Karl der Große und sein Nachwirken. Bd. 1. Wissen und Weltbild. 2503506739, 9782503506739

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Karl der Große und sein Nachwirken. Bd. 1. Wissen und Weltbild.
 2503506739, 9782503506739

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KARL DER GROSSE UND SEIN NACHWIRKEN

1200 JARRE KULTUR UND WISSENSCHAFT IN EUROPA CHARLEMAGNE AND HIS HERITAGE

1200 YEARS OF CIVILIZATION AND SCIENCE IN EUROPE

Karl der Grosse und sein N achwirken 1200 J ahre Kultur und Wissenschaft in Europa Charlemagne and his Heritage 1200 Years of Civilization and Science in Europe

Band 1 Wissen und Weltbild Volume 1 Scholarship, Worldview and Understanding

herausgegeben von edited by P. BUTZER, M. KERNER und W. ÜBERSCHELP

BREPOLS

Umschlagsillustration - Caver illustration: Abbildung des 'Sagittarius 'Tierkreissternbildes (Ms. Leiden, Univ. Bibl. Voss. lat. Q 79, f 52 v., erste Halfte des 9. Jahrhunderts). Representation of the 'Sagittarius 'sign of the zodiac (Ms. Leiden, Univ. Bibl. Voss. lat. Q 79,f 52 v., first half of the 9th century).

© Brepols, Turnhout 1997 D/199710095160

Ail rights reserved. No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system, or transmitted, in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording, or otherwise, without the prior permission of the publisher. ISBN 2-503-50673-9

Inhaltsverzeichnis

Table of Contents

Vorwort und Einleitung Preface and Introduction Danksagung Eroffnungsreden Addresses Klaus Habetha, Hans Müllejans, M.J. Cohen

Ouvertüre

Opening

Rudolf Schieffer Vor 1200 Jahren: Karl der GroBe laBt sich in Aachen nieder Zum geistigen Leben der Karolingerzeit Scholarly Activity during Carolingian Times Johannes Fried Karl der GroBe, die Artes liberales und die karolingische Renaissance Louis Holtz Alcuin et la renaissance des arts libéraux Zu den Vorfüufern und Vorbildern

IX XV XXI XXIII

Precursors and Models

Ulrich Nonn Zur Vorgeschichte der Bildungsreform Karls des GroBen Michael Richter Das irische Erbe der Karolinger Mary Garrison The English and the Irish at the Court of Charlemagne Dick Harrison The Lombards in the Early Carolingian Epoch

3 23

25 45 61

63

79 97 125

V

Inhaltsverzeichnis _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ __

Zu den Formen und Eigenarten

Patterns and Particulars

Politisch-rechtliche und literarische Aspekte Political, Juridicial and Literary Perspectives Walter Berschin Die Ost-West-Gesandtschaften am Hof Karls des GroBen und Ludwig des Frommen (768-840) Wilfried Hartmann Karl der GroBe und das Recht Dieter Schaller Karl der GroBe im Licht zeitgenossischer politischer Dichtung Monastische und kirchliche Entwicklung Monastic and Ecclesiastical Developments Friedrich Prinz Grundzüge der Entfaltung des abendlandischen Monchtums bis zu Karl dem GroBen Martina Stratmann Schriftlichkeit in der Verwaltung von Bistümem und Klüstem zur Zeit Karls des GroBen Technik und Baugeschichte

155

157 173 193 221

223

251 277

Architectural History and Technology Christel Meier Baumeister Europas? Die Rezeption antiker Zivilisationstechniken im Zeitalter Karls des GroBen Axel Hausmann ,, .. .Inque pares numeros omnia conveniunt.. ." Der Bauplan der Aachener Palastkapelle Michael Jansen Concinnitas und venustas - Weitere Überlegungen zu MaB und Proportion der Pfalzkapelle Karls des GroBen

VI

279

321

367

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Inhaltsverzeichnis

Natur und Kosmos

Nature and Cosmos

Hans Hollander ,,Kirchenvaterphysik'' Wesley M. Stevens Astronomy in Carolingian Schools Gabriel M. Steinschulte Zur Entstehung der europaischen Musikkultur in der Karolingischen Epoche Uta Lindgren Geographie in der Zeit der Karolinger Finale

Closing

Carolus Augustus Neuhausen Latinitas Europae fundamentum spiritale ab antiquis aetatibus atque Caroli Magni saeculo ad praesentia pertinens tempora Appendix

397

399 417

489

507 521

523 549

Adressen der Autoren

Addresses of Authors

551

Inhaltsverzeichnis von Band 2

Contents of Volume 2

555

VII

V orwort und Einleitung Der vorliegende Band geht aus von dem internationalen und interdisziplinaren Colloquium Carolus Magnus: 1200 Jahre Kultur und Wissenschaft in Europa, das vom 19. bis 26. Marz 1995 in Aachen abgehalten wurde. Es versuchte an die Tatsache zu erinnern, daB sich Karl der GroBe seit 794/95 Aachen mit seiner von ihm gegründeten Hofschule als seine standige Winterresidenz wahlte. Die 125jahrige Technische Hochschule in der alten Kaiserstadt Aachen und das Bistum Aachen mit der karolingischen Marienkirche - dem heutigen Dom - richteten die Veranstaltung aus; dies in der heutigen ,,Euregio", der ehemals karolingischen Kernlandschaft mit Maastricht und Lüttich als weiteren Zentren. Lange vor der Gründung der groBen europaischen Universitaten im 12. Jahrhundert wurde 795 Aachen nicht nur zur prima sedes Franciae - zum politischen Hauptsitz des frankischen Reiches - , das von den Pyrenaen bis zur Elbe, von Friesland bis nach Süditalien reichte; Aachen war auch zu einem ersten Zentrum der Wissenschaften in nürdlichen Europa geworden. Hier wurden die spatantiken septem artes liberales neu belebt; von der Hofschule unter der von 782 bis 796 wahrenden Leitung des Alkuin aus York gingen auch erste Impulse zur Verbreitung einer allgemeinen Bildung aus, die in den Klosterschulen ihren Anfang nahm. Damit erinnert unser Band an das geistige Leben unter Karl dem GroBen, an die Vorlaufer und Vorbilder und an die Formen und Eigenarten jener Schul- und Bildungsreform, die man auch mit dem Begriff der ,,Karolingischen Renaissance" bezeichnet hat. Aus dem weiten Feld geistiger Regsamkeiten und karolinigischer Reformbemühungen wurden wichtige Aspekte des literarischen und rechtlichen Lebens, der kirchlichen und klüsterlichen Entwicklung und der naturwissenschaftlichen Ausformung der Bau- und Technikgeschichte zusammengetragen. Sie verbinden die pragenden Personlichkeiten und die politischen Implikationen der Zeit mit den verschiedensten Hinweisen zur Vorgeschichte und zu den Nachwirkungen. Die bedeutendste Leistung dieser geistig-wissenschaftlichen Bemühungen war ein einheitliches Kommunikationssystem durch eine Reform von Schrift und Sprache: Die karolingische Minuskelschrift ist bekanntlich zur Grundlage unserer heutigen Schrift geworden; die an der patristischen Latinitat orientierte Sprachkultur wurde zur gemeinsamen europiiischen Bildungsgrundlage und führte dazu, daB das Lateinische

IX

literarische Hochsprache wurde. SchlieBlich liegen hier auch noch die belegbaren Anfange unserer Muttersprachen - der lingua Romana rustica und der germanischfrankischen Sprache ("theodisca lingua"), die man nicht zuletzt aus katechetischseelsorgerischem Interesse zu beleben suchte. Zu dieser Erneuerung von Schrift und Sprache gehêirten auch die sprachliche Revision der biblischen Texte, die Romanisierung der liturgischen Bücher sowie der kirchlichen Rechts- und monastischen Regelvorschriften. Hinzu kam die Beschaftigung mit den antiken Autoren, die man in den groBen Skriptorien Aachen, Tours, Verona, Lyon oder Fulda abschrieb und auf diese W eise für die europaische Kulturtradition sicherte. Neben diese Schrift- und Sprachzeugnisse treten noch heute erhaltene Bauwerke wie die Lorscher Torhalle oder die Aachener Marienkirche, die unser Bild der Karolingerzeit durch ihre sichtbare Gegenwart ebenso bestimmen wie die Buchmalerei oder das kostbare Kirchengerat. Auf den W eg gebracht wurde diese groBartige geistige Erneuerug durch Karl den GroBen und seine Nachfolger; getragen wurde sie im wesentlichen von Gelehrten, die aus England (Alkuin), aus Spanien (Theodulf), aus Irland (Dungal) und aus Italien (Petrus von Pisa, Paulus von Aquileia, Paulus Diaconus) an den karolingischen Hof nach Aachen kamen. Bis auf Einhard waren die Franken unter den Hofgelehrten dieser ersten Generation nicht führend vertreten; diese bestimmten erst mit dem Generationswechsel von 814 immer mehr das geistige Leben. Die Durchführung des Kolloquiums lag bei fünf Professuren für Mathematik in Kooperation mit Fachvertretern für Mittlere Geschichte, Romanistik und Kunstgeschichte. Die ersten Tage des Kolloquiums waren der Arithmetik und der Geometrie in der Zeit Karls des GroBen gewidmet, darüber hinaus solchen Gebieten der modernen Mathematik und ihrer Anwendungen, deren potentielle Wurzeln auf die karolingische Hofschule zurückgehen. Der zweite Teil des Kolloquiums befaBte sich mit historischen, insbesondere kulturgeschichtlichen Aspekten der karolingischen Zeit. Der hier vorgelegte erste von zwei Biinden behandelt den kulturgeschichtlichen Teil. Band 2 wird mathematische Beitrage prasentieren. Die Bande versuchen, an den Erfolg des 4. Aachener Alkuin-Symposiums über Wissenschaft und Geschichte der abendliindischen und morgenlandischen Kultur im 8. und 9. Jahrhundert anzuknüpfen; es fand im September 1991 statt, die Ergebnisse liegen inzwischen publiziert vor (P.L. Butzer und D. Lohrmann (Eds.): Science in Western and Eastern Civilization in Carolingian Times: Birkhauser, Basel, Boston, Berlin 1993).

X

Ausgangspunkt des Colloquiums Carolus Magnus war der grundlegende Vortrag des Münchner Historikers Rudolf Schieffer, welcher den Ursachen und Folgen der Wahl einer festen Winterresidenz nachging. Nach der militiirischen Konsolidierung des Reiches ermoglichte die Ortsfestigkeit des Konigshofes die Verwurzelung der frlinkischen Führungsschicht. Die subtilen Hintergründe dieser Politik modifizieren populiire Vorstellungen wie den Wunsch des angeblich rheumakranken Karl, in den hei.Ben Badem von Aachen Linderung seines Leidens zu finden, oder die symbolhafte Kraftdemonstration des Hof-Elefanten Abu'l Abbas. Johannes Fried, prominenter Spiritus Rector der Frankfurter 1200-Jahrfeier, beleuchtete die Motive der Karolingischen Renaissance der septem artes Zibera/es. Dabei widerlegte er die Miir vom Analphabeten Karl durch den Nachweis der von ihm personlich ausgehenden Impulse zur Verbreitung der christlich-lateinischen Wissenschaft in den Formen des Triviums und des Quadriviums. Der Pariser Mediavist Louis Holtz wies besonders auf die angelslichsische Herkunft von Alkuins Beitrligen zur Karolingischen Renaissance hin. Er erlauterte dessen Anteil an den zeitgenossischen programmatischen Schriften zu den artes liberales durch eine eindrucksvolle Interpretation von Alkuins ,,De Grammatica". Michael Richter mit seiner langjlihrigen Erfahrung am University College Dublin stellt die ungewohnliche Situation der christlichen altirischen Gesellschaft dar. Durch sie sahen sich Personlichkeiten wie Columban gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und auf dem Kontinent die Christianisierung weiter voranzutreiben. Damit wurde der W eg bereitet für die karolingische Reform. Mary Garrison arbeitet den Kontrast zwischen der prominenten Hofposition Alkuins und der relativen Bedeutungslosigkeit der anderen englischen und irischen Emigranten heraus und erkllirt ihn. Walter Berschin als Kenner griechischer Literatur schildert etwa zwei Dutzend diplomatischer Gesandtschaften (in den Jahren 781 bis 839) zwischen Aachen und Byzanz und deren unterschiedliche Bewertung in den jeweiligen Quellen. Aus der Sicht des hohen und spaten Mittelalters galt Karl als ma.Bgebender Gesetzgeber, der für die Kaiserchronik, den Sachsenspiegel und den Schwabenspiegel eine gro.Be Bedeutung besa.B. Wolfgang Hartmann vergleicht dieses Bild kritisch mit der karolingischen Quellenlage. Christel Meier untersucht die Manuskripttradition der artes mechanicae im 9. Jahrhundert, die als Zivilisationstechnik ein wichtiges Bindeglied zwischen der Spatantike und dem frühen Mittelalter darstellen.

XI

Axel Hausmann, Aachener Experimentalphysiker, stellt unkonventionelle neue Thesen über die Aachener Pfalzkapelle bzw. Marienkirche auf; in ihnen distanziert er sich weitgehend von gangigen Lehrmeinungen. Der Aachener Kunsthistoriker Hans Hollander diskutiert kosmologische Spekulationen des frühen Mittelalters über die Natur der Grenzen des Kosmos, den Himmelsozean und die Spharenharmonie. Wesley Stevens, kanadischer Experte der karolingischen Schule, prasentiert eine Arbeit über die astronomischen Schwierigkeiten des 9. Jahrhunderts bei der Datumsbestimmung der Aquinoktien als Voraussetzung für den Osterkalender. Gabriel Steinschulte liefert auf dem Hintergrund seiner engen V erbindungen zum Haus der Kirchenmusik in Maria Laach eine Studie zur Ausbildung der europaischen musikalischen Identitat, genauer gesagt: zur Grundlegung durch Papst Gregor den GroBen, zu den liturgischen Gesangen der Schola Cantorum, zur Fortführung durch das benediktinische Monchstum sowie zu den Fortschritten besonders unter Pippin III. und Karl dem GroBen. Dem Bonner Latinisten Karl August Neuhausen geht es um die Geschichte des Lateinischen von der antiken W elt Roms über die Karolingische Renaissance bis in die heutige Zeit und um deren Bedeutung als wissenschaftliche Universalsprache, insbesondere aufgezeigt an der Mathematik Leonhard Eulers. In den vorliegenden Band wurden über die bisher erlauterten Kolloquiumsbeitrage hinaus sieben Manuskripte aufgenommen, die die Themengebiete erweitem und erganzen: Ulrich Nonn behandelt die Vorgeschichte der Bildungsrefom Karls unter besonderer Berücksichtigung der Rollen des Winfried Bonifazius, des Fulrad von St. Denis sowie des Chrodegang v. Metz. Dick Harrison zeichnet die norditalienischlombardische Monarchie als stabile Institution des 8. Jahrhunderts, die von Karl nicht zerstürt wurde und die gesamte Karolingerzeit überlebte. Dieter Schaller, Experte mittellateinischer Literatur, beschreibt das Bild Karls des GroBen in der zeitgenossischen politischen Dichtung, so insbesondere bei dem Langobarden Petrus von Pisa, bei Paulinus von Aquileia sowie bei Hibemicus exul. In zwei weiteren Studien wird zunachst von Friedrich Prinz die Entwicklung des Monchstums bis zu Karl dem GroBen behandelt; sodann berichtet Martina Stratmann über die schriftliche Dokumentation der Verwaltung von Bistümen und Klüstem. Das Manuskript von Michael Jansen, dem Aachener Bau- und Architekturhistoriker, zeigt, wie die Konstruktionsprinzipien des Aachener Doms unter historischem Aspekt interpretiert werden konnen. SchlieBlich erweitert der Text von Uta Lindgren unser Wissen über die Geographie in der karolingischen Epoche.

XII

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Vorwort

Die lebhaften Diskussionen und die Internationalitiit eines hochkariitigen Referentenkreises bewahrten die Veranstalter vor der in Aachen traditionellen Glorifizierung und Idealisierung Karls. Ein in lateinischer Sprache gehaltener Vortrag über die europiiische Latinitiit mit einer teilweise auch auf lateinisch geführten heftigen Diskussion wird den Teilnehmern ebenso in Erinnerung bleiben wie eine iiuBerst kontroverse Auseinandersetzung über neue Hypothesen zur Vorgeschichte der ,,Pfalzkapelle", die von einer mathematischen Analyse der rekonstruierten MaBverhiiltnisse ausgeht. Die Gesetzgebung Karls mit ihren hofintemen Vorbehalten, die Gesandtschaftsdiplomatie dieser Epoche, das irische Erbe der Karolinger, das astronomische W eltbild der Zeit, die Entstehung der europiiischen Musikkultur in der karolingischen Epoche und nicht zuletzt die Rezeption antiker Zivilisationstechniken warfen Schlaglichter auf die Thematik und deckten gleichzeitig Defizite unseres historischen Wissens auf, die wohl nie beseitigt werden konnen. Insgesamt: Ein faszinierendes Bild aus einer Epoche der europiiischen Geschichte, in der die Wissenschaft aus einer einheitlichen theologisch-kulturpolitischen Idee heraus neu geschaffen wurde; dies in einer Hofschule, die als Keimzelle der spiiteren Universitiiten angesehen werden konnte. So wuchsen bei den Diskussionen die geschichtliche Reflexion und die Rückbesinnung auf die Wurzeln der Wissenschaft zum eindrucksvollen Erlebnis der Zusammengehürigkeit in unserem Kulturkreis, der weit über die historischen Grenzen des Karlsreiches hinausreicht. Erfreulicherweise wurden die Hauptvortriige auch der Ôffentlichkeit zugiinglich gemacht. Das Interesse des Publikums und dessen Anteilnahme an den Exkursionen und am Domkonzert mit historischen Musikproben bewiesen einmal mehr, daB Geschichte keine tote Wissenschaft ist, sondern mit Hilfe des Genius loci für alle zum Erlebnis werden kann. Die Herausgeber hegen die Hoffnung, daB die vorgelegten Texte mithelfen, der wissenschaftlichen Beschiiftigung am Karlshof in Aachen, der "ars in aula", ein wenig niiher zu kommen.

XIII

Preface and Introduction This volume, the first of two, had its ongms in the international and interdisciplinary Colloquium Carolus Magnus: 1200 Years of Civilization and Science in Europe that was held in Aachen March 19-26, 1995. The object was to examine the implications of the fact that Charlemagne ended the Frankish practice of shifting royal residences in 794/95, selecting Aachen as his permanent winter residence. For the first time since the fall of Rome, Western Europe had a capital. The conference was organized by the 125-ycar old Aachen University of Technology of the old imperial city of Aachen as well as the Diocese of Aachen, with its Carolingian court-chapel of St. Mary that grew into the present cathedra!. Together with Maastricht and Liège, the present ,,Euregio", Aachen represented the center of the former Carolingian heartland and of a united Europe. Long before the founding of the great European universities during the 12th century, Aachen became in 795 the capital of the Frankish kingdom - the prima sedes Franciae - reaching form the Pyrenees to the Elbe, and from the North Sea to southern ltaly. lt also became the first node of scholary activity north of the Alps. Here the seven liberal arts of late antiquity were revived at the palace school under Alcuin of York between 782 and 796, giving a first impulse to the educational efforts that sprang from the monastic schools. This great intellectual renewal was initiated and guided by Charlemagne and his successors, and carried by scholars invited to the court at Aachen from England (Alcuin), Spain (Theodulf), Ireland (Dungal), and ltaly (Peter of Pisa, Paul of Aquileia, Paul the Deacon). Except for Einhard, indigenous Franks did not play a leading role among the palace scholars of the first generation; but after the first generational turnover of 814 they increasingly set the tone for scholarly activity. Our volume seeks to elucidate the intellectual world under Charlemagne, its precursors and role models, as well as the patterns and selected details of the educational reforms that set in train what has been called - but also misunderstood as the Carolingian renaissance. Against this broad background of intellectual stirrings and reform efforts, the volume focuses on important aspects of the literary and judicial sphere, on the development of the church and the monasteries, and the scientific underpinnings of their construction history and technological

XV

Preface and Introduction - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

interpretation. The various articles link key personalities and political implications of the era with discussions of their roots or their impacts. The most important achievement of these early scholarly efforts was a uniform system of communication, based on a standardized script and language. The Carolingian minuscule served as the standardized prototype that evolved into modem writing, while church Latin became the medium of a common, European education that raised Latin to the language of scholarship. At the same time there is documentation for the early stages of vemacular Romance (Zingua Romana rustica) and FrankishGermanic (theodisca Zingua), that were encouraged for instructional and pastoral purposes among the laity. This revival of writing of the Latin language made possible a revision of the biblical scriptures and led to the Romanization of liturgical books, monastic rules, and canonical law. The authors of antiquity were copied in the great scriptoria of Aachen, Tours, Verona or Fulda, thus preserving them for Medieval European civilization. Architectural fragments such as the abbey chapel of Lorsch or the octagon of Aachen's cathedra! complement these literary sources, as do the illuminated manuscripts and countless, precious church objects of the period. The original colloquium was conducted as a collaborative undertaking between five chairs of mathematics and those of medieval history, Romance languages, and art history, at the Aachen University of Technology. The first half of the meeting dealt with arithmetic and geometry in the time of Charlemagne, as well as with modem subfields of mathematics and their applications the roots of which may go back to the Carolingian court school. The second part was devoted to the historical and civilizational themes of the Carolingian period. Beyond the final manuscripts derived from the invited lectures, seven additional contributions were solicited after the conference to provide a broader canvas of cultural and historical topics that are presented in the first volume. The second will include the mathematical contributions. The colloquium built on the Fourth Alcuin Symposium, held in September 1991, that dealt with mathematics and the natural and applied sciences as studied in the time of Alcuin. The results of that conference have been published: P.L. Butzer and D. Lohrmann (Eds.): Science in Western and Eastern Civilization in Carolingian Times (Birkhauser: Basel, Boston and Berlin, 1993). The keynote address of the ,,Colloquium Carolus Magnus" of 1995 was by the Munich historian Rudolf Schieffer, who explored the causes and consequences of the selection of a permanent winter residence. lt was the military consolidation of the kingdom that allowed a permanent royal residence that then drew the Frankish elite.

XVI

_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Preface and Introduction

The subtle undertones of this policy run against popular representations of an allegedly rheumatic king seeking relief in the hot springs of Aachen. Johannes Fried of Frankfort analyzes the revival of the classical septem artes Zibera/es. Far from beeing illiterate, Charlemagne was fluent in Latin and personally strove to disseminate the trivium and quadrivium as an explicit part of the new Latin curriculum. The Parisian Medievalist Louis Holtz emphasizes the Anglosaxon origins of Alcuin's contributions to the Carolingian renewal, explaining his part in the programmatic efforts of Charlemagne, and offering a fresh interpretation of the introduction to Alcuin's de grammatica. Michael Richter, with many years of experience at University College Dublin, elucidates the remarkable dynamism of Irish Christian scholars who, like Columbanus, saw themselves forced to leave their native country since the late sixth century, to spread the gospel in foreign lands, where they prepared the way for the later Carolingian reforms. Mary Garrison contrasts Alcuin's prominence at the court school with the relative obscurity of other English and Irish expatriates, many of whom rose to prominence after Alcuin's departure for Tours. Walter Berschin, with his expertise in Greek literature, identifies some two dozen diplomatie missions between Aachen and Constantinople during the years 781 to 839, noting their different appraisal in Frankish and Byzantine sources. During the high and late Middle Ages, Charlemagne was regarded as a key legislator, directly responsible for such legal prescripts as the Kaiserchronik, the Sachsenspiegel, and the Schwabenspiegel. Wolfgang Hartmann critically examines this opinion with reference to Einhard and other Carolingian sources. Christel Meier tums her attention to the artes mechanicae, an informative link between the various mechanical arts of late antiquity and those of the Middle Ages, in the light of 9th century manuscripts. Axel Hausmann, an experimental physicist, offers new theses about the construction of the palace chapel in Aachen that diverge considerably from current opinion. The art historian Hans Hollander highlighted various cosmoligical speculations of the early Middle Ages about the limits of the cosmos, the celestical ocean, and the harmony of celestical spheres. Wesley Stevens, a Canadian specialist on Carolingian schools, demonstrates how much astronomical knowledge was essential to determine the dates of the equinoxes, a prerequisite for a reliable paschal calendar.

XVII

Preface and Introduction - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Gabriel Steinschulte, a musicologist, traces the development of the western European musical heritage, emphasizing the groundwork laid by Pope Gregory the Great, the liturgical songs of the Schola cantorum, and the developments fostered by Benedictine monasticism and under Pepin III and Charlemagne. Karl August Neuhausen, a Latinist, surveys the history of Latin and its literature from Roman antiquity through the Carolingian renascence to the present day, emphasizing its importance as the universal language of science with the example of Euler's mathematics. Beyond the original papers, this volume is complemented and extended by seven contributions that were solicited after the colloquium. Ulrich Nonn addresses the antecedents to the educational reforms of Charlemagne, in particular the roles of St. Boniface, Fulrad of St. Denis, Chrodegang of Metz, and the mayordomo Pepin III. Dick Harrison deals with the Langobard monarchy of northern Italy, a stable institution of the 8th century that was incorporated, rather than destroyed by Charlemagne, and that survived the Carolingian period. Dieter Schaller, well versed in Middle Latin Literature, outlines the image of Charlemagne in contemporary political verse, such as that of Peter of Pisa, Paulinus of Aquileia, and Hibernicus exul. Friedrich Prinz reviews the evolution of monasticism prior to Charlemagne, stressing the role of the monastic scriptoria in preserving the literature and scientific heritage of antiquity. Martina Stratmann uses the documentary sources to illustrate the administrations of dioceses and monasteries. Michael Jansen, an architectural historian, reflects on the construction principles of the Aachen cathedra! and how these can be related to and interpreted within historical context. Finally, Uta Lindgren presents the geographical conceptions and cartographie procedures of Carolingian times, to underscore the changing world view from the empirical grid maps of Claudius Ptolemy to the symbolic mappae mundi of the Middle Ages. The lively discussions generated at the Colloquium by an international array of well-known speakers served, in our opinion, to downplay the latent tendency to idealize Charlemagne. The delivery of Neuhausen's lecture in Latin, followed by an argumentative discussion - in part also in Latin - was remarkable, as was the heated

XVIII

_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Preface and Introduction

controversy generated by Hausmann's views on antecedents to the palace chapel, based on mathematical analysis of its inferred proportions. New insights were provided on Charlemagne's legislation, as perceived then and later; on the diplomatie efforts of the period; on the Irish contribution; on the astronomical world view of the time; on the early Medieval roots of western European musicology; and on the adaptations of technology from antiquity. These insights served to enhance our historical understanding, however incomplete that will remain. In sum, the colloquium provided a fascinating picture of an era of European history that saw the crystallization of a coherent theological, political, and cultural conception of scholarship. This transpired in a palace school, that can be regarded as a precursor to the later universities, under the aegis of a unique royal sponsor. But the responsible scholars were drawn from all over Western Europe, each of them drawing from local heritages that nurtured their own fragments of method and understanding, passed on from antiquity. It was in Aachen, at the court of Charlemagne, that these currents came together on particularly fertile ground and were allowed to corne to fruition. Fortunately the main lectures were open to the public, and participation on the excursions and at the cathedral concert, with its samples of historical music, showed once again that history can be transformed into a living experience in the context of place.

Aachen, December 1996

Paul Leo Butzer

Max Kerner

Walter Oberschelp

Richard Baum

Hans Hollander

Dietrich Lohrmann

XIX

Danksagung Die Veranstalter danken verschiedenen lnstitutionen für finanzielle Unterstützung. Zuerst seien die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Freunde der Aachener Hochschule (FAHO) genannt, ohne deren initiale Fürderung das Kolloquium nicht batte durchgeführt werden konnen. Auch die Unterstützung durch die Bischofliche Akademie des Bistums Aachen und durch das Domkapitel Aachen waren von groBer Wichtigkeit. Weiterer Dank geht an ALMA Maastricht, die Euregio Rhein-Maas, die Robert-Bosch-Stiftung Stuttgart, die Friedrich-Wilhelm-Stiftung Aachen sowie an die Stadt Aachen. Besonders hervorheben mochten wir den auBergewohnlichen Einsatz des Rektors der RWTH Aachen, Prof. Dr. Klaus Habetha und des Kanzlers Jürgen KeBier. Die Vorbereitung dieses Bandes wurde durch die engagierte Zusammenarbeit vieler Personen moglich: Der wichtigste Dank gilt selbstverstandlich den 20 Autoren, allesamt hochrenommierte Wissenschaftler aus Frankreich, GroBbritannien, Kanada, Schweden und Deutschland. Wir danken auch für viel Ermunterung und für kompetente Beratung vor der Veranstaltung. Dr. Rosamond McKitterick (Cambridge) gab uns unentbehrliche Hinweise hinsichtlich der Beitrage des Inselreiches zur Karolingischen Renaissance; Dompropst Dr. Hans Müllejans (Aachen) und Pater Dr. Willibrord Heckenbach O.S.B. (Maria Laach) berieten uns über das Monchstum bzw. über Musikgeschichte, Prof. Dr. Rudolf Schieffer (München) über die Vorlaufer und über die frühen Anzeichen der Karolingischen Renaissance. Weiter zu nennen sind Prof. Dr. Pius Engelbert O.S.B. (Rom), Prof. Dr. W. Berschin (Heidelberg), Prof. Dr. Karl August Neuhausen (Bonn), Prof. Dr. Dieter Schaller (Bonn) und Prof. Dr. Karl Butzer (Austin, Texas). Den vielen Mitarbeiterinnen, Mitarbeitem und Studierenden, die sich an der Vorbereitung und der Durchführung des Kolloquiums beteiligt haben, gilt unser Dank dafür, daB diese Veranstaltung nicht nur reibungslos abgewickelt wurde, sondem für alle Teilnehmer zu einem positiven personlichen Erlebnis wurde. Besonders herausheben mochten wir den Dank an Marianne Kuckertz und Rolf Eschmann für die Übemahme von viel Verantwortung und für viele geopferte Stunden; femer an Kerstin Springsfeld, die durch wissenschaftliches Engagement und durch gutes AugenmaB die Vorstrukturierung des Kolloquiums entscheidend beeinfluBte. Überaus wichtige Hilfe in wissenschaftlicher wie auch in technischer Hinsicht haben wir von

XXI

Danksagung

Dr. Dieter Wynands erfahren. Der Domchor vermittelte uns eine unbezahlbare künstlerische und wissenschaftliche Darbietung. Die Exkursion nach Maastricht und Meerssen zeigte die kulturelle Einheit der Euregio und die enge wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Maastricht und Aachen. Wir danken Marc Henke für seine entscheidende Mitarbeit bei der Eingabe und Herstellung der Endfassung des Textes. Mit immer bereitem Arbeitseinsatz, mit groBer Selbstandigkeit und mit penibler Sorgfalt hat er unter souveraner Ausnutzung der modemen Methoden der Textverarbeitung das Manuskript vorbereitet, unterstüzt von René Schrader-Bolsche. Birgit Morton danken wir für ihre Unterstützung bei einem GroBteil der Korrespondenz und bei Übersetzungen von Zusammenfassungen der Vortrage vom Deutschen ins Englische und umgekehrt. Renate Esser und Barbara Hollander danken wir für die Gestaltung des Tagunsplakates bzw. für die Hilfe bei Œr SchluBredaktion. Der Kanzler der RWTH hat uns auch hinsichtlich der Drucklegung der beiden Bande finanziell unterstützt. Nach der langwierigen Suche nach einem kompetenten Verlag, der sich sowohl der kulturellen als auch der mathematischen W elt widmet, freuen sich die Herausgeber, im renommierten Brepols-Verlag einen Partner gefunden zu haben, der unsere zweibandige Festschrift zu dieser interdisplizinaren Materie übemimmt. Besonders He:rm Christophe Lebbe danken wir für die ausgezeichnete Zusammenarbeit. Es ist für ein interdisziplinares Kolloquium und für dessen Berichterstattung nicht selbstverstandlich, daB sich die Herausgeber auch ehrlich untereinander danlœn konnen für viel Kollegialitat, Offenheit und Toleranz.

Aachen, im Dezember 1996

XXII

Paul L.Butzer

Max Kerner

Walter Oberschelp

Richard Baum

Hans Hollander

Dietrich Lohrmann

Rektor Professor Dr. Klaus Habetha

Ansprache des Rektors der RWTH Aachen anfü61ich der Eroffnung des Colloquiums Carolus Magnus

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gaste, im Namen der Rhcinisch-Westfalischen Technischen Hochschule Aachen darf ich Sie alle sehr herzlich begrüBen. Wir freuen uns sehr, daB Sie in so groBer Zahl der Einladung zu diesem Kolloquium Carolus Magnus gefolgt sind. Es sollen zwar nicht 1200 Jahre Hochschule in Aachen gefeiert werden, aber sicher war die Hofschule Karls des GroBen ein europaisches kulturelles Untemehmen von Rang. Sie werden darüber Niiheres zu hüren bekommen. Wegen des europaischen Aspektes begrüBe ich besonders, daB mein Kollege, Rektor Cohen von der Rijksuniversiteit in Maastricht, nachher zu uns sprechen wird. Die Kontinuitat über die 1200 Jahre seit Karl dem GroBen wird auch von der katholischen Kirche und steingeworden durch die Pfalzkapelle dargestellt. lch heiBe daher den Aachener Dompropst, Pralat Dr. Müllejans, besonders herzlich willkommen. Ich darf Sie mit unserer wesentlichjüngeren RWTH Aachen bekannt machen. Wir werden in diesem Jahr 125 Jahre alt, was mit ein AnlaB für das heute beginnende Kolloquium war. Bis 1945 eine eher kleine Hochschule mit stets unter 1000 Studenten sind wir nach dem 2. W eltkrieg in gewissem Sinne explodiert und haben zur Zeit 35.500 Studenten in neun Fakultaten. Man kann die Verteilung grob mit folgenden Zahlen beschreiben: 50 % sind den Ingenieurwissenschaften zuzurechnen, 20 % den Naturwissenschaften einschlieBlich der Mathematik und je 10 % den Geisteswissenschaften, der Betriebswirtschaftslehre und der Medizin. Wir haben etwa 420 Professoren, mit rund 10.000 Beschaftigten sind wir nach SchlieBung der letzten Kohlengrube der grèiBte Arbeitgeber der Region. Unser Etat betragt etwa 1 Milliarde DM, die Halfte als staatlicher ZuschuB, 300 Mio. DM bekommen wir von den Krankenkassen und 200 Mio. DM verdienen wir uns als sogenannte Drittmittel in Projekten. Anders getrennt betragt der Etat der Medizin 450 Mio. DM mit einem ZuschuB der Krankenkassen von etwa zwei

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Rektor Habetha - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Dritteln; der Etat im nichtmedizinischen Teil der Hochschule betragt 550 Mio. DM, dabei 200 Mio. DM aus Projekten. Das ist eine Momentaufnahme, in den letzten fünf Jahren sind die Anfangerzahlen in den Ingenieurwissenschaften wie überall deutlich gesunken mit Ausnahme der Bauingenieure, deren Anzal um das Dreifache gestiegen ist. Die Kulturwissenschaftler und Betriebswirte sind zahlenmaBig angestiegen, allerdings nicht so deutlich, so daB wir uns in der Summe von unserem Maximum von 37.500 Studierenden vor drei Jahren auf 35.500 verringert haben. Lassen Sie mich nach diesem Überblick ein wenig über die Gründungsgeschichte der RWTH Aachen erziihlen. lm Jahre 1858 heiratete der preuBische Prinz FriedrichWilhelm, der spatere deutsche Kaiser Friedrich III., die englische Prinzessin Victoria, Tochter der Konigin Victora. Hier südlich von Aachen in Herbesthal - heute Belgien - betrat er mit seiner jungen Frau erstmals preuBischen Boden. Eine Delegation unter dem Regierungsprasidenten von Kühlwetter und dem Generaldirektor der Aachener und Münchener Feuerversicherung Brüggemann begrüBte ihn dort. Ihm wurden als Geschenk 5000 Taler überreicht. Man nahm an, er werde diese z.B. für die Gründung eines Heimes für gefallene Madchen in Koblenz stiften, denn er war Koblenz besonders verbunden. Er bestimmte allerdings die Summe für den Zweck der Gründung einer Polytechnischen Schule in den Rheinlanden. Düsseldorf war bald aus dem Rennen, aber Aachen und Küln lagen fünf Jahre im Streit um die neue Hochschule. Der ausgetauschten Argumente gab es viele. Die Kolner befürchteten z.B., daB der Badebetrieb in Aachen die Studenten zu Leichtsinn und MüBiggang verführen konne, die Erwiderung des Aachener Regierungsprasidenten lautete, daB das sonntagliche Vormittagskonzert vor Rheumakranken kaum zu Lotterleben verführen konne. Küln führte auch an, daB man selbst zwar katholisch, aber doch weltoffen sei, wiihrend es in Aachen tiefschwarz sei. Die meines Erachtens klassische Erwiderung des preuBischen Oberprasidenten in Koblenz lautete, daB Finstemis an einem Ort noch kein Grund dagegen sei, dort ein Licht anzuzünden. Das preuBische Kabinett entschied sich zweimal für Küln, jedesmal warfen sich die Aachener in den Nachtzug nach Berlin und gingen am nachsten Vormittag zu Friedrich-Wilhelm. Dieser lieB sich von den Aachener Argumenten beeindrucken und bewog beide Male seinen Vater, den KabinettsbeschluB nicht zu unterschreiben. Nach fünfeinhalb Jahren schlieBlich unterschrieb der inzwischen als Wilhelm I zum Konig inthronisierte im November 1863 die dritte Entscheidung diesmal für Aachen, dies geschah schon unter dem preuBischen Ministerprasidenten Bismarck. Der hatte wohl Aachen in angenehmer Erinnerung, denn als Referendar war er hier damit beschaftigt, einer Dame durch Frankreich nachzureisen. Die vorsichtige Bitte des Regierungsprasidenten, ob nicht der sehr geehrte Herr Referendar seine Arbeit aufzunehmen

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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Ansprache des Rektors

gedenke, beantwortete er mit dem Hinweis, daJ3 er keine Zeit hatte. Das waren noch Zeiten! Sachlicher Grund für den Standort Aachen war, daB Aachen eine der groBten Industriestadte in PreuBen war. Hier im altesten Kohlerevier Europas standen die meisten Dampfmaschinen PreuBens, die Schwerindustrie war von Belgien her eingewandert, um in das Ruhrgebiet weiter zu ziehen. Es gab eine wichtige Tuch- und Nichteisenindustrie. 1865 zur 50-Jahrfeier der Zugehürigkeit der Rheinlande zu PreuBen wurde der Grundstein für das Hauptgebiiude mit groBcm Pomp gelegt. 1870 im Krieg gegen Frankreich wurde der Lehrbetrieb ohne groBe Feierlichkeiten aufgenommen. Die Stadt Aachen hatte für Grundstück und Gebiiude 200.000 Taler gezahlt, die Aachener und Münchener Feuerversicherung hatte durch mündelsichere Papiere jahrlich 15.000 Taler für Betriebskosten bereitgestellt, die Stadt Aachen bürgte für weitere 15.000 Taler dieser Betriebskosten, PreuBen zahlte nur ein Viertel davon, namlich 10.000 Taler jahrlich. So haben wir in Aachen eigentlich als privatfinanzierte Hochschule begonnen, aber die Zeit und vor allem die rechtlichen Umsilinde waren nicht so, daB wir uns in eine private Richtung weiter entwickeln konnten. Erwlihnt sei insbesondere für Mathematiker noch der sogenannte dritte Aachener Friede. Der erste beendete 1668 den Eroberungskrieg, den Ludwig XIV. im wesentlichen gegen England und die Niederlande verloren hatte. Der zweite beendete den osterreichischen Erbfolgekrieg im 18. Jahrhundert. Dieser dritte wurde 1895 zur 25Jahrfeier der Hochschule zwischen Felix Klein, der damals in Deutschland immensen EinfluB hatte, und dem Vdl, dem Verein deutscher Ingenieure, geschlossen. Felix Klein hatte in den Jahren vorher energisch vertreten, die Universitiiten und Technischen Hochschulen zu vereinigen, um die technischen Wissenschaften voll einzubinden, der Vdl wollte die Selbstiindigkeit der Technik. Man einigte sich auf die Moglichkeit der Gründung technisch ausgerichteter Institute auch an Universitliten. Das klassische Beispiel hierfür ist das in Gottingen gegründete Institut für Stromungsforschung. Immerhin bekamen die preuBischen technischen Hochschulen am 1. April 1900 durch Kaiser Wilhelm IL das Promotionsrecht zugesprochen, die Qualitlit der Doktoringenieure wird seitdem von den Kollegen der Ingenieurwissenschaften sehr gepflegt. Die vollige Gleichstellung der Technischen Hochschulen mit den Universitiiten erfolgte erst 1923 unter dem preuBischen Kultusminister Becker. Noch ein Wort zu den Mathematikem in Aachen: Wir begannen 1870 auf dem ersten mathematischen Lehrstuhl mit Karl Hattendorff, einem Riemann-Schiller, diesem folgte Hermann Stahl und von 1886 bis 1904 Hans von Mangoldt, jedem

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Rektor Habetha - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Mathematiker aus dem Mangoldt-Knopp gut bekannt. Hans von Mangoldt verlieB die RWTH Aachen, um als Gründungsrektor an die TH Danzig zu gehen. Es folgte fur ein Jahr Lothar Heffter, danach hatte Otto Blumenthal den Lehrstuhl von 1905 bis 1933 inne. Er war auch als Herausgeber der Mathematischen Annalen sehr angesehen und wurde 1933 von den Nationalsozialisten aus seinem Amte vertrieben. Er ist im KZ Theresienstadt gestorben. Ihm folgten ab 1934 Franz KrauB und ab 1955 Claus Müller. Nach dem Tode Hattendorffs 1882 wurde der Lehrstuhl geteilt, zuerst wurde auf den Parallellehrstuhl ein Dozent berufen, spiiter auch ein etatmiiBiger Professor - so hieBen die Professoren an Technischen Hochschulen damais -, so war von 1888 1907 Enno Jürgens tatig, ihm folgte Philipp Furtwangler, dann Martin Wilhelm Kutta und von 1912 - 1919 Georg Hamel. Der nachste war Erich Trefftz, schlieBlich folgte von 1923 - 1934 Ludwig Hopf, der ebenfalls von den Nationalsozialisten als Jude entlassen wurde, er ist nach England und Irland emigriert. Nach dem Krieg waren Hubert Cremer und Günter Hellwig tiitig. Wie immer an den Technischen Hochschulen gab es auch einen Lehrstuhl fur Darstellende Geometrie, spater auch nur für Geometrie, heute für Geometrie und Praktische Mathematik, sein erster lnhaber war von 1870 - 1872 Theodor Reye, ihm folgte von 1872 - 1892 Wilhelm Stahl, dann kam für fünf Jahre Friedrich Schur nach Aachen und schlieBlich von 1897 - 1922 Ernst Kotter. Die nachsten auf diesem Lehrstuhl waren Heinrich Brandt und Heinrich Graf sowie Robert Sauer bis 1944, ihm folgte Fritz Reutter. Lassen Sie mich damit meine Ausflüge in die Geschichte der Aachener Hochschule beenden, ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserer schonen Stadt Aachen und ein erfolgreiches Kolloquium.

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Dompropst Priilat Dr. Hans Müllejans

Grufiwort zur Eroffnung des ,,Colloquium Carolus Magnus" im Karman-Auditorium der RWTH Aachen

Meine Damen und Herren, auf den ersten Blick mag es Sie wundem, daB der Aachener Dompropst als Reprasentant des Aachener Domkapitels bei einer Versammlung von Mathematikern das Wort ergreift, zumal Mathematik keineswegs dessen Stiirke war oder ist! Wenn Sie jedoch bedenken, daB dieses Kolloquium nicht zuletzt auch einen kulturgeschichtlichen Schwerpunkt hat, kann das doch deutlich werden. Das ,,tertium comparationi" ist Karl der GroBe, dessen Gebeine im berühmten Karlsschrein des Aachener Dornes ruhen und die zu behüten vornehme Aufgabe des Domkapitels ist. Karl der GroBe ist zwar weltbekannt als Frankenkonig, Nachfolger der westromischen Kaiser, als Stratege und Feldherr sowie als einer der Vater Europas. Weniger bekannt ist jedoch seine herausragende Bedeutung für die Geschichte der abendlandischen Kultur. Karls Intention war es, das Frankenreich auf zwei Fundamenten aufzubauen, namlich der Kultur der Antike und der christlichen Religion. Dabei half ihm vor allem sein wichtigster Berater, der Universalgelehrte Alkuin aus der Yorker Schule des berühmten Beda Venerabilis. Alkuin gründete etwa um 790 als Kultusminister die Hofschule Karls des GroBen. Auf seinen Rat hin holte der Kaiser die herausragenden Gelehrten seiner Zeit nach Aachen. Alkuin schaffte die Voraussetzungen der spater so bezeichneten ,,Karolingischen Renaissance" und der ,,Karolingischen Kirchenreform". Einzigartiges Zeugnis dessen ist die Pfalzkapelle Karls des GroBen, der alteste und heute noch vollstiindig erhaltende Teil des Aachener Dornes, der nach antiken Vorbildern in Ravenna und Konstantinopel erbaut und um 800 fertiggestellt wurde. Seit dem 28.01.814, dem Todestag, ist dieser Dom auch das Mausoleum Karls des GroBen. Er wurde im Hinblick auf die Bedeutung Karls des GroBen vom Jahr 936 an für 600 Jahre die Kronungskirche der deutschen Konige, angefangen von Otto d. GroBen bis zu Karl V.

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Domprobst Hans Müllejans

Seine Reliquienschatze machten ihn im Mittelalter zu einer W allfahrtskirche von europaischem Rang und vergleichbar mit der W allfahrt nach Jerusalem und nach Santiago de Compostella. Dieser Dom und sein Schatz stehen als erstes deutsches Denkmal auf der UNESCO-Liste des zu schützenden Weltkulturerbes. lm Untertitel Ihres Kolloquiums sind aufgeführt die Septem Artes Liberales am Hof Karls des GroBen. Sie sind sozusagen im Aachener Dom und seiner Geschichte ,,prasent". Geometrie und Mathematik: Es ist erwiesen, daB diese Kathedrale ein ,,mathematischer" Bau ist. Seine Faszination resultiert namlich aus der Harmonie von MaB und Zahl. Dies kommt zum Ausdruck in den Begriffen Oktogon, Sechzehneck, in den Zahlen 8 und 12. Der Umfang der Pfalzkapelle betragt 12 x 12 karolingische Ellen. Astronomie: In der Literatur wird zumindest vermutet, daB der Aachener Dom ein Kalenderbau ist. Musik: Der Aachener Dom ist seit jeher eine ,,klingende" Kathedrale. Nachweislich gibt es seit Karls des GroBen Zeiten eine Domsingschule. In der heutigen Domsingschule, einer staatlich anerkannten privaten Grundschule mit Schwerpunkt Musikunterricht, werden zur Zeit 100 Jungen vorbereitet, um als Domsingknaben im Domchor mitwirken zu konnen. Hinweisen mochte ich in diesem Zusammenhang darauf, daB die Hofschule Karls des GroBen den gregorianischen Choral von Rom rezipiert hat. Grammatik: Den Bemühungen der Wissenschaftler um Karl d. GroBen verdanken wir die Grundzüge unserer Schrift, namlich die karolingische Minuskel. Den Skriptorien der karolingischen Zeit verdanken wir auch die Überlieferung bedeutender antiker Handschriften. Meine Damen und Herren, ich heiBe Sie in der alten Kaiserstadt und im Dom Karls des GroBen willkommen. lch lade Sie herzlich ein zu der im Programm vorgesehenen Domführung und zum Domchorkonzert. Dem Kolloquium wünsche ich vollen Erfolg.

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Rektor Professor dr. M.J. Cohen, Maastricht

L' Adresse de bienvenue de Monsieur le Recteur de Rijksuniversiteit Limburg, Maastricht

Mesdames et Messieurs, C'est pour moi un plaisir et un henneur de m'adresser à vous, en tant que Recteur

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l'Université de Limbourg à Maastricht, à l'occasion de l'ouverture de ce prestigieux Colloque Carolus Magnus. Ma présence devant vous aujourd'hui est, sans aucun doute, la marque, et la conséquence des développements récents de la construction européenne d'une manière générale, et du développement de la collaboration Eurégionale en particulier. Depuis le milieu des années quatre-vingt, alors que l'Europe s'engageait avec une nouvelle impulsion dans la voie d'une plus grande cohésion, un même processus s'est développé progressivement au sein de cette Euregion. Aussi, les Universités de l'Euregio sont-elles également occupée à se rapprocher davantage, à se connaître, à mieux collaborer. Le fait que je me trouve ici devant vous est une conséquence directe de cette volonté. L'Euregio Meuse-Rhin compte quatre Universités: la RWTH d'Aix la Chapelle, qui nous accueille, l'Université de Limbourg à Maastricht, l'Université de Liège, et le Centre Universitair de Limbourg à Hasselt/Diepenbeek. Sur une aire géographique restreinte, ces Universités concentrent un potentiel intellectuel et scientifique impressionnant. Elles comptent près de soixante mille étudiants et plusieurs milliers de scientifiques, enseignants et chercheurs. Elles déploient des activités de recherche dans toutes les disciplines scientifiques, avec une qualité reconnue internationalement. Elles dispensent des enseignements

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haut niveau dans toutes ces disciplines. Ces Universités sont à la fois proches et complémentaires. Proches, car elles poursuivent les mêmes objectifs d'enseignement, de recherche et de service à leur corn-

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Rektor M.J. Cohen, M a a s t r i c h t - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

munauté. Complémentaires, par leur diversité de langues, de cultures, de méthodes d'enseignements. C'est ce qui constitue la richesse même de la collaboration. Aussi, et bien que les liens entre elles soient déjà anciens, ces Universités ont récemment concrétisé leur volonté de rapprochement dans des accords de coopération, les accords ALMA. Toutefois, vous demanderez-vous, quels sont les effets concrets de cette volonté œ rapprochement? Que peut-on apercevoir au-delà du symbole que constitue ma présence parmi vous? La réponse à cette question, en toute honnêteté, est que nous avançons lentement dans la voie de cette collaboration. Nous avons découvert, en quelques années, que nous nous sommes engagés dans un processus ambitieux et prometteux. Mais aussi, si nous voulons éviter l'écueil œ la superficialité, dans un processus lent et difficile. Cela n'a pas de quoi nous étonner: durant plusieurs décennies, chaque Université s'est développée et positionnée dans le contexte national qui est le sien, avec ses cadres, ses règles et ses enjeux propres. Bien sûr, chaque Université de l'Euregio connaissait ses voisines. Chaque Université s'est tournée vers elles en fonction des intérêts scientifiques partagés. Mais comme elle le faisaient vers d'autres institutions partenaires, ailleurs en Europe ou dans le monde. Ni plus, ni moins. Aujourd'hui, nous essayons de porter un autre regard sur la collaboration interuniversitaire dans l'Euregio. Nous nous posons d'autres questions: Nous essayons de comprendre ce que peuvent représenter ces sources de connaissances que sont les Universités pour l'ensemble de l'Euregio, pour ses citoyens, pour sa vie économique, sociale, culturelle, Nous essayons de comprendre ce qu'apporte, en fait, la collaboration à nos chercheurs, nos enseignants, notre personnel, et nos étudiants. Ce qui en fait la richesse et la spécificité. Nous essayons. Tout simplement. Nous expérimentons. Nous favorisons des rencontres, nous organisons des échanges, nous développons des pratiques, nous créons des structures, des outils. Nous progressons ensembles. Nous apprenons.

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_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Eroffnung Rektor Cohen

Depuis l'apparition des Etats nationaux, tels que nous les connaissons, et spécialement depuis la fin de la deuxième guerre mondiale, les frontières ont délimité des espaces politiques, économiques, culturels, sociaux. Chacun s'est tourné vers son propre pays. Aachen faisait partie de la République Fédérale d'Allemagne, Liège et Hasselt de la Belgique, et Maastricht des Pays-Bas. Et pourtant, dans chacune de ces villes, des nombreux signes nous rappellent l'étroitesse et l'ancienneté des liens qui nous unissent. Nous apprenons aujourd'hui dans les Universités à redecouvrir et renforcer ces liens. Nous apprenons à passer outre les frontières. Les frontières qui marquent encore le paysage de nos régions, avec leurs postes de douane à demi-désaffectés. Nous apprenons à contourner les frontières. Celles· que nous découvrons, par exemple, au fil des initiatives, dans les textes de lois, les réglements, les politiques nationales. Nous apprenons aussi, et cela est important, que les frontières, pour tangibles qu'elles soient, sont peut-être aujourd'hui avant tout des barrières mentales, qu'il nous faut lever pour renouer avec une tradition d'échanges qui ne s'est jamais vraiment éteinte. C'est là le sens de la collaboration. Nous réalisons que le processus est long, mais nous sommes prêts à y consacrer du temps, car nous avons la conviction que ce travail est important pour l'Euregio, mais aussi pour l'Europe. Ma présence parmi vous aujourd'hui en est en signe. C'est un signe de cette collaboration, d'une collaboration renouvelée devrais-je dire dans le cadre de ce Colloque, qui renvoie à 1200 ans de science en Europe Centrale. Je vous souhaite un très fructueux Colloque.

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Ouvertüre Opening

Rudolf Schieffer

Vor 1200 Jahren: Karl der GroBe laBt sich in Aachen nieder * Was Karl der GroBe am heutigen Abend vor 1200 Jahren getan oder erlebt hat, wissen wir nicht. Gesichert ist nur, daB er sich am 22. Mli.rz 795, damals dem Sonntag Laetare drei W ochen vor Ostem, in oder nahe bei Aachen authielt, und das schon seit geraumer Weile. Jedenfalls hat ein ganz zeitgenossischer Bericht, die sogenannten Annales Mosellani, in dürren W orten festgehalten, daB der Frankenkonig hier bereits das Weihnachtsfest, nach dem Verstandnis der Zeit den Beginn des Jahres 795, begangen hatte und seither bestandig und in Ruhe an diesem Ort bis zum Juli Hof hielt (in eadem villa continue usque ad mensem Iulium quietus resedit) 1, was von weiteren Quellen, wenn auch nicht mit derselben Genauigkeit, bestatigt wird2 . Um die auf den ersten Blick eher unscheinbare Nachricht historisch einordnen zu konnen, muB man wissen, daB sich Geschichtswerke wie die genannten Annales Mosellani aus Verzeichnissen der jahrlich wechselnden Ostertermine entwickelt hatten, die naturgemaB nur wenig Raum für erglinzende Mitteilungen über Vorglinge des betreffenden Jahres lieBen 3. Die Annalen befleiBigen sich daher durchweg einer sehr knappen Ausdrucksweise und registrieren ohne literarischen Anspruch lediglich, was im Gesichtskreis des jeweiligen Autors wlihrend eines Jahres - modem gesprochen - die groBten Schlagzeilen gemacht hat. So auch hier, denn die zitierte Meldung über den mindestens siebenmonatigen ,,ruhigen" Aufenthalt Karls in Aachen macht bereits ein Drittel dessen aus, was die Annales Mosellani überhaupt zu 795 berichten. Wie auffallig und ungewohnlich der Sachverhalt offenbar war, wird noch dadurch unterstrichen, daB auch über das folgende Jahr 796 nahezu gleichlautend

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Vortrag zur Eroffnung des kulturgeschichtlichen Teils des Colloquiums am 22. Marz 1995 Annales Mosellani ad a. 794 (= 795) (MGH Scriptores 16, 1869, S. 498); zu der nur bis 798 geführten Quelle vgl. Wattenbach/Levison, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Vorzeit und Karolinger 2, bearb. v. Wilhelm Levison und Heinz Lowe (1953) S. 185 ff. Vgl. Sigurd Abel/Bernhard Simson, Jahrbücher des Frankischen Reiches unter Karl dem GroBen 2 (1883) S. 88 Anm. 3, 4, S. 94 Anm. 1, 2; J.F. Bi.ihmer, Regesta Imperii 1, neu bearb. v. Engelbert Mühlbacher (21908) Nr. 327 e, f, 328 a, b. Vgl. Michael McCormick, Les annales du haut moyen âge (Typologie des sources du moyen âge occidental 14, 1975).

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Rudolf Schieffer - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

festgestellt wird, der Konig habe diesmal die Zeit von Weihnachten bis zum Juni ,,ruhig" in Aachen verbracht (ibi usque ad mensem lunium quietus permansit) 4 . Der Sprachgebrauch des namentlich unbekannten Annalisten liiBt klar zutage treten, was ihm denn so bemerkenswert an den ausgiebigen Konigsbesuchen in Aachen erschien, setzt er doch das dreimal auf engstem Raum verwendete Wort quietus gleich mit absque ullo praelio (,,ohne jeden Kampf') 5 , um deutlich zu machen, daB es der vollige Verzicht auf kriegerische Aktivitaten war, der den Beobachtem bei diesem wiederholten Verweilen an einem gesicherten Platz im frankischen Kernraum auffiel und gewissermaBen erst gewohnungsbedürftig war. Tatsachlich hatte sich Karl in den vorangegangenen 25 Jahren seines Konigtums ganz anders verhalten und eine gesteigerte Rastlosigkeit an den Tag gelegt, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der zügigen Expansion des Frankenreiches in alle Himmelsrichtungen stand 6 . Gegen die Sachsen, gegen die Langobarden in Italien, gegen die Mauren in Spanien, gegen Bayem, gegen die Slaven an der Elbe und zuletzt gegen die A waren im heutigen Ungarn war er unermüdlich zu Felde gezogen, wobei er sich meist auf einen Feind im Jahr konzentrierte, aber auch, wenn es nfüig schien, im selben Jahr 776 seine Macht in Friaul wie an den westfalischen Lippequellen demonstrierte oder 782 zweimal nacheinander tief nach Sachsen eindrang 7 . W as ihn antrieb, war neben einem personlichen Drang nach kriegerischer Bewlihrung und dem traditionellen Leitbild vom Konig als tapferstem militlirischen Ânführer gewiB auch die mit den Erfolgen zunehmende Erfahrung, daB sein bloBes Erscheinen hinreichte, um auf der jeweiligen Gegenseite llihmendes Entsetzen zu verbreiten. Gleichwohl wlire es verfehlt, sich Karl in diesen Jahren pausenlos im Heerlager oder gar auf dem Schlachtfeld vorzustellen; vielmehr waren die Franken seit jeher gewohnt, ihre Feldzüge auf die klimatisch günstigere Jahreszeit zu beschrlinken und zumindest von Ende November bis in den Mlirz hinein Ruhe zu halten8. Für die Konige bedeutete das, sich über liingere Frist an einem Ort aufhalten und vermutlich 4 5 6

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Annales Mosellani ad a. 795 (= 796) (wie Anm. 1) S. 498. Ebd. ad a. 794 (= 795): ... quietus permansit et absque ullo praelio rebus prospere gestis ... (S. 498). Vgl. zuletzt Josef Fleckenstein, Karl der GroBe (31990) S. 24 ff.; Rudolf Schieffer, Die Karolinger (1992) S. 70 ff.; Johannes Fried, Der Weg in die Geschichte. Die Ursprünge Deutschlands bis 1024 (1994) S. 244 ff. Bohmer/Mühlbacher, Regesta (wie Anm. 2) Nr. 200 b - 203, 203 c, d sowie Nr. 251 b - 256 a, · 260 a, b. Vgl. Jean François Verbruggen, L'armée et la stratégie de Charlemagne, in: Karl der GroBe. Lebenswerk und Nachleben 1: Personlichkeit und Geschichte, hg. v. Helmut Beumann (1965) S. 420-436.

_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Vor 1200 Jahren: Karl der GroBe HiBt sich in Aachen nieder

das erledigen zu ki::innen, wozu die kriegerische Hektik des Sommers wenig Raum lieB, also sich politischen Beratungen, gerichtlichen und personellen Entscheidungen, dem Empfang von Gesandten und Bittstellem oder gesetzgeberischen MaBnahmen zu widmen. Die Forschung hat eine ziemlich kleine Anzahl mehrfach aufgesuchter, sogenannter Winterpfalzen Karls des GroBen ermittelt, die allein offenbar die Voraussetzungen für langere Aufenthalte des Hofes boten und samtlich in der inneren Francia zwischen Rhein und Seine lagen: Nimwegen, Worms, Diedenhofen, Düren, Herstal, Quierzy und Attigny gehi::irten ctazu9. Wenn der Ki::inig gelegentlich fem dieser Stammlande den Winter in einem der auBeren Bereiche des wachsenden Regnum Francorum zubrachte, so war das die demonstrative Ausnahme und besagte, daB man sich dort inzwischen genauso sicher fühlte wie zu Hause, was 780/81 im langobardischen Pavia, 784/85 mitten im bezwungenen Sachsen, 791/92 im bayerischen Regensburg und spater 800/01 in Rom der Fall warlü. Unter den zentral gelegenen Orten, die den Ki::inig im Winter erlebten, war auch bereits Aachen gewesen, wo Karl gleich nach dem Tod des Vaters zwischen Weihnachten 768 und dem 1. Marz 769 seine beiden ersten uns überlieferten Urkunden ausgestellt hatte 11 und genau zwanzig Jahre spater von Weihnachten 788 bis zum 23. Marz 789 die Vorbereitungen für seine dort dann verkündete programmatische Admonitio generalis traf12. Neu war also 794/95 keineswegs, daB der Frankenki::inig diesen Platz zur Überwinterung auswahlte, sondem daB er den Aachener Aufenthalt quietus bis in den Hochsommer hinein ausdehnte und vor allem - wie sich mit der Zeit herausstellte - daB er nun Jahr für Jahr wiederkam, so daB er in den beiden folgenden Jahrzehnten, die ihm noch beschieden waren, nur dreimal überhaupt im Winter von Aachen femblieb 13 und sich schlieBlich vollends dort niederlieB. Der

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V gl. Peter Classen, Bemerkungen zur Pfalzenforschung am Mittelrhein, in: Deutsche Kiinigspfalzen. Beitrage zu ihrer historischen und archaologischen Erforschung 1 (1963) S. 75-96, bes. S. 75 ff. (auch in: ders., Ausgewahlte Aufsatze, hg. v. Josef Fleckenstein, Vortriige und Forschungen 28, 1983, S. 475-501, bes. S. 475 ff.); Adolf Gauert, Zum Itinerar Karls des GroBen, in: Karl der GroBe 1 (wie Anm. 8) S. 307-321, bes. S. 320.

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Vgl. Classen, Bemerkungen (wie Anm. 9) S. 79/479 f.

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Biihmer/Mühlbacher, Regesta (wie Anm. 2) Nr. 130e - 132; MGH Diplomata Karolinorum 1, bearb. v. Engelbert Mühlbacher (1906) Nr. 55, 56; vgl. Dietmar Flach, Untersuchungen zur Verfassung und Verwaltung des Aachener Reichsgutes von der Karlingerzeit bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts (1976) S. 19.

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Biihmer/Mühlbacher, Regesta (wie Anm. 2) Nr. 298 b, 300; vgl. Flach, Untersuchungen (wie Anm. 11) S. 20. Ein durchaus unsicherer Beleg ist MGH Diplomata Karolinorum 1 (wie Anm. 11) Nr. 152 vom 29.3.786 (vgl. die Vorbemerkung).

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Niimlich 797/98 in Herstelle/Weser, 800/01 in Rom, 805/06 in Diedenhofen; vgl. Biihmer/Mühlbacher, Regesta (wie Anm. 2) Nr. 339 a - 346 a, 369 a - 371 b, 411 g - 416 a.

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ungewohnte Hang zur SeJ3haftigkeit, der sich hier Bahn brach, war indes bereits in den Jahren zuvor spürbar geworden, als Karl vom Spatsommer 791 bis zum Herbst 793 über zwei Jahre in Regensburg residierte 14 - lediglich unterbrochen durch einen dreimonatigen Feldzug gegen die Awaren - und als er bald danach vom Januar bis zum August 794 mehr als ein halbes Jahr ortsfest in Frankfort Hof hielt mit dem Hohepunkt der groJ3en Reichsversammlung Anfang Junil5. Auf dem Umweg einer neuen herbstlichen Attacke in Sachsen 16 ging es von dort weiter nach Aachen. Der unverkennbare Wandel im Herrschaftsstil wahrend der frühen 90er Jahre verlangt nach einer Deutung. Wenn die vorherige Unrast eine wesentliche Triebfeder im militarischen Tatendrang des Frankenkonigs gehabt hatte, liegt es nahe, auf das Ende der karolingischen Eroberungen als Grund dafür hinzuweisen, daJ3 Karls Wege nun merklich kürzer wurden. Freilich handelt es sich bei diesem Ende nicht um einen einmaligen und grundsatzlichen EntschluJ3, sondem um eine allmahlich eingetretene Entwicklung, deren Tragweite den Beteiligten erst schrittweise zum BewuJ3tsein gekommen sein dürfte 17 . Nachdem sich Karl namlich die Hoheit über groJ3e Teile Italiens sowie über Bayem und das Vorfeld der Pyrenaen verschafft hatte und auch der Erfolg der mühsamen Integration Sachsens nach der Taufe Widukinds absehbar geworden war, gab es einfach keine ahnlich lohnenden Ziele in erreichbarer Nahe mehr. Schon der VorstoJ3 gegen slawische Stamme jenseits der Elbe war 789 mehr zu einer einschüchtemden Machtdemonstration ohne die Absicht der Unterwerfung oder Christianisierung geraten 18 , und als sich Karl danach mit den seit alters gefürchteten Awaren anlegte, weil sie als Helfershelfer des 788 gestürzten Bayernherzogs Tassilo galten, ging es ebensowenig um die Eingliederung eines weiteren Volkes in den groJ3frankischen Reichsverband, sondem allenfalls um die Sicherung und eine gewisse Arrondierung der Herrschaft im Südosten und zumal um die Aussicht auf reichliche Beute an Edelmetall 19 . Bei der unmittelbaren Konfrontation, die Karl 791 von Regensburg aus suchte, stellte sich rasch heraus, daJ3 dieser Feind nur schwer zu 14 15

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Vgl. Peter Schmid, Regensburg. Stadt der Konige und Herzoge im Mittelalter (1977) S. 309 ff. Vgl. Elsbeth Orth, Frankfort, in: Die deutschen Konigspfalzen 1: Hessen (2. Lieferung 1985) S. 178 ff., dazu jetzt 794 - Karl der GroBe in Frankfort am Main. Ein Konig bei der Arbeit. Ausstellung zum 1200-Jahre-Jubiliium der Stadt Frankfort am Main, hg. v. Johannes Fried u.a. (1994). Bohmer/Mühlbacher, Regesta (wie Anm. 2) Nr. 327 b, c. Vgl. Timothy Reuter, The End of Carolingian Military Expansion, in: Charlemagne's Heir. New Perspectives on the Reign of Louis the Pious (814-840), ed. by Peter Godman/Roger Collins (1990) S. 391-405. Vgl. Lothar Dralle, Wilzen, Sachsen und Franken um das Jahr 800, in: Aspekte der Nationenbildung im Mittelalter, hg. v. Helmut Beurnann/Wemer Schroder (Nationes 1, 1978) S. 205-227. Vgl. Walter Pohl, Die Awaren. Ein Steppenvolk in Mitteleuropa 567-822 n. Chr. (1988) S. 312 ff.

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1200 Jahren:

Karl der GroBe laBt sich in Aachen nieder

packen war, weshalb der frankische Vormarsch ohne sichtbaren Erfolg ins Leere ging. DaB der Konig das ganze Jahr 792 in Regensburg zubrachte, hatte seinen hauptsachlichen Grund offenbar in Vorbereitungen für einen neuen Schlag gegen die Awaren, wozu anscheinend auch der berühmt gewordene Kanalbau im heutigen Mittelfranken zu zahlen ist20. Gleichzeitig aber gingen am Hof Hiobsnachrichten von allen Seiten ein, die zeigten, wie leicht jeder militarische Stillstand in eine bedenkliche Krise umschlagen konnte. Nach Jahren relativer Ruhe regten sich plêitzlich wieder verbreitete Aufstande in Sachsen, die ausdrücklich mit Meldungen über den Awarenkrieg in Zusammenhang gebracht wurden21 . Auch der Herzog von Benevent in Unteritalien forderte 792 durch Hinwendung zu den Byzantinem eine Intervention der Karlssohne Pippin und Ludwig heraus, die ihn wieder auf die frankische Seite drangten 22 . Selbst die Sarazenen im femen Spanien sollen von der fortdauemden Ablenkung Karls durch die Awaren dazu verlockt worden sein, über die Pyrenaen hinweg in das Küstenland Septimanien einzudringen, wo sie 793 auch durch heftige Gegenwehr des Grafen von Toulouse nicht an Raub und Plünderung zu hindem waren 23 . Kaum zufallig kam zu diesen Gefahren an den Grenzen auch noch eine Verschworung unzufriedener frankischer GroBer, die Pippin den Buckligen als Galionsfigur benutzten, den altesten, wohl erst im Laufe der Zeit als illegitim betrachteten Sohn des Konigs. Ihre Plane wurden noch im Jahre 792 ruchbar und von Karl mit schweren Strafen geahndet, wobei Pippin für den Rest seiner Tage im Kloster Prüm verschwand24. Die heikle Lage suchte Karl dadurch zu meistem, daB er die Aufgaben innerhalb seiner engeren Umgebung neu verteilte. Die weitere Bekampfung der Awaren überlieB er dem Herzog Erich von Friaul, der 795 erstmals ins Zentrum ihres Reiches, den mit Schatzen angefüllten sog. ,,Ring" nahe der TheiB, vorzudringen vermochte; er bahnte damit den Weg für den Unterkonig Pippin von Italien, der 796 den entscheidenden StoB führte und nach der Unterwerfung des awarischen Oberherrschers mit der üppigsten Beute heirnkehrte, die je den Franken zugefallen war, wie Einhard 20

V gl. Hans Hubert Hofmann, Fossa Carolina. Versuch einer Zusammenschau. in: Karl der GroBe 1 (wie Anm. 8) S. 437-453.

21 22

Vgl. Abel/Simson, Jahrbücher

23

Vgl. Abel/Simson, Jahrbücher 2 (wie Anm. 2) S. 57 ff.; Philippe Wolff, L'Aquitaine et ses marges, in: Karl der GroBe 1 (wie Anm. 8) S. 269 - 306, bes. S. 277 ff.

24

Vgl. Peter Classen, Karl der GroBe und die Thronfolge im Frankenreich, in: Festschrift für Hermann Heimpel 3 (1972) S. 109-134, bes. S. 120 (auch in: ders., Ausgewlihlte Aufsatze, wie Anm. 9, S. 205-229, bes. S. 215 f.).

2 (wie Anm. 2) S. 37 Anm.

1.

Vgl. Abel/Simson, Jahrbücher 2 (wie Anm. 2) S. 49 ff.; Ottorino Bertolini, Carlomagno e Benevento, in: Karl der GroBe 1 (wie Anm. 8) S. 609-671, hier S. 655 ff.

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stolz anmerkt25. lm übrigen blieb Pippin weiter dafür zustandig, Benevent durch wiederholte Feldzüge in Schach zu halten, wahrend es seinem Bruder Ludwig von Aquitanien oblag, aus der Defensive heraus gegen die spanischen Mauren einzuschreiten, was 801 in der Einnahme von Barcelona gipfelte 26 . Sich selbst aber behielt Karl vor, die Sachsen endgültig niederzuringe n, wozu er von 794 bis 799 regelmaBige Heerfahrten wahrend der zweiten J ahreshalfte untemahm2 7. Wenn Aachen dafür Mal um Mal den Ausgangspun kt bildete, so erkennt man darin das Bestreben des Ki:inigs, statt des unabHissigen Hin- und Hereilens zwischen den weit entfemten Schauplatzen die Operationen von zentraler Warte aus zu beobachten und zu koordinieren, aber nur noch in begrenztem Umfang selbst anzuführen (was erstaunte Zeitgenossen eben unter dem Stichwort quietus registrierten). Die neue Art der Zügelführung veranschaulic ht die einzige überlieferte Urkunde aus Karls Aachener Aufenthalt von 795, gerade aus dem Monat Marz, denn sie kam einem Mann zugute, der sich im auBersten Süden Galliens, der Gegend von Narbonne, bei der Abwehr der Sarazenen hervorgetan hatte 28. Der Wendepunkt der karolingische n Reichsentwic klung, der sich hier abzeichnet, wird dem rückblickende n Historiker vollends spürbar, der weiB, daB der 795/96 errungene A warensieg der letzte durchschlagende Erfolg war und schon 799/800 mit dem erstmaligen Auftauchen der Wikinger an der westfrankischen Küste 29 jener unberechenba re Feind sich zu rühren begann, der den Franken im 9. Jahrhundert zunehmend das Gesetz des Handelns diktieren und jeden Gedanken an weitere Expansion austreiben sollte. Was somit geradezu ais erstes Anzeichen erlahmender Kraft nach Jahrzehnten stürmischen Vormarschs erscheinen mag, stellt sich in anderer Hinsicht ais Indiz auBergewi:ihnlichen Selbstvertrau ens dar. Die seit den frühen 790er Jahren rasch wachsende Neigung Karls, die Dinge von einer festen Residenz aus zu lenken, die bald immer ausschlieBlic her in Aachen lag, bedeutet namlich nicht nur eine Abkehr vom Grundsatz mi:iglichst persi:inlicher Kriegführung , sondem zugleich einen Bruch 25

Vgl. Timothy Reuter, Plunder and Tribute in the Carolingian Empire, in: Transactions of the Royal Historical Society 5th series 35 (1985) S. 75-94; Harald Krahwinkler, Friaul im Frühmittelalter. Geschichte einer Region vom Eude des fünften bis zum Eude des zehnten Jahrhunderts (1992) S.148ff. 26 Vgl. Bertolini, Carlomagno (wie Anm. 22) S. 657; Wolff, L'Aquitaine (wie Anm. 23) S. 278 f. 27 Vgl. Martin Last, Niedersachsen in der Merowinger- und Karolingerzeit, in: Geschichte Niedersachsens, hg. v. Hans Patze, 1 (1977) S. 543-652, hier S. 592 f. 28 MGH Diplomata Karolinorum 1 (wie Anm. 11) Nr. 179. 29 Vgl. Walther Vogel, Die Normannen und das Frankische Reich bis zur Gründung der Normandie (799-911) (1906) S. 49 ff.; Heinrich Sproemberg, Die Seepolitik Karls des GroBen, in: ders., Beitrage zur belgisch-niederlandischen Geschichte (1959) S. 1-29; Reuter, The End (wie Anm. 17).

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1200 Jahren: Karl der GroBe HiBt sich in Aachen nieder

mit Gepflogenheiten, denen sich auch friedlichere Herrscher des frühen und hohen Mittelalters gemeinhin nicht aus freiem EntschluB, sondem aus zwingender Notwendigkeit zu unterwerfen pflegten30. Sie waren ja nach einer einpragsamen Formulierung Aloys Schultes gezwungen, ihr ,,hohes Gewerbe im Umherziehen zu betreiben"31, und dies gleich aus mehreren Gründen. Durchweg fehlten ihnen die unabdingbaren Verkehrs- und Nachrichtenverbindungen sowie der ganze administrative Unterbau, um von einem einzigen Platz her alles überblicken und entscheiden zu konnen. Stattdessen empfahl es sich, daB der Konig selbst überall in seinem Reich von Zeit zu Zeit nach dem Rechten sah, also an Ort und Stelle seine Getreuen versammelte und Anordnungen traf, Amter vergab und Streitfalle entschied, notfalls auch mit Gewalt gegen Unruhestifter vorging. Ausdehnung und Haufigkeit solcher Reisen lassen jeweils ermessen, inwieweit es einem Konig gelang, seinem Willen flachendeckende Geltung zu verschaffen. Zu diesen praktischen Erfordemissen des Regierungsalltags kam das Bedürfnis nach sichtbarer Darstellung der herrscherlichen Würde. In den begrenzten Gesichtskreis der meisten damaligen Menschen konnte der gesalbte und gekronte Konig namlich nur treten, wenn er seine zeremoniellen Handlungen über das Land verteilte. Gerade die hohen Kirchenfeste boten immer wieder Gelegenheit, die ideellen Grundlagen der politischen Ordnung augenfallig zu machen, indem der Herrscher an dafür geeigneten Orten in prachtigem Omat und umgeben von viel geistlicher und weltlicher Prominenz feierlich zur Kirche zog, dem Gottesdienst beiwohnte und sich anschlieBend der staunenden Menge als ihr gottgewollter Gebieter prasentierte. Daneben sprachen aber auch elementare wirtschaftliche Sachzwange für eine ambulante Herrschaftsführung. Der Konig lebte mit seiner recht zahlreichen Umgebung von den Ertragen seiner im Reich verstreuten Landgüter, von Abgaben der groBen Kirchen und von Zuwendungen des ihm ergebenen Adels. Solange sich nicht das Geld im alltaglichen Verkehr durchsetzte, waren dies Naturalien, deren kontinuierliche Ablieferung in eine mehr oder minder feme Hauptstadt auf erhebliche Schwierigkeiten stieB. W eit zweckmaBiger war es, daB der Herrscher dorthin kam, wo für ihn Vorrate bereitgehalten wurden, und für Tage oder W ochen Quartier nahm, bis Scheunen, Stalle und Keller geleert waren. Die sogenannte Konigsgastung, d.h. die Verpflichtung zur Beherbergung und Bewirtung des umherziehenden Monarchen, war 30 V gl. Hans Conrad Peyer, Das Reisekonigtum des Mittelalters, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und

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Wirtschaftsgeschichte 51 (1964) S. 1-21 (auch in: ders., Konige, Stadt und Kapital. Aufsatze zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, hg. v. Ludwig Schmugge, Roger Sablonier und Konrad Wanner, 1982, S. 98-115); Pierre Riché, Die Welt der Karolinger (1981) S. 28 ff.; John W. Bernhardt, Itinerant Kingship aud Royal Monasteries in Early Medieval Germany, c. 936-1075 (1993), bes. S. 45 ff. Aloys Schulte, Der deutsche Staat. Verfassung, Macht und Grenzen 919-1914 (1933) S. 52.

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nichts anderes als eine archaische Form der Steuererhebung, die sich im Rahmen des jeweils Zumutbaren halten muBte, um dauerhaft ergiebig zu bleiben. Manche Historiker sprechen hier bildhaft vom ,,Abweiden" des Reichsguts und der sonstigen Ressourcen, um zu verdeutlichen, daB der Konigshof gleich einer mobilen Schafherde einen Futterplatz nach dem anderen aufsuchte3 2. Die beschriebenen strukturellen Voraussetzungen des Reisekonigtums lassen sich mit nur geringen zeitbedingten Abwandlungen kontinuierlich an Quellen des 6. bis 13. Jahrhunderts ablesen und sind teilweise auch noch im Spatmittelalter gültig geblieben. V or diesem Hintergrund bilden die letzten zwanzig Jahre Karls des GroBen mit ihrer starken Fixierung aller Krafte auf Aachen eine erstaunliche Ausnahrne 33, die nicht allein mit dem Wandel im auBenpolitisch-militarischen Verhalten Karls zu erkliiren ist. Offenbar waren in der Tat - und vielleicht mehr noch in der Vorstellung des Frankenkonigs von sich selbst - die Erfordernisse und Bedürfnisse entfallen oder doch stark entkriiftet, die seine Vorganger und bald auch wieder seine N achfolger zum Verzicht auf eine feste Residenz veranlaBten. Die eigene Autoritat scheint Karl auf der Hohe des Erfolgs ais stark genug eingeschatzt zu haben, um statt vieler Lokaltermine überall im Lande darauf bauen zu konnen, daB sich auBer ungezahlten Bittstellem jederzeit die politisch gebotenen Gesprachs- und Verhandlungspartner bei ihm einfinden würden, daB sie ihm hinreichende Kenntnis von der Lage in den einzelnen Teilen seines weiten Reiches vermitteln und umgekehrt ein respektgebietendes Bild von Majestat und Residenz des friinkischen Konigs (und dann Kaisers) verbreiten würden und daB obendrein die groBraumige Belieferung mit dem Lebensnotwendigen in Aachen zu gewiihrleisten sei. Wir verfügen nicht über die Quellen, um im einzelnen auszuloten, wie gut oder schlecht dieses Experiment vonstatten ging, das immerhin zwei Jahrzehnte lang und sogar mit wachsender Intensitat durchgehalten worden ist, hat doch Karl von 806 an Aachen überhaupt nur noch aus seltenen Anlassen verlassen. Um einen Eindruck von den organisatorischen Problemen zu geben, lassen sich aber doch ein paar zufüllig überlieferte Zeugnisse anführen. So kennen wir einen 32

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V gl. Carlrichard Brühl, Fodrum, Gistum, Servitium Regis. Studien zu den wirtschaftlichen Grundlagen des Konigtums im Frankenreich und in den friinkischen Nachfolgesta aten Deutschland, Frankreich und Italien vom 6. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts 1-2 (1968); Wolfgang Metz, Zur Erforschung des karolingischen Reichsgutes (1971); Thomas Zotz, Beobachtungen zur kéiniglichen Grundherrsch aft entlang und éistlich des Rheins vornehmlich im 9. Jahrhundert, in: Strukturen der Grundherrschaft im frühen Mittelalter, hg. v. Werner Rosener (1989) S. 74-125. V gl. Eugen Ewig, Résidence et capitale pendant le haut moyen âge, in: Revue historique 230 (1963) S. 25-72 (auch in: ders., Spiitantikes und friinkisches Gallien. Gesammelte Schriften, hg. v. Hartmut Atsma, 1, 1976, S. 362-408); Carlrichard Brühl, Zum Hauptstadtproblem im frühen Mittelalter, in: Festschrift für Harald Keller (1963) S. 45-70 (auch in: ders., Aus Mittelalter und Diplomatik. Gesammelte Aufsatze 1, 1989, S. 89-114).

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Brief des Bischofs Frothar von Toul an der oberen Mosel, worin er den Abt von Inden/Komelimünster ersuchte, für ihn drei Fuder W ein von Bonn nach Aachen schaffen zu lassen, die der Bischof offenbar zu liefem verpflichtet war und zuvor auf dem Wasserweg über Mosel und Rhein bis Bonn besorgt haben dürfte3 4 . In anekdotischer Form schildert Notker von St. Gallen, daB Karl einen ungenannten Bischof, bei dem er unterwegs sein Gastungsrecht in Anspruch nahm, aufforderte, ihm jabrlich zwei Wagenladungen schmackhaften Kases nach Aachen zu schicken, und nach drei Jahren die tatsachlich eingegangenen Lieferungen mit der Schenkung eines Landgutes belohnte3 5 . lm Einkünfteverzeichnis des Reimser Klostcrs Saint-Remi schlieBlich begegnet im spateren 9. Jahrhundert eine bauerliche Abgabe mit der Bezeichnung bas Aquensis (,,Ochse für Aachen"), die anscheinend ursprünglich im Urnlageverfahren einen Beitrag zur Fleischversorgung des femen Konigshofes erbringen sollte 36 Der verbreiteten Dienstbereitschaft, die sich dank solcher sporadischen Hinweise erahnen laBt, entsprach ein ebenso betrachtlicher Regelungseifer von oben, der sich zutraute, in einer seit Jahrhunderten ungekannten W eise mit dem Medium der Schrift weite Raume zu erfassen und das Handeln vieler Menschen zu bestimmen. Die Dichte administrativer Anordnungen und des dadurch ausgelOsten weiteren Schriftverkehrs gehort zu den auffalligsten Merkmalen, die die Ara Karls des GroBen sowie seines Sohnes Ludwig des Frommen von den Zeiten davor und danach abheben3 7 . Genannt sei nur das berühmte Capitulare de villis aus den letzten Jahren des 8. Jahrhunderts, das nicht nur zeitlich, sondem wohl auch sachlich im Zusammenhang mit der Zentralisierung des Reiches auf Aachen hin stand und durch verblüffend detaillierte Vorschriften die Bewirtschaftung der gesamten Krongüter normieren sollte, um moglichst stetige Ertrage zur Ablieferung an den Konigshof und das frankische Heer sicherzustellen38_ Auch die von Karl begonnene planmaBige Aussendung von Konigsboten mit umfassenden Kontrollbefugnissen, denen immer prazisere schrift-

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MGH Epistolae 5 (1899) S. 297 Nr. 31; vgl. Flach, Untersuchungen (wie Anm. 11) S. 86. Notker, Gesta Karoli 1,15, hg. v. Hans F. Haefele (MGH Scriptores rerum Germanicarum N.S. 12, 1959) S. 18 f.; vgl. Flach, Untersuchungen (wie Anm. 11) S. 81. Le polyptyque et les listes de cens de l'abbaye de Saint-Remi de Reims (IX'-XI' siècles). Edition critique par Jean-Pierre Devroey (1984) S. XLIII f., 150 (Register); vgl. Flach, Untersuchungen (wie Anm. 11) S. 82. Vgl. Rosamond McKitterick, The Carolingians and the written word (1989), bes. S. 25 ff.; Janet L. Nelson, Literacy in Carolingian govemment, in: The Uses of Literacy in Early Medieval Europe, ed. by Rosamond McKitterick (1990) S. 258-296. Capitulare de villis. Cod. Guelf. 254 Helmst. der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, hg. u. eingeleitet v. Carlrichard Brühl (1971); vgl. Zotz, Beobachtungen (wie Anm. 32) S. 78 f.

Il

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liche Instruktionen vorgegeben und allmahlich feste Amtssprengel zugewiesen wurden39, weist in die namliche Richtung eines ausgepragt institutionellen Denkens, das den alteren Karolingem noch fremd gewesen war und sich auch bei Karl gewiB erst aus der engeren Berührung mit Schriftkultur und gelehrten Beratem entwickelt hatte. Es bedurfte literarisch vermittelter Vorbilder auBerhalb des Horizonts seiner unmittelbaren Erfahrung, um den Gedanken an eine feste Residenz, eine Hauptstadt zur Regierung des ganzen Reiches zu fassen, wie sie die romischen Kaiser der Vergangenheit in Rom besessen hatten und diejenigen der Gegenwart in Konstantinopel, aber auch der berühmte Gotenkonig Theoderich in der Stadt Ravenna, die Karl ebenso wie Rom besucht hat40. Einhards oft zitierter Spott über die armseligen Merowinger, die es notig gehabt hatten, ,,auf baurische Weise" (rustico more) im Ochsenkarren über Land zu ziehen41 , verdeutlicht, um wieviel weiter man es inzwischen gebracht zu haben glaubte. So gesehen, sind die betrachtlichen Anstrengungen, die seit den 790er Jahren untemomm en wurden, um der frankischen Politik einen funktionsfahigen Mittelpunkt zu geben, Ausdruck eines gesteigerten SelbstbewuBtseins und eines gewandelten Reichsverstandnisses, das über die frühfrankischen Dimensionen hinauswies und die Kaiserkronung des Jahres 800 angebahnt hat42 . Karl regierte im übrigen lange genug, um noch selbst zu erleben, daB er mit dem forcierten Bemühen um Zentralisierung auf unüberwindliche Grenzen stieB und beschriebenes Pergament eben doch nicht den unmittelbaren Anblick des kaiserlichen Gebieters zu ersetzen vermochte. Zu den Klagen, die in den selbstkritischen Verlautbarungen seiner letzten Jahre auftauchen, gehüren die Aufbliihung und Schwerfalligkeit des behürdenartigen

39 Vgl. Karl Ferdinand Werner, Missus - Marchio - Cornes. Entre l'administration centrale et

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l'administration locale de l'Empire carolingien, in: Histoire comparée de l'administration (IV'XVIII' siècles), pub!. par Werner Paravicini/Karl Ferdinand Werner (1980) S. 191-239 (auch in: ders., Yom Frankenreich zur Entfaltung Deutschlands und Frankreichs. Ausgewiihlte Beitriige, 1984, S. 108-156); Jürgen Hannig, Zentrale Kontrolle und regionale Machtbalance. Beobachtungen zum System der karolingischen Konigsboten am Beispiel des Mittelrheingebietes, in: Archiv für Kulturgeschichte 66 (1984) S. 1-46. Vgl. Heinz Lowe, Von Theoderich dem GroBen zu Karl dem GroBen. Das Werden des Abendlandes im Geschichtsbild des frühen Mittelalters, in: Deutsches Archiv 9 (1952) S. 353-401 (auch in: ders., Von Cassiodor zu Dante. Ausgewiihlte Aufsiitze zur Geschichtsschreibung und politischen Ideenwelt des Mittelalters, 1973, S. 33-74); T.S. Brown, Louis the Pious and the Papacy. A Ravenna Perspective, in: Charlemagne's Heir (wie Anm. 17) S. 297-307, bes. S. 300 f. Vgl. Adolf Gauert, Noch einmal Einhard und die letzten Merowinger, in: Institutionen, Kultur und Gesellschaft im Mittelalter. Festschrift für Josef Fleckenstein zu seinem 65. Geburtstag, hg. v. Lutz Fenske, Werner Rosener und Thomas Zotz (1984) S. 59-72. Zum geistig-politischen Klima der Jahre vor 800 vgl. zuletzt Fried, Der Weg (wie Anm. 6) S. 306 ff.

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Hofgerichts unter dem Pfalzgrafen wie auch die Zahlebigkeit mannigfacher MiBstande in den weiten Regionen, die der Herrscher eben nicht mehr zu Gesicht bekam4 3. Karls allmiihlicher und schlieBlich bewuBter Übergang zu einer festen Residenz statt der Abwechslung unter verschiedenen Winterpfalzen und meist militarisch bedingter sommerlicher Reiserouten bedeutete nicht zwangslaufig die Entscheidung für Aachen, das zuvor eher selten besucht worden war. Zwar konnte das Reichszentrum, wenn überhaupt, nur im karolingischen Kemgebiet des alten Austrasien geschaffen werden, das nach dem Sieg der pippinidisch-amulfingischen Vorfahren Karls dem von den Merowingem bevorzugten Neustricn um Paris und Soissons den Rang abgelaufen hatte und nun durch den Zugewinn Sachsens erst recht in den Mittelpunkt rückte; dort gab es die starkste Massierung von nutzbaren Besitzungen und loyalen Anhangem, wie sich spater noch beim Ringen um die karolingischen Reichsteilungen immer wieder zeigen sollte44 . Innerhalb dieses Raumes hatten jedoch manche Platze eine bedeutendere Konigstradition aufzuweisen als das in unseren Texten überhaupt erst 765 auftauchende Aachen45 , muBten nun aber dahinter zurückstehen, was Einhard bekanntlich mit Karls personlicher Vorliebe für Aachen als Kurort erklart: ,,Er erfreute sich an den Dampfen heiBer Quellen und übte sich eifrig im Schwimmen ... Deshalb (Ob hoc) errichtete er in Aachen eine Residenz (regia) und wohnte dort bestandig in seinen letzten Lebensjahren bis zum Tode. " 46 Der Bericht entspricht dem Hang des Autors zu anschaulich-subjektiven Begründungen für komplexe historisch-politische Erscheinungen47 , kann aber durchaus akzeptiert werden, insofem er die Bevorzugung dieses konkreten Ortes betrifft, kaum jedoch mit Hinblick auf den Vorgang der Zentralisierung an sich. Nicht um eine Dauerresidenz für Karls alte Tage einzurichten, dürfte geraume Zeit vor 795, spatestens wohl im Zusammenhang mit

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Vgl. François Louis Ganshof, Charlemagne et les institutions de la monarchie franque, in: Karl der GroBe 1 (wie Anm. 8) S. 348-393, bes. S. 361; ders., Charlemagne et l'administration de la justice dans la monarchie franque, ebd. S. 394-419, bes. S. 407 ff.

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Vgl. Eugen Ewig, Descriptio Franciae, in: Karl der GroBe 1 (wie Anm. 8) S. 143-177 (auch in: ders., Gallien 1, wie Anm. 33, S. 274-322); ders., Überlegungen zu den merowingischen und karolingischen Teilungen, in: Nascita dell'Europa ed Europa carolingia: un'equazione da verificare 1 (Settimane di studio del Centra italiano di studi sull'alto medioevo 27, 1981) S. 225-253, bes. S. 245 ff.

45

Erstbeleg: Bê.ihmer/Mühlbacher, Regesta (wie Anm. 2) Nr. 101 a, b; vgl. Flach, Untersuchungen (wie Anm. 11) S. 18.

46

Einhard, Vita Karoli Magni c.22, cur. O. Holder-Egger (MGH Scriptores rerum Germanicarum, 1911) S. 27; vgl. Flach, Untersuchungen (wie Anm. 11) S. 21, 46.

47

Vgl. zu einem iihnlich motivierenden Bericht Rudolf Schieffer, Karolingische Tê.ichter, in: Herrschaft, Kirche, Kultur. Beitrage zur Geschichte des Mittelalters. Festschrift für Friedrich Prinz zu seinem 65. Geburtstag, hg. v. Georg Jenal (1993) S. 125-139.

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dem Winterbesuch von 788/89, der Ausbau Aachens mit reprasentativen Gebauden begonnen worden sein48, die teilweise heute noch stehen, vielmehr wird es zunachst nur um eine bessere Ausstattung des Ortes für haufigere und Iangere, aber doch begrenzte Aufenthalte gegangen sein, aus denen dann ab 795, ais die Bauten anscheinend ein gewisses Niveau erreicht hatten, mit der Zeit eine immer festere Gewohnheit wurde, weil die Gesamtentwicklung des Reiches dafür reif war oder zumindest dazu einlud. Einhard und seine Altersgenossen haben Karl dann fast nur noch ais Aachener Herrscher erlebt und so im Gedachtnis behalten. Es liegt auf der Hand, daB die Niederlassung des Frankenkonigs in Aachen nicht ohne Rückwirkung auf das Erscheinungsbild seiner hofischen Umgebung bleiben konnte. Der Hof ais Forum und Instrument monarchischen Regierens war an sich ein merowingisches Erbe, aber von Karls Vater Pippin, dem ersten gesalbten Frankenkonig, durch Einbeziehung des geistlichen Elements der Hofkapelle entscheidend umgestaltet worden; erst Karl der GroBe freilich hat ihn auf Jahrhunderte - mit den W orten Josef Fleckensteins - zu einer ,,Schopfung von typenschaffender Kraft" gemacht49, und zwar gerade durch die Aachener Jahre, die eine erhebliche personelle Erweiterung und funktionale Differenzierung mit sich brachten. Die leichte Zuganglichkeit der bald allseits bekannten Dauerresidenz, die Haufigkeit und Bedeutung der nach 800 dorthin einberufenen Reichsversammlungen und letztlich die überragende Autoritat des ersten mittelalterlichen Kaisers im Okzident bewirkten einen standig anschwellenden Zustrom von Besuchem jeden Ranges, worin sich die Weite des zum lmperium gewordenen Frankenreiches widerspiegelte. Der frühere Unterschied zwischen der schmaleren Entourage des Herrschers wahrend der beweglich verbrachten Sommermonate und der weiteren Hofgesellschaft im Winter verflüchtigte sich zugunsten eines groBeren, gleichwohl immer noch zum guten Teil fluktuierenden Gefolges. Freilich müssen der stark zunehmende Schriftverkehr, die vermehrte 48 Vgl. zur hi:ichst unsicheren Chronologie der Bauten in Aachen Ludwig Falkenstein, Der "Lateran" der karolingischen Pfalz zu Aachen (1966) S. 36 ff.; Walter Schlesinger, Beobachtungen zur Geschichte und Gestalt der Aachener Pfalz in der Zeit Karls des GroBen, in: Studien zur europilischen Vor- und Frühgeschichte, hg. v. Martin Claus u.a. (1968) S. 258-281, bes. S. 260 (auch in: Zum Kaisertum Karls des GroBen, hg. von Gunther Wolf, Wege der Forschung 38, 1972, S. 384-434, bes. S. 389), zuletzt Karl Heinemeyer, Zu Entstehung und Aufgaben der karolingischen Pfalzstifte, in: Studien zum weltlichen Kollegiatstift in Deutschland, hg. v. Irene Crusius (1995) S. 110-151, hier S. 121 f.

49 Vgl. Josef Fleckenstein, Karl der GroBe und sein Hof, in: Karl der GroBe 1 (wie Anm. 8) S. 24-50 (auch in: ders., Ordnungen und formende Krafte des Mittelalters. Ausgewahlte Beitrage, 1989, S. 28-66); ders., Die Struktur des Hofes Karls des GroBen im Spiegel von Hinkmars De ordine palatii, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 83 (1976) S. 5-22, Zitat S. 22 (auch in: ders., Ordnungen. S. 67-83, Zitat S. 83).

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Gesetzgebung und der ganze darin zum Ausdruck kommende Stil zentraler Reichsverwaltung wahrend der Kaiserjahre auch eine deutliche Vermehrung des dauerhaft in Aachen ansassigen Personals mit sich gebracht haben, wenngleich sich dies nicht in verbürgten Zahlen fassen liiBt und auch in seinen Auswirkungen auf die frühe Siedlungsentwicklung des Ortes nur in groben Umrissen abzuschatzen ist50. Von den Hofamtem, die Karls Vetter Adalhard in seiner nur indirekt überlieferten Schrift über die karolingische Hofordnung bezeugt, dürfte der Wandel am meisten den mansionarius, den Quartiermeister, berührt haben, dem es an sich oblag, Unterkunft und Verpflegung des umherziehenden Konigshofes durch vorausschauende Planung sicherzustellen51 . Stattdessen mogen er und gewiB auch andere sich auf die nicht unbetrachtlichen Probleme verlegt haben, die mit der laufenden Versorgung eines ortsfesten Konsumzentrums solcher GroBenordnung verbunden waren. lm Rahmen dieses Colloquiums von besonderem Belang ist die Frage, wie sich die Verfestigung der Herrschaft Karls des GroBen an einem Ort auf die kulturelle und wissenschaftliche Entwicklung seiner Zeit ausgewirkt hat, die nach allgemeiner Ansicht wesentlich von ihm befürdert worden ist52 . Offenbar verfehlt ware die Vorstellung, der Übergang von der kriegerischen Ausweitung zur (mehr oder minder) friedlichen Regierung des Frankenreiches von Aachen aus, den wir im Laufe der 790er Jahre erleben, sei die notwendige Bedingung für die folgenreiche Emeuerung von Bildung und Wissen unter Karl dem GroBen gewesen. Langst vorher, in den 70er und frühen 80er Jahren, war namlich Entscheidendes geschehen, als es dem Konig gelang, namhafte Gelehrte und Dichter nichtfrankischer Herkunft, denen er begegnete, in seine Nahe zu holen und für das Ziel der allgemeinen renovatio oder correctio in seinem Reich zu gewinnen. Karl ganz personlich muB ja die bemerkenswerte Überzeugung zugeschrieben werden, daB seine Franken einschlieBlich ihm selbst, trotz aller auBeren Machtentfaltung, den zur Ehre Gottes und zum Bestand des GroBreiches erforderlichen Umgang mit Schriftlichkeit nicht von sich aus, sondem nur von diesen Fremden erlemen konnten 53. So sind berühmte Manner wie Petrus von Pisa und die weiteren Langobarden Paulinus und Paulus Diaconus, der groBe Angelsachse Alkuin aus York, manche Iren wie Jonas und Dungal sowie der gebürtige Westgote Theodulf 50 51 52 53

Vgl. Flach, Untersuchungen (wie Anm. 11) S. 56 ff. Hinkmar von Reims, De ordine palatii, hg. u. libers. v. Thomas Gross und Rudolf Schieffer (MGH Fontes iuris Germanici antiqui 3, 1980) S. 76 Z. 385 ff., dazu Anm. 176. Vgl. zuletzt Fried, Der Weg (wie Anm. 6) S. 262 ff. Vgl. Fleckenstein, Karl der GroBe und sein Hof (wie Anm. 49) S. 36145; ders., Alcuin im Kreis der Hofgelehrten Karls des GroBen, in: Science in Western und Eastern Civilization in Carolingian Times, ed. by Paul Leo Butzer/Dietrich Lohrmann (1993) S. 3-21.

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gerade in jenen Jahren auBerster Anspannung und stürmischer Aktivitat an allen Fronten Karls Begleiter, Ratgeber und schlieBlich Freunde geworden und haben im Kontakt mit ihm wie untereinander die groBen Aufgaben formuliert und angepackt, um die es ging: die Reinheit der biblischen Überlieferung und der liturgischen Praxis, die Vereinheitlichung des kirchlichen Lebens und der geistlichen Gemeinschaften, die Ausbreitung des elementaren Schulwesens, die Vermehrung der Buchbestande und die Wiederbelebung der héiheren Studien. Die richtungweisenden Verlautbarungen, die davon künden, sind die Epistola de litteris colendis von etwa 73554 und die wlihrend eines einzelnen Aachener Winters entstandene Admonitio generalis von 73955; beide haben ihren historischen Platz also deutlich vor dem Beginn der einigermaBen standigen Niederlassung des Hofes an diesem Ort, ebenso wie selbst noch die groBe intellektuelle Kraftanstrengung der frank:ischen Stellungnahme zum byzantinischen Bilderstreit, die in der Frankfurter Synode von 794 gipfelte und Karl mit seiner gelehrten Umgebung jedenfalls den Eindruck vermittelte, inzwischen Griechen wie Réimem wissenschaftlich überlegen zu sein56. Um es soweit zu bringen, war augenscheinlich eine dauemde Residenz des frankischen Kéinigs nicht vonnéiten gewesen, ja als sie sich dann ab 795 allmahlich einspielte, war der Kreis der führenden Kéipfe schon dabei, wieder auseinanderzugehen57 : Petrus von Pi sa, Karls hochbetagter Lateinlehrer, ist vor 790 bereits in seine Heimat zurückgekehrt und dort vor 799 gestorben. Sein Landsmann Paulinus wurde 787 Patriarch von Aquileja und war danach héichstens sporadisch bei Hofe, wlihrend sich Paulus Diaconus etwa gleichzeitig wieder in sein Kloster Montecassino zurückzog. Selbst Alkuin, der 790 bis 793 die englische Heimat besucht batte, übemahm 796 die ehrenvolle Leitung des Martinsklosters in Tours, die ihn bis zu seinem Tode 804 mehr und mehr beanspruchte, ebenso wie Theodulf, der vor 797 zur Würde eines Bischofs von Orléans gelangte.

54

Urkundenbuch des Klosters Fulda, bearb. v. Edmund E. Stengel, 1 (1958) S. 251 ff. Nr. 166; vgl. Thomas Martin, Bemerkungen zur "Epistola de litteris colendis", in: Archiv für Diplomatik 31 (1985) S. 227-272; Walter Berschin, Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter 3

55

MGH Capitularia 1 (1883) S. 53 ff. Nr. 22, zur Breite der Überlieferung jetzt Hubert Mordek, Bibliotheca capitularium regum Francorum manuscripta (MGH Hilfsmittel 15, 1995) S. 1082 Nr. 22; vgl. Friedrich-Carl Scheibe, Alcuin und die Admonitio generalis, in: Deutsches Archiv 14 (1958) S. 221-229; Giles Brown, Introduction: the Carolingian Renaissance, in: Carolingian culture: emulation and innovation, ed. by Rosamond McKitterick (1994) S. 1-51, bes. S. 17 ff.

56

Vgl. Das Frankfurter Konzil von Berndt (im Druck).

57

Vgl. Fleckenstein, Karl der GroBe und sein Hof (wie Anm.

(1991) S. 101

16

ff.

794.

Kristallisationspunkt karolingischer Kultur, hg. v. Rainer

49) S. 38/48.

_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Var

1200 Jahren:

Karl der GroBe laBt sich in Aachen nieder

Vor dem Hintergrund dieser Jahreszahlen kann man nicht ohne weiteres die Blüte der karolingischen Kultur in Aachen lokalisieren58 und hat beim Gebrauch gefaufiger Begriffe wie Hofschule, Hofbibliothek, gar Akademie oder Dichterkreis um Karl den GroBen gehürige Abstriche von der unwillkürlichen Assoziation der brtlichen und institutionellen Stetigkeit zu machen. Zumindest bis 795 müssen sich die Verbindungen, Beratungen und Errungenschaften, deren historische Wirkung wir als Bildungsemeuerung beschreiben, auf wenige Wintermonate und wechselnde Schaupfatze beschrankt haben und von eher informellem Charakter gewesen sein. Alkuins Briefe, die immer dann besonders aufschluBreich sind, wenn ihr Urheber nicht am Hof weilt, zeigen im einzelnen, daB es der geistigen Elite moglich war, auf schriftlichem Wege laufend Informationen, Ratschfage und Einschatzungen auszutauschen, also einen Dialog zu führen, der gleichzeitiger Anwesenheit an einem Ort nicht standig bedurfte59. Eine besondere literarische Stilisierung hat dieser Austausch in einigen poetischen Episteln der mittleren 790er Jahre gefunden, deren Dichter sich aus raumlicher Distanz rührnend und beschreibend an die einzelnen Personen des Karlshofes wandten oder auch von vornherein die Weiterleitung ihres Briefgedichts über mehrere Wegstationen vorsahen60. Da zudem bleibende Spitzenleistungen der karolingischen renovatio, die fangeren Atem erforderten wie die Entwicklung der Minuskelschrift, die Revision des Bibeltextes oder die Zusammenstellung neuer liturgischer Bücher, weder vor noch nach 795 unmittelbar unter den Augen Karls gediehen, sondem an dafür besser geeigneten, mit ihm durch personliche Beziehungen verbundenen Orten wie Corbie, Tours oder Montecassino6 1, wird man es für die Gesamtbilanz nicht so entscheidend finden, wo sich der Konigshof jeweils aufhielt und ob dies schlieBlich Jahre hindurch derselbe Platz war. Um dem spezifischen Gewicht der Aachener Jahre im Zuge der Bildungsreform Karls des GroBen naherzukommen, ware darauf hinzuweisen, daB gewiB auch weiter58

Vgl. var allem Donald Bullough, Aula Renovata. The Carolingian Court before the Aachen Palace, in: Proceedings of the British Academy 71 (1985) S. 267-301 (auch in: ders., Carolingian renewal: sources and heritage, 1991, S. 123-160).

59

Vgl. z.B. Wilhelm Heil, Alkuinstudien I: Zur Chronologie und Bedeutung des Adoptianismusstreites (1970).

60

Vgl. Dieter Schaller, Vortrags- und Zirkulardichtung am Hof Karls des GroBen, in: Mittellateinisches Jahrbuch 6 (1970) S. 14-36; Peter Godman, Poetry of the Carolingian Renaissance (1985) S. 9 ff.

61

Vgl. ans letzter Zeit David Ganz, The Preconditions for Caroline Minuscule, in: Viator 18 (1987) S. 23-44; Rosamond McKitterick, Carolingian Book Production: Sorne Problems, in: The Library 6'h series 12 (l 990) S. 1-33; David Ganz, Mass production of early medieval manuscripts: the Carolingian Bibles from Tours, in: The Early Medieval Bible. Its production, decoration and use, ed. by Richard Gameson (1994) S. 53-62.

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hin hochgelehrte Auslander in den Quellen über das Hofleben auftauchen - vomehrnlich Angelsachsen aus Alkuins Umfeld und zumal Iren, die offenbar schwer in einzelne Kirchen des Kontinents zu integrieren waren 62-, daB nun aber anders als zuvor begabte und gelehrige Franken aus dem Schatten ihrer von weither gekommenen Lehrer herauszutreten begannen und selbst die Führung übemahmen. Angilbert ware hier zu nennen, der Abt von Saint-Riquier, als dessen Lehrer ausdrücklich Petrus von Pisa, Paulinus von Aquileja und Alkuin bezeugt sind; er gehorte seit etwa 792 zu Karls engsten Vertrauten, war mehrfach sein Gesandter beim Papst und dabei als lateinischer Dichter hochgeschatzt63. Der jüngere Einhard kam nach einer Ausbildung in Fulda um 794 an den Hof (also vielleicht in Frankfort), wo er sogleich Alkuins besondere Fëirderung genoB und gemaB den literarischen Zeugnissen ob vielfaltiger Talente von sich reden machte64; wenn in der Forschung haufig gesagt wird, er habe von Alkuin bei dessen Übersiedlung nach Tours (796 oder bald darauf) die Leitung der Hofschule übemommen, so ist darunter wohl zu verstehen, daB es Einhard zukam, unter den Bedingungen des eben damais sich in Aachen verfestigenden Hoflebens den Lehrbetrieb neu zu organisieren und wachsenden Bedürfnissen entsprechend auszuweiten65_ Er ist in einfluBreicher Stellung an Karls Seite bis zu dessen Tod geblieben und hat von daher seine Sicht des Kaisers gewonnen. Als hervorragender Reprasentant des literarischen Hoflebens im Aachen der Jahre nach 800 verdient auch Modoin Erwahnung, der spatere Bischof von Autun; er kam aus Lyon, war mit Theodulf verbunden und zeigt in seinen Dichtungen mehr als andere das BewuBtsein, eine Renaissance mitzuerleben66_ Nimmt man hinzu, daB weitere einstige Schüler und Freunde Alkuins aus frankischem Adel wie Richbod von Trier, Riculf von Mainz, Am von Salzburg oder Leidrad von Lyon, inzwischen im Besitz bedeutender Bischofsstühle, sowohl engen Kontakt mit dem Aachener Hof hielten wie in 62 Vgl. Fleckenstein, Karl der GroBe und sein Hof (wie Anm. 49) S. 38 f./48 63

f.; Pierre Riché, Les Irlandais et les princes carolingiens aux VIII' et IX' siècles, in: Die Iren und Europa im früheren Mittelalter, hg. v. Heinz Lowe, 2 (1982) S. 735-745. Vgl. Dieter Schaller, Pippins Heimkehr vom Avarensieg (Angilbert, carm. 1), in: Arbor amoena comis. 25 Jahre Mittellateinisches Seminar in Bonn 1965-1990, hg. v. Ewald Ki:insgen (1990) S. 61-74.

64 Vgl. Josef Fleckenstein, Einhard, seine Gründung und sein Vermachtnis in Seligenstadt, in: Das

65

Einhardkreuz. Vortrage und Studien der Münsteraner Diskussion zum arcus Einhardi, hg. v. Karl Hauck (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gi:ittingen, Phil.-Hist. KI., 3. Folge 87, 1974) S. 96-121, bes. S. 96 ff. (auch in: ders., Ordnungen, wie Anm. 49, S. 84-111). Vgl. differenzierend Fleckenstein, Einhard (wie Anm. 64) S. 99/87, dazu auch Dieter Schaller, Das Aachener Epos für Karl den Kaiser, in: Frühmittelalterliche Studien 10 (1976) S. 134-168, hier S. 166 Anm. 155.

66 Vgl. Peter Godman, Poets and Emperors. Frankish Politics and Carolingian Poetry (1987) S. 78 ff.

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ihren Sprengeln für Schulen, Skriptorien und Bibliotheken sorgten67 , so wird vollends deutlich, daB dies eine Zeit war, in der die früher gelegte Saat aufging und Früchte zu tragen begann. Die Aachener Jahre Karls haben darüber entschieden, daB der Gedanke der renovatio von der frlinkischen Führungsschicht angenommen und damit erst zu historischer Femwirkung gebracht wurde. Als Karl der GroBe am 28. Januar 814 in Aachen starb und noch am selben Tag in der dortigen Pfalzkapelle bestattet wurde68, sank die Rolle des Ortes als Hauptresidenz des Frankenreiches keineswegs mit einem Schlage dahin. Nicht bloB die Macht der Gewohnheit von zwanzig Jahren, sondem auch die bauliche und pcrsonelle Verfestigung des Reichsregiments seit 795 und schlieBlich das symbolische Gewicht der Nahe des groBen Karl waren zunachst so stark, daB der bereits gesalbte und gekronte, also voll handlungsfahige Nachfolger Ludwig der Fromme seine Herrschaft begann, indem er sich aus seinem Unterkonigreich Aquitanien schleunigst nach Aachen begab, um von dort aus zu regieren69. Gut acht Jahre hindurch hat er noch grundsatzlich in Aachen residiert, d.h. nur einzelne Reisen untemommen, die ihn stets wieder dorthin zurückführten70; augenscheinlich konnte er auf dieselben auBerordentlichen Bedingungen in politischer, institutioneller und logistischer Hinsicht vertrauen, die schon seinem Vater erlaubt hatten, die Zügel von einem einzigen Ort aus zu führen, und Ludwigs ganzes Bestreben in dieser ersten Zeit war auch darauf gerichtet, die Einheit des Imperiums und den Vorrang des Kaisertums immer weiter zu forcieren 71 . So kommt es nicht von ungefahr, daB er am Ende der ersten sichtlichen Autoritatskrise seiner Regierung, die er durch die offentliche KirchenbuBe von Attigny im August 822 zu meistem suchte, zum alteren Stil der Reiseherrschaft zurückkehrte, die ihm Gelegenheit zu starkerer Prasenz an mehr Orten gab und Aachen bloB noch als eine Reisestation neben anderen behandelte, welche Ludwig freilich zeitlebens wenigstens einmal im Jahr aufgesucht zu haben scheint72 . Wenn 67 68

Vgl. Brown, Introduction (wie Anm. 55) S. 31 ff. Vgl. Alain Dierkens, Autour de la tombe de Charlemagne. Considérations sur les sépultures et les funérailles des souverains carolingiens et des membres de leur famille, in: Byzantion 61 (1991) S. 156-180.

69

Vgl. Philippe Depreux, Wann begann Kaiser Ludwig der Fromme zu regieren?, in: Mitteilungen des Instituts für iisterreichische Geschichtsforschung 102 (1994) S. 253-270.

70

Biihmer/Mühlbacher, Regesta (wie Anm. 2) Nr. 545, 546, 587a - 594, 621, 633a - 640, 645a - 646, 655a - 656a, 658a-b, 665a - 672f, 692a - 700d, 721, 722a - 730, 735b-738, 739a - 748. Vgl. Egon Boshof, Einheitsidee und Teilungsprinzip in der Regierungszeit Ludwigs des Frommen, in: Charlemagne's Heir (wie Anm. 17) S. 161-189. 822/23 ist der erste Winter in Ludwigs Regierung ohne Besuch Aachens; vgl. Orth, Frankfort (wie Anm. 15) S. 183 ff. In den Jahren 823 und 839 sind kaiserliche Aufenthalte in Aachen nicht ausdrücklich bezeugt, aber wegen Jagden in den Ardennen doch wohl anzunehmen; vgl. Rudolf

71 72

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in diesem Wandel somit ein Symptom beginnender Schwache der kaiserlich-karolingischen Zentralgewalt zu sehen ist, fallt im Rückblick noch einmal bezeichnendes Licht auf den umgekehrten Vorgang der allmlihlichen Etablierung in Aachen, den sich Karl wahrend der 790er Jahre buchstablich leisten konnte. Seine Sonderstellung im Verhaltnis zu dieser Stadt wurde den Nachgeborenenje langer, desto mehr zu einer unerreichbaren historischen Erinnerung. Anschaulich kommt das darin zum Ausdruck, daB Karl der erste regierende Karolinger war, der hier in Aachen sein Grab fand, und daB er der einzige geblieben ist.

Summary The long stay of Charlemagne in Aachen from Christmas 794 to July 795 was not his first at this place, but it introduced an increasingly doser series of extensive forther visits which justified to call Aachen his almost permanent political arena until Charlemagne's death in 814. It is doubtfol whether this was originally based on a fondamental decision: obvious though, is Charlemagne's tendency from the beginning of the 790s to stay longer than ever before in the same abode (Regensburg 791-793, Frankfort 794). This is obviously connected with the end of the military expansion of the Frankish empire but also seems to be a reaction to the internai and extemal crises of the year 792. Ever since Charlemagne refrained more and more from intervening in the different conflicts on the frontiers (apart from Saxony), he tumed to ruling the fate of his empire from a central position. This meant an alienation from the usual practice of the medieval travel-kingdom and it has to be valued not as a sign of weakness but of strength. Obviously Charlemagne could rely on his authority being present everywhere in the kingdom without his persona! appearance, he could rely on being currently informed about the important developments and also he could ensure the economical maintenance of the court through duties (rates, taxes, contributions) over long distances. In the strengthening of this reign Aachen rose to become the favoured and, later on, the exclusive residence which must be explained in Charlemagne's preference for Aachen's hot fountains, according to Einhard' s information. Anyway the transition to a steady capital was not without changes to the outer appearance of the court and the style of govemment; during Charlemagne's years in Aachen there is above all a large increase in

Schieffer, Hofkapelle und Aachener Marienstift bis in staufische Zeit, in: Rheinische VierteljahrsbHitter 51 (1987) S. 1-21, hier S. 16 Anm. 85.

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_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Vor 1200 Jahren: Karl der GroBe HiBt sich in Aachen nieder

written instructions (capitularies), which reflects on its part a changed comprehension of the empire as a result of the restoration of education. Charlemagne reigned long enough to reach the limits of these opportunities in his last years. The cultural and scientific growth under Charlemagne was not solely caused by his settlement in Aachen, as the decisive impulses were definitely given earlier on. But the permanence of the court from 794/95 on is of essential importance for the rootage of the restoration of education in the Frankish leadership and so became its historical far reaching effect. How much the attempt to keep a permanent residence in Aachen is based on the personal authority of Charlemagne, is visible in the fact that this residence had to be given up by Louis the Pious, only a few years after Charlemage' s death.

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Zorn geistigen Leben der

Karolin gerzeit Scholar y activity during Carolin gian times

Johannes Fried

Karl der GroBe, die Artes liberales und die karolingische Renaissance ,,Karl war ein wortgewandter, überschaumender Redner, der aufs leichteste auszudrücken verstand, was er wollte. Die Muttersprache genügte ihm nicht, er wandte sich fremden Sprachen zu, um sie zu lemen. Das Latein beherrschte er so ausgezeichnet, daB er es wie seine Muttersprache zu sprechen pflegte; Griechisch allerdings verstand er besser, als er es sprach. So beredt war er, daB er sprühend vor Witz, dicaculus, erscheinen konnte. Die freien Künste pflegte er mit groBem Eifer, ihre Lehrer verehrte er tief und belohnte sie mit hohen Würden. Den Diakon Petrus aus Pisa, schon ein Greis, hëirte er die Grammatik lehren; in den übrigen Disziplinen hatte er den Albinus, genannt Alkuin, auch er ein Diakon, [... ] zum Schulmeister. Bei ihm verwandte er viel Zeit und Mühe auf Berte »ldeale Rechteck« aus Abbildung 8. Da die Mitte der Aula identisch ist mit dem Zentrum des ehemaligen augusteischen Legionslagers5 von Aachen, das Wissen darum sich offenbar zur Karolingerzeit auch noch erhalten hatte, erzwang diese Tatsache eine Verschiebung der Langsachse um L/2 nach Osten, wenn (R) und (T) genau auf der Nord-Südachse der Anlage liegen sollten. Das neue Rechteck wurde zudem exakt nach Osten ausgerichtet, was zu der schon erwahnten Drehung gegenüber den Fluchten der Pippin'schen Anlage führte. Die wichtigste Ànderung gegenüber dem vorhergehenden Zustand war jedoch der Bau der Zentralkirche mit ihrem sechzehneckigen Gürtelschiff als Umgang. Durch die unveranderbare Lage des geweihten Altares (A) und des Thrones (T) gab es Planungsvorgaben: Ein Zentralbau mit MaBen aus dem Idealschnitt der Gesamtanlage muBte zwangsweise nach Osten verschoben werden, wenn er Thron und Altar mit einbeziehen sollte. Nach dem Abbruch der Basilika ergab sich dadurch eine Baulücke zwischen der GroBen Koncha im Westen und dem neuen Zentralbau im Osten. Wie die Abbildung 11 zeigt, erzwang der Idealschnitt auch eine Verschiebung des Atriums I nach Osten um die Strecke L/2 sowie eine Drehung der Fluchten um 3,5° aufgrund der genaueren Ausrichtung. Die neue Mitte der Anlage kam dadurch an die Ostseite des Verbindungsganges zu liegen. Neue Basislange für den GrundriB wurde die Lange 1/2· L-v'2. Um für den Zeitraum bis zur Fertigstellung des Neubaues über eine Kirche zu verfügen, wurde an der Nordseite des Querschiffes der Basilika eine kleine dreischiffige Kirche mit dem gleichen GrundriB wie beim südlichen Annexbau errichtet. Die oktogonale Gestalt der Palastkirche kam nicht zufallig zustande. Das Oktogon ist namlich das dem Idealschnitt zugehorige regelmaBige Vieleck. Die Abbildung 12 zeigt das am Beispiel eines »ldealen Rechtecks« mit der kürzeren Seite Y und der langeren Seite Y + Z, wobei Z die Diagonale des Quadrates ABCD, Y jedoch dessen Seite ist. Das Rechteck laBt sich in zwei gleiche Quadrate mit der Seitenlange Y und in ein kleineres !deales Rechteck BEFC aufteilen. Dessen kürzere Seite ist als

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Differenz von Diagonale und Seite gerade um den Faktor a gegenüber Y verkleinert. Es gilt: (Z + Y) : (Z - Y) = a 2 • Da bei einem Idealen Rechteck immer eine Aufteilung in ein kleineres !deales Rechteck plus zwei gleiche Quadrate moglich ist, erhalt man auf diese Weise eine Folge von Rechteckseiten, die alle um den Faktor a verkleinert sind. Mit einer analogen Konstruktion lassen sich aber natürlich auch die entsprechend vergroBerten Seiten gewinnen. lm linken Teilquadrat ergibt sich aus den Diagonalen von Quadrat und Rechteck ein regelmaBiges Oktogon mit dem Flacheninhalt A= Y2/ (v2·a). Schliigt man, wie im rechten Teilquadrat zu sehen ist, um die Ecken des Quadrates Viertelkreise mit der halben Diagonalen als Radius, so schneiden sie die Seiten in jeweils zwei Punkten. Deren Verbindung gibt ein exaktes Achteck, da das Mittelstück jeder Quadratseite um den Faktor a gegenüber der ursprünglichen Seite verkleinert worden ist. Die Flache dieses Oktogons betragt A = 2·Y 2/ a. Die Tangensfunktion des halben Oktogoninnenwinkels von 22,5° besitzt den Wert tan 22,5° = lia. Daher liefert diese Beziehung als geometrische Konsequenz die verschiedenen Achtecke. Verbindet man die gegenüberliegenden Ecken des Oktogons, so entstehen zwischen den entsprechenden Schnittpunkten dieser Geraden immer neue, um den Faktor lia verkleinerte Achtecke. Wie die Abbildung 13 zeigt, wurde der GrundriB des Aachener Zentralbauwerks in einem Quadrat mit der Seitenliinge 2·L konstruiert. Alle Baustrukturen wie Gewolbeansiitze, Pfeiler oder Mauerfluchten ergeben sich zwangsliiufig als Verbindungslinien zwischen den Schnittpunkten von In- und Umkreisen des Quadrates und des OktogonsC9l mit den Achsen und den Winkelhalbierenden des Quadrates, so wie den Verbindungen zwischen der Quadratmitte und den Ecken des Oktogons. Die Pfeilermitten wurden durch die Teilstücke der Seiten des Ausgangsquadrates als Folge des Idealschnittes festgelegt, der Abstand der einzelnen Pfeiler dagegen durch die Kreisquadratur. Die Planung gehorchte als geometrische Konstruktion dadurch exakt den Vorgaben des Idealschnittes. Die Abbildung 14 weist am Beispiel der groBen Arkaden des Oktogons nach, daB hier die MaBverhaltnisse für Hohe und Breite bei der Disposition durch die Moduli des Idealschnittes, und nicht durch die Kreisquadratur, festgelegt worden sind. Durch die genaue Ost-Westausrichtung des Kirchenbaues machte sich die »Schieflage« des alten Atriums I der Pippin-Basilika unangenehm bemerkbar, das zusatzlich nun auch nicht mehr in das veriinderte »ldeale Rechteck« paBte. Aus diesem Grunde 8 beschloB man offenbar seinen Umbau. Wie schon Buchkremer nachweisen, aber nicht begründen konnte, existierten zwei unterschiedliche Grundrisse im karolingischen Atriumsbereich. Das veriinderte Atrium II wurde nach der Abtragung des Narthex der Basilika um die Strecke L/2 nach Osten verschoben. Es erhielt nun vier

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neue Apsiden als Kapellen für Martyreraltlire. Noch im vierzehnten Jahrhundert lassen sich die Altlire der Heiligen Martin, Georg, Quirinus und Katharina an diesen Stellen nachweisen° 0l. Rekonstruiert man mit den erhalten Überresten von Simsen, Saulen- und Pfeilerbasen das Atrium II auf der Grundlage des ldealschnittes, so zeigt die Abbildung 15 ein zweigeschossiges Bauwerk, das im UntergeschoB einen Saulenumgang, darüber im ObergeschoB hingegen geschlossene Raume aufwies. Hier dürften sich die Raumlichkeiten der »Kaiserlichen Hofkapelle« befunden haben. Die Saulendurchmesser und deren Hohe sprechen für die Wiederverwendung romischer Saulen eines Portikus aus dem Ende des 2. Jahrhunderts 5 durch den Baumeister des Atriums IL Die Konstruktion des Umgangs mit seinen Arkaden sollte offenbar ebenfalls bestimmte mathematische Beziehungen zum Ausdruck bringen. So betragt das Verhiiltnis der Anzahl der Arkaden für Langs- und Querseite mit 20:8 = 5:2 = a, und auch die Zahl der Fenster ergibt mit 7:3 = a. Das verwundert nach dem bisher Gesagten nicht sonderlich, da sich ahnliche Bezüge auch an Romerbauten der Antike nachweisen lassen5 , die mit dem Goldenen Schnitt geplant wurden. Allerdings spielt die Gesamtzahl der Saulen zusatzlich auf die eingangs erwiihnten platonischen Zahlenverhaltnisse an. Die Ordnung dieser Zahlen findet sich namlich im Gesamtbauwerk wieder, und zwar in Gestalt von bestimmten Vielfachen der Zahl Acht, die wir bereits beim Oktogon als Schlüsselzahl bei der Geometrie des Idealschnittes angetroffen haben. Die gesamte Folge der platonischen Zahlen als Produkte mit der Achtzahl findet sich in der Kirchenanlage : 1·8 Seiten hat das Oktogon, 2·8 Seiten das Sechzehneck; 3·8 betragt die Anzahl der AltareC 11 l und 3·8 = 24 ist die Schlüsselzahl für die Darstellungen im Kuppelmosaik. 4·8 Raume besitzt das sechzehneckige Gürtelschiff des Zentralbaus und 9·8 Saulen gibt es in den Oktogonarkaden, dem Westraum hinter dem Thron und im Atrium II. 8·8 Fenster, Türen und Bogen lassen Licht ins Oktogon fallen, und 27·8 = 216 betragt die Gesamtzahl der Arkaden, Pfeiler und Fenster im Atrium (72), der Pfeiler, kleinen Arkaden und Bogen im Oktogon (72), so wie der Felder und Stege in den acht Bronzegittem (72).

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Der Bauplan der Aachener Palastkapelle

Die Harmonie der musikalischen Konsonanzen des griechischen Tonsystems spiegelt sich also in den Zahlen des Kirchenbaus ebenfalls wieder. Atrium II und Zentrales Sechzehneck müssen deshalb als bauliche Einheit gesehen werden. Die bisherigen Darlegungen haben gezeigt, daB die Palastanlage in Aachen mit den mathematischen und bautechnischen Kenntnissen der Antike einheitlich geplant wurde. Die sich durch »Selbstlihnlichkeit« ausdrückende Symmetria ergab sich dabei wegen der V erwendung des ldealschnittes mit all seinen Aspekten wie Modulus, Kreisquadratur und Oktogon ais charakteristischem Polygon. Unbeantwortet blieb bisher allerdings die Frage, warum das Bauwerk mit so groBer Prazision im Gellinde nach Osten ausgerichtet wurde und mit solch offenkundiger Zahlensymbolik errichtet worden ist. Eine Antwort kann ein Schnitt durch die Kirchenanlage in Ost-Westrichtung liefem: Das Bauwerk besitzt namlich mit dem Thronsitz (T) des Herrschers im ObergeschoB ein eindeutiges Zentrum. In der Abbildung 16 erkennt man an den eingezeichneten Sichtlinien, daB Karl der GroBe von seinem Thronsessel aus zwischen den Saulen hindurch die Christusgestalt in der Kuppel, den Erloseraltar A 1 im ObergeschoB der Doppelkapelle mit der Geistlichkeit der Hofkapelle und den Marienaltar A 2 der Stiftsgeistlichkeit im UntergeschoB erblicken konnte. Gleichzeitig lag auch die Rednerkanzel in seinem Blickfeld. Nach Westen zu gab es direkten Blickkontakt ins Atrium, wo bei (W) das Standbild der »Romischen Wülfin« stand. Das war durch ein kleines Fenster (Fenestella) in der Wand der GroBen Koncha moglich, welches so als optische Blende oder als Eintrittspupille zum Atrium wirkte. Der GrundriB des Obergeschosses mit dem Thronraum im Westjoch des Sechzehnecks in Abbildung 17 macht zudem klar, daB der Kaiser in NordSüdrichtung zusatzlich ungehindert auf seinen Richterthron in der Aula Regia schauen konnte. Wie vom Ursprung eines Koordinatenkreuzes aus war der dreidimensionale Raum der Palastanlage daher für ibn in allen Haupthimmelsrichtungen überschaubar. Zur Erinnerung sei angemerkt, daB der Thron ja auf der Mitte der Basis eines gleichschenkligen Dreiecks steht, dessen Ecken durch das Zentrum der Aula Regia (R), den Altar (A) und den Reinigungsbrunnen (Q) gegeben sind. Es ist anzunehmen, daB es für diesen Tatbestand einen wichtigen Grund gegeben bat. P. Richë 12l erwahnt, daB es für das Jahr 800 eine Weissagung gegeben habe, der zu Folge das Weltende und das Letzte Gericht mit dem Erscheinen des Erlosers am 25. Dezember jenes Jahres zu erwarten gewesen seien. Christus als das »Neue Licht der Welt« sollte im Osten erscheinen. Die Begründung hierfür lieferte die auf den Kirchenvater Hieronymus zurückgehende Berechnung, die W elt sei 5199 Jahre vor Christi Geburt erschaffen worden. Am 25. Dezember 800 begann nach dem damaligen Kalender das neue Jahr 801 und daher endete am 24. Dezember 800 das sechste

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Jahrtausend seit Erschaffung der Welt, da 5199 + 800 = 5999. Nach biblischer Vorstellung war die Zahl 6 die Zahl der Weltalter, und nach 6 Jahrtausenden sollte die Geschichte mit dem Erscheinen Christi ihr Ende erreicht haben. In Erwartung des Erlosers muBte das Bauwerk hierlür exakt mit seiner Achse nach Osten ausgerichtet sein. Aus dem Umfeld der Papste Hadrian 1. und Leo III. wurde Karl zudem immer wieder gedriingt, endlich die Rolle des »Neuen Konstantin« zu übernehmen, der den Kaiserlrieden auf Erden verwirklichen sollte, um dem Gottesfrieden und der Vollendung der Geschichte den Weg zu bereiten. Moglicherweise waren diese Ermahnungen als Motivation für den Frankenkonig gedacht, um ihn dadurch zu bewegen, in immer neuen Eroberungskriegen die germanischen Konigsreiche im Westen des ehemaligen Romischen Imperiums zu unterwerlen und für die katholische Kirche und das Papsttum zu gewinnen. Als »Neuem Konstantin« oblag Karl die Aufgabe, die Gottliche Ordnung auf Erden zu verwirklichen, die sich durch die Gesetze der Mathematik atisdrückte. Karl wollte offenbar das Weltende auf dem Thron sitzend in seiner Kirche in Aachen erleben. In Erwartung des entscheidenden Augenblickes muBte der Blick in alle vier Haupthimmelsrichtungen frei sein. Das erklart im Hinblick auf die Wichtigkeit dieses eschatologischen Ereignisses die Sorgfalt bei der Planung des Bauwerkes und die Genauigkeit bei seiner Errichtung. Die Darstellungen in der WOlbung der Kuppel erinnerten den Herrscher auf seinem Thron durch die Wiedergabe des Weltendes gemaB der »Offenbarung des Johannes« bestandig an dieses alles entscheidende Ereignis. DemgemiiB stellt das Oktogon denn auch eigentlich das Innere einer gewaltigen Krone mit den vergoldeten Gittern als Kronreif dar, die der Kaiser symbolisch dem in der Kuppel schwebenden Christus darreicht. Die acht Arkaden tragen das scheinbar schwerelos schwebende Gewolbe wie den Baldachin der Krone, sie ziehen den Blick magisch zur Hohe hinauf und richten ihn auf das Christusbild im Osten. Als das Jahr 800 niiherrückte, war Karl für damalige Verhiiltnisse bereits ein alter Mann. Es lag deshalb nahe, für den Fall seines vorzeitigen Todes Vorsorge zu treffen. Das geschah um 790 durch die Anlage eines Grabthrones in dem Kirchenbau, der nun auch die Funktion eines Mausoleums für den Herrscher übernehmen sollte. Wie man bereits in der Abbildung 16 erkennen kann, muB der Thron ursprünglich einen anderen Aufbau gehabt haben, als ihn der heutige »Karlsthron« besitzt. Der Unterbau für den hülzernen Thronsessel muB etwa 2,2 Meter Hohe besessen haben, damit sich die beschriebenen Sichtlinien ergeben. AuBerdem ist es undenkbar, daB der Kaiser seinen Thron mit dem Rücken zum Altar betreten haben konnte, wie es

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die heutige Anordnung des Thronsitzes erfordem würde. Der Herrscher hatte sich dabei zusatzlich noch an den Saulen der Westarkade des Oktogons vorbeidrangen müssen, wobei er nur mit Mühen einem Absturz durch das offene Mittelfeld des Westgitters entgangen ware. Der Zugang zum Thron muB vielmehr von Westen her mit Blick auf den im Osten stehenden Erloseraltar erfolgt sein. Berücktsichtigt man diese Argumente und die Mathematik des Idealschnittes, so gibt es nur eine Moglichkeit, um im Westjoch einen entsprechenden Unterbau für den Thronsitz zu rekonstruieren. Wie die Abbildung 18 deutlich macht, erfolgte bei ihm der Zugang über zwolf Stufen, von denen nur noch wenige im heutigen »Karlsthron« erhalten blieben. Glaubt man den historischen Quellen, die von der Grablegung Karls am 28. Januar 814 berichten(l 3l, so muB es ein bereits fertiges Grabgewolbe gegeben haben, in dem der Leichnam des Kaisers nach seiner Einbalsamierung am Todestag beigesetzt worden ist. Analysiert man die Bestandteile des »Karlsthrones«, so muB man eigentlich zwangsliiufig zu folgendem SchluB kommen: Der vorhandene Thronsessel aus weiBem parischem Marmor muB der Grabthron gewesen sein. Die Berarbeitung seines Unterbaus, der Thronmensa, zeigt deutlich, daB der Sessel ursprünglich nach W esten ausgerichtet gewesen ist. Aufgrund der Vorgaben durch den Idealschnitt laBt sich leicht eine geeignete Grabkammer rekonstruieren, die in einem Gewi::ilbe un ter dem Thronaufbau für den hi::ilzemen Thron Platz hatte. Sie besaB unter den Treppenstufen einen Zugang von W esten her. ln ihr war der Marmorthron so aufgestellt, daB er sich genau unter dem darüber befindlichen Holzthron befand. Dabei nahm man offensichtlich in Kauf, daB der tote Kaiser nach W esten blickte. Der Zugang zur Grabkammer von W esten her lieB allerdings keine andere Wahl. Nachdem man am Todestag einige Stufen entfemt hatte, war es mi::iglich, den einbalsamierten Leichnam vor Beginn der etwa sieben Stunden nach dem Tod eintretenden Leichenstarre in sitzender Haltung auf dem Marmorthron beizusetzen. Danach wurde der Zugang zugemauert und das Gewi::ilbe dadurch verschlossen. lm Jahre 1000 wurde Karl der GroBe nach der Grabi::iffnung durch Kaiser Otto III. mumifiziert auf seinem Thron sitzend gefunden. Mit dieser lnterpretation der Ereignisse beantworten sich alle offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Grabe Karls des GroBen und bestatigen zugleich die verschiedenen Schilderungen der Grablegung und der Wiederauffindung des Kaisers. Um das Jahr 1355 herum begann man in Aachen mit dem Bau einer Chorhalle, die den Karlsschrein aufnehmen sollte. lm selben Jahre wurde der deutsche Ki::inig Karl IV. in Rom zum Kaiser gekri::int. Vieles spricht dafür, daB dies der AnlaB für den Baubeginn gewesen ist, da der neue Kaiser die Verehrung seines karolingischen Namensvorgangers in starkem MaBe fürderte. Bis zur Fertigstellung der Chorhalle dürfte der

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Axel Hausmann - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

bereits von dem Staufer-Kaiser Friedrich I. in Auftrag gegebene und im Jahre 1215 vollendete Karlsschrein mit den Gebeinen des heiliggesprochenen Karolingers Karl in der Mitte des Oktogons aufgestellt gewesen sein. Da die Zahl der Pilger stark zunahm, die nach Aachen zum Schrein Karls des GroBen zogen, wurde eine Erweiterung des Gotteshauses notwendig. Es ist nun interessant zu prüfen, ob es bei der Planung der Chorhalle auch so etwas wie eine »Disposition« im Sinne von Vitruv gegeben hat. Die Abbildung 19 zeigt den GrundriB von Zentralbau und Chorhalle, wie er sich nach dem AbriB des karolingischen Chores darstellt. Wie man erkennt, besteht das Langsschiff des gotischen Neubaus aus einem quadratischen Saal, der mit einem InnenmaB von (\/2·L·a)/4 exakt dieselben Abmessungen aufweist wie der Saal des Südlichen Annexgebaudes und der lnnenteil der Kleinen Basilika im Norden. Auch deren auBere Lange (Y2·L·a)/2 findet sich zwischen Chormittelpunkt und Oktogon wieder. Bei der Überprüfung der MaBe ergibt sich, daB alle relevanten Langen der karolingischen Kirchenanlage auch bei der Chorhalle anzutreffen sind. So miBt etwa die Strecke zwischen der Oktogonmitte und dem Beginn des Chorabschlusses genau 2·L. Sie besitzt damit die Lange der BasisgroBe des Oktogons, die sich dort als Hohe der Kuppel wiederfindet. Man konnte also sagen, daB die Chorhalle eine Abbildung der karolingischen Kirche sei. Die wichigste Baulange scheint ein Viertel des Durchmessers des Sechzehnecks von (n.Y2·L)/8 zu sein. Der Mittelpunkt des Chores als Ort für den Schrein Karls des GroBen hat als Abstand vom Mittelpunkt des Zentralbauwerks gerade dessen AuBendurchmesser (n.Y2·L)/2. Der neue Platz für den Schrein entsteht daher durch Spiegelung des Oktogonmittelpunktes an der AuBenwand des Sechzehnecks. Sieben der MaBe (n.Y2·L)/8 passen zwischen den Eingang zum Sechzehneck und das Ende des Chores im Osten. Überhaupt scheint die Siebenzahl der Apokalypse eine besondere Rolle zu spielen. So betragt die Zahl der Pfeiler der Chorhalle 2 ·7, und der Chor leitet seine Form ebenfalls von einem Siebeneck her. Er stellt ein Segment von 9/14 eines fast regulliren Vierzehnecks dar. Wie die Abbildung 20 deutlich macht, stammt dessen Konstruktion ursprünglich vom »Goldenen Schnitt«. Ausgangsfigur ist ein rechtwinkliges Dreieck HIK, dessen kürzere Kathete Hl die Lange » 1«, dessen Hypothenuse IK dagegen die Lange » « besitzen. Die Lange der groBeren Kathete HK betragt damit ( 2 - 1) 112 =v. Zusatzlich zur schon beim »Druiden-Dreieck« beschriebenen sehr genauen Umfangsquadratur nlihert das Quadrat über HK mit dem Fllicheninhalt die Kreisflache 1/2 ·n eines Kreises an, der dem Quadrat über der kleineren Kathete HI umbeschrieben ist. Wlihlt man für HI fünf Einheiten, für IK aber acht Einheiten als Lange, und gibt so wieder als "" 8/5, dann wird die Kreisflache noch genauer angenlihert mit (5/v2) 2·n "" 82 - 5 2 oder n "" 78/25. Der Winkel zwischen kurzer

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_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Der Bauplan der Aachener Palastkapelle

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Abbildung 18: lm Westjoch des Obergeschosses laBt sich mit Hilfe des Idealschnittes ein gemauertes Podest für den holzemen Karolingerthron rekonstruieren, zu dem von Westen her zwolf Stufen hinaufführten. Unter dem Thronsitz existierte eine Grabkammer, in der Karl d. Gr. nach seinem Tode einbalsamiert auf einem Marmorthron beigesetzt wurde.

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- - -- - - - - - - - - - - - - --

Der Bauplan der Aachener Palastkapelle

z--Abbildung 19: Die gotische Chorhalle aus der zweiten Halfte des 14. Jahrhunderts ist ein Abbild der karolingischen Kirche. Das Zentrum des Chorschlusses ist ein Spiegelbild der Mitte des Oktagons.

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Abbildung 20: Das regelmaBige Vierzehneck Aachener Chorhalle wurde mit Hilfe eines »Druiden-Dreiecks« konstruiert, das in antiker Zeit bei der Kreisquadratur vcrwendet wurde.

Michael Jansen

Concinnitas und venustas .. Weitere Uberlegungen zu MaB und Proportion der Pfalzkapelle Karls des GroBen 1 In seinem Aufsatz ,,Von den Ursprüngen der Aachener Pfalzkapelle" umriB Walter Boeckelmann 1957 noch einmal das bis heute oft diskutierte eigentliche Problem der wissenschaftlichen Auseinandersetzung über die Aachener Marienkirche; namlich, daB man nicht wisse, welchen inhaltlichen und formalen Ursprungs sie sei. Keine der bis dahin angeführten Ableitungen aus anderen Bauwerken sei bisher wirklich überzeugend. Als eines der mi:iglichen formalen, aber auch geistigen Vorbilder wird immer wieder San Vitale in Ravenna2 herangezogen, formai unter anderem wegen der Âhnlichkeit der oktogonalen Form, inhaltlich ais Typus einer 'byzantinischen Palastkirche'3 wie etwa bei André Grabar (1946:570) vorgestellt.

2 3

Wesentliche Teile dieses Beitrages sind deshalb meinem Aufsatz 'Weitere Überlegungen zu Modul und Ikonographie des Aachener Dornes', 1992 aus der Festschrift für Professor Urban entlehnt, weil für diesen Beitrag eine Wiederholung des forschungs-geschichtlichen Hintergrunds zum Thema ais sinnvoll erscheint.Seit 1992 konnten weitere Zeichnungen zum Dom angefertigt werden, eine dreidimensionale idealtypische CAD-Simulation, im Auftrag des Dombaumeisters erstellt, ist mittlerweile abgeschlossen. Die meisten der hier prasentierten Zeichnungen sind diesem graphischen W erk entnommen. Die Dokumentation hat noch einmal bestatigt, daB das Bauwerk ein komplexes, durchproportioniertes Prazisionsbauwerk ist. Mit dem Beitrag Axel Hausmanns (1994) haben sich zusatzliche faszinierende Dimensionen aufgetan. Seine 'QuadratDiagonal-Theorie' auf dem Idealschnitt beruhend ist insgesamt überzeugend. In ihr finde ich zu meiner Beruhigung meine 'Oktogonaltheorie' wieder. Mit diesen neuen Ansatzen mag das Geheimnis um 'Proportion und Zahl' weiter ergründet sein. Fichtenau, H. 1951; Beenken, H. 1951 etc. Der unmittelbare EinfluB von Byzanz auf die Architekturform San Vitales ist nicht gek!art, vor allem da der byzantinische EinfluB erst nach dem Zusammenbruch des ostgotischen Reiches mit der Gründung des Exarchats von Ravenna nach 582 erfolgte.

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MichaelJansen _ _ __

Übersichtsplan vom Dombereich

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Concinnitas und venustas - MaB und Proportion der Pfalzkapelle Karls des GroBen

Als ein weiteres Vorbild gilt der Chrysotriklinos, ein Thronsaal halbkirchlichen Charakters im Kaiserpalast zu Konstantinopel 4 , der ebenfalls als Vorbild fur San Vitale in Ravenna gedient haben sons. W eitere mogliche Vorgangerbauten wie die Kirche Sergios und Bacchos und selbst die Hagia Sophia entstammen ebenfalls dem byzantinischen Kulturraum. Boeckelmann wies bereits auf den Konflikt in der kunsthistorischen Ausdeutung zwischen physischer Form, 'Herkunft' und 'phanomenaler Gestalt' hin: ,,Gilt es dann, die phanomenale Gestalt der Aachener Pfalzkirche auszulegen und zu würdigen, so gelingt das im wesentlichen gegenjene 'Vorbilder'. Vorbild und Nachbild, Herkunft und Erscheinung entwerten sich gegenseitig." (Boeckelmann 1951: 11 ). Eine der Herleitungsschwierigkeiten mag mit dem Begriff der 'Kopie' zusammenhangen: Zur Übertragung eines Inhaltes bedurfte es nicht des formalen Kopierens im heutigen Sinne, es genügten Anklange an die kopierte Form (siehe etwa Bandmann, G. 1951:48). Somit ware es müBig, bei der Marienkirche als moglicher Kopie eines anderen Bauwerkes als Trager einer zu kopierenden Funktion auf Identitat von Funktion und Form zu beharren. Eine Funktion 'Palastkirche', 'Kronungssaal', 'Taufkapelle', 'Grabbau', etc. kann in Weiterführung alterer Traditionen unter Einbeziehung signifikanter Formen dieser alteren Tradition in neuen Formen ihren Ausdruck finden. Dabei wird hier als signifikante Form vor allem das Oktogon angesehen, das als Typus den oben erwahnten Funktionen und deren Sinngehalt dienen kann (Abb. 1). Nur gibt es in der Architekturgeschichte keine, im mathematischen Sinne ,,eineindeutigen" Relationen 6 zwischen Form, Funktion und Bedeutung von Architektur, so daB formale Analogieuntersuchungen kaum zu einem differenzierteren Ergebnis führen werden. Die Frage nach dem Ursprung der Marienkirche sowie nach ihren inneren und auBeren GesetzmaBigkeiten ware somit vor allem an das Bauwerk selbst zu stellen. Geht man dieser Frage nach, so ist man überrascht festzustellen, daB bis heute im Verhaltnis zur Bedeutung des Bauwerkes vergleichsweise wenige baumorphologische Untersuchungen durchgeführt sowie prazise Gesamtdokumentationen erstellt worden sind.

4

Fichtenau, H. 1951:7; Bandmann, G. 1951:201 etc.

5

von Simson, O. 1948:143

6

lm Sinne der prinzipiellen Umkehrbarkeit eines Schlusses. Etwa: Taufkapellen haben eine achteckige Form. Also sind alle Achteckbauten Taufkapellen.

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Michael Jansen - - -- -- - -- -- - -- -- -

Abbildung 1: Darstellung Oktagon

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Concinnitas und venustas - MaB und Proportion der Pfalzkapelle Karls des GroBen

Die letzten Bauaufnahmen für das Oktogon vor der Ausführung der Marrnorverkleidungsarbeiten im Jahre 1913 stammen von Josef Buchkremer (1900) (Abb.2) und von Erich Schmidt (1910). Beide sind meBtechnisch fehlerhaft, da nicht alle Punkte trigonometrisch erfaBt wurden. Photogrammetrische Teildokumentationen wurden allerdings bereits seit 1954 durch das Institut für Photogrammetrie der RWTH unter Fritz Loschner begonnen und konzentrierten sich spater im wesentlichen auf Verformungsstudien an den AuBenpfeilem des gotischen Chorsaales (Loschner, F. (Hrsg.) 1972). Diese umfangreichen Prazisions-Teilaufzeichnungen werden in Zukunft für die morphologische Bearbeitung der Marienkirche von groBer Hilfe sein. Trotzdem fehlt immer noch eine genügend prazise Gesamtaufnahme als Grundlage entsprechender Studien. Den hier angeführten Untersuchungen an der Marienkirche dienten die Bauaufnahmen und Rekonstruktionszeichnungen von Felix Kreusch7 (1965) als Grundlage, gestützt und überprüft durch die um 1900 entstandene Buchkremer'sche Bauaufnahme. Die Genauigkeit der dieser Rekonstruktion zugrunde liegenden Bauaufnahme reichte, wie noch zu sehen sein wird, für die durchgeführten Moduluntersuchungen aus. Genaueste Bauaufnahmen sind dann notwendig, wenn man über Modul- und Proportionsuntersuchungen hinaus die damals angewandten MeBeinheiten bestimmen wollte 8 . Boeckelmann9 (1957:21-22) entwickelte in seiner Abhandlung anhand der ihm vorliegenden Bauaufnahmen ein Modulsystem basierend auf l'(karol.)= 33,29 cm als MeBeinheit. Den Modul ermittelte er auf 25' bzw. 50'(karol.) entsprechend 832,25 cm bzw. 1664,50 cm. Die metrische GroBe für den karolingischen FuB erhielt er ,,Nach Durchprüfung und Umrechnung zahlreicher MaBangaben von Meter in karolingische FuB ... " (Boeckelmann, W. 1957:21). Als Beweis für die Gültigkeit seines Moduls führte er die lichte W eite des Oktogons über die Seiten mit 14,45 m plus der beiden Mauerstarken (jeweils 1,06 m) an und erhielt somit die nord-südliche Gesamtweite des Oktogons mit 16,52 m AuBenmaB, das nur um 13 cm von seinem errechneten Modul 50'(karol. = 16,65 m) abwich. Kreusch bestatigte in seinem Aufsatz ,,Das MaB des Engels" (Kreusch, F. 1964:73) die Buchkremer'schen, von Boeckelmann übemommenen metrischen MaBe und testete an ihnen den mit 33,27 cm um zwei

7

wobei im Zuge der Moduluntersuchungen offensichtlich wurde, daB Kreusch vor allem im Bereich der AuBenfenster symmetrisch rekonstruiert hat.

8

siehe etwa: Freckmann, K. 1965, Naredi-Rainer v., P. 1982 mit umfangreichen Bibliographien.

9

Keiner der Autoren, die sich mit dem MaBsystem auseinandergesetzt haben, ist kritisch auf das Problem der MeBgenauigkeit heutiger Aufzeichnungen eingegangen.

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Michael Jansen - -- -- - - - - -- --

Abbildung 2: Buchkrcm er

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Concinnitas und venustas - MaB und Proportion der Pfalzkapelle Karls des GroBen

Zehntel MillimeterlO k:ürzeren drusianischen FuB 11 . Bei einer durchschnittlichen Innenseitenlange von 5,99 m1 2 ergibt sich ein oktogonaler Innenumfang von 47,92 m13, fast genau 144 drusianische FuB zu 33,27 cm 14 . Diese MaBzahl '144' wurde bereits durch C.P. Bock vor mehr als hundert Jahren 'entdeckt' und mit der heiligen Zahl '144' des Himmlischen Jerusalem gleichgesetzt, von dem es in der Offenbamng (XXI 17) heiBt: Et mensus est murum eius centum quadraginta quatuor cubitorum, mensura hominis, quae est angeli

Für Kreusch war die Wahl der 144 FuB als InnenmaB des Oktogons nicht nur eindeutiger Hinweis auf das Himmlische Jerusalem und somit auf eine Grabeskirche (Kreusch, F. 1964:75), sondem auch Beleg für den Bau als Mausoleum Karls des GroBen (Kreusch, F. 1964:77).

Ein weiteres Modulsystem Nach Annahme Boeckelmanns (1957) ist das Oktogon in bestimmter Art und Weise modulhaft mit dem Gesamtbau verbunden. Unabhlingig von der Frage, ob, wie er behauptet, der AuBendurchmesser des Oktogons über die gegenüberliegenden 10

Kreusch zitierte die metrisch transponierten FuBmaBe nach Alberti v., H.J. 1957. Grundsatzlich ist anzumerken, daB die Zehntelmillimetergenauigkeit bei der Transponierung der FuBmaBe in melrische vollig überflüssig ist, da erstens kein damaliges BaumeBsystem solche Genauigkeiten aufwies (selbst die Millimetergenauigkeit ist bei heutigen Bauausführungen kaum erreichbar) und zweitens die Transponierung über MeBtestreihen erfolgt, die lediglich einen mittleren Durchschnittswert darstellen kiinnen, dessen Abweichung unmittelbar von der MaBungenauigkeit abhangt (siehe Arens, F.V. 1938).

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Computistical studies show yet another developement of astronomy which had significant results. Sorne manuscripts display drawings of planetary orbits whicb have led some historians of science to the conclusion that aJI were centred upon the earth. That may have been the case for most Hellenislic scholars, but the diagrams created by Carolingian astronomers often showed that data presented in schools about phenomena of planetary orbits did not assume the earth as centre.

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Wesley M. Stevens - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Greek, Roman, and Carolingian computists and astronomers had many ideas about wandering stars. From the sixth to fourth century before Christ, in order to account for the irregular motions of certain stars called planeta, the Pythagoreans perhaps and certainly Eudoxos of Cnidos, Cyzicos, and Athens (ca.408-355 B.C.) created the model of interactive orbs on the same centre. This system of homocentric spheres was improved but made more complicated by Callippos of Cyzicos (ca.370-300), Aristoteles of Stagira (ca.384-322), and others during the fourth and third centuries. There was no Latin translation of their Greek works, and none of their astronomical studies were known to Carolingian schoolmasters. Despite considerable diplomatie and cultural exchange between Aachen and the Byzantine and Arabie courts, it seems that no Greek or Arabie copy of an ancient astronornical text was communicated to later scholars of the Roman or Persian empires, for none has survived in any language from this period, not even Aristotle's De Caelo. Likewise, the astronornical data, theories, and applications in works of Hipparchos of Nicaea and Rodos (ca.190120 B.C.) or of Ptolemaios of Alexandria (ca.A.D.100-165) were unknown to Carolingian schoolmasters. Yet, there were alternatives to Eudoxos, Aristoteles, and Ptolemaios which had significant results for astronomy. 'Frankish masters and students received two drawings of planetary orbits from the Greeks, and they created several new ones. Four such astronomical diagrams 72 appear for example in the computistical collections from Fleury (A.D.820), Metz (820840), and other Carolingian schools during the ninth and tenth centuries. Much of that work may have first been done in preparation for the Aachen study conference of A.D.809, and the four Carolingian diagrams were used in whole or in part in a Compilatio Computistica Et Astronomica A.D.DCCCV IIII which stemmed from that occasion.· The large compilation of technical tracts and tables exists in two versions, known today under the modern headings of ,,Three Book Computus" (A.D.809/10) and ,,Seven Book Computus" (812/20). The latter is found in ms Madrid Biblioteca Nationale Lat.3307 (A.D.820-840), written at Metz and Prüm, and in five other manuscripts of the ninth and tenth centuries. But there are many other manuscripts

72

Verbal explanations for descriptions of planetary motions are seldom fonnd without the diagrams, for in Carolingian schools those texts are intended to illuminate the diagrams, in order to make them clear for use by students of astronomy. These four were often accompanied by excerpts from Pliny's Natural History, book II; and two excerpts from book XVIII were also used. The texts were analysed by Eastwood (1986), the diagrams by Eastwood (1986, 1987) and Stevens (1993).

448

Astronomy in Carolingian Schools

73 Sorne of them which transcribed selected texts and diagrams from the compilation. ry theory. contain four diagrams which represent different aspects of planeta concentric circles of terms Sequence and harmonie intervals could be visualised in A.D.820, probably in two relatively simple diagrams, as in the manuscript dated to display the sefrom Fleury. 74 One was a simplified diagram (f.159v) which served 7]; a second diagram quence of planets from the earth but not their distances [Figure from the earth and (f.181) is Pythagorean and shows relative distances of the planets [Coloured Figure I]. 75 from each other, expressed in the literature as tone-intervals not well described by Their wanderings back and forth amongst the fixed stars were irregularities, such the concentric circles of these Hellenistic figures, nor were other and Mars. But there as changes of brightness of all of them, but expecially of Venus es reached by planets are other diagrams which display the farthest and nearest distanc ry orbits within the from the earth, called apsides, as well as latitudes of planeta zodiacal scale which are new. in the early Latin The deferent circles and epicycles of Ptolemaios were not known century by Calcischools. Epicycle had been mentioned in the first half of the fourth later about A.D.470 dius in his Latin Commentary on parts of Plato's Timaios, and term conceming the by Martianus Capella of Madaura (North Africa) who used that

A.D.810-818, often using annus The "Three Book Computus" was created within the period, and München Staatsbibl. Lat.387 ÔNB Wien ms in found is it ; DCCCX praesens DCCCVIIII or CLM21 0. B. Communale F.9/176 (A.D.869), The "Seven Book Computus" is also found in ms Monza 2) and Regin.lat.309 (s.IX2), Paris BN N.a.lat.456 (s.IX/X) and (s.IX 45 Vatican, Vat.lat.6 Paris BN N.a.lat.1615 (A.D.820) Lat.12117 (A.D.1031-60). Major selections are found in ms 2 ) f.24, and ms Paris BN Lat.5239 (s.X in) f.125v. (s.IX 347 ibliothek f.128-193, Bern Burgerb "Alcuin und die Enzyklopadie von Both collections and their contexts were analysed by Borst, 809" (1993). which contains astronomical diagrams, 74 The third part (f.128-193) of ms Paris BN N.a.lat.1615, with parts of two other manuscripts ned recombi stolen, was it before codex formed a separate marketing their books. Its writing is before Barrois, the usual procedure of those thieves, Libri and d to Auxerre; the writing space is attribute been have which two and one parts in not the same as the annus praesen s is DCCCXX. 154 folio on and larger, gatherings are signed in a different style, ages" (1993), p.15-16, note middle the on ive perspect double "A Stevens, by is n Further discussio 29. liothek 187 (Salzburg 810-816) f.123, 75 Similar diagrams are in ms Wien Ôsterreichsche Staatsbib (1987), fig.l; München, Bayeris che s" diagram ical astronom "Plinian d, Eastwoo reproduced by reprodu ced by von Euw, "Die f.123, -818) Staatsbibliothek CLM 210 (Regensburg A.D.812 ca national 3307 [L.95] (Metz Bibliote Madrid ms in and fig.15; (1993), ng" künstlerische Gestaltu fig.3. There are many (1986), y" astronom A.D.820-840) f.64, reproduced by Eastwood, "Plinian

73

others.

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Wesley M. Stevens - - -- -- - -- -- - - - - - - - -- -- -- -- - -

8 Figure 7: Planetary orbits in sequence

450

---------------------~ Astronomy in Carolingian Schools

two planets: Mercury and Venus. Calcidius and Martianus were introduced to Carolingian schools during the middle of the ninth century, and glosses to surviving manuscripts of their works during the second half of that century show how quickly interest in the concept developed. Many Carolingian diagrams show the motions of Mercury and Venus tuming about the Sun as their centre, while the group of three planets orbits the earth together. Two such diagrams were known on the Reichenau in ms Karlsruhe Augiensis CLXVII, fol.16, already by about A.D.840 [Figure 7]. One shows earth-centred circles of Sun, Moon, and only three other planets (Mars, Satum, Jupiter), but with them are displayed two Sun-centred circles for the orbits of Mercury and Venus. Beside it a second Reichenau diagram enlarges that group and shows only the two planets moving about the third. Regular circles were made with a compass on the same centre to represent orbits of Mercury and Venus in the first diagram; but in the second the orbit of Mercury is distorted, perhaps indicating not an ellipse but a third dimension of orbits.76 Spatial relations of planetary apsides however could not be so simple. 77 In the early ninth century therefore Carolingian masters introduced apsidal diagrams which took several forms (e.g. f.160v) to show positions of planets at apogee (farthest) and at perigee (nearest) during the different periods of their orbits, together with their stations and retrogadations [Figure 8]. If a planet is sometimes nearer and other times farther from the earth, its orbit cannot centre on the Barth, of course. Deviation in latitude from the ecliptic was also newly drawn (fol.161). This schema teaches planetary latitudes by projection of planetary orbits onto the circular band of the Zodiac which thus gives the appearance of roughly concentric circles [Figure 9], but in fact the orbit of each planet has its own centre, and the earth is not shown at all. It is difficult to pick out paths of the planets until you notice that each one is interrupted by a zig-zag, representing phenomena of apparent stations and retrogradations. The moon's extreme deviations are sevenpartes above and five below the ecliptic, by which the breadth of the zodiacal scale is defined by thirteen lines into twelve spaces. Whoever was called upon to make the drawing in a manuscript however

76

lt seems that different planes of orbit were envisaged. If all planetary orbits were not in the same plane with each other, one could account better for the changing brightness and colours of planets noted by Isidorus, Beda, et alii de natura rerum.

77 Sorne ofthis material has also been discussed by Bruce S. Eastwood whose valuable works are cited, and his comments on earlier drafts of my paper are very much appreciated. However, he is not responsible for these interpretations.

451

- - - -- - - - -- - Wesley M. Steven s-- - -- - - - - - -- - - - - --

Figure 8: Planetary Apsides

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- -- - - - - - - - - - --

- - - Astronomy in Carolingian Schools

Figure 9: Planctary Latitudes

453

Wesley M. Stevens - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

could easily assume symmetry, so that in this diagram there may often be six parts above and six below. The curvilinear ecliptic itself was a theoretical construct represented as a circular line. For Greek, Roman, and Carolingian astronomers however, the sun seemed to move in a path which wavered in a range of one part above and one below the ecliptic circle. Thus, the sun was shown to have a wavering course within two parts of latitude. All other planetary latitudes could be read within this scale, but on occasion Venus passed beyond it by one or even two partes. A portion of each orbit is ornitted when the sunlight makes it invisible. In the second half of the ninth century a rectilinear schema of planetary latitudes was also created to provide the same type of data, another unique Carolingian contribution to astronomy. 78 These were not physical images of reality of course but were ,,abstract representations of theoretical elements" for study of planetary astronomy. The earth was the point of observation but, except for paths of Sun and Moon, the earth was usually not thought to be the centre of the other five planetary orbits.

VI. Patrons and planispheres Carolingian astronomical diagrams interacted richly with information conveyed by the well known computistical works of Bede and newly recovered excerpts from Pliny and Macrobius. Additional readings from Theon, Geminos, and the Latin version of Plato's Timaios were introduced during the ninth and tenth centuries. This scholarly activity is found in various series of glosses to Martianus Capella De astronomia in Latin manuscripts used by Martin at Laon, Remigius at Auxerre and Reims, John the Scot at Compiègne where Charles the Bald held court, Dunchad of Reims, Heiric teaching at Auxerre, Soissons, and Laon, Abbo of Fleury who also taught in England at Ramsey and Canterbury, Berno who studied at Fleury before migrating to the Reichenau, Hermann the Lame of Reichenau, Wilhelm of St. Emmeram and later reforming abbot of Hirsau, and by others in many schools. 79 Sorne of these ideas could be of interest to Frankish, Alammanic, and Bavarian patrons who supported monastic schools during the ninth century. Quite an elegant astronomical and astrological illuminated manuscript was made about 830-840, now

454

78

The earliest example may be ms Bern Burgerbibliothek 247 (s.IX 2 ) fol.24v. See Eastwood, "Plinian astronomy" (1986), p.202-209; and "Plinian astronomical diagrams" (1987), p.165.

79

Martianus Capella, De nuptiis Philologiae et Mercurii, ed. Willis (1986), and see Leonardi (1959, 1960); Remigii Commentum, ed. Lutz (1962); idem, "Martianus Capella" (1971 and 1976). Recent discussions of the glosses were cited by Eastwood (1993), p.169-174.

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at Leiden Bibliotheek der Rijksuniversiteit Voss.lat.Q.79 and is available in facsimile edition: Aratea (1987, 1989). This codex was prepared in the Lotharingian area between Aachen and Metz,80 probably at the Aachen court of Louis the Pious (814840) orperhaps at the lngelheim court of Louis' wife, Judith (819-843). lt features handsome coloured drawings of the heavenly figures representing zodiacal signs and other star-groups drawn from the popular Hellenistic myths purveyed by Aratos, Cicero, Caesar Germanicus, Hyginus, and Avienus (f.2-92). The stars for each sign are in gold, and art historians today love that sort of thing as much as patrons did and always will, 1 suppose. So did courtiers and visitors to royal courts, no doubt. Perhaps these rather attractive displays of Perseus and Andromedea are as close to pomography as the Carolingians ever came: Perseus had saved three grey-haired sisters, the Graeae, from the monstrous female Gorgons whose huge teeth, brazen claws, and serpents for hair personified the terrors of the sea.81 He has slain the Gorgons and, flying across the night skies, Perseus carries away towards the western horizon the bloody head of one of them, once beautiful Medusa, now ugly with envy. Then he cornes upon the daughter of Cepheus and Cassiopeia, Andromeda bound naked to rocks at the edge of the threatening sea [Coloured Figure II]. Unhappily, Andromeda's mother had vainly compared her own beauty with that of the sea-nymphs who became indignant and sent a sea-monster to ravage those shores. How to save the kingdom from destruction? An oracle directed King Cepheus to do penance by exposing his virgin daughter Andromeda on the shore of a dangerous sea to be devoured by the terrible monster. Perseus saves her from a fate worse than death, marries her, and there is a happy ending for all! Furthermore, a rival suitor brought his warriors to the wedding feast to attack Cepheus and capture Andromeda, but sight of the Gorgon head of Medusa in the hands of Perseus turned them into stone, explaining the life-like forms of fighting men and their weapons frozen into stone to be seen all across the former lands of Greece and Rome. In any case these coloured paintings should help anyone recall the appropriate constellations and their stars. Perhaps even monkish schoolmasters might be interested, certainly their students would be. Astronomical theories and constructs studied in the schools were also included in this very expensive book. Technical drawings like those we have seen earlier could

80

81

The Leiden ms Voss.lat.Q.79 was probably prepared by the anonymous author of the Vita Hludowici lmperatoris, ed. G.H. Pertz (1829), p.604-628. He is called "Astronomus" because in chapter 38 he discusses his knowledge of astronomy. Perhaps these names invited their epithets: Grœœ "the strong billows of the wide open main," and Gorgon "the white-crested waves that dash against the rocks of the coast." Bulfinch (1947), p.116121; Guirand (1968), p.183-186; Mythologies (1991), vol.I, p.509.

455

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be combined into a single planetary configuration on folio 93v [Coloured Figure III]. The great circles are very precise; if planetary positions are correct, 82 they were based upon a drawing by an astronomer about the 18th of March, A.D.818. Two planispheres of this quality survive from the schools of St. Michael at Fulda and of St. Emmeram at Regensburg on the Danube River [Figures 10, 11] in computistical collections from the same period, also datable by their times of application in the early ninth century. Similar instruments were used in schools during the next three centuries.8 3 These many and diverse diagrams for the study of planetary motions in early medieval schools make it clear that the earlier Greek concepts of concentric circles and tonal expressions of distances were considered to be useful in Carolingian schools only as a beginning point, in order for students to grasp the concepts of spatial sequence and of different intervals between orbits of planets. Masters of Computus however developed much more complex theories and diagrams for apsides, latitudes, certain epicycles, and perhaps orbits which varied from the plane of the ecliptic. An essential aspect of their studies in astronomy was that, with the exception of sun and moon, planetary orbits were not earth-centred. Studies of Computus and Astronomy in Carolingian schools were based upon the best arithmetic available. The masters introduced Euclidean plane geometry, and they conceived new theories in astronomy. Their work in these disciplines leaves much to be desired by later standards. But their methods led to new discoveries in schools of the tenth and eleventh centuries through continued observation of natural phenomena, invention of new instruments, and careful analysis of improved data. The masters of Carolingian schools had limited sources for the mathematical sciences, but they used them well.

456

82

Concerning f.93v and its date, R. and M. Mostert have argued that "From these (astronomical data) we can deduce that the configuration, and probably the manuscript, can be dated 816, around 18 March." Previously, Eastwood, "Origins and contents of the Leiden planetary configuration" (1983), had offered the date of 28 March A.D.579; but since November 1992 he agrees with the Mosterts. Nevertheless, the evidence of such illustrations and copies may not allow such precision.

83

North (1975), p.386-388; McGurk (1973), p.200-201.

- -- - -- -- -- - -- - - - - - /\stronomy in Carolingian Schools

Figure 10: Fulda Planispherium

457

Wesley M. Stevens -

------------------------

Figure 11: Salzburg Planispherium

458

Astronomy in Carolingian Schools

APPENDIX 1. Equinox Many Greek, Latin, and Arabie astronomers recorded dates for equinoxes, solstices, eclipses, or other astronomical events; but they are quite diverse, and none explained his method for observing the Equinox. 84 Occasionally, there are tables of data which were probably calculated rather than observed, and from those reports it is worthwhile to analyse those calculations and perhaps to offer reasonable suppositions about early methods of observation. 85 This Appendix will forgo speculation about early calculations and methods. Rather, we have enquired only about the phenomena themselves and about the possibility of observing them directly, today. Assuming the modem astronomical model and the validity of data reported in Greenwich Mean Time, 86 we ask whether someone in Winnipeg can observe the Vernal and the Autumnal Equinox without instruments by watching sunrise and sunset? In the following tables of data, predictions are given in the first and second columns, with one asterisk* indicating a day on which the point of equinox was expected and one plus sign+ indicating a day on which there should be twelve hours between sunrise and sunset. Results of our own observations are offered in the third column for comparison, with two asterisks** indicating apparent equinox and with two plus signs++ indicating East-West alignment of sunrise and sunset (for which see ,,Procedures," below). The resulting data show that there is severe disjunction between predictions and observations.

84 85 86

Vitruvius would be an exception, though he was not an astronomer; see section III, above. Newton (1970, 1977) with responses by Gingerich (1978) et alii. See further Pedersen (1974); Kunitzsch (1974); Toomer (1984); Van Dalen (1989); Van Brummelen (1994). Sources of data are the Royal Greenwich Observatory and the U.S. Naval Observatory which are reported annually for every fourth day in the Astronomical Almanac, or reported for each day by the World Almanac and Book of Facts. Variants due to different rounding or truncation practises are not significant. See further the Explanatory Supplement (1992), p.279-281, 308, 482-483.

459

Wesley M. Stevens - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

PROCEDURES:

We attempted to observe sunrise and sunset by standing on a slight rise in a relatively level, open field for many successive cold mornings and evenings, watching the horizons in order to determine the day of equinox. The only instruments were two straight sticks about five feet tall and placed about twenty feet apart. Twice on each day for at least fifteen minutes during the time of expected appearance and disappearance of the Sun, we sighted across the points alternately towards the East in the morning and towards the West in the evening, believing that a four point alignment would tell us when the course of the Sun followed the equator from East to West. Successful observations depend upon the apparent course of the Sun along the ecliptic.87 Presumably, the observed alignment would occur only on a day corresponding with the 24 hours during which the point of Equinox occurs by modem definition. This was done on seven occasions88 from Autumn 1985 to Autumn 1988. Most series of observations were made by the author on an undeveloped plain of prairie grass five kilometres northwest of his home but within the perimeter of the City of Winnipeg (Manitoba, Canada) which lies at 49o53m North Latitude and 97oo9m West Longitude. On the last occasion (Autumn 1988), a second series of observations were also made with the same method by his daughter, Mrs. Katharine Storey, on her farm 3km sou th of Grandview (Manitoba) at 51°10m North Latitude, 100°42m West Longitude.89 Predicted phenomena have been expressed in terms of Central Standard Time (CST) for its median longitude 90°, and Central Daylight Savings Time (CDST = CST + 1h). Local mean time was calculated by adding 29m for the longitude of Winnipeg (90h29m), or 43m for the longitude of Grandview (lüüh42m).90 Regarding weather conditions, ,,rain" indicates a local condition which prevented observation on the horizon at the time required; ,,cloudy" indicates either a similar local con87 Apparent progress progress of the Sun along the ecliptic is irregular. The Equation of Tirne could be used to deterrnine rnean solar tirne during a twelve hour period of daylight, but in this case the resulting variations would be too srnall for significance.

88 No observations were atternpted during Spring 1987, due to other obligations. 89 Latitudes and Longitudes have been taken frorn The Rand McNally New 90

460

International Atlas (Chicago: Rand McNally, 1969); see plate 185. 1 am grateful to Dr. Martin Clutton-Brock, Departrnent of Mathematics and Astronorny, University of Manitoba, for reviewing the tables and discussing their significance. He is not responsible bowever for the rnethods of observation or for any cornparison of their data with standard data reported here.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Astronomy in Carolingian Schools

dition or a cloudbank in the direction of the horizon which made observation of dubious value. Any of those circumstances preclude useful data for the time of an event. At 50° or 51° North Latitude, the Sun crosses the horizon at a sharp angle of about 40° and with surprising speed. One may try to observe the intersection of its disk with the horizon line in terms of its centre or its limb (leading edge). Neither can ever result in precise data. When the limb at sunrise is nearing the horizon from below, there is a wide indefinite brightness which suddenly bursts upon the horizon; a definite limb of the Sun may be recognised only after it is well above the horizon, so that the point of crossing is somewhat uncertain. At sunset on the other hand, the leading limb seems to reach down and merge into the horizon somewhat before the disk has reached the position of contact. One must look directly at the Sun itself in order to judge where and when the limb or centre of its disk may have crossed the horizon. It is difficult to locate the centre of the Sun for this purpose. As a result of light refraction, the disk appears to become oblong, interfering with one's estimate of its motion and the position of its centre. However, by looking at the Sun through a narrow aperture indirectly and without focusing the iris of the eye, a reasonable judgment may be attempted.91 Centre-disk observations were attempted in order to obtain the above data. The horizon is never a clear and simple line of observation. My position was on a very slight rise with unimpeded vision for five kilometres to the East and three kilometres to the West; there were buildings, trees, and a highway on the eastem horizon, as well as trees and rising land at slightly varying heights on the western. Nevertheless, normal distractions were eliminated by the Sun's glow. All of these variations disappeared for the observer when the limb of the Sun was within half-adisk of the horizon or less in either direction. Refraction of light due to atmospheric conditions between the viewer and the horizon is significant. When overhead the Sun's diameter appears to be approximately 3om of arc, but it appears to be more than 60m of arc on the horizon. Sunrise becomes visible before the Sun has actually reached the level plane of vision; and at sunset it remains visible for a short while after it has moved below that optical plane. The effects of refraction have been accounted for in diverse ways. In general, the variation may be estimated to be gm of arc with deviation of 1m, that is, about two diameters of the Sun on horizon. 92 91 92

An aperture made with two fingers will be sufficient for the purpose. It would be safer and perhaps more accurate to use a pinhole image against a fiat background. Newton (1970), p.56-57; on the basis of 144 observations of refraction at seven sites, of which 116 were at sunset, Schaeffer and Lilier (1990) found a range of deviation from 0°.234 to 1°.678,

461

Wesley M. Stevens - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Despite numerous discussions with astronomers, the observer had not been informed that the Sun might have been seen above the horizon for twelve hours several days before the predicted time for Equinox, and thus he was not in position to observe sunrise and sunset prior to 19 March. It seems that astronomers do not usually need this information for their purposes and do not recall it, even when asked: Explanatory Supplement (1992), p.492, Section 9.3 ,,Risings, Settings, and Twilight."

EVALUATION:

Published data show that on the point of Equinox at which the ecliptic crosses the equator on the modem geocentric model, Equinox will never occur on the same day during which twelve hours between sunrise and sunset are predicted. Furthermore, during these seven occasions, predictions of twelve hours between sunrise and sunset by modem astronomical standards were fulfilled by observation only once: September 1985. There are several grounds for these negative results. Standard data sources assume clear horizons and sea-level observations at mid-latitudes (about 45°). At times of equinox however, the weather in northem latitudes normally does not provide the conditions required for such observations. 93 Due to local rain, local cloud cover, and cloudbanks on the distant horizon during six of the seven attempts, the awaited phenomena did not occur, and thus we could not record a useful series of data. Furthermore, due to atmospheric refraction of light on the horizon, it is reasonable to expect a much wider variation for the times of sunrise and sunset than are used for standard data. The range of deviation will be greater at higher latitudes. Thus, an observer at any latitude will normally not see sunrise or sunset on days predicted by standard data. At 50° or 51 ° North Latitude and further to the North, increasing deviations from standard data will occur. In Spring the apparent day of twelve hours may be one to three days early, in Autumn one to three days late. The days of Vernal and Autumnal Equinox during which by modem definition a point of Equinox is expected cannot be found by observation.

that is, from 14m to IOOm; excluding four extreme cases, they reached an average deviation of 0°.64 or 38m. 93

462

Schaefer (1987), and (1993), p.330-331.

Astronomy in Carolingian Schools

1985 September 5 o0 North Latitude

16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

SUN

90° Long. CDST

97o10m Long. CDST

Observed Winnipeg

Weather Winnipeg

ri se set

06h33m 19 12 06 39 19 10 06 40 19 07 06 42 19 05 06 44 19 03 06 45 19 OO *06 46 *18 58 06 48 18 56 06 50 18 54 +06 51 +18 52 +06 52 +18 51 06 54 18 47

07h07m 19 41 07 08 19 39 07 09 19 36 07 11 19 34 07 13 19 32 07 14 19 29 *07 15 *19 27 07 17 19 25 07 19 19 23 +07 20 +19 21 +07 21 +19 20 07 23 19 16

07h10m nil 07 10 19 35 07 14 nil nil nil nil nil 07 14 nil nil nil nil nil nil nil ++07 19 ++19 19? ++07 21? ++19 22? nil nil

Clear Cloudy Clear Clear Clear Cloudy Rain Rain Rain Rain Clear Cloudy Rain Cloudy Cloudy Cloudy Cloudy Cloudy Clear Clear Cloudy Cloudy Cloudy ??

Autumnal Equinox in the northern hemisphere was predicted with the 1980 astronomical model to be 20h39m CDST at its median longitude, or 20h 10m at the Iongitude of Winnipeg on Sunday, 22 September. Visibility of the Sun for twelve hours was predicted by times of sunrise and sunset for W ednesday, 25 September.

Apparent Equinox at Winnipeg was visible by East-West alignment of sunrise and sunset on 25 September. Despite some uncertainty of times, the Sun was seen above the horizon for nearly twelve hours clearly on the 25th and possibly on the 26th, bu1 neither before nor after those two days.

Wesley M. Stevens

1986 March

SUN 16 17 18 19 20 21 22

ri se set

5 o0 North Latitude 90° Long. CST

97o10m Long. CST

06h13m 18 06 +06 10 +18 08 +06 08 +18 09 06 06 18 Il *06 04 *18 12 06 02 18 14 05 59 18 16

06h42m 18 35 +06 39 +18 37 +06 37 +18 38 06 35 18 40 *06 33 *18 41 06 31 18 43 06 28 18 45

Observed Winnipeg

Weather Winnipeg

nil nil 06 30 18 42? 06 29 nil

Clear Clear Clear Cloudy Clear Cloudy

Vernal Equinox was predicted to be 04h03m CST at its median, or 03h34m at the longitude of Winnipeg on Thursday, 20 March. Visibility of the Sun for twelve hours was predicted by times of sunrise and sunset for three and two days earlier, Monday and Tuesday, 17 and 18 March. Apparent Equinox at Winnipeg was not observable by alignment of sunrise and sunset because only the eastern horizon was clear for three successive days; nor could it be determined on which day the Sun might have been seen above the horizon for twelve hours.

464

Astronomy in Carolingian Schools

1986 September 5 0° North Latitude

SUN 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

ri se set

90° Long. CDST

97°10m Long. CDST

Observed Winnipeg

Weather Winnipeg

06h4om 19 08 06 41 19 06 06 42 19 04 06 44 19 02 *06 46 *18 59 06 47 18 57 06 48 18 55 +06 50 +18 52 +06 52 +18 50 06 53 18 48

07ho9m 19 37 07 10 19 35 07 11 19 33 07 13 19 31 *07 15 *19 28 07 16 19 26 07 17 19 24 +07 19 +19 21 +07 21 +19 19 07 22 19 17

nil nil nil nil no data nil nil nil nil nil 07h23m30 nil nil nil

Rain Rain Rain Rain Clear Cloudy Cloudy Cloudy Cloudy Cloudy Clear Cloudy Cloudy ??

Autumnal Equinox was predicted to be 23h59m CDST at its median, or 23h3om at the longitude of Winnipeg just before midnight on Monday, 22 September. Visibility of the Sun for twelve hours was predicted by times of sunrise and sunset for three and four days later on Thursday and Friday, 25 and 26 September. Apparent Equinox at Winnipeg was not observable by alignment of sunrise and sunset because the eastern horizon was clear only once and the western horizon not at all for nine successive days, nor could it be determined on which day the Sun might have been seen above the horizon for twelve hours.

465

Wesley M. Stevens

1987 September 5 o0 North Latitude

SUN 20 21 22 23 24 25 26 27

nse set

90° Long. CDST

97°10m Long. CDST

06h42m 19 04 06 44 19 02 06 46 18 59 *06 47 *18 57 06 48 18 55 06 50 18 53 +06 52 +18 51 06 53 18 49

07h11m 19 33 07 13 19 31 07 15 19 28 *07 16 *19 26 07 17 19 24 07 19 19 22 +07 21 +19 20 07 22 19 18

Observed Winnipeg

nil 07 18 19 25 07 22 19 26 ++07 25? ++07 26 ++07 26 ++07 28 07 27 nil

Weather Winnipeg

Cloudy Clear Clear Clear Clear Rain Clear Clear Clear Clear

Autumnal Equinox was predicted to be 06h45m CDST at its meridian or 06h 16m at the longitude of Winnipeg just at dawn on Wednesday, 23 September. Visibility of the Sun for twelve hours between sunrise and sunset was predicted three days later on Saturday, 26 September. Apparent Equinox at Winnipeg was observable by alignment of sunrise and sunset on Friday, 25 September and possibly on Thursday, the 24th, despite local rain and clouds. The times of visibility of the Sun allowed for either day.

466

Astronomy in Carolingian Schools

1988 March

SUN 16

ri se

set 17

18 19 20 21 22

soo North Latitude 90° Long. CST

97o10m Long. Observed Winnipeg CST

Weather Winnipeg

06 11 18 07 +06 09 +18 08 +06 07 +18 10 06 05 18 12 *06 03 *18 14 06 OO 18 15 05 58 18 16

06 40 18 36 +06 38 +18 37 +06 36 +18 39 06 34 18 41 *06 32 *18 43 06 29 18 44 06 27 18 45

Cloudy Cloudy Cloudy Cloudy Clear Cloudy Cloudy Cloudy

nil nil nil nil 06 31 nil nil nil

Vernal Equinox was predicted to be 03h39m CST at its meridian or 03h10m at the longitude of Winnipeg on Sunday, 20 March. Visibility of the Sun for twelve hours between sunrise and sunset was predicted for three days earlier on Thursday, 17 March. Apparent Equinox during 19-22 March was not observable at Winnipeg by alignment of sunrise and sunset because the eastern horizon was clear only once and the western not at all on four successive days. Despite numerous discussions with astronomers, the observer had not been informed that the Sun might have been seen above the horizon for twelve hours several days before their predicted time for Equinox, and thus he was not in position to observe sunrise and sunset prior to 19 March. It seems that astronomers do not usually need this information for such purposes: Explanatory Supplement (1992), p.492, Section 9.3 ,,Risings, Settings, and Twilight."

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Wesley M. Stevens

1988 September 5 o0 North Latitude

SUN 19 20 21 22 23 24 25 26 27

nse set

90° Long. CDST

97010m Long. CDST

Observed Winnipeg

Weather Winnipeg

06h42m 19 04 06 44 19 02 06 45 19 OO *06 46 *18 58 06 48 18 56 06 50 18 54 +06 51 +18 52 +06 52 +18 49 06 54 18 47

07h11m 19 33 07 13 19 31 07 14 19 29 *07 15 *19 27 07 17 19 25 07 19 19 23 +07 20 +19 21 07 21 19 18 07 22 19 16

nil nil nil nil nil nil nil 19 23 07 20 nil nil nil

Rain Rain Rain Clouds Rain Cloudy Cloudy Clear Clear Cloudy Cloudy Cloudy

Autumnal Equinox was predicted to be 12h29m on the CDST at its meridian or 12hoom at the longitude of Winnipeg on Thursday, 22 September. Visibility of the Sun for twelve hours between sunrise and sunset was predicted for three days later on Sunday, 25 September. Apparent Equinox at Winnipeg was not observable by alignment of sunrise and sunset because each of the horizons was visible only once; thus it was also not possible to determine a day on which the Sun might have been seen above the horizons for twelve hours.

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Astronomy in Carolingian Schools

1988 September 51°10m North Latitude,

SUN 19 20 21 22 23 24 25 26 27

ri se set

90° Long. CDST

100°42m Long. Observed CDST Winnipeg

Weather Winnipeg

06h42m 19 04 06 44 19 02 06 45 19 OO *06 46 *18 58 06 48 18 56 06 50 18 54 +06 51 +18 52 +06 52 +18 49 06 54 18 47

07h25m 19 47 07 27 19 45 07 28 19 43 *07 29 *19 41 07 31 19 39 07 33 19 37 +07 34 +19 35 +07 35 +19 33 07 37 19 30

Cloudy Cloudy Cloudy Cloudy Cloudy Cloudy Clear Clear Clear Cloudy Cloudy Cloudy Clear Cloudy Cloudy Cloud y

nil nil nil nil 07:30 nil 07:32 19:37 07:34 nil nil 19:33 07:37 nil nil nil

No day of equinox could be found by observation. The observer thought that the two stakes were probably in alignment with sunrise and sunset on Friday, 23 September; but clouds on the horizon for several days made it uncertain as to whether the Sun rose or set at the expected points of alignment for three days. Thus, the times were also uncertain.

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APPENDIX Il. Solstice Unaided determination of the Winter Solstice in terms of hours of daylight depends upon human observations of the apparent positions of the Sun. Those appearances will be affected by atmospheric conditions, light refraction on the horizons, and several other factors. Currently published data conceming sunrise and sunset refer to theoretical horizons on which there are no clouds, fog, or optical distortion. Thus, they do not relate directly to anything anyone can actually see, even with the best modem instruments. Modem calculations of sunrise and sunset, periods daylight, and increments of change in those periods do not report data of observations; rather, they accept much earlier tables of data and from them predict future events. Nevertheless, modem standard calculations provide series of data which will help us understand what we can see now, as well as what scholars could be expected to have seen at other times and places. Modem data allow one to recognise that it is impossible for the human eye to determine any of them on any single day. Winter and Summer Solstices are usually defined as the shortest day and the longest day of the year. One may assume that on the day of Winter Solstice the Sun rises late and sets early. For example: towards the end of 1991 along the 56th parallel of North Latitude, Sunrise was calculated to occur at 3h31 m on 24, 25, 26 December and then again on 1, 2, 3 January 1992; in between there were five days on which that event occurred later at 3h32m: 27, 28, 29, 30, 31 December. One might expect to find the shortest day on one of those five when sunset was also early. Unfortunately, the earliest sunset had corne and gone long since. Sunset was calculated to occur at 15h26m on 9 and 10 December and then again on 19, 20, 21 December; but in between were eight days on which the event occurred earlier at 15h25m: 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18 December. Late Sunrise and early Sunset do not happen on any of the same days. Nevertheless, the calculations predict that from 11 to 31 December the times of rising and of setting Sun move in the same directions generally, that is, the y both tend to happen later on each successive day after 24 December for sunrises and after 11 December for sunsets. But they do not change at the same rate. The consequence is that the shortest period of daylight shows its own pattern. lt is calculated from standard data that there would be 6h53m of daylight on 17, 18, 19 December as well as on 25 and 27. Due to rounding of increments of accumulated seconds into full minutes, the data report a period of 6h59m on 16, 26, 28. In between were five shorter days during which the period was 6h57m on 20, 21, 22, 23, 24 December. Presumably, the Winter Solstice occured on one of the latter five days.

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By observing the increment of change of the period, could one differentiate those five days? lt is most unlikely. Either leading up to the five days or following them, a change of one minute on each of four days (17-20 December) or on each of six days (19-24 December) could not be detected by any available means. Increments of change were calculated and predicted to be approximately one minute on each day from 13 to 17, on 20, and on each day from 25 to 28 December. Before the 13th and after the 28th, it was reported to altemate between 2m and 1m (probably due to a mean increment of 90 seconds). There was an intervening period however in which the increment of change was less that one minute: 18 to 24 December. The first and last days (18, 24) could possibly be eliminated if one were able to note the increment of change of one minute between 17-18 and 24-25 December. The one minute of change predicted on the 20th must also represent an accumulation of lesser increments and could be eliminated. Thus, the data suggest not that there no increments of change for the period from Sun to Sun on [18], 19, [20], 21, 22, 23, [24] December, but that they were less than 60 seconds each. Of course, until second hands on mechanical watches became accurate to a very high degree during the late nineteenth and early twentieth century, an increment of one minute of change or less would not allow observation of a distinction from one day to the next. An increment of three minutes would seldom be reliable with the best docks. Normally one could recognise only the accumulation of such increments during several days, broadening the range considerably in which this type of data could be used to indicate that the Solstice should have happened on one day past rather than on another. Precision of calculation is an old expectation. Such precision of observation for these purposes however is a quite recent invention. The mix of calculation and observation in scientific dialogue today has a myth-making quality about it, so that it is too easy and entirely unscientific to neglect the true conditions of past times within which the best observers worked and to neglect the ranges of tolerance within which the best data may have validity have varied with time. Thus, prior to the late nineteenth century, a careful scholar cannot be expected to have been able to determine the event of Win ter Solstice by observing and recording exact data conceming the first morning appearance of the Sun and its last evening appearance, the hours of daylight between those two events, or the increment of change in the period of daylight. Happily, other means for determining the day of Solstice were developed by Heiric of Auxerre during the ninth century, and they were improved each century thereafter by William of Regensburg and Sigebert of Gembloux.

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56° North Latitude Sunrise 1991 Dec.

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Hours of daylight

Change

12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

3ho6m 8 08 8 09 8 11 8 12 8 14 8 15 8 17 8 18 8 19 8 20 8 22 8 23 8 24 8 25 8 26 8 27 8 27 8 28 8 29 8 29 8 30 8 30 8 31 8 31 8 31 *8 32 *8 32 *8 32 *8 32 *8 32

15h31m 15 31 15 30 15 29 15 28 15 28 15 27 15 27 15 26 15 26 *15 25 *15 25 *15 25 *15 25 *15 25 *15 25 *15 25 *15 25 15 26 15 26 15 26 15 27 15 27 15 28 15 29 15 30 15 30 15 31 15 33 15 33 15 34

7h25m 7 23 7 21 7 18 7 16 7 14 7 12 7 10 7 08 7 07 7 05 7 03 7 02 7 01 7 OO 6 59 6 58 6 58 6 58 *6 57 *6 57 *6 57 *6 57 *6 57 6 58 6 59 6 58 6 59 7 01 7 01 7 02

+ 01

1 2 3 4 5

8 31 8 31 8 31 8 30 8 30

15 35 15 37 15 38 15 39 15 40

7 04 7 06 7 07 7 09 7 10

+ 02 + 02 + 01 + 02 + 01

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

1992 Jan.

Sunset

-

02 02 03 02 02 02 02 02 01 02 02 01 01 01 01 01

- 01* ** ** --** ** + 01 * + 01 - 01 + 01 + 02

-

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Source: Whitaker' s Almanack 1991, 1992. This data is for each 24 hour period beginning at midnight, enumerated (Oohoom +). Original source of data in the Almanack is not stated, but they correspond with those given every fourth day by The Astronomical Almanac 1991, 1992. See also the Explanatory Supplement (1961), p.96-106, 306-310, 398-402.

APPENDIX III. Illustrations Figure 1

Figure 2 Figure 3

Figure 4

Figure 5 Figure 6 Coloured Figure 1 Figure 7

Figure 8 Figure 9 Coloured Figure II

Gnomon with shadow angles ms Bern Burgerbibl. 87 (s.IX ex) f.16 rpr from Murdoch (1984), p.163 Groma, used by Roman surveyors rpr from Dilke (1971), p.67 Horologium noctumum from Northwest Austria ms Munchen Bayerische Staatsbibliothek CLM 210 (Northwest Austria, A.D.816-820), f.163 Horologium noctumum, used by Pacificus (d.A.D.844) ms Vaticana Lat.644 (s.X) f.76 rpr from Wiesenbach (1993), p.243 Cyclus Aldhelmi (s.VIII-IX) rpr from Jones (1939, rpr 1994), p.70 Pagina regularum, Bedae De temporum ratione XIX rpr from Jones (1943), p.219 Planetary orbits in sequence and in proportion ms Paris BN N.a.lat.1615 (A.D.820) f.181, 159v Planetary orbits in sequence, with Venus and Mercury in orbit around Sun ms Karlsruhe Badische Bibliothek Augiensis CLXVII (s.IX in) f.16 Planetary Apsides Paris BN N.a.lat.1615 (A.D.820) f.160v Planetary Latitudes ms Paris BN N.a.lat.1615 (A.D.820) f.161 Perseus, Andromeda ms Leiden Univ.-Bibl. Voss.lat.Q.79 (A.D.830-840) f.40v, 28v

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Coloured Figure III Aratea, Planispherium ms Leiden Univ.-Bibl. Voss.lat.Q.79 (A.D.830-840) f.93v Figure 10 Fulda Planispherium ms Basel Univ.-Bibl. AN.IV.18 (A.D.825) f.lv Figure 11 Salzburg Planispherium ms München Bayer. Staatsbibl. CLM 210 (Northwest Austria, A.D.816-820) f.113v

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Idem, HE= Historia ecclesiastica gentis Anglorum, ed. and tr. Bertram Colgrave and R.A.B. Mynors, Bede's Ecclesiastical History of the English People (Oxford at the Clarendon Press, 1969) Opera Bedae venerabilis omnia, ed. Johannes Heerwagen (Basel 1563, rpr Küln 1612, 1688), 8 vols. Boetius, De institutione arithmetica, ed. Friedlein (1867); Eng. trans. M. Masi (1983), p.66-188. Eusebius Pamphili, Chronicon, ed. A Schoene (Berlin: Weidmann, 1866, 1875), 2 vols.: comparative texts of several versions. Idem, Historia ecclesiastica, Latin tr. Rufinus, ed.Th. Mommsen, Eusebius Werke (1908), vol.11/2. Heiric Autissiodurensis, De computa lunae liber, or Ars calculatoria, ed. B. Pez (1721), rpr PL CXXXVII (1853) 19-48 Hrabanus Maurus: see Rabanus Hyginus gromaticus, De limitibus constituendis, ed. F. Blume, K. Lachmann, R. Rudorff, Schriften der romischen Feldmesser (Berlin 1848, 1852), 2 vols.; ed C. Thulin (Leipzig: B.G. Teubner, 1913), vol.Ill only. Martianus Capella, De nuptiis Philologiae et Mercurii, ed. James Willis (Leipzig: B.G. Teubner, 1986) PL = Patrologiae cursus completus ... Series latina, ed. J.-P. Migne (Paris 18441866), 221 vols.

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Wesley M. Stevens - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

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Z usammenfa ssung In den karolingischen Schulen sind die mathematischen artes liberales unter der Rubrik computus zu finden, und die Texte, die für diese Wissensgebiete benutzt wurden, sind zahlreich in computistischen Manuskripten. Sie beinhalten Arithmetik von hoher Qualitat, groBe Teile von Euclid's Geometrie und eine überraschende Menge Astronomie. Alle diese Disziplinen waren erforderlich für