Jugendschutz im Internet: Klassische und neue staatliche Regulierungsansätze zum Jugendmedienschutz im Internet [1 ed.] 9783428516919, 9783428116911

Der Autor befasst sich mit der hochaktuellen Thematik des Jugendschutzes im Internet. Die technischen Möglichkeiten dies

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Jugendschutz im Internet: Klassische und neue staatliche Regulierungsansätze zum Jugendmedienschutz im Internet [1 ed.]
 9783428516919, 9783428116911

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 991

Jugendschutz im Internet Klassische und neue staatliche Regulierungsansätze zum Jugendmedienschutz im Internet

Von Tim Faber

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

TIM FABER

Jugendschutz im Internet

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 991

Jugendschutz im Internet Klassische und neue staatliche Regulierungsansätze zum Jugendmedienschutz im Internet

Von

Tim Faber

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Jahre 2004 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11691-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2004 von der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen. Die Entwicklung der Gesetzgebung sowie neuere Veröffentlichungen konnten bis September 2004 berücksichtigt werden. Mein herzlicher Dank gebührt meinem hochverehrten Doktorvater Herrn Professor Dr. Matthias Schmidt-Preuß, jetzt Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, der mein Interesse auf das Thema „Jugendschutz im Internet“ lenkte, mir immer wieder mit neuen Anregungen vielfältige Perspektiven aufzeigte und die Arbeit mit fachlichem Rat und persönlicher Ermutigung begleitet hat. Für die Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Herrn Professor Dr. Matthias Jestaedt. Herrn Professor Dr. jur. h.c. Norbert Simon danke ich dafür, daß er die Arbeit zur Veröffentlichung in die Reihe „Schriften zum Öffentlichen Recht“ angenommen und ihr rasches Erscheinen ermöglicht hat. Meinen lieben Eltern Horst und Hannelore Faber möchte ich an dieser Stelle herzlichsten Dank aussprechen für die ständige Unterstützung und den außergewöhnlichen Rückhalt, ohne den die Erstellung der Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Insbesondere meinem Vater danke ich für die mühevolle Korrekturarbeit. Dank in besonderer Weise gilt meiner Lebensgefährtin Julia Suedes, die mir mit ihrem Zuspruch stets zur Seite stand und manches Opfer auf sich genommen hat. Tim Faber

Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlegendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesteuerte Selbstregulierung als Steuerungsstrategie für den Jugendschutz im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Chancen und Gefahren des Internet für Kinder und Jugendliche . . . . . . . . . IV. Die internetspezifischen Problemfelder für den Jugendschutz . . . . . . . . . . . B. Technische Grundlagen des Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Steuerungsmöglichkeiten durch Recht im Bereich der Technik . . . . . . . . . . II. Funktionsweise des Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Technische Kontrollmöglichkeiten im Bereich der klassischen staatlichen Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Technische Möglichkeiten zur Verwirklichung einer effektiven gesellschaftlichen Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 23 30 33 38 41 41 41 51 70

C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 I. Grundsätzliches zum Jugendmedienschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 II. Verfassungsrang des Jugendschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 III. Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 IV. Die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung beim Jugendschutz im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Spezialgesetzlicher klassischer Jugendmedienschutz im Internet . . . . . . . . . II. Der Jugendschutz nach Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) und Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Jugendschutzgesetz – JuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz im Internet I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Jugendschutz im Internet als Referenzbereich der gesteuerten Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . .

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F. Jugendmedienschutz im Internet auf Weltebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 II. Technikermöglichung in der Weltinformationsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . 314

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Inhaltsübersicht III. Die europäischen Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 IV. Die internationalen Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328

G. Zusammenfassung und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlegendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesteuerte Selbstregulierung als Steuerungsstrategie für den Jugendschutz im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Chancen und Gefahren des Internet für Kinder und Jugendliche . . . . . . . . . 1. Die Rolle des Internet im Leben der Kinder und Jugendlichen . . . . . . . 2. Internetspezifische Gefahren für Kinder und Jugendliche . . . . . . . . . . . . IV. Die internetspezifischen Problemfelder für den Jugendschutz . . . . . . . . . . . B. Technische Grundlagen des Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Steuerungsmöglichkeiten durch Recht im Bereich der Technik . . . . . . . . . . II. Funktionsweise des Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Netzwerktechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Akteure der Computernetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Dienste des Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Hardwarekomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Netzwerkarchitektur und Netzwerkprotokolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Technische Kontrollmöglichkeiten im Bereich der klassischen staatlichen Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Problemstellung aus jugendschutzrechtlicher Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterschiedliche Ziele der Inhaltskontrolle im Internet . . . . . . . . . . . . . . 3. Auffinden jugendgefährdender Inhalte im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Einsatz von „Crawler-Programmen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Effektivität von Crawler-Programmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Einsatz von Datenscannern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Technische Möglichkeiten der „Sicherstellung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Altersverifikationssysteme (AVS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Altersabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Altersspezifische Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Filtersysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundidee des Filtering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterschiedliche Methoden des Filtering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Stand-Alone-Filterprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Effektivität des Stand-Alone-Filterings . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (3) Kindersicherungen von Internet-Service-Providern/Online-Service-Providern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Probleme des Löschens und Sperrens jugendgefährdender Inhalte durch Provider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltskontrolle auf eigenen Servern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhaltskontrolle auf fremden Servern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sinnhaftigkeit von einzelnen Sperrungen im Internet . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Technische Möglichkeiten zur Verwirklichung einer effektiven gesellschaftlichen Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ratingverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen und Wirkungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kategoriensystem (Ratingsystem) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einordnung (Rating) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kennzeichnung (Labeling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Filtering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundsätzliches zum Jugendmedienschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsklärung Jugendschutz – positiver und negativer Jugendmedienschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Festlegung des Schutzziels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gefahr der Fehlentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Konsequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfassungsrang des Jugendschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Negative verfassungsrechtliche Verankerung des Jugendschutzes als Grundrechts-Schranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Positive verfassungsrechtliche Verankerung des Jugendschutzes . . . . . . a) Die herrschende Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Mindermeinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Subjektiv-rechtliche Dimension des Jugendschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Kommunikationsfreiheiten gemäß Art. 5 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsfreiheit (Art. 5 I 1 Hs. 1 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Informationsfreiheit (Art. 5 I 1 Hs. 2 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtfertigung der Beschränkungen der Kommunikationsfreiheiten (Art. 5 II GG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorschriften der allgemeinen Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gesetzliche Bestimmungen zum Schutz der Jugend . . . . . . . . . (3) Recht der persönlichen Ehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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(4) Verfassungsimmanente Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Verfassungsrechtliche Grenzen (Schranken-Schranken) . . . . . . . (6) Verbot der Vorzensur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Grundrechtliche Wirtschaftsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Berufsfreiheit Art. 12 I GG und allgemeine Handlungsfreiheit Art. 2 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Allgemeine Wirtschaftsfreiheit Art. 14 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung beim Jugendschutz im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Art. 70 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Art. 74 I Nr. 7 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erforderlichkeit bundesgesetzlicher Regelung (Art. 72 II GG n. F.) . . . 4. Subsumtion unter Art. 72 II GG n. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Spezialgesetzlicher klassischer Jugendmedienschutz im Internet . . . . . . . . . 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Weg zu den Multimediagesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzgeberische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kompetenzstreit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Neuordnung des Jugendmedienschutzes 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informationsund Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz – IuKDG) des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung des IuKDG für den Multimedia-Sektor . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung des IuKDG für den negativen Jugendmedienschutz . . . . 4. Der Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienstestaatsvertrag – MDStV) und der Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV) der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die „Filter“ §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Regelungsgehalt der §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV . . . . . . . . . b) Die Anwendbarkeit der §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV . . . . . . . . . . . c) Das System der Verantwortlichkeitsbegrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die volle Verantwortlichkeit für eigene Inhalte nach § 8 I TDG/§ 6 I MDStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die bedingte Verantwortlichkeit nach § 11 TDG/§ 9 MDStV (3) Der vollständige Haftungsausschluß nach §§ 9, 10 TDG/§§ 7, 8 MDStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Der Vorbehalt für Verwaltungs- und Untersagungsverfügungen in § 8 II S. 2 TDG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Der Vorbehalt für Verwaltungs- und Untersagungsverfügungen des § 6 II S. 2 MDStV i. V. m. § 22 III MDStV . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 6. Die Zugangs- und Anmeldefreiheit (§ 5 TDG/§ 4 MDStV) . . . . . . . . . . II. Der Jugendschutz nach Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) und Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Anwendungsbereich des JMStV und MDStV – Bedeutung für den Jugendschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einordnung als Mediendienst – Positive Generalklausel § 2 I MDStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verteildienste und Abrufdienste zur Meinungsbildung gemäß § 2 IV Nr. 3 TDG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beispielkatalog § 2 II MDStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Mediendienst versus Teledienst § 2 II Nr. 4 MDStV . . . . . . . . . (2) Gesetzgeberisches Versehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Mediendienst versus Rundfunk § 2 I S. 2 MDStV . . . . . . . . . . . d) Einordnung als Teledienst – Positive Generalklausel § 2 I TDG . . . e) Beispielkatalog § 2 II TDG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Angebote der Individualkommunikation § 2 II Nr. 2 TDG . . . (2) Angebote zur Information oder Kommunikation § 2 II Nr. 2 TDG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Angebote zur Nutzung des Internet oder weiterer Netze § 2 II Nr. 3 TDG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Telespiele § 2 II Nr. 4 TDG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) On-Demand-Dienste § 2 II Nr. 5 TDG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Negative Generalklausel § 2 IV TDG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Entgeltlichkeit/Unentgeltlichkeit § 2 III TDG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unzulässige Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Absolut unzulässige Telemedien/absolute Verbreitungsverbote (§ 4 I JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entwicklungsbeeinträchtigende und jugendgefährdende Telemedien/Verbreitungsverbot an Kinder und Jugendliche (§ 5 I JMStV, § 4 II JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verbreitungsverbot gemäß § 4 II JMStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Weitere unzulässige Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Sinn und Zweck von § 4 II S. 2 JMStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anwendungsvoraussetzungen des § 4 II S. 2 JMStV . . . . . . . . . (a) Anbieterseitige Zugangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Nutzerseitige Empfangskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Recht und Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Allgemeines zu Recht und Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Spezifische Probleme beim Jugendmedienschutz im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Symbolisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Rechtsermöglichung durch Technik am Beispiel der „Sicherstellung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

147 149 149 150 151 152 153 154 155 157 158 158 158 160 161 161 161 162 162 163 164

166 167 167 169 169 170 172 176 176 178 179 180

Inhaltsverzeichnis 4. Jugendschutz bei der Werbung in Telemedien (§ 6 JMStV) . . . . . . . . . . 5. Die Zuständigkeitsproblematik bei den Mediendiensten . . . . . . . . . . . . . a) Neue Aufsichtszuständigkeit für den Jugendmedienschutz im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Länderübergreifende Zentralstelle: jugendschutz.net (§ 18 JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Kooperatives Handeln – Beispiel Bayern . . . . . . . . . . . . . . . b) Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Eigener Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Bundesverwaltungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zulässigkeit gemäß Art. 83, 87 III S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . (2) Andere Lösungsansätze für die Aufsicht beim Jugendmedienschutz im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Landesmedienanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Zentrale Länderanstalt („Länderbüro Neue Medien“) . . . . . (c) Bund-Länder Gemeinschaftsanstalt „Neue Medien“ . . . . . . (3) Aufsichtsmodell des JMStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) (§ 14 JMStV) (b) Zuständigkeit der KJM (§§ 16 JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Maßnahmeanordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufsichtsbefugnisse und -mittel der §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II–IV MDStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Eingrenzung des Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Befugnisnorm §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II MDStV . . . . (3) Subsidiarität § 22 IV MDStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Untersagungs- und Sperrungsverfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit § 22 II S. 3 MDStV . . . . . . b) § 22 III MDStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsermöglichung durch Technik am Beispiel von Löschungen und Sperrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Strafvorschrift nach JMStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ordnungswidrigkeiten nach JMStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Prozessuales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zulässigkeitsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Revision zum Bundesverwaltungsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Einstweiliger Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Multipolare Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Relevanz des Drittvornahmebegehrens . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 185 187 187 189 189 190 191 191 193 193 195 195 196 198 198 199 200 201 201 203 203 204 204 206 206 207 209 212 213 216 217 220 221 221 222 222 223 223

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Inhaltsverzeichnis (2) Drittschutzbegründung nach der Konfliktschlichtungsformel von Schmidt-Preuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) § 4 I JMStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) § 4 II JMStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) § 5 I JMStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Jugendschutzgesetz – JuSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung des JuSchG für die vorliegende Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Indizierung von Telemedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliches zum Indizierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antragserfordernis und Ausnahme §§ 21 I, II JuSchG . . . . . . . . . . . c) Verfahren bei Telemedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Materielle Voraussetzungen der Indizierung von jugendgefährdenden Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Indizierung jugendgefährdender Medien (§ 18 I JuSchG) . . . . . . . . b) Offensichtlich schwer jugendgefährdende Medien (§ 15 II Nr. 5 JuSchG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Grundsatz der gegenseitigen Verbindlichkeit wertender Jugendschutzentscheidungen (§ 18 VI JuSchG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolgen der Indizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sonderregelung für Telemedien (§ 16 JuSchG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Verbreitungsverbote für Telemedien im JuSchG . . . . . . . . . . . 5. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verpflichtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorläufiger Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz im Internet I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Jugendschutz im Internet als Referenzbereich der gesteuerten Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Postulat größtmöglicher Aktivierung selbstregulativer Kräfte . . . . . . . . 2. Grenzen der gesellschaftlichen Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Steuerungsstrategie für den Jugendschutz im Internet . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaftliche Konfliktlösung – „Netiquette“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kontextsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ordnungsrechtliche Primärpflicht mit Abwendungsbefugnis: Jugendschutzbeauftragter (§ 7 I S. 2 JMStV) oder Beitritt zu einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle (§ 7 II JMStV) . . . . . . (1) Der Jugendschutzbeauftragte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Bestellungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

223 226 231 232 234 234 234 236 236 238 239 240 240 244 245 245 245 246 246 246 248 248 251 251 253 253 254 256 259 259 262

263 265 265 268 268

Inhaltsverzeichnis (d) Fachliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Mitwirkungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Abwendungsbefugnis – Beitritt zur organisierten gesellschaftlichen Selbstregulierung (§ 7 II JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Freiwillige Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter e. V. (FSM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Institution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Private Normgebung: Der Verhaltenskodex des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Beschwerdeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Juristische Gutachterkommission (JGK) . . . . . . . . . . . (ee) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Electronic Commerce Forum e. V. (eco) . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Institution – Insbesondere: Arbeitsgruppe „NewsWatch“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Verhaltenskodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Beschwerdeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (dd) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Wirksame Ausübung der Abwendungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . (a) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Anerkannte Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle (§ 19 JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Erfüllung der Abwendungsbefugnis gemäß § 7 II JMStV durch bestehende Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Faktisch ökonomischer Druck: Funktionierendes Ratingverfahren (1) Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Lösung: Staatliche Koordinierungsstelle und marktbestimmtes Ratingsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Verfassungsrechtliche Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reflexive Steuerung – Der Jugendschutzbeauftragte (§ 7 I S. 2 JMStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Informationelle Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Typus und Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Notice and take down procedures“ als gesetzgeberisches Instrument (§ 11 TDG/§ 9 MDStV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Jugendmedienschutz im Internet auf Weltebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Technikermöglichung in der Weltinformationsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . 1. Leitbild der einen Weltinformationsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schmidt-Preußsche Sechsebenen-Strategie zur Technikermöglichung in der Informationsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 270 271 273 274 274

276 281 284 285 286 286 288 288 292 293 293 293

295 297 298 299 300 304 307 309 309 311 312 312 314 314 315

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Inhaltsverzeichnis a) 1. Ebene: klassisch-völkerrechtliche „Konventionsstrategie“ . . . . . . (1) Bindung an völkerrechtliche Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Übertragung von Hoheitsrechten auf Internationale Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) 2. Ebene: Selbstregulierung auf Weltebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) 3. Ebene: Gemeinschaftsrechtliche Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) 4. Ebene: Nationalstaatliches Instrumentarium . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) 5. Ebene: Selbstregulierung auf nationaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . f) 6. Ebene: Individuell-persönliche Selbstregulierung . . . . . . . . . . . . . . III. Die europäischen Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grünbuch der Europäischen Kommission über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde in den audiovisuellen und Informationsdiensten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Projekt „Internet-Action-Plan“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Projekt „Best Use“ („Promoting Best Use, Preventing Abuse“) . . . 2. European Internet Service-Providers Association (EuroISPA) . . . . . . . . 3. INHOPE (Internet Hotline Providers in Europe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die internationalen Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Internet Service-Providers Associations (ISPAs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internet Content Rating Alliance (ICRA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

315 316 318 319 320 320 321 321 322 322

322 324 326 326 327 328 328 329

G. Zusammenfassung und Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366

Abkürzungsverzeichnis a. A. Abl. EG AfP AG AG MDStV ALM Anm. AOL AöR Art. Aufl. AVS BAnz Bay LT-Drs. BayGVBl. BayMG

BayObLG BayPAG BDGV BDSG BDZG BGB BGBl BGH BGHSt BGHZ BLJA MittBl BLM BMFG BMWI BPJS BPJM

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18 BPS-Entsch. BPS-Report BR-Drs. BT-Drs. Btx-Staatsvertrag BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE CR ders. dies. DMMV DÖV Drs. DS DuD DV DVO GjS e. V. ebda. eco e-commerce EGG Einl. E-Mail EU EuroISPA FA FD-DI f., ff. FSF FSM FTP GA GG GjSM

Abkürzungsverzeichnis Entscheidung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften Informationsdienst für Jugendmedienschutz und Medienpädagogik Drucksachen des Bundesrats Drucksachen des Deutschen Bundestags Bildschirmtext-Staatsvertrag Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Computer und Recht derselbe dieselben Deutscher Multimedia Verband e. V. Die öffentliche Verwaltung Drucksache Der Staat Datenschutz und Datensicherheit Die Verwaltung Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften eingetragener Verein ebenda Electronic Commerce Forum e. V. electronic commerce Gesetz über rechtliche Rahmenbedigungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (Elektronischer Geschäftsverkehr-Gesetz) Einleitung Electronic-Mail Europäische Union European Internet Service-Providers Association Frankfurter Allgemeine Fiber Distributed Data Interface folgende Seite(n) Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia Diensteanbieter e. V. File Transfer Protocol Goldtammer’s Archiv für Strafrecht Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte

Abkürzungsverzeichnis GSJP H. HdbStR h. M. Hrsg. HTTP i. V. m. ICRA ICTF INCORE INHOPE ISPAs IP IPX IRC ISO IT IuKDG

IWF JA JMS-Report JMStV

JÖSchG JuS JuSchG JWG JZ KEK K&R KJ KJHG KJM KjuG kurs.i.O. LAN LG LPG m.w.V.

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Gemeinsame Stelle für Jugendschutz und Programm der Landesmedienanstalten Heft Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland herrschende Meinung Herausgeber Hyper Text Transfer Protocol in Verbindung mit Internet Content Rating Alliance Internet Content Task Force Internet Content Rating for Europe Internet Hotline Providers in Europe Internet-Service-Providers Associations Internet Protocol Internet Packet Exchange Protokol Internet Relay Chat International Standards Organization Informationstechnologie Gesetz zur Regelung der Rahmenbedigungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz) Internet Watch Foundation Juristische Ausbildung Jugend Medien Schutz-Report Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien – Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit Juristische Schulung Jugendschutzgesetz Gesetz über Jugendwohlfahrt Juristenzeitung Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich Kommunikation und Recht Kritische Justiz Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts Kommission für Jugendmedienschutz Kind Jugend Gesellschaft kursiv im Original Local Area Network Landgericht Landespressegesetze mit weiteren Verweisen

20 MAN MDStV m. E. MMR NJW Nr. NVwZ o. O. OSI OVG OWiG PC PICS RdJB Rdn. RSACi RStV RuF RuP SigG sog. SPX StGB TCP/IP TDDSG TDG TKG u. a. usw. u. v. m. URL v. a. D. VG vgl. Vorbem. VVDStRL VwGO VwVfG W3C WWW-Adressen WWW-Dienst

Abkürzungsverzeichnis Metropolitan Area Network Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienste-Staatsvertrag) meines Erachtens Multimedia und Recht Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht ohne Ort Open Systems Interconnection Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Personal Computer Platform for Internet Content Selection Recht der Jugend und des Bildungswesens Randnummer Recreational Software Advisory Council Internet Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland Rundfunk und Fernsehen Recht und Politik Gesetz zur digitalen Signatur (Signaturgesetz) sogenannte(n) Sequence Packet Exchange Protokol Strafgesetzbuch Transmission Control Protocol/Internet Protocol Gesetz über den Datenschutz bei den Telediensten (Teledienstedatenschutzgesetz) Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz) Telekommunikationsgesetz unter anderem und so weiter und viele mehr Uniform Resource Locator vor allen Dingen Verwaltungsgericht vergleiche Vorbemerkung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz World Wide Web Consortium World Wide Web-Adressen World Wide Web-Dienst

Abkürzungsverzeichnis z. B. ZfJ ZfRSoz ZG Ziff. zit. ZLR ZRP ZSR ZSR ZUM ZustV-MedStV

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zum Beispiel Zentralblatt für Jugendrecht Zeitschrift für Rechtssoziologie Zeitschrift für Gesetzgebung Ziffer zitiert Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für schweizerisches Recht Zentralstelle Ratingverfahren Zeitschrift für Urheber-und Medienrecht Verordnung über die Zuständigkeit auf Grund des Staatsvertrags über Mediendienste

A. Einleitung I. Grundlegendes Neben etablierten Medien wie etwa Presse, Fernsehen, Hörfunk und Film entwickelt sich seit einigen Jahrzehnten1 besonders rasant ein neues Medium: das Internet. Schlagworte wie Cyberspace2 und Multimedia sind in aller Munde. Unter Internet im geläufigen Sinne versteht man ein spezielles Computernetz, welches auf der Grundlage einheitlicher Übertragungsprotokolle zahlreiche Computersysteme (Hosts) miteinander verbindet.3 Multimediadienste sind dabei grundsätzlich netzvermittelte, zeitbeliebige, vielfach interaktive Informationsangebote, die alle Formen von Informationen wie zum Beispiel Texte, Fest- und Bewegtbilder, Töne und Daten – kombiniert oder wechselnd – präsentieren können.4 Aufgrund des weltweiten Zusammenschlusses von Computernetzen unter Nutzung globaler5 Vermittlungsnetze wie dem Internet und der immer preiswerteren, hoch leistungsfähigen Computer sind zunehmend mehr Menschen in der Lage, an diesem nahezu unüberschaubaren Diensteangebot teilzunehmen. Die Möglichkeiten der Teilnahme am internationalen Datenaustausch im Internet sind mannigfaltig und nahezu unbegrenzt. Das Internet öffnet neue Wege und Bezugsquellen der Informationsbeschaffung. In Forschung und Wissenschaft wird vielfach nur noch online veröffentlicht. Interessenten können mit geringstem Aufwand in den Bibliotheken fast aller bedeutenden Universitäten recherchieren, sich Textdaten direkt übermitteln lassen oder Bücher via Mausklick fernausleihen. Privater und geschäftlicher Informationsaustausch findet zunehmend über das Internet, insbesondere mittels E-Mail-Diensten statt.6 Die Postwege werden gespart, Informationen werden kostengünstiger und schneller ausgetauscht. Dane1 Zur geschichtlichen Entwicklung des Internet gibt einen guten Überblick Cailliau, in: Leggewie/Maar, Internet Politik, 1998, S. 70 ff. 2 Vgl. zum Begriff Mayer, NJW 1996, 1782 (1782). 3 Davon zu unterscheiden ist das internet-work, welches ebenfalls als Internet bezeichnet wird, worunter man miteinander verbundene Teilnetze versteht; vgl. dazu im einzelnen B. 4 Vgl. Roßnagel, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einf 1 Rdn. 4; vgl. dazu auch Weinknecht/Bellinghausen, Multimedia-Recht, 1997, S. 3 ff. 5 Vgl. zu dieser Eigenart des Internet Engel, BDGV 39 (20 00), 353 (356).

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A. Einleitung

ben dient das Internet der Unterhaltung, der Information7, der Werbung und dem electronic commerce8. Das Internet ist in kurzer Zeit zu einem der wichtigsten neuen Wirtschaftsfaktoren9 geworden. Ganze Industriezweige haben sich neu formiert. Die Software- und Hardwareindustrie sowie die Provider, insbesondere vielerlei Diensteanbieter in Unterhaltung und E-Commerce10 wollen ihr Stück vom neuen Kuchen abschneiden. Das hat sich deutlich erkennbar bereits äußerst positiv auf den nationalen und internationalen Arbeitsmarkt ausgewirkt. Neue Berufsbilder wie Mediengestalter, Onlinebroker und viele mehr sind entstanden. IT-Spezialisten sind gefragt wie nie zuvor. Laut einer repräsentativen Umfrage von Infratest Burke11 nutzten bereits 1999 22% der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren das Internet. Spätestens 2005 sollen danach etwa 40% der bundesdeutschen Haushalte über einen Netzzugang verfügen.12 Diese Umfrage zeigt, daß das Internet bereits heute einen wichtigen Stellenwert im täglichen Geschäfts- und Privatleben einnimmt, gerade auch im Leben der Kinder und Jugendlichen.13 Aufgrund dieser Entwicklung darf das Internet nach einhelliger Ansicht kein rechtsfreier Raum sein.14 Schließlich sind mit jeder technischen Errungenschaft, so auch dem Internet, Risiken und Nachteile verbunden. Hacking, Wirtschaftsspionage, Computermanipulation und Computersabotage sind nur einige der Problemfelder, die sich mit dem Siegeszug des Internet herausgebildet haben.15 Vor allen Dingen wurde in der Öffentlichkeit unter dem Schlagwort Sex and Crime die Verbreitung von Kinderpornographie16 über das 6 Oder man telefoniert kostengünstiger via Internet, zur sog. Internet-Telefonie vgl. Müller-Terpitz, MMR 1998, 65 (65 ff.). 7 Vgl. zum Journalismus im Internet Neuberger, Media Perspektiven 7/2000, 310 (310 ff.); Zürn, Media Perspektiven 7/2000, 319 (319 ff.). 8 Darunter versteht man elektronischen Handel wie Bestellservices, die Abwicklung von Dienstleistungen etc. über das Internet, vgl. Grewlich, K & R 1998, 81 (83 ff.). 9 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (183); Mähring, CR 1992, 114 (114 ff.). 10 Vgl. insbesondere zu den Perspektiven des E-Commerce Sonnenschein, in: Eberspächer, Das Internet von morgen, 1999, 55 (55 ff.). 11 Vgl. dazu BDZV Intern vom 16.4.1999. 12 Besonders ausgeprägt sei die Nutzung bei den 14 bis 17 Jahre alten Personen (38%) und in der Gruppe der 18 bis 24 Jahre alten Deutschen (47%); vgl. dazu BDZV Intern vom 16.4.1999. 13 Eine Legaldefinition der Begriffe „Kind“ und „Jugendlicher“ findet sich in §§ 1 I Nr. 1, 2 JuSchG. 14 Vgl. Roßnagel, MMR 2002, 67 (67); Hoeren, MMR 1998, 297 (279 ff.); Ladeur, CR 1996, 614 (617); ders., AfP 1997, 598 (601). 15 Vgl. statt vieler zusammenfassend zu den strafrechtlichen Problemen des Computermißbrauchs Sieber, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht (Loseblattsammlung Stand April 2004) Teil 19; vgl. inbesondere zu Problemen der Strafverfolgung aufgrund der Ubiquität des Internet Vassilaki, CR 1999, 574 (574 ff.).

I. Grundlegendes

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Internet als von Staats wegen unkontrollierter Raum heftig diskutiert. Auch ehrverletzende Äußerungen in Computernetzen17 und Probleme des Wettbewerbsund Urheberrechts18 wurden in zunehmendem Maße thematisiert. Das Internet wird leider auch immer öfter zur Plattform für rassistische bzw. rechtsextreme Inhalte.19 An den genannten Beispielen wird schnell deutlich, daß es für das Internet existentiell sein wird, einen staatlichen Ordnungsrahmen zu definieren und nach möglichen Wegen einer effektiven Umsetzung zu suchen.20 Bereits 1997 haben der Bundesgesetzgeber auf diese Aufgabe mit dem Informationsund Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG)21 reagiert, die Länder mit dem Mediendienstestaatsvertrag (MDStV).22 In der Folge zu den Ereignissen von Erfurt23 wurden die Kompetenzen für den Jugendmedienschutz im Internet zwischen Bund und Ländern neu geordnet. Für den Bereich der Trägermedien hat der Bund bereits im Juli 2002 das neue Jugendschutzgesetz (JuSchG)24 verkündet. Dieses ist gleichzeitig mit dem von den Ländern verabschiedeten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)25 zum 01.04.2003 in Kraft getreten. Doch dadurch wurden bestehende Probleme nur teilweise gelöst.26 Zugleich werden neue Fragen aufgeworfen. Die Anwendbarkeit dieser Gesetze27 wurde 16 Vgl. rechtsvergleichend zur Strafbarkeit Sieber, ZUM 2000, 89 (89 ff.); ders., in Cheswick/Bellovin (Hrsg.), Firewalls und Sicherheit im Internet, 1996, 286 (296). 17 Vgl. zum Persönlichkeitsrecht im Internet Helle, JZ 2002, 593 (598 ff.); Mayer, NJW 1996, 1782 (1785 ff.). 18 Vgl. Müller-Hengstenberg, NJW 1996, 1777 (1777 ff.); Gummig, ZUM 1996, 573 (575); Jaeger, NJW 1995, 3273 (3274 ff.); vgl. eingehend Weinknecht/Bellinghausen, Multimedia-Recht, 1997, S. 21 ff. 19 Vgl. Holznagel/Kussel, MMR 2001, 347 (347 ff.); Kauntz, Frankfurter Allgemeine, 18.08.2000; vgl. zum ganzen auch Zöller, GA 2000, 563 (564). 20 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (183 ff.). 21 Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz-IuKDG) vom 22.07. 1997 (BGBl. I S. 1870) (BGBl. III 9020-6-1); vgl. einführend Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2981 ff.). 22 Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienste-Staatsvertrag – MDStV) vom 28.01./12.02.1997, BayGVBl S. 226, zuletzt geändert durch JugendmedienschutzStaatsvertrag vom 10.09./27.09.2002, BayGVBl 2003 S. 147; vgl. einführend Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2993 ff.). 23 Vgl. zum Amoklauf des 19-jährigen Schülers Robert S. am Gutenberg Gymnasium Erfurt nur: Der Spiegel, Nr. 19/2002. 24 Jugendmedienschutzgesetz (JuSchG) vom 23.07.2002, BGBl. I, 2730. 25 Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV) vom 10./27. September 2002 (BayGVBl 2003 S. 147). 26 Vgl. dazu nur Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192 ff.). 27 Die 16 Länder haben den am 10.04.1997 abgeschlossenen MDStV und den am 10./27.09.2002 abgeschlossenen JMStV ratifiziert. Im folgenden sind auch die staats-

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A. Einleitung

zwar mit der Einführung der Begriffe Telemedien und Trägermedien klargestellt, die Abgrenzung zwischen Telediensten und Mediendiensten ist jedoch immer noch unklar.28 Viele weitere Einzelfragen sind strittig beziehungsweise ungeklärt und werden unten im rechtlichen Teil näher erörtert.29 Hinzu tritt die Schwierigkeit, das technisch Mögliche mit dem rechtlich Gebotenen zur Dekkung zu bringen.30 Dies zeigt sich besonders deutlich im Bereich des staatlichen Jugendschutzes im Internet. Die Probleme dort sind sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Natur.31 Zielsetzung der Untersuchung ist es, Lösungsansätze für eine effiziente Regulierung des Internet hinsichtlich kinder- und jugendgefährdender Inhalte zu entwickeln. Daher besteht die Arbeit aus einem technischen und einem rechtlichen Teil. Auf der einen Seite muß es um eine sehr sorgfältige Berücksichtigung der tatsächlichen, insbesondere der technischen Gegebenheiten des Internet gehen, um auf der anderen Seite verfassungsrechtliche Grundlagen und Vorgaben realisieren zu können. Unter dieser Zielsetzung müssen zunächst die Kontaktpunkte und die spezifischen Gefahren des Internet für Kinder und Jugendliche dargestellt werden. Zum besseren Verständnis werden im Anschluß daran technische Grundlagen des Internet sowie die für den Jugendschutz in Frage kommenden technischen Kontrollmöglichkeiten thematisiert. Im Mittelpunkt der Darstellung sollen hierbei nicht die technischen Möglichkeiten stehen, welche die Verbreitung absolut rechtswidriger Inhalte32 unterbinden. Als absolut rechtswidrig werden solche Inhalte bezeichnet, deren Verbreitung an Jedermann, also sowohl an Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene verboten ist.33 Vielmehr sollen vertraglichen Vorschriften gemeint, wenn von Gesetz bzw. gesetzlichen Grundlagen die Rede ist. Insoweit wird in der Arbeit aus Vereinfachungsgründen auch gelegentlich von gesetzlichen Ansprüchen gesprochen. 28 Vgl. zur schwierigen Abgrenzung zwischen Mediendienst und Teledienst einführend nur Kröger/Flemming, AfP 675 (675 ff.); vgl. dazu D. II. 1. 29 Vgl. D. 30 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (177 ff.). 31 Das hat auch bereits der Deutsche Bundestag in seinem Zehnten Kinder- und Jugendschutzbericht feststellen müssen. Über das genaue Ausmaß der strafrechtlich relevanten bzw. zumindest kinder- und jugendgefährdenden Angebote im Bereich der Online-Dienste werden derzeit noch recht unterschiedliche Einschätzungen abgegeben, jedoch müßten, auch wenn diese Datenmenge nur geringfügig wäre, Lösungen gefunden werden, vgl. dazu Zehnter Kinder- und Jugendschutzbericht, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), BT-Drs. 13/11368, S. 81 ff. 32 Vgl. Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 46. 33 Die Terminologie in der Literatur ist uneinheitlich. Holznagel, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht (Loseblattsammlung Stand April 2004) Teil 3.2. Rdn. 84 spricht von „absoluten Verbreitungsverboten“; Spürk von jugendschutz.net bezeichnet diese Inhalte als „absolut unzulässige Inhalte“ vgl. dazu Feil/Keddi, Diskurs 1/2000, 51 (52).

I. Grundlegendes

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Techniken dargestellt werden, die es ermöglichen, jugendgefährdende Inhalte von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten.34 Diese sind technisch noch wesentlich schwerer zu verwirklichen als jene, die jegliche Verbreitung unterbinden. Ohne diese technischen Grundlagen lassen sich die neuen rechtlichen Anforderungen an einen effizienten staatlichen Jugendschutz im Internet nicht erfassen und Lösungsansätze nicht entwickeln. Auf dieser Grundlage gilt es, zunächst die Effektivität35 klassischer hoheitlicher Steuerung36 im Bereich Internet zu analysieren. Diese ist durch den „Gestaltungsmodus imperativer Zweckverwirklichung“37 – dem Zusammenspiel von Geboten und Verboten – gekennzeichnet. Dabei sollen die bestehenden Gesetzesgrundlagen38 des Jugendschutzes im Internet untersucht werden. Herauszufinden ist, ob diese den neuen Anforderungen des Jugendschutzes im Internet in hinreichendem Maße standhalten. Soviel kann jetzt schon gesagt werden: Da das Internet nicht hierarchisch organisiert ist, auf „Ubiquität“39 basiert, seine Inhalte fließend und die Datenmengen unüberschaubar sind, stoßen bisher bereits im Bereich der Neuen Medien etablierte und weitestgehend bewährte staatliche Steuerungsinstrumentarien sehr schnell an ihre Grenzen.40 Daher wird der Staat auf nationaler Ebene, im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft und im internationalen Kontext in einer übergreifenden Staatengemeinschaft41 zu neuen Steuerungsinstrumenten finden müssen, um der Kontrollprobleme, die das Internet aufwirft, Herr zu werden. In Bereichen außerhalb des 34 Die Unzulässigkeit der Verbreitung an Kinder und Jugendliche als Rezipienten ergibt sich aus den entsprechenden Vorschriften des JMStV, vgl. dazu im einzelnen D. II. 2. 35 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 1997, 9 (40). 36 Vgl. zum Begriff Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 1997, 339 (358 ff.). 37 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162), kurs. i.O.; Röthel, in: Vieweg (Hrsg.), Techniksteuerung und Recht, 35 (42). 38 Vgl. A. I., Fn. 27. 39 Vgl. zu den damit verbundenen Problemen Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192 f.), kurs. i.O.; Hoeren, NJW 1998, 2849 (2850). Auf europäischer Ebene gibt es bereits seit geraumer Zeit das Projekt „Best Use“ der Europäischen Union, die das Grünbuch der Europäischen Kommission über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde in den audiovisuellen und Informationsdiensten berücksichtigt. Zudem gibt es das mehrjährige Programm der Europäischen Gemeinschaften „Internet Action Plan“, welches zur Förderung der sicheren Nutzung des Internet ins Leben gerufen wurde, vgl. eingehend F. III. 1. b); Holznagel, ZUM 2000, 1007 (1024), schlägt gesetzgeberische Kompromißlösungen und eine intensivere internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden vor. Vgl. auch Helle, JZ 2002, 593 (593, 601). 40 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (193); Federrath, ZUM 1999, 177 (179 ff.); Grzeszick, AöR 1998, 173 (186); Roßnagel, ZRP 1997, 26 (27) vgl. dazu aus informationsrechtlicher Sicht Pitschas, DV 2000, 111 (121 ff.; 125).

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A. Einleitung

Internet ist schon seit geraumer Zeit ein Wandel von staatlicher Steuerung hin zu gesellschaftlicher Selbstregulierung42 zu beobachten. In der wissenschaftlichen, insbesondere der juristischen Literatur haben sich im Bereich der Selbstregulierung noch keine einheitlichen Begrifflichkeiten durchgesetzt. Die Begriffe „gesellschaftliche Selbstregulierung“,43 „gesellschaftliche Selbststeuerung“44 und „gesellschaftliche Selbstkontrolle“45 werden teilweise synonym verwendet.46 Der vorliegenden Arbeit soll konsequent der Begriff „gesellschaftliche Selbstregulierung“47 zugrundegelegt werden. Bereits die Wahl des Wortes Selbstregulierung bringt zum Ausdruck, daß es sich hier um einen Bereich handelt, der frei von staatlicher Steuerung oder Kontrolle ist. Daher sind die oftmals vorgefundenen Wortkombinationen Selbststeuerung bzw. Selbstkontrolle von vornherein inhaltlich ungenau, da diese auf eine staatliche Einflußnahme bzw. Machteinwirkung hindeuten.48 Nach Schmidt-Preuß49 darf man unter gesellschaftlicher Selbstregulierung die „individuelle oder kollektive Verfolgung von Privatinteressen in Wahrnehmung 41 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.). 42 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (165 ff.); Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 237 (238 ff.); vgl. beispielhaft zum Referenzgebiet Umweltrecht SchmidtPreuß, in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1157 ff.); Schmidt-Preuß, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, 309 (321 ff.). 43 Diesen Begriff verwenden u. a. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162 ff.), kurs. i.O.; ders., ZLR 1997, 249 (249 ff.); ders., in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1157 ff.); ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (90 ff.), kurs. i.O.; Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 237 (238); Trute, DVBl. 1996, 950 (950 ff); Hoffmann-Riem, DV 2000, 155 (178); teilweise auch der ähnliche Begriff gesellschaftliche Selbstregelung, ders., Modernisierung von Recht und Justiz, 2001, S. 18; Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 50; Christiansen, MMR 2000, 123 (123); Hoeren, NJW 1998, 2849 (2852); Ladeur, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.): Regulierte Selbstregulierung und die Herausbildung einer „Logik der Netzwerke“, 2001, 59 (59 ff.); zumeist, aber doch uneinheitlich Kloepfer/Elsner, DVBl. 1996, 964 (964 ff.); vgl. auch Schmidt-Aßmann, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 255. 44 Vgl. nur Teubner/Wilke, ZfRSoz 1984, 4 (6 ff.); Mayntz, JbStVw 1/1987, 89 (94). 45 Vgl. nur Knoll, BPjS-Aktuell 3/1998, 3 (3 ff.). 46 Vgl. zu den äußerst unterschiedlichen Definitionsmöglichkeiten von Selbstregulierung auch Price/Verhulst, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (143 ff.). 47 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162), kurs. i.O.; vgl. zum Begriff und zur Reichweite auch Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 121, 140. 48 Vgl. A. Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht – unter besonderer Berücksichtigung der Selbstverpflichtungen, 2001, S. 40. 49 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162 f.), kurs. i.O.; in eine ähnliche Richtung geht die Definition von A. Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht – unter besonderer Berücksichtigung der Selbstverpflichtungen, 2001, S. 49, S. 50 Fn. 58.

I. Grundlegendes

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grundrechtlicher Freiheiten zum legitimen Eigennutz“ verstehen.50 „Als Kontrapunkt hierzu ist staatliche Steuerung im weiteren Sinn als jede Gestaltung der Lebensverhältnisse durch einen Träger öffentlicher Gewalt zu verstehen“.51 Mit dem Element des Privatinteresses wird der Aspekt der Eigenverantwortlichkeit als Kernelement der gesellschaftlichen Selbstregulierung bezeichnet.52 In der vorliegenden Arbeit wird daher diese Definition zugrundegelegt. Eine sehr vielversprechende neue staatliche Steuerungsstrategie neben der des klassisch-imperativen Zwangs, welche die Kräfte der gesellschaftlichen Selbstregulierung optimal freizusetzen und zu nutzen weiß, ist die „gesteuerte Selbstregulierung“.53 Die Wortkombination aus Steuerung und Regulierung trifft es auf den Punkt. Steuerung54 darf als Platzhalter für staatliche Einflußnahme verstanden werden, Regulierung vertritt den staatsfreien Bereich der gesellschaftlichen Kräfte. Der Staat steuert hierbei nicht mehr nur mit klassischen Instrumenten wie der verfahrensrechtlichen Kontrolle und Überwachung oder mit verhaltensbeeinflussenden, materiell-rechtlichen Anforderungen, sondern es werden „freiwillige private Initiative und Aktivität als Beitrag zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben induziert“.55 Das große Potential dieser neuen Steuerungsstrategie für den Jugendschutz im Internet wird in E. ausführlich erörtert. Insbesondere wird an dieser Stelle eine genaue Kategorienbildung vorgenommen.56 Die vorliegende Arbeit zeigt 50 Mit anderem Akzent Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 237 (241), der die Verlagerung der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe auf gesellschaftliche Kräfte als wesentliches Merkmal der Selbstregulierung beschreibt: kritisch hierzu A. Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht – unter besonderer Berücksichtigung der Selbstverpflichtungen, 2001, S. 40. 51 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162), kurs. i.O.; ders., ZLR 1997, 249 (249); ders., in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1158). 52 Ähnlich A. Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht – unter besonderer Berücksichtigung der Selbstverpflichtungen, 2001, S. 40. 53 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL (56) 1997, 160 (165), kurs. i.O.; ders., DÖV 2001, 45 (49); auch Hoffmann-Riem benutzt diesen, vgl. ders. DV 2000, 155 (178); spricht auch von hoheitlich regulierter Selbstregulierung, vgl. ders., Modernisierung von Recht und Justiz, 2001, S. 30. Voßkuhle, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 198 Fn. 6, m. w. N., stellt zutreffend fest, daß schwer nachzuvollziehen sei, wer den Begriff „erfunden“ habe. Von regulierter Selbstregulierung spricht Trute, DVBl. 1996, 950 (950); Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, 1999, 47 (74); Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 237 (238) verwendet den Begriff instrumentelle Selbstregulierung; Kloepfer/Elsner, DVBl. 1996, 964 (965), verwenden den Begriff regulative Selbststeuerung offenbar synonym; eher kritisch Bethge, in: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (Hrsg.), BLMSymposion Medienrecht 2001, 61 (77 ff.); vgl. dazu im einzelnen A. II. 54 Vgl. zum Begriff Hoffmann-Riem, Modernisierung von Recht und Justiz, 2001, S. 31 ff. 55 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL (56) 1997, 160 (165), kurs. i.O. 56 Vgl. E. III.

30

A. Einleitung

auf, daß die Aktivierung gesellschaftlicher Kräfte mit der Strategie der gesteuerten Selbstregulierung für einen funktionierenden Jugendschutz im Internet von entscheidender Bedeutung ist. Aus verfassungsrechtlicher Sicht wird untersucht, ob der Staat mit diesem neuen Regulierungsansatz im Internet bestehende Schutzpflichten57 verletzt, welche er im Bereich des Jugendschutzes wahrzunehmen hat. Zudem wird geklärt, ob der Staat, wie von Kritikern der Selbstregulierungsansätze befürchtet,58 mit diesem Gestaltungsmodus demokratische sowie rechtsstaatliche Steuerungsverantwortung vernachlässigt. Die Vorzüge der bereits ansatzweise beginnenden Umsetzung der Strategie der gesteuerten Selbstregulierung mit ihren verschiedenen Gestaltungsvarianten werden, aufbauend auf dogmatischen Grundlagen, aufgezeigt und ihre Umsetzung in die Praxis analysiert und kritisiert. Außerdem sollen neue Umsetzungsmöglichkeiten für die Praxis eröffnet werden. Die vorliegende Arbeit will somit die Bedingungen eines effektiven Jugendschutzes im Internet aufzeigen.

II. Gesteuerte Selbstregulierung als Steuerungsstrategie für den Jugendschutz im Internet Wollte man das Internet einer rein59 gesellschaftlichen Selbstregulierung überlassen, müßten die Nationalstaaten zunächst alle Gesetze, welche die Anarchie des Internet zu bändigen versuchen, außer Kraft setzen. Weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene würden fortan staatliche Eingriffe erfolgen. So verstehen Cyber-Enthusiasten wie etwa Johnson/Post60 die optimale Regulierung des Internet,61 nämlich überhaupt keine staatliche Regulierung bzw. Beeinflussung des Geschehens im Internet. Für den Jugendmedienschutz weitergedacht hätte dieses Steuerungskonzept zur Folge, daß man es allein den selbstreinigenden Kräften des Internet, also 57

Vgl. dazu eingehend C. II. Vgl. Ellwein/Hesse, Der überforderte Staat, 1994; Jänicke, Staatsversagen – Die Ohnmacht der Politik in der Industriegesellschaft, 1987; Mayntz, JbStVw 1/1987, 89 (89 ff.); Eberle, in: FS für Engelschall, 1996, 153 (154); dazu auch Hoffmann-Riem, Modernisierung von Recht und Justiz, 2001, S. 15 ff. 59 Vgl. zum Begriff Hoffmann-Riem, Modernisierung von Recht und Justiz, 2001, S. 19. 60 Nationales Recht und traditionelle Verwaltungsformen seien für die Regulierung des Internet ohnehin ungeeignet, die Internet-Community würde selbst auf das Internet zugeschnittene Regeln entwickeln, die durch diejenigen formuliert werden, die am meisten vom Netz verstehen und denen am meisten am Internet liegt, was auch eine erhöhte Akzeptanz zur Folge hätte, vgl. Johnson/Post; Law and Borders – The Rise of Law in Cyberspace unter http://www.cli.org./x0025_LBFIN.html (abgerufen am 25.09.2002); ähnlich Burk, Jurisdiction in a World Without Borders unter http:// vjolt.student.virginia.edu/graphics/vol1/home_art3.html (abgerufen am 25.09.2002). 61 Vgl. zum ganzen Christiansen, MMR 2000, 123 (123 ff.). 58

II. Gesteuerte Selbstregulierung

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der Internet-Community überließe, Kinder und Jugendliche vor gefährlichen Inhalten zu schützen. Sowohl Provider als auch User sollen zusammenwirken, um einen effektiven Schutz herbeizuführen. In der Theorie mag dieses Modell noch interessant klingen, bei genauerem Hinsehen überzeugt es jedoch in der Praxis nicht, hier erscheint es eher als naiv.62 In realiter würde regelmäßig nicht das hohe Gut einer ungestörten Entwicklung von Kindern und Jugendlichen für die Verbreitung beziehungsweise Nichtverbreitung von jugendgefährdenden Inhalten bestimmend sein, sondern vielmehr wirtschaftliche Interessen der Provider oder gruppenspezifische Interessen der User.63 Daher formuliert Christiansen zutreffend: „Die Frage lautet nicht, ob Selbstregulierung oder nationale und internationale (staatliche!) Regulierung vorzuziehen ist, sondern es kommt auf die gleichgewichtswahrende und sich gegenseitig ergänzende Kombination beider Formen an. Gelangt man zu einer dialektischen, ausbalancierten „Regulierung der Selbstregulierung“, kann man auf ein System hoffen, das gleichermaßen vor staatlicher Willkür wie vor Willkür durch machtvolle Privatinteressen schützen kann.“64 Die Steuerungsstrategie, die damit gemeint sein soll, ist die der „gesteuerten Selbstregulierung“.65 Eine Begriffsbestimmung ist bereits oben erfolgt.66 In verschiedenen Referenzgebieten hat sich die gesteuerte Selbstregulierung bereits erfolgreich durchgesetzt.67 In Bezug auf das Internet steckt die wissenschaftliche Diskussion über das Ob, den Umfang und die gesetzliche Ausgestaltung noch in den Kinderschuhen. Dennoch stellt Schmidt-Preuß 68 als Ausgangspunkt seiner „SechsebenenStrategie“69 zur Technikermöglichung in der Informationsweltgemeinschaft bereits fest: „Ohne Selbstregulierung und Kooperation im nationalen Kontext, im 62

Ähnlich Hornig, ZUM 2001, 846 (850). Christiansen, MMR 2000, 123 (125 ff.) spricht von einer Anfälligkeit für eine sachwidrige Beeinflussung durch die Interessen Einzelner. Regulatorische Regime seien stets das Ziel von Interessengruppen, die das Recht in ihrem Sinne zu gestalten suchten. Engel, AfP 1996, 220 (221 ff.) redet sogar von einem „Versagen der Märkte“; kritisch zum Bereich Jugendschutz beim Rundfunk Bethge, in: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (Hrsg.), BLM-Symposion Medienrecht 2001, 61 (79). 64 Vgl. Christiansen, MMR 2000, 123 (129); interessant ist auch dessen vorangehende Analyse des Internet auf seine Selbstregulierungsfähigkeit hin, vgl. ders., MMR 2000, 123 (124 ff.). 65 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, VVDStRL (56) 1997, 160 (165), kurs. i.O.; ders., DÖV 2001, 45 (49); auch Hoffmann-Riem, DV 2000, 155 (178), benutzt diesen. 66 Vgl. A. I. 67 So etwa im Umweltschutzbereich, vgl. Schmidt-Preuß, in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1157 ff.); Trute, DVBl. 1996, 950 (950 ff.); Kloepfer/Elsner, DVBl. 1996, 964 (967 ff.); vgl. für den Bereich privater Normgebung Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (89 ff.); bei der Innovationssteuerung vgl. nur Hoffmann-Riem, DV 2000, 155 (178 ff.); auch im Lebensmittelrecht, vgl. Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (261 ff.); einen aktuellen Überblick gibt Schmidt-Preuß, DÖV 2001, 45 (51 ff.). 63

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A. Einleitung

gemeinschaftlichen Verbund und auf internationaler Ebene kommt der techniksteuernde und -ermöglichende Staat70 heute nicht mehr aus.“ Grzeszick71 wie auch Ladeur72 sprechen sich für eine horizontal abgeschichtete Verantwortungsaufteilung zwischen Staat und Privaten aus. Laut Roßnagel73 könne der Staat einige ihm historisch zugewachsene Funktionen der gesellschaftlichen Selbstorganisation überlassen und sich auf die Vorgabe der Spielregeln beschränken. Christiansen74 formuliert es anders: Er ist dafür, daß der Staat in ein selbstregulierendes System korrigierend eingreift. Die Kritiker der staatlichen Förderung und Einbindung von gesellschaftlicher Selbstregulierung sehen hierin lediglich ein Handeln, motiviert durch die Ohnmacht des Staates bei der Steuerung des Internet.75 Düstere Vorzeichen wollen erahnt werden: Die Nationalstaaten versuchten lediglich, ihrem Schutzauftrag wenigstens noch durch Zuhilfenahme der Selbstregulierungskräfte nachzukommen, entzögen sich diesem womöglich dadurch sogar gänzlich. Doch für solch destruktive Befürchtungen besteht kein Grund, betrachtet man die Funktionsweise der gesteuerten Selbstregulierung näher. Durchaus überläßt der Staat zunächst bestimmte, ihm an sich zugewiesene Bereiche der gesellschaftlichen Selbstregulierung.76 Jedoch muß er sich stets eine „Zugriffsoption“77 für den Fall vorbehalten, daß die gesellschaftliche Selbstregulierung „Gemeinwohlergebnisse verfehlt“.78 Somit werden zwar einerseits Ressourcen 68 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.), kurs. i.O. 69 Vgl. F. II. 2. 70 Vgl. dazu auch D. II. 6. c). 71 Vgl. Grzeszick, AöR 1998, 173 (194). 72 Vgl. Ladeur, ZUM 1997, 372 (374 ff.), er spricht nicht von gesteuerter Selbstregulierung, sondern offenbar synonym von „Fremdregulierung von Selbstregulierung“; vgl. auch ders., CR 1996, 614 (621). Ders., ZUM 1997, 372 (374 ff.) fordert zudem eine Regulierung des Internet durch lernfähiges Recht. 73 Vgl. Roßnagel, ZRP 1997, 26 (30). 74 Vgl. Christiansen, MMR 2000, 123 (127); auch Price/Verhulst, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (203), kommen zu dem Ergebnis, daß effektive gesellschaftliche Selbstregulierung nicht ohne unterstützende Gesetzgebung und staatliche Regulierung möglich ist. 75 Vgl. nur Hoeren, NJW 1998, 2849 (2852); Eberle, in: für Engelschall, 1996, 153 (154); vgl. auch E. I. 76 Vgl. für das Internet nur Roßnagel, ZRP 1997, 26 (30); Christiansen, MMR 2000, 123 (127); Grzeszick, AöR 1998, 173 (194). 77 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (174), kurs. i.O.; ders., in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, 309 (311), kurs. i.O. 78 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (174); ders., in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1161); ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (94); ders., in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, 309 (311); ähnlich Hoffmann-Riem, DV 2000, 155 (181); ders., Modernisierung von Recht und Justiz, 2001, S. 23; vgl. auch Schuppert, DÖV 1995, 761 (768); Trute, DVBl. 1996, 950 (953); Kloepfer, Informationsrecht, 2002, 139 ff., 169;

III. Chancen und Gefahren des Internet für Kinder und Jugendliche

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aus privatem Engagement aktiviert, der Staat entzieht sich auf der anderen Seite jedoch nicht seiner Letztverantwortung.79 Vielmehr ist es gerade eine hierbei bewußt verfolgte Strategie, zunächst einmal die selbstregulativen Kräfte des Marktes wohlbeobachtet walten zu lassen, um dann später gegebenenfalls regulierend einzugreifen. Die gesteuerte Selbstregulierung läßt sich somit auf einer „gleitenden Skala zwischen den Polen klassisch imperativen Zwangs und der rein gesellschaftlicher Konfliktschichtung einordnen“.80

III. Chancen und Gefahren des Internet für Kinder und Jugendliche 1. Die Rolle des Internet im Leben der Kinder und Jugendlichen Im Leben der Erwachsenen hat das Internet bereits jetzt einen wichtigen Stellenwert eingenommen. Doch die Anzahl der mit dem Internet verknüpften Bereiche wächst ständig. Vor einigen Jahren war die Arbeitswelt hauptsächliches Entwicklungs- und Einsatzgebiet der neuen Technologie Internet. Ihre Entwicklung ist so weit fortgeschritten, daß sie auch in Bereichen außerhalb der Arbeitswelt fester Grundbestandteil geworden ist.81 Bildung, Kultur, Freizeit und Privathaushalte sind bereits feste Zielbereiche des Internet. Doch nicht nur im Leben der Erwachsenen macht sich die rasante Entwicklung des Internet zum neuen Massenmedium stark bemerkbar. Auch im Leben der Kinder und Jugendlichen nehmen Computer und Internet eine immer wichtigere Position ein. Schon im frühesten Alter werden Kinder heute mit Multimediaeinrichtungen, Interaktivität und Mobilität konfrontiert. Das Internet ist bei den Kindern und noch in verstärktem Maße bei den Jugendlichen auf dem besten Wege zum Medium Nr. 1 zu werden. Das gilt zunächst in inhaltlicher Hinsicht. Ein leistungsfähiger Computer kann die Funktionen der anderen Einzelmedien in sich vereinigen. Er ermöglicht es, Fernsehprogramme zu empfangen, Videofilme selbst zu schneiden, Musik zu hören und nach Belieben gleich übers Internet zu downloaden. Ohne viel Aufwand und Kosten kann mit anderen Menschen auf der ganzen Welt kommuniziert und der Datenpool Internet genutzt werden. Aber auch in technischer Hinsicht entwickelt sich der Computer zum Medium Nr. 1. Er bietet genau die Fähigkeiten und erfüllt die Ansprüche, die dem neuen Zeitgeist unserer Industriegesellschaft entsprechen: Schnelligkeit, Bethge, in: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (Hrsg.), BLM-Symposion Medienrecht 2001, 61 (80). 79 Diese ist hier als Gewährleistungsverantwortung zu verstehen, vgl. im einzelnen E. II. 3. 80 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (221), kurs. i.O. 81 Vgl. insbesondere zu den sozialen Beziehungen im Internet Döring, Sozialpsychologie des Internet, 1999, S. 255 ff.

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A. Einleitung

Zuverlässigkeit, ständige Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft, Berechenbarkeit und Höchstleistung auf gleichbleibendem Niveau.82 Computer und Internet werden von Kindern und Jugendlichen als Spiel-, Unterhaltungs-, Kommunikations-, Lern-, Arbeits- und Informationsmedium verstanden.83 Sozialwissenschaftliche Studien darüber, wieviele Kinder und Jugendliche tatsächlich bereits das Internet nutzen und welches Nutzungsverhalten sie an den Tag legen, gibt es nur wenige. Soweit bekannt, sind diese jedoch keineswegs repräsentativ. Das Institut für Sozialforschung, Informatik und Soziale Arbeit (ISIS Berlin e. V.) erarbeitete eine Studie zur Nutzung des Computers und des Internets durch Kinder und Jugendliche in Berlin.84 Von den in die Untersuchung einbezogenen Schülern bei der schulbasierten Stichprobe beschäftigten sich circa 80 Prozent mit dem Computer. Immerhin wird das Internet bereits von der Hälfte der Schüler/-innen genutzt. Interessant sind auch die von den Kindern und Jugendlichen genannten Gründe für deren Computernutzung. An erster Stelle steht spielen, es folgt in der Rangliste: um mich weiterzubilden, weil mir oft langweilig ist, weil es meine tägliche Arbeit erleichtert, weil ich ihn als Arbeitsmedium brauche, und weil ich das Internet benötige. Die Stichprobe, die über Befragungen von Kindern und Jugendlichen im Internet gewonnen wurde, weist eine etwas andere Rangfolge auf. Hier steht an erster Stelle: um mich weiterzubilden, an zweiter spielen, und darauf folgt das Internet. Jedoch steht somit bei beiden Erhebungen das Internet recht weit vorne in der Rangliste. Weiter wird das Internet laut der Studie zur Nutzung des Computers und des Internets durch Kinder und Jugendliche in Berlin der ISIS Berlin e. V. überwiegend genutzt, um (schnell) viele Informationen zu bekommen, genauer gesagt, schnell an Informationen zu kommen, die sonst nicht so einfach zu erreichen sind. Drei Viertel der Kinder und Jugendlichen, die das Internet nutzen, schreiben E-Mails, etwas seltener ist das Motiv, neue Leute kennenzulernen. Kaum ausgeprägt ist das Motiv, Bestellungen über das Internet zu tätigen oder eigene Informationen zu veröffentlichen.85 Die möglichen Kontaktpunkte der Kinder und Jugendlichen mit dem Internet sind vielseitig. Da Kinder von Natur aus neugierig sind, sammeln sie in den meisten Fällen am häuslichen Computer der Eltern erste Erfahrungen mit den neuen, multimedialen Möglichkeiten des Internet. So fand die genannte Studie 82 Vgl. Lerchenmüller, in: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), Computerspiele-Spielespaß ohne Risiko, 2000, 15 (15 ff.). 83 Vgl. Maaz, Soziale Arbeit 5/2000, 176 (176 ff.). 84 Insgesamt liegen dieser Untersuchung zwei unabhängige Stichproben von jungen Menschen zugrunde: Die eine Stichprobe umfaßt 903 Schülerinnen und Schüler der Klassen 7 bis 11 (12–18 Jahre) in allen Schulformen, die zweite Stichprobe umfaßt 893 Kinder und Jugendliche, die auf einen in das Internet gestellten Fragebogen geantwortet haben. Vgl. ebda., 1 (1 ff.). 85 Vgl. ebda., 1 (84, 85).

III. Chancen und Gefahren des Internet für Kinder und Jugendliche

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heraus, daß meistgenannter Ort der Internetnutzung zu Hause, darauf folgend bei Freunden sei.86 Aber auch in den Schulen, in kommerziellen Internetcafés, in Bibliotheken und Jugendfreizeiteinrichtungen ist ein Internetzugang den Kindern und Jugendlichen möglich, allerdings mit unterschiedlicher Kontrolle und Filterung. Auf das diesbezüglich gesetzlich87 geforderte Mindestmaß wird unten noch näher eigegangen. An dieser Stelle sei noch erwähnt, daß gerade auch in den Schulen, etwa bekannt unter der Aktion Schulen ans Netz88, starke Bestrebungen bestehen, immer mehr Kindern und Jugendlichen den Zugang zum Internet und damit dessen Nutzung zu ermöglichen. Bis vor einigen Jahren wurde das Verhältnis von Kindern und Jugendlichen zu Computer und Internet eher kritisch beurteilt. In den 80er Jahren war diese Auseinandersetzung noch geprägt von „düsterer Kulturkritik, welche die Isolation und die Verarmung der Gefühlswelt und Verkümmerung von Phantasie und Kreativität bis zur Sucht und gesellschaftlichen Abkapselung proklamierte“89. Derartige Befürchtungen waren allerdings unbegründet. Heute ist es inzwischen selbstverständlich geworden, daß auch Kinder und Jugendliche Zugang zu Computer und Internet haben. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Sie lernen spielend, mit dem neuen Werkzeug Computer und dem neuen Medium Internet sinnvoll umzugehen. Gerade dieser Lernprozeß ist für die heranwachsende neue Generation von größter Bedeutung. In Schule und Ausbildung, später im Beruf, ist dieses Know-how einer Generation, die als erste von Anfang an mit Computer und Internet aufgewachsen ist, unabdingbare Voraussetzung für beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg. Computer und Internet stellen also die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft der kommenden Generation. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Bandbreite der positiven Möglichkeiten der neuen Computertechnologie, insbesondere der damit verbundenen Nutzung des Internet für die Kinder und Jugendlichen groß ist. Dies gilt sowohl in der Schule, der Ausbildung, als auch im Freizeitbereich. Doch sind mit diesen Chancen zwangsläufig auch Gefahren verbunden. 2. Internetspezifische Gefahren für Kinder und Jugendliche Will man Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden medialen Einflüssen schützen, ist es erforderlich, die Wirkungspotentiale von Medien zu kennen. Bei der Erforschung dieser Wirkungspotentiale kommt dem Zweig der Medien86 Bemerkenswert ist, daß die Schule immerhin bereits den dritten Rang einnimmt; vgl. ebda., 1 (82). 87 Vgl. A. I., Fn. 27. 88 Vgl. näher zur Initiative „Schulen ans Netz“ http://www.san-ev.de (Seite abgerufen am 25.09.2002). 89 Vgl. Rogge, medien+erziehung 2/1997, 95 (95 ff.).

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A. Einleitung

forschung, der sich mit den medialen Einflüssen auf den Menschen befaßt, zentrale Bedeutung zu. Eben diese Erkenntnisse werden zur Begründung von gesetzlichen Regelungen und Abwehrmaßnahmen des Kinder- und Jugendschutzes dienstbar gemacht. Auf die einzelnen sozialwissenschaftlichen Methoden der Medienwirkungsforschung wird hier nicht näher eingegangen. Neben allen seinen bereits erörterten positiven Möglichkeiten ist das Internet auch ein geeignetes Medium, Informationen zu verbreiten, die im alltäglichen sozialen Umgang tabuisiert oder sogar verboten sind.90 Die rechtswidrigen Inhalte verschiedenster Art im Internet nehmen laufend zu. Aufgrund der steigenden Popularität des Internet ist die öffentliche Sensibilität größer geworden. Beispielhaft sei das Angebot von Informationen, die eine Bedrohung für die nationale Sicherheit bedeuten, genannt.91 Für den Jugendschutz ist besonders der Mißbrauch des Internet als Plattform für Gewaltdarstellungen und die Verbreitung von schwerer Pornographie92 relevant. In Bezug auf Pornographiedarstellungen gilt für den Jugendschutz grundsätzlich: Es muß unterschieden werden, ob das Kind als Objekt geschützt werden soll93, also ein Schutz vor der (sexuellen) Ausbeutung von Kindern intendiert ist, oder ob Kinder bei der Nutzung des Internet als Nutzer, auch englisch User genannt, geschützt werden sollen. Leider ist die erste Variante traurige Realität. Eine bereits im Juni 1997 vorgestellte Studie von Decius und Panzieri, die im Auftrag des Deutschen Kinderschutzbundes erstellt wurde, sieht Kriminalitätsrisiken in der Verbindung von Internet Relay Chat (IRC)94 mit Kinderpornographie.95 Die Gefahren der kinderpornographischen Darstellungen im Internet beginnen bereits bei der Herstellung. Der Studie zufolge werden Kinder für die Produktion der Bilder tatsächlich mißbraucht. Das sei zwar auch bei herkömmlichen Medien wie Zeitschriften oder Videos bekannt, die Verbreitung sei aber 90 Vgl. dazu Stellungnahme der Enquete-Kommission „Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft; Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft“, in: Deutscher Bundestag (Hrsg.), Kinder- und Jugendschutz im Multimediazeitalter, 1998, 1 (54 ff.). 91 Zeitweilig konnten über WWW-Dienste und Newsgroups Anleitungen zur Herstellung von Bomben, zur illegalen Herstellung von Drogen oder für terroristische Tätigkeiten abgerufen werden. 92 Pornographie im Netz reicht von Textbeschreibungen bis zu Bilddarstellungen; in welche Bereiche pornographische Textbeiträge unterteilt werden können vgl. Wetzstein/ Dahm/Steinmetz, Datenreisende, 1995, S. 193 ff.; vgl. zur strafrechtlichen Bewältigung Stange, CR 1996, 424 (424 ff.). 93 Vgl. dazu Hörnle, NJW 2002, 1008 (1008). 94 Vgl. B. II. 3. 95 Vgl. Decius/Panzieri, in: Deutscher Jugendschutzbund e. V. (Hrsg.), 1998, Kinderpornographie im Internet Relay Chat, 1 (2 ff.); siehe dazu auch das Interview mit Rainer Richard von der EDV Beweismittelsicherung des Polizeipräsidiums München zum Thema Pornographie mit Kindern im Internet Schaar, medien+erziehung 6/1997, 359 (359 ff.).

III. Chancen und Gefahren des Internet für Kinder und Jugendliche

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mit dem digitalen Medium Internet erleichtert. Andererseits wird auch die Meinung vertreten, daß es sich in der Regel um Zweitverbreitungen handele und eine Produktion speziell für das Internet nicht existiere.96 In jedem Fall aber können Online-Dialoge zumindest als Einstieg in die Vermittlung von Kindern in die Prostitution mißbraucht werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der zweiten Variante der Schutzbedürftigkeit, dem Schutz des Kindes als User des Internet. Es geht damit um einen Teilbereich des Jugendschutzes: den Jugendmedienschutz. Darunter versteht man den Schutz vor Inhalten in den Medien, die nach der Einschätzung des Gesetzgebers die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen beeinträchtigen können.97 Wie oben bereits dargestellt, nutzen auch Kinder und Jugendliche zunehmend das Internet. Problematisch dabei ist diese Tendenz vor dem Hintergrund, daß dies in vielen Fällen ohne elterliche Aufsicht und auch ohne geeignete technische Schutzprogramme erfolgt. Die Kinder und Jugendlichen können damit nicht nur das umfassende Informationsangebot des Internet für sich nutzbar machen, sondern sind den genannten jugendgefährdenden Inhalten schutzlos ausgesetzt. Es ist davon auszugehen, daß Kinder und Jugendliche nur in wenigen Fällen gerade diese Inhalte aufsuchen wollen. Zumindest wurde in der einschlägigen Literatur bislang nicht vom Gegenteil berichtet. Jedoch ist die Gefahr groß, daß Kinder und Jugendliche beim Surfen völlig unfreiwillig auf jugendgefährdende Inhalte stoßen.98 Auch hinter zunächst völlig harmlos klingenden Websites verbergen sich des öfteren jugendgefährdende, bisweilen auch absolut rechtswidrige Inhalte. Auf diese Problematik wird unten noch näher eingegangen. Grundsätzlich aber ist schon jetzt festzustellen: Inhalte, die nicht absolut rechtswidrig sind, sind nicht gleichzeitig auch geeignet für Kinder und Jugendliche. Vielmehr muß an dieser Stelle im Einzelfall nach dem Alter der jeweiligen Rezipienten gefragt werden, gegebenenfalls muß, angepaßt an die betroffene Altersgruppe, vor für Kinder und Jugendliche unzulässigen Inhalten geschützt werden.99 Dies ist aber aus technischer Sicht, wie in Teil B der vorliegenden Arbeit aufgezeigt wird, höchst problematisch.

96 Vgl. Schneider, in: terre des hommes Deutschland e. V. (Hrsg.), 1999, Kinder im Datennetz schützen, 14 (14 ff.). 97 Vgl. Altenhain, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht (Loseblattsammlung Stand April 2004) Teil 20 Rdn. 1; vgl. dazu C. I. 1. 98 Vgl. Schindler, Tendenz III/1999, 20 (21). 99 Die Problematik des variablen Gefahrenpotentials jugendgefährdender Inhalte im Internet ist äußerst relevant für die Frage, ob und wieviel Jugendschutz man im Internet braucht; vgl. dazu Müller, in: Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e. V. (Hrsg.), 2000, Jugendschutz und Internet – Perspektiven des Jugendmedienschutzes angesichts der Entwicklungen in den neuen Medien, 24 (25 ff.); anderer Ansicht sind Vertreter der Selbstregulierung des Internet vgl. Schneider, in: terre des hommes Deutschland e. V. (Hrsg.), 1999, Kinder im Datennetz schützen, 14 (14 ff.).

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A. Einleitung

Über das genaue Ausmaß an Diensten des Internet, die kinder- und jugendgefährdende Angebote beherbergen, werden sehr unterschiedliche Einschätzungen abgegeben. Aufgrund der großen und sich ständig verändernden Datenmengen ist ein genauer Nachweis kaum möglich. Doch selbst wenn der Anteil der Datenmenge an kinder- und jugendgefährdenden Angeboten nur geringfügig wäre, müßten Lösungen für einen effektiven Jugendschutz gefunden werden.100

IV. Die internetspezifischen Problemfelder für den Jugendschutz Eines der am heftigsten diskutierten und am schwierigsten zu lösenden Probleme im Zusammenhang mit der Nutzung des Internet ist der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor die Entwicklung beeinträchtigenden Inhalten aus dem Netz. Die rechtliche Ausformung und tatsächliche Umsetzung des Jugendschutzes im Internet gestaltet sich wesentlich komplizierter als bei anderen Neuen Medien.101 Dagegen funktionieren im Bereich des Rundfunks im verfassungsrechtlichen Sinne102 die Instrumente der klassischen hoheitlichen Steuerung103 relativ gut. Die Landesmedienanstalten sind etwa für den privaten Rundfunk aufgrund der technischen Funktionsweise von Hörfunk und Fernsehen in der Lage, die im Rundfunkstaatsvertrag (RStV)104 und den jeweiligen Landesmediengesetzen enthaltenen staatlichen Gebote und Verbote zu überwachen und durchzusetzen.105 Die von den Anbietern ausgestrahlten Inhalte müssen, anders als im Internet angebotene Inhalte, von diesen dokumentiert werden106 und sind somit

100 Vgl. dazu Zehnter Kinder- und Jugendschutzbericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.), BT-Drs. 13/11368, S. 81 ff. 101 Vgl. zu den Problemen aus ordnungsrechtlicher Sicht Kruse, in: Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb (Köln) (Hrsg.), 1998, Multimedia: Kommunikation ohne Grenzen – grenzenloser Wettbewerb, 19 (19 ff.). 102 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, (Loseblattsammlung Stand August 2002, 10. Ergänzungslieferung), § 2 RStV Rdn. 4 ff. 103 Vgl. Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 48 ff. 104 Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland (RStV) vom 31. August 1991 (BayGVBl., S. 451). 105 Vgl. zu programmaufsichtlichen Handlungsmöglichkeiten der Landesmedienanstalten Rodewald, Durchsetzung von Programmbindungen und Programmgrundsätzen gegenüber Privatrundfunkveranstaltern, 1996, S. 103 ff.; zum Regulierungsgewinn durch die Landesmedienanstalten seitens der Rundfunkveranstalter vgl. Bumke, ZfRSoz 1997, 160 (174 ff.). 106 So schreibt etwa Art. 29 II BayMG den bayerischen privaten Rundfunkanbietern vor, ihre Beiträge in Ton und Bild vollständig aufzuzeichnen, aufzubewahren und der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien kostenfrei zur Verfügung zu stellen. In den anderen Bundesländern gibt es ähnliche Regelungen.

IV. Die internetspezifischen Problemfelder für den Jugendschutz

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jederzeit nachvollziehbar. Zudem sind die Anbieter als Adressaten der staatlichen Maßnahmen in jedem Fall bekannt.107 Das Wesen des Internet ist anders. Die Inhalte verändern sich ständig, jeder kann zu jeder Zeit an jedem Ort der Welt Kommunikator werden, ohne daß er in jedem Fall als solcher identifiziert werden könnte. Die vorhandenen Datenmengen sind gewaltig. Rechtswidrige bzw. kinder- und jugendgefährdende Inhalte können daher meist nicht einmal lokalisiert werden. Werden diese aber aufgefunden, reichen auch partielle Sperrungen der jeweiligen Dienste nicht aus.108 Besonders deutlich wurde die kontraproduktive Wirkung von Sperrmaßnahmen im Internet im Fall der Firma CompuServe Deutschland GmbH.109 Nach der Durchsuchung ihrer Geschäftsräume hatte die Münchner Kriminalpolizei der Firma eine Liste mit 282 zu beanstandenden Newsgroups110 übergeben. Diese hat die Liste sofort an ihre Muttergesellschaft, die CompuServe Inc., Ohio übermittelt, welche daraufhin zunächst alle Newsgroups der übergebenen Liste sperrte. Damit entstand ein absurder unerwünschter Effekt. Da die gesperrten Newsgroups auf hunderten anderen Newsservern nach wie vor weiter zwischengespeichert waren, wurden diese in der Folgezeit im Zuge der heftigen öffentlichen Diskussion über Sperrmaßnahmen weltweit verstärkt abgerufen. Oft werden die unerwünschten Inhalte im Falle der Sperrung kurzerhand vom Anbieter umbenannt und wieder zum Abruf bereitgestellt. Die Netzbetreiber selbst können jedoch nicht pauschal für kinder- und jugendgefährdende Inhalte verantwortlich gemacht werden.111 Dadurch würde die Entwicklung der Online-Dienste gehemmt, die differenzierte Haftungsverteilung in §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV112 ausgehebelt, und zudem begegnet eine pauschale Verantwortungszurechnung auch verfassungsrechtlichen Bedenken.113 107 Das sind per se aufgrund der Genehmigungspflicht der Veranstaltung von Rundfunk gemäß § 20 RStV die privaten Anbieter, vgl. Hartstein/Ring/Kreile, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, (Loseblattsammlung Stand August 2002, 10. Ergänzungslieferung), § 20 RStV Rdn 9 ff. 108 Einzelne Sperrungen im Internet sind uneffektiv, da diese ohne weiteres von den Usern unterlaufen werden können, vgl. nur Köhntopp/Köhntopp/Seeger, DuD 1997, 626 (629 ff.); dies. K&R 1998, 25 (29). 109 Vgl. Entscheidung des Amtsgerichts München vom 28.5.1998 – 8340 Ds 465 Js 173158/95 in MMR 1998, 429 (429 ff.) mit Anmerkung von Sieber, MMR 1998, 438 (438 ff.); a. A. vertreten Hoeren, NJW 1998, 2792 (2792 ff.); Vehslage vgl. DuD 1999, 97 (98); freisprechende Berufungsentscheidung erst 1999 vgl. Urteil des Landgerichts München I vom 17.11.1999 – 20 Ns 465 Js 173158/95 (AG München I); rechtskräftig, in CR 2000, 117 (117 ff.) mit Anmerkung von Moritz, CR 2000, 119 (119 ff.); vgl. im einzelnen D. I. 2. a). 110 Vgl. dazu B. II. 3. 111 Für die strafrechtliche Verantwortung für in internationalen Computernetzen verbreitete Daten mit strafbarem Inhalt vgl. einführend Derksen, NJW 1997, 1878 (1878 ff.). 112 Vgl. dazu eingehend D. I. 5.

40

A. Einleitung

Ein vielversprechender Lösungsansatz für die geschilderte Problematik ist die Strategie der „gesteuerten Selbstregulierung“114. Außerdem soll beim Jugendschutz vermehrt auf Medienpädagogik115 und die Verantwortung der Eltern der Kinder und Jugendlichen gesetzt werden.

113

Vgl. Grzeszick, AöR 1998, 173 (193). Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (165), kurs. i.O.; vgl. dazu im einzelnen, insbesondere zur Kategorienbildung E. 115 Zu den Problemen, die mit dieser Tendenz in pädagogischer Hinsicht im Fernsehbereich verbunden sind vgl. Maaß, KJuG 4/1999, S. 105 ff.; vgl. zum Spannungsfeld Jugendschutz und Medien auch Kuch, in: Schell/Stolzenburg/Theuner, Medienkompetenz: Grundlagen und pädagogisches Handeln, 1999, 368 (368 ff.). 114

B. Technische Grundlagen des Internet I. Steuerungsmöglichkeiten durch Recht im Bereich der Technik Um klassische Steuerungsinstrumentarien und neue staatliche Steuerungsansätze zur effektiven Regulierung des Internet zugunsten eines effizienten Kinder- und Jugendschutzes analysieren und weiterentwickeln zu können, ist es unabdingbar, sich die technisch machbaren Kontrollmöglichkeiten zu vergegenwärtigen. Diese sind für die „Realisierung des Rechts“1 von entscheidender Bedeutung. Der vorliegende Teil soll sich dabei hauptsächlich auf die Analyse dieser technischen Kontrollmöglichkeiten beschränken, die für den Jugendschutz nutzbar gemacht werden können. Das zweckdefinierte Ziel eben dieser Kontrollstrategien ist eine nach Alter differenzierte eingeschränkte Verbreitung jugendgefährdender Inhalte. Das Problem liegt darin, ganz bestimmten Nutzergruppen wie den Kindern und Jugendlichen bestimmte Dienste und Inhalte unzugänglich zu machen, ohne dabei eine rechtlich unzulässige Zensur gemäß Art. 5 I 3 GG2 vorzunehmen. Hierfür ist es zweckmäßig, daß die Angebote im Internet bereits vorher durch die Eltern, eine staatliche Stelle oder eine nichtstaatliche Selbstkontrollinstitution als ungeeignet für die jeweils betroffenen Kinder und Jugendlichen bewertet werden.

II. Funktionsweise des Internet 1. Netzwerktechnik Die ersten Entwicklungschritte in Richtung des Internet im heute geläufigen Sinne wurden Ende der sechziger Jahre von amerikanischen Militärstrategen geleistet. Der Auftrag des amerikanischen Verteidigungsministeriums war es zunächst, ein Verbindungsnetz zu schaffen, das möglichst ausfallsicher die unterschiedlichsten militärischen Computersysteme miteinander verbinden sollte. Zwei Ziele standen dabei im Vordergrund: das Teilen von Computerressourcen (Hardwarekomponenten) und die Kommunikationsfähigkeit dieses Verbindungs1 Vgl. dazu näher Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (180 f.), kurs. i.O. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland.

42

B. Technische Grundlagen des Internet

netzes. Man schenkte der Kommunikationsfähigkeit dieser ersten Netzwerkprototypen bei der Entwicklung besondere Aufmerksamkeit und stellte sehr hohe Anforderungen an sie. In der damaligen Zeit des kalten Krieges bestand die ernstzunehmende Befürchtung eines nuklearen Angriffs. Das erwünschte Verbindungsnetz sollte daher so beschaffen sein, daß auch bei Vernichtung einzelner Teile der Netz-Infrastruktur die Kommunikation nicht zum Erliegen gebracht würde.3 Es sollten weiterhin Verbindungen über Umwege hergestellt werden können, selbst wenn die direkte Verbindung zwischen einzelnen Rechnern unterbrochen wurde. Das Verbindungsnetz wurde daher nicht hierarchisch organisiert. Das bedeutet, daß die in dem Verbindungsnetz zusammengeschalteten Computersysteme auch bei Ausfall verschiedener Netzabschnitte durch Zerstörung der Leitungen und Rechner oder Sperrungen in der Lage sein sollten, selbständig alternative Datenverbindungen aufbauen zu können. Damit liegt einer der wichtigsten Grundgedanken des Internet in der Autonomie der einzelnen Rechnerknoten, die miteinander kommunizieren, um so das grundsätzlich unvollständige eigene Wissen über den Zustand der anderen Netzknoten und Rechner zu aktualisieren und zu erweitern.4 Auf diese Weise kann sich jeder einzelne Netzknoten und damit auch das gesamte Netz an die ständig wechselnden Bedingungen im Netz – zum Beispiel bedingt durch Verkehrsverhältnisse, Übertragungsfehler, Hinzuschalten und Entfernen von Rechnern und vor allen Dingen einzelne Sperrungen – anpassen.5 Dieses organisatorische Prinzip bestimmt auch heute noch die Funktionsweise des Internet im geläufigen Sinne. Darunter ist ein spezielles Computernetz zu verstehen, das auf der Grundlage einheitlicher Übertragungsprotokolle eine Vielzahl von Großrechnern und Servern (Hosts) verbindet. Die räumliche Entstehung dieses Netzes erfolgte folgendermaßen: In der Netzwerktechnik unterscheidet man auf räumlicher Ebene zunächst verschiedene Netze. Auf der ersten Ebene stehen eine Vielzahl von lokalen Subnetzen, auch Local Area Network (LAN)6 genannt. Das sind zumeist private bzw. nichtöffentliche Netze von Firmen oder Institutionen, landläufig Intranet7 genannt. Die nächste Ebene ist das Metropolitan Area Network (MAN)8. Dieses Netz verbindet zumeist die Computersysteme verschiedener Gebäude oder einer Stadt. Das Wide Area Network (WAN)9 vereint Computersysteme auf großem 3

Vgl. Lauer, Internet-Kompendium, 1999, S. 65. Vgl. Jung/Warnecke, Handbuch für die Telekommunikation, 1998, 1–140. 5 Vgl. ebda. 6 Vgl. Selzer/Kämmerer, Moderne Computernetzwerke, 1996, S. 25. 7 Die Rechner eines Unternehmens werden miteinander vernetzt, um die vorhandene Technik und Software effizient zu nutzen und um auch innerhalb des Unternehmens kommunizieren und Daten austauschen zu können. 8 Vgl. Selzer/Kämmerer, Moderne Computernetzwerke, 1996, S. 25. 9 Vgl. ebda.; Sieber, CR 1997, 581 (588). 4

II. Funktionsweise des Internet

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Raum wie innerhalb eines Landes, Kontinents oder der ganzen Welt. Die beschriebenen Teilnetze sind zumeist miteinander verbunden. So kann der Nutzer eines Netzes auf erster Ebene, dem Local Area Network (LAN), über das Wide Area Network (WAN) auf Hosts weltweit zugreifen. Wie oben bereits erwähnt, wird dieser Zusammenschluß der Netze internet-work genannt10. Das Internet im geläufigen Sinne ist wiederum ein spezielles Verbindungsnetz, das auf der Grundlage einheitlicher Übertragungsprotokolle eine Vielzahl von Großrechnern und Servern verbindet. 2. Akteure der Computernetze An der Kommunikation in Computernetzen nehmen eine Vielzahl von Personen, Firmen und Institutionen teil, die jeweils verschiedenartige Interessen verfolgen und unterschiedliche Funktionen wahrnehmen. Um die Ausführungen im folgenden rechtlichen Teil verstehen zu können und darüber nachdenken zu können, an welcher Stelle effektiver Jugendschutz ansetzen könnte, müssen die Akteure im Internet genau bekannt sein. Nutzer oder Anwender des Internet (User) sind diejenigen Personen, welche im Internet angebotene Dienste nachfragen und abrufen.11 Der Begriff des Nutzers ist legal definiert sowohl in § 3 Nr. 2 TDG als auch in § 3 Nr. 2 MDStV. Nutzer können alle natürlichen oder juristischen Personen sein, die einen an das Internet angeschlossenen Rechner besitzen und Tele- beziehungsweise Mediendienste nachfragen. Das sind natürlich alle Kinder und Jugendliche, welche die Dienste des Internet in bereits beschriebener Weise nutzen. Selbstverständlich fallen darunter auch die Eltern der Kinder und Jugendlichen, die diesen den Netzzugang am heimischen Computer ermöglichen und etwaige Filtering- und Ratingsysteme aktivieren und einstellen müssen. Bezüglich der im folgenden beschriebenen unterschiedlichen Provider ist zunächst anzumerken, daß in der Praxis eine solche eindeutige Abgrenzung nicht immer möglich ist, da oft Mischformen auftreten.12 Eine Bestimmung der Providerart muß daher jeweils bezogen auf den spezifischen Einzelfall vorgenommen werden. Network-Provider betreiben Leitungsverbindungen, die sie den anderen Akteuren zur Verfügung stellen. Dieser Begriff ist nicht mehr dem im folgenden beschriebenen Access-Provider zuzuordnen, da der Network-Provider, wie zum Beispiel die Deutsche Telekom AG, lediglich Leitungsverbindungen für andere

10

Vgl. Tannenbaum, Computernetzwerke, 1998, S. 32. Vgl. Waldenberger, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimediadienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) § 3 TDG, Rdn. 27; § 3 MDStV, Rdn. 22. 12 Vgl. Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 9. 11

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B. Technische Grundlagen des Internet

Personen zur Verfügung stellt und damit als Erbringer von Telekommunkationsdiensten nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG)13, nicht aber von Telemedien gemäß § 2 I JMStV i. V. m. 3 II Nr. 1 JMStV (Telediensten oder Mediendiensten im Sinne des TDG und MDStV) auftritt.14 Diese spielen jedoch für den Jugendschutz im Internet eine eher untergeordnete Rolle, da eine Inhaltskontrolle oder eingeschränkte Verbreitung jugendgefährdender Inhalte auf dieser Ebene nicht stattfinden kann. Der Grund dafür ist, daß die Informationen auf dieser Station der Datenübertragung nicht ohne weiteres lesbar sind, oder wenn sie entschlüsselt werden können, die Daten nur paketweise vorhanden sind.15 Access-Provider ermöglichen den Nutzern den technischen Zugang zu den Computernetzen, wie etwa auch dem Internet. Die Tätigkeit beschränkt sich damit lediglich auf die Zurverfügungstellung eines Gateways für den direkten Internetzugang. Über diesen Zugang kann der Nutzer dann nach eigener Auswahl die im Internet zur Verfügung stehenden Dienste abrufen und nutzen, ohne daß der Provider darauf in irgendeiner Form Einfluß nimmt oder nehmen kann.16 Somit kommt den reinen Access-Providern für einen effektiven Jugendschutz im Internet nur geringe Bedeutung zu. Diese Tatsache spiegelt sich auch im Haftungsprivileg nach §§ 9, 10 TDG/§§ 7, 8 MDStV wieder.17 Weitere Möglichkeiten zur Einflußnahme hat dagegen ein Provider, der neben der reinen technischen Zugangsbereitstellung zum Internet auch eigene Dienste wie etwa die Speicherung fremder Daten oder Mail- und News-Server für jedermann zur Verfügung stellt. Diese Provider werden Internet-Service-Provider – auch Service-Provider – genannt.18 Sie sind für die Umsetzung eines effektiven Jugendschutzes im Internet interessant, da sie die angebotenen Inhalte mitbestimmen und gegebenfalls auch sperren können. Durch Zurverfügungstellen von Filtering- und Ratingprogrammen an die Eltern, Altersverifikationssystemen und anderen technischen Vorkehrungen könnten sie zu einer sinnvollen Beschränkung der Verbreitung jugendgefährdender Inhalte beitragen. Diese Ansatzmöglichkeiten werden im folgenden noch genau untersucht. Ähnlich zu charakterisieren sind Online-Service-Provider – auch Online-Dienste19 genannt – wie zum Beispiel AOL/Bertelsmann, CompuServe und T-Online. 13

Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1120). Vgl. Bär, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl StGB, Rdn. 28. 15 Vgl. B. II. 4. 16 Vgl. Bär, in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl StGB, Rdn. 28. 17 Vgl. D. I. 5. c) (3). 18 Vgl. Bär, in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl StGB, Rdn. 29. 19 In der vorliegenden Arbeit wird die Bezeichnung Onlinedienst jedoch nicht für Online-Service-Provider sondern als Synonym von Internetdienst verwandt. 14

II. Funktionsweise des Internet

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Diese bieten zusätzlich zu einem von jedermann nutzbaren Grundangebot auf eigenen Servern ein besonderes Datenangebot an, das aber anders als die Angebote von Internet-Service-Providern nur von den Mitgliedern des Online-Dienstes abgerufen werden kann.20 Davon zu unterscheiden sind die Host-Service-Provider. Diese stellen lediglich fremde Inhalte, die von Content-Providern gestaltet wurden, die deren Dienste in Anspruch nehmen, auf ihren eigenen Servern (Computersystemen) den Nutzern zur Verfügung.21 Content-Provider sind reine Inhalteanbieter. Sie stellen den Nutzern auf den Servern von Host-Service-Providern oder eigenen Servern selbst gestaltete, eigene Inhalte und Informationen zur Verfügung.22 Somit hat dieser Diensteanbieter den stärksten Einfluß auf den Inhalt von Daten und ist folglich auch besonders interessant für eine Inhaltskontrolle im Internet zum Schutze der Kinder und Jugendlichen. Deshalb können besonders die Content-Provider durch ihre Mitwirkung zu einem funktionierenden Ratingverfahren23 beitragen. 3. Dienste des Internet Im Internet gibt es eine Vielzahl von Diensteangeboten, welche die unterschiedlichsten Funktionen erfüllen. Um die folgenden Ausführungen, insbesondere die möglichen spezifischen Gefahren, die von den jeweiligen Diensten für Kinder und Jugendliche ausgehen, verstehen zu können, werden die Dienste an dieser Stelle kurz dargestellt. Einer der wichtigsten und am häufigsten genutzten Dienste im Internet ist die Electronic Mail (E-Mail). Mit ihrer Hilfe können besonders schnell weltweit Nachrichten in elektronischer Form ausgetauscht werden.24 Jeder User, der an diesem Datenaustausch teilnehmen möchte, benötigt dazu eine E-Mail-Adresse. Mit einer E-Mail können neben reinen Textbeiträgen auch kleinere Programme, Bild-, Ton- oder sogar Videodateien übermittelt werden.25 Wie im ersten Teil 20 Vgl. Bär, in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl StGB, Rdn. 29. 21 Vgl. Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 10. 22 Vgl. Bär, in: Roßnagel, Recht der Multimediadienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl StGB, Rdn. 30. 23 Unter Ratingsystemen versteht man die inhaltliche Einordnung von Internetseiten auf der technischen Grundlage von PICS (Platform for Internet Content Selection). Die Internetseiten werden hierzu mit einem Label versehen, auf dem man Informationen über die betreffende Internetseite mitschicken kann. Eine genauere Beschreibung und Analyse erfolgt unten in B. III. 1. 24 Vgl. zu den Einzelheiten Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 34 ff.; Bär, in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl StGB Rdn. 11 ff.

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B. Technische Grundlagen des Internet

der vorliegenden Arbeit bereits dargestellt wurde, benutzen auch immer mehr Kinder und Jugendliche Computer und Internet. Daher werden diese auch oft auf diesem Wege mit anderen Personen kommunizieren. Ein weiterer Dienst des Internet ist das Usenet, ein System strukturierter Diskussionen.26 Ein Angebot des Usenet sind die sogenannten Newsgroups. In diese können grundsätzlich alle Benutzer des Internet Mitteilungen zu verschiedenen Themenbereichen einbringen und dort auf speziellen News-Servern auch wieder abrufen.27 Das sich hinter den Newsgroups verbergende Prinzip kann am ehesten mit einem öffentlichen oder auch privaten Schwarzen Brett verglichen werden, je nachdem, ob die Newsgroup öffentlich oder nur für Mitglieder zugänglich ist. Da die Beiträge regelmäßig nur in einer von weltweit unzähligen Newsgroups direkt aufgenommen werden, erfolgen zwischen den einzelnen Newsservern fortwährend Datenabgleiche, um diese auch interessierten Nutzern in Newsgroups auf anderen Servern zugänglich zu machen. Durch diese Synchronisation nach dem sogenannten Store-and-forward-Prinzip werden die Beiträge automatisch weltweit auf alle Newsserver überspielt, welche jeweils themenmäßig gleiche Newsgroups anbieten. Der Internet Relay Chat (IRC) ist ein weiterer Dienst des Usenet. Auch hierbei handelt es sich um ein Kommunikations- und Diskussionsforum. In Chat-Rooms, auch Chat-Foren genannt, können User miteinander in Echtzeit ins Gespräch kommen. Auch hier gibt es öffentliche und private Chatrooms. Eine Dokumentation der schriftlichen Gespräche erfolgt regelmäßig nicht. Mit dem FTP-Dienst (File-Transfer-Protocol-Dienst) können Datendateien oder ganze Programme direkt zwischen den Rechnern online verschickt oder abgerufen werden nach dem Prinzip des Upload and Download.28 Der DownloadZugang zu solchen speziellen FTP-Servern ist regelmäßig ohne Beschränkung. So ist zumeist die Angabe der eigenen Identität nicht erforderlich, um Daten vom Server kopieren zu dürfen. Für das Ablegen eigener Daten in Verzeichnisse für andere Nutzer, dem Upload, sind jedoch meist besondere Bedingungen zu erfüllen. Der World Wide Web-Dienst (WWW-Dienst) ist einer der meistgenutzten Dienste des Internet. Er benutzt eine leicht bedienbare einheitliche grafische Benutzeroberfläche, die eine Verbindung der unterschiedlichen Internet-Dienste zuläßt.29 Jede WWW-Seite kann mit einer eigenen, ihr zugeordneten WWW25 Vgl. zu den Einzelheiten Bär, in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl StGB Rdn. 11 ff. 26 Vgl. Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 38 ff. 27 Vgl. Bär, in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl StGB Rdn. 14 ff. 28 Vgl. ebda., Rdn. 19 ff. 29 Vgl. ebda., Rdn. 21 ff.

II. Funktionsweise des Internet

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Adresse direkt angewählt werden.30 Das World Wide Web (WWW) basiert auf dem Hyper Text Transfer Protocol (HTTP). Jede einzelne angebotene Datei hat dabei eine ihr zugeordnete Uniform Resource Locator (URL)-Adresse, mit der man die Datei direkt anwählen kann.31 Auf den einzelnen WWW-Seiten (Websites)32 befinden sich jeweils auch Links, welche eine direkte Verbindung zu anderen Seiten darstellen, auch Hyperlinks genannt. Durch diese Hyperlinks werden die einzelnen WWW-Seiten zu einer weltweit vernetzten Datenbank. 4. Hardwarekomponenten Das Internet stellt grundsätzlich eine Client-Server-Architektur dar. Darunter versteht man ein Grundprinzip der Kooperation zwischen Auftraggebern (Kunden, Klienten, Clients) und Auftragnehmern (Diensteanbietern, Servern).33 Die Bezeichnung als Server oder Client ergibt sich demnach aus der jeweils wahrgenommenen Funktion. Client ist somit dasjenige Rechnersystem, welches einen Auftrag erteilt, welches also Daten abruft. Das Pendant ist der Server. Darunter versteht man folglich regelmäßig das Rechnersystem, welches in einem Abrufvorgang Daten zur Verfügung stellt, also auf den Auftrag des Client antwortet. Als Übertragungsmedien zwischen den Computernetzen können Kupferkabel in Form von zum Beispiel Koaxial- und Twisted-Pair-Kabeln, Glasfaserleitungen und elektromagnetischen Wellen wie bei Richtfunk, Mobilfunk und Satellitenfunk verwendet werden.34 Die Netze sind aus verschiedenen Übertragungsmedien zusammengesetzt. Zur Zeit dominieren noch die Kabelverbindungen. Zwischen den oben beschriebenen Teilnetzen LAN, MAN und WAN bestehen Hauptdatenleitungen, sogenannte Backbones, die diese Netze zunächst unstrukturiert miteinander verbinden.35 Diese zentralen Internetleitungen zeichnen sich durch ihre sehr hohe Bandbreite aus, wodurch enorme Datenmengen pro Sekunde übertragen werden können.

30 Diese wird auch als Domain bezeichnet, zum Beispiel http://www.faber.de. http:// steht für Hypertext Transfer Protokol. faber ist die Second-Level Domain, de ist die Top-Level Domain, stünde etwa für Deutschland (uk steht für Großbritannien, aut für Österreich usw., vgl. eingehend Strömer, Online-Recht, 2. Aufl., 1999, S. 52). 31 Vgl. dazu eingehend Köhler/Arndt, Recht des Internet, 4. Aufl., 2001, S. 5. 32 Website ist die Bezeichnung für den virtuellen Ort einer Internetpräsenz, zu der eine veränderbare Anzahl von Webpages (Web-Seiten) gehören, vgl. Haupt/Hölzer in: Büchting/Heussen (Hrsg.): Beck’sches Rechtsanwalts-Handbuch 2001/2002, 7. Aufl., 2001, 923 (927 ff.). 33 Vgl. Jung/Warnecke, Handbuch für die Telekommunikation, 1998, 1–147; Selzer/ Kämmerer, Moderne Computernetzwerke, 1996, S. 171 ff. 34 Vgl. ebda., 4-4. 35 Vgl. Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 12.

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B. Technische Grundlagen des Internet

Eine weitere, für das Funktionieren des Internet besonders wichtige Hardwarekomponente sind die Router. Darunter versteht man Verbindungsrechner, welche Netze (Subnetze) unterschiedlicher Technologien (Ethernet, Token Ring, FD-DI) und Transport-Protokolle (TCP/IP, IPX/SPX) miteinander verbinden.36 So besteht die Hauptaufgabe eines Routers darin, die über die Eingangsleitung ankommenden Daten an die richtige Ausgangsleitung weiterzuleiten. Damit garantieren Router erst die oben genannte Autonomie des Internet. Existiert zwischen zwei Routern, die Daten austauschen müssen, keine direkte physikalische Verbindung, so bestimmt der aussendende Router die schnellste und sicherste indirekte Verbindung über weitere zwischengeschaltete Router.37 Ganz spezielle Verbindungsrechner werden erforderlich, wenn Daten zwischen zwei getrennten Netzwerken übertragen werden sollen, die mit unterschiedlichen Übertragungsprotokollen arbeiten. Diese Sonderform der Router wird als Gateway oder Multiprotokoll-Router bezeichnet.38 Zuletzt sollen noch die Proxy-Cache-Server erwähnt werden. Darunter versteht man spezielle Anwendungsprogramme auf separaten Rechnern, die eingesetzt werden, um von den Nutzern häufig aufgerufene Angebote zwischenzuspeichern, um die in den übergeordneten Datennetzen zu transportierende Datenmenge zu reduzieren.39 Nicht zu verwechseln sind Proxy-Cache-Server mit den sogenannten Proxy-Servern. Darunter versteht man Server für die reine Durchleitung von Daten mit hierfür erforderlichen, extrem kurzzeitigen Zwischenspeichern (Caching). In Proxy-Server werden auch sogenannte Firewalls40 implementiert zur Abschottung von geschlossenen Teilnetzen. 5. Netzwerkarchitektur und Netzwerkprotokolle Zum besseren Verständnis der Funktionsweise des Internet, das für die Analyse und Weiterentwicklung technischer und rechtlicher Ansätze für den Jugendschutz zwingend erforderlich ist, soll an dieser Stelle einführend auf die Grundlagen der Netzwerkarchitektur und die Bedeutung der Netzwerkprotokolle eingegangen werden.

36

Vgl. Jung/Warnecke, Handbuch für die Telekommunikation, 1998, 4-92. Vgl. zur Vertiefung http://www.interest.de/online/tkglossar/Router.html (abgerufen am 25.09.2002) und http//www.glossar.de/glossar/z_router.htm (abgerufen am 25.09.2002). 38 Vgl. zu den technischen Feinheiten der Koppelung von Netzen (Interconnection) Jung/Warnecke, Handbuch für die Telekommunikation, 1998, 1-151. 39 Vgl. vertiefend zur Bedeutung und Funktionsweise von Proxy-Cache-Servern Schwiderski-Grosche, DuD 1999, 586 (586 ff.). 40 Vgl. zur Funktionsweise von Firewall-Systemen Groeneveld/Wächter, CR 1999, 390 (392 ff.); Munzert/Wolff, DuD 1996, 89 (89 ff.). 37

II. Funktionsweise des Internet

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Die Datenübertragung zwischen miteinander verbundenen41 Computersystemen ist ein hochkomplexer Vorgang. Diese erfolgt mittels elektrischen, elektromagnetischen oder optischen kurzzeitigen Zuständen, sogenannten Impulsen, wobei ein einzelner Impuls der kleinsten Informationseinheit, einem Bit, entspricht.42 Daraus ergeben sich verschiedene Aufgaben, die gelöst werden müssen. Diese reichen von der Definition der Übertragungsimpulse über die Bestimmung der Route im Netz bis zur anwendungsorientierten Präsentation der Daten beim Nutzer.43 Ein Netzwerk besteht nicht nur aus einer Architektur (Topologie, Übertragungsmedien, Zugriffsverfahren), sondern aus einer ganzen Reihe von Regeln, sogenannten Protokollen zur Steuerung der Kommunikation zwischen verschiedenen Computersystemen. Um eine nahtlose Zusammenarbeit der verschiedenen Einzelkomponenten der unterschiedlichen Hersteller zu gewährleisten, gibt es Gremien, die Normen und Standards entwickeln und veröffentlichen. Daneben existiert für Hersteller und Benutzer noch eine weitere Orientierungshilfe, über die versucht wird, alle für den Netzwerkverkehr relevanten Teilkomponenten in ein einziges Schema zu bringen, nämlich die sogenannten Schichten-Modelle. Will der Sender eine Nachricht verschicken, durchläuft diese Nachricht auf seinem System mehrere Schichten, in denen diese Stück für Stück für den Transport präpariert wird. Nach dem Transport durchläuft die Nachricht beim empfangenden Rechner die gleichen Schichten, jedoch in umgekehrter Reihenfolge. Damit dies funktioniert, entspricht jede Schicht einer genau definierten Funktion. Hierzu entwickelte die International Standards Organisation (ISO) ein Sieben-Schichten-Modell unter dem Namen Open Systems Interconnection/Reference Model, auch ISO/OSI-Referenzmodell44 genannt. Für den Datentransport im Internet wurde aus dem Sieben-Schichten-Modell ein Vier-Schichten-Modell entwickelt, dessen Hauptkomponenten das TCP-Protokoll (Transmission-Controll-Protocol)45 und das IP-Protokoll (Internet-Protocol)46 sind. TCP/IP ist ein Paket aus etwa 250 Einzelprotokollen und Funktionen. Die einzelnen Schichten des Vier-Schichten-Modells sind: Network Access Layer = OSI 1 + 2, Network Layer = OSI 3, Host-to-Host Layer = OSI 4 41

Vgl. dazu B. II. 1. Vgl. Tannenbaum, Computernetzwerke, 1998, S. 47. 43 Vgl. Sieber, CR 1997, 581 (591), der die Funktionsweise der Netzwerkarchitektur im Hinblick auf eine absolute Verbreitungsverhinderung sehr eingehend darstellt. 44 Vgl. zur genauen Beschreibung des „ISO/OSI-Referenzmodells“ Spaniol/Jakobs, Rechnerkommunikation, OSI-Referenzmodell, Dienste und Protokolle, 1993, S. 3 ff.; Sieber, CR 1997, 581 (591 ff.); ders., Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 15 ff.; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 57 ff. 45 Vgl. Spaniol/Jakobs, Rechnerkommunikation, OSI-Referenzmodell, Dienste und Protokolle, 1993, S. 101 ff. 46 Vgl. Lauer, Internet-Kompendium, 1999, S. 88 ff. 42

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B. Technische Grundlagen des Internet

und Process Layer = OSI 5-7. Die diesem TCP/IP-Protokollpaket zugrundeliegende Schichtenstruktur entspricht grundsätzlich der des ISO/OSI-Referenzmodells, kommt aber mit einer geringeren Zahl von Schichten und Einzelprotokollen aus.47 Die Funktionen verschiedener Schichten des ISO/OSI-Referenzmodells werden im TCP/IP-Modell teilweise zu einer einzigen Schicht zusammengefaßt, wobei jedoch die Gesamtfunktion dennoch der des ISO/OSIModells entspricht. Im TCP/IP-Modell sind die Aufgaben folgendermaßen verteilt: Das Transmission Control Protocol (TCP) stellt eines der beiden Basisprotokolle dar und ist im TCP/IP Modell der Transportschicht zuzuordnen. Es baut über tieferliegende Netzwerkschichten eine gesicherte Verbindung zwischen den beiden Computersystemen auf, die Daten austauschen wollen.48 Das Transmission Control Protocol (TCP) unterteilt die Daten zunächst in einzelne Datenpakete und versieht sie mit einem Kopf (Header), der regelmäßig die Quelle und das Ziel der zu übermittelnden Daten, eine Port-Nummer sowie für jedes Datenpaket eine fortlaufende Nummer enthält.49 Die Port-Nummer bestimmt den Dienst oder Typ der Anwendung, der von zwei kommunizierenden Hosts verwendet wird. Der IP-Server kann dann anhand der verwendeten Portnummer unterscheiden, für welchen Internet-Dienst ein bestimmtes IP-Paket gedacht ist.50 Beim Empfänger werden die Pakete dann wieder entsprechend der Numerierung zusammengesetzt. Das Internet Protocol (IP), das zweite Basisprotokoll des Internet, ist im TCP/IP-Modell der Netzwerkschicht zuzuordnen. Es stellt einen extrem simplen, paketorientierten Dienst dar, der verbindungslos arbeitet und daher keine Fehlerkorrekturen oder Empfangsbestätigungen durchführt.51 Das bedeutet: Hauptaufgabe des Internet Protocol (IP) sind das Versenden und Routing von Datenpaketen. Die dabei erfolgende paketvermittelte Kommunikation bedeutet, daß die aus der Transportschicht übernommenen TCP-Datenpakete einzeln verschickt werden. Damit die Datenpakete auch wirklich beim Empfängerrechner ankommen, wird zwar jedes TCP-Paket mit der IP-Adresse des sendenden und empfangenden Rechners versehen.52 Ob jedoch alle Pakete ankom47

Vgl. Arick/Gurugé, The TCP/IP Companion, 1993, S. 23 ff. Also zwischen Server und Client. 49 Vgl. Selzer/Kämmerer, Moderne Computernetzwerke, 1996, S. 35. 50 Die von den verschiedenen Diensten des Internet jeweils für Kinder und Jugendliche ausgehenden Gefahren werden im rechtlichen Teil noch näher erörtert, vgl. C. 51 Vgl. Lauer, Internet-Kompendium, 1999, S. 1037. 52 Vgl. zur IP-Adressierung eingehend Arick/Gurugé, The TCP/IP Companion, 1993, S. 60 ff., zum Einstieg Lauer, Internet-Kompendium, 1999, S. 91 ff.; vgl. auch Köhntopp/Köhntopp, CR 2000, 248 (248); Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 61 ff.; insbesondere zu Problemen bei der Domainvergabe Köhler/Arndt, Recht des Internet, 4. Aufl., 2001, S. 6 ff.; vgl. in diesem Zusammenhang zur ICANN (Internet Corporation for the Assigned Numbers and Names) Kleinwächter, MMR 1999, 452 (453 ff.). 48

III. Technische Kontrollmöglichkeiten

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men und dann noch in einem einwandfreien Zustand, wird von IP nicht kontrolliert. Hierfür ist TCP als verbindungsorientiertes Protokoll zuständig. Da die Pakete IP-Adressen enthalten, erfolgt das Routing daher auch durch das Internet Protocol (IP). Es errechnet dabei schrittweise immer nur den Weg des jeweiligen Datenpakets zum nächsten Router unter Berücksichtigung der Erreichung des Endziels, des Client-Rechners53, der durch seine IP-Adresse identifizierbar ist.54 Sowohl für die Unterbindung der Verbreitung absolut rechtswidriger Inhalte55 als auch für die Einschränkung der jugendgefährdenden Inhalte, die zugunsten eines effektiven Jugendschutzes erfolgen muß, sind die beschriebenen Vorgänge von großer Bedeutung. Bei den im folgenden beschriebenen technischen Kontrollmöglichkeiten wird darauf noch näher eingegangen. Doch eine wichtige Folgerung kann jetzt schon festgehalten werden: Nach den vorhergehenden Ausführungen liegt bereits ein weitgehender Ausschluß von Kontrollen seitens der reinen Network-Provider vor. Aufgrund der oben dargestellten Übermittlung von lediglich jeweils einzelnen Datenpaketen ist eine Kontrolle der Inhalte den Network-Providern nicht möglich, da nur einzelne Bruchstücke der Daten vorliegen, die zumeist für sich keinen Sinn ergeben.56

III. Technische Kontrollmöglichkeiten im Bereich der klassischen staatlichen Steuerung Die Steuerung des Internet durch den Staat ist sowohl in rechtlicher als auch technischer Hinsicht außerordentlich problematisch.57 Einerseits müssen medienadäquate Gesetzesgrundlagen durch den Staat geschaffen werden. Andererseits müssen diese auch wirksam vollzogen werden können. Der Steuerungscharakter dieser Vorschriften muß sich dabei an den Anforderungen ausrichten, die sich aus den technischen Eigenheiten des Mediums Internet ergeben.58 Die hieraus resultierenden, durch den Gesetzgeber zu bewältigenden Probleme sind nicht vergleichbar mit denen, die bei klassischen Medien wie etwa dem Rundfunk zu lösen waren. Das Internet ist viel komplexer und wird von wesentlich mehr Kommunikatoren auf internationaler Ebene gleichzeitig gestaltet. So kann 53

Vgl. Tannenbaum, Computernetzwerke, 1998, S. 53 ff. Vgl. in diesem Zusammenhang zum Domain Name Service Köhntopp/Köhntopp, CR 2000, 248 (248). 55 Vgl. dazu die zutreffenden Ausführungen von Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 27 ff., der auf Auswirkungen für eine eingeschränkte Verbreitung jugendgefährdender Inhalte aber nicht eingeht. 56 Vgl. ebda., S. 27. 57 Vgl. zur Problematik Recht und Technik am Beispiel Internet Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192 ff.); D. II. 6. c). 58 Vgl. Schwarz, in: FS für Engelschall, 1996, 183 (186 ff.). 54

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B. Technische Grundlagen des Internet

jedermann ohne dem üblicherweise einer Publikation vorausgehenden aufwendigen Verfahren Autor von Inhalten werden und für ein Millionenpublikum im Netz veröffentlichen. Diese Inhalte können daraufhin sofort von allen Nutzern, also auch direkt von Kindern und Jugendlichen, abgerufen werden. Weder vorab definierte Abläufe, wie festgelegte Hotclocks59 bei Hörfunksendungen oder Fernsehprogrammen, noch transportbedingte Verzögerungszeiten wie etwa bei den Printmedien schmälern diese Möglichkeit. Es gibt keine weiteren Kontrollinstanzen zwischen Anbieter und Empfänger, wie beim Rundfunk die ausstrahlenden Hörfunk- und Fernsehsender, die für die verbreiteten Inhalte einstehen müssen und somit Adressaten staatlicher Steuerung sind. Kennzeichnend für das Rundfunkrecht ist deshalb, daß es zur Sicherung seiner Steuerungsziele in hohem Maße auf Elemente der Struktursteuerung60 zurückgreift. Der Zugang zu den Rundfunkmärkten ist deshalb in Deutschland nicht frei, sondern wird an eine Zulassung geknüpft, deren Einhaltung ebenso wie die Beachtung der gesetzlichen Pflichten überwacht wird.61 Bei den privaten Rundfunkanbietern gestaltet sich daher die staatliche Steuerung durch das Zulassungsverfahren und die Programmkontrolle mit eventuell folgendem Ordnungswidrigkeitenverfahren.62 Gebote und Verbote können in diesem Bereich relativ effizient durchgesetzt werden, da die Adressaten für staatliche Maßnahmen bekannt sind und geeignete Sanktionen zur Verfügung stehen. Versagt der Markt und kann im Rundfunksektor Außenpluralismus nicht hergestellt werden, fungiert die imperative Steuerung als Auffangnetz.63 So mag das klassische imperative Steuerungsmodell bei den herkömmlichen Medien wie dem Rundfunk recht gut funktionieren. Aufgrund seiner Kompliziertheit und manchmal auch Schwerfälligkeit ist es aber nicht geeignet, für das Internet optimale Rahmenbedingungen zu schaffen. Das Internet ist exterritorial und „dezentral“64 organisiert, die Datenmengen sind riesig und die Betreiber unzählig.65 Gerade deshalb müßten sich die Vorschriften des JMStV und MDStV, betreffend das Internet, streng an eben diesen 59 Darunter versteht man die Vorgabe des exakten Sendeablaufs jeder einzelnen Stunde. 60 Struktursteuerung bedeudet in diesem Zusammenhang, daß die Gesetzgeber sich bei der Sicherung des Pluralismus nicht auf Marktgesetzlichkeiten und das sie regulierende Wirtschaftsrecht verlassen, sondern den Marktzugang von vornherein durch einen Zulassungsvorbehalt begrenzen und dadurch die Entwicklung des Rundfunkmarkts sehr stark beeinflussen. 61 Vgl. Holznagel, ZUM 1999, 425 (426); vgl. weiter zu den Instrumenten der Zulassung und Kontrolle Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 230 ff.; vgl. dazu auch Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 140 ff. 62 Vgl. Herrmann, Rundfunkrecht, 1994, S. 412 ff. 63 Vgl. Holznagel, ZUM 1999, 425 (426). 64 Vgl. Engel, BDGV 39 (2000), 353 (357 f.). 65 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192).

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Gegebenheiten orientieren, um sich nicht den Vorwurf der unechten Regulierung oder gar des symbolischen Rechts66 gefallen lassen zu müssen. Technische Kontrollsysteme, die sich in der Praxis realisieren lassen, sind somit Voraussetzung einer effizienten staatlichen Steuerung des Internet. 1. Problemstellung aus jugendschutzrechtlicher Sicht Der staatliche Jugendschutz im Internet kann zunächst in zwei übergeordnete Bereiche eingeteilt werden. Auf der einen Seite stehen die direkte staatliche Steuerung durch Gebote und Verbote und deren Vollzug durch die zuständigen Behörden. Daher wird im technischen Teil67 erörtert, inwieweit derzeit bestehende Kontrollsysteme die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Zudem ist entscheidend, ob diese Kontrollsysteme den Staat in die Lage versetzen, die jugendgefährdenden Inhalte im Internet aufzufinden und ob sie die Provider in die Lage versetzen, dem Vollzug Folge zu leisten. Der zweite Bereich des Jugendmedienschutzes im Internet ist die „gesteuerte Selbstregulierung“68 im Internet. Hierzu sei auf die obigen69 Ausführungen verwiesen. Unabhängig von staatlicher Beeinflussung agiert die „gesellschaftliche Selbstregulierung“70 des Netzes als ein weiterer Motor des Jugendschutzes. In diesem Zusammenhang werden die für den „Selbstschutz“71 erforderlichen Techniken unten vorgestellt. Die Multimediagesetze, welche den zuerst genannten Gestaltungsmodus direkte staatliche Steuerung begründen, stellen an die Akteure des Internet bestimmte Anforderungen, um Kinder und Jugendliche vor jugendgefährdenden Inhalten zu schützen, etwa in § 4 II 2. HS JMStV. Die Vorschriften machen dabei aber weder genaue Vorgaben, wie die technischen Vorkehrungen, die der Sicherstellung durch den Anbieter dienen, daß das Angebot nur Erwachsenen zugänglich gemacht wird, beschaffen sein sollen, noch definieren sie wenigstens Mindeststandards.72 Bei Nichteinhaltung dieser Bestimmungen kann die zuständige Landesmedienanstalt gemäß §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II 2 MDStV Angebote untersagen oder deren Sperrung anordnen. Welche techni66 Vgl. Lübbe-Wolff, in: Hansjürgens/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, 2000, 25 (25); im einzelnen D. II. 3. a) (3) (a). 67 Vgl. B. II. 4, 2.2.6, 2.3.1. 68 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL (56) 1997, 160 (165), kurs. i.O. 69 Vgl. A. I. 70 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162), kurs. i.O.; eingehend zum Begriff auch A. I. 71 Vgl. dazu auch Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201), kurs. i.O. 72 Vgl. Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimediadienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003), § 3 GjS Rdn. 15.

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schen Möglichkeiten zur Erfüllung der vom Gesetz geforderten Vorkehrungen zur „Sicherstellung“ im Sinne des § 4 II 2. HS JMStV als auch für die Befolgung von behördlichen Anordnungen derzeit zur Verfügung stehen, wird im folgenden erörtert. Wie dagegen die einschlägigen Vorschriften auszulegen sind und welche Anforderungen sie demnach stellen, kommt unten im rechtlichen Teil zur Sprache. 2. Unterschiedliche Ziele der Inhaltskontrolle im Internet Der technischen Inhaltskontrolle im Internet können verschiedene Zielvorgaben zugrundegelegt werden. Diese bestimmen auch die jeweilige Wahl der vorhandenen technischen Kontrollsysteme. Auf der einen Seite kann eine Verbreitungskontrolle hinsichtlich absolut rechtswidriger Inhalte73 betrieben werden. Dabei soll verhindert werden, daß Inhalte, deren Verbreitung gegenüber Jedermann – also gegenüber Kindern und Jugendlichen ebenso wie Erwachsenen – im Internet angeboten und abgerufen werden können. Eine Verbreitung ist strafbar gemäß der einschlägigen Strafbestimmungen wie etwa § 86 StGB74 (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) oder § 184 StGB (Verbreitung von Pornographie). Eine derartige Verbreitungskontrolle dient nicht ausschließlich, jedoch auch dem Jugendschutz im Internet. Sie setzt vor allen Dingen bei den am Anfang und Ende des Datenübertragungsvorgangs stehenden Personen an wie den Nutzern und den Content-Providern. Die Daten in dieser Schicht der Datenübertragung sind aufgrund der oben75 geschilderten Netzwerkarchitektur des Internet leicht auswertbar und auch noch bestimmten Teilnehmern im Internet zuzuordnen.76 Bei der Inhaltskontrolle ausschließlich zugunsten des Jugendschutzes ist dagegen grundsätzlich eine eingeschränkte Verbreitungskontrolle intendiert. Nur die Verbreitung an ganz bestimmte Rezipienten oder Rezipientengruppen soll verhindert werden. Hierzu können grundsätzlich zwei Schutzkonzepte unterschieden werden,77 deren technische Kontrollsysteme in der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt werden. So sieht der erste Ansatz vor, technische Kontrollsysteme, die vor jugendgefährdenden Inhalten schützen sollen, bei den Anbietern zu installieren. Somit handelt es sich um eine sogenannte anbieterseitige 73 Vgl. Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 46, der auch mit dieser Begrifflichkeit arbeitet. 74 Strafgesetzbuch (StGB). 75 Vgl. B. II. 5. 76 Vgl. zu den Kontrollstrategien bei absoluter Verbreitungsverhinderung sehr eingehend Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 46 ff.; vgl. auch Schneider, MMR 1999, 571 (572 ff.). 77 Vgl. Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) § 3 GjS Rdn. 16.

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Zugangskontrolle.78 Diese soll sicherstellen, daß nur Erwachsene die jugendgefährdenden Inhalte abrufen können. Hierzu sind Altersverifikationssysteme mit verschieden hohen Sicherheitsanforderungen im Einsatz oder die vorgeschalteten Zugangskontrollen operieren mit vorher nach einem bestimmten Verfahren vergebenen generellen Zugangsberechtigungen. Das zweite Schutzkonzept setzt auf Seiten der Nutzer oder der Access-Provider an, die den Zugang zum Netz vermitteln. Bei diesen werden technische Kontrollsysteme eingerichtet, die auf Abruf hin das Weiterleiten und Laden der gewünschten Datei von bestimmten Merkmalen abhängig machen. Damit handelt es sich um eine nutzerseitige Empfangskontrolle.79 Hier ist wiederum entscheidend, ob die abgerufenen Inhalte verschlüsselt oder unverschlüsselt gesendet werden. Werden die Daten vom Anbieter verschlüsselt gesendet, müssen die Nutzer, also die Eltern, Schulen, Internet-Café-Betreiber 80 etc. die Kinder und Jugendlichen vor den jugendgefährdenden Inhalten schützen, da sie mit dem Entschlüsselungscode bestimmen können, ob die Inhalte für diese zugänglich sein sollen. Werden die Inhalte unverschlüsselt verschickt, so kommen für die nutzerseitige Empfangskontrolle Filterprogramme und Ratingsysteme in Betracht. Nur ausnahmsweise ist für den Jugendschutz die absolute Einschränkung der Verbreitung von Inhalten von Bedeutung. Gemäß §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. §§ 22 I, II 2 MDStV kann die zuständige Aufsichtsbehörde absolute Sperrungen oder Untersagungen der jugendgefährdenden Seiten anordnen, muß dabei aber den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren. Dies kommt zum Beispiel in Betracht, wenn Vorkehrungen zur Sicherstellung gemäß § 4 II 2. HS JMStV nicht getroffen wurden. 3. Auffinden jugendgefährdender Inhalte im Internet a) Der Einsatz von „Crawler-Programmen“ Um Verstöße gegen Verbreitungsverbote sanktionieren zu können, müssen die betreffenden Inhalte erst einmal aufgefunden werden. Die Provider sind bislang gesetzlich81 nicht zu aktiven Maßnahmen der Suche nach rechtswidrigen und jugendgefährdenden Inhalten auf ihren Servern verpflichtet.82 Daher ist das Auffinden dieser Inhalte für die Jugendbehörden von entscheidendem Interesse. 78

Der Begriff wurde geprägt von Altenhain, ebda., Rdn. 16, 17 ff. Vgl. ebda., Rdn. 16, 22 ff. 80 Vgl. Urban, in: Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e. V. (Hrsg.), „Sicher ins Netz“, 2000, 28 (29 ff.); vgl. zur Verantwortlichkeit von InternetCafé-Betreibern Liesching/Günter, MMR 2000, 260 (260 ff.). 81 Vgl. A. I., Fn. 27. 79

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Provider können auf diese Weise gemäß § 11 TDG /§ 9 MDStV in Kenntnis gesetzt und überhaupt erst verantwortlich gemacht werden nach der notice and take down procedure83. Nur so können Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen des Jugendschutzes verfolgt und geahndet werden. Die im folgenden beschriebenen Crawler-Programme dienen dem technischen Aufspüren von Inhalten im Internet. Bei Suchmaschinen – darunter versteht man spezielle Server, die Datenbanken über Internetangebote führen – leisten diese angesichts der stetig steigenden Zahl von Internetseiten wichtige strukturierende Hilfsdienste, indem sie Suchende und Anbieter von Inhalten zusammenführen. Diese Dienste werden von professionellen Suchservern wie Google, Yahoo, Altavista, Exite, Aladin oder Fireball angeboten. Der Crawler surft dabei systematisch und vollautomatisiert durch das Netz und schickt die Daten an die Indizierungssoftware. Diese strukturiert die Daten und macht sie durchsuchbar. Eine weitere Software wertet die Suchanfragen an das System aus, verknüpft logische Operatoren und schickt die Anfrage sodann an die Datenbank, über welche die Suchergebnisse den Anfragenden zugänglich gemacht werden.84 Aufgrund der großen Datenmengen sind auch Strafverfolgungsbehörden und Jugendschutzbehörden bei ihrer Suche nach rechtswidrigen Inhalten auf computergestützte Verfahren angewiesen. Die beschriebenen Crawler-Programme können nicht nur bei Suchmaschinen im oben beschriebenen Sinne, sondern auch beim Jugendschutz genutzt werden. So wird etwa bei jugendschutz.net, der gemeinsamen, länderübergreifenden Stelle der Obersten Landesjugendbehörden für den Jugendschutz (§ 18 JMStV)85, ein Crawler (Such-Robot) eingesetzt, um Seiten nach vorher bestimmten Suchvorgaben (wie zum Beispiel Meinungsmache für Haß und Gewalt oder pornographische Inhalte) zu suchen.86 Auch die Kriminalbehörden arbeiten mit solchen Programmen. 82 Seit der Änderung des TDG durch Art. 1 des Gesetzes über rechtliche Rahmenbedigungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (Elektronischer GeschäftsverkehrGesetz-EGG) vom 14.12.2002 (BGBl. 2001, 3721 ff.) ist dieser Grundsatz sogar in § 8 II TDG geregelt worden. Hintergrund hierfür ist, daß gemäß Art. 15 I der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über elektronischen Geschäftsverkehr“) vom 8. Juni 2000 (Abl. EG Nr. L 178 S. 1), die durch das EGG in nationales Recht umgesetzt wurde, Mitgliedstaaten Diensteanbietern keine allgemeine Verpflichtung auferlegen dürfen, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten fremden Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Vgl. dazu im einzelnen D. I. 5. c) (2). 83 Vgl. dazu D. I. 5. c) (2), E. III. 4. b). 84 Vgl. http://www2.ecce-terram.de/area51/hintergrund/suchmaschinen/funktion.html (Seite abgerufen am 25.09.2002). 85 Vgl. D. II. 5. (2) b). 86 Vgl. dazu den Vortrag „jugendschutz.net – Konzeption, Arbeitsweise, öffentliche Resonanz“ von Petra Müller bei der Fachtagung „Mit Software gegen harte Sachen“

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b) Die Effektivität von Crawler-Programmen Crawler-Programme lassen sich unter Zugrundelegung bestimmter Suchstrategien grundsätzlich für das Auffinden jugendgefährdender Inhalte einsetzen. Jedoch dürfen an diese keine zu hohen Erwartungen gestellt werden. Der Rechner kann nur erfassen und vergleichen, nicht aber eigenständig die oft erforderlichen einzelfallbezogenen, rechtlichen und medienpädagogischen Bewertungen vornehmen. Zunächst müssen den Crawler-Programmen deshalb eindeutige Vorgaben bezüglich der Suchkriterien gegeben werden. Erste Suchvorgabe ist zum Beispiel bei jugendschutz.net eine Adressenliste von Anbietern, die bereits wegen jugendschutzrelevanter Angebote auffällig geworden sind oder bei denen derartige Angebote vermutet werden.87 Da jugendschutz.net stark auf Kooperation mit den Akteuren des Internet setzt, können Netznutzer jederzeit Beschwerden einreichen, wenn diese auf illegale oder jugendgefährdende Seiten stoßen. Deshalb setzt jugendschutz.net ihr Crawler-Programm nicht mehr flächendekkend, sondern gezielt ein, wenn Hinweise auf bestimmte Szenen erfolgen.88 In diesen Angeboten sucht der Crawler dann nach den eingegebenen Suchbegriffen. Diese werden bei jugendschutz.net in Zusammenarbeit mit Spezialisten der Behörden in den Ländern bestimmt, da es zur Erstellung der Begrifflisten erforderlich ist, die genauen Terminologien zu kennen. Die vom Crawler ermittelten Ergebnisse sind jedoch vollkommen unreflektiv. Der Crawler nennt auch völlig harmlose Seiten, von denen er meint, diese als rechtswidrig identifiziert zu haben. Suchbegriffe wie etwa Sex oder Gewalt können auch auf Seiten vorkommen, die keine jugendgefährdenden beziehungsweise rechtswidrigen Inhalte beherbergen. Aufgefundene Schlüsselbegriffe sagen nur in wenigen Fällen etwas über die Strafbarkeit der Inhalte aus. Umfassendere Filtersysteme, die auf Forschungen zur künstlichen Intelligenz beruhen und inhaltliche Kontextanalysen von Schlüsselworten vornehmen können, sind zur Zeit noch nicht verfügbar.89 Daher ist regelmäßig nach der automatisierten Kontrolle noch eine sorgfältige manuelle Nachkontrolle notwendig. Für den Jugendschutz muß dazu auch noch bewertet werden, ob ein jugendgefährdender oder absolut rechtswidriger Inhalt vorliegt. Das erfordert einen erheblichen personellen Aufwand, der den Behörden zumeist wegen den damit verbundenen explodierenden Kosten nicht zur Verfügung steht.90 Schon daher ist die Effektivität von Crawler-Programmen beschränkt.

am 29.05.1998 in Mainz, http://www.jugendschutz.net/VortragMainz.html (Seite abgerufen am 25.09.2002). 87 Vgl. ebda. 88 So Spürk von jugendschutz.net in einem Interview, vgl. Feil/Keddi, Diskurs 1/ 2000, 51 (54). 89 Vgl. Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 106.

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Auch aufgrund der riesigen Datenmengen, die mit Crawlern durchforstet werden müßten, um zu verhindern, daß inkriminierende Inhalte im Internet bereitgestellt werden, ist der Einsatz von Crawlern nur bedingt fruchtbringend für den Jugendschutz im Internet. Selbst große Suchmaschienen haben bisher nur ungefähr 16% der geschätzt etwa 800 Millionen existierenden WWW-Seiten erfaßt.91 Täglich kommen neue Seiten hinzu und werden IP-Adressen von den Anbietern geändert. c) Der Einsatz von Datenscannern Eine Unterart der Crawler-Programme sind Datenscanner wie etwa PERKEO++.92 Diese werden hauptsächlich von Strafverfolgungsbehörden, von Unternehmen und Providern eingesetzt. PERKEO++ wird, anders als die vorangehend beschriebenen Crawler-Programme vor allen Dingen zum Auffinden von absolut rechtswidrigen Inhalten wie Kinderpornographie und Tierpornographie eingesetzt, obwohl PERKEO++ auch so konfiguriert werden könnte, daß es als oben in B. III. 3. b) beschriebener Crawler arbeiten könnte.93 PERKEO++ enthält als Suchvorgaben nur eindeutig als illegal klassifizierte Datenobjekte. Das Programm erzeugt bei seiner Arbeit von jeder Datei einen sogenannten digitalen Fingerabdruck und vergleicht diesen mit den Einträgen in der Datenbank. Die Datenbank wird in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt fortlaufend aktualisiert und gepflegt, so auch ständig um neue Fingerabdrücke erweitert. Mit PERKEO++ konnten bisher bereits gute Erfolge erzielt werden. Seit Mitte 1999 läuft PERKEO++ beim Münsteraner Provider uni-x zur Filterung der News-Dienste. Die Ergebnisse werden an das BKA in Wiesbaden zur weiteren Auswertung weitergeleitet und sind alarmierend. Zwischen dem 15. Mai 2000 und dem 15. August 2000 wurden fast 3.000 kinder- und tierpornographische Bildobjekte ausfindig gemacht.94 Problematisch ist, daß News-Artikel für alle Internet-Nutzer öffentlich zugänglich sind und daß beim Download kein Schutz vor illegalen Anhängen möglich ist. Bislang setzen noch nicht viele Provider derartige Programme ein, da es derzeit keine gesetzliche Verpflichtung zum Crawling der Server nach illegalen Inhalten gibt. Vielmehr sind Access- und Host-Service Provider diesbezüglich sogar ausdrücklich privilegiert gemäß § 8 II TDG. Zudem zielen Datenscanner nur auf das Auffinden von eindeutig illegalen, also absolut rechtswidrigen In90 jugendschutz.net versteht sich daher selbst in der Rolle eines Kontrolleurs, der punktuell und zufällig aktiv wird, vgl. Feil/Keddi, Diskurs 1/2000, 51 (52). 91 Vgl. http://www.wwwmetrics.com/ (abgerufen am 25.09.2002). 92 Vgl. http//www.perkeo.net/wasistperkeo.html (Seite abgerufen am 25.09.2002). 93 Laut Auskunft der Firma Autem/Emden. 94 Vgl. Informationsblatt „Kinderpornographie – Sind wir wirklich machtlos?“ der Firma Autem/Emden (unveröffentlicht).

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halten und sind somit in dieser Form für das oben95 beschriebene Ziel des Jugendschutzes, dem Schutz der Kinder und Jugendlichen als User von jugendgefährdenden Inhalten, nicht geeignet. Ein weiteres Manko gegenüber CrawlerProgrammen ist, daß sich Datenscanner nicht selbst automatisch von Website zu Website vorarbeiten, sondern nur einen bestimmten Server auf einen begrenzten Bestand von vorab eingegebenen Fingerabdrücken durchsuchen. 4. Technische Möglichkeiten der „Sicherstellung“ § 4 II S. 1 JMStV verbietet es grundsätzlich, jugendgefährdende Inhalte im Internet zu verbreiten. Jedoch ist eine Ausnahme vorgesehen für den Fall, daß die Anbieter gemäß § 4 II S. 2 JMStV sicherstellen, daß die Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Im folgenden werden die den Providern hierfür derzeit zur Verfügung stehenden technischen Kontrollsysteme dargestellt. a) Altersverifikationssysteme (AVS) Altersverifikationssysteme (AVS) sind sogenannte anbieterseitige Zugangskontrollen. Der Inhalteanbieter will damit sicherstellen, daß nur Erwachsene die von ihm wissentlich angebotenen jugendgefährdenden Inhalte wahrnehmen können.96 Dazu schaltet der Anbieter dem Zugriff zu seinen Inhalten eine Software vor, die das Alter des die Inhalte anfordernden Users prüfen soll. Derzeit werden unterschiedliche Varianten solcher Altersverifikationssysteme mit äußerst unterschiedlicher Effektivität eingesetzt. (1) Altersabfrage Die einfachste und nahezu ohne Wirkung bleibende Variante der Altersverifikation ist die verbale Altersabfrage. Ruft der Nutzer die von ihm gewünschte URL-Adresse auf, erscheint eine vorgeschaltete Seite mit einer Altersabfrage. Klickt der Nutzer die ihm vorgegebene Antwort an, die in etwa lautet „Ich bin 18 Jahre und habe keine Probleme mit pornographischen Inhalten“, wird er auf die gewählte Seite weitergeleitet. Klickt er dagegen die Antwort an: „Ich bin noch nicht 18 Jahre und muß leider draußen bleiben“, wird er auf eine harmlose Seite geschickt oder bleibt einfach nur auf der Altersabfrageseite. Da Kinder und Jugendliche auch vor sich selbst geschützt werden müssen, sind diese Altersabfragen eher als Alibi der Anbieter zu werten, um vorzuspiegeln, die oben beschriebenen Vorkehrungen zu treffen, ohne Besucher ihrer Seiten einzu95

Vgl. A. III. 2. Vgl. Altenhain, in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) § 3 GjS Rdn. 17. 96

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büßen. Sonst müßten die Besucher vor deren Nutzung erst kompliziertere Altersverifikationsprozeduren durchgehen. Kinder werden aus Unerfahrenheit, Jugendliche aus natürlichem Interesse auf Durchfahrt klicken. Damit sind bloße verbale Altersabfragen für den Jugendschutz völlig unbrauchbar. (2) Altersspezifische Parameter Eine weitaus wirksamere Methode der Altersverifikation erfolgt mit Hilfe von altersspezifischen Parametern. Bei der Altersüberprüfung arbeiten die verschiedenen Altersverifikationssysteme mit unterschiedlichen Prüfparametern. Manche Erotikanbieter führen diese Altersüberprüfung selbst durch. Die meisten kooperieren aber mit professionellen Anbietern von Prüfprogrammen, welche die Überprüfung für die Anbieter durchführen. Adult-Check bezeichnet sich selbst als ein Erwachsenenkontrollsystem, welches speziell entwickelt wurde, um zu verhindern, daß Minderjährige Zugriff auf Pornosites erhalten.97 Die Nutzer müssen einmalig eine Adult-Check-ID beantragen. Bei mit Adult-Check gesicherten Pornoseiten muß der Nutzer dann diese ID eingeben. Das System prüft diese daraufhin mittels seiner Datenbank und verschafft dem Nutzer im Falle einer vorangegangenen ordnungsgemäßen Verifikation automatisch Zugang zu dieser Seite. Um die ID zu bekommen, muß der Nutzer ein Anmeldeformular ausfüllen und dabei seine persönlichen Daten angeben. Als Prüfparameter ist hier eine gültige Kreditkarte erforderlich. Der Nachteil dieses Prüfparameters ist aber, daß in Deutschland, anders als in Amerika, woher Adult-Check ursprünglich stammt, schon Jugendliche die Möglichkeit haben, in den Besitz einer Kreditkarte zu kommen. Somit ist diese Art der Altersverifikation für den Jugendschutz ungeeignet. Die bei x-check98 verwendeten Prüfparameter sind etwas wirksamer. Hier ist für die x-check-ID zusätzlich eine Kopie des Personalausweises zur Feststellung der Volljährigkeit erforderlich. Diese kann per E-Mail – der Personalausweis muß hierzu eigescannt und als angehängte Datei mitgeschickt werden –, per Fax oder Post übergeben werden. In der Zentrale werden dann die Personalausweisdaten mit denen der Scheck-, Konto- oder Kreditkarte verglichen. Jedoch ist auch dieses System noch unbefriedigend. Bei der Vorlage des Personalausweises als Fotokopie, durch Fax oder mittels Scanner fehlt letztlich die Identitätskontrolle, die nur bei persönlicher Vorlage durch Vergleich mit dem Lichtbild möglich ist. Der Personalausweis und die Scheck-, Konto- oder Kreditkarte könnten somit von Jugendlichen zum Zwecke der Zugangserlangung etwa den 97 Vgl. http://www.adultcheck.com/de/regular/3month_apply_info.shtml? (Seite abgerufen am 25.09.2002). 98 Vgl. http://www.x-check.de/index.php?mainTemplate=info (Seite abgerufen am 25.09.2002).

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Eltern oder anderen volljährigen Personen entwendet und dem Altersverifikationsanbieter vorgelegt werden. x-check bringt dagegen das Argument vor, daß die Täuschung in diesem Fall wegen der erfolgenden Abbuchung vom Konto des wahren Personalausweis- und Karteninhabers nicht lange aufrechterhalten werden könne.99 Dennoch haben aber Kinder und Jugendliche zumindest in dieser Zeit vollen Zugang zu jugendgefährdenden Seiten. Somit ist auch diese Methode der Altersverifikation nur beschränkt tauglich für einen effektiven Jugendschutz. 5. Zusammenfassung Nach den vorangegangenen Ausführungen bleibt festzuhalten, daß es derzeit noch keine hundertprozentig verläßliche Methode der Altersverifikation gibt. Daher ist eine effektive Zugangsbeschränkung, wie sie die Vorschriften bezüglich der Verbreitung jugendgefährdender Inhalte grundsätzlich verlangen, derzeit technisch nicht möglich. 6. Filtersysteme a) Einordnung Filtersysteme könnten in der systematischen Gliederung, die dem technischen Teil zugrundegelegt wurde, sowohl als technische Kontrollmöglichkeiten im Bereich der staatlichen Steuerung des Internet als auch als solche der gesellschaftlichen Selbstregulierung und der gesteuerten Selbstregulierung100 klassifiziert werden. Auf der einen Seite sollen sie bei unverschlüsselten jugendgefährdenden Dateien gemäß § 4 II S. 2 JMStV als vorgeschriebene technische Vorkehrung zur Sicherstellung, daß das Angebot nur Erwachsenen zugänglich gemacht wird, durch die Provider in Form einer nutzerseitigen Empfangskontrolle101 dienen. Zudem können Anbieter dadurch Sorge tragen, daß Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufe gemäß § 5 I 2. HS JMStV bestimmte Angebote nicht wahrnehmen. Auf der anderen Seite können Personensorgeberechtigte, die auf den staatlichen Jugendschutz im Internet nicht vertrauen oder einen eigenen Beitrag zum Schutz ihrer Kinder und Jugendlichen leisten wollen, jederzeit selbst Filtersysteme auf ihren Rechnern einrichten und nach ihren Vorstellungen entsprechend den Bedürfnissen ihrer Kinder und deren Alter konfigurieren. 99

Vgl. ebda. Vgl. zu diesen Begriffen grundlegend A. I. 101 Vgl. Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) § 8 MDStV Rdn 30, § 3 GjS Rdn 22. 100

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b) Grundidee des Filtering Filtersysteme sind Softwareanwendungen, die es ermöglichen, den Internetzugriff zu bestimmten Daten oder Diensten auf verschiedene Weise und nach unterschiedlichen Kriterien einzuschränken.102 Bei unverschlüsselten Angeboten ist eine nutzerseitige Empfangskontrolle sogar nur über solche Filterprogramme möglich.103 Auf dem Markt gibt es ein sehr großes Angebot von Software, die zur Internetfilterung im weitesten Sinne dient. Für den Jugendschutz sind aber im wesentlichen interessant die sogenannten Stand-Alone-Programme zur Installation auf lokalen Rechnern und die Kindersicherungen der Internet-ServiceProvider/Online-Service-Provider. c) Unterschiedliche Methoden des Filtering (1) Stand-Alone-Filterprogramme Unter Stand-Alone-Filterprogrammen versteht man Filteringsoftware, die zusätzlich zu den Kommunikationsprogrammen auf lokale Rechner installiert und konfiguriert wird. Diese beobachtet sodann die transportierten Daten und beeinflußt die Abrufe gemäß ihrer Einstellung.104 Die Programme werden teilweise von Providern kostenlos zum Download zur Verfügung gestellt, teilweise sind diese bereits in die Kommunikationsprogramme der Provider integriert. Als Installierungsorte kommen für den Jugendschutz insbesondere in Frage die heimischen Rechner der Eltern, bzw. alle Rechner, über welche Kinder und Jugendliche Zugang zum Internet haben. Auch auf zentralen Servern von Institutionen wie Schulen oder den Rechnern in Internetcafés kann es sinnvoll sein, die Filterprogramme zu installieren. Die Programme sind nach unterschiedlichen technischen Schutzkonzepten ausgelegt. Ein Teil der Programme arbeitet mit dem Prinzip des Keyword-Blokkings wie etwa CYPERsitter105 oder Net Nanny106. Bei diesen erfolgt die Filterung anhand von vorgegebenen Listen, die verbotene Worte (Forbidden Words) enthalten. Wählt der Nutzer auf gefilterter Ebene ein Angebot, das ein Wort enthält, welches das Filterprogramm als verboten identifizieren kann, wird der Zugriff darauf blockiert. Problematisch ist an dieser Art von Filtersoftware, daß 102

Vgl. Schindler, Tendenz, III/1999, 20 (21); ders., tv-diskurs 11/2000, 56 (57). Vgl. Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) § 3 GjS Rdn. 23. 104 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 97. 105 Vgl. http://www.omega-see.de/cybersitter/ (Seite abgerufen am 25.09.2002). 106 Vgl. http://www.netnanny.com/Products/NNProduct.asp (Seite abgerufen am 25.09.2002). 103

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diese, ebenso wie oben107 beschrieben die Crawler-Programme, nicht in der Lage ist, aufgefundene verbotene Worte im Kontext zu bewerten. So werden auch unreflektiert Seiten gesperrt, die zwar ein anstößiges Wort enthalten, jedoch nicht unbedingt jugendgefährdend sind. Wäre zum Beispiel Brust als verbotenes Wort konfiguriert, könnte der Nutzer auf gefilterter Ebene keinerlei Informationen über Brustkrebs abrufen. Dasselbe gilt etwa hinsichtlich kritischen Aufsätzen zu Pornographie oder Initiativen gegen Rassismus. Zudem sind, da die Filtersysteme aus den USA stammen, deutschsprachige verbotene Worte in den Listen nur selten oder gar nicht vertreten. Filterprogramme wie zum Beispiel CyperPatrol108 oder WebChaperone109 arbeiten in erster Linie nach dem Prinzip des Site-Blocking. Diese Programme filtern und blockieren unerwünschte Internet-Adressen, die vorher in einer Liste festgelegt worden sind. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Negativlisten (black lists) und Positivlisten (white lists). Negativlisten schließen nur bestimmte Angebote aus, der Zugriff auf alle übrigen Informationsangebote und Dienste des Internet bleibt möglich. Positivlisten dagegen gewähren nur Zutritt zu vorher ausgewählten Inhalten und Diensten, der Zugang zu allen übrigen bleibt dem Nutzer auf der gefilterten Ebene verwehrt. Programme, die nach dem Prinzip des Site-Blocking ausgelegt sind, arbeiten nicht so pauschal wie Keyword-Blocking-Programme. Die Internet-Adressen, welche in die mitgelieferten und ständig aktualisierbaren Positiv- bzw. Negativlisten aufgenommen worden sind, wurden zuvor auch von Pädagogen einzeln bewertet. Die User können zudem zumeist eigene Listen von erlaubten und verbotenen Adressen erstellen, die dann immer Vorrang vor den integrierten Listen haben. Damit ist also die individuelle Freigabe oder Sperrung von Seiten unabhängig von Aktualisierungen seitens des Herstellers möglich.110 (2) Die Effektivität des Stand-Alone-Filterings Im Dezember 1999 wurde die Studie „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“111 veröffentlicht, welche die Secorvo Security Consulting GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie durchgeführt hat. Zielsetzung der Untersuchung war vor allen Dingen eine aktuelle Bestandsaufnahme der heute verfügbaren technischen Lösungen zur Umsetzung von Maßnahmen des Jugendschutzes beim Zugriff auf das Internet und deren 107

Vgl. B. III. 3. a). Vgl. http://www.cyberpatrol.com (Seite abgerufen am 25.09.2002). 109 Vgl. http://www.webchaperone.com (Seite abgerufen am 25.09.2002). 110 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet, 1999, S. 118. 111 Vgl. ebda., S. 1 ff. 108

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Bewertung hinsichtlich ihrer Eignung zur Umsetzung von Anforderungen des Jugendschutzes.112 Diese Studie kam aufgrund der technischen und praktischen Tests zu dem Ergebnis, daß bisher keine geeigneten technischen Systeme zur Unterstützung des Jugendschutzes im Internet existieren. Es gäbe zwar viele Ansätze, die aber bisher in keinem Komplettsystem zusammengefaßt wurden.113 Dem ist aus verschiedenen Gründen beizupflichten. Zunächst sind die derzeit existierenden Stand-Alone-Filtersysteme, wie bereits angesprochen, zu ungenau und unspezifisch. Zum einen wird häufig zuviel gefiltert, so daß auch völlig unbedenkliche, jugendfreie Inhalte von der Filterung betroffen sind. Auf der anderen Seite kann man nicht vollends ausschließen, daß Kinder und Jugendliche jugendgefährdende Informationen abrufen, sofern nicht der offene Charakter des Internet, welches sie kennenlernen und zu nutzen lernen sollen, gänzlich abgeschafft wird.114 Ein weiteres Problem des Filtering ist die Erstellung und Pflege der genannten Positiv- und Negativlisten. In den meisten Fällen mangelt es an der notwendigen Transparenz beim Zustandekommen dieser Listen. So gibt es bislang keine Institutionen oder Unternehmen, welche eine nur auf den europäischen Kulturraum oder gar auf den deutschsprachigen Nutzerkreis zugeschnittene Liste anbietet. Die gängigen Filteringprogramme stammen von US-amerikanischen Firmen. So sind die Listen nahezu fast nur englisch, also für den deutschsprachigen Raum kaum nutzbar. Zudem besteht durch die Programme die Gefahr der Oktroyierung von bestimmten Ideologien bei der Erziehung. Hinter den Filterprogrammen stehen zuweilen ideologische Organisationen, deren Gremien auch die Listen erstellen. So steht hinter CyberSitter zum Beispiel die konservative amerikanische Organisation Focus on the Family, die ihre eher prüden Moralvorstellungen auch über Filtersysteme durchzusetzen versucht.115 Es werden so oft bewußt mehr als nur unzulässige Inhalte unterdrückt. Daher wäre die Etablierung von transparenten, einheitlich anerkannten Listen ein wünschenswerter und erforderlicher Schritt in Richtung der besseren Wirksamkeit von StandAlone-Filtering. (3) Kindersicherungen von Internet-Service-Providern/Online-Service-Providern Verschiedene Anbieter, wie AOL und CompuServe, bieten für ihre Mitglieder Kindersicherungen an, welche die Eltern oder sonstigen Verantwortlichen dann nach ihren eigenen Vorstellungen aktivieren und konfigurieren können. Dabei 112 113 114 115

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

ebda., S. 1. ebda., S. 15. ebda., S. 85. Schindler, Tendenz III/1999, 20 (21); ders., tv-diskurs 11/2000, 56 (57).

III. Technische Kontrollmöglichkeiten

65

handelt es sich um sogenannte nutzerseitige Empfangskontrolle.116 Hier kann für jedes Kind ein spezieller Zugangsname mit unterschiedlichen Konfigurationen eingerichtet werden. So kann mit der AOL-Kindersicherung zum Beispiel festgelegt werden, von wem das Kind E-Mails erhalten darf. Der World-WideWeb (WWW)-Zugriff kann begrenzt oder ganz gesperrt werden. Mit der ChatKontrolle kann bestimmt werden, welche Chat-Räume für das Kind zugänglich sein sollen und die Newsgroup-Kontrolle ermöglicht es, den Zugang zu Newsgroups einzuschränken oder zu sperren. Aufgrund der Tatsache, daß viele Eltern sich mit dem Internet noch überhaupt nicht beschäftigt haben, geschweige denn, die Kindersicherung aktivieren oder konfigurieren können, sind die angebotenen Kindersicherungen wenig effektiv. Zudem sind Kinder und Jugendliche zunehmend sogar technikbegabter als ihre Eltern und können diese Kindersicherungen eventuell deaktivieren. Ganz leicht fällt dies, wenn die Eltern den Kindern und Jugendlichen aus Leichtsinnigkeit ihre Hauptnamen und Passworte verraten. d) Zusammenfassung Derzeit gibt es keine geeigneten Filtersysteme, die es den Kindern und Jugendlichen sicher verwehren, jugendgefährdende Inhalte abzurufen. Zudem können die Anbieter nicht sicherstellen, daß Eltern oder sonstige Aufsichtspersonen die zur Verfügung stehenden Filteringprogramme auch aktivieren beziehungsweise altersgerecht konfiguriert einsetzen. 7. Probleme des Löschens und Sperrens jugendgefährdender Inhalte durch Provider Ein weiterer technischer Problemkomplex ist das Löschen beziehungsweise Sperren von Diensten, die rechtswidrige oder jugendgefährdende Inhalte beherbergen. Dieser ist im vorliegenden technischen Teil vor folgendem Hintergrund zu erörtern: Die Staatsvertragspartner haben den zuständigen Aufsichtsbehörden gemäß §§ 20 I, IV JMStV zur Erfüllung ihrer Aufgaben in § 22 II MDStV Befugnisse zur Durchsetzung eines effektiven Jugendschutzes an die Hand gegeben. Stellt die zuständige Aufsichtsbehörde einen Verstoß gegen die Bestimmungen des MDStV fest, so muß sie gemäß § 22 II 1 MDStV die „(. . .) erforderlichen Maßnahmen gegen den Anbieter treffen“. Von besonderer Bedeutung für den Jugendschutz sind hier Verstöße gegen § 4 II S. 2 JMStV aufgrund Unterlassens der bereits beschriebenen technischen Vorkehrungen zur Sicherstellung, daß Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Nach § 22 II 116 Vgl. grundlegend zum Begriff Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) § 3 GjS Rdn. 22.

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B. Technische Grundlagen des Internet

2 MDStV „(. . .) kann die Aufsichtsbehörde Angebote untersagen oder deren Sperrung anordnen.“ Ob den Providern die Erfüllung solcher Anordnungen technisch möglich ist, soll im folgenden näher beleuchtet werden. Zudem entscheidet diese technische Möglichkeit und Zumutbarkeit der Nutzungsverhinderung bei den Host-Service-Providern zusätzlich über deren grundsätzliche Verantwortlichkeit für fremde Inhalte. Diese sind laut § 11 TDG/§ 9 MDStV für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dann verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern.117 Bei Content-Providern, die ihre Inhalte nicht auf Servern von Host-Service Providern, sondern auf eigenen Servern anbieten, sowie bei Internet-Service-Providern/Online-Service-Providern, die ebenfalls eigene Inhalte auf eigenen Servern anbieten, machen der Bundesgesetzgeber und die Staatsvertragspartner die Verantwortlichkeit nach § 8 I TDG/§ 6 I MDStV nicht von dieser technischen Machbarkeit abhängig.118 a) Inhaltskontrolle auf eigenen Servern Hinsichtlich der technischen Machbarkeit von Sperrungen und Löschungen müssen grundsätzlich Inhaltskontrollen auf eigenen Servern und Inhaltskontrollen auf fremden Servern unterschieden werden, da Provider regelmäßig volle Verfügungsgewalt nur über ihre eigenen datenspeichernden Server besitzen. So sind etwa bei Content-Providern mit eigenen Servern, Internet-Service-Providern/Online-Service-Providern und Host-Service-Providern die Daten auf ihren Servern meistens auch über längere Zeit gespeichert, anders als bei den AccessProvidern, bei denen die Daten oft nur in Sekundenbruchteilen zu einem weiteren Provider oder dem Endnutzer weitergeleitet werden.119 Somit können diese – außer Access-Provider – die auf ihren eigenen Servern liegenden Inhalte jederzeit löschen oder sperren.120 Im WWW-Dienst können zum Beispiel von dem Betreiber eines WWW-Servers jederzeit einzelne Seiten oder auch das vollständige Angebot von Content-Providern, die bei ihm Speicherplatz belegen, gelöscht oder auch nur vorläufig gesperrt werden.121 Eine Löschung ist mit 117 Beim novellierten § 11 TDG ist diese Klausel zwar weggefallen, bei richtlinienkonformer Auslegung dürfte sich praktisch jedoch nichts ändern, vgl. dazu im einzelnen D. I. 5. c) (2). 118 Vgl. Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) § 5 TDG Rdn. 67, § 5 MDStV Rdn. 42; vgl. dazu auch eingehend D. I. 5. c) (1). 119 Vgl. dazu die sehr umfangreiche, dienstespezifische Analyse von Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 48 ff. 120 So auch Federrath, ZUM 1999, 177 (178); zu Einzelheiten der Löschung und Sperrung von den verschiedenen Internetdiensten auf eigenen Rechnersystemen vgl. Sieber, CR 1997, 653 (655); Schuster/Müller, in: Schuster (Hrsg.), Vertragshandbuch Telemedia, 2001, 775 (799 f.).

III. Technische Kontrollmöglichkeiten

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Hilfe der Betriebssystemsoftware des Betreibers problemlos möglich, die Sperrung erfolgt durch Einschränkung der Leserechte der User bezüglich der Daten.122 Dasselbe gilt bezüglich fast aller anderen auf eigenen Servern angebotenen Dienste, wie etwa spezielle Serviceangebote von Internet-Service-Providern oder Newsgroups. Lediglich bei den sogenannten Echtzeitdiensten wie dem Internet-Relay-Chat (IRC) ist die nachträgliche Löschung von beanstandeten Daten in der Regel nicht mehr möglich, da diese Textbeiträge nur für den Zeitraum gespeichert werden, der für die Abgleichung der Textdaten mit anderen IRC-Servern erforderlich ist. Dieser beträgt weniger als eine Sekunde. Daher käme für die Provider als Maßnahme lediglich die Schließung ganzer Chaträume in Betracht, in denen der Austausch jugendgefährdender Inhalte zu vermuten ist. Zusammenfassend ist dennoch festzuhalten, daß es den Providern auf eigenen Servern regelmäßig technisch möglich und zumutbar ist, den oben123 genannten Anordnungen der zuständigen Behörden nachzukommen. Host-Service-Provider sind folglich bei Nichtsperrung von rechtswidrigen oder jugendgefährdenden Inhalten, von denen sie Kenntnis erlangen, gemäß § 11 TDG/§ 9 MDStV voll für diese verantwortlich. b) Inhaltskontrolle auf fremden Servern Anders dagegen ist die Situation, wenn zuständige Aufsichtsbehörden von Providern die Löschung von Inhalten verlangen, die nicht auf ihren eigenen Servern liegen. Hierfür fehlt den Providern die notwendige Verfügungsgewalt über diese Rechner. Es bleibt ihnen daher in diesem Falle nur die Möglichkeit, den gesamten Zugriff auf diese fremden Server über den eigenen Server zu sperren. Alle Provider, die den Usern einen Zugang zum Internet vermitteln – wie etwa Internet-Service-Provider oder Access-Provider – können den Nutzern den Zugriff auf bestimmte IP-Adressen sowie auch auf einzelne URL-Adressen über ihre eigenen Server verwehren. Sperrungen können hierbei über Eingriffe in die Routingtabellen von Routern der Provider vorgenommen werden.124 Es ist beispielsweise leicht möglich, alle Pakete an bestimmte Zieladressen am Router verwerfen zu lassen.125 Dadurch können einzelne Adressen vom Nutzer einfach nicht mehr aufgerufen werden. Solche Sperrmaßnahmen sind jedoch mit dem großen Nachteil behaftet, daß bei Sperrungen fremder Serveradressen nicht nur einzelne rechtswidrige oder 121 122 123 124

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 62. ebda. B. III. 7. a), eingehend D. II. 6. Köhntopp/Köhntopp/Seeger, K&R 1998, 25 (28); dies., DuD 1997, 626

(628). 125

Das wird im Informatikerjargon auch eine Route zu erden genannt, vgl. ebda.

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B. Technische Grundlagen des Internet

jugendgefährdende Inhalte, sondern alle auf diesem Rechner gespeicherten Webseiten und Dienste nicht mehr abrufbar sind.126 Mit Hilfe der oben127 bereits erwähnten TCP-Portnummern kann theoretisch eine selektive Sperrung nur eines bestimmten Dienstes auf dem fremden Server erfolgen. Mit Vermittlungssoftware wie der sogenannten Proxy-Software oder Firewall-Software128, der die im Netzmodell höher liegenden Ebenen zugänglich sind, kann eine selektive Sperrung auf der Ebene von Dienstelementen, wie etwa einzelnen Seiten oder einzelnen Nachrichten, erreicht werden.129 Doch in der Praxis sind solche Sperrungen kaum durchzuführen, da diese Systeme in der Regel im Betrieb sehr aufwendig sind.130 c) Sinnhaftigkeit von einzelnen Sperrungen im Internet Auch hinsichtlich der Frage nach dem Sinn und Zweck der Sperrung oder Löschung einzelner Inhalte muß wieder zwischen Inhalten auf eigenen und Inhalten auf fremden Servern unterschieden werden. Werden Inhalte von Providern auf eigenen Servern gelöscht oder der Zugang zu solchen gesperrt, können diese jugendgefährdenden Inhalte gar nicht mehr wahrgenommen werden. Die Gefährdung für Kinder und Jugendliche ist damit eliminiert, die von den zuständigen Behörden angeordnete Maßnahme somit effektiv. Davon abgesehen, daß die Löschung von Inhalten auf fremden Servern aufgrund fehlender Verfügungsgewalt den Providern schon technisch nicht möglich ist, sind die nur mit großem technischen Aufwand zu realisierenden Sperrungen einzelner URLAdressen bzw. ganzer IP-Adressen, wie in B. III. 7. a) bereits beschrieben, nur bedingt sinnvoll. Zwar erfüllen Provider dadurch eine gegen sie gerichtete behördliche Anordnung. Jedoch können die Sperrungen von den Akteuren des Internet auf verschiedene Weise umgangen werden. Die einfachste Möglichkeit ist, daß der User, der an rechtswidrigen oder an speziell den bei seinem Provider gesperrten Inhalten interessiert ist, einfach den Provider wechselt – notfalls wird er Kunde bei einem ausländischen Provider.131 Somit kann der sperrende Router umgangen werden und weiterhin auf die gewünschten Inhalte zugegriffen werden. Auch der den fremden Server betreibende Provider ist in der Lage, lokale Sperrungen zu umgehen, indem er laufend seine IP-Adresse ändert.132 126

Vgl. Köhntopp/Köhntopp/Seeger, K&R 1998, 25 (29); dies., DuD 1997, 626

(628). 127

Vgl. B. II. 5. Vgl. zur Funktionsweise von Firewall-Systemen Groeneveld/Wächter, CR 1999, 390 (392 ff.); Munzert/Wolff, DuD 1996, 89 (89 ff.). 129 Vgl. Köhntopp/Köhntopp/Seeger, K&R 1998, 25 (29); dies., DuD 1997, 626 (629). 130 Vgl. ebda. 131 Vgl. ebda. 128

III. Technische Kontrollmöglichkeiten

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Dasselbe gilt für Content-Provider, die sich dynamisch den Filterkriterien anpassen.133 Neben den latenten Umgehungsmöglichkeiten sind Sperrungen zudem auch noch kontraproduktiv und mit erheblichen Nebenwirkungen belastet.134 Diese unerwünschten Nebeneffekte haben verschiedene Ausprägungen. Zum einen rufen sie die Internetgemeinde auf den Plan, sich gegen Sperrmaßnahmen zu wehren, ohne mit den gesperrten Inhalten zu sympathisieren. So wurden, wie bereits in A. III. beschrieben, die im Fall CompuServe135 gesperrten Newsgroups, die auf hunderten Servern weiterhin gespeichert waren, in der Folgezeit sogar verstärkt abgerufen.136 Zum anderen sind die Sperrungen paradoxerweise zur Inspiration für User geworden, die sich für illegale Inhalte interessieren. Öffentlich bekanntgemachte Sperrlisten wurden von diesen als Empfehlungskataloge für pornographische, gewaltverherrlichende oder strafbare Inhalte benutzt.137 Ein weiterer mit den Sperrungen verbundener, unerwünschter Nebeneffekt ist die Schmälerung der Funktionalität des Internet als Medium für einen weltumfassenden Datenaustausch. Wie bereits erörtert138, kann die Sperrung der IPAdresse nur eines Servers die Erreichbarkeit vieler einzelner Content-Provider, die völlig unbedenkliche Inhalte anbieten, vereiteln. d) Zusammenfassung Die Sperrung und das Löschen von Inhalten auf eigenen Servern ist den Providern regelmäßig möglich, da diese über ihre Rechner volle Verfügungsgewalt besitzen. Das Löschen von Inhalten auf fremden Servern ist ihnen technisch in keiner Weise möglich. Die Sperrung von Inhalten auf fremden Servern ist unter 132

Vgl. Federrath, ZUM 1999, 177 (178). Vgl. ebda. 134 Dieser Ansicht sind auch Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 100; ders., CR, 1997, 653 (665); Federrath, ZUM 1999, 177 (180); Schneider, MMR 1999, 571 (577); insbesondere hinsichtlich der Kosten Köhntopp/Köhntopp/Seeger, K&R 1998, 25 (31); dies., DuD 1997, 626 (631); Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (26). 135 Vgl. Entscheidung des AG München vom 28.5.1998 – 8340 Ds 465 Js 173158/ 95 in MMR 1998, 429 (429 ff.) mit Anmerkung von Sieber, MMR 1998, 429 (438 ff.); sowie im einzelnen oben in A. III., B. III. 7. d). 136 Ein ähnliches Phänomen war im Fall des Neonazis Zündel zu beobachten, da aus Protest gegen Sperrungen im Internet die Inhalte auf zahlreiche Rechner gespiegelt wurden vgl. Sieber, CR 1997, 653 (665); vgl. auch Bremer, MMR 2002, 147 (150). 137 Vgl. ebda. Genau aus diesem Grunde wird die Indizierungsliste der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien nunmehr in öffentlichen und – für Online-Medien – in nichtöffentlichen Teilen geführt, vgl. dazu im einzelnen D. III. 1. 138 Vgl. B. III. 7. c). 133

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B. Technische Grundlagen des Internet

großem Aufwand zwar technisch möglich, jedoch kontraproduktiv und mit erheblichen nachteiligen Nebeneffekten verbunden.

IV. Technische Möglichkeiten zur Verwirklichung einer effektiven gesellschaftlichen Selbstregulierung 1. Ratingverfahren Obwohl ein funktionierendes Ratingverfahren139 dazu dienen könnte, es dem Provider zu ermöglichen, die erforderlichen technischen Vorkehrungen zur Sicherstellung zu erbringen, daß Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden gemäß § 4 II 2. HS JMStV bzw. gemäß § 5 I 2. HS JMStV dafür Sorge zu tragen, daß Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufen Angebote üblicherweise nicht wahrnehmen, soll das Ratingverfahren hier im Rahmen technischer Möglichkeiten einer effektiven Selbstregulierung dargestellt werden, da es hauptsächlich auf dem Prinzip von Freiwilligkeit und Selbstverantwortung basiert. Wie schon der englische Begriff Rating – also Bewertung – verrät, dienen entsprechende Verfahren der Klassifizierung von Internetseiten. Dieses Prinzip kann als anbieter- und nutzerseitige Selbstregulierung140 bezeichnet werden. Die hierfür vom W3C141 ins Leben gerufene Initiative PICS142 bezeichnet sich selbst als „an industry solution for protection of children in the information society“.143 Die Anbieter ordnen dabei ihre Inhalte nach bestimmten Kriterien ein, die Nutzer können dann auswählen und selbst entscheiden, welche Inhalte sie erreichen sollen und welche nicht. Somit können alle Internetseiten weiterhin weltweit angeboten werden, Eltern oder sonstige Verantwortliche können aber für Kinder und Jugendliche bestimmen, auf welche Kategorien diese Zugriff haben sollen. a) Grundlagen und Wirkungsweise Die technische Machbarkeit von Ratingverfahren beruht überwiegend auf PICS (Platform for Internet Content Selection).144 Das ist eine Initiative des World Wide Web Consortium (W3C), die es technisch möglich machen soll, 139 Darunter ist ein Gesamtsystem zu verstehen, bei dem Inhalte zunächst nach vorgegebenen Kategorien bewertet und sodann mit diesem Ergebnis gekennzeichnet werden, vgl. im einzelnen B. IV. 1. a). 140 Vgl. zum Begriff D. II. 3. a) (2). 141 World Wide Web Consortium. 142 Platform for Internet Content Selection. 143 Vgl. im einzelnen http://www.w3.org/PICS/ (Seite abgerufen am 25.09.2002).

IV. Technische Möglichkeiten zur Verwirklichung einer Selbstregulierung

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einen international einheitlichen technischen Standard zur Bewertung von WWW-Inhalten zu schaffen. Das 1994 gegründete World Wide Web Consortium ist ein internationaler Industrieverband145 mit dem Ziel, Protokolle für die Entwicklung des WWW zu entwickeln.146 So spezifiziert PICS ein abstraktes Verfahren zur Definition beliebiger Kategoriensysteme (Ratingsysteme), nach denen Inhalte klassifiziert werden sollen.147 Wurden auf dieser technischen Basis konkrete Kategoriensysteme definiert, können Dokumente innerhalb dieser einheitlichen Systeme bewertet werden. Daraufhin erfolgt eine Kennzeichung der bewerteten Seiten durch ein Label, welches die Bewertungsdaten enthält. Auch die Verwaltung dieser Metadaten ermöglicht PICS. Die Auswahl der Seiten, welche Kinder und Jugendliche erreichen sollen, können dann Eltern oder andere für den Schutz der Kinder und Jugendlichen verantwortliche Personen treffen. b) Kategoriensystem (Ratingsystem) Wie oben148 bei den Filtersystemen bereits dargestellt, beruhen alle Arten der Filterung auf bestimmten Kriterien, die vorab definiert werden müssen. Soll jedoch dem Benutzer eine differenzierte Auswahl durch seine Ratingsoftware ermöglicht werden, ist ein Kategoriensystem (Ratingsystem) zur Inhaltseinordnung der Seiten erforderlich.149 Teilweise werden hierfür auch die Begriffe Bewertungssystem oder Schablone verwendet. Kategoriensysteme werden zumeist softwareproduktunabhängig von verschiedenen, meist unkommerziellen Institutionen oder Initiativen angeboten und können mit der Zugangssoftware (Browser)150 benutzt werden. Diese Systeme haben gemeinsam, daß sie alle jeweils ein bestimmtes Schema anbieten, in das Inhalte einheitlich eingeordnet werden können und aus dem die Eignung für bestimmte Altersgruppen hervorgeht oder bestimmte Anwendungsgebiete zu ersehen sind.151 144 Vgl. zur Spezifikation und den technischen Feinheiten http://www.w3.org/PICS/ (Seite abgerufen am 25.09.2002). 145 Das W3C ist eine internationale Vereinigung aus nichtstaatlichen Organisationen, Unternehmensverbänden, privaten Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Bildungsinstitutionen. Vgl. im einzelnen, insbesondere zum „P3-Projekt“ des W3C Engel-Flechsig, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl TDDSG Rdn. 110 ff. 146 Vgl. Mayer, K&R 2000, 13 (18). 147 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 73; eingehend Balkin/Noveck/Roosevelt, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 211 (234). 148 Vgl. B. III. 4. 149 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 77. 150 So zum Beispiel der Microsoft Internet Explorer. 151 Vgl. ebda.

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B. Technische Grundlagen des Internet

Die Systeme verfügen über verschieden viele Kategorien und unterschiedlich stark ausdifferenzierte Kategorienebenen. So bietet etwa SurfWatch152, dahinter steht eine amerikanische Elternorganisation, sehr viele Kategorien mit zusätzlichen spezifischen Abstufungen nach Alter (Age Range) an. Deren Filterkategorien lauten unter anderem: Drugs/Alcohol/Tobacco (Drogen/Alkohol/Tabak), Gambling (Glücksspiele), Hate Speech (Haßsprache), Sexually Explizit (eindeutige Sexualität) und Violence (Gewalt).153 Bei einer korrekten Einordnung der Seiten könnte hier ein sehr differenzierter Schutz der Kinder und Jugendlichen erreicht werden. Das Kategoriensystem RSACi, ursprünglich entwickelt und verwaltet von RSACi (Recreational Software Advisory Council Internet)154 ist weniger stark ausdifferenziert. Es werden bei der Kategorisierung vier Arten von problematischen Inhalten unterschieden: Gewalt, Nacktheit, Sex und Sprache. Diese wiederum werden in verschiedene Stufen eingeteilt, die den Grad der Problematik für Kinder und Jugendliche festlegt.155 Somit bietet RSACi an sich einen Kompromiß zwischen detaillierter Abstufung und überschaubarer Anzahl von Kategorien an.156 Jedoch gibt es berechtigterweise auch viele kritische Stimmen bezüglich RSACi. So kritisieren Balkin/Noveck/Roosevelt157 an diesem Bewertungssystem zu Recht, daß es nicht hinreichend geeignet sei, als Mehrzweck-Filtersystem für Nutzer mit unterschiedlichen politisch-moralischen Vorstellungen zu dienen und deren jeweiligen Wünschen und Anforderungen gerecht zu werden. RSACi sei nur auf die Berücksichtigung weniger ideologischer Fragen begrenzt und würde die Inhalte moralisch bewerten. Balkin/Noveck/Roosevelt158 schlagen daher ihr sogenanntes Schichtkuchen-Modell vor, das mehrere Kategoriensysteme, die miteinander kombiniert werden können, vorsieht. Ein Ratingverfahren, welches sich stark an dieses Modell anlehnt, wird seit Anfang 2001 in praxi bereits von der ICRA (Internet Content Rating Association)159 betrieben und intensiv weiterentwickelt.160 152

Vgl. http://www1.surfwatch.com (abgerufen am 25.09.2002). Vgl. zu den Einzelheiten des Kategoriensystems http://www1.surfwatch.com (Seite abgerufen am 25.09.2002); eine sehr eingehende Analyse dieses Kategoriensystems und auch diverser anderer findet sich in der oben bereits erwähnten Studie der Secorvo Security Consulting GmbH, vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 73. 154 Der Verband RSACi ist im Frühjahr 1999 in einer größeren Organisation aufgegangen, der Internet Content Rating Alliance (ICRA), vgl. http://www.icra.org/ (abgerufen am 25.09.2002); vgl. im einzelnen F. IV. 2. 155 Vgl. Anfang, in: Palme/Hedrich/Anfang (Hrsg.), Hauptsache: Interaktiv, 1996, 169 (170). 156 Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie der Secorvo Security Consulting GmbH, vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 81. 157 Vgl. Balkin/Noveck/Roosevelt, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 211 (259). 158 Vgl. ebda, 211 (265 ff.). 153

IV. Technische Möglichkeiten zur Verwirklichung einer Selbstregulierung

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Schicht eins des Kuchens soll Balkin/Noveck/Roosevelt zufolge aus einem Basisvokabular161, das sich aus etwa dreißig bis sechzig Grundbegriffen und Ausdrücken zusammensetzen könnte, bestehen, das die Anbieter für die Selbstbewertung ihrer Sites verwenden sollen.162 Schicht zwei soll aus Bewertungsschablonen (Ratings Templates) bestehen, welche von dritten Organisationen erstellt werden können. Sie ordnen die zur Verfügung stehenden Wortschatzelemente nach Kategorien und Skalenwerten und haben dabei die Möglichkeit, je nach Zuschnitt ihrer Organisation auch nur diejenigen Elemente einzusetzen, welche für ihre jeweils spezifischen weltanschaulichen Positionen relevant sind.163 Die dritte Schicht soll Bewertungen konkreter Seiten durch Dritte ermöglichen, was aber nicht bei den gerade behandelten Kategoriensystemen einzuordnen ist, sondern vielmehr eine Frage der konkreten Bewertung wäre. Trotz des Bestehens von verschiedenen Kategoriensystemen kann Rating im deutschsprachigen Raum jedoch noch nicht wirksam genug zum Einsatz gebracht werden, weil die existierenden Kategoriensysteme fast alle aus dem amerikanischen Sprach- und Kulturraum kommen. Von diesen ist bislang auch keines in ausreichendem Maße so zugeschnitten, daß es Seiten und/oder Kategorien in mehreren Sprachen verarbeiten könnte. Somit sind Definitionen von mehrsprachigen Systemen erforderlich, die zudem noch auf die jeweiligen kulturellen Unterschiede Rücksicht nehmen.164 Der Ansatz von ICRA geht noch am ehesten in diese Richtung.165 Ferner fehlt es den bestehenden Kategoriensystemen an einem organisatorischen Rahmen. Über Lösungsansätze, wie die Entwicklung, Bekanntmachung und Etablierung eines einheitlichen Kategoriensystems durch staatliche Rahmenbedigungen gefördert werden könnte, wird unten noch eingehend nachgedacht.166 159 Vgl. http://www.icra.org/ (abgerufen am 25.09.2002), eingehend zur ICRA auch F. IV. 2. 160 RSACi wurde in dieses integriert, bereits bestehende Einordnungen nach diesem Kategoriensystem können daher weiterhin benutzt werden. 161 ICRA hat ihr Basisvokabular in die Bereiche Chat, Sprachgebrauch, Nacktdarstellungen und sexuelle Inhalte, Andere Themenbereiche, und Gewaltdarstellungen unterteilt, vgl. im einzelnen http://www.icra.org/_de/webmasters/ (abgerufen am 25.09. 2002). 162 Vgl. zur praktischen Umsetzung durch die Content Provider im System der ICRA http://www.icra.org/ (abgerufen am 25.09.2002). 163 Je nach Schablone können unterschiedliche Bewertungsmaterien gleichgesetzt und Wortschatzelemente mit unterschiedlichen Skalenwerten versehen werden. Die Gefahr liegt hier darin, daß das Ratingsystem zu kompliziert und komplex und damit unpraktikabel werden könnte. 164 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 84. 165 Vgl. dazu Boecker/Machill, tv-diskurs 16/2001, 54 (58).

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B. Technische Grundlagen des Internet

c) Einordnung (Rating) Mit Einordnung (Rating) ist im Ratingverfahren die konkrete inhaltliche Klassifizierung der jeweiligen Seite auf der Basis eines oben167 beschriebenen Kategoriensystems gemeint. Hierbei kommen verschiedene Instanzen in Frage, welche die Einordnung durchführen können. In der Studie der Secorvo Security Consulting GmbH168 werden drei Instanzen genannt.169 Diskutiert werden dabei die Einordnung durch den Autor beziehungsweise durch den Content-Provider, die Einordnung durch den Abrufer selbst und die Einordnung durch eine unabhängige Organisation. Diese verschiedenen Instanzen sollen aufgegriffen und die Effekte, die bei einer Einordnung durch diese jeweils entstehen, im folgenden genauer betrachtet werden. Eine präzise und zuverlässige Einordnung der Inhalte ist essentielle Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Ratingverfahren in Selbstverantwortung der Akteure des Internet zugunsten des Jugendschutzes. Ob und in welcher Gestaltungsmodalität der Staat in diesem System mitwirken sollte oder gar muß, soll unten im rechtlichen Teil näher beleuchtet werden.170 Eine Lösung der Instanzenfrage wäre die Einordnung der Seiten durch die Autoren. Hier spricht man auch von First-Party-Rating. Vorteilhaft daran wäre, daß diese die von ihnen erstellten Seiten am besten kennen. Somit entstünde kein zusätzlicher Zeitaufwand für die zunächst erforderliche Inhaltsanalyse der Seite. Jedoch wäre in dieser Variante die Mißbrauchsmöglichkeit der Falscheinordnung besonders hoch.171 Die genannte Studie172 schlägt daher für diesen Fall eine Kontrollinstanz unter öffentlicher Kontrolle vor, welche das Recht zum Labeling verteilt und etwaige Falscheinordnungen mit der Sanktion des Entzugs des Labelingrechts ahndet. Zulässigkeit und rechtliche Ausgestaltung einer solchen Lösung müssen im rechtlichen Teil genauer geprüft werden.173 Doch selbst wenn kein vorsätzlicher Mißbrauch durch die Autoren erfolgt, könnten diese ihre eigenen potentiell jugendgefährdenden Inhalte harmloser einschätzen174 und somit unrichtig einordnen, als diese aus Sicht der Eltern oder Pädagogen sind. 166

Vgl. E. III. 2. b). Vgl. B. IV. 1. b). 168 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 1 ff. 169 Vgl. ebda., S. 12. 170 Vgl. dazu E. III. 2. b) (2). 171 Zumindest muß mit fahrlässiger Falscheinordnung in vielen Fällen gerechnet werden. Zu den Problemen, welche die richtige Klassifizierung in der Praxis bereiten kann, vgl. Interview mit Stefan R. Müller, Betreiber einer Suchmaschine für Kinder, vgl. Schindler, tv diskurs 11/2000, 62 (62 ff.). 172 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 144. 173 Vgl. E. III. 2. b). 167

IV. Technische Möglichkeiten zur Verwirklichung einer Selbstregulierung

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Die Einordnung durch die Abrufer selbst, also beim Jugendschutz zum Beispiel zunächst durch die Eltern, erscheint als unzweckmäßig. Selbst wenn die Eltern über das notwendige Know-how verfügen würden, selbstständig Seiten korrekt einzuordnen, wäre der damit verbundene Aufwand sehr groß und Ratingverfahren würden somit nur von wenigen genutzt werden. Würden Eltern ihre Bewertungen zudem an eine einheitliche Instanz schicken müssen, welche die Einordnungen prüft und daraufhin abrufbar hält, würde sich der Aufwand für die Eltern sogar noch weiter erhöhen. Zudem würde es vor allem an der oben175 beschriebenen notwendigen Einheitlichkeit der Einordnungen mangeln und damit die Genauigkeit des Ratingverfahrens schmälern.176 Diskutiert wird auch die Einordnung durch eine unabhängige Instanz,177 das sogenannte Third-Party-Rating. Ein Vorteil an dieser Variante wäre zumindest die Gewähr für eine sichere Einhaltung des einheitlichen Kategoriensystems. Jedoch stellt sich hier, anders als bei einer Einordnung durch die Autoren selbst, das Problem, ob die immense Zahl an verfügbaren Seiten eine ausreichende Bewertung überhaupt erlaubt.178 Die personellen und finanziellen Resourcen der Behörden oder auch von Selbstkontrollinstitutionen sind beschränkt. Zudem besteht die Gefahr, daß Instanzen (wie zum Beispiel Elterninitiativen, politische Verbände etc.) versuchen, mit der Einordnung ihre Ziele durchzusetzen.179 Abhilfe könnte hier eventuell mit dem oben180 beschriebenen Schichtkuchen-Modell nach Balkin/Noveck/Roosevelt181 geschaffen werden. Eine Einordnung durch die vorgesehenen drei Instanzen nebeneinander würde diese Gefahr weitgehend minimieren. Jedoch wäre dieser Lösungsansatz dafür in seiner praktischen Umsetzung besonders kompliziert.

174 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 67. 175 Vgl. B. IV. 1. c). 176 Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie der Secorvo Security Consulting GmbH, vgl. ebda., S. 69. 177 Vgl. ebda., S. 68; vgl. auch Anfang, in: Palme/Hedrich/Anfang (Hrsg.), Hauptsache: Interaktiv, 1996, 169 (173). 178 Dieses Problem erkennt auch ansatzweise Anfang, vgl. ebda. 179 Diese Gefahr sieht auch die Studie der Secorvo Security Consulting GmbH, vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 68; so auch Schulz, MMR 1998, 182 (186); ders., JMS-Report 5/1998, 1 (4). 180 Vgl. B. IV. 1. b). 181 Vgl. Balkin/Noveck/Roosevelt, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 211 (265 ff.).

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B. Technische Grundlagen des Internet

d) Kennzeichnung (Labeling) Ist die WWW-Seite von einer der diskutierten Instanzen erst einmal eingeordnet, muß sie gekennzeichnet werden, das heißt die Einordnung muß mit Hilfe von PICS technisch zugänglich gemacht werden. Dazu wird die jeweilige Seite mit einem sogenannten PICS-Label versehen, das in einem einfachen Textblock alle zur Seite gehörigen Informationen enthält. PICS-Label können auf unterschiedliche Weise erteilt werden. Sie können an die eingeordnete Seite direkt angeheftet werden oder von einem separaten Server zusammen mit der gewünschten Seite übertragen werden.182 Dem Zweck des Ratingverfahrens wäre es allerdings abträglich, wenn einmal gelabelte Seiten nachträglich beliebig geändert werden könnten. Deshalb sieht der PICS-Standard zur Wahrung der Integrität der Labels zwei Möglichkeiten vor.183 Als Bestandteil des Labels kann eine MD5-Prüfsumme, die sich auf die ursprünglich gelabelte Seite bezieht, mitübermittelt werden. Verändert der Autor die Seite nach der Kennzeichnung, wird diese als nicht eingeordnete Seite behandelt, da sich somit auch die Prüfsumme verändert. Die zweite Möglichkeit wäre, die Einordnung durch einen Rating-Service digital signieren zu lassen.184 Darunter versteht man ein Verfahren, bei dem ein Dienstleister, der ein oben185 beschriebenes Kategoriensystem definiert hat oder ein solches unterstützt, die Signierung vornimmt. e) Auswahl Der letzte Schritt im Ratingverfahren ist die sogenannte Auswahl durch die Eltern oder sonstigen für die Kinder und Jugendlichen Verantwortlichen. Auf der Basis der vorherigen Einordnung und Kennzeichnung kann nun individuell entschieden werden, welche Seiten auf dem Endsystem für Kinder und Jugendliche abrufbar sein sollen und welche nicht. Die Auswahl kann dabei zum einen etwa durch Eltern oder Lehrer auf einem lokalen Rechner durchgeführt werden, an dem die Nutzung des Internet durch die Kinder und Jugendlichen erfolgt. Zum anderen ist es auch möglich, den Auswahlprozeß auf den zentralen Server eines Access-Providers zu verlegen. Bei dieser Variante ist es für die Kinder und Jugendlichen zwar schwierig, die Blockierung einer Seite zu umgehen, die gewählte Konfigurierung gilt dann jedoch in diesem Falle für alle Internetzugriffe, die über diesen Server auf 182

Vgl. ebda., 211 (272). Vgl. zu den diesbezüglichen technischen Details sehr eingehend Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 75. 184 Vgl. ebda., S. 75, 76. 185 Vgl. B. IV. 1. b). 183

IV. Technische Möglichkeiten zur Verwirklichung einer Selbstregulierung

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signierte Seiten erfolgen. Bei diesem Ansatz kann es dafür aber eventuell zur Manipulation des Users kommen, wenn es bei der Filterung inhaltlich an Transparenz fehlt. Wird der User nicht darauf hingewiesen, daß überhaupt gefiltert wird, besteht die Gefahr, daß ihm durch den Provider gewisse Inhalte gänzlich vorenthalten werden, ohne daß der Endnutzer dies bemerkt. Die Benutzerschnittstellen des Ratingverfahrens müssen anwenderfreundlich konzipiert sein,186 weil die Komplexität der Kategoriensysteme nicht zu einer komplizierten Konfiguration des Ratings führen darf. Durch Integration eines Jugendschutz-Assistenten187 in die Ratingsoftware kann diese Voraussetzung auch schon bei deren Installation umgesetzt werden. Nur so kann die gewünschte und erforderliche Breitenwirkung bei den Eltern und sonstigen Verantwortlichen erreicht werden und damit einhergehend ein effizienter Schutz vor kinder- und jugendgefährdenden Inhalten. f) Zusammenfassung Es existieren derzeit bereits die erforderlichen technischen Grundlagen, um ein effektives Ratingverfahren zu generieren. Der technische Standard PICS ermöglicht es, inhaltliche Bewertungen technisch zugänglich zu machen. Jedoch fehlt noch das für ein funktionierendes Ratingverfahren essentiell erforderliche einheitliche und bei einem großen Userkreis etablierte Kategoriensystem. Zudem mangelt es an einer geeigneten organisatorischen Integration des Systems. 2. Filtering Die Filtersysteme wurden bereits bei den technischen Kontrollmöglichkeiten im Bereich der klassischen staatlichen Steuerung188 eingehend dargestellt. Diese hätten ebenso als technische Kontrollmöglichkeiten einer effektiven gesellschaftlichen Selbstregulierung189 klassifiziert werden können. Auch wenn das Treffen von Vorkehrungen durch solche Systeme durch diejenigen Anbieter, welche jugendgefährdende Inhalte verbreiten wollen, im JMStV190 zwingend normiert191 ist, basiert der Einsatz durch die Eltern und sonstigen für Kinder und Jugendliche Verantwortlichen auf Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit. Der Schwerpunkt liegt im Bereich der Selbstregulierung. 186 Vgl. dazu nur Balkin/Noveck/Roosevelt, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 211 (278 ff.). 187 Vgl. zum Begriff im einzelnen D. II. 3. a) (2) (b). 188 Vgl. dazu B. III. 6. c). 189 Vgl. zum Begriff A. I. 190 Vgl. A. I., Fn. 27. 191 Vgl. dazu D. II. 3. a) (1).

C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz I. Grundsätzliches zum Jugendmedienschutz 1. Begriffsklärung Jugendschutz – positiver und negativer Jugendmedienschutz Der folgende Teil soll der Präzisierung der Begriffe Jugendschutz und Jugendmedienschutz dienen. Hierbei handelt es sich um Zentralbegriffe der vorliegenden Arbeit. Ihr geht es um die Betrachtung der Gestaltungsmodi des klassischen negativen Jugendmedienschutzes und des Jugendmedienschutzes im Zusammenhang mit der gesteuerten Selbstregulierung im Internet. Jugendschutz ist der im umfassenden Sinne gemeinte Schutz der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen.1 Zu den Gefahren, die abgewehrt werden sollen, zählen dabei alle Einflüsse, die geeignet sind, die geistige und seelische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in eine mit der Wertordnung des Grundgesetzes nicht zu vereinbarenden Richtung zu lenken.2 Der Begriff Jugendschutz darf nicht zu eng verstanden werden. Zunächst fällt darunter die Verhinderung von Sexualstraftaten an Kindern und Jugendlichen gemäß §§ 174, 176, 176a, 176b, 180, 182 StGB. Diese Taten können über das Internet geplant, angebahnt und verwirklicht werden. Wie bereits erwähnt, sieht eine Studie von Decius und Panzieri von 1997, die im Auftrag des Deutschen Kinderschutzbundes erstellt wurde, Kriminalitätsrisiken in der Verbindung von Internet Relay Chat (IRC) mit Kinderpornographie.3 So können etwa Kinder und Jugendliche über das Internet zu intimen Aufnahmen überredet werden. Ebenso kann der Austausch von kinderpornographischem Material geplant und durchgeführt werden. Ferner fallen unter den weiten Begriff Jugendschutz verschiedene Tatbestände des JuSchG 4. Dies gilt etwa für § 8 JuSchG (Aufenthalt an jugendgefährdenden Orten), § 4 JuSchG (Aufenthalt in Gaststätten) oder § 9 JuSchG (Abgabe alkoholischer Getränke). 1 Vgl. Altenhain, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht (Loseblattsammlung Stand April 2004) Teil 20 Rdn. 1. 2 Vgl. Isensee/Axer, Jugendschutz im Fernsehen, 1998, S. 46; BVerfGE 30, 336 (347); BVerfGE 90, 1 (18 ff.); Rummel, RdJB 1989, 394 (397); Bauer, JZ 1965, 41 (42 ff.). 3 Vgl. Decius/Panzieri, in: Deutscher Jugendschutzbund e. V. (Hrsg.), 1998, Kinderpornographie im Internet Relay Chat, 1 (2 ff.). 4 Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23.07.2002 (BGBl. 2002 I S. 2730).

I. Grundsätzliches zum Jugendmedienschutz

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Jugendmedienschutz ist dagegen der Schutz vor Inhalten, die nach Einschätzung des Gesetzgebers die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen und damit zu einer Fehlentwicklung ihrer Persönlichkeit führen können.5 Hier kann außerdem noch weiter zwischen negativem Jugendmedienschutz und positivem Jugendmedienschutz differenziert werden. Der positive Jugendmedienschutz ist Gegenstand der Medienpädagogik. Ihr erklärtes Ziel ist es, über die Ausbildung und Entwicklung individueller Kompetenzen, insbesondere kommunikativer Kompetenz und Medienkompetenz6, einen kritischen, reflexiven und aktiven Umgang der Kinder und Jugendlichen mit den Medien7, so auch dem Internet, zu erreichen. Beim negativen Jugendmedienschutz intendiert hingegen der Staat, kinderund jugendgefährdende Inhalte von den heranwachsenden Rezipienten fernzuhalten. Von klassischem negativem Jugendmedienschutz ist in der vorliegenden Arbeit die Rede, wenn der Staat Kinder und Jugendliche mit dem Gestaltungsmodus der imperativen Zweckverwirklichung schützt. Ein Teil dieser Strategie sind die Verbreitungsverbote. Ein weiterer entscheidender Beitrag wird im klassischen negativen Jugendmedienschutz zudem durch allgemeine strafrechtliche Vorschriften, wie etwa § 184 StGB und § 131 StGB geleistet.8 Durch die Klarstellung in Art. 4 IuKDG, daß der Begriff der Schrift, dessen Legaldefinition sich in § 11 III StGB findet, sich jetzt auch auf Datenträger bezieht, wurden bis dahin bestehende Unsicherheiten in diesem Bereich beseitigt. Eine weitere, vielversprechende Steuerungsstrategie des negativen Jugendmedienschutzes ist die „gesteuerte Selbstregulierung“9. Hier will der Staat durch „Induzierung“10 gesellschaftlicher Selbstregulierung Kinder und Jugendliche vor schädlichen Inhalten schützen. In der vorliegenden Arbeit stehen zum einen der klassiche negative Jugendmedienschutz und dessen Rechtsrahmen im Mittelpunkt. Sie soll sich im wesentlichen auf öffentlich-rechtliche Aspekte beschränken. Strafrechtliche Problematiken werden nicht näher ausgeführt. Zum anderen ist der negative Jugend5 Vgl. Altenhain, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht (Loseblattsammlung Stand April 2004) Teil 20 Rdn. 1. 6 Vgl. dazu Degenhart/Lange, BbSch, 1999, 294 (294 ff.); Geretschlaeger, KJuG 4/ 1999, 111 (111). 7 Vgl. Schell, in: Schell/Stolzenburg/Theunert (Hrsg.), Medienkompetenz: Grundlagen und pädagogisches Handeln, 1999, 368 (368). 8 Vgl. dazu Hörnle, NJW 2002, 1008 (1009). 9 Vgl. zum Begriff eingehend A. I., zur Kategorienbildung E; vgl. grundlegend zum Gestaltungsmodus der gesteuerten Selbstregulierung Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (165 ff.), kurs. i.O.; ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (189). 10 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (189), kurs. i.O.

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

medienschutz im Wege der Steuerungsstrategie der gesteuerten Selbstregulierung11 ein weiterer Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit. Daher werden für die Gestaltungsvarianten der gesteuerten Selbstregulierung Kategorien des Jugendmedienschutzes im Internet vorgestellt.12 Daneben soll – der Zielsetzung der Arbeit entsprechend – auch der positive Jugendmedienschutz in ein Gesamtsystem des Jugendmedienschutzes im Internet eingeordnet werden. 2. Festlegung des Schutzziels Wie soeben dargestellt wurde, greift der Staat zugunsten des negativen Jugendmedienschutzes mit dem klassischen Instrumentarium der imperativen Zweckverwirklichung in die Kommunikation im Internet steuernd ein. Dies wird damit gerechtfertigt, daß Kinder und Jugendliche präventiv vor Inhalten zu schützen sind, die ihre Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigen und damit zu einer Fehlentwicklung ihrer Persönlichkeit führen könnten.13 So leitet auch das Bundesverfassungsgericht14 aus dem Zweck des Jugendschutzes, Fehlentwicklungen der Persönlichkeit zu vermeiden, die Berechtigung des Staates ab, von Kindern und Jugendlichen Einflüsse fernzuhalten, die sich auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit negativ auswirken können. Deshalb muß zunächst im Sinne einer konkreten Schutzzielbestimmung sicher feststehen, wann eine Persönlichkeitsentwicklung gestört verläuft und wie demgegenüber eine normale, dem Menschenbild des Grundgesetzes entsprechende Persönlichkeitsentwicklung verlaufen muß,15 bevor der Staat überhaupt eingreifend tätig werden kann. Wie diese Schutzzielbestimmung genau vorgenommen werden muß, ist seit jeher strittig. Die ältere Ansicht in der Literatur16 sowie auch der Gesetzgeber17 bei der Einführung des GjS im Jahre 1953 verfolgten einen erzieherischen Ansatz. Danach bestimmte die damals herrschende Meinung in der Literatur das Schutzziel gestützt auf § 1 I JWG.18 Jedes deutsche Kind sollte demgemäß ein Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit haben. 11

Vgl. grundlegend zum Begriff A. I. Vgl. E. III. 13 Vgl. zu den denkbaren Eingriffen etwa nur § 4 II JMStV. 14 Vgl. BVerfGE 83, 130 (140). 15 Vgl. Degenhart, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar (Loseblattsammlung Stand: 112. Lieferung/Juli 2004), Art. 5 Rdn. 80; Raue, Literarischer Jugendschutz, 1970, S. 44 ff. 16 Vgl. Raue, Literarischer Jugendschutz, 1970, S. 62 ff.; Potrykus, § 1 Anm. 4. 17 Vgl. BT-Prot. 1, S. 2664 ff.; BVerfGE 7, 320 (323). 18 Gesetz über Jugendwohlfahrt (JWG), aufgehoben durch Art. 24 des Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (KJHG) vom 26.06.1990 (BGBl. I S. 1195). 12

I. Grundsätzliches zum Jugendmedienschutz

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Schutzziel des Jugendmedienschutzes war damals somit die Verhinderung der sittlichen Verwahrlosung von Kindern und Jugendlichen,19 gleichbedeutend mit einem ernsthaften Entwicklungsschaden im sittlichen Bereich.20 Gefährlich für Kinder und Jugendliche war demnach alles, was nicht im Gleichklang stand mit den Erziehungszielen des JWG. Jedoch übersah dieser Ansatz, daß der Staat damit gegen seine Neutralitätspflicht 21 verstieß. Diese Gefahrendefinition ermöglichte es dem Staat, unter dem Vorwand des Jugendschutzes bestimmte Vorstellungen von einer ordnungsgemäßen Erziehung und damit auch moralische und religiöse Vorstellungen durchzusetzen.22 Da dieser Ansatz somit die latente Gefahr der Installation eines staatlichen Sittenwächtertums in sich trägt, ist ihm nicht zuzustimmen. Eine andere, neuere Ansicht23, mit der auch Altenhain24 stark sympathisiert, vertritt den persönlichkeitsorientierten Ansatz. Diese löst sich bei der Schutzzielbestimmung gänzlich vom seit jeher zugrundegelegten Erziehungsgedanken. Es soll die Schutzzielbestimmung vielmehr angelehnt an die Herleitung des Verfassungsrangs des Jugendschutzes erfolgen. Verfassungsrang hat die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu einer Persönlichkeit, die sich eigenverantwortlich innerhalb einer sozialen Gemeinschaft frei entfaltet.25 So müsse der Staat es zunächst hinnehmen, daß Jugendliche von anderer Seite derart beeinflußt werden, daß sie ohne selbst hierüber eigenverantwortlich entschieden zu haben, Meinungen, Wertvorstellungen, Weltanschauungen oder Handlungsgrundsätze zugrundelegen, die ihnen eine freie Entwicklung in der sozialen Gemeinschaft erschweren oder unmöglich machen.26 Altenhain spricht von „einer Fehlentwicklung, die den Staat zum Einschreiten berechtigt, wenn Kinder oder Jugendliche eine Meinung vertreten, ohne eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen“.27 Zudem müsse es sich dabei um eine Meinung handeln, deren Befol19

So auch BGHSt 8, 80 (83). Vgl. BVerwGE 25, 318 (320); BayObLG, NJW, 1952, 988 (988). 21 Vgl. Degenhart, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung Stand: 100. Lieferung/Juli 2002), (Loseblattsammlung Stand: 100. Lieferung/Juli 2002), Art. 5 Rdn. 80; vgl. insbesondere zur staatlichen Neutralitätspflicht z. B. gegenüber der Religion Badura, Staatsrecht, 3. Aufl., 2003, S. 602. 22 Vgl. dazu eingehend Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der MultimediaDienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl GjS Rdn. 31, 32. 23 Vgl. Kunczik, Gewalt und Medien, 1998, S. 233 ff. 24 Vgl. dazu eingehend Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der MultimediaDienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl GjS Rdn. 35 ff.; ders., in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht (Loseblattsammlung Stand April 2004) Teil 20 Rdn. 4. 25 Vgl. nur BVerfGE 24, 119 (144); 47, 46 (74); 55, 171 (179); 79, 51 (63); 83, 130 (140); vgl. zum Verfassungsrang des Jugendschutzes eingehend unten C. II. 26 Vgl. Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl GjS Rdn. 35. 27 Vgl. ebda. 20

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

gung den Jugendlichen entweder zu einem selbstschädigenden Verhalten oder zur Hinnahme eines ihn schädigenden Verhaltens Dritter verführt, welches die Entwicklung seiner Persönlichkeit erschwert oder unmöglich macht, oder zu einem Verhalten, durch das der Jugendliche sich als ungeeignet zur Entfaltung innerhalb der sozialen Gesellschaft erweist, weil es mit den gesellschaftlichen Mindeststandards nicht vereinbar ist.28 Einen dritten Weg hat das BVerwG angeboten. Nur dieser wertorientierte Ansatz der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung29 überzeugt, da allein dieser dem Gebot der staatlichen Neutralitätspflicht 30 entspricht. Bei diesem wertorientiertem Ansatz gefährdet ein Inhalt die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen, wenn seine Kenntnisnahme bei ihnen zu einer der „(. . .) Wertordnung des Grundgesetzes kraß widersprechenden sozialethischen Haltung (. . .)“ führen kann. Zwar legt auch der wertorientierte Ansatz des BVerwG weiterhin ein Erziehungsziel zugrunde, aber ein anderes als noch der erzieherische Ansatz. War dort das Erziehungsziel der ordentliche, zu seelischer Tüchtigkeit erzogene Jugendliche, ist es nun beim wertorientierten Ansatz der verfassungstreue Jugendliche. Beim wertorientierten Ansatz kommt es also darauf an, ob Inhalte geeignet sind, Jugendliche in der Form zu beeinflussen, daß sie eine Gesinnung entgegen der Werte des Grundgesetzes entwickeln und entsprechend handeln. Die Gefährlichkeit der Inhalte ist am Maßstab normaler Jugendlicher einschließlich gefährdungsgeneigter Jugendlicher festzustellen, da Jugendliche grundsätzlich Einflüssen von dritter Seite stärker nachgeben als die in ihren Anschauungen weitestgehend gefestigten Erwachsenen.31 Laut Scholz32 ist das Erziehungsziel in der pluralistischen Gesellschaft vor allem dem Grundgesetz zu entnehmen, aber auch den mit dem Grundgesetz übereinstimmenden pädagogischen Wertmaßstäben, über die in der Gesellschaft Konsens besteht. Bestimmende, grundsätzliche Wertentscheidungen des Grundgesetzes sind demnach zum Beispiel die Demokratie33, das Friedensgebot und die Völkerverständigung34, die Gleichheit von Geschlechtern und Rassen35, die Menschenwürde36 28

Vgl. ebda., Rdn. 36. Vgl. BVerwGE 77, 75 (83); Degenhart, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung Stand: 100. Lieferung/Juli 2002), Art. 5 Rdn. 80; Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 1 GjS Rdn. 18 ff.; Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 1 GjSM Anm. 2; Isensee/Axer, Jugendschutz im Fernsehen, 1998, S. 46 ff.; Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 1 S. 14; Bauer, JZ 1965, 42 (43 ff.). 30 Vgl. Degenhart, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung Stand: 100. Lieferung/Juli 2002), Art. 5 Rdn. 80. 31 Vgl. dazu Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 187 m. w. N. 32 Vgl. Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 1 GjSM Anm. 2. 33 Vgl. BVerfGE 90, 1 (19). 34 Vgl. BVerwGE 39, 197 (206). 29

I. Grundsätzliches zum Jugendmedienschutz

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und das Persönlichkeitsrecht37 sowie die Integrität der Familie.38 Kinder und Jugendliche müssen diese Grundsätze verinnerlicht haben, damit es bei ihnen nicht zu einer Fehlentwicklung im oben39 beschriebenen Sinne kommt. 3. Gefahr der Fehlentwicklung Eine Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen verläuft gestört, wenn diese eine der Wertordnung des Grundgesetzes kraß widersprechende sozialethische Haltung entwickeln.40 Daher muß erörtert werden, wann die Wahrnehmung von Inhalten im Einzelfall die Gefahr einer solchen Fehlentwicklung bei Kindern und Jugendlichen zur Folge haben kann, gegen welche konkreten Inhalte also der Staat insbesondere im Internet zugunsten des Jugendmedienschutzes vorgehen darf. Der Ergründung der Gefahren, welche von bestimmten Inhalten für Kinder und Jugendliche ausgehen, widmen sich die verschiedenen Zweige der Wirkungsforschung.41 Dabei geht es zunächst darum herauszufinden, ob die verschiedenen Medien auf die Rezipienten überhaupt Wirkungen entfalten. Nur dann können bestimmte Inhalte auch Gefahren für eine Fehlentwicklung im oben beschriebenen Sinne darstellen. Wenn dem so ist, muß ermittelt werden, wie solche aussehen. In der Wissenschaft werden zur Frage der Medienwirkungen viele unterschiedliche Ansätze und Theorien vertreten.42 Hierauf soll nicht genauer eingegangen werden,43 da sonst der Rahmen der Arbeit gesprengt werden würde.

35

Vgl. BVerfGE 90, 1 (19). Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (922 ff.). 37 Vgl. BVerfGE 87, 209 (228 ff.). 38 Vgl. BVerwGE 39, 197 (206). 39 Vgl. C. I. 2. 40 Vgl. BVerwGE 77, 75 (83); Degenhart, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung Stand: 100. Lieferung/Juli 2002), Art. 5 Rdn. 132; Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 1 GjS Rdn. 18 ff.; Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 1 GjSM Anm. 2; Isensee/Axer, Jugendschutz im Fernsehen, 1998, S. 46 ff.; Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 1 S. 15; Bauer, JZ, 1965, 42 (43 ff.). 41 Insbesondere sollen hier Zusammenhänge zwischen bestimmten Medieninhalten und einer Fehlentwicklung im oben beschriebenen Sinne erforscht werden. 42 Vgl. Scholz/Joseph, Gewalt- und Sexdarstellungen im Fernsehen, 1993, S. 151 ff.; vgl. insbesondere zur Wirkung von Gewaltdarstellungen Kunczik, Gewalt und Medien, 1998, S. 53 ff.; vgl. eingehend Grimm, Fernsehgewalt, 1999, S. 68 ff. 43 Eine gute Übersicht über diskutierte Wirkungstheorien geben Scholz/Joseph, Gewalt- und Sexdarstellungen im Fernsehen, 1993, S. 154 ff. 36

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß in der Wissenschaft bislang keine abschließende, verbindliche Klärung der Frage der Medienwirkung erfolgt ist. Bisher befaßte sich die Wirkungsforschung überwiegend mit Wirkungen auf dem Individualniveau, erforscht wurden also die Reaktionen von mehr oder weniger isolierten Individuen oder Kleingruppen auf massenmediale Inhalte, ohne dabei die Wirkungen auf höherem Systemniveau, etwa von Gesamtgesellschaften zu beachten.44 Es ist also kein sicherer Schluß von einem bestimmten Inhalt auf die Wirkung bei Kindern und Jugendlichen möglich. Insbesondere ist die verbindliche Feststellung von Langzeitwirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung noch nicht erfolgt. Dennoch werden laut Kunzcik45 die Kenntnisse der Wirkungsforschung über Eventualitäten, unter denen Mediengewalt unerwünschte Wirkungen auf Kinder und Jugendliche haben kann, fortschreitend größer. So bestehe inzwischen weitgehende Übereinstimmung darüber, daß Medieninhalte, insbesondere Mediengewalt etc. negative Effekte auf die Fortentwicklung der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen haben könnten. Auf das Internet können die genannten Forschungsergebnisse, die zumeist auf Wirkungsstudien von Fernsehinhalten46 und Videospielen beruhen, jedoch nur unter Vorbehalt übertragen werden. Wird das Internet im Zuge der Medienkonvergenz nur als Verbreitungsweg fernsehähnlicher Darbietungen genutzt oder dient es als Übertragungsmedium von Illustrationen oder Schriften, so mögen die Erkenntnisse aus dem TV- und Videobereich auch hier zutreffen. Zu virtuellen Darstellungen, die als interaktive Dienste des Internet wie Internet-RelayChat oder Newsgroups angeboten werden, fehlen jedoch noch einschlägige Ergebnisse der Wirkungsforschung. Für das neue Medium Internet besteht derzeit ein äußerst unsicherer Forschungsstand dahingehend, ob und welche Wirkung der Konsum von Internetinhalten allgemein, insbesondere aber auf Kinder und Jugendliche hat.47 Erste Forschungsergebnisse bezüglich des Internet sind lediglich im Bereich der Psychiatrie – etwa bei der Erforschung des Internetnutzungsverhaltens – zu beobachten.48 Diese wiederum geben jedoch leider keinerlei Auskunft über die Wirkung der jeweiligen Inhalte.

44

Vgl. Kunczik, Gewalt und Medien, 1998, S. 56. Vgl. ebda., S. 238, 239. 46 Näher Schorb: in: Schorb/Stiehler (Hrsg.), Medienlust – Medienlast,1996, 127 (133 ff.). 47 Vgl. Gödel, in Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 1 GjS Rdn. 72. 48 Vgl. zu den genauen Ergebnissen der Online-Studie „Internet-Abhängigkeit“ der Münchner Psychiatrie Steinkohl, Süddeutsche Zeitung, 12.09.2000; Eichenberg/Ott, c’t 1999, 106 (106 ff.). 45

II. Verfassungsrang des Jugendschutzes

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4. Konsequenz Aufgrund des Fehlens einschlägiger Ergebnisse in der Wirkungsforschung durften die Staatsvertragspartner von einem Wirkungszusammenhang zwischen der Wahrnehmung von pornographischen, gewaltverherrlichenden, Rassenhaß schürenden etc. Internetinhalten und einer Fehlentwicklung bei den Kindern und Jugendlichen ausgehen. Insofern bestand Spielraum für den Erlaß der Jugendschutzvorschriften im JMStV und MDStV. In wissenschaftlich ungeklärten Situationen, in denen die Möglichkeit einer Gefahr für Rechtsgüter mit Verfassungsrang nicht sicher ausgeschlossen werden kann, besteht eine nur beschränkt gerichtlich nachprüfbare Beurteilungsprärogative bei der Einschätzung der Gefahrenlage und der Notwendigkeit seines Einschreitens.49

II. Verfassungsrang des Jugendschutzes Im folgenden wird sowohl die negative als auch die positive verfassungsrechtliche Verankerung50 des Jugendschutzes näher beleuchtet. Das ist erforderlich, weil hierbei die Aufgabe des Staates, Kinder und Jugendliche vor schädlichen Internetinhalten und Diensten zu schützen, in ihrem ganzen Gewicht und mit der ihr zukommenden Priorität deutlich wird. Wie oben51 bereits aufgezeigt, sind solche Risiken in beträchtlichen Umfang existent. Die Verfassung enthält den Rahmen für den Gesetzgeber und formuliert seine Handlungsaufträge.52 1. Negative verfassungsrechtliche Verankerung des Jugendschutzes als Grundrechts-Schranke Jugendschutz ist im Grundgesetz als Grundrechtsschranke in Art. 5 II GG, Art. 11 II GG und Art. 13 III GG erwähnt. Hierbei handelt es sich um die negative, also beschränkende Funktion dieses verfassungsrechtlich verankerten Schutzgutes. Durch eine staatliche Steuerung des Internet können insbesondere die Grundrechte aus Art. 5 GG53 tangiert sein. Die Schranke zum Schutze der Jugend in Art. 5 II GG rechtfertigt gesetzgeberische Regelungen zur Abwehr von der Jugend drohenden Gefahren. Im einzelnen sei verwiesen auf die Ausführungen zu Art. 5 II GG in C. III. 2. c). 49

Vgl. BVerfGE 83, 130 (141); 57, 139 (159); 62, 1 (50). Von negativer verfassungsrechtlicher Verankerung ist die Rede, wenn der Jugendschutz als Grundrechtsschranke betrachtet wird. Wird Jugendschutz darüber hinausgehend als staatliche Aufgabe verstanden, wird von positiver verfassungsrechtlicher Verankerung gesprochen. 51 Vgl. A. I. 52 Vgl. Engels, AöR 1997, 212 (214). 53 Vgl. dazu C. III. 2. a), C. II. 2. 50

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

2. Positive verfassungsrechtliche Verankerung des Jugendschutzes Die Herleitung der positiven verfassungsrechtlichen Verankerung des Jugendschutzes erfolgt auf unterschiedlichen Wegen, die im folgenden entwickelt werden. Zunächst wird jedoch das vom Jugendschutz geschützte Rechtsgut geklärt. Der Jugendschutz will nach allgemeiner Meinung eine ungestörte Entwicklung der Jugend gewährleisten und sie vor drohenden Gefahren für ihre Persönlichkeitsbildung bewahren.54 So sollen die Kinder und Jugendlichen etwa geschützt werden vor Druck-, Ton-, oder Bilderzeugnissen, die Gewalttätigkeiten oder Verbrechen glorifizieren, Rassenhaß provozieren, den Krieg verherrlichen oder sexuelle Vorgänge in grob schamverletzender Weise darstellen. Positiv verfassungsrechtlich verankert ist demzufolge nicht der Jugendschutz selbst, sondern vielmehr das durch ihn geschützte Rechtsgut, also das Kindeswohl beziehungsweise die ungestörte Entwicklung der Jugend.55 Daß dem zu schützenden Rechtsgut des Jugendschutzes Verfassungsrang zukommt, ist allgemein anerkannt.56 Dabei handelt es sich um ein Ziel von bedeutendem Rang und ein wichtiges Gemeinschaftsanliegen.57 a) Die herrschende Meinung Die Herleitung des Verfassungsrangs des Jugendschutzes und die damit verbundenen Wirkungen58 sind dagegen im einzelnen strittig. Nach der herrschen54

Vgl. BVerfGE 30, 336 (347). Vgl. Altenhain, in Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS Einl Rdn. 21; Engels, AöR, 1997, 212 (214); Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 187; Bäumlin, in: Wassermann (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdn. 105; Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 5 Rdn. 60; Wendt, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl., 2000, Art. 5, Rdn. 79; Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz Kommentar (Loseblattsammlung Stand Februar 2004), Art. 5 I, II Rdn. 281. 56 Vgl. BVerfGE 30, 336 (347); BVerfGE 83, 130 (139 ff.); BVerwGE 91, 223 (224 ff.); OVG Münster, NVwZ 1992, 396; Borgmann, JuS 1992, 916 (917); Robbers, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 6 II Rdn. 234; Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 5 Rdn. 60; vgl. aber auch Jestaedt, in: Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung, 75. Lieferung), Dezember 1995, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rdn. 326: der Jugendschutz sei grundsätzlich verfassungsimmanente Grundrechtsschranke, die vorbehaltlosen Grundrechten Schranken zu ziehen vermag, dies soll aber nicht gegenüber dem Elternrecht gemäß Art. 6 II S. 1 GG gelten. 57 Vgl. BVerfGE 77, 346 (356), 30, 336 (348); 83, 130 (139). 58 Vgl. nur Jestaedt, in: Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung, 75. Lieferung), Dezember 1995, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rdn. 327. 55

II. Verfassungsrang des Jugendschutzes

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den Meinung59 genießt der Jugendschutz primär aufgrund des in Art. 6 II S. 1 GG verbrieften elterlichen Erziehungsrechtes60 Verfassungsrang. Sekundär wird er auch aus den Grundrechten der Kinder und Jugendlichen aus Art. 2 I 1 GG, der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit in Verbindung mit der Menschenwürde61 des Art. 1 I GG hergeleitet.62 Der Erziehungsbegriff gemäß Art. 6 II S. 1 GG ist grundsätzlich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts63 im Sinne der Verantwortung der Eltern für eine der Menschenwürde adäquate Entfaltung der Persönlichkeit ihrer Kinder zu interpretieren.64 Die Anerkennung der Elternverantwortung ergibt sich demnach daraus, daß Kinder des Schutzes und der Hilfe bedürfen, um sich zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft zu entwickeln, wie sie dem Menschenbild des Grundgesetzes entspricht. Der Jugendschutz soll dieses Erziehungsrecht der Eltern nun nicht etwa in Ausübung des in Art. 6 II S. 2 GG verankerten staatlichen Wächteramtes65 schmälern. Sein Ziel ist es vielmehr, Störungen des grundrechtlich gewährleisteten Erziehungsrechts der Eltern vorzubeugen.66 Dabei ist nicht die subjektivrechtliche Komponente des Elternrechts, das Recht der Eltern auf Abwehr vor staatlichen Beeinträchtigungen der Ausübung von Pflege und Erziehung ihrer Kinder gemeint, sondern der objektiv-rechtliche Gehalt. Der Staat will hierbei Schutzmaßnahmen zum Schutze der grundrechtlichen Position des Elternrechts vor externen Eingriffen vornehmen.67 Zum Schutz des Elternrechts im Sinne des objektiv-rechtlichen Gehalts vor externen Eingriffen gehört auch der Jugendschutz im Internet. Aufgrund der Eigenheiten des neuen Mediums Internet geraten die Eltern beim Schutz der Kinder und Jugendlichen vor schädlichen Inhalten schnell an ihre Grenzen. Genannt wurden hier bereits die unzureichen59

Vgl. oben Fn. 56. Vgl. dazu eingehend Heilmann, ZfJ 2000, 41 (42 ff.). 61 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (922 ff.); Di Fabio, Der Schutz der Menschenwürde durch Allgemeine Programmgrundsätze, 1999, S. 22 f. 62 Vgl. Gröschner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 2 I Rdn. 50 ff. 63 Vgl. BVerfGE 24, 119 (144). 64 Vgl. Gröschner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 6 Rdn. 78; Robbers, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 6 II Rdn. 145; Schmitt-Kammler, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 6 Rdn. 51. 65 Vgl. dazu näher Heilmann, ZfJ 2000, 41 (43 ff.). 66 Vgl. BVerfGE 83, 130 (140). 67 Vgl. dazu eingehend Engels, AöR 1997, 212 (236); Jestaedt, in: Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung, 75. Lieferung), Dezember 1995, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rdn. 22, 175 ff., bezeichnet die Schutzpflicht aus Art. 6 II S. 2 GG als „atypische Schutzpflicht“, die nicht notwendig subjektiv-rechtliche Elemente enthalte. Art. 6 II S. 2 GG eigne „sich nicht als Grundlage für die Formulierung einer allgemeinen grundrechtlichen Schutzpflichtenlehre“. 60

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

den technischen Kontrollmöglichen, die Ubiquität des Internet sowie die immensen Datenmengen. Daher muß der Staat die Eltern mittels der ihm zur Verfügung stehenden Steuerungsstrategien bei der Ausübung ihres Erziehungsrechts unterstützen. Zudem kann der Verfassungsrang des Jugendschutzes sekundär mit den Grundrechten der Kinder und Jugendlichen aus Art. 2 I 1 GG in Verbindung mit Art. 1 GG begründet werden, weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht68 und die Menschenwürde jedermann ohne Rücksicht auf seine persönlichen körperlichen, geistigen oder seelischen Eigenschaften und auf seine sonstigen Verhältnisse69 – insbesondere auch Minderjährigen – zukommt.70 Um sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten innerhalb der sozialen Gesellschaft entwickeln zu können, bedürfen die Kinder und Jugendlichen deshalb des Schutzes und der Hilfe des Staates.71 Das gilt insbesondere für den Schutz vor Gefahren, die durch technisch unbeschränkt verbreitete Online-Erotikangebote bedingt sind. b) Die Mindermeinungen Eine andere Ansicht72 sieht allein in den Grundrechten der Kinder und Jugendlichen aus Art. 2 I 1 GG, namentlich der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit73 in Verbindung mit dem Schutz ihrer Menschenwürde aus Art. 1 I GG eine tragfähige Begründung für den positiven Verfassungsrang des Jugendschutzes. Diese Auffassung sieht sich „(. . .) als Ausdruck einer sich vollziehenden Verschiebung weg von den Elternrechten hin zu eigenen Rechten der Minderjährigen in Recht und Gesellschaft.“74 Engels75 argumentiert, daß es aufgrund 68 Vgl. Gröschner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 2 I Rdn 50 ff. 69 Vgl. ebda, Art. 1 I Rdn. 46. 70 Vgl. etwa nur BVerfGE 24, 119 (144); 47, 46 (73); Jestaedt, in: Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung, 75. Lieferung), Dezember 1995, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rdn. 147. 71 Vgl. BVerfGE 83, 130 (140); 47, 46 (72 ff.). 72 Vgl. sehr eingehend Engels, AöR 1997, 212 (225 ff.); v. Kalm, DÖV 1994, 23 (24); Schulz, MMR 1998, 182 (183); bereits Ditzen, NJW 1989, 2519 (2519); Rummel, RdJB 1989, 394 (397); Schraut, Jugendschutz und Medien, 1993, S. 45; Vlachopoulos, Kunstfreiheit und Jugendschutz, 1996, S. 147 ff.; Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 5 Rdn. 61; Vgl. Degenhart, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung Stand: 100. Lieferung/Juli 2002), Art. 5 Rdn. 78. 73 Vgl. zum subjektiven Persönlichkeitsrecht der Kinder und Jugendlichen Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 2 I Rdn. 171. 74 Vgl. Engels, AöR 1997, 212 (218). 75 Vgl. ebda., 212 (226).

II. Verfassungsrang des Jugendschutzes

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des hohen verfassungsrechtlichen Ranges des Persönlichkeitsschutzes ausgeschlossen erscheine, nur das Endergebnis Persönlichkeit und ihre Entfaltung, nicht aber auch den Prozeß der Entwicklung zur Persönlichkeit unter Schutz zu stellen. So soll Art. 2 I GG als allgemeines Persönlichkeitsrecht daher nicht nur das Person-Sein und die dazugehörige allgemeine Handlungsfreiheit schützen, sondern für Minderjährige auch das Person-Werden erfassen.76 Dabei ist der Schutz der Entfaltung von Fähigkeiten und Eigenschaften gemeint, die nach dem Menschenbild der Verfassung prinzipiell in jedem Individuum angelegt sind. Gerade um eine solche Entwicklung zu garantieren, bedürften die Kinder und Jugendlichen des staatlichen Schutzes.77 Jedoch überzeugt es nicht, die positive verfassungsrechtliche Verankerung des Jugendschutzes allein mit Art. 2 I GG zu begründen. Es ist zwar richtig, daß die Kinder und Jugendlichen in der Gesellschaft über eigene Rechte verfügen, das Erziehungsrecht der Eltern aus Art. 6 II S. 1 GG darf dabei aber nicht an Gewicht verlieren. Die Eltern sind auch weiterhin primärverantwortlich für das Wohl und die Entwicklung ihrer Kinder. Auf die Stütze des Art. 6 II S. 1 GG kann somit auch zukünftig nicht verzichtet werden. Vielmehr ist auf Art. 6 II S. 1 GG sogar besonderes Augenmerk zu richten, da viele Eltern gerade beim Umgang mit dem Internet oft unerfahren und hilflos sind und daher auf die Unterstützung des Staates durch den Jugendmedienschutz geradezu angewiesen sind. Dem elterlichen Erziehungsrecht aus Art. 6 II S. 1 GG kommt somit für die Begründung der positiven verfassungsrechtlichen Verankerung des Jugendschutzes außerordentliche Bedeutung zu. Eine weitere Ansicht verweist für die Begründung der positiven verfassungsrechtlichen Verankerung des Jugendschutzes ergänzend auf den durch Art. 6 I GG gewährleisteten Schutz der Familie78 und das staatliche Wächteramt (Art. 6 II 2 GG).79 3. Konsequenzen Daß dem Jugendschutz im Ergebnis nach allen vertretenen Ansichten selbst Verfassungsrang zukommt, hat verschiedene gewichtige Auswirkungen. Zunächst ist der Verfassungsrang des Jugendschutzes von Bedeutung für die Prüfung eines Eingriffs in die von Art. 5 I GG geschützten Rechtsgüter der Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit und Medienfreiheit im Rahmen der Verhältnismäßigkeit, weil das Rechtsgut des Jugendschutzes den Grundrechten und 76

Vgl. ebda., 212 (227). Vgl. ebda., 212 (227); v. Kalm, DÖV 1994, 23 (24). 78 Vgl. Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz Kommentar (Loseblattsammlung Stand Februar 2004), Art. 5 III Rdn. 70. 79 Vgl. BVerfGE 77, 75 (82); BGHSt 37, 55 (62). 77

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

den übrigen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgütern bei der Abwägung gleichsteht.80 Somit kann nicht von vornherein argumentiert werden, eine gesetzliche Bestimmung des Jugendschutzes sei unverhältnismäßig, da die Rechtsgüter aus Art. 5 I GG Vorrang hätten. Des weiteren kann der Jugendschutz als verfassungsimmanente Schranke vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte wie etwa die Kunstfreiheit beschränken.81 Die Kunstfreiheit wird weder durch die Trias des Art. 2 I 2. HS GG noch durch die in Art. 5 II GG genannten Schranken begrenzt.82 Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, daß sich jedoch auch in sonstigen Rechtsgütern, sofern diese ebenfalls Verfassungsrang genießen – so im Ergebnis unumstritten auch der Jugendschutz – Schranken der Kunstfreiheit finden.83 Auch hierdurch erfolgt eine erhebliche Erhöhung des Stellenwertes des Jugendschutzes nach dem Verfassungsrecht. Das ist auch speziell für den Jugendschutz im Internet relevant, da die verschiedenen Dienste des Internet jeweils dem Schutzbereich des Art. 5 III 1 GG zugeordnet sein können. Beispielhaft sei nur die Verbreitung von Bildern, Musik oder Texten über WWW-Dienste genannt, die unter den Kunstbegriff des Grundgesetzes fallen. Auch der Schöpfer einer privaten oder kommerziellen Homepage könnte diese als Kunstwerk erachten und sich bei Steuerungsmaßnahmen des Jugendschutzes auf sein grundrechtlich verbürgtes Recht der Kunstfreiheit berufen. Dadurch, daß dem Jugendschutz selbst Verfassungsrang zukommt, eröffnet sich dem Staat aber nicht nur die Möglichkeit, zugunsten des Jugendschutzes in andere Grundrechte einzugreifen. Vielmehr ergibt sich zusätzlich eine eigene, nicht notwendig subjektiv-rechtliche84, staatliche Schutzpflicht.85 Aufgrund des Schutzpflichtcharakters des Wächteramtes gemäß Art. 6 II S. 2 GG ist der Staat zum Schutz der Kinder und Jugendlichen objektiv-rechtlich verpflichtet.86 Ein 80

Vgl. Pichler, AfP 1999, 429 (432, 433). Vgl. BVerfGE 83, 130 (139); vgl. dazu auch Geis, NVwZ 1992, 25 (26). 82 Vgl. Müller, JZ 1970, 87 (88); Wendt, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl., 2000, Art. 5, Rdn. 95; Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 302 ff. 83 Vgl. BVerfGE 30, 173 (193); vgl. beispielhaft für den durchzuführenden Abwägungsvorgang im Indizierungsverfahren die Entscheidung des BVerwG vom 18. Februar 1998 in ZUM 1998, 947 (947 ff.). 84 Von Jestaedt, in: Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung, 75. Lieferung), Dezember 1995, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rdn. 175 ff. als „atypische grundrechtliche Schutzpflicht“ bezeichnet. 85 Vgl. BVerwGE 77, 75 (82); Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 5 Rdn. 60; Schulz, MMR 1998, 182 (183); Engels, AöR 1997, 212 (230); etwas kritischer steht dem Gusy, JZ 1993, 796 (797), gegenüber; vgl. grundlegend zur Schutzpflicht Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR V, 1992, § 111 Rdn. 86 ff. 81

II. Verfassungsrang des Jugendschutzes

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subjektives Recht der von Art. 6 II S. 2 GG schutzbegünstigten Kinder und Jugendlichen sowie der Eltern auf Einschreiten der staatlichen Gemeinschaft soll sich aus dem staatlichen Wächteramt allerdings nicht ergeben.87 Ein subjektiver Schutzanspruch ließe sich lediglich mit der Schutzpflicht des Staates für die freie Entwicklung der Persönlichkeit der Kinder und Jugendlichen entsprechend Art. 2 I GG i. V. m. Art. 1 I GG begründen.88 Insoweit kommt der Menschenwürde nach Art. 1 I GG besondere Bedeutung zu, was auch für die objektiv-rechtliche Schutzpflicht gilt. Danach sind die äußeren Bedingungen für eine dem Menschenbild des Grundgesetzes entsprechende geistig-seelische Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu sichern. In besonderer Weise kommt die aktive Schutzpflicht des Staates auch in Art. 6 II GG zum Ausdruck. Aus dieser Norm ergibt sich die staatliche Aufgabe, Erziehungseinflüsse zurückzudrängen, welche die geistig-seelische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in eine Richtung lenken, die mit dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht mehr vereinbar ist.89 Der Erziehungsauftrag des Art. 6 II 1 GG gegenüber Kindern und Jugendlichen liegt danach grundsätzlich weiterhin primär bei den Eltern. Der Staat hat jedoch die Elternautonomie durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen. Versagt diese, hat er zum Wohle der Kinder einzugreifen.90 Da viele Eltern durch die neuen Erziehungsaufgaben, die das Internet an sie stellt, überfordert sein werden,91 spricht vieles für die Annahme einer Schutzpflicht des Staates. Damit hat der Staat die Medienkompetenz der Eltern und Kinder – als Schutzbegünstigte des Art. 6 II S. 2 GG92 – im Umgang mit dem neuen Medium Internet zu fördern. Ein Teilerfolg wäre dabei schon zu verzeichnen, wenn Eltern selbst mit dem Internet besser umgehen könnten und die damit verbundenen Chancen und Gefahren kennenlernen würden. Ferner müßten Eltern und Verantwortliche sodann mit den technischen Möglichkeiten vertraut gemacht werden, die es ihnen gestatten, ihre Zöglinge vor die Entwicklung gefährdenden Einflüssen aus dem Internet zu schützen.93 86 Vgl. nur BVerGE 24, 119 (144); BVerfGE 60, 79 (88); BVerfGE 72, 122 (134); Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR V, 1992, § 111 Rdn. 86 ff.; Jestaedt, in: Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung, 75. Lieferung), Dezember 1995, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rdn. 175, 327. 87 Vgl. Jestaedt, in: Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung, 75. Lieferung), Dezember 1995, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rdn. 327, 175. 88 Jestaedt, in: Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung, 75. Lieferung), Dezember 1995, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rdn. 327. 89 Vgl. BVerwGE 77, 75 (82). 90 Vgl. Schulz, MMR 1998, 182 (183). 91 Daß diese Krisensituation besteht, zeigt nicht zuletzt die Einrichtung der Hilfestelle YoungAvenue.de, vgl. näher http://www.heise.de/newsticker/meldung/13045 (abgerufen am 07.02.2004). 92 Vgl. dazu Jestaedt, in: Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung, 75. Lieferung), Dezember 1995, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rdn. 175.

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

Des weiteren muß der Staat innerhalb seiner Schutzpflicht die Fortentwicklung technischer Schutzsysteme, etwa des Filtering und Rating94 fördern und vorantreiben. Erst wenn den Eltern einigermaßen ausgereifte und nutzerfreundliche Schutzsysteme an die Hand gegeben werden können, entspricht der Staat seiner verfassungsrechtlich verbürgten Pflicht, die Elternautonomie zu gewährleisten. So würde es den Eltern ermöglicht, die Kinder und Jugendlichen selbstbestimmt zu erziehen. Bei der Erfüllung dieser Schutzpflicht hat der Staat allerdings einen weiten Spielraum. Inwieweit sich aus der staatlichen Schutzpflicht aufgrund des Verfassungsrangs des Jugendschutzes auch eine staatliche Pflicht zur Unterstützung der Selbstregulierung des Internet durch zum Beispiel flankierende Gesetzgebung, Finanzmittel oder andere Gestaltungsmöglichkeiten ableiten läßt, wird unten noch näher beleuchtet.95

III. Grundrechte Die für den Bereich Internet geltenden Jugendschutzvorschriften steuern die Verbreitung von Online-Angeboten. Zwar greifen die darin enthaltenen Ge- und Verbote als Instrumentarium der imperativen Zweckverwirklichung einerseits in Grundrechte der Anbieter ein, gewährleisten andererseits jedoch auch den Schutz der Nutzer, insbesondere der Kinder und Jugendlichen. Es wird deutlich, daß das Informationsverfassungsrecht einen Ausgleich zwischen den konkurrierenden, durch das Grundgesetz anerkannten Interessen herzustellen hat.96 Im folgenden soll nur ein kurzer Überblick über für den Jugendmedienschutz bedeutsame Grundrechte erfolgen. Eine weitergehende Erörterung würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen.97 1. Subjektiv-rechtliche Dimension des Jugendschutzes Die objektive Dimension des Jugendschutzes wurde bereits dargestellt. Ihm kommt erstens selbst Verfassungsrang98 zu, zweitens ist er gemäß § 5 II GG Grundrechtsschranke. Nicht minder von Bedeutung ist aber auch – drittens – 93 Diese Meinung vertreten auch Price/Verhulst, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (203) in einer Empfehlung; vgl. zu den konkreten Umsetzungsmöglichkeiten mittels informationeller Steuerung V. III. 4. 94 Vgl. zu einem funktionierenden Ratingsystem in einem staatlichen organisatorischen Rahmen E. III. 2. b). 95 Vgl. E. 96 Vgl. Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 64. 97 An dieser Stelle sei verwiesen auf die umfangreichen Ausführungen von Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 70 ff. 98 Vgl. C. II. 2.

III. Grundrechte

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seine subjektiv-rechtliche Dimension99. Gemeint ist das Grundrecht der Kinder, Jugendlichen und der Eltern auf Jugendschutz.100 Ein solches ergibt sich aus dem Anspruch der Kinder und Jugendlichen auf eine ungestörte Persönlichkeitsentwicklung gemäß Art. 2 I GG i. V. m. Art. 1 I GG. Das in Art. 2 I GG verbürgte allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet dem Grundrechtsträger einen engeren Bereich als persönliche Lebenssphäre, in dem er sich entfalten kann und Integritätsschutz genießt.101 Umfaßt hiervon ist die Privat- und Intimsphäre des Menschen und die persönliche Ehre. Neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht genießt der Grundrechtsträger die Freiheitsverbürgung der allgemeinen Handlungsfreiheit.102 Beide Elemente haben als gemeinsame Wurzel die Sicherung der Entstehungsbedigungen freier, autonomer Individualität.103 Art. 2 I GG ist ein sogenanntes Jedermann-Grundrecht104, auch Kinder und Jugendliche sind Träger dieses Grundrechts105. Die Menschenwürde106 gemäß Art. 1 I GG kommt jedermann107 zu und begründet damit ebenfalls die subjektiv-rechtliche Dimension des Jugendschutzes. 2. Die Kommunikationsfreiheiten gemäß Art. 5 I GG a) Meinungsfreiheit (Art. 5 I 1 Hs. 1 GG) Eines der zentralen kommunikativen Grundrechte ist das Recht auf freie Meinungsäußerung und -verbreitung. Unter Meinung im Sinne des Schutzbereichs von Art. 5 I 1 Hs. 1 GG ist laut Bundesverfassungsgericht ein „(. . .) Stellung nehmendes Dafürhalten im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung (. . .)“ zu verstehen.108 Der Begriff Meinung umfaßt damit jede Ansicht, Auffassung, 99 Zum Begriff vgl. Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Vorb. Rdn. 44. 100 Vgl. Bethge, in: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (Hrsg.), BLM-Symposion Medienrecht 2001, 61 (65). 101 Vgl. BVerfGE 54, 148 (153); BverfGE 27, 1 (6); vgl. dazu eingehend Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 2 Rdn. 51; Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 2 Abs. 1 Rdn. 82 ff. 102 Vgl. Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 2 Rdn. 15 ff. 103 Vgl. ebda, Art. 2 Rdn. 17. 104 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 2 Abs. 1 Rdn. 40 ff.; Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 2 Rdn. 30. 105 Vgl. BVerfGE 53, 185 (203); 59, 360 (382); 72, 122 (134); 101, 361 (385 ff.); 103, 89 (107). 106 Vgl. zur Reichweite Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 1 I Rdn. 45 ff.; Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (923 ff.). 107 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 1 Abs. 1 Rdn. 17.

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

Anschauung, Überzeugung, Einschätzung, Stellungnahme und jedes Werturteil.109 Auf die Themen der Äußerung kommt es nicht an.110 Dabei ist irrelevant, ob sich die Meinung auf öffentliche oder private Angelegenheiten bezieht.111 Zudem ist nicht entscheidend, ob eine Meinung wertlos oder abwegig112 bzw. richtig oder falsch113 ist. Nach herrschender Meinung umfaßt der Begriff Meinung auch die Behauptung von Tatsachen, soweit sie als empirischdeskriptive Tatsachen Voraussetzungen der Meinungsbildung sind.114 Die Tatsachenwiedergabe soll lediglich unter sehr engen Voraussetzungen nicht ein Teilelement der Meinungsäußerung sein.115 Darunter fallen einerseits reine Tatsachenmitteilungen, die mit Meinungsbildung nichts zu tun haben.116 Zum anderen stellen erwiesenermaßen unwahre und bewußt unwahre Tatsachenbehauptungen keine Meinung i. S. d. Art. 5 I 1 Hs. 1 GG dar.117 Von Art. 5 I 1 Hs. 1 GG wird das Recht geschützt, Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern.118 Schrift schließt dabei auch die elektronische Schrift ein, soweit sie der Individualkommunikation dient und nicht unter den Schutz der Rundfunkfreiheit119 fällt.120 Somit erfaßt der Schutzbereich von Art. 5 I 1 Hs. 1 GG die Meinungsverbreitung via E-Mail.121 Dabei handelt es sich um einen typischen Dienst der Individualkommunikation im Wege der Punkt-zu-Punkt108

Vgl. BVerfGE 61, 1 (9). Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 44; Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 23. 110 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 44. 111 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 23. 112 Vgl. BVerfGE 30, 336 (347); 85, 1 (14 ff.). 113 Vgl. BVerfGE 85, 1 (15). 114 Vgl. BVerfGE 61, 1 (8 ff.); 94, 1 (7); Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 45; Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 26; Herzog, in: Maunz/Dürig/ Herzog/Scholz, Grundgesetz Kommentar (Loseblattsammlung Stand Februar 2004), Art. 5 I, II Rdn. 51 ff. 115 Vgl. Manssen, Grundrechte, 2000, S. 76; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 46; vgl. Holznagel, ZUM 2000, 1007 (1014). 116 Vgl. BVerfGE 65, 1 (41), so etwa Angaben rein statistischer Art. 117 Vgl. BVerfGE 54, 208 (219); 61, 1 (8); 61, 1 (8); vgl. dazu auch Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 27. 118 Vgl. eingehend Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 48, m. w. N. 119 Vgl. dazu eingehend Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 82 ff. 120 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 30; eingehend Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, 3. Aufl., 2003, Art. 5 Rdn. 44, 45. 121 Vgl. B. II. 3. 109

III. Grundrechte

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Kommunikation. Jedoch ist durch massenhafte Verteilung ein Umschlagen in die Massenkommunikation möglich.122 Auch die Homepage als WWW-Dienst kann als Angebot der Individualkommunikation eingestuft werden.123 Somit ist die Meinungsverbreitung über eine Homepage, die als Teledienst124 zu qualifizieren ist, dem Schutzbereich des Art. 5 I 1 Hs. 1 GG zuzuordnen. b) Informationsfreiheit (Art. 5 I 1 Hs. 2 GG) Durch Art. 5 I 1 Hs. 2 GG wird die Informationsfreiheit – das Recht sich selbst aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten – gewährleistet. Das Grundrecht der Informationsfreiheit ist als Reaktion auf die staatliche Informationsbeschränkung im Dritten Reich zu verstehen.125 Das Recht, seine Persönlichkeit durch Wissensbildung zu entwickeln und zu erweitern, ist zentrale Voraussetzung einer funktionierenden Demokratie und von Pluralismus.126 Die Informationsfreiheit schützt die Entgegennahme von Informationen als auch das aktive Beschaffen.127 Alle Absender von Informationen sind Quellen im weitesten Sinne.128 Unter Quellen im engeren Sinne fallen alle Informationsträger beliebiger Art, soweit Meinungen oder Nachrichten zu öffentlichen oder privaten Angelegenheiten zum Ausdruck kommen. Auch das World-Wide-Web (WWW)129 stellt damit eine Quelle im Sinne des Art. 5 I 1 Hs. 2 GG dar.130 Die WWW-Dienste sind Informationsträger im vorgenannten Sinne. Allgemein zugänglich sind solche Informationsquellen, die technisch geeignet und bestimmt sind, der Allgemeinheit, d.h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu verschaffen.131 Nicht allgemein zugänglich sind alle schriftlichen und mündlichen Äußerungen, die nur an Einzelne adressiert oder für diese bestimmt sind.132 E-Mails als typische Individualkommuni122 Vgl. Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 2 Rdn. 58 ff. 123 Vgl. dazu D. II. 1. 124 Vgl. ebda.; allgemein zur Abgrenzung D. II. 1. 125 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 39. 126 BVerfGE 27, 71 (81 ff.). 127 Vgl. Manssen, Grundrechte, 2000, S. 79. 128 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 57. 129 Vgl. zum Begriff B. II. 3. 130 So auch Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 42; Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 89. 131 Vgl. BVerfGE 27, 71 (83); 33, 52 (65); 90, 27 (32). 132 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 60.

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

kation fallen demnach nicht in den Schutzbereich der Informationsfreiheit. Für eine Homepage als WWW-Dienst ist dagegen der Schutzbereich von Art. 5 I 1 Hs. 2 GG eröffnet, da diese – aufgrund der offenen Netzstruktur des Internet sogar ohne Rücksicht auf Ländergrenzen – allgemein zugänglich ist. Jedermann, der einen Internetzugang besitzt, kann die Inhalte – soweit diese sich nicht in einer geschlossenen Nutzergruppe befinden – abrufen. Bezüglich der allgemeinen Zugänglichkeit ist auf die faktische Lage, also auf die Art der Abgabe der jeweiligen Information abzustellen. Besteht die Eigenschaft einmal, kann sie nicht durch staatliche Verfügungen nachträglich eingeschränkt werden. Anderenfalls könnte der Staat durch beliebige Reduktion des Schutzbereichs die Informationsfreiheit gegenstandslos machen.133 Wird also etwa für eine Homepage, auf der unzulässige Angebote gemäß § 4 II JMStV verbreitet werden, eine Sperrungsverfügung gemäß § 22 II MDStV erlassen, ist diese dennoch weiterhin allgemein zugänglich i. S. v. Art. 5 I 1 Hs. 2 GG. Die rechtliche Beschränkung kann nicht durch die Reduzierung des Schutzbereichs, sondern nur auf der Grundlage von Art. 5 II GG realisiert werden. c) Rechtfertigung der Beschränkungen der Kommunikationsfreiheiten (Art. 5 II GG) Die Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit ist den Schranken des Art. 5 II GG unterworfen. Demnach finden die Kommunikationsfreiheiten ihre Beschränkung in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Des weiteren gelten auch für die Kommunikationsfreiheiten die verfassungsimmanenten Schranken. (1) Vorschriften der allgemeinen Gesetze Dem Vorbehalt der allgemeinen Gesetze kommt dabei die stärkste grundrechtsbegrenzende Wirkung zu. Über die Definition von Gesetzen besteht Einigkeit: Darunter versteht man alle Erscheinungsformen staatlicher Rechtssetzung im formellen und materiellen Sinne.134 Umstritten ist dagegen das Merkmal der Allgemeinheit gemäß Art. 5 II GG.135 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit dem Lüth-Urteil136 sind allgemeine Gesetze sol133 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 44; vgl. zur Informationsfreiheit der Nutzer auch Engel, MMR Beilage 4/ 2003, 1 (21 ff.). 134 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 106. 135 Vgl. dazu eingehend Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 178 ff.; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 108 ff.

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che, die sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten, sondern vielmehr dem Schutze eines schlechthin ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen. Dabei geht es um den Schutz eines Gemeinschaftswerts, der gegenüber der Ausübung der Meinungsfreiheit Vorrang genießt.137 Somit ist mit allgemein nicht der abstrakt-generelle Charakter von Gesetzen gemeint. Da dieser Gesetzen ohnehin immer zukommt, hätte eine derartige Definition keinerlei Gehalt. Verhindert werden soll vielmehr die Entstehung von Sonderrecht, welches sich gegen eine ganz bestimmte Meinung oder Informationsquelle richtet und damit den Prozeß freier Meinungsbildung beeinträchtigt.138 Die allgemeinen Gesetze im Sinne des Art. 5 II GG müssen das Erfordernis der sachlichen Allgemeinheit erfüllen. Darunter ist zu verstehen, daß kein gezielter Eingriff in die Kommunikationsfreiheiten stattfinden darf, sondern daß die Wirkung der Gesetze, welche die Meinungsäußerung einschränken, darüber hinausgeht und auch in anderen Bereichen greift.139 (2) Gesetzliche Bestimmungen zum Schutz der Jugend Gemäß Art. 5 II GG werden die Kommunikationsfreiheiten ferner durch die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend beschränkt. Das Grundgesetz hat den Jugendmedienschutz als Schranke an dieser Stelle ausdrücklich benannt. Vor dem Hintergrund, daß dem Jugendschutz selbst Verfassungsrang140 zukommt und dieser somit verfassungsimmanente Schranke der Meinungs- und Informationsfreiheit ist, kommt der vorgenannten Schranke kaum eigenständige Wirkung zu. Jedoch bringt die ausdrückliche Erwähnung des Jugendschutzes an dieser Stelle die Wertung des Grundgesetzes zum Ausdruck, daß der Schutz der Jugend ein Ziel von bedeutsamen Rang und ein wichtiges Gemeinschaftsanliegen ist.141 Regelungen des Jugendschutzes, welche die Kommunikationsfreiheiten beschränken, sind zur Abwehr von Gefahren zulässig, die einer ungestörten Entwicklung der Jugend142 drohen. Die Auswahl der Mittel, mit denen diesen Gefahren begegnet werden kann, obliegt dem Gesetzgeber. Dabei ist er grundsätzlich frei, er darf allerdings nur geeignete und erforderliche Mittel wählen.143 136

Vgl. BVerfGE 7, 198 (209 ff.). Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 178; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 112. 138 Vgl. Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 87. 139 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 181. 140 Vgl. C. II. 2. 141 Vgl. BVerfGE 30, 336 (348); 77, 346 (356). 142 Vgl. C. I. 3. 137

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

Wie das Bundesverfassungsgericht144 festgestellt hat, müssen die Bestimmungen zum Schutze der Jugend die grundlegende Bedeutung der in Art. 5 I GG garantierten Rechte für die freiheitliche, demokratische Staatsordnung beachten. Außerdem müssen diese dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen. Ferner hängt die Zulässigkeit der Mittel, mit denen der Gesetzgeber den Schutz der Jugend verfolgt, von einer Güterabwägung zwischen der Forderung nach einem umfassenden Grundrechtsschutz nach Art. 5 I GG und dem verfassungsrechtlich hervorgehobenen Interesse an einem wirksamen Jugendschutz ab. (3) Recht der persönlichen Ehre Des weiteren werden die Kommunikationsfreiheiten gemäß Art. 5 II GG durch das Recht der persönlichen Ehre beschränkt. Diese Schranke liegt in den Schutzpflichten des Staates gemäß Art. 1 Abs. 1 GG begründet, Grundrechte zu beschränken, um die Würde des Menschen und damit einen Mindestbestand der Ehre des Menschen ohne Einschränkungsmöglichkeit zu schützen.145 Persönliche Ehre läßt sich in innere Ehre des Menschen als Träger geistiger und sittlicher Werte von Geburt an und äußere Ehre im Sinne eines sozialen Achtungsanspruchs des Menschen unterscheiden.146 Die äußere Ehre ist verfassungsrechtlich im allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 I GG i. V. m. Art. 1 I GG verankert.147 (4) Verfassungsimmanente Schranken Die Kommunikationsfreiheiten können auch durch Gesetze beschränkt werden, die nicht allgemeine Gesetze sind oder dem Jugendschutz bzw. Ehrenschutz dienen. Das sind solche Gesetze, die Konflikte mit anderen Grundrechten oder entgegenstehenden Verfassungsrechtsgütern im Sinne praktischer Konkordanz ausgleichen wollen.148 Dieser Rückgriff ist jedoch nur zulässig, wenn ein vorgenanntes Gesetz kein Gesetz im Sinne des Art. 5 II GG ist. Des weiteren ist eine gesetzliche Konkretisierung der Begrenzung erforderlich.149 Zudem muß eine Abwägung der kollidierenden Verfassungsnormen vorgenommen werden.150 143 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 190. 144 Vgl. BVerfGE 30, 336 (348). 145 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 192. 146 Vgl. dazu eingehend Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 119 m. w. N.; Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 194. 147 Vgl. zum ganzen Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 131. 148 Vgl. BVerfGE 66, 116 (136); vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 121.

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(5) Verfassungsrechtliche Grenzen (Schranken-Schranken) Dem beschränkenden Zugriff des Staates auf die Grundrechtsfreiheiten sind von Verfassungs wegen Grenzen gesetzt.151 Für die Kommunikationsfreiheiten in Art. 5 I GG hat das Bundesverfassungsgericht seine sogenannte Wechselwirkungslehre152 entwickelt. Danach ist bei der Auslegung der die Kommunikationsfreiheiten beschränkenden Gesetze zu berücksichtigen, daß diese ihrerseits im Lichte der besonderen Bedeutung der beschränkten Rechte aus Art. 5 I GG gesehen werden müssen. Die Gesetze müssen demnach in ihrer diese Grundrechte beschränkenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden.153 Das jeweilige Kommunikationsgrundrecht muß zurücktreten, wenn schutzwürdige Interessen eines höherrangigen Rechts verletzt würden, was wiederum aufgrund aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln ist.154 Die Wechselwirkungstheorie stützt sich zum einen im wesentlichen auf das Gebot der verfassungskonformen Auslegung und den allgemeinen Grundsatz der Höherrangigkeit der Verfassung. Zum anderen geht es dem Bundesverfassungsgericht darum, daß der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinreichend Beachtung findet. Somit muß folglich eine Güterabwägung vorgenommen werden zwischen den beeinträchtigten Kommunikationsgrundrechten und den sonstigen rechtlich geschützten Interessen. Die Vereinbarkeit staatlichen Handelns mit Art. 5 I GG wird daher regelmäßig sowohl auf der abstrakt-generellen Ebene als auch im konkret-individuellen Einzelfall geprüft. Bei ersterem geht es um die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, bei letzterem um die verhältnismäßige Anwendung des Gesetzes.155 (6) Verbot der Vorzensur Eine weitere verfassungsrechtliche Schranke ist das Zensurverbot. In Art. 5 I 3 GG ist das Zensurverbot zusätzlich als Schranken-Schranke für Eingriffe in die Kommunikations- und Medienfreiheiten des Art. 5 I GG156 auf der Grundlage von Art. 5 II GG ausdrücklich genannt. Das Zensurverbot ist damit kein

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Vgl. BVerfGE 52, 283 (298). Vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 5 Rdn. 53; eingehend Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 121. 151 Vgl. allgemein Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Vorb. Rdn. 91 ff. 152 Vgl. Manssen, Grundrechte, 2000, S. 87. 153 Vgl. BVerfGE 7, 198 (208 ff.). 154 Vgl. BVerfGE 7, 198 (210). 155 Vgl. dazu eingehend Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 127. 150

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

eigenständiges Grundrecht, welches durch Art. 5 II GG beschränkt werden könnte.157 Es kann vielmehr als verfassungsrechtliche Festlegung der Unverhältnismäßigkeit jeder Zensur der in Art. 5 I GG genannten Äußerungsformen im Sinne einer Konkretisierung der Wesensgehaltgarantie des Art. 19 II GG interpretiert werden.158 Dadurch sollen meinungslenkende Einflußnahmen von Seiten des Staates von vornherein vermieden werden. Zu beachten ist, daß das Zensurverbot trotz seiner systematischen Stellung vom Bundesverfassungsgericht nicht auf die Informationsfreiheit angewendet wird, da Zensur sich der Natur der Sache nach ausschließlich gegen den Urheber oder Träger einer Meinung bzw. Veranstalter eines Programms, nicht aber gegen den jeweiligen Rezipienten richte.159 Zensur im Sinne des Art. 5 I 3 GG meint lediglich die Vor- oder Präventivzensur.160 Darunter versteht man einschränkende staatliche Maßnahmen vor der Herstellung oder Verbreitung eines Geisteswerkes, wie etwa der Verpflichtung, dieses vorher behördlich prüfen und sich den Inhalt genehmigen zu lassen. Die sogenannte Nachzensur, der nachträgliche repressive Eingriff durch Verbot bestimmter Medienprodukte nach ihrer Veröffentlichung, ist im Rahmen von Art. 5 II GG jederzeit zulässig.161 Für den Jugendschutz gilt jedoch bezüglich der Vorzensur folgende Besonderheit. Dient ihm die Vorkontrolle, soll es sich um keine Vorzensur im Sinne des Art. 5 I 3 GG handeln, da kein völliges Verbot vorliegt, sondern nur Kinder und Jugendliche geschützt werden sollen.162 Zulässige Vorkontrollen zugunsten des Jugendschutzes sind etwa Vertriebsbeschränkungen für jugendgefährdende Trägermedien gemäß § 18 JuSchG oder im Fernsehbereich die präventive Prüfung von Filmen durch die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF), etwa zur Verhängung von Sperrzeiten für die Ausstrahlung gemäß § 3 III RStV163 oder zur Verpflichtung zum Schutze von Kindern und Jugendlichen durch tech156 Vgl. nur Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz Kommentar (Loseblattsammlung Stand Februar 2004), Art. 5 I, II Rdn. 284; vgl. zum Zensurverbot in einer Europäischen Grundrechtscharta Sporn, ZUM 2000, 537 (542). 157 Vgl. nur Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz Kommentar (Loseblattsammlung Stand Februar 2004), Art. 5 I, II Rdn. 302. 158 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 138. 159 Vgl. BVerfGE 27, 88 (102). 160 Vgl. BVerfGE 83, 130 (155). 161 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 139. 162 Vgl. BVerfGE 33, 52 (74); selbst die Ausgestaltung im Wege eines Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt soll hier unschädlich sein, solange die Verbreitung nicht von einer generellen Vorprüfung abhängig gemacht wird, vgl. dazu eingehend Isensee/Axer, Jugendschutz im Fernsehen, 1998, S. 84; differenzierend Liesching, ZUM 2000, 298 (300 ff.); vgl. auch Holznagel, ZUM 2000, 1007 (1015).

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nische Schutzvorrichtungen. Erwachsenen steht es weiterhin frei, den Film zu sehen, entweder zu vorgegebener Zeit oder mit Hilfe einer Zugangsberechtigung. Bei Filmwerken wäre lediglich dann eine unzulässige Vorzensur festzustellen, wenn ein generelles Verbot vorläge, ungeprüfte Filme der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein solches Verbot müßte mit dem Gebot verbunden sein, Filme die öffentlich vorgeführt werden sollen, zuvor der zuständigen Behörde vorzulegen, die sie anhand von Zensurgrundsätzen prüft und je nach dem Ergebnis ihrer Prüfung die öffentliche Vorführung erlaubt oder verbietet.164 Fraglich ist, ob die vorangehenden Ausfühungen zur Vorzensur bei den im technischen Teil165 bereits beschriebenen Interventionen des Staates zugunsten des Jugendmedienschutzes im Internet entsprechend gelten. Handelt es sich um jugendgefährdende Inhalte, so ist ihre Verbreitung an Erwachsene nur dann zulässig, wenn die Provider sicherstellen, daß die Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Jugendgefährdend sind solche Inhalte, die offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit unter Berücksichtigung der besonderen Wirkungsform des Verbreitungsmediums schwer zu gefährden166, gemäß § 18 I JuSchG i. V. m. § 16 JuSchG von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert167 oder in sonstiger Weise pornographisch sind168. Die Erwachsenen sind bei der eingeschränkten Verbreitung jugendgefährdender Inhalte – anders als bei der gänzlichen Unterbindung der Verbreitung absolut rechtswidriger Inhalte – im Konsum der besagten Inhalte nicht beschränkt.169 So besteht an sich kein Unterschied zur Vorsorge, die im Fernsehbereich durch Sperrzeiten oder technische Zugangsbeschränkungen verwirklicht werden soll, um Kinder und Jugendliche vor für sie ungeeigneten Filmen zu schützen. Daher findet das soeben zur Vorzensur im Fernsehbereich Gesagte entsprechende Anwendung für das Internet. Eine unzulässige Vorzensur liegt nicht vor. 163 Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland (RStV); vgl. zur Zensurdiskussion aufgrund der Änderung von § 3 III RStV durch den 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV) Hopf, ZUM, 2000, 739 (744); vgl. zum Jugendschutz nach dem 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch Ridder, Media Perspektiven 5/ 2000, 213 (213 ff.); vgl. zur Ausstrahlung von Trailern für Filme mit FSK 16 bzw. 18 außerhalb von Sendezeitgrenzen BVerwGE 106, 216 (216 ff.). 164 Vgl. BVerfGE 33, 52 (72). 165 Vgl. B. III. 166 So wird die Schädlichkeit von Inhalten für Kinder und Jugendliche in § 4 II Nr. 3 JMStV definiert. 167 Vgl. § 4 II Nr. 2 JMStV. 168 Vgl. § 4 II Nr. 1 JMStV. 169 Vgl. dazu auch Holznagel, ZUM 2000, 1007 (1016), der zutreffend feststellt, daß eine kontroverse Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften gar nicht aufgekommen ist, da der deutsche Gesetzgeber ein absolutes Verbot gegen jugendgefährdende Inhalte im Internet erst gar nicht erwogen hat.

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

Problematisch könnte im Zusammenhang mit dem Zensurverbot auch die Handhabung der §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II MDStV durch die zuständigen Aufsichtsbehörden sein, der ihnen im Bereich der Telemedien eigenständige Aufsichtsbefugnisse und Aufsichtsmittel einräumt.170 Diese Behörden können zur Vollstreckung ihrer Anordnungen auf die jeweiligen Verwaltungsvollstrekkungsgesetze der Länder zurückgreifen. So wäre es an sich zulässig, daß sich die Behörden einer Ersatzvornahme171 bedienten. Dadurch könnten sich jedoch eventuell zensurähnliche Effekte172 ergeben. Die Verpflichtung zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten gemäß § 7 I S. 2 JMStV oder zum Beitritt zu einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle gemäß § 7 II JMStV (früher § 12 V MDStV/§ 7a GjSM) ist dagegen in Bezug auf das Verbot der Vorzensur in Art. 5 I 3 GG unbedenklich, da der Jugendschutzbeauftragte und die Selbstkontrollorganisation Private, also keine staatlichen Behörden bzw. Organe sind. Die Provider sind somit nicht zwingend verpflichtet, den Vorschlägen bzw. Sanktionen der Jugendschutzbeauftragten und Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle Folge zu leisten.173 Auch hier liegt keine unzulässige Vorzensur vor. 3. Grundrechtliche Wirtschaftsfreiheit a) Berufsfreiheit Art. 12 I GG und allgemeine Handlungsfreiheit Art. 2 I GG Die Provider genießen gemäß Art. 12 I GG Berufsfreiheit. Tatbestandlich setzt Art. 12 I GG eine berufliche Tätigkeit voraus. Rechtsprechung und Literatur verstehen darunter im allgemeinen eine auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage.174 Darunter sollen auch freiberufliche, selbständige und unselbständige Tätigkeiten fallen, ebenso die Gründung und Führung von Unternehmen.175 Beruf ist nur eine auf Dauer angelegte 170

Vgl. Liesching, NJW 2002, 3281 (3282). Unter einer Ersatzvornahme versteht man, daß die dem Verantwortlichen obliegende, vertretbare Handlung von einem anderen vorgenommen wird. 172 Vgl. Ladeur, ZUM 1997, 372 (382); Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 34. 173 So auch Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 7a Rdn. 4; vgl. eingehend zum Jugendschutzbeauftragten E. III. 2. a) (1), zu den Organisationen der freiwilligen Selbstkontrolle vgl. E. III. 2. a) (2). 174 Vgl. BVerfGE 7, 377 (397); 54, 301 (313); Manssen, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 12 Abs. 1 Rdn. 33; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 12 Rdn. 42 ff. 175 BVerfGE 50, 290 (363). 171

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Tätigkeit.176 Grundrechtsträger von Art. 12 I GG sind sowohl natürliche177 als auch juristische Personen. Die Bildung und Betätigung der juristischen Person muß dabei Ausdruck der freien Entfaltung der privaten und natürlichen Personen sein, insbesondere wenn der Durchgriff auf die dahinter stehenden Menschen dies als sinnvoll und erforderlich erscheinen läßt.178 Der weite Schutzbereich des Art. 12 I GG erstreckt sich auf die Wahl und die Ausübung des Berufes. Eingriffe in den Schutzbereich der Berufsfreiheit bedürfen gemäß Art. 12 I S. 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Die Beschränkung kann durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes erfolgen.179 Dabei muß es sich um förmliche Gesetze, Rechtsverordnung oder Satzung handeln.180 Bei den unten dargestellten geltenden Jugendmedienschutzvorschriften handelt es sich um Gesetze bzw. Normen181 in diesem Sinne. Ebenso wie andere Grundrechte kann Art. 12 I GG zudem auch durch kollidierendes Verfassungsrecht beschränkt werden.182 Der Provider ist auch Träger der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 I GG. Dazu zählen Betätigungen jedweder Art und Güte, ohne daß diese einen besonders prägenden Bezug zur Entfaltung der Individualpersönlichkeit aufweisen müssen.183 Zu beachten ist allerdings das Verhältnis von Art. 12 I GG zu Art. 2 I GG. Laut Bundesverfassunsgericht ist Art. 12 I GG als eine Konkretisierung des allgemeinen Grundrechts der persönlichen Freiheit ein spezielles Grundrecht, welches für den Bereich seiner Geltung Art. 2 I GG verdrängt.184 Damit ist Art. 2 I GG gegenüber Art. 12 I GG subsidiär, soweit Art. 12 I GG nach seinem persönlichen und sachlichen Schutzbereich einschlägig ist.185 Im einzelnen bestehen jedoch erhebliche „(. . .) Schwierigkeiten und Divergenzen (. . .)“186 hinsichtlich der Abgrenzung. 176 Vgl. Manssen, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 12 Abs. 1 Rdn. 38; Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 12 Rdn. 4. 177 Vgl. eingehend Manssen, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 12 Abs. 1 Rdn. 259. 178 Vgl. BVerfGE 21, 362 (369); 68, 193 (206). 179 Vgl. dazu im einzelnen Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 12 Rdn. 88 ff. 180 Vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 12 Rdn. 18; inwieweit das Parlament Fragen für die Grundrechtsausübung selbst regeln muß, vgl. BVerfGE 41, 251 (265). 181 Vgl. A. I., Fn. 27. 182 BVerfGE 73, 301 (315). 183 Vgl. Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 2 I Rdn. 20. 184 BVerfGE 9, 73 (77); Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 2 Abs. 1 Rdn. 72, m. w. N. 185 Vgl. Manssen, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 12 Abs. 1 Rdn. 267.

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

b) Allgemeine Wirtschaftsfreiheit Art. 14 I GG Art. 14 I GG schützt die allgemeine Handlungsfreiheit auf wirtschaftlichem Gebiet. Diese beinhaltet die allgemeine Vertragsfreiheit. Weil Art. 14 I GG grundsätzlich nur eine Garantie zugunsten bestehenden Eigentums bietet, besteht der diesbezügliche Schutz nach Art. 14 I GG jedoch nur für die Verfügungsfreiheit im Sinne einer vertraglichen Veräußerungsfreiheit des Eigentümers.187 Für den Vertragspartner, der noch nicht Eigentümer ist, bleibt es bei einem Schutz der Erwerbsfreiheit nach Art. 12 I GG.188 Die Eigentumsgarantie erfaßt somit grundsätzlich das Erworbene im Sinne des vorhandenen Bestandes an vermögenswerten Gütern, auch den Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs.189 Art. 12 I GG schützt dagegen die Erwerbsmöglichkeit. Desweiteren enthält Art. 14 I GG die Wettbewerbsfreiheit als Freiheit der Teilnahme am Wettbewerb. Der Garantiegehalt schützt Unternehmer nur vor willkürlichen, unzumutbaren oder unerträglichen staatlichen Beeinträchtigungen.190 Solche sind gegeben, wenn durch die hoheitlichen Maßnahmen die Fähigkeit des übergangenen Dritten zur Teilnahme am Wettbewerb so eingeschränkt wird, daß dessen Möglichkeit, sich als verantwortlicher Unternehmer wirtschaftlich zu betätigen, grundlegend beeinträchtigt wird.191

IV. Die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung beim Jugendschutz im Internet Im folgenden wird zunächst die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung für den Erlaß von gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz im Internet erörtert. Diese ist für die spezialgesetzliche Ausgestaltung des Jugendschutzes im Bereich des Internet entscheidend. Erst ausgerichtet an diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben können die derzeitigen Spezialvorschriften beleuchtet werden und kann über deren eventuell erforderliche Novellierung nachgedacht werden.

186 Vgl. dazu auführlich Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 2 Abs. 1 Rdn. 72. 187 Vgl. Depenheuer, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 14 Rdn. 101. 188 Vgl. ebda. 189 Vgl. Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl., 2000, S. 354 ff.; Depenheuer, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 14 Rdn. 135. 190 BVerfGE 60, 154 (160). 191 Vgl. Depenheuer, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 14 Rdn. 102.

IV. Die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung

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1. Art. 70 I GG Die Grundregel für die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen findet sich in Art. 70 I GG. Zunächst muß demnach geprüft werden, ob das Grundgesetz dem Bund in den Art. 73 ff. GG eine Zuständigkeit explizit zuweist. Kann ein Kompetenztitel aus dem Grundgesetz nicht abgeleitet werden, so folgt demnach aus Art. 70 I GG die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder.192 Das Bundesverfassungsgericht fordert, die Kompetenznormen der Art. 73 ff. GG strikt, aber nicht restriktiv auszulegen.193 Das gilt auch für neuartige Materien, deren Regelungsbedürftigkeit der Grundgesetzgeber nicht vorausgesehen hat.194 Beim Jugendschutz im Internet handelt es sich nach der hier vertretenen Ansicht keineswegs um eine grundlegend neue Materie in diesem Sinne. Vielmehr ist der Jugendschutz im Internet durchaus mit der bestehenden Kompetenzverteilung des Grundgesetzes in den Griff zu bekommen.195 2. Art. 74 I Nr. 7 GG Dazu müßte es sich beim Jugendmedienschutz zunächst um einen Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 74 GG handeln. In Art. 74 I Nr. 7 GG ist dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für das Gebiet der öffentlichen Fürsorge zugewiesen. Der Begriff der öffentlichen Fürsorge darf laut Bundesverfassungsgericht196 im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip nicht eng ausgelegt werden. Er beinhaltet daher die gesamte Jugendfürsorge, das heißt die Jugendhilfe (Jugendpflege197 und Jugendfürsorge) und den Jugendschutz.198 Die Bundeskompetenz für den Jugendschutz nach Art. 74 Nr. 7 GG ist inzwischen grundsätzlich allgemein anerkannt.199 Lediglich im Hinblick auf den Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne200 ist der Umfang noch strittig. Das ist für den Jugendmedienschutz im Internet von Bedeutung, da bestimmte On-

192 Vgl. Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 70 Rdn. 1. 193 Vgl. BVerfGE 12, 205 (228 ff.). 194 Vgl. Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 70 Rdn. 2. 195 A. A. Kröger/Moos, AfP 1997, 675 (676). 196 Vgl. BVerfGE 88, 203 (329). 197 Vgl. BVerfGE 22, 180 (212 ff.). 198 Vgl. BVerfGE 31, 113 (117); vgl. Schraut, Jugendschutz und Medien, 1993, S. 25 m.w.V. 199 Vgl. BVerfGE 22, 180 (212 ff.); 31, 113 (117); BVerwGE 19, 94 (96 ff.); 23, 112 (113); Ory, ZUM, 1986, 123 (126); Meyer-Hesemann, DVBl. 1986, 1181 (1183); Landmann, NJW 1996, 3309 (3309); Herkströter, AfP 1992, 23 (24). 200 Vgl. zum Rundfunkbegriff eingehend Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 61.

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

line-Dienste als rundfunkähnlich kategorisiert werden.201 Bereits diese Einordnung vermag nicht zu überzeugen. Rundfunkähnliche Kommunikationsdienste sollen laut Bundesverfassungsgericht dann dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff202 unterfallen, wenn sich wie beim herkömmlichen Rundfunk Anbieter und eine Vielzahl von Rezipienten gegenüberstehen, die ihre Auswahlentscheidung durch Ein- oder Ausschalten treffen.203 Bei Online-Diensten schalten sich die Internet-Nutzer gerade nicht in eine laufende Programmübermittlung ein, sondern treffen eine individuelle Auswahl bezüglich konkreter Angebote. Abgesehen davon machen die Länder zu Unrecht eine Gesetzgebungskompetenz für den Jugendmedienschutz bei angeblich rundfunkähnlichen Diensten des Internet geltend. Zutreffend ist zwar, daß das Rundfunkwesen nach ganz allgemeiner Meinung einen eigenständigen Sachbereich darstellt, der einer eigenen Kompetenzzuordnung zugänglich ist.204 Das Rundfunkwesen beinhaltet unter anderem die Sicherung der Rundfunkfreiheit, die Schaffung einer Rundfunkordnung und die Festlegung inhaltlicher Programmstandards. In den Art. 73 ff. GG findet sich für den Sachbereich Rundfunkwesen keine umfassende Zuweisung einer diesbezüglichen Gesetzeskompetenz an den Bund. Art. 73 Nr. 7 GG, der die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Telekommunikation statuiert, umfaßt gerade nicht den Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne nach Art. 5 I 2 GG. Unter Rundfunk im Sinne von Art. 5 I 2 GG versteht man eine für die Allgemeinheit bestimmte Übertragung von Darbietungen in Wort, Ton und Bild mittels elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindung oder längs eines Leiters.205 Jedoch ist von Art. 73 Nr. 7 GG nur die rein fernmeldetechnische Seite des Rundfunks, nicht aber dessen programminhaltliche Seite erfaßt.206 Damit liegt die Zuständigkeit für den Rundfunk gemäß Art. 70 I GG bei den Ländern.207 Daraus kann aber nicht automatisch die Zuständigkeit der Länder für den Jugendmedienschutz beim Rundfunk, geschweige denn für rundfunkähnliche Dienste des Internet abgeleitet werden, weil die unstreitige Zuständigkeit der

201 Vgl. nur Gersdorf, AfP 1995, 565 (570); ders., Rundfunkfreiheit ohne Ausgestaltungsvorbehalt, 1996, S. 52; Kresse/Heinze, AfP 1995, 574 (576 ff.); Jarass, AfP 1998, 133 (136, 139). 202 Vgl. Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 61. 203 Vgl. BVerfGE 74, 294 (349). 204 Vgl. Herrmann, Rundfunkrecht, 1994, S. 151. 205 Vgl. Degenhart, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar, (Loseblattsammlung Stand: 100. Lieferung/Juli 2002), Art. 5 Rdn. 511; vgl. auch Pieper/ Wiechmann, ZUM 1995, 82 (89 ff.); Richer/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, 61 ff. 206 Vgl. BVerfGE 12, 205 (226 ff.). 207 So auch das Bundesverfassungsgericht bereits in BVerfGE, 12, 205 (249).

IV. Die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung

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Länder für den Rundfunk sich lediglich auf die Errichtung einer positiven Ordnung für den Rundfunk bezieht, nicht aber zusätzlich auf die Möglichkeit zur Einschränkung der Rundfunkfreiheit.208 Regelungen für den Bereich der Kultur gehören zwar regelmäßig, jedoch nicht ausschließlich zur Gesetzgebungskompetenz der Länder,209 so daß für die Kompetenzbestimmung beim Jugendmedienschutz im Bereich des Rundfunks eine genaue Abgrenzung nach dem Regelungsschwerpunkt vorgenommen werden muß. Als Hauptargument dafür, daß der Regelungsschwerpunkt im Bereich des Rundfunks liege, wird vorgetragen, daß durch Maßnahmen zugunsten des Jugendmedienschutzes die Programmfreiheit210 tangiert sein könne.211 Hiergegen wird zu Recht vorgebracht, daß Jugendschutzregelungen des Bundes zum Rundfunk den selben Regelungsgehalt wie die bereits bestehenden bundesrechtlichen Vorschriften von Film und Presse haben.212 Die Gesetzgebung zum Presse- und Filmwesen beruht auf der Gesetzgebungskompetenz der Länder, dem Bund steht lediglich die Rahmenkompetenz gemäß Art. 75 Nr. 2 GG zu, von der er bislang keinen Gebrauch gemacht hat. Hier wurden jedoch, anders als beim Rundfunk bislang keine Bedenken geäußert, daß für den Jugendmedienschutz im Presseund Filmbereich das GjSM (nunmehr abgelöst durch das JuSchG) des Bundes Anwendung findet. So kann im Bereich des Rundfunks nichts anderes gelten. Der Jugendmedienschutz hat daher auch beim Rundfunk die größere Sachnähe zur Regelungsmaterie des Jugendschutzes.213 Die gleiche Argumentation kann bezüglich rundfunkähnlicher Kommunikationsdienste im Internet herangezogen werden. Bezüglich der sogenannten Mediendienste, deren Angebot und Nutzung an die Allgemeinheit gerichtet sein soll,214 haben die Landesgesetzgeber von ihrer Gesetzgebungskompetenz für den Rundfunk Gebrauch gemacht, indem sie den Mediendienstestaatsvertrag als Regelungswerk geschaffen haben.215 Das Bestehen dieser Gesetzgebungskompetenz ändert an einer Bundeskompetenz für den Jugendmedienschutz auch bei den rundfunkähnlichen Diensten nichts. Der Jugendmedienschutz im Internet 208 Schraut, Jugendschutz und Medien, 1993, S. 25; so auch Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl GjS Rdn. 18. 209 Vgl. BVerfGE 12, 205 (229); a. A. Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 153 m. w. N. 210 Vgl. zum Begriff Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 339. 211 So etwa Meyer-Hesemann, DVBl. 1986, 1181 (1184 ff.); Weides, NJW 1987, 224 (231). 212 Vgl. Schraut, Jugendschutz und Medien, 1993, S. 26. 213 Vgl. ebda.; a. A. Bethge, in: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (Hrsg.), BLM-Symposion Medienrecht 2001, 61 (66). 214 Vgl. Kröger/Moos, AfP 1997, 675 (676); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2994). 215 Die Länder legten dabei eine sehr weite Interpretation des Rundfunkbegriffs zugrunde, vgl. dazu Lecheler, Jura 1998, 225 (226).

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

bei den Mediendiensten hat größere Sachnähe zum Jugendschutz als zum Rundfunk. Gleiches gilt für die Regelungsmaterie einer positiven Ordnung für rundfunkähnliche Dienste.216 Es geht auch hier wieder überwiegend um den Schutz der Kinder und Jugendlichen vor den sie möglicherweise gefährdenden Inhalten, nicht um das Medium Internet selbst, genauer gesagt die Mediendienste, durch die sie mit den Inhalten konfrontiert werden. Daß die verschiedenen Medien aufgrund ihrer spezifischen Eigenheiten unterschiedlicher Regelungen bedürfen, für die zum Jugendschutz verschiedene Gesetzgebungskompetenzen bestehen, widerspricht dem nicht.217 Das sogleich noch näher zu beleuchtende Konvergenzargument für die Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung für den Jugendschutz im Internet bekräftigt diese Argumentation vor dem Hintergrund einer immer weiter fortschreitenden Medienverschmelzung. Als Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden, daß der Jugendschutz im Internet – sowohl für die Teledienste als auch Mediendienste, also sämtliche Telemedien – nach der hier vertretenen Auffassung einen Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 74 I Nr. 7 GG darstellt. 3. Erforderlichkeit bundesgesetzlicher Regelung (Art. 72 II GG n. F.) Unter konkurrierender Gesetzgebung ist gemäß Art. 72 I GG n. F. der konkurrierende Zugriff von Bundes- und Landesgesetzgeber auf die jeweils gleiche Materie zu verstehen.218 Beim Konkurrenzmodell kann der Bund bei Vorliegen der Erforderlichkeit gemäß Art. 72 II GG n. F. jederzeit in dem von ihm für notwendig gehaltenen Umfang die Kompetenz der Länder suspendieren.219 Art. 72 II GG n. F. soll nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der Balance zwischen Bund und Ländern als Kompetenzverteilungsregel besondere Bedeutung zukommen.220 Ob die Wahrung der „Einheitlichkeit“ der Lebensverhältnisse über das Gebiet eines Landes hinaus gemäß Art. 72 II Nr. 3 GG a. F. eine bundesgesetzliche Regelung erfordert, wurde vom Bundesverfassungsgericht früher dahingehend ausgelegt, daß dies eine politische Bewertung voraussetze, die das Gericht zu respektieren habe.221 Dies führte zu einem an216 A. A. vgl. Schulz, MMR 1998, 182 (183); Reinwald, ZUM 1997, 450 (458); Hoffmann-Riem, AfP 1996, 9 (15), meint, es bestehe kein Anlaß, massenkommunikative Abruf- und Zugriffsdienste aus dem Rundfunkbegriff auszuklammern, betont aber ausdrücklich, daß durch die Zuordnung eines Kommunikationsdienstes zum Rundfunk noch nicht vorgeklärt ist, wie der betreffende Kommunikationsdienst reguliert werden soll; Reinwald, ZUM 2002, 119 (123 ff.). 217 So auch Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einl GjS Rdn. 31, 32. 218 Vgl. Stettner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 72 Rdn. 1. 219 Vgl. ebda., Art. 72 Rdn. 8. 220 Vgl. BVerfGE 106, 62 (62). 221 Vgl. BVerfGE 13, 230 (233); 26, 338 (382 ff.); 78, 249 (270).

IV. Die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung

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haltenden Kompetenzverlust der Länder, da der Bundesgesetzgeber diesen Freiraum in großem Maße ausnutzte und möglichst weitgehend tätig wurde. Art. 72 II GG a. F. als zusätzliche Voraussetzung konkurrierender Gesetzgebungskompetenz verlor immer mehr an Bedeutung. 1994 hat der Grundgesetzgeber Art. 72 II GG neu gefaßt: Zum einen heißt es nunmehr „Gleichwertigkeit“ statt „Einheitlichkeit“ der Lebensverhältnisse. Zum anderen ist die bisherige Bedürfnisprüfung durch das Merkmal der Erforderlichkeit ersetzt worden. Mit diesem Richtungswechsel hat der Grundgesetzgeber die Länder gestärkt sowie eine effektive verfassungsgerichtliche Überprüfung sichergestellt.222 Das Bundesverfassungsgericht hat dem in der Folgezeit in seiner Rechtsprechung Ausdruck verliehen und die Auslegung der Merkmale des Art. 72 II GG n. F. neu bestimmt.223 Im Altenpflege-Urteil224 ließ das Bundesverfassungsgericht erstmals die restriktive Ausrichtung des Art. 72 II GG n. F. deutlich werden. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch auch im Altenpflege-Urteil und Urteil zu Juniorprofessur dem Bundesgesetzgeber durchaus eine „Einschätzungsprärogative“ zugebilligt und von einer „Gesamtbetrachtung“ gesprochen.225 „Der Prognose müssen Sachverhaltsannahmen zu Grunde liegen, die sorgfältig ermittelt sind oder sich jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Prüfung bestätigen lassen. Die Prognose muß sich methodisch auf ein angemessenes Prognoseverfahren stützen lassen, und dieses muß konsequent im Sinn der „Verläßlichkeit“ der Prognosen verfolgt worden sein.“226 Art. 72 II GG n. F. unterscheidet drei Ziele als zusätzliche Voraussetzung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes: Erstens die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“. Dieses Erfordernis soll nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht schon dann erfüllt sein, wenn es nur um das Inkraftsetzen bundeseinheitlicher Regelungen gehe. Das bundesstaatliche Rechtsgut gleichwertiger Lebensverhältnisse soll vielmehr erst dann bedroht und der Bund zum Eingreifen ermächtigt sein, wenn sich die Lebensverhältnisse in den Ländern der Bundesrepublik in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise auseinander entwickelt haben oder sich eine derartige Entwicklung konkret abzeichnet.227

222

Vgl. BVerfGE 106, 62 (142). Vgl. grundlegend Urteil zu Juniorprofessur, BVerfG, 2 BvF 2/02 vom 27.07. 2004, Absatz Nr. 1–184; ebenso bereits zuvor Altenpflege-Urteil vom 24.10.2004, BVerfGE 106, 62 (62 ff.); Urteil zu Kampfhunden, BVerfG, 1 BvR 1778/01 vom 16.03.2004, Absatz Nr. 1–123; Urteil zum Ladenschluss BVerfG, 1 BvR 636/02 vom 09.06.2004, Absatz-Nr. 1–191. 224 Vgl. BVerfGE 106, 62 (62 ff.). 225 Vgl. BVerfG, 2 BvF 2/02 vom 27.07.2004, Absatz Nr. 102; Degenhart, Staatsrecht I, 2004, S. 62. 226 Vgl. BVerfG, 2 BvF 2/02 vom 27.07.2004, Absatz Nr. 102. 223

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

Zweitens die „Wahrung der Rechtseinheit“, die – ebenso wie das dritte Ziel, die „Wahrung der Wirtschaftseinheit“ – unmittelbar institutionelle Voraussetzungen des Bundesstaates und erst mittelbar die Lebensverhältnisse der Bürger betreffen soll.228 Das Bundesverfassungsgericht legt auch diese Voraussetzung restriktiv aus: Erst dann soll die Gesetzgebungskompetenz für ein vereinheitlichendes Bundesgesetz gegeben sein, wenn die Gesetzeslage auf Länderebene eine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen darstellt, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann.229 Hervorzuheben ist jedoch, daß nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts einheitliche Rechtsregeln in den Bereichen der konkurrierenden Gesetzgebung erforderlich werden können, wenn eine unterschiedliche rechtliche Behandlung desselben Lebenssachverhalts unter Umständen erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit unzumutbare Behinderungen für den länderübergreifenden Rechtsverkehr erzeugen kann.230 Um der sich daraus ergebenden Bedrohung von Rechtssicherheit und Freizügigkeit im Bundesstaat entgegen zu wirken, soll der Bund eine bundesgesetzlich einheitliche Lösung wählen können.231 Das dritte in Art. 72 II GG n. F. aufgeführte Ziel – Wahrung der Wirtschaftseinheit – soll vorliegen, wenn es um die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik durch bundeseinheitliche Rechtssetzung geht.232 Der Erlaß von Bundesgesetzen zur Wahrung der Wirtschaftseinheit soll nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts dann im gesamtstaatlichen Interesse von Bund und Ländern stehen, wenn Landesregelungen oder das Untätigbleiben der Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich bringen.233 Hinsichtlich aller drei Elemente muß ferner das Merkmal der Erforderlichkeit erfüllt sein. Vor diesem Hintergrund ist im folgenden zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 72 II GG n. F. für ein medienübergreifendes Bundesgesetz, insbesondere für den Jugendmedienschutz im Internet gegeben sind.

227 Vgl. grundlegend BVerfG, 2 BvF 2/02 vom 27.07.2004, Absatz Nr. 98; ebenso zuvor BVerfGE 106, 62 (144), bestätigt in BVerfG, 1 BvR 636/02 vom 09.06.2004, Absatz-Nr. 102 ff. 228 Vgl. BVerfGE 106, 62 (145). 229 Vgl. BVerfGE 106, 62 (145); BVerfG, 1 BvR 1778/01 vom 16.03.2004, Absatz Nr. 116 ff.; BVerfG, 2 BvF 2/02 vom 27.07.2004, Absatz Nr. 99; vgl. dazu auch Stettner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 72 Rdn. 21. 230 Vgl. BVerfGE 106, 62 (146); BVerfG, 2 BvF 2/02 vom 27.07.2004, Absatz Nr. 99. 231 Vgl. BVerfGE 106, 62 (146). 232 Vgl. BVerfGE 106, 62 (146). 233 Vgl. BVerfGE 106, 62 (147).

IV. Die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung

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4. Subsumtion unter Art. 72 II GG n. F. Als Begründung der Erforderlichkeit einer einheitlichen Bundesgesetzgebung für den Jugendmedienschutz wegen der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet drängt sich die Konvergenzentwicklung der Medien geradezu auf. Besonders deutlich wird das im Bereich des Jugendmedienschutzes im Internet.234 Das Grünbuch zur Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie und ihren ordnungspolitischen Auswirkungen der Europäischen Kommission235 unterscheidet kaum zwischen unterschiedlichen Konvergenzebenen. Jedoch kann sehr wohl unterschieden werden zwischen technischer Konvergenz, Konvergenz der Dienstleistungsangebote (kommunikative Konvergenz) und Konvergenz im Nutzungsverhalten.236 Technische Konvergenz meint dabei, ausgehend von der zunehmenden Konvergenz der Informationstechnologien, die Konvergenz von Infrastrukturen, ebenso von Empfangsgeräten und technischen Dienstleistungen.237 Diese technische Konvergenz führt wiederum zu einer Konvergenz unterschiedlicher Dienste und Angebote.238 „Das wirkt sich in der Ausweitung von Unternehmensaktivitäten auf unterschiedliche Glieder der Verwertungskette aus und führt gleichzeitig zur Generierung neuer Dienstleistungsanbieter auf dem Markt.“239 Die „Konvergenz im Nutzungsverhalten“ spielte bislang eine eher untergeordnete Rolle.240 Ein Beispiel ist die Verlagerung von Nutzungszeiten vom Fernsehbildschirm auf den Computermonitor. Da die technische Entwicklung in diesem Bereich nicht hinreichend ausgereift ist, können Bewegtbilder auf Computermonitoren über das Internet ohne größeren Aufwand noch nicht in ausreichender Qualität dargestellt werden. Jedoch ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Konvergenz im Nutzungsverhalten aufgrund technischer Entwicklungen auch hier stark zunehmen wird.

234 Vgl. Hochstein, NJW 1997, 2977 (2978); vgl. auch von Heyl, tv diskurs 11/ 2000, 98 (105 ff.). 235 Vgl. KOM (97) 623; vgl. dazu Scheja, CR 1998, 358 (358 ff.); Tettenborn, MMR 1998, 18 (21); Klotz, ZUM 1999, 443 (444); Holznagel, JZ 2001, 905 (906). 236 Vgl. zu den unterschiedlichen Konvergenzebenen sehr eingehend HoffmannRiem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 20 ff.; daß eine Unterscheidung sinnvoll ist, haben sehr früh erkannt Scheja, CR 1998, 358 (359 ff.); Knothe, K&R 1998, 95 (95 ff.); Ulbrich, K&R 1998, 100 (100 ff.); vgl. auch Oehmichen/ Schröder, Media Perspektiven 3/2000, 359 (359 ff.). 237 Vgl. Holoubek/Damjanovic, medien und recht-Beilage zu Heft 2/2000, 1 (4 ff.); Paulweber, AfP 1999, 439 (440); Zimmer, Media Perspektiven 3/2000, 110 (110 ff.); dazu auch Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 109. 238 Vgl. eingehend Holoubek/Damjanovic, medien und recht-Beilage zu Heft 2/ 2000, 1 (6). 239 Vgl. Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 21. 240 Vgl. ebda., S. 23 ff. m. w. N.; vgl. ganz aktuell Zimmer, Media Perspektiven 3/ 2000, 110 (110).

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

Entscheidend für die Bestimmung der Erforderlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung gemäß Art. 72 II 1. Alt. GG n. F. ist jedoch in erster Linie die „technische Konvergenz“.241 Darunter ist zu verstehen, daß multimediale Inhalte heutzutage inhaltsgleich über die verschiedensten Medien verbreitet werden können. Das war vor wenigen Jahren noch ganz anders, als die verschiedenen Medien noch durch ihre jeweiligen verbreitungstechnischen Eigenheiten exakt voneinander abgegrenzt werden konnten. So kann heute etwa Rundfunk – wie es in der Praxis bereits sehr häufig beim Hörfunk als Zusatzservice für die Hörer der Fall ist – über das Internet verbreitet werden. Eine der dadurch bedingten paradoxen Folgen ist, daß Inhalte, die im Fernsehen und Hörfunk aus jugendschutzrechtlicher Sicht unzulässig sind, eventuell im Internet dennoch als zulässige Angebote verbreitet werden können.242 Insoweit zeichnet es sich konkret ab, daß sich die Lebensverhältnisse in den Ländern der Bundesrepublik in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise auseinander entwickeln. Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse macht ein Bundesgesetz für den Jugendschutz im Internet erforderlich. Eine weitere Auseinanderentwicklung in den Ländern wäre für den Bundesstaat von Nachteil. Damit sind die strengen Anforderungen des Art. 72 II GG n. F. auch unter Beachtung von Altenpflege-Urteil und Urteil zu Juniorprofessur eingehalten. Auch die Wahrung der Rechtseinheit gemäß Art. 72 II 2. Alt. GG n. F. macht eine Bundesregelung im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Die Länder betrachteten sich vor Verabschiedung des neuen JMStV und JuSchG und der dieser vorausgehenden Herbeiführung eines Kompetenzkompromisses, bei den Mediendiensten, die der Massenkommunikation dienen beziehungsweise an die Allgemeinheit gerichtet sind, für den Jugendmedienschutz als zuständig. Der Bund beanspruchte für die Dienste der Individualkommunikation die Gesetzgebungskompetenz für den Jugendmedienschutz.243 Aufgrund der beschriebenen Medienkonvergenz konnte diese Abgrenzung zwischen Telediensten und Mediendiensten nur schwerlich durchgeführt werden und führte zu erheblicher Rechtsunsicherheit.244 Da das GjSM und der MDStV gleichfalls an die vorgenannten Dienste unterschiedliche Rechtsfolgen anknüpften, machte die Wahrung der Rechtseinheit ein Bundesgesetz erforderlich.245 Bei der Kompetenzbe241

Vgl. dazu Janik, K&R 2001, 572 (581). Vgl. mit weiteren Beispielen von Heyl, tv-diskurs 16/2001, 38 (38); zum Beispiel Werbung Holznagel, JZ 2001, 905 (908). Das gilt auch nach Erlass des JMStV, da die einzelnen zuständigen Landesmedienanstalten im Bereich Rundfunk ohne Bewertung durch die KJM entscheiden. 243 Vgl. zur schwierigen Abgrenzung und den damit verbundenen Rechtsproblemen nur Kröger/Flemming, AfP 1997, 675 (676); Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2982); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2994); von Heyl, ZUM 1998, 115 (116 ff.); Waldenberger, MMR 1998, 124 (124); Tettenborn, MMR 1999, 516 (517 ff.); vgl. vertiefend D. 244 Vgl. D. II. 1. 242

IV. Die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung

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stimmung für den Jugendmedienschutz im Internet kann es auf die Abgrenzung zwischen Telediensten und Mediendiensten nicht ankommen. Das Internet ist hierfür als Ganzes, nämlich als einheitliches neues Medium zu behandeln, das sowohl alle oben246 bereits beschriebenen technischen als auch inhaltlichen Eigenschaften in sich vereint.247 Daher kann die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen durch alle auf diesem Wege angebotenen Dienste gleichermaßen gefährdet werden. So muß es für den Jugendmedienschutz von vornherein gleichgültig sein, ob die Kinder oder Jugendlichen gerade ein Angebot der Individualkommunikation oder ein an die Allgemeinheit gerichtetes Angebot nutzen. Vielmehr steht ohne Zweifel der Jugendmedienschutz im Vordergrund, und nur um die Gesetzgebungskompetenz für diesen muß es hier auch gehen. Beim Jugendmedienschutz im Internet geht es darum, von Kindern und Jugendlichen Einflüsse durch die verschiedenen Diensteangebote aus dem Internet – egal ob an das Individuum Kind und Jugendlicher oder an die Allgemeinheit Kinder und Jugendliche gerichtet – fernzuhalten, welche sich auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit negativ auswirken können.248 Nicht etwa Bund-Länder-Kompetenzrangeleien, sondern nur der Sachbereich des effektiven Schutzes des Kindeswohls und die hierfür vom Grundgesetz zur Verfügung gestellte Kompetenzverteilung darf bei der Prüfung der Gesetzgebungskompetenz Eingang finden. Der Jugendmedienschutz darf aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzlage und unter Zugrundelegung der tatsächlichen Gegebenheiten nicht mehr nur jeweils bezogen auf bestimmte Medien stattfinden, sondern ist in seiner Gesamtheit zu betrachten. Im Zuge der Konvergenz verschwimmen die früher immer exakt nach den unterschiedlichen Verbreitungswegen voneinander abgrenzbaren Medien immer weiter. Anwendungsbereiche von unterschiedlichen Regelungen sind kaum noch klar zu bestimmen. Gerade aber eine so überragend wichtige und mit der zunehmenden Medienflut noch weiter an Gewicht gewinnende Materie wie der Jugendmedienschutz macht es erforderlich, die dargestellte derzeitige Kompetenzlage zu nutzen249 und ein medienübergreifendes Bundesgesetz zum effektiven Schutze der Kinder und Jugendlichen zu schaffen.250 Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, daß die Staatsvertragspartner 245

So auch Liesching, Jugendmedienschutz in Deutschland und Europa, 2002, S. 261. Vgl. A. I. 247 Das hat neuerdings auch die Enquete-Kommission Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft feststellen müssen, vgl. Schlußbericht der Enquete_Kommission in BT-Drs. 13/11004, S. 11; vgl. auch Ladeur, ZUM 1997, 372 (383). 248 Vgl. BVerfGE 83, 130 (140). 249 A. A. Kröger/Moos, AfP 1997, 675 (680), sehen zwar das Konvergenzargument, meinen jedoch, die derzeitige verfassungsrechtliche Kompetenzlage reiche für eine angemessene Lösung nicht aus. 250 So auch von Heyl, tv-diskurs 16/2001, 38 (40); Liesching, Jugendmedienschutz in Deutschland und Europa, 2002, S. 259. 246

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C. Verfassungsrechtliche Vorgaben zum Jugendschutz

und der Bund sich nunmehr mit dem JMStV und dem JuSchG aufgrund von Sacherwägungen und in Folge der Ereignisse von Erfurt251 vorerst auf eine „Länderlösung“ als Kompromiß geeinigt haben, nach der die Länder nunmehr für sämtliche Telemedien, also Teledienste und Mediendienste zuständig sind, dem Bund dafür im Gegenzug die Kompetenz für Trägermedien zukommt. Die Neuregelungen des JMStV und JuSchG ändern nichts an dem oben genannten, bereits zuvor bestehenden Erfordernis einer umfassenden, bundeseinheitlichen Regelung des gesamten Jugendmedienschutzes,252 die der bestehenden Kompetenzlage Rechnung trägt. Wenn ein so zentraler – den fundamentalen Grundsatz der Menschenwürde berührender – Sektor wie der Jugendschutz aufgrund einer Auseinanderentwicklung, ja Zersplitterung in den Ländern Schaden nimmt, dann leidet auch der Bundesstaat insgesamt. Damit sind im Hinblick auf die in dieser Arbeit vorgeschlagene bundesgesetzliche Regelung die in AltenpflegeUrteil und Urteil zu Juniorprofessur geforderten Kriterien der „Prognose“ und „Gesamtbetrachtung“ eingehalten.253 Die „Einschätzungsprärogative“254, die – wenn auch eingeschränkt – auch nach dem Bundesverfassungsgericht fortbesteht, wäre nicht überschritten. Zudem macht die Wahrung der Wirtschaftseinheit gemäß Art. 72 II 3. Alt. GG n. F. im gesamtstaatlichen Interesse eine Bundesgesetzgebung für den Jugendmedienschutz im Internet erforderlich. Die Wahrung der Wirtschaftseinheit liegt im gesamtstaatlichen Interesse, wenn es um die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik durch bundeseinheitliche Rechtssetzung geht.255 Die Internet-Branche ist ein Wachstumsmarkt, welcher der deutschen Wirtschaft erhebliche Zuwächse einbringt.256 Für eine weitere positive Entwicklung ist ein effektiver Jugendmedienschutz im Internet von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die Grundlage hierfür sind sowohl die Wahrung des Vertrauens der Nutzer in das Medium Internet als auch die Errichtung eines klaren Orientierungsmaßstabs für die Provider. Wirtschaftliche Einbußen der Internet-Branche und damit der Gesamtwirtschaft wären für den Bundesstaat von Nachteil. Somit sind auch die in dieser Hinsicht geforderten Kriterien der „Prognose“257 und „Gesamtbetrachtung“ erfüllt.

251 Vgl. zum Amoklauf des 19-jährigen Schülers Robert S. am Gutenberg Gymnasium Erfurt nur: Der Spiegel, Nr. 19/2002. 252 So auch Liesching, ZUM 2002, 868 (875). 253 Vgl. BVerfG, 2 BvF 2/02 vom 27.07.2004, Absatz Nr. 102. 254 Vgl. ebda.; dazu auch Degenhart, Staatsrecht I, 2004, S. 62. 255 Vgl. BVerfGE 106, 62 (146). 256 Vgl. dazu nur die Pressemeldung von http.net vom 13.04.2004 unter http:// www.httpnet.de/news/pi-2004-04-13.htm (abgerufen am 20.08.2004). 257 Vgl. näher Degenhart, Staatsrecht I, 2004, S. 62.

D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet I. Spezialgesetzlicher klassischer Jugendmedienschutz im Internet 1. Problemstellung Das Internet wurde in der Vergangenheit zum einen aufgrund seiner oben1 bereits dargestellten technischen Besonderheiten gegenüber anderen Massenmedien, zum anderen aufgrund anfangs fehlender Spezialvorschriften oftmals als rechtsfreier Raum diskutiert.2 Doch seit dem 1.8.1997 konnte hiervon, zumindest auf nationaler Ebene Deutschlands, keine Rede mehr sein.3 Seit diesem enorm wichtigen Stichtag für das Multimediarecht verfügte Deutschland als erstes Land der Welt über einen rechtlichen Rahmen für den Multimedia-Sektor: das Gesetz über die Nutzung von Telediensten – Teledienstegesetz (TDG)4. 2003 erfolgte eine nachhaltige Reformierung des Jugendmedienschutzrechts durch die Vorschriften des JMStV und JuSchG. Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung ist es, Lösungsansätze für eine effiziente Regulierung des Internet hinsichtlich kinder- und jugendgefährdender Inhalte aufzuzeigen. Hierzu wird zunächst die aktuelle Gesetzeslage unter Zugrundelegung des derzeitigen Standes der Technik5 untersucht werden. Dabei ist auch zu klären, ob die existierenden Jugendschutzvorschriften der klassischen imperativen Zweckverwirklichung6 im JMStV und MDStV7 womöglich 1

Vgl. A. III. Vgl. Mayer, NJW 1996, 1782 (1789); Müller-Hengstenberg, NJW 1996, 1777 (1777); Scherer widerlegt dabei besonders deutlich diese Annahme unter Aufzeigung des damals bestehenden medien- und telekommunikationsrechtlichen Regulierungsbedarfs, AfP 1996, 213 (214); vgl. dazu auch den Bericht von Holznagel über die 79. Tagung des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit, ZUM 1996, 864 (864); Engel, AfP 1996, 220 (220). 3 Vgl. auch Helle, JZ 2002, 593 (593). 4 Enthalten in Artikel 1 des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG) des Bundes und den Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) der Länder. EngelFlechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2981 ff.) sprechen dem TDG sogar die Eigenschaft eines umfassenden, einheitlichen rechtlichen Rahmes für den Multimediabereich zu. 5 Vgl. dazu jeweils die schematische Darstellung der technischen Möglichkeiten des Jugendmedienschutzes im Internet in B. der vorliegenden Arbeit. 2

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

unter die Kategorie der Gesetzestypen symbolisches Recht8 fallen.9 Anhand dieser Analyse kann die Bedeutung neuer Regulierungsansätze für den Jugendmedienschutz im Internet abgeschätzt werden. 2. Der Weg zu den Multimediagesetzen a) Ausgangslage Daß die neuen Informations- und Kommunikationstechniken zu einem bestimmenden Faktor des Wirtschaftslebens am Ausgang des 20. Jahrhunderts aufsteigen werden, hat man auch in der juristischen Literatur schon früh erkannt.10 Das zeigt sich sowohl bei der Betrachtung von einzelnen Industrienationen als auch der Europäischen Gemeinschaft. Mähring hat treffend formuliert, daß die Produktion, Übertragung und Verarbeitung von Information zunehmend im Mittelpunkt von Wirtschaft und Verwaltung steht, sie sogar zur zentralen Ressource (post)industrieller Gesellschaften avanciert.11 Durch die Digitalisierung der Nachrichtentechnik und die atemberaubende Miniaturisierung im Chipbereich stehe die totale elektronische Kommunikation unmittelbar bevor. Heute ist diese Vision bereits längst Wirklichkeit geworden. Durch die zunehmende Anzahl der Onlinediensteanbieter mit ihren Diensten und Inhalten im Internet traten neue rechtliche Probleme auf. Beispielhaft zeigt dies der Fall Felix Somm12. Die Münchener Strafverfolgungsbehörden wiesen den Geschäftsführer Felix Somm der deutschen Compu6

Vgl. zum Begriff klassischer staatlicher Jugendmedienschutz C. I. 2. Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienste-Staatsvertrag – MDStV) vom 28.01./12.02.1997, BayGVBl S. 226, zuletzt geändert durch JugendmedienschutzStaatsvertrag vom 10.09./27.09.2002, BayGVBl 2003 S. 147. 8 Vgl. D. II. 3. a) (3) (c). 9 Daß die nationalstaatlichen Regelungen des imperativen Steuerungsmodus der Ubiquität des Internet von vornherein keinesfalls gewachsen sind, ist in der Literatur grundsätzlich unbestritten und kann als zutreffend erachtet werden, vgl. statt vieler nur Hoeren, NJW 1998, 2849 (2850 ff.); Roßnagel, ZRP 1997, 26 (27 ff.). Bei der folgenden Untersuchung sollen jedoch zunächst die staatlichen Steuerungsmodi auf nationaler Ebene der BRD im Mittelpunkt stehen. Zu Lösungsansätzen bezüglich der Ubiquität des Internet vgl. im einzelnen F. 10 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (183); Mähring, CR 1992, 117 (117); Jaeger, NJW 1995, 3273 (3273). 11 Vgl. Mähring, CR 1992, 117 (117) m. w. N. 12 Vgl. erstinstanzliche Entscheidung des AG München vom 28.5.1998 – 8340 Ds 465 Js 173158/95 in MMR 1998, 429 (429 ff.) mit Anmerkung von Sieber, MMR 1998, 438 (438 ff.); a. A. vertreten Hoeren, NJW 1998, 2792 (2792 ff.); Vehslage, DuD 1999, 97 (98); freisprechende Berufungsentscheidung erst 1999 vgl. Urteil des Landgerichts München I vom 17.11.1999 – 20 Ns 465 Js 173158/95 (AG München I); rechtskräftig in CR 2000, 117 (117 ff.), mit Anmerkung von Moritz, CR 2000, 119 (119 ff.). 7

I. Spezialgesetzlicher klassischer Jugendmedienschutz im Internet

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Serve Information Services GmbH im November 1995auf fünf Newsgroups mit kinderpornographischen Inhalten auf den Servern der Muttergesellschaft CompuServe Inc. in den USA hin. Sie übergaben ihm im Dezember 1995 eine Liste mit 282 Newsgroups, die das Vorhandensein von jugendgefährdenden Inhalten im Internet aufzeigen sollte. Diese Informationen wurden daraufhin sofort an die Muttergesellschaft CompuServe Inc. in den USA übermittelt mit der Bitte um Löschung und Sperrung der genannten Inhalte. Die Sperrung erfolgte sofort, wurde jedoch später von der Muttergesellschaft CompuServe Inc. nach Einführung von Jugendschutzsicherungen (Parental Controls) wieder aufgehoben. In der Folgezeit gelang es den Ermittlungsbehörden, über den Zugangsknoten der deutschen CompuServe GmbH Newsartikel mit Bildern von harter Pornographie gemäß § 184 III StGB aus Newsgroups abzurufen, die in der Liste der 282 Newsgroups enthalten waren. Der Geschäftsführer Somm machte zu seiner Entlastung geltend, daß nach seiner Kenntnis und der Entscheidung der CompuServe Inc. nur einfache pornographische Newsgroups freigegeben worden seien, Newsgroups mit Kinderpornographie aber weiterhin gesperrt bleiben sollten. Somm wurde vom Amtsgericht München wegen mittäterschaftlicher Verbreitung pornographischer Schriften und fahrlässigen Verstoßes gegen das GjSM zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung verurteilt. Die Reaktion der Online-Industrie auf dieses sogenannte Somm-Urteil des Amtsgerichts München vom 28.5.199813 läßt auf die enorm große marktwirtschaftliche Bedeutung des Rechtsrahmens für den Multimedia-Sektor schließen. Führende Vertreter der Online-Industrie trafen sich laut damaligen Pressemeldungen zu dringlichen Beratungen über das Urteil. Ein in Bayern ansässiger internationaler Provider verlegte kurzerhand – als Kritik an der durch das Urteil hervorgerufenen Rechtsunsicherheit sowie der angeblichen deutschen Überregulierung im Internet – seine Serversysteme ins Ausland, andere Onlineanbieter prüften ein ähnliches Vorgehen.14 Diese Situation hat sich mit dem freisprechenden Berufungsurteil des Landgerichts München I vom 17.11.199915 wieder entschärft.16 Das Berufungsgericht hat das Urteil des Amtsgerichts München vom 28.05.199817 mit der Begründung aufgehoben, daß die CompuServe Information Services GmbH ein

13 Vgl. Entscheidung des AG München vom 28.5.1998 – 8340 Ds 465 Js 173158/95 in MMR 1998, 429 (429 ff.). 14 Vgl. Sieber, MMR 1998, 438 (438 ff.); vgl. dazu an dieser Stelle auch rechtsvergleichend USA-BRD Holznagel, ZUM 2000, 1007 (1023); ders., in: Berg/Fisch/ Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 95. 15 Urteil des Landgerichts München I vom 17.11.1999 in K&R 2000, 193 ff. mit Anmerkung von Barton. 16 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (182 f.). 17 Vgl. Entscheidung des AG München vom 28.5.1998 – 8340 Ds 465 Js 173158/95 in MMR 1998, 429 (429 ff.).

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

Access-Provider und damit gemäß § 5 III S. 1 TDG a. F. (§ 9 I TDG n. F.) nicht verantwortlich sei. In der Literatur wurde bereits vor dem CompuServe-Ermittlungsverfahren zunehmend die Forderung nach flexiblen Regelungen für das Internet laut. Man appellierte an Gerichte und Behörden, eine liberale Haltung einzunehmen, um die weitere Entwicklung des Internet nicht zu gefährden.18 Problematisch war in rechtlicher Hinsicht, daß sich die neuen Dienste des Internet nicht in das vertraute Koordinatensystem des Rundfunk- und Presserechts einordnen ließen19. Aufgrund des Zuschnitts der Gesetze ergaben sich außerdem erhebliche Rechtsprobleme im Urheber- und Urhebervertragsrecht, im Verlags- und Kartellrecht sowie im Bereich des Datenschutzes des Fernmelderechts.20 In diesem Zusammenhang wurden Zweifel laut, ob das Internet überhaupt in den sachlichen Anwendungsbereich vorgenannter bestehender Gesetze falle und ob die bestehenden Regeln auf die Besonderheiten des Internet vorbereitet seien.21 Insbesondere im Bereich des Jugendschutzes sah man Regelungsbedarf.22 b) Gesetzgeberische Lösung Für Bund und Länder galt es, eine gesetzgeberische Lösung für den Komplex Multimedia zu entwickeln. Ende 1995 empfahl der von der Bundesregierung im Frühjahr desselben Jahres eingesetzte Rat für Forschung, Technologie und Innovation in seinem Bericht, ein national einheitliches Medienordnungsrecht zu schaffen, um zu einer freien Entfaltung der Marktkräfte bei den neuen Medien zu gelangen. Außer den Rundfunk, welchen der Rat sehr eng verstanden haben wollte, ordnete der Rat alle neuen Multimediadienste als Individualkommunikation und als wirtschaftliche Aktivitäten der Bundesgesetzgebungskompetenz zu.23 Daraufhin beauftragte die Bundesregierung den damaligen Bundesforschungsminister Rüttgers, ein Multimediagesetz zu entwickeln. Allerdings beanspruchten die Länder für die Regelungsmaterie Multimedia ebenfalls die Gesetzgebungskompetenz und beauftragten daher ihre Rundfunkkommission, anstelle des technisch und wirtschaftlich bereits längst überholten Btx-Staatsvertrages einen Staatsvertrag über Mediendienste zu entwerfen. Der Bund ließ sich bei der Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen durch ein neues 18

Vgl. Kuner, CR 1996, 453 (458); Bonin/Köster, ZUM 1997, 821 (829). Vgl. Holznagel, ZUM 1996, 864 (864). 20 Vgl. Jaeger, NJW 1995, 3273 (3274). 21 Vgl. Engel, AfP 1996, 220 (221); Müller-Hengstenberg, NJW 1996, 1777 (1778); Mayer, NJW 1996, 1782 (1789), erachtet die Durchsetzung von allgemeinen Regeln im Internet als extrem schwierig. 22 Vgl. Scherer, AfP 1996, 213 (214); dazu auch Holznagel, ZUM 1996, 864 (865). 23 Vgl. Rat für Forschung, Technologie und Innovation, Empfehlung 13, 1995, S. 25. 19

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Gesetz von folgenden tragenden Gedanken leiten24: Die vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten durch Multimedia für neue Innovationen könnten nur durch Garantie eines freien Wettbewerbs gesichert und gefördert werden. Für den Wirtschaftszweig Multimedia sollte daher der Grundsatz der Zulassungsfreiheit gelten. Zum Schutz des Nutzers wollte man durch entsprechende Bestimmungen Mindestanforderungen an Multimediaangebote definieren. Das galt zum Beispiel für die Kosten- und Anbietertransparenz, die Datenvermeidung, Sicherung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, den Verbraucherschutz und den Jugendschutz. Es sollten völlig neue Internetgesetze geschaffen werden und flankierend bereits vorhandene Rechtsmaterien – soweit erforderlich – ergänzt und geändert werden. Die Länder gingen bei der Entwicklung des Mediendienstestaatsvertrags im wesentlichen von ähnlichen Prämissen wie der Bund aus. Im Vordergrund sollte die Durchsetzung marktwirtschaftlicher Freiheit und gerechter Güterverteilung stehen, also die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und Investitionshemmnissen durch Rechtsunsicherheiten.25 Die geregelten Bereiche des Jugendschutzes sowie des Daten- und Verbraucherschutzes sollten nach dem Willen der Länder nur die medienrechtlichen Mindeststandards sichern.26 Insoweit waren die Differenzen zwischen Bund und Ländern im Entwicklungsprozeß zu der neuen Multimediagesetzgebung27 in erster Linie kompetenzrechtlicher Art.28 c) Kompetenzstreit Um einem langjährigen, der Entwicklung des Multimediasektors hinderlichen Verfassungstreit vorzubeugen, hatten sich Bund und Länder bereits 1995auf die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe Multimedia geeinigt.29 Am 1.7. 1996 konnte ein politischer Kompromiß zur Interpretation der Kompetenzvorschriften erzielt werden. Bund und Länder sollten jeweils in ihrem Kompetenzbereich eigenständige Regelungen erlassen. Den Abschluß des intensiven Diskussionsprozesses zwischen Bund und Ländern bildete die Einigungserklärung vom 18.12.1996.30 Man hatte in wichtigen Fragenkomplexen einvernehm24 Vgl. dazu im einzelnen Pressemitteilung des damaligen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, BMFG vom 2. Mai 1997: „Rechtliche Rahmenbedigungen für neue Informations- und Kommunikationsdienste“; vgl. dazu auch Rüttgers, CR 1996, 51 (56). 25 Vgl. Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2993). 26 Vgl. Begründung zum Mediendienstestaatsvertrag, Bay. LT-Drs. 13/8204, S. 3. 27 Von Multimedia-Gesetzen spricht auch Roßnagel, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einf 1 Überschrift zu Rdn. 1. 28 Vgl. Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2993). 29 Vgl. eingehend Roßnagel, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einf 1 Rdn. 21.

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

liche Ergebnisse erzielt. Zudem wollte man die Entwicklung neuer Dienste sowie die Anwendung der beiderseitigen gesetzlichen Regelungen31 fortlaufend beobachten und hierüber weiterhin im Gespräch bleiben. Die Vermutung, daß es sich somit bei der daraus hervorgehenden Gesetzeslage im wahrsten Sinne des Wortes lediglich um eine Kompromißlösung handelte, hat sich bestätigt. Nach der Einigung vom 18.12.1996 wurde der Kompetenzstreit in folgender Weise gelöst: Der Bund machte seine Gesetzgebungskompetenz für die Regelung der Individualkommunikation und der als presseähnlich betrachteten Dienstleistungen geltend.32 Dabei wurde das IuKDG den verfassungsrechtlichen Gegebenheiten entsprechend auf eine Reihe von Gesetzgebungskompetenzen des Bundes gestützt, die insgesamt eine einheitliche Kompetenz des Bundes für Multimedia beschreiben sollten: auf Art. 74 I Nr. 11 GG, dem Recht der Wirtschaft insbesondere für die Zugangsfreiheit, den Verbraucherschutz, den Datenschutz und die Datensicherheit, auf Art. 73 Nr. 9 GG für den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht und auf Art. 74 I Nr. 1 GG für das Strafrecht.33 Die Gesetzgebungskompetenz für den Jugendschutz stützte der Bund zutreffend auf Art. 74 I Nr. 7 GG. Wie oben in C. IV. bereits aufgezeigt wurde, geht die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Jugendmedienschutz sogar noch weiter: Sie ermächtigt den Bund zur Schaffung eines einheitlichen Jugendmedienschutzrechts. Zur effizienten Förderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei Einsatz und Nutzung von Multimedia ließe sich angesichts der Vielzahl der tangierten Rechtsgebiete und der Vielfältigkeit der Auswirkungen im globalen Wettbewerb sogar von einem Verfassungsauftrag des Bundesgesetzgebers sprechen.34 Die Länder beriefen sich auf die für sie günstigste Interpretation der Rundfunkfreiheit. Damit verschafften sie sich einen möglichst weiten Regelungsspielraum, jedenfalls für die Mediendienste, die unmittelbare kommunikative 30 Die Einigung zwischen Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten der Länder vom 18.12.1996 findet sich vollständig abgedruckt in der Kommentierung von EngelFlechsig, ZUM 1997, 231 (231). 31 Vgl. A. I., Fn. 27. 32 Ladeur, ZUM 1997, 372 (383), dagegen hält eine Einordnung des Internet in das Recht der Individualkommunikation gänzlich für unmöglich; vgl. auch ders., CR 1996, 614 (618); Ernst, JuS 1997, 776 (782). 33 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 17; vgl. dazu auch die Stellungnahme des Referenten im Referat „M 1 – Multimedia-Gesetzgebung“, der für das IuKDG des Bundes verantwortlich war Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (233); Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2982). 34 Vgl. eingehend zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Regulierung von Multimedia-Diensten das vom BMBF in Auftrag gegebene Gutachten von Bullinger/Mestmäcker, Multimediadienste, 1996, Dritter Abschnitt, welches belegen sollte, daß dem Bund die alleinige Gesetzgebungskompetenz für Multimediadienste zustehen.

I. Spezialgesetzlicher klassischer Jugendmedienschutz im Internet

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Wirkung haben.35 Insbesondere sollten die einzelnen Bereiche der Massenkommunikation wie etwa der Jugendmedienschutz im Bereich der Mediendienste kompetenzrechtlich Rundfunk darstellen und somit kraft Sachzusammenhangs unter die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder fallen.36 Nur Daten, die keinen Bezug zur öffentlichen Meinungsbildung aufweisen, seien keine Darbietungen im rundfunkverfassungsrechtlichen Sinne und fielen deshalb nicht unter den Rundfunkbegriff des Art. 5 I 2 GG.37 Diese kompetenzrechtliche Unterscheidung in Dienste der Massen- und Individualkommunikation wurde in der Literatur heftig diskutiert und zu Recht als wenig produktiv kritisiert.38 Im einzelnen sei auf die Ausführungen in D. II. 1. verwiesen. d) Neuordnung des Jugendmedienschutzes 2003 Infolge der Ereignisse von Erfurt39 haben Bund und Länder zwischenzeitlich neue Regelungen auf der Grundlage des Eckpunktepapiers der Ministerpräsidentenkonferenz vom 08.03.200240 für den Jugendmedienschutz verabschiedet. Für den Bereich der Trägermedien hat der Bund im Eiltempo bereits im Juli 2002 das neue Jugendschutzgesetz (JuSchG)41 verkündet. Dieses ist gleichzeitig mit dem von den Ländern verabschiedeten, für alle Telemedien anzuwendenden Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)42, zum 01.04.2003 in Kraft getreten. 35 Vgl. Ladeur, CR 1996, 614 (618); vgl. zur Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Rundfunk C. IV. 36 Vgl. etwa nur Schulz, MMR 1998, 182 (183); Klöck, CR 1999, 456 (461); vgl. a. A. für den Jugendschutz im Internet C. IV. 37 Vgl. ausdrücklich Gersdorf, AfP 1995, 565 (569); ders., Rundfunkfreiheit ohne Ausgestaltungsvorbehalt, 1996, S. 52; ders., Funkkorrespondenz 1996, 21 (21 ff.); ders., in: FS für Engelschall, 1996, 163 (176 ff.); ähnlich Hoffmann-Riem, AfP, 1996, 9 (15); Scherer, AfP 1996, 213 (218). 38 Vgl. Ladeur, CR 1996, 614 (619); ders., ZUM 1997, 372 (383); Flechsig, AfP 1996, 333 (336); große Skepsis äußert auch Waldenberger, MMR 1998, 124 (126); Ernst meint, daß die Internet-Nutzung mangels Bestimmung für die Allgemeinheit im Normalfall nicht unter den Rundfunkbegriff falle, JuS 1997, 776 (781); vgl. a. A. Knothe, AfP 1997, 494 (495); Engel, BDGV 39 (2000), 353 (374), spricht von einem fragilen Kompromiß. 39 Vgl. zum Amoklauf des 19-jährigen Schülers Robert S. am Gutenberg Gymnasium Erfurt nur: Der Spiegel, Nr. 19/2002. 40 Vollständig abgedruckt in BT-Drs. 14/9013, S. 13 ff. Hier haben sich Bund und Länder grundsätzlich „geeinigt“, daß die Länder den Jugendschutz über den Rundfunk und die Mediendienste hinaus in allen elektronischen Online-Medien einschließlich des Schutzes der Menschenwürde durch Staatsvertrag umfassend neu regeln und der Bund die gesetzgeberischen Voraussetzungen für eine umfassende Länderregelung schafft, sich also bei der Gesetzgebung betreffend des Internet zurücknimmt. 41 Jugendmedienschutzgesetz (JuSchG) vom 23.07.2002, BGBl. I, 2730. 42 Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV) vom 10./27. September 2002 (BayGVBl 2003 S. 147).

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

Im JuSchG wurden die früheren Bestimmungen des JÖSchG43 und des GjSM zusammengeführt. Daneben beinhaltet es einige Änderungen für den Bereich der Trägermedien, namentlich eine Neuregelung der Vorgaben für den Versandhandel. Die Vorschriften zum Indizierungsverfahren wurden jedoch ohne größere Änderungen aus dem GjSM übernommen.44 Der JMStV bringt für den Bereich des Jugendmedienschutzes im Internet eine nachhaltige Änderung. Während der Bund im neuen JuSchG seine Regelungen für Telemedien zurückgenommen hat,45 fällt den Ländern nunmehr die Zuständigkeit für sämtliche elektronische Medien zu, das heißt einschließlich des Rundfunk und der Online-Medien (Telemedien, davon umfaßt Mediendienste und Teledienste). Diesbezüglich haben die Vertragspartner den neu eröffneten Kompetenzspielraum mit der Schaffung des JMStV genutzt, in welchem die vorher unübersichtlichen Jugendschutzvorschriften des MDStV und TDG bzw. GjSM für elektronische Medien zusammengeführt wurden. Die materiellen und formellen Vorschriften für den Jugendschutz im Internet sind nunmehr einheitlich im JMStV geregelt. Auf die Entscheidungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird nur noch im Rahmen der Unzulässigkeitstatbestände Bezug genommen. Die Zuständigkeit für die Aufsicht über Telemedien liegt jetzt bei der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt, die durch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) handelt. Die neuen Gesetze sollen die Aufsichtsbehörden von Bund und Ländern „verzahnen“. So kann die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien auch weiterhin Online-Angebote indizieren,46 im Rahmen des von Bund und Ländern gefundenen Kompromisses nunmehr nicht nur wie bisher Teledienste, sondern auch Mediendienste, also sämtliche Telemedien. 3. Das Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz – IuKDG) des Bundes a) Bedeutung des IuKDG für den Multimedia-Sektor Sowohl das Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informationsund Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienstegesetz – IuKDG) des Bundes als auch der Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienstestaatsvertrag – MDStV) der Länder hatten den Multimedia-Sektor 43

Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit. Vgl. D. III. 2. 45 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des JuSchG in BT-Drs. 14/9013, S. 17. 46 Vgl. näher Begründung zum Entwurf des JMStV, in BW-LT-Drs. 13/1551, S. 19 ff. 44

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zum Regelungsgegenstand. Obwohl sich diese Regelungsmaterie weder technisch, noch inhaltlich, noch funktional eindeutig trennen läßt, haben Bund und Länder versucht, den Multimedia-Sektor aufgrund der oben47 beschriebenen unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen in Teledienste und Mediendienste einzuteilen.48 Mit seinem Regelungsbereich bezieht sich das IuKDG auf die Teledienste. Deren Legaldefinition findet sich in § 2 I TDG. Demnach sind Teledienste alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die für eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten wie Zeichen, Bilder oder Töne bestimmt sind und denen eine Übermittlung mittels Telekommunikation zugrundeliegt.49 Ein wesentliches Merkmal der Teledienste liegt somit in ihrer individuellen Nutzung. Soweit es um Massenkommunikation geht soll der MDStV Anwendung finden.50 Das IuKDG51 ist ein Artikelgesetz. Es beinhaltet drei neue Gesetze: das Teledienstegesetz (TDG)52, das Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG)53 und das Gesetz zur digitalen Signatur (Signaturgesetz – SigG)54. In sechs weiteren Artikeln wurden bestehende Bundesgesetze im Bereich des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, des Urheberrechts, des Verbraucherschutzrechts und des Jugendschutzrechts angepaßt. Für den klassischen negativen Jugendmedienschutz im Internet sind insbesondere folgende Neuregelungen von Bedeutung: In § 5 TDG55, enthalten in Art. 1 IuKDG, findet sich eine speziell auf die Eigenheiten des Internet zugeschnittene Verantwortlichkeitsregelung. Durch seine Filtereigenschaft kommt § 5 TDG eine verantwortlichkeitsbegrenzende 47

Vgl. D. I. 2. c). Roßnagel, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einf 1 Rdn. 42. 49 Vgl. § 1 I TDG. 50 Vgl. Roßnagel, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 2 Rdn. 18; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2982); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (234); von Heyl, ZUM 1998, 115 (116); Hochstein, NJW 1997, 2977 (2979); Kröger/Moos, AfP 1997, 675 (676); Ladeur, ZUM 1997, 372 (382); Tettenborn, MMR 1999, 516 (517); Köster/ von Bonin, ZUM 1997, 821 (822); Schulz, MMR 1998, 182 (184); Waldenberger, MMR 1998, 124 (124); Martenczuk, ZUM 1999, 104 (107); Holznagel, ZUM 1999, 425 (432); zur genaueren Spezifizierung der Teledienste vgl. D. II. 1. 51 Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz – IuKDG). 52 Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz – TDG). 53 Gesetz über den Datenschutz bei Telediensten (Teledienstedatenschutzgesetz – TDDSG); vgl. dazu den Vierten Zwischenbericht der Enquete-Kommission Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft in BT-Drs. 13/11002, S. 39. 54 Gesetz zur digitalen Signatur (Signaturgesetz – SigG). 55 Nach der Novellierung des TDG zur Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie vom 8. Juni 2000 hat § 5 TDG a. F. mit den §§ 8–11 TDG zwar regelungstechnisch eine neue Systematik bekommen, praktisch hat sich jedoch nichts geändert, vgl. auch D. I. 5. 48

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Funktion zu.56 So muß auch die Verantwortlichkeit nach speziellem Jugendschutzrecht immer an § 5 TDG bemessen werden. Art. 4 IuKDG enthält Änderungen des Strafgesetzbuches.57 Die Gleichstellung der Schriften mit den Ton- und Bildträgern, Abbildungen und anderen Darstellungen in § 11 III StGB wurde hierbei erweitert. Es sollen Darstellungen nicht nur körperliche Gebilde von gewisser Dauer sein, sondern jetzt auch elektronische, elektromagnetische, optische, chemische oder sonstige Datenspeicher, welche gedankliche Inhalte verkörpern, die nur unter Zuhilfenahme technischer Geräte wahrnehmbar werden.58 Ebenfalls geändert wurde das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (Art. 5 IuKDG). Die Anpassungen der §§ 116 I, 120 I Nr. 2 und 123 II S. 1 OWiG59 tragen der beschriebenen erweiterten Fassung des § 11 III StGB Rechnung und gewährleistet somit, daß wie bisher der Schriftenbegriff im Strafrecht mit dem des Ordnungswidrigkeitenrechts übereinstimmt. § 119 I Nr. 2 OWiG erfaßte auch die unkörperliche Übermittlung mittels Datenfernleitungen.60 b) Bedeutung des IuKDG für den negativen Jugendmedienschutz Besonders von Bedeutung für den negativen Jugendmedienschutz im Internet waren die in Art. 6 IuKDG enthaltenen Änderungen des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften. Durch die Änderung der Bezeichnung des Gesetzes in Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjSM) wurde seinem erweiterten Geltungsbereich Rechnung getragen. Der in § 1 III GjSM neu definierte Schriftenbegriff war inhaltsgleich mit dem des Strafrechts in § 11 III StGB und hat auch die gleiche Reichweite. Parallel zum Strafrecht wurden Datenspeicher nun den Schriften gleichgestellt.61 Neu eingefügt wurde § 3 I Nr. 5 GjSM samt § 3 II S. 2 GjSM. Hierbei handelte es sich um ein Verbot, indizierte Schriften an Kinder und Jugendliche 56 Vgl. Sieber, MMR-Beilage 2/1999, 1 (5); Spindler, NJW 1997, 3193 (3194); ders., MMR 1998, 639 (640); Wimmer, ZUM 1999, 436 (439); Heghmanns, JA 2001, 71 (71). 57 Vgl. Hönge, in: Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e. V. (Hrsg.), 2000, Jugendschutz und Internet – Perspektiven des Jugendmedienschutzes angesichts der Entwicklungen in den neuen Medien, 20 (20). 58 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 36. 59 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG). 60 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 37. 61 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2990); Schulz, MMR 1998, 182 (184); Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 37; vgl. auch Scholz, JMS-Report 4/1999, 3 (4); eingehend ders., JMS-Report 4/ 1998, 5 (5).

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durch elektronische Informations- und Kommunikationsdienste zu verbreiten. Wegen Art. 5 GG (Meinungsfreiheit) hatte der Gesetzgeber dem Anbieter aber die Möglichkeit eröffnet, indizierte Inhalte dennoch zu verbreiten, wenn er durch technische Vorkehrungen Vorsorge getroffen hat, daß das Angebot oder die Verbreitung im Inland auf volljährige Benutzer beschränkt werden kann.62 Gleiches sollte gemäß § 5 II GjSM i. V. m. III Nr. 2 GjSM für die Werbung gelten. Die gesellschaftliche Selbstregulierung wurde gefördert, indem jene Anbieter, die gewerbsmäßig elektronische Informations- und Kommunikationsdienste zur Nutzung bereitstellen, gemäß § 7a S. 1 GjSM verpflichtet wurden, einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen. Ein weiterer gesetzlicher Anreiz zur gesellschaftlichen Selbstregulierung fand sich in § 7a S. 5 GjSM. Danach konnte die Verpflichtung, einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen, auch dadurch erfüllt werden, daß der Diensteanbieter eine Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle zur Wahrnehmung der Aufgaben nach den Sätzen 2 bis 4 verpflichtet.63 Das GjSM wurde zwischenzeitlich durch das JuSchG aufgehoben. Im JuSchG wurden die Regelungen des GjSM mit den Regelungen des JÖSchG zusammengeführt. Zudem wurde eine Neuverteilung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern beim Jugendmedienschutz vorgenommen. Der Bund ist für die Trägermedien, die Länder sind für die Telemedien zuständig. Somit sind die das Internet betreffenden Regelungen im JMStV enthalten. Lediglich das weiterhin im JuSchG geregelte Indizierungsverfahren durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und die Bewertungsmaßstäbe sind für den Bereich des Jugendschutzes noch mittelbar von Bedeutung, da die Bundesprüfstelle auch weiterhin Telemedien, mit Ausnahme des Rundfunks, indizieren kann. § 3 I Nr. 5 GjSM und § 3 II S. 2 GjSM wurden durch das JuSchG aufgehoben. Indizierungsfolgen sind für Telemedien jetzt ausschließlich in den Vorschriften des JMStV geregelt.

62 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2991); Eberle, proJugend 1998, 7 (8); Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/ 7385, S. 38. 63 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2991); Schulz, MMR 1998, 182 (184) Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38.

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4. Der Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienstestaatsvertrag – MDStV) und der Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV) der Länder Der Zweck des Staatsvertrages über Mediendienste (Mediendienstestaatsvertrag – MDStV) der Länder wird in § 1 MDStV beschrieben. Demnach soll er in allen Ländern einheitliche Rahmenbedigungen für Mediendienste schaffen.64 Mit dem Mediendienstestaatsvertrag haben die Länder daher für den Regelungsbereich der Mediendienste bundesweit einheitliche Regelungen für Mediendienste zum Daten-, Verbraucher- und ursprünglich auch Jugendschutz geschaffen.65 Die Abgrenzung der Mediendienste zu den Telediensten ist im einzelnen schwierig und strittig66 und soll unten noch eingehend beleuchtet werden. Unter Mediendienste ist nach der Legaldefinition in § 2 I MDStV das Angebot bzw. die Nutzung von an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten in Text, Ton oder Bild zu verstehen, die unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters verbreitet werden. Wesentliche Vorschriften des Teledienstegesetzes des Bundes und des Mediendienstestaatsvertrages der Länder sind inhaltsgleich. So finden sich in §§ 8–11 TDG mit §§ 6–9 MDStV inhaltsgleiche Verantwortlichkeitsregeln für Provider. Bund und Länder hatten, wie bereits erwähnt, für den Jugendmedienschutz jedoch nahezu völlig unterschiedliche Regelungen geschaffen, was nicht gerade zur Einheitlichkeit, Übersichtlichkeit und damit Effizienz des klassischen negativen Jugendmedienschutzes im Internet beigetragen hat.67 Die Jugendschutzvorschriften des GjSM und des MDStV wurden, die Online-Medien betreffend, durch die im Jahre 2003 erfolgte Novellierung des Jugendmedienschutzes im JMStV zusammengeführt. § 4 I JMStV enthält, ähnlich dem § 12 I MDStV a. F., einen eigenen Katalog absolut unzulässiger Inhalte.68 In § 4 II JMStV wird den Anbietern, angelehnt 64

Vgl. auch Begründung zum MDStV in LT-Drs. 13/7716, S. 9. Vgl. Warnke, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 1 Rdn. 1. 66 Vgl. nur Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 2 Rdn. 21 ff.; Engel-Flechsig/Maennel/ Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2982); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (234); von Heyl, ZUM 1998, 115 (116); Hochstein, NJW 1997, 2977 (2979); Kröger/Moos, AfP 1997, 675 (676); Ladeur, ZUM 1997, 372 (382); Tettenborn, MMR 1999, 516 (517); Köster/ von Bonin, ZUM 1997, 821 (822); Schulz, MMR 1998, 182 (184); Waldenberger, MMR 1998, 124 (124); Martenczuk, ZUM 1999, 104 (107); Holznagel, ZUM 1999, 425 (432); zur genaueren Spezifizierung der Mediendienste vgl. D. II. 1. 67 A. A. vgl. nur Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2996). 65

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an die frühere Regelung des § 12 IV MDStV, die Verbreitung gewisser für Kinder und Jugendliche unerwünschter Inhalte gestattet, unter der Auflage von Maßnahmen zur Sicherstellung, daß die Angebote nur Erwachsenen zur Verfügung gestellt werden. Die Pflicht der gewerbsmäßigen Anbieter von Telediensten zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten wurde nun für diesen Bereich einheitlich in § 7 I S. 2 JMStV normiert. § 7 II JMStV eröffnet die Möglichkeit der Erfüllung durch Beitritt zu einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle. Besonders relevant und nicht weniger problematisch für den Jugendmedienschutz im Internet erscheinen die Vorschriften der §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 I–III MDStV. Mit ihr haben die Länder eine eigene Vorschrift für die Aufsicht im Bereich des Jugendmedienschutzes im Internet geschaffen. In § 22 II MDStV finden sich eigene Sanktionen.69 In §§ 20 I, IV JMStV ist nunmehr die Zuständigkeit für eine einheitliche Aufsicht für den Jugendschutz bei den Telemedien, also auch für sämtliche Angebote des Internet geregelt worden. Zudem sind in § 24 I Nr. 1a) bis k), 2, 3, 4, 8 JMStV in Anlehnung an § 24 I MDStV a. F. eigens Ordnungswidrigkeiten des Jugendmedienschutzes normiert worden. 5. Die „Filter“ §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV Die §§ 5 I, II, III TDG a. F./5 I, II, III, IV MDStV a. F. sind für den Jugendmedienschutz im Internet relevanten Vorschriften, die von Bund und Ländern in den Multimediagesetzen 70 von 1997 inhaltsgleich ausgestaltet wurden. Von der grundlegenden Novellierung des Jugendmedienschutzes 2003 und den Änderungen durch den JMStV und das JuSchG bleiben die Vorschriften unberührt. Bund und Länder haben die grundlegenden Verantwortlichkeitsregeln, die bezüglich der Tatbestände des JMStV Anwendung finden, im TDG und MDStV belassen. Im Zuge der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie vom 8. Juni 200071 wurde das TDG durch Art. 1 EGG72 novelliert.73 Durch Art. 4 des Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 20./21.12.200174 wurde der MDStV an die §§ 8– 68 Vgl. § 12 I MDStV; vgl. dazu auch Schulz, MMR 1998, 182 (184); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2996); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (237). 69 Vgl. § 22 II MDStV; Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 28 ff.; Schulz, MMR 1998, 182 (184). 70 Näher zum Begriff Roßnagel, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einf 1 Rdn. 1. 71 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt vom 08.06.2000, Amtsblatt Nr. L 178 vom 17/07/2000 S. 0001–0016. 72 Gesetz über rechtliche Rahmenbedigungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (Elektronischer Geschäftsverkehr-Gesetz-EGG).

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11 TDG n. F. angeglichen. Regelungstechnisch haben § 5 TDG a. F./§ 5 MDStV a. F. mit den §§ 8–11 TDG n. F./§§ 6–9 MDStV n. F. zwar eine neue Systematik bekommen, in der Sache hat sich dennoch nichts geändert.75 Somit gelten die folgenden Ausführungen, soweit sie Ansichten zu § 5 TDG a. F./§ 5 MDStV a. F. wiedergeben, grundsätzlich auch für die §§ 8–11 TDG n. F./§§ 6–9 MDStV n. F. entsprechend. Abweichungen bzw. Ergänzungen werden an der betreffenden Stelle aufgezeigt und erörtert. a) Der Regelungsgehalt der §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV Seit dem Inkrafttreten der §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV ist deren Funktion umstritten. Nach überwiegender Auffassung sind diese als Querschnittsregelung76 einzuordnen. Die Unklarheiten bezüglich dieser Funktion resultieren daraus, daß in den §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern geregelt ist. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, wird weder im TDG noch im MDStV näher definiert. Laut Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG zu § 5 I TDG a. F. bezieht sich der Begriff der Verantwortlichkeit auf das Einstehenmüssen für eigenes Verschulden.77 Bezüglich der zivilrechtlichen Haftung für fremde Inhalte wird darin betont, daß die Einschränkung der Verantwortlichkeit auf vorsätzliches Handeln die Tatsache berücksichtigen wolle, daß der Diensteanbieter die fremden Inhalte nicht veranlaßt habe und es ihm unmöglich sei, alle ihm fremden Inhalte im eigenen Dienstebereich zur Kenntnis zu nehmen und auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu prüfen.78 In die gleiche Richtung geht die Begründung der Bayerischen Staatsregierung zum Entwurf des MDStV zu § 5 II MDStV a. F.79 Der Begriff Kenntnis soll demnach sowohl den unbedingten als auch den bedingten Vorsatz umfassen. Nach alledem könnte man meinen, der Gesetzge-

73 Vgl. dazu Spindler, NJW 2002, 921 (921 ff.); zum Referentenentwurf Bröhl, MMR 2001, 67 (67 ff.). 74 Vgl. GBl. BW S. 208. 75 So auch Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (182); Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 23 ff.; Bornemann, K&R 2002, 301 (304), sieht die Verantwortlichkeit in den §§ 6– 8 MDStV ausführlicher und klarer geregelt; dem folgt Spindler, NJW 2002, 921 (921) nicht. 76 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2982 (2984); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (235); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2995); Wimmer, ZUM 1999, 436 (442); Heghmanns, JA 2001, 71 (71); vgl. eingehend zum ganzen Bleisteiner, Rechtliche Verantwortlichkeit im Internet, 1999, 153 ff.; auch nach der Novellierung des TDG durch das EGG vgl. Spindler, NJW 2002, 921 (922). 77 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in: BT-Drs. 13/7385, S. 19. 78 Vgl. ebda, S. 20. 79 Vgl. Bay. LT-Drs. 13/8204, S. 10.

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ber bzw. die Staatsvertragspartner hätten mit den §§ 5 TDG a. F./§ 5 MDStV a. F. das Verschulden modifizieren wollen.80 Dagegen spricht schon die Auffassung, daß es sich bei dem § 5 TDG a. F. systematisch um einen allgemeinen Filter handle.81 Demnach soll sich der Begriff Verantwortlichkeit ganz allgemein auf das Einstehenmüssen für die Rechtfolgen beziehen, die das Recht an bestimmte Sachverhalte knüpft. Dabei soll § 5 TDG a. F. (§§ 8–11 TDG n. F.) die in den einzelnen Rechtsgebieten82 zum Teil unterschiedlich differenzierten Kategorien von Haftung, Verschulden, Vorsatz, Fahrlässigkeit und Zustandsstörereigenschaft83 abstrahieren, ohne deren Gültigkeit anzutasten und damit eine spezielle Klarstellung der Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für die Inhalte ihrer Angebote zu enthalten.84 Somit sind die Tatbestandsmerkmale der §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV in Form eines privilegierenden Vorfilters als verantwortlichkeitsreduzierende Merkmale auf Tatbestandsebene in die strafrechtlichen Verbots- oder Gebotsnormen hineinzulesen.85 Hierfür spricht, daß die §§ 5 II, III TDG a. F./5 II, III MDStV a. F. im Bereich der einschlägigen Strafnormen für alle Diensteanbieter den Deliktstypus modifizieren und nicht nur, wie Rechtfertigungsgründe, im jeweiligen individuellen Fall die konkrete Sozialschädlichkeit eines einmaligen 80 So etwa Vassilaki, MMR 1998, 630 (634 ff.); Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 35. 81 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2984); vgl. dazu auch Waldenberger, MMR 1998, 124 (126). 82 Die genaue dogmatische Einordnung der §§ 8–11 TDG (5 TDG a. F.)/§§ 6–9 MDStV (§ 5 MDStV a. F.) in die einzelnen Rechtsgebiete ist noch nicht abschließend geklärt und im einzelnen heftig umstritten, vgl.dazu nur Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 139 ff.; ders., MMR-Beilage 2/1999, 1 (5 ff.); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2995); Waldenberger, MMR 1998, 124 (127); Spindler, NJW 1997, 3193 (3194); Pelz, ZUM 1998, 530 (534); Kühne, NJW 1999, 188 (190). Vorliegend soll lediglich eine allgemeine Einführung mit dem Schwerpunkt auf den Aspekten des öffentlichen Rechts erfolgen, da ansonsten der Rahmen der Arbeit gesprengt werden würde. 83 Vgl. eingehend zum Begriff D. I. 5. c) (5). 84 Vgl. so auch Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2984); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (235); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2995); offenbar ähnlich Wimmer, ZUM 1999, 436 (442); Koch, CR 1997, 193 (195 ff.); Sieber, MMRBeilage 1999, 1 (5), meint, dies entspreche auch dem Gesetzeswortlaut; auch Heghmanns, JA 2001, 71 (71), argumentiert mit dem neutralen Wortlaut; a. A. vgl. Martenczuk, ZUM 1999, 104 (109); Vassilaki, MMR 1998, 630 (630); Grzeszick, AöR 1998, 173 (192). 85 Vgl. Sieber, MMR-Beilage 1999, 1 (7); Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 47, 40 ff., merkt zu Recht an, daß die dogmatische Einordnung der Filtervorschriften in die verschiedenen Normen erhebliche Probleme aufwirft und nur gelöst werden kann, indem die Elemente des Filters jeweils im Lichte der einschlägigen Norm ausgelegt und mit ihr harmonisiert werden. Vgl. dazu auch Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 28.

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Geschehens ausschließen.86 Entsprechendes gilt auch für das Zivilrecht und Verwaltungsrecht. Auch dort wollte der Gesetzgeber alle mittelbaren Rechtsgutverletzungen durch einen Diensteanbieter privilegieren. Dem entsprechend begrenzen die §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV im Zivilrecht den Zurechnungszusammenhang für Fremdverhalten, insbesondere für mittelbare Rechtsverletzungen. Im Verwaltungsrecht wirken sich die §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV auf die Zustandsstörereigenschaft87 aus.88 Da es sowohl im Zivil- als auch im Verwaltungsrecht eine dem Strafrecht vergleichbare Aufspaltung der Prüfung von Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld nicht gibt, kann auch hier nur eine verhaltensnormintegrierende Einordnung der §§ 5 TDG/MDStV, nämlich bereits auf Tatbestandsebene, zutreffend sein.89 Der wenig aussagekräftige Begriff der Verantwortlichkeit in den §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV kann demnach als eine querschnittsartige Erfassung aller denkbaren zivil-, straf- und öffentlich-rechtlichen Verantwortlichkeiten von Internetakteuren angesehen werden.90 Dadurch konnte der Aufwand vermieden werden, für alle jeweils einschlägigen Rechtsgrundlagen gesonderte Verantwortlichkeitsbestimmungen zu schaffen.91 Für diese Ansicht spricht, daß mit der beschriebenen Filterfunktion der §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV Diensteanbieter für Internet-Haftungsfälle – dem Willen des Gesetzgebers entsprechend – eine weitgehende Privilegierung erfahren. Das ist aufgrund der technischen Eigenheiten des Internet, insbesondere seiner letztendlich unbeherrschbaren Datenmengen zu begrüßen. Entsprechend dieser Ansicht müssen zunächst die Filter §§ 8–11/§§ 6–9 MDStV angewandt werden. Diese Vorschriften können dabei nicht zur Begründung oder Erweiterung der allgemeinen straf-, zivil- oder öffentlichrechtlichen Verantwortlichkeit herangezogen werden. Vielmehr kommt ihnen bezüglich der allgemeinen Rechtsnormen lediglich eine verantwortlichkeitsbegrenzende Funktion zu. Sie dienen als akzessorische Filter.92 86 Vgl. Sieber, MMR-Beilage 1999, 1 (5), beschreibt die strafrechtliche Einordnung der Vorfilter zutreffend und sehr eingehend. 87 Vgl. zum Begriff D. I. 5. c) (5). 88 So auch Heghmanns, JA 2001, 71 (71); Sieber, MMR-Beilage 2/1999, 1 (7); Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 41; Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 28. 89 Vgl. zutreffend Sieber, MMR-Beilage 2/1999, 1 (7); Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 41; Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 28; a. A. Grzeszick, AöR 1998, 173 (192). 90 Vgl. Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 39. 91 Vgl. ebda.

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Wird die Verantwortlichkeit des Diensteanbieters festgestellt, soll jeweils in einem zweiten Schritt die straf-, zivil- oder verwaltungsrechtliche Beurteilung vorzunehmen sein.93 Das bedeudet konkret für den Jugendmedienschutz im Internet: Bei der Prüfung jeder der in der vorliegenden Arbeit erörterten spezialgesetzlichen Vorschriften des Jugendmedienschutzes müssen die verantwortlichkeitsmodifizierenden und privilegierenden Regelungen §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV als Filter vorgeschaltet werden. Das soll am Beipiel eines Host-Service-Providers94 verdeutlicht werden: Der Host-Service-Provider stellt einem Content-Provider95, der selbst keinen eigenen Server betreibt, Speicherplatz auf seinem Server zur Verfügung, auf dem der Content-Provider seine selbst gestalteten Inhalte, die er den Nutzern anbieten will, ablegt. Diese fremden Inhalte stellt der Host-Service-Provider dann den Nutzern zur Verfügung. Auf Antrag eines Jugendamtes, welches festgestellt hat, daß die angebotenen Inhalte zur Gewalttätigkeit anreizen,96 werden diese von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gemäß § 18 JuSchG indiziert.97 Es gilt das Verbreitungsverbot nach § 4 II Nr. 2 JMStV. Vorkehrungen zur Sicherstellung, daß das Angebot nur Erwachsenen zugänglich gemacht wird, wurden nicht getroffen. Damit ist der Bußgeldtatbestand des § 24 I Nr. 3 JMStV verwirklicht. Der Host-Service-Provider hat nach den vorgenannten speziellen Vorschriften zum Jugendmedienschutz eine Ordnungswidrigkeit verwirklicht. Jedoch müssen für die Verantwortlichkeitsbestimmung die Filter §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV vorgeschaltet werden, da es sich um einen Diensteanbieter/Anbieter gemäß § 3 Nr. 1 TDG bzw. § 3 Nr. 1 TDG handelt. Erst wenn eine Verantwortlichkeit nach den Filtern vorliegt und die Voraussetzungen der vorgenannten speziellen Vorschriften gegeben sind, könnte der Host-Service-Provider bestraft werden. Einschlägig wäre vorliegend § 11 TDG, da es sich um einen Teledienst handelt. Der Host-Service-Provider ist demnach nur verantwortlich, wenn er von den Inhalten Kenntnis hat, nicht unverzüglich tätig geworden ist, um die Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren und es ihm technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern.

92 Vgl. Sieber, MMR-Beilage 2/1999, 1 (5); Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2984); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (235); Spindler, MMR 1998, 639 (640). 93 Vgl. dazu BT-Drs. 13/7385, S. 51; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2984). 94 Vgl. zum Begriff B. II. 2. 95 Vgl. zum Begriff B. II. 2. 96 Vgl. zur Indizierung von Computerspielen, die immer zahlreicher im Internet angeboten werden, Lober, CR 2002, 397 (400 ff.). 97 Vgl. zum Indizierungsverfahren im einzelnen D. III. 1.

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b) Die Anwendbarkeit der §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV Die Vorschriften des TDG und damit auch die §§ 8–11 TDG finden Anwendung, wenn es sich gemäß § 2 TDG um einen Teledienst handelt. Hierunter ist ein elektronischer Informations- und Kommunikationsdienst zu verstehen, der für eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten wie Zeichen, Bilder oder Tönen bestimmt ist und denen eine Übermittlung mittels Telekommunikation zugrundeliegt.98 Die §§ 6–9 MDStV beziehen sich auf Mediendienste. Diese lassen sich als ein Angebot von an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten in Text, Ton oder Bild definieren, die unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters verbreitet werden.99 Jedoch kommt es bei den §§ 8–11 TDG/ §§ 6–9 MDStV aufgrund der inhaltlich spiegelgleichen Regelungen nicht auf die Abgrenzung zwischen Telediensten und Mediendiensten an. Daher wird auf diese erst weiter unten eingegangen.100 Der inhaltsspezifische Anwendungsbereich der §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV bezieht sich auf Informationen101, der dem Richtlinientext entnommen ist und dem in § 5 TDG a. F./§ 5 MDStV a. F. verwendeten Begriff Inhalte102 entspricht. Mit Informationen sind nunmehr alle Daten erfaßt, die überhaupt transportiert oder gespeichert werden können.103 Diese werden vom Bundesgesetzgeber bzw. den Staatsvertragspartnern in umfassender Weise als Texte, Töne, Bilder104 und Daten wie Zeichen, Bilder oder Töne105 beschrieben. Eine Beschränkung auf sogenannte kommunikative Inhalte,106 Äußerungsdelikte, Inhaltsdelikte oder gar rechtswidrige Inhalte ist nicht erfolgt.107

98 Vgl. § 2 I TDG; Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 2 Rdn. 13 ff. 99 Vgl. § 2 MDStV; Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 2 Rdn. 20 ff. 100 Da nunmehr der JMStV für alle Telemedien, also gleichermaßen Teledienste und Mediendienste anwendbar ist, kommt es auf die Abgrenzung zwar praktisch nicht mehr an, sie ist jedoch weiterhin schwer vorzunehmen. 101 Der Begriff Informationen ist dem Richtlinientext entnommen und entspricht dem in § 5 TDG a. F./§ 5 MDStV a. F. verwendeten Begriff Inhalte, vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 23. Demnach sind jetzt alle Daten erfaßt, die überhaupt transportiert oder gespeichert werden können, vgl. Spindler, NJW 2002, 921 (922). 102 So Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 23. 103 Vgl. Spindler, NJW 2002, 921 (922). 104 Vgl. § 2 I MDStV. 105 Vgl. § 2 I TDG. 106 Vgl. Spindler, NJW 1997, 3193 (3195); ders., in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 58;

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c) Das System der Verantwortlichkeitsbegrenzung (1) Die volle Verantwortlichkeit für eigene Inhalte nach § 8 I TDG/§ 6 I MDStV In den §§ 8 I TDG/§ 6 I MDStV wird ein eigentlich selbstverständlicher Grundsatz wiederholt: Was offline illegal ist, muß auch online rechtswidrig sein. Wer offline für eine Handlung oder Unterlassung einstehen muß, ist auch online verantwortlich.108 Gemäß §§ 8 I TDG/§ 6 I MDStV sind Anbieter für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich, weil bei eigenen Informationen kein Grund für eine Haftungsprivilegierung besteht: Es existieren weder die von §§ 9, 10 TDG/§§ 7, 8 MDStV berücksichtigten Hindernisse für Zugangssperren noch die von § 11 TDG/§ 9 MDStV erfaßten Schwierigkeiten der Kontrolle eines großen Angebots fremder Daten.109 Normadressaten der §§ 8 I TDG/§ 6 I MDStV sind somit in erster Linie die Content-Provider, sogenannte reine Inhalteanbieter 110. § 8 I TDG/§ 6 I MDStV betreffen jedoch auch die Host-Service-Provider111, die auf ihren eigenen Servern lediglich fremde Inhalte den Nutzern zur Verfügung stellen, welche von Content-Providern ohne eigenen Server gestaltet werden. Für das Vorliegen einer eigenen Information gemäß § 8 I TDG/§ 6 I MDStV kommt es maßgeblich darauf an, ob ein Host-Service-Provider von einem Content-Provider erstellte Inhalte in der Weise übernimmt, daß er aus der Sicht eines objektiven Nutzers für diese Verantwortung übernimmt. Gibt der Host-Service-Provider zu erkennen, daß es sich um fremde Inhalte handelt, liegt kein eigener Inhalt vor.112 Allein die Tatsache, daß der Anbieter einen fremden Inhalt als solchen kenntlich gemacht hat, kann jedoch noch nicht in jedem Fall automatisch die Haftung ausschließen.113 Auch wenn der Anbieter dem Nutzer Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 137; A. A. vgl. Koch, CR 1997, 193 (196); ähnlich Waldenberger, MMR 1998, 124 (126). 107 Vgl. Vassilaki, MMR 1998, 630 (632); Freytag, ZUM 1999, 185 (190); Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 137; für einen etwas engeren Inhaltsbegriff im MDStV Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 38. 108 Vgl. Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 67; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 23; Bornemann, K&R 2002, 301 (304 ff.). 109 Vgl. Sieber, MMR-Beilage 2/1999, 1 (12); vgl. zu den technischen Möglichkeiten im einzelnen B. III. 110 Vgl. B. II. 2. 111 Vgl. B. II. 2. 112 Vgl. Spindler, NJW 1997, 3193 (3196); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (235); Köster/v. Bonin, ZUM 1997, 821 (824); Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 41; vgl. dazu auch Koch, Internet-Recht, 1998, S. 227 ff.

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den Fremdbezug der betroffenen Inhalte erkenntlich macht, hat das noch nicht zwingend zur Folge, daß er hierfür aus Sicht des Nutzers nicht einstehen wolle.114 Zur Lösung des vorgenannten Abgrenzungsproblems kann die Rechtsprechung zur erforderlichen Distanzierung von Presseorganen gegenüber übernommenen Zitaten oder Informationen vorsichtig und mit Modifikationen herangezogen werden.115 Für den Abdruck von Äußerungen Dritter gilt, daß die Haftung der Presse entfällt, sofern an der Mitteilung einer von dritter Seite aufgestellten Äußerung ein Informationsinteresse besteht und wenn sich die Zeitung von der verbreiteten Äußerung erkennbar distanziert hat.116 Unter Anwendung des zweiten Kriteriums kann die Problematik der Verantwortlichkeit des Host-Service-Providers gelöst werden. Für das Ablehnen der Verantwortung gegenüber fremden Inhalten ist demnach eine ernsthafte Distanzierung des HostService-Providers von den Äußerungen eines Dritten – des Content-Providers – erforderlich. Für einen Host-Service Provider bedeudet das somit in realiter, daß die angebotenen Inhalte keinen Bezug zu seiner sonstigen Tätigkeit haben dürfen.117 Ansonsten ist er für diese voll verantwortlich. Die Haftung soll sich gemäß § 8 I TDG/§ 6 I MDStV nach den allgemeinen Gesetzen richten. Damit sind solche Gesetze gemeint, die bei der Beschränkung, Begrenzung oder Ordnung der Freiheit des Angebots von Telemedien (Telediensten und Mediendiensten) nicht nach Meinung, Standpunkt, Anschauung oder ähnlichen Kriterien des Inhalts von Angeboten der Anbieter oder nach Nutzern differenzieren. Ein allgemeines Gesetz liegt nur dann nicht vor, wenn ein Gesetz dem Verbot der Meinungsdiskriminierung, welches dem Gebot der Allgemeinheit innewohnt, widerspricht und dadurch die formelle Chancengleichheit aller an der Kommunikation Interessierten und Beteiligten verletzt.118 Im Bereich des öffentlichen Rechts sind das beispielsweise die Regelungen zur Störereigenschaft119. (2) Die bedingte Verantwortlichkeit nach § 11 TDG/§ 9 MDStV § 11 TDG/§ 9 MDStV enthalten eine Haftungsprivilegierung für die HostService-Provider.120 Nach § 5 II TDG a. F. und § 5 II MDStV a. F. sind Dien113

Vgl. Spindler, NJW 1997, 3193 (3196); A. A. vgl. Koch, CR 1997, 193 (199). Vgl. Spindler, NJW 1997, 3193 (3196). 115 So ebda. 116 Vgl. nur BGH NJW 1997, 1148 (1148 ff.); BGH NJW 1976, 1198 (1198 ff.); BGHZ 132, 13; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl., 2000, S. 325 m. w. N. 117 Vgl. Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 41. 118 Vgl. BVerfGE 74, 297 (342 ff.). 119 Vgl. D. I. 5. c) (5). 114

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steanbieter für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dann verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern.121 Mit der Novellierung des TDG von 2001 zur Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie vom 8. Juni 2000 und der Angleichung des MDStV durch Art. 3 des Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 20./21.12.2001 hat § 5 II TDG a. F. mit § 11 TDG und § 5 II MDStV a. F. mit § 9 MDStV regelungstechnisch eine neue Systematik bekommen. Inhaltlich sind die § 11 TDG/§ 9 MDStV den § 5 II TDG a. F./§ 5 II MDStV a. F. nahezu gleich.122 Lediglich die Klausel technisch möglich und zumutbar ist jetzt entfallen. Diese Novellierung war im Vorfeld von heftigen Protesten seitens der Multimediabranche begleitet worden. Befürchtungen einer zu starken Steuerung des Internet und einer Nichtberücksichtigung der technischen Gegebenheiten wurden laut.123 Betrachtet man die entsprechenden Passagen der zugrundeliegenden E-Commerce-Richtlinie und die Begründung zum Regierungsentwurf zu § 11 TDG jedoch genauer, erweisen sich die geäußerten Befürchtungen als unbegründet. Aus dem Richtlinientext geht deutlich hervor, daß bei der Aushandlung der Richtlinie selbstverständlich vom Grundsatz ausgegangen wurde, einen Diensteanbieter dann haftbar zu machen, wenn ihm eine Sperrung technisch nicht unmöglich oder nicht unzumutbar ist124. Ähnlich dürften Behörden und Gerichte die neuen § 11 TDG/§ 9 MDStV bei richtlinienkonformer Auslegung interpretieren. In der Begründung zum Regierungsentwurf zu § 11 TDG wurde ein dahingehender Wille sogar expressis verbis zum Ausdruck gebracht: „Der allgemeine Grundsatz, daß die Entfernung oder Sperrung technisch möglich oder zumutbar sein muß, gilt hier ebenfalls.“125 Die Vorschriften § 11 TDG/§ 9 MDStV berücksichtigen somit die derzeit gegebenen technischen Rahmenbedigungen des Internet. Dem Host-Service-Provider ist es aufgrund der immensen Datenmengen auf seinem Server und mangelnder technischer Möglichkeiten zum automatischen Auffinden rechtswidriger

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Vgl. B. II. 2. Vgl. Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz – IuKDG) vom 22.07.1997 (BGBl. I S. 1870) (BGBl. III 9020-6-1); Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienste-Staatsvertrag – MDStV) vom 28.01./12.02.1997, BayGVBl S. 226; vgl. zum ganzen Bleisteiner, Rechtliche Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 178 ff. 122 Vgl. dazu Bornemann, K&R 2002, 301 (305). 123 Vgl. www.heise.de/newsticker/result.xhtml?url=/newsticker. . ./default.shtml& words=TD (angerufen am 14.03.2002). 124 Vgl. dazu den Wortlaut der Richtlinie 2000/31/EG, (40 ff.). 125 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 25; vgl. in die gleiche Richtung Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 23: „Technisch Unzumutbares darf das Recht ebenso wenig verlangen wir Unzumutbares.“ 121

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Inhalte126 nicht zuzumuten, daß er für Inhalte haften soll, von denen er nicht einmal Kenntnis nehmen und somit diese entfernen127 kann. Der Bund und die Staatsvertragspartner haben erkannt, daß der Host-Service-Provider die fremden Inhalte nicht veranlaßt hat und es ihm aufgrund der technisch bedingten Vervielfachung von Inhalten128 und der Unüberschaubarkeit der in ihnen gebundenen Risiken von Rechtsgutverletzungen zunehmend unmöglich ist, alle fremden Inhalte im eigenen Dienstebereich zur Kenntnis zu nehmen und auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.129 Zu begrüßen ist daher die in § 8 II S. 1 TDG/ § 6 II S. 1 MDStV enthaltene Klarstellung, daß Diensteanbieter ausdrücklich nicht verpflichtet sind, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.130 Dadurch ergibt sich für den Provider ein erhebliches Mehr an Rechtssicherheit, da er weiß, woran er ist und er sich darauf verlassen kann, daß ihm nicht mehr abgefordert wird, als das Gesetz zuläßt.131 Eine Voraussetzung von § 11 TDG/§ 9 MDStV ist, daß es sich um fremde Informationen handelt. Hierzu wird auf die Ausführungen in D. I. 5. c) (1) verwiesen. Es ist ein nach außen gegenüber dem Nutzer objektiv deutlich werdender Wille des Host-Service-Providers erforderlich, den bereitgehaltenen Inhalt nicht als eigenen zu behandeln.132 Damit die Verantwortlichkeit gemäß § 11 TDG/§ 9 MDStV bejaht werden kann, muß der Diensteanbieter Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der fremden Information auf seinem Server haben. Dabei kommt es auf die positive Kenntnis des einzelnen konkreten Inhalts an.133 Aufgrund des Gesetzes-

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Vgl. B. III. 3. Vgl. B. III. 7. 128 Vgl. zu Proxy-Cache-Servern B. II. 4. 129 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 20. 130 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 23; vgl. dazu Spindler, NJW 2002, 921 (922). 131 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (179). 132 Die Gesetzgeber und Staatsvertragspartner wollten die Fälle ausschließen, in denen sich der Host-Service-Provider fremde Inhalte zu eigen macht, vgl. ebda.; zur Problematik der Einordnung von Hyperlinks vgl. Sieber, MMR-Beilage 2/1999, 1 (15); Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2985) Mann, AfP 1998, 129 (129 ff.); Waldenberger, MMR 1998, 124 (128); vgl. insbesondere zur Verantwortlichkeit der Betreiber von Suchmaschienen von Lackum, MMR 1999, 687 (698 ff.). 133 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2985); EngelFlechsig, ZUM 1997, 231 (235); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2995); Spindler, NJW 1997, 3193 (3196); eingehender ders., in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der MultimediaDienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 73; eingehend Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 47; zur Zurechnung der Kenntnis anderer Personen vgl. Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Lose127

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wortlauts reicht die fahrlässige Nichtkenntnis einer fremden Information, also ein bloßes Kennenkönnen und Kennenmüssen nicht aus.134 Teilweise wird dies als rechtspolitisch verfehlt angesehen, da sonst die betroffenen Diensteanbieter dazu eingeladen würden, jegliche Prüf- und Kontrolltätigkeit zu unterlassen.135 Dem ist schon deshalb nicht zuzustimmen, weil der Bundesgesetzgeber und die Staatsvertragspartner mit dem Erfordernis positiver Kenntnis gerade die technischen Gegebenheiten des Internet berücksichtigt haben.136 Der Bundesgesetzgeber und die Staatsvertragspartner wollten die Provider mit § 11 TDG/§ 9 MDStV zwar nicht zu rechtlich äußerst schwer zu umgrenzenden aktiven Kontrollen verpflichten, sehr wohl aber zu Löschungen und Sperrungen bei konkreten Beanstandungen.137 Desweiteren zeichnet die Regelung des § 11 TDG/§ 9 MDStV aus, daß der Bundesgesetzgeber und die Staatsvertragspartner mit dem Prinzip der notice and take down procedures138 auf die Selbstreinigungskräfte des Netzes setzen, weil nicht nur Ermittlungsbehörden oder Verwaltungsbehörden den Provider in Kenntnis setzen können. Sowohl alle Nutzer des Internet als auch Selbstkontrollinstitutionen wie zum Beispiel die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia Diensteanbieter e. V. (FSM) können den Provider über rechtswidrige Inhalte im Bereich seines Servers informieren139. Eine weitere Voraussetzung des § 11 TDG/§ 9 MDStV ist nach der Novellierung von 2001, daß der Diensteanbieter unverzüglich tätig geworden ist, um die rechtswidrige Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald er von dieser Kenntnis erlangt hat. Der Provider ist jedoch auch weiterhin sowohl bei richtlinienkonformer Auslegung der §§ 11 TDG/§ 9 MDStV als auch laut Begründung zum Regierungsentwurf zu § 11 TDG nur in den Fällen verpflichtet, die Nutzung der fremden Inhalte zu verhindern, das heißt Löschun-

blattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 53 ff.; vgl. insbesondere zu § 11 TDG Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 25. 134 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 19; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2985); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (235); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2995); Spindler, NJW 1997, 3193 (3196); Sieber, MMR-Beilage 2/1999, 1 (18); Sieber, CR 1997, 581 (583); vgl. auch Strömer, Online-Recht, 2. Aufl., 1999, S. 216. 135 Vgl. Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 73; Bortloff, ZUM 1997, 167 (169). 136 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 19; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2985); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (235); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2995); Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 141. 137 A. A. Koch, der meint, daß auch ein präventives Tätigwerden erforderlich sei vgl. ders., CR 1997, 193 (200). 138 Vgl. Holznagel, ZUM 2000, 1007 (1021); vgl. dazu auch E. III. 4. b). 139 Vgl. eingehend zur FSM E. III. 2. a) (2) (a); http//www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002); Müller-Using, JMS-Report 5/1997, 53 (53 ff.).

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gen und Sperrungen vorzunehmen, wenn ihm dies technisch möglich und auch zumutbar ist. Die technische Möglichkeit der Sperrung fremder Inhalte besteht nur auf eigenen, nicht auf fremden Servern. Unter Zumutbarkeit ist trotz des etwas mißverständlichen Wortlauts der §§ 5 II TDG a. F./§ 5 II MDStV a. F. nicht nur die technische, sondern auch die wirtschaftliche Zumutbarkeit zu verstehen.140 Das ergibt sich aus der Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG. Darin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Bedeutung des Einzelfalles, der Aufwand sowie die Auswirkung auf andere Teile des Dienstes im Verhältnis zueinander gesehen werden müssen. Unzumutbarer Aufwand wäre demnach zum Beispiel die Sperrung der Nutzung für ganze Dienstebereiche oder die Einstellung des gesamten Dienstes, obwohl nur ein einziger oder vereinzelte rechtswidrige Inhalte von Dritten eingestellt worden sind.141 Vorgenannter Grundgedanke der Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG wird in der Begründung zu Artikel 1 des Regierungsentwurf für das EGG aufgegriffen und fortgeführt.142 Im Rahmen der Zumutbarkeit muß sodann immer eine umfassende Einzelfallprüfung und eine Abwägung der Interessen der Anbieter mit denen der Allgemeinheit und der Verletzten erfolgen.143 Das Kriterium der Zumutbarkeit ist somit entsprechend den straf-, zivil- und verfassungsrechtlichen Vorbildern zu interpretieren. Demnach müssen die zur Beseitigung des Inhalts notwendigen Aufwendungen noch in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen einer Sperrung liegen. Somit ist an dieser Stelle eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Daran ändert auch die Streichung der entsprechenden Klausel in § 11 TDG/§ 9 MDStV nichts. Die Argumentation der Provider, daß bei der Zumutbarkeit nicht zu hohe Anforderungen an sie gestellt werden dürften, da die Datenmengen im Internet unüberschaubar seien und Hardwarekomponenten als technische Voraussetzung der Nutzungsverhinderung sehr hohe finanzielle Aufwendungen bedeudeten, zudem lokale Sperrungen von Inhalten leicht zu umgehen seien, darf keinesfalls dazu führen, daß an die Zumutbarkeit zu geringe Anforderungen gestellt werden. Die Löschung von Inhalten ist keinesfalls unzumutbar, weil dadurch Kunden verloren gehen könnten.144 Wie hoch diese angesetzt werden müssen, bleibt jedoch immer eine Frage des Einzelfalls unter Be-

140 Vgl. Sieber, CR 1997, 581 (584); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2995); Koch, CR 1997, 193 (200). 141 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 20. 142 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 25. 143 Vgl. ebda.; Sieber, CR 1997, 581 (585); Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2982 (2985); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2995); Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 88; Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 59. 144 So Hörnle, NJW 2002, 1008 (1012).

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rücksichtigung aller Gesamtumstände, wie etwa der wirtschaftliche Aufwand, die technische Machbarkeit, die Gefährlichkeit der angebotenen Inhalte usw. (3) Der vollständige Haftungsausschluß nach §§ 9, 10 TDG/§§ 7, 8 MDStV Die Haftungsprivilegierung in § 9 I TDG/§§ 7, 8 MDStV soll den AccessProvidern145 gelten, die den Nutzern den bloßen technischen Zugang ermöglichen.146 Im wesentlichen liegt die rechtsdogmatische Begründung von § 9 I TDG/§ 7 I MDStV darin, daß es solchen Diensteanbietern, die fremde Inhalte lediglich – ohne auf sie Einfluß nehmen zu können – zum abrufenden Nutzer durchleiten, nicht obliegen kann, für diese Inhalte einzutreten. Sie sollen nicht anders behandelt werden als ein Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen.147 Damit wurden von den Gesetzgebern erfreulicherweise die technischen Gegebenheiten und das Wesen des Internet berücksichtigt. Eine allumfassende technische Kontrolle des Datenflusses im Internet ist schon technisch nicht möglich148 und widerspräche zudem dem Wesen des Internet, welches in Richtung eines freien, ungehinderten internationalen Datenaustausches ausgelegt wurde.149 So sind Diensteanbieter für fremde Informationen, zu denen sie lediglich den Zugang vermitteln, nicht verantwortlich.150 § 9 I TDG/§ 7 I MDStV entsprechen inhaltlich den § 5 III TDG a. F./§ 5 III MDStV a. F. In § 9 I TDG/ § 7 I MDStV wurden lediglich die Voraussetzungen für das Haftungsprivileg noch genauer konkretisiert: Der Access-Provider ist hiernach nicht verantwortlich, sofern er erstens die Übermittlung nicht veranlaßt hat, zweitens den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und drittens die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert hat. Dies läge nur bei einer bewußten, individuellen Tätigkeit des Diensteanbieters vor, nicht aber bei rein technisch bedingten Verfahren oder automatisierter Auswahl der Adressaten.151 Somit ändert sich durch die Novellierung praktisch nichts.152

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Vgl. B. II. 2. Vgl. Bornemann, K&R 2002, 301 (304); Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 114, 126; Hoeren, MMR 1998, 93 (97 ff.); Koch, Internet-Recht, 1998, S. 239 ff. 147 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385; Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 23 ff. 148 Vgl. B. III. 149 So auch Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 142; Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (236); a. A. Köster/v. Bonin, ZUM 1997, 821 (826). 150 Vgl. § 9 I TDG/§ 7 II MDStV; zur Anwendbarkeit des § 5 III TDG a. F./§ 5 III MDStV a. F. auf Internet-Café-Betreiber, vgl. eingehend Liesching/Günter, MMR 2000, 260 (263 ff.). 151 Vgl. Spindler, NJW 2002, 921 (923). 146

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Für den Begriff fremde Informationen kann auf obige Ausführungen verwiesen werden.153 Die Begriffe Übermittlung in ein Kommunikationsnetz und Vermittlung des Zugangs zur Nutzung werden auf verschiedene Weise verstanden. Manche sehen darin einen engen, technisch orientierten Begriff, der nur den reinen Netzzugang erfassen soll.154 Andere verstehen den Begriff der Zugangsvermittlung nicht so eng und wollen regelmäßig auch Weiterverzweigungen, sogenannte Hyperlinks155 darunterfallen lassen, womit unter Zugangsgewährung auch der Zugang zu anderen Anbietern zu verstehen sei.156 Doch diese Auffassung schießt über das Ziel hinaus, weil der Gesetzgeber bzw. die Staatsvertragspartner die telekommunikationsähnliche Leistung des Providers privilegieren wollten. Der differenzierte Lösungsweg führt zu einem diesen Aspekt berücksichtigenden Ergebnis: Demnach muß in jedem Einzelfall geprüft werden, welchen Charakter der jeweilige Hyperlink im dazugehörigen Kontext hat. Bietet der Hyperlink nur einen kürzeren Weg an, so geht es um die bloße Telekommunikationsleistung eines verkürzten Zugangsweges. Daher wird die Verantwortlichkeit für den dahinter liegenden Inhalt nach § 9 I TDG /§ 7 I MDStV entfallen. Ist der Hyperlink dagegen in einem Kontext angesiedelt, der deutlich macht, daß der Verweisende sich den hinter dem Link liegenden Inhalt zu eigen macht und somit in sein Angebot einbettet, richtet sich eine Haftung nach § 8 I TDG/§ 6 I MDStV.157 Auch wer als Anbieter ein wirtschaftliches oder sonstiges Interesse an dem fremden Inhalt hat, haftet hierfür wie für einen eigenen Inhalt.158 In § 9 II TDG/§ 7 II MDStV und § 10 TDG/§ 8 TDG sind Caching und Proxi-Cache ausführlicher geregelt als in § 5 III S. 2 TDG a. F./§ 5 III S. 2 MDStV a. F. Demnach gilt nach § 9 II TDG/§ 7 II MDStV eine automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung von Informationen (Caching), soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die 152 Vgl. dazu im einzelnen Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BTDrs. 14/6098, S. 25. 153 Vgl. D. I. 5. c) (1), 4.1.5.3.2. 154 Vgl Köster/v. Bonin, ZUM 1997, 821 (823 ff.); Bettinger/Freytag, CR 1998, 545 (549); Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 180. Deren Ausführungen zu § 5 III S. 1 TDG a. F./§ 5 III S. 1 MDStV a. F. können entsprechend für § 9 TDG herangezogen werden. 155 Darunter versteht man eine für den Nutzer hervorgehobene Textstelle oder Graphik einer WWW-Seite, durch dessen Anklicken er direkt an das Verweisziel, eine andere URL-Adresse gelangt. Vgl. B. II. 4; zum ganzen Köster/Jürgens, MMR 2002, 420 (422 ff.). 156 Vgl. dazu die Ausführungen zu § 5 III S. 1 TDG a. F./§ 5 III S. 1 MDStV a. F. von Koch, CR 1997, 193 (198); Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der MultimediaDienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 114. 157 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2985); zum ganzen Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 600. 158 So Schack, JZ 1998, 753 (760); Waldenberger, MMR 1998, 124 (128).

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Informationen nicht länger gespeichert werden, als es für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist, als Übermittlung von Informationen im Sinne der § 9 I TDG/§ 7 I MDStV. In § 10 TDG/§ 9 MDStV wurde die Haftungsprivilegierung für die nicht nur kurzzeitige, aber zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung (Proxy-Cache) geregelt.159 Bei Vorliegen der im einzelnen aufgeführten Voraussetzungen entfällt auch hier die Verantwortlichkeit. Der Bundesgesetzgeber und die Staatsvertragspartner wollten mit §§ 9 II, 10 TDG/§§ 7 II, 9 MDStV auf die Eigenschaften der Zugangsvermittlung, die zur Kostenvermeidung und Effizienzsteigerung üblich sind und in technischen Vorgaben wurzeln, Rücksicht nehmen.160 Da Proxy-Cache-Server und Proxy-Server161 Vermittlungsfunktionen wahrnehmen, werden sie der bloßen Zugangsverschaffung zugeordnet. Bei der Auslegung der automatischen und kurzzeitigen Vorhaltung fremder Inhalte aufgrund von Nutzerabfragen empfiehlt Sieber162, von einer funktionellen Betrachtungsweise auszugehen. Nach einem Zeitraum von wenigen Stunden sollte demnach der Übergang zu § 5 II TDG a. F./§ 5 II MDStV a. F. überschritten sein.163 (4) Der Vorbehalt für Verwaltungs- und Untersagungsverfügungen in § 8 II S. 2 TDG Nach der Novellierung von MDStV und TDG zur Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie vom 8. Juni 2000164 sind nunmehr auch § 8 II S. 2 TDG und § 8 II S. 2 MDStV – anders als § 5 IV TDG a. F. und § 5 III S. 2 MDStV a. F. – inhaltsgleich. Gemäß § 8 II S. 2 TDG bleiben Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit nach den §§ 9 bis 11 TDG unberührt, wenn der Diensteanbieter unter Wahrung des Fernmeldegeheimnisses gemäß § 85 TKG von diesen Inhalten Kenntnis erlangt. Da im Bereich der Teledienste eine spezialgesetzliche Ermächtigung für Sperrungs- und Löschungsanordnun-

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Vgl. dazu Spindler, NJW 2002, 921 (923); Bornemann, K&R 2002, 301 (305). Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385; Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 24. 161 Vgl. B. II. 4. 162 Vgl. Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 186. 163 Vgl. ebda.; Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2995); Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 135 ff.; Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 64; Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 20. 164 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, Amtsblatt Nr. L 178 vom 17/07/2000 S. 0001– 0016. 160

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gen nicht existiert, findet die polizei- und ordnungsrechtliche Generalklausel165 der Landesordnungs- und Polizeigesetze Anwendung.166 Die Klausel, daß eine Sperrung technisch möglich und zumutbar sein muß, wurde im Zuge der Novellierung gestrichen.167 Sowohl laut E-Commerce-Richtlinie als auch der Begründung zum Regierungsentwurf des EGG zu § 8 II TDG soll jedoch auch in Zukunft ungeschriebene Voraussetzung sein, daß die Sperrung technisch möglich und zumutbar ist.168 Über die Bedeutung von § 5 IV TDG a. F., dem Vorgänger von § 8 II S. 2 TDG wurde heftig gestritten. Die §§ 5 I–III TDG a. F. haben die jeweilige Verantwortlichkeit durch eigenes Verschulden zum Gegenstand. Dagegen soll § 5 IV TDG a. F. nach Auffassung von Engel-Flechsig169 klarstellen, daß die objektiven, das heißt keine Schuld voraussetzenden Verpflichtungen der Diensteanbieter zur Unterlassung von Rechtsverletzungen für alle Diensteangebote von den §§ 5 I–III TDG a. F. unberührt bleiben. Sieber170 meint dagegen, daß § 5 IV TDG a. F. lediglich eine Ausnahmeregelung zur Verantwortungsfreistellung der Zugangsvermittlung in § 5 III TDG a. F. bilde, da die verschuldensunabhängigen Ansprüche gegen die Content- und Host-Service-Provider gemäß §§ 5 I und II TDG a. F. insoweit nicht geregelt werden brauchten, da sie durch den auch die Störerhaftung einschließenden umfassenden Verantwortlichkeitsbegriff der §§ 5 I und II TDG a. F. bereits erfaßt gewesen seien. Zudem finde § 5 IV TDG a. F. auf das Strafrecht keine Anwendung, da sonst die strafrechtliche Verantwortlichkeit zu weit ausgedehnt und dadurch der Anwendungsbereich der §§ 5 I–III TDG a. F. nahezu auf Null reduziert werde.171 Zur verwaltungsrechtlichen Auslegung von § 5 IV TDG a. F. ist folgendes auszuführen: § 5 IV TDG a. F. sollte klarstellen, daß die allgemeinen Vorschriften des öffentlichen Rechts zur Gefahrenabwehr über die Verpflichtung des Störers zur Unterlassung beziehungsweise Beseitigung der Störung der öffentlichen 165 Vgl. Schenke, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 7. Aufl., 2003, 173 (189 ff.). 166 Vgl. Spindler/Volkmann, K&R 2002, 398 (399). 167 Vgl. § 8 II S. 2 TDG n. F. im Unterschied zu § 5 IV TDG a. F. 168 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 23. 169 Vgl. Engel-Flechsig, der als damaliger Referent für das IuKDG zuständig war, ZUM 1997, 231 (236); Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 21. 170 Vgl. Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 189; a. A. Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 141 ff. 171 Das folge auch aus dem Wortlaut des § 5 IV TDG a. F., nach dem lediglich Verpflichtungen zur Sperrung unberührt blieben vgl. Sieber, MMR-Beilage 2/1999, 1 (25); ebenso Bröhl, CR 1997, 73 (75); Vassilaki, MMR 1998, 630 (631). Die speziellen strafrechtlichen Probleme sollen hier im einzelnen nicht weiter vertieft werden, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde.

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Sicherheit und Ordnung und der Verletzung privater Rechte auch für AccessProvider gelten sollen. Somit stellt der § 5 IV TDG a. F. eine haftungsverschärfende Ausnahmevorschrift zur Freistellung der Zugangsvermittler nach § 5 III TDG a. F., diesmal sozusagen einen nachteiligen Vorfilter dar.172 Diese Auslegung kann für § 8 II S. 2 TDG n. F. nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Wortlaut von § 6 II S. 2 TDG ist im Vergleich zum Wortlaut von § 5 IV TDG a. F. eindeutig. Demnach sollen Verpflichtungen zur Sperrung oder Löschung „(. . .) auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diesteanbieters nach den §§ 7 bis 8 (. . .)“ unberührt bleiben. Somit betrifft § 6 II S. 2 TDG nicht nur Access-Provider, sondern alle Privilegierten nach §§ 7–8 TDG.173 Nichts anderes ergibt sich aus der Begründung zum Regierungsentwurf des EGG.174 Eine Regelung der subsidiären Verantwortlichkeit der Access-Provider findet sich – anders als im MDStV mit § 22 III MDStV – im TDG nicht. Somit greifen die allgemeinen polizei- und ordnungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen und die allgemeinen Grundsätze der Störerhaftung ein.175 Im Polizei- und Ordnungsrecht wird bei der Bestimmung der Polizeipflichtigkeit bzw. der Maßnahmeadressaten unterschieden zwischen echten Verantwortlichen, Personen, deren Verantwortlichkeit aufgrund eines bestimmten rechtlichen Verhältnisses zum Verantwortlichen gesetzlich fingiert wird, Verantwortlichkeit für das Verhalten anderer und Nichtverantwortlichen.176 Vorgenannte echte Verantwortliche sind der Handlungs-/Verhaltensstörer und Zustandsstörer. Eine Person haftet als Handlungsstörer für ihr Verhalten, das Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verursacht.177 Verhalten umfaßt dabei begrifflich Tun und Unterlassen. Geht die Gefahr von einer Sache aus, so begründet dies die polizeibzw. ordnungsrechtliche Zustandsstörerverantwortlichkeit.178 Eine Gefahrenlage in diesem Sinne liegt vor, sofern Eigenschaften oder Zustand der Sache geeignet sind, auf durch die öffentliche Sicherheit und Ordnung geschützte Rechtsgüter störend einzuwirken. Adressat polizeilicher bzw. ordnungsrechtlicher Maß172 So auch Bleisteiner, Rechtliche Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 205; offenbar ähnlich die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage in BT-Drs. 13/8153, S. 10; so auch Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, 1999, § 5 TDG Rdn. 38; Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (239); a. A. Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 5 Rdn. 144. 173 So offenbar auch Spindler/Volkmann, K&R 2002, 398 (401); a. A. Stadler, MMR 2002, 343 (344), der meint, daß MDStV und TDG auf Acces-Provider nicht anzuwenden seien. 174 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des EGG in: BT-Drs. 14/6098, S. 23. 175 Vgl. Spindler/Volkmann, K&R 2002, 398 (402). 176 Vgl. Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 9. Aufl., 2002, S. 172. 177 Vgl. Steiner, in: Schmidbauer/Steiner/Roese (Hrsg.), Bayerisches Polizeiaufgabengesetz mit Polizeiorganisationsgesetz, PAG Art. 7 Rdn. 7; vgl, dazu eingehend Gusy, Polizeirecht, 2000, S. 265. 178 Vgl. Art. 8 I PAG, Art. 9 II LStVG.

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nahmen ist der Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft. Darunter versteht man diejenige Person,179 die über die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache verfügt und damit die von ihr ausgehenden Gefahren selbst beherrschen kann.180 Die Zustandsstörerverantwortlichkeit wurde im Polizei- und Ordnungsrecht im Interesse der Gefahrenabwehr als verschuldensfreie Garantenstellung konzipiert.181 Ausnahmsweise sollen nach den Grundsätzen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts auch solche Personen als Störer herangezogen werden, die weder Handlungs- noch Zustandsstörer im vorgenannten Sinne sind. Das ist auf solche Ausnahmefälle begrenzt, bei denen dies zur Bekämpfung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Die Inanspruchnahme einer Person als sogenannter Nichtstörer ist an strengere Voraussetzungen gebunden, als die Heranziehung von Störern und auch hinsichtlich der sachlichen Reichweite eingeschränkt.182 Voraussetzung der Inanspruchnahme ist zunächst, daß bereits eine Störung eingetreten ist oder eine Gefahr zumindest unmittelbar bevorsteht. Desweiteren ist das Heranziehen des Nichtstörers nur dann zulässig, wenn die Abwehr der Gefahr nicht durch Maßnahmen gegenüber dem(n) Störer(n) möglich ist. Zudem darf die rechtzeitige Abwendung der Gefahr nicht durch die Behörden selbst möglich sein. Weiterhin darf die Inanspruchnahme nicht zu einer erheblichen Gefährdung des Nichtstörers oder zur Verletzung höherwertiger Pflichten führen.183 Verhaltensstörer ist der Content-Provider. Durch die Verbreitung rechtswidriger Inhalte verursacht er unmittelbar Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Der Host-Service-Provider ist Zustandsstörer.184 Er ist Inhaber der tatsächlichen Gewalt über den von ihm betriebenen Server und hat die technische Einwirkungsmöglichkeit, entsprechende Sperrungen und Löschungen zu veranlassen bzw. vorzunehmen. Access-Provider sind weder Verhaltens- noch Zustandsstörer. Somit sind sie nach den Grundsätzen der Nichtstörerhaftung (Notstandshaftung) heranzuziehen.185 Zu beachten sind die vorgenannten Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit186. Der Access-Provider darf somit nur dann für Sperrungsmaßnahmen beansprucht werden, wenn Handlungs179 Personen in diesem Sinne sind auch juristische Personen, vgl. Steiner, in: Schmidbauer/Steiner/Roese (Hrsg.), Bayerisches Polizeiaufgabengesetz mit Polizeiorganisationsgesetz, PAG Art. 7 Rdn. 1. 180 Vgl. dazu Gusy, Polizeirecht, 2000, S. 278 ff. 181 Vgl. Steiner, in: Schmidbauer/Steiner/Roese (Hrsg.), Bayerisches Polizeiaufgabengesetz mit Polizeiorganisationsgesetz, PAG Art. 8 Rdn. 3. 182 Vgl. Spindler/Volkmann, K&R 2002, 398 (404). 183 Vgl. Schenke, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 7. Aufl., 2003, 173 (278). 184 Vgl. näher Spindler/Volkmann, K&R 2002, 398 (403). 185 Vgl. ebda. 186 Vgl. Schenke, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 7. Aufl., 2003, 173 (282 ff.).

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und Zustandsstörer, also Content- und Host-Service-Provider nicht herangezogen werden können.187 Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen die von der Behörde angeordneten Maßnahmen geeignet, erforderlich und angemessen sein. Ob Sperrungsverfügungen188 gegen Access-Provider verhältnismäßige Maßnahmen darstellen, stellt sich in der Regel als zweifelhaft dar.189 § 8 II S. 2 TDG n. F. bietet keine Rechtsgrundlage für verschuldensunabhängige Sperrungsverpflichtungen.190 Diese muß sich unabhängig davon aus den allgemeinen Vorschriften ergeben. (5) Der Vorbehalt für Verwaltungs- und Untersagungsverfügungen des § 6 II S. 2 MDStV i. V. m. § 22 III MDStV Der Wortlaut von § 6 II S. 2 MDStV ist inhaltsgleich mit § 6 II S. 2 MDStV. Daher wird entsprechend auf die Ausführungen zu § 6 II S. 2 TDG verwiesen.191 Auch im Falle ihrer Privilegierung nach §§ 7–9 MDStV werden die Diensteanbieter der öffentlich-rechtlichen Verantwortlichkeit unterworfen.192 Die Störerhaftung193 ist im MDStV mit § 6 II S. 2 MDStV i. V. m. § 22 III MDStV jedoch ausführlicher geregelt als im TDG mit § 8 II S. 2 TDG. In § 22 III MDStV haben die Staatsvertragspartner, anders als der Bundesgesetzgeber im § 8 II S. 2 TDG, eine eigene Ermächtigungsgrundlage für die Inanspruchnahme der Haftungsprivilegierten im Sinne der §§ 7–9 MDStV für die Fälle vorgesehen, in denen sich Maßnahmen gegenüber den Verantwortlichen nach § 6 I MDStV als nicht durchführbar oder erfolgversprechend erweisen.194 Demnach können Maßnahmen zur Sperrung von Angeboten nach § 22 II MDStV auch gegen Access-Provider und Host-Service-Provider gerichtet werden,195 sofern eine Sperrung technisch möglich und zumutbar ist.196 Für den Jugendmedienschutz bei den Mediendiensten ist die vorgenannte Vorschrift von großer 187

Vgl. Spindler/Volkmann, 2002, 398 (405). Vgl. bezüglich der technischen Möglichkeit und Zumutbarkeit der Sperrung die Ausführungen in D. I. 5. c) (2). 189 So zutreffend auch Spindler/Volkmann, K&R 2002, 398 (405); im Ergebnis auch Stadler, MMR 2002, 343 (346). 190 Vgl. nur Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 21; Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (236); Köster/v. Bonin, ZUM 1997, 821 (826); Sieber, MMR-Beilage 2/1999, 1 (25). 191 Vgl. D. I. 5. c) (4). 192 So auch Spindler/Volkmann, 2002, 398 (401). 193 Vgl. zum Begriff D. I. 5. c) (5). 194 Vgl. § 22 III MDStV. 195 Vgl. Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (401). 196 Vgl. bezüglich der technischen Möglichkeit und Zumutbarkeit der Sperrung die Ausführungen in D. I. 5. c) (2). 188

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Bedeutung, weil § 22 II MDStV i. V. m. §§ 20 I, IV JMStV für die Jugendschutzbehörden die Ermächtigungsgrundlage zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften über unzulässige Telemedien und den Jugendschutz gemäß §§ 4, 5 und 6 JMStV bildet.197 Unter den Voraussetzungen des § 22 III MDStV können die Jugendschutzbehörden demnach gegen die Haftungsprivilegierten nach §§ 7–9 MDStV n. F. genauso vorgehen wie gemäß § 22 II MDStV gegen die nach § 6 I MDStV Verantwortlichen.198 Würde ein Content-Provider jugendgefährdende Inhalte als Telemedien ohne einer Vorkehrung gemäß § 4 II JMStV verbreiten und sich Maßnahmen gegen ihn als nicht durchführbar oder erfolglos erweisen, könnte beispielsweise die zuständige Aufsichtsbehörde in Erwägung ziehen, gemäß § 6 II S. 2 MDStV i. V. m. §§ 22 III, II, I MDStV gegen den Access-Provider vorzugehen. Diese Konstellation würde sich ergeben, wenn sich der Content-Provider und dessen Host-Service-Provider im Ausland und der Access-Provider im Inland befinden. Doch wird eine solche Maßnahme in realiter in den meisten Fällen an § 22 III MDStV scheitern. Nach dieser Vorschrift sind Maßnahmen gegen den Zugangsvermittler nur dann zulässig, wenn die Sperrung technisch möglich und zumutbar ist. Will der Zugangsvermittler der Sperrungsanordnung nachkommen, müßte er – wenn überhaupt technisch möglich199 – regelmäßig den ganzen Server eines Host-Service-Providers sperren und damit auch zahllose völlig harmlose Angebote. Das kann nach Vornahme der im Einzelfall erforderlichen Gesamtabwägung200 aller Umstände im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung schwerlich als zumutbar bezeichnet werden,201 weil die Informationsfreiheit gemäß Art. 5 I S. 1 GG hinreichend Berücksichtigung finden muß.202 Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Vorschriften § 6 II S. 2 MDStV i. V. m. § 22 III MDStV und § 8 II S. 2 TDG für den Jugendmedienschutz im Internet nach hier vertretener Ansicht von nur geringer Effizienz sind. Zum einen verkennen sie die technischen Gegebenheiten des Internet, denn geforderte Sperrungen und Löschungen sind in den meisten Fällen technisch überhaupt nicht oder nur bedingt möglich.203 Zum anderen werden solche Maßnahmen häufig im Rahmen der Verhältnismäßigkeit an der Zumutbarkeit scheitern. 197

Vgl. D. II. 5. Vgl. § 22 III MDStV; Ukrow, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 5 Rdn. 69; Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 40; Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, 1999, § 5 MDStV Rdn. 11. 199 Vgl. B. III. 7. 200 Vgl. dazu Koch, Internet-Recht, 1998, S. 236 ff. 201 Vgl. D. I. 5. c) (2). 202 Vgl. mit der gleichen Tendenz Stadler, MMR 2002, 343 (346). 203 Vgl. Stadler, MMR 2002, 343 (345); B. III. 7. 198

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6. Die Zugangs- und Anmeldefreiheit (§ 5 TDG/§ 4 MDStV) Den Providern gewährleistet die Verfassung grundrechtliche Wirtschaftsfreiheit. Hierzu sei auf die Ausführungen in C. III. 3. verwiesen. Die inhaltsgleichen § 5 TDG/§ 4 MDStV sind Ausdruck dieser elementaren Freiheiten. Teledienste und Mediendienste sind demgemäß zulassungs- und anmeldefrei.204 Der Bundesgesetzgeber und die Staatsvertragspartner haben hiermit klargestellt, daß sie keine Veranlassung sehen, andere Instrumente der Eröffnungskontrolle im Bereich der Online-Dienste einzusetzen. Auf ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt205 und eine damit verbundene Vorabkontrolle im Rahmen eines Zulassungsverfahrens wurde bewußt verzichtet.206 Insbesondere dem Bund kam es auf eine klare Trennung vom Zulassungsund Lizenzregime des Rundfunks an.207 Eine Kollission im Bereich der Mediendienste mit der vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 5 I 2 GG gefolgerten Notwendigkeit einer positiven Rundfunkordnung liegt nicht vor. Die publizistische Relevanz und sogenannte Suggestivkraft der bewegten Bilder ist bei den Mediendiensten nicht so stark ausgeprägt, daß ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt erforderlich ist.208 Abgesehen davon hat der Gesetzgeber erkannt, daß eine Eröffnungskontrolle für Anbieter von Multimedia-Diensten aufgrund deren Vielzahl allein praktisch nicht durchführbar wäre. Der Wortlaut „(. . .) im Rahmen der Gesetze (. . .)“ bringt zum Ausdruck, daß Anmelde-, Lizensierungs- oder Zulassungsvorschriften nach dem allgemeinen Wirtschaftsverwaltungsrecht, der GewO und dem TKG weiter fortgelten.209 Die Länder haben wegen der Anmelde- und Zulassungsfreiheit von Mediendiensten eine Umgehung der Vorschriften zur Rundfunkzulassung nach dem 204 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2984); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (235); Köster/von Bonin, ZUM 1997, 821 (822); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2993); Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 191 ff.; vgl. dazu auch Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen und Entwicklungen bei den neuen Informations- und Kommunikationsdiensten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes (IuKDG) in BRDrs. 390/99, S.17; Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/ 7385, S. 19; kritisch Klöck, CR 1999, 456 (461). 205 Vgl. zu diesem Instrument eingehend Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 175; Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, 1999, 47 (74). 206 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 19; Waldenberger, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 4 Rdnr. 2. Zur Problematik der Ex-ante- und Ex-post-Kontrolle im Internet vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192). 207 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2984). 208 So Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 594 ff. 209 Vgl. Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2993).

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RStV210 befürchtet. Aus diesem Grunde sieht eine neue Regelung in § 20 II RStV vor, daß ein Mediendienst von der zuständigen Landesmedienanstalt im Einvernehmen mit allen Landesmedienanstalten dem Rundfunk zugeordnet werden kann.211 Um nicht Gefahr zu laufen, Rundfunk ohne entsprechender Zulassung zu veranstalten, sind Anbieter von Mediendiensten gemäß § 20 II S. 3 RStV berechtigt, bei der zuständigen Landesmedienanstalt vorsorglich einen Antrag auf Bescheinigung der rundfunkrechtlichen Unbedenklichkeit zu stellen. Vorgenannte Anmelde- und Zulassungsfreiheit ist auch von Bedeutung für den klassischen negativen Jugendmedienschutz im Internet. Da es im Bereich der Onlinedienste keine behördliche Präventivkontrolle212 gibt, kann ein Provider jederzeit seinen Betrieb aufnehmen und Inhalte im Netz zur Nutzung bereithalten. Dies gilt selbstverständlich auch für Anbieter von Inhalten, die potentiell jugendgefährdend sind, da wie ausgeführt überhaupt keine Vorabprüfung stattfindet. Weil sich die für den Jugendschutz im Internet zuständigen Aufsichtsbehörden – die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM – bei ihrer nachträglichen Kontrolltätigkeit nicht an gemeldete Provider halten können, gestaltet sich diese wesentlich schwieriger als die Programmkontrolle im Rundfunkbereich.213 Leicht vorzunehmende Stichproben sind somit unmöglich.214 Die pauschale Suche nach unzulässig angebotenen, jugendgefährdenden Inhalten im Internet ist aufgrund seiner Funktionsweise und technischer Unzulänglichkeiten entsprechender Suchsoftware enorm schwierig und bringt nur mäßige Erfolge. Durch begrenzte technische Möglichkeiten kommt sie der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen gleich.215

210 Vgl. Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31. August 1991 (BayGVBl S. 451), zuletzt geändert durch Art. 3 des Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 20./21.12.2001 (GBl. BW S. 208). 211 Vgl. § 20 II S. 2 RStV. 212 Vgl. zum Problem Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192). 213 Vgl. dazu Stettner, Die Stellung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien im Rundfunksystem nach dem Bayerischen Mediengesetz, 1999, S. 171 ff.; zu den Maßstäben Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 394 ff. 214 Vgl. Feil/Keddi, Diskurs 1/2000, 51 (52). 215 Vgl. B. III. 3. a).

II. Der Jugendschutz nach JMStV und MDStV

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II. Der Jugendschutz nach Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) und Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) 1. Der Anwendungsbereich des JMStV und MDStV – Bedeutung für den Jugendschutz Bund und Länder haben in der Kompromißlösung von 1997, wie oben bereits ausgeführt, die Vorschriften für den Jugendmedienschutz im Internet nicht inhaltsgleich ausgestaltet. Der Bund hat versucht, das GjSM durch die im IuKDG enthaltenen Änderungen den neuen Anforderungen durch Informations- und Kommunikationsdienste anzupassen, die Länder haben im MDStV völlig neue, eigenständige Jugendschutzregelungen geschaffen. So war beim Jugendschutz, anders als bei den inhaltsgleichen Regelungen von Bund und Ländern wie §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV oder § 5 TDG/§ 4 MDStV die Abgrenzung von Telediensten und Mediendiensten von entscheidender Bedeutung. Die genaue Abgrenzung ist im einzelnen schwierig und höchst strittig.216 Die Bestimmung eines Onlinedienstes als Mediendienst stellt sich noch komplizierter dar als die Einordnung unter Teledienste.217 Bei den Mediendiensten ist eine doppelte Abgrenzung erforderlich. Erstens ist nach § 2 I S. 3 MDStV die Abgrenzung zu den Telediensten gemäß § 2 TDG vorzunehmen. Zweitens müssen gemäß § 2 I S. 2 MDStV Mediendienste vom Rundfunk gemäß § 2 I RStV abgegrenzt werden. Der am 01.04.2003 in Kraft getretene Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) führt den Begriff der Telemedien ein. Nach § 3 II Nr. 1 JMStV sind hierunter Teledienste im Sinne des Teledienstegesetzes und Mediendienste im Sinne des Mediendienste-Staatsvertrages, soweit sie nicht Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages sind, zu verstehen. Zweck des JMStV ist gemäß § 1 JMStV der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Angeboten in sämtlichen elektronischen Medien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden können. Daneben dient der JMStV jedoch auch allgemein dem Schutz vor Angeboten in elektronischen Medien, die die Menschenwürde218 oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen. Das wesentliche Ziel des JMStV ist somit die Schaffung eines ein216 Vgl. zum ganzen Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 2 Rdn. 21 ff.; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2982); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (234); von Heyl, ZUM 1998, 115 (116); Hochstein, NJW 1997, 2977 (2979); Kröger/ Moos, AfP 1997, 675 (676); Ladeur, ZUM 1997, 372 (382); Tettenborn, MMR 1999, 516 (517); Köster/von Bonin, ZUM 1997, 821 (822); Schulz, MMR 1998, 182 (184); Waldenberger, MMR 1998, 124 (124); Martenczuk, ZUM 1999, 104 (107); Holznagel, ZUM 1999, 425 (432). 217 Vgl. D. II. 1. 218 Vgl. Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (921 ff.).

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heitlichen Rechtsrahmens im Bereich des Jugendmedienschutzes und des Schutzes der Menschenwürde.219 Entsprechend dieser Zwecksetzung umfaßt der Geltungsbereich des JMStV gemäß § 2 I Nr. 1 JMStV Rundfunk und Telemedien und damit alle elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien. Die Dienste des Internet stellen entweder Mediendienste oder Teledienste dar. a) Einordnung als Mediendienst – Positive Generalklausel § 2 I MDStV In § 2 I MDStV haben die Staatsvertragspartner die sogenannte Generalklauseltechnik220 angewandt. So enthält § 2 I S. 1 MDStV eine generelle Umschreibung des Begriffs Mediendienst. Gemäß dieser positiven Generalklausel versteht man unter Mediendiensten das Angebot und die Nutzung von an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten in Text, Ton oder Bild, die unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters verbreitet werden.221 Hauptsächliches Abgrenzungskriterium der Mediendienste ist damit, daß diese an die Allgemeinheit gerichtet sind und deshalb der Massenkommunikation zuzuordnen sind222, anders als die Teledienste, die der Individualkommunikation223 dienen. Allgemeinheit bedeutet dabei laut amtlicher Begründung des MDStV in Abgrenzung zur individuellen Nutzung gemäß § 2 I TDG das Existieren einer beliebigen Öffentlichkeit.224 Zur näheren Bestimmung dieses Begriffs kann die Definition der Allgemeinheit im Rundfunkrecht als finales Kriterium des Rundfunkbegriffs des § 2 I RStV herangezogen werden. Allgemeinheit ist demnach die durch das Fehlen besonderer, außerhalb der Rundfunkkommunikation begründeter persönlicher oder sonstiger enger Beziehungen gekennzeichnete, unbestimmte Personenvielzahl, die sich im Verbreitungsbereich eines Rundfunkunternehmens aufhält und die fernmeldetechnisch vermittelte Aussagen nicht speziellen Inhalts gleichzeitig zu empfangen bereit und willens ist.225 Der Personenkreis der Adressaten eines Mediendienstes darf somit nicht in der Weise bestimmbar sein, daß es sich hierbei ausschließlich um Personen handelt, 219

Vgl. Begründung zum JMStV, in BW-LT-Drs. 13/1551 S. 21. Vgl. dazu D. II. 1. 221 Vgl. § 2 I S. 1 MDStV. 222 Vgl. Klöck, CR 1999, 456 (458). 223 Vgl. § 2 I TDG. 224 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay-LT Drs. 13/7716, S. 9; vgl. auch Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2994); Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2983); Kröger/Moos, AfP 1997, 675 (676); Holznagel, ZUM 1999, 425 (432). 225 Vgl. Herrmann, Rundfunkrecht, 1994, S. 31; Hartstein/Ring/Kreile, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, (Loseblattsammlung Stand August 2002, 10. Ergänzungslieferung), § 2 RStV Rdn. 6; Jarass, AfP 1998, 133 (134); Gersdorf, AfP 1995, 565 (569). 220

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die durch gegenseitige Beziehungen oder Beziehungen zum Anbieter gemäß § 3 Nr. 1 MDStV persönlich verbunden sind.226 Im Gegenschluß soll stattdessen der individuelle Leistungsaustausch dann im Vordergrund stehen, wenn die elektronisch erbrachten Leistungen auf ein konkretes Individualverhältnis zwischen dem Nutzer und dem Anbieter bezogen sind.227 Das heißt, es müssen aus Sicht der Staatsvertragspartner, anders als bei an die Allgemeinheit gerichteten Mediendiensten, bei den Telediensten persönliche Verbindungen zwischen dem Nutzer und dem Anbieter bestehen. b) Verteildienste und Abrufdienste zur Meinungsbildung gemäß § 2 IV Nr. 3 TDG Ein weiteres Abgrenzungskriterium der Mediendienste zu den Telediensten ist in § 2 IV Nr. 3 TDG geregelt. Das TDG soll demnach für inhaltliche Angebote bei Verteildiensten und Abrufdiensten nicht gelten, soweit die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht nach § 2 MDStV.228 Dieses Abgrenzungskriterium ist als Lösung des Streits zwischen Bund und Länder, ob das Merkmal an die Allgemeinheit gerichtet aus Anbieteroder Nutzersicht zu definieren sei, anzusehen.229 Da die Länder die Anbietersicht im Auge hatten, wurde mit dem Abgrenzungsmerkmal „(. . .) soweit die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht (. . .)“ eine Einigung erzielt. Fraglich ist, wann dieses Abgrenzungsmerkmal vorliegt. Zur genauen Bestimmung sollen die allgemeinen Grundsätze des Presserechts herangezogen werden können, da diese Grundsätze aufgrund ihrer langjährigen Rechtstradition hierfür besonders geeignet seien.230 Grundlage des Pressebegriffs bildet der Begriff Druckwerk, welcher zumeist in § 7 der Landespressegesetze geregelt ist.231 Nicht alle dieser Druckwerke unterfallen aber den Regelungen des Presserechts, etwa solche nicht, die ersichtlich unpolitischen Zwecken wie dem Gewerbe, dem Verkehr, dem häuslichen und geselligen Leben dienen. Ebenso seien amtliche Druckwerke, die nur Mitteilungen enthalten, traditionell ganz oder überwiegend von den Vorschriften der Pressegesetze als sogenannte harmlose Druckwerke232 befreit, da sie nicht zur Meinungsbildung der Öffentlichkeit bestimmt sind. Würde man diese Kriterien aus dem Presserecht für die Qualifizierung der inhaltlichen Angebote in den 226 Vgl. zum ganzen Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 150 ff. 227 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 10. 228 Vgl. § 2 IV Nr. 3 TDG. 229 Vgl. Roßnagel, NVwZ 1998, 1 (3). 230 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2983) m.w.V. 231 In Bayern in Art. 6 Bayerisches Pressegesetz (BayPrG). 232 Vgl. Art. 7 II, III BayPrG.

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Netzen heranziehen, nach Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn233, könne man auch in Zweifelsfällen eine endgültige Zuordnung der Angebote vornehmen.234 Das mag für völlig eindeutige, konstruierte Musterfälle vielleicht noch zutreffen, jedoch nicht für die Fälle in der täglichen Praxis, die das Internet hervorbringt. Engel-Flechsig relativiert seine Aussage aus diesem Grunde auch gleich selbst und räumt ein, daß „(. . .) in den zahlreichen Gesprächen zwischen Bund und Ländern eine für alle denkbaren Einzelfälle passende Zuordnung nicht möglich gewesen ist.“235 Als Beispiel soll auch hier wieder die Homepage dienen, diesmal die einer Firma: In den seltensten Fällen wird diese bloße, aneinandergereihte Preislisten236 enthalten. Vielmehr will die Firma die Allgemeinheit erreichen und auch auf deren Meinungsbildung einwirken. So wird die Homepage ähnlich einem Druckwerk im Sinne des Art. 6 I BayPrG gestaltet sein237 und könnte beispielsweise ausführliche Berichte aus der Branche oder Presseberichte über das Unternehmen enthalten. Die Beurteilung im Einzelfall, ob diese gänzlich unpolitisch sind, stellte die Jugendschutzbehörden in der Praxis vor große Probleme.238 Eine Lösung des Abgrenzungsproblems durch die Klassifizierung des redaktionellen Teils als Beiwerk239, welches das gesamte Angebot zum Teledienst macht, hilft in der Praxis nicht weiter. Es kann schon nicht genau bestimmt werden, wann Inhalte redaktioneller Teil sind und wann nicht. Noch schwieriger ist eine Einordnung als Beiwerk in der Praxis. Das Abgrenzungskriterium des § 2 IV Nr. 3 TDG ist somit für eine scharfe Abgrenzung der Mediendienste zu den Telediensten nicht geeignet. c) Beispielkatalog § 2 II MDStV Auch der Beispielkatalog des § 2 II MDStV ermöglicht keine genaue Abgrenzung der Mediendienste zu den Telediensten. Für die Dienste des Internet ist 233

Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2983). Ähnlicher Ansicht vgl. Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 2 Rdn. 28; a. A. Schulz, ZUM 1996, 487 (489); ders., MMR 1998, 182 (184); Kuch, ZUM 1997, 225 (225 ff.); ähnlich Ladeur, ZUM 1997, 372 (382); das bezweifelt offenbar auch von Heyl, ZUM 1998, 115 (117); D. II. 1. 235 Vgl. Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (238). 236 Dann läge gemäß § 7 II BayPrG ein harmloses Druckwerk vor, nach der Meinung von Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn stünde somit die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung nicht im Vordergrund, es handele sich um einen Teledienst. 237 Somit stünde die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung im Vordergrund, es läge ein Mediendienst vor. 238 So Eberle, BLJA MittBl 6/1997, 1 (4) Leiterin des Sachgebietes Präventive Jugendhilfe im Bayerischen Landesjugendamt (BLJA), zuständig für den Jugendschutz bei den Mediendiensten; vgl. dies., proJugend 1998, 7 (8); vgl auch Tettenborn, MMR 1999, 516 (521). 239 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2984). 234

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darin nur die Variante Abrufdienste gemäß § 2 II Nr. 4 MDStV einschlägig.240 Die Verteildienste gemäß §§ 2 II Nr. 1–3 MDStV sind die klassischen Erscheinungsformen von Massenkommunikation.241 So unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer technischen Verbreitungsform nicht vom Rundfunk. Die Inhalte werden von einer Stelle an eine unbestimmte Vielzahl von Empfängern übermittelt Der Zeitpunkt der Ausstrahlung wird dabei vom Anbieter einseitig festgelegt. Ihrem Inhalt nach besitzen die Verteildienste aber nur geringe publizistische und meinungsbildende Relevanz. (1) Mediendienst versus Teledienst § 2 II Nr. 4 MDStV Unter Mediendiensten im Sinne des § 2 I MDStV sind gemäß § 2 II Nr. 4 MDStV Abrufdienste zu verstehen, bei denen Text-, Ton- oder Bilddarbietungen auf Anforderung aus elektronischen Speichern zur Nutzung übermittelt werden, mit Ausnahme von solchen Diensten, bei denen der individuelle Leistungsaustausch oder die reine Übermittlung von Daten im Vordergrund steht, ferner von Telespielen. Da die Abrufdienste, anders als die in den §§ 2 II Nr. 1–3 MDStV genannten Verteildienste laut amtlicher Begründung des MDStV und Wortlaut der Norm auf Abruf durch den Nutzer von elektronischen Speichern zur Verfügung gestellt werden,242 können Dienste des Internet grundsätzlich nur unter Abrufdienste fallen.243 Diese werden aufgrund der technischen Funktionsweise des Internet nahezu nie von den Providern in Echtzeit ohne Zwischenspeicherung übertragen, sondern nach dem Client-Server-Prinzip dauerhaft auf Servern für die User zum Abruf bereitgehalten.244 An dieser Stelle wird teilweise bereits bezweifelt, ob Abrufdienste technisch überhaupt an die Allgemeinheit gerichtet sind, somit der Massenkommunikation unterfallen, oder grundsätzlich der Individualkommunikation i. S. d. § 2 I TDG dienen sollen und damit der Anwendungsbereich des MDStV regelmäßig nicht eröffnet wäre.245 Diese Frage verdeutlicht, daß eine Steuerung der Inhalte nach ihrem technischen Verbreitungs240

A. A. Ladeur, ZUM 1997, 372 (382). Vgl. Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 2 Rdn. 50. 242 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 10. 243 Vgl. Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 2 Rdn. 66; vgl. zum damit zusammenhängenden Problem der Extemporalisierung des Rechts Hoeren, NJW 1998, 2849 (2851). 244 Vgl. B. II. 4. Anders eventuell beim IRC, jedoch werden auch dort die Daten zur Weiterübertragung zumindest kurz auf dem Server des Chatproviders zwischengespeichert. E-Mails werden zwar in Echtzeit übertragen, jedoch dann zunächst in der Mailbox des Empfängers zwischengespeichert, daß dieser die E-Mail jederzeit abrufen kann. 241

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weg, wie bereits in anderem Zusammenhang erörtert, an der zunehmenden Konvergenz der Medien scheitern muß.246 (2) Gesetzgeberisches Versehen Aufgrund seiner Formulierung kann der § 2 II Nr. 4 MDStV als ein gesetzgeberisches Versehen angesehen werden, da er nicht der von Bund und Ländern getroffenen Einigung bezüglich der Gesetzgebungskompetenzen bei der Regelung von Multimediadiensten entspricht.247 Der Bund sollte demnach für Internetdienste die Gesetzgebungskompetenz der Individualkommunikation, die Länder die der Massenkommunikation ausüben dürfen. Laut § 2 II Nr. 4 MDStV sollen Abrufdienste – das sind wie aufgezeigt aufgrund des Client-Server-Prinzips der Netzwerkarchitektur nahezu alle Dienste des Internet – grundsätzlich Mediendienste sein, nur ausnahmsweise, wenn bei Diensten der individuelle Leistungsaustausch oder die reine Übermittlung von Daten im Vordergrund steht, soll es sich um Teledienste handeln. Damit wären aber viele typische Dienste der Individualkommunikation, wie etwa der E-Mail-Dienst, der in jedem Falle auf dem Grundprinzip der Punkt-zu-Punkt Kommunikation beruht, keine Teledienste mehr, sondern wären grundsätzlich als Mediendienst zu qualifizieren.248 Auch eine E-Mail kann als eine Text-, Ton- oder Bilddarbietung, die auf Anforderung aus elektronischen Speichern zur Nutzung übermittelt wird249 angesehen werden. Die in § 2 II Nr. 4 MDStV vorgesehene Ausnahme schafft somit keine Abhilfe. Zum einen stellt der E-Mail-Dienst keine reine Übermittlung von Daten dar, da jede E-Mail eine bestimmte Dramaturgie in sich birgt, eine gewisse Gestaltung erfährt und jede Form dieser Kommunikation eine Darbietung darstellt. Aus der amtlichen Begründung ergibt sich nichts anderes. Demnach wird unter reiner Übermittlung von Daten die reine Übertragung von Dateninformation wie Fahrplänen, Flugplänen, Devisenkursen und ähnlichem verstanden.250 Damit 245 Vgl. Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 2 Rdn. 61; daß eine Beantwortung der Frage offenbar aufgrund der wachsenden Konvergenz der Medien gar nicht möglich ist, erkennen zutreffend von Heyl, ZUM 1998, 115 (120); Holznagel, ZUM 1999, 425 (433). 246 Vgl. C. IV. 247 Vgl. Einigungserklärung vom 18.12.1996 vollständig abgedruckt in der Kommentierung von Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (231). 248 A. A. Kröger/Moos, AfP 1997, 675 (680), die meinen, daß § 2 II Nr. 4 MDStV sich als ein trojanisches Pferd entpuppen könne, da sich der Anwendungsbereich des MDStV mit fortschreitender Kommerzialisierung der Mediendienste von allein verkleinere. 249 Vgl. § 2 II Nr. 4 MDStV. 250 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 10.

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kann also schon einmal nicht die Individualkommunikation gemeint gewesen sein. An Individualkommunikation hätte noch beim Begriff Datenaustausch251 gedacht werden können, nicht aber bei der reinen Übermittlung von Daten. Zum anderen geht es bei einem E-Mail-Austausch seltener – es sei denn jemand hat sich per E-Mail Bilder, ein Softwareprogramm oder ähnliches bestellt – um den Austausch von Leistungen in dem Sinne, wie ihn die Staatsvertragspartner verstanden haben. Ein individueller Leistungsaustausch soll nach deren Vorstellung unter anderem im Vordergrund stehen, wenn die elektronisch erbrachten Leistungen auf ein konkretes Individualverhältnis zwischen dem Nutzer und Anbieter bezogen sind, wie dies zum Beispiel bei Telebanking der Fall ist.252 Gemeint ist also der Austausch von Geld und geldwerten Leistungen. Was exakt damit gemeint sein soll, läßt sich genau wie die Bedeutung des Begriffs reine Datenübermittlung letztlich schwer bestimmen. Es verwundert vor diesem Hintergrund nicht, daß für die Jugendschutzbehörden in der Praxis vor der Einführung des Begriffs der Telemedien trotz der Ausführlichkeit der jeweiligen Regelungen erhebliche Abgrenzungsprobleme blieben,253 oder diese die Zuständigkeitsprüfung anhand der Abgrenzung Teledienst und Mediendienst gar nicht durchführten.254 (3) Mediendienst versus Rundfunk § 2 I S. 2 MDStV Wie eingangs bereits erwähnt, muß bei der Definition des Geltungsbereichs des MDStV eine doppelte Grenzziehung vorgenommen werden. Gemäß § 2 I S. 2 MDStV bleiben die Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages unberührt, deshalb ist zusätzlich eine Abgrenzung zwischen Mediendiensten und Rundfunk vorzunehmen.255 Laut amtlicher Begründung fehle, anders als bei der Definition des Rundfunks nach § 2 I RStV bei Mediendiensten das Merkmal Darbietung,256 durch das die besondere Rolle des Rundfunks als Medium und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung gekennzeichnet sei. Dadurch sollte klarge251

Vgl. § 2 II Nr. 1 TDG. Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 10. 253 So Eberle, BLJA MittBl 6/1997, 1 (4), Leiterin des Sachgebietes „Präventive Jugendhilfe“ im Bayerischen Landesjugendamt (BLJA), zuständig für den Jugendschutz bei den Mediendiensten; vgl. dies., proJugend 1998, 7 (8); vgl. auch Tettenborn, MMR 1999, 516 (521). 254 So die Bundesprüfstelle vgl. BPJS-Entsch. Nr. 4868 vom 7.1.1999 in JMS-Report 2/1999 7 (7); vgl. dazu auch die Anmerkung zu BPJS-Entscheidung Nr. 4868 vom 7.1.1999 von Liesching, JMS-Report 2/1999, 8 (8). 255 Vgl. dazu eingehend Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 153 ff.; vgl. auch Hochstein, NJW 1997, 2977 (2979); Schulz, MMR 1998, 182 (184); eingehend Klöck, CR 1999, 456 (459); Jarass, AfP 1998, 133 (139 ff.). 256 Um die Verwirrung perfekt zu machen, hat der Gesetzgeber den Begriff „(. . .) Darbietung (. . .)“ in einem anderen Sinne in § 2 II Nr. 4 MDStV dann doch verwendet. 252

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stellt werden, daß Darbietungen weiterhin den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages unterliegen sollen.257 So regelt der MDStV das Mittelfeld zwischen dem Rundfunk und den Telediensten, das Terrain der Mediendienste.258 Diese sind zwar ebenfalls wie der Rundfunk an die Allgemeinheit gerichtet, stellen also keine Individualkommunikation im Sinne des § 2 I TDG dar, jedoch dienen sie nur in geringem Maße der öffentlichen Meinungsbildung. Es fehlt ihnen die Suggestivkraft der bewegten Bilder.259 Problematisch ist diese Abgrenzung zwischen Mediendienst und Rundfunk in der Praxis vor allen Dingen bei Internet-Radiosendungen.260 Viele Hörfunksender – mittlerweile auch TV-Sender – bieten ihr Programm zusätzlich zur Verbreitung via Terrestrik oder Kabel auch im Internet an.261 Rüstet man seinen Internetbrowser mit Real-Audio-Plug-in auf, welches in der Regel zum kostenlosen Download auf der Homepage der Sender angeboten wird, kann man das gewünschte Radioprogramm aus jeder Telefonbuchse auf der Welt empfangen. Manche ordnen das Internet-Radio wegen seiner publizistischen Wirkung dem Rundfunk zu.262 Daß die verwendete Technik nicht der des Rundfunks entspricht, also nicht Inhalte von einer Stelle an eine unbestimmte Vielzahl von Empfängern übermittelt werden und auch der Zeitpunkt der Ausstrahlung hier vom Anbieter nicht einseitig festgelegt wird, erklärt man für unerheblich. Der anderen Ansicht, die vertritt, daß es sich beim Internet-Radio nicht um Rundfunk handelt,263 ist zu folgen. Es wird zutreffend argumentiert, daß aufgrund der technischen Vorgabe des Abrufs des Programms erst durch den Nutzer, also kein ständiges Anliegen sowie der mangelnden Zeitgleichheit das Tatbestandsmerkmal der Allgemeinheit des Rundfunkbegriffs – eine unbeschränkte Vielzahl von Empfängern – nicht verwirklicht sei und daher Internetradio den Ab257

Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 9. Vgl. Hochstein, NJW 1997, 2977 (2979). 259 Vgl. Klöck, CR 1999, 456 (459); Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 2 Rdn. 34 ff.; Hochstein, NJW 1997, 2977 (2979, 2980). 260 Vgl. zum ganzen Koenig/Röder, K&R 1998, 417 (418). 261 Vgl. Neuberger, Media Perspektiven 3/2000, 102 (105); Barth/Münch, Media Perspektiven 1/2001, 43 (43 ff.). 262 Vgl. nur Janik, K&R 2001, 572 (576); Hoffmann-Riem, AfP 1996, 9 (14 ff.); die gleiche Ansicht wird auch bei der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien vertreten, vgl. dazu Zweites Strukturpapier zur Unterscheidung von Rundfunk und Mediendiensten (Stand Dezember 1998), 1 (9), in: Bornemann/Lörz (Hrsg.), Bayerisches Mediengesetz, Band II, Textsammlung, (Loseblattsammlung Stand April 2004, 17. Lieferung), 3.5.6.; vgl. dazu auch Hochstein, in: Prütting/Hochstein/Hege u. a. (Hrsg.), Die Zukunft hat schon begonnen – Rechtlicher Rahmen und neue Teledienste im Digitalzeitalter, 1998, S. 15 ff. 263 Vgl. Mecklenburg, ZUM 1997, 525 (525 ff.); Ory, AfP 1997, 845 (845 ff.); Ernst, NJW 1997, 3006 (3006 ff.); Ricker, NJW 1997, 3199 (3199 ff.); Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 2 Rdn. 67; ähnlich Degenhart, MMR 1998, 137 (138). 258

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rufdiensten gemäß § 2 II Nr. 4 MDStV zuzuordnen ist. Das Merkmal der Ausrichtung an die Allgemeinheit darf entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht verkürzt verwendet werden, sondern ist vor dem Hintergrund seiner massenkommunikativen Bedeutung zu sehen.264 Demnach kommt es darauf an, daß der Kommunikator die Informationen selektiert. Bei den Abrufdiensten ist das Angebot des Kommunikators jedoch lediglich invitatio ad offerendum, weshalb dem Zugriff der einzelnen Nutzer entscheidende Bedeutung zukommt.265 Es fehlt somit das rundfunktypische Merkmal der Ausstrahlung von Sendungen gleichen Inhalts an die Allgemeinheit.266 In jüngster Zeit sind Hörfunk- und TV-Karten für Computer auf den Markt gekommen, welche den Rechner zu einem Hörfunk- bzw. TV-Gerät erweitern, unabhängig von Internet und Providern. Da diese Karten direkt an der Rundfunkantenne, am Kabelanschluß oder dem Satellitendekoder angeschlossen sind, werden diese so empfangenen Inhalte nicht mehr von einem Speicher abgerufen, sondern wie bei normalen Hörfunk- und Fernsehgeräten empfangen. Es handelt sich hierbei somit um Rundfunk. d) Einordnung als Teledienst – Positive Generalklausel § 2 I TDG Auch in § 2 I TDG kam vom Bundesgesetzgeber die sogenannte Generalklauseltechnik zur Anwendung. Diese bietet die Möglichkeit, durch allgemein gehaltene Formulierungen möglichst viele Tatbestände zu erfassen. Ihr Zweck ist es, den Gesetzeswortlaut von der Belastung mit detaillierten Merkmalen freizuhalten, zugleich aber die ungewollte Einengung des Anwendungsbereichs zu vermeiden.267 § 2 I TDG enthält eine generelle Umschreibung des zentralen Begriffs Teledienst. Gemäß dieser positiven Generalklausel sind darunter alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste zu verstehen, die für eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten wie Zeichen, Bildern oder Tönen bestimmt sind und denen eine Übermittlung mittels Telekommunikation zugrundeliegt.268 Jedes einzelne konkrete Angebot muß dabei einer separaten Einordnung unterzogen werden.269 Ein für die Anwendbarkeit des TDG wesentliches Merkmal ist laut Legaldefinition die individuelle Nutzung des jeweiligen Dienstes. Somit steht bei den 264

Vgl. BVerfGE 74, 297 (352). So Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 81. 266 Vgl. ebda. 267 Vgl. Creifelds, Rechtswörterbuch, 1994, S. 479. 268 Vgl. § 2 I TDG; vgl. eingehend zur Interpretation von § 2 TDG Pappi, Teledienste, Mediendienste und Rundfunk, 2000, S. 158 ff. 269 Vgl. Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (234). 265

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Telediensten die Individualkommunikation im Vordergrund.270 Das entspricht dem im Gesetzgebungsverfahren zwischen Bund und Ländern getroffenen Kompromiß.271 Damit geht das TDG von der Vorstellung einer Punkt-zu-PunktKommunikation aus, vergleichbar der Situation eines Telefongesprächs.272 Nicht die Hinwendung an ein breites Publikum, sondern der Informationsaustausch zwischen einzelnen Individuen steht im Mittelpunkt. e) Beispielkatalog § 2 II TDG (1) Angebote der Individualkommunikation § 2 II Nr. 2 TDG Eine Erläuterung der weiten Definition des Teledienstes in vorgenannter Generalklausel erfolgt durch den Beispielkatalog des § 2 II TDG.273 Von Bedeutung für Dienste des Internet ist § 2 II Nr. 1 TDG. Demnach sind Angebote im Bereich der Individualkommunikation regelmäßig Teledienste.274 Darunter fallen beispielsweise E-Mail-Dienste,275 die eine klassische Punkt-zu-Punkt Kommunikation erlauben, wie etwa den Austausch von kinder- und jugendgefährdenden Inhalten in Textform oder als Attachement einer E-Mail. Jedoch ist zu beachten, daß durch massenhaftes E-Mailing der Teledienst in einen Mediendienst gemäß § 2 I MDStV276 umschlagen kann. (2) Angebote zur Information oder Kommunikation § 2 II Nr. 2 TDG Teledienste sind gemäß § 2 II Nr. 2 TDG auch Angebote zur Information oder Kommunikation, soweit nicht die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht (Datendienste, zum Beispiel Verkehrs-, Wetter-, Umwelt- und Börsendaten, Verbreitung von Informationen über Waren und Dienstleistungsangebote).277 Nur einer von vielen für den Jugendmedienschutz im Internet relevanten Online-Diensten, deren Einordnung als Teledienst gemäß § 2 II Nr. 2 TDG Pro270 Vgl. v. Heyl, ZUM 1998, 115 (116); Hochstein, NJW 1997, 2977 (2979); Holznagel, ZUM 1999, 425 (432); Kröger/Moos, AfP 1997, 675 (676); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (234); Schulz, MMR 1998, 182 (184). 271 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 17; Kröger/Moos, AfP 1997, 675 (676); D. I. 2. 272 Vgl. Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 2 Rdnr. 18. 273 Vgl. dazu Pankoke, Von der Presse- zur Providerhaftung, 2000, S. 35 ff. 274 Vgl. § 2 II Nr. 1 TDG. 275 Vgl. B. II. 3. 276 Vgl. D. II. 1. 277 Vgl. § 2 II Nr. 2 TDG.

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bleme schafft, ist die Homepage als WWW-Dienst.278 In der Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG wird sie explizit den Telediensten zugeordnet, soweit die dort erhältlichen Informationen nicht mit dem Ziel der Meinungsbildung für die Allgemeinheit redaktionell aufgearbeitet sind.279 Manche Autoren280 begründen die Zuordnung zu den Telediensten auch damit, daß Homepages die Besucher zur Aufnahme der Kommunikation mit ihrem Ersteller einladen sollen, demnach der Individualkommunikation dienen sollen. Es ist zwar einerseits richtig, daß eine Homepage Besucher zur Individualkommunikation mit dem Ersteller inspiriert. Andererseits will der Ersteller mit seiner Homepage aber gerade auch die Allgemeinheit mit interessanten Inhalten anlocken. Somit ist die Homepage doch an die Allgemeinheit gerichtet und folglich als Mediendienst zu klassifizieren. Sie vereint Merkmale eines Teledienstes und Mediendienstes. Eine Einordnung muß somit durch die Bestimmung des Schwerpunkts erfolgen. Von Heyl281 empfiehlt zur Lösung des Problems eine Inhaltsprüfung im einzelnen, durch die sich ermitteln ließe, ob die Absicht der Übermittlung eines Inhalts an eine Vielzahl von Nutzern oder das Anknüpfen von Interaktion und Dialog mit einigen dazu bereiten Nutzern im Vordergrund steht. Es muß jedoch eingeräumt werden, daß auch dieser Lösungsweg Schwächen beinhaltet, da die Ermittlung eines Schwerpunkts genauso schwer fällt, wie die Subsumption unbestimmter Rechtsbegriffe. In der Praxis bleiben erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten, weil viele Angebote des Internet zwar an die Allgemeinheit gerichtet sind, gleichzeitig jedoch individueller Kommunikation dienen sollen.282 Für die Jugendschutzbehörden gestaltete sich vor Einführung des Begriffs der Telemedien deshalb bereits die Bestimmung der Anwendbarkeit der einschlägigen Gesetze283 und in diesem Zuge die Ermittlung ihrer Zuständigkeit problematisch.284 278 Vgl. B. II. 3; die Liste der Beispiele könnte endlos fortgesetzt werden, würde aber den Rahmen der Arbeit sprengen, vgl. daher weitergehend Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 2 Rdnr. 67 ff. 279 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385. 280 Vgl. v. Heyl., ZUM 1998, 115 (118); vgl. dazu auch Flechsig/Gabel, CR 1998, 351 (353). 281 Vgl. v. Heyl, ZUM 1998, 115 (119); ähnlich Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (234). 282 So Eberle, BLJA MittBl 6/1997, 1 (4), Leiterin des Sachgebietes Präventive Jugendhilfe im Bayerischen Landesjugendamt (BLJA), zuständig für den Jugendschutz bei den Mediendiensten; dies., proJugend 1998, 7 (8); vgl. auch Tettenborn, MMR 1999, 516 (521). 283 Vgl. A. I., Fn. 27. 284 Die erforderliche Zuständigkeitsprüfung – durch Klassifizierung eines Internetdienstes als Teledienst – zu unterlassen und die Zuständigkeit einfach vorauszusetzen, wie etwa die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften und Medieninhalte vor der Novellierung durch das JuSchG, dürfte keine rechtmäßige Lösung sein, vgl. BPJDEntsch. Nr. 4868 vom 7.1.1999 in JMS-Report 2/1999 7 (7); vgl. dazu auch die An-

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Vorausgesetzt, die vorgenannte Schwerpunktprüfung ergäbe eine Klassifizierung der Homepage als Individualkommunikation, muß geklärt werden, ob eine redaktionelle Gestaltung der Homepage vorliegt, die der Meinungsbildung der Allgemeinheit dienen soll. Das Kriterium der redaktionellen Gestaltung ist weithin unbrauchbar, da nahezu jede Homepage von ihrem Ersteller mehr oder weiniger anspruchsvoll gestaltet wird, um ihre Attraktivität zu erhöhen.285 Somit kann lediglich noch die Meinungsbildung als Abgrenzungskriterium herangezogen werden. Der Gesetzgeber läßt nähere Ausführungen zu diesem Begriff in seiner Begründung vermissen. Als Beispiel werden lediglich Textdienste im Rundfunk und in der elektronischen Presse genannt.286 Spindler287 schlägt vor, das Kriterium der Meinungsbildung für die Allgemeinheit dahingehend auszulegen, daß eher der Kernbereich der politischen, kulturellen, ethischen, moralischen etc. öffentlichen Meinungsauseinandersetzung anzusprechen sei. Er begründet diese mit dem in § 2 II Nr. 2 TDG enthaltenen Klammerzusatz, wonach ausdrücklich die Informationen über Waren und Dienstleistungsangebote von den Telediensten erfaßt sein sollen. Ähnlich lautet der Vorschlag von Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn288, die allgemeinen Grundsätze des Presserechts entsprechend heranzuziehen. Dieser Ansatz bietet zumindest greifbare Kriterien für die Abgrenzung. In Anlehung an die vorgenannten presserechtlichen Grundsätze sind Homepages, die ersichtlich unpolitischen Zwecken wie dem Gewerbe und Verkehr, dem häuslichen und geselligen Leben dienen sowie amtliche Mitteilungen, die nur bloße Mitteilungen enthalten, nicht zur Meinungsbildung der Allgemeinheit bestimmt und damit Teledienste. Homepages, die Presse und journalistische Beiträge beinhalten, wären demnach zur Meinungsbildung der Allgemeinheit bestimmt. (3) Angebote zur Nutzung des Internet oder weiterer Netze § 2 II Nr. 3 TDG Im Beispielkatalog des § 2 II TDG sind gemäß § 2 II Nr. 3 TDG weitere Dienste des Internet erfaßt. Demnach sind Angebote zur Nutzung des Internet oder weiterer Netze Teledienste. Nach dem Willen des Gesetzgebers sind damit die von den Zugangsvermittlern, insbesondere den Internet- und Online-Servicemerkung zu BPJS-Entscheidung Nr. 4868 vom 7.1.1999 von Liesching, JMS-Report 2/ 1999, 8 (8). 285 So auch Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 2 Rdnr. 71; vgl. zum Begriff der „(. . .) redaktionellen Gestaltung zur Meinungsbildung (. . .)“ eingehend D. II. 1. 286 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT- Drs. 13/7385. 287 Spindler, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) TDG 2 § 2 Rdnr. 72. 288 Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2983); vgl. auch D. II. 1.

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Providern289 bereitgestellten Angebote zur Nutzung der neuen Dienste erfaßt, wie etwa die explizit als Beispiel genannten Navigationshilfen.290 Reine Access-Provider dürften damit jedoch nicht erfaßt sein, da die Diensteanbieter bereits in § 3 Nr. 1 TDG als natürliche oder juristische Personen oder Personenvereinigungen, die eigene oder fremde Teledienste zur Nutzung bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln, definiert sind.291 (4) Telespiele § 2 II Nr. 4 TDG In § 2 II Nr. 4 TDG ist im gesamten Beispielkatalog die einzige Angebotsart außerhalb eines reinen Klammerzusatzes genannt. Demnach sind Angebote zur Nutzung von Telespielen Teledienste. Mit § 2 II Nr. 4 TDG korrespondiert § 2 II Nr. 4 MDStV. Demnach sind Telespiele ausdrücklich vom Geltungsbereich des MDStV ausgenommen. (5) On-Demand-Dienste § 2 II Nr. 5 TDG Gemäß § 2 II Nr. 5 TDG sind Teledienste auch Angebote von Waren und Dienstleistungen in elektronisch abrufbaren Datenbanken mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellmöglichkeit. Diese Vorschrift der On-DemandDienste292 stellt sozusagen einen Auffangtatbestand dar. Dadurch sollte ein breites Spektrum wirtschaftlicher Betätigung mittels der neuen Dienste erfaßt werden.293 Eine Abgrenzung zu den Abrufdiensten nach MDStV gemäß § 2 II Nr. 4 MDStV läßt sich nicht eindeutig vornehmen.294 f) Negative Generalklausel § 2 IV TDG § 2 IV TDG beinhaltet weitere Anwendungsvoraussetzungen des TDG, die als Folge der Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Länder bei der Multimediagesetzgebung 295 anzusehen sind.296 Diese Vorschrift stellt klar, daß das TDG keine Anwendung findet, wenn es sich um Telekommunikationsdienstleistungen und das geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdienstlei289

Vgl. B. II. 2. Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT- Drs. 13/7385. 291 Vgl. so auch Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (235). 292 Vgl. dazu näher Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 76 ff. 293 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385. 294 Vgl. Kröger/Moos, ZUM 1997, 462 (466 ff.). 295 Vgl. zum Begriff Roßnagel, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einf 1 Rdn. 1. 296 Vgl. D. I. 2. 290

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stungen nach § 3 TKG handelt.297 Das TDG gilt ferner nicht für Rundfunk im Sinne des § 2 RStV.298 In § 2 IV Nr. 3 TDG taucht noch einmal das Abgrenzungskriterium der redaktionellen Gestaltung zur Meinungsbildung des § 2 II Nr. 2 TDG auf. Demnach gilt das TDG nicht für inhaltliche Angebote bei Verteildiensten und Abrufdiensten, soweit die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht nach § 2 MDStV.299 Bezüglich der schwierigen Klassifizierung des Begriffs redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung wird auf obige Ausführungen verwiesen. g) Entgeltlichkeit/Unentgeltlichkeit § 2 III TDG In § 2 III TDG wird klargestellt, daß das TDG auf entgeltliche und unentgeltliche Teledienste gleichermaßen Anwendung findet. Somit gelten die Geund Verbote des JMStV ebenso für gewerbliche wie private Anbieter, soweit nicht etwas abweichendes geregelt worden ist. h) Bewertung Die positive Generalklausel des § 2 I TDG, der Beispielkatalog in § 2 II TDG und die negative Generalklausel des § 2 IV TDG als Vorgaben lassen eine sichere, abschließende Bestimmung von Telediensten und Mediendiensten ebenfalls nicht zu.300 Jedoch dürfen bei neuen technischen Sachverhalten die Anforderungen an den Gesetzgeber freilich auch nicht überspannt werden.301 Der Staat hat zumindest einen „Ordnungsrahmen geschaffen, innerhalb dessen die privaten Wirtschaftssubjekte auf einem zentralen Zukunftsmarkt agieren und den technischen Fortschritt zur Entfaltung bringen können“.302 Die Konvergenz der Medien – die bereits als Argument für ein medienübergreifendes Bundesgesetz zum Schutze der Kinder und Jugendlichen herangezogen wurde303 – und die rasante Entwicklung der Technik führen dazu, daß Übertragungswege kein zutreffendes Abgrenzungskriterium mehr sind.304 Ebenso ist, wie aufgezeigt,

297

Vgl. § 2 IV Nr. 1 TDG. Vgl. § 2 IV Nr. 2 TDG; Tettenborn, MMR 1999, 516 (518). 299 Vgl. § 2 IV Nr. 3 TDG. 300 So auch Kröger/Moos, AfP 1997, 675 (675 ff.); Pichler, MMR 1998, 79 (80); Waldenberger, MMR 1998, 124 (124); ähnlich Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 99. 301 Zur Frage der Schaffung einer völlig exakten Rechtssprache vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 2003, S. 101. 302 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (182), kurs. i.O. 303 Vgl. C. IV. 298

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eine inhaltliche Abgrenzung problematisch. Durch den JMStV hat die Abgrenzungsproblematik zwischen Telediensten und Mediendiensten nun ein wenig an Bedeutung verloren, da der JMStV ohnehin für alle Telemedien anwendbar ist. Dennoch bleibt die Bestimmung von Teledienst und Mediendienst im einzelnen schwierig. Zudem hätte die Schaffung eines einheitlichen Bundesgesetzes für den Jugendmedienschutz, insbesondere für alle Internetangebote, ohne Differenzierung in Teledienste und Mediendienste und eine Zentralisierung der Aufsicht bei einer Bundesbehörde, den oben dargelegten verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprochen. 2. Unzulässige Angebote Laut amtlicher Begründung zum MDStV sollte dem Jugendschutz bei der Formulierung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Mediendienste besondere Bedeutung zukommen.305 Dieser wurde von den Ländern durch das abgestufte Regelungssystem des § 12 MDStV a. F. und § 6 MDStV a. F. berücksichtigt. Dabei haben sich die Länder stark an § 3 RfStV und am alten § 9 BtxStV, außer Kraft gesetzt durch § 23 III MDStV, orientiert. Da die Länder Mediendienste als rundfunkähnlich beurteilten, erachteten sie eine dem § 3 RStV spiegelbildliche Vorschrift als geeignet für einen wirksamen Jugendschutz bei den Mediendiensten.306 Im JMStV sind unzulässige Angebote in Telemedien nunmehr in § 4 JMStV geregelt, der im wesentlichen an den Inhalt des § 12 MDStV a. F. anschließt. Die Verbotsbestimmungen orientieren sich dabei an den bisher auch in der Vergangenheit im Bereich des Jugendmedienschutzes geltenden Verboten für unzulässige Angebote. Ergänzt werden diese Bestimmungen durch Regelungen, welche im Zuge der Neuregelung des Jugendschutzes durch den Bund nach § 18 JuSchG erforderlich geworden sind.307 Da § 3 II S. 2 GjSM a. F. gestrichen wurde, weil nunmehr der JMStV für alle Telemedien Anwendung findet, mußten im JMStV auch Verbote für die Verbreitung indizierter Medien im Bereich des Rundfunks und der Telemedien geregelt werden. Insoweit sind die Entscheidungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien für den Bereich der Online-Medien nur noch mittelbar von Bedeutung.

304 Vgl. dazu auch den Vorschlag von Janik, K&R 2001, 572 (581), der einheitlichen Regulierung aller Kommunikationswege, Inhalte und -formen. 305 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 12; vgl. zum ganzen auch Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 181 ff. 306 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 12; vgl. auch Scholz, JMS-Report 4/1999, 3 (4). 307 Vgl. Begründung zum JMStV, in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 15.

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a) Absolut unzulässige Telemedien/absolute Verbreitungsverbote (§ 4 I JMStV) § 4 I JMStV enthält Totalverbote bzw. absolute Verbreitungsverbote,308 das heißt die genannten Inhalte dürfen überhaupt nicht, also auch nicht an Erwachsene, verbreitet werden.309 Die Vorschriften entsprechen § 3 I RStV310. §§ 4 I Nr. 1–8 JMStV dienen zwar auch dem Jugendschutz, deren Zweck ist aber, anders als der von §§ 4 I Nr. 9–11 JMStV, nicht ausschließlich der Jugendmedienschutz. Demnach sind Angebote absolut unzulässig, wenn sie: – gemäß § 4 I Nr. 1 JMStV Propagandamittel im Sinne des § 86 des Strafgesetzbuches darstellen, deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. – gemäß § 4 I Nr. 2 JMStV Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Sinne des § 86a des Strafgesetzbuches verwenden. – gemäß § 4 I Nr. 3 JMStV zum Haß gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, daß Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden. – gemäß § 4 I Nr. 4 JMStV eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, leugnen oder verharmlosen. – gemäß § 4 I Nr. 5 JMStV grausame und sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt. Dies soll nun auch bei virtuellen Darstellungen gelten. – gemäß § 4 I Nr. 6 JMStV als Anleitung zu einer in § 126 Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannten rechtswidrigen Tat dienen. – gemäß § 4 I Nr. 7 JMStV den Krieg verherrlichen. – gemäß § 4 I Nr. 8 JMStV gegen die Menschenwürde verstoßen, insbesondere durch die Darstellung von Menschen, die sterben oder schweren körperlichen 308

Vgl. dazu auch Ukrow, Jugendschutzrecht, 2004, S. 210 ff. Vgl. Holznagel, ZUM 1999, 425 (429); Bornemann, NJW 2003, 787 (787). 310 Vgl. eingehend Hartstein/Ring/Kreile, Rundfunkstaatsvertrag Kommentar, (Loseblattsammlung Stand August 2002, 10. Ergänzungslieferung), § 3 RStV Rdn. 26 ff.; Bornemann/Lörz (Hrsg.), Bayerisches Mediengesetz, Band I, Kommentar, (Loseblattsammlung Stand April 2004, 17. Lieferung) Art. 6 BayMG Rdn. 3 ff. 309

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oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, wobei ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben wird, ohne daß ein berechtigtes Interesse gerade für diese Form der Darstellung oder Berichterstattung vorliegt. Eine Einwilligung ist dabei unbeachtlich.311 Die Regelungen §§ 4 I Nr. 9–11 JMStV dienen ausschließlich dem Jugendmedienschutz. Demnach sind Angebote unzulässig, wenn diese: – gemäß § 4 I Nr. 9 JMStV Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen. Dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen. Als Reaktion auf häufige Umgehungen in der Praxis sind damit nunmehr auch Angebote einbezogen, die zwar noch nicht die Schwelle des strafrechtlichen Pornografiebegriffs erreichen, jedoch als Einstieg für entsprechende Angebote genutzt werden.312 Erfaßt werden bestimmte erotographische Inhalte unterhalb der Schwelle der nach § 184 StGB strafbaren pornografischen Inhalte. Nicht erforderlich ist, daß die minderjährige Person nackt oder auch nur teilweise entkleidet dargestellt wird, wenn sich schon aus der eingenommenen Pose die unnatürliche Geschlechtsbetontheit ergibt. Die Voraussetzungen des § 4 I Nr. 9 JMStV sind objektiv zu bestimmen, so daß es auf die Absichten des Anbieters, des minderjährigen Darstellers oder ihrer Eltern nicht ankommt. Desweiteren sind Angebote absolut unzulässig, wenn sie: – gemäß § 4 I Nr. 10 JMStV pornografisch sind und Gewalttätigkeiten, den sexuellen Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben. Dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen. – gemäß § 4 I Nr. 11 JMStV in den Teilen B und D der Liste nach § 18 des Jugendschutzgesetzes aufgenommen sind oder mit einem in dieser Liste aufgenommenen Werk ganz oder im wesentlichen inhaltsgleich sind. In den Fällen der §§ 4 I Nr. 1 bis 4 und 6 JMStV gilt § 86 Abs. 3 des Strafgesetzbuches, im Falle von § 4 I Nr. 5 JMStV § 131 Abs. 3 des Strafgesetzbuches entsprechend.

311 Vgl. zu den einzelnen Tatbeständen Begründung zum JMStV, in Bay LT-Drs. 14/ 10246 S. 15 ff. 312 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 16.

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b) Entwicklungsbeeinträchtigende und jugendgefährdende Telemedien/Verbreitungsverbot an Kinder und Jugendliche (§ 5 I JMStV, § 4 II JMStV) Neben den absolut unzulässigen Telemedien bzw. absoluten Verbreitungsverboten finden sich im JMStV auch die Verbreitungsverbote an Kinder und Jugendliche gemäß § 5 I JMStV und § 4 I JMStV, welche die Verbreitung von entwicklungsbeeinträchtigenden bzw. jugendgefährdenden Inhalten grundsätzlich nicht ausnahmslos an jedermann verbieten, sondern nur dann, wenn sie ohne entsprechende Jugendschutzvorkehrungen erfolgt.313 Gemäß § 5 I JMStV dürfen sogenannte entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte, die nicht unter die Verbote für jugendgefährdende Inhalte gemäß § 4 II JMStV fallen, unter bestimmten Voraussetzungen verbreitet oder zugänglich gemacht werden. Angebote sind entwicklungsbeeinträchtigend im Sinne des § 5 I 1. HS JMStV, wenn sie zwar die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen können, aber nicht einer strengeren Beschränkung unterliegen müssen wie bei einer Jugendgefährdung im Sinne des § 18 JuSchG.314 Dies entspricht der Differenzierung für Trägermedien in § 14 JuSchG gegenüber § 15 JuSchG.315 In § 5 II JMStV wird auf die Entscheidungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Bezug genommen. Demnach wird bei Angeboten die Eignung zur Beeinträchtigung der Entwicklung im Sinne des § 5 I JMStV vermutet, wenn sie nach dem JuSchG für Kinder und Jugendliche nicht freigegeben sind. Das soll auch entsprechend für Angebote gelten, die mit dem bewerteten Angebot im wesentlichen inhaltsgleich sind. In § 5 I 2. HS JMStV ist jedoch eine Befreiung vom Verbreitungsverbot des § 5 I 1. HS JMStV geregelt. Die entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte dürfen verbreitet oder zugänglich gemacht werden, wenn der Anbieter dafür Sorge trägt, daß Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufe sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Dieser Pflicht kann der Anbieter dadurch entsprechen, daß er durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich macht oder wesentlich erschwert (§ 5 III Nr. 1 JMStV). Erforderlich soll hierbei nicht unbedingt sein, daß der Zugriff durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe überhaupt nicht erfolgen kann. Der Gesetzestext sieht vor, daß auch eine wesentliche Erschwerung ausreiche, da niemals sicher ausgeschlossen werden könne, daß Kinder und Jugendliche unberechtigt Zugriff erhalten.316 313

Vgl. dazu Bornemann, NJW 2003, 787 (789). Vgl. Ukrow, Jugendschutzrecht, 2004, S. 231 ff.; Bornemann, NJW 2003, 787 (789 ff.). 315 Vgl. Begründung zum JMStV, in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 17. 314

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Desweiteren kann der Anbieter seiner Pflicht gemäß § 5 I 2. HS JMStV dadurch entsprechen, daß er die Zeit, in der die Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht werden, so wählt, daß Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe üblicherweise die Angebote nicht wahrnehmen. Diese Art der Zugangsbeschränkung stammt aus dem Bereich des Rundfunks und ist nach der hier vertretenen Auffassung nur sehr begrenzt für den Bereich der Telemedien geeignet. Aufgrund der Ubiquität des Internet ist es nicht auf bestimmte Zeitzonen beschränkt, so daß sich die Sperrung des zeitzonenübergreifenden Angebots für bestimmte Zeitzonen als technisch schwierig gestaltet und zu einer allzu starken Einschränkung führen kann.317 3. Verbreitungsverbot gemäß § 4 II JMStV a) Weitere unzulässige Angebote In § 4 II JMStV sind weitere unzulässige Angebote318 geregelt, deren Verbreitung im Rundfunk generell unzulässig, bei den Telemedien aber zulässig ist, wenn entsprechende Vorkehrungen gemäß § 4 II S. 2 JMStV getroffen werden. Demnach sind Angebote, unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit unzulässig, wenn diese: – gemäß § 4 II Nr. 1 JMStV in sonstiger Weise pornografisch sind. Gemeint sind damit pornografische Darstellungen, die nicht bereits unter § 4 I JMStV fallen. – gemäß § 4 II Nr. 2 JMStV in den Teilen A und C der Liste nach § 18 des Jugendschutzgesetzes aufgenommen sind oder mit einem in diese Liste aufgenommenen Werk ganz oder im wesentlichen inhaltsgleich sind. Hiervon erfaßt sind die öffentlichen und nichtöffentlichen Teile der Liste nach § 18 JuSchG, also indizierte Inhalte, die nicht bereits nach den Bestimmungen des StGB einem uneingeschränkten Verbreitungsverbot unterliegen.319 – gemäß § 4 II Nr. 1 JMStV offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit unter Berücksichtigung der besonderen Wirkungsform des Verbreitungsmediums schwer zu gefährden. § 4 II Nr. 1 JMStV wurde an § 15 II Nr. 5 JuSchG angelehnt und übernimmt den Tatbestand der offensichtlich schweren Jugendgefährdung. Die Voraussetzung des § 4 II Nr. 3 JMStV der Eignung, die Entwicklung von Kindern und 316 317 318 319

Vgl. Begründung zum JMStV, in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 17. Anders Begründung zum JMStV, in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 17. Vgl. Ukrow, Jugendschutzrecht, 2004, S. 220 ff. Vgl. Begründung zum JMStV, in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 16.

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Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, entspricht der Definition zu § 18 I JuSchG. Geeignet in diesem Sinne sind grundsätzlich alle Medien, die nach menschlicher Erfahrung imstande sein können, die gesunde sittliche Entwicklung von Menschen unter 18 Jahren zu beeinträchtigen. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn zu befürchten ist, daß durch den Konsum das sittliche Verhalten der Kinder oder Jugendlichen im Denken, Fühlen, Reden oder Handeln vom Erziehungsziel der pluralistischen Gesellschaft – vor allem dem Grundgesetz und seinen Wertvorstellungen, auch aber den mit dem Grundgesetz übereinstimmenden pädagogischen Erkenntnissen und Wertmaßstäben, über die in der Gesellschaft Konsens besteht – abzuweichen droht.320 Eine Unzulässigkeit des Angebotes nach § 4 I Nr. 3 JMStV setzt ferner voraus, daß es geeignet ist, Kinder und Jugendliche schwer zu gefährden. Wann die Jugendgefährdung als schwer im Sinne des § 15 II Nr. 5 JuSchG (§ 6 Nr. 3 GjSM a. F.) angesehen werden kann, ist umstritten. In einer frühen Entscheidung stellt der BGH321 darauf ab, daß die Erziehung der jungen Menschen zu sittlich verantwortungsbewußten Persönlichkeiten unmittelbar in Frage gestellt wird, weil die Jugendlichen durch das Lesen von Schriften dieser Art der nahen Gefahr ausgesetzt werden, daß sie eine dem Erziehungsziel entgegengesetzte Haltung einnehmen. Die h. M. stellt dagegen nicht auf die Wahrscheinlichkeit bzw. das Ausmaß der Gefahr, sondern auf das Ausmaß des drohenden Schadens ab. So nimmt sie eine schwere Jugendgefährdnung an, wenn die Befürchtung besteht, daß die sittliche Entwicklung in besonders erheblichem Umfang gefährdet wird, das heißt, daß grundlegende Wert- und Lebensvorstellungen des Rezipienten maßgebend in nicht zu billigender Weise beeinflußt werden.322 Hierfür spricht, daß aufgrund der bereits angesprochenen Schwierigkeiten des Nachweises von Wirkungszusammenhängen sich die Diagnose einer nahen Gefahr problematisch gestaltet.323 Die schwere Gefährdung ist nach der ganz h. M. offensichtlich im Sinne des § 15 II Nr. 5 JuSchG, wenn diese klar zutage tritt, daher jedem unbefangenen Rezipienten ohne genauere Nachprüfung und größere Mühe erkennbar ist.324 320 Vgl. ganz h. M. Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 1 GjSM Anm. 2; vgl. grundlegend zur Gefahr der Fehlentwicklung von Kindern und Jugendlichen C. I. 3. 321 Vgl. BGHSt 8, 80 (83); ebenso OLG Köln, NJW 1971, 255 (255 ff.). 322 Vgl. Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 6 GjSM Anm. 4; Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 6 S. 27 ff.; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl., 2000, S. 517. 323 So Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 6 GjS Rdn. 21. 324 Vgl. Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 6 S. 28; Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 6 GjSM Anm. 4; Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 6 GjS Rdn. 22.

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Mit jedem unbefangenen Rezipienten ist damit nicht nur der für die Jugenderziehung und für den Jugendschutz aufgeschlossene Leser bzw. Nutzer erfaßt,325 sondern jedermann, das heißt auch derjenige, der völlig unbefangen ist. § 4 II Nr. 3 JMStV ist eine Generalklausel, die sämtliche Angebote umfaßt, die geeignet sind, Kinder und Jugendliche in ihrer Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden. Bei der Bewertung ist immer die besondere Wirkungsform326 des Mediums Internet zu beachten. (1) Sinn und Zweck von § 4 II S. 2 JMStV Mit § 4 II S. 2 JMStV haben die Länder eine dem § 12 IV 2. HS MDStV a. F. ähnliche Regelung geschaffen. Demnach ist die Verbreitung von Telemedien, die gemäß § 4 II 1. HS JMStV unzulässig sind, abweichend davon zulässig, wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, daß sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.327 Damit liegt der Sinn und Zweck des § 4 II S. 2 JMStV wie auch der des § 12 IV 2. HS MDStV a. F. darin, eine Einengung der Informationsfreiheit gemäß Art. 5 I 1 Hs. 2 GG durch Begrenzung des Zugangs der Erwachsenen zu Informations- und Kommunikationsdiensten zu vermeiden.328 Ebenso wie bei § 12 IV 2. HS MDStV a. F. und § 3 II S. 2 GjSM a. F. handelt es sich hier um eine sogenannte Safe-Harbour-Klausel.329 Die Staatsvertragspartner wollten laut amtlicher Begründung damit der Abwägung zwischen Informationsfreiheit und den Belangen des Jugendschutzes Rechnung tragen.330 Trotz Weiterverbreitung an Erwachsene muß ein zuverlässiger Schutz der Kinder und Jugendlichen gewährleistet sein.331 (2) Anwendungsvoraussetzungen des § 4 II S. 2 JMStV Gemäß § 4 II S. 2 JMStV ist auch die Weiterverbreitung unzulässiger Inhalte zulässig, wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, daß sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Laut amtlicher Begründung zum JMStV muß ein verläßliches Altersverifikationssystem die Verbreitung an oder den Zugriff durch Minderjährige hindern.332 325

So noch BGHSt 8, 80 (87). C. I. 3. 327 Vgl. § 4 II S. 2 JMStV. 328 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38. 329 Vgl. Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 98, m. w. N. 330 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 137716, S. 12. 331 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38. 326

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Darüber, welche Anforderungen an die Sicherstellung zu stellen sind, gibt die Vorschrift keine Auskunft. Es ist somit eine Auslegung orientiert am Wortlaut und Zweck des § 4 II S. 2 JMStV vorzunehmen. In § 4 II S. 2 JMStV ist lediglich die Rede davon, daß von Seiten des Anbieters sichergestellt sein muß, daß sie nur an Erwachsene zugänglich gemacht werden. Das deutet darauf hin, daß der Anbieter sowohl durch Altersverifikationssysteme als auch durch das Zurverfügungstellen entsprechender Schutzsysteme seiner Pflicht nachkommen kann. Denn auf diese Weise kann die Anforderung, die § 4 II S. 2 JMStV dem Provider auferlegt, erfüllt werden. Demnach fallen darunter sowohl Vorkehrungen mittels anbieterseitiger Zugangskontrolle als auch nutzerseitiger Empfangskontrolle. Insbesondere sind bei der nutzerseitigen Empfangskontrolle nicht nur die Schutzsysteme für die Verschlüsselung der Angebote erfaßt, sondern auch Filter- und Ratingsysteme, die bei unverschlüsselt verbreiteten Angeboten eine nutzerseitige Empfangskontrolle erlauben. Die Anforderungen an die Vorkehrungen sind jeweils differenziert nach Art des Schutzsystems zu bestimmen. Entscheidend ist jedoch, daß die Schutzsysteme entsprechend verläßlich und geeignet sind, die Verbreitung der Inhalte nur an Erwachsene sicherzustellen.333 (a) Anbieterseitige Zugangskontrolle Die bei der anbieterseitigen Zugangskontrolle an die Provider zu stellende Anforderung an die Sicherstellung, daß die Inhalte nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden, muß die Vorschaltung eines geeigneten Altersverifikationssystems sein, das zuverlässig ermöglicht, Erwachsenen unter Ausschluß von Kindern und Jugendlichen den Zugang zu den jugendgefährdenden Inhalten nur mit einer Zugangsberechtigung zu verschaffen.334 Nach weit verbreiteter Auffassung335 müssen die Provider dabei sicherstellen, daß die Zugangsberechtigung nur an Erwachsene herausgegeben wird. Dem ist zuzustimmen. Bei der anbieterseitigen Zugangskontrolle kommt es für die Ermöglichung eines Schutzes durch technische Vorkehrungen allein auf die Vorsorgeleistung des Providers an. Die Bemühungen um den Schutz der Kinder und Jugendlichen finden hierbei also primär im Machtbereich des Providers statt. Der Provider baut eine Eingangsseite mit Altersabfrage bzw. mit einem Altersverifikationssystem ein, das er selbst betreibt oder von Organisationen wie Adult-Check oder x-check336 332 Vgl. Begründung zum JMStV, in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 17; vgl. dazu auch Bornemann, NJW 2003, 787 (789). 333 So auch Begründung zum JMStV, in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 17. 334 Ähnlich Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 3 Rdn. 17 ff. 335 Vgl. ebda., Rdn 19; Schulz, MMR 1998, 182 (187); a. A. Holznagel, ZUM 1999, 425 (430). 336 Vgl. B. III. 4. a) (2).

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durchführen läßt. Die Eltern haben hier, anders als bei der nutzerseitigen Empfangskontrolle, nahezu keinen Einfluß auf die technische Sicherung ihrer Kinder. Daher liegt es bei den Providern, die primäre Herausgabe der Zugangsberechtigung an Kinder und Jugendliche zu verhindern. Teilweise wird auch mit einer vergleichbaren Situation wie bei § 1 IV JuSchG argumentiert, es handele sich um dasselbe Problem wie bei der Verbreitung jugendgefährdender Schriften über den Versandhandel.337 Andere meinen, die Verpflichtung zur Herausgabe der Zugangsberechtigung nur an Erwachsene ergebe sich aus der Gesetzesbegründung zu § 12 IV 2. HS MDStV a. F., in der verlangt wird, daß die technischen Vorkehrungen zuverlässig umsetzbar338 sein sollen.339 Demnach genüge die Vergabe der Zugangsberechtigung online, via Telefon oder auf postalischem Wege nicht den vorgenannten Anforderungen, ein persönlicher Kontakt sei erforderlich. Das wäre in der Praxis nur durch das sogenannte PostIdent-Verfahren umzusetzen.340 Doch das dürfte schon aufgrund der Formulierung der Begründung des Regierungsentwurfs zum IuKDG, daß an die Anbieter keine unzumutbaren Anforderungen zu stellen seien, zu weit gehen.341 Die länderübergreifende Stelle jugendschutz.net hält das Altersverifikationssystem X-Check für ausreichend, weil damit verläßlich festgestellt sei, daß die Nutzer das achzehnte Lebensjahr vollendet haben und eine individuelle Zuteilung von Passwörtern erfolge.342 Zu Recht343 vertritt die Mehrzahl der Staatsanwaltschaften die Auffassung, daß aufgrund der Mißbrauchsgefahr keines der derzeit auf dem Markt befindlichen Altersverifikationssysteme (AVS) eine ausreichende Schutzmaßnahme der anbieterseitigen Zugangskontrolle gemäß § 4 II S. 2 JMStV darstelle. Die fahrlässige oder vorsätzliche Weitergabe der Zugangsberechtigung durch Erwachsene an Kinder oder Jugendliche, also die sekundäre Herausgabe, kann dem Provider nicht mehr zugerechnet werden.344 Das kann im übrigen auch bei der Vorschaltung des PostIdent-Verfahrens passieren, das eine „Face-to-Face“ Kontrolle vorsieht. Erfolgt dies, nachdem der Provider alle anderen genannten

337

Vgl. Schulz, MMR 1998, 182 (187); Liesching, NJW 2002, 3281 (3284). Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38. 339 Vgl. Altenhain,in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 3 Rdn. 20. 340 Vgl. Liesching, NJW 2002, 3281 (3284). 341 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38. 342 Vgl. dazu im einzelnen www.jugendschutz.net (abgerufen am 25.09.2002); ähnlich Bleisteiner, Rechtliche Verantwortung im Internet, 1999, S. 50. 343 Auch bei X-Check findet letztlich keine zuverlässige Identitätskontrolle statt, vgl. B. III. 4. a) (2). 344 So auch Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2997); Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 3 Rdn. 21; a. A. Schulz, MMR 1998, 182 (187). 338

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

Voraussetzungen erfüllt hat, darf das an der Zulässigkeit der Verbreitung der unzulässigen Inhalte gemäß § 4 II S. 1 JMStV nichts mehr ändern. Eine weitere Schutzmöglichkeit der anbieterseitigen Zugangskontrolle ist das Versenden verschlüsselter Inhalte345. Der Provider muß dabei für das Vorschalten eines geeigneten Signatursystems sorgen, welches es zuverlässig ermöglicht, Entschlüsselcodes zum Lesbarmachen der Inhalte nur an Erwachsene herauszugeben. Somit entspricht die nutzerseitige Zugangskontrolle in diesem Fall dem Vorgehen der anbieterseitigen Zugangskontrolle.346 Die primäre Herausgabe der Zugangsberechtigung und der Verschlüsselungsvorgang selbst ist ausschließlich Sache des Providers. Daher gilt das oben347 zur anbieterseitigen Zugangskontrolle gesagte entsprechend. Die Eltern können durch sorgsames Verhalten nicht verhindern, daß Kinder und Jugendliche an den Entschlüsselungscode gelangen, wenn eine fehlende oder mangelhafte Altersverifikation seitens des Providers besteht. So liegt hier die Verantwortung bezüglich der technischen Vorkehrungen allein beim Provider. Ebenso wie bei den eingangs erörterten Altersverifikationssystemen (AVS) ist die vorsätzliche oder fahrlässige sekundäre Herausgabe des Verschlüsselungscodes durch Erwachsene an Kinder und Jugendliche nicht den Providern zuzurechnen. (b) Nutzerseitige Empfangskontrolle Anders ist die Lage allerdings bei den technischen Vorkehrungen durch nutzerseitige Empfangskontrollen unverschlüsselt angebotener Inhalte. Das können vom Provider zum Download angebotene, auf dem freien Markt erhältliche oder in der Zugangssoftware mitgelieferte Filterprogramme, Ratingprogramme oder Kindersicherungen sein.348 Da gesetzlich im unbestimmten Rechtsbegriff349 „(. . .) von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, daß sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (. . .)“ verankert, ist von jedem Provider, der unzulässige Inhalte im Sinne von § 4 II 1. HS JMStV zugänglich macht zu verlangen, den Personensorgeberechtigten der gefährdeten Kinder und Jugendlichen geeignete Filter- oder Ratingsysteme zur Verfügung zu stellen. Auch dadurch kann der Provider, ebenso wie durch Altersverifikationssysteme, der Verpflichtung qua lege grundsätzlich nachkommen. Denn bietet er entsprechende Filter- und Ratingsysteme an, stellt er seinerseits sicher, daß die Angebote nur 345 Vgl. eingehend zum Verschlüsselungsverfahren Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 91 ff.; vgl. auch Schlechter, K&R 1998, 147 (152). 346 So auch Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 3 Rdn. 22, ohne weiter auf die Stellung der Eltern bei dieser Variante einzugehen. 347 Vgl. D. II. 3. a) (2) (b). 348 Vgl. B. III. 6. 349 Vgl. Schmidt-Preuß, in: FS für Maurer, 2001, 786 (787).

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Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Das kann durch Integration in die Zugangssoftware350 oder durch kostenlose Möglichkeit zum Download erfolgen. Eine Beschränkung auf Altersverifikationssysteme geht zu weit.351 Bei der nutzerseitigen Empfangskontrolle ist zu diskutieren, ob eine Nichtaktivierung der vom Provider zur Verfügung gestellten technischen Vorkehrungen durch die Personensorgeberechtigten unschädlich für die Zulässigkeit der Verbreitung ist oder aber zum Nichtvorliegen des § 4 II S. 2 JMStV führt. Hierzu kann die Auslegung von Altenhain352 zu § 3 II S. 2 GjSM a. F. herangezogen werden. Er sieht die Anforderungen an die Vorsorge, die § 3 II S. 2 GjSM a. F. an die Provider stellte, als erfüllt an, wenn erstens sicher sei, daß auf allen Rechnern, von denen aus Minderjährige auf indizierte oder gleichgestellte Datenspeicher zugreifen könnten oder über die ihnen der Zugang vermittelt werden könnte, Filterprogramme installiert seien. Zweitens setzt er voraus, daß diese Programme alle Inhalte des Datenspeichers sperrten. Drittens sollte es erforderlich sein, daß diese von technisch begabten und mit der üblicherweise zur Verfügung stehenden Hard- und Software ausgestatteten Jugendlichen nicht umgangen werden könnten. Viertens müsse ihre Aktivierung, soweit sie die Mitwirkung der Personensorgeberechtigten voraussetzen, ohne besondere technische oder intellektuelle Fähigkeiten möglich sein.353 Diesen vier Kriterien von Altenhain ist grundsätzlich zuzustimmen, da sie prinzipielle Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Filterprogrammen darstellen. Dies gilt auch im neuen Kontext des § 4 II 2. HS JMStV bezüglich der nutzerseitigen Empfangskontrolle. Der außerdem von Altenhain354 vertretenen Meinung, daß eine erstmalige tatsächliche Aktivierung durch die Eltern nicht erforderlich sei, ist jedoch zu widersprechen. Diese Interpretation des Wortlauts „(. . .) von Seiten des Anbieters sichergestellt ist (. . .)“, gemäß § 4 II S. 2 JMStV ist einem effektiven Schutz der Kinder und Jugendlichen vor unzulässigen Inhalten gemäß § 4 II S. 1 JMStV nicht angemessen.355 Auf eine Sicherstellung der erstmaligen Aktivierung der Schutzprogramme kann nicht verzichtet werden. Das wird mit dem Ausdruck „(. . .) 350 Diese Anforderung müßte v. a. D. gegenüber den Internet-Service-Providern und Online-Service-Providern gelten. Vgl. B. II. 2. 351 Anders Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 17. 352 Vgl. Altenhain,in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 3 Rdn. 23. 353 Vgl. ebda.; ähnlich Gounalakis für § 8 III 2. HS MDStV vgl. ders., NJW 1997, 2993 (2997). Rein technisch ist derzeit keine dieser Anforderungen zur Genüge zu erfüllen, vgl. D. II. 3. a) (4). 354 Vgl. Altenhain,in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 3 Rdn. 23; ähnlich Gounalakis für § 8 III 2. HS MDStV, NJW 1997, 2993 (2997). 355 Ähnlich Gercke, Rechtswidrige Inhalte im Internet, 2000, S. 67, der meint, daß sich die Anbieter durch die Kooperation mit den Eltern und deren Inpflichtnahme

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sichergestellt ist (. . .)“ verdeutlicht. Erst wenn den Personensorgeberechtigten einmalig vor Augen geführt wurde, daß ein Schutzprogramm existiert und wie Kinder und Jugendliche geschützt werden können, ist den Anforderungen genüge getan. Diese Anforderung an Sicherstellung, daß Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden, ergibt sich sowohl aus dem Gesetzeswortlaut als auch aus dem Zweck des § 4 II S. 1 JMStV. Den Erwachsenen soll der Zugang zu den jugendgefährdenden Inhalten weiterhin möglich sein, für die Kinder und Jugendlichen soll aber ein zuverlässiger Schutz vor diesen Inhalten gewährleistet sein. Die Bedeutung eines solchen effizienten Jugendschutzes wird durch den ihm zukommenden eigenen Verfassungsrang gemäß Art. 6 II S. 1 GG i. V. m. Art. 2 I S. 1, 1 I GG deutlich.356 Es reicht nicht aus, daß Kindersicherungen und Schutzprogramme auf den Rechnern installiert, in Zugangssoftware enthalten oder zum Download zur Verfügung gestellt sind. Wenn diese aus Unwissen oder fehlendem Know-how nicht genutzt, also niemals aktiviert werden, ist ein zuverlässiger Schutz der Kinder und Jugendlichen nicht gewährleistet.357 Es dürfte nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, der seinen verfassungsmäßig verankerten Jugendschutzauftrag in § 4 II JMStV zu erfüllen hatte, daß sich die Provider ihrer Pflicht entziehen, indem sie sich zu ihrer Entlastung auf das fehlende Know-how und die Unkenntnis der Eltern von Filter- und Ratingprogrammen berufen.358 Das Hauptinteresse an der Verbreitung von unzulässigen Inhalten gemäß § 4 II S. 1 JMStV liegt bei den Providern und ist wirtschaftlicher Art. Die Provider haben ein großes Interesse an einem breiten Rezepientenkreis. Somit müssen sie die Hauptverantwortung – der Gesetzgeber nennt dies Sicherstellung – dafür tragen, daß die Verbreitung auf Erwachsene beschränkt werden kann. Rein technisch wäre es auch heute schon ohne weiteres möglich, durch eine vorgeschaltete Ebene bei der ersten Installation bzw. Nutzung der Internetzugangssoftware (Browser) – ähnlich der Prozedur der Anerkennung der Allgemeinen Geschäftsbedigungen bei Anwendungssoftware – den Nutzer zwingend durch die Installation bzw. Konfigurierung der Filter- bzw. Ratingprogramme nicht ihrer eigenen Verpflichtung entziehen könnten, durch den Einsatz geeigneter Schutzmaßnahmen den Zugriff Jugendlicher auszuschließen. 356 Vgl. eingehend C. II. 357 Ähnlich Schulz, MMR 1998, 182 (187), der treffend formuliert, daß entscheidend für den Jugendschutz sei, ob die Sicherungen in einem mit Blick auf die Gefahren hinreichend hohem Wahrscheinlichkeitsgrad in der Praxis genutzt würden. Zudem erkennt er, daß die Nutzung derartiger Systeme derzeit noch eine so hohe Hürde für Eltern darstellt, daß nicht davon ausgegangen werden könne, daß die Angebote dadurch in der Praxis beschränkt würden. Jedoch macht er leider keine konkreten Vorschläge für die rechtliche Interpretation des § 3 II S. 2 GjSM a. F. bezüglich der Anforderungen an technische Vorkehrungen. 358 Skeptisch auch Sieber, JZ 1996, 429 (432); a. A. ist dagegen Stange, CR 1996, 424 (428), der meint, daß der tatsächliche effiziente Gebrauch der technischen Vorkehrungen durch den Nutzer kein Problem des Anbieters mehr sein könne.

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zu führen. Mit Hilfe eines Bedienungsassistenten würde es den Eltern erleichtert, die erforderlichen zwei Benutzerebenen, den Kinderzugang – bereits angepaßt an das jeweilige Alter der Kinder bzw. Jugendlichen – und den Erwachsenenzugang einzurichten. Hier wird vorgeschlagen, von einem Jugendschutzassistenten zu sprechen. Nach Beendigung der Konfiguration hätte der Jugendschutzassistent die Funktion, die erste Aktivierung vorzunehmen und die Eltern und sonstigen Personensorgeberechtigten auf die Filterebene hinzuweisen, so daß auch bezüglich eines Eingriffs in Art. 5 I 1 Hs. 2 GG der Erwachsenen keine Bedenken bestehen. Der Jugendschutzassistent wäre in der Praxis zuverlässig umsetzbar und würde keine unzumutbaren Anforderungen an den Anbieter stellen.359 Bei der Internetnutzung durch das Kind ist ohne Frage später nicht in jedem Fall gewährleistet, daß der Kinderzugang aktiviert ist. Das wäre auch vom Wortlaut des § 4 II S. 2 JMStV nicht mehr gedeckt, sehr wohl jedoch, daß die Filtersoftware zumindest anfangs auf dem Rechner installiert, konfiguriert und einmalig aktiviert war. Somit wäre dem Begriff Sicherstellen und damit auch dem gesetzgeberischen Zweck des § 4 II S. 2 JMStV, dem zuverlässigen Ausschluß von Kindern und Jugendlichen von der Nutzung unzulässiger Angebote360, gerade im Hinblick auf den eigenen Verfassungsrang, der dem Jugendschutz zukommt, genüge getan. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Eltern von den angebotenen technischen Schutzmöglichkeiten Gebrauch machen, wäre auf diese Weise wesentlich höher. Eine derartige Zugangssoftware mit integiertem Jugendschutzassistenten zum Schutze von Kindern und Jugendlichen ist jedoch nicht sofort – also ohne Übergangszeit – auf allen betreffenden Rechnern verfügbar. Bei Neukauf eines Rechners mit installiertem Betriebssystem und Internetzugangssoftware könnte diese nutzerseitige Schutzfunktion sofort angeboten werden. Auf bereits vorhandenen Rechnern – der überwiegenden Anzahl – müßten von den personensorgeberechtigten Nutzern Updates der Zugangssoftware durchgeführt werden, falls die Schutzfunktion gewünscht wird. Es hängt nun vom Verantwortungsbewußtsein dieses Nutzerkreises ab, ob und wann die Schutzfunktion installiert und aktiviert wird. Ist die Internetzugangs- und Browsersoftware providergebunden wie zum Beispiel bei AOL und CompuServe, so kann ein Update der vorhandenen Software hinsichtlich des Jugendschutzassistenten sofort bei der nächsten Interneteinwahl erfolgen, falls der Provider die Möglichkeit anbietet. Doch nicht jede Internetzugangs- und Browsersoftware ist providergebunden. Auf dem Markt wird zunehmend mehr von unabhängigen Programmierern geschaffene Zugangssoftware angeboten. Um die Schutzfunktion möglichst schnell an den betreffenden Rechnern installieren und aktivieren zu können, sollte die Schutzsoftware vom Provider angeboten werden und derart gestaltet sein, daß sie ein Update für jede nutzerseitig verwendete Zugangs- und Browsersoftware ermöglicht. 359 360

Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38. Vgl. Begründung zum JMStV, in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 17.

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(3) Recht und Technik (a) Allgemeines zu Recht und Technik Die Innovationsschritte der technischen Entwicklung werden heute in allen Bereichen laufend größer und folgen immer schneller aufeinander, besonders auch bei der Informations- und Kommunikationstechnik.361 Technik ist die Beherrschung der Natur durch menschlichen Geist.362 Sie bezeichnet sachliche Systeme, die aus physikalischen oder chemischen Elementen bestehen.363 Der technische Fortschritt bleibt vom Recht selbstverständlich nicht unberührt.364 „Die Verwaltungsrechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft versteht Recht als Instrument zur Bewirkung von erwünschten und zur Vermeidung von unerwünschten Wirkungen, also zur Beeinflussung von Ereignisabläufen.“365 Der Staat reagiert auf technische Entwicklungen mit dem Technikrecht.366 SchmidtPreuß367 versteht darunter die „Summe der normativen Regeln, die der Staat bereit hält, um die Beherrschung der Natur zum größtmöglichen Nutzen der Menschen zu gewährleisten und gleichzeitig unvertretbare Risiken zu vermeiden“. Demnach hat das Technikrecht nicht mehr ausschließlich begrenzende und kontrollierende Funktion. Es schafft vielmehr gleichfalls den „Rahmen zur Ermöglichung neuer Techniken“.368 361 Vgl. Di Fabio, in: Schulte (Hrsg.), Technische Innovation und Recht, 117 (117 ff.); Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192 ff.). 362 Vgl. Mackensen/von Hollander, Universal Wörter & Fremdwörterbuch, 1983, S. 985. 363 Vgl. Schulte, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 59 (59); ders., in: Vieweg (Hrsg.): Techniksteuerung und Recht, 2000, 23 (26); vgl. zum Technikbegriff auch Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (176); Vieweg, in: Schulte (Hrsg.), Technische Innovation und Recht, 35 (38 ff.); Holznagel, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 128 (141 ff.). 364 Vgl. Engel, BDGV 39 (2000), 353 (372 ff.). 365 Vgl. Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 1997, 339 (358 ff.). 366 Vgl. dazu Di Fabio, in: Vieweg (Hrsg.), Techniksteuerung und Recht, 9 (9 ff.); Vieweg, in: Schulte (Hrsg.), Technische Innovation und Recht, 35 (35 ff.); Schulte, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 59 (65); Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (175 f.); Bullinger, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 149 (149 ff.). 367 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (175 f.), kurs. i.O. 368 Vgl. Schulte, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 59 (65); Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (177 f.); Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 68; vgl. dazu auch Roßnagel, in: Schulte (Hrsg.), Technische Innovation und Recht, 139 (155); Hoffmann-Riem, in: Schulte (Hrsg.), Technische Innovation und Recht, 3 (6, 7); Di

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Die „limitierende Funktion des Technikrechts“369 dient dem Schutze der Bürger durch den Staat vor den Risiken, die von neuen Techniken ausgehen.370 Der Staat greift dabei zum Schutze der Grundrechte in die Freiheiten der Technikentwickler und -anwender ein.371 Das erfolgt im wesentlichen mit dem Instrumentarium der klassisch-imperativen Zweckverwirklichung der Ge- und Verbote und einem repressivem Einschreiten.372 Doch das Recht beschränkt sich nicht auf die Limitierung der Technik, vielmehr kommt dem Recht auch eine „technikermöglichende Funktion“373 zu. Der Staat gewährleistet die freie Forschung gemäß Art. 5 III S. 1 GG und somit die Entwicklung neuer Techniken.374 Außerdem ist die „Stimulierung neuer Techniken durch Einsatz staatlicher Finanzmittel zu nennen“.375 Neben diesen beiden Elementen der technikermöglichenden Funktion des Rechts geht es jedoch zentral um die Schaffung einer rechtlichen Basis für die Realisierung von Technik in praxi. Das Recht erweist sich „als unverzichtbare Voraussetzung für die Entfaltung der Technik“376, da es für verläßliche Rahmenbedigungen und Planungssicherheit sorgt. Bei der Steuerung der Technik setzt der Staat auf Kooperation377 mit den privaten Marktsubjekten. Er befördert „gesellschaftliche Selbstregulierung“378 und macht sich somit Know-how und wertvolle Ressourcen zu Nutze. Das Recht beeinflußt die Technikentwicklung jedoch nicht einseitig. Es besteht vielmehr ein Verhältnis der „Interdependenz“.379 Aufgrund der wechselbezüglichen Bedingtheit von Recht und Technik steht der technikermöglichenden Fabio, in: Vieweg (Hrsg.), Techniksteuerung und Recht, 9 ( 11 ff.); Roßnagel, MMR 2002, 67 (70). 369 Vgl. eingehend zum Begriff Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (177), kurs. i.O. 370 Vgl. zur rechtswissenschaftlichen Technikfolgenforschung Roßnagel, in: Schulte (Hrsg.), Technische Innovation und Recht, 139 (141 ff.). 371 Vgl. im einzelnen Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 68. 372 Vgl. Schulte, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 59 (65); zu den damit verbundenen Problemen Hoffmann-Riem, in: Schulte (Hrsg.), Technische Innovation und Recht, 3 (7, 14 ff.). 373 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (177 f.), kurs. i.O. 374 Vgl. zum Schutzgut von Art. 5 III GG Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 III Rdn. 16. 375 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (177), kurs. i.O.; vgl. zur Förderung der Entwicklung und des Einsatzes erwünschter Techniken beim Jugendschutz Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 121. 376 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (178), kurs. i.O.; ähnlich Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 20. 377 Vgl. nur Di Fabio, in: Vieweg (Hrsg.), Techniksteuerung und Recht, 9 (17 ff.); Röthel, in: Vieweg (Hrsg.), Techniksteuerung und Recht, 35 (42). 378 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL (56) 1997, 160 (165), kurs. i.O.

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

Funktion des Rechts umgekehrt auch eine rechtsermöglichende Funktion der Technik gegenüber. „Die technischen Möglichkeiten380 erweisen sich zunehmend als maßgebliches Datum für die Realisierung des Rechts.“381 Ge- und Verbote können nur umgesetzt werden, wenn diese technisch machbar sind. Das Recht hängt somit von den Bemühungen der Entwickler ab, Systeme und Techniken zu schaffen, welche den Anforderungen unbestimmter Rechtsbegriffe entsprechen. Umgekehrt geben unbestimmte Rechtsbegriffe Freiraum für die Entwicklung von Systemen und Techniken. (b) Spezifische Probleme beim Jugendmedienschutz im Internet Gerade beim Internet382 – insbesondere im Bereich Jugendmedienschutz – wird besonders deutlich, daß zwischen Recht und Technik vorgenannte Interdependenz besteht. Durch die Nutzung des Internet können Kinder und Jugendliche in Gefahr geraten.383 Insbesondere kann der Konsum ungeeigneter Inhalte zu einer Fehlentwicklung ihrer Persönlichkeit führen.384 Der Staat muß sowohl die objektiv-rechtliche385 als auch subjektiv-rechtliche Dimension386 des Jugendschutzes gewährleisten. „Ohne den gebotenen Jugendschutz läßt sich das Internet nicht mit der notwendigen Akzeptanz etablieren“.387 In Anbetracht dessen kommt dem einfachgesetzlichen Jugendschutzrecht einerseits „technikbegrenzende und -kontrollierende Funktion“388 zugunsten des Jugendmedienschutzes zu. Der Staat verbietet die Verbreitung von bestimmten unzulässigen Inhalten an Kinder und Jugendliche (§ 4 II S.1 JMStV). Andererseits ermöglicht und fördert das Recht technische Schutzmechanismen. So ist dem Provider die Verbreitung von vorgenannten Inhalten an Erwachsene ausnahmsweise erlaubt, wenn „(. . .) sichergestellt ist, daß sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (. . .)“.389 Das Recht schafft für die Internet-Industrie einen Anreiz, die Entwicklung funktionierender Jugendschutzsysteme voranzutreiben. 379 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – 2002, 175 (180), kurs. i.O. 380 Vgl. für den Jugendmedienschutz im Internet B. III. 381 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – 2002, 175 (180 f.), kurs. i.O. 382 Vgl. ebda., 175 (192). 383 Vgl. zu den internetspezifischen Gefahren A. III. 2. 384 Vgl. C. I. 3. 385 Vgl. C. II. 2. 386 Vgl. C. III. 1. 387 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – 2002, 175 (180), kurs. i.O. 388 Vgl. Schulte, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und wicklung, 2000, 59 (65). 389 Vgl. § 4 II S. 2 JMStV.

Technik – Recht,

Technik – Recht,

Technik – Recht, Technikrechtsent-

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Nunmehr kommt es auf die rechtsermöglichende Funktion der Technik an. Wenn die Technik keine entsprechenden Schutz- und Kontrollsysteme390 nach Sinn und Zweck des vorgenannten unbestimmten Rechtsbegriffs entwickelt, ist eine Realisierung des Rechts seitens der Normadressaten nicht machbar. Derzeit sind solche Jugendschutzsysteme noch nicht ausgereift und damit nicht genügend effektiv. Diesbezüglich sei auf die Ausführungen in B. III. 4. verwiesen. Fraglich ist, ob es sich bei solchen Gesetzen, die nicht oder nur in begrenztem Umfang realisierbar sind, um symbolische Gesetzgebung handelt. (c) Symbolisches Recht Um nachfolgend bestimmen zu können, ob es sich beim einfachgesetzlichen Recht des Jugendmedienschutzes im Internet um die Kategorie der Gesetzestypen symbolisches Recht handelt, erfolgt zunächst eine Definition des Begriffs. Der Wortsinn von Symbol391 legt nahe, daß es sich um Recht handelt, welches lediglich bestimmte Zielvorgaben des Gesetzgebers widerspiegelt, ohne daß es in der Lage wäre, diese auch zu verwirklichen und somit den Bezug zur Wirklichkeit verliert. Lübbe-Wolff hat die Terminologie für den Bereich des Umweltrechts geprägt. Danach kann Recht als symbolisch bezeichnet werden, „(. . .) sofern es nicht als Instrument der Steuerung fungiert, sondern als Medium zur Vermittlung der Botschaft, daß gesteuert werde. Es geht also um diejenigen Erscheinungsformen des Umweltrechts, in denen dieses Recht als bloßes – leeres – Symbol dessen fungiert, was man eigentlich von ihm erwartet.“392 Mit symbolischem Recht vermittelt demnach der Gesetzgeber den Wirtschaftssubjekten und Bürgern den Eindruck, daß Steuerung durch Rechtsnormen stattfindet, obwohl diese jedoch tatsächlich keine oder nur beschränkte Wirkung entfalten. Es geht somit bei der Problematik der symbolischen Gesetzgebung um das Auseinanderfallen von Schein und Sein und der in erster Linie damit verbundenen unzureichenden Bewältigung von Sachproblemen durch die Legislative. Fraglich ist, ob Normen, die erwünschte Steuerungsleistungen zwar nicht in vollem Umfange, jedoch aber zum Teil erfüllen, symbolisches Recht darstellen.

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Vgl. zu den technischen Kontrollmöglichkeiten eingehend B. III. Symbol s (gr.-lat.) Sinnbild; verabredetes Zeichen; Glaubensfestlegung, vgl. Mackensen/von Hollander, Universal Wörter & Fremdwörterbuch, 1983, S. 978. 392 Vgl. Lübbe-Wolff, in: Hansjürgens/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, 2000, 25 (25); vgl. zum sozialwissenschaftlichen und rechtsphilosophischen Ansatz mit starker Akzentuierung auf der Effektivität von Gesetzen Noll, ZSR 1981, 347 (353); Blankenburg, ARSP 1977, 31 (32 ff.); Bundschuh, Fernsehen und Jugendschutz in Europa, 1998/99, 59 ff.; vgl. zur symbolischen Umweltpolitik Steinberg, in: Hansjürgens/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, 2000, 63 (65 ff.); LübbeWolff, in: Hansjürgens/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, 2000, 217 (218). 391

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Lübbe-Wolff stellt zutreffend fest, daß „Symbolizität“ eine Gradfrage sei. Von symbolischem Recht könne gesprochen werden, wenn Recht mit thematisierungswürdigen Symbolizitätsgraden vorliege.393 Hierfür spricht, daß eine vollkommene Abgrenzung zwischen reiner Symbolizität und reiner Substantialität nur theoretisch möglich erscheint und damit analytisch unzweckmäßig ist.394 Den Rechtsnormen des Jugendmedienschutzes im Internet wird zwar – wie sich herausstellen wird, teilweise zu Recht – vorgeworfen, daß sie von Elementen des symbolischen Rechts geprägt seien.395 Ihnen ist jedoch ungeachtet dessen auch partielle Effektivität zuzuerkennen. Durch die Jugendschutzgesetze kommt der Staat seiner verfassungsgemäßen Schutzpflicht nach. Er setzt Mindeststandards für den Jugendmedienschutz und stimuliert die Entwicklung neuer Schutztechniken. Zudem sorgt er dadurch für einen transparenten Interessenausgleich. (4) Rechtsermöglichung durch Technik am Beispiel der „Sicherstellung“ Nachdem die rechtlichen Voraussetzungen des § 4 II S. 2 JMStV geklärt wurden, wird jetzt gefragt, ob diese Maßstäbe durch die Provider technisch zu verwirklichen sind. Hierbei wird jeweils auf die Ergebnisse der Analyse im technischen Teil396 zurückgegriffen. Die derzeitigen technischen Möglichkeiten der Vorkehrungen im Wege der anbieterseitigen Zugangskontrolle397 reichen nicht aus, den erforderlichen technischen Vorkehrungen für die „Sicherstellung“ gemäß § 4 II S. 2 JMStV Rechnung zu tragen. Die hierfür bereits geklärte rechtliche Anforderung an die Sicherstellung, daß die Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden, soll die Vorschaltung eines geeigneten Altersverifikationssystems sein, das zuverlässig ermöglicht, Erwachsenen unter Ausschluß von Kindern und Jugendlichen den Zugang zu den jugendgefährdenden Inhalten nur mit einer Zugangsberechtigung zu verschaffen. Die technischen Möglichkeiten sind derzeit provider-

393 Vgl. Lübbe-Wolff, in: Hansjürgens/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, 2000, 25 (27). 394 So ebda. 395 Ähnlich auch Pankoke, Von der Presse- zur Providerhaftung, 2000, S. 57; vgl. bzgl. MDStV vorsichtig Warnke, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 1 Rdn. 22; Köster/von Bonin, ZUM 1997, 821 (827); ähnlich ganz allgemein bezüglich aller Instrumente der imperativen Zweckverwirklichung beim Jugendschutz im Internet Schulz, MMR 1998, 182 (187); ders., JMS-Report 5/1998, 1 (5); Holznagel, ZUM 1999, 425 (454); Greszick, AöR 1998, 173 (193); Dix, CR 1997, 38 (38 ff.). 396 Vgl. B. III. 4. 397 Vgl. dazu D. II. 3. a) (1) (a).

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seitig auf die Vorschaltung solcher Altersverifikationsssteme (AVS) begrenzt, die mit Altersabfrage oder altersspezifischen Parametern arbeiten. Den Providern ist es derzeit nicht möglich, hiermit eine effektive, verläßliche Zugangsbeschränkung für Kinder und Jugendliche zu gewährleisten.398 Insbesondere ist es den Providern mittels vorhandener Systeme nicht möglich sicherzustellen, daß nur an Erwachsene Zugangsberechtigungen vergeben werden.399 Das Kernproblem besteht darin, wie sich ein User gegenüber dem Provider als Erwachsener ausweisen und wie verhindert werden kann, daß Minderjährige die Art und Weise der Verifikation mißbrauchen, sowohl beim erstmaligen Ausweisen als auch bei jeder weiteren Sitzung. Selbst bei vorheriger Durchführung der Verifikation im Wege des derzeit am sichersten erscheinenden PostIdent-Verfahrens, das eine Face-to-Face-Kontrolle vorsieht, besteht die Gefahr, daß Kinder und Jugendliche nachträglich an den Zugangscode gelangen. Auch die derzeitigen technischen Möglichkeiten der nutzerseitigen Empfangskontrolle reichen nicht aus, den technischen Vorkehrungen gemäß § 4 II S. 2 JMStV Rechnung zu tragen. Zwar wäre es jedem Provider technisch möglich, den Nutzern Filter- oder Ratingprogramme entweder bereits in die Zugangssoftware integriert oder zum kostenlosen Download zur Verfügung zu stellen. Jedoch ist es derzeit den Providern „(. . .) technisch noch nicht möglich zu garantieren, daß auf allen (!) Rechnern, von denen aus Minderjährige auf die unzulässigen Inhalte zugreifen können oder über die ihnen der Zugang vermittelt wird, Schutzprogramme installiert sind.“400 Zudem steigt die Zahl der Netznutzer ins Unermeßliche. Die Provider haben somit keinen Einfluß auf die Installation der Filter- oder Ratingprogramme auf den einzelnen Lokalrechnern.401 Denkbar wäre zwar die Installation entsprechender Programme auf den Providerservern selbst.402 Dann würde jedoch ein einheitlicher Filtermodus sowohl für Kinder als auch Erwachsene gelten und nutzerseitig bestünde keine Möglichkeit mehr, in die Qualifizierung einzugreifen. Der jederzeit ungefilterte Zugang für Erwachsene wäre somit nicht mehr gewährleistet. Eine gesetzliche Verpflichtung des Providers durch den unbestimmten Rechtsbegriff Sicherstellung und dahingehender Court Regulation,403 Schutzprogramme in vorgenannter 398

Vgl. B. III. 4. a); im Ergebnis ähnlich Schulz, MMR 1998, 182 (187). Vgl. insbesondere B. III. 4. a) (2). 400 Vgl. Altenhain,in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 3 Rdn. 23. 401 Die Provider könnten zwar mittels oben vorgeschlagenem Jugendschutzassistenten dafür Garantie tragen, daß bei erstmaliger Installation der Filter-, Ratingsoftware die Filterfunktion für Kinder und Jugendliche automatisch eingerichtet wird, jedoch können die Nutzer dennoch nicht gezwungen werden, die Filtersoftware zu installieren, geschweige denn könnten die Provider die Installation im Einzelfall kontrollieren. 402 Vgl. dazu kritisch Balkin/Noveck/Roosevelt, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 211 (217, 221). 403 Vgl. Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 122. 399

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Weise auf seinem Server zu installieren und zu aktivieren, würde einen Eingriff in die Informationsfreiheit der erwachsenen Nutzer gemäß Art. 5 I 1 Hs. 2 GG404 und die Meinungsfreiheit des Providers gemäß Art. 5 I 1 Hs. 1 GG405 darstellen, der nicht durch Art. 5 II GG406 gerechtfertigt wäre. Der Schutzbereich von Art. 5 I 1 Hs. 2 GG, sich selbst aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, ist eröffnet. Art. 5 I 1 Hs. 1 GG schützt das Recht, die Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern und zu verbreiten. Geschützt sind alle Tätigkeiten, die der Meinungsübermittlung dienen. Somit liegt auch ein Eingriff in Art. 5 I 1 Hs. 1 GG vor. Eine Rechtfertigung gemäß Art. 5 II GG ist nicht gegeben. Regelungen des Jugendschutzes müssen nach der Wechselwirkungstheorie der Bedeutung der in Art. 5 I GG gewährten Rechte Rechnung tragen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten.407 Da aufgrund des installierten und aktivierten Schutzprogramms auf dem Server des Providers eine Verbreitung von für Erwachsene zulässigen Inhalten an diese nicht mehr möglich wäre, ist die Beschränkung unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig. Zudem sind alle dargestellten Programme der nutzerseitigen Empfangskontrolle bisher ungeeignet, alle Inhalte der indizierten Datenspeicher zu sperren. Keyword-Blocking- und Site-Blocking-Programme arbeiten bis heute zumeist mit englischsprachigen Listen, da brauchbare deutschsprachige, geschweige denn an die Indizierungsliste adaptierte Sperrlisten noch nicht verfügbar sind.408 Auch ist es derzeit nicht möglich, zu verhindern, daß technisch begabte Jugendliche – mit der üblicherweise zur Verfügung stehenden Hard- und Software – Schutzprogramme umgehen.409 Darüber, ob die Aktivierung der Programme, soweit sie die technische Mitwirkung der Personensorgeberechtigten voraussetzen, ohne besondere technische oder intellektuelle Fähigkeiten möglich ist, könnte man streiten. Nach dem Ergebnis der technischen Analyse der vorliegenden Arbeit ist das jedenfalls zu verneinen.410 Vertritt man die Ansicht, daß die rechtlichen Anforderungen an Sicherstellung eine erstmalige Aktivierung mittels Jugendschutzassistenten411 nicht umfassen würden, käme es darauf bei der technischen Bewertung gar nicht mehr an, da schon die vorgelagerten Voraussetzungen, auf denen diese Anforderung aufbaut – etwa die Installation der Schutzprogramme auf allen Rechnern, die 404

Vgl. C. III. 2. b). Vgl. C. III. 2. a). 406 Vgl. C. III. 2. c). 407 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 118. 408 Vgl. B. III. 6. c). 409 Vgl. B. III. 6. c). 410 Vgl. B. III. 6., 2.4.1. 411 Vgl. zum Begriff D. II. 3. a) (2) (b). 405

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Unumgehbarkeit auch durch technisch begabte Kinder und Jugendliche usw. – technisch zur Zeit nicht erfüllt werden können. Die erstmalige Konfigurierung und Aktivierung mittels Jugendschutzassistenten wäre dagegen wie bereits aufgezeigt auch heute schon ohne weiteres möglich. Daher wird vorgeschlagen, den Jugendschutzassistenten in jedem Falle, auch wenn die übrigen genannten Anforderungen an technische Vorkehrungen derzeit noch nicht erfüllbar sind, gesetzlich zu verankern. Dies könnte in Form eines entsprechenden normkonkretisierenden Zusatzes erfolgen. Dadurch wäre zumindest in den Fällen, in denen ein Provider sich an die Jugendschutzassistentenpflicht hält, der Schutz der Kinder und Jugendlichen erheblich gesteigert. In diesem Falle liegt kein Eingriff in den Schutzbereich der Kommunikationsfreiheiten 412 gemäß Art. 5 I GG vor. Anders als bei der Installation und Aktivierung von Filterprogrammen auf den Servern der Provider ist der jederzeit ungefilterte Zugang für Erwachsene und somit deren Informationsfreiheit gemäß Art. 5 I 1 Hs. 2 GG gewährleistet. Auch der Schutzbereich der Meinungsfreiheit der Provider gemäß Art. 5 I 1 Hs. 1 GG ist nicht tangiert, da eine freie, ungehinderte Verbreitung von für Erwachsene zulässigen Inhalten möglich ist. Fraglich ist, ob die Jugendschutzassistentenpflicht einen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit413 der inländischen Provider gemäß Art. 12 I, 2 I GG darstellt.414 Es könnte sich um eine mittelbare Beeinträchtigung handeln. Auch gesetzliche Regelungen, deren Ziel nicht primär die Regelung eines Berufs ist, können in den Schutzbereich des Art. 12 I GG eingreifen.415 Die Auswirkung auf die Berufsfreiheit muß dafür jedoch von einigem Gewicht sein, in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen.416 Primär geht es um den Jugendmedienschutz, in zweiter Linie um die Regelung des Berufs. Der Aufwand für den Provider zur Erfüllung der Jugendschutzassistentenpflicht ist mit einem nicht unerheblichen wirtschaftlichen Aufwand verbunden. So gestaltet sich die Programmierung und Implementierung von entsprechenden Softwarelösungen als teuer und aufwendig. Damit ist die Beschränkung der Berufsfreiheit der Provi412

Vgl. C. III. 2. Vgl. C. III. 3. 414 Laut ständiger Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts genießen grundsätzlich auch inländische juristische Personen Grundrechtsschutz, vgl. BVerfGE 50, 290 (363). Von Art. 12 I GG werde demnach die Freiheit geschützt, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe zu betreiben, soweit die Tätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Personen ausgeübt werden könne, vgl. BVerfGE 30, 292 (363); vgl. zum ganzen Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 19 III Rdn. 19 ff. 415 Vgl. Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 12 Rdn. 79. 416 Vgl. ebda., m. w. N. 413

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der von einigem Gewicht. Sie läßt zudem auch eine berufsregelnde Tendenz erkennen. Will der Provider am Markt teilnehmen und jugendgefährdende Inhalte weiterhin an Erwachsene verbreiten, muß er für eine entsprechende Softwarelösung sorgen. Die Berufsausübung kann gemäß Art. 12 I S. 2 GG durch formelles Gesetz geregelt werden. Für die Grenzen von Ausübungsregelungen als Schranke von Art. 12 I S.1 GG gilt, daß grundsätzlich jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls eine Ausübungsregelung rechtfertigt.417 Das Grundgesetz läßt dem Gesetzgeber im Zusammenhang mit Berufsausübungsregelungen ein erhebliches Maß an Freiheit.418 Die Jugendschutzassistentenpflicht dient dem von verfassungswegen anerkannten Schutzgut Jugendschutz.419 Eine Ausübungsregelung darf jedoch den Betroffenen nicht übermäßig oder unzumutbar belasten.420 Davon ist bei der Jugendschutzassistentenpflicht angesichts des Rangs und der Bedeutung des Jugendschutzes nicht auszugehen. Wie vorher aufgezeigt, stellt die Norm § 4 II S. 2 JMStV an die Provider rechtliche Anforderungen, die derzeit in praxi aufgrund beschränkter technischer Möglichkeiten421 nur schwerlich realisiert werden können. Die Gesetzgebung zum Jugendschutz bei den Telemedien beinhaltet insoweit Elemente symbolischen Rechts422 im Sinne der Auffassung von Lübbe Wolff.423 Der Gesetzgeber vermittelt mit der Norm den Bürgern den Eindruck, er steuere den Jugendschutz im Internet. Eine tatsächliche Bewältigung der Sachaufgabe wurde jedoch mit § 4 II S. 2 JMStV nicht erzielt. Dennoch kann daraus nicht der Schluß gezogen werden, daß die Regelungen für den Jugendschutz im Internet generell untauglich wären. Die den Handlungsbedarf begründenden Probleme beim Jugendschutz im Internet sind aufgrund der Ungewißheit über die Ausgangsbedigungen und Wirkungszusammenhänge424 schwer zu überschauen und Ergebnisse des gesetzgeberischen Einschreitens sind nicht absehbar. Zudem wäre eine langandauernde Hands-Off-Politik425 des Staates später kaum zu korrigieren.

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Vgl. BVerfGE 7, 377 (405 ff.); 65, 116 (125). Vgl. BVerfGE 7, 377 (405 f.); 77, 308 (332). 419 Vgl. eingehend C. II. 420 Vgl. BVerfGE 85, 248 (259). 421 Vgl. allgemein zu Recht und Technik D. II. 3. a) (3) (a). 422 Ähnlich bezüglich aller Instrumente der imperativen Zweckverwirklichung beim Jugendschutz im Internet Schulz, MMR 1998, 182 (187); ders., JMS-Report 5/1998, 1 (5); Holznagel, ZUM 1999, 425 (454); Greszick, AöR 1998, 173 (193); Dix, CR 1997, 38 (38 ff.). 423 Vgl. Lübbe-Wolff, in: Hansjürgens/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, 2000, 25 (25 ff.); im einzelnen D. II. 3. a) (3) (c). 424 Vgl. Schulte, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 59 (59). 425 Vgl. dazu Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 122. 418

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4. Jugendschutz bei der Werbung in Telemedien (§ 6 JMStV) Die Länder wollten in § 6 JMStV, angelehnt an den § 6 MDStV a. F., im Interesse des Jugendschutzes Mindeststandards für die Werbung in Telemedien schaffen.426 Demnach ist Werbung427 für indizierte Angebote nur unter den Bedingungen zulässig, die auch für die Verbreitung des Angebotes selbst gelten. Desweiteren darf die Liste der jugendgefährdenden Medien gemäß § 18 JuSchG nicht zum Zwecke der Werbung verbreitet oder zugänglich gemacht werden. Insbesondere darf bei Werbung nicht darauf hingewiesen werden, daß ein Verfahren zur Aufnahme eines Angebots oder eines inhaltsgleichen Trägermediums in die Liste nach § 18 JuSchG anhängig ist oder gewesen ist.428 Gemäß § 6 II JMStV darf Werbung Kindern und Jugendlichen weder körperlichen noch seelischen Schaden zufügen.429 Dieser international anerkannte Verhaltensgrundsatz entstammt Art. 16 der EG-Fernsehrichtlinie 89/552/EWG vom 3.10.1998.430 Im deutschen Rundfunkrecht hat dieser Grundsatz in § 13 I S. 2 RStV Ausdruck gefunden. Die für das Fernsehen geltenden Regelungen sind nunmehr auch für alle Telemedien verbindlich. Laut amtlicher Begründung zum JMStV erscheine dies aufgrund der oben bereits angesprochenen Konvergenz der Medien gerechtfertigt.431 Gemäß Art. 16 I der EG-Fernsehrichtlinie 89/552/EWG und dem gleichen Wortlaut des § 6 II Nr. 1–4 JMStV darf die Fernsehwerbung Minderjährigen weder körperlichen noch seelischen Schaden zufügen und unterliegt daher folgenden Kriterien zum Schutz Minderjähriger: Sie soll keine direkten Kaufappelle an Minderjährige richten, die deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen. Desweiteren soll sie Minderjährige nicht unmittelbar dazu auffordern, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Ware oder Dienstleistungen zu bewegen. Außerdem darf sie nicht das besondere Vertrauen ausnutzen, das Minderjährige zu Eltern, Lehrern und anderen Vertrauenspersonen haben. Ferner soll sie Minderjährige nicht ohne berechtigten Grund in gefährlichen Situationen zeigen.432 Die Verbindlichkeit der Grundsätze des Art. 16 der 426 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 18; so auch bereits Begründung zum MDStV in Bay LT-Drs. 13/7716, S. 12; Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2997); vgl. eingehend zu den Erscheinungsformen von Werbung im Internet Gummig, ZUM 1996, 537 (580). 427 Vgl. zur Auslegung des Begriffs Marwitz, in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch des Multimedia-Rechts, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2001) Teil 11.2 Rdn. 4 ff. 428 Vgl. § 6 I JMStV. 429 Vgl. § 6 II JMStV. 430 Richtlinie 89/552/EWG zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit in: Amtsbl. EG Nr. L 298/23. 431 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 18. 432 Vgl. auch Gemeinsame Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring

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EG-Fernsehrichtlinie 89/552/EWG, welche gleichermaßen für alle Angebote von Telemedien und den gesamten Rundfunk – laut amtlicher Begründung zum JMStV aufgrund der Konvergenz433 der Medien – gelten, ist generell zu begrüßen. Beachteten die Provider bei der Gestaltung ihrer Werbung diese Grundsätze freiwillig,434 wäre das ein großer Gewinn für den Jugendschutz bei den Telemedien. Jedoch dürfen an die Provider bei der Werbung via Telemedien auch keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Die Telemedien im Internet als Abrufdienste435 sind aufgrund ihrer technischen Gegebenheiten – anders als die Verteildienste, die dadurch gekennzeichnet sind, daß Inhalte von einer Stelle an eine unbestimmte Vielzahl von Empfängern übermittelt werden und der Zeitpunkt der Ausstrahlung vom Anbieter einseitig festgelegt wird436 – etwas anders zu beurteilen als die Rundfunkangebote wie zum Beispiel Fernsehen. Bei den Abrufdiensten liegt keine Zeitgleichheit der Ausstrahlung der Kommunikationsinhalte vor, die von der einseitigen Festlegung des Anbieters abhängt, sondern der Internetuser bestimmt den Ausstrahlungszeitpunkt437 durch Anforderung aus elektronischen Speichern438 selbst. So wäre es dem Provider, anders als dem Fernsehwerber nicht möglich, Werbung, die er für Kinder und Jugendliche ungeeignet hält, einfach auf einen späteren Sendezeitpunkt zu verlegen. Geeignete sonstige technische Schutzvorrichtungen existieren derzeit nicht. Auch die inhaltliche Verschiedenheit von Telemedien in Form von Abrufdiensten und Rundfunk – insbesondere Fernsehen439 – spricht dafür, an die Provider nicht gleich hohe Anforderungen bezüglich der Erfüllung der genannten Grundsätze zu stellen. Die Telemedien (Teledienste und Mediendienste) dienen nur in geringerem Maße der öffentlichen Meinungsbildung, insbesondere fehlt im Fernsehen Ziff. 4, in: http://www.alm.de/bibliothek/riliwerb2-tv.htm (abgerufen am 25.09.2002), in welchen die Richtlinie 89/552/EWG sogar noch weitergehend umgesetzt wurde: Demnach sei Werbung, die an Kinder und Jugendliche gerichtet ist zusätzlich insbesondere unzulässig, wenn sie strafbare Handlungen oder sonstiges Fehlverhalten, durch das Personen gefährdet seien oder ihnen geschadet werden könne, als nachahmenswert oder billigenswert darstelle oder aleatorische Werbemittel (z. B. Gratisverlosungen, Preisausschreiben und -rätsel u. ä.) in einer Art und Weise einsetze, die geeignet seien, die Umworbenen irrezuführen, durch übermäßige Vorteile anzulokken, deren Spielleidenschaft auszunutzen oder anreißerisch zu belästigen oder Kinder oder Jugendliche als Sexualobjekt darstellen. 433 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 18. 434 In § 24 I JMStV wurde die Nichtbeachtung der Grundsätze nicht als Ordnungswidrigkeit mitaufgenommen. 435 Vgl. D. II. 1. 436 So etwa die Fernseheinkaufs- und Shoppingdienste gemäß § 2 II Nr. 1 MDStV wie zum Beispiel Home Shopping Europe, vormals H.O.T. (Home Order Television). 437 Vgl. zur Zeitlosigkeit des Internet Engel, BDGV 39 (2000), 353 (358). 438 Vgl. § 2 II Nr. 4 MDStV. 439 Vgl. zum Fernsehnutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen Feierabend/ Simon, Media Perspektiven 4/2000, 159 (159 ff.).

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gegenüber dem Fernsehen die Suggestivkraft der bewegten Bilder,440 von der bei den derzeit technisch möglichen eher ruckeligen Video- oder TV-Sequenzen441 nicht gesprochen werden kann. So kann die Manipulationsgefahr der Kinder und Jugendlichen durch Abrufdienste auch als geringer eingestuft werden, als sie sich bei der Werbung im Fernsehen darstellt. 5. Die Zuständigkeitsproblematik bei den Mediendiensten Die Bestimmung der zuständigen Jugendschutzbehörde fiel im Einzelfall nach alter Rechtslage vor Inkrafttreten des JMStV schwer. Das war nicht nur als eine Folge der Aufteilung in Teledienste und Mediendienste und der daraus resultierenden Zuständigkeit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien bzw. der Jugendschutzbehörden der Länder zu bewerten. Die Länder hatten zusätzlich die Aufsichtszuständigkeit im Bereich der Mediendienste noch weiter aufgesplittert und dadurch die Bestimmung der Zuständigkeit erschwert. So enthielt § 22 I MDStV a. F. allgemeine Aufgabenzuweisungen an bereichsspezifisch definierte Verwaltungsbehörden der jeweiligen Länder.442 Desweiteren wurde die länderübergreifende Stelle jugendschutz.net eingerichtet. a) Neue Aufsichtszuständigkeit für den Jugendmedienschutz im Internet Gemäß § 22 I S. 1 MDStV a. F. sollte die in den Ländern für den gesetzlichen Jugendschutz zuständige Behörde die Einhaltung der Bestimmungen nach § 12 MDStV443 und § 9 I MDStV444 überwachen. In Bayern war das nach Art. 1 I AG MDStV445 das Landesjugendamt.446 Dieses war demnach zuständig für die Überwachung der Einhaltung der absoluten Verbreitungsverbote und der Verbreitungsverbote an Kinder und Jugendliche des MDStV sowie der Einhaltung der Grundsätze für die Werbung, soweit sie sich an Kinder und Jugendliche richtet.

440 Vgl. Hochstein, NJW 1997, 2977 (2979); Meier, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 2 Rdn. 34 ff. 441 Vgl. Zimmer, Media Perspektiven 3/2000, 110 (110). 442 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 16. 443 Vgl. D. II. 2., 4.2.3. 444 Vgl. D. II. 4. 445 Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags über Mediendienste (AG MDStV). 446 Vgl. auch Eberle, BLJA MittBl 6/1997, 1 (3); dies., proJugend 1998, 7 (9). Beispielhaft wird in der vorliegenden Arbeit die Situation in Bayern näher beleuchtet. Für die anderen Bundesländer gilt in etwa das für Bayern Ausgeführte entsprechend.

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Im JMStV wurde nunmehr die Zuständigkeit für die Aufsicht über Internetangebote neu geregelt. Die Aufsicht über sämtliche Telemedien als auch über den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk ist den Ländern zugeordnet.447 Bezüglich der Telemedien übt gemäß § 20 I JMStV die zuständige Landesmedienanstalt die Aufsicht aus. Stellt diese fest, daß ein Anbieter gegen die Bestimmungen des JMStV verstoßen hat, trifft sie die erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter. Im Bereich der Telemedien handelt für die jeweils örtlich zuständige Landesmedienanstalt als funktionell zuständiges Organ die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) (§ 14 JMStV). Welche Maßnahmen zulässig sind, richtet sich auch weiterhin nach dem MDStV, jetzt auch für den Bereich der Teledienste, also sämtliche Telemedien. Das gilt sowohl für die Art der Maßnahme als auch für den Adressaten. Insoweit wurde die Norm des § 22 MDStV nachgebildet.448 Unter Überwachung im Sinne von § 22 I S. 1 MDStV a. F. verstehen die Länder laut amtlicher Begründung, daß die Behörden nicht verpflichtet sein sollen, eine generelle und lückenlose Überwachung der Angebote vorzunehmen, sondern vor allen Dingen dann tätig werden sollen, wenn ihnen Beschwerden oder sonstige Anhaltspunkte für eine Verletzung des MDStV vorliegen.449 Für die Ermittlungsbehörden muß demnach zumindest ein Anfangsverdacht vorliegen.450 Dieses Verständnis von Überwachung ist sachgerecht und sollte auch für § 20 I JMStV gelten. Aufgrund der riesigen Datenmengen und der Vielzahl an Angeboten sowie der Funktionsweise des Internet451 wäre den Behörden eine allumfassende Kontrolle sowohl personell als auch technisch452 nicht möglich. Da die Länder anscheinend bereits selbst bei der Regelung von Aufsichtszuständigkeiten im MDStV erkannt haben, daß Zuständigkeitskollisionen aufgrund mehrerer örtlich und sachlich zuständiger Aufsichtsbehörden nicht vermieden werden können, wurde die Kollisionsklausel des § 22 V MDStV für die örtliche Zuständigkeit vorgesehen. Daß Online-Angebote in vielen Fällen aufgrund der Ubiquität des Internet nicht auf das Gebiet eines Landes beschränkt sein werden, stand außer Frage.453 So entschieden sich die Länder in § 22 V S. 1 MDStV für das sogenannte Sitzlandprinzip: Zuständig für den Vollzug soll somit zunächst immer die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde des Landes sein, in dem der betroffene Anbieter seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen 447

Vgl. dazu Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 24. Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 25. 449 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay LT-Drs. 13/7716, S. 16. 450 Vgl Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2999). 451 Vgl. B. II. 452 Vgl. B. III. 3. 453 Auch schon vor der Novellierung, bedingt durch den JMStV, vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 17. 448

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seinen ständigen Aufenthalt hat. Ist eine Zuständigkeitsbestimmung nach dem Sitzlandprinzip nicht möglich, so soll nach § 22 V S. 2 MDStV subsidiär diejenige Aufsichtsbehörde zuständig sein, in deren Bezirk der Anlaß für die Amtshandlung hervortritt.454 Die Regelung des § 22 V MDStV ist für den Jugendmedienschutz bei den Telemedien gemäß JMStV nicht mehr einschlägig, da § 20 IV JMStV lediglich auf §§ 22 II–IV JMStV verweist. In § 20 VI JMStV wurde jedoch die Regelung des § 22 V MDStV analog übernommen. Die vorangegangenen Ausführungen gelten damit entsprechend. (1) Länderübergreifende Zentralstelle: jugendschutz.net (§ 18 JMStV) (a) Hintergrund Neben den gemäß §§ 20 I, IV JMStV zuständigen Landesmedienanstalten agiert auch die länderübergreifende Stelle jugendschutz.net455 im Jugendmedienschutz bei den Telemedien. Nachdem durch den Abschluß des MDStV im Jahre 1997 den Jugendbehörden die neue Aufgabe der Überwachung der Mediendienste auf unzulässige Angebote und auf Einhaltung der Bestimmungen zum Schutze der Jugend übertragen wurde, einigten sich die Jugendminister/-innen der Länder noch vor Inkrafttreten des MDStV im Juni 1997, hierfür eine gemeinsame, länderübergreifende Stelle zu errichten und faßten auf der Jugendministerkonferenz am 19./20. Juni 1997 in Magdeburg den Beschluß: „Die Länder errichten zur Unterstützung der Behörden bei der Umsetzung der Regelungen zum Jugendschutz im Mediendienste-Staatsvertrag (§ 18 Abs. 1 Satz 1) eine länderübergreifende Stelle.“456 Auf der Grundlage des vorgenannten Beschlusses haben die obersten Landesjugendbehörden daraufhin vereinbart, eine länderübergreifende Stelle mit einer Beauftragten oder einem Beauftragten sowie einer oder einem stellvertretenden Beauftragten für den Jugendschutz in den Mediendiensten einzurichten.457 Zum 1. Oktober 1997 hat jugendschutz.net seine Tätigkeit aufgenommen. 454 Vgl. ebda.; zu den Problemen nach alter Rechtslage vor dem JMStV Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (4 ff.). 455 Vgl. http://www.jugendschutz.net (abgerufen am 25.09.2002). 456 Vgl. Beschluß der Jugendministerkonferenz am 19./20. Juni 1997 in Magdeburg, TOP 6; Vorläufige Vereinbarung der obersten Landesjugendbehörden zur Durchführung der Jugendschutzbestimmungen nach dem MDStV vom 1. August 1997. 457 Vgl. vorläufige Vereinbarung der obersten Landesjugendbehörden zur Durchführung der Jugendschutzbestimmungen nach dem MDStV vom 1. August 1997; Beschluß der Jugendministerkonferenz am 25./26. Juni 1998 in Kassel, TOP 11; vgl. dazu auch Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen und Entwicklungen bei den

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Mit § 18 JMStV wurde nunmehr eigens eine gesetzliche Regelung für jugendschutz.net geschaffen. Demnach ist die durch die obersten Landesjugendbehörden eingerichtete Stelle jetzt organisatorisch an die KJM angebunden. Die näheren Einzelheiten der Finanzierung von jugendschutz.net sollen die für den Jugendschutz zuständigen Minister der Länder in einem Statut durch Beschluß festlegen.458 (b) Rechtsform Die Rechtsform von jugendschutz.net ist noch nicht abschließend geklärt. Bei jugendschutz.net handelt es sich nach der vorliegend vertretenen Auffassung verwaltungsorganisationsrechtlich zwar um ein Organ, nicht jedoch um eine Behörde im funktionellen Sinne. Organe sind rechtlich geschaffene Einrichtungen eines Verwaltungsträgers, die dessen Zuständigkeit für diesen wahrnehmen. Organwalter sind diejenigen Menschen, die konkret die den Organen zugewiesenen Zuständigkeiten ausüben.459 Die länderübergreifende Stelle jugendschutz.net nimmt für die Verwaltungsträger Länder Aufgaben im Bereich des Jugendschutzes nach dem JMStV wahr.460 Die Beauftragten sind Organwalter im vorgenannten Sinne. Jedoch handelt es sich bei jugendschutz.net nicht um eine Behörde im funktionellen Sinne. Darunter versteht man Organe, die zur hoheitlichen Durchführung konkreter Verwaltungsmaßnahmen im Außenverhältnis berufen sind.461 Hoheitliche Kompetenzen sind jugendschutz.net nicht übertragen worden. So ist jugendschutz.net nicht ermächtigt, Verwaltungsakte462 gemäß § 35 S. 1 VwVfG zu erlassen.463 Nach den zugeteilten Aufgaben kommt jugendschutz.net gemäß § 18 II JMStV vielmehr ausschließlich unterstützende Funktion464 zu.

neuen Informations- und Kommunikationsdiensten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes (IuKDG) in BR-Drs. 390/99, S. 50; vgl. auch Müller, in: Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e. V. (Hrsg.), 2000, Jugendschutz und Internet – Perspektiven des Jugendmedienschutzes angesichts der Entwicklungen in den neuen Medien, 24 (30). 458 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 23. 459 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., 2002, S. 528 f. 460 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 23; zur früheren Situation vorläufige Vereinbarung der obersten Landesjugendbehörden zur Durchführung der Jugendschutzbestimmungen nach dem MDStV vom 1. August 1997, Ziffer 3. 461 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., 2002, S. 534. 462 Vgl. zum Begriff Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR III, 2. Aufl., 1996, § 59 Rdn. 144 ff. 463 Vgl. Waldenberger, MMR 1998, 124 (125). 464 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 23; so auch schon vor dem JMStV, vgl. nur vorläufige Vereinbarung der obersten Landesjugendbehörden zur Durchführung der Jugendschutzbestimmungen nach dem MDStV vom 1. August 1997.

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(c) Zulässigkeit Art. 30 GG beinhaltet den Grundsatz, daß die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben465 Sache der Länder ist. Nur soweit spezielle Zuweisungen an den Bund bestehen, soll dieser zuständig sein. Fraglich ist, wie vor diesem Hintergrund ein Zusammenwirken der Länder zu beurteilen ist. Von Art. 30 GG wird die Koordination der Länder untereinander, etwa bei jugendschutz.net erfolgt durch die Vereinbarung im Rahmen einer Länderministerkonferenz, nicht direkt erfaßt. Die im Grundgesetz festgelegte Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern läßt Staatsverträge zu zwischen den Ländern zur effektiven Erfüllung ihrer Aufgaben in Bereichen, in denen das einzelne Land überfordert ist. Unzulässig ist jedoch die vertragliche Schaffung eines neuen zwischenstaatlichen Hoheitsträgers.466 Wie bereits dargestellt, ist jugendschutz.net ein unselbständiges Organ der obersten Landesjugendbehörden. Hoheitliche Befugnisse wurden jugendschutz.net nicht übertragen. Eine derartige Ausstattung stünde in Widerspruch zur Kompetenzverteilung des Grundgesetzes gemäß Art. 30 GG. Durch die Übertragung von hoheitlichen Befugnissen durch die obersten Landesjugendbehörden auf jugendschutz.net würde ein neuer, zwischenstaatlicher Hoheitsträger eingerichtet. Somit ist die derzeitige organisationsrechtliche Ausgestaltung von jugendschutz.net durch die Jugendminister der Länder zulässig.467 Die Einrichtung als Behörde im funktionellen Sinne468 bleibt jedoch verwehrt. (d) Aufgaben Gemäß § 18 II JMStV unterstützt jugendschutz.net die KJM und die obersten Landesjugendbehörden bei deren Aufgaben. Jugendschutz.net überprüft Angebote der Telemedien.469 So ist jugendschutz.net im Internet selbst aktiv und durchsucht dieses mittels Crawler470 auf jugendgefährdende Angebote.471 Fin-

465 Vgl. zu den Begriffen Befugnisse und Aufgaben Erbguth, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 30 Rdn. 31 ff. 466 Vgl. zum ganzen Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 30 Rdn. 23, m. w. N. 467 So auch Koenig, MMR-Beilage 12/1998, 1 (13); ders., K&R 2000, 1 (9). 468 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, S. 534. 469 Vgl. § 18 III S. 1 JMStV; zur früheren Aufgabenzuweisung siehe Beschluß der Jugendministerkonferenz am 19./20. Juni 1997 in Magdeburg, TOP 6, Ziff. 2; vorläufige Vereinbarung der obersten Landesjugendbehörden zur Durchführung der Jugendschutzbestimmungen nach dem MDStV vom 1. August 1997, Ziffer 3 Spiegelstrich 1. 470 Zu den Einzelheiten B. III. 3. 471 Vgl. Müller/Heyl, in: Länderübergreifende Stelle jugendschutz.net (Hrsg.), Erfahrungsbericht der Beauftragten der Obersten Landesjugendbehörden für Jugendschutz in Mediendiensten – Fassung zur Vervielfältigung –, 1998, S. 3 ff.; Feil/Keddi,

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det jugendschutz.net Verstöße gegen die Bestimmungen des JMStV, weist jugendschutz.net den Anbieter darauf hin472 und versucht, den Anbieter dazu zu bewegen, diese Inhalte zu ändern oder aus den Telemedien herauszunehmen.473 Desweiteren informiert jugendschutz.net die anerkannten Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle und die KJM darüber.474 Da jugendschutz.net, wie bereits aufgezeigt, keine Behörde im funktionellen Sinne ist, muß sie hauptsächlich auf die Kooperation mit einsichtigen Anbietern setzen. jugendschutz.net ist nicht mit Hoheitsbefugnissen ausgestattet und daher weder in der Lage, Untersagungs- oder Sperrungsanordnungen gemäß § 22 II MDStV noch Bußgeldbescheide gemäß § 24 MDStV zu erlassen.475 Es drängt sich der Eindruck auf, daß dadurch die Effektivität der Tätigkeit von jugendschutz.net wesentlich geschmälert wird. Stößt jugendschutz.net auf einen schweren strafrechtlichen Verstoß nach §§ 86, 131, 183 StGB, informiert sie umgehend die KJM bzw. das zuständige Landeskriminalamt zur Stafverfolgung.476 Weitere Aufgaben von jugendschutz.net sind die Beratung und Schulung bei Telemedien477 von Anbietern, insbesondere deren Jugendschutzbeauftragten478 und Nutzern in allen Fragen des Jugendschutzes als auch die Mitwirkung an der Entwicklung von Software zur Überprüfung von Jugendschutzbelangen.479 Desweiteren hat jugendschutz.net zur Effektivierung ihrer Aufgabenerfüllung mit den Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle480 zu kooperieren und Kontakte zu Host-Service-Providern, den Betreibern von Suchmaschinen sowie den Adult-Webmastern481 zu unterhalten, um für die Belange des Jugendschutzes zu werben und Selbstverpflichtungsstandards auszuhandeln.482 Diskurs 1/2000, 51 (53 ff.); Müller, Pro Jugend 1/1998, 12 (13); vgl. auch http:// www.jugendschutz.net (abgerufen am 25.09.2002). 472 Vgl. § 18 IV JMStV. 473 Vgl. Beschluß der Jugendministerkonferenz am 19./20. Juni 1997 in Magdeburg, TOP 6, Ziff. 2. 474 Vgl. § 18 IV JMStV. 475 Vgl. kritisch hierzu Waldenberger, MMR 1998, 124 (125). 476 Vgl. Kooperationsvereinbarung des Bayerischen Landesjugendamt mit jugendschutz.net in BLJA MittBl 4/2000, 13 (13); vgl. sehr eingehend zur Strafverfolgung Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 255 ff. 477 Vgl. § 18 III S. 2 JMStV. 478 Vgl. dazu im einzelnen E. III. 2. a) (2). 479 Vgl. im einzelnen vorläufige Vereinbarung der obersten Landesjugendbehörden zur Durchführung der Jugendschutzbestimmungen nach dem MDStV vom 1. August 1997, Ziffer 3 Spiegelstrich 4. 480 So beispielweise mit der FSM, vgl. http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09. 2002). 481 Darunter versteht man Betreiber von Altersverifikationssystemen wie X-Check oder Adult-Check vgl. im einzelnen B. III. 4. a) (2).

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(e) Kooperatives Handeln – Beispiel Bayern Die Verfahrenspraxis von jugendschutz.net vor der Neuregelung des Jugendschutzes im JMStV war ein sehr positives Beispiel für die Effektivität von kooperativem Verwaltungshandeln. Mit jugendschutz.net haben die einzelnen Jugendschutzbehörden der Länder Kooperationsvereinbarungen getroffen, um die Zusammenarbeit zu verbessern und Doppelbefassungen zu vermeiden.483 So wurde zum Beispiel in Bayern folgendes Verfahren für konkrete Einzelfälle vereinbart: Stößt das Bayerische Landesjugendamt auf ein problematisches Angebot und hat der Internet-Anbieter seinen Sitz in Bayern, entscheidet das Bayerische Landesjugendamt nach eigenem Ermessen, ob es den Fall im Rahmen seiner Zuständigkeit selbst bearbeitet oder an jugendschutz.net abgibt. Beabsichtigt das Bayerische Landesjugendamt, den Fall selbst weiterzuverfolgen, so informiert es jugendschutz.net darüber. Sofern das Bayerische Landesjugendamt auf ein problematisches Angebot aus einem anderen Bundesland aufmerksam wird, informiert es jugendschutz.net oder die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde. Stößt zuerst jugendschutz.net auf ein problematisches Angebot, geht jugendschutz.net den oben bereits beschriebenen Weg. Gleichzeitig wird das Bayerische Landesjugendamt über die Angebotsseite per E-Mail informiert: Nutzen die Anbieter die ihnen vorgegebene Frist von 14 Tagen nicht, wird das Bayerische Landesjugendamt darüber in Kenntnis gesetzt und kann dann weitere Maßnahmen vornehmen. In der Kooperationsvereinbarung hat das Bayerische Landesjugendamt zugesichert, in diesen Fällen nicht vor Fristablauf ohne Verständigung mit jugendschutz.net tätig zu werden.484 b) Lösungsansätze Die weitere Aufsplitterung der Zuständigkeiten für den Jugendmedienschutz im Internet auf Landesebene vor Inkrafttreten des JMStV trug nicht zu seiner Effektivierung bei.485 Vesting486 sprach von einer „(. . .) nie dagewesenen Zerstreuung von Aufsichtsträgern und Zuständigkeiten, die Erinnerungen an Hegels Charakterisierung der mittelalterlichen Feudalherrschaft als einer durch Vereinzelung der Macht und subjektive Willkür gekennzeichneten Polyarchie wachruft.“ Zutreffend hält er es daher für „(. . .) unabdingbar, daß sich die Länder künftig zu einer engeren Kooperation entschließen und in Abstimmung mit dem 482

Vgl. Feil/Keddi, Diskurs 1/2000, 51 (54). Vgl. Kooperationsvereinbarung des Bayerischen Landesjugendamt mit jugendschutz.net in BLJA MittBl 4/2000, 13 (13). 484 Vgl. zum ganzen ebda. 485 Vgl. kritisch dazu auch Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2999). 486 Vgl. Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 52. 483

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Bund Schritte zu einer Vereinheitlichung der Medienaufsicht einleiten.“487 Insbesondere für den Jugendmedienschutz erscheint dies aufgrund der zunehmenden Konvergenz der Medien als wünschenswert.488 Durch den JMStV ist eine nachhaltige Neuregelung der Zuständigkeiten für den gesamten Bereich der Telemedien erfolgt. Zuständig für die Aufsicht sind nun die Landesmedienanstalten, die durch die KJM handeln. Ziel der Errichtung der KJM soll es sein, die Zersplitterung der Aufsichtsstrukturen beim Jugendschutz und Schutz der Menschenwürde489 im Bereich der Aufsicht über länderübergreifende Angebote in elektronischen Medien zu überwinden.490 Die organisatorische Neuregelung orientiert sich am Modell der KEK491. Ob durch die Zuständigkeit der Landesmedienanstalten eine Effektivierung des Jugendmedienschutzes im Internet eintreten wird, bleibt in der Praxis noch abzuwarten. Jedenfalls ist die grundsätzliche einvernehmliche Abstimmung der einzelnen Landesmedienanstalten weiterhin erforderlich, auch wenn „(. . .) die Landesmedienanstalt durch die KJM (. . .) die jeweilige Entscheidung (. . .)“492 trifft. Denn in § 14 I JMStV ist ganz unmißverständlich festgeschrieben, daß auch in Fragen des Jugendmedienschutzes keine Zuständigkeit der Gesamtheit der Landesmedienanstalten begründet wird. Die jeweils örtlich zuständige Landesmedienanstalt überprüft die Einhaltung der für die Anbieter geltenden Bestimmungen nach dem JMStV.493 Die eigentliche Entscheidungskompetenz liegt damit bei der zuständigen Landesmedienanstalt. Somit dürften nicht die gewünschten, hinreichenden Effizienzvorteile zustande kommen, da die Zuständigkeitsverteilung nach dem JMStV von zu starken dezentralen Tendenzen geprägt ist. Trotz der sicherlich einzuräumenden Beiträge, welche die KJM im Interesse der Koordination leistet, reicht dies nicht aus. Die Abstimmung zwischen den Landesmedienanstalten war vor der Verabschiedung des JMStV schwierig und dürfte es auch weiterhin sein.

487 Vgl. ebda. Auch die Bundesregierung erachtet in ihrem Bericht über die Erfahrungen und Entwicklungen bei den neuen Informations- und Kommunikationsdiensten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Informations- und KommunikationsdiensteGesetzes (IuKDG) eine rasche Bund-Länder Einigung mit dem Ziel eines effizienten Jugendschutzes als wünschenswert, vgl. BT-Drs. 14/1191, S. 21; vgl. auch Tettenborn, MMR 1999, 516 (521); auch Ladeur, ZUM 1998, 261 (262 ff.), plädiert grundsätzlich für eine kooperative Ausübung der grundsätzlich getrennten Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern. 488 Vgl. C. IV. 489 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (921 ff.). 490 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 21. 491 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich. 492 Vgl. § 20 IV JMStV. 493 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 21.

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(1) Eigener Vorschlag (a) Bundesverwaltungsbehörde Obwohl im zunächst gefundenen Kompromiß zwischen Bund und Ländern mit dem JMStV die „Länderlösung“ für den Jugendmedienschutz umgesetzt wurde, ist nach der hier vertretenen Ansicht ein medienübergreifendes Bundesgesetz zum Schutze der Kinder und Jugendlichen anzustreben. Daß ein solches im Rahmen bestehender Kompetenzen verfassungsmäßig ist, wurde bereits aufgezeigt.494 Desweiteren wird vorgeschlagen, in diesem Zuge eine Bundesbehörde für den Jugendschutz im Internet einzurichten, welche die Aufsicht über alle Inhalte, die im Internet angeboten werden, ausübt.495 Damit wird eine zentrale Behörde für den Jugendmedienschutz im Internet geschaffen, eine Abstimmung zwischen den Landesmedienanstalten, wie im Modell nach dem JMStV, wäre nicht mehr erforderlich. Diffuse Effekte können somit vermieden werden, es entsteht höhere Effizienz. Organisatorisch bietet es sich an, die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien durch personelle und technische Aufstokkung als Aufsichtsbehörde496 für den Jugendschutz im Internet einzurichten. Sie besäße dann die notwendige informationstechnologische Kompetenz und würde die Anforderungen, die das Internet an eine staatliche Aufsicht stellt, erfüllen. Die einzurichtende Einzelabteilung Bundesprüfstellen-Inhaltskontrollstelle/Internet kann dann ähnliche Aufgaben wie zur Zeit jugendschutz.net497 (§ 18 JMStV) wahrnehmen und eng mit den Gremien der Bundesprüfstelle zusammenarbeiten.498 Durch diese Konzentration des Know-how und der technischen und personellen Resourcen auf eine Behörde des Bundes würde sich der Jugendmedienschutz im Internet erheblich effizienter gestalten: Jugendgefährdende Inhalte können schneller und in größerem Umfang aufgefunden werden, das Indizierungsverfahren wird beschleunigt, umständliche und zeitraubende Verständigungswege zwischen den verschiedenen Länderbehörden werden gespart. Probleme der Zuständigkeitsbestimmung und Behördenabstimmung sind nicht weiter Hemmschuh für den Jugendmedienschutz im Internet. Zudem wäre die zuständige Bundesbehörde ermächtigt, hoheitliche Befugnisse auszuüben und entsprechende Sperrungs- und Untersagungsverfügungen zu erlassen.

494 Vgl. C. IV.; Pankoke, Von der Presse zur Providerhaftung, 2000, S. 57, geht sogar noch weiter und fordert die Bundeszuständigkeit für den gesamten Multimediabereich. 495 Offenbar in die gleiche Richtung Janik, K&R 2001, 572 (582). 496 Ladeur, ZUM 1997, 372 (382), spricht von task-force. 497 Vgl. D. II. 5. (2) (d). 498 Vgl. zu weiteren in Diskussion befindlichen Vorschlägen die Zusammenfassung von Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 151 ff.

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(b) Zulässigkeit gemäß Art. 83, 87 III S. 1 GG Die vorgenannte Einrichtung einer bundeseigenen Verwaltung für den Jugendschutz im Internet ist verfassungsrechtlich zulässig. Als Ausgangspunkt setzen Art. 83 ff. GG die unterschiedliche Verteilung der Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten nach unterschiedlichen Regeln voraus. In Art. 83 GG ist die grundsätzliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern des Art. 30 GG499 dahingehend konkretisiert, daß auch die Ausführung der Bundesgesetze grundsätzlich Sache der Länder ist. Somit begründet dem Bund Art. 83 GG im Bereich der Verwaltung eine ungleich geringere Zuständigkeit als dies gegenüber den Gesetzgebungskompetenzen der Fall ist.500 Es gilt folgende Grundregel: Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist die äußerste Grenze für seine Verwaltungskompetenz.501 Der Regelungsgehalt des Art. 83 GG legt ein sogenanntes doppeltes Regel-Ausnahme-Verhältnis fest: Der Bund besitzt nur die ihm zugewiesenen Verwaltungskompetenzen, während der unbenannte Rest den Ländern zugeordnet ist.502 Zum anderen findet gemäß Art. 83 GG die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder regelmäßig in der Verwaltungsform der landeseigenen Verwaltung statt. Die vorgenannten beiden Regeln stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden verfassungsrechtlichen Norm.503 Art. 87 GG ist eine Verfassungsnorm in diesem Sinne, die Abweichungen von der Grundregel des Art. 83 GG enthält, wonach der Verwaltungstyp Bundesverwaltung erlaubt ist, soweit es dabei um Aufgaben des Vollzugs von Bundesgesetzen geht. Für die Bestimmung der Verwaltungszuständigkeit des Bundes bei der Einrichtung einer Bundesbehörde für den Jugendschutz im Internet sind die Anforderungen des Art. 87 III S. 1 GG einschlägig. Der Bund darf demnach Verwaltungsaufgaben, die ihm nicht durch spezielles Verfassungsrecht zugewiesen sind, in den Sachbereichen vornehmen, für die er die Gesetzgebungskompetenz hat. Es handelt sich dabei um den Fall der sogenannten fakultativen Bundesverwaltung, da für die Länder Raum für eine Wahrnehmung der Verwaltungsaufgabe bleibt, wenn der Bund von seiner Kompetenz keinen Gebrauch macht.504

499 Vgl. eingehend Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 30 Rdn. 15 ff.; Pieroth, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 30 Rdn. 1 ff. 500 Vgl. Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 83 Rdn. 16; Dittmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 83 Rdn. 2, 11. 501 Vgl. nur BVerfGE 12, 205 (229); 15, 1 (16); 78, 374 (386). 502 Vgl. Pieroth, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 83 Rdn. 1; Dittmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 83 Rdn. 1. 503 Vgl. Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 83 Rdn. 19. 504 Vgl. Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 86 Rdn. 6; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 86 Rdn. 18.

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Voraussetzung von Art. 87 III S. 1 GG ist hier die Gesetzgebungskompetenz des Bundes – wie oben ausgeführt – im betroffenen Sachbereich Jugendschutz. Dieser ist Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 74 I Nr. 7 GG,505 welcher das Gebiet der öffentlichen Fürsorge betrifft. Der Begriff der öffentlichen Fürsorge darf laut Bundesverfassungsgericht506 nicht eng ausgelegt werden. Er beinhaltet daher die gesamte Jugendfürsorge, also auch den Jugendschutz im Internet.507 Das Bundesverfassungsgericht hat bereits – gestützt auf vorgenannte Kompetenz – eine in Art. 87 III S. 1 GG zugunsten des Bundes begründete Gesetzgebungszuständigkeit für die Errichtung der Bundesprüfstelle508 nach dem GjS509 als Bundesoberbehörde510 bestätigt.511 Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, daß die Verfassung in Ausnahmefällen stillschweigend, also ohne einer entsprechenden Norm, dazu ermächtige, eine Bundeszuständigkeit zur Ausführung eines Bundesgesetzes festzulegen, wenn der Zweck des Gesetzes durch das Verwaltungshandeln eines Landes nicht erreicht werden könne.512 Aufgrund der „Ubiquität“513 des Internet und der fortschreitenden Konvergenz514 der Medien trifft das für den Vollzug eines medienübergreifenden Bundesgesetzes zum Schutze der Kinder und Jugendlichen zu. Darauf kommt es jedoch hier nicht an, da die Verwaltungszuständigkeit des Bundes bereits nach Art. 87 III S. 1 GG vorliegt. Daß der Bund sein Recht gemäß Art. 87 III GG im Rahmen des mit dem JuSchG und JMStV vorerst gefundenen Kompromiß nicht ausgeübt, sondern den Ländern überlassen hat, ändert nichts daran, daß vorgenannter Lösungsweg beschritten werden kann. Denn Art. 87 III S. 1 GG besagt, daß dem Bund die Gesetzgebungskompetenz „zustehen“ muß, es ist nicht die Rede davon, daß er sie „ausüben“ muß. Die Gesetzgebungskompetenz steht dem Bund zu, er hat sie bloß nicht ausgeübt.

505 Die Bundeskompetenz für den Jugendschutz nach Art. 74 Nr. 7 GG ist inzwischen grundsätzlich allgemein anerkannt, vgl. nur BVerfGE 22, 180 (212 ff.); 31, 113 (117); BVerwGE 19, 94 (96 ff.); 23, 112 (113); Ory, ZUM, 1986, 123 (126); MeyerHesemann, DVBl. 1986, 1181 (1183); Landmann, NJW 1996, 3309 (3309); Herkströter, AfP 1992, 23 (24). 506 Vgl. BVerfGE 88, 203 (329). 507 Vgl. C. IV. 508 Vgl. D. III. 2. 509 Dieses hieß seit der Änderung durch Art. 6 IuKDG GjSM, aufgehoben seit 1. April 2003 durch das JuSchG. 510 Vgl. dazu Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 86 Rdn. 6; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 87 Rdn. 65. 511 Vgl. BVerfGE 31, 113 (116 ff.); vgl. dazu Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 111. 512 Vgl. BVerwGE 80, 299 (302). 513 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192), kurs. i.O. 514 Vgl. Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 19 ff.

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Das Bundesgesetz im Sinne des Art. 87 III S. 1 GG, durch das eine Bundesverwaltungsbehörde eingerichtet wird, muß die eigentlich nach Art. 30 GG i. V. m. Art. 83 GG von den Ländern wahrzunehmende Verwaltungsaufgabe, die jetzt von dieser Behörde wahrgenommen wird, klar benennen und inhaltlich beschreiben.515 Dies gilt auch, wenn einer bereits bestehenden Bundesbehörde wie der Bundesprüfstelle516 neue Verwaltungsaufgaben zugewiesen werden.517 Das folgt aus der bundesstaatlichen Schutzfunktion von Art. 87 III GG.518 Da der Bundesprüfstelle eine Vollzugsaufgabe beim Jugendschutz nicht nur wie nach alter Rechtslage bei den Telediensten sondern bei allen Diensten des Internet zukommen soll, muß gleichzeitig mit der Aufgabenzuweisung auch die betreffende Materie geregelt werden.519 (2) Andere Lösungsansätze für die Aufsicht beim Jugendmedienschutz im Internet Neben der hier vertretenen Auffassung wurden verschiedene Ansätze diskutiert, um zumindest auf Länderebene die nach alter Rechtslage für den Jugendmedienschutz bei den Mediendiensten bestehende Aufsplitterung der Zuständigkeiten520 aufgrund des zu großen Reibungsverlusts zu beheben. Diese sollen im folgenden kurz dargestellt werden. (a) Landesmedienanstalten Die Gemeinsame Stelle Jugendschutz und Programm der Landesmedienanstalten (GSJP)521 sieht eine Lösung des Problems in der Nutzung der vorhandenen Kompetenz der Landesmedienanstalten. Im Unterschied zu anderen Jugendschutz-Institutionen hätten die Landesmedienanstalten konkrete Erfahrungen mit neuen Formaten. Demnach sollen die Landesmedienanstalten die Aufsicht und den Vollzug des Jugendschutzes im Internet wahrnehmen. Hiergegen spricht, daß die Landesmedienanstalten zwar im Bereich des privaten Rundfunks beachtliche Kompetenzen und Know-how aufweisen können,522 im Internetbe515

Vgl. Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 87 Rdn. 83. Vgl. dazu D. III. 2. 517 Vgl. Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 87 Rdn. 83. 518 Vgl. ebda., Art. 87 Rdn. 71. 519 Vgl. im einzelnen Pieroth, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 87 Rdn. 12. 520 Vgl. Holznagel, JZ 2001, 905 (906). 521 Vgl. Positionspapier der Gemeinsamen Stelle Jugendschutz und Programm zu Jugendschutz und Konvergenz in http://www.alm.de/index2.htm (abgerufen am 25.09. 2002); vgl. zur GSJP Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (Hrsg.), Medienkontrollinstitutionen in Deutschland, 2000, S. 41. 516

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reich sind hingegen noch keine besonderen Erfahrungswerte erkennbar, auf die zurückgegriffen werden könnte. Zudem ist, wie die Neuorganisation und Errichtung der KJM nach dem JMStV zeigt, die Aufsplitterung bei der Jugendschutzaufsicht und die damit einhergehenden Probleme durch die Zuständigkeit der Landesmedienanstalten für dem Jugendschutz im Internet nicht beseitigt. Aufgrund der „Ubiquität“523 des Internet muß auch bei diesem Modell weiterhin eine Abstimmung zwischen den einzelnen Landesmedienanstalten stattfinden.524 Dieser Ansatz berücksichtigt damit nicht, daß das Internet ein Medium mit schnell wechselnden Inhalten ist. Für zeitaufwendige Abstimmungsverfahren bleibt daher kein Raum. (b) Zentrale Länderanstalt („Länderbüro Neue Medien“) Ein anderer Lösungsansatz525 sieht die Schaffung einer zentralen Länderanstalt als Träger einer Länderbehörde für Neue Medien526 vor. In diese Behörde sollen die Länder ihre Zuständigkeiten für die neuen Medien einbringen. Innerhalb der Länderbehörde für Neue Medien soll eine Einzelabteilung Jugendschutz eingerichtet werden. Die zentrale Länderanstalt als Träger der Gemeinschaftsbehörde könne durch einen entsprechenden Länderstaatsvertrag eingerichtet werden.527 Sie soll Anstalt des Sitzbundeslandes sein, welches sodann auch die ministerielle Aufsicht innehat. Dabei sollen Einvernehmenserfordernisse die Beteiligungsrechte der übrigen Bundesländer sicherstellen.528 Fraglich ist, ob die vorgenanne Schaffung einer zentralen Länderanstalt nach dem Grundgesetz zulässig ist. Die Koordinierung der Länder untereinander durch Staatsverträge als dritte Ebene ist in der Verfassung nicht explizit gere522 Vgl. dazu nur Stettner, Die Stellung der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien im Rundfunksystem nach dem Bayerischen Mediengesetz, 1999, S. 171 ff.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 59 ff. 523 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192), kurs. i.O. 524 Vgl. auch Koenig, MMR-Beilage 12/1998, 1 (9). 525 Vgl. Koenig, MMR-Beilage 12/1998, 1 (12 ff.); ders., K&R 2000, 1 (4 ff.); Holznagel, ZUM 1999, 425 (435), begrüßt diesen Vorschlag, da dadurch Standortnachteile für die deutsche Wirtschaft vermieden werden könnten; vgl. zu den damit verbundenen Problemen Paulweber, AfP 1999, 439 (444); Rossen-Stadtfeld, ZUM 2000, 36 (44). 526 Koenig, MMR-Beilage 12/1998, 1 (12 ff.), nennt diese „Länderbüro Neue Medien“; offenbar ähnlich Ladeur, CR 1996, 614 (621); Holznagel, JZ 2001, 905 (909), spricht sich primär für eine Bund-Länder-Gemeinschaftsanstalt aus, nur hilfsweise „(. . .) sollten sich hierfür keine Mehrheiten finden, ist als second best solution die Gründung einer für die Mediendienste und den Rundfunk einheitlichen Medienanstalt der Känder zu erwägen.“ 527 Vgl. Koenig, MMR-Beilage 12/1998, 1 (13 ff.). 528 Vgl. ebda.

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gelt. Die Kompetenzverteilung des Grundgesetzes zwischen Bund und Ländern schließt Staatsverträge zwischen den Ländern zur effektiven Erfüllung ihrer Aufgaben in Bereichen, die das einzelne Land überfordern würden, mit ein, erlaubt aber nicht die Einrichtung einer neuen staatlichen Ebene.529 Somit ist die Schaffung eines neuen zwischenstaatlichen Hoheitsträgers unzulässig.530 Mit der Länderanstalt für Neue Medien soll jedoch durch die Länder eine einheitliche Aufsichtsbehörde geschaffen werden.531 Bundeskompetenzen sollen der Behörde dagegen nicht zugewiesen werden.532 Die Einrichtung einer zentralen Länderanstalt im Sinne der vorgenannten Ansicht wäre somit verfassungsrechtlich zulässig. Booz Allen & Hamilton regen an, als ersten Schritt in diese Richtung aus der jetzigen Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (ALM)533 eine gemeinsame Medienanstalt der Länder zu entwickeln.534 (c) Bund-Länder Gemeinschaftsanstalt „Neue Medien“ Eine andere Ansicht schlägt die Einrichtung einer neuen rechtsfähigen BundLänder-Gemeinschaftsanstalt „Neue Medien“ vor.535 Diese Bund-Länder-Gemeinschaftsanstalt soll mittels der dezentral verwalteten Aufsichtsbehörden in den Ländern handeln. Betont wird in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Gewährleistung hinreichender Verwaltungsautonomie der Länder. Hauptaufgabe der zentralen Behörde der Bund-Länder-Gemeinschaftsanstalt soll die bundeseinheitliche Anwendung sowohl des Bundesrechts, des neu geschaffenen gemeinschaftlichen Bund-Länder-Rechts als auch des staatsvertraglich vereinheitlichten Landesrechts sein.536 Die Einrichtung der Bund-Länder-Gemeinschaftsanstalt „Neue Medien“ soll durch die verfassungsrechtliche Einräumung einer echten Gemeinschaftskompetenz für Bund und Länder ermöglicht werden. Hierfür wird einerseits die Modifizierung der Art. 91a, 91b GG dahingehend vorge529

Vgl. Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Art. 30 Rdn. 23. Vgl. ebda., m. w. N. 531 Vgl. Koenig, MMR-Beilage 12/1998, 1 (13 ff.). 532 Vgl. ebda. 533 Vgl. http://www.alm.de (abgerufen am 25.09.2002); vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (Hrsg.), Medienkontrollinstitutionen in Deutschland, 2000, S. 39 ff. 534 Diesen Vorschlag äußerten Booz Allen & Hamilton im Rahmen ihrer Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung „Aufsicht auf dem Prüfstand (Teil 1 und 2) von 1999 vgl. Teil 2, S. 29 unter http://www.stiftung.bertelsmann.de/documents/aufsicht. doc (abgerufen am 25.09.2002). Vgl. zum zweiten Schritt von Booz Allen & Hamilton „Aufsicht auf dem Prüfstand (Teil 1 und 2), 1999 Teil 2, S. 26 ff. unter http://www. stiftung.bertelsmann.de/documents/aufsicht.doc (abgerufen am 25.09.2002). 535 Vgl. Koenig/Röder, K&R 1998, 417 (420 ff.); Rossen-Stadtfeld, ZUM 2000, 36 (43); Holznagel, JZ 2001, 905 (909). 536 Vgl. Koenig/Röder, K&R 1998, 417 (421). 530

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schlagen, daß diese auch Anwendung finden, wenn ein Gegenstand der Länderund der Bundeskompetenz unterliegt. Zum zweiten wird die Einfügung eines Art. 75a GG mit einer echten Gemeinschaftskompetenz angedacht.537 Eine dahingehende Änderung der Verfassung wäre in jedem Falle zwingende Voraussetzung für die Schaffung einer Bund-Länder-Gemeinschaftsanstalt „Neue Medien“. Aus Art. 83 GG und der Systematik der Art. 83 ff. GG wird das Verbot der Mischverwaltung abgeleitet.538 Demnach sollen die drei Verwaltungstypen abschließend sein, das bestehende System darf laut Bundesverfassungsgericht nicht durch neue Verwaltungs- oder Kombinationsformen überspielt werden.539 Die vorgenannte Verfassungsänderung vorausgesetzt, wäre die Einrichtung einer Bund-Länder-Gemeinschaftsanstalt „Neue Medien“ zulässig. Nach der hier vertretenen Ansicht kann die Problematik der Aufsicht beim Jugendschutz im Internet jedoch auch im Rahmen der bestehenden Kompetenzverteilung des Grundgesetzes gelöst werden. Hierfür wird die Schaffung eines medienübergreifenden Bundesgesetzes zum Schutze der Kinder und Jugendlichen540 und die Einrichtung einer entsprechenden obersten Bundesbehörde vorgeschlagen.541 (3) Aufsichtsmodell des JMStV Nach der Neuregelung des JMStV obliegt die Aufsicht über den Jugendmedienschutz in den Telemedien gemäß §§ 20 I, IV JMStV den zuständigen Landesmedienanstalten. Diese treffen die jeweilige Entscheidung durch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). (a) Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) (§ 14 JMStV) Zur Erfüllung der Aufgaben nach § 14 I JMStV soll die gemeinsame Stelle der Landesmedienanstalten, die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), eingerichtet werden.542 Die KJM dient dabei der jeweils zuständigen Landesme537 Koenig/Röder, K&R 1998, 417 (420); ähnlich Booz Allen/Hamilton in ihrer im „zweiten Schritt“ angebotenen Konvergenzlösung, hierbei soll die gemeinsame Medienanstalt der Länder mit der RegTP in Form einer Bund/Länderanstalt (Medienanstalt der Länder/Bundesanstalt für Kommunikation) zusammengeführt werden, vgl. dazu eingehend Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 156 ff.; zum sog. OFTEL-Vorschlag, der Trennung von wettbewerblicher und inhaltlicher Regulierung vgl. eingehend Paulweber, AfP 1999, 439 (446 ff.); vgl. auch Köster/Nitsche, MMR 1998, 400 (400 ff.). 538 Vgl. BVerfGE 32, 145 (156); 39, 96 (120); 41, 291 (311); vgl. dazu auch Paulweber, AfP 1999, 439 (443); Bethge, in: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (Hrsg.), BLM-Symposion Medienrecht 2001, 61 (81). 539 Vgl. BVerfGE 13, 271 (275 ff.). 540 Vgl. C. IV. 541 Vgl. D. II. 5. b) (1).

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dienanstalt als Organ. Grundsätzlich wird die KJM nur mit länderübergreifenden Angeboten, wie etwa auch den Angeboten des Internet, gutachtlich befaßt.543 In § 14 III JMStV ist die Zusammensetzung der KJM geregelt.544 Hierbei wird deutlich, daß es sich bei der Länderzuständigkeit für die Telemedien um einen Kompromiß zwischen Bund und Ländern bezüglich der Gesetzgebungskompetenzen handelt. Darin liegt begründet, daß auch der Bund Mitglieder in das Länderorgan KJM entsendet. Desweiteren wurden dem Bund im Gegenzug für den Verzicht auf seine Aufsichtszuständigkeit bei den Telediensten zusätzliche Zugeständnisse im Bereich der Trägermedien gemacht.545 Die KJM besteht aus insgesamt 12 Sachverständigen, wobei zugunsten der Gewährleistung hinreichenden Sachverstandes von einer binnenpluralen Besetzung abgesehen wurde. Es werden entsandt: – sechs Mitglieder aus dem Kreis der Direktoren der Landesmedienanstalten, die von den Landesmedienanstalten im Einvernehmen benannt werden, – vier Mitglieder von den für den Jugendschutz zuständigen obersten Landesbehörden, – zwei Mitglieder von der für den Jugendschutz zuständigen obersten Bundesbehörde. In § 14 V JMStV ist die Bildung von sogenannten Prüfungsausschüssen vorgesehen, die vorrangig zum Verfahren nach § 17 JMStV tätig werden. Hintergrund hierfür ist die Gewährleistung der verfahrenstechnischen Bewältigung der derzeit noch nicht konkret absehbaren Anzahl von Prüfungsverfahren bei der KJM.546 Somit entscheidet die KJM zunächst nicht bei jeder Angelegenheit in der „großen Besetzung“. Um dem Bund-Länder-Kompromiß Rechnung zu tragen und um hinreichenden Sachverstand zu gewähleisten, muß den Prüfungsausschüssen immer jeweils ein in § 14 III Nr. 1–3 JMStV aufgeführtes Mitglied angehören. Nach § 14 V S. 3 JMStV entscheiden die Prüfungsausschüsse bei Einstimmigkeit anstelle der KJM. Wird keine Einstimmigkeit erzielt, soll das für die grundlegende Bedeutung der Angelegenheit sprechen.547 In diesem Falle ist ein Verfahren nach § 17 JMStV einzuleiten. Bei der Abstimmung haben alle Mitglieder gemäß § 14 III Nr. 1–3 JMStV teilzunehmen. Beschlüsse werden mit der Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder gefaßt, das heißt, mit einer einfachen Mehrheit der Gesamtzahl der Mitglieder der KJM, nicht nur der anwesenden 542 543 544 545 546 547

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

§ 14 II JMStV; zum Ganzen Langenfeld, MMR 2003, 303 (307). § 13 JMStV und die Ausnahme § 14 II S. 3 JMStV. dazu auch Ukrow, Jugendschutzrecht, 2004, S. 301 ff. Liesching, NJW 2002, 3281 (3281 ff.). dazu näher Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 21. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 22.

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Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden, also die Stimme des Direktors einer Landesmedienanstalt. Die Entscheidungen sind laut § 17 I S. 4 JMStV gegenüber den anderen Organen der zuständigen Landesmedienanstalt bindend. Den Beschluß der KJM hat die Landesmedienanstalt gemäß § 17 I S. 5 JMStV ihrer Entscheidung über entsprechende Maßnahmen gemäß §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II MDStV zugrundezulegen. Der Aufwand für die KJM, die Aufsicht über Telemedien betreffend, soll aus allgemeinen Haushaltsmitteln der Länder im Rahmen der Finanzierung von jugendschutz.net nach § 18 JMStV gedeckt werden.548 (b) Zuständigkeit der KJM (§§ 16 JMStV) Die KJM ist zuständig für die abschließende, inhaltliche Beurteilung von Angeboten nach dem JMStV aus jugendschutzrechtlicher Sicht, also grundsätzlich von länderübergreifenden Angeboten im Bereich der Telemedien und des Rundfunks.549 In § 16 S. 2 JMStV sind in einem nicht abschließenden Katalog550 die wesentlichen Fälle aufgeführt, in welchen die KJM zuständig ist, zum Beispiel insbesondere im Bereich der Telemedien gemäß: – § 16 S. 2 Nr. 1 JMStV für die Überwachung der Bestimmungen dieses Staatsvertrages, – § 16 S. 2 Nr. 2 JMStV für die Anerkennung von Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle und die Rücknahme oder den Widerruf der Anerkennung, – § 16 S. 2 Nr. 6 JMStV für die Anerkennung von Jugendschutzprogrammen und für die Rücknahme oder den Widerruf der Anerkennung, – § 16 S. 2 Nr. 7 JMStV für die Stellungnahme zu Indizierungsanträgen bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und für Anträge bei der Bundesprüfstelle auf Indizierung und – § 16 S. 2 Nr. 8 JMStV für die Entscheidung über Ordnungswidrigkeiten nach diesem Staatsvertrag. Damit wurden der KJM sehr umfassende Zuständigkeiten für den Jugendmedienschutz bei den Telemedien eingeräumt. 6. Maßnahmeanordnungen Die Vertragspartner haben in §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. §§ 22 II, III MDStV eigenständige Aufsichtsbefugnisse und -mittel für den Jugendmedienschutz bei 548 549 550

Vgl. § 14 IX JMStV. Vgl. auch Ukrow, Jugendschutzrecht, 2004, S. 308 ff. Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 22 ff.

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den Telemedien geregelt. So haben Provider bei Verstößen gegen die Vorschriften zum Schutze der Jugend im JMStV nicht nur strafrechtliche Folgen oder die Belegung mit Bußgeldbescheiden zu befürchten, sondern auch die Verhängung verwaltungsrechtlicher Maßnahmeanordnungen. a) Aufsichtsbefugnisse und -mittel der §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II–IV MDStV (1) Eingrenzung des Anwendungsbereichs Die Ermächtigungsnorm der §§ 20 I, IV JMStV verweist auf die Regelungen zu den Maßnahmeanordnungen bei den Mediendiensten nach §§ 22 II bis IV MDStV, die entsprechende Anwendung auf die Entscheidungen der Landesmedienanstalten gemäß §§ 20 I, IV JMStV finden sollen.551 In § 22 II MDStV sind die Befugnisse der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt als Aufsichtsbehörde im einzelnen konkretisiert. Abgesehen von den genannten Verstößen gegen die Vorschriften des Datenschutzes (§§ 16 bis 21 MDStV) sind gemäß § 22 II S. 1 MDStV nicht erfaßt Verstöße gegen § 10 II MDStV (Verpflichtung der Nennung eines Verantwortlichen für Anbieter von journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten), gegen §§ 11 MDStV (Verstöße gegen die journalistischen Grundsätze bzw. für die Meinungsumfragen) und gegen § 14 MDStV (Gegendarstellungsanspruch).552 Diese Verstöße wurden als nicht sanktionsfähig erachtet, da sie eine sehr starke Nähe zu journalistisch-redaktionellen Tätigkeiten und den damit verbundenen Konflikten mit der Pressefreiheit gemäß Art. 5 I 2 GG aufweisen. Davon sind an sich alle wesensmäßig mit der Pressefreiheit zusammenhängenden Tätigkeiten – von der Beschaffung der Information bis insbesondere zur ungestörten Verbreitung von meinungsbildenden Inhalten – geschützt.553 Jedoch gingen die Länder im MDStV, verankert in § 6 II MDStV a. F. (§ 10 III MDStV n. F.), von einem engen Pressebegriff aus. Demnach sollen unter Presse im Sinne des MDStV lediglich „(. . .) journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote fallen, in denen vollständig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text, Ton oder Bild wiedergegeben oder in periodischer Folge Texte verbreitet werden.“554 Somit sollen die übrigen für die Allgemeinheit bestimmten Druck551

Vgl. zum Ganzen Ukrow, Jugendschutzrecht, 2004, S. 311 ff. Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 17. 553 Vgl. nur Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 5 Rdn. 22. 554 Vgl. § 6 II S. 1 MDStV, vgl. auch Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/ 7716, S. 11, Köster/von Bonin, ZUM 1997, 821 (827); kritisch dazu Bullinger, AfP 1996, 1 (3), bezüglich der elektronischen Presse argumentiert er mit der Verfassungsgarantie der Presse, die auch als eine Entwicklungsgarantie zu verstehen sei; Vesting, 552

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erzeugnisse neben Zeitschriften und Zeitungen wie Bücher, Plakate, Flugblätter, Handzettel etc., die dem Pressebegriff des Art. 5 I 2 GG normalerweise unproblematisch unterfallen,555 im Rahmen des MDStV diesem nicht unterfallen. Dies hat zur Konsequenz, daß Eingriffe in die Pressefreiheit nicht wie sonst im Presserecht allgemein anerkannt, durch die Pressegesetze der Länder abschließend geregelt sind, sondern auch im Rahmen des MDStV möglich sind, soweit es sich nicht um periodisch veröffentlichte journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote wie Online-Veröffentlichungen von Büchern oder Handzetteln556 handelt. Deshalb gilt bei diesen auch nicht der Grundsatz der Polizeifestigkeit der Presse, der verfassungsrechtlich in Art. 5 I 2 GG verankert ist.557 Neben Maßnahmen nach den sonst abschließenden Regelungen der Landespressegesetze hinsichtlich der Sicherstellung und Beschlagnahme von Presseerzeugnissen sind bei nicht periodisch veröffentlichten, journalistisch-redaktionell gestalteten Mediendiensten auch präventiv-polizeiliche Maßnahmen nach Gefahrenabwehrrecht zulässig.558 Veröffentlicht beispielsweise ein Content-Provider auf seinem eigenen Server einmalig ein Buch verdächtigen Inhalts als Mediendienst, kann die Polizei dessen Festplatte gemäß Art. 25 Nr. 1 PAG sicherstellen, um die konkrete Gefahr559 für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Vesting stellt zu Recht fest, daß es die Grundsätze verfassungskonformer Auslegung einfachen Rechts nahelegten, die gegenständliche Beschränkung der staatlichen Aufsicht auf die bisher nicht erfaßten, nicht periodischen Presseerzeugnisse auszudehnen.560 Einen ähnlichen Ansatz verfolgte schon früh Bullinger, der erwägte, ob nicht politische und religiöse Flugblätter, die online veröffentlicht werden, als Pressesurrogate der Pressefreiheit unterstehen sollten.561

in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 8, 31; Schulz, MMR 1998, 182 (184); offenbar auch Ladeur, ZUM 1997, 372 (382); vgl. bereits kritisch zur Problematik beim BtxStaatsvertrag ders., NJW 1986, 2748 (2748 ff.). 555 Vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 5 Rdn. 20. 556 Denkbar wäre die Veröffentlichung solcher etwa im Wege einer Newsgroup, vgl. dazu B. II. 3. 557 Vgl. zur Polizeifestigkeit der Presse Achenbach, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, §§ 13 ff. Vorbem. LPG Rdn. 39; Bullinger, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 1 LPG Rdn. 138; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl., 2000, S. 63; Ladeur, ZUM 1997, 372 (382), befürchtet sogar zensurähnliche Effekte. 558 Vgl. Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 9. Aufl., 2002, S. 140. 559 Vgl. Schmidbauer, in: Schmidbauer/Steiner/Roese (Hrsg.), Bayerisches Polizeiaufgabengesetz mit Polizeiorganisationsgesetz, PAG Art. 25 Rdn. 4 ff. 560 Vgl. Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 8, 31; dazu auch Stadler, MMR 2002, 343 (343). 561 Vgl. Bullinger, AfP 1996, 1 (4).

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Das Merkmal periodisch des § 10 III MDStV n. F. hat eine Mißachtung der Pressefreiheit gemäß Art. 5 I 2 GG zur Folge. Unter Presse versteht man alle zur Verbreitung an die Allgemeinheit bestimmten Druckerzeugnisse.562 Geschützt sind Druckerzeugnisse jeder Art, also periodische und nicht periodisch erscheinende.563 Daher fallen in den Schutzbereich auch einmalig als Mediendienst erscheinende Druckerzeugnisse. Somit entspricht es einer verfassungskonformen Auslegung des § 10 III MDStV, daß die Polizeifestigkeit der Presse auch für nicht periodische Veröffentlichungen als Mediendienst gilt.564 (2) Befugnisnorm §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II MDStV Die laut §§ 20 I, IV JMStV zuständige Landesmedienanstalt trifft die gemäß § 22 II S. 1 MDStV zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen gegenüber dem Anbieter, wenn sie einen Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV feststellt. § 22 II S. 1 MDStV ist somit die Befugnisnorm zum Tätigwerden. Zudem enthält die Vorschrift auch die Verpflichtung zum Handeln im Fall der Kenntnisnahme eines Verstoßes. Da der Behörde hinsichtlich des Tätigwerdens kein Entschließungsermessen eingeräumt wurde, handelt es sich bei den Maßnahmen gemäß § 22 II MDStV um gebundene Entscheidungen. Jedoch wird der Behörde ein Auswahlermessen eingeräumt, sie trifft die erforderlichen Maßnahmen demnach nach pflichtgemäßem Ermessen.565 Ermessen gibt der Verwaltung die Möglichkeit zur eigenverantwortlichen, wenn auch gesetzlich gelenkten Entscheidung.566 Dadurch soll Einzelfallgerechtigkeit geschaffen werden, da die Behörde in die Lage versetzt wird, unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks und der konkreten Umstände eine dem Einzelfall angemessene und sachgerechte Lösung zu finden. (3) Subsidiarität § 22 IV MDStV Nach § 22 IV MDStV soll die staatliche Aufsicht subsidiär sein, wenn durch ein Angebot in Rechte Dritter eingegriffen wird und der Dritte somit die Möglichkeit hat, den Rechtsweg zu beschreiten. Der Behörde wird hier im Gegen562 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 68. 563 Vgl. dazu Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 59. 564 Stadler, MMR 2002, 343 (344), reicht die verfassungskonforme Auslegung zur Lösung des Problems nicht aus. 565 Vgl. § 22 II S. 1 MDStV; vgl. auch Ladeur, ZUM 1997, 372 (382); Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2999). 566 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., 2002, S. 134; Ossenbühl, in: Erichsen (Hrsg.): Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl., 2002, S. 204.

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satz zu § 22 II MDStV ein Entschließungsermessen eingeräumt. So soll eine Anordnung der Aufsichtsbehörde gemäß § 22 II MDStV nur erfolgen, wenn dies aus Gründen des Gemeinwohls geboten ist.567 (4) Untersagungs- und Sperrungsverfügungen Die Behörden haben gemäß §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II S. 2 MDStV im Rahmen ihres Auswahlermessens insbesondere die Möglichkeit, Untersagungs- und Sperrungsanordnungen zu erlassen.568 Unter einer Untersagung darf man hier, in Anlehnung an die Untersagung im vom MDStV abgelösten BtxStaatsvertrag, das staatliche Verbot der Weiterverbreitung des betroffenen Angebotes verstehen.569 Schon die Wortwahl Untersagung spricht dafür, daß sie sich gegen den Urheber des Inhaltes eines Angebotes und damit den für dieses Angebot unmittelbar Verantwortlichen richtet.570 Adressat ist daher nach den Grundsätzen der Störerverantwortlichkeit des Polizei- und Ordnungsrechts der Handlungsstörer. Darunter versteht man denjenigen, der die konkrete Gefahr unmittelbar verursacht.571 Besteht die Gefahr im Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für einen hinreichend wahrscheinlichen zukünftigen Schaden, so ist derjenige Verursacher, der nach den vorliegenden Anhaltspunkten den Schaden verursachen wird.572 Im Gegensatz dazu verlangt § 22 II MDStV nicht das Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sondern einen Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften des JMStV.573 Jedoch ist das für die Praxis von gerin567 Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 35, sieht die Subsidiaritätsklausel des § 18 IV MDStV a. F. sehr kritisch. 568 Vgl. § 22 II S. 2 MDStV. 569 Vgl. Ladeur, NJW 1986, 2748 (2748 ff.); Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 33. 570 Gleicher Ansicht ist auch Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 228. Dies bestätigt sich im Vorgehen des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg gegen einen Content Provider in der Uckermark im Januar 2002. Der Anbieter einer Porno-Website war zunächst von jugendschutz.net aufgefordert worden, die von ihm angebotenen jugendgefährdenden Inhalte in eine geschlossene Nutzergruppe zu stellen, also die entsprechenden Vorkehrungen gemäß § 12 IV MDStV a. F. zu treffen. Gefordert wurde hierbei ein Alters-Check auf Grundlage der Daten in Pass oder Führerschein. Nachdem der Anbieter sich geweigert hatte, dem nachzukommen, erließ das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg gegen ihn eine Zwangsmaßnahme gemäß §§ 18 II S. 1, 2 MDStV a. F. (§§ 22 II S. 1, 2 MDStV n. F.) in Form einer Unterlassungsverfügung. 571 Vgl. Steiner, in: Schmidbauer/Steiner/Roese (Hrsg.), Bayerisches Polizeiaufgabengesetz mit Polizeiorganisationsgesetz, PAG Art. 7 Rdn. 9. 572 Vgl. Gusy, Polizeirecht, 2000, S. 265. 573 Vgl. Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (401).

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ger Bedeutung, da bei Entdecken von Taten die von § 22 II MDStV geforderten Verstöße vorliegen werden.574 In der Praxis kann der Content-Provider als Verhaltensstörer575 einer Untersagungsverfügung entweder durch Einschränkung der Leserechte oder auch Löschung seiner Inhalte nachkommen. Nutzt er dagegen fremde technische Resourcen, muß er die Löschung veranlassen. Die Sperrung zieht dagegen jene Anbieter als Zustandsstörer oder Nichtsstörer576 heran, die ein fremdes Angebot im Sinne des § 11 TDG/§ 9 MDStV in ihren Dienst aufgenommen haben oder Zugang zu dem fremden Angebot verschaffen. Die Sperrung des Angebotes geht damit noch etwas weiter, da der nicht unmittelbar verantwortliche Anbieter, so der Host-Service-Provider als Zustandsstörer577 verpflichtet ist, das betroffene Angebot umgehend aus dem Gesamtangebot herauszunehmen.578 Die Wahl einer Sperrungsverfügung bringt für die zuständige Behörde den Vorteil mit sich, daß sich die Adressatenbestimmung leichter vornehmen läßt. Der Serverbetreiber kann in aller Regel sicher festgestellt werden, sobald die Serveradresse bekannt ist.579 Die Bezirksregierung Düsseldorf hat im Februar 2002, begleitet von starken Protesten des Multimedia-Sektors, landesweit eine Welle von Sperrungsverfügungen gegenüber Internet-Service-Providern erlassen.580 Diese stellten die ersten Sperrungsverfügungen gegen Internet-Service-Provider in Deutschland dar. Die Bezirksregierung hatte den Providern aufgegeben, den Zugang zu zwei in den USA ins Netz gestellten Internet-Seiten zu sperren. Dabei ging es um die Sperrung des Webangebots des Holocaust-Leugners und Neo-Nazis Gary Lauck sowie des texanischen Service-Providers Stormfront. Die betreffenden Seiten sollen u. a. nationalsozialistische Propaganda enthalten haben. Nachdem etliche Provider gegen die Verfügung Klage eingereicht hatten, ordnete die Bezirksregierung im September 2002 die sofortige Vollziehung der Sperrungsverfügungen an. Die Sperrungsverfügungen waren in vielen Punkten heftig umstritten.581 Insbesondere wurden die Zuständigkeit der Bezirksregierung als Behörde der unmittelbaren Staatsverwaltung und die Voraussetzungen der materiellen Er574 575

Vgl. ebda. Vgl. dazu Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (402); Stadler, MMR 2002, 343

(344). 576

Vgl. eingehend zu den Begriffen D. I. 5. c) (5). Vgl. zum Begriff D. I. 5. c) (5); zum Problem eingehend Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (403). 578 Zum besseren Verständnis vgl. B. III. 7. 579 Vgl. Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 228. 580 Verfügung abrufbar unter www.odem.org/material/verfuegung/ (Seite abgerufen am 25.09.2002). 581 Vgl. dazu ausführlich Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (2 ff.); vgl. auch Stadler, MMR 2002, 343 (343 ff.); Mankowski, MMR 2002, 277 (277 ff.); Dambeck, c’t 2002, 56 (56). 577

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mächtigungsnormen §§ 22 II, III MDStV i. V. m. § 12 MDStV a. F. diskutiert.582 Die Anträge der betroffenen Anbieter auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung haben die angerufenen Verwaltungsgerichte in überwiegender Zahl abgewiesen. Beispielsweise hat das Verwaltungsgericht Arnsberg den Antrag eines Providers vom 22.10.2002 mit Beschluß vom 6.12.2002583 abgelehnt. Dagegen hat der Provider am 23.12.2002 Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt. Der 8. Senat hat die Beschwerde mit Beschluß vom 19.03.2003584 zurückgewiesen. Nach der Neuordnung der Kompetenzen für den Jugendschutz im Internet hätte im Falle der Bezirksregierung Düsseldorf die zuständige Landesmedienanstalt gemäß §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. §§ 22 II – 4 MDStV über entsprechende Maßnahmen zu entscheiden. Die Landesmedienanstalt handelt durch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) (§ 20 IV JMStV i. V. m. § 14 I JMStV). Bei den Angeboten könnte es sich tatbestandsmäßig um unzulässige Angebote gemäß § 4 I Nr. 1, 2, 3, 4 JMStV handeln. Damit würde deren Verbreitung einen Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV i. S. d. § 20 I JMStV darstellen. (5) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit § 22 II S. 3 MDStV § 22 II S. 3 MDStV soll eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sein.585 Dies offenbart sich in §§ 22 II S. 3, 4, 5 MDStV. So hat die Behörde entsprechend des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes586 zunächst ein geeignetes Mittel587 zu wählen, nämlich ein solches, mit deren Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann.588 Ob Untersagungs- und Sperrungsanordnungen demnach überhaupt geeignet wären, könnte bereits bezweifelt werden.589 Auf eigenen Servern ist es den Providern möglich, aufgefundene unerwüschte Inhalte zu sperren. Auf fremden Servern fehlt den Providern dazu

582

Vgl. Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (2 ff.). Vgl. Beschluß des VG Arnsberg vom 6.12.2002 (13 K 3173/02). 584 Vgl. Beschluß des 8. Senats des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19.03.2003 (8 B 2567/02). 585 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 17; Gounalakis, NJW 1997, 2993 (2999); Köster/von Bonin, ZUM 1997, 821 (826). 586 Vgl. dazu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., 2002, S. 248. 587 Vgl. grundlegend Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (4 ff.). 588 Vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 20 Rdn. 59. 589 Vgl. dazu Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (405 ff.); Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (25). 583

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

bereits die notwendige Verfügungsgewalt. Diesbezüglich sei auf die Ausführungen in B. III. 7. a) und 2.3.7.2. verwiesen. Des weiteren muß das Gebot der Erforderlichkeit590 beachtet werden. Das Ziel der staatlichen Maßnahme darf nicht durch ein anderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden können, welches das betreffende Grundrecht nicht oder weniger fühlbar einschränkt.591 Die Behörde muß grundsätzlich immer das mildeste Mittel wählen. Bei mehreren in gleicher Weise geeigneten Mitteln hat sie dasjenige zu wählen, welches die Provider als Adressaten und auch die Nutzer in ihren berechtigten Interessen am wenigsten beeinträchtigt.592 Erst wenn keine anderen milderen Mittel zur Verfügung stehen, kann die Behörde die Anordnung einer Untersagung, danach auch eine Sperrung, erwägen.593 Das ergibt sich bereits expressis verbis aus § 22 II S. 4 MDStV, da eine Untersagung nur erfolgen darf, wenn ihr Zweck nicht in anderer Weise erreicht werden kann. Gemäß § 22 II S. 5 MDStV ist die Behörde zudem verpflichtet, eine Untersagung, soweit ihr Zweck dadurch erreicht werden kann, auf bestimmte Arten und Teile von Angeboten oder zeitlich zu beschränken. Bei einem Verstoß beispielsweise gegen § 4 II JMStV durch die Verbreitung von unzulässigen Angeboten ohne Sicherstellung, daß diese nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden, ist eine gänzliche Untersagung der Verbreitung nicht verhältnismäßig, die Auflage der Schaffung von entsprechenden Vorkehrungen genügte. Die Untersagung der Verbreitung aller Inhalte auf einem Dienst ist ebenfalls in den Regel nicht verhältnismäßig. Es genügte die Untersagung von einzelnen unzulässigen Inhalten. Eine Sperrungsanordnung darf die Behörde in Betracht ziehen, wenn der Anbieter der vorangegangenen Untersagungsverfügung nicht Folge leistet oder eine solche von vornherein nicht erfolgversprechend wäre. Auch für die Sperrung eines Angebots gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz,594 insbesondere das zur Erforderlichkeit gesagte. In § 22 II S. 3 MDStV wurde das Gebot der Angemessenheit595 bzw. Zumutbarkeit596 berücksichtigt. So darf die Untersagung nicht erfolgen, wenn die

590

Vgl. Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (29). Vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 20 Rdn. 60. 592 Vgl. Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (406). 593 Kröger/Moos, ZUM 1997, 462 (470), sprechen hier von einem „(. . .) ultima-ratio-Prinzip (. . .)“; Kuch, ZUM 1997, 225 (230), spricht von einem „(. . .) abgestuften, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Aufsichtsinstrumentarium (. . .). 594 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 17. 595 Vgl. eingehend Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (406 ff.). 596 Vgl. Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (31 ff.). 591

II. Der Jugendschutz nach JMStV und MDStV

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Maßnahme außer Verhältnis zur Bedeutung des Angebots für den Anbieter und die Allgemeinheit steht. Neben der oben597 bereits dargestellten Kritik an § 22 II MDStV im Hinblick auf etwaige Eingriffe in Art. 5 I 2 GG wird zudem auch teilweise der Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit in § 22 II MDStV als nichtssagend und selbstverständlich moniert.598 Andere hätten sich statt der überaus differenzierten Regelung der Verhältnismäßigkeit vom Gesetzgeber eine Ausarbeitung von Fallgruppen gewünscht, um die staatlichen Interventionsmöglichkeiten auf die spezifischen Probleme neuer Multimedia-Formen einzustellen.599 Daß die Jugendschutzbehörden zur Vollstreckung ihrer Anordnungen, die außer in den Fällen von bloßen Hinweisen an die Provider Verwaltungsakte gemäß § 35 VwVfG darstellen, auf die jeweiligen Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder zurückgreifen können, wird als negativ empfunden, da Eingriffe dadurch schnell realisierbar sind und insbesondere aufgrund einer möglichen Ersatzvornahme sich zensurähnliche Effekte ergeben könnten.600 Unter einer Ersatzvornahme versteht man, daß die dem Verantwortlichen obliegende, vertretbare Handlung von einem anderen vorgenommen wird.601 Eine Ansicht602 fordert daher, daß die Aufsichtsbehörden eine auf Kooperation und gegenseitiges Lernen angelegte Interventionsstrategie entwickeln, die sich anhand eines zunächst differenzierten Kontrollmaßstabes auf die Verfolgung strategisch zentraler Verstöße beschränkt, während ansonsten die Grenzen der Fähigkeit zur Selbstregulierung des Netzes herausgefunden und durch staatliche Anreize unterstützt werden sollten. Dieser Vorschlag ist zu begrüßen. Das traditionelle Gefahrenabwehrrecht mittels imperativer Steuerung603 vermag eine wirksame Steuerung des Internet zur Gewährleistung des Jugendmedienschutzes nicht zu leisten. Die dezentrale Struktur und die immensen Datenmengen des Internet haben Vollzugsdefizite zur Folge.604 Auch hier wird erneut die „rechtsermöglichende Funktion der Technik“605 deut-

597

Vgl. D. II. 6. a) (1). Vgl. Ladeur, ZUM 1997, 372 (382). 599 So Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 34, der es bedauert, daß dies der Verwaltung und damit letztendlich der Rechtsrechung überlassen wurde. Er meint, die Vorschrift hätte dringend einer Begrenzung bedürft, die in der Praxis zu einer restriktiven Handhabung führen muß. 600 Vgl. Ladeur, ZUM 1997, 372 (382) m. w. N.; vgl. zum Verbot der Vorzensur im einzelnen C. III. 2. c) (6). 601 Vgl. eingehend Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 9. Aufl., 2002, S. 192 ff. 602 Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 35; Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (408 ff.), plädieren zutreffend für eine größere Zurückhaltung der Behörden bei Sperrungsverfügungen. 603 Vgl. Röthel, in: Vieweg (Hrsg.), Techniksteuerung und Recht, 35 (42). 604 Vgl. auch B. III. 598

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

lich. Im folgenden wird sich herausstellen, daß auch § 22 II MDStV Elemente symbolischen Rechts606 enthält. b) § 22 III MDStV § 22 III MDStV stellt zunächst nocheinmal klar, daß vorrangige Adressaten etwaiger Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 22 II MDStV die nach § 8 I TDG/§ 6 I MDStV Verantwortlichen sind.607 Nach § 8 I TDG/§ 6 I MDStV sind das sowohl die Anbieter eigener Informationen (Content-Provider) als auch Anbieter fremder Informationen, die sie für einen Nutzer speichern (Host-Service-Provider etc.), sofern sie von diesen Informationen Kenntnis haben, sie nicht unverzüglich tätig geworden sind, um diese Informationen zu entfernen oder den Zugang zu sperren und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern.608 Grundsätzlich sollen dagegen laut § 11 TDG/§ 7 MDStV Anbieter für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln – Access-Provider609 – nicht verantwortlich sein.610 Hierzu stellt § 22 III MDStV eine Ausnahme dar.611 Aus dem Wortlaut des § 22 III MDStV ergibt sich, daß grundsätzlich auch gefahrenabwehrrechtlich an der Verantwortlichkeitsstufung der §§ 6–9 MDStV festgehalten werden soll. Der bloße Zugangsvermittler kann jedoch subsidiär612 – „Erweisen sich Maßnahmen gegenüber dem Verantwortlichen nach § 6 Abs. 1 als nicht durchführbar oder nicht erfolgversprechend (. . .)“613 – herangezogen werden.614 Hat ein AccessProvider in diesen Fällen unter Wahrung des Fernmeldegeheimnisses gemäß § 85 TKG von den Inhalten Kenntnis (§ 6 II S. 3 MDStV) erlangt und ist ihm eine Sperrung technisch möglich und zumutbar, so kann er ausnahmsweise – gleichsam als Nichtstörer615 – herangezogen werden.616 Die Staatsvertragspart605 Vgl. dazu eingehend Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (180 f.). 606 Vgl. zur Kategorie der Gesetzestypen symbolisches Recht D. II. 3. a) (3) (c). 607 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 17. 608 Vgl. dazu D. I. 5, insbesondere D. I. 5. c) (1), 4.1.5.3.2. 609 Vgl. näher zur Anwendbarkeitsproblematik von § 22 III MDStV auf Access-Provider Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (404). 610 Vgl. D. I. 5. c) (3). 611 Vgl. Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (404); amtliche Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 17; Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 35; Köster/von Bonin, ZUM 1997, 821 (826); Kuch, ZUM 1997, 225 (229); dazu auch Stadler, MMR 2002, 343 (344). 612 Vgl. dazu näher Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (404 ff.). 613 Vgl. § 22 III 1. HS MDStV. 614 So auch Köster/von Bonin, ZUM 1997, 821 (827); vgl. dazu grundlegend Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (4 ff.). 615 Vgl. Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (404); dazu auch D. I. 5. c) (5).

II. Der Jugendschutz nach JMStV und MDStV

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ner wollten mit dieser Regelung den deutschen Aufsichtsbehörden die Möglichkeit verschaffen, auch in den Fällen, in denen rechtswidrige Inhalte auf Servern im Ausland liegen – deren Anbieter also nicht in den Geltungsbereich des MDStV fallen – gefahrenabwehrend tätig werden zu können.617 c) Rechtsermöglichung durch Technik am Beispiel von Löschungen und Sperrungen Wie bereits oben dargestellt, hat das Recht technikermöglichende Funktion.618 Recht und Technik stehen in Interdependenz. So kommt der Technik auch eine „rechtsermöglichende Funktion“619 zu. Kann das Recht aufgrund fehlender technischer Möglichkeiten nicht realisiert werden, handelt es sich um „symbolisches Recht“.620 Fraglich ist, ob die differenzierte Regelung der Aufsichtsbefugnisse und Aufsichtsmittel der zuständigen Landesmedienanstalten gemäß §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. §§ 22 II, III MDStV an den technischen Eigenheiten des Internet und den derzeit möglichen technischen Maßnahmen scheitern bzw. leerlaufen muß. Auf eine Untersagungsanordnung gemäß § 22 II MDStV hin könnte der betroffene Anbieter das Angebot vom Server nehmen, also ganz löschen. Es würde aber auch genügen, wenn er zwar das Angebot auf dem Server läßt, jedoch dieses für die Nutzer nicht abrufbar macht, indem er die Leserechte einschränkt. Bei Anordnungen mit Zeitbeschränkung würde die Installation entsprechender Systeme der anbieterseitigen Zugangskontrolle oder nutzerseitigen Empfangskontrolle genügen. Solche Systeme sind jedoch derzeit für Abrufdienste, denen alle Onlineangebote unterfallen, nicht verfügbar. Der Content-Provider kann seine eigenen Inhalte jederzeit löschen oder die Leserechte einschränken, bzw. löschen oder einschränken lassen, sofern er keinen eigenen Server betreibt, sondern den Server eines Host-Service-Providers nutzt. Das gleiche gilt für den Host-Service-Provider. Er ist grundsätzlich immer in der Lage, Inhalte auf eigenen Servern zu löschen oder Leserechte einzuschränken.621 Insoweit stellt die Aufsichtsbehörde mit einer Untersagungsanord-

616 Vgl. Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (13 ff.); Kuch, ZUM 1997, 225 (229); Engel-Flechsig, ZUM 1997, 231 (235). 617 Vgl. Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 38; vgl. zum ganzen D. I. 5. c) (5). 618 Vgl. D. II. 3. a) (4). 619 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (180). 620 Vgl. Lübbe-Wolff, in: Hansjürgens/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, 2000, 25 (25); im einzelnen zum Begriff D. II. 3. a) (3) (c). 621 Vgl. dazu B. III. 7, insbesondere B. III. 7. a).

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nung bezüglich Inhalten auf eigenen Servern keine unerfüllbaren Anforderungen. Anders wäre es, wenn die Untersagungsanordnung den Host-Service-Provider zur Löschung von Inhalten auf fremden Servern verpflichten würde. Das ist ihm in der Regel unmöglich, da er keine Verfügungsgewalt über den fremden Server besitzt.622 Auf eigenen Servern können sowohl Content-Provider als auch Host-ServiceProvider einer Sperrungsanordnung durch Löschung des Angebots jederzeit nachkommen.623 Eine Sperrungsanordnung gemäß § 22 III MDStV gegenüber einem Access-Provider bezüglich eines bestimmten Inhalts auf einem fremden Server, zu dem er den bloßen Zugang vermittelt, ist an sich technisch möglich.624 Jedoch wird die Sperrung in der Regel unzumutbar sein. Durch die Sperrung einer ganzen IP-Adresse wäre der gesamte Server nur wegen eines rechtswidrigen Inhalts lahmgelegt. Die selektivere Sperrung aber mittels spezieller Proxy-Software ist für den Provider sehr aufwendig und damit extrem kostenintensiv, daher regelmäßig unzumutbar.625 Ob Untersagungs- und Sperrungsverfügungen der deutschen Aufsichtsbehörden nach §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. §§ 22 II, III MDStV trotz ihrer teilweisen Erfüllbarkeit durch die Provider überhaupt Sinn machen, darf bezweifelt werden. Der Nationalstaat gerät mit dem Territorialitätsprinzip 626 bei der Steuerung des Internet schnell an seine rechtlichen Grenzen.627 Lokale Löschungen und Sperrungen von Inhalten auf eigenen Servern, veranlaßt durch Verfügungen des Nationalstaats, entfalten aufgrund der technischen Funktionsweise des Internet und dem Prinzip der Zwischenspeicherung mittels Proxy-Cache, um die in den Datennetzen zu transportierenden Datenmengen zu reduzieren und eine schnellere Abrufbarkeit der Inhalte zu erreichen, nur geringe Wirkung. Ist der betreffende Inhalt auf dem ursprünglichen Server aufgrund einer Löschung nicht mehr abrufbar, wird sekundenschnell ein Routing zu einem Proxy-Cache-Server aufgebaut, auf dem der Inhalt weiterhin zwischengespeichert ist (Datenspiegelung). Der Inhalt ist folglich auch im verfügenden Nationalstaat weiterhin abrufbar.

622

Vgl. B. III. 7. b). Vgl. B. III. 7. a). 624 Vgl. B. III. 7. b). 625 Offenbar ähnlich Stadler, MMR 2002, 343 (345). 626 Vgl. Tröndle, in: Tröndle (Hrsg.), Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 52. Aufl., 2004, Vor § 3 StGB Rdn. 4 ff.; Ossenbühl, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl., 2002, S. 190; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl., 2000, S. 241. 627 So auch Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (193); Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (409); Roßnagel, MMR 2002, 67 (68); auch die extraterritoriale Anwendung des Rechts ändert daran nicht viel, so Engel, BDGV 39 (2000), 353 (407 f.). 623

II. Der Jugendschutz nach JMStV und MDStV

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Auch die Sinnhaftigkeit von Sperrungen durch Access-Provider darf bezweifelt werden.628 Abgesehen davon, daß mit der Sperrung eines rechtswidrigen Inhalts meistens auch die Sperrung einer Vielzahl völlig harmloser Inhalte einhergeht,629 werden User, die an bestimmten unzulässigen bzw. rechtswidrigen Inhalten Interesse haben, einfach zu einem Provider wechseln, bei dem der Zugang zu den betreffenden Inhalten nicht gesperrt ist.630 So drohen die Regelungen der §§ 22 II, III MDStV leerzulaufen.631 In diesem Zusammenhang sei auf die obigen Ausführungen in D. II. 6. a) (4) zum Fall der Bezirksregierung Düsseldorf verwiesen, die im Februar 2002 landesweit Sperrungsverfügungen gegen Internet-Service-Provider erlassen hat.632 Daneben ist es aufgrund der technisch bedingten633 „Ubiquität“634 des Internet und dem damit zwar einerseits verbundenen Gewinn eines weltumspannenden Datenaustauschs auf der anderen Seite problematisch, daß ein weitaus überwiegender Teil der Provider seinen Sitz im Ausland hat und damit aus dem Anwendungsbereich des JMStV bzw. MDStV schon von vornherein herausfällt. Schmidt-Preuß635 faßt die vorgenannte Problematik mit den Worten zusammen: „Damit muß der klassische Nationalstaat eine empfindliche Einbuße an Souveränität hinnehmen. Globale Kommunikationsnetze rühren an seinem Nerv.“ Er verweist daher zu Recht auf die Chancen der „gemeinschaftsrechtlichen Steuerung“.636 Der staatliche Schutzauftrag Jugendmedienschutz637 kann im Wege der klassisch-imperativen Steuerung auf der Ebene des Nationalstaats nicht hinreichend verwirklicht werden.638 Köster/von Bonin stellen nach alledem zutreffend 628

Vgl. Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (26). Vgl. B. III. 7. c). 630 Notfalls zu einem ausländischen Provider. Vgl. zum Phänomen der Abwanderung Engel, BDGV 39 (2000), 353 (381 ff.). 631 Ähnlich krit. ohne nähere Begründung Ladeur, ZUM 1997, 372 (382). 632 Vgl. dazu grundlegend Engel, MMR Beilage 4/2003, 1 (1 ff.). 633 Vgl. B. 634 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192), kurs. i.O.; Bullinger, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 149 (156). 635 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (193), kurs. i.O. 636 Vgl. im einzelnen Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198 f.), kurs. i.O. In der von Schmidt-Preuß vorgeschlagenen Sechtsebenen-Strategie zur Technikermöglichung in der Informationsweltgemeinschaft ist diese die dritte Ebene. Die erste Ebene ist die klassisch-völkerrechtliche „Konventionsstrategie“, die zweite Ebene ist die Selbstregulierung auf Weltebene, die vierte Ebene ist das nationalstaatliche Instrumentarium, die fünfte Ebene die Selbstregulierung auf nationaler Ebene und die sechste Ebene die individuell-persönliche Selbstregulierung, vgl. dazu unten F. II. 2. 637 Vgl. C. II. 2. 638 Vgl. dazu auch Ladeur, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.): Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaats, 2001, S. 86, 87; 629

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

fest, daß die Selbstverständlichkeit, mit der die Staatsvertragspartner des MDStV das weitgehende Leerlaufen ihrer Regelungen hinnehmen, befremden müsse.639 Wie bereits ausgeführt, handelt es sich nach Lübbe-Wolff 640 um symbolisches Recht, wenn es nicht als Instrument der Steuerung fungiert, sondern als Medium zur Vermittlung der Botschaft, daß gesteuert werde. Der Sinn und die Wirkung der in §§ 22 II, III MDStV vorgesehenen Sanktionen ist beschränkt. Die Normen symbolisieren damit Steuerungsleistungen, die tatsächlich nicht erbracht werden.641 Aufgrund des Territorialitätsprinzips laufen nationale Sperrungs- und Untersagungsverfügungen leer.642 Zudem sind die Maßnahmen für die Provider technisch nur schwer umsetzbar. Somit enthalten auch die §§ 22 II, III MDStV symbolische Elemente. Es soll jedoch daraus nicht der Schluß gezogen werden, daß die Normen §§ 22 II, III MDStV für den Jugendschutz im Internet generell untauglich wären. Es muß beachtet werden, daß bei neuen Technologien wie dem Internet die Maßstäbe an die Staatsvertragspartner nicht zu hoch angesetzt werden dürfen. Hier wird erneut die rechtsermöglichende Funktion der Technik deutlich. „Die technischen Möglichkeiten erweisen sich als maßgebliches Datum für die Realisierung des Rechts.“643 7. Strafvorschrift nach JMStV Mit § 23 JMStV wurde eine Strafbestimmung geschaffen, die sich an der durch den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingefügten Regelung des § 49a RStV orientiert. Damit sollen entsprechend der Neuregelung in § 49a RStV mögliche Strafbarkeitslücken auch für das Angebot unzulässiger Telemedien geschlossen werden.644 Da § 16 JuSchG nunmehr den gesamten Bereich der Telemedien dem Landesrecht vorbehält, mußte die Bestimmung entsprechend erweitert werden. Die Länder haben damit von der eingeräumten Annexkompetenz zur Regelung von Straftatbeständen Gebrauch gemacht.645 vgl. im Zusammenhang mit der Bekämpfung rechtsradikaler Inhalte im Internet Holznagel/Kussel, MMR 2001, 347 (350). 639 Vgl. Köster/von Bonin, ZUM 1997, 821 (827). 640 Vgl. Lübbe-Wolff, in: Hansjürgens/Lübbe-Wolff (Hrsg.), Symbolische Umweltpolitik, 2000, 25 (25); im einzelnen D. II. 3. a) (3) (c). 641 Vgl. ebda., 25 (26). 642 Vgl. Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (409); allgemein zum Phänomen der Unvollziehbarkeit des Rechts Heine, in: Schulte (Hrsg.): Technische Innovation und Recht, 57 (63); zur extraterritorialen Anwendung des Rechts und damit verbundenen Problemen vgl. Engel, BDGV 39 (2000), 353 (407 f.). 643 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (180 f.), kurs. i.O.; vgl. D. II. 3. a) (3) (a). 644 Vgl. Begründung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Bay. LT-Drs. 14/1832, S. 36, 31. 645 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246, S. 26.

II. Der Jugendschutz nach JMStV und MDStV

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Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird gemäß § 23 JMStV bestraft, wer entgegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit unter Berücksichtigung der besonderen Wirkungsform des Verbreitungsmediums schwer zu gefährden. Handelt der Täter fahrlässig, so beträgt die Freiheitsstrafe bis zu 6 Monate oder die Geldstrafe bis zu 180 Tagessätze. 8. Ordnungswidrigkeiten nach JMStV § 24 JMStV enthält einen Katalog mit bußgeldbewehrten Tatbeständen. Für den Jugendmedienschutz im Internet, also bei den Telemedien, sind insbesondere folgende Bestimmungen von Bedeutung: Ordnungswidrig handelt, wer als Anbieter vorsätzlich oder fahrlässig – gemäß § 24 I Nr. 1 JMStV Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die a) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JMStV Propagandamittel im Sinne des Strafgesetzbuches darstellen, b) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 JMStV Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwenden, c) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 JMStV zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, daß Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden, d) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 JMStV eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 oder § 7 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, leugnen oder verharmlosen, e) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV grausame und sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt; dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen, f) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 JMStV als Anleitung zu einer in § 126 Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannten rechtswidrigen Tat dienen,

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

g) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 JMStV den Krieg verherrlichen, h) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 JMStV gegen die Menschenwürde verstoßen, insbesondere durch die Darstellung von Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, wobei ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben wird, ohne daß ein berechtigtes Interesse gerade für diese Form der Darstellung oder Berichterstattung vorliegt, i) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 JMStV Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen; dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen, j) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 JMStV pornografisch sind und Gewalttätigkeiten, den sexuellen Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben; dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen, k) entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 JMStV in den Teilen B und D der Liste nach § 18 des Jugendschutzgesetzes aufgenommen sind oder mit einem in dieser Liste aufgenommenen Werk ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind, – gemäß § 24 I Nr. 2 JMStV entgegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 JMStV Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die in sonstiger Weise pornographisch sind, – gemäß § 24 I Nr. 3 JMStV entgegen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 JMStV Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die in den Teilen A und C der Liste nach § 18 des Jugendschutzgesetzes aufgenommen sind oder mit einem in dieser Liste aufgenommenen Werk ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind, – gemäß § 24 I Nr. 4 JMStV entgegen § 5 Abs. 1 JMStV Angebote verbreitet oder zugänglich macht, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, daß Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen, – gemäß § 24 I Nr. 8 JMStV entgegen § 7 JMStV keinen Jugendschutzbeauftragten bestellt,646 – gemäß § 24 I Nr. 10 JMStV Sendungen, deren Eignung zur Beeinträchtigung der Entwicklung nach § 5 Abs. 2 JMStV vermutet wird, verbreitet, ohne daß die KJM oder eine von dieser hierfür anerkannte Einrichtung der Freiwilligen

646

Vgl. E. III. 2. a).

II. Der Jugendschutz nach JMStV und MDStV

219

Selbstkontrolle von der Vermutung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 JMStV abgewichen ist, – gemäß § 24 I Nr. 14 JMStV entgegen einer vollziehbaren Anordnung durch die zuständige Aufsichtsbehörde nach § 20 Abs. 1 JMStV nicht tätig wird, – gemäß § 24 I Nr. 15 JMStV entgegen § 21 Abs. 1 JMStV seiner Auskunftspflicht nicht nachkommt oder – gemäß § 24 I Nr. 16 JMStV entgegen § 21 Abs. 2 Satz 3 JMStV Angebote gegen den Abruf durch die zuständige Aufsichtsbehörde sperrt.647 – gemäß § 24 II Nr. 1 JMStV entgegen § 11 Abs. 5 JMStV Telemedien als für Kinder oder Jugendliche der betreffenden Altersstufe geeignet falsch kennzeichnet oder – gemäß § 24 II Nr. 2 JMStV im Rahmen eines Verfahrens zur Anerkennung einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle nach § 19 Abs. 4 JMStV falsche Angaben macht. § 24 II JMStV legt den Bußgeldrahmen auf 500.000,00 EURO fest. Damit wird an den mit dem Vierten Rundfunkstaatsvertrag erhöhten Bußgeldrahmen von einer Million DM angeknüpft. Die Festsetzung in dieser Höhe erscheint geboten, da Verstöße, insbesondere gegen die Jugendschutzbestimmungen, eine erhebliche Gefährdung wesentlicher Rechtsgüter648 bewirken können.649 Neben dem § 24 JMStV finden im übrigen die Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) Anwendung. Zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 I Nr. 1 OWiG ist die Landesmedienanstalt jenes Landes, in dem der Anbieter von Telemedien seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen ständigen Aufenthalt hat. Sollte sich danach keine Zuständigkeit ergeben, ist diejenige Landesmedienanstalt zuständig, in deren Bezirk der Anlaß für die Amtshandlung hervortritt. Im Falle des § 24 II Nr. 2 JMStV ist es die Landesmedienanstalt des Landes, in dem die Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle ihren Sitz hat.650 Gemäß § 24 VII JMStV verjährt die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten laut §§ 24 I, II JMStV in sechs Monaten.

647 Der Verstoß gegen eine Untersagungsverfügung gemäß § 22 II S. 2 MDStV wurde dagegen nicht mit Bußgeld belegt, da die Untersagungsverfügung einer entgültigen Sperrungsverfügung aufgrund des zu wahrenden Ultima-ratio-Prinzips ohnehin immer vorangehen muß. 648 Vgl. zum Verfassungsrang des Jugendschutzes C. II. 649 So auch schon Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 17. 650 Vgl. § 24 IV JMStV.

220

D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

9. Rechtsschutz Die Vorschriften des JMStV, insbesondere die oben651 dargestellten Ermächtigungsgrundlagen der für den Jugendmedienschutz zuständigen Landesmedienanstalten werfen erhebliche Rechtsschutzprobleme auf. Dabei ist zu unterscheiden zwischen bipolaren und multipolaren Konflikten. Bei der „bipolaren Konfliktsituation“652 geht es um das klassische Verhältnis zwischen Bürger und Staat. Es handelt sich im hier interessierenden Kontext um Konflikte, an denen neben der Aufsichtsbehörde lediglich der betroffene Provider beteiligt ist, gegen den eine Untersagungs- oder Sperrungsanordnung erlassen wird. Ganz anders dagegen stehen bei „multipolaren Konfliktlagen“653 nicht Bürger und Staat im Mittelpunkt der Betrachtung. In der Sache geht es hier um den Streit von Privaten im Verwaltungsrecht. Nach Schmidt-Preuß654 ist dabei zwischen zwei Grundkategorien zu unterscheiden: der „Kehrseitigkeit“ auf der einen und der „Wechselbezüglichkeit“ auf der anderen Seite. In der ersten – hier interessierenden – Konstellation stehen sich die aktiven Gestaltungsinteressen des einen und die passiven Verschonungsinteressen des anderen Privaten gegenüber.655 Sofern der gestörte Verschonungsinteressent im Rahmen der „verwaltungsrechtlichen Dreiecksbeziehung“656 von der Behörde ein Einschreiten zu Lasten des privaten, störenden Gegenspielers verlangt, liegt ein Fall des „Drittvornahmebegehrens“657 vor. Im Themenbereich dieser Arbeit handelt es sich in diesem Sinne zum Beispiel um eine – kehrseitige – multipolare Konfliktlage, wenn Eltern und Kinder von der zuständigen Behörde die Unterbindung der Verbreitung absolut unzulässiger oder jugendgefährdender Inhalte durch einen Provider begehren. Im folgenden werden zunächst die Rechtsschutzmöglichkeiten bei bipolaren Konflikten im Verhältnis Staat-Bürger erörtert. Anschließend wird die multipolare Konfliktsituation in der Konstellation des Drittvornahmebegehrens näher untersucht. 651

Vgl. D. II. 6. a). Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 1, 21 ff. 653 Vgl. grundlegend zur Terminologie Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 1 ff., 9, kurs.i.O. 654 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 30 ff. 655 Vgl. eingehend Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 31 ff. Demgegenüber liegt Wechselbezüglichkeit vor, wenn bei begrenzten Kapazitäten konkurrierende Zugangsinteressen vor dem Hintergrund staatlicher Auswahl- und Verteilungsentscheidungen aufeinanderstoßen, vgl. ebda., S. 34 ff. (kurs. i.O.). 656 Vgl. so Schmidt-Aßmann, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Einleitung Rdn. 193; ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 1998, 3. Kap., Rdn. 85; Wahl, Jus 1984, 577 (578). 657 So Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 9 ff. 652

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a) Prozessuales (1) Zulässigkeitsfragen Die typische Eingreifkonstellation beim Jugendschutz im Internet ergibt sich, wenn eine für den Jugendschutz zuständige Aufsichtsbehörde, also die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM, den Verstoß eines Providers gegen materielle Bestimmungen des Jugendschutzrechts festgestellt und die zur Beseitigung des Verstoßes erforderlichen Maßnahmen getroffen hat.658 Die in Frage kommenden, im Ermessen der Behörde stehenden Untersagungs- und Sperrungsanordnungen nach §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II S. 2 MDStV gegenüber dem Anbieter sind Verwaltungsakte gemäß § 35 VwVfG.659 Gegen solche Anordnungen steht dem Provider der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO offen, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt. Die streitentscheidenden Normen stammen aus dem JMStV bzw. MDStV, also eine Verwaltungsrechtsstreitigkeit. Begehrt der Betroffene die Aufhebung der Untersagungs- oder Sperrungsanordnung, ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 I 1. Alt. VwGO statthafte Klageart. Bloße Hinweise seitens der Aufsichtsbehörden, die den Provider lediglich über einen bestimmten Tatbestand informieren sollen und keine Rechtsfolge setzen, sind keine Verwaltungsakte nach § 35 VwVfG. Ihnen fehlt der Regelungscharakter. Gegen solche Realakte könnte der Betroffene mit der allgemeinen Leistungsklage660 vorgehen. In der Variante der „Gestaltungsabwehr“661 sind klagebefugt gemäß § 42 II VwGO Provider, die geltend machen können, in ihren „subjektiv-öffentlichen Rechten“662 verletzt zu sein. Content-Provider und Host-Service-Provider663 können sich auf eine mögliche Verletzung ihrer eigenen Rechte aus § 4 II S. 2 JMStV, § 5 I 2. HS JMStV664 als auch aus Art. 5, 12 und 14 GG berufen. 658 Hierbei handelt es sich um die multipolare Grundkonstellation der „Gestaltungsabwehr“, vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 10, kurs. i.O. 659 So auch Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 46; vgl. allgemein Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., 2002, S. 186 ff.; Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., 1997, S. 169 ff. 660 Vgl. Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, 5. Aufl., 2003, S. 342 ff. 661 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 10, kurs. i.O. 662 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 186 ff. 663 Vgl. zur genauen Spezifizierung B. II. 2. 664 „Für das bipolare Verwaltungsrechtsverhältnis wird das subjektiv-öffentliche Recht aus einfachgesetzlichen Schutznormen ohne weiteres durch die Schutznormtheorie bestimmt“, so Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht,

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(2) Revision zum Bundesverwaltungsgericht Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht kann nach § 22 JMStV auch darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung der Bestimmungen des JMStV beruht. Durch diese Vorschrift sollte eine möglichst einheitliche Rechtsprechung bei der Auslegung der Bestimmungen des Staatsvertrages durch die Gerichte gesichert werden.665 So können auch Entscheidungen der Aufsichtsbehörden gemäß §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II MDStV im Rechtsweg bis zum Bundesverwaltungsgericht überprüft werden. Die Vorschrift § 22 JMStV stellt eine durch Art. 99 2. HS. GG grundgesetzlich gestützte Durchbrechung des § 137 I VwGO dar, wonach die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nur darauf gestützt werden kann, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 I Nr. 1 VwGO) oder einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes beruht, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt (§ 137 I Nr. 2 VwGO). Die übrigen Voraussetzungen der Revision bleiben von § 22 JMStV unberührt. Insbesondere ist die Revision zum Bundesverwaltungsgericht gemäß § 132 VwGO grundsätzlich nur zulässig gegen Endurteile, das heißt Urteile, die über ein Rechtsschutzbegehren eine abschließende Entscheidung treffen und den Prozeßstoff ganz oder zum Teil durch Sach- oder Prozeßurteil erledigen.666 Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil Bestimmungen des JMStV verletzt, das heißt, daß das unterinstanzliche Gericht Bestimmungen des JMStV auf den festgestellten Sachverhalt gar nicht oder nicht richtig angewandt und dadurch Rechte des Rechtsmittelführers verletzt hat.667 (3) Einstweiliger Rechtsschutz Grundsätzlich entfalten Widerspruch und Anfechtungsklage des betroffenen Providers gegen eine Untersagungs- bzw. Sperrungsanordnung nach §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II MDStV gemäß § 80 I S. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Die Aufsichtsbehörde kann jedoch nach § 80 II Nr. 4 VwGO in den Fäl1992, S. 2, kurs. i.O.; vgl. näher zur Schutznormtheorie Bauer, AöR 1988, 582 (582 ff.); Würtenberger, Verwaltungsprozeßrecht, 1998, S. 126 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., 2002, S. 163 ff.; Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, 15. Aufl., 2000, S. 106 ff.; Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, 5. Aufl., 2003, S. 283 ff. 665 Vgl. Begründung zum MDStV in Bay. LT-Drs. 13/7716, S. 17. 666 Vgl. BVerwG, MDR 1961, 957 (957). 667 Näher Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 19 Rdn. 11.

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len, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse liegt, Sofortvollzug anordnen. Hiergegen kann der betroffene Provider im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgehen und gemäß § 80 V VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragen. b) Multipolare Konflikte Im folgenden sind die Probleme multipolarer Konfliktlagen beim Jugendschutz im Internet näher zu betrachten. Wie soeben ausgeführt, geht es dabei um Austarierung der kollidierenden Privatinteressen im Verwaltungsrecht. (1) Die Relevanz des Drittvornahmebegehrens Im Themenbereich dieser Arbeit stehen sich die passiven Verschonungsinteressen der Eltern und Kinder und die aktiven Gestaltungsinteressen der Provider gegenüber. In dieser Konfliktlage begehren jene von der Behörde eine Entscheidung zu Lasten Dritter. In dem Falle, daß ein Provider gegen materielles Jugendschutzrecht verstößt, da er, um nur ein Beispiel zu nennen, keine entsprechenden technischen Vorkehrungen zur Sicherstellung gemäß § 4 II S. 2 JMStV getroffen hat und die zuständige Aufsichtsbehörde trotz Hinweis und Aufforderung durch die Eltern untätig bleibt, liegt eine typische Grundkonstellation multipolarer Konfliktlagen in der Variante der Kehrseitigkeit vor. Damit geht das Interesse nicht auf Drittabwehr668, sondern typischerweise auf Einschreiten im Sinne des bereits erwähnten „Drittvornahmebegehrens“669 zu Lasten eines anderen Privaten. Im JMStV finden sich absolute Verbreitungsverbote670 und Normen, welche die Verbreitung von bestimmten Inhalten verbieten, es sei denn, der Anbieter stellt sicher, daß die Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.671 (2) Drittschutzbegründung nach der Konfliktschlichtungsformel von Schmidt-Preuß Zur gerichtlichen Durchsetzung des Drittvornahmebegehrens kommt für die Kinder und Eltern die Verpflichtungsklage gemäß § 42 I 2. Alt. VwGO in Be668 Wie etwa im Fall der Baunachbarklage, dazu zum Beispiel Mampel, Nachbarschutz im öffentlichen Baurecht, 1994, S. 63 f. 669 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 9, kurs. i.O.; oben D. II. 9. Es geht vorliegend um eine ermessensbezogene Drittvornahme, da von der materiellen Normstruktur her grundsätzlich nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung besteht. 670 Vgl. § 4 I JMStV. 671 Vgl. § 4 II S. 2 JMStV.

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tracht.672 Wegen der Ermessensbezogenheit der materiellen Schutznorm handelt es sich hier regelmäßig um den Fall des Bescheidungsantrags.673 Im Ausnahmefall der Reduzierung des Ermessens auf Null kann ein uneingeschränkter Verpflichtungsantrag gestellt werden. Problematisch ist die Klagebefugnis der Eltern und Kinder. Nach § 42 II VwGO müssen sie geltend machen können, daß durch die Ablehnung bzw. Unterlassung der Untersagungs- bzw. Sperrungsverfügung die Möglichkeit einer Verletzung in ihren eigenen Rechten besteht.674 Somit ist also entscheidend, ob die in erster Linie heranzuziehenden einfachgesetzlichen 675 Regeln über die Verbreitung jugendgefährdender Inhalte den Eltern und Kindern ein subjektives öffentliches Recht verleihen. Nach der hergebrachten Schutznormtheorie676 ist ein subjektiv öffentliches Recht zu bejahen, wenn der in Frage stehende Rechtssatz nicht nur den Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch den Individualinteressen des Klägers zu dienen bestimmt ist. „Mit dieser Formel ist es Bachof 677 im Anschluß an die Bühlersche Formel gelungen, diese an die Erfordernisse des Grundgesetzes anzupassen.“678 Die Bachofsche Formel basiert auf der Vermutung, daß eine vom Gesetzgeber bezweckte Begünstigung gleichsam auch die Rechtsmacht zu ihrer Durchsetzung nach sich ziehe.679 Diese Vermutung führt im bipolaren Verwaltungsrechtsverhältnis zu einer Stärkung der Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat. Insoweit ergeben sich nach der Bachofschen Formel sachgerechte Ergebnisse.680

672 Bei dem von der Behörde begehrten Akt einer Untersagungs- oder Sperrungsanordnung gemäß § 22 II S. 2 MDStV handelt es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 VwVfG, vgl. Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 46. 673 Vgl. Schenke in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., 2003, § 42 Rdn. 8. 674 Vgl. Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, 5. Aufl., 2003, S. 324. 675 Gemeint sind damit im folgenden auch die staatsvertraglichen Vorschriften, vgl. A. I., Fn. 27. 676 Vgl. BVerfGE 27, 297 (307); 31, 33 (39 ff.); BVerwGE 72, 226 (229 ff.); 80, 259 (260); 82, 343 (344); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. IV Rdn. 127 ff.; Schenke in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., 2003, § 42 Rdn. 78; Dreier in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 19 IV Rdn. 44; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., 2002, S. 163 f.; Würtemberger, Verwaltungsprozeßrecht, 1998, S. 126 ff.; Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozeßrecht, 15. Aufl., 2000, S. 107; kritisch Bauer, AöR 1988, 582 (582 ff.); Wahl, DVBl. 1996, 641 (645); Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, 5. Aufl., 2003, S. 283. 677 Vgl. Bachof, VVDStRL 12 (1954), 37 (73 ff.). 678 Hierzu im einzelnen Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 198 ff., kurs. i.O.; ders., in: FS für Maurer, 2001, 786 (791). 679 Vgl. dazu die Begründung von Bachof, VVDStRL 12 (1954), 37 (73 ff.).

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Die Vermutung von Bachof lautet in der hier interessierenden Drittvornahmekonstellation, daß „(. . .) alle durch das öffentliche Recht objektivrechtlich geschützten Interessen echte Berechtigungen des Begünstigten, subjektive Rechte im Sinne einer ihm zustehenden Willensmacht, sind.“681 Dies führt – wie die Vermutung auf Freiheit in der Abwehrkonstellation – zur eingliedrigen Interessenschutzformel der traditionellen Schutznormtheorie. Diese trägt den Besonderheiten multipolarer Konfliktlagen jedoch keine Rechnung. Hier „kann sich jeder der privaten Konfliktgegner zur Begründung seiner Privatinteressen „auf dieselbe Norm“ berufen“.682 „Der gewollte Schutz der Interessen reicht in multipolaren Konfliktlagen für die Begründung eines subjektiven öffentlichen Rechts deshalb nicht aus, weil dem der prinzipiell gleichermaßen bezweckte Schutz kollidierender Privatinteressen eines anderen entgegensteht.“683 Da somit die Schutznormtheorie in der Ausprägung der eingliedrigen Interessenschutzformel in multipolaren Konfliktlagen nicht aussagekräftig ist, hat Schmidt-Preuß mit seiner „Konfliktschlichtungsformel“684 einen neuen Ansatz entwickelt, der zunehmend rezipiert wird685. Demnach gilt: „Notwendige, aber auch hinreichende Voraussetzung für das Vorliegen eines subjektiven öffentlichen Rechts im multipolaren Verwaltungsrechtsverhältnis ist, daß eine Ordnungsnorm die kollidierenden Privatinteressen in ihrer Gegensätzlichkeit und Verflochtenheit wertet, begrenzt, untereinander gewichtet und derart in ein normatives Konfliktschlichtungsprogramm einordnet, daß die Verwirklichung der Interessen des einen Privaten notwendig auf Kosten des anderen geht.“686 Ob den Eltern und Kindern ein subjektives öffentliches Recht aus einfachgesetzlichem Jugendschutzrecht zusteht, hängt somit entscheidend davon ab, ob 680 Vgl. Wegmann, Regulierte Marktöffnung in der Telekommunikation, 2001, S. 343. 681 Vgl. Bachof, VVDStRL 12 (1954), 37 (73). 682 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 206, kurs. i.O.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 3, 144. 683 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 210, kurs. i.O.; ders., in: FS für Maurer, 2001, 786 (792); Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 3, 144. 684 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 247 ff., kurs. i.O. 685 Vgl. BVerwGE 101, 364 (371); Schmidt-Aßmann, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner (Hrsg.), VwGO, Einleitung Rdn. 194; Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., 1997, S. 117 ff.; Oldiges, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 7. Aufl., 2003, 485 (647); Spoerr, DVBl. 1997, 1309 (1314); in der Sache Wahl, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Vorb § 42 Abs. 2 Rdn. 99 ff.; Sparwasser, in: Gesellschaft für Umweltrecht (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, 1017 (1026); Koch/Rubel/Heselhaus, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2003, S. 351. 686 Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 248, kurs. i.O.

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die konkreten gesetzlichen Bestimmungen687 zum Jugendschutz ein Konfliktschlichtungsprogramm enthalten. Dies muß durch Auslegung der betreffenden Ordnungsnorm ermittelt werden.688 Bei der Interpretation der Norm ist zu beachten, daß das „multipolar-normative „Umfeld“689 mit einzubeziehen ist. „Dazu zählen auch die Grundrechte mit ihrer norminternen Funktion der Wertverdeutlichung bei der Auslegung der einfachgesetzlichen Norm.“690 „Drittschutzbegründend wirken die Grundrechte in ihrer normexternen Funktion, wenn es an einer einfachgesetzlichen Regelung überhaupt fehlt oder aber diese den unabdingbaren grundrechtlichen Mindeststandard unterschreitet.“691 Im folgenden muß daher geprüft werden, ob die einfachgesetzlichen Jugendschutzvorschriften ein normatives Konfliktschlichtungsprogramm beinhalten. Der Verstoß gegen eine „Maßstabsnorm“692 führt zur Drittschutzrichtung des Ermessens der „Handlungsnorm“693 des § 22 II S. 1 MDStV i. V. m. §§ 20 I, IV JMStV, nach dem eine Beseitigungsanordnung erlassen werden kann. (a) § 4 I JMStV Die Maßstabsnorm des § 4 I JMStV enthält die sogenannten Totalverbote.694 Zunächst ist im Wege der Auslegung695 zu ermitteln, inwieweit in den einzelnen Tatbeständen des § 4 I JMStV die kollidierenden Privatinteressen wertend berücksichtigt wurden. Gemäß § 4 I Nr. 8 Hs. 1 JMStV sind Angebote unzulässig, wenn sie gegen die Menschenwürde696 verstoßen. Im Katalog wäre § 4 I Nr. 8 JMStV an sich 687 Damit die staatsvertraglichen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz gemeint. Auch bei den Vorschriften des JMStV und MDStV handelt es sich um Ordnungsnormen im Sinne der Konfliktschlichtungsformel. 688 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 165; Schmidt-Aßmann, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Hrsg.), VwGO, Einleitung Rdn. 194, 20 ff. 689 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 165 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 128 f. (kurs. i.O.), spricht vom umgebenden Normengefüge. 690 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 169; Wahl, DVBl. 1996, 641 (650 ff.). 691 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 169. 692 Vgl. ebda., S. 216 f. (kurs. i.O.). 693 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 213 f. 694 Vgl. im einzelnen D. II. 2. 695 Vgl. dazu im Einzelnen Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 165 ff. 696 Vgl. Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (922 ff.); Di Fabio, Der Schutz der Menschenwürde durch Allgemeine Programmgrundsätze, 1999, S. 92 f.; Schmitt,

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weiter hinten angesiedelt. Sachlich hat der Tatbestand § 4 I Nr. 8 JMStV jedoch mit seinem Modellcharakter überragende Bedeutung. Unausgesprochen steht der darin enthaltene Gedanke in Wahrheit in allen Ziffern des § 4 I JMStV. Die Menschenwürde nach Art. 1 I GG ist das oberste und tragende Konstitutionsprinzip der Verfassung.697 Da es sich bei der Menschenwürde nicht nur um ein objektives Leitbild, sondern auch um ein subjektives Grundrecht handelt, enthält es auch eine subjektiv-rechtliche Gewährleistung.698 Die Menschenwürdegarantie ist derart fundamental, daß sie die Auslegung der Grundrechtsnormen steuert699 und im Wege „norminterner Wirkung“700 für die Drittschutzbegründung relevant ist. Art. 1 I GG gewährleistet in besonderer Weise die persönliche Autonomie. Damit sind auch Beeinträchtigungen durch herabwürdigende Angebote erfaßt. In vorliegender Arbeit geht es grundsätzlich um Nutzer (Viewer) von Angeboten, nicht um das Objekt der Darstellung und dessen Schutz.701 In § 4 I Nr. 8 Hs. 1 JMStV sind sicherlich zunächst einmal Opfer gemeint. In zweiter Linie geht es aber auch um die Menschenwürde der Nutzer. Aufgrund des Sogs der Inhalte für den Betrachter und der damit verbundenen negativen Effekte auf die Fortentwicklung der Persönlichkeit ist auch die Menschenwürde der Nutzer betroffen. Dadurch, daß der Viewer den Inhalten ausgesetzt ist, wird er zum bloßen Objekt702 staatlichen Handelns gemacht.703 Dies gilt insbesondere für die in § 4 I Nr. 8 Hs. 2 JMStV genannten Beispielsfälle. Somit sind die Verschonungsinteressen der Kinder anerkannt. Desweiteren sind auch die Verschonungsinteressen der Eltern belangt. Insoweit ist zu verweisen auf die obigen Ausführungen zu Art. 6 II GG. Die Anerkennung der Verscho-

tv-diskurs 2001, H. 17, 74 (74 ff.); Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 1 I Rdn. 36 ff.; Höfling, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 1 Rdn. 19 ff. 697 Vgl. zum Beispiel BVerfGE 54, 341 (357); 61, 126 (137); Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (923); Maurer, Staatsrecht I, 3. Aufl., 2003, S. 174. 698 So die überwiegende Meinung in der Literatur, s. zum Beispiel Jarass, in: Ders./ Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 1 Rdn. 3, m. w. N. zum Streitstand; Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Rdn. 26; Zippelius, in: Dolzer/Vogel/Graßhof (Hrsg.), Bonner Kommentar (Loseblattsammlung Stand: 112. Lieferung/Juli 2004), Art. 1 Rdn. 26; Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 1 Rdn. 17; a. A. Dreier, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 1 I Rdn. Rdn. 72. 699 Vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 1 Rdn. 2. 700 Vgl. grundlegend zum Begriff Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 41. 701 Vgl. A. III. 2. 702 Vgl. grundlegend zur Objekt-Formel Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Rdn. 26; BVerfGE 9, 167 (179). 703 Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt der Freiwilligkeit, da die Menschenwürde nicht disponibel ist, so der Gesetzgeber explizit in § 4 I Nr. 8 S. 2 JMStV: „(. . .) eine Einwilligung ist unbeachtlich.“

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nungsinteressen gilt in einem solchen Maße, daß der Menschenwürdeschutz704 auf §§ 4 I Nr. 1–7, 9 JMStV ausstrahlt und diese im Lichte von § 4 I Nr. 8 JMStV auszulegen sind. Darüber hinaus müssen nach der Konfliktschlichtungsformel auch gegensätzliche Gestaltungsinteressen Anerkennung finden. Aus der Norm § 4 I Nr. 8 JMStV selbst kann eine Einbeziehung privater Interessen der Provider nicht entnommen werden, da es an tatbestandlichen Anhaltspunkten fehlt. Die Gestaltungsinteressen werden in keinem der Tatbestände §§ 4 I Nr. 1–11 JMStV aufgegriffen. Jedoch ist bei der Auslegung das „multipolar-normative Umfeld“705 der jeweiligen Ordnungsnorm einzubeziehen. In § 5 TDG und inhaltsgleich § 4 MDStV706 werden die aktiven Gestaltungsinteressen der Provider explizit anerkannt: Telemedien „(. . .) sind (. . .) zulassungs- und anmeldefrei.“ Das gilt auch in Bezug auf § 4 I JMStV. Somit berücksichtigt der Tatbestand § 4 I Nr. 8 JMStV in Zusammenschau mit § 5 TDG/§ 4 MDStV das aktive Gestaltungsinteresse der Provider auf Verbreitung ihrer Angebote. Unter Einbeziehung des Grundsatzes der Zulassungs- und Anmeldefreiheit in § 4 MDStV/§ 5 TDG bringt § 4 I Nr. 8 JMStV zudem zum Ausdruck, daß keiner der privaten Konfliktgegner seine Interessen voll zum Tragen bringen kann.707 Der Provider darf seine Angebote verbreiten, wenn er die Grenzen der Maßstabsnorm § 4 I JMStV beachtet. Umgekehrt müssen es Eltern und Kinder hinnehmen, wenn diese Grenzen eingehalten werden. Zusätzlich werden die aktiven Gestaltungsinteressen der Provider mit den Verschonungsinteressen der Kinder und Eltern ordnend miteinander ins Verhältnis gesetzt und in ihrer Gegensätzlichkeit und Verflochtenheit gewichtet.708 Auf grundrechtlicher Ebene stehen sich die Menschenwürde709 und das Elternrecht (Art. 6 II GG) auf der einen Seite sowie die Wirtschaftsfreiheit auf der anderen Seite gegenüber. Schließlich erfordert die Konfliktschlichtungsformel die Einordnung in ein Konfliktschlichtungsprogramm derart, daß der eine Private seine Interessen nur auf Kosten des anderen durchsetzen kann. Ein solches Konfliktschlichtungsprogramm ist in § 4 I Nr. 8 JMStV in der Weise normiert, daß die dort genannten Angebote generell unzulässig sind. Damit wird festgelegt, daß die in der Menschenwürde Verletzten ihre Verschonungsinteressen auf Kosten der Gestaltungsinteressen der Provider durchsetzen können. Halten sie sich an 704

Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (923 ff.). Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 165 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 128 f. 706 Vgl. dazu im einzelnen D. I. 6.; Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 594 f. 707 Vgl. zum Element der sogenannten „Begrenzung“ grundlegend Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 248. 708 Vgl. ebda., S. 248 (kurs. i.O.). 709 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (923 ff.). 705

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diese Grenzen, müssen Eltern und Kinder das Handeln hinnehmen. Somit ergibt sich, daß § 4 I Nr. 8 JMStV drittschützend ist. Nunmehr sind die weiteren Varianten des § 4 I JMStV zu prüfen. Dabei variiert die normative Fassung der Verschonungsinteressen, während die Gestaltungsinteressen wie bei § 4 I Nr. 8 Hs. 1 JMStV aus dem „multipolaren Umfeld“710 resultieren. Nach § 4 I Nr. 7 JMStV sollen Angebote unzulässig sein, wenn sie den Krieg verherrlichen. Auch hier geht es in zweiter Linie um die Nutzer. Aufgrund des Sogs der Inhalte sind die Viewer betroffen. Somit werden die Empfindungen711 und die Entwicklungsstufen712 der Kinder und damit deren Verschonungsinteressen wertend anerkannt. Im übrigen wird zu den aktiven Gestaltungsinteressen und der Austarierung im Rahmen eines Konfliktschlichtungsprogramms auf die Ausführungen zu § 4 I Nr. 8 Hs. 1 JMStV verwiesen. Es ergibt sich somit, daß § 4 I Nr. 7 JMStV drittschützend ist. Nach § 4 I Nr. 9 JMStV sind Angebote unzulässig, wenn sie Kinder und Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen. Damit sollen auch Angebote unzulässig sein, die zwar noch nicht die Schwelle der Pornographie im strafrechtlichen Sinne erreichen, jedoch als Einstieg für entsprechende Angebote genutzt werden. Es ist zwar einzuräumen, daß nach dem Wortlaut des § 4 I Nr. 9 JMStV die Empfindungen der Kinder als Nutzer nicht explizit genannt sind. Jedoch darf es darauf nicht ankommen, vielmehr ist die Vorschrift teleologisch auszulegen. In erster Linie geht es um die dargestellten Opfer. In zweiter Linie sind aufgrund des Sogs der Inhalte für den Betrachter auch die Viewer betroffen. § 4 I Nr. 9 JMStV regelt somit das private Verschonungsinteresse der Kinder und Jugendlichen. Für die Eltern ist auf Art. 6 II GG zu verweisen. Die Norm wertet damit die Verschonungsinteressen im Sinne der Konfliktschlichtungsformel. Auch hier ist zu den gegenläufigen aktiven Gestaltungsinteressen und zur Austarierung im Rahmen eines Konfliktschlichtungsprogramms auf die Ausführungen zu § 4 I Nr. 8 Hs. 1 JMStV zu verweisen. § 4 I Nr. 9 JMStV ist damit drittschützend. Gemäß § 4 I Nr. 11 JMStV sind Angebote unzulässig, wenn sie in den Teilen B und D der Liste nach § 18 JuSchG aufgenommen sind oder mit einem in dieser Liste aufgenommenen Werk ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind und enthält insoweit einen Mindeststandard für die Beachtung des privaten Verschonungsinteresses Jugendschutz. Die Norm wertet somit die Verscho710 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 165 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 128. 711 Vgl. eingehend am Beispiel Gewaltdarstellungen im Fernsehen Schorb: in: Schorb/Stiehler (Hrsg.), Medienlust – Medienlast,1996, 127 (133 ff.); Lukesch, Medien und ihre Wirkungen,1997, S. 67 ff. 712 Näher hierzu von Gottberg, tv diskurs 2002, H. 20, 60 (60 ff.); Mikos, tv diskurs 2002, H. 20, 66 (69 ff.).

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

nungsinteressen im Sinne der Konfliktschlichtungsformel. Im übrigen kann zu den gegenläufigen aktiven Gestaltungsinteressen und zur Austarierung im Rahmen eines Konfliktschlichtungsprogramms auch hier auf die entsprechenden Ausführungen zu § 4 I Nr. 8 Hs. 1 JMStV verwiesen werden. Schließlich ist noch einzugehen auf die letzte Gruppe von tatbestandlichen Varianten des § 4 I JMStV. Hierbei handelt es sich allesamt um Tatbestände, die sich auf Strafvorschriften beziehen. Im einzelnen sind erfaßt § 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen), § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen), § 130 StGB (Volksverhetzung)713, §§ 6, 7 Völkerstrafgesetzbuch (Leugnung oder Verharmlosung der Herrschaft des Nationalsozialismus), § 131 StGB (Gewaltdarstellung)714, § 126 StGB (Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten) und § 184 StGB (Verbreitung pornographischer Schriften)715. Die Ausgestaltung dieser Vorschriften ist jeweils sehr unterschiedlich. Bis auf § 4 I Nr. 3 JMStV enthalten die Tatbestände keine greifbaren Verschonungsinteressen aufgrund ihres strafrechtlichen Charakters. In § 4 I Nr. 3 JMStV ist die Menschenwürde zwar explizit genannt. Nach dem Gesetzeswortlaut ist diese jedoch nicht viewerbezogen. Für den Drittschutz sind bei den übrigen Vorschriften wie § 4 I Nr. 2 JMStV subjektiv-rechtliche Elemente scheinbar auf den ersten Blick schwer zu greifen. Hier gilt aber der Modellcharakter des drittschützenden § 4 I Nr. 8 JMStV, daß die Menschenwürde bekräftigt oder bewirkt wird. Die Sogwirkung geht auch hier zu Lasten der Kinder und Jugendlichen. Für die Eltern gilt ebenfalls Art. 6 II GG. Somit werden in §§ 4 I Nr. 1–6, 10 JMStV Verschonungsinteressen anerkannt. Zum Vorliegen der kollidierenden Gestaltungsinteressen und der Austarierung beider im Rahmen des Konfliktschlichtungsprogramms wird auf die entsprechenden Ausführungen zu § 4 I Nr. 8 Hs. 1 JMStV verwiesen. Auch die §§ 4 I Nr. 1–6, 10 JMStV sind damit drittschützend. Im Ergebnis kann also festgehalten werden, daß die Tatbestände des § 4 I Nr. 1–11 JMStV drittschützend sind. Damit besteht ein subjektives öffentliches Recht der Eltern und Kinder auf ermessensfehlerfreie Enscheidung hinsichtlich des begehrten Einschreitens der Aufsichtsbehörde. In besonders schwerwiegenden Fällen kann sich dieses Ermessen auf Null reduzieren.

713 Vgl. Lenckner, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch: Kommentar, 26. Aufl., 2001, § 130 Rdn. 2 ff. 714 Vgl. ebda., § 131 Rdn. 3 ff. 715 Vgl. Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch: Kommentar, 26. Aufl., 2001, § 184 Rdn. 6 ff.; dazu auch BVerwGE, DVBl. 2002, 976 (979 f.).

II. Der Jugendschutz nach JMStV und MDStV

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(b) § 4 II JMStV Fraglich ist, ob auch die Regelung § 4 II JMStV ein normatives Konfliktschlichtungsprogramm enthält, das sie als drittschützend qualifiziert. Nach dieser Vorschrift sind Angebote grundsätzlich unzulässig, wenn sie in sonstiger Weise pornographisch sind (§ 4 II S. 1 Nr. 1 JMStV), in den Teilen A und C der Liste nach § 18 des Jugendschutzgesetzes aufgenommen sind oder mit einem in die Liste aufgenommenen Werk ganz oder im wesentlichen inhaltsgleich sind (§ 4 II S. 1 Nr. 2 JMStV) oder offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit unter Berücksichtigung der besonderen Wirkungsform des Verbreitungsmediums schwer zu gefährden (§ 4 II S. 1 Nr. 3 JMStV). Gemäß § 4 II S. 2 JMStV sind die vorgenannten Angebote in Telemedien jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, daß sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. § 4 II S. 1 Nr. 1 JMStV erfaßt pornographische Darstellungen gemäß §§ 184 I, II JMStV, die nicht bereits unter § 4 I JMStV fallen und berücksichtigt damit die Verschonungsinteressen der Kinder und Jugendlichen. § 4 II S. 1 Nr. 2 JMStV nimmt Bezug auf die Bewertungsmaßstäbe des JuSchG für die Indizierung und setzt einen Mindeststandard für den Jugendschutz. Somit wertet auch § 4 II S. 1 Nr. 2 JMStV die Verschonungsinteressen der Kinder und Jugendlichen im Sinne der Konfliktschlichtungsformel. In § 4 II S. 1 Nr. 3 JMStV wird der Jugendschutz deutlich zum Ausdruck gebracht. Demgemäß sind Angebote unzulässig, wenn sie offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden.716 In § 4 II S. 1 Nr. 3 JMStV sind daher die Verschonungsinteressen von Kindern und Jugendlichen als Viewer explizit genannt und im Sinne der Konfliktschlichtungsformel gewertet. Für die Eltern ist auf Art. 6 II GG zu verweisen. Ebenso wie bei § 4 I JMStV ergeben sich aus § 4 II JMStV selbst keine Anhaltspunkte bezüglich der aktiven Gestaltungsinteressen der Provider an der Verbreitung ihrer Angebote. Auch hier muß daher das „multipolar-normative Umfeld“717 der Ordnungsnorm einbezogen werden. § 4 MDStV/§ 5 TDG regelt die Zulassungs- und Anmeldefreiheit von Mediendiensten und Telediensten718, also sämtlicher Telemedien719, 716 Vgl. D. II. 2. a); Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 6 S. 28; Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 6 GjSM Anm. 4; Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 6 GjS Rdn. 22. 717 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 165 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 128 f.

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

womit die aktiven Gestaltungsinteressen der Provider ausdrücklich anerkannt werden. 4 II JMStV enthält damit ebenfalls eine Wertung der Privatinteressen der Provider. Der Wortlaut der Norm „(. . .) sind Angebote abweichend von Satz 1 zulässig (. . .)“ bringt zum Ausdruck, daß keiner der privaten Konfliktgegner seine Interessen voll zum Tragen bringen kann.720 Des weiteren müßte § 4 II JMStV einen Sachmaßstab für den Ausgleich der kollidierenden Privatinteressen darstellen.721 Vom Verbot der Verbreitung unzulässiger Inhalte gemäß § 4 II S. 1 Nr. 1–3 JMStV wird eine Befreiung gewährt, „(. . .) wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, daß sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden.“ Das Gesetz knüpft die Befreiung an die hinreichende Berücksichtigung der Verschonungsinteressen der Kinder und – über Art. 6 II GG – der Eltern. Somit sorgt § 4 II JMStV für einen Interessenausgleich zwischen den kollidierenden Privatinteressen. Auch die erforderliche „Gewichtung“722 im Sinne der Konfliktschlichtungsformel nimmt die Ordnungsnorm also vor, da in den einzelnen Tatbeständen des §§ 4 II S. 1 Nr. 1–3 JMStV die entscheidenden Grenzen genannt sind. Ferner bedarf es nach der Konfliktschlichtungsformel auch noch der Durchsetzung der eigenen Gestaltungsinteressen des einen Privaten auf Kosten des anderen und umgekehrt. Auch diese Voraussetzung kann bejaht werden. Der Provider darf seine Angebote verbreiten, wenn er die Grenzen der Maßstabsnorm § 4 II JMStV beachtet. Umgekehrt müssen es Eltern und Kinder hinnehmen, wenn diese Grenzen eingehalten werden. § 4 II JMStV stellt daher ein Konfliktschlichtungsprogramm dar und ist drittschützend. Aus § 4 II JMStV kann ein subjektives öffentliches Recht der Eltern und Kinder hinsichtlich des begehrten Einschreitens der Aufsichtsbehörde abgeleitet werden. (c) § 5 I JMStV Nunmehr ist zu klären, ob auch § 5 I JMStV ein normatives Konfliktschlichtungsprogramm enthält. Nach dieser Norm können Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, verbreitet oder zugänglich gemacht werden, wenn die Anbieter dafür Sorge tragen, daß Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Dieser Pflicht kann der Anbieter gemäß § 5 III Nr. 1 JMStV dadurch ent718

Vgl. D. I. 6.; Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 594 f. Vgl. § 2 I JMStV i. V. m. § 3 II Nr. 1 JMStV. 720 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 248. 721 Vgl. ebda., S. 248 (kurs. i.O.). 722 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 248, kurs. i.O. 719

II. Der Jugendschutz nach JMStV und MDStV

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sprechen, daß er durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich macht oder wesentlich erschwert. § 5 I 2. HS JMStV ermöglicht somit die Befreiung vom Verbreitungsverbot. Insoweit ist die Norm dem § 4 II JMStV ähnlich. Der drittschützende Charakter der Vorschrift ist durch Auslegung zu ermitteln. In § 5 I 1. HS JMStV ist der Jugendschutz explizit erwähnt. Demgemäß sind Angebote unzulässig, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen.723 § 5 I 1. HS JMStV nennt somit die Verschonungsinteressen von Kindern und Jugendlichen als Viewer explizit und wertet diese im Sinne der Konfliktschlichtungsformel. Für die Eltern ist auf Art. 6 II GG zu verweisen. Darüber hinaus müssen nach der Konfliktschlichtungsformel auch die gegensätzlichen Gestaltungsinteressen wertend Anerkennung finden. Bezüglich der aktiven Gestaltungsinteressen der Provider finden sich in § 5 I JMStV keinerlei Anhaltspunkte. Bei der Auslegung ist jedoch das „multipolarnormative Umfeld“724 einzubeziehen. Im Rahmen der Auslegung können § 4 MDStV und § 5 TDG herangezogen werden, worin die Zulassungs- und Anmeldefreiheit von Mediendiensten und Telediensten (Telemedien!) ausdrücklich anerkannt wird.725 In Zusammenschau mit § 4 MDStV/§ 5 TDG ist somit auch das Element der „Wertung“726 der aktiven Gestaltungsinteressen der Provider bei § 5 II JMStV gegeben. Die Norm enthält eine Befreiung vom Verbreitungsverbot § 5 I 1. HS JMStV, die folgerichtig an das Erfordernis der hinreichenden Berücksichtigung der Verschonungsinteressen der Kinder und Eltern gekoppelt ist. Mit dem Kriterium der Entwicklungsbeeinträchtigung der Kinder und Jugendlichen sowie der betroffenen Altersstufen ist die entscheidende Grenze genannt. Erfüllt der Provider die gesetzlichen Voraussetzungen, kann er seine Interessen auf Kosten der Kinder und Eltern durchsetzen. Umgekehrt können diese ihre Verschonungsinteressen zu seinen Lasten geltend machen, wenn diese gesetzlichen Voraussetzungen unterschritten werden. Das qualifiziert § 5 I JMStV als Konfliktschlichtungsprogramm und begründet damit seinen Drittschutzcharakter727.

723 Vgl. Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 6 S. 28; Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 6 GjSM Anm. 4; Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 6 GjS Rdn. 22. 724 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 165 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 128. 725 Vgl. D. I. 6.; Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 594 f. 726 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 248, kurs. i.O. 727 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 19 Abs. 4 Rdn. 3.

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

(d) Ergebnis Im Ergebnis ist festzuhalten, daß §§ 4 I Nr. 1–11 JMStV, § 4 II JMStV und § 5 II JMStV ein Konfliktschlichtungsprogramm im Sinne der „Konfliktschlichtungsformel“728 von Schmidt-Preuß enthalten. Das qualifiziert die Normen als drittschützend und begründet somit ein subjektives öffentliches Recht der Kinder und Eltern auf ermessensfehlerfreie Enscheidung auf Einschreiten der Aufsichtsbehörde und Erlaß einer Untersagungs- oder Sperrungsanordnung gemäß §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II MDStV.

III. Das Jugendschutzgesetz – JuSchG 1. Bedeutung des JuSchG für die vorliegende Arbeit Vor der umfassenden Neuregelung des Jugendschutzes durch das JuSchG des Bundes und den JMStV der Länder haben der Bundesgesetzgeber und die Staatsvertragspartner die Jugendmedienschutzvorschriften für das Internet – anders als die bereits dargestellten Regelungen der Verantwortlichkeit gemäß §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV – nicht inhaltsgleich ausgestaltet. Bezüglich der Begründung der Gesetze wurde dabei Bezug genommen auf die prinzipiellen Unterschiede zwischen Telediensten und Mediendiensten. Teledienste seien Informations- und Kommunikationsdienste, die für eine individuelle Nutzung bestimmt sind, Mediendienste sollten an die Allgemeinheit gerichtet sein.729 Je nach Anwendungsbereich – TDG oder MDStV – waren völlig unterschiedliche Behörden730 für den Jugendschutz zuständig. Für den Jugendschutz bei den Telediensten war dies die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften und Medieninhalte (BPJS), für Mediendienste die in den Ländern für den gesetzlichen Jugendschutz zuständigen Behörden. Außerdem galten unterschiedliche Unzulässigkeitsmaßstäbe für kinder- und jugendgefährdende Inhalte und waren verschiedenartige Saktionsmöglichkeiten vorgesehen.731 Handelte es sich bei kinder- und jugendgefährdenden Onlinediensten um Telemedien nach § 2 TDG, richtete sich der Jugendmedienschutz im Internet nach dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjSM).732 Das ergab sich aus § 1 III S. 2 Hs. 2 GjSM: „(. . .) Schriften im Sinne dieses Gesetzes sind nicht (. . .) inhaltliche Angebote bei Verteildien728 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 247, kurs. i.O. 729 Vgl. Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 583. 730 Vgl. Waldenberger, MMR 1998, 124 (125). 731 Kritisch zu diesen Wertungswidersprüchen vgl. Schumann, tv diskurs 15/Januar 2001, 87 (89 ff.). 732 Vgl. Scholz, JMS-Report 4/1998, 1 (2 ff.).

III. Das Jugendschutzgesetz – JuSchG

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sten und Abrufdiensten, soweit die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht, nach § 2 des MediendiensteStaatsvertrages (. . .).“ Durch die Wahl dieses Regelungsstandorts wollte der Bundesgesetzgeber klarmachen, daß er starke Parallelen zwischen den Jugendschutzregelungen im Bereich der Printmedien und den erforderlichen Jugendschutzmaßnahmen im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationsdienste sieht. Demgegenüber hielt er das rundfunkrechtliche Vorbild im Rundfunkstaatsvertrag, umgesetzt durch die Länder im MDStV insoweit nicht für geeignet.733 Es ist zu beachten, daß sich der Bundesgesetzgeber im neuen JuSchG offensichtlich zurückgenommen hat. Daher sind die materiellen und formellen Vorschriften des JuSchG für den Jugendmedienschutz im Internet als Gegenstand dieser Arbeit nicht mehr unmittelbar von Bedeutung. Jedoch ist das JuSchG dort mittelbar von Bedeutung, wo sich die Regelungen des JMStV auf die Entscheidungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien beziehen. Für den Bereich der Telemedien hat es der Bund – anders als im durch das JuSchG aufgehobenen GjSM – dem Landesrecht vorbehalten, Regelungen zu den Indizierungsfolgen für Telemedien sowie Regelungen für Jugendschutzbeauftragte, Freiwillige Selbstkontrolle und Filterprogramme sowie jugendbeeinträchtigende Telemedien zu treffen.734 Entsprechend des zwischen Bund und Ländern vorerst gefundenen Kompromisses735 ist der Bund für die gesamten Trägermedien zuständig.736 Der Schriftenbegriff gemäß § 11 III StGB und § 1 III S. 1 GjSM wird nicht mehr verwendet. Schriften seien nicht mehr typisch für die Medienwelt. Daher wurde der Oberbegriff Schriften durch Trägermedien ersetzt.737 Dies ist zu begrüßen. Unter Trägermedien sind Medien mit Texten, Bildern oder Tönen auf gegenständlichen Trägern zu verstehen, die zur Weitergabe geeignet, zur unmittelbaren Wahrnehmung bestimmt oder in einem Vorführ- oder Spielgerät eingebaut sind.738 Die Regelungen des JuSchG über die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (§§ 18 ff. JuSchG) sind insoweit mittelbar von Bedeutung für den Jugendmedienschutz im Internet, als im JMStV an verschiedenen Stellen darauf Bezug genommen wird. So löst eine Indizierung von Telemedien739 durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Rechtsfolgen nach dem JMStV 733

Vgl. Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981 (2990). Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des JuSchG, in BT-Drs. 14/9013 S. 16. 735 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 13. 736 Vgl. § 18 JuSchG i. V. m. § 15 JuSchG. 737 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des JuSchG, in BT-Drs. 14/9013 S. 17. 738 Vgl. § 1 II JuSchG. 739 Im Rahmen des gefundenen Kompromiß ist die Bundesprüfstelle zuständig für die Indizierung von Trägermedien und Telemedien, also jetzt neben Telediensten neuerdings auch für die Indizierung von Mediendiensten. 734

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

aus: Laut § 4 I Nr. 11 JMStV sind Angebote unzulässig und dürfen nicht verbreitet werden, wenn sie in den Teilen B und D der Liste nach § 18 JuSchG aufgenommen sind oder mit einem in dieser Liste aufgenommenen Werk ganz oder wesentlich inhaltsgleich sind. Nach § 4 II Nr. 2 JMStV sind Angebote unzulässig, wenn diese in den Teilen A und C der Liste gemäß § 18 JuSchG aufgenommen sind oder mit einem in diese Liste aufgenommenen Werk ganz oder wesentlich inhaltsgleich sind. Dann dürfen die Inhalte nur bei entsprechenden technischen Vorkehrungen zur Sicherstellung, daß die Angebote nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden, verbreitet werden. Gemäß § 4 III JMStV sollen die Verbote der §§ 4 I, II JMStV nach Aufnahme eines Angebotes in die Liste nach § 18 JuSchG auch nach wesentlichen Veränderungen bis zu einer Entscheidung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien fortwirken. Auch in § 6 I JMStV wird auf die Entscheidungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Bezug genommen. Nach § 6 I S. 1 JuSchG ist Werbung für indizierte Angebote nur unter den Bedingungen zulässig, die auch für die Verbreitung des Angebotes selbst gelten. Um zu vermeiden, daß wie in der Vergangenheit geschehen, die Indizierungsliste zu Werbezwecken mißbraucht wird, sind die §§ 6 I S. 2, 3 JuSchG aufgenommen worden. Demnach darf die Liste der jugendgefährdenden Medien nicht zum Zwecke der Werbung verbreitet oder zugänglich gemacht werden. Bei Werbung darf nicht darauf hingewiesen werden, daß ein Verfahren zur Aufnahme eines Angebots oder eines inhaltsgleichen Trägermediums in die Liste nach § 18 JuSchG anhängig ist oder gewesen ist. Die Indizierungsfolgen für vorgenannte Tatbestände haben die Länder in § 24 I Nr. 1 k JMStV, § 24 I Nr. 3 JMStV und § 24 I Nr. 6 JMStV geregelt. 2. Indizierung von Telemedien a) Grundsätzliches zum Indizierungsverfahren Laut § 18 I JuSchG sind Träger- und Telemedien740, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, von der Bundeprüfstelle für jugendgefährdende Medien in eine Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen. § 18 I JuSchG ist, angelehnt an den § 1 GjSM741, eine der zentralen Vorschriften des JuSchG. Sachlich zuständig für das Indizierungsverfahren, namentlich die Entscheidung über eine Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien und über 740 Es sei nochmals betont, daß darunter gemäß § 1 III JuSchG Telemedien und Mediendienste zu verstehen sind. 741 Vgl. Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 1 GjSM Anm. 1.

III. Das Jugendschutzgesetz – JuSchG

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Streichungen aus dieser Liste, ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien742. Dabei handelt es sich um eine Bundesoberbehörde.743 Bundesoberbehörden sind Verwaltungsstellen, die aus den Ministerien ausgegliedert und als selbständige Behörden eingerichtet sind.744 Sie entscheidet in ihrer Zusammensetzung als Zwölfergremium nach § 19 V S. 1 JuSchG, ausnahmsweise als Dreiergremium in den Fällen des § 23 I JuSchG. Die personelle Besetzung der Bundesprüfstelle ergibt sich aus § 19 JuSchG. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien besteht aus einem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ernannten Vorsitzenden, je einem von jeder Landesregierung zu ernennenden Beisitzer und weiteren, vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu ernennenden Beisitzern.745 Für den Vorsitzenden und die Beisitzer muß mindestens je ein Stellvertreter ernannt werden. Die jeweilige Landesregierung kann ihr Ernennungsrecht nach Absatz 1auf eine oberste Landesbehörde übertragen. Die von dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu ernennenden Beisitzer sind den Kreisen der Kunst, der Literatur, des Buchhandels und der Verlegerschaft, der Anbieter von Bildträgern und von Telemedien, der Träger der freien Jugendhilfe, der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, der Lehrerschaft und der Kirchen, der jüdischen Kultusgemeinden und anderer Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, auf Vorschlag der genannten Gruppen zu entnehmen. Dem Buchhandel und der Verlegerschaft sowie dem Anbieter von Bildträgern und von Telemedien stehen diejenigen Kreise gleich, die eine vergleichbare Tätigkeit bei der Auswertung und beim Vertrieb der Medien unabhängig von der Art der Aufzeichnung und der Wiedergabe ausüben. Der Vorsitzende und die Beisitzer werden für die Dauer von drei Jahren bestimmt. Sie können jedoch von der Stelle, die sie bestimmt hat, vorzeitig abberufen werden, wenn sie ihrer Verpflichtung zur Mitarbeit in der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien nicht nachkommen. Das Indizierungsverfahren ist im vierten Abschnitt des JuSchG in den §§ 17– 25 JuSchG geregelt. Auf die Einzelheiten der formellen Voraussetzungen des Indizierungsverfahrens soll im folgenden nur insoweit eingegangen werden, als diese speziell für den klassischen Jugendmedienschutz im Internet und die Bewertung seiner Effektivität von Bedeutung sind.746

742

Vgl. § 17 I JuSchG. Vgl. dazu Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 111. 744 Vgl. Rudolf, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl., 2002, S. 812. 745 Vgl. hierzu im einzelnen ebda., § 9 GjSM Anm 1 ff., § 9a GjSM Anm. 1 ff.; Scholz, JMS-Report 4/1998, 1 (2). 743

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

b) Antragserfordernis und Ausnahme §§ 21 I, II JuSchG Nach alter Rechtslage wurde die Bundesprüfstelle gemäß § 11 II S. 1 GjSM grundsätzlich nur auf Antrag tätig, es sei denn, es lagen die Voraussetzungen für eine Dauerindizierung periodischer Schriften laut § 7 GjSM vor. Das Antragserfordernis ist nach § 21 I JuSchG die Regel geblieben, jedoch sind Ausnahmen gemäß §§ 21 IV, V JuSchG vorgesehen, was zu begrüßen ist, da dadurch das Indizierungsverfahren beschleunigt und insgesamt flexibler wird. Folglich können auch schnell wechselnde Online-Inhalte mit der gebotenen Zügigkeit indiziert werden. Gemäß § 21 II JuSchG sind antragsberechtigt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die obersten Landesjugendbehörden, die zentrale Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz – Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die Landesjugendämter, die Jugendämter sowie für den Antrag auf Streichung aus der Liste auch die in § 21 VII JuSchG genannten Personen, namentlich der Urheber oder der Inhaber der Nutzungsrechte sowie Anbieter von Telemedien. Die Antragsberechtigung für die Aufnahme von Angeboten in die Liste wurde damit nunmehr erweitert auf die KJM. Nicht antragsberechtigt ist jedoch weiterhin jugendschutz.net, die gemeinsame Stelle der Länder für Jugendschutz in den Telemedien, welche 1997 von den Obersten Landesjugendbehörden eingerichtet wurde.747 Diese kann auch nicht die Indizierung nach § 21 IV JuSchG anregen, sie stellt keine Behörde oder anerkannten Träger der freien Jugendhilfe dar. Da dieser Stelle jedoch die Überwachung der Telemedien auf Einhaltung der Bestimmungen zum Schutze der Jugend übertragen wurde, ist es nicht nachvollziehbar, warum jugendschutz.net nicht auch die Antragsbefugnis gemäß § 21 II JuSchG übertragen wurde. Zur Überwachungsaufgabe von jugendschutz.net gehört auch, selbst im Netz aktiv zu werden, um einen Überblick über Art und Umfang jugendschutzrelevanter Angebote gewinnen zu können.748 Insoweit stößt jugendschutz.net häufig auf zu indizierende Inhalte. Der Weg über die KJM bringt zu viel Reibungsverlust und erfordert Abstimmung im Vorfeld. Es ist begrüßenswert, daß in §§ 21 IV, V JuSchG nunmehr Ausnahmen vom Antragserfordernis gemäß § 21 I JuSchG geregelt sind. Wie in der Begründung zum JuSchG zutreffend festgestellt wird, war dies insbesondere bei Telemedien 746 Vgl. zum Indizierungsverfahren im einzelnen Stefen, ZUM 1986, 115 (118 ff.); vgl. dazu auch Brockhorst-Reetz, Repressive Maßnahmen zum Schutze der Jugend im Bereich der Medien Film, Video und Fernsehen, 1989, S. 14 ff. 747 Vgl. dazu eingehend D. II. 5. (2); Feil/Keddi, Diskurs 1/2000, 51 (54). 748 Vgl. Müller/von Heyl, in: Länderübergreifende Stelle jugendschutz.net (Hrsg.), 1998, Erfahrungsbericht der Beauftragten der Obersten Landesjugendbehörden für Jugendschutz in Mediendiensten – Fassung zur Vervielfältigung –, S. 3; Waldenberger, MMR 1998, 124 (125).

III. Das Jugendschutzgesetz – JuSchG

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aufgrund der hohen Fluktuation in den Datennetzen erforderlich.749 Demnach wird die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien von Amts wegen tätig, wenn eine in § 21 II JuSchG nicht genannte Behörde oder ein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe dies anregt und die oder der Vorsitzende der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien die Durchführung des Verfahrens im Interesse des Jugendschutzes für geboten hält. Eine weitere Ausnahme vom Antragserfordernis ist in § 21 V JMStV vorgesehen. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird in den folgenden Fällen auf Veranlassung des Vorsitzenden von Amts wegen tätig: 1. wenn zweifelhaft ist, ob ein Medium mit einem bereits in die Liste aufgenommenen Medium ganz oder im wesentlichen inhaltsgleich ist, 2. wenn bekannt wird, daß die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Mediums in die Liste nach § 18 Abs. 7 Satz 1 nicht mehr vorliegen, oder 3. wenn die Aufnahme in die Liste nach § 18 Abs. 7 Satz 2 wirkungslos wird und weiterhin die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste vorliegen. c) Verfahren bei Telemedien § 21 VI JuSchG regelt Besonderheiten für das Verfahren der Indizierung von Telemedien. Vor der Entscheidung über die Aufnahme eines Telemediums in die Indizierungsliste hat die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien der zentralen Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz, der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), Gelegenheit zu geben, zu dem Telemedium unverzüglich Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme hat die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien bei ihrer Entscheidung maßgeblich zu berücksichtigen. Soweit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien eine Stellungnahme der KJM innerhalb von fünf Werktagen nach Aufforderung nicht vorliegt, kann sie ohne diese Stellungnahme entscheiden. Hintergrund dieser Regelung ist der von Bund und Ländern getroffene Kompromiß zur Neuregelung der Kompetenzen des Jugendschutzes, wonach die Länder für sämtliche Telemedien zuständig sind. Durch diese Regelung soll eine hinreichende Abstimmung garantiert und widersprüchliche Entscheidungen vermieden werden. In die gleiche Richtung zielen die Regelungen des § 21 IX JuSchG und § 17 II JMStV. Demnach soll die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien mit der KJM und diese umgekehrt mit der Bundesprüfstelle zusammenarbeiten und einen regelmäßigen Informationsaustausch pflegen. Nunmehr ist die Indizierungsliste nach § 18 II JuSchG von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien in vier Teilen zu führen. Die Führung der einheitlichen Liste, die im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurde, hat sich bei 749

Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des JuSchG in BT-Drs. 14/9013, S. 27.

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

Telemedien nicht bewährt.750 Da Internetangebote auch nach der Listenaufnahme weiterhin frei abrufbar waren, pervertierte der Index geradezu zur Werbung für jugendgefährdende Inhalte.751 Daher wird die Liste gemäß JuSchG nun in mehrere Bereiche aufgeteilt. In die öffentlich geführten Listenteile A und B werden jugendgefährdende oder bestimmte strafbare Trägermedien aufgenommen, die nicht im Internet erhältlich sind.752 Telemedien oder sonstige abrufbare Trägermedien, die jugendgefährdend oder nach Ansicht der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien strafbaren Inhalts sind, werden in den nicht öffentlichen teilen C und D der Liste geführt.753 3. Materielle Voraussetzungen der Indizierung von jugendgefährdenden Medien a) Indizierung jugendgefährdender Medien (§ 18 I JuSchG) Materielle Voraussetzung für die Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ist, daß Träger— und Telemedien geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden. § 18 I S. 1 JuSchG umschreibt in Anlehnung an § 1 I SGB VIII neu, welche Medien jugendgefährdend sind. Die bisherige Terminologie des § 1 I S. 1 GjSM: „(. . .) die geeignet sind, Kinder und Jugendliche sittlich zu gefährden (. . .)“, wird dadurch präziser gefaßt. Es ergeben sich jedoch keine inhaltlichen Änderungen der Beurteilungskriterien.754 Die Begriffe Kinder und Jugendliche sind in §§ 1 I Nr. 1, Nr. 2 JuSchG legaldefiniert. Kind im Sinne des JuSchG ist demnach, wer noch nicht vierzehn Jahre alt ist, Jugendlicher, wer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alt ist. Das bisherige Merkmal der sittlichen Gefährdung, das inhaltlich auch weiterhin als Beurteilungskriterium herangezogen werden kann, war als Blankettbegriff zu verstehen, dessen Konkretisierung der Bundesprüfstelle und den Gerichten überlassen ist.755 Geeignet, sittlich zu gefährden, sind grundsätzlich alle Medien, die nach menschlicher Erfahrung imstande sein können, die gesunde sittliche Entwicklung von Menschen unter 18 Jahren zu beeinträchtigen. Das ist 750

Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des JuSchG, in BT-Drs. 14/9013 S. 25. So auch Liesching, NJW 2002, 3281 (3285). 752 Vgl. §§ 18 II Nr. 1, Nr. 2 JuSchG. 753 Vgl. §§ 18 II Nr. 3, Nr. 4 JuSchG. 754 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des JuSchG in BT-Drs. 14/9013 S. 25. 755 Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 1 S. 14. 751

III. Das Jugendschutzgesetz – JuSchG

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regelmäßig dann anzunehmen, wenn zu befürchten ist, daß durch den Konsum das sittliche Verhalten der Kinder oder Jugendlichen im Denken, Fühlen, Reden oder Handeln vom Erziehungsziel der pluralistischen Gesellschaft abzuweichen droht.756 Hierfür steht vor allem das Grundgesetz mit seinen Wertvorstellungen wie etwa die Achtung der Menschenwürde gemäß Art. 1 I GG, das Toleranzgebot gemäß Art. 3 GG, der Schutz der Ehe und Familie gemäß Art. 6 I, II GG757 als auch das Demokratieprinzip gemäß Art. 20 GG758. Aber auch die mit dem Grundgesetz übereinstimmenden pädagogischen Erkenntnisse und Wertmaßstäbe, über die in der Gesellschaft Konsens besteht finden in der Rechtsprechung und Spruchpraxis der Bundesprüfstelle Berücksichtigung. Statt von sittlicher Gefährdung spricht das BVerwG von sozialethischer Begriffsverwirrung.759 Darunter wird die sittliche Fehlhaltung von Kindern und Jugendlichen gegenüber Erscheinungen des menschlichen Lebens, insbesondere des Gemeinschaftslebens,760 bzw. ein ernsthafter Entwicklungsschaden derselben verstanden.761 Die Bundesprüfstelle nennt dies sozialethische Desorientierung762. Der Begriff knüpft an die Bezeichnung sozialethische Begriffsverwirrung an und weicht davon lediglich terminologisch ab. Demnach sollen solche Medien jugendgefährdend sein, die geeignet sind, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren.763 Ob und wann eine Jugendgefährdung in sittlicher Hinsicht vorliegt, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Eine Aufzählung ist nicht möglich.764 In § 18 I S. 2 JMStV finden sich im wesentlichen die gleichen Fallgruppen wie schon in § 1 I S. 2 GjSM, mit der widerleglichen Vermutung, daß unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhaß anreizende Medien jugendgefährdend im Sinne des § 18 I S. 1 JuSchG sind.765 Die 756 Ganz h. M. vgl. Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 1 GjSM Anm. 2; Steindorf, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze (Loseblattsammlung, Stand August 2000), J 214, § 1 GjS, Rdn. 7 ff.; vgl. eingehend zur Gefahr der Fehlentwicklung von Kindern und Jugendlichen C. I. 3. 757 Vgl. BVerwGE 39, 197 (206). 758 Vgl. BVerfGE 90, 1 (18 ff.). 759 Vgl. BVerwGE 23, 112 (115); 25, 318 (320); 28, 223 (230); 39, 197 (206). 760 Vgl. BVerwGE 23, 112 (114). 761 Vgl. BVerwGE 25, 318 (320). 762 Vgl. BPJS-Entsch. Nr. 2814 (V) in BPJS-Report 3/1987, 13 (14); BPJS-Entsch. Nr. 3144 in BPJS-Report 2/1988, 51 (52); BPJS-Entsch. Nr. 4694 (V), 4694 (V) in BPJS-Aktuell 4/1994, 3 (3); BPJS-Entsch. Nr. 4531 in BPJS-Aktuell 4/1995, 10 (10); BPJS-Entsch. Nr. 4642 in BPJS-Aktuell 1/1997, 13 (14); vgl. zum Begriff auch Knoll, Jugend, Jugendgefährdung, Jugend-Medienschutz, 1999, S. 15 ff. 763 Vgl. Stefen, ZUM 1986, 115 (118). 764 Vgl. Steindorf, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze (Loseblattsammlung, Stand August 2000), J 214, § 1 GjS, Rdn. 10. 765 Vgl. eingehend zu den einzelnen Fallgruppen Steindorf, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze (Loseblattsammlung, Stand August 2000), J 214, § 1

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

Aufzählung „den Krieg verherrlichende“ Medien ist entfallen, da diese Formulierung in die Aufzählung der schwer jugendgefährdenden Medien (§ 15 II Nr. 2 JuSchG) und entsprechend für Telemedien in den Katalog der Totalverbote gemäß § 4 I Nr. 7 JMStV aufgenommen wurde. Über die vorgenannten Fallgruppen hinaus haben sich durch die Rechtsprechung und Spruchpraxis der Bundesprüfstelle weitere Fallgruppen herausgebildet, bei welchen eine sozialethische Desorientierung zu bejahen ist. Dazu zählen NS-verherrlichende oder verharmlosende Schriften766, auch wenn diese noch nicht den Tatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130 II StGB verwirklichen. Ebenfalls zur sittlichen Gefährdung von Kindern und Jugendlichen geeignet sind die Menschenwürde767 verletztende Schriften768. Der Hauptanwendungsfall dieser Fallgruppe sind Horrordarstellungen, welche die Verstümmelung von Menschen, Folterszenen, Kannibalismus usw. zum Inhalt haben. Eine weitere von der Bundesprüfstelle über § 18 I S. 2 JuSchG hinaus entwickelte Fallgruppe sind Schriften, welche den Drogenkonsum anreizen oder diesen verharmlosen.769 Für die Eignung zur sittlichen Gefährdung soll bereits die Förderung der bloßen Konsumbereitschaft von Kindern und Jugendlichen ausreichen, so daß über die Reichweite des § 29 I Nr. 12 BtMG hinaus etwa auch Anleitungen für den Anbau, zu sonstiger Herstellung und zum Gebrauch von Cannabinoiden den Indizierungstatbestand erfüllen.770 Desweiteren soll auch das Propagieren des Selbstmordes oder auch die bloße (technische) Anleitung zum Suizid in Schriften bzw. Datenträgern geeignet sein, Kinder und Jugendliche sittlich zu gefährden, soweit sie ihrem Inhalt nach geeignet sind, falsche Vorstellungen bei Kindern und Jugendlichen über den Wert des eigenen Lebens hervorzurufen oder zu bestärken.771

GjS, Rdn. 24 ff.; Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 1 S. 16 ff.; Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 1 Rdn. 62 ff.; Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 1 GjSM Anm. 5 ff.; zur Indizierung von zunehmend vermehrt über das Internet angebotenen Computerspielen Lober, CR 2002, 397 (400 ff.). 766 Vgl. BPJS-Entsch. Nr. 714a, RdJ 1960, 253 (255); vgl. dazu auch BverfGE 30, 336 (347 ff.). 767 Vgl. Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (922 ff.); Di Fabio, Der Schutz der Menschenwürde durch Allgemeine Programmgrundsätze, 1999, S. 22 f. 768 Vgl. BPJS-Entsch. Nr. 4642 bis 4647 vom 12.12.1996, 1 (5); BPJS-Entsch. Nr. 5504 vom 10.2.1999, 1 (2 ff.); BPJS-Entsch. Nr. VA 6/99 vom 2.12.1999, 1 (5 ff.). 769 Vgl. BPJS-Entsch. Nr. 2982 vom 16.10.1980; BPJS-Entsch. Nr. 3040 vom 2.4.1981; BPJS-Entsch. Nr. 4076 (V) vom 9.1.1991. 770 Vgl. Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 1 S. 16 ff.; vgl. im einzelnen BPJS-Entsch. Nr. 3343 vom 6.10.1983. 771 Vgl. BPJS-Entsch. Nr. 3330 vom 7.7.1983.

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Bei der Beurteilung einer Jugendgefährdung in sittlicher Hinsicht kommt es nach allgemein anerkannter Meinung lediglich auf ein Gefahrurteil an, das heißt, die Eignung zur sittlichen Gefährdung muß nicht mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu einer sozialethischen Begriffsverwirrung führen.772 Anders als im Sinne des Gefahrenbegriffs des Polizei- und Sicherheitsrechts773 soll eine Eignung bereits dann vorliegen, wenn der mutmaßliche Eintritt einer sittlichen Gefährdung zu besorgen ist.774 Ein polizeiliches bzw. ordnungsbehördliches Handeln ist nach der Generalklausel775 im Polizei und Ordnungsrecht erst dann zulässig, wenn eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht. Unter einer konkreten Gefahr ist dabei eine Sachlage zu verstehen, die im Einzelfall tatsächlich oder jedenfalls aus der (exante) Sicht des für die Polizei handelnden Amtswalters bei verständiger Würdigung der Sachlage in naher Zukunft die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts in sich birgt.776 Bei der Entscheidung über die Aufnahme in die Indizierungsliste sollte der Bundesprüfstelle nach früherer Rechtsprechung777 ein nicht voll überprüfbarer „Beurteilungsspielraum“778 zustehen. Dessen Grenzen sollten erst überschritten sein, wenn die Bewertung willkürlich und schlechthin unhaltbar erscheine.779 Vom Gericht konnte lediglich geprüft werden, ob die Bundesprüfstelle von einem zutreffenden und vollständigen Sachverhalt ausgegangen sei, ob sie die Grenzen ihrer Einschätzungsprärogative eingehalten und die richtigen Wertmaßstäbe angewendet habe.780 Entgegen dieser früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts soll nunmehr unter Berücksichtigung der Josefine Mutzenbacher-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts781 ein wie auch immer 772 Vgl. BVerwGE 25, 318 (321); eingehend Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 1 Rdn. 42 ff.; Steindorf, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze (Loseblattsammlung, Stand August 2000), J 214, § 1 GjS, Rdn. 9; Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 1 S. 15. 773 Vgl. Schenke, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 7. Aufl., 2003, 173 (198). 774 Vgl. BVerwGE 39, 197 (198); BVerwGE 25, 318 (321); a. A. Erbel, DVBl. 1973, 527 (528); einschränkend auch Steindorf, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze (Loseblattsammlung, Stand August 2000), J 214, § 1 GjS, Rdn. 14. 775 Vgl. nur Art. 11 II Nr. 3 BayPAG und Art. 7 II Nr. 3 BayLStVG. 776 Vgl. Schenke, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 7. Aufl., 2003, 173 (198). 777 Vgl. BVerwGE 39, 197 (203 ff.); 77, 75 (84 ff.). 778 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, in: FS für Maurer, 2001, 786 (787), kurs. i.O. 779 Vgl. BVerwGE 39, 197 (203 ff.); 77, 75 (84 ff.). 780 Vgl. BVerwGE 39, 197 (204); dazu auch Geis, NVwZ 1992, 25 (25). 781 Da die Bundesprüfstelle genau wie die Gerichte durch die Grundrechte gebunden sei, soll eine Nachprüfung der Wertungen der Bundesprüfstelle durch die Gerichte verfassungsrechtlich geboten sein, vgl. BVerfGE 83, 130 (148).

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gearteter Beurteilungsspielraum der Bundesprüfstelle in diesem Bereich unvereinbar sein.782 Jedoch räumt das Bundesverwaltungsgericht den Entscheidungen der Bundesprüfstelle hinsichtlich einer Jugendgefährdung den Stellenwert einer sachverständigen Äußerung ein. Dies wurde gestützt auf die §§ 9 II, 10 GjSM (§§ 19 II, IV JuSchG). Die Feststellungen und Wertungen der pluralistisch besetzten Gremien der Bundesprüfstelle können somit nicht durch lediglich einfaches Gegenvorbringen des von der Indizierung betroffenen Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens erschüttert werden.783 Insoweit ist der entsprechende Aufwand zur Erschütterung fachgutachterlicher Äußerungen erforderlich.784 b) Offensichtlich schwer jugendgefährdende Medien (§ 15 II Nr. 5 JuSchG) § 15 II Nr. 5 JuSchG übernimmt entsprechend des früheren § 6 Nr. 3 GjSM den Tatbestand der offensichtlich schweren Jugendgefährdung. Der Inhalt der Generalklausel des § 15 II Nr. 5 JuSchG wurde analog in § 4 II Nr. 3 JMStV für die Teledienste übernommen. Aus diesem Grunde soll der materielle Inhalt der Vorschrift an dieser Stelle näher behandelt werden. Wann die Jugendgefährdung als schwer im Sinne des § 15 II Nr. 5 JuSchG angesehen werden kann, ist umstritten. In einer frühen Entscheidung stellt der BGH785 darauf ab, daß die Erziehung der jungen Menschen zu sittlich verantwortungsbewußten Persönlichkeiten unmittelbar in Frage gestellt wird, weil die Jugendlichen durch das Lesen von Schriften dieser Art der nahen Gefahr ausgesetzt werden, daß sie eine dem Erziehungsziel entgegengesetzte Haltung einnehmen. Die h. M. stellt dagegen nicht auf die Wahrscheinlichkeit bzw. das Ausmaß der Gefahr, sondern auf das Ausmaß des drohenden Schadens ab. So nimmt sie eine schwere Jugendgefährdung an, wenn die Befürchtung besteht, daß die sittliche Entwicklung in besonders erheblichem Umfang gefährdet wird, das heißt, daß grundlegende Wert- und Lebensvorstellungen des Rezipienten maßgebend in nicht zu billigender Weise beeinflußt werden.786 Hierfür spricht, daß aufgrund der bereits angesprochenen Schwierigkeiten des Nachweises von Wirkungszusammenhängen sich die Diagnose einer nahen Gefahr problematisch gestaltet.787

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Vgl. BVerwGE 91, 211 (215). Vgl. ebda., 211 (216). 784 Vgl. Geis, NVwZ 1992, 25 (28). 785 Vgl. BGHSt 8, 80 (83); ebenso OLG Köln, NJW 1971, 255 (255 ff.). 786 Vgl. Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 6 GjSM Anm. 4; Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 6 S. 27 ff.; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl., 2000, S. 517. 787 So Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 6 GjS Rdn. 21. 783

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Die schwere Gefährdung ist nach der ganz h. M. offensichtlich im Sinne des § 15 II Nr. 5 JuSchG, wenn diese klar zutage tritt, daher jedem unbefangenen Rezipienten ohne genauere Nachprüfung und größere Mühe erkennbar ist.788 Mit jedem unbefangenen Rezipienten ist damit nicht nur der für die Jugenderziehung und für den Jugendschutz aufgeschlossene Leser bzw. Nutzer erfaßt,789 sondern jedermann, das heißt auch derjenige, der völlig unbefangen ist. c) Grundsatz der gegenseitigen Verbindlichkeit wertender Jugendschutzentscheidungen (§ 18 VI JuSchG) Gemäß § 18 VI JuSchG hat die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Telemedien in die Liste aufzunehmen, wenn die zentrale Aufssichtsstelle der Länder, namentlich die KJM, die Aufnahme in die Liste beantragt hat. Dies gilt nicht in dem Falle, daß der Antrag offensichtlich unbegründet oder im Hinblick auf die Spruchpraxis der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien unvertretbar ist. Die Regelung entspricht dem Grundsatz der gegenseitigen Verbindlichkeit wertender Jugendschutzentscheidungen, der in den Eckpunkten790 zwischen den Ländern und der Bundesregierung vereinbart worden ist. Dadurch sollen unterschiedliche Unzulässigkeitsmaßstäbe aufgrund abweichender Beurteilungen vermieden werden, wie dies vor der Neuordnung des Jugendmedienschutzes der Fall war. 4. Rechtsfolgen der Indizierung a) Sonderregelung für Telemedien (§ 16 JuSchG) Die Vorschrift § 16 JuSchG bestimmt, daß Regelungen zu Telemedien, die in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 18 JuSchG aufgenommen sind, Landesrecht vorbehalten bleiben sollen. Dem Kompromiß zwischen Bund und Ländern791 entsprechend, war bei den Rechtsfolgen betreffend die Indizierung im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz eine Landesvorbehaltsregelung erforderlich. Im Bereich der Telemedien soll es demnach Landesrecht vorbehalten bleiben, Regelungen über Jugendschutzbeauftragte, Freiwillige Selbstkontrolle und Filterprogramme sowie jugendbeeinträchtigende Telemedien zu treffen. Dagegen gelten die Vorschriften des Bundes bei der Indizierung (§§ 18–25 788 Vgl. Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 6 S. 28; Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 6 GjSM Anm. 4; Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 6 GjS Rdn. 22. 789 So noch BGHSt 8, 80 (87). 790 Vgl. näher BT-Drs. 14/9013, S. 14. 791 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des JuSchG in BT-Drs. 14/9013, S. 15.

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JuSchG) ohne Einschränkung auch für Telemedien. Ein Staatsvertrag kann zwar landesrechtlich Rechtsfolgen einer Indizierung regeln, nicht aber die Voraussetzungen und das Verfahren der Indizierung.792 b) Keine Verbreitungsverbote für Telemedien im JuSchG Nach alter Rechtslage durfte laut § 3 I Nr. 4 GjSM eine Schrift, bzw. gleichgestellt ein Datenspeicher, dessen Aufnahme in der Indexliste bekanntgemacht wurde, nicht durch elektronische Informations- und Kommunikationsdienste verbreitet, bereitgehalten oder sonst zugänglich gemacht werden. Der Gesetzgeber hatte die ausdrückliche Regelung der die Informations- und Kommunikationsdienste betreffenden Verbreitungsverbote in § 3 I Nr. 4 GjSM mit der Notwendigkeit begründet, eine unter den Gesichtspunkten von Art. 5 GG zu würdigende Einengung des Zugangs zu Informations- und Kommunikationsdiensten für Erwachsene zu vermeiden.793 So wurde durch Art. 6 Nr. 3 IuKDG der § 3 II S. 2 GjSM neu eingefügt. Demnach galt das Verbreitungsverbot gemäß § 3 I Nr. 4 GjSM nicht, wenn durch „(. . .) technische Vorkehrungen Vorsorge getroffen ist, daß das Angebot oder die Verbreitung im Inland auf volljährige Nutzer beschränkt werden kann.“794 Aufgrund § 3 II S. 2 GjSM wurde aus dem absoluten Verbreitungsverbot795 § 3 I Nr. 4 GjSM ein eingeschränktes Verbreitungsverbot. Im Rahmen der Neuverteilung der Kompetenzen durch das JuSchG und den JMStV, sind nunmehr die Länder für Telemedien, also gleichermaßen für Mediendienste und Teledienste zuständig. Daher wurde § 3 II S. 2 GjSM durch das JuSchG ersatzlos aufgehoben. Auf Telemedien finden nunmehr einheitlich die Regelungen der §§ 4, 5 JMStV Anwendung. 5. Rechtsschutz a) Verpflichtungsklage Die Entscheidungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, einen den Schriften gleichstehenden Datenspeicher nach § 18 I S. 1 JuSchG in ihre Indizierungsliste aufzunehmen – nicht die Aufnahme selbst796 – stellen 792

Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des JuSchG in BT-Drs. 14/9013, S. 25. Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38. 794 Vgl. § 3 II S. 2 GjSM. 795 Darunter versteht man ein Verbot, gewisse Inhalte überhaupt, also auch an Erwachsene zu verbreiten, vgl. dazu eingehend Schulz, RuF 1993, 339 (345 ff.); Scholz, JMS-Report 4/1998, 5 (6). 796 Vgl. dazu Hoffmann, ZUM 1996, 478 (481). 793

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Verwaltungsakte gemäß § 35 VwVfG dar.797 Auch die Ablehnung eines Antrags auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und auf Streichung eines Mediums aus der Indizierungsliste798 sind Verwaltungsakte. Gegen diese Entscheidungen ist den Providern der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 I VwGO799 eröffnet, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt, wobei die streitentscheidenden Normen aus dem JuSchG stammen. Die Streitigkeit ist zudem nichtverfassungsrechtlicher Art. Eine anderweitige Rechtswegzuweisung gemäß § 40 II VwGO besteht nicht. Örtlich und sachlich zuständiges Gericht gemäß § 52 Nr. 2 VwGO, § 45 VwGO ist das Verwaltungsgericht Köln. Richtiger Beklagter ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (§ 25 III JuSchG). Erstrebt ein Provider das Wiederaufgreifen des Verfahrens und die Streichung seines Datenträgers aus der Liste, ist die Verpflichtungsklage nach § 42 I 2. Alt VwGO statthafte Klageart. Die Verpflichtungsklage muß gemäß § 74 II VwGO einen Monat nach Zustellung des ablehnenden Bescheids erhoben werden. Die Durchführung eines Vorverfahrens gemäß §§ 68 ff. VwGO ist nicht erforderlich. Nach § 25 IV S. 2 JuSchG findet kein Widerspruchsverfahren statt.800 Klagebefugt801 zur Verpflichtungsklage sind qua lege nach § 21 VII JuSchG – als lex spezialis zu § 42 II VwGO802 – der Urheber und der Inhaber der Nutzungsrechte sowie bei Telemedien der Anbieter. Im Falle eines indizierten Angebots sind das der Content-Provider und der den Inhalt bereithaltende HostService-Provider.803 Sie können eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte aus Art. 5 I GG, Art. 12 I, 2 I GG und Art. 14 GG804 geltend machen. Klagebefugt sind damit auch Content-Provider und Host-Service-Provider. Reine Access-Provider sind dagegen nicht klagebefugt, da sie keine Verletzung in ihren eigenen Rechten geltend machen können.805 Das ergibt sich schon qua lege aus § 21 VII JuSchG. 797 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). So BVerwGE 23, 112 (123); so auch die ganz h. M., vgl. nur Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 20 GjS Rdn. 1; Scholz, Jugendschutz, 3. Aufl., 1999, § 20 GjSM; Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 1 Rdn. 111; Wente, ZUM 1991, 561 (561 ff.). 798 Vgl. BVerwGE 44, 333 (335). 799 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 800 Vgl. dazu auch Lober, CR 2002, 397 (406). 801 Vgl. allgemein zur Klagebefugnis Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, 1992, S. 552 ff. 802 Vgl. Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 20 GjS Rdn. 4. 803 Vgl. zur genauen Spezifikation der Provider B. II. 2. 804 Vgl. C. III. 2., C. III. 3.

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

b) Vorläufiger Rechtsschutz Die VwGO sieht den nachträglichen Rechtsschutz als Regelfall an, vorbeugender Rechtsschutz soll die Ausnahme sein. Dies gilt auch für den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 I VwGO dahingehend, der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien die Indizierung eines Mediums zu untersagen. Nur in Ausnahmefällen kommt eine solche Anordnung in Betracht, wenn dem Betroffenen nicht zugemutet werden kann, die Indizierungsentscheidung abzuwarten. Es könnte zum Beispiel die Gefahr bestehen, daß schon durch die Entscheidung selbst vollendete Tatsachen geschaffen werden, so daß der nachträgliche Rechtsschutz im Ergebnis bedeutungslos wäre.806 Bei Indizierungsentscheidungen liegt diese Fallkonstellation sehr selten vor. Gemäß § 25 IV S. 1 JuSchG hat eine Anfechtungsklage gegen eine Indizierungsentscheidung keine aufschiebende Wirkung nach § 80 I S. 1 VwGO. Trotz Klageerhebung kann daher eine sofortige Aufnahme des betreffenden Angebots in die Liste erfolgen. Der Betroffene hat jedoch die Möglichkeit, gemäß § 80 V S. 1 VwGO die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage nach Klageerhebung807 zu beantragen. Die Begründetheit des Antrags bestimmt sich nach einer vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung.

IV. Fazit Nach der vorangegangenen Analyse der geltenden Spezialgesetze808 für den klassischen negativen Jugendmedienschutz im Internet hat sich die in C. IV. aufgestellte These bewahrheitet: Die Spaltung des Jugendschutzes im Internet in Teledienste und Mediendienste entsprach nicht der verfassungsrechtlichen Kompetenzzuweisung für den Jugendschutz, war nicht sachgerecht und wurde 805 Ebenso wären zu einer Anfechtungsklage gegen die Indizierung einer Schrift die einzelnen Händler – mit ihrer den Access-Providern ähnelnden Stellung – nicht klagebefugt, so OLG Köln, NVwZ 1994, 410 (412). 806 Vgl. BVerfG, NVwZ 1986, 1011 (1012); VGH München, NVwZ-RR 1993, 54 (54 ff.). 807 So Gödel, in: Löffler, Presserecht, 4. Aufl., 1997, § 20 GjS Rdn. 8, der den Antrag bereits vor Erhebung der Anfechtungsklage zuläßt, da § 80 V S. 2 VwGO nur für den Fall der Einlegung eines Widerspruchs im Rahmen eines Vorverfahrens gelte, gemäß § 20 S. 1 GjSM aber gerade keines stattfinde; ähnlich OVG NW, NJW 1975, 794 (794 ff.); a. A. Steindorf, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze (Loseblattsammlung, Stand August 2000), J 214, § 20 GjS, Rdn. 3; Kopp, DÖV 1967, 843 (843). 808 Zum Begriff A. I., Fn. 27.

IV. Fazit

249

zudem der zunehmenden Konvergenz der Medien809 nicht gerecht. Dem versuchten Bund und Länder durch die Einführung des Begriffs Telemedien, der gleichermaßen Teledienste und Mediendienste umfaßt, und einer diesbezüglichen Aufsichtszuständigkeit der Landesmedienanstalten durch den im Jahre 2003 in Kraft getretenen JMStV abzuhelfen. Grundsätzlich ist die Bestrebung, die Regulierung des Internet neu zu ordnen, zu begrüßen. Das Internet muß bezüglich des Jugendmedienschutzes als ein einheitliches neues Medium behandelt werden. Zu bedenken ist, daß die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen durch alle auf diesem Wege angebotenen Dienste gleichermaßen gefährdet werden kann. Für den Jugendmedienschutz kann es somit völlig gleichgültig sein, ob die Kinder oder Jugendlichen gerade ein Angebot der Individualkommunikation oder ein an die Allgemeinheit gerichtetes Angebot, das via Internet verbreitet wird, nutzen.810 Vielmehr muß der Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Einflüssen durch Inhalte aus dem Internet, welche sich auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit negativ auswirken können, im Vordergrund stehen. Leitlinie für die Gesetzgebung im Bereich des Jugendmedienschutzes im Internet dürfen daher nicht Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern sein,811 wie dies sowohl im Vorfeld des Gesetzgebungskompromisses von 1997 als auch auf dem langen Weg zum JMStV der Länder und JuSchG des Bundes der Fall war, sondern die staatlichen Schutzpflichten, die aus dem eigenen Verfassungsrang des Jugendschutzes resultieren812. Ungeachtet der vorerst gefundenen Kompromißlösung813 des JuSchG/JMStV zwischen Bund und Ländern ist die Schaffung eines Spezialgesetzes des Bundes für den Jugendmedienschutz im Internet erforderlich, was auch von der verfassungsrechtlichen Kompetenzlage gedeckt ist.814 Dabei bietet sich an, den Anwendungsbereich des JuSchG, von dem des aufgehobenen GjSM, welcher nur die Teledienste erfaßte, auf alle Dienste des Internet zu erweitern, die Inhalte anbieten. Die schwierige Unterscheidung zwischen Telediensten und Mediendiensten und die damit zusammenhängenden Probleme entfallen auf diese Weise für den Jugendmedienschutz im Internet.815 Schon daraus ergibt sich eine 809

Vgl. C. IV. Eine exakte Bestimmung ist oftmals im Einzelfall ohnehin nur unter größten Schwierigkeiten möglich, vgl. D. II. 1. 811 Kritisch dazu auch Ladeur, ZUM 1997, 372 (383), der den MDStV stark geprägt von dem Wunsch der Länder sieht, Kompetenzen gegenüber dem Bund zu behaupten. Diese Vermutung hat sich beim Kompromiß JMStV/JuSchG bestätigt. 812 Vgl. C. II. 3. 813 Vgl. Liesching, ZUM 2002, 868 (868). 814 Vgl. C. IV. 815 Auch die Bundesregierung stellt in ihrem Bericht über die Erfahrungen und Entwicklungen bei den neuen Informations- und Kommunikationsdiensten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes (IuKDG) fest, daß das Herausbrechen der Mediendienste aus dem Anwendungsbereich 810

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D. Der klassische Jugendmedienschutz im Internet

erhebliche Steigerung der Effizienz des klassischen negativen Jugendmedienschutzes im Internet. Bei der hier vertretenen Lösung, welche die Schaffung eines medienübergreifenden Bundesgesetzes zum Schutze der Kinder und Jugendlichen und im gleichen Zuge die Einrichtung einer entsprechenden Bundesbehörde vorsieht, wird auch für die beschriebenen Zuständigkeitsprobleme bei der Aufsicht über den Jugendmedienschutz im Internet Abhilfe geschaffen. Trotz der sicherlich einzuräumenden Beiträge, die die KJM im Interesse der Koordination leistet, reicht dies nicht aus. Die intensive Abstimmung der Landesmedienanstalten bleibt weiterhin erforderlich, da keine Gesamtzuständigkeit begründet ist. Daher ist eine Zentralisierung zu bevorzugen. Im Rahmen des hier vertretenen Lösungsansatzes soll die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien als alleinig zuständige Behörde für jugendgefährdende Multimediainhalte ausgebaut werden. Alle personellen und technischen Resourcen werden somit auf eine einzige Aufsichtsbehörde konzentriert. Bei der Bundesprüfstelle sollte in diesem Zuge eine Einzelabteilung Bundesprüfstellen-Inhaltskontrollstelle/Internet eingerichtet werden. Diese soll primär für das Auffinden von jugendgefährdenden Inhalten zuständig sein. Dabei kooperiert die Bundesprüfstellen-Inhaltskontrollstelle/Internet eng mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimediadiensteanbieter e. V. (FSM). Zudem ist es wichtig, daß sie mit Providern, insbesondere mit deren Jugendschutzbeauftragten in Kontakt steht, um für die Belange des Jugendmedienschutzes im Internet einzutreten und Selbstverpflichtungsstandards auszuhandeln sowie die Weiterentwicklung von technischen Schutzsystemen zu begleiten. Die Bundesprüfstelle als Bundesoberbehörde für den Jugendmedienschutz im Internet sollte für eine vom herkömmlichen klassisch-ordnungsrechtlichen Prinzip losgelöste Aufsichtsstrategie entwickeln. Das Wechselspiel aus Förderung und Steuerung der selbstregulativen Kräfte des Internet muß dabei ein bestimmender Faktor sein. Im folgenden soll daher auf diese neue staatliche Steuerungsstrategie ausführlich eingegangen werden.

des GjS zwar ein zentrales Anliegen der Länder war, im Ergebnis jedoch zu Rechtsunsicherheiten und einer Atomisierung der Aufsichts- und Verantwortlichkeitsstrukturen im Jugendschutz führt. Eine rasche Bund-Länder Einigung mit dem Ziel eines effizienten Jugendschutzes wäre wünschenswert vgl. BT-Drs. 14/1191, S. 21; vgl. auch Tettenborn, MMR 1999, 516 (521).

E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz im Internet I. Problemstellung Die traditionelle hoheitliche Steuerung1 durch imperative Zweckverwirklichung allein vermag – wie in Teil D aufgezeigt – eine effektive Inhaltskontrolle des Internet zugunsten des Jugendmedienschutzes nicht zu gewährleisten. Daher muß der Staat zusätzlich auf andere Steuerungsansätze zurückgreifen, um seine Schutzpflicht umzusetzen.2 Die Bedingungen der Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht haben sich gewandelt. Staatliche Omnipräsenz3, die Verwirklichung einer globalen Rechtsordnung allein durch den Staat4 und insbesondere die Gewährleistung des Schutzes seiner Bürger ist zunehmend schwieriger geworden. Als Grund hierfür wird vornehmlich in den Sozialwissenschaften die Steigerung der Eigenkomplexität spezialisierter Teilsysteme der Gesellschaft, eine Steigerung der Weltkomplexität und die zunehmende Ausbildung lateraler Weltsysteme angeführt.5 Die Umwelt stellt an den Staat neue Herausforderungen.6 Gerade der Jugendmedienschutz im Internet ist ein Beispiel für diese Entwicklung. Das Internet und seine Akteure, die Internet-Community, sind ein in sich abgeschlossenes gesellschaftliches Teilsystem, welches sich staatlicher Steuerung mittels imperativer Steuerung schon wegen der zugrundeliegenden technischen Gegebenheiten7 weitestgehend zu entziehen vermag.8 Die verfassungsrechtlich verankerte staatliche 1

Vgl. Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 48 ff. So auch Grzeszick, AöR 1998, 173 (194); Roßnagel, ZRP 1997, 26 (28); vgl. auch Ring, WiVerw 1999/4, 191 (201 ff.); Knothe, AfP 1997, 494 (498); Engel, AfP 1996, 220 (224). 3 Vgl. zur Entwicklung von tradierten Staatsbildern zum modernen souveränen Staat Hobe, DS 1998, 521 (523 ff.); vgl. auch Offe, JbStVw 1/1987, 309 (309 ff.). 4 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (193); dazu auch Brandt, DS 1988, 505 (516); vgl. zum klassischen Rechtsstaat und den veränderten realen und normativen Verfassungsbedingungen Brohm, DÖV 1987, 265 (265). 5 Vgl. etwa nur Teubner/Willke, ZfRSoz 1984, 4 (5); Mayntz, JbStVw 1/1987, 89 (100 ff.); vgl. in der juristischen Literatur statt vieler nur Trute, DVBl. 1996, 950 (950); der wissenschaftlich-technische Fortschritt in den Teilsystemen stellt sich als verwaltungsstaatliches Steuerungsproblem dar vgl. Pitschas, DÖV 1989, 785 (790 ff.). 6 Vgl. Klöti, JbStVw 4/1990, 13 (19). 7 Vgl. B. 2

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Schutzpflicht Jugendmedienschutz im Internet9 wurde oben dargestellt. Die staatliche Schutzpflicht besteht stets nur im Rahmen des Möglichen.10 Der Staat kann somit seiner (Jugend-) Schutzpflicht auch genüge tun,11 indem er für Systemschutz sorgt und seinen Bürgern das „schwächste“ Mittel „Selbstschutz“12 ermöglicht. Seine Verantwortung reduziert der Staat somit von einer Erfüllungsverantwortung zu einer Strukturverantwortung13, doch nur soweit dies ausreicht, um den notwendigen Schutz zu gewährleisten. Diese Entwicklung muß nicht so kritisch und nicht so düster gesehen werden, wie dies manche Kritiker der gesellschaftlichen Selbstregulierung tun.14 Gesellschaftliche Selbstregulierung muß nicht als die Selbstaufgabe eines überforderten Staates gedeutet werden,15 also als Krisensymptom oder Indiz der Ohnmacht des Staates. Vielmehr ist hierin eine staatliche Steuerungsstrategie zu sehen, „die private Effizienzvorteile nutzt und knappe staatliche Ressourcen schont“.16 Inwieweit die staatliche Aktivierung, Förderung und die damit not8 Vgl. zur Problematik Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (193, 194). 9 Vgl. zum Verfassungsrang des Jugendschutzes oben C. II. 10 Vgl. etwa BVerfGE 33, 303 (333); BVerfGE 46, 160 (164 ff.). 11 Vgl. Roßnagel, ZRP 1997, 26 (30); ders., MMR 2002, 67 (71); ähnlich Grzeszick, AöR 1998, 173 (194); Verantwortung des Staates heißt, daß er einerseits selbst die Sorge der Verantwortung trägt, also bestimmte Aufgaben erfüllt, andererseits dafür sorgt, daß die Bürger ihre eigene Verantwortung wahrnehmen, vgl. Waechter, DS 1999, 279 (291). 12 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201), kurs. i.O. 13 Vgl. Roßnagel, ZRP 1997, 26 (30); ders., MMR 2002, 67 (71); überwiegend wird hier im Zusammenhang mit der staatlichen Ermöglichung bzw. Förderung von Selbstregulierung von einer sog. „Gewährleistungsverantwortung“ gesprochen, vgl. SchmidtPreuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (173), kurs. i.O.; ders. in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1161); Trute, DVBl. 1996, 950 (964); Schuppert, DÖV 1995, 761 (768); HoffmannRiem, DV 2000, 155 (182), spricht von Gewährleistungs- und Auffangverantwortung; vgl. dazu auch ders., K&R 1999, 481 (485); ders./Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 51; vgl. E. II. 3. 14 Vgl. Ellwein/Hesse, Der überforderte Staat, 1994; Jänicke, Staatsversagen – Die Ohnmacht der Politik in der Industriegesellschaft, 1987; Mayntz, JbStVw 1/1987, 89 (89 ff.); Eberle, in: FS für Engelschall, 1996, 153 (154); dazu auch Hoffmann-Riem, Modernisierung von Recht und Justiz, 2001, S. 15 f. 15 Vgl. dazu Schuppert, DÖV 1995, 761 (761). 16 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL (56) 1997, 160 (170); gezielt könnten private Initiative und Risikobereitschaft aktiviert, sowie das Know-how von Wirtschaft und Verbänden genutzt werden, so ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (90) – man denke speziell beim Internet nur an die FSM, die schon hinsichtlich der technischen Gegebenheiten und den damit verbundenen Problemen mehr Know-how aufweist, als die zuständigen Aufsichtsbehörden; vgl. auch ders. in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1159); ähnlich Schuppert, DÖV 1995, 761 (768); ders., AöR 1989, 127 (143); Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 51; zum Verlauf Trute, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, 1999, 13 (18 ff.).

II. Jugendschutz als Referenzbereich der gesteuerten Selbstregulierung

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wendig verbundene erforderliche Grenzziehung der gesellschaftlichen Selbstregulierung im Bereich des Jugendmedienschutzes im Internet zur Kompensierung der aufgezeigten Schwächen des klassischen Ordnungsrechts beitragen kann, soll im folgenden näher beleuchtet werden.

II. Jugendschutz im Internet als Referenzbereich der gesteuerten Selbstregulierung 1. Postulat größtmöglicher Aktivierung selbstregulativer Kräfte Der neue Gestaltungsmodus „gesteuerte Selbstregulierung“17 wurde oben18 bereits skiziert. Der Staat „induziert“19 hierbei „freiwillige private Initiative und Aktivität als Beitrag zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben“.20 Im einzelnen wird auf die Ausführungen in A. II. verwiesen. Inwieweit der Staat die Erfüllung des Gemeinwohlziels Jugendmedienschutz im Internet unter Zuhilfenahme der Potentiale der gesellschaftlichen Selbstregulierung sicherstellen darf – oder sogar muß –, ist im Grundgesetz nicht ausdrücklich geregelt. Jedoch können – zum ersten – für die Bestimmung des richtigen Maßes zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung die Grundrechte in ihrer Funktion als Abwehrrechte herangezogen werden,21 insbesondere die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 I GG22 und die wirtschaftsspezifischen Freiheitsrechte, etwa Art. 12 I GG.23 Zum zweiten ist auf das Ordnungsprinzip der freiheitlich sozialen Marktwirtschaft zu verweisen.24 Nach dem Subsidiaritätsprinzip25 gehört die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private zur grundrechtlichen Freiheit. Aus vorgenannten Grundrechten und Prinzipien ergeben sich leitbildhaft Elemente der Privatinitiative, des Wettbewerbs und der individuellen Risikoübernahme,26 die sich, wie 17

Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL (56) 1997, 160 (165), kurs. i.O. Vgl. A. II. 19 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, 309 (311), kurs. i.O. 20 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL (56) 1997, 160 (165), kurs. i.O. 21 Vgl. ebda., 160 (171). 22 Vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., 2004, Art. 2 Rdn. 2 ff. 23 Vgl. Breuer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR VI, 2. Aufl., 2001, § 147 Rdn. 19 ff.; dazu auch C. III. 3. a). 24 Vgl. Schmidt-Preuß, DVBl. 1993, 236 (236 ff.). 25 Vgl. Isensee, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR III, 2. Aufl., 1996, § 57 Rdn. 167. 26 Ganz praktisch denke man hier zum Beispiel daran, daß Provider entweder im Alleingang aktiv tätig werden, Kinder und Jugendliche vor sie gefährdenden Inhalten zu schützen, oder sich sogar in Zusammenschlüssen formieren, wie etwa in der Frei18

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Schmidt-Preuß27 es nennt, „in der Summe zu einem Postulat größtmöglicher Aktivierung selbstregulativer Beiträge verdichten“. Folglich muß der Staat auch beim Jugendmedienschutz im Internet die Kräfte gesellschaftlicher Selbstregulierung bestmöglich freisetzen und wirken lassen. Aufgrund des Wesens des Internet erleidet der Nationalstaat einen Souveränitätsverlust.28 Die klassische hoheitliche Steuerung mittels Ge- und Verboten stößt im Internet faktisch schnell an ihre Grenzen.29 Gesteuerte Selbstregulierung eröffnet private Eigenverantwortung und „induziert“30 Gemeinwohlbeiträge Privater, auch im Bereich des Jugendmedienschutzes31 im Internet. Der Staat ist verpflichtet, die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, daß die privaten Akteure freiwillig und aus legitimen Eigennutz Beiträge leisten, mit denen im Ergebnis das Gemeinwohlinteresse Jugendschutz im Internet gefördert wird. Beim Jugendmedienschutz im Internet hat der Staat ansatzweise begonnen, dem Postulat größtmöglicher Aktivierung selbstregulativer Beiträge nachzukommen. Die eingesetzten Gestaltungsmodi werden unten am Beispiel der jeweiligen Normen des JMStV aufgezeigt.32 2. Grenzen der gesellschaftlichen Selbstregulierung Die Aktivierung gesellschaftlicher Selbstregulierung durch den Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben erfordert einen Verzicht auf seine imperative Steuerung. Verfassungsrechtlich ist dieser nicht unbegrenzt möglich, da die grundrechtlich verbrieften Schutzpflichten des Staates den Verzicht auf das staatliche Steuerungsmandat einschränken. Das gilt insbesondere für die Schutzpflicht des Staates, Erziehungseinflüsse zurückzudrängen, welche die geistig-seelische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in eine Richtung lenken, die mit dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht mehr vereinbar ist. Diese Schutzpflicht ergibt sich aus der positiven verfassungsrechtlichen Verankerung des Jugend-

willigen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V. (FSM); vgl. dazu eingehend E. III. 2. a) (2) (a). 27 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (171), kurs. i.O. 28 So auch Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (193); in die gleiche Richtung offenbar Bullinger, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 149 (157); ebenso Holznagel/Kussel, MMR 2001, 347 (350). 29 Vgl. D. II. 30 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, 309 (311, 312), kurs. i.O. 31 Vgl. C. II. 2. 32 Die Art der normativen Überformung des jeweiligen Feldes sei entscheidend, das Gesetz sei zentrales Steuerungsmittel, vgl. Trute, DVBl. 1996, 950 (951, 957); vgl. in diesem Zusammenhang zu den Leistungsdimensionen des Rechts Hoffmann-Riem, DV 2000, 155 (166).

II. Jugendschutz als Referenzbereich der gesteuerten Selbstregulierung

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schutzes.33 Umgekehrt darf die vorgenannte Beschränkung des Verzichts selbstverständlich nicht zu einer Übersteuerung führen. Eine weitere Grenze für den Verzicht auf das staatliche Steuerungsmandat stellt die Verpflichtung des Staates zu einer informationellen Grundversorgung dar. Darunter ist zu verstehen, daß der Staat den Kommunikationsprozeß offenzuhalten und gesellschaftlichen Informationsungleichgewichten entgegenzuwirken hat.34 Das ergibt sich einerseits aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 I GG, zum anderen aus der Informationsfreiheit in Art. 5 I 2 GG35, namentlich dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung.36 Das bedeudet also: „Je mehr sich der Staat zugunsten selbstregulativer Beiträge zurücknimmt und je größer die involvierten Risiken sind, desto stärker trifft ihn eine aus seinen Schutzpflichten resultierende Gewährleistungsverantwortung“.37 Um ihr gerecht zu werden, muß er sich eine „Zugriffsoption“38 vorbehalten. Diese ermöglicht im Falle der „gesellschaftlich-selbstregulativen Schlechterfüllung“39 ein „maßstabssicherndes Eingreifen“40 des Staates mit 33

Vgl. C. II. 3. Vgl. eingehend Trute, VVDStRL 57 (1998), 216 (249 ff.). 35 Vgl. C. II. 2. 36 Vgl. Trute, VVDStRL 57 (1998), 216 (250), die in der Informationsfreiheit verankerte staatliche Schutzpflicht beinhalte laut Trute zutreffenderweise nicht nur die Freiheitssicherung durch die Erhaltung des Zugangs zu Informationen, sondern auch den Schutz vor freiheitsgefährdenden Steuerungspotentialen durch Informationen, also den Schutz der Bürger gegenüber gesellschaftlichen Informationsagglomerationen, die durch die technischen Möglichkeiten immens gesteigert würden, zudem den Schutz vor Einflußmöglichkeiten durch Manipulationen, vgl. ebda., 216 (256) m. w. N.; insbesondere bei der Ausgestaltung eines funktionierenden Ratingsystems muß Art. 5 I S. 2 GG. genau beachtet werden, vgl. E. III. 2. b). 37 So Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (172), kurs. i.O.; ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (94); Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts – Grundfragen, 1993, 11 (43 ff.); vgl. dazu auch Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 1997, 339 (364, 365); ders., DV 2000, 155 (159); ders., K&R 1999, 481 (483); ders., in: Schulte (Hrsg.), Technische Innovation durch Recht, 3 (21); ders., Modernisierung von Recht und Justiz, 2001, S. 24 f.; Schuppert, DÖV 1995, 761 (768) spricht von Einstandsverantwortung in den Fällen gesellschaftlicher Schlechterfüllung; Rahmenverantwortung nennt es Trute, DVBl. 1996, 950 (958); ders., VVDStRL 57 (1998), 216 (249 ff.), verlangt für die Regulierung des Internet eine Neubestimmung von staatlicher Verantwortung; Christiansen, MMR 2000, 123 (127) spricht von „(. . .) korrigierendem Eingreifen (. . .)“ des Staates, meint damit offenbar dasselbe. 38 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (174), kurs. i.O. 39 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (174), kurs. i.O.; ders., in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, 309 (311). 40 Vgl. am Beispiel der FSM Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 99. 34

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

dem Instrumentarium der imperativen Zweckverwirklichung. Der „instrumentelle Zuschnitt der Zugriffsoption hängt von dem jeweiligen Steuerungssystem und seinen Funktionsbedigungen ab.“41 3. Steuerungsstrategie für den Jugendschutz im Internet Fraglich ist, wie eine Steuerungsstrategie für den Jugendmedienschutz im Internet ausgestaltet sein könnte. Bislang gibt es dazu nur wenige Stimmen in der juristischen Literatur. Schmidt-Preuß42 stellt fest: „Das Wertesystem, das bei geschlossener Staatlichkeit abgesichert werden kann, wird angesichts weltweiter Netze einem Druck, ja Sog der Öffnung und Assimilierung ausgesetzt.“ Er sieht diese Entwicklung jedoch optimistisch und stellt die Chance des Staates zur Öffnung, Kooperation und Verständigung in den Vordergrund. Leitbild soll die „eine Weltinformationsgemeinschaft“ sein.43 Nach Schmidt-Preuß ist auf nationaler Ebene44 das Zusammenwirken von Staat und Marktteilnehmern von Bedeutung. Der Staat „induziert“45 private Gemeinwohlbeiträge für den Jugendschutz ganz im Stil der „gesteuerten Selbstregulierung“.46 Dieser Ansatz ist zu begrüßen. Im Internet stößt die klassische hoheitliche Steuerung47 aufgrund seiner Ubiquität48 und Masse an Inhalten schnell an ihre Grenzen.49 Daher bietet es sich an, daß sich der Staat, dem „Postulat größtmöglicher Aktivierung selbstregulativer Beiträge“50 entsprechend, das Know-how und die Ressourcen der Marktteilnehmer durch gesteuerte Selbstregulierung zunutze macht. Imperative Steuerung sollte nur in Fällen der gesellschaftlich-selbstregulativen Schlechterfüllung Platz greifen.51 Vesting52 ist der Auffassung, daß die Aufsichtsbehörden 41

Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (174). Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (199), kurs. i.O. 43 Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.), kurs. i.O., schlägt zur Umsetzung eine Sechsebenen-Strategie vor; vgl. unten F. II. 2. 44 Zur Weltebene vgl. F. 45 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (165), kurs. i.O.; ders., in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, 309 (311). 46 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201). 47 Vgl. dazu Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 48 ff. 48 Vgl. Bullinger, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 149 (156). 49 Ähnlich Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (929); vgl. dazu allgemein Di Fabio, in: Vieweg (Hrsg.), Techniksteuerung und Recht, 9 (11 ff.). 50 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (171), kurs. i.O. 51 Vgl. für den Bereich Jugendschutz beim Rundfunk Bethge, in: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (Hrsg.), BLM-Symposion Medienrecht 2001, 61 (80). 42

II. Jugendschutz als Referenzbereich der gesteuerten Selbstregulierung

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eine auf Kooperation und gegenseitiges Lernen angelegte Interventionsstrategie entwickeln müßten, die sich anhand eines sehr differenzierten Kontrollmaßstabes auf die Verfolgung strategisch zentraler Verstöße53 beschränken sollte, während ansonsten die Grenzen der Fähigkeit zur Selbstregulierung des Netzes herausgefunden und durch staatliche Anreize unterstützt werden sollten. Allerdings müßte über die Definition strategisch zentraler Verstöße Einigkeit erzielt werden. Die Entscheidung darüber, wann ein solcher Fall vorliegt, dürfte den Aufsichtsbehörden nicht leicht fallen. Ladeur spricht sich für eine der Dynamik der Multimedia-Entwicklung angemessene Regelungsstrategie aus.54 Ein am herkömmlichen staatlichen Ordnungsrecht orientiertes Handeln könne viele unbeabsichtigte schädliche Nebeneffekte durch Omnipräsenz erzeugen.55 Daher schlägt er eine „kooperative Strategie der wechselseitigen Beobachtung und des Lernens vor, die aber auf institutionelle Stabilisierungen nicht verzichten kann.“56 Nach der hier vertretenen Ansicht muß der grobe Leitsatz für eine Steuerungsstrategie beim Jugendschutz im Internet lauten: Soviel gesellschaftliche Selbstregulierung wie möglich, soviel staatliche Steuerung wie nötig.57 Die gesellschaftliche Selbstregulierung darf einerseits nicht durch Übersteuerung behindert werden. Andererseits muß der Staat die Rahmenbedigungen für die Erbringung von freiwilligen Gemeinwohlbeiträgen der Marktteilnehmer schaffen58 und im Falle der „gesellschaftlich-selbstregulativen Schlechterfüllung“ von seiner „Zugriffsoption“59 Gebrauch machen, um Mindestmaßstäbe für den Jugendschutz zu sichern und Freiheitsrechte zu gewährleisten. 52 Vgl. Vesting, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) MDStV 4 § 18 Rdn. 35. 53 Zum Vestingschen Begriff der „(. . .) Verfolgung strategisch zentraler Verstöße (. . .)“ am Beispiel der Pornographie im Internet, vgl. eingehend ebda. Rdn. 36. 54 Auch Ladeur, CR 1996, 614 (621 f.), sieht, daß diese nur in der Form einer „(. . .) Fremdregulierung von Selbstregulierung (. . .)“, also der gesteuerten Selbstregulierung ermöglicht werden kann; die Dynamik der Medienentwicklung erfordere „(. . .) neue Formen der Verknüpfung zwischen individueller (privater), kollektiv-öffentlicher und staatlicher Verantwortung (. . .)“. 55 Vgl. Ladeur, ZUM 1997, 372 (376). 56 Vgl. Ladeur, CR 1996, 614 (622); vgl. auch Hoffmann-Riem, K&R 1999, 481 (487), der sich einen Rechtsrahmen wünscht, der es ermöglicht, daß die verschiedenen privaten Akteure und die unterschiedlichen hoheitlichen Aufsichtsträger miteinander kooperieren, allgemein zur Lern- und Anpassungsfähigkeit der Verwaltung; ders., in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 1997, 339 (392). 57 Ähnlich Schily, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 83 (95). 58 Holznagel, JZ 2001, 905 (908), stellt zutreffend fest, „Ein modernes medienspezifisches Jugendschutzrecht hätte die Aufgabe, das Rechtssystem besser mit den privaten Initiativen zu verzahnen.“ 59 Vgl. zu den Begriffen Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (174), kurs. i.O.

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

In praxi ist sodann Teil dieser Steuerungsstrategie eine stärkere staatliche Förderung der (Weiter-) Entwicklung von technischen Schutzsystemen, die auch den „Selbstschutz“60 der Bürger ermöglichen.61 Dazu zählt insbesondere der Schutz der Kinder und Jugendlichen vor problematischen Inhalten durch die Eltern. Hier wäre etwa als staatlicher Anreiz die steuerliche Begünstigung von Providern denkbar, die in größerem Maße in die Entwicklung der Schutzsysteme investieren.62 Doch allein der Einsatz solcher neuer technischer Mittel genügt noch nicht, einen effektiven Jugendmedienschutz im Internet zu gewährleisten. Vielmehr muß parallel zum Zurverfügungstellen von technischen Schutzsystemen ein „User empowerment“63 geschaffen werden. Das ist Aufgabe des positiven Jugendmedienschutzes64. Von Seiten des Staates muß die Medienpädagogik stärker als bisher angehalten werden, mediale Auswahlkompetenz zu schaffen. Darunter ist die Fähigkeit einer sinnvollen Selektion der Unmengen von auf die Rezipienten einströmenden Medieninhalten zu verstehen. Zum einen sollte nach Möglichkeit schon in Kindergarten und Schule auf eine solche Auswahlkompetenz hingewirkt werden. Zum anderen kommt es darauf an, daß auch die Eltern und die sonstigen für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen Verantwortlichen sich zum Beispiel im Wege der Aufklärung und Erwachsenenbildung eine solche Auswahlkompetenz aneignen.65 Zudem muß der Staat versuchen, dem „Postulat der größtmöglichen Aktivierung selbstregulativer Beiträge“66 nachzukommen, indem er die ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsvarianten der gesteuerten Selbstregulierung67 voll ausschöpft. Sofern die gesellschaftliche Selbstregulierung des Jugendschutzes im Internet ihre Ziele nicht erreicht, muß durch den Staat nachgesteuert werden.68 Wie oben69 bereits dargelegt, steht ihm hierfür die „Zugriffsoption“70 zur Verfügung. Der Staat muß somit von vornherein für die institutionelle Ab60 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201), kurs. i.O. 61 Vgl. Roßnagel, ZRP 1997, 26 (30); vgl. auch im einzelnen zu den technischen Schutzsystemen B. III. 4, 2.3.6, 2.4. 62 Vgl. Holznagel, JZ 2001, 905 (908). 63 Die Befähigung der Nutzer zum Umgang mit den Techniken, vgl. dazu Machill/ Waltermann, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 9 (10). 64 Vgl. dazu auch C. I. 1. 65 Vgl. mit guten Ansätzen das Grundsatzpapier der Bertelsmann Stiftung zu Leitlinien der zukünftigen Kommunikationsordnung, Bertelsmann (Hrsg.), Kommunikationsordnung 2000, 1997, S. 40 ff. 66 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (171), kurs. i.O. 67 Insbesondere die Gestaltungsvarianten der Kontextsteuerung und der reflexiven Steuerung spielen hier eine wichtige Rolle, vgl. eingehend am Beispiel der geltenden Spezialgesetze E. III. 2., E. III. 3. 68 Vgl. Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 99; für den

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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sicherung der gesellschaftlichen Selbstregulierung durch den klassischen negativen Jugendmedienschutz71 sorgen.72

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung sind vielseitig und „lassen sich auf einer gleitenden Skala zwischen klassisch imperativem Zwang und rein gesellschaftlicher Konfliktschichtung einordnen“.73 So kann der Staat dabei die Privaten völlig frei agieren lassen oder Rahmenbedingungen für eine optimale Freisetzung selbstregulativer Kräfte schaffen. Daher wird im folgenden insbesondere untersucht, welcher gesetzgeberischen Möglichkeiten der gesteuerten Selbstregulierung sich die Staatsvertragspartner in den Vorschriften zum Jugendmedienschutz im Internet bedient haben. 1. Gesellschaftliche Konfliktlösung – „Netiquette“ Der vom Staat derzeit verfolgte Gestaltungsmodus der gesteuerten Selbstregulierung hinsichtlich der Netiquette74 kann auf der oben75 genannten Skala bei fast rein gesellschaftlicher Konfliktschlichtung76 eingeordnet werden. Wie schon der Begriff Netiquette per se verrät, handelt es sich dabei um grundlegende Richtlinien, die den richtigen Umgang der Nutzer untereinander im Internet garantieren sollen als eine Art Internet-Knigge.77 Diese Regeln sind nicht etwa staatlicher Art, sondern wurden von der Internet-Gemeinde selbst verabschiedet.78 Die Netiquette stellt damit einen „Kodex von sozialen VerhalJugendschutz beim Rundfunk vgl. Bethge, in: Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (Hrsg.), BLM-Symposion Medienrecht 2001, 61 (80). 69 Vgl. A. I. 70 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (174), kurs. i.O. 71 Vgl. dazu eingehend D. II. 72 Auch Roßnagel, MMR 2002, 67 (69), hält eine rechtliche Regulierung für unvermeidbar. 73 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (221), kurs. i.O.; auch HoffmannRiem, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 1997, 339 (371); ders., Modernisierung von Recht und Justiz, 2001, S. 29. 74 Entstanden durch die Zusammensetzung der Wörter Network und Etiquette. 75 Vgl. E. III. 76 Vgl. zur den Regulierungstypen Hoffmann-Riem, Modernisierung von Recht und Justiz, 2001, S. 29, insbesondere S. 19. 77 Vgl. Koch, Internet-Recht, 1998, S. 241. 78 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198).

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

tensnormen dar, der auf freiwilliger Übereinkunft und Weiterentwicklung durch ständige Diskussion beruht.“79 Inhaltlich maßgeblich sind in erster Linie die Netiquette Guidelines80 in der von der Network working group erstellten Fassung, die als internetweit einheitliche Empfehlungen betrachtet werden können.81 Es gibt dennoch viele unterschiedliche Ausprägungen der Netiquette in den verschiedenen Diensten, teilweise sogar providerspezifische Netiquettes.82 Fraglich ist, ob die Netiquette für den Jugendmedienschutz im Internet überhaupt von Bedeutung ist. In der Netiquette geht es inhaltlich meistens hauptsächlich um die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Internet.83 So werden u. a. hierzu technische Hinweise und Ratschläge gegeben. Außerdem legt die Netiquette soziale Rechte und Pflichten84 fest.85 Desweiteren beschreibt sie die Verkehrsauffassung der Netznutzer86 und soll die Folgen für den User bei einem abweichenden Verhalten deutlich aufzeigen. Oft findet sich daher in den Netiquettes die Aussage, daß die Benutzung des Internet ein Privileg und kein Recht sei. Die Erlaubnis könne jederzeit zurückgezogen werden. Das soll möglich sein, wenn ein Benutzer zum Beispiel ungesetzliche Informationen im Netz oder rassistisches oder antisoziales Verhalten zeige.87 Konkrete Richtlinien bzw. Vorgaben, betreffend den Schutz der Kinder und Jugendlichen im Internet, sind jedoch in den Netiquettes eher spärlich enthalten und wenn doch, meist nur indirekt.

79 Vgl. Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 189; Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 87; vgl. auch Eberle, in: FS für Engelschall, 1996, 153 (153); Hoeren, in: Becker (Hrsg.), Rechtsprobleme internationaler Datennetze, 1996, 35 (36 ff.). 80 Vgl. RFC 1855/FYI 28 vom Oktober 1995, verfaßt von Sally Hambridge, Intel. Corp. unter http://rfc.net/rfc1855.html (abgerufen am 15.05.2001). 81 Vgl. Koch, Internet-Recht, 1998, S. 242. 82 Vgl. Reiser unter http://www.ping.at/guides/netmayer/netmayer.html (abgerufen am 25.09.2002); bezüglich der Netiquette der verschiedenen Dienste vgl. nur eingehend zur Netiquette im Usenet Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 88 ff.; vgl. auch Partl, Netiquette – fuer die Menschen im Usenet unter http:// www.boku.ac.at/news/newsd2.html (abgerufen am 25.09.2002); vgl. auch eine Netiquette für Systemverantwortliche in Schulnetzen von Diepold, Die 10 Gebote für einen verantwortlichen Umgang mit dem Netz unter http://www.educat.hu-berlin.de/mv/ 10gebote.html (abgerufen am 25.09.2002). 83 Dazu zählt zum Beispiel der Aufruf zu maßvollem Umgang mit technischen Resourcen und die regelmäßige Überprüfung von Files auf Viren. 84 Engel, BDGV 39 (2000), 353 (412) spricht hier von sozialen Normen. 85 Hier geht es etwa darum, ob man sich in einer E-Mail mit „Du“ oder „Sie“ anspricht, wie man sich als Neuling in einer Diskussionsgruppe zu verhalten hat und nach welchen Vorfällen man verwiesen wird oder ob es ziemlich ist, Diskussionsbeiträge anonym zu versenden etc. 86 So findet hier eine ganz eigene „Netzethik“ ihren Ausdruck. 87 Vgl. dazu Klau, Das Internet: der größte Informationshighway der Welt, 1995, S. 39.

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

261

Die Netiquette stellt „private Normgebung“88 dar und hat als solche zunächst „keinerlei rechtliche Bindungswirkung“.89 Es handelt sich vielmehr um bloße Zielvorgaben und Verhaltensregeln, die sich die Internet-Community selbst setzt. Jedoch kann der einzelne Provider die Netiquette zur Grundlage seiner Verträge mit den Usern machen, um sie auf diese Weise zur Einhaltung zu verpflichten.90 Den Gerichten und Behörden kann die Netiquette zur Bestimmung und als „selbstregulative Auslegungsofferte“91 der im Internet und anderen Netzen üblichen Umgangsformen dienen.92 Jedoch wird davon bislang nur äußerst zurückhaltend Gebrauch gemacht, da die Internet-Community keine geeigneten Auslegungsofferten anbietet.93 Ähnlich wie bei der Berücksichtigung von DINNormen könnte dies mittels der Generalklauselmethode im Wege „steuernder Rezeption“94 gefördert werden. Der Staat definiert hierbei normative Standards mittels unbestimmter Rechtsbegriffe95 für Umgangsformen im Internet. Durch private Normgebung werden diese sodann konkretisiert. Da der Netiquette als solche keine Rechtsverbindlichkeit zukommt und eine Berücksichtigung durch die Gerichte und Behörden bei der Bestimmung der im Internet und anderen Netzen üblichen Umgangsformen kaum erfolgt, ist auch ihre Bedeutung für den Jugendmedienschutz sehr begrenzt. Auch wenn man an die Funktionsfähigkeit der netzinternen Sanktionen für Verstöße gegen die Netiquette glauben mag, wie etwa beispielsweise Massenproteste96 oder die Diffamierung durch sogenannte CyberAngels am elektronischen Pranger,97 kommt ein weiterer Aspekt hinzu, der die Netiquette in ihrem Wirkungsmaß beschränkt: Mag die Netiquette in den Zeiten vor der Kommerzialisierung des Internet98, in denen dieses vorwiegend als Wissenschaftsnetz und von einer 88

Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (250). Vgl. auch Engel, BDGV 39 (2000), 353 (409). 90 Vgl. zur Problematik der Einhaltung von Verhaltensregeln als vertragliche Rechtspflicht Spindler, in: Büllesbach/Heymann (Hrsg.), Informationsrecht 2000 – Perspektiven für das nächste Jahrzehnt, 2000, 153 (210 f.). 91 Begriff von Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (254 ff.); ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (95 ff.). 92 Vgl. Strömer, Online-Recht, 2. Aufl., 1999, S. 41. 93 Vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen zur privaten Normgebung der FSM in E. III. 2. a) (2) (a). 94 Vgl. dazu eingehend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (203 ff.), kurs. i.O.; ders., ZLR 1997, 249 (253 ff.); Schulte, in: Vieweg (Hrsg.), Techniksteuerung und Recht, 23 (30); Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, 1999, 47 (79). 95 Vgl. Ebinger, Der unbestimmte Rechtsbegriff im Recht der Technik, 1993, S. 19 ff. 96 Diese erfolgen zumeist mit einer Überhäufung mit Protest E-Mails, vgl. dazu eingehend Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 105 ff. 97 Vgl. Engel, AfP 1996, 220 (223). 98 Vgl. dazu eingehend Engel, BDGV 39 (2000), 353 (368 ff.). 89

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

kleineren Internet-Gemeinde genutzt wurde, mittels der beschriebenen Sanktionen noch in der Lage gewesen sein, einen ethischen Mindeststandard zu sichern, hat sich das mit der Ausweitung in eine Vielzahl von Nutzern mit jeweils ganz unterschiedlichen Interessen leider grundlegend geändert.99 Das Internet ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt sehr stark kommerzialisiert. So bestimmt oft nicht der ethische Kodex Netiquette das Handeln jener Provider, die jugendgefährdende Inhalte anbieten, insbesondere das der Schwarzen Schafe unter den Anbietern von erotischen Inhalten, sondern vielmehr ihr wirtschaftliches Interesse an größtmöglicher Gewinnerzielung.100 Zu bedenken ist dabei, daß den Providern eine stärkere netzinterne Stellung zukommt, als den Nutzern, denen die Einhaltung der Netiquette am Herzen liegt.101 So kann die Bedeutung der Netiquette102 für den Jugendmedienschutz im Internet durch gesteuerte Selbstregulierung insgesamt eher als gering eingestuft werden. 2. Kontextsteuerung Bei den Spezialvorschriften des Jugendmedienschutzes im Internet haben sich der Bundesgesetzgeber und die Staatsvertragspartner des Steuerungstypus der Kontextsteuerung103 bedient. Der Staat schafft hierbei Rahmenbedigungen für eigenverantwortliche gesellschaftliche Selbstregulierung. Dazu integriert er bereits bestehende oder etabliert völlig neue, selbstregulative, gemeinwohlfördernde Systeme, läßt jedoch die Branchenbeteiligten selbst entscheiden, ob sie sich daran beteiligen wollen und wie sie die Ziele und Anforderungen erreichen oder verwirklichen wollen.104 Wie Schmidt-Preuß formuliert hat, ist „Kontext99 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198); Eberle, in: FS für Engelschall, 1996, 153 (153); so auch Bremer, Strafbare Internet-Inhalte in internationaler Hinsicht: ist der Nationalstaat wirklich überholt?, 2001, S. 69 ff. 100 Ebenfalls kritisch Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 91; Roßnagel, MMR 2002, 67 (69). 101 Vgl. dazu die Resolution des Internet Medienrates, verabschiedet anläßlich der konstitutierenden Sitzung am 24.09.1996 in Bonn unter http://www3.medienrat.de/ medienrat/ziele.html (abgerufen am 25.09.2002). Für den Bereich des Wettbewerbsrechts stellt Hoeren, in: Becker (Hrsg.), Rechtsprobleme internationaler Datennetze, 1996, 35 (55) die Begründetheit der Angst der Internet-Community vor der Agressivität von Wirtschaftsunternehmen eindrucksvoll dar; ders., NJW 1998, 2849 (2852), kritisch zu einer völligen Ersetzung staatlicher Intervention durch Selbstregulierung; vgl. dazu auch Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198). 102 Nach den vorangegangenen Ausführungen müßte man genau genommen sagen „der Netiquettes“, da es „die Netiquette“ als eine einzige, abschließende nicht gibt. 103 Zum Begriff der Kontextsteuerung in der sozialwissenschaftlichen Literatur vgl. Teubner/Willke, ZfRSoz 1984, 4 (4 ff.); Willke, ZfRSoz 1995, 94 (95 ff.). 104 Vgl. zum ganzen Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (185).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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steuerung“105 die Bewirkung von Verhaltensweisen durch Auslösung motivationaler Sogeffekte106 dadurch, daß die privaten Akteure einem Systemdruck ausgesetzt werden. Dieser wird erzeugt durch die Vorteile107, die demjenigen zuwachsen, der sich dem selbstregulativen System freiwillig anschließt. So werden private Beiträge induziert, „die dem legitimen Eigennutz dienen, aber zugleich das Gemeinwohl befördern.“108 Hoffmann-Riem stellt zutreffend fest, daß diese Folge umso besser erreicht werden wird, „als die regulativen Strukturvorgaben der Eigenrationalität der in dem jeweiligen Selbstregulierungssystem handelnden Personen und Institutionen vereinbar sind.“109 a) Ordnungsrechtliche Primärpflicht mit Abwendungsbefugnis: Jugendschutzbeauftragter (§ 7 I S. 2 JMStV) oder Beitritt zu einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle (§ 7 II JMStV) Das Gesetz ist ein zentrales Steuerungsmittel des Staates.110 So haben die Staatsvertragspartner für den Jugendmedienschutz im Internet im Wege der „Kontextsteuerung“111 die „Gestaltungsvariante der ordnungsrechtlichen Primärpflicht mit Abwendungsbefugnis“112 gewählt. Dabei hat der Staat – gestaltungstypisch für die Kontextsteuerung – ein selbstregulatives, gemeinwohlförderndes System für die providerinterne Jugendschutz-Selbstregulierung eingerichtet.113 So statuieren die Staatsvertragspartner in § 7 I S. 2 JMStV auf der Primärebene für die Anbieter die Pflicht, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen. Durch die Aufgabenbestimmung des Jugendschutzbeauftragten in § 7 III–V JMStV setzten die Staatsvertragspartner einen Standard für die providerinterne Jugendschutz-Selbstregulierung.114 Das Ziel ist es, nach Möglichkeit ohne staatliche Eingriffe eine jugendfreudliche Gestaltung der Online-Angebote durch die Anbieter zu erreichen. 105

Vgl. Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (937). Vgl. dazu Schmidt-Preuß, ebda., 160 (187), kurs. i.O.; ders., in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1166). 107 Diese Vorteile können unterschiedlicher Natur sein, vgl. dazu noch eingehend jeweils bei den unterschiedlichen Gestaltungsvarianten der Kontextsteuerung. 108 Vgl. dazu im einzelnen Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (165, 185), kurs. i.O. 109 Vgl. Hoffmann-Riem, K&R 1999, 481 (485). 110 Vgl. dazu nur Trute, DVBl. 1996, 950 (957). 111 Vgl. Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (937). 112 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (185 ff.). 113 Denn die Gesetzgeber haben erkannt, daß den Gefahren eines anarchischen Systems wie dem Internet nicht mit hierarchisch gegliederten, starren Ge- oder Verboten begegnet werden kann, hier seien vielmehr schon von ihrer Struktur her flexibel angelegte, selbstregulative Reaktionsmechanismen erforderlich, vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38. 106

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Auf der Sekundärebene bedienten sich die Staatsvertragspartner in § 7 II JMStV des bereits bestehenden Systems der kollektiven gesellschaftlichen Selbstregulierung.115 So ist es nun bestimmten Anbietern freigestellt, ihre Pflicht gemäß § 7 I S. 2 JMStV im Wege der Verpflichtung einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 7 II JMStV nachzukommen.116 Dadurch entsteht ein für die gesteuerte Selbstregulierung charakteristischer „motivationaler Systemdruck“117, der zu einer „Induzierung von privaten Beiträgen führt, die dem legitimen Eigennutz dienen, aber zugleich das Gemeinwohl befördern.“118 Es nutzt dem Provider, daß er sich entweder mit Hilfe des Jugendschutzbeauftragten oder dem Beitritt zu einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle in die Lage versetzt, ein aus jugendschutzrechtlicher Sicht korrektes Angebot anzubieten. Dadurch realisiert sich ein Schutz des Providers vor etwaigen behördlichen Untersagungs- oder Sperrungsanordnungen gemäß §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II MDStV119 oder einer späteren Indizierung seines Angebots durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien.120 Nicht zuletzt entgeht er damit einer bußgeldbewehrten Ordnungswidrigkeit nach § 24 I Nr. 7 JMStV wegen der Nichtbestellung eines Jugendschutzbeauftragten bzw. Nichtverpflichtung einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle zur Wahrnehmung der Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten. Diese „Zugriffsoption“121, die sich der Staat für den Fall vorbehält, daß die gesellschaftliche Selbstregulierung Gemeinwohlergebnisse verfehlt – also eine Kontrolle der Selbstkontrolle – ist typisch für den Steuerungsmodus der gesteuerten Selbstregulierung.

114 Zur selbsregulativen Wirkungsweise im Kontext der Unternehmensorganisation Schmidt-Preuß, in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1162 ff.); ders., VVDStRL 56 (1997), 160 (186 ff.); ders., DÖV 2001, 45 (51). 115 Vgl. dazu E. III. 2. a) (2). 116 Vgl. Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 97. 117 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (185), kurs. i.O.; ders., in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1166). 118 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (185), kurs. i.O.; ders., in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, 2001, 309 (311); ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (189 ff., 201); A. Faber, Gesellschaftliche Selbstregulierungssysteme im Umweltrecht – unter besonderer Berücksichtigung der Selbstverpflichtungen, 2001, S. 81. 119 Vgl. D. II. 6. 120 Vgl. D. III. 2. 121 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (174), kurs. i.O.; ders. in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1161); ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (94); ähnlich HoffmannRiem, DV 2000, 155 (181); vgl. auch Schuppert, DÖV 1995, 761 (768); Trute, DVBl. 1996, 950 (953).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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Zugleich bewirkt die Induzierung des privaten Beitrags des Anbieters122 zu einer effektiven, unternehmensinternen Selbstregulierung des Jugendschutzes eine erhebliche „Förderung des Gemeinwohls“,123 namentlich des Jugendmedienschutzes im Internet. Durch die beschriebenen organisatorischen Maßnahmen im Bereich der Diensteanbieter soll sichergestellt werden, daß jugendgefährdende Inhalte von Kindern und Jugendlichen weitgehend ferngehalten werden können.124 (1) Der Jugendschutzbeauftragte (a) Bestellungspflicht Zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten sind laut § 7 I S. 2 JMStV geschäftsmäßige Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien, die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte enthalten, verpflichtet.125 Die Pflicht zur Beauftragung eines Jugendschutzbeauftragten gilt nun auch ausdrücklich für Anbieter von Suchmaschinen. Da von der Pflicht gemäß § 7 I S. 2 JMStV nur jene Anbieter betroffen sind, die bestimmte Inhalte in Telemedien anbieten, müssen Access-Provider126 grundsätzlich keine Jugendschutzbeauftragten bestellen. Das erscheint als sinnvoll, da diese lediglich den reinen Zugang zur Nutzung der Dienste des Internet vermitteln, mit der inhaltlichen Gestaltung von Angeboten hingegen nicht befaßt sind. Nur Provider, die geschäftsmäßig tätig sind, trifft die Pflicht aus § 7 I S. 2 JMStV. Erfaßt ist somit, wer regelmäßig und in nicht unbeträchtlichem Umfang Angebote verbreitet. Früher war gewerbsmäßiges Anbieten127 entscheidendes Kriterium, also jedes fortgesetzte, selbständig und planmäßig ausgeübte, dauerhaft auf die fortlaufende Erzielung eines nicht nur unerheblichen Gewinns gerichtete Handeln128. Problematisch war dabei, daß aufgrund der Voraussetzung 122 Vgl. auch Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 97. 123 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Bauer/Breuer/Degenhart/Oldiges (Hrsg.): 100 Jahre Allgemeines Baugesetz Sachsen, 2000, 585 (585). 124 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38; vgl. auch Begründung zum MDStV in Bay-LT Drs. 13/7716, S. 12. 125 Vgl. Bröhl, CR 1997, 73 (78); Scholz, JMS-Report 4/1998, 5 (6); ders., JMSReport 4/1998, 1 (3); ders., JMS-Report 4/1999, 3 (4); Liesching, CR 2001, 845 (848); Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 610. 126 Vgl. B. II. 2. 127 Vgl. § 12 V S. 1 MDStV a. F./§ 7a S. 1 GjSM a. F. 128 Vgl. Kahl, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung und ergänzende Vorschriften, Band 1 (Loseblattsammlung Stand: 1. Januar 2002), § 1 Rdn. 3 ff.

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

der Gewerbsmäßigkeit verschiedene Anbieter, die zwar Inhalte von bedeutendem Umfang zur Nutzung bereithalten, wie etwa Bibliotheken, Universitäten, öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter, Parteien, Religionsgemeinschaften oder Vereine, die aber nicht gewerblich in diesem Sinne tätig sind, von der Verpflichtung, einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen oder eine Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle mit dessen Aufgaben zu betrauen, befreit waren.129 In den amtlichen Begründungen fand sich dazu nichts.130 Diese Ausnahme durfte im Sinne eines effizienten Jugendschutzes nicht bestehen bleiben, da auch in diesen Angeboten eine Vielzahl jugendgefährdender Inhalte enthalten sein kann. Von Heyl schlug zur Problemlösung vor, eine Gesetzesänderung dahingehend vorzunehmen, daß die Verpflichtung zur Bestellung auch für nichtgewerbliche Anbieter gilt, wenn sie dies geschäftsmäßig betreiben.131 Dieser Vorschlag wurde zu Recht aufgegriffen, da auch nichtgewerbliche Anbieter, die professionell und in größerem Umfang Inhalte anbieten, zu entsprechenden Maßnahmen zugunsten des Jugendschutzes verpflichtet werden müssen. Es muß sich um allgemein zugängliche Telemedien handeln.132 Das heißt, es muß einem unbestimmten Personenkreis technisch möglich sein, den Dienst in Anspruch zu nehmen. So sind Anbieter von Netzen, deren Nutzerkreis von vornherein beschränkt ist – etwa beim firmeneigenen Intranet – nicht verpflichtet, einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen oder eine Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle mit dessen Aufgaben zu betrauen. Das erscheint angesichts dessen, daß auch in diesen Netzen jugendgefährdende Inhalte enthalten sein und Kinder und Jugendliche dem beschränkten Adressatenkreis angehören können, als nicht besonders sinnvoll. Die Verpflichtung zur Bestellung gemäß § 7 I S. 2 JMStV besteht, wenn entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte in den angebotenen Telemedien enthalten sind. Früher hatten der Bundesgesetzgeber und die Staatsvertragspartner in den entsprechenden Regelungen § 12 V S. 1 MDStV a. F./ § 7a S. 1 GjSM a. F. betreffend den Jugendschutzbeauftragten bewußt eine sehr niedrige Schwelle gewählt, da schon die bloße Möglichkeit eines Vorhandenseins genügen sollte. Jugendgefährdende Inhalte „(. . .) können (. . .)“ in nahezu jedem Dienst enthalten sein.133 Die alte Fassung war daher sachgerechter, da 129 Vgl. zur Problematik von Heyl, JMS-Report 6/2000, 1 (4); vgl. dazu auch Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 7a Rdn. 11; ders., in: Hoeren/Sieber (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht (Loseblattsammlung Stand April 2004) Teil 20 Rdn. 268. 130 Vgl. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 18; Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38 bzw. Begründung zum MDStV in Bay-LT Drs. 13/7716, S. 12. 131 Vgl. von Heyl, JMS-Report 6/2000, 1 (4). 132 Daß hierdurch die Abgrenzung von Telediensten und Mediendiensten ad absurdum geführt wird, zeigt eindrucksvoll auf Bleisteiner, Rechtliche Verantwortung im Internet, 1999, S. 232.

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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dadurch dem hohen, verfassungsrechtlich verankerten Schutzgut Jugendmedienschutz stärker Rechnung getragen wurde. Viele Provider legen den Inhalt der Bestellungspflicht unzutreffend aus. Um Kosten zu sparen134 bestellen viele Geschäftsinhaber sich selbst oder den Geschäftsführer der Firma zum Jugendschutzbeauftragten. Eine Erfüllung der Bestellungspflicht liegt in diesen Fällen nicht vor.135 Vielmehr muß ein unparteiischer136 Mitarbeiter bestellt werden. Unzulässig ist sowohl die Bestellung des Firmeninhabers, als auch bei Gesellschaften die Bestellung der Geschäftsführer oder der Mitglieder des Vorstands. Möglich ist dagegen auch die Bestellung firmenexterner Personen zum Jugendschutzbeauftragten, die selbstverständlich die dafür erforderlichen Qualifikationen besitzen müssen.137 Dies ergibt die Auslegung des Gesetzeswortlauts. So berät der Jugendschutzbeauftragte den Anbieter gemäß § 7 III S. 1 JMStV und ist von dem Anbieter bei Fragen der Herstellung, des Erwerbs, der Planung und der Gestaltung von Angeboten und bei allen Entscheidungen zur Wahrung des Jugendschutzes angemessen und rechtzeitig zu beteiligen gemäß § 7 II S. 2 JMStV. Die Staatsvertragspartner haben somit eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß der Anbieter bzw. seine Entscheidungsträger sich nicht selbst zum Jugendschutzbeauftragten bestellen können. Der Ausschluß der Personenidentität ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck des § 7 I S. 2 JMStV. Mittels der providerinternen Kontrolle durch den Jugendschutzbeauftragten und dessen speziellem Know-how soll sichergestellt werden, daß jugendgefährdende Inhalte von vornherein von Kindern und Jugendlichen ferngehalten werden, entweder durch die jugendfreundliche Gestaltung des Angebots oder durch entsprechende Schutzmaßnahmen.138 Der Geschäftsinhaber bzw. die Entscheidungsträger der Firma können sich jedoch nicht selbst kontrollieren oder beraten.

133 Anders Liesching, CR 2001, 845 (848) der meint, daß es auf die konkrete Art und Gestaltung des Dienstes ankomme. Die Offensichtlichkeit der Eignung der Inhalte zur Kinder- und Jugendgefährdung solle ausschlaggebend dafür sein, ob die Bestellungspflicht bestehe. 134 Entweder für den hauseigenen Jugendschutzbeauftragten oder die Beiträge für eine Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle, im Falle der Gebrauchmachung von der Abwendungsbefugnis, vgl. dazu eingehend E. III. 2. a) (2). 135 Ähnlich von Heyl, JMS-Report 6/2000, 1 (3); Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 7a Rdn. 9; so auch jugendschutz.net in der täglichen Praxis. 136 Vgl. dazu unten E. III. 2. a) (1) (d). 137 So auch Liesching, CR 2001, 845 (848). 138 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38; vgl. ähnlich Begründung zum MDStV in Bay-LT Drs. 13/7716, S. 12.

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

(b) Rechtsstellung Dem Jugendschutzbeauftragten kommt leider eine relativ schwache Rechtsstellung zu. Er hat weder eine öffentlich-rechtliche Stellung139 noch wird er von einer Jugendschutzbehörde zu bestimmten Tätigkeiten ermächtigt. Vielmehr steht er allein in einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis zu dem Provider, der ihn zum Jugendschutzbeauftragten bestellt hat. Aufgrund seiner daraus resultierenden grundsätzlichen persönlichen Abhängigkeit besteht die Gefahr, daß die Ergiebigkeit seiner Arbeit für den Jugendschutz geschmälert werden könnte. Jedoch wurden mit der Novellierung durch den 2003 in Kraft getretenen JMStV bestimmte Rechte des Jugendschutzbeauftragten gesetzlich normiert und seine Position dadurch – zumindest theoretisch – etwas gestärkt. Er ist nunmehr gemäß § 7 IV S. 2 JMStV, genau wie der Jugendschutzbeauftragte beim Rundfunk oder der Datenschutzbeauftragte laut § 36 III S. 2 BDSG140, bei der Anwendung seiner Fachkunde auf dem Gebiet des Jugendschutzes weisungsfrei. Desweiteren wurde in § 7 IV S. 3 JMStV ein Benachteiligungsverbot aufgenommen. Zudem ist der Jugendschutzbeauftragte, soweit es für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist, unter Fortzahlung seiner Bezüge von der Arbeitsleistung freizustellen.141 Wünschenswert wäre auch die gesetzliche Regelung eines besonderen Kündigungsschutzes im JMStV gewesen. Anders als dem Datenschutzbeauftragten nach § 36 III S. 2 BDSG oder dem Immissionsschutzbeauftragten gemäß §§ 58 I, II S. 1 BImSchG142 kommt ein solcher dem Jugendschutzbeauftragten nicht zuteil. Es wird daher vorgeschlagen, in § 7 IV JMStV einen besonderen Kündigungsschutz für den Jugendschutzbeauftragten zu verankern, um damit seine Stellung noch weiter zu stärken und somit die selbstregulativen Kräfte noch intensiver zu mobilisieren. In diesem Zuge sollte zudem auch eine explizite Unterstützungspflicht der Anbieter gegenüber den Jugendschutzbeauftragten, ähnlich der Regelungen in § 36 V BDSG, § 55 IV BImSchG, aufgenommen werden. (c) Aufgaben Die zentrale Aufgabenzuweisung für den Jugendschutzbeauftragten findet sich in § 7 III JMStV, aufgeteilt in Aufgaben im Außenverhältnis und im In-

139

Als unabhängiger Sachwalter des öffentlichen Interesses, etwa als Beliehener. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). 141 Vgl. § 7 IV S. 4 JMStV. 142 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1990 in BGBl. III/FNA 2129-8. 140

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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nenverhältnis. Die Staatsvertragspartner haben sich dabei leider am § 12 V S. 2 MDStV a. F. orientiert und sich sehr kurz und vage gehalten. Im Innenverhältnis zum Anbieter soll der Jugendschutzbeauftragte diesen in Fragen des Jugendschutzes beraten. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften soll die Beratung dabei folgendermaßen aussehen: Dadurch, daß der Jugendschutzbeauftragte vom Anbieter bereits an der Planung des Angebots und bei der Gestaltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Verträge, die der Diensteanbieter mit seinen Inhaltszulieferern schließt, beteiligt werden muß, soll er von vornherein auf eine jugendfreundliche inhaltliche Gestaltung der Angebote hinwirken.143 Gegebenenfalls muß er bei jugendgefährdenden Inhalten auf deren Nichtveröffentlichung drängen. Ist dies ohne Erfolg, soll der Jugendschutzbeauftragte wenigstens frühzeitig auf die Einplanung von technischen Schutzsystemen hinwirken, die den Zugang zu diesen Inhalten auf Volljährige beschränken. Dabei soll er den Anbieter mit seinem Know-how bei der praktischen Umsetzung unterstützen. Somit ist die Hauptaufgabe des Jugendschutzbeauftragten im Innenverhältnis, seinen Anbieter vor den rechtlichen Folgen der Verbreitung jugendgefährdender Inhalte ohne Beschränkung zu bewahren, indem er ihn dazu bewegt, unter Beachtung des Jugendschutzes zu agieren. Im Außenverhältnis soll der Jugendschutzbeauftragte Ansprechpartner für die Nutzer sein. Insbesondere soll er die Erziehungsberechtigten über den pädagogischen Umgang mit dem Internet und den technischen Sicherungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche beraten.144 Der Jugendschutzbeauftragte kann Hinweise auf jugendgefährdende Inhalte in Telemedien entgegennehmen und diese an den Anbieter, die Jugendschutzbehörden und die Strafverfolgungsbehörden weiterleiten.145 Leitet der Jugendschutzbeauftragte den Hinweis an den Anbieter weiter, setzt er diesen damit in Kenntnis und macht ihn gemäß § 11 TDG/§ 9 MDStV verantwortlich. Darüber, ob der Jugendschutzbeauftragte eingehende Hinweise auf unzulässig verbreitete Angebote an die Jugendschutzbehörden und Strafverfolgungsbehörden sogar weiterleiten muß, wenn der Anbieter nach Weitergabe des Hinweises keine Abhilfe schafft, sagt § 7 JMStV nichts. Nach den allgemeinen Gesetzen ist er dazu zumindest nicht verpflichtet.146 In realiter kann das schon aufgrund seiner relativ schwachen Rechtsstellung gegenüber dem Provider und seiner arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitspflicht nicht verlangt werden. 143 144

Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38. Vgl. ebda.; vgl. Scholz, JMS-Report 4/1999, 3 (4); ders., JMS-Report 4/1998, 5

(7). 145 So zumindest früher die Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BTDrs. 13/7385, S. 38. 146 Im Katalog des § 138 StGB sind die Verbreitungsdelikte nicht erwähnt, eine Strafvereitelung durch Unterlassen einer Anzeige gemäß § 258 StGB scheidet aus, da keine Anzeigepflicht i. S. d. § 13 StGB besteht.

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

(d) Fachliche Anforderungen Welche speziellen fachlichen Anforderungen an die Person des Jugendschutzbeauftragten zu stellen sind, ist in § 7 JMStV nicht explizit geregelt worden. In § 7 IV S. 1 JMStV ist lediglich mit unbestimmtem Rechtsbegriff geregelt, daß der Jugendschutzbeauftragte die zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben erforderliche Fachkunde besitzen muß. Auch in der Literatur finden sich hierzu nur wenige Kommentare. Somit bleibt unklar, welche Qualifikationen eine Person konkret besitzen muß, daß der Anbieter mit ihrer Bestellung seiner Pflicht gemäß § 7 I S. 2 JMStV nachkommt und somit keine Ordnungswidrigkeit gemäß § 24 I Nr. 8 JMStV verwirklicht.147 Deshalb kann nur angelehnt an die Aufgabenbeschreibung in § 7 III S. 1–3 JMStV Rückschluß gezogen werden auf die fachlichen Anforderungen. Der Jugendschutzbeauftragte soll den Anbieter demnach in Fragen des Jugendschutzes beraten. Basisvoraussetzung ist somit eine gute Kenntnis im Jugendschutzbereich. Damit eröffnet sich ein weites Feld.148 Da der Jugendschutzbeauftragte dem Anbieter von vornherein bei einer jugendfreundlichen Gestaltung seines Angebots behilflich sein soll, muß er zunächst die Medienrealität kennen, das heißt er sollte redaktionelle Fähigkeiten besitzen. Um den Provider vor den rechtlichen Folgen einer unzulässigen Verbreitung von jugendgefährdenden Inhalten bewahren zu können, muß er die grundlegenden Normen des Jugendschutzrechts kennen und auszulegen wissen.149 Insbesondere müßte er in der Lage sein, Inhalte rechtlich klassifizieren zu können. Um Verstößen gegen Verbreitungsverbote vorbeugen zu können, ist ein fundiertes Know-how 147 Im Datenschutzrecht wurde dahingehend Rechtssicherheit geschaffen: „Zum Beauftragten für den Datenschutz darf nur bestellt werden, wer die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit besitzt.“, vgl. § 36 II BDSG; so auch im Immissionsschutzrecht, vgl. § 55 II S. 1 BImSchG; daß bezüglich der konkreten Anforderungen an den Jugendschutzbeauftragten bei den Anbietern erhebliche Rechtsunsicherheit besteht, belegt eindrucksvoll eine vom Deutschen Multimedia Verband (DMMV) bei seinen Mitgliedern durchgeführte Befragung, vgl. dazu Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen und Entwicklungen bei den neuen Informations- und Kommunikationsdiensten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes (IuKDG) BR-Drs. 390/99, S. 46. 148 Vgl. dazu Knoll, BPjS-Aktuell 3/1998, 3 (9). 149 In diesem Zusammenhang ist fraglich, ob die Aufgaben eines Jugendschutzbeauftragten ausschließlich von Volljuristen bzw. Rechtsanwälten ausgeübt werden können. Einen Verstoß gegen § 1 Rechtsberatungsgesetz durch geschäftsmäßiges Anbieten der Wahrnehmung der Aufgaben eines Jugendschutzbeauftragten hat das Landgericht Düsseldorf in einem ersten, diesbezüglichen Rechtsstreit zutreffend verneint, vgl. Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18.09.2002 – 12 O 334/02, S. 8. Der Jugendschutzbeauftragte erbringt im wesentlichen nicht die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, sondern ist vielmehr providerseitiger Sachwalter des Jugendschutzes. Jedoch muß der Jugendschutzbeauftragte in jedem Falle die für seine Tätigkeit qua Gesetz erforderlichen Qualifikationen besitzen, da sonst eine unzulässige Irreführung gemäß § 1 UWG vorläge.

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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über technische Schutzvorkehrungen unerläßlich. Da der Jugendschutzbeauftragte als Ansprechpartner für die Nutzer – insbesondere Erziehungsberechtigte – bezüglich des Internet beraten soll, muß er auch über pädagogische Fähigkeiten verfügen. Doch es dürfen an die Person des Jugendschutzbeauftragten auch nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Das könnte sich auf die providerinterne Jugendschutz-Selbstregulierung eher kontraproduktiv auswirken, da der Provider die damit verbundenen Kosten und Mühen scheut und es dann immer vorziehen wird, von seiner Abwendungsbefugnis gemäß § 7 II S. 1 JMStV Gebrauch zu machen. Auch die gesetzliche Verankerung einer Kontrollmöglichkeit der Eignung des Jugendschutzbeauftragten durch Bund oder Länder150 erscheint für die bestmögliche Aktivierung selbstregulativer Kräfte eher kontraproduktiv, da somit die Provider erheblich stärker Gefahr liefen, wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24 I Nr. 8 JMStV belangt zu werden und daher von der Bestellung von Jugendschutzbeauftragten vorsichtshalber Abstand nähmen. Hinzu kommt, daß die Provider ein eigennütziges Interesse an einem hinreichend qualifizierten Jugendschutzbeauftragten haben dürften, um den rechtlichen Folgen wegen jugendgefährdender Inhalte mit seiner Hilfe von vornherein vorzubeugen. Auch aus diesem Grunde sollte ein Vertrauensvorschuß in die Auswahlentscheidung der Provider gegeben werden. Bei Verfehlen des Systemziels – der providerinternen Jugendschutz-Selbstregulierung – bleibt als Zugriffsoption ohnehin in jedem Falle das beschriebene klassische Instrumentarium der imperativen Zweckverwirklichung. (e) Mitwirkungsrechte Gemäß § 7 II JMStV steht dem Jugendschutzbeauftragten gegenüber dem Anbieter ein Beteiligungsrecht bei Herstellung, Erwerb, Angebotsplanung und dessen Gestaltung zu. Der Begriff Angebotsplanung ist sehr weit auszulegen.151 Darunter kann der gesamte Enstehungsprozeß eines neuen Angebots verstanden werden. Dieser reicht von der ersten Inhaltsschöpfung, der Zielgruppenbestimmung und den Überlegungen zu Zugangsmöglichkeiten über die Verträge zwischen dem Anbieter und den Inhaltszulieferern mit entsprechenden Verpflichtungen zugunsten des Jugendschutzes bis zur Installation der technischen Schutzvorkehrungen. Auch die Gestaltung der Allgemeinen Nutzungsbedingungen, die dem Nutzungsverhältnis zwischen Anbieter und Nutzer zugrundeliegen, dürften auch gemäß neuer Fassung des § 7 III S. 2 JMStV umfaßt sein.152 Des 150 Vgl. Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 7a Rdn. 8. 151 Nichts anderes ergibt sich aus der Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38. 152 Vgl. ebda.; vgl. auch Begründung zum MDStV in Bay-LT Drs. 13/7716, S. 12.

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

weiteren ist der Jugendschutzbeauftragte vom Anbieter bei Fragen der Herstellung und des Erwerbs von Angeboten zu beteiligen. Um den Jugendschutzbeauftragten hinreichend zu beteiligen i. S. d. § 7 II JMStV, muß der Anbieter den Jugendschutzbeauftragten zunächst über alle jugendschutzrelevanten Vorgänge rechtzeitig informieren und zu diesbezüglichen Gesprächen und Verhandlungen hinzuziehen. Er muß den Jugendschutzbeauftragten nach § 7 III S. 2 JMStV vor allen Dingen ganz konkret über das jeweilige Angebot vollständig informieren. Die Vorschläge des Jugendschutzbeauftragten müssen zwar vom Anbieter berücksichtigt, jedoch aber nicht zwingend befolgt werden. Dennoch sollte das Beteiligungsrecht des Jugendschutzbeauftragten nicht unterschätzt werden. Macht der Jugendschutzbeauftragte fundierte Vorschläge, die es dem Anbieter ermöglichen, Schaden von seiner Firma fernzuhalten, wird er diese in praxi auch befolgen, obwohl ihn das Gesetz dazu nicht verpflichtet.153 Ferner ist der Jugendschutzbeauftragte mit einem Vorschlagsrecht für Beschränkungen von Angeboten laut § 7 III S. 3 JMStV ausgestattet. Daraus resultiert andererseits jedoch auch die Pflicht, im Rahmen der Zumutbarkeit das gesamte Angebot seines Anbieters ständig zu überwachen und im Falle des Auffindens eines entwicklungsbeeinträchtigenden oder jugendgefährdenden Inhalts unverzüglich den Anbieter darauf hinzuweisen und Abhilfevorschläge zu unterbreiten.154 Zur Befolgung der Vorschläge ist der Anbieter nicht verpflichtet. Vielmehr liegt eine rasche Umsetzung wieder in seinem Eigeninteresse. Es müßte über eine normative Verankerung einer Unterstützungspflicht seitens des Anbieters gegenüber dem Jugendschutzbeauftragten nachgedacht werden. Eine solche ist für den Datenschutzbeauftragten in § 36 V BDSG, für den Immissionsschutzbeauftragten in § 55 IV BImSchG geregelt. Dadurch würde die Stellung des Jugendschutzbeauftragten erheblich gestärkt. So könnte der Jugendschutzbeauftragte gegenüber dem Anbieter auch für diesen wirtschaftlich nachteiligere Vorschläge zugunsten des Jugendmedienschutzes durchsetzen, was zu einer Steigerung der Effizienz seiner Tätigkeit führt.

153 Ähnlich Liesching, in: Das Deutsche Bundesrecht, Erläuterungen zum Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte, V G 50 (Stand 881. Lieferung – November 2001), § 7a S. 30. 154 So auch Steindorf, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze (Loseblattsammlung, Stand August 2000), J 214, § 7a GjS, Rdn. 1; ähnlich Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 7a Rdn. 24.

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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(2) Abwendungsbefugnis – Beitritt zur organisierten gesellschaftlichen Selbstregulierung (§ 7 II JMStV) Für die Verwirklichung des Systemziels, ohne staatliche Eingriffe eine jugendfreundliche Gestaltung der Online-Angebote durch die Anbieter zu erreichen, wird in § 7 II JMStV den Anbietern auf der Sekundärebene die „Abwendungsbefugnis“155 eingeräumt. Somit können sie ihrer Verpflichtung zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten auch durch den Beitritt in eine Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle und deren Verpflichtung zur Wahrnehmung der Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten unter einer entsprechenden Beteiligung und Information gemäß § 7 III JMStV nachkommen. Dadurch sollte ein gesetzlicher Anreiz für die Provider zum Zusammenschluß in freiwillige Selbstkontrolleinrichtungen geschaffen werden,156 der in praxi auch sehr rege angenommen wurde. Es muß sich dabei nicht um eine gemäß § 19 JMStV anerkannte Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle handeln.157 Konkreter Vorteil von der Abwendungsbefugnis auf Sekundärebene Gebrauch zu machen, ist eine wesentliche Kostenersparnis für die Provider, da die Beiträge zu den Organisationen in jedem Falle geringer sind als die Kosten für einen hausinternen Jugendschutzbeauftragten.158 Durch die Delegationsmöglichkeit sollten insbesondere kleine und mittlere Betriebe entlastet werden.159 In der Realität wurde dies leider in der Vergangenheit auch von vielen großen Unternehmen ausgeübt, die sich einen eigenen Jugendschutzbeauftragten problemlos hätten leisten können. Dem wurde in der Neufassung des 7 II JMStV Rechnung getragen. Danach können nunmehr nur noch Anbieter von Telemedien mit weniger als 50 Mitarbeitern sowie nachweislich weniger als zehn Millionen Zugriffen (Visits) im Monatsdurchschnitt eines Jahres von der Abwendungsbefugnis Gebrauch machen. Auch Anbieter in der Rechtsform einer großen Kapitalgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuches können die Abwendungsbefugnis nicht ausüben. Diese Regelung ist zu begrüßen. Ein weiterer Vorteil des Beitritts des Anbieters zu einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle liegt in der public-relationswirksamen Imageverbesserung160. Nicht zuletzt wird dem Anbieter als Mitglied durch die intensive Spe155

Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (185), kurs. i.O. Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38; ähnlich Begründung zum MDStV in Bay-LT Drs. 13/7716, S. 12. 157 Vgl. dazu auch Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 18. Jedoch kommt der Anbieter auch nicht in den Genuß der aufsichtsrechtlichen Privilegierung nach § 20 V JMStV, wenn die Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle nicht anerkannt ist, vgl. dazu näher E. III. 2. a) (3) (b). 158 Vgl. dazu auch Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 97. 159 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38; ähnlich Begründung zum MDStV in Bay-LT Drs. 13/7716, S. 12. 156

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

zialisierung der Mitarbeiter der Selbstkontrollorganisation eine fachkundige Beratung zuteil. Im folgenden wird untersucht, ob die derzeit existierenden Organisationen der freiwilligen Selbstkontrolle die gesetzlichen Anforderungen der Abwendungsbefugnis überhaupt erfüllen. Zwischenzeitlich haben sich auf nationaler Ebene in Deutschland unterschiedliche Organisationen formiert, welche die kollektive Form der „gesellschaftlichen Selbstregulierung“161 des Internet betreiben.162 (a) Freiwillige Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter e. V. (FSM) (aa) Institution Die Freiwillige Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter e. V. (FSM) ist ein eingetragener Verein, der 1997 von verschiedenen Verbänden und Unternehmen der Medienindustrie gegründet wurde.163 Die Gründer teilten die Auffassung der Regierungen des Bundes und der Länder, daß auch von Seiten der Wirtschaft etwas unternommen werden müsse, um die Verbreitung jugendgefährdender Inhalte via Internet zu verhindern.164 Ziel der FSM ist es demnach gemäß § 2 I ihrer Satzung165, die in ihrem Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“166 niedergelegten Grundsätze umzusetzen und die Beachtung seiner Regelungen zu fördern.167 Hierzu hat die FSM eigens eine Beschwerdestelle eingerichtet.168 Beschwerde160 So auch Holznagel/Kussel, MMR 2001, 347 (349); Engel, MMR Beilage 4/ 2003, 1 (22). 161 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162), kurs. i.O.; im Anschluß daran Price/Verhulst, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (178); vgl. auch Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201). 162 Vgl. zum Überblick Erd, KJ 2000, 627 (640); zum Vergleich zur Freiwilligen Selbstkontrolle Kino (FSK) vgl. Rossen, ZUM 1994, 224 (224 ff.); zur Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) vgl. eingehend Mast, Programmpolitik zwischen Markt und Moral, 1999, S. 309 ff. 163 Vgl. zu den Hintergründen Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 92 ff. 164 Vgl. Satzung vom 9. Juli 1997 unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09. 2002); vgl. auch Rath-Glawatz/Waldenberger, CR 1997, 766 (767). 165 Vgl. Satzung vom 9. Juli unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002). 166 Vgl. Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://fsm.de/de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09. 2002); vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 2. 167 Im Zentrum der Aufgaben der FSM steht damit der Jugendschutz und die Verhinderung/Beseitigung strafrechtlicher Inhalte im Internet vgl. Rath-Glawatz/MüllerUsing, JMS-Report 5/1997, 53 (53).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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stellen werden allgemein auch als Hotlines169 bezeichnet. Zudem will die FSM für ihre Mitglieder die Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten170 nach § 7 III JMStV übernehmen, die Diensteanbieter somit in allen Fragen des Jugendschutzes zu beraten und Ansprechpartner für die Nutzer sein. In Ziff. 3 des Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“171 wird klargestellt, daß mit der Mitgliedschaft in der FSM der Verpflichtung gemäß § 7 II JMStV nachgekommen wird.172 Des weiteren will die FSM den Nutzern der Dienste des Internet durch das Angebot von Informationen über die eigene Arbeit, die Anwendung technischer Schutzmechanismen und die Einrichtung einer Informations- und Anlaufstelle einen verantwortungsbewußten Umgang mit den Online-Diensten vermitteln.173 Diese theoretische Zielsetzung ist insbesondere aufgrund des noch weithin fehlenden Know-hows im Umgang mit technischen Schutzsystemen der für den Schutz der Kinder und Jugendlichen Verantwortlichen zu begrüßen. Daß dieses Ziel jedoch mit dem finanziellen und personellen Rahmen der FSM wirkungsvoll in die Praxis umgesetzt werden kann, darf bezweifelt werden. Die FSM will zudem eine enge Zusammenarbeit mit anderen Selbstkontrolleinrichtungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene betreiben.174 Ordentliches Mitglied kann bei der FSM laut § 3 ihrer Satzung175 jeder gewerbsmäßige Anbieter eines elektronischen Informations- und Kommunikationsdienstes sowie jeder mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Zusammenschluß mehrerer solcher Anbieter werden, fördernde Mitglieder können gemäß § 3 II ihrer Satzung auch Unternehmen oder Verbände aus der Kommunikations- und Medienindustrie sein.176 168

Vgl. zum Beschwerdeverfahren eingehend E. III. 2. a) (2) (a) 3. Dabei kann unterschieden werden zwischen Hotlines, die Hinweise lediglich an Strafverfolgungsbehörden etc. weiterleiten und Hotlines mit einem eigenen Beschwerdeverfahren und eigener Spruchpraxis wie zum Beispiel die FSM; auf internationaler Ebene sind erstere derzeit in der Überzahl. Vgl. zum Begriff „Hotline“ auch das Memorandum zur Selbstregulierung von Internet-Inhalten der Bertelsmann Stiftung in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 27 (51). 170 Vgl. E. III. 2. a) (1) (b). 171 Vgl. Ziff. 3 Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://fsm.de/de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002). 172 Vgl. zu den damit verbundenen Problemen eingehend E. III. 2. a) (2). 173 Vgl. § 2 II der Satzung vom 9. Juli 1997 unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002); die Förderung von gesellschaftlicher und sozialer Verantwortlichkeit ist eine wichtige Aufgabe jedes Organs zur Selbstregulierung, vgl. dazu Price/Verhulst, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (180). 174 Vgl. § 2 III der Satzung vom 9. Juli 1997 unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002); vgl. dazu auch F. III. 175 Vgl. Satzung vom 9. Juli 1997 unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09. 2002); vgl. auch Rath-Glawatz/Waldenberger, CR 1997, 766 (767). 169

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Die Organe der FSM sind der Vorstand, bestehend aus dem Vorsitzenden und fünf Stellvertretern177, die Mitgliederversammlung,178 das Gremium (Beschwerdestelle)179 und die juristische Gutachterkommission (JGK).180 Staatliche Zuschüsse erhält die FSM bislang nicht. Die Kosten der FSM werden vollständig aus Mitgliedsbeiträgen gedeckt.181 (bb) Private Normgebung: Der Verhaltenskodex des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V. Kernstück der kollektiven Form der gesellschaftlichen Selbstregulierung ist in aller Regel der Code of Conduct, der Verhaltenskodex der jeweiligen Selbstkontrollinstitution. Dieser stellt eine Sammlung von Grundprinzipien und Verhaltensweisen dar, die für die gesamte Branche als anerkannt richtiges Verhalten erachtet werden. So kann der Verhaltenskodex etwa Festlegungen von freiwilligen Verhaltensregeln (Voluntary Standards), von Vertragsvorschriften (Contractual Provisions), Empfehlungen (Best-Practices) oder selbstgesetzten Zielvorgaben (Performance Goals and Objectives) enthalten.182 Solche Verhaltenskodizes werden zum einen entworfen, um das Image einer Organisation oder Branche in der Öffentlichkeit zu verbessern oder zu schützen.183 Zum anderen sollen branchenintern bestimmte Gemeinwohlziele verwirklicht werden. Hierfür werden die ethischen Standards, auf die man sich verpflichtet hat, öffentlich gemacht. Problematisch ist dabei jedoch, daß die Codes of Conduct nur bedingt geeignet sind, die tatsächlichen ethischen Vorstellungen der Branche zu beschreiben,

176 Die FSM hat laut eigener Auskunft inzwischen über 425 Mitglieder, darunter unter anderem auch die meisten größeren Unternehmen der „Internet-Industrie“ wie AOL Bertelsmann Online GmbH & Co KG, T-Online International AG u. v. m. sowie die wichtigsten Verbände wie Deutscher Multimedia Verband e. V. (DMMV), Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e. V. (BDZV) u. v. m., vgl. im einzelnen die Übersicht unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2001). 177 Vgl. §§ 4, 5 der Satzung vom 9. Juli 1997 unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002). 178 Vgl. §§ 4, 6 der Satzung vom 9. Juli 1997 unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.05.2002); ordentliche Mitgliederversammulungen finden einmal jährlich statt, vgl. dazu auch Rath-Glawatz/Waldenberger, CR 1997, 766 (767). 179 Vgl. §§ 4, 7 der Satzung vom 9. Juli 1997 unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002); vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 3. 180 Die juristische Gutachterkommission (JGK) gibt es seit Januar 2001. Mit der Bildung der JGK wollte die FSM anscheinend Vorwürfen entgegenwirken, sie werde nicht präventiv tätig. 181 Vgl. § 8 der Satzung vom 9. Juli 1997 unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002). 182 Vgl. Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 189. 183 Vgl. Price/Verhulst, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (191).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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weil sie in der Regel nicht von allen Beteiligten verfaßt werden, sondern nur von den Gründern der Selbstkontrollinstitutionen.184 Price/Verhulst185 sehen eine weitere Gefahr, die Codes of Conduct in sich bergen: Diese mögen zwar regelmäßig den Anschein von gesellschaftlicher Verantwortung und Verbraucherschutz vermitteln – sie könnten jedoch sehr leicht auch als schlichtes Werkzeug zur Imageverbesserung des Unternehmens mißbraucht werden. Ob ein Kodex bloße Augenwischerei sei, ließe sich am besten daran beurteilen, wie durchsetzbar die im Kodex formulierten Regeln seien, insbesondere wie die Institution ihre Mitglieder bei Verstößen gegen den Kodex sanktioniere. In diesem Zusammenhang ist desweiteren problematisch, daß sich nicht alle Branchenteilnehmer dem Code of Conduct unterwerfen werden.186 Besonders problematisch erscheint aufgrund der „Ubiquität“187 des Internet die inhaltliche Ausgestaltung der Codes of Conduct der verschiedenen nationalen Selbstkontrollinstitutionen der Online-Dienste. In den jeweiligen Nationen herrschen teilweise sehr divergierende Moralvorstellungen188 und damit auch unterschiedliche Ansichten darüber, was in Online-Diensten verbreitet werden darf und was nicht.189 Sieber190 schlägt als Lösungsansatz für diese Problematik die „Zugrundelegung eines möglichst vielen Rechtsordnungen gerecht werdenden einheitlichen Mindeststandards“ vor. Auch Schmidt-Preuß191 hat festgestellt, daß allenfalls ein „internationales ethisches Minimum“ herausgebildet werden kann. In realiter ist zu erwarten, daß alle nationalen Selbstregulierungsinstitutionen jeweils nur ihre eigenen Standards in den Codes of Conduct berücksichtigen. Aufgabe der internationalen Dachorganisationen wird es aus diesem Grunde sein, wenigstens Kollissionsregelungen192 auszuhandeln. Verhaltenskodizes entfalten als solche keine rechtliche Bindungswirkung. Es handelt sich bei diesen um sogenannte private Normgebung.193 Schmidt-Preuß versteht unter privater Normgebung die „Setzung freiwilliger, generell-abstrak184

Vgl. dazu Johnson/Scholes, Exploring Corporate Strategy, 1997, S. 218 ff. Vgl. Price/Verhulst, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (191). 186 Vgl. Roßnagel, MMR 2002, 67 (69). 187 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192), kurs. i.O. 188 Vgl. Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 93; Engel, AfP 2002, 119 (123 ff.) spricht von Werten. 189 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198); Eberle, in: FS für Engelschall, 1996, 153 (153 ff.). 190 Vgl. Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 274. 191 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198); ders., in: FS für Link, 2003, 921 (929). 192 Vgl. dazu F. III. 2. 193 Vgl. Brennecke, Normsetzung durch private Verbände, 1996, S. 109 ff. 185

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

ter Regeln über Produkte, Verfahren und Spezifikationen im weitesten Sinn durch private Unternehmen, Verbände oder gemischte Einrichtungen mit maßgeblichem privaten Einfluß.“ Sie ist damit das augenfällige Gegenstück zur staatlichen Gesetzgebung.194 Durch private Normgebung schaffen sich Unternehmen und Verbände195 ihre Regeln in eigener Verantwortung selbst. So fehlt es hierbei an der hoheitlichen Vorgabe von Rechten und Pflichten in strikter Verbindlichkeit. Es handelt sich um keine Rechtssätze. Daher sind private Regelwerke im wesentlichen auf „freiwillige Beachtung angewiesen“.196 Denjenigen, die gegen die Verhaltenskodizes verstoßen, droht in der Regel keine staatliche Sanktion, sondern ein schiedsgerichtsähnliches Verfahren197 der Selbstkontrollorganisation mit den dazugehörigen Sanktionen.198 Wenn Behörden oder Gerichte bei ihrer Rechtsanwendung private Regelwerke für die Auslegung von Technikklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen heranziehen, können durchaus auch staatliche Sanktionen drohen. Es handelt sich dabei um eine Schnittstelle zwischen Selbstregulierung und Steuerung.199 Demjenigen, der gegen eine Regel im Code of Conduct einer Selbstkontrollorganisation verstößt, kann eine staatliche Saktion drohen, wenn die Behörde oder das Gericht die „selbstregulative Auslegungsofferte“200 annimmt.201 Der Staat bedient sich hierbei einerseits des Sachverstands der Selbstkontrollinstitutionen, andererseits behält er sich – ganz im Sinne der gesteuerten Selbstregulierung – seine Zugriffsoption und Letztentscheidungskompetenz vor. Die Einhaltung von privaten Normen hat bestenfalls eine widerlegbare Indizwirkung. Teilweise werden sie von Behörden und Gerichten auch nur als bloße Orientierungshilfe herangezogen.202 Die „Zugriffsoption“ kann der Staat, wie Schmidt-Preuß es nennt, sich insbesondere im Wege der „steuernden Rezeption“203 vorbehalten.204 Es geht dabei 194 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (250); eingehend ders., VVDStRL 56 (1997), 160 (202 ff.); zum ganzen auch Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 148 ff. 195 Vgl. zum Hintergrund Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 95 ff. 196 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (90), kurs. i.O. 197 Vgl. Engel, BDGV 39 (2000), 353 (409). 198 Und dieses kann nur gegenüber Mitgliedern als einigermaßen effektiv bezeichnet werden, vgl. dazu im einzelnen am Beispiel der FSM E. III. 2. a) (2) (a) 3. 199 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (95); Brennecke, Normsetzung durch private Verbände, 1996, S. 105 ff. 200 Vgl. näher Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (254 ff.). 201 Vgl. allgemein Brennecke, Normsetzung durch private Verbände, 1996, S. 108. 202 Vgl. zum ganzen Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 149 m. w. N.

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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um eine „prozedurale Richtigkeitsgewähr“.205 Das heißt, „je mehr private Regelwerke den Geboten der Transparenz, Publizität, Repräsentanz und Revisibilität genügen, desto eher können Behörden davon ausgehen, daß eine private Norm auch inhaltlich akzeptabel ist und normkonkretisierend rezipiert werden kann.“206 Die Normungsorganisationen können sodann frei entscheiden, ob sie die demokratisch-rechtsstaatlichen Mindeststandards erfüllen wollen. SchmidtPreuß207 konkretisiert die vorgenannten vier prozeduralen Mindestanforderungen für die privaten Normungsorganisationen in folgenden drei Kernprinzipien: „erstens –, die frühzeitige Bekanntgabe von Normungs-Vorhaben und die Veröffentlichung bzw. Verfügbarkeit von Normentwürfen, – zweitens –, die ausgewogene Beteiligung der interessierten Kreise bei der Normerstellung und – drittens – die jedermann offenstehende Möglichkeit, Einspruch zu erheben und – ggf. – ein Schlichtungs- sowie Schiedsverfahren in Gang zu setzen.“ Die FSM erfüllt keine der drei genannten Kernprinzipien. Das Normungsvorhaben wurde nicht frühzeitig bekannt gegeben. Auch wurden die interessierten Kreise im Bereich des Jugendmedienschutzes im Internet bei der Normerstellung nicht beteiligt. Zudem bestand bzw. besteht keine Einspruchsmöglichkeit gegen die Normen. Fraglich ist nun, inwieweit die private Normgebung der FSM überhaupt materiell für die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des Jugendschutzrechts herangezogen werden kann. Die Stärkung des Jugendschutzes auf selbstverantworteter Basis ist erklärtes Ziel der FSM.208 Dabei orientiert sich der Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ inhaltlich jedoch an den gesetzlichen Maßstäben, woraus ein gewisses Maß an Transparenz und Publizität resultiert.209 So sollen die Mitglieder der FSM im Rahmen der gesetzlich bestimmten Verantwortlichkeit – damit 203 Vgl. dazu eingehend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (203 ff.); ders., ZLR 1997, 249 (253 ff.); ders., in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (189 f.), kurs. i.O. 204 Vgl. dazu auch Schulte, in: Vieweg (Hrsg.), Techniksteuerung und Recht, 23 (30); Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, 1999, 47 (79). 205 Vgl. Engel, BDGV 39 (2000), 353 (410 f.). 206 Vgl. näher Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (96). 207 Vgl. Schmidt-Preuß, ebda., 89 (96). 208 Vgl. Präambel des Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://fsm.de/de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002). 209 Im Anschluß an Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (96) ist nach Price/Verhulst, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (193) eine wichtige Grundvoraussetzung der Verhaltenskodizes stets ein hinreichendes Maß an Transparenz; vgl. kritisch zum Schutzstandard des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ vgl. Schulz, MMR 1998, 182 (187); ders., JMS-Report 5/ 1998, 1 (5); Bock/Wöbke, K&R 1998, 11 (15).

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

wurde der Filter §§ 8–11 TDG/§§ 6–9 MDStV210 aufgegriffen – soweit tatsächlich und rechtlich möglich und zumutbar ihren Beitrag dazu leisten, daß Inhalte, die insbesondere gemäß § 130 StGB (Volksverhetzung),211 § 130a StGB (Anleiten zu Straftaten), § 131 StGB (Gewaltdarstellung, Aufstachelung zum Rassenhaß), § 86 StGB (Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen), § 87 StGB (Agententätigkeit zu Sabotagezwecken), § 184 III StGB (Verbreitung pornographischer Schriften) strafbar oder unzulässig sind, nicht angeboten und zur Nutzung vermittelt werden.212 Bezüglich der Verbreitung der für Kinder und Jugendliche unzulässigen Inhalte, also solcher, die Erwachsene uneingeschränkt nutzen dürfen, wurden die §§ 8 I Nr. 5, 6 MDStV a. F.213 und § 8 IV MDStV/§ 3 II S. 2 GjSM a. F.214 aufgegriffen.215 Es wird zu Recht kritisiert, daß die FSM es versäumt hat, die unbestimmten Rechtsbegriffe des Jugendschutzrechts durch eigene inhaltliche Vorgaben und Kriterienkataloge zu konkretisieren.216 So hat die FSM beispielsweise keine Konkretisierung dahingehend vorgenommen, welche technischen Vorkehrungen die Anforderungen an § 4 II S. 2 JMStV oder § 5 JMStV erfüllen. Zudem erfolgte seitens der FSM kein eigener Beitrag bezüglich der Unzulässigkeitsmaßstäbe gemäß §§ 4 I, II 1 HS JMStV. Auch bezüglich der Auslegung der Normen, betreffend die Verhängung von Sperrungs- und Untersagungsanordnungen (§§ 20 I, IV JMStV i. V. m. §§ 22 II–IV MDStV), bietet die FSM keine konkreten Auslegungsvarianten an. Die private Normgebung der FSM hat daher auch nicht die notwendige inhaltliche Substanz, um von Behörden und Gerichten zur Normkonkretisierung herangezogen zu werden. Zudem sind, wie oben bereits aufgezeigt, ohnehin die „prozeduralen Mindestanforderungen“217 nicht erfüllt.

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Vgl. D. I. 5. Vgl. dazu Holznagel/Kussel, MMR 2001, 347 (350). 212 Vgl. I Ziff. 2 Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://fsm.de/de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002), hier geht es um eine Verbreitungsverhinderung von absolut unzulässigen Inhalten gemäß §§ 8 I Nr. 1, 2 und 4 MDStV a. F., vgl. Rath-Glawatz/Waldenberger, CR 1997, 766 (768); Rath-Glawatz/Müller-Using, JMS-Report, 5/1997, 53 (54). 213 Vgl. I Ziff. 3 (1) Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://fsm.de/de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002); vgl. dazu D. II. 2. a). 214 Vgl. I Ziff. 3 (2) Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://fsm.de/de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002); vgl. D. II. 2. b), 4.2.3. 215 Vgl. dazu auch Bock/Wöbke, K&R 1997, 11 (15); Rath-Glawatz/Waldenberger, CR 1997, 766 (768); Rath-Glawatz/Müller-Using, JMS-Report, 5/1997, 53 (54). 216 Vgl. Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 98; ders., JZ 2001, 905 (908). 217 Vgl. näher Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (96). 211

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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Der Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle MultimediaDiensteanbieter e. V.“ soll sowohl die Mitglieder der FSM als auch, soweit Verbände selbst Mitglied der FSM sind, die durch sie vertretenen Unternehmen, welche eine entsprechende Verpflichtungserklärung gegenüber der FSM abgegeben haben, binden.218 Nichtmitgliedern gegenüber besteht keine Bindungswirkung, wie die möglichen Sanktionen beim Beschwerdeverfahren zeigen. (cc) Beschwerdeverfahren Die Überprüfung der Einhaltung des Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ findet im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach der Beschwerdeordnung219 der FSM statt. Danach ist jedermann220 berechtigt, sich über im Internet oder in sonstigen Netzen oder über Online-Dienste zugängliche Inhalte bei der Beschwerdestelle der FSM zu beschweren. Dem Medium entsprechend, dem die Beschwerde gelten soll,221 ist dies ausschließlich online möglich, entweder via E-Mail222 oder WWW-Formular.223 Das eigentliche Beschwerdeverfahren erfolgt zweistufig. Ein Verfahren wird zunächst immer erst gegen den Inhalteanbieter angestrengt, erst wenn dieses ohne Erfolg bleibt, richtet sich das Verfahren gegen den Inhaltevermittler.224 Zuerst findet eine Vorprüfung225 der eingehenden Beschwerden226 durch einen 218 Vgl. I Ziff. 1a) Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://fsm.de/de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002). 219 Vorbild dafür war die Beschwerdeordnung des Deutschen Presserats. 220 Vgl. § 1 Beschwerdeordnung des Vereins unter http://www.fsm.de/?s=Be schwerdeordnung (abgerufen am 25.09.2002). 221 Vgl. Rath-Glawatz/Waldenberger, CR 1997, 766 (768). 222 Die E-Mail Adresse hierfür lautet derzeit: [email protected]. 223 Vgl. http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002); inhaltliche Mindestanforderung sind dabei die genaue Fundstelle des zu beanstandenden Angebotes (URLAdresse), eine kurze Begründung, warum der Beschwerdeführer den Inhalt für bedenklich hält und die E-Mail Adresse des Beschwerdeführers, da anonyme Beschwerden nicht bearbeitet werden. 224 Hiermit wird der Primärverantwortung des Inhaltevermittlers Rechnung getragen, vgl. § 7 Beschwerdeordnung des Vereins unter http://www.fsm.de/?s=Beschwerdeord nung (abgerufen am 25.09.2002); vgl. auch Rath-Glawatz/Müller-Using, JMS Report 5/1997, 53 (54). 225 Vgl. § 4 Beschwerdeordnung des Vereins unter http://www.fsm.de/?s=Be schwerdeordnung (abgerufen am 25.09.2002). 226 Von Bedeutung ist, daß die Beschwerdestelle der FSM Beschwerden ausdrücklich nicht als Empfangsbotin oder Empfangsvertreterin der Vereinsmitglieder entgegennehmen will, vgl. § 3 Beschwerdeordnung des Vereins http://www.fsm.de/?s=Be schwerdeordnung (abgerufen am 25.09.2002); mit Eingang der Beschwerde bei der FSM soll das Mitglied keinesfalls automatisch „bösgläubig“ und damit verantwortlich

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Beauftragten der Beschwerdestelle statt. Ausgesondert werden dabei von vornherein Beschwerden, die sich ersichtlich gegen einen ausländischen Inhalteanbieter in einem Staat richten, in dem ein freiwilliges Selbstkontrollorgan für Multimedia-Inhalte vorhanden ist.227 Das gleiche geschieht mit Beschwerden gegen einen inländischen Inhalteanbieter, deren Behandlung offensichtlich in die Zuständigkeit eines anderen deutschen Selbstkontrollgremiums fällt228 und Beschwerden über Inhalte, die im Rahmen der Individualkommunikation beanstandet werden.229 Unschlüssigen bzw. offensichtlich unbegründeten Beschwerden, sowie im Regelfall auch Beschwerden über Inhalte, wegen denen ein Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren im Gange ist, wird nicht nachgegangen. Dem Vorverfahren folgt das Entscheidungsverfahren, in dem der Vorsitzende und die Beschwerdestelle230 über etwaige Verstöße gegen den Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ zu befinden haben.231 Beschwerden über Inhalte, die bereits von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert worden sind, werden ohne weitere materielle Prüfung als begründet angesehen.232 Aufgrund einer begründeten Beschwerde können, je nach Schwere des vorliegenden Verstoßes, unterschiedliche Sanktionen verhängt werden. Gegen Mitglieder ist ein Hinweis mit Abhilfeaufforderung, eine Mißbilligung oder eine Rüge vorgesehen.233 Nur die Rüge ist in ihrem Tenor vom Mitglied in seinem Dieni. S. d. § 11 TDG /§ 9 MDStV werden, vgl. Rath-Glawatz/Müller-Using, JMS-Report 5/1997, 53 (54); vgl. eingehend zu § 11 TDG /§ 9 MDStV D. I. 5. c) (2). 227 In diesen Fällen wird die Beschwerde ohne Prüfung an die zuständige Selbstkontrollinstitution im Ausland weitergeleitet. Die Organisation des Austauschverfahrens zwischen den nationalen Hotlines erfolgt durch die Vereinigung INHOPE, vgl. F. III. 3. 228 So hat etwa der Deutsche Presserat seine Zuständigkeit auf journalistische Beiträge, die von Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen oder Pressediensten in digitaler Form verbreitet werden und zeitungs- oder zeitschriftenidentisch sind, erweitert. Die FSM verzichtet in diesen Fällen unter Verweis auf den Grundsatz der Subsidiarität auf eine Zuständigkeit, vgl. Rath-Glawatz/Waldenberger, CR 1997, 766 (769). 229 Die FSM Beschwerdestelle sieht sich ferner als unzuständig an für Inhalte, die in Newsgroups verteilt oder zugänglich gemacht werden, sie leitet dahingehende Beschwerden regelmäßig an die Arbeitsgruppe NewsWatch, die Beschwerdestelle der Selbstkontrollinstitution eco weiter, die sich auf die Behandlung von Beschwerden bezüglich Inhalten in Newsgroups spezialisiert hat, vgl. dazu E. III. 2. a) (2) (a) 3. 230 Vgl. § 7 der Satzung vom 9. Juli 1997 unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002). 231 Vgl. dazu § 5 Beschwerdeordnung des Vereins unter http://www.fsm.de/ ?s=Beschwerdeordnung (abgerufen am http://www.fsm.de/?s=Beschwerdeordnung); vgl. zur Qualität der Urteilsfindung Knoll, Jugend, Jugendgefährdung, Jugend-Medienschutz, 1999, S. 45 ff. 232 Vgl. http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002); vgl. dazu auch D. II. 3. 233 Vgl. § 6 Beschwerdeordnung des Vereins unter http://www.fsm.de/?s=Be schwerdeordnung (abgerufen am 25.09.2002); dagegen ist aber trotz Einschätzung der Beschwerdestelle der FSM, daß ein begutachtetes Angebot jugendfrei sei, eine spätere

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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steangebot einen Monat lang zu veröffentlichen.234 Zu Recht kritisiert Mayer in diesem Zusammenhang, daß es an Transparenz mangelt, wenn Entscheidungsgründe generell nicht und Hinweise mit Abhilfeaufforderung und Mißbilligungen nicht einmal im Tenor der Öffentlichkeit mitgeteilt werden.235 Dadurch besteht die Gefahr, daß Empfehlungen der Beschwerdestelle nicht nachvollziehbar sind und der Verdacht, daß bei den Entscheidungen die kommerziellen Interessen236 der Mitglieder zu starke Beachtung finden könnten.237 Zudem wird die Sanktionswirkung und der damit verbundene Abschreckungseffekt der gezielten Brandmarkung des jeweiligen Mitglieds in der Öffentlichkeit gemindert.238 Als Ultima-Ratio ist der Ausschluß des Mitglieds aus der FSM vorgesehen, falls es trotz wiederholter Aufforderung einem Verstoß nicht abhilft bzw. es wiederholt Sanktionen nicht befolgt, obwohl dies tatsächlich und rechtlich möglich und zumutbar ist.239 Dadurch solle das Mitglied in der Öffentlichkeit wirksam gebrandmarkt werden, was für die Akzeptanz der Angebote nicht gerade förderlich sei.240 Bislang ist in der Praxis, soweit bekannt, jedoch noch kein einziger Ausschluß erfolgt. Zudem reicht der Ausschluß als härteste Sanktion zur effizienten Durchsetzung des Verhaltenskodex nicht aus.241 Die Beschwerdestelle prüft nach den gleichen Maßstäben und Verfahren wie bei Mitgliedern auch die Inhalte in Diensteangeboten von Nichtmitgliedern.242 Dem Nichtmitglied werden zwar die Entscheidungen mitgeteilt, sie werden jedoch nicht veröffentlicht. Damit will die Beschwerdestelle versuchen, das Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien nicht ausgeschlossen. Anders verhält es sich bei den Prüfungsvoten der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft/Jugendprüfstelle (FSK/J), die eine Indizierung der geprüften Filme oder Videokassetten ausschließen, vgl. §§ 6 VII, 7 V JÖSchG. 234 Vgl. ebda.; vgl. auch Rath-Glawatz/Waldenberger, CR 1997, 766 (769). 235 Vgl. Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 243. 236 Bei der Tätigkeit der Freiwilligen Selbstkontrolle ist stets auch das wirtschaftliche Interesse der Diensteanbieter mit einzukalkulieren, im Regelfall ergibt sich dabei ein Miteinander im Interesse des Jugendschutzes, so Knoll, BPjS-Aktuell 3/1998, 3 (8). 237 Zu weit dürfte dagegen die Befürchtung von Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 243, gehen, daß dadurch die Legitimation des Bestehens der Beschwerdestelle in Frage gestellt sei. 238 Laut dem Vorsitzenden der FSM Waldenberger soll gerade die Möglichkeit, daß Diensteanbieter in der Öffentlichkeit bei Verstößen gegen den Verhaltenskodex „gebrandmarkt“ werden, beweisen, daß die FSM kein bloßer „Papiertiger“ sei, vgl. RathGlawatz/ders., CR 1997, 766 (769). Jedoch mag dieses Argument nicht überzeugen. 239 Vgl. II Ziff 6) d) Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://www.fsm.de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002). 240 Vgl. Rath-Glawatz/Müller-Using, JMS-Report 5/1997, 53 (54). 241 So auch Roßnagel, MMR 2002, 67 (69). 242 Vgl. III Ziff. 7 Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://www.fsm.de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002).

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Nichtmitglied zur Abhilfe zu bewegen. Sanktionen sind für den Fall einer Nichtbefolgung durch das Nichtmitglied nicht vorgesehen. Befürchtungen, die FSM könne ihren Mitgliedern die Sperrung beanstandeter Angebote empfehlen oder Löschungen durch Fremdcancel243 vornehmen, haben sich nicht bewahrheitet.244 Teilweise wurde kritisiert, daß die FSM sich nicht auf die Kontrolle der Dienste ihrer Mitglieder beschränkt, sondern es sich zum Ziel gemacht hat, auch fremde Systeme zu beaufsichtigen.245 Dieser Ansatz ist jedoch angesichts der großen Umsetzungsprobleme des staatlichen Jugendschutzes im Internet sogar zu begrüßen, solange keine unfreiwilligen Eingriffe in Angebote Dritter, die den Verhaltenskodex nicht anerkannt haben, erfolgen. Mit Blick auf Art. 5 GG müssen solche ausschließlich den hierfür zuständigen staatlichen Behörden vorbehalten bleiben. Unfreiwillige Eingriffe durch Sanktionen gegenüber Nichtmitgliedern sind jedoch, wie gesagt, ohnehin nicht vorgesehen. Daher handelt es sich gegenüber Nichtmitgliedern um eine bloße erziehende Tätigkeit, die im Sinne eines effektiven Jugendschutzes im Internet zu begrüßen ist. (dd) Juristische Gutachterkommission (JGK) Seit März 2001 hat die FSM eine juristische Gutachterkommission (JGK) eingerichtet. Aufgabe der JGK soll es sein, auf Antrag der Mitglieder eine rechtsgutachterliche Beurteilung ihrer Angebote ausschließlich hinsichtlich der Frage vorzunehmen, ob der Inhalt mit dem Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“246 vereinbar ist.247 Die Beurteilung ist für das antragstellende Mitglied gebührenpflichtig.248 Aufgrund der nicht unbeträchtlichen Gebührensätze werden gerade die kleineren Online-Unternehmen, die aus Kostengründen in der Regel keine Jugendschutz243 Darunter versteht man die Löschung von Newsgroupartikeln durch Dritte nach seinem Versand durch den Autor noch vor Kenntnisnahme durch die Diskussionsteilnehmer. 244 Vgl. dazu nur Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 242. Die FSM erklärt sich ohnehin von vornherein für unzuständig für Inhalte in Newsgoups, vgl. http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002); sie verweist diesbezügliche Beschwerden sofort an die Arbeitsgruppe NewsWatch, die Beschwerdestelle von eco. 245 Vgl. nur Mayer, Das Internet im öffentlichen Recht, 1999, S. 243. 246 Vgl. Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://fsm.de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002); vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 2. 247 Vgl. Statut der Juristischen Gutachterkommission (JGK) (Stand 13.12.2000) unter http://www.fsm.de/?s=Statuten (abgerufen am 25.09.2002). 248 Die Mindestgebühr für die Begutachtung eines Webauftritts nebst Erstellung eines Gutachtens beträgt 1.300 DM, vgl. im einzelnen Gebührenordnung der Juristischen Gutachterkommission der FSM (Stand 13.12.2000) unter http://www.fsm.de/?s= Gebührenordnung (abgerufen am 25.09.2002).

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beauftragten für eine juristische Begutachtung ihrer Inhalte selbst unterhalten können, von der JGK keinen Gebrauch machen. Mitglieder der JGK, die vom Vorstand der FSM mit einfacher Mehrheit gewählt werden, können nur Personen sein, welche die Befähigung zum Richteramt haben oder Professoren der Rechtswissenschaft an einer deutschen Hochschule sind und somit über ausreichende Kompetenz in Fragen des Strafrechts und/oder des Jugendschutzrechts verfügen. Mitglieder und Mitarbeiter der FSM-Beschwerdestelle dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder der JGK sein.249 Die Transparenz der Beurteilungen der JGK ist als äußerst niedrig einzustufen angesichts dessen, daß die Beratung der JGK im Rahmen des Prüfungsverfahrens nichtöffentlich erfolgt. Zudem ist der Antragssteller selbst nicht berechtigt, das Gutachten ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung der FSM im Ganzen oder auszugsweise zu veröffentlichen, da dieses laut dem Statut der Juristischen Gutachterkommission nur der internen Meinungsbildung des Antragstellers dienen soll.250 Kommt die JGK zum Ergebnis, daß das geprüfte Angebot hinsichtlich des Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unbedenklich ist, erhält der Antragsteller eine Bescheinigung über das Ergebnis der Beurteilung.251 Jedoch ist die Bedeutung einer solchen Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht allzu groß, da eine Gewährleistung für die Übereinstimmung der Begutachtung mit der Rechtsprechung oder der Rechtsauffassung von Aufsichtsbehörden ausdrücklich nicht übernommen wird.252 So sind auch jegliche Haftungsansprüche gegen die FSM und die Mitglieder der JGK ausgeschlossen.253 Auch ein Imagegewinn geht mit der Bescheinigung nicht einher, da sich der Antragsteller ausdrücklich unter Androhung einer Konventionalstrafe verpflichten muß, den Inhalt der Begutachtung durch die JGK in keiner Weise zu Werbezwecken für sein Diensteangebot einzusetzen.254 (ee) Bewertung Die FSM ist grundsätzlich eine begrüßenswerte Institution, die aufgrund ihres Know-hows einen wertvollen Beitrag zur gesellschaftlichen Selbstregulierung im Internet leisten kann. Die Aktivität der FSM müßte jedoch noch gesteigert 249 Vgl. Statut der Juristischen Gutachterkommission (JGK) (Stand 13.12.2000) unter http://www.fsm.de/?s=Statuten (abgerufen am 25.09.2002). 250 Vgl. Statut der Juristischen Gutachterkommission (JGK) (Stand 13.12.2000) unter http://www.fsm.de/?s=Statuten (abgerufen am 25.09.2002). 251 Vgl. ebda. 252 Vgl. ebda. 253 Vgl. ebda. 254 Vgl. ebda.

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

werden.255 Desweiteren sollte das Beschwerdeverfahren eine transparente Ausgestaltung erfahren. Entscheidungen sollten immer und nicht nur im Tenor, sondern auch in den Gründen, veröffentlicht werden. Dadurch könnte der FSM eine stärkere Orientierungsfunktion für Mitglieder, aber auch für Nichtmitglieder, zuwachsen. Für die Öffentlichkeit wäre damit die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen gewährleistet. Es müßte sich die FSM nicht den Vorwurf gefallen lassen, die kommerziellen Interessen ihrer Mitglieder bei ihren Entscheidungen mit einzubeziehen. Der Wirkungskraft der FSM sind von vornherein klare Grenzen gesetzt,256 denn gegenüber Nichtmitgliedern stehen der FSM keine Sanktionen zur Verfügung. Eine sichere Durchsetzung des Verhaltenskodex gegenüber Nichtmitgliedern scheidet somit aus. Von besonderer Bedeutung wäre außerdem, daß im Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ die unbestimmten Rechtsbegriffe des Jugendschutzrechts wie zum Beispiel Sicherstellung, daß Inhalte nur Erwachsenen zur Verfügung gestellt werden (§ 4 II S. 2 JMStV, § 5 I 2. HS JMStV), die Unzulässigkeitsmaßstäbe gemäß §§ 4 I, II 1 HS JMStV und die Sperrungs- und Untersagungsanordnungen (§§ 20 I, IV JMStV i. V. m. §§ 22 II–IV MDStV) durch eigene inhaltliche Kriterien konkretisiert werden sollten und damit den Gerichten eine „ernstzunehmende Auslegungsofferte“,257 welche die „prozeduralen Mindestanforderungen“258 erfüllt, unterbereitet werden könnte. (b) Electronic Commerce Forum e. V. (eco) (aa) Institution – Insbesondere: Arbeitsgruppe „NewsWatch“ Das Electronic Commerce Forum e. V. (eco) ist ein bereits im Juni 1995 gegründeter, eingetragener Verein. Gesetzter Vereinszweck von eco ist die Förderung der Nutzung des Kommunikationsnetzes Internet durch Privatpersonen sowie durch wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Vereinigungen.259 Hierzu berät eco auf der einen Seite seine Mitglieder – Unternehmen der „InternetIndustrie“260 – in technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen, insbe255 So auch Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 98. 256 Ähnlich Bock/Wöbke, K&R 1997, 11 (15); Lahrmann, RdJB 1997, 419 (424), meint dagegen, daß ihre Wirksamkeit gegen Null tendiere; ebenfalls kritisch Liesching, CR 2001, 845 (846); so auch Weinrich, JMS-Report 2/2001, 62 (62 ff.); ders., JMS-Report 3/2001, 5 (5 ff.). 257 Vgl. Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (254 ff.). 258 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (96). 259 Vgl. § 2 I Satzung des Electronic Commerce Forum e. V. vom März 1997 unter http://www.eco.de/servlet/PB/menu/1010804_l1/index.html (abgerufen am 25.09. 2002).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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sondere in allen Fragen des Jugendschutzes261 und verschafft zum anderen diesen Gehör in der politischen Diskussion, insbesondere bei Gesetzgebungsverfahren und in internationalen Gremien. Des weiteren wurden unterschiedliche Arbeitsgruppen gebildet, die sowohl für technische als auch inhaltliche Probleme des Internet Lösungsmöglichkeiten erarbeiten sollen,262 um somit dem Gemeinwohl zu dienen. Der Internet Medienrat zum Beipiel soll sich als unabhängiges Gremium mit politischen, rechtlichen und technischen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auseinandersetzen. Dabei will der Internet Medienrat seine Kompetenz als beratendes Gremium in Rechtsetzungsverfahren einbringen und im übrigen die von tradiertem Recht nicht erfaßten Aspekte durch eigene Lösungsansätze ausfüllen.263 Jedoch ist seitens des Internet Medienrates in Sachen effektiven Jugendmedienschutzes im Internet nicht besonders viel Aktivität zu verzeichnen, insbesondere fehlen bislang die versprochenen eigenen Lösungsansätze. Wesentlich interessanter für den Jugendschutz im Internet im Wege gesellschaftlicher Selbstregulierung erscheint die Beschwerdestelle von eco, betrieben von der Arbeitsgruppe „NewsWatch“,264 vormals bezeichnet als „Internet Content Task Force“ (ICTF).265 Zunächst konnten lediglich die Mitglieder von eco bei dieser bedenkliche Inhalte in Newsgroups auf eigenen oder fremden Servern überprüfen lassen.266 Seit Mai 2001 kann nun aufgrund des erweiterten Tätigkeitsbereichs der Arbeitsgruppe NewsWatch jedermann, der Inhalte im Usenet 260 Vgl. die Mitgliederliste von eco unter http://www.eco.de/servlet/PB/menu/ 1010795_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 261 Damit ist mit einem Beitritt zu eco die Verpflichtung des Mitglieds gemäߧ 7 II JMStV erfüllt, wenn der Provider lediglich Inhalte in Newsgroups zur Nutzung bereithält, vgl. dazu E. III. 2. a) (2) (b). Hält der Provider daneben auch andere Dienste zur Nutzung bereit, müßte er zudem der FSM beitreten. 262 Vgl. § 12 Satzung des Electronic Commerce Forum e. V. vom März 1997 unter http://www.eco.de/servlet/PB/menu/1010804_l1/index.html (abgerufen am 25.09. 2002); hier sollen nur die Arbeitsgruppen näher dargestellt werden, die mit dem Jugendschutz im Internet befaßt sind, daneben gibt es noch die Arbeitsgruppe „DECIX“, hier geht es um einen nationalen Austauschpunkt für Internet-Service Provider, zur Entlastung internationaler Leitungen. 263 Vgl. dazu http://www3.medienrat.de/medienrat/hintergrund.html (abgerufen am 25.09.2002) sowie die Resolution des Internet Medienrates, verabschiedet anläßlich der konstituierenden Sitzung am 24.09.1996 unter http://www3.medienrat.de/medien rat/ziele.html (abgerufen am 25.09.2002). 264 Vgl. http://www.eco.de/servlet/PB/menu/1015951_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 265 Infolge starker Anfeindungen der ICTF seitens der „Netzgemeinde“ aufgrund der Vorgehensweise im Fall „Radikal“ bekam die ICTF zusätzlich die Bezeichnung Arbeitsgruppe NewsWatch, vgl. dazu http://www.intern.de/96/18/02.htm (abgerufen am 25.09.2002). 266 Für Inhalte in allen übrigen Diensten ist die Beschwerdestelle der FSM zuständig, vgl. eingehend E. III. 2. a) (2) (a) 3.

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

bzw. einer bestimmten Newsgroup als anstößig empfindet, hierzu bei dieser eine Beschwerde erheben, die nach einem ähnlichen Beschwerdeverfahren wie bei der FSM behandelt wird.267 Neben dem Betreiben der Beschwerdestelle will sich die Arbeitsgruppe NewsWatch im Interesse der Mitglieder von eco auch an der politischen Diskussion im Hinblick auf Verantwortlichkeiten und Pflichten der Provider beteiligen und im Vorfeld durch die Abgabe von Stellungnahmen, der Teilnahme an Anhörungen und der Erstellung von juristischen Gutachten mitwirken.268 (bb) Verhaltenskodex Anders als die FSM hat die Arbeitsgruppe NewsWatch keinen eigenen Verhaltenskodex verabschiedet, da Bedenken bestanden, daß verschiedene Provider, die nicht einmal Mitglied von eco sind, den Verhaltenskodex zur bloßen Imageverbesserung mißbrauchen könnten, indem sie mit der Einhaltung des Verhaltenskodex werben.269 Prüfungsmaßstab im Beschwerdeverfahren sind somit ausschließlich die einschlägigen, geltenden Vorschriften. (cc) Beschwerdeverfahren Das Beschwerdeverfahren der Beschwerdestelle NewsWatch richtet sich nach der Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch.270 Demnach ist jedermann berechtigt, sich bei der Beschwerdestelle NewsWatch über im Usenet bzw. in Newsgroups zugängliche unerwünschte Inhalte zu beschweren.271 Wie auch bei der Beschwerdestelle der FSM können Beschwerden, entsprechend dem Medium Internet, dem sie gelten sollen, ausschließlich online eingereicht werden, entweder via E-Mail oder elektronischem Beschwerdeformular.272 Zulässigkeitsvoraussetzung der Beschwerde ist zudem ein hinreichend substantiierter Beschwerdeantrag. So muß der Antragssteller seinen Namen und seine EMail Adresse, das Datum, den Betreff und Absender des zu beanstandenden Artikels, den Hinweis auf einen bestimmten Inhalt und die Benennung der die267

Vgl. E. III. 2. a) (2) (b) 3. Vgl. http://www.eco.de/servlet/PB/menu/1010804_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 269 Laut Auskunft der Arbeitsgruppe Newswatch. 270 Vgl. http://www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 271 Vgl. § 1 Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http:// www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 272 Das Beschwerdeformular findet sich unter http://www.eco.de/servlet/PB/menu/ 1020201_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002), die E-Mail Adresse für Beschwerden lautet [email protected]. 268

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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sen Artikel beinhaltenden Newsgroup sowie den Namen des News-Providers angeben.273 Die Beschwerdestelle NewsWatch erklärt sich ausschließlich zuständig für Beschwerden gegen einzelne Newsgroup-Artikel oder gesamte Newsgroups, deren Diensteanbieter seinen Sitz in Deutschland hat. Beschwerden über Inhalte außerhalb dieser Dienste sind unzulässig und werden an das jeweils zuständige deutsche Selbstkontrollorgan weitergeleitet.274 Gleiches gilt für Beschwerden gegen das Usenet- bzw. Newsgroupangebot eines ausländischen Diensteanbieters. In diesen Fällen wird die Beschwerde in Zusammenarbeit mit INHOPE275 an das nationale Selbstkontrollgremium weitergeleitet.276 Zulässige Beschwerden werden nur dann von NewsWatch auf ihre Begründetheit hin geprüft, wenn der betreffende Provider Mitglied von eco ist. An Nichtmitglieder ergeht lediglich ein Hinweis auf den Beschwerdegegenstand und – sofern eine Prüfung durch den betroffenen Provider ergibt, daß die Beschwerde begründet ist – eine Aufforderung zur Stellungnahme und Abhilfe.277 Gegenüber Nichtmitgliedern von eco dürfte somit die Wirkung der Beschwerdestelle Newswatch für den Jugendmedienschutz noch begrenzter sein als die der Beschwerdestelle der FSM.278 Zulässige Beschwerden über Usenet- bzw. Newsgroupangebote von Providern, die Mitglied von eco sind, werden von Newswatch anhand von bestimmten Bewertungsrichtlinien auf ihre Begründetheit hin geprüft.279 Die Sichtung und Überprüfung der konkreten Artikel und Bilddateien in den beanstandeten Newsgroups soll durch speziell geschulte Juristen und Jura-Studenten vorgenommen werden. Als Bewertungsmaßstab dient dabei, anders als bei der FSM, nicht ein eigens verabschiedeter Verhaltenskodex,280 vielmehr werden hierfür ausschließlich die gesetzlichen Vorgaben herangezogen. Bewertungskriterien sollen somit insbe273 Vgl. § 2 III Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http:// www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 274 Vgl. § 6 I Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http:// www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002); in praxi ist das die Beschwerdestelle der FSM. 275 Vgl. F. III. 3. 276 Vgl. § 6 I Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http:// www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 277 Vgl. § 4 II Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http:// www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002); vgl. auch http://www.eco.de/servlet/PB/menu/1016951_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 278 Vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 3. 279 Vgl. § 3 I Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http:// www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 280 Vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 2.

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

sondere sein: §§ 174 bis 184c StGB (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung), § 130 StGB (Volksverhetzung), § 130a StGB (Anleitung zu Straftaten), § 131 StGB (Gewaltdarstellung), §§ 129, 129a StGB (Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen), § 111 StGB (Öffentliche Aufforderung zu Straftaten), § 86 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) und § 4 JMStV.281 Kritisch zu bemerken ist, daß auch hier die Selbstkontrollorganisation keine Konkretisierung und Entwicklung eigener Kriterien für die unbestimmten Rechtsbegriffe des Jugendschutzrechts leistet. Auch Newswatch bietet somit den Gerichten keine „Auslegungsofferte“282 an, welche die „prozeduralen Mindestanforderungen“283 erfüllt. Im Prüfungsverfahren wird zunächst jeder einzelne beanstandete Beitrag der Newsgroup unter Zugrundelegung der genannten Bewertungskriterien in die Kategorien „harmlos“/Rating (0), „bedenklich“/Rating (1) und „illegal“/Rating (2) eingeteilt.284 Daraufhin soll bei gruppenspezifischen Beschwerden anhand der Einstufungen der Einzelbeiträge und des Gesamteindrucks noch eine Gesamtbewertung der Newsgroup vorgenommen werden. Den Bewertungsentscheidungen von NewsWatch kommt nur eine sehr geringe Transparenz zu, da über den Entscheidungsprozeß Vertraulichkeit bewahrt werden soll und Prüfungsentscheidungen nicht einmal – wie es bei der FSM Usus ist – im Tenor veröffentlicht werden sollen.285 Die Akzeptanz der Entscheidungen – und natürlich ihrer nach sich ziehenden Folgen wie etwa Löschungen und Sperrungen von Newsgroupartikeln bzw. ganzen Newsgroups – fällt in der Öffentlichkeit, v. a. D. bei der Internet-Community daher eher gering aus. Selbst eine Orientierungsfunktion

281 Vgl. § 3 III Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http://www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09. 2002). 282 Vgl. Schmidt-Preuß, ZLR 1997, 249 (254 ff.). 283 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (96). 284 Gemäß § 3 II Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http://www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09. 2002), soll harmlos ein mit dem Rating (0) bewerteter Inhalt sein – die bewertete Gruppe ist rechtlich unbedenklich und kann ohne weiteres Kindern und Jugendlichen zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt werden; bedenklich soll ein mit dem Rating (1) bewerteter Inhalt sein – die bewertete Gruppe darf dann nicht einem Kind oder Jugendlichen angeboten, überlassen oder zugänglich gemacht werden oder an einem Ort, der Kindern und Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt oder sonst zugänglich gemacht werden oder durch elektronische Informations- und Kommunikationsdienste verbreitet, bereitgehalten oder sonst zugänglich gemacht werden; illegal ist demnach ein mit dem Rating (2) bewerteter Inhalt – die bewertete Gruppe ist demnach unabhängig von einer Zugangsbeschränkung auf Volljährige rechtswidrig. 285 Vgl. § 8 Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http:// www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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entfällt somit vollends, zumindest für eco-Nichtmitglieder unter den Newsserverprovidern.286 Die weitere Vorgehensweise gegenüber dem betreffenden Provider und die ergehenden Sanktionen hängen vom jeweiligen Bewertungsergebnis ab. Dabei kann zwischen Beschwerden, die sich auf einzelne Newsartikel beziehen und Beschwerden gegen ganze Newsgroups unterschieden werden. Bei ersteren soll beim Bewertungsergebnis „bedenklich“/Rating (1) dem betroffenen Provider der Hinweis auf das Erfordernis der Zugangsbeschränkung des Diensteangebots auf Volljährige oder – falls dem Hinweis nicht nachgekommen wird – eine Löschungsempfehlung ausgesprochen werden. Bei der Einteilung in die Kategorie „illegal“/Rating (2) soll ein Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Angebots verbunden mit einer Löschungsempfehlung ergehen.287 Bei Beschwerden über ganze Newsgroups soll beim Bewertungsergebnis „bedenklich“/Rating (1) dem betroffenen Provider ein Hinweis auf das Erfordernis der Zugangsbeschränkung auf Volljährige erteilt und die Anzahl der auf die Gruppe entfallenden Beschwerden mitgeteilt werden. Bei der Bewertung als „illegal“/Rating (2) soll ein Hinweis auf die Anzahl der rechtswidrigen Artikel und eine diesbezügliche Löschungsempfehlung erfolgen. Überschreitet die Newsgroup einen bestimmten Schwellenwert, der in der Beschwerdeordnung nicht näher definiert wird, soll eine Empfehlung zur Sperrung der gesamten Gruppe ausgesprochen werden.288 Beinhaltet eine Prüfungsentscheidung von NewsWatch den Verdacht einer konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit von Personen, insbesondere im Zusammenhang mit Kinderpornographie, soll es im Ermessen von NewsWatch liegen, die jeweils zuständige inländische oder ausländische Behörde zu informieren.289 Als Ultima-Ratio der Sanktionen ist ein Ausschluß nach Ermessen von NewsWatch von denjenigen Mitgliedern vorgesehen, die dreimalig dadurch auffallen, daß sie Hinweise auf illegale Inhalte/Rating (2) nicht beachten und entspre286 Zwar sollen Mitglieder von eco über Beschwerden, die bedenkliche oder illegale Inhalte auf Newsservern von anderen Providern betreffen, informiert werden, um die betreffenden Inhalte auf möglichst vielen Newsservern zu eliminieren, jedoch wäre die Orientierungsfunktion letztendlich nur vollends verwirklicht, wenn Prüfungsentscheidungen im Tenor und den Gründen veröffentlicht würden, vgl. dazu § 4 I 4. Spiegelstrich Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http://www. eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 287 Vgl. § 4 I 1. Spiegelstrich Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http://www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 288 Vgl. zum ganzen § 4 I 2. Spiegelstrich Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http://www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 289 Vgl. § 7 Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http:// www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002).

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

chenden Abhilfeaufforderungen nicht nachkommen.290 Für eine Mißachtung von Hinweisen auf das Erfordernis der Zugangsbeschränkung auf Volljährige und Löschungsempfehlungen bei deren Fehlen, die regelmäßig bei einer Bewertung als „bedenklich“/Rating (1) ergehen, ist diese Sanktion leider nicht vorgesehen. Somit dürfte der Sanktionsmechanismus nicht zuletzt aus diesem Grunde wesentlich wirkungsschwächer sein als bei der FSM, da nur eine geringe Abschreckungswirkung erzielt werden wird. Zudem entfällt der Brandmarkungseffekt in der Öffentlichkeit, anders als bei der FSM vollends, da nicht einmal die Aussprechung von Sanktionen veröffentlicht werden soll.291 (dd) Bewertung Der Interessenverband eco, insbesondere die von der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch betriebene Beschwerdestelle, sind begrüßenswerte Initiativen zur kollektiven gesellschaftlichen Selbstregulierung des Internet und gerade für den Jugendmedienschutz im Internet von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Das an dieser Stelle konzentrierte Jugendmedienschutz-Know-how im Bereich der Usenet- bzw. Newsgroupdienste ist bemerkenswert. Es ist jedoch kritisch zu vermerken, daß die Beschwerdestelle NewsWatch keinen Code of Conduct verabschiedet hat. Deshalb besteht keine private Normgebung, die von den Behörden und Gerichten zur Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des Jugendschutzrechts herangezogen werden kann.292 Es wäre wünschenswert, daß NewsWatch entsprechende normkonkretisierende Kriterien bezüglich der unbestimmten Rechtsbegriffe der § 4 II S. 2 JMStV, § 5 I 2. HS JMStV, §§ 4 I, II 1. HS JMStV, § 5 I 1. HS JMStV und §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. §§ 22 II–IV MDStV entwickelt und in privaten Normen regelt, welche die „prozeduralen Mindestanforderungen“293 erfüllen. Zudem kommt auch dem Beschwerdeverfahren der Beschwerdestelle NewsWatch nur begrenzte Wirkung zu. Das kann unter anderem zurückgeführt werden auf das Fehlen einer Orientierungsfunktion für die Provider, da die Prüfungsentscheidungen der Beschwerdestelle sowohl im Tenor als auch den Gründen unveröffentlicht bleiben. Eine Veröffentlichung wäre jedoch in jedem Falle wünschenswert, weil dadurch die Entscheidungen an Transparenz gewinnen würden und deren Akzeptanz in der Öffentlichkeit, insbesondere bei der Internet-Community, steigen würde. Auch den Sanktionen gegen Mitglieder kommt, wie bereits ausgeführt, nur begrenzte Effektivität zu. 290 Vgl. § 4 III Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http:// www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 291 Vgl. § 8 Beschwerdeordnung der eco-Arbeitsgruppe NewsWatch unter http:// www.eco.de/servlet/PB/menu/1020199_l1/index.html (abgerufen am 25.09.2002). 292 Vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 2. 293 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Selbst-Beherrschung im technischen und ökologischen Bereich, 1998, 89 (96).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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Beschwerden gegen Nichtmitglieder werden leider gar nicht auf ihre Begründetheit hin geprüft. Jedoch wirkt die Beschwerdestelle durch den in diesen Fällen ergehenden Hinweis und das damit verbundene in Kenntnis setzen der Nichtmitglieder i. S. d. § 11 TDG/§ 9 MDStV nicht unerheblich am Prinzip der notice and take down procedures294 mit. (3) Wirksame Ausübung der Abwendungsbefugnis (a) Voraussetzungen Fraglich ist, ob die Provider durch Beitritt zu den bestehenden Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle FSM und eco bzw. durch Beitritt zu Verbänden, die Mitglied in den Organisationen sind,295 verbunden mit der Verpflichtung auf einen eventuell vorhandenen Verhaltenskodex wirksam von ihrer Abwendungsbefugnis gemäß § 7 II JMStV Gebrauch machen können. Der Anbieter erfüllt seine Verpflichtung gemäß § 7 I S. 2 JMStV, wenn er sich einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle anschließt und diese zur Wahrnehmung der Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten verpflichtet sowie diese entsprechend des § 7 III JMStV beteiligt und informiert.296 Es muß sich dabei nicht um eine gemäß § 19 JMStV anerkannte Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle handeln, die im folgenden kurz dargestellt wird.297 (b) Anerkannte Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle (§ 19 JMStV) Zur Stärkung der freiwilligen Selbstregulierung und intensiveren Einbindung im Bereich der Telemedien wurden in § 19 JMStV, der 2003 in Kraft getreten ist, ganz neue verfahrensrechtliche Voraussetzungen für eine effektive Selbstregulierung im rechtsaufsichtlichen Prüfverfahren für Telemedien eingeführt. Anerkannte Selbstkontrolleinrichtungen sind gemäß § 19 II JMStV verpflichtet, im Rahmen ihres satzungsgemäßen Aufgabenbereichs die Einhaltung der Bestimmungen des JMStV bei ihnen angeschlossenen Anbietern zu überprüfen. Dadurch soll die KJM durch die Nutzbarmachung selbstregulativer Kräfte ganz im Sinne der oben298 bereits eingeführten neuen staatlichen Steuerungsstrategie 294

Vgl. E. III. 4. b). So etwa der Deutsche Multimedia Verband (DMMV), vgl. http://www.dmmv.de (abgerufen am 25.09.2002). 296 Vgl.§ 7 II JMStV. 297 Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 7 II JMStV, vgl. dazu ausdrücklich Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 18. 298 Vgl. A. II. 295

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

„gesteuerter Selbstregulierung“299 entlastet werden. Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle können sich um eine Anerkennung bemühen, es besteht jedoch keine entsprechende Rechtspflicht.300 Für die Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle dürfte es aufgrund des zu erwartenden Drucks seitens der Mitglieder, zukünftig in der Praxis jedoch ein „Muß“ werden, eine Anerkennung gemäß § 19 JMStV zu erlangen. Denn nur Mitglieder einer anerkannten Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle erhalten die aufsichtsrechtliche Privilegierung des § 20 V JMStV.301 So ist laut § 20 V S. 1 JMStV bei behaupteten Verstößen des Anbieters gegen den Jugendschutz, mit Ausnahme gegen die absoluten Verbreitungsverbote des § 4 I JMStV, durch die KJM zuerst die anerkannte Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle mit den behaupteten Verstößen zu befassen, bei der ein betroffener Anbieter Mitglied ist. Maßnahmen nach §§ 20 I, IV JMStV i. V. m. § 22 II MDStV sind gemäß § 20 V S. 2 JMStV nur zulässig, wenn die Entscheidung oder die Unterlassung einer Entscheidung der anerkannten Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überschreitet. Das äußerst begrüßenswerte Ziel dieser Regelung ist es, die Bereitschaft von Anbietern zu belohnen, sich einer anerkannten Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und sich deren Entscheidungen und gegebenenfalls Sanktionen uneingeschränkt zu unterwerfen.302 Über die Anerkennung einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle entscheidet die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM. Zuständig ist die Landesmedienanstalt des Landes, in dem die Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle ihren Sitz hat. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist diejenige Landesmedienanstalt zuständig, bei der der Antrag auf Anerkennung gestellt wurde. Eine Einrichtung muß der KJM, nicht der zuständigen Landesmedienanstalt die für die Anerkennung erforderlichen Unterlagen vorlegen.303 Die Anerkennung wird zunächst befristet für einen Zeitraum von vier Jahren gewährt. Auf Antrag kann die Anerkennung verlängert werden. Falls die Voraussetzungen für die Anerkennung nachträglich entfallen oder sich die von der Einrichtung praktizierte Spruchpraxis nicht im Einklang mit dem geltenden Jugendschutzrecht befindet, kann die Anerkennung durch die KJM widerrufen werden.304 Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle sind in § 19 III Nr. 1–6 JMStV geregelt.305 Demnach ist die Einrichtung anzuerkennen, wenn: 299 300 301 302 303 304

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Schmidt-Preuß, VVDStRL (56) 1997, 160 (165), kurs. i.O. Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 24. Bornemann, NJW 2003, 787 (791). Begründung zum JMStV in Bay LT-Drs. 14/10246 S. 25. zum Ganzen § 19 IV JMStV. § 19 V JMStV.

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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– die Unabhängigkeit und Sachkunde ihrer benannten Prüfer gewährleistet ist und dabei auch Vertreter aus gesellschaftlichen Gruppen berücksichtigt sind, die sich in besonderer Weise mit Fragen des Jugendschutzes befassen, – eine sachgerechte Ausstattung auch durch eine Vielzahl von Anbietern sichergestellt ist, – Vorgaben für die Entscheidungen der Prüfer bestehen, die in der Spruchpraxis einen wirksamen Kinder- und Jugendschutz zu gewährleisten geeignet sind, – eine Verfahrensordnung besteht, die den Umfang der Überprüfung, bei Veranstaltern auch die Vorlagepflicht sowie mögliche Sanktionen, regelt und eine Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidungen auch auf Antrag von landesrechtlich bestimmten Trägern der Jugendhilfe vorsieht, – gewährleistet ist, daß die betroffenen Anbieter vor einer Entscheidung gehört werden, die Entscheidung schriftlich begründet und den Beteiligten mitgeteilt wird und – eine Beschwerdestelle eingerichtet ist. (c) Erfüllung der Abwendungsbefugnis gemäß § 7 II JMStV durch bestehende Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle Der Jugendschutzbeauftragte soll gemäß der Vorgaben in § 7 II JMStV unter anderem den Anbieter schon bei der Angebotsgestaltung in allen Fragen des Jugendschutzes beraten sowie laufend alle vom Anbieter verbreiteten Angebote kontrollieren und im Außenverhältnis zudem ständiger Ansprechpartner für die Nutzer sein.306 In diesem Zusammenhang wird teilweise kritisiert, daß die FSM mit ihrer Konstruktion einer mit dem Indizierungsverfahren der Bundesprüfstelle vergleichbaren Ex-post-Kontrolle307 den Voraussetzungen der Abwendungsbefugnis nicht gerecht werde.308 Da eine satzungsmäßige Beteiligung der FSM bei der Angebotsplanung ihrer Mitglieder, geschweige denn eine in § 7 III S. 3 JMStV beschriebene Ex-ante-Kontrolle nicht vorgesehen sei, könne mit dem Beitritt zu dieser die Abwendungsbefugnis auch nicht wirksam ausgeübt werden. Die Einrichtung der Juristischen Gutachterkommission (JGK) durch die FSM im März 2001 ändert daran nichts, da diese nur auf Antragsstellung und Entrichtung relativ hoher Gebühren tätig wird.309 Explizit findet sich zu dieser 305

Vgl. auch Ukrow, Jugendschutzrecht, 2004, S. 330 ff. Bezüglich der Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten vgl. im einzelnen die Ausführungen in E. III. 2. a) (1) (c). 307 Vgl. dazu E. III. 2. a) (2) (a) 3. 308 Vgl. Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 7a Rdn. 30; vorsichtiger Lahrmann, RdJB 1997, 419 (424). 306

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Problematik in der Satzung der FSM nichts geregelt,310 vielmehr wird in Ziff. 3 II a Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ einfach ohne weitere Begründung statuiert, daß mit der Mitgliedschaft in der FSM die Aufgabenerfüllung erfüllt sei.311 Damit sei aber nicht dem entsprochen, was das Gesetz verlange.312 Will man bestimmen, ob ein Beitritt zur FSM den Voraussetzungen der Abwendungsbefugnis gemäß § 7 II JMStV entspricht, muß man jedoch nach der hier vertretenen Ansicht die vorliegend gewählte Gestaltungsvariante der ordnungsrechtlichen Primärpflicht mit Abwendungsbefugnis in ihrer Gesamtheit, insbesondere aus ihrer Zielsetzung heraus betrachten. Der Wille des Gesetzgebers bzw. der Staatsvertragspartner war es, damit eine funktionierende, providerseitige Jugendschutz-Selbstregulierung zu kultivieren, welche die von vornherein jugendfreundliche Gestaltung von Angeboten im Auge hat, ferner eine ständige Kontrolle der Angebote von Anbieterseite zu garantieren.313 Es ist durchaus zutreffend, daß die FSM bzw. eco die Aufgabenzuweisung gemäß § 7 II JMStV nicht in dem Umfang erfüllen können, wie ein Jugendschutzbeauftragter es zu leisten vermag. Doch aus den im folgenden ausgeführten Gründen ist hier der Maßstab der Wahrnehmung der Aufgaben grundsätzlich niedriger anzusetzen, weshalb die Abwendungsbefugnis in jedem Falle durch einen Beitritt zur FSM bzw. eco wirksam ausgeübt werden. Die FSM bzw. eco beraten ihre Mitglieder in Fragen des Jugendschutzes, jedoch in aller Regel nur auf Anfrage, nicht in Eigeninitiative.314 Jedoch muß die Beratungstätigkeit noch verstärkt werden. Derzeit liegt der Hauptschwerpunkt ihrer Tätigkeit im Betreiben der Beschwerdestellen. Es wäre aber ein immenser Personalaufwand erforderlich, um eine umfassende Beteiligung der Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle in Eigeninitiative bei der Angebotsplanung wie bei der Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten gewährleisten zu können, wobei die Kosten auf die Mitglieder umgelegt werden müßten, die Beiträge würden steigen. Dadurch ginge aber der gerade erwünschte Effekt des gesetzlichen Anreizes zum Zusammenschluß in Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle verloren. Besonders den kleineren Providern, denen eigentlich die Kostenentlastung durch die Abwendungsbefugnis gilt und bei denen seltener neue Angebotsplanungen im Sinne des § 7 III S. 2 JMStV erfolgen, geht somit 309

Vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 4. Vgl. Satzung vom 9. Juli 1997 unter http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09. 2002). 311 Vgl. I Ziff. 3 II a Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://www.fsm.de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002). 312 So Altenhain, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) GjS 9 § 7a Rdn. 30. 313 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des IuKDG in BT-Drs. 13/7385, S. 38; Begründung zum MDStV in Bay-LT Drs. 13/7716, S. 12. 314 Vgl. http://www.fsm.de (abgerufen am 25.09.2002). 310

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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der Anreiz zum Beitritt verloren. Weiterhin ist zu bedenken, daß die Defizite bei der umfassenden Wahrnehmung der Aufgaben durch den systemimmanenten Druck der kollektiven Selbstkontrolle kompensiert werden. Die Mitglieder der Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle, die sich den Grundsätzen des eventuell vorhandenen Verhaltenskodex315 oder sonstigen Bewertungsmaßstäben verpflichtet haben, beobachten ihre aktuellen Angebote gegenseitig noch wesentlich genauer als die Jugendschutzbeauftragten der nichtorganisierten Anbieter, die aufgrund ihrer Rechtsstellung mehr im Lager des Anbieters stehen. Dabei dürfte kein Provider verstärktes Interesse daran haben, das schwarze Schaf unter den Mitgliedern zu sein. Der systemimmanente Druck resultiert zudem aus der Öffentlichkeitswirkung der Entscheidungen der Beschwerdestelle der FSM,316 deren Sanktionen insgesamt wirkungsstärker sind als die Mitwirkungsrechte317 des Jugendschutzbeauftragten. (4) Fazit Die gesetzliche Ausprägung der Gestaltungsvariante der ordnungsrechtlichen Primärpflicht mit Abwendungsbefugnis in § 7 II JMStV trägt zur Effektivierung des Jugendschutzes im Internet bei, darf aber in ihrer Wirkung auch nicht überschätzt werden. Dabei sind die Mitwirkungsmöglichkeiten der Jugendschutzbeauftragten – wie aufgezeigt – beschränkt. Auch die Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle leisten einen beachtlichen selbstregulativen Gemeinwohlbeitrag. Allerdings fehlt ihnen die Durchsetzbarkeit. Angesichts der beschränkten Reichweite der klassisch hoheitlichen Steuerung bei der Kontrolle des Internet ist mit dieser Gestaltungsvariante jedoch in jedem Falle aber ein wichtiger Schritt zur Förderung318 der selbstregulativen Kräfte gegangen worden. Vereinzelte Nachbesserungen, die im Detail vorangehend bereits dargestellt wurden, müßten jedoch noch erfolgen. Staatliche Zugriffsoptionen, wie für die gesteuerte Selbstregulierung typisch, bestehen in hinreichendem Maße. Die nunmehr mit Inkrafttreten des JMStV intensivere staatliche Steuerung der anerkannten Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle durch Ausweitung der staatlichen Einflußmöglichkeiten auf deren Prüfungsverfahren und die inhaltlichen Maßstäbe, wie bei der FSK bereits erfolgt,319 muß kritisch beobachtet werden. Dadurch, daß eine völlige Staats315 Vgl. zur FSM I Ziff. 1a Verhaltenskodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V.“ unter http://www.fsm.de/?s=Verhaltenskodex (abgerufen am 25.09.2002). 316 Vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 3. 317 Vgl. E. III. 2. a) (1) (e). 318 Vgl. Holznagel/Kussel, MMR 2001, 347 (351). 319 Gemäß §§ 6 III, 7 II JÖSchG sind für die Altersfreigabe von Filmen, Videokassetten und Bildträgern die obersten Landesbehörden zuständig, welche diese Aufgabe

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

freiheit der Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle im Bereich Internet nicht mehr gegeben ist, könnte die starke Bereitschaft der Provider schwinden, sich auf einen Verhaltenskodex zu verpflichten und Entscheidungen der Beschwerdestelle zu befolgen und mitzutragen, da diese eventuell ihre wirtschaftlichen Interessen als nicht mehr hinreichend vertreten ansehen. b) Faktisch ökonomischer Druck: Funktionierendes Ratingverfahren Eine weitere Gestaltungsvariante der Kontextsteuerung, die sich für den Jugendmedienschutz im Internet anbieten würde, ist die des „faktisch-ökonomischen Drucks“.320 Allerdings sind bislang noch keine dahingehenden ernstzunehmenden staatlichen Initiativen zu verzeichnen. Konkret denkbar wäre jedoch durchaus eine Umsetzung durch Einrichtung eines funktionierenden Ratingverfahrens mit einheitlichem Ratingsystem321 und eines dazugehörenden organisatorischen Rahmens322 auf Grundlage der derzeit bestehenden technischen Möglichkeiten.323 Der Staat muß also, gestaltungstypisch für die Kontextsteuerung, ein selbstregulatives, gemeinwohlförderndes System installieren und es den privaten Marktteilnehmern überlassen, ob sie sich daran beteiligen wollen.324 Trotz dieser Entscheidungsfreiheit werden sie einem „motivationalen Systemdruck“325 ausgesetzt. Auf diese Weise werden private Beiträge induziert, die einerseits dem legitimen Eigennutz dienen, zugleich aber den Jugendschutz im Internet unterstützen. Dieser verhaltensinduzierende motivationale Druck ist im Falle eines etablierten Ratingverfahrens „ökonomischer Natur“.326 Branchenmitgliedern, die sich dem funktionierenden Ratingverfahren verschließen, entgehen die wertvollen, systembedingten Vorteile. Zu nennen ist hier zunächst ein nicht zu unterschätzender Imagegewinn für den Anbieter, verbunden mit der Beteiligung am System durch Einordnung seiner Inhalte, da er damit der Öffentlichkeit kundtun

an die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) delegiert haben, vgl. zur FSK http://www.spio.de/2FRAMES/FSK.HTM (abgerufen am 25.09.2002); nach Art. 3 der Vereinbarung der Länder über die Freigabe und Kennzeichnung von Filmen, Videokassetten und vergleichbaren Bildträgern bedürfen die Grundsätze, die Ausführungs- und Verfahrensbestimmungen der FSK, soweit Fragen der Jugendprüfung betroffen sind, der Zustimmung der Länder, vgl. BAnz 1988, S. 4111. 320 Vgl. dazu eingehend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (186). 321 Vgl. grundlegend B. III. 1. 322 Vgl. im einzelnen E. III. 2. b) (2). 323 Zum technischen Standard PICS von W3C vgl. B. IV 1. 324 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (185). 325 Vgl. ebda. 326 Vgl. dazu am Beispiel des Öko-Audit Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (186 ff.), kurs. i.O.; ders., in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1162 ff.).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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kann, daß er ein verstärktes Interesse daran hat, es den Eltern und sonstigen Verantwortlichen zu ermöglichen, Kinder und Jugendliche effektiv vor problematischen Inhalten zu schützen.327 Hierzu kann Providern, die ihre Angebote geratet haben, zum Beispiel auch das Recht eingeräumt werden, mit dem Logo des Ratingverfahrens328 in der Öffentlichkeit werben zu dürfen.329 Ein weiterer Vorteil ist die Stärkung der Marktposition des Providers, die in erheblichem Maße von der potentiellen Reichweite seines Angebots mitbestimmt wird. Zu bedenken ist, daß nach hinreichender Etablierung eines einheitlichen Ratingverfahrens die Angebote von denjenigen Providern, die sich dem System verschließen und ihre Angebote nicht raten wollen, einem Großteil der Online-Rezipienten – so den Kindern und Jugendlichen von Erziehungsberechtigten bzw. sonstigen Verantwortlichen als auch Erwachsenen, die sich nun des Ratingsystems bedienen – verschlossen bleiben werden. Nicht zuletzt erlangt der Provider durch die Mitwirkung am Ratingverfahren Schutz vor staatlichen Sanktionen. Durch ein funktionierendes Ratingverfahren wird er in die Lage versetzt, die erforderlichen Vorkehrungen gemäß der sogenannten Safe-Harbour-Klauseln330 §§ 4 II JMStV, § 5 I 2. HS JMStV zu erfüllen und damit die Verwirklichung einer bußgeldbewehrten Ordnungswidrigkeit gemäß § 24 I Nr. 2, 3, 4 JMStV bzw. einer Straftat gemäß § 23 JMStV zu vermeiden.331 (1) Ausgangssituation Die technischen Möglichkeiten für die Einrichtung eines funktionierenden Ratingverfahrens wären mit PICS332 bereits gegeben. Eine Generierung scheiterte bislang vielmehr am Fehlen eines einheitlichen Kategoriensystems,333 welches für den deutschsprachigen Raum sowohl sprachlich als auch bezüglich der Moralvorstellungen geeignet wäre.334 Die Bereitschaft seitens gesellschaftlicher

327 Kritisch Müller, Betreiber einer Suchmaschine für Kinder, vgl. Schindler, tv diskurs 11/2000, 62 (62 ff.). 328 Und dem Logo der jeweiligen Bewertungsschablone. 329 Vgl. dazu Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 147. 330 Vgl. Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 98, m. w. N. 331 Voraussetzung ist natürlich auch hier, ähnlich wie bei den übrigen technischen Schutzsystemen, daß die einmalige Aktivierung gesichert ist; auch hier bietet sich die in D. II. 3. a) (2) (b) bereits eingehend dargestellte Jugendschutzassistentenlösung an. 332 Vgl. B. IV 1. 333 Vgl. B. IV 1. b). 334 Vgl. dazu auch Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198).

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Institutionen und Gruppen, an einem solchen System etwa durch Bereitstellung von Bewertungsschablonen mitzuwirken und damit die Vielfalt unterschiedlicher Wertvorstellungen zu sichern, müßte noch stärker geweckt werden. Derzeit gibt es zwar viele unterschiedliche internationale Ratingsysteme, die aber nicht aufeinander abgestimmt bzw. miteinander verknüpfbar sind und denen es an Transparenz335 fehlt. Zumeist bleibt unklar, welche Organisation hinter dem jeweiligen Ratingsystem steht und welche Moralvorstellungen zugrundegelegt werden. Der Ansatz der ICRA (Internet Content Rating Association),336 lediglich rein objektive Inhaltsbeschreibungen durch die Content Provider vornehmen zu lassen und die Bewertung dann den gesellschaftlichen Organisationen durch die Erstellung von Bewertungsschablonen (Rating Templates) zu überlassen, ist zwar grundsätzlich richtig, jedoch müßte ein System dieses Zuschnitts in jedem Fall durch die Schaffung eines staatlichen organisatorischen Rahmens etabliert und vor Mißbrauch geschützt werden.337 (2) Lösung: Staatliche Koordinierungsstelle und marktbestimmtes Ratingsystem Die technikermöglichende Funktion des Rechts schafft die Basis für die Realisierung der Technik. Insbesondere ist das Recht Garant für die entsprechenden Rahmenbedigungen. Im einzelnen sei auf die Ausführungen zu Recht und Technik in D. II. 3. a) (3) verwiesen. So verhält es sich auch mit den Maßnahmen zum „Selbstschutz“ als selbstregulatives Instrument. Schmidt-Preuß338 versteht darunter Maßnahmen, „derer sich der Nutzer höchstpersönlich in eigener Verantwortung präventiv bedienen kann“.339 Wie Roßnagel340 feststellt, muß das Recht „erst die Möglichkeit zur Nutzung von Selbstschutztechniken schaffen. Wo der Staat seine Bürger selbst nicht mehr umfassend schützen kann, muß er für Systemschutz sorgen und seinen Bürgern Selbstschutz ermöglichen“.341 Das bedeutet somit, daß der Staat seinen Teil zu einem funktionieren335 Vgl. Trute, VVDStRL 57 (1998), 216 (261); vgl. auch Schulz, MMR 1998, 182 (186); ders., JMS-Report 5/1998, 1 (4). 336 Vgl. http://www.icra.org (abgerufen am 25.09.2002); die ICRA betreibt in Kooperation mit den meisten großen Online-Unternehmen ein Ratingverfahren, das vollends auf gesellschaftlicher Selbstregulierung ohne jegliche korrigierende staatliche Regulierung basieren soll; vgl. dazu F. IV. 2. 337 Dem Mißbrauch durch die Content-Provider sind aufgrund des weiten Interpretationsspielraums des Kategoriensystems der ICRA Tür und Tor geöffnet, Sanktionierungen für den Fall der Falscheinordnung sind nicht vorgesehen, vgl. dazu kritisch Ermert unter http://www.heise.de/newsticker/result.xhtml?url=/newsticker/data/jk-14.12. 00-006/default.shtml&words=ICRA (abgerufen am 25.09.2002). 338 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201), kurs. i.O. 339 Engel, BDGV 39 (2000), 353 (413), spricht von „Selbsthilfe“. 340 Vgl. Roßnagel, ZRP 1997, 26 (30).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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den Ratingverfahren, welches selbstregulative Kräfte freisetzt und nutzt, beitragen muß, indem er den organisatorischen Rahmen dafür schafft.342 Im Sinne der Kontextsteuerung installiert der Staat also das „selbstregulative, gemeinwohlfördernde System“.343 Sehr brauchbare und äußerst konkrete Ansätze hierzu liefert die Studie der Secorvo Security Consulting GmbH „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“.344 Ankerpunkt des organisatorischen Rahmens soll demnach eine Kontrollinstanz unter öffentlicher Aufsicht sein, welche als Hauptaufgaben haben soll: den Aufbau und die Weiterentwicklung des Kategoriensystems, die Erstellung und Verteilung der Werkzeuge und Hilfsmittel, die Verwaltung der zum Signieren erforderlichen Schlüssel und Zertifikate, die Kontrolle von Einordnungen und Kennzeichnungen sowie die Sanktionierung bei Falscheinordnungen und die gesellschaftliche Motivation zur Verwendung des Systems mittels Öffentlichkeitsarbeit. Die Studie der Secorvo Security Consulting GmbH „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“ erklärt sowohl die Einrichtung von nur einer einzigen Institution als auch eines Netzwerks von Koordinierungsstellen als gangbare Wege.345 Um nicht Gefahr zu laufen, zu einer derart unübersichtlichen Zuständigkeitsstruktur beim negativen klassischen Jugendmedienschutz im Internet wie vor der Neuordnung der Kompetenzen durch den JMStV zu gelangen, sollte nur eine einzige zentrale Koordinierungsstelle eingerichtet werden. Auch hier sollte größtmögliche Zentralisierung angestrebt werden. Es bietet sich die organisatorische Zuordnung einer solchen Zentralstelle – im folgenden Zentralstelle Ratingverfahren (ZSR) genannt – zu der oben vorgeschlagenen Einzelabteilung Bundesprüfstellen-Inhaltskontrollstelle/Internet bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien an, da bei dieser ohnehin personelle und fachliche Resourcen für den Jugendschutz im Internet konzentriert wären. Eine dahingehende Einrichtung der Bundesprüfstelle als Bundesoberbehörde für den Jugendschutz im Internet ist, wie bereits oben346 erörtert, gemäß Art. 83, 87 III S. 1 GG zulässig. Nach der Etablierung des Ratingsystems auf nationaler Ebene sollte aufgrund der „Ubiquität“347 des Internet eine internationale Kooperation zwischen den 341

Vgl. ebda.; ähnlich Grzeszick, AöR 1998, 173 (194). Ähnlich auch Schulz, MMR 1998, 182 (187); ders., JMS-Report 5/1998, 1 (5). 343 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (185). 344 Vor allen Dingen für die technische Umsetzung, vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 144. 345 Vgl. ebda., S. 145. 346 Vgl. D. II. 5. b) (1) (a). 347 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192 f.), kurs. i.O. 342

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Zentralstellen angestrebt werden. Schmidt-Preuß stellt zutreffend fest, daß die inhaltskontrollierende Selbstregulierung auf Weltebene nur intergouvernemental wirksam werden kann, also auf Einstimmigkeit angewiesen ist.348 Eine der wichtigsten und der ganz am Anfang zu bewältigenden Aufgaben der ZSR wäre die Entwicklung eines geeigneten Kategoriensystems. Dabei ist grundsätzlich das sogenannte Schichtkuchen-Modell von Balkin/Noveck/Roosevelt zugrundezulegen, da dieses am ehesten den Nutzern die Auswahl aus verschiedenen Schutzmaßstäben bietet, orientiert an den unterschiedlichen Wertvorstellungen.349 Demnach müßte zunächst ein Grundwortschatz geschaffen werden, der aber nicht zu umfangreich sein darf. Balkin/Noveck/Roosevelt schlagen vor, hierzu ein unabhängiges Gremium aus Sachverständigen für Bürgerrechte und Internet-Politik, Techniker und Sozialwissenschaftlern einzusetzen. Ähnlich der Studie der Secorvo Security Consulting GmbH „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“350 sehen auch Balkin/Noveck/Roosevelt351 in ihrem Schichtkuchen-Modell vor, den Grundwortschatz in einer öffentlichen, nicht nur auf das Expertengremium beschränkten Diskussion zu erarbeiten und weiterzuentwickeln. Das könnte etwa durch Befragungen der Marktteilnehmer und gesellschaftlicher Organisationen erfolgen, welche die unterschiedlichen Wertvorstellungen repräsentieren.352 Einigkeit besteht darüber, daß letztlich die Provider in ihrer täglichen Ratingpraxis darüber entscheiden werden, welche Basisworte sich als geeignet bewähren – denn unpopuläre Grundwörter werden einfach nicht zur Bewertung herangezogen. Steht erst einmal der Grundwortschatz für ein einheitliches Kategoriensystem fest, muß die gesamte Bandbreite gesellschaftlicher Organisationen und Gruppen durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit der ZSR dazu motiviert werden, Bewertungsschablonen, sogenannte Rating Templates zu erstellen, wie es das Schichtkuchen-Modell von Balkin/Noveck/Roosevelt353 vorsieht. Hierzu kann beliebig auf den einheitlichen Grundwortschatz zurückgegriffen werden und mittels individueller Auswahl, Verknüpfung und Skalierung können jeweils die eigenen Wertmaßstäbe zum Ausdruck gebracht werden.354 Dadurch werden die 348

Vgl. ebda., 175 (198); Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (929). Vgl. zum Schichtkuchen-Modell eingehend Balkin/Noveck/Roosevelt, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 211 (265 ff.); vgl. dazu auch B. IV 1. b); es würde sich dabei für die Koordinierungsstelle anbieten, der ICRA die Zusammenarbeit vorzuschlagen, da diese bereits ein Kategoriensystem betreibt und testet, welches auf Grundlage des Schichtkuchen-Modells entwickelt wurde. 350 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 144. 351 Vgl. Balkin/Noveck/Roosevelt, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 211 (277). 352 Für die Entwicklung und Pflege des Kategoriensystems könnte im Falle ihrer Bereitschaft zur Kooperation die ICRA zuständig sein. 353 Vgl. ebda., 211 (267). 349

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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Wertesysteme Dritter relativ gut widergespiegelt. Die Gefahr der Manipulation und der einseitigen Durchsetzung bestimmter Wertvorstellungen könne damit sehr gering gehalten werden, ein Markt der Regulatoren würde geschaffen.355 Die Verwaltung der Bewertungsschablonen soll durch die ZSR erfolgen. Sind damit die elementaren Grundpfeiler des Ratingsystems errichtet, muß das Ratingverfahren durch die ZSR auf dem Markt eingeführt und etabliert werden, sowohl auf Seiten der Provider als auch auf Nutzerseite. Im Wege der Öffentlichkeitsarbeit müssen den Content-Providern356 die bereits genannten systemimmanenten Vorteile ihrer Mitwirkung am Ratingverfahren, aber auch die zu erwartenden Sanktionen bei Falscheinordnung, deutlich vor Augen geführt werden. Die ZSR muß den Content-Providern zu Klarheit über die Praxis der Einordnungen gerade bei schwierig zu beschreibenden Seiten verhelfen. Sodann kann mit der Vergabe von Ratingschlüsseln an die mitwirkenden Inhalteanbieter begonnen werden. Ein solcher Ratingschlüssel ermöglicht das digitale Signieren von vorgenommenen Bewertungen und die Verifikation dieser digitalen Signaturen beim Abrufer.357 Auch die Ratingschlüssel sollten von der ZSR verwaltet werden. Die Content-Provider können entweder ihren WWW-Auftritt insgesamt oder jede Seite einzeln bewerten.358 Dabei ist eine präzise und zuverlässige Einordnung der Inhalte essentielle Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Ratingverfahren. Deshalb sollte die ZSR selbst stichprobenartig Kontrollen der Bewertungen durchführen. Da diese Kontrollmöglichkeit aufgrund der sehr großen Menge an Einordnungen nur beschränkt möglich sein wird, muß zusätzlich eine Beschwerdestelle für Nutzer und Provider eingerichtet werden. Falscheinordnungen sollten dann in einem abgestuften Sanktionsverfahren durch die ZSR geahndet werden. Mildeste Sanktion könnte ein Mahnhinweis mit Abhilfeaufforderung sein. Schwerste zur Verfügung stehende Sanktion, die erst nach wiederholter Mahnung ausgesprochen werden sollte, wäre der Entzug des Ratingschlüssels und damit der Signierbefugnis. Die Wirkung dieser Sanktion darf keinesfalls unterschätzt werden, denn ist das Ratingverfahren erst weitgehend etabliert, wird die potentielle Reichweite nicht bewerteter Angebote erheblich geschmälert sein. Der Provider wird eine dadurch bedingte Verschlechterung seiner Marktposition in jedem Falle vermeiden wollen. 354

Vgl. dazu im einzelnen B. IV 1. b). Vgl. Bock/Wöbke, K&R 1997, 11 (16). 356 Vgl. B. II. 2. 357 Vgl. zu den technischen Einzelheiten eingehend die Studie der Secorvo Security Consulting GmbH „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), „Jugendschutz und Filtertechnologien im Internet“, 1999, S. 17, 145. 358 Daß eine Bewertung durch die Content-Provider selbst am sinnvollsten erscheint, wurde bereits aufgezeigt, vgl. B. IV 1. b). 355

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Bei der Einführung und Etablierung des Ratingverfahrens muß eine enge Zusammenarbeit mit allen Providern, die als Access-Provider359 tätig sind, angestrebt werden, um eine flächendeckende Zurverfügungstellung der Ratingsoftware zu erreichen. Empfehlens- und wünschenswert wäre die Integrierung der speziellen Ratingsoftware in die gesamte namhafte Zugangssoftware.360 Die Access-Provider und Hersteller von Zugangssoftware sollten an der Entwicklung einer möglichst bequem und leicht verständlich zu handhabenden Ratingsoftware beteiligt werden. Auch auf Nutzerseite muß das Ratingverfahren durch Öffentlichkeitsarbeit der ZSR eingeführt werden. Die Eltern und sonstigen Verantwortlichen müssen darauf aufmerksam gemacht werden, daß ein Ratingverfahren existiert. Das kann durch breitangelegte Werbung geschehen. Zudem bietet sich auch hier die oben bereits ausführlich dargestellte Jugendschutzassistentenlösung361 an. Ein in die Zugangssoftware integrierter Jugendschutzassistent könnte die Eltern auf das Ratingverfahren aufmerksam machen, ihnen die Funktionsweise verständlich erklären, die zur Verfügung stehenden Bewertungsschablonen vorstellen und bei der individuellen Konfiguration behilflich sein. Auch eine erstmalige Aktivierung als Voraussetzung von § 4 II JMStV könnte durch den Jugendschutzassistenten gewährleistet werden.362 Die Ratingsoftware sollte für die Nutzer leicht zu handhaben sein, insbesondere sollten Bewertungsschablonen ohne viel Aufwand wechselbar und der Ratingmodus leicht abzustellen sein. In jedem Falle muß jederzeit angezeigt werden, in welchem Ratingmodus man sich aktuell befindet363 und welche Bewertungsschablone gerade zugrundegelegt wird. (3) Verfassungsrechtliche Zulässigkeit Im folgenden soll geklärt werden, ob das oben vorgeschlagene Ratingverfahren nebst ZSR364 verfassungskonform ist. Trotz des erwünschten Schutzes der Kinder und Jugendlichen durch das Ratingverfahren muß das hohe Gut der Informationsfreiheit der Erwachsenen gemäß Art. 5 I 1 Hs. 2 GG und die Meinungsfreiheit der Provider gemäß Art. 5 I 1 Hs. 2 GG gewahrt werden.

359

Vgl. B. II. 2. Der Microsoft Internet Explorer ermöglicht den Usern schon heute die Benutzung von diversen Kategoriensystemen. 361 Vgl. D. II. 3. a) (2) (b). 362 Vgl. ebda., D. II. 3. a) (2) (b). 363 Ähnlich Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 98 Fn. 97. 364 Vgl. zum Begriff E. III. 2. b) (2). 360

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

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Der personale Schutzbereich von Art. 5 I 1 Hs. 2 GG ist eröffnet.365 Grundrechtsträger sind die erwachsenen Nutzer, da deren Informationsfreiheit trotz Ratingverfahren gewährleistet sein muß. Mit dem Ratingverfahren sollen Inhalte von Kindern und Jugendlichen ferngehalten werden, die über WWWDienste366 verbreitet werden. Dabei handelt es sich um eine allgemein zugängliche Informationsquelle.367 Geschützt sind alle Methoden der Informationsbeschaffung368 gegen jegliche staatlichen Maßnahmen, welche die tatsächliche Allgemeinzugänglichkeit369 vereiteln. Die Kommunikationsgrundrechte werden durch jede staatliche Maßnahme beeinträchtigt, die final in deren Schutzbereich regelnd eingreift. Hinsichtlich der Informationsfreiheit ist jede rechtliche oder faktische Verhinderung oder wesentliche Erschwerung von Informationsvorgängen ein Eingriff.370 Erfüllt das Ratingverfahren nebst ZSR bestimmte Voraussetzungen, liegt kein Eingriff in den Schutzbereich der Informationsfreiheit der erwachsenen Nutzer vor. Insoweit ist festzustellen daß der erwachsene Nutzer mit der Aktivierung und Konfigurierung der Ratingsoftware auf seinem Rechner grundsätzlich nur eine freiwillige Selbstbeschränkung vornimmt. Insbesondere die Nutzung des Ratingverfahrens nicht nur zum Schutze seiner Kinder, sondern auch zu seinem eigenen „Selbstschutz“371, steht in seiner freien Entscheidung. Dieses Handeln ist grundrechtlich durch die negative Informationsfreiheit372 geschützt. Damit kein Eingriff in den Schutzbereich der positiven Informationsfreiheit vorliegt, muß aber gewährleistet sein, daß tatsächlich eine freie Willensentscheidung des Nutzers vorliegt. Durch die Konzeption der Ratingsoftware muß sichergestellt sein, daß für den Nutzer immer klar erkennbar ist, in welchem Modus er sich gerade befindet373 und welche Bewertungsschablone er zugrundegelegt hat. An365 Vgl. dazu C. III. 2. b); eingehend zum ganzen Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz Kommentar (Loseblattsammlung Stand Februar 2004), Art. 5 I, II Rdn. 81 ff. 366 Vgl. B. II. 3. 367 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 57; zur genauen Spezifizierung bereits C. III. 2. b). 368 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 50. 369 Vgl. näher ebda., Art. 5 Rdn. 51. 370 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 96 m. w. N. 371 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201), kurs. i.O.; Holznagel/Kussel, MMR 2001, 347 (350); Engel, BDGV 39 (2000), 353 (413 ff.). 372 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 63. 373 In die gleiche Richtung geht die Anregung von Holznagel, in: Berg/Fisch/ Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 98 Fn. 97.

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E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

sonsten ist dem erwachsenen Nutzer eine selbstbestimmte Entscheidung gar nicht möglich. Desweiteren ist erforderlich, daß der Nutzer seine Entscheidung auch jederzeit neu treffen kann. Voraussetzung hierfür ist, daß das Ratingverfahren dem Nutzer jederzeit ermöglicht, den Ratingmodus bei Kenntnis seines PIN-Code zu deaktivieren, neu zu konfigurieren oder die Bewertungsschablonen zu wechseln. Das muß weiterhin so einfach vorzunehmen sein, daß es auch dem technisch weniger Bewanderten ohne größeren Aufwand durchführbar bleibt. Beim Einsatz des vorgeschlagenen Ratingverfahrens muß auch das hohe Gut der Meinungsfreiheit der Provider nach Art. 5 I 1 Hs. 1 GG gewährleistet sein. Davon wird das Recht geschützt, Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern.374 Schrift umfaßt dabei auch die elektronische Schrift, soweit sie der Individualkommunikation dient und nicht unter den Schutz der Rundfunkfreiheit375 fällt.376 Für Neue Medien wie dem Internet ist der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 I 2 GG eröffnet, soweit es sich dabei um Massenkommunikation handelt.377 Ist eine neuartige technische Modalität nicht auf Massenkommunikation angelegt, erweist sich das auf Individualkommunikation zugeschnittene Grundrecht der freien Meinungsäußerung als Auffanggrundrecht.378 Schon bei der Abgrenzungsproblematik zwischen Telediensten und Mediendiensten379 ist deutlich geworden, daß die sichere Zuordnung eines WWW-Dienstes zur Individualkommunikation bzw. Massenkommunikation nur schwer möglich ist. Letztendlich kann die Abgrenzung an dieser Stelle380 dahinstehen, da für die Provider entweder der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit oder der Meinungsfreiheit eröffnet ist. Durch das vorgeschlagene Ratingverfahren liegt ein Eingriff in den vorgenannten Schutzbereich der Meinungsfreiheit der Provider vor. Dieser ist jedoch gerechtfertigt durch die Regelungen des Jugendschutzes §§ 4 II, 5 I JMStV. Regelungen des Jugendschutzes, welche die Kommunikationsfreiheiten beschränken, sind zur Abwehr von Gefahren zulässig, die einer ungestörten Entwicklung der Jugend381 drohen. Die Auswahl der Mittel, mit denen diesen Ge374 Vgl. eingehend Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 48, m. w. N. 375 Vgl. dazu eingehend Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 82 ff. 376 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 30; eingehend Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 5 Rdn. 44, 45. 377 Vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 55, 65 ff., zu den geschützten Verhaltensweisen im einzelnen ebda., Art. 5 I, II Rdn. 80. 378 Vgl. Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 5 Rdn. 45. 379 Vgl. dazu D. II. 1. 380 Vgl. C. III. 2. a).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

307

fahren begegnet werden kann, obliegt dem Gesetzgeber. Dabei ist er grundsätzlich frei, er darf allerdings nur geeignete und erforderliche Mittel wählen.382 Aufgrund des vorgeschlagenen marktbestimmten Ratingverfahrens mit staatlicher Koordinierungsstelle ist keine unzulässige Präventivzensur von OnlineAngeboten – entgegen dem Verbot der Vorzensur gemäß Art. 5 I 3 GG – zu befürchten. Das Zensurverbot gilt laut Bundesverfassungsgericht für die Meinungsfreiheit und Rundfunkfreiheit, nicht jedoch für die Informationsfreiheit.383 Unter Vorzensur versteht man einschränkende staatliche Maßnahmen vor der Herstellung oder Verbreitung eines Geisteswerkes, wie etwa die Verpflichtung, dieses vorher behördlich prüfen und sich den Inhalt genehmigen zu lassen.384 Eine solche liegt nicht vor. Die staatliche Koordinierungsstelle des Ratingverfahrens ZSR prüft und genehmigt die Verbreitung von Inhalten nicht. Sie garantiert lediglich den organisatorischen Rahmen für das Ratingverfahren, indem sie das Kategoriensystem verwaltet und Ratingschlüssel verteilt oder entzieht. Die Verbreitung von Inhalten wird den Providern von der ZSR nicht verboten. Vielmehr nehmen die Provider selbst eine freiwillige Bewertung und damit ein Stück weit auch eine eigene, freiwillige Zensur ihrer Inhalte vor. Die Nutzer treffen sodann durch die Konfiguration der Ratingsoftware aus eigener, ebenfalls freier Entscheidung die Auswahl, welche Inhalte sie bzw. ihre Kinder erreichen sollen. 3. Reflexive Steuerung – Der Jugendschutzbeauftragte (§ 7 I S. 2 JMStV) Ein weiterer, für den Jugendmedienschutz im Internet gewinnbringender Steuerungstypus der gesteuerten Selbstregulierung ist die reflexive385 Steuerung386. Der Staat setzt hierbei die privaten Wirtschaftssubjekte internen Informations-, Lern- und Selbstkontrollprozessen aus, die das freiwillige Erbringen der erwünschten Gemeinwohlbeiträge bewirken sollen. Auch hier induziert der 381

Vgl. C. I. 3. Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 190. 383 Vgl. BVerfGE 27, 88 (102); vgl. dazu näher C. III. 2. c) (6). 384 Vgl. Starck, in: v. Mangoldt (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., 1999, Art. 5 Rdn. 156 ff.; Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., 2003, Art. 5 Rdn. 129 ff.; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., 2004, Art. 5 I, II Rdn. 138 ff.; dazu eingehend C. III. 2. c) (6). 385 reflexiv: (Psych. durch Reflexion gewonnen, durch [Nach]denken u. Erwägen; (. . .)), vgl. Dudenredaktion (Hrsg.), Duden, 1996, S. 611 rechte Spalte. 386 Vgl. zur reflexiven Steuerung grundlegend aus sozialwissenschaftlicher Sicht Teubner/Willke, ZfRSoz 1984, 4 (4 ff.); grundlegend aus juristischer Sicht SchmidtPreuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (192 ff.), kurs. i.O.; Pitschas, DÖV 1989, 785 (794 ff.); Lübbe-Wolff, Modernisierung des Umweltordnungsrechts, 1996, S. 150 ff. 382

308

E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Staat wieder, typisch für die gesteuerte Selbstregulierung – in diesem Falle mittels Selbsterkenntnis – private Beiträge, die einerseits dem legitimen Eigennutz dienen, zugleich aber dem Gemeinwohl zuträglich sind.387 Dadurch, daß der Staat die Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten für Online-Anbieter gemäß § 7 I S. 2 JMStV388 statuiert hat, wurde der Stein der reflexiven Steuerung für den Jugendschutz im Internet ins Rollen gebracht. Der Jugendschutzbeauftragte ist der Motor für eine funktionierende providerinterne Jugendschutz-Selbstregulierung. Er initiiert und treibt durch seine Tätigkeit providerinterne Informations-, Lern- und Selbstkontrollprozesse voran und berät den Provider bei allen Fragen des Jugendschutzes. Das erstreckt sich unter anderem von der Einbringung seines Know-hows bei der inhaltlich-redaktionellen Angebotsgestaltung, der Aufklärung über technische Schutzmöglichkeiten und der Warnfunktion vor eventuell drohenden staatlichen Sanktionen aufgrund unzulässiger Verbreitung von Angeboten bis hin zu kinder- und jugendfreundlichen Vertragsgestaltungen.389 In erster Linie wird der Provider zunächst natürlich ein gesteigertes Interesse daran haben, mit Hilfe seines Jugendschutzbeauftragten drohende finanzielle Belastungen durch staatliche Sanktionen aufgrund unzulässiger Verbreitung von Angeboten abwenden zu können. Hierzu verschafft ihm der Jugendschutzbeauftragte durch seine Tätigkeit die erforderliche Selbsterkenntnis. Diese kommt dann wiederum in nicht unerheblichem Maße auch dem Jugendschutz zugute, da der Provider auf diese Weise zur aktiven Mitwirkung beim Jugendmedienschutz im Internet hingeführt wird. Aufgrund des nicht unbeträchtlichen Kostenaufwands für einen Jugendschutzbeauftragten bestellen jedoch viele Provider keinen eigenen Jugendschutzbeauftragten, sondern machen von ihrer Abwendungsbefugnis Gebrauch.390 Daher darf die Reichweite der reflexiven Steuerung, angelegt in der Bestellungpflicht für den Jugendschutzbeauftragten in § 7 I S. 2 JMStV, nicht überschätzt werden. Förderlich wäre in jedem Falle, wie bereits an anderer Stelle empfohlen, an die Qualifikation von Jugendschutzbeauftragten keine überzogenen Anforderungen zu stellen, um die Kosten in einem für die Provider noch zumutbaren Rahmen zu halten.

387 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (192); zum Beispiel des ÖkoAudit vgl. ders., in: FS für Kriele, 1997, 1157 (1168). 388 Vgl. dazu im einzelnen E. III. 2. a) (1). 389 Die Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten sind vielfältig und umfangreich, vgl. eingehend E. III. 2. a) (1) (c). 390 Die Provider können ihre Verpflichtung gemäß § 7 I S. 2 JMStV auch dadurch erfüllen, daß sie gemäߧ 7 II JMStV eine Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle verpflichten. Damit greift die Kontextsteuerung dort, wo die reflexive Steuerung ihre Grenzen findet, vgl. E. III. 2. a) (2).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

309

4. Informationelle Steuerung a) Typus und Strategie Auch mittels der Handlungsform der „informationellen Steuerung“391 könnten Schwächen der klassischen imperativen Zweckverwirklichung beim Jugendmedienschutz im Internet ausgeglichen werden. In anderen Bereichen ist diese neue Handlungsform bereits etabliert und hat sich bewährt.392 Unter informationeller Steuerung versteht man eine staatliche Verhaltensbeeinflussung durch Information und Beratung. Dabei soll das Bewußtsein der Bürger systematisch gefördert und geschärft werden. Die Steuerungseffekte sollen durch eine resultierende individuelle Verhaltensänderung herbeigeführt werden, da sich den geänderten individuellen Präferenzen andere Systeme wie Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Technik anpassen müssen.393 Um zur Effektivierung des Jugendmedienschutzes im Internet beizutragen, müßte die informationelle Steuerung bei den Nutzern, insbesondere den Eltern und sonstigen Verantwortlichen, sowie auf kollektiver Ebene bei den Nutzervereinigungen ansetzen. Hierzu müßte zunächst eine intensive Aufklärung über die internetspezifischen Gefahren für Kinder und Jugendliche erfolgen. Dabei sollte auch verdeutlicht werden, inwieweit Provider daran mitwirken können, diese Gefahren zu minimieren. Des weiteren müßte Medienkompetenz394 zumindest in dem Umfang vermittelt werden, daß die Fähigkeit besteht, konkrete Gefahren zu erkennen und die zur Verfügung stehenden technischen Systeme zum „Selbstschutz“395 zu nutzen. So würde sich, zumindest bei einem gewissen Anteil des genannten Adressatenkreises, ein verstärktes Problembewußtsein entwickeln. Der Steuerungseffekt liegt somit zum einen im größer werdenden gesellschaftlichen Druck auf diejenigen Provider, die den Jugendmedienschutz im Internet nicht fördern oder gar blockieren. Am Beispiel des funktionierenden Ratingverfahrens396 wurde dies besonders deutlich. Nutzer, denen die Kinder- bzw. Jugendfreundlichkeit von Providern wichtig ist, werden die Angebote derjenigen Anbieter, die sich nicht am Ratingverfahren beteiligen, von vornherein meiden. 391 Vgl. dazu Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (221), kurs. i.O.; Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, 1994, S. 395 ff.; in der Sache ders., JZ 1993, 689 (690 ff.); Schulte, DVBl. 1988, 512 (512 ff.); Robbers, AfP 1990, 84 (84 ff.); Soldan, DÖV 1987, 858. 392 So etwa im Umweltschutzbereich, vgl. dazu Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 (2705 ff.). 393 So Di Fabio, JZ 1993, 689 (690). 394 Vgl. dazu, wie diese Schüsselqualifikation in der Informationsgesellschaft konkret aussehen könnte, Geretschläger, KJuG 4/1999, 111 (111). 395 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201), kurs. i.O.; Holznagel/Kussel, MMR 2001, 347 (350). 396 Vgl. E. III. 2. b) (2).

310

E. Neue staatliche Steuerungsansätze zum Jugendmedienschutz

Des weiteren wird die Eigenverantwortung der Nutzer gesteigert und zudem deren Handeln durch die Vermittlung von technischem Know-how zu Schutzsystemen gestärkt. Das wirkt sich auch auf die Online-Wirtschaft aus. Die Nachfrage nach Zugangssoftware von Access-Providern, in die solche Schutzsysteme bereits integriert sind, wird somit steigen. An dieser Entwicklung wird sich dann auch die Softwareindustrie zu orientieren haben. Die staatliche Aufklärung und Beratung wäre in praxi auf verschiedene Weise denkbar.397 Zunächst könnte eine intensivere Zusammenarbeit seitens des Staates, also den zuständigen Ministerien bzw. obersten Behörden mit den Jugendschutzbeauftragten erfolgen, deren Aufgabe es gemäß § 7 III S. 1 JMStV ohnehin ist, den Nutzern als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Es müßte dabei darauf hingewirkt werden, daß Jugendschutzbeauftragte aktiver die im Gesetz geforderte Aufklärung und Beratung der Nutzer betreiben. Zudem sollten die mit dem Jugendmedienschutz im Internet befaßten Behörden speziell geschultes Personal mit der beschriebenen Aufklärung und Beratung betrauen. So wird hier vorgeschlagen, daß jedes Jugendamt – natürlich in seinem jeweiligen finanziellen Rahmen – einen Online-Jugendschutzberater bestellt.398 Vorteilhaft ist am Online-Jugendschutzberater gegenüber der verstärkten Inpflichtnahme der Jugendschutzbeauftragten, daß dieser nicht auch die wirtschaftlichen Interessen der Provider mit berücksichtigen muß.399 Der erwünschte Steuerungseffekt des gesellschaftlichen Drucks aufgrund individueller Verhaltensänderung wird dadurch besser herbeigeführt. Auch durch eine staatliche Verpflichtung der Provider bzw. der Softwareindustrie zu bestimmten Softwarelösungen könnte die erforderliche Aufklärung und Beratung erfolgen. Die Jugendschutzassistentenlösung400 müßte dazu gesetzlich normiert werden. Hierzu könnte der Jugendschutzassistent, integriert in die Zugangssoftware, die Eltern und sonstigen Verantwortlichen beim Erstzugang über die Risiken, aber auch Chancen, die das Internet für ihre Kinder und Jugendlichen mit sich bringt, aufklären. Technische Schutzmöglichkeiten werden dabei vorgestellt und mit Hilfe des Jugendschutzassistenten sogleich altersadäquat konfiguriert.

397 Vgl. dazu als weiteres Beispiel das informale Verwaltungshandeln der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM) zur Ausübung ihrer Trägerschaft Stettner, Die Stellung der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien im Rundfunksystem nach dem Bayerischen Mediengesetz, 1999, S. 196 ff. 398 Im Umweltschutzbereich haben sich Umweltschutzberater zur informationellen Steuerung bereits bewährt, vgl. Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 (2705 ff.). 399 Die Online-Jugendschutzberater können als neutrale staatliche Institution die Nutzer gerade auch über die konkrete Kinder- und Jugendunfreundlichkeit von bestimmten Providern aufklären. 400 Vgl. D. II. 3. a) (2) (b).

III. Die Erscheinungsformen gesteuerter Selbstregulierung

311

Holznagel 401 schlägt zur weiteren Sensibilisierung der Öffentlichkeit für den Jugendschutz im Internet die Initiierung eines „(. . .) (mit einem Förderpreis dotierten) „Jugendschutz-Award“ (. . .)“ vor. Dieser Vorschlag ist zu begrüßen, zumal Provider, die sich nicht um den Jugendschutz-Award bemühen, einen Imageverlust erleiden werden. b) „Notice and take down procedures“ als gesetzgeberisches Instrument (§ 11 TDG/§ 9 MDStV) In § 11 TDG/§ 9 MDStV haben sich der Bundesgesetzgeber und die Staatsvertragspartner für den Ansatz der notice and take down procedures402 entschieden. Der Host-Service-Provider ist nur dann für unerwünschte Inhalte verantwortlich, wenn er von diesen Kenntnis erlangt und es ihm technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern.403 Erst mit Hilfe der informationellen Steuerung jedoch kann dieser Ansatz in der Praxis fruchtbar gemacht werden. Es hängt nicht nur vom Einsatz staatlicher Behörden, sondern vielmehr gerade auch vom Engagement eines jeden einzelnen Bürgers ab, ob der HostService-Provider in Kenntnis gesetzt wird von relevanten Inhalten und damit für kinder- und jugendgefährdende Inhalte auf seinem Server verantwortlich ist. Nur wenn die Nutzer des Internet dessen Gefahren einschätzen können und ihre Mitwirkungsmöglichkeiten kennen, können sich selbstregulative Kräfte voll entfalten. Daher muß eine Aufklärung und Beratung im Rahmen der informationellen Steuerung auch auf die Möglichkeit des Hinweises nach § 11 TDG/§ 9 MDStV aufmerksam machen.

401

Vgl. Holznagel, JZ 2001, 905 (909). Vgl. zum Begriff auch Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 97; Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, S. 101, 263. 403 Vgl. D. I. 5. c) (2). 402

F. Jugendmedienschutz im Internet auf Weltebene I. Problemstellung Aufgrund der technisch bedingten1 „Ubiquität“2 des Internet erweist sich der Jugendschutz auf nationalstaatlicher Ebene in mehrfacher Hinsicht als problematisch. Das traditionelle Medienordnungsrecht, an dem sich die Nationalstaaten bei der Online-Gesetzgebung orientieren, baut in erster Linie auf das Instrumentarium der imperativen Zweckverwirklichung mittels Ge- und Verboten.3 Die Einhaltung dieser Rechtsnormen setzt der Nationalstaat auf seinem Hoheitsgebiet, wenn es erforderlich ist, zwangsweise durch.4 Die Wirkung vorgenannter klassischer hoheitlicher Steuerung bei der Kontrolle des Internet, insbesondere im Bereich des Jugendschutzes, erweist sich jedoch als äußerst begrenzt.5 Jugendgefährdende oder absolut unzulässige Inhalte können aufgrund der technischen Gegebenheiten6 des Internet von einem Server, der sich im Ausland befindet, innerhalb eines anderen Nationalstaats verbreitet werden. In diesem Fall bereitet dem Nationalstaat bereits das Auffinden des Providers Probleme.7 Kann der Provider identifiziert und geortet werden, finden die Handlungsmöglichkeiten des Nationalstaates ihre Grenze im Territorialitätsprinzip 8. Hoeren9 stellt zutreffend fest: „Im Internet verlaufen sich alle Normen ins Nichts, die 1

Vgl. im einzelnen B. Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (192 f.), kurs. i.O. 3 Vgl. dazu Herrmann, Rundfunkrecht, 1994, S. 412 ff.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, S. 238 ff.; Kloepfer, Informationsrecht, 2002, S. 175, 662 ff.; zum ganzen Hoffmann-Riem/Schulz/Held, Konvergenz und Regulierung, 2000, S. 48 ff. 4 Vgl. zum Verwaltungszwang Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., 2002, S. 507 f. 5 Ähnlich Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (929); so auch Schily, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 83 (88). 6 Vgl. insbesondere B. II. 1. 7 Vgl. Lagodny, JZ 2001, 1198 (1198). 8 Vgl. Roßnagel, MMR 2002, 67 (68); Holznagel/Kussel, MMR 2001, 347 (350); Spindler/Volkmann, MMR 2002, 398 (409); Christiansen, MMR 2000, 123 (123); zum Territorialitätsprinzip eingehend Tröndle, in: Tröndle (Hrsg.), Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 52. Aufl., 2004, Vor § 3 StGB Rdn. 4 ff.; Ossenbühl, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl., 2002, S. 190; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl., 2000, S. 241. 9 Vgl. Hoeren, NJW 1998, 2849 (2850); vgl. auch Mayer, NJW 1996, 1782 (1789). 2

I. Problemstellung

313

auf den Raum, das Territorium oder den Sitz Bezug nehmen.“ Der Nationalstaat hat, von Ausnahmen nach dem sogenannten Weltrechtprinzip 10 abgesehen, keine rechtliche oder faktische Zugriffsmöglichkeit auf den Provider. Die extraterritoriale Anwendung des Rechts ändert daran im Prinzip nichts.11 „Damit muß der klassische Nationalstaat eine empfindliche Einbuße an Souveränität hinnehmen.“12 Des weiteren geht mit der Ubiquität des Internet das Phänomen einher, daß die kulturellen Prägungen und Moralvorstellungen, die der eine Nationalstaat im Netz als schützenswert erachtet, im anderen Nationalstaat nicht von Bedeutung sind. Was demnach im einen Nationalstaat erlaubt ist, verbietet ein anderer, oder auch umgekehrt.13 Die Wertmaßstäbe der nationalen Inhaltskontrolle des negativen Jugendmedienschutzes14 sind nicht in vollem Umfang kompatibel mit den Kriterien der staatlichen Inhaltskontrolle in anderen vernetzten Ländern. Dasselbe gilt für die Bewertungsmaßstäbe15 der Inhaltskontrolle bei den Gestaltungsvarianten der Steuerungsstrategie gesteuerte Selbstregulierung. Hier kommt noch hinzu, daß die staatliche „Zugriffsoption“16 „aus strukturellen Gründen nicht über die Effektivität verfügen kann, wie dies im nationalstaatlichen oder auch im gemeinschaftsrechtlichen Kontext der Fall ist“.17 Auf Weltebene kann die Zugriffsoption nur intergouvernemental wirksam werden und ist auf Einstimmigkeit angewiesen.18

10 Vgl. Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 4. Aufl., 2000, S. 242; vgl. zum Beispiel Strafrecht BGH, Urteil vom 12.12.2000 – 1 StR 184/00, in: JZ 2001, 119 (1191 ff.) mit Anmerkung von Lagodny, JZ 2001, 1198 (1198 ff.). 11 Vgl. dazu eindrucksvoll Engel, BDGV 39 (2000), 353 (407 f.). 12 Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (193), kurs. i.O., verdeutlicht das am Beispiel des Strafrechts; in die gleiche Richtung Lahrmann, RdJB 1997, 419 (420 ff.); Schulz, MMR 1998, 182 (187); Bullinger, in: Kloepfer (Hrsg.), Technikentwicklung und Technikrechtsentwicklung, 2000, 149 (157); Engel, BDGV 39 (2000), 353 (389 ff.). 13 Vgl. Price/Verhulst, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (153 ff.); anschaulich Lahrmann, RdJB 1997, 419 (420 ff.). 14 Vgl. dazu D. II. 2. b). 15 Vgl. E. III. 2. b) (1). 16 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (174), kurs. i.O. 17 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198), kurs. i.O. 18 Vgl. ebda.; Schmidt-Preuß, in: FS für Link, 2003, 921 (929).

314

F. Jugendmedienschutz im Internet auf Weltebene

II. Technikermöglichung in der Weltinformationsgemeinschaft 1. Leitbild der einen Weltinformationsgemeinschaft Aufgrund des im vorangegangenen Kapitel Gesagten könnte man befürchten, daß die Bemühungen der Nationalstaaten um eine Steuerung des Internet – insbesondere zugunsten des Jugendschutzes – auf ihrem Territorium aufgrund der Ubiquität des Internet nicht hinreichend effizient sind, um staatliche Schutzaufträge zu erfüllen. Dafür besteht aber tatsächlich kein Grund. Vor dem Hintergrund der Aktivitäten der Einzelstaaten des Internet kann von einem „rechtsfreien Cyberspace“19 nicht die Rede sein. Vielmehr können die neuen Multimedia-Gesetze20 Deutschlands erste Erfolge verzeichnen. Das gilt insbesondere dort, wo die Gestaltungsvarianten21 der „gesteuerten Selbstregulierung“22 zum Einsatz gekommen sind. So haben die Staatsvertragspartner im JMStV freiwillige private Initiative und Aktivität als Beitrag zur Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht Jugendschutz „induziert“.23 Die Jugendschutzbeauftragten24 der Provider und die FSM25 leisten einen erheblichen Beitrag zum Jugendschutz im Internet. Dabei kann jedoch die Steuerung des Internet auf rein nationaler Ebene aufgrund des grenzüberschreitenden Wesens des Internet nicht ausreichen.26 Es ist Sache der Staatengemeinschaft, daß Kinder und Jugendliche vor schädlichen Inhalten des Internet geschützt werden. Vielfach wird eine internationale Medienordnungspolitik gefordert.27 Diese müßte getragen werden durch 19

Vgl. dazu Roßnagel, MMR 2002, 67 (67); Mayer, NJW 1996, 1782 (1789). Vgl. zum Begriff Roßnagel, in: Roßnagel (Hrsg.), Recht der Multimedia-Dienste, (Loseblattsammlung Stand Dezember 2003) Einf 1 Rdn. 1. 21 Vgl. dazu im einzelnen E. III. 22 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162 ff.), kurs. i.O.; Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 237 (238). 23 Vgl. zum Begriff Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (165), kurs. i.O. 24 Vgl. E. III. 2. a) (1). 25 Vgl. E. III. 2. a) (2) (a). 26 Mit gleicher Tendenz Engel, BDGV 39 (2000), 353 (355). Zur ähnlich gelagerten Problematik im Bereich Fernsehen Schoch, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, 1999, 221 (244 ff.). 27 Vgl. nur Grzeszick, AöR 1998, 173 (198); Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194); Lahrmann, RdJB 1997, 419 (421); bezogen auf gesteuerte Selbstregulierung Holznagel, in: Berg/Fisch/Schmitt Glaeser u. a. (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, 2001, S. 100; hinsichtlich der Strafverfolgung Sieber, in: Waltermann, Jens/Machill, Marcel (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 345 (397); Mosdorf, in: Waltermann, Jens/Machill, Marcel (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 105 (107); offenbar in die gleiche Richtung Vesting, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, 2000, 101 (131). Diskutiert wird auch der Bedarf von übernationalen Rechtsregeln und einer globalen Rechtsordnung, vgl. Roßnagel, MMR 2002, 67 (67 ff.); Engel, BDGV 39 (2000), 353 (400 ff.). 20

II. Technikermöglichung in der Weltinformationsgemeinschaft

315

Kooperation und Konsens zwischen den Nationalstaaten. Das gilt insbesondere für die Inhaltskontrolle, da hier eine Vielzahl völlig unterschiedlicher Kulturen in Einklang gebracht werden müssen. Schmidt-Preuß28 konkretisiert dies zum „Leitbild der einen Weltinformationsgemeinschaft“. Darunter versteht er die Sicherung des freiheitsverbürgenden und technikermöglichenden29 Primats des Rechts auch unter den Bedingungen weltweiter Vernetzung. Schmidt-Preuß30 schlägt für die Umsetzung des vorgenannten Leitbilds eine „Sechsebenen-Strategie“ vor, die, wie sich herausstellen wird, auch für die Realisierung eines effektiven Jugendschutzes im Internet geeignet ist. So stimmt die Analyse durchaus optimistisch.31 Die Sechsebenen-Strategie zur Technikermöglichung in der Informationsgemeinschaft soll im folgenden am Beispiel des Jugendschutzes im Internet mit allen seinen Besonderheiten näher vorgestellt und erörtert werden. 2. Schmidt-Preußsche Sechsebenen-Strategie zur Technikermöglichung in der Informationsgemeinschaft a) 1. Ebene: klassisch-völkerrechtliche „Konventionsstrategie“ Auf der ersten Ebene ordnet Schmidt-Preuß32 die Handlungsmöglichkeiten der Mitglieder der Staatengemeinschaft ein. Die Mitglieder der Staatengemeinschaft sind mit völkerrechtlichen Verträgen33, vor allem in Form multilateraler Abkommen oder Konventionen34 in der Lage, im Sinne der „stabilisierenden Servicefunktion des Rechts“35 technikermöglichende36 Mindeststandards37 zu formulieren.38

28 Vgl. zum ganzen Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194), kurs. i.O. 29 Vgl. zur technikermöglichenden Funktion des Rechts D. II. 3. a) (4). 30 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.) kurs. i.O.; ders., in: FS für Link, 2003, 921 (929). 31 Ähnlich Engel, BDGV 39 (2000), 353 (404 ff.), der „(. . .) Möglichkeiten zur Beherrschung des Internet (. . .) in fünf Klassen (. . .)“ einteilt. 32 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.). 33 Vgl. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, S. 94 ff.; zum Verfahren Seidl-Hohenveldern/Stein,Völkerrecht, 10. Aufl., 2000, S. 63 ff. 34 Vgl. etwa zur Menschenrechtskonvention Herdegen, Völkerrecht, 2004, S. 312 ff. 35 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (179). 36 Vgl. allgemein zur technikermöglichenden Funktion des Rechts D. II. 3. a) (3) (a). 37 Vgl. dazu Balkin/Noveck/Roosevelt, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 211 (246 ff.). 38 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (195), kurs. i.O.

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F. Jugendmedienschutz im Internet auf Weltebene

Das moderne Völkerrecht eröffnet im Gegensatz zum klassischen Völkerrecht vielfältige Möglichkeiten der Einwirkung auf die staatlichen Binnenstrukturen. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg war die Idee, daß internationale Standards auf die Innenpolitik eines Staates rechtlichen Einfluß nehmen könnten, im Verständnis des Völkerrechts ein Fremdkörper. Heute werden derartige Erscheinungen immer häufiger. Sie nahmen ihren Anfang mit der Schaffung der unterschiedlichen Verträge und Konventionen zum Schutz der Menschenrechte und finden ihre Fortsetzung in den aktuellen Diskussionen zu „good governance“ und „sustainabel development“39. Grundsätzlich eröffnen sich zwei unterschiedliche Wege, die zu einer Durchsetzung funktionsfähiger hoheitlicher Mechanismen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet auf völkerrechtlicher Ebene führen können. Zum einen könnten sich Staaten durch völkerrechtliche Verträge40 gegenseitig an gewisse allgemeinverbindliche Standards binden. Andererseits könnten Hoheitsrechte der Staaten in diesem Bereich auf bestehende oder noch zu schaffende Internationale Organisationen übertragen werden. (1) Bindung an völkerrechtliche Abkommen Das Hauptproblem, welches sich bei internationalen Abkommen stellt ist, daß die Durchsetzbarkeit daraus resultierender Verpflichtungen sehr unterschiedlich zu bewerten ist. Von faktisch nicht durchsetzbaren Instrumenten des sogenannten „Soft law“41 bis zu Verträgen, die in Ihrer Durchsetzbarkeit dem Grundrechtsschutz durch das GG in nichts nachstehen, existiert hier eine große Bandbreite. Damit muß die Durchsetzbarkeit in den Mitgliedstaaten für jeden einzelnen Vertrag getrennt bewertet werden, um die Effektivität seines Schutzes im Einzelfall einschätzen zu können. Das bedeutendste völkerrechtliche Vertragswerk zum Schutz von Kindern und Jugendlichen stellt das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes42 dar. Art. 17e des Abkommens, der sich mit den Medien befaßt, stellt den Mitgliedstaaten den Auftrag, die Erarbeitung geeigneter Richtlinien zum Schutz des Kindes vor Informationen und Material, die sein Wohlergehen beeinträchtigen, zu fördern. Allerdings zeigt schon der Wortlaut dieser Norm, wie wenig materiellen Gehalt diese hat. Sie ist nur als Förderauftrag zu verstehen. Zum Schutz 39

Vgl. Herdegen, Völkerrecht, 2004, S. 44. Vgl. zum Problem „Zeitfaktor“ Engel, BDGV 39 (2000), 353 (405). 41 Darunter versteht man im wesentlichen Verhaltensstandards, welche internationale Organisationen oder Staatenkonferenzen als Zielvorgabe formulieren und die keine unmittelbare Bindungswirkung für die erklärenden Völkerrechtssubjekte haben, vgl. Herdegen, Völkerrecht, 2004, S. 146 ff. 42 Sartorius II, Nr. 29. 40

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der Kinder und Jugendlichen vor dem Mißbrauch zur Herstellung kinderpornographischen Materials beinhaltet das Übereinkommen die Spezialvorschrift Art. 34c des Abkommens. Darin werden die Vertragsstaaten unter anderem dazu verpflichtet, geeignete innerstaatliche Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, daß Kinder für pornographische Darstellungen ausgebeutet werden. Der Wortlaut dieser Norm zeichnet sich durch eine höhere Verbindlichkeit aus als der des Art. 17e des Abkommens. Die generelle Durchsetzbarkeit dieser Normen ist für völkerrechtliche Maßstäbe hoch. In Art. 42 ff. bietet das Abkommen eine ganze Reihe eigener Mechanismen, welche die Durchsetzung sichern sollen. So sieht Art. 43 des Abkommens die Errichtung eines eigenen Ausschusses für die Rechte des Kindes vor, der zyklisch zu Berichten der Mitgliedstaaten zum Kinderschutz Stellung nehmen soll. Ein Individualbeschwerdeverfahren wie die EMRK43 kennt das Abkommen zum Schutz des Kindes aber nicht. Am 18.01.2002 ist das Zusatzprotokoll zu diesem Abkommen gegen Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie44 in Kraft getreten. Es umfaßt für die unterzeichnenden Staaten in Art. 3 I c unter anderem eine Verpflichtung, Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie unter Strafe zu stellen. Darüber hinaus kodifiziert das Zusatzprotokoll Anforderungen an die nationale Strafverfolgung, die internationale Zusammenarbeit bei der Ermittlung und die Beschränkungen der Auslieferung von Tätern. Dieses Zusatzprotokoll stellt eine gute Basis für die Schaffung eines internationalen Mindeststandards für die Strafverfolgung in diesem Bereich dar. Inwieweit es im Einzelfall verbindlich wird, hängt allerdings davon ab, ob der fragliche Staat das Zusatzprotokoll ratifiziert hat und ob er gegen die einzelnen Bestimmungen Vorbehalte abgegeben hat. Das vorgenannte Zusatzprotokoll zielt auf den Schutz der Kinder und Jugendlichen als Objekt45, nicht als User des Internet ab. Letzterer ist Gegenstand des Jugendmedienschutzes. Dem Auftrag gemäß Art. 17e des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes, namentlich zur Förderung der Erarbeitung geeigneter Richtlinien zum Schutz des Kindes vor Informationen und Material, die sein Wohlergehen beeinträchtigen, muß im Bereich der Inhaltskontrolle noch entsprochen werden. So sollte ein ethisches Minimum als Maßstab für die Inhaltskontrolle des negativen Jugendmedienschutzes vereinbart werden. Dort, wo Jugendschutz mißachtet wird und gegen ethisch-moralische Mindeststandards verstoßen wird, muß es laut Schmidt-Preuß46 „Ziel der Staatengemein43 Europäische Menschenrechtskonvention, vgl. dazu Herdegen, Völkerrecht, 2004, S. 312 ff. 44 Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the sale of children, child prostitution and child pornography, General Assembly resolution A/ RES/54/263, http://www.unhchr.ch/html/menu2/dopchild.htm (abgerufen am 25.09. 2002). 45 Vgl. A. III. 2.

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schaft sein, die notwendige Balance zwischen den Rechtstraditionen zu finden und gegenseitig Rücksichtnahme zu üben.“ Jedoch dürfe die Wirkung der ersten Ebene auch nicht überschätzt werden, da völkerrechtliche Konventionen an der Strukturschwäche höchst unterschiedlicher kultureller und rechtlicher Akzeptanzniveaus leiden. Das gilt gerade auch für einen Jugendschutz-Mindeststandard bei im Internet verbreiteten Inhalten. Da es sich beim Internet um ein weltweites Netz handelt, ist die Diskrepanz zwischen den kulturell-religiösen Prägungen und Moralvorstellungen der involvierten Länder zum Teil sehr groß.47 Daher gestaltet es sich für die Mitglieder der Staatengemeinschaft schwierig, einen für alle Länder akzeptablen Mindeststandard zu vereinbaren. Das zeigt sich in realiter daran, daß über die Aktivitäten zum Schutz der Kinder als Objekt bislang nur vereinzelte bilaterale Initiativen hinausgehen. So fanden namentlich bereits umfangreiche Gespräche zwischen den USA und den europäischen Staaten statt, in denen auch die Zielsetzung eines weiterreichenden Verhaltenskodex ausgesprochen wurde.48 Im einzelnen konnten jedoch noch keine konkreten Ergebnisse erzielt werden. Grund sind die unterschiedlichen kulturellen Prägungen und Verfassungstraditionen.49 (2) Übertragung von Hoheitsrechten auf Internationale Organisationen Jugendmedienschutz auf Weltebene könnte auf der ersten Ebene der Sechsebenen-Strategie von Schmidt-Preuß50 – der „klassisch-völkerrechtlichen Konventionsstrategie“ – auch durch schon bestehende internationale Organisationen, wie den Vereinten Nationen oder der OSZE oder noch zu schaffenden Organisationen angestrebt werden.51 Internationale Organisationen (IO) sind Völkerrechtssubjekte, die durch einen Gründungsvertrag zwischen mindestens zwei bestehenden Völkerrechtssubjekten geschaffen werden und durch ihre Binnenstruktur zur Bildung und Äußerung einer eigenständigen Meinung befähigt sind52. Die bestehenden Internationalen Organisationen beschäftigen sich schon in gewisser Weise mit den ethischen Fragestellungen, die eine globalisierte Infor46 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (195); in die gleiche Richtung Engel, BDGV 39 (2000), 353 (406). 47 Vgl. zum ganzen Engel, AfP 2002, 119 (123 ff.). 48 Vgl. dazu im einzelnen das Ergebnis der Working Group for Codes of Conduct unter http://www.usdoj.gov/criminal/ceos/guidelines.html (abgerufen am 25.09.2002). 49 Vgl. dazu Bremer, MMR 2002, 147 (149). 50 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.), kurs. i.O. 51 Vgl. dazu auch Roßnagel, MMR 2002, 67 (70). 52 Vgl. Herdegen, Völkerrecht, 2004, S. 88; Seidl-Hohenveldern/Stein, Völkerrecht, 10. Aufl., 2000, S. 160 ff.

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mationsgesellschaft mit sich bringt. So hat etwa die UNESCO einen Ausschuß der COMEST (World Commission on the Ethics of Scientific Knowledge and Technology) beauftragt, diesen Problemen nachzugehen. Der bisherige Bericht des Ausschusses53 befaßt sich bislang erst mit allgemeinen soziologischen und philosophischen Problemen der Materie. Für den Jugendmedienschutz bietet er deshalb noch keine konkreten Ansatzpunkte. Es bestünde weiterhin die Möglichkeit, eine neue Internationale Organisation zu schaffen, die einen Verhaltenskodex für den Jugendmedienschutz global überwachen könnte oder in ein System der Freiwilligen Selbstkontrolle eingebunden wäre. Hierfür bestehen jedoch in realiter noch keine Ansätze. b) 2. Ebene: Selbstregulierung auf Weltebene Zweite Ebene der Schmidt-Preußschen „Sechsebenen-Strategie“54 ist die „Selbstregulierung auf Weltebene“.55 Die Steuerungsstrategie gesteuerte Selbstregulierung, deren Gestaltungsvarianten56 in nationalem Kontext bereits ausführlich dargestellt wurden, sind auch für die internationale Ebene geeignet.57 Die Mitglieder der Staatengemeinschaft lassen die gesellschaftliche Selbstregulierung frei walten, behalten sich hierbei – typisch für die gesteuerte Selbsregulierung – jedoch ihre Zugriffsoption für den Fall „gesellschaftlich-selbstregulativer Schlechterfüllung“58 vor. So sind in praxi auf der Grundlage gesellschaftlichen Engagements bereits mehrere Organisationen der kollektiven gesellschaftlichen Selbstregulierung auf Weltebene ins Leben gerufen worden. Die ISPAs59 und die ICRA60 werden unten noch näher betrachtet.61 Mit Schmidt-Preuß62 ist jedoch festzustellen, daß die „Zugriffsoption“ bei der inhaltskontrollierenden Selbstregulierung auf Weltebene „nicht über die Effektivität verfügen kann, wie dies im nationalstaatlichen oder auch im gemeinschafts53 COMEST Sub-Commission: „The Ethics of the Informations Society – Report“, UNESCO Headquarters, 18–19 Juni 2001. 54 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (196 ff.), kurs. i.O. 55 Vgl. zum Begriff grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162 ff.), kurs. i.O.; Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 237 (238); zum ganzen A. I.; zur internationalen Dimension Christiansen, MMR 2000, 123 (124, 129). 56 Vgl. E. III. 57 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (196); im Anschluß daran Price/Verhulst, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (201 ff.). 58 Vgl. zu den Begriffen grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (174), kurs. i.O. 59 Internet-Service-Providers Associations. 60 Internet Content Rating Alliance. 61 Vgl. F. IV. 2.

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rechtlichen Kontext der Fall ist.“ Sie kann auf internationaler Ebene nur wirksam werden, wenn die einzelnen Nationalstaaten kooperieren und Einstimmigkeit erzielen. Grund hierfür ist die bereits angesprochene große Diskrepanz der kulturellen und ethischen Prägungen der an das Internet angeschlossenen Länder.63 So ist es höchstens möglich, Konsens über einen internationalen Jugendschutz-Mindesstandard zu finden, wobei sich auch dies aufgrund des teilweise geringen Akzeptanzniveaus gewisser Einzelstaaten als schwierig erweisen wird. c) 3. Ebene: Gemeinschaftsrechtliche Steuerung Auf der dritten Ebene ordnet Schmidt-Preuß64 die „gemeinschaftsrechtliche Steuerung“ ein. Hier ist auf ein ganzes Bouquet – wie zum Beispiel Richtlinien – zu verweisen, die einen technikermöglichenden65 Rechtsrahmen für die europäische Informationsgemeinschaft schaffen. Auch im Bereich Jugendschutz im Internet ist die EU bereits seit längerem aktiv. Mit dem Grünbuch der Europäischen Kommission über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde in den audiovisuellen und Informationsdiensten66 wurden verschiedene begrüßenswerte Initiativen ins Leben gerufen, die unten noch näher betrachtet werden.67 d) 4. Ebene: Nationalstaatliches Instrumentarium Die vierte Ebene ist das „nationalstaatliche Instrumentarium“68. Damit ist das „Handlungsfeld der Nationalstaaten“69 gemeint. Darunter fällt sowohl das Instrumentarium des klassischen negativen Jugendmedienschutzes mittels imperativer Zweckverwirklichung als auch die „Gestaltungsvarianten der gesteuerten Selbstregulierung“70. Schmidt-Preuß71 verweist hier auf die Beschränkung des Steuerungsmandats des Staates innerhalb dieser Ebene aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen. Aufgund der technisch bedingten Ubiquität des Internet 62 Vgl. zum ganzen Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198), kurs. i.O. 63 Vgl. Lahrmann, RdJB 1997, 419 (420 ff.). 64 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198), kurs. i.O. 65 Vgl. zu Recht und Technik D. II. 3. a) (3) (a). 66 Vgl. KOM 96, 483. 67 Vgl. F. III. 1. 68 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (199), kurs. i.O. 69 Vgl. ebda., kurs. i.O. 70 Vgl. E. III. 71 Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (199).

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kommt es zu einem Verlust an Steuerungsfähigkeit.72 Das Steuerungsmandat wird zudem auch durch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben und völkerrechtliche Verpflichtungen eingeschränkt. Dennoch darf nach hier vertretener Ansicht die Bedeutung der vierten Ebene – der nationalstaatlichen Steuerung – beim Jugendschutz im Internet nicht unterschätzt werden. Durch die Zugriffsoption, die sich der Staat vorbehalten hat, ist er in der Lage, nachzusteuern, wenn die selbstregulativen Kräfte eine effektive Inhaltskontrolle nicht zu leisten vermögen. e) 5. Ebene: Selbstregulierung auf nationaler Ebene Fünfte Ebene der „Sechsebenen-Strategie“ von Schmidt-Preuß73 ist die „gesellschaftliche Selbstregulierung“74 auf nationaler Ebene. Die freiwilligen Initiativen sowie kollektiven und individuellen Beiträge der gesellschaftlichen Selbstregulierung zum Jugendschutz im Internet wurden oben75 bereits ausführlich dargestellt. Die nationale gesellschaftliche Selbstregulierung leistet einen nicht wegzudenkenden Beitrag zum Jugendschutz im Internet.76 Insbesondere die Organisationen FSM und eco tragen mit ihrer freiwilligen Aktivität in erheblichem Maße zum Jugendschutz im Internet bei. Von entscheidender Bedeutung ist die Existenz dieser nationalen Selbstkontrolleinrichtungen. Sie leisten die Arbeit an der Basis. Erst durch das Betreiben derer nationalen Hotlines77 kann eine Koordination auf europäischer Ebene durch die Organisation INHOPE78 und damit Selbstregulierung auf Weltebene stattfinden. f) 6. Ebene: Individuell-persönliche Selbstregulierung Die sechste Ebene der Schmidt-Preußschen „Sechsebenen-Strategie zur Technikermöglichung in der Weltinformationsgemeinschaft“79 ist die „individuellpersönliche Selbstregulierung“80. Verwirklicht werden kann diese durch den 72

Vgl. dazu F. II. 1. Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201), kurs. i.O.; vgl. bereits früh allgemein zum Vorwurf des Steuerungsversagens des Rechts im Verhältnis zur Technik Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, 1990, 217 (218). 74 Vgl. grundlegend zum Begriff Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (162 ff.), kurs. i.O.; Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), 237 (238); zum ganzen A. I. 75 Vgl. E. III. 76 Vgl. Schily, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 83 (93); offenbar ähnlich Engel, AfP 2002, 119 (127). 77 Darunter versteht man Beschwerdestellen, vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 3. 78 Internet Hotline Providers in Europe, vgl. F. IV. 2. 79 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201), (teilweise kurs. i.O.); vgl auch Roßnagel, ZRP 1997, 26 (30); Grzeszick, AöR 1998, 173 (194). 73

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F. Jugendmedienschutz im Internet auf Weltebene

Selbstschutz. Schmidt-Preuß81 versteht darunter „Maßnahmen, derer sich der Nutzer höchstpersönlich in eigener Verantwortung präventiv bedienen kann.“ Im Bereich des Jugendschutzes stehen den Eltern und sonstigen Sorgeberechtigten hierfür Stand-Alone-Filteringprogramme82, Kindersicherungen83 und Rating84 zur Verfügung. Beim Jugendschutz im Internet ist die sechste Ebene von großer Bedeutung. Aufgrund der immensen Datenmengen und einer eher partiellen staatlichen Ex-post-Kontrolle müssen die Eltern und sonstigen Personensorgeberechtigten dort verstärkt Verantwortung übernehmen, wo der Staat den Jugendmedienschutz nicht zu leisten vermag. Sie sind durch ihre direkte Eingriffsmöglichkeit am besten in der Lage, unerwünschte Inhalte von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten. Die vorgenannten technischen Schutzsysteme unterstützen sie bei ihren Selbstschutzmaßnahmen.

III. Die europäischen Initiativen 1. Europäische Union a) Grünbuch der Europäischen Kommission über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde in den audiovisuellen und Informationsdiensten Das im folgenden näher dargestellte Grünbuch der Europäischen Kommission über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde in den audiovisuellen und Informationsdiensten vom Oktober 199685 als Beitrag der Europäischen Union zum Jugendschutz im Internet ist der dritten Ebene der Schmidt-Preußschen „Sechsebenen-Strategie“86 zur Technikermöglichung in der Informationsweltgemeinschaft zuzuordnen. Es lieferte auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene die Basis für eine effektive Selbstregulierung und hat verschiedene Initiativen und Projekte nach sich gezogen. Die Kommission strebte im Grünbuch zunächst eine stärkere europäische Zusammenarbeit beim klassischen Jugendmedienschutz mittels imperativer Zweckverwirklichung an. Die in den Vertrag über die Europäische Union87 aufgenom80 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201) kurs. i.O. 81 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (201), kurs. i.O. 82 Vgl. B. III. 6. c) (1). 83 Vgl. B. III. 6. c) (3). 84 Vgl. B. IV. 1. 85 Vgl. KOM 96, 483. 86 Vgl. zum ganzen Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.), kurs. i.O., zur dritten Ebene 175 (198 f.).

III. Die europäischen Initiativen

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menen Regeln Art. 29–39 EU-Vertrag über die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (Bestimmungen über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen) sollten dabei eine grundlegende Rolle spielen, da es der Kommission geboten erschien, die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten zur wirksamen Bekämpfung von illegalen Inhalten und der illegalen Nutzung des Internet zu verstärken.88 Neben der Zusammenarbeit bei der strafrechtlichen Verfolgung89 sollte laut der Kommission auch eine verstärkte Verwaltungszusammenarbeit angestrebt werden. Diese sollte vor allen Dingen den Austausch von Informationen über die laufenden Entwicklungen und eine vergleichende Analyse der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und ihrer Umsetzung beinhalten. Die Kommission erkannte jedoch bereits 1996, daß eine effiziente Jugendschutzregulierung des Internet allein mit dem Instrumentarium der imperativen Zweckverwirklichung nicht zu erreichen sei. Daher legte sie mit dem Grünbuch zusätzlich einen Grundstein für die (gesteuerte) Selbstregulierung auf europäischer Ebene. Dabei wurden drei Hauptschwerpunkte der anzustrebenden Zusammenarbeit, sozusagen als Grundpfeiler der Selbstregulierung angeführt: die Verwaltungszusammenarbeit, die Zusammenarbeit bei der Information und Sensibilisierung der Nutzer sowie die Zusammenarbeit der betreffenden Industriezweige.90 Im Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit sollte zunächst beobachtet werden, ob sich die Selbstregulierung als geeignetes Steuerungssinstrument erweist, und wenn das der Fall wäre, auf europäischer Ebene ein gemeinsamer Rahmen für die Selbstregulierung festgelegt werden. Dieser Rahmen sollte laut Kommission insbesondere umfassen: Die im Bereich des Jugendschutzes zu erreichenden Ziele, welche das Lastenheft der Selbstregulierung darstellen, die Grundsätze hinsichtlich der Vertretung der betreffenden Industriezweige auf europäischer Ebene und der Entscheidungsverfahren sowie einen Zeitplan zur Erarbeitung eines Verhaltenskodex und von konkreten Schutzmaßnahmen durch die betreffenden Industriezweige. Wie in der vorliegenden Arbeit bereits am Beispiel Deutschland ausführlich aufgezeigt wurde, müßten die selbstregulativen Kräfte noch stärker von den Jugendschutzbehörden beachtet und integriert werden. Insbesondere wäre hierzu noch eine auf Kooperation und gegenseitiges 87 Vertrag über die Europäische Union unterzeichnet zu Maastricht am 7. Februar 1992 (ABl. der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 191 vom 29.7.1992 S. 1). 88 Vgl. dazu im einzelnen Grünbuch der Europäischen Kommission über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde in den audiovisuellen und Informationsdiensten, KOM 96, 483. 89 Vgl. zur erforderlichen Koordination der Strafverfolgung von rechtsradikalen Inhalten im Internet Holznagel/Kussel, MMR 2001, 347 (351); Bremer, MMR 2002, 147 (148). 90 Vgl. KOM 96, 483.

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F. Jugendmedienschutz im Internet auf Weltebene

Lernen angelegte Interventionsstrategie zu entwickeln.91 Bezüglich der Schaffung eines Rahmens für die Selbstregulierung auf europäischer Ebene ist die Online-Industrie den Verwaltungsbehörden zuvorgekommen.92 Der zweite Hauptschwerpunkt Zusammenarbeit bei der Information und Sensibilisierung der Nutzer sollte zum langfristigen Ziel haben: Die Nutzer der neuen elektronischen Dienste insbesondere Eltern und Jugendliche sollen sich der spezifischen Gefahren dieser Dienste bewußt werden und die vorhandenen Schutzmittel wirksam anwenden. Ein weiteres Ziel soll die Förderung der Einbeziehung von Verbraucherorganisationen sowie einzelner Verbraucher in den Prozeß der Marktkontrolle sowie der Sensibilisierung der Eltern für ihre Verantwortung hinsichtlich der Überwachung der Aktivitäten ihrer Kinder im Internet sein. Den dritten Hauptschwerpunkt sieht die Kommission in der Zusammenarbeit der betreffenden Industriezweige. Dazu sei zunächst eine umfassende Mobilisierung und wirksame Vertretung der Industriezweige auf europäischer Ebene erforderlich. Die wichtigsten Aufgaben der Industriezweige sollten dabei sein: die Erarbeitung eines Verhaltenskodex und konkreter Maßnahmen in einem durch die Zusammenarbeit der einzelstaatlichen Behörden festgelegten Rahmen, Feststellung des möglichen Bedarfs an gemeinsamen Standards für die Kennzeichnung der Inhalte und die Durchsetzung des PICS-Standards oder gleichwertiger offener Systeme. b) Projekt „Internet-Action-Plan“ Unter Berücksichtigung des Grünbuchs der Europäischen Kommission über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde in den audiovisuellen und Informationsdiensten vom Oktober 1996 sind von der EU verschiedene Initiativen ins Leben gerufen worden. Eine davon ist der Internet-Action-Plan oder auch Action Plan on Promoting Safer Use of the Internet (Aktionsplan zur Förderung der sicheren Nutzung des Internet) genannt. Dieser basiert auf der Entscheidung Nr. 276/1999/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Januar 1999.93 Gemäß Art. 1 der Entscheidung hat der Aktionsplan eine Laufzeit von vier Jahren, vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2002. 91

Vgl. dazu D. II. 6. c). Vgl. dazu F. III. 3; vgl. zu den diesbezüglichen Initiativen der Online-Industrie nur das Memorandum der Bertelsmann Stiftung „Verantwortung im Internet – Selbstregulierung und Jugendschutz“, in: Machill/Waltermann (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 141 (143 ff.), auch abrufbar unter http://www.stiftung.bertelsmann.de (abgerufen am 25.09.2002); vgl. zum vorangehenden „Internet Content Summit 1999“ die Schwerpunkte der Diskussion unter http://www.stiftung.bertelsmann.de/internet content/deutsch/frameset.htm?content/c2000.htm (abgerufen am 25.09.2002). 93 Vgl. Abl. EG Nr. L 33 vom 6.2.1999. 92

III. Die europäischen Initiativen

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Für die Durchführung des Aktionsplans wurde der Finanzrahmen für diesen Zeitraum auf 25 Millionen ECU festgelegt. Der Aktionsplan wurde in vier Stufen/Aktionsbereiche eingeteilt: Aktionsbereich 1 umfaßt die Schaffung eines sicheren Umfelds. Hauptziel ist dabei die Schaffung eines europäischen Hotline-Netzes. Zudem soll die Selbstregulierung durch die Online-Industrie, insbesondere die Verabschiedung von Verhaltenskodizes gefördert werden. Mit den vorbereitenden Maßnahmen hierfür wurde 1999 die Organisation ChildNet International94 beauftragt, welche die wesentlichen Verfahrenspunkte für Hotlines untersuchte, um auf diese Weise eine formellere Vereinigung der Hotlines zu schaffen.95 Erst auf dieser Basis konnte dann die INHOPE-Vereinigung96 gegründet werden. Aktionsbereich 2 beinhaltet die Entwicklung von Filter- und Bewertungssystemen. Hierbei sollen Bewertungssysteme gefördert werden, die international kompatibel sind, den europäischen Bedürfnissen gerecht werden und die gewährleisten, daß Filterung und Bewertung so vorgenommen werden können, daß sie praxistaugliche Wahlmöglichkeiten für Benutzer, Eltern und Lehrer eröffnen. Zur Bewältigung der vorbereitenden Maßnahmen wurde 1999 von der Europäischen Kommission das Projekt INCORE (Internet Content Rating for Europe)97 ins Leben gerufen. Durch Umfragen sollte zunächst einmal ermittelt werden, wie sich die Bürger als User ein Filtersystem vorstellen, mit dem ihre Kinder vor schädlichen Inhalten im World Wide Web geschützt werden könnten und ob sie daran mitwirken würden.98 Nach Auswertung der Forschungen und Vorstellung der Ergebnisse Ende 1999 war der Auftrag von INCORE abgeschlossen. Parallel zu INCORE befaßt sich mit der Entwicklung eines geeigneten Bewertungssystems auch die ICRA (Internet Content Rating Alliance), die privatwirtschaftliche Initiative der Online-Industrie.99 Auch sie erhält Fördergelder aus dem Action Plan on Promoting Safer Use of the Internet. Ferner will die EU im Rahmen des Aktionsbereichs 2 Abschlüsse internationaler Abkommen über Bewertungssysteme durch ihre Unterstützung erleichtern. 94 Childnet International ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in London, England, mit der Aufgabe, die Interessen der Kinder in internationalen Kommunikationswegen zu fördern, vgl. http://www.childnet-int.org/ (abgerufen am 25.09.2002). 95 Vgl. http://www.inhope.org/ger/about/history.htm (abgerufen am 25.09.2002). 96 Vgl. F. III. 3. 97 Vgl. zum Projekt INCORE http://www.incore.org/what/what.htm (abgerufen am 25.09.2002); das INCORE consortium wurde vertreten von der Internet Watch Foundation (IWF), vgl. http://www.internetwatch.org.uk/ (abgerufen am 29.09.2002). 98 Vgl. dazu http://www.heise.de/newsticker/data/fr-09.10.99-000/ (abgerufen am 25.09.2002). 99 Federführend und treibender Motor ist dabei die Bertelsmann Stiftung. Vgl. eingehend zur ICRA http://www.icra.org/ (abgerufen am 25.09.2002); die ICRA ist seit Frühjahr 1999 mit der Betreuung und Weiterentwicklung des Bewertungssystems von RSACi (Recreational Software Advisory Council Internet) befaßt, vgl. dazu auch F. IV. 2.

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F. Jugendmedienschutz im Internet auf Weltebene

Aktionsbereich 3 ist mit der Förderung von „Sensibilisierungsmaßnahmen“ befaßt. Darunter ist eine breit angelegte Aufklärung im Wege der Öffentlichkeitsarbeit zu verstehen. Eltern, Lehrer und Kinder sollen über die Möglichkeiten des Internet und seine Gefahren informiert werden. Dabei sollen die Online-Industrie, Multiplikatoren wie Verbraucherverbände und der Erziehungssektor mit einbezogen werden. Hierzu wurde das Projekt „Best-Use“ ins Leben gerufen.100 Aktionsbereich 4 soll flankierende Maßnahmen beinhalten. Unter anderem soll in diesem Rahmen überprüft werden, ob nationales und europäisches Recht der Ubiquität des Internet gerecht wird und wie es gegebenenfalls angepaßt werden könnte.101 c) Projekt „Best Use“ („Promoting Best Use, Preventing Abuse“) Unter Berücksichtigung des Grünbuchs der Europäischen Kommission über den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde in den audiovisuellen und Informationsdiensten vom Oktober 1996 und des Internet Action Plan hat die Europäische Union 1999 das Projekt „Best Use“ bzw. „Promoting Best Use, Preventing Abuse“ initiiert. Dem Projekt wurde zum Ziel gesetzt, das Bewußtsein von Eltern, Lehrern, der Öffentlichkeit und der Informationsindustrie im Umgang mit illegalen und schädlichen Inhalten im Internet zu stärken und damit die Verhinderung der Weiterverbreitung solcher Inhalte an Kinder und Jugendliche zu effektivieren. So findet sich auf der Homepage des Projekts ein umfangreiches Informationsangebot für Eltern und Lehrer zu diesem Thema, darunter ein Überblick über rechtliche und politische Problemkreise. Besonders begrüßenswert ist die Übersicht und Einführung über verfügbare Filteringsoftware. Ferner finden sich Links zu den Hotlines der jeweiligen Länder, bei denen Eltern und Verantwortliche bedenkliche Inhalte direkt melden können, sowie Verweise auf weitere Projekte, die ihnen Hilfestellungen anbieten. 2. European Internet-Service-Providers Association (EuroISPA) Die EuroISPA ist im Rahmen der „Sechsebenen-Strategie zur Technikermöglichung in der Informationsweltgemeinschaft“ von Schmidt-Preuß102 der zweiten Ebene – Selbstregulierung auf Weltebene – zuzuordnen. Auf Initiative der Internet-Industrie hin, bzw. deren Interessenverbände, welche die Internet-ServiceProvider103 auf nationaler Ebene vertreten, wurde bereits 1997 die European 100

Vgl. dazu F. III. 1. c). Vgl. eingehend zum ganzen Abl. EG Nr. L 33 vom 6.2.1999. 102 Vgl. zum ganzen Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.), kurs. i.O., zur zweiten Ebene 175 (196 ff.). 103 Vgl. zum Begriff B. II. 2. 101

III. Die europäischen Initiativen

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Internet-Service-Providers Association (EuroISPA) als Dachorganisation gegründet.104 Hauptziel von EuroISPA ist es, für die wirtschaftlichen Interessen der europäischen Internet-Service-Provider einzutreten und diese auf europäischer Ebene zu garantieren. In zweiter Linie will die EuroISPA mitwirken, daß die Vorzüge des Internet erhalten bleiben und Mißbrauch, etwa durch die Verbreitung unerwünschter Inhalte, verhindert wird. Damit will sich EuroISPA also insbesondere für den Jugendschutz stark machen. Ferner soll ein freier und offener Telekommunikationsmarkt gefördert werden.105 Organe der EuroISPA sind ihr Präsident, die Mitgliederversammlung und diverse Arbeitsgruppen.106 Erwähnenswert erscheint es, daß sich die bereits geäußerten Bedenken107 bezüglich eines Verhaltenskodex, der verschiedene Moralvorstellungen grenzübergreifend in ausgewogener Weise zu berücksichtigen weiß, am Beispiel der EuroISPA bestätigen. Die EuroISPA hat keinen einheitlichen, für alle Mitglieder verbindlichen Verhaltenskodex verabschiedet. Vielmehr verweist sie auf die jeweiligen Codes of Conduct ihrer Mitglieder.108 Dennoch ist die EuroISPA eine begrüßenswerte Initiative. Sie kann der providerseitigen Selbstregulierung auf europäischer Ebene zu einer noch größeren Effektivität für den Jugendmedienschutz im Internet verhelfen, da eine stärkere Abstimmung zwischen den einzelnen Institutionen der kollektiven Selbstkontrolle erfolgt und gemeinsame Strategien erarbeitet und realisiert werden können. 3. INHOPE (Internet Hotline Providers in Europe) Auch INHOPE ist der zweiten Ebene – Selbstregulierung auf Weltebene – der Schmidt-Preußschen „Sechsebenen-Strategie“109 zur Technikermöglichung in der Informationsweltgemeinschaft zuzuordnen. INHOPE (Internet Hotline Providers in Europe) ist eine 1999 gegründete Vereinigung110 aus öffentlichen und privaten europäischen Beschwerdestellen, die den nationalen Hotlines ihre Arbeit, die Eliminierung von Kinderpornographie im Internet zu erzielen und

104 Mitglieder sind für Deutschland eco, für Belgien ISPA Belgien, für Österreich ISPA, für Dänemark Fil, für Frankreich AFA France, für Irland ISPAI, für Italien AIIP, für die Niederlande NLIP, für Finnland ISPS Finland und für England ISPA United Kingdom, vgl. http://www.euroispa.org/32.html (abgerufen am 25.09.2002). 105 Vgl. http://www.euroispa.org/9.htm (abgerufen am 25.09.2002). 106 Vgl. http://www.euroispa.org/7.htm (abgerufen am 25.09.2002). 107 Vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 2. 108 Vgl. http://www.euroispa.org/6.htm (abgerufen am 25.09.2002). 109 Vgl. zum ganzen Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.), kurs. i.O., zur zweiten Ebene 175 (196 ff.). 110 Vgl. dazu von Heyl/Schindler, JMS-Report 1/2001, 5 (9).

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F. Jugendmedienschutz im Internet auf Weltebene

Kinder und Jugendliche vor der schädigenden und illegalen Verwendung des Internet zu schützen, erleichtern soll.111 Schlüsselaufgaben von INHOPE sind daher die Initiative zum Austausch von Erfahrungen der nationalen Hotlinebetreiber untereinander, die Unterstützung von Hotlines, die sich im Aufbau befinden und die Interaktion mit entsprechenden Initiativen außerhalb der Europäischen Union.112 Die wichtigste Aufgabe von INHOPE ist jedoch die Organisation des Austausches von Meldungen zwischen den nationalen Hotlines, die in den Wirkungskreis einer ausländischen Beschwerdestelle fallen.113 Erst damit können die Hotlines der Ubiquität des Internet gerecht werden. Auch diese Initiative von Seiten der Internet-Wirtschaft stärkt die Hoffnung, daß eine Effektivierung des Jugendmedienschutzes im Internet gelingen wird.

IV. Die internationalen Initiativen 1. Internet-Service-Providers Associations (ISPAs) Auf internationaler Ebene haben sich neben der EuroISPA114 weitere Dachorganisationen von Interessenverbänden der Internet-Service-Provider formiert. Diese sind im Rahmen der hier vertretenen „Sechsebenen-Strategie zur Technikermöglichung in der Informationsweltgemeinschaft“ von Schmidt-Preuß115 der zweiten Ebene – Selbstregulierung auf Weltebene – zuzuordnen. Gegründet wurde für Australien die IIA,116 für Canada die Canadian Association of Internet Providers (CAIP ACFI),117 für Hong Kong die Hong Kong Internet Service Providers Association (HKISPA),118 für Südamerika die Federación de Latinoamérica y Caribe para Internet y er Comercio Electrónico (eCOM-LAC),119 für die USA die Commercial Internet eXchange (CIX)120 und Japan die Telecom Services Association (TELESA).121 111 Deutsche Mitglieder von INHOPE sind das Electronic Commerce Forum e. V. (eco), die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V. (FSM) und jugendschutz.net, vgl. das vollständige Mitgliederverzeichnis unter http://www.inhope. org/german/about/members.htm (abgerufen am 25.09.2002). 112 Vgl. ebda. 113 Zum praktischen Vorgehen der FSM in diesen Fällen vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 3. 114 Vgl. F. III. 2. 115 Vgl. zum ganzen Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.), zur zweiten Ebene 175 (196 ff.). 116 Vgl. http://www.iia.net.au (abgerufen am 25.09.2002). 117 Vgl. http://www.caip.ca/ (abgerufen am 25.09.2002). 118 Vgl. http://www.hkispa.org.hk/ (abgerufen am 25.09.2002). 119 Vgl. http://www.ecom-lac.org/ (abgerufen am 25.09.2002). 120 Vgl. http://www.cix.org/ (abgerufen am 25.09.2002). 121 Vgl. http://www.telesa.or.jp (abgerufen am 25.09.2002).

IV. Die internationalen Initiativen

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Die Organisationen stehen in enger Zusammenarbeit und veranstalten regelmäßig gemeinsame Konferenzen. An diesem Beispiel wird deutlich, daß die Steuerungsstrategie gesteuerte Selbstregulierung auch für die Weltebene geeignet ist. Die Mitglieder der Staatengemeinschaft „induzieren“122 freiwillige private Initiative und Aktivität als Beitrag zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Ihre Zugriffsoption haben sie sich vorbehalten. Diese internationale Formation der kollektiven gesellschaftlichen Selbstregulierung sollte über ihre bisherige Aktivität hinaus einen internationalen Code of Conduct123 entwickeln und verabschieden, der unter anderem auch Jugendschutz-Mindestmaßstäbe für die Inhaltskontrolle auf Weltebene enthalten könnte. 2. Internet Content Rating Alliance (ICRA) Eine weitere Initiative der kollektiven gesellschaftlichen Selbstregulierung auf internationaler Ebene ist die ICRA (Internet Content Rating-Alliance). Auch sie ist der zweiten Ebene – Selbstregulierung auf Weltebene – der Schmidt-Preußschen „Sechsebenen-Strategie“124 zur Technikermöglichung in der Informationsweltgemeinschaft zuzuordnen. Die ICRA ist eine gemeinnützige, internationale Organisation, die von Childnet International125 ins Leben gerufen wurde. Sie wird getragen von der Internet-Industrie und von den führenden Verbänden und gemeinnützigen Organisationen im Onlinebereich.126 ICRA entwickelt und betreibt ein Kategoriensystem auf der Basis des Schichtkuchen-Modells von Balkin/Noveck/Roosevelt.127 Durch die ContentProvider erfolgt dabei lediglich eine rein objektive Inhaltsbeschreibung ihrer Seiten. Die Bewertung wird dann den gesellschaftlichen Organisationen durch die Erstellung von Bewertungsschablonen (Rating Templates) überlassen.128 Mit ICRA will sich die Online-Industrie ihr eigenes Unbedenklichkeitslabel schaffen. Eine erfolgreiche Verbreitung des Kategoriensystems dürfte zwar aufgrund der Mitgliedschaft aller großen Online-Unternehmen zu erwarten sein. 122 Vgl. zu den Begriffen grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), (165 ff.), kurs. i.O. 123 Vgl. E. III. 2. a) (2) (a) 2. 124 Vgl. zum ganzen Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (194 ff.), kurs. i.O., zur zweiten Ebene 175 (196 ff.). 125 Vgl. http://www.childnet-int.org/ (abgerufen am 25.09.2002). 126 Mitglieder der ICRA sind unter anderem AOL Inc., Bertelsmann Foundation, British Telecom, Microsoft, Network Solutions, T-Online, Internet Watch Foundation, Euro ISPA u. v. m., vgl. http://www.icra.org/ (abgerufen am 25.09.2002). 127 Vgl. Balkin/Noveck/Roosevelt, in: Waltermann/Machill (Hrsg.), Verantwortung im Internet, 2000, 211 (259); zum Kategoriensystem der ICRA vgl. B. IV. 1. b). 128 Vgl. zum ganzen Boecker/Machill, tv-diskurs 16/2001, 54 (55 ff.).

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F. Jugendmedienschutz im Internet auf Weltebene

Jedoch bleibt den einordnenden Providern mit dem Basisvokabular ein weiter Interpretationsspielraum, weshalb die Gefahr des Mißbrauchs damit nicht unerheblich ist.129 Für solche und andere Mißbrauchsmöglichkeiten ist kein Sanktionsmechanismus vorgesehen. Eine Wirkung des Ratingsystems der ICRA für den Jugendschutz dürfte daher begrenzt sein. Nur mit einer „intergouvernementalen Einstimmigkeit“130 über staatliche Koordinierungsstellen und ein marktbestimmtes Ratingsystem131 kann ein funktionierendes Ratingverfahren etabliert und betrieben werden. Die Existenz der ICRA beweist erneut, daß sich Systematik und Begrifflichkeit gesteuerter Selbstregulierung auch auf internationaler Ebene bewähren.132 Jedoch kann das für die gesteuerte Selbstregulierung zur Verfügung stehende Instrumentarium noch besser genutzt werden. Hierbei bietet es sich an, die Gestaltungsvariante der Kontextsteuerung „faktisch-ökonomischer Druck“133 auf internationaler Ebene zum Einsatz zu bringen. Damit ist die Staatengemeinschaft in der Lage, das selbstregulative, gemeinwohlfördernde System Ratingverfahren134 noch besser zu justieren. Der verhaltensinduzierende motivationale Druck ist bei dieser Gestaltungsvariante „ökonomischer Natur“.135

129 Vgl. dazu kritisch Ermert unter http://www.heise.de/newsticker/result.xhtml?url =/newsticker/data/jk-14.12.00-006/default.shtml&words=ICRA (abgerufen am 25.09. 2002). 130 Vgl. Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (198). 131 Vgl. E. III. 2. b) (2). 132 So auch Schmidt-Preuß, in: Kloepfer (Hrsg.), Kommunikation – Technik – Recht, 2002, 175 (196). 133 Vgl. grundlegend Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (186), kurs. i.O. 134 Vgl. E. III. 2. b). 135 Vgl. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), 160 (186 ff.), kurs. i.O.

G. Zusammenfassung und Ergebnisse 1. Die Kontrolle des Internet zugunsten des Jugendmedienschutzes stellt sich, wie die vorliegende Arbeit aufgezeigt hat, weitaus schwieriger dar als bei den übrigen Neuen Medien. Die Ursachen hierfür sind mannigfaltig, unter anderem liegen sie bei den technischen Eigenheiten und der dadurch bedingten Ubiquität des Internet als weltumspannendes Datennetz. 2. Derzeit existieren keine geeigneten technischen Filtersysteme, die es den Kindern und Jugendlichen sicher verwehren, entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte abzurufen. Zudem ist es den Anbietern nicht möglich sicherzustellen, daß Eltern oder sonstige Aufsichtspersonen die zur Verfügung stehenden Filteringprogramme auch aktivieren beziehungsweise altersgerecht konfiguriert einsetzen. 3. Auch eine verläßliche Methode zur Altersverifikation gibt es derzeit nicht. Selbst bei vorheriger Durchführung des PostIdent-Verfahrens besteht die Gefahr der Umgehung durch Kinder und Jugendliche. 4. Sowohl die Sperrung als auch das Löschen von Inhalten auf eigenen Servern ist den Providern regelmäßig möglich, da diese über ihre Rechner volle Verfügungsgewalt besitzen. Das Löschen von Inhalten auf fremden Servern ist ihnen dagegen technisch nicht möglich. Die Sperrung von Inhalten auf fremden Servern ist unter großem Aufwand zwar technisch möglich, jedoch kontraproduktiv und mit erheblichen nachteiligen Nebeneffekten verbunden. 5. Der Bund hat die Gesetzgebungskompetenz für den gesamten Jugendmedienschutz bei den Online-Medien. Dies ergibt sich aus Art. 74 I Nr. 7, 72 II GG. 6. Als globaler Lösungsansatz für den Jugendmedienschutz im Internet unter Zugrundelegung der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit wird die Anwendung der Sechs-Ebenen-Strategie zur Technikermöglichung in der Informationsgemeinschaft vorgeschlagen. Wichtig ist in diesem Rahmen die optimale Aktivierung, Nutzung und Verknüpfung aller Ressourcen, die für den Jugendmedienschutz im Internet zur Verfügung stehen. Besonders kommt es auf ein ausgewogenes, aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken aller einzelnen Ebenen an. Nur auf diese Weise ist es möglich, die bei der Realisierung der Ebenen aufgezeigten Probleme, die aufgrund der spezifischen Eigenschaften des Internet nie ganz eliminiert werden können, zu lösen. 7. Im Bereich des klassischen negativen Jugendmedienschutzes auf nationaler Ebene besteht noch Optimierungsbedarf. Zwar wurden die Jugendschutzvor-

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G. Zusammenfassung und Ergebnisse

schriften des GjSM und des MDStV betreffend der Online-Medien durch die im Jahre 2003 erfolgte Neuregelung der Kompetenzen und die Novellierung des Jugendmedienschutzes im JMStV gebündelt. Dennoch bestehen weiterhin rechtliche und praktische Probleme: a) Zwar etabliert der JMStV den Begriff der Telemedien, der Mediendienste und Teledienste gleichermaßen umfaßt. Die nach wie vor durchzuführende Abgrenzung gestaltet sich jedoch als schwer. b) Besondere Auslegungsschwierigkeiten bestehen bei den sogenannten SafeHarbour-Klauseln § 4 II S. 2 JMStV und § 5 I JMStV mit ihren unbestimmten Rechtsbegriffen. Die private Normgebung der kollektiven Selbstregulierung ist nicht als Auslegungsofferte geeignet. c) Die staatsvertraglichen Normen §§ 4 II S. 2, 5 I JMStV und § 22 II S. 2 MDStV enthalten zum Teil symbolische Elemente. d) Durch die Neurodnung der Aufsichtszuständigkeit bei den Online-Medien ist die erforderliche Zentralisierung zur Steigerung der Effektivität nicht erreicht worden. Zwar wurde die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) geschaffen, die einen bemerkenswerten Beitrag für den Jugendmedienschutz im Internet leistet, jedoch ist keine Gesamtzuständigkeit der Landesmedienanstalten begründet. e) Die Zuständigkeit des Bundes für Trägermedien ist nunmehr im neuen JuSchG geregelt. Für Telemedien sind dagegen ausschließlich die Länder zuständig, insbesondere für die Regelung der Indizierungsfolgen. Im Rahmen des Kompromisses zwischen Bund und Ländern ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien weiterhin für die Indizierung von Telemedien zuständig. Im JMStV wird auf deren Entscheidungen als Unzulässigkeitsmaßstab Bezug genommen. f) Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ist nunmehr berechtigt, in bestimmten Fällen auch von Amts wegen Angebote in die Liste aufzunehmen. Der Antragsgrundsatz wurde um entsprechende Ausnahmetatbestände erweitert. g) Die Liste gemäß JuSchG wird in vier Teilen geführt, getrennt nach nichtöffentlichen und öffentlichen Teilen. Dadurch kann nun verhindert werden, daß die Indizierungsliste – wie in der Vergangenheit geschehen – als Werbehinweis für indizierte Online-Angebote mißbraucht wird. 8. §§ 4 I Nr. 1–11 JMStV, § 4 II JMStV und § 5 II JMStV enthalten ein Konfliktschlichtungsprogramm im Sinne der Konfliktschlichtungsformel von Schmidt-Preuß. Das qualifiziert die Normen als drittschützend und begründet somit ein subjektives öffentliches Recht der Kinder und Eltern. 9. Nach hier vertretener Auffassung wird ein medienübergreifendes Bundesgesetz zum Schutze der Kinder und Jugendlichen vorgeschlagen. Hierfür steht

G. Zusammenfassung und Ergebnisse

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dem Bund die Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 74 I Nr. 7 GG zu. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien sollte als Bundesoberbehörde für den Jugendschutz im Internet mit einer Einzelabteilung BundesprüfstellenInhaltskontrollstelle/Internet eingerichtet werden. Hierfür besitzt der Bund die notwendige Verwaltungszuständigkeit nach Art. 83, 87 III S. 1 GG. Daß sich der Bund im Rahmen des vorerst gefundenen Kompromisses des JuSchG/ JMStV zurückgenommen hat, ändert daran nichts. Dadurch soll die notwendige Zentralisierung der Aufsichtszuständigkeit für alle Online-Medien sichergestellt werden. 10. Jene Normen des vorgeschlagenen medienübergreifenden Jugendschutzgesetzes des Bundes, welche den Jugendschutz im Internet betreffen, stellen an die Normadressaten rechtliche Anforderungen, die aufgrund technischer Gegebenheiten auch umsetzbar sind. Gesetze, die nur den Eindruck vermitteln, daß gesteuert werde, müssen sich den Vorwurf symbolischer Gesetzgebung gefallen lassen. 11. Dem positiven Jugendmedienschutz – der Medienpädagogik – kommt in der vorgeschlagenen Strategie eine bedeutende Funktion zu. Leistungsträger sind hier vor allen Dingen Lehrer sowie Pädagogen in der kirchlichen und offenen Erwachsenen- und Jugendarbeit. Die Medienpädagogik muß den Kindern und Jugendlichen einen aktiven und kritischen, reflektiven Umgang mit dem neuen Medium Internet vermitteln (Medienkompetenz) und diesen somit Selbstschutz ermöglichen. Medienkompetenz wird aus pädagogischer Sicht teilweise falsch verstanden. Oft steht dabei die Vermittlung von bloßem technischen Know-how im Vordergrund. Vielmehr müßte jedoch die Medienpädagogik anstreben, den Kindern und Jugendlichen die Kompetenz zu vermitteln, Onlineinhalte selektieren und moralisch einordnen zu können. Desweiteren muß die Medienpädagogik auch die Eltern und sonstigen Verantwortlichen mit der notwendigen Medienkompetenz ausstatten, die es ihnen ermöglicht, Kinder und Jugendliche vor unerwünschten Online-Inhalten zu schützen. Hierzu gehört auch die Vermittlung von technischem Know-how, insbesondere dem Umgang mit technischen Schutzsystemen. In erster Linie müssen aber Eltern und sonstige Verantwortliche in der Lage sein, Online-Inhalte selektieren und einordnen zu können. 12. Die wichtigste Ebene der hier für den Jugendmedienschutz im Internet vorgeschlagenen Strategie ist die gesteuerte Selbstregulierung. Erst durch diese Komponente können die selbstregulativen Kräfte optimal aktiviert und für den Jugendmedienschutz im Internet nutzbar gemacht werden. Der Staat entspricht damit seinem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag des Jugendschutzes. Dabei bieten sich die Gestaltungsvarianten auf einer gleitenden Skala zwischen imperativer Zweckverwirklichung und reiner gesellschaftlicher Konfliktschlichtung an. Sowohl die Ergebnisse des Gestaltungsmodus, bei dem sich der Staat zurückhält und selbstregulative Kräfte zunächst frei, jedoch nicht unbeobachtet

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G. Zusammenfassung und Ergebnisse

walten läßt, als auch die Gestaltungsmodi, bei denen der Staat stärker mitwirkt und entsprechende Rahmenbedingungen für die Selbstregulierung schafft, stimmen nach der vorliegenden Analyse optimistisch. Im Wege der gesteuerten Selbstregulierung können die Defizite klassischer hoheitlicher Steuerung beim Jugendmedienschutz im Internet ausgeglichen werden. 13. Die Gestaltungsvariante der Kontextsteuerung – ordnungsrechtliche Primärpflicht mit Abwendungsbefugnis – wurde vom Bund und den Staatsvertragspartnern in § 7 II JMStV umgesetzt. Das gleiche gilt für die reflexive Steuerung. 14. Eine weitere Gestaltungsvariante der Kontextsteuerung faktisch ökonomischer Druck, kann für die Schaffung eines marktbestimmten Ratingverfahrens mit staatlicher Koordinierungsstelle effektiv zum Einsatz kommen. Hierfür muß eine zentrale Koordinierungsstelle eingerichtet werden. Im Rahmen der diesseits vertretenen Bundeslösung für den Jugendmedienschutz im Internet bietet sich die organisatorische Zuordnung der Zentralstelle Ratingverfahren (ZSR) zu der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien an. Die ZSR entwickelt und verwaltet die Kategoriensysteme und vergibt Ratingschlüssel. 15. Aufgrund der Ubiquität des Internet ist ein effizienter Jugendschutz nicht allein mit isolierter nationaler hoheitlicher Steuerung zu erreichen. Vielmehr ist der techniksteuernde Staat auf Selbstregulierung und Kooperation im nationalen Kontext, gemeinschaftsrechtlichen Verbund und auf internationaler Ebene angewiesen. Zur Realisierung eignet sich die Sechsebenen-Strategie zur Technikermöglichung in der Informationsgemeinschaft. Die Bestandsaufnahme der tatsächlichen Realisierung des Jugendmedienschutzes im Internet auf den verschiedenen Ebenen stimmt optimistisch. 16. Besonders hervorzuheben sind die Initiativen zur Selbstregulierung auf Weltebene, der zweiten Ebene. Hier besteht die Hoffnung auf Verabschiedung eines internationalen Code of Conduct, der Jugendschutz-Mindeststandards für die Inhaltskontrolle auf Weltebene enthält.

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Sachwortverzeichnis Abgrenzung Tele- und Trägermedien 149, 122 Abrufdienste 151 ff., 149, 154 Absolutverbote 101, 164, 242 ff. Access-Provider 44, 55, 116, 139, 212, 215, 303 Akteure 43 ff., 53, 68, 251 Altersverifikationssysteme 44, 55, 59 ff., 170 Anbieter 39, 43 ff., 92, 173, 208 Anerkannte Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle 273, 293 ff. Anforderung 170, 274, 280 Anmeldefreiheit 147, 228, 231, 233 Ansprechpartner 271, 275, 295, 310 Antragserfordernis 238 ff. Aufsicht 187 ff., 193, 195, 201 ff., 239, 250, 256 Aufsichtsbefugnisse 203 ff., 213 AVS 44, 55, 59 ff., 170 Beschwerdestelle 274 ff., 278 ff., 292, 295, 296, 303, 328 Beschwerdeverfahren 281 ff., 288 ff. Bestellung des Jugendschutzbeauftragten 265 ff., 308 Beurteilungsmaßstab 82, 164, 166, 296, 317 Bezirksregierung Düsseldorf 208, 215 Bundesgesetz 108, 111 ff., 113 Bundeslösung 111, 114, 162, 196, 201, 250, Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien 122, 163, 195, 237 ff., 250, 282 Bundesverwaltungsbehörde 195 ff., 301 Bußgeld 131, 217 ff., 264, 299

Chat 46, 67 Content-Provider 45, 66, 74, 133 Crawler 55 ff. Datenscanner 58 Desorientierung 241 ff. Dienste 45 Drittvornahmebegehren 220, 223, Eco 286 ff. Einrichtung freiwilliger Selbstkontrolle 263, 273 ff., 293 Elterliches Erziehungsrecht 87, 89 Eltern 89, 93, 171, 224, 258, 304 E-mail 45, 65, 94 Entwicklung 31, 37, 80, 84, 93, 168 ff. Entwicklungsbeeinträchtigende Medien 166 Erforderlichkeit 108, 210, Erfurt 25, 114, 121 Erotographie 165, 229 Europa 322 ff., 326 Face-To-Face-Kontrolle 171, 181 Faktisch ökonomischer Druck 298 ff., 330, Fehlentwicklung 79, 80, 83, 178 Felix Somm 116 Filter 61 ff., 127 ff., 180 FSM 274 ff. FTP-Dienst 46 Funktionsweise des Internet 41 ff. Gefahren 33 ff., 78, 83, 86, 97, 143, 243, 309, 324 Geschlechtsbetont 165

Sachwortverzeichnis Gesetzgebungskompetenz 25, 104 ff., 105, 108, 191, 196, Gesetzliche Bestimmungen zum Schutze der Jugend 97 Gesteuerte Selbstregulierung 30 ff., 53, 253, 256, 264, 297, 307, 313, 319, 329 Grundrechte 92 ff., 99, 226, Haftungsprivileg 133, 134, 139, 294 Handlungsstörer 143, 207 Hardware 47, 138 Host-Service-Provider 45, 58, 66, 131, 133, 136, 144, 208 Hotline 275, 321, 325, 327, ICRA 73, 300, 329 ff. Imperative Steuerung 27, 33, 52, 79, 177, 211, 215, 254, 256, 320 Individualkommunikation 94, 112, 118, 121, 150, 158 f., 305 Indizierung 125, 195, 231, 236 ff., 240, 245 Informations- und Kommunikationsdienstegesetz 122 ff. Informationsfreiheit 95, 169, 182, 305 Inhaltskontrolle 54, 64 ff., 251, 313, 329 Inhaltskontrolle auf eigenen Servern 66 INHOPE 327 Internet 33, 41, 104, 178, 253 Internet-Service-Provider 45, 64, 208, 327, ISPA 319, 326 Jugendgefährdende Medien 41, 55, 65, 240 Jugendliche 24, 33, 93, 113, 168 Jugendmedienschutz 78, 115 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag 126 ff., 149 ff. Jugendschutz.net 56, 189 ff. Jugendschutzbeauftragter 263, 245, 265 ff., 314 Jugendschutzgesetz 121, 234 ff.

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Kategoriensystem 71 ff., 301, 329 Kennenmüssen 137 Kenntnis 56, 66, 128 f. Keyword-Blocking 63,182 Kinderpornographie 36, 78, 117, 185 Kindersicherung 64, 172 KJM 122, 190, 201 ff., 238 Kompetenzstreitigkeit 119, 104 ff., 109, 113, 249 Kompetenzverteilung 104 ff., 196 Kompromiß 114, 119, 149, 239 Konfliktschlichtungsformel 223 ff., 225, 228 Konfliktschlichtungsprogramm 225, 228, 230, 234 Konkurrierende Gesetzgebung 105, 108, 197 Kontextsteuerung 262 ff., 298, 330 Konvergenz 111 Koordinierungsstelle 300 Labeling 76 Länderlösung 149, 202 Landesmedienanstalt 38, 122, 188, 194, 198 Leitbild der einen Weltinformationsgemeinschaft 256, 314 ff. Löschen 65 ff., 213 ff. Löschungsanordnung 203, 207 Marktbestimmtes Ratingsystem 300 ff., 330 Maßstab 82, 211, 255, 257 Maßstabsnorm 226 Mediendienste 149 ff., 187 Mediendienstestaatsvertrag 25, 119, 122, 126, 149 Medienkompetenz 79, 91, 309 Medienpädagogik 79, 309 Medienübergreifendes Bundesgesetz 108 ff., 110, 113, 162, 195, 197 Meinungsfreiheit 89, 93 ff., 125, 182, 304

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Sachwortverzeichnis

Menschenwürde 82, 87, 114, 226, 230, 242, 322 Multipolare Konflikte 220, 223 ff. Negativer Jugendmedienschutz 79, 124, 301, 320 Netiquette 259 ff. Netzwerkarchitektur 48 ff., 154 Netzwerktechnik 41 ff. Neuordnung des Jugendmedienschutzes 121, 209 Newsgroup 39, 46, 69, 84, 288 Offensichtlich schwer jugendgefährdende Medien 167, 244 ff. Online-Service-Provider 44, 62, 66 Ordnungsrechtliche Primärpflicht mit Abwendungsbefugnis 263 ff., 297 Ordnungswidrigkeit 217 Persönlichkeitsentwicklung 37, 79 ff., 83, 113, 166 PICS 70 ff., 299, 324 Pornographie 36, 54, 78, 117, 229, 327 Positiver Jugendmedienschutz 78 PostIdent 171, 181 Postulat größtmöglicher Aktivierung selbstregulativer Kräfte 253 f., 256, 258 Presse 107, 120, 134, 151, 204 Private Normgebung 276 ff., 261, 277, 278 f., 280, 292 Proaktive Überwachungspflicht 55, 137, 308, 310, Protokoll 48, 71, 317 Proxy-Cache-Server 48, 141, 214 Rahmengesetzgebung 108 ff. Rating 70, 74 ff. Ratingsystem 71 ff., 298, 300 ff. Rechtsermöglichung 178, 180 ff., 213 ff. Rechtsschutz 220 ff., 246 ff. Redaktionelle Gestaltung 151, 160, 204 Reflexive Steuerung 307 ff.

Relativverbote 27, 166, 167 Router 48, 67, 68 Rundfunk 38, 51, 52, 105, 150, 155, 156 f.,167 Rundfunkähnliche Dienste 105 ff. Safe-Harbour-Klausel 169, 299 Sanktionen 52, 204 ff., 277, 301 Schichtkuchen-Modell 72, 75, 302, 329 Schranke 85, 98, 184 Schriftenbegriff 124, 235 f. Schutzziel 80 Sechsebenen-Strategie 31, 256, 315 ff., 322, 326, 329 Selbstregulierung 28, 30, 61, 70, 252, 253 ff., 259 ff., 293, 319, 321 Sicherstellung 53, 59, 70, 170, 180 ff. Sperrung 68, 207 ff., 213 ff. Sperrungsanordnung 66, 69, 96, 144, 192, 207 ff., 215, 220 Sperrungsverfügung 144, 192, 207 ff., 215, 220 Stand-Alone-Filter 62 ff., 322 Steuernde Rezeption 261, 278 Strafvorschrift 216, 230 Struktursteuerung 52 Symbolisches Recht 116, 179 f., 213, 216 Technikermöglichung 32, 176, 177, 213, 314 Techniksteuerung 32, 41 ff., 176 ff. Technische Grundlagen 41 ff. Teledienste 26, 113, 122, 157 ff. Teledienstegesetz 115, 123, 126, 149 Telemedien 26, 102, 114, 121, 164, 166, 203, 216, 236, 245 Territorialitätsprinzip 214, 216, 312 Trägermedien 235 Ubiquität 27, 88, 167, 197, 215, 256, 277, 312, 320 Umgehung von Zugangssperren 69

Sachwortverzeichnis Unnatürliche Geschlechtsbetontheit 165, 229 Untersagung 207 Untersagungsverfügung 195, 207 ff., 264 Unzulässige Inhalte 163 ff. Verantwortlichkeit 29, 133 ff. Verbindlichkeit wertender Jugendschutzentscheidungen 245 Verbot der Vorzensur 99 ff., 307 Verbotskatalog 163 ff., 242 Verbreitungsverbot 164, 166, 167, 246 Verfassungsrang des Jugendschutzes 85 ff., 174, 249 Verfassungsrecht 30, 39, 78 ff., 92, 104, 254 Verhaltenskodex 276, 288, 298, 318, 327 Verhaltensstörer 144, 208 Verhältnismäßigkeit 55, 98, 145, 209 ff.

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Verwaltungsakt 190, 211, 221, 247 Völkerrecht 315 ff. Vorkehrungen 44, 54, 59, 61, 170 Weltebene 302, 312 ff. Werbung 185 ff. Wertmaßstäbe 78, 81, 168, 256, 300 Wirkung 35 ff., 39, 70, 83 ff., 227 Wirtschaftsfreiheit 102 ff., 147, 183, 228 WWW-Dienst 46, 66, 90, 159 Zensur 41, 99 ff. Zersplitterung 110, 114, 121, 194, 301 Zugangsfreiheit 120, 147 ff. Zugriffsoption 32, 255, 258, 264, 278, 297, 313, 319 Zuständigkeit 187 ff. Zustandsstörer 130, 143, 144, 208