metaphysik) ● um 1200: erste Universitäten (Bologna, Paris, Oxford, Cambridge)

1) Frühscholastik (1000–1200) ● ab 1150: gesamtes Organon des Aristoteles bekannt

XI.2.

v.a. die Libri quattuor sententiarum des Petrus Lombardus = das Dogmatiklehrbuch des MA (4 Hauptgebiete: De Deo, de creatura, de incarnatione Verbi, de sacramentis) zu Schriften der antiken + christlichen Tradition, dann v.a. zu dem Sentenzenwerk des Lombarden (sog. Sentenzenkommentare) Zusammenfassung der Lehre im heilsgeschichtlichen Schema Darstellung dogmatischer Einzelprobleme

Hilfskonstruktion: Früh-, Hoch- + Spätscholastik → Zäsuren durch diverse Grade der Aristotelesrezeption:

4) Quaestiones disputatae:

3) Summen:

2) Kommentarwerke:

> 1) Sentenzensammlungen:

(v.a. Augustin) rezipiert + mit Hilfe der Dialektik + Logik bearbeitet

> = Schulwissenschaft, die das antike Erbe + die Theologie der Kirchenväter XI.1.

Bonaventura!

> Inwiefern erreichte die Scholastik im 13. Jahrhundert ihren Höhepunkt? > Beschreiben Sie den theologischen Ansatz des Alexander Halesius und

> Mit welchen zwei Theoriebildungen hat Anselm von Canterbury in die

weitere Theologie- und Philosophiegeschichte gewirkt?

Theologen der Hochscholastik

XI.8.

Theologen der Frühscholastik

KG Rep

XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

XI.6.

Kirchenrechts bedeutsam?

> Welcher Theologe des 12. Jahrhunderts wurde für die Disziplin des

XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

KG Rep

> Nennen Sie zwei bedeutende mystische Theologen des 12.

> Worum ging es im Abendmahlsstreit des 11. Jahrhunderts? > Worin liegt die theologiegeschichtliche Bedeutung des Peter Abaelard? Jahrhunderts!

Theologen der Frühscholastik

XI.7.

Theologen der Frühscholastik

KG Rep XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

XI.5.

XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

KG Rep

XI.7.

XI.8.

● 1.x Kenntnis des ganzen Aristoteles → Verbindung v. aristotelischer Philosophie + Grundgedanken Augustins ● Theologie = Gotteserkenntnis durch Erleuchtung (illuminatio gratiae) des menschlichen Willens (voluntas) → Alexander = Begründer der franziskanischen Schule des Voluntarismus: Primat des Willens vor dem Intellekt 2) Johannes Fidenza, genannt Bonaventura = Schüler von 1) ● franziskanisch-mystische Theologie: Glaubenserfahrung in der von Gott erleuchteten Seele (Illuminationstheologie) ● göttl. Krafteinfluß (durch Sakramente) → gratia habitualis

> 1) Alexander Halesius

mit dem ganzen Aristoteles (über Averroes v. Cordoba + Moses Maimonides) → Ausbau theologischer Systeme ● Franziskaner: Alexander Halesius, Bonaventura, Duns Scotus ● Dominikaner: Albertus Magnus, Thomas von Aquin

> Entstehung der Universitäten, Aufkommen der Bettelorden, Begegnung

● um 1140 Concordantia discordantium canonum (= sog. Decretum Gratiani): Zusammenstellung der gültigen kirchlichen Rechtssätze ● wurde Hauptstück des Corpus iuris canonici

> Gratian von Bologna, Mönch

● Gegner der rationalen Kritik + dialektischen Methode: demutsvolle Einfügung des menschlichen Willens in den göttlichen ● Passionsfrömmigkeit: Meditation des irdischen, leidenden Christus 2) Hugo von St. Viktor, Augustiner-Chorherr ● neben Passionsfrömmigkeit: Erneuerung der sog. areopagitischen Mystik: über Stufen der Reinheit + Erleuchtung (unterstützt durch Sakramente) bis zur Schau Gottes in der Ekstase → areopagitische Mystik im 12. Jh. v.a. in Nonnenklöstern (Hildegard von Bingen)

> 1) Bernhard von Clairvaux (1090–1153), Zisterzienser

XI.6.

2) Satisfaktionslehre: Cur Deus homo? = Neuinterpretation der Erlösungslehre ● Inkarnation = nicht nur denkmöglich, sd. denknotwendig ● Sünde = objektive Verletzung der Ehre Gottes (vgl. Augustin) → Strafe od. Genugtuung: nur Genugtuung kann die Ehre wiederherstellen → satisfactio: der M. muß sie leisten, nur Gott kann sie leisten → Deus homo ● Kreuzestod Christi = freiwilliges Opfer, das belohnt wird → Christus hat Verdienst erworben, das auf Glaubende übergeht (german. Züge)

1) Meditationen über Gott als höchstes geistiges Wesen ● Monologion: das Göttliche = höchstes Sein (summa essentia) → alles hat daraus seine Existenz ● Proslogion: später sog. ontologischer Gottesbeweis – Idee Gottes in der m. Vernunft: Gott = aliquid quo nihil maius cogitari potest – Schluß vom Begriff eines Wesens, quo nihil maius cogitari potest, auf die Existenz dieses Wesens: denn die absolute Vollkommenheit schließt die Existenz mit ein

Anselm von Canterbury (1033–1109), Benediktiner + Erzbischof ● dialektische Methode = theologisch notwendig ● Problem Vernunft + Offb. i.S. Augustins: credo ut intelligam, fides quaerens intellectum

● konsequente Anwendung der dialektischen Methode (Sic et non): Wahrheit muß immer erst gesucht werden über inquirere et dubitare → Bearbeitung der Tradition mit philolog. Kritik + logischen Argumenten: Ziel = 1) Ausgleich von Widersprüchen 2) Herausarbeiten der bleibenden Wahrheit → diese Methodik wurde für ganze Scholastik grundlegend

> Peter Abaelard (1070–1142)

→ gg. realistische Abm.-Auffassung: Einsetzungsworte = bildliche Redeweise ● Lanfrank, Abt von Bec: traditionellere Auffassung einer Wandlungslehre → Sieg des Traditionalismus über die Dialektik: 1215 wurde Wandlungslehre fixiert

> ● Berengar von Tours = 1. Theologe, der Tradition mit Dialektik bearbeitet XI.5.

Die Armutsbewegung

> Welche wichtigen Bettelorden entstanden im Hochmittelalter?

> Beschreiben Sie den theologischen Ansatz des Thomas von Aquin!

XI.12.

Theologen der Hochscholastik

KG Rep

XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

XI.10.

> Wie reagierte die offizielle katholische Kirche auf diese Bewegung?

XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

KG Rep

> Geben Sie einen Überblick über die Geschichte der Armutsbewegung

> Beschreiben Sie den theologischen Ansatz des Albertus Magnus! im 12. Jahrhundert!

Die Armutsbewegung

XI.11.

Theologen der Hochscholastik

KG Rep XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

XI.9.

XI. Scholastische Theologie, Mystik und Frömmigkeit im Mittelalter

KG Rep

XI.11.

XI.12.

● Armutsbewegung = größtenteils Frauenbewegung: weibl. Zweig (Dominikanerinnen + Klarissen) + Beginentum (außerhalb der Orden)

1) Dominikaner- oder Predigerorden (O.P.); Gründer: Spanier Dominikus ● Hauptaufgabe: Predigt, Universitätstheologie, Mitwirkung an Inquisition → Reinhaltung der ki. Lehre + Häresieabwehr 2) Franziskanerorden (O.F.M.); Gründer: Franz von Assisi (1181/82–1226) ● Franz: Jugend in Reichtum; Aussendungsrede (Mt 10) → Nachfolge Jesu in Armut: Vermählung mit d. Armut + Kreis v. Gesinnungsgenossen (1210 päpstl. bestätigt) ● heitere + demutsvolle Frömmigkeit → franziskanische Bewegung anfangs ohne Regel + Organisation (1223 Regula bullata) ● nach Tod des Franz: Kirchenpolitik bemächtigte sich d. Ordens → schwere Kämpfe zw. Spiritualen + Konventualen: letztere setzten sich durch 3) Karmelitenorden (12. Jh.): aus Eremitenverband 4) Augustiner-Eremitenorden (13. Jh.): lebte nach der »Regel Augustins«

13. Jh.: Bettelorden → neue Situation im Mönchtum: ● keine Klausur → Umherziehen: Seelsorge + Predigt in den Städten ● Nachfolge Jesu/der Apostel in Armut: völlige Besitzlosigkeit

– Albigenserkriege (1209–1229) – Errichtung der Inquisition (seit 1232) 2) Integration durch Bettelorden (unter Innocenz III.)

> 1) Überwindung durch Gewalt:

Bewegungen gg. Reichtum + weltl. Macht der Kirche (Maßstab = armes Leben Jesu) 1) Arnold von Brescia, Prediger, rief seit 1147 in Rom zur apostol. Armut auf 2) Joachim von Fiore, Abt: Dreizeitalterlehre (Vater, Sohn, Geist [1260 vollendet]) 3) Katharer (die »Reinen«, davon »Ketzer«) ● Rezeption dualistisch-gnostischer Gedanken (→ daher auch: »Neumanichäer«) ● Forderung nach reiner Ki. + Abwendung von sündhafter Welt: strenge Askese → gg. Ehe, ki. Sakramente, Bilder, Heilige, Reliquien 4) Waldenser ● begr. 1176 von Lyoner Kaufmann Waldes: angestoßen durch Aussendungsrede (Mt 10) → Verein von Männern/Frauen: wandernde Bußprediger/innen ● Mitte: »Gesetz Christi« → Nachfolge Jesu/der Apostel in Armut ● Hauptverbreitungsgebiete von 3) + 4): Südfrankreich + Oberitalien

> zum 1.x seit Alter Kirche:

XI.9.

XI.10.

1) Lehre a) Versuch einer großangelegten Synthese von Augustin + Aristoteles ● Entdeckung des wahren Aristoteles → Verschiedenheit von philosophischem + theologischem Erkennen (Problem der doppelten Wahrheit) ● aristotelischer Einfluß: – in der Erkenntnistheorie, Metaphysik, Form der Darstellung (Logik) ● augustinischer Einfluß: – in der Gotteslehre + Rechtfertigungslehre b) Harmonie von Natur + Gnade: gratia non tollit, sed perficit naturam ● alle geschaffenen Dinge spiegeln Gottes Wesen per analogiam wider → natürl. Gotteserkenntnis der Vernunft bedarf der übernatürl. Offenbarung ● Rechtfertigungslehre: – Thomas hier näher am späten Augustin als die franziskanische Theologie – Empfang der Gnade allein an ki. Sakramente gebunden 2) Werk ● Summa Theologiae

Thomas von Aquin (1225–1274) ● Studium in Paris + Köln (Albertus Magnus) ● Lehrtätigkeit in Italien (v.a. Neapel) + in Paris

● Einheit von Naturerkenntnis, Theologie, Physik + Metaphysik: »Doctor universalis« – aristotelischer Einfluß: v.a. in der Erkenntnistheorie → Universalienlehre: gemäßigter Realismus ● Begriffe sind als Ideen des göttl. Geistes »vor« den Einzeldingen: ante rem ● Begriffe sind als Formen der Materie »in« den Einzeldingen: in re ● Begriffe sind als Abstraktionen der Vernunft »nach« den Einzeldingen: post rem – augustinischer Einfluß: v.a. in der Theologie + Ethik

● der erste bedeutende Theologe des Hochmittelalters aus Deutschland

Albertus Magnus

Die Theologie im Spätmittelalter

> Beschreiben Sie den theologischen Ansatz des Johannes Duns Scotus!

> Was wurde am spätmittelalterlichen Papsttum besonders kritisiert?

XII.4.

Das Papsttum im Spätmittelalter

KG Rep XII. Das Spätmittelalter

XII.2.

15. Jahrhundert!

XII. Das Spätmittelalter

KG Rep

Jahrhundert?

> Wie gestaltete sich das Verhältnis von Papsttum und Kaisertum im 14.

> Geben Sie einen Überblick über die Geschichte des Konziliarismus im

XII.3.

Das Papsttum im Spätmittelalter

KG Rep XII. Das Spätmittelalter

XII.1.

XII. Das Spätmittelalter

KG Rep

XII.4.

1) Lehre ● zeitlich noch Hochscholastik, inhaltlich schon Spätscholastik vorwegnehmend: scharfe Kritik an Thomas → Harmonie von Vernunft + Offb., Philosophie + Theologie bricht auseinander ● Gott-Mensch-Verhältnis neu definiert: statt ontologischer nun aktual-personhafte Beziehung zw. Gott + Mensch – Gott = souveräner freier Wille, Mensch versucht mit eingeschränkt freiem Willen zu antworten (Voluntarismus) – Rechtfertigung: beide Willen wirken zusammen, eigentlicher Grund ist aber die freie göttliche Annahme des Menschen (acceptatio divina) 2) Werk ● Sentenzenkommentar (Opus Oxoniense)

Johannes Duns Scotus ● englischer Franziskanertheologe

XII.3. 1) in der 1. Hälfte des 15. Jh.s: Reformbewegung des Konziliarismus ● von 2 Theologen getragen: Pierre d’Ailly + Jean Charlier, genannt Gerson ● Ziel: – Reform der Ki. an Haupt + Gliedern – Überordnung des Konzils über den Papst (vgl. Defensor pacis + Ockham) 2) Reformkonzil von Konstanz (1414–1418), angeregt von König Sigismund ● 1) causa unionis (Schisma), 2) causa fidei (Hus), 3) causa reformationis (ki. Reform) ● Erfolg: Überwindung des Papstschismas (Rücktritt) + Wahl Martins V. ● Dekret Frequens (1417): regelmäßige Abhaltung von Konzilien 3) Reformkonzil von Basel (1431–1447/49) ● zunächst Erfolg des Konziliarismus: päpstl. Auflösungsbulle nicht anerkannt → Eugen IV.: Gegenkonzil in Ferrara + Florenz (1437–1439) – deklarierte Kirchenunion mit Ostkirche (Dekret Laetentur coeli [1439]): Hintergrund = Hilferuf der Griechen angesichts Türkengefahr ● F: Nationalkirche verteidigte gallikanische Freiheiten gegenüber Rom ● D: – seit Wiener Konkordat 1448 Reformverhinderung durch Päpste – seit Frankfurter Fürstentag 1456: »Gravamina der deutschen Nation« 4) Antipoden des Konziliarismus: die sog. Renaissancepäpste ● Pius II. verurteilte Konziliarismus als Häresie + Majestätsbeleidigung → konziliaristische Gedanken aber weiterhin bis ins 16. Jh. aktuell ● Sixtus IV., Alexander VI., Julius II., Leo X. (1513–1521): geistlich-moral. Tiefpunkt (Nepotismus) ∞ kultureller Höhepunkt der Papsttums

XII.2.

1) Mißbrauch im Gerichtswesen + in der Finanzwirtschaft 2) päpstlicher Herrschaftsanspruch ↔ staatliche Souveränität: a) Marsilius von Padua: Defensor pacis ● Gedanke der Volkssouveränität: alle weltl. Gewalt vom Volk delegiert → Ki. + Papst haben allein geistliche Aufgaben ● oberste Vertretung der Ki. = Generalkonzil, dem auch Laien angehören b) Wilhelm von Ockham ● geistl. + welt. Gewalt: nach Zuständigkeitsbereichen unterschieden, zugleich aber im Blick auf Gemeinwohl einander zugeordnet ● wahre Kirche = communio sanctorum, nicht die sichtbare Kirche

Kritik am Papsttum

3) Papstschisma von 1378–1415: je ein Papst in Rom + Avignon = schwerste Krise des Papsttums

2) letzter Kampf zw. Kaisertum + Papsttum ● Ludwig der Bayer ↔ Johannes XXII. ● »Goldene Bulle« 1356: Königswahl ohne päpstl. Bestätigung

1) Pyrrhussieg d. Papsttums über Kaisertum: Abhängigkeit v. franz. König XII.1. ● F = führend in der Ausbildung des Nationalstaates → Gegengewicht zum Papst ● Bonifaz VIII.: Bulle Unam sanctam (1302) = Zusammenfassung der bisherigen päpstl. Machtansprüche (Gehorsam gg. Papst = heilsnotwendig) ● Philipp IV. (»der Schöne«) appellierte an allg. Konzil ↔ Papst: Banndrohung → Philipp ließ Bonifaz gefangennehmen ● Hintergrund des Streites: Besteuerung von Klerus + Klöstern in F + England ● »babylonische Gefangenschaft« der Päpste in Avignon 1309–1376 polit. Ohnmacht + moral. Verfall des Papsttums

> Charakterisieren Sie das kirchliche Leben und die Volksfrömmigkeit im

> Beschreiben Sie den theologischen Ansatz Meister Eckharts!

Spätmittelalter!

Die Frömmigkeit im Spätmittelalter

Die Theologie im Spätmittelalter

XII.8.

XII. Das Spätmittelalter

KG Rep

XII. Das Spätmittelalter

KG Rep

XII.6.

> Beschreiben Sie den theologischen Ansatz des Nikolaus Cusanus!

> Beschreiben Sie den theologischen Ansatz des Wilhelm von Ockham! > Welche spätmittelalterlichen scholastischen Schulrichtungen werden

unterschieden? Nennen Sie jeweils einige Vertreter!

Die Theologie im Spätmittelalter

XII.7.

Die Theologie im Spätmittelalter

KG Rep XII. Das Spätmittelalter

XII.5.

XII. Das Spätmittelalter

KG Rep

XII.7.

2) Volksfrömmigkeit ● Angst vor Tod (Totentänze, ars moriendi) + Gericht (Christus als Weltenrichter) – Heiligenverehrung (v.a. Maria + Anna) – Reliquien-, Ablaß-, Wallfahrtswesen – religiöse Stiftungen – fromme Genossenschaften ● Kehrseite – Judenpogrome – Hexenwahn: Malleus maleficarum des Dominikaners Heinrich Institoris (+ Jakob Sprenger?)

XII.8. 1) kirchliches Leben ● Mittelpunkt: Frage nach dem ewigen Seelenheil → Antwort = Gnadenangebot der Kirche in den Sakramenten → Zentrum des ki. Lebens: Messe + Bußsakrament ● Dominanz von Klerus + Mönchtum – in den Städten: ● Meßpriester (ohne Predigt + Seelsorge) ● Prädikanten/Bettelmönche (Predigt in Volkssprache) – verwahrlostes Mönchtum → Antiklerikalismus + verschiedene Klosterreformen

1) Lehre ● Ringen um angemessenen Ausdruck für Gott + sein Verhältnis zur Welt: – Gott = coincidentia oppositorum: das absolute possest (in dem Bestehendes wie Mögliches zusammenfällt) + das non aliud zu allem Existenten – bei Cusanus findet sich schon Begriff des »deus absconditus« – M. kann sich Gott nur in docta ignorantia nähern 2) Werk ● De docta ignorantia (gg. scholastische Methode)

Nikolaus Cusanus ● kein Universitätstheologe: Bischof + Kardinal

XII.5.

Thomas v. Aquin, v.a. Dominikanertheologen Ockham, Gabriel Biel, v.a. Franziskanertheologen

XII.6.

1) Lehre ● geprägt von: Thomas, Neuplatonismus, Augustin, Bernhard ● Gott – ontologisches Interesse: esse est deus → pantheisierende Wendungen ● Seele – in der Tiefe der Seele: »Seelenfünklein« = ein increatum, in dem Gott wohnen will = durch Welt-/Selbstliebe verschüttet: kann durch »Gelassenheit« (Abkehr von Welt) wieder Göttlichem geöffnet w. → unio mystica → Inkarnation tritt zurück: Geburt des Sohnes in der gläubigen Seele → Sakramente stehen nicht mehr im Mittelpunkt 2) Werk ● Opus Tripartitum (scholastisch); dt. Predigten (v.a. in Dominikanerinnenklöstern) – 1329 wurden einige Sätze als häretisch bzw. verdächtig verworfen ● wichtigste Schüler: die Dominikaner Johannes Tauler + Heinrich Seuse

Meister Eckhart ● Dominikaner, bedeutendster mystischer Theologe des Spätmittelalters

2) »via moderna«:

> 1) »via antiqua«:

● englischer Franziskanertheologe 1) Lehre ● scharfe Trennung zwischen Theologie + Philosophie: Gott durch Vernunft nicht erkennbar, da sich Vernunft auf Irdisches bezieht ● Gott = absoluter Wille (potentia absoluta), hat sich aber an die von ihm gesetzte Ordnung gebunden (potentia ordinata) – Selbstbindung Gottes + Geschichtlichkeit der Offb. zeigen sich in der Bibel – zur gottgesetzten Ordnung gehören: Kirche + Gnadenmittel ● Gnade = relational als Gunst Gottes (favor Dei) verstanden, nicht als eingegossenes Geschenk (donum) – würdiger Empfang der Gnade betont: pelagianische Tendenzen (facere quod in se est) 2) Werk ● Sentenzenkommentar

> Wilhelm von Ockham

Hintergrund der Frömmigkeit des 15. Jahrhunderts?

> Welche wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Faktoren stehen im

XII.12.

> Was versteht man unter den sog. Vorreformatoren?

KG Rep XII. Das Spätmittelalter

XII.10.

Renaissance und des Humanismus?

XII. Das Spätmittelalter

KG Rep

Spätmittelalters in besonderer Weise zum Ausdruck?

> Welche Frömmigkeitsbewegung bringt das spirituelle Leben des

> Welche Anliegen verfolgten die geistesgeschichtlichen Strömungen der

XII.11.

Die Frömmigkeit im Spätmittelalter

KG Rep XII. Das Spätmittelalter

XII.9.

XII. Das Spätmittelalter

KG Rep

wirtschafts- + sozialgeschichtliche Faktoren ● Aufstieg des städt. Bürgertums: Geldwirtschaft trat an Stelle der Naturalwirtschaft ● Frühkapitalismus: Tauschwertorientierung + Zweck-/Nützlichkeitsdenken – ki. Zinsverbot des MA mehr + mehr aufgehoben (Kurie ging in Praxis voran) – Geldpolitik der Kurie → romfeindliche Stimmung, aber Kritik an Rom = keine Kritik an der Kirche: reich gewordenes Stadtbürgertum suchte persönliche Heilssicherheit → Streben des Bürgertums = Hauptantrieb für Intensivierung von Frömmigkeit + kirchlichem Leben

einschneidende Ereignisse im 15. Jh. XII.12. 1) ca. 1450: Erfindung des Drucks mit beweglichen Lettern (Johannes Gutenberg) 2) Ende 15. Jh.: Entdeckung neuer Erdteile + Meere

XII.11. 1) Renaissance (14./15. Jh., v.a. in Italien) ● Rückbesinnung auf die (pagane) Antike → unmittelbare Vorzeit = »Mittelalter« ● Anliegen: – Individualität des Menschen – kritischer Geist in den Wissenschaften: Laurentius Valla – geistiges + künstlerisches Schaffen nicht mehr direkt im ki. Dienst ● Versuche der Annäherung an die christliche Religion: a) Marsilio Ficino: übersetzte echten Platon + verglich ihn mit Paulus b) Giovanni Pico della Mirandola: christlicher Platonismus 2) Humanismus (spätes 15. Jh., v.a. in NL, D, F + England) ● Anliegen: – Rückführung zu einfacher, biblisch-praktischer Frömmigkeit – Kirchenreform durch Bildung + tätige Nächstenliebe (Nähe zur Devotio moderna) – Schwerpunkt: philolog. Interesse an Antike + Bibel ● Vertreter: Willibald Pirckheimer; Konrad Peutinger; Johannes Reuchlin, für ihn geschrieben: die sog. Dunkelmännerbriefe ● Desiderius Erasmus von Rotterdam (1466–1536) – Ziel: Ki. wieder zu einfachem Glauben der Urchristenheit zurückführen → scharfe Kritik an Ki. + scholastischer Theologie – Lebensideal = humanitas christiana: christliche Ethik (Handbüchlein eines christlichen Streiters) – 1516 Ausgabe des griech. NT

XII.9.

XII.10.

1) John Wiclif: Uni-Theologe Oxford; Hauptwerk: Trialogus ● engl. Patriot gg. Papsttum → biblisch begründete Kirchenkritik ● biblizistischer Ansatz: Hl. Schrift = Gesetz Gottes (Vulgata-Übersetzung) → Kritik an Ablaßhandel, Reliquienverehrung + Mönchtum → Kritik an Wandlungslehre: Abm. rein sinnbildlich verstanden, allein für Gläubige (mit Augustin: Ki. = communio praedestinatorum) ● zu Lebzeiten nicht verfolgt: seine Reformbewegung in England ohne Folgen 2) Jan Hus: Uni-Theologe Prag; Hauptwerk: De ecclesia ● Wiclifs Gedanken durch Studenten nach Prag ● Hus: biblische, soziale + nationale Motive d. Kirchenkritik (Wandlungslehre bejaht) ● Auseinandersetzungen an Prager Uni: Bann, Bücherverbrennung, Predigtverbot – unter königl. Geleit aufs Konstanzer Konzil: Prozeß → Hinrichtung (1415) → sog. Hussitenkriege (1419–1436): Hauptforderung = Laienkelch – 2 Gruppen der hussit. Bewegung: Prager + Taboriten (schwärmerischer Zug) → Fortleben des Hussitentums in den »Böhmischen Brüdern« 3) auch dazu gezählt: (Petrus) Waldes + Dominikaner/Bußprediger Savonarola

● Begriff aus dem 19. Jh. für Theologen des 14. + 15. Jh.s: Reformation in Kontinuität zur »Kirche Christi und ihren Zeugen«

a) Ende 14. Jh.: Reformbewegung der »Brüder vom gemeinsamen Leben« – halbklösterliche Gemeinschaften (von den NL in den Nordwesten von D) – Koalition: mystische Frömmigkeit + humanistische Weltaufgeschlossenheit → pädagogische Arbeit – bekannter Prediger: Geert Groote – bekanntestes Werk: De imitatione Christi (Verf. wohl Thomas v. Kempen) b) aus diesem Kreis hervorgegangen: Windesheimer Kongregation

Frömmigkeitsbewegung der »Devotio moderna« ● in den bürgerlichen Schichten der Städte ● Bewährung des Glaubens in Nächstenliebe

Klostereintritt!

> Welche religiöse Erfahrung prägte Luthers Klosterzeit?

XIII.4.

> Geben Sie einen Überblick über Luthers Werdegang bis zum

KG Rep

XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

XIII.2.

XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

KG Rep

bis zur Doktorpromotion!

> Geben Sie einen Überblick über Luthers Werdegang vom Klostereintritt

XIII.3.

> Gliedern Sie die Reformationsgeschichte bis 1555 in einzelne Phasen!

KG Rep XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

XIII.1.

XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

KG Rep

2) entscheidende Hilfe zur Überwindung der Anfechtungen: Bibelstudium

1) wichtigster Seelsorger: Johannes von Staupitz – Generalvikar der observanten Augustinerklöster in Sachsen – geprägt von via antiqua, deutscher Mystik + Devotio moderna – Hinweis auf Augustin + Bernhard → Blick vom richtenden auf gekreuzigten Christus

Anforderungen der mönchischen Frömmigkeit → Anfechtungen XIII.4. ● keine vollkommene Liebe zu Gott/Nächsten + Herzensreue (contritio) ● dafür: Ich-Sucht (incurvatus in se) + Ängste vor Weltenrichter (Prädestinationslehre)

XIII.3. 1) 1505 Eintritt in das Erfurter Augustiner-Eremitenkloster ● Gründe: – äußerer Anlaß: Gewittererlebnis bei Stotternheim – dahinter: Angst vor Tod (abrupt + Weltenrichter) – vgl. auch Todeserfahrungen in der Umwelt (Pest in Erfurt) + Verletzung → Heilssicherheit im Mönchsstand (vgl. Ockhamismus: facere quod in se est) 2) 1507 Priesterweihe im Erfurter Dom + Beginn des Theologiestudiums ● Dogmatik: – Sentenzen des Petrus Lombardus – Sentenzenkommentar des Gabriel Biel – Quaestiones des Wilhelm von Ockham + Pierre d’Ailly ● Bibel: – Glossa ordinaria – Bibelerklärung des Nikolaus von Lyra 3) 1508/09 Wittenberg ● moralphilosoph. Vorlesungen an Artistenfakultät ● biblischer Baccalaureus 4) 1510/11 Romreise ● wg. Ordensstreitsache der deutschen Augustinerkongregation 5) ab 1511 Wittenberg (vermittelt durch Johannes von Staupitz) ● Oktober 1512 Promotion zum Dr. theol. → Übernahme der Bibelprofessur

– aus Bauernfamilie (Westrand Thüringer Wald) – Kupferbergbau: Aufstieg vom Bergmann zum Hüttenmeister aus bürgerl. Familie in Eisenach

XIII.2.

3) 1501–1505 Philosophiestudium in Erfurt ● Artistenfakultät (Trivium/Quadrivium): herrschende Schulrichtung = via moderna ● Lehrer: Jodocus Trutfetter aus Eisenach + Bartholomäus Arnoldi aus Usingen ● Herbst 1502: Promotion zum Baccalaureus ● Januar 1505: Promotion zum Magister Artium

2) Kindheit ● * 10.11.1483 in Eisleben (Grafschaft Mansfeld) ● Erziehung: keine Auffälligkeiten → Prägung durch spätmittelalterliche Frömmigkeit: Christus = Weltenrichter ● Schulbesuch in Mansfeld, Magdeburg + Eisenach

● Mutter:

1) Eltern ● Vater:

Luthers Werdegang bis zum Klostereintritt (1483–1505)

1. Phase: 1517–1521 Reformation als literarische Bewegung XIII.1. ● Ablaßstreit + römischer Prozeß ● neue Theologie in Disputationen (1518/19), Inquisition (1518) + Hauptschriften (1520) 2. Phase: 1521–1524 Reformation als geschichtliche Bewegung ● spontane Aufbrüche: Züricher Reformation (Zwingli) + sog. linker Flügel ● Luthers Stellungnahmen zu sozialen + wirtschaftlichen Fragen 3. Phase: 1525 Krisenjahr der Reformation: Bauernkrieg ● Luthers Streit mit Erasmus über die Willensfreiheit 4. Phase: 1525–1530 territoriale Konsolidierung der Reformation ● Beginn der »Fürstenreformation«: Anfänge des ev. Landeskirchentums 5. Phase: 1530–1546/47 Ausbreitung der Reformation ● mit Hilfe des Schmalkaldischen Bundes ● Einführung der Reformation außerhalb der Reichsgrenzen: Norden + Osten Europas 6. Phase: 1546/47–1555 Krisis + Stabilisierung der Reformation ● Schmalkaldischer Krieg → Niederlage der Protestanten + Augsburger Interim 1548 ● Passauer Vertrag 1552: politische + religiöse Pattsituation → Augsburger Religionsfrieden 1555

kirchlichen Praxis des Ablasses verbunden?

> Welche theologischen Vorstellungen wurden im Spätmittelalter mit der

> Welche einzelnen Stadien lassen sich in Luthers römischem Prozeß

Der Ablaßstreit

unterscheiden?

XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

XIII.8.

KG Rep

KG Rep

Entdeckung?

XIII.6.

> Geben Sie einen Überblick über den Verlauf des Ablaßstreites bis zur Eröffnung des römischen Prozesses!

> Worin sah Luther im Rückblick das Wesen der reformatorischen

Theologie besonders aufschlußreich?

Der Ablaßstreit

XIII.7.

> Welche Texte sind für das Werden der neuen, reformatorischen

KG Rep XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

XIII.5.

XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

KG Rep

XIII.7.

1) Eröffnung (Juni 1518), vermutlich nach Denunziation XIII.8. durch Dominikaner: Verdacht der Ketzerei 2) Umwandlung des Verfahrens (Aug. 1518): notorische Ketzerei ● wg. Luthers Äußerungen über Exkommunikation + Bann ● Luther binnen 60 Tagen nach Rom → Kurfürst Friedrich der Weise erreichte Verhandlung der causa Lutheri auf deutschem Boden ● Luthers Verhör durch Kardinal Cajetan in Augsburg (Okt. 1518) mit 2 Thesen: – Kirchenschatz sei nicht mit Verdiensten Christi/der Heiligen identisch – nicht Sakrament als solches, sd. allein der Glaube an Wort rechtfertige → Luther verweigerte Widerruf 3) ca. zweijährige Aussetzung des Prozesses (Okt. 1518 – Juni 1520) ● Grund = die anstehende Kaiserwahl: nach Maximilians Tod (Jan. 1519) versuchte Kurie auf Kurfürst Friedrich einzuwirken, um Wahl Karls v. Spanien zu verhindern 4) Wiederaufnahme des Prozesses (1520/21) ● Bannandrohungsbulle Exsurge domine (Juni 1520) → Bücherverbrennung am Elstertor (Dez. 1520): darunter Werke des kanon. Rechts + der scholastischen Theologie ● Bannbulle Decet Romanum pontificem (Jan. 1521): Luthers Exkommunikation ● Wormser Edikt (26.5.1521): Reichsacht

3) literarische Auseinandersetzung ● Tetzel: Gegenthesen, verfaßt v. Konrad Wimpina (1518) ● Luther: – Resolutiones disputationum de indulgentiarum virtute (1518, theol. Auseinandersetzung) – Sermon von dem Ablaß und Gnade (1518, Erklärung fürs Volk) ● Silvester Prierias: De potestate papae (Streitschrift) ● Johannes Eck: Obelisci (handschriftl. Stellungnahme Ecks zu Luthers Thesen) ● Luther: Asterisci (handschriftl. Reaktion auf Ecks Vorwürfe)

2) 95 Thesen Luthers (Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum) vom 31.10.1517 ● unmittelbarer Anlaß: – Erfahrungen als Beichtvater – Ablaßinstruktion Albrechts (Instructio summaria)

1) Anlaß: sog. Petersablaß Julius’ II. zum Neubau der Peterskirche ● Leo X. übertrug Petersablaß auf Kirchenprovinzen Magdeburg + Mainz = Finanzierungshilfe für Erzbischof Albrecht von Mainz: Schulden beim Bankhaus Fugger wg. Dispensgebühr (Ämterkumulation + unkanonisches Alter) ● praktische Durchführung durch Dominikaner Johannes Tetzel

XIII.5.

XIII.6.

3) in der Scholastik ausgebildete Lehre: Papst erteilt Ablaß aus dem Schatz der überschüssigen guten Werke Christi + der Heiligen (thesaurus bonorum operum)

2) Plenarablässe: oft nicht klar zw. Schuld- + Strafaspekt (culpa + poena) der Sündenfolge unterschieden → Eindruck: durch Ablaß auch Schuldvergebung erworben

1) theologischer Kontext: satisfactio operum des Bußsakraments ● Bußsakrament: 1. contritio cordis, 2. confessio oris, 3. satisfactio operis ● nach Sündenvergebung bleiben noch zeitliche Sündenstrafen: Bußstrafen ● in der Praxis: Ablaß = nicht nur Entlastung von ki. Bußstrafen, sd. auch von befristeten, von Gott auferlegten Sündenstrafen (Krieg, Hungersnot, Fegefeuer)

● im Spätmittelalter: noch keine ausgebildete Ablaßtheologie

● Einsicht bei Auslegung von Röm 1,17: neues Verständnis von iustitia Dei: nicht mehr aktive, sd. passive Gerechtigkeit, die Gott dem M. schenkt → Rechtfertigung durch den Glauben, den Gott durch Wort + Hl. Geist weckt ● Bestätigung durch Augustin, v.a. durch De spiritu et littera ● Problem: Zeitpunkt der Entdeckung? → Forschung: Früh- bzw. Spätdatierung im Rahmen von 1513–1518

> v.a. Vorrede zum 1. Bd. der Gesamtausgabe seiner latein. Werke (Wittenberg 1545)

1) Psalmen (1513–1515) ● vierfacher Schriftsinn (sensus litteralis, allegoricus, tropologicus, anagogicus) ● betont: buchstäblicher + existentieller Sinn (sensus litteralis + tropologicus) ● aus Mystik: sog. Demutstheologie (demütige Übereinstimmung mit Gottes Urteil über den sündigen M. → wer Gott recht gibt, dem gibt Gott recht) 2) Römerbrief (1515/16) ● deutliche Weiterentwicklung auf die spätere reformatorische Theologie hin 3) Galaterbrief (1516/17) 4) Hebräerbrief (1517/18)

> die sog. Frühvorlesungen

XIII.10.

Hauptschriften des Jahres 1520? (Frühjahr/Sommer)

> Welche Themen behandelt Luther in den sog. reformatorischen

Reformatorische Theologie in den Disputationen und Hauptschriften

XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

KG Rep

Hauptschriften des Jahres 1520? (Spätsommer/Herbst)

> Welche Themen behandelt Luther in den sog. reformatorischen

> Um welche theologischen Fragen ging es bei der Heidelberger und

Leipziger Disputation?

Reformatorische Theologie in den Disputationen und Hauptschriften

XIII.11.

Reformatorische Theologie in den Disputationen und Hauptschriften

KG Rep XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

XIII.9.

XIII. Martin Luthers Werdegang und die Anfänge der Reformation

KG Rep

4) Von der Freiheit eines Christenmenschen = »Summe eines christlichen Lebens« ● Christ ist zugleich ein freier Herr + dienstbarer Knecht aller Dinge (vgl. 1Kor 9,19) ● Spannung von innerem Menschen + äußerem Menschen: durch »fröhlichen Wechsel und Streit« gewinnt Seele Anteil an Gütern Christi, während sie Sünde, Ungerechtigkeit, Schmach auf Christus legt → innerer Mensch: frei von sog. frommen Werken → äußerer Mensch: dient dem Nächsten mit guten Werken – aber nicht das gute Werk macht M. gut, sondern nur der Glaube

XIII.11. 3) De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium: Sakramentenlehre ● Korrespondenz fides – promissio → das Wichtigste am Sakrament = das Verheißungswort, das durch Zeichen bestätigt wird + Glauben fordert → Sakrament = verbum visibile: Gleichordnung von Wort + Sakrament ● Kennzeichen des Sakraments: – von Christus selbst eingesetzt – äußeres Zeichen, mit promissio verknüpft → Taufe, Abm. + Buße = die biblischen Sakramente (nicht 7 Sakramente) ● Abm.-Verständnis: – Christus = in den Elementen gegenwärtig – Gabe = Sündenvergebung – 3 röm. Gefangenschaften: Transsubstantiation, Opfercharakter, kein Laienkelch ● Folge: Bruch mit dem Sakramentalismus der mittelalterlichen Kirche

XIII.10.

2) An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung a) Teil 1: die 3 Mauern der Romanisten 1) Überordnung der geistl. Gewalt über die weltl. Gewalt 2) Auslegung der Schrift allein Sache des Papstes 3) Konzil nur vom Papst einzuberufen ● dagegen: durch Taufe sind alle Christen geistlichen Standes (allg. Priestertum aller Gläubigen) ● Unterscheidung Kleriker – Laien fällt ● Bischöfe haben versagt → Luther wendet sich an weltliche Obrigkeit b) Teil 2: Reformprogramm ● Kirche: Abschaffung des Kirchenstaates, Zölibats + Bettels ● Welt: – planvolle Armenfürsorge + Reform des Bildungswesens – Ablehnung von Zins + Wucher – Kampf gg. Monopolgesellschaften + öffentliche Laster

1) Sermon von den guten Werken: reformatorische Ethik ● Verhältnis Glaube – gute Werke anhand der 10 Gebote neu bestimmt: höchstes gutes Werk = Glaube an Christus ● Unterscheidung zw. profanen + heiligen Werken fällt

2) Leipziger Disputation (Juni/Juli 1519): Autorität des Papstes + der Konzilien ● Disputanten: Karlstadt, Luther + Eck ● Eck ringt Luther Behauptung ab: Papst + Konzilien können irren → Luther schien »hussitischer Ketzerei« überführt ● Fazit: Bruch mit katholischem Kirchenbegriff ● Folge: Luther gewann Anhänger unter den Humanisten – bereits 1518 nach Wittenberg gekommen: Philipp Melanchthon

1) Heidelberger Disputation (April 1518): Kreuzestheologie XIII.9. ● M. hat nur Freiheit zum Bösen → gg. facere quod in se est ● erst die Verzweiflung am eigenen Unvermögen (resignatio ad infernum) kann Gnade Christi ergreifen ● Gegenüberstellung: – theologia gloriae: spekuliert über Gottes Wesen – theologia crucis: erkennt Gottes Liebe in Schwachheit + Torheit gegenüber Macht + Weltweisheit

unmittelbar nach dem Wormser Reichstag von 1521?

Wartburgaufenthalt? Wodurch beruhigte sie sich wieder?

> Inwiefern verschärfte sich die Lage in Wittenberg während Luthers

XIV.4.

> Wie entwickelte sich die von Luther angestoßene Bewegung in den Jahren

KG Rep

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV.2.

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

Reformationsgeschichte bedeutsam?

> Welchen Arbeiten widmete sich Luther auf der Wartburg?

XIV.3

> Wodurch wurde der Wormser Reichstag von 1521 für die weitere

KG Rep XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV.1.

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

XIV.3.

4) Luthers Invokavitpredigten (ab 9. März) in der Stadtkirche ● Luther verließ Wartburg gg. Empfehlung des Kurfürsten ● Kritik an Art + Weise der Reformen (weniger am Inhalt): keine Liebe + Rücksicht auf die Schwachen → nichts mit Zwang + Gewalt → Reformen durch Predigten in geordnete Bahnen → Feind nun vor allem in den eigenen Reihen gesehen, v.a. im Wirken Karlstadts

3) Jan. 1522: erste städtische Reformationsordnung ● vom Wittenberger Rat erlassen → gleichwohl: Bildersturm Anfang Feb. 1522 → Rat: Hilferuf an Luther

2) sog. Zwickauer Propheten: Nikolaus Storch, Thomas Drechsel, Markus Thomae ● beriefen sich auf persönl. innere Geistoffenbarungen ● forderten Abschaffung der Kindertaufe

1) erste Veränderungen im alten Kirchenwesen XIV.4. ● unter Karlstadts Einfluß: Abschaffung v. Zölibat, Meßgottesdienst, Bilderverehrung ● Abm.-Gottesdienste sub utraque 1521 (Karlstadt): Verzicht auf liturg. Kleidung, Opfergebete, Konsekrationsworte + vorangehende Beichte

1) briefliche Kontakte ● Freundschaft mit Melanchthon vertieft ● weitere Briefkontakte v.a. zu Georg Spalatin, Nikolaus von Amsdorf + Justus Jonas 2) theologische Arbeiten a) polemisch: ● Wider Latomus ● Thesen über Zölibat + De votis monasticis ● Eine treue Vermahnung, sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung ● Vom Mißbrauch der Messe b) unpolemisch: ● Übersetzung des NT ins Deutsche: – Textgrundlage: griechisches NT des Erasmus (1516) mit latein. Übersetzung – Luther knüpfte in seinem Deutsch an sächsische Kanzleisprache an – Das Neue Testament Deutsch erschien September 1522 in Wittenberg ● Die Kirchenpostille – Predigtwerk: Ziel = Anleitung zur evangeliumsgemäßen Predigt – später vollendet ● Abschluß der Auslegung des Magnificats

Luthers Aufenthalt auf der Wartburg (Mai 1521 – März 1522)

XIV.2.

3) radikaler Seitenflügel ● Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, Thomas Müntzer, Täufer + Spiritualisten → Auseinandersetzung mit sog. Schwärmern ist vorherrschend

2) Reformatoren neben Luther mit eigenem Profil ● Huldreich Zwingli (Zürich) ● Martin Bucer (Straßburg)

1) Ausbreitung ● in Kursachsen, Oberdeutschland, freien Reichsstädten ● außerhalb des Reiches: – Niederlande, Schweiz, Österreich, Böhmen + Preußen – Verbreitung von Lutherschriften in West- + Südeuropa

Anwachsen zu einer reformatorischen Bewegung

2) Wormser Edikt (26.5.1521) ● = wichtigstes Rechtsinstrument der kaiserlichen Politik bis 1555 ● aber Durchführung – in Kursachsen territorialpolitisch nicht möglich – in anderen Gebieten v.a. aus 2 Gründen immer wieder hinausgezögert: a) Abwesenheit Karls V. vom Reich b) Hilfeleistung aller Stände zur Türkenabwehr → Hinweis auf das in Aussicht genommene Konzil

1) Verhandlung der Luthersache (17./18.4.1521) XIV.1. ● Luther mußte sich verantworten: Widerruf gefordert ● Luther: Widerruf nur bei Widerlegung mit Schrift- + klaren Vernunftgründen ● Fazit: »Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen.«

Sie jeweils ihre Hauptthematik an!

> Charakterisieren Sie Leben und Lehre des Thomas Müntzer!

XIV.8.

> Nennen Sie wichtige Lutherschriften zur sozialen Neuordnung und geben

KG Rep

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV.6.

Karlstadt!

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

Sie jeweils ihre Hauptthematik an!

> Charakterisieren Sie Leben und Lehre des Andreas Bodenstein, genannt

XIV.7.

> Nennen Sie wichtige Lutherschriften zur Gottesdienstreform und geben

KG Rep XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV.5.

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

XIV.7.

XIV.8.





● ●

– 1521: Prager Manifest – 1523: Deutsches Kirchenamt – 1524: Deutsche evangelische Messe, Fürstenpredigt, Hochverursachte Schutzrede wider das geistlose sanftlebende Fleisch zu Wittenberg Einflüsse: Luther, Mystik (Tauler), apokalyptisch-chiliastische Ansichten Mystik: Glaube entsteht aus Geisterfahrung im Inneren des Menschen: inneres Wort ↔ Wittenberger: äußeres Wort Apokalyptik: Müntzer sieht sich als »Knecht der Auserwählten Gottes« → Zeit zur Scheidung ist da: Fürsten sollen sich des Evangeliums tapfer annehmen später: Verwicklung in Bauernaufstände (= anbrechendes Gericht Gottes)

2) Lehre ● Werke:

1) Leben ● geb. in Stolberg/Harz; Theologiestudium in Leipzig + Frankfurt/O. ● Kontakt zu Luther spätestens ab Leipziger Disputation → Prediger in Zwickau ● Stationen: Böhmen, Allstedt, Mühlhausen, Süddeutschland (Bauernaufstände) ● Folter + Hinrichtung nach der Schlacht bei Frankenhausen 1525

Thomas Müntzer

2) Lehre ● biblizistisch begründete Reformen: gesetzliche Vorschriften des Dekalogs sind einzuhalten (Bilderverbot, Sabbatheiligung) ● gg. Realpräsenz Christi im Abm.: Anschluß an symbolische Deutung des niederländ. Humanisten Cornelisz Hendricxz Hoen → Abm. = inneres, vom Hl. Geist geleitetes Gedächtnismahl (Einfluß der Mystik) ● tertius usus legis: Gesetz hat auch für Glaubende Bedeutung

1) Leben ● bürgerl. Herkunft ● Studium in Erfurt + Köln, dann Prof. in Wittenberg (1512 Luthers Doktorvater) – thomistisch geprägt, durch Luther: Augustinist + reformatorischer Mitstreiter ● nach Wittenberger Unruhen: Pfr. in Orlamünde (Schrift gg. Kindertaufe) – im Bauernkrieg: Abstand von Gewalt ● aus Sachsen vertrieben → Kiel (Begegnung mit Täuferprediger Melchior Hoffmann) ● Aufnahme bei Zwingli in Zürich; † 1541 als Prof. in Basel

Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt

1524 ● Von Kaufshandlung und Wucher: Kritik am Frühkapitalismus (Gier des Menschen) ● An die Ratsherren …, daß sie christliche Schulen aufrichten und erhalten sollen: reformatorisch-humanistisches Bildungsprogramm, antischwärmerisch

1523 ● Vorwort zur Ordnung eines Gemeinen Kastens (sog. Leisniger Kastenordnung): Kirchengut für Armenpflege + Kirchen- und Schulwesen verwenden ● Daß eine christliche Versammlung … Recht und Macht habe, alle Lehre zu urteilen: neue Gemeindeordnung auf bibl. Grundlage: Gemeinderecht vor Amtsrecht ● Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei: 3 Teile 1) Konflikt Röm 13 ↔ Bergpredigt nicht mit ma. Zweistufenethik (concepta – consilia) zu lösen → Unterscheidungen: Reich Gottes/der Welt, geistl./weltl. Regiment – Schwert + Wort = die beiden Mittel, durch die Gott in Schöpfung handelt 2) Grenzen der obrigkeitl. Gewalt: nur auf das Äußere/Leibliche (= Zentrum d. Textes) 3) Fürstenspiegel, polit. Handlungsanweisung, Grundsätze für den sog. gerechten Krieg

1522 XIV.6. ● Vom ehelichen Leben: Ehe = ein »göttlicher, seliger Stand«, doch ein »äußerlich leiblich oder weltlich Ding«: gehört zum 1. Artikel, nicht zur Erlösung

1526 ● Deutsche Messe: Anlehnung an Messformular, Zentrum des GD = Predigt + Abm.

1524 ● Geistliches Gesangbüchlein = erstes Gemeindegesangbuch, größtenteils aus Lutherliedern bestehend

1523 XIV.5. ● Formula missae et communionis (= latein. Gottesdienstordnung ↔ dt. Gottesdienstordnungen in Oberdeutschland/Schweiz): ohne Heiligen-/Marienfeste + canon missae ● Das Taufbüchlein verdeutscht ● Thomas Müntzer: Deutsches Kirchenamt in Allstedt herausgegeben

KG Rep

KG Rep

Huldreich Zwingli und die Reformation in Zürich

> Wie entstand das Täufertum?

Huldreich Zwingli und die Reformation in Zürich

> Geben Sie einen Überblick über die Ereignisse der Reformation in Zürich

unter Huldreich Zwingli!

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV.12.

> Nennen Sie wichtige Schriften Zwinglis! > Worin unterscheidet sich Zwingli von Luther?

> Skizzieren Sie Zwinglis Lebenslauf! > Auf welchem Weg gelangte Zwingli zur reformatorischen Erkenntnis?

XIV.10.

Huldreich Zwingli und die Reformation in Zürich

XIV.11.

Huldreich Zwingli und die Reformation in Zürich

KG Rep XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV.9.

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

XIV.11.

XIV.12.

● = Abspaltung der Züricher Reformation: Ablehnung der Kindertaufe aus ekklesiologischen Gründen (Rechtgläubigkeit + Heiligkeit d. Kirche) → 21.1.1525: 1. Glaubenstaufe in Zürich ● 2 humanist. gebildete Bürger Zürichs als Protagonisten: Konrad Grebel + Felix Mantz → 1527 Märtyrertod des Felix Mantz → Bewegung aus der Schweiz nach Österreich, Süd- + Mitteldeutschland: Täufergemeinden v.a. in Städten → spiritualistische, mystische, apokalyptisch-eschatologische Gedanken kamen hinzu ● 1527 sog. Schleitheimer Artikel des Michael Sattler ● Kennzeichen des frühen Täufertums: – Gemeindekirche nach urchristlichem Vorbild (Abm. als Gemeinschaftsmahl) – Abgrenzung von Rom + Reformationskirchen – Absonderung von der »Welt«: Ablehnung von Eid, Kriegsdienst + Zinszahlung, keine obrigkeitlichen Ämter ● weitere Täufer: Balthasar Hubmaier, Hans Hut, Menno Simons, Jakob Hutter

Täufertum

Seelenheils 2) schärfster Vorwurf gg. kath. Kirche: Kreaturvergötterung (Abgötterei) → gg. Werkgerechtigkeit + Sakramentalismus: Ev. erhebt Anspruch auf das gesamte Leben 3) Zwingli strebte religiöse + gesellschaftliche Erneuerung an

> 1) Priester Zwingli leidet mehr unter Not des Volkes als unter Fragen des persönlichen

● Von Erkiesen und Freiheit der Speisen 1523 ● Auslegen und Gründe der [67] Schlußreden (1. deutschsprachige ev. Dogmatik) 1525 ● De vera et falsa religione commentarius 1527 ● Amica exegesis ● Daß diese Worte: Das ist mein Leib etc. ewiglich den alten Sinn haben werden

> 1522

XIV.9.

Fastenstreit als Aufbruch der Reformation in Zürich ● Verbot des sog. Reislaufens (Söldneranwerbung) in Stadt/Land Zürich ● Wurstessen im Hause Froschauer während der Fastenzeit: verteidigt in der Schrift Von Erkiesen und Freiheit der Speisen 1523: 2 Disputationen mit altgläubigen Vertretern über Schriftprinzip, Bilder + Messe 1525: Einführung des ev. Abm. → Kirchenerneuerung praktisch abgeschlossen: Abschaffung der Messen, nur noch schriftgemäße Predigt, Bilderverbot, Armenordnung, Schließung der Bordelle, Einrichtung der sog. Prophezei 1528: sog. Berner Disputation: Reformation über Zürich hinaus nach Genf 1529: »Christliche Vereinigung« der kath. Stände (= v.a. die sog. Urkantone) → Kampf um die ev. Schweiz: 1. + 2. Kappeler Krieg → konfessionelle Spaltung der Schweiz

1522:

● besondere Prägungen der Reformation in Zürich + Oberdeutschland: XIV.10. – genossenschaftliche Verfassungen → sittlich-polit. Verantwortung der Bürgerschaft – starker humanistischer Einfluß

● theologische Grundelemente: via antiqua, Humanismus (stoisches Tugendideal, Studium der Bibel im Urtext), Kirchenväterstudien (v.a. Augustin) ● 1516: Klarheit der Schrifterkenntnis: Literalsinn = maßgeblich – Dank an Erasmus für NT-Urtext ● 1519: seit Berufung nach Zürich Reihenpredigten ganzer biblischer Bücher (= Bruch mit üblicher Perikopenordnung) – nach Leipziger Disputation: Zwingli von Luthers Kritik an Papstkirche beeindruckt – Sommer 1519: sog. Pestlied (evtl. erste reformatorische Anklänge)

> Zwingli: auf eigenständigem Weg zur reformatorischen Erkenntnis

1) Ausbildung ● * 1484 in Wildhaus, bäuerlicher Herkunft ● Studium in Wien + Basel: geprägt von via antiqua + Humanismus 2) pastorale Tätigkeit ● Pfr. in Glarus (Begegnung mit Erasmus in Basel) ● Pfr. in Einsiedeln ● ab 1519 Leutpriester am Großmünster in Zürich ● † 1531 als Feldprediger in der 2. Schlacht bei Kappel

> Huldreich Zwingli (1484–1531)

bezogen?

> Mit welchen Schriften hat Luther zum Bauernkrieg 1524/25 Stellung

Der Bauernkrieg und Luther

XIV.16.

> Worum ging es in der Kontroverse zwischen Luther und Erasmus?

KG Rep

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV.14.

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

Forderungen wurden in diesem Zusammenhang erhoben?

> Warum kam es in den Jahren 1524/25 zu Bauernaufständen? Welche

Der Bauernkrieg und Luther

XIV.15.

> Nennen Sie wichtige Spiritualisten!

KG Rep XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV.13.

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

XIV.15.

XIV.16.

→ Reformation nach 1525: noch Volksbewegung, aber Weg ins Bündnis mit Fürsten

3) Sendbrief von dem harten Büchlein wider die Bauern (Juli 1525) ● Rechtfertigung gegenüber der Kritik an seinen Worten gegen die Bauern

2) angesichts der Thüringer Aufstände gibt Luther Ermahnung ein weiteres Mal heraus: mit Anhang Auch wider die räuberischen und mörderischen Rotten der anderen Bauern (separat gedruckt als Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern) ● Luthers Haß gg. Bauernunruhen apokalyptisch motiviert: letzter Anlauf des Teufels gg. Evangelium ● Mai 1525 Schlacht bei Frankenhausen: Bauern von Bundesheer geschlagen

1) Ermahnung zum Frieden (April 1525): friedl. Ausgleich zw. Fürsten + Bauern ● Fürsten = Hauptschuldige ● Bauern haben kein Recht, sich für ihre Forderungen auf Wort Gottes zu berufen

Luthers Stellungnahme

2) Zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben (März 1525) ● Verf.: Sebastian Lotzer + Christoph Schappeler aus Memmingen ● Forderungen: – freie Pfarrerwahl – Abschaffung der Leibeigenschaft – Abgabenerleichterung

1) Bauernbündnisse im 15. Jh.: »Armer Konrad«, »Bundschuh« ● Hintergrund: – Bestreben der Grundherren, alte Bauernrechte abzuschaffen – Selbstbewußtsein der Bauern aufgrund wirtschaftlicher + gesellschaftlicher Lage → 1524/25: Bauernaufstände von Kärnten bis Thüringen (außer Bayern + Nordostdeutschland)

Bauernkrieg

XIV.13.

XIV.14.

1) literarische Auseinandersetzung ● Erasmus: Sept. 1524 Diatribe de libero arbitrio gg. Luther ● Luther: Sept. 1525 De servo arbitrio ● Erasmus: Feb. 1526 Hyperaspistes → Luther antwortet nur brieflich (mit Entschuldigung für Temperamentsausbruch) 2) Erasmus: Diatribe de libero arbitrio ● sammelt Schriftstellen pro freien Willen + versucht Contra-Stellen zu entkräften ● These: freier Wille = »eine Kraft, durch die der Mensch sich zu dem hinwenden kann, was zum ewigen Heil führt oder davon wegführt.« → Sowohl-als-auch-Schema: gg. Radikalismus → Verhältnis Natur-Gnade ähnlich wie Thomas: Gnade vollendet die Natur 3) Luther: De servo arbitrio ● wichtige theol. Themen: Schrifterkenntnis, Kirchenverständnis, Rechtfertigung (Anthropologie + Christologie), Gottesbild (deus absconditus + deus revelatus) ● in Hl. Schrift unfreier Wille klar bezeugt: M. = Reittier für Gott oder Teufel ● Anliegen: Heilsgewißheit → Klarheit der Schrift + Alleinwirksamkeit Gottes betont

● schon vor 1524/25 deutlich: Unterschiede größer als Gemeinsamkeiten

Rektor der Sebaldusschule Nürnberg erster ev. Geschichtsschreiber mit konsequent spiritualistischem Ansatz (Türkenchronic) 3) Kaspar von Schwenckfeld aus Schlesien: spiritualistische Abm.-Lehre – Anhänger in Schlesien, Süddeutschland + Nordamerika

1) Hans Denck: 2) Sebastian Franck:

● Wirken des Geistes im Inneren der Seele ohne äußerliche Mittel

Spiritualisten

zwischen Hessen und Kursachsen?

Religionsgespräch statt und welches Ergebnis brachte es?

> In welcher geschichtlichen Situation fand das Marburger

Der Abendmahlsstreit

XIV.20.

> Welche Unterschiede zeigen sich im reformatorischen Kirchenaufbau

KG Rep

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV.18.

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

Hintergründe des (ersten) Abendmahlsstreites!

> Geben Sie einen Überblick über den Verlauf und die theologischen

Der Abendmahlsstreit

XIV.19.

> Umreißen Sie die politische Situation nach dem Wormser Reichstag!

KG Rep XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

XIV.17.

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

XIV.19.

2) Okt. 1529 Marburger Religionsgespräch ● Diskussionspartner: Luther + Melanchthon, Zwingli + Ökolampad – ferner waren anwesend: Jonas, Brenz, Osiander + Bucer ● Ergebnis: Einigkeit in 14 Artikeln, im 15. Artikel über Abm.: – Konsens betr. Laienkelch + Ablehnung der Transsubstantiation – Dissens betr. Gegenwart Christi in den Elementen

1) Abm.-Streit wurde 1529 zusehends zum Politikum XIV.20. ● 2. Reichstag von Speyer 1529: Aufhebung des Abschieds von 1526 → Protestation von 5 Fürstentümern (Hessen, Kursachsen, Brandenburg-Ansbach, BS-Lüneburg, Anhalt) + 14 Reichsstädten → Bezeichnung »Protestanten« ● Philipp v. Hessen: antihabsburgischer Nord-Süd-Bund ↔ Abendmahlsstreit

1) Zwingli ● trat 1524 erstmals mit symbolischer Deutung hervor: »est« als »significat« im Anschluß an den niederländ. Humanisten Hoen ● auch Ökolampad (Basel) + Bucer (Straßburg) für symbolische Deutung 2) Schriften 1527/28 ● Zwingli: Amica exegesis ● Luther: Daß diese Worte: das ist mein Leib, noch feststehen, wider die Schwarmgeister ● Zwingli: Daß diese Worte … ewiglich den alten Sinn haben werden ● Luther: Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis 3) theologischer Hintergrund a) Zwingli: Gottes Ehre + Majestät → kein Eingehen Gottes ins Kreatürliche – scharfe Trennung zw. göttl. + m. Natur Christi, zw. Himmel + Erde – keine leibliche Anwesenheit Christi: Abm. = Gedächtnismahl der Gemeinde b) Luther: Inkarnationstheologie: der offenbarte Gott = der menschgewordene Gott 4) Okt. 1529 Marburger Religionsgespräch

● Beginn: Luthers Auseinandersetzung mit Karlstadt ● 1526–1529: literarischer Streit zw. Luther + Zwingli

2) Kursachsen ● »Kursächsische Kirchen- und Schulvisitation« (1526–1530): Kirchenaufbau v. oben – Kommissionen v. Juristen + Theologen sorgten durch landesherrliche Edikte für Einheit von Gottesdienst, Lehre + Unterricht ● Visitation von Luther veranlaßt: Landesherr als Notbischof, da Bischöfe versagten → Notlösung wurde Institution: »landesherrliches Kirchenregiment« – von Melanchthon nachträglich legitimiert (custodia utriusque tabulae)

XIV.18. 1) Hessen ● Homberger Synode 1526: Kirchenaufbau von unten – Einzelgden. wählen Delegierte einer Generalsynode – Unterscheidung von Glaubensgde. + Bürgergde. – Anforderungen an Glaubensgde.: Reinheit, Zucht, Heiligkeit (Kirchenzucht) ↔ Luther protestierte: ein »Haufen Gesetze«

3) 1. Reichstag zu Speyer 1526 ● sollte Wormser Edikt zur Durchführung verhelfen ● Sieg Karls V. über Franz I. → Liga von Cognac 1526: Kaiser beschäftigt ● Uneinigkeit der altgläubigen Stände → milde Formel: bis zu einem Konzil solle ein jeder sich halten, »wie er das gegen Gott, auch kaiserliche Majestät und das Reich getraue zu verantworten« → eigenständige Kirchenreformation in Hessen + Kursachsen

2) 1524–1526 verschiedene fürstliche Bündnisse ● 1524 Regensburger Bündnis (kath. Süd-D unter Führung Bayerns) ● 1525 Dessauer Bund (kath. Nord-D: Brandenburg, Kurmainz, BS-Wolfenbüttel) ● 1526 Torgauer Bund (Landgrafschaft Hessen + Kurfürstentum Sachsen)

1) Reformation = v.a. ein städtisches Ereignis XIV.17. ● fürstliche Territorien bis auf Kursachsen, Hessen, Brandenburg-Ansbach, Anhalt zurückhaltend

XIV.21.

XIV.22.

1530 eine wichtige Rolle?

> Welche theologischen Texte spielten auf dem Augsburger Reichstag von

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

> Geben Sie einige Stichworte zu Leben und Werk Philipp Melanchthons!

XIV. Reformationsgeschichte vom Wormser Reichstag 1521 bis zum Augsburger Reichstag 1530

KG Rep

XIV.21.

XIV.22.

1) Bekenntnisschriften ● Melanchthon erarbeitete im Auftrag des Kurfürsten eine Bekenntnisschrift → Verlesung der Confessio Augustana am 25.6.1530 ● 4 oberdeutsche Städte (Straßburg, Memmingen, Konstanz, Lindau): Tetrapolitana ● Zwingli ließ seine Fidei ratio ad Carolum imperatorem einreichen 2) Auseinandersetzung ● Eck erarbeitete in kaiserl. Auftrag eine Confutatio der CA → nach Verlesung der Confutatio hielt Kaiser CA für widerlegt + forderte Unterwerfung ● Melanchthon: Apologie der CA ● nach Abreise der meisten ev. Stände: Erneuerung des Wormser Edikts 3) Confessio Augustana: geprägt von Melanchthons Irenik ● 1. Teil (Art.1–21) über Glauben + Lehre (Basis: Schwabacher Artikel): Übereinstimmung der reformator. Lehre mit Hl. Schrift + altki. Bekenntnissen → Streit mit Altgläubigen nur über Mißbräuche ● 2. Teil (Art. 22–28) über kontroverse Fragen: Messe, Laienkelch, Zölibat, Fasten, Mönchsgelübde (Basis: Torgauer Artikel) ● Luther v. Veste Coburg aus: Lob für CA + Kritik (Papsttum/Fegefeuer nicht berührt)

● Einladung Karls V. in versöhnlichem Ton

2) Werk ● Antrittsrede: De corrigendis adolescentiae studiis ● Loci communes (1521: erste latein. Darstellung der reformatorischen Theologie) – spätere Auflagen: Unterschiede zu Luther a) Betonung der menschlichen Willensfreiheit b) Tendenz zur symbolischen Abendmahlsauffassung c) schärfere Unterscheidung von Rechtfertigung + Heiligung ● Confessio Augustana (1530) ● Apologie der CA (1530) ● Examen ordinandorum (1552)

1) Leben ● * 1497 in Bretten ● Studium in Heidelberg + Tübingen: Prägung durch den Humanismus ● 1518 Berufung an die Uni Wittenberg als Prof. für Griechisch

Philipp Melanchthon (1497–1560)

aus?

> In welche Reichsterritorien breitete sich der Protestantismus nach 1530

Jahrhunderts?

> Wie kam es zur Krise der Täuferbewegung in den 30er Jahren des 16.

XV.4.

Die territoriale Ausbreitung des Protestantismus

KG Rep

XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

XV.2.

XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

KG Rep

20er und 30er Jahren des 16. Jahrhunderts Eingang?

> In welche Territorien außerhalb des Reiches fand die Reformation in den

Die territoriale Ausbreitung des Protestantismus

XV.3.

> Zu welchem Zweck wurde der Schmalkaldische Bund gegründet?

KG Rep XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

XV.1.

XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

KG Rep

XV.3.

XV.4.

2) Täuferreich in Münster ● seit 1533 täuferische Gedanken durch Prediger Bernhard Rothmann verbreitet ● Melchioriten aus NL – erlangten Mehrheit im Stadtrat + Herrschaft über Bürger (Jan Bockelson aus Leiden + Jan Matthys aus Haarlem) – errichteten apokalyptisches Königreich mit Gütergemeinschaft, Polygamie + gewaltsamer Herrschaft über alle Bürger ● 1535 Bischof von Münster eroberte Stadt (über einjährige Belagerung): grausame Vergeltung → Wiederherstellung der kath. Herrschaft ● Fazit: schwere Katastrophe für das ganze Täufertum → Vorwand für Verfolgung

1) Melchioriten ● Melchior Hoffmann: Kürschner aus Schwäbisch-Hall → Eindringen apokalyptisch-enthusiastischer Gedanken in das Täufertum: Aufforderung, alle Gottlosen gewaltsam zu vernichten ● Hoffmann sammelte Anhänger in Schweden, Ostfriesland, NL + Straßburg (sog. Melchioriten): Warten auf Anbruch des Gottesreiches in Münster

● seit Speyer 1529: gewaltloses Täufertum gnadenlos verfolgt

4) Dänemark + Norwegen ● unter König Christian III.

3) 1534 England ● unter König Heinrich VIII.

2) 1527 Schweden ● Reichstag erklärte sich für Reformation: 1.x trennte sich großer Staat von Rom

1) Umwandlung des Ordenslandes in Herzogtum + Einführung der Reformation ● unter Albrecht von Preußen ● Gründung der Uni Königsberg

● in 20er Jahren: Reformation über Reichsgrenzen: v.a. Polen-Litauen, Ungarn, Siebenbürgen, Skandinavien

XV.1.

1) Herzogtum Württemberg (1534) ● durch Herzog Ulrich: 3 Reformatoren – Ambrosius Blarer (von Schweizer + oberdeutscher Reformation geprägt) – Erhard Schnepf + Johannes Brenz (beide streng lutherisch) 2) Herzogtum Pommern (1534) ● Kirchenordnung durch Johannes Bugenhagen – vorher: Kirchenordnungen für Braunschweig, Hamburg, Lübeck – nachher: Kirchenordnungen für Dänemark, Holstein, BS-Wolfenbüttel 3) Herzogtum Sachsen (1539) ● durch Herzog Heinrich (nach Tod Herzog Georgs d. Bärtigen) 4) Kurfürstentum Brandenburg (1539) ● durch Kurfürst Joachim II.: konservatives Gepräge (kath. Liturgie, alte Gebräuche) 5) die meisten Reichsstädte (z.B. Augsburg) → Anfang der 40er Jahre: der größere Teil Deutschlands war evangelisch

XV.2. Nürnberger Anstand 1532: erster befristeter Religionsfriede ● Grund: Schmalkaldischer Bund + Türkengefahr ● protestant. Reichsstände bis Konzil geduldet, Prozesse am Reichskammergericht sistiert

● Schmalkaldischer Bund bestimmte für 1½ Jahrzehnte die Reformationsgeschichte

1) Zweck: Schutz vor 1530 restituiertem Wormser Edikt + gewaltsamer Zurückdrängung 2) Aufgabe: ● gegenseitige Waffenhilfe im Verteidigungsfall ● Aufstellen eines Bundesheeres ● gemeinsames Vorgehen gegen antireformatorische Prozesse am Reichskammergericht 3) Mitglieder ● Länder: Kursachsen, Hessen, BS-Lüneburg, BS-Grubenhagen, Anhalt, Mansfeld ● Städte: Magdeburg, Bremen, sodann zahlreiche Reichsstädte (ohne Nürnberg) 4) Widerstandsrecht gegen den Kaiser? ● Bedenken der Theologen (v.a. Luther) ● Zerstreuung der Bedenken durch Juristen: eigentliche Obrigkeit = Fürsten, Kaiser nach Wahlkapitulation nur von Fürsten gewählt + eingesetzt → Strukturen des frühneuzeitlichen Territorialstaates

Feb. 1531: Gründung des Schmalkaldischen Bundes ● an der kursächsisch-hessischen Grenze

> Welche Schrift hatte Luther für das geplante Konzil erarbeitet?

16. Jahrhunderts?

> Wie kam es zum Schmalkaldischen Krieg?

XV.8.

> Warum scheiterten die kaiserlichen Konzilspläne in den 30er Jahren des

KG Rep

XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

XV.6.

XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

KG Rep

von 1532–1552 unterscheiden?

Altgläubigen nach 1530!

> Nennen Sie wichtige Einigungsversuche zwischen Protestanten und

XV.7.

> Nennen Sie wichtige innerprotestantische Einigungsversuche nach 1530! > Welche drei Stadien der Religionspolitik Karls V. lassen sich in der Zeit

KG Rep XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

XV.5.

XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

KG Rep

3) 1546 eröffnete Kaiser den Krieg (Vorwand: Landfriedensbruch durch Sachsen/Hessen) → Religionskrieg: Kaiser/Papst ↔ Protestanten → Kämpfe sowohl in Süd- wie Norddeutschland ● Moritz von Sachsen stand auf Seite des Kaisers: Sieg über Kurfürst Johann Friedrich in der Schlacht bei Mühlberg auf der Lochauer Heide (1547) ● Wittenberger Kapitulation: Kurwürde an Moritz, Gefangennahme Johann Friedrichs

2) Anfang 40er Jahre: noch Vordringen der Reformation ● BS-Wolfenbüttel, Regensburg → doch 1543 besiegte Karl V. den Herzog von Kleve (Schmalkaldischer Bund konnte wg. Philipps Abkommen mit dem Kaiser nicht eingreifen) → ev. Regungen in Köln unter Erzbischof Hermann von Wied zurückgedrängt

XV.8. 1) nach erfolglosen Religionsgesprächen: Kriegsgefahr ● Karl V. gelang Isolation zweier wichtiger Fürsten: a) Landgraf Philipp von Hessen: Doppelehe 1540 verstieß gg. Reichsrecht → Philipp mußte sich Gunst des Kaisers erkaufen + ev. Politik aufgeben b) Moritz von Sachsen bekam Kurwürde versprochen (Konflikt: Albertiner ↔ Ernestiner) → Austritt aus Schmalkaldischem Bund

XV.6.

● von Luther auf Wunsch des sächsischen Kurfürsten erarbeitet ● Luther konnte an Konvent 1537 wegen Krankheit nicht teilnehmen: Melanchthon verhinderte Annahme der Artikel (nur Theologen unterschrieben) → erst 1580 Bekenntnisschrift (Konkordienbuch) ● 3 Teile: a) von allen anerkannte Lehrinhalte d. altkirchlichen Glaubensbekenntnisse b) Lehrinhalte, über die man verhandeln kann c) Artikel, die unter keinen Umständen aufgegeben werden können: Rechtfertigung sola fide, Ablehnung des Meßopfers, der Stifte/Klöster + des Papsttums (qua göttlichen Rechts)

> Schmalkaldische Artikel (1537)

● 1536: Paul III. schrieb Konzil nach Mantua aus → kam nicht zustande ● 1537: Bundesversammlung in Schmalkalden – Konzilsteilnahme abgelehnt: Konzil ist nicht frei, auf Schrift + damit auf Gott selbst zu hören – auf Versammlung angenommen: Melanchthons Tractatus de potestate et primatu papae

> Scheitern der Konzilspläne

1) 1532–1538: Konzil 2) 1538–1542: Religionsgespräche 3) 1542–1552: Gewalt

> 3 Stadien der Religionspolitik Karls V. (Ziel = Überwindung der Kirchenspaltung):

3) Zürich blieb außerhalb dieser Verständigungen ● Heinrich Bullinger (= Zwinglis Nachfolger) mit anderen Schweizer Reformatoren: 1536 Confessio Helvetica prior 1549 Consensus Tigurinus: Einigung mit Genf über das Abm.

2) Worms (1540/41) ● Disputation zw. Eck + Melanchthon über Erbsünde (Basis: CA Variata) ● Teilkonsens (Wormser Buch)

3) Regensburg (1541) ● Konsens betr. Rechtfertigungslehre ● Dissens betr. Transsubstantiation, Beichte + Absolution, päpstliche Autorität → Gespräche scheiterten

XV.5.

● Martin Bucer suchte Einigung zwischen Wittenbergern + Oberdeutschen ● Anerkennung der CA, Apologie der CA + Kompromißformel: sakramentale Einheit + Speisung der Unwürdigen (unio sacramentalis; manducatio indignorum) → Abm.-Gabe = unabhängig von Würdigkeit des Empfängers

> 1) 1536 Wittenberger Konkordie: Ende des Abm.-Streites in D

2) 1540 Melanchthons geänderte Fassung der CA (CA Variata) ● Abm.-Artikel 10 anschlußfähig an oberdeutsche Theologie

XV.7.

1) Hagenau (1540) ● ergebnislos

● Türkenkrieg + Konflikte mit Frankreich: Kaiser auf ev. Stände angewiesen → Frankfurter Anstand 1539: erneut befristeter Religionsfriede → Karl V.: Versuch der Rückführung durch Religionsgespräche

Religionsgespräche

> Was wurde auf dem Augsburger Reichstag 1555 beschlossen?

XV.12.

> Was versteht man unter dem Augsburger und Leipziger Interim?

KG Rep

XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

XV.10.

1547?

XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

KG Rep

Aufgaben hatte es und wie verlief es zunächst?

> Wodurch wendete sich die Lage der Protestanten nach dem Debakel von

XV.11.

> Wann wurde das immer wieder hinausgeschobene Konzil eröffnet, welche

KG Rep XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

XV.9.

XV. Reformationsgeschichte von Augsburg 1530 bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555

KG Rep

● Karl V. legte 1556 Ämter nieder + verzichtete auf Kaiserkrone: † 1558 in Spanien ● im Deutschen Reich endete die Zeit eines einheitlichen christl. Bekenntnisses: Beginn des konfessionellen Zeitalters

1) keine allg. Religionsfreiheit: Prinzip cuius regio – eius religio: nur Landesherren können wählen (ius reformandi), Untertanen müssen folgen 2) Aufhebung des alten Ketzerrechts: andersgläubige Untertanen können auswandern (ius emigrandi): Eigentumsschutz bei Übersiedlung in Territorium der eigenen Konfession 3) Ausnahme für geistliche Fürstentümer (Reservatum ecclesiasticum): geistl. Fürst wird durch Religionswechsel Privatmann: verliert geistl. Würde + weltl. Herrschaftsrechte 4) bikonfessionelle Reichsstädte sollen bestehen bleiben ● persönliche Erklärung König Ferdinands (Declaratio Ferdinandea): zur CA gehörende Städte/Gemeinden in geistl. Fürstentümern können ev. bleiben

Augsburger Reichstag 1555 XV.12. ● Karl V. nicht anwesend → Leitung: Bruder König Ferdinand ● Abschied: unbefristeter Religionsfriede bis zur Wiederkehr der Glaubenseinheit ● Religionsfreiheit nur im Blick auf d. beiden »Religionen«: Altgläubige + Augsburger Konfessionsverwandte → Seitenbewegungen der Reformation (Täufer, Antitrinitarier, Spiritualisten, Zwinglianer) blieben außerhalb des Religionsfriedens

2) Passauer Vertrag 1552 ● Wiederherstellung der Rechtsordnung vor dem Schmalkaldischen Krieg: Aufhebung des »Augsburger Interims«

XV.11. 1) politischer Umschwung 1552 ● Moritz von Sachsen (»Judas von Meißen«) stellte sich gegen Kaiser ● Gründe: – nicht eingehaltene Gebietszusagen Karls an ihn – Kränkung durch Gefangennahme des Schwiegervaters Philipp v. Hessen → Moritz = Anwalt der Verteidigung fürstlicher Selbständigkeit gegen ein zu starkes kaiserliches Regiment (frühneuzeitlicher Territorialstaat) → Frühjahr 1552: Moritz überfiel überraschten Kaiser in Innsbruck → Flucht Karls – – – –

XV.9.

theologische Antwort auf die Herausforderung der Reformation Beendigung des Religionsstreites Abwehr der Ungläubigen Kirchenreform

Einberufung des Konzils nach Trient Eröffnung; Protestanten blieben fern

2) in Kursachsen: »Leipziger Interim« Dez. 1548 ● hauptsächlich verfaßt von Melanchthon ● Zugeständnisse nur in den »Adiaphora« (Mitteldingen: Zeremonien + Riten), nicht in zentralen Glaubensartikeln ● heftige Kritik durch strenge Lutheraner: Matthias Flacius + Nikolaus von Amsdorf (sog. Adiaphoristischer Streit)

1) Augsburger Reichstag 1548: »Augsburger Interim« XV.10. = eine kaiserliche Erklärung, gültig bis zu Konzilsbeschluß → Kaiser nahm Religionsfrage wieder in eigene Hand = Versuch, nach Sieg 1547 die katholische Ki. so weit wie möglich wiederherzustellen ● ausgearbeitet v.a. von kath. Theologen (Pflug + Helding), einziger ev. Theologe: brandenburgischer Hofprediger Johann Agricola (mit ihm hatte Luther in den 30er Jahren Streit über Geltung des Gesetzes [antinomistischer Streit]) ● einzige Zugeständnisse an Protestanten bis Konzilsentscheid: a) Abm. in beiderlei Gestalt b) Priesterehe ● in Süddeutschland kaum Widerstandsmöglichkeiten, in Norddeutschland Widerstand v.a. in Städten (Magdeburg)

3) 1547: Verlegung des Konzils nach Bologna (vom Reich in den Kirchenstaat) – Papst fürchtete zu große Macht des Kaisers – Karl V. protestierte → Suspendierung der Verhandlungen

2) Aufgaben:

1) Eröffnung ● März 1545: ● Dez. 1545:

Konzil von Trient (1545–1563)

angenommen?

> Welche Bekenntnisse umfaßt das Konkordienbuch? > Welche lutherischen Kirchen haben die Konkordienformel nicht

> Um welche theologischen bzw. kirchlichen Fragen ging es in den

innerlutherischen Lehrstreitigkeiten bis 1577?

Die Entwicklung des Luthertums zur Konfessionskirche

XVI.4.

Die Entwicklung des Luthertums zur Konfessionskirche

KG Rep XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.2.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

XVI.3.

> Skizzieren Sie die Entstehung und den Aufbau der Konkordienformel! > Worin liegt die kirchengeschichtliche Bedeutung dieser Formel?

Die Entwicklung des Luthertums zur Konfessionskirche

> Bestimmen Sie den Begriff »konfessionelles Zeitalter«!

KG Rep XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.1.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

XVI.3.

● ● ● ● ●

XVI.4.

3 altki. Symbole (Apostolikum, Nizäno-Constantinopolitanum, Athanasianum) Confessio Augustana (1530) Apologie der CA (1530) Schmalkaldische Artikel Luthers (1537) Melanchthons Traktat De potestate et primatu papae (1537) Großer Katechismus Luthers (1529) Kleiner Katechismus Luthers (1529) Konkordienformel (1577)

Pommern Holstein Braunschweig-Wolfenbüttel Reichsstadt Nürnberg Hessen-Kassel + Anhalt: Calvinismus versuchte einzudringen

> ohne Konkordienformel:

1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8)

> zum 50. Jahrestag der CA 1580 in Dresden erschienen:

1) Ziel ● innen: Ausgleich zw. den zerstrittenen Positionen ● außen: Abgrenzung gg. Katholizismus + Calvinismus 2) Theologie ● Hl. Schrift = »einzige Regel und Richtschnur« zur Lehrbeurteilung ● die 3 altkirchlichen + luth. Bekenntnisse der Reformationszeit = testes veritatis ● Rechtfertigungslehre: Ablehnung des freien Willens, forensisches Verständnis ● gg. Katholizismus: keine Transsubstantiation, kein Meßopfer; Laienkelch ● gg. Calvinismus: – kein geistig-sinnbildliches Verständnis des Abm.: Realpräsenz (manducatio indignorum/impiorum) – keine doppelte Prädestination, vielmehr gratia universalis

> Selbstverständnis: kein eigenes Bekenntnis, sd. abschließender Kommentar zur CA

Entwicklungen auf systematische Lehrfestlegung da ● im Luthertum: treibende Kraft zur Lehrfestlegung = die Fürsten → Kurfürst August von Sachsen: sog. Torgisches Buch (v.a. durch Jakob Andreae) ● luth. Territorialkirchen zugesandt → Bezeichnung: Solida Declaratio (SD) ● Epitome (= Auszug) vorangestellt: Epitome + SD = FC (Formula concordiae)

> auch im Katholizismus (Tridentinum) + Calvinismus (Institutio):

1) »Adiaphoristischer Streit«: Protest des Flacius gegen die von Melanchthon im Leipziger Interim gemachten Zugeständnisse: Ritus/Recht = Adiaphora? 2) »Majoristischer Streit«: Verhältnis von Rechtfertigung, Heiligung, guten Werken + ewiger Seligkeit 3) »Synergistischer Streit«: menschliche Willensfreiheit im Verhältnis zu Gott 4) »Osiandrischer Streit«: Andreas Osiander lehrte die Gerechtmachung durch Einwohnung Christi im Innern des Glaubenden ↔ Philippisten + Gnesiolutheraner: forensische Rechtfertigungslehre Melanchthons (Zurechnung der Gerechtigkeit) 5) 2. Abendmahlsstreit: Vorwurf heimlicher Zuneigung der Melanchthonschüler zum Calvinismus (»Kryptocalvinismus«) 6) christologische Streitigkeiten: Höllenfahrt Christi + Allgegenwart der erhöhten menschlichen Natur Christi (Ubiquitätslehre)

innerlutherische Lehrstreitigkeiten XVI.2. ● Verknüpfung mit polit. Gegensätzen (Kurpfalz ↔ Kursachsen) ● theol. Differenzen zw. Luther + Melanchthon traten nach 1546 stärker hervor ● Streit zw. – Philippisten (z.B. Georg Major, Johann Pfeffinger) – Gnesiolutheranern (z.B. Matthias Flacius, Nikolaus von Amsdorf)

Allgemeine Charakteristika des konfessionellen Zeitalters 1) Forschung: »Spätreformation« + »Zweite Reformation« (Eindringen d. Calvinismus) 2) neu gegenüber Spätmittelalter + Reformation: statt mittelalterlicher Einheitskultur nun gesamtes Leben von gegenseitiger Abgrenzung konfessionell bestimmter Kirchen + Territorien geprägt (= sog. Konfessionalisierung/Konfessionsbildung) 3) Zusammenhang von Konfessionalisierung + Säkularisierung: Übergang von religiösen Streitigkeiten zu politischen Machtkämpfen (vgl. 30j. Krieg) 4) Herausbildung des frühmodernen Territorialstaates 5) neben konfessioneller Konsolidierung: geistige Lebendigkeit + geistliche Vertiefung ● spiritualistische Denkhorizonte ● Dogmenkritik der Antitrinitarier ● Orthodoxie + Frömmigkeitsbewegung des älteren Luthertums: Einflüsse der spätmittelalterlichen Mystik

Begriffsbestimmung XVI.1. ● »konfessionelles Zeitalter« (Begriff v. Ernst Troeltsch + Otto Brunner) = Bezeichnung für die Zeit nach der Reformation (1555) bis zum Westfälischen Frieden (1648) ● Zäsur 1555 gilt bes. für Deutsches Reich, Prozeß der »Konfessionalisierung« heute aber meist schon in die 1. Hälfte des 16. Jh.s vorverlegt

erklären?

> Wie läßt sich die Blüte der lutherischen Erbauungsliteratur um 1600

> Wer sind die Hauptvertreter der lutherischen Hochorthodoxie? Welche

Methode haben sie angewendet? > Welche beiden Merkmale kennzeichnen die lutherische Orthodoxie?

Die Entwicklung des Luthertums zur Konfessionskirche

Die Entwicklung des Luthertums zur Konfessionskirche

XVI.8.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.6.

XVI.7.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

sein Einfluß?

> Wer ist der Wegbereiter der lutherischen Orthodoxie und worin zeigt sich

KG Rep

> Charakterisieren Sie die Theologie des Georg Calixt! > Was versteht man unter dem sog. Synkretistischen Streit?

> Inwiefern ist die lutherische Orthodoxie Teil der konfessionellen

Theologie des späten 16. Jahrhunderts?

Die Entwicklung des Luthertums zur Konfessionskirche

Die Entwicklung des Luthertums zur Konfessionskirche

KG Rep XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.5.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

XVI.7.

XVI.8.

→ Anleihen bei

● altkirchlicher, hoch- + spätmittelalterlicher Mystik ● naturphilosophischen Strömungen

1) Winfried Zeller: »Frömmigkeitskrise«/»Frömmigkeitswende« um 1600 ● sich mehr und mehr rationalisierende Theologie ↔ Bedürfnis nach Frömmigkeit: Verinnerlichung, Konkretisierung, Individualisierung 2) Ängste vor übermächtigen Gegnern (Papst als Antichrist) 3) Furcht vor drohenden Zeichen der Endzeit 4) Melanchthons Rechtfertigungslehre: wenig Raum, um Gerechtigkeit im erneuerten, heiligen Leben erfahrbar werden zu lassen

Blüte der lutherischen Erbauungsliteratur

● Wittenberger Kritik (v.a. Abraham Calov): – consensus quinquesaecularis = Synkretismus – Relativierung von Luther + Reformation → im Zusammenhang dieser Streitigkeiten geprägt: der Begriff »lutherische Kirche«

> = Auseinandersetzung um d. Theologie Calixts ab Thorner Religionsgespräch (1645)

● Universität Helmstedt (Helmstedter Theologie) ↔ Wittenberg ● stark vom Späthumanismus geprägt (Melanchthon) 1) Überwindung der Konfessionsstreitigkeiten (Irenik) ● angesichts Verwüstungen durch 30j. Krieg: Rückkehr zu dem allen Konfessionen gemeinsamen Fundament = Apostolikum + Lehrentscheidungen des 1.–5. Jh.s (sog. consensus quinquesaecularis) 2) Betonung der Ethik ● Disziplinentrennung zw. Dogmatik + Ethik geht letztlich auf ihn zurück 3) Unterscheidung zw. Fundamentalartikeln + weniger fundamentalen Artikeln ● Theologie der Reformatoren zählt zu letzteren → 2) und 3) begründen die Übergangsstellung Calixts

> Georg Calixt

XVI.5.

XVI.6.

● Grund: Späthumanismus + Notwendigkeit begrifflich exakter Lehrverteidigung 2) Ausbau der Lehre von der Hl. Schrift ● aristotelische Kategorie »Prinzip« → Schriftprinzip: Schrift ist aus sich selbst heraus wahr + keiner Beglaubigung bedürftig a) auctoritas (Vollmacht) b) perfectio/sufficientia (Vollkommenheit/volle Genügsamkeit) c) perspicuitas (durchsichtige Klarheit) d) efficacia (Heilswirksamkeit) ● Theorie der Verbalinspiration (bis zu den einzelnen Buchstaben) → logisch ausgebaute Schriftlehre wurde Einfallstor für die histor. Bibelkritik

> 1) Einzug der aristotelischen Metaphysik

● sog. analytische Methode: – Theologie = praktische Wissenschaft vom Heilsweg – Differenz zur Loci-Methode: nicht nur Erkenntnis, sondern Veränderung des Gegenstandes (homo peccator ad Deum reducendus)

> ● Vertreter: Johann Andreas Quenstedt, Abraham Calov, David Hollaz

● zwar führt auch von Luther ein Weg in die luth. Orthodoxie: vgl. Bedeutung des Artikels von der Rechtfertigung ● aber Melanchthons Loci communes = Vorbild für Titel + Methode bedeutender Werke der Frühorthodoxie: 1) Titel ● Martin Chemnitz: Loci theologici ● Leonhard Hutter: Compendium locorum theologicorum ● Johann Gerhard: Loci theologici (Hauptwerk der luth. Orthodoxie) 2) Methode ● Anwendung der aristotelischen Logik auf die Darbietung der theol. Dogmatik → Zentralbegriffe w. in logisch-rhetorische Ordnung gebracht (Loci-Methode)

> = Philipp Melanchthon

2) Verteidigung der Lehre gegenüber kath. + calvinistischen Angriffen → Hauptdisziplinen: Dogmatik + Polemik

> 1) Konzentration auf die reine Lehre

> Welche theologischen Gedanken sind für Calvin charakteristisch?

> Nennen Sie wichtige Vertreter der Frömmigkeitsbewegung, die konkrete

Reformanliegen verfolgten! > Auf welchen bedeutenden kulturellen Bereich wirkte die lutherische Erbauungsliteratur ein? > Welche Gedanken hatten auf die lutherische Erbauungsliteratur beachtlichen Einfluß?

Der Calvinismus

Die Entwicklung des Luthertums zur Konfessionskirche

XVI.12.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

XVI.11.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

XVI.10.

> Geben Sie einen Überblick über das Leben Johannes Calvins!

> Nennen Sie einige »Klassiker« der Frömmigkeitsbewegung im

orthodoxen Luthertum!

Der Calvinismus

Die Entwicklung des Luthertums zur Konfessionskirche

KG Rep XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.9.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

XVI.11.

XVI.12.

– lehrmäßige Zusammenschau von AT + NT – Autorität der Schrift: testimonium spiritus sancti internum ● Wertung: einseitig paulusdominiertes Bibelverständnis Luthers vermieden, aber auch Freiheit gewahrt, zw. Bibel + Wort Gottes zu unterscheiden 2) Betonung von Gottes Souveränität, Majestät + Ehre: Theozentrik → unbedingt vorlaufende, absolut freie Gnade Gottes → ab 1539: Lehre von der praedestinatio gemina (im Calvinismus des 17. Jh.s: syllogismus practicus) 3) theozentrische Ethik: Ehre Gottes gebührt Glaubensgehorsam → triplex usus legis: Gesetz hat auch im Leben des Gerechtfertigten seine Gültigkeit 4) Abendmahl: reale Gegenwart Christi durch den Geist (Spiritualpräsenz) → Ablehnung der manducatio impiorum

1) biblizistischer Ansatz:

Theologische Grundanschauungen Calvins ● Einflüsse von Luther, Augustin, Erasmus, Bucer + Melanchthon

● * 1509 in Noyon; juristische + humanistische Studien in Paris, Orléans + Bourges ● reformatorisch beeinflußter Humanistenkreis an Uni Paris (Faber Stapulensis) – »plötzliche Bekehrung« 1527/28 oder 1533/34 zur reformatorischen Erkenntnis ● Protestantenverfolgung unter Franz I. → Calvin über Straßburg nach Basel – 1536 Institutio religionis christianae (als Katechismus konzipiert) 1) Genf – nach kurzen Aufenthalten in Oberitalien + Südfrankreich: Wilhelm Farel hielt Calvin in Genf fest: wg. Reformation → doch bald Ausweisung beider 2) Straßburg – Calvin: Leitung der franz. Flüchtlingsgemeinde in Straßburg (Bucers Wunsch) – Teilnahme an den Religionsgesprächen (Hagenau, Worms, Regensburg) – Beziehung zu Melanchthon, Kommentar zum Römerbrief 3) Genf – Anhänger erreichen Rückkehr: Beginn des reformatorischen Wirkens → Erfolg: 1541 Annahme der Ordonnances ecclésiastiques durch den Rat – 1553 Verbrennung des Antitrinitariers Michael Servet – seit 1555 setzte sich Calvin durch: Führer der Evangelischen in West- + Osteuropa – Gründung der theol. Akademie in Genf – † 1564 in Genf → Nachfolger: Theodor Beza

Johannes Calvin (1509–1564)

XVI.9.

XVI.10.

● Valentin Weigel ● Sonderstellung: Jakob Böhme

> spiritualistische Gedanken

● die Texte der Kantaten + Passionen Johann Sebastian Bachs

> ● die geistliche Dichtung Paul Gerhardts (v.a. Arndts Paradiesgärtlein)

● Johann Amos Comenius ● Anklageliteratur – z.B. Theophil Großgebauer: Wächterstimme aus dem verwüsteten Zion

> ● Johann Valentin Andreae (Arndtschüler)

● Johann Arndt (1555–1621): Vier Bücher vom wahren Christentum – Arndt = Begründer des Pietismus in frömmigkeitsgeschichtlicher Hinsicht (Johannes Wallmann): »die Lehre Christi ins Leben verwandeln« ● Stephan Praetorius: Geistliche Schatzkammer ● Philipp Nicolai: Freudenspiegel des ewigen Lebens ● Valerius Herberger: Herz-Postillen ● Johann Gerhard: Meditationes sacrae

»Klassiker« der Frömmigkeitsbewegung

konfessionellen Zeitalter!

> Geben Sie einen Überblick über die Kirchengeschichte Englands im

> Geben Sie einen Überblick über die Geschichte des französischen

Protestantismus im konfessionellen Zeitalter!

Die Ausbreitung des Calvinismus in Westeuropa

XVI.16.

Die Ausbreitung des Calvinismus in Westeuropa

KG Rep XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.14.

Calvinismus?

> Wer begründete in Schottland eine besonders strenge Form des

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

> Geben Sie einen Überblick über die Geschichte des niederländischen

> Nennen Sie einige Merkmale der Genfer Kirchenreform! Protestantismus im konfessionellen Zeitalter!

Die Ausbreitung des Calvinismus in Westeuropa

XVI.15.

Der Calvinismus

KG Rep XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.13.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

XVI.15.

1) Errichtung der anglikanischen Staatskirche 1534 durch Heinrich VIII. XVI.16. ● dynastisch-politische Gründe ● unter Königin Elisabeth I.: engl. Staatskirche in Lehre gemäßigt calvinistisch (39 Artikel von 1563), in Kult + Verfassung katholisch 2) Puritanismus ● Mitte 16. Jh.: Rezeption calv. Gedanken: strenge Lebensheiligung (v.a. im städt. Bürgertum) ↔ absolutistische Politik des Königshauses + der anglikan. Staatskirche ● staatl. Druck gg. Puritaner → Auswanderung in die NL + dann USA: bedeutender Einfluß auf den nordamerikanischen Protestantismus 3) englische Revolution 1640–1660 ● polit. Erfolg d. Puritanismus: Oliver Cromwell führte Parlamentsheer der »Heiligen« ● unter Cromwell: beschränkte Religionsfreiheit + strikte Trennung von Staat + Kirche ● 2 puritanische Richtungen: Kongregationalisten/Independente ↔ Presbyterianer 4) nach Cromwell: Wiedererrichtung der bischöflichen Staatskirche ● 1688 Glorious Revolution: Rekatholisierungsversuch der Stuarts scheiterte ● 1689 Toleranzakte: – Dissenters: Religions- + Gewissensfreiheit, aber eingeschränkte bürgerl. Rechte – Katholiken + Sozinianer außerhalb der Toleranz

● Bekenntnisgrundlage des Calvinismus in Schottland: Confessio Scotica

> John Knox

● nach Befreiungskampf (1566–1609): Calvinismus in nördl. Provinzen Staatsreligion 1) Bekenntnisgrundlage: Confessio Belgica 2) NL im konfessionellen Zeitalter: ● weiteste Religionsfreiheit ● wirtschaftl. + geistig-kultureller Aufschwung 3) Hauptstreitpunkt der orthodoxen calvinistischen Theologie: Gültigkeit der Prädestinationslehre (sog. Arminianischer Streit) ● Jakob Arminius = Gegner d. Prädestinationslehre ● Synode von Dordrecht 1618/19: Bestätigung der Prädestinationslehre → für gesamten Calvinismus verbindlich 4) bedeutende calv. Theologen an Universitäten Leiden, Groningen + Utrecht: a) Giesbert Voetius: begr. den niederländischen Präzisismus – Ausweis einer lebendig-konkreten, »präzisen« Frömmigkeit b) Johannes Coccejus: »Föderaltheologie« – auf biblischen Bundesschlüssen aufgebaute heilsgeschichtliche Theologie c) Hugo Grotius: allgemeinverbindliche Grundsätze von Sitte + Recht für Zusammenleben der Völker (natürliches Recht) → Wegbereiter der Aufklärung

> Niederlande

4) 1685 Aufhebung des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV. → Hugenotten flohen ins Ausland ● 1685 Edikt von Potsdam: Kurfürst Friedrich Wilhelm v. Brandenburg rief Glaubensflüchtlinge ins Land → wichtige Rolle in Wirtschaft + Kultur Brandenburg-Preußens

3) 1598 Edikt von Nantes unter Heinrich IV. ● Gewissens- + Religionsfreiheit, bürgerliche Gleichberechtigung für Hugenotten → bedeutende geistige + polit. Stellung des Calvinismus

2) 8 Hugenottenkriege (1562–1598) ● aufgrund des polit. + religiösen Gegensatzes ● Höhepunkt der Protestantenverfolgung = sog. Bartholomäusnacht 1572

1) Bekenntnisgrundlage: Confessio Gallicana (1559)

● Zeit der westeuropäischen Konfessionskämpfe XVI.14. + des wiedererstarkten Katholizismus → stärkere gesellschaftspolit. Aktivität d. Calvinismus (im Vergleich zum Luthertum)

● nach vielen polit. + theol. Streitigkeiten: Genfer Kirche = Modell für viele calvinistische Kirchen in Westeuropa

2) Kirchenzucht ● strenge Kirchenzucht zur Ehre des Namens Christi: orientierte sich an weltlichen Strafen der Carolina (Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532) → wechselweise Durchdringung von bürgerlicher + kirchlicher Gemeinde: Calvin hält an volkskirchlicher Struktur fest ohne großen Unterschied zwischen der Masse + den ernsthaften Christen

1) neutestamentliche Verfassungsform der Kirche XVI.13. ● Ordonnances ecclésiastiques (1541): Verfassungsform im NT vorgebildet ● 4 Ämter: Prediger, Lehrer, Älteste, Diakone ● Ältestenamt charakteristisch: übt Kirchenzucht, den Laien übertragen

> Mit welchen theologischen Entscheidungen hat das Konzil von Trient auf

> Wie entfaltete sich der Calvinismus im Deutschen Reich?

die reformatorische Theologie geantwortet?

Der römische Katholizismus nach der Reformation

XVI.20.

Die Ausbreitung des Calvinismus in Westeuropa

KG Rep XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.18.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

Kirchengeschichte ein?

> Wodurch wirkte der Puritanismus auf die kontinentale Theologie und

Revolutionszeit?

> Welche bedeutende religiöse Gruppierung entstand in der englischen

Reform«!

> Erklären Sie die Begriffe »Gegenreformation« und »Katholische

> Wodurch unterscheiden sich die beiden puritanischen Richtungen der

Kongregationalisten und der Presbyterianer?

Der römische Katholizismus nach der Reformation

XVI.19.

Die Ausbreitung des Calvinismus in Westeuropa

KG Rep XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.17.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

2) Reformdekrete ● v.a. Bischofsamt (nicht Papsttum) betr.: Residenzpflicht, Pflicht zur Errichtung theologischer Seminare + Pflicht zur Abhaltung von Synoden/Visitationen ● kirchliche Mißbräuche abgestellt (v.a. der Ablaß für Geld)

1) dogmatische Dekrete XVI.20. a) Rechtfertigungslehre ● gg. »sola fide« + pelagianisierende Strömungen der Spätscholastik: 1) M. kann sich göttliche Gnade nicht verdienen: sie geht Glauben + Rechtfertigung voraus (gratia praeveniens) 2) Rechtfertigung = wesentlich Gerechtmachung durch Gnadeninfusion in den Sakramenten (gratia iustificans) ● in Heiligung + Erneuerung: M. kann mit Gnade kooperieren oder »Riegel« setzen → Mittelweg zwischen Glaubens- + Werkgerechtigkeit b) Schriftlehre ● gg. »sola scriptura«: Trias von Schrift, Tradition + Lehramt ● Quellen der Kirchenlehre = Schrift + Tradition: »gleiche Ehrfurcht« ● kirchliches Lehramt gibt authentische Auslegung der Hl. Schrift ● maßgeblicher Text der Hl. Schrift = die latein. Übersetzung (Vulgata) c) weitere Dekrete zu Erbsünde, Fegefeuer, Sakramenten (Siebenzahl bestätigt)

2) »Katholische Reform« ● Erneuerung der kath. Kirche = nicht nur Gegenbewegung, sd. eigenständige Erneuerung durch innere Reformbewegung ● Impulse aus Spanien + Italien: a) mystische Frömmigkeit in Spanien: Theresia von Avila, begr. den Orden der »unbeschuhten Karmelitinnen« b) Neugründung von Orden (Barmherzige Brüder, Theatiner, Oratorianer) bzw. Erneuerung älterer Orden (Kapuziner) c) Erneuerung der Theologie: Schule von Salamanca d) pastoral ausgerichteter Klerus: Impulse gelangten in die Gemeinden ● Anliegen der Reform bes. deutlich im Konzil von Trient + Jesuitenorden

XVI.19. 1) »Gegenreformation« ● Auftreten Luthers + Reformation = entscheidendes Ereignis auch für den röm. Katholizismus im 16. Jh. ● neuerer Begriff »katholische Konfessionalisierung« hat im Zusammenhang mit der luth. + reformiert-calvinistischen Konfessionsbildung eigene Berechtigung = mit Begriff »Gegenreformation« nicht identisch

XVI.17.

XVI.18.

4) ursprünglicher Calvinismus nur am Niederrhein + in Ostfriesland ● Ausbildung einer synodalen Kirchenverfassung → wirkte auf erste synodale Strukturen in den dt. Landeskirchen des 19. Jh.s ein

3) weitere calvinistische Gebiete ● Bremen, Anhalt, Hessen-Kassel + Lippe-Detmold

2) Kurbrandenburg ● 1613 trat Kurfürst Johann Sigismund aus polit. Gründen zum Calvinismus über: verzichtete auf sein ius reformandi → Bevölkerung blieb lutherisch

1) Kurpfalz ● 1560 unter Kurfürst Friedrich III. calvinistisch ● 1563 Kirchenordnung der Kurpfalz mit Heidelberger Katechismus = als Unionskatechismus gedacht: abgeschwächte calvinistische Lehre (ohne doppelte Prädestination) – Verfasser v.a. Zacharias Ursinus + Kaspar Olevianus

● Calvinismus im Deutschen Reich relativ schwach: mußte sich unter CA + landesherrliches Kirchenregiment stellen

● bekanntestes puritanisches Erbauungsbuch: Practice of Piety von Lewis Bayly (geschrieben vor 1628)

> durch die puritanische Erbauungsliteratur = wichtige Wurzel des deutschen Pietismus

● gegr. von Schuster George Fox ● strikter Grundsatz der Toleranz → wichtig für neuzeitliche Sozialgeschichte (Gleichberechtigung der Frau, Gefängnisreform, später: Sklavenbefreiung)

> Quäker (Gesellschaft der Freunde)

Westminster-Confession (1646): in der Lehre geeint, im Kirchenverständnis getrennt ● Kongregationalisten: unabhängige Einzelgemeinden ● Presbyterianer: – Verbindung von bürgerlicher + kirchlicher Gemeinde – synodale Kirchenverfassung

> Kongregationalisten/Independente + Presbyterianer:

Jesuitenordens!

> Geben Sie einige Stichworte zu Ursprung, Wesen und Aufgabe des

die wichtigsten kirchlichen Bestimmungen des abschließenden Friedensvertrages!

> Skizzieren Sie den Verlauf des Dreißigjährigen Krieges und nennen Sie

XVI.24.

Der römische Katholizismus nach der Reformation

KG Rep XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.22.

XVI.23.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

Trient?

> Worin besteht die kirchengeschichtliche Bedeutung des Konzils von

das kirchliche Leben zu vereinheitlichen?

> Mit welchen Maßnahmen suchten die Päpste nach Abschluß des Konzils

nachtridentinischen Katholizismus bekämpft?

> Welche äußeren und inneren Infragestellungen wurden vom

> Nennen Sie zwei wichtige Bischöfe, die im Geist des Konzils von Trient

wirkten!

Der römische Katholizismus nach der Reformation

Der römische Katholizismus nach der Reformation

KG Rep XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

XVI.21.

XVI. Überblick über das konfessionelle Zeitalter

KG Rep

XVI.23.

XVI.24.

2) 1648 Friede von Münster + Osnabrück ● Augsburger Religionsfriede anerkannt + auf Reformierte ausgedehnt ● ius reformandi der Reichsstände bleibt mit Einschränkungen bestehen ● für die österreichischen Erblande hatten die Bestimmungen keine Gültigkeit → Ausweisungen der Protestanten

1) Verlauf ● erste Phase (1618–1629) – vorwiegend Auseinandersetzung der ev. Reichsstände mit der kath. Fürstenpartei (Liga) + dem Haus Habsburg ● zweite Phase + dritte Phase (1630–1648) – Krieg gewinnt europäische Dimensionen – nicht mehr Religion, sondern Staatsräson bestimmend

2) innen a) Jansenismus ● Cornelius Jansen: Erneuerung der augustinischen Sünden- + Gnadenlehre ● in diesem Geist wirkte Blaise Pascal (Lettres Provinciales: Polemik gg. Jesuiten) b) Quietismus ● innerliche, völlig passive Frömmigkeitsform ● Miguel de Molinos, Jeanne Marie de Guyon

1) außen ● naturwissenschaftliches Weltbild (Giordano Bruno; Galileo Galilei)

XVI.21.

XVI.22. 1) Ursprung: Ignatius von Loyola ● aus baskischem Adel → Offizierslaufbahn ● durch Verwundung: Lebenswende: Bruch mit weltl. Vergangenheit → Lektüre geistlicher Bücher + Wanderschaft ● Erfahrungen der Wanderjahre → Exercitia spiritualia (1522–1535): geistl. Übungen mit dem Ziel der Selbstüberwindung + Ergebung in Gottes Willen ● erste Genossen: Verpflichtung zu Palästinamission + Papstgehorsam ● Paul III. bestätigte 1540 die Gesellschaft Jesu (Societas Jesu) 2) Wesen: ● streng hierarchische Verfassung ● Verzicht auf Ordenstracht ● Verzicht auf Stundendienst ● unbedingter Gehorsam gegenüber dem Papst → Societas Jesu = Hauptinstrument des Papsttums im Dienste der Rekatholisierung 3) Aufgabe: ● Mission (China, Japan) ● Unterrichts- + Erziehungswesen (Schulen, Kollegien, Unis) ● Volksseelsorge + Beraterfunktion an Fürstenhöfen (→ oft erheblicher Einfluß auf Politik i.S. der Kurie) → bedeutende Leistungen: Armen- + Krankenpflege, Kirchenbau, Musik, Wissenschaft, Dichtung

● Festlegung der Lehre in zentralen Fragen, die durch die reformatorische Theologie gestellt waren (Rechtfertigungs- + Schriftlehre) → Beginn der Geschichte des neuzeitlichen Katholizismus

> Tridentinum = Antwort der kath. Kirche auf die Herausforderungen der Reformation

2) Index librorum prohibitorum: Verzeichnis der verbotenen Bücher 3) verbessertes Brevier 4) Missale Romanum: einheitliches Meßbuch

> 1) Professio fidei Tridentina: von Priestern abzulegendes Glaubensbekenntnis

2) Julius Echter von Mespelbrunn, Fürstbischof von Würzburg

> 1) Karl Borromäus, Erzbischof von Mailand

KG Rep

> Wodurch unterscheidet sich der Pietismus von der Orthodoxie? > Zeigen Sie wichtige Wurzeln für die Entstehung des Pietismus in

> Welche beiden verfassungsrechtlichen Theorien wurden im 16. und 17.

Pietismus von der neueren Forschung beantwortet?

> Wie wird die Frage nach den dominierenden Frömmigkeitstendenzen im

Deutschland auf!

Begriffsbestimmung und Wurzeln des Pietismus

Der Beginn der Neuzeit in der Kirchengeschichte

Jahrhundert zur Legitimierung des landesherrlichen Kirchenregiments ausgebildet?

XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.2.

KG Rep

Aufklärung wesentlich bestimmt?

Pietismus! > Was verbindet bzw. unterscheidet Pietismus und Aufklärung?

> Wodurch wurde die Situation der Kirchen im Zeitalter von Pietismus und

XVII.4.

> Was versteht man unter dem sog. Pietismus? > Versuchen Sie eine zeitliche und geographische Einordnung des

> Welche zeitliche Abgrenzung kann für den Beginn der Neuzeit in der

deutschen Kirchengeschichte angegeben werden?

Begriffsbestimmung und Wurzeln des Pietismus

XVII.3.

Der Beginn der Neuzeit in der Kirchengeschichte

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.1.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

XVII.4.

● heute:

> ● 19. Jh.:

weltflüchtig-mystische Tendenzen – vgl. Albrecht Ritschl (Geschichte des Pietismus) sozialethische Impulse

Johann Arndt (Reformation des Lebens) b) eng: Philipp Jakob Spener (betr. Luthertum) 2) puritanische Erbauungsliteratur in England 3) spätmittelalterliche Mystik 4) Spiritualismus des 16./17. Jh.s

> 1) Beginn: a) weit:

(ecclesiola in ecclesia) 2) Hoffnung auf bessere Zeiten für Ki. auf Erden: gg. Naherwartung des Weltendes (Johannes Wallmann)

> 1) Sammlung der Frommen in Konventikeln als Kerngemeinde

● praxis pietatis ● sozialethische Impulse ● Überwindung der konfessionellen Polemik (Abstand zum Katholizismus vertieft) 2) Unterschiede im Verständnis von ● Sünde ● Gnade ● Rechtfertigung

> 1) Übereinstimmungen: beide = praktische Reformbewegungen mit folgenden Zielen:

– verläuft parallel zur europäischen Aufklärung – Hauptzeit in D: 1670–1720 ● Verbreitung dann auch in der Schweiz, in Skandinavien, Osteuropa, Nordamerika

> ● Anfang des 17. Jh.s fast gleichzeitig in England, NL + D entstanden

seit der Reformation (Martin Brecht/Johannes Wallmann) ● Zentrum = die individuelle Glaubenserfahrung (»Gottseligkeit«) ● vgl. verwandte Phänomene im Katholizismus: Jansenismus, Quietismus

> = die bedeutendste religiöse Erneuerungsbewegung des Protestantismus XVII.3. 1675–1799 (Pia desideria – Reden über die Religion)

2) Territorialsystem ● Kirchengewalt des Landesherrn wird unmittelbar aus der Landeshoheit abgeleitet ● entsprach dem fürstlichen Absolutismus: sicherte den faktischen Einbau der Kirchen in die Staatsverwaltung

1) Episkopalsystem XVII.2. ● bischöfliche Rechte sind seit 1555 auf die Landesherren übergegangen ● Landesherren = weltliche + kirchliche Obrigkeit: allerdings nur über die äußeren Kirchenangelegenheiten (ius circa sacra), nicht über Predigt, Sakramentsverwaltung, Seelsorge (ius in sacra)

→ deutsche KG wurde zur Geschichte der inneren Vorgänge in den Kirchentümern 2) fürstlicher Absolutismus – rein zweckrationales, weltlich-immanentes Politik- + Staatsverständnis ohne religiös-ethische Kategorien → Machtpolitik verdrängte Konfessionsgegensätze – vgl. Thomas Hobbes Leviathan: Rückgriff auf Machiavelli (Staatsräson) ↔ Luthertum (Antimachiavellismus) 3) ab 1648 Entwicklung eines eigentlichen Staatskirchentums: Regierungen benutzten Kirchen zur »Sozialdisziplinierung« (Gerhard Oestreich) 4) neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse → neues Weltbild: Konflikt mit altprotestantischer Schriftlehre (Bibel = nicht mehr Lehrmeisterin)

> 1) Verbindung zwischen polit. + kirchlichen Ereignissen lockerte sich

● theol.:

> ● polit.: 1648–1806 (Westfälischer Friede – Untergang des Reiches) XVII.1.

KG Rep

KG Rep

XVII. Pietismus und Aufklärung August Hermann Francke und der hallische Pietismus

> Geben Sie einen Überblick über das Leben August Hermann Franckes!

XVII. Pietismus und Aufklärung

Philipp Jakob Spener – Überblick über Leben und Wirken

> Wie sah das Kirchenreformprogramm Speners aus?

XVII.8.

> Welche theologischen Gedanken sind für Spener charakteristisch?

> Geben Sie einen Überblick über das Leben Philipp Jakob Speners!

XVII.6.

Philipp Jakob Spener – Überblick über Leben und Wirken

XVII.7.

Philipp Jakob Spener – Überblick über Leben und Wirken

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.5.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

XVII.8.

1) Mittel- + Norddeutschland ● * 1663 in Lübeck, dann am Hof Herzog Ernsts d. Frommen in Gotha (Anregungen) ● 1687 bei Studienaufenthalt in Lüneburg: Bekehrung = wohl Gebetserhörung – Zweifel betr. Wahrheit der Bibel + Existenz Gottes wandelten sich in Gewißheit: »Denn wie man eine Hand umwendet, so war alle mein Zweiffel hinweg.« ● Wirksamkeit in Leipzig (Uni), Hamburg + Erfurt 2) Halle ● Doppelamt als Pfarrer + Professor (Kollegen: Anton, Breithaupt, Lange) ● 1695 Beginn des Reformwerkes: Aufbau einer Armenschule, dann Waisenhaus, schließlich Schulen für alle Stände (nach sozialem Drei-Stände-Schema) + Lehrerbildungsanstalt → Friedrich Wilhelm I. begünstigte Aufbau: Widerstand der Orthodoxie w. verdrängt → Reformimpulse über D hinaus: Schlesien, Ostpreußen (Uni Königsberg), Baltikum, Skandinavien, Ost- + Südosteuropa (v.a. Rußland) ● Großer Aufsatz: darin Reformanliegen beschrieben ● Beginn der Dänisch-Hallischen Mission in Trankebar (Südindien): Bartholomäus Ziegenbalg + Heinrich Plütschau ● 1710 1. deutsche Bibelanstalt (mit Carl Hildebrand von Canstein)

August Hermann Francke (1663–1727)

2) Ekklesiologie ● Leitbild = ecclesiola in ecclesia → Besserung der Kirche durch Besserung der Wiedergeborenen

1) Rechtfertigungslehre ● Basis = lutherische Rechtfertigungslehre 1) regeneratio (Wiedergeburt): allein von Gott gewirkt, Fundament von 2) 2) renovatio (Erneuerung) = entscheidend → praxis pietatis = »Reise zur Vollkommenheit«: erst postmortal abgeschlossen ● Schwerpunktverlagerung von der Rechtfertigung auf die Heiligung

XVII.7. ● Quelle der Theologie Speners = v.a. die Predigten (Die Evangelische Glaubenslehre auf d. Grundlage eines Predigtjahrgangs)

XVII.5.

XVII.6.

● Reformvorschläge basieren auf Luther + Arndt ● neu gegenüber Orthodoxie: – gemäßigter Chiliasmus – apostolische Kirchenversammlung nach 1Kor 14 ● seit 1676 Formel »ecclesiola in ecclesia«: von Sammlung/Förderung der Frommen, nicht der Unfrommen des großen Haufens erhoffte sich Spener Besserung der Kirche

1) Diagnose des verderbten Zustands der Ki. in den 3 Ständen (Obrigkeit, Prediger, Gde.) 2) Prognose: Hoffnung besserer Zeiten für die Ki. aufgrund biblischer Verheißungen (Judenbekehrung + Fall des päpstlichen Rom) 3) Kirchenreformprogramm: a) Lesen der ganzen Bibel + Austausch neben GD: Konventikelvorschlag b) Priestertum aller Gläubigen verwirklichen c) christl. Glaube: Praxis wichtiger als Theorie d) Konfessionelle Streitigkeiten reduzieren e) Reform des Theologiestudiums: gelebter Glaube wichtiger als angelerntes Wissen f) Predigten sollen Glauben fördern (vgl. Arndt), nicht Eitelkeit/Gelehrsamkeit dienen

Pia Desideria oder Hertzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren Evangelischen Kirchen (1675)

1) Oberrhein ● * 1635 im Elsaß als Sohn eines Juristen (Johann Arndt + puritan. Erbauungsliteratur) ● philosophisch-theologisches Studium in Straßburg + Basel – in Straßburg: gründliche lutherisch-orthodoxe Schulung (Dannhauer) – in Genf: Begegnung mit Jean de Labadie (separatistischer Pietismus in den NL) ● durch Großgebauers Wächterstimme auf Verderbnis der Volkskirche hingewiesen 2) Frankfurt/M. ● Senior der luth. Pfarrerschaft: Reformbestrebungen der Orthodoxie, Lutherstudium ● nach Predigt über pharisäische Gerechtigkeit → Sammlung ernsthafter Christen → 1670 Collegium pietatis: führend = Jurist Johann Jakob Schütz, vermittelte labadistisches Gedankengut an Frankfurter Kreis (ecclesiola extra ecclesiam) – seit 1675 versammelten sich sog. Saalhofpietisten → Separation ● 1675 Pia Desideria als Vorrede zu Arndts Evangelienpostille = Programmschrift 3) Dresden ● Oberhofprediger → Spannungen mit Kurfürst Johann Georg III. ● Streitigkeiten zw. luth. Orthodoxie + pietistischer Bewegung in Leipzig + Hamburg 4) Berlin ● Konsistorialrat + Propst an Nikolaikirche → großer Einfluß (Korrespondenz) ● Mitbegründung der preuß. Reformuniversität Halle

Philipp Jakob Spener (1635–1705)

XVII.12.

XVII.11.

Herrnhuter Brüdergemeine!

> Skizzieren Sie die Biographie Zinzendorfs bis zur Gründung der

Zinzendorf und die Herrnhuter Brüdergemeine

Arnold bedeutsam?

> Durch welche beiden kirchengeschichtlichen Werke wurde Gottfried

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.10.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

Hermann Franckes!

> Beschreiben Sie den theologischen und pädagogischen Ansatz August

> Charakterisieren sie den sog. radikalen Pietismus! > Nennen Sie einige seiner Hauptvertreter!

August Hermann Francke und der hallische Pietismus

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.9.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

XVII.11.

1) Sachsen ● * 1700 in Dresden als Sohn eines Ministers aus österreichischem Adelsgeschlecht ● nach Tod des Vaters: Kindheit bei Großmutter Henriette Katharina von Gersdorf – Umfeld von Arndt, Spener + mystischen Einflüssen geprägt 2) Halle/Wittenberg + Westeuropa ● Pädagogium in Halle ● Jurastudium an Uni Wittenberg ● Bildungsreise durch Westeuropa: Begegnung mit Frühaufklärung, Calvinismus + Jansenismus ● Verbindung zum Grafenhof Reuß-Ebersdorf: dortige überkonfessionelle »philadelphische Gemeinschaft« = Modell für Herrnhuter Brüdergemeine 3) Oberlausitz ● ab 1722 Ansiedlung mährischer Glaubensflüchtlinge (= Nachfahren der alten, aus der hussitischen Bewegung hervorgegangenen Brüderunität) auf seinem Besitz → Siedlung Herrnhut unter Führung des Zimmermanns Christian David ● nach schweren innergemeindlichen Konflikten: 1727 bei Abm. in luth. Kirche innere Neugeburt → Verbindung zur lutherischen Ortsgemeinde

XVII.12.

Johann Jakob Schütz Johann Wilhelm + Johanna Eleonora Petersen, geb. von und zu Merlau Johann Konrad Dippel Eva von Buttlar vgl. auch den frühen Gottfried Arnold (vor Heirat + Eintritt in das kirchliche Amt)

Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700–1760)

● ● ● ● ●

> Hauptvertreter/innen

● Kritik an der Institution Kirche: Aufruf zur Separation von der Volkskirche ● Kritik an der Lehre der Kirche: a) Kritik an Rechtfertigungslehre i.S. einer Gerechtmachung b) chiliastische Zukunftshoffnung (Offb 20) c) Lehre von der Allversöhnung → Grenzen zu Mystik + Spiritualismus z.T. fließend ● unterschiedliche soziale Gestaltung: – Gemeinschaftsbildung – extremer Individualismus (Rückzug aus Welt + Eheverzicht)

> Hauptkennzeichen

1) Die erste Liebe der Gemeinden Jesu Christi (1696) ● sog. Verfallstheorie: – wahre Kirche steht unter Kreuz + Verfolgung – ist seit Urchristentum immer mehr weltlichen Verstrickungen erlegen 2) Unparteiische Kirchen- und Ketzerhistorie (1699/1700) ● Verfallstheorie auf ganze Kirchengeschichte angewendet: – seit Konstantin: Christentum immer mehr abgesunken (Grund: Bündnis mit Staat; Priesterherrschaft; Dogmenzwang) – stille, gläubige Christen: innere Herzenskirche ↔ (kath./ev.) »Mauerkirche(n)« ● kg. Maßstab = »unparteiische« (= konfessionsunabhängige) Betrachtungsweise: soll den individuellen Gestaltungen des Christseins gerecht werden → Folgen: a) Ketzer + Abweichler neu gewürdigt, ohne Stilisierung zu Heiligen b) Frage nach Schuld gestellt c) Blick für Wirken der Laien + Frauen in der KG ● nachhaltige Wirkung auf Aufklärung + Klassik

Gottfried Arnold (1666–1714) XVII.10. ● Einfluß von mystischer Frömmigkeit + Spiritualismus ● neben Kontakten zu Spener: radikalpietistische Kirchenkritik (Babels Grablied)

● Motto des hallischen Pietismus nach Martin Schmidt: »Weltverwandlung durch Menschenverwandlung«

1) Theologie XVII.9. ● luth. Tradition: christozentrische Theologie + tiefes Sündenverständnis ● Interesse an existentiellem Bezug der Heilstatsachen → Drängen auf datierbare Bekehrung nach vorausgehendem »Bußkampf« → »zweifelsfreie« christliche Existenz ↔ Luther: Zweifel + Anfechtungen gehören dazu (simul iustus et peccator) ● Lehre von der Taufwiedergeburt (gg. Großgebauer) 2) Pädagogik ● Ziel = »wahre Gottseligkeit« + »christliche Klugheit«: Frömmigkeit + Tüchtigkeit → Einführung des Realienunterrichts ● Speners Reform des Theologiestudiums umgesetzt: – Ausrichtung auf die praxis pietatis – Konzentration auf die biblische + praktische Theologie – Einschränkung der konfessionellen Polemik – Verknüpfung von Studium + Praxis durch pädagogische Einsätze der Studenten in Franckes Stiftungen → zahlreiche Studenten nach Halle

Die westeuropäische Aufklärung

> Welche geschichtlichen Wurzeln hat die europäische Aufklärung?

> Welche theologischen Gedanken sind für Zinzendorf charakteristisch? > Inwiefern ist das Herrnhutertum geistesgeschichtlich von Bedeutung?

XVII.16.

Zinzendorf und die Herrnhuter Brüdergemeine

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.14.

Württemberg!

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

Brüdergemeine!

> Nennen Sie einige charakteristische Merkmale der Herrnhuter

> Nennen Sie einige Vertreter des Pietismus am Niederrhein und in

XVII.15.

Zinzendorf und die Herrnhuter Brüdergemeine

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.13.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

XVII.15.

XVII.16.

1) kirchenkritische Bewegungen des Hochmittelalters 2) Renaissance (15./16. Jh.) 3) bei den Trägern der Aufklärung (Bürgertum in den Städten sowie Beamten- + Adelskreise an Höfen): Ausbildung eines rational-zweckorientierten Denkens ● in Wirtschaft ● in Naturwissenschaft + Technik ● in Rechts- + Staatsauffassung (vgl. historische Parallelität zw. Aufklärung + fürstlichem Absolutismus) 4) beachte auch soziale + wirtschaftliche Faktoren: gegenüber Krisenzeit in der 1. Hälfte des 17. Jh.s (Klimaverschlechterung, Bevölkerungsstagnation) nun seit 1650: ● Bevölkerungszunahme ● Aufschwung von Wirtschaft + Handel

geschichtliche Wurzeln

2) Württemberg: bes. stark vom Pietismus geprägt (lutherischer Pietismus) ● pietistische Innerlichkeit ∞ grüblerisch-spekulative Aspekte ● Johann Albrecht Bengel – bibelwissenschaftliche Arbeiten (Griechisches NT + Gnomon Novi Testamenti) ● Friedrich Christoph Oetinger: von Jakob Böhme beeinflußt – Hauptwerk: Theologia ex idea vitae deducta

1) Niederrhein (reformierter Pietismus) ● Theodor Undereyck ● Gerhard Tersteegen: mystisch-seelsorgliche Ausrichtung

XVII.13.

XVII.14.

● Einfluß auf Theologiegeschichte des 19. Jh.s (Schleiermacher nannte sich einen »Herrnhuter höherer Ordnung«)

> ● Wirkungen in Aufklärung + Klassik (Lessing, Goethe, Herder)

1) Erneuerung der theologia crucis Luthers: Gotteserkenntnis nur durch Gekreuzigten a) Ablehnung jeder rationalen Gotteserkenntnis: »Wer Gott im Kopfe weiß, der wird ein Atheist« (vgl. »Ohne Jesus wäre ich Atheist«) b) emotionale Betroffenheit durch gekreuzigten Schöpfer-Heiland + dessen stellvertretendes Strafleiden → Heilszuversicht, basierend auf religiösen Gefühlserlebnissen (»Blut- und Wundentheologie«) 2) »Tropentheorie«: christliche Konfessionen + Gruppen = unterschiedliche Erziehungsweisen Gottes (tropoi paideias) → Herrnhuter = keine neue Konfession, sd. eine überkonfessionelle Gemeinschaft ● durch Reisen Zinzendorfs: zahlreiche Tochtergründungen Herrnhuts ● WK: Berliner Reden

> Theologie

● Bewußtsein der engen Verbindung mit dem Heiland – Erlöser von Sündenstrafen → Zugang zum barmherzigen Vater ● ausgeprägtes Gemeindebewußtsein auf Grundlage einer überkonfessionellen Herzensreligion → Dankbarkeit + Aktivität ● neue gottesdienstliche Formen: Liebesmahl + Fußwaschung ● Gemeindegliederung – nach Geschlecht + Familienstand: »Chöre« – nach persönlicher Zuneigung: »Banden« ● Lospraxis: Bibelwort/Liedvers als Losung für den nächsten Tag ● intensive Missionstätigkeit: bald hallischer Mission überlegen – Gründe: Verzicht auf konfessionelle Prägung der Missionsgemeinden + auf Bindung an Kolonialmacht – erste Missionsfelder: Westindien + Grönland

Merkmale

Jahrhundert und nennen Sie einige Hauptvertreter!

> Erläutern Sie wichtige Wesenszüge der französischen Aufklärung im 18.

> Welche Gedanken sind für die beiden wichtigsten Vertreter der frühen

Aufklärung in den Niederlanden charakteristisch?

Die westeuropäische Aufklärung

XVII.20.

Die westeuropäische Aufklärung

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.18.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

Jahrhundert und nennen Sie einige Hauptvertreter!

> Erläutern Sie wichtige Wesenszüge der englischen Aufklärung im 18.

> Charakterisieren Sie das Lebensgefühl der Aufklärung und deuten Sie die

Herausforderung an, die Kirche und Theologie daraus entstand!

Die westeuropäische Aufklärung

XVII.19.

Die westeuropäische Aufklärung

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.17.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

1) Pierre Bayle (nach Holland emigriert) ● WK: Dictionnaire historique et critique = ein Grundwerk der Aufklärung 2) Voltaire ● Vorkämpfer für Geistesfreiheit, Toleranz + Menschenrechte: große Wirkung im franz. Bürgertum ● aus England: – deistische Gedanken → Kampfmittel gg. katholische Kirche (»Écrasez l’infâme!«) – demokratische Gedanken ● Essay über die Sitten: Abkehr von biblisch orientierter Menschheitsgeschichte hin zu skeptisch-kritischer Schilderung kultureller Verschiedenartigkeiten 3) Enzyklopädisten Diderot + d’Alembert: 35bändige Enzyklopädie ● vermittelte aufklärerische Ideen an franz. Bürgertum ● von Antikirchlichkeit Voltaires weiter zu Atheismus + Materialismus: de Lamettrie + Baron von Holbach (Système de la nature)

Frankreich XVII.20. ● radikalster Bruch mit traditionellen Mächten (absolutistische Herrschaft + Kirche) ● Kirche wurde durch enge Verbindung mit Ancien Régime zur Hauptfeindin

XVII.19. 1) Herbert von Cherbury ● De veritate: Grundzüge einer natürlichen Religion 2) John Locke: englische Erfahrungsphilosophie ● Christentum gründet auf Toleranz, Tugend + Moral ● harmonisches Verhältnis von Vernunft + Offenbarung: Glaubenswahrheiten = über-, aber nicht widervernünftig 3) englischer Deismus ● ab 1700 schärfere Bibelkritik: Bibel enthält keine über Vernunft + Natur hinausgehende Offenbarung ● wichtigste Schriften: – John Toland: Christianity not mysterious – Matthew Tindal: Christianity as old as the creation ● Christentum enthält nichts Geheimnisvolles + Widervernünftiges → Kritik am AT + an ntl. Wunderberichten (Auferstehung) → Schöpfungsglauben festgehalten, Eingriff Gottes in den Weltlauf verneint ● deistische/antideistische Streitigkeiten um: – Verständnis der biblischen Wunder – atl. Weissagungen auf Christus hin – Begriff des Kanons – Wirkungen des deistischen Streites v.a. in F + D ↔ in England anglikanische Kirche gefestigt genug für radikale Kirchenkritik – geschichtliches Denken setzte sich in England früher durch als in D, da Theorie der Verbalinspiration nicht vorherrschend

XVII.17.

1) René Descartes ● neuzeitliches Selbstbewußtsein: mittels Vernunft vergewissert sich M. seiner selbst (»cogito ergo sum«) + versteht Welt als Objekt (Geist-Materie-Dualismus) ● Philosophie (nicht mehr ancilla theologiae) wird wissenschaftliche Grunddisziplin: gegründet auf sinnlicher Erfahrung + rationalen Prinzipien ● WK: Meditationes 2) Baruch de Spinoza ● WK: Tractatus theologico-politicus ● christliche Religion basiert auf Liebe + Ehrfurcht, nicht auf Dogmen + Wundern ● AT = Geschichtsbuch des Volkes Israel ● gegenüber dem Dualismus Descartes’: Identifizierung von Gott + Natur/Substanz: »deus sive natura« → Pantheismus = große Herausforderung für neuere Theologie- + Geistesgeschichte

Holland XVII.18. ● in der »Arche der Verfolgten« erste neuzeitliche philosophische Systeme ● Gewissensfreiheit + Toleranz durch: – Freiheitskampf gegenüber Spanien – Späthumanismus (»Neustoizismus«) – wirtschaftlichen + kulturellen Aufstieg

● Erneuerungswille an besserer Zukunft orientiert ↔ im Pietismus: oft an besserer Vergangenheit orientiert ● optimistische Erwartung schließt Heilsgeschichte des Christentums mit ein → Spannung zur Geschichtlichkeit der Offenbarung in Jesus Christus = Hauptherausforderung für Kirche + Theologie

Optimismus: Vervollkommnung aller menschlichen Geschichte

Christian Wolff!

> Beschreiben Sie mit einigen Stichworten den philosophischen Ansatz von

> Wodurch unterscheidet sich die deutsche Aufklärung von der

westeuropäischen? > Wie lassen sich die Unterschiede erklären?

Die deutsche Aufklärung

XVII.24.

Die deutsche Aufklärung

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.22.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

Gottfried Wilhelm Leibniz!

> Beschreiben Sie mit einigen Stichworten den philosophischen Ansatz von

> Welcher Aufklärer wendet sich gegen die einseitige Verstandesaufklärung

der Enzyklopädisten?

Die deutsche Aufklärung

XVII.23.

Die westeuropäische Aufklärung

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.21.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

1) mathematisch-demonstrierende Methode 2) rationalistische Metaphysik ● Existenz Gottes ist beweisbar mit vernünftiger Einsicht ● Modell: – Offb. ergänzt Vernunft (kann ihr nicht widersprechen, da »übervernünftig«) – Vernunft setzt Offb. Grenzen (noch keine inhaltliche Kritik an der Offb.) ● Christentum soll v.a. moralische Kräfte des M. stärken: übernatürliche Offb. hierzu nicht nötig 3) Physikotheologie ● alle Dinge haben von Gott bestimmten Zweck → Schöpfung spiegelt Gottes Vollkommenheit 4) Gegensatz: Aufklärung ↔ Pietismus ● Rede über Sittenlehre der Chinesen: Moral unabhängig von Offb. allein auf Vernunft gegründet → Protest August Hermann Franckes ● Wolff 1723 aus Halle vertrieben

Christian Wolff XVII.24. ● von Leibniz herkommend ● ab 1707 an Uni Halle (Halle + Göttingen = geistige Zentren der deutschen Aufklärung)

1) Ziel: Konformität von Glaube + Vernunft, Philosophie + Theologie, Leib + Seele 2) Leitdifferenz: notwendige Wahrheiten – tatsächliche Wahrheiten a) notwendige Wahrheiten: geometrische Gesetze; Gottes Weisheit, Güte, Macht ● kein Konflikt zw. Vernunft + Offb. möglich: diese Wahrheiten = denknotwendig → Vernunft vor Offb., Philosophie vor Theologie b) tatsächliche Wahrheiten: Naturgesetze ● Durchbrechung aufgrund höherer Ordnung möglich → Wunder 3) Monadenlehre ● Monaden = unteilbare, ursprüngliche Einheiten, die in »prästabilierter Harmonie« aufeinander abgestimmt sind → mechanische Naturwissenschaft ∞ philosophisch-idealistische Weltbetrachtung 4) Theodizee (Rechtfertigung Gottes angesichts des Übels in der Welt) ● These: – bestehende Welt = »die beste aller möglichen Welten«: Übel gehört zu endlichen Wesen dazu – Vernunft vermag aber Gutes + Göttliches als die eigentliche Gestalt von Welt zu erkennen ● optimistische Sicht: Sünde = nur das unvollkommene Gute

Gottfried Wilhelm Leibniz XVII.23. ● an Platon orientiertes, umfassendes Denken ● Wissenschaftsorganisation: Akademiegründung in Berlin + St. Petersburg veranlaßt

XVII.21.

XVII.22.

● Rückständigkeit Deutschlands durch den 30j. Krieg: konfessionelle + kulturelle Zersplitterung → Aufklärung v.a. in protestantischen Gebieten: fürstl. Residenzen + Universitäten ● Pietismus + Aufklärung in D nahezu gleichzeitig → Pietismus lenkte durch Kampf gg. Orthodoxie die theologische Aufklärung in die Bahnen einer praktischen Reformbewegung → theol. Aufklärung in D nicht so sehr ein rein theoret. Prozeß (Klaus Scholder)

> Hintergründe

● Verhältnis von Vernunft + Offb. kein Gegensatz, eher harmonische Ergänzung ● aufklärerischen Gedanken fehlt politische Sprengkraft ● keine kritisch-feindselige Haltung gegenüber der Kirche

> Differenzen

● an der Grenze der Aufklärung: Quelle des Glücks = nicht die rationale Erkenntnis, sd. die Gefühls- + Gemütskräfte des natürlichen Menschen → Programm: »Zurück zur Natur!« ● ursprünglicher Mensch = von Geburt an gut – im Gewissen: universaler Wille (volonté générale) angelegt → Gesellschaft, Kultur, Staat, Religion verbilden natürliche Anlagen ● WK: a) Du contrat social: Programm einer idealen, natürlichen Staatsordnung b) Emile: Ideal einer naturgemäßen Erziehung ● Gewalt zur Durchsetzung der Ideale nicht mehr ausgeschlossen → Rousseau gilt als ein geistiger Vater der Franz. Revolution

Jean-Jacques Rousseau

XVII. Pietismus und Aufklärung Die deutsche Aufklärung

> Was versteht man unter dem sog. Fragmentenstreit?

Die deutsche Aufklärung

> Charakterisieren Sie die Theologie Johann Salomo Semlers!

KG Rep

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

> Nennen Sie wichtige Vertreter beider Richtungen!

XVII.26.

> Nennen Sie bedeutende Neologen neben Semler!

> Welchen beiden Richtungen werden die von Christian Wolff beeinflußten

Theologen zugeordnet?

Die deutsche Aufklärung

Die deutsche Aufklärung

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.25.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

XVII.28.

XVII.27.

XVII.28.

1) radikale Aufklärer auch in D: fortschreitend zum Spiritualismus/Spinozismus ● z.B. Karl Friedrich Bahrdt 2) radikaler Angriff auf Christentum in D v.a. durch Lessings Veröffentlichung von Auszügen aus der Apologie des Reimarus: ● scharfe Bibelkritik ● Betrugsthese: Entstehung des Christentums = Jüngerbetrug a) Lessings Ziel: Diskussion über Bedeutung + Wesen des Christentums – Ziel nicht erreicht: die Gegensätze zw. Spätorthodoxie + Aufklärung waren zu tief → heftiger Streitschriftenkrieg – Gegner Lessings: Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze + Semler b) Lessings Position: »Zufällige Geschichtswahrheiten können der Beweis von notwendigen Vernunftwahrheiten nie werden.« – Anknüpfen an Unterscheidung v. notwendigen + tatsächl. Wahrheiten bei Leibniz – historische Wahrheiten der Bibel = keine notwendigen Vernunftwahrheiten → positive Religionen = Stationen im göttl. Erziehungsprozeß, dessen Ziel die wahre Religion der Liebe + Vernunft ist (Die Erziehung des Menschengeschlechts; die Ringparabel des Nathan)

= Auseinandersetzung um die von Lessing (zwischen 1774 + 1778) herausgegebenen Fragmente eines Ungenannten

1) Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem ● Betrachtungen über die vornehmsten Wahrheiten der Religion 2) Johann Joachim Spalding ● Über die Nutzbarkeit des Predigtamtes und deren Beförderung

Neologen neben Semler XVII.27. ● z.T. kritischere Haltung gegenüber Tradition ● Ziel = Förderung eines undogmatischen, moralischen Christentums der allgemeinen Wohltätigkeit + Philanthropie ● meist in kirchlichen Ämtern stehend: wirkten vor allem durch Predigten

XVII.25.

Johann Salomo Semler ● Pionier der historisch-kritischen Theologie in D: Wende zum Neuprotestantismus ● »frommer Aufklärer«: gg. Orthodoxie/Pietismus + radikale Aufklärung/Naturalismus 1) Methode der historischen Kritik ● Abhandlung von freier Untersuchung des Kanon: späte Entstehung des NT → Aufgabe des gesetzlichen Kanonverständnisses + der Verbalinspirationslehre: in Bibel ist das Wort Gottes enthalten, aber Bibel ist nicht das Wort Gottes → »Akkomodation« des Christentums an die religiöse Umwelt beachten 2) Leitdifferenz Theologie – Religion a) »Theologie«: veränderliche Fachwissenschaft (Pfarrer + Lehrer) b) »Religion«: Glaube, Frömmigkeit + Nächstenliebe (alle Christen) – öffentliche Religion: Grundlage = Bekenntnisschriften – private Religion: individuelle Form des christlichen Glaubens 3) Ziele: ● Freiheit für Theologie (Versuch einer freieren theologischen Lehrart) ● Respekt vor der »Heilsordnung« als Inbegriff der göttl. Offenbarung → Zustimmung Semlers zum Wöllnerschen Religionsedikt (1788)

Neologie XVII.26. = Höhepunkt der deutschen Aufklärungstheologie in der 2. Hälfte des 18. Jh.s: rationalistische Kritik an Bibel + Dogma, v.a. an der altprotestantischen Schriftlehre

● Sigmund Jakob Baumgarten: vom hallischen Pietismus herkommend – vernünftig-logische Darstellung der orthodoxen Dogmatik i.S. der Demonstrationsmethode Wolffs – Verbalinspiration der Schrift, aber natürl. Gotteserkenntnis führt zur Offb. hin – Nachrichten von einer Hallischen Bibliothek: kritische Werke westeuropäischer Aufklärung dadurch in D bekannt gemacht ● Johann Lorenz Schmidt: Wertheimer Bibel (Streit um atl. Christusweissagungen) ● Hermann Samuel Reimarus: Hamburger Gymnasialprofessor, angeregt von Wertheimer Bibel: Apologie oder Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes 2) Übergangstheologie: Abstand zu Wolff, biblische + kirchenhistorische Arbeiten ● Johann Lorenz von Mosheim (Helmstedt + Göttingen): Begründer der neueren Kirchengeschichtswissenschaft (pragmatische Methode) ● Christoph Matthäus Pfaff: Kollegialismus ● Johann Georg Walch: große Lutherausgabe

> 1) Wolffianismus

● beide Richtungen: 1. Hälfte des 18. Jh.s ● Versuch: orthodox-pietistische Tradition ∞ Vernunft/natürliche Religion

> dem sog. Wolffianismus bzw. der Übergangstheologie

Innere der katholischen Kirche einzudringen vermochte!

> Zeigen Sie anhand zweier Beispiele, inwiefern die Aufklärung in das

> Welcher Grundgedanke bestimmt die Philosophie und Theologie Johann

Georg Hamanns?

Die Aufklärung in der katholischen Kirche

XVII.32.

Die deutsche Aufklärung

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.30.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

> Zu welchen verspäteten Aktionen im Geist der Gegenreformation kam es

> Charakterisieren Sie die Philosophie Immanuel Kants! in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts?

Die Aufklärung in der katholischen Kirche

XVII.31.

Die deutsche Aufklärung

KG Rep XVII. Pietismus und Aufklärung

XVII.29.

XVII. Pietismus und Aufklärung

KG Rep

XVII.31.

2) Deutschland: Febronianismus ● rhein. Erzbistümer + fränk. Bistümer (Würzburg + Bamberg) von Aufklärung erfaßt: – volkstümlicher Reformkatholizismus – Episkopalismus (selbstbewußt gegenüber Rom) ● Trierer Weihbischof von Hontheim (Pseudonym »Justinus Febronius«) forderte: – nur Bischofskonzil, nicht Papst ist unfehlbar – päpstlicher Primat bedeutet nur Ehrenvorrang – Unabhängigkeit der deutschen Kirche von Rom ● Zusammenfassung der Forderungen 1786 in Emser Punktation → Uneinigkeit unter Bischöfen + fehlende Unterstützung kath. Staaten: Kurie siegte über Febronianismus

1) Österreich: Josephinismus XVII.32. ● Joseph II. suchte Österreich unter aufgeklärten Absolutismus zu bringen: – völlige Unabhängigkeit von Rom – Verringerung der Zahl der Klöster – Reform der theologischen Ausbildung des Klerus – Vereinfachung des Kultus i.S. einer vernünftig-moralischen Frömmigkeit ● 1781 Toleranzpatent: Gleichberechtigung + freie Religionsausübung für Protestanten ● nationalkirchliches Reformwerk wurde später zurückgenommen

→ Kampf gegen die Jesuiten ● SJ wegen politischen Machtstrebens für Regierungen + Kirche zusehends Belastung → Kampf gg. SJ in Portugal + Spanien ● 1773 Aufhebung der SJ durch Clemens XIV.

2) Wiederaufbrechen der jansenistischen Streitigkeiten ● päpstliche Bulle verdammte (unter jesuitischem Einfluß) den Augustinismus → Sturm der Entrüstung

1) Protestantenverfolgungen ● Verfolgung der »Kirche der Wüste« in Frankreich ● 1731 Vertreibung der Evangelischen aus Erzbistum Salzburg

● Papsttum: Tiefpunkt des politischen + geistigen Einflusses

XVII.29.

XVII.30.

Gottes Kondeszendenz = neuer Angelpunkt der Selbsterkenntnis: ● durch Bibellektüre 1758 »Bekehrung« in London – nicht die abstrakt-theoretische, außerhalb des Glaubens stehende Vernunft hilft Dasein zu bewältigen, sd. Erkenntnis der Menschwerdung + Herablassung Gottes in konkrete irdische Situation ● intensive Beschäftigung mit der Theologie Luthers → Verhältnis von Vernunft + Offb., Sünde + Gnade auf neue Stufe gestellt

Johann Georg Hamann ● Überwindung der Aufklärung + Kritik an Kant

1) Definition der Aufklärung ● »Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen.« 2) Kritik an der Metaphysik ● Kritik der reinen Vernunft: Kritik an bisheriger Metaphysik + Gottesbeweisen ● Kritik der praktischen Vernunft: neues Verständnis der Metaphysik – Trias Gott, Freiheit + Unsterblichkeit ist durch theoretische Vernunft nicht zu begründen: notwendige Postulate der praktischen Vernunft 3) Kritik am »Kirchenglauben« ● Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft: Kritik an der nur äußerlichen Religionsausübung der historischen Kirchen

Immanuel Kant (1724–1804) ● Höhepunkt + Überwindung der Aufklärung

Revolution für Deutschland?

> Welche kirchengeschichtlich bedeutsamen Folgen hatte die Französische

> Welche kirchenpolitischen Maßnahmen wurden in Frankreich im Zuge

der Revolution ergriffen?

Die Epoche um 1800

XVIII.4.

Die Epoche um 1800

KG Rep XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

XVIII.2.

XVIII.3.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

wiederhergestellt?

> Inwiefern wurde die katholische Kirche unter Napoleon

> Inwiefern stellt der Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert in der neueren

Kirchengeschichte einen tiefgreifenden Einschnitt dar?

Die Epoche um 1800

Die Epoche um 1800

KG Rep XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

XVIII.1.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

Folgen 1) 1797 Abtretung der linksrheinischen Gebiete an F – die 3 geistlichen Kurfürstentümer (Mainz, Köln, Trier) – auch weltl. Fürsten betroffen → Frage rechtsrheinischer Entschädigung 2) Reichsdeputationshauptschluß von Regensburg 1803 = Zerstörung der polit. + rechtlichen Grundlagen des Alten Reiches a) Auflösung fast aller rechtsrheinischen geistlichen Herrschaften → Unterstellung unter Verfügungsgewalt weltl. Fürsten: Säkularisierung des Kirchengutes → Auflösung vieler Klöster = Ende des geistlichen Fürstentums in D (»Ottonisches Reichskirchensystem«) b) Auflösung der konfessionellen Geschlossenheit der Territorien ● Landesherren durften Angehörige anderer Konfessionen dulden + volle bürgerliche Rechte gewähren → Entwicklung setzte sich auf Wiener Kongreß fort

1) Nationalversammlung (1789–1792) XVIII.2. ● Erklärung des Kirchengutes zum Nationaleigentum ● Auflösung sämtlicher Klöster + Orden ● Zivilverfassung für die Geistlichkeit: – Unterstellung der ki. Verwaltung unter Staat – Wahl von Bischöfen + Priestern durch Bürger – Festlegung der Gehälter für die Geistlichen – Entbindung von Gehorsam gegenüber außerfranzösischer geistl. Obrigkeit (gallikanische Tradition) – Treueid auf Nation + Verfassung für alle Geistlichen → heftiger Widerstand der Kleriker 2) Konvent (1792–1794): ● Aufhebung der christl. Zeitrechnung, Verbot christl. Feste ● Ehe = rein bürgerliche Angelegenheit ● Verwüstung vieler Kirchen, Zerstörung von Kunstschätzen 3) Robespierre (1794): Kult der Vernunft + des »Höchsten Wesens« → Widerstand im Volk gg. antikirchliche Maßnahmen 4) Direktorium (1795–1799) ● Wiederherstellung der Religionsfreiheit ● Aufrechterhaltung der Trennung von Staat + Kirche

XVIII.1.

Einfluß der Französischen Revolution auf D XVIII.4. ● kein direktes Übergreifen nach D: unterschiedliche Sozial- + Gesellschaftsstruktur (staatl. Zersplitterung + schwächere Position des Bürgertums) ● aber: direkte Auseinandersetzung durch Koalitionskriege gg. revolutionäres Frankreich

Französische Revolution 1789 ● Zerschlagung des absolutistischen Staates + Herrschaftsübernahme durch Bürger → Ausschaltung der mit altem Regime verbundenen Kirche aus staatlichgesellschaftlichem Leben → zum 1.x in Europa: jahrhundertealte Verbindung Staat-Kirche aufgelöst ● vgl. die vorher erfolgte Staat-Kirche-Trennung in den Vereinigten Staaten von Amerika (Unabhängigkeit von England 1776): keine kirchenfeindliche Haltung → staatsfreie Kirchen hier vielmehr wichtiger Faktor in Volk + Politik

XVIII.3.

Restauration der kath. Kirche im Konkordat von 1801 ● Verhandlungspartner: Kardinalstaatssekretär Consalvi ● Bestimmungen: – kath. Kirche = Mehrheitskirche der franz. Bürger, aber unter staatl. Aufsicht – Gehalt der Geistlichen vom Staat – Papst ernennt Bischöfe – Verlust des Kirchengutes vom Papst zu akzeptieren

Napoleon I. Bonaparte

Union und Agende? Wie reagierte der König darauf?

> Was versteht man unter dem sog. Agendenstreit? > In welchen preußischen Gemeinden gab es zähen Widerstand gegen

> Inwiefern wurden die politischen Verhältnisse Europas nach dem

Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft neu geordnet?

Kirchenreform in Deutschland

XVIII.8.

Die Epoche um 1800

KG Rep XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

XVIII.6.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

19. Jahrhunderts geschichtlich erklären?

> Wie lassen sich die intensiven Unionsbemühungen des frühen

> Nennen Sie einige wichtige Daten und Fakten zur geschichtlichen

Situation Deutschlands unter Napoleon!

Kirchenreform in Deutschland

XVIII.7.

Die Epoche um 1800

KG Rep XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

XVIII.5.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

XVIII.7.

XVIII.8.

→ gewaltsame staatliche Gegenmaßnahmen → Auswanderung (USA + Australien); Rest bildete altlutherische Kirche (in Preußen als freikirchliche Organisation anerkannt) 2) Einlenken des Königs: Kabinettsorder von 1834 ● Fortbestehen der Konfessionen garantiert ● Verwaltungs- + Kultusunion sollen zeigen: konfessionelle Unterschiede nicht mehr kirchentrennend → 3 diverse Gden. in Preußen (unierte, luth. + reformierte): keine Unionskirche ● vgl. auch lutherischen Konfessionalismus aus Erweckungsbewegung als Reaktion auf die Union: Thesen des Kieler Pastors Claus Harms von 1817 (zum Jubiläum)

> 1) Widerstand gg. Union/Agende in einigen lutherischen Gemeinden, v.a. in Schlesien

um die von Friedrich Wilhelm III. eingeführte Agende (1822–1829) ● Preußen: nur Verwaltungsunion, königl. Agende sollte liturg. Reform bringen → vielfacher Widerstand in Pfarrerschaft + Gemeinden → Kompromiß: Agende wurde eingeführt, aber mit angehängten Formularen für örtliche Traditionen

> = die Auseinandersetzung zwischen Staat + Lutheranern

1) Ursache + Anlaß der Unionsbemühungen im frühen 19. Jh. ● Ursache: – Zurücktreten der konfessionellen Gegensätze – Reunionsbemühungen im Zeitalter von Pietismus + Aufklärung ● Anlaß: Stein-Hardenbergsche Reformen → Schleiermachers Verfassungsvorschlag von 1808: Union zwischen luth. + reformierter Kirche mit Einführung einer presbyterialsynodalen Verfassung + Gottesdienstreform 2) 1817 Union in Preußen (Verwaltungsunion) ● Friedrich Wilhelm III. 1817: Aufruf zur Vereinigung der nur äußerlich getrennten protestantischen Konfessionen → positives Echo ● auf Schleiermachers Initiative gemeinsame Abm.-Feier am 30.10.1817 in Berlin 3) Unionen außerhalb Preußens ● kurz vorher: Verwaltungs-, Kultus- + Konsensusunion im Herzogtum Nassau ● Kultusunionen: 1820 Anhalt-Bernburg, 1820/21 Waldeck-Pyrmont, 1822 Rheinhessen, 1827 Anhalt-Dessau ● Konsensusunionen: 1818 Pfalz, 1821 Baden

● kirchengeschichtliche Hauptthemen des 19. Jh.s: – zeitgemäßes Kirchenverständnis – Kirchenreform

XVIII.6.

3) nach 1815: Zeitalter der Restauration (vgl. Karl Ludwig von Haller Die Restauration der Staatswissenschaften) ● Ziel: Wiederherstellung der Situation vor 1792 ● 1815 »Heilige Allianz« der Monarchien Rußlands, Österreichs + Preußens: religiös gefärbte Restauration ● »System Metternich« konnte Reformkräfte nur notdürftig zurückhalten → zahlreiche Aufstände: – 1830 Julirevolution in Frankreich – 1848/49 Revolutionen: Schweiz, Frankreich, Deutscher Bund + Preußen

2) 1814/15 Wiener Kongreß ● polit. Neuordnung Europas im Geist der Legitimität + monarchischen Staatsform ● Abdrängen der nationalen + liberalen Reformkräfte ● Errichtung des Deutschen Bundes (1815–1866) ● in deutschen Staaten: Konfessionen vielfach gemischt

1) 1813/14 deutsche Befreiungskriege gg. Napoleon → Impulse für deutsche Nationalbewegung

1) 1806 XVIII.5. a) Errichtung des Rheinbundes unter dem Protektorat Napoleons b) Kaiser Franz II. verzichtet auf römisch-deutsche Kaiserwürde: formales Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation c) staatl. Zusammenbruch Preußens durch Niederlage von Jena + Auerstedt 2) Einführung des Code Napoléon: Sammlung von Zivilgesetzen ● bürgerl. Gleichheit ● Religionsfreiheit, Gleichberechtigung der Konfessionen, religionsneutraler Staat 3) Preußische Reformen durch Freiherr vom und zum Stein + Fürst Hardenberg ● Allgemeines Landrecht von 1794 – naturrechtliche Begründung von Staat + Gesellschaft (vgl. Aufklärung) ● Preußische Reformen als »Revolution von oben« – Freiheit der Berufswahl (unabhängig von Standesgrenzen) – Aufhebung der persongebundenen Erbuntertänigkeit der Bauern – Selbstverwaltung der Städte – Reform der Verwaltung – Gewerbefreiheit – Steuerreform – bürgerl. Gleichstellung der Juden – Heeresreform ● unter Wilhelm von Humboldt: neuhumanist. Bildungsreform (1810 Uni Berlin)

> Nennen Sie wichtige Vertreter der Inneren Mission neben Wichern!

> Welches Problem ergab sich für den deutschen Protestantismus im Blick

19. Jahrhunderts!

> Nennen Sie erste karitative Initiativen des Protestantismus zu Beginn des

auf die sozialen Herausforderungen der Industrialisierung?

Die soziale Frage im deutschen Protestantismus

Die soziale Frage im deutschen Protestantismus

XVIII.12.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

XVIII.10.

> Charakterisieren Sie Leben und Werk Johann Hinrich Wicherns!

> Beschreiben Sie das Ringen um eine zeitgemäße Kirchenverfassung in

Preußen!

Die soziale Frage im deutschen Protestantismus

XVIII.11.

Kirchenreform in Deutschland

KG Rep XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

XVIII.9.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

XVIII.11.

XVIII.12.

3) Friedrich von Bodelschwingh d.Ä. ● seit 1872 Ausbau Bethels: – Krankenpflege – gemeinschaftliche Arbeit von Schwachen + Kranken – Gründung von Arbeiterkolonien + neuen Siedlungsformen

2) Wilhelm Löhe ● gründete 1854 die Diakonissenanstalt Neuendettelsau ● Löhe: alle soziale Tätigkeit in der Gemeinde verwurzelt ↔ Wichern: Vereinsbasis

1) Theodor Fliedner ● gründete 1836 in Kaiserswerth das 1. ev. Diakonissen-Mutterhaus

1) »Rauhes Haus« (Sozialnöte d. Großstadt) ● 1833 in Hamburg für verwahrloste Jungen gegründet – geleitet von Brüdern (»Gehilfenanstalt«) = Beginn der männlichen Diakonie – eigene Druckerei + Zeitschrift (Fliegende Blätter aus dem Rauhen Haus) 2) Innere Mission: mit Verkündigung gleichgestellt ● 1848 in Wittenberg berühmte Rede auf dem Kirchentag → »Centralausschuß für die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche« ● Die Innere Mission der deutschen evangelischen Kirche, eine Denkschrift an die Deutsche Nation (1849): christliche + soziale Wiedergeburt des Volkes ● Anstöße Wicherns + Impulse aus England → Stadtmissionen, Herbergen zur Heimat, Gefangenenfürsorge ● Innere Mission bei Wichern in die Ordnungen von Kirche, Staat, Familie integriert → Hoffnung auf »christlichen Staat« + »christliche Gesellschaftsordnung« ● nach 1848: Kontakte mit preußischen Konservativen – Furcht vor gewaltsamer Revolution + Hoffnung auf Rechristianisierung → keine Veränderung gesellschaftl. Strukturen (↔ engl. Gewerkschaftsbewegung)

Johann Hinrich Wichern (1808–1881) ● theol. von Schleiermacher + Erweckungsbewegung beeinflußt

XVIII.9.

1) schlesischer Baron Hans Ernst von Kottwitz gründete 1807 in Berlin die »Freiwilligen-Armen-Beschäftigungsanstalt«: Selbsthilfe für Arbeiterfamilien 2) Gründung diverser Rettungshäuser: – Johannes Falk: Lutherhof in Weimar für Waisenkinder – Adalbert Graf von der Recke-Volmerstein: Häuser Overdyk (bei Bochum) + Düsselthal (bei Düsseldorf) – Deutsche Christentumsgesellschaft: Rettungshäuser in Süddeutschland – Amalie Sieveking: weibl. Verein für Armen- + Krankenpflege in Hamburg

> erste karitative Initiativen: aus der Erweckungsbewegung

unvorbereitet (Laien praktizierten tatkräftige Einzelhilfe) ↔ kath. Kirche: Orden ● Luther wollte christliche Liebestätigkeit in Gemeinde verankern → im Verlauf der Reformationsgeschichte: Aufgabe der weltl. Obrigkeit ● nach 1648 entfaltete v.a. der Pietismus soziale Aktivitäten – Franckesche Anstalten = sozusagen das erste Werk der Inneren Mission

XVIII.10. > Problem: Protestantismus war auf kirchliche Sozialarbeit zu Beginn des 19. Jh.s

1) Restaurationszeit nach 1815: Zurückdrängen der liberal-reformerischen Kräfte → gg. unabhängige Kirchenverfassung ● Kompromiß in preuß. Westprovinzen: rheinisch-westfälische Kirchenordnung (1835) – Staat: akzeptierte Presbyterial- + Synodalordnung (reformierter Protestantismus) – Gden.: Anerkennung der Organe der preuß. Konsistorialverfassung (Konsistorien + Generalsuperintendenten) → Anfänge einer eigenen ki. Verfassung 2) Revolution 1848: Entwurf einer presbyterial-synodalen Kirchenordnung ● Paulskirchenverfassung: »Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig, bleibt aber den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen.« ● nach 1848: keine eigenständige Kirchenverfassung, nur verwaltungsmäßige Trennung von Staat + Kirche durch Errichtung d. Evangelischen Oberkirchenrates 3) Kirchengemeinde- + Synodalordnung von 1873 (im Geist des Liberalismus) ● erste deutliche Einschränkung des landesherrlichen Kirchenregiments ● Hintergrund: liberaler Kultusminister Falk + Bismarcks Rückgriff auf Liberalismus → kirchliche Selbstverwaltung bis zur 1876 geschaffenen Generalsynode 4) Fazit: presbyterial-synodale Kirchenverfassung setzte sich im 19. Jh. weitgehend durch ● Ausbildung ki. Parteien: Konservativ-Konfessionelle, Liberale + sog. Mittelpartei ● endgültiges Ende d. landesherrlichen Kirchenregiments: Weimarer Verfassung 1919

● Hintergrund: aufklärerische Reformimpulse nach der Franz. Revolution → Ziel: größere Unabhängigkeit der Kirche vom Staat

19. Jahrhundert!

> Versuchen Sie eine Bewertung der evangelischen Sozialarbeit im

Katholizismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts!

> Schildern Sie den religiösen Aufbruch im deutschen und österreichischen

> In welchen protestantischen Kreisen wurde eine intensive Verbindung von

Christentum und Sozialismus gesucht?

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

XVIII.16.

Die soziale Frage im deutschen Protestantismus

KG Rep

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

XVIII.14.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

Kirche im 19. Jahrhundert!

> Geben Sie einen Gesamtüberblick über die Geschichte der katholischen

> Nennen Sie wichtige Vertreter der evangelisch-sozialen Bewegung und

charakterisieren Sie deren Anliegen!

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

XVIII.15.

Die soziale Frage im deutschen Protestantismus

KG Rep XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

XVIII.13.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

> 1) »religiös-soziale Bewegung«

religiöser Aufbruch um 1800 (vgl. Erweckungsbewegung) XVIII.16. ● frühromantische Verklärung des kath. Mittelalters als christl. Einheitskultur (Novalis) ● aufsehenerregende Konversionen (z.B. Friedrich Schlegel) → Stärkung des kath. Selbstbewußtseins: katholische Bewegung

1) Bayern: Johann Michael Sailer ● antischolastischer Katholizismus (Uni Landshut) → Allgäuer Erweckungsbewegung 2) Münster: Kreis um Fürstin Amalia Gallitzin (dazu auch Johann Georg Hamann) → Impulse für kath. Bewegung im Rheinland 3) Wien: Kreis um Clemens Maria Hofbauer (»Apostel Wiens«) ● Erneuerung der kath. Kirche nur durch erstarktes Papsttum 4) Mainz: Kreis um Bischof Joseph Ludwig Colmar ● antiaufklärerischer, antiprotestantischer Kirchenbegriff; neuscholastische Schule 5) Uni München: Joseph von Görres ● publizistische Verbreitung eines selbstbewußten Katholizismus 6) Uni Tübingen: »Tübinger Schule« v. Johann Sebastian Drey + Johann Adam Möhler ● Auseinandersetzung mit Idealismus + Romantik ● Möhlers Symbolik: romantisches Organismusdenken ∞ Kontroverstheologie: Katholizismus = vollendetste Gestalt d. Christentums: Vereinigung aller Gegensätze

Gustav Werner: Versuch einer »christlichen Fabrik« XVIII.13. Victor Aimé Huber: Genossenschaftsgedanke Rudolf Todt: Verbindung von Sozialismus + Christentum Adolf Stoecker (konservativer Hofprediger in Berlin, Antisemit) ● Kluft zw. Kirche + Arbeiterschaft durch Parteigründung überwinden ● nach »Eiskellerversammlung« 1878: »Christlich-Soziale Arbeiterpartei« → keine Erfolge bei Arbeitern, höchstens im Kleinbürgertum ● 1890 »Evangelisch-Sozialer Kongreß« = Forum von Theologen (u.a. Adolf von Harnack) + Wirtschaftsfachleuten: Vermittlung christlich-sozialer Gedanken ans Bürgertum – Spannungen durch ki. Parteienstreit + konservative Kritik: Stoecker ↔ Naumann 5) Friedrich Naumann (Pfarrer, dann Politiker) ● Konsequenzen aus geringem Einfluß der christlich-sozialen Bewegung: neue Politik, nicht nur franziskanische Gesinnung im Geiste Jesu erforderlich → führte christlich-soziale Bewegung in die national-soziale Bewegung ● 1896 »National-sozialer Verein« (Zeitschrift Die Hilfe) ● sein Weg in die Politik war bestimmt von Trennung Religion – Politik – Luthers Zwei-Reiche-Lehre umgedeutet i.S. der Eigengesetzlichkeit von Politik + Wirtschaft gegenüber der christlichen Ethik ● Naumann + sein Kreis: viele Impulse zur sozialen Verantwortung

2) Grenze ● weithin bürgerliche Angelegenheit: kaum Zugang zur Industriearbeiterschaft

● Diakonie als ureigene Aufgabe der Kirche wiederentdeckt ● ki. Sozialarbeit lebt bis heute weitgehend von den Initiativen des 19. Jh.s ● in Mission + Diakonie: nationale Grenzen überschritten

> 1) Größe

● begründet von den Schweizer Pfarrern Hermann Kutter + Leonhard Ragaz ● positive Stellung zum Sozialismus ↔ christlich-soziale Bewegung in D 2) Arbeitsgemeinschaft der religiösen Sozialisten Deutschlands

XVIII.14.

1) 2) 3) 4)

XVIII.15. 1) Aufstieg + Erneuerung ● Revolutionszeit: – Anfeindungen – Verlust der politischen + wirtschaftlichen Grundlagen (in D: Ende der geistlichen Fürstentümer, Säkularisation) ● innerer Erneuerungsprozeß → Anstieg von Geltung + Macht des Katholizismus (v.a. des Papsttums) 2) Faktoren des Wiederaufstiegs a) religiöse Erneuerung in der kath. Bewegung b) universalkirchliche Politik der Kurie ∞ Neuordnung der Bistümer c) sog. Ultramontanismus 3) Höhepunkt des Ultramontanismus ● Papst Pius IX. (1846–1878): 1. Vatikanisches Konzil 1869/70 ● wichtigstes Ereignis: Beendigung des Gegensatzes Episkopalismus – Kurialismus 4) Gefahr: geistig-kulturelle Gettosituation → a) Abspaltungen: – Deutschkatholizismus – Altkatholische Kirche b) Gegensatz zum modernen politischen/geistigen Liberalismus

> Welche beiden Bewegungen entstanden in Deutschland als Reaktion auf

> Was versteht man unter dem sog. Ultramontanismus? > Wo liegen seine geschichtlichen Wurzeln und wie wurde er verbreitet?

den Geist des Ultramontanismus?

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

XVIII.20.

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

KG Rep

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

XVIII.18.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

des katholischen Selbstbewußtseins bei?

> Schildern Sie in groben Zügen den Kölner Kirchenstreit! > Welche Ereignisse trugen neben dieser Auseinandersetzung zur Stärkung

> Inwiefern kam es am Anfang des 19. Jahrhunderts zu einem

organisatorischen Neuaufbau des Katholizismus?

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

XVIII.19.

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

KG Rep XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

XVIII.17.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

XVIII.19.

XVIII.20.

1) in der Kirche: der »Deutschkatholizismus« ● Ziel = deutsche Nationalkirche in rationalistischem Geist, geführt von suspendiertem schlesischen Kaplan Johannes Ronge ● Ablehnung von ki. Lehramt, Zölibat + Heiligenverehrung ● ab 1845 wachsende Anhängerzahl im liberalen Bürgertum, nach 1848 erloschen 2) in der Theologie: der »Hermesianismus« ● Georg Hermes, Uni Bonn ● Sicherung der kath. Theologie mit Hilfe von Kant + deutschem Idealismus gg. Neuscholastik der Mainzer Schule

> zwei liberalere Bewegungen

2) Wallfahrt zum Heiligen Rock in Trier 1844

> 1) Kölner Dombaufest 1842: Weiterbau des Domes

● Gegensatz von selbstbewußter kath. Kirche + protestantischem Staatskirchentum (vgl. den späteren Kulturkampf) 1) Problem = Mischehenfrage ● Tridentinum: keine Ehe mit Nichtkatholiken ● inzwischen: liberalere Praxis (Staat: Kinder haben Bekenntnis des Vaters) ● jetzt: Tendenzen der Rückkehr zum strengen kath. Eherecht 2) Verlauf ● Preußen ließ unter Umgehung des Papstes liberale Praxis bestätigen: v.a. durch Kölner Erzbischof Graf Spiegel ● Nachfolger Spiegels = Freiherr von Droste-Vischering: strikte Befolgung der päpstl. Weisung für Mischehen → 1837 Verhaftung + Abschiebung auf Festung Minden (Erzbischof von Posen-Gnesen Dunin: gleiches Schicksal) → kath. Bevölkerung geschlossen hinter Hierarchie im Kampf gg. Staat 3) Ende mit Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV.: größere Freiheiten für Kirche ● Errichtung einer katholischen Abteilung im Kultusministerium

> »Kölner Kirchenstreit« oder »Kölner Ereignis«

XVIII.18.

● Wurzeln in F: Reaktion auf Revolution + Unterwerfungsversuche Napoleons ● grundlegend: Du pape von Joseph de Maistre (Unfehlbarkeit des Papstes) ● unterstützend: Geist der Romantik → antiprotestantische Züge 2) Ausbreitung ● durch Jesuitenorden, klerikale Volksmission + kath. Presse ● neben Frankreich v.a. in Belgien (Trennung Staat – Kirche) → Impulse nach Westeuropa ● in Deutschland v.a. Joseph von Görres + Mainzer Kreis

> 1) Entstehung

● Macht + Stärke des Papstes ● Einfluß der katholischen Kirche im gesellschaftlichen Leben ● Freiheit der Kirche gegenüber Staat (bis ca. 1850 in D: Nähe zum Liberalismus)

> = eine nach Rom ausgerichtete Haltung (ultra montes) pro:

1) Wiederherstellung des Kirchenstaates ● durch Kardinalstaatssekretär Consalvi auf dem Wiener Kongreß → polit. Bewegungsfreiheit des Papstes ● Kurie: universalkirchliche Politik siegte über nationalkirchliche Tendenzen 2) Wiederherstellung des Jesuitenordens (1814) → wachsender Einfluß: Collegium Romanum, Übertragung der Mission 3) Wiederaufbau + Neugestaltung der kirchlichen Hierarchie ● nach Untergang des Alten Reiches: Verhandlung mit Einzelstaaten a) Bayern: Konkordat von 1817 – Kirche: viele Rechte für Bischöfe – Staat: Nominierung + Plazet für alle ki. Erlasse – Einteilung: 2 Erzbistümer (München-Freising; Bamberg) mit Suffraganen b) Preußen: 2 Erzbistümer (Köln; Posen-Gnesen) c) Hannover: Bistümer Hildesheim + Osnabrück neu organisiert d) Südwesten: stärkere nationalkirchliche Traditionen (vgl. Febronianismus) → stärkere staatliche Kirchenaufsicht

● nach Abdankung Napoleons (1814): Einzug Pius’ VII. in Rom XVIII.17. → Ende der Demütigung des Papsttums → polit. Reaktion auf Napoleon entsprach kirchlichen Restaurationstendenzen

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

> Inwiefern erhob sich gegen das 1. Vatikanische Konzil Widerstand? > Was versteht man unter dem sog. Kulturkampf?

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

> Charakterisieren Sie das Pontifikat Papst Pius’ IX.!

XVIII.24.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

XVIII.22.

> Nennen Sie wichtige Bestimmungen des 1. Vatikanischen Konzils!

> Nennen Sie zwei wichtige Vertreter des sozialen Katholizismus im

19. Jahrhundert und charakterisieren Sie deren Anliegen!

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

XVIII.23.

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

KG Rep XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

XVIII.21.

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

XVIII.23.

XVIII.24.

● im engeren Sinn:

> ● im weiteren Sinn:

= Zusammenstoß der erstarkten kath. Kirche mit dem Geist des Liberalismus + Nationalismus im 19. Jh. = Kampf des preuß. Ministerpräsidenten + Reichskanzlers Otto von Bismarck mit der Kurie

● Der Papst und das Konzil: scharfe Ablehnung des Dogmas der Unfehlbarkeit 2) nach dem 1. Vatikanum: Abspaltung der »Altkatholischen Kirche« ● Döllinger: Wiederherstellung der alten Kirche vor dem Dogma ● nach Exkommunikation Döllingers: – 1. Altkatholikenkongreß 1871 in München – 2. Altkatholikenkongreß in Köln: Wahl eines eigenen Bischofs → geweiht durch Bischof der Kirche von Utrecht (apostolische Sukzession) ● Altkatholische Kirche = kleine, auf kath. Bildungsbürgertum beschränkte, bis in Gegenwart dauerhafte Kirche

> 1) Münchener Kirchenhistoriker Ignaz von Döllinger

1) Constitutio de fide: Glaube + Vernunft können sich nicht widersprechen (vgl. Thomas) 2) Constitutio de ecclesia: Universalepiskopat des Papstes + päpstl. Unfehlbarkeit a) Universalepiskopat: Jurisdiktionsgewalt des Papstes über die Gesamtkirche (Primat) → Sieg des Kurialismus/Papalismus über Episkopalismus + Konziliarismus b) Unfehlbarkeitserklärung (Infallibilität) ● Papst = unfehlbar in Lehrentscheidungen, die er »ex cathedra« trifft: in Ausübung seines obersten Lehramtes über Fragen von Glauben + Sitte ● Kriterien unfehlbarer Entscheidungen: – sie müssen für Gesamtkirche getroffen sein – sie müssen das Glaubensfundament (depositum fidei) »heilig bewahren und getreulich auslegen« ● Rechtsgrund der Unfehlbarkeit = päpstl. Entscheidung, nicht Zustimmung der Ki.

1. Vatikanisches Konzil (1869/70) = Höhepunkt des Ultramontanismus im 19. Jh.

XVIII.21.

1) 1. bedeutendes Mariendogma der Neuzeit verkündet: immaculata conceptio (1854) ● Maria im Mutterleib der Anna durch Hl. Geist von Erbsünde befreit ● vgl. schon Duns Scotus ↔ Thomas dagegen ablehnend ● Hintergrund: zunehmender Ultramontanismus + verstärkte Marienfrömmigkeit (Marienerscheinungen von Lourdes) ● neu: Dogma von Pius IX. ohne vorausgehenden Konzilsbeschluß verkündigt 2) Enzyklika Quanta cura mit Syllabus errorum (1864) ● deutlich ultramontanistisch: Rationalismus, Indifferentismus, Sozialismus, Kommunismus, Bibelgesellschaften + staatl. Kulturhoheit = liberale Irrtümer der Zeit 3) 1. Vatikanisches Konzil (1869/70) ● auch Bischöfe der Ostkirchen + Protestanten eingeladen → blieben freilich fern wegen Hauptzweck: Feststellung der päpstlichen Unfehlbarkeit ● bereits im Vorfeld (besonders in D) Kritik an Hauptzweck

Pius IX. (1846–1878) XVIII.22. ● längstes Pontifikat in der bisherigen Papstgeschichte + wichtigstes in Geschichte des neueren Katholizismus ● Programm nach Erfahrungen von 1848: Kampf gg. Liberalismus + Nationalismus

2) Adolf Kolping ● Gründung von Gesellenvereinen: Unterstützung des bedrohten Handwerkerstandes → Kolping-Familie: weite Verbreitung bis heute

1) Mainzer Bischof Freiherr von Ketteler ● Schriften über die soziale Verantwortung der Ki. gegenüber der Arbeiterschaft ● Kritik an Auswüchsen der liberalistischen Wirtschaftsweise

sozialer Katholizismus

XVIII.25.

XVIII.26.

der Zeit vom Kulturkampf bis zum 1. Weltkrieg?

> Welche beiden Päpste bestimmten den Weg der katholischen Kirche in

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

heftigen Auseinandersetzungen?

> Inwiefern kam es zwischen Bismarck und der katholischen Kirche zu

Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert

XVIII. Die Situation der Kirchen in der Gesellschaft seit der Französischen Revolution

KG Rep

XVIII.25.

2) Pius X. ● Verurteilung der Bestrebungen des Reformkatholizismus als »Modernismus« ● von allen kath. Theologen vor Amtsübernahme sog. Antimodernisteneid (1910) verlangt: Abstand nehmen von modernen Ideen + wissenschaftlichen Erkenntnissen – 1967 abgeschafft

1) Leo XIII. XVIII.26. ● Kulturkampf = Sieg der katholischen Kirche → weiterer Aufschwung des Katholizismus z.Zt. Wilhelms II. ● Enzyklika Rerum novarum = Ausgangspunkt für neuere kath. Soziallehre: wichtige Reformanstöße (z.B. kath. Arbeitervereine) ● Reformkatholizismus: versuchte gg. strengen Kurialismus größeren Freiraum für Theologie zu erkämpfen (z.B. Dogmatiker Hermann Schell in Würzburg)

1) 1870 Gründung der Zentrumspartei ● Bismarck fürchtete Verbindung von Zentrum + Ultramontanismus → mächtiger polit. Katholizismus ● Bismarck nicht gg. Katholizismus, aber gg. jede Einmischung der Kirchen in Staat + Politik: Beschränkung der Kirchen auf rein religiösen Bereich 2) 1871–1875 verschiedene Gesetze: Eingriffe in die Kirche ● gg. Mißbrauch der Kanzel zu polit. Agitation ● Verbot der Jesuiten + verwandter Orden ● Schulaufsichtsgesetz (Schulaufsicht des Staates) ● sog. Maigesetze 1873 (»Kulturexamen« für Geistliche + Studium an staatl. Unis) ● Einschränkungen des Kirchenrechts ● Brotkorbgesetz (Sperrung der Staatsleistungen) ● Einführung der Zivilehe 1875 3) geschlossener Widerstand der Bischöfe: Verhaftungen + Absetzungen → kath. Bevölkerung scharte sich um ihre Bischöfe 4) nach Tod Pius’ IX.: Lösung der Fronten unter Leo XIII. ● zw. 1880 + 1887 Rücknahme der Kulturkampfgesetzgebung bis auf: Zivilehe, Jesuitenverbot, Aufhebung der Religionsartikel in der preuß. Verfassung

Kulturkampf

Darstellung des theologischen Studiums!

> Erörtern Sie Schleiermachers Theologieverständnis anhand seiner Kurzen

> Geben Sie einen Überblick über Schleiermachers Leben und Wirken als

Universitätslehrer und Prediger!

Friedrich Schleiermacher – Überblick über Leben und Werk

Friedrich Schleiermacher – Überblick über Leben und Werk

XIX.4.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

XIX.2.

> Um was geht es Schleiermacher in seinen Reden über die Religion?

> Geben Sie einen Überblick über Leben und Wirken des jungen

Schleiermacher!

Friedrich Schleiermacher – Überblick über Leben und Werk

XIX.3.

Friedrich Schleiermacher – Überblick über Leben und Werk

KG Rep XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.1.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

XIX.4.

1) Theologie = keine reine, sd. eine positive Wissenschaft (wie Medizin + Jura) ● praktischer Zweck der Theologie = »Kirchenleitung«: a) übergemeindlich (Kirchenregiment) b) gemeindlich (Liturgie, Predigt, Unterricht + Seelsorge) 2) Gliederung der Theologie a) praktische Theologie (≈ Krone) ● baut auf der historischen Theologie auf: Formen + Regeln der Kirchenleitung ● praktische Theologie durch Schleiermacher wissenschaftlich neu begründet b) historische Theologie (≈ Stamm) ● exegetische Theologie, KG, Dogmatik + »Kirchliche Statistik« ● neu: – Exegese = historische Disziplin: nicht Hilfswissenschaft d. Dogmatik – Dogmatik = Kenntnis der jetzt in der ev. Kirche geltenden Lehre c) philosophische Theologie (≈ Wurzel) ● liefert wissenschaftlich-theoretische Grundlagen: Theorie des Christentums ● vergleichbar den späteren dogmatischen Prolegomena

● Thema der Schrift: Zielbestimmung, Aufbau + Zusammenhang der Theologie

Kurze Darstellung des theologischen Studiums (1811)

1. Rede (Apologie) ● Vermittlung zw. nüchterner Aufklärung + schwärmerischer Romantik ● Religion = »eigene Provinz« im m. Geistesleben: urspr. Anlage im Menschen = 3. Element zw. Denken + Handeln: unabhängig von Wissen + Moral 2. Rede (Über das Wesen der Religion) ● Religion = »Anschauung«, »Gefühl«, »Anschauen des Universums« ● wichtige Begriffe: 1) »Universum« = Totalität des Seienden + Geschehenden 2) »Gefühl« = Erfahrung der göttl. Offb. in der eigenen Existenz 3. Rede (Über die Bildung zur Religion) ● religiöse Erziehungslehre (gg. Aufklärungspädagogik): Erweckung des relig. Sinns 4. Rede (Über das Gesellige in der Religion: Kirche + Priestertum) ● Ekklesiologie des jungen Schleiermacher (herrnhutische Erfahrungen) ● wahre Kirche ↔ Anstaltskirche: Kirchenreform + Staat-Kirche-Trennung 5. Rede (Über die Religionen) ● positive Religionen (Christentum/Judentum) ↔ natürliche Religion der Aufklärung ● geschichtl. Religionen = Gemeinschaften mit gemeinsamer »Grundanschauung« ● Christentum = Gemeinschaft mit »Grundanschauung« Christi = Kritik aller Religionen: »die Religion der Religionen«

Reden über die Religion (1799) XIX.3. ● 5 stilisierte Reden: Bestimmung von Religion gg. Orthodoxie, Pietismus + Aufklärung

XIX.1.

XIX.2.

1) 1804 Professor + Universitätsprediger in Halle ● Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch: Frage nach Ursprung/Wesen des Christentums + der Bedeutung Jesu 2) 1807 Professor + Prediger in Berlin ● zunächst Privatgelehrter: Kontakt mit preuß. Reformern + patriotische Predigten ● reformierter Prediger an der Dreifaltigkeitskirche (Simultankirche) ● 1810: Prof. + 1. Dekan an der Theol. Fakultät der neuen Universität – Doppelamt Prediger/Professor → großer Einfluß auf die geistige Welt seiner Zeit – Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Berlin: Vorlesungen an der Philosophischen Fakultät – Lehrtätigkeit in fast allen theol. Disziplinen (außer AT); dazu wichtige Vorlesungen über die Philosophie, Dialektik, Ethik, Psychologie, Politik, Staatslehre, Ästhetik, Hermeneutik, Pädagogik ● † 1834 in Berlin

Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768–1834)

1) Herkunft ● * 1768 in Breslau: aus reformierter Theologenfamilie (Vater: Feldprediger) ● herrnhutische Erziehung in Niesky + Barby → Glaubenszweifel, aber auch Reichtum religiöser Individualitäten + Gemeinschaft: »Herrnhuter höherer Ordnung« 2) Studium ● Uni Halle: Studium Kants + der griechischen Philosophie ● Einfluß Semlers 3) Hauslehrer + Hilfsprediger ● Hauslehrer in Schlobitten/Ostpreußen ● Hilfsprediger in Landsberg/Warthe 4) 1796 Seelsorger an der Berliner Charité ● frühromantischer Freundeskreis: Friedrich Schlegel + Henriette Herz ● Werke: – Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern (1799) – Monologen (1800): Ethik der Individualität mit autobiographischen Zügen 5) Hofprediger in Stolp/Pommern ● Arbeit an Platon-Übersetzung ● Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre: kritische Sichtung der ethischen Tradition

Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768–1834)

> Gliedern Sie die Geschichte der Erweckungsbewegung in einzelne

> Was versteht man unter der sog. Erweckungsbewegung? > Nennen Sie einige Wesensmerkmale dieser Bewegung!

Phasen!

Die Erweckungsbewegung in Deutschland

XIX.8.

Die Erweckungsbewegung in Deutschland

KG Rep

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.6.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

Gegensatz zueinander?

> Welche geschichtlichen Wurzeln hat die Erweckungsbewegung? > Inwiefern stehen Aufklärung und Erweckungsbewegung nicht nur im

> Erörtern Sie einige Grundzüge der Theologie Schleiermachers anhand

seiner Glaubenslehre!

Die Erweckungsbewegung in Deutschland

XIX.7.

Friedrich Schleiermacher – Überblick über Leben und Werk

KG Rep XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.5.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

XIX.7.

XIX.8.

3. Phase (ca. 1830–1848) ● Entwicklung zum Konfessionalismus: Kirche + Bekenntnis im Mittelpunkt ● Rückgang der Breitenwirkung ● kirchliche Parteienkämpfe zw. Rationalismus + Konfessionalismus

2. Phase (ca. 1815–1830) ● größere Verbreitung in Volk + Kirchen: Erweckungspredigten, Zeitschriften- + Traktatliteratur, Bibel- + Missionsgesellschaften ● Konfessionen werden wichtiger → Abgrenzungen der Protestanten: – gegenüber der kath. Kirche – gegenüber der Philosophie des Idealismus + Schleiermacher

1. Phase (ca. 1800–1815) ● konfessionsübergreifendes Erfahrungschristentum in geistiger Weite ● Einfluß von Romantik, Idealismus + Nationalismus

● Gottes Wirken in Natur + Geschichte = schon für Vernunft erfahrbar, diese Erfahrung w. aber erst in der christlichen Offenbarung vollendet ● Frömmigkeitsform des Vereins

> Gemeinsamkeiten

2) für die erste Phase: Schleiermacher 3) »Deutsche Christentumsgesellschaft«, gegr. 1780 in Basel durch Johann August Urlsperger ● Mitglieder u.a.: – Heinrich Jung-Stilling – Johann Friedrich Oberlin – Johann Caspar Lavater 4) Kritiker der Aufklärung: Johann Gottfried Herder, Johann Georg Hamann

> 1) älterer Pietismus, v.a. Herrnhuter Brüdergemeine

XIX.5.

XIX.6.

Widerspruch gg. Vernunftreligion der Aufklärung Ernstnehmen der menschlichen Sünde vor Gott: nur Gnade Christi hilft persönliche Erfahrung der Wiedergeburt Wiedergeburt des einzelnen soll zu christl. Neugestaltung der Gesellschaft führen → soziale, weltzugewandte Aktivität + Missionseifer ● Verurteilung des Geistes der Französischen Revolution 2) Soziales ● neben Theologen vor allem von Laien getragen ● Zusammenschluß in Form der freien Assoziation, des Vereins → Frömmigkeit wird in der Sozietät gelebt + erfahren

● ● ● ●

> 1) Theologie

● großes Verbundenheitsgefühl über Länder- + Sprachgrenzen hinweg ● der dt. Erweckungsbewegung gehen Erweckungen in England + USA voraus ● Bezeichnung in F, Schweiz + NL: »Réveil«

> = der konfessionsübergreifende religiöse Aufbruch im frühen 19. Jh.

● apologetische Theologie – Wahrheit des Evangeliums so auslegen, daß sie glaubwürdig + verständlich wird – »Soll der Knoten der Geschichte so auseinandergehen: das Christentum mit der Barbarei und die Wissenschaft mit dem Unglauben?« (Sendschreiben an Lücke)

1) anthropologische »Einleitung«: Analyse des menschlichen Bewußtseins ● Basis = allg. Theorie der Religion ● Wesen der Frömmigkeit = »Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit« 2) Hauptteil: Christliche Glaubenslehre als Entfaltung des christl. Bewußtseins a) das christl. Bewußtsein abgesehen von Sünde + Gnade b) das Bewußtsein der Sünde c) das Bewußtsein der Gnade 3) Schluß: Trinitätslehre → nicht im Zentrum des dogmatischen Denkens

● als Unionsdogmatik konzipiert ● Begriff »Glaubenslehre«: nicht autoritativ abgestützte Lehrsätze, sd. Glaubenserfahrung ● christologische Mitte: Glaube an Christus als Erlöser

Glaubenslehre (1821/22, 2. Aufl.: 1830/31)

im 19. Jahrhundert?

> Welche beiden Bewegungen stehen für den religiösen Aufbruch Englands

> Nennen Sie Hauptzentren und Hauptvertreter der norddeutschen

Erweckungsbewegung! > Welche Missionsgesellschaften gingen aus der Erweckungsbewegung hervor?

Erweckung in Europa und Nordamerika

XIX.12.

Die Erweckungsbewegung in Deutschland

KG Rep

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.10.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

ihren Höhepunkt?

> In welcher Bewegung fand die englische Erweckung des 18. Jahrhunderts

> Nennen Sie Hauptzentren und Hauptvertreter der süddeutschen

Erweckungsbewegung!

Erweckung in Europa und Nordamerika

XIX.11.

Die Erweckungsbewegung in Deutschland

KG Rep XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.9.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

2) parallel zum kontinentalen Konfessionalismus: Oxfordbewegung ● Hauptgestalt: John Henry Newman ● Betonung von Liturgie, Sakrament, Institution + Amt der Kirche ● Erneuerung der Sukzessionstheorie ● hochkirchliche Richtung in anglikanischer Theologie + Kirche bis heute bedeutsam

1) im frühen 19. Jh.: »Low-Church-Bewegung« XIX.12. = erneute Erweckungsbewegung innerhalb der anglikanischen Kirche ● »Evangelikale« → wichtige Impulse zur Abschaffung der Sklaverei ● auch Einfluß des hochkirchlichen Anglikanismus auf die Freikirchen: Freikirchler + Anglikaner gründeten 1804 die »British and Foreign Bible Society«

Methodistische Bewegung = letzte große Kirchenbildung in der KG (Erich Beyreuther) 1) Gründer: John Wesley, daneben George Whitefield + Charles Wesley – Brüder Wesley gründeten 1729 Studentenverein in Oxford: frommes Leben mit strengen Regeln → Spottname »Methodisten« – Bekanntschaft mit Herrnhutertum + Eindruck von Luthers Vorrede zum Röm → Bekehrung John Wesleys am 24.5.1738, abends 8¾ Uhr → Erweckungspredigten der Brüder vor Tausenden in England, Schottland, Irland: Erneuerung des urchristlichen Wanderapostolats 2) Merkmale: – persönl. Christusnachfolge – Bekehrung unter Bußkampf + Gnadenerlebnis – feste Gemeinschaftsformen – Laienpredigeramt (von Wesley geschaffen) → Anstöße in Gewerkschaftsbewegung + Arbeiterpartei: in England stärker christl. orientierte Sozialpolitik (↔ Kontinent) ● nach Wesleys Tod: 1795 Trennung von anglikanischer Staatskirche

England XIX.11. ● rund 100 Jahre vor dt. Erweckung: Wellen von Erweckungen in England + USA ● Hintergrund in England: Krise des Deismus → religiöse Leere + Gleichgültigkeit ● innerhalb der Staatskirche: »religious societies« → Drängen auf praxis pietatis: persönlicher Glaube → Gehorsam gg. göttliches Gesetz (calvinistisch-puritan. Basis)

XIX.10.

2) Norddeutsche Missionsgesellschaft + Leipziger Mission 1836 3) Neuendettelsauer Mission + Hermannsburger Mission 1849

> 1) Baseler Mission 1815

● Baron Hans Ernst von Kottwitz: von Brüdergemeine herkommend, Beziehungen zum preuß. Adel, soziale Aktivitäten, erweckter Kreis in Berlin ● wie Erweckung in Erlangen: Entwicklung zum Konfessionalismus 2) Rheinland: Verbindung zum reformierten Pietismus ● Heinrich Jung-Stilling: Siegerland ● Hermann Friedrich Kohlbrügge: Wuppertal ● am Niederrhein enge Verbindung mit aufstrebender Industrie → Spannung: soziale Not ↔ abgekapselte religiöse Erbauung 3) Bremen ● Gottfried Menken: in erbaulichen Predigten direkte Parallelen zw. politischer Geschichte + Heilsgeschichte (1789 = Triumph der dämonischen Mächte) 4) Niedersachsen ● Carl Johann Philipp Spitta: Liedersammlung Psalter und Harfe ● Ludwig Harms: Hermannsburg

> 1) Pommern + Berlin

3) Württemberg: enge Verbindung zum Pietismus ● vgl. Johann Albrecht Bengel: eschatologisch-apokalyptische Stimmungen ∞ politische Unruhen ● Johann Michael Hahn → Hahnsche Gemeinschaften: chiliastisch geprägt ● Johann Christoph Blumhardt: Bad Boll → Hauptort der schwäbischen Erweckung ● Ludwig Hofacker: herausragender Erweckungsprediger in Württemberg ● Württembergische Bibelgesellschaft 1812

2) Franken: Nürnberg + Uni Erlangen ● reformierter Theologieprofessor Christian Krafft ● Pädagoge Karl von Raumer ● Erlanger Erweckung: Entwicklung v. ökumenischem zu konfessionellem Luthertum

1) Allgäu: überkonfessioneller religiöser Aufbruch in der kath. Erweckung XIX.9. ● durch Schüler von Johann Michael Sailer (zuletzt Bischof in Regensburg)

> Charakterisieren Sie das Denken von Georg Wilhelm Friedrich Hegel!

> Skizzieren Sie die Geschichte des Réveil im westeuropäischen

Protestantismus!

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

XIX.16.

Erweckung in Europa und Nordamerika

KG Rep

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.14.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

> Skizzieren Sie die Geschichte der skandinavischen

> Skizzieren Sie die Geschichte der Erweckungsbewegung in Nordamerika! > Wer prägte die Erweckungsbewegung in Schottland? Erweckungsbewegung!

Erweckung in Europa und Nordamerika

XIX.15.

Erweckung in Europa und Nordamerika

KG Rep XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.13.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

XIX.15.

2) Religionsphilosophie ● Christentum (spekulativ umgedeutet) = die absolute Religion ● Glaube = niedere Form des Wissens, Kirche = niedere Form des Staates → Kirchenverständnis w. kaum histor. Situation gerecht (↔ Schleiermacher) ● Basis: »Alles Wirkliche ist vernünftig und alles Vernünftige ist wirklich.« → Rezeptionsmöglichkeiten: politischer Konservativismus + Revolution

1) dialektische Methode ● Denken hat letztlich nur mit sich selbst zu tun: denkender Geist + seine Bewegung ● Gesetz des Geistes, das Natur + Geschichte erklärt = dialektischer Dreischritt: Thesis, Antithesis, Synthesis → einzelnes existiert nur durch Zusammenhang: »das Wahre ist das Ganze«

Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) XIX.16. ● beeinflußt durch schwäbische spekulativ-mystische Traditionen ● Opposition zu Kant + Schleiermacher: Gott = »der Geist«, der sich im Denken des Menschen offenbart: das zum Bewußtsein seiner selbst gekommene philosoph. Denken – gg. bloßes Postulat der praktischen Vernunft (Kant) – gg. »Woher« des schlechthinnigen Abhängigkeitsgefühls (Schleiermacher)

3) Schweden ● herrnhutische + schottische Einflüsse ● reichhaltige Verbreitung von Erbauungsliteratur: lutherische Rechtfertigungslehre gegenüber Heiligung betont

2) Norwegen ● charakteristisch: hoher Laienanteil + Zusammenschluß innerhalb der Kirche ● Hans Nielsen Hauge: bedeutender Erweckungsprediger

1) Dänemark ● Nikolaj Frederik Severin Grundtvig – echte Volkskirche auf der Grundlage des Apostolikums – Gründer der dänischen Volkshochschule

XIX.13.

3) Niederlande ● Willem Bilderdijk ● Isaak da Costa

2) Frankreich ● Adolphe Monod: bedeutender Prediger

1) Schweiz XIX.14. a) Genf ● junge Theologiestudierende, die Rationalismus bekämpften ● Einflüsse der Erweckungsbewegung in D, England + Schottland ● Ziel: Rücklenkung zum alten Calvinismus ● ab 1831: evangelistische Arbeit in Genfer Kirche + in Frankreich b) Waadtland ● Alexandre Vinet: völlige Trennung von Staat + Kirche c) Basel ● Deutsche Christentumsgesellschaft → Impulse nach Süddeutschland ● Baseler Mission 1815

● predigte selbstverantwortliche Hilfe in sozialen Nöten in Edinburgh (um 1845) ● erneuerte den altkirchlichen Diakonat ● Bruch mit der Staatskirche → »Freie Kirche von Schottland«

> Thomas Chalmers

1) Jonathan Edwards ● auf calvinistisch-puritanischer Basis: Theologie der Evangelisation ● Mittelpunkt der Predigt: Aufforderung zur persönlichen Bekehrung ● charakteristisch: Missionseifer in stark eschatologischer Stimmung → Aufforderung zur Evangelisation im eigenen Land + zur Heidenmission 2) Samuel Hopkins, Schüler von 1) ● verstärkte missionarische Aktivitäten + Kampf für Sklavenbefreiung 3) Methodismus: breitete sich rasch aus ● Bevölkerungswanderung nach Westen durch Reiseprediger begleitet → bibelfestes Christentum bei Siedlern 4) 1800–1850: mehrere Wellen von Erweckungsbewegungen (»revivals«) ● Ausgangspunkt: Colleges der Ostküste → weite Kreise erfaßt: camp meetings ● Einfluß auf Freikirchen: Missionseifer, aktive Mitarbeit der Laien, Verbindung v. Religion + Öffentlichkeit

> USA: fast gleichzeitig mit englischer Erweckungsbewegung

> Nennen Sie wichtige Vertreter des Konfessionalismus!

> Nennen Sie zwei frühe Vertreter einer durch die Erweckungsbewegung

beeinflußten Theologie!

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

XIX.20.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

XIX.18.

> Welche Merkmale sind für die konfessionelle Theologie charakteristisch?

> Welche beiden Richtungen der evangelischen Schultheologie stehen am

Anfang des 19. Jahrhunderts?

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

XIX.19.

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

KG Rep XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.17.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

3) Friedrich Julius Stahl ● Führer des politischen Konservativismus ● WK: Die Kirchenverfassung nach Lehre und Recht der Protestanten

2) konfessionell-lutherische Theologen ● August Vilmar: hessischer Kirchenpolitiker + Theologe in Marburg – WK: Die Theologie der Tatsachen wider die Theologie der Rhetorik ● Theodor Kliefoth: kirchenleitend in Mecklenburg, liturg. Abhandlungen ● Wilhelm Löhe: gründete Neuendettelsauer Missions- + Diakonissenanstalt – WK: Drei Bücher von der Kirche: selbstbewußter, aber ökumenisch geöffneter luth. Konfessionalismus ● Ludwig Adolf Petri: Führer des Neuluthertums in Hannover ● sog. Erlanger Schule

1) Ernst Wilhelm Hengstenberg XIX.20. ● reformierter Herkunft, Prof. für AT in Berlin ● Mitbegründer der kirchenpolitisch (weniger theologisch) einflußreichen Evangelischen Kirchenzeitung = Hauptorgan des theol. + polit. Konservativismus in Deutschland

Merkmale 1) Theologie: Betonung ● des Sakraments (Abm.) ● der die Kirche begründenden Bekenntnisse ● des geistl. Amtes 2) Vertreter häufig in kirchenleitenden Ämtern 3) Kampf für staatsunabhängige Kirche, oft verbunden mit polit. Reaktion

konfessionelle Theologie XIX.19. ● Ziel: Erneuerung der altprotestantischen Theologie, v.a. des Luthertums des 16./17. Jh.s ● Bezeichnungen auch: – »Konservative Theologie« – »Restaurations-« bzw. »Repristinationstheologie«

XIX.17.

2) August Tholuck ● Schüler von 1), Prof. in Halle ● einflußreichster + vielseitigster Theologe aus dem Geist der Erweckung ● gg. Rationalismus + Zeitgeist: Lehre von der Sünde ● WK: – Die Lehre von der Sünde und vom Versöhner – Kommentar zum Römerbrief ● wirkte v.a. auch durch Predigten (Themapredigten) + Seelsorge

1) August Neander XIX.18. ● Kirchenhistoriker + Fakultätskollege Schleiermachers in Berlin ● gg. Rationalismus: die fromme, von Gottes Wort ergriffene Persönlichkeit: »Pectus est, quod theologum facit« → »Pectoraltheologie« ● Begründer der neueren ev. Kirchengeschichtsschreibung: gg. Rationalismus w. KG v.a. als Frömmigkeitsgeschichte verstanden → Ziel: Aufweis der weltüberwindenden Kraft des christlichen Glaubens ● WK: Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche

2) Supranaturalismus ● Übernatürlichkeit der Offenbarung verteidigt: mit rationalen Argumenten

1) Rationalismus = Nachwirkung Kants: spätaufklärerische Theologie ● Licht der Vernunft = alleiniger Maßstab der biblischen Offenbarung ● Hauptvertreter: – Julius August Ludwig Wegscheider, Prof. in Halle – Heinrich Eberhard Gottlob Paulus, Prof. in Heidelberg

> Wer ist der bedeutendste Schüler Ferdinand Christian Baurs?

> Nennen Sie wichtige Vertreter der Erlanger Theologie!

Charakterisieren Sie seine Theologie anhand seines Hauptwerkes!

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

XIX.24.

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

KG Rep

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.22.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

geistesgeschichtlichen Verbindungen!

> Charakterisieren Sie diese Gruppe nach ihrer Theologie und ihren

Kirchen- und Dogmengeschichte von bahnbrechender Bedeutung? Beschreiben Sie seinen theologischen Ansatz!

> Woher kommt der Begriff »liberale Theologie«? > Welcher Theologe ist für die historische Erforschung des NT und der

> Welche Gruppe ragt durch ihre Geschlossenheit und Bedeutung aus der

Menge der konfessionellen Theologen heraus?

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

XIX.23.

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

KG Rep XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.21.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

XIX.23.

XIX.24.

2) Reaktionen ● heftiger Widerspruch gg. Das Leben Jesu aus allen theol. Lagern ● extremer Standpunkt: Bruno Bauer – Entstehung des NT erst im 2. Jh. – Historizität Jesu zweifelhaft

1) Hauptwerk: Das Leben Jesu (1835/36) ● These: Darstellung Jesu in den Evangelien = nicht historisch, sd. mythisch: nachträgliche Legenden um historische Gestalt Jesu ● Jesus = ein menschlicher Lehrer der Gottes- + Nächstenliebe ● Wahres am Christentum = Idee vom Gottmenschen: Versöhnung v. Gott + Mensch – Idee prägte Urchristentum: das Leben Jesu wurde nachträglich daraufhin gestaltet – »Die Idee schüttet ihre Fülle nicht in ein einzelnes Exemplar aus, das Unendliche realisiert sich nicht in einer endlichen Gestalt.« → christologische Aussagen des NT auf Entwicklung der Menschheit zu beziehen

David Friedrich Strauß ● von Hegel beeinflußt, Schüler Baurs

● Prof. in Tübingen; von Hegel beeinflußt ● Begründer der neueren historisch-kritischen Theologie 1) Geschichte des Urchristentums ● »Das Christentum ist alles, was es ist, einzig durch die Person seines Stifters.« ● aus Synoptikern (nicht Joh) histor. zuverlässiges Bild Jesu zu gewinnen: Mittelpunkt der Lehre Jesu = wahre Gerechtigkeit vom Reich Gottes ● Einfluß der Geschichtsdialektik Hegels – Judenchristentum: Thesis – Paulus → Heidenchristentum: Antithesis – gg. Gnosis/Marcion: frühkath. Kirche: Synthesis → »Tendenzkritik« des NT: Einordnung in dialekt. Entwicklungsprozeß 2) Dogmengeschichte: als neuere Disziplin von ihm wesentlich begründet ● auch Dogmen in umfassenden geistigen Entwicklungsprozeß einzuordnen ● WK: Die christliche Lehre von der Versöhnung, Das Christentum und die christliche Kirche der ersten drei Jahrhunderte

> Ferdinand Christian Baur

→ historische Arbeit der liberalen Theologie wurzelt in Aufklärung: Problem von Glaube + Geschichte wurde erneut virulent

> von Semlers Versuch einer freieren theologischen Lehrart

XIX.21.

1) Adolf von Harleß: Beginn der Erlanger Theologie XIX.22. ● streng ki. orientierte Theologie: Zeitschrift für Protestantismus und Kirche ● Präsident des Oberkonsistoriums in München ● WK: Christliche Ethik: große Verbreitung im 19. Jh. 2) Johann Christian Konrad von Hofmann ● »Ich, der Christ, bin mir, dem Theologen, eigenster Stoff meiner Wissenschaft.« → von Heilserfahrung aus werden Bibel + Bekenntnis erschlossen ● heilsgeschichtliche Theologie (vgl. württemberg. Pietismus) → kritische Stellung zur traditionellen Versöhnungslehre: Leben + Sterben bezeugen »Liebeswillen« Gottes, nicht nur das stellvertretende Strafleiden → heftiger Streit: Luthers urspr. Intention? ● lebte polit./soziale Verantwortung: Mitglied der liberalen Fortschrittspartei (Landtag) ● WK: Weissagung und Erfüllung im Alten und Neuen Testament, Der Schriftbeweis 3) Gottfried Thomasius: Dogmatiker; WK: Christi Person und Werk ● Neuinterpretation der »Kenosislehre«: Gottessohn verzichtete bei Inkarnation auf einen Teil seiner göttlichen Eigenschaften 4) Theodosius Harnack: Vater Adolf von Harnacks; WK: Luthers Theologie 5) Franz Hermann Reinhold Frank: Dogmatiker/Ethiker; WK: Die Theologie der Concordienformel

2) geistesgeschichtliche Verbindungen ● Schleiermacher, dt. Idealismus (Hegel + Schelling), Romantik, Erweckung ● Anregungen v.a. durch Johann Georg Hamann: – Erfahrungsgewißheit – Inkarnation + »Kondeszendenz« – Wiederentdeckung Luthers

● gg. Rationalismus: persönlich erfahrene Wende von Sünde zu Gnade (Wiedergeburt) = theol. Erkenntnisinstrument → objektive Größen (Bibel, Bekenntnis, Erkenntnis [Luther]) neu entdeckt

> 1) theologischer Grundzug: Erfahrungstheologie

● konfessionell-lutherisch ● Erlanger Theologische Fakultät = einziges Zentrum, das den konfessionellen Aufbruch zu eigenständiger Theologie mit wissenschaftlichem Anspruch zu gestalten vermochte (Karlmann Beyschlag)

> Erlanger Schule (»Erlanger Theologie«)

Theologie« bemüht?

> Welche Theologen haben sich in besonderer Weise um eine »biblische

> Nennen Sie die beiden bedeutendsten Ritschl-Schüler und

charakterisieren Sie kurz deren Leben und Werk!

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

XIX.28.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.26.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

KG Rep

> Welche Theologen werden als »Vermittlungstheologen« bezeichnet?

> Welcher Theologe gelangte im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu

großem Einfluß? Beschreiben Sie seinen theologischen Ansatz!

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

XIX.27.

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

KG Rep XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

XIX.25.

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

XIX.27.

XIX.28.

3) Adolf Schlatter (Tübingen) ● Bedeutung v.a. für ntl. Wissenschaft + Religionsgeschichte des antiken Judentums ● erstmals paulin. Rechtfertigungslehre von derjenigen Luthers abgesetzt ● Versuch, bibl. Schriften aus sich selbst heraus zu verstehen, ohne Zeitgeistanleihen ● zahlreiche Werke, v.a. Kommentare zum NT

2) Martin Kähler (Halle) ● Grundproblem Glaube – Geschichte: Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche biblische Christus (1892) = wichtige Unterscheidung ● nicht der histor. Jesus, sd. der von der Gemeinde bezeugte, gepredigte Christus ist der Grund des Glaubens → Bild vom historischen Jesus nicht zu erheben ● Evangelien = »Urkunde der kirchengründenden Predigt« ● gepredigter Christus = für Kähler kein anderer als der irdische Jesus

1) Johann Tobias Beck (Tübingen) ● Prägungen: Biblizismus + heilsgeschichtliche Theologie Bengels ● in Bibel göttl. Offenbarung grundgelegt, die sich in weiteren Stufen entfaltet ● WK: Die christliche Lehrwissenschaft nach den biblischen Urkunden

● in eigenständiger Weise jeweils bibl. Fundament der Theologie betont

2) im speziell Schleiermacherschen Sinn: Vermittler zw. Christentum + Kultur ● Organ: Theologische Studien und Kritiken ● insgesamt freilich wenig homogene Gruppe, herausragende Vertreter: a) Richard Rothe – Prägungen: Erweckungsbewegung, Schleiermacher + Hegel – Grundgedanke: sittl. Vervollkommnungsprozeß des von Jesus ausgehenden Lebens in der Kirche findet seine Vollendung im Staat → »Kirche« + »Staat« bezeichnen dabei keine empirischen Größen – Unterscheidung: Geschichte d. Christentums ↔ Geschichte d. Institution Ki. – christliches Prinzip soll mit seiner Kraft alle irdischen Verhältnisse durchdringen – WK: Theologische Ethik b) Carl Immanuel Nitzsch – kämpfte für Union, dabei Verbindung von Kirche + Bekenntnis betonend – WK: Praktische Theologie

1) im allg. Sinn: Vermittler zw. Liberalismus + Konfessionalismus ● von Hegel herkommend, eher spekulativ: a) Karl Daub b) Philipp Marheineke

2) Adolf von Harnack (1851–1930) ● Kirchenhistoriker in Berlin ● Fortsetzung der historischen Arbeit Ritschls ● 1892 Apostolikumsstreit: Harnack betonte Historizität der Bekenntnisaussagen ● historische Erforschung des Urchristentums + des irdischen Jesus (Konturen seiner ursprünglichen Verkündigung) → Forderung eines undogmatischen Christentums – altkirchliches Trinitäts- + Christusdogma = Schöpfung des griechischen Geistes auf dem Boden des Evangeliums – »Nicht der Sohn, nur der Vater allein gehört in das Evangelium, wie es Jesus verkündigt hat.« ● WK: – Lehrbuch der Dogmengeschichte – Das Wesen des Christentums (1900)

1) Wilhelm Herrmann XIX.26. ● Systematiker in Marburg ● noch stärker als Ritschl betont: persönl. Glaubenserfahrung angesichts des Eindrucks der Person Jesu → sittlicher Ernst = Zentrum des christlichen Glaubens ● WK: Ethik ● Schüler: Karl Barth, Rudolf Bultmann

1) Christentum: Ellipse mit 2 Brennpunkten a) Reich Gottes als sittliches Ziel aller Menschen b) Erlösung als »Rechtfertigung und Versöhnung« → Erlösung = Hinwendung des m. Willens zum Willen Gottes, zur sittlichen Tat → Gemeinschaft im Reich Gottes 2) bestimmende Faktoren der Theologie Ritschls a) Betonung der Ethik b) Aufweis des histor. Tatsächlichen c) die ins klare Bewußtsein erhobene Glaubenserfahrung → Opposition gg. Mystik, Pietismus, Spekulation, kath. Frömmigkeit: Ritschl = maßgeblicher Theologe des »Kulturprotestantismus« 3) WK: – Die christliche Lehre von der Rechtfertigung und Versöhnung – Unterricht in der christlichen Religion 4) Wirkung: führende Stellung der Theologie Ritschls im ausgehenden 19. Jh. ● Zeitschrift Die Christliche Welt (seit 1886 hg. v. Martin Rade) = Organ der unterschiedlichen Ritschl-Schüler

Albrecht Ritschl XIX.25. ● Prof. in Göttingen; von Kant, Schleiermacher + Baur beeinflußt ● Merkmale: – Christentum = historisches Faktum: NT = wahre Gottesoffenbarung – Konzentration auf persönl. Glaubenserfahrung

XIX.29.

XIX.30.

aufgeworfenen Fragen umfassend reflektiert? > Welcher Theologe nimmt innerhalb der religionsgeschichtlichen Schule eine Sonderstellung ein?

> Welcher Theologe hat die durch die religionsgeschichtliche Schule

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

von Theologen, sich intensiven religionsgeschichtlichen Studien zu widmen? > Nennen Sie einige dieser Theologen und charakterisieren Sie kurz deren Anliegen!

> Welches Werk veranlaßte gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Reihe

Überblick über die protestantische Theologie in Deutschland

XIX. Frömmigkeits- und Theologiegeschichte im 19. Jahrhundert

KG Rep

XIX.29.

XIX.30.

● These einer »konsequenten Eschatologie« → lebhafte Diskussion ● Unmöglichkeit der historischen Darstellung des Lebens Jesu ● WK: Von Reimarus zu Wrede (ab 2. Aufl.: Geschichte der Leben-Jesu-Forschung)

> Albert Schweitzer

● Prof. in Heidelberg, später Religionsphilosoph in Berlin ● Themen: Verhältnis – Christentum – moderne Kultur – Offenbarung – Geschichte – persönliche Freiheit – gesellschaftliche Bedingtheit ● Unterscheidung von Alt- + Neuprotestantismus (Beginn mit Aufklärung): Luther + Reformation noch ins Mittelalter gehörend ● WK: Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen

> Ernst Troeltsch

● durch Weiß angeregt: Erforschung der Zusammenhänge Israels/des Urchristentums mit antiker Religionsgeschichte (Basis: Literarkritik + Formkritik) ● v.a. Göttinger Exegeten – William Wrede – Hermann Gunkel – Wilhelm Bousset ● Ähnlichkeiten + Eigentümlichkeiten der biblischen Religion → Fremdheit gegenüber modernen Vorstellungen → gg. liberale Theologie: kein unmittelbarer Brückenschlag in Gegenwart möglich

> religionsgeschichtliche Schule

● exegetisch festgestellt: eschatologischer Charakter der Predigt Jesu ↔ ethischer Entwicklungsgedanke Ritschls

> Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes (1892) von Johannes Weiß

verbreitet? > Wodurch brach die Gruppe der dialektischen Theologen schließlich auseinander?

> Durch welche Zeitschrift wurde die dialektische Theologie wirkungsvoll

> Erläutern Sie den Ansatz der dialektischen Theologie Karl Barths anhand

zweier wichtiger Vorträge aus den Jahren 1919 bzw. 1920!

Neuansätze in der evangelischen Theologie

XX.4.

Neuansätze in der evangelischen Theologie

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.2.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

Barth und Eduard Thurneysen!

Neuansatz Karl Barths mitgeprägt worden?

> Nennen Sie wichtige Vertreter der dialektischen Theologie neben Karl

> Durch welches geistesgeschichtliche Umfeld ist der theologische

> Nennen Sie wichtige Neuansätze in der evangelischen Theologie um

1918!

Neuansätze in der evangelischen Theologie

XX.3.

Neuansätze in der evangelischen Theologie

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.1.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

XX.3.

XX.4.

● Gogartens Neigung zu den Deutschen Christen → Gogarten ↔ Barth ● Debatte um anthropologischen »Anknüpfungspunkt« der Theologie → Brunner ↔ Barth ● Bultmanns Programm der »Entmythologisierung« + Anleihen bei Heidegger → Bultmann ↔ Barth

> an schon länger (vor 1933) sichtbar gewordenen Differenzen:

● Titel nach einem Aufsatz von Gogarten in der Christlichen Welt

> Zwischen den Zeiten 1923–1933; Schriftleitung: Georg Merz

● Emil Brunner:

durch Lutherstudium zu ähnlichen Einsichten wie Barth sah in Schleiermacher den Verantwortlichen für die Misere der Theologie: Die Mystik und das Wort ● Rudolf Bultmann (1884–1976) kam zur dialektischen Theologie durch: – historische Erforschung des NT – Wiederentdeckung der reformatorischen Theologie (Luther)

> ● Friedrich Gogarten:

2) Franz Overbeck, ein Freund Nietzsches: Kritik am bürgerlichen Christentum 3) Feodor M. Dostojewskij

> 1) Sören Kierkegaard

2) Vortrag in Aarau (1920): Biblische Fragen, Einsichten und Ausblicke ● Wie ist das Sprechen von Gott überhaupt möglich? ● in der Bibel »eine merkwürdige Sache«: Zeugnis des Betroffenseins v. Wort Gottes = Barths Antwort auf Spannung zwischen der Bibel als geoffenbartem Wort Gottes + als historischem Dokument → Bibel blieb so histor. Kritik geöffnet, ohne daß Kritik Grund des Betroffenseins erreichen konnte (vgl. 2. Aufl. des Römerbriefes [1922]: Neuansatz verschärft)

1) Vortrag in Tambach (1919): Der Christ in der Gesellschaft XX.2. ● These: »Der Christ ist der Christus« → a) Abwendung von den Christen, christl. Kulturgütern + Hinwendung zu Christus b) Abwendung von den Menschen + Hinwendung zu Gott ● Gott offenbart sich in Kreuz + Auferstehung → steht christl. Welt fremd gegenüber ● Bewegung »senkrecht von oben« durch alle sog. christlichen Bewegungen hindurch → Bedeutung: a) Negation alles Bestehenden (v.a. des Bindestrich-Christentums) – Sünde = M. widersetzt sich Bewegung mit Mitteln der Religion b) zugleich Position: Ja zur christlichen Verantwortung → Mitarbeit in der Sozialdemokratie = dialekt. Theologie: »Positiv ist die Negation, die von Gott ausgeht und Gott meint«

1) Rudolf Otto: Das Heilige (1917) ● neues Gottesverständnis: Gott = der »ganz Andere«: »mysterium tremendum et fascinosum« ↔ rationale, sittlich-religiöse Christentumsauffassung 2) Karl Holl: Was verstand Luther unter Religion? (1917) ● neues Lutherbild (aus histor. Arbeit + systematischer Durchdringung): Kreuzes- + Rechtfertigungstheologie des jungen Luther ↔ liberale Lutherbilder: Heros + nationaler Freiheitskämpfer ● Beginn der sog. Lutherrenaissance (auch für dialektische Theologie von Bedeutung) ● These (nicht frei vom Zeitgeist): Mitte der Frömmigkeit Luthers = »Gewissensreligion« + Bewußtsein des Sollens 3) Karl Barth (1886–1968) ● Prägung: neuprotestantisch-liberal ● Pfr. in Arbeiter- + Bauerngemeinde im Kanton Aargau: Konfrontation mit sozialer Frage → Hinwendung zum religiösen Sozialismus ● Kriegsausbruch: Barth erschüttert über Versagen seiner theologischen Lehrer angesichts der Kriegsideologie + enttäuscht vom religiösen Sozialismus → mit Freund Eduard Thurneysen: Abkehr von liberaler Theologie + neue Hinwendung zum biblischen Text → Der Römerbrief (1. Aufl. 1919)

theologische Hauptströmung: liberaler Kulturprotestantismus XX.1. ● »Sittlichkeit« + »Kultur«: Glaube = wichtigste Kraft zur Beförderung der Sittlichkeit

Kirchenbund«? > Inwiefern begannen sich die Landeskirchen in der Zeit der Weimarer Republik zu stabilisieren?

> Wie viele Kirchen bildeten zusammen den »Deutschen Evangelischen

> Wie wurde das Verhältnis von Kirche und Staat in der Weimarer

Reichsverfassung vom August 1919 geregelt?

Die Kirchen in der Weimarer Republik

XX.8.

Die Kirchen in der Weimarer Republik

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.6.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

einzelnen Landeskirchen gemeinsam?

zusammenzuschließen?

XX.7.

> Welche Grundstruktur ist den verschiedenen Verfassungen in den

> Inwiefern gelang es den deutschen Landeskirchen, sich enger

> Inwiefern stellt das Ende des Ersten Weltkrieges in der Kirchengeschichte

Deutschlands einen tiefgreifenden Umbruch dar?

Die Kirchen in der Weimarer Republik

Die Kirchen in der Weimarer Republik

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.5.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

XX.7.

(auf der Basis der Weimarer Verfassung + in Orientierung an den Konkordaten) ● Garantien für den Religionsunterricht + die theol. Fakultäten an den Unis ● staatl. Zuschüsse an die Kirchen ● staatl. Einspruchsmöglichkeiten bei der Besetzung kirchenleitender Ämter 2) preuß. Generalsuperintendent Otto Dibelius: Das Jahrhundert der Kirche ● selbständige ev. Kirche = erstaunliche Wendung nach der Novemberrevolution ● Aufgabe der Kirche in dem neuen, religiös neutralen Staat: Förderung + Verteidigung ethischer Werte ↔ dialektische Theologie

> 1) Kirchenverträge zwischen den Landeskirchen + den dt. Ländern

● Größe: Evangelische Kirche der altpreußischen Union (fast 19 Mio.), dann Sachsen, Hannover, Württemberg, Bayern, Thüringen, Schleswig-Holstein ● konfessionelle Ausrichtung: 15 lutherische, 12 unierte, 1 reformierte Ki.

XX.8.

Synode als Vertretung der Kirchenmitglieder Oberkirchenrat bzw. Landeskirchenrat als Verwaltungsbehörde oft auch Kirchensenat: Mitglieder der Synode + der ki. Verwaltungsbehörde nach unten: verschiedene Ordnungen + Bezeichnungen der Kirchenorgane konfessionelle Unterschiede: Streit über Erneuerung/Einführung des Bischofsamtes

> 28 Mitgliedskirchen

1) 2) 3) ● ●

> Grundstruktur parallel zum Aufbau des Kirchenbundes:

Zusammenschluß aller Landeskirchen (v.a. aus Bekenntnisgründen) nicht möglich 1) »Deutscher Evangelischer Kirchenbund« 1922 in Wittenberg gegr. ● Selbständigkeit + Bekenntnisstand blieben unangetastet ● 3 Organe: – Kirchentag (Präsident u.a. Wilhelm von Pechmann) – Kirchenbundesrat (Vertretung der 28 Landeskirchen) – Kirchenausschuß (Präsident seit 1925: Hermann Kapler) ● Finanzierung nach Umlageprinzip → auf Landeskirchen angewiesen → gemeinsame Vertretung des Protestantismus gegenüber Staat + Ökumene 2) öffentliche Veranstaltungen des Kirchenbundes ● Kirchentag in Bethel 1924 ● Kirchentag in Königsberg 1927 ● Gedenktag zum 400j. Jubiläum der CA-Übergabe in Nürnberg 1930

> Dresdener Kirchentag 1919: einheitlicher organisatorischer

1) Weimarer Reichsverfassung vom August 1919 a) Gewährung des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen ● Art. 137: »Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.« b) Beibehaltung der öffentlich-rechtlichen Stellung der Kirchen ● Kirchen = Körperschaften des öffentlichen Rechts ● Möglichkeit der Erhebung von Kirchensteuern ● Religionsunterricht = ordentliches Lehrfach an allgemeinbildenden Schulen ● zugesichertes Existenzrecht der theol. Fakultäten an den Unis 2) Bedeutung ● reichsrechtliche Regelung: Kirchen überall vor radikalen Entscheidungen geschützt ● »hinkende Trennung«: Vorteile für Kirchen + Staat → landeskirchliches Prinzip setzte sich schließlich durch gegen: – liberale Forderung nach kirchlichen Urwahlen – Ruf nach einheitlicher ev. deutscher Reichskirche (so v.a. der deutsch-nationale, antikatholische »Evangelische Bund«)

● seit Wiener Kongreß: allmähliche Verselbständigung der ev. Landeskirchen XX.6. ● Paulskirchenverfassung von 1848: grundsätzliche Trennung von Staat + Kirche

1) Probleme ● national-kaisertreue Gesinnung der protestantischen (+ auch kath.) Bevölkerung ● Protestantismus fehlte polit. Vertretung (vgl. kath. Zentrum) ● große Unsicherheit in wirtschaftlicher Hinsicht 2) Vorstellungen über inhaltliche Neuordnung der ev. Kirchen a) Martin Rade: »Freie evangelische Volkskirche« → ki. Ordnung v. unten nach oben (statt Pastoren-/Konsistorialkirche: Laien-/Gemeindekirche) b) kirchenleitende Behörden: Anspruch auf Gestaltung der künftigen ki. Ordnung 3) Schulfrage = Frage nach Stellung der Kirchen im neuen Staat ● gegensätzliche Positionen der rechten + linken Parteien → kirchliche Stellungnahme angesichts der Wahlen zur Nationalversammlung: beide Kirchen lehnten radikale Trennung von Kirche + Staat ab 4) 1919 Eröffnung der Nationalversammlung in Weimar ● SPD = stärkste Partei, Zentrum = zweitstärkste Partei ● Haltung der SPD bei Verhandlungen zur künftigen Stellung der Kirchen im Staat ermöglichte beiden Kirchen konstruktive Mitarbeit in der neuen demokrat. Ordnung

9. November 1918: Ende der Monarchie + Ausrufung der Republik XX.5. → für Kirchen: polit., geistige + rechtlich-organisatorische Herausforderungen → für Protestantismus: Ende des landesherrlichen Kirchenregiments → Wie sollte ein eigenes Kirchenregiment aussehen?

> Was sind die geschichtlichen Voraussetzungen des Kirchenkampfes?

> Beschreiben Sie den Aufschwung des kirchlichen Lebens im

Katholizismus nach dem Ersten Weltkrieg!

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

XX.12.

Die katholische Kirche nach dem Ersten Weltkrieg

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.10.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

durchgemacht?

> Inwiefern hat der Begriff »Kirchenkampf« einen Bedeutungswandel

> Nennen Sie die Päpste der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und

charakterisieren Sie mit einigen Stichworten deren Pontifikat!

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

XX.11.

Die katholische Kirche nach dem Ersten Weltkrieg

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.9.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

1) Pius X.: antiliberaler Kurs (Antimodernisteneid) XX.9. 2) Benedikt XV.: Codex Iuris Canonici 1917 veröffentlicht 3) Pius XI. (1922–1939): »Papst der Katholischen Aktion« ● Konkordate – 1929 Lateranverträge: günstiger Ausgang des langen Konflikts zw. Kurie + faschistischem Italien: volle Souveränität der Vatikanstadt – 1933 Reichskonkordat mit Hitler ● Aufschwung des kirchlichen Lebens in D → selbstbewußter Katholizismus nach 1918: Katholikentag 1931 in Nürnberg ● Enzyklika Ardenti cura (1937): gg. den Nationalsozialismus 4) Pius XII. (1939–1958): ● Enzykliken: – Humani generis: gg. Modernismus in der Theologie – Mediator Dei: Bestätigung der liturgischen Bewegung ● Bulle Munificentissimus Deus (1950): leibl. Aufnahme Marias in den Himmel

1) »Katholische Aktion« XX.10. = Aktivierung der Laien unter Führung des Klerus ● Schriften: – niveauvolle Zeitschrift Hochland – Romano Guardini: Vom Sinn der Kirche ● Aktivierung der Laien durch: – kath. Jugendbewegung (Romano Guardini) – kath. Studentenverbindungen – kath. Arbeitervereine → Breitenwirkung der kath. Kirche in der Bevölkerung 2) »monastischer Frühling«: Aufschwung des Ordenslebens → viele sozial-karitative + pädagogische Aktivitäten der Orden 3) Bibelbewegung: Gründung des »Katholischen Bibelwerks« 1933 in Stuttgart 4) liturgische Bewegung (Zentren: Klöster Beuron + Maria Laach) ● Rücklenkung vom modernen Subjektivismus zu den Schätzen der Alten Kirche – Pflege des gregorianischen Gesangs – Betonung des Gemeinschaftscharakters der Messe ● Verbindung mit Jugendbewegung: vgl. Guardini: Vom Geist der Liturgie (1918) ● Pius XII.: Liturgie-Enzyklika Mediator Dei = Bestätigung der Impulse ● »Hochkirchliche Vereinigung« → Förderung des Verständnisses anderer Konfessionen im Streben nach der »einen Kirche« (Una-Sancta-Bewegung)

XX.11.

XX.12.

3) Ablehnung der NS-Ideologie durch Minderheit in ev. Kirche: a) religiöse Sozialisten b) Liberale um Martin Rade c) dialektische Theologen d) Lutheraner: Hermann Sasse + Wilhelm von Pechmann ● in der kath. Kirche: überwiegend ablehnende Haltung gegenüber NSDAP (Zentrumspartei wirkte sich vorteilhaft aus)

2) wachsende Zustimmung zum NS in der Pfarrerschaft + ev. Bevölkerung: national-konservatives Gedankengut verhinderte realistische Wahrnehmung ● vgl. »Fall Dehn«: Berliner Pfr. Günther Dehn kritisierte 1928 national gesinnten Protestantismus → Studententumulte 1931 bei Berufung Dehns als Prof. nach Halle

1) neu gewonnene Selbständigkeit + das Selbstbewußtsein der ev. Landeskirchen

geschichtliche Voraussetzungen

3) nach 1945: Geschichte der ev. + kath. Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus

2) seit 1935 (staatl. Kirchenausschußpolitik): Kampf zw. christlichen Kirchen + nationalsozialistischem Staat

1) 1933/34: innerprotestantische Auseinandersetzung zwischen der sich bildenden Bekennenden Kirche + den Deutschen Christen

Begriff »Kirchenkampf«

> Wie entstand die Bekennende Kirche?

> Welche kirchenpolitischen Ziele verfolgte Hitler nach der

Machtergreifung?

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.14.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

Reichskirche durchzusetzen?

XX.16.

> Wie versuchten die Nationalsozialisten eine einheitliche evangelische

> Wodurch wurde die Politik der NSDAP wesentlich bestimmt? > An welcher Linie orientierte sich die Kirchenpolitik der NSDAP vor

1933?

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

XX.15.

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.13.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

XX.15.

1) dialektische Theologie Karl Barths 2) Pfarrernotbund 3) Kampf um bekenntnisgebundene Kirche in den Gemeinden (Bildung »freier Synoden«)

XX.16.

● bekenntnisgebundene Kirche + dialektische Theologie fanden gemeinsame Grundlage/Sprache gg. NS-Ideologie – Sommer 1933: Theologische Existenz heute! von Karl Barth: schriftgemäßes christl. Bekenntnis thematisiert, nicht aber Kirchenpolitik

● 3 Wurzeln:

● aus Gemeinde- + Pfarrerbewegung gg. NS-Gleichschaltungspolitik

Herbst: ● Nationalsynode in Wittenberg Sept. 1933: Wahl Ludwig Müllers zum Reichsbischof → Ziel der Gleichschaltung schien erreicht: vgl. aber Situation Ende 1934

Sommer: ● eigener Kandidat der Kirchen für Reichsbischofsamt zur Wahrung der Unabhängigkeit vom Staat: Friedrich von Bodelschwingh d.J. – Druck von außen + innere Uneinigkeit → Rücktritt Bodelschwinghs ● Ausarbeitung einer Verfassung der DEK unter Müller → Reichsgesetz Juli 1933 ● Reichskirchenwahlen Juli 1933: Mehrheiten für DC mit Unterstützung Hitlers

Frühjahr: auch in Landeskirchen Forderung nach einer Reichskirche populär → Kapler: Vorschläge (Drei-Männer-Kollegium: Kapler, Marahrens, Hesse) → Hitler: Königsberger Militärpfr. Ludwig Müller wird »Bevollmächtigter für die Angelegenheiten der evangelischen Kirche« (April 1933)

Durchsetzung einer evangelischen Reichskirche (1933)

XX.13.

2) betr. ev. Kirchen: Reichskirche ● DC arbeiteten seit Machtergreifung massiv darauf hin

1) betr. kath. Kirche: 2 Ziele a) innenpolitisch: Wegfall der Zentrumspartei b) außenpolitisch: Eindruck geordneter Kirchenpolitik – Reichskonkordat mit Vatikan 1933: große Zugeständnisse an Kirche (v.a. Schulpolitik) → Rechtssicherheit

Gleichschaltung der Kirchen mit dem Staat XX.14. ● vgl. aber spätestens seit 1938: – Hitler + Partei: Vernichtung von Christentum + Kirchen in Deutschland – staatl. Kirchenpolitik: Existenz der Kirchen unter staatl. Oberaufsicht ● nach Eröffnung des Reichstages (»Tag von Potsdam« 21.3.1933) Regierungserklärung Hitlers am 23.3.1933: erhebliche Zusicherungen an die Kirchen

– Art. 24 des Parteiprogramms: »Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums« ● 1930 (nach Wahlsieg der NSDAP): betont kirchenfreundliche Haltung – Versuch, von ki. Basis aus die Herrschaft in den Kirchen zu erobern – Frühjahr 1932: Gründung der Deutschen Christen (DC) durch Berliner Pfr. Joachim Hossenfelder: Zusammenschluß der ev. Landeskirchen zu einer ev. Reichskirche auf der Grundlage der NS-Ideologie → preuß. Kirchenwahlen Ende 1932: DC bekamen ein Drittel aller Sitze

> ● 1920: taktische Neutralität

gutes Prinzip ↔ böses Prinzip → Antisemitismus = polit. Triebkraft der NSDAP

> durch Hitlers dualistische Weltanschauung: Arier ↔ Juden

> Schildern Sie den Verlauf des Kirchenkampfes vom Frühjahr 1937 bis

> Umreißen Sie den Inhalt der Barmer Theologischen Erklärung! > Wie wurde die Theologische Erklärung in den Kirchen aufgenommen?

zum Beginn des Zweiten Weltkrieges!

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

XX.20.

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.18.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

Frühjahr 1937!

> Schildern Sie den Verlauf des Kirchenkampfes vom Herbst 1935 bis zum

> Schildern Sie die Anfänge des Kirchenkampfes (Sommer 1933 – Herbst

1934)!

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

XX.19.

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.17.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

XX.19.

1938 ● Prozeß gg. Pfr. Martin Niemöller aus Berlin-Dahlem (Febr.) → persönl. Gefangener d. Führers bis Kriegsende im KZ Sachsenhausen + Dachau ● Verfolgung + Inhaftierung vieler ev. + kath. Pfarrer – aktiver polit. Widerstand Dietrich Bonhoeffers → Gefangenschaft in Berlin-Tegel, dann Hinrichtung im KZ Flossenbürg (9.4.1945)

1937 XX.20. ● Enzyklika Ardenti cura Pius’ IX. (März): deutliche Verurteilung der NS-Religions- + Kirchenpolitik: »Vernichtungskampf« + »Vertragsverletzung« (Reichskonkordat) → Wirkung über kath. Bereich hinaus

1937 Febr.: Rücktritt des Reichskirchenausschusses: Scheitern der staatl. Ausschußpolitik

1935 Herbst: Hanns Kerrl w. Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten → sollte ev. Kirchen »befrieden« (Kerrl: Vereinbarkeit von NS + Christentum) ● Kerrl berief Reichskirchenausschuß zur Leitung d. DEK + Landeskirchenausschüsse → Suspendierung der bestehenden Kirchenleitungen (DC bzw. Organe der BK) → Spaltung der BK: a) intakte Kirchen: Mitarbeit in Hoffnung auf Verbesserung b) preuß. Bruderrat der BK: gegen jede Mitarbeit 1936 Frühjahr: 4. Reichsbekenntnissynode in Bad Oeynhausen (Febr.) ● Versuche, Spaltung der BK zu überwinden, scheiterten → Rücktritt der 1. VKL: a) gemäßigter Flügel: intakte Kirchen + Bruderräte einiger luth. Kirchen → Vertretung: Konstituierung des Lutherrates (März) b) radikaler Flügel: altpreußische Union, Oldenburg, Bremen + Hessen-Nassau → Vertretung: neu gewählte »Vorläufige Kirchenleitung« (2. VKL) ● Hintergrund der Spaltung: theol. Differenzen (Was macht Ki. zur Ki.?) ● Denkschrift des radikalen Flügels an Hitler (Mai): Menschenrechtsverletzungen

Phase des Reichskirchenausschusses (1935–1937)

XX.17.

Worttheologie: Christus = das eine Wort Gottes (Offenbarung) Einheit von Rechtfertigung + Heiligung Herrschaft Christi in der Kirche gg. Führerprinzip in der Kirche gg. Herrschaft des totalen Staates über die Kirche Freiheit + Auftrag der Kirche

XX.18.

● Gesetz im Sinne der Dialektik von Gesetz + Evangelium nicht berücksichtigt ● NS-Staat + Führer = von Gott gesetzte Ordnung → Elert + Althaus unterzeichneten den sog. Ansbacher Ratschlag (Juni 1934)

> lutherische Kritik der Erlanger Theologen Werner Elert + Paul Althaus:

1) 2) 3) 4) 5) 6)

> Theologische Erklärung: 6 Thesen + Verwerfungen

1934 Frühjahr: Eingliederungspolitik des Reichsbischofs ↔ intakte Kirchenleitungen mit Landesbischöfen Meiser (Bayern), Wurm (Württemberg) + Marahrens (Hannover) ● Ulmer Erklärung (April): Protest gg. staatl. Gewaltmaßnahmen ● 1. Reichssynode d. Bekenntnisgemeinschaft der DEK in Barmen (Ende Mai) – Vertreter luth., reformierter + unierter Kirchen: BK wurde Wirklichkeit Herbst: Auseinandersetzungen in Württemberg + Bayern (Bischöfe in Hausarrest) ● 2. Reichsbekenntnissynode in Berlin-Dahlem (Ende Okt.): endgültige Trennung der Bekennenden Kirche von den DC-Kirchenleitungen → eigene Kirchenleitungen der BK (Bruderräte): bildeten mit Leitungen d. »intakten Kirchen« eine »Vorläufige Kirchenleitung der DEK« (1. VKL; Vorsitz: Marahrens)

Einführung des »Arierparagraphen« in der preuß. Landeskirche: Entlassung von Pfarrern/Kirchenbeamten jüdischer Abstammung → Pfr. Martin Niemöller gründete Pfarrernotbund: alleinige Bindung an Schrift + Bekenntnis (in kurzer Zeit über 7000 Mitglieder [fast die Hälfte aller dt. Pfarrer]) Nov.: Kundgebung der DC im Berliner Sportpalast: Abschaffung des AT + der jüd. Theologie des Paulus → breite Abwendung

1933 Sept.:

während der NS-Herrschaft? > Wie äußerte man sich zur »Lage der Nation«?

> Wie äußerte sich der offizielle deutsche Protestantismus zu seiner Rolle

> In welcher Situation befand sich der deutsche Protestantismus nach dem

Ende des Zweiten Weltkrieges?

Der deutsche Protestantismus nach dem Zweiten Weltkrieg

XX.24.

Der deutsche Protestantismus nach dem Zweiten Weltkrieg

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.22.

XX.23.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

evangelischen Landeskirchen!

> Nennen Sie wichtige Stationen auf dem Weg zur Einigung der

> Geben Sie einen Überblick über den Kirchenkampf während des Zweiten

Weltkrieges!

Der deutsche Protestantismus nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Kirchen während der nationalsozialistischen Herrschaft

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.21.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

XX.23.

XX.24.

(Darmstädter Wort); darin Mitschuld am Entstehen des NS-Staates gegeben: – Nationalismus des 19. + frühen 20. Jh.s – Versagen in der sozialen Frage ● zahlreiche Denkschriften der EKD zu gesellschaftspolitischen Fragen – herausragende Denkschrift über Die Lage der Vertriebenen und das Verhältnis des deutschen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn (1965)

> ● August 1947: Wort des Bruderrates der EKD zum politischen Weg unseres Volkes

des ÖRK in Stuttgart (Stuttgarter Schulderklärung) ● »wir klagen uns an, daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben« → heftig umstritten, ermöglichte aber Mitarbeit in der Ökumenischen Bewegung ● vom namenlosen Leid der Juden keine Rede: Mitschuld der Kirche trat erst allmählich ins Bewußtsein – Aug. 1950: EKD-Synode in Berlin-Weißensee: Wort zur Schuld an Israel – seit 1948: Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit – seit 1961: Arbeitsgruppe »Juden und Christen«

> Oktober 1945: Erklärung d. Rates der EKD gegenüber Vertretern

3) 1948: Kirchenversammlung in Eisenach ● Grundordnung der EKD verabschiedet ● 28 Gliedkirchen: 13 luth., 12 unierte + 2 reformierte Kirchen ● Organe: Synode + Rat (Ratsvorsitz 1949–1961: Otto Dibelius) ● 1948 Zusammenschluß der luth. Landeskirchen zur VELKD

2) August 1946: Hilfswerk der EKD ● Vorsitzender: Eugen Gerstenmeier ● Verteilung der Auslandsspenden + Suchdienst ● Hilfswerk + Innere Mission → Diakonisches Werk der EKD (endgültig 1975)

1) Ende August 1945: Konferenz von Treysa ● Kirchenführer verabschiedeten Vorläufige Ordnung der EKD ● Vorsitz des Rates: Bischof Wurm ● neue Verantwortung für Politik + Gesellschaft: Kundgebung zur Verantwortung der Kirche für das öffentliche Leben

XX.21.

Erfahrungen des Kirchenkampfes = theologisch + kirchenpolitisch prägend bis weit in die 60er Jahre ● unterschiedliche Positionen der BK wirkten fort: – bruderrätliche Leitung der Kirche (Niemöller) – Schaffung einer Lutherischen Kirche Deutschlands (Meiser) ● durch Einigungswerk von Bi. Wurm aber angelegt: – Selbständigkeit der Landeskirchen – Gesamtvertretung in einem obersten Leitungsorgan

Ende des Zweiten Weltkrieges XX.22. = epochale Zäsur im Blick auf territoriale Größe + gesellschaftliche Einflußnahme ● Abtrennung der Ostgebiete → Protestantismus verlor ein Drittel seines Bestandes ● staatliche Teilung 1949 → Veränderung der konfessionellen Landkarte: a) im Westen: – Protestantismus + Katholizismus etwa gleich stark – große Freiräume für eigene Arbeit + öffentliche Mitgestaltung b) im Osten: – staatl. Konfrontationspolitik gg. volkskirchlichen Protestantismus

1941 ● Endlösung der Judenfrage (Juli) → verpflichtender »Judenstern« → kaum öffentl. Protest d. Kirchen, auch BK verkannte Tragweite des Antisemitismus → einzelne Hilfsversuche: – Pfr. Heinrich Grüber (ev.) – Propst Bernhard Lichtenberg (kath.) – erst 1943 verurteilten der dt. Episkopat + die preuß. Bekenntnissynode die Tötung Unschuldiger ● Bischof Wurm versuchte (seit November 1941), zerrissene ev. Kirche zu einen – nach langen Verhandlungen: 13 Sätze über Auftrag und Dienst der Kirche (1943) → breite Zustimmung – Einigungswerk Wurms = Basis für Zusammenführung der ev. Kirchen nach 1945

1939 ● Euthanasieprogramm (Okt.) – Protest v.a. von Bischof Wurm + Bischof Graf Galen (Münster) → wirkungslos

Hitlers Stillhaltebefehl: »Burgfrieden« für die Dauer des Krieges ● in beiden Kirchen: Aufrufe im Geist nationaler Solidarität ● Kampf des NS gg. Kirchen ging aber weiter: 1941 neuer Höhepunkt

> Wo liegen die Wurzeln der Ökumenischen Bewegung des 20.

> Charakterisieren Sie das Pontifikat Pius’ XII.!

Jahrhunderts?

Die Ökumenische Bewegung

Die katholische Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.26.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

Katholizismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts?

XX.28.

> Welches kirchengeschichtliche Ereignis bestimmte die Geschichte des

> Geben Sie einen Überblick über die Geschichte der evangelischen

Kirchen in der DDR!

Die katholische Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg

XX.27.

Der deutsche Protestantismus nach dem Zweiten Weltkrieg

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.25.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

XX.28.

2) englische/amerikanische Erweckungsbewegung (19. Jh.) ● Anstöße zu überkonfessioneller + internationaler Zusammenarbeit auf sozialem + missionarischem Gebiet ● wichtiger Anlaß: Probleme der Mission in Afrika + Asien (Konkurrenz der Kirchen auf den Missionsfeldern)

1) Einigungsbestrebungen in der neuzeitlichen KG (17./18. Jh.) ● Reunionsgespräche des 17. Jh.s ● Pietismus + Aufklärung (z.T. schon konkrete Einigungspläne + -versuche)

Wurzeln der Ökumenischen Bewegung

Nachwirkungen ● Intensivierung der Bibelwissenschaft ● Lateinamerika: »Theologie der Befreiung« → »Option für die Armen« (Leonardo Boff) ● Europa: Diskussion um Kirchenleitung, Laienrolle, Priesteramt, Sexualethik, Ökumene

2. Vatikanisches Konzil 1962–1965 XX.27. ● unter dem Pontifikat von Johannes XXIII. + Paul VI. ● Eingehen auf Herausforderungen der Zeit ohne dogmat. Abstriche (»aggiornamento«) → Ziel = innere Reform der Kirche: 1) Kirchenbild des Konzils: »Volk Gottes«; Gemeinschaft des Glaubens, Opfers, Gebets + der Liebe → Dialog mit sich selbst, getrennten Christen + der Welt 2) Erneuerung der Liturgie: Empfehlung der Volkssprache in Meßgottesdiensten + der Beteiligung der Gemeinde am GD; in Ausnahmefällen: Laienkelch 3) Verhältnis Papst – Bischöfe: stärkere Bedeutung des Bischofsamtes/-kollegiums: – gemeinsam mit Papst leiten Bischöfe die Kirche – Papstamt = nicht Herrschaft, sd. Dienst an der Kirche 4) Ökumenismus-Dekret: Wille zur Gemeinschaft mit getrennten Christen ● vgl. Anwesenheit nichtkatholischer Beobachter

Bestätigung der liturgischen Bewegung gg. Modernismus in der Theologie 2) Bulle Munificentissimus Deus (1950) ● dogmatisierte die leibl. Aufnahme Marias in den Himmel ● Anschluß an das Mariendogma von 1854 → große Bedeutung der Mariologie im modernen Katholizismus ● 1.x Ex-cathedra-Entscheidung im Sinne des 1. Vatikanums

1) Enzykliken ● Mediator Dei: ● Humani generis:

XX.26.

Verfassung der DDR räumte Kirchen noch Rechte ein XX.25. 3. Parteikonferenz der SED → staatlicher Druck verstärkt: – Verbot des Religionsunterrichtes – Verfolgung der Jungen Gemeinde/Studentengemeinden – Kampf gg. Konfirmation ● wichtige Bischöfe: Otto Dibelius (Berlin), Moritz Mitzenheim (Thüringen) ● Errichtung eines Staatssekretariates für Kirchenfragen → Kirchen verdrängt Errichtung der Berliner Mauer → Zusammenhalt der EKD schwieriger ● neue Verfassung der DDR ohne Rechtsbestimmungen für die Kirchen »Bund der Evangelischen Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik« ● Gründe: staatl. Druck + ki. Interessenwahrnehmung gegenüber dem Staat → trotz Bekenntnis zur Gemeinschaft der ev. Christenheit in D: organisatorische Einheit der EKD war damit zerbrochen ● seitdem: eigener Weg unter der Formel »Kirche im Sozialismus« (keine Volkskirche, aber auch nicht Rückzug aus gesellschaftlichem Leben) »friedliche Revolution« in der DDR unter kirchlicher Beteiligung Loccumer Erklärung: kirchliche Einheit des deutschen Protestantismus wiederhergestellt (rechtlich 1991)

Pius XII. (1939–1958): wichtige Entscheidungen ● antikommunistische Kirchenpolitik

1989: 1990:

1969:

1961:

1949: 1952:

Ökumene!

> Nennen Sie wichtige neuere Initiativen der protestantisch-katholischen

> Geben Sie einen Überblick über die wichtigsten Konferenzen nach dem

Ersten Weltkrieg!

Ökumenische Initiativen in Deutschland und Europa

XX.32.

Die Ökumenische Bewegung

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.30.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

und Europa nach dem Zweiten Weltkrieg?

> Wie entwickelte sich die innerprotestantische Ökumene in Deutschland

> Geben Sie einen Überblick über die Anfänge der Ökumenischen

Bewegung!

Ökumenische Initiativen in Deutschland und Europa

XX.31.

Die Ökumenische Bewegung

KG Rep XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

XX.29.

XX. Kirchen- und Theologiegeschichte im 20. Jahrhundert

KG Rep

XX.31.

5) 3. Vollversammlung des ÖRK/Weltkirchenkonferenz 1961 in Neu-Delhi ● Internationaler Missionsrat + orthodoxe Kirchen traten dem ÖRK bei

– Praktisches Christentum in Oxford – Glaube + Kirchenverfassung in Edinburgh ● Beschluß über Zusammenarbeit der beiden ök. Bewegungen + Bildung eines Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) ● ohne dt. Beteiligung

2) 1. Weltkonferenz für Glaube und Kirchenverfassung 1927 in Lausanne ● mit dt. Beteiligung (u.a. Otto Dibelius)

4) 1. Vollversammlung des ÖRK/Weltkirchenkonferenz 1948 in Amsterdam ● Vollversammlung unter Thema »Die Unordnung der Welt und Gottes Heilsplan« ● beide ökumenischen Bewegungen nun vereint

XX.30.

2) Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre (1999) ● ausgearbeitet von Delegierten des Päpstl. Rates für die Förderung der Einheit der Christen + des Luth. Weltbundes ● Konsens in »Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre« zw. röm. Katholizismus + lutherischen Kirchen festgestellt ● nach heftigen Diskussionen: Unterzeichnung der Gemeinsamen Offiziellen Feststellung (+ Anhang zur Interpretation) am 31.10.1999 in Augsburg

1) 1. Weltkonferenz für Praktisches Christentum 1925 in Stockholm ● mit Delegation des Deutschen Evangelischen Kirchenbundes ● Themen: Fragen christl. Ethik + Hilfe bei sozialen Problemen

● dt. Protestantismus arbeitete wg. innerer/äußerer Probleme in der 1. Hälfte des 20. Jh.s nicht tragend an der Ökumenischen Bewegung mit

3) 2 parallele Bewegungen: a) Bewegung für Praktisches Christentum (Life and Work) unter Führung des schwedischen Erzbischofs Nathan Söderblom – knüpfte an den »Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen« an b) Bewegung für Glaube + Kirchenverfassung (Faith and Order)

2) Anfang des 1. Weltkrieges: »Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen« ● gegr. von Friedrich Siegmund-Schultze

3) 2 Weltkonferenzen 1937:

XX.32.

XX.29.

1) 1. Weltmissionskonferenz 1910 in Edinburgh: gemeinsame missionarische Arbeit der protestantischen Kirchen → wichtige Impulse für späteren ÖRK ● 1. Weltkrieg: Missionsgesellschaften + Kirchen kamen einander näher → nicht nur Fragen der Mission, sd. auch der Theologie + Ethik aufgegriffen

Anfänge der Ökumenischen Bewegung

1) »Gemeinsame Ökumenische Kommission« des Rates der EKD + der Deutschen Bischofskonferenz ● seit Deutschlandbesuch Johannes Pauls II. 1980 eingesetzt ● Studie Lehrverurteilungen – kirchentrennend?: Verwerfungsaussagen des 16. Jh.s nicht mehr trennend ● zustimmende Voten der VELKD + Arnoldshainer Konferenz, Rom noch abwartend

protestantisch-katholische Ökumene

2) Europa: Leuenberger Konkordie (1973) ● nach Leuenberger Gesprächen ● Konkordie = »Erklärung und Verwirklichung der Kirchengemeinschaft« ● von fast allen protestantischen Kirchen Europas angenommen ● strittige Fragen der Christologie, des Abm. + der Prädestination lassen gemeinsames Verständnis des Ev. zu »soweit es für die Begründung von Kirchengemeinschaft erforderlich ist« (Art. 6)

1) Deutschland: Arnoldshainer Thesen (1957) ● nach zehnjährigen Lehrgesprächen ● weitgehende Übereinstimmung zw. luth., reformierter + unierter Abendmahlstheologie festgestellt, jedoch keine Kirchengemeinschaft im Vollsinn: – VELKD – Arnoldshainer Konferenz (Zusammenschluß v.a. unierter Landeskirchen)

innerprotestantische Ökumene

Wenn Sie weiterlesen möchten... Hans G. Kippenberg / Jörg Rüpke / Kocku von Stuckrad (Hg.) Europäische Religionsgeschichte Ein mehrfacher Pluralismus Das Problem einer europäischen Religionsgeschichte ist nicht die Säkularisierung. Zwar hat die Bindung an christliche Kirchen zahlenmäßig abgenommen, die individuelle Religiosität und die öffentliche Präsenz von Religionen sind davon jedoch unabhängig. Typisch für die europäische Moderne ist die Gleichzeitigkeit der Idee eines messbaren Fortschritts des Wissens mit einem Glauben an den bleibenden Wert von Religionen. Dieses zweibändige Werk trägt dem mehrfachen Pluralismus der europäischen Religionsgeschichte in seinen zahlreichen Facetten Rechnung.

Bernd Moeller Geschichte des Christentums in Grundzügen In dieser bewährten Darstellung wird die Geschichte des Christentums im Überblick und in ihrem inneren Zusammenhang geschildert. Es geht nicht nur um Namen, Daten und Einzelfakten, sondern vor allem um die elementaren Strukturen und die Hauptereignisse. Der Frage nach den Voraussetzungen und Bedingungen des Geschehens wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die einzelnen Bereiche des christlichen Lebens und Denkens – die Geschichte der Theologie, der Frömmigkeit und des Kultus, der geistlichen Institutionen, der Kirchenpolitik – werden aufeinander bezogen, die bedeutenden Personen an ihrem geschichtlichen Ort aufgesucht. Die Neuauflage ist durchgehend überarbeitet, das Literaturverzeichnis wurde auf den neuesten Stand gebracht.

Michael Weinrich Religion und Religionskritik Das neuzeitliche Religionsverständnis hat seine Wurzeln im Humanismus der Renaissance und entwickelt sich im 17. Jahrhundert als ein Mittel zur Befriedung der nachreformatorischen Konfessionen. Im Zuge der Aufklärung gerät die Religion dann in den Strudel der Kritik, weil sie für eine Scheinkompensation wirklicher Defizite gehalten wird. Philosophische, soziologische und psychologische Religionskritik ergänzen einander und geben eine vernichtende Prognose: Eine vernünftige Bearbeitung der Defizite werde zur Überwindung der Religion führen.

Reiner Rohloff Johannes Calvin Leben, Werk, Wirkung Calvin ist einer der bedeutendsten Reformatoren des 16. Jahrhunderts, der bis heute nachwirkt. Reiner Rohloff stellt Calvins Leben, Wirken und Werk in geschichtlichen und theologischen Zusammenhängen dar und bietet das Wichtigste zu Leben, Werk und Nachwirken des Refomators in knapper, aber umfassender Form, sodass das Buch für Prüfungsvorbereitungen genutzt werden kann und deren Anforderungen vollständig abdeckt.

Albrecht Beutel Kirchengeschichte im Zeitalter der Aufklärung Ein Kompendium Albrecht Beutels Buch bietet erstmals eine umfassende und dennoch kompakte Darstellung der Kirchengeschichte im Zeitalter der Aufklärung von der Mitte des 17. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. In konzentrierter, auch die Nachbardisziplinen berücksichtigender Darstellung werden zunächst die Voraussetzungen und Horizonte der theologischen Aufklärung vermessen, sodann deren unterschiedliche, selbst den Pietismus teilweise einbeziehende Erscheinungsformen skizziert. Schließlich wird beschrieben, welchen Niederschlag die Aufklärung in Theologie und Kirche sowie in zeittypischen Debatten und Konflikten gefunden hat. Während die Epoche der Aufklärung in der Philosophie-, Literatur-, Sozial- oder Staatsgeschichte längst die ihr gebührende wissenschaftliche Aufmerksamkeit gefunden hat, macht Beutels Darstellung auch die Theologie mit ihrer entscheidenden neuzeitlichen Umbruchsphase bekannt und vertraut.

Wilhelm Pratscher (Hg.) Die Apostolischen Väter Eine Einleitung Der Band behandelt eine kirchengeschichtliche Einordnung der Apostolischen Väter sowie eine Diskussion ihrer Genese und Deutungen. Besonderes Augenmerk liegt auf dem jeweiligen theologischen Profil, zu dem es umfassende Informationen gibt. Studierende im Grund- und Hauptstudium profitieren von dem breit gefächerten Ansatz.

Udo Schnelle Einleitung in das Neue Testament Udo Schnelles Einleitung behandelt die Entstehungsverhältnisse der 27 neutestamentlichen Schriften und stellt die theologischen Grundgedanken jeder Schrift und die Tendenzen der neuesten Forschung dar. Darüber hinaus werden Themen wie die Chronologie des paulinischen Wirkens, die Paulus-Schule, methodische Überlegungen zu Teilungshypothesen, die Gattung Evangelium, Pseudepigraphie und das Werden des neutestamentlichen Kanons ausführlich erörtert.

Karl-Wilhelm Niebuhr (Hg.) Grundinformation Neues Testament Das Arbeitsbuch stellt die Schriften des Neuen Testaments allgemeinverständlich in der Reihenfolge des Kanons dar. Der Zugang erfolgt über eine bibelkundliche Erschließung. Exegetische Hinweise dienen der Einordnung der behandelten Schrift und der Erhellung ihrer Entstehung. Anschließend werden theologische Schwerpunkte dargestellt und Hinweise zu Wirkungsgeschichte und gegenwärtiger Bedeutung gegeben – im Kirchenjahr, in der Kunst oder auch im »säkularen« Alltag. Durch vorangestellte Thesen, eingefügte Übersichten sowie zusätzliche Informationen in einer Randspalte wird der Text didaktisch erschlossen. Mit einem Verzeichnis der wichtigsten Studienliteratur, Glossar und biblischem Personenverzeichnis.

Hans-Christoph Schmitt Arbeitsbuch zum Alten Testament Das Arbeitsbuch zum Alten Testament enthält zwei für sich verständliche Teile: Es setzt ein mit einer Darstellung der Geschichte Israels. Ein zweiter Teil gibt einen Überblick über die literarhistorischen und theologischen Probleme der einzelnen Schriften des Alten Testaments und behandelt zentrale Themen in Beziehung zur gesamtbiblischen Theologie. Zur Examensvorbereitung, aber auch zur studienbegleitenden Lektüre werden in diesem Studienbuch die Ergebnisse der historischen Erforschung des Alten Testaments so zusammengefasst und dargestellt, dass ihre theologische Relevanz erkennbar wird. Arbeitsaufgaben, Übersichten, Landkarten und Literaturhinweise erschließen den umfangreichen Stoff und ermöglichen eine Verwendung des Buches sowohl in Examensgruppen als auch bei der Einzelvorbereitung.

Jan Christian Gertz (Hg.) Grundinformation Altes Testament Eine Einführung in Literatur, Religion und Geschichte des Alten Testaments Das Lehrbuch führt in die Literatur, Religion und Geschichte des Alten Testaments ein und eröffnet ein vertieftes Verständnis des Alten Testaments für Studium und Praxis. Beginnend mit der Erläuterung der Quellen des Alten Testaments und der verschiedenen Methoden ihrer Untersuchung, zeichnen die Autoren Geschichte und Religionsgeschichte des antiken Israels ausführlich nach. Der zweite Teil des Buches widmet sich der Literatur des Alten Testaments: Die einzelnen Bücher werden bibelkundlich erschlossen, es werden literar- und forschungsgeschichtliche Probleme aufgezeigt und ihre Entstehungs- und Wirkungsgeschichte sowie ihre Theologie vorgestellt. Abschließend werden Grundfragen einer alttestamentlichen Theologie geklärt. Neben der Definition elementarer Begriffe enthält das Lehrbuch zahlreiche Tabellen, Karten, Abbildungen, ausführliche Literaturhinweise sowie ein Glossar. Das Buch trägt den vielfältigen Umbrüchen innerhalb der Forschung in den letzten Jahren Rechnung und bemüht sich erstmals um eine Synthese neuer Forschungspositionen.

Lukas Bormann Bibelkunde Altes und Neues Testament Bibelkunde legt die Basis für das Studium und muss spätestens im Examen beherrscht werden! Lukas Bormann führt in den Aufbau der Bibel ein, informiert über die Beziehungen zum Koran und erläutert die wichtigsten Bibelübersetzungen. In 14 Paragraphen behandelt er die Schriften des Alten und Neuen Testaments. Eine in der Praxis erprobte, bibeldidaktisch reflektierte Auswahl von 50 biblischen Erzählungen ermöglicht eine Schnelllektüre der wichtigsten erzählerischen Inhalte der Bibel. Jeder Paragraph enthält Lektüreempfehlungen, einen Leitfaden zum eigenständigen Lernen und Hinweise zu weiterführender Literatur. Zahlreiche Übersichten und Schemata erschließen den umfangreichen Stoff, erleichtern so die Prüfungsvorbereitung und dienen auch in der Praxis als Orientierung.

Axel Wiemer Lernkarten Bibelkunde Was man verstanden hat, kann man auf einer Postkarte zusammenfassen. Oder auf Bibelkundekarten! Diese helfen, die wichtigsten Geschichten und Zusammenhänge der Bibel besser einzuordnen und zu behalten.

Karin Finsterbusch Deuteronomium Eine Einführung Die Einführung stellt zunächst methodische Betrachtungen deuteronomischer Texte vor, behandelt grundlegende Einleitungsfragen (Namen des Buches, seine Entstehungsgeschichte und Textüberlieferung) und geht mit ausführlichen Informationen auf die wichtigsten in der Forschung vertretenen Positionen ein. Im Zentrum der Einführung steht die exemplarische Betrachtung des Deuteronomium-Textes auf synchroner und diachroner Ebene: Nach kurzen synchronen Betrachtungen der einzelnen Abschnitte im Rahmen der größeren Sinneinheiten auf der Ebene des Deuteronomiums erfolgen jeweils diachrone Textanalysen, bei denen exemplarisch auf signifikante Fälle von Textbearbeitungen und Fortschreibungen eingegangen wird. In einem eigenen (synchronen) Kapitel zeigt die Karin Finsterbusch, wie zentrale Texte und Themen (insbesondere Bund und Tora) auf der Ebene des Pentateuchs durch sekundäre Pentateuch-Kontextualisierung des Deuteronomiums eine neue Bedeutung erhalten. Ein abschließendes Kapitel verschafft einen knappen Überblick über die zentralen deuteronomischen Motive und Themen.

Volker Küster Einführung in die Interkulturelle Theologie Volker Küster erkundet die Landschaft der interkulturellen Theologie entlang dreier Pfade. Er klärt zunächst Begriffe und Methoden, indem er den Weg von der traditionellen Missionswissenschaft zur kontextuellen Theologie und dem durch diese ausgelösten interkulturellen theologischen Gespräch nachzeichnet. In einem zweiten Schritt wird die interreligiöse, interkulturelle und interkonfessionelle Dimension des christlichen Glaubens ausgemessen. Dabei vollzieht Volker Küster zugleich einen Perspektivenwechsel. Der Weg führt nicht vom intra-christlichen zum inter-religiösen Gespräch, sondern in die umgekehrte Richtung: Was können wir von der Differenzerfahrung im inter-religiösen Dialog für die Einheitsdebatten in der ökumenischen Bewegung lernen? Im dritten Hauptteil schließlich wird untersucht, wie die kontextuellen Theologien und der interkulturelle Austausch darüber das Gewebe der generativen Themen des christlichen Glaubens verändert haben. Dieser Begriff bezeichnet die für eine Gemeinschaft prägenden Themen, anhand derer dieser seine Alphabetisierungskampagnen in Brasilien organisiert hat. Dynamischer als »Dogma« weist diese Begrifflichkeit auf den engen Zusammenhang zwischen den biblischen Geschichten und den Themen, die sie bestimmen. Zugleich werden im hermeneutischen Zirkel zwischen Text und Kontext die generativen Themen des Textes mit den generativen Themen des Kontextes stets neu verwoben.

Peter Zimmerling Studienbuch Beichte Für viele Christen stellt sich die Beichte immer noch als konfessionsunterscheidendes Merkmal dar. Dass Martin Luther die Beichte Zeit seines Lebens praktizierte und Dietrich Bonhoeffer zu den Pionieren der Beichte im 20. Jahrhundert gehörte, versetzt Protestanten häufig in großes Erstaunen. Seit einigen Jahren ereignet sich eine Wiederentdeckung der Beichte in unterschiedlichen Zusammenhängen – sowohl innerhalb als auch außerhalb von Theologie und Kirche. Talkshows sind nur ein Beispiel von vielen. Auch im politischen Bereich lässt sich eine erstaunliche Bereitschaft zum Eingeständnis von Schuld beobachten. Kaum ein Staatsbesuch, ohne dass Schuld bekannt würde. Inzwischen sind Schuld und Beichte eine Art Modethema auch in der theologischen Diskussion geworden. Die Renaissance der Beichte überrascht, zumal sich in der Alltagssprache längst eine Abschwächung der Rede von Sünde und Schuld zu einer religiös neutralen Bedeutung oder gar zur rein ironischen Verwendung ereignet hat. Das Buch gliedert sich in vier Teile, die die Beichte in Geschichte, Theologie, Situation heute und Praxis verorten. Mit einer umfassenden Auswahl an Originaltexten lässt Zimmerling zudem Praktikerinnen und Praktiker aus Geschichte und Gegenwart zu Wort kommen. Das Buch kann als Grundlage eines Seminars zur Beichte an der Hochschule, als Lektüre zur Examensvorbereitung oder auch zum Selbststudium dienen.

Michael Meyer-Blanck Liturgie und Liturgik Der Evangelische Gottesdienst aus Quellentexten erklärt Dieses Studienbuch bietet altkirchliche, reformatorische und neuzeitliche Quellen zum evangelischen Gottesdienst, die jeweils ausführlich kommentiert und mit Literaturhinweisen zur eigenen Weiterarbeit versehen sind. Meyer-Blank geht am Rande auch auf die katholische und die orthodoxe Lehre vom Gottesdienst ein. Gegenüber anderen Quellenbänden, die die Quellen nur unkommentiert bieten und sich auf evangelische Quellen beschränken, ist dies ein Alleinstellungsmerkmal. Der Autor bietet das grundlegende Orientierungsund Handlungswissen für alle, die Liturgien zu gestalten haben oder sich auf das Pfarramt vorbereiten. Die Quellentexte werden im Hinblick auf theologische Positionen, hermeneutisch-dramaturgische Inhalte, didaktische Möglichkeiten und im Blick auf ihr Verständnis von Abendmahl und Eucharistie erschlossen.

Dogmatik Wilfried Joest / Johannes von Lüpke Dogmatik I: Die Wirklichkeit Gottes 5., völlig neu überarb. Auflage 2010. 320 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-8252-1336-7

Rochus Leonhardt Grundinformation Dogmatik Ein Lehr- und Arbeitsbuch für das Studium der Theologie 4.,durchges. Auflage 2009. 496 Seiten mit 7 Abb., kartoniert ISBN 978-3-8252-2214-7

Das Buch vermittelt einen Einblick in die Hauptinhalte und -probleme der christlichen Dogmatik sowie maßgebliche dogmen- und theologiegeschichtliche Zusammenhänge. Die quellennah ausgearbeitete Darstellung ist didaktisch aufbereitet: Definitionen, Arbeitsaufgaben, Übersichten, Hinweise auf vertiefende Literatur, Tipps zur Arbeit mit dem Internet, Glossar etc.

Wilfried Joests klassisches Lehrbuch wurde von Johannes von Lüpke grundlegend überarbeitet. Es erläutert alle Hauptthemen der evangelischen Dogmatik und gibt die zugehörigen theologiegeschichtlichen Informationen. Das Buch führt in die verschiedenen Positionen der neueren und gegenwärtigen theologischen Diskussion ein und setzt sich mit ihnen kritisch auseinander. Der erste Band der „Dogmatik“ fokussiert auf Gott, Christus und den Heiligen Geist. Der zweite Band beschreibt den „Weg Gottes mit den Menschen“. Die beiden Bände können unabhängig voneinander gelesen werden.

Wilfried Joest / Johannes von Lüpke Dogmatik II: Der Weg Gottes mit dem Menschen 4. Auflage 1996. XII, 355 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-8252-1413-5 Lieferbar ab Herbst 2012

Basiswissen Theologie und Religionswissenschaft

Martin H. Jung Reformation und Konfessionelles Zeitalter (1517-1648) Basiswissen Theologie und Religionswissenschaft / UTB 3628. 2012. 288 Seiten mit 13 Abb., kartoniert ISBN 978-3-8252-3628-1

Für die evangelische Kirchengeschichtsschreibung ist die Reformation eine eigenständige Epoche der Kirchen-, Theologie- und Frömmigkeitsgeschichte. Mit ihr endet das Mittelalter und beginnt die Neuzeit. Auf die Reformation folgt das Konfessionelle Zeitalter, das sich bis 1648 erstreckte, als der Friede von Münster und Osnabrück mehr Toleranz gewährte. Seine Ausläufer reichen bis ins ausgehende 18. Jahrhundert. Das Lehrbuch enthält in fünfzehn übersichtlichen Kapiteln den studien- und prüfungsrelevanten Lehrstoff zu beiden Epochen. Karten, Bilder, Tabellen und Auszüge aus Quellentexten machen den Text anschaulich. Das Glossar hilft beim Verstehen fremder Begriffe. Personen- und Sachregister ermöglichen das gezielte Auffinden einzelner Gestalten und Sachverhalte.