Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen [10]

Table of contents :
Artillerie-Comité
B Kriegsmittel Frankreichs
Stand der Bevölkerung
Telegraphie
Bericht über die Eingeborenen Truppen Großbritanniens
45
Bericht über das Heerweſen Japans 1882-1883
Vorbereitende Uebungen
Bericht über das Heerwesen Norwegens 1883

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Jahresberichte

über

die

Veränderungen

und

Fortschritte

im

Militärwesen.

X. Jahrgang : 1883.

Unter Mitwirkung der Obersten v. Bentivegni, Kriebel , Müller , Poten, Witte, der Majors Weygand, Wille, der Hauptleute Buchholz, Danzer, Graf v. Dürkheim Montmartin, Exner , Isenburg, Liebert , Mackensen , v. Sarauw , des Premier lieutenant Trost und mehrerer Anderer

herausgegeben von

H. v. Löbell, Oberst 3. Disp. K. T. A

11M / NoW.35 MML

Berlin. Ernst Siegfried Mittler und Sohn Lönigliche Hof buchhandlung Kochstraße 69. 70.

UA

15 .R92

v.

10

Ueberseßungsrecht vorbehalten. Nachdruck einzelner Abſchnitte nicht erlaubt. Reichsgeset Nr. 19 vom 11. Juni 1870.

Vorwort.

Als ls im Jahre 1875 der erste Jahrgang der „ Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen " der Oeffentlichkeit übergeben wurde, konnte der Herausgeber Zweifel nicht unterdrücken , ob ein derartig weit angelegtes Unternehmen den Anklang bei dem militärischen Publicum finden werde, dessen es zu seinem gedeihlichen Bestehen unbedingt bedarf. Diese Zweifel waren schon deshalb berechtigt, weil eine von dem Herausgeber im December 1851 öffentlich gegebene Anregung zur Veröffentlichung von militärischen Jahresberichten ohne irgend eine Folge geblieben war. Aber freilich hatten sich in dem von 1851 bis 1875 verflossenen Vierteljahrhundert die Verhältnisse wesentlich geändert ; die behagliche Ruhe, welche am Anfang der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts über dem militärischen Leben in fast allen Staaten lagerte, hat inzwischen aller Orten einer regen Thätigkeit auf allen Gebieten des militärischen Wiſſens und der militärischen Praxis Platz gemacht. Vor 35 Jahren hätten militärische Jahresberichte wenig über Veränderungen und noch weniger über Fortschritte zu melden gehabt - jezt will es kaum gelingen , die Darstellung der Vorgänge eines Jahres in einem nicht gar zu unhandlichen Bande zu vereinigen . Das kräftig pulfirende militärische Leben der Gegenwart hat den Jahresberichten die Berechtigung ihrer Existenz verliehen , es hat die vor zehn Jahren gehegten Zweifel hinfällig , ja noch mehr, es hat das regelmäßige Erscheinen der Jahres berichte zu einem allseitig gefühlten Bedürfniß werden lassen. Zeugen für letztere Annahme bilden die alljährlich wiederkehrenden zahlreichen Anfragen , wann die Publication des neuen Jahrgangs erfolgen werde und nicht selten auch Bitten um vorzeitige Ueberlassung von Aushängebogen über bestimmte Theile des Ganzen. In gewissem Sinne wird von manchen Seiten das Erscheinen der Jahresberichte fast wie das Erscheinen der neuen Rangliste ersehnt. Unzweifelhaft ist es aber, daß die äußeren Verhältnisse allein nicht genügt haben, die Jahresberichte zu einer willkommenen Gabe zu gestalten ; dazu gehörte in erster Linie, daß sie sich ihrer Aufgabe gewachsen zeigten. Die ſtattliche Reihe hervorragender Mitarbeiter, die den bisherigen neun Jahrgängen ihre werkthätige Hülfe geliehen, hat die Jahresberichte zu dem Rufe verholfen, dessen sie sich im Inlande wie im Auslande erfreuen. Der Herausgeber muß dies in dankbarſter Gesinnung aussprechen und kann dies um so entschiedener thun , als er seine eigene Wirksamkeit nur wie die Thätigkeit eines metteur en pages in einer

IV

Druckerei betrachtet , eine Thätigkeit, die wesentlich darin besteht , die ihm zu kommenden erbetenen Manuscripte aneinander zu reihen und sie für den öffent lichen Gebrauch zuzustutzen. Dem Herausgeber war es Bedürfniß, dem Vorstehenden beim Erscheinen des 10. Jahrgangs, der ja immerhin in dem Leben einer periodischen Schrift nicht ganz ohne Bedeutung ist, Ausdruck zu verleihen, gleich wie es ihm Bedürfniß ist, den Herren Mitarbeitern , die dem 10. Bande ihre freundliche Hülfe zugewendet, öffentlich seinen wärmsten Dank auszusprechen. Dieser Dank gebührt : dem Königl. Preuß. Oberst z. D. v. Bentivegni zu Berlin, dem Königl. Bayerischen Oberst a. D. Kriebel zu München, dem Königl. Preuß. Oberst Müller , zu Berlin,

Abtheilungschef im Kriegsministerium

dem Königl. Preuß. Oberst Poten , à la suite des 1. Schlesischen Husaren Regiments Nr. 4 und Adjutant der General-Inspection des Militär Erziehungs- und Bildungswesens zu Berlin, dem Königl. Preuß . Oberst z . D. Witte zu Charlottenburg, dem Großherzogl. Hessischen Major 3. D. Weygand , Bezirkscommandeur des 2. Bataillons 3. Großherzogl. Heſſiſchen Landwehr-Regiments Nr. 117 zu Erbach im Odenwalde, dem Königl. Preuß. Major Wille , Director der Pulverfabrik zu Hanau, dem Königl. Preuß. Hauptmann Buchholz, Compagniechef im Eisenbahn Regiment zu Berlin, dem k. k. Desterreichischen Hauptmann d . R. Danzer zu Ober- Döbling bei Wien, dem Königl. Preuß. Hauptmann a. D. Reichsgraf von Dürkheim - Mont martin zu Lübeck, dem Königl. Sächſiſchen Hauptmann Erner , Compagniechef im Jufanterie-Regiment „Prinz Johann Georg" Nr. 107 dem Königl. Preuß. Hauptmann Isenburg , Compagniechef burgischen Füsilier-Regiment Nr. 35 zu Brandenburg

8. Sächsischen zu Leipzig, im Branden an der Havel,

dem Königl. Preuß. Hauptmann Liebert im Generalstabe des 3. Armee-Corps zu Berlin, dem Königl. Preuß. Hauptmann Mackensen im Generalstabe des 7. Armee Corps zu Münster, dem Königl. Dänischen Hauptmann a. D. v . Sarauw zu Kopenhagen, dem Königl. Preuß. Premierlieutenant Trost im 3. Thüringiſchen Infanterie Regiment Nr. 71 , commandirt zur Dienstleistung bei dem Militär Knaben-Erziehungs -Institut zu Annaberg, und außerdem denjenigen Herren , stattet haben.

welche die Nennung ihrer Namen nicht ge=

Berlin , Ende April 1884.

v . Töbell , Oberst . Di s p.

Inhalts -Verzeichniß.

Erster Theil.

Berichte über das Heerwesen der einzelnen Armeen . Bericht über das Heerwesen Deutschlands .

Personal-Veränderungen in den höchsten Stellen Organisation. Formation. -- Dislocation Ersatz- und Beförderungswesen Remontirung und Pferdewesen Bekleidung und Ausrüstung Ausbildung und Truppen - Uebungen Generalstab . Landesvermessung Verschiedenes

Seite 3

22222 3402234x

I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII.

1883

10 12 12 13 18 18

19 19 20 21

Bericht über das Heerweſen Bulgariens. 1883 Krisis in Bulgarien Stellung der Russischen Offiziere in der Bulgarischen Armee und des Kriegsministers . Bemannung der Donau - Flottille . Größere Uebungen . Offizier-Nachwuchs . — Kriegsmaterial. — Eisenbahnprojecte. – Militärbudget

22

24 27 27 28

Bericht über das Heerwesen Chinas. 1882 und 1883 Waffenankäufe Operations Armee. Küstenvertheidigung Schwarze Flaggen .

29 30 31

2 222

Bericht über das Heerwesen Belgiens . 1883 Instruction . Bewaffnung. Bekleidung. - Manöver . Moral. Disciplin • Reglements. Budget. - Verschiedenes

22

2288

29

VI

Bericht über das Heerwesen Dänemarks .

Seite 31

1883

Artillerie-Comité Constructions- und Versuchs - Abtheilung der Artillerie. schule Cantonnements- Uebungen

31

Reit- und Beschlag 32 33

34 34 35 36 37 38

Bericht über das Heerweſen Frankreichs.

39

A. Die militärische Geſeßgebung im Jahre 1883 I. Neue Geseze . Das Gesek, betreffend die neue Organisation der Artillerie II. In Abänderung und Vorbereitung befindliche Geseze 1. Das Rekrutirungsgeset 2. Das Avancementsgeseh 3. Gesehentwurf, die Aufstellung einer Armee von Africa und die Errichtung eines Reserve-Expeditions - Corps betreffend 4. Gesezentwurf, die Aufhebung der Institution der Soldatenkinder bei den Regimentern und die Errichtung von sechs vorbereitenden Militärschulen betreffend III. Neue Reglements von hervorragender Bedeutung . 1. Règlement sur le service dans les places de guerre et les villes de garnison . 2. Reglement sur le service des armées en campagne

B. Kriegsmittel Frankreichs . I. Personelle Streitmittel 1. Stand der Bevölkerung 2. Rekrutirung 3. Reserve II. Remontirung . III. Kriegsmaterial 1. Bewegliches Material . 2. Unbewegliches Material IV. Verkehrsmittel 1. Eisenbahnen, Canäle 2. Telegraphie 3. Luftschifffahrt V. Geldmittel 1. Allgemeines Budget 2. Militärbudget C. Die Armee nach ihren Bestandtheilen I. Oberste Leitung und Verwaltung . 1. Kriegsministerium . 2. Generalität 3. Generalstab 4. Militärintendanz 5. Controle-Corps .

39 39 39 42 42 42 43

44 45 45 49

8808 2 * : ** 2122888 PPP BRGR RAR

1883

* 3383 ***

Bericht über das Heerwesen Egyptens . 1883 Sudanesische Bewegung Egyptische Armee Infanterie. - Cavallerie Artillerie Gendarmerie Englische Decupations Truppen.

60 60 60 60 63 64 64 64 64 65 65 66 66 66 66 67 69 69 69 71 72 75 79

FREEHOLDEN AKK

VII

Seite 80 80 80 81 81 81 84 85 86 89 94 94

II. Truppen 1. Gendarmerie . 2. Invaliden 3. Infanterie a. Offiziere b. Reglements und Ausbildung c. Organisation, Etats, innerer Dienst, Dislocation d. Bewaffnung, Ausrüstung, Uniformirung 4. Cavallerie 5. Artillerie . 6. Genie 7. Train des équipages .

95 95 96 96 96

III. Adminiſtrationen und Branchen 1. Verpflegungswesen . 2. Adminiſtrations- Truppen 3. Pulver- und Salpeterwesen . 4. Sanitätsweſen IV. Unterricht. - Justiz . Geistlichkeit

1. Militärschulen École militaire d'infanterie zu St. Mairent . Ecole d'application de cavalerie zu Saumur Ecole supérieure de la guerre École spéciale militaire zu St. Cyr V. Mannschaften und Rangstufen . 1. Mannschaften 2. Unteroffiziere 3. Offiziere VI. Formation und Dislocation 1. Active Armee • 2. Territorial-Armee

D. Die kriegerische Volkserziehung

102 102 102 104 106 107



.

107 107 108 109 111 111 111

114

115 Bericht über das Heerweſen Griechenlands. 1883 . ― Einthei Rekrutirung. Budget. Effectivſtärke des ſtehenden Heeres. • 115 lung des Territoriums 116 Vertheilung der Truppen. Verkehrsverhältniſſe

Bericht über das Heerwesen Großbritanniens . 1883 . I. Generalität II. Infanterie III. Cavallerie . IV. Artillerie VI. Colonial-Corps V. Ingenieure. • VII. Commissariat VIII. Ordnance. - IX. Veterinärs . - Geistlichkeit. Zahlmeister. X. Sanitäts- Departement XI. Yeomanry -Cavallerie XII. Volunteers XIII. Rekrutirung XIV. Geldverpflegung . XV. Bewaffnung und Ausrüstung. - XVI . Disciplin XVII. Mobilmachung . Die Armee im Felde XVIII. Ausbildung und Taktisches · XIX . Schluß .

117 117 117 118 118 118 118

118 119 119 119 120 120 120 121 123

VIII Seite Bericht über die Eingeborenen Truppen Großbritanniens in · Indien. 1883

I. II. III. IV. V. VI.

Infanterie Cavallerie . Artillerie Ingenieure Train Schluß .

Bericht über das Heerweſen Japans.

124 124 125 126 127 127 127

1882-1883 . .

128

Bericht über das Heerwesen Montenegros. 1883 . Neuformationen . Regulirung der Montenegrinisch-Türkischen Grenze. Ausbau des Straßenneßes

129

Bericht über das Heerwesen der Niederlande . 1883 Kriegsminister Weißel. Festungssystem . Vorschrift für das Tirailliren' A. Benuhung des Terrains B. Allgemeine Bestimmungen für das Gefecht der Compagnie C. Allgemeine Bestimmungen für das Gefecht des Bataillons . D. Allgemeine Beſtimmungen für das Gefecht des Regiments . E. Das hinhaltende Gefecht F. Verfahren gegen Cavallerie G. Munitionserfah H. Blessirten-Transport . J. Befestigungs - Anlagen K. Das Gefecht mit Rücksicht auf die eigenthümliche Beschaffenheit vieler Niederländischer Landstrecken Neue Infanterie- Schießinstruction Vorbereitende Uebungen . Individuelle Uebungen Abtheilungs-Uebungen Prämien. - Distanceschäßen Truppenübungen. - Bewaffnung Reglements, Vorschriften, officielle Werke Festungsbauten.

130

Bericht über das Heerwesen Norwegens .

148

1883

Bericht über das Heerwesen Oesterreich-Ungarns. 1883 1. Allgemeines . 2. Höhere Personalien 3. Organisation . A. Der Generalstab B. Die Artillerie . C. Die Genietruppe D. Das Pionier- Regiment und Pionier-Zeugsdepot E. Das Eisenbahn- und Telegraphen - Regiment F. Das Feld-Eisenbahn- und Telegraphenwesen im Kriege G. Aufstellung von Cavallerie- Truppen - Diviſionen H. Die Militärkaſſen und Militär-Zahlstellen 4. Bewaffnung . 5. Bekleidung und Ausrüstung

129

130 131 133 134 136 137 138 138 138 138 139 139 139 140 141 144 145 146 147

149 149 149 149 149 152 153 157 164 166 170 170 171 171

IX 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12 13.

Seite 173 174 175 176 177 178 • 181 184

Remontirung Verpflegung Waffenübungen Reichsbefestigung Innerer Dienst Desterreichische Landwehr Ungarische Landwehr Budget .

Bericht über das Heerwesen Oftrumeliens .

Bericht über das Heerwesen Persiens.

184

1883

186

1882 und 1883

Bericht über das Heerwesen Rumäniens . 1883 . Die neuorganisirte Armee • Abänderung des Wehrgesetzes vom 11. Juni 1868 . Gesetz über den Generalstab • Gesetz über die Heeresverwaltung . Erhöhung der Vertheidigungsfähigkeit des Landes . Garnisonwechsel. - Manöver . Neubeschaffung von Waffen und Ausrüstungsmaterial Landes- Aufnahme Fertiggestellte Eisenbahnlinien. - Budget für 1884/85

·

188

188 196 198 198 199 200 · 201 201 202

Bericht über das Heerwesen Nußlands. 1883 1. Abschnitt. Die Zusammensehung der Armee und Truppen -Etats I. Reguläre Truppen . A. Formirte Feldtruppen 1. Infanterie 2. Cavallerie 3. Artillerie a. Fuß- Artillerie (Feld-Artillerie) . b. Reitende Artillerie 4. Ingenieur-Truppen 5. Colonnen und Trains a. Munitions-Colonnen b. Verpflegungs-Colonnen c. Lazarethe . d. Sonstige Colonnen und Trains, welche im Kriege auf gestellt werden B. Reserve Truppen 1. Infanterie 2. Artillerie 3. Ingenieur-Truppen C. Ersah- Truppen . 1. Infanterie 2. Cavallerie 3. Artillerie 4. Ingenieur-Truppen D. Local Truppen 1. Truppen, welche noch Gefechtszwecken dienen, ohne Feldtruppen zu sein 2. Die für den Dienſt im Innern des Reichs bestimmten Truppen a. Im Europäiſchen Rußland b. Im Kaukasus c. Im Asiatischen Rußland 3. Die Lehr-Truppen

203 203 203 203 203 204 205 205 207 207 209 209 210 210 210 211 211 212 213 214 214 215 217 218 219 219 221 221 221 221 222

X

2.

3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

11. 12.

Seite 222 4. Hülfs -Abtheilungen 5. Local = Institutionen des Artillerie , Ingenieur , Medicinal 223 und Intendantur-Reſſorts 224 II. Kasaken und irreguläre Truppen 224 A. Feld-Kasaken-Woisskos 224 1. Das Don-Kasaken-Woissko 224 a. Feld-Truppen 225 b. Ersatz- Truppen 225 c. Local-Truppen 226 2. Das Kuban-Kasaken-Woissko 226 a. Feld- Truppen 226 b Local-Truppen 227 3. Das Terek-Kasaken-Woissko 228 4. Das Astrachan-Kaſaken-Woissko . 228 5. Das Drenburg-Kasaken-Woissko 229 6. Das Ural-Kasaken-Woissko 230 7. Das Sibirische Kasaken-Woissko . 230 8. Das Esemirietſchenskiſche Kaſaken-Woiſsko 231 9. Das Transbaikalische Kasaken-Woissko 232 10. Das Amur-Kasaken-Woissko . 232 B. Jrreguläre Truppen 233 III. Opolischenie (Reichswehr) . 234 Abschnitt. Höhere Truppenverbände und Territorial- Commandobehörden . 234 I. Höhere Truppenverbände 234 A. Feld-Truppen 234 1. Der Brigadeverband 235 2. Der Divisionsverband 239 3. Der Corpsverband 4. Der Armeeverband 240 241 B. Reserve Truppen 241 C. Ersah-Truppen 242 D. Local Truppen 242 E. Opoltschenie (Reichswehr) 242 II. Territorial-Commando- Behörden 242 1. Militärbezirks -Eintheilung . 243 2. Local-Brigaderayons 244 3. Die Kreis - Truppenchefs -Verwaltungen 244 4. Die Territorial- Commandobehörden der Kasaken-Truppen . 244 5. Reserve-Bataillonsbezirke in Finnland 244 Abschnitt. Das Kriegsministerium . 245 Abschnitt. Die Militär-Lehr-Anstalten . 246 Abschnitt. Die Completirung . 246 Abschnitt. Bekleidung, Ausrüstung, Bewaffnung 247 Abschnitt. Geldverpflegung, Naturalverpflegung, Unterbringung 248 Abschnitt. Das Militär- Gerichtswesen und Disciplinarverfahren . Abschnitt. Beförderung zu Unteroffizieren , Capitulation , Avancement der 250 Offiziere 251 Abschnitt. Ausbildung der Mannschaften und Offiziere 251 1. Infanterie 252 2. Cavallerie 3. Artillerie 253 253 4. Ingenieur-Truppen 253 Lagerübungen. ― Manöver 253 Abschnitt . Beurlaubung, Entlassung • 254 Abschnitt. Das Militärbudget für 1884

Bericht über das Heerwesen Schwedens . Schulen und Uebungen Gewehrfrage. - Feld-Artillerie-Material . Wittwen- und Waisenkaſſe. - Budget .

1883

254 255 256 257

XI Seite

257

Bericht über das Heerweſen Serbiens. 1883 Wehrgesek vom 15. Januar 1883 Organisations- Statut der Armee . Militärische Eintheilung des Serbischen Staatsgebietes Stärkeverhältnisse der Serbiſchen Armee Die active Armee im Mobilmachungsfalle . Verwaltungsgesetz . Bekleidung Aufständische Bewegung am westlichen Ufer des oberen Timok Bau der Serbischen Bahnen

257 260 262 265 267 269 270 271 272

Bericht über das Heerwesen Spaniens . 1. Allgemeines 2. Geseße und Erlasse 3. Ersat 4. Organisation . 5. Bewaffnung 6. Ausbildung 7. Befestigungen 8. Colonien .

273 274 275 276 280 280 281 281

1883 .

273

281 Bericht über das Heerweſen der Türkei. 1883 282 Zustand der Armee . Mission Preußischer Offiziere. Unruhen in Arabien und Kämpfe auf der Ostseite des Skutari - Sees. Armenien. 283 Truppen in Tripolis . 284 Eisenbahnneh

Zweiter Theil. Berichte über die einzelnen Bweige der Kriegswissenschaften. Bericht über die Taktik der Infanterie. 1883 Die Frage des Magazingewehrs Der Haltepunkt beim Schießen Schießversuche der Belgischen Schießſchule . Französische Schießinstruction vom 11. November 1882 Aenderungen am Französischen Exercir - Reglement . Règlement sur le service des armées en campagne Literatur zur Infanterietaktik Zusammenstellung der gegenwärtig gültigen Infanterie-Reglements Bericht über die Taktik der Cavallerie.

1883 .

Neuere Entwickelung der Manöverthätigkeit der Reiterei . Russische Reiterübungen . Schwimmübungen der Russischen Cavallerie Cavallerieübungen in Frankreich Cavallerieübungen in Deutschland Cavallerieübungen in Desterreich - Ungarn Schießversuche der Belgischen Schießschule gegen Cavallerie Die Frage der berittenen Infanterie in Großbritannien . Bewaffnung. --- Anbinden der Pferde im Freien .

287 287 288 290 292 292 296 298 304

309 309 310 312 313 316 317 318 319 320

XII

Seite 321 Zusammenstellung der gegenwärtig gültigen Cavallerie - Reglements 324 Règlement sur le service des armées en campagne Baikow, Anleitung zur Ausübung des ſtrategiſchen Dienstes der Cavallerie 325 326 Weitere Literatur bezüglich Cavallerie

327

Bericht über die Taktik der Feld - Artillerie. 1883 . Begleitung des Infanterie-Angriffs durch Artillerie Artilleriemasse und Diviſions-Artillerie .

327 329

Bericht über die Taktik des Festungskrieges . 1883 I. Rundblick auf die Deutschen Grenzen und die anderen Staaten II. Zeit- und Streitfragen auf dem Gebiete der Taktik des Festungskrieges

332 333 340

351 Bericht über die Handfeuerwaffen. 1882-83 351 I. Die Handfeuerwaffen . 351 Deutschland 354 Frankreich 355 Großbritannien 357 Italien 358 Niederlande • 359 Desterreich-Ungarn . • 361 Schweden-Norwegen 364 Schweiz Serbien 365 365 Spanien 367 II. Die Munition der Handfeuerwaffen . III. Das Vorbereitungsstadium des Uebergangs zur demnächſtigen Neu · 369 bewaffnung der Infanterie 379 IV. Die Literatur über die Handfeuerwaffen

Bericht über das Material der Artillerie. 1883 .

I. Feld-Artillerie England Frankreich Italien Desterreich-Ungarn . Rußland Kleinere Artillerien 1. Schweiz 2. Spanien . II. Belagerungs-, Festungs-, Küsten- und Schiffs- Artillerie Deutschland Versuche der Kruppschen Gußſtahlfabrik . England Panzerversuche .. Unfälle beim Schießen Frankreich Italien Desterreich-Ungarn Rußland Kleinere Artillerien 1. Brasilien 2. Dänemark · 3. Spanien . 4. Vereinigte Staaten von Nord-America

380 380 380 · 381 382 385 385

385 387 388 388 390 393 394 395 405 411 414 419 419 419 420

XIII Seite

421

Bericht über die Militär-Telegraphic. 1879-1883 I. Bisher noch nicht besprochene Organisationen. a. Dänemark b. Niederlande II. Ergänzungen der früheren Berichte . c. Belgien d. Deutschland e. England f. Frankreich g. Desterreich-Ungarn . h. Portugal i. Rußland k. Spanien Schluß .

Bericht über die kriegsgeschichtliche Literatur.

421 421 425 428 428 428 429 434 434 • 435 436 437 439

442

1883 .

A. Werke allgemeinen Inhalts und solche , welche sich mit längeren Zeit räumen befassen . B. Kriegsgeschichtliche Darstellungen , welche sich mit kürzeren Zeiträumen oder mit Einzelereignissen beschäftigen • C. Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen . D. Truppengeschichte .

443 445 451 451

Dritter Theil. Beiträge zur Militärischen Geſchichte des Jahres 1883. Bericht über die Expedition der Franzosen nach Madagaskar. 1883

457

Bericht über die Französischen Expeditionen in Senegambien. 1883 •

462

.

465

Bericht über den Krieg der Franzosen in Tonkin. Bericht über den Krieg im Sudan.

1883 .

1881-1883

Nekrologe von im Jahre 1883 verstorbenen hervorragenden Offizieren u. f. w. . Albedinski, Russischer General der Cavallerie Baggowut, Russischer General der Cavallerie Baranow, Graf, Russischer General der Infanterie Baumgarten, Ruſſiſcher General der Infanterie . Carl, Prinz von Preußen, Generalfeldzeugmeiſter Caſembroot, Niederländischer Generallieutenant Chanzy, Franzöſiſcher Diviſionsgeneral . Diehl, Bayerischer General der Infanterie Doyle, Englischer General England, Englischer General Etter, Russischer Generallieutenant

479

485 485 486 487 487 488 • 489 489 490 491 492 492

XIV Finch, Englisch- Indischer Generalmajor Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg- Schwerin . Furugelm, Russischer Generallieutenant . Gallina, Frhr., Desterreichischer Feldmarschalllieutenant Hartmann, Preußischer General der Infanterie . Hauslab, Desterreichischer Feldzeugmeister Hill, Englisch- Indischer Generallieutenant . Hörmann v. Hörbach, Bayerischer Hauptmann Jeeze, Frhr., Bayerischer Generallieutenant Jolschin, Russischer Generallieutenant Kondzerowski, Russischer Generalmajor . Korff II., Russischer Generaladjutant Kuzjenin-Korowajew, Russischer Generallieutenant Labinzow, Russischer General der Infanterie . Lapzow, Russischer Generalmajor . Leonhardi, Frhr., Desterreichischer Feldmarschalllieutenant Leuk, Dr., Bayerischer Generalstabsarzt der Armee Lombardini Italienischer Generallieutenant Loos, Preußischer Generallieutenant . Macdonald, Englischer General Makarowski, Russischer Generallieutenant Martimprey, Französischer Diviſionsgeneral Maximowitsch, Russischer Generallieutenant Motterouge, Französischer Divisionsgeneral Neve, Niederländisch Indischer Generallieutenant Pappenheim, Graf, Bayerischer General à la suite Paynter, Englischer Generalmajor Philippson, Russischer General der Infanterie Raaslöff, Dänischer Generallieutenant Raille, Russischer General der Infanterie Reed, Englischer General Roß, Englischer Generalmajor . Roth, Bayerischer Generalmajor Sabine, Englischer General . Saß, Baron, Russischer General der Cavallerie Sawitsch, Russischer Generallieutenant Schramtschenko, Russischer Generalmajor Schrott, Bayerischer Generallieutenant Seume, Russischer Generallieutenant Stange, Russischer Generalmajor . Szapary, Graf, Desterreichischer General der Cavallerie Tann-Rathsamhausen, Frhr , Bayerischer Generalmajor Urussoff, Fürst, Russischer General der Cavallerie Williams of Kars, Englischer Generallieutenant Wood, Englischer General Wundt, Württembergischer Generallieutenant Zitljadzew, Ruſſiſcher Generalmajor .

Seite 492 493 494 494 495 496 497 497 498 498 499 499 499 500 501 501 502 502 503 503 504 504 505 505 505 506 506 506 508 508 509 509 509 510 510 512 513 513 513 514 514 515 515 516 516 516 517

Militärische Chronik des Jahres 1883

518

Alphabetisches Namen- und Sach-Register

530

10:0

Erster Theil.

Berichte über das

Heerwesen

der

einzelnen Armeen.

Bericht über das

Heerwesen Deutschlands .

1883 .

Die Deutsche Armee hat im Laufe des Jahres 1883 wesentliche Ver änderungen in ihrer Organiſation und in ihren Vorschriften nur in geringer Ausdehnung erfahren, dagegen hat sie theils durch den Tod, theils durch Aus scheiden aus der Activität in den höheren Stellen schmerzliche Verluste zu be flagen gehabt.

I. Perſonal-Veränderungen in den höchsten Stellen. Am 21. Januar 1883 starb Se. Königliche Hoheit Prinz Friedrich Carl Alexander von Preußen, der seit dem 29. Juni 1811 , dem Tage seiner Er nennung zum Secondlieutenant im 1. Garde = Regiment zu Fuß , also über 70 Jahre der Preußischen Armee angehört hatte. Der Prinz war bei seinem Hinscheiden Generalfeldzeugmeister und Chef der Preußischen Artillerie, Chef des Grenadier-Regiments Prinz Carl von Preußen (2. Brandenburgisches) Nr. 12 und des Schleswig-Holsteinſchen Ulanen-Regiments Nr. 15, zweiter Chef des 3. Garde-Grenadier-Landwehr-Regiments, à la suite des 1. Garde-Regiments zu Fuß, Kaiserlich Russischer Generalfeldmarschall, Chef des Kaiserlich_Ruſſiſchen Jnfanterie-Regiments Prinz Carl von Preußen (Libauschen) Nr. 6 und der Kaiserlich Russischen 1. Grenadier-Artillerie-Brigade, Inhaber des k. k. Dester reichischen Dragoner-Regiments Nr. 8. Am 15. April 1883 verschied zu Schwerin nach kurzem Krankenlager Se. Königliche Hoheit Friedrich Franz II. , Großherzog von Mecklenburg-Schwerin , Königlich Preußischer Generaloberst, Generalinspecteur der II . Armee-Inſpection, Chef des 4. Brandenburgischen Infanterie-Regiments Nr. 24 (Großherzog von Mecklenburg- Schwerin), des Hannoverschen Husaren- Regiments Nr. 15, des 1 . und 3. Bataillons des Großherzoglich Mecklenburgischen Grenadier-Regiments Nr. 89, Kaiserlich Russischer Generalfeldmarschall, Chef des Kaiserlich Ruſſiſchen 8. Grenadier- Regiments Moskau, Inhaber des f. t. Desterreichischen 57. Linien Infanterie-Regiments. - In Folge dieses Todesfalles bestimmte eine Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 17. April 1883, daß das 4. Brandenburgische Infanterie Regiment Nr. 24 fortan als 4. Brandenburgisches Infanterie-Regiment Nr. 24 (Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg- Schwerin) zu bezeichnen sei. 1*

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Der Preußische Kriegsminister, General der Infanterie v. Kameke, wurde in Folge seines Gesuches unter Entbindung von der Stellung als Kriegsminister durch Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 3. März 1883 mit der gesetzlichen Pension zur Disposition gestellt. Se. Majestät der Kaiser und König sprach in der erwähnten Ordre dem Scheidenden Seinen aufrichtigsten, herzlichsten und wärmsten Dank für die Hingabe an das 10 Jahre lang bekleidete schwere Amt und für die Aufopferung seiner Kräfte, mit der er für das Wohl der Armee thätig gewesen, aus. Allerhöchstderselbe brachte diese Empfindungen auch der Arniee gegenüber zum Ausdruck, indem Er bestimmte, daß General v. Kameke nicht allein in seiner Stellung als Chef des 2. Hannoverschen Infanterie-Regiments Nr. 77 und à la suite des Ingenieur- Corps verbleiben , sondern auch in den An Stelle des Aus Listen der activen Generale fortgeführt werden solle. scheidenden wurde Generallieutenant Bronsart v. Schellendorff, Commandeur der 2. Garde-Infanterie- Division, durch Allerhöchste Ordre vom 3. März 1883 zum Staats- und Kriegsminister ernannt. Der Württembergische Kriegsminister, Generallieutenant v. Wundt, erlag am 22. Juli 1883 einem Magenleiden, für das er in Schuls bei Tarasp ver geblich Heilung gesucht hatte. Schon 1868 als Oberst in das Kriegsministerium verseßt , wurde er 1874 als Generalmajor mit der Führung der Geschäfte desselben beauftragt, darauf am 5. März 1875 zum Departementschef des Kriegs wesens und unter Beförderung zum Generallieutenant am 14. Mai 1879 zum Kriegsminister ernannt. Er war somit unmittelbar vor dem Kriege mit Frank reich, während desselben und nach dem Friedensschluß in hervorragender Weise bei der Neuorganiſation, Befestigung und Einlebung des gesammten Württem = bergischen Wehrwesens thätig. An seiner Stelle wurde durch Allerhöchſte Ordre vom 28. Juli 1883 Generalmajor v. Steinheil, Commandeur der 54. Infanterie Brigade ( 1. Königlich Württembergische), zum Departementschef des Kriegswesens ernannt. Von den commandirenden Generalen der Königlich Preußischen Armee schieden im Laufe des Jahres 1883 die des 1. und 6. Armee-Corps aus dem activen Dienste. Der commandirende General des 1. Armee-Corps, General der Infanterie Frhr. v. Barnekow, wurde durch Allerhöchste Cabinets -Ordre vom 5. Juni 1883 in Genehmigung seines Abschiedsgesuches unter Belassung in seinem Verhältniß als Chef des 6. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 68 mit Pension zur . Disposition gestellt , während ihm der Stern der Großkomthure des Königlichen Hausordens von Hohenzollern verliehen wurde . An seine Stelle trat der bis herige Gouverneur von Straßburg im Elsaß, Generallieutenant v. Gottberg. Der commandirende General des 6. Armee-Corps, General der Cavallerie v. Tümpling, wurde durch Allerhöchste Cabinets -Ordre vom 22. November 1883 in Genehmigung seines Abschiedsgesuches unter Belaffung in seinem Verhältniß als Chef des 3. Schlesischen Dragoner-Regiments Nr. 15 mit Pension zur Dis position gestellt, während ihm der Schwarze Adler-Orden in Brillanten verliehen wurde. An seiner Stelle wurde der bisherige Commandeur der 16. Division, Generallieutenant v. Wichmann, zum commandirenden General des 6. Armee Corps ernannt.

II. Organisation.

Formation. -

Dislocation.

Mittelst Allerhöchster Cabinets -Ordre vom 8. März 1883 bestimmte Se. Majestät der Kaiser und König, daß die Abtheilung für die persönlichen An

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gelegenheiten im Preußischen Kriegsministerium zwar als solche in der bisherigen Weise auf dem Etat des Kriegsministeriums bleiben, aber unter entsprechender Modificirung ihrer Stellung zu dem inneren Dienstbetriebe des Kriegsministeriums künftig überall als "1 Militär - Cabinet " bezeichnet werden solle. In der Rangliste der Armee soll diese veränderte Stellung dadurch zum Ausdruck gebracht werden, daß künftig hinter der Adjutantur Sr. Majestät des Kaisers und Königs das gesammte Militär-Cabinet aufgeführt wird , wogegen beim Kriegsministerium unter Abtheilung für die persönlichen Angelegenheiten die Führung der Namen fortfallen und nur der Vermerk siehe Militär-Cabinet " eintreten soll. Die Militär - Schießſchule zu Spandau hat eine veränderte Organiſation erhalten. Schon eine Allerhöchste Cabinets -Ordre vom 23. November 1882 hatte genehmigt, daß die Wahrnehmung der Geschäfte eines Präses der Gewehr Prüfungscommission vom 1. December 1882 ab nicht mehr dem Commandeur der Militär-Schießschule , sondern einem hierzu besonders bestimmten Offizier übertragen werde. Eine weitere Allerhöchste Ordre vom 28. März 1883 be stimmte darauf, in Abänderung der Ordre vom 10. Mai 1879, daß die Ein theilung der Militär- Schießschule in Lehr- und Versuchsabtheilung vom 1. April 1883 ab fortfallen, sowie daß die bisherige Versuchsabtheilung zur Gewehr Prüfungscommiſſion dauernd übertreten solle, deren Leitung nach der vorstehenden Ordre vom 23. November 1882 einem hierzu besonders berufenen Offizier zu zufallen habe. Es umfaßt daher die gegenwärtige Organiſation : A. der Militär- Schießschule: 1 Commandeur, 1 Stabsoffizier, 3 Haupt leute als Mitglieder , 7 Lieutenants als Assistenten , 5 Lieutenants als Hülfs lehrer, 1 Lieutenant als Adjutant ; B. der Gewehr - Prüfungscommission : 1 Präses , 1 Stabsoffizier, den Inspicienten der Waffen bei den Truppen , 5 Hauptleute als ordentliche Mit glieder ; den Director der Gewehr- und Munitionsfabrik zu Spandau, 1 Offizier der Gewehr- und Munitionsfabrik daselbst, den Director des Feuerwerks -Labora= toriums daselbst, den Director der Pulverfabrik daselbst als außerordentliche Mit glieder ; ferner 1 Lieutenant als Adjutant und 5 Lieutenants als Aſſiſtenten, bezw. einer als Führer der Versuchs - Compagnie. Die Gewehr-Prüfungscommission bildet eine selbständige Behörde, welche dem Allgemeinen Kriegsdepartement des Kriegsministeriums unmittelbar unterſtellt ist ; in Verwaltungs-Angelegenheiten ressortirt dieselbe von der Intendantur 3. Armee Corps, in höherer Instanz von dem Allgemeinen Kriegsdepartement des Kriegs ministeriums. In den Ressortverhältnissen der Militär- Schießschule zu der Inspection der Infanterie-Schulen und der Intendantur 3. Armee-Corps ist keine Veränderung eingetreten. Laut einer anderweitigen Allerhöchsten Cabinets- Ordre vom 28. März 1883 hat die Artillerie - Prüfungscommission zwei Abtheilungen zu bilden und letzteren unter der gemeinsamen Leitung des Präses -- je ein Abtheilungschef mit dem Range und den Gebührnissen eines Regimentscommandeurs vorzustehen. Gleichzeitig ist dem Präſes ein Adjutant beizugeben. In Folge dieser Aenderungen ist die Zahl der etatsmäßigen Mitglieder der Artillerie- Prüfungscommission auf 8, die der Assistenten auf 5 herabgesetzt ; die Geschäfte des Vorstehers der Versuchs abtheilung sind von dem ältesten Abtheilungschef wahrzunehmen . Als etatsmäßige Mitglieder sind 2 Stabsoffiziere , 3 Hauptleute 1. und 3 Hauptleute 2. Klaſſe vorgesehen.

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Militärische Jahresberichte für 1883 .

Eine wesentliche Aenderung in dem Dienstverhältniß der Stabsoffiziere bei den Infanterie - Regimentern und in dem Rangverhältniß der patentirten Oberstlieutenants ist durch die Allerhöchste Ordre vom 8. No vember 1883 eingetreten. Wenn auch durch diese Aenderung eine Vermehrung oder Verminderung der Stabsoffiziere der Infanterie nicht eingetreten ist, so kann ihr doch eine Bedeutung in organiſatoriſcher Beziehung nicht abgesprochen werden. Ihrer Wichtigkeit halber möge die betreffende Ordre hier ihrem Wortlaute nachh folgen; letterer besagt : Ich bestimme hierdurch: 1) In dem Dienstverhältniß der Stabsoffiziere bei den Jufanterie-Regimentern soll für die Friedens-Formation eine Veränderung dahin eintreten , daß künftig der älteste Stabsoffizier jedes Infanterie-Regiments unter Entbindung von dem Commando eines Bataillons als Stellvertreter des Regimentscommandeurs in Abwesenheits- oder Behinderungsfällen zum Regimentsſtabe übertritt, ſo daß also von den dem Regimentscommandeur unterstellten vier Stabsoffizieren eines Infanterie-Regiments der älteste in vorerwähnter Weise und mit diesem Dienſt titel als etatsmäßiger Stabsoffizier, die drei jüngeren als Bataillonscommandeure fungiren sollen. 2) Die etatsmäßigen Stabsoffiziere der Infanterie sollen künftig grundsätzlich sämmtlich der Oberſtlieutenantscharge angehören und soll diese Charge mit Patent nach beendetem Uebergange in die ad 1 bezeichnete Vertheilung der Stabsoffiziere an Bataillonscommandeure der Infanterie im Regimentsverbande in der Regel nicht mehr verliehen werden. 3) Die Ernennung zum etatsmäßigen Stabsoffizier erfolgt durch Meinen für jede desfallsige Vacanz abzuwartenden Befehl. 4) Die patentirten Oberstlieutenants aller Waffen sollen fortan den in der selben Charge befindlichen Regimentscommandeuren nur dann im Range nach stehen, wenn diese ein älteres Patent haben. 5) Der Uebergang in diese veränderte Stabsoffizier - Verwendung bei der Infanterie soll allmälig geſchehen und behalte Ich Mir sowohl die Beſtimmungen bei jedem einzelnen Fall, wie die erforderlichen Abänderungen in den bisher für die Beurtheilung der Stabsoffiziere maßgebend geweſenen Grundsäßen vor. Wilhelm. Berlin, den 8. November 1883. Gleichartige Bestimmungen sind durch Königliche Ordres für Bayern unterm 26. November 1883 , für Sachsen unterm 8. December 1883 und für Württem= berg unterm 29. November 1883 erlaſſen worden . Für die Preußische Armee wurde durch kriegsministerielle Verfügung vom 27. Januar 1883 angeordnet, daß fortan überall nur die Bezeichnung „ Ingenieur offizier vom Plat" anzuwenden ist, auch wenn ältere Erlaffe die Benennung "Ingenieur vom Play “ oder „ Platz-Ingenieur“ vorschreiben. Durch Allerhöchste Cabinets -Ordre vom 10. November 1883 wurde bestimmt, daß zum 1. Februar 1884 das in der Feste Boyen befindliche Filial - Artillerie Depot des Artillerie- Depots zu Königsberg in ein ſelbſtändiges Artillerie-Depot und das Artillerie- Depot zu Colberg in ein Filial - Artillerie - Depot des Artillerie-Depots zu Stettin umzuwandeln ist. Zahlreicher als in früheren Jahren sind für die Preußische Armee im Jahre 1883 Veränderungen in den Truppendislocationen eingetreten bezw . für einen späteren Termin befohlen worden. In einigen Fällen sind durch dieſe Dislocationen Aenderungen in der Zusammensetzung der Truppenverbände nicht

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eingetreten, in anderen Fällen ist dies geschehen. Die betreffenden Dislocationen mögen hier in der chronologischen Reihenfolge der sie anordnenden Befehle an geführt werden. Eine Königliche Ordre vom 15. Februar 1883 genehmigte , daß am 15. März 1883 das Stabsquartier des 1. Bataillons ( Gerlachsheim) 2. Badischen Landwehr-Regiments Nr. 110 von Gerlachsheim nach Mosbach verlegt werde und daß von dem gedachten Zeitpunkte ab das genannte Bataillon die Bezeichnung 1. Bataillon (Mosbach) 2. Badischen Landwehr- Regiments Nr. 110 anzu nehmen habe. Mittelst Allerhöchster Ordre vom 28. März 1883 wurde bestimmt, daß das Füsilier-Bataillon 1. Westpreußischen Grenadier-Regiments Nr. 6 am 1. October 1883 von Samter nach Posen zu verlegen sei. Eine Allerhöchste Ordre vom 10. Mai 1883 verfügte , daß zum 1. April 1884 das 3. Rheinische Infanterie-Regiment Nr. 29 von Metz nach Trier und das Infanterie-Regiment Nr. 130 unter Uebertritt in den Verband des 15. Armee Corps - und zwar zur 59. Infanterie-Brigade — von Trier nach Met verlegt, jowie das 7. Brandenburgische Infanterie-Regiment Nr. 60 der 62. Infanterie Brigade zugetheilt werde. Eine weitere Allerhöchste Ordre vom 10. Mai 1883 bestimmte , daß die 2. und 3. Escadron Oldenburgischen Dragoner-Regiments Nr. 19 von Cloppen burg nach Oldenburg zu verlegen sind, sobald in letzterem Orte die erforderliche Unterkunft sichergestellt ist. Mittelst Allerhöchster Ordre vom 7. Juni 1883 wurde befohlen , daß zum 1. April 1884 das 2. Bataillon Pommerschen Fuß-Artillerie-Regiments Nr. 2 von Sonderburg nach Danzig unter Detachirung einer Compagnie nach Memel sowie das 1. Bataillon Ostpreußischen Fuß-Artillerie-Regiments Nr. 1 von Danzig nach Königsberg in Preußen unter Heranziehung der 3. Com pagnie von Memel verlegt werden. Laut Königlicher Ordre vom 4. Juli 1883 wurde bestimmt, daß der Stab jowie das 1. Bataillon Magdeburgischen Füsilier-Regiments Nr. 36 am 1. April 1884 von Erfurt nach Halle an der Saale zu verlegen sind. Mittelst Allerhöchster Cabinets - Ordre vom 24. Juli 1883 wurden die nachfolgenden Dislocations - Aenderungen zum 31. März 1884 verfügt: des 3. Bataillons Ostpreußischen Füsilier-Regiments Nr. 33 von Königs berg nach Goldap ; des Füsilier-Bataillons 6. Ostpreußischen Infanterie-Regiments Nr. 43 von Löten nach Königsberg ; vom 8. Ostpreußischen Infanterie ፡ Regiment Nr. 45 des Stabes und 1. Bataillons von Metz nach Lözzen und des 2. und Füsilier-Bataillons von Metz nach Lyck ; des Infanterie-Regiments Nr. 98 von Brandenburg an der Havel nach Meß ; des Ostpreußischen Jäger-Bataillons Nr. 1 von Braunsberg nach Allenstein ; des Füsilier-Bataillons 4. Ostpreußischen Grenadier-Regiments Nr. 5 von Culm nach Deutsch Eylau; des Pommerschen Jäger-Bataillons Nr. 2 von Greifswald nach Culm ; des 1. Bataillons 3. Pommerschen Infanterie = Regiments Nr. 14 von Swinemünde nach Greifswald ; des 3. Bataillons Pommerschen Füsilier-Regiments Nr. 34 von Stettin nach Swinemünde ;

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Jahresberichte

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des Pommerschen Dragoner-Regiments Nr. 11 von Belgard und Cörlin nach Bromberg . Gleichzeitig ist befohlen worden, daß das 8. Ostpreußische Infanterie-Regiment Nr. 45 demnächst in den Verband des 1. Armee- Corps zurücktritt und zwar zur 2. Infanterie-Brigade , während das Ostpreußische Füsilier-Regiment Nr. 33 der 1. Infanterie-Brigade zugetheilt wird. Des Weiteren tritt das Infanterie Regiment Nr. 98 in den Verband des 15. Armee-Corps und zwar zur 59. Jn= fanterie-Brigade über. Eine Königliche Ordre vom 31. Juli 1883 hat angeordnet , daß das 2. Bataillon 4. Pommerschen Infanterie- Regiments Nr. 21 zum 1. April 1884 von Bromberg nach Thorn verlegt werde. Laut Allerhöchster Ordre vom 23. August 1883 ist die 4. Escadron West fälischen Cüraſſier-Regiments Nr. 4 am 1. April 1884 von Hamm nach Münſter zu verlegen. Schließlich befahl eine Königliche Ordre vom 27. December 1883, daß die 4. Escadron des Brandenburgischen Huſaren-Regiments (Zietenſche Huſaren) Nr. 3 am 31. März 1884 von Friesack nach Rathenow und die 3. Escadron desselben Regiments gleichzeitig von Rathenow nach Friesack zu verlegen sei. Für die Bayerische Armee wurden durch Allerhöchſte Entschließung vom 23. Februar 1883 folgende Dislocationsveränderungen angeordnet : der 2. Escadron des 2. schweren Reiter-Regiments Kronprinz Erzherzog Rudolph von Desterreich von Nymphenburg nach Landshut und der 3. Escadron deſſelben Regiments von Landshut nach Nymphenburg ; der 2. und 3. Escadron des 3. Chevaulegers -Regiments Herzog Maximilian von München nach Freysing und der 4. und 5. Escadron desselben Regiments von Freysing nach München ; der 5. Feld Batterie des 4. Feld-Artillerie-Regiments König von Nürnberg nach Augsburg und der 6. Feld-Batterie desselben Regiments von Augsburg nach Nürnberg. Ueber den Zeitpunkt dieser Dislocationsveränderungen bestimmte die erwähnte Allerhöchste Entschließung, daß die lettgenannte nach Beendigung der Schieß übungen des betreffenden Regiments auf dem Lechfelde stattzufinden habe , die übrigen im Anschlusse an die größeren Truppenübungen zu vollziehen seien. Die unterm 23. Februar 1883 angeordnete Verlegung der 3. Escadron des 4. Chevaulegers - Regiments König von Neu-Ulm nach Augsburg und die der 4. Escadron desselben Regiments von Augsburg nach Neu- Ulm wurde durch eine Königliche Entschließung vom 7. Juni 1883 außer Kraft geſetzt. Nachdem seit dem 1. Januar 1875 in Ingolstadt eine Geschoßfabrik als Filiale des Hauptlaboratoriums zu München bestand, ist seit dem 1. October 1883 das gesammte Hauptlaboratorium von München nach Ingolstadt verlegt worden. Neben vorstehenden Veränderungen in der Dislocation der Bayerischen Armee trat eine die Verwaltung betreffende Veränderung in der Organisation des Bayerischen Kriegsministeriums ein. Durch Allerhöchste Entschließung vom 1. Februar 1883 wurden nachstehende organische Verfügungen mit der Wirksamkeit vom 1. April 1883 genehmigt. 1) Die Rechnungsreviſion des Kriegsminiſteriums wird in ihrer gegenwärtigen Formation aufgehoben. 2) Die Revision und Abnahme der Rechnungen des topographischen Büreaus und des Hauptconservatoriums der Armee , der Remonte- Depots , der Militär

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Bildungsanstalten und des Invalidenhauſes geht an die Intendantur 1. Armee Corps über. 3) Die Führung der besonderen Controle über die Erhebung von Brot und Naturalverpflegungs-Controle wird der Intendantur 2. Armee= Fourage Corps übertragen. 4) Für die Revision und Abnahme der Rechnungen der General-Militär Kasse nebst Militär-Penſionskaſſe, der Militär-Fondskaſſe und der Lithographischen Officin des Kriegsministeriums , dann für die Vornahme der Local- und Kaſſen revisionen , sowie der Administrativuntersuchungen bei den genannten Behörden und für die Beschlußfaſſung hierüber wird eine „Rechnungs- Reviſionsſtelle im Kriegsministerium " mit einem Vorstande, zwei Beisitzern und dem erforder lichen Revisionspersonal eingesetzt. Durch eine weitere Allerhöchste Entschließung vom 10. Februar 1883 wurde mit der Wirksamkeit vom 1. April 1883 Folgendes verfügt : 1) Die Militär-Fondsverwaltung in ihrer derartigen Formation wird auf gehoben. 2) Die Verwaltung der Militär-Fonds und Stiftungen obliegt einer in der Haupt- und Residenzstadt München zusammengesetzten selbständigen Commission, mit der Benennung !! Militär - Fondscommission" , bestehend aus: dem Chef der Abtheilung des Kriegsministeriums für Invalidenwesen als Vorstand, drei Stabsoffizieren der Garniſon München , welche jeweils als auf die Dauer eines Jahres functioniren, dem Militär-Fiscal, Commissions mitglieder. einem vortragenden Rath der Abtheilung des Kriegsministeriums für Invalidenwesen, 3) Die administrativen Büreaugeschäfte für die Militärfonds gehen an die Abtheilung des Kriegsministeriums für Invalidenwesen über , die Canzlei- und Expeditionsgeschäfte an die Centralabtheilung des Kriegsministeriums , die Kaſſen geschäfte an die General-Militärkaffe, unter Errichtung einer Specialkasse mit der Benennung " Militär-Fondskasse " , bei welcher der Pensionszahlmeister 9000 M., der controlführende Buchhalter oder Kaſſenaſſiſtent 2560 M. Cautionen zu leiſten haben. 4) Die militärfiscalischen Geschäfte werden einem vortragenden Rath des Kriegsministeriums, als Militärfiscal , übertragen. Zur Erläuterung der vorstehenden Festsetzungen diene die Angabe , daß bei Auflösung des Oberadministrativ- Collegiums der Bayerischen Armee am 30. Sep tember 1822 zur Verwaltung sämmtlicher Militärfonds und der zugewiesenen Stiftungen eine dem Kriegsministerium direct unterstellte " Militär-Fondscommission" mit Uebertragung des Militär-Fiscalats errichtet wurde und daß für diese Behörde am 1. April 1872 die Bezeichnung „ Militär-Fondsverwaltung " eingeführt wurde. Der jetzigen Militär - Fondscommiſſion bleibt die Verwaltung der sämmtlichen Militär-Fonds und der Stiftungen , die bisher der Militär-Fondsverwaltung zu gewiesen waren, anvertraut ; dieselbe steht auch fernerhin unmittelbar unter dem Kriegsministerium und übt ihre Geschäftsthätigkeit in dem bisherigen Umfange als eine collegialisch berathende und selbständig beschlußfaffende und für ihre Be schlüsse verantwortliche Stelle aus. Die Militär-Fondscommission hat zu verwalten : an Militär- Fonds : 1 ) den Militär-Wittwen- und Waisenfonds , 2) den Invalidenfonds, 3) den Milden Stiftungsfonds , 4) den Offizier-Unterstützungs

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Militärische Jahresberichte für 1883 .

fonds, 5) den Offizier-Töchter- Erziehungsfonds, 6) den Unteroffiziers- und Soldaten= Unterstützungsfonds, 7) den Fonds für Militär-Freiplätze im Cadetten-Corps und 8) den Landwehr-Offiziers -Unterſtüßungsfonds ; an Stiftungen: die Capitalien von 18 Stiftungen , die zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen Personen zu allgemeinen Zwecken zu Gunsten der Armee und ihrer Angehörigen bestimmt worden sind.

III.

Ersatz- und Beförderungswesen .

Bezüglich der Rekrutirung der Armee für 1883/84 bestimmte die Aller höchste Cabinets -Ordre vom 1. Februar 1883 das Nachstehende.

je 225 Rekruten

je 190 150 25 30

111 311#1

1) Zum Dienſt mit der Waffe sind einzustellen : bei den Bataillonen der älteren Garde-Infanterie-Regimenter, denen des 1. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 25, des 3. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 29, des 5. Pommerschen Infanterie-Regiments Nr. 42, des 8. Ostpreußischen Infanterie-Regiments Nr. 45, des 2. Niederschlesischen Infanterie-Regiments Nr. 47, des 7. Brandenburgischen Infanterie-Regiments Nr. 60, bei den übrigen Bataillonen der Infanterie, Jäger und Schüßen bei jedem Cavallerie-Regiment mindeſtens bei den reitenden Batterien mindestens je

= =

bei den übrigen Feld-Batterien mindestens je bei den Bataillonen des Rheinischen Fuß-Artillerie- Regiments = 200 Nr. 8 und des Fuß-Artillerie-Regiments Nr. 10 je = 160 bei den übrigen Fuß-Artillerie- und Pionier-Bataillonen je . : 135 bei den Bataillonen des Eisenbahn-Regiments mindestens je bei jeder Train-Compagnie 15 zu dreijähriger activer Dienstzeit mindestens zu halbjähriger activer Dienstzeit im Herbst 1883 und 44 im Frühjahr 1884 je . 2) An Dekonomie-Handwerkern haben jämmtliche Truppentheile mindestens ein Drittel der etatsmäßigen Zahl einzustellen. 3) Die Einstellung der Rekruten zum Dienst mit der Waffe hat bei sämmt lichen Truppentheilen in der Zeit vom 5. bis 10. November 1883 zu erfolgen ; nur die für das Pommersche Fuß-Artillerie- Regiment Nr. 2 , das Schleswigsche Fuß-Artillerie-Bataillon Nr. 9, die Unteroffizierschulen, sowie die als Dekonomie Handwerker ausgehobenen Rekruten sind am 1. October 1883 und die Train soldaten für den Frühjahrstermin am 1. Mai 1884 einzustellen. Für die Bayerische Armee wurde durch Allerhöchste Entschließung vom 17. Februar 1883 die Rekrutirung für 1883/84 in gleicher Weise befohlen, nur wurde abweichend hiervon angeordnet, daß einzustellen seien zum Dienst mit der Waffe : 190 Rekruten bei den Bataillonen aller Infanterie- Regimenter je • 190 bei den Jäger-Bataillonen je 180 bei jedem Fuß-Artillerie-Bataillon = 200 bei jedem Pionier-Bataillon 55 bei der Eisenbahn - Compagnie 80 bei jeder Sanitäts -Compagnie 60 bei der Equitations-Anſtalt mindeſtens =

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zum Dienst ohne Waffe zu zweijähriger Dienstzeit als Militär-Krankenwärter bei 36 Rekruten. . . der Sanitäts - Compagnie jeden Train-Bataillons Der Termin der Einstellung der Rekruten bei der Equitations-Anstalt wurde auf den 1. October 1883 normirt. Das Verordnungs-Blatt des Königlich Bayerischen Kriegsministeriums enthält in Nr. 35 vom 10. September 1883 Bestimmungen über das Avance ment der Offiziere mit folgendem Wortlaut : Se. Majestät der König haben inhaltlich Allerhöchsten Signats d. d . Schloß Berg den 4. September 1883 Allergnädigst zu beschließen geruht, für das Avancement der Öffiziere Allerhöchstihrer Armee den bis zum Jahre 1823 in Kraft gestandenen Modus im Wesentlichen wieder einzuführen und zwar in An lehnung an die für Beleihung mit Offiziersstellen im mobilen Verhältnisse gegebenen Allerhöchsten Bestimmungen , nach den unten ersichtlichen Grundſäßen. Diese werden denn nun auch für die Beförderungsvorschläge, welche Se. Majestät zur Bescheidung nach Allerhöchsteigener Willensmeinung entgegen zu nehmen geruhen, maßgebend wie folgt : 1) Jedes Regiment, Jäger-Bataillon , der Generalstab, das Ingenieur- Corps , der Train, dann das Zeugdienst- und das Feuerwerkspersonal bildet einen in sich geschlossenen Avancementskörper , für welchen die Vorrückung innerhalb deſſelben, zum Portepeefähnrich und zu den Offizierchargen bis zum Stabsoffizier ein schließlich, die Regel sein soll. 2) Für die Vorschläge bildet die Rangliste der Offiziere bezw . der Portepee fähnriche des Avancementskörpers die Grundlage. Der Beförderungsvorschlag für à la suite eines Truppentheils, des General stabes und des Ingenieur- Corps ſtehende Offiziere ist nach dem Range zu bemessen, welchen sie gemäß ihres Patentes in dieser Rangliste einnehmen . Von welcher Stelle der Vorschlag auszugehen hat, hängt von dem Dienſtverhältniß des Offiziers ab. In den Vorschlagslisten, welche sich auf die Wiederbesetzung der im Truppen theile x . erledigten etatsmäßigen Stellen zu beschränken haben, sind auch diejenigen Offiziersaspiranten, Portepeefähnriche und Offiziere nach ihrer Rangnummer vor zutragen, welche, an der Reihe ſtehend , gleichwohl zur Beförderung nicht vor geschlagen worden und zwar unter Nachweis der abfälligen Beurtheilung bezw. unter Hinweisung auf die Qualificationsberichte. Die sämmtlichen Instanzen haben wie bisher ihre Gutachten hierüber abzugeben. 3) Qualificirte Offiziere des Beurlaubtenstandes avanciren bis einschließlich zum Hauptmann oder Rittmeister gleichzeitig mit dem nach dem Dienſtrange vorrückenden Hintermann vom Friedensstande des Truppentheils . Das Aufrücken in einen höheren Grad wollen Se . Majestät ausnahmsweise eintreten lassen. 4) Den Anträgen auf Beförderung zum Oberstlieutenant und in höhere Chargen ist das Armee-Rangverhältniß zu Grunde zu legen und hierbei auch die Vorschrift der vorstehenden Ziffer 2 , Absatz 3 in analoge Anwendung zu bringen. Se. Majestät der König haben ferner Allergnädigst auszusprechen geruht, wie Allerhöchstdieselben Sich vorbehalten wollen , bei erheblicher Ungleichheit im Avancement unter den verschiedenen Truppentheilen - insoweit dieses Verhältniß durch den Wechsel der Offiziere außer Front nicht ohnehin den Allerhöchsten Intentionen entsprechend sich gestaltet - einen Ausgleich durch Versetzungen aus

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Militärische Jahresberichte für 1883.

einem Truppentheil in den andern , eventuell unter Regelung des Beförderungs ranges durch Aenderung des Patents, in dem Maße zu gewähren, als Allerhöchſt= dieselben überhaupt und mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der Dienst leistungen es angemessen erachten. Auch wollen Se. Majestät für die Folge die Beförderung zum Portepee fähnrich Allerhöchstselbst verfügen, dann die Einreihung der außeretatsmäßigen Secondlieutenants der Artillerie und des Ingenieur- Corps zu den Offizieren ihrer Waffe, nach bestandener Berufsprüfung, durch definitive Ernennung vollziehen.

IV.

Remontirung und Pferdeweſen.

Der § 8 des Reglements über die Remontirung der Armee vom 2. No vember 1876 hat durch Allerhöchste Cabinets -Ordre vom 16. August 1883 eine Abänderung erfahren und lautet nunmehr wie folgt : Die Auswahl der Offizierchargen-Pferde geschieht bei der Cavallerie und Artillerie grundsätzlich aus sämmtlichen zwei Jahre vorher eingestellten Remonten des Regiments , welche jedoch mindestens zwei volle Jahre im Etat und in der Dressur des Regiments gestanden haben, mit Ausnahme der für besondere Zwecke gelieferten oder hierzu vom Regiment selbst angekauften Pferde , durch die Com mission für Offizierchargen-Pferde , deren Beschlüsse jedoch der Bestätigung des Regimentscommandeurs bedürfen. Billigen Wünschen des Empfangsberechtigten hat die Commission , soweit die Verhältnisse es gestatten , Rechnung zu tragen. Ein Zurückgreifen auf ältere Jahrgänge ist nur ausnahmsweise gestattet und wird hierbei die Dauer eines Chargenpferdes nicht geändert.

V.

Bekleidung und Ausrüßtung.

Eine Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 12. Februar 1883 bestimmte zur Beseitigung vorgekommener Zweifel im Verfolg der Königlichen Ordre vom 29. Juni 1859 , daß zur Disposition stehende Generale, welche Chefs von Regimentern sind , sowohl zur General- wie zur Regiments-Uniform die activen Dienstabzeichen unverändert fortzutragen und überall als active Generale lediglich nach Maßgabe ihres Patentes zu rangiren haben. Gleiches hat auch hinsichtlich derjenigen zur Disposition stehenden Generale zu gelten , welche à la suite eines Truppentheiles oder à la suite der Armee geführt werden. Die kriegsministerielle Verfügung vom 23. Auguſt 1883 brachte zur Kenntniß der Armee, daß Se. Majestät der Kaiser und König bestimmt haben , daß die Festsetzungen der Allerhöchsten Cabinets-Ordre vom 25. September 1856 betreffend Verleihung einer Auszeichnung an die zu einem Lehrcurſus bei der damaligen Gewehr-Prüfungs- Commission commandirten Unteroffiziere und Gemeinen, sowie von Schützen - Abzeichen an die besten Schüßen unter ihnen in vollem Umfange auch auf die zur Verfuchs- Compagnie der gegenwärtigen Gewehr - Prüfungs Commission commandirten Mannschaften (ausschließlich der Offizierburschen und Handwerker) Anwendung zu finden haben. Die vorstehend erwähnte , von König Friedrich Wilhelm IV. erlassene Ordre lautet wie folgt: „ Nachdem Jch Mich von den Leistungen der Gewehr-Prüfungs- Commission überzeugt habe , bestimme Ich hierdurch, daß jeder Unteroffizier und Gemeine , welcher einen Lehrcursus bei derselben durchgemacht hat, dadurch eine Auszeichnung erhalte , daß die drei Pattenknöpfe des Brandenburgischen bezw. die zwei des Schwedischen Aermel Aufschlages mit dem Gepräge des heraldischen Adlers versehen werden ; außerdem

Heerwesen Deutschlands.

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soll den besten Schüßen unter ihnen ein Abzeichen nach der Mir vorgelegten Probe verliehen werden. " Bei den zwei Bayerischen Ulanen - Regimentern sind laut Allerhöchster Entschließung vom 16. Juni 1883 die Unteroffiziere und Mannschaften unter Wegfall der Achselklappen am Waffenrock mit Epauletten ausgerüstet worden, deren Halbmonde , Knöpfe und Seitenschuppen aus Metall von der Farbe der Knöpfe des Waffenrocks und deren Felder und Unterfutter von carmoisinrothem Tuche herzustellen sind. Für die Bayerischen oberen Civilbeamten der Militärverwaltung ist durch Allerhöchste Entschließung vom 16. März 1883 als Kopfbedeckung statt des bisherigen Hutes der Helm nach dem Muster für die Infanterieoffiziere vor geschrieben, den dermaligen Civilbeamten aber gestattet worden , im Friedens verhältniß bis auf Weiteres den Hut beizubehalten. Durch dieselbe Allerhöchste Entschließung ist für die Feld- und immobilen Magazinsassistenten, die Feld-Backmeister und die Feld-Magazinaufseher Bekleidung und Ausrüstung normirt worden . Durch Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 4. Januar 1883 sind Festsetzungen über die gleichmäßige Bekleidung des auf dem Kriegsschauplatze zur Verwen dung kommenden männlichen Pflege- und Begleitpersonals der frei willigen Krankenpflege mit der Bestimmung genehmigt worden , daß die Ertheilung der Genehmigung zur Anlegung der festgesetzten Bekleidungsstücke für gehörig legitimirte Personen dem Königlichen Commiſſar und Militärinspecteur der freiwilligen Krankenpflege zustehen soll. Die Bekleidung 2c. ist für die beiden Klassen 1 ) die Delegirten des Kaiserlichen Commiſſars und Militärinspecteurs der freiwilligen Krankenpflege und 2) die Krankenträger und Pfleger bezw. das Begleitpersonal auf den Sanitätszügen , verschieden normirt. Auf den Knöpfen der Waffenröcke , Mäntel bezw. Paletots ist das Genfer Kreuz aufgepreßt; an der nur in einer Müße bestehenden Kopfbedeckung wird die Landescocarde und darüber das rothe Kreuz getragen. Der § 7 der Instruction für das Geschäft der ökonomischen Musterungen bei den Truppen im Frieden vom 3. Februar 1881 hat in Folge Aller höchster Cabinets-Ordre vom 3. Februar 1883 folgende Faſſung erhalten : Die Musterungen finden alle zwei Jahre statt, dergestalt, daß von der Infanterie jeder Division (einschließlich des Garde-Jäger- und des Garde- Schützen-Bataillons sowie der Landwehr-Bezirkscommandos) und von der Cavallerie der Provinzial Armee-Corps, mit Ausnahme derjenigen des 11. Armee - Corps , jährlich die Truppentheile einer Brigade, von der Feld-Artillerie und den Pionieren zwei Inspectionen, von der Fuß-Artillerie eine Inspection, von dem Train sieben Bataillone und Depots gemustert werden. Die Musterung der Cavallerie Regimenter. des Garde- Corps und des 11. Armee-Corps hat in Brigaden der artig abwechselnd ſtattzufinden, daß in dem einen Jahre eine und in dem andern zwei Brigaden gemustert werden. Die Unteroffizierſchulen werden alle zwei Jahre sämmtlich gemustert. Das Kriegsministerium (Militär-Oekonomie-Departement) ist ermächtigt, auch außerhalb dieses zweijährigen Turnus nach seinem Ermessen Musterungen anzuordnen.

VI.

Ausbildung und Truppen-Uebungen.

In dem Exercir - Reglement für die Infanterie vom 1. März 1876 sind in Verfolg der Ordre vom 8. November 1883, betreffend die Dienstverhältnisse

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Militärische Jahresberichte für 1883.

bei den Stabsoffizieren der Infanterie, mehrfache Aenderungen mittelst Allerhöchster Cabinets-Ordre vom 6. December 1883 befohlen worden . Durch Allerhöchſte Cabinets-Ordre vom 22. Februar 1883 ist ein Exercir Reglement für die Fuß - Artillerie genehmigt worden. Dasselbe ist von der Vossischen Buchhandlung (Stricker) zu Berlin zum Preise von 1 Mark zu beziehen. Für die Königlich Bayerischen Pontonniere ist durch Allerhöchste Entschließung vom 24. Mai 1883 die Einführung eines neuen Pontonnier - Reglements genehmigt worden . Exemplare desselben können von der lithographischen Officin des Bayerischen Kriegsministeriums bezogen werden. Die bisherigen Vorschriften für den Pontonnier- Dienst und zwar „ Vorschriften für den Unterricht der Königlich Bayerischen Genietruppen II. Band , 3. Theil (München 1851) " nebst Atlas, sowie die " Directiven für den Brückenschlag bei Anmarsch der Brückentrains und für den Brückendienst, München 1875 " ſind nach Ausgabe des Reglements außer Kraft getreten. Eine Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 14. December 1882 ordnete an, daß im Jahre 1883 ein Informations - Cursus für Regiments- bezw. Bataillons commandeure der Infanterie 2c. bei der Militär- Schießschule zu Spandau in der Zeit vom 1. bis 11. October abgehalten werde. Zu demselben waren heranzuziehen: die noch nicht betheiligt gewesenen Regimentscommandeure der Infanterie und Commandeure der Jäger-Bataillone, ferner von jedem Armee Corps zwei , vom 11. Armee Corps drei ältere Bataillenscommandeure der Infanterie und sechs Offiziere des Generalstabes. - Die Lehrcurse der Militär Schießschule sollten nach derselben Ordre in der üblichen Zahl und Dauer stattfinden. Mittelst Königlicher Ordre vom 2. Juni 1883 wurde genehmigt, daß die bei den Festungs - Gouvernements und Commandanturen commandirten General stabsoffiziere nach ihrer Commandirung in eine solche Stelle sich einmal auf einige Tage nach dem nächstgelegenen Artillerie-Schießplate begeben und dort Schießübungen der Fuß-Artillerie beiwohnen , um sich über das Schießen aus Festungsgeschützen zu orientiren , insofern sie hierzu nicht in der Nähe ihrer Garnison und von dieser aus Gelegenheit haben. Durch eine anderweitige Allerhöchste Ordre vom 20. September 1883 wurde genehmigt, daß die Generalstabsoffiziere bei den Generalcommandos und den Divisionen nach Versetzung in eine derartige Stelle sich einmal auf zwei Tage - ohne dazwischen liegenden Ruhetag nach dem nächstgelegenen Artillerie Schießplate begeben und dort den Schießübungen der Feld-Artillerie zu ihrer Information beiwohnen, insofern sich nicht in der Nähe ihrer Garnison und von dieſer aus Gelegenheit bietet und insoweit dieſelben nicht aus der Artillerie hervor gegangen sind, oder nicht bereits in einer anderen Stellung bezüglichen . Uebungen beigewohnt haben. Seitens des Kriegsministeriums wurde unterm 22. Februar 1883 eine neue Vorschrift für die Ueberweisung der Bedürfnisse zu den Schießübungen und den Instructions = Laboratorienarbeiten der Artillerie und für die Verwaltung der Schießübungsgelder (Schießplay - Verwaltungs - Vorschrift) erlassen. In dieser Vorschrift sind auch Bestimmungen über Benutzung der Artillerie - Schieß plätze enthalten, die ein weitergehendes Interesse beanspruchen und daher hier aus zugsweise mitgetheilt werden mögen. Die Artillerie = Schießplätze sind in territorialer Beziehung , ebenso wie alle übrigen Garnison-Anstalten, den General- Commandos unterstellt, in deren Corps

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bezirk fie liegen. Die Benutzung derselben zu artilleristischen Zwecken bestimmt lediglich die General-Inspection der Artillerie unter möglichst frühzeitiger Mitthei lung ihrer alljährlich getroffenen Dispositionen an die betreffenden General Commandos. Die Artillerie - Schießplätze haben nach Möglichkeit auch für die Uebungen der übrigen Truppengattungen zu dienen , und zwar hauptsächlich während der Zeiten, zu welchen auf denselben lebungen der Artillerie nicht abgehalten werden. In diesem Falle verfügen dann die territorialen General- Commandos uneingeschränkt über die Plätze und die Barackenlager. Es ist darauf Bedacht zu nehmen , die Arbeits-Commandos der Artillerie nach Zahl und Zeit so zu bestimmen, daß die vorgedachten Zeiten möglichst wenig eingeschränkt werden. Falls vorher nicht zu übersehende Verhältnisse eine nachträgliche Aenderung der erwähnten Dispositionen bedingen sollten , haben in der Regel die inzwischen Seitens der General - Com mandos etwa schon getroffenen entgegenstehenden Verfügungen hiergegen zurück zustehen. Soweit die Uebungen der Artillerie es gestatten , kann auch während der selben eine Mitbenutzung der Pläße und der Barackenlager durch andere Truppen stattfinden. In diesen Fällen ist eine Einigung der betreffenden Truppen Commandos erforderlich. Kommt dieselbe nicht zu Stande, so tritt das General Commando mit der General - Inspection der Artillerie dieserhalb in Verbindung, wobei aber die Ansprüche des Artillerie - Truppentheils auf Platz und Lager in erster Linie stehen. Die auf den Schießpläßen Seitens der Artillerie aus eigenen Mitteln bezw. aus Schießübungsgeldern errichteten Gebäude und Anlagen , abgesehen von den Restaurationsbaulichkeiten und Latrinen, sind von der Benutzung durch die anderen Truppen ausgeschlossen, ſoweit sich die Schießplaß-Verwaltungs- Commiſſion nicht zur Gestattung einer vorübergehenden Mitbenußung — namentlich behufs Auf bewahrung von Scheibenmaterial event. unter Gewährung einer angemessenen Abnutzungs - Vergütung aus Fonds des betreffenden Truppentheils bereit finden läßt. Anträge der Infanterie- 2. Truppentheile, betreffend die Anlage eigener Baulichkeiten zur Unterbringung von Scheibenmaterial xc. , unterliegen zunächst der = Begutachtung der Schießplatz Verwaltungs- Commission. Diese Truppentheile haben außerdem hinsichtlich der Aufstellungspunkte für die Scheiben , der Anlage von Schützengräben und anderen Einrichtungen , welche die Oberfläche der Plätze lockern oder die Grasnarbe zerstören , der Anweisung der Schießplatz-Verwaltungs Commission Folge zu geben. Jeder Schießplatz steht unter der allgemeinen Aufsicht desjenigen Feld-Artillerie Brigade-Commandos, welches sich mit dem General- Commando, zu deſſen Terri torium der Schießplatz gehört , an demselben Orte befindet. Eine Ausnahme findet hinsichtlich des Schießplates bei Glogau statt, welcher der allgemeinen Auf sicht des Commandos der 1. Fuß-Artillerie-Brigade (zu Berlin) unterſtellt ist. Für die specielle Verwaltung jedes Schießplates, einschließlich der nicht vom Militär- Dekonomie = Departement ressortirenden Baulichkeiten auf demselben und der für gemeinsame Zwecke der übenden Truppentheile aus den Schießübungs geldern errichteten Anlagen 2c. sorgt eine Verwaltungs- Commission . Jede Schieß platz-Verwaltungs- Commiſſion beſteht aus einem Stabsoffizier als Präſes , einem Premierlieutenant und dem Feuerwerksoffizier der Brigade , welche die Ober aufsicht über den Platz hat, nur die Verwaltungs- Commission des Schießplates bei Glogau besteht aus dem etatsmäßigen Stabsoffizier, einem Premierlieutenant und dem Feuerwerkslieutenant des Niederschlesischen Fuß- Artillerie = Regiments Nr. 5.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Bezüglich der größeren Truppenübungen bestimmte die Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 1. Februar 1883 , daß das 4. und 11. Armee- Corps — jedes für sich große Herbstübungen: Parade , Corpsmanöver gegen einen mar tirten Feind und dreitägige Feldmanöver der Divisionen gegeneinander abhalten sollten. Die beiden Armee-Corps hatten aus dem Beurlaubtenstande so viel Mannschaften einzuberufen , daß die betreffenden Truppentheile mit der in den Friedens-Etats vorgesehenen Mannschaftsstärke zu den Uebungen abrücken konnten. Die erwähnte Cabinets - Ordre verfügte ferner: Bei der Garde-Cavallerie- Division haben sämmtliche Regimenter zu vier Escadrons zunächst viertägige Brigade - Uebungen einschließlich der Uebungen im Treffenverhältniß und demnächst unter Heranziehung einer reitenden Batterie des Garde-Corps fünftägige Uebungen im Divisionsverbande abzuhalten. Die Regi mentsübungen werden dafür um zwei Tage verkürzt, auch nehmen die betreffenden Truppentheile an den Uebungen der Garde-Infanterie- Diviſionen nicht Theil, zu welchen demnach nur die fünften Escadrons heranzuziehen sind . Bei dem 1. , 2. , 3., 5. und 6. Armee- Corps sind sämmtliche Cavallerie Regimenter zu vier Escadrons zu Uebungen im Brigade- und Divisionsverbande während neun Tagen zusammenzuziehen, wozu vom dritten Uebungstage an auch eine reitende Batterie des betreffenden Armee-Corps tritt. Für diese Truppen theile werden die Regimentsübungen um zwei Tage verkürzt , auch nehmen die selben an der ersten Periode der Divisionsübungen nicht Theil, zu welchen dem nach nur die fünften Escadrons heranzuziehen sind. Die beiden ersten Uebungstage find für das Exerciren der Brigaden , im Besonderen zu Uebungen im Treffen verhältniß bestimmt. Bei dem Garde- Corps , dem 1. , 3. , 4. , 5. , 6. und 7. Armee- Corps haben Cavallerie-Uebungsreisen nach der Instruction vom 23. Januar 1879 ſtattzufinden . In den Monaten August und September 1883 kommt bei Graudenz eine größere Belagerungsübung nebst Minenkrieg in der Dauer von fünf Wochen zur Ausführung, an welcher die Mineur- Compagnien des Garde-, Ostpreußischen, Pommerschen, Brandenburgischen, Magdeburgischen, Niederschlesischen und Schleft schen Pionier-Bataillons, sowie eine Feld-Compagnie des Ostpreußischen Pionier Bataillons und außerdem die Mineur-Compagnien des Königlich Sächſiſchen und des Königlich Württembergischen Pionier-Bataillons Theil nehmen. Für die Bayerische Armee wurde mittelst Allerhöchster Entschließung vom 26. Februar 1883 befohlen, daß beim 2. Armee Corps die Cavallerie-Regimenter, einschließlich des 5. Chevaulegers = Regiments Prinz Otto zu 4 Escadrons zu neuntägigen Uebungen im Brigade- und Divisionsverbande - vom dritten Uebungstage an unter Beigabe einer reitenden Batterie 2. Feld-Artillerie-Regi ments vacant Brodeßer zusammenzuzichen seien. Auch für diese Truppen theile wurden die Regimentsübungen um zwei Tage verkürzt , auch nahmen die jelben an der ersten Periode der Divisionsübungen nicht Theil, zu welcher demnach nur die fünften Escadrons , ausschließlich jener des 5. Chevaulegers - Regiments Prinz Otto, heranzuziehen waren . Beim 1. Bayerischen Armee - Corps fand eine Cavallerie- Uebungsreise nach der Instruction vom 15. Februar 1876 statt. Vielfache Erfahrungen haben bewiesen , daß bei den größeren Truppen übungen Flurbeschädigungen nicht allein durch die manövrirenden Truppen, sondern auch in recht erheblichem Maße durch das zuschauende Publikum herbeigeführt werden . Zur Verhütung von dergleichen Flurbeſchädigungen ist durch Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 8. Mai 1883 eine Instruction für die bei größeren Truppenübungen fungirenden Gendarmerie - Patrouillen genehmigt

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Heerwesen Deutſchlands.

Nach derselben werden zur Unterſtüßung der Landgendarmen bei worden. Gelegenheit der größeren Truppenübungen Unteroffiziere und Gefreite der Cavallerie zur Bildung von Gendarmerie-Patrouillen commandirt. Der Zweck dieser Patrouillen ist zunächst, das den Truppenübungen zuschauende Publikum von dem Betreten bestellter Fluren zurückzuhalten , bezw. demselben geeignete Aufstellungspunkte anzuweisen. Außerdem liegt den Patrouillen ob, die Ordnung der Truppenbagage, der Wagencolonnen mit Biwaksbedürfnissen zu controliren und sonstige den Feldverhältnissen entsprechende Polizeidienste zu leisten. Der gleichen Patrouillen bestehen in der Regel aus 3 Mann und zwar aus 1 be rittenen Landgendarmen als Führer, 1 Unteroffizier, 1 Gefreiten der an den Truppenübungen theilnehmenden Cavallerie-Regimenter als Begleiter des Erſteren. Als besonderes Dienstabzeichen legen die commandirten Mannschaften zum Waffen rock . wie zum Mantel einen Ringkragen von weißem Metall an, auf welchem sich zwei heraldische Adler in Gelb befinden. Bezüglich der Uebungen des Beurlaubtenstandes für das Etatsjahr 1883-81 beſtimmte die Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 1. Februar 1883, daß zu denselben aus der Landwehr und Reserve einzuberufen ſeien : 85 000 Mann a. bei der Infanterie ፡ b. bei den Jägern und Schüßen 2600 = 6 100 c. bei der Feld-Artillerie einschließlich der Zahl = 5 500 d. bei der Fuß-Artillerie der Unteroffiziere, = 2.500 Lazarethgehülfen u. s. w. e. bei den Pionieren = 400 f. bei dem Eisenbahn-Regiment 5 014 g. bei dem Train =

Die Dauer der Uebungen für die Landwehr einschließlich der Tage des Zu ſammentritts und des Auseinandergehens am Uebungsorte war auf 12 Tage normirt. Für Bayern wurden die Uebungen des Beurlaubtenstandes durch Allerhöchste Entſchließung vom 20. März 1883 geregelt. Danach waren auf 12 Tage ein zuziehen: 13 800 Mann a. bei der Infanterie und den Jägern einschl. der = 900 b. : = Feld-Artillerie · Unteroff. = = Fuß-Artillerie . 900 C. ፡ und Laza = 360 d. bei den Pionieren und der Eisenbahn- Compagnie rethgeh. c. = 720 e. beim Train . Zu den Uebungen der Erfahreservisten für das Etatsjahr 1883 wurden laut Allerhöchster Cabinets -Ordre vom 12. April 1883 aus der Ersatz Reserve 1. Klasse einbeordert: a. zu einer ersten (zehnwöchigen) Nebung : 13 340 Mann bei der Infanterie . = 360 bei den Jägern = 1 320 bei der Fuß-Artillerie . 980 = bei den Pionieren . zusammen 16 000 Mann b. zu einer zweiten (vierwöchigen) Uebung: 11 400 Mann bei der Infanterie = 350 bei den Jägern . = 1540 bei der Fuß-Artillerie 700 bei den Pionieren • zuſammen 13 700 Mann Militärische Jahresberichte 1883.

=

2

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Militärische Jahresberichte für 1883.

In Bayern wurde inhaltlich Allerhöchster Entschließung vom 24. April 1883 die Heranziehung von 4600 Mann der Ersatz - Reserve 1. Klaſſe zu Uebungen angeordnet und wurden hiernach bei jedem Armee - Corps eingezogen : a. für eine erste (zehnwöchige) Uebung : bei der Infanterie bei den Jägern . bei der Fuß-Artillerie bei den Pionieren •

1000 Mann = 60 120 = = 70

b. für eine zweite (vierwöchige) Nebung : · bei der Infanterie bei den Jägern bei der Fuß -Artillerie bei den Pionieren

830 Mann 50 = 100 = 70 =

VII. Generalstab. ――――

Landesvermessung. Laut Allerhöchster Cabinets -Ordre vom 17. März 1883 wurde genehmigt, daß im Jahre 1883 Generalstabs - Uebungsreisen bei dem Garde-Corps , dem 1. , 2. , 5. , 6. , 7. , 8. , 9. , 10. und 14. Armee-Corps ausgeführt würden. Selbstverständlich außer der alljährlich sich wiederholenden Uebungsreise des Großen Generalstabes . In Bayern fanden Generalstabs -Uebungsreisen statt : eine von der Central stelle des Generalstabes unter Leitung des Chefs des Generalstabes der Armee, sowie eine bei jedem Armee- Corps . Von der Karte des Deutschen Reiches in 674 Blättern und im Maß= stabe von 1 : 100 000 der natürlichen Länge, welche von den Generalſtäben der Königreiche Preußen, Bayern, Sachsen und dem statistisch-topographischen Büreau des Königreichs Württemberg bearbeitet wird (vergl. Jahresberichte 1881 Seite 29), sind die Sectionen 117 Güstrow, 150 Goldberg, 183 Malchow, 211 Dannenberg , 241 Havelberg, 242 Neu-Ruppin, 266 Stendal, 267 Rathe now, 291 Burg an der Ihle, 292 Brandenburg an der Havel, 384 Caffel, 554 Saarlouis, 555 St. Wendel, 584 Solgue erschienen. Von Meßtisch - Aufnahmen des Jahres 1881 sind im Maßstabe des Originals 1 : 25 000 der natürlichen Länge zahlreiche Blätter der Provinzen Brandenburg und Schlesien, der Reichslande Elsaß-Lothringen und des Groß herzogthums Mecklenburg- Schwerin und Strelitz veröffentlicht worden. Von dem Topographischen Büreau des Bayerischen Generalstabes wurden nachstehende neu bearbeitete Blätter des topographischen Atlas von Bayern herausgegeben : 45 Dinkelsbühl (Ost und West), 71 Erding (Oft) und 91 Tölz (Ost). Außerdem wurden die beiden ersten Sectionen des Bayerischen An theils an der 100 000 theiligen Gradabtheilungskarte des Deutschen Reiches : 556 Kaiserslautern und 557 Neustadt a. d. Hardt veröffentlicht.

VIII. Verschiedenes. Eine Allerhöchste Cabinets -Ordre vom 14. Juni 1883 bestimmte, daß die an verschiedenen Orten aufbewahrten Fahnen und Standarten der früheren Kurhessischen Truppentheile nach Caſſel überzuführen und dort als ehrende Anerkennung der Tapferkeit dieser Truppen in der im Erdgeschoß der Bilder

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Heerwesen Deutſchlands.

galerie befindlichen Filiale des Museum Fridericianum im Verein mit anderen Denkwürdigkeiten, welche in Beziehung zu den früheren Kurhessischen Truppen theilen stehen, aufzustellen sind. Für die Fortifications- und Artillerie - Bauten in den Festungen ist die Geschäftsordnung umgearbeitet und unterm 3. Juli 1883 erlassen worden. Mittelst Allerhöchster Cabinets-Ordre vom 2. November 1882 ist ein unter Berücksichtigung der inzwischen erlaſſenen , abändernden und ergänzenden Be stimmungen erfolgter Neuabdruck des Reglements über die Naturalverpflegung der Truppen im Frieden vom 13. Mai 1858 genehmigt worden und im Januar 1883 zur Ausgabe gelangt. Auf Grund der Erfahrungen über den Gebrauch der zur Verabreichung von Brausebädern an die Mannschaften bestimmten Badeeinrichtungen in den Casernen hat das Militär- Oekonomie- Departement des Kriegsminiſteriums im Anschluß an seine Verfügung vom 19. November 1879 (vergl. Jahresberichte 1879 Seite 20) unterm 3. December 1883 weitere Bestimmungen erlassen. Aehnlich wie das Preußische Kriegsministerium im Jahre 1881 (vergl. Jahresberichte 1881 Seite 31 ) hat das Bayerische Kriegsministerium in der zweiten Hälfte des Jahres 1883 ein Soldatenliederbuch für die Königlich Bayerische Armee an die Truppentheile vertheilen lassen. Das Letztere iſt von dem Bayerischen Major Lenz bearbeitet ; sein erster Theil , die einstimmigen Märsche und Volkslieder enthaltend, ist in einem solchen Umfange zur Vertheilung gelangt, daß etwa auf je sieben Köpfe der Etatsstärke an Mannschaften ein Exemplar gerechnet ist. Von dem zweiten Theile des Liederbuches - Partitur und Einzelstimmen der vierstimmigen Chorgefänge - hat jede Compagnie, Es cadron und Batterie ein Exemplar der Partitur und vier bis sechs Exemplare der Einzelstimmen zugetheilt erhalten.

Bericht über das Heerwesen

Belgiens .

1883 .

Instruction. Die Soldatenkinderschule hat die Benennung der école des pupilles de l'armée erhalten. Aufnahmefähig sind Knaben von 11 , 12 , 13 und 14 Jahren bei einer Größe von bezw. 1,33, 1,37, 1,42 und 1,47 m. Durch Verfügung vom 23. Januar 1883 hat der Kriegsminister angeordnet, daß zu der Aufnahmeprüfung zu dem Central-Vorbereitungscursus der Kriegs schule (vergl. Jahresberichte 1882 Seite 70) Militärs , welche Söhne von Offizieren oder Beamten, die Offizierrang in der Armee haben, sowie die Eleven der Pupillen schule , welche den Beweis einer sorgfältigen Erziehung geliefert , direct zugelaſſen werden können. Durch diese Maßregel hofft der Minister einen doppelten Zweck zu erreichen : 1 ) die durch die Väter der genannten jungen Leute der Armee geleisteten Dienste zu belohnen ; 2) in der Pupillenschule einen Eifer hervor zurufen, von dem der Unterricht und die allgemeine Erziehung der Eleven gleich mäßig Vortheil ziehen dürfte. 2*

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Bewaffnung. Der Cavallerie - Carabiner M/1871 ist zum Schießen auf größere Entfernungen umgewandelt und hat die Benennung mousqueton de cavalerie 1871/1883 erhalten. Die Unteroffiziere und Trompeter der Cavallerie, der Feld-Artillerie und des Train erhalten in Zukunft statt der bisher im Gebrauch befindlichen glatten Pistole einen Revolver. Bekleidung. Seit mehreren Jahren sind Versuche mit Bekleidungsstücken angestellt worden, welche durch eine Lösung von Albumin wasserdicht gemacht sind. Diese Versuche und sorgfältige ärztliche Untersuchungen haben gezeigt, daß die in dieser Weise erzielte Wasserdichtigkeit sowohl für die Mannschaften als auch für die Stoffe eine vollständige ist ; daß ferner die dem Proceß unterzogenen Tuche zwar vollkommen undurchdringlich dem Wasser gegenüber sind , aber durch die Gewebe dennoch dem Schweiß den Austritt gestatten und daß diese Wasserdichtigkeit sich während zweier Jahre vollkommen erhält und auch mit geringerer oder größerer Intensität bis zum vierten Jahre einschließlich bewahrt bleibt. Manöver. Die im Jahre 1883 in wechselndem Terrain mit vielem Erfolge abgehaltenen Manöver haben immer mehr die Wichtigkeit der Instruction der Cadres erkennen lassen , sowie den Nußen für dieselben , den das Vertrautsein mit dem Lesen der Karten und mit der Benutzung des Terrains sowohl zum Gefecht als zu Bewegungen und zu Lagern für sie gewährt. Aber einerseits gestatten die geringen Etatsstärken während einer langen Periode des Jahres, andererseits der Zustand der Bebauung der Umgegend der Garnisonen nur sehr schwer die Aus führung von Uebungen mit completen Einheiten im wechselnden Terrain. Um diesen Uebelständen zu begegnen , hat der Kriegsminister es angemessen erachtet, nach dem Beiſpiel anderer Heere Uebungen oder Manöver mit Eine unter dem 14. April 1883 erlassene Instruction Cadres einzuführen. umfaßt drei Capitel und enthält die nachstehenden Einzelheiten. Capitel 1. Angewandte Uebungen und Manöver mit Cadres. Uebungen der Compagnie. - Uebungen A. Infanterie. Allgemeines. des Bataillons. - Beispiel einer durch ein Bataillon auszuführenden Uebung. - Definition und Art der Manöver mit Cadres . Uebungen des Regiments. Periode , Dauer und Terrain dieser Zu ertheilende Aufgaben und Befehle. Zusammensetzung des an diesen Manövern theilnehmenden Per Manöver. ― ſonals. - Detail-Dispositionen. --- Karten, Feldhandbuch, Berichte. B. Cavallerie, Artillerie und Genie. Die höheren Behörden dieser Waffen erlassen analoge Instructionen für die Ausführung der Uebungen mit Cadres der Truppentheile unter ihren Befehlen. Instruction für die combinirten Waffenübungen gemischter Capitel 2. Garnisonen. Vorbereitende Uebungen zu den größeren Manövern in Capitel 3. wechselndem Terrain. Durch einen Erlaß vom 24. Mai 1883 ist diese Instruction in folgender Weise ergänzt worden : 1) Bezüglich der Erercirübungen mit Cadres sind die Truppencommandeure ermächtigt , dieser Ausbildung die erforderlichen Modificationen angedeihen zu lassen , um ihnen einen fortschreitenden Gang zu verleihen , d. h. dergestalt , daß jede Einheit bis zum Regiment einschließlich , soweit angängig , mindestens cine der für diese Einheiten vorgeschriebenen Uebungen vornehme. 2) Bezüglich der Manöver mit Cadres haben die Commandanten der Divisionen und Brigaden nach dem Grade der Ausbildung ihrer Cadres zu

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beurtheilen , ob dergleichen Manöver ausgeführt werden können und bejahenden Falles die Zahl derselben. -- In der ersten Militär- Circonscription, deren Cavallerie Truppentheile im Laufe des Monat Juli an den Schieß- und Cavallerie- Uebungen im Lager von Beverloo theilnehmen sollen , müssen die Cadres - Manöver der Infanterie-Brigaden vor dem 20. Juni und die Divisions -Manöver dieser Waffe in der zweiten und dritten Woche des August stattfinden. 3) Bezüglich der combinirten Waffenübungen gemischter Garnisonen dürfen nur einfache Operationen mit Einheiten geringerer Ordnung zur Ausführung kommen. Alle dabei interessirten Behörden , so schließt der Erlaß , haben dahin zu streben, die ersten Versuche leicht zu gestalten und müssen diese Uebungen lediglich als eine Vorübung für die im Monat October stattfindenden größeren Manöver, bei denen diese Instruction ihre regelrechte Anwendung finden wird , betrachten. Ein Königliches Decret vom 26. Juni 1883 sette die den an den Manövern im wechselnden Terrain und an den vorbereitenden Manövern theilnehmenden Truppen zu gewährenden Lieferungen feſt. Aus dem Vorstehenden ist ersichtlich, daß man in Belgien angefangen, ernſtlich diejenigen Uebungen zu betreiben , die im Hinblick auf den Kriegszweck die Aus bildung zu vervollständigen haben. Die ersten Schritte hierbei waren mit Schwierigkeiten verknüpft , aber auch in militärischen Dingen werden Fortschritte nur etappenweise gewonnen. Reglements. Das Erscheinen der neuen Reglements über den inneren Dienst, den Garniſondienſt, iſt als bald bevorstehend angekündigt. - Die definitive Redaction des Reglements für den Dienst im Felde scheint aufgeschoben zu sein. Ein Reglement über den Sanitätsdienst im Kriege wird vorbereitet. - Das neue Exercir-Reglement für die Cavallerie ist im Juli 1883 erlassen, das für die Infanterie unterliegt noch den Berathungen der im Jahre 1882 ernannten Commission. Das règlement sur les exercices et les manoeuvres de cavalerie umfaßt die Schule des Regiments , taktische Betrachtungen, die Schule der Brigade, die Schule der Division und die Specialbestimmungen für Paraden, Vorbeimärsche u. s. w. Reglements für den Transport von Infanterie, Cavallerie , Feld - Artillerie und Genie auf Eisenbahnen sind gleichfalls im Jahre 1883 veröffentlicht worden. Moral. Disciplin. Die Elemente, aus denen sich die Belgische Armee zusammensett, sind gut ; Fälle von Insubordination ſind ſehr selten. Wie die Jahresberichte für 1880 es aussprechen , Alles wäre rollkommen , wenn die Stellvertretung verschwände. Mit demselben Schlage würde man das Gesetz über die Remunerationen der Miliciens beseitigen, das in administrativer Hinsicht große Schwierigkeiten verursacht und in gewisser Weise die Aufrechterhaltung der unglücklichen Stellvertretung rechtfertigt. Geklagt wird über die Verschlechterung der unteren Cadres. Wenn auch instruirt, so besitzen sie doch nicht das Prestige der alten Unteroffiziere, der alten Grognards , wie sie General Trochu nannte , die aber dennoch das Balkenwerk des Regiments bildeten . Sicherlich gilt die Wissenschaftlichkeit viel , aber in den unteren Schichten der Volksklassen darf man sie nicht erwarten ; da bedarf es anderer Eigenschaften : Eifer, Treue für die Pflicht , Hingebung. Die alten Grognards ven Trochu besaßen dieselben, aber bei dem Mangel der erforderlichen Aufmunterungen haben sie nicht gezögert , sich eine weniger undankbare Stellung zu suchen. Darin liegt ein Uebelstand, den viele Jahre nicht ausgleichen können.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Unter den Offizieren herrscht der beste Geist , aber das Avancementsgesetz enthält Anomalien , welche zu bedauerlichen Recriminationen Veranlassung geben. Man wünscht daher eine Aenderung des alten Gesetzes , welches der Willkür Vorschub leistet und die Verdienstvollsten verhindert , die hierarchische Spitze zu erklimmen. Als Trost für die Candidaten zu den höheren Graden bleibt noch die Bil dung einer nationalen Reserve bestehen, aber zwischen dem Wunsch und der Aus führung dürfte immerhin eine weite Kluft liegen. In großen Zügen lautet das Project zur Bildung einer nationalen Reserve etwa wie folgt. In die Reserve sollen diejenigen jungen Leute eingereihet werden , welche sich haben vertreten laffen, ferner diejenigen, welche sich auf ihre Kosten equipiren können , und wenn dies nicht ausreicht , um die erforderlich erachteten 30 000 Mann zu erlangen, noch aus der 9. und 10. Klasse die nöthige Zahl von Mannschaften. Die Dauer der Dienstzeit in der Reserve ist auf 8 Jahre veranschlagt ; lettere soll provinz weise organisirt werden , in jeder Provinz würden ein Oberstlieutenant, zwei Majors und der erforderliche Cadre, aus der Armee entnommen, dem Contingent attachirt werden. Budget. Das Budget ist auf 44 794 000 Francs für eine Durchschnitts stärke von 47 000 Mann und 8270 Pferden festgestellt worden. Verschiedenes. Nach dem Gesetz über die Wahlreform sind die activen, ehrenvoll verabschiedeten oder pensionirten Offiziere und die pensionirten oder auf beschränkten oder endgültigen Urlaub entlassenen Unteroffiziere , nach mindestens zwei Jahren der Bekleidung des Grades, Wähler für die Provinz und die Gemeinde mit Dispensation von der Bedingung des Census . -- Die Interpretation dieſes Gesetzes hat Anlaß zu einer scharfen Polemik sowohl in den Kammern als auch in den Journalen gegeben. Schließlich ist die Entscheidung getroffen, daß versuchs weise die Unteroffiziere , selbst die unter den Fahnen, Urlaub zur Theilnahme an den Wahlen erhalten können , wenn sie dies Recht beanspruchen , entweder als Wähler dem Cenſus nach oder als Wähler gemäß der allen Bürgern, welche die erforderlichen Studien gemacht haben , effenstehenden Prüfung . Dadurch ist die Politik in die Armee eingeführt. Ein gefährliches Spiel. In Zukunft dürfen Militärs die von ihnen verfaßten Werke nur mit Ge nehmigung des Kriegsdepartements an die Miniſter fremder Staaten ſenden.

Bericht über das Heerwesen

Bulgariens .

1883 .

Das Jahr 1883 hat im Fürstenthum Bulgarien eine Krisis gezeitigt, welche namentlich tief das Heerwesen des jungen Staates berührte und als völlig beseitigt auch heute noch nicht angesehen werden kann . Der Gegensatz zwischen den nationalen Bestrebungen der Bulgaren und den in ihrem Lande berufen und unberufen lebenden Vertretern Russischer und Pan slawistischer Interessen hatte an Schärfe zugenommen, seitdem der Fürst des

Heerwesen Bulgariens.

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Landes durch das persönlich und politiſch egoiſtiſche Treiben der letzteren immer mehr dahin gedrängt wurde , auch seinerseits den Wünschen und dem Handeln der Agenten des „Russischen Befreiers " offen entgegen zu treten. Zunächst machte ſich dies geltend bei der Eisenbahnfrage, deren Löſung Rußland, nicht zum wenigsten aus militärischen Gründen, anders wünschte als die maßgebenden Bulgaren. Die Sobranje genehmigte die Convention der conférence à quatre betreffs des Eisenbahnanschluſſes zwischen Serbien (Oesterreich) und der Türkei über Sofia gegen den Willen des Russischen Geschäftsträgers und machte auch die Vorarbeiten für den Bau einer Eisenbahn von Sischtow über Sofia nach Köstendil in der Richtung auf Uesküb möglichst unabhängig von Ruſſiſchem Einfluß ; der Nicht berücksichtigung der von Rußland ausdrücklich gewünschten andern Trace und anderen Projecte gar nicht zu gedenken. Sodann waren es die Mißwirthschaft und die antibulgarische Richtung der Ruſſiſchen Miniſtergenerale wie überhaupt zahlreicher Russischer Functionäre , der Mißbrauch , welchen diese mit der dem Fürsten ertheilten außerordentlichen Vollmacht - vergl. Jahresbericht 1882, 3. Absatztrieben, die immer neue Einschiebung Russischer Offiziere in erledigte und neu geschaffene Commandostellen ,*) die geflissentliche Zurücksetzung der Offiziere Bulgarischer Herkunft im Avancement, die durch den Russischen Zuschuß herbei geführte bessere finanzielle Stellung der Russischen Offiziere den letzteren gegen über und noch viele andere Thatsachen , welche die Bulgarischen Kreise und deren Vertretung in wachsende Mißstimmung versetzten und schließlich zu Gegen maßregeln veranlaßten. Namentlich die eigenthümliche Stellung und die Geschäfts führung des Kriegsministers, eines Russischen Generals, bewog die Sobranje zu bestimmen, daß dieser künftig nur die Verwaltung der ökonomischen Abtheilung zu führen habe , hierin dem Fürsten und der Kammer verantwortlich sei , aber keinerlei Befehlsbefugnisse ausüben dürfe ; den Oberbefehl habe vielmehr einzig und allein der Fürst, von einem Generalstab unterstüßt, zu führen. Endlich gab auch das für den Gendarmeriedienst bestimmte Dragoner-Corps -- vergl . Jahres bericht 1882, Seite 72, 4. Absatz zu vielen Klagen, zu seiner Auflöſung und zu dem Beschlußz Anlaß, die Gendarmerie künftig nicht mehr dem Kriegsministerium, sondern dem Ministerium des Innern zu unterstellen. Da das Dragoner-Corps 1882 hauptsächlich errichtet worden war, um im Kriegsfalle die Cavallerie der Russischen Avantgarde am Balkan " zu verstärken , so wurde allerdings gleich zeitig mit seiner Auflösung die Neuerrichtung von sechs Escadrons wenigstens decretirt. Während diese Beschlüsse der Sobranje bis zur zweiten Hälfte des September für die Russischen Miniſtergenerale ein Mißtrauensvotum auf das andere gehäuft hatten, gab Fürst Alexander am 19. September die ihm 1881 ertheilte General vollmacht der Volksvertretung zurück in einer Weise, welche alle politischen Parteien des Landes untereinander und mit dem Fürsten aussöhnte. Gleichzeitig wurde bekannt, daß der Russische Geschäftsträger — nicht ohne Wissen des derzeitigen Kriegsministers , General Kaulbars mit den in der ersten Hälfte des September zu größeren Uebungen um Sofia versammelten Truppen ein Pronunciamento gegen den Fürſten versucht hatte, aber an der Ehrlichkeit der höheren, obgleich Ruſſiſchen, Offiziere und an Der offene der Ergebenheit der Truppen gegen den Fürsten gescheitert war. Bruch zwischen dem Fürsten und Volke Bulgariens einerseits und den dortigen

*) 1883 waren in Bulgarien etwa 170 Offiziere (ein Drittel aller) Russischer Nationalität. Von den 350 Offizieren Bulgarischer Nationalität waren im Herbst 1883 erst zwei Compagniechefs.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Vertretern der Russischen Intereſſen anderseits war jetzt unausbleiblich. Die Demiffion des Ministeriums der Russischen Generale erfolgte. Ein nationales Ministerium aus Mitgliedern aller Parteien trat Anfang October an seine Stelle. Der charakteristischerweise in Sofia verbleibende Russische Geschäftsträger sette trotzdem und von den ehemaligen Miniſtern unterſtüßt , ſeine Intriguen gegen den Fürsten in Volk und Heer fort. Erst nach einigen Wochen schien er von der Erfolglosigkeit seines Beginnens überzeugt. Da beantwortete die Russische Regierung am 24. October das Verhalten des Fürsten mit der unangemeldeten Abberufung derjenigen Russischen Offiziere seiner persönlichen Umgebung , welche ihm besonders befreundet waren. Darunter befand sich auch der vom Fürsten zum Kriegsminister designirte General Leſſovoï. Von den nationalen Bestrebungen und den besten Absichten des erwählten Fürsten für das Land überzeugt, nahm das Bulgarische Volk in gesteigerter Hin gabe für denselben jene Maßregel mit ihm als eine Kränkung auf. Unter dem Beifall der Sobranje wurden die zu ihrer Ausbildung nach Rußland comman dirten 36 Offiziere Bulgarischer Nationalität vom Fürsten zurückberufen, aus der Suite des letzteren alle Russischen Offiziere und Functionäre entlassen und schließlich der seit dem Rücktritt Kaulbars' und der Abberufung Lessovoïs mit der interimistischen Vertretung des Kriegsministers betraute Russische Offizier in Folge seines zweifelhaften Verhaltens und eines offenen Auftritts gegen den Fürſten aus den Listen der Bulgarischen Armee gestrichen. Gegenseitige Interessengemeinschaft gebot eine baldige und versöhnliche Beendi gung der Krisis. Am 10. November traf ein Flügeladjutant des Kaisers von Rußland in Sofia ein, um dort mit dem Fürsten persönlich zu verhandeln. Das Schwierigste war die Zwitterstellung der in Bulgarischen Diensten stehenden Russischen Offiziere, speciell des Kriegsministers. Aber schon nach wenigen Tagen einigte man sich. Das betreffende am 18. November rechtskräftig gewordene Protocoll bestimmt über die Stellung der Russischen Offiziere in der Bulgarischen Armee und des Kriegsministers im Wesentlichen das Folgende : Bis jetzt war in Bulgarien der Kriegsminister weder gegenüber dem Fürsten noch gegenüber der Kammer verantwortlich ; nach der Convention wird er nun mehr verantwortlich sein und nach Art. 155 der Verfaſſung kann er selbst von der Kammer wegen Verraths an Bulgarien oder dem Fürsten, wegen Verletzung der Verfassung, wegen jedes Bulgarien in eigennütziger Absicht angethanen Schadens in Anklagestand versetzt werden. Nach Art. 152 der Verfassung wird zwar der Kriegsminister vom Fürsten unter der Zustimmung des Zaren , da er Russischer Offizier und also Russischer Unterthan ist , ernannt werden , aber er kann fortan laut der Convention vom Fürsten selbst , ohne die Zustimmung des Zaren, seines Amtes enthoben werden. Dieser Grundsatz kommt auch bei allen anderen Russischen Offizieren , welche in Bulgarischen Diensten stehen, zur An wendung. Das Recht , die Russischen Offiziere aus der Bulgarischen Armee zu verabschieden, steht ausschließlich dem Fürsten und dem Kriegsminister zu . Während ihres Dienstes in Bulgarien, der vorläufig auf drei Jahre feſtgeſetzt ist, haben der Kriegsminister und alle Russischen Offiziere sich der Verfaſſung und den Gesezen des Landes zu unterwerfen (Art. 5 , 8 , 11 , 12 , 17 , 105, 107 , 149, 152, 155, 163 und 165 der Verfassung) . Die Fragen, welche organische Aenderungen in der Armee , ebenso wie die, welche die Militärgesetze betreffen, werden als innere Fragen (gemäß der Verfassung) auf dieselbe Weise geordnet und entschieden wie alle inneren Fragen. Mit anderen Worten, die Kammer kann die Armee reduciren oder gar die Zahl der Ruſſiſchen Offiziere im Dienſte der Bul

Heerwesen Bulgariens.

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garischen Armee nach Belieben vermindern. Eine der Hauptbedingungen ist endlich die, daß die Russischen Offiziere sich unter keinem Vorwande und in keiner Form an den politischen Angelegenheiten des Fürstenthums betheiligen dürfen . Bei der Tragweite dieser Russisch- Bulgarischen Militär - Convention sei ihr Wortlaut hier angeführt. Der Russische Conventions - Entwurf lautet : § 1. Die Russischen Offiziere und die den Truppen- Detachements zu Wasser und zu Lande zugetheilten Beamten können, als Ruſſiſche Unterthanen, ohne Er laubniß der Regierung in den Dienst des Fürstenthums nicht eintreten. Die Uebertreter dieses Gesetzes unterliegen der Anwendung des Art. 325 des Straf gesetzbuches. Anmerkung : Die Erlaubniß für den Eintritt in den Dienſt des Fürsten thums wird den vorbezeichneten Personen für drei Jahre ertheilt. § 2. Die aus dem Kaiserlichen Militärdienste und dem Marine-Militär dienſte entlaſſenen Offiziere und Beamten , welche in die Bulgarische Armee , in das Militärdepartement und die Bulgarische Marine mit den nach den Höchsten Specialbefehlen vom 24. April 1879 , 23. October 1880 und 20. August 1883 festgestellten Rechten und Prärogativen eintreten , können bloß unter den Land und Seetruppen , in den Militär- und Marineverwaltungen des Fürstenthums Bulgarien und in den Anstalten dieser Departements Dienst nehmen . Was den Polizeidienst und jenen in der Civilverwaltung im Allgemeinen im Fürstenthume betrifft, dürfen die bezeichneten Offiziere und Beamten weder für die ständige, noch für die zeitweilige Ausfüllung von Functionen , Missionen und Aufgaben verwendet werden. § 3. Jene in den Militär- oder Marinedienst mit den vorerwähnten Rechten eingetretenen Russischen Offiziere , die nachträglich im Widerspruch mit § 2 der vorliegenden Vorschriften , aus diesen Departements in die Gendarmerie oder in die Polizei im Allgemeinen oder in ein anderes Civildepartement des Fürstenthums übertreten würden , berauben sich dadurch selbst der ihnen durch Höchste Ordres zuerkannten Rechte und Prärogativen und der Möglichkeit, in den Russischen Militär- oder Marinedienst unter den durch die gleichen Höchſten Ordres festgestellten Bedingungen wiedereinzutreten. § 4. Die bezeichneten Russischen Offiziere und Beamten unterwerfen sich während ihres Dienstes in dem Heere oder der Marine Bulgariens den Bul garischen Militär- und Marinegeſetzen und sind, was die Ausfüllung dieses Dienstes betrifft, der Bulgarischen Regierung verantwortlich. Unter keinem Vorwande und in keiner Form jedoch dürfen sie an den politischen Angelegenheiten des Fürsten thums Theil nehmen oder dem Verbande irgend welcher Parteien oder politischen Cirkel oder anderen offenen oder geheimen Gesellschaften beitreten , indem sie in diesem Falle sich die in Rußland für militärische Beamte bestehenden Vorschriften vor Augen halten. § 5. Die genannten Offiziere und Beamten unterwerfen sich während ihres Dienstes in Bulgarien in allen Angelegenheiten, Pflichten und Forderungen , welche sich aus ihren Beziehungen mit der Russischen Militärbehörde ergeben , dem mit Erlaubniß Seiner Majestät des Kaisers ernannten Kriegsminister und als Russische Unterthanen dependiren sie, conform den allgemeinen Gesetzen des Reiches, von dem Seitens der Russischen Regierung in Bulgarien accreditirten Vertreter. Alle Ordres , Vorschriften und Forderungen, die von der Russischen Regierung ausgehen und die vorerwähnten Russischen Offiziere und Beamten betreffen, werden immer durch Vermittelung des Kriegsministers des Fürstenthums eröffnet oder übermittelt werden.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

§ 6. Der Kriegsminister des Fürstenthums hat die Listen und Nach weiſungen in Händen , stellt in bestimmten Fällen Atteste für die bezeichneten Offiziere und Beamten aus und legt dieselben dem Russischen Kriegsminister und Marineminister vor. § 7. In dem Falle, daß einer der bezeichneten Offiziere und Beamten die genaue Erfüllung der vorliegenden Reglements vernachlässigen oder sich in einer mit der Würde eines Offiziers in Widerspruch stehenden Weise benehmen würde, steht dem Russischen Vertreter der Militärbehörde , das heißt dem Kriegsminister, das Recht zu , einem solchen Offizier oder Beamten Rügen und Verwarnungen zu ertheilen und ihm für den Fall der Erfolglosigkeit dieser Maßregeln anzu empfehlen, unmittelbar aus dem Bulgarischen Dienste zu treten. Wenn die Auf forderung unberücksichtigt bleiben sollte , so berichtet der Russische Vertreter der Militärbehörde darüber Seiner Hoheit dem Fürsten und macht der Seitens der Russischen Regierung accreditirten Persönlichkeit Mittheilung, damit dieſe den be treffenden Offizier und Beamten als einen Russischen Unterthan behandle , der ohne die nach den allgemeinen Gesetzen des Reiches erforderliche Erlaubniß im ausländischen Dienste steht oder sich im Auslande aufhält. Jeden Fall von einem Russischen Offizier oder Beamten, welchem nahegelegt werden wird , den Bul garischen Militärdienst zu verlassen , bringt der Kriegsminister dem Russischen Kriegs- oder Marine-Miniſterium , je nachdem der Fall es erheischt , unter Bei schluß des Exposés über die Ursachen der Entfernung des betreffenden Offiziers zur Kenntniß. § 8. Jene Russischen Offiziere oder Beamten , die auf den Vorschlag des Kriegsministers , der ihnen in den im früheren Paragraphen bezeichneten Fällen gemacht wird, freiwillig innerhalb der festgestellten Frist den Bulgarischen Militär dienst verlassen und unverzüglich in ihr Vaterland zurückkehren werden , genießen als auf eigenes Verlangen aus dem Dienste Entlassene die ihnen nach dem Geseze zustehenden Rechte und Prärogative. Dieser Entwurf erhielt in Sofia folgendes Bulgarische Supplement : Art. 1. Entsprechend Art. 152 der Verfassung wird der Kriegsminister von Seiner Hoheit mit Zustimmung Seiner Majestät des Kaisers von Rußland ernannt. Art. 2. Der Kriegsminister sowie alle anderen Offiziere, die in den Dienſt des Fürstenthums eintreten, sind der Verfassung und den localen Gesetzen (Art. 5, 8, 11 , 12, 17, 105, 107 , 149 , 152 , 153, 155, 163 und 165 der Verfaſſung) unterworfen. Art. 3. Die Fragen, betreffend die organischen Modificationen der Armee, jowie alle Militärgesetze werden als innere in derselben Weise wie alle inneren. Fragen entschieden. Art. 4. Der Kriegsminister ist dem Fürsten und der National-Versammlung in den Angelegenheiten verantwortlich, welche ausschließlich das Militärdepartement und das Militärbudget betreffen ; er enthält sich jedoch , soweit als möglich , der Theilnahme in allen Fragen der inneren Politik und in diesen Fragen hört seine Solidarität mit dem Cabinete auf. Art. 5. Alle Russischen in der Bulgarischen Armee dienenden Offiziere find in Bezug auf Dienstpflichten den Bulgarischen Geſetzen unterworfen und in Gemäßheit derselben verantwortlich. Alle Ordres, Vorschriften und Forderungen, die von der Russischen Regierung ausgehen und die vorerwähnten Russischen Offiziere und Beamten betreffen, auf ihren Bulgarischen Dienst und die Bulgarischen Gesetze aber keinen Bezug haben,

Heerwesen Bulgariens.

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werden immer durch Vermittelung des Kriegsministers des Fürstenthums eröffnet oder übermittelt werden . Zum besseren Verständniß gewisser in der Convention, betreffend die Stellung der Russischen Offiziere in der Bulgarischen Armee und die Stellung des Kriegs ministers , enthaltenen Artikel dürfte die Erinnerung an folgende Artikel der Bulgarischen Verfassung dienen : Art. 5. Der Fürst ist der oberste Vertreter und das Oberhaupt des Staates. Art. 8. Die Person des Fürsten ist geheiligt und unverleßlich. Art. 11. Der Fürst ist der oberste Chef aller Militärkräfte des Landes in Friedens sowie in Kriegszeiten. Er verleiht dem Gesetze gemäß die militärischen Grade. Jeder , der in den militärischen Dienst eintritt , leistet dem Fürsten den Eid der Treue. Art. 152. Die Minister werden vom Fürsten ernannt und enthoben. Art. 155. Die Minister können von der National - Versammlung wegen Verrathes am Vaterlande oder am Fürsten , wegen Verletzung der Verfaſſung, wegen eines dem Lande im eigenen Interesse angethanen Unrechtes zur Rechen schaft gezogen werden. Art. 163. Die Ernennung für alle Functionen im Staate steht dem Fürsten zu. Von den sonstigen Vorgängen des Jahres 1883 ſind als militärisch bemerkenswerth noch einige hervorzuheben. Die Bemannung der für militärische Transport- und strompolizeiliche Zwecke gebildeten und in Rustschuk stationirten Donau - Flottille vergl. Jahres bericht 1881 soll auf 3 Offiziere und 40 Mann, das „Marine-Detachement", reducirt worden sein. Im September wurden etwa 15 500 Mann des westlichen Militärbezirks — vergl. Jahresbericht 1882 , Seite 73 zu größeren Uebungen um Sofia concentrirt. Durch Einberufung der Reserve-Jahrgänge 1879 und 1880 waren die 12 Druschinen des Bezirks , kriegsmäßig mobilifirt , auf einen Stand von je 1200 Mann gebracht und alsdann aus ihrem Standort nach Sofia in Marsch gesetzt worden. Dort bezogen sie zusammen mit 4 Batterien à 4 Geschützen und 3 Sjotnien neben dem Exercirplatz der Sofiaer Garnison im Südwesten der Stadt an der Straße nach Radomir ein Lager. Hier wurden die 12 kriegs starken Druschinen als Regimenter von je 2 Bataillonen à 600 Mann formirt. Für die eigentlichen Feldmanöver war somit ein Uebungscorps geschaffen von 24 Bataillonen, 3 Escadrons und 4 Batterien , eingetheilt in 2 Diviſionen . Während dieser Manöver traten noch hinzu : eine aus der Junkerschule formirte Compagnie und drei versuchsweise (in bäuerlicher Tracht , nur mit dem Löwen abzeichen an der Mütze) zusammengestellte Landſturm - Compagnien. - Vor den Feldmanövern wurden Schießübungen und geschlossenes Exerciren betrieben. Am 10. September, dem Alexandertage, war große Parade. Die Feldmanöver ſelbſt fanden unter der persönlichen Leitung des Fürsten vom 13. bis 15. September südöstlich Sofia statt , wurden in 2 Diviſionen gegen einander ausgeführt und schlossen mit einem Vorbeimarsch des ganzen Uebungscorps. ―― Der Verlauf der gesammten Lager- und Uebungsperiode muß das günstige Urtheil über die Bul garische Armee, welches auch in dem letzten Jahresbericht schon angeführt war, bestärken. Entschiedene Mängel zeigte nur die Verwaltung , speciell die Organi sation der Manöververpflegung. Truppe und Führer verdienten Anerkennung. Beide hatten noch besondere Gelegenheit gefunden, ihren guten Geist zu bethätigen,

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Militärische Jahresberichte für 1883.

indem sie - wie schon berichtet wurde -

es zurückwiesen, sich zu einem Werk zeug politischer Intriguanten gegen den Fürsten gebrauchen zu lassen. Der Offizier-Nachwuchs des Jahres 1883 besteht in 58 vor der Lager periode zu Offizieren ernannten Zöglingen der Junkerschule. Die Zahl der Än meldungen zur Aufnahme in dieſe Anstalt ist in stetem Wachsen ; sie gewährleistet eine Besserung des Bulgarischen Offiziercorps auch im Sinne der nationalen Partei und beläuft sich im Jahre 1883 auf 150. Ein weiterer Zuwachs an Öffizieren Bulgarischer Nationalität steht zu erwarten durch den beabsichtigten Uebertritt mehrerer aus Bulgarien stammenden Offiziere der Ostrumelischen Miliz in die Armee des Fürstenthums . Die in den Zeitungen vielfach gemeldeten großen Transporte von Kriegs= material aus Rußland nach Bulgarien reduciren sich für 1883 auf die Ergänzung der Uebungsmunition aus Ruſſiſchen Fabriken, die Lieferung von einigen Hundert Zelten und den Rücktransport der nach Nikolajew zur Reparatur gesandt geweſenen, noch aus der Türkischen Beute stammenden schadhaften 18 Krupp- Geschütze. Die im Auguſt mit großer Bestimmtheit auftretende Meldung , in Ruſtſchuk sei ein Transport Russischer Provenienz von 150 000 kg Pulver, Artillerie- und Infan terie-Munition, 42 Krupp-, 3 Gebirgs-Kanonen und 1940 Zelten angekommen, ist in jeder Beziehung übertrieben. Die Instandsetzung der Beutegeschütze wird möglicherweise die endliche Formation der nach der festgesetzten Organisation noch fehlenden drei Batterien des 2. Artillerie-Regiments vorbereitet haben. Thatsächlich hat dieselbe ebenso wenig stattgefunden*) wie die bei der Auflösung des Dragoner-Corps Anfang October verfügte Neuformation eines Cavallerie - Regiments von sechs Escadrons . Nur zwei Escadrons scheinen bei dieser Gelegenheit auf den Etat der Armee über nommen, zur Zeit also acht statt bisher sechs Escadrons in der letzteren vorhanden zu sein. Es ist Absicht , die bisherige Pferde- Ausrüstung , welche bei der Cavallerie nach Kasakenart in Trense und Kajakensattel besteht, durch die Candare und den Bocksattel zu ersetzen. Ferner sind 20 000 Berdan - Gewehre in Tula bestellt worden , deren Ablieferung jedoch erst 1884 beginnt und auf mehrere Jahre vertheilt ist. Die Vorarbeiten für die - schon aufgeführten - Eisenbahnprojecte der Bulgarischen Regierung haben irgend eine thatsächliche Förderung im Jahre 1883 nicht mehr erfahren . Noch kurz vor Jahresſchluß und vor ihrer Vertagung hat die Sobranje wichtige Beschlüsse gefaßt. Sie setzte nämlich das Militärbudget für 1884 um 4 Millionen herab , indem sie nur 11 Millionen Frcs. bewilligte an Stelle der im Voranschlag des früheren Kriegsministers geforderten 15 Millionen. Sie knüpfte diese Bewilligung an folgende Bedingungen. In jeder Druschine erhalten mindestens zwei (die Hälfte) der Compagnien Offiziere Bulgarischer Nationalität als Führer. Zu diesem Zweck sind alle Offiziere genannter Kategorie, welche zur Zeit noch Russischen Regimentern einverleibt sind, zurückzuberufen. Der Bezirks Commandeur, welcher in jedem der 24 Erſatbezirke noch neben dem Commandeur *) Nach neueren, während des Druckes eingegangenen Nachrichten ist die Neuformation von drei Batterien bis Ende 1883 erfolgt , so daß jezt zwölf Batterien mit je vier bespannten Geschüßen vorhanden sind. Auch die Neuformation von Escadrons ^iſt_in Angriff genommen. Die Bulgariſche Cavallerie wird künftig außer der Leibgarde- sotnie zwei Regimenter à 4 Ssotnien umfassen , ein Regiment in jedem Militär- (Diviſions-) Bezirk.

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Heerwesen Bulgariens.

der Druschine fungirt, ist zu beseitigen. Ist die Aufhebung dieses Postens gegen das militärische Interesse, so sind Bulgarische Offiziere damit zu betrauen. Die Vorbereitungsklassen der Junkerschule , die geodätische Schule und die Schule für chirurgische Gehilfen, welche alle der letzte Kriegsminister 1883 ohne Genehmigung der Sobranje ins Leben gerufen hatte , werden aufgehoben. Die Bezüge der Militärärzte (meiſt Ruſſen) ſind möglichst in Einklang zu bringen mit denjenigen der Civilärzte. Mit allen diesen Thatsachen und Beschlüssen hat der seit den letzten Tagen des Jahres 1883 dem Fürsten Alexander Russischer Seits als Kriegsminister zur Verfügung gestellte General Fürst Cantakuzène bei Uebernahme seiner Stellung zu rechnen. Man rühmt dem General Taktgefühl , Aufrichtigkeit und soldatische Abneigung gegen Politiktreiberei nach. Erst seine Mitte Januar 1884 erwartete Ankunft in Sofia und die Abreise der dort noch weilenden Russischen Bevoll M. mächtigten kann die seit September bestehende Krisis beenden.

Bericht über das Heerwesen

Chinas.

1882

und 1883 .

Der wegen der Vorgänge in Tonkin mögliche Conflict zwiſchen China und Frankreich hat erneut die Chinesische Armee dem Europäiſchen Intereſſe näher gerückt. Die Jahresberichte" haben sich mit derselben bereits beschäftigt, als im Jahre 1879 ein Krieg Chinas mit Rußland drohte , und sie haben sie seitdem regelmäßig , ausgenommen im Jahre 1882 , wieder in den Bereich ihrer Berichterstattung gezogen. Etwas Neues von Belang, welches zugleich dem Anspruch der Zuverlässigkeit genügt , ist über das Chinesische Heerwesen auch für 1883 kaum zu melden. Was in der in- und ausländischen Tagesliteratur über dasselbe gebracht wurde, basirte meist auf dem, was die Jahresberichte " von 1880 und 1881 angeführt hatten, und alle neuen Nachrichten aus dem weiten, fachmännischer Beurtheilung so sehr entrückten , Europäischen Augen so wenig erschlossenen Lande enthalten so viele Widersprüche , so viele Unwahrscheinlichkeiten und lassen meist so laien hafte Anschauungen erkennen, daß ihre Glaubwürdigkeit wie ihr Werth für correcte militärische Berichterstattung höchst zweifelhaft ist. Sicher ist , daß auch 1882 und 1883 wiederum umfangreiche Waffenankäufe bei Krupp,*) bei Armstrong, bei Mauser und in Steyr stattgefunden haben , daß aus America wiederum mehrere Schiffsladungen mit Kriegsmaterial bezogen wurden, daß die Schul-Abtheilungen in Tientsin fortgebildet worden sind und die Armee von da aus reorganisirende Elemente zugeführt erhalten hat. Aber ebenso sicher ist auch, daß China noch *) Krupp lieferte bis ult. 1883 an China im Ganzen 586 Geſchüße, und zwar : 362 Feld-Geschüße (3,7—9 cm), darunter 51 Gebirgs-Geſchüße und 256 8 cm Feld-Geſchüße, 12 Belagerungs- Geschüße ( 12 cm), 156 Festungs - Geſchüße ( 12—21 cm), 16 Küsten- Geſchüße (21-24 cm) und 40 Schiffs - Geschüße (8,7-30,5 cm) .

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Militärische Jahresberichte für 1883.

nicht ein so organisirtes Heerwesen besigt , daß dessen Wehrkraft Europäischen Truppen annähernd ebenbürtig erscheinen könnte. Nur im Vergleich mit dem Zustande von 1860 hat sein Heerwesen sich gebessert, am Wesentlichsten auf dem Gebiete der Küstenvertheidigung . Die bewaffnete Menschenmasse, welche die Chinesische Regierung seit einigen Jahren an ihren Russischen Grenzen im Norden und Westen bereit stellte , und die Truppen , welche sie seit Anfang 1883 an der Tonkinesischen Grenze im Süden des großen Reiches zu versammeln im Begriff ist , sind in der Haupt sache ohne durchgreifende taktische Eintheilung und Gliederung , wie auch ohne einheitliche Bewaffnung und Bekleidung ; sie entbehren eine modernen Verhältnissen angemessene Führung und Verwaltung, kurz : sie sind ohne kriegstüchtige Organi sation und Leitung. Die 3000 bis 8000 Bannertruppen, welche die Central-Regierung in Peking im Laufe des Jahres 1883 von Tientsin nach Canton fandte, werden den Kern der auf 40 000 Mann geschätzten Operations - Armee im Süden bilden. Diese werden eine gewisse Organisation und taktische Formation nicht vermissen laſſen, auch in • Ausrüstung und Ausbildung von der großen Masse sich vortheil haft abheben. Aber diese lettere wird lediglich ein mit Schieß- , Hieb- und Stich-Waffen versehener, vielfach berittener Menschenhausen sein. Nur die in den Händen des einzelnen Mannes oder Haufens befindlichen modernen Gewehre und Geschütze werden , wenn auch verwahrloſt und aus Unkenntniß kaum richtig gebraucht , den einzigen Fortschritt jenes Menschenhaufens ausmachen gegenüber Temjenigen, welcher von 1856 bis 1860 das himmlische Reich gegen die Invaſion einer Handvoll Europäischer Truppen schüßen sollte. Das Chinesische Heer wesen hat jedoch ver einem Europäischen Expeditions - Corps das Eine voraus , daß jener Menschenhaufen selbst bei großen Verlusten nicht kleiner wird, sondern immer wieder unmittelbar im Lande Ersatz findet. Ueber die Vorbereitungen zur Küstenvertheidigung , welche den einzigen wesentlichen Fortschritt in der Wehrkraft Chinas gegen früher darstellen , kann etwas Näheres angegeben werden. Seiner geographischen und politischen Lage entsprechend und nach den Erfahrungen von 1858 und 1860 hat China auf die Vertheidigungsfähigkeit seiner Küsten , namentlich derjenigen in der Nähe von Peking , sein Hauptaugenmerk gerichtet. Auf diesem Gebiet war nichts Bestehendes zu beseitigen , nichts Althergebrachtes umzustoßen. Es war nicht einmal ein paſſiver Widerstand zu überwinden und daher bei gutem Willen etwas Thatsächliches zu leisten. Das ist denn auch geschehen. Die Beanlagung der Chinesen für Küstenschifffahrt , ihr Sinn für technische Betriebe und wissenschaft liche Productionen kam dem Unternehmen zu Statten. Ein Feind Chinas wird heute nicht mehr ohne Weiteres auf Chinesischem Gebiet landen und auf Peking marschiren können ; er wird zunächst eine modern ausgerüstete , eigenartige, starke Küstenflotte , die allein über 32 nach Europäischer Art gebaute Kanonenboote mit Schiffsgeschützen schwersten Kalibers verfügt, zu überwältigen haben , sodann einen Torpedokrieg bestehen müssen , wie ihn das Torpedoweſen * ) zur Zeit nur leisten kann , und er wird endlich die Forts zu nehmen haben , welche in den letzten Jahren an den wichtigsten Hafenstellen , vorzugsweise am Golf von Petschili und bei Canton , entstanden sind und welche fortgesetzt nach modernen Grundsätzen erweitert jowie mit allen Vertheidigungsmitteln der Jektzeit - z. B. *) In Tientsin ist 1882 eine Torpedoſchule errichtet und im Januar 1883 der Leitung eines Deutschen unterſtellt worden.

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Heerwesen Chinas. Panzerthürmen , Armstrong- und Krupp-Geſchüßen -

ausgerüstet werden .

Die

Offiziere und die Truppen, welchen neben der Flotte die Küstenvertheidigung an vertraut ist , umfassen die besten Chinesischen sowie die Europäiſchen Elemente der unter Li hung tschang in erster Linie zur Reorganisation herangezogenen Armee von Peking (vergl. Jahresberichte von 1880 und 1881 ) . Die Einzelheiten über die Flotte gehören nicht in diesen Bericht . Die 1880 in der Revue maritime et coloniale und 1881 bei Mittler u. Sohn in Berlin erfolgten bezüglichen Veröffentlichungen geben ein zuverlässiges Bild von der Stärke des Chinesischen See - Kriegswesens . Ueber die Küsten- und Landbefeſtigungen sind außer dem schon Gesagten nur noch folgende zuverlässige Details zu geben. An der Peiho-Mündung ist Taku befestigt. Seine Forts dehnen sich längs der Küste nordwärts bis zum Langho (Pehtang) und längs des Peiho bis Tientsin aus . Bau und Armirung erfolgten nach den heutigen Deutschen Grundsätzen . Im füdlichen Golf von Petschili ist eine durch drei Forts befestigte Flottenstation bei Lai tscheu angelegt. An der Mündung des Jang tse kiang sind vom Tschin kiang bis Wusung und an der Mündung des Nias tung kiang (Minkiang) bei Futschau Küsten - Batterien gebaut. Canton selbst wird durch die beiden Forts Dutch Folly (im Süden) und French Folly (im Osten) beherrscht. Die Einfahrt in das Canalſyſtem des Si kiang und Tschu kiang liegt im Feuer zahlreicher Batterien , die auf Inseln oder vorspringenden Felsen errichtet wurden. Die Neubefestigung von Shan hai kwan , dem Punkt , an dem die „ große Mauer" den Golf von Petſchili erreicht , iſt kürzlich in Angriff genommen. Die in den bisherigen Kämpfen in Tonkin den Franzosen vielfach gegen= über getretenen „ Schwarzen Flaggen “ sind hervorgegangen aus den Rebellen, ―― welche beim Niedergang der Taiping - Rebellion ſeit 1864 vor den Chinesischen Regierungstruppen auf Tonkinesisches Gebiet flüchteten. Sie be kämpften dort je nach Bedürfniß die Anamitische Regierung oder die eindringenden Franzosen und ergänzten sich meist aus Deſerteuren regulärer Chineſiſcher Truppen sowie durch ausländische Abenteurer. Die schwarzen Flaggen * ) sind militärisch organisirt, mit Remington- Gewehren und Hinterlade- Geschützen ausgerüstet. Es ist kein Zweifel, daß sie bei einem offenen Kriege zwischen Frankreich und China auf der Seite des letzteren stehen und dessen Armee eine werthvolle, weil kriegerisch erprobte und geübte Avantgarde zuführen werden. Schon jetzt ist ihre Ver bindung mit China und ihre Unterstützung durch Chinesische Kriegsmittel außer Zweifel. M.

Bericht über das Heerwesen Dänemarks .

1883 .

Im Dänischen Heerwesen sind im Jahre 1883 keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen. Die wichtigsten für dasselbe erlaſſenen Bestimmungen sind folgende : Am 16. Januar erschienen Bestimmungen für das Artillerie - Comité. Danach sollen die Mitglieder desselben aus vier verschiedenen Kategorien bestehen, nämlich 1 ) aus Mitgliedern, die an allen Verhandlungen Theil nehmen, wozu gehören : der Chef der Constructions- und Verſuchs -Abtheilung der Artillerie, als *) Näheres über die "1 Schwarzen Flaggen" siehe Auffah in der (Münchener) Allgem... Zeitung vom 30. Juni 1883.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Vorsitzender, der Vorsteher der Versuchs-Commission , der Lehrer der Artillerie in der ältesten Klaſſe der Offizierſchule , ein Offizier vom Artillerieſtabe und ein Offizier der Constructions- und Versuchs -Abtheilung der Artillerie , 2) aus Mit gliedern, welche an den Verhandlungen , die das Material der Armee betreffen, Theil nehmen , nämlich mindeſtens vier Artillerieoffiziere , 3) aus Mitgliedern, welche an den Verhandlungen, die das Material der Flotte betreffen, Theil nehmen, nämlich dem Seezeugmeister oder einem der Unterzeugmeister, dem Lehrer der Artillerie an der Seeoffizierſchule und zwei anderen Seeoffizieren, endlich 4) aus Mitgliedern , die an den Verhandlungen über verschiedene bestimmte Gegenstände Theil nehmen. Die Geschäfte des Comités bestehen darin, alle Constructionen, Versuche und Anschaffungen, welche das zur Adminiſtration der Artillerie gehörige Kriegsmaterial der Armee betreffen, vorzubereiten und in den Hauptzügen anzugeben, Gutachten über alle Constructionen, welche jenes Material betreffen, abzufaffen, eine Uebersicht über die wichtigsten im Auslande angeregten Fragen, welche die Ent wickelung der Artillerie betreffen, auszuarbeiten, Vorschläge wegen Neuanschaffungen oder Veränderungen im vorhandenen Material zu machen. An demselben Tage wurden Bestimmungen über die Constructions- und Versuchs - Abtheilung der Artillerie erlassen. Dieselbe soll alle Constructionen ausführen, die das zum Ressort der Artillerie gehörige Material betreffen, und alle artilleristischen Prüfungen und Versuche , die ihr übertragen werden , vor nehmen, zu welchem Behuf die für das Heer und die Flotte gemeinſame Ver suchs-Commission der Abtheilung überwiesen wird . Zusammengesetzt wird dieselbe aus dem Vorsteher der Versuchs - Commiſſion , Oberst oder Oberstlieutenant der Artillerie, ferner aus dem Zeugmeister oder einem der Unterzeugmeister der Marine, 2 Capitäns und 2 Premierlieutenants der Artillerie und 1 Capitän oder Premier lieutenant der Marine; das übrige erforderliche Personal an Unteroffizieren und Gemeinen wird von der Artillerie und der Marine zur Verfügung gestellt. Am 11. Juli ward ein neuer Plan für die Reit- und Beschlagschule Letzterer Bestimmung wird dahin bezeichnet, daß sie den Reit ausgegeben. unterricht sowie die Kenntnisse im Veterinärfache und in der Beschlaglehre im Heere fördern solle, indem sie Offiziere und Unteroffiziere zu Bereitern ausbildet, ihnen Unterricht in den genannten Fächern ertheilt und Beschlagschmiede aus bildet; außerdem soll sie einen Theil der berittenen Offiziere des Heeres (die nicht zur Cavallerie, Artillerie oder zum Train gehören) mit zugerittenen Pferden versehen. Die Schule ressortirt von dem Generalinspecteur der Cavallerie und wird von einem Rittmeister als Chef geleitet ; als Lehrer fungiren 1 Premier lieutenant und 1 Stabssergeant der Cavallerie und 1 Oberroßarzt ; außerdem kann 1 Obersergeant der Cavallerie temporär zur Schule commandirt und 2 Civil personen können zum Unterricht in einzelnen Fächern herangezogen werden. Der Unterricht an der Reitschule ist auf zwei Jahre berechnet ; die Zahl der Zöglinge beträgt 16, von denen am 31. October jeden Jahres nach beendetem Examen 8, nämlich 2 Offiziere und 6 Unteroffiziere, austreten, während ebenso viele wieder aufgenommen werden; von diesen sollen jedes zweite Jahr 1 bis 2 Offiziere und 3 bis 4 Unteroffiziere der Artillerie angehören. Die am besten dazu geeigneten Premierlieutenants und Sergeanten der Cavallerie, Artillerie und des Trains (welcher zur Artillerie gehört) sollen nach und nach diese Schule durchmachen. Die Offiziere bringen ihre Dienstpferde mit. Der Unterricht dauert das ganze Jahr hindurch , Sonn- und Feiertage ausgenommen ; der theo retische Unterricht wird jedoch auch in den gewöhnlichen Schulferien nicht abge halten. Der tägliche Unterricht dauert 5 bis 6 Stunden, wovon 4 bis 5 Stunden

Heerwesen Dänemarks .

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Es wird den Zöglingen praktisch . Derselbe ist für alle Zöglinge gemeinſam. nur unter ganz besonderen Umständen ein kurzer Urlaub bewilligt. Der praktische Theil umfaßt Schul- und Terrainreiten, Behandlung und Dressur der Remonten, Unterrichtsmethode ; Beurtheilung des Pferdes in Bezug auf seine Anwendbarkeit, Kenntniß der Fehler, Angabe der Höhe, des Alters, der Abzeichen des Pferdes ; Anpassung und Auflegung von Beschlägen , Anpassung von Sattelbäumen . Der theoretische Unterricht bezieht sich auf den Bau und das Leben des Pferdes, Kenntniß der Pferderacen , Beurtheilung und Wahl der Pferde und Pferdepflege. Der Cursus an der Beschlagschule iſt einjährig und beginnt am 3. October mit 10 Zöglingen , nämlich 3 Cavalleriſten und 7 Artilleristen , vorzugsweise solchen, die das Grobschmiedehandwerk erlernt haben. Der Unterricht dauert von 6 Uhr Morgens bis 7 Uhr Abends mit dreistündiger Unterbrechung und besteht in dem Schmieden von Hufeisen für gesunde und kranke Pferdehuse, in der An passung und Auflegung der Eisen und in dem Schmieden von Nägeln und Schärfstiften. Der theoretische Unterricht erstreckt sich auf die Kenntniß von dem Fuß des Pferdes , auf die Behandlung des regelmäßigen und unregelmäßigen Hufes und auf die Einrichtung des Beschlags , um die Bewegung des Pferdes zu erhalten und zu verbessern. Zum ersten Male wurden im Jahre 1883 statt der bisher gebräuchlichen Uebungslager größere Cantonnements - Uebungen abgehalten. An denselben betheiligten sich 5 Regimenter Infanterie oder 15 Bataillone, 3 Regimenter Cavallerie, im Ganzen 9 Escadrons , 1 (vom 25. September 2) Abtheilung Die Uebungen Artillerie oder 12 Geschütze und 2 Ingenieur - Compagnien. dauerten vom 3. September bis zum 2. October und zerfielen in drei Perioden. In der ersten, vom 3. bis zum 13. September, verblieben die Truppen in ihrer Garnison oder in Cantonnements in der Nähe. Die Infanterie nahm Nebungen in der Compagnie, im Bataillon und im Regiment, sowie im Schießen vor, die Cavallerie hielt ihre Uebungen nach dem vorgeschriebenen Programm ab und die Artillerie übte in der Batterie und der Abtheilung , worauf sie vom 8. bis zum 13. feldmäßiges Schießen vornahm. In der zweiten Periode, vom 15. bis zum 20. September, bezogen die Seeländischen Truppen Cantonnements bei Roeskilde , die Fühnenschen solche bei Nyborg. Am 15. und 17. fanden Brigadeübungen der Infanterie ohne andere Truppen, vom 18. bis 20. Detachementsübungen mit Vorpostendienst und einem Biwak statt. In der dritten und letzten Periode fand ein größeres zusammenhängendes Manöver in zwei Parteien, nebst einer Landung der Fühnenschen Truppen auf Seeland statt. Die Hauptſuppoſition für dieses Manöver war folgende : Beim Ausbruch eines Europäischen Krieges , in welchen Dänemark unvermuthet mit hineingezogen ist , hat eine der Dänemark feindlichen Mächte sich plötzlich durch ein größeres Truppen-Corps der Insel Fühnen bemächtigt, welche von den Dänischen Truppen geräumt ist, während gleichzeitig ein anderes feindliches Heer über die Dänische Landgrenze in Jütland eingerückt ist , deſſen Verbindung mit Seeland durch die Flotte der Alliirten, welche die Dänischen Kriegsschiffe aus dem Kattegat, den Belten und der Ostsee vertrieben hat, unterbrochen ist. Im Verlauf des Manövers ward die erwähnte Landung von Fühnen aus auf Seeland vorgenommen und es sollte dann eine zweite große (fingirte) feindliche Landung auf dieſer Insel stattfinden , um das Vordringen des ersten feindlichen Corps zu erleichtern. Diese Landung kam dann nicht zur Ausführung , weil sich eine starke mit Dänemark verbündete Flotte im Belt zeigte, was wiederum auf jenes feindliche Corps hemmend einwirkte. Auf dieser gegebenen Grundlage spielte sich das siebentägige Manöver ab. v . S. Militärische Jahresberichte 1883.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Bericht über das

Heerwesen Egyptens .

1883 .

Egypten hat die nach den Stürmen der letzten Jahre erwünschte Ruhe im Jahre 1883 nicht gefunden. Während England mit der Reorganiſation des Staats- und des Heerweſens des von ihm seit dem Tage von Tel el Kebir ( 13. September 1882) thatsächlich besetzt gehaltenen eigentlichen Egyptens beschäftigt war (vergl. legter Jahresbericht Seite 83), machte sich im Sudan , der Egyptischen Außenprovinz , die religiös politische Bewegung (vergl. vorigen Jahresbericht Seite 82) immer fühlbarer, deren erste Anzeichen im August 1881 mit der später Arabi Paschas Namen tragenden Bewegung in Unter- Egypten zusammengefallen , deren Fortgang aber nicht genügend beobachtet worden war , seitdem die dem Arabischen Aufstande folgenden Vorgänge zeitweilig alles Andere in den Hintergrund gedrängt hatten. In den ersten Tagen des Jahres 1883 hatte der an der Spiße der Sudani schen Bewegung stehende „ Mahdi " *) Mahomed Achmed, ein von der religiös fanatischen Bevölkerung für den verheißenen neuen Propheten erklärter moham medanischer Priester , von den im südlichen Kordofan gelegenen Takale -Bergen aus die Städte El Obeid und Bara, südwestlich der Provinzialhauptstadt Chartum, genommen und damit einen die Egyptische Herrschaft im Sudan ernstlich bedrohenden Erfolg erzielt. Die hierauf von den Egyptern mit Unterstützung der Engländer zur Bekämpfung der Bewegung ausgerüstete Armee war bis Mitte Juli 1883 (zumeist über Suez, Suakin, Berber) bei Chartum versammelt worden , aber erſt Ende August für eine Offensiv-Operation völlig vorbereitet. Am 9. September verließ ein zu diesem Zweck formirtes Expeditions -Corps das fortificatorisch verstärkte Chartum, in welchem der größere Theil der im Sudan überhaupt verfügbaren Besatzungstruppen zurückblieb . Das Expeditions - Corps wurde von dem ehemaligen Englischen Oberst nun Egyptischen General Hicks geführt ; es bestand aus 8600 Mann regulärer Infanterie, 1400 Mann regulärer Cavallerie und Baſchibozuks sowie 4 Batterien (Krupp- und Nordenfeldt-Geſchüße) und nahm mit sich einen Train von 5000 Cameelen. Der größte Theil der Truppen war den im Sudan noch vorhanden gewesenen Garnisonen (Neger truppen) entnommen. Das Expeditions - Corps gelangte am 28. September am weißen Nil aufwärts bis Duem ; am 6. October erreichte es unter großen Ent behrungen (Waffermangel) Sange Hamferid. Von dort, 72 km südwestlich Duem, Datiren seine letzten Lebenszeichen , denn seit dem 10. October , wo er noch in Sange Hamferid stand , war die Verbindung zwischen Hicks Pascha und dem in Chartum verbliebenen Generalgouverneur unterbrochen. Jetzt weiß man, daß das Expeditions - Corps am 1. November 30 km südlich El Obeid, bei Kasghil und Melbeis , in einen Kampf mit den seit der Einnahme dieser Stadt auch mit Remington = Gewehren und Geschützen bewaffneten , dort versammelten Schaaren des Mahdi verwickelt wurde , und am 5. November der Erschöpfung und den *) „ Mahdi“, eigentlich „Măhădi“ : „ der von Gott auf den rechten Weg Geleitete“.

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Heerwesen Egyptens.

fortgesetten Angriffen des weit überlegenen , fanatischen Gegners . bis zur voll ständigen Vernichtung erlag. Die Kunde des mit dieser Katastrophe verbundenen neuen Erfolges des Mahdi machte großen Eindruck in Egypten , in der ganzen mohammedaniſchen Welt und über deren Grenzen hinaus. Die nächste Folge war die Ausbreitung des Aufſtandes und die Herrschaft des Mahdi über den ganzen Sudan mit Aus nahme der wenigen noch von Egyptischen Garnisonen gehaltenen Posten und Städte. Der Mahdi ſelbſt blieb vorläufig bei El Obeid stehen ; aber ihm ergebene Beduinenschaaren durchstreiften das Land, unterbrachen alle Verbindungen, trugen den Aufstand bis zur Küste des Rothen Meeres * ) und bis zu den Katarakten des Nils , und ein Stamm nach dem andern bekannte sich zur Sache des Siegers von El Obeid. Am Schluß des Jahres 1883 sind nur noch Massaua, Suakin (von da aus Tokar und Sinkat) , sowie Chartum von Egyptischen Truppen in Viele andere Orte im Innern , wie vertheidigungsfähiger Verfassung besetzt. Senaar, Kassala , Berber, Dongola und selbst Gondokoro am oberen blauen Nil haben zwar noch schwache Garnisonen , aber schon ist die Verbindung Chartums mit Suafin unterbrochen , das Land unterhalb der Sudan - Hauptstadt fast bis vor die Thore Afſuans unsicher , die Mehrzahl der genannten Garniſonen ab geschnitten, selbst die von Chororo gefährdet. Für Egypten wird die Herrschaft im Sudan verloren gehen, wenn es nicht fremde Hülfe erhält. Noch mehr ! Die Sudanische Bewegung bedroht Egypten selbst. Die religiöse und politische Erregung, welche etwa seit 1877 den Islam in Nordost-Africa beherrscht, hat einen militärischen und staatlichen Rückhalt gewonnen. Schon eilen ihre Emissäre dem siegreichen Heere von El Obeid voraus bis zu den Küsten des Mittelländischen Meeres und der unwissende , fanatische Moslem beginnt zu glauben an die göttliche Sendung des Sudanischen Mohammed, als des !! neuen", nicht des „falschen Propheten“ . Egyptischer Seits hatte man nach Ueberwindung der ersten Bestürzung den Entschluß gefaßt, zunächst die Straße von Suakin über Berber nach Chartum wieder zu öffnen und letzteren Platz von der Küste aus zu verstärken. Baker Pascha sollte hierzu ein Detachement aus 2300 Mann der Gendarmerie, 1500 Mann Sudan - Truppen (Neger), 4000 Beduinen und 5 Geschützen in Suafin concentriren und von da aus auf Chartum vordringen. Aber der Erfolg dieses Unternehmens erschien sehr bald aussichtslos . Es wird schwerlich zum Abmarsch des Detachements kommen , obwohl seine Aufstellung begonnen hat. Die baldige gänzliche Räumung des inneren Sudans Seitens der Egypter ist das Wahrscheinliche. Die eigentliche Egyptische Armee ist in ihrer Neugestaltung weder quantitativ noch qualitativ einer Aufgabe , wie die Wiedereroberung des Sudan es ist , gewachsen. Sie ist , wie zahlreiche Desertionen unter den zu Bakers Detachement bestimmten Gendarmen und Chargen bewiesen haben , einem Krieg im Sudan durchaus abgeneigt. Eine Egyptische Sudan - Armee aber eristirt, abgesehen von einigen Tausend Garnisontruppen , seit dem 5. November 1883 nicht mehr. Ihre Neubildung ist ausgeschlossen. Egypten wird alle Kraft auf die Vertheidigung des eigenen Landes verwenden müssen . * ) Vor den Thoren Suakins wurde heftig gefochten.

3*

Militärische Jahresberichte für 1883.

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Die Jahresberichte von 1882 haben auf Seite 84 angegeben , in welchem Rahmen die von den Engländern betriebene Reorganisation der eigentlichen Egyptischen Armee sich zu vollziehen damals im Begriff war. Das Jahr 1883 hat diese Reorganisation zum Abschluß gebracht. Die neue Egyptische Armee ist nach derselben kaum mehr als eine Lehr- und Vicekönigliche Gardetruppe , vielleicht als Stammtruppe für Feld - Neuformationen geeignet. Ihre Verwendung außer halb der Grenzen des eigentlichen Egyptens ist in ihrer gegenwärtigen Stärke und Verfassung kaum beabsichtigt. Die reorganisirte Egyptische Armee steht unter dem Oberbefehl eines Eng lischen Generals und unter Englischer Verwaltungs-Direction ; sie zählt : 5900 Offiziere und Mannſchaften, 750 Pferde, 260 Dromedare und Cameele, sowie 20 Geschüße . Diese vertheilen sich auf: Infanterie: 2 Brigaden, eingetheilt in Halbbrigaden von je 2 Bataillonen à 4 Compagnien von je 4 Offizieren , 22 Unteroffizieren und 120 Gemeinen - 8 Bataillone. Die 1. Brigade steht unter einem Englischen, die 2. unter einem Egyptischen Commandeur. Die Commandos der Halbbrigaden sind vorläufig unbesetzt. Bei der 1. Brigade sind alle Stabsoffizierstellen von Engländern, bei der 2. Brigade von Eingeborenen besetzt. Jedes Bataillon dieser Brigade hat jedoch den Eng lischen Instructions = Unteroffizier. Es kann auch event. der Führung eines Englischen Stabsoffiziers unterstellt werden , da die Bataillone der 1. Brigade einen höheren Stabsoffizier-Etat als diejenigen der 2. Brigade haben.

Etat eines Bataillons

der 1. Brigade: 1 Oberstlieutenant, 2 Majors,

der 2. Brigade : 1 Major,

1 Adjutantmajor, 4 Capitäns, 4 Lieutenants, 8 Unterlieutenants, 2 Adjutanten, 1 Arzt, 1 Englischer Instructions - Unteroffizier, 4 Feldwebel, 4 Quartiermeister, 32 Sergeanten, 48 Corporale, 4 Spielleute, 480 Soldaten Summa 596 Köpfe

594 Köpfe (568 Feuergewehre),

mithin die ganze 1. Brigade 2382 Köpfe und die ganze 2. Brigade 2374 Köpfe, zusammen 4760 Mann Infanterie oder 4544 Feuergewehre (Remington). Cavallerie: 1 Regiment zu Pferde von 4 Escadrons à 4 Offiziere, 26 Unteroffiziere und 96 Gemeine (126 Comb. Pferde). Der Commandeur des Regiments und die Stabsoffiziere (2) find Engländer, alle übrigen Offiziere Egypter.

Heerwesen Egyptens.

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Etat des Regiments : 1 Oberst, 2 Majors, 1 Adjutantmajor, 2 Aerzte, 2 Veterinäre, 4 Capitäns, 4 Lieutenants, 8 Unterlieutenants, 4 Wachtmeister, 4 Quartiermeiſter, 32 Sergeanten, 64 Corporale, 12 Trompeter, 11 Handwerker, 384 Reiter zusammen 535 Mann (und 535 Pferde). 1 Escadron Dromedar - Reiter , errichtet zur Unterstützung des Regiments zu Pferde bei Expeditionen in Wüſten striche und unterstellt einem Englischen Stabsoffizier.

Etat 1 1 2 2 1 1 6 12 2 178

Stabsoffizier, Capitän, Lieutenants, Unterlieutenants, Wachtmeister, Quartiermeister, Sergeanten, Corporale, Trompeter, Reiter

zuſammen 206 Mann (und 206 Dromedare). Gesammtstärke der Cavallerie : 741 Mann ( oder 692 Combattanten-Pferde bezw. -Dromedare). Artillerie: 4 Batterien -w unter einem Englischen Inspecteur- und zwar: 1 Feld- und 1 Gebirgs-Batterie von je 6 Geſchüßen unter einem Engliſchen Stabsoffizier ፡ Egyptiſchen Stabsoffizier : und 1 : : 1 : ፡ :4 : oder 2 Feld- und 2 Gebirgs- Batterien mit 20 Geſchüßen.

Etat. a. der Feld - Batterien: zu 6 Geschüßen (8 cm Krupp) zu 4 Geſchüßen (8 cm Krupp) 1 Major, 1 Capitän , 1 Lieutenant, 2 Unterlieutenants, 1 Wachtmeister, 1 Quartiermeister, 6 Sergeanten, 4 Sergeanten, 9 Corporale, 6 Corporale, 2 Trompeter, 2 Handwerker, 69 Soldaten (u. 33 Pferde), 108 Soldaten (u. 69 Pferde), 90 Mann (u. 33 Pferde) Summe 134 Mann (u . 69 Pferde), dazu 1 Arzt und 1 Veterinär.

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Militärische Jahresberichte für 1883. b. der Gebirgs -Batterien :

zu 4 Geſchüßen (4 cm la Hitte) zu 6 Geſchüßen (4 cm la Hitte) 1 Major, 2 Majors, 1 Capitän, 1 Lieutenant, 2 Unterlieutenants, 1 Wachtmeister, 1 Quartiermeister, 4 Sergeanten, 6 Sergeanten, 4 Corporale, 6 Corporale, 2 Trompeter, 20 Handwerker, 2 Handwerker, 54 Soldaten (15 Pfde., 18Cameele) 68 Soldaten (20 Pferde, 26 Cameele), 91 Mann (15 Pferde, 18 Cameele) . Summe 92 Mann (20 Pferde, 26 Cameele), Gesammtstärke der Artillerie : 392 Mann (197 Pferde, 54 Cameele), 20 Geſchüße. Diese Armee von 8 Bataillonen , 5 Escadrons und 4 Batterien mit noch nicht 6000 Combattanten ist zur Zeit die einzige organisirte, reguläre Streitmacht , welche der Khedive einem Eindringen des Mahdi in das eigentliche Egypten entgegenstellen könnte. Sie ist fast vollständig in und um Cairo garnisonirt , wird gut befoldet und ordnungsmäßig verwaltet ; sie ist gut disciplinirt , sowie in ihrer militärischen Ausbildung auf achtbarer Stufe angelangt. Aber sie kann nur als Kern einer Operations = Armee betrachtet werden , wenn deren Aufgabe mehr ist als eine kleine Expedition ; sie ist nicht genügend zur Vertheidigung Egyptens gegen die vom Sudan her drohende Heer fluth. Ihre nächste Stütze werden bei einem im eigentlichen Egypten entbrennenden Kampf nicht die Beduinen , sondern die Englischen Occupationstruppen sein, welche von der Marine abgesehen noch etwa 5500 Mann start mit 612 Bataillonen Infanterie, 3 Escadrons und 3 Batterien in Cairo und Alexan drien stehen und vorläufig dort verbleiben sollen. Die Unregelmäßigkeiten , welche seit der Neuordnung der Dinge in Unter Egypten in der Gendarmerie und Polizei des Khedive (vergl. letzten Jahres bericht Seite 84) vorkamen , sowie die Entsendung eines Theils derselben nach dem Sudan , haben im November 1883 zu einer erneuten Reorganisation der Sicherheitsbehörden geführt. Die Tendenz dieser Reorganiſation ist , die bisher halbmilitärische Gendarmerie und Polizei in eine reine Civilbehörde zu ver wandeln. Der Hauptsiz derselben wird unter einem Generalinspecteur in Cairo sein. Viceinspecteure werden in Cairo, Alexandrien, Ismailia und Siut ſtationirt sein. Die Seehafenstädte sollen neben der eingeborenen Polizeimannschaft noch ein kleines Detachement von Sicherheitsbeamten Europäischer Herkunft erhalten. Völlig M. durchgeführt ist diese Neuorganiſation bis jetzt noch nicht.

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Heerwesen Frankreichs.

Bericht üter bas

Heerwesen Frankreichs .

1883 .

Die in der Einleitung zum Jahresbericht 1882 ausgesprochene Vermuthung, daß im Laufe des Jahres 1883 die wichtigen Gesetzentwürfe über die Rekrutirung, das Beförderungswesen und die Organisation einer Armee für Africa zur Er ledigung kommen würden, hat sich nicht bestätigt . Von den vorbereiteten und der Volksvertretung vorgelegten Gesetzentwürfen ist nur der über die neue Organisation der Artillerie und die Errichtung einer Festungs-Artillerie in der Stärke von 16 Bataillonen zum Abschluß gebracht worden ; zahlreiche Ver änderungen und neue Bestimmungen , die Ausbildung , den inneren Dienst, das militärische Erziehungs- und Bildungswesen , die Verwaltung und den Sanitäts dienst betreffend, beweisen aber, daß auf allen Gebieten des Heerwesens rüstig fortgearbeitet worden ist. Die Reglements über den Dienst in den Garnisonen und festen Plätzen, über den Dienst im Felde und den inneren Dienst bei den Truppentheilen wurden in einer neuen, den Ansprüchen der veränderten Organi ſation der Armee und der modernen Taktik Rechnung tragenden Faſſung aus gegeben, eine neue Schießinſtruction für die Handfeuerwaffen wurde zur Ein führung gebracht , Veränderungen traten ferner ein in dem Reglement über die Manöver der Infanterie. Der gleichmäßigen Fortentwickelung der militärischen Institutionen treten aber der fortgesetzte Wechsel in der Person des Kriegsministers, das Fehlen eines Kriegsherrn - denn der Präsident der Republik kann nicht die Autorität eines solchen besitzen und der Einfluß, den das Parlament und politische Parteien auf die Armee auszuüben bemüht sind, hemmend entgegen . Der Divisionsgeneral Billot trat am 31. Januar 1883 von der Stellung als Kriegsminister zurück, um in derselben durch den Diviſionsgeneral Thibaudin erſetzt zu werden ; letzterer wurde aber nach neunmonatlicher Thätigkeit im Cabinet veranlaßt , seine Entlassung zu nehmen. Das Portefeuille des Kriegs ging am 9. October 1883 zum zweiten Male in die Hände des Divisionsgenerals Campenon über. Das Ordinarium des Militärbudgets für 1884 erfuhr eine abermalige Steigerung um 12 Millionen und erreicht eine Höhe von über 596 Millionen Francs. Hervorzuheben ist aber, daß bei der Budgetberathung in höherem Grade als früher die Nothwendigkeit, auch in den Ausgaben für die Armee zulässige Einschränkungen eintreten zu lassen, besonders betont und demnach die Forderungen der Regierung um 9 Millionen herabgesezt wurden. A.

Die militärische Gesetzgebung im Jahre 1883 . I. Neue Gesetze.

Das Gesetz , betreffend die neue Organisation der Artillerie. (Jm Wortlaut mitgetheilt im Avenir militaire vom 26. Juli und 11. August Nr. 877 und 880.) Die Organisation einer Festungs - Artillerie ist seit mehreren Jahren in Frankreich als unbedingt nothwendig erkannt worden. Der frühere Kriegsminister Billot legte schon im Juni 1882 den gesetzgebenden Körperschaften einen Ent

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Militärische Jahresberichte für 1883.

wurf über die Errichtung eines Corps der Festungs-Artillerie vor, welcher jedoch nicht zur Berathung und Votirung gelangte, sondern nach Uebernahme des Kriegsministeriums durch den Divisionsgeneral Thibaudin zurückgezogen und durch einen neuen ersetzt wurde. In beiden Entwürfen wurde die Aufstellung von 16 Bataillonen Fuß - Artillerie unter gleichzeitiger Aufhebung der bisher im Innern Frankreichs dislocirten Fuß-Batterien beantragt, welche bisher den ersten Der Regimentern der bestehenden 19 Artillerie - Brigaden zugetheilt waren. Gefeßentwurf des Kriegsministers Thibaudin unterschied sich aber dadurch wesent lich von dem seines Vorgängers, daß die Formirung der neuen Festungs -Artillerie lediglich der Kostenersparniß wegen unter Aufhebung des Artillerie-Trains vor sich gehen sollte. Die Berathung des Thibaudinschen Entwurfes veranlaßte, besonders im Senat , in dem sich der General Billot als entschiedener Gegner desselben bekannte, lebhafte Debatten, wurde aber schließlich mit geringer Majorität genehmigt . Als Staatsgesetz ist der neue Entwurf des Kriegsministers Thibaudin am 24. Juli publicirt worden, welcher in der bisherigen Organisation und Formation der Artillerie wesentliche Veränderungen herbeiführt. Die dem Gesetz vorgedruckten Motive besagen : „Die Herstellung unseres neuen Vertheidigungssystems ist ziemlich beendet und es erscheint geboten , ehne Zeitverlust eine Festungs- Artillerie zu organisiren, welche mit der Vertheidigung unserer festen Plätze und Küsten beauftragt ist. Das Cadregejet vom 13. März 1875 hat für diesen wichtigen Dienſt nur 57 Fuß-Batterien vorgesehen, von denen sich noch 12 permanent in Algerien detachirt befinden. Zur Verwendung in Frankreich sind demnach nur 45 Batterien disponibel. Aber schon im Frieden sollten 96 Batterien zur Vertheidigung des Territoriums vorhanden sein und müssen demnach 51 Batterien neu errichtet werden. Wir dürfen uns aber hierbei nicht der Nothwendigkeit verschließen, die Feld von der Festungs -Artillerie zu trennen. Wenn aber eine Trennung beider Artillerien im Interesse der Ausbildung erforderlich ist, so ist dies nicht der Fall in Bezug auf das Offizierkorps . Für Offiziere, die eine längere Zeit dienen und die ihre Kenntnisse unausgesetzt erweitern müssen , ist es unerläßlich, daß fie sowohl beim Angriff und der Vertheidigung der festen Plätze als auch im Dienste der Feld-Batterien zu verwenden sind. Es wird die Zuſammenfassung der Batterien in Bataillone vorgeschlagen ; die Vertheilung der ersteren auf die einzelnen Festungen läßt die Organisation von Regimentern unthunlich erscheinen. Es ist zur besseren Handhabung des Commandos nothwendig , jeder Batterie einen Capitän 2. Klasse und einen Adjutanten zuzutheilen. Die Effectivſtärke jeder Fuß-Batterie muß im Intereffe der Ausbildung mindestens 129 Köpfe be= tragen. Die Aufstellung von 16 Bataillonen Festungs -Artillerie würde eine Vermehrung der Artillerie um 329 Offiziere , 8511 Unteroffiziere und Mann und 300 Pferde nothwendig machen , deren Unterhaltung jährlich einen Kosten aufwand von 5 Millionen Francs verursacht. Um aber dem Lande neue Geld opfer zu ersparen, glauben wir in den Bestandtheilen des Artillerie-Trains die Mittel zur Errichtung einer Festungs-Artillerie zu finden. Der Artillerie- Train, trotz seiner Vortheile im Friedensdienst wie bei einer Mobilmachung , kann als absolut nothwendig nicht erachtet werden. Es wird daher die Aufhebung dieses Trains vorgeschlagen, dessen Dienst im Frieden von der Feld-Artillerie und dem train des équipages versehen werden kann und dessen Formationen im Kriege von der Feld-Artillerie zu stellen sein werden . Frankreich ist übrigens der einzige Staat, welcher im Frieden so zahlreiche Traintruppen unterhält. "

I

Heerwesen Frankreichs.

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Das Gesetz selbst lautet: 1. Artikel. Artikel 5 des Gesetzes vom 13. März 1875 , betreffend die Zusammen setzung und Etats der Cadres der activen und Territorial-Armee, wird aufgehoben. 2. Artikel. Die Artillerie besteht aus : 16 Fuß- Artillerie Bataillonen à 6 Compagnien, 38 Feld-Artillerie-Regimentern , 19 Brigaden formirend, jedes Armee-Corps eine Brigade ; das erste Regiment jeder Brigade besteht aus 12 fahrenden Batterien , das zweite aus 8 fahrenden und 3 reitenden Batterien ; 2 Pontonnier- Regimentern jedes zu 14 Compagnien ; 10 Artilleriehandwerker Compagnien , beauftragt mit der Herstellung des Materials der Artillerie , des Genies und des Trains , soweit dieselbe nicht der Privatindustrie übertragen wird; 3 Feuerwerker- Compagnien. 3. Artikel. Es werden aufgehoben : die 45 in Frankreich vorhandenen Fuß Batterien, die den 19 Brigaden attachirten 57 Artillerie-Train- Compagnien. 4. Artikel. Das Personal der aufgehobenen Batterien und Compagnien kommt bei der Reorganisation wieder mit zur Verwendung und wird zur Feld oder Festungs -Artillerie versetzt. Die Offiziere des Artillerie-Trains werden nach ihrer Anciennität in die Artillerie einrangirt. 5. Artikel. Die Zusammensetzung und Etats der Cadres ergiebt die bei= gefügte Tabelle. 6. Artikel. Kriegsministerielle Reglements werden die Ausführungsbestim = mungen für dieses Gesetz enthalten. 7. Artikel. Der Dienst der Artillerie bei der Armee von Africa wird bis zur definitiven Organisation derselben von den gegenwärtig dert detachirten 12 Batterien versehen , welche provisorisch von den Regimentern, zu denen sie gehören, adminiſtrirt werden . 8. Artikel. Alle diesem Geseze entgegenstehenden früheren Gefeße, Decrete und Reglements sind aufgehoben. Nach der dem Gesetze beigefügten Tabelle Nr. 1 hat ein Fuß-Artillerie Bataillon nachstehende Zusammensetzung: Stab: 1 Escadronchef als Commandant mit 2 Pferden, : 1 Pferd 1 Capitänmajor : 1 1 Lieutenant als Zahlmeister . : : 1 als Bekleidungsoffiz. ፡ 1 = 1 = 1 médecin-major 2. Klasse 1 Brigadiertrompeter, 1 Waffenschmied, 3 maréchaux des logis (Wagenmeister, Magazinverwalter, Secretär), 1 Fourier, 5 Brigadiers (Schreiber, Handwerker, Fechtmeister), 5 Kanoniere (Schreiber und Handwerker) zuſammen 5 Offiziere mit 6 Reitpferden, 16 Unteroffiziere und Kanoniere. Jede der 6 Compagnien besteht aus : 1 1 Capitäncommandant mit 1 Pferd, : 1 1 Capitän 2. Klasse mit . 1 ፡ 1 1 Lieutenant en premier mit F = 1 Lieutenant en second oder Souslieutenant mit 1 1 Adjutant, 1 maréchal des logis chef, 7 maréchaux des logis, 1 Fourier, 8 Brigadiers, 5 Feuerwerkern, 4 Holzarbeitern, 2 Trompetern, 100 Kanonieren, davon 1/3 der ersten Klasse, zusammen 133 Köpfe und ein Soldatenkind.

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Militärische Jahresberichte für 1883. Ein Fuß-Artillerie-Bataillon hat demnach folgenden Etat : 29 Offiziere mit 30 Reitpferden, 190 Unteroffiziere, Brigadiers und Mannſchaften der Cadres, 600 Kanoniere, 6 Soldatenkinder.

Auch die Etats der beiden Feld-Artillerie-Regimenter jeder Brigade ändern sich nach Tabelle 2 ab und zählt : das 1. Regiment das 2. Regiment 8 8 Höhere Offiziere 52 56 Offiziere 401 Unteroffiziere und Mannschaften der Cadres 434 840 776 Kanoniere 98 92 Offizierpferde 271 339 Reitpferde 384 340 Zugpferde

7 Die Pontonnier - Regimenter , die ArtilleriehandwerkerCompagnien behalten ihre bisherige Zusammensetzung.

und Feuerwerker

II . In Abänderung und Vorbereitung befindliche Geſche. 1) Das Rekrutirungsgeset. Der am 25. März 1882 vom Kriegsminister Billot der Volksvertretung vorgelegte Gesetzentwurf, die Abänderung des Rekrutirungsgesetzes vom 27. Juli 1872 betreffend, ist nicht, wie erwartet und von der Regierung gewünscht wurde, zur parlamentarischen Discussion und Votirung gelangt , sondern wieder zurück gezogen worden. An seine Stelle trat Anfang Mai ein in der Armee-Commiſſion bearbeiteter Gesetzentwurf, mit welchem sich der frühere Kriegsminister Thibaudin im Wesentlichen einverstanden erklärt haben soll. Aber auch dieser Entwurf theilte ――― im Jahre 1883 das Schicksal seiner Vorgänger er gelangte nicht zur Be rathung und so ist denn wiederum die allseitig als dringend nothwendig aner kannte Abänderung des bisherigen Rekrutirungsgesetzes verschoben worden. Der Kriegsminister Campenon erklärte aber gelegentlich der Berathung des Kriegs budgets in der Deputirtenkammer, daß im Laufe des Jahres 1884 das neue Rekrutirungsgesetz das Parlament beschäftigen werde. L'Avenir militaire ent hält in den Nummern 864 und 865 vom 21. und 26. Mai im Wortlaut den Gefeßentwurf, welchem ebenfalls die dreijährige Dienstzeit in der activen Armee unter Aufhebung der Institution der Einjährig-Freiwilligen zu Grunde gelegt ist.

2) Das Avancementsgeseß. Nachdem der General Thibaudin den von seinem Vorgänger, General Billot, eingebrachten Entwurf eines Avancementsgesetzes bald nach seinem Amtsantritt zurückgezogen hatte, legte er am 15. Mai einen neuen Geſeßentwurf vor, welcher aber nicht zur parlamentarischen Berathung gelangte, sondern am 25. October durch einen im Namen der Armee- Commiſſion vom Deputirten Marquis de Roys bearbeiteten Entwurf ersetzt wurde. Derselbe schließt sich im Wesentlichen an die Bestimmungen des Gesetzes vom Jahre 1832 an und wird, wie sich der Kriegs minister Campenon mehrfach geäußert hat, im Jahre 1884 zur Berathung kommen. Neu find folgende Festsetzungen des Berichterstatters Roys : „ Niemand darf zu einem höheren Grade befördert werden, der nicht die erforderliche Quali fication hierzu besitzt. Die Corporale und Brigadiers dürfen schon nach vier monatlicher Dienstzeit in dieſen Chargen zum Unteroffizier befördert werden .

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Die Beförderung der letzteren zu Offizieren findet nur nach Wahl statt, nachdem dieselben mindestens zwei Jahre als Unteroffiziere in der Truppe activ gedient, eine Militärſchule besucht und die vorgeschriebenen Prüfungen bestanden haben. Die bisher schon bei der Artillerie und dem Genie gültige Bestimmung , daß die Souslieutenants nach zwei Jahren zu Lieutenants aufrücken , wird auch auf die anderen Waffen übertragen. - Das Avancement zum Capitän und zum höheren Offizier ist von dem Beſtehen wiſſenſchaftlicher Prüfungen abhängig, welche vor besonderen Commissionen abzulegen sind. Dieselben sollen aus einem General inspecteur und zwei höheren Offizieren, die nicht dem Armee- Corps des betreffenden Examinanden angehören , dem Commandanten der Brigade und dem des Truppen ―― theils bestehen. In die jährlich bis zum 31. März aufzustellenden Beförderungs listen dürfen nur diejenigen Offiziere eingetragen werden, welche sich in der ersten Hälfte der Anciennitätsliste befinden. Für Capitäns , welche das brevet d'état major erlangt haben, gelten einige andere Bestimmungen ; dieselben brauchen sich keinem Examen zu unterwerfen und dürfen sich bei Aufnahme in die Beförderungs liste in den ersten zwei Dritteln der Anciennitätsliste ihrer Charge befinden. Ein Drittel der Vacanzen in der Capitänscharge wird durch Avancement nach Die der Anciennität , der übrige Theil durch Avancement nach Wahl besetzt. Beförderung zu den höheren Chargen vom Bataillonschef an aufwärts findet nur nach Wahl und hinsichtlich der Obersten und Generale auf Grund der vom conseil supérieur de la guerre aufgestellten Qualificationslisten statt. - Bei vorhandener Unfähigkeit zu weiterer Beförderung werden nach 25jähriger Dienſt zeit die Lieutenants und Capitäns ex officio verabschiedet, treten zu den Offi zieren der Reserve über und erhalten eine pension proportionelle. 3weijährige Dienstzeit in der Reserve wird in diesem Falle bei der definitiven Verabschiedung einem Jahre Dienstzeit in der activen Armee gleichgerechnet und demnach die pension de retraite berechnet. Der neue Entwurf wird von der Armée française vom 9. December Nr. 286 und dem Progrès militaire vom 3. November Nr. 314 als der gerechteste und rationellste der bisher vorgelegten Geſetzentwürfe erklärt und seine baldige Votirung im Interesse der Offiziere dringend gewünscht.

3) Gefeßentwurf , die Aufstellung einer Armee von Africa und die Err chtung eines Reserve - Expeditions - Corps betreffend . Die beiden im Laufe des Jahres 1883 der Volksvertretung von dem Baron Reille im Namen der Armee-Commiſſion und dem früheren Kriegsminister Thibaudin vorgelegten Geseßentwürfe, betreffend die Aufstellung einer Armee von Africa bezw. die einer Colonial-Armee und die Errichtung eines Reserve - Expeditions Corps haben ebenfalls ihre Erledigung nicht gefunden. Beide Entwürfe wurden aber wieder zurückgezogen und wurde im December vom Kriegsminister Campenon der Armee-Commiſſion zur Berathung ein neuer Gesetzentwurf vorgelegt, welcher sich im Wesentlichen von dem seines Vorgängers nur hinsichtlich der Zusammensetzung des Expeditions-Corps und der Bedingungen für die zulässigen Rengagements unterscheidet.

Die Armee von Africa soll bestehen aus : 4 Jäger-Bataillonen zu je 5 Compagnien einschl. 1 Depot-Compagnie, 4 Zuaven = Regimentern zu je 6 Bataillonen à 4 Compagnien und 2 Depot-Compagnien,

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Militärische Jahresberichte für 1883. 4 Algerischen Tirailleurs - Regimentern zu je 4 Bataillonen à 4 Com pagnien und 2 Depot-Compagnien, 4 Bataillonen leichter Africanischer Infanterie zu je 4 Compagnien und 1 Depot-Compagnie, 2 Regimentern der Fremden-Legion zu je 4 Bataillonen à 4 Compagnien und 1 Depot-Compagnie, 5 Disciplinar-Compagnien ; 4 Regimentern Chaffeurs d'Afrique zu je 8 Escadrons , ፡ 4 Spahis zu je 6 Escadrons, 3 Compagnien Remontereitern ; 4 Bataillonen Artillerie , jedes aus 1 Fuß-, 2 Gebirgs- und 1 fahrenden Batterie bestehend, 1 Detachement Pontonniere, = 1 Feuerwerker, = Artillerie-Arbeiter ; 1 4 1 4 9

Compagnien Sappeurs-Mineurs , = -Conducteurs ; Detachement Train-Escadrons zu je 4 Compagnien ; Sectionen Verwaltungs -Truppen.

Die 8 neu zu errichtenden Zuaven - Bataillone und 4 vom Kriegsminister bezeichnete Batterien sollen das Reserve- Expeditions - Corps bilden. Die Französische Armee würde bei Genehmigung dieses Geseßentwurfs eine Vermehrung um 19 Infanterie-Bataillone, 8 Escadrons, 16 Batterien, 4 Genie und 16 Train-Compagnien erfahren.

4) Gesezentwurf, die Aufhebung der Institution der Soldatenkinder bei den Regimentern und die Errichtung von sechs vorbereitenden Militärschulen betreffend. Am 15. Mai vom Kriegsminister der Volksvertretung vorgelegt, wurde der selbe Anfang November durch einen vom Deputirten Ballue im Namen der Armee-Commission eingebrachten Geſetzentwurf erſezt. Die Motive beider Geſeß entwürfe sprechen sich in ähnlichem Sinne aus , daß das bisherige System der Unterhaltung und Erziehung der Soldatenkinder nicht das richtige sei und nur mittelmäßige Ergebnisse in Bezug auf den Erfaß von Unteroffizieren liefere. Bei Durchführung des Ballueschen Entwurfes und es wird die parlamentarische Genehmigung desselben als sicher bevorstehend bezeichnet - würde gegen die jetzigen Ausgaben für die Soldatenkinder eine Ersparniß von über 400 000 Frcs. erzielt werden. Der erstere enthält folgende bemerkenswerthe Bestimmungen : Die Söhne von Soldaten , Unteroffizieren und den diesen Gleichgestellten, denen durch die Adminiſtrationsräthe der Truppentheile die Eigenſchaft als Soldaten kinder beigelegt ist , bleiben bis zum 12. Lebensjahre in den Familien , erhalten keine Lebensmittel in natura, sondern dafür eine Entschädigung, welche für Knaben in dem Alter von 2 bis 4 Jahren 100, von 4 bis 7 Jahren 150 , von 8 bis 12 Jahren Auch Söhnen von Offizieren , die verstorben sind, 180 Frcs. jährlich beträgt. können gleiche Vergünstigungen gewährt werden. Es sollen sechs vorbereitende Militärschulen errichtet werden , vier für Infanterie , je eine für Cavallerie und Artillerie, in denen die Knaben vom vollendeten 12. Lebensjahre ab auf Staats kosten eine Erziehung erhalten , die sie befähigt , später ihrem Vaterlande in der Armee nützliche Dienſte leiſten zu können. Der Aufenthalt in den Schulen dauert

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fünf Jahre , nach welchem die Eleven fünf Jahre in der activen Armee fort zudienen verpflichtet sind . Ein Decret wird die Organiſation dieser Schulen und die Zahl der in jede derselben aufzunehmenden Knaben festsetzen. (Moniteur de l'Armée vom 15. November Nr. 92.) Zur Aufnahme der vorbereitenden Militärschulen sind von der Regierung nachstehende Orte gewählt worden: Rambouillet , Montreuil sur Mer, Bayeux, Bagnols sur Cèze, Pézénas und Bourges. III. Neue Reglements von hervorragender Bedeutung. 1 ) Règlement sur le service dans les places de guerre et les villes de garnison. Am 23. October hat der Präsident der Republik das vom Kriegsminister vorgelegte neue Reglement über Handhabung des Dienstes in den festen Plätzen und Garnisonen genehmigt , welches das bis dahin maßgebend gewesene Decret In 8 Abschnitten , 42 Capiteln und vom 13. October 1863 ersetzen soll. 353 Artikeln enthält das neue Reglement die Bestimmungen über die Commando führung in den Garnisonen , über den Garnisonwachdienst , über die Thätigkeit des Gouverneurs in Festungen vor und nach Beginn einer Belagerung, über die Rangordnung der Offiziere und Beamten , die Ehrenbezeugungen und die mili tärischen Begräbniſſe.

1. Abschnitt. -

Erklärungen.

Jm 1. Capitel wird zunächst eine Erklärung des Begriffs „place de guerre" gegeben, unter welchem alle mit einer Enceinte mit und ohne detachirte Forts umschlossenen befestigten Städte und die isolirten Forts bezeichnet werden. Diese places de guerre, welche nach einem besonderen Gesetze classificirt sind , können sich im Friedens-, im Kriegs- oder im Belagerungszustande befinden . 2. Abschnitt. - Commandoführung. Derselbe behandelt die Thätigkeit der Gouverneure und Commandanten in den festen Plätzen und Garniſonen. Es wird in den festen Plähen der Garnison dienst von dem Dienst der Vertheidigung getrennt ; ersteren leitet der rangälteste Offizier (Offizier der Gendarmerie ausgenommen ), letzteren ein vom Präsidenten der Republik ernannter , den Generalen der Land- oder See- Armee oder den activen Offizieren entnommener Gouverneur, welcher diesen Titel erst bei Beginn der Mobilmachung anzunehmen hat, bis dahin aber nur als „ designirter Gouver neur" bezeichnet wird. Pensionirte Generale dürfen ausnahmsweise zu Gouver neuren ernannt werden, wenn sie höchstens fünf Jahre vorher den activen Dienst verlassen haben. Der mit der Vertheidigungsleitung beauftragte Offizier muß einen höheren oder denselben Grad haben wie der Commandant der Garnison ; letterer ist aber stets dem ersteren unterstellt.

3. Abschnitt. - Friedenszustand. Die Vorbereitungsarbeiten für die Vertheidigung der Festungen und iſolirten Forts leiten im Frieden besondere Inspectionen der Vertheidigungsgruppen , zu welchen die Befestigungsanlagen zusammengefaßt werden, jedoch treten bei Erlaß der Mobilmachungsordre die Gouverneure sofort unter ihrer vollen Verantwort lichkeit in Thätigkeit. Dieselben haben sich schon im Frieden mit den Vertheidigungs verhältnissen der ihnen im Kriege anvertrauten Festung bekannt zu machen und

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Militärische Jahresberichte für 1883.

die Befestigungsanlagen, die Etablissements, das Material der Artillerie und des Genics, welches zur Ausrüstung des Platzes gehört , sowie die Proviantmagazine zu besichtigen. Auch sind sie von den Armee - Corpscommandanten und den commandants d'armes - diese Bezeichnung führen die Garnisonältesten von allen kriegsministeriellen Anordnungen in Kenntniß zu sehen , welche sich auf die Befestigungen , das Material und die Ausrüstung der betreffenden Festung beziehen. In jeder Festung und in jedem isolirten Fort bearbeitet eine jährlich an dem betreffenden Ort zusammenberufene commission de défense - aus dem de fignirten Gouverneur, dem Commandanten der Artillerie des Arrondissements, dem Geniedirector und einem höheren Intendanzbeamten bestehend – den Vertheidigungs und Mobilmachungsplan. Nur im Ausnahmefalle darf ein designirter Gouverneur, ohne diese Commission zusammen zu berufen , unter Vermittlung des General Commandanten der Region und des Inspecteurs der Befestigungsgruppe Vor schläge über die Vertheidigungsinstandsetzung der Festung an den Kriegsminister einreichen. (Der Wirkungskreis eines designirten Gouverneurs im Frieden scheint demnach ein ziemlich eingeschränkter und unſelbſtändiger zu sein. ) Die Dienstgeschäfte des commandant d'armes, dem ein major de garnison beigegeben ist, sind die gleichen geblieben wie im Decret vom Jahre 1863, jedoch ist hervorzuheben, daß das Recht, militärische Hülfe von den Wachen zu requiriren was stets schriftlich und unter Angabe des Grundes zu geschehen hat , außer den Präfecten, den Maires und deren Adjuncten, auch den Polizei Commissaren, den Staatsanwälten an den Tribunalen , sowie den Instructions- und Friedens richtern zusteht. Wird militärische Hülfe requirirt, so bleibt dem Commandanten die Wahl und Ausführung der erforderlichen Maßregeln selbständig überlassen. Dem Artikel 67 über Verantwortlichkeit des Wachcommandanten für Erhaltung der öffentlichen Ordnung ist der § 234 des Strafgesetzbuches beigefügt , nach welchem jeder Offizier oder Unteroffizier mit Gefängniß von ein bis drei Monaten bestraft werden soll, der den Civilbehörden die in legaler Weise geforderte Unter stützung verweigert. Die Thätigkeit der Militär-Polizei , welche sich auf alle im Reglement an geführten Angelegenheiten der öffentlichen Ordnung, des Dienstes in der Garniſon, auf den Schutz der Befestigungsanlagen und Militär- Etabliſſements , sowie auf die Beaufsichtigung der Truppen in polizeilicher Hinsicht zu erstrecken hat, ist eine sehr ausgedehnte. Ferner ist dem commandant d'armes die leberwachung der pensionirten und der Offiziere en réforme , welche in Uniform erscheinen , sowie des Anzugs der Offiziere der Reserve und der Territorial- Armee übertragen. Zu dessen Obliegenheiten gehört auch die Ausübung einer fortgesetzten Controle in Der 3. Abschnitt den Casernen, Arrestlocalen , Hospitälern und Wachgebäuden. enthält ferner die allgemeinen Bestimmungen über den Garnisonwachdienst , den Dienst der Ronden und Patrouillen , über die vom Commandanten zu unter haltenden Beziehungen zu den Civilbehörden und über die Ausführung der Ere cutionen. Kriegszustand. 4. Abschnitt. Für die festen Plätze tritt der Kriegszustand mit Erlaß der Mobilmachungs ordre ein. Der designirte Gouverneur übernimmt sofort das Commando über die Festung und constituirt das Comité für Ueberwachung der Approvisionnements und den conseil de défense. Nicht zur eigentlichen Garnison gehörende Truppen theile werden nur als vorübergehend in der Festung anwesend betrachtet. Sämmt liche verdächtig erscheinende Perſonen fremder Nationalitäten müſſen ſchleunigst

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aus der Festung entfernt werden. Die Feuerwache des Ortes und sämmtliche Handwerker, welche bei Bekämpfung von Feuersbrünsten verwendet werden können , sollen der Autorität des Gouverneurs unterstellt und beziehungsweise in Com pagnien oder Sectionen formirt werden. Die Gouverneure der Festungen und isolirten Forts sind den General Commandanten der Armeen oder Armee-Corps unterstellt, wenn diese im Bereiche der festen Plätze operiren ; doch dürfen die Truppen-Commandeure keinesfalls über die Lebensmittelvorräthe und Theile der Garnison verfügen , sowie Requisitionen im Rayon der Befestigungen vornehmen. Wenn eine Festung mit einer Be lagerung bedroht erscheint, müssen der Gouverneur und die Mitglieder des Ver theidigungsraths ihre Familienangehörigen entfernen. 5. Abschnitt. - Belagerungszustand. Wenn der Belagerungszustand erklärt ist (diese Erklärung erfolgt durch Gesetz, Decret oder unter besonderen näher präciſirten Umständen durch den Gouverneur des betreffenden Plakes), gehen die Befugnisse der Civilverwaltung in Bezug auf die Erhaltung der öffentlichen Ordnung und Ruhe auf die Militär- Autorität über. Befinden sich im Plaße nicht zur Garnison gehörende Truppentheile, ſo ſind die selben zum Dienste der Vertheidigung mit zu verwenden und hat der Commandant derselben den Requisitionen des Gouverneurs in dieser Hinsicht unbedingt Folge zu leisten. Im Artikel 208 wird über die Verantwortlichkeit des Gouverneurs gesagt : „Der Gouverneur einer Festung darf nie vergessen , daß er eines der Bollwerke des Vaterlandes , einen Stützpunkt für die eigenen Armeen, vertheidigt, und daß von der Uebergabe eines Plates , selbst wenn es sich nur um einen Tag handelt, das Schicksal des Landes abhängen kann. Er muß deshalb taub bleiben gegen alle Gerüchte und alle vom Feinde ihm zugehenden Mittheilungen und sich nur nach den Instructionen des vom Kriegsminister genehmigten Vertheidigungsplans richten. Der Gouverneur muß wissen , daß die Militärgeseze denjenigen Offizier zur Degradation und zur Todesstrafe verurtheilen, welcher schuldig befunden wird, capitulirt zu haben, ehe die Mittel der Vertheidigung gänzlich erschöpft sind und wenn er nicht Alles gethan hat, was die Ehre und die Pflicht gebieten. " Gleiche Pflichten und Verantwortlichkeit haben auch die Commandanten der detachirten und isolirt gelegenen Forts . Wenn ein Gouverneur glaubt, daß die ihm anvertraute Festung nicht mehr länger zu halten ist, so hat er den conseil de défense zu berufen und mit ihm die Mittel und Wege zur Verlängerung des Widerstandes zu berathen. Die Mitglieder desselben geben einzeln , der jüngste Offizier zuerst , ihre Anſicht ab, aber der Gouverneur entscheidet allein und unter persönlicher Verantwortlichkeit über die Capitulation. Ist die letztere unvermeidlich geworden , so darf er sich nicht von seinen Offizieren und Soldaten trennen und muß ihr Loos theilen. In keinem Falle darf aber der Platz dem Feinde übergeben werden, bevor nicht die Fahnen vernichtet sind. Der schon mehrfach erwähnte conseil de défense setzt sich zusammen aus dem Gouverneur, den Commandanten der Artillerie und des Genies, dem Inten danten und zwei Obersten bezw. den zwei ältesten Offizieren der Besatzung. Befindet sich ein General in der Festung, so tritt derselbe an Stelle eines Obersten mit in den Conseil ein, von mehreren anwesenden Generalen jedoch nur der Dienstälteste. In jedem Fort wird in ähnlicher Zusammensetzung ein Vertheidigungs rath constituirt , jedoch fällt der Intendant weg und tritt zu demselben nur der älteste Truppenoffizier.

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Außerdem wird bei Eintritt des Belagerungszustandes ein comité de sur veillance des approvisionnements de siège errichtet , aus sieben Offizieren und Beamten und dem Maire des Plates bestehend. Letzterer wird jedoch nur in das Comité berufen, wenn die Festung auf Französischem Territorium liegt. Der Wirkungskreis dieser Behörde erstreckt sich auf Revision der Lebensmittel vorräthe, Vornahme und Vertheilung der Requisitionen und auf Feststellung aller verfügbaren Bestände in der Festung, auch an Heizungs- und Beleuchtungsmaterial. In gleicher Weise läßt der Gouverneur durch die Civilobrigkeit die vorhandenen Bestände in der Bevölkerung überwachen , ordnet die nöthigen Requisitionen an und bedient sich nach seinem Ermessen aller in der Stadt disponiblen Hülfsmittel, um die Vertheidigung verlängern zu können. Jeder Offizier, welcher einen Platz, dessen Commando ihm anvertraut war, übergeben hat , muß später sein Verhalten vor einem Vertheidigungsrath_recht fertigen. Letzterer soll aus einem Marschall oder Diviſionsgeneral als Präsidenten und vier Mitgliedern im Range von Generalen bestehen , doch dürfen diese nicht der Garnison des Plates angehört oder in dessen Nähe operirt haben. Der Zustand der Festung vor der Belagerung, das disponible Kriegsmaterial , das Verhalten des Gouverneurs und der Besatzung, überhaupt alle Thatsachen, welche von Einfluß auf die Vertheidigung gewesen sind, sollen eingehend geprüft werden. Der Untersuchungsrath entscheidet mit Stimmenmehrheit, ob der Gouverneur Lob oder Tadel verdiene und legt sein Votum durch den Kriegsminister dem Präsidenten der Republik vor, der seinerseits zu entscheiden hat, wenn gegen einen Gouverneur die Bestimmungen des Artikels 99 des Militär- Strafgesetzbuches Anwendung finden jollen. 6. Abschnitt. Dienst in den Kriegshäfen. In den Kriegshäfen werden zu Gouverneuren die Vice- Admirale und Marine präfecten designirt, während im Frieden die Geschäfte eines commandant d'armes von dem rangältesten Offizier der Land-Armee versehen werden. Ueber den Wirkungs kreis des Gouverneurs, die Zusammensetzung des conseil de défense, über den Dienst der Truppen der Land- und See-Armee gelten analoge Bestimmungen wie sie im 5. Abschnitt angegeben sind.

7. Abschnitt. - Rangordnung der Offiziere und Truppentheile. In diesem Abschnitt werden die Plätze bezeichnet, welche die einzelnen Offi ziere und Behörden bei öffentlichen Ceremonien einzunehmen haben. Außerdem wird die Ordre de bataille angegeben, nach welcher sich bei Paraden, Revuen x. die Truppentheile formiren sollen. 8. Abschnitt. - Ehrenbezeugungen. Aus diesem Abſchnitt , in welchem in eingehendster Weise die Vorschriften über die verschiedenartigen Ehrenbezeugungen mitgetheilt werden , seien_nur_die jenigen Angaben hervorgehoben, welche allgemeineres Interesse beanspruchen. Die Öffiziercorps , die Offiziere sans troupe, die Beamten im Offizier range auch die Roßärzte, Dolmetscher, Archivisten, die Militärgeistlichkeit, die gardes de l'artillerie und die adjoints du génie --- haben officielle Besuche bei den Generalen , den höheren Militär- und Staatsbeamten ihrer Garnison abzustatten. Unter den leztgenannten , welchen diese reglementsmäßige Ehren bezeugung zusteht , werden die Minister , die Würdenträger der Kirche, die ersten Präsidenten an den Appellhöfen und die Präfecten mit aufgeführt. Die Reihen folge bei diesen Besuchen ist genau vorgeschrieben.

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Die Wachen treten ins Gewehr nicht nur vor den Generalen, sondern auch vor den Präfecten und höheren Staatsbeamten , den Senatoren , Staatsräthen, Deputirten , wenn sie in officiellem Costüm erscheinen und als Körperschaft oder als Deputation auftreten. Die militärische Ehrenbezeugung einzelner Offiziere und Soldaten besteht in dem Anlegen der rechten Hand an die Kopfbedeckung. In gleicher Weise grüßen auch einzelne Reiter. Jedem Wachposten kommt von den vorübergehenden Militärpersonen dasselbe Honneur zu, marschirende Abtheilungen faffen vor ersterem das Gewehr an. Der service religieux , welcher im Decret vom Jahre 1863 in sehr ein gehender Weise behandelt war und die Bestimmungen über die Theilnahme der Truppen bei kirchlichen Feierlichkeiten enthielt, ist im neuen Reglement nicht mehr erwähnt worden , wie auch den Würdenträgern der Kirche keine militärischen Honneurs außer den officiellen Besuchen zu erweisen sind. Militärische Ehren bei Leichenbegängnissen kommen auch den verstorbenen Miniſtern , Kammerpräsidenten , Präfecten und den Inhabern der verschiedenen Klaffen des Ordens der Ehrenlegion zu. Dem Reglement ist eine ausführliche Instruction für die Wachposten bei gefügt. Ersteres ist im Wortlaut mitgetheilt im Journal officiel, partie règle mentaire No. 87.

2 ) Règlement sur le service des armées en campagne. Das neue , am 26. October genehmigte Reglement über den Felddienst ersezt die Königliche Ordonnanz von 1832 und enthält in 17 Abschnitten und 288 Artikeln die Bestimmungen und Grundsätze über die Organisation der Armee, die Cantonnements, Biwaks und Lager, über den Aufklärungs-, Marsch= und Sicherheitsdienst, über den kleinen Krieg, über das Gefecht der verſchiedenen Waffen, über Angriff und Vertheidigung der festen Plätze.

1. Abschnitt. - Die Organisation der Armee im Felde. Das Armee - Corps, nicht mehr die Division , aus allen Waffen und noth wendigen Behörden bestehend und stets zu einer Mobilmachung bereit , bildet die Basis bei Formirung der Armeen. Die nicht den Armee - Corps zugetheilten Regimenter der Cavallerie werden in Brigaden und Divisionen bezw . ausnahms weise in Cavallerie = Corps zusammengefäßt , welche zum Aufklärungsdienste vor den Armeen und als Cavallerie-Reſerven Verwendung finden. Der General en chef einer Armee , ein Marschall oder ein Divisionsgeneral, kann seine Truppen zeit weise in rechten und linken Flügel, Centrum und Reserve eintheilen. Der Kriegs minister überträgt dem General en chef einen Theil der ihm im Frieden allein zustehenden administrativen Vollmachten. Der Chef des Generalstabes führt, wenn mehrere Armeen unter gemeinschaftlichem Oberbefehl vereinigt sind, den Titel eines Majorgenerals ; unter gleichen Verhältnissen werden die höchsten Commando und Verwaltungsbehörden mit dem Namen Generalinspection der Artillerie , des Genies , der Intendanz und des Sanitätsdienstes bezeichnet. Die Obliegenheiten und Rechte der beiden zuletzt genannten Dienstzweige sind im Administrationsgesetz bezw. im Reglement über den Sanitätsdienst im Kriege näher angegeben. Die Organisation des Kassen- und Postdienstes, der Militär telegraphie , des Etappen- und Transportdienſtes und der Depots findet Er wähnung. Militärische Jahresberichte 1883 .

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2. Abschnitt. -

Ueber Befehlsertheilung.

Es werden ordres généraux und particuliers unterschieden. Zur Ueber bringung von Depeschen und wichtigen Aufträgen dürfen nur Offiziere Verwendung finden , die von dem Inhalt derselben in Kenntniß zu sehen sind. Besonders wichtige Befehle müssen durch mehrere auf verschiedenen Wegen entsendete Offiziere nach dem Ört ihrer Bestimmung gebracht werden. Ueber das Ver halten dieser Offiziere beim Zuſammentreffen mit dem Feinde, bei Erkrankungen « find genaue Anordnungen gegeben.

3. Abschnitt. -

Losung.

Dieselbe besteht aus zwei Worten , die in der Regel täglich wechseln. Das erste Wort ―――― mot d'ordre - joll den Namen eines berühmten Generals an= geben, das zweite mot de ralliement die Bezeichnung einer Schlacht, einer kriegerischen Tugend oder eines Ortes enthalten. Die Art und Weise, wie die Losung auszugeben ist sowie das Verfahren, wenn dieselbe dem Feinde bekannt geworden sein sollte, finden Erwähnung.

4. Abschnitt. — Cantonnements , Biwaks , Lager. Die Unterbringung der Truppen kann in Cantonnements , Biwaks oder Lagern erfolgen ; erstgenanntes Verfahren ist aber grundsätzlich so häufig als möglich anzuwenden. Mit den Vorarbeiten für das Beziehen eines Cantonne ments 2c., ist von jedem Truppentheil ein besonderes Commando, „ campement“ genannt, beauftragt. Zur Führung der Campements einer Division wird ein Generalstabsoffizier befehligt. Die Cantonnements können je nach der Dichtigkeit der Belegung weitläufige oder enge sein. Vom General en chef werden die zu belegenden Rayons den Armee - Corps genau bezeichnet , letztere vertheilen die Ortschaften auf die beiden Infanterie -Divisionen , die Cavallerie- Brigade , die Corps - Artillerie , Colonnen , und Verwaltungsbranchen. Es ist streng verboten , in die Cantonnements ein zurücken, ehe die Arbeiten der Campements beendigt sind. Von den taktischen Rücksichten und den Terrainverhältnissen ist es abhängig , ob die verschiedenen Waffen in Colonne oder Linie biwakiren. Bei der Infanterie erfolgt dies in der Regel in der Doppelcolonne, jeltener in der Linienformation ; bei der Cavallerie in Colonne in Escadrons oder in Linie. Eine Batterie biwakirt mit den Geschützen und Fahrzeugen in vier Linien hintereinander. Ueber Abstände , Anlegen der Kochlöcher und Latrinen , Plätze der Offiziere, Wagen und der Polizeiwachen, Etabliren des Stalles bei den berittenen Truppen theilen sind sehr eingehende Bestimmungen gegeben. Grundsätzlich soll nur biwakirt werden , wenn es die Umstände dringend er fordern. Die Biwaks der höheren Stäbe sollen möglichst in der Nähe der Truppen liegen , bei Tage durch eine Fahne , bei Nacht durch Laternen kenntlich gemacht werden. Die Offiziere müssen mit ihren Truppen biwakiren und dürfen ihr Lager ohne specielle Genehmigung des Commandanten des Biwaks nicht in be nachbarten Gebäuden aufschlagen. In jedem Cantonnement ist von dem ältesten Offizier ein Alarmplatz zu bestimmen , der aber für die Cavallerie außerhalb des Ortes und auf der dem Feinde abgewendeten Seite gelegen sein muß. Wenn die Truppen in der Nähe des Feindes biwakiren oder cantonniren , so sind den Brigaden und einzelnen Abtheilungen die Stellungen zu bezeichnen , welche im Falle eines Angriffs anzunehmen sind. Dieselben sind vorher von den höheren

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Offizieren zu recognosciren und wenn es die Verhältniſſe irgend gestatten , ſtark zu befestigen. Die Unterbringung der Truppen in Lagern findet nur statt , wenn es sich um längere Besetzung einer befestigten Position handelt. 5. Abschnitt. - Dienst in den Cantonnements und Biwaks . Die gegebenen Beſtimmungen über den inneren Dienst im Frieden , wenn solche den im neuen Reglement aufgeführten nicht entgegenstehen , sind auch in den Cantonnements und Biwaks aufrecht zu erhalten. Der Dienst der verschie denen Chargen wechselt aber nicht wochenweise wie in der Garniſon , ſondern täglich. Der älteste Offizier bestimmt die Zeit der Reveille , der Retraite und der Appells ; von letteren sollen täglich drei abgehalten werden. In der Nähe des Feindes dürfen keine Signale, ausgenommen das Alarmſignal, gegeben werden. Die gute Instandhaltung der Waffen, Munition und der Reserve - Lebensmittel bestände muß Gegenstand steter Fürsorge der Offiziere sein. Wenn die Truppen sich mehrere Tage in denselben Cantonnements 2c. befinden , so sollen Exercitien vorgenommen werden. Die Polizeiwache eines Infanterie-Regiments hat die Stärke einer Section, welche von der täglich zu befehligenden Compagnie du jour gegeben wird. Dieselbe stellt auch sämmtliche Arbeiter. Die erstere hat die Ruhe und Ordnung in den Cantonnements 2. aufrecht zu erhalten und detachirt einen poste de discipline , bei dem sich die bestraften Mannschaften aufzuhalten haben. Die Zahl der aufzustellenden Posten ist genau vorgeschrieben und soll bei einem Infanterie = Regiment im Cantonnement fünf, im Biwak zehn betragen. Ein höherer Offizier ist mit der Beaufsichtigung des gesammten inneren Dienstes beauftragt. Er giebt die nöthigen Anordnungen über Aufstellung von Pikets, über Entsendung von Ronden und Patrouillen und revidirt die Wachen und Posten.

-6. Abschnitt.

Von der Reihenfolge , in welcher der Dienst zu commandiren ist.

Dieser Abschnitt enthält nichts besonders Erwähnenswerthes. 7. Abschnitt.

Die Ernährung der Truppen im Felde.

Die Generale und Offiziere aller Grade sowie die Beamten der Intendanz müſſen mit der größten Sorgfalt auf die Sicherstellung der Verpflegung von Mann und Pferd bedacht sein. Die Reserveportionen sind nur ausnahmsweise anzugreifen und sollen zuerst alle Hülfsmittel des Landes , beschafft auf dem Wege der Requisition oder des freihändigen Ankaufs, zur Verpflegung der Armee benutzt werden. Die Zahl der jeder Militärperson zustehenden Portionen und ihre Zusammensetzung wird vom Kriegsminister bestimmt. Der Verpflegungs dienst zerfällt in die Beschaffung und in die Vertheilung der Lebensmittel. Die Proviantcolonnen (Convois) werden aus den großen Magazinen gefüllt und geben ihre Vorräthe an die Verpflegswagen der Regimenter ab. Im feindlichen Lande hat allein ein General en chef das Recht , Geldcontributionen auszu schreiben. Von der Beschaffung der Lebensmittel auf dem Wege der Requisition joll so oft als möglich Gebrauch gemacht werden. Die bezüglichen Ordres werden an die Civilobrigkeit gerichtet , von der die Waaren und Gegenstände durch Commandos abzunehmen sind. Wird den gestellten Anforderungen nicht ent sprochen, ſo find die einzelnen Ortſchaften und Häuſer abzuſuchen, ſtrenge Befehle 4*

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sind aber zu geben , daß den Bewohnern nur Lebensmittel, Fourage und Holz abgenommen werden dürfen. Von dem General en chef und den Armee-Corps commandanten soll , wenn es die Umstände gestatten , die Quartierverpflegung angeordnet werden, wofür aber im Feindeslande keine Geldentſchädigungen zu ge währen sind. Die vor der Armee oder den Colonnen operirende Cavallerie muß aber stets vom Lande leben.

8. Abschnitt. - Marschdienst . Um rasch aus der Marsch in die Gefechtsformation übergehen zu können , ist die Bildung von Colonnen , welche verschiedene Straßen zum Vormarsch zu benutzen haben, nothwendig. Die Colonnen dürfen nicht zu schwach sein, müſſen unter sich Verbindung halten und sich gegenseitig unterstützen können. Sie sehen sich zusammen aus den Truppen, den Gefechtstrains der letzteren , den Ambulancen, den Regimentstrains und den Convois. Die Wagen mit Munition und den Vorräthen, welche auf dem Schlachtfelde Verwendung finden, bilden den Gefechts train ; zu den Convois gehören die Colonnen der Adminiſtration , Lebensmittel und Bekleidungsstücke mit sich führend, der Artilleriepark, das mobile Remontendepot und die mobilen bezw. die stehenden Feldhofpitäler. Ueber die Marschordnung der Trains ist bestimmt : Den Truppen folgen unmittelbar die Gefechtstrains, dieſen die Regimentstrains. Die Convois marſchiren einen halben bis zwei Tagemärsche hinter den Truppen. Eine Colonne ist im Marsche zum Schuße und zur Aufklärung mit De tachements zu umgeben , welche je nach dem Plate , den sie einnehmen , mit den Namen Avant-, Arrière- oder Flankengarde bezeichnet werden. Abgesehen von dieſen Detachements fällt den vor den Armeen operirenden Cavallerie- Divisionen die wichtige Aufgabe zu , Fühlung mit dem Feinde zu suchen und dauernd zu erhalten, die Bewegungen desselben zu recognosziren , die eigene Armee aber vor überraschenden Unternehmungen des Gegners zu schützen. Der General der Cavallerie, welcher mit der Leitung des Aufklärungsdienstes beauftragt ist, erhält zwar allgemeine Instructionen , ist aber in der Wahl der Mittel und in seinen Anordnungen unbeschränkt. Eine zu weite Ausdehnung der Cavallerie in der Front ist zu vermeiden . Die Aufklärung erfolgt in der Regel durch Offiziers patrouillen, denen zunächst die Recognoscirungs- Escadrons folgen. Diese Escadrons -gewöhnlich zwei von jeder Division ― theilen sich in zwei gleich starke Theile, der eine giebt die zwei bis acht Mann starken Patrouillen, welche sich fortgesett vor der Front und in den Flanken des Feindes befinden sollen, der andere bildet die Reserve der Patrouillen. Aufgabe der letzteren ist, nicht zu kämpfen, sondern in Berührung mit dem Feinde zu bleiben, seinen Bewegungen zu folgen und Ge fangene zu machen. Werden die Patrouillen zurückgetrieben , so gehen sie auf ihre Reserven zurück und entziehen sich rasch der Verfolgung. Das Eingreifen des Gros der Cavallerie-Divisionen hängt von den Umständen ab. Der Aufklärungsdienst allein kann aber die Colonnen vor überraschenden Angriffen des Gegners nicht schützen ; diese Aufgabe fällt vornehmlich dem Sicher heitsdienst zu , bei welchem die Corps- Cavallerie-Brigaden Verwendung finden. Eine Brigade theilt sich zu diesem Zwecke in der Regel in zwei aus je einem Regiment bestehende Theile. Das eine Regiment giebt die Eclaireurs und eine denselben folgende Reserve , das andere bleibt geſchloſſen 2-3 km hinter der lepteren und ungefähr 10 km vor der Tête der Infanterie. Unabhängig von dem der Cavallerie übertragenen Aufklärungs- und Sicherheitsdienst haben die einzelnen Colonnen noch besondere Avantgarden in der Stärke von 13 bis 1

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des Ganzen zu formiren. Eine Avantgarde gliedert sich in Spiße , Tête und Gros. Die Abstände zwischen den einzelnen Echelons richten sich nach der Terrainbeschaffenheit, der Stärke der Avantgarde und dem Verhalten des Feindes. Die Flankengarden dienen zum Schuße der Colonnen gegen feindliche Unter nehmungen von der Flanke aus. Sie halten während des Marsches des Gros wichtige, in den Flanken liegende Positionen beſeßt , von denen aus die Be wegungen gestört werden könnten. Die Aufgabe der Arrièregarde besteht in der Deckung des Marsches der Colonne nach rückwärts . Die Anzahl und Stärke der Colonnen hängt von der Zahl und Beschaffenheit der zur Verfügung stehenden Straßen ab. Vom Feinde entfernt wird in breiter Front marschirt , um die Hülfsmittel des Landes in Bezug auf Verpflegung und Unterbringung möglichst ausnutzen zu können. Im Armee = Corps in einer Colonne zu marſchiren wird nur nothwendig sein, wenn die Verhältnisse den Marsch in Diviſionen nicht gestatten. Die Normalmarschordnung ist in der Regel die folgende :

1 ) Cavallerie - Diviſion ; a. Avantgarde : 1. Brigade, 1 Reitende Batterie (nur in dem Falle, wenn zur Zerstörung von Hinders niſſen von der Artillerie Gebrauch gemacht werden kann), 1 Detachement der Ambulance, der Requisitionsdienst ; b. Gros : Stab der Diviſion, 2. Brigade, 3 oder 2 Reitende Batterien, 3. Brigade ; e. Gefechtstrains der Diviſion; d. Arrièregarde: 1 bis 2 Escadrons der 3. Brigade; e. Regimentstrains. 2) Infanterie - Diviſion : a. Aufklärungs- und Sicherheitsdienst : Die der Infanterie- Diviſion attachirte Cavallerie; b. Avantgarde: Detachement der Cavallerie, 1. Infanterie-Regiment, Stab der 1. Brigade, 1/2 Genie-Compagnie, 1 oder 2 Batterien, Detachement der Ambulance, Lebensmittelwagen für die Cavallerie, Campements der Diviſion ; c. Gros : Stab der Diviſion, 1 Bataillon vom 2. Infanterie-Regiment, 3 oder 2 Batterien, 2 Bataillone vom 2. Infanterie-Regiment, 2. Brigade ; d. Gefechtstrains : Ambulance, Munitions- Sectionen, Gendarmerie- Detachement ; e. Arrièregarde: 2 Infanterie - Compagnien des an der Queue des Gros marſchirenden Bataillons ; f. Regimentstrains : Gendarmerie, Train des Hauptquartiers der Division, ፡ der Cavallerie, des Genies, = der 1. Brigade, : = : 2. : - Artillerie ; g. Convois mit Escorte.



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Militärische Jahresberichte für 1883. 3) Armee Corps :

a. Aufklärungs- und Sicherheitsdienst: Die Cavallerie-Brigade vorgeschoben; b. Avantgarde: Detachement der Cavallerie, 1. Infanterie-Brigade, Stab der 1. Division, 1/2 Genie- Compagnie der 1. Diviſion, 2 Batterien der 1. Division, Detachement der Ambulance, Lebensmittelwagen für die Cavallerie, Campements des Armee-Corps ; c. Gros : Stab des Armee-Corps, das Jäger-Bataillon, 2 Batterien der 1. Division, die 2. Infanterie- Brigade, - Ambulance der 1. Division, - Genie-Compagnie der Reserve, = Corps- Artillerie, Stab der 2. Division, 1/2 Genie-Compagnie der 2. Diviſion, die 3. Infanterie- Brigade, 4 Batterien der 2. Division, die 4. Infanterie-Brigade, die Ambulance der 2. Division; d. Gefechtstrains : der Genie-Park, 2 Munitions- Sectionen für Infanterie, ፡ Artillerie, 4 Brückenequipage, Gendarmerie- Detachement; e. Arrièregarde: 1 Infanterie-Bataillon; f. Regimentstrains ; die Colonnen mit Lebensmitteln an der Tête. g. Convois :

a. b.

c.

d. e.

4) Detachement aus allen Waffen formirt (2 Escadrons, 1 Infanterie-Brigade, 2 Batterien, Genie- Detachement) : Aufklärungs- und Sicherheitsdienst : 2 Escadrons ; Avantgarde : Detachement der Cavallerie, 2 Bataillone vom 1. Infanterie-Regiment, Genie-Detachement, 1 Batterie; Gros : Stab der Brigade, 2 Bataillone vom 1. Infanterie-Regiment, 1 Batterie, 2. Infanterie-Regiment, Detachement der Ambulance ; Arrièregarde: 1 Compagnie, Detachement der Cavallerie; Trains.

Die Marschbefehle sollen enthalten : Nachrichten vom Feinde, den Befehl für die eigenen Bewegungen, Zahl und Zuſammenſeßung der Colonnen, die Abänderungen von der Normalmarschformation , die eventuell von den Flankengarden zu be ſeßenden Positionen , Bezeichnung des Aufenthaltsorts des Commandanten der Colonne, Vertheilung der Cantonnements , Abmarschzeit der Convois und Angabe der Plätze, wo diese halten sollen. Außerdem ist noch, wenn möglich, die Stellung der Vorposten nach Beendigung des Marsches beizufügen. Zur Formation der Marschcolonnen ist eine vorherige Vereinigung aller Truppentheile nicht erforderlich, dieselben fügen sich an den vorher befohlenen Stellen nach Anweisung eines Generalstabsoffiziers in die Colonne ein. Die Marschgeschwindigkeit richtet sich nach der der Infanterie und sollen im Durch

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schnitt 4km in einer Stunde zurückgelegt werden. Nach je 50 Minuten Marsch ist ein Halt von 10 Minuten zu machen , bei dem nach der Tête aufgeschlossen wird. Große Halte sind nur zu machen, wenn es die Temperatur und die Länge des Marsches dringend erfordern. Unabhängig von der Arrièregarde ist lediglich zu polizeilichen Zwecken hinter jeder Colonne ein besonderes Detachement zu formiren. Eingehende Bestimmungen sind im Reglement gegeben über das Verhalten beim Zusammentreffen mehrerer Colonnen auf einer Straße, über die zu haltenden Verbindungen mit den Nebencolonnen, über die Ernährung der Truppen auf dem Marsche, über die Plätze , auf denen sich die Kranken , die Handpferde der Offi ziere, die unberittenen Mannschaften der Cavallerie und die maroden Pferde be= finden sollen. 9. Abschnitt. -Der Sicherheitsdienst. Derselbe umfaßt den Vorposten- und Recognoscirungsdienst. a. Allgemeines. Die Vorposten haben Nachrichten vom Feinde zu be schaffen und die Deckung der eigenen Truppen zu übernehmen. In Rücksicht auf die größere Beweglichkeit ist die Cavallerie vorzugsweise mit dem Dienſte der Aufklärung , die Infanterie mit dem der Deckung beauftragt. Die Verbindung beider Waffen, ihre gemeinschaftliche Thätigkeit ist daher ein Erforderniß für den Vorpostendienst. b. Die Infanterieposten zerfallen in die Linie der Doppelposten, die Ablösungen der letzteren (petits postes), die Pikets ( grand gardes) und die Reserve. Diese Abtheilungen bilden den stehenden , die Ronden und Patrouillen den mobilen Theil der Vorposten. Außerdem können noch Specialposten vor und ſeitwärts der Linie der Doppelpoſten aufgestellt werden. Die Ablöſungen - in der Regel eine Section oder Escouade stehen hinter den Doppelposten, halten Verbindung mit den letteren und dem Piket , und soll ihr Aufstellungspunkt der feindlichen Sicht möglichst entzogen sein. Die Pikets werden hinter den Ab löſungstrupps in der Nähe eines Weges placirt. Die Stärke eines solchen beträgt eine Compagnie, von welcher zwei Sectionen zur Formirung der Poſtenlinie und ihrer Ablösungen detachirt werden. Von der Ausdehnung der Front, der Terrain beschaffenheit , dem Grade des Widerstandes , der geleistet werden soll , ist die Stärke der Vorposten abhängig . Eine Brigade giebt in der Regel ein Bataillon auf Vorposten , von der zwei Compagnien die Reserve bilden. Aufgabe der letzteren ist , den Widerstand so lange fortzusetzen , bis das Gros in Gefechts bereitschaft getreten ist. Die Abstände zwischen den einzelnen Echelons sind von verschiedenen Verhältnissen abhängig , müssen aber des Nachts verringert werden . Den Infanterievorposten werden Cavalleristen zum Meldedienst beigegeben . Die Zutheilung von Artillerie erfolgt nur , wenn es sich um Festhalten besonders wichtiger Abschnitte handelt. Es werden noch angegeben: die maßgebenden Gesichtspunkte bei Aufstellung der Doppelpoſten und das Verhalten derselben, der innere Dienst bei den Ablösungstrupps , den Pikets und der Reserve , die Obliegenheiten des Vorposten - Commandeurs, das Verhalten beim Passiren der Vorpostenlinie , beim Eintreffen von Deserteuren und Parlamentären . Diese Bestimmungen gleichen im Wesentlichen den in den Allerhöchsten Verordnungen über die Ausbildung der Truppen für den Felddienst angegebenen. Grundsätzlich soll die Linie der Doppelpoſten nicht weniger als 3 km von dem Gros der zu deckenden Truppen entfernt sein. Die Ronden, aus 1 Offizier bezw . Unteroffizier und 2 bis 3 Mann be stehend, bewegen sich nur innerhalb der Postenlinie ; die Patrouillen, deren Stärke

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Militärische Jahresberichte für 1883.

verschieden sein kann, und welche von den drei hinteren Echelons gegeben werden, gehen über dieselbe zur Recognoscirung heraus, doch sollen schwächere Patrouillen nicht über 1 km weit vorgesendet werden. Von ihrer Thätigkeit hängt die Sicherung in höherem Grade ab, als von der Zahl der Doppelposten. Eine Stunde vor Tagesanbruch treten alle Echelons der Vorposten , deren Ablösung alle 24 Stunden erfolgen soll , unter Gewehr und warten die Rückkehr der in das Vorterrain entsendeten Patrouillen ab. In sehr bedecktem Gelände ist die Zahl der petits postes entsprechend zu vermehren. Es werden dann nur Posten von je vier Mann formirt, von denen. einer als Wachtposten auftritt, die übrigen sich gedeckt hinter demselben befinden. Dieses System kann auch Anwendung finden, wenn die Zeit fehlt, die Vorposten nach den Vorschriften auszuseßen , oder wenn dieselben erst bei Nacht auftreten. In diesem Falle sind vor allen Dingen die nach der Stellung führenden Wege zu besetzen. c. Cavallerievorposten . Größere, im Aufklärungsdienste vor der Armee verwendete Cavalleriekörper decken sich im Zustande der Ruhe ebenfalls durch Vorposten, deren Zahl aber besonders bei Nacht möglichst zu reduciren ist. Die Escadrons bleiben geschlossen und sind, wenn möglich, bei Nacht in Localitäten unterzubringen. Im Sicherheitsdienste vor den Colonnen verwendete Cavallerie bildet eine eigene Vorpostenlinie ; die Vedetten einfache oder doppelte -- halten ſtets zu Pferde mit aufgenommener Schußwaffe. Die übrigen Bestimmungen gleichen den bei der Infanterie erwähnten , jedoch können die Abstände zwischen den einzelnen Echelons größere sein. d. Gemischte Vorposten. Die Cavallerie giebt bei Tage die Vedetten und Patrouillen , bei Nacht wird dieselbe hinter die Infanterie zurückgenommen. e . Recognoscirungen. Es werden gewöhnliche , Special- und offensive Recognoscirungen unterschieden. Letztere leiten gewöhnlich ernsthaftere Angriffe ein. In den über jede Recognoscirung zu erstattenden Rapporten muß beſtimmt angegeben werden , was der betreffende Offizier selbst gesehen und was er nur von anderer Seite gehört hat.

10. Abschnitt. -

Das Gefecht.

Die hinsichtlich der Truppenverwendung und -Führung im Gefecht zu er= laffenden Anordnungen richten sich nach der Zahl und Zuſammensetzung der eigenen und der gegenüberstehenden Streitkräfte , nach dem moralischen Werthe derselben, den Terrainverhältnissen und den Fähigkeiten der Führer. In kurzen, treffenden Zügen wird das moderne Gefecht gekennzeichnet und die Nothwendigkeit, die Truppen in mehrere Treffen aufzustellen , jeden Frontalangriff mit einem Flankenangriff, bei dem aber zu weit ausgeholte Bewegungen zu vermeiden sind , zu verbinden und sich stets die Initiative zu erkämpfen oder zu erhalten, hervor= gehoben. Ueber die Thätigkeit der Cavallerie im Gefecht wird gesagt : „Der General der Cavallerie darf keine günstige Gelegenheit zum Eingreifen vorüber gehen lassen. Sie findet vorzugsweise Verwendung auf den Flügeln und im Rücken des Gegners , füllt entstandene Lücken in der Schlachtordnung aus und verfährt stets angriffsweise beim Erscheinen von feindlicher Reiterei. Erschöpfte Infanterie, Artillerie in Bewegung, werden günstige Attackenobjecte bieten, wenn die Cavallerie zur richtigen Zeit zur Stelle iſt. Der zurückgehende Feind ist auf allen Seiten zu umgeben und sein Rückzug mit Unterstützung von reitenden Batterien in Flucht zu verwandeln. Die Berührung mit dem Gegner darf nie verloren gehen. Ist im Gegentheil der Feind siegreich , so muß die Cavallerie

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mit Hingebung und ohne Rücksicht auf Verluste eingreifen und der Verfolgung entgegentreten. " Der letzte Artikel des Abschnitts über das Gefecht handelt von der Thätigkeit und den Pflichten der Offiziere und der Unteroffiziere während des Kampfes . Die Ordnung ist an allen Stellen von den Genannten, nöthigenfalls unter Er zwingung des Gehorsams , aufrecht zu erhalten und das eigenmächtige Zurück gehen der Soldaten - z. B. zum Transport von Gefangenen oder Ver= Die erste Pflicht aller am Gefecht Betheiligten wundeten - zu verhindern. muß sein: „den Sieg herbeizuführen “ .

11. Abschnitt.

Von den Convois und ihren Escorten.

Unter den angegebenen Bestimmungen über Zusammensetzung der Convois , Dienst der Escorte, über Märsche und Halte, sind besonders diejenigen über das Verhalten bei einem feindlichen Angriff erwähnenswerth. In der Nähe des Feindes ist jede Veranlassung zu einem Gefecht zu vermeiden und in dicht auf geschlossener Colonne der Marsch so rasch als möglich fortzusetzen . Bei einem Angriff wird ein Carrée formirt (d. H. die Wagen fahren in Form eines solchen auf, die Bespannung nach der inwendigen Seite stehend) und der Feind lebhaft beschoffen. Gelingt der Angriff, so soll die Rettung der mit Munition beladenen Fahrzeuge versucht werden. Andernfalls find die Wagen anzuzünden.

12. Abschnitt. - Detachements. Derselbe enthält Anordnungen über Zusammensetzung , Marschordnung und Commandoführung bei den zu verschiedenenen Zwecken zu formirenden De tachements .

13. Abschnitt. - Vom Parteigänger - Kriege. Zu den Aufgaben des Parteigänger-Krieges gehören : Streifzüge zur eigenen Deckung, in den Flanken und im Rücken des Feindes, zur Unterbrechung seiner Verbindungen , Zerstörung seiner Magazine , zur Wegnahme von Convois und Postsendungen , überhaupt alle Operationen des kleinen Krieges. Hauptsächlich findet hierzu leichte Cavallerie Verwendung. Bemerkenswerth ist die Bestimmung, daß die dem Feinde durch Parteigänger- Detachements abgenommenen Gegenstände aller Art - ausgenommen Waffen , Munition und Lebensmittel - unter Ver mittlung der Intendanz verkauft werden sollen. Der baare Erlös ist den An gehörigen des Detachements auszubezahlen.

14. Abschnitt. -

Dienst der Gendarmerie.

Derselbe erstreckt sich nicht nur auf die Handhabung des Militärpolizei Dienstes nach gleichen Bestimmungen wie im Frieden , sondern auch auf Be aufsichtigung der Convois und sämmtlicher der Armee folgenden Civilpersonen. Im Kriege ist, wie ausdrücklich hervorgehoben wird, den Militärperſonen die Ausübung der Jagd und das Hazardspiel verboten .

15. Abschnitt. - - Schußwachen. Dieselben werden auf Anordnung der Generale denjenigen öffentlichen Etablissements gegeben , deren Erhaltung im Interesse der Armee liegt. Auch dürfen von ersteren persönliche Schutzeugnisse für Einwohner des Landes aus gestellt werden.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

16. Abschnitt. -

Angriff von Festungen.

Die Operationen bei einer Belagerung umfaſſen zwei der Zeit nach von einander getrennte Perioden ; zur ersten gehören die Einschließung und Re cognoscirung des Plates , die Errichtung der Artillerie- und Genieparks, der Bau der Batterien der ersten Aufstellung und die Eröffnung des Feuers , zur zweiten die eigentlichen Belagerungsarbeiten , der Bau der Batterien der zweiten Auf stellung und der Sturm. Nach der Einschließung erfolgt sobald als möglich der Bau und die Armirung der Batterien der ersten Aufstellung , je nach den Verhältnissen 2 bis 4 km von den feindlichen Werken entfernt, gleichzeitig oder vorher auch die Anlage der ersten Parallele. Vor bezw. hinter dieser werden die Batterien der zweiten Aufstellung erbaut, deren Aufgabe das Niederkämpfen der Vertheidigungsartillerie ist. Unter dem Schutze und dem Feuer der Belagerungs - Batterien sowie von gedeckten Infanteriepositionen werden die Annäherungswege und die Parallelen immer weiter bis an die Glaciscrete des Angriffsobjectes vorgeschoben. Wird dasselbe von Minensystemen vertheidigt , so wird das Vorrücken der Angriffswege von einem unterirdischen Kampfe abhängig sein. Schließlich muß die Glaciskrönung vorgenommen, der Grabenniedergang hergestellt und die Niederlegung der Escarpen und Flankirungsanlagen durch Bresch - Batterien oder Minen bewirkt werden. Dann erst erfolgt mit Aussicht auf Erfolg der Sturm . In dieser Weise gestaltet sich nach dem Reglement der Gang bei einem methodischen Angriff. Wenn eine Festung mit detachirten Werken umgeben ist , so richtet sich der Angriff zunächst gegen ein oder mehrere Forts. Sind diese genommen , so dient die gewonnene Position als Basis für die weiteren Angriffsarbeiten gegen eine Zwischenstellung und die Collateralforts. Schließlich muß auch noch gegen die Enceinte vorgegangen werden. Grundsätzlich soll die Belagerung eines Platzes nicht unternommen werden, wenn die hierauf bezüglichen Operationen nicht von den Feld- Armeen gedeckt werden können . Mit Durchführung einer Belagerung werden Armeen , Corps oder Detachements , denen Festungs- Batterien , Genie - Compagnien , Artillerie Arbeiter und Feuerwerker-Abtheilungen und Train- Compagnien zugetheilt werden, beauftragt. Das gesammte Artillerie- und Geniematerial für eine Belagerung ist bereits im Frieden vorhanden und wird in Depots, an den Eisenbahnlinien gelegen, zum Transport fertig gehalten. Sämmtliche Arbeiten , welche sich auf die Einschließung der Festung und auf den Feldkrieg beziehen , sind zu trennen von den eigentlichen Belagerungsarbeiten , welche unter dem Namen „Tranchee dienst" zusammengefaßt werden. Die weiteren Bestimmungen dieſes Abschnitts beziehen sich auf das Ver halten der nicht vor der Angriffsfront stehenden Truppen, und bei Ausfällen von der Festung aus , denen stets mit größter Energie entgegengetreten werden muß, auf den Dienst der Deckungstruppen und der Arbeiter in den Trancheen , die Unterbringung des Belagerungs- Corps , den Wirkungskreis der Generale de tranchée und der diesen beigegebenen Offiziere, den Dienst der Artillerie in den Batterien und den der Genietruppen. Besonders zu erwähnen ist , daß im Bedarfsfalle auch Mannschaften der Infanterie und unberittene Cavalleristen zur Completirung der Bedienungsmannschaften in den Batterien Verwendung finden sollen.

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17. Abschnitt. -

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Die Vertheidigung von Festungen.

Hinsichtlich des Wirkungskreises und der Pflichten des Gouverneurs einer belagerten Festung oder des Commandanten eines isolirt gelegenen Forts kann auf die Abschnitte 3 und 4 des schon an anderer Stelle besprochenen Reglements über den Dienst in den Garnisonen und festen Plätzen (siehe Seite 45) ver wiesen werden. Die Stärke der Besatzung der einzelnen Plätze ist schon im Frieden bestimmt. Die an den Grenzen gelegenen erhalten außer ihrer Sicherheits besatzung schon bei Beginn der Mobilmachung eine Garnisonverstärkung zu gewiesen, welche mit der erstgenannten die Kriegsgarniſon bildet. Zu letterer gehören außer dem Stabe, dem Perſonal der Artillerie , des Genies, der administrativen Dienstzweige und des Sanitätsdienstes die provisorisch von dem Gouverneur aus den Mannschaften der militärischen Hülfsdienste und der Civilbevölkerung organisirten Corps. Die Garniſon zerfällt in die Beſatzungen der Werke der ersten Linie und der Stadtbefestigung, in die Abschnittsbesatzungen und die Generalreserve . Im Laufe der Belagerung kann der Gouverneur die Stärken dieser drei Besatzungsgruppen ändern, doch iſt ſtets zu berücksichtigen, daß die genaue Kenntniß des Terrains eine Grundbedingung für jede gute Vertheidigung ist. Die Ver theidigungsinstandsetzung hat mit größter Beschleunigung und unter ausgedehnter Verwendung der Hülfsmittel der Industrie und der Civilbevölkerung zu erfolgen. Grundsäglich soll die Vertheidigung eines festen Plates so lange als möglich activ geführt und ihr Schwerpunkt nach außen verlegt werden. Der Dienst der Truppen, der Verbrauch der Munition und sonstigen Vorräthe ist so zu regeln, daß der Vertheidiger in den entscheidenden Momenten des Angriffs noch über Reserven verfügen und den Widerstand bis zur äußersten Grenze verlängern kann. Bei Vertheidigung einer Festung mit detachirten Forts sind folgende Gesichts punkte maßgebend : Bei Beginn der Operationen ist die durch Theile der Ab schnittsbesatzungen verstärkte Generalreserve außerhalb der Festung in solchen Positionen aufzustellen, von welchen aus die Einschließung des Plates verzögert werden kann. Bei überlegenen Angriffen wird nach und nach kämpfend in die Linie zwischen den Forts zurückgegangen. Die Vertheidigungs-Artillerie hat in dieſer ersten Periode der Belagerung das Feſtſeßen des Gegners im Vorterrain zu erschweren, die Etablissements desselben zu beschießen und bei Ausfällen mit zuwirken. Die neue angenommene Vertheidigungslinie giebt die Baſis zu fort gesezten Offensivstößen gegen die feindlichen Positionen, Parks u. s. w. Es müssen alle Vorbereitungen getroffen werden , um nach Eröffnung des Feuers der Batterien der ersten Aufstellung des Angreifers einen Kampf à outrance führen zu können, bei welchem den Zwischen-Batterien, erbaut wie die Belagerungs Batterien, armirt mit den Geschützen der Generalreserve der Artillerie und zwischen den Angriffsobjecten gelegen, gedeckt durch vorgeschobene Jufanterie poſitionen, eine hervorragende Rolle zufällt. Bei dieſem Artillerieduell muß die größte Energie entwickelt werden. Erkämpft sich der Angreifer die Ueberlegenheit, so wird ein Theil der bisher in der ersten Linie verwendeten Geschütze zur Armirung einer bereits ausgewählten und ſtark befestigten zweiten Vertheidigungs linie benutzt, die übrigen Geschütze bleiben in ihren Stellungen und haben ihr Feuer hauptsächlich auf die feindlichen Annäherungsarbeiten zu concentriren, wobei sie von den Geſchüßen der Collateralforts und dem lebhaftesten Infanteriefeuer aus den Werken , den Trancheen und den Contreapprochen unterstützt werden . Zahlreiche kleine Ausfälle sind unausgesetzt gegen die Flanken der feindlichen

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Trancheen und gegen die Belagerungsbatterien zu unternehmen. Der heftige Widerstand in der ersten Vertheidigungslinie muß den Feind veranlaſſen, mit dem methodischen (förmlichen) Angriff gegen eins oder mehrere Forts vorzugehen, ehe ein Sturm gewagt werden kann , bei welchem von den Reserven von den Flanken und der Kehle der Angriffsobjecte aus energiſche Gegen stöße stattfinden müffen. Die Commandanten der Ferts verlassen dieselben nur auf eine formelle Ordre des Gouverneurs und nachdem vorher die Bestände an Materialien aller Art und Munition ― falls sie nicht mitgenommen werden können zerstört sind. Nach Wegnahme einiger Forts werden die noch disponiblen Streitkräfte in einer rückwärtigen zweiten Vertheidigungslinie , welche den Feind zu einem neuen Angriff gegen diese und gegen die Collateralforts zwingen sollen , vereinigt und dann wird nothwendigenfalls schrittweise von Position zu Position bis zur Enceinte zurückgegangen. Auch gegen dieſe muß ein dritter Angriff vorgenommen werden. Die Vertheidigung ist unter Benußung von Reduits und aller noch intact gebliebenen Hülfsmittel bis aufs Aeußerste fortzusetzen. Auch die Vertheidigung der kleinen Plätze und der iſolirten Forts soll nicht einen rein paſſiven Charakter tragen. Bei letzteren bleibt ein Bombardement ohne jeden Einfluß, wenn sich Besatzung und Vorräthe in Casematten befinden. Auch bei isolirten Forts darf nur der langwierige methodische Angriff die Ueber gabe herbeizuführen im Stande sein. Von dem Minenkriege soll die ausgedehnteste Verwendung gemacht werden und die hierauf bezügliche Vorbereitung schon im Frieden getroffen sein. Vor der Uebergabe sind die Fahnen zu vernichten . Der Gouverneur darf diejenigen Werke nicht mit in die Convention, bei der die Erlangung der günstigsten Bedingungen vom Feinde anzustreben ist, einschließen, welche die Ver theidigung noch fortsetzen können und nach der Uebergabe sein Schicksal von dem der Offiziere und Mannschaften der Besatzung nicht trennen. Bemerkung. Am 28. December erhielt das neubearbeitete Reglement über den inneren Dienst bei den Truppentheilen die präsidentielle Genehmigung. Dasselbe ist aber bis Ende des Jahres nicht veröffentlicht worden.

B.

Kriegsmittel Frankreichs. I.

1.

Personelle Streitmittel.

Stand der Bevölkerung.

Nach einer Angabe im Moniteur de l'Armée (vom 1. November Nr. 88) hat im Laufe des Jahres 1882 die Zahl der Geburten 935 560 , die Zahl der Sterbefälle 838 539 betragen. Es war somit in dem genannten Jahre eine Vermehrung der Bevölkerung um 97 027 Seelen zu constatiren. Die Gesammt bevölkerung Frankreichs (ausschließlich der Colonien) erreichte demnach am 31. December eine Höhe von 37 769 075 Seelen. Im Jahre 1881 betrug die Vermehrung 108 229 Seelen und ist dieselbe im folgenden Jahre um etwa 11 000 Seelen geringer gewesen . Es wird dies mit Recht als ein sehr un günstiges Ergebniß bezeichnet.

2.

Rekrutirung.

Nach dem der Volksvertretung von der Regierung über den Ausfall der Rekrutirung im Jahre 1882 erstatteten Bericht hat die Zahl der in die Aus

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Heerwesen Frankreichs.

hebungslisten eingetragenen jungen Leute der Jahresklaſſe 1881 309 689 betragen und den Durchschnitt der letzten 6 Jahre um etwa 4 700 Köpfe überschritten; troßdem ist die Zahl der als diensttüchtig erklärten Mannschaften um 10 000 geringer gewesen, als in dem Vorjahre. Von den 309 689 jungen Leuten gelangten nur 132 328 thatsächlich zur Einstellung in die Land-Armee. Es kamen von dem Jahrescontingent in Ab rechnung: 5097 Mann der See Armee überwiesen dispensirt als Familienernährer (nach = Artikel 17 des Rekrutirungsgesetzes) 48 086 = 5 394 • bedingungsweise dispenſirt = 25 341 als Freiwillige eingetreten (davon 15004 fünfjährige, 4162 ein jährige, 5175 bei der Marine) für die militärischen Hülfsdienste geeignet Zurückgestellte körperlich untauglich nicht gestellt hatten sich

15 427 37 754 40 262 1 400

= : = =

Verringert hat sich gegen die Vorjahre die Zahl Derjenigen , welche sich absichtlich dem Dienſt entziehen , vergrößert die der körperlich Unbrauchbaren. Die Zahl Derjenigen , welche nicht lesen und schreiben können, hat sich seit 1878 stetig verringert ; im letztgenannten Jahre betrug dieselbe 14,96 %, 1881 aber nur 13,15 %. (Progrès militaire vom 18. April 1883 Nr. 257.) Ueber die Ergebnisse der Rekrutirung 1883 im Departement der Seine (Paris) berichtete Progrès militaire rom 20. November (Nr. 310) Folgendes : Von den in den Listen eingetragenen 18 342 jungen Leuten wurden

7 386 2 683 128 771 1 764 2 509

diensttauglich erklärt, als Familienernährer u. s. w. dispensirt, bedingungsweise dispensirt, tauglich für die militärischen Hülfsdienſte erklärt, zurückgestellt, vollkommen dienstunbrauchbar erklärt ;

außerdem gehörten

2944 der Armee schon an, 157 waren gestorben, ausgewandert u . s. w. Die mittlere Durchschnittsgröße betrug 1,646 m ; 788 konnten weder lejen noch schreiben. Das Contingent der Land-Armee stellt sich für 1883 wie folgt :

Summe

·



Summe. II. Portion. 333 Mann, 123 Mann, 084 28 = 2 192 10 275 = = 3 392 763

105 961 Mann,

31 039 Mann, 137 000 Mann.

=

Klaſſe 1882 Zurückgestellte von 1881 = = 1880

I. Portion . 95 249 Mann, = 8 083 = 2 629

In diesen Zahlen sind aber die Non - Valeurs, 9682 Mann , alle Truppen gleichmäßig zu vertheilen waren, nicht mit inbegriffen.

welche auf

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Die Zahl von 137 000 Rekruten vertheilt ſich auf die verschiedenen Waffen in nachfolgender Weise : Summe . II. Portion. I. Portion. a. Infanterie: • 63 808 Mann , 16 828 Mann , 80 636 Mann . Linien-Regimenter = = = 581 5 172 5 753 Jäger-Bataillone = = 1747 1 747 Zuaven-Regimenter = = = 300 300 Algerische Tirailleurs-Regimenter = = = 3 3 Leichte Africanische Infanterie = = = 30 30 Sappeurs-pompiers von Paris = = = 2 2 Fremdenlegion in Summa 71 062 Mann, 17 409 Mann, 88 471 Mann.

=

b. Cavallerie (nur I. Portion) : Cürassier-Regimenter . ፡ Dragoner = Jäger

2067 Mann, = 4 595 = 3 581 = 710 = 2 109 = 6 = 3

Chasseurs d'Afrique-Regimenter Hujaren-Regimenter • 5. Remonte-Reiter-Compagnie Cavallerieschule . 13 071 Mann. in Summa



Genie-Regimenter . Eisenbahn-Compagnien in Summa

e. Train f. Administrations-Truppen

I. Portion. 9886 Mann, = 747 = 2 681 111

=

c. Artillerie : Artillerie-Regimenter Pontonnier Fuß- Artillerie-Bataillone Handwerker- und Feuerwerker Compagnien in Summa d. Genie:

13 425 Mann, I. Portion. 2365 Mann, 80 = 2 445 Mann, I. Portion. 2322 Mann, = 3576

II. Portion. 6722 Mann , = = 2 915 ፡ 9637 Mann, II. Portion . 126 Mann, ፡

126 Mann, II. Portion. 3 148 Mann, 719 =

Summe. 16 608 Mann . 747 = = 5 596 111

=

23 062 Mann Summe. 2491 Mann, 80 = 2571 Mann. Summe. 5470 Mann, : 4 295

Thatsächlich sind 1882 133 136 Mann , 1883 137 000 Mann zur Ein stellung gelangt, daher 1883 3864 Mann mehr als im Vorjahre. Bei der Auswahl und Vertheilung der Rekruten auf die verschiedenen Waffen waren die früher erlassenen Anordnungen maßgebend. Hinsichtlich der als nicht genügend erkannten Körpergrößen wurden durch Verfügung des Kriegsministers vom 27. December 1883 neue Maximal- und Minimalmaße für die Rekruten der Cavallerie festgesetzt (Progrès mil. vom 29. December 1883 Nr. 330). Minimum: Maximum: 1,75 m Reserve-Cavallerie 1,70 m ( 1,66 m früher) Linien- Cavallerie · (1,60 = > 1,66 (Dragoner) . . 1,64 leichte Cavallerie - (1,54 = > 1,64 · (früher 1,60 m). (Jäger u. Husaren) 1,59

Heerwesen Frankreichs.

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Für die Rekruten der Fuß-Artillerie wurde die Minimalgröße auf 1,66 m, für die der Gebirgs-Artillerie auf 1,70 m feſtgeſeßt. Die Einstellung der Rekruten erfolgte nicht wie in den früheren Jahren Mitte November , sondern aus Budgetrücksichten erst im December. Es foll hierdurch eine Ersparniß von 12 Millionen Francs erzielt worden sein. Die Rekruten der I. Portion hatten am 1. und 5. December, die der II. am 8. December bei ihren Truppentheilen einzutreffen. 3.

Reserve.

Zu Uebungen wurden 5361 Offiziere, 326 376 Unteroffiziere und Mann auf 26 Tage eingezogen. Die Reservisten gehörten den Jahresklaſſen 1874 und 1876 an. Die Einberufung erfolgte in zwei Serien ; es übten während der Manöver vom 25. August bis 21. September die Reservisten der Linien Infanterie, Jäger, Zuaven, Algerischen Tirailleurs , der Sappeurs- Pompiers von Paris , Gendarmerie und des Genies , in der Zeit vom 3. bis 29. October die Reservisten der Cavallerie, der Artillerie und der Pontonniere. Nach den Bedürf nissen des Dienstes wurden im Laufe des Jahres zu verschiedenen Terminen eingezogen die Reservisten der Artillerie-Arbeiter- und Feuerwerker-Compagnien , des Trains und der Verwaltungstruppen. Die Einberufung erfolgte für die Reservisten der Infanterie, Cavallerie, Artillerie und des Genies durch öffentlichen Anschlag, für die der Verwaltungstruppen , des Trains u. s. w. sowie für alle Offiziere durch persönliche Gestellungsordres. Die Mannschaften der Jahresklaffe 1878 , eingestellt im November 1879, welche am 30. Juni 1884 zur Reserve übertreten, wurden vier Tage nach Beendigung der Manöver bezw. am 25. September zur Disposition beurlaubt. Für die Truppen in Algerien und Tunesien galt der 1. November als Entlassungs termin. (L'Avenir mil. vom 1. Mai Nr. 850.) An den Appells der Mannschaften, welche zur Disposition der Militär behörden gestellt sind, hatten im Jahre 1883 Theil zu nehmen die Klaſſen 1878 und 1880, wie auch die Klaſſen 1874, 1876 , 1878 und 1880 der Mannschaften für die militärischen Hülfsdienste. Die Appells fanden in den Cantons -Haupt orten statt und zwar an den Tagen, an denen sich der Revisionsrath zur Vornahme des Ersatzgeschäfts versammelte. Zeugnisse über den Uebertritt der Unteroffiziere und Mannschaften zur Dis ponibilität , Reserve- oder Territorial-Armee sollen nach einer Verfügung vom 22. Januar nicht mehr ausgestellt werden ; an deren Stelle sind die entsprechenden Bemerkungen in das Livret individuel einzutragen. Die Unteroffiziere der Reserve , welche zu einer Dienstleistung eingezogen sind und der im nächstfolgenden Jahre zur Territorial-Armee übertretenden Jahresklasse angehören, sollen während ihrer Einberufung fernerhin ein Examen ablegen , um ihre Qualification zur Ernennung zum Sous-Lieutenant in der Territorial-Armee darzulegen. (Kriegsministerielle Verfügung vom 16. Juli, L'Avenir militaire vom 26. Juli Nr. 877.) Zur Gewährung von Equipirungsbeihülfen an neu ernannte Reserveoffiziere wurden im Budget für 1883 600 000 Francs eingestellt und sollen die Reserve offiziere der Fußtruppen je 250, die der berittenen Truppen je 300 Francs. erhalten. Diese Beihülfen wurden unter gleichen Bedingungen auch den Sanitäts und Adminiſtrationsoffizieren sowie den Thierärzten der Reserve bewilligt ; keinen Anspruch auf dieselben haben die direct von der activen Armee zur Reserve übertretenden Offiziere.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Die Zusammensetzung der Französischen Armee nach Altersklassen ist vom 1. Juli 1883 bis zum 30. Juni 1884 die folgende : Active Armee: Klaſſen 1878 bis 1882 ; Reserve derselben 1874 bis 1877 ; Territorial-Armee : Klaffen 1869 bis 1873 ; Reserve derselben 1863 bis 1868 .

II.

Remontirung.

Jm Budget für 1883 waren die Ausgaben für die Remontirung um 889 280 Francs höher angesetzt worden, als im Vorjahre. Ungefähr der siebente Theil der Pferde der Offiziere und der achte Theil der Truppenpferde ſollte neu beschafft werden. Nach dem Budget betrug die Zahl der anzukaufenden Pferde 11809 in Frankreich und 1426 in Algerien , wofür ein Credit von 13 024 580 Francs bewilligt wurde. Für die Pferde der verschiedenen Kate gorien wurde der Ankaufspreis normirt auf 1600 Francs für Pferde der Reserve- Cavallerie, 1030 Francs für solche der Linien- , 910 Francs für solche der leichten Cavallerie. Der Ankaufspreis für Pferde für die Cavallerieschule durfte bis 1800 Francs ſteigen, für Pferde der Artillerie betrug derselbe 1000 Francs, für Pferde Arabischer Abkunft 600 Francs, für Maulthiere 650 Francs. Anfang des Jahres waren auf Vorschlag des Generalinspecteurs des Remonte wesens, Divisionsgenerals Thornton, in einigen Fermen des Lagers von Châlons Fohlenhöfe eingerichtet worden, in denen die Remonten bis zum beendeten fünften Jahre behalten und nachher an acht bezeichnete Cavallerie-Regimenter abgegeben wurden. Dieses neue System der Remontirung hat gute Resultate ergeben und soll im Jahre 1884 eine Erweiterung dahin erfahren, daß 14 Cavallerie Regimentern direct aus den Etablissements zu Suippes nur fünfjährige Remonten zu liefern sind. Die Offiziere sans troupe sollen fernerhin nicht mehr mit Pferden der Regimenter der selbständigen Cavallerie - Divisionen beritten gemacht werden. (Journ. mil. off. part. régl. No. 106.)

III. 1.

Kriegsmaterial.

Bewegliches Material.

Veränderungen in der Bewaffnung und im Artilleriematerial ſind nicht vor genommen worden. Die Einführung eines vom Capitän der Marineartillerie Delauney erfun= denen Kartätschgeschosses für das Infanteriegewehr ist in Erwägung gezogen und die Vornahme von Versuchen mit demselben angeordnet worden. Nähere Angaben über diese Geschosse und der mit ihnen erreichten Resultate enthält das Juniheft des Journal des sciences militaires. Als Hauptvortheil derselben , aus drei kleinen Geschossen von verschiedener Form und Schwere bestehend , wird die Möglichkeit bezeichnet , den Feind auf Entfernungen bis zu 400 m mit einer großen Zahl von Projectilen überschütten zu können , wodurch die mit manchen Nachtheilen verknüpfte Einführung von Repetir- oder Magazingewehren nicht mehr geboten erscheinen würde. Dieser Erfindung wird große Wichtigkeit beigelegt, denn die Infanterie- Schießschulen wie auch die Commission für Umänderung der Gewehre haben mit diesen Geschossen Versuche anzustellen .

2.

Unbewegliches Material.

Ueber die Anlage von neuen Befestigungen sind Angaben nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen ; jedoch scheint die Bauthätigkeit in fortificatorischer Hin sicht nicht eingestellt worden zu sein.

Heerwesen Frankreichs.

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Die Befestigung von Nancy foll nach übereinſtimmenden Mittheilungen in der Presse in Aussicht genommen sein. Im Juniheft des Journal des sciences. militaires wird die Schließung der Lücke im Vertheidigungssystem der Ostgrenze bei Nancy durch die Anlage eines verschanzten Lagers als dringend nothwendig bezeichnet. Der Deputirte Nadaud hatte im Juni einen Geſetzentwurf vorgelegt , in dem die Niederlegung der Stadtenceinte von Paris beantragt wurde. Zur Berathung kam dieser Entwurf nicht, nachdem der Kriegsminister in der Armee Commission wie auch später einer Deputation des Municipalrathes von Paris erklärt hatte, in eine Abänderung der jetzigen Befestigung der Hauptstadt nur dann einwilligen zu können, wenn dieselbe noch durch eine Zahl neuer, in erster Linie gelegener Werke gesichert wäre. In diesem Falle sei die Anlage von acht neuen Redouten, vier zwischen Palaiseau und Villeneuve St. Georges , vier zwischen Vaujours und Stains gelegen, sowie die Verbindung der älteren Forts untereinander unbedingt nothwendig. (Progrès militaire vom 28. November Nr. 321.)

IV. Berkehrsmittel. 1) Eisenbahnen , Canäle. Am 1. Januar 1883 standen im Betriebe 28 804 km Gijenbahnlinien ; hierunter befanden sich 2084 km Staats- , 22 282 km Geſellſchafts-, 1921 km nicht concessionirte, 2305 km Local- und 212 km Induſtrie - Bahnen. In den ersten drei Quartalen des genannten Jahres vermehrte sich das Gesammtnetz um 721 km (Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen Nr. 86). Von der beabsichtigten Verstaatlichung der Privatbahnen ist Abstand genommen und sind mit denselben Seitens der Regierung neue Conventionen abgeschlossen worden, bei deren Besprechung sich L'Avenir militaire No. 878 (vom 1. August) dahin äußert, daß es vortheilhafter und richtiger gewesen wäre, sämmtliche Bahn linien in den Besitz des Staats übergehen zu lassen , da nur in diesem Falle die Regierung in unbeschränkter Weise über dieselben im Kriege verfügen könne. Die Nothwendigkeit der Erbauung einer Stadtbahn quer durch Paris wird in einem längeren, interessanten Aufsatz im Juliheft des Journal des sciences militaires nachgewiesen. Die Zahl der Züge, welche von Paris aus nach der Oftgrenze zu befördern sind, wird auf 120, die der Paris passirenden Züge auf 610 angegeben. Selbst unter den günstigsten Verhältnissen würden daher die Truppentransporte nicht vor dem 11. Mobilmachungstage beendigt sein können, wenn dieselben am 6. beginnen. Es wird die Folgerung hieraus gezogen, daß die Französische Armee später ihren strategischen Aufmaisch an der Grenze beendigen wird als die Deutsche und in die Lage kommen wird, sich drei Tagemärsche hinter der Maas- und Mosel-Linie anstatt an derselben versammeln zu müssen. Nach einem Decret vom 9. Juni 1883 (Journ . mil . off. part. régl . No. 49) haben die zwei Mitglieder einer Direction der Feld- Eisenbahnen die Bezeichnung als militärischer bezw. technischer Director anzunehmen . Ersterem fällt bei Be rathungen die entscheidende Stimme zu , letzterem ist das gesammte technische Personal bei der Direction , den Eisenbahn - Commissionen und den Sectionen unterstellt. Das technische Personal bei der Direction besteht aus 23 höheren Beamten, welche in fünf Abtheilungen für den allgemeinen Dienst , den Betrieb, den Bau, das Material und die Rechnungslegung Verwendung finden. Die mehrfach in den Militärjournalen als bevorstehend bezeichnete und für dringend nothwendig gehaltene Vermehrung der Eisenbahn-Truppen und die For 5 Militärische Jahresberichte 1883.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

mirung eines Regiments derselben von acht Compagnien ist bis Ende des Jahres 1883 nicht eingetreten. Nach einer Angabe im Progrès militaire vom 24. October (Nr. 311 ) betrug Anfang October die Länge der Waſſerſtraßen 16 264 km, davon 11 506 km schiffbare Flüsse und 4758 km Canäle. Es wird auf die Wichtigkeit dieser Verkehrs wege zum Transport von Verwundeten, Material xc. hingewiesen. 2) Telegraphie. Wie in den Vorjahren fanden auch 1883 in den Cavallerie ፡ Garnisonen Specialcurse im Reiten für diejenigen Beamten der Staatstelegraphie statt, welche Dem 7. und im Kriegsfalle zur Verwendung bei der Armee designirt sind. 8. Armee Corps wurde während der großen Manöver je eine Telegraphen Section der 1. Linie beigegeben. 3) Luftschifffahrt. Mitte December ging ein Detachement der militärischen Luftschifffahrt nach Tonkin ab , um dort an Stelle von Cavallerie zu Recognoscirungszwecken Ver wendung zu finden. In Chalais bei Meudon ist ein Etablissement für Luft schifffahrt errichtet worden, in dem unter Leitung zweier Geniecapitäns fortgesett Versuche stattfinden, welche recht gute Resultate ergeben haben sollen (La France mil. vom 24. Juni Nr. 238). Ueber Organisation und Material der militärischen Luftschifffahrt enthält auch die genannte Zeitschrift bisher nicht bekannt gewordene Angaben. Die Ballons zerfallen in „Ballons captifs " zu Recognoscirungs und freie Ballons zu Communicationszwecken. Zur Verwendung im Felde sind Luftschifffahrtparks organisirt , von denen jeder aus fünf Fahrzeugen besteht. Zwei von den letzteren dienen zum Transport des Waſſers und des Feuerungs materials sowie des Ballons mit Gondel und Zubehör ; zwei, fahrbaren Defen gleichend, nehmen ein System gußeiſerner Oefen auf, in welchen das Gas erzeugt und aufbewahrt wird. Das fünfte Fahrzeug hat die Regelung der Bewegung des Ballons zu bewirken und demselben als Befestigungspunkt zu dienen. Auf diesem Wagen befindet sich an einer Welle , welche durch eine kleine Dampf maschine gedreht wird, das 500 m lange Tau und an diesem wird im Falle des Gebrauchs der aus leichtester Chinesischer Seide hergestellte Ballon befestigt.

V. Geldmittel. 1 ) Allgemeines Budget. Während die Budgets von 1875 bis 1881 Ueberschüsse , im leztgenannten Jahre in der Höhe von über 70 Millionen, aufzuweisen hatten, schließt das Budget für 1882 mit einem Deficit von 47 Millionen ab. Das Gleiche war auch mit dem Budget für 1883 der Fall , doch ist die Höhe des Deficits noch nicht feſt= gestellt. Für 1884 macht sich zur Deckung der Ausgaben die Aufnahme einer Anleihe von 300 bis 400 Millionen nothwendig , da auch in diesem Jahre die Staatseinnahmen geringer als in den Vorjahren zu veranschlagen waren. hat sich demnach die Finanzlage Frankreichs in letter Zeit ungünstiger geſtaltet. Nach dem Budgetgesetz für 1884 (Journ. mil. off. part. suppl. No. 108) betragen die Ausgaben im Ordinarium 3 025 373 006 Frcs.; das Gesetz , betr. die Special- und außerordentlichen Credite für 1884, war am Ende des Jahres 1883 noch nicht festgestellt.

I

67

Heerwesen Frankreichs.

2) Militärbudget. Von 1876 bis 1881 sind dem Kriegsminister außerordentliche Credite in der Gesammthöhe von 1026 955 080 Frcs . zur Verfügung gestellt worden , von denen 50 881 037 Frcs. für Umänderung der Bewaffnung und des Artillerie Materials , 358 325 218 Frcs. für Arbeiten und das Material des Genies aus gegeben worden sind. 3 741 160 Frcs. blieben am Schluffe des Jahres 1881 noch disponibel. (Progrès mil . vom 3. November Nr. 314.) Das Ordinarium des Militärbudgets für 1884 wurde in der Höhe von 596318 580 Frcs . genehmigt ; gefordert waren von der Regierung 605 307000 Fres. , 20839423 Fres . mehr als im Vorjahre. Die Stärke der Armee soll 518642 Mann (einschl . 26 726 Mann Gendarmerie) mit 130 146 Pferden betragen, 2216 Mann mehr als im Vorjahre. Die budgetmäßige Iststärke ist aber nur zu 451 692 Mann angeſetzt worden, da das permanente Manquiren von 656 Offizieren u . 39658 Mann angenommen worden ist. Das Militärbudget erfuhr eine neue Eintheilung in Capitel ; dasselbe zerfällt in 38 Capitel, die Zahl derselben betrug in den früheren Budgets nur 26. Die oben angegebene Summe des Ordinariums vertheilt sich auf die einzelnen Capitel in nachstehender Weise :

Capitel

1.

2. 3.

< 45

4. 5.

6. 7. 8.

9.

10.

Benennung des Capitels

Gehalt des Miniſters und Personal der Centralver waltung .. Material der Centralverwal tung . Allgemeine Druckkoſten .

Regierungs vorlage Fres.

Bewilligt

Bemerkungen

Frcs.

3 791 000

3 958 000

344 000 438 000

341 000 650 000

Kriegsdepot . Ausgaben für die neue Ni vellementskarte von Frank reich ..

1 382 000

1 315 000

Stäbe Personal der Militärſchulen Personal hors cadres und nicht in den Truppen-Corps eingetheilt Sold der Truppen

24 537 000 7 327 000

23 656 280 7 496 450

12 908 000 178 300 000

12 970 000 178 024 000

Departemental-Gendarmerie, mobiles Bataillon, Legion von Africa .

36 259 000

36 121 400

150 000

Die allgemeinen Druck kosten waren bisher im 2. Capitel mit ein gestellt.

Die Ausgaben wurden abgesetzt, weil die Be arbeitung einer neuen Karte von Frankreich verschoben werdensoll.

Die beantragte Errich tung einer zweiten Fremdenlegion wurde abgelehnt, hingegen von der Commiſſion die Erhöhung der Competenzender Offi ziere u. Mannschaften der Gendarmerie be antragt und von der Kammer genehmigt.

5*

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Capitel

11. 12. 13. 14. 15. 16. 17 . 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24.

25. 26. 27.

28. 29.

30. 31 . 32. 33. 34. 35. 36. 37.

38.

Militärische Jahresberichte für 1883.

Benennung des Capitels

Republicanische Garde Lebensmittel .. Heizung und Beleuchtung Fourage Hospitäler Marschdienst Bekleidung und Lagergegen stände .. Militärbetten Allgemeine Transporte . Rekrutirung Reserve und Territorial: Armee .. Militär-Justiz Militärische Strafanſtalten . Remontirung

Ausgaben bei Claſſificirung der Pferde und Maulthiere Beschirrung Etablissements und Material der Artillerie und des Trains

Regierungs, vorlage Frcs.

Bewilligt

5 011 000 90 550 000 3 889 000 76 301 000 11 619 000 10 652 000

5 009 530 90 201 140 3 868 600 74 450 050 11 823 590 10 612 330

38 821 000 6 725 000 3 379 000 757 000

38 039 000 6 688 620 3 236 610 729 390

435 000 766 000 214 000 13 646 000

395 690 786 000 182 600 12 994 000 638 800 Frcs . wurden wegen Aufhebung des Artillerie-Trains ab gesetzt. 60 000 1 754 000

80 000 1754 000

Bemerkungen

Frcs.

21 083 000

20 627 570

1 075 000

1 040 000

5 484 000

5478 850

17 081 000 4 583 000 95 000 571 000

16 880 060 4 531 700 74 000 555 620

Pulver und Salpeter, Per ſonal Pulver und Salpeter, Ma terial Etablissements und Material des Genies Material der Militärſchulen Invaliden, Perſonal : Material Sold an Nicht- Active und an Offiziere en réforme Unterstützungen Geheime Ausgaben . Expeditions = Corps in Tu nesien

1 055 000 3 518 000 550 000

1 055 000 3 523 000 550 000

15 205 000

12 702 000

Compagnies mixtes in Tu: nesien ..

4 972 000

4 474 000

Gestrichen wurden unter Anderm 100000 Frcs. für Anfertigung neuer Handfeuerwaffen und 235000Frcs . für Kar tuschen.

Die Ausgaben für das Corps in Tunesien waren 1883 nicht in das Ordinarium des Budgets eingestellt und wurden durch Extra credite gedeckt. Die Stärke desExpeditions Corps soll auf 15 000 Mann vom 1. Januar 1884 ab reducirt werden.

Heerwesen Frankreichs.

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Die Discussion des Militärbudgets fand in der Deputirtenkammer am 6. und 11. December statt. Eingehend berichten über dieselbe La France militaire (Nr. 286 und 287), L'Avenir militaire (Nr. 903 und 904) und Progrès militaire (Nr. 330).

C. Die Armee nach ihren Bestandtheilen . I. Oberste Leitung und Berwaltung. 1 ) Kriegsministerium. Auch im Jahre 1883 hat ein zweimaliger Wechsel in der Person des Kriegs ministers stattgefunden. Bei der Neubildung des Cabinets am 31. Januar wurde im Miniſterium Fallières die Leitung des Kriegsministeriums dem Divi sionsgeneral Thibaudin übertragen ; die Berufung dieses Generals , welcher am 6. Juli 1882 zum Generalcommandanten der sechsten in Paris garniſonirenden Infanterie-Division ernannt worden war , auf dieſen hochwichtigen Poſten wurde nach übereinstimmenden Angaben in der Presse in erster Linie durch politische Motive veranlaßt , denn General Thibaudin soll der einzige höhere Truppen führer gewesen sein , der sich bereit erklärte, die geplanten Maßregeln zur Ent fernung der Prinzen von Orléans aus der Armee zur Ausführung zu bringen. Auch im Cabinet Jules Ferry , welches am 23. Februar das Ministerium Fallières in der Leitung der Staatsgeschäfte ersetzte , behielt General Thibaudin das Portefeuille des Krieges . Sein Scheiden aus der Miniſterſtellung am 5. October schien kein freiwilliges und aus wichtigen Gründen geboten gewesen zu sein, denn die République française wie auch andere Tagesjournale be richteten am 4. October, daß der Präsident der Republik den Conseilpräsidenten Ferry beauftragt habe, den General Thibaudin zur Einreichung seines Entlaſſungs gesuches zu veranlassen. Dasselbe begann mit den Worten: „ Obgleich mich meine politischen Feinde während der Ferien des Parlaments in die von ihnen berechnete Unmöglichkeit zu versetzen beabsichtigen, meine Handlungen dem Urtheile der Vertreter des Landes zu unterwerfen , so zögere ich doch nicht , meine De mission zu geben. " Das Entlassungsgesuch fand sofort die erwartete präsidentielle Genehmigung, gab aber auch Veranlassung zu erregten Discussionen in der Preſſe. Nachdem wenige Tage der Marineminister Peyron das Kriegsministerium interimistisch geleitet hatte , ging dasselbe am 9. October in die Hände des in Disponibilität befindlichen Divisionsgenerals Campenon über, welcher schon im Cabinet Gambetta, während der kurzen Zeit seines Bestehens , von Mitte No vember 1881 bis Ende Januar 1882 , dieselbe Stellung bekleidet hatte. Die Ernennung des Generals Campenon zum Kriegsminister wurde von der Armee und in der Preſſe, mit Ausnahme der der radicalen Richtung , sympathisch auf genommen. In General Campenon erhielt die Französische Republik innerhalb 12 Jahren, von 1872 ab , den zwölften Kriegsminister. In einem l'instabilité ministerielle" betitelten längeren Auffate im Spectateur militaire (Heft vom 15. November) wurde ausgeführt, daß der häufige Wechsel in der Person des Kriegsministers auf die stetige Fortentwickelung der militärischen Institutionen Frankreichs höchst schädlich einwirken müsse. Wenn der Kriegsminister aus politischen Gründen nicht außerhalb der Krisen des Cabinets gestellt werden könne , ſo müſſe dies wenigstens der Fall sein mit dem Chef des Generalstabes und dem Unterstaatssecretär. Es würde dann nicht mehr vor kommen , daß ein Kriegsminister Alles abändert, was sein Vorgänger eingeführt

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Militärische Jahresberichte für 1883.

und angeordnet hat, und daß die Arbeiten der Militärgesetzgebung fortgesetten Unterbrechungen unterworfen sind. In ähnlichem Sinne sprach sich auch ein vom Deputirten Pieyre vorgelegter Geseßentwurf aus , in dem beantragt wurde, daß bei einem Wechsel des Cabinets der Kriegs- und der Marineminister in ihren Stellungen belassen werden sollten. (La France mil . vom 1. November Nr. 275.) Dieser Gesetzentwurf fand aber in der Commiſſion keine Billigung und gelangte daher nicht zur Discussion. Thatsächlich beginnt aber jeder neue Kriegsminister seine Wirksamkeit mit dem Zurückziehen der von seinem Vorgänger der Volks vertretung vorgelegten Gefeßentwürfe ; eine Folge davon ist, daß wichtige Gesetze, welche schon seit Jahren ihrer Votirung harren, wie das Rekrutirungs- und Avancementsgesetz, und deren Dringlichkeit allseitig anerkannt ist, nicht in Gültig keit treten können. In der Armee wird ein solches Verfahren tief beklagt, denn diese leidet am meisten unter dem beständigen Wechsel der Ansichten und Grund säße ihrer Kriegsminister. Der Chef des Generalstabes des Kriegsministers , Diviſionsgeneral_Vuille mot, im Frühjahr 1884 die Altersgrenze erreichend, verblieb in seiner Stellung auch im Miniſterium Campenon, während die Directoren der Cavallerie, Artillerie, des Genies und der adminiſtrativen Dienstzweige, wie auch die Offiziere des per sönlichen Stabes , zum Theil mehrmals wechselten . Der bisherige Souschef des Generalstabes, Colonel de France, trat im Herbst als Generalstabschef zum 1. Armee-Corps und wurde in seiner Stellung durch den Brigadegeneral Boudet, bis dahin Generalstabschef des 10. Armee Corps , ersetzt. Die wichtigste Veränderung in der Organisation des Kriegsministeriums fand aber durch Errichtung eines Unterstaatssecretariats statt. Ein solches hatte schon im Ministerium Gambetta bestanden, scheint aber während der kurzen Zeit des Bestehens des letzteren nicht in Thätigkeit getreten zu sein. Durch Decret vom 19. October wurde der Berichterstatter der Budgetcommiſſion, der Deputirte Casimir Périer, zum Unterstaatssecretär des Krieges ernannt. Demſelben ist unter Autorität des Kriegsministers durch Decret vom 19. Oc tober (Journ. mil . off. part. régl. No. 87) zur ſelbſtändigen Leitung_über tragen worden : die administrative Ueberwachung und Rechnungslegung des Kriegs depots , der sämmtlichen militärischen Bildungsanstalten, des Feld-Eisenbahn- und Feld-Telegraphenwesens und der Waffenfabriken. Außerdem unterſtehen dem Unter staatssecretär die das Material aller Waffengattungen und die Remontirung be treffenden Angelegenheiten, sowie die 5. Direction des Ministeriums (administrativer Dienst) , die 6. (Pulver und Salpeter) , die 7. (Sanitätsdienst) , die Direction für die Controle der Militärverwaltung und die für Rechnungslegung. Er hat ferner das Recht , den Sitzungen der Comités und Commiſſionen , wenn er es für nöthig hält, beizuwohnen, und dürfen ohne sein Einverständniß Perſonal veränderungen im Controlcorps, in den administrativen Dienstzweigen und im Sanitätscorps nicht vorgenommen werden. Einige im December erlassene kriegsministerielle Verfügungen waren von dem der Armee schon als Lieutenant im 47. Territorial- Infanterie-Regiment an gehörenden neuen Unterstaatssecretär , für welchen ein jährliches Gehalt von 25 000 Francs im Budget ausgeworfen wurde, unterzeichnet. Das vierte Büreau der direction de la comptabilité et du contentieux Pensionen und Unterstützungen wurde von dieser Direction abgezweigt und direct dem Cabinet des Unterstaatssecretärs unterſtellt. Ueber die außerordentlich hohe Zahl von Offizieren und Beamten , welche im Kriegsministerium Verwendung finden, berichtet unter Hinweis auf die mögliche

Heerwesen Frankreichs .

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und gebotene Reduction dieses Personals Progrès militaire vom 12. Mai (Nr. 264). Nach diesen Angaben sind nicht weniger als 637 Generale, Direc toren , Chefs , Souschefs der Büreaus und Commis verschiedener Klaſſen, 149 niedere Beamte und 212 commandirte Offiziere , zusammen 998 Offiziere und Beamte, im Kriegsministerium beſchäftigt. Die Divisionsgenerale Billot, früher Kriegsminister, Wolff und Février, Generalcommandanten des 7. bezw. 6. Armee-Corps , wurden , erstere beiden am 3., letzterer am 13. März , zu Mitgliedern des conseil supérieur de la guerre ernannt. Durch präsidentielles Decret vom 3. März (L'Avenir mil. vom 11. März Nr. 850) wurde angeordnet, daß dem Generalstabscomité , welches zugleich als Oberstudienrath für die höhere Kriegsschule fungirt , fernerhin als Mitglied der erste Commandant der gedachten Schule anzugehören hat und daß zu den Be rathungen des ersteren auf Antrag des Präsidenten ein Intendant , dem jedoch keine beschließende Stimme zufällt, zugezogen werden kann.

2) Generalität. Im Annuaire werden aufgeführt : 3 Marschälle von Frankreich - Canrobert, Mac Mahon und Le Boeuf - (jeit 1870 ist die Würde eines solchen nicht mehr verliehen worden) , 8 Divisionsgenerale , welche wegen hervorragender Verdienste dauernd in der ersten Section der Generalität belassen werden dürfen, 100 active Nach der bis zum und disponible Divisions , 200 active Brigadegenerale. 4. Juni nachgetragenen Anciennitätsliste sind vom 1. April 1882 11 Brigade generale und 47 Obersten in die nächsthöheren Chargen befördert worden. 17 Divisionen und 45 Brigaden (25 der Infanterie, 14 der Cavallerie, 6 der Artillerie) erhielten neue Generalcommandanten. Das Gleiche war der Fall bei 7 Armee-Corps . Das günstige Avancement in den Generalschargen ist durch die Bestimmung (Artikel 75 des Cadregesetzes) begründet, daß Divisionsgenerale mit dem 65., Brigadegenerale mit dem 62. Lebensjahre in den Reservecadre über treten müssen, wenn sie nicht durch Beschluß des Ministerraths in ihren Functionen belassen werden. Auf Grund dieser erwähnten gesetzlichen Bestimmung traten von den Commandos des 5. , 10. , 11. und 13. Armee- Corps die Divisionsgenerale Greslay, Davout d'Auerstädt , Zent d'Alnois und Osmont zurück und wurden. durch die Divisionsgenerale Delebecque (als Generalcommandant vom 17. zum 5. Armee-Corps übergetreten), Rouffel de Courcy, bisher disponibel ( 10. Armee Corps), Forgemol de Bostquénard , bisher Generalcommandant des Occupations Corps in Tunesien ( 11. Armee-Corps) und de Bellemare , bisher Commandant der 29. Infanterie-Diviſion ( 13. Armee-Corps) ersetzt. Für den verstorbenen General Chanzy erhielt der Divisionsgeneral Février, Generalcommandant des 15. , das Commando des 6. an der Nordostgrenze dislocirten Armee-Corps , an deffen Stelle der Divisionsgeneral de Colomb, bisher Commandant der 9. Jn fanterie - Division, trat. Das 17. Armee-Corps übernahm der als taktischer Schriftsteller bekannte Divisionsgeneral Lewal von der 33. Infanterie- Division, zum Generalcommandanten des Occupations - Corps in Tunesien wurde der Divisionsgeneral Logerot ernannt. Nach einer Angabe im Moniteur de l'Armée (vom 29. März Nr. 26 ) beträgt das Durchschnittsalter der Armee-Corps commandirenden Generale, des Gouverneurs von Paris und des Commandanten der Truppen in Tunesien 60 Jahre, nur zwei Divisionsgenerale, welche in der 1. Section belaſſen wurden (Lecointe , Militärgouverneur von Paris , und Lallemand , General

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Militärische Jahresberichte für 1883.

commandant des 1. Armee - Corps) , haben das Alter von 65 Lebensjahren überschritten . Der Divisionsgeneral Appert, im Reservecadre befindlich, wurde zum Bot schafter am Hofe zu St. Petersburg, der Diviſionsgeneral Millot zum Com mandanten des Expeditions - Corps in Tonkin ernannt. In der Reserve der Generalität werden 12 Divisions- und 20 Brigade generale aufgeführt. An pensionirten und zur Disposition des Kriegsministers stehenden Generalen sind 95 Divisions- und 198 Brigadegenerale vorhanden . Als Präsidenten der berathenden Comités des Generalstabes , der Infanterie, Cavallerie und Artillerie fungirten im Jahre 1883 die Divisionsgenerale Hartung. Février, Galliffet und Lajaille. 3) Generalstab. Zum Präsidenten des Generalstabs -Comités, aus 8 Generalen und 5 Obersten bestehend, wurde für 1883 der Divisionsgeneral Hartung ernannt. Die Zahl der Generalstabsoffiziere betrug nach dem Annuaire am 1. April 335, daven 34 Obersten, 33 Oberstlieutenants, 108 Bataillons- bezw. Escadronschefs und 160 Capitäns , nicht eingerechnet fünf als Generalstabschefs bezw. Souschefs fungirende Brigadegenerale. Im großen Generalstabe des Kriegsministers fanden Verwendung 2 Generale , 4 Obersten, 5 Oberstlieutenants , 18 Bataillonschefs und 18 Capitäns. Die Examenbedingungen für diejenigen höheren Offiziere und Capitäns , welche sich um das Brevet d'état-major bewerben wollen, wurden in den ministeriellen Reglements vom 28. Februar (Journ . mil . off. part. supplém. No. 15 und 16) veröffentlicht. Dieselben sind die nämlichen wie in den früheren Jahren, nur wurde hinsichtlich der Capitäns die Bestimmung beigefügt, daß solche am 31. December des Prüfungsjahres mindestens sieben Jahre als Offiziere activ und davon mindestens drei Jahre in der Truppe gedient haben. müssen. Die Prüfungen , welche sich auch auf Kenntniß der Deutschen Sprache und auf eine Darlegung der Reitfertigkeit der Betreffenden erstrecken und an denen sich mit Genehmigung des Kriegs- und des Marineministers auch Offiziere der Marinetruppen betheiligen dürfen , fanden vor einer besonders zu dieſem Zweck zusammengesetzten Commission im October und November statt. Das Generalstabsgesetz vom 20. März 1880 erfuhr durch Decret vom 1. Juni (Journ . mil. off. part. régl. No. 47 ) wesentliche Abänderungen. Nach demselben besteht der Generalstab aus dem Generalstabe des Kriegsministers und den Generalstäben der Militär- Gouvernements von Paris und Lyon, der Armee Corps, Diviſionen, Brigaden, der Subdiviſionen und der Gouvernements der festen Plätze. Ersterer , der Generalstab des Kriegsministers, setzt sich zu= jammen aus brevetirten und hors cadre gestellten Offizieren des Generalstabes, aus brevetirten und nicht brevetirten von ihren Truppentheilen detachirten Offizieren und aus Archivisten. Die anderen Generalstäbe bestehen nur aus brevetirten und hors cadre gestellten Offizieren und Archivisten, deren Etats eine dem Decret beigefügte Tabelle nachweist und denen zeitweilig brevetirte Offiziere aus der Truppe beigegeben werden sollen. Als Generalstabschef fungirt im Generalstabe des Kriegsministers ein General, in den Generalstäben der Militär - Gouvernements und der Armec Corps ein Brigadegeneral oder Oberst, in denen der Divisionen ein höherer Offizier. Die Generalstäbe der Brigaden bestehen nur aus je einem Ordonnanz offizier , die der Subdivisionen aus je einem Ordonnanzoffizier und einem Archivisten.

Heerwesen Frankreichs.

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Im Kriege gelangen zur Aufstellung : Bei den mobilen Truppen : der große Generalstab, die Generalſtäbe der Armeen, Armee- Corps, Diviſionen und Brigaden. Im Innern: der Generalstab des Kriegsministers, die Generalstäbe der Regionalcommandos, der Subdivisionen und der festen Plähe. Der Uebergang von der Friedens zur Kriegsformation findet in der Weise statt, daß von den Generalstäben ein Theil der Öffiziere und Archivisten zu den territorialen Commandobehörden übertritt, die übrigen in den schon vorhandenen oder neu aufzustellenden Generalstäben Verwendung behalten oder finden. Bei der Mobilmachung wird der Etat an Generalstabsoffizieren completirt durch brevetirte Offiziere der Truppen , der Reserve und Territorial-Armee. Jeder Generalstabs- oder zur Verwendung im Generalstabsdienste im Kriegsfalle designirte Offizier erhält schon im Frieden einen lettre de service und hat sich sofort bei Beginn der Mobilmachung in seine neue Dienststelle zu begeben. Nach dem Artikel 7 des Gesetzes vom 20. März 1880 ist mit Leitung des gesammten Generalstabsdienstes, auch in personeller Hinsicht , der Chef des Generalstabes des Kriegsministers , unter der Autorität dieſes letteren, betraut. Die Personalien sämmtlicher Generalstabs- und brevetirten Truppenoffiziere werden in einem Specialbüreau bearbeitet. Die Thätigkeit des Generalstabs Comités, welches in der bisherigen Weise bestehen bleibt, erstreckt sich nur auf Berathung der demselben vom Kriegsminister vorgelegten Fragen . Die Zulassung zur höheren Kriegsschule findet auf Grund besonderer Prüfungen statt ; die Dauer des Cursus beträgt zwei Jahre, nach dessen Beendi gung die Offiziere zum Examen für Erlangung des Brevet d'état-major zu gelassen werden. Auch Offiziere in den Chargen vom Capitän an aufwärts dürfen sich, ohne diese Schule besucht zu haben, um dieses Brevet bewerben , müssen aber die hierzu erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in einer Prüfung nachweisen. Eine vom Kriegsminister bestimmte Zahl von brevetirten Offizieren wird zur Dienſtleiſtung in die Generalſtäbe der Armee-Corps und Diviſionen befehligt, dieselben treten aber während der Herbstmanöver zum Dienſt in eine Waffe über, der sie früher nicht angehört haben. Die Offiziere, attachirt der Person des Präsidenten der Republik, dem Cabinet des Kriegsministers, und die Ordonnanzoffiziere der Generale ſind aus den Offizieren mit und ohne Brevet der verschiedenen Waffen auszuwählen. Die Militärgouverneure von Paris und Lyon sowie die. Corpscommandanten haben je zwei, die Diviſions- und Brigadegenerale, welche ein Truppencommando führen, haben je einen Ordonnanzoffizier. Dieselben, der Charge der Lieutenants an= gehörend, werden grundsätzlich den den betreffenden Generalen unterſtellten Truppentheilen entnommen. Den permanenten Generalinspecteuren der Cavallerie sind zwei Ordonnanzoffiziere beigegeben. Die Geschäfte in den Generalstäben der Armee- Corps werden in zwei Sectionen bearbeitet, und zwar in der ersten die allgemeine Correspondenz und die Angelegenheiten der Ausbildung, Operationen, des Personals , der Militär justiz und der Verwaltung ; in der zweiten die Angelegenheiten der Rekrutirung, Organisation und Mobilmachung . Die erste Section führt die Bezeichnung section active, die zweite section territoriale. Der Generalstabschef ist der verantwortliche Leiter des gesammten Generalstabsdienstes, begiebt sich täglich zum Corpscommandanten zum Rapport, überwacht und fördert die Ausbildung seiner Offiziere, auch, wie hervorgehoben wird, in Bezug auf die Reitfertigkeit, und unterzeichnet " par ordre " die minder wichtigen Dienstschriften. Der Sous

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chef unterſtüßt den Chef in allen Details des Dienſtes und vertritt den Letteren bei Abwesenheit. An der Spize jeder Section steht ein höherer Offizier ; die übrigen Offiziere und die Archivisten werden den verschiedenen Sectionen nach dem Ermessen des Chefs zugetheilt. Täglich wird ein Capitän und ein Archivist du jour befehligt, welche zur Disposition des Chefs behufs Erledigung dringender Angelegenheiten stehen. Den Archivisten sind für die Büreaugeschäfte General stabssecretäre zugetheilt, von denen der älteste Unteroffizier als Chef der Schreiber fungirt und den inneren Dienst im Büreau, sowie die Ordonnanzen beauf sichtigt. Die Ordonnanzoffiziere und ein Secretär bilden das Cabinet des Corps commandanten. Sehr eingehende Bestimmungen enthält das Decret über den Büreaudienſt und den Schriftenverkehr. Die secreten Schriften über Mobilmachung und

Generale Obersten Oberstlieutenants Commandanten Capitäns Ordonnanzoffiziere Archivisten Total Offiziere Generale Obersten Oberstlieutenants Commandanten tans Ca ∞ { pi Lieutenants der activen Armee Territorial der Armee Archivisten Total Offiziere

Operationen sind stets in verschlossenen Schränken aufzubewahren , zu denen sich die Schlüssel bei Abwesenheit der Offiziere im Büreau des Generalstabschefs befinden müssen. Am Ende eines jeden Jahres wird das Archiv einer Revision unterzogen ; die nicht mehr nöthigen Schriftstücke werden vernichtet oder dem Kriegsministerium zurückgesendet. Für den Büreaudienst bei den Generalſtäben der Divisionen und Brigaden gelten, entsprechend modificirt, ähnliche Bestim inungen. Den Etat an Offizieren und Archiviſten für die verschiedenen Generalſtäbe ergiebt nachstehende dem Decret beigefügte Tabelle :

Jm Kriege. Brevetirte Offiziere der activen Armee, Reserve und Territorial-Armee.

Im Frieden.

= =

= =

3



1 1



Region des Militär- Gouverne ments von Paris einer Subdivision des Departements der Seine und des Plakes Paris des Departements der Seine et Dise und des Plates Ver sailles des Gouvernements einer Festung

1

2

21 4

2 3 2 2 9 1 1 2 1 41 • 1 1

2 4 2 311

1 1 1 3 1 37

12 1 1 1 1

1

3 2

2

221

1 300

Generalstab einer Armee : eines Armee-Corps : einer Diviſion : = Brigade

32

Drd. Off.

113 7

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Jm Specialdienste der Geographie im Kriegsdepot finden 2 Obersten, 3 Oberstlieutenants, 7 Commandanten und eine vom Kriegsminister bestimmte Zahl von commandirten Offizieren Verwendung. Wenn das Militär-Gouvernement zu Lyon nicht, wie es im Frieden der Fall ist, mit dem Commando des 14. Armee-Corps vereinigt ist, wird für ersteres ein aus vier Offizieren be stehender Generalstab formirt. Von den Generalstabschefs der Armee - Corps jollen mindestens acht derselben den Rang als Brigadegenerale haben. Die Zahl der Generalstabsoffiziere im maison militaire des Präsidenten der Republik, im Cabinet und im persönlichen Stabe des Kriegsminiſters, im Generalstabe des letzteren sowie bei dem Occupations-Corps in Tunesien wird vom Kriegsminister bestimmt. Das 1., 6., 7. und 15. Armee-Corps haben je einen Commandanten und einen Archivisten, das 14. einen Capitän und einen Archivisten, das 19. in Algerien drei Offiziere mehr im Generalstabe als die übrigen Armee-Corps. Die Generalstäbe des Militär- Gouvernements von Paris und der höheren Commando-Behörden erscheinen überreichlich mit Offizieren dotirt, jedoch ist hervor zuheben, daß denselben Adjutanten nicht beigegeben sind und sämmtliche Geschäfte čer Adjutantur mit vom Generalstabe versehen werden. Ueber die Uniformirung und Ausrüstung der Generalstabsoffiziere ordnete ein kriegsministerielles Circular vom 24. Juli an , daß lettere die Uniform der Truppe, der sie angehören, zu tragen haben, jedoch mit Stickerei am Kragen des Waffenrocks bezw. Dolmans und Achselschnüren nach der Farbe der Knöpfe. Die Kopfbedeckung ist mit einem Federstutz geziert, der aus weißen Federn für die Offiziere des Generalstabes des Kriegsministers und die Militärattachés bei den Gesandtschaften, aus weißen und rothen für die der Generalstäbe der Armee Corps, aus rothen bezw. blauen Federn für die Generalstäbe der Divisionen bezw. Brigaden besteht. Die in den Generalstab detachirten brevetirten Offiziere tragen nur Achselschnüre, die brevetirten Offiziere in den Regimentern gar keine Abzeichen. Die Archivisten haben statt des Waffenrocks den Dolman nach der Probe für Infanterieoffiziere anzulegen. Zur Ausbildung von Topographen zum Dienst im Kriegsdepot wurde am 29. April eine besondere Schule errichtet. (Journ. mil . off. part . régl. No. 50.) Die aufzunehmenden Eleven, deren Zahl auf 10 für das erste Jahr, auf fünf für die nächsten Jahre festgestellt wurde, müſſen in wiſſenſchaftlicher Beziehung den angegebenen Bedingungen entsprechen und ein Alter von 15 bis 17 Jahren haben. Nach zweijährigem Cursus und bestandenem Examen rücken die Eleven zunächst als überzählige und nach Maßgabe der eintretenden Vacanzen als etatsmäßige Zeichner im Kriegsdepot ein. Der erste Cursus wurde am 3. November mit 11 Eleven eröffnet. Die Generalstabsreise der Offiziere des Generalstabes des Kriegsministers fand im October unter Leitung des Chefs desselben an der Ostgrenze statt. Da die Zahl der höheren Cavallerieoffiziere, welche sich im Besitz des Brevet d'état-major befinden , nicht ausreichend ist, um die organiſationsmäßig bis zum 20. März 1884 vorhandenen Vacanzen mit solchen zu besetzen, ver fügte der Kriegsminister, daß höhere Offiziere der Cavallerie auch in den General stab versetzt werden dürfen, welche nicht den bestimmungsmäßig zu stellenden Anforderungen genügen. 4) Militärintendanz. Die Durchführung des Administrationsgesetzes vom 16. März 1882 , in welchem grundsätzlich die Unterstellung der Verwaltung unter die Commando

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behörden ausgesprochen wird , machte auch neue Bestimmungen über den Dienst und die Befugnisse der Intendanzbeamten nothwendig. Durch Decret_vom 16. Januar (Journ. mil . off. part. régl. No. 2) wurden dieselben bekannt gegeben. Das Decret zerfällt in vier Abschnitte mit 28 Capiteln. 1. Abschnitt. - Allgemeine Bestimmungen . ― Der Dienst der Intendanz

umfaßt die Angelegenheiten der Geld- und Naturalverpflegung , der Bekleidung , der Beschirrung , der Transporte und der Lagerstellen und die Zahlungsanweisung und Rechnungsprüfung für diese Dienstzweige sowie für die Truppentheile , die Lieferung des Materials und der Vorräthe für die Hoſpitäler und Ambulancen, die Verpflegung und Besoldung des Personals sans troupe und die Regelung der Ausgaben für die Rekrutirungsbüreaus und die Militärjustiz. Dienst der Intendanz. - Der gesammte Dienst der 2. Abschnitt. Intendanz bei einem Armee-Corps oder einem Militärgouvernement wird von einem General- oder Militärintendanten geleitet, welcher die Bezeichnung als Directer des Intendanzdienstes anzunehmen hat. Ihm sind alle Beamten der Intendanz und der verschiedenen administrativen Dienstzweige unterstellt. In Bezug auf die administrative Ueberwachung der Truppentheile und Militär Etablissements wird auf die einschlägigen Bestimmungen des Adminiſtrations Der Director wird in der Regel durch den rangältesten gesetzes verwiesen. Beamten der Intendanz vertreten, der Sousintendant in Garnisonen , in denen sich ein Platzmajor befindet, durch diesen oder einen Capitän und in den übrigen Orten durch den Maire, zu dessen Obliegenheiten die Beschaffung der Natural verpflegung an durchmarschirende Truppen, die Unterbringung einzelner kranker Militärpersonen u. s. w. gehört. Hinsichtlich der Strafgewalt sind den Intendanzbeamten dem ihnen unter stellten Personal gegenüber gleiche Befugnisse wie den ihrem Range correspon direnden Offizieren beigelegt, doch können strenge Arrest- und Gefängnißſtrafen nur von den Directoren bis zu einer Dauer von 30 Tagen verfügt werden. 3. Abschnitt. Bestimmungen über den Dienst im Kriege. Bei Auf stellung von Armeen leitet in jeder derselben ein Intendant der Armee unter der Autorität des Generals en chef den gesammten Verwaltungsdienst. Die Pflichten und Rechte des Ersteren sind in den Artikeln 5 und 14 des Adminiſtrationsgesetzes näher bezeichnet. Der Verkehr mit den ihm unterstellten Intendanten der Armee Corps erfolgt auf dem Dienstwege, nur minder wichtige Schriftstücke , die Rechnungslegung, Statistik und den Büreaudienst betreffend, dürfen direct an die Intendanten expedirt werden. Die Beamten der Intendanz versehen im Kriege gleichzeitig die Functionen als Offiziere des Civilstandes und dürfen als solche jämmtliche im Gesetz bezeichneten Amtshandlungen vollziehen. Der 4. Abschnitt enthält die üblichen Schlußzbestimmungen. An Stelle des bisherigen Comité d'Administration , welches aufgehoben wurde, wurde durch Decret vom 27. Januar ein Comité consultatif de l'Intendance militaire errichtet, aus einem Generalintendanten als Präsidenten, fünf General- bezw. Militärintendanten als Mitgliedern und zwei Sous Die Zusammensetzung dieses Comités intendanten als Secretären bestehend. erfuhr am 24. März (Journ. mil. off. part. régl. No. 27) dahin eine Abänderung, daß demselben nur sechs Militärintendanten und der Director des Der Intendanzdienstes des Gouvernements von Paris anzugehören haben. Wirkungskreis dieses Comités erstreckt sich nur auf Berathung und Prüfung der vom Kriegsminister vorgelegten, den Intendanzdienst betreffenden Fragen und Angelegenheiten.

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Durch präsidentielles Decret vom 24. März (L'Avenir militaire vom 1. April Nr. 854) wurde unter Abänderung des Artikels 5 des Decrets vom 16. Januar angeordnet, daß dem Militärgouvernement von Paris sowie dem 1., 6. , 7. , 14. und 15. Armee-Corps , sämmtlich an den Grenzen dislocirt , ein zweiter Militärintendant beigegeben werden solle, welcher die Leitung des Ver waltungsdienstes in der Region zu übernehmen hat. Die Dienstbefugnisse der beiden in einem Corpsbezirk verwendeten Directoren des Intendanzdienstes regelte ein kriegsministerielles Circular vom 22. Juni. (Journ. mil. off. part. régl. No. 52.) Ueber die Rangordnung, Beförderung und Aufnahme im Intendanzcorps wurden am 6. April neue Vorschriften erlassen. (Journ. mil. off. part. régl. No. 32.) Es besteht dieses Corps mit eigener Rangordnung aus Adjoints, Sousintendanten 3. , 2. und 1. Klasse , Militärintendanten und General intendanten. Die Adjoints rekrutiren sich aus den Capitäns aller Waffen und den Adminiſtrationsoffizieren, welche gelegentlich der jährlichen Generalinspicirungen für eine solche Verwendung geeignet gehalten werden . Die Sousintendanten 3. Klasse werden aus den Adjoints , den Officiers d'Administration prin cipaux , den Bataillons- bezw. Escadronchefs und Majors , die der 2. Klaſſe aus Offizieren letztgenannter Charge mit mindestens dreijähriger Dienstzeit und den Sousintendanten 3. Klasse unter gleicher Bedingung ausgewählt, während zu den Stellen der Sousintendanten 1. Klaffe, der Intendanten und General intendanten nur Beamte des nächst niedrigeren Ranges nach zwei- bezw . drei jähriger Dienstzeit in letzterem berufen werden dürfen . Der fünfte Theil der Stellen als Sousintendanten 3. und 2. Klasse wird den Offizieren reservirt. Zum Sousintendanten 2. Klasse und zu den höheren Stellen erfolgt die Beförderung nur nach Wahl, zum Sousintendanten 3. Klaſſe theils nach Wahl, theils nach der Anciennität. Die Zulassung der Offiziere zum Dienst in der Intendanz ist von dem Bestehen eines Examens abhängig, deffen Bedingungen vom Kriegsminister fest gesetzt werden. Auch in der Uniformirung der Intendanzbeamten sind Aenderungen ein getreten. Der bisherige Waffenrock wird nur noch von den General- und Militärintendanten beim großen Dienstanzug beibehalten, sonst wird durchgehends der Dolman angelegt. Nähere Angaben über die Uniformirung sowie über die Abzeichen für die verschiedenen Grade im Intendanz-Corps enthält La France militaire vom 29. Juli Nr. 248 . Nach Artikel 7 des Adminiſtrationsgesetzes stehen die Specialdienste und Anstalten für die Landesvertheidigung und für die allgemeinen Bedürfnisse der Armee unter der directen Leitung des Kriegsministers, welcher allein über die Vorräthe und das Material derselben verfügen kann. Im Journ . mil. off. part. régl . No. 58 wurde ein Verzeichniß dieser Etablissements und Anstalten veröffentlicht, zu denen gehören : ―――――― Artilleriedienst. Die Constructionswerkstätten zu Vernon , Puteaux, Tarbes, Avignon , Angers ; die Geschüßgießerei zu Bourges ; die Pulverfabrik zu Le Bouchet; die Waffenfabriken ; das Central-Artilleriedepot zu Paris ; die Unter inspectionen der Schmieden ; die Artillerie-Territorial-Directionen ; die Artillerie schulen bezüglich der Versuchscommissionen und der disponiblen Bestände an Materialien.

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Außerdem Adminiſtrationsoffiziere und Adjoints der Reserve Adminiſtrationsoffiziere der Terri torial-Armee

44443

Das Administrations-Offiziercorps hatte eine Stärke von : Büreaus der Lebensmittel Hoſpitäler Intendanz 13 18 20 officiers principaux 52 79 72 d'administration 1. Kl. 99 2. S 79 72 52 22 29 156 112 1. ፡ 176 "" adjoints 2. : 176 93 156 39 92

112

1

3824

Geniedienst. Die Directionen ; Schulen; die topographische Brigade ; die Werkstätte für Panzerconstructionen ; das Fortificationsdepot ; die Plankammer ; das Depot für Präcisionsinstrumente ; die Commission und Werkstätte für An gelegenheiten der Luftschifffahrt. Jutendanzdienst. ―― Die großen Magazine der Militärverwaltung zu Paris, die Proviantmagazine zu Paris , Lyon, Marseille, Lille, Rouen, Le Havre, Nantes, Bordeaux, Alger , Constantine und Oran ; die Magazine an den Con centrationspunkten und die Eisenbahnstationsmagazine ; die Constructionswerkstätte für Trainmaterial zu Vincennes ; die Magazine für Bekleidung , Transportmittel, Lagergeräth und Beschirrung zu Paris, Lyon, Besançon, Lille, Bourges, Rennes, Nantes, Montpellier, Toulouse, Bordeaux und Alger ; das Centralbettenmagazin ; die Magazine für Tuche und die Werkstätten für Anfertigung der Bekleidungs gegenstände. Die Pulver- und Salpeteretablissements. Sanitätsdienst. - Die Militärlazarethe in Badeorten ; das Centralmagazin und die Centralapotheke für die Militärlazarethe ; die Magazine und Reserve magazine für Sanitäts- und Lazarethbedürfnisse zu Paris , Marſeille und Alger. Invalidenhotel ; Remonteetablissements ; die Verschiedene Dienstzweige. Militärschulen ; die militärischen Strafanstalten . Das Personal an Intendanz- und Verwaltungsbeamten im Offiziersrange ist ein sehr zahlreiches. Nach den Angaben im Annuaire waren am 1. April 1883 vorhanden : General Sousintendanten Adjoints intendanten Intendanten 1. KI. 3. KI. 2. RL. 45 70 7 30 89 100 activ und disponibel im Reservecadre in Pension und zur Ver fügung des Kriegs 42 11 ministers stehend . 4 1 in der Reserve außerdem 34 Offiziere 12 19 72 11 in der Territorial-Armee außerdem 83 Offiziere

Bekleidung

15 14 54 33

174

139

92

17

423

389

334

96

Die active und Territorial-Armee verfügt sonach für den Dienst der Inten danz und zur Verwendung in den verschiedenen Verwaltungsbranchen über ein Personal von 3763 Offizieren und Beamten im Offiziersrange, über 300 Köpfe mehr als im Vorjahre zu demselben Termin vorhanden waren. Troßdem ist aber der im Administrationsgesetz vorgesehene Etat an Intendanz- und Ver waltungsbeamten noch nicht erreicht.

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5)

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Controle - Corps.

Das Corps de contrôle de l'administration de l'armée , welches zu den services généraux gehört und im Annuaire nach dem Generalstab auf geführt wird , bestand am 1. April aus 21 Mitgliedern. Neu ernannt wurden am 25. Juni 22 Controleure der verschiedenen Klassen , von denen bisher 17 als höhere Beamte in der Intendanz, 5 als Offiziere in der activen Armee Ver wendung gefunden hatten. Die Dienstobliegenheiten und Vorrechte der Controleure wurden durch die friegsministeriellen Circulare vom 13. März und 9. April (Journ. mil. off. part. régl. No. 20 und 33) geregelt. Dieselben functioniren nur als Delegirte des Kriegsministers und erhalten bei Vornahme der Revisionen von Letzterem unterzeichnete Dienstbriefe, welche der betreffenden Militär-Autorität vorzuzeigen ſind und die ſie ermächtigen , von allen die Verwaltung betreffenden Angelegen= heiten Kenntniß zu nehmen und Auskunft zu fordern. Bei öffentlichen Feierlich keiten haben die Mitglieder dieſes Corps ihren Platz unmittelbar nach den im Orte anwesenden Generalen und den den letzteren zugetheilten Stäben. Die Wachposten präsentiren vor den Controleuren und stehen denselben die sämmtlichen Ehrenbezeugungen wie den Generalen bezw. höheren Offizieren zu . Artikel 6 vom 28. October 1882 , die Organisation des Controle- Corps betreffend, erhielt am 4. September die abgeänderte Fassung , daß auf Befehl des Kriegsministers die Reglements, Entwürfe zu Decreten, die Berichte , welche von den verschiedenen Directionen der Centralverwaltung ausgearbeitet worden sind, sowie die Rapporte der Generalinspecteure der administrativen Dienstzweige dem berathenden Comité des Controle- Corps oder einzelnen Mitgliedern desselben zur Begutachtung und Prüfung vorgelegt werden können. (Mon. de l'Armée vom 4. October Nr. 80.) Am 24. März machte der Kriegsminister die Anforderungen bekannt (Journ. mil . off. part. régl. No. 29) , welche im Examen an diejenigen Offiziere und Intendanzbeamten gestellt werden sollen, die sich um Anstellung als Adjoints im Controle- Corps bewerben wollen. Zugelassen werden zum Eramen , welches in einen schriftlichen und einen mündlichen Theil zerfällt und das jährlich vor einer aus Generalcontroleuren bestehenden Commission abgehalten wird, nur Bataillonschefs, Escadronchefs, Majors, Capitäns und Sousintendanten 3. Klasse. Die An forderungen im Examen sind ziemlich hoch; es wird eingehende Kenntniß der gesammten Civil- und Militärgesetzgebung , der administrativen Reglements und der sonstigen Dienſtvorschriften verlangt. Jm Budgetentwurf der Regierung war für das Jahr 1884 die Erhöhung der Zahl der Controleure von 52 auf 77 in Aussicht genommen worden. Der hierzu verlangte Credit wurde aber bei der Budgetberathung auf Antrag der Commission abgesetzt. Im Herbst haben sich die Controleure , wie die Militärjournale berichteten, zum ersten Male zur Vornahme von Revisionen in die verschiedenen Garnisonen begeben. Eine eingehende Beschreibung der Uniform der Controleure enthält das Journ. mil. off. part. régl. No. 90. Waffenrock und Hosen sind aus dunkel blauem Tuch gefertigt , Kragen und Aufschläge mit reichen Stickereien versehen. Nur beim großen Dienstanzug wird der Hut mit schwarzem Federstutz getragen, sonst das gewöhnliche Képi. Die übrigen Uniforms- und Ausrüstungsstücke gleichen denjenigen der Generale bezw. Intendanten.

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Militärische Jahresberichte für 1883 .

II. 1)

Truppen.

Gendarmerie.

Das Offiziercorps derselben zählte nach dem Annuaire vom 1. April :

17 17 101 316 299 67

Obersten, Oberstlieutenants, Escadronchefs , Capitäns, Lieutenants, Souslieutenants,

zusammen 817 Offiziere, 8 weniger als im Vorjahre. In der Reserve befanden sich 2 Obersten; in der Territorial-Armee 5 Oberstlieutenants, 45 Escadronchefs, 71 Capitäns und 2 Lieutenants . Die von der Infanterie zur Gendarmerie übertretenden Offiziere werden nach einer kriegsministeriellen Verfügung vom 7. März zu einer sechsmonatlichen Dienstleistung zu einem Cavallerie-Regiment commandirt. Eine gleiche Anord nung wurde auch für die Unteroffiziere zu Fuß , welche zu Souslieutenants befördert werden sollen, und für die Lieutenants -Zahlmeiſter vor dem Avancement zum Capitän getroffen, welche sich während ihrer Dienstleistung bei der Cavallerie die erforderliche Reitfertigkeit und die nothwendigen Kenntnisse zur Beaufsichtigung der ihnen unterstellten berittenen Gendarmerie-Brigaden erwerben sollen. In der Remontirung trat die Aenderung ein, daß die Pferde der Unter offiziere, Brigadiers und Gendarmen nicht mehr von den Cavallerie-Regimentern zu liefern, sondern im Wege des freihändigen Ankaufs zu beschaffen , ausnahms weise auch den Remontedepots zu entnehmen sind. Die hierüber erlaſſenen Vorschriften wurden im Journ. mil. off. part. régl. No. 54 mitgetheilt. Vom 1. Januar 1884 werden die Offiziere der Gendarmerie den Sold der Offiziere der Specialwaffen erhalten. Nach dem Budget für 1884 wird in diesem Jahre die Gesammtstärke der Gendarmerie 26 726 Offiziere , Unteroffiziere und Mannschaften betragen. Während der Herbstmanöver wurden, wie in den Vorjahren , jedem Armee Corps bezw. jeder selbständig übenden Division oder Brigade zur Handhabung des Polizeidienstes Gendarmerie-Detachements zugetheilt.

2) Invaliden. Durch Decret des Präsidenten vom 16. April (Journ. mil . off. part. régl. No. 46 ) wurde die Stelle des Gouverneurs des Invalidenhotels , unbejezt geblieben seit dem Tode des Divisionsgenerals de Martimprey , definitiv auf gehoben. Die Functionen des Gouverneurs wurden mit denen des Comman Schon bei Discussion des Militärbudgets für 1883 im danten vereinigt. December 1882 war die Aufhebung des Gouverneurpostens in der Deputirten kammer beantragt, vom damaligen Kriegsminister Billot aber erfolgreich bekämpft worden. Außerdem trat eine wesentliche Verminderung des geistlichen und Pflege personals ein, wodurch dem Staate eine Ersparniß von 160 000 Francs erwächst. Die Zahl der im Hotel untergebrachten Invaliden soll fernerhin nicht mehr als 400 betragen .

1

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3) Infanterie. a. Offiziere. Nach dem Annuaire zählte am 1. April das Offiziercorps der Infanterie einschließlich der au titre étranger in der Fremdenlegion dienenden Offiziere: Bat. -Chefs Obersten Oberſtlts. od. Majors Capitäns Lieuts. Souslieuts . Summe 966 167 183 3 433 4 268 2 594 11 611 davon en activité 14 177 31 378 hors cadre 600 152 789 3 890 3 433 2 594 11 011 daher in der Front 153 Bedarf nach dem 153 153 796 3 900 6.308 11 310 Cadregeset 7 1 10 281 299 es manquirten Es fehlten in der Front demnach 299 Offiziere , fast durchgehends den Lieutenantschargen angehörend, am 1. April 1882 betrug diese Zahl 188 ; es ist also eine bedeutungslose Verringerung in der Gesammtstärke des Offiziercorps der Infanterie zu constatiren. An Offizieren der Reserve waren ausschließlich der hors cadre gestellten Souslieutenants vorhanden: Lieutenants Summe Souslieutenants Capitäng 80 13 3507 3 600 am 1. April 1882 : 1. : 1883 85 2 670 2773 18 - 837 +5 - 827 +5 daher mehr oder weniger 1883 Die Zahl der Reserveoffiziere hat sich demnach_wesentlich verringert. Da ſich im Kriege auf den Etat jeder Compagnie ein Souslieutenant der Reſerve befindet, so bleiben immer noch 85 Capitäns , 18 Lieutenants und 282 Sous lieutenants zu anderer Verwendung disponibel. Nach den Angaben der Anciennitätsliste des Annuaires ist in der Zeit vom 1. April 1882 ab bis zu gleichem Tage 1883 das Avancement in den höheren Chargen bis einschließlich der Bataillonschefs kein besonders ausgedehntes und weniger gut als in den Vorjahren gewesen ; günstiger hat sich dasselbe aber in genanntem Zeitraum zu der Capitäns- und Lieutenantscharge gestaltet , denn 400 Lieutenants wurden zu Capitäns und 528 Souslieutenants zu Lieutenants befördert. 479 Souslieutenants sind neu in Zugang gekommen. Troßdem wird in der Französischen Infanterie , wie ein längerer Aufsatz im Avenir militaire (Nr. 841 vom 26. Januar) des Näheren ausführt, lebhaft über das schlechte Avancement geklagt , z. B. gebrauchen die Capitäns jezt eine 13- bis 14jährige Dienstzeit in dieser Charge bis zur Beförderung zum Bataillonschef bezw . Major. Zur Abhülfe dieser den Dienst in hohem Grade schädigenden Thatsache und gleichzeitig zur Erhöhung der Effectivſtärken der Compagnien wird die Aufhebung der Depot-Compagnien und der Stellen der ferner durch Bataillons adjutanten im Lieutenantsrange zu erseßenden Capitäns -Adjutants-Majors dringend empfohlen, wodurch zwar anfänglich 940 Capitäns bei der Infanterie überflüſſig würden, das Verhältniß der Zahl der Capitäns zu der der Bataillonschefs sich aber wesentlich günstiger gestalten müßte, denn bis jetzt stehen in einem Infanterie Regiment den 24 Capitäns nur 7 höhere Offiziere gegenüber. b. Reglements und Ausbildung. Im März wurde an die Truppen theile der Infanterie die durch eine Commission unter dem Vorsitze des Divisionsgenerals Baron Berge bearbeitete und am 11. November 1882 vom Kriegsminister genehmigte neue Schießinstruction „ Règlement sur l'Instruction du tir" ausgegeben, welche das bis dahin für die Ausbildung im Schießdienste maßgebend gewesene „Manuel de l'Instructeur de tir" vom 4. Juni 1877 Militärische Jahresberichte 1883. 6

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ersetzen soll. Um aber die Uebungen schon Anfang des Jahres nach dem neuen Reglement beginnen zu können, wurde vorher ein Auszug aus demselben aus gegeben. Zum Gebrauch für Unteroffiziere und Corporale wurde in abgekürzter und verständlicher Form ein Auszug aus dem Reglement unter dem Namen Manuel reduit extrait de l'Instruction du tir bearbeitet und in zahlreichen Eremplaren (per Regiment 408) an die Truppen vertheilt. Dem zweiten Theil der Jahresberichte , dem Abschnitt über Taktik der Infanterie, fällt eine eingehendere Besprechung des Reglements zu , aus welchem hier nur hervorgehoben sei, daß die Zahl der von einem Infanteristen jährlich zu verschießenden scharfen Patronen definitiv auf 120 Stück festgesetzt worden ist. Von der Einführung des neuen Reglements über die Manöver der Infanterie, bearbeitet von einer Commission unter Vorsitz des Divisionsgenerals Février , ist abgesehen worden. Es sind vom Kriegsminister nur Abänderungen zu dem Reglement vom 12. Juni 1875 genehmigt worden, welche nach dem Circular vom 6. November (Journ. mil. off. part. régl. No. 97) als Annexe des zweiten Abschnitts (École du soldat) , des dritten (École de compagnie) und des vierten (École de bataillon) dem Reglement unter Aufhebung der früheren Bestimmungen beizufügen sind . Die Veränderungen sind folgende : die Schrittgeschwindigkeit wird von 115 auf 120 per Minute erhöht; der Flankenmarsch mit doublirten Rotten fällt weg; die vorbereitenden Uebungen für das Schießen finden nach den Bestimmungen des neuen Reglements sur l'Instruction du tir ſtatt ; die Artikel über Recognoscirung und Märsche haben eine neue Fassung erfahren ; die Pelotoncolonne und die Bewegungen in derselben fallen in der Compagnie schule weg : es wird im Bataillon eine neue Colonne „ Ligne de colonnes en pelo tons " eingeführt ; (die Compagnien stehen in gleicher Höhe in Pelotoncolonne nebeneinander) ; die Eclaireurs (zwei Mann jeder Escouade gingen zur Recognoscirung des Terrains und des Feindes der Schüßenlinie voraus) und die renforts (die ersten Verstärkungen derselben) fallen weg. Die Gefechtsformation besteht ferner nur aus drei (früher vier Echelons), die Schüßenlinie, die Soutiens und die Reserve. Dadurch erhält das Bataillon eine geringere anfängliche Ausdehnung nach der Tiefe, welche 500 m nicht übersteigen darf; die Schüßenlinie erhält eine größere Dichtigkeit ; die Führung der Compagnie und des Bataillons im Gefecht erfolgt nach vereinfachten Grundsätzen. Diese Abänderungen, welche sofort in Kraft zu treten haben , sollen den Grundsaß der Offensive stärken und den Angriffen mehr Zusammenhang und Energie geben. Am 4. December wurde vom Kriegsminister (Journ . mil. off. part. régl . No. 100) eine neue Vorschrift über die Organisation der Instructionspelotons erlassen, welche den im vorjährigen Jahresbericht (Seite 124) angegebenen Be stimmungen noch die Anordnung beifügt, daß die Freiwilligen und vor dem Einstellungstermin eintretenden Soldaten, wenn sie sich zum Avancement eignen , sofort den Pelotons zu überweisen sind, in denen sie eine besondere Klasse bilden . Denselben sollen auch solche Mannschaften zugetheilt werden , welche sich durch besondere militärische Veranlagung und Tüchtigkeit auszeichnen. Außerdem wurden in dem Ausbildungsprogramm und der Zusammensetzung der Cadres der Instructions pelotons einige Abänderungen vorgenommen .

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Die Ausbildung der Rekruten fand bisher in den Compagnien unter Ver antwortlichkeit der betreffenden Capitäns statt. Nach einer kriegsministeriellen Verfügung vom 5. December (L'Avenir mil. vom 11. December Nr. 904) hat dieses System aber ungenügende Resultate geliefert und wurde daher angeordnet, daß die Rekruten eines Bataillons fernerhin gemeinſchaftlich durch ein besonderes Personal unter Leitung eines Capitäns auszubilden sind. Ist das Bataillon detachirt , so führt der Bataillonschef die Oberaufsicht; stehen alle Theile des Regiments in einer Garniſon, ſo ſind nach der Zahl der Rekruten mehrere Aus bildungscadres zu formiren , deren Ueberwachung einem Bataillonschef übertragen ist. Nur bei einzelnen vom Regiment weit entfernt garnisonirenden Compagnien darf die Ausbildung der Rekruten in leßteren erfolgen. Im Journal militaire officiel (part. suppl. No. 10) wurden Anfang Februar die Anordnungen über die größeren Truppenübungen im Herbst ver öffentlicht. Nach denselben hatten bei sechs Armee- Corps , dem 5. , 6. , 7. , 8. , 9. und 13., Manöver im Corpsverbande von 20tägiger Dauer, die Hin- und Rück märsche eingerechnet , stattzufinden. Von den übrigen Armee- Corps übten das 4. , 10. , 11., 12. , 17. und 18. im Diviſions-, das 1. , 2. , 3. , 14., 15. und 16. im Brigadeverbande mit Zutheilung von Cavallerie und Artillerie, jedoch nahmen. die 6. und 7. Infanterie-Division, der Garnison von Paris angehörend , nicht an den Manövern Theil. Die Infanterie-Regimenter rückten in der Stärke von drei Bataillonen zu je vier Compagnien aus, deren Etat durch Einziehung von Reservisten auf 180 Mann gebracht worden war. Jedem der große Manöver abhaltenden Armee- Corps wurden 24 Tragthiere zum Transport von Handwerks zeug zugetheilt, welche nur einer Brigade zu überweisen waren. Von der Her stellung von Feldbefestigungsarbeiten sollte in der ausgedehntesten Weise Gebrauch Jedes Infanterie gemacht werden, wie ausdrücklich hervorgehoben wurde. Regiment rückte mit 3 Munitionswagen (dieselben fielen aber bei denjenigen Armee- Corps , welche nur im Divisions- oder Brigadeverbande übten , weg) , 1 Schanzzeug-, 4 Bagage , 5 Lebensmittelwagen und 2 Medicinalcantinen aus. Die Zahl der zu verfeuernden Plaßpatronen war pro Mann auf 75 bezw. 45 festgesetzt. Besondere Aufmerksamkeit lenkten die gegenseitigen Manöver des 7. und 8. Armee- Corps auf sich , bei denen das erstgenannte noch durch eine aus zwei Regimentern à drei Bataillone bestehende und 132 Offiziere und 4564 Mann zählende combinirte Brigade der Marine-Infanterie verstärkt war. Diesen Manövern wurde nach Angabe des Avenir militaire (Nr. 876 vom 21. Juli) folgende, bereits sieben Wochen vorher bekannt gemachte allgemeine Kriegslage zu Grunde gelegt: „Eine durch die Jurapässe vorgegangene Armee (7. Armee- Corps, fünf Brigaden stark) hat nach Cernirung von Besançon den Marsch in westlicher Richtung auf Dijon fortgesetzt ; dieser Bewegung soll das auf dem rechten Saône Ufer bei Pontarlier concentrirte 8. Armee-Corps entgegentreten. " Der Verlauf der Operationen war an den einzelnen Tagen , vom 10. bis 18. September, schon im Voraus im Wesentlichen vorgeschrieben. Die großen Truppenübungen wurden in sämmtlichen Militärzeitſchriften eingehenden Besprechungen unterzogen, in anscheinend recht zutreffender Weise im Avenir militaire in den Nummern 889 bis 895. Der Spectateur militaire (Heft vom 1. August) tadelt, daß das Infanteriefeuer oft auf Entfernungen von 1500 m abgegeben worden sei , die höheren Offiziere sich zu Pferde meist un mittelbar hinter den Schützenlinien aufgehalten hätten und daß die Frontaus dehnung der Bataillone im Gefecht durchgängig eine zu große gewesen sei . Die 6*

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Entfernungen und die zu nehmenden Viſire find meiſtentheils gar nicht oder nicht rechtzeitig und richtig befohlen und die Vornahme der im Reglement dringend empfohlenen Offensivstöße in der Vertheidigung versäumt worden. Hingegen wird der Artillerie, die sich sehr manövrirfähig gezeigt haben und der unrichtigerweise oft Infanteriebedeckung zugetheilt gewesen sein soll , hohes Lob gespendet. In der Zeit vom 1. Juni bis 1. August fanden Gebirgsmanöver in den Alpen, Vogesen und im Juragebirge im Bereiche des 6. , 7. , 8. und 14. Armee Corps statt, an welchen sich im Ganzen 4 Jäger-, 12 Linien-Bataillone und 5 Gebirgs-Batterien betheiligten. Ueber die Durchführung und Leitung dieser Manöver ſind Angaben nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen. (Progrès mil . vom 12. Mai Nr. 264.) Von der Mehrzahl der Infanterie-Regimenter wurden Gefechtsschießübungen im Terrain abgehalten. Nach den Bestimmungen der neuen Schießinstruction haben dieselben fernerhin nur von kriegsstarken Formationen unter Zugrunde legung einer Gefechtsidee stattzufinden. Durch c. Organisation , Etats , innerer Dienst , Dislocation. neuen zwei von Errichtung die wurde Juli 12. vom Decret präsidentielles Bataillonen in der Fremdenlegion angeordnet. Die Cadres derselben haben die gleiche Stärke wie bei den schon bestehenden Bataillonen. Bei Durchführung des Gesetzes, betreffend die Errichtung einer Armee von Africa, soll die Fremden legion eine weitere Verstärkung um zwei Bataillone und zwei Depot-Compagnien erfahren und in zwei Regimenter zerfallen. Die Zahl der Ausländer , welche 1876 freiwillig in dieselbe eintreten, ist seit 1876 in stetem Steigen begriffen. wurden 507, 1880 874 und 1882 1724 Freiwillige eingestellt. Die Klagen über die geringen Effectivstärken der Infanterie-Compagnien dauern fort. Mit Ausnahme der Zeit der großen Manöver müſſen drei bis vier Compagnien in eine formirt werden , um überhaupt Uebungen vornehmen zu können. Der Kriegsminister äußerte gelegentlich der Budgetberathung in der Deputirtenkammer, daß eine Erhöhung des Friedensstandes der Compagnien in der gewünschten Weise eine Mehrbelastung des Budgets um etwa 200 Millionen bedingen würde. Doch hofft man, daß in dem neuen Cadregesetz , deſſen Bearbeitung und Vorlage an die Volksvertretung im Laufe des Jahres erfolgen soll, dieſem unausgesetzt in der Armee und in der Preſſe discutirten Uebelstande abgeholfen werde. Ob dies durch Erhöhung des Friedensstandes der Armee oder durch Aufhebung der disponiblen Bataillone und der Depot-Compagnien geschehen wird, scheint noch nicht festgestellt zu sein. Durch kriegsministerielle Verfügung vom 30. October (L'Avenir militaire vom 16. November Nr. 899) wurde angeordnet , daß sich der Oberstlieutenant bei getrennt dislocirten Infanterie-Regimentern bei dem disponiblen Bataillon und den Depot-Compagnien, wenn sich dieselben in ein und derselben Garnison befinden, aufzuhalten habe. In diesem Falle wird bei Abwesenheit des Obersten bis zu 30 Tagen das Regiment vom ältesten Bataillonschef unter Controle des Oberstlieutenants geführt, welcher sich nur dann in die Garnison der activen Bataillone zu begeben hat, wenn die erstere länger andauert. Die bisherige Instruction vom 4. November 1878 über den Dienst der Adjutanten soll zu verschiedenen Auffassungen innerhalb der Regimenter geführt haben, zu deren Abstellung sich der Erlaß von neuen Vorschriften nothwendig machte. Nach dem Circular vom 3. Januar (Journ. mil . off. part. suppl . No. 1 ) zerfällt die Klasse der Adjutanten in solche für die Bataillone und für die

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Compagnien. Die Bataillonsadjutanten werden vom Oberst aus den Compagnie adjutanten ausgewählt und stehen lediglich zur Verfügung der Adjutants -Majors. Die Adjutanten der Compagnien werden zur Unterstützung und Stellvertretung der Offiziere vom Wochendienst verwendet und sind im Speciellen mit der Aus bildung der Schützen der 3. Klasse und der schlechten Exercirer betraut. Mit dem Rechnungs- und Schreibwesen haben sie nichts zu thun , das bleibt Sache der Sergeantmajors, die sie zu controliren haben. Die Adjutanten werden bataillonsweise gemeinschaftlich casernirt, haben die Genehmigung, ohne Urlaubspaß bis Mitternacht ausbleiben zu dürfen und verbüßen den gelinden Arrest in ihren Zimmern. Die Schwierigkeiten , welche sich den berittenen Offizieren bei der Auswahl der des Reitens und der Pferdepflege kundigen Ordonnanzen entgegenstellen, ver anlaßten den Kriegsminister zu der Anordnung, daß von jedem Infanterie Regiment 10, von jedem Jäger-Bataillon 3 zu Ordonnanzen sich eignende Leute zu den Cavallerie- bezw. Artillerie-Regimentern des Armee- Corps zu einer acht wöchentlichen Instruction nach beendetem ersten Dienstjahre commandirt werden follen. (Journ . mil. off. part. régl. No. 11. ) Die Berittenmachung der Infanteriecapitäns ist im Laufe des Jahres 1883 durchgeführt worden. Die Capitäns der disponiblen Bataillone und der Depot Compagnien erhielten die Pferde vor Beginn der Herbstmanöver. Geklagt wird über die Mangelhaftigkeit des den Capitäns von den Cavallerie-Regimentern zur Verfügung gestellten Pferdematerials und vorgeschlagen , den Ankauf fernerhin direct von den Infanterie-Regimentern bewirken zu lassen oder den Capitäns das Recht zu geben, ihre Pferde aus den Remontedepots entnehmen zu dürfen. (L'Avenir militaire vom 26. August Nr. 889.) Vom 1. April 1882 ab haben binnen Jahresfrist 17 Linien-Regimenter und 4 Jäger-Bataillone ihre Garnisonen gewechselt , bei 47 Regimentern und 9 Jäger-Bataillonen steht das Depot von der portion principale getrennt. In Algerien befanden sich zu genanntem Termin 10 , in Tunesien 2 Jäger und 24 Infanterie-Bataillone detachirt , doch ist der größere Theil der Letzteren im Laufe des Jahres wieder zurückgezogen worden. Zur Verstärkung des Expeditions- Corps in Tonkin hatte die Infanterie im December folgende Truppentheile abgegeben : ein Bataillon vom 2. Algerischen Tirailleurs- Regiment, das 2. Bataillon der leichten Africanischen Infanterie , das 1. Bataillon der Fremdenlegion und je ein Bataillon vom 23. , 111. und 143. Infanterie-Regiment. Die Bataillone waren durch Einstellung von Frei willigen aller Regimenter auf einen Etat von 1000 Mann gebracht worden. Die Absendung weiterer Verstärkungen erfolgte Anfang des Jahres 1884. d. Bewaffnung , Ausrüstung , Uniformirung. Die Frage der Neu bewaffnung der Infanterie ist noch nicht entschieden worden. Nach überein stimmenden Angaben in der militärischen Presse steht ihre definitive Erledigung in kurzer Zeit zu erwarten. (?) Die Commission unter dem Divisionsgeneral Dumont soll sich für Annahme eines an dem jeßigen Gewehrmodell anzubringenden Magazins ausgesprochen haben , nähere Angaben sind darüber noch nicht in die Deffentlichkeit gedrungen. Das Decemberheft des Journal des sciences militaires bespricht in eingehender Weise den gegenwärtigen Stand der Repetirgewehr-Frage und die Verhandlungen der zur Prüfung derselben eingefeßten Commission. Den in Versailles garnisonirenden 2. Jäger-Bataillon sind zu Versuchszwecken im December 200 Vetterli- und 100 Werndl-Gewehre zur Verfügung gestellt worden. (L'Avenir militaire vom 21. December Nr. 906. )

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Die seit acht Jahren in Aussicht genommene Neuuniformirung der Infanterie ist Mitte März wenigstens für die Offiziere und Adjutanten zum Abschluß gebracht worden. Der Waffenrock wird durch einen Dolman aus dunkelblauem Tuch mit krapprothem Kragen, dunkelblauen Kragenpatten , auf denen sich die Regiments nummer aus Goldlige aufgenäht befindet, ersetzt. Der Dolman enthält vorn vier, inwendig zwei Taschen, welche zur Aufnahme von Karten x . dienen ſollen. An Stelle der Epauletten werden Achselstücke, aus goldenen Streifen zum großen, aus schwarzwollenen zum gewöhnlichen Dienstanzug bestehend, getragen. Die Gradabzeichen sind auf jedem Aermel, aus Streifen und einer Verzierung in Kleeblattform aus Goldtreffe bestehend , angebracht. Die Dimensionen dieser Decorationen variiren nach den verschiedenen Graden. Der Tschako wird ab geschafft und dient als Kopfbedeckung nur das Képi , anstatt mit breiten Treffen wie bisher nur mit Lizen besetzt. An Stelle der Halsbinde wird eine Cravatte aus schwarzer Seide getragen. Der bisherige Dienstsäbel wird durch eine leichtere, beffer zu führende Waffe ersetzt, anstatt des Goldkuppels ein solches aus Leder, mit nur einem Schleppriemen und stets unter dem Dolman zu tragen, vor schriftsmäßig. Die Offiziere der Algerischen Tirailleurs haben Dolmans von gleicher Probe, jedoch von himmelblauer Farbe. Auch von den Offizieren der Infanterie der Territorial-Armee ist der Dolman , aber mit weißen Uniformknöpfen anzulegen. Die Chefs der Musik führen am Kragen des Dolmans die bisherigen Abzeichen (Lyra), der letztere enthält aber auf den Aermeln keine Verzierungen. Die Gradabzeichen der Adjutanten sind die gleichen wie bei den Souslieutenants, jedoch sind die Lizzen auf den Aermeln mit rother Seide durchflochten . Die Offiziere und Adjutanten tragen den Revolver ― wie bei den berittenen Truppen vorgeschrieben an einem Lederriemen quer über den Leib. Die Beinkleider behalten den bisherigen Schnitt und die Farbe , werden aber zur Verzierung mit einem 45 mm breiten Streifen aus Tuch versehen. Offiziere der Fußjäger tragen die Hosen ohne Abänderungen fort. Das Tragen der Bekleidungsstücke neuer Probe ist vom 1. Januar 1884 ab obligatorisch. Für die als Commandanten und Instructeure bei den Militärschulen und im Rekrutirungsdienst verwendeten Offiziere wurden folgende Abweichungen von der Uniformirung der Truppenoffiziere vorgeschrieben: Die ersteren tragen beim großen Dienstanzug Achselschnüre und auf den Knöpfen der Dolmans statt der Regimentsnummern Granaten; bei letteren befindet sich auf den Aermeln außer der Decoration noch eine Granate. Die Lehrer an den Militärschulen und die im Rekrutirungsdienste verwendeten Lieutenants legen die Uniform der Infanterie offiziere ohne besondere Abzeichen an , jedoch tragen die Offiziere der Schule zu St. Cyr einen Dolman aus himmelblauem Tuche. Eine eingehende Beschreibung der neuen Uniformgegenstände enthalten L'Avenir militaire No. 850 und Moniteur de l'Armée No. 33 . 4)

Cavallerie.

Nach dem Annuaire zählte am 1. April das Offiziercorps der Cavallerie: Esc.-Chefs Capitäns Obersten Oberstlt. u. Majors 1.u. 2. Kl. Lieuts. Souslicuts . Summe 975 84 803 1067 90 3 300 281 davon waren: 23 71 13 48 en activité hors cadre 10 165

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Esc.-Chefs Capitäns Obersten Oberstlt. u. Majors 1. u . 2. Kl. Lieuts . Souslieuts . Summe im Remontedienst ver 25 8 20 53 wendet eingeborene Offiziere bei den Spahis -Regi 46 3 17 26 mentern 74 77 985 1 667 233 3 036 in der Front Bedarf nach dem · 235 991 1 764 77 74 3143 Cadregeset es manquirten in den 2 97 6 105 Regimentern • Am 1. April 1882 bestand das Offiziercorps aus 3344 Köpfen und hat sich dasselbe daher um 44 Offiziere verringert. Bei der überwiegenden Zahl von Cavallerie-Regimentern sind demnach alle Offizierstellen in den Chargen bis einschließlich der Capitäns besetzt . Die Avancementsverhältnisse sind bei der Cavallerie vom 1. April 1882 ab günstigere gewesen als bei der Infanterie, denn im Zeitraum eines Jahres wurden 16 Oberst lieutenants, 22 Escadronchefs , 51 Capitäns , 163 Lieutenants und 185 Sous lieutenants in die nächst höheren Chargen befördert. An Reserveoffizieren waren ausschließlich der hors cadre gestellten vor Handen : am 1. April 1883 43 Capitäns , 29 Lieutenants, 565 Souslieutenants , = 1882 : = 578 38 18 1. daher 1883 5 Capitäns und 11 Lieutenants mehr, 13 Souslieutenants weniger. :

Per Regiment sind 2 Capitäns und 5 (bei den Chasseurs d'Afrique Regimentern 6) Lieutenants bezw. Souslieutenants etatsmäßig , die Spahis Regimenter haben keine Reserveoffiziere. Veränderungen in der Organisation der Cavallerie und in den Etats der Regimenter sind nicht zu erwähnen ; in der Zusammensetzung der Cavallerie Divisionen und in der Dislocation der Regimenter haben nur einige unwesentliche Verschiebungen stattgefunden. Bei 12 Regimentern garniſonirt das Depot getrennt von der portion principale. Für die in Algerien und Tunesien detachirten und befindlichen Cavallerie truppentheile wurde noch ein zweiter permanenter Generalinspecteur ernannt . Der eine führt die Oberaufsicht über die in den Subdivisionsbezirken Alger und Oran, der andere über die im Subdivisionsbezirke Constantine und die in Tunesien dislocirte Cavallerie. Leßterer iſt gleichzeitig Commandant der Territorial-Süd division . Die Zahl der permanenten Generalinspecteure ist demnach auf sieben gestiegen. (Kriegsministerielle Verfügung vom 21. März .) Bisher waren die Brigaden und Regimenter den selbständigen Cavallerie Divisionen, welche in einer anderen Region garniſonirten, als ihr Divisionsgeneral, in Bezug auf Mobiliſirung, Perſonal, Disciplin x . dem Generalcommandanten desjenigen Armee-Corps unterstellt , in dessen Bereich der betreffende Divisions commandant seinen Aufenthaltsort hatte. Um Weitläufigkeiten bei einer Mobil machung zu vermeiden, sollen in Zukunft die Brigaden und Regimenter in den bezeichneten Angelegenheiten von dem Armee- Corps-Commando desjenigen Bezirks reffortiren, in welchem ihre Garnison liegt. (Journ. mil . off. part. régl. No. 67.) Nach einer Verfügung vom 27. Juli (Journ . mil. off. part. régl. No. 68) ist der Unterricht im Fechten zu Pferde, welcher schon in dem neuen Exercir reglement keine Aufnahme gefunden hatte, definitiv abgeschafft worden. Es soll

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aber fernerhin dem Fechten zu Fuß und neben dem Stoß-, auch dem Hiebfechten ein größerer Werth beigelegt werden. Die Ausgabe eines neuen Reglements über das Fechten ist in Aussicht gestellt worden. Die drei ersten Capitel des Reglements vom 31. Mai 1882 , den Unter richt in den Regimentsschulen betreffend , wurden aufgehoben und durch neue Bestimmungen ersetzt, nach denen unter Leitung der Capitänscommandanten in den Escadrons für die Mannschaften zwei Curſe ſtattzufinden haben. Zu den Unterrichtsgegenständen im ersten Cursus gehören Schreiben, Lesen und Rechnen, doch sind die darin ausgebildeten Cavalleristen von der Theilnahme dispensirt ; im zweiten Cursus für die Brigadiers und Brigadierseleven wird außerdem über Artilleriewissenschaft und Geographie instruirt. An dem vorbereitenden Curſus nehmen nur solche Unteroffiziere Theil , deren Beförderung zum Offizier für später in Aussicht genommen ist. In zwei Abtheilungen wird über Orthographie, Rechnen, Geometrie, Geschichte und Topographie Unterricht ertheilt. Das Schul jahr beginnt den 1. November und endet für die Eleven der ersten Abtheilung den 15. August, für die der zweiten nach abgelegter Prüfung in Gegenwart des Generalinspecteurs. Als Lehrer fungiren unter Leitung des Oberstlieutenants der Capitäninstructeur und drei Offiziere ; jede Woche finden drei Lectionen von je 11/ 2stündiger Dauer statt. Die am 12. März von dem früheren Kriegsminister Thibaudin angeordneten gemeinschaftlichen Cadresmanöver von zwei Cavallerie-Divifionen und Recognos cirungen an der Deutschen Grenze, an denen sich 200 Cavallerieoffiziere unter Oberleitung des Divisionsgenerals Galliffet betheiligen sollten, fanden nicht statt. Politische Erwägungen sollen Veranlassung zum Ausfallen dieser Uebungen gewesen sein , doch erregte die Aufhebung dieser Verordnung, welche General Thibaudin schließlich als durch Budgetrücksichten geboten bezeichnete , in der politischen und militärischen Preffe eine heftige Polemik. Nur die 5. und 6. Cavallerie-Diviſion, jede für sich, hielt Cadresmanöver ab. Besonderes Interesse beanspruchen die großen Cavalleriemanöver, welche unter Oberleitung des Präsidenten des Cavalleriecomités , Divisionsgenerals Galliffet, im August und September stattfanden. Es übten im Brigade- und Divisionsverbande und schließlich gegeneinander die 5. Diviſion und Diviſion A (1. , 2. Corps-Cavallerie- und 4. Jäger-Brigade) vom 1. bis 10. August , die 2. und 4. Division vom 13. bis 22. August im Lager von Châlons , die 1. Division und Division B (3., 4. und 5. Corps -Cavallerie-Brigade) in der Umgegend von Chartres vom 25. August bis 3. September. Von den 5 im Frieden bestehenden Cavallerie- Diviſionen nahmen daher 4 , von 18 Corps Cavallerie-Brigaden 5 an den großen Uebungen Theil. Jeder Division waren 3 reitende Batterien beigegeben. Sämmtliche Generale der Cavallerie und eine große Zahl von Offizieren derjenigen Regimenter , welche nicht in größeren Ver bänden übten, hatten diesen Manövern beizuwohnen. Die Regimenter marschirten nach den Manöverterrains escadronsweise, täglich) 30 km und per Stunde 8 bis 10 km zurücklegend. Die Märsche , auf denen die Verpflegung von Mann und Pferd durch freihändigen Ankauf oder durch Requisitionen zu beschaffen war, um die Capitäns in diesen Dienstzweigen an Selbständigkeit zu gewöhnen, sollten als Kriegsmärsche ausgeführt werden. Der Rückmarsch sollte so lange als möglich im Brigade- oder Regimentsverbande erfolgen, um die Generale und Obersten in der Führung größerer Abtheilungen auf dem Marsche zu üben. Die Escadrons hatten mit 100 Pferden, ausschließlich der Offizierspferde, die reitenden Batterien mit 6 Geſchüßen, 2 Munitionswagen,

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1 Feldschmiede und 1 Fouragewagen auszurücken. Sämmtliche Offiziere wurden mit Marsch- und Manöverkarten, die Unteroffiziere nur mit letteren versehen. Die Uebungen haben einen ähnlichen Verlauf wie in den Vorjahren genommen. Der Generaldirector der Manöver , General Galliffet , -- in den Blättern radicaler Richtung als neuer „grand maître de cavalerie" bezeichnet hat seine Zufriedenheit mit den erreichten Fortschritten ausgesprochen, besonders aber die Leistungen der reitenden Batterien , deren Pferdematerial sich qualitativ sehr gebessert haben soll, belobt. Zum ersten Male fand die Unterbringung der Truppen im Lager von Châlons in Zelten statt, die Pferde standen unter freiem Himmel, was auf den Geſundheitszustand beſonders der in der ersten Serie bei schlechtem Wetter übenden Regimenter ungünstig eingewirkt haben soll . Sämmtliche Zeitschriften berichteten eingehend über die Cavalleriemanöver. (L'Armée française No. 862, 865, L'Avenir militaire No. 881 , Spectateur militaire in den Octoberheften 2c.) Die im Corpsverbande übenden sechs Armee-Corps (siehe Infanterie) behielten während der Manöver ihre Cavallerie-Brigaden, den Divisionen bezw. Brigaden der übrigen Armee-Corps wurden Regimenter oder einzelne Escadrons beigegeben. In der Zeit vom 19. bis 26. October fanden unter Leitung des Generals Bonie bei Affréville in Algerien Cavalleriemanöver statt, zu denen 10 Escadrons verschiedener Regimenter zusammengezogen wurden. Denselben wurden außer einer Batterie noch ein Infanterie-Bataillon zugetheilt. In der Bekleidung und Ausrüstung der Cavallerie sind folgende Verän derungen vorgenommen worden : Die sechs mit geraden Nummern bezeichneten Cüraffier-Regimenter hatten den Cüraß wieder anzulegen. (Moniteur de l'Armée vom 24. Mai Nr. 42. ) Das Feldgeräth jeder Escadron wurde um vier kleine Sägen vermehrt und die bisherige Packordnung entsprechend abgeändert. Durch Gesetz vom 31. Juli (Journ. mil. off. part. régl. No. 66) hat an Stelle des Waffenrocks bei den Dragoner-Regimentern der Dolman, aus dunkelblauem Tuch gefertigt , zu treten und fallen daher auch die Epauletten weg. Nur die Cürassiere behalten den Waffenrock, der im Schnitt- weitere Taille, kürzere Schöße unwesentlich verändert wird . Das Säbelkuppel wird von allen Regimentern unter dem Dolman bezw . Rock getragen und nach einer einheitlichen Probe angefertigt. Schließlich ist noch zu erwähnen , daß die Unteroffiziere der Cavallerie durch Verfügung vom 29. Auguſt mit Signalpfeifen ausgerüstet worden sind.

5) Artillerie. Nach dem Annuaire zählte das Offiziercorps der Artillerie am 1. April : Obersten Oberstlt. Esc.-Chefs Capitäns Lieuts . Souslients. Summe u. Majors 2 981 256 79 961 86 317 1 282 davon en activité 9 2 35 66 hors cadre . 20 im état-major parti 284 culier 37 37 98 112 Hierzu treten noch 540 gardes d'artillerie verschiedener Klassen und 160 Waffencontroleure. Der zur Aufhebung gelangte Artillerietrain zählte 19 Escadronchefs , 113 Capitäns und 114 Lieutenants bezw. Souslieutenants . Wesentlich verändert hat sich gegen den Bestand am 1. April 1882 nur die Zahl der Lieutenants und Souslieutenants, welche um 158 Köpfe gestiegen ist.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Das Avancement ist in der Zeit vom 1. April 1882 bis zu gleichem Termin 1883 ein sehr günstiges und ein besseres als in den anderen Waffen gewesen, denn 18 Oberstlieutenants, 20 Escadronchefs, 40 Capitäns, 79 Lieute nants en premier und 163 Gouslieutenants wurden zu den nächst höheren Chargen befördert. An Offizieren der Reserve werden aufgeführt (ausschließlich der hors cadre gestellten Souslieutenants) : am 1. April 1882 9 Obersten, 20 Capitäns , 47 Lieutenants, 1229 Souslieutenants , 3 = : 3 1. : 1883 12 ፡ 26 54 1 180 Die Zahl derselben, die Reserveoffiziere des Artillerietrains nicht inbegriffen, hat sich demnach um 33 Köpfe verringert. Durch die Votirung des Gesetzes , betreffend die neue Organiſation der Artillerie (siehe den Abschnitt über die militärische Gesetzgebung) , treten folgende Veränderungen in der bisherigen Formation ein : 1) Die Artillerie - Regimenter erhalten die Bezeichnung Feld - Artillerie Regimenter ; 2) die Zahl der Batterien in den Regimentern wird eine andere. Während früher das 1. Regiment jeder Brigade 3 Fuß-, 8 fahrende und 2 Depot Batterien (lettere als batteries de dépôt et de sections de munitions bezeichnet) hatte, wird es ferner bestehen aus 12 fahrenden Batterien ; das 2. Regiment wird aus 8 fahrenden und 3 reitenden Batterien (früher 8 fahrende, 3 reitende und 2 Depot-Batterien) zusammengesetzt sein; 3) die 57 Artillerie - Train - Compagnien werden aufgehoben, die 45 Fuß Batterien im Innern treten zu den neuformirten Fuß-Artillerie-Bataillonen über; 4) die in Algerien detachirten 12 Fuß-Batterien bleiben bestehen , bis eine eigene Artillerie bei der neu aufzustellenden Armee von Africa errichtet wird ; 5) die Offiziere des Artillerietrains treten mit ihrer Charge und Anciennität in das Offiziercorps der Artillerie über. Die gewünschte Trennung der Pontonnier- Regimenter von der Artillerie und die Zutheilung der ersteren an die Genietruppen hat nicht stattgefunden. Die Neuformation ging in der Weise vor sich, daß je zwei fahrende Batterien von den zweiten zu den ersten Regimentern der Brigaden übertraten. Die der Fuß-Artillerie noch fehlenden 51 Batterien wurden aus Abgaben der Regimenter zusammengestellt, welche sich ihrerseits durch die Unteroffiziere und Mannschaften des Artillerietrains completirten. Ein Vergleich der früheren mit der neuen Organisation ergiebt, daß that sächlich eine Vermehrung in der Zahl der Batterien der Feld-Artillerie 380 fahrende und 57 reitende Batterien ―― nicht eingetreten ist. Die Etats der Batterien bleiben auch dieselben (fahrende Batterie 4 Offiziere , 10 Unter offiziere, 8 Brigadiers, 5 Feuerwerker, 8 Handwerker, 2 Trompeter, 70 Kanoniere, 28 Reit- und 32 Zugpferde, reitende Batterie gleichen Etat, nur 72 Kanoniere, 58 Reit- und 28 Zugpferde). In personeller Hinsicht erfährt aber die Artillerie eine Vermehrung, welche sich unter Zugrundelegung der Etats auf 90 Offiziere und ungefähr 3000 Unteroffiziere und Mann ſtellt. In der Reihenfolge aufgeführt nach der Zutheilung an die Armee- Corps haben die Regimenter 15, 17, 11 , 26, 30, 8, 4, 1 , 20, 7, 28, 21 , 16, 2, 19, 3, 18, 14 und 12 je 12 fahrende, die Regimenter 27 , 29, 22, 31 , 32, 25, 5, 37 , 33, 10, 35, 34, 36 , 6 , 38 , 9, 23 , 24 und 13 je 8 fahrende und 3 reitende Batterien .

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Moniteur de l'Armée giebt in der Nummer vom 29. Juli die Friedens . stärke der Artillerie in folgender Weise an : 16 Fuß-Artillerie-Bataillone . · 13 104 Mann, 480 Pferde, = = 28 956 49 915 38 Feld-Artillerie- Regimenter = 3014 ፡ 208 · 2 Pontonnier-Regimenter = = Compagnien 1870 Artilleriearbeiter 10 = = 315 3 Feuerwerker-Compagnien = = 1 454 1 500 état-major particulier in Summa 69 672 Mann (einschließlich 3352 Offiziere, 1170 gardes d'artillerie, Waffencontroleure, gardiens de batterie etc.) mit 31 144 Pferden. In der Revue d'Artillerie (Septemberheft) wird die Stellenbesetzung bei allen Truppentheilen der Artillerie veröffentlicht . Durch kriegsministerielle Verfügung vom 27. September (Journ . mil . off. part. régl. No. 76) wurde der Divisionsgeneral Tricoche, bisher Director der Artillerie im Kriegsministerium, zum permanenten Generalinspecteur der Festungs Artillerie ernannt. Derselbe steht direct unter den Befehlen des Kriegsministers und ist mit der Oberleitung über die Ausbildung und den technischen Dienst betrieb betraut, ohne in die Details des Dienstes eingreifen zu dürfen . Er hat die Programme für die Schießübungen und die praktiſchen Arbeiten im Batteriebau 2c. zu genehmigen und denselben so oft als möglich beizuwohnen, bei Festungsmanövern nach Befehl des Kriegsministers die Leitung zu übernehmen und jedes Jahr eine Zahl der Territorial-Artillerie- Directionen zu inspiciren. Der Generalinſpecteur ist Mitglied der Commission für Classificirung der Artillerieoffiziere, und hat den Sitzungen des Artillerie- und Fortificationscomités , wenn es vom Kriegsminister für nöthig erachtet wird, mit entscheidender Stimme beizuwohnen. Er garni sonirt zu Paris und erhält einen aus einem Adjutanten , einem Ordonnanz offizier , einem garde d'artillerie und einem Secretär bestehenden Stab zugewiesen. Die Ressortverhältnisse zwischen dem Generalinspecteur, den General commandanten der Artillerie der Armee-Corps und den Artilleriedirectionen regelte ein Erlaß vom 27. August. (Revue d'Artillerie , Octoberheft.) Die Bataillone sind wie die Artillerie-Regimenter den Befehlen des Generalcomman danten der Artillerie , in Hinsicht auf allgemeine Ausbildung und Disciplin unterstellt ; letztere haben sich wegen Ausführung von Vertheidigungsarbeiten in festen Plätzen sowie wegen Gestellung von permanenten Arbeitern und Arbeiter= detachements mit den Artillerie- Directionen in Verbindung zu setzen. Die Zahl der Arbeiter soll aber stets auf ein Minimum reducirt werden. Die Artillerie Directionen liefern den Truppen das erforderliche Material, Handwerkszeug 2 . für die Arbeiten ; die Directoren der ersteren oder die Commandanten der Artillerie Arrondissements führen bei Feftungsmanövern das Commando über die hierbei betheiligten Bataillone. In allen die technische Ausbildung betreffenden Angelegen heiten verkehren die Generalcommandanten der Artillerie direct mit dem General inspecteur. Aus den Bestimmungen über den Dienst der Fuß-Artillerie-Bataillone ist noch zu erwähnen, daß dieselben zum Garnisondienst wie die übrigen Truppen herangezogen und daß die Functionen des Adjutant-Majors bei jedem Bataillon durch einen Capitän 2. Kl. versehen werden sollen. Die Unteroffiziere und Mannschaften der Fuß-Artillerie tragen gleiche Uniform wie die Fußmannschaften der Artillerie-Regimenter, sind auch wie diese ausgerüstet und bewaffnet, zur Unterscheidung befinden sich aber auf den Kragen der Dolmans

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dunkelblaue Patten mit der Bataillonsnummer aus scharlachrother Wolle. Die Unteroffiziere dürfen außer Dienst den leichten Cavallerieſäbel tragen , während die Feldwebel (maréchaux des logis chefs) wie die berittenen Mannschaften der Feld-Artillerie ausgerüstet und bewaffnet sind. Die Offiziere und Adjutanten behalten die Uniform der Regimenter mit gleichen Abzeichen am Kragen des Dolmans wie oben angegeben, jedoch sind die Bataillonsnummern aus goldenen bezw . silbernen Lizen hergestellt. Sämmtlichen Fuß-Artillerie-Bataillonen soll nur eine Fahne verliehen werden, welche bei dem in Paris garnisonirenden Bataillon aufbewahrt werden wird. Die feierliche Uebergabe derselben war für den Monat October in Aussicht genommen, scheint aber noch nicht erfolgt zu sein. Die Dislocation der Bataillone ist folgende : mit Compagnien in Le Havre und 1. Bataillon (Formationsort Douai) Lille Dünkirchen, = = 2. Versailles) Valenciennes Maubeuge und ( Givet, = = = : 3. Laon) Reims La Fere und ( Angoulême, = = ፡ = 4. Châlons) Verdun - Longwy und Montmédy, = = 5. Poitiers) Verdun Angoulême, 6. Orléans) Toul ፡ : ፡ Fort Domont = 7. Bourges) Langres und Palaiseau, ፡ : - Le Mans und 8. Toulouse) Epinal Manonvillers , 39 Besançon, ፡ = 9. Vincennes) Belfort : = Dijon, Mont 10. Besançon) Besançon béliard, ፡ = : 11. Castres, Clermont-Ferrand) Lyon = ፡ B = = 12. ፡ Briançon und Grenoble) Grenoble Valence, = : = 13. ፡ ( - Tunis,Toulon, Nimes) Nizza Vannes, = = = 14. Perpignan, ( Tarbes) Bayonne Vannes, 3 = Cherbourg, 15. Rennes) St. Malo Bourges, Brest, = ፡ 16. Paris) Paris.

= ፡

Die Mehrzahl der Bataillone ist demnach an oder in der Nähe der Ost grenze dislocirt. Ueber die Zusammensetzung der Belagerungstrains sind bisher noch nicht bekannte Angaben im 10. Capitel des Aide mémoire vom 10. April 1883 enthalten. (Militär-Wochenblatt vom 8. September Nr. 73. ) Ein jeder Train besteht aus 180 Geschützen verschiedener Kaliber und zerfällt in zwei gleiche Halbtrains, jeder der letteren in vier Abtheilungen, und zwar die Hauptabtheilung, Ergänzungsabtheilung, den Fuhrpark und die Eisenbahnabtheilung. Von den drei Sectionen der Hauptabtheilung enthält die erste die zur Einrichtung des Parks, die zum Bau der Batterien nothwendigen Gegenstände und das Eiſenbahn verladematerial, die zweite Geschütze, Wallbüchsen , Geschützzubehör und Munition , die dritte nur Munition. Die Ergänzungsabtheilung besteht aus der 4. Section, Rest der Munition, 5. Section , Werkstätten und der 6. Section, Geschütze für besondere Zwecke (vier 22 cm-Kanonen und vier 27 cm-Mörser. Der Fuhrpark besteht aus zwei Colonnen von je 44 Fahrzeugen , die Eisenbahnabtheilung ent

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hält bei zwei Trains Streckenmaterial für 20 km , bei den übrigen für 5 km . Zum Transport eines Halbtrains auf der Eisenbahn sind 36 Züge erforderlich. Im Gegensatz zu dieſen Angaben wird aber im Progrès militaire (vom 17. November Nr. 318) mitgetheilt , daß die Laffeten für die 22 cm-Kanonen und 27 cm-Mörser noch nicht definitiv eingeführt sind. In der Organisation und in den Reffortverhältniffen der höheren Artillerie behörden wurden in Folge der Durchführung des Administrationsgesetzes wesent liche Abänderungen durch präsidentielles Decret vom 4. October (Journ. mil. off. part. régl. No. 78) angeordnet. Die Artillerie eines jeden Armee-Corps wird durch einen Brigadegeneral befehligt, der den Titel eines Commandanten der Artillerie anzunehmen und den gesammten Dienst der Artillerie im Armee-Corps zu leiten hat. In gleichem Verhältniß befinden sich die Commandanten der Artillerie der Militärgouvernements von Paris und Lyon. Der Befehlsbereich für die letteren wie auch für die Commandanten der Artillerie der Armee-Corps erstreckt sich auch auf die Etablissements der Artillerie und die Traintruppen. Sie correspondiren unter Vermittlung der Armee-Corps -Commandanten mit dem Kriegsminister in allen Angelegenheiten , welche die Armirung der festen Plätze, Bauprojecte, den An- und Verkauf von Terrain 2. betreffen und haben das gesammte Material in den Etablissements zu revidiven ; nur hinsichtlich der Specialdienste und Anstalten für die Landesvertheidigung , welche dem Kriegs miniſter unterſtellt sind, verkehren sie direct mit letterem. Nach den Manöverbestimmungen hatten die Batterien mit je 4 Geschützen , 2 Munitionswagen und 1 Feldschmiede bezw. Fouragewagen auszurücken. Jeder allein übenden Brigade wurden 2 , jeder Division 4 Batterien beigegeben. Bei jedem der 6 im Corpsverbande manövrirenden Armee-Corps wurden zwei Gruppen à 4 Batterien und eine Corps -Artillerie von 4 bis 6 Batterien aufgestellt . Beim 5. Armee-Corps wurde außerdem mit Aushülfe von der 19. Artillerie-Brigade das 1. Echelon des Parks, aus 4 Artillerie- und 2 Infanterie-Munitionsfectionen zu je 6 bezw. 8 Munitionswagen bestehend, formirt. Nach einem kriegsministeriellen Circular vom 19. October (Journ. mil . off. part. régl. No. 74) sollen in den Brigadeſchulen der Artillerie besondere Aus bildungscurse für Unteroffiziere, welche zur Beförderung zum Offizier in Aussicht genommen sind, nicht mehr abgehalten werden, da diese Unteroffiziere auf einer neu zu errichtenden Schule ihre Ausbildung erhalten sollen. Dieselbe wird am 1. April 1884 eröffnet werden und die Zahl der commandirten Unteroffiziere 105 betragen, davon 90 der Artillerie und 15 dem Genie angehörend. Im Anschluß an die provisoriſche Instruction vom 23. Auguſt 1872, den Dienst und die Ausbildung in den Artillerieſchulen betreffend , wurde am 12. December angeordnet, daß die Offiziere der Fuß-Artillerie-Bataillone , welche im Hauptquartier der Artillerie-Brigade des betreffenden Corps garniſoniren , in derselben Weise an den Cursen an diesen Schulen Theil zu nehmen und wissen schaftliche Arbeiten zu fertigen haben, wie die Offiziere der Regimenter. Befinden sich Bataillone in einer Garnison mit einer Artillerie-Direction, so sind von dem Director der letteren vier Conferenzen abzuhalten, denen die Offiziere dieſer Directionen und der Fuß-Artillerie beizuwohnen haben. Offiziere detachirter Batterien werden, soweit angängig , zur Theilnahme an den Cursen bezw. Con ferenzen der nächstgelegenen Schulen oder Artillerie- Directionen commandirt. Die Unteroffiziere der Pontonnier-Regimenter, der Feuerwerker- , der Artillerie Arbeiter-Compagnien und der Fuß-Artillerie-Bataillone werden nach Verfügung des Kriegsministers vom 14. December (Journ . mil. off. part. régl. No. 103)

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mit dem Artilleriegewehr, Adjutanten und maréchaux des logis chefs mit dem Revolver M/73 ausgerüstet. 6) Genie. Nach dem Annuaire zählte das Offiziercorps desselben Bat.-Chefs Oberstlts . Obersten oder Majors Capitäns 42 43 435 158 am 1. April 1882 . 2 1. = 1883 41 46 157 448

Lieutenants und Souslts. 221 221

Die Zahl der Reserveoffiziere betrug

am 1. April 1882 : 1. : 1883

43 Capitäns, = 45

74 Lieutenants, = 82

83 Souslieutenants, = 76

Es ist sonach in der Zahl der activen und Reserveoffiziere im Laufe des Jahres nur eine geringe Vermehrung eingetreten. Jm Truppendienſt (bei den vier Genie-Regimentern und vier Eisenbahn arbeiter-Compagnien) stehen von den activen Offizieren nur 4 Obersten, 4 Oberst lieutenants, 24 Bataillonschefs bezw. Majors , 192 Capitäns und 155 Lieutenants bezw. Souslieutenants, die übrigen finden Verwendung im Generalstabe, im état -major particulier und in besonderen Stellungen ; 66 Souslieutenants find als Eleven auf die Applicationsschule zu Fontainebleau commandirt. Im Budget für 1883 war eine Summe von 84 000 Frcs. für die Beschaffung von Pferden für die Compagniecommandanten in den Genie-Regi mentern eingestellt worden. Der Kriegsminister verfügte daher am 28. Februar (Journ . mil. off. part. régl. No. 17) , daß die Genannten im Laufe des Jahres 1883 mit Pferden der zweiten Kategorie, den Jäger- und Husaren Regimentern entnommen, beritten gemacht werden sollten. Zum Ankauf von Reitutensilien wurde diesen Capitäns eine Beihülfe von je 150 Francs aus Staatsmitteln bewilligt. An den Manövern im Herbst nahmen nur 12 Genie-Compagnien , jede auf einen Etat von 3 Offizieren (jämmtlich beritten), 108 Unteroffizieren und Mann gebracht, und zu je 2 den 6 im Corpsverbande übenden Armee-Corps zugewieſen, Theil. Außerdem wurden noch zwei Telegraphenſectionen der 1. Linie aufgestellt und bei dem 7. und 8. Armee-Corps verwendet. Auch in der Organiſation der Geniebehörden traten aus gleicher Veranlaſſung, wie bei der Artillerie angegeben , Veränderungen ein. (Journ . mil . off. part. régl . No. 80.) Die Obersten , denen die Genie - Directionen unterstellt sind, nehmen die Bezeichnung „ directeurs du génie “ an ; sind mehrere dieser Directionen in einer Region vorhanden , so führt ein Brigadegeneral die Ober aufsicht über den gesammten Geniedienst ; derselbe erhält den Titel eines ,,général commandant du génie de la région “. Nur in Paris hat der Commandant des Genies den Rang eines Divisions-, der Director den eines Brigadegenerals . Nähere Angaben über den Wirkungskreis dieſer Offiziere , den Verkehr derselben mit den Generalcommandanten der Armee-Corps und dem Kriegsminister enthält das präsidentielle Decret vom 4. October. Die Ausgabe eines neuen Reglements über den Dienst in den Genie- Directionen wurde in Aussicht gestellt.

7) Train des équipages . Nach dem Annuaire betrug am 1. April die Stärke des desselben: 4 Oberstlieutenants, 19 Escadronchefs, 163 Capitäns 1. und 2. Kl., 184 Lieutenants und Souslieutenants .

Offiziercorps

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An Reserveoffizieren waren vorhanden :

2 Capitäne und 189 Souslieutenants. Es sind demnach nur unwesentliche Veränderungen in der Zahl der activen und Reserveoffiziere vorgekommen . L'Avenir militaire vom 26. October (Nr. 895) bespricht in ein= gehender Weise die jetzige Organisation der Traintruppen und führt aus, daß eine Vermehrung derselben, besonders nach der erfolgten Aufhebung des Artillerie trains, welcher die Brückenequipagen bespannte , dringend geboten sei. Vor geschlagen wird, fünf der vorhandenen Train-Escadrons um eine 4. Compagnie, die Nummer 7 führend, zu vermehren , einen Trainoberst jedem Armee-Corps im Felde zuzutheilen, dem die Leitung sämmtlicher Trains des Corps zufiele, und eine Trainschule zu errichten. Die Zahl der in einem Armee- Corps vorhandenen Fahrzeuge, welche vom Train zu beſpannen ſind , wird auf 924 angegeben , ein gerechnet 140 Wagen der Feldbäckerei- Colonne, nach der bisherigen Organiſation von Civilfuhrleuten geführt, deren Entfernung im Intereſſe der Disciplin dringend gewünscht wird . Nach dem Gesetzentwurf, die Errichtung einer Armee von Africa betreffend , sollen bei letzterer vier Escadrons zu je vier Compagnien aufgestellt werden .

III.

Adminiftrationen und Branchen . 1) Verpflegungswesen.

Am 8. Juni wurde ein neues règlement sur le service de la solde et sur les revenues erlassen. Das bisherige Reglement - die Königliche Ordonnanz vom 25. December 1837 ___ hatte besonders seit der Neuorganiſation der Armee so wesentliche und zahlreiche Abänderungen erfahren, daß sich eine Neu redaction desselben dringend nothwendig machte, mit welcher im Jahre 1881 eine besondere Commiſſion beauftragt wurde. Das Reglement enthält in sehr detaillirter Weise sämmtliche Vorschriften über Geld- und Naturalverpflegung im Kriege und im Frieden und zerfällt in vier Abschnitte und 619 Artikel. 1. Abschnitt. Competenzen an Geld (Sold , Dienſt- und Ortszulagen , tägliche Solderhöhungen , Unkosten- und Kleinmontirungsgelder) , Naturalien (Brot, Fleisch, Café , Zucker), Fourage und an Heizungsmaterialien. 2. Abschnitt. Art und Weise der Zahlungen. 3. Abschnitt. Reglement über Ausgaben, Controle, Musterungen , Rech nungslegung. 4. Abschnitt. Sold und Gratificationen der Militärperſonen en réforme. Im Journ. mil . off. part. régl. No. 51 wird das Reglement im Wort laut mitgetheilt. Veraltete, mit der Stellung des Offiziers nicht zu verein barende Bestimmungen des früheren Reglements sind in dem neuen nicht mehr aufgenommen worden ; z . B. mußten sich die Offiziere sans troupe jeden Monat in den Büreaus der Sousintendanz persönlich vorstellen, um ihre Anwesenheit zu constatiren, ferner erhielten die Offiziere im Truppendienst erst ihre Competenzen von dem Tage ab, an dem sie ihrem unter Waffe ausgerückten Truppentheil vorgestellt worden waren. Zu erwähnen ist, daß die Competenzen der Unter offiziere und Mannschaften praenumerando am 1. und 16. jeden Monats, die

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der Offiziere c. monatlich postnumerando zahlbar ſind, jedoch darf den leßteren der Sold bereits in der zweiten Hälfte des vorhergehenden Monats gewährt werden, wenn sie allein oder mit ihrem Truppentheil verseßt werden oder behufs Theilnahme an den Manövern die Garnison verlassen. Eine Besprechung des Reglements enthält die Nummer 60 vom 26. Juli des Moniteur de l'Armée . Am 30. November wurde eine commission supérieure et consultative des subsistances militaires, aus dem Director des Intendanzdienstes des Gouvernements von Paris als Präsidenten , 3 Sousintendanten, 4 höheren Offizieren , 1 médecin- und 1 pharmacien-inspecteur, 1 Delegirten des Marineministers und 2 Administrationsoffizieren bestehend, zur Prüfung und Begutachtung der vom Kriegsminister vorgelegten, die Verpflegung betreffenden Fragen eingesetzt. (L'Avenir mil . vom 6. December Nr. 905.) Im Budget für 1884 sind im Durchschnitt die Kosten für die Natural verpflegung pro Mann zu 220,60 Frcs. festgesetzt worden .

2) Administrations - Truppen. Den Sectionen der Administrations-Truppen wurden 1883 4295 Rekruten, davon 719 der II. Portion angehörend, überwiesen. Den Unteroffizieren und Mannschaften der Sectionen der Generalstabsschreiber wurde früher unter der Bezeichnung prime de travail eine tägliche Zulage gewährt, welche auf Antrag der Budget-Commiſſion künftig wegfallen soll. Als Entschädigung dafür erhalten die Genannten vom 1. Januar ab täglich einen Zuschuß für Beschaffung der Lebensmittel, welcher je nach der Garnison 20 bis 40 Cts. beträgt. Der höchste Sat darf nur im Bereiche des Lagers von Paris gewährt werden. Nach einer Mittheilung im Progrès militaire vom 28. November (Nr. 321 ) iſt im Budget die Zahl der Commis und Arbeiter der Militärverwaltung auf 15 880 festgestellt worden. 3) Pulver- und Salpeterwesen. Am 1. April 1883 bestanden außer dem Centraldepot für Pulver und Salpeter zu Paris neun Pulverfabriken und drei Salpeter- bezw . Schwefel raffinerien, in denen 24 Ingenieure verschiedener Rangklassen und 12 Unter ingenieure Verwendung finden. Die Durchführung des Administrationsgeseßes machte auch in dem Reglement vom 9. Mai 1876 über die Organiſation des Dienstes in den Pulver- und Salpeterfabriken Abänderungen nothwendig , welche durch Decret vom 19. Februar angeordnet wurden. Der Dienst wird in jedem Etabliſſement durch einen vom Kriegsminister ernannten Ingenieur geleitet, welcher den Titel Director" anzunehmen hat, während die Angelegenheiten der Geschäftsführung und des Betriebes einem aus den Ingenieuren der Fabrik x. bestehenden conseil übertragen sind. Die Controle wird nach Maßgabe des Gesetzes vom 16. März 1882 und des Decrets vom 20. October 1882 von Mitgliedern des Controle-Corps ausgeübt.

4) Sanitätswesen. Das Sanitäts -Offiziercorps hat die im Adminiſtrationsgesetz vorgesehene Stärke von 1300 Aerzten und 185 Pharmaceuten auch im Jahre 1883 noch nicht erreicht. Nach den Angaben des Annuaire waren am 1. April vorhanden :

Heerwesen Frankreichs. 1 médecin-inspecteur général, 8 médecins-inspecteurs

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im activen Dienst, 2 3 =

፡ # 9

፡ =

: 4

4 ፡ 665 :

=

19



1 :

:

:



49 :

:

=

:

-ல் ல-்

: 41 1. Kl.: principaux : 3 42 2. : = 1. 3 G = 280 majors = 2. = 340 : aides : 1. ፡ 366 : : : = 107 2. 1 pharmacien-inspecteur 6 pharmaciens-principaux 1 . : = ፡ 2. 6 3 38 majors 1. = 3 2. : 48 1. 2 aides : 33 = = : 21 2. = :

1 in der 2. Section, 11 in Pension, 3 in der Reserve, 1 : 2 :

:

zusammen 1185 Aerzte und 153 Pharmaceuten der activen Armee, 676 bezw . 50 in der Reserve. Die Zahl der Aerzte in der Reserve hat sich demnach um 148 verringert ; die in der Territorial-Armee ist um 210 gestiegen, und werden als der letzteren angehörend 2068 Aerzte und 216 Pharmaceuten angeführt. Ueber die Organisation des Sanitätsdienstes im Felde wurde am 26. Fe bruar ein zunächst noch provisorisches Reglement veröffentlicht . (Journ . mil . off. part. régl . No. 18. ) Die Anstalten für den Sanitätsdienst im Felde zerfallen in solche der 1. , 2. und 3. Linie. Der Dienst der ersten Linie umfaßt den ärztlichen Dienst bei den Truppen auf dem Marsche und im Gefecht, auf den Hülfsverbandpläßen und in den Ambulancen ; zu den Anstalten der zweiten Linie gehören die mobilen, die stehenden Feldhospitäler und die Reconvalescentendepots, in welchen diejenigen Kranken Aufnahme finden, welche nach einigen Tagen geheilt zu ihren Truppen theilen zurückkehren können, und zu den Anstalten der 3. Linie die Evacuations und Bahnhofsambulancen sowie die Krankenzüge auf den Eisenbahnen. Der gesammte Sanitätsdienst wird unter Autorität des Commandos bei einer Armee durch einen médecin- inspecteur, bei einem Armee-Corps , in einer Festung, einem Hoſpitale oder in einer Ambulance durch einen médecin -principal oder major geleitet. Bei Vereinigung mehrerer Armeen unter einheitlichem Commando führt die oberste Sanitätsbehörde die Bezeichnung inspection géné rale du service de santé , welcher der médecin-inspecteur général vorsteht. Der Dienst der Intendanz bei den Sanitäts -Anstalten umfaßt die An erdnung und Prüfung der Ausgaben sowie die Lieferung der Vorräthe und Materialien für die Ambulancen und Hospitäler. Dem médecin-inspecteur bei einer Armee ist das gesammte Militär- und Civilpersonal der Ambulancen und Hospitäler und in technischer Hinsicht auch das Personal für den Sanitätsdienst bei den Truppen unterstellt und die Straf gewalt eines Brigadegenerals beigelegt. Zu seinem Wirkungskreis gehört ferner: die Errichtung und Aufhebung der Hospitäler, die Bearbeitung der Personalien, die ärztliche Berichterstattung (alle fünf Tage und nach jedem Gefecht ist dem General en chef über Abgang und Zugang von Kranken und Verwundeten in den Sanitäts-Anstalten zu berichten) . Besondere Aufmerksamkeit ist auf das rechtzeitige und möglichst schnelle Evacuiren der Verwundeten aus den Hoſpitälern der zweiten Linie zu richten und soll sich in dieſer Hinsicht der médecin-inspecteur durch Vermittlung des Generalstabes in steter Verbindung mit der Direction der Feldeisenbahnen halten. 7 Militärische Jahresberichte 1883.

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Die Directoren des Sanitätsdienstes bei den Armee-Corps haben die gleichen Dienstbefugnisse wie im Frieden. Sie überwachen im Kriege auch den gesammten ärztlichen Dienst bei den Anstalten und Truppentheilen , ertheilen Anordnungen über Etablirung der Ambulancen und der Reconvalescentendepots , revidiren die letteren, beantragen oder requiriren die nöthigen Wagen zum Transport der Verwundeten, bearbeiten die Personalangelegenheiten, die Berichte und die Dis positionen und sind verpflichtet, den Generalcommandanten alle diejenigen Maß regeln und Anordnungen vorzuschlagen, welche einen guten Gesundheitszuſtand in den Truppentheilen des Armee-Corps zu erhalten bezw. herbeizuführen ge eignet sind. Jedem Armee-Corps ist ferner, den Befehlen des Directors des Sanitäts dienstes unterstellt , ein pharmacien - principal oder major beigegeben, welcher die Medicamentendepots zu revidiren und die Dispenſiranſtalten der Lazarethe 2c. zu beaufsichtigen hat. Der Divisionsarzt, welcher gleichzeitig Chefarzt eines Hospitals sein kann, leitet den ärztlichen Dienst in der Diviſion und erhält vom Diviſionsgeneral die erforderlichen Befehle über Etablirung der Ambulancen. Zum Dienst in den selben ist erforderlichenfalls das ärztliche Personal der in zweiter Linie stehen den und nicht engagirten Truppen heranzuziehen . Seine Wirksamkeit im Felde ist im Bereiche der Division eine ähnliche wie vorstehend für die Directoren des Sanitätsdienstes angegeben. Der Sanitätsdienst bei den Truppen wird von den bei den leßteren vor handenen Aerzten, Lazarethgehülfen und Krankenträgern versehen . Letztere stehen nur während ihrer Thätigkeit im Gefecht - welche in Aufsuchen und Trans portiren der Verwundeten nach den Hülfsverbandplätzen und Ambulancen und in dringenden Fällen auch in Anlegen von Verbänden besteht - unter dem Befehle der Aerzte. Hülfsverbandpläge (postes de secours) werden bataillons- oder regimenter weise bei Beginn des Gefechts in Höhe der Reserven, niemals aber auf oder in der Nähe taktisch wichtiger Punkte angelegt. Grundsätzlich werden die Ver wundeten so rasch als möglich nach der ersten Hülfsleistung nach den Ambu lancen dirigirt. Ueber den Dienst in den Ambulancen sagt das Reglement : Der Chefarzt, dessen Rechte und Pflichten dieselben sind wie im Frieden bei einem Militär Hospital, ist dem Director des Sanitätsdienstes im Armee - Corps und dem Divisionsarzt, wenn ein solcher vorhanden ist, unterstellt. An Gefechtstagen erhält er die erforderlichen Befehle von seinen ärztlichen Vorgesetzten oder direct von dem Truppenbefehlshaber hinsichtlich der Installation seiner Ambulance , von welcher auch sofort den Aerzten auf den Hülfsverbandpläßen Kenntniß zu geben Die Krankenträger sind unter Leitung von Verwaltungsoffizieren des ijt. Hospitaldienstes nach den Verbandplätzen der Truppen zu senden, um die Ver wundeten nach den Ambulancen zu transportiren . Der Chefarzt soll stets be denken, daß seine Ambulance der Armee folgen muß, und ist deshalb rechtzeitig die Evacuation der Verwundeten vorzunehmen, wozu die erforderlichen Trans portmittel zu beantragen bezw. zu requiriren sind. Wenigstens eine Section der Ambulance muß so rasch als möglich wieder in marschfertigen Zuſtand gesezt werden. Täglich sind der Krankenbestand, die Namen der Verstorbenen und nach einem Gefecht die Zahl und Namen der in die Ambulance aufgenommenen Verwundeten zu melden. Diese Meldungen sowie der Bericht über die Thätig

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keit der Ambulance während eines Gefechts sind in doppelten Exemplaren aus zufertigen, von denen eins dem Kriegsminister zugestellt werden soll. Bei Beginn eines Gefechts werden die mobilen Feldhospitäler von dem Director des Sanitätsdienstes nach dem Befehl des Generalcommandanten des Armee-Corps bezeichnet, welche in Thätigkeit zu treten haben. Gleichzeitig wird auch die Localität, wo dies geschehen soll, angegeben. Die Detailanordnungen trifft der Chefarzt, welcher bemüht sein muß, sobald als möglich das Hospital zu weiterer Verwendung disponibel zu machen. Die mobilen Hospitäler werden im Bedarfsfalle durch die stehenden oder durch Etablissements der freiwilligen Krankenpflege ersetzt ; erstere folgen dann wieder den Bewegungen des Armee Corps. In den Etappenanfangs- oder Uebergangsstationen werden Evacuations Ambulancen errichtet, welchen die aus den Hospitälern zurückgesendeten Ver wundeten und Kranken überwiesen werden. Die letzteren erwarten dort ihre Evacuation nach den rückwärts der Operationsbasis gelegenen Sanitäts -Anstalten. Jeder dieser Ambulancen wird das erforderliche Material zur Ausrüstung von drei Evacuations-Eisenbahnzügen zugetheilt. Auf den wichtigsten Bahnhöfen werden provisorische Ambulancen etablirt, welche die Aufgabe haben, die in Eisenbahnzügen transportirten Verwundeten zu verpflegen und die nicht mehr Transportfähigen zu ärztlicher Behandlung aufzunehmen. Die beiden lettgenannten Sanitäts -Anstalten - Evacuationszüge und Bahnhofsambulancen können von der société de secours aux blessés militaires gestellt und mit Personal versehen werden. Hinsichtlich der Mit wirkung der freiwilligen Krankenpflege beim Sanitätsdienst im Felde, zu welchem Zweck die genannte Geſellſchaft schon im Frieden constituirt ist, enthält das Reglement nur wenige Angaben und es ist in demselben nur ausgesprochen, daß der médecin-inspecteur bei einer Armee die von dem Delegirten der Ge sellschaft gemachten Vorschläge und Anerbietungen zu prüfen und die an den Genannten zu erlassenden Befehle und Instructionen zu beantragen hat. Das neue Reglement über den Sanitätsdienst im Felde hat in der Armee und militärischen Presse durchweg eine sehr beifällige Beurtheilung erfahren. Durch Decret vom 21. April (Journ. mil. off. part. régl. No. 38) wurde die am 27. April 1878 erlassene Anordnung außer Wirksamkeit gesetzt, nach welcher die Commandirung der Truppenärzte im Range der médecins majors zum Dienst in den Hospitälern nur von der Darlegung der erforderlichen Kenntnisse in einem Examen abhängig war. Hingegen haben sich die médecins majors 1. und 2. Kl. vor ihrer Ernennung zum médecin-principal bezw. major 1. Kl. einer Prüfung zu unterwerfen , welche sich auch auf genaue Kenntniß der Militärgesetzgebung und Heeresverwaltung erstrecken soll. Die Anforderungen wurden in den ministeriellen Circularen vom 26. April und 24. Mai (Journ . mil . off. part . régl . No. 38 und 46) bekannt gegeben. Ueber die Disciplinarstrafgewalt der Sanitätsoffiziere und der bei den Sanitätsdirectoren bezw. in den Hospitälern und Ambulancen verwendeten Ad miniſtrationsoffiziere wurden im Decret vom 30. April eingehende Bestimmungen erlassen, nach welchen den Directoren die Strafgewalt eines Brigadegenerals oder Obersten gegenüber dem ihnen unterstellten Personal , den Chefärzten der Hospitäler und Ambulancen hinsichtlich des denselben attachirten Personals und der daselbst in Behandlung befindlichen Kranken die eines Regimentscomman= danten beigelegt wird. Den anderen Aerzten und den Adminiſtrationsoffizieren steht die Strafgewalt eines Compagniecommandanten bezw. Lieutenants in Be= 7*

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treff der ihnen direct unterſtellten Beamten und Lazarethgehülfen zu . Hingegen dürfen die Sanitäts- und die Adminiſtrationsoffiziere des Hospitaldienstes von ihren directen militärischen Vorgesetzten, den Generalcommandanten der Armee Corps, Divisionen und Brigaden und den Militärgouverneuren nach Maßgabe der den letzteren gegen Offiziere beigelegten Befugnisse bestraft werden, jedoch darf von den Armee- Corps - Commandanten und Militärgouverneuren nur auf eine Gefängniß- oder Festungsstrafe bis zu 60tägiger Dauer erkannt werden. (Journ. mil. off. part. régl. No. 39.) Die Aerzte, Pharmaceuten 2. Kl. sowie die Studenten der Medicin , leßtere nur unter gewiffen festgeseßten Bedingungen, welche der Kategorie der Mann schaften zur Disposition , der Reserve oder Territorial-Armee angehören, sollen bei einer Mobiliſirung fernerhin im Sanitätsdienste , zur Unterstützung der Truppenärzte oder in den Sanitäts-Anstalten, Verwendung finden. Sie werden zu médecins oder pharmaciens-auxiliaires ernannt (Studenten erst nach Ab legung eines Examens), haben den Rang und im Felde die Competenzen wie die Adjutant = Eleven der Verwaltung der Hospitäler und können unter gleichen Bedingungen wie die Aerzte der Reserve auch im Frieden zu Dienstleistungen einberufen werden. In Ausführung dieses präſidentiellen Decrets vom 5. Juni erließ der Kriegsminister am 22. Juli ein Circular (Journ. mil . off. part. régl . No. 62), in welchem die Dienstverhältnisse der médecins-auxiliaires ge regelt wurden. Der Artikel 43 des Rekrutirungsgesetzes vom 27. Juli 1872, nach welchem die Mannschaften der Reserve während ihrer Dienstverpflichtung in letterer zu zwei Uebungen von je 28tägiger Dauer einzuberufen sind , fand bis jetzt auf Aerzte und Pharmaceuten keine Anwendung. Der Kriegsminister ordnete daher am 11. Juli an, daß vom Jahre 1883 ab in jedem Armee-Corpsbezirk 10 Aerzte und Pharmaceuten, welche zunächst der am 1. Juli 1884 zur Territorial Armee übertretenden Jahresklasse zu entnehmen sind, eine 28tägige Dienstleistung zu absolviren haben. Der Sanitätsdirector der Region bestimmt die Truppen theile und Hospitäler , denen dieſe Aerzte 2c. zu überweiſen ſind . (Journ . mil . off. part. suppl. No. 64. ) Durch Decret vom 1. October war die Errichtung von zwei vorbereitenden Schulen für den Militär- Sanitätsdienst zu Nancy und Bordeaux angeordnet worden. Die Armee- Commission hatte sich aber mit der Einstellung der Kosten in das Budget für diese Schulen nicht einverstanden erklärt, da die Neuerrichtung derselben nur auf Grund eines das Cadregeſetz entſprechend modificirenden Special gesetzes erfolgen dürfe. Bei der Discuſſion des Militär-Budgets am 10. Des cember trat die Deputirtenkammer der Ansicht der Armee- Commiſſion bei , die geforderten Credite wurden nicht genehmigt und mußte daher die für den 1. De cember in Aussicht genommene Eröffnung der Unterrichtscurse an diesen Schulen verschoben werden. Am 3. October wurden neue Vorschriften über Auswahl und Ausbildung der Lazarethgehülfen und der Krankenträger bei den Truppen und in den Am bulancen erlassen. (Journ. mil. off. part. suppl. No. 82. ) Bei jeder Compagnie, Escadron und Batterie in mobilem Stande befindet sich ein Lazareth gehülfe auf dem Etat, in jedem Bataillon und in jeder Gruppe von Batterien hat einer derselben den Rang eines Corporals bezw . Brigadiers. Außerdem hat jede Compagnie oder Batterie vier Krankenträger. Jährlich werden bei Ent lassung des ältesten Jahrgangs aus dem activen Dienst per Jnfanterie- oder Artillerie-Regiment vier, per Cavallerie - Regiment oder Fuß- Artillerie-Bataillon

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zwei Mann designirt, welche im Kriege als Lazarethgehülfen verwendet werden sollen. Bei der Infanterie und Artillerie darf ein Theil dieser Mannschaften auch der zweiten Portion angehört haben. Diejenigen designirten Lazareth= gehülfen, welche nicht in den Krankenstuben der Regimenter während ihrer Dienſt zeit Verwendung gefunden haben, werden zu zweimonatlichen Ausbildungscurſen im Sanitätsdienst einberufen. Die Krankenträger der Infanterie und Artillerie werden den Musikern und Handwerkern, welche zur Reserve übertreten, entnommen, die der Ambulancen rekrutiren sich außerdem aus den zur Dispositon gestellten Mannschaften der Lazarethgehülsen- Sectionen und der Infanterie. Der Instruction der Krankenträger ist das Manuel du brancardier zu Grunde zu legen. Als Lazarethgehülfen bei der Cavallerie find solche Leute auszubilden , welche wenig Geschickt und geringe Fertigkeit im Reiten zeigen. Die bisherige Uniformirung und Ausrüstung der Sanitätsoffiziere erfuhr durch kriegsministerielles Circular vom 24. Juli wesentliche Abänderungen. Die Inspecteure behalten für den großen Dienstanzug den Waffenrock; sonst wird von erſteren wie von allen Aerzten und Pharmaceuten der Dolman nach dem Muſter für Infanterieoffiziere getragen , jedoch sind Kragen und Aufschläge bei den Aerzten aus carmoisinrothem, bei den Pharmaceuten aus grünem Sammet ge fertigt. Auf den Patten des Kragens des Dolmans und des Mantels befindet sich außerdem als besonderes Abzeichen (l'attribut médical) ein Aesculapstab. Sämmtliche Sanitätsoffiziere sind mit Revolvern ausgerüstet und tragen am Degen das Portepee nach der Probe für Offiziere. Als Kopfbedeckung dient nur das Képi - die Inspecteure behalten für den großen Dienstanzug den ― Hut aus rothem Tuch mit carmoisinrothen bezw . grünen Streifen. Die Abzeichen der verschiedenen Rangklaſſen der Aerzte und Pharmaceuten ſind auf den Aermeln des Dolmans und am Képi angebracht. Die übrigen Uniforms und Ausrüstungsstücke sind ähnlich denen der Infanterieoffiziere. Eine genaue Beschreibung der ersteren enthält unter Beifügung von Zeichnungen das Journ. mil. off. part. suppl. No. 92. Das Tragen der Bekleidungsstücke neuen Musters ist vom 1. Juli 1884 ab obligatorisch. Nach einer Angabe im Progrès mil. vom 5. December (Nr. 323) ist das definitive Reglement über den Sanitätsdienst im Frieden, deſſen Bearbeitung einer Commission unter dem Brigadegeneral Fay am 6. December 1882 (siehe vorj. Jahresberichte Seite 142) übertragen worden war, fertiggestellt und vom Kriegsminister genehmigt worden. Dasselbe soll vom 1. Januar 1884 ab in Gültigkeit treten, ist aber bis Ende December 1883 noch nicht veröffentlicht worden. Am 19. October wurde die Bildung permanenter Inspectionsbezirke (Arron dissements) für den Sanitätsdienst angeordnet. Die Functionen der General inspecteure übernehmen die hierzu ernannten médecins-inspecteurs, zu deren Wirkungskreis gehören : die Vornahme der jährlichen Generalinspicirungen des Sanitätsdienstes in den zu ihrem Bezirk gehörenden Militär- Gouvernements und Armee-Corps , die Prüfung technischer und die Gesundheitspflege betreffender Fragen und die Ausführung besonderer Miſſionen , mit denen sie vom Kriegs minister beauftragt werden. In der Regel soll ein médecin-inspecteur nicht länger als drei Jahre hintereinander in ein und demselben Arrondissement die Functionen als permanenter Generalinspecteur ausüben. Durch diese neuen Behörden erfahren aber die Bestimmungen des Administrationsgesetzes hinsichtlich des dienstlichen Verkehrs der Directoren des Sanitätsdienstes mit den General commandanten der Armee-Corps keine Abänderung.

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Es gehören: zum 1. Arrondiſſement das Militär-Gouvernement von Paris und die Sanitätsschulen, 3 ፡ 2. 10. und 11. Armee-Corps, 3 3. ፡ = : 12., 13. und 16. ፡ 2 ፡ 4. = : 1., 2. = 3. ፡ = = 5. ፡ 4., 5 : 6. 4 ፡ 6. ፡ = = 7., 8. = 9. ፡ M : 7. ፡ 14. und 15., 2 8. die Truppen in Algerien und Tunesien, 3 9. das 17. und 18. Armee-Corps. (Journ. mil. off. part. régl. No. 93. )

IV. Anterricht. - Juftiz. -

Geistlichkeit.

1) Militärschulen. Von den Militärschulen haben im Laufe des Jahres 1883 die Infanterie schule zu St. Mairent und die Cavallerie-Applicationsſchule zu Saumur beſonders wichtige Veränderungen in ihrer bisherigen Organiſation erfahren. Ecole militaire d'infanterie zu St. Mairent. Durch präsidentielles Decret vom 22. März (Journ . mil . off. part. régl. No. 28) trat ein neues Reglement in Gültigkeit , welches in sieben Abschnitten die Bestimmungen über Zweck der Schule, innern Dienst und das Personal enthält. 1. Abschnitt. Die Schule ist bestimmt , die militärische Ausbildung der jenigen Unteroffiziere zu vervollständigen , welche zur Beförderung zu Sous lieutenants der Infanterie sich qualificiren. Aufnahme finden auch die Unter offiziere der Sectionen der Verwaltungstruppen und auf Antrag des Marineminiſters auch solche der Marine-Infanterie. Im Frieden darf kein Unteroffizier zum Souslieutenant (au titre français ) befördert werden , welcher nicht diese Schule mit Erfolg besucht hat. Die betreffenden Unteroffiziere werden gelegentlich der jährlichen Generalinspicirungen ausgesucht und vor ihrer Aufnahme einer Prüfung unterworfen , deren Bedingungen der Kriegsminister festsetzt. Sie müssen am 1. März des Zulaſſungsjahres mindestens ein Jahr lang die Charge eines Unter offiziers bekleidet haben und vor der Aufnahme ein freiwilliges Rengagement ein gehen , wenn während des Aufenthaltes auf der Schule ihre active Dienstzeit abläuft. Nach den Bedürfnissen des Dienstes und der Zahl der vorhandenen Vacanzen wird jährlich die Zahl der aufzunehmenden Unteroffiziere beſtimmt, welche die Bezeichnung Offiziereleven führen. Sie treten auf den Etat ihrer Compagnien als Sergeanten und werden , wenn sie den Rang von Sergeant majors , Adjutanten oder Fouriers bekleidet haben , als solche bei den Truppen theilen ersetzt. Uniform , Ausrüstung und Bewaffnung ist die gleiche wie bei den Sergeanten der Infanterie ; als besonderes Abzeichen tragen die Offizier eleven auf den Aermeln des Waffenrockes bezw. Mantels eine schleifenförmige Decoration aus silberner mit rother Seide durchwirkter Litze. Die Leitung der Schule ist einem Obersten 2. Abschnitt. - Personal. übertragen , dem ein Bataillonschef als Infanterie der Oberstlieuten oder ant zweiter Commandant beigegeben ist. Letterer fungirt gleichzeitig als Studien Die capitaines-instructeurs find mit der militärischen Ausbildung director. und Beaufsichtigung der Eleven betraut , während die capitaines - professeurs den wissenschaftlichen Unterricht ertheilen. Diesen Capitäns find Lieutenants als Unterinstructoren bezw. als Adjoints beigegeben. Der Dienst des Majors wird von einem Capitän , der des Zahlmeisters und Materialien - Rechnungsführers

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durch zwei Lieutenants versehen. Ein Lieutenant der Cavallerie ertheilt den Reitunterricht. Das Personal der Schule , deſſen Zuſammenſeßung eine dem Decret beigefügte Tabelle angiebt, wird hors cadre gestellt. Außerdem befindet sich bei der Schule permanent ein Detachement der 5. Remonte-Reiter- Compagnie commandirt. 3. Abschnitt. ―― Ausbildung. Die Unteroffiziere erhalten eine allgemein wissenschaftliche und eine speciell militärische Ausbildung. Erstere hat den Zweck, den Eleven die für den Offizier erforderliche allgemeine Bildung zu verschaffen; lettere soll sie befähigen , später mit Nußen den Dienst als Offizier in der Compagnie zu versehen. Die praktische Ausbildung erstreckt sich auf den Dienst der Infanterie, Geschüßererciren , Reiten , Turnen und Fechten. Mit der Leitung der Instruction ist ein aus den beiden Commandanten und den drei ältesten. Capitäns bestehender Studienrath beauftragt. Der Cursus ist ein elfmonatlicher, beginnt in der zweiten Hälfte des April und schließt Anfang März n. J. 4. Abschnitt Innerer Dienst. In Bezug auf Disciplin und inneren Dienst gelten die gleichen Bestimmungen wie bei den Truppentheilen , jedoch enthält darüber ein ministerielles Reglement noch specielle Vorschriften . Ein conseil de discipline entscheidet bei schwereren Vergehen über die Entlassung eines Eleven von der Schule , jedoch kann die letztere nur vom Kriegsminister verfügt werden. Entlassene Eleven treten sofort zur Truppe zurück. 5. Abſchnitt. — Verwaltung. Die Verwaltung wird durch einen conseil d'administration geleitet. Die bisherigen Vorschriften des Decrets vom 10. Mai 1875 bleiben in Gültigkeit, jedoch ist der Betrag der täglichen Löhnung auf 2 Fres. für die Eleven festgesetzt worden. Abgangsexamen . ― Dasselbe findet am Schlusse jeden 6. Abschnitt. Studienjahres vor einer vom Kriegsminister zusammengeſetzten Jury statt. Nach den Ergebniſſen der Prüfung werden die Eleven klaſſificirt und diejenigen , welche bestanden haben, als Souslieutenants zu einem Truppentheil der Infanterie versetzt. Die Eleven, welche den Anforderungen nicht entsprochen haben, treten mit dem Range , den sie vor der Aufnahme in die Schule bekleideten , zu ihrem Regimente zurück. Nur in besonderen Fällen darf ein Eleve zur Theilnahme an einem zweiten Cursus zugelassen werden. Nach dem dem Decret beigefügten Tableau soll das Stammperſonal der Schule bestehen aus : 1 1 4 5 8 5 2 1 1

Oberst oder Oberstlieutenant als Commandanten, Bataillonschef als 2. Commandanten, Capitäns als Inſtructoren, Professoren, Lieutenants als Unterinſtructoren, = Adjoints der Professoren, # für die Verwaltungsangelegenheiten, 3 als Reitlehrer, = Turn- und Fechtlehrer,

zusammen 29 Offiziere , außerdem 11 Unteroffiziere , 24 Corporale und 88 Soldaten. Das Detachement der 5. Remonte-Reiter-Compagnie hat eine Stärke von 30 Unteroffizieren und Mann mit 70 Pferden. Nach einem kriegsministeriellen Circular vom 5. Juni (Journ. mil. off. part. régl. No. 49) treten in der Instruction über Zulassung zur Infanterie schule vom 3. December 1882 (siehe vorjährigen Jahresbericht S. 140) folgende Abänderungen ein: Die Aspiranten sollen fernerhin auch hinsichtlich ihrer Leistungen im Turnen und Fechten geprüft werden, die Anforderungen in der

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Geometrie und Topographie werden erhöht, die bisher ſehr knapp bemeſſene Zeit zur Anfertigung der schriftlichen Prüfungsarbeiten wird verlängert. Vom Jahre 1884 ab sollen die Unteroffiziere vor Beginn des Cursus auch einer strengeren ärztlichen Untersuchung unterworfen werden. Zum mündlichen Examen wurden 1883 von den Armee-Corps im Inner 444, von den Truppen in Algerien 44 Unteroffiziere zugelassen , fast durch gehends den Chargen der Adjutanten und Sergeantmajors angehörend. Zur Aufnahme gelangten 410 Unteroffiziere. 364 Unteroffiziere wurden im März nach bestandener Abgangsprüfung als Souslieutenants zu den Regimentern bezw. Bataillonen versetzt. Ecole d'application de cavalerie zu Saumur. Nach dem Decret vom 25. Mai (Journ. mil. off. part. régl. No. 53) , in 8 Abſchnitte und 43 Artikel eingetheilt, erhielt auch diese Schule eine neue Organiſation. 1. Abschnitt. - Allgemeine Organiſation. - Die zu derselben commandirten Eleven bilden vier Abtheilungen - die für Offiziere, die für Offiziereleven. der Militärschule zu St. Cyr , die für Unteroffiziere der Cavallerie , welche zur Beförderung zum Offizier in Aussicht genommen sind , und die Diviſion für Hülfsthierärzte. Ausbildung. - Die Ausbildung erstreckt sich in der 2. Abschnitt.

Abtheilung für Offiziere , zu welcher Lieutenants der Cavallerie , Artillerie und der Genietruppen commandirt werden, auf Reiten, Kenntniß sämmtlicher Cavallerie reglements , auch der fremden Armeen , Hippologie , Artilleriewissenschaft , Forti fication und Deutsche Sprache. Von der Theilnahme an den Unterrichtscurſen über Artillerie und Fortification sind die Lieutenants der Artillerie und des Genies dispensirt. Die Eleven der Schule zu St. Cyr erhalten in Saumur nur eine Instruction über Reiten , Felddienst der Cavallerie, Hippologie und Deutsche Sprache und sollen daselbst zu brauchbaren Cavallerie-Offizieren heran gebildet werden. Außerdem finden Repetitionscurse in den militärwissenschaftlichen. Fächern statt. Sämmtliche Souslieutenants der Cavallerie müſſen eineu Curſus auf der Applicationsſchule absolviren. Die zur Beförderung zu Offizieren in Aussicht genommenen Unteroffiziere der Cavallerie , welche gelegentlich der Generalinspicirungen der Regimenter aus gesucht werden , müssen vor der Aufnahme in die Schule ein Examen ablegen und den Bedingungen entsprechen , welche in dem ministeriellen Circular vom 5. April 1883 näher angegeben sind. Der wissenschaftliche Unterricht erstreckt sich außer auf Geschichte und Geographie auf Militär- Gesetzgebung , Artillerie, passagere Fortification und Deutsche Sprache ; die praktische Instruction auf Reiten und auf Ausbildung in den verschiedenen Zweigen des Cavalleriedienstes . Sämmtliche Unteroffiziere erhalten bei der Aufnahme in die Schule den Rang von maréchaux de logis und treten als solche auf den Etat der Regi menter. Sie werden in den Stellen als Adjutanten c. bei ihren Truppentheilen ersetzt. Die diplomirten Thierärzte, welche zu Hülfsthierärzten in der Armee ernannt werden sollen , haben ebenfalls auf der Cavallerieschule einen Lehrcursus zu absolviren, in welchem sie über praktische Thierheilkunde und den Veterinärdienſt bei den Truppen unterrichtet werden. Außerdem wird ihnen Reitunterricht ertheilt. Nach bestandener Abgangsprüfung werden sie zu Hülfsthierärzten beför tert und erhalten eine Equipirungszulage von 550 Free . Eine solche in Höhe von 400 Fres. wird ihnen auch bei der Aufnahme ausgezahlt. Diejenigen

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Thierärzte, welche vor Beendigung einer activen zehnjährigen Dienstzeit aus der Armee scheiden, müssen diese Summen an die Staatskaffe zurückzahlen. Der 3. Abschnitt handelt von den Prüfungen bei Beendigung der elfmonat lichen Commandos der vorgenannten Kategorien von Offizieren , Eleven , Unter offizieren und Thierärzten, welche vor besonderen Commissionen stattfinden. 4. Abschnitt. Zur Cavallerieſchule gehören noch eine Telegraphenſchule, eine Schule für Beschlagsschmiede , eine solche für Pferdedressur und eine Normal Sattlerwerkstätte. Auf der Telegraphenschule finden jährlich zwei Curse statt, der erste vom 15. December bis 15. Juli , der zweite vom 25. Juli bis 25. October. Zu ersterem werden im ersten Dienstjahre stehende Cavalleristen in einer vom Kriegsminister bestimmten Zahl commandirt, zum zweiten schon im Telegraphendienſt ausgebildete Cavalleristen einberufen. In der Schule für Beschlagsschmiede wird den von den Truppen commandirten Schmieden eine gründliche Instruction über Theorie und Praxis der Hufbeschlagskunde ertheilt ; in der Schule für Pferdedressur , welche unter der Leitung des Chefinstructeurs der Equitation steht , werden Pferde zum späteren Gebrauch für Generale und für den Dienst in den Militärschulen zugeritten und besonders schwierige Pferde aus den Truppentheilen einer erneuten methodischen Dreſſur unterworfen . Ein gehende Bestimmungen über Organiſation und Dienst der Sattlerwerkstätte wurden im ministeriellen Reglement vom 16. Juni (Journ . mil. off. part. régl. No. 55) erlaffen.

5. Abschnitt. - Personal. 1 1 1 2 2 2 1 9 1 5 4 1 4 1 3 3

Der Cadre der Schule besteht aus :

Brigadegeneral oder Oberſt als Commandanten, Oberst oder Oberſtlieutenant als 2. Commandanten, Major, Capitäns als Adjutantmajors, = = Zahlmeister und Bekleidungsoffiziere, Lieutenants als Adjoints der letteren, Escadronchef als Instructeure für die militäriſchen Exercitien, Capitäns Escadronchef als Reitlehrer, Capitäns Lieutenants Escadronchef für den wissenschaftlichen Unterricht und als Lehrer Capitäns } der Deutschen Sprache, Professor als Lehrer der Telegraphie, Aerzten, Thierärzten.

Das Unterpersonal des Stabes setzt sich aus 5 Unteroffizieren , 10 Trom= petern und 7 Commis für die Verwaltung zusammen. Außerdem stehen noch auf dem Etat der Schule:

10 6 6 5 3 4 33 2 6

Unteroffiziere Brigadiers } für den Dienst in der Reitbahn, Unteroffiziere als Fecht- und Turnlehrer, = in der Schmiede Dienſt leiſtend, Brigadiers Unteroffiziere als Arbeiter in den Werkstätten, Schreiber 2c., Soldaten Unteroffiziere als Instructoren über Telegraphie. Brigadiers

Der Sattlerwerkstatt, einem Escadronchef oder Capitän als Director , dem ein Adjutant als Adjoint beigegeben ist , unterstellt , wird das erforderliche Auf sichts- und Handwerkerperſonal aus dem Etat der 5. Remonte-Reiter- Compagnie

% 2

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zugetheilt. Die portion centrale dieſer Compagnie wird permanent , eine reitende Batterie in jedem Jahre auf drei Monate zur Cavallerieschule detachirt. Die commandirten Unteroffiziere, Eleven und Mannschaften werden in zwei Escadrons eingetheilt ; zur ersten gehören die Eleven der Schule zu St. Cyr, die Ordonnanzen der Offiziere und die Pferde der letzteren, zur zweiten die Huf schmieds- und Telegrapheneleven , die Pferde derselben sowie die der Schule. Acht Unteroffiziere bilden die Cadres der zwei unter die Befehle der Adjutant majors gestellten Escadrons. Abschnitte 6, 7 und 8 enthalten die Bestimmungen über Auswahl des Lehrer- und Stammperſonals , über Dienstobliegenheiten des Commandanten, welcher direct unter dem Kriegsminister steht, über Zweck und Zuſammenſeßung des conseil d'administration. Am 5. April wurde eine neue Instruction über Zulassung der Unteroffiziere zur Cavallerieſchule erlassen. (Journ. mil . off. part. régl. No. 35. ) Nach derselben findet jedes Jahr eine Prüfung derjenigen Unteroffiziere statt , welche zur Beförderung zu Souslieutenants von den Generalinſpecteuren geeignet gehalten werden. Die Zahl der jährlich Aufzunehmenden bestimmt der Kriegsminister. Die Prüfung zerfällt in einen schriftlichen und mündlichen Theil, und werden die Examinanden nach der Zahl der erlangten Points klaſſificirt und nach dieſen die Reihenfolge der zur Aufnahme in die Schule designirten Unteroffiziere bestimmt. Die betreffenden Unteroffiziere sind namentlich von den Regimentern bis zum 15. März jeden Jahres an die Brigadegenerale anzuzeigen , auf das Genaueste in Bezug auf ihre Persönlichkeit und Leistungen zu schildern und müſſen am 31. December des Zulaſſungsjahres mindestens zwei Jahre in der Charge als Unteroffizier gedient haben. Die schriftlichen Prüfungen , in denen Kenntniß der Französischen Sprache , Geometrie und Arithmetik verlangt wird, finden Anfang April in den Garnisonen der Brigadegenerale statt. Die Arbeiten werden von Offizieren corrigirt und censirt , welche der Kriegsminiſter ernennt. Die mündlichen Prüfungen finden vor einer aus drei höheren Offizieren der Cavallerie bestehenden Commiſſion nach und nach in Paris , Lyon , Châlons, Montauban und Nantes statt , in welche Städte die Unteroffiziere aus den zunächst gelegenen Corpsbezirken einberufen werden. Die Anforderungen in der mündlichen Prüfung Geometrie, Topographie, Geographie und Geschichte von Frankreich wurden durch Circular vom 17. Januar bekannt gegeben. Bezüglich der Abhaltung der Prüfungen für die Unteroffiziere der in Algerien und Tunesien dislocirten Cavallerie- Truppentheile wurden Specialbestimmungen erlaſſen, aus denen hervorzuheben ist, daß die Unteroffiziere in Tunesien nur ein schriftliches Examen abzulegen haben. Ecole supérieure de la guerre . Die Bedingungen und Anforderungen im Aufnahme-Examen für 1884 wurden im Journ . mil. off. part. suppl. No. 36 veröffentlicht. Nur in der Deutschen Sprache sind die Anforderungen gegen früher erhöht worden und wird verlangt: Uebersetzen von Aufsätzen aus Fran zösischer in Deutsche Sprache und umgekehrt, correctes Lesen und Schreiben und Ülebung in der Conversation. Im Herbst 1883 wurden einberufen : von der Infanterie 4 Capitäns, 23 Lieutenants, 3 Souslieutenants, 2 = : 10 3 Cavallerie 1 : 2 3 3 15 Artillerie 10 : = = 2 vom Genie 3 =

zusammen 71 Offiziere.

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Das Generalstabsbrevet erhielten nach bestandenem Eramen im Herbst: 9 Capitäns, 21 Lieutenants, von der Infanterie : = 2 Cavallerie ፡ 2 2 : = ; : Artillerie 13 7 = ፡ : Marine-Infanterie 1 zusammen 55 Offiziere. Das Lehrerpersonal dieser Schule erfuhr eine Vermehrung um einen Civil professor , welcher Vorlesungen über Rechtswissenschaften abzuhalten hat ( Decret vom 18. December). Ecole spéciale militaire zu St. Cyr. Die Zahl der aufgenommenen Eleven betrug 1883 430, von denen 1885 40 zur Marine-Infanterie übertreten sollen. 342 Eleven wurden nach beendigtem Cursus als Souslieutenants in die Armee eingestellt , davon 262 bei der Infanterie , 80 bei der Cavallerie. Die Anforderungen in der Aufnahmeprüfung waren dieselben wie in den Vor jahren. In den übrigen hier nicht genannten Schulen sind erwähnenswerthe Ver änderungen nicht eingetreten . Nach Angabe in der France militaire (Nr. 279 vom 15. November) ist eine Ober-Studiencommission für sämmtliche Militärschulen unter dem Namen Unter dem „commission des hautes études militaires " gebildet worden. Divisionsgeneral (früheren Generalcommandanten des 10. Armee-Corps ) Davout d'Auerstädt als Präsidenten gehören derselben als Mitglieder an die Comman danten und Studiendirectoren der Polytechnischen Schule , der Höheren Kriegs schule und der Schulen zu St. Mairent , Saumur und Fontainebleau. Schon 1872 soll eine solche Commiſſion gebildet worden , aber nur ein einziges Mal seit ihrem Bestehen zusammengetreten sein. V. Mannschaften und Rangflufen. 1) Mannschaften. Hinsichtlich der Annahme und Einstellung der Einjährig-Freiwilligen blieben im Jahre 1883 die früher ertheilten Bestimmungen (siehe vorjährigen Bericht Seite 147) in Gültigkeit, doch wurden die der leichten Cavallerie den Re gimentern der Armee-Corps mit gerader, die der Dragoner denen der Armee Corps mit ungerader Nummer überwiesen. Die Zahl der Freiwilligen war eine geringere als in den Vorjahren und betrug 5107. Vom Jahre 1884 ab dürfen als Einjährig-Freiwillige diejenigen jungen Leute eingestellt werden, welche im Examen 1510 Points erlangt haben. Die wissenschaftlichen Anforderungen in der Prüfung sind demnach etwas heruntergesetzt worden, da früher 1550 Points erreicht werden mußten. Von den Freiwilligen durften bei der Entlassung aus dem activen Dienst bei der Infanterie und Artillerie der vierte Theil, bei der Cavallerie der zehnte und bei den Sectionen der Lazarethgehülfen der sechste Theil zu Unteroffizieren ernannt werden, jedoch war ein Ueberschreiten dieser Zahlen beim Vorhandensein geeigneter Elemente zulässig. (Mon. de l'Armée vom 28. October Nr. 78.) Am 30. December 1882 wurden vom damaligen Kriegsminister Billot die Anordnungen über die Annahme und Einstellung von Freiwilligen für das Jahr 1883 bekannt gegeben. Dieselben schließen sich im Allgemeinen den in früheren Jahren erlassenen an ; neu ist aber die Bestimmung, daß nach dem Gesetz vom 14. Februar 1882 , welches im Wortlaut dem miniſteriellen Circular beigefügt

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ist, die Söhne von Ausländern , die sich als Franzosen haben naturalisiren laſſen, selbst wenn sie sich vor der Naturaliſation ihrer Eltern in minderjährigem Alter befanden oder im Auslande geboren sind, als Freiwillige in die Armee eintreten können ; sie müssen aber die im Artikel 19 des code civil verlangte Erklärung abgeben, in welcher sie ausdrücklich auf die Eigenschaft als Ausländer Verzicht leiſten und die Französische Nationalität adoptiren. Gleiche Vergünstigung wird den Söhnen von Elsaß-Lothringen, welche die Nationalangehörigkeit zu Frank reich wieder erworben haben, unter der Bedingung gewährt, daß sie sich im Besitze eines von der Deutschen Regierung ausgestellten Auswanderungsscheins und der Abschrift des Decrets befinden müssen , in welchem ihrem Vater die Eigenschaft eines Franzosen zugesprochen wird. Die Marimalzahl der anzunehmenden Freiwilligen ist auf ungefähr 14 000 Mann für die Armee festgestellt worden. Es dürfen einstellen : 40 Mann, jedes Linien-Infanterie- Regiment = Jäger-Bataillon · : 20 40 die Sappeurs - Pompiers von Paris = 30 jedes Cürassier- und Dragoner- Regiment 3 Jäger- und Husaren-Regiment : 50 = Artillerie-Regiment 50 3 Pontonnier-Regiment 20 = Genie-Regiment ፡ 180 = 12 jede Eisenbahnarbeiter-Compagnie = Train-Escadron 20 ፡

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die Artillerie-Arbeiter und Feuerwerker-Compagnien je nach dem Bedürfniß des Dienstes ; die Sectionen der Schreiber für die Stäbe und die Rekrutirungsbüreaus bis zum vollen Etat, doch dürfen die Freiwilligen nicht eher in den Büreaus beschäftigt werden , bis sie eine genügende militärische Ausbildung erhalten. haben; die Sectionen der Commis und Arbeiter der Militär- Verwaltung im Ganzen 253 Mann, nur Schneider, Bäcker und sonstige Handwerker ; die Sectionen der Lazarethgehülfen im Ganzen 360 Mann . Die Zuaven , Algerischen Tirailleurs- und Chasseurs d'Afrique-Regimenter sowie die Fremdenlegion dürfen Freiwillige in unbegrenzter Zahl einstellen. Bei letterer war der Zudrang von Freiwilligen ein so bedeutender, daß sich die Auf stellung von zwei neuen Bataillonen nothwendig machte. (L'Avenir mil. vom 21. Januar Nr. 840.) Nach einem am 18. Januar veröffentlichten Geſetz wird die Anforderung an die Freiwilligen, beim Eingehen von Engagements , lesen und schreiben zu können, erst vom 1. Januar 1886 ab in Kraft treten. Um die zur Verstärkung des Expeditions - Corps in Tonkin designirten Bataillone auf den Kriegsetat setzen zu können , wurde die Annahme von Freiwilligen aus allen Truppentheilen in dieselben gestattet. Durchschnittlich sollen sich von jedem Armee-Corps 1200 bis 1500 Mann zur Einstellung in diese mobilen Bataillone gemeldet haben, in dieselben aber nur ein bis zwei Mann von jeder Compagnie aufgenommen worden sein. (L'Avenir mil. vom 21. December Nr. 906.) 2) Unteroffiziere. Das Unteroffiziergesetz vom 23. Juli 1881 hat das erwartete Resultat, eine größere Anzahl von Unteroffizieren zum Fortdienen in der activen Armee zu veranlassen, auch im Jahre 1883 nicht geliefert. Nach Angabe des Spectateur

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militaire (Heft vom 15. Juli) ist ein neuer Gesetzentwurf bearbeitet worden, nach dem der Uebertritt der Unteroffiziere in die Retraite proportionelle schon nach 12- statt nach 15jähriger Dienstzeit zulässig sein und die Zeit eines Ren gagements ein, zwei oder drei Jahre betragen soll. Nach dreijährigem activen Dienst und neunjährigem Rengagement hat der Unteroffizier Anspruch auf lebens längliche Pension und Civilanstellung. Die pecuniären Vorzüge der Rengage ments find die gleichen wie in dem früheren Geſetz, doch beziehen Unteroffiziere, welche ein Rengagement auf ein Jahr eingehen , keine Prämie, sondern nur eine tägliche Solderhöhung. Der Spectateur glaubt , daß auch mit diesem neuen Gesetz günstige Erfolge nicht zu erreichen sein werden ; das einzige Mittel, der Armee gute Unteroffiziere zu schaffen und zu erhalten , wäre die gesetzliche Be stimmung, daß nur Unteroffiziere mit mindestens vierjähriger Dienstzeit in dieser Charge Anrecht auf Anstellung im Civil-Staatsdienste hätten. Nach Artikel 17 des obengenannten Gesetzes stehen die mit Pension verab schiedeten Unteroffiziere noch fünf Jahre nach der Entlassung aus der Armee zur Verfügung des Kriegsministers. Diese Unteroffiziere sollen fernerhin einer Controle durch die Rekrutirungsbüreaus unterzogen werden und über jeden Einzelnen Bestimmung getroffen sein, in welcher dienstlichen Stellung er im Mobilmachungsfalle Verwendung finden soll. Diese Unteroffiziere dürfen auch während der Manöver zum Dienst eingezogen werden . (L'Armée française vom 21. März Nr. 804.) Wie in den Vorjahren wurde auch für 1883 die Zahl der zum Rengage ment zuzulaſſenden Unteroffiziere auf 1/10 des Effectivſtandes feſtgeſetzt. 3) Offiziere. In der Zahl der activen Offiziere ist , wie auch bei den einzelnen Waffen das Nähere angegeben ist, vom 1. April 1882 bis zu gleichem Termin 1883 eine an und für sich bedeutungslose Verringerung zu constatiren. Der Zudrang von jungen Männern , welche sich der Offizierlaufbahn widmen wollen, ist aber, wie mehrfach in den Militär-Zeitschriften hervorgehoben wurde, im Laufe des Jahres 1883 eine stärkere wie in der früheren Zeit gewesen. In Folge dessen ist auch die Zahl der in die verschiedenen Militär- Schulen aufzunehmenden Eleven erhöht worden. Gelegentlich der Budgetberathung in der Deputirtenkammer am 6. December betonte der Berichterstatter Margaine , ein früherer Offizier , daß ein ge wisses Mißbehagen im Offiziercorps und in der Armee herrsche , dem der fortgesette Wechsel in der Leitung der Armee, die immer mehr zunehmende Be förderung nach Gunſt, der Einfluß von politischen Persönlichkeiten auf die An gelegenheiten des Heeres und die sehr häufig ungerecht erfolgende Vertheilung des Ordens der Ehrenlegion zu Grunde liege. Diese Thatsachen konnten von dem Kriegsminister Campenon nicht mit Erfolg bestritten werden. (Progrès mil. vom 8. December Nr. 324. ) Berechtigtes Aufsehen machte die durch Decret des Präsidenten vom 23. Fe bruar angeordnete Entbindung der Prinzen von Orléans von ihren Dienſtſtellen in der Armee und die Versetzung derselben in Nichtactivität. Dieſes Decret gab in der Sitzung der Deputirtenkammer am 24. Februar Veranlassung zu sehr erregten Debatten und führte auch in der politischen und militärischen Presse zu lebhaften Discussionen. Einestheils wurde der damalige Kriegsminister Thibaudin lebhaft angegriffen und diese Maßregel als ungerecht und ungerecht fertigt bezeichnet, anderntheils fand dieselbe, besonders in der radicalen Preſſe, Anerkennung und Billigung.

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Militärische Jahresberichte für 1883. Es mußten in der Herzog = = = =

Folge dieses Decrets aus der Armee ausscheiden : von Aumale, Divisionsgeneral in Disponibilität, von Chartres, Oberst vom 12. Jäger-Regiment, von Alençon, Capitän im 12. Artillerie-Regiment. Der dem Decrete vorgedruckte Bericht des Kriegsministers giebt über die Motive zu dieser Maßregel an, " daß die öffentliche Meinung durch die Un zuträglichkeiten erregt sei, welche durch Beibehaltung von Offizieren , den früher in Frankreich regierenden Familien angehörend, in der activen Armee entstehen, und daß die Principien der Subordination und der Disciplin gestört erscheinen müssen durch die Gegenwart von Offizieren an der Spitze der Truppen, denen schon durch ihre Geburt eine Ausnahmeſtellung eingeräumt ſei “ . Die Versetzung der Prinzen von Orléans in die Nichtactivität erfolgte auf Grund der Bestimmungen der Artikel 2 bis 6 des Gesetzes über den Offizier ſtand vom 19. Mai 1834 und des 8. Artikels des Cadregeſetzes. Der Haupt sächlich in Betracht kommende 6. Artikel des erstgenannten Gesetzes lautet : „ Die Versetzung in Nichtactivität durch Entziehung oder Suspendirung der Anstellung geschieht durch Königliche Verfügung auf Vortrag des Kriegsministers. “ Um aber einer beliebigen Anwendung dieses Artikels auf einzelne Offiziere entgegen zutreten , beantragte der Deputirte Ribot Anfang März , demselben folgende Fassung zu geben: " Die Stellung eines Offiziers in Nichtactivität darf nur durch Entscheidung des Präsidenten der Republik auf Antrag des Kriegsministers, dem ein motivirter Bericht eines eigens zu diesem Zweck zusammengetretenen Unter suchungsraths zu Grunde zu legen ist , erfolgen. Die Stellung in Nichtactivität durch Suspendirung vom Dienst findet durch den Kriegsminister statt , dieselbe darf aber den Zeitraum eines Jahres nicht übersteigen. " Dieser Abänderungs entwurf zu dem Gesetze vom 19. Mai 1834 ist aber nicht zur Berathung ge= langt. (L'Avenir mil. vom 26. Februar und 3. März Nr. 847 und 850.) In einem Circular vom 6. Auguſt (mitgetheilt in la France militaire vom 16. September Nr. 262) rügte der Kriegsminiſter Thibaudin , daß die von Mitgliedern des Senats , der Deputirtenkammer und von Civilpersonen an Be= hörden und höhere Offiziere gestellten Anfragen oft nicht beantwortet worden seien ; es wurde angeordnet, daß dies fernerhin zu geschehen habe. Eine weitere vom Kriegsminister Thibaudin erlassene Bestimmung betraf die Erlaubniß zum Tragen von Civilkleidern Seitens der Offiziere. (Journ. mil. off. part. régl. No. 66. ) Bemerkenswerth sind die einleitenden Be trachtungen über die Nothwendigkeit einer solchen Erlaubniß : „Die Erfordernisse des täglichen Lebens, besonders in den großen Städten, haben die Militär-Be hörden veranlaßt, die vielen Verstöße nicht zu beachten, welche die Offiziere hin sichtlich der Anordnung, stets in Uniform zu erscheinen, unausgesetzt begehen. Es ist besser, für den Dienst nicht sehr wichtige Vorschriften abzuändern, als ſie täglich ungestraft übertreten zu laſſen. “ Das Tragen von Civilkleidern wurde außerhalb des Dienstes und der Militär- Etabliſſements gestattet, blieb aber im Dienst und für den Fall verboten, wenn das Erscheinen der Offiziere einen officiellen Charakter trägt. Das Decret vom 31. August 1875, betreffend das Anlegen der Uniform Seitens der Offiziere der Reserve und Territorial Armee , erfuhr durch Circular des Kriegsministers vom 5. Juni auch einige Abänderungen. Die Offiziere der genannten Kategorien dürfen nur in Uniform erscheinen bei öffentlichen Cere monien und Festlichkeiten, die einen officiellen Charakter tragen und bei allen Gelegenheiten, die sich auf ihre dienstliche Stellung beziehen. Wenn diese

Heerwesen Frankreichs.

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Offiziere aus anderer Veranlassung die Uniform zu tragen wünschen, so muß unter Vermittelung des Garnisoncommandanten beim Commandanten der Sub division die Erlaubniß eingeholt werden. Streng verboten wurde das Erscheinen. in Uniform bei öffentlichen und privaten politiſchen Vereinigungen, bei Wahlen 2c. Das Anlegen der Uniform im Auslande ist unstatthaft. Die meistentheils nicht genügende Vorbereitung der officiers comptables (Majors, Bekleidungs- und Zahlmeiſteroffiziere) zu ihren Stellungen veranlaßte schon am 30. November 1882 (siehe vorjährige Jahresberichte Seite 51 ) den damaligen Kriegsminister Billot zu der Verfügung , daß diese Offiziere vor der Ernennung ihre Befähigung zu dieſer Verwendung in einer besonderen Prüfung darzulegen haben. Im Journ. mil . off. part. régl. No. 22 und 23 wurden die Anforderungen in diesen Prüfungen bekannt gemacht , welche sich auf genaue Kenntniß der die Organiſation und Verwaltung der Armee betreffenden Gesetze, Reglements x . erstrecken. Die Prüfungen finden jährlich nach Aufstellung der Avancementslisten und zwar für die Capitäns, deren Beförderung zu Majors nach Wahl in Aussicht genommen ist, in Paris , für die Bekleidungs- und Zahl meisteroffiziere am Site des Generalcommandanten des betreffenden Armee- Corps vor zu diesem Zweck zusammentretenden Commissionen statt. Nach einem Decret vom 10. Juni 1853 waren Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere, lettere bis zu der Charge des Capitäns einſchließlich , welche die Erlaubniß zum Anlegen fremdländischer Orden und Ehrenzeichen erhalten hatten, von Entrichtung von Gebühren für Ausstellung des bezüglichen Brevets befreit. Da sich aber die Zahl der an Angehörige der Armee verliehenen fremden Orden sehr vergrößert hat und unausgesetzt im Steigen begriffen ist , so wurde am 8. November decretirt, daß fernerhin für jede Erlaubniß zum Tragen einer Decoration eines anderen Staates eine Gebühr von 10 Frcs. zu entrichten ist. Unteroffiziere und Soldaten bleiben wie bisher von Bezahlung dieser Summe befreit. (L'Armée française vom 16. November Nr. 889. )

VI. Formation und Dislocation.

1) Active Armee. In der Formation der Armee sind auch für das Jahr 1883 Aenderungen nicht zu verzeichnen . Die Aufstellung von 2 neuen Bataillonen der Fremden Legion und 16 Fuß - Artillerie - Bataillonen unter gleichzeitiger Aufhebung der 57 Artillerie-Train-Compagnien ist schon in den Abschnitten über Infanterie und Artillerie erwähnt worden. In Bezug auf die Dislocation iſt nur hervorzuheben, daß nach beendigten Herbstmanövern die 10. Infanterie- Diviſion in den Bereich des 5. Armee-Corps (Orléans) zurückkehrte und an ihrer Stelle zur Garnison von Paris die 9. Infanterie-Diviſion übertrat. Die 2. Dragoner-Brigade, bisher der 1. Cavallerie- Diviſion zugetheilt und in Paris garnisonirend , wurde der 5. Cavallerie-Division überwiesen und bezog mit dem 8. Dragoner-Regiment in Valenciennes , mit dem 9. in Cambrai Quartiere , während an ihrer Stelle die 3. Dragoner-Brigade zur 1. Cavallerie- Diviſion übertrat und nach Paris verlegt wurde. 2) Territorial - Armee. Nach dem Annuaire zählte die Territorial - Armee ausschl. der hors cadre gestellten und à la suite geführten Offiziere:

112

Militärische Jahresberichte für 1883.

a. Infanterie: am 1. April 1882 3 1. 3 1883 mithin mehr . Von den vorhandenen Offizieren gehören an: . den 145 Regimentern . 9 Zuaven- Bataillonen im Bereiche des 19. Armee-Corps es sollen Verwendung finden : im Generalstabe = Etappendienst

Oberst: Lts.

Bat : Chefs

Capitäne

166 168 2

527 548 21

1637 1812 175

Lts. u. Sous Lts. 4908 5140 232

143

426

1561

4915

7045

9

50

97

156

113

49 152

98 30

147 320

25

Summe 7238 7668 430

In den höheren Stellen bei den Truppen fehlen demnach nur 2 Oberſt lieutenants und 18 Bataillonschefs und hatte sich das Offiziercorps in den Capitäns- und Lieutenantschargen nicht unwesentlich vermehrt. b. Cavallerie:

Escad. Chefs

21 20 1

141 145 +4

365 421 +56

15

55

250

627

947

7

21

28

14 27 123

25 5 16

39 71 195

1

Capitäns

Summe

1176 1280 +104

101

34 56

2225

27

111 141 30

280 280

1081 1117 36

1497 1565 68

18

10100 10000

am 1. April 1882 . 1883 . 1. :. mithin mehr oder weniger Von den vorhandenen Offizieren gehören an : den 18 Regimentern • ፡ 4 Escadrons im Bereiche des 19. Armee-Corps es sollen Verwendung finden: im Generalstabe = Etappendienst • - Remontedienst

Lts. u. Sous Lts. 649 694 +45

Oberst: Lts.

73

1073 18 26

1423

3

259 8 6

55 6 3

4 1 2

10000

c. Artillerie :

ཀྐ ཙི

am 1. April 1882 . 1883 . = : 1. mithin mehr . Von den vorhandenen Offizieren gehören an: den 18 Regimentern = Veteranen-Compagnien des Nordens ፡ Batterien in Algerien es sollen Verwendung finden : im Generalstabe . = Etappendienst Remontedienst

Aus diesen Angaben ist zu constatiren , daß sich vom 1. April 1882 ab bis zu gleichem Tage 1883 das Öffiziercorps in allen Waffen der Territorial- Armee vermehrt hat. Ueber die Einberufung der Chargen der Territorial - Armee wurden durch Circular vom 7. Februar (l'Avenir mil. vom 16. Februar Nr. 845) neue Bestimmungen erlaffen. Die Chefs der zu formirenden Truppentheile und De tachements werden drei Tage vor Versammlung der Mannſchaften und zwei Tage vor der der Offiziere einberufen und bleiben zwei Tage länger als erstere im Dienst. Die Mitglieder des Adminiſtrationsdienſtes , die Compagniecommandanten sowie die im Rechnungswesen beschäftigten Unteroffiziere treffen einen Tag vor

113

Heerwesen Frankreichs.

Beginn der Uebungen ein und werden erst zwei Tage später als die Mannschaften entlaſſen. Die mit den Functionen als Zahlmeiſter beauftragten Offiziere haben fich am Uebungsort schon zwei Tage vor dem Eintreffen der Mannschaften ein zufinden und werden erst drei bis vier Tage später als diese entlassen. Die nicht zu den vorbezeichneten Kategorien gehörenden Offiziere und Unteroffiziere treffen einen Tag vor Beginn der Uebungen ein und werden einen Tag nach Beendigung derselben wieder beurlaubt. Die Mannschaften der Sectionen der Verwaltungstruppen werden durch persönliche Gestellungsordres nach den Bedürfnissen des Dienstes während des ganzen Jahres zu 13tägigen Uebungen eingezogen, ebenso wie die Mannschaften des Trains. Von dem Termin ihrer Dienstleistung sind die Uebungspflichtigen zwei Monate vor Beginn derselben zu benachrichtigen. Die Uebungen, zu denen nach dem Budget für 1883 im Ganzen 5033 Offiziere und 141 412 Mann einzuberufen waren , verliefen programmmäßig. Es übten in drei Serien vom 2. bis 14. April die Territorialen der Infanterie, Artillerie und Gendarmerie, vom 23. April bis 5. Mai die der Infanterie und des Genies , vom 11. bis 23. September die der Cavallerie. Die Einberufung erfolgte durch) öffentlichen Anschlag. Zur Einziehung gelangten die Mannschaften der Jahres klassen 1870 und 1871 , welche 1882 nicht geübt hatten. Das präsidentielle Decret vom 22. September 1882 über die Organiſation und Verwendung des Corps der Forstbeamten (siehe vorjährigen Bericht S. 154) erfuhr durch Decret vom 2. Juni (Journ . mil. off. part. régl. No. 46) wesentliche Abänderungen. Diejenigen Beamten , welche früher die Forstschule besucht haben , sollen in der Reserve oder Territorial-Armee folgende Chargen bekleiden: die Inspecteurs adjoints en stage u. 6. Kl. die eines Souslieutenants, = = = = ፡ 5. u. 4. Kl. = Lieutenants, = = = = 3. , 2. u . 1. Kl . = Capitäne , = = die eines Bataillonschefs, = Conservateurs = = Oberstlieutenants.

=

=

Die Zusammensetzung der Cadres der activen oder Festungs-Compagnien bezw . Sectionen richtet sich nach der Effectivſtärke der betreffenden Abtheilungen. Die Marimalstärke der Cadres einer Compagnie beträgt : 1 Capitän als Comman= dant, 1 Capitän 2. Kl., 2 Lieutenants bezw. Souslieutenants , 15 Unteroffiziere und Corporale. Kein Beamter darf den Rang eines Offiziers oder Unteroffiziers bekleiden, wenn er nicht im Frieden in demjenigen Bezirk ſtationirt ist, in welchem die Compagnie oder Section zur Aufstellung gelangt. Es sollen demnach die höheren Forstbeamten nur diejenigen Agenten unter ihren Befehlen haben , die ihnen auch im Frieden schon unterstellt sind . Bei Versetzungen in einen anderen Bezirk verlieren die Beamten zunächst ihre Offiziercharge und dürfen dieſelben ihren militärischen Rang erst wieder erhalten, wenn in ersterem Vacanzen bei den Compagnien . eintreten. Die Ernennung der Beamten zu Offizieren erfolgt durch den Präsidenten der Republik auf Präsentation des Kriegsministers nach vorher erfolgtem Vorschlag des Ministers für Ackerbau. Im Mobilmachungsfalle erwarten die Inspecteure und Conservateure die Befehle der Militärbehörden in ihren Wohnorten. Im Juniheft des Journal des sciences militaires ist ein Aufsatz über die Mobilmachung der Regimenter der Territorial-Infanterie enthalten , in dem die Zweckmäßigkeit und Richtigkeit der über die Mobilifirung der Territorial-Truppen gegebenen Vorschriften , obgleich dieselben noch nicht erprobt werden konnten, 8 Militärische Jahresberichte 1883.

114

Militärische Jahresberichte für 1883.

bezweifelt wird. Ueber das Verfahren bei einer Mobilmachung wird mitgetheilt, daß die Maires von derselben auf rascheste Weise in Kenntniß gesetzt werden ; diese benachrichtigen sofort die im Orte wohnenden Offiziere und Mannschaften. Nach dem vorher schon bekannt gegebenen Versammlungsort begeben sich ohne Zeitverlust die Offiziere per Eisenbahn , die Mannschaften per Fußmarsch. Die Leute treffen daher einzeln und zu den verschiedensten Zeiten bei ihren Compagnien ein , was die Einkleidung und Unterbringung in hohem Grade erschweren muß. Vorgeschlagen wird, die Mannschaften der Territorial-Armee orts- oder bezirks weise durch die Maires sammeln und gemeinschaftlich nach den Stabsquartieren der Compagnien führen zu lassen. Auffallender Weise soll dies aber auch per Fußmarsch geschehen , um die in dieser Periode mit Truppen-Transporten über lasteten Eisenbahnen nicht in Anspruch zu nehmen. Dieser Aufsatz ist deshalb besonders bemerkenswerth , weil bisher Angaben über das Verfahren bei einer Mobilmachung der Territorial-Truppen nicht in die Oeffentlichkeit gedrungen find .

D. Die kriegerische Volkserziehung. Die militärische Ausbildung der männlichen Jugend auf den Schulen hat auch im Jahre 1883 weitere Fortschritte gemacht. Die Regierung legt derselben eine besondere Wichtigkeit bei, von der auch die im April erfolgte Ernennung des Divisionsgenerals in Penſion Jeanningros zum Generalinspecteur der Schüler Bataillone Zeugniß giebt. Hinsichtlich der Paraden der Schüler-Bataillone beſtimmte ein kriegsministerieller Erlaß vom 25. Mai ( l'Avenir mil. vom 6. Juni Nr. 867) , daß die Abhaltung derselben nur von dem betreffenden das Territorial-Commando führenden Offizier oder dem Instructeur en chef angeordnet werden darf. Geschieht dies durch letzteren, so sollen die Paraden den Charakter des Unterrichts tragen. Präfecten, Souspräfecten oder die Gemeinde- Obrigkeiten stellen ihre Anträge auf Vornahme von Paraden an die militärischen Vorgesetzten der Schüler-Bataillone, welche das Weitere anzuordnen haben ; erstere haben nur das Recht, denselben beizuwohnen. In keinem Falle sollen aber Paraden über diese Bataillone gleichzeitig mit solchen über die Truppen stattfinden. Die Gewehre der Schüler - Bataillone dürfen fernerhin Säbelbajonnete mit abgerundeter Spiße erhalten, um die Waffe der in der Armee eingeführten möglichst ähnlich zu machen. Nach einer Mittheilung im Moniteur de l'Armée (vom 20. September Nr. 76) hat der Municipalrath von Paris die Zahl der in der Hauptstadt zu formirenden Schüler-Bataillone auf 24, jedes zu 4 Compagnien, festgesezt. Für die Bekleidung - Weste , Hosen , Mütze aus blauem Tuch haben die An gehörigen zu sorgen , Waffen und Ausrüstung werden von der Stadt geliefert. Für die hierzu nothwendigen Ausgaben wurde ein Credit von 500 000 Fres. bewilligt. Der Werth und die Nothwendigkeit einer militärischen Erziehung der Jugend sind wohl unbestritten. Ob sich dieselbe aber bis auf Exercitien in Bataillonen unter Waffen erstrecken oder nur auf gymnaſtiſche Uebungen in ausgedehnterem Sinne und auf Gewöhnung an militärischen Gehorsam beschränken soll , kann nicht zweifelhaft sein. In Frankreich neigt man sich der ersteren Auffassung zu, obgleich sich berufene Stimmen gegen eine solche erklären. (Progrès mil . vom 5. September Nr. 267. ) Uebertrieben sind aber die Hoffnungen, welche la France militaire (Nr. 247 vom 26. Juli) auf die Resultate einer militärischen Jugend erziehung setzt und die in den Schüler-Bataillonen " die Zukunft des Vaterlandes " &. zu erkennen glaubt.

115

Heerwesen Griechenlands.

Bericht über das Heerwesen Griechenlands.

1883 .

Im Gegensatz zu früheren Jahren sind 1883 für Griechenland keine Gesetze zu verzeichnen, welche eine neue Umänderung der Wehr- und Heer-Ordnung ent hielten. Trotz der Ruhe, welche somit der Entwickelung der Wehrkraft des Landes gelassen wurde, sind jedoch Fortschritte derselben nicht zu melden. Die Qualität der Griechischen Armee ist heute noch die in den letzten Jahresberichten hinlänglich charakterisirte : die Armee wird trotz guter Bewaffnung im Ernstfalle nicht einmal zu einer nachhaltigen defensiven Kriegführung geeignet befunden werden. Das Budget für 1883 warf für das Griechische Heerwesen 20 738716 Frcs. aus, davon 16½ Mill. für die Armee. Das Budget für 1884 ist in gleicher Höhe veranschlagt. Die Effectivstärke des stehenden Heeres blieb auch im Jahre 1883 niedriger als der Etat sie fordert. Die Anzahl der zu besoldenden Offiziere, 1414, und Unteroffiziere, 3680, blieb in keinem Verhältniß zu der geringen Kopfstärke der eigentlichen Truppe. Die bestehenden Cadres zählten auf dem Papier zwar in Summa 17 190 Gemeine ; aber in Wirklichkeit war ihr Stand ein viel schwächerer in Folge der häufigen officiellen oder willkürlichen Beurlaubungen von Mannschaften. Manche Bataillone waren zeitweilig thatsächlich auf 50 Mann reducirt. Die Compagnien hatten niemals über 80 , die Escadrons kaum 60 und die Batterien höchstens 50 Mann effectiv in der Front ! Die Effectivſtärke der Jäger-Bataillone , welche sämmtlich längs der Türkischen Grenze dislocirt sind, kam im Gegensatz zu den anderen Truppentheilen der Sollstärke immer am nächsten. Nach der Rekrutirung des Jahres 1883 wurden von den Ausgehobenen am 1. December 1883 nur 5106 Mann eingestellt. Die übrigen 4150 Aus gehobenen wurden noch nicht zum Dienst einberufen. Außer jener zur Zeit in der Ausbildung begriffenen Quote des jüngsten Jahrganges umfaßt die Griechische Armee gegenwärtig in ihrem Effectivstande ――――― und in ihrer Reserve zusammen acht Jahrgänge vergl. vorigen Jahresbericht, Seite 159 - auf dem Papier ein Personal von etwa 80 000 Mann, das eine mehr oder weniger lange militärische Ausbildung genossen hat. Dasselbe genügt der Zahl nach allerdings , um 36 Bataillone , 12 Escadrons, 20 Batterien und 12 Genie-Compagnien - vergl. vorigen Jahresbericht , Seiten 160-166 mobil zu machen und eine diesem Cadreſtande entsprechende Feld - Armee von - wie angegeben etwa 80 000 Mann aufzustellen ; aber von der Qualification jenes Personals zur Formation einer kriegstüchtigen Operations -Armee gilt heute noch dasselbe, was auf den Seiten 106 und 107 des Jahresberichtes von 1880 über die Zukunft des Griechischen Heerwesens gesagt wurde, wie auch Alles , was die Schlußfäße des vorigen Jahresberichtes auf Seite 167 enthalten. Die militärische Eintheilung des Territoriums war bisher in Griechen land nur eine provisorische und auch unvollständige. Sie wurde im März 1883 durch Königliches Decret unter Beibehalt der Dreitheilung endgültig geregelt wie folgt: 1. - Destlicher - Armee-Bezirk : Obercommando: Larissa. - Provinzen: Larissa, Trikala, Phtiodis, Phokis. 8*

116

Militärische Jahresberichte für 1883. 2. ---- Westlicher -- Armee-Bezirk: Obercommando : Miſſolunghi. - Pro vinzen: Zante, Corfu, Kephalonien, Arta, Etolo-Akarnanien, Achaja Elide. 3.Südlicher Armee-Bezirk : Obercommando : Athen. - Provinzen : Attika , Böotien , Euböa, Arkadien , Messenien , Lakonien , Korinth, Cykladen.

Die Vertheilung der im stehenden Heere vorhandenen Truppen- Cadres auf die drei Obercommandos ist nicht gleichmäßig , sondern nach politischen und localen Rücksichten zur Zeit in der folgenden Weise geregelt. Es unterstehen : 1) dem Obercommando Lariſſa : 20 Bataillone (14 der Linie und 6 der Jäger), 8 Escadrons, 12 Batterien (8 der Feld- und 4 der Gebirgs -Artillerie) und 4 Genie- Compagnien ; 2) dem Obercommando Miffolunghi : 11 Bataillone (8 der Linie und 3 der Jäger), 2 Escadrons, 4 Batterien (Gebirgs-Artillerie) und 4 Genie-Compagnien ; endlich 3) dem Obercommando Athen : 5 Bataillone (Linie), 2 Escadrons , 4 Batterien (Festungs-Artillerie), 4 Genie-Compagnien und 1 Train-Compagnie. Die Verkehrsverhältnisse in Griechenland haben sich seit der Anfang 1883 erfolgten Erledigung der Türkisch-Griechischen Grenzfragen so gehoben, daß ſie militärische Beachtung verdienen. Man hat sich nicht nur darauf beschränkt, Pläne für ein das ganze Land umfassendes Eisenbahn- und Chauffee-Netz zu entwerfen, sondern man hat dessen Ausführung auch schon begonnen . Die Eisen 61,5 km - ist bereits fahrbar geworden ; die bahnstrecke Volo - Larissa Korinth werden noch im Laufe des Jahres 1884 Athen und Linien Volo - Lamia dahin gelangen. Die Schienen-Verbindung von Lamia nach Athen, die schmal spurige Weiterführung der Linien Athen - Korinth nach Patras und der Bau von Zweigbahnen nach Missolunghi und Trikala sind in ernster Vorarbeit. - Der am An den Landstraßen im Norden des Landes wird vielfach gebessert. 23. April 1882 begonnene Durchstich des Isthmus von Korinth macht die M. erwarteten Fortschritte.

Heerwesen Großbritanniens.

117

Bericht über das

Heerwesen

Großbritanniens .

1883 .

Im Jahre 1883 ist die Britische Armee im Wege des Fortschritts sicher, wenn auch nicht schnell vorgegangen. Radicale Veränderungen im Bereiche der Organisation sind nicht eingetreten, im Gebiete der Ausbildung aber ist durch Einführung eines rationellen Instructionsſyſtems ein wirklicher Fortschritt gemacht worden. Auch im Rekrutirungswesen sind wichtige Veränderungen in Kraft getreten, die aber , unserer Meinung nach, den (nach Britiſchen Anſichten) bösen Tag der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht nur wenig verschieben werden. Im Anschluß an die Berichte von 1881 und 1882 mögen die folgenden Ver änderungen Erwähnung finden.

I. Generalität. Veränderungen sind in derselben nicht zu verzeichnen.

II.

Infanterie.

Die Stärken der 141 Linien-Infanterie-Bataillone find folgende : 50 Bataillone in Indien à 20 - den Colonien à 14 ፡ = utterlande} à 11 17 im Mutterlandeſ = = 4 à = = 4 à = = = 4 à = 48 à

820 Corporale und Gemeine = = 800

950

=

850 750 650 520

፡ = = ፡

=

= = =

=

Die Stärken der Regiments-Depots variiren zwischen 50 und 300 Mann. Sollte ein Krieg ausbrechen, so bilden die 11 Bataillone von 950 Mann mit 3 Bataillonen Garden zu Fuß die beiden zuerst einzuſchiffenden Diviſionen, die vermuthlich für einen der häufigen „ kleinen Kriege" Englands genügen werden. Die Stärken der Cadres bleiben unverändert. Während des Jahres ſind drei neue Miliz-Bataillone gebildet worden ; viele Bataillone der Miliz sind auf acht Compagnien vermehrt oder herabgesetzt worden. Gegenwärtig bestehen: 3 Bataillone zu 12 Compagnien = = 10 = 14 = = ፡ 78 8 = = = 34 6 = = = 3 5 = 4 4 =

In den Stärken der Compagnien und Cadres ist nichts verändert worden.

118

Militärische Jahresberichte für 1883. III. Cavallerie.

Die Depots der in Indien garniſonirenden Regimenter haben jezt je 86 Ge meine ; diese Regimenter selbst haben je 396 Dienstpferde. Die vier im Mutter lande zur Einschiffung nach auswärts in Bereitschaft gestellten Regimenter haben je 498 Gemeine und 400 Dienstpferde, zwei Regimenter in den Colonien haben dieselbe Stärke , aber 115 Gemeine und 20 Pferde beim Depot zurückgelaſſen ; die übrigen 13 Regimenter haben je 366 Gemeine und 300 Dienſtpferde. IV.

Artillerie.

Es stehen in Indien nunmehr nur 10 Reitende und 40 Feld-Batterien, im Mutterlande und in den Colonien 16 Reitende und 2 Depot-Reitende und 39 Feld-Batterien. In Indien dienen 6 Fuß-Batterien als Gebirgs- und 4 als Positions-Artillerie. Zur ersten Kategorie der Reitenden Batterien gehören 4, zur zweiten 12 Batterien im Mutterlande. Die Feld - Batterien haben folgende Stärken : 13 Batterien 1. Kategorie im Mutterlande 64 Kanoniere, 70 Fahrer, 86 Pferde = = = = = 13 ፡ 80 2. 64 65 = = = 74 = 3. 64 65 9 = = = = = ፡ = 44 50 4. 40 3 = = 65 86 61 1 Batterie in den Colonien Die Stärken der Cadres und der in Indien garnijonirenden Batterien bleiben unverändert. Die Stärke der Fuß- und Miliz -Artillerie und die Zahl der Batterien haben sich nicht geändert. V. Ingenieure.

VI . Colonial- Corps.

Veränderungen sind nicht vorgekommen.

VII.

Commissariat.

Die Zahl der Compagnien ist auf 26 vermehrt worden , Compagnien. Jede Feld- Compagnie hat : Stabsfergeanten 5 beritten, 2 unberitten = = 4 2 Sergeanten = = 1 Trompeter ፡ = 3 6 Corporale = 5 Handwerker 2c. 41 ፡ 16 = Gemeine

davon 3 Depot

=

Summe

62 beritten, 23 unberitten

mit 63 Dienstpferden. Die Stärken der Commissariat- und der beiden Trans port-Depot-Compagnien sind dieselben. Aus jeder Feld- Compagnie werden im Falle einer Mobiliſirung zwei gebildet. Eine besondere Abtheilung für Casernen-Angelegenheiten ist gebildet worden. Sie besteht aus 30 Warrant-Offizieren und 300 Sergeanten und rekrutirt sich aus Unteroffizieren der Armee mit mindestens 18 Jahren Dienstzeit. VIII. Ordnance.

IX. Veterinärs. — Geißtlichkeit. X. Sanitäts-Departement.

Nichts zu bemerken.

Bahlmeister und

Heerwesen Großbritanniens.

119

XI. Heomanry -Cavallerie.

Es bestehen jetzt: 12 Regimenter zu 4 Troops = = 5 = 2 = = = 6 10 = = 14 = 8 = = 1 = 11 zuſammen 39 Regimenter mit 241 Troops. Die Yeomanry - Cavallerie hat Martini-Henry - Carabiner bekommen . Im Middlesex - Regiment hat ein Troop Infanteriegewehre versuchsweise bekommen.

XII. Volunteers. Infanterie. Das 2. Hertford-Corps beſteht jetzt aus 6 Compagnien, so daß nunmehr von den 211 Infanterie - Corps (Bataillonen) nur 4 anderen Corps attachirt sind und weniger als 6 Compagnien haben ( 1. der Insel Man und 25. Middleser à 1 Compagnie, 9. Middleſer à 3 Compagnien und 1. Middleſer à 4 Compagnien) . 111 Corps tragen jetzt scharlachrothe, 59 grüne und 41 graue Uniformen. In der neuen Numerirung sind große Fortschritte gemacht worden und 55 Bataillone, d. h. die Freiwilligen-Bataillone von 24 Infanterie Regimentern, heißen „ 1. , 2. u . s. w. Freiwilligen-Bataillon des ... Infanterie Regiments " . Zu bemerken ist , daß diese Numerirung nur auf Ansuchen des Bataillons stattfindet. Von den 211 Corps tragen nunmehr 51 die Uniform ihres Territorial-Regiments. Cavallerie. Das Corps von Fife besteht jezt aus 5 Troops , sonst sind keine Veränderungen vorgekommen. Es bestehen nunmehr 8 Troops. Artillerie. Es bestehen nunmehr 59 Corps mit zusammen 549 Batterien (das 2. Berwick-Corps ist aufgelöst und das 1. Surrey mit dem 1. London zusammengeschmolzen worden). Davon haben 53 6 oder mehr Batterien . 1 Corps von 5 Batterien ( 1. Cumberland) ist selbständig und 2 Corps von 4, 1 von 2 Batterien und 3 einzelne Batterien sind anderen Corps attachirt. Ingenieure. Es giebt 15 Corps , davon 12 von 6 oder mehr Com pagnien, 1 Corps von 4 Compagnien ( 1. Aberdeen) und 2 einzelne Compagnien (1. Flint und 1. Northampton). In Summe 99 Compagnien.

XIII. Rekrutirung. Um die Lücken in der Artillerie und in den Garden auszufüllen wurde das Maß des Bruſtumfangs für Rekruten (Kanoniere) der ersteren von 35 auf 34 Zoll und die Größe der Rekruten für die Garde von 5 Fuß 8 Zoll auf 5 Fuß 7 Zoll herabgesezt. Für die Garden zu Fuß sind besondere Engagements Bedingungen eingeführt worden. Rekruten können sich für 3 Jahre bei der Fahne und 9 Jahre in der Reserve, oder für 12 Jahre bei der Fahne anwerben. laſſen. Im ersten Falle können sie zu jeder Zeit für 7 Jahre Gesammtdienſtzeit bei der Fahne und im 7. Dienstjahre für 12 Jahre Gesammtdienstzeit bei der Fahne capituliren. Im zweiten Falle können sie im 12. Dienstjahre auf 21 Jahre Gesammtdienstzeit capituliren . Für die Miliztruppen ist die Größe der Rekruten auf 5 Fuß 6 Zoll für Artillerie und 5 Fuß 4 Zoll für Ingenieure mit einem Brustumfang von 33 Zoll für Artillerie und Ingenieure und 32 Zoll für Infanterie festgesetzt

120

Militärische Jahresberichte für 1883.

worden. In allen Fällen soll das Alter der Rekruten 18 bis 35 Jahre betragen, jeder derselben muß sich für 6 Jahre anwerben lassen, kann jedoch im 6. Dienst jahre auf noch weitere 4 Jahre und dann noch weiter bis zum 45. Lebensjahre capituliren. Ein schon gedienter Soldat der Miliz kann sich wieder anwerben laffen, wenn er weniger als 45 Jahre alt ist. Unteroffiziere der regulären Armee können auf 12 Jahre und Gemeine im letzten Jahre ihres Engagements , mit Zuſtimmung ihres Bataillonscommandeurs, auf 10 Jahre Präsenzdienstzeit capituliren. Sergeanten haben das Recht und Corporale haben die Aussicht , mit Zustimmung ihres Bataillonscommandeurs nach 9 Jahren Präsenzdienstzeit auf 21 Jahre Gesammtdienstzeit zu capituliren, so daß sie Anspruch auf Pension erlangen. Gemeine im 12. Dienstjahre können in besonderen Fällen ebenfalls auf 21 Jahre capituliren, um das Recht auf Pension zu erwerben. Es ist festgesetzt worden , daß nach achtjährigem Dienste außerhalb des Mutterlandes Offiziere und Unteroffiziere den Wunsch ausdrücken können , zum Bataillon 2. ihres Regiments 2c. im Mutterlande transferirt zu werden , und daß, wenn dies ohne Nachtheil für den öffentlichen Dienst geschehen kann, die Transferirung erfolgen soll.

XIV.

Geldverpflegung.

41 11 11

Nach Beendigung des Feldzuges in Egypten wurden folgende Geldsummen den dabei Betheiligten als Entschädigung für ihre Verluste an Kleidung, Mon tirungsstücken 2. gezahlt : Commandirender General 1000 Lstrl. = 500 Generalstabschef 304 = Generallieutenant 152 Generalmajor = 34 Oberst und Oberſtlieutenant = 32 Major = 24 Hauptmann bezw. Rittmeister 15 Lieutenant = 8 99 Warrant Officer" 5 Feldwebel bezw . Wachtmeister ፡ Sergeanten . Corporale = Gemeine

6432

XV. Bewaffnung und Ausrüftung.

XVI. Disciplin. Nichts zu erwähnen.

XVII. Mobilmachung. - Die Armee im Felde. Die Reserve 1. Klaffe besteht aus 33 500 Mann , die der 2. Klasse aus 9000 Mann, und die Miliz - Reserve (die zum Dienste in der regulären Armee im Falle eines Krieges verpflichtet ist) aus 30 000 Mann. Daher verfügt die Britische Armee über 72 500 Reservisten. Die am 25. Juli 1882 zu den Fahnen einberufenen Reserveleute wurden in drei Kategorien entlaffen ; am 25. October 1882 diejenigen, welche zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni 1881 zur Reserve

Heerwesen Großbritanniens.

121

übergetreten waren, am 4. December diejenigen, bei welchen dies in der Zeit vom 30. Juni bis 31. December 1881 geschehen, und am 1. Januar 1882 alle anderen Reservisten. Jedem Reservisten wurde freigestellt , zwei weitere Jahre bei den Fahnen zu dienen oder auf 12 Jahre Gesammtdienstzeit zu capituliren . Jeder entlassene Reservist bekam 10 Schillinge und einen 42 tägigen Urlaub , nach welchem er den Sold für 42 Tage bei seinem Reſerve - Diſtricts - Commando erhalten konnte. Diese Maßregel erleichterte es den Leuten, Arbeit zu bekommen. und verhinderte das Elend, das im Jahre 1878 bei den entlassenen Reservisten sich fühlbar gemacht hatte.

XVIII.

Ausbildung und Taktiſches.

Am 29. März 1883 wurde durch eine " General- Order" die Ausbildung der Mannschaften den Compagnie- Offizieren anvertraut , während sie bisher dem Bataillons-Adjutanten und den Instructions- Unteroffizieren übertragen war. Eine geregelte Ausbildung des Soldaten ist in England außerordentlich erschwert dadurch, daß die Rekruten sich zu allen Jahreszeiten und in kleinen Partien , zuweilen auch einzeln zum Dienste melden. Aus dieser Ursache wurde befohlen , daß die Rekruten zunächst drei Monate lang beim Regiments-Depot ausgebildet werden sollen. Erst dann werden sie zum Bataillon geschickt. Bei letterem soll das Jahr in acht Perioden getheilt werden, und in je einer dieser erhält eine Com pagnie sämmtliche Rekruten, die während derselben vom Depot überwiesen werden. In je einer dieser Zeitperioden (von anderthalb Monaten) soll die Compagnie, bei welcher die Rekruten am längsten in Dienst sind, von allem anderen Dienste befreit werden und sich unter ihren eigenen Offizieren in allen Zweigen der Taktik und der Ausbildung üben. Der Bataillonscommandeur muß aber dafür sorgen, daß eine Compagnie, die im Winter eines Jahres geübt hat , im Sommer des nächsten Jahres ihre Uebungen abhalten kann. Kein Offizier oder Soldat der übenden Compagnie soll während der Uebungsperiode seiner Compagnie Urlaub erhalten. Soll das Bataillon an größeren Manövern Theil nehmen, so müssen in den vorangehenden oder nächstfolgenden Perioden, je nach den Verhältnissen, zwei Compagnien üben. Während der Ausbildungs- Periode sollen die Offiziere den Mannschaften Vorträge halten, und nach Beendigung der Uebungen soll der Compagniechef seine Compagnie dem Bataillonscommandeur vorstellen. Unter dem oben erwähnten Datum wurde auch die Schieß-Ausbildung der Mannschaften den Compagnie-Offizieren anvertraut, während gleichzeitig das Ein gehen der Stellen der Schieß - Instructions - Offiziere und Schieß - Instructions Unteroffiziere angeordnet wurde. Jeder Mann verfeuert in Zukunft 100 Patronen als Rekrut und jeder Soldat (die Rekruten auch nach Absolvirung der Rekruten Ausbildung) 160 Patronen jährlich. Zur Verfügung der Brigade- und Districts commandeure stehen außerdem 1200 scharfe Patronen per Bataillon und 800 per Cavallerie-Regiment, „um praktische Kenntnisse der Feuer-Taktik zu erwerben“ . Die Rekruten feuern 10 Patronen im Einzelfeuer auf 100 , 150, 200 , 300, 400 , 500 und 600 Yards, 5 Patronen im Schnellfeuer auf 300 Yards, 10 Pa tronen Salvenfeuer ausgeschwärmt (5 auf 400, 5 auf 600 Yards), 5 Patronen Salvenfeuer in geschlossener Ordnung auf 300 Yards und 10 Patronen Schüßen feuer zwischen 400 und 200 Yards. Der ausgebildete Soldat (und auch der Rekrut) feuert:

122

Militärische Jahresberichte für 1883. 10 Patronen auf 150 Yards ፡ 10 250 = ፡ C 300 10 : 10 = 400 Einzelfeuer = 10 500 = = ፡ 10 ፡ 600 = 700 ፡ 10 = ፡ 800 = 10 = 300 = : = = = 400 Salvenfeuer 600 3 ፡ 800 {

stehend. knieend. ፡

5555

:

im ersten Theile 110 Patronen

Schnellfeuer

10

=

= 400

:

stehend, knieend , oder liegend nach Belieben.

in geschlossener Ordnung. ausgeschwärmt. in geschlossener Ordnung.

im zweiten Theile ( Feldmäßiges Schießen auf unbekannten Diſtancen, bergauf und bergab, 50 Patronen auf sich bewegende Ziele u. s. w. Die Scheiben für den zweiten Theil der Schießübung sind von zwei Sorten. Beide Arten sind 2 Fuß × 6 Fuß. Man kann sie auf der längeren Seite auf ſtellen und darauf zwei Bruſtfiguren darstellen , oder auf der kürzeren Seite und eine stehende Figur darauf anbringen. Bis auf 300 Yards soll der Soldat mit dem Standvisir auf die stehende Figur schießen und immer auf den Kopf zielen, d. h. etwa 6 Zoll vom oberen Rande der Scheibe. Zwischen 140 und 180 Yards soll auf den Kopf , zwischen 180 und 240 auf die Brust und zwiſchen 240 und 285 auf die Beine visirt werden . Eine Vergleichung zwischen den Schieß leistungen der einzelnen Bataillone der Armee findet nicht mehr statt , und auch die Prämie von 20 Pfund Sterling für den besten Schüßen der Armee kommt in Wegfall. Dafür werden Bataillons - Prämien gegeben. Eine geregelte Be nutzung der Schießstände durch die übenden Compagnien ist reglementirt. Mit Hülfe dieser Maßregeln hofft man in England eine bessere taktische und Schieß Ausbildung zu erzielen . Nach Angaben der Militär - Journaliſtik scheinen die Maßregeln bereits von Erfolg begleitet zu sein. Im Jahre 1883 sind die beiden Kategorien der Armee-Reserve zur Uebung nicht einberufen worden. Um das Interesse der Mannschaften für das Feld-Signal-Wesen zu steigern, sind für die bestausgebildeten Leute Prämien bewilligt worden. Alle Fuß-Batterien, Infanterie-Bataillone und Cavallerie-Regimenter concurriren hierbei ; die beiden ersten haben je 6, lettere je 12 ,, Signalmen" . Alljährlich findet eine Prüfung statt, nach deren Resultaten jeder Batterie bezw. jedem Bataillon 2. eine gewiſſe Summe von Punkten zuerkannt wird . Die 36 besten Leute der Armee bekommen je 1 Pfund 5 Schillinge , die nächstbesten 36 je 1 Pfund , die nächsten 36 je 15 Schillinge und die nächſtbeſten je 10 Schillinge, alle außerdem eine Aus zeichnung von gekreuzten Fahnen auf dem linken Aermel . Mehr als 36 Prämien von jedem Betrage sollen nicht zur Vertheilung gelangen , so daß , sollte z. B. das letzte Corps ersten Ranges ein Cavallerie-Regiment sein, und daher 42 Mann Anspruch auf die höchste Prämie haben, die letzten Leute des betreffenden Regiments Bei jedem Bataillon , jedem Cavallerie-Regiment nur je 1 Pfund erhalten. und jeder Fuß-Batterie besteht ein Signal-Inſtructions-Unteroffizier, der 6 Pence Zulage pro Tag, an welchem er instruirt, bekommt. Für die Artillerie-Miliz-Brigaden sind folgende Ausbildungs-Principien feſt gesetzt : Von den jährlichen 28 Uebungstagen rechnet man nach Abzug der Sonn-, Vorstellungs- , Einreihungs- und Entlassungstage 20 Tage für die Uebungen.

123

Heerwesen Großbritanniens.

Jeden Tag veranschlagt man zu 5 Uebungsstunden , die in folgender Weise ein getheilt werden sollen : Compagnie - Exerciren , 1 Stunde Morgens , für 20 Tage 20 Stunden ; Geschütz-Exerciren, Theorie, Vorträge über Munition u. s. w., = • =40 2 Stunden Mittags für 20 Tage Schießen und Manöver de force , 2 Stunden Nachmittags = 40 = für 20 Tage . • Für die Uebung der Rekruten der Infanterie- und Artillerie - Miliz ſind folgende Bestimmungen in Kraft getreten : Läßt sich ein Rekrut mehr als 3 Monate vor der Uebungsperiode seines Bataillons anwerben , so übt er sofort 56 Tage und nachher 27 Tage beim Bataillon ; läßt er sich weniger als 3 Monate aber mehr als 56 Tage vor dem Zusammentritt oder weniger als 56 Tage vor Entlassung des Bataillons anwerben, ſo exercirt er 83 Tage hindurch beim Bataillon oder beim Depot. Wenn er während der Uebungszeit des Bataillons sich meldet, so exercirt er beim Bataillon, muß aber wenigstens 56 Tage hindurch bei der Fahne anwesend sein. Die jährliche Uebung der Bataillone dauert jetzt wie früher 28 Tage.

XIX. Schluß. Die budgetmäßige Stärke der Britiſchen Armee im Jahre 1883 war die folgende: Britischer Etat

Indischer Etat Waffengattungen

Mutterland

Summe

Colonien

Offiz. Mann Pferde Offiz. Mann Pferde Offiz. Mann Pferde Offiz . Mann Pferde

532 16 453 92 1734 20 349 278 2 829 1597 325 1 648 14 300 97 577 13 513 | 912 (25 098

111111111

912 25 098

625 42 3 241 57 144 721 27 1672 421 5 853 4661 2 487 159 104 9 746 120 123 | 1

1 | | | | || | ||

111

111 11

19 229 1407 114 334 1 041 2754 14 341 14 341 459 459 42 857 9 687 186 674 490 560 26 313 11

625 Brit. (Artillerie Ingenieure 42 Miliz Infanterie. 3 241 Miliz der Artillerie 57 Canal 144 Inseln Infanterie. 721 Yeomanry -Cavallerie 25 Cavallerie . 1 672 Artillerie Frei 421 willige Ingenieure Infanterie. 5 853 Gesammtsumme 116 724 |

111

2 38 3 881

1221 825 78 198 4 086 3564 681 14 723 10 141 453 10 809 6 182 1 260 30 585 10 920 4 753 242 436 3 860 5 657 229 1 400 44 206 4006 116 347 1 734 92 349 20 278 2 3 154 1597 1948 52 466 2 487 159 104 9 746 7 280 181 789 23 725

380 86

111

22 475 153 3 863 79 1 291

111

1 221 825 10 172 6 197 16 913 4652 3459 242 5 657 55 688

T

78 461 654 345 229 2074

111

Garde-Cavallerie . Linien-Cavallerie Artillerie . Ingenieur-Corps . Fuß-Garden Linien-Infanterie . Westindische Regimenter Malta-Artillerie Gefchüß-Lascars Train . Sanitäts-Corps Summe

In den obigen Ziffern find Aerzte , Veterinärs , offiziere nicht einbegriffen.

19 229 DieCadres 1 407 der Miliz 114 334 - und Frei willigen 1 041 Corps sind 2754 in diesen 14 341 14 341 Ziffern ein 459 459 begriffen. 42 857 9 687 186 674 574 772 38 525

Generalstabs- und Train

124

Militärische Jahresberichte für 1883.

Bericht über die Eingebornen Truppen in Indien.

Großbritanniens 1883.

Die Eingeborne Armee Großbritanniens in Indien besteht aus drei ver ― schiedenen Heeren das Bengal-, das Madras- und das Bombay-Heer- und aus Truppen, die den verschiedenen Provinzialgouverneuren direct unterstellt sind - das Pendschab- Grenz-Corps und die Truppen in Central-Indien. Diese verschiedenen Armeen stammen aus den Anfangspunkten - Kalkutta , Madras und Bombay - der Britischen Eroberungen in Hindustan und haben noch eine gewisse Selbständigkeit, sind aber gleich organisirt, bewaffnet und ausgerüstet. Eine Eigenthümlichkeit der Indischen Truppen bietet die Zuſammenſeßung der Offiziercorps. Jede der drei Armeen hat ihr besonderes „ Staff Corps " , das aus jungen Offizieren der Britischen Armee rekrutirt wird . Nach 12jähriger Dienstzeit wird der Lieutenant Hauptmann , nach 20 Jahrerf Major , nach 26 Jahren Oberstlieutenant und nach 32 Jahren Oberst. Die Charge hat aber mit dem Range nichts zu thun , so werden z . B. einige Cavallerie-Regi= menter von jungen Majors commandirt. Die Pendschab- und Central-Indischen Truppen werden von Offizieren der anderen Armeen geführt. Betrachten wir nun zunächst die verschiedenen Waffengattungen.

1. Infanterie . 125 selbständige Bataillone, davon 40 Bengal-Bataillone (Nr. 1 bis 45 ; die Nummern 34, 35, 36, 37 und 41 fehlen), 5 Goorkha-Bataillone (Nepal-Regimenter) (Nr. 1 bis 5, davon das 5. dem Pendschab Grenz- Corps zugetheilt), 32 Madras-Bataillone (Nr. 1 bis 33 ; Nr. 18 fehlt), 26 Bombay -Bataillone (Nr. 1 bis 30 ; Nr. 6 , 11 , 15 und 18 fehlen) , 10 Bataillone des Pendſchab- Grenz-Corps (die Guiden, 1. bis 4. Sith und 1., 2., 4., 5. und 6. Pendschab-Regiment), 6 Bataillone des Hyderabad - Corps (Hauptquartier zu Bolarum bei Sekunderabad), 6 Local-Bataillone in Central-Indien.

Das Bataillon zählt acht Compagnien und besteht aus : 1 Bataillonschef, 2 Halb-Bataillons -Chefs, Britische Compagnie-Offizieren (davon 1 Quartiermeister), Offiziere 4 1 Bataillons - Adjutanten, 1 Arzt, Eingeborne 8 Subadars (Hauptleute), Offiziere 18 Jemadars (Lieutenants), 40 Havildars (Sergeanten), 40 Naits (Corporale), 16 Tambours, 720 Sipahis (Gemeine) .

Eingeborne Truppen Großbritanniens in Indien.

125

Abweichungen von dieser Stärke kommen nur bei dem 42. , 43. und 44. Bengal-Regiment , welche die östliche (Assam-) Grenze besetzt haben und je 800 Sipahis zählen, und bei den 12 Local- und Hyderabad-Bataillonen, welche unbedeutende Abweichungen aufweisen, vor. Die Uniform besteht aus scharlachrothen Waffenröcken mit verschiedenen Unterscheidungsfarben an Kragen und Aufschlägen , weiten blauen Pluderhosen mit rother Biese und verschiedenfarbigen Turbans . Gamaschen oder Beinlappen werden getragen. Folgende Ausnahmen sind zu bemerken : Das 20. , 21. , 23. , 26. und 27. Bengal-Regiment, 9 von den 10 Pendſchab- und 1 (das Bhopal-) Local-Bataillon tragen graue , das 42. , 43. und 44. Bengal-, 2., 3., 4. und 5. Goorkha , 1. Pendschab - Regiment , 4 Local - Bataillone (Deoli , Erinpura, Malwa und Meywar) und das 4. , 27. , 29. und 30. Bombay-Regiment grüne Uniformen , lettere drei und die Deoli- und Erinpura - Bataillone mit rothen Hosen. Im Felde werden Uniformen von hellbraunem Drillich getragen. Die Ausrüstung besteht aus einem grauen Mantel , braunledernem Leibriemen mit drei Patronentaschen , Brotbeutel und Wasserflasche. Tornister werden nicht getragen. Gegenwärtig besteht die Bewaffnung aus Snider - Gewehren. Das 23. und 32. Bengal- und 1. und 4. Madras -Regiment heißen „ Pioniere “ , und jeder Mann derselben trägt ein Schanzzeugſtück.

II. Cavallerie. 37 Regimenter à 3 Escadrons 118 Escadrons , und zwar :

und 7 ſelbſtändige Escadrons , zuſammen

17 Regimenter der Bengal - Armee (Nr. 1 bis 19, davon fehlen die Nummern 16 und 17 ; das 10. , 11., 13. , 14. und 19. find Ulanen , die anderen Reiter-Regimenter), 4 Pendschab-Reiter-Regimenter (Nr. 1 , 2, 3 und 5), 2 Central-Indien -Regimenter (Nr. 1 und 2), 4 Madras-Reiter-Regimenter (Nr. 1 bis 4) , 6 Bombay - Regimenter ( 1. und 2. Ulanen , 3. Reiter - Regiment, Poona-Horse, 1. und 2. Sindh-Horse), 4 Hyderabad-Reiter-Regimenter (Nr. 1 bis 4) , 3 Leibgarde-Escadrons (Bengal, Madras und Bombay), 2 Guiden-Escadrons (beim Pendschab - Grenz-Corps) , 2 Escadrons (Deoli und Erinpura) in Radschputana. Ein Regiment besteht aus sechs Troops , die drei Escadrons bilden, und zählt: 1 3 3 1 1 3 Eingeborne 3 Offiziere 6 1 6 48 6 477

Britische Offiziere

Regimentscommandeur, Escadronchefs, Escadronoffiziere, Regimentsadjutant, Arzt, Refsaldars (Rittmeister 1. Klaſſe), 2. = ), Refsaidars ( Jemadars (Lieutenants), Wurdi Major (Adjutant), Kot Duffadars (Wachtmeister), Duffadars (Unteroffiziere), Trompeter, Sowars (Reiter bezw . Ulanen).

126

Militärische Jahresberichte für 1883 .

Etwas schwächer sind die Madras- und Central-Indien-Regimenter , etwas stärker die von Hyderabad , die auch je 4 Sowars auf Cameelen beritten und mit Wallbüchsen bewaffnet haben. Die Uniform besteht aus langschößigen Blousen, scharlachroth bei den Leib garden , dem 4. , 5. , 7. , 18. Bengal- und 2. Pendſchab -Regiment , grau bei sämmtlichen Madras-, dem 3. Bengal-, den beiden Central-Indischen Regimentern und den Guiden , dunkelblau bei dem 6. , 8. bis 14. und 19. Bengal-, dem 1. und 3. Pendschab-Regiment , gelb beim 1. Bengal-Regiment und grün bei den anderen Regimentern. Die Turbans sind verschiedenfarbig , die Hosen von gelbem Tuche und die Mäntel dunkelbraun. Es werden hohe Reitstiefel getragen. Das Lederzeug ist braun. Die Bewaffnung besteht aus Snider-Karabinern und Säbeln. Bei den Ulanen haben beide Glieder Lanzen. Das Sattelzeug ist das der Britischen Cavallerie , nur werden Mantelsäcke nicht getragen. Die Feld Uniform besteht aus hellbraunem Drillich.

III. Artillerie. Es bestehen nur : 6 Gebirgs-Batterien (4 bei dem Pendschab- Grenz-Corps, 2 in Bombay), 1 Fuß-Batterie (beim Pendschab- Grenz -Corps), 4 Feld-Batterien beim Hyderabad-Corps . Eine Gebirgs -Batterie hat im Frieden: Britische 1 Commandeur, Offiziere 2 Lieutenants, Eingeborne 1 Subadar (Hauptmann), Offiziere 1 Jemadar (Lieutenant), 1 Havildar-Major (Feldwebel), 1 Havildar (Zahl- und Quartiermeiſter), 4 Havildars (Sergeanten), 4 Naiks ( Corporale), 2 Trompeter, 60 Kanoniere, 2 Havildars 4 Naits Fahrer für Artillerie-Maulthiere, 85 Fahrer } 8 Fahrer für Train-Maulthiere, 1 Hufschmied, 100 Maulthiere, 4 Geschüße (7pfündige von 200 Pfund Gewicht aus Stahl). Die Fuß-Batterie hat: 2 Eingeborne Offiziere, 6 Havildars, 6 Naiks, 1 Trompeter, 60 Kanoniere. Eine Feld-Batterie hat : 2 Britische Offiziere, 2 Eingeborne f 16 Unteroffiziere, 2 Trompeter, 56 Kanoniere, 36 Fahrer, 18 Fahrer für Ochsen, 2 6pfdge Geschüße, 2 12pfdge Haubißen. Die Uniform ist dunkelblau , im Felde hellbraun , im Schnitte der der Infanterie ähnlich. Bewaffnung : Faſchinenmeſſer.

Eingeborne Truppen Großbritanniens in Indien.

127

IV. Ingenieure. Drei Bataillone und zwar: 1 Bengal- Bataillen 2 Pontonnier , 1 Madras-Bataillon 1 Bombay-Bataillon

mit 10 Compagnien , davon 1 Telegraphisten- , 1 Depot- und 6 Sappeur-Compagnien ; mit 10 Compagnien wie beim Bengal-Bataillon ; mit 5 Compagnien.

Eine Compagnie hat: 1 2 2 4 8 2 100

Britischen Offizier, Britiſche Unteroffiziere, Eingeborne Offiziere, Havildars (Sergeanten), Naiks (Corporale), Trompeter, Gemeine.

Die Uniform ist die der Britischen Ingenieure , jedoch mit Turbans . Zu den Ingenieuren kann man auch die erwähnten vier Infanterie-Pionier-Bataillone zählen.

V. Train. Der Train der Indischen Truppen besteht ausschließlich aus Packthieren (Mauleseln) , die je 160 Pfund tragen. Cadres werden im Frieden in den größeren Garnisonen behalten , die beim Ausbruch eines Krieges leicht mobiliſirt werden können , da Indien reich an Mauleseln ist. Im Kriege hat jedes Bataillon 356 Thiere zum Transport von Zelten, Bagage und Munition, 16 zu dem von Waſſerbehältern und 1 Thier zum Tragen des Medicinkaſtens . Jedes Cavallerie-Regiment hat für diese Zwecke 150 , resp . 6 und 1 , eine Ingenieur Die Compagnie 34 für Bagage, 2 für Wasser und 36 für Schanzzeug. Munitions resp . Schanzzeug-Colonnen werden ebenfalls mit Maulthieren dotirt. Für Etappenzwecke braucht man, je nach den Verhältnissen, Cameele, Ochsenkarren oder Wagen mit Eseln bespannt.

VI.

Schluß.

Die Stäbe , die taktische Ausbildung und die Organisation im Felde sind analog wie in der Britischen Armee. Eine Infanterie-Brigade wird gewöhn lich aus einem Britischen und drei Eingebornen Bataillonen gebildet. - Die Rekruten sollen zwischen 16 und 25 Jahre alt und nicht weniger als 5 Fuß 5 Zoll für die Cavallerie und 5 Fuß 6 Zoll für die Infanterie groß sein , mit einem Brustumfang von 33 % Zoll. Cavallerie - Rekruten (mit Aus nahme der Madras-Regimenter, die vom Staate beritten gemacht werden) müssen ein Pferd oder 200 Rupien (400 Mark) mitbringen. Sie kleiden sich selbst ein, nur die Karabiner werden vom Staate geliefert. Die Mannschaften werden. auf drei Jahre angeworben , können aber bis zu 32 Jahren dienen , wenn sie noch diensttauglich sind. Nach 15 Jahren Dienstzeit erhalten sie Anspruch auf Pension , welche je nach der Länge der Dienstzeit und je nach dem Range bemessen wird . Die Eingebornen Offiziere werden aus den Unteroffizieren entnommen. - Eine Reserve besteht nicht. - Der Sold eines Sipahis (Infanteristen) beträgt 7 Rupien (14 Mark) , der eines Sowars (Reiters) 21 Rupien (42 Mark) monatlich. Die Regimenter der Madras- und

128

Militärische Jahresberichte für 1883.

Bombay-Armee rekrutiren sich ohne besondere Rücksicht auf die Nationalität oder Religion der Leute; in Bengalen aber wird jede Nationalität in eine Compagnie zusammengefaßt , und hat jedes Regiment oder Bataillon eine bestimmte Zahl von Compagnien der einzelnen Nationalitäten. So kann z. B. ein Regiment 4 Compagnien Sikhs, 2 Afghanen und 2 Mohammedaner des Pendschab haben, ein anderes 1 Compagnie Brahminen , 2 Dogras (aus dem Himalaya), 4 Purbiahs (aus Audh) und 1 Sikhs anwerben u . s. w. Der Werth der Indischen Truppen ist in Afghanistan , in Abessinien , in China und besonders in Egypten erprobt worden. Ausgeschlossen ist es nicht, daß Indische Truppen in einem Europäiſchen Kriege , in welchen England ver wickelt wird, auftreten.

Bericht über das Heerwesen Japans .

1882-1883 .

Das Heerwesen Japans hat - so weit zuverlässige Nachrichten reichen wesentliche Veränderungen in den letzten Jahren nicht erfahren . Seine seit Jahren nach Europäischen Principien und seit 1879 vorzugsweise nach Preu Bischem Vorbild sich vollziehende Entwickelung wurde durch keinen Zwischenfall gestört. Nur der seit etwas länger als Jahresfrist drohende Conflict zwischen China und Frankreich hat zu einer vermehrten Beschaffung von Waffen- und Munitions -Material für im Ganzen 123 Millionen Mark zur Erweiterung der Befestigungsanlagen bei Tokio, Osaka und Nagaſaki und zur Erhöhung der See-Streitkraft des Landes vergl. Schluß des Jahresberichtes 1881 - Ver anlassung gegeben. Die Neubildung von 12 Bataillonen, 2 Escadrons, 6 Feld-Batterien und 2 Genie-Compagnien soll beschloffen sein, ist aber noch nicht ausgeführt. That sächlich zählte die Japanische Armee in dem in dem Jahresberichte für 1880 angeführten und näher detaillirten Cadresstande von: 46 Bataillonen, 3 Escadrons, 20 Feld-Batterien, 3 Genie-Compagnien, 6 Küsten-Artillerie- Compagnien und 6 Train-Zügen gegen Ende 1883 im Ganzen unter der Fahne : 43 705 Mann und 3 112 Pferde ; außerdem in der Reserve : 58 415 Mann, so daß ihr die Möglichkeit gegeben ist, im Kriegsfall 102 120 Mann aufzustellen. Eine Vermehrung der Cadres in dem oben angegebenen Umfange kann mithin sehr wohl eintreten. Unter den aufgeführten 43 705 activ dienenden Soldaten befinden sich : 30 Generale, 2626 Stabs- und Subaltern -Offiziere, 743 Cadetten und 6696 Unteroffiziere, ein Stamm geschulten Chargen-Personals , genügend eine Armee von 100 000 Mannformirt in 58 Bataillone, 5 Escadrons, 26 Batterien, sowie 5 Genie Compagnien und eingetheilt in 4 Feld-Divisionen und 1 Garde-Brigade - ins M. Feld zu führen.

129

Heerwesen Montenegros.

Bericht über das Heerwesen Montenegros.

1883.

Seit dem 1./13. Januar 1883 foll - entgegen anderen Nachrichten das Fürstenthum Montenegro eine reguläre active Armee von drei Bataillonen Į befizen. Vorerst wenig mehr als Besatzungs- und Grenzpolizeitruppe, werden diese Bataillone doch wahrscheinlich den Kern zu weiteren Neuformationen stehender Truppentheile bilden, um welche sich im Kriegsfall die eigentliche Nationalarmee in ihrer bewährten und darum beizubehaltenden, lediglich auf die Vertheidigung berechneten Organiſation und Formation (vergl. Jahresberichte 1881 ) zu gruppiren hat. Die nächsten Neuformationen werden sich auf Artillerie Compagnien erstrecken müſſen. Die genannten drei Bataillone führen Nummern und dazu den Namen. ihrer Garnison, der Reihe nach : Cetinje, Podgoriza, Nikschiß. Die Mannschaft, 490 Mann in jedem Bataillon , ist mit Werndl - Gewehr , Seitengewehr und Revolver bewaffnet , jeder Mann mit 100 Patronen ausgerüstet. Die Uniform ist dem Nationalcostüm nachgebildet , in welchem jeder wehrhafte Montenegriner im Frieden einhergeht und in der Nationalarmee zu Felde zieht, sie ist von diesem nur durch den Fürstlichen Namenszug und das Fürstliche Wappen an der Stirnseite der Kopfbedeckung , durch Achselstücke und Gradabzeichen , sowie endlich durch die jeden individuellen Geschmack ausschließende absolute Gleichmäßigkeit unterschieden und besteht in dunkelgrünem Rock, rother Weste, blauem Beinkleid, Schnürstiefeln und schwarzem Barett mit rothem Einsatz. Die Soldaten tragen rothe Achselklappen und darauf die Bataillonsnummer, die Unteroffiziere dazu gelbe Gradabzeichen und die Offiziere vergoldete Achselstücke mit silbernen Sternen. Die Regulirung der Montenegrinisch - Türkischen Grenze in Albanien, welche 1882 unerledigt geblieben war, wurde 1883 wieder aufgenommen und trok des Widerstandes der Bevölkerung der an Montenegro zu übergebenden Albanesischen Landstriche durch Türkische Waffengewalt wesentlich gefördert. Die Garnison von Podgoriza mußte während dieser Zeit verstärkt , der ganze süd östliche Grenzzug Montenegrinischerseits bewacht werden. Der Besuch des Fürsten von Montenegro beim Sultan in Constantinopel führte zu einer schließ lichen Verständigung beider Regierungen auf der Grundlage des Berliner Ver trages und zu einem Abkommen, welches allen berechtigten Wünschen der Be theiligten entgegenzukommen sucht , und welches genügen wird , auch die localen Schwierigkeiten zu beseitigen, welche hier und da sich bei der Tracirung der Grenze an Ort und Stelle einstellen werden. Thatsächlich ist die Grenzregulirung auch heute noch nicht beendet. Sie wird hauptsächlich bei Plawa und Gusinje auf Schwierigkeiten stoßen. Der Ausbau des Montenegrinischen Straßenneßes hat im Sinne der im letzten Jahresbericht enthaltenen Angaben Fortschritte gemacht. Zuver lässige Nachrichten über die fertiggestellten Strecken liegen nicht vor. Das Project, die Residenz des Fürsten von Cetinje nach Nikschiß zu verlegen - auch Danilovgrad war in Frage — hat militärische Bedeutung. Selbst befestigt und nahe dem Kloster Ostrog , dem historischen, uneinnehmbaren Reduit der Montenegrinischen Landesvertheidigung , gelegen , ist Nikschitz , ebenso wie Danilovgrad, durch seine Lage mehr in der Mitte des Landes sehr wohl M. geeignet, die Hauptstadt des vergrößerten Fürstenthums zu werden . Militärische Jahresberichte 1883.

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Militärische Jahresberichte für 1883. Bericht über das Heerwesen der Niederlande.

1883.

Wiederum erhielt das Land im Laufe des Jahres einen andern Kriegs minister in der Person des pensionirten Generalmajors Weißel , der dieses Amt schon vom October 1873 bis zum April 1875 bekleidete. Wichtige Aenderungen haben auf dem Gebiete des Heerwesens nicht ſtatt gefunden. Die Gesetzentwürfe bezüglich der Miliz und der Schuttereien des vorigen Cabinets (siehe Jahresberichte für 1881 , Seite 177) hat das neue Ministerium zurückgezogen. Die wichtigste That des Letteren war ein Vortrag an den König zur Ernennung einer Staats-Commission , welche eine Aenderung des Grundgesetzes vorzubereiten hat. Diese Commission , unter Präsidium des Ministers des Innern, ist jetzt hiermit beschäftigt, und es liegt auf der Hand, daß auch die Bestimmungen in Betreff der militärischen Verpflichtungen der Niederländer (siehe Jahresberichte für 1881 , Seite 176) dabei nicht unberührt bleiben werden. Allgemein ist man aber der Meinung , daß das Grundgesetz in dieser Hinsicht zu viel in Details geht und dadurch die Arbeit des Gesetzgebers sehr erschwert. Der Chef des Generalstabes ist Mitglied jener Commiſſion. Der Kriegsminister hat noch nicht mitgetheilt, welchen Weg er einzuschlagen gedenkt, um die brennende Frage der Heeresbildung zu lösen , und fußt das Kriegsbudget für das folgende Jahr auf dem bestehenden Zustande. Er will augenscheinlich abwarten, ob die Bemühungen obengedachter Commiſſion zu einer Umänderung des Grundgesetzes leiten werden. Er ist aber ein aus gesprochener Gegner der Stellvertretung und des Nummertauſches und erklärte in der Volksvertretung , daß er dem Princip des persönlichen Dienstes nicht leicht untreu werden könne. Auch den voriges Jahr der Zweiten Kammer vorgelegten Geſetzentwurf zur Abänderung des Gesetzes vom 18. April 1874 für Regelung des Festungssystems (siehe Jahresberichte für 1882, Seite 219) hat der Minister Weitzel, unter dessen erſtem Miniſterium obengenanntes Gesetz zu Stande kam , zurückgezogen . Eine Hinausschiebung des gesetzlich bestimmten Termins für die Vollendung des Festungssystems erachtet er überflüssig und nuklos . Noch eben so sehr wie 1874 ist er von der Nothwendigkeit überzeugt, Maßregeln zu treffen , durch welche in Kriegszeiten die Uebergänge der Holländischen großen Flüsse für den Feind ab geschlossen werden. Sperrforts erachtet er jedoch dafür zu kostspielig , besonders weil die Zahl der Flußübergänge durch die stets zunehmenden Eisenbahn-, Local und Tramway-Verbindungen immer größer wird. Auch würde eine größere Zahl Sperrforts mehr Besatzungstruppen erfordern. Kann der Minister sich zum Bau dieser großen Sperrforts nicht entschließen , so kann er sich auch nicht mit dem Vorschlag der vorigen Regierung , von jeder Verstärkung der Flußzübergänge abzusehen und bloß Maßregeln zu ihrer Vernichtung zu treffen, befreunden. Bei der Ungewißheit, ob die Vernichtung zeitig und auf hinreichende Weise stattfinden wird, erachtet er die Anlage von Verschanzungen bei den zu vernichtenden Ueber gängen unumgänglich nöthig. Nicht Werke von großem Umfang, sondern Posten, welche dazu dienen sollen , die Widerstandskraft der wenig zahlreichen Besatzung soviel zu vermehren , daß dieselbe den vorausgeschobenen feindlichen Abtheilungen die Spitze bieten und verhindern kann, daß sie sich der Brücken bemächtigen oder

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die Zerstörungsarbeiten stören. Die Besatzungen dieser Werke sind auch nöthig, um die Mobilisation zu decken und um die Holländische vorgeschobene Cavallerie zu stützen und aufzunehmen. Der Minister erkennt zwar an , daß mit Sperr forts Resultate von größerer Wichtigkeit zu erzielen ſeien ; aber wenn das Erwünschte nur durch zu große Opfer der Nation zu erlangen ist, muß man sich mit dem Nothwendigen begnügen. Was die Cadrenoth betrifft, hat es den Anschein , daß die Soldregelung des vorigen Ministers günstig wirken wird ; wenigstens zählten die verschiedenen Corps am 1. Juli 1883 170 Unteroffiziere und 267 Corporale mehr als am 1. Juli 1882. Dem Institut der Cadres aus der Miliz hat der jeßige Miniſter eine größere Ausdehnung gegeben. Wurden bisher nur bei der Infanterie , der Festungs Artillerie und den Pontonnieren Cadres dieser Kategorie gefunden, so können jetzt bei allen Corps der Landmacht, welche theilweise aus Milizen bestehen, über der organisationsmäßigen Zahl der freiwillig dienenden Corporale und Sergeanten. oder Wachtmeister, per Compagnie , per Escadron und per Batterie von jeder Jahresklaffe drei Milizen zum Corporal und überdieß ein Milicien zum Sergeanten oder Wachtmeister befördert werden. Ist auf dem Gebiete der Heeresorganiſation diesesmal nicht viel zu ver zeichnen, so haben auf reglementarischem Gebiet wichtige Aenderungen stattgefunden. Die Commission , welche mit der Formulirung von Vorschlägen zur Aenderung der Reglements und Dienſtvorschriften der Infanterie beauftragt war (siehe Jahres berichte 1881 , Seite 183) , hat ihre Aufgabe zu Ende geführt. Als Resultat ihrer Arbeiten liegt bis jetzt ein Entwurf einer Vorschrift für das Tirailliren vor, der bei der Infanterie versuchsweise eingeführt ist und in der militärischen Preffe im Allgemeinen eine günstige Aufnahme gefunden hat. Es erscheint angemessen, hier eine kurz gefaßte Uebersicht dieser Vorschrift zu geben. Sie zerfällt in drei Hauptabschnitte : 1 ) das mechanische Tirailliren ; 2) das Gefecht in der aufgelösten Form; 3) Anweisungen für das Gefechtsexerciren und die Gefechtsführung. Der erste Abschnitt fängt an mit einigen allgemeinen Regeln. Der erste Unterricht in der zerstreuten Form, das sogenannte mechanische Tirailliren , wird nur Rekruten auf offenem und ebenem Terrain ertheilt und hat zum Zweck, sie mit der Bedeutung der Commandos und mit den verschiedenen Aufstellungs- und Bewegungsformen bekannt zu machen, ohne daß dabei der Einfluß , welchen das Terrain auf diese Formen ausüben muß, berücksichtigt wird. Dieser Unterricht wird anfänglich an eine Gruppe von 7 bis 14 Mann , später an zwei bis vier Gruppen gleichzeitig ertheilt. Bei vier Gruppen darf die Totalstärke nicht größer sein als 52 Mann (die größte Stärke einer Section) . *) In jeder Gruppe wird stets die Verbindung nach der Mitte unterhalten ; bei zwei oder mehr Gruppen wird eine Richtungsgruppe bestimmt. Das Ausschwärmen einer stehenden oder marschirenden Gruppe geschieht im Schnellschritt (130 in der Minute) und kann ſtattfinden in der Linie, in welcher das vordere Glied der Gruppe sich befindet, oder vorwärts dieser Linie, in der Regel auf der Mitte, aber auch auf dem rechten oder linken Flügel. Beim Aus schwärmen nehmen die Mannschaften einen Schritt Zwischenraum, indem die Leute aus dem hinteren Gliede sich dabei links von ihren Vorderleuten setzen. *) Die Compagnie zählt zwei Pelotons , jedes Peloton zwei Sectionen.

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Militärische Jahresberichte für 1883 .

Eine Gruppe, die sich im Flankenmarsch befindet , kann aus dieser Formation ausschwärmen. Eine stehende Gruppe nimmt die geschlossene Formation in der Linie , in der sie sich befindet, an, eine marschirende vorwärts dieser Linie , es geschieht dies immer nach der Mitte. Eine ausgeschwärmte Gruppe kann nach der Mitte zuſammenſchließen, wobei die Mannschaften eine halbe Handbreite von einander entfernt bleiben. Das Wiederausschwärmen der Gruppe findet von der Mitte aus statt. Für alle diese Bewegungen wird ein Mann der Gruppe bestimmt , auf welchen die Bewegung geschieht. Bei dem Frontmarsch der ausgeschwärmten Gruppe wird einem Mann aus der Mitte die Richtung angegeben , in welcher marschirt werden soll , nach dieſem wird die Verbindung gehalten. Directionsänderungen geschehen um einen der Flügel als Drehpunkt. Eine marschirende Gruppe muß zum Feuern erst halten. Die zu übenden Feuerarten find Salvenfeuer mit dem Aufsatz von 700 bis 400 m und Einzel feuer mit dem Aufsatz von 400 bis 250 m. Beide Feuerarten werden knieend abgegeben. Stets wird die Aufsatzhöhe und beim Einzelfeuer die zu verschießende Patronenzahl, 3 oder 4, genannt. Beim Einziehen der Tirailleure bleibt der rechte oder linke Flügelmann stehen ; die Gruppe schließt sich im Laufschritt auf zwei Glieder dieſem an und wird dann im Laufschritt nach einem angewiesenen Punkt zurückgeführt. Bei zwei oder mehr Gruppen befinden ihre Commandanten sich in der Regel hinter der Mitte der Gruppe. Sie können jedoch behufs guter Ausführung einer Bewegung ihren Platz zeitweise ändern. Die gegenseitige Entfernung der Gruppen wird stets von Mitte zu Mitte gerechnet ; die Gruppencommandanten sind verantwortlich für die richtige Aufstellung ihrer Gruppe und für die Ver bindung nach der Seite der Richtungsgruppe. Befindet sich ein Gruppen commandant vor seiner Gruppe, so muß der mit der Richtung beauftragte Mann ihm folgen. Wenn eine Abtheilung die zerstreute Ordnung annimmt , wird sie erst in geschlossene Gruppen (auf höchstens 50 Schritt gegenseitige Entfernung) aufgelöst; dies geschieht entweder in oder vorwärts der Linie, in der die Abtheilung sich befindet. In dieser Formation schwärmen dann die einzelnen Gruppen aus. Auch eine Abtheilung, welche sich im Flankenmarsch befindet , kann in Gruppen aufgelöst werden. Zum Wiederannehmen der geschlossenen Ordnung wird diese zuerst in den einzelnen Gruppen hergestellt ; diese schließen dann bei der genannten Gruppe an. Das Vergrößern oder Verkleinern der Entfernungen zwischen den geschlossenen oder ausgeschwärmten Gruppen findet sowohl bei einer haltenden als bei einer marschirenden Linie statt. Bei den Frontmärschen wird die Gruppe bestimmt , nach welcher Richtung und Verband unterhalten werden sollen. Directionsänderungen geschehen immer auf eine der Flügelgruppen als Drehpunkt. Diese kommt zuerst in die neue Richtung, in welche die übrigen Gruppen dann auf den kürzesten Wegen geführt werden. Das Verstärken der Tirailleurlinie wird nur eingeübt , wenn die Gruppen ausgeschwärmt sind. Es geschieht entweder durch Verlängerung eines der Flügel, wobei dann auch eine Hakenstellung vor- oder rückwärts eingenommen werden kann, oder durch Einschiebung zwischen den Gruppen. Wenn bei der lettgenannten

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Bewegung Mannschaften der einen Gruppe zwischen die einer anderen kommen, so folgen sie den Befehlen des Commandanten dieser Gruppe. Die Ver stärkung wird stets geſchloſſen in die Linie geführt und schwärmt erst da auf der Mitte aus . Zum Feuern wird den Gruppencommandanten die Feuerart und die Aufſatz höhe mitgetheilt ; sie commandiren dann das Feuer für ihre Gruppe. Der Bajonnetangriff wird durch Einzelfeuer mit dem Standviſir (250 m) ohne Angabe der zu verschießenden Patronenzahl vorbereitet. Hat dies Feuer 1 bis 2 Minuten gedauert, dann wird , wenn möglich, ein Angriffspunkt angewiesen, das Feuer eingestellt und im Schnellschritt vorgerückt. Wenn auf diese Weise eine gewiffe Distance zurückgelegt ist , begiebt der Instructeur sich vor die Mitte der Linie und commandirt: „Attackiren ! " Die Gruppencommandanten eilen vor ihre Gruppen, die Gewehre werden gefällt, der Laufschritt wird angenommen, Alles ruft Hurrah und folgt in der Richtung, die der Instructeur angiebt. Sind auf diese Weise höchstens 60 Schritt zurückgelegt, dann wird auf Commando gehalten, der Instructeur und die Gruppencommandanten begeben sich hinter die Linie, und Lettere lassen ihre Gruppe sogleich Einzelfeuer abgeben , bis der Instructeur die Einstellung des Feuers befiehlt. Für die Einübung des Einrückens der Tirailleure wird eine Flügelgruppe in geschlossener Ordnung hinter der Tirailleurlinie ( ± 200 m) aufgestellt. Die Gruppen rücken aus der rechten oder linken Flanke ein , je nachdem die Front der rückwärtigen Abtheilung dadurch schneller frei wird , und nehmen hinter dieser die frühere geschlossene Formation wieder an. Im zweiten Abschnitt der Vorſchrift werden behandelt : A. Die Benutzung des Terrains . Sobald die Mannschaften in der Compagnieschule ausgebildet werden , wird bei den Uebungen in zerstreuter Ordnung stets das Terrain berücksichtigt. Der Unterricht in der Terrainbenutzung wird anfänglich in jeder Gruppe jedem ein zelnen Mann, später der ganzen Gruppe und dann zwei bis vier Gruppen gleichzeitig ertheilt. Wenn möglich soll der Feind markirt werden. Die Gruppen commandanten haben dafür zu sorgen, daß ihre Gruppen , innerhalb des disponiblen Raumes, die Vortheile des Terrains benutzen. Sie können, zur befferen Sicherung gegen das feindliche Feuer, die Mannschaften in der Gruppe zuſammenſchließen lassen. Auch dürfen zur besseren Bestreichung des vorliegenden Terrains einige Gruppen zusammengefügt werden ; dabei soll jedoch der Verband zwischen den Gruppen in der Linie nicht verloren gehen. Bisweilen müssen beim Unterricht Plakpatronen verwendet werden. Es ist dann besonders die Feuerdisciplin bei vermischten Abtheilungen einzuüben und soll gefordert werden , daß ein Jeder dem Befehl seines unmittelbaren Commandanten zum Einstellen des Feuers sogleich Folge leistet und stets ziemlich genau weiß, wieviel Patronen er noch hat. Wenn die Terraingestaltung es zweckmäßig erscheinen läßt, kann beim Aus schwärmen der Gruppen ein Gruppencommandant seine Gruppe noch vereinigt halten und sie erst später ausschwärmen lassen ; auch kann er sie alsdann in der ausgeschwärmten Linie zuſammenſchließen lassen. Beim sprungweiſen Avanciren müssen die Sprünge ungefähr 100 m groß sein. Als Regel gilt , daß alle Gruppen gleichzeitig den Sprung machen. Gewöhnlich werden, so lange die Gruppen noch geschlossen sind , von jeder Gruppe zwei Mann als éclaireurs auf höchstens 100 m vorausgeschickt ; wenn die Gruppen ausschwärmen, schließen die éclaireurs sich ihnen an. In bedecktem

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und unebenem Terrain kann der Verband nach der Seite der Richtungsgruppe mittelst eines oder mehrerer Tirailleure unterhalten werden. Bei der Verstärkung der Tirailleurlinie durch Einschiebung soll eine Ver mischung der Gruppen soviel als möglich vermieden werden ; findet sie dennoch statt, so befehligt der rangälteste Commandant das Ganze und steht der andere zu seiner Verfügung. So lange die Gruppen nicht ausgeschwärmt sind , feuern sie nicht. Der Gruppencommandant kann jedoch , wenn das allgemeine Feuer noch nicht eröffnet ist, in besonderen Fällen einzelne Mannschaften , die sich dazu , wenn die Gruppe marschirt, einige Schritte in der Richtung des Feindes voraus begeben müssen, anweisen, einen oder mehr Schüsse zu thun. Die éclaireurs dürfen ohne erhaltenen Befehl nur zur Alarmirung oder persönlichen Verthei digung feuern. Wenn beim letzten Anlauf im Schnellschritt marschirt wird, müssen von jeder Gruppe einzelne Mannschaften auf Anweisung der Gruppen commandanten rasch vorausgehen, um stehend einen Schuß auf die feindliche Position abzugeben, und sich dann wieder in der Linie aufnehmen laſſen. Gegenüber Cavallerie ist Salvenfeuer mit Standvisir vorgeschrieben. Dies Feuer soll nicht über 200 m angefangen und nicht unter 50 m fortgesetzt werden. Wird der Angriff zeitig wahrgenommen , so sollen , wenn er seitwärts stattfindet, einzelne Gruppen eine Hakenstellung bilden. In offenem Terrain werden die Gruppen, bei zeitiger Wahrnehmung des Angriffs , durch ihre Commandanten an einer zweckmäßigen Stelle in einen Kreis in zwei oder drei Gliedern , stehend oder knieend , aufgestellt. Bei einem plötzlichen Reiterangriff wirst man sich nieder, läßt die Reiter über sich hingehen und giebt ihnen Feuer nach.

B.

Allgemeine Bestimmungen für das Gefecht der Compagnie.

Diese enthalten folgende Regeln : Je nachdem der offensiv Auftretende mit feindlichem Artillerie- oder Infanterie feuer zu rechnen hat, wird in offenem und ebenem Terrain auf 2500 m oder 1200 m die Gefechtsformation angenommen. Ist die Compagnie selbständig, so bildet sie eine Schützenlinie, eine Soutienlinie und eine Reserve und sorgt für die Sicherung ihrer Flanken. Der Commandant der Schüßenlinie giebt den Befehl für das Ausschwärmen der Gruppen . Allgemeine Regel ist , daß die Verstärkung der Schützenlinie durch das ganze Soutien nur auf Befehl des Compagniecommandanten stattfindet , und daß dieser über die Reserve verfügt. In Bezug auf das Feuer unterscheidet man kleine (unter 350 m) , mittlere (zwischen 350 und 700 m) und große (zwischen 700 und 1200 m) Entfernungen. Feuer auf große Entfernungen soll stets Ausnahme sein, und nur in ganz besonderen Fällen darf über 1200 m gefeuert werden. Probesalven können in geeignetem Terrain abgegeben werden. Das Feuer in der Tirailleurlinie wird gruppenweiſe commandirt. So lange wie möglich werden Salven abgegeben , dann Einzelfeuer mit und im leßten Stadium des Gefechts, vor dem leßten Anlauf, ohne Nennung der zu ver schießenden Patronenzahl. Der Sectionscommandant hat das Feuer der Gruppen seiner Section zu leiten und giebt Ziel und Aufsatzhöhe an. Der Commandant der Schüßenlinie werden darf.

bestimmt den Augenblick, in welchem

das Feuer

eröffnet

Geschlossene Abtheilungen verwenden auf große und mittlere Entfernungen nur Salvenfeuer, in der Regel Sectionsfeuer. Compagniefeuer wird nur in vier Gliedern abgegeben. Wenn die erforderliche Aufsatzhöhe nicht bekannt ist

Heerwesen der Niederlande.

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und gegen sich nähernde oder entfernende Ziele werden in der Regel auf mittlere Entfernungen zwei, auf große drei Auffahhöhen gebraucht mit je 100 m Differenz. Eine einzelne Section feuert nie mit mehr als einer Auffahhöhe. Offensivgefecht einer ſelbſtändig auftretenden Compagnie. Als Regel gilt, daß im Anfang eine Section die Schüßenlinie bildet, indem eine Section für das Soutien und zwei Sectionen für die Reserve bestimmt werden. Im ersten Stadium des Gefechts ist das Soutien 200 m (bei Deckung gegen feindliches Feuer bis zu 50 m) von der Schützenlinie, die Reserve 300 m rom Soutien entfernt. Je nach dem Terrain bewegen Soutien und Reserve ―――――― sich im Front- oder Flankenmarsch vorwärts auch sprungweise im Laufschritt von der einen Deckung zu der andern. Das Feuer der Schützenlinie wird so spät als möglich begonnen. Wird das Soutien zur Verlängerung der Linie gebraucht, so tritt eine Section der Reserve an seine Stelle. Das Avanciren der Schüßenlinie kann sprungweise geschehen — ist dies im Ganzen nicht möglich, dann geschieht es mit Sectionen. Ist es zum weiteren Vorschieben der Schüßenlinie nöthig, eine oder mehrere Gruppen des Soutiens vorzuziehen, so dringen dieſe im Laufschritt durch die Linie, schwärmen dann rasch aus und reißen auf diese Weise die Schützen zu einem neuen Sprung mit. Eröffnet die Schüßenlinie das letzte Feuer , dann rückt das Soutien , wenn es noch nicht in der Linie aufgelöst ist, vorwärts und giebt Schnellfeuer ab. Auch die Reserve rückt vorwärts ; der Compagniecommandant giebt den Befehl zum Angriff - auch der Commandant der Schüßenlinie kann dies auf seine Verantwortung thun, wenn die Gelegenheit günstig ist der Angriff findet auf die früher angegebene Weise statt. Kann die Reserve den Angriff nicht mit machen, so stellt sie sich an geeigneter Stelle auf , um einem Gegenangriff die Spike zu bieten oder, im Falle des Mißlingens des Angriffs , die Compagnie aufzunehmen. Defensivgefecht einer ſelbſtändig auftretenden Compagnie. In der Vertheidigung wird gewöhnlich die erſte Linie stärker ſein als beim Angriff, alſo zwei Sectionen in der Schüßenlinie , eine Section Soutien und eine Section Reserve. Die Reserve entsendet Patrouillen auf die Flanken und höchstens 1500 m vorwärts. Im Vorterrain werden, wenn möglich, Entfernungen von 700, 350 und 250 m markirt und die Distancen von Terraingegenständen und Hinderniſſen beſtimmt. Die Schüßenlinie braucht kein zusammenhängendes Ganzes zu bilden . Gedeckte Aufstellungen werden, wenn nöthig, für das Soutien auf ungefähr 50 m, für die Reserve auf höchstens 300 m hinter der Schüßenlinie angelegt. Bei der Annäherung des Feindes wird die erste Linie , welche zur Ver theidigung eingerichtet werden soll, anfangs nur von einzelnen Mannschaften zur Observirung beseßt. Sind die Umstände günstig, dann giebt das Soutien Feuer auf große Entfernungen ab. Die Gruppen der Tirailleurlinie müssen so zeitig in Position sein, daß sie auf 700 m mit Salvenfeuer anfangen können. Hat der Feind sich bis auf 400 m genähert, dann rückt das Soutien, wenn möglich geschlossen, in die erste Linie und eröffnet Salvenfeuer vorzugsweise auf die geschlossenen feindlichen Abtheilungen. Je nach den Umständen wird der Compagniecommandant die Reserve zeitig vorrücken lassen, um den Feind bei seinem letzten Anlauf zu beschießen , oder

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Militärische Jahresberichte für 1883.

mit dem Bajonnet in die Flanke zu fallen, oder er läßt sie eine Aufnahmeftellung einnehmen. (Die ausführlich aufgezählten Verpflichtungen aller Commandanten ―――― vom Gruppen bis zum Compagniecommandanten - sowohl im Offensiv- als im Defensirgefecht , welche die Vorschrift weiter enthält, müssen hier unerwähnt bleiben.)

C.

Allgemeine Bestimmungen für das Gefecht des Bataillons (vier Compagnien).

Sobald der Bataillonscommandant den Gefechtsplan entworfen hat , theilt er diesen den Compagniecommandanten mit und theilt jedem die zu erfüllende Aufgabe zu. Jeder Compagniecommandant ist bei der Ausführung dieser Auf gabe in der Wahl der Position, Bewegungsrichtung und Formation ſeiner Compagnie unabhängig, wenn nur für den nöthigen Verband und die erforderliche Zusammenwirkung mit den seit und vorwärts sich befindenden Abtheilungen Sorge getragen wird. Nur ausnahmsweise wird eine ganze Compagnie in der Schüßenlinie aufgelöst; eine zweite Compagnie bildet alsdann das Soutien . Offensivgefecht eines selbständig auftretenden Bataillons. Die Compagnie, welche zur Deckung bestimmt ist , wird , wenn sie die An= wesenheit des Feindes signalisirt hat, dazu gezwungen durch das feindliche Feuer, auf Befehl des Bataillonscommandanten die von diesem anzugebende Formation annehmen (gewöhnlich zwei Sectionen aufgelöſt und zwei als Soutien) ; das Soutien kann sich in Sectionen zertheilen. Die drei anderen Compagnien mar schiren, sobald der Bataillonscommandant dies befiehlt, in einer Linie auf, 300 m hinter dem Soutien. Wird die Position des Feindes genauer bekannt, dann kann neben der vordersten Compagnie eine zweite in derselben Formation auf treten. In der Regel soll die Entfernung zwischen den Schüßenlinien verſchiedener Compagnien wenigstens 30 Schritt betragen. Umfaſſung der feindlichen Poſition wird anempfohlen, aber nur in sehr günstigen Umständen darf dafür eine Compagnie detachirt werden. Beim sprungweiſen Avanciren gehen alle Schüßen Wird das Soutien ganz ein und derselben Compagnie gleichzeitig vorwärts . verbraucht, dann muß ein Theil der Reserve seine Stelle einnehmen ; die lette Compagnie wird jedoch stets vereinigt gehalten. Beim letzten Anlauf kann ein Theil der Linie zurückbleiben, um durch Feuer den Angriff des andern Theiles zu unterstützen. Die Reserve macht den Angriff nicht mit. Defensivgefecht eines selbständig auftretenden Bataillons . Das Gefecht besteht hauptsächlich aus der Vertheidigung der wichtigen Theile der Position durch die einzelnen Compagnien , unterstützt von einer allgemeinen Reserve. Die Compagnien in der ersten Linie , gewöhnlich zwei , müſſen jede für sich ein Soutien zurückhalten. Die übrigen Compagnien bleiben in der Regel unter unmittelbarem Befehl des Bataillonscommandanten vereinigt ; eine dritte Compagnie kann zur Verlängerung der erſten Linie oder zur Verstärkung der Besatzung des Hauptvertheidigungspunktes bestimmt werden. Wird der Angriff zurückgeschlagen, so kann die Reserve zur Verfolgung des Feindes offensiv auftreten.

Heerwesen der Niederlande. D.

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Allgemeine Bestimmungen für das Gefecht des Regiments (vier Bataillone).

Nur ausnahmsweise soll ein ganzes Bataillon zur Bildung der Schützen und Soutienlinie gebraucht werden. Ein zweites Bataillon in Colonnenlinie (geschlossene Compagniecolonnen zu zwei Pelotons oder zu vier Sectionsabtheilungen) macht alsdann die Hauptlinie aus. Der Regimentscommandant ist in der Regel bei der Reserve. Findet der Commandant einer Truppenabtheilung, die zur Erreichung irgend eines Gefechtszweckes detachirt ist, die Umstände zur Stelle anders, als in seiner Instruction angegeben ist, so hat er die Befugniß, auf eigene Verantwortung andere Maßregeln zu nehmen. Offensivgefecht eines selbständig auftretenden Regiments . Wenn das Regiment zum Angriff aufmarschirt, ſo bilden die Bataillone der vorderen Linie - gewöhnlich zwei die Compagniecolonnenlinie ; die übrigen Bataillone stellen sich in Masse (geschlossene Compagniecolonnen mit fünf Schritt gegenseitiger Distance) oder Colonne nach der Mitte (die Compagniecolonnen je zwei hintereinander) in einer oder zwei Linien auf. Jedes der Bataillone in der vorderen Linie bestimmt in der Regel zwei Compagnien für die Schüßen und Soutien-, die beiden anderen Compagnien folgen als Hauptlinie auf 300 m hinter den Soutiens . Die Entfernung der anderen Bataillone und ihre Marsch form ist von den Umständen abhängig ; sie dienen zur Unterſtüßung der vorderen Linie und zur Sicherung der Flanken. Während und nach dem Aufmarsch kann es erwünscht sein , geschlossene Compagnien auf große Entfernungen Feuer abgeben zu lassen. Dies Feuer wird gewöhnlich eingestellt werden müssen , wenn der Angriff anfängt. Als Regel gilt, daß die Ziele nacheinander beschossen werden und zwar jedes Ziel soviel wie möglich gleichzeitig von allen Compagnien , die sich an dem Feuer betheiligen. Die Feuerleitung wird in der Regel den Compagniecommandanten überlaſſen ; es kann aber auch zweckmäßig sein, sie einem Bataillonscommandanten aufzutragen. Nur in besonders günstigen Umständen kann dies Feuer auch mit Erfolg von kleineren Abtheilungen als eine Compagnie abgegeben werden. Der Angriff soll , wenn möglich , unterstützt werden durch das Feuer ge schlossener Abtheilungen aus einer Seitenstellung. Defensivgefecht eines selbständig auftretenden Regiments. Für die vordere Linie werden in der Regel zwei , ausnahmsweise drei Bataillone bestimmt. Jedes dieser Bataillone bestimmt zwei Compagnien für die Schützen- und Soutienlinie und zwei für die Hauptlinie; die letztere befindet sich auf 300 m hinter den Soutiens. Die anderen Bataillone werden anfänglich auf 500 m hinter der Hauptlinie in Maſſe, Colonnenlinie oder Colonne nach der Mitte, aufgestellt. Hier wird das Feuer auf große Entfernungen mehr Anwendung finden als beim Angriff, vorzugsweise aus einer Seitenstellung. Auch können Abtheilungen in das Vor- und bisweilen auch in das Seitenterrain ausgeschickt werden , um den Aufmarsch des Feindes durch Feuer zu erschweren. Tritt das Regiment in Vereinigung mit anderen Truppen auf, so gelten im Allgemeinen dafür die Regeln , welche für das selb ständig auftretende Regiment gegeben sind.

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Militärische Jahresberichte für 1883. E.

Das hinhaltende Gefecht.

Dies Gefecht wird nur bis auf die mittleren Entfernungen durchgeführt. Die erſte Linie ist stärker oder ausgedehnter als beim Offensivgefecht ; das Feuer geschlossener Abtheilungen auf große Entfernungen findet hier vielfache Anwendung. Ist der Zweck des Gefechts die Deckung eines zeitig angetretenen Rückzuges , dann muß die vordere Linie den Feind mittelst eines kräftigen Feuers zurück halten , womit eine Offensivbewegung verbunden sein kann ; die Reserve nimmt alsdann rückwärts eine Aufstellung.

F. Verfahren gegen Cavallerie. Geschlossene Abtheilungen machen in der Regel nicht über 400 m Gebrauch vom Salvenfeuer. Von allen Seiten von Cavallerie angegriffen , bilden sie, weniger als eine Compagnie stark, einen Knäuel um ihren Commandanten. Com pagnien bilden das Carré. Bisweilen kann es zweckmäßig sein, die Compagnien im Carré marschiren zu lassen : marschiren mehrere Compagnien in dieser For mation, so werden diese sich in der Regel in mehr als Einer Linie bewegen. müssen.

G. Munitionsersatz. *) Jeder Compagniecommandant hat dafür zu sorgen , daß seine Untergebenen soviel wie möglich stets den vorgeschriebenen Munitionsvorrath haben. Wenn eine Compagnie detachirt wird, erhält sie die Reservemunition aus dem Patronenwagen zugetheilt. Der Bataillonscommandant sorgt für die Füllung der Wagen mit Munition. Leere Wagen werden sogleich durch volle aus der Munitionscolonne ersetzt. Vor dem Anfang des Gefechts werden die Patronen aus dem Tornister genommen , und wird die Munition aus den Compagniekarren vertheilt. Im Gefecht ist die Aufstellung der Patronenwagen möglichst nahe bei ihren Abtheilungen und, soviel thunlich, gesichert gegen feindliches Feuer zu nehmen . Bei einem Defensivgefecht werden ebenfalls die Patronen aus dem Wagen in der Regel vor dem Anfang vertheilt, und wird an die Compagnien, welche die wichtigsten Punkte besetzt haben , besonders viel Munition verabreicht. Wenn die Patronenwagen nicht bis an die Truppenabtheilungen kommen können, schicken die Compagnie commandanten den Fourier mit einigen Mannschaften aus, um die Patronen in Brotsäcken heranzuholen. Können die Wagen ihren Bataillonen nicht folgen , so werden sie regimentsweise vereinigt. Den gefechtsunfähig gewordenen Mann schaften werden die Patronen entnommen , wenn dazu die Gelegenheit besteht , und von jeder Gefechtspauſe muß zu Zwecken des Munitionserſaßes Gebrauch gemacht werden. Bei einem Rückzug nach einer ausgewählten Position müſſen die Patronenwagen sogleich dahin geschafft und soll dann , wenn nöthig, die Munition aus denselben verausgabt werden. Nach einem Gefecht muß sobald als möglich der Vorrath wieder completirt werden.

H. Blessirten - Transport. Von jeder Compagnie werden einige Mannschaften als Krankenträger be stimmt. Sehr streng ist darauf zu achten, daß keine anderen Mannſchaften behufs Zurückbringens Blessirter ihre Glieder verlassen.

*) Siehe Jahresberichte 1882, Seite 216.

Heerwesen der Niederlande.

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J. Befestigungs - Anlagen. Bei der Entscheidung über die anzubringenden Verschanzungen und die Reihenfolge , in der sie auszuführen sind , ist mit der Zeit , welche muthmaßlich zur Verfügung stehen wird , zu rechnen. Wenn nöthig , werden im Vorterrain zugleich Hinderniſſe aufgeräumt und die aufgeworfenen Brustwehren gedeckt. Für die Führer werden hinter der Schüßenlinie soviel als möglich gedeckte Aufstellungen angelegt. Rückwärts stehende Truppen sorgen für geräumige und soweit thunlich gedeckte Verbindungswege nach der vorderen Linie.

K.

Das Gefecht mit Rücksicht auf die eigenthümliche Beschaffenheit vieler Niederländischen Landstrecken.

Im Polderland braucht der Vertheidiger , wenn der Angreifer auf einzelne Zugänge beschränkt ist, nur auf diesen Punkten Widerstand zu leisten , kann die selben jedoch oft aus Seitenstellungen durch Feuer unterstützen. Besonders muß er sich gegen Umgehungen sichern und vielfach Gebrauch von Flankenpofitionen machen. Er muß die Entfernung vorwärts liegender Gräben meſſen und die Zugänge innerhalb der kräftigen Feuerwirkung mit Hindernissen versehen. Der Rückzug wird vorzugsweise en échelon stattfinden , und soll der Feind dabei mit kleinen Abtheilungen aus Seitenstellungen überraschend in der Flanke oder im Rücken angegriffen werden. Für den Angreifer gilt im Polderland die Regel, so wenig wie möglich für den Angriff hche und offen liegende Deiche zu benutzen, vorzugsweise nach Um gehung zu streben, um dem Feinde in die Flanke oder den Rücken zu kommen und das Vorrücken durch kräftiges Feuer aus Seitenstellungen zu unterstützen. Können Truppen sich auf dem Terrain seitwärts der Wege bewegen , so werden sie ge wöhnlich nicht in zerstreuter Ordnung , sondern nur in geschlossenen Gruppen aufgelöst avanciren können. Sowohl Angreifer als Vertheidiger müssen die Patrouillen und Vortruppen mit Leitern oder Brettern zum Paſſiren der Gräben versehen. Nachen können beim Sicherungsdienst von großem Nußen sein ; auch sind sie mit Vortheil zum Transport von Blessirten und von Munition zu ver wenden . Der dritte Abschnitt der Vorschrift enthält Anweisungen für das Gefechts ererciren und die Gefechtsleitung . Darin wird u. A. vorgeschrieben, daß bei der Einübung des Angriffs auf offenem Terrain und unter normalen Umständen das Ausschwärmen der Gruppen auf 800 m vom Feinde stattfinden soll ; auf 500 m fängt die ganze Linie an sprungweise zu avanciren , auf 400 m geschieht dies mit Abtheilungen. Von 600 bis 400 m geben die Gruppen Salvenfeuer ab, dann Einzelfeuer. Bis auf 150 m wird so avancirt und dann das letzte kräftige Feuer eröffnet, das nicht länger als 2 bis 3 Minuten währen soll. Bei allen Uebungen, sowohl mit einer als mit zwei Parteien, soll stets ein höherer oder älterer Offizier als die Commandanten der zu übenden Abtheilungen (in der Regel ihr unmittelbarer Chef) als Leiter fungiren. Nach jeder Uebung im Gefechtsererciren sollen einige Bewegungen in geschlossener Ordnung stattfinden. Weiter ist eine neue Infanterie - Schießinstruction eingeführt worden. Bekanntlich wird der Schießausbildung der Niederländischen Infanterie viel Sorgfalt zugewendet. Eine Zahl jährlich zu verschießender scharfer und Platzpatronen ist nicht festgesetzt. Hinsichtlich der Ausbildung der Schüßen u. s. w. iſt der neuen Instruction Folgendes entnommen.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Der Compagniechef ist für den praktischen Unterricht seiner Compagnie im Schießen verantwortlich und leitet den theoretischen Unterricht, welchen die Lieute= nants den Unteroffizieren und diese, unter Aufsicht der Offiziere, den Corporalen und Soldaten ertheilen. Die individuellen Uebungen der Scharfschüßen finden, wenn möglich, bataillons weise unter einem vom Bataillonscommandeur zu designirenden Lieutenant statt. Einen großen Werth legt die Instruction auf die vorbereitenden Uebungen, mit denen, sobald die Rekruten die Ladung verrichten können, begonnen wird und die alsdann fünfmal in der Woche abgehalten werden. Es sind dies: a. das Zielen und Abziehen mit dem Gewehr auf dem Zielbock ; b. das Anlegen und Abziehen in den verschiedenen Positionen und Vor bereitungs-Uebungen für das Salven- und das Schnellfeuer ; c. das Schießen mit dem Zielgewehr ; d. das Schießen mit Platzpatronen . Die unter a, b und c angegebenen Uebungen können während des ganzen Jahres, an Stelle von Schieß- oder anderen Uebungen , welche wegen schlechten Wetters oder anderer Umstände abbestellt werden, stattfinden. Mit dem Zielgewehr wird auf 10 Schritt Entfernung nach der Scheibe geschoffen und zwar Anfangs vom Bock. Rekruten thun 10 Schüſſe nacheinander ; wenn 6 von dieſen in einen Kreis von 5 cm Durchmesser getroffen haben , so müssen die Rekruten dieselbe Bedingung nochmals knieend und mit dem Gewehr frei in der Hand erfüllen , um zum Schießen mit Plakpatronen übergehen zu können. Diese lettere Nebung hat zum Zweck, den Soldaten mit dem Knall des Schusses vertraut zu machen : es werden darin auf 100 m von der Scheibe stehend und freihändig 5 Schüsse abgegeben. Darauf geht der Mann zum Schießen mit scharfen Patronen über. Hat der Schütze sich jedoch später grobe Fehler im Schießen zu eigen gemacht , so muß er wieder zu den vorbereitenden Uebungen zurückkehren , bis er diese abgelegt hat , dann fängt er wieder mit der Uebung (siehe weiter), in welcher er früher war, an. Sowohl die vorgeschriebene Einrichtung der Schießstände auf ebenem Terrain als das Scheibenmaterial sind sehr einfach. Der von Erde aufgeworfene Kugel fang hat eine Höhe von wenigstens 4 m, eine Breite von wenigstens 8 m und an der oberen Seite eine Stärke von 1-2 m . Die Böschung an der vorderen Seite darf nicht weniger als 45 Grad betragen. Wenigstens 5 Schritt vor- und 10 Schritt seitwärts der Scheibe befindet sich der Beobachtungsposten an der inneren Seite wenigstens 2 m hoch und weiter so eingerichtet, als für die Sicherung des Beobachtungspersonals nöthig ist. Auf jedem Schießstand müssen vorhanden sein: eine Scheibe 2,5 m breit, 1,7 m hoch, nebst zwei rothen Signalscheiben von 0,50-0,75 m Durchmesser und eine rothe Signalflagge. Für die Uebungen der Scharfschützen ſind ferner bei jedem Bataillon nöthig : eine viereckige Kopfscheibe von 0,5 m Seite und eine runde Kopfscheibe von 0,3 m Durchmesser, eine bewegliche Scheibe , 0,5 m breit und 1,7 m hoch, und endlich eine Vorrichtung , durch welche man Kopfscheiben über einer Brustwehr oder in einer Artillerie- Schießscharte zum Vorschein kommen lassen kann. Für die Abtheilungsübungen endlich ist per Compagnie vorgeschrieben eine Sectionsscheibe, 10 m breit und 1,7 m hoch , die auf 1 m von der unteren Seite einen horizontalen Theilstrich hat , um die Treffer in knieender Infanterie besonders aufnehmen zu können. Ueber die ganze Breite der erstgenannten Scheibe (Fünfmanns scheibe)_wird längs der unteren Seite ein 0,35 m breiter Papierstreifen geklebt , dessen Farbe

Heerwesen der Niederlande.

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soviel wie möglich mit der des umliegenden Bodens übereinstimmt. Ueber diesem Streifen befindet sich in der Mitte eine schwarze Figur von 1 m Höhe und 0,5 m größter Breite, die einen knieenden Mann vorstellt. Ein Paar dünne Vertical streifen begrenzen ein Ziel von drei Mann nebeneinander (Dreimannsscheibe). Die bewegliche Scheibe hat in der Mitte einen schwarzen Verticalstreifen von 0,2 m Breite (die Breite eines Mannes von der Seite gesehen). Für die Sicherstellung des Beobachtungspersonals bei der Scheibe ist Fol gendes vorgeschrieben. Sowohl in dem Beobachtungsposten als bei den Schüßen befindet sich eine an einer Stange befestigte Signalscheibe. So lange Anzeiger und Kleber, d . i. der Mann , welcher die Löcher in der Scheibe beklebt , sich außerhalb des Postens befinden, steht die Signalscheibe daselbst wenigstens 0,5 m über der Brustwehr deſſelben. Ehe der Anzeiger den Posten verläßt, wird ſie auf ſeinen Befehl aufgestellt, und wenn Beide darin zurückgekehrt sind , wird sie eben falls auf seinen Befehl eingezogen. Erst wenn die Scheibe beim Posten verschwunden ist, darf sie beim Schüßen erhoben werden (ungefähr 0,5 m über den Köpfen der Mannschaften). Darauf soll der Schüße erst laden und seinen Schuß abgeben, Dann geht die Signalscheibe beim Schüßen herunter als Beweis , daß keine Gefahr mehr auf der Schußlinie vorhanden. Sowohl das Aufstellen als das Niederlassen der Signalscheibe bei dem Schüßen geschieht auf Befehl des die Uebung leitenden Offiziers. Der Anzeiger muß, ehe er den Posten verläßt, die Signalflagge ausſtecken und im Augenblick, in welchem er den Kopf herausbringt, nach der Seite des Schüßen sehen, um sich zu überzeugen, daß die Signalscheibe daselbst niedergelassen ist. Jede Compagnie schießt , wenn Terrain und Witterung es erlauben , im Sommer zweimal jede Woche, im Winter wenigstens viermal jeden Monat nach der Scheibe. Individuelle Uebungen und Abtheilungsschießen wechseln einander dabei nach der Reihe ab. Individuelle Uebungen. Die individuellen Uebungen zerfallen in die der 2. , die der 1. Klaſſe und die der Scharfschützen. Die Uebungen der 2. Klasse haben zum Zweck, in Verbindung mit den Abtheilungs - Uebungen die Mannschaften so rasch wie möglich als Schüßen für das Gefecht im Felde auszubilden. Der Zielpunkt wird dabei auf den unteren sichtbaren Theil des Zieles genommen (die Figur auf der Fünfmannsscheibe) und die Aufsatzhöhe größer angegeben als die Entfernung der Scheibe. Die Uebungen der 1. Klasse sind bestimmt, die Schüßen bis auf die größte Entfernung, auf welche von einem individuellen Feuer noch Wirkung zu erwarten ist, schießen zu lassen*) und sie überdies möglichst genau schießen zu lehren. In dieser Klasse soll der Mann lernen , wie er handeln muß , wenn er selbständig und im Festungskrieg auftritt. Er hat dabei stets auf den Punkt zu zielen, den er treffen will, und zwar mit dem Aufsatz für die Entfernung , auf welcher sich dieser Punkt von ihm befindet. Zielpunkt und Auffahhöhe werden nur insofern anders genommen, als die atmoſphärischen Einflüſſe dies nöthig machen. *) Bezüglich dieses Punktes giebt die Vorschrift folgenden Anhalt : Bei der Streuung des Gewehrs hat ein guter Schüße, wenn die Entfernung bekannt ist , mit einem gut gewählten Zielpunkt einen ziemlich sicheren Schuß: auf einen liegenden Mann bis auf 200 m ; auf einen knieenden oder stehenden Mann bis auf 300 m; auf mehrere knieende Mannschaften bis auf 400 m : auf vier oder mehr nebeneinander stehende Mannſchaften bis auf 600 m ; auf vier oder mehr nebeneinandergestellte Reiter bis auf 700 m. Ist die Entfernung nicht bekannt, so ist nur von dem Feuer mehrerer Gewehre auf dasselbe Ziel Wirkung zu erwarten.

Militärische Jahresberichte für 1883.

Laufende . Nr

142

In der 2. Klaſſe folgen sich die Uebungen ohne Uebergangsbedingungen. Um jedoch in die 1. Klaſſe überzugehen , muß in allen diesen Uebungen zuſammen eine bestimmte Anzahl Punkte geschossen sein. Ist diese Zahl nicht erreicht, so durchläuft der Schüße dieselben Uebungen aufs Neue und dies so lange , bis er die gestellte Bedingung erfüllt hat. In der 1. Klaffe bestehen Uebergangsbedingungen von der einen Uebung in die andere. Diesen soll in fünf aufeinanderfolgenden Schüssen genügt werden, wenn sie auch an zwei verschiedenen Tagen abgegeben worden sind , so daß der Schüße nach jedem Schuß zu einer anderen Uebung übergehen kann. Erfüllt er die Bedingungen an einem Tage mit dem ersten oder zweiten Schuß , ſo ſchießt er alsdann noch die folgende Uebung ; geschieht es mit dem dritten oder mit einem der späteren Schüsse, dann schießt er an diesem Tage weiter nicht. Für die lette Uebung der 1. Klaſſe - die Uebergangsprobe zum Scharfschützen ―――― können zwei bis vier Uebungstage verwendet werden. Erfüllt der Schütze die gestellte Bedingung dabei nicht, so durchläuft er die 1. Klasse aufs Neue. Besteht er die Probe , dann kann der Compagniechef ihn zum Scharfschützen vorschlagen. Die Scharfschützen (Corporale und Soldaten) genießen eine Solderhöhung von 5 Cent täglich und tragen einen gelben Chevron auf dem linken Arm. Als Wiederholungscursus werden im Anfang des Schießjahres ( 1. Juni) in den Compagnien von allen Schüßen der 1. Klasse und den Scharfschützen die Uebungen der 2. Klasse aufs Neue durchgemacht. Die Schüßen der 1. Klaſſe, welche sogleich die Uebergangsbedingung für die 2. Klaſſe erfüllen, kommen wieder in die Uebung, in der sie am Ende des letzten Schießjahres waren. Diejenigen , welche im Wiederholungscursus zum ersten Mal die Uebergangsbedingung nicht erfüllen - sowohl Schüßen 1. Klasse als Scharfschüßen werden in die erste Uebung der 2. Klasse zurückgestellt. Besteht der Scharfschütze die Uebergangs probe zum Scharfschützen nicht sogleich , so wird er in die erste Uebung der 1. Klasse zurückgestellt. In beiden Fällen verlieren die Scharfschützen die Sold erhöhung und den Chevron. (Bei jeder Compagnie können 10 Scharfschüßen — Corporale und Soldaten bestehen, die für unbestimmte Zeit beurlaubten nicht mit eingerechnet .) Die Milizen älterer Contingente , welche für Wiederholungs-Uebungen ein berufen sind, sollen während der ersten Tage die ad a und b erwähnten vor bereitenden Uebungen durchlaufen , dann etwa 5 Schüſſe knieend mit dem Ziel gewehr abgeben und weiter wenn möglich zwei oder mehr Uebungen der 2. Klaſſe absolviren. A. Uebungen der 2. Klaſſe. Ent fernung Visir

Haltung

m 250 250 250 300 350 400 450 500 250

knieend aufgelegt liegend aufgelegt liegend freihändig knieend freihändig stehend aufgelegt liegend freihändig knieend freihändig stehend freihändig stehend freihändig

10 1O 1O 1O 1O LOLOLO

12349

100 150 200 250 300 375 425 475 100

Verticalerhebung Zahl der des mittleren Schüsse Treffpunktes über in jeder den mittleren Uebung Zielpunkt

5 5

5 5 unbestimmt

0,50 0,52 0,36 0,50 0,64 0,44 0,53 0,63 0,50

Bemerkungen

Standvisir do. do.

auf Commando do. Während 1 Minute Schnellfeuer mit dem Standvisir

Heerwesen der Niederlande.

143

. Nr ende Lauf

Die Zahl der Punkte , welche in allen Uebungen zuſammen erfordert wird für den Uebergang in die 1. Klasse, beträgt 50.

B. Uebungen der 1. Klasse.

555555

Zahl der Schüſſe in jeder Uebung

Treffer für den Uebergang

Visir

Haltung

123456

Ent fernung

100 200 300 400 500 600

100 200 300 400 500 600

stehend freihändig Inieend freihändig stehend aufgelegt liegend freihändig knieend freihändig stehend aufgelegt

71

150

150

Uebergangsprobe zum Scharfschüßen. stehend freihändig | 30 Punkte | 20

m

5

22211 22111 21111 2111 . 1111 . 111 ..

Bemerkungen

auf Commando

C. Uebungen der Scharfschüßen.

Entfernung m 50 100 150 200 250 300 50 100 150 200 250 100 150 200

Biel

Haltung

Kopfscheibe von 0,3 m Durchmesser Kopfscheibe 0,5 qm Kopfscheibe 0,3 m Durchmesser, unerwartet hervor kommend über einer Brustwehr. Ebenso in einer Geschüß- Schießscharte Kopfscheibe 0,3 m Durchmesser, unerwartet hervor kommend über einer Brustwehr Bewegliche Scheibe

knieend oder liegend, freihändig oder aufgelegt

stehend oder knieend

Ueberdies schießen die Scharfschützen auf ihnen unbekannten Entfernungen und zwar bis auf die größte Distance, auf welche individuell geschossen werden darf. Auf kleine Distancen werden kleine Ziele gebraucht, auf größere die Fünf mannsscheibe. Die anzunehmende Haltung giebt der Instructeur an. Der Werth der Treffer in der Fünfmannsscheibe ist für alle individuellen Uebungen, bis einschließlich der Distance von 300 m, in der Figur 2, im übrigen Theil der Dreimannsscheibe 1 und weiter 0 ; auf mehr als 300 m in der Drei mannsscheibe 2 und im Uebrigen der Scheibe 1. Bei den Kopfscheiben und der beweglichen Scheibe gilt ein Treffer im Schwarzen (Figur oder Streifen) für 2, im übrigen Theil der Scheibe für 1. Fehler werden durch einen Punkt angegeben. Wohlbewiesene Geller werden bei den individuellen Uebungen als Fehler , beim Abtheilungsschießen als Treffer gerechnet.

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Militärische Jahresberichte für 1883. Abtheilungs - Uebungen.

(Gezamenlijke oefeningen. )

Die Abtheilungs-Uebungen sind : a. Salvenfeuer ; b. Gruppenfeuer ; c. Gefechtsschießen . Alle Unteroffiziere und Gemeinen , die nach der Scheibe geschossen haben, nehmen daran Theil. Die Abtheilungen werden so groß genommen, als die ört lichen Umstände zulaffen ; außer bei dem Gefechtsschießen schießt jedoch jede Com pagnie besonders. Bei den Abtheilungs-Uebungen wechseln Uebungen im Salven- und Gruppen feuer einander regelmäßig ab, während auch das Schnellfeuer sowohl in zwei als in vier Gliedern auf den kleinen Distancen ein einzelnes Mal geübt werden muß. Dies letztere Feuer darf höchstens 2 Minuten dauern. Das Gefechtsschießen soll so geregelt werden , daß die Cadres jeder Compagnie sich wenigstens einmal im Jahre daran betheiligen.

a. Das Salvenfeuer. Dies Feuer dient dazu , die Truppe für das Abgeben von Feuer in geschloſſener Ordnung auszubilden. Die Haltung ist knieend oder stehend in einem oder zwei Gliedern. Auch in vier Gliedern soll gefeuert werden. Abgegeben wird es wenn möglich auf Entfernungen zwischen 400 und 1200 m über 700 m jedoch nur ausnahmsweise. Je nachdem die Entfernungen bekannt sind oder nicht, wird mit einem oder mit zwei bezw. drei Visiren gefeuert. Als Ziel werden eine oder mehrere Sectionsscheiben gebraucht , die neben und, ausgenommen beim Schnell feuer, auch so hintereinander aufgestellt werden , daß die Trefferzahl auf eine Linie Wenn auf unbekannte Entfernungen oder Colonne bestimmt werden kann. geschossen wird, soll die Uebung möglichst nicht auf dem Schießstand, sondern auf einem dazu geeigneten Terrain abgehalten werden. Der Compagniechef überträgt das Commando über die Abtheilung einem der Lieutenants , der die Vistrhöhen und wenn nöthig auch die Zielpunkte auf den zu unterst sichtbaren Theil des ――― Zieles angiebt , wobei er die Richtung des Windes und die atmosphärischen Einflüsse zu beachten hat. Auch die ältesten Unteroffiziere der Compagnie ſollen im Commandiren der Salven geübt werden. Die Zahl der Salven bei jeder Uebung beträgt zehn. Die Uebung soll mit einer Salve mit Platpatronen beginnen. Zwischen den Commandos „ An ! “ und „Feuer!" werden einige Secunden Zeit zum Zielen gegeben. Kann man die Anschläge der Salven wahrnehmen , dann werden , wenn nöthig, für die folgenden Salven Visirhöhe und Zielpunkt geändert. Die gebrauchten Visirhöhen, das Ziel, die Entfernungen und die erhaltenen Resultate werden im Schießregister aufgezeichnet.

b. Das Gruppenfeuer. Zweck dieser Uebung ist, die Cadres und Mannschaften für das Gefecht in zerstreuter Ordnung auszubilden. Jede Compagnie muß hierzu, je nach ihrer Stärke, eine oder mehrere Gruppen auf Kriegsstärke formiren , die entweder gleichzeitig oder, wo das Terrain dies nicht erlaubt, nacheinander die Uebung abhalten. Diese Gruppen sollen zwischen 600 m und 150 m mit scharfen Patronen einen Theil des Infanteriegefechts in der ersten Linie gemäß den Regeln der

Heerwesen der Niederlande.

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Der Sections Tirailleurvorschrift nachahmen. Ziel ist eine Sectionsſcheibe. commandant leitet das Feuer, auch wenn es sich nur um Eine Gruppe handelt. Die Mannschaften sind mit 15 Patronen versehen , von denen einige auf 150 m Entfernung im Schnellfeuer verschossen werden können. Die Uebung wird im Schießregister mit Angabe der Entfernungen, zwischen denen sie stattfand, der abgegebenen Schußzahl und der Reſultate verzeichnet. c. Das Gefechtsschießen. Dies ist eine Gefechtsübung mit scharfen Patronen, hauptsächlich zur Uebung der Offiziere und übrigen Cadres dienend. Bei einer Compagnie, die durch Commandirung von Mannschaften möglichst auf Kriegsstärke gebracht ist, werden die Cadres dieser Compagnie eingetheilt. Jeder Mann ist mit wenigstens 20 Patronen versehen. Die überschießenden Cadres der vereinigten Compagnien wohnen unter Leitung der Offiziere der Uebung bei. Der Compagniechef kann das geſchloſſene Feuer auf den größten Entfernungen beginnen lassen. Vom Bataillonscommandeur erhält er eine taktische Aufgabe ; dieser giebt auch die nöthigen Befehle für die Aufstellung der Scheiben , welche eine feindliche Compagnie vorstellen sollen. Die feindliche Tirailleurlinie darf nur bis auf 200 m genähert werden. Unter 300 m soll nur auf die kleinsten Scheiben geschossen werden. Nach der Uebung nimmt ein Offizier die Treffer auf; wird es nothwendig erachtet, dies während der Uebung zu thun, so ruht die Truppe unterdeſſen. Im Schießregister wird diese Uebung nur zum Nachweis der verbrauchten Patronen verzeichnet. Prämien. Der Betrag des Erlöses der bei den Schießübungen verschossenen Hülsen und des wiedergefundenen Bleies wird für Schießprämien beſtimmt. Außer den vorschrifts mäßigen Prämien — jährlich zwei von 5 Gulden an die bestschießenden Milizen jeder Compagnie, eine von 5 Gulden nebst achttägigem Urlaub mit Beibehalt des Soldes für den Freiwilligen (Unteroffizier oder Gemeinen) der 1. Klaſſe jeder Compagnie, der bei dem jährlich von ihnen zu haltenden Schießwettstreit siegt, und zwei oder mehr derartige gleichfalls durch) Wettstreit zu erwerbende Preise für die Scharfschüßen eines jeden Bataillons ― find die Compagniechefs befugt, das restirende Geld zu Ermuthigungsprämien zu verwenden. Distanceschäßen. In Betreff des Distanceschäzens enthält die Vorschrift in der Hauptsache folgende Bestimmungen: Für die Soldaten ist es nur nöthig, innerhalb 500 m zu wissen, mit welcher Vifirhöhe sie ein Ziel , das von einem oder mehreren stehenden , knieenden oder liegenden Mannschaften vorgestellt wird , beschießen müssen. Sie können darin während der disponibeln Zeit beim Scheibenschießen oder bei einer Felddienstübung unterrichtet werden. Offiziere und Unteroffiziere müssen sich überdies mit den Hülfsmitteln bekannt machen, die sie in den Stand sehen können, auch die größeren Entfernungen zu beurtheilen, auf denen sie berufen sein können, das Feuer zu commandiren. Als solche Hülfsmittel werden genannt : das Schätzen mit dem Visirkorn, Bäume und Telegraphenpfähle längs der Wege, Karten, Nachfrage bei eingeschossener Artillerie, Beobachtung der Aufschläge und der Zeit , welche zwischen dem Sehen und dem Hören eines Schusses verläuft. 10 Militärische Jahresberichte 1883.

Militärische Jahresberichte für 1883.

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Größere Truppenübungen fanden auch im letzten Sommer wieder wie gewöhnlich statt. Es wurde bestimmt, daß die Offiziere der Schüttereien, denen die Erlaubniß ertheilt wird , diese Uebungen mitzumachen, die gleichen Zulagen erhalten sollen wie die Offiziere desselben Ranges von der Armee. Die 3. Jn fanterie-Division manövrirte mit vier Escadrons des 2. Cavallerie-Regiments und vier Batterien des 3. Regiments Feld-Artillerie vom 25. Auguſt bis 8. September in der Provinz Nord-Brabant zwischen Eindhoven und Breda. An diesem Manöver betheiligten sich noch eine Compagnie Mincurs und eine Compagnie Marinesoldaten. Zehn Escadrons Cavallerie und die Abtheilung reitender Artillerie hielten vom 17. bis 29. September wiederum strategische йebungen in Gelderland und Overyssel ab. Für die Uebungen im Festungskrieg vom 19. Auguſt bis 13. September waren dies Jahr bestimmt die Werke der Gruppen Wersp (Schloß von Muiden, die Westbatterie, Uitermeer und Hinderdam) und Nieuwersluis (Kykuit, Spion und Tienhofen) . Es betheiligten sich daran 19 Compagnien Infanterie, 3 Compagnien nebst noch einem Detachement Festungs - Artillerie, 3 Batterien und 3 Sectionen Feld-Artillerie, 1 Compagnie und 2 Telegraphen Brigaden der Genietruppen und Detachements Pontonniere, Torpedisten, Ordon nanzen, Lazarethsoldaten und Marechauffees. In Bezug auf die Bewaffnung ist zu melden , daß die Proben mit dem Schieber an dem Visir des Infanterie- Gewehres zur Annahme desselben geführt haben (siehe Jahresberichte für 1882 Seite 217). Die Visire werden daher Auch eine neue Patronen= allmälig mit dieser Einrichtung versehen werden. taſche , die an einem geführt; dabei kommt Den Offizieren, Antrag jährlich 120 abreicht.

Riemen über die linke Schulter getragen wird , wird ein der Patronensack in Wegfall. welche einen Modell-Revolver befißen, werden auf ihren Patronen für Uebung im Schießen unentgeltlich ver

Die beiden in dem Bericht von 1882 (Seite 219) erwähnten stählernen Hinterladungs-Kanonen von 30,5 cm sind von der Firma Krupp geliefert und in den Panzerthürmen des Forts auf den Harſſens (Position Helder) aufgestellt worden. Die wesentlichsten Daten dieser Geſchüße sind folgende: 7650 mm = 25 Kaliber, Länge des Rohres = - = 22 = = 6720 der Seele · 68 Zahl der Züge = Tiefe = 1,75 ፡ = Breite = 9,5 = = = Felder 4,5 = 25 Kaliber Drall an der Mündung Gewicht der Kanone mit Verschluß 38 000 kg. Die Munition besteht aus : 1) Panzergranaten von geschmiedetem und gehärtetem Stahl. Diese haben eine Länge von 3,5 Kaliber; das Gewicht der leeren Granate beträgt 445, das der gefüllten 455 kg. 2) Granaten von gewöhnlichem Gußeiſen. Diese sind 4 Kaliber lang und wiegen leer 437 und gefüllt 455 kg. Die Ladung beträgt 120 kg braunes prismatisches Pulver mit einem Canal aus der Fabrik von Rottweil-Hamburg. Mit dieser Ladung erhält das Projectil eine Anfangsgeschwindigkeit von 468 m. Das Geschoß ist im Stande, auf 4000 m Entfernung eine schmiedeeiserne Platte von 40,5 cm zu durchbohren.

Heerwesen der Niederlande.

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Die Construction der neuen Kanonen von 24 und 15 cm , beſtimmt für die Bewaffnung der Forts bei Ymuiden und an der Neuen-Maasmündung, ſo wie die der Kanonen von 10,5 cm und der gezogenen Mörser von 10,5 und 15 cm , von denen im Bericht von 1882 die Rede war, wurde noch nicht end gültig bestimmt, so daß darüber noch nichts Näheres mitzutheilen ist. Für die Weiterführung der Festungsbauten sind bei dem Kriegsbudget für 1884 nur 1 446 600 Gulden verlangt und bewilligt worden. Mit dem Ueberschuß von 1883 von 548 000 Gulden soll daher 1884 eine Summe von 1994 600 Gulden zu diesem Zweck verausgabt werden. Die weiteren Kosten zur Fertigstellung des Festungssystems, die also noch auf spätere Budgets gejezt werden müſſen, ſind auf 10 187 300 Gulden geschätzt , von denen 10 010 000 auf die Stellung von Amsterdam fallen. Der Gesetzentwurf zur Einschränkung des Festungssystems (siehe Jahres berichte für 1882 Seite 220) hat sowohl in der Preſſe als in der zweiten Kammer eine ungünstige Aufnahme gefunden , so daß von seiner Verwirklichung wohl keine Rede sein wird. An Reglements, Vorschriften und officiellen Werken sind neu erschienen : Erste Deel (Hoofdstuk I- V) van het Handboek voor onderofficieren en Korporaals der niet bereden Artillerie. Exercitiereglement voor de Cavalerie. Brigadeschool, Ruiterschool te voet en Pelotonsschool te voet. (Das Reglement ist jetzt vollständig.) Ontwerp-Voorschrift op het Tirailleeren . Militaire Aardigkskunde en Statistiek van Nederland, Belgie en Duitschland , door M. H. J. Plantenga , Kapitein der Infanterie. Tweede Deel . Belgie en Duitschland. Voorschrift betreffende het ledergoed, het paardentuig en de be pakking der Cavalerie. Handleiding tot de Kennis der Artillerie voor de cadetten van dat wapen, door A. L. W. Seyffardt , Kapitein van den Generalen Staf. Afdeeling Tactiek. Hoofdstuk I, Het Schieten . Leiddraad bij het onderwijs in de Tactiek op de Hoofdcursussen, door L. De Vlaning , Kapitein der Infanterie. Voorschrift betreffende de wapenen en Schietoefeningen bij de Infanterie. Leiddraad voor het schieten met vestinggeschut. Voorschrift betreffende oplegging, onderhoud en samenstelling van de paardentuigen der tweeraderige voertuigen, aanwezig bij de Korpsen van het Leger (met 2 platen) . Wijzigingen in het Exercitie-Reglement der Cavalerie. Ruiterschool te paard en Pelotonschool te paard, ten dienste van de Bereden Ar tillerie. Beknopt overzicht der proeven en oefeningen , die in het jaar 1882 bij het wapen der Artillerie hebben plaats gehad. Organisatie, garnizonsindeeling en mobilisatie van het Leger. Vademecum voor officieren van alle wapenen, ten gebruike bij het uitvoeren van werkzaamheden van verschillenden aard in tijd van oorlog, door den Kolonel- ingenieur J. H. Kromhout. Reglement op de bediening van de Voorposten-Telegraaf. Exercitie- Reglement voor de Veld- en Rydende Artillerie . I. Grond slag van het onderricht en Ruiterschool te voet. II. Pelotonsschool e voet. 10*

148

Militärische Jahresberichte für 1883. Bericht über das

Heerwesen

Norwegens .

1883 .

Weil die Frage wegen der Heerorganisation Norwegens, die schon eine Reihe von Jahren auf der Tagesordnung gestanden hat , noch immer in der Schwebe ist, sind auch im Jahre 1883 keine erheblichen Veränderungen im Norwegischen Heerwesen vorgenommen worden . Die Ausbildung und Uebung der Truppen hat in der vorschriftsmäßigen Weise stattgefunden, indem der Ersatz der Infanterie eine fünfzigtägige, der Ersatz der Cavallerie und Artillerie eine neunzigtägige Ausbildung erhielt, worauf sämmtliche Truppentheile eine dreißigtägige Uebung durchmachten. Nach einer am 4. Juni erlaſſenen Bestimmung sind für die Offiziere und Unteroffiziere Revolver nach Nagauts modificirtem System von 9 mm Kaliber eingeführt worden und zwar für die Offiziere mit Selbst-, für die Unteroffiziere mit Einzelspannung. Am 22. Mai ward ein neues Reglement für den Feldwachtdienst unter dem Titel „Bestimmungen für das Verhalten und den Dienst der Bewachungs truppen " herausgegeben und die betreffenden Theile der unter dem 25. Mai 1868 erlassenen " Anleitung für den Dienst im Felde" dadurch aufgehoben. Die Angelegenheit der Neuordnung des Heeres ist im Jahre 1883 in ein neues Stadium getreten, indem eine Commission höherer Offiziere in Christiania zusammenberufen wurde, um sich über einen neuen Entwurf , der als ein Compromiß zwischen den seiner Zeit vom Norwegischen Generalstabe und dem Obersten Hjorth im Verein mit dem Storthingpräsidenten Sverdrup ausgearbeiteten Vorschlägen zu betrachten ist, auszusprechen. Dieser Entwurf wird wahrscheinlich dem im Februar 1884 zusammengetretenen Storthing vorgelegt werden. Nach dem Entwurf sollen die Truppen der drei Hauptwaffen in Regimenter organiſirt werden, die aus Linien- und Landwehrtruppen zusammenzusetzen sind; eine Abtheilung der Lehteren bildet das Depot des Regiments , wenn es auf den Kriegsfuß gesetzt wird. Die Infanterie soll bestehen aus : einem Jägercorps (zu 4 Linien- und 2 Landwehr-Compagnien) und 10 Regimentern zu 4 Bataillonen (2 der Linie und 2 der Landwehr) , jedes zu 4 Compagnien mit je 3 Zügen und 225 Köpfen. Die Cavallerie soll bestehen aus : 1 Ordonnanzabtheilung , die einem Regiment attachirt ist, und 3 Regimentern zu je 3 Linien- und 3 Land wehr-Escadrons, deren jede in 3 Trupps 167 Köpfe und 158 Pferde zählt. Die Artillerie soll bestehen aus : 1 Festungs -Bataillon zu 5 Compagnien mit zu sammen 1226 Köpfen und 3 Feld-Artillerie-Regimentern zu je 3 Batterien und 1 Park-Compagnie der Linie und 3 Batterien und 1 Park-Compagnie der Land wehr; jede Batterie soll aus 6 Kanonen und 172 Mann, jede Park-Compagnie aus 67 Fahrzeugen und 185 Mann bestehen. Die Ingenieurtruppen ſollen 1 Bataillon zu 4 Linien- und 3 Landwehr-Compagnien mit dazu gehörigem Train bilden. Dazu kommen : der Armee-Train mit 3 Linien- und 3 Landwehr Compagnien, sowie Sanitäts- und Intendanturtruppen. Die Infanterie- Regimenter werden im Frieden auf 3 Divisionen (zwei zu 4 , eine zu 2 Regimentern) ver theilt und erst im Kriege werden Brigaden zu 2 Regimentern formirt. Eine Armee-Division auf dem Feldfuß soll enthalten : 2 Infanterie-Brigaden ( 12 Ba= taillone), 1 Cavallerie-Regiment (5 Escadrons), 1 Artillerie-Regiment (5 Batterien und 2 Park-Compagnien) und 1 Pionier-Compagnie mit 1 Brücken- Equipage. v. W.

149

Heerwesen Desterreich- Ungarns.

Bericht über das

Seerwesen

Oesterreich- Ungarns .

1.

1883 .

Allgemeines .

Aeußerlich ist das Jahr 1883 für die Armee Desterreich - Ungarns ohne bemerkenswerthe Ereignisse verlaufen. Die Betheiligung des Kriegsministeriums, des technisch-administrativen Militärcomités und des militärgeographischen Inſtituts an der hygienischen Ausstellung zu Berlin , sowie an der graphischen und inter nationalen elektriſchen Ausstellung in Wien, ferner die Gedenkfeſtlichkeiten, welch mehrere Infanterie- und Cavallerie - Regimenter anläßlich ihrer vor 200 Jahren bei Ausbruch des Türkenkrieges erfolgten Errichtung , oder anläßlich der Theil nahme an der großen, epochalen Entſatzſchlacht vor Wien am 12. September 1683 , begingen, bildeten die nennenswerthesten Erscheinungen während des abgelaufenen ― Jahres. In der Organisation und Verwaltung des Heeres und der beiden Landwehren dagegen wurden die Ende 1882 inaugurirten Reformen , deren Wesen und Bedeutung sich im vorigen Bande dieser „ Jahresberichte" bereits erörtert finden (IX. Jahrgang , Seite 224-253 ) , fortgesetzt und im Einzelnen ausgestaltet. 2. Höhere Personalien. Feldzeugmeister Joseph Freiherr v. Ringelsheim, Commandant des 10. Corps in Brünn , einer der begabtesten und beliebtesten Generale des Heeres , ist aus der Activität geschieden und wurde auf seinem Posten durch den inzwischen auch zum Feldzeugmeister beförderten Freiherrn Franz v . Vlasits ersetzt , der während nahezu vierzehn Jahren Sectionschef im Reichs -Kriegsministerium war. Auch Feldzeugmeister Franz Graf Thun -Hohenstein , Commandant des 14. Corps in Innsbruck, ist in den Ruhestand versetzt worden. An dessen Stelle trat Feld marschalllieutenant Johann Freiherr v. Dumoulin , bis dahin Commandant der 3. Infanterie-Truppendiviſion in Linz . Letzteres Commando übernahm der geiſt reiche, hochstrebende , in seinem militärischen Berufe förmlich aufgehende Feld marschalllieutenant Erzherzog Johann. Dieser gegenwärtig 31 Jahre alte Kaiserliche Prinz, der auch wiederholt schon das militärliterarische Gebiet betreten, führte während der zwei letzten Jahre das Commando der 25. Infanterie-Truppen division in Wien und gleichzeitig das Commando des Stabsoffiziercurſes , in welch letterer Anstalt er sich persönlich durch Vorträge am Unterricht und bei den taktischen Uebungsreisen betheiligte. Zu seinem Nachfolger im Commando der 25. Truppen - Division in Wien wurde Feldmarschalllieutenant Kronprinz Erz herzog Rudolf ernannt. Der durch den Tod des Landesvertheidigungs-Ministers für die Länder der Ungarischen Krone , Grafen Gedeon v. Ráday , erledigte Posten war zur Jahreswende auf 1884 noch nicht besetzt.

3.

Organisation .

A. Per Generalflab. Im 2. Jahrgange der "1 Jahresberichte" , Seite 199 bis 203, ist die im Jahre 1875 gegebene Organisation des Generalstabes enthalten, mit welcher das

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Statut vom Jahre 1871 außer Gültigkeit gesezt und der Generalstab wieder als selbständiges Corps mit eigenem Concretualstande ſyſtemiſirt wurde. Die im abgelaufenen Jahre erschienenen neuen organischen Bestimmungen für den Generalstab enthalten keine wesentlichen Aenderungen und sind lediglich als eine Neuauflage der früheren zu betrachten, in welcher einige durch die seitherigen Heeresreformen nothwendig gewordenen Ergänzungen Aufnahme gefunden haben. Der Friedensstand besteht aus 415 Öffizieren , 2 Beamten und 4 Armee= dienern. Hiervon gehören in das Generalstabs -Corps : 1 Feldzeugmeister, 1 Feld marschalllieutenant, 1 Generalmajor, 30 Obersten, 40 Oberstlieutenants , 41 Majors und 135 Hauptleute 1. Klaffe. Die Zahl der zugetheilten Oberlieutenants Generalstabsoffiziere beträgt 127. Zu diesem normalen Friedensstande treten noch 23 Offiziere des Generalstabes für die Commandos und Behörden im Bosnisch - Herzegovinischen Occupationsgebiete : 1 Oberst , 1 Oberstlieutenant, 2 Majors und 10 Hauptleute , sämmtlich vom Generalſtabs-Corps , dann 9 zu getheilte Oberlieutenants . Die Thätigkeit des Generalstabes erstreckt sich a. auf den Dienst in den Büreaus des Generalstabes ; b . auf jenen bei den Militärbehörden und höheren Commandos ; c. auf besondere militärwissenschaftliche Verwendungen. Der Generalstab besteht 1) aus dem Generalstabs - Corps mit einem eigenen aus Offizieren vom Hauptmann 1. Klaſſe aufwärts gebildeten Concretualstande ; 2) aus zugetheilten Offizieren ; 3) aus commandirten Offizieren des Truppen oder Armeeſtandes. Alle aus dem Truppenstande zugetheilten oder commandirten Offiziere verbleiben in ihren Concretualſtänden und werden dort übercomplet geführt. Für das Feldtelegraphen- und für das Rechnungswesen werden auch einige Beamte dem Generalstabe zugewiesen. An der Spitze des Generalstabes steht ein höherer General , welcher den Titel „ Chef des Generalstabes " führt. Er ist Chef des Generalstabes für die gesammte bewaffnete Macht und steht persönlich unter den unmittelbaren Befehlen des Kaisers. Er ist zugleich Hülfsorgan des Reichs -Kriegsministers, richtet als solcher seine Anträge an diesen , ist jedoch auch befugt, über wichtige in das Ressort des Generalstabes gehörige Angelegenheiten im Wege des Kriegsministers dem Kaiser Vorträge zu erstatten und Anträge zu stellen. Ihm obliegen alle operativen Arbeiten und Vorarbeiten für den Krieg ; er nimmt daher Einfluß auf alle militärischen Fragen , auf die Ordre de bataille, die Mobiliſirung , die Reichsbefestigung, das Eisenbahn- und Communicationswesen, ferner auf jene Agenden, die sich auf die Kriegstüchtigkeit des Heeres beziehen, insbesondere auf alle organisatorischen Fragen, die Bewaffnung und Ausrüstung und die damit im Zusammenhange stehenden reglementaren und instructiven Arbeiten von höherer militärischer Bedeutung, endlich auf die größeren Waffenübungen. Dem Chef des Generalstabes obliegt speciell die Obsorge für die Ergänzung und Ausbildung des Generalstabs - Corps. Seinem Ermessen ist die Auswahl der Offiziere für die Zutheilung zum Generalstabe , dann für die Ernennungen im Generalstabs - Corps und für die Ausscheidung aus demselben ebenso über laffen, wie die Verwendung des gesammten Personals. Der Stellvertreter des Generalstabschefs ist der Gehülfe des letzteren ; seine Verwendung wird durch die innere Dienstordnung geregelt. Für die Arbeiten des Generalstabes bestehen folgende Büreaus : 1 ) das Directionsbüreau ; 2) das Büreau für operative und beſondere Generalſtabsarbeiten ; 3) das Landesbeschreibungs -Büreau für militärische Beschreibung des In- und Aus landes mit dem Landesbeschreibungs-Archiv ; 4) das Evidenzbüreau für Evident

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haltung fremder Heere ; 5) das Eiſenbahn-Büreau, zugleich Büreau für Dampf schifffahrtswesen ; 6) das Telegraphen-Büreau für das gesammte Militär-Telegraphen wesen. Die bei den höheren Commandos , einschließlich der Truppen-Diviſionen, auf Grund einer förmlichen Ernennung mit der Leitung der Generalstabsgeschäfte betrauten Offiziere führen den Titel: " Generalstabschefs (der betreffenden Com mandos) " . Die bei demselben höheren Commando eingetheilten, zum Dienſtſtande des Generalstabes gehörigen Offiziere bilden in ihrer Gesammtheit die „ General stabs-Abtheilung des Corps, der Truppen-Divisionen u. s. w. " Die den Brigaden zur Besorgung der militärischen Dienstgeschäfte zuge wiesenen Offiziere heißen : „ Brigade- Generalſtabsoffiziere“ . Dem Chef des Generalstabes sind untergeordnet : a. Das militär - geographische Institut in dienſtlicher, wiſſenſchaftlicher und techniſcher Beziehung , ferner rücksichtlich der Militäraufnahme und des Kartenwesens ; b. das Pionier - Regiment in militärischer und technischer Beziehung, insbesondere bezüglich der praktischen Verwendbarkeit der Offiziere , der kriegs tüchtigen Ausbildung der Mannschaft und der kriegstauglichen Beschaffenheit des Feld-Ausrüstungsmaterials ; c. das Eisenbahn- und Telegraphen - Regiment in den gleichen Be ziehungen wie das Pionier-Regiment; d. die Kriegsschule und die Pionier- Cadettenschule bezüglich des Lehrvorganges und der theoretischen und praktischen Ausbildung der Frequen tanten ; e. das Kriegsarchiv in wiſſenſchaftlicher Beziehung und bezüglich des Dienstbetriebes ; endlich alle diese Commandos (Anſtalten) in Perſonalangelegenheiten. Bei eintretender Mobilifirung wird der Abgang vom Friedens auf den Kriegsstand durch Einberufung der in den verschiedenen Waffen befindlichen Offiziere des Generalstabs -Corps und der für den Generalstabsdienst evident ge führten Offiziere gedeckt. Der Kaiser ernennt über Antrag des Chefs des Generalstabes : den Stell vertreter des Chefs des Generalstabes , die Chefs der Büreaus , die Directoren des militär - geographischen Instituts und des Kriegsarchivs , den Commandanten der Kriegsschule , die in der Stabsoffiziers - Charge stehenden Profeſſoren in den Militär -Bildungsanstalten, die Stabsoffiziere für besondere Miſſionen, ferner die zum Dienſtſtande des Generalstabes gehörigen Abtheilungsvorstände des Reichs Kriegsministeriums , die Generalſtabschefs bei den Militär-Territorial- Commandós, die Generalstabschefs und die Chefs der Operations- und Detail-Canzlei bei den Armee-, sowie die Generalstabschefs bei den Corps-Commandos und den Armee Generalcommandos , endlich die in der Stabsoffiziers-Charge stehenden General stabschefs der stellvertretenden Militär - Commandos und der in Kriegsausrüstung verseßten festen Pläße. Bezüglich der zum Generalstabe gehörigen Abtheilungs vorstände des Reichs -Kriegsministeriums ist jedoch vor der Antragstellung mit dem Reichs-Kriegsminister , bezüglich der Generalstabschefs bei den Armee-Com mandos mit dem betreffenden Commandanten das Einvernehmen zu pflegen. Die Eintheilung und Verwendung aller übrigen zum Dienſtſtande des Generalstabes gehörigen Stabs- und Oberoffiziere verfügt der Chef des Generalstabes. Das Generalstabs - Corps ergänzt sich aus jenen Offizieren des Heeres , welche die erforderliche wiſſenſchaftliche Befähigung besißen und im praktischen General

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Militärische Jahresberichte für 1883.

stabsdienste erprobt sind. Zum Zwecke dieser Erprobung geht der Aufnahme in Um diese Zu das Corps jederzeit die Zutheilung zum Generalstabe voran. theilung erlangen zu können , ist erforderlich : 1 ) eine mindeſtens dreijährige, ſehr gute Dienstleistung als Truppenoffizier; 2) gediegener Charakter; 3) gründliche allgemeine Bildung ; 4) der Nachweis militärischer Kenntnisse. Als solcher dient die mit mindestens gutem Erfolge abgelegte Schlußprüfung der Kriegsschule oder des höheren Artillerie- oder Geniecurses, bei Stabsoffizieren aber die für Stabs offiziere des Generalstabes vorgeschriebene theoretische Prüfung ; 5) eine besondere Ausdauer versprechende Körperbeschaffenheit. Die Auswahl der Offiziere zur Versetzung in das Generalstabs - Corps , sei es mit oder ohne Beförderung , ist dem Ermessen des Chefs des Generalstabes , sowie seiner Ueberzeugung von der vollkommenen Eignung des Betreffenden über lassen, und ist hierbei weder der Rang noch die Dauer der Zutheilung maßgebend. Hauptleute und Rittmeister der Specialstäbe und des Truppenſtandes , welche obigen Bedingungen entsprechen und die Beförderung zum Major im General stabs -Corps anstreben, haben die vorgeschriebene Prüfung abzulegen . Sie können sich hierzu ohne Rücksicht auf ihren Rang melden. Bei Ermangelung der prakti schen Erprobung hat der Eintheilung in das Corps jedenfalls noch die Zutheilung voranzugehen. Hauptleute des Generalstabs - Corps sind verpflichtet diese Prüfung abzulegen, wenn sie in das erste Viertel des Concretualstandes gelangen. Um es den Offizieren des Generalstabs- Corps zu ermöglichen, sich auch im praktischen Truppendienste auszubilden und zur Führung höherer Commandos vorzubereiten, befindet sich eine Anzahl von Offizieren des Generalstabs - Corps bei den verschiedenen Waffen, und zwar nach dem bezüglichen Antrage des Chefs des Generalstabes in Dienstleistung. Diese Offiziere des Generalstabes zählen auf den organisationsgemäßen Stand der Truppen , bei welchen sie eingetheilt sind. Generalstabsoffiziere können auch auf kürzere Zeit zu den verschiedenen Waffen zugetheilt werden , um deren Eigenthümlichkeiten in Leiſtung und Ver wendung kennen zu lernen. Diese Offiziere behalten während ihrer Zutheilung bei der Truppe die Uniform des Generalstabs -Corps und zählen nicht auf den Stand der Truppe. Die Beförderung im Generalstabs - Corps erfolgt nach den Bestimmungen der Beförderungsvorschrift. Eine außertourliche Beförderung in demselben findet jedoch nicht statt. Die Mitwirkung des Generalstabs - Corps bei den Vermessungen des militär geographischen Instituts beschränkt sich nunmehr auf jene der Militär-Landes aufnahme und der Triangulirung , während die geodätischen und aſtronomiſchen Vermessungen von der benannten Anstalt allein zu leiten sind.

B. Die Artillerie. Eine thatsächliche Aenderung hat zwar die Organisation der Artillerie nicht erfahren und die im vorigen (IX. ) Bande dieſer Jahresberichte auf Seite 237 bis 239 enthaltene knappe Skizze steht noch in voller Gültigkeit. Eine Aenderung der gegenwärtigen Organisation der Feld- und Festungs -Artillerie wird von einer gleichzeitigen Erhöhung des Friedens- und Kriegsstandes der Artilleriewaffe be dingt. Da diese Erhöhung keineswegs durch ein Standesvirement ausgeglichen, beziehungsweise durch eine Verminderung des Standes anderer Waffengattungen bewirkt werden kann, so ist dieselbe nur durch eine Mehreinstellung von Rekruten

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und durch Errichtung neuer Batterien zu bewirken . Das jährliche Rekruten contingent ist aber gesetzlich begrenzt durch die Bestimmung, daß bis zum Jahre 1888 der Kriegsstand des stehenden Heeres mit 800 000 Mann normirt ist. Die Reorganisation , beziehungsweise die Vermehrung der Artillerie ist also nicht nur von budgetären Rücksichten , sondern auch von der Aenderung des § 11 des Wehrgesetzes (betreffend die Höhe des Kriegsstandes) abhängig . Es scheint, daß die Regierung die Reorganisation der Artillerie bis zu dem Zeitpunkte vertagt hat, in welchem die Verlängerung des Wehrgesetzes wieder auf die parlamen tarische Tagesordnung gelangt und voraussichtlich eine Erhöhung des Kriegs standes für das stehende Heer überhaupt gefordert werden wird. Inzwischen ist auf dem Wege von Vereinbarungen zwischen dem Kriegs ministerium und den beiden Landesvertheidigungs -Ministerien vorgesorgt worden, daß im Kriegsfalle zunächst der erhöhte Bedarf an Festungs - Artillerie gedeckt werden könne. Durch die neuen Festungsbauten ist der Bedarf an Festungs Artillerie wesentlich gestiegen. Im Mobilifirungsfalle stellen daher die Landes vertheidigungs-Ministerien die zur Landwehr gehörigen Artillerie-Mannschaften dem stehenden Heere zur Verfügung, damit dieselben in den Festungen ent sprechend verwendet werden. C. Die Genietruppe. Die Auflösung der „Feldeisenbahn-Abtheilungen “ , die Schaffung eines eigenen Eisenbahn- und Telegraphen - Regiments von welchem unter E. ausführlicher die Rede ist , sowie die vermehrten technischen Aufgaben , welche die Special waffen zu erfüllen haben , bedingen eine Theilung und genaue Umgrenzung des Dienstes , welcher der Genietruppe , beziehungsweise dem Pionier-Regiment oder dem Eisenbahn- und Telegraphen-Regiment zufällt. Nach den neuen organischen Bestimmungen umfaßt nun der Dienst der Genietruppe im Felde folgende Punkte : 1 ) die technische und fortificatorische Herrichtung des Kriegsschauplages ; 2) die im Lager und auf dem Marsche vorkommenden wichtigeren technischen Arbeiten ; 3) die Herstellung und die Zerstörung von Wegen , Straßen und Brücken und die Mitwirkung beim Bau und bei der Zerstörung von Eisen bahnen ; 4) die Befestigung von Stellungen und Schlachtfeldern ; 5) die Mit wirkung bei der Vertheidigung und dem Angriffe von Verschanzungen und befeſtigten Dertlichkeiten zur Bewältigung der Hindernisse und Vertheidigungs - Anstalten des Feindes, sowie zur sofortigen Verstärkung eines eroberten Objectes oder Terrain theiles ; 6) die bei der Cernirung , Belagerung oder Vertheidigung feſter Plätze vorkommenden fortificatorischen Sappen- und Minen-Arbeiten , sowie überhaupt alle in das Minenfach einschlägigen Verrichtungen. Zur Durchführung dieser Aufgaben erhält im Kriege jede Armee und jedes Corps die erforderliche Zahl von Abtheilungen der Genie- Truppe und Schanzzeug Colonnen . Die nicht bei der Armee im Felde eingetheilten Abtheilungen der Genie-Truppe werden in Festungen und zu technischen Arbeiten auf dem Kriegs schauplatze verwendet. Die Genie-Truppe besteht aus zwei Regimentern . Jedes dieser Regimenter gliedert sich in den Regimentsstab, in 5 Feld-Bataillone zu je 4 Feld-Compagnien, dann in 2 Reserve-Compagnien und in 1 Erſaß-Bataillon zu 5 Erſatz-Compagnien. Das Ersatz-Bataillon ist im Frieden auf den Cadre gesezt und in der Regiments stabs-Station, also jenes des 1. Regiments in Olmüß , und das des 2. Regiments in Krems dislocirt ; bei jedem detachirten Feld-Bataillon iſt ein Erſaß-Compagnie

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Cadre aufgestellt. Zum Verbande der Genie-Regimenter gehören ferner 15 Schanz zeug-Colonnen und der Genie-Hauptpark. Dem Ersatz-Bataillons- Cadre und dem detachirten Erſaß-Compagnie-Cadre obliegt die Führung des eigenen Standes und die Aufenthalts- Evidenz der im nicht activen Verhältnisse befindlichen Personen des Gagisten- und Mannschafts standes jener Feld-Bataillone, für welche sie den Ersatzkörper bilden ; dem Erſaß Bataillons-Cadre insbesondere auch jene der Reserve- Compagnien. Der Commandant des Ersatz-Bataillons-Cadres wird als Verwalter bei der Material-Verwaltungs Commission verwendet. Die bezüglichen Manipulations- und Rechnungs -Geſchäfte, dann im Falle einer Augmentirung auch das Transenen-Geschäft, hat der subalterne Offizier des Cadres zu führen. Bei den detachirten Feld-Bataillonen haben die Commandanten der Ersatz-Compagnie-Cadres und die bei diesen eingetheilten subalternen Offiziere die gleichen Obliegenheiten. Im Mobilmachungsfalle übernimmt der dem Regiments - Commandanten im Range folgende Stabsoffizier das Commando des Ersaß-Bataillons. Die Ersatz-Bataillone und deren detachirte Compagnien haben die nicht genügend aus gebildete Mannschaft der letzten Stellung aufzunehmen, sie weiter auszubilden und die Abgänge bei den Feld- und Reserve-Abtheilungen zu ersetzen. Nach dem Abgehen des Regiments - Commandanten aus der Regimentsſtabs Station übernimmt der Ersaß-Bataillons-Commandant die adminiſtrative Leitung des Regiments , eventuell auch jene der Personal- Angelegenheiten der Offiziere. Gleichzeitig wird der Regiments - Adjutant als Adjutant zum Ersatz - Bataillon versetzt. Die Genie-Truppe steht in militärischer Beziehung unter den ihr nach der Ordre de bataille vorgesetzten Commandos , in wissenschaftlicher , technischer und technisch - administrativer Beziehung unmittelbar unter dem Reichs-Kriegs ministerium. Für den Fall einer gemeinschaftlichen Verwendung von Abtheilungen der Genie- und Pionier-Truppe ist bei fortificatorischen Arbeiten größeren Umfanges , dann bei Arbeiten im Minen- und Sprengwesen der betreffende Genie- Offizier ; bei Ausführung eines Brückenbaues oder einer Ueberschiffung der betreffende Pionier-Offizier zur Leitung der Arbeit berufen. Sämmtliche Abtheilungen treten auf die Dauer dieser Verwendung unter die Befehle des leitenden Genie- bezw. Pionier-Offiziers. Bei allen übrigen Verrichtungen , welche nach dem technischen Unterrichte für die Genie- und Pionier - Truppe beiden Truppen - Gattungen in gleichem Umfange gelehrt werden, fällt die Leitung der Arbeit dem nach Charge und Rang höchsten Offizier zu. Im Frieden bilden die in der Regimentsstabs- Station vereinigten Ab theilungen eines Genie-Regiments in jeder Beziehung einen gemeinschaftlichen Wirthschafts- und Verrechnungskörper, in deffen Verband auch die beiden Reserve Compagnien gehören. Als Verwaltungs-Organe für diesen einheitlichen Körper fungiren die Ver waltungs- und die Kassa-Commission beim Regimentsstabe. Die selbständig detachirten Bataillone bilden mit dem zugehörigen Ersatz-Compagnie-Cadre gleich falls in jeder Beziehung je einen Wirthschafts- und Verrechnungskörper mit einer eigenen Verwaltungs- und Kaſſa-Commiſſion. In der Stabs- Station eines jeden Genie-Regiments, also in Olmüz bezw. Krems , wo je zwei Bataillone und der Ersatz-Bataillons- Cadre liegen , sind die Augmentations-Vorräthe an Montur, Armatur, Rüstung und Feldgeräthen, dann des Feld-Ausrüstungs- und Train-Materials, sowie die Uebungsvorräthe für alle

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beim Regimentsſtabe befindlichen oder im Mobilifirungsfalle dort aufzustellenden Abtheilungen und Organe zu verwahren. Die Verwahrung der Vorräthe für die detachirten Bataillone erfolgt in den Stationen dieser Bataillone, welche folgende find : Krakau, Prag, Przemyßl, Wien und Budapest (in letterer Stadt zwei Bataillone). Die detachirten Reſerve-Compagnien haben die fraglichen Vorräthe gleichfalls in ihrem Standorte zu verwahren (in Theresienstadt bezw. Graz) . Die zum Feuergewehrstande gehörigen Personen des Mannschaftsstandes find mit Extra-Corps- Gewehren nach System Werndl mit Stechbajonneten, dann Pioniersäbeln ; die Cadet-Offiziers- Stellvertreter mit dem Infanterie -፡ Offiziers Säbel ; die Büchsenmacher mit dem Infanterie-Unteroffizierssäbel , endlich alle übrigen Personen des Mannschaftsstandes (die Offiziersdiener und Pferdewärter ausgenommen) mit dem Pionierſäbel bewaffnet. Die Kriegs-Taschenmunition beträgt bei dem Unteroffizier 20 Stück, bei den Gefreiten und Sappeuren 30 Stück Carabinerpatronen. Die Genie-Truppe ist zur Ausführung jener technischen Verrichtungen, welche ihr im Kriege zukommen , mit den nöthigen Werkzeugen , Requisiten , Spreng und Zündmitteln versehen, welche deren Feldausrüstung bilden. Für den gedachten Zweck sind systemisirt: A. die Feldausrüstung der Feld und Reserve-Compagnien ; B. die Feldausrüstung der Bataillonscommandanten und Corps - Geniechefs ; C. die Reserve-Anstalten bei der Armee im Felde: a. die Schanzzeug-Colonnen, b. Artillerie-Reserve-Anstalten rücksichtlich des Bedarfes an Spreng- und Zündmitteln und c. Belagerungs-Genie-Parks ; D. die Reserve Vorräthe in stabilen Depots : a. Genie-Haupt-Park in Wien, b. Vertheidigungs Genie-Parks der festen Plätze, c. Schanzzeug-Depots , d. Uebungs -Vorräthe der Genie-Regimenter und e. Instrumenten-Depot beim technischen und administrativen Militär Comité . Die Feld-Ausrüstung der Feld- und Reſerve-Compagnien iſt derart zuſammen gesezt, daß jeder Zug zur selbständigen technischen Verwendung befähigt ist. Die hierzu erforderlichen Gegenstände können auf dem vierspännigen Genie-Zugs Requisiten-Wagen verpackt werden. Nebitdem besteht noch bei jeder Compagnie ein die Zugsausrüstung ergänzender Vorrath an Ausrüstungsgegenständen, für deſſen Transportirung der vierspännige Genie- Compagnie-Requisiten-Wagen bestimmt ist . Die Feldaus rüstung der Feld- und Reserve-Compagnien theilt sich demnach in jene der Züge und in die ergänzenden Vorräthe der Compagnie. Die Zugsausrüstung zerfällt wieder in: 1 ) die tragbare Ausrüſtung ; 2) das Reserve- und Minenzeug ; 3) die Spreng- und Zündmittel. Mit der tragbaren Ausrüstung eines Zuges können 54 Mann zur Erdarbeit, und ohne Gebrauchnahme der Pioniersäbel 32 Mann zu gewöhnlichen Holz arbeiten verwendet werden. Im Kriege ist die tragbare Ausrüstung nur auf Märschen, bei welchen mit Gewißheit vorauszusetzen ist, daß eine technische Ver wendung nicht eintreten wird, auf die Zugs-Requisiten-Wagen zu verladen, sonst von der Mannschaft zu tragen, deren Tornister in diesem Falle auf den Requisiten= Wagen nachgeführt werden. Das Reserve- und Minenzeug bleibt auf Märschen ſtets in dem Zugs-Requiſiten-Wagen verpackt und hat die Bestimmung, die trag bare Ausrüstung zu ergänzen , insbesondere aber zur Ausführung von Minen und Steinsprengarbeiten zu dienen. Die Compagnie-Ausrüstung umfaßt einen elektrischen Feld-Zündapparat, eine Feldschmiede und mehrere kleine Requisiten und Materialien.

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Die Feldausrüstung der Genie-Bataillonscommandanten und Corps- Genie chefs besteht aus den für die Ausführung von feldmäßigen Aufnahmen und Ent würfen nöthigen Apparaten, Requisiten und Zeichenmaterialien, welche auf einem zweispännigen Deckelwagen verladen werden. Die Schanzzeug- Colonnen dienen zur Ausführung größerer bautechnischer Arbeiten bei der Armee im Felde , zur Vornahme der ersten Arbeiten vor einer anzugreifenden Feſtung, endlich zum Erſaße unbrauchbar gewordener oder fehlender Werkzeuge und Requisiten bei den mit Schanzzeug ausgerüsteten Truppen. Die Schanzzeug-Colonnen enthalten : 1 ) Werkzeuge und Requiſiten ; 2) Spreng und Zündmittel ; 3) Meßinstrumente und Zeichenrequiſiten. Alle diese Gegenstände einer Schanzzeug-Colonne werden auf 7 vierspännigen Deckelwagen verladen. Die Werkzeuge einer Schanzzeug-Colonne ſind für 1150 Erd und 170 Holzarbeiter, 5 Steinbrech- und 4 Minen-Partien bemeſſen. Bei den Artillerie-Reserve-Anstalten wird zum Ersatze für die bei der Genie und Pionier-Truppe verbrauchten , dann für die bei den Schanzzeug-Colonnen und den Cavallerie- Pionieren weiter erforderlichen Spreng- und Zündmittel ein Reserve-Vorrath unterhalten, welcher auf zweispännigen vertäfelten Reserve-Wagen ― Sprengmittel-Wagen ― verladen wird. Ein Belagerungs - Genie-Park enthält die für den ober- und unterirdischen Angriff auf eine Lagerfestung erforderlichen Werkzeuge und Requisiten. Die Belagerungs - Genie-Parks werden aus den Vorräthen des Genie-Haupt-Parks zusammengestellt und erst im Bedarfsfalle mobiliſirt. Jeder mobiliſirte Belagerungs Genie-Park erhält einen Hauptmann der Genie-Truppe als Commandanten und für den Manipulationsdienst die erforderliche Mannschaft aus dem Stande der Genie-Truppe. Der Genie-Haupt-Park hat die Bestimmung , für die im Kriegsfalle zu erbauenden größeren provisorischen Befestigungen, nöthigenfalls für die Vertheidi gungs-Instandsetzungs-Arbeiten feſter Plätze den ersten, zur Belagerung feindlicher Festungen aber den vollen Bedarf an Werkzeugen und Requisiten zu decken. Bei dem Genie-Haupt-Parke bestehen zwei Belagerungs - Genie- Parks und außerdem ein Reserve-Vorrath an Werkzeugen und Requisiten. Der Genie-Haupt- Park hat ferner die Anschaffung und den Nachschub von Werkzeugen und Requisiten für die Genie-Truppe, für die Vertheidigungs- Genie-Parks und für die Schanzzeug Depots der Genie- und der Befestigungsbau-Directionen zu vermitteln. Der Genie-Haupt-Park untersteht dem 2. Genie-Regimente. Commandant des Genie-Haupt-Parks ist ein Hauptmann des Ruhestandes, welcher zugleich auch Mitglied jener Material - Verwaltungs - Commiſſion ist , von welcher der Genie Haupt-Park administrirt wird. Die festen Pläße erhalten den zu ihrer Kriegsausrüstung bestimmten Vorrath an Werkzeugen und Requisiten, welcher den Vertheidigungs- Genie-Park des Playes bildet. Für die Ausführung größerer provisorischer Schanzzeug-Depots unterhalten bezw. im Kriegsfalle Das Offiziercorps der Genie-Truppe bildet mit einen Concretualstand. Der Genie-Offizier soll im

Befestigungsbauten werden aufgestellt. jenem des Genie- Stabes *) Allgemeinen sowohl für die

Verwendung in der Genie- Truppe , wie im Genie- Stabe die Eignung besißen. Bei der Dienstesbestimmung ist sonach darauf Bedacht zu nehmen , daß eine nachtheilige Entfremdung in der einen oder der andern Richtung vermieden werde. *) Siehe 9. Band der Jahresberichte, Seite 239.

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Heerwesen Desterreich-Ungarns.

Im Mobiliſirungsfalle wird der Mehrbedarf durch Offiziere in der Reſerve, ferner durch Offiziere des Ruhestandes und des Verhältnisses „ außer Dienst“, welche insgesammt in der Genie -Waffe gedient haben müssen, gedeckt. Die Rekruten sind auf den 1. October einzuberufen. Die taktische Ausbildung hat derart vor sich zu gehen, daß jene der Com pagnien bis Ende Juni, jene des Bataillons bis Ende August durchgeführt ist. Die technische Ausbildung ist derart vorzunehmen , daß unter Ausnutzung der Zeit der Rekruten-Ausbildung , sowie des Winter- Curses auch die Rekruten der jüngsten Stellung im technischen Felddienste bis Ende Juni als brauchbare Arbeiter verwendbar werden. Die Ausbildung der Mannſchaft der Feld- und der Reserve Compagnien in den Fächern des technischen Unterrichts muß eine gleichmäßige sein. Gefreite und Sappeure, welche sich als besonders tüchtige Arbeiter bewährt haben, erhalten die Arbeitsauszeichnung , welche ihnen auch im Falle ihrer Beförderung zum Unteroffizier belaſſen wird. Die der Reserve angehörenden Perſonen des Mannschaftsstandes , und zwar des 2. , 4. und 6. Reserve-Jahrganges sind in jedem Jahre im Frühjahre oder nach der Getreideernte zu den Waffen übungen einzuberufen. Der Friedensstand einer Feld-Compagnie beträgt 5 Offiziere, 111 Mann, einer Reſerve-Compagnie 2 Offiziere, 60 Mann. Der Friedensstand eines Genie Regiments beträgt 136 Offiziere, 2510 Mann und 29 ärarische Pferde. Der Kriegsstand einer Feld- oder Reserve - Compagnie hat 5 Offiziere, 235 Mann, 26 Zug- und 2 Reitpferde ; eine Erjah-Compagnie hat 5 Offiziere, 230 Mann; eine Schanzzeug- Colonne 22 Mann, 28 Pferde. Der Kriegsstand eines Genie - Regiments ist aus umstehender Tabelle er sichtlich. Außerdem stellen noch die beiden Genie-Regimenter Detachements und Com mandirte (zusammen 11 Offiziere, 795 Mann und 78 Deckelwagen) für das Reichs-Kriegsministerium, die General-Genie-Inſpection, für 35 Genie-Directionen, den Genie-Haupt-Park in Wien , das Artillerie-Zeug- Depot nächſt Wiener Neustadt, für 3 Armee-Schanzzeug-Parks, 15 Schanzzeug-Colonnen der Armee-Corps u . s . w. Der Train der Genie-Regimenter ist folgender: 1. Genie-Regiment 2. Genie-Regiment D.

Fahrsoldaten 416 491

Wagen 175 215

Reitpferde 89 95

Zugpferde 728 875

Pas Pionier-Regiment und Pionier-Zeug-Depot.

Der Dienst des Pionier-Regiments im Felde umfaßt : 1) Den Bau von Kriegsbrücken aus dem hierzu mitgeführten Geräthe (Kriegsbrücken-Equipagen und Vorhut-Brücken-Trains) , dann von Noth- und halbpermanenten Brücken ; 2) die Durchführung von Ueberschiffungen sowohl mit dem Material der Kriegsbrücken Equipagen, als mit sonstigen Wasserfahrzeugen ; 3) die Herstellung und die Zerstörung von Wegen und Straßen, die Mitwirkung beim Bau und bei der Zerstörung von Eisenbahnen , dann die Zerstörung von Brücken ; 4) die Mit wirkung bei der Befestigung von Stellungen und Schlachtfeldern ; 5) die im Lager und auf dem Marsche vorkommenden wichtigeren technischen Arbeiten ; 6) die Ausführung jener Wasserbauten , welche zur Sicherung der vorerwähnten Arbeiten nothwendig sind. Zur Durchführung dieser Aufgaben erhält im Kriege jede Armee und jedes Corps die erforderliche Zahl von Abtheilungen des Pionier-Regiments . Die nicht bei der Armee im Felde eingetheilten Abtheilungen werden in den an

158

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Subalterne Offiziere Hauptmann AOberlieutenant -oder uditor

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Militärische Jahresberichte für 1883.

1

1 1

.

Laut Schema V b

. I. | 8 .

.

Zusammen

627 6 1

3 3 6 1 3 6 1



16

||. | .



. . .

1

. 3

1 18 1 3 15 1 547 4 1 713 6 6 3 26 10 27 6 10

26 71 97 53 1

bedeutenden Gewässern liegenden Festungen und zu techniſchen Arbeiten auf den Verbindungslinien der Armee verwendet. Das Pionier-Regiment gliedert sich in den Regimentsstab und 5 Feld Bataillone zu je 4 Feld-Compagnien, 1 Reserve-Compagnie, 1 Erſaß- Compagnie und 1 Zeug- Reserve. Die Ersatz- Compagnien sind im Frieden auf den Cadre gesetzt. Zum Verbande des Pionier-Regiments gehört weiter das Pionier-Zeug

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Heerwesen Desterreich-Ungarns.

Bon den Compagnien Gesammt Summe

Mannschaft Difi ziere ohne

-Sappeure Unter und OberURechnungs - nteroffiziere ZFeldwebel ,Cugführer orporale Unter ,OberGefreite und

12 32

1136

4 12 32

16

4

4 16

4

12 32 [ 12] 32

4 16

4

6 2

8

2

6

28 111

96 640 96 640 96 640

48 320

48 340 2

Offiziersdiener ärarische eigene Bug unbeschirr Reserve te Z - ug Offiziere

81 216 432 648 4370 206 28 5 133 27 6086

10 5

51 .

·

5

4 4 . 146

10 460 470 5 230 235 · 5 230 · 235 5 230 235 4 424 150 428

5 125

125 120

120 125

56

Mannschaft

Offiziere

Pferde

Mannschaft

Offiziere

Pferde

Mannschaft

Sappeure Hornisten Fahrsoldaten

4 16 24 170 1 21 8 24 170 1.1 | 21 • 8 24 170 1 . • 2 • 8 206 1 5 2. 73 85



1

96 640

81 92 4.1 . 8 92 • 8 4 92 8 4 . 92 8 4 92 2.1 · 4 46

.

1

2

96 640 4

2 4 6 20 940 25 955 60 20 8 2 96 8 960 114 980 20 940 25 955 60 20 8 2 96 114 980 960 60 20 20 940 22 944 8 2 96 8 960 114 966 60 201 22 944 20 940 114 966 8 2 96 8 960 60 20 20 940 25 955 114 980 8 2 96 8 960 30 10 10 470 10 470 56 480 4 . 48 4 480

.

1

16 32 442 31 8 16 221 1 31 8 161 221 4 1 31 8 16 4 1 221 133 3 · 339 8

Co

2

1

16

64 844 641 844 64 844 64 844 64 844 32 422

Gefreite

Corporale

32

4

Reit

1002

12 4 16

Summe

Pferde

ohne Feuergewehr

Feldwebel Zugführer

Hauptleute Subalterne

Offiziers -SCadet tellvertreter

mit

Streit bare

2 2 22 856 878 22 856 878 22 856 878 22 856 878 22 856 878 10 428 438

15 471 12 448 486 3 460 5 224 5 231 236 | 229 5 231 5 224 · 229 236 5 224 5 231 · 229 236 4 424 3 200 428 150 203

254 403 139 139 6744 165 6815 152 6028 776 6980 631 48 10 674 44 6883 829 6189

Depot, welches zu den Heeresanstalten zählt, und von welchem im Mobilifirungs falle zwei mobile Pionier-Zeug-Depots aufgestellt werden . Der Oberst und Regimentscommandant führt den Befehl über alle Theile des Regiments. Nach bewirkter Mobilifirung wird er mit einem von den beiden beim Regimentsstabe eingetheilten Hauptleuten im Hauptquartier des Armee Ober-Commandos eingetheilt und dem Chef des Generalstabes bezw . der Operations- Abtheilung zur Besorgung der Pionier- Angelegenheiten zugewiesen.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Dem Regimentscommandanten obliegt auch in dieser Verwendung die Behandlung der Personal- und Standesangelegenheiten der Offiziere. Die administrative Leitung des Regiments geht jedoch an den in der Stabs - Station Klosterneuburg nächst Wien zurückbleibenden zweiten Stabsoffizier des Regiments stabes über, unter dessen Befehl auch die Ersatz- Compagnien und das Pionier Zeug-Depot , dann die in der Stabs-Station verbleibenden Personen des Regimentsstabes treten. Im Kriege werden die Stäbe jener Bataillone , deren Unterabtheilungen verschiedenen Corps ( Truppen- Diviſionen) zugewiesen sind , bei den betreffenden Armee (Corps ) Hauptquartieren eingetheilt. Die Bataillonscommandanten treten daselbst zu den Generalstabschefs in das beim Regimentscommandanten erwähnte Verhältniß. Im Mobilifirungsfalle hat die Ersatz-Compagnie von den übrigen Compagnien die nicht genügend ausgebildete Mannschaft der letzten Stellung zu übernehmen, sie weiter auszubilden und die Abgänge bei den Feld- und Reserve-Abtheilungen zu ersetzen. Die Erjat- Compagnien übernehmen weiter von den Zeug- Reserven die Verwaltung des Uebungsmaterials, der Magazine und Werkstätten in der Stabs-Station des betreffenden Bataillons . Die Zeug -Reserven haben die Kriegsbrücken- Equipagen , die Vorhut Brücken-Trains und die sonstige Pionier-Feldausrüstung ihrer Bataillone, im Frieden auch das Uebungsmaterial derselben zu verwalten und in brauchbarem Stande zu halten . Zu diesem Behuse sind sie mit den betreffenden Professionisten, insbesondere mit Schmieden und Wagnern , welche den Kriegsbrücken-Equipagen beizugeben sind, ferner mit Material, Requisiten und Werkzeugen versehen. Die Zeug-Reserven werden im Kriege grundsätzlich bei den Kriegsbrücken-Equipagen desjenigen Corps eingetheilt, bei welchem sich der Stab des betreffenden Pionier Bataillons befindet. Das Pionier-Regiment steht in militärischer, technischer und wissenschaftlicher Beziehung unter der Leitung des Chefs des Generalstabes , in technisch adminiſtrativer Beziehung unmittelbar unter dem Reichs-Kriegsministerium. In taktischer und militär-adminiſtrativer Beziehung sind die einzelnen Theile des Regiments, bei Wahrung des dem Regimentscommando vorbehaltenen Wirkungs kreises , dem nach der Ordre de bataille vorgesetzten Corps = (Militär-) Commando im Wege des Brigade- und Truppen-Divisions - Commandos unter geordnet. Die zum Feuergewehrſtande gehörigen Perſonen des Mannſchaftsstandes find mit Extra-Corps - Gewehren nach System Werndl , mit Stechbajonneten und Pioniersäbeln , die Cadett-Offiziers- Stellvertreter mit dem Infanterie- Offiziers säbel, die Büchsenmacher mit dem Infanterie-Unteroffizierssäbel, alle übrigen Personen des Mannschaftsstandes (die Offiziersdiener und Pferdewärter aus genommen) nur mit dem Pioniersäbel bewaffnet. Die Kriegs-Taschenmunition beträgt bei dem Unteroffizier 20 , bei dem Gefreiten und Pionier 30 Stück Carabinerpatronen . Das Pionier-Regiment ist zur Durchführung der ihm im Felde zukommenden technischen Verrichtungen mit Materialien , Werkzeugen und Requiſiten versehen, welche die " Pionier-Feldausrüstung " bilden. Für den gedachten Zweck sind systemisirt: a. die tragbare Ausrüstung ; b. die Compagnie-Requisitenwagen ; c. die Kriegsbrücken-Equipagen ; d. die Vorhut-Brückentrains ; e. die Vorräthe der Zeug -Reserven ; – endlich als

Heerwesen Desterreich-Ungarns.

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Reserve-Anstalten : f. die mobilen Pionier-Zeug-Depots und g. das Pionier Zeug-Depot zu Klosterneuburg. Die tragbare Ausrüstung dient den Feld- und Reserve- Compagnien zur sofortigen Inangriffnahme der einfachsten , auf Märschen und im Gefechte vor Jeder mit dem Feuergewehr kommenden Erd- und Zimmermanns-Arbeiten . bewaffnete Pionier dieſer Compagnien hat ein Stück Schanzzeug zu tragen ; die nur mit dem Pioniersäbel bewaffneten Ober- und Unter-Pioniere (dritter Theil des Kriegsstandes der Compagnien) aber sind entweder mit Zimmermanns Mit Hülfe der tragbaren Werkzeugen oder doppeltem Schanzzeuge versehen. Ausrüstung einer Compagnie können 126 Mann zu Erdarbeiten und ohne Gebrauchnahme der Pionierjäbel -72 Mann zu gewöhnlichen Holzarbeiten angestellt werden. Bei den auf dem Kriegsstande befindlichen Feld- oder Reserve-Compagnien geschehen alle Ausrückungen und Märsche mit der vollständigen tragbaren Aus rüstung. Nur auf Märschen, bei welchen mit Gewißheit vorauszusetzen ist, daß keine technische Verwendung eintreten wird , darf die tragbare Ausrüstung aus nahmsweise auf den Compagnie- Requisitenwagen oder auf anderen Fuhrwerken nachgeführt werden. Hingegen sind bei anstrengenden Märschen , und wenn eine Schonung der Kräfte der Mannschaft im Hinblick auf bevorstehende Arbeiten geboten erscheint, die Tornister auf Landesfuhren nachzuführen. Im Frieden ist zur Uebung der Mannschaft zeitweise , namentlich bei den Uebungsmärschen und bei Theilnahme an größeren Waffenübungen, mit der tragbaren Ausrüstung aus zurücken. Jeder Feld- und Reserve-Compagnie sind zwei Compagnie - Requisiten wagen beigegeben, deren Ladung an Werkzeugen , Requisiten und Materialien die tragbare Ausrüstung derartig ergänzt , daß die Compagnie , auch wenn ihr keine Kriegsbrücken- Equipagen zugewiesen sind , nicht nur alle Arbeiten des Pionier-Landdienstes, sondern auch den Bau von Noth- und halbpermanenten Brücken anstandslos auszuführen vermag. Auf dem Requiſitenwagen Nr. 2 befinden sich auch die Spreng- und Zündmittel der Compagnie. Die Kriegsbrücken - Equipagen dienen zur raschen Ueberschiffung oder zur Ueberbrückung von größeren Marſchhindernissen , falls Material an Ort und Stelle nicht vorhanden und Zeitgewinn die Hauptbedingung des Brückenschlages ist. Eine Kriegsbrücken-Equipage enthält die Geräthe, Werkzeuge, Requisiten und Materialien zur Herstellung und Erhaltung einer 53 m langen normalen leichten Kriegsbrücke mit ſtehenden oder schwimmenden Unterlagen. Jedem der 5 Pionier-Bataillone find 8 Kriegsbrücken-Equipagen zugewiesen, welche von den betreffenden Zeug -Reserven verwaltet werden. Außerdem stehen im Frieden 16 Reserve-Kriegsbrücken- Equipagen in der Verwaltung des Pionier Zeug-Depots, welche zur Ausrüstung der Reserve- Compagnien , dann zur Ver stärkung oder Ergänzung des Brücken-Trains der operirenden Armee dienen . Die Kriegsbrücken- Equipagen sind derart mit fortlaufenden Nummern bezeichnet, daß die K. B. E. Nr. 1 bis 8 zum ersten Feld-Bataillon, Nr. 9 bis 16 zum zweiten Feld-Bataillon u. s. w. gehören , die Reserve-Kriegsbrücken-Equipagen aber die Nummern von 41 bis 56 führen. Zur Verwendung im Felde werden die Kriegsbrücken-Equipagen nur nach Bedarf aus der Armee-Reserve den einzelnen Corps bezw . den Pionier- Compagnien (einer Compagnie grundsätzlich zwei) beigegeben, oder nach jenen Punkten disponirt, wo eine Verwendung in größerem Maße stattfinden soll. Militärische Jahresberichte 1883. 11

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Die Vorhut-Brücken - Trains dienen dazu , geringere Marschhindernisse, wie Canäle, Bäche, tiefe Gräben u. dergl. sofort überbrücken zu können, wenn weder Material an Ort und Stelle vorhanden, noch die Heranziehung eines Theiles des Kriegsbrücken-Trains möglich oder nothwendig ist. Ein Vorhut Brücken-Train enthält das Geräth, welches zur Herstellung einer 13,3 m langen, normalen leichten Kriegsbrücke mit einer stehenden Unterlage erforderlich ist. Die vorhandenen Vorhut-Brücken-Trains führen die Nummern 1 bis 14. Im Kriege wird in der Regel jedem Corps , bezw. der bei demselben eingetheilten Pionier Compagnie nebst der übrigen Pionier-Feldausrüstung ein Vorhut-Brücken -Train beigegeben. Dieser tritt dann in die Verwaltung und Verrechnung der Zeug Reserve desjenigen Pionier-Bataillons , welchem die betreffende Compagnie angehört. Die von den Zeug - Reserven im Kriege mitzuführenden Vorräthe müſſen die rasche Ergänzung der übrigen Theile der Feld-Ausrüstung möglich machen. Sie sind daher bei jeder Mobilisirung dem nach der Beschaffenheit des Kriegs schauplates und nach sonstigen maßgebenden Umständen vorauszuſeßenden Bedarf anzupassen. Zur Verladung dieser Vorräthe sind sieben Rüstwagen beſtimmt. Die mobilen Pionier- Zeug - Depots haben Material , Werkzeuge und Requisiten, dann Wasserfahrzeuge für auszuführende größere Brückenbauten oder für Wassertransporte, Ueberschiffungen 2. auf dem Kriegsschauplatze anzuſammeln, herzurichten und an die mit diesen Arbeiten betrauten Abtheilungen abzugeben. Weiter haben sie als Reserve-Anstalten zweiter Linie den Erſaß an Ausrüstungs gegenständen aller Art für die im Felde befindlichen Abtheilungen des Pionier Regiments, eventuell aus dem Pionier-Zeug-Depot in Klosterneuburg , zu vermitteln. Das Pionier- Zeug- Depot in Klosterneuburg ist zur Er zeugung und Nachschaffung der gesammten Kriegsausrüstung des Pionier Regiments bestimmt. Die Feldausrüstung einer Pionier-Compagnie für den Gebirgskrieg besteht aus der tragbaren Ausrüstung und einer Ergänzung derselben, welche zum Theile den Compagnie-Requisitenwagen, zum Theile den Reserve-Vorräthen entnommen und nebst der halben Anzahl der Tornister auf Tragthieren fortgebracht wird. Die Cadetten und Subalternoffiziere des Pionier-Regiments bilden für sich einen eigenen Concretualstand. Die Hauptleute und Stabsoffiziere rangiren in Bezug auf ihre Beförderung gleich jenen des Eisenbahn- und Telegraphen-Regiments , dann der Jäger- Truppe , im Concretualstande der Infanterie. Die Ergänzung des Offiziercorps erfolgt nach den Bestimmungen der Beförderungsvorschrift für die Personen des Soldatenstandes im k. k. Heere. Die Berufsoffiziere gehen aus der technischen Militär-Akademie und aus den Cadetten des Regiments hervor, welche ihre Ausbildung in der Pionier-Cadettenschule erhalten. Die taktische Ausbildung hat in dem für die Pionier-Truppe vorgeſchriebenen Umfange derart vor sich zu gehen , daß jene der Compagnien am 1. October beginnt und mit Ende Juni, jene der Bataillone mit Ende August durchgeführt ist. Die technische Ausbildung hat die Pionier-Truppe für deren eigentliche Bestimmung vorzubereiten. Sie ist derart vorzunehmen , daß unter Ausnutzung der Zeit für die Rekruten-Ausbildung , sowie des Wintercurses auch die Mann schaft der letzten Stellung bis Ende Juni zu brauchbaren Hülfsarbeitern in allen Zweigen des Pionierdienstes herangebildet werde. Die Ausbildung der Feld und jene der Reserve- Compagnien im Pionierdienste muß eine gleichmäßige sein. Die Reserve- Compagnien haben nach Maßgabe ihres Standes an den Uebungen der Feld-Compagnien und an der Ausbildung der Rekruten Theil zu nehmen.

Heerwesen Desterreich-Ungarns.

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Unteroffiziere, Gefreite und Pioniere, welche im Waſſerdienſte besonders aus gebildet sind , werden sowohl im Grundbuche, als auch in den Urlauber- und Reserve-Protocollen als „ Steuermänner " aufgeführt und mit dem Steuermanns Abzeichen versehen. Die der Reserve angehörenden Personen des Mannschafts standes, und zwar des 2. , 4. und 6. Reserve-Jahrganges sind, in jedem Jahre Die Reserve nach der Getreideernte zu den Waffenübungen einzuberufen. mannschaft wird zur Waffenübung grundsätzlich zu jenen Unterabtheilungen ein berufen und präsentirt, in deren Grundbuchsstand sie gehört. Zur Durchführung der Waffenübung sind in der Regel sämmtliche eingerückten Reservemänner eines Bataillons der Reserve-Compagnie zuzutheilen , und hat demnach der Reserve Compagniecommandant besonders für die theoretische und praktische Heranbildung von geeigneten Instructoren zu sorgen. Die zu den Uebungen der Reſervemänner bei der Reserve-Compagnie weiter erforderlichen Instructoren sind von den Feld Compagnien zu stellen. Die aus den Einjährig-Freiwilligen hervorgegangenen Offiziere in der Reserve sind während der Reservedienstpflicht zu drei Waffen übungen, die aus den Berufsoffizieren hervorgegangenen Offiziere in der Reserve mit ihren Reserve-Jahrgängen zur Waffenübung in der jedesmaligen Dauer von längstens vier Wochen einzuberufen. Der Uebergang vom Friedens auf den Kriegsstand geschieht durch Ein berufung der Gagisten in der Reserve, sowie der dauernd Beurlaubten und Reservemänner in Verbindung mit der Aufstellung der Ersatz- Compagnien und der mobilen Pionier-Zeug-Depots , dann der Completirung , Hinausgabe und Herrichtung der Pionier-Feldausrüstung , endlich der Formirung des Truppen und Brücken-Trains . Die zur Zeit der Mobiliſirung nicht genügend ausgebildete, sowie die nach Augmentirung auf den vorgeschriebenen Kriegsstand verfügbar bleibende Mannschaft der Feld-Abtheilungen ist von diesen an die Ersatz Compagnien in Verpflegszutheilung zu übergeben. Die Friedensdislocation ist folgende : Regimentsstab , ein Bataillon und das Pionier-Zeug-Depot in Klosterneuburg , ferner je ein Bataillon in Preßburg, Prag, Linz und Pettau. Friedensstand einer Pionier-Feld- Compagnie : 4 Offiziere , 117 Mann ; einer Reserve-Compagnie : 1 Offizier , 20 Mann ; einer Ersatz- Compagnie : 2 Offiziere, 7 Mann ; einer Zeug- Reserve : 1 Offizier, 6 Mann ; des Pionier Zeug- Depots : 4 Offiziere, 3 ( 1 Schmiede- , 1 Wagner-, 1 Seiler-) _Meister 1. Klaſſe und 83 Mann ; endlich des ganzen Regiments : 129 Offiziere, 2629 Mann und 29 Pferde. Kriegsstand einer Feld- oder Reserve- Compagnie : 5 Offiziere, 217 Mann ; einer Ersatz- Compagnie : 4 Offiziere, 223 Mann ; der vier ersten Zeug-Reserven : 2 Offiziere, 51 Mann, der fünften Zeug-Reserve : 2 Offiziere , 63 Mann ; des Zeug-Depots : 5 Offiziere , 174 Mann ; eines mobilen Zeug-Depots : 2 Offiziere, 35 Mann. Der Kriegsstand des ganzen Regiments und der Zeug-Depots beträgt insgesammt 181 Offiziere, 7092 Mann und 676 Pferde. Der Train des Pionier-Regiments zählt 287 Fahrsoldaten, 164 Reitpferde , 510 Zugpferde und 105 Wagen. Zur Fortschaffung der Kriegsbrücken- Equipagen sind die Train-Escadrons Nr. 65 bis 75 , und zwar je zwei für die acht Kriegsbrücken-Equipagen eines jeden Pionier- Bataillons , ――― die Train- Escadron Nr. 75 aber für die Reserve Kriegsbrücken-Equipagen Nr. 41 bis Nr. 44 bestimmt, so daß von den vier Zügen, in welche diese Train-Escadrons sich gliedern , jeder eine Kriegsbrücken-Equipage zu bespannen hat. 11*

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Die Train-Escadrons Nr. 66, 68, 70, 72 und 74 stellen überdies noch je 1 berittenen Zugführer, 15 Train-Soldaten und 7 vierspännig bespannte Rüst wagen für die Zeug-Reserven. Die Reserve-Kriegsbrücken-Equipagen Nr. 45 bis 56, für welche keine ärarischen Bespannungen vorhanden sind, erhalten im Bedarfsfalle gemiethete Bespannungen zugewiesen.

E.

Das Eisenbahn- und Telegraphen-Regiment.

Wie schon bei C. angedeutet , wurde mit 1. August 1883 aus je sechs Reserve-Compagnien der beiden Genie-Regimenter und aus den bestandenen fünf Feld-Eisenbahn-Abtheilungen (5 Pionier- und 5 Mineur- Detachements) das Eiſen bahn- und Telegraphen-Regiment errichtet. Dasselbe ist theils zur Versehung des Eisenbahn-, theils zur Versehung des Telegraphendienstes im Felde bestimmt. Der Eisenbahndienst des Regimentes im Felde umfaßt : 1) die Wieder herstellung zerstörter Eisenbahnen ; 2 ) die Theilnahme bei der feldmäßigen Anlage neuer Bahnstrecken ; 3) die Einleitung und provisorische Besorgung des Betriebes auf occupirten und wiederhergestellten Bahnen, oder auf neu angelegten Eisenbahn strecken ; 4) die Unbrauchbarmachung von Eisenbahnen. Die unter 1 ) und 4) angeführten Arbeiten liegen ausschließlich den Eisen bahn-Compagnien ob. Zur Anlage neuer Bahnstrecken werden auch andere Kräfte (Truppen, Civilarbeiter, Bauunternehmungen) verwendet. Der Bahnbetrieb wird von den Eisenbahn-Compagnien nur bis zum Eintreffen der zur eigentlichen Betriebsführung bestimmten Eisenbahn-Betriebs - Abtheilungen übernommen. Der Telegraphendienst des Regimentes im Felde umfaßt : 1 ) die Herstellung und den Betrieb der im Bereiche der operirenden Armee jeweilig erforderlichen Feld-Telegraphen-Verbindungen und das seinerzeitige Abbrechen derselben ; 2) die Herstellung und den Betrieb neuer halbpermanenter Linien zum Anschluß des Feld-Telegraphen an das permanente inländische Netz, sowie die Wiederherstellung und Inbetriebsetzung zerstörter ſtabiler Telegraphenleitungen im Etappenbereiche der Armee; 3) die Unbrauchbarmachung von Telegraphenverbindungen. Die Durchführung der unter 1) erwähnten Aufgabe liegt den Telegraphen Abtheilungen ob, während der Anschluß des Feld-Telegraphen an das permanente inländische Netz in der Regel durch die Reserve-Telegraphen-Abtheilungen zu besorgen ist, welche unter Zuziehung von Organen der Staats-Telegraphen verwaltungen im Bedarfsfalle aufgestellt werden. Die Unbrauchbarmachung von Telegraphenverbindungen liegt je nach den Verhältnissen den Feld-Telegraphen oder den Reserve-Telegraphen-Abtheilungen ob. Den hauptsächlichsten Gegenstand der Beschäftigung des Eisenbahn- und Telegraphen-Regiments im Frieden bildet dessen technische Vorbildung für den Krieg. Im Frieden besteht das Eisenbahn- und Telegraphen-Regiment aus dem Regimentsstabe, 2 Bataillonen zu je 4 Compagnien, und aus 1 Ersagcadre. Der Regimentsstab, ein Bataillon und der Ersaßcadre befinden sich in Korneuburg, wo ein sehr ausgedehnter technischer Uebungsplatz eingerichtet worden ; der Stab des zweiten Bataillons befindet sich in Banjaluka und die Compagnien desselben find theils beim Betriebe der Militärbahn Doberlin-Banjaluka, theils bei jenen der schmalspurigen Bosna-Bahn Brood- Sarajewo thätig. Im Kriege wird der Bataillonsverband aufgelöst und aus dem Regimente werden formirt : 1 ) 8 Eisenbahn-Compagnien zu je 4 Zügen ; Stand und Ausrüstung der Letzteren ist so bemessen , daß jeder Zug selbständig verwendet

Heerwesen Desterreich- Ungarns .

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werden kann ; 2) 3 Feld-Telegraphen-Directionen erster ; 3) 3 Feld-Telegraphen Directionen zweiter Linie ; 4) 43 Feld-Telegraphen- und 3 Gebirgs-Telegraphen Abtheilungen; 5) 1 Ersatz-Bataillon, bestehend aus 2 Ersatz- Compagnien. Jede Compagnie des Eisenbahn- und Telegraphen-Regiments formirt im Mobilifirungsfalle: 1 Eisenbahn-Compagnie , dann jede der Compagnien Nr. 1 bis 7 noch 6 Feld - Telegraphenabtheilungen (nämlich die Compagnie Nr. 1 : die Feld= Telegraphenabtheilungen Nr. 1 bis 6 , die Compagnie Nr. 2 jene Nr. 7 bis 12 u. f. w.) , endlich die Compagnie Nr. 8 die Feld-Telegraphenabtheilung Nr. 43 und 3 Gebirgs-Telegraphenabtheilungen. Für den Betrieb occupirter oder neu angelegter Bahnen werden im Kriege Militär- Eisenbahn - Directionen , Militär - Eiſenbahn - Betriebsinſpectionen und 8 Eisenbahn-Betriebsabtheilungen aufgestellt , welche zwar größtentheils aus heeresdienstpflichtigen Eisenbahnbeamten und Eisenbahnbediensteten formirt_ſind, in deren Stand jedoch für einzelne Zweige des Eisenbahndienstes nach Bedarf auch geeignete, zur Verfügung gestellte Personen der k. k. und der königlich Ungarischen Landwehr, dann des Civilstandes zugetheilt bezw. eingetheilt werden können. Nach Mobiliſirung des Regiments steht der Regimentscommandant nebst seinem Adjutanten zur Verfügung des Armee- (Armee-Öber-) Commandos . Die administrative Leitung des Regiments geht in diesem Falle an den Comman danten des Ersatz- Bataillons über. Von den Bataillonscommandanten übernimmt nach Mobiliſirung des

Regiments einer das Commando des Ersatz-Bataillons, der zweite steht zur Ver fügung des Armee-Obercommandos. Das Regiment steht in militärischer , technischer und wissenschaftlicher Beziehung unter der Leitung des Chefs des Generalstabes , in technisch administrativer Beziehung unter dem Reichs-Kriegsministerium. In militär dienstlicher und militär-administrativer Hinsicht unterstehen die einzelnen Theile des Regiments jenen Commandos , welchen sie nach der Ordre de bataille des Heeres zugewiesen sind, in ökonomisch-administrativer Beziehung jedoch unmittelbar dem betreffenden Militär- Territorial-Commando. Im Frieden bildet das Regiment einen Verrechnungskörper, und es gehören sämmtliche Abtheilungen zum Verbande der Verwaltungs - Commission beim Regimentsstabe. Der Verwaltungs-Commission liegt auch die Führung des Hauptgrundbuches für sämmtliche Abtheilungen des Regiments und die Ver waltung und Verrechnung des Augmentations-Vorrathes an Montur , Rüstung, Armatur und Feldgeräthen ob. Die zum Feuergewehrstande gehörigen Personen des Mannſchaftsstandes sind mit Extra- Corps - Gewehren nach System Werndl , mit Stechbajonneten und Pioniersäbeln , die Cadett-Offiziers - Stellvertreter nur mit dem Infanterie- Offiziers fäbel, die Büchsenmacher mit dem Infanterie-Unteroffiziersfäbel , alle übrigen Personen des Mannschaftsstandes (die Offiziersdiener ausgenommen ) nur mit dem Pioniersäbel bewaffnet. Die Kriegs - Taschenmunition beträgt bei dem Unteroffizier 20 Stück , bei dem Gefreiten und Pionier 30 Stück Carabinerpatronen. Im Telegraphen-Büreau des Generalstabes wird ferner jene Mannschaft des Heeres und der Landwehr evident gehalten , welche für den Telegraphen-Neben stationsdienst verwendbar ist, jedoch nicht die Eignung für den Dienst bei Feld Telegraphenabtheilungen besitzt. Diese Individuen werden im Mobilifirungsfalle

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zur Versehung des Dienstes beim Reserve-Telegraphen bestimmt. Sie verbleiben im Stande der betreffenden Truppenkörper und haben die Benennung Telegraphen Manipulanten zu führen. Für den Feld-Eisenbahn -Betriebsdienst ist der Gesammtstand an Mannschaft nebst der entsprechenden Reserve - zusammen für 3 Militär- Eisenbahn-Betriebs inspectionen und 8 Eisenbahn-Betriebsabtheilungen erforderlich. Die theoretische und praktiſche Ausbildung des Eisenbahn- und Telegraphen Regiments erfolgt nach den bestehenden Instructionen und Vorschriften. Von dem Friedensstande jeder Compagnie des Eisenbahn- und Telegraphen-Regiments find 18 Unteroffiziere und Soldaten (6 Mann von jedem Affent-Jahrgange) und außerdem von den Einjährig-Freiwilligen des Regiments jährlich ungefähr 20 für den Feld-Telegraphendienst, die Uebrigen für den Feld-Eisenbahndienst auszubilden. Zur praktischen Ausbildung der Offiziere und Mannschaft im Eisenbahn-Betriebs und Werkstättendienste ist entweder dem Regimente eine Eisenbahnlinie zugewieſen oder es werden einige Offiziere und eine entsprechende Anzahl von Unteroffizieren und Soldaten des Regiments zu Bahnen commandirt . Mit Rücksicht auf die den Eisenbahn-Compagnien im Felde am häufigsten zukommende Aufgabe können einzelne Abtheilungen des Regiments auch den Eisenbahn-Verwaltungen zum Eisenbahnbau zugewiesen werden. Um die als Feld-Telegraphen-Abtheilungsleiter und Feld-Telegraphiſten in Aussicht genommenen Personen im Stations- und Baudienste praktisch aus zubilden, kann jährlich eine Anzahl derselben zu stabilen Telegraphen- Anstalten commandirt werden. Subalternoffiziere des Regiments können behufs höherer Ausbildung in den einschlägigen Fächern der Ingenieur-Wissenschaften und der Elektrotechnik als außerordentliche Hörer an technische Hochschulen entsendet werden. Von den der Reserve angehörenden Personen des Mannschaftsstandes sind jährlich jene des 2. , 4. und 6. Reserve-Jahrganges im Frühjahre oder nach der Getreideernte zu den Waffenübungen einzuziehen. Die Bekleidung und Ausrüstung des Regiments ist weiter unten in dem einschlägigen Abschnitt des vorliegenden Jahresberichtes behandelt.

F. Das Feld-Eiſenbahn- und Telegraphenwesen im Kriege. Das Feld - Eisenbahnwesen umfaßt alle die militärische Ausnutzung der Bahnen betreffenden Angelegenheiten , insbesondere auf dem Kriegsschau plaße die Instandsetzung oder Neuanlage von Bahnen , die Einleitung und militärische Führung des Betriebes occupirter Bahnen , endlich die directe Mit wirkung bei Operationen ; außerhalb des Kriegsschauplages die Regelung des Betriebes und der Militär- Transporte auf den inländischen Bahnen. Zur obersten Leitung des gesammten Feld-Eisenbahnwesens wird ein höherer Stabsoffizier des Generalstabs-Corps als „ Chef des Feld - Eisenbahnwesens “ berufen, welcher dem Armee- Obercommando im Wege des Generalstabschefs unter stellt ist. Dem Chef des Feld-Eisenbahnwesens sind untergeordnet : für die Bahnen des Kriegsschauplates : 1) die Feld-Eisenbahn-Transportleitungen mit den Linien- und den Etappen = Commissionen -zur Regelung der Militär- Transporte,

Heerwesen Desterreich-Ungarns.

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2) die Militär- Eisenbahn- Directionen mit den Militär- Eisenbahn-Betriebs inspectionen und den Eisenbahn - Betriebsabtheilungen -- zur Führung des Betriebes occupirter Bahnen , 3) die Eisenbahn - Compagnien zur Herstellung und Erweiterung der Bahnlinien und Anlage neuer Bahnen, 4) die Centralleitung für den Militär - Transport auf Eisenbahnen mit den Linien- und den Etappen-Commissionen zur Regelung der Militär-Transporte auf den außerhalb des Kriegsschauplatzes gelegenen Bahnen. Der Chef des Feld - Eisenbahnwesens beginnt seine Thätigkeit mit der Mobilmachung, und er fungirt bis zu seinem Abgange auf den Kriegsschauplatz als Präses der Centralleitung. Damit er fortgesetzt einen Ueberblick über die Inanspruchnahme und den Zustand sämmtlicher inländischen sowie der occupirten ausländischen Bahnen besitze , ist er über alle diesfälligen Verhältnisse durch die Eisenbahn-Transport-Behörden stets in Kenntniß zu erhalten , und es haben sich diese Behörden auch untereinander über die auf ihren Linien ſtattfindenden Transporte insofern zu verständigen, damit jede Behörde (Centralleitung, Trans portleitung, Linien-Commission) ihre Verfügungen unter Rücksicht auf die Anschlußz linien treffen könne. Nach Weisung des Armee-Obercommandos verfügt der Chef des Feld- Eisen bahnwesens im Wege der vorgenannten Hülfsbehörden über das gesammte Material der Bahnen. Er ist befugt , wo es ihm nothwendig erscheint , zur Regelung und Ordnung der Bahnverhältnisse innerhalb der Grenzen seines Wirkungskreises besondere Commissionen zu entsenden , wozu ihm das Personal zur Verfügung steht. Er verwendet die Eisenbahn-Compagnien und Eisenbahn Betriebsabtheilungen. Zur raschen Inbetriebseßung occupirter Bahnen hat er die nöthigen Maßnahmen zu treffen und die Heranziehung des für die Betriebs führung solcher Bahnen nothwendigen Perſonals zu beantragen. Die für die Betriebsabtheilungen etwa nothwendigen Geräthe, Ausrüstungs gegenstände , Signalmittel u . dergl. werden durch das Reichs-Kriegsministerium aus den Vorräthen der inländischen Bahnen beschafft. Jm Bedarfsfalle kann der Chef des Feld-Eisenbahnwesens die Vermehrung der Eisenbahn - Compagnien und Eisenbahn - Betriebsabtheilungen , dann für den Bau von Feldbahnen auch die Heranziehung leiſtungsfähiger Bau-Unternehmungen durch das Armee-Obercommando beim Reichs-Kriegsministerium beantragen. Alle nothwendigen Ergänzungen des Personals hat er im Wege des Armee-Ober commandos beim Reichs-Kriegsministerium zu beantragen. Bei einer theilweiſen Mobiliſirung werden die Aufgaben des Chefs des Feld-Eisenbahnwesens nach besonderen Weisungen durch den Chef des Eisenbahn Büreaus des Generalstabes ausgeübt. Dem Chef des Feld - Eisenbahnwesens sind beigegeben : 1 ) der Regiments commandant und ein Bataillonscommandant des Eisenbahn- und Telegraphen Regiments, 2) einige Generalstabs-Offiziere. Die Stabsoffiziere des Eisenbahn - Regiments fungiren als militärtechniſche Hülfsorgane , insbesondere für alle Angelegenheiten , welche die Verwendung der Eisenbahn-Compagnien oder die Durchführung der denselben übertragenen Arbeiten betreffen. Sie werden vornehmlich zur Inspicirung , Leitung und Ueberwachung von Bauarbeiten verwendet , können aber auch als Militär-Eisenbahn- Directoren zur Leitung des Betriebes occupirter Bahnen bestimmt werden. Die Einrichtung und Führung des Betriebes occupirter Bahnen wird ent weder anschließenden Bahnen des Inlandes unter angemessener Vermehrung des

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Personals übertragen, oder es werden für größere occupirte Bahncomplexe eigene Militär- Eisenbahn- Directionen errichtet. Die Verhältnisse des Kriegs schauplatzes und die Gruppirung des Bahnnetzes werden entscheiden, ob nur eine oder ob mehrere solche Militär - Eisenbahn - Directionen aufzustellen find. Für beiläufig 450 km Eisenbahn wird eine Direction gerechnet. Die Militär-Eisenbahn- Directionen unterstehen bezüglich der Transporte der Feld-Eisenbahn-Transportleitung , bezüglich aller betriebstechnischen Angelegenheiten dem Chef des Feld-Eisenbahnwesens. Eine Militär - Eisenbahn - Direction besteht aus einem Stabsoffizier als Director, zwei Eisenbahn-Bautechnikern, zwei Eisenbahn-Betriebstechnikern , einem Maschinentechniker und einem Verwaltungsbeamten. Dieses Perſonal leitet die Geschäftszweige : Verkehr , Bau und Bahnerhaltung , Zugförderung und Werk stättendienst, endlich Materialverwaltung. Außerdem werden jeder Direction für den allgemeinen Verwaltungs- sowie für den Kassa- und Canzleidienst die erforderlichen Militär- Rechnungscontrol- sowie Bau-Rechnungsbeamten, Schreiber und Zeichner zugewiesen. Für den Betrieb sowie zur Vornahme von Ausbefferungen , Erweiterungs arbeiten und Bahnerhaltungsbauten werden jeder Direction die erforderlichen Betriebsinspectionen und Betriebsabtheilungen beigegeben. Je nach der Beschaffenheit der Bahn werden für Strecken von 110-125 km zwei bis drei Betriebsabtheilungen verwendet und diese einer Betriebsinspection untergeordnet, deren Aufstellung auf Antrag des Armee (Armee- Ober-) Commandos vom Reichs-Kriegsministerium verfügt wird. Für den Betrieb der einer Militär- Eiſenbahn- Direction zugewiesenen Bahnen gelten die diesbezüglichen Instructionen des Eisenbahn- und Telegraphen-Regiments. Die auf dem Kriegsschauplate befindlichen Eisenbahn-Compagnien unterſtehen in bautechnischer Beziehung dem Chef des Feld - Eisenbahnwesens (bei theilweiser Mobilisirung eventuell der Feld - Eisenbahn - Transportleitung) , in militärischer Beziehung aber jenem Armee (Corps , Truppen- Divisions-) Commando , bei welchem sie eingetheilt sind. Bezüglich der Ergänzung an Mannſchaft , der Zuſchübe an Baumaterialien, Werkzeugen, Geräthen und Requisiten, endlich der Zuweisung von Civilarbeitern bei größeren Bauten haben sich die Eisenbahn - Compagnien bezw. die Bauleiter an den Chef des Feld-Eisenbahnwesens zu wenden . Die bei einer Militär- Eisenbahn-Direction eingetheilten Eisenbahn-Compagnien unterstehen dem Militär- Eisenbahn-Director. Nach vollendetem Aufmarsche der Armee hat die Centralleitung bezüglich aller die militärische Ausnutzung der Bahnen betreffenden Angelegenheiten den Anforderungen des Chefs des Feld- Eisenbahnwesens im vollen Umfange zu ent sprechen ; alle hieraus entspringenden Verfügungen sind jedoch sogleich dem Reichs Kriegsministerium zu melden. Die Centralleitung hat anzuregen : 1) die rechtzeitige Entsendung von Detachements der Eisenbahn- Compagnien zur Durchführung der für die militärische Leistungsfähigkeit der Bahnen , insbesondere der Aufmarschlinien , nothwendigen Erweiterungsbauten und Herrichtungen , eventuell Zuweisung der nöthigen Ver stärkungen an Betriebspersonal auf diesen Linien ; 2) die Zuweisung der für die Eisenbahnzüge der Eisenbahn - Compagnien nothwendigen Fahrbetriebsmittel ; 3) die Bildung und Verwendung der Militär-Eisenbahn-Betriebs- Directionen, -Inspectionen und Abtheilungen ; 4) den Abschub der Ergänzungen an Mann schaft des Eisenbahn-Regiments durch das Ersatz-Bataillon, eventuell auch größerer

Heerwesen Desterreich-Ungarns.

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Partien von Civilarbeitern , falls umfangreichere Bahnbauten dies erheischen sollten; 5) die Zuschübe an Baumaterialien , Werkzeugen und Geräthen nach Anforderung des Chefs des Feld - Eisenbahnwesens ; 6) die Completirung des Perjonalstandes der Eisenbahn -Betriebs - Directionen (Inspectionen und Abtheilungen), eventuell auch durch Heranziehung von Eisenbahn-Civilbeamten , falls die bei zustellenden Bahnfunctionäre unter den wehrpflichtigen Personen nicht vor handen wären. Das Feld- Telegraphenwesen gliedert sich in : 1 ) die Feld-Telegraphen-Directionen, die Feld- und die Gebirgs -Telegraphen Abtheilungen , welchen die Aufgabe zufällt , die jeweilig auf kurze Zeit erforder= lichen Telegraphen-Verbindungen im Bereiche der operirenden Armee rasch her zustellen, in Betrieb zu setzen und dann wieder abzubrechen ; 2) die Reserve-Telegraphen- Abtheilungen, welche die Bestimmung haben, die auf längere Zeit erforderlichen Telegraphen-Verbindungen in halbpermanenter Weise herzustellen und in Betrieb zu setzen , um das stabile Telegraphennetz zu erweitern und die Verbindung desselben mit den Feld - Telegraphenlinien zu erhalten. Im Falle einer Mobilifirung sind vom Eisenbahn- und Telegraphen - Regi ment normal zu formiren : 3 Feld-Telegraphen-Directionen erster Linie, = = 3 = zweiter =፡ = 43 = Abtheilungen und 3 Gebirgs-Telegraphen-Abtheilungen. Jede Telegraphen - Abtheilung gliedert sich in das Bau- und das Train Detachement. Ersteres , zum Bau und Betrieb der Feld - Telegraphenlinien bestimmt, ist vom Eisenbahn- und Telegraphen-Regiment, das Train-Detachement von der Traintruppe zu stellen . Die Feld - Telegraphen- Abtheilungen werden mit fortlaufenden Nummern von 1 bis 43 bezeichnet, und führen außerdem jene , welche mit Materialwagen M. 1877 ausgerüstet sind , die Bezeichnung „ leichte" , die mit Materialwagen M. 1867/80 ausgerüsteten Abtheilungen aber die Bezeichnung schwere" Feld Telegraphen-Abtheilungen. Für jedes Armee - Commando wird eine Feld - Telegraphen- Direction erster Linie , für jedes Armee - Generalcommando eine Feld- Telegraphen - Direction zweiter Linie aufgestellt. Die Directionen führen die Bezeichnung " Feld-Tele graphen-Direction erster (zweiter) Linie der N. Armee " . Die Anzahl der bei der Armee eingetheilten Feld-Telegraphen-Abtheilungen wird per Corps mit zwei leichten und einer schweren Abtheilung berechnet. Die Betheilung jener Armee körper , welche für den Gebirgskrieg bestimmt sind , mit Gebirgs - Telegraphen Abtheilungen wird fallweiſe beſtimmt. Im Hauptquartier des Armee- Obercommandos wird der Chef des Feld Telegraphenwesens nebst dem entsprechenden Hülfspersonal eingetheilt ; er unter steht dem Generalstabschef des Armee-Obercommandos im Wege der Operations Abtheilung. Zur Leitung des Feld-Telegraphenwesens im Bereiche einer Armee ist jedem Armee-Commando eine Feld- Telegraphen- Direction erster Linie zugewiesen. Alle Anordnungen zum Errichten und zum Abbrechen der Feld-Telegraphen linien und Telegraphenstationen sind durch die Armee- Commandos , eventuell nach den Weisungen des Armee- Obercommandos zu erlaſſen.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Die Reserve-Telegraphen-Abtheilungen unterscheiden sich : a. in Reserve-Telegraphenbau -Abtheilungen, welche in der Regel aus einem Beamten als Bauleiter, einem Leitungsaufseher und beiläufig 50 Arbeitern bestehen. Sie werden mit den zur Wiederherstellung stabiler und zum Neu bau halbpermanenter Telegraphenlinien erforderlichen Materialien, Requi siten und Werkzeugen ausgerüstet, welche auf gedungenen oder requirirten Fuhrwerken fortzubringen sind ; b. in Reserve-Telegraphen-Betriebsabtheilungen , welche aus dem Perſonal und den Einrichtungen für den Betrieb des Reserve - Telegraphennetes bestehen. Die Anzahl der aufzustellenden Bau- und jene der Betriebs - Abtheilungen, dann deren Erforderniß an Linienmaterial und Stationseinrichtungen ist von den Verhältnissen des Kriegsschauplatzes und dem Verlaufe der Operationen abhängig , daher die bezüglichen Verfügungen dem concreten Falle vorbehalten bleiben. G. Aufstellung von Cavallerie- Truppen-Diviſionen. Im Frieden formiren die 41 Cavallerie-Regimenter des Heeres 20 Cavallerie Brigaden ; im Kriege wird noch eine 21. Brigade aufgestellt , und werden die Brigaden gleichzeitig in fünf Cavallerie - Truppen - Diviſionen zuſammengezogen, während die Oesterreichische und Ungarische Landwehr-Cavallerie noch zwei weitere Divisionen formirt. Die Divisionsverbände bei der Reiterei werden im Frieden nur aus ökonomischen Rücksichten nicht aufrecht erhalten. Die erponirte Lage Galiziens hat aber die Heeresleitung veranlaßt , den militärischen Erforderniſſen Rechnung zu tragen und mit 1. October 1883 die Cavallerie-Brigaden im Bereiche des 1. (Krakauer) und 11. (Lemberger) Corps in je eine Cavallerie Truppen-Division zu vereinigen. Bei der Friedensdislocation iſt auch darauf Bedacht genommen worden , daß jede der beiden Cavallerie- Truppen - Diviſionen mit einer reitenden Batterie-Diviſion dotirt werde. H. Pie Militärkaſſen und Militär- Zahlſtellen. Zu den Militärkassen zählen : das Universal - Militär - Depositenamt , das Universal-Militär-Zahlamt sowie die Militärkassen zu Wien, Budapest, Josefstadt und Sarajevo , dann die Militär-Filialkaſſe zu Mostar , endlich die Operations und Feſtungskaſſen , welche bei der Mobilifirung für die höheren Commandos der Armee im Felde und für ausgerüstete feste Plätze aufgestellt werden. In den Militär-Territorial-Bezirken, in welchen eine Militärkaſſe nicht beſteht, werden die Kassengeschäfte von der im Amtssite des Militär-Territorial- Commandos befindlichen Civil- Staatskasse als Militär-Zahlstelle besorgt , und zwar zu Prag und Lemberg von der Landes-Hauptkaſſe, zu Agram von der Königlichen Staats Hauptkasse , zu Brünn , Graz und Jnnsbruck von den Finanz-Landeskaſſen , zu Zara von dem Landes-Zahlamte u . s . w . Dem Universal- Militär - Depositenamt liegt die Uebernahme, Verwahrung, Evidenthaltung und Verrechnung der Militär - Stiftungsfonds - Capitalien , der Dienstes und Militär-Heiraths- Cautionen sowie der sonstigen ihm vom Reichs Kriegsministerium bezw . von dem obersten Militär-Gerichtshofe zu dieſen Zwecken zugewiesenen fremden Gelder, Effecten und Werthpapiere ob. Das Universal- Militär - Zahlamt und die Militärkassen , sowie auch die Operations- und Festungskassen haben die ihnen zugewiesenen Staats- und

Heerwesen Oesterreich-Ungarns.

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sonstigen Gelder aufzunehmen, zu verwahren, nach Maßgabe der ihnen von den vorgesetzten anweisenden Militärbehörden zukommenden schriftlichen Aufträge an die bezugsberechtigten Truppen , Behörden , Anstalten und Personen zu erfolgen und über ihre Gebahrung journalmäßige Rechnung zu legen. Ebenso haben die als Militär-Zahlstellen fungirenden Civil-Staatskaſſen die den Militär-Etat betreffenden Kaffengebahrungen nach Anweisung der betreffenden Militärbehörden zu vollziehen und den letzteren gegenüber zu verrechnen .

4. Bewaffnung. Rücksichtlich der Feld - Artillerie wurde verfügt , daß in der Ausrüstung der 8 cm- und 9 cm- Geschüße, Vorraths- Laffeten und Batterie-Munitionswagen der Feld-Artillerie- Regimenter eine Vermehrung des Ausmaßes an Shrap nels auf Kosten der Hohlgeschosse in der Weise durchgeführt werde , daß in der Geschützproge, in der Wagenproße und im Munitions-Hinterwagen , rückwärtige Kastenhälfte , je der rechts unten befindliche Hohlgeschoß-Verschlag durch einen Shrapnel-Verschlag ersetzt wird. Welches Ausmaß an Hohlgeschossen und Shrapnels sich hiernach bei den Geschützen, Vorraths - Laffeten und Batterie- Munitionswagen , dann bei den einzelnen Batterien und Munitions - Colonnen der Feld - Artillerie - Regimenter, weiter in Summe bei jedem dieser Regimenter im Frieden und Kriege zu befinden hat , endlich welcher Theil hiervon im Frieden bei den Anstalten des Artillerie - Zeugwesens zu depoſitiren sein wird , läßt die umstehende Uebersicht entnehmen . 5. Bekleidung und Ausrüßtung. Die Adjuſtirung des neuerrichteten Eisenbahn- und Telegraphen - Regi ments ist im Wesentlichen folgende : Offiziere und Mannschaft sind wie jene des Pionier-Regiments gekleidet und ausgerüstet, also : Parade-Kopfbedeckung Tschako, hechtgrauer Waffenrock mit stahlgrüner Egalisirung und weißen glatten Knöpfen. Als besonderes Abzeichen für jeden Mann (mit Inbegriff der Unteroffiziere und Cadet-Offiziers- Stellvertreter) wird ein geflügeltes, mit einem Blize durchzogenes Rad aus weißem Metall auf dem Kragen des Waffenrockes (Blouſe , Aermel leibel) getragen. Dieses Abzeichen ist in zweierlei Form , nämlich links- und rechsseitig geflügeltes Rad , angefertigt und an den beiden Kragenenden (bei den Unteroffizieren hinter den Chargen - Distinctionen) derart angebracht, daß die Flügel der Räder nach rückwärts stehen. Die Arbeitsauszeichnung aus dunkel grüner Ispahanwolle in der Form wie das Schüßenabzeichen für die Infanterie und mit derselben Tragart. Als Distinction für Ober- und Stabsoffiziere dient als besonderes Abzeichen ein in Gold gesticktes, mit Blitz durchzogenes , geflügeltes Rad in gleicher Form wie für die Mannschaft vorgeschrieben. Dieses Abzeichen ift für Stabsoffiziere auf Silberstoff, für die Oberoffiziere auf stahlgrüner Unter lage aus Egalisirungstuch gestickt und wird an beiden Kragenenden des Waffen rockes (Blouse) hinter den Chargen-Distinctionen getragen. Weiter ist am Waffenrock der in Activität befindlichen Ober- und Stabsoffiziere beiderseits eine Achselklappe aus Egalisirungstuch , für Oberoffiziere an den Rändern mit einer 1,4 cm breiten glatten Goldborte, für Stabsoffiziere mit 5 mm dicken, vierkantigen, nach der Länge in drei Wellen verschlungenen Goldschnüren verziert, angebracht. Zur Befestigung der Achselklappe befindet sich am Waffenrock nächst der Aermelnaht eine schmale Tuchschleife und zunächst des Rockkragens eine kleine Schlinge aus Seide.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Im Frieden

18

15

Shrapnels

.Hohl geschoffen



15

15

55

30

560

360

36

.

66



8 cm

15

18

.

18

Geschüß- oder Vorraths Laffete 9 cm

9 cm

Shrapnels

-1904

18

geschossen

geschossen

Shrapnels

scharf adjuſtirten

•110ś

Hohl geschoffen

Shrapnels

sind ausgerüstet mit 9 cm 8 cm

8 cm

8 cm

Im Kriege

Batterie Munitionswagen

9 cm

Batterie

72

108

108

1 bis 13



504

324

60 •





1 340

490

810

330

1 315

515

·

1880

580

280

80

945

470

210

60

. Nr

.

4

60

.

des -Artillerie Feld Nr . Regiments

3

432

.

1,2,5

672

.

Eine schwere .

CEine - olonne Munitions

Eine reitende

72



Eine leichte

1 , 2, 4, 6, 8, 10 und 12

7 3, 5, 9, 11 und 13

Zusammen für eines der Feld= Artillerie Regimenter Nr.

120

.

Co

6

408

1134

438

144

144

720

720

2562

1314 15 335 7685

2, 4, 6, 8 und 12

144

144

660

660

2562

1314 14 775

7

144

144

660

660

2154

1194 15 440 | 7715

360

360

540

540

4296

2280 13 585

6585

144

144

600

600

2562

1314 14 215

6965

2418

1170 14 615

6965

2418

1170 14 115

6665

2010 20 3

1050 14 780

7055

3936

1920 13 045

6045

2418

615 6365 1170 13 615

3,5,9,11 und 13

10 1 Nach § 65 der Normen „ “ sind bei 2,4,6,8 den Anstalten des und 12 Artillerie 7 Zeugwesens zu depositiren für eines der Feld= 3, 5, 9, 11 und 13 Artillerie Regimenter Nr. 10





1

7325

Heerwesen Desterreich- Ungarns.

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Die Cavalleriesättel werden künftighin mit Stahlzwiefeln in fünf Größengattungen erzeugt. Die organisatorischen Reformen im Heerwesen berührten auch das Gebiet des ökonomischen Verwaltungsdienstes, welch letzterer der militärischen Organisation angepaßt und in seinen verschiedenen Zweigen theils modificirt , theils ganz neu geregelt wurde. Dies gab auch in erster Linie den Anlaß zur Verfassung der Neu-Auflage der Monturs , Wirthschafts- und Verrechnungsvorschrift für das k. k. Heer. Es wurden nebst anderen nicht unwesentlichen Verein fachungen verschiedene , bisher eingeführt gewesene Rechnungen und Inventare = gänzlich aufgelassen , während für das Kriegsverhältniß die Montur Wirthschaft und Verrechnung sowohl bei den mobilen Truppenkörpern selbst , als auch bei ihren Ersatzabtheilungen auf die einfachsten Formen zurückgeführt wurde. Auch wurden alle jene auf das Bekleidungswesen bezüglichen Bestimmungen , welche früher in verschiedenen Specialvorschriften zerstreut enthalten waren , insgesammt = in die neue Vorschrift aufgenommen , wodurch der Montur Verwaltungsdienst = bei den Truppen wesentlich erleichtert wird. Das neue Montur Portionen System bietet gegenüber den früher bestandenen Bekleidungs- und Ausrüstungs systemen wesentliche Vorzüge, weil den Truppen innerhalb der Grenzen der Portionengebühr hinsichtlich des Ersatzempfanges für die abgenutzten Bekleidungs und Ausrüstungsgegenstände die freieste Bewegung gestattet ist. Hierdurch ist der Verschiedenartigkeit der Abnutzung , wie sie durch die zahlreichen Wechſelfälle des militärischen Lebens und Dienstes bedingt wird , Rechnung getragen. Bei der Verfassung der neuen Vorschrift wurde auch die Frage erörtert, ob es nicht zweck mäßig und zeitgemäß wäre , vom Portionensystem auf das Geldpauschalſyſtem, wie es bei einigen anderen Armeen eingeführt ist, überzugehen. Die Erwägung der Gründe , welche für und gegen das letztere System sprechen, führte jedoch dazu , daß man sich unter den gegebenen Verhältnissen von dem Geldpauschal system keinerlei Erfolg versprach , weil dessen ersprießliche Anwendung an eine Reihe von Vorbedingungen und Voraussetzungen geknüpft ist , welche dermalen nichts weniger als zutreffen und wohl auch nicht sobald erfüllt werden können.

6. Remontirung. Gefördert durch die einen hohen Entwickelungsstand behauptenden , sehr günstigen Pferdezuchtverhältnisse in Desterreich und vielleicht noch mehr in Ungarn war das Pferdematerial des k. k. Heeres seit jeher ein vorzügliches. Indessen gestalteten sich seit einem Jahrzehnt die Remontirungsverhältnisse immer schwieriger, weil die Pferdezüchter in Folge der auffallend gesteigerten Nachfrage vom Aus lande her mit den Preisen stetig hinaufgingen. Während noch im Jahre 1859 ein mittleres Dragonerpferd mit 231 Gulden (462 Mark) bezahlt wurde, sah sich das Kriegsministerium schon 1871 genöthigt, den durchschnittlichen Remonte preis mit 250 Gulden (500 Mark) festzusetzen . Und in letzter Zeit können auch um diesen Preis die Pferde-Assentcommissionen das erforderliche Remonten material nur schwer und nicht in genügender Menge aufbringen, weil die Pferde züchter bei dem Verkaufe ihrer Thiere nach Italien , Frankreich, Serbien und Rumänien, sowie nach der Türkei höhere Preise erzielen und daher im Allge meinen ihre Ansprüche neuerdings steigern. In Folge dessen hat die Militär verwaltung schon im Jahre 1879 auf Betreiben des General- Cavallerie-Inſpectors, General der Cavallerie Grafen Pejacsevics , einen ersten Schritt unternommen , durch Errichtung von Remonte - Depots (Fohlenhöfen) sich wenigstens theil

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Militärische Jahresberichte für 1883.

weise von der stetigen Preissteigerung auf den Pferdemärkten unabhängig zu machen. Damals wurde zu Piber in Böhmen das erste Remonte - Depot er richtet und im Jahre 1881 zu Bilak bei Bistriz in Siebenbürgen ein zweites aufgestellt, während im laufenden Jahre ein drittes zur Aufstellung gelangt und in den nächsten Jahren die allmälige Errichtung von sieben weiteren Depots in Aussicht genommen ist. In jedem dieser Fohlenhöfe werden ungefähr 400 Stück 21/2 bis 3 jährige Fohlen , welche zu dem Einheitspreise von 250 Gulden angekauft worden, eingestellt, rationell aufgezogen und wenn sie 4½ bis 5 Jahre alt sind, den Cavallerie- und Artillerie-Regimentern zur Deckung ihres jährlichen Abganges vom Pferdestande zugewiesen. Nachdem aber der jährliche Abgang vom Gesammtstande der Reitpferde des stehenden Heeres allein die beiden Landwehren also nicht eingerechnet, für welche die Landesvertheidigungs-Miniſterien Desterreichs und Ungarns im eigenen Wirkungskreise vorzusorgen haben mit 12 Procent angenommen ist , mithin rund 5700 Pferde beträgt, so sind die zehn Fohlenhöfe selbst nach ihrer vollständigen Aufstellung unvermögend , den ganzen Jahresbedarf an Reitremonten zu decken. Nach wie vor fällt daher den bestehenden drei Remonten-Affentcommissionen zu Budapest , Szegedin und Lem berg die Aufgabe zu , den überwiegenden Theil des jährlichen Bedarfs durch Ein kauf bei den Pferdezüchtern in Privatgestüten und auf den größeren Pferdemärkten zu decken. Grundsätzlich haben sich zwar diese Affentcommissionen auch in Zukunft an den Einheitspreis von 250 Gulden pro Stück zu halten. Um jedoch beſſeres Material beschaffen und mit Umgehung der Makler unmittelbar mit den Pferde züchtern selbst geschäftlich verhandeln zu können, sind die Assentcommiſſionen ermächtigt worden, fallweise für stärkere Pferde auch höhere Preise, sogenannte „Prämien", zuzugestehen. Es liegt auf der Hand, daß auf solche Weise in der Praxis binnen kurzem sich von selbst ein höherer Einheitspreis für Reitremonten herausbilden wird. In besonderen Fällen werden auch die Commandanten der Cavallerie- Regimenter ermächtigt , durch gelegentlichen Handeinkauf selber die Deckung des Abganges in ihrem Pferdestande zu bewirken.

7. Verpflegung. Von der " Vorschrift für die Verpflegung des k. k. Heeres " ist der II. Theil, die " Verpflegung im Kriege " enthaltend , ausgegeben worden . Gleichzeitig ist verfügt worden , daß im Felde die bei einem Truppen-Diviſions- oder Corps commando, dann beim Hauptquartier eines Armee oder des Armee-Obercom mandos eingetheilten Militär-Intendanturbeamten und der Intendantur zugetheilten Offiziere beritten zu sein haben. Den Bestimmungen der neuen Vorschrift wurden als Hauptprincipien die thunlichste Ausnußung der Hülfsquellen des von den operirenden Truppen jeweilig eingenommenen und in ihrem Wirkungsbereiche liegenden Raumes , dann die leichte Abwickelung des Verpflegungsdienstes durch entsprechende und einfache Gliederung des Verpflegsnachschubes, zu Grunde gelegt, um hierdurch die Opera tionsfreiheit der Armee möglichst zu gewährleisten. Ein zielbewußtes , wirkjames Eingreifen der Commandanten und Truppen, wie der für die Leitung und Durch führung der Verpflegung bestimmten Organe macht die neue Vorschrift zur be sonderen Pflicht. Um bei den Truppenkörpern stets Offiziere zur Verfügung zu haben, welche mit den Details der Verpflegungsvorschrift vertraut sind, muß bei jedem Regiment bezw. Bataillon schon im Frieden , außer dem Proviantoffizier, sich noch ein zweiter Offizier befinden, der sich mit dem Proviantgeschäft vertraut zu machen hat.

Heerweſen Deſterreich-Ungarns.

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Von den durch die neue Vorschrift ins Leben gerufenen Aenderungen sind hervorzuheben : 1) zur Etappenverpflegung wurde die Suppenconſerve zugegeben, die während der Operationen unmittelbar nach dem Eintreffen am Marschziele zu bereiten ist, damit der Mann gleich etwas Warmes erhalte ; 2) der Artikel Brot, welcher in die Kriegsverpflegungs- (Etappen-) Portion einbezogen ist , gebührt fünftighin auch den Gagisten ; 3) der bisher auf den Deckelwagen zu verladende Reservevorrath wird aufgelaffen, dagegen hat der vom Mann zu tragende eiserne Vorrath , welcher nunmehr die Bezeichnung „Reservevorrath " führt , zu beſtehen : aus einer Portion Zwieback, aus einer Portion Fleischconserven in Büchsen, aus einer Portion Suppenconſerve, aus zwei Portionen Salz und aus einer Portion Rauchtabak; 4) die Verpflegung für den Offizier ist künftighin von dessen Diener zu tragen ; 5) dem Proviantoffizier kann unter schwierigen Verhältnissen aushülfsweise ein zweiter Offizier zeitweilig zugewiesen werden; 6) jede Truppen - Division erhält zwei Proviantoffiziere, deren einer die Verpflegung für die Personen und Thiere des Divisions- Stabsquartiers besorgt, während der andere der Divisions- Intendanz für den executiven Verpflegungsdienst zur Verfügung gestellt ist. Das Militärbrot wird seit Ende vorigen Jahres aus feinerem Mehl bereitet. Für das frühere Brot war Roggenmehl mit 12 Procent Kleienauszug vergeschrieben , für das neue Brot ist hingegen Mehl mit 15 Procent Kleien auszug normirt, d. h. bei der Erzeugung des gegenwärtig zur Verbackung ge langenden Brotes werden aus 100 kg Frucht 82 kg Mehl gewonnen, da 3 Procent auf die Verstaubung entfallen. Ueberdies ist eine sorgfältigere Backmethode ein geführt worden, durch welche das Brot besser ausgebacken und dessen Waſſergehalt verringert wird. Während die frühere tägliche Brotportion des Soldaten 875 g wog, wiegt die jetzige nur 840 g, nämlich 586 g reines Mehl und 254 g Waſſer zujat. Da jedoch dieses Gewicht der neuen Brotportion einerseits nur durch die bei dem feineren Mehle mehr abgesonderte, ohnedies unverdauliche , hier fehlende Kleie, andererseits durch den geringeren Waffergehalt bedingt ist, so erhellt hieraus, daß durch dieses kleinere Gewicht eine Verminderung des Nährwerthes thatsächlich nicht stattfindet.

8. Waffenübungen. Wie im vorigen Jahre, so haben auch im Jahre 1883 die Concentrirungen und Waffenübungen in feinem Territorialbezirke den Rahmen von Divisions manövern überschritten. Beim 2. (Wien) , 4. (Budapest) , 6. (Kaſchau), 8. (Prag) , 11. (Lemberg) und 12. (Siebenbürgen) Corps wurden anläßlich der Schluß manöver je zwei Truppen- Diviſionen vereinigt. Beim 15. Corps (Bosniſch Herzegovinisches Occupationsgebiet) und im Dalmatinischen Militärcommando haben nur Uebungen mit gemischten Waffen stattgefunden. In den acht übrigen Corpsbezirken schlossen die Concentrirungen und Waffenübungen mit jenen in der Truppen- Division ab. Von besonderem Interesse waren die vom General - Cavallerie - Inspector, General der Cavallerie Grafen Pejacjevics , geleiteten Uebungen einer Cavallerie Truppen- Division , gebildet aus fünf Cavallerie-Regimentern und drei reitenden Batterien, die im Lager zu Bruck a. d. Leitha rom 16. bis 27. September versammelt waren. Da bei den programmgemäß in den Monaten Juni-Juli stattgefundenen Cavallerie = Uebungsreisen der strategische Nachrichtendienst geübt

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Militärische Jahresberichte für 1883.

wurde, und da ferner das Theilen der Brigaden und Regimenter und das Zu sammenziehen derselben zum Schlage bei den großen Cavalleriemanövern der vorigen Jahre wiederholt zur Darstellung gebracht wurde, so legte die Oberleitung den letzten Manövern den Zweck zu Grunde, den Truppendivisions- Commandanten Gelegenheit zu geben , sich in der Befehlstechnik und in der Führung größerer Reiterkörper in rein taktischen Momenten zu üben.

9. Reichsbefestigung. Die Reichsbefestigung ist in den letzten Jahren namhaft gefördert worden. Das verschanzte Lager von Przemyßl wird voraussichtlich in zwei Jahren voll endet sein, nachdem die Befestigungsarbeiten daſelbſt nunmehr in ausgedehnterem Maße betrieben werden. Der permanente Ausbau der Lagerfestung Krakau dürfte schon im nächsten Jahre der Vollendung entgegengehen. Das Gleiche gilt von den Neubauten und Reconstructionen der Lagerfestung Olmütz und der großen Depotfestung Komorn. Die Arbeiten an den weitläufigen und mächtigen Be festigungen , welche den Hauptkriegshafen Pola gegen Angriffe von der Seeseite schüßen, werden schon im laufenden Jahre zum Schluffe gebracht. In den Depotfestungen Alt - Gradisca , Arad , Brood, Karlsburg. Essegg, Josephstadt, Königgrät, Peterwardein, Temeswar und Theresienstadt, sowie in dem befestigten Hafen Ragusa-Gravoja und in den Thalſperren Lardaro, Franzensfeſte und Mal borghet , dann in den Straßensperren bei Trient und am Predil ist eine Reihe von Neubefestigungen oder Erweiterungsbauten fertig gestellt worden. In Sieben bürgen sind mehrfache fortificatorische Kriegsvorbereitungen getroffen worden, deren weitere Ausführung in den nächsten Jahren zu gewärtigen ist , während an mehreren Punkten Tirols und Kärntens die Befestigungsarbeiten sich im vollen Zuge befinden. Ueberdies gelangen im laufenden Jahre die 1882 in der Krivoschije oberhalb Risano und in anderen Theilen der Bocca di Cattaro, sowie die in der Herzegovina entlang der Montenegrinischen Grenze in Angriff ge nommenen Forts und Blockhäuser zur gänzlichen Fertigstellung , während der Ausbau der Fortificationen in dem Kriegshafen Cattaro-Caſtelnuovo-Punta d'Oſtro noch ein bis zwei Jahre in Anspruch nehmen wird. Was speciell die Süd dalmatiniſchen und Südherzegovinischen Befestigungen betrifft, so lehnen sich diese an das System der befestigten Lager , indem die zu befestigenden Orte Trebinje, Bilek, Gacko-Avtovac, Foca und Gorazda mit einer Linie von Forts oder Wach (Block-) Häusern umgeben werden. Erſtere sind auch für Geschüße , lettere nur für Infanterie-Besatzungen eingerichtet. Die Forts sind auf dominirenden Punkten so erbaut , daß sie sich mit ihrem Feuer wechselseitig unterstützen und daß ihre In dem Linie einen großen Manövrirraum um das Noyau herum deckt. Dalmatinisch-Herzegovinischen Befestigungssystem hat Desterreich-Ungarn sich eine Operationsbasis gegen Montenegro und den Sandschak Novibazar geschaffen. Mit der vorschreitenden Vollendung der Befestigungen hält deren Armirung gleichen Schritt. Die gepanzerten Drehthürme in Malborghet, Pola und Krakau sind mit Geschützen des schwersten Kalibers armirt. Die Armirung der Werke in Pola mit 28 cm und 15 cm-Küstengeschützen hat schon im vorigen Jahre begonnen und wird im laufenden fortgesetzt. Das Gleiche gilt von Krakau und Przemyßl. Für die Bewehrung der Werke an der Südgrenze Tirols und für die in Cattaro neu zu erbauenden Werke werden Festungsgeschütze mit gewöhnlichen und mit Minimaljcharten-Laffeten noch im laufenden Jahre an Ort und Stelle gebracht. Da für die Werke in Przemysl und Trient schon im vorigen Jahre

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240 Festungsgeschüße den Reservevorräthen , aus welchen im Kriegsfalle die Belagerungs-Artillerieparks zu formiren sind , entnommen wurden , so ist jetzt die Erzeugung der 12 cm , 15 cm und 18 cm- Belagerungskanonen aus Stahl bronze im Werke, um den entstandenen Abgang in den Reservevorräthen zu decken.

10. Innerer Dienßt. Die neue " Vorschrift zur Verfassung der Qualificationslisten über Stabs- und Oberoffiziere des Soldatenstandes , dann Cadetten im . k. Heere " nennt als Zweck der Qualificationslisten die Schilderung des Charakters , der Fähigkeiten , Kenntniſſe und sonstigen Eigenschaften, ferner der geleisteten Dienste und der persönlichen Verhältnisse , um die Individualität der Persönlichkeiten kennen zu lernen. Die Qualificationsliſten ſind jährlich zu ver faffen. Ueber Oberste , welche zu Brigadieren ernannt sind , werden „Haupt berichte " verfaßt. Die Qualificationslisten werden grundsätzlich nicht von Einzelnen, sondern von einer Commission , deren Mitglieder Vorgesetzte der zu Beschreibenden sein müſſen, verfaßt und begutachtet. Die Vorgesetzten haften mit Ehre und Charge für die Richtigkeit eines jeden Details in der Schilderung. "Wahrheit und offene Sprache " , sagt die Vorschrift, muß den Inhalt der Quali ficationslisten kennzeichnen ; sie sollen gründlich und vollständig mit Vermeidung allgemeiner oder unbestimmter, überschwänglicher und verleßender Ausdrücke, in treffenden Schlagworten abgefaßt und zur richtigen Beurtheilung des Betreffenden selbst für jene Vorgesetzten ausreichen , welche den Beschriebenen nicht persönlich kennen. " Die Qualificationslisten sämmtlicher Chargen vom Obersten bis zum Cadetten werden in gleicher Form verfaßt, und zwar bei jenem Heereskörper (Behörde, Anstalt), woselbst sich die zu Beschreibenden am 31. December des betreffenden Jahres in der Dienstleistung befinden. Die Zusammensetzung der Commission richtet sich nach Charge und Dienststellung der zu Beschreibenden. So sind z. B. bei einem Infanteriehauptmann, der Stabsoffiziers-Aſpirant iſt, zur Verfaſſung berufen der Regimentscommandant und jene Bataillonscommandanten, welche mit Ersterem im selben Divisionsverbande stehen ; zur Begutachtung sind der Brigadier und der Truppendivisionär berufen. Bei einem Artilleriedirector (wenn er noch nicht General ist) verfaßt die Qualificationsliste der Corpscom mandant ; begutachtet wird sie vom General-Artillerieinspector u. s. w. Die Qualificationslisten werden über jede Person abgesondert in zwei Partien, auf den Abschluß der Dienstzeit mit 31. December, nach einem eigenen Formular in für zehn Jahre berechneten , aus drei Bogen bestehenden Heften verfaßt. Die außer Gebrauch kommenden Hefte werden 50 Jahre beim Kriegsministerium auf bewahrt und dann vernichtet. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Eignung eines zu Beschreibenden , diese Meinungsverschiedenheit mag nun zwischen den Mitgliedern der zur Verfaſſung berufenen Commiſſion oder zwischen letzterer und dem Begutachtenden herrschen , ist unter motivirter Darlegung der abweichenden Ansichten das Urtheil des nächsthöheren Vorgesetzten einzuholen. Alle Seitens der Beschreibenden oder der Begutachenden in der Qualifications liste zum Ausdrucke gebrachten Mängel , welche durch eigenes Bemühen des Ge schilderten behoben werden können , sind demselben schriftlich mit dem Beifügen bekannt zu geben, ob dadurch die Eignung zur Beförderung in Frage gestellt ist. 12 Militärische Jahresberichte 1883.

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11. Oesterreichische Landwehr. Für die k. k. Landwehr ist im Anſchluſſe an die Bestimmungen des Wehr gesetzes ein Ausführungsgesetz erschienen , dessen wesentlichere Punkte Folgendes bestimmen : Der jährliche Minimal - Ergänzungsbedarf der Landwehr ist bei der Rekru tirung mit jener Ziffer zu bemessen, welche als die zur Erhaltung der Landwehr truppen (Fußtruppen und Cavallerie) auf einen effectiven Kriegsstand von mindeſtens 138 000 Mann erforderliche Jahresquote sich herausstellt. In diesen Kriegs stand ist jedoch die Ziffer der eine gesonderte Gruppe bildenden Landesvertheidigungs Truppen von Tirol und Vorarlberg nicht eingerechnet. Die nach erfüllter zehn jähriger Linien- und Reſervedienstpflicht aus dem Heere in die Landwehr versetzten Gagisten und Mannschaften der Specialwaffen , Branchen und Anstalten können im Falle eines Krieges nach Bedarf zur Verstärkung der bezüglichen Special waffen , Branchen und Anstalten des Heeres verwendet werden , nachdem die Reserven derselben einberufen wurden und wenn die Einberufung und Mobil machung der gesammten Landwehr erfolgt. Zum Zwecke der Standes- und Evidenzführung , der Verwaltung der Magazin vorräthe, der Vermittelung der Mobilifirung und der Ausbildung der unmittelbar eingereihten Rekruten, sowie der zu den Waffenübungen Einzuberufenden werden bei der Landwehr im Frieden Offizier- und Mannschaftsstämme als stehende Cadres unterhalten. Im Frieden können alle Perſonen der Landwehr , mit Ausnahme der bei den Landwehrbehörden , -Cadres und -Anstalten in activer Dienſtleiſtung stehenden, außer der Zeit , in welcher sie an der Ausbildung, den periodischen Waffen übungen und den Controlversammlungen (Hauptrapporten) Theil zu nehmen haben, ihren bürgerlichen Beschäftigungen nachgehen. Der im Frieden präſent zu er haltende Mannschaftsstand ist in erster Reihe durch . freiwillig sich Meldende zu decken ; wenn deren Zahl aber für den Bedarf nicht ausreicht, durch Heranziehung und Verwendung von unmittelbar in die Landwehr Eingereihten , jedoch nur innerhalb des ersten Dienstjahres und unter thunlichster Berücksichtigung ihrer Familien- und Erwerbsverhältnisse zu ergänzen. Das von den Personen des Mannschaftsstandes auf solche Art bei dem Cadre zugebrachte Dienſtjahr wird ihnen auf ihre Dienstpflicht doppelt angerechnet. Unteroffiziere, welche nach einjähriger Dienstleistung im Friedens -Präsenzstande oder nach zurückgelegter Heeres- Dienstpflicht noch zu einer ferneren Dienſtleiſtung im Präsenzstande der Landwehr auf Grund freiwillig eingegangener Verpflichtung verwendet werden, wird die weitere, im activen Dienste zugebrachte Zeit auf ihre Landwehr-Dienstpflicht doppelt angerechnet. Die zur Landwehr eingereihten Rekruten werden , und zwar jene der Fuß truppen acht Wochen , jene der berittenen Schützen und die zu den Cavallerie Cadres einzutheilende Hülfsmannſchaft drei Monate ausgebildet. Die periodischen Waffenübungen der Landwehr finden je in der Dauer bis zu vier Wochen außerhalb der Erntezeit statt. Zu den Waffenübungen bis zu obiger Dauer können nicht active Landwehroffiziere und Offiziersaspiranten nach Erforderniß , und im Uebrigen alle im nichtactiven Stande der Landwehr truppen befindlichen Landwehrmänner mit thunlicher Berücksichtigung ihrer Aufent haltsverhältnisse so oft herangezogen werden , daß die Gesammtdauer aller perio dischen Waffenübungen während der ganzen Landwehr = Dienstzeit zusammen 24 Wochen für die unmittelbar zur Landwehr Eingereihten , und 4 Wochen für

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die nach vollstreckter Heeres-Dienstpflicht aus der Reserve zur Landwehr Verſeßten nicht übersteigt. Die erste Waffenübung der unmittelbar in die Landwehr Eingereihten kann gleich im Anſchluſſe an die erste Ausbildung vorgenommen werden. Durch diese Bestimmung ist das Mittel an die Hand gegeben, die zu den Landesschüßen oder zur Landwehr-Cavallerie affentirten Rekruten im ersten Jahre vier Monate präſent zu halten , indem sie nach der dreimonatlichen Rekruten ausbildung unmittelbar zur ersten Waffenübung herangezogen werden. Für die zu den Waffenübungen nicht herangezogenen Landwehrpersonen finden jährlich außerhalb der Erntezeit Control-Versammlungen (Haupt-Rapporte) statt, welche aber nicht mehr als einen Tag in Anspruch nehmen dürfen. Das Offiziercorps der Landwehr wird gebildet und ergänzt: a. durch Ueber tritt activer Offiziere aus dem stehenden Heere ; b. durch Eintheilung von Reserve Offizieren, welche ihre Heeres-Dienstpflicht vollendet haben; c. durch Uebernahme von Offizieren aus dem Ruhestande und dem Verhältnisse " außer Dienst" des Heeres ; d. aus Perſonen, welche einer Dienstpflicht nicht unterliegen, die Offiziers charge anstreben und dazu die vollständige Eignung besigen ; e. durch Beförderung innerhalb der Landwehr nach den für das stehende Heer bestehenden Grundsätzen. Die Personen der Landwehr sind in ihren Chargen den Personen des ſtehenden Heeres gleichgestellt ; bei gleichem Range in einer Charge gehen die Personen des stehenden Heeres jenen der Landwehr vor. Die Commando- Sprache der Landwehr ist im ganzen Umfange der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder jene des ſtehenden Heeres. Die allgemeinen Dienst- und Distinctions- Abzeichen der Chargen, die Ausrüstung und Bewaffnung , Dienst- und Exercir-Vorschriften der Landwehr haben jenen des stehenden Heeres zu entsprechen. Gagisten und Mannschaft der Landwehr haben nur während ihrer Dienst leistung Anspruch auf Gebühren, welche im Frieden, in der Bereitschaft und im Kriege jenen des stehenden Heeres gleich sind. Die Gesammtkosten der Landwehr , wozu auch die Mehrgebühren der pen fionirten Offiziere während ihrer Dienstleistung gehören, belasten im Frieden das Budget des Miniſters für Landesvertheidigung ; jene Kosten hingegen, welche durch die Mobiliftrung und Verwendung der Landwehr zu Kriegszwecken entſtehen, werden aus der gemeinsamen Dotation des Reichskriegsministers bestritten. Alle Angelegenheiten der Landwehr gehören in den Wirkungskreis des Ministers für Landesvertheidigung , welcher die betreffenden Vorträge an den Kaiſer erstattet. Der Minister für Landesvertheidigung erläßt seine Verordnungen an die Landwehr - Behörden , Truppen und Anstalten im Wege des Landwehr Obercommandanten und erhält auf demselben Wege ihre dienstlichen Vorlagen. Dem Landwehr-Obercommandanten obliegt im Frieden : 1) die Oberleitung der militärischen Ausbildung ; 2) die Ueberwachung der Disciplin ; 3) die Inſpi cirung der Cadres und Truppen, sowie 4) der Kriegsvorräthe ; 5) die Ausübung der Militär-Gerichtsbarkeit über die derselben unterstehenden Personen der Land wehr und der Disciplinargewalt über die in activer Dienstleistung stehenden Offiziere und Mannſchaft ; 6) die Begutachtung in den Perſonal-Angelegenheiten der Offiziere. Er kann in Angelegenheiten seines Wirkungskreiſes mit Landwehr Behörden und Truppen verfügen, ist aber verpflichtet , von belangreichen Anord nungen auch den Minister für Landesvertheidigung zu verständigen. Im Falle eines Krieges kann die Landwehr ausnahmsweise auch außerhalb des Gesammtumfanges der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder 12*

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verwendet werden, wozu ein besonderes Reichsgesetz erforderlich ist. Bei Gefahr im Verzuge kann jedoch die Verwendung der Landwehr außerhalb des Umfanges der besagten Königreiche und Länder vom Kaiser , unter Verantwortung der Regierung, gegen nachträgliche Mittheilung zur genehmigenden Kenntnißnahme an den Reichsrath angeordnet werden. Die Organisation der Landwehr- Truppen ist im Wesentlichen dieselbe geblieben, wie sie im I. Bande dieser Jahresberichte sfizzirt worden. Das gilt insbesondere von den Landwehr - Fußtruppen, welche im Kriege 82 (Land wehr-Infanterie- oder [in den Alpenländern] Landwehr-Schüßen-) Bataillone, 82 Reserve und 82 Ersatz-Compagnien formiren ; Tirol und Vorarlberg stellen überdies 10 Landes - Schützen- und 10 Reserve-Bataillone. Die Landwehr - Cavallerie , die bisher vernachlässigt war und eigentlich nur auf dem Papier bestand , hat nunmehr auch greifbare Formen gewonnen , welche sich so ziemlich an jene der Ungarischen Landwehr- (Honvéd ) Cavallerie anlehnen. Nach den neuen organischen Bestimmungen beſteht sie aus 3 Dragoner und 3 Ulanen-Regimentern. Jedes dieser Regimenter gliedert sich in den Regi mentsstab, 4 Feld-Escadrons und 1 Ersatz-Abtheilung. Im Frieden ist für jedes Regiment behufs Abrichtung sämmtlicher im Mobiliſirungs-Falle erforderlichen Reitpferde, zur Hinausgabe derselben in die Privatbenutzung, zur Standes- und Evidenz-Führung von Mann und Pferd , zur Ausbildung der unmittelbar ein gereihten Rekruten, zur Bildung eines Rahmens für periodische Waffenübungen, sowie zur Vermittelung der Mobiliſirung, in der Regiments -Formirungs-Station ein Cadre aufgestellt. Für die Inspicirung von je drei Cadres ist ein Stabs offizier aufgestellt. Die Aufstellung der Landwehr-Cavallerie-Regiments-Cadres erfolgt ſucceſſive und wurde mit 1. October 1883 der Cadre des Landwehr-Dragoner- Regiments Nr. 1 mit dem Standorte Stockerau in Nieder-Oesterreich, des Landwehr-Dragoner Regiments Nr. 2 mit dem Standorte Proßniß in Mähren und des Landwehr Ulanen-Regiments Nr. 3 mit dem Standorte Sambor in Galizien aufgestellt. Das Commando über einen Landwehr- Cavallerie-Regiments-Cadre führt in der Regel ein Rittmeister. Derselbe leitet den gesammten militärischen und adminiſtra tiven Dienstbetrieb und besorgt die kriegstüchtige Abrichtung der ihm halbjährig zugewiesenen Remonten innerhalb der festgesetzten fünfmonatlichen Abrichtungszeit und deren Hinausgabe nach vollendeter Abrichtung in die Privatbenußung. Seine Organe sind : der Verwaltungsoffizier und der Regiments-Waffenoffizier. Die Reitpferde für die Landwehr - Cavallerie werden in der erforderlichen Zahl für den vollen Kriegsbedarf , mehr eines 6 procentigen Ausfalles , entweder im Wege der Remontirung oder im Handankaufe aufgebracht. Die angekauften Pferde werden nur für die zu ihrer Dressur und zur Vornahme der periodischen Waffenübungen nothwendigste Zeit im Präsenzſtande bei den Regiments -Cadres gehalten, während der übrigen Zeit aber unter speciellen Bedingungen an Private zur Benutzung und Erhaltung hinausgegeben. Bei der Afsentirung der Pferde ist auf gleichmäßigen und ausdauernden Schlag , ferner auf starkes Fundament, Tragvermögen und Leistungsfähigkeit zu sehen. Die Afsentirung von Cavallerie Remonten unter dem Maße von 158 cm und über 166 cm darf nur bei sehr guter Beschaffenheit derselben stattfinden. Jeder Regiments- Cadre erhält jährlich 112 Remonten zugewiesen. Diese Rementen werden in zwei Serien à 56, Ende September und Ende März, an gekauft, und müſſen innerhalb eines je fünfmonatlichen Zeitraumes abgerichtet sein. Der erste Turnus dauert vom 1. October bis Ende Februar , der zweite vom

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20. März bis zur Herbst-Waffenübung, die ersteren sind bis 8. März , die letzteren bis 15. September in die Privatbenutzung hinauszugeben. Beim Regiments Cadre befinden sich daher keine Stammpferde. Bei der Abrichtung der Remonten sind als Reiter die Subalternoffiziere und Unteroffiziere , dann die geeigneten Dragoner (Ulanen) zu verwenden. In der Regel sollen jedem Reiter zwei Remonten zugewiesen werden. Die abgerichteten Dienstpferde werden im Frieden unter normalen Verhält niſſen zweimal in jedem Jahre zur Privatbenutzung auf die Dauer von sechs Jahren hinausgegeben, nach welchen ſie ins unbeschränkte Eigenthum der Contra henten übergehen. Der Zuſtand dieſer Pferde wird gleich den Pferden der Honvéd-Cavallerie bei verschiedenen Anlässen commiſſionell constatirt. Für „ vor züglich" gehaltene Pferde empfangen die Contrahenten bei der Frühjahrs- oder Herbstmusterung Geldprämien von 5 bis 10 Gulden. Für Gebrechen und Un zukömmlichkeiten aber, die aus Schuld des Benutzers entstehen, werden Conventional strafen in der Höhe von 20 bis 100 Gulden und bei Verlust des Pferdes auch der volle Remontenpreis eingehoben. Die Bewaffnung der Landwehr-Cavallerie besteht: a. in Cavallerie- Säbeln für die Offiziere und für sämmtliche Perſonen des Mannschaftsstandes ; b. in Hinterlad-Carabinern für die berittenen und unberittenen Dragoner und Ulanen ; c. in Revolvern für sämmtliche berittenen und unberittenen Unteroffiziere. Die Kriegs-Taschenmunition beträgt : Für den Hinterlad- Carabiner 50 Stück, für den Revolver 30 Stück Patronen. Die Ausrüstung von Mann und Pferd ist bei sämmtlichen Landwehr Cavallerie-Regimentern gleichmäßig. Die Cavallerie-Mannschaft ist mit tragbaren Kochgeschirren und Feldflaschen ausgerüstet. Bei jeder Feld-Escadron sind zur Ausführung der einfachsten Pionier-Arbeiten 5 Reiter mit den erforderlichen Werkzeugen für 2 Zimmerleute und 3 Erdarbeiter ausgerüstet. Der Normalstand des Cadres besteht bei jedem der sechs Regimenter aus 1 Rittmeister, 3 Subalternoffizieren , 1 Cadet-Offiziersstellvertreter , 52 Unter offizieren und Mannschaften und 66 Pferden ; ferner 1 Verwaltungsoffizier, 1 Corporal als Schreiber und 1 Büchsenmacher.

12. Ungarische Landwehr. Das verwichene Jahr hat der Königlich Ungarischen Landwehr mannigfache Neuerungen gebracht , welche nicht so sehr Aenderungen in der in den früheren Jahrgängen, namentlich im VI. Bande dieser Jahresberichte erörterten Organiſation bildeten , als vielmehr eine Vertiefung des Dienstlebens und eine Ausgestaltung der vorhandenen Organismen bedeuteten. Die Ableistung des Präsenzdienstes betreffend hat eine Verordnung des Ungarischen Landesvertheidigungs-Ministeriums Folgendes verfügt : Die Honvéd-Mannschaft kann in der Regel zur Ausbildung und Dienst leistung nicht länger als 2012 Monate in Activität gehalten werden. Die 2012 Monate sind vom 1. October des Assentjahres bis zum 15. Juni des zweitfolgenden Jahres zu rechnen. Zum Dienste im Frieden können in der Regel nur die Mannschaften der zwei jüngsten Jahrgänge verpflichtet werden , die des dritten Jahrganges nur in Ausnahmefällen.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Um die Honvéd - Mannschaft ihrem bürgerlichen Erwerbe nicht zu oft und unerwartet zu entziehen, ist : a. Die Ausbildung der Infanterie-Rekruten vom 6. October bis Ende No vember vorzunehmen , mit Ausnahme der Lehrer und Professoren , deren Aus bildung während der Schulferien zu erfolgen hat ; b. bei den Unteroffizierſchulen vom 1. December bis Ende Februar ; c. bei den Bataillons-Unteroffizierschulen vom 1. März bis 5. April ; d. bei den Lehr-Bataillonen vom 6. April bis 15. Juni ; e. bei der Feldpolizei-Schule vom 1. Februar bis 15. Juni ; f. bei den Pionier-Lehrabtheilungen vom 15. April bis 15. Juni ; g. bei den Heildiener- und Blessirtenträger - Schulen vom 1. December bis 15. Januar ; h. bei den Tambours vom 1. Februar bis 15. Juni; i. bei den Hornisten vom 1. März bis 15. Juni ; k. bei den Rechnungs- Unteroffizierschulen vom 1. December bis 15. Juni ; 1. beim Büchsenmacher-Lehrcurse vom 1. December bis 30. November des nächsten Jahres. Nach Absolvirung der achtwöchentlichen Ausbildung ist die Mannschaft, mit Ausnahme der für die Lehrcurse designirten Leute , zu beurlauben und auf den 5. April zu den Lehr-Bataillonen , bezw. zu den Frühjahrs -Lehrcursen wieder einzuberufen. Vom 6. October bis zum 15. Juni des nächsten Jahres kann der Honvéd-Infanteriſt des ersten Jahrganges zum Friedensdienſte bei den Compagnien, bezw . Behörden oder Anstalten, unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht in Anspruch genommen werden. Der Honvéd - Infanterist hat seine active Dienstzeit beim Bataillons- oder Compagnie-Cadre, ferner bei den Honvéd-Instituten innerhalb eines vom 16. Juni zu rechnenden Jahres zu erfüllen. Die Mannschaft, welche außer den Lehrcurſen und Lehr-Bataillonen im activen Dienste gestanden, kann in demselben Jahre zu den Herbst-Waffenübungen nicht einberufen werden. Die Honvéd-Cavallerie kann gleichfalls in der Regel nicht länger als 20½ Monate im activen Dienſte gehalten werden. Zu jedem Huſaren-Regiment find 144 Rekruten (36 per Escadron) zu affentiren. Diese 36 Mann sind in zwei Turnus zu theilen. Der erste Turnus beginnt am 15. October, der zweite am 1. Mai und endigt am 30. April bezw. zum Beginne der Herbstübungen. Jede Escadron erhält alljährlich 30 Ersatz-Pferde. Der Friedensstand per Escadron beträgt 18 berittene Husaren und 18 Mannschafts-Reitpferde. Im Uebrigen bleiben die im VI. Bande der Jahresberichte enthaltenen Bestimmungen unverändert. Nur ist zu bemerken, daß ein verschärfter Nachdruck auf die Anordnung gelegt worden ist, der zufolge die wehrpflichtigen Offiziere des Beurlaubtenstandes alljährlich zu einer vierwöchentlichen Waffenübung ein zurücken haben. Jene Honvéd - Offiziere des Beurlaubtenstandes , welche vor ihrer Ernennung zu Offizieren längere Zeit nicht activ gedient oder die Ludovica Akademie nicht besucht haben , sind zu einer zweimonatlichen Waffenübung ein zuberufen. Honvéd-Offiziere, welche nicht mehr wehrpflichtig sind , werden alle drei Jahre einmal zu einer 35tägigen Waffenübung einberufen. Diese Uebungen können nach freier Wahl bei den Herbstübungen oder (Seitens der Infanterie-Offiziere) bei den Lehr-Bataillonen durchgemacht werden. Der Offiziersmangel im Beurlaubtenstande hat das Budapeſter Landesvertheidigungs- Ministerium zu einer von dem Ungarischen Parlamente

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genehmigten Uebereinkunft mit dem Reichs-Kriegsministerium veranlaßt , der zu folge die zur Reserve der Infanterie- und Jäger-Truppe gehörigen Offiziere und Unteroffiziere , welche in den Jahren 1873-76 als Einjährig-Freiwillige zum Heere assentirt worden waren, schon im Juni 1883 zur Landwehr versetzt wurden. Auf diese Weise kamen 2192 Personen (612 Lieutenants , 22 Cadetten und 1558 Unteroffiziere und Soldaten) Ungarischer Staatsbürgerschaft statt mit ihren Aſſent-Jahrgängen schon vorzeitig aus der Reserve des Heeres in den Stand der Ungarischen Landwehr, um den Rest ihrer Dienstzeit hier abzuleisten. Diese vorübergehende Maßregel bietet aber begreiflicherweise nur für die nächsten Jahre ein Palliativ gegen den Offiziersmangel im Beurlaubtenstande der Landwehr und läßt sich nicht so bald wiederholen , weil ja das Heer die Reserve-Offiziere zur Deckung des eigenen Kriegsstandes selber benöthigt und deren vorzeitige Ueberweisung zur Landwehr daher gegebenenfalls Verlegenheiten bereiten könnte. Eine gründliche Abhülfe erhofft das Ungarische Landesvertheidigungs Ministerium erst von einer Reihe von Maßregeln , deren wichtigste und wesent lichste die Neugestaltung der Ludovica - Akademie in Budapest bildet. Nach der im vorigen Herbste durchgeführten Reorganisation besteht die Ludovica - Akademie nunmehr aus drei Abtheilungen ( Cursen), die in dem weit läufigen Gebäude räumlich, aber keineswegs lehrplanmäßig vereinigt sind . Die erſte Abtheilung ist eine vierklassige Cadettenschule, die nach dem Lehrplane der Cadettenschulen des Heeres eingerichtet ist und den Zweck hat, Berufsoffiziere für die Ungarische Landwehr heranzubilden. Als Zöglinge werden in den ersten Jahrgang 14- bis 16 jährige Jünglinge aufgenommen, welche mindestens die vierte Klasse einer Mittelschule befriedigend absolvirt haben. Die Vortragssprache ist jelbstverständlich wie die Commando- und Dienstsprache der Honved überhaupt, Magyarisch, doch ist die Deutsche Sprache obligater Lehrgegenstand. Für jede Klasje dieses " Offiziers -Bildungscurses " find 60 Frequentanten systemisirt, so daß der erste Curs der Akademie zuſammen 240 Frequentanten zählt und nach Ab schlag der Ungeeigneten voraussichtlich 50 Cadetten jedes Jahr als Nachwuchs für das Berufs-Offiziercorps der Ungarischen Landwehr zuführen dürfte. Die zweite Abtheilung ist der einjährige Curs für Personen des Urlauberstandes. In denselben werden Honvéds (Landwehrmänner) auf genommen , welche die erste praktische Ausbildung bei der Truppe (bei der acti= virten Compagnie der Bataillons - Cadres oder bei den Escadrons-Cadres) empfangen haben und deren allgemeine Vorbildung erwarten läßt, daß sie sich zu Offizieren des Urlauberſtandes eignen werden . In diesen Curs sollen zunächst freiwillig sich Meldende und solche Einjährig-Freiwillige aufgenommen werden, welche ihre Präsenzzeit bei der Landwehr abdienen. *) Wird auf dieſe Weiſe der Stand von 100 bis 110 Frequentanten nicht erreicht, so werden imperativ geeignete Honvéds in denselben commandirt. Nach befriedigender Absolvirung des Curses werden die Frequentanten zu Cadetten im Urlauberstande ernannt. Die dritte Abtheilung endlich ist der höhere Offiziers - Curs , der in seiner bisherigen Verfassung unverändert belassen wurde. Denselben besuchen 25 in der Qualificationsliste „ vorzüglich " beschriebene Subalternoffiziere (20 von der Infanterie, 5 von der Cavallerie) , um sich im Adjutanten- und höheren Conceptdienste auszubilden. Dieser Curs dauert acht Monate. Der Vollständigkeit halber sei hier noch erwähnt, daß das Budapester Landes vertheidigungs - Ministerium jedes Jahr mehrere Offiziere zur Ausbildung im *) Siehe IX. Jahrgang der Jahresberichte, Seite 225.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Generalstabs- oder im höheren Militär-Verwaltungsdienste nach Wien entsendet. So besuchen gegenwärtig 4 Honvéd-Offiziere den ersten und 3 den zweiten Jahr gang der Kriegsschule ; je 2 Honvéd -Offiziere besuchen die beiden Jahrgänge des Intendanz-Curses. Bei der Honvéd-Cavallerie ist als Auszeichnung für die besten Reiter und solche Husaren oder Unteroffiziere, welche bei der Pferdedreffur vorzügliche Dienſte leisten, ein "! Reiterabzeichen " eingeführt worden. Die mit demselben Be theilten heißen " Reiter erster Klasse" . Das Reiterabzeichen besteht aus einer Stahlplatte von der Größe einer gewöhnlichen Medaille. Der Rand ist wie ein Hufeisen geformt und die Mitte der Platte (Medaille) zeigt einen Huſaren auf galoppirendem Pferde. Das Reiterabzeichen wird auf der rechten Bruſtſeite, eventuell rechts vom Schüßenabzeichen, getragen.

13.

Budget.

Der Aufwand für das stehende Heer , die beiden Landwehren und die Gendarmerie wurde für das Jahr 1884 in den Regierungsvorlagen folgender maßen präliminirt und von den Vertretungen der beiden Staaten auch bewilligt. Gulden D. W. 95 537 634 Ordentliches Erforderniß für das Heer • = ፡ ፡ 6 876 005 Außerordentliches = Erforderniß für die Truppen im Bosnisch-Herzegoviniſchen Occu 7 307 000 pations- und im Lim- Gebiete 9 681 613 Erforderniß für die Oesterreichische Landwehr • 7 725 787 Erforderniß für die Ungarische Landwehr Sonach der Gesammtaufwand 127 128 039 Der Präsenzstand des Heeres , der activirten Abtheilungen der beiden Land wehren und der Gendarmerie beziffert sich in den Präliminarien rund mit D. 296 000 Mann und 48 690 Pferden.

Bericht über das Heerwesen

Oftrumeliens .

1883 .

Organisatorische Veränderungen haben im Heerwesen der autonomen Türkiſchen Provinz Ostrumelien auch im Jahre 1883 nicht stattgefunden. Die auf die „Miliz" derselben bezüglichen Festsetzungen des „Organischen Statuts " blieben in Kraft. Die im Herbst 1883 eingestellte Altersklasse 1862 ist der vierte, gesetzmäßig zur militärischen Ausbildung gelangte Jahrgang. Die vier Jahrgänge, welche das erste Aufgebot der Miliz bilden, sind in einer Stärke von je 4100 Mann nunmehr so weit vorhanden , daß eintretendenfalls im Jahre 1884 die sämmt

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Heerwesen Ostrumeliens.

lichen für die Mobilmachung vorgesehenen Formationen des 1. Bans aus regulär ausgebildeten Mannschaften der entsprechenden Altersklaſſen - etwa 16 400 Mann aufgestellt werden können. Diese umfassen an Infanterie: 12 Feld- Bataillone à 24 Offiziere (einschl . 1 Arzt und 1 Zahlmeister) und 949 Mann (ausschl. 29 Maulthiertreiber) = 288 Offiziere, 11 388 Mann

zusammen

60

=

und 12 Ersatz- Compagnien à 5 Offiziere und 126 Mann .

1 512

=

348 Offiziere, 12 900 Mann

Für die der Zahl nach nicht festgesetzten mobilen Formationen der Cavallerie, der Artillerie und der Genie-Truppen bleiben mithin nach Abzug des Ausfalls etwa 2000 Mann verfügbar. Dieselben sind mehr als ausreichend für die Feld formationen dieser Gattungen, welche der Zahl der vorhandenen Geschütze und verwendbaren Pferde entsprechend sowie aus den bei der Lehrdruschine vorhandenen Stämmen gebracht werden können auf : 2 Escadrons à 150 Pferde, 1 Batterie zu 4 Geschützen und 2 Genie-Compagnien à 250 Mann. Dabei ist auch die Formation von entsprechenden Ersatz-Abtheilungen nicht ausgeschlossen. Zu dem Hülfsdienst - Maulthiertreiber beim Truppen-Train, -Ambulancen , Colonnen 2c. bleibt dann immer noch vom 1. Aufgebot über schießende Mannschaft verfügbar, welche vermehrt werden kann durch Leute älterer Jahrgänge, deren es im Lande für diese Zwecke genug giebt. (Vergl. frühere Berichte.) Die Ausbildung des Ostrumelischen Milizsoldaten für den Marsch und das Gefecht wird fortgesetzt als sehr mangelhaft, seine Disciplin und militärische Zu verlässigkeit als ungenügend und seine Kriegstüchtigkeit daher im Allgemeinen als sehr gering geschildert. Dazu kommt, daß zur Besetzung der Offizierstellen das active Offiziercorps von zur Zeit 144 Köpfen nicht ausreicht. Ueber die Hälfte der Feldstellen würde mit inactiven und activen Unteroffizieren und anderem Aushülfe-Personal besetzt werden müſſen, namentlich wenn es Thatsache wird, daß ein Theil der Offiziere Bulgarischer Nationalität die Dienste in Ostrumelien verläßt und mit solchen im Fürstenthum Bulgarien vertauſcht. Die Bataillone des 2. und des 3. Aufgebots der Miliz können in der vorgesehenen Anzahl von je 12 und in der Stärke von annähernd je 1000 Köpfen aus solchen Mannschaften der gesetzlich entsprechenden Jahrgänge formirt werden, welche in dem Kriege 1877/78 oder später in den Turnvereinen eine militärische Schule erhalten haben. Oftrumelien besitzt in seiner Bevölkerung über 50 000 auf diese Weise als Soldaten vorgebildete und für einen Defenſiv krieg dienstfähige Männer. Auch Waffen und Munition sind für Fußtruppen (System Berdan) in genügender Menge in der Provinz vorhanden. Aber der schon beim 1. Aufgebot betonte thatsächliche Mangel an Führerpersonal wird die Formation von kriegsbrauchbaren Truppentheilen aus den älteren Jahrgängen zur Unmöglichkeit machen oder diese doch in ihrem Werth sehr herabdrücken. Die gesammte Ostrumelische Miliz ist so viel auch , namentlich Russischerseits, für ihre Vervollkommnung gethan wird nicht viel mehr als ein brauchbarer , organisirter Landsturm. Einen Vergleich mit der Bulgarischen Miliz " kann die Ostrumelische nicht bestehen. Kurz vor Schluß des Jahres ist eine militärisch wie politisch wichtige Ver änderung in Ostrumelien vor sich gegangen. Das Obercommando der Miliz ist

186

Militärische Jahresberichte für 1883.

aus den Händen Strecker Paschas in diejenigen Mahir Paschas , des Engländers Borthwick, gelegt worden. Letterer stand bisher an der Spiße der Gendarmerie und zeigte sich in dieser Stellung dem Generalgouverneur Aleko Pascha stets gefügiger als sein Vorgänger an der Spiße der Miliz. Nach Beseitigung des Letzteren ist die Besetzung der Stelle des Generalstabschefs der Miliz durch einen Russen kaum noch eine Frage. Auch die Tage der Offiziere nicht-bulgarischer und nicht-ruſſiſcher Nationalität , welche noch in Oſtrumeliſchen Dienſten ſtehen, M. werden gezählt sein.

Bericht über das

Heerwesen Verfiens.

1882

und

1883 .

Im Heerwesen Persiens sind aus dem Jahre 1883 ebenso wenig belangreiche Veränderungen zu constatiren , wie aus dem Jahre 1882. Nur das Eine steht fest, daß die viele Arbeit und unverdrossene Mühe , welche die Oesterreichische Offizier-Mission zur Reorganiſation der Perſiſchen Armee aufwendete, thatsächlich an den Orientalischen Zuständen und Vorurtheilen gescheitert ist. Lediglich das Einsehen der Unmöglichkeit , diesen Verhältnissen gegenüber etwas Positives zu leisten, bewog die Oesterreichiſchen Offiziere, nach Ablauf ihrer ersten Engagements periode im November 1881 , das unfruchtbare Feld ihrer Thätigkeit in Teheran zu verlassen. Die Persische Armee hat zwar 1882 noch 8000 Werndl-Gewehre aus Wien bezogen und damit ihr Waffen-Arsenal reichhaltiger und vielseitiger gemacht ; aber das Desterreichische Instructions - Corps ist aufgelöst und von seinem und seiner Schöpfer Dasein heute in Teheran fast jede Spur verschwunden . Nur aus Eleven der Teheraner Militärschule und eigens geworbenen Rekruten beſtehend, war es schließlich auf 7 Bataillone, 3 Feld-Batterien und 1 Genie-Compagnie gebracht worden und hatte bei allen Gelegenheiten , auch im Kurdenaufstande, seine Tüchtigkeit gezeigt. Die im Frühjahr 1882 in ihrem Vaterlande wieder eingetroffenen Defter reichischen Offiziere haben ihre aus unmittelbarer Anschauung gewonnenen Kenntnisse der Persischen Armee - Verhältnisse ihren Cameraden zugänglich gemacht. Hieraus sei als Ergänzung der früheren Angaben dieser Jahresberichte, namentlich derjenigen von 1879 und 1880, das Nachstehende angeführt. Persien verfügt in seinen Bewohnern über ein brauchbares , bildungsfähiges Soldatenmaterial. Die Armee kennt drei Waffengattungen : Infanterie und Artillerie, die regulär formirt sind, und Cavallerie, die irregulär aufgestellt wird . Abgesehen von dem

Heerwesen Persiens.

187

berittenen Theil der Leibwache des Schah besteht das stehende Heer also nur aus den beiden erstgenannten Waffen. Die Rekrutirung der Mannschaft der beiden regulären Waffen ist eine ganz eigenthümliche. Die Steuerzahler haben je nach der Höhe ihrer Einschätzung eine gewisse Anzahl von Soldaten (etwa 1 pro 80 bis 100 Mark) zu stellen. Diese Soldaten dienen lebenslänglich. Sobald Einer stirbt oder invalide wird , muß der betreffende Steuerzahler ihn durch einen andern ersetzen. Die Ausbildung der regulären Truppen ist eine sehr mäßige. Da die Soldaten ihre Bezüge unregelmäßig oder gar nicht erhalten , so gehen ſie anderen Beschäftigungen nach und haben für den Dienst keine Zeit. Eine Stunde täg liches Exerciren, dann und wann Schießübungen und im Sommer das Beziehen eines Lagers außerhalb der größeren Garnisonstädte ist das höchste Maß von Friedensdienst. Die Infanterie zerfällt in 80 Bataillone. Diese sind mit Steinschloß gewehren, Vorderladern, Hinterladern des Systems Henry -Martini oder Werndl Gewehren bewaffnet, wie auch nach dem Gutdünken der Provinzial- Gouverneure verschieden bekleidet. Die Ausrüstung trägt der Infanterist nicht auf dem Rücken . Je drei Soldaten halten sich vielmehr einen Gepäckträger in Geſtalt eines Esels , für dessen Beschaffung und Unterhalt sie bezahlt werden. Die Artillerie ist in Regimenter ohne normale Batteriezahl eingetheilt und mit Türkischen Feldschlangen, Ruſſiſchen Haubißen , Französischen Mörsern, Deutschen Bronze-Kanonen sowie Uchatius- Geschützen bewaffnet. Die Cavallerie ist, obwohl irreguläre Waffe, die beste der Armee. Sie rekrutirt sich zumeist aus den tapferen Gebirgsstämmen , die ein vortreffliches Pferdematerial besitzen, und sie ist auch für das Feuergefecht brauchbar. Auf dem Papier zählt sie mehr als 100 000 Köpfe in ungleichmäßigen Stammes und Landschafts-Verbänden ; doch wird ein Ernstfall nur einige Tausend Reiter solcher Stämme zur Stelle finden, welche der bedrohten Gegend angehören. Persien besitzt zur Zeit noch keine Seestreitkraft. Im Juni 1883 wurde jedoch aus Teheran gemeldet, daß bei der Regierung die Absicht vorliegt , dem nächst mit dem Ankauf zweier Kriegsschiffe den Anfang zur Bildung einer Küsten flotte im Persischen Golf zu machen. Es erübrigt noch ein Ereigniß zu erwähnen, welches neben seiner vorzugs weise handelspolitischen Bedeutung auch militärische Wichtigkeit hat. Die Persische Regierung hat sich im Jahre 1883 zum Bau einer Eisenbahn von Teheran nach dem Hafen Rescht an der Bucht von Enseli des Kaspischen Meeres entſchloſſen und die Vorarbeiten für diesen ersten Schienenweg des Reiches concessionirt. Eine Fortführung dieser Bahn von Teheran nach einem Hafen am Persischen Golf wird Persischerseits geplant , ein Anschluß der Bahn von Rejcht aus an die Transkaukasische Linie Batum- Tiflis - Baku , sowie an die Transkaspische Linie Michailow-Askabad Ruſſiſcherſeits gewünscht. M.

188

Militärische Jahresberichte für 1883.

Bericht über das

Heerwesen

Rumäniens .

1883 .

Der Jahresbericht von 1882 — vergl. Seite 267 — hat das Organiſations Gesetz vom 8./20. Juni 1882 das Ereigniß jenes Jahres für die Rumänische Armee genannt. In demselben Sinne kann der Beginn mit der auf Jahre berechneten Durchführung des Gesetzes als das Ereigniß des Jahres 1883 be zeichnet werden. Das Amtliche Jahrbuch der Rumänischen Armee für 1883 ", die Rumänische Rangliste , zeigt, daß die Armee bis zum 1. Juni 1883 bereits diejenige Umgestaltung erfahren hat, welche ihrer Neuorganisation und ihrer Ent wickelung im Rahmen des angeführten Gesetzes - Skizze desselben im vorigen Jahresbericht von Seite 273 bis 280 als Basis dient (vergl. vorjährigen Bericht Seite 282, Schlußsaß). Die Umgestaltungen datiren hauptsächlich vom Beginn des gegenwärtigen Budgetjahres, den 1./13. April 1883 ; ste nahmen aber ihren Anfang schon am 1./13. Januar, nachdem die Kammern hierzu ein Extraordinarium von 85 500 Fres. bewilligt hatten. Die neuorganisirte Armee hat die für das Rumänische Heerweſen charakteriſtiſche Institution der permanenten Truppen und der halbpermanenten Truppen beibehalten. Aber die durch das 1882er Gesetz nunmehr thatsächlich gewordene Territorialisirung aller Truppen theile der Armee läßt die amtliche Bezeichnung " Territorial-Armee " nur für die halbpermanenten Truppentheile nicht mehr zutreffend erscheinen. Die ganze Rumänische Armee ist vielmehr jetzt eine Territorial - Armee , klassificirt in active Armee (Operations - Armee) , Miliz (Reserve - Armee) und Landſturm, und innerhalb der ersteren zusammengesetzt aus permanenten und halbpermanenten Truppen, von denen wiederum die ersteren alle Waffen , die letteren nur Infanterie (Dorobanzen) und Cavallerie (Kalaraschen) umfassen. Diese eigenthümliche Trennung der activen Truppen in zwei Kategorien, von denen die eine eine Jahre hindurch permanente , die andere eine unter brochene Ausbildung erhält , mußte beibehalten werden. Sie entspricht ebenso sehr der Nothwendigkeit eines Compromisses zwischen den geringen finanziellen Mitteln Rumäniens und dem Bedürfniß nach militärischer Erziehung des Volkes wie der Nothwendigkeit einer zahlreichen , vertheidigungsfähigen Armee für das politisch und geographisch schwierig fituirte Land. Die charakteristische Inſtitution ist zudem hervorgegangen aus der historischen Entwickelung des Rumänischen Heerwesens. So müssen die halbpermanenten Truppen auch jetzt noch den Civil Verwaltungs-Behörden dienen. Die Dorobanzen sind nebenbei Grenzzollwächter und die Kalaraschen Gendarmen. Ehedem gab es auch halbpermanente Artillerie, welche den Feuerwehrdienst in den Städten versah. Nun hat die in Ausführung begriffene Reorganisation des Feuerlöschwesens die Artillerie zwar noch nicht von dem Pompierdienst befreit , aber die damit betrauten bisherigen „Territorial Batterien" haben jetzt permanenten Ersatz und bilden, wie alle anderen Batterien, Theile von Artillerie-Regimentern.

Heerwesen Rumäniens.

189

Die principielle Territorialiſirung der ganzen Rumänischen Armee macht die Territorial - Eintheilung des Landes zur natürlichen Basis der Organisation der ersteren. Diese Eintheilung geht von dem Grundſaße aus , daß jedes Ver waltungs- Departement zugleich einen Regiments- (Erſaß-) Bezirk bildet. Die betreffende vom Gesetz vorgeschriebene, im vorigen Jahresbericht Seite 274 u. 275 wiedergegebene Eintheilung hat bei ihrer praktiſchen Durchführung in Einzelheiten einige Aenderungen erfahren. Sie besteht nunmehr in der in umstehender Ueber ficht angegebenen Weise thatsächlich. Aus der Uebersicht geht - zum Theil beim Vergleich mit derjenigen auf Seite 274 des vorigen Jahresberichtes - hervor , daß zur Zeit jämmtliche Dorobanzen-Regimenter Cadres von 2 , das 7. Regiment von 3 Bataillonen formirt haben , daß also statt des 1882er Standes von 60 Bataillonen in 30 Regimentern jetzt 65 in 32 Regimentern *) vorhanden sind , mithin an dem durch das Gesetz erstrebten Stande von 95 Dorobanzen - Bataillonen noch 30 (dritte Bataillone) fehlen. Ferner ergiebt sich , daß statt des 1882 er Standes von 44 Kalaraschen - Escadrons in 11 Regimentern jetzt 45 in 12 Regi mentern **) vorhanden sind, daß also an dem durch das Gesetz erstrebten Stande von 62 Kalaraſchen- Escadrons noch 17 (vierte und fünfte) Escadrons fehlen. Was die in der Uebersicht aufgeführten höheren Stäbe anbelangt , so sind die Stäbe der Armee Corps und der Divisionen am 16./28 . April 1883 *** ) thatsächlich an Stelle der bisherigen Territorial- Divisions -Stäbe zusammen- und mit allen Branchen†) in Function getreten ; die Brigaden dagegen sind zur Zeit nur nominell besetzt, indem nämlich die in den Brigadestabs - Garnisonen stehenden Regimentscommandeure der Dorobanzen bezw. Kalaraschen in der Rangliste als Brigadeführer figuriren, in Wirklichkeit aber bei den Dorobanzen der Diviſions-, bei den Kalaraschen der Corpscommandeur die Territorial-( Erſatz-) Geschäfte der Brigaden wahrnehmen und bei Truppen-Concentrationen in nothwendigen Fällen die ältesten Regimentscommandeure die Brigaden führen. Die Vertheilung der vorhandenen permanenten Truppentheile auf die mili tärischen Territorialbezirke zeigt die Uebersicht auf Seite 192. ―――――― Aus derselben ergiebt sich zum Theil im Vergleich mit dem im vorigen Jahresbericht auf Seite 277 (oberste Absätze) Gesagten , daß der Cadresstand der permanenten Truppen sich gegen das Jahr 1882 bis zum Schluß des Jahres 1883 nur vermehrt hat um die 3 , im Geſetz geforderten, neuen Artillerie Regimenter und daß 4 Jäger - Bataillone , 1 Cavallerie - Regiment und 2 Genie Bataillone noch zu formiren sind. Die Formation der drei neuen Artillerie Regimenter wurde am 1./13. Januar begonnen. Es kamen dabei 19 neue Batterien und hierbei auch 4 neue Pompiers - Batterien zur Aufstellung. Das bisherige Gendarmen - Regiment erhielt gleichzeitig den Namen „Permanentes Kalaraschen-Regiment " zurück und wurde dem 3. Armee- Corps als das von ihm aufzustellen de permanente Kalaraschen-Regiment überwiesen. *) Die beiden neuen Regimenter Dolju und Braila wurden am 1./13. Jan. 1883 errichtet. **) Das 12. Regiment wurde mit bisherigen Bezirken der Regimenter 4 und 6 errichtet. ***) Mit dieſem Tage hörten laut Decret vom 6./18. März die fünf Territorial- Divi fionen auf zu bestehen , die neue Territorial- Eintheilung in Armee-Corps-, Diviſions- und Brigadebezirke trat gleichzeitig an ihre Stelle. †) Der Stab eines Corps - Commandos umfaßt: den Commandeur, den Generalſtab, die Intendantur, den Geniestab, den Corpsarzt und das Kriegsgericht. Dazu kommen noch die Depot Verwaltungen, die Sanitäts - Compagnie und die Train - Escadron , sowie beim 2. Armee- Corps die Commandantur von Bukarest. Der Stab einer Diviſion beſteht nur aus dem Commandeur, dem Generalstab, der Intendantur und dem Diviſionsarzt.

Brigade 3.

Piteſti

4. Briga de Slatina

alcea VR -.Regt amnicu 2.

latina S3. .Regt C . aracal Regt 19.

.Piteſti Regt 4.

4

2

2 2

Pitesti

.Calafat Regt 31.

raiova C .Regt 1.

.Tiu Regt 18. -J êrgu

everin -.17. ST urnu Regt Brigade 1.

Bats Regimentsbezirken B .- ez

Argeß

2 12

2 2

Romanazi

Ditu

2

Ramnicu -V alcea1

Dolju

d . er b Kalaraſ chen

Regt 2. . Pitesti

1. .Regt Craiova

Craiova

Brigade 1.

Formationen

9. .Regt Turnu Severin

s Departement nen ormatio -.d F zen Doroban aer

Esc. Bez .

Mehedinti 2 Gorju 1

die

mit umfaßt und

Militärische Jahresberichte für 1883.

Divisio 2. n

Craiova

-Severin Turnu Division 1.

Brigade bezirken

Brigade 2. Craiova Craiova

Divisions bezirken

Armee 1. Corps

Armee -Corps

aus besteht

der -Eintheilung Territorial und

Uebersicht

190

2 2

14. Brigade

16. Brigade

Botosani

.P15. Regt iatra 28. .Falticeni Regt

.B16. Regt otosani 29. .Dorohoio Regt

J13. . assy Regt .Roman Regt 14.

1

2

2 1

2 2

45

Suceava 1

Neamtiu

Botosani2 Dorohoio1

Roman

Jassy

Falciu

Vasluiu 1 1

Tekutsch 1 Bacau 2

Putna

Sarat Ramnicu 1

Tutova

Covurluiu 1 2

Buzeu Braila

Prahova 2

Ilfov )(Bukarest 1

Brigade 4.

Galak

Brigade 3.

Jaſſy 11. Regt . Votosani Regt 8. . Roman

Regt 7. . Jaſſy

6. Regt . Folschani

12. Regt . Buzeu Regt .5. Galak

Regt .4. Ploëſti

Bukarest

Dembovita 1 Muscel 1

Giu 2. rgi Bri gadue

Re .3. gt Bukarest 10. Reg . t

Vlasca 2 Teleorman 2

2

Summe 65

2

2

2 2

Piatra

Botosani

Division 8.

Brigade 15.

Jassy

22

Jassy

Roman

.Husi Regt 26.

asluiu .V Regt 25. 2 2

Corps Armee 4.

Husi

Brigade 13.

B . acau Regt 27.

ekutsch TRegt .24. 2 2

Division 7.

Brigade 12.

Fotschani

.Fotschani Regt 10.

Sarat amnicu R .Regt 9. 2 2

Bacau

Fokschani

Division 6.

11. Brigade

22

Galak

B . erlad Regt 12.

.Galat Regt 11.

10. Brigade Galax

2 2

Galak

Ilfov Jalomniza 2

2 1

Armee 3. Corps

8. .Buzeu Regt BRegt . raila 32.

Braila

Brigade 9.

P. loëfti 7. Regt

B6. . ukarest Regt

30. .Cung Regt -L ampu 2 3

Diviſion 5.

Ploëſti

Brigade 8.

Tirgovisti

Tirgoviſti .22. Regt

5. .Giurgiu Regt T Magurelli |. urnu 20.Regt

.Bukarest Regt 21. CRegt 23. . alarasi

2 2

Ploësti

Divisio 4. n

7. Brigade

Brigade 6. Giurgiu

Brigade 5. Bukarest 22 2 2

Bukarest

Armee C -2. orps

Bukarest

Diviſion 3.

13 Heerwesen Rumäniens. 191

192

Militärische Jahresberichte für 1883.

Uebersicht

und ihrer Ersa - Bezirke

der Permanenten Truppentheile

Perman. Artillerie Sanitäts Divisions- Armee- Corps Train Jäger Cavallerie Re Com Re Bataillone Escadrons bezirk bezirk gimenter gimenter gimenter pagnien Linien Re

1.

1. 1. Rosch.

2. 3. 4.

2.

2. Rosch.

3.

Perman. Kalar.

5.

6.

1.

1. 1.

2.

5. 2.

3. 2.

6.

4. 5.

3.

3.

7.

7.

4. 4.

8.

3. 6.

4. 8.

2.

2.

3.

7..

1.

1.

4.

4.

8.

Die Fortschritte, welche somit das gesammte Rumänische Heerwesen auf dem Gebiete der Formation auf Grund des Organisationsgesetzes vom 8./20. Juni gemacht hat, ergeben, daß Rumänien heute eine active Armee besitzt von : 16) = 8 Linien - Regimentern à 2 Bataillonen 85 Bataillone = 4 4 Jäger - Bataillonen Infanterie = 65 32 Dorobanzen-Regimentern à 2 Bat. ( 1 zu 3) = 2 Roschiori-Regimentern à 4 Ecadrons = 57 Escadrons 4 1 Permanenten Kalaraſchen-Regt. von 4 Esc. Cavallerie 45 12 Kalaraschen- Regimentern à 3 und 4 Esc. 49 Batt. Artillerie 8 Artillerie - Regimentern à 6 Batterien ( 1 zu 7) (darunter 18 Pompiers - Batterien) - 10 Comp. Genie. 1 Genie- Regiment zu 2 Bataillonen à 5 Comp. Außerdem sind noch activ: 2 Comp. und 2 Escadrons Gendarmen (je 1 für Bukarest und Jaſſy), 4 Escadrons Train 4 Compagnien Sanitätstruppen } (1 für jedes Armee-Corps ) und 4 Handwerker und Arbeiter (zwei im Arſenal, je eine in der Feuer werkerei und in der Montirungswerkſtatt). *)

*) Die Train - Escadron und die Sanitäts - Compagnie werden in Rumänien nicht unter die Truppentheile, sondern unter die Branchen der Armee - Corps - Stäbe gerechnet, sie werden daher auch hier geführt. Die Handwerker- und Arbeiter - Compagnien sind lediglich Disciplinar - Verbände von dienstpflichtigen Mannschaften dieser Kategorie bei den Armee-Ausrüstungs - Anstalten des Kriegsministeriums. Nur die Verbände der Gendarmen - eine Art Schußmannschaft und Feldgendarmerie - gelten als Theile ihrer entsprechenden Waffen.

Heerwesen Rumäniens.

193

Die Friedensstärke der activen Armee kann zwischen 25 000 Mann (nach Entlassung der Reserven) und 70 000 Mann (große Herbſtübungen) schwanken ; sie hält sich aber die längste Zeit des Jahres über auf etwa 35 000 Mann . 294 Geschütze sollen bespannt sein.* ) Der activen Armee entspricht im Mobilmachungsfall eine Operations Armee von : 85 000 Mann, Bataillonen Infanterie à 1000 Comb. 8550 Mann und 8550 Pferde, Escadrons Cavallerie à 150 Comb.-Pferde Batterien Artillerie à 6 Geſchüße = 7840 Mann, 5380 Pferde u. 294 Gesch., Compagnien Genie à 250 Mann * 2500 Mann, im Ganzen 103 890 Combattanten, oder mit dem gesammten Hülfsdienst : 120 000 Mann, 294 Geſchüße, 14000 Cavallerie- und Artilleriepferde und 6000 Train-Zugthiere. 85 57 49 10

Die Eintheilung der Truppentheile ist bei der Operations - Armee dieselbe , wie diejenige der activen Armee und das Ergebniß der Territorial Eintheilung. Demnach ist die Rumänische Armee im Kriege wie im Frieden. eingetheilt in vier Armee- Corps, zu denen im Frieden noch hinzutritt die „ active Division der Dobrudscha “ und im Kriege eine " Cavallerie - Division (-Brigade)" . Die erstere besteht aus denjenigen Truppentheilen , welche von den Armee Corps als Besatzung in die genannte , noch nicht in die allgemeine Territorial Eintheilung mit einbezogene und daher selbst noch keine territorialen Truppen theile formirende Außenprovinz detachirt sind ; sie umfaßt zur Zeit 8 Bataillone, 8 Escadrons und 4 Batterien permanenter Truppen. Das Divisions-Commando untersteht gleich den Armee-Corps - Commandos direct der oberen Heeresleitung und ist wie diese mit dem nöthigen Stabs- und Branchenperſonal x . ausgerüstet. Die Cavallerie = Division wird im Kriegsfall formirt aus den aus ihren bezüglichen Corpsverbänden ausscheidenden vier permanenten Cavallerie - Regi= mentern ; sie wird zur Zeit nur eine Brigade von drei Regimentern mit 12 Escadrons oder 1800 Combattanten umfassen können. Jedes der vier Armee- Corps besteht im Speciellen aus den Truppentheilen, welche sich durch Zusammenziehung der in den Uebersichten 1 und 2 enthaltenen Angaben ergeben, im Allgemeinen alſo aus 2 Divisionen und 1 Cavallerie-Brigade sowie den Branchen. Jede der beiden Diviſionen ist wiederum zuſammengeſetzt aus 1 Linien-Regiment , 1 Jäger-Bataillon (zur Zeit nur eventuell) und 2 Dorobanzen-Brigaden **) à 2 Regimenter, zuſammen nach Durchführung des Organiſationsgefeßes aus 15, zur Zeit nur 10 bezw . 11 Bataillone, endlich aus 1 Artillerie - Regiment von 6 Batterien , 1 oder 2 Genie - Compagnien und den zugehörigen Branchen. Die Cavallerie-Brigade ** ) joll 3 Regimenter mit etwa 15, zur Zeit etwa 11 Escadrons, zählen. *) Jn Wirklichkeit haben aber zur Zeit immer nur 4 Geschüße pro Batterie Be spannung. ** ) Sämmtliche Brigaden werden voraussichtlich von den Regiments commandeuren geführt werden (vergl. Bemerkungen zu Uebersicht 1 , Territorial-Eintheilung). 13 Militärische Jahresberid te 1883.

194

Militärische Jahresberichte für 1883. Die voraussichtliche Kriegsstärke eines Armee-Corps beträgt zur Zeit: 21 Bataillone à 1000 Combattanten = 21 000 Mann, 4 à 150 Combattanten-Pferde = 1650 11 Escadrons a 6 Geschüße = 1920 = 12 Batterien und 72 Geschüße, = 500 Mann 2 Genie-Compagnien à 250 Mann

im Ganzen etwa 25 000 Combattanten und 72 Geſchüße oder mit dem gesammten Hülfsdienst etwa 29 000 Mann. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Rumänische Operationsarmee in der angegebenen Kopfstärke aufgestellt werden wird. Das Land verfügt über nahezu ein 320 000 nach den Gesetzen des Landes militärisch ausgebildete Männer im Allgemeinen recht kriegstüchtiges Personal (vergl. vorigen Jahresbericht G. 271 ) , von denen bei einer Jahresklassenstärke von früher 24 000, jezt 32 000 Rekruten mindestens etwa 200 000 den für die Operationsarmee be stimmten acht jüngsten Jahrgängen angehören. Es bleibt somit hiervon noch ein Ueberschuß von fast 80 000 Mann zur Formation der Erſatz-Truppentheile, deren Stand nach den bezüglichen Veröffentlichungen zur Zeit umfassen würde: 8 Linien- Bataillone 39 Bataillone, 1 Jäger-Bataillon 32 Dorobanzen-Bataillone 2 Roschiori-Escadrons 1 Permanente Kalaraschen-Escadron = 15 Escadrons, 12 Kalaraschen-Escadrons 8 Batterien und 2 Genie-Compagnien etwa 45 000 Mann. mit zusammen einschl . Train- Ersatz-Abtheilungen Die schwachen Punkte der Rumänischen Armee in äußerer Beziehung an inneren Schwächen (vergl. vorigen Jahresbericht S. 272) fehlt es auch nicht sind in der geringen Stärke der Offiziercorps , im Zustand der Com battanten-Pferde und in der Train -Ausrüstung zu suchen. Ein Blick in die jüngste Rangliste der Rumänischen Armee zeigt die geringe Stärke der Offiziercorps. Die jetzt vorhandenen Compagnien , Escadrons und Batterien haben außer dem Chef meist nur noch einen Offizier. Am Kriegsbedarf fehlen , auch nach Einrangirung der Reserve-Offiziere, 50 Procent. Die Infanterie hat verhältnißmäßig den größten Mangel. Dieser wird durch die gestattete Beförderung von Sergent-adjutants und Sergent-majors sowie durch die Einrangirung der obersten Klasse der beiden höheren Militärſchulen in Bukarest auf 35 Procent herabgemindert werden können , aber im ersteren Falle nur zum Nachtheil des tüchtigen Unteroffiziercorps und im anderen Falle ohne Vermehrung der Erfahrung unter den Führern. Der Mangel an Offizieren ist mit einer der Gründe , daß die nach dem Gesetz vom 8./20. Juni noch ausstehenden Formationen von 34 Bataillonen, 20 Escadrons und 10 Genie - Compagnien erst nach vielen Jahren werden errichtet werden können . Thatsächlich wird das Rumänische Heer 1000 Offiziere mehr als gegenwärtig besitzen müssen, wenn es seine durch jenes Gesetz festgesette Cadresstärke erreichen und die Cadres mit dem nothwendigsten Offizierpersonal besetzen will. Eine allmälige Besserung der Verhältnisse ist schon jetzt nicht zu verkennen. Der Besuch der Militärſchulen in Jaſſy und Crajova hat in den letzten Jahren wesentlich zugenommen. Der Gesammtstand des Rumänischen Offiziercorps hat sich nach Ausweis der Ranglisten im Jahre 1883 um 97 Köpfe erhöht. Und was den Nachwuchs besonders werthvoll macht , ist der Umstand ,

Heerwesen Rumäniens.

195

daß er mehr als ehedem den besseren Familien des Landes zu entstammen beginnt. Ein Uebelstand bleibt freilich bestehen; der Rumänische Offizieraſpirant wird, wenn er nicht aus dem Unteroffizierſtande hervorgeht, nicht in der Truppe, sondern in der Schule ausgebildet. Für die Weiterbildung des Rumänischen Offiziers ist bisher von Seiten des Staates wenig gesorgt. Die jungen Artillerie und Ingenieuroffiziere werden zur Erweiterung ihrer technischen Kenntnisse auf ausländische Schulen, namentlich Brüssel und Fontainebleau, gesandt. Auch die Aspiranten auf den Generalstab mußten bisher ihre Qualification im Auslande erwerben. Die Errichtung der schon seit einigen Jahren geplanten Kriegs Scóla superióră de resbel — ist erst im Jahre 1883 Akademie zu Bukarest mit dem Generalſtabs-Geſetz (vergl. weiter unten) ſanctionirt worden. Der Pferdestand der Rumänischen Armee ist trotz der auch 1883 im Auslande fortgesetzten Ankäufe für Cavallerie etwa 1500, für Artillerie etwa 600 Pferde und der bereits bemerkbaren Einwirkung des Armee gestütes zu Nucet (vergl. vorigen Jahresbericht, S. 269, 6) immer noch ein so mangelhafter geblieben, daß die Kriegstüchtigkeit der Rumänischen Escadrons und Batterien nach wie vor ernstlich in Frage steht. Unter dem schlechten Pferdematerial leidet naturgemäß auch die Ausbildung der berittenen Truppen. Die Rumänische Cavallerie , auch die permanente , wird im Kriegsfall in ihrer Kopfstärke sehr bald auf weniger als 100 Combattanten pro Escadron zurück gehen und auch in dieſer reducirten Stärke weder Marſch- noch Gefechtsleistungen entscheidender Art zu bestehen vermögen. Selbst für den Aufklärungsdienst fehlt es ihr an genügenden Elementen und entsprechender Schule. Die Bespannung der Artillerie steht in Folge der Vermehrungen des letzten Jahres mit ihrer Kriegstüchtigkeit auf relativ noch niedrigerer Stufe als die Cavallerie. That sächlich sind alle Batterien bei den Herbstübungen des Jahres 1883 , wenn sie überhaupt ausgerückt sind, nur mit vier bespannten Geschützen erschienen. Aber ſelbſt die Bespannung dieser reducirten Geſchützzahl entsprach nicht allen An forderungen an Zug-, Marsch- und Manövrirfähigkeit und zeigte Mängel, welche beim Eintritt in kriegerische Operationen noch mehr hervortreten und auf dieſe letzteren lähmend wirken werden. Es muß dahin gestellt bleiben, ob unter diesen Umständen und mit Rücksicht auf die geringe Zahl der Offiziere die Rumänische Heeresleitung nicht vorziehen wird , an Stelle von 294 schlecht bespannten Ge ſchützen nur höchstens 192 mobil zu machen und an Stelle von 57 Escadrons mit je 150 Pferden nur 40 mit je 100 Pferden in den Krieg zu schicken. Die Train -Ausrüstung der Rumänischen Armee ist bis jetzt hinter der jenigen mit Waffen und Munition zurückgeblieben. Die Armee-Verwaltung hat ausreichendes Trainmaterial nur erst für die Truppentheile Truppenfahr zeuge beschafft. Durch das Requisitionsgesetz kann der fast noch gänzlich fehlende Armee-Train im Mobilmachungsfall nur unvollkommen ersetzt werden, so sehr die Gestellung der nothwendigen Wagen und Zugthiere Seitens der Departements auch gesichert ist. Bei der Bespannung der requirirten Land farren wird - wie 1877/78 -― vielfach dem Ochsen der Vorzug vor dem Pferde gegeben werden. Der Ponton-Train der Armee soll nur für 100 m Brückenlänge ausreichen. ― In Erkenntniß der Nachtheile einer mangelhaften Train - Ausrüstung hat die Rumänische Armee - Verwaltung im Jahre 1883 größere Bestellungen von Munitions- und Sanitäts - Fahrzeugen im Auslande (England , Deutschland , Desterreich) gemacht und die Erweiterung der eigenen Armee-Ausrüstungs-Anstalten in Angriff genommen . 13*

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Militärische Jahresberichte für 1883.

An die Aufstellung einer Reserve - Armee aus den Milizen kann Rumänien bei einem gegenwärtigen Kriegsfall noch nicht denken . Die Mannschaft ist vor handen, auch an guten Waffen kein Mangel, aber es fehlt an den nothwendigen Chargen, namentlich an Offizieren . Ausführungs -Bestimmungen zu den auf die Miliz bezüglichen Vorschriften des Gesetzes vom 8./20. Juni 1882 - vergi . vorigen Jahresbericht S. 279 ſind darum vom Rumänischen Kriegsministerium noch nicht erlassen und nur vorbereitet. Die höchste Leistungsfähigkeit vorausgesetzt , mag es im Nothfall möglich sein , in jedem Ersaßbezirk eines Dorobanzen bezw. Kalaraschen- und Artillerie Regiments etwa 1 Bataillon bezw . 1 Escadron und 1 Batterie, also im Ganzen 32 Bataillone , 12 Escadrons und 8 Batterien etwa 40 000 Mann als Reserve-Truppen aus Milizen und älteren inactiven Offizieren zu formiren und hinter der Operations - Armee bezw. zur Vertheidigung der eigenen Grenzen in kriegerische Verwendung zu bringen . Den in den Städten aus dem Landsturm eingerichteten Nationalgarden Verbänden und den neuerdings auch auf dem platten Lande ins Leben tretenden Schützen-Vereinen kann ein militärischer Werth nur insofern beigemeſſen werden , als sie , von Seiten des Staates bewaffnet , zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Wachtdienst innerhalb der Landesgrenzen verwendbar sind und Truppen der Reserve- und Operations-Armee hierzu nicht zurückgelaſſen , Ersatz-Truppen hierfür nicht in Anspruch genommen zu werden brauchen. Im Vorstehenden ist ein Bild der Rumänischen Armee nach den Ver= änderungen gegeben worden, welche sie im Jahre 1883 auf Grund des in Durch führung genommenen Organisations - Gesetzes vom 8./20. Juni 1882 erfahren hat. Es erübrigt noch , einige sonstige Vorgänge des Jahres 1883 zu erwähnen, welche theils mit eine Folge des genannten Gesetzes, theils von dem selben unabhängig waren. Eine der natürlichsten Folgen jenes die Erweiterung und die vollständige Territorialiſirung der Armee verfügenden Gesetzes war eine neue Abänderung des seit 1872 wiederholt amendirten Wehrgesezes vom 11. Juni 1868. Vom 29. November 1882 datirt , fand die Novelle zu diesem Gesetz ihre erſte Anwendung im Jahre 1883 und vornehmlich bei der gegenwärtig vor sich gehenden Aushebung. Alle jungen Rumänen , welche bis zum 31. December ihr 21. Lebensjahr vollenden, werden im September und October wiederholt durch öffentlichen Anschlag der Ortsvorstände zur Gestellung aufgefordert. Nachdem diese bis November stattgefunden hat und inzwischen alle Reclamationen erledigt sind, erfolgt die eigentliche Aushebung vor der Revisions- Commiſſion in der Zeit vom 31. Januar 1./13. December bis (in der Regel kurz vor Weihnachten) und 12. Februar sodann die Einstellung der definitiv Ausgehobenen am 1./13. Februar. An diesem Termin des Jahres 1884 sollen 12 000 Mann (die erſten Loos nummern) gegen 8500 Mann im Jahre 1883 - bei permanenten Truppen theilen eingestellt werden und der übrige Theil der Jahresklaſſe 1884 — etwa 22 000 Mann nach Abzug von 3000 für den Dienst bei den Kalarajchen bereiten Pferdebesitzern den Dorobanzen überwiesen werden . Eine Reihe von Bestimmungen der Rekrutirungsgesetz - Novelle ergiebt sich aus der erfolgten Territorialisirung der permanenten Truppentheile der Land armee. Im Frieden ergänzen sich die Armee-Corps ausschließlich innerhalb ihres Corpsbereichs und innerhalb des letteren wiederum die Dorobanzen- und

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Kalaraschen-Regimenter ausschließlich innerhalb ihrer Departements . Im Mobil machungsfall kann ein Ausgleich stattfinden. Nur die Flottille hat keine bestimmten Ersatzquoten von bestimmten Rayons zu erhalten. Ihr Ersatz soll vorzugsweise von den Ufer- Departements des Schwarzen Meeres und der Donau gestellt werden. Das Ersatzgeschäft wird in jedem Departement geleitet von dem Büreau, welches mit der Führung der auf das Departement bezüglichen militärischen Listen betraut ist. An der Spite desselben fungirt ein Capitän , welcher der Controle des Commandeurs des betreffenden Dorobanzen - Regiments unterſteht und gleich seinem Personal -- von letterem abcommandirt ist. Eine sehr wichtige Bestimmung der Wehrgesetz-Novelle bezieht sich auf die in Rumänien wohnenden Ausländer. Das Gesetz bestimmt nämlich , daß „ jeder in Rumänien Wohnende" zum Militärdienst verpflichtet ist , sobald er nicht den Nachweis beizubringen vermag , daß er in seinem Vaterlande der Militärpflicht schon Genüge geleistet hat. Bisher war nur jeder Rumäne" zum Militärdienst verpflichtet, eine Bestimmung, die nicht nur oft wirkliche Rumänen zur Umgehung verholfen hatte, sondern auch, wie der Minister im Senate mittheilte, Rumänien zum Schlupfwinkel einer großen Anzahl von Fremden, namentlich Juden, gemacht habe , welche ihre Söhne jeder Militärpflicht entziehen wollen (vergl. Jahres bericht 1881 , S. 196) . Bei der gegenwärtigen Aushebung ist die neue Be stimmung zum ersten Male und mit aller Strenge gehandhabt worden . Die schon 1880 abweichend vom 1876er Amendement proviſoriſch reducirte active Dienstpflicht — und zwar für die permanenten Truppen von 4 auf 3, für die Kalaraschen von 5 auf 4 und für die Dorobanzen von 6 auf 5 Jahre ist durch die Gesetz- Novelle vom 29. November 1882 definitiv in dieser Weiſe festgesetzt worden. Dagegen ist die geplante Verdoppelung der zweimonatlichen Rekrutenpräsenz der halbpermanenten Truppen noch nicht zum Gesetz erhoben. Die Beurlaubung der permanenten Truppen kann nach zweijährigem, erfolgreichem Dienst bei der Fahne und diejenige der halbpermanenten Truppen nach drei jährigem , erfolgreichem Dienst in den „ Schimbs " *) erfolgen. Die Entlassung zur Reserve kann jedoch erst nach Ablauf der gesetzlichen 3 bezw. 4 und 5 activen Dienstjahre erfolgen. Die Altersgrenzen der einzelnen Wehrklaſſen ſind nicht verändert worden. Der am 1./13 . Februar zum activen Dienst eingestellte 21jährige (im 22. Lebensjahre stehende) Rumäne tritt 8 Jahre später , am 31. Januar zur Miliz , wiederum 8 Jahre später zum Landſturm über und 12. Februar kommt dann nach 9 Jahren (also 25 Jahre nach seinem Diensteintritt und nach 31. Januar vollendetem 46. Lebensjahre), am 12. Februar zur definitiven Entlaſſung. Die in Rede stehende Gesetz-Novelle enthält auch neue Vergünstigungen für die Unteroffiziere. Vom 18. Lebensjahre an ist freiwilliger Eintritt zum Dienſt auf Avancement möglich . Zu den vielen Vortheilen , welche die Bestimmungen des im Jahresbericht von 1880 auf S. 172 skizzirten Gesetzes vom 14. März 1880 den fortdienenden Unteroffizieren gewähren, kommt jetzt eine neue Erhöhung des Soldes und der Capitulations-Prämien. Außerdem ist die Jahrespension , welche mit der nach 12jähriger , vorwurfsfreier Dienstzeit erfolgten Verleihung der filbernen Medaille de virtute militara verbunden ist , auf 500 Fres . jährlich *)_„ Schimbs“ sind die wöchentlich wechselnden Contingente derjenigen Mannschaften der halbpermanenten Truppentheile, welche ihre Rekrutenpräsenz hinter sich haben und monatlich nur noch je eine Woche zu dienen haben (Ablöſungsmannſchaft).

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Militärische Jahresberichte für 1883.

normirt worden für diejenigen Unteroffiziere , welche aus dem permanenten Militärdienst ausscheiden. Unteroffiziere , welche in das landsturmpflichtige Alter eintreten, können nicht von Neuem capituliren. Beim Eintritt in das Heer hat nach den neuen Bestimmungen jeder Rekrut sowie jeder aus den Militärschulen dem Heer überwiesene Unterlieutenant und Unteroffizier zu schwören : „ Treue dem Könige Carol I. , Gehorsam den Geſetzen und militärischen Vorschriften in jeder Lage und in Kriegs- wie Friedenszeiten. “ Eine weitere Folge der erweiterten Heeres- Organisation war ein Gesez über den Generalstab. Daſſelbe , unterm 6./18 . März 1883 erlaſſen , trat an Stelle der am 14. December 1882 provisorisch gegebenen, fast gleichlautenden Bestimmungen. Es bestimmte , daß neben dem Truppen-Generalstab noch ein großer Generalstab zu formiren sei , welcher - „der Autorität des Kriegs ministers untergeordnet " der Leitung eines Generalstabschefs unterstehen und im Kriegsfall aus sich den Generalstab des Obercommandos der Armee bilden jolle. Das Desterreichische Armeeblatt" Nr. 19 von 1883 brachte den Wort Der große laut des Gesetzes . Daraus sei hier hervorgehoben was folgt. Generalstab zerfällt in drei Sectionen, von denen die erste sich mit den Operationen der Armee , die zweite mit dem Hülfsdienſt ( Eisenbahnen) und dem Nachrichten wesen (fremde Armeen) , die dritte endlich mit der Landesaufnahme zu beſchäftigen hat. Die beiden ersten Sectionen sind in der Organisation begriffen. Die 3. Section ersetzt das bisherige „Kriegskarten - Depot" des Kriegsministeriums, welches bereits die Aufnahme von der Dobrudscha und der nördlichen Moldau (vergl. Jahresbericht 1880 , S. 174) bewirkt hat , also vorhanden ist. Zum Chef des großen Generalstabes wurde im October 1883 General Falcoianu ernannt , der bisherige Generaldirector der Rumänischen Eisenbahnen. Der Truppen-Generalstab ist mit der Aufstellung der vom Organisations-Gesetz vom 8./20. Juni 1882 geforderten höheren Stäbe am 16./28. April 1883 gebildet worden, zum Theil durch Uebernahme der Generalstäbe der bisherigen Territorial Divisionen. Zur Heranbildung von Generalstabsoffizieren fordert das Gesetz die und Errichtung einer Kriegs-Akademie Scóla superióră de resbel beſtimmt, daß alle Offiziere, welche sich als Aspiranten des Generalstabes fühlen, auf derselben einen zweijährigen Cursus durchmachen , dann in einem Examen sich das Generalstabs-Brevet erwerben und endlich einen dreijährigen Probedienst beim großen Generalstab absolviren sollen , nachdem sie in der Zwischenzeit je ein Jahr bei den beiden anderen Waffen praktischen Dienst gethan haben. Neben dem eigentlichen Generalstab (Stat-major marelui) besteht noch ein Generalstab des Königs (Stat-majorul regesc), welcher jedoch mit dem General stab der Armee nichts zu schaffen , sondern als Militärisches Haus Seiner Majestät des Königs " lediglich den persönlichen (Flügeladjutanten-) Dienſt bei dem letzteren zu versehen hat. Gleichzeitig mit dem Generalstabs - Gesetz wurde ein neues Gesetz über die Heeresverwaltung gegeben. Sein Wortlaut befindet sich in dem Dester reichischen Armeeblatt Nr. 14 von 1883. Das Gesetz macht den Kriegsminister zum verantwortlichen Chef für die gesammte Heeresverwaltung " . Diese umfaßt den Intendanz-, Artillerie-, Genie-, Flottillen-, Sanitäts-, Kaffen- und Post dienst sowie alle nicht dem Generalstab obliegenden Geschäfte bezüglich der Truppen, wie Ersatz, Remonte, Bildungswesen, Perſonalien , Justiz, Dislocationen u. j . w. Das Kriegsministerium ist dementsprechend in die vier Directionen": 1 ) Truppen, 2) Material (excl. Waffen) und Naturalverpflegung , 3) Budget und Geld verpflegung, 4) Specialwaffen (incl . Waffen, Militärbauten und Flottille) , sowie

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in die Sanitäts - Section " und innerhalb derselben wieder in eine Anzahl „Büreaus “ getheilt. Das Gesetz decentraliſirt die gesammte Verwaltung in einer dem Territoriali firungsprincip durchaus entsprechenden Weise. Die Armee - Corps- und die Divisionscommandeure sind verantwortlich für die Verwaltung ihres Befehls bereichs und Truppenverbandes. Ebenso ist die innere Verwaltung der einzelnen Truppentheile sowie der Militär- Etablissements den Commandeuren derselben ver antwortlich übertragen. Alle genannten Commandobehörden sind mit den ent sprechenden Verwaltungsorganen ausgestattet. Dem Kriegsminister , zur Zeit noch der Ministerpräsident Joan Brătianu selbst, ist ein Generaldirector beigegeben , welcher Soldat ſein und jenen in der Leitung der Direction 2c. vertreten muß. Auch drei Consultativ-Comités — des Generalstabes , der Infanterie und Cavallerie - stehen dem Kriegsminister zur Seite. *) Wiederum gleichzeitig mit den vorstehend angeführten beiden Geſetzen ver öffentlichte der Rumänische Moniteur im März 1883 ein Gesetz , welches dem Kriegsministerium einen Credit von 15 Millionen Frcs. für die Erhöhung der Vertheidigungsfähigkeit des Landes , speciell für Festungsbauten, eröffnete. Dieser Credit war nicht vom Ministerium gefordert worden , sondern eigenthümlich genug - von der Deputirtenkammer angeboten und sodann faſt einstimmig von dieser und dem Senat bewilligt worden (vergl . Jahres berichte 1880, Eingang, und 1881 , S. 192) . Es scheint in der That , als ob das Ministerium Brătianu die im Anfang des Jahres 1883 durch die Donaufrage mehr chauvinistisch als patriotisch erregte Stimmung des Volkes geschickt ausgenutzt hat, um ohne sein Zuthun eine Summe zu erhalten , welche nothwendig war, um eine Reihe von Rechnungen über früher im Ausland gemachte Bestellungen von Kriegsmaterial zu ordnen. Denn die Durch= führung fortificatorischer Vertheidigungsmaßregeln scheint das Ministerium vor läufig noch nicht vornehmen zu wollen. Die im Juni und Juli 1883 viel besprochene, etwas gewaltsame Reise des Belgischen Ingenieurgenerals Brialmont nach Bukarest und die Einholung seiner Vorschläge über die Anlage von Befestigungen ließ allerdings auf ernſte Absichten der Rumänischen Regierung schließen ; allein vorerst scheint es sich nur um Vor arbeiten allgemeinster Art gehandelt zu haben. Selbst die Ausschreibung von Ziegellieferungen für Befestigungen bei Bukarest haben sich bis jetzt als nicht ernstlich gemeint erwiesen. So steht wohl nur fest , daß die Rumänische Regierung beabsichtigt , im Laufe der Jahre dem Lande einen Central - Waffenplatz zu schaffen ſowie an der Pruth- und Karpathen- bezw . Transsylvaniſchen Alpen-Linie einige Sperr forts zu erbauen. Die Volksvertretung hat nun durch ihr Votum vom März 1883 diese Absicht gutgeheißen und sich moralisch für die Bewilligung der weiterhin nöthigen Millionen verbindlich gemacht. Die Regierung ist darauf, vom General Brialmont unterstützt , in die theoretische Erörterung der Befestigungsfrage ein getreten und im Princip zu einem bestimmten Plan gelangt. General Brialmont hat alsdann den praktischen Vorarbeiten zur Verwirklichung deſſelben den richtigen Weg gezeigt ; die ausgeschriebenen Submiſſionen haben der Regierung orientirendes *) Die Artillerie wird in dieser Beziehung durch einen „Inspecteur“, das Genieweſen durch den „ Central- Genieſtab“ vertreten .

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Material für die Kostenberechnungen geliefert, und jetzt ist es Sache der Landes aufnahme (Section III des großen Generalstabes) sowie besonders des (neben dem Generalstabe noch bestehenden) Central- Geniestabes der Armee die nöthigen Unterlagen für die Detail- Vorarbeiten zu beschaffen und demnächst die letzteren selbst auszuführen. Bestimmte Anhaltspunkte für die Befestigungsprojecte liegen nicht vor. Bezüglich der Centralfestung scheinen Bukarest und Galaß zu concurriren . Galaß ist ein von der Natur gegebener , leicht zu befestigender , strategischer Punkt von fast internationaler Bedeutung, zur Anlage eines Waffenplates ersten Ranges wie geschaffen. Bukarest ist erst als Landeshauptstadt zu einer strategischen Bedeutung für Rumänien gelangt. Der Gedanke, diesen Ort zur Centralfestung des Landes zu machen , mag dem Französischen Vorbildern gern folgenden Theile des Rumänischen Volkes besonders sympathisch sein, obwohl der heißblütigste Rumänische Chauvin in der Moldau das Wort „ Paris ist Frankreich" nicht auf das Ver hältniß Bukarests zu Rumänien anwenden wird. Ende Mai 1883 hat wieder ein größerer Garnisonwechsel stattgefunden. Das durch das Organiſations - Gesetz ausgesprochene Princip der Territorialiſirung und Localisirung der Truppentheile sollte derartige Wechsel ausschließen. Allein, so lange die Dobrudscha als Außenproving betrachtet wird und durch Detache ments aus den vier Armee-Corps-Bereichen besetzt werden muß , läßt auch das Gesetz die schon erwähnte „ Active Division der Dobrudscha " bestehen. Auch Bukarest verlangt eine stärkere Garnison, als sein Armee- Corps -Bereich bezw. sein Ersatzbezirk aufzubringen vermag . Ein Königliches Decret vom 10. Mai 1883 verfügte daher , daß von den beiden Linien - Regimentern jedes Armee - Corps künftig eins innerhalb ſeines Armee- Corps - Bereiches zu verbleiben habe , das andere nach Bukarest oder der Dobrudscha zu detachiren sei. Von den Jäger - Bataillonen sollen nur drei in ihren Ersatzbezirken garnisoniren , da ein zweites immer nach Bukarest detachirt werden soll. Die permanenten Cavallerie-Regimenter sollen entweder im Bereiche des 2. Armee-Corps (Bukarest) oder in der Dobrudscha garnisoniren, die Artillerie Regimenter höchstens je eine Batterie in die letztere detachiren dürfen. Das Genie -Regiment bleibt einstweilen ganz dem 2. Armee - Corps unterſtellt. Alle außerhalb ihres Armee - Corps - Bereiches dislocirten Truppenkörper lassen ihre Depots in dem ersteren zurück. Der Wechsel in den Detachirungen darf von 1884 an nur am 1. April jeden Jahres und nur nach mindestens einjährigem Aufenthalt in der bezüglichen Garnison stattfinden. Die öfter sich wiederholenden Reibereien der Wachen an der Rumänisch Desterreichischen Grenze haben im Juli 1883 zur Einsetzung einer Grenz Regulirungs = Commission geführt , der auch Rumänischerseits einige Offiziere zugetheilt wurden. Die Commission hat ihre Arbeiten im Jahre 1883 nicht mehr zu Ende führen können. Die Manöver des Jahres 1883 fanden wiederum in den letzten Tagen des Septembers und in der ersten Hälfte des Octobers vom 15. bis 30. September a. St. ― statt. Sie wurden dieses Mal nur innerhalb der Corps abgehalten. Bei den Uebungen des 2. Armee - Corps manövrirten zuleßt beide Divisionen gegeneinander und in Anwesenheit des Königs nördlich Ploëſti. Die Bataillone sämmtlicher Linien-Regimenter mit Ausnahme derjenigen in der Dobrudscha und die Jäger-Bataillone hatten während der Manöverzeit auf 14 Tage je 250 Reserven eingezogen. Die Truppen in der Dobrudscha hatten überhaupt keine Herbstmanöver.

Heerwesen Rumäniens.

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Die Neubeschaffung und Neubestellung von Waffen und Aus rüstungsmaterial hat während des Jahres 1883 keinen Stillstand erfahren. Das Artillerie-Material wurde durch Kruppsche Feldgeschütze und Armstrongsche Gebirgsgeschütze vermehrt. Von den vorhandenen 49 Batterien sind zur Zeit die 1883 neu errichteten 4 Pompiers-Batterien mit den 1883 gelieferten 6,3 cm Armstrong-Geschützen als Gebirgs -Batterien, die größere Hälfte der übrigen Batterien (darunter die 14 alten Pompiers-Batterien und alle 8 reitenden) mit 7,5 cm-Krupp-, die kleinere Hälfte mit 8,7 cm-Krupp- Geſchützen bewaffnet . Es ist Absicht, in jedem der 8 Regimenter die reitende Batterie mit 7,5 cm-Krupp Geschützen ausgerüstet bleiben zu lassen, je 1 Batterie als Gebirgs -Artillerie und mit 6,3 cm-Armstrong-Geſchützen auszurüſten , die übrigen 4 Batterien dagegen mit 8,7 cm-Krupp-Geschüßen zu bewaffnen. Zu diesem Zweck sind zunächst alle im Arsenal vorhandenen Rohre letzteren Kalibers in Montirung begriffen und außerdem 36 complete Geschütze mit voller Feld-Batterie-Ausrüstung bei Krupp neu bestellt worden , so daß der Bedarf von 192 8,7 cm-Geschützen im Laufe des Jahres 1884 ungefähr gedeckt sein wird. Auch die noch nöthigen 24 6,3 cm-Geschüße sind mit voller Gebirgs - Ausrüstung bei Armstrong schon in Bestellung gegeben. Im October 1883 fanden bei Cotroceni Versuche mit Nordenfeld-Mitrailleusen und -Marine-Geſchüßen statt . Dieselben befriedigten so , daß Bestellungen von Waffen dieser Art stattfanden. Sie scheinen für die Flottille bestimmt zu sein, die zur Zeit noch eine Anzahl älterer Geschütze führt. Bei Werndl in Steyr wurden zu Anfang des Jahres 25 000 Henri-Martini Gewehre neu bestellt. Gleichzeitig wurden von dort diejenigen Bestandtheile bezogen, welche in der Gewehrfabrik des Bukareſter Arſenals zur Aptirung älterer Gewehre nach obigem System nothwendig waren. Im Laufe des Jahres 1883 wurde endlich noch eine größere Anzahl von Munitionswagen, Batteriefahrzeugen und Feldschmieden in England und in Deutschland bestellt. Eine Berliner Firma lieferte mehrere Tausend Sättel und Pferdegeschirre. Aus Wien wurden einige Zwanzig Sanitätswagen in das Bukareſter Arsenal übergeführt. Die Erweiterung, welche die Bukarester " Artillerie- Etabliſſements " (im Vorort Cotroceni) in der Gewehrfabrik und in der Geschützgießerei des „ Arsenals " all mälig erfahren haben , ermöglicht zur Zeit erst die Ausführung von Montirungen, Reparaturen (Herstellung schadhafter Verschlußstücke) und Aptirungen. Die außer dem Arsenal " noch zu den genannten Etablissements gehörende " Feuerwerkerei " besorgt jetzt erst die Herstellung von Uebungsmunition, seit Kurzem auch diejenige scharfer Infanterie-Munition ; sie überwacht außerdem den Betrieb der in Laculet bei Tirgovesti 1883 errichteten Privat- Pulverfabrik. Seit dem 1. October 1883 ist mit der Feuerwerkerei (Pirotechnia) auch eine Feuerwerkerschule verbunden. Arsenal und Feuerwerkerei beschäftigten außer den oben aufgeführten 3 Hand werker-Compagnien von je 300 Mann im Jahre 1883 noch 500 Civilarbeiter. Die Bukarester Artillerie-Etabliſſements werden in den nächsten Jahren eine weitere Erweiterung erfahren, so daß Rumäniens Armee-Ausrüstung allmälig völlig unabhängig vom Auslande wird und das dafür aufgewendete Geld im Lande bleibt. Die Thätigkeit der Rumänischen Landes - Aufnahme - bisher Aufgabe des mit dem Kriegsministerium verbundenen Kriegskarten- Depots, jezt (vergl. Generalstabs-Gesetz) Sache der 3. Section des großen Generalstabes - hatte sich seit 1881 ausschließlich der Dobrudscha zugewendet. Die topographische Auf

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202

Militärische Jahresberichte für 1883.

nahme dieses neuen Gebietes ist 1883 beendet worden. Es steht also für 1884 die Wiederaufnahme der entsprechenden Arbeiten in der nördlichen Moldau vergl. Jahresbericht 1880, Seite 174 zu erwarten. Eine Veröffentlichung von Karten-Sectionen hat bis jetzt noch nicht stattgefunden. ― Die Aufnahmen, welche 1883 in der Umgegend von Bukarest bewirkt wurden , stehen mit der allgemeinen Landesaufnahme nicht in Beziehung , sie gehören lediglich zu den oben erwähnten Vorarbeiten, welche jetzt den Rumänischen Central-Geniestab beschäftigen. Von den im Jahre 1883 fertiggestellten Eisenbahn - Linien darunter die Vollbahn Adjud - Dena hat die Anfang November dem Betrieb übergebene Secundärbahn Titu—Tirgoveſti militärische Wichtigkeit wegen der in legterem Ort garnisonirenden permanenten und halbpermanenten Truppen aller Waffen. Der Bau der Vollbahn Berlad-Jassy ist begonnen ; der Bau der Vollbahn Bukarest -Cernavoda schreitet vorwärts . Aber für die bei letterem Ort projectirte Donaubrücke hat noch keiner der eingereichten Concurrenz-Entwürfe Annahme gefunden . Das Budget für das Finanzjahr 1884/85 ſetzt für das Kriegs ministerium 302 Millionen Francs aus, 11 Millionen mehr als für 1883/84. Das Budget dieses Jahres belief sich auf 29 351 458 Francs in den laufenden Ausgaben und 783 000 Francs in der Einnahme der Summe , welche die mit Pompiers versehenen Städte als Entschädigung an die Armee - Verwaltung zu zahlen haben. Die Journalistik hat sich im Laufe des Jahres 1883 mehr als in früheren Jahren mit dem Heerwesen Rumäniens beschäftigt. Dabei begegneten sich die verschiedensten Urtheile. Gewiß ! man kann das Mannschafts-Material, die Mann schaftszahl und die Bewaffnung der Rumänischen Armee als vollwerthig und für alle kriegerischen Eventualitäten, namentlich die Vertheidigung , ausreichend an sehen ; allein man hüte sich, ihre Kriegstüchtigkeit und namentlich ihre Operations fähigkeit zu überschätzen . Was immer in diesen jährlichen Berichten angedeutet und 1881 (Seite 200) einem aufmerksamen Beobachter wie folgt nachgesprochen wurde: Ein allen Anforderungen entsprechendes Offiziercorps improviſirt sich nicht in 10, auch nicht in 20 Jahren in einem Lande, wo so viele faule Ueber kommnisse aus der Vergangenheit zu überwinden sind “ , das gilt auch heute noch, so viel " die Deutsche Dynastie in Rumänien" *) in dieser Beziehung auch schon M. gebessert hat. *) Deutsche Rundschan 1883, März -Heft, die Deutsche Dynaſtie in Rumänien.

Heerwesen Rußlands .

203

Bericht über das

Heerwesen

Rußlands .

1883.

Der Bericht über das Heerwesen Rußlands pro 1882 bildete nur eine Ergänzung zu jenem des Jahres 1881. Wenn nun auch , abgesehen von der Cavallerie, wesentliche Veränderungen in der Organiſation der Ruſſiſchen Armee im Laufe des Jahres 1883 nicht vorgekommen sind , so dürfte es doch angezeigt ſein, in dem diesjährigen Berichte wenigstens die Organiſation im Zuſammenhange zu geben, und nur die übrigen Abschnitte zu ergänzen.

1. Abschnitt. Die Zusammensetzung der Armee und Truppen- Etats . Die Russische Armee umfaßt :

Reguläre Truppen. A. Formirte Feldtruppen . B. Reserve-Truppen . C. Ersatz- Truppen. D. Local-Truppen. II. Kajaken und irreguläre Truppen. III. Opoltjchenie (Reichswehr). I.

I. Reguläre Truppen. A. Formirte Feldtruppen . 1. Infanterie. 12 Garde-Infanterie - Regimenter , nur mit Namen bezeichnet, z. B. Preobrashensk; 16 Grenadier- Regimenter , Nr. 1–16 ; 164 Armee -Infanterie - Regimenter , Nr. 1-164. Die Grenadier- und Armee-Infanterie-Regimenter führen außer den Nummern auch noch specielle Namen. 4 Garde- Schüßen - Bataillone mit Namen und den Nrn. 1-4 (nur das 2. Leib-Garde-Schüßen-Bataillon hat keine weitere Bezeichnung) ; 20 Armee - Schüßen - Bataillone , Nr. 1-20 ; 4 Kaukasische Schüßen - Bataillone , Nr. 1-4; 4 Turkestanische Schüßen - Bataillone , Nr. 1—4 ; 6 Transkaspische Schüßen - Bataillone , Nr. 1—6 ; 8 Ostsibirische Schützen - Bataillone Nr. 1-8; die Bataillone Nr. 5-8 find formirt durch Prikas vom 30. October 1883 ; 8 Finnische Schüßen - Bataillone mit Namen und den Nrn. 1-3 ; 1 Krym-Tataren - Schüßen- Compagnie.

204

Militärische Jahresberichte für 1883.

Die 192 Infanterie - Regimenter haben je 4 Bataillone à 4 Compagnien und pro Regiment eine „ Nichtcombattanten-Compagnie". Die 54 Schützen-Bataillone haben je 4 Compagnien. Aus der Krym- Tataren- Schützen- Compagnie wird im Kriege ein Schützen Bataillon. & tat :

Pferde

mit

ohne

Nicht com:

7 1568 7 3232 3 392 3 808 3 408 4 864 3 672

64 240 16 60

36

79 110 30 41 44 100 26

24 185 8 60 8 60

1 1 1 1 1 1

1

6311769 79 32669 17 30 9 21 83 9 18 4021 22 8021 17 74 9

ཙཧྨ ཋཋ ཋཅེ

Frieden 1 ) Armee-Infanterie-Regiment { Krieg Frieden 2) Armee- Schüßen-Bataillon { Krieg 3) Finniſches Schüßen -Bataillon Frieden Krieg Frieden = 4) Turkestanisches = { Krieg (?)) 5) Krym - Tataren - Schüßen - Compagnie im Frieden

————

Waffen Waffen battanten

Reit

Combattanten

Zug

Offiziere

Spielleute Beamte

Gemeine

4 26 2-

200

15

Bemerkungen. ad 1. Die Garde - Infanterie - Regimenter und die 1. Regimenter in den Divisionen weichen in der Zahl der Spielleute ab. Unter den Spielleuten ist ein 37 Mann starkes Musikchor enthalten. Die Combattanten ohne Waffen umfassen bei allen Truppen Offizierdiener und das Wirthschaftspersonal; die Nichtcombattanten : Schreiber, Feldscheerer, Lazarethdiener, Hand werker, Trainmannschaften. Die Zahl der Wagen ist bei allen Truppen im Frieden veränderlich; im Kriege werden die Wagen mit der bezüglichen Bespannung bei allen Truppen unter dem Namen „ Regi ments-Train“ zuſammengefaßt. Derselbe umfaßt die Patronenwagen , Kassen- und Actens wagen, Proviantwagen , Wagen für Zahlmeister, Werkzeugwagen, Lazareth- und Kranken wagen, Apothekerwagen resp. Karren. Da dieser Regiments-Train aber noch immer in der Umformung (vergl. Jahresberichte pro 1880 , Seite 177 u. ff.) begriffen ist , so wird hier Abstand genommen , die Zahl der Wagen bestimmt anzugeben ; die Zahl der Pferde ist die etatsmäßige. Das Reitpferd ist für den Regiments- resp. Bataillonshornisten bestimmt. ad 2. Die Garde- Schüßen-Bataillone weichen in der Zahl der Beamten , Spielleute und der Nichtcombattanten ab. Die Kaukasischen, Transkaspiſchen und Oſtſibiriſchen Schüßen- Bataillone haben den Etat der Armee - Schüßen - Bataillone ; ebenso das im Kriege formirte Krym - Tataren - Schüßen Bataillon. ad 4. Etat laut Befehl vom 23. August 1883.

22

2. Cavallerie. 10 Garde- Cavallerie-Regimenter, und zwar: 4 Garde-Cürassier-Regimenter, = = 2 Dragoner = = Ulanen= 2 = = Husaren mit speciellen Bezeichnungen ohne Nummer.

205

Heerwesen Rußlands.

Pferde

32 6117 6 30 59 17 6

512 512

112 41

2) Cavallerie-Regiment à 6 Esc. ( Frieden Krieg a. (Normal-Etat) b. Uebergangs- Etat vom 1. Sept. 1883 = = 1. Sept. 1884 T = 1. Sept. 1885 ፡

38 36 36 36 36

768 768 576 640 704

133 46 120 133 133

3) Krym-Tataren- Diviſion . .

17 61 9 5 224

54

1) Garde - Türassier - Regiment à 4 Esc.

( Frieden Krieg

8919 8719 8919 8919 89 19

5 5 5 5 5

69 23 28 82 76 62 49

Bug

battanten

Reit

Nicht com: IN I NANN

ohne Pferde

Combattanten

mit Pferden

Unteroffiziere

Gemeine

Trompeter Beamte

Offiziere

46 Armee- Dragoner - Regimenter mit speciellen Bezeichnungen und den Nrn. 1-46 (vergl. Jahresberichte pro 1882 , Seite 283 u . ff.) . 1 Krym-Tataren- Division. Abgesehen von den Ersatz-Abtheilungen (siehe Ersatz-Truppen) haben die 4 Garde-Cürassier-Rgimenter 4, alle übrigen Cavallerie-Regimenter 6 Escadrons in Folge des Befehls vom 11. August 1883. Die Krym-Tataren-Division besteht aus 2 Escadrons und wird im Kriege zu einem Regiment. Nach dem oben angezogenen Befehle sind mit einem Schlage 104 neue Escadrons formirt, welche bereits im Herbst 1883 thatsächlich aufgestellt wurden. Nur in Betreff der Etats der Regimenter zu 6 Escadrons sind Uebergangs bestimmungen festgesetzt , ſo daß der Normal-Etat erst am 1. September 1886 Platz greifen soll. Etat:

8 577 616 12 893 940 12 701 12 765 12 829 7 276

:

Bemerkungen. ad 1. Im Frieden sind 2 Offiziere zur Formirung der Reserve-Escadrons beſtimmt. Dasselbe gilt auch für den Normal- Etat der Cavallerie-Regimenter à 6 Escadrons . Im Frieden sind 13 Unteroffiziere unberitten. : Kriege = 6 = Von den Beamten werden im Kriege 3 Aerzte und 1 Geistlicher beritten. Daſſelbe gilt auch für die Cavallerie-Regimenter à 6 Escadrons. Von den unberittenen Combattanten werden im Kriege 30 Offizierdiener beritten gemacht. Von den Nichtcombattanten werden im Kriege 16 auf den Trainfahrzeugen, 7 auf den Handpferden fortgeschafft. Der Train wird durch eine besondere noch nicht erschienene Verordnung speciell fest= gesezt. Dasselbe gilt auch für die Cavallerie-Regimenter à 6 Escadrons. ad 28. Im Frieden sind 17 Unteroffiziere unberitten; gilt auch für b. = ፡ : Kriege = 8 Von den unberittenen Combattanten werden im Kriege 36 Offizierdiener beritten gemacht. Von den Nichtcombattanten im Kriege werden 18 Mann auf den Trainfahrzeugen, 9 Mann auf den Handpferden fortgeschafft. 3. Artillerie. a. Fuß-Artillerie (Feld-Artillerie) . 3 Garde -Fuß-Artillerie-Brigaden, Nr. 1-3. 4 Grenadier- Fuß-Artillerie-Brigaden, Nr. 1-3 und die Kaukasische.

206

Militärische Jahresberichte für 1883.

41 Armee- Fuß-Artillerie-Brigaden, Nr. 1-41 . 1 Ostsibirische Artillerie-Brigade. 1 Westsibirische Artillerie-Brigade. 1 Turkestanische Artillerie-Brigade. Die 48 im Europäischen Rußland dislocirten Artillerie-Brigaden haben je 6, die Ostsibirische 4 (eine vierte ist durch Befehl vom 16. December 1883 formirt), die Westsibirische 4, die Turkestanische 7 Batterien. In den im Europäischen Rußland dislocirten 48 Artillerie-Brigaden sind die 1. und 2. Batterien schwere , die 3. und 4. leichte ; die 5. und 6. find in 42 Artillerie-Brigaden leichte , in 6 Brigaden (der 13. , 19. , 20. , 21. , 38. , 39.) Gebirgs - Batterien. Von den in Asien dislocirten Artillerie-Brigaden sind in der Ostsibirischen Artillerie - Brigade die 1. und 2. Batterie leichte , die 3. und 4. Gebirgs Batterien; - in der Westsibirischen Artillerie-Brigade die 1., 2. und 4. leichte, die 3. eine Gebirgs - Batterie ; - in der Turkestanischen Artillerie-Brigade die 1. und 2. schwere , die 3., 4. und 5. leichte , die 6. und 7. Gebirgs Batterien.

Nicht combattanten Wagen Artillerie Bespannungs resp . Zug Pad Reits

Geschütze Munitionswagen Offiziere Unteroffiziere Trompeter

Die schweren Batterien führen das Batteriegeschütz mit einem Kaliber von 10,68 cm, die leichten das leichte Geschütz mit einem Kaliber von 8,69 cm , die Gebirgs-Batterien 21/ 23öllige Geschütze neuer Construction. Sämmtliche Geschütze sind gezogene Hinterlader und aus Stahl gefertigt, M/1877 resp . die Gebirgsgeschütze M/1883. Im Frieden sind 4, im Kriege 8 Geschütze, 1 Reservelaffete, 16 Munitions wagen für die schweren, 12 Munitionswagen für die leichten Batterien bespannt. Die Gebirgs-Batterien haben im Frieden für 4, im Kriege für 8 Geschüße und 112 Munitionskasten Pferde. Die Turkestanische Artillerie-Brigade hat im Frieden 8 bespannte Geschüßze. & tat: Gemeine

Com

Pferde

battanten

4

620 4 620 4 625 4

3 3 3 3

183 213 148 181 112 128 225

13 23 13 23 29 42 107

2 4 2 4

27 177 27 151 22 59 120

6 12 1 18 6 12 — 18 6 14 81

||

3) Gebirgs-Batterie

Frieden Krieg Frieden Verstärkter Frieden . Krieg

716 621 616 621

449

2) Leichte Batterie

4 816 4. 812

2828

1) Schwere Batterie { Frieden Krieg

Bemerkungen. ad 1. Im Frieden 1 Capitän mehr als im Kriege zur Formirung von Reserve- und Ersatz-Batterien im Kriege. ad 1 u. 2. Die 4 Wagen im Kriege sind 1 Reserve- Laffete, 1 Batterie-Deichselwagen mit Feldschmiede, Werkzeug und Material, = = 1 = mit Eisen, Nägeln, ፡ 1 mit Fourage. Sie gehören zum fechtenden Theile der Batterien und sind mit Artillerie-Pferden bespannt. =

207

Heerwesen Rußlands .

Der Train wird in einer speciellen noch nicht publicirten Verordnung festgesetzt. ad 3. Die Gebirgs -Batterien der Kaukasischen Artillerie-Brigaden (19, 20, 21, 38, 39) und die 3. und 4. Batterie der Ostsibiriſchen Brigade formiren im Kriege einen Ersatzug in der Stärke von 5 Unteroffizieren und 40 Combattanten, im Etat mit berechnet. Die 3. Batterie der Westsibirischen Brigade hat 185 Combattanten und 69 Nicht combattanten, 70 Artillerie-Bespannungspferde und 14 Packpferde. Die 6. und 7. Batterie der Turkestanischen Artillerie-Brigade stehen auf Kriegs-Etat, jedoch mit unwesentlichen Abweichungen. Die 5. Batterie der 19., die 6. der 21. Artillerie-Brigade sind nach Transkaspien ab commandirt und stehen auf Kriegsfuß.

Nicht combattanten Wagen Artillerie Bespannungs Zug

Gemeine

Com battanten

Pferde

Reit

Geschütze Munitionswagen Offiziere Unteroffiziere Trompeter

b. Reitende Artillerie. 1 Garde-Reitende Artillerie-Brigade. 23 Armee - Reitende Batterien, Nr. 1-23. 1 Turkestanische Reitende Gebirgs -Batterie. 1 Westsibirische Reitende Gebirgs -Batterie. Die Garde-Brigade hat 5 reguläre Batterien mit den Nrn. 1-5 und be sonderen Bezeichnungen (vergl. Don-Kajaken). Die 28 Reitenden Batterien haben im Frieden und im Kriege 6 Geschütze (Stahl-Hinterlader , Kaliber 8,69 cm) , im Frieden nur die zu den Cavallerie Divisionen in den westlichen Grenzrayons (mit den Divisionsstabs- Quartieren Wilna , Kowno , Bielostok , Wozlawek, Lomsha , Dubno, Kiew , Tschenstochau) gehörigen Reitenden Batterien Nr. 3-12 incl., 18, 19, 21 und 23, 2 Munitions wagen, im Kriege sämmtliche Batterien 12 Munitionswagen bespannt. & tat :

iede 1) Reitende Batterie ( Frrie g n

514 3 6 612 518 3

150 159

15 25

2 53 6 102 103 4 139

2) Turkestanische Reitende Gebirgs- ) Frieden) Batterie Krieg

8

725 4

177

53

84 49 116

Bemerkungen. ad 1. Bei den Garde-Reitenden Batterien treten noch Trompeter hinzu. Bei den ungeraden Batterien excl. der 23. treten im Frieden und im Kriege 3 Beamte und 3 Nichtcombattanten hinzu. Die Wagen im Kriege umfassen 3 Batterie-Deichselwagen (vergl. Fuß-Batterien) und 1 Reserve-Laffele, mit Artillerie- Pferden bespannt. Der Train wird durch eine specielle noch nicht publicirte Verordnung festgesetzt. Die Batterien Nr. 1, 2, 13-17 incl., 20 und 22 haben im Frieden nur 40 Artillerie Bespannungs - Pferde. ad 2. Die Westsibirische Reitende Gebirgs- Batterie hat im Frieden den Cadrebestand von 2 Geschüßen, 2 Offizieren, 4 Unteroffizieren, 1 Trompeter, 44 Combattanten, 7 Nicht combattanten, 25 Reitpferden, 16 Artillerie- Pferden, 14 Zugpferden ; im Kriege gleichen Etat mit der Turkestanischen Reitenden Gebirgs - Batterie. 4. Ingenieur - Truppen. 1 Garde - Sappeur - Bataillon. 1 Grenadier- Sappeur-Bataillon.

208

Militärische Jahresberichte für 1883.

r 13 Armee- Sappeur-Bataillone, Nr. 1-13. 2 Kaukasische Sappeur-Bataillone, Nr. 1-2. 1 Turkestanisches Sappeur-Halbbataillon . 1 Ostsibirische Sappeur-Compagnie. 1 Westsibirische Sappeur-Compagnie . 8 Pontonnier-Bataillone, Nr. 1-8. 1 Kaukasische Pontonnier-Compagnie. 4 Eisenbahn - Bataillone, Nr. 1-4. 6 Feld -Ingenieur - Parks, Nr. 1-5 und Kaukasischer. 16 Militär-Telegraphen - Parks , Nr. 1-15 und Kaukasischer. 2 Belagerungs - Ingenieur - Parks, Nr. 1 und 2. Die Sappeur-Bataillone haben im Frieden 5 , im Kriege 4 , das Turkestanische Sappeur-Halbbataillon 2 Compagnien; — die Pontonnier Bataillone 2 ; die Eisenbahn - Bataillone 4 (2 Bau- und 2 Betriebs-)

Bug .resp .P ack

Combattanten

Nicht

mit

ohne

com=

Reits

T

Pferde

Gemeine

Wagen

Offiziere Unteroffiziere Spielleute Beamte

Compagnien. Die Feld- Ingenieur- Parks bestehen im Frieden als Commandos (au Cadreſtärke) bei dem Ingenieur-Material des Parks ; im Kriege zerfällt jeder derselben in 3 Abtheilungen à 4 Unter-Abtheilungen, deren jede Schanzzeug für 1 Sappeur-Compagnie und 1 Infanterie-Division führt. Die Militär- Telegraphen - Parks zerfallen in 2 Sectionen mit einer Leitung von 65 Werst (69 km). & tat:

Waffen Waffen battanten

Frieden (Krieg Frieden Krieg

1246 6 2

404

30

30

620 3

200

15

16

4) Westsibirische Sappeur Compagnie

Frieden Krieg

614 1 620 2

96 200

9 15

10 13

5) Pontonnier-Bataillon ...

Frieden Krieg

1227 5 2 1259 5 3

202 308

16 160

27 44

6) Kaukasische Pontonnier Compagnie

Frieden Krieg J

614 2

140

7

20

7) Eisenbahn- Bataillon

Frieden Krieg

12 720 4 4

5 15

12 58 403

200

38 32

1 1111

10) Belagerungs- Ingenieur Park

423 650

16

-

111 11

9) Militär-Telegraphen-Park

Frieden Krieg Frieden Krieg Frieden Krieg

5

Cadre Bestand 61 69 68 40 832 14 4 54 21820 118 67 2 29 2 124 152 47 11

8) Feld-Ingenieur-Park . .

2418510 31 2 2 715 1

47

1

2) Turkestanisches Sappeur Halbbataillon 3) Ostsibirische Sappeur Compagnie

15 97

8

1

34 50

11

40 60

1 11

505 804

1118

26 6312 2 2385 10 3

A & E 28

JFrieden Krieg

11

8888

1) Sappeur-Bataillon

387

209

Heerwesen Rußlands.

Bemerkungen. Die Ingenieur-Truppen sind durch den Befehl vom 12. Mai 1883 um 3 Sappeur Bataillone, 2 Feld-Ingenieur- Parks und 8 Militär- Telegraphen-Parks , durch Befehl vom 24. August um eine Westsibirische Sappeur-Compagnie vermehrt worden. Die Anzahl der Wagen des allgemeinen Trains kann nicht mit Sicherheit angegeben werden; die aufgeführten bilden den Special-Train. ad 1. 3m 1., 2 , 7. und 11. Sappeur-Bataillon treten zum Friedens - Etat noch 1 Capitän und 1 Stabscapitän , welche in die im Kriege zu formirenden Ersaß-Bataillone übertreten. In einzelnen Bataillonen finden außerdem von dem gegebenen Etat unwesentliche Ab weichungen statt. ad 2. Davon ein Heliographen-Commando von 2 Offizieren , 2 Unteroffizieren und 18 Mann. ad 5. An Brückenmaterial werden transportirt 56 Halbpontons, 56 Bockfüße von ver ſchiedener Länge; ein Bataillon kann eine Pontonbrücke von 215–311 m, eine Bockbrücke von 47 m Länge schlagen. ad 10. Das Material für die Belagerung zweier Festungen 1. Klasse ist in steter Vereitschaft. Die Menge und die Art des Materials richtet sich nach der speciellen Be stimmung des Parks ; eine Park- Compagnie iſt im Etat mit einbegriffen. 5. Colonnen und Trains.

a. Munitions-Colonnen. 48 fliegende Artillerie - Parks , Nr. 1-48 , aus je 2 Infanterie- und 3 Artillerie-Abtheilungen bestehend , und die Munition für je 1 Infanterie-Division mit deren Artillerie und 1 Kasaken-Regiment führend. Zahl der Wagen : pro Infanterie-Abtheilung 32 6spännige, - Artillerie-Abtheilung 22 6spännige. Mitgeführte Munition : pro Infanterie-Gewehr 52 = Kajaken : 30 = Revolver 22

= leichtes und reitendes Geschütz 116 = schweres Geschütz 108

Patronen,

Schuß.

Die für die mit Gebirgs- Geschützen versehenen Infanterie-Divisionen be stimmten Parks haben eine dementsprechende Organiſation. 9 combinirte Schüßen- und Cavallerie - Abtheilungen der fliegenden Parks zerfallen im Kriege in 7 Schützen- (Nr. 1--7) und 23 Cavallerie (Nr. 1-23) Abtheilungen zur Ergänzung der Munition der Schüßen-Brigaden (excl. der in Asien dislocirten) bezw. der Cavallerie-Diviſionen. Zahl der Wagen : pro Schüßen - Park- Abtheilung 16 Patronenwagen , pro Cavallerie-Park- Abtheilung 18 Munitions-, 8 Patronenwagen. Mitgeführte Munition : in der Schüßen - Park - Abtheilung 54 Patronen pro Gewehr, = Revolver ; 30 = in der Cavallerie- Park-Abtheilung 116 Schuß pro Geschütz, 37 Patronen pro Dragonergewehr, = ፡ Kasakengewehr, 61 = = Revolver. 18 16 bewegliche Artillerie - Parks zerfallen in je 4 Park- Abtheilungen und vermitteln die Verbindung zwischen den fliegenden Artillerie-Parks und den Local-Artillerie-Parks, indem sie den Abgang der Munition der ersteren ergänzen Militärische Jahresberichte 1883. 14

210

Militärische Jahresberichte für 1883.

und aus den letteren selbst gefüllt werden. Die Abtheilung ( 1 pro Division) ist im Kriege selbständig. Zahl der Wagen pro Abtheilung : 16 Patronen-, 32 Munitionswagen. Mitgeführte Munition : 10 Patronen pro Infanterie-, Dragoner- und Kaſakengewehr, = = Revolver, 6 36 Schuß pro schweres Geschütz, = leichtes und reitendes Geschütz. ፡ 43 Ein Ostsibirischer beweglicher Artillerie - Halbpark entspricht dem Zwecke der Munitionsergänzung der bezüglichen Truppen. b. Verpflegungs-Colonnen. Die Intendantur - Transporte sind nicht nur zum Transport der Ver pflegung, sondern überhaupt zur Verstärkung der Transportmittel auf dem Kriegs schauplate bestimmt. Jede im Felde zur Verwendung kommende Diviſion ſoll über einen Transport verfügen. Zahl der Wagen : 100 (2spännig) . c. Lazarethe. Die beweglichen Divisions - Lazarethe fungiren auf den Verbandplätzen, behalten aber die nicht transportfähigen Verwundeten so lange in Pflege, bis die provisorischen Kriegshospitäler herankommen. Jede Infanterie-Division soll eins dieser Lazarethe erhalten , das 6 Offiziere und 160 Mann aufnehmen und in zwei selbständige Abtheilungen zu je 83 Stellen getheilt werden kann. 222 provisorische Militärhospitäler (144 im Europäischen Rußland, 78 im Kaukasus) ; nur 60 von ersteren haben einen etatsmäßigen Train, die übrigen sind auf den Transport per Eisenbahn, per Waſſer, mittels des Intendantur Transports oder requirirter Wagen angewiesen. Sie ſind in drei ſelbſtändige Ab theilungen zur Aufnahme von je 10 Offizieren und 200 Mann zerlegbar. Die beweglichen Feld - Apotheken , in vier selbständige Abtheilungen zer legbar. d. Sonstige Colonnen und Trains, welche im Kriege aufgestellt werden. Die vordere Artillerie - Reserve bezweckt die Sicherstellung der Ergänzung der Artillerie mit Leuten, Pferden und sonstigem Artilleriematerial ercl. Munition. Auf jedem Kriegsschauplatze wird eine vordere Artillerie-Reſerve formirt. Hiermit verbunden sind die beweglichen Artillerie - Werkstätten zur Reparatur schadhaft ge= wordener Geschüße und Waffen. Die Armee Munitions - Depots zur Ergänzung der Munition der beweglichen Artillerie-Parks . Es soll im Frieden bei den Bezirks -Artillerie-Depots das Material für 62 Local-Parks für active und 28 für Reserve- Truppen bereit gestellt werden. Je 4 Local-Parks bilden ein Armee-Munitions- Depot. Mit dieſen Depots verbunden sind die beweglichen Laboratorium - Werkstätten ; sie führen alle Munitions und Laboratorien-Arbeiten aus . Das Pferde- Depot. Die Zahl der Abtheilungen , je 300-350 Pferde umfassend, wird vor jedem Feldzuge besonders festgesetzt. - Jeder Drei Belagerungs - Artillerie - Parks , der 1. , 2. und Kaukaſiſche. der Europäischen Artillerie-Belagerungs-Parks besteht nach dem „Abriß des jeßigen

211

Heerwesen Rußlands.

11 11111111

Standpunktes der Artillerie von Potozki ( 1882) " aus 420 Geschützen und zerfällt in 12 Sectionen. Die Zusammensetzung ist folgende :

11 ||

10 oder 21/2 Procent zuſammenſchraubbare 8zöllige Kanonen (21 cm), = 60 = 141/2 schwere 6zöllige Kanonen ( 15 cm) , = 116 = 28 42 Linien-Kanonen (102 cm), = 144 = 341/2 leichte 6zöllige Kanonen ( 15 cm), = 10 = 21/2 zusammenschraubbare 9zöllige Mörser (28 cm), 40 = 9 8zöllige Mörser (21 cm), 40 = 9 34 Linien-Mörjer (9 cm).

66

11 ||

B. Reserve-Truppen. 1. Infanterie. Zweck der Reserve- Infanterie-Truppen ist die Verstärkung der Feld -Armee , die Besatzung der Festungen und Befestigungen zu bilden und den Local-Wachdienst zu übernehmen. Um der letzteren Bestimmung gerecht zu werden , sind dieſelben compagnieweise dislocirt. Im Frieden bestehen 1 Garde-Reserve- Cadre-Bataillon, 96 Armee-Reserve-Cadre- Bataillone ; ferner durch Befehl vom 6. November 1883 neu formirt 6 Kaukasische Reserve-Infanterie-Bataillone_Nr. 1—6 in Stawropol, Pjati gorsk, Georgijewsk, Grodno, Tiflis, Alexandropol und 6 Reserve-Cadre-Bataillone, in Tobolsk, Tomsk, Omsk, Ssemipalatinsk, Irkutsk und Krassnojarsk dislocirt. Es bestehen somit jetzt 109 Reserve- Cadre-Bataillone zu je 5 Compagnien. Bei Eintritt der Mobilmachung rücken die Compagnien des Cadre-Bataillons in das Bataillonsstabs-Quartier , wo die Augmentationsbestände bereit liegen. Durch Einziehung von Reserven formirt jede Compagnie ein Bataillon ; 4 Bataillone treten zu einem Regiment zusammen , während das 5. Bataillon vorläufig noch selbständig bleibt , bis über dasselbe event. auch anderweitig verfügt wird. Nur das Reserve-Cadre-Bataillon Krassnojarsk formirt bei einer Mobilmachung ein Regiment zu 2 Bataillonen. Die aus den Reserve-Cadre-Bataillonen Nr. 1–96 formirten Regimenter führen die Nrn. 165-260.

Gemeine

Pferde

mit

ohne

Nicht com

Waffen Waffen battanten

29 3711 3| 405 16 81 9 2 808 . (Krieg) 2) Reserve-Infanterie-Bataillon (Krieg) 63 326 34 7 3232 3) (Reserve ) Infanterie-Regiment 1) Reserve-Cadre-Bataillon (Frieden)

40

29

60 240

26 110 14*

Reit

Combattanten

Zug

Unteroffiziere

Spielleute Beamte

Offiziere

& tat :

5 8 -185 1

212

Militärische Jahresberichte für 1883 .

Bemerkungen: ad 1. Das Garde-Reſerve- Cadre-Bataillon hat 1 Muſikchor. Bei den Reserve-Cadre- Bataillonen Nr. 1-96 haben von 35 Bataillonen 71 Compagnien noch überzählige Mannschaften zur Ausübung des Garnisondienstes ; 5 Offiziere werden im Frieden zu Feld- Truppen des bezüglichen Militärbezirkes abcommandirt. Die Kaukasischen Reserve- Cadre-Bataillone haben vorläufig 5 Offiziere weniger. Die Asiatischen Reſerve- Cadre-Bataillone haben einen abweichenden Etat, und zwar mehr das Bat. Krafſnojarsk 1 Beamten, 35 Utffz., 40 N ፡ = Tobolsk O = 45 = 1 Irkutsk : ፡ ፡ Tomsk 1 45 : = ፡ = Omst 55 ፡

340 Comb. m. W., 20 Comb . o. W., 5 Nichtcomb. 440 = = = = =P 20 = 3 ፡ 5 : : 40 520 ፡ 2 : : 40 : ፡ = 4 520 = = ፡ 80 : = = : 680 ፡

weniger die Bataillone Tobolsk, Tomsk, Omsk je 5 Offiziere. ad 2. Das 5. Irkutskiſche und 3. Kraſſnojarskiſche Bataillon behalten den für das Cadre-Bataillon formirten Etat. ad 3. Die Kaukaſiſchen und Aſiatiſchen (Reſerve-) Regimenter haben gleichen Etat. Das Krassnojarskische Reserve-Infanterie-Regiment seht sich nur aus 2 Bataillonen nach dem Etat ad 2 zusammen, hat aber 34 Offiziere und 70 Nichtcombattanten. So lange ein normalmäßiges Trainmaterial den (Reserve-) Regimentern noch nicht zugewiesen ist, sollen die nöthigen Wagen und Pferde freihändig angekauft werden.

2. Artillerie. Im Frieden bestehen 6 Reserve-Fuß-Artillerie-Brigaden, Nr. 1—6. Jede Brigade hat 6 Batterien, Nr. 1-6. Nach Ersetzung der 9- und 4pfündigen Geschüße durch schwere und leichte Geschüße M/77 führt

die 1. Batterie schwere Geschüße, die 2., 3. und 4. Batterie leichte Geschütze, die 5. Batterie schwere Geschütze, die 6. Batterie 2 leichte und 2 Reitende Geschütze ; jede Batterie hat 4 Züge und 4 bespannte Geschütze. Im Kriege werden aus diesen Friedens-Reserve-Brigaden , abgesehen von den später zu besprechenden Ersatz-Batterien 24 Fuß-Artillerie-Brigaden, Nr. 42—65, im Anschluß an die im Frieden bereits formirten Armee-Feld-Artillerie- Brigaden aufgestellt.

Jede der 24 Fuß-Artillerie-Brigaden hat 4 Batterien, und zwar 1 schwere mit 12 Munitionswagen und 3 leichte mit je 8 Munitionswagen. Die 96 im Kriege neu aufzustellenden Batterien werden durch Einziehung von Reservisten derartig formirt, daß jeder Zug der 4 ersten Batterien jeder der 6 Friedens-Brigaden eine Kriegs-Batterie; alſo jede Friedens-Batterie eine Kriegs Brigade aufstellt. Das nöthige Material wird schon im Frieden bereit gehalten.

Geschüße Munitionswagen Offiziere Unteroffiziere Trompeter

Heerwesen Rußlands.

213

1) Schwere Friedens-Reserve-Batterie = 2) Batterie der Brigaden Nr. 42-65 3) Leichte Friedens- Reserve- Batterie NM Batterie der Brigaden Nr. 42-65 5) 6. Batterie jeder Friedens-Reserve-Brigade

1116 4 8 12 620 4-1116 8 8 620 4-1116

. comb Nicht Wagen Artillerie Bespannungs Zug

& tat:

Gemeine

3 3 3 3 4

165 195 145 162 157

Reit

Combatt.

Pferde

21 3 27 6 22 13 4 150 ? 23 21 3 18 6 22 13 4 124 ? 23 192 22 6 44

Bemerkungen : ad 2 und 4. Die Wagen umfassen 3 Batterie- Deichselwagen (vergl. Seite 206) und 1 Reserve-Laffete. Ob das Project, der Schweren Batterie 14, der Leichten 10 Munitionswagen zuzutheilen, durchgeführt ist, fann nicht angegeben werden. ad 5. Die 2 Leichten Geschüße sind mit je 4, die 2 Reitenden Geschüße mit je 6 Pferden bespannt. 3.

Ingenieur - Truppen.

Im Frieden und im Kriege besteht: Das 1. Reserve- Eisenbahn-Bataillon , welches aus 4 Compagnien zusammen gesezt ist. Nur im Kriege bestehen 20 Reserve- Sappeur- Compagnien , und zwar die 1. und 2. Garde-, die 1. und 2. Grenadier , die 1. - 16. Armee-Reserve Sappeur-Compagnie. Sie sollen in den Festungen , auf den rückwärtigen Ver bindungen und bei der Belagerung von Festungen verwendet werden.

Nichtco mbatt . Wagen Zugpferde

Offiziere Unteroffiziere Spielleute Beamte

Der Formationsmodus besteht darin , daß die 5. Compagnien gewiffer Bataillone die Stämme für je zwei zu formirende Reserve- Sappeur-Compagnien abgeben. Während die Mannschaften sich aus der Reserve ergänzen, liegt das nöthige Material zur Ausrüstung, Bekleidung xc. bei den bezüglichen Compagnien schon im Frieden bereit. & tat:

Gemeine Combattanten mit

ohne

Waffen Waffen

1) Reserve-Eisenbahn-Bataillon 2) Reserve- Sappeur- Compagnie

Frieden . Krieg

Cadrebestand 832

68

420 9200

15

24/85 10 3

40|22| 69 6 416 41

214

Militärische Jahresberichte für 1883.

C.

Erfah - Truppen.

1. Infanterie. Die Ersatz-Infanterie-Truppen, zur Sicherstellung der Completirung der Feld-Infanterie mit ausgebildeten Mannschaften während des Krieges bestimmt, werden nur im Kriege in voller Stärke aufgestellt. die Für jedes active Infanterie-Regiment , je 4 Schüßen - Bataillone - (alje Turkestanischen, Transkaspiſchen, Ostsibirischen, Finnischen ausgenommen für jede Schüßen - Brigade) besteht je 1 Infanterie- bezw. Schüßen - Erſaß Bataillon, also : 12 Garde-Infanterie - Ersatz- Bataillone, 16 Grenadier - Ersatz - Bataillone, 164 Armee - Infanterie-Ersatz-Bataillone, Leib-Garde-Schützen- Ersatz-Bataillon, 5 Armee - Schützen-Ersatz-Bataillone, 1 Kaukasisches Schützen - Ersatz-Bataillon. Jedes Bataillon hat 4 Compagnien, ausgenommen das Leib- Garde- Schützen Ersatz-Bataillon, das nur zu 3 Compagnien formirt wird . Jede Compagnie setzt sich aus einem Stamm und einem wechselnden Commando zusammen. Ersterer umfaßt das Ausbildungspersonal, letzteres besteht aus eingezogenen Reserven , die bei dem bezüglichen Truppentheil gedient haben, bezw. neu ausgehobenen Rekruten und dient zum Nachschube. Für die Garde-, Grenadier- und Schüßen-Ersatz-Bataillone bestehen im Frieden keine Cadres ; jedes Regiment bezw. jede Schützen-Brigade designirt nur für den zu bildenden Stamm mindestens 1 Stabsoffizier als Bataillonscommandeur, 4 Oberoffiziere als Compagniecommandeure , 2 Oberoffiziere als Adjutanten und Rechnungsführer und die halbe Zahl der etatsmäßigen Combattanten und Nicht combattanten. Die Garde-Ersatz-Bataillone werden im Petersburger , die Grenadier- und Armec-Schützen-Ersatz-Bataillone im Moskauer, das Kaukasische Schüßen-Ersatz Bataillon im Kaukasischen Militärbezirk dislocirt. Für die 164 Armee Infanterie- Ersatz-Bataillone find bereits im Frieden Cadres vorhanden , und zwar stehen dieselben an den Formationsorten der Bataillone. 58 Cadres sind selbständig , bilden also volle Compagnien , aber von un gleicher Stärke, und werden zum Localdienste mit herangezogen ; ihre Gesammtstärke beträgt 61 Offiziere, 364 Unteroffiziere und 5106 Gemeine. -- 106 Cadres find den Verwaltungen der Kreistruppenchefs attachirt und haben eine Stärke von je 1 Offizier, 1 Unteroffizier und 9 Gemeinen. Zur Deckung des Abganges bei den activen Truppen formiren die Erſay Bataillone Marsch - Commandos auf specielle Verfügung des Kriegsminiſteriums. Letzteres bestimmt die Zeit der Absendung , die Stärke und den Bestimmungsort. Die für dieselben designirten Leute werden mit ihrer Bekleidung abgeschickt, während in Betreff der Ausrüstung und Bewaffnung specielle Bestimmunger erfolgen. Die Finnischen Schützen-Bataillone formiren bei der Mobilmachung pre Bataillon 1 Ersatz-Compagnie, welche gleichzeitig auch den Stamm zur Formiruv g der Opoltschenie (Reichswehr) abgeben.

215

Gemeine

Nichtcomb . Zugpferde

& tat :

Offiziere Unteroffiziere Spielleute Beamte

Heerwesen Rußlands.

Combatt.

1342 4 2

Stamm

1) Ersatz-Bataillon

2.

1132 6 2 4

47

{ wechselndes Commando 1 Stamm 2) Leib-Garde-Schüßen- Erſaß-Bataillon wechselndes Com. 3) Ersat- Compagnie der Finniſchen Schüßen-Bataillone ·

6

726

3

64 1000

26 8

48

22 6

750 320

33

Cavallerie.

Die Ersatz-Truppentheile der Cavallerie haben durch den Befehl vom 11. August 1883 eine vollständig neue Organiſation erhalten. Danach bestehen jezt im Frieden und im Kriege : 3 Cadres des Garde-Cavallerie-Ersatzes , 14 Cadres des Cavallerie-Ersatzes , 1 Cadre des Kaukasischen Cavallerie-Ersatzes . Der Cadre Nr. 1 des Garde-, und der Cadre des Kaukasischen Cavallerie Ersatzes zerfallen in je 4, alle übrigen in je 3 Abtheilungen. Demnach ist für jedes active Cavallerie-Regiment 1 Abtheilung , für jede active Cavallerie- Division (bei der Garde werden im Kriege 3 Divisionen formirt) 1 Cadre vorhanden. Die Abtheilungen sind nicht mit den Regimentern , die Cadres nicht mi den Divisionen vereinigt ; je 2 Cadres bilden vielmehr eine „Brigade de Cavallerie-Ersages " ; nur die " Garde-Brigade des Cavallerie-Ersatzes " besteh aus den bezüglichen 3 Cadres, die „ Kaukasische Brigade des Cavallerie-Erſaßes “ aus dem bezüglichen 1 Cadre. Die Cadres sind bestimmt, im Frieden die Remonten für die Cavallerie Regimenter zuzureiten ; im Kriege als Organe zur Formirung der „ Ersatz Escadrons" zu dienen , welche lettere den Abgang an Pferden und Leuten bei den activen Cavallerie-Regimentern decken sollen. Die Cadres ergänzen sich an Mannschaften alljährlich durch Rekruten , an Pferden durch die von den Remonteuren aufgekauften und zu einem gewiſſen Termine abzuliefernden Remonten. Wann die zugerittenen Remonten von den Cadres an die Regimenter ab zugeben sind, bestimmt alljährlich der Generalinspecteur der Cavallerie. Sowie die Mobilmachung ausgesprochen ist , wird der Personalbestand der Cadres erhöht, indem von jedem Cavallerie-Regiment an die entsprechende Abtheilung 2 Stabs-Rittmeister, 2 Unterbereiter, die unberittenen Combattanten Mannschaften, welche bei den mobilen Regimentern entbehrlich sind, 2 Schreiber und 8 Nichtcombattanten abzugeben sind . Jede Abtheilung eines Cadres formirt im Kriege 2 Ersatz- Escadrons ; außerdem sollen noch 135 Combattanten und 45 Nichtcombattanten vorhanden sein, um eine 3. Ersatz-Escadron aufstellen zu können.

216

Militärische Jahresberichte für 1883.

1) Normal-Etat eines Cadres des Armee-Cavallerie Ersatzes zu a. 3 Abtheilungen · ፡ b. 4 2) Uebergangs-Etat eines Cadres des Armee-Cavallerie Ersatzes a. zu 3 Abtheilungen vom 1. Sept. 1883 = ፡ = : b. = : 1884 = = = ፡ C. ፡ = 1885 · = ፡ ፡ ፡ d. : 4 1883 ፡ ፡ ፡ = 1884 · e. = ፡ = ፡ = = : ፡ f 1885 •

Nichtco mb .

Gemeine

Pferde

Combatt.

Zug Reit

& tat:

Offiziere Unteroffiziere Trompeter Beamte

Die eingezogenen Reserven, sowie die nach dem Pferdegestellungsgesetz gestellten Pferde werden auf die Abtheilungen vertheilt und zur Formirung jener beiden Escadrons verwandt. Die besten Mannschaften und die bestgerittenen Pferde werden in jeder Escadron zu einem Commando von mindestens 96 Mann und Pferden zusammengestellt, welches eventuell vom 15. Mobilmachungstage ab, ohne die vollständige Formirung der Escadron abzuwarten, zu dem bezüglichen activen Regimente abgehen kann. Für die 1. Ersatz-Escadron liegt die gesammte Bekleidung und Ausrüstung im Frieden bei den Cadres bereit , für die 2. Erſatz-Escadron und das Fuß Commando ebenfalls, ausgenommen die Waffenröcke und die Leder- und Filzsachen der Pferde-Ausrüstung. Die volle Durchführung dieser Reorganisation soll im Herbst 1886 eintreten, bis dahin beſtehen in Betreff des Etats noch Uebergangsbestimmungen.

1027 3 2 1236 4 2

219 292

35 3 294 45 4 392

1651 1645 1627 2068 20 60 20 36

366 348 312 488 464 416

3 3 3 4 4 4

81 69 60 108 92 80

3 3 3 4 4 4

474 489 510 632 652 680

Bemerkungen : ad 1 a. Von dem Mannſchafts-Etat : Remonte-Commando 1 Offizier, 2 Unteroffiziere, 12 Mann. Von den Reitpferden : Cadrepferde 24, Remonten für die Regimenter 270. Abweichungen : Der 2. und 3. Cadre des Garde-Cavallerie-Erſaßes haben 6 Com battanten und 12 Remonten weniger. ad 1 b. Von dem Mannschafts-Etat : 1 Offizier, 3 Unteroffiziere, 16 Mann Remontes commando, von den Reitpferden : 32 Cadrepferde, 360 Remonten für die Regimenter. Abweichungen: Der 1. Cadre des Garde-Cavallerie-Ersaßes hat 48 Combattanten, 136 Pferde weniger, und zwar 8 Cadre-Pferde und 128 Remonten für die Regimenter. ad 2 a. Von dem Mannschafts Etat : 9 Unteroffiziere, 66 Mann Remontecommando; von den Reitpferden : 408 (Garde 393) zur Completirung, 66 (Garde 63) für die Rekruten. ad 2 b. Von dem Mannschafts- Etat: 9 Unteroffiziere , 48 Mann Remontecommando; von den Reitpferden : 423 ( Garde 411) zur Completirung, 66 ( Garde 63) für die Rekruten. ad 2 c. Von dem Mannschafts -Etat : 3 Unteroffiziere, 12 Mann Remontecommando; von den Reitpferden: 444 (Garde 432) zur Completirung, 66 (Garde 63) für die Rekruten. ad 2 a, b, c. Garde 6 Combattanten weniger.

217

Heerwesen Rußlands.

Beritten Unberitten

3 3

160 -

5

11

120

45

2 3

-

221

51

Ersatz-Escadron . Fuß-Commando

Reit

Combattanten

Pferde

Zug

Gemeine

. Nichtcombatt

& tat : Trompeter

Offiziere

Unteroffiziere

ad 2 d. Von dem Mannschafts-Etat : 12 Unteroffiziere, 88 Mann Remontecommando ; von den Reitpferden: 544 zur Completirung, 88 für die Rekruten. ad 2 e. Von dem Mannschafts-Etat : 12 Unteroffiziere, 64 Mann Remontecommando ; von den Reitpferden: 564 zur Completirung, 88 für die Rekruten. ad 2 f. Von dem Mannschafts- Etat ; 4 Unteroffiziere, 16 Mann Remontecommando ; von den Reitpferden : 592 zur Completirung, 88 für die Rekruten.

211 --

| : Bemerkung : Von den Reitpferden 11 als Ersatz für Offizierpferde, 5 für die Offiziere der Escadron, 175 für die Unteroffiziere, Trompeter und battanten, 20 als Reserve.

3.

berittenen Com

Artillerie.

Im Kriege werden aufgestellt : 48 Ersatz-Batterien , für jede active Artillerie - Brigade 1 Ersatz-Batterie. Sie sind in 6 Fuß-Artillerie- Ersatz-Brigaden Nr. 1–6 à 8 Batterien Nr. 1-8 vereinigt. Bis zu ihrer Ausrüstung mit Geschützen M/77 ſind die vier ersten Batterien jeder Brigade 9pfündige, die vier letzten Batterien 4pfündige, und haben je 4 Geschüße. In der Folge sollen aber alle Ersatz-Batterien mit leichten Geschützen M/77 , und zwar jede Batterie mit 8 Geschützen , 1 Laffete und 2 Munitionskarren ausgerüstet werden. Für den Ersatz der Reitenden Artillerie hat die 8. Batterie jeder der 6 Fuß Artillerie-Ersatz- Brigaden zu sorgen und wird deshalb zu 3 Fuß- und 1 Reitenden Zuge formirt. Jede Ersatz-Batterie besteht aus einem Stamm (Ausbildungs -Perſonal x .) und einem wechselnden Commando (zur Deckung des nothwendigen Nach jchubs). Als Cadre für die im Kriege aufzustellenden Ersatz-Batterien bestehen im Frieden die 5. und 6. Batterien der 6 Reserve-Fuß-Artillerie-Brigaden (j. Reserve Truppen) , indem aus jedem Zuge derselben je 1 Ersatz-Batterie formirt wird.

Reit

Bug 1212 |

4 2

619 3

74 13 26 3 12 4

450 10 395 45 21 272 46 5 20

220 5 160 15

1

4.

620 3 74 18 26 2 6 500

4

1. bis 7. Batterie jeder Fuß-Artillerie- ( Stamm I wechselndes Com. Ersaß-Brigade J Stamm 8. Batterie jederFuß 3 Fuß-Züge wechselndes Com. Artillerie ፡ Ersaß J Stamm 1 Reit-Zug Brigade wechselndes Com.

Pferde

T

& tat:

Combattanten

Militärische Jahresberichte für 1883.

Nichtcombattanten Artillerie

Geschüße Munitionswagen Offiziere Unteroffiziere Trompeter

218

26 - 28

Ingenieur - Truppen.

Im Kriege werden aufgestellt : 4 Ersatz-Sappeur-Bataillone Nr. 1-4, 1 Kaukasisches Ersatz-Sappeur-Bataillon.

wechselndes Com.

11

42 -

Bemerkung: Etat neu festgesezt durch Befehl vom 12. Mai 1883.

4

2 -

Nichtcomb .

Beamte

Gemeine

Combatt.

120

1100

222213

13

( Stamm Ersatz- Sappeur-Bataillon

Spielleute

Offiziere

Unteroffiziere

& tat :

Zugpferde

Jedes Ersatz-Sappeur-Bataillon besteht aus 4 Compagnien , deren jede sich aus einem Stamm und einem wechselnden Commando zusammensett. Sie bilden die Mannschaften aus, welche, in Marsch- Abtheilungen" formirt, die Verluste in den activen Bataillonen , Reserve- Sappeur Compagnien und den übrigen Ingenieur-Truppentheilen zu ersetzen bestimmt ſind. Die activen Sappeur-Brigaden, bei welchen Ersatz- Sappeur-Bataillone formirt werden sollen, entsenden bei einer Mobilmachung 5 Offiziere , 10 Unteroffiziere, 28 Combattanten, 2 Nichtcombattanten pro zu formirendes Bataillon.

8 -

219

Heerwesen Rußlands.

D. 1.

Local- Truppen.

Truppen , welche noch Gefechtszwecken dienen , ohne Feldtruppen zu sein .

40 60

1

45 60 49 35

|

645 845

40

Reit

mit ohne Waffen Waffen

200

2) Ostsibirisches Linien-Bataillon .

Combattanten

Frieden | 2159 9 4 584 Krieg I 2150 12 4 485 Frieden verstärkter Frieden . 21 70 12 4 Krieg . . 26 90 12 4

Pferde

57 ? 57 ?

11

1) Turkestaniſches bezw. Westsibiriſches Linien-Bataillon

Gemeine

. Nichtcomb

& tat:

Zug

Ostsibirischen je 5 Compagnien.

Offiziere Unteroffiziere Spielleute Beamte

a. Infanterie. 32 Linien-Bataillone, und zwar: 20 Turkestanische Nr. 1–20, 8 Westsibirische Nr. 1-8, 4 Ostsibirische Nr. 1-4. Die Turkestanischen und Weſtſibiriſchen Linien-Bataillone haben je 4, die

Bemerkungen: ad 1. Etat vom 23. August 1883. Einzelne Linien-Bataillone haben unweſentliche Abweichungen. b. Artillerie. Die Besatzung der Festungen an Artillerie besteht jetzt aus 42 Festungs Artillerie-Bataillonen , und zwar: 6 Bataillone Kronstadt = 2 Wyborg ፡ 2 Sweaborg = Dünamünde : Dünaburg ፡ Bobruisk 1 = 2 Warschau = Nowogeorgijemsk . 5 = • 3 Brest-Litowsk ፡ 2 Jwangorod Kiew . Otschakow Bender = Kertsch Alexandropol Kars 5 Bataillone Artillerie-Depot Michailowskoje ፡ : Poti Die Festungs-Artillerie-Bataillone werden nach den Festungen , in welchen fie garnisoniren, benannt. Stehen mehrere Bataillone zusammen , so werden sie außerdem noch numerirt.

220

Militärische Jahresberichte für 1883.

Jedes Festungs -Artillerie-Bataillon hat 4 Compagnien , nur das 2. und 3. Dünaburgsche und Brest-Litowsksche, und das 1. und 2. Jwangorodsche Festungs Artillerie-Bataillon haben im Frieden 3 Compagnien.

1 566 15

. Nichtcomb

400 1200

45 30 20 20 15

400 300 250 200 150

-

112

1

— 8

99 93

58

43

3

4

100

་ ་ 22222

Odessa Sewastopol Nikolajewsk . Aschabad

13 21

22221

3) Festungs-Artillerie- Commando

Frieden Krieg zu 400 Mann : = 300 ፡ : 250 = = 200 3 : 150

48

2) Festungs-Artillerie-Compagnie



Gemeine

Combatt.

4848229

1) Festungs - Artillerie-Bataillon .

Trompeter

Offiziere

Unteroffiziere

An Festungs - Artillerie - Compagnien sind neun vorhanden und zwar : in Petersburg 2 Comp . zu je 250 Gem. im Frieden, ፡ Kriege, 400 ፡ . : 2 : - Gunib 5 Offiz., 25 Unteroffiz ., 2 Spiell., 300 Comb., 6 Nichtcomb., ፡ Wiärnoje = ፡ 150 Gem . 1 N ፡ Ssamarkand 1 200 : ፡ : Perowsk 150 1 ፡ im Kriege und Frieden. ፡ : ፡ 200 Laschkent : = Wladiwostok 1 2 300 = 4 Festungs - Artillerie - Commandos , je eins in Odeſſa, Sewastopol, Nikolajewsk und Aschabad. & tat:

( Frieden I Krieg

Wagen

Combatt.

8 11

26

210

23

1

26

210

23

1

GO 00

Minen-Compagnie

Gemeine

Nichtcomb .

Offiziere

& tat:

Zugpferde

Unteroffiziere

c. Ingenieure. 4 Minen (Torpedo-) Compagnien Nr. 1-4 ; die 1. in Kronstadt, die 2. in Sweaborg, die 3. in Odeſſa, die 4. in Sewastopol. Sie sind meistens in Häfen, wo sich Minen-Niederlagen befinden, vertheilt.

3

3

221

Heerwesen Rußlands.

Bemerkung: Im Falle der Vorbereitung zum Kriege werden behufs Legung von Torpedoſperren in den Häfen des Schwarzen Meeres zu der 3. und 4. Compagnie aus den Marine-Reſerven noch in Summa 553 Ruderer commandirt. 2.

Die für den Dienst im Innern des Reiches bestimmten Truppen. a. Im Europäiſchen Rußland.

6 Local-Bataillone und zwar in Petrosawodsk, Archangel, Perm, Oren burg, Ufa und Astrachan. 107 Local- Commandos. In Jekaterinenburg, Jrbit und Schadrinsk (Gouvernement Perm) ſind außer den Local-Commandos noch Ausbildungs-Commandos für die für den Turkestanischen Militärbezirk bestimmten Rekruten stationirt. Die Local-Bataillone wie Commandos tragen den Namen ihres Garnisonortes. Jedes Local-Bataillon hat 4 Compagnien. Um die Reserve-Cadre-Bataillone , welche im Frieden den Localdienst mit versehen , im Kriege disponibel zu machen, werden Provisorische Local - Com mandos aus bei der Mobilmachung eingezogenen Reservemannschaften formirt. Die Stärke dieser Commandos richtet sich nach der Stärke des abgerückten Reserve Truppentheils. Die Bekleidung, Ausrüstung und Bewaffnung wird für die neu zu formirenden Commandos an den bezüglichen Formationsorten schon im Frieden bereit gehalten. b. Im Kaukaſus. In Folge des Befehls vom 6. November sind hier vorhanden: 7 Local-Bataillone und zwar das Local-Bataillon Terek , Sſuchum, Dagestan, Batum, Eriwan, Baku, Kuban. Hierzu treten im Kriege noch aus Local-Commandos formirt : Das Local Bataillon Kutais , Temir-Chan- Schura, Sakataly , Jelissawetpol. 52 Local - Commandos (im Kriege 48).

Combattanten

Nichtcomb .

Beamte

Gemeine

mit ohne Waffen Waffen

21

74

10

4

800

60

20 17

58 50

10 10

3

576

44

4

384

16

28 220

1) Local-Bataillon Batum , Kuban , Ssuchum , Perm, Eriwan im Kriege, Orenburg im Kriege, Kutais, Sakataly , Temir-Chan Schura, Jelissawetpol . 2) Local-Bataillon Baku , Eriwan im Frieden, Dagestan, Astrachan, Archangel, Ufa 3) Local-Bataillon Terek, Drenburg im Frieden

Spielleute

Offiziere

& tat :

Unteroffiziere

c. Im Asiatischen Rußland. 64 Local- Commandos .

26

222

Militärische Jahresberichte für 1883.

Bemerkung: In den Chargen weichen die Bataillone von obiger Combattantenſtärke von einander ab. Die Local-Commandos haben je nach den localen Verhältnissen ganz verschiedene Stärken. Die Gendarmen. Das Corps der Gendarmen besteht aus der Haupt verwaltung, 2 Bezirks- Verwaltungen in Warſchau und Omsk, den Gouvernements Verwaltungen nebst deren Ergänzungsetat und den Gendarmerie-Verwaltungen der Städte Odessa und Omsk , den Kreisverwaltungen, den Reitenden und Fuß Commandos und aus 14 Gendarmerie- Verwaltungen der Eisenbahnen . Außerdem bestehen zur Ausübung der polizeilichen Functionen bei den Truppen im Frieden 6 Cadre - Gendarmerie - Commandos (1 Garde-, 5 Armee-) , welche in Petersburg, Wilna, Warschau, Kiew , Odessa und Tiflis garnisoniren. Im Kriege werden aus diesen Cadre-Commandos 6 ( 1 Garde und 5 Armee-) Gendarmerie - Escadrons formirt.

& tat: 1) Cadre-Gendarmerie-Commando : 12 Offiziere, 30 Unteroffiziere, 2 Trompeter, 15 Nichtcombattanten, 25 Pferde. 2) Gendarmerie-Escadron : 10 Offiziere, 149 Unteroffiziere, 4 Trom peter, 24 Nicht combattanten, 171 Pferde. Bemerkungen: ad 1. Das Garde-Cadre-Commando hat 1 Offizier, 10 Gemeine und 15 Pferde mehr. ad 2. Die Garde- Gendarmerie- Escadron hat 2 Offiziere, 48 Unteroffiziere, 3 Nicht combattanten und 50 Pferde weniger.

3. 1. 2. 3. 4.

Die Die Die Die

Die Lehr - Truppen.

Offizier- Schießschule Offizier - Cavallerie - Schule Offizier - Artillerie - Schießschule galvanische Lehr - Compagnie.

(vgl. Jahresbericht pro 1882 Seite 290 und folgende).

& tat : ad 1. Stamm : 15 Offiz., 5 Beamt., 142 Comb., 64 Nichtcomb ., 5 Pferde = 5 3 82 ፡ 178 : 322 ad 2. Stamm: 22 3 ፡ 3 4 99 = 360 250 ad 3. Stamm: 17 = = = 15 178 4 Frieden : 5 ad = = 2 3 278 17 4 6 4. Krieg :

4.

Hülfs - Abtheilungen.

1) Die Compagnie der Schloß - Grenadiere , aus Veteranen der Garde ergänzt, thut Dienſt in den Kaiserlichen Schlössern. 2) Die Local- Artillerie - Commandos bestehen bei den Pulver- und Waffenfabriken und sonstigen Artillerie- Etablissements , um hier den Wachtdienst zu übernehmen. 3) Die Local -Ingenieur - Verwaltungen und Commandos : a. Festungs-Ingenieur-Verwaltungen 1. Klasse (Petersburg , Kronstadt, Wyborg, Sweaborg, Dünaburg, Nowogeorgijewsk, Brest-Litowsk, Warschau, Kiew, Kertsch, Otschakow, Kars) und 2. Klasse (Bobruisk , Dünamünde, Zwangorod, Bender) ; b. Ingenieur-Diſtancen 1. und 2. Klaſſe ;

Heerwesen Rußlands.

223

c. Verwaltungen der Militär - Gebäude , welche weder den Festungs Verwaltungen noch den Ingenieur-Distancen zugezählt werden ; d. Verwaltungen der Militär- Gebäude außerhalb der Festungen ; Festungs-Ingenieur- Bauverwaltungen ; f. 10 Ingenieur-Handwerker- Commandos zu Kronstadt , Warſchau, Nowo georgijewsk, Brest-Litowsk, Jwangorod , Kertsch, in Turkestan und 3 im Kaukasus zu Bauausführungen an den Militär- Gebäuden bestimmt. 4) Hospital- Commandos bei den Militär - Hospitälern bezw. Halb Hoſpitälern. 5) Das Local - Commando bei den Kaukasischen Mineralbädern. 6) Die Disciplinar - Bataillone und -Compagnien dienen zur Auf nahme solcher Mannschaften, welche gerichtlich zur Einstellung in diese Bataillone bezw. Compagnien verurtheilt sind. Es bestehen 4 Disciplinar-Bataillone, und zwar je 1 in Bobruisk , Cherson , Woronesh und Jekaterinograd und 2 selb ständige Disciplinar - Compagnien in Irkutsk und Omsk. Die Bataillone haben 4 oder 2 Compagnien. Letztere werden in Halb- Compagnien und Züge ein getheilt. 7) Die Militär - Arrestanten - Abtheilungen in Tobolsk und Ust-Kame= nogorsk nehmen solche Leute auf, welche, gerichtlich zur Ansiedelung nach Sibirien verbannt, noch dienstpflichtig sind.

5. Local Institutionen des Artillerie- , Ingenieur , Medicinal- und Intendantur -Ressorts . 1) Drei Gewehrfabriken : zu Sestroriäzk, Tula und Ishew. 2) Die Patronenfabrik zu Petersburg . 3) Drei Pulverfabriken : in Ochta, Michailo- Schostka und Kajan. 4) Drei Local-Arsenale zu Petersburg, Briansk und Kiew fertigen Bronze geschüße, Laffeten, Proßen, Munitionswagen, Fahrzeuge des Artillerie-Trains , Pferdegeschirr und Artilleriezubehör der verschiedensten Art an. 5) Die Geschützgießerei zu Petersburg. 6) Die Raketenfabrik zu Nikolajew. 7) 15 Bezirks-Artilleriedepots in Petersburg, Tawaſthus, Dünaburg, Brest Litowsk, Krementschug, Kiew, Kursk, Moskau, Kajan, Orenburg, Tiflis (eine Ab theilung in Batum und eine in Alexandropol) , Georgiewsk (eine Abtheilung in Petrowsk), Chabarowka (am Amur) , Tſchita (Oſtſibirien) und Omsk (Weſtſibirien) . Sie enthalten sämmtliche Gegenstände des Artillerie- Refforts für den laufenden Bedarf der Truppen und Festungen, den bei den Truppen nicht afservirten Theil der bezüglichen Kriegsausrüstung , eine Reserve an Kriegsmaterial, um Abgänge im Kriege zu ersetzen , und eine außerordentliche Reserve zur stärkeren Armirung bestehender bezw. Neu - Armirung neu erbauter Festungen. Bei jedem Artillerie depot, die zu Tawasthus , Orenburg und Tiflis ausgenommen , befindet sich eine Artillerie- und eine Laboratorien-Werkstatt, um bezügliche Arbeiten sofort aus führen zu können und das aufbewahrte Material im Stande zu erhalten. 8) Lehr-Polygone dienen zur Instruction der Offiziere und Feuerwerker der Artillerie über die Wirkungen der Geschütze und zur Anstellung von Versuchen. Es giebt ein Haupt-Artillerie-Polygon, sowie Lehr- Polygone im Petersburger, Moskauer, Warschauer, Wilnaer, Kiewer, Odessaer, Charkower und Kaukasischen Militärbezirk. Sie befinden sich auf den Artillerie-Schießpläßen.

224

Militärische Jahresberichte für 1883.

9) Sechs Bezirks -Ingenieurdepots in Petersburg, Moskau, Dünaburg, Breſt Litowsk, Kiew und Tiflis dienen zur Erneuerung bezw. Ergänzung des Schanz zeuges der in den bezüglichen Bezirken dislocirten Truppen. 10) Festungs- Ingenieurdepots in den Festungen des Warschauer Militär bezirks und in Bender zur Aufbewahrung einer Reſerve von Schanzzeug für den Kriegsfall. 11) Ein Central- Ingenieurdepot zu Bobruisk zur Ergänzung des Schanz zeuges und Materials bei den Truppen und den Feld- und Belagerungsparks im Kriege. 12) Die Verwaltung der galvaniſchen Abtheilung des Ingenieur-Corps dient zur theoretischen und praktischen Ausbildung von Ingenieuroffizieren. Der Anstalt ist die galvanische Lehr- Compagnie beigegeben (siehe dort) . 13) Ständige Militärhospitäler. 14) Apothekermagazine sind bestimmt , die Truppen mit Medicamenten x . zu versehen. Bei jedem Magazin befindet sich ein Laboratorium und der ge sammte Train für die mobilen Feldapotheken (siehe dort) . 15) Die Fabrik chirurgischer Instrumente zu Petersburg. 16) 16 Intendantur-Depots : zu Petersburg, Dünaburg, Kiew, Krementſchug, Moskau , Woronesh , Tambow , Kaſan , Simbirsk , Tiflis , Stawropol , Petrowsk, Orenburg, Omsk, Irkutsk und Taſchkent. Hier werden Gegenstände des Intendantur Ressorts aller Art so lange aufbewahrt, bis sie an die Truppen verausgabt werden. 17) Fünf Intendantur - Montirungswerkstätten : zu Petersburg , Moskau, Dünaburg, Kiew und Tiflis zur Anfertigung der Bekleidung und Ausrüstung für die Rekruten und Bereitstellung einer Intendantur-Reserve. 18) Verpflegungsmagazine enthalten Wirthschafts-, Festungs- und unberühr bare Vorräthe an Mehl , Graupen bezw. Hafer. Die Wirthschaftsvorräthe sollen eine Reserve bilden , wenn etwa mit Lieferanten abgeschlossene Verträge von diesen nicht eingehalten werden, sowie für unerwartete Truppen-Concentrationen. Die Festungs- und unberührbaren Vorräthe sollen nach gewissen Normen in den westlichen Militärbezirken Warschau , Wilna, Kiew und Odessa für den Fall eines Krieges aufgestapelt werden . 19) Zwei Militär-Bäckereien zu Wilna und Brest-Litowsk. II. Kaſaken und irreguläre Truppen. A. Feld-Kasaken-Woisskos. 1. Das Don-Kasaken - Woissko. a. Feld-Truppen. Im Frieden präſent : das combinirte Leib- Garde-Don-Kajaken-Regiment, 15 Armee- Don-Kajaken-Regimenter, Nr. 1-15, 1 Garde-Batterie (bei der regulären Garde- Reitenden Brigade), 7 Armee-Batterien, Nr. 1-7. Im Kriege neu aufgestellt : das Leib- Garde-Don -Kajaken-Regiment Sr. Majestät, das Leib-Garde-Atamansche Regiment, 15 Armee-Regimenter, Nr. 16-30 (2. Kategorie), 30 selbständige Sjotnien (2. Kategorie), 15 Armee-Regimenter 31-45 (3. Kategorie), 7 Armee-Batterien, Nr. 8-14 (2. Kategorie), 7 Armee-Batterien, Nr. 15-21 (3. Kategorie).

225

Heerwesen Rußlands.

Das combinirte Leib- Garde-Don-Kajaken-Regiment hat 4 Escadrons , je 2 der im Kriege aufzustellenden vollen Regimenter à 6 Escadrons. Jedes Armee Regiment hat 6 Sjotnien , jede Batterie 6 Geschütze, ausgenommen die Garde Batterie im Frieden mit 4 Geſchützen , indem eine Division zu 2 Geſchützen beurlaubt ist. Die im Frieden beurlaubten Kajaken für die im Kriege neu aufzustellenden Regimenter , Sjotnien und Batterien 2. Kategorie haben volle Ausrüstung und Pferde, die 3. Kategorie nur Ausrüstung bereit zu halten. Von den Batterien 2. und 3. Kategorie sind im Frieden je 3 Geschüße bespannt zu Uebungszwecken . Beim Stabe jeder beurlaubten Batterie find 20 Artillerie-Zugpferde präsent ; je ein „ Commando" zur Wartung derselben ist für die beiden Completirungs -Rayons der beurlaubten Batterien etatsmäßig. Für die beurlaubten 2 Diviſionen jedes der Garde-Reiter-Regimenter iſt im Frieden ein Stab vorhanden und im Donlande stationirt. b. Erfah-Truppen . Jm Kriege wird für die Garde - Regimenter eine Erſaß - Escadron , für die gesammten Batterien eine Ersaß - Batterie à 6 Geschütze, von denen im Frieden 3 Geschütze bespannt sind , formirt. c. Local-Truppen.

Nicht combattanten Artillerie Bespannungs P Zug, ack Reit E & N8850

5 6 3 3

640 960 756 686 124 215 160 215

117

-

15 730 59 1176 15 808 55 840 36 4 31 133 15 151 53 6 106 31 133 15 148

153

-

-

14 -

4

55 3 14

15

26 20

26

15

24

21

1

Militärische Jahresberichte 1883.

Com: battanten

44

1) Das comb. Leib- Garde- Don -Kas.-Regt. Frieden 38 55 25 2) Leib-Garde- Don -Rasaken -Regiment . . Krieg 5398 25 Frieden 42 56 13 3) Armee- Don-Kaſaken-Regiment Krieg 2586 19 Frieden 5 9 2 4) Garde-Batterie Krieg 620 6 Frieden 814 3 5) Armee-Batterie 620 3 Krieg 6) Zwei Commandos zur Aufsicht der Pferde der beurlaubten Batterien in Summe . Frieden 26 7) Stab der beurlaubten Diviſionen der Garde 41 5 Regimenter 8) Stab der beurlaubten Diviſion der Garde Batterie . 1 9) Stab der beurlaubten Armee-Reitenden Batterie 5 10) Stamm der Ersaß-Escadron der Garde-Regi= menter . Krieg 816 4 11 ) Stamm der Erſah-Reitenden Batterie . Krieg 724

Pferde

Kajaken

││ |

Etat:

Offiziere Unteroffiziere Trompeter Beamte

Sieben unberittene, zum Garnisondienst xc . bestimmte, im Denlande ſtationirte Localcommandos.

32 51

226

Militärische Jahresberichte für 1883.

Bemerkungen. ad 1. Von den Combattanten 32 unberitten. ad 2. Von den Combattanten 54 unberitten. ad 3. Der Zug ist zu 14 Rotten gerechnet. Die im Frieden mehr vorhandenen Offiziere beseßen im Kriege Stellen bei den Regimentern 2. und 3. Kategorie; von den Combattanten 14 unberitten. ad 4. Im Frieden 4 Geschüße, 2 Munitionswagen, im Kriege 6 Geschüße, 9 ( 12 ?) Mu nitionswagen bespannt. ad 5. Von den Batterien_1 . Kategorie haben Nr. 4, 5 und 7 6 Geſchüße und 2 Munitionswagen im Frieden bespannt, die Batterien Nr. 1 , 2, 3 und 6 nur 6 Geſchüße. Für lettere reducirt sich die Zahl der Artillerie - Bespannungspferde im Frieden von 53 auf 40. ad 4 und 5 Behufs schnellerer Bereitschaft für den Mobilmachungsfall können die Batterien schon im Frieden stärker beſpannt werden. ad 8. 4 Geschütze bespannt ad 9. 3 Geschüße bespannt. ad 10 und 11. Wechselndes Commando nicht etatisirt. ad 11. 4 Geschüße bespannt.

2. Das Kuban - Kajaken - Woijsko . a. Feld-Truppen. Im Frieden präſent : 2 Escadrons Sr. Majestät Convoi, 1 Escadron in Peters burg garnisonirend , 10 Reiter- Regimenter, 1 Reiter- Division (2 Escadrons) in Warschau garniſonirend, 2 Plasstun-Bataillone, 10 Cadres der Reiter-Regimenter 2. Kategorie, 5 Reitende Batterien. Im Kriege neu aufgestellt : 20 Reiter-Regimenter, 4 Plasstun-Bataillone. Jedes Reiter-Regiment hat 6 Ssotnien. Das Woissko ist in 10 Regiments bezirke getheilt, von denen jeder im Frieden 1 Regiment, im Kriege 3 Regi menter aufstellt. Die Regimenter führen den Namen der Regimentsbezirke und die Nummern 1 , 2 und 3. Die ersten Regimenter gehören der ersten, die zweiten der zweiten, die dritten der dritten Kategorie an. Die Plasftun (Schützen-) Bataillone haben je 4 Sjotnien und führen die Nummern 1-6 ; die Nrn. 1 und 2 zählen zur ersten , 3 und 4 zur zweiten, 5 und 6 zur dritten Kategorie.

Für die im Frieden Beurlaubten zweiter und dritter Kategorie gelten die selben Bestimmungen wie beim Don-Woissko. Die Reitenden Batterien Nr. 1-5 haben je 4 Geschütze im Frieden , je 6 Geschütze im Kriege mit 2 bezw. 12 Munitionswagen. Die Bestimmung der Cadres für die Reiter - Regimenter zweiter Kategorie ergiebt sich aus dem Namen.

b. Local-Truppen. Sieben Localcommandos zum Dienst bei den Woijsko-Institutionen.

227

Heerwesen Rußlands.

7

266

2 3

121 229

9 4 9 4

672 648

6) Ein Cadre für ein Reiter- Regt. 2. Kategorie 2312 2 1

68

3) Die Kuban-Kaſaken- Diviſion .. 4) Eine Kuban-Reitende Batterie . 5) Ein Plaſſtun-Bataillon . ...

3 -94 109

Reit 202 191 15 902 95 957

‫ܘܘ‬

160

798 768

Zug ,Pack

Com battanten

Pferde

27 (293 319

30

20 40 4 76 33 156 20 160 92 11 3 123 139 4

|⪜

Frieden 1118 Krieg ( Frieden 59 522 Krieg ( Frieden 43 54 Krieg 2278

Kasaken

111 ཚཎྜ ཆེ སེ་ླ

618 2 1) Eine Garde-Escadron des Convoi .... 235613 5 Frieden 2) Ein Kuban-Reiter-Regiment 23,86 13 5 Krieg

Nicht combattanten Artillerie Bespannungs

Offiziere Unteroffiziere Trompeter Beamte

Etat:

47

2 107

Bemerkungen. ad 4. Dieser Etat bezieht sich auf die 2. und 4. Batterie; die 1., 3. und 5. weichen in etwas ab. Unter den Artillerie-Bespannungspferden ist die Beſpannung der 3 Batterie- Vorraths wagen und der Reserve-Laffete mit berechnet. Zur schnelleren Mobilmachung können die Batterien bereits im Frieden auf den ver stärkten Etat zu 6 Geschüßen gebracht werden, und sind dann um 40 (20 Reit- und 20 Artillerie-Bespannungs-) Pferde stärker.

3. Das Terek - Kajaken - Woijsko. Im Frieden präsent : 2 Escadrons Petersburg garniſonirend, 4 Reiter-Regimenter, 2 Reitende Batterien.

Sr. Majestät Convoi ,

1 Escadron in

Im Kriege neu aufgestellt : 8 Reiter-Regimenter. Im Kriege und im Frieden Reitende und Fuß - Commandos zum Dienſt bei den Institutionen des Woisskos . Die 4 Regimentsbezirke stellen je 3 Regimenter auf, welche den bezüglichen Namen und die Nrn. 1 , 2 und 3 führen. Die ersten Regimenter gehören der ersten Kategorie an und stehen im Frieden im Dienst , die zweiten der zweiten , die dritten der dritten Kategorie. Die letzteren beiden Kategorien sind nach den für alle Kasaken-Woisskos geltenden Normen im Frieden beurlaubt. Jedes Reiter-Regiment hat 4 Sjotnien. Die Reitenden Batterien führen die Nrn. 1 und 2 und haben im Frieden je 4 mit 2 , im Kriege je 6 Geschütze mit 12 Munitionswagen. 15 *

228

Militärische Jahresberichte für 1883.

618 2

Reit

Com: battanten

Pferde

ack P ,Zug

Nicht combattanten Artillerie Bespannungs

Kasaten

32828

Offiziere Unteroffiziere Trompeter Beamte

& tat:

202 191

160 532 512

92 85

11 622 75 649

3) Eine Reitende Batterie .

Frieden 5 9 2| Krieg 5221 3

121 229

20 33

40 4 76 156 - 160

| g || g

2) Ein Reiter- Regiment

Frieden 3438 9 4 1758 9 4 Krieg

1) Eine Garde- Escadron des Convois

Bemerkungen. ad 3. Dieser Etat gilt für die 2. Reitende Batterie ; der für die erste weicht in etwas ab. Unter den Artillerie-Bespannungspferden ist die Bespannung für die 3 Batterie-Vor rathswagen und 1 Reserve-Laffete mit berechnet. Zur schnelleren Mobilmachung können die Batterien schon im Frieden auf den ver stärkten Etat von 6 Geschüßen gebracht werden und sind dann um 40 (20 Reit- und 20 Artillerie-Bespannungs-) Pferde stärker. 4.

Das Astrachan - Kasaken - Woissko.

Frieden Krieg

30 38 9 3 1562 9 3

Rasaken

532 508

5. Das Orenburg - Kasaken - Woissko. Im Frieden präsent : 30 Reitende Ssotnien in 6 Regimentern, 3 Reitende Batterien mit Brigadestab. Im Kriege präsent : 18 Reiter-Regimenter, 1 Reitende Artillerie-Brigade, 1 Reitende Ersatz-Batterie. Im Frieden und im Kriege 3 Localcommandos.

80 72

Reit

,Pack Zug-

Com battanten

Pferde

88888

Ein Reiter-Regiment

Nicht combattanten

& tat:

Offiziere Unteroffiziere Trompeter Beamte

Im Frieden präsent : 1 Reiter-Regiment erster Kategorie. Im Kriege neu aufgestellt : 2 Reiter-Regimenter zweiter bezw. dritter Kategorie. Das Reiter Regiment hat 4 Sjotnien.

18 55

620 650

Heerwesen Rußlands.

229

Die 18 Reiter -Regimenter im Kriege haben je 6 Sjotnien , und gehören 3 Kategorien à 6 Regimenter an. Die erste Kategorie stellt im Frieden in deffen nur 30 Reitende Sjotnien auf. Die Reitende Artillerie-Brigade zählt im Kriege 8 Batterien à 6 Geschütze und 9 Munitionswagen. Die im Frieden präsenten Batterien haben 4 Geschütze und 2 Munitionswagen; sind sie nach Turkestan abcommandirt 6 Geschütze und 3 Munitionswagen. Der Stamm der Ersatz-Batterie hat 4 Geschütze.

2 2

1 1 1

798 768 133 126

120 111

121 161 215

15 16 29 3

20

13 12

Reit

,Pack Zug

Com battanten

Pferde

8 38 11 11

ad 1. ad 3. Frieden eine ad 4.

Rajaten

32 TI

Frieden 35 56 13 1) Ein Reiter-Regiment à 6 Ssotnien 2192 19 Krieg Frieden 5 9 2 2) Eine Ssotnie . . . 315 3 Krieg 3) Eine Reitende Batterie ... Frieden 10 9 2 * (nach Turkestan abcommandirt) Frieden* 10 14 3 Krieg 520 3 324 4 4) Stamm der Ersatz-Batterie . . . . . Krieg

Nicht combattanten Artillerie Bespannungs

Offiziere Unteroffiziere Trompeter Beamte

& tat:

15 75

920 981

4 152 10 156 36 6 6 109 133 20 148 —

Bemerkungen. Der Etat umfaßt den Regimentsstab mit. Behufs schnellerer Bereitschaft im Falle einer Mobilmachung kann schon im stärkere Artillerie- Bespannung eintreten. Der Etat des " wechselnden Commandos" ist nicht normirt.

6. Das Ural-Kasaken -Woissto. Im Frieden präsent : Leib-Garde-Ural-Kaſaken-Escadron, in Petersburg garni sonirend, 15 Ssotnien, zu Regimentern formirt, 1 Lehr-Shotnie. Im Kriege neu aufgestellt: 30 Ssotnien, zu Regimentern formirt. Die Regimenter haben nach der Verordnung vom Jahre 1874 6 Sjotnien. Der Befehl vom 9. August 1882 trifft keine Abänderung , so daß im Frieden 212 Regimenter im Dienst sein werden. Das halbe Regiment dürfte mit Ssotnien des Orenburg - Kajaken- Woisskos zu einem combinirten Regiment ver einigt sein. Die Eintheilung in drei Kategorien nach den bezüglichen Normen besteht auch hier. Die Lehr-Sjotnie besteht aus einem Cadre und einem Lehrcommando.

230

Frieden Krieg

3) Eine Sſotnie . . .

Frieden Krieg

160 160 843 784 139 130 76

P , ack Zug-

66 78

187 195 925 974 152 156

-

10 -

23 27

8

00

8 941 1

4) Lehr-Sſotnie .

ad 2.

34 56 13 2 219219 2 5 9 2 315 3

18 15 75 4O

2) Reiter-Regiment .·

813 4 817 4

Com battanten

38 5

Frieden Krieg

Pferde

Rasaken

22 88 78

1) Leib- Garde-Escadron ·

Nicht combattanten

Etat:

Offiziere Unteroffiziere Trompeter Beamte

Militärische Jahresberichte für 1883.

Bemerkung. Einschließlich Regimentsſtab. 7. Das Sibirische Kasaten - Woijsko.

1) Ein Reiter-Regiment 2) Eine Ssotnie . . .

Frieden Krieg Frieden Krieg

43 5613 2 219219 2 692 315 3

Kasaken

798 768 133 128

,Pack Zug-

Com battanten

Pferde

: Reit

Nicht combattanten

& tat:

Offiziere Unteroffiziere Trompeter Beamte

Im Frieden präsent: 18 Reitende Sjotnien, zu Regimentern formirt. Im Kriege neu aufgestellt : 36 Reitende Ssotnien, zu Regimentern formirt . Das Regiment hat demnach 6 Ssotnien. Die Eintheilung in drei Kategorien nach den bezüglichen Normen ist auch hier maßgebend.

127 28 1013 110 75 980 14 4 162 12 10 158

8. Das Ssemirietſchenskische Kajaken - Woijsko . Im Frieden präsent : 1 Reiter-Regiment. Im Kriege neu aufgestellt: 2 Reiter-Regimenter. Die Reiter - Regimenter Nr. 1-3 haben 4 Sjotnien und zerfallen in drei Kategorien. Anstatt eines vollen Regiments sind auch wohl Ssotnien verschiedener Regimenter in Dienst.

231

Heerwesen Rußlands.

Frieden Krieg

2) Eine Shotnie .

Frieden Krieg

ad 1.

Pferde

573 524

3138 9 3 1562 13 3 692 315 3

140 130

47 55

Reit

Com= battanten

P , ack Zug-

Kasaken

78

1) Ein Reiter-Regiment

Nicht combattanten

Offiziere Unteroffiziere Trompeter Beamte

& tat :

11 51 4 10

628 650 153 156

Bemerkung. Einschließlich Regimentsſtab.

9.

Das Transbaikalische Kasaken - Woissko .

Im Frieden präſent :

im Kriege neu aufgestellt :

1 2 2 2 4 1

Reiter-Regiment, Fuß-Bataillone, Reitende Batterien; Reiter-Regimenter, Fuß-Bataillone, Reitende Batterie.

55 85

3) Eine Reitende Batterie

Frieden Krieg

9

33

28

Reit

1 1

864 766 863 813

1

74 122 15 40 6 215 29 133 20 148

36 59 20 58

12 987 75 951 45

Frieden Krieg

3

2

2) Ein Fuß- Bataillon .

13 19

Pferde

29 27

56 86

Kasaken

11 118

40

FT 11

Frieden Krieg

23 22 21

8898 02

65 22 12

1) Ein Reiter-Regiment .

Beamte

Trompeter

Offiziere

Unteroffiziere

Etat:

Nicht combattanten Artillerie Bespannungs Zug .Pack resp

Combattanten

Die Reiter-Regimenter Nr. 1-3 haben 6, die Fuß-Bataillone Nr. 1-6 5 Shotnien, die Batterien Nr. 1-3 im Frieden 4, im Kriege 6 Geschüße und 2 resp. 9 Munitionswagen . Die Kategorie-Eintheilung findet auch hier statt.

Bemerkungen. ad 1. Von den Combattanten 50 unberitten. ad 3. Behufs schnellerer Bereitschaft bei einer Mobilmachung kann im Frieden ſchon die Artillerie-Bespannung stärker ſein.

Militärische Jahresberichte für 1883.

232

10.

Das Amur - Kajaken - Woifsko.

6 3

Nicht combattanten Bug P. ack resp

13

2

784 56

20

5

2

291

23

52

8

2 489

33

143 162

11 17

Reit

Beamte

75 955 22 311

92

35 ܳ‫ܝ‬

3) EinHalb-Bataillon zu 3 Fuß- Shotnien Krieg Frieden 4) Eine Fuß-Ssotnie . Krieg

Pferde

* 8-

18 12

Kasaken

22

21

222HE

1) Ein Regiment zu 6 Reitenden Sſotnien Krieg 2) 2Reitende Ssotnien mit Regimentsstab Frieden



Offiziere

Unteroffiziere

& tat :

Combattanten

2 Reitende Ssotnien mit dem Regimentsstabe, 2 Fuß-Shotnien mit den beiden Halb - Bataillons stäben ; im Kriege neu aufgestellt : 4 Reitende Ssotnien, 4 Fuß-Ssotnien. Im Kriege treten die 6 Reitenden Sſotnien zu einem Reiter- Regiment, die 6 Fuß-Sjotnien zu 2 Halb-Bataillonen à 3 Sjotnien zuſammen.

Trompeter

Im Frieden präsent :

4 10

B. Irregulare Truppen. Nicht im Verbande der Kasaken-Woisskos befinden sich: 1) der Convoi Sr. Majestät , er besteht aus je 2 Kuban- und Terek Garde-Kajaken-Escadrons ; 2) je eine Reitende Ssotnie in Irkutsk und Krassnojarsk, in welchen die Kajakenbevölkerung der beiden Städte ihrer Dienstpflicht genügt ; 3) 2 Ussuri- Ssotnien , welche sich aus Freiwilligen des Transbaikal und Amur-Woissko completiren und zum Schutz des Uffuri - Gebietes (füdlich des Amur) dienen ; 4) die Kutais-Jrreguläre Reitende Division zu 2 Sfotnien (Befehl vom 13. October 1883) und das Dagestan-Irreguläre Reiter - Regiment zu 6 Ssotnien completiren sich aus Freiwilligen der dortigen Gegend ; 5) Ständige Milizen, und zwar : 1 Kuban-Reitende Shotnie, 9 Terek-Reitende Sſotnien = 3 Dagestan 3 3 Kars (Befehl vom 17. Mai 1883), = 1 Batum Sjotnie = 2 Fuß-Sjotnien Shuchum-Landwache 1 Reitende Ssotnie, Gurische Fuß-Druſhine 4 Ssotnien, Grusinische Fuß-Drushine 4 Ssotnien.

Heerwesen Rußlands.

-

120 10 80 10

5

9

3

1

3

36

10

133

12

17

1 240 6 3 720 23 80 1 107 167 ―――― 100 100 100

111

0511

40 24 40

7-1111

1929

16 12 16

28107066

11 21

37

640

1 1

160 3 760 2230 2 760

15 8 13

………… 296 resp B .|| ack

Reit

Nicht combattanten

Combattanten

Beamte

23 2

--

12 8

123222

3) Eine Ufſuri-Sſotnie . . 4) Kutais-Jrreguläre Reitende Diviſion . Dagestan-Jrreguläres Reiter - Regiment 5) Kuban-Reitende Ssotnie Eine Terek-Reitende Ssotnie . Eine Dagestan - Reitende Sſotnie Eine Kars- Reitende Ssotnie . Eine Batum-Reitende Sjotnie Eine Batum Fuß-Ssotnie Ssuchum-Landwache (unter Chef der Sſuchum Abtheilung) . Gurische Fuß- Druſhine Frieden Grusinische Fuß- Drushine Krieg

8

6

24 695

1) Convoi Sr. Majestät . 2) Reitende Ssotnie in Irkutsk . = 3 Krassnojarsk

Pferde

Gemeine

Spielleute

Offiziere

Unteroffiziere

& tat :

233

808 764 139 95

10 135 27 269 77 795 88 113 177 108 108

170 4 T 3 54 4 40

Bemerkung. ad 1. Dazu noch ein Invaliden -Commando zur Aufsicht in den Casernen : 1 Unter offizier, 12 Gemeine ; - ferner ein Commando der Leib- Garde-Krym-Tataren : 1 Offizier, 2 Unteroffiziere, 6 Gemeine, 17 Pferde.

III.

Opoltschenie (Reichswehr).

Die Opoltschenie stellt "Fuß - Druſhinen" à 4 Compagnien und Reitende Shotnien auf, deren Zahl in dem Allerhöchsten Einberufungs-Manifest festgesetzt wird (vergl. Jahresberichte pro 1878 S. 201 , pro 1880 S. 198) . Auch die Kajaken-Woisskos , excl. Astrachan- und Ural-Kajaken-Woissko, können Opoltschenie- Abtheilungen aufstellen. Specielle Ausführungsbestimmungen werden erst im gegebenen Falle erlassen. In der Gesetzsammlung für das Großfürstenthum Finnland ist eine Aller höchst bestätigte Verordnung über die Finnische Opoltschenie erschienen . Die Zahl der Opoltschenie-Bataillone wird durch den Kaiser bestimmt. Sie dienen nur zur Vertheidigung des eigenen Landes.

234

16

81

5

14

1

1 -

80

9

3

1

10 3

5 1

720

60

-

512-864 60 120

Reit

Zug

Wagen

2

3 15

3117

Waffe ohne n oresp Pferde . hne Nicht combattanten

Waffen mit .mit resp Pferden

Spielleute

Beamte

2

3 137 -

I

4) Finniſches Opoltſchenie Bataillon

-

Pferde

1890

13

3) Reitende Ssotnie .

Ratniks (Wehrleute) Combattanten

I

2) Fuß- Drushine

& tat:

| ཙསྒྱུ

1) Verwaltung des Chefs der Opoltschenie im Gouvernement

223

Offiziere

Unteroffiziere

Militärische Jahresberichte für 1883.

Bemerkungen. ad 1, 2 und 3 : Etat laut Befehl vom 19. Juli 1883.

2. Abſchnitt. Höhere Truppenverbände und Territorial- Commandobehörden.

I. Höhere Truppenverbände.

A. Feldtruppen. 1. Der Brigadeverband. Bei der Infanterie bilden je zwei Infanterie - Regimenter , auch die aus den Reserve - Cadre - Bataillonen im Kriege formirten Nr. 165-260 , eine Infanterie-Brigade. Die Brigaden zählen nur innerhalb der Diviſion. Die Schüßen-Bataillone, die Finniſchen und Transkaſpiſchen ausgenommen, sind zu je vier Bataillonen zu einer Schützen-Brigade vereinigt. Es giebt 1 Garde , 5 Armee- (Nr. 1-5) , 1 Kaukasische, 1 Turkestanische und 2 Ostsibirische Schützen-Brigaden . Die Schüßen-Brigaden sind selbständig. Im Kriege tritt zu jeder derselben (ob zu den Ostsibirischen auch , ist zweifelhaft) eine " Schüßen- Abtheilung des fliegenden Artillerie-Parks " (vergl. S. 209) zum Ersatz der Munition. Kriegsstärke : 3552 Bajonnete (Unteroffiziere, Combattanten mit Waffen), 16 6spännige Munitionswagen, } Special-Train. 1 4spänniger Werkzeugwagen, Bei der Cavallerie sind je zwei Regimenter zur 1. und 2. Brigade einer Cavallerie-Division vereinigt. Nur bei der 2. Garde- Cavallerie- Division besteht im Frieden eine 3. Brigade ; Auch die die 2. Brigade umfaßt 2 Regimenter und 1 Kajaken- Escadron . 2. Brigade der 1. Kaukasischen Kasaken-Division setzt sich aus 2 Regimentern und 1 Irregulären Diviſion ( 2 Escadrons) zuſammen .

235

Heerwesen Rußlands.

2) Stab 3) Stab

4) Stab 5) Stab

4 4 4

Beamte

5

3 3 4 4

1

16 20 20 24 6 9

1 1. 1 -

11

6) Stab

11221I33

Frieden Krieg Frieden einer Schüßen - Brigade Krieg Frieden einer Cavallerie - Brigade Krieg Frieden einer Artillerie -Brigade . . Krieg der Garde-Reitenden Artillerie- Brigade . • Frieden Krieg J Frieden einer Sappeur-Brigade . Krieg

1 ) Stab einer Infanterie- Brigade . •

||||

Offiziere

Spielleute

Etat :

Reitpferde

Nichtcombattanten

Bei der Artillerie bestehen die 3 Garde- ( 1. , 2. , Garde- und Grenadier-) , 4 Grenadier- (1. , 2. , 3. , Kaukasische), 41 Armee (Nr. 1-41 ) Artillerie ---Brigaden aus sechs , die aus den Reserve-Artillerie-Brigaden im Kriege auf gestellten Artillerie-Brigaden (Nr. 42-65) aus vier , - die Turkestanische aus fieben, -die Westsibirische aus vier, - die Ostsibirische aus vier Batterien. Die Reitenden Batterien - die sechs Batterien der Garde im Frieden ausgenommen - stehen in keinem Brigadeverbande . Bei den Ingenieur- Truppen besteht im Frieden auch ein Brigade verband , indem aus den Sappeur- , Eisenbahn- , Pontonnier-Bataillonen, Feld Ingenieur- und Militär - Telegraphen - Parks sechs verſchieden zuſammengefeßte Sappeur-Brigaden (Nr. 1-5 und die Kaukasische) gebildet sind. - Im Kriege wird voraussichtlich dieser Verband aufgelöſt.

Bemerkungen. ad 1 und 3. Die Stellen der Adjutanten und Schreiber sind aufgehoben. Zum Ueberbringen von Befehlen wird bei der Infanterie ein Bataillonsadjutant oder Jaloneur offizier, bei der Cavallerie ein jüngerer Offizier verwandt. Die schriftlichen Geschäfte werden durch eine am Orte befindliche Militär- Canzlei mit besorgt. ad 4. Die Stäbe der Garde-, Turkestaniſchen, West- und Oſtſibiriſchen Fuß-Artillerie Brigaden weichen in etwas ab .

2. Der Divisionsverband. Infanterie. Die Infanterie-Diviſion besteht aus einer 1. und 2. Infanterie Brigade zu je zwei Infanterie-Regimentern (bei der Armee-Infanterie der Nummer folge nach) und einer Fuß-Artillerie-Brigade zu sechs bezw . vier Batterien. An Trains und Colonnen treten im Kriege hinzu : ein fliegender Artillerie Park (vergl. S. 209) , aus zwei Infanterie- und drei Artillerie - Abtheilungen bestehend ; ein bewegliches Divisions - Lazareth (vergl. S. 210) aus zwei Ab theilungen zu je 83 Stellen (wenn vorhanden, sonst eine Abtheilung) .

236

Militärische Jahresberichte für 1883.

Was an Wagen an die Division von dem Regiments-Train abgegeben wird , wird sich nach der im Werke befindlichen Reorganisation des Trains richten. Organisatorisch gehören zu einer Infanterie - Diviſion weder ein Diviſions Cavallerie-Regiment noch Ingenieurtruppen , was aber deren Zutheilung für die Dauer des Feldzuges nicht ausschließt. Es sind vorhanden im Frieden : 3 Garde (Nr. 1-3) Infanterie-Divisionen mit je 4 Grenadier (Nr. 1-3 und eine Kaukasische) Infanterie jechs Divisionen Batterien . 41 Armee (Nr. 1-41 ) Infanterie- Diviſionen Es werden neu aufgestellt im Kriege aus den Regimentern Nr. 165-260 , welche aus den Reſerve- Cadre-Bataillonen formirt werden, 24 Armee-Infanterie- Divisionen Nr. 42-65 mit je vier Batterien. Letztere Divisionen mit den oben aufgeführten Trains und Colonnen aus zustatten, liegt in der Absicht. Kriegsstärke einer Infanterie - Division : 16 Infanterie-Bataillone à 888 Bajonnete 14 208 Bajonnete (Unteroffiziere, Combattanten mit Waffen), 6 Batterien à 8 Geschüße = 48 Geschütze = = = = 32 à 8 bezw. 4 (Infanterie-Divisionen Nr. 42-65) . Fliegender Artillerie- Park: 2Jnfanterie-Abtheilungen = 64 6jpänn . Wagen, = = = = 80 3 Artillerie

Bewegliches Diviſions-Lazareth : 56 Wagen, 228 Pferde ; 1 Krankenträger-Compagnie : 1 Offizier, 209 Mann. Cavallerie. Eine normale Cavallerie - Division (die Armee - Cavallerie Divisionen Nr. 1-14) setzt sich zusammen aus einer 1. Brigade zu zwei Dragoner-Regimentern, = = 2. zu einem Dragoner- und einem Kajaken-Regiment, zwei Reitenden Batterien (regulären oder Kasaken=) . An Colonnen und Trains treten hinzu: eine Cavallerie-Park-Abtheilung (vergl. S. 209) zur Ergänzung der Munition. Was bei Märschen und Operationen von dem Regiments - Train an die Divisionen abgegeben wird, läßt sich bei der noch nicht abgeschlossenen Reorgani sation des Trains nicht übersehen. Die Dragoner - Regimenter werden durch die 14 Armee- Cavallerie- Diviſionen durchnumerirt. Die Kajaken - Regimenter gehören bei 11 Cavallerie - Diviſionen dem Don Kajaken-Woissko an ; die Regimentsnummern entſprechen den Divisionsnummern . Zu der 9. Cavallerie-Division gehört das 1. Ural-, zur 10. das 1. Oren burg , zur 13. das 2. Orenburg-Kaſaken-Regiment. Die regulären Reitenden Batterien Nr. 1-14 sind zu je zwei bei der 1. bis 7., die regulären Batterien Nr. 15-19 und die Don-Kasaken- Batterien Nr. 1-5, und zwar je eine reguläre mit einer Kajaken-Batterie zusammen, bei der 8. bis 12. Armee-Cavallerie- Division eingetheilt. - Die regulären Reitenden Batterien Nr. 20 und 22 stehen bei der 13. , Nr. 21 und 23 bei der 14. Cavallerie-Division.

Heerwesen Rußlands.

237

Von dieser normalen Zuſammenſeßung weicht ab die Garde - Cavallerie . Im Frieden umfaßt dieselbe: die 1. Garde-Cavallerie- Diviſion , welche sich aus vier Garde-Cüraſſier Regimentern zusammensetzt, und zwar: die 1. Brigade aus Chevalier-Garde Sr. Majestät, Leib-Garde-Regiment zu Pferde, die 2. Brigade aus Leib-Garde-Cürassieren Sr. Majestät, = = = Ihrer Majestät ; die 2. Garde - Cavallerie - Diviſion , welche sich zusammenſeßt aus drei Brigaden, und zwar: die 1. Brigade aus Leib - Garde-Reitendes Grenadier-Regiment, = = Ulanen-Regiment, die 2. Brigade aus Leib - Garde- Dragoner-Regiment, = = Husaren-Regiment Sr. Majestät , = = Combinirtes Kajaken-Regiment, = = Ural-Kajaken-Escadron, die 3. Brigade aus Leib-Garde-Ulanen-Regiment Sr. Majestät, = = Grodno-Hujaren- Regiment. Im Kriege formirt sich die Garde-Cavallerie zu drei Diviſionen, und zwar : die Garde - Cüraſſier- Diviſion à zwei Brigaden mit je zwei Cüraffier Regimentern ; die Leib- Garde-Ural-Escadron iſt derselben zugetheilt ; die 1. Garde-Cavallerie- Division : 1. Brigade: Leib- Garde-Grenadier-Regiment, = Ulanen-Regiment, 2. Brigade: Leib- Garde-Husaren-Regiment Sr. Majestät, = -፡ Kajaken-Regiment Sr. Majestät ; die 2. Garde-Cavallerie-Diviſion : 1. Brigade: Leib- Garde- Dragoner-Regiment, = Ulanen-Regiment Sr. Majestät, = 2. Brigade : Leib- Garde- Grodno-Huſaren-Regiment, = Atamansches Kaſaken -Regiment. = =

Während im Frieden die fünf regulären und eine Garde - Kajaken -Batterie zur „ Garde - Reitenden Artillerie - Brigade" vereinigt sind , werden sie im Kriege zu je zwei den drei Garde-Cavallerie- Diviſionen zugetheilt. Ferner sind abweichend die drei Kaukasischen Cavallerie-Diviſionen. Es setzen sich zusammen die 1. Kaukasische Kaſaken- Diviſion aus 1. Brigade : Kuban-Reiter-Regiment des Kuban-Kajaken-Woijsko , Gorsko-Mosdokſches Reiter-Regiment des Terek-Kajaken Woissko, 2. Brigade : Jeiskisches Reiter-Regiment des Kuban-Kajaken-Woijsko, = = = = = Choperskisches = 2. Kuban-Kajaken-Reitende Batterie ; die 2. Kaukasische Kasaken-Division aus 1. Brigade: Uman-Reiter-Regiment des Kuban-Kajaken-Woijsko, Kaukasisches Reiter-Regiment des Kuban-Kaſaken-Woissko, 2. Brigade : Poltawa-Reiter-Regiment des Kuban-Kasaken-Woissko, Labinskisches Reiter-Regiment des Kuban-Kajaken-Woissko, 5. Kuban-Kajaken-Reitende Batterie;

238

Militärische Jahresberichte für 1883. die Kaukasische Cavallerie- Division aus 1. Brigade : 43. Dragoner-Regiment, = = 44.

2. Brigade : 45. Dragoner-Regiment, = 46. =

1. und 2. Terek-Kajaken-Batterie. Die 1. Don -Kaſaken- Diviſion besteht aus den Don - Kasaken - Regimentern Nr. 9, 10, 13, 15 und den Don-Kajaken-Batterien Nr. 6 und 7. Es bestehen somit 20 resp. 21 Cavallerie-Diviſionen.

Kriegsstärke einer normalen Cavallerie - Diviſion : 3 Dragoner-Regimenter : 1 Kasaken-Regiment:

2697 Säbel | (Offiziere, Unteroffiziere, = berittene Combattanten) 806

3503 Säbel. 2 Reitende Batterien à 6 Geschüße = 12 Geschütze. Cavallerie-Park-Abtheilung : 26 ( 18 Artillerie-, 8 Infanterie-) 6spännige Munitionswagen , Nichtcombattanten

1 4spänniger Werkzeugwagen. Garde- Cürassier- Diviſion : 2436 Säbel. Kaukasische Cavallerie-Diviſion : 3596 Säbel.

-

Reit

Bug

Wagen

Horniſten

17

||||

2

༠ བ

4 4

1

~ | ~|

• 1 Frieden Krieg

2 1 1

Pferde

79

4 4

11

2) Stab einer Cavallerie- Diviſion . • ·

Frieden Krieg

12

1) Stab einer Infanterie-Diviſion . ...

Beamte

Offiziere

& tat:

1

-

2

Bemerkungen. Die Offiziere des Stabes : 1 Commandeur : Generallieutenant, 1 Chef des Stabes : Oberst oder Oberstlieutenant des Generalstabes, 2 Adjutanten: Oberoffiziere des Generalstabes ; der eine steht der "Front -Abtheilung", der andere der „ Deko nomischen Abtheilung" vor ; lekterer kann auch ein Truppenoffizier ſein. Die Beamten: 1 Divisions -Arzt bezw. 1 Divisions -Intendant, welchem eventuell 1 Sectionschef und 1 Schreiber zugetheilt werden können.

Heerwesen Rußlands .

3.

239

Der Corpsverband.

Je zwei resp. drei Jnfanterie-Divisionen und eine Cavallerie- Diviſion bilden ein Corps . Es bestehen: das Garde-Corps : 1. , 2. , 3. Garde-Infanterie-Diviſion, 1. und 2. (resp . Cüraſſier-, 1. und 2.) Cavallerie-Division ; = Grenadier-Corps : 1., 2. , 3. Grenadier- Division ; = 1. Corps : 22. , 23. , 37. Infanterie-Diviſion, 1. Cavallerie-Diviſion ; = N = = = 2. = 2. 26., 27 , 28. . = = = = 3. 3. 25. , 29. = = = P 4. = 4. 16., 30., 41. = = = 5. = = 5. 7., 8. = 6. = = = 6. 4., 6. , 10. = = 7. = = 7. 13. , 34. = = = 4 8. 8. 14. , 15. = = 9. 1:39 9. 5., 36. = = = 9., 31 . 10. = 10. = = = = 11. 11. 11. , 32. = 1:4 12. = 12. 12., 33. = = = 1., 3., 35. 13 . = 13. = = 14. = = 14. 17., 18. = : 15. = 2. , 40. = 1. Kaukasische Corps : Kaukasische Grenadier-, 38. , 39. Infanterie =

11 41

1#1 11

"1

11

11

་་ ་་ ་་་་་་

67

11

"1

་་ ་་ ་་

=

Division , 1. und 2. Kaukasische Kaſaken Diviſion, zugetheilt: 1. und 2. Kuban-Plaſſtuni-Bataillon, Gurische Fuß-Druſhine ; 2. Kaukaſiſche Corps : 19. , 20. , 21. Jnfanterie-Diviſion, Kaukaſiſche Cavallerie- Division, zugetheilt : Reitende Kuban-Artillerie-Brigade.

Von den Infanterie-Divisionen steht nur die 24. ( in Finnland) nicht im Corpsverband. Trains und Colonnen sind für das Corps nicht speciell vorgesehen ; ebenso wenig die Zutheilung von Ingenieurtruppen. Der fechtende Theil eines Corps zu zwei Infanterie- und einer Cavallerie Division ist im Kriege stark: ――――― 32 Infanterie-Bataillone 28 416Bajonnete (Unteroffz. , Comb. m.W. ), 3 503 Säbel (Offz., Unteroffz., Tromp. , 4 Cavallerie-Regimenter --Comb. m. W.), 12 Fuß-Batterien 2 Reitende Batterien der eines Corps Kriege stark: 48 4 18 2

96Geschütze, = 12

zu drei Infanterie- und einer Cavallerie - Diviſion iſt im

Infanterie-Bataillone = 42 624 Bajonnete , Cavallerie-Regimenter = 3 503 Säbel, Fuß-Batterien 144 Geschütze, = 12 Reitende Batterien

Unterpersonal

Militärische Jahresberichte für 1883.

& tat :

Frieden Krieg

15 27

Pferde

15 52

319

• .

Stab eines Corps

Offiziere Beamte und

240

1 28

75

13 39

T :|: Bemerkungen. Offiziere und Beamten : 1 Commandeur : General oder Generallieutenant. 2 Adjutanten: Oberoffiziere. Corpsstab im engeren Sinne: 1 Chef des Stabes : Generalmajor oder Oberst. 2 Adjutanten: Oberoffiziere, einer vom Generalſtabe. Dom Offiziere zu besonderen Aufträgen : 1 Stabsoffizier 1 (im Kriege 2) Oberoffizier ſ Generalſtabe. 1 Topograph (Offizier oder Beamter), 1 Corpszahlmeister, nur im Kriege 1 Gehülfe desselben, Stab des Chefs der Artillerie : 1 Chef der Artillerie ( Generallieutenant) hat in artilleriſtiſcher Beziehung im Kriege das Commando über die gesammte Artillerie des Corps ; im Frieden leitet er die Ausbildung. 2 Adjutanten: Oberoffiziere. 1 Gehülfe derselben : Artillerie- Beamter. Corpsingenieur : 1 Stabsoffizier. 1 Gehülfe deffelben, Oberoffizier. (Hat das Corps 3 Diviſionen , so 1 Gehülfe mehr.) 1 Corpsarzt als Chef der Medicinal-, pharmaceutischen und Veterinär - Angelegenheiten sowie der bezüglichen Chargen bei den Truppen des Corps . Im Kriege treten hinzu: 1 Corpsintendant mit 1 Beamten für Aufträge, 1 Buchhalter, 1 Gehülfen deſſelben, 1 Sectionschef, 1 Gehülfen desselben. 1 Corpscommandant ( Major oder Oberſtlieutenant) iſt der nächste Gehülfe des Chefs des Stabes in militärpolizeilicher Beziehung ; das Gendarmerie - Commando ſteht unter seinem Befehle. 1 Führer des Trains (Major oder Oberstlieutenant) hat den Train der Corpsverwaltung unter seinem Befehl, ebenso den Train und die Colonnen der Truppen, wenn folche zusammengezogen sind.

4.

Der Armee - Verband.

Die zu operativen Zwecken zusammengezogenen Corps bilden eine Armee. An Truppen werden derselben beigegeben : Ingenieur-Truppen (eine den Verhältnissen entsprechende Anzahl von Sappeur-, Pontonnier- und Eisenbahn Bataillonen, Telegraphen- und Ingenieur-Parks . An Trains und Colonnen : Intendantur-Transporte pro Infanterie-Diviſion etwa einer. Abtheilungen der beweglichen Artillerie - Parks nicht mehr Infanterie-Division. Artillerie Laboratorium -f Werkstätten (vergl. Seite 210) .

als

eine pro

Provisorische Militär-Hoſpitäler (vergl. Seite 210) ; ihre Anzahl wird jo bemessen, daß für je 8 Mann 1 Hospitalstelle disponibel ist, unter Hinzurechnung

Heerwesen Rußlands.

241

der Betten, welche in den im Rayon der Armee befindlichen ständigen Hospitälern für diese bereit gehalten werden. 1 bewegliche Feld-Apotheke. 1 Pferde-Depot.

& tat: Armee-Ober-Commando (ſoweit daſſelbe etatiſirt) : 406 Offiziere und Beamte, 541 Unter perſonal, 482 Offizierdiener 2c., 337 Wagen, 822 Zug-, 412 Reit-Pferde.

Bemerkungen: Dem Ober-Commandirenden sind zugewieſen resp. unterstellt : 6 Adjutanten, 3 Stabs-, 3 Oberoffiziere. 6 Offiziere zu besonderen Aufträgen: je 2 Generale, Stabs- und Oberoffiziere. Der Feldataman als Inspecteur der Kasaken und irregulären Truppen, welche nicht den Cavallerie- Divisionen zugetheilt sind, mit 2 Offizieren. 1 Gehülfe des Militär-Oberprocurators für die kriegsgerichtliche Correspondenz. 1 Beamter des Ministeriums des Aeußern für diplomatische Angelegenheiten. 1 Dirigent der Civil- Angelegenheiten mit Gehülfen, Beamten für Aufträge und einer Canzlei. Die Haupt-Feld-Rentei mit 1 Haupt-Feld-Zahlmeister, Kassirer, Buchhaltern und sonstigen Beamten. Die Feld-Controle zur Aufsicht über die Führung der Kaſſen-Angelegenheiten mit 1 Feld-General-Controleur und mehreren Beamten. Der Haupt-Landſchafts- Commiſſar, als Delegirter einer etwa verbündeten Regierung. Die Feld- Verwaltung der Armee sett sich zusammen : 1) aus dem Feldstabe mit 1 Chef des Stabes (Generallieutenant) und 59 Offizieren und Beamten. - Unter dem Chef steht die Commandantur- Verwaltung mit 1 General major als Chef, 5 Offizieren und Beamten ; außerdem eine gewiſſe Anzahl von Offizieren zu Aufträgen. Das Dienst- und Gendarmerie- Commando mit 2 Offizieren, 114 Mann resp. 10 Offizieren, 165 Mann , 163 Reitpferden. Die Verwaltung des Inspectors der Hospitäler mit 4 Offizieren und Beamten. Die Feld-Militär-Medicinalverwaltung mit 115 Beamten incl. einer Reserve von Aerzten. Die Feldpost-Verwaltung mit 10 Beamten. Die Verwaltung des Feld-Hauptgeistlichen mit 3 Beamten; 2) aus der Feld Intendantur Verwaltung, 1 Intendant (Beamter oder General), 1 Stabsoffizier des Generalstabes und 48 Beamte; 3) aus der Feld-Artillerie-Verwaltung, 17 Offiziere und Beamte; 4) aus der Feld-Ingenieur- Verwaltung, 17 Offiziere und Beamte; 5) aus der Feld Verwaltung der Militär- Communicationen mit einem Etappen-, Communications , Post- und Telegraphen- Departement und einer Canzlei, 94 Offiziere und Beamte. B. Reserve-Truppen. Den Local-Brigade- Commandeuren (f. dort) sind unterstellt im Frieden die Infanterie- Reserve - Cadre - Bataillone , im Kriege die 96 Reserve = Bataillone, sofern sie nicht eine specielle Verwendung erhalten. Die im Frieden bestehenden Reserve-Batterien sind zu je 6 in 6 Reserve Fuß-Artillerie - Brigaden, Nr. 1-6, formirt.

& tat: Stab einer Reſerve- Artillerie- Brigade: 3 Offiziere, 3 Beamte, 1 Trompeter, 15 Nicht combattanten, 1 Pferd.

C. Erfah-Truppen. Die im Kriege formirten Garde - Infanterie- und Garde - Schüßen - Ersatz Bataillone treten unter einen Chef der Garde - Ersatz - Bataillone, die Grenadier- und Armee - Schützen - Ersatz - Bataillone unter einen Chef der 16 Militärische Jahresberichte 1883.

242

Militärische Jahresberichte für 1883.

Grenadier- und Armee - Schützen - Ersatz - Bataillone. Diese Chefs sind Generallieutenants mit den Rechten eines Diviſionscommandeurs und unterſtehen dem Obercommandirenden des Petersburger resp . Moskauer Militärbezirks . Die Armee - Infanterie - Erſatz - Bataillone treten unter die Local-Brigade commandeure. In Betreff der 9 Brigaden des Cavallerie - Ersatzes vergl. I. Ab schnitt, C. 2. Die im Kriege formirten 48 Ersatz - Batterien werden zu je 8 in 6 Artillerie - Ersatz - Brigaden , Nr. 1-6, vereinigt. Die 5 Ersatz-Sappeur - Bataillone , im Kriege formirt, treten in keinen Verband. .Etat: 1) Verwaltung des Chefs der Garde-Ersaß- resp. der Grenadier- und Armee- Schüßen Ersatz- Bataillone: 3 Offiziere, 1 Arzt, 8 Schreiber. 2) Stab einer Brigade des Cavallerie-Ersaßes : 2 Offiziere, 3 Unterperſonal. 3) Stab einer Erſaß-Artillerie-Brigade : 3 Offiziere, 3 Beamte, 1 Trompeter, 10 Nicht combattanten, 1 Pferd.

D. Local-Truppen. Die Festungs -Artillerie-Bataillone resp . Compagnien und Commandos unter stehen der Festungs - Artillerie-Verwaltung der Festung, in welcher sie garnisoniren. Diese Verwaltungen haben einen ganz verschiedenen Etat. Die 4 Minen- (Torpedo-) Compagnien sind zu je 2 zu einer Baltiſchen (Petersburg) und einer am Schwarzen Meere fungirenden (Ödeſſa) Minen-Ab theilung (4 Offiziere, 1 Beamter, 5 Nichtcombattanten) vereinigt. Die für den Dienst im Innern des Europäischen Rußlands bestimmten Truppen sind den Local-Brigadecommandeuren unterstellt (siehe dort). E.

poftfchenie (Reichswehr) .

Die im Kriege aufgestellten Druſhinen reſp . Sſotnien der Opoltſchenie treten gouvernementsweise unter einen Chef der Opoltschenie. Der Stab ist stark 2 Offiziere, 2 Schreiber, 2 Ratniks, 1 Wagen, 3 Pferde.

II. 1.

Territorial-Commando-Behörden. Militärbezirks - Eintheilung.

Das Russische Reich ist in die 13 Militärbezirke Petersburg , Finnland, Wilna, Warschau , Kiew, Odessa, Charkow, Moskau, Kasan, Kaukasus, Omsk, Das Don-Land hat eine selbständige Oftsibirien und Turkestan eingetheilt. großen Militärbezirke umfaßt eine An verschieden sehr der Verwaltung. Jeder zahl voller Gouvernements resp . Oblafſts (Gebiete). An der Spitze jedes Militärbezirks steht der „ Commandirende resp . Ober commandirende der Truppen des Militärbezirks " , welchem alle dort dislocirten Truppen, Militär-Behörden und Militär-Anstalten unterstellt sind. Als Organe des Commandirenden fungiren : der Militär-Bezirksrath, der Bezirksstab , die Bezirks -Intendantur-Verwaltung , die Bezirks -Artillerie-Verwal tung, die Bezirks - Ingenieur-Verwaltung, die Bezirks -Militär-Medicinal-Verwaltung, das Militär-Bezirksgericht (vergl. 8. Abſchnitt), die Procurator-Verwaltung (vergl. 8. Abschnitt).

Heerwesen Rußlands.

243

In Betreff der Functionen der genannten Verwaltungen wird auf die Jahres berichte pro 1874, Seite 378 und 379, verwiesen. Der Etat ist je nach der Größe der Militärbezirke ein sehr verschiedenartiger. Als eigenartige Behörde ist noch das Ober - Commando der Finnischen Truppen mit einem Etat von 1 Generallieutenant oder Generalmajor, 1 Stabs arzt, 2 Adjutanten, 1 Oberarzt, 5 Schreibern und 1 Wachtmeister aufzuführen.

2. Lecal-Brigaderayons. Die 9 Militärbezirke des Europäiſchen Rußlands find in 22_Local -Bri gaderayons eingetheilt. Sie umfassen volle Gouvernements , sind aber von verschiedener Größe. Es umfaßt : Der Militärbezirk Petersburg = = Finnland



Wilna



:=

3 =

= =



=

=

Warschau Kiew Odessa Charkow

Moskau

=

Rasan

den Brigaderayon 1 mit Stabsort Petersburg. ፡ : : 2 ፡ Nowgorod. = = : 3 +N Helsingfors. = = = 4 ፡ Riga. 5 = Wilna. = $ Minsk. ፡ ፡ Warschau. = = 8 = Lublin. ፡ ፡ 9 = Kiew. = ፡ 10 ፡ Odessa. ፡ ፡ 11 = Jekaterinoslaw. : = 12 == Poltawa. : = 13 Kurst. ፡ ፡ 14 ፡ Drel. = : 15 = Moskau. = = 16 : Tula. = ፡ : 17 = Wladimir. = ፡ : 18 Jaroslaw. = : 19 : Kasan. = ፡ 20 ፡ Ssaratom. = : 21 : Perm . = 22 : = Orenburg.

An der Spitze jedes dieser Brigaderayons steht der Commandeur der Local -Brigade , ein Generalmajor oder Generallieutenant mit den Rechten eines detachirten Divisionscommandeurs, welcher direct dem Commandirenden der Truppen des bezüglichen Militärbezirks unterſtellt ist. Die in ein und demselben Local-Brigaderayon dislocirten Reſerve-, Ersatz und Local-Truppen bilden unter dem Local-Brigadecommandeur eine Local Brigade. Es stehen ferner noch unter dem Local-Brigadecommandeur : die Begleit Commandos ; die Kajaken-Truppen, sofern sie zum eigentlichen Localdienst bestimmt find ; die Disciplinar-Abtheilungen und die Militärgefängnisse ; die bei den Reserve-, Ersatz- und Local- Truppen befindlichen Localdepots ; die Kreistruppen-Chefs mit ihren Verwaltungen und im Kriege die aus den Reserve - Cadre = Bataillonen formirten Infanterie-Regimenter und selbständigen Bataillone, sofern erstere noch nicht zu Diviſionen vereinigt , und letztere noch nicht zur activen Armee abge gangen sind oder noch keine besonderen Commandeure erhalten haben. Die Verwaltung des Local-Brigadecommandeurs umfaßt 2 Offiziere (Adju tanten) und 12 Schreiber. Zu der Inspicirung kann der Local - Brigadecommandeur sich noch einen Offizier aus der Local-Brigade commandiren. 16*

244

Militärische Jahresberichte für 1883. 3. Die Kreis - Truppenchefs - Verwaltungen.

Die Kreis-Truppenchefs sind in ihren Garnisonen die Localcommandanten, ausgenommen in den Festungen und den Orten , wo specielle Commandanten eingesetzt sind. Der in der Gouvernementsstadt garnisonirende Kreis -Truppen chef ist Mitglied der „ Gouvernements- Commission in Sachen der Wehrpflicht ". Die Listenführung über die im Kreise vorhandenen Reſerviſten und der Wehr leute (Ratniks) der Reichswehr erster Kategorie, sowie über die Reserve- Offiziere liegt ihm ob. Nach den Directiven des Hauptstabes hält er die Vorarbeiten für eine Mobilmachung , speciell die Vertheilung der Reservisten auf die Truppen in steter Bereitschaft. Die Einberufung und Absendung der Reservisten zu den Truppen, die Sorge für die Ausführung des Pferdegestellungs - Gesetzes innerhalb des Kreises im Falle einer Mobilmachung liegt ihm speciell ob. Er sorgt im Kriege für einen geregelten Verkehr der Kranken- und Verwundeten-Transporte.

4.

Die Territorial - Commandobehörden der Kasaken - Truppen.

Die Centralbehörde für die Kajaken sowohl in militärischer wie in civiler Beziehung ist „die Hauptverwaltung der Kajaken“ im Kriegsministerium. Ataman der Kasaken - Truppen ist Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürſt-Thronfolger. — Ein stellvertretender (nakasnyi) Ataman und dessen Regierung (praw kenije) steht an der Spike eines jeden Woijskos ; die Civil- und Militärverwal tung ist in seiner Person vereinigt. Für erstere steht dem Nakasnyi-Ataman eine Woijsko -Verwaltung, für lettere ein Woissko - Stab zur Seite. In territorialer Beziehung sind die Kajakenländer in Districte oder Bezirke mit speciellen Ver waltungen und dieſe in Stanizen eingetheilt. 5.

Reserve- Bataillonsbezirke in Finnland.

Finnland ist in 8 Reserve-Bataillonsbezirke à 4 Compagniebezirke eingetheilt. Ein Stabsoffizier steht an der Spitze des Bataillonsbezirks. Die in den betreffenden Bezirken vorhandenen Reserven werden während 3 Jahre zu 30tägigen jährlichen Uebungen eingezogen . Jeder Compagniebezirk hat zu dem Ende ein Cadre von 1 Offizier, 6 Unteroffizieren, 1 Nichtcombattanten, das zur Zeit der Uebungen durch 1 Offizier, 4 Unteroffiziere, 4 Gefreite und 2 Signalbläser, von den Truppen abcommandirt, verstärkt wird.

3. Abschnitt. Das Kriegsministerium.

Das Kriegsministerim gliedert sich in 1 ) das Kaiserliche Hauptquartier mit 18 Offizieren und Beamten, 2) den Kriegsrath ( 18 etatsmäßige Mitglieder), demselben attachirt : Haupt-Militär-Codifications-Comité ( 9 Offiziere und Beamte), Haupt- Comité für Organisation und Ausbildung der Truppen (24 Mitglieder), Haupt -Militär-Hospital - Comité (4 Offiziere und Beamte) , ――――― 3) das Haupt — Militärgericht, 4) die Canzlei des Kriegsministeriums (59 Offiziere und Beamte) , 5) den Hauptstab (211 Offiziere und Beamte) : I. Abtheilung :

Heerwesen Rußlands .

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Etats, II. Dislocation , III. Unterkunft und Verpflegung , IV. Personalien, V. Kriegsleistungen , VI. Belohnungen, VII. Ersatz- und Kriegsstärke der Armee, Comité für Vorbereitung der Mobilmachung , Kriegswissenschaftliches Archiv , Allgemeines Archiv, Verwaltung der Asiatischen Angelegenheiten, Gerichts Section, Militär-Topographische Abtheilung, Geodätische Abtheilung, Kartographische Anstalt , Canzlei des Kriegswissenschaftlichen Comités, Militär-Druckerei ; unter dem Chef des Hauptstabes : der Generalstab , das Topographencorps ; - 6) die Haupt-Intendantur-Verwaltung ( 148 Offiziere und Beamte), ― 7) Haupt Artillerie-Verwaltung ( 92 Offiziere und Beamte) , ― 8) Haupt-Ingenieur-Ver waltung (77 Offiziere und Beamte), 9) Haupt-Militär-Medicinal-Verwaltung (52 Offiziere und Beamte), 10) Hauptverwaltung der Militär-Lehr-Anstalten (51 Offiziere und Beamte) , - 11) Hauptverwaltung der Kasaken (28 Offiziere und Beamte), 12) die Haupt-Militär- Gerichts-Verwaltung (28 Offiziere und Beamte). Dem Kriegsministerium sind noch attachirt : die Canzlei des Alexander Comités für die Verwundeten, Verwaltung des Generalinspecteurs der Cavallerie und des Inspecteurs des Schießdienstes bei den Truppen. - Vergl. Jahres berichte pro 1874 Seite 373 und folgende.

4. Abschnitt. Die Militär-Lehr - Anstalten.

1) Die Militär - Vorbereitungs - Anstalten : 21 Cadetten - Corps , nämlich 4 in Petersburg, 5 in Moskau, je 1 in Orel, Woronesh, Nishni-Nowgorod, Plozk , Pikow , Poltawa , Kiew , Ssimbirsk, Orenburg , Omsk , Tiflis , und das Donische zu Nowotscherkask. Die vorbereitenden Klassen (3) des Kaiserlichen Pagen - Corps. 7 Militär-Progymnasien zu Petersburg, Jelisawetgrad, Jaroslaw, Wolsk, Orenburg, Irkutsk, Wladikawkas. Das Lehrer - Seminar des Militär - Ressorts zu Moskau. Die Schulen der Soldatenkinder bei den Garde-Infanterie-Regimentern, Cavallerie- und Artillerie-Brigaden. 2) Mittlere Lehr- Anstalten : 3 Infanterie - Kriegsschulen , 2 in Petersburg, 1 in Moskau, die Michael- Artillerie - Schule in Petersburg, die Nikolaus - Ingenieur - Schule in Petersburg, das Kaiserliche Pagen - Corps in Petersburg, das Finnländische Cadetten - Corps , die Militär-Topographische Schule, 11 Infanterie - Junker - Schulen , je eine in Kasan, Tschugujew , Odeſſa, Kiew, Moskau, Warschau, Wilna, Riga, Tiflis , Petersburg, Irkutsk, 2 Cavallerie - Junker - Schulen in Jelisawetgrad und Twer, 3 Kasaken-Junker - Schulen in Orenburg, Nowotscherkask und Stawropol, die vorbereitenden Conductor - Klassen bei der Haupt-Ingenieur Verwaltung. 3) Die höheren Militär - Lehr- Anstalten : die Nikolaus - General stabs -Akademie,

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die Nikolaus - Ingenieur - Akademie , die Militär- Juristische Akademie , die Militär- Medicinische Akademie. 4) Special- Unteroffizier - Schulen des Artillerie-Refforts , die pyro technische, die technische und 2 Büchsenmacher - Schulen in Sshew und Tula; 10 Militär- Feldscheer - Schulen , je eine in Petersburg, Kiew, Moskau, Orenburg, Tiflis , Nowotscherkask, Irkutsk, Jekaterinodar, Omsk, Tschita. In Betreff der Bestimmung der Aufnahmebedingungen 2c. der vorgenannten Militär-Lehr-Anstalten vergl. Jahresberichte pro 1881 Seite 249 und folgende, und pro 1882 Seite 304.

5. Abschnitt.

Die

Completirung.

Die Completirung der regulären Truppen beruht auf dem Gesetze vom 1. Januar 1874 ; vergl. Jahresberichte pro 1874 Seite 284, sowie Ergänzungen dazu pro 1881 Seite 256, pro 1882 Seite 305. In Betreff der Completirung der Kasaken-Truppen wird auf den Jahres bericht pro 1874 Seite 402 verwiesen. Die für das Don-Kajaken-Woissko erlassenen bezüglichen Bestimmungen gelten jezt für alle Kajaken-Woijskos mit Ausnahme des Ural-Kajaken-Woijsko. Pro 1884 war die Rekrutenquote auf 218 000 Mann feſtgeſetzt. Ausführung der Aushebung im Jahre 1882 . Die Zahl der im Einberufungsalter stehenden Personen , welche zu losen hatten, betrug 798 137 ; darunter befanden sich 397 739 ohne Anrecht auf eine Vergünstigung. In den Dienst im stehenden Heere wurden der Repartirung gemäß 206 844 Mann aufgenommen ; zur Reserve kamen 1557 Mann und 352 stellten Quittungen vor. Im Ganzen wurden 208 753 Mann angenommen, wobei sich ein Manco von 3247 Mann herausstellte. Unter den Conscribirten befanden sich 68 717 oder 30 Procent Verheiratheter. 54 517 wurden bei der Besichtigung untauglich befunden ; 89 209 wurden krankheitshalber zurückgestellt ; 28 443 Mann hatten sich nicht gestellt, darunter 13 651 Juden.

6. Abschnitt. Bekleidung, Ausrüstung, Bewaffnung.

Es wird auf die Jahresberichte pro 1882 Seite 305 und folgende verwiesen. Folgendes ist noch zu ergänzen : Nach den Festsetzungen für die Bekleidung der Opoltschenie sind der Rock, die Hosen, der Mantel, die Mütze von beliebigem Schnitt. Die Farbe und das Material werden von den Landschaftsverwaltungen resp . von den Gouvernements bestimmt. Jedoch muß für jede Drushine und Sjotnie die Bekleidung einen gleichen Schnitt und gleiche Farbe (dunkelgrün , schwarz , zimmetfarben , grau , dunkelblau) haben.

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Die Abzeichen bestehen in rothen Achselklappen auf Rock und Mantel , auf welchen der Anfangsbuchstabe des Gouvernements der bezüglichen Drushine und Shotnie und die Nummer der letzteren angebracht werden. An dem Kopf der Müßen tragen Chriſten ein Kreuz, Nichtchristen eine Platte aus gelbem Metall. In Betreff der Bewaffnung ist zu erwähnen , daß im Felde auch die gesammte Garde-Cavallerie die Lanze verloren hat und mit Säbeln und Gewehren bewaffnet ist. Die Garde-Cüraſſiere und die Garde-Ulanen führen die Lanze (im erſten Gliede) nur noch in der Garniſon und bei Paraden. Bei den Garde- und Armee-Kajaken hat das 2. Glied keine Lanzen mehr ; nur das 1. Glied hat sie behalten. Die gesammte Cavallerie hat jezt die Infanteriepatrone angenommen, und ein Visir bis zu 1500 Schritt. Bei den Cavallerie-Regimentern ist als Ausrüstung pro Escadron der Herschelmannsche Telegraphenapparat eingeführt.

7. Abschnitt. Geldverpflegung, Naturalverpflegung, Unterbringung.

In der Geldverpflegung der Truppen sind wesentliche Aenderungen nicht vorgekommen. Es wird somit auf die Jahresberichte pro 1874 Seite 411 , 1881 Seite 261 und 1882 Seite 315 verwiesen. Die an letter Stelle erwähnten Summen zur Aufbesserung des gemeinsamen Lebens der Offiziere find auch in dem verflossenen Jahre fast in gleicher Höhe zur Auszahlung gekommen. Nachdem das Ruſſiſche Miniſterium mit der Geſellſchaft „ National-Verpflegung “ den Contract zur Lieferung von Conserven aufgelöst hat, sind in dem vergangenen Jahre von Neuem umfassende Versuche mit Conserven angestellt. Alle durch die Presse mitgetheilten Berichte stimmen darin überein, daß trotz des besonders an ſtrengenden Dienstes jener Truppen-Abtheilungen , die während 27 Tagen aus schließlich auf Conserven angewiesen waren, sich solche bewährt haben. Durch ein vor der Versuchszeit und nach derselben vorgenommenes Wiegen der bezüglichen Mannschaften ergab sich öfter eine Zunahme als eine Abnahme des Gewichts . Besonders günstig erwies sich die Schnelligkeit der Zubereitung der Speisen ; 15 Minuten genügten dazu vollständig. Dem Bau von Casernen wird Seitens der Russischen Militär-Verwaltung eine ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Der zu diesem Zwecke disponibele Fonds beträgt 36 181 284 Rubel (vergl. Jahresberichte pro 1882 Seite 315). Im Mai 1883 hat der Kriegsminister eine Verordnung über den versuchsweisen Bau von Casernen durch die Truppen selbst erlassen. Danach ernennt der Commandirende der Truppen im Militärbezirk Commissionen , welche für den möglichst schnellen , zweckentsprechenden und billigen Bau von Truppen- Casernen zu sorgen haben. Jede dieser Commissionen besteht aus einem Vorsitzenden, einem der Brigadecommandeure und folgenden Mitgliedern : dem Regiments commandeur und dem Stabsoffizier , welcher die Wirthschaft verwaltet, — einer ――― Persönlichkeit , speciell durch den Commandirenden erwählt, dem Vorsitzenden der bezüglichen Kreis- oder Gouvernements - Aushebungs - Commiſſion und einem Techniker. Ein Offizier des Regiments ist Geschäftsführer. Die von dieser Commission entworfenen Pläne gehen durch den Commandirenden an die beim

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Kriegsrathe bestehende Casernen-Bau- Commission ". Wird das Bauproject von dieser bestätigt , so veranlaßt die Truppen-Commiſſion das Weitere , und unter ihrer speciellen Aufsicht und Leitung wird der Bau ausgeführt. Auch Soldaten können bei dem Bau beschäftigt werden, sofern der Dienst darunter nicht leidet. Nach dem Russischen Militärkalender pro 1884 waren 1882 von den Truppen im Petersburger Militärbezirk 95,6 Procent casernirt resp. in casernenartig eingerichteten. Häusern untergebracht = Finnischen ፡ 3 99,2 : +4 Wilnaer ፡ = 87,7 = = Warschauer ፡ 93,4 9 = = - Kiewer 68,9 ፡ = Odeſſaer = 77,9 = == Charkower 70,1 = = Moskauer 96 = 88 - Kasaner = # 82,2 - Kaukaſiſchen = = Westsibirischen = = 93,2 : Ostsibirischen = = 96,5 N : 99,5 - Turkestanischen Die übrigen Truppen waren einquartiert.

8. Abschnitt. Das Militär-Gerichtswesen und Disciplinarverfahren.

Durch den Befehl vom 28. März ist die Militär - Gerichtsordnung reorganisirt. Die Hauptgrundzüge sind folgende : Es functioniren: 1 ) Die Regiments - Gerichte. Sie bestehen bei jedem Regiment (bei der Artillerie-Brigade) und anderen Abtheilungen , deren Commandeure die Be fugnisse eines Regimentscommandeurs haben. Sie sehen sich zusammen aus dem Vorsitzenden , einem Bataillonscommandeur oder jüngeren Stabsoffizier, einem der ältesten Batterieoffiziere — und zwei Mitgliedern , den Compagnie und Escadronscommandeuren, den Batterieoffizieren, welche mindestens vier Jahre Frontdienst thun. Der Vorsitzende und die Mitglieder werden durch den Befehlshaber des be züglichen Truppentheils ernannt, und zwar ersterer für die Dauer eines Jahres, lettere für die Dauer von sechs Monaten mit der Maßgabe, daß alle drei Monate eines der Mitglieder wechselt. Der Diviſionscommandeur hat das Beſtätigungs recht. Der Vorsitzende und die Mitglieder thun Dienst bei ihren Truppentheilen. Der Geschäftsführer , vom Regimentscommandeur ernannt, kann ebenfalls zum Frontdienst herangezogen werden. Die Truppentheile , bei welchen kein Regiments -Gericht besteht , geben ihre Untersuchungssachen nach Anordnung des Commandirenden der Truppen im Militärbezirk an die nächsten Regiments- Gerichte ab. 2) Das Militärbezirks - Gericht , in jedem Militärbezirk eingesetzt , sett sich aus ständigen Mitgliedern , zu welchen der Vorsitzende und eine durch den Etat festgesetzte Anzahl von Militärrichtern gehört, und wechselnden Mitgliedern zusammen. Lettere, auf Vorschlag der Corpscommandeure durch den Comman



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direnden aus den dazu qualificirten Offizieren ernannt , sind zwei Stabsoffiziere (Bataillonscommandeure oder jüngere Stabsoffiziere, welche mindestens zwei Jahre eine Compagnie commandirt haben) , und zwei Oberoffiziere (Compagnie- und Escadronscommandeure, welche mindestens vier Jahre Frontdienst thun und eine Truppen-Abtheilung mindestens zwei Jahre commandirt haben). Ihre Amts thätigkeit dauert vier Monate mit der Maßgabe, daß alle zwei Monate ein Stabs und ein Oberoffizier wechselt. Die wechselnden Mitglieder gelten als abcomman dirt. Ein abgelöstes Mitglied kann erst nach zwei Jahren wieder von Neuem zu der bezüglichen Function ernannt werden. Bei einer Untersuchung gegen einen Offizier vom Stabsoffizier aufwärts tritt zeitweise eine andere Zusammensetzung der wechselnden Mitglieder ein. 3) Temporäre Militär- Gerichte können von dem Commandirenden der Truppen in den Militärbezirken für die Garnisonen angeordnet werden, welche von dem Site des Militärbezirks - Gerichts weit entfernt sind. Mindestens drei Mal im Jahre müssen an jedem der betreffenden Orte Sitzungen stattfinden. Außerdem kann der Commandirende noch außerordentliche Sitzungen anordnen, um in besonders wichtigen Fällen Vergehen gegen die Disciplin schnell zu ahnden. Diese Gerichte bestehen aus einem ständigen Mitgliede als Vorsitzenden , welches durch den Vorsitzenden des Militärbezirks - Gerichts aus den ständigen Mit gliedern desselben gewählt wird , und aus vier wechselnden Mitgliedern in Analogie der Militärbezirks - Gerichte. 4) Das Haupt - Militär - Gericht fungirt als Caſſationshof , und setzt sich aus einem Vorsitzenden , fünf ständigen und wechselnden Mitgliedern (zwei Generale) zusammen. Letztere werden durch Allerhöchste Cabinetsordre auf sechs Monate ernannt derart, daß alle drei Monate ein Mitglied wechselt. Erst nach drei Jahren ist eine Wiederberufung zulässig. In besonders wichtigen Fällen kann durch den Commandirenden der Truppen im Militärbezirk eine besondere Gerichtssitung anberaumt werden, um be zügliche Proteste des Procurators oder Beschwerden des Verurtheilten gegen die Entscheidungen des Militärbezirks- Gerichts oder des Provisorischen Militär- Gerichts zu untersuchen. Hierzu werden die beiden ältesten ständigen Mitglieder des Militärbezirks - Gerichts und zwei Generale oder Stabsoffiziere , Die Entscheidung hat welche selbständige Truppentheile befehligen , bestimmt. gleiche Gültigkeit mit einer solchen des Haupt-Militär- Gerichts . Jeder Militärbezirk erhält durch den Etat eine gewisse Anzahl Untersuchungs richter zugewiesen, welche auf die Garnisonen vertheilt werden . Die Staatsanwaltschaft liegt in den Händen des Ober - Militärprocurators bei dem Haupt-Militär- Gericht und ſeines Gehülfen , der Militärprocuratoren bei jedem Militärbezirks- Gericht und deren Gehülfen. Zu Vorsitzenden der Militärbezirks-Gerichte , Militärrichtern , Militär-Unter suchungsrichtern , Militärprocuratoren und deren Gehülfen dürfen nur Militär Sie erlangen perſonen ernannt werden , welche militärjuristisch gebildet sind. diese Bildung durch den Besuch der Militärjuristen-Akademie. Candidaten für die Stellen des Militär- Gerichts -Reſſorts können sein 1 ) Offiziere der Infanterie oder Cavallerie , welche vor oder nach Beendigung eines Cursus auf der Militärjuristen-Akademie eine Compagnie oder Escadron mindestens zwei Jahre commandirt haben ; 2) Offiziere der Feld -Artillerie, welche vor Besuch des Cursus auf der Militärjuristen-Akademie ältere Batterieoffiziere waren, oder nach Besuch jenes Cursus mindestens drei Jahre in der Feld - Artillerie Frontdienst thaten.

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Alle genannten Offiziere müffen auf ein Jahr zu einem Militärbezirks Gericht commandirt werden und zwar unmittelbar nach Absolvirung des Cursus auf der Militärjuristen- Akademie. Candidaten können, wenn es an Untersuchungsrichtern fehlt, vom Vorsitzenden des Gerichts als Untersuchungsrichter zeitweilig bestimmt werden. Auch die Ver theidigung kann ihnen in bestimmten Fällen übertragen werden. Die Gerichtssitzungen sind öffentliche , die Verhandlungen mündliche . Die Fälle, in welchen die Oeffentlichkeit auszuschließen ist, werden besonders beſtimmt. Zur Sitzung eines Regiments - Gerichts gehören der Vorsitzende und zwei Mitglieder; außerdem der Geschäftsführer ; eines Militärbezirks - Gerichts ein ständiges und vier wechselnde Mitglieder des Gerichts, sowie ein Secretär ; des Haupt-Militär - Gerichts der Vorsitzende, zwei ständige und zwei wechselnde Mitglieder. Den Sitzungen der verschiedenen Militär- Gerichte wohnen die betreffenden Procuratoren oder ihre Gehülfen bei , den Berathungen behufs Urtheilsfällung jedoch nicht. Die Competenz der Gerichte. Vor die Regiments - Gerichte gehören 1 ) Vergehen der Unteroffiziere und Gemeinen, welche nicht disciplinariſch geahndet werden können (Marimum der Disciplinar Strafgewalt 30 Tage einfacher, 20 Tage strenger, oder 8 Tage verschärfter Arreſt; Degradation vom Unteroffizier zum Gemeinen; für die zur Kategorie der Bestraften gehörigen Mannſchaften 50 Knutenhiebe) ; speciell die Vergehen von Leuten mit besonderen Vorrechten, wenn dieselben nicht den Verlust oder die Beschränkung dieser Rechte nach sich ziehen; die Vergehen von Leuten ohne besondere Vorrechte, sofern dieselben nicht die Ueberweisung an ein Disciplinar-Bataillon oder noch härtere Strafe zur Folge haben ; 2) Vergehen der Unteroffiziere oder Gemeinen, welche mit Geldstrafen oder Schadenersatz bis zu 150 Rubel bedroht sind ; 3) Vergehen der zur Kategorie der Bestraften gehörenden Mannschaften, welche nicht mehr als 200 Knutenhiebe nach sich ziehen. Den Militärbezirks - Gerichten und den Temporären Gerichten competiren alle gerichtlich abzuurtheilenden Verbrechen und Vergehen der Offiziere und Beamten sowie diejenigen der Unteroffiziere und Gemeinen, deren Bestrafung die Competenz der Regiments - Gerichte übersteigt ; außerdem alle Vergehen gegen die Disciplin und den Dienst, bei welchen Civilpersonen betheiligt sind . Das Haupt- Militär - Gericht fungirt als Caſſationshof. Es kann auf eine Appellation hin den Spruch eines Regiments- oder Militärbezirks-Gerichts bestätigen , abändern oder aufheben. ― Außerdem entscheidet dieses Gericht auch Fragen der Gesetzgebung.

9. Abschnitt. Beförderung zu Unteroffizieren, Capitulation, Avancement der Offiziere.

Abändernde Verordnungen sind nicht erlassen.

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10. Abschnitt. Ausbildung der Mannschaften und Offiziere.

In den Jahresberichten pro 1881 Seite 265 und folgende ist der „ Plan einer Zeiteintheilung der Uebungen bei den Truppen" skizzirt worden. In dem Jahre 1882 wie auch in dem verfloffenen Jahre haben die Uebungen der Truppen nach jener Zeiteintheilung stattgefunden. In dem Nachstehenden soll nur das hervorgehoben werden, worauf man bei der Ausbildung in diesem Jahre besonderen Werth gelegt hat. 1. Infanterie. An erster Stelle ist die Schießausbildung der Infanterie zu erwähnen . Aus dem Bericht pro 1882 des Inspecteurs des Schießwesens bei den Truppen, Generals v. Notbek, der gleichzeitig auch Commandeur der Schießschule ist, geht hervor, daß im Jahre 1882 wesentlich besser geschossen ist, als im vorhergehenden Jahre. Statt 64,7 Procent erreichten von den im Schießen geprüften Compagnien, Escadrons , Sjotnien oder Localcommandos 82,2 Procent gute resp . vorzügliche Resultate. Die Truppen-Abtheilungen, bei welchen ein solcher Fortgang nicht con ſtatirt werden konnte , wurden auf eine sorgfältigere Abhaltung der Vorübungen im Winter, wie Anschlag und Zielübungen, Schießen mit Zimmergewehren, hin gewiesen. Das Schießen der Offiziere erreichte im Allgemeinen nicht bessere Reſultate als das der Mannschaften. Bei dem Salvenfeuer mit dem Standviſir wurden bisher die der Entfernung entsprechenden Zielpunkte commandirt. Gegen freistehende Infanterie und Cavallerie unterbleibt das fernerhin ; ein für alle Mal wird auf die Kniee resp. Pferdebruft gehalten. Besonderer Werth wird auf eine rasche Abgabe des Schusses gelegt. Besondere bezügliche Uebungen auf dem Scheibenstande beim Einzeln wie Salven feuer sind eingeführt. Auf der Schießschule wurden Versuche mit einer Visireinrichtung gemacht, die bei gewöhnlichem Anschlage das Schießen von 1600 bis 2200 Schritt ermöglicht. Man bezweckt damit das Beschießen von Verschanzungen oder von im Terrain verdeckt stehenden feindlichen Reserven. Die Versorgung der Schüßenkette mit Patronen durch einzelne Leute des Soutiens wurde besonders geübt. Auf ein bestimmtes Signal werden Leute von den Soutiens vorgeschickt ; sie vertheilen sich hinter der Schüßenkette und nach dem gerufenen Avertissement Patronen ! " werfen sie den Sectionsführern Patronen packete zu, die ihrerseits dieselben vertheilen. Im Hinblick auf dieses Verfahren hat man angeordnet, daß die Patronenpackete nicht mehr 15, sondern 6 Patronen faffen sollen. Auch das Abnehmen der Patronen von ausgefallenen Mannſchaften wurde zum Gegenstande der Uebungen gemacht. Eine wesentliche Aenderung ist in dem Modus eingetreten, nach welchem die Prüfungsschießen abgehalten werden sollen. Bisher standen die Truppen Abtheilungen bereits auf dem zum Prüfungsschießen bestimmten Terrain bereit; fie brauchten nur wenige Bewegungen zu machen, um die ihnen gestellten Auf gaben zu lösen. Jetzt sollen mit diesen Schießbesichtigungen , wenn möglich, Manöver verbunden werden. Mehrere Truppentheile der Infanterie wie auch

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Militärische Jahresberichte für 1883.

der Cavallerie wurden sogar nach Ausführung eines starken Marsches im Gefechts schießen besichtigt. Zur Ausbildung im Pionierdienst sind drei neue Instructionen erlaſſen . Die eine ist bis auf die Abschnitte „ Angriff und Vertheidigung von Feldwerken “ resp. „ Allgemeines über Anlage von verschanzten Stellungen " ein rein technisches Pionier-Handbuch. Die beiden anderen in einem Heft vereinigten Inſtructionen bestimmen, was die zur Ausbildung im Pionierdienst zu den Sappeur -Brigaden commandirten Infanterie-Commandos zu lernen haben und wie die weitere Aus bildung im Pionierdienst innerhalb der Infanterie-Regimenter fortzusetzen ist. Man ſucht die Infanterie von den techniſchen Truppen möglichst unabhängig zu machen. 2. Cavallerie. Speciell in dem vergangenen Jahre hat sich bei der Cavallerie ein Dienst Es sind dies Uebungen, in zweig ausgebildet , der wohl Beachtung verdient. möglichst kurzer Zeit eine möglichst lange Strecke zurückzulegen , die sogenannten Distanceritte. Anfangs nur von einzelnen Offizieren unternommen, wurden sie bald größeren oder kleineren Cavallerie - Abtheilungen zur Aufgabe gestellt. Der Zweck solcher Distanceritte war gewöhnlich die Ausführung von Aufträgen , wie sie das Werk des Russischen Obersten Baikow „Der strategische Dienst der Cavallerie" (vergl. Militär-Wochenblatt 1882 , Spalte 899, 1003, 1129, 1243) dieſer Waffe ſtellt. Aus der Reihe dieser Distanceritte sind folgende hervorzuheben : Bei dem Cavallerie-Manöver bei Achtyrka legte eine combinirte Escadron von 162 Pferden innerhalb 5 bis 6 Tagen pro Tag 8 % resp . 10½ Meilen zurück. Während eines Uebungsrittes der Cavallerie - Schule machten 24 Pferde während 2 Tage im Durchschnitt 18, 18 Pferde innerhalb 4 Tagen im Durch schnitt 12 Meilen pro Tag. Bei einem Ritt von Nishni-Nowgorod über Moskau nach Petersburg betrug die Tagesleistung im Durchschnitt 11 Meilen. 22 Pferde waren 17 Tage incl. 3 Ruhetage unterwegs ; es war Schneewetter. Von Samostje nach Warschau marſchirten 2 Kaſaken- Sjotnien 3 Tage, bei einer Marschleistung von 15½ Meilen pro Tag. Ein Drittel der Ausrückeſtärke indessen erreichte Warschau nicht. In der Presse weist man jezt vielfach auf den Vortheil hin , welchen die Reglementarisirung dieser Diſtanceritte haben würde. Im Pionierdienst wird auch die Cavallerie ausgebildet. Man legt den bezüglichen Uebungen einen solchen Werth bei, daß das Commando der Cavallerie offiziere und Unteroffiziere in die Sappeurlager von vier Wochen auf zwei Monate verlängert wurde. Daß z. B. in dem Sappeurlager bei Warschau von der Cavallerie Brücken über Schluchten geschlagen wurden und kleine Abtheilungen auf selbst ge fertigten Fähren die Weichsel passiren mußten, läßt auf den Umfang der Ausbildung schließen. Bei der 4. Cavallerie-Division ist denn auch eine berittene Sappeur Escadron formirt. Auch im Telegraphiren, in dem Gebrauch des Herſchelmannschen Telegraphen und des Heliographen wird die Cavallerie geübt. Schwimmübungen sollen bei der Cavallerie obligatorisch werden. Man will dabei Luftsäcke verwenden, welche den Pferden untergebunden werden. Nach Abschluß der bezüglichen Uebungen in dem Warschauer, Odessaer und Moskauer Militärbezirk soll eine bezügliche Instruction herausgegeben werden.

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Unabhängig von diesen Uebungen wurde von der 4. Cavallerie - Division auch der Suprasl mittels Schwimmens überschritten. 3. Artillerie. In dem Sappeurlager von Ust-Ishora wurden Feldmörjer gegen Feldwerke versucht. Die Versuche sollen befriedigend ausgefallen sein. 4. Ingenieur - Truppen. Als specielle Uebungen sind zu erwähnen : ein Brückenschlag über die Weichsel unterhalb der Einmündung des Narew. Die Brücke wurde bei einer Flußbreite von 416 Fuß ( 138 m) und einer Strömung von 4½ Fuß ( 12 m) in der Secunde durch zwei sich einander entgegenarbeitende Pontonnier Bataillone in einer Stunde hergestellt. Vor Nowo- Georgijewsk wurden durch Sappeur - Bataillone Angriffsarbeiten gegen die Festung hergestellt. Sie dienten als Zielpunkte für eine in der Nacht bei elektrischer Beleuchtung stattfindende Schießübung der Festungs -Artillerie. Die Compagnie eines Eisenbahn-Bataillons in der Stärke von 5 Unteroffizieren und 68 Mann stellte bei Warschau eine auf 80 m Länge zerstörte Eisenbahn strecke her. Lagerübungen. Von 48 Infanterie-Diviſionen rückten 39 in ein Lager (31 mit allen und 8 mit einigen Regimentern) ; 9 blieben in den Garnisonen. Von 20 Cavallerie - Divisionen incl . der Reitenden Artillerie wurden 11 concentrirt , 7 auf verschiedene Lager vertheilt, 2 blieben in ihren Garnisonen. Von den 48 Artillerie - Brigaden übten 38 bei ihren Infanterie-Divisionen , 7 bei Diviſionen , zu denen sie organiſationsgemäß nicht gehörten , 3 blieben in den Garnisonen. Im Ganzen übten im Lager 25 Infanterie-Diviſionen mit Cavallerie und Artillerie , 14 Infanterie-Divisionen nur mit Artillerie; - in den Garnisonen übten 3 Infanterie-Diviſionen garniſonweise mit Artillerie, 6 Infanterie- Divisionen garnisonweise allein. Manöver. Ein größeres Manöver fand im Militärbezirk Warschau bei Siedlez statt. Ob auch in den anderen Militärbezirken , abgesehen von den Lagerübungen , Manöver stattgefunden haben , läßt sich schwer constatiren. Publicirungen sind darüber nicht erfolgt. Schließlich ist noch das Cavallerie-Manöver zwischen der 9. und 10. Cavallerie Division bei Achtyrka zu erwähnen. Zur Ausbildung der Offiziere wurden auch 1883 Rennen , Preisschießen und Preisfechten abgehalten. Generalstabsreisen wurden, wie in jedem Jahre, unter Leitung von General ſtabsoffizieren ausgeführt.

11. Abschnitt. Beurlaubung, Entlassung . In dem Wojennyi Sſbornik für April 1883 ist angegeben , daß im Laufe des Jahres 1881 22 000 Mann als überzählig ausgehoben und bereits nach

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Militärische Jahresberichte für 1883.

einem Jahre wieder entlassen wurden. Diese Mannschaften sollten zur Formirung Ob die Institution der von Reserve- und Ersatz - Truppen verwandt werden. „ Einjährigen-Rekruten" auch in den folgenden Jahren aufrecht erhalten iſt, kann nicht angegeben werden. Nach derselben Quelle standen am 1. Januar 1882 1 161 498 Mann im Reserveverhältniß , und 1 985 639 Mann gehörten der Opoltschenie an.

12. Abschnitt. Das Militärbudget pro 1884 .

Centralverwaltung Localverwaltung Technischer Theil und Unterrichtswesen Medicinal- und Lazarethwesen Ausrüstung und Bekleidung Proviant Fourage . Besoldung Miethe und Unterhalt von Wohnungen Baukosten Waffenfabrication, Geschüße, Munition Unterhalt der Feld- und Festungs- Artillerie und praktische Uebungen Transporte, Fahrgelder, Estafetten und Depeschen Topographische Aufnahmen des Reichs Belohnungen und Unterſtüßungen . Abzüge und Zinſen für die Emeritalkaſſe Ausgaben im Generalgouvernement Turkestan . Außergewöhnliche Ausgaben . Verschiedene Ausgaben . Summe

2 203 733 Rubel. 6 278 996 ፡ 7 028 587 # 3 952 677 : 11 976 008 2 43 743 907 19 422 368 = 46 906 883 3 14 067 143 3 10 710 857 11 690 689 3 1 839 621 ፡ 7 929 303 250 867 = 2 243 278 3 2 599 447 1 706 800 ፡ 651 686 1 348 721 196 551 571 Rubel.

Bericht über das Heerwesen Schwedens .

1883 .

Der im letzten Jahresberichte erwähnte Vorschlag zur neuen Heeresordnung gewann leider 1883 nicht die Genehmigung des Reichstages. Es liegt außer dem Bereiche dieser Mittheilungen die Ursachen der Ablehnung des Vorschlages hier zu discutiren. In den militärischen , sowie in allen anderen Kreisen , in welchen man die Nothwendigkeit einer auf anderen Grundlagen als den jetzigen geordneten Heeresverfassung zu würdigen vermag , kann man aber das Bedauern nicht unterdrücken, daß die seit mehr als 20 Jahren als wichtig betrachtete Frage Die vorgeschlagene Organiſation war einen solchen Ausgang genommen hat. zwar nicht musterhaft , und konnte es auch nicht sein , denn eine solche hätte in

Heerwesen Schwedens .

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Schweden wohl kaum Beifall gefunden ; sie enthielt aber einen großen Schritt vorwärts und eine folgerichtige Entwickelung des jeßt Bestehenden, sie wäre auch eine geeignete Uebergangsform zum reinen Wehrpflichtsystem gewesen. Nun wird diese Frage wohl eine Zeit lang ruhen, bis die scharf entgegengesetzten Meinungen sich so weit geeinigt haben, daß die Regierung, mit Aussicht auf besseren Erfolg, einen neuen Entwurf vorlegen kann. Bis dahin wird wohl die Aufmerksamkeit auf Durchführung von partiellen Reformen , als Einführung von Traintruppen, Trennung der Festungs- von der Feld - Artillerie, eine zeitgemäßere Organiſation des Intendanturweſens u . s. w., gerichtet sein ; vielleicht wird sich schon der dies jährige Reichstag mit diesen Fragen zu beschäftigen haben. In Folge des er wähnten Umstandes sind keine bedeutenderen Aenderungen im Militärwesen im vergangenen Jahre eingetreten.

Schulen und Uebungen sind in Uebereinstimmung mit früher gegebenen Vorschriften betrieben (siehe Jahres berichte 1881/1882) . Neu eingeführt sind die im vergangenen Jahre abgehaltenen Regiments stabs- Uebungen , welche voraussichtlich jährlich erneuert werden werden. An diesen sechstägigen Uebungen sind nur die Stabsoffiziere mit ihren Adjutanten betheiligt , und werden dieselben hauptsächlich in den Gegenden, wo die nächsten Offizier-, Felddienst- oder Feld-Schießübungen des Regiments abge halten werden sollen , vorgenommen. Zweck dieser Uebungen ist nicht nur, die theilnehmenden Offiziere in Lösung von taktiſchen Aufgaben im Terrain zu üben, sondern man beabsichtigt auch , daß die höheren Offiziere des Regiments sich eine genaue Kenntniß der Gegend , in welcher nachher die Uebungen des Regiments abgehalten werden , verschaffen sollen , damit lettere so lehrreich als möglich an geordnet und ausgeführt werden. Die Uebungen können auch von Offizieren von zwei oder mehreren Regimentern gemeinschaftlich ausgeführt werden. An den Generalstabs - Feldübungen find Intendanturbeamte und auch eine Feldtelegraphen - Compagnie betheiligt gewesen , wodurch ein erhöhtes Inter eſſe gewonnen wurde. Nachdem Pläne zu Feldbefestigungen auf der Südseite der Hauptstadt, die als Stützpunkte einer zur Vertheidigung derselben operirenden Heeres -Abtheilung dienen sollen , entworfen worden sind , wurden Feldübungen von sechstägiger Dauer mit Offizieren aller Waffen der Stockholmer Garnison unter Oberleitung des Generalstabschefs in den betreffenden Gegenden abgehalten. Feldübungen mit Offizieren der Cavallerie, sowie mit Offizieren aller Waffen in drei der fünf Militärdiſtricte sind nach denselben Grundſäßen wie früher vorgenommen. Gleichfalls sind die sechswöchentlichen Stabsübungen der Fortification , sowie auch die Schießübungen der Artillerie - Offiziere , welchen lezteren immer ein Generalstabsoffizier beiwohnt, abgehalten. Größere Felddienstübungen sind im Jahre 1883 nicht ausgeführt, doch sind aus dem ersten Militärdiſtrict Truppen in Stärke von 6 feldstarken Bataillonen, 20 Escadrons und 5 Batterien während der Regimentsübungen zum dreitägigen Manöver, die Concentrirungstage nicht eingerechnet, zusammengezogen gewesen. Eine Escadron der Leib - Garde, dem Mobilifirungsplan gemäß formirt, hat einen zehntägigen Feldmarsch , zur Prüfung der Zweckmäßigkeit eines neuen Feldausrüstungsplanes für die Cavallerie, unternommen. Die übrigen Schulen und Uebungen sind im Allgemeinen nach dem unver änderten Plane in Thätigkeit gewesen.

256

Militärische Jahresberichte für 1883 .

Zu Stipendien für Ausbildung von Offizieren in fremdherrlichen Armeen sind jährlich 18 000 Kronen zur Verfügung des Kriegsministeriums gestellt. Gleichfalls sind 2000 Kronen für Militärärzte und 3000 Kronen für Intendanturbeamte bewilligt. Diese Stipendien sind eifrig gesucht und nicht ohne Bedeutung für eine fortdauernd zeitgemäße Ausbildung. Zu den Herbstmanövern in Deutschland, Italien, Frankreich und Dänemark wurden 8 Stabsoffiziere, die meiſten in dem Range eines Regimentscommandeurs, commandirt. Zur Vervollständigung der nicht genügenden Vorschriften des Exercir Reglements der Cavallerie über das Gefecht zu Fuß , sowie auch um mehr Uebereinstimmung hierin mit der Infanterie zu gewinnen, ist Seitens des General inspecteurs der Cavallerie eine Dienſtvorschrift für das Fußgefecht der Cavallerie erlaſſen. Vorbereitende Schießübungen sollen , erlassenen Befehlen gemäß, in größerer Ausdehnung als bisher Seitens der Bewehrung betrieben werden , wo gegen das Bajonnetfechten mit dieser Mannschaft nicht mehr geübt werden soll. Betreffend den Turnunterricht ist bestimmt , daß zu jeder Rekrutenschule wenigstens ein Offizier , der einen vollständigen , 15 Monate langen Cursus bei dem Gymnastischen Central-Institut durchgemacht hat, commandirt wird. Zur Aufmunterung bezüglich der Schießfertigkeit bei der Artil lerie sollen außer Geldbelohnungen auch Schießmedaillen und Abzeichen in Uebereinstimmung mit den Vorschriften der Schießinstructionen für die Infanterie und Cavallerie vertheilt werden. Um die allgemeine Schießfertigkeit im Lande zu befördern , werden jährlich 80 000 Kronen unter die freiwilligen Schützenvereine vertheilt , und wird jährlich bei Stockholm ein von Mitgliedern sämmtlicher Vereine besuchtes Preisschießen abgehalten. Die gegenwärtigen Schulen und Ausbildungsanstalten erfüllen, soweit möglich, im Allgemeinen ihren Zweck. Seit den großartigen Ereignissen der Jahre 1870 und 1871 ist eine lebhaftere Thätigkeit in der Armee entstanden, und ungeachtet der kurzen Uebungszeit und der geringen Mittel, die dem Kriegsminiſterium zur Verfügung stehen, und unüberwindliche Hindernisse einer befriedigenden Aus bildung der Armee entgegenstellen , kann doch behauptet werden , daß Offiziere und Unteroffiziere in den jetzigen Schulen und Ausbildungsanstalten sich eine recht gute militärische Bildung aneignen. Von wesentlichem Einfluß hierauf ist der vor zehn Jahren neu organisirte Generalstab (vergl. Jahrgang 1874), deſſen Offiziere theils als Lehrer bei den Militärſchulen fungiren, theils nach Verſetzung in die verschiedenen Regimenter der Armee zur zeitgemäßen Anordnung und Leitung der Uebungen beitragen und die Lust zu militärischen Studien im Allge meinen anregen. Die Gewehrfrage ist noch nicht endgültig gelöst. 500 Magazin-Gewehre, Modell Jarmann , sind behufs Prüfung der Haltbarkeit und Zweckmäßigkeit für Feldgebrauch an die Truppen ausgegeben; die Kaliberfrage ist aber neuerdings in den Vordergrund getreten. Stimmen haben sich nämlich für eine noch weitere Verminderung des zu 10,15 mm festgestellten Kalibers erhoben. Versuche sind sowohl mit 9 mm, sowie mit dem Schweizer Hebbler-8,7 mm-Gewehr ausgeführt. Das Resultat dieser Versuche ist noch nicht bekannt. Die Anschaffung des neuen Feld - Artillerie - Materials (vergl. Jahr gang 1881 ) schreitet allmälig fort; ungefähr die halbe Anzahl Batterien ist ge

257

Heerwesen Schwedens .

liefert. Für die Positions- und Festungs - Artillerie schreitet die Anschaffung von 12 cm-Kanonen und 15,5 cm-Haubitzen ebenfalls fort. Die Hoffnung, in Schweden Gußſtahlkanonen von ungeschmiedetem, blaſen freiem Martinstahl anfertigen zu können, scheint nicht getäuscht zu werden ; Ver suchsgeschütze haben alle Erwartungen und sogar, wie man behauptet, die Fabricate der Kruppschen Fabrik übertroffen. Für die Marine sind Kanonen von neuem Material bestellt und im Laufe von 1884 hofft man für die Armee nicht nur Feld sondern auch Positionskanonen anfertigen zu können. Munitionswagen, Projectile u . s. w. werden im Lande geliefert. Krankentransportwagen M/81 sind in genügender Anzahl für eine Mobil machung fertig und vertheilt. Eine für den Befehls - Cadre sehr wichtige Frage hat im Laufe des Jahres ihre Lösung gefunden , indem nämlich ein neues Reglement für die schon vorher bestehende Wittwen- und Waisenkasse von Bevollmächtigten der Armee an genommen und von der Regierung festgestellt worden ist. Die Kasse wird theils durch Staatshülfe, theils durch jährliche Geldbeiträge der Mitglieder ( 1,75 Procent des Gehalts ) gebildet. In Folge davon sind die neuen Pensionen bedeutend erhöht und betragen z . B. für die Wittwe eines Sergeanten 80, eines Fahn junkers 150, eines Hauptmanns 500, eines Generals 1120 Kronen jährlich. Das Budget der Armee für 1883 betrug im Ordinarium 17 205 000 und im Extraordinarium 1 224 000 Kronen, zusammen 18 429 000 Kronen. Das Budget der Marine betrug resp. 5375 000 und 1 189 000 Kronen, zuſammen 6564 000 , und also das ganze Militärbudget 24 993 000 kronen. v. P.

Bericht über das

Seerwesen Serbiens .

1883 .

Das Jahr 1883 ist für das Heerwesen Serbiens von allergrößtem Einfluß geworden. Eine Reihe neuer Gesetze von grundlegender Bedeutung wurde erlassen und hat eine Umgestaltung des ganzen Heerwesens herbeigeführt , welche diesem durchaus zum Vortheil gereicht. In ernster Stunde hat es sich bereits bewährt Am 15. Januar 1883 wurde ein neues Wehrgeset veröffentlicht. Nach demselben ist jeder Serbische Staatsbürger verpflichtet, persönlich zu dienen, und zwar : im 1. Aufgebote vom vollendeten 20. bis zum vollendeten 30. Lebensjahre, = = = 2. 30. bis zum 37. Lebensjahre, = 3. = 37. = = = = 50. In Kriegszeiten können zur Verwendung im Hülfsdienst hinter der Armee auch Männer über 50 Jahre herangezogen werden. Stellvertretung ist nicht gestattet. Alle zum persönlichen Dienſt untauglichen Wehrpflichtigen zahlen vom 20. bis 37. Lebensjahre die " Kriegs- Tare " , eine Wehrsteuer in Höhe von 1/10 der jährlichen Steuer. Die Kriegs-Tare fließt in 17 Militärische Jahresberichte 1883.

258

Militärische Jahresberichte für 1883.

den Ausrüstungsfonds und ist somit zur Anschaffung von Kriegserforderniſſen aller Art bestimmt. Der König ist der höchste Befehlshaber der Armee. Der Kriegsminister befehligt die Armee nur im Namen des Königs ; aber er verwaltet sie verant wortlich selbständig und erläßt alle rein administrativen Bestimmungen. Ein besonderes, gleichzeitig mit dem Wehrgesetz erlassenes Staatsgesetz (vergl. weiter unten, Seite 269) regelt sein Reſſort. Der Wehrpflicht entsprechend ist auch die Armee in drei Aufgebote gegliedert. Das 1. Aufgebot bildet die „active Armee" , welche wiederum zusammen gesezt wird aus dem permanenten Cadre" und dessen „Reserve “ . Zum per manenten Cadre gehört derjenige Theil des 1. Aufgebotes , welcher unter der Fahne dient. Der permanente Cadre ist also das „stehende Heer". Zur Reserve gehört derjenige Theil des 1. Aufgebotes, welcher dem Dienste unter der Fahne schon entsprochen hat. Durch Einziehung der Reſerviſten bei Reſerviſten-Uebungen und in Mobilmachungsfällen erweitert sich der „ permanente Cadre" zur „ activen Armee ", der eigentlichen „ Operations-Armee“ . Zum 2. Aufgebot gehören alle Soldaten, welche in der activen Armee ihrer Wehrpflicht genügt und das 38. Lebensjahr noch nicht erreicht haben . Dieses Aufgebot unterhält zwar keine Friedens -Cadres ; aber das zu seiner Kriegs ausrüstung nothwendige Material ist vorhanden und seine Vereinigung zu mobilen Formationen vorbereitet. Indem dieses Aufgebot bestimmt ist, Dienst im Rücken der Operations -Armee zu thun , bei Bedarf auch zur Verstärkung derselben ver wendet zu werden , wird es im Mobilmachungsfall die „Reserve-Armee " bilden. Im 3. Aufgebot werden alle diejenigen Serben liftlich geführt , welche aus dem 2. Aufgebot ausgeschieden , aber im äußersten Nothfall zur Vertheidigung des Vaterlandes heranzuziehen sind. Sie bilden dann den „ Landſturm “ . Der Dienst im permanenten Cadre dauert gesetzlich zwei Jahre. Eine abgekürzte Dienstzeit von fünf Monaten wird solchen Wehrpflichtigen bewilligt, welche (als einzige Ernährer und dergl. ) gewisse Familien- oder häusliche Pflichten haben. Im Allgemeinen kann der Kriegsminister in normalen Friedensverhält nissen die Entlassung der Soldaten aus dem Dienst im stehenden Heere noch vor beendeter zweijähriger Dienstzeit verfügen ; jedoch bleiben die betreffenden Leute auch weiter im Stande des permanenten Cadres (Urlauber) . Entgegen gesetzt kann in anormalen Zeiten der König auf Vorschlag des Kriegsministers auch ein längeres als zweijähriges Verbleiben der Soldaten bei der Fahne befehlen. Nach Beendigung der ganzen oder der abgekürzten Dienstzeit im per manenten Cadre erfolgt die Ueberweisung des Betreffenden zur Reserve. Kein Serbischer Staatsbürger kann Staatsbeamter, Staatslehrer, Weltgeistlicher oder Klostergeistlicher werden, wenn er nicht die festgesette Dienstzeit im per manenten Cadre gedient hat . Für diesen Fall kann der Dienſteintritt vor dem 20. Lebensjahr erfolgen. Nach Artikel 20 besteht die Serbische Armee im Allgemeinen : 1. Aus den Hauptwaffen und Branchen : Infanterie, Cavallerie, Artillerie, Genie (Ingenieurwesen) und Generalſtab. 2. Aus den Hülfstruppen und Abtheilungen : Sanität , Train- und Ver waltungs-Abtheilungen. 3. Aus Hülfsbranchen : Militär-Justiz, ärztliche, thierärztliche und Ad miniſtrations-Branchen, dann Telegraphen- und Postwesen und Geistlichkeit. Zur Armee gehören auch die permanenten oder zeitlichen Lehr- , technischen, Sanitäts- und Adminiſtrations -Inſtitute.

Heerwesen Serbiens .

259

Die Organisation der Armee ist durch ein beſonderes , nach dem Wehrgesetz anzuführendes „ Organiſations-Statut“ geregelt. Die militärischen Chargen setzt das Wehrgesetz fest, wie folgt : Unteroffiziere (Corporal, Unterfeldwebel, Feldwebel), Oberoffiziere (Unterlieutenant , Lieutenant, Hauptmann 1. und 2. Klaſſe), Stabsoffiziere (Major , Oberstlieutenant , Oberſt) und Generale. Außer den eigentlichen Offizieren der Stäbe und Truppen giebt es auch Sanitäts- und Militärjuſtiz - Offiziere. Alle „Hülfsbranchen“ der Armee haben nur Unteroffizier-Chargen. Das Avancement hängt von der militärischen Qualification, bestimmten Prüfungen und einer für die einzelnen Chargen fest gesetzten Minimal- Dienstzeit ab. Die Chargengrade der Offiziere verleiht der König selbst; diejenigen der Unteroffiziere werden von den Truppen-Commandeuren nach speciellen Vorschriften verliehen. Offiziere fremder Armeen können nur dann in die Serbische Armee über nommen werden, wenn sie noch nicht Stabsoffiziere sind , Serbische Staatsbürger werden, und die für ihre Chargen vorgeschriebene Prüfung bestehen. Für die Reserve des permanenten Cadres und für das 2. und 3. Aufgebot bestehen „Reserveoffiziere “ und „Reserveunteroffiziere " , welche sich aus aus geschiedenen Berufsoffizieren und entlassenen Unteroffizieren ergänzen . Damit den Aufgeboten vorbereitete Reserveoffiziere leichter zugeführt werden , wird in den Mittelschulen die Militär-Gymnaſtik mit praktischen Uebungen im Exerciren eingeführt , und werden in den höheren Schulen die wichtigsten militärischen Die Reserveoffiziere Wissenschaften theoretisch und obligatorisch vorgetragen. haben eine abgesonderte Rangliste nach Waffengattungen. Pensionsberechtigt sind alle Offiziere, welche mindestens 2 Jahre, versorgungs berechtigt alle Unteroffiziere , welche 12 Jahre ununterbrochen und vorwurfsfrei gedient haben. Sie haben außerdem das Vorrecht für die Stellen bei den Hülfs branchen der Armee. Die Besoldung besteht in dem Gehalt , nach welchem die Pension berechnet wird*), und in dem Zuschuß, welcher für einzelne Chargen oder Waffengattungen oder für bestimmte Aemter ausgeworfen ist. Außer diesen Competenzen bezieht jeder Offizier jährlich noch 243 Dinar (à 80 Pfennig) und 8 Klaftern Holz. Unteroffiziere, welche die active Dienstzeit freiwillig fortsetzen , genießen Gehalts erhöhungen. Das Militär-Justizwesen wird ausgeübt durch Militärjuftizoffiziere , welche bis zum Obersten aufrücken können. Diese Offiziere müssen zuvor ihre Dienstzeit im permanenten Cadre absolvirt und alle juristischen Prüfungen bestanden haben. Die militärärztliche Branche besteht aus Militärärzten , Militär-Apothekern und Gehülfen. Diese Sanitätsoffiziere können gleichfalls bis zum Oberſt avanciren (die Apotheker nur bis zum Major) und müssen vor ihrem Eintritt alle ent sprechenden Staatsprüfungen bestanden haben . Ausländer, welche in diese Branche aufgenommen werden, haben keine militärische Charge. Die militär-thierärztliche Branche kennt nur Beamte , deren Grade jedoch den militärischen Chargen bis zum Major aufwärts entsprechen. Die Militär-Adminiſtrationsbranche besteht in Uebereinstimmung mit dem für die Armee-Adminiſtration erlassenen besonderen Gesetze, aus : 1. der Dekonomiebranche mit ihren Magazinen und Werkstätten , 2. der Kaffenbranche, 1516-10 104 Dinar jährlich (Hauptm. 1. Kl. 2779), *) Offizier ፡ ፡ 81- 455 Unteroffizier (außer Capitul.-Zulage), = = Soldat 51 17*

260

Militärische Jahresberichte für 1883.

3. der militär-technischen Branche mit ihren Magazinen und Branchen, und 4. dem allgemeinen Beamtenpersonal. Alle Personen der Administrationsbranche sind Beamte , welche jedoch in Ansehung des Dienstes der Subordination unterworfen sind , und deren Grade (Intendanten, Kassirer, Controleure, Magazineure, Aufseher) gewiſſen militäriſchen Chargen bis zum Hauptmann aufwärts entsprechen. Die Militär-Telegraphen- und -Postbranche wird erst im Mobilmachungsfalle eingerichtet. Das Material lagert in Ingenieur-Magazinen , das Perſonal wird dem betreffenden Staats-Beamtenpersonal entnommen. Die im Ministerium des Innern angestellten Inspecteure der betreffenden Branche sind im Frieden zugleich Fachreferenten des Kriegsministers. Der Militär-Erzpriester in Belgrad ist der einzige Militärgeistliche in Ser bien und als solcher Beamter. In den anderen Garnisonen find die Orts geistlichen zugleich Militär- Seelsorger. Im Kriege erhalten alle Truppentheile Geistliche, welche ihrer Dienstpflicht gemäß einberufen werden. Ueber die Bewaffnung und Ausrüstung der Aufgebote heißt es in Artikel 69 des Wehrgesetzes : „Die Waffen, die Ausrüstung und die Munition, dann der Train und die sonstige Kriegsausrüstung für die active Armee und das zweite Aufgebot, für die erstere auch die Bekleidung , werden vom Staate geliefert. Die Fußbekleidung und Wäsche, sowie bei der Cavallerie auch die Pferde mit Ausrüstung , haben die Soldaten selbst zu beschaffen. Die erforderlichen Zug- und Tragpferde für die active Armee find in vorgeschriebener Qualität von vermögenden Bürgern, welche über 50 Jahre alt sind , und von Pupillarmaffen zu stellen", ebenso die Fuhr werke für das 2. und 3. Aufgebot. Die Reserven , welche mit dem permanenten Cadre die active Armee for miren, sollen in jedem Jahre nach ihrer Entlassung 30 Tage, die Mannschaften des 2. Aufgebotes 8 Tage Dienste thun. Die letzteren haben sich während dieser Zeit selbst zu verpflegen . Den Eid des Serbischen Soldaten schreibt das Wehrgesetz vor , wie folgt : „Ich c. schwöre 2. , daß ich dem Könige von Serbien , Milan I. , immer und bei jeder Gelegenheit treu und gehorsam sein werde, daß ich die Befehle aller meiner Vorgesetzten befolgen und getreu erfüllen werde, daß ich das Vaterland heldenmüthig vertheidigen und unsere Fahne niemals verlassen werde. " Dem vorstehend skizzirten Wehrgeſetz folgte am 31. Januar 1883 ein dem selben entsprechendes Organisations- Statut der Armee. Die Grundlage dieser neuen Organisation der Serbischen Armee bildet die Seite 262-263 enthaltene Eintheilung des Serbischen Staats Territoriums in 5 Divisionsbezirke , 15 Regimentskreise und 60 Bataillons bezirke. Demnach hat auch das Land im Kriege von jedem der drei Aufgebote, welche die Armee umfaßt, 60 Bataillone Infanterie aufzubringen , von denen im 1. und im 2. Aufgebot je 4 ein Regiment und je 12 (also 3 Regimenter) die Infanterie einer Division bilden. Die Divisionen stellen außerdem innerhalb ihres Bezirks noch eine gewisse Quote von Truppentheilen anderer Waffen auf und werden nach ihren Bezirken benannt (z . B. Drina-Division ) und in der Reihenfolge numerirt, welche die Uebersicht der Territorial- Eintheilung angiebt. Die Serbische Armee umfaßt demnach im mobilen Zuſtande : 5 Divisionen des I. Aufgebotes als active Armee, = = Reserve-Armee und = 5 = II. = Landsturm . 60 Bataillone = III. -

Heerwesen Serbiens.

261

In militär-adminiſtrativer Beziehung wird jeder Diviſionsbezirk im Frieden durch das " Territorial- Divisions-Commando" (General oder Oberst) und jeder Regimentskreis durch das " Regimentskreis-Commando" (Oberstlieutenant oder Major) verwaltet. Die ersteren stehen hinsichtlich der Leitung und Ausbildung der activen Armee im Frieden unter einem in Belgrad stationirten „ Commando der activen Armee" (General), welchem auch alle diejenigen Commandobehörden und Truppentheile unterstellt sind, welche außerhalb des Verbandes der Territorial Divisions- Commandos stehen. Das 1. Aufgebot - die active Armee - umfaßt nach dem Wehrgeſetz den permanenten Cadre und die Reserve. Diese stellen zusammen gemäß der Territorial-Eintheilung 5 Divisionen auf. Jede derselben zählt im mobilen Verhältniß : 3 Infanterie-Regimenter à 4 Bataillone, 1 Cavallerie-Regiment von 4 Escadrons , 1 Feld-Artillerie-Regiment von 8 Batterien zu 6 Geſchüßen, 1 Ingenieur-Commando mit 1 Pionier - Compagnie und 1 Brücken Halbtrain, 1 Sanitäts-Compagnie und 4 Feld-Spitäler, 1 Train-Regiment mit 1 Handwerker- Compagnie, 1 Fleischer-Compagnie (und Schlachtvieh-Depot), 1 Divisions - Proviant- Colonne (für vier tägigen Bedarf), 1 Bäcker-Compagnie und 1 Thier-Spital, 1 Divisions -Munitions - Colonne*) mit der mobilen Artillerie - Werk stätte und 1 Militärpoſt. Dazu treten noch : 3 Ersatz-Bataillone, = Escadron, 1 " Batterie, 1 ፡ Pionier-Zug und 1 = Pontonnier-Zug. 1 Die ganze active Armee zählt mithin , von den Branchen abgesehen , an Feldformationen : à 4 Bataillone = 60 Bataillone, 15 Regimenter Infanterie = 5 Cavallerie à 4 Escadrons = 20 Escadrons, 5 Feld-Artillerie à 8 Batterien = 40 Batterien (à 6 Ge schüße) und 5 Compagnien Pioniere . Außerdem gehören noch zur activen Armee : 1 Garde-Escadron, 1 Gebirgs-Artillerie-Regiment von 6 Batterien à 4 Geschüße mit der Gebirgs-Munitions -Colonne und der Ersatz- Gebirgs-Batterie, 1 Festungs-Artillerie-Bataillon von 4 Compagnien, 1 Mineur-Compagnie, 1 Eisenbahn-Compagnie, 1 Brücken-Train, 1 Reserve-Sanitäts -Compagnie, *) Die Munitions -Colonne besteht aus der Infanterie-Abtheilung und der Artillerie Abtheilung. Die erstere führt für jeden Infanteristen der Diviſion 80 Patronen, für jeden anderen Mann 30 Patronen mit; die Artillerie-Abtheilung transportirt eine Geschoß Reserve von 96 Schuß für jedes Geschütz der Diviſion.

Nisch

Valjevo

Drina )(Westen

Station

Morawa )(Süden

Benennung

Stabs

674 334

111 337

zahl

wohner

Ein

V)( ranja

)(Kruschevac

)(Schabac

VI . B()aljevo

V.

)(Uzica

IV .

III .

534 112

853 112

Valjevo

Schabac

Uzica

666 111

312 111

696 111

724 Kruschevac 111

Prokuplje

Vranja

zahl 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4

Ein . wohnerNr

-Kreis ents Regim

Stabs Benennung Station

)(Nisch

II .

I.

- erritorium T Divisions

Branja Han Vlagic Vlasatinci Leskovac D. Duschnit Nisch Lebane Prokuplje Kruschevac Vitkovo Kraljevo Banja Joschanicka Ivanjica Cajetina Pozega Baschta Banja Konpanj Loznica Schabac Bogatic Vladimirci ub Valjevo Mionica

)(Station

Centralpunkt

983 27 892 27 27 761 030 28

198 28 813 27 284 28 558 28 691 27 28 858 892 27 093 28 648 27 318 28 27.906 852 27 028 28 132 28 27 843 27 693 626 27 526 27 015 28 145 28

zahl

Ein wohner

Bataillons -Bezirk

.des ebietes Staatsg hen Serbiſc lung Einthei sche Militäri 262

Militärische Jahresberichte für 1883.

Knjazevac 350 335

Timot )(Often

586 336

124 Kragujevac336

Belgrad

Schumadia M() itte

Donau N ()orden

.XV )(Pirot

)(Knjazevac

. XIV

K)(rajna

. XIII

C() uprija

. XII

)(Kragujevac

)(Cacak

)(Branicev

XI .

X.

IX .

)(Pozarevac

VIII .

VII . )(Belgrad

353 112

582 111

111 250

Pirot

111 177

Knjazevac 111 820

Negotin

Cuprija

297 113

045 111

292 113 Kragujevac

Cacat

Kucevo

244 112 ac Pozarev

Belgrad

1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4

1 2 3 4 1

Derven Palanka Bela Pirot Bobuschevac

Raca Batocina Kragujevac Cestin Varvarin Jagodina Paracin Despotovac Milanovac D. Palanka Brza Negotin Jajcar Boljevac Banja Knjazevac Aleksinac

Belgrab Belgrab Schopic Groda Smederevo Palanka Zavare Pozarevac Gradischte Petrovac Kucevo Zagubica Guci Cacat Milanovac G. Arandjelovac

000 30 679 27 778 27 840 27 28 033 28 070 816 27 28 325 781 27 27 503 27 787 974 27 798 27 686 27 544 27 222 28 172 28 112 28 590 28 28 418 232 28 677 27 692 27 27 711 404 27 803 28 083 28 063 28 793 27 365 28 921 27 741 27 27.900 27 901 598 27 778 27 Heerwesen Serbiens. 263

18 H

༢༠༠༠|

264

Militärische Jahresberichte für 1883. 2 Telegraphen-Abtheilungen, 1 Reservepost, 1 Reserve-Munitions-Colonne (vom Umfang einer Divisions-Munitions Colonne), 1 Pferde-Depot und 1 Pyrotechnische Compagnie.

Die Formation der activen Armee erfolgt in vorstehendem Umfange aus dem permanenten Cadre. Dieser lettere ist derart nach Waffengattungen und Branchen in entsprechende Einheiten gegliedert , daß die einzelnen Cadres sich im Kriegsfalle oder bei Uebungen mit den Reserven ihrer Divisions bezirke bezw. Regimentskreise oder Bataillonsbezirke zu den Einheiten und Verbänden erweitern, welche die Bezirke und Kreise für die active Armee auf zustellen haben. Wir werden den permanenten Cadre in seiner Organiſation am Schluß der Aufgebote betrachten. · Das 2. Aufgebot - die Reserve - Armee -- soll aus Offizieren und Mannschaften dieses Aufgebotes gleichfalls in 5 Divisionen formirt werden . Jede derselben soll bestehen aus : 3 Infanterie-Regimentern à 4 Bataillone, 1 Division Cavallerie von 2 Escadrons, 1 Artillerie-Abtheilung zu 4 Batterien, 1 Ingenieur-Compagnie und 1 Train-Regiment mit 1 Bäcker- und 1 Fleischer- Compagnie sowie 1 Divisions-Proviant- und 1 Munitions -Colonne (lettere mit der mobilen Artillerie-Werkstatt). Die ganze im Mobilmachungsfall zur Aufstellung kommende Reserve-Armee zählt mithin an Feldtruppen :

15 Regimenter Infanterie à 4 Bataillone = 60 Bataillone, Cavallerie à 2 Escadrons - 10 Escadrons, 5 Divisionen 5 Abtheilungen Artillerie à 4 Batterien = 20 Batterien und 5 Ingenieur-Compagnien. Das 3. Aufgebot - der Landsturm - wird nur aus Infanterie bestehen, indem jeder Bataillonsbezirk 1 Bataillon, jeder Regimentskreis mithin 4 , jeder Diviſionsbezirk 12 und das ganze Staats -Territorium 60 Bataillone formirt. Diese auf Kriegsfuß 180 Bataillone, 31 Escadrons, 66 Batterien

zählende Armee unterhält im permanenten Cadre -einen sehr geringen Friedensfuß.

dem stehenden Heere

Der permanente Cadre der Serbischen Armee bildet den Stamm der activen Armee und ist zugleich die Lehrtruppe für die Rekruten. Er besteht in den durch folgende Uebersicht angegebenen Stärkeverhältnissen aus :

265

Unteroffiziere

Heerwesen Serbiens .

Geschütze

Pferde

Spielleute

Gemeine

Einheiten

Offiziere

Stärkeverhältnisse der Serbischen Armee.

Bemerkungen

A. Stäbe.

6

-

2

312)

3*) 7





5*)

37



*) darunter 3 Beamte

23

-

*) darunter 10 Beamte

— 1

T

21 *) —

21

││

6

3 41)

42



*) darunter 3 Beamte



|



1) darunter 3 Beamte der Hülfsbranchen 2) derjenige des ,,Donau-Jn fanterie- Regiments" in Belgrad hat 49 Spielleute *) darunter 1 Beamter

I

3 3

I

T

1 Compagnie Infanterie

5

18 160 3

1 Escadron Cavallerie . .

6

21 *) 146 3

5

13 9

£*

5

16

100 3

50 15 106 90 15 70 12 140

7

T

5

12

I

5

25543

-



13

1 Infanterie- Bataillonsstab Cavallerie - Commando des permanenten Cadres . 1 Feld-Artillerie- Regiments stab Gebirgs Artillerie - Regi mentsstab

12 *) —

88

Commando der activen Armee 1 Territorial - Divisions Commando 1 Regimentskreis - Com mando 1 Infanterie-Regimentsstab

6 4

||||||

|│ | |

63

1 Jnf.-Bat würde stark sein: 23Offiz (einschl. 1 Beamt.), 78 Unteroffiz., 640 Gem., 13 Spielleute. *) darunter 3 Beamte der Hülfsbranchen

79

1825

1

T│

Pyrotechnische Compagnie . 1 Compagnie Pioniere . 1 Compagnie Pontonniere . 1 Sanitäts - Compagnie . 1 Train-Escadron

64 44

©

1 Batterie Feld-Artillerie 1 Batterie Gebirgs - Artillerie 1 Compagnie Festungs - Ar tillerie .

ཙ་ ༤།

B. Truppen .

15 Bataillonen Infanterie à 4 Compagnien, 6 Escadrons Cavallerie, 20 Batterien Feld-Artillerie mit je 6 bespannten Geschützen, 3 = Gebirgs-Artillerie mit je 4 bespannten Geschützen, 1 Halb-Bataillon Festungs-Artillerie von 2 Compagnien, 1 Pionier-Bataillon von 5 Compagnien (in deren Verbande auch die Mineur , Telegraphen- und Eisenbahn-Abtheilungen stehen),

266

Militärische Jahresberichte für 1883. 1 Pontonnier-Halb- Bataillon von 2 Compagnien , 5 Sanitäts-Compagnien, 5 Train-Escadrons und 1 Pyrotechnischen_Compagnie.*) Davon stellt jeder Divisionsbezirk selbständig auf: 3 Infanterie-Bataillone (also jeder Regimentskreis 1 Bataillon , jeder Bataillonsbezirk 1 Compagnie), 1 Escadron, 4 Batterien, 1 Pionier-Compagnie, 1 Sanitäts-Compagnie und 1 Train-Escadron.

Außerdem liefert jeder Divisionsbezirk noch den fünften Theil des Erjates der Garde-Escadron , des Pontonnier-Halb-Bataillons und der Pyrotechniſchen Compagnie ; endlich stellen drei Diviſionsbezirke (Morawa , Drina und Timok) je eine Gebirgs -Batterie und die beiden anderen Divisionsbezirke (Donau und Schumadia) je eine Festungs- Artillerie-Compagnie auf. Die 3 Infanterie- Bataillone eines Divisionsbezirks bilden ein „ Infanterie Regiment ", welches den Namen des letzteren trägt (z. B. Timok-Infanterie Regiment). Der Stab dieses Regiments befindet sich in der Stabs- Garniſon des Territorial-Diviſions -Commandos oder da, wo die größere Zahl der Bataillone garnisonirt. Die Bataillone und Compagnien führen den Namen ihrer Ersatz (Regiments bezw. Bataillons-) Kreiſe. Von den 6 Escadrons heißt eine „ Garde des Königs " und ist unmittelbar dem 1. Adjutanten des Königs untergeordnet ; die anderen führen die Nummern 1—5 und unterstehen dem „ Cavallerie-Commando des permanenten Cadres " in Belgrad. Lettere fünf Escadrons ergänzen sich der Nummer nach jede aus dem ent= sprechenden Divisionsbezirk; die erstgenannte Escadron dagegen erhält ihren Ersatz mittelst ausgesuchter, ausgebildeter Leute der anderen Escadrons. Die 4 Feld-Batterien jedes Divisionsbezirks bilden mit den Nummern 1-4 ein "1 Feld-Artillerie-Regiment " , welches den Namen jenes Bezirks führt. Der Regimentsstab garnisonirt nach denselben Grundsätzen wie bei der Infanterie. Die 3 Gebirgs-Batterien bilden mit den Nummern 1-3 das „ Gebirgs -Artillerie -Regiment" mit dem Stab in Kruschevac. Der Stab des Festungs- Artillerie Halb-Bataillons ist in Belgrad, die Pyrotechnische Compagnie in Kragujevac stationirt. Lettere untersteht der Direction der militär-technischen Anstalten ". Die Compagnien des Pionier-Bataillons führen die Nummern 1-5 und ergänzen sich in dieser Reihenfolge aus den betreffenden Diviſionsbezirken. Sie unterstehen zusammen mit dem Pontonnier-Halb-Bataillon dem „ Ingenieur-Com mando des permanenten Cadres ". Die Sanitäts -Compagnien und Train-Escadrons führen den Namen ihrer Divisionsbezirke (z. B. Morawa-Train-Escadron) und sollen in den Vororten derselben garnisoniren . Die Mannschaft der Sanitäts-Compagnien macht zuvor einen Rekruten- Cursus bei der Infanterie durch . Aus diesem permanenten Cadre, der eine Kopfstärke von etwa 17 000 Mann hat (von denen etwa 200 das Stabsperjonal des Armee-Commandos und der *) Serbien unterhält auf der Donau für strompolizeiliche Zwecke auch ein Kriegs ſchiff (Deligrad) mit einem Perſonal , welches nach Art. 66 des Wehrgesezes dem Armee verbande angehört.

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Territorial - Divisions- sowie der Regimentskreis - Commandos ausmachen und 11 300 Mann Infanterie- , 900 Mann Cavallerie-Combattanten sind , während der Rest den Specialwaffen und Branchen angehört) und der 144 Geschütze bespannt unterhält , formirt sich im Mobilmachungsfall die active Armee in der schon genannten Zusammensetzung und Eintheilung und in nachstehender Weise in einer Stärke von etwa 70 000 Combattanten und 288 Ge= schützen. Aus dem „ Commando der activen Armee " , welches die Leitung und Aus bildung des permanenten Cadres hat , geht der Stab des Haupt- und Ober Commandos" hervor ; aus den " Territorial-Divisions -Commandos " gehen die Stäbe der „ activen Divisions -Commandos " hervor. Die Stellvertreter der Com mandanten der Territorial-Division führen die Geschäfte der letteren im Bezirk weiter und die Regimentskreis-Commandos verbleiben in Function. Gleichzeitig formiren sich die Truppentheile der activen Armee aus den entsprechenden Ein heiten des permanenten Cadres durch Einreihung der Reserven wie folgt: 1. Infanterie. Jede Compagnie des permanenten Cadres formirt ein ,,actives Bataillon “ und eine „ Ersatz-Compagnie“ und jedes Bataillon des Cadres demnach ein „ actives Infanterie-Regiment" und ein Ersatz-Bataillon. Die Compagnien führen die Nummern 1-4 in jedem Bataillon, die activen Bataillone und Regimenter die Nummern und Namen, welche die Uebersicht der Territorial-Eintheilung angegeben hat. Die Commandeure der Einheiten des permanenten Cadres rücken im Allgemeinen in das Commando der von jenen gebildeten höheren activen Einheit mit auf. Die übrigen Offiziere , die Unter offiziere und die Mannschaften jeder Cadre-Compagnie werden auf die vier Compagnien des entsprechenden activen Bataillons und die Ersatz-Compagnie vertheilt. 2. Cavallerie. Jede der Escadrons 1-5 formirt ein „ actives Cavallerie Regiment" von 4 Escadrons und 1 Ersatz-Escadron. Die Regimenter nehmen den Namen ihres Divisions- (Ersatz-) Bezirks an und treten in den Verband der betreffenden activen Diviſion über. Die ältesten Zugcommandanten rücken zu Commandanten der activen Escadrons , die Commandeure der Cadre-Escadrons zu Commandeuren der entsprechenden Regimenter auf. - Die Escadron " Garde des Königs " behält auch im mobilen Verhältniß ihre Sonderstellung. Das ,,Cavallerie-Commando des permanenten Cadres " wird dem Obercommando der Armee attachirt zur eventuellen Führung größerer Cavallerie-Verbände. 3. Artillerie. Jede der 23 Batterien und 2 Compagnien verdoppelt sich, indem bei der Feld-Artillerie die 1. Batterien der Regimenter eine 5. und so weiter die 4. eine 8. Batterie, bei der Gebirgs -Artillerie , die 1. Batterie des Regiments eine 4. , die 3. eine 6. Batterie und bei der Festungs -Artillerie die beiden Compagnien eine 3. und 4. Compagnie ( nebst Belagerungs -Artillerie-Parks) und somit ein "1 Festungs-Artillerie-Bataillon" aufstellen. Außerdem formiren die Feld-Artillerie-Regimenter und das Gebirgs-Artillerie-Regiment je 1 Ersatz-Batterie. Die Pyrotechnische Compagnie verbleibt in ihrem Verhältniß . Die activen Feld Artillerie-Regimenter treten in den Verband ihrer betreffenden Diviſionen über. 4. Ingenieure. Nachdem aus den 5 Pionier- Compagnien die im Mineur-, Telegraphen- und Eisenbahndienſt ausgebildeten Leute ausgeschieden und in 2 Telegraphen-Abtheilungen , 1 Mineur- und 1 Eisenbahn- Compagnie eingetheilt sind. formirt jede Cadre-Compagnie 1 active Compagnie, 1 Ingenieur Depot und 1 Ersatz-Pionier-Zug . Die beiden Pontonnier- Compagnien stellen 5 Brücken-Halbtrains , 1 Brücken -Train und 5 Erſaß-Pontonnier-Züge auf.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Je 1 active Pionier-Compagnie tritt mit 1 Brücken-Halbtrain zu der activen Division ihres Ersatz-Bereiches über. 5. Sanitäts-, Administrations- und Train - Formationen *) werden in analoger Weise gebildet. Erwähnt sei noch, daß die Divisions -Munitions Colonne nach dem organischen Statut für jedes Infanterie-Gewehr 80 Patronen, für jede Schußwaffe der Cavallerie und der Pioniere 30 Patronen und für jedes Geschütz 96 Geschosse mit sich führen soll. Die Durchführung der neuen Armee- Formation , namentlich die Neueintheilung des Territoriums und die Aufstellung des permanenten Cadres , wurde sofort nach Erlaß des vorstehend skizzirten Organisations-Statuts von dem Kriegsminister begonnen. Bis zum 15. März (a. St. ) 1883 war der Uebergang aus der alten in die neue Formation beendet. Die neuen Commando-Behörden sind seit diesem Tage in Function. Nur die Drina- und die Timok-Train-Escadron sind noch nicht formirt. Im Allgemeinen vollzog sich der Uebergang in folgender Weise. Die bestehenden Corps- und Diviſions-Commandos wurden verschmolzen zu den fünf Territorial-Divisions-Commandos ; die Kreis -Commandos der ehemaligen National Armee wurden aufgelöst in die vorgenannten Behörden und in die neuen Regiments Kreis-Commandos. Die Commandos des stehenden Heeres, der Infanterie und der Artillerie-Brigade gingen über in das Commando der activen Armee , die Com mandos des Cavallerie- und des Ingenieur-Regiments wurden die Stäbe der betreffenden neuen Commandos im permanenten Cadre. - Zu den bestehenden 10 Infanterie-Bataillonen wurden 5 neue formirt, indem jene hierzu je ein Drittel ihrer Mannschaft abgaben. Letztere war zu diesem Zweck der neuen Territorial-Eintheilung entsprechend ausgewählt , so daß , als die 15 Bataillone zu je 3 sich als Regimenter vereinigten, diese nur Mannschaften aus ihrem betreffenden Divisionsbezirk bezw. dessen drei Regimentskreisen hatten. Die Stäbe des Schumadia- und des Timok-Regiments wurden neu formirt. - Zu den vorhandenen 4 Escadrons wurden 2 neue aufgestellt, indem nach entsprechender Zusammensetzung der 1. ( Garde-) Escadron als " Garde des Königs " die Mann schaften des bisherigen Cavallerie-Regiments ihrer Landsmannschaft gemäß in 5 Escadrons getheilt wurden und dabei die letzteren die ihrem Divisionsbezirk entsprechende Nummer erhielten. - Von den in 4 Regimentern vorhandenen 32 Batterien wurden 9 Feld-Batterien aufgelöst und zur Neuformation des Festungs-Artillerie-Halb-Bataillons sowie der Train- Escadrons verwendet. Die bei dreien der alten Regimenter vorhandenen Gebirgs -Batterien traten zu dem neuen Gebirgs-Artillerie-Regiment zusammen. Die übrigen 20 Feld-Batterien wurden derart in 5 Regimenter getheilt , daß meist je 1 ganze Batterie-Diviſion (4 Batterien) eines alten Regiments ein neues Regiment formirte. Nur im Morawa-Regiment traten 4 Batterien verschiedener Regimenter zuſammen. — Die 4. und 5. Pionier-Compagnie wurden vollständig neu errichtet. - Die vor handene Sanitäts -Mannschaft erhielt ihre Eintheilung in 5 Compagnien , die vorhandene Train-Mannſchaft — zusammen mit den von den aufgelösten Batterien ――――― überwiesenen Mannschaften zunächst in 3 Escadrens. *) Jede Cadre-Train- Escadron formirt : den Stabs -Train für alle Stäbe der Diviſion und den Truppen -Proviant-Train für einen zweitägigen Bedarf; sie stellt außerdem die Trainsoldaten für die Ingenieur- und Sanitäts -Fuhrwerke, für die Diviſions - Munitions Colonne, für die Diviſions - Proviant-Colonne und eine Quote für die Reſerve - Munitions Colonne und für die Fuhrwerke der nicht in einem Diviſions -Verbande ſtehenden Stäbe und Truppen.

Heerwesen Serbiens .

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Die thatsächliche Dislocation des permanenten Cadres fand zwar mit Rück sicht auf die Ersatzbezirke der Truppentheile statt, behielt aber als Hauptgarnison auch des neuen stehenden Heeres Belgrad und Nisch bei . In Belgrad , dem Sit des " Commandos der activen Armee" , garnisoniren nicht nur alle Truppen der Donau-Division , sondern auch Theile der Drina-Diviſion , die gesammte Cavallerie und der größte Theil der Festungs - Artillerie und der Pioniere. In Nisch stehen fast alle permanenten Cadres der Timok- Division , deren Bereich somit von Truppen nahezu entblößt ist. Die Armee - Ausrüstungsanstalten sind in Belgrad und in Kragujevac , dem historischen Waffenplatz Alt - Serbiens, concentrirt. In jedem Divisionsbezirk befinden sich aber Depots (sogenannte Handmagazine) für Artillerie- (Munition), Ingenieur- und Sanitätszwecke, außerdem permanente und zeitliche Proviantmagazine , mindestens ein großes Artillerie magazin mit Pulverdepot und endlich permanente oder zeitliche Militär- und Thier-Spitäler. In einzelnen Orten fungiren neben den Militär- Territorialbehörden noch Festungscommandos 1. oder 2. Klaffe. Die vorgenannten Armee - Anstalten unterstehen direct den betreffenden Truppentheilen oder Militär- Territorialbehörden , alle übrigen Armee - Anſtalten , speciell die größeren Werkstätten , ressortiren direct von dem Kriegsministerium. Jhre Organisation wurde durch das mit dem Wehrgesetz erlassene, schon erwähnte Verwaltungsgesetz bestimmt . Diesem am 15. Januar 1883 erlaffenen, das gesammte Ressort des Kriegs ministers durch Staatsgesetz regelnden Armee-Verwaltungsgesetz waren unmittelbar Bestimmungen über eine Neuorganisation des Kriegsministeriums (Text Oesterr. Ungar. Wehrztg. 1883, Nr. 11 ) vorausgegangen. Der Kriegsminister der Serbischen Armee ist in der Verwaltung derselben überaus unabhängig vom Monarchen , da eine ganze Reihe von Angelegenheiten durch das genannte Gesetz geordnet ist , deren Regelung in anderen Staaten der Armeeleitung überlassen ist. So können in Serbien alle Erlaffe rein ökonomisch financieller und technisch- administrativer Natur auf Grund bestehender Gesetze und des Budgets vom Kriegsminister direct ausgehen. Das Ressort des Kriegsministers umfaßt die Organisation , Formation und Mobilifirung der Armee , ihre Ergänzung , Bewaffnung und Versorgung , ihre Ausbildung, die Aufsicht über den gesammten Dienst, die Disciplin, die Personal-, Sanitäts- und Justiz-Angelegenheiten sowie das gesammte Kaffenwesen. Das Kriegsministerium ist demnach in acht Abtheilungen gegliedert ; die 1. ist die allgemein-militärische, die 2. die Artillerie-techniſche, die 3. die Ingenieur-technische, die 4. die ökonomische , die 5. die Kaſſen-, die 6. die Sanitäts- , die 7. die Invaliden- und die 8. die Juſtiz-Abtheilung. Der Chef der 1. Abtheilung ist zugleich Canzleidirector des Kriegsministeriums und Redacteur des „ Officiellen Militär-Blattes ". Seine Abtheilung führt auch die Geschäfte des großen General stabes , dessen selbständigere Neuorganisation jedoch für das Jahr 1884 bevor steht, indem ihr die Bearbeitung der Mobilifirung , die Vorbereitung der Ver theidigungsfähigkeit des Landes (in Verbindung mit der 3. Abtheilung) sowie der Operationen und die Sorge für die stete Kriegsbereitschaft (Waffen) der Armee (in Verbindung mit der 2. Abtheilung) obliegt. Zum Reffort der 2. Abtheilung gehört auch die Remontirung, zu dem der 3. Abtheilung auch das Garnison-Bauwesen. Die 4. Abtheilung bearbeitet die Proviant-, Bekleidungs und Quartier- Angelegenheiten. Bei einer Mobilifirung der Armee gehen die Operations- und nach Bedarf auch ein Theil der Justiz-, Sanitäts- , Aus rüftungs-, Verpflegungs-, Kaffen- und Personal-Angelegenheiten auf das „Haupt

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Militärische Jahresberichte für 1883.

und Obercommando der Armee “ über. Aber auch dann noch bleibt der Kriegs minister der oberste Leiter der eigentlichen Armee-Adminiſtration. Das hierüber erlassene Staatsgesetz (Tert in der Oesterr.-Ungar. Wehrztg. 1883, Nr. 23 u . f. ) unterscheidet Adminiſtrationsorgane verschiedener Grade. Das Organ ersten Grades ist das Kriegsministerium ; Organe zweiten Grades sind die Divisions-Commandos , die Directionen der Armee-Anstalten und Armee Hauptmagazine; Organe dritten Grades alle ſelbſtändigen Truppencommandos, Garnisonverwaltungen , Spitäler und Divisionsanſtalten. Die Administrativ organe zweiten Grades sind als solche mit einer Intendantur und mit Referenten für Ingenieur , Artillerie- und Sanitäts - Angelegenheiten ausgestattet. Sache der Intendantur sind alle Geld-, Bekleidungs-, Verpflegungs- und Quartier Angelegenheiten. Die Administrativorgane dritten Grades sind speciell die un mittelbaren Verwalter des Geldes und des Materials der Truppen. Im Frieden ist den betreffenden Commandos zu diesem Zweck ein Kaſſirer , im Kriege auch noch ein Proviantmeister beigegeben. Die Gehälter sind durch das Wehrgeset normirt. Bezüglich der Armee-Ausrüstungsanstalten, welche direct vom obersten Leiter der gesammten Armee-Adminiſtration ressortiren, trifft das Gesetz Bestimmungen, deren Durchführung noch nicht erfolgt zu sein scheint. Wenn es von einer Geschützgießerei , einer Laffetenfabrik, einer Gewehrfabrik , einer Pratronenhülsen Fabrik, einer pyrotechnischen Anstalt, dem Magazin der militärtechnischen Anstalten, der Pulverfabrik mit allen ihren Dependenzen (darunter auch eine Verſuchs Schießstätte) , den Militär - Bekleidungsanstalten , dem Ingenieur - Arsenal , den Hauptmagazinen für Artillerie- und für Sanitätsmaterial spricht , so zeigt es aber , welche Anfänge in dieser Richtung vorhanden sind und welcher Umfang den Armee-Anstalten gegeben werden soll. Zweifellos bedürfen dieſelben noch sehr der Entwickelung, wenn die Bewaffnung der Serbischen Armee unabhängig vom Auslande bewirkt und auf der Höhe der Zeit erhalten werden soll. Nament lich das Artilleriematerial läßt ――― weil veraltet zu wünschen übrig. Die Serbische Regierung wird in dieser Beziehung , ebenso wie schon bezüglich der Infanterie -Bewaffnung geschehen vergl. Jahresberichte 1880 und 1881 -, Ankäufe im Auslande machen müssen. Die Bekleidung der Serbischen Armee wird schon jezt im Lande selbst beschafft. Das Jahr 1883 hat der Armee die neue Uniform gebracht, welche im Jahre vorher festgestellt worden war. Die Desterreichiſch-Ungarische Wehrzeitung vom 17. Januar 1883 enthält eine genaue Beschreibung derselben. Charakteristisch sind der dunkelblaue (bei der Cavallerie hellblaue, bei den Generalen dunkelrothe) Waffenrock *) mit sieben großen einreihigen (bei der Mannschaft weißen) Knöpfen, verschiedenfarbigen (bei der Infanterie lichtgrünen , bei der Artillerie schwarzen) Kragen und aufgestülpten, am oberen Rande mit dem Kragenstoffe passepoilirten Aermeln, sodann das meist blaugraue, paſſepoilirte, im neuen Ruſſiſchen Stiefel getragene Beinkleid , endlich ein Feldképi in Form des alten Desterreichischen, bezw. ein Paradeképi in Form des Französischen mit geradem Schirm. Die Ausrüstung der Pferde entspricht derjenigen der Oesterreichiſch-Ungarischen Armee. Der Infanterist trägt außer einem blaugrauen Mantel einen Tornister , eine Feldflasche, eine Eßschale und zwei Patronentaschen, welche 120 scharfe Patronen faffen. Die Mannschaften aller übrigen Waffen (auch die der Gebirgs-Artillerie) ſind nur mit je 60 Patronen ausgerüstet. *) Nur die Garde-Escadron trägt einen Attila mit gelber Schnurverzierung.

Heerwesen Serbiens.

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Nach dieser Skizze der Serbischen Armee, wie sie nach den im Januar 1883 votirten Gesetzen sein soll, muß es dem nächsten Jahresbericht vorbehalten bleiben, von ihr ein Bild auf Grund der thatsächlichen Verhältnisse zu geben. Es wird ſich nach Jahresfriſt beſſer als jeßt erkennen laſſen, wie weit die Neuorganiſationen im Rahmen der Geseze durchgeführt bezw . durchführbar sind. Schon jetzt ist anzunehmen, daß im Laufe des nächsten Jahres einige Aenderungen werden ein treten müſſen , deren Nothwendigkeit sich bei der Anwendung der neuen Geſeße inzwischen herausgestellt hat. So wird der Generalstab eine andere Organiſation erhalten ; auch der permanente Cadre der Infanterie wird eine Erweiterung erfahren müssen , da er in seiner gegenwärtigen Stärke nicht genügt zur vollen Ausbildung der Rekruten. Der permanente Cadre der Armee hat im Jahre 1883 bereits einen voll gültigen Beweis seines inneren Halts und ſeiner Kriegstüchtigkeit als Kern der activen Armee gegeben. In der zweiten Hälfte des October 1883 machte sich in den Gebirgsstrichen auf dem westlichen Ufer des oberen Timok eine aufständische Be wegung bemerkbar. Sie that dies zunächst durch die Widersetzlichkeit der dortigen Bevölkerung , die bis dahin in den Händen der - nunmehr durch die neue Heeresorganisation aufgehobenen - Milizen befindlichen fiscalischen Gewehre den. mit der Abführung der letteren in die Territorialdepots betrauten Offizieren und Truppencommandos auszuliefern. Es zeigte sich bald, daß die ganze Bewegung eine tiefer gehende politische Bedeutung habe und ihrem Wesen nach sowohl gegen die auswärtigen politischen Tendenzen der derzeitigen Serbischen Regierung wie auch gegen die Person des Königs Milan gerichtet war. Am 1. November kam es unweit Boljevac zu thatsächlichen Feindseligkeiten zwischen der Bevölkerung und dem Militär. Die zur Niederwerfung des Aufſtandes zunächst verfügbaren Truppen standen jenseits des nur durch wenige und lange Paßdefileen übergänglichen Gebirgswalles , welcher das obere Timok- Gebiet nach der Morawa zu abschließt. Schon vom 2. November ab hielten Banden von Aufständischen jene Zugänge zum Insurrections gebiet besetzt. Am 3. November wurde der Belagerungszustand über das letztere verhängt , General Nikolic (der Vorgänger des derzeitigen Kriegsministers, Oberst Petrovic) mit der Niederwerfung des Aufstandes beauftragt und ein Contingent von 5 Bataillonen , 2 Batterien und 1 Cavallerie - Detachement des permanenten Cadres ihm hierzu zur Verfügung gestellt. Am 7. November begann General Nikolic von Nisch, Aleksinac und Paracin aus seinen Vormarsch und machte sich noch im Laufe des Tages bei Ceſtabrodica, Kliſſura, Banja und Gramada zum Herrn der wichtigſten Zugänge zumInſurrections gebiet. Bei Cestabrodica war es zu einem heftigen, von den Regierungstruppen siegreich durchgeführten Gefecht gekommen. An demselben Tage mißglückte ein Anschlag der Aufständischen gegen das nur mit einer schwachen Artillerie Garnison versehene Zajecar, während in Knjazevac ein „ provisorisches Executiv Comité" die Behörden entfernte , die dortigen Armeevorräthe (Knjazevac ist Vorort der Timok-Diviſion) in Beschlag nahm und alle wehrpflichtigen Alters klaffen des Regimentskreises zu den Waffen rief. Diesem Rufe folgten, vielfach getäuschter Weise, *) am Tage darauf so viele Mannschaften, daß acht Bataillone 1. und 2. Aufgebots zuſammengestellt und zum größeren Theil aus den Knjazevacer *) Das Comité hatte in seinem Aufruf gesagt : „Wir wollen die Ordnung dem Lande und den Frieden dem Könige wiedergeben ."

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Nur an Munition war Mangel. Depot- Beständen bewaffnet werden konnten. Am 10. November erreichte die von Ceſtabrodica vordringende Operations - Colonne der Regierungstruppen bereits Zajecar. Am Tage darauf hatte sie bei Vratarnica. an der Straße nach Knjazevac einen mehrſtündigen Kampf mit den von dort aus verstärkten Insurgenten zu bestehen. Auch auf der Gramada wurde an diesem An beiden Orten endete das Gefecht mit der Auflösung der Tage gefochten. Insurgentenhaufen. Ein Theil der Führer trat auf Bulgarisches Gebiet über. Am 13. streckten die Insurgenten von Banja die Waffen vor den von Often und Westen anrückenden Truppen . Ein gleichzeitig in Aleksinac versuchter neuer Im Laufe des 14. November wurde die Aufstand wurde im Keime erstickt. Ordnung überall wieder so weit hergestellt , daß vom 15. an alle Behörden wieder in Function waren. Inzwischen hatte die Serbische Regierung bei Nisch noch weitere 2 Bataillone und 2 Batterien dem General Nikolic zur Verfügung gestellt und bei der ersten Nachricht von dem Aufstandsversuch in Aleksinac 2 Bataillone , 1 Batterie , 2 Pionier - Compagnien und einige Züge Cavallerie von Belgrad aus nach Jagodina inſtradirt sowie die Reserven des dortigen Divisionsbezirks zu den Fahnen gerufen. Während nunmehr die kriegsgerichtliche Procedur gegen die Rädelsführer ihren Gang nahm und ein mobiles Detachement vorerst noch in dem in Auf ruhr geweſenen Gebiete zurückblieb , traten die aufgebotenen Truppen vom 20. November an den Rückmarsch in ihre Garnisonen an. Mitte December waren alle dahin zurückgekehrt. Der ganze, kurze Bürgerkrieg hatte einige nicht unwichtige militärische Resultate gehabt. Die schnell und entschieden gefaßten Maßnahmen der Serbischen Regierung wurden zuverlässig , planvoll, folgerichtig und entſchloſſen von den militärischen Organen durchgeführt. Die aufgebotenen Truppen bewiesen un bedingte Treue der Regierung , Gehorsam ihren Führern und in deren Hand Ueberlegenheit gegenüber den zahlreicheren Insurgenten. Die Tragweite, Wirkung und Kriegsbrauchbarkeit des in Einführung begriffenen Gewehrsystems Mauser Koka (vergl. Jahresberichte 1880) entsprach allen Erwartungen. Das Gebirgs geschütz war weniger leistungsfähig. Eine nur mit Bau -Lowries befahrbare, etwa 45 km lange Bahnstrecke zeigte sich militärisch brauchbar (beim Transport der aus Belgrad detachirten Truppen) . Die Einberufung der wehrpflichtigen Altersklassen der activen Armee und des 2. Aufgebots ging in dem Seitens der Inſurgenten in Knjazevac herbeigeführten Falle so schnell vor sich, daß zwei Tage nach erlaffenem Befehl das gesammte Personal für die planmäßigen acht Bataillone und die entsprechenden Quoten für die anderen Waffen und die Branchen in dem Regimentskreis - Vorort versammelt waren. Die meisten dieser Ergebniſſe sprechen für die neue Organisation und die Tüchtigkeit der heutigen Serbischen Armee. Es erübrigt noch zu berichten , daß der Bau der Serbischen Bahnen im Jahre 1883 bedeutende Fortschritte gemacht hat. Alle Kunstbauten auf der Linie Belgrad —Nisch sind so weit vorgeschritten , daß ein provisorisches Geleiſe bereits auf der ganzen Strecke liegt. Die Save-Brücke bei Belgrad ist nahezu vollendet , die Fortsetzung der Linie über Nisch nach Vranja in specieller Vor arbeit und auch der Anschluß über Pirot nach Bulgarien Serbischerseits so weit vorbereitet , daß es hier wie dort nur noch gleich ernster Schritte Seitens der Türkei und Bulgariens bedarf, um den Anschluß des Serbischen Bahnneßes an die Macedonische und die Rumelische Linie den Festsetzungen der conférence à quatre gemäß in nicht zu ferner Zeit Thatsache werden zu lassen.

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Heerwesen Serbiens.

Ein wesentliches Verdienst um das schnelle Fortschreiten des Serbischen Eisenbahnbaues hat der gegenwärtige Kriegsminister, Oberst Petrovic , welcher vor seiner Berufung am 4. October 1883 Bautenminister war. Daß er es auch als Kriegsminister mit seinen Pflichten ernst nimmt und daher von jedem Militär dasselbe verlangt und daß er, stets der Politik fremd, diese auch von der ihm anvertrauten Armee fern zu halten weiß , das hat der Verlauf des Auf ſtandes im Timok-Gebiet mit bewiesen. Das Königlich Serbische Heer tritt in das Jahr 1884 zwar noch mit Lücken und Mängeln behaftet, aber doch in wesentlich gebesserter Verfaſſung ein und berechtigt, um mit König Milan ſelbſt zu reden , zu der Erwartung , „ ein treuer Beschützer des Rechtes , der Ordnung, Freiheit, Unabhängigkeit, Ehre und M. Würde der Nation " zu sein .

Bericht

über das

Heerwesen Spaniens .

1883 .

1. Allgemeines . Das Jahr 1883 war militäriſch und politiſch ein für Spanien hochbedeut ſames. Es sah diejenige Inſtitution, welche die feſteſte Stüße jedes monarchiſchen Staatswesens bilden soll , die Armee , durch die, wenn auch schnell unterdrückte Militärrevolte von Badajoz zum ersten Mal seit ihrer Neubildung in ihren Grund vesten erschüttert ; es sah bald darauf den jungen König Alfons als Gast des Deutschen Kaisers zu Homburg und von dort als neuernannten Chef eines Deutschen Ulanen-Regiments vom Pariser Pöbel beschimpft heimkehren. Es ſah ferner den Kronprinzen des Deutschen Reiches , mit einem Enthusiasmus sonder Gleichen auf Spanischem Boden aufgenommen , den Besuch König Alfons im Namen Kaiser Wilhelms erwidern , es sah aber auch das von der kühnen Hand des Königlichen Piloten regierte Spanische Staatsschiff dem bedenklichen Strudel liberalster Strömung zutreiben! Mit dem am 14. October 1883 abtretenden Ministerium Sagasta war auch General Martinez Campos genöthigt , das Portefeuille des Krieges in die Hände des Generals Lopez Dominguez niederzulegen. Derselbe, ein Neffe Serranos, im Rufe eines fähigen, energischen, mit außergewöhnlich organiſatoriſchem Talent begabten Mannes stehend , wird nun , da er , soweit seine ersten Maßnahmen er kennen lassen, mit weitgehendster Vollmacht für die Reorganisation der Armee ausgestattet zu sein scheint, reichlich Gelegenheit haben , diesen Ruf zu rechtfertigen. Inwieweit es dem neuen Kriegsminister , der Jahre lang bis zur Uebernahme seines wichtigen Postens in unmittelbarer politischer Nachbarschaft der Republicaner ein eifriger Vertreter derjenigen radicalen Partei war, die zwar noch monarchisch“ aber dennoch nur einem auf breitester demokratischer Grundlage stehenden König thum folgen will , gelingen wird , den bösen Genius politischer Parteiung aus der Spanischen Armee zu vertreiben, bleibt abzuwarten. 18 Militärische Jahresberichte 1883.

274

Militärische Jahresberichte für 1883.

2.

Geseze und Erlaſſe.

Das bereits bestehende Gesetz , betreffend die Organisation der Gene ralität ,* ) hat eine neue Fassung erhalten und ist , nachdem es beide Kammern ohne Aenderung angenommen , unterm 14. Mai 1883 vom Könige sanctionirt worden. Der Wortlaut desselben ist folgender: Artikel 1 .

Die Generalität besteht aus : Generalcapitänen, Generallieutenants, Generalmajors (mariscales de campo) und Brigadiers.

Artikel 2. Die Generalität theilt sich in zwei Sectionen, in active Generale und in solche der Reserve. Zu den activen Generalen gehören alle Generale in einer Commandostelle oder von der Armee (de cuartel) , die das gesetzliche Ausscheidungsalter noch nicht haben. Zu den Generalen der Reserve gehören. die Generale mit mehr als gesetzlichem Alter, die durch Wunden oder sonstige Gründe nicht dienstfähigen und die auf eigenen Wunsch zur Reserve versetzten Generale. Die Generalcapitäne bleiben stets activ. Artikel 3. Die Marimalsumme aller im Frieden vorhandenen activen Generale soll betragen: 4 Generalcapitäne, 40 Generallieutenants , 60 Generalmajors , 160 Brigadiers . Summe 264 Generale. Mitglieder der Königlichen Familie und solche, fremder Heere sind, zählen in dieser Zahl nicht mit. Artikel 4.

Artikel 5.

die gleichzeitig

Generale

Das gesetzliche Alter für den Uebertritt zur Reserve iſt für Generallieutenants 72 Jahre = Generalmajors 68 = 66 Brigadiers Die Generale der Reserve erhalten folgendes Gehalt:

Generallieutenants 12 500 Pesetas ( 10 000 Mark) , ፡ ), = 10 000 ( 8 000 Generalmajors = = 8 000 ( 6 400 Brigadiers Wer auf seinen Wunsch früher, als sein Alter nothwendig macht, zur Reſerve übertritt, erhält die seinen Dienstjahren entsprechende Pension, aber niemals mehr als die oben genannten Summen. Artikel 6. Die Generale der Reserve behalten denselben Anspruch auf Honneurs und Uniform , wie die activen Generale. Auch behalten sie Anspruch auf Erwerbung des Kreuzes von San Hermenegildo , wenn sie das entsprechende Dienstalter erreicht haben , sowie die damit verbundene Ordenszulage in dem selben Maße, als wenn sie noch activ wären.

*) Vergl. Jahresberichte 1880 Seite 205.

275

Heerwesen Spaniens.

Artikel 7.

Alle

Commando stellen für Generale werden nur mit

activen Generalen besetzt. Die Generale der Reserve finden Verwendung im Staatsrath, obersten Kriegsrath für Armee und Marine, in der Berathungs Commission für Armee- 2. Angelegenheiten und im Invaliden = Departement. Doch darf auch in den genannten Behörden nie mehr als die Hälfte der etats mäßigen Generalsstellen mit Generalen der Reserve besetzt werden. Artikel 8. Jeder das gesetzmäßige Alter erreichende General tritt sofort zur Reſerve über und darf vor Ablauf von 4 Monaten keine der ad 7 genannten Stellen erhalten. Artikel 9. Wer auf eigenen Wunsch zur Reserve übertrat , darf nur in beſonderen Ausnahmefällen und nach erfolgter Kriegserklärung wieder activ werden. Artikel 10. Wenn der Friedensetat der activen Generale voll ist, darf keine Beförderung zu Generalen stattfinden. Ist dieser Etat übervoll , so werden Stellen, die durch Uebertritt zur Reserve frei werden, nicht als ent standene Vacanzen betrachtet, wohl aber die durch Todesfall frei werdenden. Artikel 11. So lange der genannte Friedensetat der activen Generale mehr als um die Hälfte übervoll ist, wird nur immer die dritte entstehende Vacanz , ist er um weniger als die Hälfte übervoll, immer die zweite Vacanz durch eine neue Beförderung ersetzt. Artikel 12. Die Beförderung der Generale entspricht dem allgemeinen Avancementsgesetz ; bei Beförderung zu Generalcapitäns concurriren die General lieutenants der Reserve mit den activen in gleicher Weise. Artikel 13. Die Beförderungen zu etatsmäßigen Generalen im General ſtabe, in der Artillerie und beim Genie alteriren die ad 11 gegebene Berechnung der Vacanzen in keiner Weise. Vorübergehende Bestimmungen. Die Klasse der Generale zur Disposition fällt weg; alle zu derselben gehörenden Generale treten zur Section der Reserve. Unter das gegenwärtige Gesetz fallen auch die auf Grund des Königlichen Decrets vom 7. Mai 1879 zur Reserve übergetretenen Generale. Eine tief in den Armee - Organismus einschneidende Maßregel ist die bald nach Ernennung des Generals Lopez Dominguez zum Kriegsminister durch Königliches Decret vom 22. October 1883 festgesetzte Bestimmung , daß kein General länger als drei Jahre in seiner Commandostelle verbleiben darf. In Folge dessen hat eine große Zahl von Generalen ihr Commando niederlegen müssen , darunter auch Marschall Quesada dasjenige der Nordarmee. An seine Stelle ist Marschall Concha , der jüngere Bruder des im letzten Carliſtenkriege 1874 bei Estella gefallenen Concha, getreten. Ferner bestimmte eine kriegsministerielle Verfügung vom gleichen Tage, daß von jetzt ab keine Adjutanten- oder Ordonnanzoffizier-Posten von Subaltern offizieren bekleidet werden dürfen , sondern daß dazu die Hauptmannscharge er forderlich ist. 3. Ersak. Die Effectivstärke der Armee für das Etatsjahr 1883/84 betrug für die Halbinsel 94 894 Mann , dazu 28 000 Mann während der Rekruten-Ausbildungsperiode, Cuba 25 653 = = Puerto-Rico 3 302 = = die Philippinen 7870 = =

18*

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Zu den Aufnahmeprüfungen für die neu errichtete Allgemeine Militär Akademie zu Toledo war der Andrang bedeutend. 945 Aspiranten hatten sich im Juli 1883 eingefunden, während nur 250 Zöglinge einberufen werden können.

4.

Organisation.

Die Allgemeine Militär - Akademie * ) in Toledo ist am 15. Juli 1883 ins Leben getreten. Das Reglement derselben lautet folgendermaßen. Der Cursus dauert zwei Jahre. Die Aspiranten für die Specialwaffen machen darauf einen einjährigen Vorbereitungscursus durch und treten nach bestandenem Examen in die " Applications - Akademie " der von ihnen gewählten Waffe. Die Aspiranten der übrigen Waffen absolviren nach den ersten zwei Jahren nur noch einen einjährigen Specialcursus für ihre Waffe ; diejenigen der Militär-Verwaltung treten schon nach einjährigem Besuch der Akademie in ihren Specialcursus ein. Das Personal der Akademie setzt sich wie folgt zuſammen : 1) 2) 3) 4)

5) 6) 7) 8)

1 Generalmajor (mariscal de campo) als Director, 1 Oberst als Studienchef, 3 Oberstlieutenants als Directionsmitglieder, als Lehrer: 1 Major vom Generalstab, 2 Majors von der Infanterie, = Artillerie, = 2 = 1 Capitän vom Generalstab, 3 Capitäns von der Infanterie, = 1 Capitän - Cavallerie, = Artillerie, 3 Capitäns ፡ = 2 vom Genie, 1 Premierlieutenant vom Generalſtab, 14 Premierlieutenants von der Infanterie, = = 2 : Cavallerie, = = Artillerie, 2 1 Premierlieutenant vom Genie, 2 Aerzte, 1 Geistlicher, 1 Reitlehrer, 1 Capellmeister.

Ebenfalls durch Königliches Decret wurden je zwei Jäger - Bataillone zu einer Halbbrigade unter dem Commando eines Obersten formirt. Die Functionen des letzteren wurden wie folgt festgefeßt : 1) Revision der Halbbrigaden jährlich ein Mal , im October , sofern die ihnen unterstellten Bataillone mit dem Halbbrigade - Stabsquartier in einem und demselben District liegen. Von der Reviſion iſt dem betreffenden Generalcapitän des Districts Anzeige zu machen . 2) Die Revision erstreckt sich auf alle ökonomischen Verhältnisse und auf die Ausbildung im theoretischen und praktischen Dienst. 3) Bei der Revision begleitet den Obersten ein Capitän oder Lieutenant der Halbbrigade als Secretär. 4) Der Commandeur der Jäger-Halbbrigade hat die Strafgewalt eines Regimentscommandeurs. 5) Der Commandeur hat das Recht, sich jederzeit über den Zustand, Dienst betrieb c. seiner Bataillone zu orientiren und sich Rapporte und Berichte über beliebige Punkte einreichen zu laſſen.

*) Vergl. Jahresberichte 1882 Seite 346.

Heerwesen Spaniens.

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6) Ueber alle außergewöhnlichen Vorfälle und über eventuelles Ausrücken aus der Garnison haben die Bataillone dem Oberst zu rapportiren. 7) Sobald der Oberst im Dienst erscheint , meldet ihm der Bataillons commandeur und hat von ihm die Erlaubniß zur Fortsetzung resp . zum Beginn der Uebung zu erbitten. 8) Findet der Oberst sich in der Garnison des Bataillons ein, so wird von letterem Rapport erstattet und um Befehle gebeten. 9) Im Kriege hat der Oberst Stellung und Befugniſſe eines Brigade commandeurs. Durch Königliche Ordre vom 29. October wurde ministerium folgende Neugestaltung gegeben.

dem Kriegs

Das Kriegsministerium besteht fortan aus folgenden selbständigen Abtheilungen : 1) Subsecretariat. 2) Generaldirection der Infanterie und des Festungs- Generalstabes. = Cavallerie. ፡ - Artillerie. ፡ des Genie. = - Verwaltungs- und Sanitätswesens. = 7) der Carabineros. = = Guardia civil. 8) = 9) des Invalidenwesens. 10) der Militärjustiz. 11) des Militär-Bildungswesens . der Militär-Geistlichkeit. 12) 13) für Ersaß der Colonial-Truppen. 14) Commando der Königlichen Hellebardier-Garde. 15) Commission für Loskauf und Stellvertretung, so lange diese noch bestehen. Subdirector wird ein Generalmajor, der gleichzeitig Generalstabschef ist und das Archiv unter sich hat. Sämmtliche Generaldirectionen stehen unter einem Generallieutenant , auch die Commission für Loskauf und Stellvertretung. Nur die Militärjustiz steht mit unter dem Präsidenten des obersten Rathes für Krieg und Marine, die Geistlichkeit ressortirt vom Patriarchen beider Indien. Das Subsecretariat zerfällt in : 1) Das Privatcabinet. 2) Die Abtheilung für Krieg. 3) Die Abtheilung für Generalstab. 4) Allgemeines Departement. 5) Das Kriegsdepot. 6) Das Archiv. 7) Statistisches Büreau 2c. 8) Bibliothek. 9) Raffen und Ersatzwesen. Alle Secretäre bei den Generaldirectionen sind Brigadiers. Das Perſonal dieſes Secretariats wird besonders noch bestimmt werden. Die Generaldirection für Verwaltung zerfällt in die eigentliche Verwaltungs- und in eine Control behörde. Die Generaldirectionen erledigen die laufenden Sachen selbständig mit ihren Directoren ; für alle wichtigen Sachen haben sie Vortrag beim Minister. Das Personal derselben ernennt der Minister auf Vortrag des betreffenden Generaldirectors. Die Neu-Organisation ist mit dem 1. December 1883 in Kraft getreten. Durch Königliches Decret wurde ferner die Reorganisation der obersten berathenden Kriegscommission (junta superior consultiva de guerra)

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Militärische Jahresberichte für 1883.

und die Auflösung des erst seit kurzem bestehenden Allgemeinen Landes Vertheidigungs - Comités *) verfügt. An der Spiße der ersteren Behörde steht ein Generalcapitän. Die Behörde theilt sich in drei Abtheilungen , jede unter einem Generallieutenant. Diese Abtheilungen heißen : 1. Abtheilung für die Hauptwaffen. 2. Abtheilung für die Specialwaffen. 3. Abtheilung für die Branchen. Die erste Abtheilung besteht aus zwei Commiſſionen : a. Special-Commiſſion für Infanterie und b. Special-Commiſſion für Cavallerie unter je 1 Generalmajor. 1 Brigadier als stimmfähigen Mitgliedern, 2 Obersten 2 Capitans als Hülfsmitgliedern. Die zweite Abtheilung besteht : a. aus der Special-Commiſſion für Artillerie unter 1 Generalmajor als Präſes, 2 Brigadiers 2 Obersten 1 Unterintendanten als stimmfähigen Mitgliedern, 2 Oberstlieutenants 2 Majors 3 Hauptleuten als Hülfsmitgliedern; b. aus der Special-Commiſſion für Genie unter 1 Generalmajor als Präses, 1 Brigadier 3 Obersten als stimmfähigen Mitgliedern, 2 Oberstlieutenants } 2 Hauptleuten als Hülfsmitgliedern; c. aus der Special-Commiſſion für Generalstab unter 1 Brigadier (Chef des Kriegsdepots) als Präſes, 2 Obersten als stimmfähigen Mitgliedern, 1 Hauptmann als Hülfsmitglied. Die dritte Abtheilung besteht aus : a. der Special-Commiſſion für Verwaltung unter 1 Armee-Intendanten als Präses, 1 Divisions-Intendanten als stimmfähigen Mitgliedern, 1 Unter-Intendanten 2 ersten Verwaltungsoffizieren als Hülfsmitgliedern; b. der Special Commission für Sanitätswesen unter 1 Chefarzt 1. Klasse als Präſes, 1 Chefarzt 2. Klaſſe 1 Chefapotheker 2. Klasse 1 Unterintendanten als stimmfähigen Mitgliedern, 1 Unterchefarzt 2. Klasse 1 Oberarzt 1 Oberarzt 1 Oberapotheker } als Hülfsmitgliedern. Das Secretariat der junta beſteht aus : 1 Brigadier, 1 Oberstlieutenant, 2 Hauptleuten. Diese oberste Berathungsbehörde übernimmt fortan auch die Arbeiten des Landesvertheidigungs - Comités , welches hiermit aufgelöst wird . Das Bataillon Schreiber und Ordonnanzen ist durch Königliche Ordre abgeschafft und durch ein Schreibercorps für Militär - Büreaus ersetzt.

*) Vergl. Jahresberichte 1881 Seite 288.

Heerwesen Spaniens.

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In dasselbe treten Sergeanten des activen Dienststandes, welche die nöthige Qualification und Empfehlungen besitzen und auf den Dienst mit der Waffe gänzlich verzichten, auf Antrag ein. Der Etat des Schreibercorps soll kommen auf : mit 2000 Pesetas, 6 Oberschreiber = 20 Schreiber 1. Klaſſe = 1750 ፡ 1500 = 2. = 30 ፡ 100 : 3. : 1250 104 = 4. = - 1000 : Mit dem 1. Januar 1884 sollten folgende Beſtimmungen in Kraft treten. 1 ) Bei der Fuß- Artillerie wird der Regimentsverband aufgehoben , so daß künftig nur 10 Fuß- Artillerie-Bataillone bestehen, welche in festen Garnisonen dislocirt werden . Eins derselben (in Madrid ) soll mit allem nöthigen Material an Pferden und Maulthieren ausgerüstet werden behufs Ausbildung der Mann schaften im Dienst der Belagerungs- Artillerie. Die festen Stabsquartiere der Bataillone sind : 1. Bataillon Barcelona 2. Bataillon Cádiz , 3. Bataillon Madrid, 4. Bataillon Coruña , 5. Bataillon Pamplona, 6. Bataillon Cartagena, 7. Bataillon Bilbao, 8. Bataillon Palma de Mallorca, 9. Bataillon Céuta, 10. Bataillon Sta. Cruz de Tenerifa. Die ersten vier Bataillone zählen je 6, die anderen je 4 Compagnien. Das 3. Bataillon in Madrid wird mit 18 Pferden und 120 Maulthieren ausgerüstet. 2) Die sechs Reserve - Artillerie - Regimenter *) erhalten nunmehr alle Reservemannschaften der Artillerie überwiesen , die bisher unter den Infanterie Reserve-Bataillonen standen . 3) Jedes Fuß - Artillerie - Bataillon ** ) erhält eine Depot-Compagnie. 4) Die vier Genie-Regimenter (Sappeurs-Mineurs) behalten ihre zwei Bataillone ; die Regimenter garnisoniren : 1. Regiment in Burgos , 2. Regiment in Madrid , 3. Regiment in Sevilla , 4. Regiment in Barcelona. ― In ihren Garnisonen stellen sie auch das Personal für den Telegraphen- und Brieftauben dienst. Das 5. (berittene) Regiment wird aufgelöst. Das bisherige Pontonnier- Bataillon bildet ein Regiment mit vier selbständigen Einheiten, Ausrüstung nach System Birago. Das Telegraphen- und Eisenbahn - Bataillon bildet mit der bis herigen Topographen- Brigade zusammen den Special - Train (tren de servicios especiales), der mit zum Genie-Corps gehört und aus drei Sectionen besteht: 1. Telegraphen-Section, 2. Eisenbahn-Section, 3. Topographen-Section . Die erste Section ist beritten. Jede Section besteht jetzt aus zwei Einheiten, die auf vier zu erweitern, sobald die Mittel dazu vorhanden sind. Der Special Train erhält seinen Erſaß aus ganz Spanien. Das Telegraphen - Personal wird auch im Telegraphen- und Mikrophondienst ausgebildet. Die Eisenbahn Section lernt alles zum Eisenbahnbau, -Betrieb und Zerstörung Nöthige. Zu dem Zweck soll ihr die Ringbahn um Madrid überlassen werden. Die Offiziere haben freie Fahrt in ganz Spanien. Die Topographen - Section soll später auch in Feld-Photographie und -Lithographie ausgebildet werden. Das bezügliche Decret enthält ferner Bestimmungen über einen Central Brieftaubenschlag in Guadalajara , Prämien für die Tauben von Privatzüchtern und Pläne für weitere Taubenschläge. Beim Special-Train werden ferner jährlich *) Vergl. Jahresberichte 1882, S. 345. **) Ebenda.

Catho

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Militärische Jahresberichte für 1883.

18 Lieutenants der Cavallerie als Führer der „ Recognoscirungszüge“ zum Zer stören von Eisenbahn- und Telegraphenlinien ausgebildet. Auch die Nord- Armee hat eine Neu-Organisation erfahren. Sie besteht fortan aus vier Divisionen ; die Divisionen 1-3 stehen in den General Capitanaten Navarra, Vascongadas und dem auf dem linken Ebro-Ufer gelegenen Theile der Provinz Logroño und bilden zuſammen „ das Armee - Corps der Nord-Armee ". Die 4. Division steht in Burgos. Diese Einrichtung soll jedoch nur vorübergehend sein, da das Project einer neuen Territorial- Eintheilung des Landes, den taktischen Einheiten entsprechend, dem König vorgelegt werden soll. 5. Bewaffnung. Das " Memorial de Artilleria" brachte die genaue Beschreibung einer vom Capitän Mata erfundenen "I Repetirconstruction " , die sich am reglementa= rischen Remingtongewehre anbringen läßt. Das Mata'sche System hat 11 Pa tronen, davon liegen 5 im Schaft, 4 in dem Verbindungscylinder zwischen Lager und Verschluß, 1 im Verschluß und 1 im Patronenlager, derart, daß das Gewehr als Repetir- und Einzellader gebraucht werden kann. Wird es als Repetirgewehr benutzt , so sind im Ganzen nur zwei Griffe nöthig : 1) einer seitwärts ange brachten Kurbel wird eine ganze Drehung gegeben , wodurch der Verschluß geöffnet, die alte Hülſe herausgeworfen, eine neue Patrone in das Patronenlager geführt , der Verschluß geschlossen und das Gewehr gespannt wird ; 2 ) es wird abgezogen. Läßt man die Kurbel unbenußt, so fungirt das Gewehr als Einzel lader. Hierbei sind folgende Griffe nothwendig : Oeffnen , wobei die alte Hülse herausfliegt, Einlegen der Patrone, Spannen, indem dann der Verschluß schließt, und Abdrücken. Sollte bei der Einführung der Mata'ſchen Erfindung keine Aptirung stattfinden , sondern ein neues Gewehr gegeben werden , so verlangt Capitän Mata ein Kaliber von 10,1 mm und ein Geschoß von 24 g Gewicht. Hiermit will er bei demselben Rückstoß , wie der des jezigen Gewehrs, und bei demselben Gewicht eine Anfangsgeschwindigkeit von 450 m erreichen .

6.

Ausbildung.

Größere Uebungen im Verbande größerer Truppenkörper und gemischter Waffen haben außer solchen bei den Garnisonen auch im Jahre 1883 nicht ſtattgefunden. Bei Zaragoza ist ein stehendes Uebungslager errichtet worden für die Truppen des Districts von Aragon. Daffelbe, 1½ Meilen nördlich Zaragoza bei dem Dorfe Villanueva de Gallego gelegen, bildet ein Rechteck von 422 m Länge und 190 m Breite. Die Baracken sind bataillonsweise in Compagniefront Colonne aufgestellt , je zwei Compagnien trennt eine Straße von 12 m Breite. Zwischen je zwei Bataillonen befindet sich eine Straße von doppelter Breite. Eine Centralstraße von 100 m Breite nimmt eine Batterie auf. Hinter dieſer befindet sich das Hauptquartier. An den Flanken der Bataillone stehen die Offizier zelte jeder Compagnie; hinter der Front der Stab, Wache 2. Daraus, daß das Lager bereits zweimal von je einer Batterie und zwei Infanterie - Brigaden bezogen worden , geht hervor , daß es für vier Bataillone Infanterie und eine Batterie Platz bietet. Von den lagernden Truppen ist das Lager mit Befestigungs anlagen, Schüßengräben, mit Graben davor, und Geschüß-Emplacements versehen worden. Auch bei Valencia , Lerida und Tarragona find stehende Lager in Aussicht genommen.

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Heerwesen Spaniens.

7. Befestigungen. Außer an den Befestigungen bei Jaca ist besonders an denen von Cádiz gearbeitet worden. 8. Colonien . Für die Cubanische Armee ist eine Uniformveränderung eingeführt; erwähnenswerth ist , daß als Kopfbedeckung die Englischen Korkhelme adoptirt worden sind. Die Organisation berittener Guerrillas für Puerto Principe auf Cuba ist genehmigt worden. Das längst besprochene Project der Schaffung einer Colonial - Armee ist durch die Einreichung eines Gesetzvorschlages des Generals Daban und Ueber weisung desselben an eine Special- Commission, nachdem sich der Colonialminister günstig dafür gezeigt, in ein positiveres Stadium getreten. Der bezügliche Vorschlag lautet : § 1. Die stehenden Colonial-Heere werden fortan auf folgender Basis errichtet : a. Zur einen Hälfte wie bisher aus Unterthanen der Halbinsel. b. Zur anderen Hälfte aus Eingeborenen nach zu gebenden Specialbestim= mungen ; hierbei sind Weiße und Farbige gleichmäßig gemeint. § 2. Um Racen-Eifersucht vorzubeugen und den Nationalgeist zu heben, sollen die taktischen Einheiten, Bataillone und Regimenter, gleichmäßig aus Ein geborenen und Europäern, die Compagnien, Escadrons und Batterien in ſich aber immer nur aus Weißen oder Farbigen bestehen. § 3. Die Cortes setzen jährlich die Zahl feft , die jede Provinz aus ihrem Budget zu erhalten hat; danach richtet sich das von den beiden Theilen (Ein geborenen und Europäern) zu stellende Contingent. § 4. Bei Einführung der Militär-Dienstpflicht für die Colonien können die Cortes den Loskauf unter bestimmten Bedingungen sanctioniren ; das ein gehende Geld wird dann zur Prämiirung von Freiwilligen und Wiedergeworbenen verwandt . § 5. Die Dienstdauer der Eingeborenen soll 4 Jahre bei der Fahne und 4 Jahre bei der Reserve betragen ; unbegrenzte Beurlaubungen können nach den selben Principien, wie auf der Halbinsel, eintreten. § 6. Die Reserven und ausgedienten Mannschaften beider Klaffen der Colonial-Heere werden bevorzugt bei Besetzung gewiffer Staatsämter in jenen Provinzen. B.

Bericht über das Heerwesen der

Türkei.

1883 .

Für die Türkei bezeichnet das Jahr 1883 , militärisch betrachtet, eine Fort segung des seit 1881 eingetretenen verhängnißvollen Stillstandes. Man plant und bearbeitet — zum Theil mit fremder, sachkundiger Hülfe — organiſatoriſche Bestimmungen und Veränderungen, Besserungen in der Verwaltung, Ausrüstung

282

Militärische Jahresberichte für 1883.

und Ausbildung der Armee ; aber zwischen dem Wollen und der Ausführung liegt jene den Orientalischen Staaten eigene, vom Islam mitgeschaffene Kluft, die zu überspringen das vergebliche Bemühen schon manchen Europäers gewesen ist. (Vergl. Persien.) So hat auch die Mission Preußischer Offiziere,*) welche in der Türkei weilt, bis zum Schluffe des Jahres 1883 nicht vermocht, etwas Poſitives zu schaffen. Die seit 1882 in der Türkei arbeitenden vier Offiziere haben nach eingehendem Studium der Verhältnisse dem Sultan einen Reorganisations -Entwurf eingereicht - vergl. Schluß des vorigen Jahresberichts, Seite 355 ; aber sie harren auch heute noch der schriftlichen Bestätigung der ihnen damals gegebenen mündlichen Zusage des Sultans und des ersten thatsächlichen Schrittes seiner Regierung, den Entwurf in die Wirklichkeit zu übersehen. Inzwiſchen iſt jenen ein fünfter Offizier gefolgt und an die Spitze des Militär-Bildungswesens gestellt worden. Auf diesem Gebiete laffen sich Reformen ausführen ohne so große Geldmittel, wie jene sie für die Reorganisation der Truppen nöthig haben. Aber Orientalische Vorurtheile scheinen dafür sorgen zu wollen , daß Europäiſche In telligenz und Preußischer Wille auch hier lahm gelegt werden. Der Widerstand der Alttürkischen Partei gegen den Einfluß von Ausländern überhaupt, die Ab neigung Osman Paschas, des Kriegsministers, wider jede Reform , welche die Verwahrlosung seines Ressorts zeigen sowie seinen Einfluß und seine Einnahmen schmälern könnte, der Mangel an militärischer Bildung und an Sinn für taktiſche Neuerungen bei der Mehrzahl der älteren Offiziere , zusammen mit dem Fehlen der für eine gründliche Reorganisation nothwendigen financiellen Mittel, werden aller Arbeit der Preußischen Offiziere und allem guten Willen der einſichtigeren Türkischen Generale unter den Mitgliedern der Reform-Commission Trotz bieten und jedes wirkliche Reform-Project scheitern machen. Die Reform-Commission hat die ihr vom Sultan mitgetheilten Reorgani= sations- Entwürfe der Preußischen Offiziere begutachtet ; dieselben sind darauf an den Sultan zurückgelangt und von diesem in das Kriegsministerium gewandert, — in das Kriegsministerium, wo Osman Pascha ſie lächelnd in einen der zahlreichen Säcke versenkte, welche noch heut zu Tage in den Türkischen Büreaus die Stelle der bei uns üblichen Actenrepositorien einnehmen. Sie ruhen dort mit vielen anderen Schriftstücken, welche ähnlichen Zwecken dienten und den gleichen Weg nahmen , zwar gut und sicher, aber Armee und Flotte rosten inzwischen weiter. Ohne einen Personenwechsel im Serasteriat ist an eine ernstliche Durchführung militärischer Reformen in der Türkei nicht zu denken. Die Türkische Armee ist seit dem Schluß des Ruſſiſch-Türkischen Krieges in einen Zustand gerathen, der - noch schlechter als ihr damaliger - weit entfernt ist von demjenigen, in welchem sie in jenen Krieg eintrat. Denn ein Retablissement des Materials hat seit 1877/78 nicht stattgefunden. Die Be waffnung ist verwahrloft, die Bekleidung zerlumpt und ungleichmäßig. Nur die Garnison von Constantinopel hat Waffen und Uniformen, welche durchweg kriegs brauchbar sind. Die Pferde der Cavallerie und Artillerie befinden sich in dem kläglichsten Zustande, wenn sie überhaupt vorhanden sind. Selbst die Schwadronen in und bei Constantinopel sind nur zur Hälfte beritten , die dortigen Batterien nur theilweise bespannt. Train- und Colonnen-Material fehlt, auch für Sanitäts zwecke, gänzlich. *) Wenn wir den in der (Münchener) Allgemeinen Zeitung hierüber gebrachten ein gehenden Correspondenzen Glauben schenken dürfen.

Heerwesen der Türkei.

283

Was das Personal anbelangt, so genügt zur Charakteristik der Verhältniſſe desselben der Hinweis darauf, daß seit 1877/78 nicht eine reguläre Rekrutirung stattgefunden hat. Lediglich nach Willkür und Umständen wurde ausgehoben und entlaffen. Die Cadres der Nizam-Truppentheile wurden schon seit Jahren nur in Constantinopel noch mit vollzähliger Kopfstärke erhalten, und der Stand der Redisklassen mußte wegen der unvollständigen Rekrutirungen nach und nach immer bedenklicher sinken. Die Türkische Armee ist heute weiter denn je davon entfernt, ihre planmäßigen Feld-Truppentheile in annähernd planmäßiger Kopfstärke auf stellen zu können. Von den Vorgängen des Jahres 1883 iſt zunächſt die mit den Reorganiſations Bestrebungen noch im Zuſammenhange stehende Entsendung von 10 jungen Tür kischen Offizieren aller Waffen nach Berlin anzuführen , welche dort die Deutsche Sprache erlernen und dann mehrere Jahre in der Preußischen Armee Dienste thun sollen. Im Juli 1883 gab die andauernde Feindschaft zwischen Albanesen und Montenegrinern Anlaß zu Kämpfen auf der Ostseite des Skutari - Sees. Die in und um Skutari versammelten regulären Truppen mußten schließlich ein greifen. Vier Bataillone und zwei Batterien rückten aus und bereiteten den Albanesischen Stämmen in einer Reihe kleiner Gefechte so entschiedene Nieder lagen, daß jene bald und bestimmt zur Ruhe gezwungen waren. Seitdem die Hinterladewaffen bei den Albanesischen Bergstämmen Eingang gefunden haben, sind diese nicht mehr immer in der Lage, die Patronen sich selbst zu bereiten. Die alte Nachhaltigkeit und Zähigkeit des Kampfes der Berg bewohner jener Gegend wird dadurch beeinträchtigt. In der That ist es im vorliegenden Fall hauptsächlich Munitionsmangel gewesen , welcher die Albanesen so schnell zum Nachgeben bewogen hat. Eine definitive Regulirung der Montenegrinisch - Türkischen Grenze in ihrer ganzen Ausdehnung ist trotz des für die Türkische Autorität günstigen Ausganges jener Kämpfe noch nicht erreicht. Anläßlich des Besuches , welchen der Fürst der schwarzen Berge im Sommer 1883 in Conſtantinopel abstattete , haben beide Regierungen sich allerdings über die Grenztrace endgültig geeinigt. Aber die Aufstellung der Grenzzeichen wird nicht überall ohne vorherige Beseitigung von mehr oder weniger Widerstand bewirkt werden können. In Erwartung eines solchen bei Wiederbeginn der Regulirungsarbeiten im Frühjahr 1884 im Gebiet von Plawa und Gusinje sind außer bei Skutari auch bei Ipek und Djákowa mobile Truppen-Detachements concentrirt geblieben. In Arabien und Armenien haben vorübergehende Unruhen wieder holt die Versammlung gemischter Detachements innerhalb der betreffenden Ordu Bereiche nothwendig gemacht. Zu thatsächlichen Feindseligkeiten scheint es jedoch hier wie dort nicht gekommen zu sein. Die Türkische Regierung ist trotz des Nachersages, welchen sie den Truppen in Arabien beständig aus anderen Ersatz bezirken hat zugehen lassen, dort doch so schwach geblieben, daß sie es nicht hindern kann, daß die Bevölkerung Arabiens sich immer mehr ihrer Einwirkung entzieht. Die alte Feindschaft zwischen Arabern und Osmanen hat neuerdings zum Nachtheil der letzteren besondere Fortschritte gemacht. Der Stand der dem Gouverneur von Tripolis zur Verfügung gestellten combinirten regulären Feld-Division (vergl. vorigen Jahresbericht, Seite 354) ist im Jahre 1883 wenig verändert worden. Der Combattantenstand der 17 Ba taillone wechselte zwischen 280 und 600 Mann , der Stand der 10 Escadrons

284

Militärische Jahresberichte für 1883.

zwischen 15 und 65 Pferden ; die 3 Feld-Batterien hatten 18 bespannte Geſchüße, die Genie-Compagnie 80 Pioniere. Die fortschreitende Erweiterung der meist nur paſſageren Befestigungsanlagen bei der Stadt Tripolis und nächſt der Tunesischen Grenze hatte eine Vermehrung der Festungs-Artillerie zur Folge bis auf 450 Mann, denen zur Zeit 233 sehr verschiedenwerthige Geschüße zu Gebote stehen. Das Türkische Eisenbahnnez hat im Jahre 1883 eine Erweiterung nicht erfahren. In Asien wurden die Linien Samsun -Siwas und Mersine - Adana concessionirt. Der Anschluß der Rumelischen wie der Macedonischen Bahn an das bis Nisch (vergl. Serbien) in Ausführung begriffene Europäische Eisenbahn netz über Sofia bezw. Vranja ist auch Türkischerseits durch die Beschlüsse der Wiener conférence à quatre zugesagt worden. Diese Beschlüsse wurden Ende October 1883 ratificirt. Aber der Bau der Anschlußlinien hat noch nicht begonnen. Den Türken liegt so wenig an dem thatsächlichen Zustandekommen der Anschlüsse, daß der Bau der von ihnen herzustellenden Linien kaum vor October 1886 beginnen, geschweige bis dahin beendet sein wird. Der von dem Türkischen Kriegsministerium zugestandene Anschlußpunkt der Macedonischen Eisenbahn an die Serbische Linie Vranja - Nisch liegt nicht in der geraden Verlängerung der letzteren, also schon im Vardar-Thal, sondern noch auf dem Amſelfeld, und zwar bei Liplyan, südlich_Priſtina. Die Türkischen Strategen halten diesen Punkt für den im Interesse der Landesvertheidigung gebotenen ; aber das internationale Interesse wird dadurch auf einen Umweg gedrängt, der nicht den Hoffnungen entspricht, welche man in Europa von dem Ergebniß der conférence à quatre hegte; ― wie denn vom Jahre 1883 bezüglich der Türkei überhaupt gesagt werden muß, daß es dem für Türkische Verhältnisse sich interessirenden Europa nicht das gehalten hat, was es versprach. Auf militärischem Gebiet trifft dies , wie schon am Anfang dieses Berichtes angedeutet , durchaus zu . Gründliche Reformen können nicht von Außen her erfolgen ; sie müssen von Jnnen kommen und eigener , ernster Initiative ent springen. Hierzu aber scheint das erschütterte Ösmanische Staatswesen eine Fähigkeit nicht mehr zu besitzen , wenigstens hat das Jahr 1883 eine solche M. auf dem Gebiete des Heerwesens nicht hervortreten laſſen.

Zweiter Theil.

Berichte über die

einzelnen

Zweige

der

Kriegswissenschaften .

284 zwischen 1 die Genie Die bei der © der Festu verschieder Das erfahren. concessioni das bis netz über Wiener c October 1 begonnen. der Ansch October 1 Der Macedoni der gerad auf dem Strategen gebotenen gedrängt, Ergebnis der Türk sich inter Auf angedeute erfolgen ; springen. Fähigkeit auf dem

Bericht über die

Taktik der Infanterie.

1883 .

Das verflossene Jahr hat keine kriegerischen Ereignisse zu verzeichnen gehabt. Ber bei den colonialen Unternehmungen der Franzosen , die vorläufig keine ische Bedeutung in Anspruch nehmen können , hat die Infanterie nirgends legenheit gehabt, sich im Kriege zu bewähren. Die im letzten Jahrzehnt in n Armeen abgeänderten Exercir- und Felddienst-Reglements, Schießinstructionen, rſchriften über Gebrauch des Schanzzeugs u . s. w. harren noch der Probe des nstfalles. Indessen schläfert der Friede die rege Thätigkeit nicht ein. Alle Armeen eiten intensiv im Stillen an ihrer inneren Vervollkommnung, eine gleichmäßig tlaufende Wirksamkeit, welche im Ganzen wenig von sich reden macht und nur der Militär-Literatur in ihren wichtigsten Momenten zum Ausdruck gelangt. bei läßt sich nicht verkennen, daß das Hauptinteresse der infanteristischen Kreise lezter Zeit sich von seinem früheren Hauptziele ab- und einem neuen Gebiete jewendet hat. Während nach dem Französisch- Deutschen Kriege lange Jahre durch nur nach den taktischen Formen gesucht wurde , welche in Angriff und rtheidigung den neuen Waffen am meisten entsprächen , so scheint diese Frage genblicklich , wenn nicht erledigt , so doch vertagt zu sein. An ihre Stelle ist ür das Streben nach Vervollkommnung der Schießwaffe und nach bester Ver rthung und Ausnutzung derselben getreten. Auch im Jahre 1883 hat diese chtige Angelegenheit den ersten Plat sowohl in der Praris wie in der Literatur hauptet. Ihr gebührt daher auch im Rahmen dieser Besprechung der Vortritt. Die Deutsche Infanterie beschäftigten nach der genannten Richtung hin rnehmlich zwei Fragen, welche auf das Lebhafteste überall erörtert wurden : 1) Erscheint es angezeigt, das jetzige Gewehr M/ 71 durch ein Magazin gewehr (Mehrlader) zu ersetzen? 2) Ist eine Abänderung der Bestimmungen der Schießinstruction über den Haltepunkt bezw. eine Aenderung der Visireinrichtungen geboten? Das Magazingewehr wird in Bezug auf Construction und technische esichtspunkte an einer anderen Stelle der Jahresberichte eingehende Beleuchtung fahren. Hier sei deshalb nur kurz die taktische Seite der Frage berührt. Wir achen dabei die ideelle Voraussetzung , daß es der Technik gelingt , ein Gewehr rzustellen , welches allen billigen Anforderungen an eine Kriegswaffe genügt,

Bericht über die

Taktik der Infanterie.

1883 .

Das verflossene Jahr hat keine kriegerischen Ereignisse zu verzeichnen gehabt. Außer bei den colonialen Unternehmungen der Franzosen , die vorläufig keine taktische Bedeutung in Anspruch nehmen können , hat die Infanterie nirgends Gelegenheit gehabt, sich im Kriege zu bewähren. Die im letzten Jahrzehnt in allen Armeen abgeänderten Erercir- und Felddienst-Reglements , Schießinstructionen, Vorschriften über Gebrauch des Schanzzeugs u . s. w. harren noch der Probe des Ernstfalles. Indessen schläfert der Friede die rege Thätigkeit nicht ein. Alle Armeen arbeiten intensiv im Stillen an ihrer inneren Vervollkommnung, eine gleichmäßig fortlaufende Wirksamkeit, welche im Ganzen wenig von sich reden macht und nur in der Militär-Literatur in ihren wichtigsten Momenten zum Ausdruck gelangt. Dabei läßt sich nicht verkennen, daß das Hauptinteresse der infanteristischen Kreise in letzter Zeit sich von seinem früheren Hauptziele ab- und einem neuen Gebiete zugewendet hat. Während nach dem Französisch - Deutschen Kriege lange Jahre hindurch nur nach den taktiſchen Formen gesucht wurde , welche in Angriff und Vertheidigung den neuen Waffen am meisten entsprächen , so scheint diese Frage augenblicklich , wenn nicht erledigt , so doch vertagt zu sein. An ihre Stelle ist dafür das Streben nach Vervollkommnung der Schießwaffe und nach bester Ver werthung und Ausnutzung derselben getreten . Auch im Jahre 1883 hat diese wichtige Angelegenheit den ersten Platz sowohl in der Praris wie in der Literatur behauptet. Ihr gebührt daher auch im Rahmen dieser Besprechung der Vortritt. Die Deutsche Infanterie beschäftigten nach der genannten Richtung hin vornehmlich zwei Fragen, welche auf das Lebhafteſte überall erörtert wurden : 1) Erscheint es angezeigt, das jetzige Gewehr M/71 durch ein Magazin gewehr (Mehrlader) zu ersetzen? 2) Ist eine Abänderung der Bestimmungen der Schießinstruction über den Haltepunkt bezw. eine Aenderung der Visireinrichtungen geboten ? Das Magazingewehr wird in Bezug auf Construction und technische Gesichtspunkte an einer anderen Stelle der Jahresberichte eingehende Beleuchtung erfahren. Hier sei deshalb nur kurz die taktische Seite der Frage berührt. Wir machen dabei die ideelle Voraussetzung , daß es der Technik gelingt , ein Gewehr herzustellen , welches allen billigen Anforderungen an eine Kriegswaffe genügt,

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Militärische Jahresberichte für 1883 .

gute ballistische Leistungen aufweist und sowohl als Ein- wie als Mehrlader gleich gut functionirt. Selbst einer solchen Idealwaffe gegenüber sind eine Reihe step tischer Bedenken nicht zu unterdrücken. Der Mehrlader mit gefülltem Magazin wiegt etwa 1/2 kg mehr als der Einzellader. Vom schnelleren Schießen darf man keine günstigen Resultate erwarten , da Aufregung des Schüßen und Dichtigkeit des Pulverdampfes dadurch zunehmen . Ein Mehrschießen im Ganzen als bisher (im Gegensatz zu einzelnen Momenten) verbietet sich durch die Begrenzung der mit zuführenden Patronenzahl. Das Verschießen des Magazins zu unrechter Zeit wird auch bei der bestgeschulten Truppe kaum zu vermeiden sein ; wenigstens dürfen wir auf Grund der bisherigen Kriegs- und Manövererfahrungen über das Beherrschen des Feuers uns derartigen Illusionen nicht hingeben. Das Neufüllen des Magazins im Gefecht selbst wird kaum möglich sein , da hierzu im feindlichen Feuer eine größere Kaltblütigkeit gehört, als sie dem Durchschnitt der Mannschaft zugetraut werden kann. Diese Momente beziehen_sich_allerdings sämmtlich auf das Auf treten der Truppen im Feldkriege. Beim Kampfe um feste Positionen können beide Theile, Angreifer wie Vertheidiger , eine Anzahl jener Bedenken beseitigen, und kann auch bei der Führung des Feuergefechts hinter Deckungen dem Soldaten in Bezug auf rationelle Verwendung des Gewehrs mehr zugemuthet werden. Wir gelangen demzufolge zu dem Endurtheil : Die Bewaffnung mit dem Mehrlader begründet an sich keine allzuschwerwiegende taktische Ueberlegenheit, jedenfalls iſt dieſer Fortschritt bei weitem nicht von so einschneidender Bedeutung, wie ihn die Einführung des Hinterladers mit sich brachte. Die zu erreichenden Vortheile dürften die großen Kosten, die Schwierigkeiten der Uebergangszeit und sonstigen Uebelstände einer Umbewaffnung der ganzen Armee nicht aufwiegen. Dessen ungeachtet ist die Erzeugung und praktische Erprobung eines allen An forderungen entsprechenden Mehrladerſyſtems von höchster Bedeutung ; denn sollte eine andere Großmacht mit der Einführung des Magazingewehrs vorgehen, so müßte das Deutsche Reich unmittelbar nachfolgen. In der Zeit der allgemeinen Wehrpflicht und der Maſſenheere kann der moralischen Factoren halber kein Staat das Wagniß unternehmen, einem beffer bewaffneten Gegner gegenüber im Felde zu erscheinen, selbst wenn die Ueberlegenheit nur in technischer, nicht einmal in praktisch-militärischer Beziehung vorhanden wäre. Was die zweite Frage, die in Aussicht genommene Abänderung der Schieß instruction bezüglich des Haltepunkts anbetrifft , so ist zunächst zu erwähnen, daß sie officiellerseits angeregt worden ist, und die competenten Behörden zur Abgabe ihres Urtheils über diesen Punkt aufgefordert wurden . In der Oeffent lichkeit haben sich bisher zwei Stimmen darüber hören lassen und zwar im Militär Wochenblatt Nr. 105 von 1883 und Nr. 3 von 1884. Der erstere Aufsatz setzte auseinander, daß die Deutsche Schießinstruction einen einheitlichen Haltepunkt gar nicht kenne, sondern daß letterer (Ziel auffißen) nur für die Distancen bis zu 200 m und für alle Ziele von Mannshöhe festgesetzt sei , daß dagegen auf kleinere Ziele auf Entfernungen unter 200 m ein bis zwei scheinbare Kopfhöhen unter das Ziel zu halten ist. Als Resultat der Abhandlung ergab sich : 1) Ein einheitlicher Haltepunkt ist vortrefflich , sowohl für die Ausbildung des Schüßen wie für den Gebrauch im Gefecht , so lange er innerhalb des Zielobjects liegt. 2) Ein Schießen, bei dem der Zielpunkt außerhalb des Zielobjects liegt, ist mißlich und wird keine guten Resultate liefern . Der zweite Aufsatz fordert ebenso dringend eine Aenderung der Visirein richtungen dahin , daß möglichst ein einheitlicher Haltepunkt und zwar auf die

Taktik der Infanterie.

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Mitte des Zieles eingeführt werden könne. Die Motivirung dieses Vorschlages stüßt sich vornehmlich auf die moralischen Eigenſchaften des Menschen und argu mentirt, daß ein Schütze unter den ihn bestürmenden Gefechtseindrücken nie anders als Mitte des Zieles abkommen werde , möge man ihn auf dem Schießstande noch so gründlich eines Andern belehren. Wir sind mit den Verfassern insofern einverstanden, als es der Theorie nach gewiß wünschenswerth wäre, einen einheitlichen Haltepunkt für alle Entfernungen zu haben, weichen aber darin von ihrer Ansicht ab, daß dieſes Ideal der Verein fachung und Verbesserung des Schießens in dem Abkommen auf die Mitte des Zieles zu suchen sei. Gewiß sind die seelischen Momente, welche auf den Schützen im Gefecht einwirken , nicht zu unterschätzen und können bei Veranschlagung der Treffreſultate kaum hoch genug in Ansatz kommen , aber demungeachtet ist nicht abzusehen , warum der Soldat nicht dahin zu erziehen sein sollte , selbst das auf ihn anstürmende lebende Ziel beim Abfeuern auffißen zu laſſen . Es kostet dies Verfahren ebensowenig mehr Zeit , noch mehr Gemüthsruhe als das Abkommen auf die Mitte des Zieles ; das eine wie das andere beruht ausschließlich auf Gewohnheit. Dagegen spricht für den heute angewendeten Haltepunkt denn doch die praktische Erfahrung, daß der Soldat durchweg leichter in den Fehler verfällt, zu hoch abzukommen und zu volles Korn zu nehmen, als umgekehrt , und daß der Schießstand wie das Gefechtsfeld viel mehr von zu hoch gehenden Flugbahnen und Geschoßgarben als von zu kurzen zu berichten haben. Diesem immer sich wiederholenden Fehler im Abkommen aber würde durch ein Höherlegen des Halte= punktes sehr wesentlicher Vorschub geleistet werden. Die hierdurch sich ergebende Verringerung der Treffresulate würde voraussichtlich die von der andern Seite geltend gemachte Herabminderung derselben durch das Suchen nach dem (im Terrain verschwindenden) Fußpunkt des Zieles weit überwiegen . Bezüglich der oben hervorgehobenen unendlich vielen Haltepunkte auf den Entfernungen unter 200 m und der Schwierigkeit, eine bis zwei scheinbare Kopf höhen unter einem an sich kleinen Ziel einen Zielpunkt zu finden, sei endlich bemerkt , daß dieses Bedenken nicht ausschlaggebend für eine so einschneidende Maßregel sein dürfte , wie das Abändern der Visireinrichtung nun einmal ist. Die genannten Entfernungen sind für die Ausbildungszeit des Soldaten allerdings von Wichtigkeit, für das Gefecht dagegen verlieren sie an Bedeutung. Die aus schlaggebenden Distancen des Feuergefechts liegen zwischen 400 und 200 m. Bei letterer angelangt, heißt es : Massenfeuer und dann drauf! Eine Fortführung des Feuergefechts auf näheren Distancen würde von Ausnahmefällen und beson deren Terrainverhältnissen abgesehen - zu der Kampfweise der Americaner in ihrem Secessionskriege zurückführen , wo ein großer Theil der Schlachten nicht durchgefochten, sondern durchgeschossen wurde, d. h. keiner von beiden Theilen zum Angriff sich zu entschließen vermochte, und beide sich feuernd so lange gegenüber liegen blieben, bis Munitionsmangel oder Entkräftung die eine Partei zum Räumen. ihrer Stellung veranlaßte. Auch dieser Punkt erscheint demnach nicht endgültig entscheidend. Beides gegeneinander abgewogen , die Mängel des gegenwärtigen Systems und die Forderungen der Verbesserungsvorschläge mit ihrem beiderseitigen Für und Wider, will es uns scheinen , als wenn erstere nicht so bedenklich ſeien, wie sie dargestellt werden , letztere noch nicht völlig spruchreif genannt werden können . Wäre die Lösung der Frage so einfach , wie sie dem Laien erscheinen mag, so hätte man wohl officiellerseits dieselbe längst gefunden und direct das Nothwendige angeordnet. Gegen eine Abänderung der Visire spricht aber neben manchem 19 Militärische Jahresberichte 1883.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Andern (Kostenpunkt , Abänderung der Schießinstruction , nothwendiges Einüben der Reserve und Landwehr) auch der Umstand, daß jedes Gewehr als ein Indi viduum behandelt sein will, und ein neuangebrachtes Visir den sonstigen Treff bedingungen jedes einzelnen Gewehrs kaum entsprechen dürfte, besonders nach den Erfahrungen, die bisher mit dem Modell 71 gemacht worden sind . Daneben kommen ferner noch andere Fragen zur Geltung. Wenn man die Schußwaffe vervollkommnen will , so versuche man es nicht im Kleinen , sondern gehe auf das Ganze, auf das Wesen der Sache ein. Es drängen ſich ſofort die Stichworte: Mehrlader, kleineres Kaliber , besseres Pulver u. a. auf , von denen die beiden letzteren die ballistischen Leistungen des Gewehrs und damit die Visir einrichtung desselben wesentlich bestimmen. So lange diese Fragen nicht erledigt sind, lasse man der Infanterie ihr heutiges Gewehr und ihre bestehende Schieß ausbildung. Erst nachdem das Buch über jene geschlossen, gebe man ein Neues als Volles, Ganzes, das auf der Höhe der techniſchen und taktiſchen Anforderungen steht. Kleine Zwischenmaßregeln verbessern wenig , beunruhigen und stören die Ausbildung. Sehr interessante und belehrende Versuche in taktischer Beziehung hat im letzten Jahre die Belgische Schießschule angestellt. Wir sehen von dem äußeren Arrangement derselben ganz ab und begnügen uns , die taktischen Resultate der selben hier wiederzugeben : I. Vergleichende Schießversuche zwischen der Compagnie in Linie und in Compagnie-Colonne. Distance 600 m. Dieselben ergaben: a. Das Verhältniß der Zahl der Scheibentreffer zur Zahl der getroffenen Figuren stellt sich bei Linie wie bei Colonne nahezu wie 2 : 1 ; b. nach Zahl der Scheibentreffer ist die Differenz zwischen den Verlusten der Colonne und der Linie unbedeutend; c. bezüglich der getroffenen Mannsbreiten ist diese Differenz bedeutender; die Verluste der Compagnic- Colonnen übersteigen die der Linie etwa um ein Drittel (740 : 501 Figurentreffer von je 3000 Schuß). Dieselben Resultate ergaben sich auf 1200 wie auf 1600 m ; demnach all gemeiner Schluß : 1) Die Verluste der Compagnie- Colonne sind im Durchschnitt etwa um ein Viertel größer als diejenigen der deployirten Compagnie ; 2) das Verhältniß der Verluste steigert sich nicht mit der Entfernung ; ſelbſt auf den weitesten Diſtancen überſteigt es nicht ein Drittel. Ferner wurde bezüglich der Stellung des Zieles und der verwendeten Feuerart festgestellt, daß 1 ) die Compagnie im Liegen sowohl in Linie als in Colonne etwas mehr als die Hälfte der Verluste der entsprechenden Formationen stehend erleidet; 2) die Verluste der Compagnie-Colonne im Liegen keineswegs das Doppelte oder Dreifache derjenigen der Linie im Liegen erreichen , wie von der Belgiſchen und anderen Schießinstructionen angegeben wird; 3) die Verluste der Compagnie-Colonne im Liegen zwischen 600 und 1600 m fast identisch sind mit den Verlusten der Linie im Stehen; 4) das Einzelfeuer bessere Resultate ergiebt als das Salvenfeuer. II. Schießversuche gegen Cavallerie. Der Versuch zeigte , daß man vier Salven in 53 Secunden abgeben könne, also in der Zeit , in welcher die von 500 m an sichtbare Cavallerie auf 100 m von der Schützenlinie anzukommen vermag. Daraus ergiebt sich, daß Infanterie in Linie , welche das Feuer gegen attackirende Cavallerie beginnt , wenn lettere

Taktik der Infanterie.

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500 m von ihr entfernt ist , vier Salven abgeben kann , ehe die Cavallerie die - 4 Salven Schüßenlinie erreicht hat. Die Resultate hierbei waren : (60 Schüßen 240 Schuß - Ziel 50 m Breite) 38 getroffene Reiterfiguren . Durch drei weitere Serien von Versuchen ward dargethan, daß das Auf pflanzen des Bajonnets keine Verringerung der Treffresultate ergab , sowie daß auch die hierauf verwendete Zeit nicht wesentlich in Betracht kam. Im Zeitraum von 58 Secunden konnten drei Salven, in 72 Secunden rier Salven abgegeben werden ; ersteres genügt zur Vernichtung der Cavallerie , wenn das Feuer auf 500 m begonnen wird. Als Endresultat ward festgestellt , daß jede Truppe in Linie beim Anreiten der Cavallerie zunächst das Bajonnet aufpflanzen und warten müsse, bis der Feind sich auf 400 m genähert hat, ehe sie ihre erste Salve mit dem Aufsatz von 300 m abgiebt ; sie könne dann noch zwei weitere Salven mit demſelben Auffah abgeben und darauf das Bajonnet fällen , um den Feind zu empfangen. Wir übergehen die Versuche, welche die Reſultate des Feuers aus der Carré formation erproben sollten. Abgesehen von der geringeren Zahl zur Verwendung kommender Gewehre und der ungünstigeren Resultate des Schräganschlags ist das Carré vor Allem deshalb zu verwerfen , weil bei Herstellung desselben die Truppe im gefährlichsten Moment buchstäblich um die Fahne wirbelt, weil Alles in Unruhe versetzt wird und weil meist Terrain preisgegeben wird. Eine mit dem heutigen Gewehr ausgerüstete Infanterie-Truppe, welche gegen die Cavallerie-Attacke Carré formirt, ist werth, von der Cavallerie überritten zu werden! Die gegen die verschiedenen Formationen der Cavallerie (Linie , Colonne mit ganzer Diſtance und Halbcolonne) vergleichsweise bezüglich deren Verluste an gestellten Versuche haben nur cavalleristisches Interesse und gehören nicht an diese Stelle. III. nähern.

Schießversuche unter Verhältnissen, die sich möglichst denen der Schlacht

Nach einem Marsch von 15 bis 20 km wurde von jungen Soldaten und mittelmäßigen Schützen in voller Feldausrüstung eine durch Scheiben markirte, zum Gefecht entwickelte Compagnie (Schützenlinie , Soutien , Reserve) beschossen, Die Versuche und zwar im sprungweisen Vorgehen von 700 bis zu 400 m. wurden im Stehen und im Liegen durchgeführt. Die Resultate waren über raschend günstiger bei Abgabe des Feuers im Stehen (7-10 Procent) als im Liegen (3-4 Procent) ; besonders aber erregten die zahlreichen Treffer , welche die Soutiens erhielten , die Aufmerkſamkeit. Die Soutiens hatten nämlich in einem Falle gleiche Treffer wie die Schüßenlinie , in einem andern sogar mehr als lettere. Dies Factum ward umsomehr hervorgehoben, als es eine Bestätigung der im Lager von Châlons ſtattgehabten gleichartigen Schießversuche lieferte, deren Resultat nunmehr in Frankreich zur theilweisen Beseitigung der kleinen Soutiens (renforts) geführt hat (j. unten). Die gegen eine Doppelcolonne mit sechs Echelons Tiefe auf 1300 und 1700 m angestellten Schießversuche können hier füglich mit Stillschweigen über gangen werden , wenngleich sie verhältnißmäßig günstige Resultate (14 bezw. 6 Procent Treffer) ergaben. In der Deutschen Armee ist das Weitschießen glücklicherweise nicht mehr auf der Tagesordnung. Die Gegenprobe ist auch hier dadurch gemacht worden , daß bei einer um 100 m fehlerhaften Schäßung bei 1700 m Entfernung 2,6 bezw. 0,6 Procent Treffer erreicht wurden. Immerhin dürften diese Versuche insgesammt sich zur näheren Beachtung empfehlen. 19*

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Militärische Jahresberichte für 1883.

In Frankreich ist unter dem 11. November 1882 eine neue Schießinstruction eingeführt worden , welche in dem letzten Bande der Jahresberichte keine Er wähnung gefunden hat. Dieselbe weist gegenüber dem manuel de tir von 1877 einige Verbesserungen auf, zeigt daneben aber wieder die Französische Sucht, Alles zu reglementiren und zu schematiſiren , in gleicher Weise wie ihre Vorgängerin. Der Schießdienst ist wie früher in den Händen eines capitaine de tir per Regiment verblieben , unter welchem per Bataillon ein Adjutant als adjoint fungirt. Der Dienſt dieſer Offiziere ist jetzt sogar noch dahin ausgedehnt , daß ihnen die Ueberwachung der Gewehrreparaturen übertragen worden ist. Der wichtigste Dienstzweig der Infanterie ist somit dem Compagniechef entzogen und einer bloßen Aufsichtsbehörde zugewiesen, die für eine gründliche Ausbildung des Individuums kaum verantwortlich gemacht werden kann. Zu den Vorübungen , welche als besonders wichtig betont werden , gehört auch das tir réduit , das Schießen mit verringerter Ladung , wozu pro Kopf 100 (früher 60) Patronen bewilligt sind.

93 Patronen 27 =

Die Hauptschießübung zerfällt in Einzelschießen mit .. Salven- und Tirailleurfeuer

Gefechtsschießen (Patronenzahl jährlich besonders beſtimmt) . Außer diesen 120 Patronen hat jeder Mann 50 Platzpatronen zu verschießen. Die 16 Uebungen des tir individuel werden mit je sechs Patronen (nur Nr. 13 mit drei) durchgeschoffen , ohne daß feste Bedingungen zu erfüllen ſind. Es werden nur nach bestimmten Grundsätzen „ Points " berechnet; nach den auf diese Weise gewonnenen Resultaten findet die jährliche Eintheilung in Schießklassen statt. Die Uebungen im Einzelschießen reichen bis zu 600 m, diejenigen im Salven und Tirailleurfeuer bewegen sich innerhalb der weiteren Diſtancen, 600 , 800, 1000 m. Das Gefechtsschießen endlich findet auf unbekannte Entfernungen unter Zugrundelegung einer taktiſchen Idee und in kriegsstarken Truppenverbänden statt. Der zweite Theil der Schießinstruction behandelt die Theorie des Schießzens und die Verwendung des Gewehrs im Gefecht analog den bezüglichen Abschnitten der Deutschen Vorschrift. Wesentliche Abänderungen gegen früher sind hier nicht zu verzeichnen. Charakteristisch für die Instruction sind demnach : oberflächliche Einzelausbildung außerhalb des Rahmens der Compagnie , starke Betonung des gefechtsmäßigen Schießens und Verwendung eines erheblichen Munitionsquantums auf die weiten Entfernungen (600 m und darüber).

In rein formeller, reglementarer Beziehung hat nur Frankreich eine Aenderung seiner bestehenden Bestimmungen vollzogen. Die am 3. November 1882 unter Vorsitz des Generals Février zur Revision des Exercirreglements von 1875 zusammenberufene Commission hatte im Laufe des Winters 1882/83 einen Abänderungsentwurf fertiggestellt. Derselbe wurde dem 6., 7. und 18. Armee -Corps zur Prüfung und Berichterstattung überwiesen. Nachdem die bezüglichen Berichte mit Schluß der Herbstmanöver eingegangen waren, trat die Commission nochmals zujammen und redigirte nunmehr die defini tiven Abänderungsbestimmungen , welche der Kriegsminister , General Campenon, unter dem 6. November 1883 genehmigte. Der Inhalt dieser Aenderungen des Reglements ist in Kürze folgender:

293

Taktik der Infanterie.

1.

École du soldat.

Das Marschtempo ist von 115 auf 120 Schritt in der Minute erhöht. Bezüglich des Tiraillements ist angeordnet : a. Der Abstand der einzelnen Schützen von einander wird von sechs auf drei Schritt herabgesetzt ; b. für das Vorgehen der Schützenlinie mit Directionsunteroffizieren und Directionsrotten sind bestimmte Regeln gegeben ; c. die bisher übermäßig ausführlich behandelten " vorbereitenden Uebungen" find kürzer und präciser besprochen; d. bezüglich der Feuerarten ist lediglich auf die Schießinstruction verwiesen . Besonders soll der Tirailleur das ängstliche Deckungsuchen im Terrain ver mneiden. „ Die Kunst, das Terrain nutzbar zu machen , ist nur ein Mittel zum Zweck. Das wirkliche Ziel des Kampfes iſt, den Gegner zu erreichen ( entamer), ihm schwere Verluste beizubringen, seinen Widerstand koste es, was es wolle zu brechen und den Erfolg zu sichern. Eine tapfere und energisch geführte In fanterie kann unter dem heftigsten Feuer selbst gegen gut vertheidigte Schüßen gräben vorgehen und sich ihrer bemächtigen. " Der Vorgesetzte soll dem Soldaten zwar zeigen , wie er die verschiedenen Terrainformen und Gegenstände benutzt, ihn aber auch belehren, daß er nie eine Deckung aufsuche , welche ihn verhindert , von seiner Waffe den besten Gebrauch zu machen oder schnell aus derselben vorzugehen. Für das Avanciren der Schützen wird bestimmt: Die Escouade oder der Halbzug gehen in einem oder in zwei Gliedern oder ganz aufgelöst vor, und zwar in einem Zuge oder sprungweise zu 50 m ungefähr von einer Stellung in die andere, wobei schnelle Bewegungen und Haltmachen sich abwechseln. Das Wesentliche dabei ist, Terrain zu gewinnen und die Ordnung zu wahren.

2.

École de compagnie .

Die colonne de peloton (zu zwei Zügen nebeneinander) iſt abgeschafft ; an ihre Stelle tritt die ligne de colonnes de peloton, welche nach rechts oder links auf die 1. und 3. bezw. auf die 2. und 4, section formirt wird :

Peloton-Colonnen-Linie

4

nach rechts 2 3 4

1

4

2

3

3

nach links 2

1

1

Dieselbe kann ferner aus der Compagnie-Colonne durch seitwärtiges Heraus ziehen eines Pelotons gebildet werden. Bewegungen in dieser Formation werden mit einem bestimmten Directionsobject ausgeführt. Sollen Schwenkungen in der selben gemacht werden , so wird Halt commandirt , die neue Frontlinie durch Jaloneurs bezeichnet und hierauf von den einzelnen Theilen die betreffende Schwenkung ausgeführt. Die Gefechtsentwickelung der Compagnie ist eine verschiedene , je nach dem dieselbe isolirt oder in größerem Verbande auftritt. Beides gestaltet sich folgendermaßen :

Militärische Jahresberichte für 1883 .

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Jsolirte Compagnie 1. section

Compagnie im Truppenverbande 1. section 3. section

150 m

200 m 2. section 200 m

250 m 3. 2. peloton

4. 4. section

2. section

Beim Vorrücken machen auf das Commando „ Gefechtsformation ! " die beiden hinteren Sections Halt , bis die vorderen 200 m Abstand genommen haben. Lettere bleiben geſchloſſen, bis das Feuer sie zwingt, sich zunächſt in Halbſections Wenn das Feuer noch lebhafter wird, bezw. Escouades auseinanderzuziehen. dann entwickeln sich die Escouades auf Befehl des Capitäns als Tirailleurs . Das Ablösen und Verstärken der Tirailleurs ist wie folgt geregelt : Grund sätzlich darf eine Truppe im Gefecht niemals abgelöst werden. Dies kann nur ausnahmsweise auf besonderen Befehl geschehen. Die Verstärkung erfolgt durch Eindoubliren oder Verlängern, je nachdem Raum vorhanden ist oder nicht. Das Sammeln eines Pelotons findet stets in Peloton- Colonne, das Sammeln einer Compagnie in der Linie der Peloton-Colonnen statt. Durchführung des Gefechts. Die Compagnie geht in einer der obigen Gefechtsformationen vor. Die Tirailleurs beginnen das Feuer erst , wenn dies zum Fortsetzen des Vorgehens nöthig wird. In offenem Terrain darf die Schüßen kette erst auf 600—700 m das Feuer eröffnen , in ſchwierigem und bedecktem Ge lände kann sie sogar bis auf 400 m ohne einen Schuß sich nähern , event. auf Das weitere Vorgehen noch kürzere Distance , falls das Terrain es gestattet. wird alsdann sprungweiſe ausgeführt , die einzelnen Sprünge so ausgedehnt als möglich, wenigstens zu 50 m . Von 450 m an kann dies Vorgehen auch von den einzelnen Unterabtheilungen geschehen. Die Soutiens , gewöhnlich in Linie zu zwei Gliedern , nähern ſich beim Vorgehen mehr und mehr den Schützen. Sobald das Avanciren stockt, wird die Kette verstärkt. Auf 400 m ungefähr sind die Soutiens gewöhnlich in der Kette. Von dieser Entfernung an zieht sich die Compagnie auf ihre Mitte im Vorgehen zusammen, um dadurch Intervallen für die aus der Reserve des Bataillons vor zuschiebenden Theile zu bilden. Auf 250 bis 200 m wird das Bajonnet aufgepflanzt , die Schüßenkette ſo sehr als möglich verdichtet, das Feuer auf das Höchste verstärkt und auf die Ein bruchstelle concentrirt. Wenn dies Feuer den Feind nicht zum Weichen zwingt, so wird von Neuem vorgegangen und die Reserve eingesetzt. Die Tambours schlagen, die Hornisten blasen den Sturmmarsch. Auf diesen Entfernungen find die Halte sehr kurz, das Draufgehen muß mehr als das Feuer die Entscheidung herbeiführen. Der Einbruch erfolgt von 150 m aus. Die ganze Kette, fortgeriffen durch die Führer (gradés) , die sich an ihre Spize sezen , stürzt sich mit dem Rufe : En avant ! auf die feindliche Stellung. Nach Einnahme derselben so schnell als möglich Sammeln.

I I

297

Taktik der Infanterie.

2) Defensivgefecht. Die Vertheidigung zieht ihre Hauptkraft aus dem Feuer und der geschickten. Benutzung des Terrains. In der Vertheidigung muß man den Gegner so lange als möglich über die gewählte Stellung, über die darin versammelten Kräfte, die Ausdehnung der Gefechtslinie und die Stützpunkte derselben zu täuschen suchen. Die Gefechtslinie wird nach dem Terrain und der wahrscheinlichen Angriffs richtung gebildet. Die Infanterie hält sich zunächst hinter den ihr angewiesenen Stellungen bereit (Bereitschaftsstellung). Wenn vor der Hauptvertheidigungslinie Hindernisse (Gehöfte , Gehölze u. dergl.) liegen , welche von rückwärts flankirt werden können, so läßt man ſie besetzen. Die zu ihrer Vertheidigung beſtimmten Truppen erhalten den Auftrag, die ersten Anstrengungen des Feindes zu brechen, indem sie sich bis auf den letzten Mann vertheidigen . * ) . . . . . Während des Kampfes im defensiven Verhältniß werden Vorstöße (contre-attaques) in geeigneten Momenten anempfohlen. 3) Rolle der Cavallerie während des Gefechts. 4) Pflichten Gefechts.

der Offiziere

und

Unteroffiziere

während

des

Im Gefecht haben Offiziere und Unteroffiziere energisch die Ordnung zu wahren und halten durch alle ihnen zu Gebote ſtehenden Mittel die unter ihrem Befehl befindlichen Soldaten an ihrem Plate fest ; im Fall der Noth erzwingen sie den Gehorsam. **) Sie dulden nicht , daß ein Soldat zurückbleibt oder sich entfernt, um Todte zu plündern, Gefangene oder Verwundete zu begleiten , falls ihm nicht ausdrückliche Erlaubniß dazu ertheilt ist. Letztere ist jedoch erst nach der Entscheidung des Kampfes zu bewilligen. Das Hauptintereſſe und die erste Pflicht ist, den Sieg zu sichern, der allein den Verwundeten die nöthige Fürsorge verſchafft. .... Die heutige Kampfweiſe bietet nicht mehr die Mittel der Disciplin und des Zusammenhaltes , welche die Berührung der Ellenbogen in der geschlossenen Ordnung früher sicherte. Man kann diesem Uebelstande nur dadurch abhelfen, daß von den Führern die thätigste Ueberwachung und persönlich eine energische Haltung, von den Soldaten der unbedingteſte Gehorsam gefordert wird. Gute Feuerwirkung und sparsamer Patronenverbrauch können nur durch beständige Anleitung Seitens der Offiziere und feste Mannszucht Seitens der Truppe erlangt werden. . . . Ueber die im Jahre 1883 in Frankreich stattgehabten größeren Manöver und die dort von den Truppen gezeigten Leistungen berichtet eingehend eine Broschüre Frankreichs Kriegsbereitschaft" (Berlin 1884, R. Wilhelmi) , deren anonymer Verfasser jenen Uebungen persönlich beigewohnt hat und ein eingehendes, treffendes Urtheil über dieselben abgiebt. Die reglementarischen und Gefechts formen aller drei Waffen , vornehmlich aber der Französischen Infanterie , finden dort genaue Besprechung. Wie daraus hervorgeht, sind bei den Herbstmanövern die oben aufgeführten Abänderungen des Reglements noch nicht gezeigt worden. Von den übrigen Armeen ist nichts Einschlagendes zu berichten. Regle Da die infanteristische mentarische Aenderungen sind nicht zu verzeichnen.

*) Dieses Princip der Beseßung vorgeschobener Posten ward stets von den Franzosen befolgt: Gunstedt, Wörth, Albrechtshäuser Hof am 6. August 1870 ; Ste. Marie aur Chènes, Champenoise, L'Envie, Chantrenne Ferme, Bois de Genivaur am 18. August 1870. **) Dieser Passus dürfte besonders charakteristisch sein innerhalb einer republicanischen Armee und angesichts der bedenklichen anarchistischen Richtung , die sich neuerdings in Frankreich Geltung verschafft.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

4. École de brigade . Nichts abgeändert. Wenn man diese abgeänderten Stellen mit dem Tert des bisherigen Regle ments vergleicht , so muß sofort auffallen , daß die neue Fassung dem offensiven Gedanken einen weit energischeren Ausdruck verleiht als die bisherige. Das Weitschießen ist begrenzt, die beständig sich wiederholende Verstärkung der Schüßen linie und das rücksichtslose Einsetzen der Reserven zu diesem Zweck muß einen fortdauernden Druck nach vorwärts ausüben ; vor Allem aber ist die übermäßige Tiefenentwickelung der Bataillone auf die Hälfte (500 m) herabgemindert und damit die einheitliche Führung des Angriffs erleichtert, die Kraft desselben weſent lich erhöht. Die neu eingeführte Form der Peloton-Colonnen -Linie muß erst in der Praxis erprobt werden , ehe sich ein Urtheil über dieselbe abgeben läßt. In Deutschland ist man solch künstlich ausgeklügelten Formationen wenig hold. Fast gleichzeitig mit dem revidirten Infanterie - Reglement ist auch die ordonnance sur le service des armées en campagne vom 3. Mai 1832 völlig neu redigirt herausgegeben worden (26. October 1883) . Dieselbe umfaßt in ihrem 1. Theil die gesammte Organiſation der Armee, die Befehlsertheilung, den Dienst im Lager und Cantonnement , Verpflegung , Marsch- und Sicher heitsdienst; im 2. Theil Recognoscirungen , Gefecht, kleinen Krieg, Angriff und Vertheidigung fester Plätze. Aus diesem - wie das Verzeichniß lehrt - sehr reichen Inhalte heben wir hier nur einige charakteristische Stellen aus dem Abschnitt „ Vom Gefecht" heraus, da sie als Ausdruck der in den leitenden Französischen Kreiſen herrschenden Anschauungen von Interesse sind. 1 ) Offensivgefecht. In Rücksicht auf die gewaltige Wirkung des Infanteriefeuers kann der Frontalangriff, selbst wenn er kräftig durch die Artillerie vorbereitet ist , nicht gelingen. Fast immer muß derselbe mit einem Flankenangriff vereinigt werden, dabei muß man jedoch vermeiden , sich durch zu große Umfassungsbewegungen Blößen zu geben. Die Artillerie muß zunächst wenigstens zum Theil das Feuer der feindlichen Geſchüße zum Schweigen bringen. Sobald dies Resultat erreicht zu sein scheint , wird die Infanterie zum Angriff angeſetzt..... Die angreifenden Truppen gehen so weit als möglich vor ohne zu schießen. Die Einheiten der zweiten Linie nähern sich mehr und mehr im Verhältniß des Vorrückens der ersten Linie , so daß sie die letztere im entscheidenden Augenblick unmittelbar unterstützen. Sobald das Geschüßfeuer durch das Vorgehen der Infanterie beeinträchtigt wird , geht die Artillerie entschlossen näher heran , um die Infanterie im Moment des Anlaufs wirksam zu unterstützen. Dies Vor gehen ist von höchster moralischer Wirkung auf die Kämpfenden. Die Artillerie darf nie zögern , eine gute Stellung zu verlassen , selbst wenn sie dafür eine weniger gute eintauschen muß. Unmittelbar nach Einnahme der feindlichen Stellung erscheinen dort einige Batterien, um der durch den Kampf aufgelösten Jufanterie die Stütze zu bieten, deren sie gegen Offensivstöße des Gegners bedarf. Gelingt der Angriff nicht. so zieht sich die Infanterie zurück und sammelt sich unter dem Schütze der Artillerie. Wenn der Feind sich auf eine zweite Stellung zurückzieht und man den Kampf von Neuem beginnen muß , so nehmen die Bataillone der zweiten. Linie denselben auf, während diejenigen der ersten sich neu formiren und nunmehr die zweite Linie bilden.

Taktik der Infanterie.

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2) Defensivgefecht. Die Vertheidigung zieht ihre Hauptkraft aus dem Feuer und der geschickten Benutzung des Terrains. In der Vertheidigung muß man den Gegner so lange als möglich über die gewählte Stellung, über die darin versammelten Kräfte, die Ausdehnung der Gefechtslinie und die Stützpunkte derselben zu täuschen suchen . Die Gefechtslinie wird nach dem Terrain und der wahrscheinlichen Angriffs richtung gebildet. Die Infanterie hält sich zunächst hinter den ihr angewiesenen Stellungen bereit (Bereitschaftsstellung) . Wenn vor der Hauptvertheidigungslinie Hindernisse (Gehöfte , Gehölze u. dergl. ) liegen , welche von rückwärts flankirt werden können, so läßt man sie besetzen. Die zu ihrer Vertheidigung bestimmten Truppen erhalten den Auftrag, die ersten Anstrengungen des Feindes zu brechen, indem sie sich bis auf den letzten Mann vertheidigen . *) ..... Während des Kampfes im defensiven Verhältniß werden Vorstöße (contre-attaques) in geeigneten Momenten anempfohlen . 3) Rolle der Cavallerie während des Gefechts. 4) Pflichten der Offiziere und Unteroffiziere während des Gefechts. Im Gefecht haben Offiziere und Unteroffiziere energisch die Ordnung zu wahren und halten durch alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel die unter ihrem Befehl befindlichen Soldaten an ihrem Plate fest ; im Fall der Noth erzwingen sie den Gehorsam. **) Sie dulden nicht , daß ein Soldat zurückbleibt oder sich entfernt, um Todte zu plündern, Gefangene oder Verwundete zu begleiten , falls ihm nicht ausdrückliche Erlaubniß dazu ertheilt ist. Letztere ist jedoch erst nach der Entscheidung des Kampfes zu bewilligen. Das Hauptintereſſe und die erſte Pflicht ist, den Sieg zu sichern, der allein den Verwundeten die nöthige Fürsorge verſchafft. . . . . Die heutige Kampfweise bietet nicht mehr die Mittel der Disciplin und des Zusammenhaltes , welche die Berührung der Ellenbogen in der geschlossenen Ordnung früher sicherte. Man kann diesem Uebelstande nur dadurch abhelfen, daß von den Führern die thätigſte Ueberwachung und persönlich eine energische Haltung, von den Soldaten der unbedingteste Gehorsam gefordert wird. Gute Feuerwirkung und sparsamer Patronenverbrauch können nur durch beständige Anleitung Seitens der Offiziere und feste Mannszucht Seitens der Truppe erlangt werden. . . . Ueber die im Jahre 1883 in Frankreich stattgehabten größeren Manöver und die dort von den Truppen gezeigten Leiſtungen berichtet eingehend eine Broschüre " Frankreichs Kriegsbereitschaft" (Berlin 1884, R. Wilhelmi) , deren anonymer Verfasser jenen Uebungen persönlich beigewohnt hat und ein eingehendes, treffendes Urtheil über dieselben abgiebt . Die reglementarischen und Gefechts formen aller drei Waffen , vornehmlich aber der Franzöſiſchen Infanterie , finden dort genaue Besprechung . Wie daraus hervorgeht, sind bei den Herbstmanövern die oben aufgeführten Abänderungen des Reglements noch nicht gezeigt worden . Von den übrigen Armeen ist nichts Einschlagendes zu berichten. Regle mentarische Aenderungen sind nicht zu verzeichnen. Da die infanteristische *) Dieses Princip der Besehung vorgeschobener Posten ward stets von den Franzosen befolgt: Gunstedt, Wörth, Albrechtshäuser Hof am 6. August 1870 ; Ste. Marie aur Chenes, Champenoise, L'Envie, Chantrenne Ferme, Bois de Genivaur am 18. August 1870. **) Dieser Paſſus dürfte besonders charakteriſtiſch ſein innerhalb einer republicanischen Armee und angesichts der bedenklichen anarchiſtiſchen Nichtung , die sich neuerdings in Frankreich Geltung verschafft.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Formenfrage zu einem gewissen Abschluß gelangt ist und auch die Abänderung des Französischen Reglements keinen Systemwechsel , sondern nur im Ganzen geringfügige Wandlungen mit sich gebracht hat, so dürfte den Lesern der Jahres berichte eine tabellarische Zusammenstellung der gegenwärtig gültigen Infanterie-Reglements von Intereſſe ſein. Eine solche ist dem vorliegenden Bericht am Schlusse Seite 304 u. ff. beigefügt. Sie behandelt die Reglements der fünf continentalen Großmächte Europas und thut auf den ersten Blick dar, wie gleichartig die Organiſation der Infanterie, der formelle wie der angewandte Theil ihrer Reglements, in den verschiedenen Staaten sich allmälig gestaltet hat. Das Preußisch-Deutsche Reglement hat noch einige alterthümliche Formen beibehalten, die Russische Infanterie zählt vier Bataillone per Regiment statt der sonst üblichen drei ; im Uebrigen herrscht eine durchgehende Uebereinstimmung bis auf Benennungen und Aeußerlichkeiten. Diese Erscheinung ist ein deutlicher Beweis für die Thatsache , daß im heutigen Infanteriegefecht nicht die Form selbst, sondern die richtige Anwendung aller Formen in Verbindung mit einer systematischen Ausnutzung der Waffe den Ausschlag giebt. Diesem Kernpunkt der Infanterie taktik giebt ein bewährter Schriftsteller , Major Meckel , folgenden Ausdruck *) : Die heutige Infanterietaktik ist weder Linien- noch Colonnentaktik. Sie kenn zeichnet sich durch die Ausnutzung und gegenseitige Unterſtüßung aller Formen, durch die Verbindung der Linie mit der Colonne , der geöffneten mit der ge schlossenen Form , des Fernkampfes mit dem Nahkampfe , der Taktik kleinerer Haufen (Unterstützungen der vorderen Gefechtslinie) mit der Verwendung großer Gefechtskörper (hintere Treffen und Reſerven). Die neuere Fechtweise ist die Taktik der freien Formen und der Aus nutzung des Geländes im Gegensatze zu einer schematischen, der Bodenbenutzung feindlichen Truppenverwendung früherer Zeitläufte." Die Literatur zur Infanterietaktik. Auch das Jahr 1883 hat wie seine Vorgänger eine nicht unbedeutende Anzahl von Schriften erzeugt , welche das hier zu besprechende Gebiet berühren. Dieselben können jedoch meist als literarische Kleinwaare bezeichnet werden mit Ausnahme von der Neuauflage einiger hervorragenden Werke , deren wir am Schluß der Aufzählung gedenken. Den Schießdienst behandeln folgende Broschüren : 1 ) Auszüge aus den Schießinstructionen fremdländischer Armeen zum Zweck einer vergleichenden Studie über die Art der Ausbildung im Schießen von Conrad Kromar, k. k. Hauptmann , Wien 1883. Der Inhalt wiederholt dem Wesen nach denjenigen des Werkchens „ Die Infanterie - Schießinstructionen Europas und ihr Verhältniß zur modernen Taktik" vom Dänischen Hauptmann Leerbech, Berlin 1882. Unter dem Abschnitt „Frankreich" wird noch die alte, am 11. November 1882 außer Kraft gesetzte Schießinstruction besprochen. 2) Das Gewehrfeuer im Gefecht , Beitrag zur Psycho-Physik vom Kaiserlich Russischen Oberstlieutenant Wolozkoi , Deutsch vom Stabscapitän Revensky , Darmstadt und Leipzig 1883. ― Eine gelehrte Abhandlung über das Thema, daß das Wachsen der Treffpräcision der Geschosse keinen Einfluß auf das Resultat des Feuers im Gefecht üben kann, da die Treffwahrscheinlichkeit im Gefecht aus schließlich von dem veränderlichen Zustande der Nerven des Schießenden abhängig ist. Verfasser behauptet, daß die Trefferprocente an Geschossen in den Schlachten *) Elemente der Taktik, Berlin 1883, 2. Auflage, S. 312.

Taktik der Infanterie.

299

des 19. Jahrhunderts troß der Vervollkommnung der Schußzwaffe nicht zugenommen haben. Der Beweis wird durch die Erfahrungen der letzten großen Kriege sowie auf mühsamem wissenschaftlichen Wege erbracht. Die Ausbildung wird in nachstehenden Schriften erörtert : 1) Frankreichs Kriegsbereitschaft (j. oben). 2) Ausbildung der Compagnie zum Gefecht. 2. Auflage. Hannover 1884. Die im Jahrgange 1878 der Jahresberichte an dieser Stelle ausgesprochene warme Empfehlung der 1. Auflage dieser Broschüre kann auch der 2. Auflage nur in gleicher Weise mit auf den Weg gegeben werden. 3) Gedanken über die Bedingungen zur gedeihlichen taktischen Ausbildung, Wien 1883 ; Separatabdruck aus der " Vedette". So allgemein und vielsagend wie der Titel ist auch der Inhalt , der sich in sehr breiter Weise über viele militärische Dinge , hauptsächlich über die wissenschaftliche Vor- und Ausbildung des Offiziers sowie über die Beförderungsvorschrift in der Desterreichischen Armee ergeht. Taktische Fragen werden nur leicht gestreift. 4) Ausbildung des Infanteristen im Felddienst von Claes Bratt , Capitän im Vermlands-Feldjägercorps, Stockholm 1883 (Schwedisch). 5) Das Reglement für den Frontdienst der Russischen Fußtruppen vom 11. Juli 1881 (Ruſſiſches Infanterie- Reglement) , aus dem Ruſſiſchen überſetzt vom k. k.. Oberlieutenant D. Hubrich , Teschen 1883 (j . 1. Beiheft zum Militär-Wochenblatt 1882). 6) Theoretische und praktische Anleitung für die Ausbildung der älteren Mannschaften als Patrouillenführer bei der Infanterie und den Jäger-Bataillonen von v. Hellfeld, Königlich Preußischer Hauptmann a. D., Berlin 1883. Die Anleitung giebt in gedrängter und doch klarer Darstellung den normalen Gang der Ausbildung zum Patrouillenführer auf Grund praktiſcher Erfahrung in Krieg und Frieden. Das Detail ist an fünf Croquis übersichtlich veranschau licht, der einfache Gegenstand in anregender Weiſe vorgetragen. 7) Die Instruction der Schweizerischen Infanterie. Von einem Instructions offizier. Luzern 1884. Dieselbe giebt in gedrängter Kürze eine Uebersicht der gesammten Ausbildung der Eidgenössischen Infanterie innerhalb der „Militär schulen", d . h. der Instructionscurse, zu denen die Offiziere und Mannschaften einberufen werden. Die Instruction hat nur Intereffe für den Schweizer Militär oder Denjenigen, der sich mit dem dortigen Milizwesen beschäftigen will. 8) Ueber die Ausbildung in der zerstreuten Fechtart. Von einem Oester reichischen Offizier. Hannover 1884. Der Verfasser bemüht sich, eine praktische Anleitung zur rationellen Ausbildung der Truppe im Tirailliren zu geben ; er warnt davor , Systeme zu suchen und die Form über das Wesen der Sache zu stellen. Bezüglich des Krieges 1870/71 bemerkt er, daß, wenn auch Deutscher seits der „stramme Drill " unleugbar dazu beigetragen habe , aus der Armee ein sicher wirkendes Werkzeug in der Hand der Führer zu machen und die bei der Führung und Bewegung großer Körper unvermeidliche Friction auf ein Minimum . zu reduciren , beim Betreten des Schlachtfeldes die bloße Form verschwand und an ihre Stelle faſt ausnahmlos kluge Terrainbenutzung trat. Für die Schulung des zerstreuten Gefechts wird gewünscht , daß die Normen auf ein Minimum beschränkt würden , dagegen der Denkfähigkeit und Selbständigkeit des Mannes der nöthige Spielraum gelassen werde. 9) Zur Frage über die Anwendung des Feuers in der Offensive. Von X. — Die vielbesprochene , alte und doch immer Darmstadt und Leipzig 1884. neue Frage wird hier durch folgendes Resumé beantwortet:

300

Militärische Jahresberichte für 1883.

1 ) Gliederung der verfügbaren Gesammtkraft in Vor- und Haupttreſſen : Schützenlinie und geschlossene Abtheilungen. 2) Ununterbrochenes Herangehen beider an den Feind a. grundsäglich bis auf Einzelschußz-Diſtance ohne Feuer; b. wahrscheinlicher unter Anwendung eines geregelten Schützenfeuers auf weitere Entfernung Seitens des Vortreffens , im etappenweisen Wechsel zwiſchen Bewegung und Feuer, möglichst erst von 700 m an; derart , daß die Ununter brochenheit des Vorgehens des Haupttreffens dadurch nicht verlangsamt wird ; c. ausnahmsweise und nur , wo es des moralischen Eindruckes wegen unvermeidlich , unter Anwendung des Gliederfeuers Seitens eines Theiles des Vortreffens auf weiteste Entfernungen, keinenfalls aber von weiter als 1200 bis 1000 m ab bis auf etwa 800 und 700 m heran. 3) Einsatz des Massenfeuers auf Einzelschußz - Diſtance (400 bis 270 m) Seitens des Vortreffens und aller dasselbe einholenden hinteren Abtheilungen, nöthigenfalls bis zum Verbrauch der letzten Patrone , zum Zweck der Herbei führung einer Feuerentscheidung. 4) Erst wenn dieses Ziel erreicht ist, Sturm der gesammten vordersten Linien, dichtauf gefolgt von allen noch vorhandenen rückwärtigen Theilen , grundſäßlich ohne Feuer bis zur Erreichung der gegnerischen Position und Nebergang zum Verfolgungsfeuer ; meistentheils aber unterstützt durch ein den Sturmlinien dicht vorangetragenes lebhaftes Gliederfeuer. Zur Lösung dieser combinirten Aufgabe bedürfe die Infanterie einer fest gefügten reglementarischen Angriffsform , die , auf dem Erercirplatz eingeübt und ihrem Geiste nach verstanden, im concreten Falle den localen Verhältniſſen zweck entsprechend angepaßt werden müſſe. 10) Betrachtungen über das Gefecht der Infanterie und deſſen Durchführung in der Schlacht in Rücksicht auf die ferntragenden Schußwaffen (Führung und Verwendung der Truppen) von H. Frhr. v . d . G. v . R. Wiederum ein Programm für den Angriff eines Infanterie-Regiments über die freie Ebene nach folgendem Schema :

3000 m.

Erste Gefechtszone . 1. Treffen : Compagnie-Colonnenlinie 50 Schritt Diſtance.

1800 m.

Vorziehen des Vortreffens um 150 Schritt.

1500 m.

3weite Gefechtszone. Vortreffen : Jede der beiden Compagnien entwickelt einen Schüßenzug.

800 m .

Vortreffen läßt von jeder seiner beiden Compagnien noch einen weiteren Zug schwärmen. Alsdann, wenn es nicht möglich ist, im gleichmäßigen Vormarsch vorwärts zu kommen, von 800 m an wechselseitiges Vorgehen bis in

700 m .

die dritte Gefechtszone. III. Treffen macht Halt ; Aufnahmestellung (!) .

400 m.

Vortreffen läßt auch die dritten Züge seiner beiden Compagnien zur Verstärkung der Schützenlinie ausschwärmen. 1. Treffen (Haupttreffen ?) : die beiden Compagnien in Colonne. II. event. auch III. Treffen : Antreten zum eigentlichen Angriff und Einbruch in den Feind (in Colonnen) .

Taktik der Infanterie. 400-150 m.

150 m.

301

Sprungweises Vorgehen. I. Treffen läßt event. noch einen Zug der Soutiens -Compagnien rechts resp . links schwärmen. II. Treffen dicht dahinter. Laufschritt und Sturm.

Obgleich der Verfaſſer zu wiederholten Malen versichert, „ keine Uniformirung des Angriffs zu beabsichtigen ", ſo muß doch das hier Aufgeführte als Schema der allertrockensten , doctrinärsten Art aufgefaßt werden . Auch in den dasselbe begleitenden Betrachtungen ist vielfach Klarheit und einfache praktiſche Anschauung zu vermissen. So wird beispielsweise die den Angriff unterstützende Artillerie in vier verschiedenen Positionen zur Verwendung gebracht (innerhalb der Distancen von 2500-1000 m vom Feinde) . Eine Klärung der Begriffe über die hier besprochene taktische Situation dürfte durch vorliegende Schrift nicht herbeigeführt werden. 11 ) Graphisch-tabellariſche Darstellung des Vorganges bei der Schulung des Gefechts vom Plänkler bis zum Bataillon. Entworfen von E. Ritter v. Steiniz , k. f. k. Major. Prag 1884. Ein merkwürdiger Versuch , nach Art eines Stammbaums in Form einer riesigen Wandtafel die verschiedenen Paragraphen der Oesterreichischen Dienſtvorschriften , welche sich auf die Aus bildung der Infanterie beziehen, zuſammenzustellen. Das Ganze ist ein Gedächtniß knecht für Denjenigen, der sein Reglement nicht im Kopfe mit sich trägt.

Hoch über vorstehenden literarischen Erscheinungen stehen zwei Werke allge= mein taktischen Inhalts , welche hier Erwähnung finden müssen , weil sie beide im Jahre 1883 eine zweite Auflage erlebten und weil sie andererseits ――― obgleich alle Waffen behandelnd - den Schwerpunkt ihrer Betrachtungen auf die Infanterie und deren Gefechtsverhältnisse legen. Es sind : 1) Meckel, Taktik , Erster Theil: Allgemeine Lehre von der Truppen führung im Felde. 2. Auflage. Berlin 1883. ―――――― Der Inhalt dieses Buches ist im Jahrgang 1881 der Jahresberichte (S. 335 ff. ) angeführt , die hohe Bedeutung desselben voll gewürdigt worden. Die in Jahresfrist erschienene Neu auflage ist ein Zeichen dafür , wie schnell dieſe „ Taktik“ in der Armee Eingang und Absatz gefunden hat. Die 2. Auflage hat nur unwesentliche Aenderungen erfahren , hauptsächlich sind die zahlreichen Notizen über Organisation und Dienstverhältnisse der fremden Armeen durchgesehen und berichtigt . Jedem Leser sei vor Allem das Capitel D „ Von der Schlacht , dem Gefecht" zu gründlichem Studium empfohlen. Gegenüber den vielen mühseligen Versuchen, in der Literatur das Infanteriegefecht und speciell das Angriffsverfahren in schablonenhafter Form zum Ausdruck zu bringen, ist es wohlthuend, zu sehen, wie ein wahrhaft bedeutender Kopf die Sache anfaßt und, Theorie und Praxis richtig verbindend, ein plastisches Bild von dem regelrecht angesetzten und durchgeführten Angriff im großen Stil entwirft. 2) W. v. Scherff, Von der Kriegführung , zugleich 2. Auflage der Lehre von der Truppenverwendung als Vorschule zur Kunst der Truppenführung. Berlin 1883. Wir haben bereits im Jahrgang 1879 der Jahresberichte an dieser Stelle auf das Epochemachende dieser literarischen Erscheinung hingewiesen und suchten damals - um einem in der Armee herrschenden Vorurtheile gegen die philosophische Richtung des Buches entgegenzutreten den hohen praktischen

302

Militärische Jahresberichte für 1883.

Werth desselben hervorzuheben . In der neuen Geſtalt , in der es jetzt vorliegt, hat der Verfasser sich zu ſehr tiefen Einſchnitten, zu weitgehenden Ausscheidungen und zu einer durchgreifenden Aenderung in der Form der Darstellung entschlossen. Vieles werthvolle Detail und vieles in den Anmerkungen zerstreute Material iſt der Scheere zum Opfer gefallen. Das gesammte Werk aber hat an Einheit, Uebersicht und Klarheit wesentlich gewonnen. Es wird in seiner neuen Form auch denjenigen Leser , der ungern an schwierige Probleme mit seinem Denkver mögen herantritt, nicht mehr durch die Wucht seines wiſſenſchaftlichen Charakters abschrecken. Aus dem das ganze Gebiet der Kriegführung in geistreichen und vielfach neuen Gedanken *) überfliegenden Inhalte sei hier wiederum nur der uns beſonders bedeutend erscheinende Abschnitt : " Vom decisiven Offenſivkampfe der Infanterie" hervorgehoben und kurz erwähnt. Es heißt da u. A.: Der decisive Offensiv kampf ist der Kampf an sich. Seine Durchführung erhebt die höchsten Ansprüche sowohl an die Ordnung zum Kampfe , wie an das Verfahren im Kampfe . . . Die im Offensivkampfe zu lösende Aufgabe wird dahin präciſirt, die Truppe aus der Anfangsentfernung beginnender Verluste bis auf die Entscheidungsentfernung günstiger eigener Feuerwirkung an den stehenden Feind heranzuführen ; auf dieser Entfernung angekommen , die Feuerüberlegenheit über den Gegner zu gewinnen ; die gewonnene Ueberlegenheit durch den vertreibenden Sturm zu bethätigen und endlich den Sieg zur Auflösung des Gegners auszunußen. Der auf diesem Wege zurückzulegende Raum: die Unsicherheitssphäre des Feuerkampfes läßt sich nach dem Stande der heutigen Bewaffnung in drei Hauptzonen zerlegen , von denen die mittelste wieder in zwei Unter abtheilungen zerfällt: 1. Zone vom ersten Wirksamwerden des feindlichen Geschützfeuers bis zum ersten Wirksamwerden des feindlichen Gewehrfeuers (2500-1400 m). 2. Zone vom Wirksamwerden bis zur höchsten Wirksamkeit des feindlichen (und eigenen) Gewehrfeuers ( 1400-200 m). Dieſe Zone zerlegt sich in zwei Theile , deren Grenzpunkt da zu suchen ist , von wo ab auch das Offenſivfeuer die Möglichkeit gewinnt, den Gegner in einer dem zu machenden Munitions einsaße einigermaßen entsprechenden Weise zu schädigen (700 in). 3. Zone der Raum bis in die feindliche Stellung hinein , innerhalb dessen nach der Schießinstruction von jedem Schuß ein Treffer zu erwarten ist. Die Kampfordnung wird auf eine Entwickelung zielen müssen, welche Ver luste durch Darbietung ungeschickter Maſſenziele von vornherein verhindert. Dies geschieht nach der Breitenrichtung durch Zerlegen in kleinere Unterabtheilungen mit Zwischenräumen von 30 bis 80 Schritt , nach der Tiefenrichtung durch Treffenabstände von 400 m. Die wichtigste Rücksicht bei dieser Gliederung ist diejenige auf die eigene Thätigkeit der einzelnen Theile , die bei dem Vortreffen zunächst im selbstthätigen Feuerkampf zur Erschütterung des Gegners und als Vorbereitung der Entscheidung sich darstellt. Hierzu gliedert sich das Vortreffen in mehrere Linien hintereinander, die hinteren Treffen dagegen nach der Breiten richtung ; letztere suchen dabei durch Wechsel der Formation und geschickte Terrain benutzung Verluste zu vermeiden. Je mehr durch das eigene Feuer das Vorgehen *) Es braucht nur an die Besprechung des Festungskrieges und der „ vierten Waffe“ d. h. der Festungstruppe erinnert zu werden.

L

Taktik der Infanterie.

303

ſich verlangsamt , werden die hinteren Treffen allmälig näher auf das vordere aufschließen. Mit der Erreichung der Entscheidungsentfernung (200 m) durch das Vor treffen beginnt der zweite Act der Offensive , welche in der Brechung der feind lichen Feuerkraft gipfeln soll . Dieſe Grenze ist nicht voreilig zu überschreiten, ehe nicht letzteres Resultat erreicht ist. Zu der jetzt beginnenden eigentlichsten Durchführung des Kampfes muß grundsätzlich das gesammte Vortreffen in den nahen Feuerkampf eingesetzt werden ; häufig wird aber die Verschmelzung auch noch des Haupt- (ja selbst des dritten) Treffens mit dem Vortreffen in eine einzige Feuerfront nothwendig werden, um jene Feuerüberlegenheit zu gewinnen, welche als unerläßliche Vorbedingung für die Ausführbarkeit des entscheidenden, Sturmes bezeichnet werden muß , den grundsätzlich mindestens Vor- und Haupt treffen immer nur gemeinſam unternehmen sollen. Dem dritten Treffen würde Ausnutzung des Erfolges bezw. Abwendung der übeln Felgen bei ungünſtigem Ausgange als Aufgabe zufallen. Somit ergeben sich vier Momente für das Angriffsverfahren : Avanciren möglichst weit ohne eigenen Feuereinsaß, dann mit immer wachsender Intensität dieser Gegenwirkung ; demnächst ein Halt zur Entfaltung des höchstmöglichen Massenfeuers ; endlich der Einbruch mit anschließender Verfolgung. Hieraus folgen wiederum die Aufgaben und das Verfahren des Vorbereitungs- , des Haupt- und des dritten Treffens , deren Darlegung des Einzelnen im Werke des Generals v . Scherff selbst zu verfolgen dem Leser überlaſſen bleiben muß . (S. 183 ff.) Wir schließen mit dem treffenden Bilde, in dem der Verfasser den Charakter des Infanterie-Angriffs zusammenfaßt : „Im Allgemeinen wird sich der Verlauf des offensiven Deciſivkampfes mit dem Bilde der aufkommenden Fluth vergleichen laffen, wie sie, Woge auf Woge wälzend, die ermattende Kraft der ersten Wellen linie stets rechtzeitig von hinten durch einen neuen Impuls wieder vorreißt, ehe L. dieselbe ersterbend ins Zurückſinken kommen kann. "

Wir lassen nunmehr die auf Seite 298 angekündigte „ Tabellarische Zu sammenstellung der gegenwärtig gültigen Infanterie-Reglements " folgen.

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-B4F.z1Rataillonen eld uegt Offiz at .81B896 Comb

. Armes gestreckten

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in zerfällt Zug Der theilungen Schwärme )."(Sections

222 105 (im ).Frieden Mann

.1881 Rußland

1in ; 15-118 Schritt m 0,75 = in 10,70 ; 16-120 m . Minute der 125-130 dito Schnellschritt in Laufschritt 70-180 1 ; m 1,00 .= Minute der in

weigliedrig .Stets Gliederabstand 1,20 von m Ab

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von .7R4bis otten

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BzRuegt .1à4C at omp Offiz at .91B848 Mann

Desterreich .1880

OIn (Glieder weigliedrig ffiziere .Stets Gliedern zwei ,ausnahmsweise m 0,70 abstand vier Gliederabstand zum bis Frontmarsch Glieder Tornister .beim m 1,30 . Absah zu satz

c.-2mompagnie ezze p.4slotoni zu quadriglie

. 876 n 1 Italie

bersagl 0. ,86 ,1 m 40 70 ,1corsa -m 0,90 80 ..,00 ,1bersagl m

Du.2à4B1Rataillone egt epot Depot Compagnien 18m .ein ,i zu Felde 3Bat .à4C omp = Offiziere 1000 .1B8at Mann .2.4O1Cffiz Mann 50 omp ).(im Mann 83 Frieden

1875 .Frankreich 1883. v.6(M.it Abänderungen )Nov.

Militärische Jahresberichte für 1883.

Minute der . Minute .

. pagnien

Eintheilung : om 31 ataillone BRà4C egiment .1Bataillon Mann 1002 Offiziere 22 51ffiziere 20 OCUnter ompagnie .226 Mann Soffiziere 4pielleute

. 876 1 Deutschland

Zusammenstellung gegenwärtig der gültigen Infanterie R .- eglements

304

Militärische Jahresberichte 1883.

20

1.

.2▼

·1/1

2. section

250 m Comp .. 3. Soutien von Vorgehen Sprungweises 4. Schritt 500 Anlauf zum ".bis

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1m50 < A 200 m

peloton .2.

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Comp .iTruppen verbande . section 1. 3.

(sectionsBug);Cnete olonne

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catena .

Die Schwarm der Unterstützung linie Vorwärts durch erfolgt

Zug 2. Berstreutes . Gefecht . aus Die besteht Feuerlinie Schwarmlinie Unter den und Schritt 100 bis stüßungen ,welche ,dahinter dürfen sein einander von . Ab vorgeschriebene ohne Reserven Vorgehen Das 4. sprung erfolgt

305

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Bug 3. .2. Halbcomp .)-R(Ceserve omp

Schritt 500

Bug 1. . 250 Schritt

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200 m

·

Taktik der Infanterie.

. gern

: angeführt

aufzustellen ".

300 m Soutiens 3.

Schüßenzug 21. .A 1/24

~ || ~ ||

3. .1 sect A4 als Schüions ßenlinie

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ungetheilt lung Schüßenlinie die hergestellt .in

200 m

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Reglements §Verstärkung Die Die :1),des ,03 der

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Verlängern ;1)durch

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-Rnvent Linie eserve .i,eBataillons

Verstärkung Verstärkung Die der der Verstärkung geschieht Schüzenlinie einer chüßenlinie geschieht :erfolgt unmittelbare S chüßenlinie Verlängern Ein oder durch Verwenn möglich irgend In sofort werden Falle letterem Vneue . erbände 2c ,Zugabgetheilt übernimmt und Offizier jeder die Sectionen .,so 2c Führung vieler als . hatte sich unter vorher er

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Schritt 500

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Rußland .1881

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Compagnien Die Dis ,, die find pofitions ".D-Einheiten Aus ie Bataillons aller von führung Befehle avisirten Commandanten geschieht Com der Commando auf C-. ommandanten pagnie

C.den 4olonnen

. 880 1 Desterreich

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.1876 Italien

Militärische Jahresberichte für 1883.

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. Schüßenlinie der Verstärkung

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1.

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1. aweckmäßig ,bestimmte für Formen 3. Ent der Arten alle verschiedenen widelung Colonnen Compagnie in m 200 dort wird hierfür Beispiel Als

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9

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.1876 Deutschland

·~ || · || ~

306

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Formation .andere

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bonnes sont formations Toutes les

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8Schuß in Minute .)der

fuoco .acommando

Taktik der Infanterie.

307

.1875 Frankreich )v.6M( .it 1883. Nov. Abänderungen

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pagnie . Gefecht im Muder Herantragen zum

Munitionserfaß . Gefecht im

. Falle

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B6,n2R. ataillone egimenter ormal ordine 1)izwei ,n battaglia di Schritt Bn0at ,2.iTreffen Linie Treffendistance 400 Intervall ,Schritt Colonne .auch Bat Terrain ,win enn erfordern ,aoder mit ber Umstände . Entwickelungsraum

.1876 n Italie 1 Oesterreich . 880

. 881 nd 1 Rußla

Militärische Jahresberichte für 1883.

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Infanterie Die Patronen keine hat

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B2ataillonsMunitionswagen folgen Gefecht ins mgedeckt wagen ., öglichst Bataillon am nahe Regiment oder

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.1876 hland Deutsc

308

Taktik der Cavallerie.

309

Bericht über die Taktik der

Cavallerie.

1883 .

Die Anlage und die Durchführung der Friedensübungen der Reitereien der Europäischen Heere haben im Jahre 1883 dieſelben grundsätzlichen Ver schiedenheiten gezeigt, welche bereits mehrfach Gegenstand der Besprechung in diesen Blättern gewesen sind. Der Hauptunterschied hat wiederum darin bestanden , daß bei dem einen Theile die strategische Ausbildung Hauptzweck der Uebungen gewesen ist, während ſie bei dem anderen vornehmlich zur Förderung der taktischen Schulung gedient haben ; in letzterem Falle hing ihre Gestaltung wesentlich davon ab , ob die Manöver mit Gegenseitigkeit ausgeführt wurden , oder ob die eine Partie nur durch einen markirten Feind dargestellt war. Cadremanöver , d. H. Uebungen, bei denen die Truppen auf beiden Seiten nur markirt werden, sind in größerem Umfange nicht vorgekommen. Ein kurzer Rückblick auf die neuere Entwickelung der Manöver thätigkeit der Reiterei zeigt, daß die einzelnen Heere ziemlich unbeirrt auf dem von ihnen dabei von Anfang an betretenen Pfade fortgeschritten sind , und daß keins derselben sich ganz zu des anderen Ansichten hat bekehren laſſen. Nachdem die Vorgänge des Deutsch-Französischen Krieges die Thätigkeit der Reiterei in einem neuen hellen Lichte hatten erscheinen laffen, wurde die Verwend barkeit der Waffe auf dem Schlachtfelde und außerhalb deffelben Gegenstand des lebhaftesten Intereſſes aller betheiligten Organe. Allgemein wurde anerkannt, daß der neue Geist, welcher sich auf Deutscher Seite in den Jahren 1870 und 1871 kundgegeben hatte , auch neuer Formen bedürfe. Man ging daher an die Um arbeitung der Exercirreglements , fügte ihnen Vorschriften für die Führung und den Gebrauch größerer Reiterkörper bei und widmete der Prüfung dieser Regle ments und Vorschriften in erster Linie die Uebungen der Waffe , welche nun ――――――― in größerer Zahl und in größerem Umfange in Deutschland zuerst 1873, in Desterreich Ungarn und Italien 1874 , in Frankreich 1876 abgehalten wurden. Dieser anfängliche Sonderzweck brachte von selbst mit sich, daß sie zunächst überall gegen einen markirten Feind stattfanden , welcher , nur das Skelett darstellend , bestimmt ist, die Hauptmomente des Gefechts zu kennzeichnen. Es steht ihm keinerlei Initiative zu , so daß das Verhalten des Gegners durch seine Maß regeln nicht beeinflußt wird. Zu den Manövern größerer Maffen mit Gegen seitigkeit schritten bei ihren Reiterübungen gleichzeitig Frankreich und Desterreich im Jahre 1879 und zwei Jahre später entschloß sich Deutschland zu einem gleichen Versuche. Das Manövriren gegen einen markirten Feind ist jedoch die allgemeinere Art geblieben ; Frankreich bemüht sich bei seiner Herbſtarbeit die einzelnen Glieder zunächst durch Uebungen gegen einen solchen zu schulen, und geht nur zum Schluß der Ausbildungsperiode gelegentlich zur double action über ; Deutschland und Desterreich-Ungarn lassen die Reiterübungen der Regel nach mit markirtem Feinde stattfinden und benutzen die größeren Feldmanöver mit gemischten Waffen, um dort stärkere Caralleriekörper den Kampf gegen einander kennen lernen zu laſſen .

310

Militärische Jahresberichte für 1883.

Ganz anders Rußland. Hier bezweckt die Friedensausbildung fast aus schließlich die Verwendbarkeit für strategische Kriegszwecke und fast alle Ein richtungen und Anordnungen, welche in Betreff der Cavallerie befohlen werden , sind darauf gerichtet , diese zu fördern und in die erste Linie zu stellen. Schon vor dem letzten Türkenkriege fanden große strategiſche Cavalleriemanöver ſtatt und nach dem Friedensschlusse hat die Reiterei ihre Thätigkeit in diesem Sinne von Neuem aufgenommen . Desterreich-Ungarn betrat die gleiche Bahn im Jahre 1876, als es sich darum handelte, die Manöver ganzer Armee-Corps einzuleiten, und kam 1880 darauf zurück, indem zwei Cavallerie- Divisionen aus weiterer Entfernung gegen einander angesetzt wurden ; Frankreich zeigte 1879 ein Zerr= bild derartiger Uebungen, ohne ſpäter den Verſuch — wenigstens in großem Maß stabe ― zu wiederholen. In Deutschland hat man sich im Wesentlichen damit begnügt , die Märsche in die Manövergegend und diejenigen , welche gelegentlich der Abhaltung der Uebungen stattfinden , kriegsmäßig zu gestalten. Strategische Manöver treffen wir dagegen in kleineren Staaten , so 1881 in Belgien und den Niederlanden. Die einzelnen Phaſen dieſer Entwickelung , die Vorgänge dabei und die ge machten Erfahrungen sind in den früheren Jahresberichten eingehend dargelegt; wie erstere im Jahre 1883 sich gestaltet hat , soll ein Blick auf die einzelnen Armeen zeigen.

Die Absichten Rußlands in Betreff der Verwendung seiner Cavallerie bei einem eventuellen Kriege gegen seine westlichen Nachbarn sind bekannt. Unser vorjähriger Bericht enthält Näheres darüber, wie man im Inlande und im Aus lande sie sich denkt; vornehmstes Ziel der Friedensausbildung ist auch im Jahre 1883 gewesen, die Reiterei für dieselbe auszubilden ; die Cavalleriemanöver haben vor Allem dazu gedient, die strategische Verwendung vorzubereiten. Ueber die großen Reiterübungen , welche in den Gouvernements Pultawa, Kursk und Charkow unter persönlicher Oberleitung des General Inspecteurs der Cavallerie, Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch des Aelteren, statt gefunden haben, äußert sich der Russische Invalide *) in seiner Nummer 232 sehr befriedigt. Sie sind von zwei Abtheilungen ausgeführt worden, von denen der einen, dem Ostcorps, in der Stärke von einer Cavallerie - Brigade, zwei Reitenden Batterien und einem Infanterie-Regiment , welchem drei Tage nach Eröffnung der Feindseligkeiten ein weiterer Kräftezuwachs durch Hinzutreten einer zweiten Cavallerie - Brigade in Aussicht stand, die Aufgabe gestellt war, die An sammlung hinterseiender supponirter Truppen zu decken , während der anderen, dem Westcorps , oblag, die Verhältnisse beim Gegner aufzuklären und seinen Auf marsch durch Unternehmungen gegen seine rückwärtigen Verbindungen zu stören; letteres Corps hatte daneben den Vormarsch eines gleichfalls supponirten Corps zu verschleiern und zu decken. Das Ostcorps stand bei Beginn des Manövers in der Gegend von Achtyrka und Bjelgorod , das Westcorps bei Romny ; beide waren so weit von einander entfernt, daß die Abtheilungen des Angreifers 300-400 Werst zurückzulegen hatten, bis sie Fühlung erhielten. Das zwischen liegende Gelände ist sehr wechselnd gestaltet ; bald ist es kahle, steppenartige Ebene, bald bedecken es dichte Wälder, bald ist es hügelig ; zahlreiche Wafferläufe kreuzen den Weg, theils furtbar, theils in morastigen Betten fließend, mit steilen, oft *) Auszüge aus dem betreffenden Aufſaß im Militär-Wochenblatt Nr. 103 und im Desterreichischen Armeeblatt Nr. 48.

Taktik der Cavallerie.

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auch schroffen Ufern. Die Gegend ist gut angebaut, ſo daß die Verpflegung von Mann und Roß keine Schwierigkeiten macht. Besonderes Interesse bietet die hierbei stattgehabte Verwendung kleiner fliegender Corps behufs Erfüllung des dem Westcorps ganz allgemein gestellten Auftrages, gegen die rückwärtigen Verbindungen des Feindes zu wirken. Die betreffenden Abtheilungen wurden angewiesen, zu diesem Zweck namentlich die Zerstörung der Eisenbahnen — und zwar mehr oder weniger gründlich, je nach ― dem man selbst sie später zu benutzen dachte oder nicht darzustellen ; zugleich sollten sie thunlichst viel feindliche Kräfte auf sich ziehen. Es ist dies eine Auf gabe, welche schwer zu lösen ist , denn wenn man Eisenbahnen in des Gegners Rücken zerstören will, so wird das am sichersten gelingen, wenn man ſeine Auf merksamkeit möglichst wenig rege macht ; wenn man letzteres aber nicht thut, so wird man ihn auch nicht zu Entsendungen veranlaſſen. Die Erfüllung des Auf trages wurde hier noch dadurch erschwert, daß, wie der „ Invalide“ mittheilt, die Sympathien der Bevölkerung, welche an den Vorgängen regen Antheil nahm, auf Seite derjenigen Truppe waren, welche die Gegend besetzt hielt , also des Oſtcorps , und daß es folglich dem Angreifer nicht leicht gemacht war , Nach= richten über seinen Gegner zu erhalten. Wenn daher die beabsichtigten Zerstörungs arbeiten troßdem meist als gelungen anzunehmen sind, so muß es beim Ostcorps wohl an der nöthigen Aufmerksamkeit gefehlt haben. Für diese Annahme sprechen auch verschiedene Ueberfälle, welche dem Westcorps gelangen ; überhaupt wird das Verhalten des Ostcorps durch eine Aeußerung im „Invaliden “ gekennzeichnet, welche sagt, daß beim Westcorps zur Sicherung der Cantonnements ein Poſten auf dem Kirchthurm in der Regel um so mehr genügt habe , als vom Feinde nichts wahrzunehmen gewesen sei . Für die allgemeinere Ausführbarkeit ähnlicher Unternehmungen, zumal auf einem Kriegsschauplate , deffen Bodenbeschaffenheit sie nicht so begünstigt, wie es in Rußland meist der Fall ist , dürfte durch jene Friedensvorgänge kaum ein Beweis erbracht sein. Es kommt aber darauf auch nicht an. Mag die Theorie sich dafür oder dagegen erklären ; in der Praxis muß und wird eine jede tüchtige Reiterei den Versuch machen , derartige Auf träge auszuführen , sobald eine Gelegenheit sich bietet, und " dem Kühnen ist die Glücksgöttin hold“ . Die bei den Reiterübungen bemerkten Unterlassungsfünden im Aufklärungs und Sicherungsdienste rügt auch General Gurko , der Commandirende der Truppen des Warschauer Militärbezirks , in einem nach Beendigung der Sommerübungen erlassenen Befehl *) vom 30. September ( 12. October) ; daß nach keiner der genannten beiden Richtungen Genügendes geleistet sei, daß die Truppen weder regelmäßig und ausreichend gegen feindliche Unternehmungen gesichert, noch sattsam über die Verhältnisse beim Gegner unterrichtet gewesen sind, erklärt der General dadurch , daß stets ein und dieselbe Abtheilung mit beiden Aufgaben betraut war. Dadurch sei die Cavallerie veranlaßt worden , ihre Kräfte zu zersplittern und in der Regel ihre Aufmerksamkeit der leichter zu erfüllenden unter den ihr zufallenden Obliegenheiten , dem Sicherheitsdienste, zu zuwenden. Bei den Manövergefechten hat General Gurko die Thätigkeit der Cavallerie überhaupt vermißt. Die Waffe sei auf dem Schlachtfelde nicht zu entbehren, sagt er ; es würden sich ihr immer Momente bieten , wo sie attackiren müßte * ) Abgedruckt im „Ruſſiſchen Invaliden" Nr. 215 und 216. Vergl. Militär-Wochen blatt Nr. 93 und Desterreichisches Armeeblatt Nr. 42.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

und wo sie es mit Aussicht auf Erfolg thun könne. Wir werden weiter unten noch Gelegenheit haben , darauf hinzuweisen , wie man in Rußland an vielen Stellen über die Schlachtenthätigkeit der Reiterwaffe denkt, obgleich ihre Aus rüstung und Ausbildung wesentlich anderen Zielen zu Gute kommen. Aus einem Vergleiche der von verschiedenen Seiten aufgestellten Grundsäße geht wenigstens eins hervor, daß die Ansichten noch nicht so weit geklärt sind, um Ein und Dasselbe zu wollen ; wir verweisen in dieser Beziehung namentlich noch auf Skobelews lettwillige Aeußerungen, wie sie der vorjährige Jahresbericht (S. 374) wiedergiebt. Reiterübungen, wie die oben geschilderte, aber in kleinerem Umfange, hat Großfürst Nikolaus durch die Garde - Cavallerie vom Lager von Krasnoe Selo aus vornehmen laſſen (vergl. Militär - Wochenblatt Nr. 96) . Es waren Abtheilungen von je zwei Schwadronen und zwei Geschützen , welche dazu ver wandt wurden ; Aufklärungs- und Sicherheitsdienst , Angriff und Vertheidigung von Dertlichkeiten , verbunden mit dem Zweck der Gewöhnung an das Feldleben und dessen Anstrengungen, waren die gestellten Aufgaben. Die große Wichtigkeit, welche man in Rußland der Verwendbarkeit der Cavallerie zu strategischen Zwecken beimißt , erhellt auch aus dem hohen Werth, welchen man auf die Schwimmübungen legt. Sie werden immer weiter aus gedehnt. Während im vergangenen Jahre die Jahresberichte mittheilen konnten, daß sie von einem Dragoner-Regiment angestellt worden seien, erfahren wir jetzt durch den „Invaliden " Nr. 190 , daß am 22. Auguſt (3. September), also in einer Jahreszeit , wo das Baden im Fluß für die Mehrzahl der Menschen schon ein fragliches Vergnügen ist , die ganze vierte Cavallerie-Diviſion den Suprasl, einen Nebenfluß des Narew, durchschwommen hat. Das Hinderniß, welches das Waffer bot, war nicht unbedeutend. Es wurde an zwei Stellen überwunden ; an der einen betrug die Breite 32 m, die Tiefe auf einer Strecke von 8,5 m 3 m, die Stromgeschwindigkeit 0,3 m in einer Secunde ; an der anderen war der Fluß 40 m breit und auf einer Strecke von 11 m 3,5 m tief, bei einer Strom geschwindigkeit von 0,45 m in einer Secunde ; an der letzteren Stelle schwammen die Kajaken , an ersterer die anderen Regimenter durch. Die Beschaffenheit der Ufer und des Grundes war dem Unternehmen wenig günstig ; erleichtert aber wurde es dadurch , daß die Reiter , weil sie Anfänger waren, auf ungesattelten Pferden saßen. Die Kasaken waren in 27 Minuten drüben ; der Versuch gelang vollkommen und war höchst lehrreich. Von der früher vielfach zur Anwendung. gekommenen Art des Uebersetzens über Flüsse, wobei die Pferde rudelweise hin durchgetrieben wurden, während man die Mannschaften in Booten übersetzte, giebt die Allgemeine Illustrirte Militär-Zeitung Nr. 34 vom 1. December eine Schilde rung, in dem sie, nach einem Bericht des Invaliden, von einem Uebergange über den Dniepr erzählt. Die Uebelſtände , welche daraus entstehen, daß Reiter und Pferd von einander getrennt und daß das letztere jenseits erst wieder bepackt werden muß, sind auch dort störend hervorgehoben. Bei den Russischen Schwimmübungen wurde ein altes und viel erprobtes Hülfsmittel von Neuem benutzt, welches darin besteht , daß der Schwimmer mit Luft gefüllte Säcke zu seiner Unterstützung gebraucht. Schon die alten Affyrer kannten dieſes Mittel, die Basreliefs von Ninive stellen zahlreich Soldaten dar, welche , auf „Kallaks “ liegend , das Waffer passiren ; noch heutigen Tages werden lettere auf dem Euphrat bei Waarentransporten benutzt, und auf unseren Badeplätzen können wir das gleiche Mittel , in Gestalt von Thierblasen, von der lernbeslissenen Jugend überall gebrauchen sehen. General Safonowitsch vom

Taktik der Cavallerie.

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Terek-Kajaken-Woissko hat es daher nicht ersonnen, wie der Russische Invalide in Nr. 265 annimmt, aber er hat Versuche damit angestellt. Diese fielen allerdings nicht zum Besten aus , weil zuweilen Pferde , welche merkten , daß sie vermöge der am Sattel befestigten wasserdichten , mit Luft gefüllten Schwimmsäcke vom Waffer getragen wurden , es vorzogen , ihre Beine nicht weiter zu gebrauchen und dann von der Strömung fortgerissen, umgeworfen wurden, viel Unruhe und Zeitverlust verursachten und außerdem veranlaßten , daß Reiter , Gepäck , Waffen und Munition ganz durchnäßt wurden. Sehr gute Dienste leisteten aber die Säcke, wenn man sie benutte, um ein Floß zu tragen, auf welchem man das Gepäck, die Waffen u. s. w. überzusetzen (Militär-Wochenblatt 1884 Nr. 7) vermochte. Einen weiteren Schritt in dem Streben nach Verwendbarkeit für die Auf gaben der Strategie bezeichnet die Ausrüstung der gesammten Cavallerie mit einem vom Oberst Herschelmann erfundenen Feldtelegraphen , welcher selbst bei raschen Ritten am Sattel transportirt werden kann und ebensowohl tauglich sein soll mit seiner Hülfe feindliche Depeschen abzufangen, als eigene zu befördern. Das Militär-Wochenblatt Nr. 40 vom 16. Mai 1883 bringt nach Nr. 88 des Invaliden ausführlichere Mittheilungen über den Apparat ; auch ist in St. Peters burg eine durch Zeichnungen veranschaulichte kleine Schrift erschienen , in welcher Oberst Herschelmann Anleitung zum Gebrauch deſſelben giebt. Dem Mangel an numerischer Stärke , welcher sich bei den Russischen Cavallerie - Divisionen zuweilen unangenehm bemerkbar gemacht hat, wird für die Zukunft dadurch abgeholfen werden , daß die regulären Regimenter von 4 auf 6 Schwadronen gebracht werden. Es bedeutet dieses einen Zuwachs von 112 Schwadronen. Ueber die Reitermassen, welche Rußland für einen etwaigen Europäischen Krieg zur Verfügung hat, giebt ein Aufsatz im Novemberheft 1883 der Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine Die Russische Cavallerie in Sein und Schein" vom Rittmeister v. Dewall eingehenden Aufschluß. Die Leitung der großen Reiterübungen in Frankreich hatte der Vorsitzende des Cavallerie-Comités, Divisionsgeneral Marquis von Galliffet, wiederum in seine feste und sichere Hand genommen. Das umlaufende und von vielen Seiten , betheiligten und nicht betheiligten , mit Vorliebe weiter verbreitete Gerücht, daß sie ihm im Jahre 1883 nicht wieder anvertraut werden würde , erwies sich als irrig. Die Enttäuschung berührte viele Leute sehr unangenehm. Zunächst seine zahlreichen politischen Gegner, welche mit Besorgniß auf den großen Einfluß hin blicken, den er auf die Armee und vor Allem auf die Cavallerie ausübt , und welche für den Fall des Eintretens gewaltsamer Staatsumwälzungen seine erprobte Energie und Rücksichtslosigkeit fürchten ; dann eine Reihe von älteren und auch jüngeren Offizieren der Waffe , welchen die letztgenannten beiden Eigenſchaften, die nicht selten im Dienst sich unangenehm bemerkbar machen , höchst unbequem sind und welche die gute alte Zeit zurückwünschen ; endlich eine kleine Zahl solcher, welche es in der That für richtiger hält, daß auch anderen Generalen einmal Gelegenheit gegeben werde, sich mit denjenigen Öbliegenheiten vertraut zu machen, welche nachgerade General von Galliffets Domäne geworden zu sein scheinen. Sie alle fanden sich in ihren Erwartungen und Voraussagungen getäuscht. Als der Befehl kam, daß drei große Gruppen von Cavalleriemanövern stattfinden sollten, erfuhr man gleichzeitig, daß die Überleitung derselben den gleichen Händen wie im Vorjahre übergeben werden würde, und dabei blieb es trotz aller Machinationen. Von den drei Uebungsgruppen fanden die beiden ersten im Lager von Châlons sur Marne, die dritte in der Nähe von Chartres statt ; an jeder nahmen

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Militärische Jahresberichte für 1883.

zwei Cavallerie-Brigaden, und zwar je eine selbständige und eine aus Brigaden der Divisions-Cavallerie zusammengesetzte , Theil, die Schwadronen sollten mit 100 Pferden in Reih und Glied ausrücken , manche brachten aber kaum 80 auf den Platz ; die Zahl derjenigen Pferde, welche, weil sie zu jung, d. h. noch nicht 6 Jahre alt, oder aus anderen Gründen zur Theilnahme an den Uebungen un geeignet waren, in den Garnisonen zurückblieben, soll bei einigen Regimentern über 300 betragen haben. Jeder Division waren drei reitende Batterien bei gegeben. Die Märsche in das Manöverterrain sowie die Rückmärsche wurden kriegs mäßig ausgeführt ; die ersteren dienten dazu, die Escadrons einzumarſchiren, welche zu diesem Zweck ganz selbständig gemacht waren , um sie namentlich auch daran zu gewöhnen , daß sie für alle ihre Bedürfnisse selbst sorgten; sie waren dabei auf Ankauf und auf Requisition angewiesen ; auf dem Heimwege sollte den höheren Führern Gelegenheit gegeben werden , sich mit der Leitung von Kriegs märschen bekannt zu machen ; die taktischen Verbände hatten dabei so viel als möglich vereint zu bleiben. Der Tagemarsch betrug etwa 30 km ; in der Stunde mußten auf dem Hinwege 8 bis 10 , auf dem Rückwege mindeſtens 8 km zurückgelegt werden. Ein reichhaltiges Kartenmaterial , welches den übenden Truppen überwiesen und so bemessen war , daß auch die Unteroffiziere an seiner Benutzung Theil nehmen konnten, kam ihnen sowohl bei den Märschen , wie bei den Uebungen sehr zu statten und förderte zugleich das Verständniß für die bild liche Darstellung des Geländes. Die zu Telegraphisten ausgebildeten Cavalleriſten wurden während der Manöver zu diesem Dienstzweige herangezogen , welcher dadurch erhöhte Wichtigkeit erhielt, daß die Verwendung der Mannschaften zu Ordonnanzritten streng verpönt war. Den bei Châlons übenden Truppen ward der Aufenthalt im Manöverterrain dadurch verleidet, daß sie, bis auf einen kleinen Theil, während der ganzen Zeit draußen bleiben mußten , die Mannschaften in Zelten , die Pferde unter freiem Himmel mittelst eines um die linke Vordersessel geschlungenen ledernen Riemens an einem Piketpfahle befestigt, welcher zu diesem Ende oben einen Ring_hat; dazu öffnete der Himmel seine Schleusen und fandte unendlichen Regen herab, welcher den Erdboden in Schlamm verwandelte und die bei den Uebungen naß gewordenen Kleidungs- und Ausrüstungsgegenstände nicht wieder trocken werden ließ, sehr zum Schaden der Dekonomie, welchen man auf 60-80 000 Francs veranschlagt, und zum Nachtheil des Wohlbefindens von Mann und Roß ; die Krankenrapporte und das Aussehen der Pferde zeugten dafür. Rücksicht auf die Quartiergeber war die alleinige Veranlassung für diese in allen militärischen Kreisen höchst abfällig beurtheilte und mit den gesetzlichen Vorschriften für den Felddienst in strictem Gegensatze stehende Maßregel. Die Uebungen selbst , soweit sie nicht mit Gegenseitigkeit zwischen den Divisionen stattfanden, wurden, wie in früheren Jahren, so abgehalten , daß der eine Theil Vor-, der andere Nachmittags ausrückte ; für jede Gruppe waren zehn Uebungstage bestimmt. Nachdem zunächst in den taktischen Verbänden, mit Brigaden von zwei und später von drei Regimentern beginnend, evolutionirt war, wurde, den oben erwähnten Grundsätzen gemäß, zu Manövern à double action übergegangen, welche zuletzt von Division gegen Division außerhalb der Uebungs plätze ausgeführt wurden. Dem Aufklärungs- und dem Marschsicherheitsdienste wurde bei den Uebungen der Divisionen mehrfach besondere Sorgfalt zugewendet ; es wurde über Mängel der Ausbildung in diesem wichtigen Dienstzweige geklagt, welchen durchaus abgeholfen werden müsse. Mehrere Militärjournale führen

Taktik der Cavallerie.

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bittere Beschwerde darüber, daß diese so wichtigen Dienstzweige im Allgemeinen keineswegs genügend gepflegt würden. Den Anforderungen der gegenwärtigen Kriegführung hätten bei den Manövern nur wenige Truppentheile sich gewachsen gezeigt. Gelobt wurden die Leiſtungen der Dragoner und Jäger bei den Manövern des 7. und 8. Armee-Corps ; sie hätten gute Meldungen gebracht, während diese sonst fast überall dürftig und unklar gewesen seien und meist zu spät gekommen wären. An der taktischen Vorbildung hatten die Kritiker viel auszusetzen. Sie führten die Schuld auf die ungenügende Schulung der Escadrons , der Regimenter, der Brigaden zurück. Die Unterweisung in den ersten Elementen sei vielfach mangelhaft; sie litte unter den zahlreichen Beurlaubungen von Mannschaften, unter dem Fehlen geeigneter Uebungsplätze und unter den schlechten Rekruten pferden, vor Allem aber an der Unfähigkeit vieler höherer Offiziere und an deren Abneigung, sich des Geistes der Ordonnanz vom Jahre 1829 zu entäußern , welcher als das Ziel des gesammten Strebens die Parade statt des Kampfes hinstelle. Einige der älteren Offiziere dieses Schlages glänzten durch Abwesenheit beim Manöver, einige fielen demselben zum Opfer ; im Allgemeinen wurde darauf hingewiesen, daß die Manöver viel Geld kosteten und daß die Truppen nicht zu denselben beordert würden, um dort die Anfangsgründe der Reitertaktik zu erlernen, ſondern um dieſe anzuwenden. Die Unsicherheit vieler Offiziere habe Unruhe in der Truppe, vieles Sprechen und Moniren veranlaßt. Gegen die Unfähigen müſſe energischer vorgegangen und gegen Mißbräuche , wie man sie beispielsweise in Paris wahrnehmen könne , wo zum Schaden ihrer Ausbildung zahlreiche Ordonnanzen verwendet würden, welche Liebesbriefe und Theaterbillets bestellten, müsse nachdrücklich eingeschritten werden. Hervorgehoben wurde der sichtbar günstige Einfluß , welchen die permanente Vereinigung zu selbständigen Cavallerie- Divisionen auf die Ausbildung der Truppe und auf das harmonische Zusammenwirken ihrer einzelnen Theile beim Manöver äußere. Sind die letteren in derselben Garnison zusammen und manövriren sie häufiger miteinander - desto besser. Dem Zusammenwirken dieser Umstände wurde zugeschrieben, daß die Cavallerie- Division Lardeur aus Luneville, welche schon im Jahre 1881 bei den Uebungen von Tantonville sich hervorgethan hatte, besonders günstig auffiel. Sie gehörte der zweiten in Châlons vereinigten Gruppe an , zu deren Uebungen auch Vertreter fremder Armeen Zutritt fanden. Ein Bericht, welchen einer dieser Offiziere, der Major v . Goßler, Adjutant des Feld marschalls Grafen v . Moltke , seiner Regierung erstattet haben sollte , erwies sich sehr bald als apokryph; er entstammte einem Englischen Blatte , den Morning News. Ein Originalbericht aus der Feder eines anderen Besuchers, des Rittmeiſters im 3. Niederländischen Husaren-Regiment van Burmania Rengers, findet sich in dem Militärjournal De militaire Gids" für 1884 , 1. Lieferung. Der Verfasser erzählt seine Erlebnisse und theilt die günstigen Eindrücke mit , welche Zustand und Leistungen der Franzöſiſchen Cavallerie auf ihn gemacht haben; im Schlußtheile seines Aufsatzes wendet er sich gegen einen im " Allgemeen Handels blad vom 30. September abgedruckten, „Mars " unterzeichneten Artikel , deſſen vielfach abfällige Aeußerungen in Betreff der Waffe und deren allerdings meiſt auf Grund von Wahrnehmungen bei den Manövern der 1. und 3. Gruppe nicht immer günstig beurtheilte Leistungen mit seinen eigenen Beobachtungen und Ansichten nicht übereinstimmen.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Wie schon aus Obigem hervorgeht, verhalten sich die Französischen militärischen Zeitschriften, welchen unsere Mittheilungen entnommen sind , den Leistungen der Waffe gegenüber ziemlich kühl. Mit dem neuen Reglement sind sie zufrieden ; für die Attacke wird immer mehr empfohlen, den Schwerpunkt auf Zusammenhang und auf Geschlossenheit, statt auf Ungestüm und auf ein Tempo zu legen, welches nur einzelne Pferde gehen können. Die Instructionen des Generals v. Schmidt wurden mehrfach zur Beachtung empfohlen ; durch die Ueberseßung der Kählerſchen Schrift über die Preußische Cavallerie in das Französische ist die Bekanntschaft mit den Traditionen der Deutschen Reiterei und den Grundlagen für deren gegenwärtige Normen und Formen den Französischen Offizieren neuerdings wesentlich erleichtert. Eine Englische Stimme in der Pall Mall Gazette vom 21. September spricht sich, anläßlich der großen Reiterübungen , über die Französische Cavallerie nicht gerade günstig aus ; sie tadelt namentlich die Haltung der Mannschaften zu Pferde, die übereilten ungeordneten Attacken und das Schießen auf zu große Entfernungen. Bessere Eindrücke hat ein Correspondent der Daily News empfangen. In der Nummer vom 24. September stellt er sowohl die Einzel ausbildung der Franzöſiſchen Cavalleristen, wie ihr Zuſammenwirken im taktiſchen Verbande den Deutschen Leistungen voran. Er lobt die Gewandtheit , die Auf merksamkeit und den Schneid, welche das Individuum gezeigt habe, und die Genauigkeit , die Uebereinstimmung und die Raschheit der Bewegungen bei den Manövern zwischen dem 7. und 8. Corps , welchen er beigewohnt habe , kein Unfall sei zu bemerken gewesen ; während er in Deutschland — ohne zu erwähnen, -wo? nur Schwerfälligkeit und viele Stürze wahrgenommen habe. L'Armée française" überläßt dem Englischen Berichterstatter die Verantwortlichkeit für seine Bemerkungen. Die schon vielfach angegriffene Stellung des Chef d'Escadron , des Zwischengliedes zwischen Regiments- und Schwadronscommandeurs, hat auch in diesem Jahre im Ganzen wenig Beifall gefunden. Gegenstand stets erneuter Klage ist das Berittensein der Offiziere; theils haben sie nicht die vor geschriebene Anzahl von Pferden, für welche sie Rationen beziehen , gehabt, theils haben die Pferde nichts getaugt, theils haben die Offiziere die beſſeren nicht geritten. Auch eine zweckmäßigere Packung sei dringend erwünscht, namentlich bedinge die Lage des Mantels eine zu hohe Führung. Die Stiefelhose beeinträchtige den Sitz des Reiters. Die Reitende Artillerie wird im Ganzen gelobt ; die höheren Offiziere hätten sich aber ihrer noch nicht in hinreichendem Grade zu bedienen gewußt. Auch das sei bei der Division Lardeur besser gewesen. Am wenigsten habe sich die Cavallerie in das Infanteriegefecht zu finden gewußt. Politische Rücksichten, namentlich auch die oben erwähnte gegen den General Marquis de Galliffet gehende Strömung , waren Veranlassung, daß ein großes Cadremanöver, welches die Mehrzahl der höheren Cavallerieoffiziere Frankreichs im Frühjahr 1883 an der Ostgrenze vereinigen sollte, nicht zur Ausführung kam. In Deutschland ist der taktischen Ausbildung der Cavallerie durch Ab haltung von Uebungen in größeren Verbänden die gewohnte Sorgfalt zugewendet worden. Es haben bei einer Reihe von Armee-Corps neuntägige Zusammen ziehungen sämmtlicher zugehörigen Cavallerie-Regimenter in der Stärke von vier Schwadronen - während die fünften an den Manövern der übrigen Truppen theile ihrer Armee-Corps Theil nahmen - stattgefunden , bei denen zunächst die

Taktik der Cavallerie.

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Brigaden erercirt wurden und dann die Divisionen , unter Beigabe je einer Reitenden Batterie, in dem zu Eingang unseres Berichtes angedeuteten Sinne übten. Von den Kaisermanövern wird gemeldet , daß auf den klassischen Feldern von Roßbach beim 4. Armee- Corps an einem der Uebungstage von den Diensten einer ad hoc zusammengesetzten Reiter-Division ein erfolgreicher Gebrauch gemacht worden sei. Bei den Kaisermanövern des 11. Armee- Corps dürften diejenigen Mittheilungen über die Beobachtungen und Wahrnehmungen Würdigung gefunden haben, welche der commandirende General des 11. Armee-Corps , General der Cavallerie Freiherr v. Schlotheim , gelegentlich der Manöver der ihm unterstellten Truppen diesen Die Allgemeine Militär-Zeitung vom bereits im Jahre 1881 mitgetheilt hat. 20. October 1883 veröffentlicht dieselben in ihrer Nr. 84. Sie äußern sich über die damals stattgehabte Verwendung der Reiterei, indem sie auf die entsprechenden Stellen der " Verordnungen über den Felddienst" vom 17. Juni 1870 hinweisen, in Wesentlichem in nachstehender Weise : 1. Wenn die Cavallerie zu Aufklärungszwecken der Avantgarde voraus gesandt wird , so ist dazu nicht deren zusammenzuhaltende Masse zu verwenden , sondern es haben dies Patrouillen zu besorgen , welche in breiter Front weit auseinandergehen, so daß das Gros nie unversehens in feindliches Feuer gerathen oder unabsichtlich zu einer Attacke gezwungen werden kann . Dieses dient zum Rückhalt. 2. Dem richtigen Gebrauche der Cavallerie entspricht es nicht , daß man durch Verwendung ganzer Schwadronen zu einfachen Patrouillenritten ein Detachement von aller Reiterei entblößt, oder daß man bei Beginn einer Uebung dergleichen Abtheilungen gegen Dörfer anrücken läßt , welche dicht vor den Vor posten liegen und von denen man durch diese weiß , daß sie vom Feinde besezt sind . 3. Beim Angriff auf Infanterie oder Artillerie kommt es auf das Erfaſſen des Augenblicks an. Der richtige Moment zur Attacke tritt ein , wenn die Infanterie aus ihrer Stellung herausgeworfen oder wenn ihr Sturm auf die unserige abgeschlagen ist ; denn dann geht sie im Ernstfalle erschüttert in Auflöſung zurück. Zum Angriff auf Artillerie ist der Moment des Auf- oder Abproßens günstig , daneben darf man die Gelegenheit zu überraschenden Angriffen gegen ihre Flanken und ihren Rücken nie versäumen. An diese Mahnungen schließt der Erlaß des Generals v. Schlotheim Ver= haltungsregeln für die Schiedsrichter, deren Amt bei der Geschwindigkeit , mit welcher das Reitergefecht sich vollzieht, bei dieſem ein besonders schwieriges ist. In Desterreich - Ungarn war der letzte Abschnitt der im Lager bei Bruck an der Leytha abgehaltenen Uebungen , die Zeit vom 17. bis zum 27. September, den Manövern von 5 Cavallerie-Regimentern ( 30 Schwadronen) und 3 Reitenden Batterien gewidmet. Hauptzweck derselben war , den Truppen-Divisionscom mandanten Gelegenheit zu geben, sich in der Befehlstechnik und in der Führung größerer Reiterkörper in rein taktischen Momenten zu üben. Es lag dabei der Gedanke zu Grunde, daß die zu Gebote stehende Zeit vornehmlich zur Aus bildung derjenigen Seiten cavalleristischer Thätigkeit verwerthet werden müſſe, für welche nicht anderweit gesorgt werden könne. Da nun die Ausbildung für strategische Zwecke schon bei den Cavallerie-Uebungsreisen und bei den Corps manövern gepflegt werde, und da das Theilen und Zusammenziehen zum Schlage bei den größeren Reiterübungen früherer Jahre genügend zum Ausdruck gekommen sei, so habe es nahe gelegen, die Aufmerksamkeit dieses Mal der so hochwichtigen

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Militärische Jahresberichte für 1883.

und so schweren Kunst der taktischen Verwendung zu schenken. Das „Defter reichische Armeeblatt " , dessen Nrn. 39 und 40 (Jahrgang 1883) uns als Quelle dienen , knüpft hieran sehr lehrreiche Betrachtungen über Cavalleriemanöver überhaupt. Das Exerciren im Gelände in größerem Verbande war also die Aufgabe, welche der General- Cavallerie-Inspecteur, General der Cavallerie Graf Pejacsevich, dem die Oberleitung persönlich oblag , zu lösen hatte. Um möglichst vielen höheren Offizieren Gelegenheit zur Uebung in der Führung von Divisionen und Brigaden zu verschaffen, wechselte das Commando unter einer zu den Manövern commandirten Anzahl derselben. Es wurde meist gegen einen markirten Feind manövrirt , doch fanden auch Uebungen mit Gegenseitigkeit statt, denen das Desterreichische Blatt jedoch bedeutend weniger Werth beilegt, als ersteren. " Das Resultat solcher Uebungen “ , heißt es dort, „läuft immer mehr auf ein gegenseitiges Ueberliſten hinaus und nicht selten überlistet der Eine den Andern schon Tags vorher , indem er Mittel und Wege sucht und vielleicht auch findet , um beſſere und nähere Informationen über die Art und Weise, wie man das Gefecht eigentlich abgespielt zu haben wünſcht, ein zuholen." Referent möchte den Manövern mit Gegenseitigkeit nicht in gleichem Maße ihren Werth absprechen. Wenn die Gegner sich erst Auge in Auge gegen überstehen, handelt es sich nicht mehr nm das Ueberlisten , sondern um das Erfaffen des Augenblicks , um das Benußen der feindlichen Blöße und das Decken der eigenen Schwäche ; es ergiebt sich dann ein Bild des wirklichen Kampfes, oft freilich ein Zerrbild, aber doch eine vortreffliche Gelegenheit zur kriegsgemäßen Uebung. Ein Tag wurde zu reinen Exercirübungen benutt ; sie sollten dazu dienen, die Bewegungsfähigkeit der Treffen recht deutlich vor Augen zu führen und find in dem genannten Aufsatze skizzirt. Die Schwierigkeit der Ausführung trat evident zu Tage, fie lag vor Allem darin, daß das Erfassen der richtigen Direction von allen Unterabtheilungscommandanten eine unendliche Ruhe und Aufmerksamkeit erfordert“ . Die richtige Direction innezuhalten ist nun allerdings leichter, wenn man einem wirklichen , als wenn man einem markirten Feinde gegenübersteht. Großes Lob wird an anderen Orten dem Auftreten der Desterreichischen Cavallerie bei den Uebungen mit gemischten Waffen gezollt. Sie sei gleich brauchbar im Kampfe zu Pferde, wie im Gefecht zu Fuß geweſen und habe von beiden Fechtweisen zu rechter Zeit und am rechten Orte Gebrauch zu machen verstanden ; besonders gute Leistungen habe . sie im Aufklärungsdienſte gezeigt.

Interessante Schießversuche gegen Cavallerie sind im Jahre 1882 von der Belgischen Infanterie - Schießschule im Lager von Beverloo an gestellt worden. Die Anstalt hat darüber einen eingehenden Bericht (vgl. Militär Wochenblatt 1883 , Nr. 75) erstattet , welchem wir das Nachstehende entnehmen. Den Versuchen waren die Bestimmungen des Belgischen Cavallerie-Exercir reglements zu Grunde gelegt. Nach der Berechnung, welche sich aus diesen ergiebt, hat die Infanterie, wenn die Reiterei zum Galopp übergeht (auf 600 m vom Feinde), reichlich eine Minute für ihr Feuer zur Verfügung ; während dieser Zeit ist sie im Stande, mit Leichtigkeit drei wohlgezielte Salven abzugeben, kann jedoch den Auffah dabei nicht ändern ; man kann jedoch annehmen, daß das

Taktik der Cavallerie.

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Ziel in dem bestrichenen Raume der verwendeten Viſirlinie verbleibt. Es ergab sich, daß auch vier Salven abgegeben werden konnten , welche nur 53 Secunden beanspruchten ; da sie aber kaum ein besseres Resultat ergaben als drei, so wurde von der vierten abgesehen. Da die Ergebnisse der Versuche mehr die Infanterie, als die Cavallerie intereſſiren, weil sie nur das Verfahren der ersteren Waffe beeinflussen, so sehen wir von einer eingehenden Mittheilung derjenigen Ver haltungsregeln ab, welche sich aus den gemachten Erfahrungen ergeben haben. Größeres Interesse würde die zweite Gruppe der angestellten Versuche bieten, welche sich auf die Feuerwirkung einer in Carréform aufgestellten Infanterietruppe gegen attackirende Cavallerie bezog, wenn wir annehmen könnten, daß jene Waffe überhaupt noch zur Bildung von Vierecken schreiten würde , um dem Reiter angriffe zu begegnen. Sie bewiesen die Richtigkeit des alten Sates, daß Cavallerie, wenn sie ein Carré zu attackiren hat, sich gegen eine Ecke wenden muß. Die dritte Gruppe hatte zu untersuchen , ob die Verluste der Cavallerie bedeutender seien, wenn lettere sich in Linie, oder wenn sie sich in Colonne mit ganzer Distance befände. Es ergab sich , daß die Verluste bei der Colonnen formation das 1½ fache derjenigen betragen haben würden, welche die Linie erlitten hätte. Versuche gegen eine Escadron in Halbcolonne thaten dar, daß diese noch um ein Geringes weniger verwundbar ist als die Linie, und daß diese Form bedeutend vortheilhafter ist als die Colonne mit ganzer Diſtance. Die nachstehende Uebersicht beweist es, indem sie die erlangten Rejultate zeigt:

% Treffer bei der Formation in

Entfernung Linie

Colonne

Halbcolonne

1000 m

9,5

15,2

9,1

1500 m

4,9

4,3

3,4

Der Frage nach der Errichtung und Verwendung einer berittenen Jn= fanterie wendet namentlich Großbritannien unausgesetzte Aufmerksamkeit zu. Man denkt dabei indessen wohl weniger an eine etwaige Verwerthung in einem Europäischen Kriege als an Kämpfe in den Colonien, wo man in den letzten Jahren mehrfach Erfahrungen mit mounted infantry zu machen Gelegenheit gehabt hat. Diese Erfahrungen waren 1879 im Zululande durchaus ungünſtig ; die mangelhaften Leistungen der in allen cavalleristischen Dingen ganz ungewandten Reiter veranlaßten bald den Ruf nach wirklicher Cavallerie, deren Aufgabe jene nicht erfüllen konnte. Im Afghanenkriege 1879-80 ergab sich nur ein zweifel haftes Resultat ; da das Vorhandensein der für die dortigen Verhältnisse sehr brauchbaren eingeborenen Reiterei der Heeresleitung gestattete, auf die Dienste der mit Ponies beritten gemachten Infanteristen zu verzichten ; sie wurden hier zu kriegerischer Thätigkeit nicht berufen und bald wieder aufgelöst. Ausgezeichnete Erfolge hatten dagegen im Transvaalkriege von 1881 die Boeren aufzuweisen, deren ganze Streitmacht aus berittenen Schützen bestand ; die berittene Infanterie war hier eben eine nationale Waffe, ein originelles Product, auf dem heimischen Boden gewachsen und großgezogen , deffen Copie dem Urbilde nie gleichkommen fann ; der Versuch der Engländer, eine ähnliche Truppe zu improviſiren, schlug fehl. Bessere Dienste leistete eine ähnliche Schöpfung ihnen 1882 in Egypten,

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Militärische Jahresberichte für 1883.

doch war die Zahl, in der ſie ins Leben trat, zu gering, um Großes zu leiſten und Erfahrungen in größerem Umfange zu gestatten. Aus ihren schönen Cavallerie-Regimentern eine Waffe zu machen, wie ſie in Rußland geschaffen worden ist, fällt den Engländern dagegen nicht ein. Ihre erste militärische Autorität , General Lord Wolseley, sagt in seinem „ Soldier's pocket-book" ausdrücklich, daß er eine gute Cavallerie - das Wort in seiner ― eigentlichen Bedeutung verstanden für einen unentbehrlichen Bestandtheil der Englischen Armee halte. Die Hauptschwierigkeiten , welche nach dem Ergebniß der gesammelten Er fahrungen sich der berittenen Infanterie entgegenstellen und ihre Gebrauchsfähig keit beschränken, sind die mangelnde Kenntniß der Infanteristen im Reiten und in der Behandlung des Pferdes , sowie die Unbekanntschaft ihrer Offiziere mit der Führung einer Reitertruppe. Beiden Mängeln würde man vielleicht durch Friedensübungen vorbeugen können ; dahin zielende Vorschläge sind in den Kreiſen des Britischen Heeres in neuerer Zeit mehrfach besprochen. Ueber eine derartige Erörterung in der Royal United Service Institution zu London berichtet das Militär-Wochenblatt in seiner Nr. 85. Was die Bewaffnung der Cavallerie und die damit in Verbindung stehende Frage nach der Art und Weise betrifft, wie der Cavallerist seine Waffen führen soll, so mehren sich die Stimmen, welche sich dahin aussprechen , den Carabiner auf dem Rücken , den Säbel am Sattel, und zwar hinter dem linken Beine, zu befestigen. Die Französische Cavallerie machte bei den letzten Manövern dahin zielende Versuche. Die Erwägung, welche dazu führt , ist die, daß der Säbel für den abgesessenen Reiter ein großes Hinderniß, und daß es daher erwünscht ist, ihn beim Abſißen zum Gefecht beim Pferde zurückzulassen . Ver steht man sich hierzu, so ist es fast unerläßlich , den Reiter seinen Carabiner selbst tragen zu lassen, weil er im anderen Falle, sobald er nicht mehr zu Pferde sigt, ohne jede Waffe sein würde. Selbstverständlich ist, daß man dabei ein Verfahren einschlägt, bei welchem der Carabiner den Reiter so wenig als möglich belästigt ; das Desterreichische wird sehr gerühmt. Für das Anbinden der Pferde im Freien hat man ein neues Ver fahren empfohlen, welches mehrfach geprüft worden ist. Es besteht darin, die Thiere, die Köpfe gegeneinander gekehrt , mit der Halfter oder auch mit den Trensenzügeln an einen eisernen Ring, in Ermangelung eines solchen auch an einen zugeschnallten Riemen , zu binden. Ein Pferd hält dann das andere fest, und die Erfahrung hat dargethan, daß solche Corona auch nach längerer Zeit ihren Platz nur wenig verändert hatte. Die Befestigungsweise dürfte indessen für das Gefecht zu Fuß wenig Bedeutung haben , weil die Pferde während desselben beweglich bleiben müssen ; ihrer Anwendung für das Biwak steht das Bedenken entgegen, daß es für das einzelne Pferd schwierig ist, zu anderem Futter und zu gelangen als zu demjenigen, welches ihm im Futterbeutel gereicht wird , daß es ihm nicht möglich sein wird, sich zu legen. Nachdem die Herausgabe neuer Exercir- Reglements für die Caval lerie , eine natürliche Folge der Veränderungen in der Kriegführung überhaupt und in der Taktik der Waffe insbesondere, anscheinend zu einem gewissen Abſchluſſe gekommen ist, wird es von Interesse sein, die Hauptbestimmungen ihres Inhalts neben einander gestellt zu sehen. Wir geben sie für die wichtigsten Staaten in nachstehender Uebersicht.

Militärische Jahresberichte 1883.

21

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:z3uhargen .CWendungen (m :durch Auffißen und AbVor

;BFühlung Bügel an : ügel nNichtung .: ach Mitte der TGangarten rab ,:Schritt 125 der in Schritt 500 300 ,Galopp

C-. olonne Halb Marschcolonne : uz2.3:und

ziehen 2c .

Minute . P).9ferde breit

5,im Frieden im Felde

Unteroffiz :5Offiz 5 .1Escadron

;zu otten Zbmärsche 3R,A4 üge SGliederabstand .:1chritt

.Schritt pro 1Reiter

Mann r .13T32

Regiment : E.4scadrons

colonne peloton 3de );( ugcolonne (bei Halbcolonne Directionsver E);änderungen . ntfernungen fürz auf : Marschcolonne colonnepar deux ,p. ar quatre

déployée ;Ligne

Schritt (60 Front ).Linie ZHalbschwadrons., ugcolonne Marschcolonne 2.4u:zund

Fühlung :Ban Bügel einahe Bügel )p(9;1Schritt cm 5ro .der Mitte :nach Richtung rab ,T:Schritt 133,3 Gangarten alopp ,Gm 266,7 Schritt 444 ).(à0,75 u :zferde .)4(8PWendungen br und Auffißen nalog :dem aAb. Reglement Deutschen

3 .à2Divif àRegt Schwadronen 66 .,15Offiz Mann Schwadron b A P-4"(à3Z4atrouillen üge

MER

Am nay

Richtung :nach be zu einem

Fühlung ::Bügel Bügel an

.Entwickelte Linie .Linie BColonne .Bugcolonne ).( ugcolonne Colonnen halber mit Wendung 4und zu 2.Rottencolonne (im ).Rudel Terrain Zügen ).(Dmit Halbcolonne eutsche :zu 6,32.Marschcolonne

rab ,T:chritt 111 SGangarten alopp ,Gezw (b267 Schritt .356 62 ).,15Werst Stunde der in :analog Wendungen dem Deutschen Reglement . Auffißen :1und Glied . AbNr ,2.14S.chritt vor Glied Szurück .24chritt Nr

.Schritt pro 1Reiter . Flügel stimmenden

scadr ivif D.à2ERegt 2 6OUnteroffiz .: .1Escadr . ffi3 .144 Pferde Mann 128 Tr üge 4ZH2albescadrons .= .:1Schritt Gliederabstand Um Cstav .iRuff der in Die werden ;1886 begriffen formung 6scadrons zu Edie Regimenter

. 1881 Rußland

. sein complet

:Beinahe Fühlung an Bügel :114 .Bügel Reiter pro Schritt der .:nach Mitte Nichtung Gangarten ,T:Schritt 140 rab ,Galopp .300 Schritt 450 Wendungen .4,8P:zferde br u ).(Chargen vorgezogen Ab:vom Auffißen und ersten Num ungeraden die ziehen Gliede mern ,vom vor geraden die zweiten Pferdelänge zurück .eine

.:2Schritt Gliederabstand

.1875-77 Oesterreich

à2,34-6 DReqt u .zivisionen chwadronen .à3S2Halbregtr event ub :1cap .,4S Schwadronen 0r 5Unteroffiz .,94TOffiz Mann )zu .märschen 4 Z4üge Halb eine zwei je Gliederabstand .:2Schritt

. 1873 Italien

. fchwadron 4. zu Abmärsche

:Beinahe Fühlung Bügel an Bügel .;95 Reiter pro cm Richtung :nach Mitte der Reiter . ."du centre àd,roite ,120-140 SGangarten :chritt ,425 300 GTrab . alopp Schritt :zu 4.Wendungen und Auffißen nalog :dem aAbDeutschen Reglement .

.à6Escadrons 4;,AZbmärsche zu üge Gliederabstand :1. ,50 m

zuscadrons u.1D4ERegt epot jchwadron );.(2Halbregimenter d'Afrique :Chasseurs Spahis und

.1876 1876. Deutschland Frankreich

E .Rxercir eglements gegenwärtig -aus Cavallerie gültigen Zuſammenstellung den

Taktik der Cavallerie.

321

-Patrouillen .Gefechts

Carrière );100 -Attade .Schwärm

Gefecht :

). vorwärts

EFlanteurs .),Rbezw scadron (1Beserve ug

in 1arrière ;(CEchelons Distance ).Schritt 00 ausnahms nur Escadron Eine 2eise 1/ stets -1 Eclaireurs ),w(3Escadron vorwärts ,mSchritt ehrere 00

Attade ,zur Trabe im Ain Schritt (1nreiten Linie 500 700 im Feinde vom 00-800 davon ,6Schritt Trab ,800 Galopp Schritt ,50-60 !Galopp chargez

(flanc flanc Garde ou offensif Schwärm -.Attacke Echelon und éclaireurs 2terrain Schritt (du 00

tiraill p4(.)Zug ro eurs

défensif .)einzelne Züge

Bugcolonne ), . double colonne

). Flanke einer hinter

. Ordnung öffneter 1Zug Stets einer bei Reserve ). Attacke Distance .(m150 Escadr Schritt it

,dann Trab Schritt 800-1000 ,1Schritt .Galopp Carrière 00 Attade gefchloffener =in ge und

). Intervall Schritt 16

. 1873 Italien

. 1875-77 Desterreich

. 1881 nd Rußla

Militärische Jahresberichte für 1883.

). Abstand Schritt 400

800-1000 ,800 Trab Schritt Ga

Reserve bbeim 1,Regiment ei Division der 2Escadr .(1/2 00 bis BGEclaireurs efechts .).-(atrouill Flanteurs durch erfest jene .

Defensivflanken .

Lopp .,60-80 Carrière

Attace :1200-1300 Linie in 5Galopp Trab 00-400 ,Schritt Carrière . Infanterie 300 fucmit Angriff auf ceffive -Attacke Echelon Abtheilungen ,gfolgenden Infanterie egen .D(ähnlich empfohlen besonders EchelonDeutschen :der istance .2Escadronbr Schwärm :Mittelzug Schwarm im Angriff zer gegen Attade Aund artillerie Schr 50-80 auf .sfolgt ,Reserve Infanterie treute ls aufgelöste . Cavallerie Eclaireurs Escadr .)(6pro Flanteurs ).(4pro Zug -Patrouillen .Gefechts

linea (10 Linie Entwickelte espiegata Schritt ZIntervall (.ugbreite ntwickelte ).Linie ;(in (Entwicke Zugcolonnen Linie Intervall ). B Colonnenlinie Schritt (10 colonne di linea 3).+ 1lugbreite ungsraum (3in ugbreiten Intervall . ) Reservecolonne Schritt Schritt (16 +16 3).3ugbreite In Intervall ),masse 1en ( 5chritt Schritt (Eascaglione Aufstellung chelon (10 ).Maffe colonne enegts tervall ). pelotons ..(Rde .Zistance (DAllgem ugcolonne (Regiments Colonne Einfache in Front freier Divif Schwadr .,mit Colonne in ).oder ). Bugcolonne ). Zugbreite doppelte ,Escadr :.-CRegiments olonnen Doppelcolonne (23ugcolonnen :zder via di 2,4ocolonna u Distance Schritt 24 den zwischen nebeneinander Distancen a.mit ;vollen ).. b.D(gefchloffen ezw eutsche . Schwadronen colonna (Doppelcolonne doppia Regi und Escadr.abgeschwenkte -Colonne ).ments in ). Zügen in (10 ).massa Intervall Schritt Schwadronen ( serrata colonna Schr ).Dmit hintereinander 18istance ccolonna distanza . on squadr di Distancen vollen (dzum mit obige ie Defiliren ). (1Schritt bataille ),en Intervall 5 en (15 colonnes de ligne Schrift

.1876 eich Frankr

:des Regiments Formationen Escadron 3. nach R.)der ( ichtung (6Schritt )ZLinie ,Intervall ug ;Escadrons Marschcolonne + und ),3Zugbreiten BRegiments ).(i-Cnol Variationen

. 1876 Deutschland

322

ZSchüßen üge 1(2Schüßenzug );= bzu (Nleiben .3Handpferde r Reserve Pferde zu Bedarf ).(nach

VC:,. arrière orwärts Sammeln Rüdwärts Handgemenge dem aus im (Appell "),aTrabe Ver der us folgung in Schwärmattade und enn TwCarrière „,rfolgt rab ."enicht

our -tfait demi eSi . nnemie cav la elle fourrageurs contre ,een n forces ses de partie une reservant .pour offensif retour àun parer :vorwärts !Sammeln Ralliement );raückwärts -t(Dgalop our uemi Rindividuel ehrt Strecke ,e!)ine zu ,Front rab .;Trüd Galopp oder

.B3rmeit atterien it rig Cntwickelt ür e;(v.)-B1. rig hintere er Treffen . längert durch Schwadr d.,einige ie als fgardes dienen lancs fönnen ).-auch (Din h.)2B2. m rig 00-300 rag ersten ,ater bedrängten dem uf Flügel ,in colonnes de ligne oder colonne double Entwickelungs mit 450 3. Schritt vom Treffen 1. (leichte )33. Brigade m 00-400 Flügel auf hinter Mitte der .hoder inter ,ades ersten ls Re Hauptreserve fRegts -Cinerve olonne oder masse .en double colonne

.àc.,1b2Ratt heval egtr

.2izen ab nd 3;1u4fNr formiren Schüßen Die Glied .ein dringendem Bedürfniß Bei können drei Nummern absigen . . folgt

Combat pà: ied Pferde zu .bleiben

.B1re2Reit vent atterie egtr Cavaller D:- ivisionie it rig B2r.m3Beit atterien T:3reffen Treffen .3 gefechtsbereit (1. )mentwickelt it EUnterstügungs - scadrons aus dem lTreffen ettere (2. Schritt 150 Di von stance ); Linie der Schritt 300 2. Abstand ge auf fährdetem Fäußerem )(meist lügel in EscadronsRegts Coder .- olonne mit Entwickelungsrau m ; . raum

: Brigade

Pferde );

Gefecht zu Fuß .

Verfolgen .

Escadron .eine

.Morwärts geschlossen folgt :vfivflante (SSammeln ignal acht Marsch dem ")i!,SFeind oder nammeln Linie der vor verfolgt !"Khinter ,sMarsch nur oehrt ;r Commandeur dem üd Appell (Sei ignal ")b,,wärts der

Verfolgung :nach Attade der volle Aus Handgemenge dem

(allgemeine ):1o3. Reserve der R.,1Bevent m2egimenter it attr 600-800 Schritt hinter Mitte der

mit .2rEscadrons 1Bmit 2rig o6R4eit der egimenter BDn,3( atterien ormal ragoner 1K(a3T. eit ).B2rm-RBrigadeverband lso reffen ajaken it attr egt Treffen .):(A3 Schr 300-400 bstand R1o1. egimenter mit 2der 300 Treffen BSchritt atterien edavor 22. ntwickelt ;,Abstand inder oder Rbis 1oColonnenlinie 2. egimenter ,32Doppel00 Entwickelungsraum mit Schritt 00 Abstand ,a;4colonne einem uf

3R2oder mit egimenter .reit

Besonderes . Reglement b1u',zu .2leiben Nr Pferde nd Bajonnet pflanzen .Dragoner auf :bei Pferde zu .1EReserve scadr ug .,1R2ZDivis üge egt scadr SESchr .,51chüßenlinie 00 Reserve die Fdahinter . euer nicht über Schritt I800 . ndirectes

Verfolgung D,Refen.bezw vorgeschrieben nicht eserve

des Treffens 1. .

400-500 Treffen -Flügel Ab Schritt .3. Schritt 300 und ,stand auswärts . Masse oder Doppelcolonne in

entwickelt 1.;Treffen

Batterie .

Feuer !

ab . fizen

orwärts alopp RGvSammeln .;)(: eserve G !";rückwärts ,(TAppell rab a

bleibt Truppe der zu .2u1/4 leiben nd ,4bNr Pferde "2Mvent Reserve als ann nd eAbmarsch ;s1,.f3uper ab iken igen 3

Topp hinter dem ).Führer

B.2R,13oatterie der egimenter

mehrere Brigaden .2oder . Batterien .als Regtr Leichte oder Reserve zerriffen . ) vorgeschrieben Distancen Keine .

,gedeckt .nahe Handpferde sind

und ab fizen cacciatori die bilden .3,4ab S.e),d(in chüßen event enen sostegno

. cacciatori in Scuola

vA::! ttenti orwärts Sammeln d(");a.-Rbezw ront d'être ,iflietro (Tabordée charger üdwärts rab E:rfaut vant scadronsegts uf

Lattik der Cavallerie.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Mittheilungen über den Inhalt des Englischen Reglements finden sich im 4. Jahrgange der Jahresberichte für 1877, über den des Belgischen im 7. Jahr gange für 1880. Von den neu erschienenen Reglements ist hier noch das Französische Rè glement sur le service des armées en campagne vom 26. October 1883 zu erwähnen. Es enthält grundlegende Bestimmungen über die Verwendung der Reiter Divisionen im Aufklärungs- und Sicherheitsdienste. Ihre Führer erhalten all gemeine Instructionen vom General en chef, sind aber sonst in der Wahl der Mittel und in ihren Anordnungen nicht beschränkt. Die Divisionen müssen stets bereit sein, zu kämpfen ; daher dürfen sie sich in der Front nicht zu weit aus dehnen. Zum Zweck der Aufklärung werden zunächſt Offizierpatrouillen entsendet ; diesen folgen die Recognoscirungs-Escadrons , in der Regel zwei von jeder Diviſion, von denen jede in zwei Hälften getheilt wird ; die eine Hälfte wird in Patrouillen von zwei bis acht Pferden aufgelöst, die andere dient als Reserve ; während jene sich vor der Front und den Flanken des Feindes befinden, hält diese sich zwiſchen ihnen und der Division auf. Aendert die Division ihre Marschrichtung, so bleiben die Recognoscirungs - Escadrons am Feinde; sie ziehen sich event. nicht auf die Division, sondern auf die Armee zurück. -Der Divisionscommandeur bleibt in steter Verbindung mit dem Höchstcommandirenden ; kann diese nicht durch den Telegraphen hergestellt werden, so wird sie durch Correſpondenzpoſten unterhalten, welche von den Corps - Cavallerie-Brigaden gegeben werden . Für die Sicherheit der Armee sorgen in erster Linie die Corps-Cavallerie Brigaden, welche sich einen halben Tagemarsch vor jener befinden. Von den beiden Regimentern der Brigade giebt in der Regel das eine, welches überhaupt alle Obliegenheiten der Avantgarde zu erfüllen hat, die Eclaireurs, denen der Rest mit 2 bis 3 km Abstand als Reserve folgt, während das zweite von ihm wieder 2 bis 3 km entfernt und 10 km vor der Spiße der Infanterie bleibt. Reitende Artillerie soll der Cavallerie-Brigade für den Sicherheitsdienst nicht permanent zugetheilt werden. Beim Rückmarsch wird die Vorhut zur Nachhut. Jede Colonne des Gros bildet außerdem noch ihre eigene Avant- bezw. Arriere garde. Für den Vorpostendienst ist gemeinsame Thätigkeit der Cavallerie und der Infanterie als Erforderniß hingestellt. Erstere Waffe ist dabei am Tage möglichst vorzuschieben ; bei Nacht aber soll sie in der Nähe des Feindes hinter die In fanterie zurückgehen, und letztere soll dann auch den Aufklärungsdienst übernehmen. Beginnt das Gefecht, so macht die Cavallerie die Infanteriefront frei. Der Commandant der ersteren darf aber keine günstige Gelegenheit zu selbständigem Eingreifen vorübergehen lassen. Die Waffe findet ihre Verwendung auf den Flügeln und im Rücken des Feindes , sie füllt etwaige Lücken in der eigenen Schlachtlinie aus und greift die Reiterei des Gegners an. Erschöpfte Infanterie und Artillerie in der Bewegung werden geeignete Attackenobjecte für sie bilden ; sie muß aber rechtzeitig zur Stelle sein und rasch handeln. In Gemeinſchaft mit der Reitenden Artillerie muß sie den Rückzug des Feindes in Flucht zu verwandeln ſuchen ; die Fühlung mit ihm darf sie nie verloren gehen laſſen. Iſt aber der Gegner siegreich , so muß die Reiterei bereit sein , sich zu opfern , um ihn aufzuhalten. Die Cavallerie biwakirt in Colonne in Escadrons oder in Linie ; im ersteren Falle haben die Glieder einen Abstand von 20 m ; die Kochlöcher werden 20 m vom linken Flügel angelegt ; auf dem rechten befinden sich die Wache, die

Taktik der Cavallerie.

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Plätze der Offiziere , die Fourage , die Cantinen ; die Wagen stehen hinter der letzten Escadron. Beim Biwak in Linie lagern die Mannschaften vor, die Offiziere hinter der Escadron ; die Pferde der Offiziere 2. stehen zwischen beiden Gliedern, deren Abstand entsprechend vergrößert wird ; die Kochlöcher werden vor der Front eingerichtet. Unter den Neuheiten der Cavalleristischen Literatur nennen wir an erster Stelle das dreibändige Werk des Russischen Oberst des Generalstabes Baikow über den strategischen Dienst der Waffe. Einmal, weil es das älteste ist unter den hier in Frage kommenden , denn der Anfang ist schon im Jahre 1882 zu Odeſſa gedruckt worden ; hauptsächlich aber , weil es das Programm für eine eventuelle Kriegsverwendung der Russischen Reiterei enthält. Das Buch ist schon in den vorjährigen Jahresberichten (Seite 318) erwähnt worden ; gegenwärtig ist ſein Ruſſiſch geschriebener Inhalt weiteren Kreisen durch eingehende Auszüge zu gänglich gemacht, welche sich im Militär-Wochenblatt Nr. 48 und einigen folgenden Die Referate Nummern und im Oesterreichischen Armeeblatt Nr. 32 finden. find so ausführlich gehalten, daß der Deutsche Reiteroffizier, welcher nicht Ruſſiſch versteht, sich aus ihnen über die Ziele der Moskowitischen Cavallerie und über die Mittel und Wege, die ihr zur Erreichung derselben helfen sollen , genügend orientiren kann. Es ist dies um so wichtiger, als Oberst Baikow , welcher dem General Gurko , als diejer Obercommandant des Odeffaer Militärbezirks war, als Stabschef zur Seite stand, augenscheinlich seines Chefs sehr maßgebende An schauungen zum Ausdruck bringt. "Versuch zu einer Anleitung zur Ausübung des strategischen Dienstes der Cavallerie " betitelt Oberst Baikow seine Arbeit. Wenn der Leser sich an die gewöhnliche Deutung der Bezeichnung „strategischer Dienst “ hält, so wird er erwarten, nur hinsichtlich derjenigen Verwendungsart belehrt zu werden, welche die Waffe außerhalb des Schlachtfeldes findet ; Oberst Baikow aber be schäftigt sich ebensowohl mit ihrer Thätigkeit auf dem Schlachtfelde und begründet seine Auffassung des Begriffes strategischer Dienst" damit, daß er beim logischen Verfolge der im Laufe der Operationen der Waffe zufallenden Dienstverrichtungen die Thätigkeit der Cavallerie bis zum Zusammenstoße der Massen begleitet und eine Fortsetzung ihrer strategischen Dienstleistungen auch während der Schlacht verlangt ; nicht nur diejenigen Abtheilungen, welche zu dieser Zeit sich fernab vom Kampfplage befinden, sollen ihre strategischen Aufgaben weiter verfolgen, sondern auch diejenigen, welche in der Nähe des Schlachtfeldes und auf demselben thätig sind. In der Einleitung giebt der Verfasser einen Befehl des Generals Gurko an die Cavallerie des ihm gegenwärtig unterstellten Warschauer Militärbezirks wieder, dessen Charakter dem ganzen Buche seinen Stempel aufdrückt und die Rolle ſchildert, welche Rußlands Reiter zu übernehmen berufen sein sollen ; er sucht die Hauptwirksamkeit der Waffe außerhalb des Schlachtfeldes und glaubt, daß sie auf demselben nur in kleinen Abtheilungen verwendet werden wird . Auch große Reiterkämpfe hält er bei solchen Gelegenheiten für ausgeschlossen, wenigstens will er selbst sie vermieden sehen. Um von den Diensten der Cavallerie bei Beginn eines Krieges von vorn herein den möglichsten Nußen ziehen zu können, verlangt er eine derartige Dis ponirung über die verfügbaren Streitkräfte, daß sie so früh als möglich in Wirk jamkeit treten kann ; ihre ersten Actionen sollen gegen die feindliche Mobilmachung gerichtet werden ; sobald die Operationen der übrigen Armee beginnen , soll sie dieser vorangehen, sie decken und sie über die Verhältnisse beim Gegner aufklären .

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Der Dienst der vorangehenden Reiterkörper wird eingehend geschildert, es werden hohe Ansprüche an sie gestellt und zweckmäßige Mittel und Wege angegeben, um jene zu erfüllen. Das Gefecht soll möglichst vermieden werden ; für den Fall, daß dies nicht angängig ist, werden die Regeln mitgetheilt , nach welchen es zu führen ist. Auf Sparsamkeit in der Verausgabung der Reiter-Divisionen wird ganz besonders hingewiesen. Erfahrungs- und theoretische Gründe , der Krieg von 1870/71 und General v. Verdys gewichtiges Votum werden dafür angeführt: die Russischen Divisionen zu zwei Brigaden möchte Oberst Baikow durch solche zu drei Brigaden ersezt sehen. Das Buch bespricht dann die verschiedenen Phasen, welche die Operationen durchzumachen haben, bis die Schlacht eine Entscheidung bringt, und legt die Auf gaben klar, welche der Reiterei dabei zufallen , sowie deren Lösung. Es weist nach, daß diese Aufgaben vielseitige und hochwichtige sein werden und daß ihre Erfüllung bedeutende Anforderungen an die Waffe und deren Führer stellen wird . Was die Schlachtenthätigkeit angeht , so meint der Verfasser , daß die Cavallerie freilich nur selten Gelegenheit haben werde, mit vernichtenden Attacken in den Kampf einzugreifen , daß aber die ihr unverändert verbleibende Sorge für Auf flärung und Sicherung ihr an und für sich schon ein reiches Feld für ihre Thätigkeit bieten würde. Daneben aber wird, bei der Besprechung der Wechsel fälle des Schlachtenganges, eine Menge von Fällen erwähnt, in denen die Cavallerie zu thätigster Mitwirkung berufen werden könnte. Am meisten wird dies zu Ende des Kampfes der Fall sein: „Ohne Mitwirkung der Cavallerie ist weder ein voll ständiger Sieg , noch die Wiederherstellung der Gefechtsbereitschaft des Besiegten möglich", lautet ein Ausspruch des Russischen Obersten. Wie wesentlich , aber auch wie schwierig diese Mitwirkung ist, erfahren wir aus einem späteren Theile des Buches , welcher sich speciell mit der Verfolgung und mit deren Abwehr be schäftigt. Eingehende Betrachtungen über die in dieser Beziehung, namentlich in den Jahren 1870 und 1871 hervorgetretenen Erscheinungen belegen die aufgestellten Grundsätze und die gegebenen Lehren. Von den Abschnitten , welche den übrigen Arten von Thätigkeit gewidmet find, zu der die Cavallerie berufen werden kann, sei nur noch des Parteigängerkrieges gedacht, welchen die obere Heeresleitung in Rußland für den Fall eines Krieges in West-Europa vornehmlich ins Auge gefaßt zu haben scheint und für welchen sie die Cavallerie schon im Frieden ganz besonders ausbildet. Unzweifelhaft find die Aufgaben außerhalb des Schlachtfeldes , zu deren Lösung die Waffe berufen werden kann , hochwichtig ; sie verdienen ernstes Studium ; zu dieſem ist durch Oberst Baitows Buch eine vortreffliche Gelegenheit geboten. In einer zweiten Auflage und in neuer Gestalt ist die zuerst vor zehn Jahren erschienene und im ersten Jahrgange der Jahresberichte besprochene Schrift des damaligen Rittmeisters Walter "? Die Kriegführung der neuesten Zeit und deren Einfluß auf die Verwendung der Cavallerie" herausgekommen. Sie führt jezt den Titel: Die Cavallerie im Lichte der Neuzeit von Dr. H. v. Walter Walthofen, K. K. Oberst z. D. " , Berlin 1883 (3 Mark) . Der Verfaſſer übt in seiner Neubearbeitung eine heilsame Selbstkritik , er modificirt manchen seiner früheren Aussprüche und wird namentlich denjenigen seiner Leser besser gefallen, welchen seine ursprünglichen Ansichten ab und an zu wenig cavalleriſtiſch er schienen sind. " Ueber die Bewaffnung , Ausrüstung , Organisation und Ver wendung der Reiterei " , Berlin 1883 (3 Mark) , ist der Titel eines von echtem Reitergeiſte getragenen , daneben aber alle thatsächlichen Verhältniſſe in

Taktik der Cavallerie.

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verständigſter Weise in Betracht ziehenden Buches , deffen Verfaffer sich nicht ge nannt hat. Er will Cüraſſiere und Husaren abschaffen und nur Dragoner und Ulanen beibehalten. Cavallerie- Diviſionen sollen schon im Frieden beſtehen und im Kriege sollen sie direct dem Oberbefehlshaber unterstellt sein. Für das Fuß gefecht verlangt er einen gewiffen Grad von Ausbildung, damit die Cavallerie im Stande ist, die ihr zufallenden strategischen Aufgaben erfüllen zu können. Ihre Hauptarbeit aber soll sie mit dem Säbel in der Faust verrichten. Von demselben ungenannten Verfaſſer iſt ein zunächst in der Deutschen Heereszeitung abgedruckter Aufsatz " Die Cavallerie- Division als Schlachten förper " später als besonderes Buch (Berlin 1883 ; 3 Mark) erschienen. Der Verfasser, deffen Standpunkt durch seine oben skizzirte Arbeit gekennzeichnet ist, weist nach, daß die Reiterei von jeher nur periodisch eine Rolle in der Schlacht gespielt habe und daß ihre Bedeutung zu allen Zeiten von dem Vorhandensein befähigter Führer abgehangen habe. Er schließt daraus auf die Unveränderlichkeit des Wesens des Kampfes im Allgemeinen, des Wesens der Waffe im Besonderen , gründet hierauf die Nothwendigkeit, Führer zu haben , und weist die Wege nach, auf denen man suchen muß , sie sich zu schaffen. Die Arbeit ist klar , lichtvoll und mit großer Sach- und Geschichtskenntniß geschrieben ; auf reglementarische Formen ist nicht eingegangen. Mit Freuden begrüßen wir endlich als eine für die Deutsche Reiterei sehr willkommene Gabe eine Uebersetzung des " Reglement über die taktische Ausbildung der Russischen Cavallerie und der Kasaken im Gefecht zu Fuß “ vom K. K. Oberlieutenant Hubrich. Sie trägt schon die Jahreszahl 1884, ist zu Teschen erschienen und kostet 1,50 Mark. Der Janustempel war im Jahre 1883 fast überall geschlossen ; zu kriege rischer Verwendung war der Reiterei nirgends Gelegenheit geboten. P.

Bericht über die Taktik der Feld - Artillerie .

1883 .

Im Anschluß an unsere Bemerkungen auf S. 385 u . ff. des vorjährigen Berichtes haben wir zuerst einige Aufsätze zu erwähnen, welche die Verwendung der Artillerie in Verbindung mit dem entscheidenden Infanterie-Angriffe erörtern. Der erste derselben erschien in einer November - Nummer der Allgemeinen Militär-Zeitung 1882 ; er ist betitelt : Die Thätigkeit der Artillerie beim Angriff und bei der Vertheidigung der Stellungen und ihr Zusammen wirken mit der Infanterie. Der Autor ist der General v. Todleben. Der Inhalt ist kurz folgender: "Dem Infanterie-Angriff geht ein starkes und concentrirtes Artilleriefeuer voraus. ... Ihre erste Aufstellung nimmt die Artillerie auf 2550-1600 m Ist das feindliche Artilleriefeuer merklich schwächer geworden, so treten die vorderen Infanterielinien ihren Vormarsch an. Die Artillerie darf sich niemals

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Militärische Jahresberichte für 1883.

mit einem Feuer aus weiter Entfernung genügen lassen , sondern muß, der vor gehenden Jufanterie schnell folgend, auf 1050 m oder noch näher an den Feind Herangehen und die Infanterie durch ihr ununterbrochenes Feuer unterſtützen. So wünschenswerth es auch ist , daß die Infanterie bei ihrem Vorgehen das Feuer der Artillerie nicht mastire, so ist solches bei der heutigen Massenwirkung der Artillerie und in Folge der Terrainverhältnisse häufig nicht ausführbar. Auf einer Entfernung bis zu 1250 m herab kann die Artillerie auch im ebenen . Terrain ohne Gefahr über die Köpfe der Infanterie hinwegschießen. Bei geringeren Entfernungen muß die maskirte Artillerie das Feuer auf die feindlichen Reſerven richten. In der Vertheidigung sind für die Verwendung der Artillerie zwei Fälle zu unterscheiden : Die Angriffs -Artillerie ist der des Vertheidigers nicht wesentlich an Zahl überlegen ; oder sie ist bedeutend stärker als lettere. Im ersten Falle muß der Vertheidiger den Kampf mit dem Angreifer auf das Heftigste aufnehmen. Im anderen Falle hält der Vertheidiger einen bedeutenden Theil seiner Artillerie in Reserve, um ihn später an dem Hauptangriffspunkte zur Verwendung zu bringen. " General v. Todleben will hiernach von dem Ueberschießen der Truppen ausgedehnten Gebrauch machen und läßt sich über die Menge der Artillerie, welche den Angriff speciell begleiten soll , sowie über die dabei zu beachtenden Entfernungen nicht aus. Aus seiner Befürwortung des Ueberschießens der Jn fanterie geht mittelbar hervor , daß er das Mitgehen größerer Artilleriemaſſen nicht für zweckmäßig hält. Die Internationale Revue über die gesammten Armeen und - Februar 1883- einen längeren Aufsatz : „ Wie Flotten enthält im Heft 5 secundirt die Feld - Artillerie dem entscheidenden Infanterie- Angriff?" Der Artikel führt nacheinander aus den Hauptarbeiten über die Taktik der Feld-Artillerie alles das an , was über die vorliegende Frage ausgesprochen worden ist, und was wir in den früheren Jahresberichten mit wenigen Aus nahmen auch schon erörtert haben. Die Reſultate der Betrachtungen sind folgende : Die Verwendung der ge jammten Artillerie mitten zwischen dem Infanterie-Angriff (bis in die letzten Stadien) , wenn zur Regel gemacht , ist eine die Artillerie in den Untergang treibende und die Infanterie eher belästigende Action . Die Hauptſecundirung des Infanterie- Angriffs hat von rückwärtigen Batterien aus (auf 1200-1500 m Entfernung) zu geschehen. Die die Infanterie begleitende Artillerie - per Division aber eine Batterie , per Armee-Corps eine Abtheilung muß rasch vorwärts eine Stellung zu gewinnen suchen , von welcher aus das Einbruchsobject so lange als möglich unter Feuer gehalten werden kann. Der Hauptwerth dieser Artillerie ist in der sehr hoch anzuschlagenden moralischen Wirkung gelegen Die Artillerie repräsentirt am prägnantesten die Fernwirkung der Feuerwaffen Nun wird jedoch ― diametral ihren Grundgesetzen gerade da, wo ihre Ver wendung mit am Wesentlichsten ist, die möglichste Nähe am Feinde gefordert. Wir können dem nicht beistimmen. - Die Artillerie soll zwar nicht ganz außer Contact mit der Infanterie kommen , aber vor Allem auf Distancen, auf welchen selbe mit ruhiger Wirksamkeit ausharren kann , gute Positionen zu finden wiſſen und von da aus den Feind wirklich erschüttern . Die zur Infanteriebegleitung bestimmten Batterien müssen schnell vorgehen, sich nur en gros einschießen ; sie dürfen die Infanterie nie belästigen, ihr auch nicht viel Raum wegnehmen . . . Die neue Aenderung des Exercir-Reglements für die Preußische Artillerie verdient die höchste Beachtung .. ."

Taktik der Feld-Artillerie.

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Der in Rede stehende Aufsatz behandelt die vorliegende Frage sehr erschöpfend, er gelangt fast uneingeschränkt auf den Standpunkt , den das soeben genannte Exercir-Reglement einnimmt , und welchen auch wir einnehmen (vergl. Jahres berichte pro 1881 ). Nach den Discussionen , die in den letzten Jahren über dieses Gebiet des Artilleriegebrauchs stattgefunden, und den darüber von den namhaftesten Schrift ſtellern entwickelten Anschauungen darf kaum gehofft werden , daß eine Einigung der verschiedenen Ansichten herbeigeführt werden wird. Diejenigen , welche verlangen , daß die Artillerie in möglichster Stärke und möglichst weit den Infanterie-Angriff begleite, vertreten die rücksichtslose Offensive ; ein Standpunkt, der durchaus anzuerkennen ist, aber einen idealen Charakter trägt, dessen Unantastbarkeit an der Hand der realen Verhältnisse geprüft werden muß. Das Resultat dieser Prüfung hat nach unserer Ansicht - einen Ausdruck klaren in der neuen Fassung des Exercir-Reglements gefunden . Denn dieselbe trägt einerseits der eigentlichen Gefechtskraft der Artillerie , der Fern wirkung, die gebührende Rechnung, während andererseits der wünschenswerthen Offensive für einen größeren oder geringeren Theil der Artillerie der nöthige Spielraum gegeben ist. Es ist nunmehr eine kleine Schrift zu besprechen , welche den Titel führt : Artilleriemasse und Divisions - Artillerie von v . Corvisart. Der Verfasser knüpft an einige Bemerkungen an, welche Hoffbauer, v. Schell und auch wir in früheren Arbeiten über die Massenverwendung der Artillerie im letzten Kriege gethan haben , und an die Regeln , welche daraus für die zukünftige Verwendung der Feld - Artillerie von den vorhergenannten Autoren abgeleitet worden sind. Wenn demnach der Artillerie die Rolle einer die Entscheidung gebenden ―― Waffe zugesprochen wird , so ist dies nach Ansicht des Verfassers - nicht zutreffend. Er meint , die heute allerseits angestrebte Massenwirkung der Artillerie sei eine Thatsache , mit der man rechnen müsse , aber „ die Artillerie maffe ist ein Uebel , so muß sie genannt werden wegen der vielen Schwierig keiten und Frictionen , welche die Mitführung einer so großen Geschützzahl mit ihrem unvermeidlichen Train sowie der Aufbau so großer Batterien verursacht, und wegen der Starrheit und Unübersichtlichkeit der lang hingestreckten dünnen Linie, aber sie ist für jetzt wenigstens -- ein nothwendiges Uebel , es ist ohne Massenverwendung von Artillerie eine Schlacht nicht denkbar. “ Je nach den Auslaſſungen der verschiedenen Schriftsteller ist nach Ansicht des Verfassers - schon die Abtheilung von vier Batterien oder die Corps-Artillerie als „ Artilleriemafſe" anzusehen. — Corvisart erörtert dann die Ansichten Hoffbauers und Schells über die Führung und Leitung größerer Artilleriemaffen im Gefecht und stellt dann folgende Fragen : „Kann man mit Sicherheit darauf rechnen , daß dieses dem Artillerie Brigadecommandeur übertragene Commando (über die ganze Artillerie des Armee Corps) wirklich wirksam werde und effectiv zur beſſeren und sicheren Erreichung des Zweckes beitrage ?" ――― und „Kann man mit Sicherheit darauf rechnen, daß die Loslöſung der Diviſions Abtheilungen (von der thätig gewesenen Artilleriemaffe) sich rechtzeitig vollziehen wird? oder liegt in der Centralisation des Artilleriekampfes die Gefahr, die Divisionscommandeure in ihren Entschließungen zu binden und die Infanterie (in den letzten Stadien des Kampfes) der Unterstützung durch ihre Artillerie zu berauben?"

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Die Antwort auf diese Fragen sucht der Verfasser durch die Betrachtung der Verwendung der Artillerie in den Schlachten von Vionville , Gravelotte. Colombey, Noisseville, Wörth , Beaumont und Sedan zu gewinnen. Wir können dem Verfaſſer bei dieſen Erörterungen nicht folgen und wollen hier nur einige seiner kritischen Aeußerungen anführen. „Der Angreifer hat einer Artilleriemasse gegenüber gar keine Wahl, sondern muß zu dem Syſtem des Maffenfeuers greifen . . . . ,,Concentrirung des Feuers ist überhaupt ein relativer Begriff. Man wird für den Artilleriekampf im Allgemeinen dahin streben, nicht bloß der gegnerischen Artillerie möglichst auf den Leib zu rücken , sondern auch ihre Aufstellung mög lichst zu umfassen. In dem Maße als dies gelingt , kann man wohl von Concentrirung des Feuers auf ein Ziel sprechen. . . ." " Allgemeine Directiven über das Gefecht dieser (der Corps-) Artillerie können nur von derjenigen Stelle ausgehen , welche mit dem geistigen Auge die ganze Schlacht zu überschauen vermag, d. h. von dem commandirenden General. Die höheren Artillerieführer“ können , so lange sie sich in der Geschüßlinie aufhalten, kaum eine andere Anschauung haben als der Commandeur der beiden Abtheilungen und daher durch ihr persönliches Eingreifen nichts Anderes und nicht mehr leisten, als was durch jenen geleistet wird. . . . . “ „Man kann sich schlechterdings nicht vorstellen, wie über eine Geschützlinie, die auf über eine halbe Meile Länge auseinandergezogen ist ( 114 Geschüße bei Noiffeville) und welche Schluchten, Terrainerhebungen, bedecktes und bebautes Gelände überspannt, ein Commando ausgeübt werden kann. Es ist gar nicht anders möglich , als daß ein solches sich nur local geltend macht und für die #1 übrigen Theile nominell bleibt. . . . „ Es wird sich überhaupt schon innerhalb des Armee-Corps in den meisten Fällen die einheitliche Feuerleitung darauf beschränken müssen , den Führern der Unterabtheilungen die leitenden Ideen für die Verwendung der Geschüßwirkung anzugeben, ihnen in den einzelnen Gefechtsmomenten Directiven in großen Zügen zugehen zu lassen, von dem taktischen Verständniß derselben aber zu erwarten, daß sie nach diesen in dem einzelnen Falle , wie er sich eben darbietet , handeln. Solche Directiven können aber nur von dem höheren Truppencommandeur aus gehen, nicht von dem Commandeur einer einzelnen Waffe. . . . ." „ Ein Artilleriekampf trägt ſtets einen etwas stabilen Charakter , d. h. auf beiden Seiten vereinigen die einzelnen Gruppen ihr Feuer auf bestimmte Punkte der ihnen gegenüberstehenden Gruppen , und zwar so lange , bis ein Theil die Uebermacht in solchem Grade erlangt hat , daß der andere dagegen nicht mehr aushalten kann. Ein Wechsel der Ziele findet immer nur innerhalb eines bestimmten Rayons statt und geht nicht über das technische Gebiet hinaus. Die Anordnung dazu fällt auch naturgemäß den Commandeuren der betreffenden Gruppen zu , der Commandeur des Ganzen kann darauf nur bei der Gruppe, bei der er sich gerade befindet, Einfluß üben. . . . ." „ Der Artilleriegeneral der Armee wird auch nur eine locale Thätigkeit äußern können , es sei denn, daß er sich da aufhält , wo er allein den erforder lichen Gesichtskreis hat : im Stabe des Obercommandos ; dort aber kann er nicht# mehr als Commandeur der entwickelten Artilleriemassen bezeichnet werden..... v. Corviſart gelangt dann zu folgenden Schlüſſen : „Im Rahmen des Armee-Corps -- und in noch höherem Maße im Armee Verbande - ist, um Einheit in der Thätigkeit der Artilleriewaffe herbeizuführen, eine über die Gesammtheit derselben gesetzte Commandobehörde in der Regel

Taktik der Feld-Artillerie.

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nicht erforderlich. Die Einheitlichkeit der Verwendung ist bezüglich der Diviſions Artillerie durch den Seitens der Diviſionscommandeure geübten Einfluß genügend gesichert , und in dem Fall , daß der commandirende General es für zweckmäßig erachtete , die Artillerie einer oder beider Divisionen von diesen abzucommandiren und sich selbst zu specieller Verfügung vorzubehalten , ist eine größere Garantie dafür, daß die den Kampf der Artillerie betreffenden Anordnungen des General commandos in deffen Sinne zur Ausführung gelangen , darin zu finden, daß die selben an die Befehlshaber der einzelnen Verbände , welche die Artilleriemasse bilden, gerichtet werden, als daß dies durch das Medium eines obersten Artillerie commandos geschieht. " Der Verfasser erörtert dann noch , wie groß die vorgenannten Verbände sein und welchen Rang ihre Commandeure haben sollen. — Dieſe organiſatoriſchen Verhältnisse wollen wir später besprechen und uns zunächst zur Betrachtung des bisher citirten Inhalts der Schrift wenden. Im Jahresberichte pro 1876 S. 263 hatten wir angeregt, daß es erwünscht sei , die von Hoffbauer damals besprochene Führung der Artillerie" näheren Betrachtungen zu unterziehen , um vor Allem die Rolle des Regimentscomman deurs im Gefecht klar zu legen. Die hierdurch gestellte Aufgabe hat sich die vorliegende Schrift in der Hauptsache gestellt. Mit der Lösung derselben können Es mag wir aber uns nur zum geringsten Theile einverstanden erklären . zugegeben werden , daß die Leitung bezw . das Commando über die Artillerie mehrerer Armee- Corps selten oder vielleicht nie in zweckentsprechender Weise ausführbar sein wird, und ein Commandeur dafür mithin nicht erforderlich ist. Es mag auch zugegeben werden, daß das einheitliche Commando über die Feld Artillerie eines Armee- Corps auf große oder unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen und der Regimentscommandeur mehr leisten kann als der Brigade commandeur, so ist doch zweifellos , daß in den meisten Fällen der letztere die berufene Person zur einheitlichen Leitung des Feuers ist und diese zur Geltung bringen muß. Die Aufgaben , die diesem Offizier dabei zufallen , und die Stellung , die er zu denselben zu nehmen hat , müssen allerdings ganz anders aufgefaßt werden, als v. Corvisart dies thut. Wie diese Aufgaben von einem höheren Gesichtspunkte zu formuliren und zu lösen sind , ist klar zu erkennen in dem , was v. Schell darüber anführt (Studie über Taktik der Feld-Artillerie , 2. Auflage , S. 131 und 171 u. ff.). Es kann gar keinem Zweifel unterliegen , daß , wenn der Brigadecommandeur seine Stellung so auffaßt und entsprechend ausfüllt, er für den Corpscommandeur eine ebenso nöthige und wesentliche Unterstützung ist , als die Diviſionscomman deure in Bezug auf die ihnen unterstellte Infanterie. Kehren wir nun zu den Organiſationsvorschlägen v. Corviſarts zurück. Er erklärt die Zahl von vier Batterien als zweckmäßigen Verband in_ver schiedenen Beziehungen und bezeichnet denselben als " taktische Einheit" ; seine unselbständige Eigenschaft als Abtheilung eines Regiments stehe hiermit aber im Widerspruch; der bezeichnete Verband von vier Batterien müsse zum Regiment erhoben werden. Je zwei solcher Regimenter seien einer höheren Commando behörde zu unterstellen mehr dürften es nicht sein , wenn diese Behörde nicht wieder aus der Sphäre des Truppencommandos heraustreten soll ; denn es wird in der Regel nicht möglich sein, bei mehr als acht Batterien das Schuß feld in seiner Totalität zu übersehen. . . . . Auch ist bei acht Batterien die Möglichkeit nicht ausgeschlossen , sich selbst einmal an die Spitze zu stellen und das Ganze dem Feinde entgegen zu führen. “

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Militärische Jahresberichte für 1883.

„Bei einer Eintheilung der Artillerie des Armee- Corps in zwei Brigaden à zwei Regimenter liegt es nahe , an die Zutheilung der beiden Brigaden an die beiden Divisionen zu denken. Es müßte dann von der organiſatoriſchen Errichtung der Corps -Artillerie abgesehen und diese im Bedarfsfalle durch beson deren Befehl formirt werden. . . . Unter Umständen könnte auch eine Brigade als Corps - Artillerie bestimmt und die andere aufgelöst , d . h. die Regimenter zu den Divisionen gegeben werden. " Schließlich erörtert der Verfasser noch die Organisation der Reitenden Artillerie und schlägt die Formirung besonderer Reitender Artillerie - Regimenter vor, welche zum größten Theile an die Cavallerie- Divisionen abgegeben werden und von denen jedes an ein oder zwei Armee-Corps eine Reitende Batterie abgiebt. Für die Cavallerie - Division scheine die Zutheilung von nur zwei Batterien zweckmäßig wegen der erheblich vermehrten Zahl des Trosses bei drei Batterien. Hielte man für jede Cavallerie-Brigade eine Reitende Batterie für erforderlich, so sei den Anforderungen am besten durch Formirung von Reitenden Batterien zu nur vier Geſchützen zu genügen. Weitere Organisationsvorschläge , die sich indeß nur auf die Italienische Artillerie beziehen , finden sich im August-Hefte der Rivista militare Italiana S. 296 u. ff. Es werden pro Armee- Corps zwei Regimenter à acht Batterien vorgeschlagen , von denen im Kriege je sechs zu den Divisionen treten und die übrigen vier in Summa eine Corps-Artillerie bilden sollen. Nehmen wir zu vorstehenden Vorschlägen diejenigen , welche in einem Artikel der Deutschen Heereszeitung vom December 1883 dahin gehend gemacht werden, daß per Armee-Corps vier Regimenter à fünf Batterien bestehen sollen, deren 5. Batterien im Kriege die Reserve-Abtheilung bilden , so sind nachgerade wohl alle Combinationen erschöpft, welche in der Formation der Artillerie eines Armee Corps denkbar sind (vergl. in den Jahresberichten für 1882 , G. 383 und S. 384). Die Menge und große Verschiedenartigkeit der Vorschläge liefern eine Illustration für die Richtigkeit des bekannten Wortes : Viele Wege führen nach Rom ", sie sind ferner ein mittelbarer Beweis dafür , daß es eine allen Ansprüchen absolut genügende Organisation nicht giebt. Wir können in dieser Hinsicht nur bei der im vorigen Berichte ausgesprochenen Ansicht stehen bleiben. M.

Bericht über die Taktik

des Festungskrieges .

1883 .

Das Jahr 1883 wird bezüglich der auf den Festungskrieg gerichteten Thätig keit nicht durch besonders hervortretende Erscheinungen gekennzeichnet , wohl aber ist ein reges Streben in der weiteren Vorbereitung sowohl für die Landes vertheidigung durch Festungen , als auch für die Mittel zum Angriff der feind

Taktik des Festungskrieges .

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lichen Waffenplätze in den meisten Staaten unverkennbar. Schon in dem vorigen Berichte war darauf hingedeutet , daß , während in den Grenzgebieten von Deutschland und Frankreich sowohl das Netz der Eisenbahnen wie der Wasser ſtraßen bereits ein Stadium se hoher Entwickelung besitzt, wie es für die beider seitigen Kriegszwecke völlig genügen dürfte , die in den Grenzländern Rußlands , Desterreich-Ungarns und Deutschlands bestehenden Communicationen als unzu reichend allseitig anerkannt und die Arbeiten zu ihrer Vermehrung und Ver besserung überall gefördert wurden. Wenn auch bei der Anordnung des Eisen bahnneßes in erster Linie die Rücksicht auf den Aufmarsch der Feld-Armee in Betracht kommt, so ist doch im Hinblick auf die im letzten Jahrzehnt in den Grenzgebieten der Großftaaten zur Ausführung gekommenen großartigen Festungs bauten auch bei allen für den Festungskrieg geplanten Unternehmungen die Ueber legung nothwendig, ob die vorhandenen Communicationen genügen , einerseits die zur Vertheidigung der Grenzbefestigungen nöthigen Truppen zu concentriren und das für die Armirung oft noch in sehr großen Quantitäten heranzuziehende Material trotz der anderweitigen Transporte der Feld-Truppen rechtzeitig heran zuschaffen, andererseits aber auch für den Fall der Ueberschreitung der Grenze durch ein diesseitiges Belagerungs- Corps diesem die zeitgerechte Zusendung des Belagerungsparks und den fortlaufenden Nachschub an Streitmitteln und besonders an Munition zu sichern. Dieser lettere Punkt wird bei den immer riesenhafter werdenden Anforderungen , welche bei dem Angriffe auf moderne, große Waffen plätze auch in Beziehung auf Transport des Materials an den Angreifer gestellt werden, um so wichtiger sein , als es zu allen Zeiten für ein fehlerhaftes und bedenkliches Unternehmen gegolten hat , einen förmlichen Angriff zu beginnen, bevor nicht völlig genügendes Belagerungsmaterial , namentlich an Munition, bereit und der Nachschub an letzterer so gesichert ist, daß der Fall des Einstellens des Feuers aus Mangel an derselben nicht befürchtet werden kann. I. Thun wir zunächst in gewohnter Weise einen Rundblick auf die Deutschen Grenzen und die anderen Staaten, so finden wir bezüglich der Verbesserungen des Eisenbahnneßes , der Fortschritte in den Anlagen zur Landesvertheidigung und in der Bereitstellung der Angriffsmittel für den Festungs krieg Folgendes erwähnenswerth : Die für die Russisch- Deutsche Grenze in Betracht kommenden neueren Eisenbahnbauten , welche für die dortigen Russischen Festungen von Werth sind, haben bereits mit den in dieser Richtung vorliegenden Projecten in mehreren Karten Aufnahme gefunden, und ist zu der in Glogau (bei Flemming) erſchienenen Eisenbahnkarte von Raab namentlich in neuester Zeit eine in Wien erschienene Straßenkarte von West-Rußland hinzugetreten. Zu den beiden früheren großen directen Verbindungen - die nördliche von Petersburg über Wilna nach Königs berg resp. Warschau, die südlichere von Moskau über Smolensk, Minsk, Brescz Litowsk nach Warschau - treten zwei neue Wege, der eine von Petersburg über Riga, Scharoli (an der Wilna -Libauer Bahn) nach Tilſit und ein südlicher von Moskau über Kaluga, Novo-Beliza nach Brescz-Litowsk resp . weiter südlich abzweigend nach Lemberg. Nach sonstigen Nachrichten geht der Bau weiterer Strecken ――― auch einige nahe der Deutschen Grenze - rüstig vorwärts und sind in neuerer Zeit theils dem Verkehr übergeben , theils steht die Inbetrieb setzung in Aussicht bei den Bahnen Kutno - Sluzce, Lodz - Sieradz, Koljuschki Sandomir, Ljublin - Tomaszow, Malkim- Szedlez, Wilna -Pinsk-Kowno. Die weitere Ausbildung des Eisenbahnnetzes wird , mit den Anlagen von Neu befestigungen in jenen Landestheilen zuſammenhängend, sich umsoweniger beſtimmen

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laffen, weil auch bei Angaben über die Orte, welche zu befestigen sind, und über den Beginn und das Fortschreiten der Arbeiten daselbst die Nachrichten sich viel fach widersprechen. Genannt als solche Orte werden am häufigsten Kowno, Goniądz, Grodno, Sieradz, Dubno, Grajewo, und läßt die Lage dieser Pläge zu den Eisenbahnverbindungen mit einiger Wahrscheinlichkeit auf solche Absichten schließen . Neuerdings wird dabei auch die Befestigung der einige Meilen südlich Kowno gelegenen Stadt Prenn am Niemen zur Sicherung des Flußüberganges erwähnt und soll dieser Plaß , mit welchem in Verbindung auch eine neue Bahnlinie, welche in die Eisenbahn Wilna -Witebsk einmünden würde, projectirt ist , dann mit den Plätzen Kowno, Grodno, Grajewo ein Vertheidigungsſyſtem bilden. Jedenfalls sind für die Neubefestigungen 32 Millionen Rubel zur Aus führung bestimmt. Ueber die sonstigen Aufwendungen für das Landes -Ver theidigungssystem Rußlands entnehmen wir den Mittheilungen über Gegen stände des Artillerie- und Geniewesens , daß in den Jahren 1870-1880 dort 232 Millionen Rubel Verwendung fanden und in den letzten Jahren 10 Millionen Rubel für den Ausbau von Warschau , für Novo-Georgijewsk 1/2 Million in Ansatz gebracht wurden ; bei Jvangorod und Brescz-Litowsk wurden je sechs Gürtelwerke (in beiden Festungen für je 1½ Millionen Rubel) bereits fertig gestellt. Ueber die Befestigung von Warschau bringt die Revue militaire de l'Etranger Näheres über die Lage der 15 Forts und liegen hiernach auf dem linken Ufer sieben Forts auf eine Strecke von 27 Werft (1 Werft = 1066,8 m) vertheilt und sechs Werft vorgeschoben, ferner eine zweite Linie, von der ersteren zwei Werst entfernt, mit vier Forts von derselben Größe wie erstere ; auf dem rechten Ufer, sechs Werst jenseits Praga, vier Forts von größeren Dimensionen. Ebensowenig wie man in Rußland die Mittel für die Vertheidigungsmaßnahmen spart, ist dies der Fall mit den Angriffsmitteln ; das beweisen die Aufwendungen, welche für die Bereitstellung von Belagerungsmaterial in den leyten Jahren gemacht sind. Nach der Rivista militare besißt Rußland gegenwärtig drei Belagerungsparks zu je 12 Sectionen. Die Sectionen 1 und 2 bestehen aus je 32 Stück 10,7 cm-Kanonen, 110 Munitionskarren, dem zugehörigen Pulver 2c. und sind diese Geschüße nur zur Armirung der Cernirungslinie be stimmt; sie folgen dem zur Cernirung bestimmten Corps unmittelbar und wollen wir nicht unterlassen, hierbei auf das im vorigen Bericht über Positionsartillerie, bestehend aus derartigen Kanonen und Mörsern, Gesagte hinzuweisen. Die Sectionen 3 bis 6, bestehend aus je 24 15 cm-Kanonen, 4 15 cm-Mörsern nebst Zubehör 2c. und die Sectionen 7 bis 10, bestehend aus je 16 15 cm Kanonen, 8 20 cm-Mörsern, 4 15 cm-Mörsern und 8 glatten Mörsern nebst Zubehör 2. bilden den eigentlichen Angriffspark, aus dem die Batterien der 1. und 2. Artillerieaufstellung armirt werden ; sie sollen am Bestimmungsorte erst an langen, wenn die Angriffsfront bereits bestimmt ist, eine unseres Erachtens nicht sehr glückliche Zeitbestimmung . In Betreff der 15 cm-Kanonen sei noch bemerkt, daß in jedem Train von 400 Geſchüßen sich 60 lange und 140 kurze 15 cm Kanonen befinden. Die Munitionsausrüstung beträgt bei diesen Belagerungs geschützen 1000 Schuß per Geschütz, nur der 20 cm-Mörser erhält 700 Schuß. Bei den 15 cm-Kanonen sind unter den 1000 Schuß 200 Shrapnels; bei den 10,7 cm-Kanonen 200 Shrapnels und 30 Kartätschen. Im Falle eines Krieges werden jedoch voraussichtlich noch schwerere Kaliber als die genannten auftreten, da man sich mit der Herstellung zusammenseßbarer Kanonen- und Mörserrohre dieser Art beschäftigt. In Bezug auf das Personal ist noch in der Organiſation der Festungs - Artillerie eine wichtige Neuerung zu registriren, insofern die Chefs

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der Artillerie des gesammten Militärbezirks jetzt nichts mehr mit der Feld-Artillerie zu thun haben, sondern ihnen nur die Festungs -Artillerie, die technischen Anstalten, Polygone und das artilleriſtiſche Material unterſtellt sind. Wenden wir nun den Blick zur Oesterreichisch - Russischen Grenze, ſo ist hier zu bemerken, daß bei Gelegenheit des in den letzten Jahren durchgeführten Heeres - Reorganiſationsgeſeßes schon von der Militärverwaltung Desterreich Ungarns angedeutet wurde, wie eine Ergänzung hierzu in dem Ausbau des Eisenbahnnetzes gefunden werden müsse. Gegenüber den Fortschritten, welche derselbe in Rußland mache, müſſe hervorgehoben werden, daß derselbe auf Dester reichischer Seite namentlich in West-Galizien der Vervollſtändigung bedürfe, indem nur die für das Concentriren der Truppen bei Lemberg durchaus erforderliche Linie Muncacs -Stryi in Angriff genommen sei. In militärischen Correspondenzen ist alsdann das ungünſtige Verhältniß dargelegt worden, welches bei einer Con centrirung der Armee auf der Linie Krakau- Lemberg hinsichtlich der Bahnver bindungen besteht. Es sind zwar anfänglich drei Linien , Oswiecim --Krakau Tarnow, Eperies —Tarnow —Przemyßl und Michaly —Stryi —Lemberg , welche aber im letzten Theil zusammenlaufen, zur Verfügung, die erste Linie ist aber bei ihrer nahen Grenzlage so gefährdet, daß eine Störung derselben durch den Feind zu den größten Wahrscheinlichkeiten gehört, und alsdann müſſen die anderen Linien so überlastet werden, daß der Aufmarsch der Feld-Armee in Frage gestellt ist. Aber nicht nur für diesen, sondern auch in Rücksicht auf den Festungskrieg, dessen Hauptobject in jener Gegend der große Platz Przemyßl sein dürfte, iſt das zur Abhülfe vorliegende Project von Interesse. Es ist dies der Bau einer ungefährdeten strategischen Eisenbahnlinie, welche in ungefähr paralleler Richtung zur Grenzbahn südlich derselben von Ungariſch-Hradisch durch den Karapaß nach Silein führt, bis zum Jablunkapaß einer Strecke der Kaschau-Oderberger Bahn folgt und von dieser über Seybusch einerseits auf Krakau, andererseits über Neu Sandeck auf Przemyßl zu führen ist. In Bezug auf die Verstärkung der Landesbefestigung hat in letter Zeit Desterreich - Ungarn hauptsächlich sein Augenmerk auf die Sicherung seines von Natur schon festen Berglandes Tirol durch Befestigungen unter Ausdehnung derselben auf das Pusterthal gerichtet ; wenn im Uebrigen auf dem Gebiete des Festungsbaues eine besondere Thätigkeit nicht zu bemerken ist, so sind dagegen die Bemühungen, ein auf der Höhe der Zeit stehendes Belagerungs- und Festungs- Artilleriematerial zu schaffen, emsig fortgesetzt worden. Die Con struction der Flachbahn-Kanonen war schon mit den stahlbroncenen Rohren M/80 als abgeschlossen anzusehen, man hat indessen noch für den leichteren Gebrauch in den Angriffsbatterien Versuche mit hydraulischen Bremsen zur Beschränkung des Rücklaufs gemacht, und da die Hauptbestimmung dieser Kanonen das Demontiren ist, so war ein genauerer Quadrant für die Schußpräcision unerläßlich. Die Versuche bezüglich des Demontirens haben für das Durchschießen von Erdbruſt wehren das Resultat ergeben, daß die 12 cm-Kanone bis 1500 m, die 15 cm Kanone bis 1800 m geeignet ist, die Aufgabe des Herstellens tiefer Furchen mit einem nicht unverhältnißmäßigen Munitionsaufwande zu erfüllen ; in diesen Zahlen würde also die Demontirschußweite ihre Grenze finden. Man ist ferner in der Herstellung von Mörsern fortgeschritten, indem auch die Oesterreichische Artillerie dem Verticalfeuer namentlich in der Vertheidigung große Wichtigkeit zuerkannte. Die Betrachtung, daß selbst durch den Hohlgeschoßwurf der Kanonen auf dem Walle niemals Bettungstreffer zu erzielen sind und es daher nicht gelingen wird, über die gut gedeckten Geschüße des Angreifers eine Ueberlegenheit zu gewinnen,

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ferner der Umstand, daß man nur über eiserne 17 cm- und eine geringe Anzahl 21 cm-Mörser bisher disponirte, die glatten Mörser aber auf die zur Sprache kommenden Entfernungen als ungeeignet zu betrachten waren , führten , neben ökonomischen Bedenken wegen Beschaffung einer größeren Zahl schwerer Mörser, auf leichtere Kaliber, zunächst auf den 15 cm Mörser, von welchem man sich auch für den Gebrauch beim Angriff ähnliche Vortheile wie für die Vertheidigung versprach. Demnächst ging man zur Herstellung eines 9 cm-Mörsers über, welchen man zur Unterstützung des Sappen- und Minenangriffs zu gebrauchen plante. Bei den Versuchen mit letzteren hat sich wiederum eine Bestätigung unserer in früheren Berichten erwähnten Ansicht, daß dies Kaliber für einen Mörser zu klein sei und kein brauchbares Geschütz für den Festungskrieg abgebe, bestätigt, denn die Geschoßpartikel blieben meist in den Geschoßfurchen ſtecken. Im Ganzen sind die Versuche mit den Mörsern in ballistischer Beziehung beendet, man ist aber noch nicht zum Abschluß über die praktische Verwendung derselben gelangt. Sehen wir nunmehr nach der Italienischen Grenze, ſo hat Italien ver sucht, nach Osten, Norden und Westen sein Landesvertheidigungssystem zu ver ſtärken, nachdem es seinen Central-Waffenplatz Rom , deffen Befestigungen in mehreren militärischen Zeitschriften bereits beschrieben sind, bis zur Sturmfreiheit vollendet hat. Die Grenzbefestigungen sind nach den Vorschlägen des Generals Pinelli in der Durchführung begriffen. Gegen Frankreich, wie gegen Desterreich wird die Grenze durch Verstärkung der bestehenden, wie durch neue Befestigungen mehr gesichert, gegen Ersteres ist namentlich die Straße über den Mont Cenis durch drei Forts geſchüßt und scheinen hier die Arbeiten der Vollendung nahe zu sein, während diejenigen gegen Oesterreich noch in der Ausführung begriffen find. Wie eifrig man nicht nur die Bauten selbst, sondern auch deren Armirung betreibt, geht aus den zur Verfügung gestellten Summen hervor, indem für den Zeitraum von 1880/84 18 Millionen Lire für die Sperrforts , 2 Millionen für Verbesserung der Straßen und Eisenbahnen Verwendung fanden und außerdem für die Beschaffung von Artilleriematerial 23 Millionen bewilligt wurden. Die Sperrforts allein bedürfen 670 Geſchüßze ; zunächſt hat man aus finanziellen Gründen 200 Geschüße für Belagerungszwecke und 400 für die Festungen zur Beschaffung in Aussicht genommen , gegenwärtig sollen im Ganzen 700 Hinterlader mit vollständiger Ausrüstung und 400 Schuß per Geſchüß bereit gestellt sein. Man strebt daneben die Verbesserung resp . Verwandlung der zahl reichen noch in den Festungen vorhandenen Vorderlader in Hinterlader und die Beschaffung einer ausreichenden Munitionsausrüstung an. Im Ganzen schlägt die Italienische Artillerie sehr ähnliche Wege ein, wie die Deutsche und Dester reichische ; die beringten stählernen 12 cm-Kanonen mit 1428 kg Rohrgewicht und die gußeiserne 15 cm-Haubiße mit 1440 kg Rohrgewicht haben ähnliche ballistische Verhältnisse, wie die analogen Deutschen Kaliber, und in den Belage rungstrain ist auch hier die 21 cm-Haubiße eingestellt. Ebenso schließt sich das Vorgehen bezüglich der Beschaffung von Mörsern demjenigen der beiden genannten Mächte an, nur sind 50 15 cm-Mörser zur Armirung der Sperrforts vorläufig nach System Krupp beschafft und als schweren Mörser hat man einen solchen von 24 cm Kaliber aus comprimirter Bronce mit Schraubenverschluß adoptirt ; der 9 cm-Mörser aus comprimirter Bronce mit Flachkeilverschluß ergiebt für das Geschütz ein Gesammtgewicht von 300 kg und sein Geschoß erreicht bei 200 m Anfangsgeschwindigkeit und 45 ° Elevation eine Schußweite von 3000 m. Alle drei Kaliber werden in den Belagerungstrain eingestellt.

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Gelangen wir nunmehr zur Deutschen Westgrenze , so finden wir, daß Frankreich wie Deutschland seit dem Jahre 1872 jedes eine halbe Milliarde (ersteres pro 1882 allein 30 Millionen Francs ), Holland 68 Millionen und 24 für Amsterdam, Belgien für Antwerpen 46½ und für die gesammte Befestigung 73½ Millionen verbaut resp . in Aussicht genommen haben. Ueber die leht genannte finden sich nähere Nachrichten in der Revue militaire de l'Etranger und in Brialmonts Situation militaire de la Belgique, in welcher Schrift der Verfasser die weitere Befestigung der Maas-Linie empfiehlt. Ueber den Ausbau des Landesvertheidigungssystems von Holland, für welches jährlich bedeutende Summen in den Etat gestellt werden, um es bis zum Jahre 1889 zu vollenden, enthält der Jahrgang 1882 der ebengenannten Revue sowie derselbe Jahrgang des Journal of the Royal United Service Institution Näheres . Ueber die Befestigungen Frankreichs unterrichten die Französischen Werke von Ténot : Les nouvelles défenses de la France und von Pierrot : Places fortes et camps retranchés, ferner ein Aufsatz im Bulletin de la Réunion des officiers : Places fortes et voies ferrées entre le Rhône et les Alpes. Aber auch die Deutsche Militärliteratur ist reich an genauen Beschreibungen ; außer der Registrande des Großen Generalstabes bringen die Nummern 96 und 97 des Militär-Wochenblattes vom Jahre 1882 " Die neuen Befestigungen Frankreichs " , das Archiv für Artillerie- und Ingenieuroffiziere Bd . 28, 1881 Frankreichs Landesbefestigung " und die Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine 1882 Während sonach die den gegenwärtigen Stand der Befestigungsanlagen " . Angaben in dieser Beziehung als bekannt vorauszusetzen sind, dürfte für den zukünftigen Festungskrieg, in welchem sich wahrscheinlich die ersten kriegerischen Unternehmungen um Sperrforts handeln werden, eine im verflossenen Jahre im oben genannten Bulletin veröffentlichte "1 Studie über Sperrforts " von Interesse sein. Aus derselben wollen wir in Kürze die Hauptpunkte über die Einrichtung hervorheben. Das Tracé ist ein regelrechtes Polygon von vier bis sechs Seiten; das sechsseitige empfiehlt sich dadurch, daß sich keine unbestrichenen Räume vor den ausspringenden Winkeln ergeben, wenn man außer dem senk rechten Anschlag zur Feuerlinie noch eine 30gradige Abweichung nach rechts und links annimmt. Das Profil erhält in der Brustwehr dieselben Abmessungen, wie bei anderen detachirten Werken, nämlich 8 m Dicke bei 6 bis 7 m Aufzug, der Graben dagegen zeigt stärkeres Profil, er hat bei einer Sohlenbreite von 10 bis 12 m eine Tiefe von 8 bis 10 m. Bei der Breite von 12 m ist die Escarpe noch bis 2,4 m unter dem Cordon dem indirecten Schuß ausgesetzt und hat man, um diesem Uebelstande zu begegnen , den gedeckten Weg nur 5 m breit gemacht und den Cordon 1 bis 1,5 m unter das natürliche Terrain versenkt. Die Außenwerke bestehen in der Regel in einem gedeckten Wege mit 2 m Aufzug, kleinen Waffenplätzen für Ausfallzwecke, Hohltraversen für kleine Wachtposten und zum Zwecke der Defilirung. Um die Feuerkraft der Infanterie auszunuzen, beabsichtigt man die Herstellung von Schützengräben vorwärts des gedeckten Weges (avant-chemin couvert) und später von Contre-Approchen. Für die Flanki rung giebt man den Grabencaponnieren vor den Revers -Galerien den Vorzug, man armirt sie gewöhnlich mit zwei Geschüßen nach jeder Seite ( 1 canon de 4 oder 5 und 1 Hotchkiß-Kanone) ; die Decke der Caponniere wird zur Aufstellung einiger Posten benutzt. Die Unterkunftsräume sind ähnlich wie bei jedem größeren detachirten Fort angeordnet, nur noch vollständiger, um völlig unabhängig in jeder Richtung zu sein. Da die Schüsse aus allen möglichen Richtungen zu erwarten sein werden, so sind Rückenwehren erforderlich, welchen man ein Com 22 Militärische Jahresberichte 1883 .

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mandement von 2 m über der Walllinie giebt und zur Infanterievertheidigung ausnußt. Alle Lichtöffnungen sind durch Blendungen geschützt und die zahl reichen Communicationen in allen Theilen des Forts sind sämmtlich gedeckt. Die Armirung soll 1 ) die zu sperrende Paffage auf große Entfernungen beherrschen , 2 ) im Nahkampf die feindliche Annäherung bekämpfen. Für den ersten Zweck find 15,5 cm und 21 cm-Kanonen bestimmt und zwar nach der Größe des Forts 10 bis 20 Stück, welche Deckung theils durch Traversen und Rücken wehren, theils durch gepanzerte Casematten und Drehthürme finden. Der An greifer kann diese Eisenconſtructionen nur mit den größten Kalibern bekämpfen und selbst mit diesen nur aus näheren Positionen, wie solche im Gebirge nicht In immer vorhanden sind oder deren Einrichtung viel Zeit und Arbeit kostet. der Regel erhält das Fort einen Panzerdrehthurm, welcher zwischen Wall und Escarpe auf dem zunächst bedrohten Saillant placirt ist, wobei im Ruhezustande die Oeffnung des Thurms dem Walle zugekehrt ist. In dieser Stellung ist der Thurm durch den Wall gegen Reversschüsse gedeckt und hebt sich von dem rückwärtsliegenden Walle nur undeutlich ab, ist also nicht gut sichtbar und ragt nur wenig über die vorwärtsliegende Linie hervor ; außerdem gefährden die Sprengstücke der ihn treffenden Projectile das Fort nicht. Seine Armirung besteht aus 1 bis 2 15,5 cm- oder 21 cm- Geschützen. Die Kuppel aus Hartguß ist aus acht Platten von 0,20 m Dicke zusammengesetzt und läßt sich vermöge Die eines sinnreichen Mechanismus im Nothfalle durch nur einen Mann drehen. Armirung für den Nahkampf besteht, um die Munitionsausrüstung möglichst zu vereinfachen , ausschließlich aus 12 cm- Geschützen. Die Besaßung eines Sperr forts besteht in der Regel aus 400 bis 600 Mann , bei besonders großen Werken, welche auch Annerbatterien besigen , bis 1000 Mann. Man hat in Frankreich) großes Vertrauen zu den Sperrforts und ist auch der Meinung, daß die kleinen Festungen, welche als Sperrplätze dienen und im letzten Feldzuge sich nicht bewährten, fünftig bessere Reſultate erzielen werden. Es seien damals die schwachen Armirungen, Mangel an Unterkunft und Lebensmitteln und hauptsächlich der demoralisirende Einfluß der seiner Heimſtätten und des Lebensunterhalts beraubten , durch Bombardement und Feuersbrünste geschreckten Bevölkerung Schuld an dem schnellen Fall gewesen ; man hofft diese Ursachen in Zukunft zu vermeiden. Aus einer nach offiziellen Quellen in den Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens gemachten Angabe ist ferner ersichtlich, daß man in Frankreich nicht minder wie anderswo bemüht ist, das Artilleriematerial für den Festungskrieg zu vermehren und zu verbessern. Hiernach enthält die Französische Festungsartillerie außer den älteren gezogenen 12- und 24-Pfündern an neueren Geschützen : 12 cm , 15,5 cm- und 22 cm-Hinterladekanonen von Stahl, kurze 15,5 cm -Hinterladekanonen von Stahl, 13,8 cm-Hinterladekanonen von Bronce, 22 und 27 cm-Hinterlademörser von Stahl, 19 cm-Hinterladekanonen M/75 , M/76 und M/78 von Eisen, 24 cm-Hinterladekanonen M/76 von Eisen und von Stahl. Ferner gehören dazu noch: Mitrailleusen , Revolverkanonen (Hotchkiß) und Feldgeschütze des Systems Reffye. Hierzu giebt das Aide mémoire vom April 1883 den Bestand eines Französischen Belagerungstrains an : mit 180 Geſchüßen,

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22 cm-Kanonen mit je 800 Schuß = = 1300 lange 15,5 cm - Kanonen = = = 1100 = furze 15,5 cm = = 1150 = 12 cm-Kanonen • = = ፡ = 1150 9,5 cm = = 600 = 27 cm-Mörser = 22 cm- = -፡ 600 = 600 = 12 glatte 15 cm-Mörser Der Train zerfällt in zwei gleiche Halbtrains , davon jeder in vier Ab theilungen und zwar in die Haupt-Abtheilung , die Ergänzungs-Abtheilung , den Fuhrpark und die Eisenbahn-Abtheilung. Die Haupt - Abtheilung enthält in der 1. Section die zur Einrichtung der Parks und zum Bau der Batterien noth wendigen Gegenstände auf 108 Fahrzeugen, dabei auch Telephone, Dynamitkaſten und zerlegte Baracken. In der 2. Section befinden sich 20 lange , 10 kurze 15,5 cm , 30 12 cm- und 9 9,5 cm-Kanonen, 6 glatte 15 cm- und 7 22 cm Mörser, 50 Wallbüchsen, Geschützzubehör und Munition ; die 3. Section enthält nur Munition. Die Ergänzungs - Abtheilung, ebenfalls aus drei Sectionen bestehend, führt in der 4. Section den Rest der Munition für die Haupt Abtheilung, die 5. Section enthält die Reparaturwerkstätten und die 6. Section die Geschütze zu besonderen Zweden : 4 22 cm-Kanonen und 4 27 cm-Mörser nebst Munition und Zubehör. Der Fuhrpark besteht aus 2 Colonnen von je 44 Fahrzeugen. Die Eisenbahn - Abtheilung enthält bei 2 Halbtrains 20 km Strecken-Material (System Décanville mit 50 cm- Geleise) , bei den übrigen 5 km. Zum Transport eines Halbtrains auf der Eisenbahn find 36 Züge erforderlich und zwar für die 1. Section 2 , für die 2. 6 , für die 3. 5, für die 4. 6, für die 5. 1 , für die 6. 5, für den Fuhrpark 6, für die Eisenbahn Abtheilung 2 und für das Personal 3 Züge. Die neue Organisation der Festungs - Artillerie ist in der Weise, wie ste im vorigen Bericht angegeben war , im Herbst v. J. vollzogen worden und ist naturgemäß der größte Theil der neuen Fuß-Artillerie in die zahlreichen Festungen an der Ostgrenze dislocirt worden. Je 4 Bataillone stehen im Bezirk des 6. und 7. Armee-Corps an der Grenze des Deutschen Reiches , 3 Bataillone befinden sich im Bereich des 14. und 15. Armee- Corps an der Italienischen Grenze, ferner steht 1 Bataillon in Paris, 2 an der Belgischen, 1 an der Spanischen Grenze und 1 an der Bretagnischen Küste. Auch über den in England vorhandenen Belagerungspark sind im Jahrgang 1883 der Rivista militare Angaben gemacht. Hiernach besteht der jelbe aus einer Anzahl schwerer und leichter Sectionen , welche im Bedarfsfalle mit Rücksicht auf ihre wahrscheinliche Verwendung in einem gewissen Zahlen verhältniß vereinigt werden. Jede Section ist für sich complet und enthält die nöthige Anzahl von Geschützen, die Fuhrwerke, Munitionsausrüstung (500 Schuß per Geschütz) u. s. w., auch ist das zugehörige Personal angeschlossen. Jede Section enthält 30 Geschütze und zwar die schwere 8 16 cm , 8 12 cm Kanonen, 14 20 cm -Haubitzen , die leichte 10 12 cm-, 10 10,5 cm - Kanonen, 10 16 cm-Haubitzen. Die Munitionsausrüstung beträgt : 300-340 Granaten bei den Kanonen, 450 bei den Haubitzen , 150-180 Shrapnels bei den Kanonen, 10 Kartätschen bei den 16 cm-, bei den 12 cm- der leichten Section und den Haubitzen, 20 Kartätschen bei den 10,5 cm- und den 12 cm- der schweren Section, ferner 40 Panzergeschosse bei den 16 cm-Kanonen und 10 Leuchtkugeln sowie 30 Brandgranaten bei den Haubitzen. 22* =

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Endlich sei noch erwähnt, daß auch Dänemark sich anschickt , sein Landes vertheidigungssystem den Zeitverhältnissen entsprechend zu vervollständigen , denn es ist im vorigen Jahre dem Landsthing ein Gesetzentwurf vorgelegt worden, welcher eine Summe von 66 Millionen Kronen für verschiedene Festungsbauten, darunter auch Kopenhagen nach Land- und Seeſeite, beansprucht . II. Wenden wir uns nach diesem Rundblick nun in gewohnter Weise zu den Zeit- und Streitfragen, welche auf dem Gebiete der Taktik des Festungs krieges die militärischen Kreise im verflossenen Jahre hauptsächlich beschäftigt haben, so treten darin die Aufgaben der Infanterie in diesem Kriege zunächst hervor. Zwar ist eine zusammenhängende Darstellung ihrer Thätigkeit bei Angriff und Vertheidigung noch nicht veröffentlicht, indeffen haben in militärischen Kreiſen vielfach Besprechungen der einschlägigen Fragen stattgefunden und auch in der Militär-Literatur finden wir mehrere Aufsätze über diesen Gegenstand. Zunächst machen wir auf einen solchen in der Deutschen Heereszeitung Nr. 33 de 1883 auf merksam , in welchem die Thätigkeit der Infanterie bei der Vertheidi gung besprochen wird. Der Verfasser will die erste Beobachtung des Feindes nur im Ausnahmefall der Infanterie übertragen, da sie für diese Aufgabe, welche durch Cavallerie und ein ausgebildetes Kundschaftersystem besser erreicht werden kann, nicht rasch genug ist. Die vorgeschobenen Infanterietruppen will er nach Bedarf aus der Hauptreserve verstärken , um den Feind zu vorsichtigem , lang samem Anmarsch zu veranlassen und, wenn er sich in mehreren Colonnen nähert, wohl auch partielle Erfolge über ihn zu erringen , aber er hebt ganz im Einklang mit unseren stets dargelegten Anschauungen hervor, daß diese Truppen nicht allzuweit über die Wirkungssphäre der Fortsgeschüße hinaus vorgehen dürfen, um sich nicht der Gefahr einer Niederlage oder des Abgeschnittenwerdens auszusetzen. Die Hauptthätigkeit der Infanterie und der hartnäckige Widerstand beginnen erst, wenn die Geschüße der Forts mit eingreifen können , und zähes Festhalten des Vorterrains ist jetzt von der größten Bedeutung. Im Fernhalten der Artillerieaufstellung des Angreifers und in der zeitlichen Verlängerung seines Vorbereitungsstadiums liegt der Schwerpunkt der Vertheidigung. Die Infanterie muß unter Festhaltung der im Vorterrain fortificatorisch verstärkten Vorpositionen den Angriff nöthigen, die für die Artillerie erforderlichen Positionen mühsam und blutig zu erobern. Wie diese Ausführungen des Verfassers genau mit dem Inhalt unserer früheren Berichte stimmen, so können wir auch seiner Antwort auf die Frage, wie weit das Vorterrain zu besetzen und hartnäckig zu halten ist, nur beitreten. Wenn auch, sagt Verfasser, durch das weitere Hinausschieben der ersten Vertheidigungslinie der Vortheil erreicht wird , daß der Angreifer weniger scharf die inneren Vorgänge beim Vertheidiger beobachten kann , daß er größere Wege zurücklegen, also größeren Aufwand an Zeit und Mitteln machen muß, so wird sich dies doch in den meisten Fällen nicht weiter als 1500-2000 m aus führen lassen ; es kann diese Regel jedoch nicht als bindend gelten , sondern die Frage wird nach den Verhältnissen verschieden zu beantworten sein. Weniger einverstanden sind wir mit demjenigen , was über die Besetzung des Verterrains durch die Infanterie gesagt wird. Es heißt da, daß, da der Vertheidiger über die Angriffsfront im Unklaren sei , ihm nichts übrig bleibe , als im ganzen Um kreise der Festung das Vorterrain mit Theilen der Infanterie zu besetzen ; es zeige dann der moderne Festungskrieg beim Vertheidiger in erster Linie Feld wachen, dahinter Pikets, ebenso gedeckt wie erstere placirt , in dritter Linie als Gros die Reserve der Abschnittsbesatzungen in Baracken , Hüttenlagern oder biwakirend, die vierte Linie bildeten dann die Forts und Zwischenwerke mit den

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die Intervalle schließenden, erst zu erbauenden Anschluß- und Zwiſchenbatterien. Diese Darstellung führt leicht zu einer schematiſchen Auffaſſung, wie sie im Ernst falle ein großer Fehler wäre. Zunächſt iſt man heutzutage meist nicht ganz im Unklaren, wo die Angriffsfronten zu suchen sind , es wird vielmehr 1 bis 2 Fronten geben, bei denen die höchste Wahrscheinlichkeit vorliegt , einige Fronten , wo der Angriff immerhin ſtattfinden könnte, und einige , wo er mehr oder minder un denkbar ist. Zu diesen Verschiedenheiten der Fronten tritt nun noch die des Terrains hinzu , denn in einigen Abschnitten werden sich in angemessener Ent= fernung vor den Forts Terrainformationen für die Vorposten-Aufstellung dar bieten, welche einen Kampf in diesen eventuell künstlich verstärkten Positionen vortheilhaft, vielleicht auch für die Vertheidigung nothwendig erscheinen lassen, während man in anderen Abschnitten solche Positionen nicht findet, auch vielleicht nicht die Absicht hat, hier einen Kampf im Vorterrain zu führen. Hiernach wird sich die Aufstellung der Infanterie ganz verschieden gestalten , da sie auf einigen Fronten lediglich den Zweck haben wird, die Forts rechtzeitig von der Annäherung des Feindes in Kenntniß zu setzen und jede Ueberraschung zu verhindern. In solchen Abschnitten genügt es daher , die Vorposten einige Hundert Meter vor zuschieben, dahinter Pikets und rückwärts der Fortslinie Abschnittsreserven auf zustellen, auf welche sich erstere bei einem feindlichen Angriff zurückziehen können. Ganz anders gestaltet sich das Bild , wenn es sich um einen Abschnitt handelt, in welchem man den förmlichen Angriff mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit erwartet, zumal wenn derselbe günstige Positionen für einen hartnäckigen Kampf im Vor terrain bietet ; in diesem Falle wird die Position mit künstlichen Mitteln verstärkt oder, wenn das Terrain keine Stützpunkte bietet, erst geschaffen ; Schanzen werden. gebaut und es ist sogar nicht ausgeschlossen , leichtere Festungsgeschütze hierhin vorzuziehen. Die Abschnittsreserve wird hier sehr stark sein müssen , um die in der Vorposition kämpfenden Truppen kräftig unterstützen zu können, sie wird bei weit vorgeschobenen Positionen , um rechtzeitig eingreifen zu können , vorwärts der Fortslinie möglichst gedeckt untergebracht werden müſſen , wogegen sonst die Abschnittsreserve, welche Verfasser in dritter Linie vor der Fortslinie haben will , in der Regel in Dörfern x . hinter der Fortslinie zu placiren sein werden. Vor wärts der Fortslinie werden größere Abtheilungen für dauernden Aufenthalt kaum genügende Deckung finden und schon durch diese Beschränkung in Betreff der Bereithaltung der Abschnittsreserven wird es nöthig, auf den Fronten , wo man in der Vorpostenſtellung keinen Kampf annehmen will , die Feldwachen und Pikets nur so weit vorzuschieben , daß sie einen gesicherten Rückzug durch die Forts-Intervallen auf ihre Abschnittsreserven haben. Wenn Verfasser endlich von den erst zu erbauenden Anschluß- und Zwischenbatterien spricht , so muß bemerkt werden, daß erstere größtentheils schon im Frieden erbaut sind und der Ver theidiger die Zeit benutzen wird , auch die Zwischenbatterien , so weit sich deren Lage bestimmen läßt, noch vor Ankunft des Angreifers herzustellen , selbstver ständlich ohne sie zu armiren. Der Verfasser hebt dann weiter die Wichtigkeit der rechtzeitigen Erkennung der Angriffsfront hervor und empfiehlt mit Recht hierfür gewaltsame Recognoscirungen, welche durch die Verhältnisse des Festungs krieges viel günstiger geboten seien , als im Feldkriege ; er meint ferner, daß sich die gewählte Angriffsfront auch dadurch erkennen lasse, daß der Angreifer noch vor Eintreffen der Belagerungsparks — überlegene Kräfte gegen die Infanterie position entwickeln und das gewonnene Terrain zähe festhalten werde. Dies ist richtig , wir meinen aber , daß der Vertheidiger, wenn er richtige Voraussicht gehabt hat, hier seine Stellung so verstärkt haben wird , daß es dem Angreifer

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nicht gelingen wird , nur mit Feldtruppen hier Terrain zu gewinnen. Trifft er aber Vorbereitungen, Belagerungsgeschütz gegen diese Stellung in Thätigkeit zu bringen und dies in Erfahrung zu bringen wäre Sache der Recognoscirungen -, so liefert er damit den Beweis , daß er auf dieser Front die ernste Absicht des Vorgehens hat. Alsdann bleibt dem Vertheidiger immer noch zu erwägen, ob er diese Stellung noch mehr verstärken , Festungsgeschüße dort placiren will u. f. f., oder ob die Stellung ihre Aufgabe damit erfüllt hat, daß der Angreifer hier zur Entwickelung von Belagerungs-Artillerie gezwungen würde. Die nach der Er kennung der Angriffsfront folgenden Perioden bis zum Schlußact ſchildert Verfaſſer in einer ziemlich allgemein als richtig anerkannten Weise, indem er der Infanterie eine die Artillerie und Ingenieure unterstützende Rolle zuweist , aber mit Recht immer wieder eine offensive Thätigkeit empfiehlt. Wenn er aber sagt, die kleinen Ausfälle sollen auch dann noch fortgesetzt werden , wenn der Feind seine ersten Batterien baut und der Geschützkampf begonnen hat , so meinen wir , dies iſt gerade der beste Zeitpunkt und der wichtigste, aber nicht für kleine , ſondern für große Ausfälle. Ueber die Ausführung solcher hätten wir die Erörterungen des Verfassers etwas ausführlicher gewünscht, denn diese war zu allen Zeiten schwierig und ist es jetzt schon wegen der größeren Entfernungen , um die es sich handelt, noch mehr. Verfaſſer will die dazu bestimmten Truppen in Lagern oder engen Cantonnements zwischen Forts und Enceinte confignirt haben, dem Unternehmen soll sodann der Charakter des Ueberfalls gegeben werden , der Aufmarsch der Truppen in der Dunkelheit , Beginn der Action in der Dämmerung, dann rascher Vorbruch erfolgen. Hinreichend gesicherte Plätze zwischen Forts und Enceinte wird man für größere Truppen -Ansammlungen kaum finden und wo sie vor handen, wird man sie für die Abschnittsbesatzungen und nicht für Ausfalltruppen brauchen, die letzteren entweder zu solchen Zwecken besonders überwiesen oder der Hauptreserve entnommen - werden vielmehr in der Regel im Kern der Festung oder in einem Lager im nächsten Vorterrain der Hauptenceinte auf der der Angriffsfront abgekehrten Seite untergebracht sein. In jedem Falle aber kommen die Truppen , wenn sie von ihrem Unterbringungsplatz während der Dunkelheit marschirend in der Dämmerung an den Orten eintreffen , wo der Feind seine Batterien baut, sehr ermüdet an , und es erscheint daher zweckmäßiger, wenn ſie ſchon am Abend unter dem Schuße der Dunkelheit in den Forts ein treffen , in welchen sie genug bombensichere Räume finden, um einige Stunden zu ruhen. Wird dann gegen Morgen aus zwei Forts hervorgebrochen und zwar gemeinsam gegen einen bestimmten Punkt der feindlichen Stellung , gelingt es in die feindlichen Batterien einzudringen bezw. ihren Bau zu stören, so wird dann die weitere Richtung des Ausfalls am besten seitwärts gehen und, überlegenen Kräften gegenüber, der Rückzug auf ein Nachbarfort , von dem aus Aufnahme truppen zu entsenden sind , angetreten werden. Namentlich für solche Aufgaben gilt es, wenn Verfasser am Schluß sagt , daß die Aufgaben der Infanterie im Festungskriege hochbedeutend, ehrenvoll aber auch sehr schwierig sein werden und daß sie von einer schlecht ausgebildeten Infanterie nicht geleistet werden können. Ueber den gewaltsamen Angriff auf Festungen" ist ein Aufſatz in Nr. 60 und 61/1883 des Militär-Wochenblattes betitelt, welcher im Eingange einen solchen Angriff und dessen Abwehr, wie folgt, schildert : Die Sturmcolonnen gelangen in den meisten Fällen bis an die Contrescarpe ; in dem Moment , in welchem das eigene Geschützfeuer schweigt , treten die in Hohlräumen bis dahin befindlichen Infanteristen des Vertheidigers auf die Banketts , die schleunigst vor geschobenen schweren Festungs- und die Flankengeschüße treten in Thätigkeit.

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Genügen die Mittel des Angreifers nicht , um den Graben in wenigen Minuten zu überwinden, so ist der Sturm gescheitert ; die Verluste der Geworfenen werden der Wiederholung des Angriffs eine geringe Chance gewähren . Anders schildert Verfasser des soeben besprochenen Aufsatzes die Abwehr, indem er dabei nur von der Infanterie spricht und wohl mit Recht annimmt , daß die Artillerie wohl völlig lahm gelegt sein muß, ehe an einen Sturm zu denken ist. Da der Ver fasser im Aufsatze des Militär-Wochenblattes zunächst an einer Reihe von Beispielen im Laufe dieses Jahrhunderts zeigt , wie wenig auf den Erfolg eines gewaltsamen Angriffs zu rechnen ist, so kommt er schon hiernach zu der Folgerung, Niemand werde leichten Herzens die Verantwortung über dies gewaltsame Mittel, dessen Ausgang sich wenig sicher voraussagen läßt , übernehmen. Daß aber in Zukunft bei der zunehmenden Verbesserung der Waffen das Unternehmen immer schwieriger werden wird , ist wohl zweifellos , und unseres Erachtens könnte jene Verantwortung nur dann übernommen werden , wenn die Artillerie des Forts nicht mehr mitspricht. Der Verfaſſer rechnet aber, wie man sieht , noch auf schwere Festungs- und Flankengeschütze, und in diesem Falle würden selbst wenige Minuten, welche der Grabenübergang im günstigsten Falle erfordert , genügen, den Angriff zurückzuweisen. Aber auch zur Contrescarpe werden die Sturm colonnen nicht gelangen , wenn die Vertheidigungs-Artillerie ihre Schuldigkeit thut; denn hat sie wie Verfasser anninimt noch Festungsgeschüße , so werden dieselben, auch wenn das feindliche Feuer noch so heftig ist, auf den Wall gebracht werden müssen, wenn Sturmcolonnen anrücken, um diese nicht bis zur Contrescarpe gelangen zu lassen. Kann der Vertheidiger aber vorhersehen , daß diese Aufgabe den Geschützen im Fort unmöglich sein wird , so wird er recht zeitig ein oder das andere leichte Geschütz in den an das Fort anschließenden Positionen zu placiren wiffen , um den Anmarsch der Sturmcolonnen zu beschießen. Was die Flankengeschütze anlangt , so halten wir es ferner für eine Vorbedingung für den Angreifer, daß er sie entweder durch Zerstörung der Caponnieren unschädlich gemacht hat oder den Graben in solcher Weise überbrückt, daß die Sturmcolonnen beim Uebergange der Geschützwirkung nicht ausgesetzt sind, also z . B. in solcher Höhe, daß die Scharten dort nicht hinreichen. In Summa wird also ein gewaltsamer Angriff auf ein Fort nur Chancen haben , wenn die Sturmcolonnen aus demselben nur Infanteriefeuer und aus Nebenpoſitionen das Feuer leichter Geschütze, welches man durch mitvorgeführte Feld-Artillerie paraly siren kann , zu erwarten haben. Das Verhalten der Infanterie bei der Ver theidigung schildert der Verfasser in der Heereszeitung wie folgt : Sie schwärmt an der Feuerlinie des Hoch- und Niederwalls aus und überschüttet ihn mit Schnellfeuer, während die Soutiens auf die Banketts treten. Die Fortsreserve hält sich bereit, um gegen den gewaltsam eingedrungenen Feind vorzugehen. Vor Allem ist ein Ausbreiten des Gegners auf der Grabensohle zu verhindern, versucht dies der Angreifer, so tritt die Infanterie auf die Brustwehr , um von hier aus die Caponnierenbesatzung zu unterſtüßen. - Diese Vorschrift ist ganz gut, nur muß man beachten, daß bis kurz zuvor das Feuer der schweren Angriffsgeſchüße auf das Werk gerichtet war, daß Brustwehr und Banketts in unregelmäßige Erdhaufen verwandelt, Schutzhohlräume und Caponnieren größtentheils in Trümmer liegen werden ; selbst aus den noch nicht zerstörten Hohlräumen wird es schwer sein, weil Erd- und Mauertrümmer die Ausgänge sperren, rechtzeitig auf die Wälle zu gelangen. Unter solchen Umständen kann nur noch die vorzüglichste Truppe einen Angriff abweisen, in den meisten Fällen wird der Angreifer , wie bei den Lünetten 52-54 bei Straßburg, die Werke verlassen finden. Jm

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Uebrigen bespricht Verfasser den gewaltsamen Angriff in fünf Abſchnitten , welche die Recognoscirung , die materiellen Vorbereitungen zur Ueberwindung der Hinderniſſe, die Erzielung einer intensiven Feuerwirkung, die Zusammensetzung der Sturm colonnen und deren möglichst gedeckte Heranführung enthalten, in ziemlich einwand freier Weise. Nur zu der Besprechung der Feuerwirkung möchten wir die Bemerkung machen, daß dabei wohl das indirecte Feuer der Infanterie, welches gerade hier vielleicht eine Rolle spielen kann , hätte Erwähnung finden können ; ferner hebt Verfasser zwar hier hervor, wie schwierigen Stand die Feld- Artillerie bei dem vorliegenden Unternehmen haben wird und wie gering ihre Leistungen in den neuesten Kriegen Befestigungen gegenüber gewesen sind, dennoch bezeichnet er den nur mit Infanterie und Feld-Artillerie unternommenen Angriff auf eine Befestigung, welche man doch nur nach modernen Grundsätzen mit Geschützen x . ausgerüstet annehmen darf, nicht geradezu als aussichtslos. Gehen wir nun zu den verschiedenen Ansichten über , welche über den Angriff von Sperrforts in militärischen Aeußerungen der neueren Zeit geltend gemacht wurden. Die bereits oben erwähnte Studie über diese Forts giebt ein Bild davon, wie man bemüht gewesen ist, dieselben in noch höherem Maße selbständig und vertheidigungsfähig zu machen, wie die detachirten Forts großer Waffenpläge; fügen wir dem noch hinzu , was der Verfasser über die Thätigkeit der Infanterie bei der Vertheidigung sagt, nämlich daß sie eine hervorragende Rolle dabei spielen wird, wenn sie es versteht , sich Verschanzungen zu schaffen und ihre Feuerkraft richtig auszunutzen, und erinnern wir uns des eben über den gewaltsamen Angriff Geſagten, so ist man geneigt, dem Verfaſſer der Studie darin beizutreten , daß dann jeder Sturmangriff und jeder Ueberfall unmöglich gemacht sein und der Angreifer gezwungen wird , zu einer langwierigen regel mäßigen Belagerung zu greifen. Im Anschluß an in früheren Berichten von uns Gesagtes möchten wir noch hinzufügen , daß man die Sperrforts nicht wird völlig isolirt kämpfen lassen , sondern daß man auf die Nachricht einer ernſten ――― Bedrohung Truppen ähnlich wie bei den detachirten Forts der Festungen Abschnittsreserven aus nahe gelegenen Centralpunkten eventuell mit Eisenbahn zur Unterstützung heranziehen wird. Für den Angriff wird es nun auf Beant wortung der Frage ankommen, wie man die vom Verfasser der Studie erwartete langwierige Belagerung abkürzen kann. Eine Antwort auf diese Frage hatten wir in der am Schluß dieses Berichtes besprochenen Broschüre erwartet , zumal der Verfasser sagt : ein Sperrfort, welches in der Ebene liegt, muß in 24 Stunden vernichtet sein, nämlich 36 oder 48 Stunden nach dem Eintreffen der Artillerie ; indeſſen erscheint uns seine Antwort auf jene Frage nicht erschöpfend. Verfaffer weist nämlich, ganz im Einklang mit uns , die Ansicht zurück , daß man ein Sperrfort ohne vorherigen Artilleriekampf mit der Infanterie stürmen könne, und nun disponirt er über alle in den Belagerungsparks üblichen Geschütze , er will also einen förmlichen artilleristischen Angriff durchführen und mit den schweren Kalibern gemäß seinen Ideen über Jlling c. Batterien herantirailliren, denn sein Kampf gilt auch hier, wie er sagt, der ererbten Normalbatterie. Wie es möglich sein soll, die schweren Kaliber mit ihrer Munitionsausrüstung so schnell bereit zu stellen, daß sie dann 24 Stunden ununterbrochen das Fort beschießen können, ist nicht näher erörtert, auch scheinen uns die Schwierigkeiten , für diese Kaliber in der geforderten Weise Aufstellungspunkte zu finden, unterschätzt zu sein , denn bei der Auswahl der Emplacements für die Sperrforts hat man außer auf die Bestreichung der betreffenden Straßenzüge den größten Werth darauf gelegt , daß dem Angriff und der Wahl der Geschützpositionen die größten Schwierigkeiten

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bereitet und alle Zugänge gut bestrichen werden können. Unseres Erachtens müßte man versuchen , den förmlichen Angriff gegen ein Sperrfort durch folgende Mittel abzukürzen. Erstens schnelles , überraschendes Erscheinen vor dem Fort, ferner sorgfältige Recognoscirung gut gedeckter, dem Fort möglichst nahe gelegener Artillerie-Aufstellungen, dann Mitführung von nicht zu schwerfälligem Belagerungs geschütz gleich mit den Feldtruppen und endlich schnelles in die Position Bringen von Feld- und Belagerungs-Artillerie. Die Recognoscirung müßte besonders auch auf die Ermittelung gerichtet jein, welche Positionen etwa vor und seitwärts des Forts zu bekämpfen sind, zu welcher Aufgabe die Feld-Artillerie hauptsächlich beizutragen hat , während die Belagerungs-Artillerie das Fort selbst möglichst bald nach ihrem Eintreffen unter anhaltend fortgesettes, intensives Kanonen- und Mörserfeuer zu nehmen hat. Soll in der geschilderten Weise vorgegangen werden, ſo ſind ſelbſtverſtändlich die schwersten Kaliber nicht zu verwenden, zumal die Sperrforts meist im Gebirge liegen ; es würden für die gedachten Zwecke eine recht präcis schießende Flach bahnkanone von 10,5 cm Kaliber und ein 15 cm-Mörser (womöglich mit den Wenn es nun Kruppschen Torpedogranaten) die geeignetsten Geschütze ſein. gelingt, eine bedeutend überlegene Zahl dieser Geschütze auf wirksame Schußweite in gut gedeckten Stellungen gleichzeitig ins Feuer zu bringen und dieſes dann 24 Stunden ununterbrochen fortzusetzen, so kann man wohl annehmen, daß dann die Artillerie des Forts lahm gelegt sei, vielleicht mit Ausnahme der im Panzer thurm stehenden Geschüße ; es entsteht mithin die Frage, wie diese unschädlich zu machen sind. Es ist vorgeschlagen worden, die Feld-Artillerie solle durch Treffer in die Scharten diese Aufgabe lösen, indessen wird sie wegen des kleinen Ziels nicht auf große Schußweite und in nicht zu schräger Schußrichtung sich aufstellen müssen. Dies wird aber den Festungsgeschützen gegenüber eine äußerst schwierige Aufgabe sein und gelingt dieselbe, so wird der Vertheidiger den Thurm etwas drehen und sein Feuer so lange in etwas anderer Richtung fortsetzen oder ein stellen , bis jene Feld-Artillerie von anderen Geschützen des Forts vertrieben ist. Ein anderer Weg ist in der Französischen Vorschrift über den Belagerungsdienst angezeigt, hiernach soll das Feuer schwerer Geschütze gegen den Fuß der Panzerung gerichtet , die davor liegende Erde mit gewöhnlichen Granaten fortgeschoffen und dann das Feuer mit Panzergranaten fortgesetzt werden. Dieser Weg ist sehr langwierig und man braucht dazu sehr schwere Kaliber, denn die Panzerungen der Sperrforts sind meist so construirt , daß sie den bisherigen 15 cm-Kanonen widerstehen. Einerseits ist indessen, wie die letzten Kruppschen Versuche erweisen, die Leistungsfähigkeit dieses Kalibers erheblich zu steigern , andererseits giebt die Technik jest Mittel an die Hand , auch die schwersten Kaliber durch Zusammen setzbarkeit der Rohre leichter transportabel zu machen, und sonach wird es keine Schwierigkeiten haben, beim Angriff auf ein Sperrført vielleicht zwei Geſchütze mitzuführen , deren Geschoßwirkung mit Sicherheit die Zerstörung des Panzers erwarten läßt. Wenn durch diese Geschütze und durch die Feld-Artillerie , welche sich die Außenpositionen zum Ziel nimmt, das anhaltende Feuer der Belagerungs geschüße gegen das Fort unterstützt wird, so kann das Sperrfort in einem ver hältnißmäßig kurzen Zeitraum wohl in einen Zustand versetzt werden, daß ein gut vorbereiteter gewaltsamer Angriff der Infanterie Chancen des Erfolges hat. Von großem Intereffe für den Festungskrieg sind auch die Bemühungen für das indirecte Schießen der Infanterie , welches jetzt in allen größeren Armeen eingeführt ist und Schießlehrer , Taktiker u. s. w. lebhaft beschäftigt. Besonders ausführlich wird dasselbe in der Französischen Schießinstruction be

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handelt, dieselbe theilt das indirecte Feuer in tir plongeant (gegen nahe, hinter niedrigen Deckungen befindliche Ziele) und in das eigentliche tir indirect (wenn das deckende Object weit vom Ziele entfernt ist) ein. Im Ganzen kommen jedoch die Urtheile dahin überein, daß man sich, wenn man gute Reſultate erzielen will, bei seiner Anwendung verschiedener Hülfsmittel bedienen muß , welche denen ähnlich sind , von denen die Artillerie im Festungskriege für die Anwendung des indirecten Schusses bei den Geschützen Gebrauch macht. Da diese Hülfsmittel indessen in der Feldschlacht theils nicht vorhanden , theils nicht anwendbar ſein werden, so ergiebt sich der Festungskrieg und insbesondere die Vertheidigung, bei welcher das Terrain bekannt, Distancen und Höhenunterschiede sowie alle Er= forderniſſe für den Schuß schon vorher bestimmt werden können, als das geeignetſte Feld für die Anwendung des indirecten Infanteriefeuers. III. An besonderen militärischen Üebungen im Festungskriege wird vom Auslande im verflossenen Jahre nichts mitgetheilt , in Deutſchland haben die all jährlich wiederkehrenden, außerdem aber eine Belagerungsübung bei Graudenz stattgefunden , über welche die Nr. 73 der Deutschen Heereszeitung einen Bericht enthält. Nach demſelben ist die Uebung wohl geeignet gewesen, einige Verhältnisse des Festungskrieges , namentlich bezüglich des Pionierdienstes, bis in die Details zu klären und die Kenntnisse in dieser Richtung auch weiteren militärischen Kreiſen zugänglich zu machen. So nüßlich hierdurch derartige Uebungen auch wirken können, zumal sie im vorliegenden Falle zur Erprobung einiger Regle ments und zur Instruction über die Thätigkeit der Infanterie gedient haben, so würden wir uns doch noch mehr dafür erwärmen können , wenn damit mehr praktische Thätigkeit der Artillerie verknüpft gewesen wäre. Es mehren sich nach gerade die Stimmen , die den von uns stets durchgekämpften Standpunkt aner kennen, welcher seinen einfachsten Ausdruck neuerdings in dem Ausspruch des Oberstlieutenant von der Goltz in seinem „ Volk in Waffen“ findet , daß der Kampf um Festungen in Zukunft nur als eine große Artillerieſchlacht anzu sehen sei. Wenden wir uns nun zu denjenigen literarischen Erzeugnissen , welche , bis her noch nicht berührt , doch der Aufmerksamkeit der Leser zu empfehlen sind, so giebt die Broschüre " Ueber die Bedeutung der neuesten Entwickelung des Geschüßwesens in Deutschland " von einem inactiven Stabsoffizier der Artillerie, Paderborn 1883, im Anschluß an die Kruppschen Versuche eine Ueber sicht von den Vortheilen , welche durch die Steigerung der Leistungen der Flach bahngeschütze , namentlich für die Marine, erwachsen und eine Betrachtung über den nunmehr erfolgten Abschluß in der Construction von Wurfgeschützen. In Letzterer Besprechung erörtert der Verfasser den Werth des Wurffeuers für die Taktik des Festungskrieges und folgert eine unausbleibliche Umgestaltung im Geschützwesen ; dabei bespricht er die voraussichtliche Einführung von Feldhaubigen, die procentualische Zusammensetzung der Belagerungsparks aus Kanonen, Haubißen und Mörsern und andere Fragen , zu denen wir in früheren Berichten bereits Stellung genommen haben. In dem letzten Abschnitt bespricht Verfaſſer dann die Beseitigung des Rücklaufs und weist auf die Kruppschen Laffetenconſtructionen, die Pivotkanonen und den Pivotmörjer ohne Rücklauf hin. Zum Schluß kommen wir, gemäß unserer Zusage im vorigen Bericht, auf die "1 Belagerungs- und Festungsartilleristischen Gedanken " zurück und sind umsomehr dazu veranlaßt , als der dritten Lieferung : „ Die Haubißen- und Mörser , Shrapnel- und Infanteriefeuer- Resultate " nun auch die vierte und legte Lieferung : „ Der Centralschießplaß und der beschleunigte

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Angriff auf ein Sperrfort " gefolgt ist. Auch diese Lieferungen haben unsere Ansicht bestätigt, daß sie eine geistvolle und unterhaltende Plauderei bieten , welche in leichter Weise schwerwiegende militärische Fragen behandelt , viel Richtiges, wenn auch nichts Neues in schlagender, humoristisch-kurzer Weise zu Tage fördert, in dem Neuen aber der Zukunft Bahnen eröffnet , welche einzu schlagen man doch wohl Bedenken tragen wird. In den hier niedergelegten An sichten kommen die Kanonen mit flacher, scharf bestreichender Flugbahn von großer Schußpräciſion schlecht fort, die Geſchüße mit stark gekrümmten Flugbahnen behandelt Verfasser dagegen mit großer Vorliebe ; wir sind der Meinung, daß die eine Wirkung so unentbehrlich für den Festungskrieg ist , wie die andere. Auch würde sich , wenn man die Folgerungen aus den Ansichten des Verfaſſers zieht, kein klares sondern etwas verschwommenes Geschützſyſtem ergeben , während man jetzt in allen Artillerien durch die Entwickelung der letzten 10 Jahre auf den einzig rationellen Weg gelangt ist , das gezogene System analog dem glatten in drei scharf begrenzten Gattungen als Kanonen, Haubitzen oder kurzen Kanonen. und Mörsern auszubilden , wobei aus naheliegenden Gründen nur der Mörser der Haubiße näher steht und der Unterschied zwischen letzterer und der kurzen Kanone mehr verschwindet. Die Anforderungen an das Geschüßſyſtem in Bezug auf Horizontal- und Verticalfeuer sind im gezogenen ganz ähnlich wie im glatten System und darum halten wir auch, entgegen den Ausführungen des Verfaſſers, daran fest, daß der gezogene Mörser, so gut wie sein glatter Vorgänger, sich auch großer Elevationen (über 40 ° ) bedienen , und daß die vorzugsweise Auf suchung gut gedeckter Stellungen auch bei ihm eine Eigenthümlichkeit des Gebrauchs bleiben muß. Wenn Verfasser ferner für die Mörser ausgezeichnete Geschoß führung, desgleichen Pulver, Zünder und Bedienung verlangt, so sagt ein Kritiker mit Recht, daß man wohl in allen Artillerien bestrebt ist, dieses Ziel zu erreichen, aber nicht nur für die Mörser , sondern für alle Geschütze. Die Betrachtungen des Verfassers über das Shrapnelfeuer regen zum Nachdenken an , ob aber fruchtbringende Keime darin enthalten sind , erscheint uns zweifelhaft. Es wird da die Ausbildung dieses Schusses bis auf die größten Schußweiten empfohlen, wir glauben dagegen, daß die jetzt in den meisten Artillerien angestrebte Schuß weite von etwa 4000 m für alle Zeiten genügt , denn ―― abgesehen vom Bom bardement sollte man doch überhaupt in jedem Falle reiflich prüfen, ob nicht ein Schießen über jene Entfernung hinaus eine Munitionsverschwendung ist. Wo aber die Beschaffenheit des Zielobjects und der Gefechtszweck ein Schießen auf noch größere Entfernung erfordern , wie z . B. von der Festung aus die Beherrschung der Haupt- Communicationen, der daran gelegenen Dörfer 2c., wird Aber selbst dann doch die Granate immer das zweckmäßigere Geschoß sein. wenn man sich vom Shrapnel eine größere Wirkung versprechen sollte, würde derselben auf übergroße Entfernungen doch Eintrag gethan werden durch die fast unmögliche Beobachtung der Wirkung , durch die außerordentlich großen Längen streuungen , durch die bei langen Brennzeiten unzuverlässigen Zünder 2. Wenn wir ferner mit dem Verfasser den Shrapnelschuß der langen Kanonen gegen hinter Deckungen befindliche Truppen , wie wir selbst in früheren Berichten her vorhoben , für wenig wirksam anerkennen , sobald die Schußrichtung senkrecht zur Deckung liegt, so folgern wir hieraus nur, daß man möglichst bestrebt sein muß, den Schuß in enfilirender oder wenigstens schräger Richtung anzuwenden, keines wegs aber können wir uns für Mörser- Shrapnels begeistern. Den Shrapnel schuß aus schweren Mörsern hält Verfasser selbst nicht für lohnend , den 9 cm halten wir wie wir früher auseinandergesezt - überhaupt für ein wenig

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wirksames Geschütz im Festungskriege , es bliebe also nur der mittlere Mörser, doch ist auch für dieſen zu bemerken , daß die Construction von guten Zündern bei dem verhältnißmäßig schwachen Stoß der Geschüßladung Schwierigkeiten bietet, ferner, daß die gegen die Kanonen zurückstehende Trefffähigkeit der Mörser solche Streuungen für das Shrapnel ergiebt, daß bei der sehr gekrümmten Flug bahn die Sprenggarbe in ihrer steilen Richtung häufig ganz vor oder ganz hinter dem Ziele einschlägt. Wenn es nun unter Umständen Vortheil gewährt , das Shrapnelgeschoß in gekrümmterer Flugbahn zu verwenden, als die langen Kanonen ihrer Natur nach dies können , so muß man diese Aufgabe den Haubißen zu weisen. Die Besprechung des Infanteriefeuers im Festungskriege , welchem der Verfasser große Bedeutung beilegt , hatten wir uns etwas ausführ licher behandelt gedacht ; wir unterschätzen den Werth deſſelben gleichfalls nicht, können aber nur bei der von uns ausgesprochenen Meinung bleiben , daß die Infanterie nicht Aufgaben suchen sollte, welche die Artillerie der Natur der Sache nach zu lösen berufen ist und die sie auch meist leichter und mit geringerem Aufwände von Menschen und Material zu erfüllen im Stande ist. Die vierte und letzte Lieferung beschäftigt sich mit dem Centralschießplatz und dem be schleunigten Angriff auf ein Sperrfort. Auf letteren haben wir bereits oben Bezug genommen , auf ersteren wollen wir etwas näher eingehen. Wir halten die Ausbildung der Fuß - Artillerie im Schießen und in den taktiſchen Uebungen der Waffe für ein so wichtiges Element in der Taktik des Festungskrieges , daß wir dem Verfasser Dank wissen, Fragen, wie den Centralschießplay, angeregt zu haben, ohne uns deshalb mit seinen Ideen im Einklang zu befinden . Offenbar hat dem Verfasser die im Eingange seiner Schrift und in unserm vorigen Bericht erwähnte Uebung der Franzosen bei Belfort in der Feuerconcentration den Anstoß zu dem Vorschlage eines Centralschießplatzes gegeben ; dazu kam , daß die Armee Verwaltung genöthigt ist , große Kosten für Vergrößerung alter und Erwerbung neuer Schießplätze aufzuwenden. Da die bisherigen Plätze nicht geeignet sind, die Fuß-Artillerie in taktischen Uebungen in Verbindung mit Scharfschießen aus zubilden, so wird , wenn man der Meinung ist wie es Verfasser mit uns zu sein scheint , daß ähnlich wie die Infanterie ihre Uebungen im Gefechtsschießen hat, auch die Fuß- Artillerie bei den Schießübungen ausgebildet werden müßte, während bisher die taktischen Uebungen meist theoretisch und nur in einigen Details bei den Armirungsübungen praktisch ausgeführt werden , man unwillkür lich auf die Idee geführt , einen Riesenschießplatz zu erwerben , auf welchem die Uebungen im Gefechtsschießen ausgeführt werden können. Taktik üben mit scharf geladenen Geschossen stellt Verfasser sehr mit Recht als eine unum gängliche Forderung für die Ausbildung der Waffe hin, dies und das Hervorheben des Grundsages, daß das Frontalfeuer am wenigsten Wirkung verspricht, ſind die Punkte der Schrift , welche unsern größten Beifall haben, wiewohl Verfasser im letzteren Falle wohl zu weit geht , wenn er das Frontalfeuer ganz verwirft und mit Geſchüßen, wie er in seiner ersten Lieferung von der Jlling-Batterie aus führt, in der Flanke tirailliren will. Wir halten daran fest , daß jedes Angriffs object möglichst in Front und Flanke, mit directem und indirectem Feuer und zwar von überlegener Geschützzahl mit möglichst überraschender , gleichzeitiger Feuereröffnung bekämpft werden muß. Doch zurück zu dem Centralschießplaß für Festungs- und Belagerungs-Artillerie und Genie- Corps, welcher Vorschlag übrigens wohl etwas verspätet kommt, da über die Summen für Erwerbung 2c. von Schieß plätzen schon verfügt sein dürfte. Bevor der Verfasser zu seinem Vorschlage kommt, sagt er u. A. , das Schießen macht der Offizier, und die Thätigkeit des

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übrigen Personals stellt er als eine sehr geringe hin ; er will daher den Central ichießplatz lediglich zur Ausbildung der Offiziere und sagt, daß die Mittel, um letztere zur Verwendung der Geschütze zu höchsten Leiſtungen zu befähigen, in den Belehrungen der Vorgesetzten und Besprechungen mit Cameraden im weitesten Umfange beständen ; zu letzteren seien aber die Unterhaltungen in der abgeschlossenen Garnison und auf dem Regimentsschießplaße nicht genügend , da habe man es meist nur mit einem klugen Herrn zu thun. Wir sind der Meinung , daß in Bezug auf theoretische Belehrungen und gegenseitige Besprechungen ein Mehr nicht erwünscht ist, zumal ein Festseßen einseitiger Ansichten durch den Wechsel in den Offiziercorps und durch die Commandirungen zur Schießschule zc. nicht zu befürchten ist, wir können also hiervon kein Motiv für den Centralschießplat herleiten. Für den Satz , das Schießen macht der Offizier , möchten wir sagen : die Feuerleitung gebührt dem Offizier , und wenn der Verfasser den großen An forderungen an die Ausbildung derselben die geringeren an die Mannschaft gegen überstellt, so steht dazwischen die Ausbildung der Avancirten. Daß an diese sehr hohe durch das in längerer Friedenszeit erklärliche Streben nach Ueberbietung vielleicht zu hohe Anforderungen gestellt werden, dürfte dem Verfasser bekannt sein, und wenn man hinzunimmt , daß bei dem zu geringen Perſonalſtande, mit welchem die Waffe noch in allen Artillerien für den Kriegsfall zu rechnen hat, der Unteroffizier theils als solcher, theils als Reserveoffizier die Functionen des Schießens und der Feuerleitung wie ein völlig ausgebildeter Friedensoffizier über nehmen muß, so folgt wohl, daß man eine Trennung der Ausbildung der Offiziere von der der Unteroffiziere und Mannschaften, um sie intensiver zu machen, nicht anstreben sollte. Also auch diesem Motive des Verfassers können wir nicht bei stimmen , dagegen Uebungen in Taktik , in Feuerconcentration 2c. müssen erreicht werden, es fragt sich nur, ob das vorgeschlagene Mittel das richtige ist. Dem Verfaſſer ſind die Schwierigkeiten nicht entgangen, die sich dem Project entgegen= stellen, er sagt auch, daß er nicht ein völlig klares Bild davon geben könne, des halb verzichten wir auch auf Einwendungen , die sich gleich gegen das Micthen des Platzes -- den Kauf hält Verfasser für unmöglich - machen ließen und führen nur an , daß er eine Größe des Platzes von einer Quadratmeile_als_er= forderlich errechnet hat. Er gewinnt gegen die bisherigen Plätze den Vortheil, daß man drei Forts mit Abständen von etwa 5000 m unter sich bauen und gegen diese Vertheidigungspoſition einen Angriff in der Breite von 6-7000 m führen kann; ferner soll dann das gewonnene Mittelfort aus den beiden Collateral forts beschossen werden , eine Uebung , der wir wenig Werth beimeſſen , da im Ernstfalle der Angreifer die Collateralforts im gegebenen Moment so beschäftigen wird, daß sie sich ihrer eigenen Haut zu wehren haben. Den Kernpunkt trifft der Verfasser unseres Erachtens damit, daß er für den Angriff eine große Breite verlangt , denn das ist ein Hauptübelstand der kleinen Schießplätze , daß die Batterien , aus denen gefeuert wird , alljährlich ziemlich dieselbe Lage haben und bei der feststehenden Hauptſchußrichtung auf das Polygon die Uebungen eine große Einförmigkeit zeigen , wir glauben aber , es giebt einen praktisch leichter durch führbaren Weg, wie den Centralschießplatz, um die Schießübungen für die taktische Ausbildung fruchtbarer zu gestalten. Auf den bisherigen Schießpläßen gründet sich das Schießen auf den Gebrauch der Artillerie beim Angriff und da gewährt, wie oben bemerkt und wie der Verfasser noch näher ausführt, die Lage der Batterien ein höchst unnatürliches Bild , es fragt sich daher, ob es nicht zweck mäßiger wäre , das Schießen auf die Vertheidigung zu basiren. Die Angriffs Artillerie hat insofern eine leichtere Aufgabe , als ihr die Ziele viel bestimmter

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gegeben sind , als bei der Vertheidigung , die aus Plänen genau bekannte Lage der Forts , die Annex- und Zwischen-Batterien bilden die in jedem Falle ziemlich) gleichförmige Aufstellung des Gegners , der Vertheidiger dagegen weiß zunächst nicht, wie und wo der Angreifer seine Artillerie aufstellen wird. Im Kriege 1870/71 kam Deutscherseits nur die Angriffs- , bei den Franzosen nur die Vertheidigungs-Artillerie zur Geltung, in Feldzügen mit partiellen Erfolgen wird die besser ausgebildete Linientruppe größtentheils als Angriffs-, die Landwehr als Vertheidigungs-Artillerie kämpfen müssen ; sollte es da nicht zweckmäßig sein, gerade die Ausbildung für die schwierige Aufgabe , welche der Landwehr zufällt, zu Grunde zu legen , da die Linie bei dieser Ausbildung den Angriff darum gewiß nicht schlechter betreiben wird ? Ferner geben die viel bestimmteren und in den verschiedenen Festungen ziemlich gleichartigen Verhältnisse im Gebrauch der Artillerie bei der Vertheidigung, das durch genaue Pläne , Instrumente 2c., er leichterte Concentriren des Feuers gegen die Angriffs - Batterien und andere Ziele was bisher nur theoretisch bei Ärmirungsübungen geübt werden konnte beffere Gelegenheit zur Schießausbildung, wie die unbestimmteren Verhältniſſe des Angriffs . Die Hauptsache ist aber , daß auch die taktische Ausbildung für den Angriff keineswegs schlechter, sondern auch besser ausfallen würde, wenn man sich die Einrichtung der Schießplätze und die Anordnung der Schießübung in gedachter Weise vorstellt. Zu diesem Zweck würden daher etwa verfügbare Geldmittel nicht für einen Centralschießplatz , sondern zum Theil zur Erreichung der durch diesen angestrebten Absichten, zur Umgestaltung der bestehenden zu verwenden sein. Jeder Schießplatz hat da, wo die Geschütze jezt in der Regel in Batterie stehen, eine genügende Breite , daß man daselbst ein Werk in den gewöhnlichen Abmessungen eines größeren Forts mit Anschluß-Batterien erbauen kann. Ein solches würde in provisorischem , nach Maßgabe vorhandener Mittel in einzelnen Theilen, wie Ladestellen c. in permanentem Ausbau herzustellen und überhaupt hier eine möglichst dem Ernstfalle entsprechende Vertheidigungsposition zu schaffen sein, um den gesammten Dienst und die Taktik der Vertheidigung zu üben. Ferner wären Geldmittel anzuwenden , um die Schießplätze, deren jetzige Längen ausdehnung bereits genügend ist, nach den Zielen zu möglichst zu verbreitern, damit man von dort aus den Angriff mit möglichst vielen Modificationen gegen obige Vertheidigungsstellung ansetzen und recht divergirende Schußrichtungen von letzterer aus festlegen kann. Die Schießübung würde nun damit zu beginnen haben, nach einer taktischen Idee, welche in jedem Jahre eine andere sein könnte, den Angriff auf obige Vertheidigungsstellung anzusetzen und eine Anzahl von Batterien zu erbauen , welche nachher als Ziele für die Vertheidigungs-Artillerie dienen würden und nebenbei Gelegenheit böten , werthvolle Erfahrungen über Widerstandsfähigkeit der Angriffs -Batterien und zweckmäßige Anlagen in den selben zu sammeln. Nur auf diesem , freilich hier nur angedeuteten Wege wird eine Mannigfaltigkeit der taktischen Aufgaben bei der Schießübung zu erreichen sein, wie sie für eine gute Ausbildung der Fuß-Artillerie unerläßlich ist, wobei wir noch bemerken wollen , daß einzelne Schießaufgaben des Angriffs , wie z. B. der indirecte Brescheschuß, immer noch geübt werden können , da die vorhandenen Polygone, unbeschadet der anderweitigen Einrichtung des Schießplates , beizu behalten wären. Wir sind überzeugt , daß der gedachte Weg in kürzerer oder längerer Zeit einmal beschritten werden wird, denn die jetzige Art der Schieß ausbildung hält noch zu sehr an derjenigen aus der Zeit der glatten Geschütze fest, in welcher sie allerdings auf den Angriff basirt werden mußte, weil der Kernpunkt des damaligen Schießens in der Uebung im Ricochetiren der Festungs

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werke aus den verschiedenen Geschüßarten und im indirecten Brescheschuß bestand. Damals war die Schießausbildung für den Angriff schwieriger als für die Ver theidigung und die für die lettere bot keinen Vortheil gegen jene, jetzt liegt, wie oben nachgewiesen, der Schwerpunkt in der Ausbildung für die Vertheidigung und sie ist geeigneter für die Ausbildung in der Taktik. Taktik üben mit scharf geladenen Geschossen auf den Schießpläßen, das ist aber die Parole, M. welche für die Fuß-Artillerie in der Zukunft maßgebend sein muß.

Bericht über die

Handfeuerwaffen .

1882–83 .

1. Die Handfeuerwaffen. Deutschland. Seit dem letzten Jahresbericht 1879-1881 haben die Handfeuerwaffen der Construction M/71 , Infanteriegewehr, Jägerbüchse und Cavalleriecarabiner, nach stehende Aenderungen erfahren : 1 ) Die Abzugsfeder erhält einen stärkeren Querschnitt behufs größerer Wider standsfähigkeit gegen Durchbiegungen. 2) In der hinteren Fläche der Kammerleitschiene ist ein auswechselbares Stück eingesetzt worden , um bei Reparaturen an derselben , besonders für Her ſtellung des festen Laufverſchluſſes, das jedesmalige Ausglühen und Wiederhärten der ganzen Kammer zu vermeiden. 3) Die Halteschraube für die Kammerleitschiene wird in dieser mit einem Stifte so befestigt , daß sie zum Herausnehmen der Kammer aus der Hülse ge nügend weit herausgeschraubt werden kann, ohne indeß die Verbindung der Kammer scheibe und Schraube mit der Kammer gegen Verlorenwerden ganz lösen zu können. 4) Zum feſteren Sitz der Warze am Schlößchen wird deren Stift mit einem Gewinde versehen. Durch Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 11. August 1877 wurden die In fanterie- und Jäger-Bataillone des Bayerischen 1. Armee- Corps mit dem Gewehr M/71 bewaffnet. Nach Maßgabe der Fertigstellung der erforderlichen Waffen ſollte alsdann der Umtauſch der für die Deutſche Patrone M/71 aptirten Bayerischen Werdergewehre M/69 beim 2. Armee-Corps stattfinden, was nunmehr durch Aller= höchste Cabinets -Ordre vom 9. Juli 1882 erfolgt ist. Die Mannschaften der 1. und 2. Werft-Diviſion erhalten von Ende 1883 ab, wie die Matrosen, die Jägerbüchse M/71 und den Hirschfänger. Die Versuche zur Erhöhung der Gesammtwirkung der einzelnen Waffe in einer gegebenen Zeit, die Frage der potenzirten Schnelllader, sind aus dem Concurrenz stadium übergegangen zur provisorischen Annahme des Repetirgewehrs von Paul Mauser in Oberndorf und in das Stadium der Massenversuche in der Hand nicht mehr der Techniker, sondern der Truppen eingetreten , um , bei nicht mehr

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difficiler und stets sachverständiger Behandlung, den Forderungen der kriegerischen Praris gegenübergestellt und geprüft zu werden. Einigen Bataillonen verschiedener Regimenter wurden die Versuche mit dem Repetirgewehr übertragen. Das Repetirgewehr Mauser hat den Verschlußmechanismus des M/71 mit einigen durch die Praxis als nothwendig erkannten Verbesserungen und den Re petitionsmechanismus zum Zubringen der Patronen aus dem festen Magazin direct im Vorderschaft zum Laufmunde, ähnlich der in Frankreich für die Marine adop tirten Construction des k. k. Artillerie- Obersten v. Kropatschek. Nach der Revue d'Artillerie 20. Band , Seite 433,*) sind die wesent lichsten Constructionsfehler des Verschlußmechanismus des M/71 : 1) Die ungenügende Verbindung von Schlagbolzen, Schlagbolzenmutter und Schlößchen. 2) Der nur durch den Büchsenmacher ermöglichte Ersatz der Sicherung. 3) Die schwierige Anfertigung des vorderen Theils des Schlagbolzens und damit des Zapfens des Verschlußkopfes . Die Folgen dieser Fehler und die zu deren Vermeidung von Mauser vor genommenen Constructionsänderungen des Verschlußmechanismus sind: ad 1. Beini Abdrücken der schußbereiten Waffe schnellt die gespannte Schlag feder den Schlagbolzen und dessen Mutter nach vorn ; letzterer nimmt das loſe Im Augenblick des Stoßes der Schlagbolzenspitze gegen das Schlößchen mit. Zündhütchen erfahren durch dessen Widerstand der Schlagbolzen und deſſen Mutter eine Verzögerung ihrer vorschreitenden Bewegung , während das Schlößchen die Bewegung allein fortsett. Für die Explosion der Zündpille wirkt also das Schlößchen nicht mit. Hierdurch entstehen Versager , welche zur Annahme einer sehr empfindlichen Zündmasse führten. Mauser hat deshalb die Formen von Schlagbolzen und Schlößchen geändert. Der Gewindetheil des Ersteren geht in den cylindrischen Schaft durch einen conischen kurzen Absatz über , für den die Schlößchenbohrung analog geformt ist , so daß nach eingeschobenem Schlagbolzen und aufgeschraubter Mutter diese drei Theile in der Längenrichtung fest verbunden find. Einſtriche auf dem Cylindermantel der Mutter erleichtern das Einschrauben. ad 2. Der Haltestift der Sicherung ist schwer zu entfernen und schwächt deren Walze durch die Kehle in ihrem runden Theile. Es ist deshalb auf die Walze der Sicherung vor dem Bund eine kleine Spiralfeder aufgeschoben, welche ein entsprechendes Lager in der Bohrung der Sicherung in der Leitschiene des Schlößchens hat. Die lose eingesetzte Sicherung wird durch die Schlagbolzen mutter firirt, indem der Bund der Sicherung in eine halbrunde Ausfeilung der vorderen Fläche der Schlagbolzenmutter durch die gespannte Feder zur freien Dreh bewegung eingepreßt wird. Der Haltestift ist somit entbehrlich geworden. ad 3. Die glatte Fläche des Schlagbolzenschaftes und der in der Bohrung des Schlößchens links hereinragende Stift der viereckigen Warze soll die will kürlichen Drehungen des Schlagbolzens , dessen Mutter und des Verschlußkopfes verhindern. Dasselbe ist erreicht , indem eine Nase an der tiefsten Stelle der Schlagbolzenmutter sich in einer entsprechenden Rinne auf der Schle des Kreuz theils der Hülse führt. An die wesentlich verkürzte platte Fläche des Schlagbolzens lehnt sich der Stift einer kleinen Schraube an, um ein Drehen des Bolzens an Die sich bestimmt zu hindern . Die Abzugfeder ist hinter den Abzug verlegt. Kammerscheibe und Halteschraube bestehen aus einem Stück. Das Schlößchen *) Auch: Neue militärische Blätter 1882, 20. Band Seite 277. -- Streffleurs Zeit schrift, 23. Jahrgang, 4. Band Seite 410.

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hat der Leitschiene gegenüber unten eine nach hinten aufwärts verlaufende Schiene, welche sich auch in der Nuthe auf der Sohle der Gehäusewand führt und deren vorderes Ende als Rast beim Schließen der Waffe an dem in die Gehäusebahn. hineinragenden Abzugsfederſtollen , zum Spannen der Spiralfeder , Anlehnung findet. Da durch die Schiene in der Führungsnuthe ein Drehen des Schlößchens unmöglich ist, konnte die Warze links an demselben in Wegfall kommen. Der Repetitionsmechanismus besteht aus dem Magazin, dem Zubringer, der Zubringerfeder, dem Schnellfeuerregulator mit Handhabe. Als Magazin dient eine cylindrische Bohrung im Holz des Vorderschaftes ; eine dünne Spiralfeder mit Hut drängt die Patronen nach hinten. Auf der Sohle des Verſchlußgehäuſes hinter dem Laufmund ist ein breiter Schlitz eingeschnitten, deſſen beide Längsseiten und die hintere Seite sich nach unten als Wände des Zubringergehäuses fortseßen, zwischen welchen der Zubringer, um seine Achse im hinteren Theile drehbar, sich heben und senken kann. Der Zubringer ist löffelförmig als Lager der aus dem Magazin getretenen Patrone ausgehöhlt und endet vorn abwärts in eine Nase , welche bei aufwärts bewegtem Zubringer zugleich als Magazinschließer dient. In einer schwalben schwanzförmigen verticalen Ausfräsung hinten links auf der Höhe der Achse des Zubringers bewegt sich leicht ein Schieber auf und ab, der gehoben resp. gesenkt den Repetitionsmechanismus in Thätigkeit setzt oder abstellt : also als Regulator für Magazin- oder Einzelladung functionirt. Gehoben tritt sein oberes Ende, der Anschlag , in einen Einſchnitt auf der Außenseite des wesentlich verlängerten früheren Ausziehers, welcher sich in der Nuthe in der linken Seite der Gehäuse wand führt und als Auswerfer fungirt. Beim Deffnen resp. Schließen der Waffe stößt das vordere resp. das hintere Ende des Auswerfereinschnitts an den gehobenen Anschlag, der, vorwärts gestoßen , den Zubringer selbst mitnimmt und das Heben. und Senken des Löffels des Zubringers durch Drehen um seine Achse veranlaßt : die Waffe fungirt als Repetirgewehr. Bleibt der Schieber gesenkt, so reicht sein Anschlag nicht in den Auswerfereinschnitt, der gehobene Zubringer bleibt in seiner Lage: die Waffe fungirt als Einlader. Das Heben und Senken des Schiebers erfolgt durch einen links außerhalb des Verschlußgehäuses um seine Achse im rechten Winkel drehbaren Winkelhebel, indem ein kleiner Zapfen am Ende des kurzen horizontaten Hebelarms durch einen bogenförmigen Schlitz in der linken Wand des Zubringergehäuſes in eine horizontale Rinne jenes Schiebers eingreift. Das Ende des längeren verticalen Arms des Winkelhebels hat zum leichten Vor- und Zurückbewegen eine Handhabe. Bei verticaler Stellung des großen Arms befindet sich der Schieber in seiner tiefsten Lage ; seine hintere Fläche stüßt sich bei gehobenem Zubringer gegen einen Vor sprung an der hinteren Wand des Gehäuses und firirt denselben in dieser Lage : die Waffe fungirt als Einlader ; in nach hinten geneigter Stellung hat der Zapfen des kurzen Arms den Schieber in den Auswerfereinschnitt gehoben : der Repetitions mechanismus kann in Thätigkeit treten. Die flache Zubringerfeder, in ihrer Mitte außerhalb links auf dem Zubringer gehäuse befestigt, hat an beiden Enden je einen Zapfen, welche durch entsprechende Bohrungen in das Zubringergehäuse hereinragen ; der vordere firirt die Patrone im Magazin, der hintere hält beim Schließen der Waffe den gesenkten Zubringer in seiner Lage, indem er in einen linksſeitigen Längeneinſchnitt deſſelben , unter halb jenes Schiebers, tritt. Während des Senkens des Zubringers beim Schließen der Waffe drückt die Zubringernaſe den vorderen Zapfen der Zubringerfeder federnd nach außen : die Magazinſpiralfeder drückt sofort die erste Patrone aus dem 23 Militärische Jahresberichte 1883.

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Magazin in den Zubringer , während die inzwischen bis unter den Rohrmund zurückgeschobene zweite Patrone im Magazin firirt wird durch den in das Zu bringergehäuse wieder einspringenden vorderen Zapfen der Feder des Zubringers, sobald ihn dieſer ſelbſt paſſirt hat. Im letzten Momente des Zurückziehens des Verschlusses vor dem Anstoßen der Kammerscheibe wird der linkseitige Auswerfer arretirt , der federnd so gegen die linke Seite der Krempe der vom Auszieher ausgezogenen leeren Patronenhülse vorschnellt, daß dieselbe, nach rechts sich überschlagend, energisch ausgeworfen und im letzten Momente dann die neue Patrone hinter den Laufmund gehoben wird. Das Füllen des Magazins geschieht bei geöffneter Waffe und gesenktem Zu bringer. Jede einzelne Patrone drückt den vorderen Zapfen der Zubringerfeder, die Patronensperre beim Einführen etwas zurück , welche dann wieder einſpringt und so jede geladene Patrone im Magazin fixirt. Das Gewehr faßt 9 Patronen im Magazin , 1 im Zubringer, 1 im Lauf, in Summa 11 Patronen. Die übrige Conſtruction der Waffe ist die des Deutschen M/71 . Mit 11 Patronen im Magazin wiegt die Waffe etwa 4,5 kg. Nach Berichten militärischer Zeitschriften hat sich das Repetirgewehr in den Händen der Truppen gut bewährt. Eine Entscheidung in der Frage der Repetir gewehre ist noch nicht getroffen ; dieselbe wird studirt, aber nicht forcirt. Frankreich. Die im Jahresbericht von 1881 Seite 515 erwähnten Gascanäle, um etwa entweichende Gase beim Gebrauche beschädigter Patronenhülsen zur Sicherheit des Schützen abzuleiten , bestehen als „ Modification 1880 " am Verschlußgehäuſe : in einer halbrunden Ausfräsung der Bohrung direct hinter dem Laufmund und in einer Längenrinne in der linken Seitenwand des Gehäuses ; am Verschlußkopf: in einer Rinne unten an dessen cylindrischem Körper gegenüber seiner Leitschiene ; am Schlößchen: etwas tiefer angeordnete Hinter- und Sicherheitsraſt , um als Gasschirme jene Gase nach vorn zu leiten , während jene anderen Rinnen ihnen einen Ausweg nach oben gewähren. Die im Jahresbericht 1881 Seite 523 berührte Qualitätsverminderung der Französischen Patrone M/74, für sämmtliche Waffen des M/74 oder M/66-74, bei einer selbst kurzen Zeit der Magazinirung, ist als eine Folge des Umstandes conſtatirt worden, daß die Hülsen M/74 im Innern nicht gefirnißt waren (ſiehe Manuel de tir 1877 Seite 77) ; auch das Hülsenmaterial wurde angegriffen, so daß Abreißen des Bodens und Risse des flaschenförmigen Haljes vorkamen. Die noch im Gebrauch befindlichen Patronenhülsen M/74 ſind deshalb nunmehr im Innern mit Gummilack gefirnißt (siehe Manuel de tir 1882 Seite 437). Die ebenfalls im Jahresbericht von 1881 Seite 515 erwähnte „ Patrone M/79" unterscheidet sich wie folgt von der „Patrone M/74 " : Die Patronenhülse M/74 ist an der Verbindungsstelle mit der messingenen Schuhkapsel des Zünd hütchens nicht gefirnißt , während dies bei M/79 der Fall ist. Der Ambos in der Zündglocke ist bei M/79 etwas verstärkt. Das Geschoß M/74 iſt 27mm lang, und stärker conisch verjüngt (0,2 mm auf 19 mm) ; die Höhe der ogivalen Spitze ist 13,5 mm, die der Papierenveloppe 19 mm. Das Geschoß M/79 iſt 27,75 mm lang , weniger stark conisch verjüngt (0,1 mm auf 14,25 mm) , die Höhe der ogivalen Spite ist 13,5 mm, die der Papierumwickelung 16 mm. Beide wiegen 25 g. Die Ladung ist für beide Patronen 5,25 g des Pulvers F

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(75 Salpeter, 10 Schwefel, 15 Kohle). Beim M/74 trennt Geſchoß und Ladung ein zwischen zwei Glanzcartonscheiben gelagerter gefetteter Filzpfropf von 4 mm Dicke , während dieser beim M/79 ersetzt wird durch eine in Papier so gehüllte Die Länge der Wachsscheibe , daß deren untere Fläche nicht ganz bedeckt ist. Patrone ist für M/74 zu 76 mm, bei M/79 zu 76,5 mm beſtimmt mit Toleranzen von 0,5 resp. 0,2 mm. Die Geschoßfettung , eine Mischung von vier Theilen Hammeltalg und einem Theil gelben Wachs, erfolgt bei M/74 reſp . M/79 auf eine Höhe von 12 resp. 14 mm . Die Versuche mit dem Transformations = Repetirgewehr des leider so früh verstorbenen Vetterli , eine auf das Französische Infanteriegewehr M/74 (System Gras) übertragene Verbefferung des Syſtems Kropatschek, werden noch in großem Maßstabe bei den Truppen vorgenommen und scheint dieselbe aus der ―――――― großen Zahl von Concurrenzwaffen Repetirgewehre und anhängbare Magazine -verschiedener Constructionen für den Einlader von der Commission unter Vorsiz des Commandirenden des 18. Armee- Corps, Divisionsgeneral Dumont, und dem Beirath des Inspecteurs der Waffenfabriken , Oberst Gras , zur Annahme vorgeschlagen zu werden . Nach den neuesten Nachrichten der Deutschen Heereszeitung Nr. 9 von 1884 soll in der Waffenfabrik Chatellerault eine Aptirung des M/74, Syſtem Gras , für ein anhängbares Magazin nach der Construction des Oberst Gras ausgeführt werden, welche es ermöglicht, in weniger als zwei Minuten 30 Schuß abzugeben, und eine Anzahl solcher Gewehre baldigst zur Prüfung an sämmtliche Infanterie Regimenter abgegeben werden.

Großbritannien . Die hohen balliſtiſchen Leiſtungen des Englischen Martini-Henry-Gewehrs M/70/74 vom Kaliber 11,43 mm, dem größten Kaliber der gegenwärtigen Ör donnanz-Präcisionswaffen , die relativ sehr gestreckte rasante Bahn und große Durchschlagsfähigkeit des Geſchofſes ſelbſt auf Bahnen bis zu 2000 m neben einer genügenden Präcision des Schusses , sind begründet in der relativ langsamen Ab nahme der Anfangsgeschwindigkeit des Geſchofſes von 397 m ( nach Anderen 434 m) und zwar durch die günstige Metallbelastung des Querschnitts des Geschosses per qmm mit 0,304 g Blei und dem günstigen Ladungsquotienten von 1 g Pulver auf 5,67 g Blei oder per qmm mit 0,053 g Pulver. Diese Vorzüge sind aber erkauft für die zu leichte Waffe von 3,97 kg (ohne Bajonnet) durch eine zu schwere und lange Patrone von 49,3 bis 50,2 g bei 80 mm ( Geschoß 31,2 g bei 32,26 mm ; Ladung 5,5 g ; Hülse 12 g bei 58 mm), von der nur 60 Stück die zulässige Munitionsbelastung des Mannes von 3 kg repräsentiren. In Folge hiervon hat die Waffe die größte Rückstoßgeschwindigkeit von 3,29 m von allen Ordonnanz-Handfeuerwaffen und wird beim Schießen schen nach 10 Schüssen so heiß, daß die Kriegsbrauchbarkeit in kritischen Momenten entschieden beeinträchtigt wird. Zur Abhülfe dieser Uebelstände wurde der Anti-Recul von Capitän Silver (siehe Jahresberichte von 1875 Seite 421 ) versucht , aber nicht eingeführt, und eine lederne Schutzhülse am Angriffspunkt der im Anschlag liegenden linken Hand an der Waffe angebracht. Das tiefe Einsetzen der Waffe an der Schulter beim Schießen auf große Entfernungen vermindert die Trefffähigkeit durch die noth wendige unnatürliche Haltung des Halfes . Da gleiche ballistische Leistungen bei größerer Munitionsausrüstung und geringerem Rückstoß durch eine Patrene kleineren Kalibers aber gleicher Länge der Pulversäule und des Geschosses erreicht werden, ist England zu dem Kaliber 23*

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10,15 mm für eine neue Bewaffnung , nach dem Vorschlag von Magee , eines Beamten der Gewehrfabrik Enfield, übergegangen. *) Das Geschoß wiegt 24,9 g und hat eine Querschnittsbelastung von 0,307 g Blei per qmm. Die Ladung von 5,5 g ist beibehalten , wodurch der Ladungs quotient noch günstiger wird, 1 g Pulver schon auf 4,53 g Blei , wodurch sich die Anfangsgeschwindigkeit von 479 m ergiebt , gegenüber der früheren von 397 (nach Anderen 434) m. Die neue Patrone wiegt 46,75 g, ſo daß jezt 66 Patronen 3 kg repräsentiren . Nach Hankars Handvuurwapenen wiegt die Patrone 45,2 g, das Geſchoß 25 g, die Ladung nur 5,2 g, so daß die Querschnittsbelastung 0,309 g Blei beträgt, 1 g Pulver erst auf 4,8 g Blei käme und eine Anfangsgeschwindigkeit von nur 462 m erreicht würde. Der Lauf des Kalibers 10,15 mm ist 170 g schwerer als der des M/71/74. Da das Zugsystem Henry schwierig, also theuer herzustellen ist, die Verschleimung begünstigt und den Rückstoß vermehrt, ist dasselbe durch neun sehr feine säge förmige Züge mit der starken Dralllänge von 380 mm für eine Umdrehung oder von 37 Kalibern (4 ° 53 ′ Drallwinkel) ersetzt. Das alte Treppen- und Leiter Visir ist für die Distancen bis 1000 Yards beibehalten. Der Vorderschaft ist zwischen Mittel- und Oberring, zum Schutz gegen Verbiegen und Rost, so aus gehöhlt, daß der Lauf ihn nicht berührt. Ein Handschutz von Holz sichert die Hand des Mannes beim Schnellfeuer. Der Verschluß von Martini , ſowie alle übrigen Constructionen der alten Waffe sind beibehalten. Um die großen Distancen mit leichterem Anschlag beschießen zu können , iſt, wie in Belgien, eine seitliche Visirlinie nach dem System Halkin (siehe Jahres bericht von 1881 Seite 514) für die Distancen über 1000 Yards gewählt. In einer Rinne an der linken Seite des Oberringes ist eine Stange vertical zur Seelenachse auf und ab beweglich , welche an ihrem unteren Ende auf einem horizontalen Arme das Korn trägt. Die verticale Stange hat die Diſtance eintheilung für die Distancen über 1000 Yards , wird jeweilig gestellt und fest geschraubt. Vor dem Verschlußgehäuse links ist eine kleine Klappe mit Visir einschnitt um eine Achse beweglich , läßt sich alse leicht aufstellen und umlegen . Mit dieser Visireinrichtung setzt sich der Kolben beim Schießen auf 2000 Hards wie auf 100 Yards an die Schulter an. Zum Transport wird die Klappe ebenso wie die Stange nach hinten umgelegt und letztere noch befestigt. Die Waffe wiegt mit resp . ohne Bajonnet 5,01 resp. 4,33 kg. Nachdem die Gewehrprüfungs - Commiſſion ſich günstig über die Waffe aus gesprochen, wurden 60 Stück an die Truppen in Versuch gegeben. Nach der militärischen Tagesliteratur werden zu jedem Gewehr zwei anhängbare Magazine Durch den lange metallene Rohre für je sechs Patronen - ausgegeben. Druck auf eine Feder nach abgegebenem Schuffe und geöffneter Waffe, tritt von selbst die nächste Patrone aus dem Magazin auf die gesenkte Lademulde des Verschlußblechs , um dann wie gewöhnlich mit dem Daumen eingeschoben zu werden. Der Englischen Gewehrprüfungs - Commiſſion liegen auch die verschiedensten Modelle der Repetirgewehre zum Studium vor. In England soll ſtatt der complicirten Borer-Patrone (siehe Jahresbericht 1874 Seite 637) mit gerollter Hülfe eine Patrone mit einer gezogenen Hülse verwendet werden. *) Streffleurs Zeitſchrift, 1. Heft von 1883.

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Italien. Die Bewaffnung der Armee im Kriegestehendes Heer, Miliz und Erſatz — mit Gewehr , Büchse und Carabiner nach dem System Vetterli M/70 iſt im Jahre 1883 vollständig durchgeführt worden und selbstverständlich die nöthige Kriegsmunition vorhanden. Der Waffenvorrath ſoll bis auf eine Million Gewehre erhöht werden. Alle Cavallerie-Regimenter wurden bis 1882 mit dem Carabiner M/70 be= waffnet ; Fuß-Artillerie und Genie erhielten an Stelle des Lefaucheur-Revolvers des Kalibers 10,7 mm den Revolver M/74 , sechsschüssig , System Chamelot Delvigne. Kaliber 10,35 mm , Länge 315 mm , Gewicht 1150 g; Patrone : 32,1 mm lang, 17,5 g schwer ; Geschoß : 15 mm lang, 11,4 g schwer; Ladung 1,2 g. Bis Ende 1883 haben sämmtliche Waffen das neue Visir M/81 nach der Construction des Hauptmanns Vecchi vom 70. Regiment (siehe Jahresbericht 1881 Seite 516) erhalten und zwar mit der Distancetheilung von 100 zu 100 m für die Infanterie bis 1600 m, welche für die Cavallerie von 600 bis 1000 m erweitert wurde. Da nach den Erfahrungen in Frankreich schon nach verhältnißmäßig kurzer Lagerzeit der Patronen eine Qualitätsverminderung durch Abnahme der Anfangs geschwindigkeit und der Präcision eintritt (siehe Jahresbericht 1881 Seite 523) , versuchte man in Italien , um die Kriegschargirung rascher aufzufrischen , eine weniger starke Patronenhülse für nur einmaligen Gebrauch zu verwenden . Bei den Truppen werden größere Versuche mit 150 000 Patronen angestellt. Außer den Versuchen mit dem Repetirgewehr M/72 von Vetterli (siehe Jahresbericht 1875 Seite 422) find bei einem Bersaglieri - Regiment , einem Alpenjäger-Bataillon und einem Linien-Infanterie-Regiment praktische Maffen versuche mit einem, nach dem Repetir- System des Capitäns Bertoldo in Turin aptirten Vetterli- Gewehr ſeit 1881 im Gange. Der Zubringer nach der Constructionsidee Kropatscheks ist muldenartig vorn mit gabelförmiger Nase als Patronensperrer, um seine in der Stielplatte des Zu bringers und im Verschlußgehäuse ruhende Achse so drehbar , daß sich die Mulde zum Laufmund mit der Patrone hebt , zum Magazinmund zur Empfangnahme der nächsten Patrone senkt. Im letzten Momente des Zurückziehens des Verschluß cylinders zum Deffnen der Waffe, gelangt ein bogenförmiger Ausschnitt unten am Kopf deffelben (gegenüber dem Auszieher) über das hintere Ende der Stielplatte des gehobenen Zubringers, während das vordere Ende des Cylinders auf eine Naſe der Stielplatte, vor ihrer Drehachse, den Anschlag abwärts drückt, so daß sich der Zubringer senkt, eine neue Patrone aus dem Magazin auf denselben tritt. Die vordere gabelförmige Nase des Zubringers setzt sich reiterförmig über den vordern Arm des an seiner unteren Fläche dharnierartig befestigten Winkelhebels , des Magazinsperrers. Deſſen Knie gleitet auf dem Boden des Zubringergehäuses beim Heben und Senken vor und zurück in Folge eines über dem Hebel im Gehäuse befestigten Querstiftes . Seine Spiße ist nach beendeter Senkung des Zubringers vor den Magazinmund getreten, damit die nächste Patrone fixirt. Beim Vorschieben des Verschlußcylinders zum Schließen gleitet derselbe über den Anschlag der Stielplatte des Zubringers weg , bewirkt damit deffen Heben mit der Patrone hinter den Laufmund, demnächst das Einschieben der Patrone in das Patronenlager ; die Magazinsperre senkt sich hierbei , so daß die nächste Patrone aus dem offenen Magazin bis an die Gabelnase des Zubringers zurückgeschoben wird.

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In der linken Gehäuſewand ist ein Auswerfer mit zwei Nasen und einer Feder angebracht. Die vordere zur Führung der zu ladenden Patrone in den Lauf, die hintere zum Auswerfen der leeren Patronenhülse durch Anstoß ihrer Krempe, wenn gleichzeitig der Auszieherkopf an den Querkeil Vetterlis oben im Verschlußgehäuse anstößt, welcher das Zurückziehen des Cylinders begrenzt. Der nach rechts verschiebbare Querkeil hat zwei verschieden tiefe Ausschnitte , durch welche die Waffe den Charakter als Magazingewehr oder als Einzellader, das ist zum Feuern mit Magazin- oder Einzelladung, erhält. Ist der Querkeil ſo zur Seite geschoben , daß im letzten Moment des Zurückziehens des Verschlußcylinders, zum Seffnen der Waffe, der Auszieherkopf an den weniger tiefen Ausschnitt des Querkeils anstößt , dann hat das vordere Ende des Cylinders den Anschlag der Stielplatte des Zubringers noch nicht erreicht , derselbe bleibt in der gehobenen Lage: die Waffe fungirt als Einlader. Stößt der Auszieherkopf dagegen an den tieferen Ausschnitt des Querkeils, dann gleitet das vordere Ende des Verschlußcylinders über den Anschlag weg, der Zubringer muß sich daher drehend senken, indem das hintere Ende der Stielplatte in den bogenförmigen Ausschnitt des Cylinders und eine neue Patrone aus dem Magazin auf den Zubringer treten kann : die Waffe fungirt als Magazingewehr. Entgegen der Kropatschekſchen Conſtruction iſt der Zubringer bei geſchloſſener Waffe gehoben wie bei dem Schwedischen Repetirgewehr M/80 System Jarmann. Das Magazin im Vorderſchaft für 11 Patronen liegt direct im Holz ohne Röhre; der Magazinmund ist durch eine dünne Stahlblechröhre gegen Beschädi gungen geschützt. Gewicht und Länge des Repetirgewehrs Vetterli-Bertoldo mit resp . ohne Säbelbajonnet ist 5,05 resp . 4,28 kg und 1,910 resp. 1,349 m gegenüber dem Einladergewehr M/70 System Vetterli : 4,65 resp. 4,10 kg und 1,867 resp . 1,349 m. Von der Waffenfabrik Brescia find 500 Repetircarabiner dieses Systems an das Marine-Departement in Venedig zum Versuch mit einer provisorischen In struction bei der Marine abgegeben worden . Eine andere Umänderung des M/70 in ein Repetirgewehr nach der Construction des Capitäns Vitali mit Magazin im Kolben wurde in 41 Carabinern bei den Königlichen Carabiniers gleichzeitig mit 25 Carabinern des Syſtems Bertoldo geprüft. Der Gewehrprüfungs-Commiſſion liegt noch ein neuerer Umänderungsvorschlag des M/70 mit Magazin im Vorderſchaft von Vitali vor, und werden vergleichende Versuche desselben mit dem Vorschlag Bertoldo bei den Truppen vorgenommen. Ein verbessertes Pulver nach der Qualität des Pulvers der Fabrik Rottweil Hamburg 75 Salpeter, 15 Kohle, 10 Schwefel von innigerer Mischung, gröberem Korn (eben 0,4 bis 0,7 mm) , größerer Dichte (eben 1,66 bis 1,7), polirt mit Graphit , geringerer Staubteleranz wird gefertigt , um eine Anfangs geschwindigkeit von 440 bis 452 m gegen die jetzige von 434 bis 446 m zu erhalten. Niederlande. Die verschiedenen Aenderungen an den Waffen seit den Jahresberichten 1874 Seite 639 und 1875 Seite 422 bedingen die nachstehende übersichtliche Zuſammen stellung der Maße und Gewichte. Das kleinkalibrige Infanterie gewehr M/70/79 (Syſtem de Beaumont) . Lauf: Kaliber 11 mm ; Länge 832 mm , des gezogenen Theils 775 mm . Vier

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den Feldern gleich breite (4,32 mm) 0,3 mm tiefe Züge von 750 mm Dralllänge (68,2 Kaliber oder 2 ° 38 ') . Das Quadrantenviſir nach der Construction des Hauptmanns In de Betou hat eine Distancetheilung von 100 bis 1800 m mit Ünterabtheilungen von je 50 m bis zur Distance 700 m. Die niedergelassene Visirklappe giebt das Standvisir für 100 m. Da dieses Standvisir nicht für zweckmäßig erachtet wurde , hat die Commiſſion der Normal-Schießschule ein Standvisir von 350 m vorgeschlagen , die Reglement - Prüfungscommission ein solches von 250 m, das nur geringe Aenderungen des bestehenden Visirs bedingt. Letzteres wird nunmehr an 500 aptirten Gewehren bei einem Infanterie - Regiment geprüft, insbesondere die Solidität und Zweckmäßigkeit eines angebrachten Schiebers zum Stellen des Standvisirs. Länge und Gewicht der Waffe mit resp. ohne Bajonnet 1,832 resp . 1,32 m und 4,8 resp. 4,415 kg. Die flaschenförmig gezogene Patronenhülfe von Messingblech mit verstärktem Boden, in deſſen eingeprägter Kammer ein Zündhütchen und ein dreieckiger Ambos mit Stiel im Zündloch eingesetzt sind , wiegt 12,5 g , faßt 5 g Pulver Nr. 2 (75 Salpeter, 11 bis 13 Schwefel, 12 bis 14 Kohle). Das Hartbleigeschoß ( 22 Blei, 1 Zinn , Kaliber 11,6 mm , Länge 27 mm, Gewicht 25 g) nach der Construction von Hauptmann Harsveldt hat hinten eine 4 mm breite Nuthe zur Fettung (4 Talg , 1 gelbes Wachs) und ist durch ein Filzscheibchen von der Ladung getrennt. Die Patrone wiegt 42,5 g bei der Länge von 68 mm. Das Ostindische kleinkalibrige Infanteriegewehr M/73 (Syſtem de Beaumont) unterscheidet sich von M/70/79 durch die Visirtheilung von 250 bis 1200 Schritt zu 0,63 m. Die Patrone wiegt 40 g und ist 63 mm lang. Geschoß : Kaliber 11,7 mm, Länge 23,7 mm, Gewicht 21,8 g. Ladung 4,25 g. Anfangsgeschwindigkeit 417 m. Das kleinkalibrige Marinegewehr M/73 ( System Beaumont) unter scheidet sich von Vorstehendem nur durch ein Gewicht mit und ohne Säbel Bajonnet von 5,03 resp . 4,34 kg und die Länge mit Bajonnet von 1,890 m. Der Cavalleriecarabiner M/70 (System Remington) vom Kaliber 11 mm, der Lauf von 535 mm Länge (478 mm des gezogenen Theils) , hat vier den Feldern gleich breite (4,32 mm) 0,3 mm tiefe Züge mit einer Dralllänge von 550 mm (50 Kaliber oder 3 ° 36') . Das Quadrantenvisir hat eine Distance= theilung bis 600 Schritt zu 0,75 m. Der Carabiner wiegt 3,25 kg bei 915 mm Länge. Die Patrone ist diejenige des Ostindischen Infanteriegewehrs M/73 . Der Sappeurcarabiner M/70 (System Remington) ist derselbe wie der Cavalleriecarabiner , wiegt mit Bajonnet 3,6 kg und ist 1,43 m lang. Der Revolver M/73 (System Chamelot- Delvigne) vom Kaliber 9,4 mm ist sechsschüssig, wiegt 1,3 kg und ist 280 mm lang , mit einem Viſirschuß auf 30 m. Die Patrone ist 31 mm lang und 16,4 g schwer. Das Geschoß ( 10 mm Kaliber, 18,5 mm lang , 12,2 g schwer) hat eine abgeflachte Spitze und eine Cannelirung. Geschoß und Ladung (0.6 g feines Pulver) trennt in der Hülse (3 g) eine Fettscheibe zwischen zwei Cartonscheiben. Das Beaumontgewehr wurde versuchsweise nach dem Repetirſyſtem Kropatſchek mit einem Magazin für 9 Patronen aptirt. Defterreich-Angarn. Die im Bericht über die Handfeuerwaffen 1879-1881 Seite 516 erwähnte, in der Durchführung begriffene Äptirung der Waffe M/67 und M/ 73 mit Werndl

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Verschluß für die verstärkte Infanteriepatrone M/77 ist beendet worden , so daß ſeit 1883 die einheitliche Bewaffnung der Oesterreichiſch-Ungarischen Armee voll zogen ist. Die Unterschiede beider Patronen M/67 und M/77 sind folgende : Patrone M/67 : 32,63 g und 60,4 mm lang ; M/77 : 42,4 g und 74 mm lang ; Hülse : M/67 mit hohlem Rand für nur 4 g Ladung , 8,08 g schwer , 41,3 mm lang ; M/77 aus Messing_mit maſſivem Rand für 5 g Pulver 12,35 g und 58 mm ; Geschoß M/67 : 20,3 g schwer, 11,3 mm Kaliber , 22,9 mm lang ; M/77 : 24 g schwer, 11 resp . 27 mm. Die Bewaffnung der Desterreichischen Gendarmerie mit dem Repetirgewehr M/70 nach der Construction von Fruhwirth wurde als nicht mehr kriegsbrauchbar ersetzt durch das kriegsbewährte Repetirsystem des Oesterreichischen Artillerie Obersten Ritter v. Kropatschek, mit welchem seit 1878 auch die Französische Marine-Infanterie bewaffnet ist. Die Ungarische Gendarmerie erhielt 5000 der= artiger Gewehre, die Gendarmerie Bosniens 2000 Stück. Der Repetirmechanismus *) iſt derjenige des Französischen fusil M/78 marine système Gras-Kropatschek modifié - siehe Jahresbericht 1878 Seite 351. Der löffelförmige Zubringer mit vorderer Nase als Magazinsperre ist in dem leichten Messinggehäuſe um die Achse hinten in seiner Stielplatte drehbar. Durch Anstoß des vorderen Endes der Führungsnuthe des Verschlußkopfes für den Abzugsfederstollen an die hintere Nase des Zubringerstieles , den Anschlag , hebt sich beim Oeffnen der Waffe der Löffel mit der aus dem Magazin getretenen Patrone hinter den Laufmund. Die ausgezogene leere Hülse wird, da diese Be wegung durch die Zubringerfeder schnellend erfolgt, ausgeworfen , durch Anstoßen ihres Randes an die Auswerfnaſe über dem Drehachsenlager des Zubringerſtiels . Beim Schließen der Waffe schiebt der Verschlußkopf die Patrone in den Lauf und beim Umlegen der Kammer zum festen Verschluß drückt dessen Leitschiene auf den am Zubringer rechts vertical gestellten Senkhebel, so daß er sich durch die Zu bringerfeder schnellend senkt. Bei dieser Bewegung wird der Magazinschließer, ein zweiarmiger Hebel mit Sperrnase und Feder, auf dem Boden des Gehäuses be festigt, einen Moment mit gesenkt , so daß eine neue Patrone in den Zubringer aus dem nun offenen Magazin treten kann , die folgende aber durch den sofort sich wieder hebenden Schließer im Magazin fixirt wird : die Waffe fungirt als Repetirgewehr. Wird bei gehobenem Zubringer der Senkhebel nach vorwärts um gelegt, so berührt ihn die Kammerleitschiene beim Umlegen nicht : die Waffe fungirt als Einlader. Das Füllen des Magazins erfolgt bei geöffnetem Verschluß und gesenktem Zubringer und ist für sehr kräftige Finger etwas unbequem. Der Verschlußmechanismus ist eine gelungene Combination der Deutschen Construction M/71 mit der Französischen M/74. Der Verschlußkopf: ohne Leitschiene mit Auszieher M/74 von hinten eingeschoben; mit Mitnehmernase ; vertieftem Patronenbodenlager; seitlicher Nuthe für die Halteschraube M/74 in der rechten Gehäuſewand ; unterer Nuthe für den Abzugfederstollen, vorn mit Schliß für die Auswerfnaſe des Zubringerſtiels. Die Kammer mit Leitſchiene M/71 und Mitnehmereinschnitt, umgebogener Handhabe , seitlicher Nuthe für die Halte schraube, unterer Nuthe für den Abzugsfederſtollen , hinterer dreieckiger Ausfräſung für den Ansatz des Schlößchens. *) Instruction über das Repetirgewehr System Kropatschel.

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Das Schlößchen M/71 mit Leitschiene, Raſt und Nuthe für den Abzugs federstollen und entsprechender Bohrung für den Tförmigen Hals der Schlag bolzenmutter. Der Schlagbolzen ist mit seiner Mutter durch Kopf und Einschnitt verbunden, jedoch so, daß sich die Mutter um den Schlagbolzen drehen kann. Zu dem Ende hat sie eine flache Handhabe mit Fischhaut, in deren vor derem schmalen Ende eine flache Feder mit Warze lagert. Beim Drehen der Handhabe der Schlagbolzenmutter nach rechts um 180° zum Sichern der gespannten Waffe, tritt die Warze der Feder in einen Ausschnitt der hinteren Fläche des Schlößchens rechts ihrer Leitschiene. Eine Warze auf dem Cylinder der Mutter rechts der Handhabe tritt bei dieser Drehung rechts in eine schräg nach hinten verlaufende Nuthe im Kreuztheil des Verschlußgehäuſes zur Firirung der Sicherung und Aufnahme des ſeither auf den Abzugsfederftollen durch die Naſt des Schlößchens ausgeübten Drucks. Der Lauf ist der des Oesterreichischen Extracorps- Gewehrs : Kaliber 11 mm, Länge 566 mm, 6 3üge : 0,18 mm tief, 3,84 mm breit, Drall auf 528 mm = 48 Kaliber. Treppenvisir bis 600 Schritt, Leitervisir bis 1400 Schritt. Der Lauf ist mit dem Schaft durch Kappe und einen Ring verbunden . Der Schaft hat am Angriffspunkt der linken Hand im Anſchlag links und rechts Längen nuthen für das Einlegen der Finger zum Schutz gegen den erhitzten Lauf. Der aus drei Theilen zuſammenzusetzende Entladestock ist in einer Bohrung. der unteren Kolbenfläche eingeschoben und durch eine Klappe im Kolbenblech ver schlossen. Die Patrone ist die Oesterreichiſche Cavalleriepatrone M/77 , 33,8 g schwer, 53 mm lang. Geschoß 24 g, 11 mm Kaliber, 27 mm lang. Ladung 2,6 g. Die Waffe kann Patronen aufnehmen : 6 im Magazin , 1 im Zubringer, 1 im Lauf, in Summa 8 Patronen . Mit resp. ohne Degenbajonnet ist das Gendarmeriegewehr 1515 resp . 1040 mm lang und 4000 resp . 3500 g schwer. Zur Klärung der Frage der Repetirgewehre sind die Versuche des Militär comités noch nicht abeschlossen. Insbesondere wurde eine Verbesserung des Kropatschek- Gewehres vom Waffenfabricanten Gaffer in Wien der Prüfung unter zogen und 10 solcher aptirter Gewehre der Armee- Schützen- Schule zur weiteren Prüfung der Kriegsbrauchbarkeit übergeben. Als wesentlichste Constructionsänderung hat Gaffer, wie Winchester an dem Henry- Gewehr, rechts eine verschließbare Ladeklappe angebracht, um ohne Senken des Zubringers dem Magazin Patronen zuführen zu können ; die leichtere Lade weise wurde indeß durch verminderte Feuergeschwindigkeit als Einlader erkauft. Das Geschoßfett streift sich zu leicht beim Füllen ab und sammelt sich so an, daß dadurch die Kriegsbrauchbarkeit in Frage gestellt wird , daher von weiterer Er probung abgesehen wurde. Außer den Repetirgewehren mit eigenem Magazin wurden auch die ver= schiedensten Constructionen von anhängbaren Magazinen an Einlader versucht, ohne bis jetzt zu einem endgültigen Resultat gekommen zu ſein.

Schweden- Norwegen. Das auf Antrag der Schwedisch-Norwegischen Gewehr- Prüfungscommiſſion (siehe Jahresberichte 1879-81 .519) durch Cabinets - Ordre vom 28. März 1881 in Schweden und Norwegen adoptirte Repetirgewehr M/80 System Jarmann *) *) Norsk militaert tidskrift, 1881 , 3. Heft.

Revue d'Artillerie, 1883, 1. Heft.

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wird in der Gewehrfabrik Eskilstuna mit Läufen aus Schwediſchem Stahl an gefertigt. Da diese Fabrik nur 50 Arbeiter beschäftigen soll , wird die Durch führung der Neubewaffnung wohl viele Jahre in Anspruch nehmen. Der Verschlußmechanismus ist eine Combination der Cylinderverschlüsse von Vetterli und Mauser. Der Repetitionsmechanismus ist analog der Kropatſchek schen Construction mit muldenförmigem Zubringer und Magazin unter dem Vorderschaft ; er unterscheidet sich wesentlich dadurch, daß das Heben der Patrone beim Schließen der Waffe erfolgt. Der Verschluß besteht aus der längeren Kammer mit Schlagbolzen und Spiralfeder in ihrer Bohrung, dem Auszieher außerhalb , dem Schlößchen von Mauser und dazwischen der kurzen Nuß mit Handhabe von Vetterli. Der durch sein umgekehrt Tförmiges hinteres Ende auf den Verschluß cylinder, die Kammer, aufgeschobene Auszieher dient demselben zugleich als Leit schiene zur Führung im Längenschlitz des Verschlußgehäuses ; seine vordere obere Warze begrenzt das Zurückziehen des Verschlusses beim Oeffnen durch federndes Anstoßen an eine Verstärkung des Verschlußgehäuses , wobei zugleich die aus gezogene leere Patronenhülse auf dem Boden des gehobenen Zubringers zurück gleitet und nach oben ausgeworfen wird. Eine untere Warze vorn am Aus zieher ruht in einem cylindrischen Lager der Kammer. Eine Warze am Teller des Schlagbolzens führt sich in einer entsprechenden rechtsseitigen Nuthe der Kammerbohrung , so daß er nur vor und zurückbeweg lich ist. Die auf ihn geschobene Spiralfeder wird in der Bohrung firirt durch den in dieselbe eingeschobenen dünneren Zapfen der auf den Schlagbolzenschaft aufgeschobenen Nuß , welche selbst firirt wird durch das auf das Schlagbolzen= ende aufgeschraubte Schlößchen, das zugleich also Schlagbolzenmutter ist . Eine Schiene mit Spann- und Sicherheitsrast gegenüber der Leitschiene des Schlößchens führt sich in einer Nuthe auf der Sohle des Verschlußgehäuſes, so daß das Schlößchen nur vor- und zurückbeweglich ist. Ein Ansatz der Nuß gegenüber ihrer Handhabe führt sich auch in dieser Nuthe, welche an ihrem Ende links schraubengangartig aufwärts gewandt ist , um die Nuß zum Spannen der Spiralfeder und zum festen Verschlußz rechts drehen zu können, zu welchem Ende auch die Gehäusewand rechts hinter der Patroneneinlage, dem Fuß der Nußhand habe entsprechend , ausgeschnitten ist. Hierbei wirken die schraubenförmigen Flächen des dreieckigen Ansatzes , der Nuß und des ebensolchen Ausschnittes des Schlößchens preffend aufeinander zum Zurückweichen des vor- und rückwärts beweglichen Schlößchens mit dem Schlagbolzen , das ist zum Zusammenpressen, Spannen der Spiralfeder zwischen Schlagbolzenteller und Nußzapfen. Bei diesem Drehen löst sich die Mitnehmerverbindung von Nuß und Kammer, die sich beim Aufstellen der Handhabe zum Deffnen wiederherstellt zum Zurückziehen des ganzen Verschlusses. Der muldenartige , halbeylinderförmige Zubringer mit Nase am vorderen Ende ist um seine in der Gehäusesohle lagernde Achse am hinteren Ende seiner Stielplatte drehbar. Die gabelförmige, auf Anfäßen der Stielplatte ruhende Zubringerfeder wirkt stets auf schnellendes Senken des Zubringers . Sobald beim Deffnen der Waffe der Einschnitt unten am vorderen Ende der Stielplatte, den Anschlag, gelangt, schnellt der Zubringer abwärts ; der Anschlag tritt in den Einschnitt der Kammer ; die seither durch die Zubringernase im Magazin firirte nächste Patrone wird durch die Wirkung der Magazin- Spiral feder auf den Löffel geschoben. Ein Stift rechts an jener Nase trifft am Ende der Senkbewegung des Zubringers den kurzen Arm eines zweiarmigen Hebels - der Patronensperre an der Magazinöffnung —, durch dessen Drehung ein

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Haken in diese hervortritt , der die nächste Patrone im Magazin fixirt. Die Kammer ist auf ihrer unteren Fläche gegenüber dem Auszieher und hinter dem Einschnitt für den in die Gehäusebahn hereinragenden Anschlag des Zubringers abgeplattet. Beim Vorschieben des Verschlusses zum Schließen drückt die untere Abflachung der Kammer auf den Anschlag , die Kraft des federnden Zubringers überwindend , so daß sich derselbe mit der Patrone hinter den Laufmund hebt. Der halbeylinderförmige Zubringer verschließt hierbei seinen Ausschnitt im Ver schlußgehäuse vollständig. Während dieser Bewegung wird durch Drehung der Patronensperre die Magazinöffnung frei , so daß die nächste Patrone zur An lehnung bis an die Zubringernaſe zurückgeschoben wird. An der linken Gehäuſe seite ist ein Magazinschließer, Schraube mit Handhabe drehbar ; sobald diese nach hinten steht , tritt ein Zapfen der Schraube in einen Ausschnitt des Zubringers und firirt diesen. Die Handhabung der Mechanismen ist also wie folgt: 1) Aufstellen der Nußhandhabe : Zurückweichen des Schlößchens , Spannen der Spiralfeder; etwas Zurückweichen der Nuß und der Kammer durch Herstellung ihrer Mitnehmerverbindung mit der Nuß : Lockern der Patronenhülse im Lauf. Zurückziehen des Verschlusses : Ausziehen , Zurückgleiten der Hülse auf den Zu bringerboden und Auswerfen ; schnellendes Senken des Zubringers an den Magazin mund zur Aufnahme einer Patrone. 2) Vorschieben des Verschlusses : Heben des geladenen Zubringers ; Ein schieben der Patrone in den Lauf. Umlegen der Nußhandhabe , damit etwas Vorschieben der Kammer bei firirtem Schlößchen am Abzugsfederſtollen : Leztes Spannen und Firiren der gespannten Spiralfeder, Vortreten der nächsten Patrone an die Zubringernaſe. Das Füllen des Magazins mit den acht Patronen bei geöffnetem Verschluß, also auch gesenktem Zubringer, iſt unbequem, alſo zeitraubend. Der Lauf aus Schwedischem Gußstahl von Kaliber 10,15 mm ist 850 mm lang mit einem Drall von 55 Kalibern und einer Dralllänge von 560 mm. Die Backen des Quadrantenviſirs enthalten auf ihrer Peripherie die Diſtance einschnitte, um welche sich die drehbare Visirklappe mit Kimme feſtſtellen läßt . Für die Entfernungen von 1600 bis 2300 m wird ein Stift am Ende der Klappe lintsseitig herausgezogen , an dessen Ende die Kimme angebracht ist, und das Korn an der linken Seite des Mittelringes dann benut. Der Entladestock besteht aus zwei Theilen : der eine (dünnere) Theil ist links zwischen Lauf und Magazin angebracht , sein Gewinde in den Oberring eingeschraubt ; der andere (stärkere) Theil ruht in einer Bohrung des Kolbens und ist in das Kolbenblech eingeschraubt. Die Waffe wiegt 4,42 kg. Die Patrone ist 80 mm lang , Ladung 4,46 g (4,6 g) , Geschoß 21,85 g, Metallbelastung des Querschnitts 0,270 g Blei per qmm, Ladungsquotient 0,2 g Pulver pro 1 g Blei. Anfangsgeschwindigkeit 467 m nach Hankar , nach der Revue d'Artillerie : v , 487 m , V200 = 400 m, V1400 = 180 mm, V2600 -- 80 m, V2800 ― 130 m (lettere angeblich durch die bedeutende Scheitelhöhe wieder in der Weise beschleunigt). In Concurrenz mit dem Jarmanngewehr waren : die Repetirgewehre mit Magazin: im Vorderschaft: System Kropatschek und Krag I ; am Mechanismus : System Krag II ; die Einlader mit anhängbarem Magazin : System Lee und Jarmann.

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Schweiz. Eine wesentliche Aenderung hat in der Bewaffnung der Schweizerischen Infanterie stattgefunden durch Wegfall des Stußens M/71 (siehe Jahresberichte 1879-1881 S. 520) für die Schützen. Nach Bundesrathsbeschluß vom 22. März 1881 tritt vom Jahre 1882 ab an deffen Stelle der Stußen M/81 . Deffen Construction ist gleich derjenigen des Infanteriegewehrs M/1878 (Syſtem Vetterli) , der Waffe der Füsiliere , jedoch mit Stecher nach der Construction des Directors der Eidgenössischen Waffenfabrik zu Bern, Oberstlieutenant R. Schmidt, dem bewährten und vielseitigen Waffentechniker der Schweiz. Ohne Beiwaffe und Zugehör besteht die Waffe aus 68 Theilen (zur Fabrication) , wiegt 4,7 kg und hat ein Abzugsgewicht ohne Benutzung des Stechers normal von 2,5 kg (im Maximum 3, im Minimum 2 kg) , mit Benutzung etwa ein Zehntel dieser Gewichte. Um der Schweizerischen Infanterie das Fernfeuer, auf welches in der neuen Infanterietaktik großes Gewicht gelegt wird , auf weitere Distancen als seither (1200 m) zu ermöglichen, wurde nach dem Bundesrathsbeschluß vom 1. November 1881 ein neues Visir M/81 mit Grenzstift bei 1250 m und Verlängerungs schieber mit Visirkimme und Schieberfeder nach der Construction von Oberſt lieutenant R. Schmidt angenommen. Für die Distancen bis 1250 m bleibt der Verlängerungsschieber des Visirblattes eingeschoben , und wird nur deſſen Visir kimme, diese also ohne möglichen Irrthum für alle Distancen , benutzt. Die Visirtheilung ist auf der linken Backenfläche des halbkreisförmigen Viſirfußes gravirt. Für die Distancen von 1300 bis einschließlich 1600 m befindet sich die Visirtheilung auf dem hervorzuziehenden Verlängerungsschieber. Die im Jahresberichte 1879-1881 G. 521 mit der Patrone M/79 an= gegebenen Visirgrößen sind endgültig wie nachstehend festgestellt worden. Visir winkel in /00, Visirhöhen in mm, senkrecht über der Laufachse auf 825 mm vom Korn.

hm : 0/00: mm : hm: /00: mm :

2,25 13,44 26,5 9 53,43 59,5

2,5 14,52 27,4 10 61,64 66,2

3 16,77 29,2 11 70,58 73,6

4 21,58 33,2 12 80,29 81,6

5 7 8 6 26,86 32,65 38,98 45,89 53,2 47,5 37,5 42,3 13 14 15 16 90,83 102,27 114,66 128,08 90,3 99,7 110,00 121,00

Außer diesen beiden hauptsächlichsten Neuerungen ist hervorzuheben : „ das neue Broncirverfahren " mit Einwirkung von Dampfapparaten , womit eine dunklere Orydschicht von beträchtlich vermehrter Haltbarkeit erreicht wird , daher auch die Ausdehnung dieses Broncirens neben Lauf und Verschlußkaften auf sämmtliche bisher bloß " blauangelaffenen " Garniturtheile. Durch Bundesrathsbeschluß vom 5. Mai und 25. November 1882 wurde ein Revolver M/82 als Ordonnanz für unberittene Offiziere , ein kleineres und leichteres Modell nach der Construction des Oberstlieutenant R. Schmidt adoptirt. Der Revolver ist sechsschüssig , vom Kaliber 7,5 mm , hat vier 0,2 mm tiefe, 3 mm breite Züge von concentrischem Grunde mit einer Dralllänge von 430 mm, eine Gesammtlänge von 235 mm und Normalgewicht von 750 g. Die Patrone ift 35 mm lang und 11 g schwer , Messinghülse mit Centralzündung 3,22 g; Ladung Schweizer Pulver Nr. 1 : 0,7 g, Hartbleigeschoß mit gefetteter Papier umhüllung 7,08 g.

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Der Revolver M/82 ( System Schmidt) ist eine Vervollkommnung der Schweizerischen Modelle 1872 und 1878 unter Anwendung kleineren Kalibers (7,5 gegen 10,4 mm) und Mitbenutzung der Hahnausschaltung nach Abadie, durch welche das Drehen des Ladecylinders (Trommel) zum Laden sowie zum Ausstoßen der Hülsen und Patronen durch einen Druck am Abzug - ſtatt Drehen mit der Hand- erfolgt. Eine Gefahr der zufälligen Explosion einer Patrone ist ausgeschlossen , da nur bei geöffneter Ladeklappe das Laden oder Ausstoßen möglich ist , dabei aber der Hahn nicht gespannt werden , also auch nicht zur Zündung verschlagen kann. Sämmtliche Zubehörtheile werden in einem hohlen Messingheft vereinigt. Um die Revolver als Schießwaffe mehr ausnutzen zu können , hat Oberst lieutenant Schmidt die Tragtasche des Revolvers als sogenannte Anschlagtasche construirt, so daß dieselbe als Kolben am Revolver zum Schießen befestigt werden kann. Die Trefffähigkeit erlaubt den Gebrauch des Revolvers bis zu 120, ſelbſt 150 m. Serbien. Dem Jahresbericht 1879-1881 S. 519 über das Serbische Infanterie gewehr M/78, Einladersystem Mauser - Milovanovic, sind nach dem Journal militaire officiel serbe noch nachstehende Detailangaben nachzutragen : Der Lauf des Kalibers , 10,15 mm, hat vier von rechts über oben nach links ver laufende Züge mit einem Drall auf 550 mm ; die Gußſtahlläufe sind von der bewährten Firma Simson & Luck in Suhl geliefert. Das Visir mit Distance- Eintheilung bis 2700 Schritt (zu 75 cm) gleich Der Verschluß besteht 2025 m ist zur Correctur der Deviation eingerichtet. nur aus zehn Theilen (siehe Jahresbericht 1879-1881 ). Die Waffe ist ohne Bajonnet 1295 mm lang und 4,5 kg schwer. Die Patrone ist 39,3 g schwer , das Geschoß von Hartblei (93 Blei, 7 Zinn) , wiegt 22,1 g , die Ladung 4,8 g. Die Metallbelastung des Ge schosses ist 0,311 g Blei auf den qmm des Querschnitts , der Ladungs quotient 0,217 g Pulver auf 1 g Blei. Die Anfangsgeschwindigkeit ist 512 m. Der Visirschuß liegt auf 400 Schritt bei einer Scheitelhöhe von 69 cm. Die Marimalschußweite ist 3250 m , woselbst das Geschoß noch 20 cm tief in harte Erde eindringt.

Spanien. Die Handfeuerwaffen Spaniens gehören sämmtlich dem Kaliber 11 mm an (Minimum 11,0, Maximum 11,2 mm). Die Infanterie ist mit dem Gewehr M/71 , die Cavallerie mit dem Cara biner M/71 , die Genietruppe mit der Büchse (mousqueton) M/74, sämmtlich mit dem Hahnverschluß- System Remington , bewaffnet. Der noch reglementare Revolver M/63 gehört dem alten System Lefaucheux an. Das Infanteriegewehr M/71 ist in der Waffenfabrik Oviedo mit Deutschen Gußstahlläufen aus der Gußſtahlfabrik Witten an der Ruhr angefertigt worden. Die wesentlichsten Constructionsdetails siehe Jahresberichte von 1879 6. 647 und 633. In den Händen der Truppen befindet sich noch ein Gewehr Americanischer Herkunft und Construction , welches in Nachstehendem wesentlich von ersterem abweicht :

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Militärische Jahresberichte für 1883. Americanisches Spanisches Gewehr 892 mm 940 mm Länge des Laufs • 5 6 Zahl der Züge 0,2 = 0,15 = Tiefe der Züge = 872 = 824 Länge des gezogenen Theils = 1824 Länge des Gewehrs mit Bajonnet 1861 = = = = 1315 = 1278 ohne 4600 g Gewicht des Gewehrs mit Bajonnet 4475 g = = = 4075 = = 4200 = ohne

Die Construction des Americanischen Verschlußmechanismus unterscheidet sich dadurch von dem Spanischen , daß in dem Obturatorhahn , hinter der Bohrung für die Drehachse, ein zweiarmiger gerader Hebel eingesetzt ist, dessen obere Spitze von unten in einen Einschnitt des Schlagstiftes eingreift. Der beim Abfeuern durch den Hahn vorgestoßene Schlagstift wird beim Oeffnen durch jenen Hebel in ſein Lager zurückgeschoben , so daß die Schlagstiftſpite hinter die Stoßboden fläche des Obturators tritt. Für das Gewehr M/71 ist ein neues Bajonnet aus Gußstahl von Trubia ――― nur Bajonnetring von Eisen von 378 g Gewicht und 622 mm Länge vorgesehen. Außerdem werden wichtige Veränderungen von der 99 Junta Superior Facultativa de Artilleria" studirt, welche dann den Spanischen Einlader den besten Constructionen dieser Waffe zur Seite erheben werden ; sie betreffen besonders veränderte Construction des Ausziehers , erweiterte Eintheilung des Treppen- und Leitervisirs bis 1400 m, vermehrtes Gewicht der Waffe zur Ver minderung der Rückstoßgeschwindigkeit bei erhöhter Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses. Der Carabiner M/71 hat eine Lauflänge von 588 mm und eine Länge des gezogenen Theils von 520 mm ; Länge der Waffe 963 mm bei 3,275 kg Gewicht. Die Visireintheilung reicht bis 600 m . Die Büchse M/74 mit resp. ohne Bajonnet 3,795 resp. 3,449 kg bei einer Länge von 1,363 resp . 0,963 m. Der Revolver M/63 ist 235 mm lang und 750 g schwer. Laden und Entladen ist sehr umständlich und langſam. Die Patrone des Gewehrs M/71 ist 76 mm, das Geschoß 28 mm lang ; die seit 1880 innerlich gefirnißte Hülje wiegt 10,1 g, das Geschoß 25,1 g, die Ladung 5 g (75 Salpeter , 12,5 Schwefel , 12,5 Kohle) , die Patrone 40,2 g. Die Geschoß - Anfangsgeschwindigkeit ist 410 bis 420 m, die des Americanischen Gewehrs etwas geringer. Versuche sind im Gange mit einem neuen Pulver aus der Fabrik Granada von geringerer Körnergröße (etwa 0,5 mm) , geringerer Dichte, einem Mengungsverhältniß von 75 Salpeter, 10 Schwefel und 15 Kohle, welches dem Geschoß eine Anfangsgeschwindigkeit von 450 m ertheilt. Die Patrone für den Carabiner M/71 und die Büchse M/74 hat die Hülse der Gewehrpatrone, aber nur eine Ladung von 4 g. Pulver und Geschoß Die Anfangs trennt eine stärkere Fettscheibe als die der Gewehrpatrone. geschwindigkeit des Geschosses ist 360 m, diejenige mit dem Pulver von Granada 391 m. Die Verpackung der Patronen erfolgt in Packeten zu 10 Stück.

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Der Revolver Lefaucheur schießt ein Geschoß von 11,46 g mit 1 g Pulver mit einer Geschwindigkeit von 140 m auf 12,5 von der Mündung. Praktische Schußweite 30 m. Behufs Ersatz desbestehenden Revolvers finden Versuche der Junta Superior Facultativa de Artilleria statt mit den Systemen des Spanischen Artillerie lieutenants Pinal und des Lieutenants Jbarra, welche in den Waffenfabriken zu Orbea und Eibar angefertigt wurden ; ferner mit dem Englischen System Smith und Wesson. Auch die mit dieser Frage in engem Zusammenhang stehende Frage der Repetirgewehre wird insbesondere mit den Systemen Kropatschek, Lee, Winchester und Evans , neuerdings mit dem System des Spanischen Hauptmanns Mata studirt. Die Versuche befinden sich indeß noch in dem Concurrenzstadium, so daß einer bestimmten Construction mit praktischen Masseversuchen noch nicht nähergetreten werden konnte.

II. Die Munition der Handfeuerwaffen . Bezüglich des Geschoßmaterials liegen neue Vorschläge nach den Patenten von Bischoff und Major Mieg vor zur Verwendung von Wolfram (specifisches Gewicht 15,6 bis 18,26, hart, spröde, an der Luft unveränderlich) . Gepanzerte Geschosse aus Weichblei mit einem Mantel von dünnem Kupferblech nach dem Vorschlag des Oberstlieutenant Bode der Königlich Preußischen Artillerie Prüfungscommission wurden in der Schweiz durch Major Rubin praktisch versucht (siehe unten) . Zur Erhöhung der Lagerungsfähigkeit der Patronen werden jetzt allgemein die Hülsen innen lackirt, um der Zersetzung des Pulvers und des Hülsenmaterials vorzubeugen. Zur raschen Auffrischung der Kriegsmunition versucht Italien leichtere Hülsen für nur einmaligen Gebrauch. Nach Mittheilung der militärischen Tagesliteratur soll ein neues, verbeffertes Pulver nach Französischem Syſtem für Deutschland in Versuch begriffen sein. Pulver von hoher Wirkungsfähigkeit fertigt die durch hervorragende Leiſtungen ausgezeichnete Fabrik Rottweil , deren neueste Versuche indeß noch nicht zum völligen Abschluß gekommen sind. Durch die Versuche mit Gewehren kleinsten Kalibers von Professor Hebler in Bern und Major Rubin in Thun (siehe unten) angeregt , richtet die Pulverfabrication eben ihr Augenmerk auf die schon früher angestrebte Herstellung von Ladungen für die Handfeuerwaffen aus zu einem Korn comprimirtem Pulver. Im Jahresberichte 1879-1881 S. 522 wurde schon das Bestreben May höfers erwähnt, die schwere und theuere Metallpatronenhülfe, welche dem Pulver keine genügende Lagerungsfähigkeit gewährt und die Munitionsausrüstung des Mannes beeinträchtigt, durch eine Papierpatrone zu ersetzen. Die Nothwendigkeit des Uebergangs zum Repetirgewehr will Mayhöfer durch Erhöhung der Gesammtwirkung des Deutschen Einladers M/71 vermeiden, und zwar durch Einführung einer Papier- Mantelpatrone : eine Einheits patrone für verbessertes Mayhöfer- oder gewöhnliches Pulver mit Hartbleigeschossen. Die Mantelpatrone ist gasdicht durch einen Liderungsboden, der mit dem nächsten Schuß aus dem Laufe entfernt wird (bedenklich für die Präcision) ; ferner wasser dicht, billig und leicht (30 g gegen 42 g der Ordonnanzpatrone). Es würde dann der Soldat statt der jetzigen 80 Patronen an Tajchenmunition deren 112 Mantelpatronen , also 32 Schuß mehr, mit sich führen , mithin bei den

368

Militärische Jahresberichte für 1883.

geringen Umänderungskosten des M/71 und den ersparten Metallhülsen bei billigster Munition sich eine höhere Feuerbereitschaft ergäbe , als sie ein neues , kostspieliges Repetirgewehr gewähren könnte. Die ganz mit Papier umhüllten Geschosse würden leichter in die Züge übergeführt und Beschädigungen der Röhre durch Aufbauchen , wie sie bei Verwendung der nicht ganz umhüllten Geschosse der Ordonnanzmunition von Mayhöfer beobachtet sein wollen, vermieden. Das Mayhöfersche verbesserte schwarze Pulver (gewöhnliches Pulver mit einigen Ingredienzien) soll keine Verschleimung , sondern nur trockenen Staub hinterlassen, weniger Rauch und Knall verursachen und einen geringeren Rückstoß ergeben. Während 5 g Ordonnanzpulver eine Anfangsgeschwindigkeit von 437 m ergeben , will Mayhöfer mit 4 g und seinen Ingredienzien 447 m , bei 5 g 464 m erreichen . Die Mayhöferschen Erfindungen konnten von der Militärbehörde für mili tärische Zwecke bis jetzt nicht verwendbar erachtet werden. Von Jahr zu Jahr tauchen Bestrebungen auf, die schwere gezogene Metall patronenhülse (6 bis 13 g) durch ein leichteres Material von gleich gasdichtem Abschluß im Interesse der erhöhten Munitionsausrüstung , das ist der erhöhten Feuerbereitschaft, zu ersetzen. Gelegentlich der Frage der gasdichten Hinter ladungs-Einheitspatronen für die Transformations- und Uebergangs -Modelle zu den modernen Präcisionswaffen wurde auch eine Einheitspatronenhülſe von gepreßter Pappe für centrale Stiftzündung und Ausziehrand 1866 bei den Desterreichischen Versuchen zur Transformation des Infanteriegewehrs M/54 des Süddeutschen Kalibers 13,9 mm in einen Hinterlader nach E. Lindners dritter Construction praktisch geprüft (siehe v. Plönnies , Neu -Hinterladungs gewehre, S. 79, 88 und 226, Darmstadt, Zernin 1867) . Gewicht des Ge schosses 28,9 g, der Ladung 4 g, der Hülse 4,5 g, der Patrone 37,4 g. Die gegen Feuchtigkeit empfindliche und gegen Deformirung des Ausziehrandes nicht gesicherte Hülse entsprach der Kriegsbrauchbarkeit nicht. Der Gedanke, diesem Material jetzt nach fast 20 Jahren die Aufmerkſam keit wieder zuzuwenden , wäre doch nicht zu ungeheuerlich und der Prüfung würdig , nachdem zufolge Berichten der Tagesblätter Papiermasse als Material für Transportfäffer , für Eisenbahnräder , selbst für Schiffe benußt werden soll und dasselbe auch schon für militärische Ausrüstungsgegenstände — wie Säbel gefunden hat. Natürlich müßten garantirt Verwendung gefunden scheiden für Rußland - Verwendung sein die Festigkeit für den Transport, die Unempfindlichkeit gegen feuchie Lagerung, die nöthige Elaſticität und Festigkeit beim Schuß gegen Gasentweichen durch Reißen der Hülsen , die Festigkeit des Ausziehrandes und seiner Verbindung mit dem Cylinder zum unbedingt sicheren Ausziehen der ganzen Hülse. Wie schon am Schluffe des Jahresberichtes 1879-1881 G. 523 erwähnt, wird die seiner Zeit von Plönnies angeregte Frage der Kartätschpatronen (Neue Studien über die gezogene Feuerwaffe, Zernin, Darmstadt 1861 , 1. Band S. 253, 2. Band S. 313) weiter verfolgt und studirt , um auf den nahen Distancen im Moment der Entscheidung dem gegenwärtigen Ordonnanzeinlader diejenige erhöhte Gesammtwirkung in einer gegebenen Zeit wenigstens annähernd zu bieten, die dem Repetirgewehr in seinem Magazin, dem Gelegenheits -Repetir gewehr, das ist dem modernen Einlader, in einem angehängten mobilen Magazin für diese Momente gewährleistet ist. Selbstverständlich ist diese Schnellfeuer Munition nur neben der Ordonnanzpatrone in angemessener Ausrüstungszahl angestrebt.

Handfeuerwaffen.

369

In den Schießschulen von Ruchard , Châlons und Valbonne wurden Ver suche mit Kartätschpatronen mit zwei Geschoffen von Capitän Delaunay von der Marine-Artillerie auf 100 und 200 m angestellt. Die Geschosse sollen in Gewicht , Kaliber und Form verschieden sein. Auf 100 m waren die Geschoß durchschläge gut zusammengehalten , auf 200 m die Streuung beträchtlicher bei genügender Präciſion und Durchschlagskraft. Die Studien sind dahin gerichtet, die Streuung der zweitheiligen Geſchoſſe auf den kleineren Diſtancen zu ver mehren, auf den größeren zu vermindern . Die Versuche sollen so günſtig aus gefallen sein, daß eine Verwendung auch auf weiteren Distancen mit Erfolg angestrebt werden könne. Die Versuche wurden auch auf Kartätschpatronen mit drei Geschossen aus gedehnt. Von der außerordentlich rührigen und in ihren Leiſtungen anerkannt be währten Deutschen Metallpatronen-Fabrik Lorenz in Karlsruhe in Baden ist neuerdings zum Patent angemeldet eine wirklich kunstvoll einfache Zielübungs Patrone für das Gewehr M/71 . Die Zielpatrone hat das Gewicht der scharfen Patrone und gestattet, im Zimmer und Hof u. s. w. Schießübungen mit dem geringsten Kostenaufwand auszuführen.

III. Das Vorbereitungsstadium des Uebergangs zur demnächßtigen Neubewaffnung der Infanterie. Die hohe ballistische und technische Leistung der schnell und fernfeuernden modernen Ordonnanz- Präciſionswaffen des kleinen Kalibers beruht auf deren bedeutenden Feuerbereitschaft und bedeutenden Feuerwirkung , und zwar sowohl der Einzelwirkung , das ist die Leistung des einzelnen Schuffes , als auch der Gesammtwirkung , die Leistung einer rasch aufeinander folgenden Serie von Schüffen in einer gegebenen Zeit für die Momente der Entscheidung des Gefechts . Die bedeutende Einzelwirkung , in erster Linie basirt auf der Rasanz der Bahn und der Durchschlagskraft des Geschoffes, wurde durch den Uebergang zum fleinen Kaliber erreicht , womit zugleich die erhöhte Feuerbereitschaft gewonnen ist , durch die in der zulässigen Maximalbelastung des Mannes mit Taschen munition enthaltene größere Patronenzahl. In zweiter Linie war erst die Präcision zu betonen , denn was nußt es, stets sicher einen Punkt des Gegners zu treffen bei bekannter Distance , aber diese ebenso sicher zu verfehlen , wenn derselbe einige Meter weiter vor oder zurück steht. Die Rasanz wirkt aus gleichend bei tiefem Ziele und unrichtig geschäßter Diſtance und unrichtigem Gebrauche der Kriegs - Feuerwaffen , " von denen auch heute noch angenommen werden kann, daß sie im Kriege, wenn sich der Schüße als Scheibe fühlt, meist nur in ungefähr horizontaler Richtung , fast ohne Rücksicht auf Diſtancen , ab geschossen werden " (v. Plönnies , Deutsches Wehr- und Schüßenwesen). Die bedeutende Gesammtwirkung wurde erreicht durch den Uebergang zu den schnellfeuernden Hinterladern, den Einladern mit Einheits-Metallpatronen, also durch jene in kürzerer Zeit zu verwerthende größere Patronenzahl der Taschen munition und den nachhaltigeren Munitionsersatz. Das Bestreben der noch weiteren Steigerung der Gesammtleistung bei erhöhter Feuerbereitschaft führte zur Construction der potenzirten Schnelllader, der Mehrlader oder Repetirgewehre. 24 Militärische Jahresberichte 1883.

370

Militärische Jahresberichte für 1883 .

Die Lösung wurde seither in zwei Hauptrichtungen erstrebt , einmal durch die Repetirgewehre , Mehrlader mit eigenem Patronenmagazin, die sogenannten Magazingewehre ; dann als Nothbehelf, als Ausgleich für die bestehende Bewaff nung durch die Einrichtung von Gelegenheits - Repetirgewehren , die Ein lader mit gelegentlich anzuhängendem besonderen Patronenmagazin zu versehen. Für erstere liegen kriegsbrauchbare moderne Modelle vor, allerdings vorerst für kleinere Armeen , Schweiz mit dem Repetirsystem Vetterli M/69/78 , oder auch für Specialwaffen , wie Frankreich mit dem im Kriege bewährten Marine Infanterie-Repetirgewehr Gras-Kropatschek M/78 und Norwegen mit dem Marine Infanteriegewehr Krag- Peterson M/77 ; für lettere sind kriegsbrauchbare Con structionen noch nicht endgültig anerkannt. Die Steigerung der Gesammtleistung wurde noch weiter zu lösen versucht für die bestehenden Waffen durch erhöhte Geschoßwirkung für die Entscheidungs momente in der Verwendung von Kartätschpatronen und durch leichteres Ergreifen der Taschenmunition in geeigneterer Construction und Tragweise der Patron taschen , wie unter anderen der zur näheren Prüfung gewürdigte Vorschlag von Hauptmann Bickel , à la suite des Infanterie - Regiments Nr. 117 , Mitglied der Militär-Schießschule. Die Steigerung der Feuergeschwindigkeit findet ihre Grenze in der Erhitzung der Waffe schon nach einer Abgabe von 10 bis 12 Schuß im Schnellfeuer in der Weise, daß der Vortheil der potenzirten Schußbereitschaft der Magazingewehre vermindert wird, durch die in deren Folge bedingte langsamere Handhabung der Waffe. Die Dauer der überlegenen Feuerbereitschaft der Magazingewehre erstreckt sich nur auf die kurze Zeit bis nach Verbrauch der magazinirten Patronen, dann ist weiterhin der Einlader mindeſtens ebenbürtig, wenn nicht überlegen. Die Basis für die Erhöhung der Leiſtung der Gewehre und die Ausnutzung der neuen Waffen in dieser Richtung bildet die Gesammt-Patronenausrüstung und speciell besonders die kriegsmäßig zulässige Patronenausrüstung in der Taschenmunition des Mannes, thunlichst für eine ganze militärische Tagesarbeit, im Maximum vielleicht 120 Patronen. Das angestrebte Bedürfniß der Vermehrung der Munition für die erhöhte Wirkung kann nun erreicht werden durch Erleichterung derselben und führt des halb naturgemäß zu dem neuesten Stadium der technischen Weiterentwickelung der schnell und fernfeuernden modernen Präcisionswaffen der Infanterie in erster Linie zu dem Uebergang zum kriegsbrauchbar noch zulässigen Mini malkaliber und in zweiter Linie zu dem Bestreben der Verwendung absolut leichten Materials für die Patronenhülsen, um deren todtes Gewicht thunlichst zu vermeiden. Die Berücksichtigung der hieraus folgenden gleichzeitig erhöhten Einzelleistung des Schuffes und der erhöhten Feuerbereitschaft , nicht der zeitbegrenzten für die kurzen Momente der Entscheidung , sondern der dauernd erhöhten Feuerbereit= schaft sowohl für die militärische Tagesarbeit , als auch für die erste militärische Feldzugsarbeit brachte in allen Staaten, abgesehen von der eifersüchtig abwartenden Ueberwachung behufs gegenseitiger Ueberbietung der Leistungen, die Frage der potenzirten Schnelllader berechtigterer Weise in ein wissenschaftlich begründetes langsameres Tempo der Entwickelung , als der nur einmal zu überwindende , aber nichtsdestoweniger hochwichtige Kostenpunkt der Neubewaffnung , mit welchem schließlich beide Fragen Minimalkaliber und Magazingewehr oder Gelegenheits

Handfeuerwaffen.

371

Repetirgewehr gleichzeitig zur Lösung gelangen müssen. Die Frage wird, wie schon erwähnt, eben allerseits studirt , aber nirgends mehr forcirt. Schon in " Deutsche Gewehrfrage" von Plönnies und Weygand, Darmstadt 1872, 3ernin, S. 106 wurde auf die Nothwendigkeit der äußersten Ver minderung des Kalibers hingewiesen und bedauert, daß bei dem Uebergang zum kleinen Kaliber nicht genau dem Schweizer Modell von 10,4 mm gefolgt und mit der Annahme von Kaliber 11 mm das Munitionsgewicht gleich ― lange Patronen vorausgesett unnöthigerweise um den zehnten Theil ver mehrt wurde. In England war man beim Kaliber 11,43 mm geblieben, weniger aus wissenschaftlicher Ueberlegung , als in dem dunkeln Drange , Pferde zu erschießen und der Seitenwirkung des Windes einen genügenden Widerstand leisten zu können. Es wurde daher in der Deutschen Gewehrfrage das Kaliber 10 mm mit einem Geschoß von 23 g und einer Ladung von 5 bis 6 g, also einer Belastung der Einheitsfläche des Geschoßquerschnitts von 78,5 qmm mit etwa 0,3 g Blei und 0,07 bis 0,08 g Pulver , vorgeschlagen , um bei genügender Präcision eine Anfangsgeschwindigkeit von etwa 500 m zu erhalten und diese Zahlen : 10 mm , 0,3 g und 0,8 g als Grundlage der Reform nach der ballistischen Seite hin angesehen (siehe daselbst S. 225 u. ff.). Es sind Schweden 1880, Serbien 1881 und England 1883 mit dem Uebergang zum Kaliber 10,15 mm , dieser schon 1872 ausgesprochenen Ansicht, letteres mit den Zahlen 0,307 g Blei und 0,0679 g Pulver, gefolgt. Der Holländische Hauptmann der Infanterie van Dam van Iffelt weist in jeinem 1873 bis 1876 erschienenen Werke „ Die Ballistik der gezogenen Feuer waffen", aus dem Holländischen übersetzt von Major Weygand, Berlin 1884, Mittler und Sohn, S. 207 u. ff., auf die Vorzüge eines Minimalkalibers unter besonderer Betonung des Kalibers 8 mm und auf die größte Wichtigkeit hin , nähere Ver ſuche anzustellen , um sowohl die richtigen Werthe dieses Minimums zu finden, als auch die des Maximums der Länge eines kriegsbrauchbaren Geschoffes und der Größe eines erträglichen Ladungsquotienten zu finden , ein Versuch , der zugleich von großem Gewichte bezüglich der Repetirgewehr-Frage sein würde. Derartige Versuche mit den Kaliberstufen 9, 8,5 und 8 mm wurden seit 1879 durch den Director der Eidgenössischen Munitionsfabrik in Thun, Major Rubin, ausgeführt* ) und schließlich ein Gewehr vom Kaliber 9 mm mit Kupfermantel Geschoß von Hartblei (schon 1877 vorgeschlagen von Oberstlieutenant Bode, Mitglied der Preußischen Artillerie-Prüfungscommiſſion),**) von 20 g bei 3,5 mm Kaliberlänge und der Querschnittsbelastung von 0,3 g Blei per qmm, der Ladung von 4,7 g, rundem Pulver Nr. 2, dem Eidgenössischen Militär- Departement rorgelegt. Die Beschießung war bis 2000 m ausgedehnt. ――――― ―――――――――― Die Kupfermantel- Geschosse gepanzerte Geschosse können unbeschadet der Präcision auch ungefettet verwendet werden und haben ein bedeutendes Percussionsvermögen , einen glatten Durchschlag ohne Deformation selbst beim Anschlag auf Eisen und ohne Reißen des Mantels und ohne Gewichtsverlust. Entgegen den Weichblei-Geschoffen veranlassen sie bei den Verwundungen keine

*) Siehe Schweizerische Zeitschrift für Artillerie und Genie 1883, Nr. 11 und 12, Neues Gewehr- und Patronensystem Rubin. **) Siehe Weygand , Die modernen Präcisionswaffen der Infanterie , I. Theil, 2. Auflage, S. 132, Berlin 1878, Luckhardt. 24*

372

Militärische Jahresberichte für 1883.

unnöthige Steigerung der Gefahr durch lebensgefährliche Zerschmetterungen. Sie bleiben bei Lagerung und Transport unbeschädigt, erfahren geringere Reibung und gleichmäßigere Führung im Lauf bei geringerer Abnutzung und sofortiger Reinigung desselben , Wegfall des Verbleiens ; Kalibertoleranzen bis 0,4 mm beeinträchtigen die Präcision nicht. Die Präcision, auf die in der Schweiz ein hoher Werth gelegt wird, über traf die der Ordonnanzwaffe ; der Rückstoß war so fühlbar , daß zu Gunsten einer größeren Rasanz die Ladung nicht vermehrt werden konnte. Es fanden unter der Oberaufsicht des Waffenchefs der Infanterie , Oberſt Feiß , nunmehr 1882 officielle Versuche mit je vier Waffen Syſtem Vetterli der Kaliber 9, 8,5 und 8 mm statt , von denen je zwei fünf und je eins vier und drei den Feldern gleich breite Züge hatten ; die Kupfermantel- Geschosse waren geometrisch ähnlich und 20, 18 resp. 15 g schwer ; Ladung rundes Pulver Nr. 3 von 4,75 g Gewicht. Beschoffene Distancen 3, 6, 9, 12, 16 und 20 hm. Anfangsgeschwindigkeit va = 458 , 464, 505 m. Rückstoß 1,61 , 1,43 , 1,22 mkg. Die Patronen waren sehr lang , sie konnten nicht unter 81 mm gebracht werden. Da das 8 mm-Gewehr die besten Reſultate ergab, wurde im Herbst 1882 zu dem Kaliber 7,5 mm in Verbindung mit dem vereinfachten Repetirsystem Vetterli übergegangen. Zur Herstellung möglichst kurzer Patronen wurde nach angestellten günstigen Versuchen die Ladung in einen Cylinder mit einem centralen Hohlcylinder als Zündcanal comprimirt. Für das 8 mm resp . 7,5 mm-Gewehr wurde die Ladung von 5,4 g com primirten Pulvers gewählt , welche dem 15 resp. 12 g schweren Kupfermantel Geschoß eine Anfangsgeschwindigkeit von v25577 resp. 600 m ertheilte. Die Versuche bestätigten frühere Erfahrungen mit dem Ordonnanzgewehr, daß die Vergrößerung der Anfangsgeschwindigkeit nur bei entsprechend vergrößerter Metallbelastung eine größere Rasanz ermöglicht. Nach verschiedenen Orientirungsversuchen , die bei erhöhter Querschnitts belastung des Geſchofſes beſſere ballistische Leistungen ergaben , wurden 1883 je drei Gewehre des vereinfachten Vetterli - Systems von 8 und 7,5 mm Kaliber und drei Zügen mit Ladungen von 5,4 g durch Handarbeit , also nicht absolut gleichmäßig , comprimirten Pulvers mit einem Zündcanal und Kupfermantel Geschoffen von 16,4 resp. 14,5 g Gewicht und äußerer Fettung mit Virginia Vaseline auf den Distancen 2, 3, 4, 6, 9, 12, 16 und 20 hm beschossen. Die 31,5 mm langen Geſchoffe haben in dem Kupfermantel hinten einen 5 mm hohen Führungsreif von 8,3 mm Durchmesser beim Kaliber 8 mm. Die Patronen länge betrug 69 mm. Beim 8 mm- resp. 7,5 mm-Kaliber ergab sich die An fangsgeschwindigkeit V25 = 542 resp. 563 m , die lebendige Kraft auf 25 m gleich 265 resp . 257 mkg. Das Maximum des bestrichenen Raumes bei 18 m hohem Ziel mit Zielpunkt auf 0,9 m war 436 resp . 460 m. Die ballistischen Leistungen der beiden Waffen , welchen die Leistungen des Hebler-Gewehrs vom Kaliber 8,6 mm (siehe unten) zugefügt wurden, find :

Handfeuerwaffen.

373

Flugbahnverhältnisse.

Elevationswinkel in 0/00

Einfallwinkel in 0/00

Bestrichener Raum in cm

Kaliber

Kaliber

Kaliber

Distance in Meter

7,5 mm

8 mm

8,6 mm 7,5 mm

8 mm

8,6 mm 7,5 mm

8 mm

8,6 mm

hunderten

2,5 5,2 8,2 11,6 15,2 19,1 23,2 27,7 32,6 37,8 43,2 49,3 55,7 62,7 70,4 79,0 88,6 99,3 111 125 141 160

1,90 4,27 7,16 10,65 14,82 19,76 25,55 32,31 40,16 49,22 59,63 71,57 85,19 100,68 118,26 138,16 160,61 185,93 214,36 246,29

2,24 4,94 8,15 11,93 16,35 21,48 27,40 34,17 41,90 50,69 60,64 71,86 84,50 98,66 113,51 132,20 151,92 173,83 198,16 225,11

Hebler

Rubin

2,6 5,7 9,6 14,0 18,8 24,0 30,1 37,6 45,5 53,0 63,3 75,0 87,1 103 122 146 173 204 244 296 363 450

Hebler

173 115 85 66 53 43 36 30 25 21 18 16 14 12 10

214 128 93 71 56 45 37 30 25 21 18 15 13 11 10

234 302 371 126 104 76 62 48 40 34 28 24 21 18 15 12 10 9

2342047654

1,79 2,13 4,48 3,81 6,07 7,07 9,91 8,59 11,40 13,03 14,53 16,45 17,99 20,19 21,83 24,27 28,72 26,08 30,76 33,57 35,92 38,85 44,58 41,61 47,86 50,81 57,56 54,72 62,24 64,88 70,49 72,80 81,37 79,51 90,63 89,39 100,17 100,64 111,95 111,44

Rubin

EARLIER98

Hebler

BBERBERIO87

12345678

8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Rubin

Präcision (50procentige Streuung).

Distance

600

900

2000

1600

1200

B

300

Kaliber

mm 7,5 8

8,6 7,5 8

8,6 7,5 8

8,6

7,5

8

8,6

7,5

8

8,6

7,5

8 8,6

50procentige Streuung nach Höhe 64,3 72,0 88 107,3 150,3 200 204,3 232,7 cm 17,0 13,0 6,5 22,3 23,7 19,336,7 43,0 44 Seite cm 5,3 6,00 6,8 10,3 10,0 17,0 19,3 20,0 31,4 78,3 56,7 51 74,3 54,3 90 96,3 148,3 Radius cm 15,7 15,7 13,5 28,0 27,7 32,047,354,0 62,0 113,3 118,00 108 157,0 169,7 220 263,0 325,3 Die Präcisionsergebnisse übertreffen diejenigen des Schweizer Gewehrs, welches in dieser Hinsicht wohl die beste Waffe ist, auf den nahen Distancen um 30 Pro cent und auf den großen Distancen um 100 Procent.

374

Militärische Jahresberichte für 1883.

Durchschlagskraft (Neue Tannenscheiben von 3 cm Dicke in Abſtänden von 9 cm ).

1

2t 3

4

5

6

7

8

9 10 11 12 13 14 15

Auf 400 m Distance I 10 10 10 10 10 10 10 10 10

8 mm Kaliber. Schüsse 10 Durchschläge Einschläge Anschläge

10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10

5 2

1

11

532 4 2 1

1

11

1 1

1

21

10 10 10 10 10

23

Auf 800 m Distance

532

Schüsse 10 Durchschläge Einschläge Anschläge

9

21

7,5 mm -Kaliber.

712 16

7,5 mm -Kaliber. Schüsse 10 Durchschläge Einschläge Anschläge

551

Anzahl Wände

1

10 10 10 10 10

9

333

8 mm : Kaliber. Schüsse 10 • Durchschläge Einschläge Anschläge

1

1

1

Messung des Rückstoßes : 7,5 mm:- Kaliber 1,6 Meterkilogramm 8 mm-taliber 1,7 Meterkilogramm. Bei sonst gleicher Rasanz und Präcision ist trotz der wesentlich größeren Anfangsgeschwindigkeit die Durchschlagsfähigkeit des 7,5 mm - Geſchoſſes geringer als diejenige des 8 mm - Geſchofſes. Dieser Umstand , die Schwierigkeiten der Bearbeitung und des Reinigens der Läufe von 7,5 mm dürfte das kriegsmäßig zulässige Minimalkaliber zu 8 mm festsetzen , bei welchem weder das Bohren und Ziehen der Läufe , noch das Reinigen nach dem Schießen Anstände ergiebt. Versuche mit verkürztem Laufe für Cavallerie sind noch nicht ausgeführt, aber in Aussicht genommen. In den Händen der Truppen waren zu Versuchen in dem Schießcursus zu Wallenstadt schon 15 für die Rubin-Patrone von 8 mm transformirte Vetterli Gewehre; die Handhabung derselben, die Entzündung der Patrone, das Ausziehen der Hülsen u . s. w. haben allgemein befriedigt.

Handfeuerwaffen.

375

Es werden nunmehr 150 Vetterli - Repetirgewehre nach dem Lauf und Patronen-System Rubin umgeändert für weitere Versuche im Jahre 1884 bei den Truppen. Auch Versuche von nicht militärischer Seite, von Professor Hebler in Zürich, haben zur Construction eines Gewehres mit minimalem Kaliber von 8,6 mm geführt (Allgemeine Schweizerische Militärzeitung Nr. 25 und 29 von 1882). Der Lauf hat 4 concentrische 0,2 mm tiefe Züge mit einem Um gang auf 28 cm, schmale Felder zum leichten Einschneiden des Geſchoſſes von 32,8 mm Länge mit Papierumwickelung von 24 mm und 18,2 g Hartblei. Die Ladung von 4,5 g Pulver aus Rottweil giebt dem Geschoß 500 m Anfangs geschwindigkeit. Die Patrone ist 86 mm lang und 35 g schwer. Das Gewehr wiegt 4,3 kg. Der Rückstoß ist geringer als beim Schweizerischen Ordonnanz Infanteriegewehr. Der Raumersparniß und der Vergleichung wegen sind die ballistischen Leistungen in den vorstehenden Tabellen des Rohr- und Patronen Systems Rubin eingefügt. Das Maximum des bestrichenen Raumes bei 1,8 m Zielhöhe beträgt 405 m, für die Visir- Schußweite von 343 m. Die Spanische Schießschule zu Toledo hat mit einem Hebler- Gewehre von 8,7 mm Kaliber vergleichende Versuche mit dem Spanischen Ordonnanz- Gewehr M/71 System Remington von 11 mm Kaliber angestellt , deren Ergebniſſe in der Revista cientifico-militar von 1883 von dem Commandeur der Schule, Commandante de Infanteria D. Mariano Gallardo y Romero niedergelegt find in dem Auffage : Il fusil Hebler. Die wesentlichsten Gewichte und Abmessungen 2c. der Hebler- und der Ordonnanz - Remington- Gewehre und ihrer Munition sind : Geschoß : (Hebler : glatt mit 2,6 mm hoher und weiter cylindrischer Höhlung im Boden , Papierumhüllung auf 20 mm Höhe), Gewicht 18,6 bezw. 25,1 g; Länge 23,9 bezw. 28 mm; Ladung 4,8 g (comprimirtes Pulver von Rottweil mit einem Zündcanal von 3 mm Durchmesser) bezw. 5 g; Länge der Hülſe 57 bezw. 57,9 mm ; Länge der Patrone 75,8 bezw. 76 mm; Dralllänge 24 bezw. 65 cm; Gewicht der Waffe 4,15 bezw. 4,2 kg ; Anfangsgeschwindigkeit des Geschosses an der Mündung 528 bezw. 416 m ; Rückstoßgeschwindigkeit 2,67 bezw. 2,7 m. Die Ende November 1883 auf der Schießschule zu Toledo erhaltenen ballistischen Leistungen sind in der Tabelle Seite 376 auszugsweise zuſammengestellt. Die hohe ballistische Ueberlegenheit der Leistungen des Minimalkalibers gegen über derjenigen der jetzigen Ordonnanzkaliber von 11 mm spricht sich auch in den vorstehenden Zahlen und der nachfolgenden Tabelle überzeugend aus. Auch in Deutschland sind nach der militärischen Tagesliteratur Versuche mit den verschiedenen Minimal-Kaliberstufen ausgeführt worden. In Erwägung der vorstehenden Darlegungen dürfte als Modell der Neu bewaffnung der Infanterie einem Einlader des Minimalkalibers mit anhängbarem Magazin für Patronen mit geringstem Hülsengewicht durch specifisch leichteres Material oder geringere Stärke für nur einmaligen Gebrauch, also einem Gelegen heits - Repetirgewehr der Vorzug umsomehr zu geben sein, als die praktiſchſte Construction eines solchen Magazins wesentlich dadurch erleichtert wird , daß bei der Neuanfertigung der Kriegschargirung die Frage der geeignetsten Form der Patronen-Packschachteln ebenfalls offen steht. Der Wahl eines Repetirgewehrs , deſſen Vortheile hauptsächlich für Special waffen wie Alpentruppen , Jäger , Cavallerie, Marine-Infanterie zutreffend find,

in

nung

hm

O

1



6 48 1

"1

==

R

·

││

H

30 34 1 24

2 41

4 23

4 25 49

6 -

Scheitel

ordinate

Bestrichener

Raum in m Zielhöhe 1,7 m

H R

Zielpunkt

R

m

H

11

R

300

8

Geschoß

m

feit

H

geschwindig

0 m

300

= 11 833

R

Η

21



50⁰ o

16

52

386

1400 m

1100 m

118

34

em

Radius

Flugzeit Streuungs

H

Secunde

R

1,512 229 2,085

5,293 7,608 121

-7,018 9,177

11,436 --13,158 -

1

96

106

123

146

9 172

47 282

-

-

‫ܗ‬ 6,5

11

84

0,624 0,895 287

0,96

360 5,15

62

0,59

2,587 3,531 186

17 3,15

237

17

22

191 89

57 48

38

5,344 150 202 3,834

8,84 7 14,48

14

-

5,5

135

22

-

1618,84 30,92

― 56,47 - 86,43

10 11 7

-

―――125,40 156,96 -

-

14

-

-

--

4256,42 34,33

12 1 -



1 2

10 40 6 27

20 42

31 8 54 11

49 3

14 17



-

-

31

2 -

5 ――

Einfallwinkel

H

1

24

11 0 20 56 2

4 28 34 6 31

-

-

7 39 43 37 1

10

-

13339 258

35

18

-

คง

3

9

3 59

48 2

15

55 22 5

12

18

43 8

6 57

24 9 40 59

I

21

26

‫ܗ‬

Ent: nkel Abgangwi fers

Militärische Jahresberichte für 1883. 376

T│

1

││

Handfeuerwaffen.

377

dürfte für die gesammte Infanterie großer Armeen der Kostenpunkt und der immerhin weniger einfache Mechanismus entgegenstehen. Für die trotzdem mög liche allgemeine Einführung würden alsdann andere zwingendere Gründe als die höhere Gesammtleistung der Waffe nur in den kurzen Momenten der Entscheidung allein maßgebend werden. Einstweilen bleibt dann aber unumgänglich nothwendig die Annahme eines einfachen anhängbaren Magazins , wenn nöthig selbst unter neuer Form der Patronen-Packschachteln, um mit den bestehenden Ordonnanzwaffen auf der Höhe der allseitig angestrebten Feuer-Bereitschaft und -Wirkung zu stehen und damit gleichzeitig praktische technische Vorstudien für die Neubewaffnung der Infanterie mit dem Einlader des Minimalkalibers als Gelegenheits - Repetirgewehr zu gewinnen. Das einzige Bedenken , vielleicht die einzige Schwierigkeit für den Uebergang zum kriegsbrauchbar noch zulässigen Minimalkaliber wird die relative Festigkeit der Gußſtahlläufe berühren , da die Biegungsfestigkeit des Laufes mit der Abnahme des Kalibers in raſchem Verhältniß sich vermindert. (Siehe v . Plönnies , Neue Studien I Seite 199 u. ff., II Seite 165 u . ff.) Geeignete Form , ent sprechende Längen- und Stärke-Abmessungen des Laufs werden in Verbindung mit der enormen Zähigkeit guten Gußstahls , wie ihn wenigstens die Gußſtahl fabrik Witten a. d. Ruhr, vormals Berger und Cie., liefert, die Herstellung von Läufen des Minimalkalibers mit einer der Kriegsbrauchbarkeit genügenden Biegungs festigkeit für den Uebergang zur Neubewaffnung der Infanterie ermöglichen. Zur Beurtheilung und Vergleichung der balliſtiſchen Leiſtungsfähigkeit der Waffen der gegenwärtig im Gebrauche befindlichen Ordonnanzkaliber und der in Aussicht stehenden Minimalkaliber giebt die S. 378 befindliche Zuſammenſtellung der maßgebenden Factoren den wissenschaftlichen Anhalt. Die höchste ballistische Einzelleistung einer Handfeuerwaffe beruht auf den praktisch noch zulässigen Marimalbeträgen an Gramm Blei und Gramm Pulver, welche die Gewichte von Geschoß und Ladung auf die Einheitsfläche des Quer schnitts des Geschosses, den qmm, repräsentiren. Bei der Kaliberstufe 11,43 mm zeigt England die Marimalzahlen 0,304 g Blei und 0,0536 g Pulver RF G2 auf den qmm bei vo = 434 m , welchen bei der Kaliberstufe 11 mm nur Rußland mit 0,269 g Blei nahe kommt und mit 0,0567 g Russischen Pulvers und Vo 448 m überbietet. Bei der Kaliberstufe 10 mm hat England bei seinem neuen Gewehr mit 0,307 g Blei und 0,0679 g Pulver RF G2 auf den qmm mit vo = 462 m wieder seinen ersten Rang gewonnen. Eine wesentliche Steigerung des Marimalbetrages von g Pulver auf den qmm hat das praktisch) noch zulässige Minimalkaliber von 8 mm bei dem Rubin- Geschoß mit 1,074 g comprimirten Pulvers erreicht, dem der noch bedeutende Betrag von 0,326 g Blei für die maximale Anfangsgeschwindigkeit vo = 570 m zur Seite steht. Bei den vier erwähnten Waffen kommen auf 1 g Blei als angestrebte Marimalzahlen 0,176 ; 0,211 ; 0,221 ; 0,329 g des verschiedenen Pulvers oder umgekehrt auf 1 g des verschiedenen Pulvers als angestrebte Minimalzahlen 5,67 ; 4,74 ; 4,53 ; 3,03 g Blei . Für die Geschwindigkeit Vo = 434; 448 ; 462 ; 570 m. Die Dralllänge ist bei denselben von 56 ; 53 , (?) , auf 33 cm gesunken.

Staat

System

Martini HenryMartini 1878Henry

4,335 12,17 95,0 35,6

3,81 3,97

11,00 78,0 55 42,8 27,20 25 11,00 72,4 42,4 24,0 74,0 11,00 43,8 55 11,00 28,0 65 41,4 76,0 25,1 11,00 42,5 68,0 27,0 75 25,0 11,00 55 10,66 53

34,76 58,2 50,0 80,0

41,0 68,5

39,5

μπ π/ r2 P qmm PulBlei verg des auf den qmm des Querschnitts es Geschossdes

4,899

2,848 84 80

86

61 60

70

3,500 70

3,424 2,975 70 3,416 90 3,825

3201888

3,080 88

76 2,370 60

1

11

66

2,74

2,25 100 98 3,040 2,41 86 2,965 84

76

2,63 70 2,79 70 2,96 78 68 2,70 72 2,90 2,40 2,460 78 60

2,70

448

2,67

430 438 450 416 440 417

430 430 462() 479 487 512 6888

T I

458 528 = V25 542*) 563 = V25

223222 2

4,60

3,29 60

π r2 P P/ pP// kg m Vo m Babl Bahl Rück der Ge g Pulver g g ngs. BleiAnfa ftonge Ba. wicht auf geschwin tronen schwin it digke der Patro in nen dern. Tasche g1 g1 des digkeit 3 der kg er osses Pulv Blei Munition Gesch Waffe

386

p g Pulver forcirten Ge der schoffes Ladung

116,22 0,0365 0,206 0,177 5,64

0,200 0,0551 0,270 0,0593 0,273 0,217

3,03 2,68

434

24,0 4,25 52 22,28

89,24

5,00 0,0526 95,02 0,263 0,200 5,00 5,00 0,0526 95,02 0,252 4,80 0,208 95,02 F0,0552 5,25 0,263 0,210 95,02 0,264 0,199 0,0526 R0,0526 95,02 5,00 0,263 0,200 0,0526 0,263 95,02 0,200

5,00

5,00

5,06

3,7 0,0436 84,93 0,238 0,183 5,46 4,00 0,0470 0,241 84,93 0,195 5,12 5,5 5,2)( 80,91 0,307 0,0679 4,46 80,91 4,8 R 80,91

4,76 5,02 5,00 5,00

381 434 397)(

27,0

27,2

26,0

31,5 32,7 31,5

4,74 0,269 0,0567 0,211

25,0 25,8 3,91 31,2 31,5 5,4 31,2 5,5 32,26

25,0

29,3 22,1

20,0

4,75 0,0746 63,61 0,314 0,237 4,21 R 0,0807 4,8 59,43 0,313 3,87 0,258 50,26 0,326 0,1474 0,329 0,328 44,16 0,1222 0,372 5,4 5,4

0,221 4,53

102,77 0,243 0,0380 0,156 6,39 32,26 5,50 G RF 0,0530 102,59 31,2 0,304 0,176 5,67 0,0526 102,59 0,304 0,173 5,77 102,59 0,304 0,0530 0,176 5,67

27,75 25,0 76,5

75,4 24,0

69,0 14,5

25,4 56,0 20,2 35,0 65,5 20,5 45,2)( - 24,90 46,75 35,6 21,85 80)?(

-

"T 1211

4,350

11.43 56 49,0 11,43 73,0 56 11,43 50,3 84,0 56

kg r2 P g mm mm Gewicht cm Ge mm der Ge-g Modell Waffe Kaliber wichtLänge Länge Drall wicht ohne des der des Länge Ba Pat oner Geschosses jonnet Laufs 1867)

4,125 1867 11,44 71

1871 4,500 1873/77 4,170 1874/80 4,200 1871 4,075 1870/79 4,415 1868 4,600 1871

10,4 30,4 66 10,4 66 10,15 10,15 10,15 39,3 55

9,00 8,73 24 35,04 75,8 18,6 8,00 33 35,7 69,0 16,4 7,5

ម គឺ ម នៅ ត 18885

Schwedenu. Remington Norwegen Norwege Krag-n Peterson 1877 Dänemarkn Remingto England Martini Henry 3,970 1870Türkei Rumänien

Deutschland Mauser Defterreich Werndl Frankreich Gras Spanien Remington Niederlande Beaumont Albini Belgien Rugland, Berdan Bulgarien

1883

1883 4,15

4,40 1880 1881 4,57

1869/81 4,60 1871 4,10

Schweiz Italien England

BetterliRubin 1882 Hebler Betterli Rubin 1883-

Vetterli Betterli Martini Magee 1883 4,33Jarmann Mauser Milovanovic

Schweden Serbien

Schweiz Spanien Schweiz

570 Vo = )*. Spanischen m nach Versuchen

1

Militärische Jahresberichte für 1883.

378

I

111

1

Handfeuerwaffen.

IV.

379

Die Literatur über die Handfeuerwaffen.

R. Schmidt, Eidgenössischer Oberstlieutenant. Das Repetirgewehr M/78/81 und der Schweizerische Repetir-Stußen M/81 ( Syſtem Vetterli). Nachtrag zur Vervollständigung der Ausgabe von 1879. Lithographie Lips . Bern 1882. R. Schmidt , Eidgenössischer Oberstlieutenant. Anleitung zur Kenntniß und Behandlung des Revolvers M/82 Handfeuerwaffe der unberittenen Offiziere. Lithographie Lips . Bern 1882. E. Thiel, Königlich Preußischer Major a. D. Das Infanterie-Gewehr. Eine technisch-ballistische Studie. Cohen und Sohn. Bonn 1883. N. Wuich , k. k. Oesterreichischer Hauptmann des Artillerieſtabes und Profeſſor der Artillerielehre an der k. k. Kriegsschule. Lehrbuch der äußeren Ballistik. 1. Lieferung. Die parabolische Theorie und die Theorie des Luftwiderstandes . 2. Lieferung . Die Theorie der verticalen Bahnprojection. Das Gewehr der Gegenwart und Zukunft. Die jeßigen Europäischen Infanterie-Gewehre und die Mittel zu ihrer Vervollkommnung. Helwing. Han nover 1883. Règlement sur l'instruction du tir de 11 Novembre 1882. Baudoin et Cie . Paris 1883. Règlement de tir modifié d'après les instructions de 1881 , 1882 et 1883 pour les régiments armés du fusil muni de la hausse M/80. Guyot. Bruxelles 1883. Voorschrift betreffende de wapenen en schietoefeningen bij de Infanterie . Van Broese und Cie . Te Breda 1883 . Hankar , Kapitein bij de Normal Schietschool , ontwikkeling en inrichting der hedendaagsche handvuurwapenen. Van Cleef. Haag 1883. Cartilla de tiro para la infanteria, approbada por real orden de 30 de septiembre de 1881. Madrid 1881 . D. Mariano Gallardo y Romero . Commandante de la escuela central de tiro . 3. Edicion . Libreria de Fando é Hijo . Toledo 1881 . Die Repetirgewehre. Ihre Geschichte , Entwickelung , Einrichtung und Leistungsfähigkeit. 2. Band. 1. Heft. Zernin. Darmstadt 1883. Waffen-Instruction für die Infanterie- und Jägertruppen des k. . Heeres . Prochaska. Teschen 1883. J. van Dam van Jsselt. Niederländischer Hauptmann der Infanterie. Die Ballistik der gezogenen Feuerwaffen mit einer mathematischen Einleitung. Aus dem Holländischen übersetzt von H. Weygand, Großherzoglich Hessischer Major z. D. Mittler und Sohn, Berlin 1884. A. Mieg , Königlich Bayerischer Major 3. D., Theoretische äußere Balliſtik. Mittler und Sohn. Berlin 1884. Separat- Abdruck aus der Neues Gewehr- und Patronen -System Rubin. 1883. Schweizerischen Zeitschrift für Artillerie und Genie. Wgd.

380

Militärische Jahresberichte für 1883.

Bericht über das Material der

Artillerie.

1883 .

I. Feld-Artillerie. Schon in den früheren Jahresberichten mußte wiederholt erwähnt werden, daß die fast fieberhafte Thätigkeit , welche vor einem Jahrzehnt und auch später noch der Bewaffnung der Feld -Artillerie fast überall gewidmet wurde, seitdem in den meisten Staaten sehr erheblich nachgelassen habe. Daffelbe gilt, nur noch in erhöhtem Maße , von dem Jahre 1883 , dessen Ausbeute an wesentlichen Ver änderungen und Fortschritten auf dieſem Gebiet geradezu als dürftig zu bezeichnen ist. Diese scheinbare Abspannung bildet indeß möglicherweise nur ein Anzeichen dafür, daß man hier und da bereits eifrig an der Schöpfung neuer , von dem Bestehenden mehr oder minder losgelöster Systeme arbeitet und es deshalb, um jede Kraftzersplitterung zu vermeiden , vorzieht, auf eine bruchstückweiſe Ergänzung und Vervollkommnung des Vorhandenen lieber zu verzichten. Hinsichtlich der Leistungen einzelner Feld-Artillerien , soweit dieselben an die Oeffentlichkeit getreten sind, haben wir Nachstehendes zu erwähnen. England. Die Ausrüstung der Feld-Artillerie mit Hinterladern ist nicht in dem Maße vorgeschritten, wie es nach früheren Nachrichten zu erwarten war. Bisher hat man nur eine Anzahl 9- Pfünder der reitenden und leichten Batterien durch 12-Pfünder-Hinterlader erſeßt , während die 16-Pfünder-Vorderlader der schweren Batterien vorläufig unverändert beibehalten worden sind. Dieſe Zögerung scheint ihren Grund hauptsächlich darin zu haben , daß man über die endgültige Con struction der neuen Geschüße, besonders des schweren Kalibers , noch immer nicht schlüssig werden kann. Die beiden jüngsten Modelle sind, nachdem sie dem Herzog von Cambridge im Feuer vorgeführt worden , nach Dartmoor abgegangen, um dort einer eingehenden praktischen Prüfung unterworfen zu werden , welche sich zugleich auf die Verwendung von Proß- und Wagenkaſten aus Stahlblech mit vertauschbaren Schubfächern für die Munition erstrecken soll ; von letterer Ein richtung erwartet man indeß wenig Erfolg (?). Das Rohr des leichten Versuchsgeschützes ( 12- Pfünder) hat 7,6 cm Seelen durchmesser, wiegt 360 kg und ist mit 10 Zügen versehen ; die Länge der Seele beträgt 27,5 Kaliber; das Geschoß von 5,45 kg Gewicht besitzt 523 m Anfangs geschwindigkeit. Dieser relativ außerordentlichen Leiſtung stand bei dem Schießen vor dem Herzog von Cambridge ein Rücklauf von 15 m gegenüber, der mittelst einer sehr kräftig wirkenden Bremse auf 3 m beschränkt werden kann. Bei dem 22 - Pfünder oder schweren Geschütz beträgt der Seelendurchmeſſer 8,8 cm, das Rohrgewicht 609 kg und die Länge der Seele 28 Kaliber. Die Ladung von 3,4 kg ertheilt dem 10 kg schweren Geschoß eine Anfangsgeschwin digkeit von 532 (nach anderen Angaben sogar 542) m, oder eine lebendige Kraft von 145 Metertonnen. Dem alten 16-Pfünder-Vorderlader ist dies Kanon bei

Material der Artillerie.

381

gleichem Rohrgewicht an Geschoßgewicht um 2,66, an Ladung um 2,04 kg, an Anfangsgeschwindigkeit um 128 m und an lebendiger Kraft um 100 Procent überlegen; letztere genügt, um eine schmiedeeiserne Platte von 18 cm Stärke zu durchschlagen ; die Wirkungssphäre des Shrapnelschusses schäßt man auf 4800 m . Bei all diesen vorzüglichen Eigenschaften des 22-Pfünders , was die Wirkung anbelangt , fragt es sich nur, ob ihm die Gewichtsverhältnisse der Munition und (Revue der Laffete noch den Charakter eines Feldgeschützes wahren werden . d'Artillerie Bd. XXII. S. 77 und 367) . Am 24. Juli 1883 hat in Shoeburyneß die Erprobung eines neuen 12-Pfünder-Hinterladers in hydraulischer Feldlaffete stattgefunden, der ein Geschoß von 5,67 kg mit 1,8 kg Ladung und 518 m Anfangsgeschwindigkeit verfeuerte. Obgleich das Geschütz sehr ungünstig und auf weichem Boden aufgestellt war, sollen die Ergebnisse doch ungemein befriedigend ausgefallen sein und man erhofft von dieſem Modell schon wieder einmal die „ Lösung des Problems der Feld Artillerie ". An demselben Tage wurden auch die Reſultate eines zehn Monate früher erlaſſenen Preisausschreibens einer praktischen Prüfung unterzogen. Es handelte sich dabei um die Construction einer sechspfündigen Kanone , die das Gesammt= gewicht von 507 kg nicht überschreitet, keinen Rücklauf hat, von drei Mann be dient mindestens 11 gezielte Schüsse in der Minute abgiebt und eine Anfangs geschwindigkeit von 533 m erzielt. Hotchkiß , Nordenfelt und Armstrong hatten je ein Modell vorgelegt ; doch keines erfüllte die gestellten, allerdings recht schwierig combinirten Bedingungen vollständig. Das Hotchkiß - Geſchüß war zu schwer ; Nordenfelts hatte Rücklauf und Armstrongs entsprach wieder in anderen Beziehungen nicht. Immerhin wurde durch den Versuch dargethan, daß schon ein bedeutender Schritt zur Erreichung des gesteckten Ziels gethan sei . (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens , Jahrg. 1883 , S. 185 der Notizen, nach dem Iron.) Vavasseur hat sich eine Verbesserung des Schraubenverschlusses patentiren laſſen, die darin besteht, daß die Schraube zwei oder mehrere Abstufungen von rerschiedenem Durchmesser erhält ; selbstredend liegt der schwächere Theil vorn, der stärkere hinten. Dadurch soll der Rückstoß nicht nur auf mehrere , von der Seelenachse verschieden weit entfernte Metallſchichten übertragen, sondern auch auf einen vollen Kreisring vertheilt werden (Patentschrift) . Frankreich. Die Revue d'Artillerie enthält in Band XXIII . (S. 93-114 des November-Hefts von 1883) unter der Ueberschrift „ Note sur l'artillerie de cam pagne" einen kritischen Vergleich der Feldgeschüße Belgiens, Dänemarks, Deutsch lands, Englands, Frankreichs, Italiens, der Niederlande, Desterreichs, Rußlands, Schwedens , der Schweiz und Spaniens in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit, Beweglichkeit und Munitionsausrüstung. Nachdem der (ungenannte) Verfasser alle maßgebenden Verhältnisse in übersichtlicher tabellarischer Form gegen ein ander abgewogen hat, gelangt er zu der Folgerung, daß man an dem Französischen Feld-Artilleriematerial höchstens seine übermäßige Schwere tadeln könne ; doch werde der hieraus sich ergebende Mangel an Beweglichkeit durch die beträchtliche Munitionsausrüstung einigermaßen ausgeglichen, weshalb es damit nicht gar so schlimm bestellt sei , wie es auf den ersten Blick scheine. Ueberdies (jo lautet der charakteristische Schluß der Abhandlung) : "Est-ce à dire qu'il n'est pas perfectible? Loin de là. Depuis son adoption, des progrès ont été faits

382

Militärische Jahresberichte für 1883.

de divers côtés et nous pouvons déjà prévoir que notre système de campagne deviendra un jour insuffisant à côté de ceux contre lesquels il peut être appelé à lutter. " Auf der Amsterdamer Ausstellung von 1883 hat die „Société anonyme des anciens établissements Cail " für ein 8 cm-Berggeschütz , System Bauge, in Stahllaffete (Gewicht 105 kg) ein „Ehrendiplom unter besonderer Erwähnung ihrer Ueberlegenheit über alle Französischen und sonstigen Mitbewerber" (! ) er halten. (Revue d'Artillerie Bd . XXIII . December-Heft von 1883 S. 259.)

Italien. Ueber die neuen , in Stahl und Eisen construirten Laffeten , Proßen und Wagen des 9 cm- Geschützes sind folgende, zuerst im November-Heft des Giornale d'Artiglieria e Genio von 1882 veröffentlichte Ziffern nachzutragen : cm

154

cm

140

Gewicht

kg

85

Gewicht der Laffete ohne Rohr und Ausrüstung

kg

565

Desgleichen mit Schuh am Laffetenſchwanz und mit Seitenrichtmaſchine (1. unten) kg

588

Geleisebreite Höhe des Rades

Druck des Laffetenſchwanzes auf den Boden

mit Broncerohr

84

mit Stahlrohr

79

kg

Erhöhung, Größte

Senkung,

20° welche die Laffete auf wagerechtem Boden dem Rohr gestattet

kg

Gewicht des leeren Proßkaſtens

127 107

vorderen

Gewicht des leeren

10°

Munitions-Hinterwagen Kastens

kg 102

hinteren Gewicht des vollſtändig ausgerüſteten Geſchüßes mit Broncerohr

kg

1894

Desgleichen des Munitionswagens

kg

2095

Granaten

16

Shrapnels

16

Kartätschen

2

Munitionsausrüstung der Proze

Desgleichen des Munitionswagens

Kartuſchen

36

Granaten

28

Shrapnels

32

Kartuſchen

60

Material der Artillerie.

383

Von sonstigen Neuerungen im Italieniſchen Feldmaterial ſind zu erwähnen : 1 ) Die Anbringung einer Seitenrichtmaschine an der 9 cm-Laffete. Die Schildzapfenpfannen der zu diesem Versuch bestimmten Laffeten wurden in der Weise bogenförmig ausgearbeitet , daß sich die mit enſprechenden Hülsen ver sehenen Schildzapfen in ihnen um ein geringes Maß seitwärts verschieben konnten, ohne in irgend einer Stellung des Rohrs an Auflage zu verlieren. Für die Richtmaschine selbst waren zwei wesentlich abweichende Modelle in Vorschlag ge bracht. Bei dem einen (Nr. 1) trägt der Kopf der Richtschraube eine nach rechts ausgeladene Console , auf welcher ein das Bodenstück des Rohrs unten um faſſender Schlitten durch die Drehung eines Handrades mit Schraubenspindel seitlich hin und hergeschoben wird. Das Maß der so ermöglichten selbständigen Drehung des Rohrs beträgt 50 Minuten nach jeder Seite , was auf 1000 m Entfernung 29 m ausmacht ; in Wirklichkeit konnte jedoch der Treffpunkt nur um 20 m verlegt werden. Modell Nr. 2 sezt nicht das Boden- sondern das Zapfen= stück in Bewegung. Dazu sind die Schildzapfenpfannen durch einen , die untere Rohrhälfte umgebenden Bügel miteinander verbunden, welcher in der Mitte ein mit Muttergewinde versehenes Auge hat ; die durch letzteres hindurchgehende, wagerecht und parallel der Schildzapfenachse gelagerte Schraubenspindel steht mittelst eines Schneckenvorgeleges und zweier conischen Räder mit einem Handrad in Verbindung, das außerhalb der rechten Laffetenwand angebracht ist. 14 Um drehungen desselben genügen für die Verschiebung des Rohrs um das zulässige größte Maß von 28 mm ; eine Drehung verlegt auf 1000 m den Treffpunkt um ― 2,5 m. Beide Modelle wurden durch eine größere Schußzahl unter ver schiedenen Erhöhungswinkeln und durch Märsche auf staubigen Straßen sowie im Regen eingehend geprüft, wobei ihr Verhalten gleichmäßig befriedigte. Man gab indeß dem Modell 2 den Vorzug , obgleich es das Gewicht der Laffete fast um das Doppelte wie Modell 1 vergrößert (18 gegen 9 bis 10 kg). Diese auf fallende Entscheidung wurde damit begründet, daß das Kurbelrad bei Nr. 1 für den richtenden Mann unbequem liege und daß man für die verschiedene Gestalt der 9 cm-Stahl- und Bronceröhre zweierlei Schlitten bedürfe ; überdies verringert Nr. 1 die Erhöhungsfähigkeit des Geſchüßes um zwei Grad , was bei Modell 2 nicht der Fall ist. Trotzdem scheint es, daß jene Nachtheile durch die viel einfachere und leichtere Construction Nr. 1 mehr als aufgewogen werden müßten. Das Kriegs ministerium hat angeordnet, daß die Hälfte aller in die Feld-Artillerie-Regimenter einzustellenden 9 cm-Laffeten mit der Seitenrichtmaschine Modell 2 und zugleich), behufs Verringerung des Rücklaufs , mit einem Schuh am Laffetenschwanz ver sehen werden soll. Es ist unbestreitbar, daß sich einerseits die Schärfe der Seiten richtung mit der ausgezeichneten Trefffähigkeit der gezogenen Hinterlader decken muß, während es andererseits , besonders auf ungünstigem Boden , ungemein schwer hält, mit alleiniger Hülfe des Richtbaums eine wirklich genaue Seiten richtung zu nehmen. Von diesem Gesichtspunkte darf man die Italienische Ar tillerie zu der immerhin gewagten und anderwärts bekanntlich schon wiederholt mißlungenen Einführung der Seitenrichtmaschine mit Recht beglückwünschen ; eine andere Frage ist es freilich , ob sich gerade die gewählte Construction auf die Dauer bewähren wird und kann. 2) Umänderung der Munitionswagen C/44 , System Cavalli , für Reitende (7 cm-) Batterien. Die mannigfachen Mängel, welche dies Fahrzeug gegenüber den heutigen Anforderungen zeigte, sind hauptsächlich durch nachstehende Einrichtungen beseitigt worden. Der Hinter wagen hat den gleichen Kasten wie

384

Militärische Jahresberichte für 1883.

die Proze erhalten ; derselbe nimmt indeß als Proßkasten nur 40 Geschosse und 45 Kartuschen , als Hinterwagenkasten dagegen 50 Gefchoffe und 55 Kartuschen auf; weitere 10 Schuß werden in einem zweiten kleineren Kasten mitgeführt, der hinter jenem angebracht ist. Die gesammte Munitionsausrüstung beträgt sonach für den Hinterwagen 60 , für den vollständigen Munitionswagen 102 und für das Geschütz mit Wagen 147 Schuß. Hinter den beiden Kasten befindet sich ein Radträger (Achsschenkel) , der ein Vorrathsrad aufnimmt. Dadurch ist dem Uebelstand abgeholfen, daß es für die drei Räder, welche früher auf der (inzwischen übrigens abgeschafften) Vorrathslaffete verladen wurden, an jedem Transportmittel gebrach , sobald man genöthigt war , die Laffete einzustellen. Durch Einziehen neuer Achsen hat man die Geleisebreite von 1,36 auf das Normalmaß von 1,54 gebracht und dadurch die Stetigkeit des Wagens , deſſen Hintergestell gleichzeitig entsprechend verlängert und auch verstärkt worden ist, nicht unerheblich gesteigert. An Stelle der älteren , ziemlich unwirksamen Bremſe iſt eine solche mit Schrauben spindel getreten , welche sich unter dem rückwärtigen Ende des Wagengestells be findet und deren Schuhe an der vorderen Seite der Hinterräder angreifen. Der Zuwachs an Gewicht, welchen das Fahrzeug durch die Mehrzahl dieser Aenderungen erfahren hat , übt auf dessen Beweglichkeit insofern keinen nachtheiligen Einfluß aus, als es fortan nicht mehr mit vier, sondern mit sechs Pferden bespannt wird. Allerdings drängt sich im Hinblick auf die ebenso zahlreichen wie einschneidenden Aptirungen unwillkürlich die Frage auf, ob es nicht noch zweckmäßiger und wohlfeiler gewesen wäre , dem nunmehr vierzigjährigen Munitionswagen , anstatt ihn nochmals fast vollständig umzuarbeiten , den wohlverdienten Ruhestand zu gönnen und ihn durch eine Neuconſtruction zu erſeßen. 3) Erleichterung des eisernen 9 cm - Munitionswagens . Zahlreiche Fahr- und Manövrirversuche sowie ein Vergleich mit dem Material der anderen Feld-Artillerien hatten ergeben , daß der genannte Wagen beträchtlich zu schwer sei. Man entschloß sich deshalb , abgesehen von sonstigen kleinen Aenderungen, die vorhandenen beiden Kaſten des Hinterwagens zu opfern und dafür neue von geringerer Länge und vermindertem Gewicht anzufertigen. Dadurch ist zwar die ― Schußzahl im Hinterwagen um vier ( von 64 auf 60 siehe die obige Tabelle) verringert, zugleich aber auch eine Gewichtsersparniß von 130 kg erzielt worden, wovon 50 kg allein auf die Erleichterung der beiden Wagenkasten entfallen ein immerhin recht annehmbares Resultat. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens, Jahrgang 1883 Seite 95 der Notizen und Revue d'Artillerie, Band XXII. Seite 545 ―――― beide mit Abbildungen .) Zur Vervollständigung des Feld - Artillerie - Materials standen der Italienischen Regierung für 1882 1998 196 und für 1883 800 000 Mark zur Verfügung. Von ersterer Summe sind bestritten worden : die Ausrüstung der Feldgeschütze mit je 600 Schuß , die probeweise Bewaffnung von fünf 9 cm Batterien mit neuem Material, die Versuche mit den, den neuaufgestellten Reiten den Batterien zu überweisenden Geschützen u . s. w. , sowie endlich die Anfertigung der 9 cm-Bronceröhre für vier Batterien jedes Feld - Artillerie - Regiments . Da diese Röhre aus verdichteter Bronce als hinlänglich erprobt gelten können , so sollen sie allmälig sämmtliche 9 cm-Stahlkanonen ersetzen und letztere nebst den älteren hölzernen Laffeten in die Festungs-Artillerie eingestellt werden. (Mit theilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewejens , Jahrgang 1883 Seite 170 der Notizen.)

Material der Artillerie.

385

Defterreich-Angarn. Die Versuche des Militärcomités mit Feldgeschützen beschränkten sich im Jahre 1882 auf die Erprobung des Französischen Hemmschuhes , der jedoch keine wesentlichen Vortheile erkennen ließ. Außerdem beschäftigte sich das Comité hauptsächlich mit der Vervollkomm nung des 7 cm- Gebirgsgeschüßes , deſſen Wirkung durch die von 0,35 auf 0,42 kg erhöhte Ladung eine nicht unbedeutende Steigerung erfuhr. Dagegen hat die neu construirte Laffete, welche, der vermehrten Anstrengung entsprechend, ein Gewicht von 180 kg erhielt und deshalb zerlegbar eingerichtet werden mußte , noch nicht die erforderliche Widerstandsfähigkeit beim Schießen gezeigt. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens , Jahrgang 1883 Seite 297.)

Ruhland. Nach einem erst kürzlich veröffentlichten Bericht des RuſſiſchenKriegsministeriums find im Jahre 1881 Seitens der Arsenale zu Petersburg, Briansk und Kiew 284 eiserne Feldlaffeten, 708 eiserne Proßen, 424 Munitions-Hinterwagen, 1800 Räder und 15 000 Vorrathsgegenstände angefertigt worden. Die Bewaffnung der Feld-Artillerie stellte sich am 1. Januar 1882 wie folgt : . 97 Batterien 776 schwere Stahlkanonen . = 1500 leichte Stahlkanonen 188 = 712 424 Stahlkanonen für Reitende Artillerie 72 480 9 Pfünder-Broncekanonen { für Reserve-Artillerie { 72 = 480 4 Die Gebirgs-Artillerie zählte zur selben Zeit: 132 Batterien 108 4 Pfünder Broncekanonen . = 3 24 Baranowsky-Geschütze : 2 16 3 Psünder Broncekanonen . (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genieweſens , Jahrgang 1883 Seite 183 der Notizen.) Kleinere Artillerien.

1. Schweiz. Das zur Zeit seiner Einführung ganz vortreffliche , heut aber längst über lebte leichte Feldgeschütz ist durch ein anderes, den modernen Ansprüchen ungleich besser genügendes Kanon von ebenfalls 8,4 cm Kaliber ersetzt worden. Als Ge schoffe führt es Ringgranaten , Shrapnels und Kartätſchen. Die Ringgranate ist 21 cm = 2,5 Kaliber lang , hat hinten ein kupfernes Führungsband mit zwei Rillen , vorn ein glattes kupfernes Centrirband , enthält 12 Ringe mit je 8 Stollen und nimmt 140 g Sprengladung auf. Gewicht 6,2 kg; Querschnittsbelastung = 112 g auf den qcm; Anfangsgeschwindigkeit 460 m. Als Zünder dient ein Percussionszünder, dessen Nadelbolzen mit Sperr feder und Sperrring versehen ist , um sein Vorſchnellen beim Abfeuern zu ver hüten. Das Zündhütchen ist für verlangſamte Zündung eingerichtet, wodurch die früher unzulängliche Raucherscheinung des zerspringenden Geschosses verbessert werden soll. Das Shrapnel besteht aus einer stählernen cylindrischen Hülse mit guß eijernem, ogivalem Kopf. Die Sprengladung von 65 g ist in einer Kammer am 25 Militärische Jahresberichte 1883.

386

Militärische Jahresberichte für 1883.

Boden gelagert, welche vorn durch den conischen Treibspiegel geschlossen wird und durch ein schmiedeeisernes Röhrchen mit dem Zünder in Verbindung steht ; lekterer ist ein Doppelzünder System Rubin und Fornerod. *) Das Shrapnel ist hinten wie die Granate mit fupfernem Führungsband, dagegen vorn mit Eisen- (richtiger Stahl-) Centrirung versehen. Es enthält 150, mittelst Colophonium-Einguß festgelegte Hartbleikugeln von 15 g Gewicht und 13,5 mm Durchmesser. Länge des Geschoffes (mit Zünder) 21,4 cm = 2,5 Kaliber; Gewicht 6,7 kg ; Quer schnittsbelastung 121 g auf den qcm ; Anfangsgeschwindigkeit 442 m. Die Kartätsche wiegt 5,6 kg, ist mit 6 Zinkkugeln von 100 und 56 Hart bleikugeln von 78,5 g gefüllt, hat einen Treibspiegel mit Strickhandgriff und am hinteren Ende sechs Grenzwarzen. Die Kropfkartusche von 8,8 cm Durchmesser ist 25 cm lang , in der Mitte einmal geschnürt , und faßt 1,4 kg „Kiesel- " (grobkörniges) Pulver von 5 bis 9 mm Körnergröße, 1,64 Dichte (untere Grenze) und 960 bis 975 g cubiſchem Gewicht (auf 1 Liter). Zum Abfeuern dient eine mit losem Pulver gefüllte und am Boden mit Knallsatz versehene Zündpatrone, welche mittelst einer vom Oberst lieutenant Greßly construirten Schlagvorrichtung entzündet wird. Die Laffete ist aus Stahlblech hergestellt und entspricht im Wesentlichen dem Deutschen Modell ; ebenso die Fahrzeuge. Eine Feld-Batterie zählt 6 Geschütze, 6 Munitionswagen, 1 Vorrathslaffete, 1 Rüstwagen, 1 Feldschmiede, 1 Fourgon und 2 Proviantwagen.

Die Munitionsausrüstung beträgt: Leichte Batterie 548 Granaten, 474 Shrapnels und 26 Kartätschen, zusammen 1048 Schuß. Davon entfallen auf jedes Geſchüß und die Vorraths laffete 40 (20 Granaten, 18 Shrapnels und 2 Kartätschen), auf jeden Munitions wagen 128 (68 Granaten, 58 Shrapnels und 2 Kartätschen) . Schwere ( 10 cm ) Batterie 500 Granaten, 248 Shrapnels und 52 Kartätschen, zujammen 800 Schuß, und zwar : Geschütz und Vorrathslaffete je 32 (20 Granaten, 8 Shrapnels und 4 Kar tätschen) ; Munitionswagen je 96 (60 Granaten , 32 Shrapnels und 4 Kar tätschen) . (Näheres im Archiv für die Artillerie- und Ingenieuroffiziere des Deutschen Reichsheeres, 90. Band Seite 142, und in der Schweizerischen Zeit schrift für Artillerie und Genie, Jahrgang 1883 Seite 96 - mit Abbildungen. ) Die lettgenannte Zeitschrift enthält auch , gleichfalls im Jahrgang 1883 (Seite 88), beachtenswerthe Angaben über Schießversuche, die auf dem Uebungs platz bei Zürich mit einem 8,4 cm -Stahlringrohr gegen altes Kalksteinmauerwerk von 60 cm Stärke und gegen einen Schuttwall ausgeführt wurden. Die Ent fernung betrug 25 bezw. 100 m ; die Geschüßladung theils 0,84 , theils 1,4 kg. Verfeuert wurden :

Shrapnels mit Doppelzünder, gewöhnliche Granaten mit Pulverladung, *) Beschreibung und Abbildung des Zünders in der Schweizerischen Zeitschrift für Artillerie und Genie, Jahrgang 1882, Heft 1 und 2.

Material der Artillerie.

387

Ringgranaten mit Pulverladung, = 2 Amidogenladung. *) Im Ganzen wurden 52 Schuß in fünf Serien abgegeben. Die Einzelheiten des Versuchs können hier aus Raummangel nicht mitgetheilt werden ; es möge deshalb die Wiedergabe der wesentlichſten Reſultate und Folgerungen genügen. 1. Serie gegen die freistehende Mauer auf 25 m. Shrapnels brauchen drei Treffer auf dieselbe Stelle , um durchzuschlagen; Seitenwirkung nicht vorhanden. Ringgranaten mit Pulver- und mit Amidogenladung schlagen mit jedem Schuß durch ; ebenso die Granaten mit einfacher Wandung ; bei erſteren ist Seitenwirkung durch Lockerung des Mauerwerks erkennbar ; bei letteren fällt sie sehr be trächtlich aus. 2. und 3. Serie gegen die hinterfüllte Mauer auf 25 m. Alle vier Ge schoßarten schlagen mit dem dritten Schuß durch; Seitenwirkung wie bei Serie 1. Zum Brejchiren eines laufenden Meters sind 7 Shrapnels, 6 Ringgranaten mit Pulverladung , 5 Ringgranaten mit Amidogenladung und 4 Granaten mit ein facher Wandung erforderlich ; von letteren würden aber, in Anbetracht der großen Seitenwirkung, wahrscheinlich auch drei genügen. Sämmtliche Granaten der drei Sorten (7 Stück) wurden bei Serie 3 ohne Zündschrauben verfeuert, zersprangen jedoch ausnahmslos im Aufschlag. 4. Serie gegen die hinterfüllte Mauer auf 100 m. Erhebliche Seiten wirkung. Treffer in der Richtung von unten nach oben sind wirksamer als von oben nach unten oder als wagerechte. 5. Serie gegen den Schuttwall von 1,5 m Höhe und 3 m Stärke. Ring granaten ohne Zündschraube gegen kieshaltigen Boden verfeuert, zerschellen, aber zerspringen nicht.

2. Spanien. Ueber die seit 1880 stattgehabten Versuche zur Ausbildung des leichten und schweren Feldgeschützes (8- und 9 cm) enthält die Revue d'Artillerie (21. Band Seite 537) einige durch Abbildungen erläuterte Angaben nach dem Memorial de Artilleria; ebenso über das schon im vorigen Jahresbericht erwähnte 7,85 cm Stahlringrohr des Major D. Alvarez Sotomayor , für welches der Erfinder neuerdings zwei Granaten von 3,5 bezw. von 3,75 Kaliber Länge in Vorschlag gebracht hat; erstere wiegt 5,17, lettere 6,22 kg ; beide haben hintere Kupfer führung und Eisencentrirung. Der Schraubenverschluß des Geſchüßes wird theils mit einem kupfernen Broadwellring , theils mit der (auch im Deutschen Reich patentirten) Liderung des Hauptmann D. Luis Freyre gedichtet. Lettere hat folgende Einrichtung : Der cylindrische Verschlußkopf ist an seiner hinteren Kante conisch abgeschrägt und mit einem stählernen Liderungsring von dreiseitigem Querschnitt umgeben. Der Stiel des Verschlußkopfes ruht mit einem Absatz im Innern der Schraube auf einer ſtarken Spiralfeder, die ihn stetig nach vorn preßt ; *) Das sogenannte Amidogen ( D. R.-P. Nr. 23 933 vom 10. December 1882 für J. Gemperle in Wien) besteht aus 73 Theilen Kalisalpeter, 8 Theilen gemahlener Holzkohle, 8 Theilen gemahlener Kleie, 10 Theilen Schwefel und 1 Theil Magnesiumsulphat. Salpeter und Magnesia werden mit kochendem Wasser (1/3 ihres Gewichts) in einem auf 140 Grad erwärmten Keſſel unter Umrühren erhißt, nach erfolgter Lösung die anderen , vorher ge= mischten Bestandtheile zugesezt , zwei Stunden bei 140 Grad gekocht , dann fünf Stunden bei 50 Grad getrocknet und schließlich unter 5000 (?) Atmosphären Druck zu Patronen ge preßt. Wie alle derartigen Producte, wird auch das Amidogen vom Erfinder als völlig gefahrlos bei der Darstellung und beim Gebrauch bezeichnet. ( Dinglers Polytechniſches Journal, 2. Januar-Heft von‍1884, Seite 118.) 25*

388

Militärische Jahresberichte für 1883.

in Folge dessen entsteht zwischen dem Kopf und der Verschlußschraube ein geringer Spielraum , welcher durch eine am hinteren Ende des Stiels angebrachte Stell mutter beliebig geregelt werden kann. Beim Schuß schiebt der Druck der Pulver gase den Kopf zurück und in die conische Innenfläche des Liderungsringes hinein, der dadurch ausgedehnt und an die Seelenwandung angepreßt wird ; der Gegendruck der Spiralfeder bewirkt, daß der Kopf nach dem Schuß wieder nach vorn geht und ――― der Ring sich lockert. Auf Grund ihres andauernd günstigen Verhaltens bei einer größeren Schußzahl aus verschiedenen Geschützen ist die Liderung Freyre, dem Antrage des Artilleriecomités gemäß, zur endgültigen Einführung angenommen worden. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genieweſens , Jahr gang 1883 Seite 14 der Notizen, und Revue d'Artillerie, 21. Band Seite 559 beide mit Abbildungen.) Beschreibung und Zeichnung einer vom Oberst Verdugo vorgeschlagenen gas dichten Schlagröhre für Centralzündung , die mittelst eines Schlaghammers abge feuert wird, findet man in Revue d'Artillerie, 22. Band Seite 78 (nach Me morial de Artilleria). Diese Vorrichtung , welche der oben erwähnten Zünd patrone des Schweizerischen Feldgeschützes augenscheinlich sehr ähnelt, hat sich bei Versuchen auf dem Schießplatz von Carabanchel hinsichtlich der Liderung durchaus tadellos verhalten , wogegen das Entfernen der verfeuerten Schlagröhre aus dem Zündcanal noch Schwierigkeiten verursachte. Nach der Revista cientifico militar scheint das Feld- Artilleriematerial in der Periode 1880/81 gerade keinen erheblichen Zuwachs erfahren zu haben ; denn außer drei 9 cm-Versuchslaffeten, dem 7,85 cm- Stahlringrohr, System Sotomayor und einem Berggeschütz aus Trubia-Stahl wurden nur in Sevilla 18 8- und 18 9 cm-Stahlbronceröhre neu gefertigt, sowie 48 8 cm-Stahlröhre C/68 beringt und nachgebohrt. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genie wesens, Jahrgang 1883 Seite 19 der Notizen.)

Ueber den gegenwärtigen Zustand der

Gebirgs - Artillerie in England, Frankreich , Italien , Desterreich , Rußland und Spanien geben zwei Abhandlungen von Major Beckerhinn und von Hauptmann v. Tscharner eingehende Auskunft; erstere ist in den Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens, Jahrgang 1882 und 1883, enthalten, lettere in der Schweizerischen Zeitschrift für Artillerie und Genie, Jahrgang 1883 Seite 246.

II.

Belagerungs-, Feftungs-, Küften- und Schiffs- Artillerie.

Auf diesem Gebiet sind abermals wie in den früheren Jahren fast überall sehr bedeutende Fortschritte bemerkbar , welche die verhältnißmäßig geringfügigen Veränderungen in der Bewaffnung der Feld-Artillerie nach allen Richtungen hin bei weitem überragen. Deutschland. Versuche der Kruppschen Gußſtahlfabrik. a. 30,5 cm-Kanone. Die Schießversuche mit diesem Geschütz (siehe den vorigen Jahresbericht Seite 439 unter c.) wurden fortgesetzt und erstreckten sich diesmal hauptsächlich auf den Vergleich verschiedener Pulversorten, Ladungen und

Material der Artillerie.

389

Geschoßgewichte. Dabei traten die großen Vorzüge deutlich zu Tage, welche sich für so schwere Kaliber aus der Verwendung eines sehr langsam zusammen brennenden Pulvers im Verein mit hohem Geschoßgewicht hinsichtlich des Gas drucks und der lebendigen Kraft ergeben. Die Einzelheiten der Versuche und ihrer Resultate sind in den Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens, Jahrgang 1883 Seite 147 der Notizen, nach dem Bericht Nr. 47 der Kruppschen Gußstahlfabrik wiedergegeben. Besonders lehrreich ist die nach stehende Zusammenstellung der Eigenschaften und Leistungen des 30,5 cm gegen= über den aus anderen Fabriken und Staaten hervorgegangenen Koryphäen gleichen oder größeren Kalibers.

Krupps Gegenstand

Arm: strongs

Englische

30,5 cm-Kanone

Frans zösische 34 cm= Kanone

em

30,5

30,5

30,5

34,0

Kaliber

35

28,9

29,4

19,7

Rohrgewicht

kg

49 200

44 350

43 688

48 340

Gewicht der Panzergranate

kg

455

317,5

326,6

420

Gewicht der Ladung

kg

162

147,4

129,7

117

Anfangsgeschwindigkeit des Geschoffes

m

565

547

565

486

im Ganzen

mt

7403

4842

5314

5056

auf den cm Umfang

mt

77,28

50,5

55,5

47,3

auf den qem Querschnitt mt

10,14

6,63

7,27

5,57

auf ein Kilo Rohrgewicht mkg

151

109

122

105

mt

45,71

32,8

41,0

43,2

an der Mündung em

75,1

54,6

58,5

49,2

1

0,73

0,78

0,65

68,4

47,8

51,4

43,5

1

0,70

0,75

0,64

Seelendurchmesser

Rohrlänge

Lebendige Kraft

des Geschosses

auf ein Kilo Pulver Stärke der schmiede eisernen Platte, welche

Verhältniß

das senkrecht auftreffende auf 1000 m Entfernung cm Geschoß durchschlägt Verhältniß

Mit einem zweiten 30,5 cm hat Armstrong durch Verwendung Deutſchen, sehr wenig offensiven Pulvers, und durch Steigerung der Ladung zwar bessere Resultate als die obigen erzielt; doch bleiben dieselben gegen die Arbeitsleistung des Kruppschen Geschüßes immer noch erheblich zurück. Eine Polemik, die deffen= ungeachtet kürzlich im Engineering gegen die Ueberlegenheit des letzteren eröffnet wurde, hat Seitens der Kruppschen Fabrik selbst die gebührende Widerlegung er

390

Militärische Jahresberichte für 1883.

fahren. *) Eine Zusammenstellung von Zahlenangaben über die Construction und die ballistischen Eigenschaften der Kruppschen 26- und 30,5 cm-Kanone findet sich in der Revue d'Artillerie, 21. Band Seite 360. Für den praktischen Gebrauch bei Rechnungen der inneren Ballistik hat die Kruppsche Fabrik eine Anzahl Formeln und Tabellen hergeleitet, mit deren Hülfe sich die Geschoßgeschwindigkeiten und Gasspannungen für verschiedene Seelen längen der Geschützröhre aus den gegebenen Elementen der Seele, des Geschoffes, der Ladung und der Anfangsgeschwindigkeit auf einfachem und wenig zeitraubendem Wege ermitteln lassen. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genie wesens, Jahrgang 1883 Seite 65 der Notizen. )

Ein von H. Gruſon in Buckau-Magdeburg conſtruirter Zünder für Geſchoffe und Torpedos hat den Zweck, die rechtzeitige und wirksame Explosion der Spreng ladung in möglichst zuverlässiger Weise sicher zu stellen. Es soll dies durch eine entsprechende Verstärkung des Zünders erreicht werden, welcher statt einer mehrere Knallquecksilberpillen von der sonst für Percussionszünder üblichen Stärke enthält. Beim Aufschlag des Geschosses sticht indeß die Nadel nur eine Pille an , deren Flamme sich auf die übrigen in der Geschoßhöhlung befindlichen Pillen überträgt ; die gemeinsame gleichzeitige Explosion der letzteren bewirkt dann mit großer Kraft die Entzündung der Sprengladung. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie und Genieweſens, Jahrgang 1883 Seite 164.)

England. Die im Jahresbericht für 1881 Seite 505 mitgetheilten Nachrichten über die Zusammensetzung des Englischen Belagerungs - Trains aus schweren und leichten Sectionen oder Einheiten zu je 30 Geschüßen und deren Munitions ausrüstung sind wie folgt zu ergänzen :

Zuſammenſeßung.

Schwere Section Geschütze

Anzahl

Leichte Section Procent

Geschüße

Anzahl

Procent

16 cm-Kanonen

8

27

12 cm-Kanonen

10

33,3

12 cm-Kanonen

8

27

10,5 cm-Kanonen

10

33,3

20 cm-Haubißen

14

46

16 cm-Haubitzen

10

33,3

30

100

30

100

Zusammen

Zusammen

*) Engineering, 36. Band, Nummern vom 30. November, 14. und 21. December 1883, Seite 495, 539 und 564.

Material der Artillerie.

391

Munitionsausrüstung.

Schwere Section

Leichte Section

cn 16 cm 12 cm:

20 cm

Kanone

Haubige

Geschosse

Granaten

300

300

Shrapnels

150

180

Kartätschen

10

20

Panzergeschoffe

40

Leuchtgeschosse

-

Brandgranaten



-

30

500

500

500

12 cm 10,5 cm 16 cm Kanone Haubize

Granaten

340

300

450

Shrapnels

150

180

I

Zusammen

450

Geschosse

10

Kartätschen

10

20

10

-

Leuchtgeschosse

--

-

10

10

30

Brandgranaten

Zusammen

500

500

500

(Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens, Jahrgang 1883 Seite 167 der Notizen . ) Die Classification der neuen Englischen Hinterlader (mit Schraubenverschluß und stählerner Liderungsschale) ist nach Broad Arrow folgendermaßen festgestellt worden:

Benennung

Rohrgewicht kg

12 Pfünder

356

22 Pfünder

610

25 Bfünder

1143

4 Zöller, Modell I

661

4 Zöller, Modell II

1118

5 Zöller

1931

6 Zöller (80 Pfünder)

4065

6 Zöller, Modell II

4116

8 Zöller, Modell I und II

11 178

9,2 Zöller, Modell I, II und III

18 291

10,4 Zöller

26 420

12 Zöller

43 695

392

Militärische Jahresberichte für 1883.

(Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genieweſens , Jahrgang 1883 Seite 22 der Notizen.) Von Schießversuchen mit schweren Geſchüßen sind zu erwähnen : 1) 81 Ton - Geschüß. In einem Panzerthurm auf der Admiralitätsmole zu Dover find kürzlich zwei 81 Ton- Geſchüße aufgestellt worden , aus denen am 16. Juli 1883 einige scharfe Schüsse abgegeben wurden. Der Thurm ruht auf 32 Rädern und wird mittelst dreier Dampfmaschinen von 200 Pferdekräften bewegt , welche sich im Kellergeschoß unter dem Meeresspiegel befinden . Eine vierte schwächere Maschine besorgt das Laden der Geschüße , wozu jedesmal 212 Minuten erforderlich sind. Der ganze Mechanismus wird von einem über den Geschützen stehenden Manne gelenkt. Man befürchtete allgemein , daß die Erschütterung beim Abfeuern den Einsturz einiger benachbarten Erdhänge herbei führen und dadurch auch Menschenleben gefährden werde, weshalb die umfaſſendſten Sicherheitsmaßregeln getroffen waren. Bei dem ersten Schuß betrug die Ladung 102, das Geschoßgewicht 863 kg und die Erhöhung zwei Grad. Das Geschoß berührte die See auf 1600 m und machte noch drei Aufschläge , bevor es verschwand. Rücklauf: 2,13 m. Der Knall wurde in der Stadt kaum gehört und machte sich jedenfalls nicht mehr bemerkbar, als bei anderen schweren Kanonen. Geschütz und Maſchinerie zeigten keine Ver änderung. Zweiter Schuß : 152,4 kg Ladung , drei Grad Erhöhung , 1,5 m Rücklauf (bei schärfer angezogener Bremse) . Die Wirkung in der Nachbarschaft war un angenehm ; eine an 7 mm starke Scheibe der Leuchtthurmlaterne zersprang mit lautem Krach und fiel neben einer Gruppe von Offizieren , welche dem Versuch beiwohnten, zu Boden. Dritter Schuß: Volle Ladung von 204 kg ; Richtung wagerecht ; Rücklauf wieder 1,5 m. Der Luftdruck zerbrach noch zwei Gläser im Leuchtthurm, während in der Stadt Fenster und Thüren , selbst schwächere Häuser sehr merklich erschüttert wurden. Vierter Schuß : 102 kg Ladung , drei Grad Erhöhung und 1,2 m Rücklauf. Fünfter Schuß : 204 kg Ladung, größte zulässige Senkung, 1,5 m Rücklauf und 137 m Schußweite . Oberst Goodenough, Vorsitzender der Versuchscommiſſion, und alle anwesenden Offiziere „waren von den Resultaten höchlich befriedigt“. 2) 43 Ton- Geschüß ( 12 Zöller). Das für den Conqueror bestimmte Modell erreichte in Shoeburyneß 540 m Anfangsgeschwindigkeit ; mit einem neuen, noch in der Anfertigung begriffenen Pulver hofft man jedoch 610 m zu erzielen ; die mit Pallisergranaten auf 1080 m gegen ein Ziel von 2 m erlangten Treff ergebnisse waren sehr zufriedenstellend . 3) 18 Ton- Geschütz (9,2 Zöller oder 23,4 cm) , neues Woolwich-Modell. Das Geschoß von 172 kg erhielt mit 63 kg Prismapulver eine Anfangsgeschwindig keit von 527 m und durchſchlug auf 914 m eine schmiedeeiserne Platte von 38,5 cm. Capitän Goold Adams hat mit 11 Schüssen aus diesem Kanon eine Scheibe von 2,74 m auf 762 m Entfernung neunmal getroffen ; darin liegt allerdings noch kein Beweis von hervorragender Trefffähigkeit. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens, Jahrgang 1883 Seite 208 der Notizen , nach dem Iron und Revue d'Artillerie, 23. Band, Octoberheft von 1883 Seite 82, nach Avenir militaire.)

Material der Artillerie.

393

Panzerversuche. Eine der für den Kreuzer " Warspite" bestimmten , von der Firma Brown und Co. in Sheffield gelieferten Panzerplatten , wurde am 28. Februar 1883 angeschoffen. Die Probeplatte war 2,43 m lang , 1,83 m breit und 25,4 cm ſtark. Die Dicke der Stahlschicht wechselte zwischen 8,2 und 7 cm. Es geschahen drei Schuß aus dem 18 Ton-Geschütz von Armstrong (9 Zöller). Der erste Schuß ergab einen 40 cm langen Sprung in Gestalt eines den Geschoßaufschlag_con= centrisch umgebenden Ringes. Bei dem zweiten Schuß wurde die Platte nahe ihrem rechten Rand und 61 cm unter dem ersten Schußloch getroffen und erhielt mehrere Oberflächenrisse. Der dritte Schuß endlich traf neben dem linken Platten rand auf eine dünne Stelle der Stahlschicht ; außer der Erweiterung der beim zweiten Schuß entstandenen Risse brachte er auch mehrere neue , sowie einen großen, dem unteren Plattenrand parallelen Sprung hervor. Die Geschoßspißen blieben sämmtlich in der Platte stecken, so daß die Eindringungstiefen nicht genau gemessen werden konnten ; doch sollen dieselben 11,4 cm nicht überschritten haben. Um über die Widerstandsfähigkeit der vorhandenen älteren Panzer- und Mauerconstructionen der Englischen Küstenbefestigungen gegen die Wirkung moderner Geschütze schwersten Kalibers praktischen Aufschluß , sowie für künftige dergleichen Anlagen einen möglichst nutzbaren Anhalt zu gewinnen , hat man in Shoeburyneß am 22. August , 11. und 20. September 1883 vier verschiedene Ziele aus schweren Kanonen beschossen. Ziel 1 : 12,19 m dicke Mauer, Granit und Beton in vier senkrechten Lagen abwechselnd ; ungepanzert. Ziel 2: Compoundplatte von Cammell , 2,13 m lang und breit, 30,5 cm stark, auf 6,1 m dicker Mauer : vorn Granit, hinten Beton, hinter dieſem, durch einen schmalen Gang getrennt, eine Erdschüttung von 6,1 m Stärke. Ziel 3 : Zwei Platten von je 20,3 cm voreinander ; hinter jeder Platte 12,7 cm Holzfüllung (fogenanntes Sandwich- System) ; Mauerhinterlage wie bei Ziel 2. Ziel 4: Betonmauer, 12,19 m dick, ungepanzert. Schuß 1 gegen Ziel 3 : 80 Ton- Geschütz (40,6 cm Vorderlader) auf 183 m mit Palliser-Hartgußgeschoß von 771 kg ; Ladung : 204,1 kg ; Anfangsgeschwindig keit: 484 m ; lebendige Kraft im Ganzen 9754 mt ; Durchschlagsvermögen : 63,5 cm Schmiedeeisen. Das Geschoß durchschlug beide Platten , zerbrach , drang jedoch mit der Spiße 3,048 m tief ein (von der Vorderfläche des Panzerschildes gemeffen) . Schußloch in den Platten glatt, letztere auch sonst unbeschädigt. Holzzwischenlagen seitlich herausgedrängt ; der das Schußloch umgebende Granit in Staub ver wandelt; die Quadern in der Höhe des Treffpunktes seitwärts fortgedrückt ; mehrere Sprünge in den Quadern; ebenso einzelne Riffe in der Ziegelverkleidung des schmalen Ganges ; Bolzen unversehrt. Schuß 2 gegen Ziel 2. Das Geschoß durchschlug die Platte und zerbrach ; die im Panzer steckengebliebene Spitze drang 23,5 cm tief in die Mauer ein, fügte derselben aber nur geringfügige Beschädigungen zu ; in der vorderen Stahl schicht der Platte waren nahe dem Treffpunkt beträchtliche ringförmige , aber nur unbedeutende radiale Riſſe entstanden ; die Bolzen verhielten sich gut. Aus dieser, die Erwartungen bei weitem übertreffenden Widerstandsfähigkeit des Ziels im Verein mit anderweiten Versuchsergebnissen folgert man , daß Compoundplatten durch starre und harte Hinterlagen erheblich verstärkt werden und daß sie unter solchen Umständen ein Hartgußgeschoß, welches eine doppelt so starke Schmiede eisenplatte durchschlagen würde, aufzuhalten vermögen.

394

Militärische Jahresberichte für 1883.

Schuß 3 gegen Ziel 1 : Die vordere Granitmauer ( 1,52 m) und die nächste Betonschicht (3,96 m) wurden durchschlagen ; beim Auftreffen auf die zweite Granitmauer, die nur wenig litt , wandte sich das Geschoß nach rechts , zerbrach und kam nach einem weiteren Weg von 2,13 m zur Ruhe. Das Mauerwerk war vollständig zerklüftet und zu weiterem Widerstande unfähig ( „demoralised" wie sich der Engliſche Berichterstatter ſinnig ausdrückt) . Schuß 4 gegen Ziel 4: Das Geschoß , welches zunächst nicht wieder auf gefunden wurde, scheint gegen 9 m tief eingedrungen zu sein. Die Betonmauer war in der Umgebung des Schußlochs völlig breschirt und zeigte auch ſonſt zahl reiche ausgedehnte Risse. Schlüsse von allgemeiner Bedeutung aus dieſen vereinzelten Reſultaten gezogen, dürften indeß leicht zu irrthümlichen Folgerungen führen . (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens , Jahrgang 1883 Seite 108 und 187 der Notizen, mit Abbildungen.) Ueber Versuche mit einem 80 Pfünder Palliſer-Kanon, welche einerseits deſſen Geeignetheit als Panzergeschütz darthun und andererseits zur Ermittelung der hierfür zweckmäßigsten Geschoßconstruction dienen sollten , berichtet der Engineer Nachstehendes : Die Versuchsgeschosse waren theils von Capitän Eduard Palliser selbst, theils vom Königlichen Laboratorium geliefert worden. Das erſte Palliſer Stahlgeschoß mit Stahlmantel (siehe im vorigen Jahresbericht Seite 443 und 444) durchschlug eine Compoundplatte von 15,2 cm, sowie die Holzhinterlage von 60,8 cm , zerbrach und drang in die rückwärtige Eisenplatte 7,6 cm tief ein. Aus der Beschaffenheit des Schußlochs, dem Verbiegen der Spitze und dem Zer brechen des Geschosses , sowie aus dem Umstand, daß die eine Seite des Mantels durch die Platte zurückgehalten wurde , während die andere vorwärts geschleudert worden war und dabei die sie haltende Schulter abgescheert hatte - aus der Summe dieser Erscheinungen folgert Capitän Palliser, daß das Geschoß die Platte schräg getroffen habe und bei normalem Auftreffen nicht zerbrochen sein würde. Sei dem wie ihm wolle, jedenfalls wurde der Erfinder beim zweiten Schuß noch weniger vom Glück begünstigt ; die Untersuchung des Geschoffes ergab , daß die Härtung des Hartgußmantels nur bis auf 1,27 cm von der Oberfläche reichte. Dagegen hatte ein ganz ähnliches Geschoß , welches indeß am Kopf mit scharf kantigen Längsrippen oder Schneiden versehen war und das bei 9,07 kg Ladung 425 m Anfangsgeschwindigkeit besaß , eine schmiedeeiserne Platte von 22,5 cm glatt durchschlagen , ohne zu zerbrechen. Diese und andere Reſultate mit der gleichen Geschossen haben zu der Annahme geführt, daß die erfolgreiche Wirkung gegen Panzer durch die Schneiden am Geschoßkopf , wie auch durch den losen, beim Auftreffen abzustreifenden Mantel am Bodentheil des Geschosses wesentlich begünstigt werde. Der dritte und vierte Schuß , wobei zwei im Königlichen Laboratorium angefertigte Geschosse mit schlanker Spitze verfeuert wurden, durch schlugen das Ziel mit solcher Wirkung, daß danach die Ueberlegenheit des Palliser 80 Pfünders gegen Compoundplatten von 15,2 cm als erwiesen angesehen wurde. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens , Jahrgang 1883 Seite 208 der Notizen , und Revue d'Artillerie , 22. Band Seite 568 (mit Abbildungen im Tert], nach dem Engineer.) Von Unfällen beim Schießen sind mehrere zu verzeichnen : In Shoe buryneß zersprang ein stählerner 6 Zöller (15 cm-) Hinterlader, Modell II , von 4116 kg Rohrgewicht mit einem 45,4 kg schweren Geschoß und 17 kg Ladung, in der Nähe des Verbrennungsraumes. Die Rohrtrümmer wurden zwar weit umher geschleudert, richteten aber verhältnißmäßig nur wenig Schaden an. Von der Bedienungsmannschaft war Niemand getödtet, ein Mann schwer verwundet.

Material der Artillerie.

395

In Folge dieſes Vorkommnisses wurde ein neues verstärktes Modell (3) des 15 cm-Rohrs construirt, dessen Gewicht um 102 kg erhöht worden ist. ―――― Am 23. Februar 1883 zersprang bei einer Schießübung an Bord der Corvette „Daring“ im Hafen von Yokohama ein 64 Pfünder-Vorderlader mit der Gebrauchs ladung von 4,55 kg. Das Rohr wurde am Zündloch in zwei Stücke zerrissen, deren hinteres durch die Bordwand ins Meer flog, nachdem es zwei Mann getödtet und drei leicht verwundet hatte. Da das im Woolwich-Arsenal gefertigte Rohr eine schmiedeeiserne Kernröhre hatte, so ist nunmehr für alle Geschüße dieses Kalibers, die nicht mit einem Seelenrohr aus Stahl versehen sind, eine Verminderung der Ladung angeordnet worden. - Ein anderer Unfall von geringerer Bedeutung traf vier Tage später ebenfalls einen der neuen 15 cm Hinterlader an Bord des „ Stork". Beim Abfeuern trat eine so heftige Gas ausströmung durch den Verschluß ein , daß der richtende Kanonier und noch ein Mann der Bedienung schwere Brandwunden erlitten ; ersterer brach überdies das Bein. Dieser Vorfall spricht allerdings nicht eben zu Gunsten der Zuverläſſigkeit des sogenannten verbesserten Französischen Schraubenverschluffes. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens , Jahrgang 1882, S. 287 der Notizen, und Jahrgang 1883, S. 107 und 139 der Notizen, nach Engineer bezw . Bulletin de la réunion des officiers und Rivista marittima .) Schließlich ist noch der verhängnißvollen Explosion in der Raketenfabrik zu Woolwich zu gedenken, deren einstöckige Gebäude von dem Arsenal durch einen ziemlich breiten Canal getrennt und in Gruppen zu je zwei angeordnet sind. In der vom Arsenal am weitesten abliegenden Gruppe brach eine Feuersbrunst aus, welche fich dem Raketenmagazin mittheilte. Die in Brand gerathenen Raketen flogen nach allen Richtungen umher, übertrugen das Feuer auf andere Fabrik gebäude und die dort lagernden Raketen überschütteten die Nachbarschaft in einem Umkreise von mehreren Tausend Metern mit ihrem verderblichen Feuerregen. Eine derselben traf einen 2400 m entfernten Baumstamm, spaltete ihn in einer Länge von fast 2 m auf, beschädigte noch drei andere Bäume und eine Mauer und fiel nur 2 bis 3 m von einigen Fabrikarbeitern zu Boden. Eine zweite kam in einem Garten zu Plumstead herunter, deſſen Abstand von Woolwich gegen 4 km beträgt. Während der angerichtete Schaden auf 40 000 Mark geschätzt wird, ist der Verlust an Menschenleben, sowie die Zahl der Verwundeten gegen die anfangs gehegten Befürchtungen glücklicherweise bedeutend zurückgeblieben. Es wurden nur 11 Verletzte ermittelt und zwei Leichen aufgefunden, von denen die eine furchtbar verstümmelt, die andere vollständig verkohlt war. (Revue d'Artillerie Bd. 23 , S. 83, nach Progrès militaire.) Literatur : Text Book of Gunnery , von Mackinlay. London 1883 . Frankreich. Die Französischen Belagerungs - Trains , deren ist, sind zusammengesetzt aus je 8 22 cm-Kanonen mit je . 40 langen 15,5 cm-Kanonen mit 20 kurzen 15 cm = = 60 12 cm Hinterlader = cm 9,5 18 8 27 cm-Mörsern mit je . = = : 14 22 cm

Zahl noch nicht bekannt

1111

800 Schuß, = 1300 = 1100 = 1150 1150 = 600 600 = 12 glatten 15 cm-Mörsern mit je 600 zusammen 180 Geschütze. . je = = = .

=

=

=

396

Militärische Jahresberichte für 1883.

Dieser Ausrüstung treten im Bedarfsfalle noch 100 Wallbüchsen nebst der erforderlichen Munition hinzu . Der Train zerfällt in zwei völlig gleiche Halbtrains und jeder der letteren in vier Abtheilungen : Haupt- und Ergänzungs -Abtheilung, Fuhrpark und Eiſen bahn-Abtheilung. Die Haupt-Abtheilung besteht aus den Sectionen 1 bis 3. Section 1 : Die zur Einrichtung des Parks urd zum Batteriebau nothwendigen Gegenstände, auf 108 Fahrzeugen verladen (84 Bettungen, 5000 Schanzkörbe, 500 Faschinen, 36 000 Sandsäcke, 40 Fernsprecher, 40 Dynamitkasten, 20 zer legte Baracken u. a. m. ) nebst dem Eisenbahn -Verladematerial. -- Section 2: 20 lange und 10 furze 15,5 cm , 30 12 cm- und 9 9,5 cm-Kanonen, 7 22 cm und 6 glatte 15 cm-Mörser (und 50 Wallbüchsen) nebst der für die ersten Tage erforderlichen Munition und dem Geschützzubehör. — Section 3 : Munition. Zur Ergänzungs - Abtheilung gehören die Sectionen 4 bis 6. Section 4 : Rest der Munition für die Geschütze der Haupt-Abtheilung. Section 5 : Reparatur Werkstatt. Section 6: Die zu besonderen Zwecken bestimmten Geschüße (4 22 cm-Kanonen und 4 27 cm-Mörser) nebst Munition und Zubehör. Der Fuhrpark besteht aus zwei Munitions- Colonnen von je 44 Fahrzeugen und mit eigenem Perſonal, an deffen Mobilmachungsort das Material im Frieden aufbewahrt wird. - Die Eisenbahn-Abtheilung enthält bei zwei Halbtrains 20, bei den übrigen 5 km Streckenmaterial (System Decanville mit 50 cm Geleije). Für den Eisenbahntransport eines Halbtrains find 36 Züge nöthig ; davon bedarf die erste Section zwei, die zweite sechs, die dritte fünf, die vierte sechs , die fünfte einen, die sechste fünf, der Fuhrpark sechs , die Eisenbahn-Abtheilung zwei und das Personal drei Züge. Wenn die Haupt-Abtheilung zeitweise zur Vertheidigung einer Festung bestimmt wird, so tritt sie zu deren General-Artilleriereſerve über, bleibt aber von der eigentlichen Festungs-Artillerie so lange getrennt, bis sie im Bedarfsfalle einem Belagerungstrain zugewiesen werden kann. Die Ergänzungs Abtheilung wird in diesem Falle an einem vom Kriegsministerium bezeichneten Ort vereinigt. In allen anderen Fällen ist jeder Halbtrain nach Möglichkeit in einem und demselben Ort oder im Bereich derselben Direction unterzubringen. (Militär-Wochenblatt Nr. 73 vom 8. September 1883 , Sp . 1442 ; Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens Jahrgang 1883 , S. 169 der Notizen, und Aide mémoire, Cap. 10, vom 1. April 1883.) Die Bewaffnung der Französischen Belagerungs- , FestungsKüsten-Artillerie umfaßt gegenwärtig folgende Geschützarten :

1. Land - Artillerie :

J Broncene 12 Pfünder Vorderlader { ፡ 24 Psünder 13,8 cm Stählerne 12 cm: 15,5 cm: = 22 cm Kanonen; Stählerne kurze 15,5 cm Hinterlader Eiserne 19 cm C75/76 ፡ 19 cm C/78 24 cm C/76 ፡ Stählerne 24 cm C/76 = 22 cm = 27 cm³ Mörser. Glatte 15 cm:

und

Material der Artillerie.

397

Ferner: Kartätschgeschüße (Canons à balles) C/67 ; Revolverkanonen C/79, System Hotchkiß; Hinterlader : Syſtem Reffye. Canons de cinq · sept 2. See Artillerie: Vorderlader --- Eiserne aptirte 16 cm = 16 cm C 58/60 Kanone n; = 27 cm C/70 Hinterlader = 32 cm C/70 Eiserne aptirte 22 cm-Haubigen; : 24 cm³ Vorderlader == 30 cm: Mörser. Glatte 32 cm Ueber die 12 , 13,8- und 15,5 cm-Kanonen, sowie über die 22- und 27 cm-Mörser ist das Wesentlichste bereits in den Jahresberichten für 1879, G. 328, und für 1882 , S. 445 mitgetheilt worden ; *) für die anderen Geschütze folgen hier einige Angaben. 1) Die 19 , 22- und 24 cm- Eisen- bezw. Stahlkanonen der Land Artillerie. 19 cm- Eisenkanone C 75/76 und C/68 . Der gußeiserne Rohr körper ist mit einer faſt bis zur Mitte seiner Länge reichenden stählernen Kernröhre und mit zwei Stahlringlagen versehen, welche das Boden- und Zapfenſtück umgeben ; die erste enthält sieben, die zweite vier Ringe. Die beiden Modelle C 75/76 und C/78 unterscheiden sich in der Hauptsache nur durch die Einrichtung des Verschlusses ; ersteres hat den Schraubenverschluß, System Treuille de Beaulieu , mit Liderung Bange, letzteres im Wesentlichen den der 15,5 cm-Belagerungskanone. Der ab wechselnden Verwendung dieser Geſchüße in Küſtenplätzen und in Binnenfestungen entspricht eine Küsten- und eine Festungslaffete ; beide sind schmiedeeiserne Rahmen laffeten mit Vorderpivot, hydraulischer Bremse und Zahnbogen-Richtmaschine, welche lettere aus einem doppelten Schneckenvorgelege nebst Zahnsegment und Gradzeiger besteht. Um die Erhöhung rascher wechſeln zu können, ist an der Küstenlaffete noch eine zweite Zahnbogen-Richtmaschine angebracht, während der selbe Zweck bei der Festungslaffete durch einen zweiarmigen Hebel erfüllt wird. Von Geschoffen ist vorerst nur eine Granate mit hinterer Kupferführung und Eisencentrirung vorhanden ; doch sollen demnächst auch Panzergeschosse und Shrapnels zur Einführung gelangen. 24 cm-Eisenkanone C/76. Die Rohrconstruction ist der des 19 cm C/78 ähnlich; die Zahl der Ringe beträgt zehn in der ersten und acht in der zweiten Lage ; von letzteren trägt einer die (ebenso, wie bei den 19 cin-Kanonen, aus gehöhlten) Schildzapfen. Die Seele hat 60 rechtsgängige Züge mit Progressiv= drall. Die gußeiserne Rahmenlaffete mit Lamellenbremse und Schraubenricht= maschine gestattet dem Rohr, bei 2,195 m Feuerhöhe, 16 Grad Erhöhung und 15 Grad Senfung ; sie wiegt 6428, der Rahmen 10 340 kg. Die Granate (Panzergeschoß und Shrapnel sind noch im Versuch) hat gleichfalls Kupferführung mit Eisencentrirung, ist 2,7 Kaliber lang und wiegt fertig 120,47 kg , wovon 6 kg auf die Sprengladung entfallen. Sie erhält durch die Ladung von 28 kg, *) Vergl. auch u. a. Archiv für die Artillerie- und Ingenieuroffiziere des Deutschen Reichsheeres Bd. 89, S. 419, und Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens Jahrgang 1882, S. 237 (Taf. 20 und 21).

398

Militärische Jahresberichte für 1883.

welche sich in einer Kartusche von 77 cm Länge und 21 cm Durchmesser befindet, 470 m Anfangsgeschwindigkeit. Schußtafel der 24 cm- Eisenkanone.

Ent:

Erhöhungs-

Fall

fernung

Endge: Flugzeit schwindig feit

Winkel m

m

Secunden

50procentige Streuung nach der Länge m

Breite m

Höhe m

500

0° 36'

0° 43'

1,10

435,8

0,32

1000

1° 21'

1° 33'

2,29

406,5

0,64

2.000



3° 29'

4,91

360,0

18,6

1,32

1,14

3 000

4° 51'

5° 47'

7,84

325,7

20,0

2,20

2,02

4 000

6° 56'

8° 44'

11,04

301,2

22,2

3,28

3,42

5500

10° 42 '

14° 31'

16,26

275,4

26,8

5,28

7,96

7.500

17°

6'

23,93

246,3

35,4

8,74

9 000

22° 59'

30,29

226,2

44,6

12,06

10 500

30° 02'

37,20

207,9

58,2

16,16

24 cm-Stahlkanone. Rohr und Verschluß gleichen in der Construction dem 15,5 cm ; ersteres ist in seiner ganzen Länge beringt ; erste Lage 27 , zweite Lage 12 Ringe ; über letterer befindet sich noch der Schildzapfenring und zwei Ringe mit Henkeln. 72 Züge mit Progreſſivdrall. Die nachstehende Zusammenstellung giebt einige ziffermäßige Daten über die vorerwähnten Geschütze (mit Ausnahme des eisernen 24 cm-) und über die 22 cm Stahlkanone.

19 cm:

19 cm:

22 cm

24 cm³

Eisenkanone

Stahlkanone

C 75/76

C/78

C/76

cm

19,4

19,4

22,0

24,0

durchmesser | zwischen den Zügen

cm

19,6

19,6

22,28

24,3

Durchmesser S Ladungsraums des Liderungsraums

cm

20,5

20,5

22,5

24,6

cm

21,0

20,8

-

25,05

m

4,150

4,195

5,100

6,700

Gegenstand

Seelen

Rohrlänge

zwischen den Feldern

Material der Artillerie.

19 cm: Gegenstand

399

19 cm³

Eisentanone

22 cm

24 cm

Stahlkanone

C 75/76

C/78

C/76

m

3,693

3,700

6,115

Kaliber

19,03

19,07

25,62 6,5

Seelenlänge

Liderungsraums

cm

9,2

5,6

Ladungsraums

cm

60,6

65,2

Uebergangsconus

cm

4,25

4,25

gezogenen Theils

m

3,039

3,039

3,915

4,970

am Ladungsraum

2° 12'

2° 12′ 46″

1° 55'

1° 30'

an der Mündung



70

70



7850

6027

13 980

69

280

63,45

124,5

Länge des 4,00

Drallwinkel

Rohrgewicht

kg

7850

Gewicht des Verschlusses

kg

158

184

13 280

11 092

35°

35°





Mark

Preis des Rohrs Erhöhung

58 400

Größte Į

Senfung Gewicht der Laffete

kg

3500

3500

Gewicht des Rahmens

kg

3153

3153

cm

56

56

60

2,87

2,87

2,7

75,4

75,4

90,0

153

Mark

17,46

17,46

Sprengladung

kg

4,05

4,05

4,80

5,00

Geschüßladung

kg

16,0

18,0

38,0

Anfangsgeschwindigkeit der Granate

m

439

5650

Länge der Granate Kaliber Gewicht der fertigen Granate

1

Preis der leeren Granate

kg

16,0 439

443

Militärische Jahresberichte für 1883.

400

Schußtafel der 19 cm = Eisenkanone. 50 pCt. Streuung nach der Entfernung

Erhöhungs winkel

m

Flugzeit Secunden

Länge m

Breite m

500

0° 15'

1,19

16,4

0,16

1000

1° 11'

2,46

17,0

0,31

1500

2° 13'

3,84

17,8

0,58

2000

3° 20'

5,32

18,6

0,86

2500

4° 33'

6,87

19,8

1,26

3000

5° 50'

8,48

21,0

1,66

3500

7° 10'

10,16

22,4

2,12

4000

8° 34'

11,92

23,8

2,66

4500

10° 03'

13,76

25,6

3,22

5000

11 ° 38'

15,72

27,6

3,84

5500

13° 19'

17,79

30,2

4,60

6000

15° 10'

19,96

33,0

5,50

6500

17° 07'

22,22

36,4

6,56

7000

19° 12'

24,60

39,8

7,68

2) Die 27 und 32 cm-Eisenkanone C/70 der See - Artillerie. Beide Rohre sind von gleicher Construction, welche sich unmittelbar an die der 19 cm anschließt ; nur ist das vordere Ende der Kernröhre in den Rohr körper eingeschraubt und der Verschluß durch eine Kupferliderung mit Stahlplatte abgedichtet. Zum Abfeuern dient eine gasdichte Zündpatrone C/74/78, die durch Schlag entzündet wird. Der 27 cm hat eine hölzerne Küſtenlaffete auf eisernem Rahmen , C/70 mit Backen- und C/76 mit Lamellenbremje. Von dem 32 cm eristiren zwei Modelle Nr. 1 und 2 ; letzteres ist 1,5 Kaliber länger. Die guß eiserne Laffete hat Lamellenbremse und theils Vorder- theils Mittelpivot. An Geschossen führen beide Granaten, (maſſive) Hartguß- und Panzergeschoffe , die hintere Kupferführung und Eisencentrirung haben ; der 27 cm ist überdies noch mit Kartätschen ausgerüstet.

Material der Artillerie.

401

Geschüße.

27 cm

32 cm

Gegenstand Eiſenkanone C/70 zwischen den Feldern

cm

27,44

32,0

zwischen den Zügen

em

27,74

32,3

cm

28,06

m

5,38

6,700

4,934

6,155

Seelendurchmesser

Durchmesser des Ladungsraums

B

Rohrlänge

Seelenlänge Raliber

17,98

19,22

cm

82,0

99,3

Geschoßlagers mit Uebergangsconus cm

25,9

31,4

am Ladungsraum

0° 30'

0° 30'

an der Mündung





Ladungsraums

Länge des

Drallwinkel

64 (Felders breite 4 mm)

42

Zahl der Züge Rohrgewicht

kg

23 200

39 000

Gewicht des Verſchluſſes

kg

500

700

Mark

23 120

37 280

Preis des Rohrs Feuerhöhe

Erhöhung

Grad

Senfung

Grad

Größte

C/70 : 2,14 C/76: 2,30 C/70: 22 C/76: 30 C/70: 7 C/76: 6

14

13 300

Gewicht der Laffete

kg

31 200 (?)

Gewicht des Rahmens

kg

17 700

Mark

18 680

Preis der Laffete

Militärische Jahresberichte 1883.

2,35

5

30 000 (mit Mittelpivot 35 000) 29 000 (mit Mittelpivot 34 160)

26

402

Militärische Jahresberichte für 1883. Munition.

27 cm³

32 cm:

Hart- Pan Gra Gra- gußzer= Kar Geschoß nate tätsche ! nate

Gegenstand

-

Hart Pan gußszer: Geschoß

cm

71,0

65,0

Kaliber

2,6

2,37

2,37

-

2,66

2,31

2,44

kg

180

216

216

146

286,5

355

355

65,0

74,0

85,2

78,0

Länge

Gewicht, fertig

Sprengladung

kg

37,6 10,93

113,5 208,0 -

2,00

|

178,4 356,9

17,00 226 oder 48 0,535 oder 2,540

-

kg

Geſchüßladung

kg

42

68,5

cm

81,0

98,5

cm

26,5

27,4

1

T

Gewicht der Rugel

Länge

5,20

I

-

92,4

1

---

Zahl der Kugeln (Zink)

I

Mart

Preis

der Kartusche Durchmesser

Schußtafel der 27 cm -Kanone. Mit Granaten. Anfangsgeschwindigkeit 470 m.

Er: Entfernung

m

Fall

höhungs Winkel

Flugzeit Secunden

50 procentige Streuung nach der End geschwin Breite Höhe Länge digkeit

m

m

m

m

1000

1 ° 23′

1 ° 33′

2,4

405

15,0

0,3

0,3

2000

3° 05′

3° 40′

5,1

353

15,4

0,6

0,9

3 000

5° 04'

6° 20'

8,0

-

16,7

1,1

1,8

4 000

7° 21'

9° 33'

11,1

-

20,3

1,8

3,4

6 000

12° 52'

17° 37'

18,1

33,8

4,2

10,6

8.000

19° 53' 8

27° 37' 27

26,2

55,7

8,6

28,7

10 000

28° 54'

39° 12'

36,3

-

84,5

16,0

69,2

11 200

35° 58'

47°

44,0

-

106,4

23,6

113,2

Material der Artillerie.

403

Mit Hartguß- und Panzergeschossen Anfangsgeschwindigkeit 434 m.

Durchschlagene Plattenstärke

50procentige Streuung nach der

End:

Er:

bei bei Entfernung | höhungs | geſchwin senkrechtem Auftreffen winkel digkeit Auftreffen unter 30°

Breite

Höhe

m

m

m

-

-

cm

B

cm

Länge

0

-

434

34,1

27,1

-

500

0° 45'

408

30,8

24,5

19,2

0,25

0,27

1000

1° 36'

385

28,1

22,3

20,6

0,50

0,67

1500

2° 30'

364

25,7

20,4

22,9

0,84

1,18

2000

3° 28'

346

23,7

18,8

26,0

1,18

1,85

3) Die 24 und 30 cm - Mörser ( Vorderlader) der See - Artillerie. Die Einführung dieser Mörser erfolgte auf Grund der im Jahre 1879 mit 22 cm-Haubißen vorgenommenen Versuche; für das 30 cm-Kaliber entschied man fich namentlich, um auf allen Schußweiten noch Deckpanzer von 9 cm Stärke durchschlagen zu können . Der Vorderladung wurde der Vorzug gegeben, um mit verhältnißmäßig geringen Kosten eine größere Anzahl Mörser zu beschaffen , die bei leichterer Handhabung zugleich weniger Sorgfalt als die Hinterlader erheischten. (Danach wäre es allerdings nur folgerichtig, gleich zu den glatten Geſchüßen zu rückzukehren , die noch billiger und noch weniger empfindlich find , als gezogene Vorderlader.) Die Röhre sind von Eisen und bei dem 24 cm mit einer, beim 30 cm mit zwei Ringlagen versehen. Sie verfeuern Hartgußgranaten mit eiförmiger Kammer und Bodenschraube , die vorn Eisencentrirung und an dem abgesetzten Boden einen expandirenden Führungsring von Kupfer haben, welcher beim Schuß durch die Pulvergase sowohl nach vorn gegen die Schulter des Geschoßkörpers , als auch nach außen in die Züge hineingepreßt wird. Die Laffetirung besteht aus eisernen Rahmenlaffeten mit Zahnbogen-Richtmaschine und hydraulischer Bremse, ähnlich denen der 19 cm-Kanonen. Die Bedienung erfordert außer dem Geschützführer nur vier Mann .

24 cm

30 cm²

Gegenstand

Mörser zwischen den Feldern

cm

24,0

30,0

zwischen den Zügen

cm

24,2

30,2

cm

19,0

23,6

Seelendurchmesser

Durchmesser der Kammer

Rohrlänge

m

2,685 26*

3,064

404

Militärische Jahresberichte für 1883.

24 cm

30 cm

Gegenstand Mörser

m

2,440

2,789

Seelenlänge

Länge der (des)

Kaliber

10,6

Kammer

cm

40,0

45,0

Uebergangsconus

cm

4,4

5,5

gezogenen Theils

m

1,996

2,284

am Ladungsraum





an der Mündung



70

9,29

Drallwinkel

36

Zahl der Züge mm

Breite der Felder

3,5

45

3,0

kg

5955

Mark

3672

Gewicht der Granate

kg

120

Gewicht der Sprengladung

kg

2,5

4,5

Größte Geſchüßladung

kg

16,0

18,0

70°

70°





Rohrgewicht

Preis des Rohrs

Erhöhung

10 764

220

Größte

Senkung

Der 24 cm-Mörser erreicht mit der kleinsten Ladung von 5 kg, welche noch hinreicht , um den Führungsring vollständig zu erpandiren, und 40° Erhöhung eine Schußweite von 3700 m, wobei sämmtliche Geschosse in ein Rechteck von 100 m Länge und 40 m Breite fallen. Seine Granaten durchschlagen auf kleine Entfernungen 9 und noch auf den größten 7 cm-Deckpanzer. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens Jahrgang 1883 G. 261 , mit Abbildungen .) Am 13. Juni 1883 haben in Gegenwart des Kriegsministers und anderer hoher Offiziere aus dem Panzerthurm des Forts Villeneuve - Saint Georges bei Paris Schießversuche mit zwei 15,5 cm-Kanonen stattgefunden. Die Panzer kuppel aus Hartguß kann durch hydraulischen Druck um einige Centimeter ge= hoben und dann mittelst Dampfkraft oder Handkurbel gedreht werden. Zu dem Versuch, welcher die Widerstandsfähigkeit der Laffeten und die Art ihres Gebrauchs erproben sollte, wurden eigenartige Geschosse aus Zink verwendet, die etwa 100 m vor der Geschützmündung zerspringen. Die Zündung erfolgte auf elektrischem Wege. Ueber die Resultate ist Nichts angegeben. (Mittheilungen über Gegen stände des Artillerie- und Geniewesens Jahrgang 1883 Seite 162 der Notizen, nach Avenir militaire .)

Material der Artillerie.

405

An Bord der "1 Devastation" , die nebst dem „ Amiral- Duperré“ „ est peut être le plus beau cuirassé qui soit à flot" , ist am 5. Juli 1883 ein Schieß versuch ausgeführt worden. Das im Jahre 1879 vom Stapel gelassene Schiff ist 94,86 m lang, 21,25 m breit, verdrängt 9639 Tonnen Waſſer , hat 2 Schrauben, 38 cm größte Panzerstärke und führt vier 34 cm von 48 000 kg in der Central casematte, sowie vier 27 cm von 28 000 kg , sechs 13 cm und 12 Revolver kanonen System Hotchkiß. Jeder der beiden 34 cm im Vordertheil der Caſematte verfeuerte 10 Schuß ; 2 mit der Exercirladung von 58, 2 mit 106 und 6 mit der Gefechtsladung von 117 kg, welche dem 420 kg schweren Geschoß eine Anfangsgeschwindigkeit von 486 m ertheilt. Es war keinerlei Unfall zu ver zeichnen und das ganze System arbeitete zur Zufriedenheit der Versuchscommission. Die beiden anderen 34 cm, sowie die Vorrichtungen zum Schießen von Whitehead Torpedos sollten demnächst ebenfalls einer Prüfung unterzogen werden . (Revue d'Artillerie B. XXIII. S. 259, nach Avenir militaire. ) Ein in seinen Folgen sehr ernster Unglücksfall ist am 8. April 1883 dem im Piräus ſtationirten Kriegsschiff „ Triomphante" beim Salutschießen zu gestoßen. Eine Kartusche entzündete sich im Rohr, bevor der Verschluß_voll ständig geschlossen war ; dieser wurde abgerissen und zertrümmert, ein Mann von den ausströmenden Pulvergasen erstickt , ein anderer durch ein Stück des Verschlusses getödtet, einem dritten (der am nächsten Tage seiner Verletzung erlag) der Arm gebrochen und noch mehreren Leuten schwere Brandwunden im Gesicht zugefügt. Die Ursache der Explosion erblickt man in dem übertrieben schnellen Feuer, wobei das Auswischen des Rohrs nach jedem Schuß unterlassen wurde und in Folge dessen vermuthlich ein glimmender Rest Kartuschbeutelzeug in der Seele zurückgeblieben war. ――― Minder verderblich scheint ein anderer Unfall in Brest verlaufen zu sein , wo beim gefechtsmäßigen Schießen aus einer Hafen-Batterie eine 32 cm-Kanone mit 89 kg Ladung im unteren Theil des Zapfenstücks zersprang und ihre (hölzerne) Laffete nebst Rahmen fast gänzlich zer störte. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens Jahr gang 1883 . 108 der Notizen, nach Avenir militaire.) Literatur: 1 ) Gadaud, Carnet de notes et de renseignements 1881 . 2) Carnet de l'officier de marine, 1883. Italien. Von neueren Versuchen zur Vervollständigung und weiteren Ausbildung des Materials der Belagerungs- und Festungs - Artillerie erscheinen die nachstehenden besonders erwähnenswerth. Bei dem Schießen mit kleinen Ladungen für indirectes Feuer aus den guß eifernen beringten 12 und 15 cm-Kanonen (Hinterlader) ergab sich die Noth wendigkeit, hierfür statt des 20 bis 24 mm-Progressivpulvers ein anderes Pulver von 7 bis 11 mm Körnergröße zu verwenden, so daß diese Geschüße fortan mit zwei Pulversorten ausgerüstet werden müssen. Da sich bei den kleinen Ladungen zugleich, wie natürlich, die Trefffähigkeit bedeutend verringerte, was man dem zu langen Drall der Züge zuschrieb , so sind behufs Fortsetzung der Versuche drei Röhre mit Progreſſivdrall hergestellt worden : ein 12 und ein 15 cm von Guß eisen mit 35 und ein 12 cm aus Hartbronce mit 25 Kaliber Enddrall. Die Umwandlung der 22 cm- Vorderlader-Haubiße in einen 24 cm - Hinter lader ist vollendet (vergl. im vorigen Jahresbericht S. 450) . Neben dem Ver suchsrohr Nr. 1 mit gleichförmigem , war noch ein zweites mit Progreſſivdrall (15 Kaliber Enddrall) versehen worden. Nach eingehender Prüfung beider

406

Militärische Jahresberichte für 1883.

Modelle hat man sich schließlich für den gleichförmigen Drall von 30,6 Kalibern entschieden. Das Rohr ist 2,515 m lang und wiegt mit dem (Schrauben-) Ver schluß 4430 kg. Die 67,2 cm = 2,8 Kaliber lange Granate hat hinten ein kupfernes Führungs-, vorn ein desgleichen Centrirband, wiegt, einſchließlich 8,8 kg Sprengladung, 119,8 kg und ist mit dem großen Percussionszünder C/80 ver sehen. Sie ergiebt bei 5,3 kg Ladung ( 7 bis 11 mm - Pulver) eine Anfangs geschwindigkeit von 231 m, etwa 1200 Atmosphären Gasdruck und unter 41,5° Erhöhung eine mittlere Schußweite von 4330 m. Das zuerst versuchte 20 bis 24 mm-Progressivpulver, welches mit 9 kg Ladung 267 m Geschwindigkeit (50 m vor der Mündung gemessen) bei nur 934 Atmosphären Spannung erzielte, mußte aufgegeben werden, weil es sich für das kurze Rohr als zu faul erwies. Die vorhandene Rahmenlaffete der 22 cm-Haubige kann auch für das umgeänderte Geschütz weiter benutzt werden , bedarf aber mehrfacher Verstärkungen. Bei dem Dauerversuch, der 300 Schuß umfaffen sollte , zersprang das Rohr Nr. 1 , weil die mit einem neuen Sprengstoff geladene Granate in der Seele explodirte. Schußtafel der 24 cm - Haubiße ( Dauerverſuch).

Ladung

Erhöhung

kg

Grad

5,3

41,5

5,3

Schußweite m

Rechted für 50 Procent Treffer

Flugzeit Secunden

Breite m

Länge m

4330

29,1

14,88

34,18

30

3920

22,5

4,95

16,48

5,3

15

2366

11,4

3,60

8,25

3,5

41,5

2743

23,7

2,77

26,54

3,5

30

2430

17,2

3,23

17,54

2,65

30

1731

13,4

2,80

16,80

(Mittelzahl)

Auch bei den 21 und 28 cm-Hinterlader-Haubißen werden Parallelverſuche mit gleichförmigem und Progreſſivdrall angestellt ; letterer endet bei beiden Geſchüßen mit 20 Kalibern, während der gleichförmige Drall in der 28 cm-Haubitze eine Länge von 35 Kalibern hat. Die 28 cm-Laffete ist ohne hydraulische Hülfs vorrichtungen construirt; der Rücklauf wird zum Heben des Geschoffes in die Ladehöhe verwerthet. Um Geschüß und Bedienung möglichst vollständig hinter hohen Brustwehren zu decken, soll mittelst Spiegeln gerichtet werden. Der Rahmen hat ein Mittelpivot, damit das Nehmen der Seitenrichtung beschleunigt und zugleich der Geschüßstand möglichst schmal gehalten werden kann. Man hat durch Schießversuche festgestellt , daß sich die Laffete der 15 cm³ Hinterlader- Kanone für die 21 cm-Haubige als Wallgeschütz verwenden läßt. Diese Haubize soll ein Kammershrapnel mit Doppelzünder (zwei Satringe) erhalten, welches fertig 93 kg wiegt, 840 Füllkugeln von 23,25 g und 1,55 kg Sprengladung enthält. Der 9 cm-Mörser aus Hartbronce mit Flachkeilverschluß verfeuert die Granaten und Shrapnels des 9 cm-Feldgeschüßes. Bei der größten Ladung beträgt die

Material der Artillerie.

407

Das Anfangsgeschwindigkeit 200 m und die Schußweite unter 45 ° 3000 m . Geschütz wiegt 300 kg, die Laffete hat ihren Drehpunkt in der Mitte. Zweierlei Doppelzünder find im Versuch. Der 15 cm-Mörser ist vorläufig nach der Kruppschen Construction (mit geringfügigen Aenderungen an der Laffete) in Dienst gestellt ; doch hat man in Turin auch ein Hartbroncerohr mit Schraubenverschluß angefertigt. Gemauerte Bettungen haben sich nicht bewährt, sondern durch ihre Beschädigungen die Treff fähigkeit wesentlich verringert. Der 24 cm- Mörser aus Hartbronce mit Schraubenverschluß und Liderung Bange verfeuert dieselben Geschosse wie die vorerwähnte Haubiße gleichen Kalibers . Auch bei diesem Geschütz befinden sich zwei Doppelzünder im Versuch. Die älteren Angaben über verschiedene Hinterlader der Belagerungs- und Feftungs-Artillerie bedürfen nachstehender Berichtigungen :

Röhre. Beringte stählerne 12 cm-Kanone . Gußeißerne 15 cm-Haubize . • Beringte gußeiserne 21 cm-Haubiße = = 32 cm-Kanone

Gewicht. 1 428 kg 1440 = 3 225 = 38 200 :

Laffeten. 12 cm-Festungslaffete . = 15 cm: Eiserne 32 cm-Festungslaffete Rahmen dazu . Geschosse (fertig ) . 12 cm-Granate 12 cm-Shrapnel Stählernes 12 cm- Shrapnel (224 Bleikugeln, 160 g Sprengladung) 15 cm-Shrapnel (353 Bleikugeln) . 32 cm-Granate mit großem Percussionszünder C/80 Sprengladung derselben

1018 kg 1 130 5 550 = 15 100 :

16,48 kg $16,95 = 16,50 = 34,83 273,24 13,90 #

(Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genieweſens , Jahrgang 1883, S. 79 der Notizen, und (über die 24 cm-Haubiße) Revue d'Artillerie, Bd . XXII, S. 81 und 560 (mit Abbildungen), ſowie Bd. XXIII, S. 42.) Der erste der für die Panzerschiffe „Italia “ und „Lepanto" bestimmten Armstrongschen 100 Ton -Hinterlader (siehe im vorigen Jahresbericht S. 451 ) hat in Spezia seine Anschießprobe durchgemacht . Das Rohr , dessen Kaliber 43,18 cm beträgt, ist 11,887 m lang und wiegt 101,472 Tons = 103 000 kg. Länge der Seele 11,226 m 26 Kaliber, des Ladungsraums 2,59 m und des gezogenen Theils 8,518 m; größter Durchmesser des Rohrs 1,664 m, des Ladungsraums 49,53 cm. Zahl der Züge 84. Gewicht des Verschluffes 856, der Laffete 12 000 und des Rahmens 29 000 kg. Kraft der bedienenden Dampf maschine 30 Pferde. Gewicht des Panzergeschoffes 906 kg. Das Rohr hat keine Schildzapfen, sondern ist durch Ringe und Schultern starr mit dem Schlitten oder der Laffete verbunden , welche auf einem aus zwei Gußstahlträgern von je 10 000 kg Gewicht bestehenden Rahmen gleitet. Die Träger sind hinten durch die Rücklaufbremse , vorn durch ein starkes wagerechtes Quergelenk ver bunden , welches die feste Drehachse des ganzen Systems bildet. Unter den Trägern greifen zwei hydraulische Preffen mit gemeinsamer Steuerung an und bewirken das Heben und Senken des Geschüßes , deffen größte Erhöhung (zugleich Ladestellung) 12 ° beträgt. Das Deffnen und Schließen des Verschluffes sowie

408

Militärische Jahresberichte für 1883.

das Laden geschieht ebenfalls durchweg mittelst hydraulischer Maschinen, die durch drei Handhebel gesteuert werden. Ihre Construction wird als äußerst einfach, finnreich und zweckmäßig bezeichnet. Bei dem Versuche in Spezia hat das auf einem eisernen Ponton liegende Geschüß an sieben Schießtagen 18 Schuß ab gegeben , elf mit Fossano - Progressiv- und sieben mit Prismapulver. Ersteres hat 1,771 Dichte, vier bis fünf Körner wiegen 1 kg. Die Dichte des von den vereinigten Rheinisch - Westfälischen Pulverfabriken gelieferten Prismapulvers mit einem Canal stellt sich auf 1,760. Die erreichte größte Leistung mit 350 kg Fossano-Pulver und 908 kg Geschoßgewicht betrug 559 m Anfangsgeschwindigkeit bei 1,07 m Rücklauf und 2555 Atmosphären mittlerem Gasdruck. Die Schuß weite für 3 ° Erhöhung belief sich auf 2750 m. Zur Beurtheilung der ver gleichsweisen Leistung des Prismapulvers fehlt es bei der Unvollständigkeit der Messungen noch an genügendem Anhalt. Das Rohr soll für eine Anstrengung von 29 Tons auf den Quadratzoll Engl. = 4400 Atmosphären construirt ſein und würde somit noch eine beträchtliche Steigerung der Ladung und Arbeit gestatten, wofür auch der gegebene cubische Inhalt des Verbrennungsraums aus reicht. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens , Jahr gang 1883 , S. 34 der Notizen (mit Abbildungen ) , und Revue d'Artillerie, Bd. XXI, S. 367, Bd. XXII , S. 471 , nach Italia militare , Engineer, United Service Gazette, Times und Progrès militaire . ) Fast gleichzeitig mit dem Anschießen der für „ Italia“ und „ Lepanto“ bestimmten Geschütze fand zu Muggiano bei Spezia auch ein Schießversuch gegen Panzerplatten statt , deffen Ausfall über die Wahl der Panzerung für die ge nannten beiden Schiffe entscheiden sollte. Es waren dazu von Cammell, Brown und Schneider & Co. drei Platten geliefert worden , jede derselben war 3,3 m lang, 2,6 m breit, 48 cm dick und wog gegen 32 Tonnen . Sie lagen in einem starken schmiedeeisernen Rahmen auf 1,2 m Eichenholz-Hinterlage , die sorgfältig abgesteift war, und wurden aus dem Armstrongschen 100 Ton-Vorderlader (45 cm) auf 92,7 m Entfernung mit (besonders zähen) Hartgußgeschossen von Gregorini beschoffen. Cammell und Brown hatten Compoundplatten , Schneider dagegen eine durchweg stählerne, in Del gehärtete Platte gesandt. Die nach dem gewöhn lichen Compoundsystem hergestellte Cammell-Platte besaß eine gegen 15 cm starke Stahlschicht mit ungefähr 0,59 Procent Kohlenstoff. Sie wurde Seitens der Firma selbst von vornherein als nicht gehörig durchgearbeitet bezeichnet, weil fie ―――――― in Ermangelung einer genügenden maschinellen Ausrüstung der Fabrik nicht, wie es hätte geschehen sollen, von 91 , sondern nur von 76 bis auf 48 cm niedergewalzt worden sei. Immerhin bleibt es schwer erklärlich , wie die Firma zu einem so bedeutsamen Versuch eine mangelhafte Platte liefern konnte. Die Brownsche Platte war nach Patent Ellis hergestellt, d . h. ihre gleichfalls gegen 15 cm dicke Stahlschicht bestand aus einer äußeren stählernen Platte von 7,6 cm Stärke, welche mit der hinterliegenden Eisenplatte durch Stahleinguß verbunden war; Kohlenstoffgehalt = 0,7 Procent. Auch diese Platte war angeblich nicht genügend durchgewalzt. Beide Platten wurden an der Holzhinterlage mit je sechs Bolzen aus weichem Stahl befestigt , welche 11,4 cm Durchmesser hatten und ebenso weit in die an der Rückseite der Platte befindlichen 13,9 cm tiefen Muttergewinde hineinreichten. Zur Befestigung der Schneider-Platte (mit etwa 0,45 Procent Kohlenstoff) dienten 20 Bolzen, gleichfalls von 11,4 cm , die aber nur 5,3 cm tief eingeschraubt waren. Die ballistischen Ergebnisse des Versuchs sind aus nachstehender Zusammen stellung ersichtlich:

Material der Artillerie.

409

Dicke einer gewöhnlichen Eisenplatte, welche glatt durchschlagen worden wäre mit Hartguß Stahl geschoffen geschoffen

Lebendige Kraft des Geschosses

Blatte

m

cm

373,8 371,5

6392 45,308 4,04

17,5

46,3

908

377,8 375,5

6 530 46,293 4,13

21,0

46,8

149

908

374,8 372,5

6 426 , 45,534 4,06

7,5

46,5

4 Schneider 217

908

474,0 471,0 10 274 72,816 6,50

23,5

59,9

5 Brown

217

908

478,8 476,2 10 502 74,437 6,64

20,5

60,5

6 Cammell

217

908

479,6 477,0 10 537 74,687 6,66

20,0

60,6

942,5 471,4 468,8 10 565 74,958 6,68

32,0

60,8

68,4

8 Schneider | 217 | 963,5 | 464,1 | 461,5 10 467 74,200 6,61

30,0

60,3

68,0

kg

kg

149

908

2 Schneider 149 3 Brown

1 Cammell

7 Schneider 217

m

m

cm

Nach dem ersten Schuß zeigte die Cammell-Platte eine große Anzahl Riffe in den verschiedensten Richtungen ; die Brown - Platte hatte außer drei vom Schußloch ausgehenden Haarriſſen einen Sprung von 1 bis 3 mm Weite erhalten, der sich , ohne das Schußloch zu berühren , über ihre ganze Breite erstreckte und stellenweise bis zur Rückseite der Platte reichte; dagegen war die Schneider-Platte, abgesehen vom Schußloch, völlig unbeschädigt geblieben , sie wies auch nicht den kleinsten Riß auf. Der zweite Schuß gegen die Cammell-Platte (Nr. 6 ) zer= störte dieselbe vollständig , fie fiel in fünf große und etwa ein Düßend kleine Trümmer zerlegt zu Boden. Von der Brown Platte (Schuß Nr. 5) blieb un gefähr ein Viertel (das linke obere Eckstück) an der Hinterlage hängen ; der Rest wurde in drei großen und zwei kleinen Stücken herabgeworfen. Die Schneider Platte (Schuß Nr. 4) erhielt außer mehreren schwachen Radialriſſen einen von oben nach unten quer durch und durch gehenden Sprung. Die Hinterlage hatte namentlich bei der Brown-Platte dermaßen gelitten, daß im Ernstfall ein beträcht liches Leck in der Schiffswand entstanden sein würde. Eine Untersuchung der beiden Compoundplatten ergab - neben auffallend grobkörnigem Gefüge sowohl des Stahls wie des Eisens - mehrere schlechte Schweißstellen , Gallen und Schlackenspuren sowie schwammige Flecke in der Schweißnaht zwischen Eisen und Stahlschicht ; auch war die Stärke der letzteren sehr ungleichmäßig ; ste wechselte zwischen 12 und 16 cm. Jene Fehler zeigten sich übrigens bei der Brown-Platte in noch höherem Grade als bei der Cammellschen , nur die Dicke der Stahlschicht war bei ersterer regelmäßiger. Die Schneider-Platte besaß ein feineres , dichteres und gleichförmigeres Gefüge sowie zäheres Metall. Ihre Bolzen erwiesen sich ungemein biegsam und dehnbar, kein einziger war gebrochen, wohl aber waren mehrere stark verdreht ohne das mindeste Anzeichen eines Riſſes .

410

Militärische Jahresberichte für 1883.

Andererseits sahen die Bruchflächen der Englischen Bolzen wie Gußeiſen aus. Mit einem Wort : die Compoundplatten erlitten gegen die stählerne eine offenbar entscheidende Niederlage. Daran können weder die beschönigenden Worte Englischer Fachzeitschriften etwas ändern, noch die Behauptung der Italia militare, welche das beffere Verhalten der Schneider-Platte lediglich ihrer solideren Befestigung an der Hinterlage zuschreibt , wodurch für das „Auge des Laien " der Eindruck größerer Widerstandsfähigkeit hervorgerufen worden sei. Die beiden letzten Schüffe gegen die Schneider-Platte geschahen mit einem Französischen Stahlgeschoß von Terrenoire (das aus Versehen statt eines Whitworth-Geschosses verfeuert wurde) und mit einem Gregorini-Stahlgeschoß. Ersteres erweiterte die vorhandenen Sprünge bedeutend und riß ein dreieckiges Plattenstück ab , doch bedeckten immer noch fast 5/6 des Panzers die Hinterlage, welche kein nennenswerthes Leck zeigte. Das Geschoß lag 1 m vor dem Ziel und war stark gestaucht , aber nicht zerbrochen. Der Schuß Nr. 8 warf wieder ein Stück der Platte herab. Das Geschoß zerbrach, und ein Theil der Trümmer ging durch die Hinterlage ; sein Gefüge war gleichmäßig , in der Spike fein körniger als im hinteren Theil , bekundete aber überall einen guten , sorgfältigen Guß. Die Plattenbolzen verhielten sich abermals ausgezeichnet . (Ausführlichere Angaben im Militär-Wochenblatt von 1883, Sp. 199, Archiv für die Artillerie und Ingenieuroffiziere des Deutschen Reichsheeres , Bd. 90, S. 181 , in den Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genieweſens, Jahrgang 1883, S. 241 und S. 63 der Notizen (mit Abbildungen), und in Revue d'Artillerie, Bd. XXI, S. 516, mit sehr klaren , das Verständniß wesentlich erleichternden Abbildungen.) Zur Beschaffung von Belagerungs- und Festungs -Artilleriematerial standen dem Italienischen Kriegsministerium im Jahre 1882 6 532 552 Mark zur Ver fügung, welche bis auf etwa 16 000 Mark verausgabt worden sind. Es wurden dafür u. A. fabricirt bezw. angekauft *) : 800 Festungsgeschüße mit 700 Laffeten, je 400 Schuß und Zubehör ; eine Anzahl 21 cm-Haubitzen für die neuen Belagerungstrains ; 50 15 cm-Mörserröhre, von der Kruppschen Gußstahlfabrik für 158 040 Mart geliefert ; die Laffeten werden im Lande selbst an gefertigt ; 23 Minimalscharten - Laffeten für 12 und 15 cm -Kanonen, von der Grusonschen Fabrik angekauft ; zu der weiteren Fabrication solcher Laffeten sowie der stählernen 12- und 15 cm-Röhre soll die in ländische Industrie herangezogen werden. Die durch Gesetz vom 30. Juni 1882 für Vermehrung des Küsten-Artillerie materials bewilligte Summe von 13 600 000 Mark ist nachträglich wie folgt vertheilt worden : Für Fabrication von 32 cm-Kanonen (Schluß) · 1 200 000 Mark. = Anschaffung von vier 40 cm-Kanonen nebst ፡ . 4 400 000 Laffeten und Zubehör . = = 7 200 000 Anfertigung von 80 28 cm-Haubitzen = Umänderung der 22 cm-Vorderlader in 24 cm = 800 000 • Hinterlader-Haubitzen . Zusammen 13 600 000 Mart.

*) Sämmtliche Röhre find Hinterlader.

Material der Artillerie.

411

Diese Beschaffungen sind sämmtlich in der Ausführung begriffen und zum Theil schon beendet. Die für Panzerthürme in Spezia bestimmten 40 cm Kanonen hat man im Juli 1882 der Kruppschen Gußstahlfabrik in Bestellung gegeben. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens, Jahrgang 1883, S. 170 der Notizen, und Revue d'Artillerie, Bd . XXIII , G. 86.) Oefterreich-Angarn . Ueber die Versuche des Militär-Comités mit Belagerungs-, Festungs- und Küstengeſchüßen bringen die Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens (Jahrgang 1883 , S. 304) auch diesmal den üblichen Bericht, welchem der nachstehende kurze Auszug entnommen ist. Die mit den Belagerungskanonen C/80 ausgeführten praktischen Ermittelungen betrafen vorwiegend deren zweckmäßigste Verwendung in Angriffsbatterien. In dieser Hinsicht handelte es sich namentlich noch um geeignete Mittel zu wirksamer Hemmung des übergroßen Rücklaufs. Die früher verſuchten hydrauliſchen Bremſen (siehe im vorigen Jahresbericht S. 454) hatten den Anforderungen nicht ent sprochen ; ihre Verbindung mit der Brustwehr war sehr zeitraubend und nicht widerstandsfähig genug, auch wurde die Rohrseele durch die beim Schuß von der Schartensohle weggeblasene Erde verunreinigt. Man hat deshalb einen schmiede eisernen Pivotbock, der auf einem verpfählten und mit den Bettungsrippen ver bundenen Balken befestigt wird , construirt sowie die Bettung verlängert und das Maß des Rücklaufs vergrößert. Ein Bremsmodell , welches erst wirksam wird, nachdem das Geſchütz 81 cm frei zurückgelaufen ist und das eine Gesammtlänge des Rücklaufs von rund 2 m ergiebt , wurde mit 400 Schuß belegt und hat fich dabei auch im Schrägfeuer vollkommen bewährt. Um ein der großen Trefffähigkeit der Belagerungskanonen C/80 ent= sprechend scharfes Nehmen der Höhenrichtung zu ermöglichen , ist ein neuer Libellenquadrant C/82 (nach Kruppschem Modell) eingeführt worden, bei dem die Erhöhung von 2,5 zu 2,5 Minuten genau eingestellt und noch Unterschiede von 1,25 Minuten nach dem Augenmaß genommen werden können. Die Möglichkeit des Durchschießens von Brustwehren wurde mit der 12-, 15- und 18 cm-Kanone gegen eine 8 m starke Brustwehr aus Gartenerde auf 1800 m festgestellt. Das Ergebniß war folgendes : Profil der Furche Geschütz

Schußzahl

Zahl der einwand freien Treffer

12 cm

45

29

4,3

1,5

0,6

0,15

15 cm

41

34

4,2

1,5

1,1

0,45

18 cm

40

35

7,0

2,0

1,3

0,50

Breite vorn hinten m m

Liefe vorn hinten m m

Man 30g daraus den Schluß , daß die 15 cm und 18 cm zum Durch brechen von 8 m starken Brustwehren höchstens bis auf 1800 m verwendbar seien , während der 12 cm diese Aufgabe gegen schwache Brustwehren bis zur Entfernung von 1500 m erfolgreich zu lösen vermöge.

412

Militärische Jahresberichte für 1883.

Bei der in Versuch genommenen Schlagröhre mit gasdichtem Abschluß iſt die für den Reiber bestimmte Oeffnung im Kopf der Hülse möglichst eng gehalten und der Reiber selbst mit einem halb kugelförmigen Knopf versehen ; dieser legt sich beim Abziehen in ein Kugellager am oberen Ende der Hülse und dient so als gasdicht schließendes Ventil , während die Schlagröhre durch eine Klappe im Rohr festgehalten wird. Diese Construction hat sich bei einer großen Schußzahl aus verschiedenen Kalibern gut bewährt. Die ballistischen Versuche mit dem 9 cm- Mörser aus Hartbronce find zu Ende geführt. Die kleinste Ladung beträgt 50, die größte 140 g ; sie ertheilen der 6,35 kg wiegenden Granate eine Anfangsgeschwindigkeit von bezw . 66,5 und 135 m ; die Erhöhungsgrenzen liegen zwischen 20 und 45 ° ; mit 50 g und 20° werden 270, mit 140 g und 45 ° 1500 m Schußweite erreicht.

Mittlere Ladung

Erhöhung

Schußweite

Längen

Seiten:

Abweichung

gge

Grad

m

m

m

45

1502

14,3

5,63

20

1157

9,1

3,15

45

1229

18,1

3,16

20

866

3,7

1,41

45

914

20,2

2,96

20

664

6,4

0,98

45

681

16,6

2,71

20

463

8,6

1,24

45

563

12,8

2,96

20

394

8,7

1,13

45

400

9,9

2,6

20

274

8,4

0,72

140

110

90

70

60

50

Beim Schießen mit scharfgeladenen Granaten gegen vier hintereinander und gedeckt aufgestellte Scheiben wurden sehr ungünstige Resultate erzielt. Das Geschütz hat 411 Schuß in befriedigender Weise ausgehalten. Ein 15 cm-Mörser ( als Festungsgeschütz von Gußeiſen, für den Belagerungs train aus Hartbronce) ist neu construirt , jedoch vorläufig nur in Gußeisen aus geführt worden . Das Rohr hatte Flachkeilverschluß aus Hartbronce, 24 Parallel züge mit gleichförmigem Drall von 25 Kalibern, wog 680 kg und lag in einer eisernen Wandlaffete mit Mittelpivot und Zahnbogen -Richtmaschine . Für den zulässigen höchsten Gasdruck von 1000 Atmosphären ergab sich eine größte

Material der Artillerie.

413

Ladung von 1,2 kg , welche den Geſchoffen C/ 78 ( 27,5 kg) und C/61 (27,74 kg ) bezw. 211 und 192 m Anfangsgeschwindigkeit gab.

Mittlere

Geschoß LängenLadung

Art

Erhöhung

Seiten

Schußweite

Gewicht kg

kg

Grad

C/78

27,5

1,2

45

3623

19,9

4,01

C/61

27,74

1,2

45

3168

48,5

9,3

C/78

27,5

0,3

63,5

652

8,6

4,46

m

Abweichung m m

2620 20 27,5 11,81 15,8 1,2 C/78 letterer bei weil angenommen, kg 0,3 statt Als kleinste Ladung wurde 0,4 die Percussionszünder C/75 unzuverlässig functionirten. Die Laffete verhielt sich gut, ebenso Verschluß und Liderung ; das Rohr dagegen zersprang beim 125. Schuß (Bodenstück abgerissen) , wodurch ein Offizier getödtet und ein anderer schwer verwundet worden sein soll. *) Die Fortsetzung der Versuche mußte deshalb vertagt werden, da nur dieser eine Mörser zur Verfügung stand. Die Schießversuche mit dem 21 cm-Mörser aus Hartbronce sind fortgeführt worden.

Mittlere Geschoßgewicht

Ladung

Erhöhung

Schußweite

kg

kg

Grad

m

Seiten Längen Abweichung m m

1,95

30

1617

10,7

1,55

3,52

60

1984

13,6

5,13

3,62

60

3086

14,4

2,64

4,72

60

4091

14,0

4,44

55,5

6100

32,4

13,09

45

6513

39,5

5,15

45

6609

33,3

13,0

60

5614

39,4

10,14

94,0

6,45

Bei 30° Erhöhung war der Rücklauf so heftig , daß bis zur Ladung von 3,88 kg ( 3400 m Schußweite) zurückgegangen werden mußte, um ihn auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Die wiederholt gebrochene Richtschraube wurde verstärkt , dann durch eine stählerne und endlich durch eine ausgeglühte Stahlschraube ersetzt; aber alle diese Mittel reichten nicht hin , ihr eine befrie digende Widerstandsfähigkeit zu geben ; sogar die schließliche Einrichtung der

*) Neber dieſen Unfall ſiehe Revue d'Artillerie , Bd. XX, S. 362.

414

Militärische Jahresberichte für 1883.

Laffete für Erhöhungen von nur 45 bis 65° und die dadurch ermöglichte bedeutende Verkürzung der Schraube erwiesen sich als unzulänglich , so daß die Versuche in dieser Richtung noch nicht abgeschloffen find. Das Rohr hat bei 897 Schuß nur mäßige Ausbrennungen und Erweiterungen der Seele erlitten. Der gußeiserne 21 cm-Mörser C/73, welcher für die Verwendung als Küstengeschüß mit einem eisernen, auf Kugeln laufenden Drehrahmen ausgerüstet wurde , ist , um die Seitenrichtung gleichmäßig nehmen und unverrückt festhalten zu können , mit einer Kettenwinde versehen worden und hat überdies ein Visir lineal erhalten , welches Visir und Korn trägt und um eine an der rechten Laffetenwand befestigte, zur Schildzapfenachse parallele Welle drehbar ist ; mittelst einer Klemmschraube kann es in jeder beliebigen Stellung festgehalten werden. Diese Einrichtungen haben bei 128 bezw. 106 Schuß mit großer Ladung den Anforderungen entsprochen. Bei einem Schießversuch mit der 15 cm-Küstenkanone aus Hartbronce waren von zehn Granaten zwei blind gegangen. Da die Zünder normal functionirten, so konnte die Ursache nur in der (bei großen Geschoßgeschwindigkeiten bekanntlich nicht seltenen) Erscheinung gefunden werden, daß sich die Sprengladung bis auf zwei Drittel ihrer ursprünglichen Höhe verdichtet hatte und in Folge deffen von der Flamme des Zünders nicht erreicht worden war. Man verstärkte daher die Schlagladung des letteren von 1,25 auf 2,2 g und lud zugleich das Geschoß mit 7 mm Pulver an Stelle des gewöhnlichen Geschützpulvers. Sämmtliche Granaten explodirten nun zwar , aber die Untersuchung von zwei ohne Zünder verfeuerten ergab , daß sich das 7 mm-Pulver ganz ebenso zu Kuchen verdichtete wie das gewöhnliche, weshalb man zu letzterem zurückkehrte. Für die 28 cm - Küstenkanone aus Hartbronce find Stahlgeschoffe von 3,5 Kalibern Länge bestimmt , welche 345 kg wiegen und bei rund 500 m Anfangsgeschwindigkeit 60 cm-Panzer durchschlagen sollen. Mittheilungen über die bereits vor längerer Zeit begonnenen Schießversuche mit diesem Geschüt stehen noch aus. Literatur: 1) Notizen über das t. t. Festungsgeschütz- Material, Pardubit 1882, Hoblik; besprochen in Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und ― 2) Almanach Geniewesens , Jahrgang 1883 , S. 37 der Bücher - Anzeige. für die . f. Kriegsmarine, 1883. Ruhland. Es sind drei Belagerungstrains zu je 12 Sectionen und 400 Geſchüßen vorhanden. Die beiden ersten , ausschließlich mit 11 (10,67) cm - Kanonen bewaffneten Sectionen jedes Trains sind nur zur Verstärkung der Einſchließungs linie bestimmt und folgen daher unmittelbar den Vortruppen des Belagerungs corps. Die Sectionen 3 bis 10 bilden den eigentlichen „ Angriffstrain “ , aus welchem die Geschütze der ersten und zweiten Artillerieaufstellung entnommen werden ; fie treffen erst nach der Wahl der Angriffsfront im Park ein. Section 11 und 12 gehören zum „Reservetrain " , welcher die unbrauchbar gewordenen Röhre und Laffeten zu ersetzen hat. Ein Train besteht aus : 80 11 cm-Kanonen · 20 Procent, = = 15 60 15 cm = 35 Hinterlader 140 15 cm-Haubißen • = 10 40 15 cm-Mörsern · • = = 10 40 20 cm = 10 = 40 glatten 15 cm-Mörsern Zusammen 400 Geschüße

100 Procent.

Material der Artillerie.

415

Zusammenseßung der Sectionen. Section 1 und 2

Zahl

Section 3, 4, 5 und 6 | Section 7, 8, 9 und 10

Gegenstand | Zahl

32

11 cm: Kanonen

110

Munitions tarren

50 584

kg Pulver -

-

24

Gegenstand

Zahl

Gegenstand

15 cm: Kanonen und Haubigen

8

11 cm: Kanonen

4 15 cm-Mörser

20

15 cm Kanonen

Tranchee farren

8 20 cm-Mörser

4

15 cm.Mörser

kg Pulver

8

glatte 15 cm- Mörser

4

20 cm-Mörser

50

Tranchee tarren

4

glatte 15 cm-Mörser

120 464

kg Pulver

Gegenstand

15 cm Kanonen und Haubitzen

4 15 cm-Mörser

50 109 817

-

Section 11 und 12

-

Zahl

16

-

Dies ergiebt außer den 400 Geſchüßen : 220 Munitionskarren, 400 Tranchee farren und 1022 292 kg Pulver. Jedes Geschütz ist mit 1000 , der 20 cm Mörser indeß nur mit 700 Schuß ausgerüstet , welche sich auf die verschiedenen Geschoßarten folgendermaßen vertheilen : Geschüße

Geschoßarten

11 cm-Ranone 15 cm-Ranone 15 cm -Mörser 20 cm- Mörser 15 Glatter cm-Mörser und Haubitze

Granaten (Bomben)

770

800

Shrapnels

200

200

Kartätschen

30

-

Zusammen

1000

1000

1000

700

1000

-

-

-

1000

700

1000

(Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genieweſens , Jahr gang 1883, S. 167 der Notizen.) Vergl. auch S. 211 vorliegenden Bandes. Die oben angegebene Zusammensetzung der Belagerungstrains dürfte indeß nicht als endgültig feststehend anzusehen sein ; wenigstens ist (nach Revue d'Artillerie, Bd. XXI, G. 304) die Russische Belagerungs-Artillerie zur Zeit mit nachstehenden Geschüßen ausgerüstet : 11 cm (42 Linien-) Leichte 15 cm (leichte 6Zöller) -Kanone, Lange 15 cm C/77 (lange 63öller) Zerlegbarer 20 cm (83öller) 9 cm (34 Linien-) 20 cm C/77 (83öller) -Mörser. Zerlegbarer 23 cm (93öller) Diese Geschütze sind sämmtlich Stahlringröhre mit Rundkeilverschluß ; nur über die Construction des 9 cm-Mörsers ist Näheres noch nicht bekannt geworden .

416

Militärische Jahresberichte für 1883.

Kanonen

Mörser

11 cm

Leichter 15 cm

Langer 15 cm

Berlegs barer 20 cm

9 cm

20 cm

Berleg barer 23 cm

Gegenstand

cm

10,67

15,24

15,24

20,32

8,64

20,32

22,86

Rohrgewicht mit Verschluß

kg

1320

1965

3063

5668

gegen 82

3376

5580

1825

-

Gewicht des )(der

Raliber

langen Feldes

―――

Bodenstücks

2903

3098

99

148

m

Länge ddes )( er

kg

Verbindungs schraube Kernrohrs

-

542

364

Verschlusses

-

299¹ )

3918)

Rohrs

3,734

Seele

gezogenen Theils

3,353

3,404

0,605

2,283

2,667

-

2,895

2,852

0,432

1,778

2,071

3,006

2,225

2,179

-

1,435

1,278

36

36

Zahl

Drall

1579

der

Züge

4º 2º 58' 25 Kal. bis an der = 45 Ral.] an der 7° 10′ Mündung Mündung 1,27 1,25

Tiefe

mm

Breite

mm

6,25

Breite der Felder mm

3,05

Durchmesser des cm Kartuschraumes

2,90

12,7

kg

-

Geschoßgewicht

kg



Anfangs geschwindigkeit

m

3,4853)



-

15,87

21,03

8,54)

7,85)

1,5

21,08 6,546)

23,7 8,2

32,8

1

Größte Ladung

46

5° 10' = 35 Kal. 15 Kal. an der Mündung

343

407

1

Höchster Gasdruck at

332

3400

-7)

-

Wandstärke des Kernrohrs = 3,3 cın. = ፡ : = 3,0 = 3) Grobkörniges Pulver. 104 Schuß mit 3,7 kg hatten keinerlei Veränderungen der Seele zur Folge. D 5) Prismapulver. 6) Grobkörniges Pulver. 7) 1164 Atmosphären bei 3,28 kg Prismapulver von 1,68 Dichte. (Lange 15 cm-Röhre mit 30 und 20 cm-Mörser mit 20 Kaliber Enddrall sind im Versuch.)

Material der Artillerie.

417

Das Zuſammenſeßen der zerlegbaren Röhre , von denen Ende 1882 40 20 cm-Kanonen und ebenso viele 23 cm-Mörser vorhanden waren , geschieht in folgender Weise: Das lange Feld wird in das Bodenstück von vorn hinein gesteckt und beide mittelst der die Stoßfuge umfassenden Verbindungsschraube vereinigt, worauf man das Kernrohr von hinten in den Rohrkörper schiebt ; dazu dient eine durch die Seele hindurchreichende Schraubenspindel, deren Mutter sich gegen ein an der Mündungsfläche angebrachtes Widerlager lehnt , während ihr hinteres Ende mit einer flachen Platte versehen ist , welche beim Anziehen der Mutter das Kernrohr vor sich her schiebt. Diese Arbeit erfordert 20 Mann und nahezu drei Stunden. Das Bodenstück der 20 cm-Kanone wird in der Laffete fortgeschafft , das des 23 cm-Mörsers dagegen bedarf eines besonderen Fahrzeugs, weil es mit der 2457 kg schweren Laffete zusammen 5555 kg wiegen würde. Was den Gebrauchszweck der genannten Geſchüße betrifft, so ist die 11 cm Kanone, deren große Länge (35 Kaliber) eine hervorragende Trefffähigkeit zu verbürgen scheint, zum Demontiren und zum indirecten Schuß (?) auf mittleren Entfernungen bestimmt ; der leichte 15 cm für alle Schußarten auf mittleren und großen Abständen gegen lebende Ziele sowie gegen leblose von mäßiger Wider standsfähigkeit. Der lange 15 cm soll zum Bombardement auf den größten Entfernungen verwendet werden und die 20 cm-Kanone gegen Erdwerke haupt sächlich durch die starke Sprengladung ihrer Granate wirken. Der 9 cm -Mörser ist nur zum Beschießen lebender Ziele auf kleinen Abständen bestimmt , der 20 cm zum Zerstören von Bombendecken auf mittleren Entfernungen, ebenso der 23 cm, wenn es sich um eine besonders kräftige Wirkung handelt. Die Festungs-Artillerie führt nachstehende Kanonen- und Mörserkaliber : Broncene 4- und 9 Pfünder C/67 zum Beschießen von Truppen auf kleinen und mittleren Entfernungen, 11 cm (42 Linien-) Kanonen zum Demontiren, ebenfalls auf kleinen und mittleren Entfernungen, lange und kurze , broncene und stählerne 12- und 24 Pfünder-Kanonen für den directen und indirecten Schuß auf mittleren Abständen, schwere (lange) und leichte 15 cm (63öller) zum directen Feuer auf den größten Entfernungen, leichte stählerne 20 cm (83öller) zum Beſchießen von Erdwerken auf den größten Abständen, broncene 15 cm (6Zöller) und broncene, gußeiſerne und stählerne 20 cm (8Zöller) Mörser gegen Bombendecken und Truppen auf mittleren und großen Entfernungen.

Zur Küstenvertheidigung dienen: Stählerne 15 cm (6,033öller) Gußeiserne und stählerne 20 cm (83öller) Stählerne 22 cm (8,53öller) = 23 cm (93öller) = 28 cm (113öller) 35,5 cm ( 143öller) Stählerne 23 cm (93öller) Gußeiserne 28 cm ( 113öller)

-Kanonen,

-Mörser.

Alles in Allem zählt die Festungs - Artillerie 24 , die Küsten - Artillerie 20 verschiedene Rohrmodelle ; von ersteren sind indeß vier (die 11 cm-, die 27 Militärische Jahresberichte 1883 .

418

Militärische Jahresberichte für 1883.

leichten und die schweren [langen] 15 cm - Kanonen sowie die stählernen 20 cm Mörser) mit den gleichnamigen Geſchützen der Belagerungs -Artillerie identisch. Ueber diese sämmtlichen Röhre nebst Laffeten und Munition finden sich sehr ausführliche Angaben mit zahlreichen Abbildungen in der Revue d'Artillerie a. a. O. sowie Bd. XXI, S. 399, und Bd. XXII , S. 39 und 154. Eine Anzahl Daten über die in Obuchoff fabricirten neuen Geschütze der Marine (9-, 11-, 15-, 23- , 28- und 30,5 cm -Kanonen) sind aus den Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genieweſens , Jahrgang 1883 , G. 39 und 222 der Notizen, zu entnehmen. Ebenda (S. 41 und 51 der Notizen) wird über einen in Ochta aus geführten Panzer - Schießversuch berichtet , der besonders wegen seiner nahen Beziehungen zu der oben (siehe Italien) erwähnten Beschießung dreier Panzer platten in Muggiano von Interesse ist. Man feuerte mit einem 28 cm aus Obuchoff und Hartgußgeschoffen aus Perm (Gewicht 251 kg) auf 107 m Ent fernung gegen zwei Platten von 2,44 m Länge, 2,13 m Breite, 30,5 cm Dicke und 12 200 kg Gewicht; die eine Platte aus Stahl war von Schneider , die andere ―――――― Compound, System Wilson -von Cammell geliefert. 1. Schuß , gegen die Stahlplatte. 59,9 kg Ladung , 459 m Anfangs geschwindigkeit, Durchschlagsvermögen 41,4 cm Schmiedeeisen. Das Geschoß durchbohrte die Platte , drang noch 2,5 cm tief in die Hinterlage ein und zer schellte. Die Platte war in fünf Stücke zerbrochen , welche aber durch die zwölf Befestigungsbolzen in ihrer Lage erhalten wurden. 2. Schuß, gegen dieselbe Platte. 36,7 kg Ladung, Geschoß 40,64 cm_tief eingedrungen und zerschellt. Platte in neun Stücke zerbrochen, die alten Sprünge beträchtlich erweitert. 3. Schuß , gegen dieselbe Platte. Stahlgeschoß von Obuchoff , 36,7 kg Ladung. Das Geschoß durchschlug das Ziel vollständig und wurde 676 m da= hinter unbeschädigt aufgefunden. Nahezu ein Drittel der Platte war in Trümmer herabgeworfen, sieben Stücke blieben an der zersplitterten Hinterlage hängen. 4. Schuß, gegen die Compoundplatte. Ladung 59,9 kg. Das Geschoß zerschellte, seine Spitze blieb in der Platte stecken , so daß die Eindringungstiefe nicht gemessen werden konnte ; man schätzte sie auf 12,7 cm. Am Schußloch zeigten sich mehrere radiale und concentrische Sprünge von geringer Bedeutung, dagegen waren von den vier Befestigungsbolzen drei gebrochen . 5. Schuß , gegen dieselbe Platte. Ladung 36,7 kg. Der vierte Bolzen brach ebenfalls , und die Platte fiel herab. Die Sprünge hatten sich vermehrt und vergrößert, obschon kein durchgehender darunter war; am Plattenrand nahe dem Schußloch war ein 13 cm dickes Stück losgerissen, wobei augenscheinlich die mangelhafte Schweißnaht zwischen Stahl und Schmiedeeisen mitgewirkt hatte. An der Rückseite der Platte zeigte sich dem Treffpunkt gegenüber eine flache Auftreibung von 1,9 cm Höhe , die Hinterlage blieb unbeschädigt , vom Geschoß war die Spiße abgebrochen. 6. Schuß, gegen dieselbe, wieder an der Hinterlage befestigte Platte. Ladung 36,7 kg ; die Schußrichtung bildete einen Winkel von 78° mit der Zielfläche. Wirkung gering ; ein concentrischer Sprung und einige radiale Riffe entstanden, abermals ein Stahlstück abgetrennt ; Hinterlage und Bolzen unversehrt; Geschoß zerschellt, Spitze stecken geblieben. 7. Schuß , gegen dieselbe Platte und unter den gleichen Bedingungen wie der sechste. Das Geschoß zerbrach, am Schußloch entstanden drei kleine radiale

Material der Artillerie.

419

Haarriſſe, ein Bolzen wurde herausgetrieben und wiederum ein Stück der Stahl schicht abgerissen. Eindringungstiefe = 11,4 cm. Bei diesem Versuch hat sich sonach, entgegen den Ergebnissen von Muggiano, die Compoundplatte entschieden günstiger als die stählerne verhalten. Abgesehen von Feldgeschüßen nebst Zubehör (siehe unter I) haben die Arsenale zu Petersburg , Briansk und Kiew im Jahre 1881 15 kurze broncene 24 Pfünder und 50 broncene 6zöllige Mörser , die Pulverfabriken zu Ochta, Schostka und Kajan 2 751 840 kg Pulver , die Patronenfabrik in Petersburg 1010 000 Frictions - Schlagröhren , 101 000 Schlagröhren System Mine, 1 281 000 Sprengkapseln für Percussionszünder , 574 000 Percussionszünder (davon 130 000 nach Preußischem Muster), 570 000 Shrapnelzünder mit einem Satzstück und 150 000 Zündschrauben (davon 50 000 nach Preußischem Muſter) angefertigt ; endlich sind in der Raketenfabrik Nikolajew 1000 zweizöllige Kriegs- , 8850 dreizöllige Leucht- und 150 dreizöllige Rettungsraketen hergestellt worden. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Genieweſens, Jahrgang 1883, S. 183 der Notizen, und Revue d'Artillerie, Bd. XXIII , S. 87.) Kleinere Artillerien. 1. Brafilien. Bei der Bewaffnung des Brasilianischen Panzerschiffes ་་ Richuelo" scheint das alte bekannte Whitworth'sche System der Spielraumführung des Geschoffes in dem gewundenen sechsseitigen Seelenquerschnitt wieder zu Ehren kommen zu sollen. Ein 20 Ton- Geſchüß dieſer Construction von 22,9 cm Seelendurchmesser und 29 Kaliber Länge ist bereits angeschossen worden. Es ergab sowohl mit 78,75 kg Pulver und 130 kg schwerem Geschoß , als auch mit 88,65 kg Ladung und 201 kg Geschoßgewicht die gleiche Anfangsgeschwindigkeit von 630 m ; auf 30 m wurde eine schmiedeeiserne Platte ron 45 cm Dicke nebst Hinterlage vollständig durchschlagen ; das Geschoß war wenig beschädigt, nur die Spitze leicht geftaucht. (Revue d'Artillerie, Bd. XXIII , S. 262, nach Engineer.)

2. Dänemark. Auf Amager hat eine Reihe von Schießversuchen gegen Deckpanzerziele statt gefunden, welche mit Schmiedeeisen- , Stahl- und Compoundplatten bekleidet und theilweise mit Korkplatten belegt waren ; sie wurden aus einem neunzölligen Armstrong-Vorderlader und einem Kruppschen 15 cm-Hinterlader mit 421 bezw. 520 m Auftreffgeschwindigkeit auf 150 m beschoffen. In den Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens, Jahrgang 1883 , S. 143 der Notizen, sind zwei verschiedene Berichte über diese Versuche zusammengestellt, welche jedoch in manchen wesentlichen Punkten zu wenig übereinstimmen, um die erlangten Reſultate und Folgerungen völlig klar zu legen.

3.

Spanieu.

Bei der Kruppschen Fabrik sind 26 und 30,5 cm-Kanonen für Küstenver theidigung bestellt worden. Nach dem abgeschlossenen Vertrage sollte der 26 cm von 9,1 m Länge und 27 607 kg Rohrgewicht dem 276 kg schweren Geschoß mit 87kg Ladung, 525 m Anfangsgeschwindigkeit bei höchstens 2800 Atmoſphären Gasdruck ertheilen. In Wirklichkeit wurden aber 549 m Geschwindigkeit, dagegen nur 2570 Atmosphären größte Spannung erreicht. Schon mit 82 kg Ladung erhielt man 530 m bei 2420 Atmosphären. Eine 2,8 Kaliber lange Granate 27*

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Militärische Jahresberichte für 1883.

auch der Signaldienst mit übertragen und hat dieselbe , den sich fortwährend steigernden Ansprüchen Rechnung tragend , unter der Leitung ihres umsichtigen und gewandten Führers , des Ingenieurcapitän Nokkentved, ſich zu einer Truppe entwickelt, die vollkommen befähigt erscheint, den höchsten Anforderungen im Kriege gerecht zu werden. Diese Compagnie, welche jetzt eine ganz selbständige Stellung einnimmt, erhält als Ersatz wehrpflichtige Telegraphisten, sowie die für diesen Dienst geeignet erscheinenden Handwerker und Professionisten. Im ersten Jahre machen dieſe Leute eine Rekrutenschule durch, in welcher sie eine allgemeine militärische Aus bildung erhalten und werden demnächst im praktischen Telegraphen- und Signal dienst ausgebildet. Im Winter erhalten sie dann eine weitere theoretische Ausbildung im Telegraphiren c. und werden nach ihren Leistungen in ver schiedene Klaſſen eingetheilt , um dementsprechend später als Telegraphisten, Signalisten oder Telegraphen-Arbeiter verwendet werden zu können. Im zweiten Sommer erhält die gesammte Mannschaft eine allgemeine elementare Ausbildung, so daß jeder Einzelne in allen Zweigen des Dienstes erforderlichenfalls verwendet werden kann. Gegen Ende des Sommers werden dann die Mannſchaften in zwei Klaſſen eingetheilt, je nachdem sie nach ihren Leistungen entweder für den Stationsdienst und den Linienbau, oder nur für den letzteren geeignet erscheinen . Im dritten Jahr wird jede Klaſſe für sich weiter ausgebildet und angestrebt, den einzelnen Mann so weit wie möglich für jeden Dienst befähigt zu machen. Nach ihrer Entlassung werden die Leute dann in den Listen der Compagnie als Signalisten 1., 2. oder 3. Klasse und Telegraphen-Pioniere 1. und 2. Klaſſe geführt, um im Fall des Krieges dementsprechend verwendet werden zu können . Offiziere und Unteroffiziere werden zu ihrer weiteren Ausbildung zeitweise zu den Staats - Telegraphen-Aemtern commandirt, während die kriegsmäßige Aus bildung der Compagnie durch Theilnahme an den Herbstübungen der Brigaden und Divisionen und außerdem, den Verhältnissen des Landes entsprechend , durc Cooperationen mit der Flotte gefördert wird. Für einzelne Offiziere und Unter offiziere anderer Truppen finden bei der Signal- und Telegraphen-Compagnie jährlich besondere Ausbildungscurſe ſtatt. Im Herbst 1883 erhielt die Compagnie beispielsweise während der Uebungen im Küstensignaldienſt die Aufgabe, nach Landung an ſtrategiſch wichtigen Küſten punkten, diese schnell mit den Staatstelegraphen-Linien zu verbinden. Hierbei wurde durch eine Baucolonne von 1 Offizier, 3 Gefreiten, 7 Pionieren eine solche Halbpermanente Verbindungslinie von 14 km Länge in 9 Stunden ausgeführt. Wenn man in Betracht zieht , daß hierbei die Stangen erſt an Ort und Stelle zugerichtet werden mußten, so verdient die angegebene Leiſtung volle Anerkennung Im Kriegsfalle werden aus dieser Stamm-Compagnie folgende verschieden. Abtheilungen formirt und zwar in einer den jeweiligen Umständen ent sprechenden Zahl : 1. Feld-Telegraphen- Abtheilungen, 2. Feld- Signal-Abtheilungen, 3. Etappen-Telegraphen-Abtheilungen, 4. Etappen-Signal- Abtheilungen .

1) Die Feld - Telegraphen - Abtheilungen. Ihre Aufgabe ist es , d Verbindung der Armee-Corps bezw. Divisions-Commandos mit den Starrer linien herzustellen, erforderlichenfalls auch solche Etappenlinien auszuführen , weld schneller gebaut werden sollen, als dies durch die Etappen-Telegraphen-Abtheilung/

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Material der Artillerie.

Man hofft, die vorhandenen Walzenstraßen der Stahlwerke für die Fabrication der Ringe verwenden zu können und will Americanischen Unternehmern in Betreff der Preise bedeutende Vortheile gewähren. Ein im Entwurf vollendeter 12 Zöller-Hinterlader soll 8.625 m = 28 Kaliber lang werden, 55 889 kg wiegen und dem 363 kg schweren Geschoß mit 131,6 kg Ladung 575 m Anfangsgeschwindigkeit oder 6117 mt ganze lebendige Kraft geben. (Mittheilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens, Jahr gang 1883, G. 427, S. 21 der Notizen, sowie Revue d'Artillerie, Bd. XXIII , M- I 6. 85, nach Army and Navy Journal.)

Bericht über die Militär- Telegraphie.

1879-1883 .

Mit der großen Bedeutung, welche die Kriegs-Telegraphie durch die aus gedehnte und umsichtige Verwendung der elektrischen Telegraphen Deutſcherſeits im Kriege von 1870-71 gewonnen hatte , trat nach Beendigung dieses Feld zuges die Militär-Telegraphie in ein neues Stadium ihrer Entwickelung , dem wir in den Jahresberichten bis zum Jahre 1879 , so weit dies möglich war, gefolgt fine . Wenn nun auch die Erfahrungen des Deutsch-Französischen Krieges im Allgemeinen für die Organisation der Feld- Telegraphen- Corps einen genügenden Anhalt boten , so konnten doch andererseits die großen technischen Fortschritte der lezten Jahre auf dem Gebiete der Elektricität und die neueren Erfahrungen im Russisch-Türkischen Kriege, sowie bei den kriegerischen Expeditionen der Englischen Armee in Süd-Africa, Afghanistan und Egypten nicht ohne Einfluß auf die weitere Entwickelung der Militär- Telegraphie bleiben. Die angeführten Feldzüge boten eine günstige Gelegenheit, die neugeſchaffenen Organisationen sowie die eigenartigen Materialien und Geräthe der Feld- Telegraphen= Truppen und zwar unter den verschiedensten örtlichen und klimatischen Verhält nissen praktisch zu erproben und hiernach wiederum entsprechend zu verbessern . Ehe wir die früheren Jahresberichte in dieser Hinsicht ergänzen, erscheint es geboten, zwei Neuorganisationen, bei denen schon späteren Forderungen Rechnung getragen worden ist, eingehender zu besprechen. Eine weitere Trennung der optischen von der elektrischen Telegraphie, wie dies in den früheren Jahres berichten geschah, erscheint nicht mehr zulässig, da neuerdings faſt allgemein beide Arten vereint angewendet werden bezw. sich ergänzen. I.

a.

Bisher noch nicht besprochene Organiſationen.

Dänemark. Schon im Jahre 1868 erkannte man in Dänemark die Nothwendigkeit, den Feld-Telegraphendienst auch im Frieden einer besonderen Compagnie der Ingenieurtruppen zu übertragen. Später wurde dieſer Compagnie

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Militärische Jahresberichte für 1883.

auch der Signaldienst mit übertragen und hat dieselbe , den sich fortwährend steigernden Ansprüchen Rechnung tragend , unter der Leitung ihres umsichtigen und gewandten Führers , des Ingenieurcapitän Nokkentved, sich zu einer Truppe entwickelt, die vollkommen befähigt erscheint, den höchsten Anforderungen im Kriege gerecht zu werden. Diese Compagnie, welche jetzt eine ganz selbständige Stellung einnimmt, erhält als Ersatz wehrpflichtige Telegraphisten, sowie die für diesen Dienst geeignet erscheinenden Handwerker und Profeſſioniſten. Im ersten Jahre machen diese Leute eine Rekrutenschule durch, in welcher sie eine allgemeine militärische Aus bildung erhalten und werden demnächst im praktischen Telegraphen- und Signal dienst ausgebildet. Im Winter erhalten sie dann eine weitere theoretische Ausbildung im Telegraphiren c. und werden nach ihren Leistungen in ver schiedene Klassen eingetheilt , um dementsprechend später als Telegraphisten, Signalisten oder Telegraphen-Arbeiter verwendet werden zu können. Im zweiten Sommer erhält die gesammte Mannschaft eine allgemeine elementare Ausbildung, so daß jeder Einzelne in allen Zweigen des Dienstes erforderlichenfalls verwendet werden kann. Gegen Ende des Sommers werden dann die Mannschaften in zwei Klaſſen eingetheilt, je nachdem sie nach ihren Leistungen entweder für den Stationsdienst und den Linienbau, oder nur für den letzteren geeignet erscheinen. Im dritten Jahr wird jede Klaſſe für sich weiter ausgebildet und angestrebt, den einzelnen Mann so weit wie möglich für jeden Dienst befähigt zu machen. Nach ihrer Entlassung werden die Leute dann in den Listen der Compagnie als Signalisten 1. , 2. oder 3. Klaſſe und Telegraphen-Pioniere 1. und 2. Klaſſe geführt, um im Fall des Krieges dementsprechend verwendet werden zu können. Offiziere und Unteroffiziere werden zu ihrer weiteren Ausbildung zeitweise zu den Staats-Telegraphen-Aemtern commandirt, während die kriegsmäßige Aus bildung der Compagnie durch Theilnahme an den Herbstübungen der Brigaden und Divisionen und außerdem, den Verhältnissen des Landes entsprechend , durch Cooperationen mit der Flotte gefördert wird. Für einzelne Offiziere und Unter offiziere anderer Truppen finden bei der Signal- und Telegraphen-Compagnie jährlich besondere Ausbildungscurse statt. Im Herbst 1883 erhielt die Compagnie beispielsweise während der Uebungen im Küstensignaldienſt die Aufgabe, nach Landung an ſtrategisch wichtigen Küften punkten, diese schnell mit den Staatstelegraphen-Linien zu verbinden. Hierbei wurde durch eine Baucolonne von 1 Offizier, 3 Gefreiten, 7 Pionieren eine solche halbpermanente Verbindungslinie von 14 km Länge in 9 Stunden ausgeführt. Wenn man in Betracht zieht, daß hierbei die Stangen erst an Ort und Stelle zugerichtet werden mußten, so verdient die angegebene Leistung volle Anerkennung. Im Kriegsfalle werden aus dieser Stamm-Compagnie folgende verschiedene Abtheilungen formirt und zwar in einer den jeweiligen Umständen ent sprechenden Zahl : 1. Feld-Telegraphen- Abtheilungen, 2. Feld- Signal-Abtheilungen, 3. Etappen-Telegraphen-Abtheilungen, 4. Etappen- Signal- Abtheilungen. 1) Die Feld- Telegraphen - Abtheilungen.

Ihre Aufgabe ist es , die

Verbindung der Armee-Corps bezw. Divisions-Commandos mit den Etappen linien herzustellen, erforderlichenfalls auch solche Etappenlinien auszuführen, welche schneller gebaut werden sollen, als dies durch die Etappen-Telegraphen-Abtheilungen

Militär-Telegraphie.

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möglich ist. Die Feld-Telegraphen-Abtheilungen werden in einer Stärke formirt, daß jede derselben 2 Bau- und 1 Abbaucolonne , sowie 5 Stationstrupps aus rüsten kann. Das Material besteht aus 1 zweispännigen Stations- und 4 vierspännigen Materialienwagen , mit deren Ausrüstung 30 km Linie mit 4-6 einzelnen Stationen einschließlich einer Centralstation eingerichtet werden können. Zum Bau der Linie verwendet man galvanisirten Eisendraht Nr. 16 mit einem Gewicht von 18 kg pro km, in Längen von 1,5-2 km auf Trommeln gewickelt. Die Telegraphenstangen sind aus Kiefernholz , 3,6 m lang , 42 mm dick und haben ein Gewicht von etwa 3 kg. In der geraden Linie der Leitung betragen die Abstände der Unterſtützungen etwa 63 m und ist die freie Höhe des Drahtes mindestens 2,67 , bei Ueberwegen kann dieselbe durch Verlängerung der Stangen auf 4,86 m erhöht werden. Der Jſolator ist aus Hartgummi, etwa 63 mm hoch und mit einer Hals rille versehen, um welche der Draht gewunden wird ; derselbe wird mittelst eines 133 mm langen Schraubenzapfens im Zopfende der Stange befestigt. Als isolirter Draht wird Hooperscher mit einem Gewicht von etwa 63 kg pro km verwendet. Zum Auslegen des Drahtes verwendet man nicht wie bei uns Tragen, sondern wie in Belgien und Frankreich leichte zweiräderige Handkarren , welche Lager für zwei Rollen haben. Da zu Stationsräumen die Benutzung vorhandener Häuser in Aussicht genommen ist, wird nur für besondere Fälle ein Stationswagen , außerdem aber auf jedem Materialienwagen ein Stationszelt mit 9 qm Grundfläche mitgeführt. Auf den Stationen werden Morse-Farbschreiber und Leclanché-Batterien von 15 Elementen verwendet. Der vierspännige Materialienwagen hat ein Gewicht von 870 kg; die von demselben mitgeführten Materialien wiegen etwa 930 kg ; er hat einen Sitz für den Wagenführer und einen Gehülfen und zu beiden Seiten Stative zur Auf nahme von je 12 Carabinern. *) Der Stationswagen ist ein zweispänniger geschlossener Wagen mit Apparaten und Zubehör für zwei Stationen , er bietet außer dem Kutscher noch Platz für 2-4 Telegraphisten und hat mit dem Material ein Gewicht von etwa 960 kg. Die Baucolonne hat eine Stärke von 1 Offizier. 5 Unteroffizieren, 19 Pionieren, welche unter gewöhnlichen Verhältnissen 10 km Leitung in drei Stunden einbauen ; die Einrichtung einer Zeltstation dauert 10 Minuten. Die Stärke der Abbaucolonne beträgt 1 Öffizier (Führer), 3 Unteroffiziere, 13 Pioniere ; es werden 10 km Leitung in zwei Stunden , das Stationszelt aber in acht Minuten zurückgebaut. 2) Die Feld - Signal - Abtheilungen. Dieser , der vierten Zone an= gehörenden Truppe, fällt die Aufgabe zu , die Feld-Telegraphen- Stationen mit den operirenden Truppen zu verbinden ; man hat ihre Verwendbarkeit bis auf Entfernungen von 15 km berechnet und sie dementsprechend ausgerüstet. Jede Abtheilung besteht aus vier doppelten Stationen, welche entweder einer Feld Telegraphen- Abtheilung untergeordnet, oder zu einem der Stäbe abcommandirt werden. Zu jeder Doppelstation gehört ein zweispänniger Signalwagen mit 2 Unteroffizieren und 4-5 Signalisten. Das eigentliche Signalmaterial besteht aus Flaggen für den Tagesdienst und Lichtapparaten für den Nachtdienst. Hierzu *) Vergl. Militär-Wochenblatt Nr. 86, 1883.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

werden in der Regel Petroleum-Signal-Apparate benußt, da die Anwendung des in Wien ausgestellten elektrischen Glühlicht-Apparates sich in der Praxis nicht bewährt hat. Außer diesen Geräthen zur Verständigung auf optischem Wege führen die Signalwagen auch das nöthige Material zur elektriſchen Verbindung für kurze Strecken mit und zwar als Leitung ein leichtes Feldkabel und als Stations -Apparate die Buchholtzschen Vorposten-Apparate, Klopf-Apparate und Telephone. Der Signalwagen ist ein aus zwei Prozwagen bestehendes Fahrzeug, welches ermöglicht, wenn der Hinterwagen abgeprott ist, mit dem Vorderwagen bei schnellen Recognoscirungen der Cavallerie zu folgen. Neben dem Material für zwei Stationen hat der Signalwagen noch Platz für den Fahrer und das Stationspersonal, außerdem begleiten ihn zum Befördern der Depeschen noch 2-4 berittene Ordonnanzen. Das Gewicht des Wagens beträgt 730 kg , das des Materials 200 kg. Die in solcher Weise ausgerüsteten, gut geschulten Signaltrupps find wohl geeignet, den weitgehendsten Forderungen für den Dienst in der vierten Zone Benachrichtigungsdienst bei den Vorposten, bei Recognoscirungen und im Gefecht - zu entsprechen und dürfte die Organisation dieses Corps wohl von keiner ähn lichen der anderen Armeen übertroffen werden. 3) Die Etappen - Telegraphen - Abtheilungen. Ihnen fällt die Auf gabe zu, die zerstörten permanenten Linien zu retabliren, Linien in festen Stellungen herzustellen und die Etappen- Signal-Stationen (an der Küſte) mit den vor handenen Telegraphenlinien zu verbinden. In der Regel werden die Abtheilungen in der Stärke aufgestellt, daß jede wiederum zwei Etappen-Colonnen mit je zwei Stationstrupps und einem Reſervetrupp formiren kann. Jede dieſer Baucolonnen erhält 1 vierspännigen und 2 zweispännige Materialienwagen , welche für etwa 8 km Feld- und 30 km Etappenlinien das nöthige Leitungsmaterial, sowie zwei vollständige Stationseinrichtungen mitführen. Die Stangen für die Etappenlinien werden nicht mitgeführt , da man erwartet, das nöthige Material an Ort und Stelle vorzufinden, bezw. vorhandenen Wäldern entnehmen zu können. Der vierspännige Wagen ist dem der Feld Abtheilungen ähnlich, die zweispännigen sind leichter und führen jeder 15 km Draht mit Isolatoren, Mauerhaken 2c., sowie das Werkzeug für eine Baucolonne, welche aus 1 Offizier , 6 Unteroffizieren und 24 Pionieren besteht , mit. Das Gewicht eines solchen Wagens beträgt 705 kg, das des Materials etwa 600 kg. Ueber die Leistungen im Bau solcher Etappenlinien ist schon früher berichtet worden. Zur Vervollständigung sind auch den Etappen-Abtheilungen zur Er richtung optischer Signal-Stationen solche Abtheilungen unterſtellt. 4) Die Etappen - Signal - Abtheilungen. Ihre Aufgabe iſt es, namentlich die secundären Verbindungslinien in einer festen Stellung zu etabliren, durch Errichtung von Küsten- Signal- Stationen die Verbindung zwischen Heer und Flotte herzustellen, endlich aber unterseeische Kabel zu doubliren , oder neue Ver= bindungslinien zwischen Landestheilen zu schaffen , welche durch die See von einander geschieden sind. Die Formation dieser Abtheilungen ist von den localen Verhältnissen ab hängig ; die Stationen werden dementsprechend in Gruppen gesammelt, deren Zahl durch die natürlichen Terrainabschnitte und ihre Ausdehnung bestimmt wird. Das Material besteht aus Flaggen und Petroleum-Lichtapparaten ; man ist indeffen damit beschäftigt , Apparate zu conſtruiren , um sich auf weiteren Ent fernungen des elektrischen Lichtes bedienen zu können, die Versuche in dieser

Militär-Telegraphie.

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Richtung sind indeffen noch nicht zum Abschluß gelangt. Besondere Beförderungs mittel für die Materialien dieser Abtheilungen sind nicht für nothwendig erachtet worden. Die Dänische Feld-Telegraphen - Compagnie hatte ihre Fahrzeuge und Materialien im Herbst v. J. in Wien in sehr übersichtlicher Weise ausgestellt,*) der hierbei ausgegebenen kleinen Schrift: " Einige Bemerkungen über das vom Königlich Dänischen Kriegsministerium ausgestellte Kriegs -Telegraphen-Material von C. D. N. Nokkentved, Ingenieurcapitän und Chef der Telegraphen- Compagnie" find die vorstehenden Mittheilungen entnommen . Derselbe Verfasser veröffentlichte schon im Jahre 1881 in der Militaert Tidsskrift einen längeren Aufsatz über die Bedeutung und Organisation des Kriegs-Telegraphen - Corps. ** ) Er stellt darin nach Besprechung der Organi ſationen in den verschiedenen Staaten folgende Eintheilung einer Normal-Organi sation auf: A. Der Telegraphendienſt außerhalb des Bereiches der mobilen Armee ; er zerfällt in : 1) den Küstendienst, 2) den Festungsdienst, 3) . den Dienst auf den permanenten Linien. B. Der Dienst bei dem mobilen Heere , gegliedert nach den verschiedenen Abschnitten des Kriegstheaters. Zum Schluß verlangt Verfaſſer für den Frieden : 1) Bildung einer permanenten Commiſſion von Offizieren unter Zuziehung eines Beamten der Staats- Telegraphie. 2) Aufstellung eines Friedensstammes für die Kriegs - Telegraphen-Truppen. 3) Errichtung einer Signal- und Telegraphen-Schule zur Ausbildung des nothwendigen Personals . 4) Unterricht im Telegraphenwesen auf den Militär-Bildungsanſtalten . b. Niederlande. ***) Im Frieden besteht in der 7. Compagnie des Genie Corps ein Telegraphisten-Stamm , der bei Ausbruch eines Krieges completirt wird, wobei Civil-Beamte nur in zweiter Linie zur Verwendung kommen. Die Einrichtung und Bedienung der Feldlinien fällt im Kriege allein Soldaten zu, die neben den Leuten der Stamm-Compagnie den technischen Truppen entnommen werden. Die Stamm-Compagnie rekrutirt zum größten Theil ihren Erſatz aus jungen Telegraphen-Beamten der Staats -Telegraphie und der Bahnen , die sich freiwillig zum Eintritt melden. Dieselben müffen vor ihrem Eintritt ein Examen ablegen und die nöthigen Vorkenntnisse im Telegraphiren nachweisen. Sie erhalten dafür eine bevorzugte Stellung, höheren Sold als andere Soldaten , sowie eine Er mäßigung der gesetzmäßigen Dienstzeit. Da Holland in Folge seiner politischen und geographischen Lage voraus sichtlich, wenigstens in Europa, nur in Defenſivkriege verwickelt werden wird, und das Land bei seiner verhältnißmäßig starken Bevölkerung auch ein sehr entwickeltes Staats-Telegraphennetz besitzt, so würde im Kriegsfalle den bereits bestehenden Telegraphenlinien nur wenig hinzuzufügen sein und deshalb die Aufgabe des *) Vgl. Militär-Wochenblatt Nr. 86. 1883. **) Vgl. Deutsche Heereszeitung Nr. 48. 1881 . ***) Die Angaben sind zum größten Theil einem Auffah „Die Militär-Telegraphie in Holland" von Fischer-Treuenfeld in Heft VI und VII der Zeitſchrift des Elektrotechniſchen Vereins entnommen.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Feld-Telegraphen-Corps eine beschränktere sein, als bei anderen Armeen. Troßdem wird für den Kriegsfall ein bedeutendes Material und zwar für etwa 100 Stationen und 300 km Linien - 170 km ijolirter und 130 km blanker Draht mit zu gehörigem Stangenmaterial stets bereit gehalten und an geeigneten Punkten aufbewahrt. Für die Etappenlinien sind vornehmlich Stangenleitungen, für die Feld linien dagegen geschleppte Leitungen aus isolirtem Draht in Aussicht genommen. Man ging hierbei von der Anſicht aus , daß Kabel schneller ausgelegt und bequemer transportirt werden können , als das Material zu Stangenleitungen , außerdem aber den Truppenbewegungen bei geeigneter Lagerung weniger Hindernisse bereiten. Das Feldkabel wird auf eigens hierzu construirten Wagen, die im Artillerie Depot zu Utrecht deponirt sind, mitgeführt und von einer Abtheilung ausgelegt, welche aus 1 Offizier , 1 Unteroffizier , 2 Corporalen und 9 Pionieren besteht. Dieselbe gliedert sich bei dieser Arbeit in 3 Trupps : 1 ) den Vortrupp (Voortroep) zum Traciren der Linie , 1 Corporal und 2 Mann (Nr. 1 und 2) ; 2) den Haupttrupp (Hoofdtroep) zum Aus- und Einlegen des Kabels, 1 Corporal und 4 Pioniere (Nr. 3-6) ; 3) den Nachtrupp (Achtertroep) zum Herstellen der Kabelverbindungen und zum Eingraben des Kabels bei Wegen 2c. , 1 Unteroffizier, 3 Pioniere (Nr. 7-9). Der Vorposten-Telegraphendienst zur Verbindung der vorgeschobenen Posten mit den Außenwerken in Festungen, sowie zwischen Kriegsschiffen und der Küste wird vornehmlich durch optische Signale nach dem System des Oberstlieutenant Kromhout ausgeführt. *) Der Signalcoder selbst wird im Archive des Genie Corps aufbewahrt und durchaus geheim gehalten. Zum Signaliſiren werden Flaggen und Laternen sowie besonders construirte Signalapparate für den Küsten dienst verwendet und hierin das Bataillon Mineurs und Sappeurs unterwiesen,**) während die Einrichtung und Bedienung der elektrischen Telegraphen , wie schon früher erwähnt, der Stamm-Truppe zufällt. Der Dienst derselben ist durch das Reglement voor den Telegraafdienst te Velde , samengesteld door Kapitein C. J. Pololiet, Utrecht 1878, " geregelt. Die Abtheilungen zum Einrichten der Stangenlinien (Luftleitungen hangende lijnen) ſind ſtark: 1 berittener Offizier, 1 Unteroffizier, 2 Corporale und 13 Pioniere, und werden für den Bau der Linien wiederum in drei Trupps getheilt : 1) den Vortrupp zum Traciren der Linie , 1 Unteroffizier, 3 Pioniere (Nr. 1-3) ; 2) den Haupttrupp zum Vertheilen des Materials , 1 Corporal, 5 Pioniere (Nr. 4-8) ; 3) den Nachtrupp zum Aufrichten der Stangen und Einlegen und Befestigen des Drahtes, 1 Corporal, 5 Pioniere (Nr. 9-13) . Um ein leichtes Zusammenwirken bezw. Ineinandergreifen der Feld- und Etappen-Telegraphen zu ermöglichen, hat man in Holland für beide ein gleiches Handboek voor de optische Telegraphie by het Bataillon Mineurs en Sappeurs, Utrecht 1874. **) Db und in wie weit in neuerer Zeit das elektrische Licht zu Aufklärungs- und Signalzwecken verwendet wird, ist nicht bekannt , wennschon es an Vorschlägen hierzu nicht gefehlt hat. Wir verweiſen in dieser Hinsicht auf einen Vortrag, welchen am 30. November 1881 der Premierlieutenant Onnen vom Genie-Corps in der Vereeniging ter beoefening van de Krijgswetenschap über „ het electrisch licht en zijne toepassing bij de verdediging van Nederland" gehalten hat, auf welchen hier näher einzugehen uns der gebotene Raum nicht gestattet.

Militär-Telegraphie.

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Material in Aussicht genommen. Hieraus ergiebt sich allerdings der Uebelstand, daß das Feld-Telegraphen-Material unverhältnißmäßig schwer wird ; es kommt dies indeffen weniger in Betracht, da man für die Feldlinien in der Regel keine Luft leitungen, vielmehr ein leichtes Feldkabel anwenden will. Jede Division erhält eine Feld-Telegraphen- Abtheilung, die in ihrem Transport Train indessen verschiedenartig ausgerüstet ist. Für die 1. und 2. Division besteht der Train aus 1 Stangenwagen , 1 Kabelwagen , 1 Kabelkarren und 2 Stationswagen. Die 3. und 4. Division führt dagegen je 2 Kabelwagen mit, welche leichter construirt sind und zusammen nur die gleiche Länge Kabel, etwa 18 km , mitführen, wie der einzelne schwere Wagen der 1. und 2. Diviſion. Die schwereren Kabelwagen sind mit sechs, die leichteren mit vier Pferden, die Stations wagen mit zwei und die Stangenwagen mit vier Pferden bespannt. Der dieser Armee eigenthümliche Kabelkarren ist ein mit zwei Pferden bespanntes einachſiges Gefährt, welches auf einer um die Achse gelagerten Trommel 6 km Feldkabel mitführt ; außerdem befindet sich in den vor und hinter der Trommel angebrachten Kästen alles für den Bau nöthige Handwerkszeug und Geräth, so daß ein Total gewicht des Karrens von 1000 kg herauskommt. Von den Kabelwagen wiegt der schwerere 3200 und der leichtere 2100 kg mit voller Ausrüstung, so daß auf jedes Pferd eine Zuglast von etwa 10 Centner entfällt. Eine genauere Beschreibung dieser Wagen (mit Abbildung) findet sich im Juli-Heft der Elektrotechnischen Zeitschrift Seite 285 und mag hier nur erwähnt werden, daß die Seitenwände des Wagenkaſtens mit Eisenblech bekleidet sind, eine Maßnahme, die sich der leichten Erwärmung des Eisens wegen, wohl gerade für Kabelbehälter nicht empfiehlt. Zum Schutz des ausgelegten Kabels beim Ueber schreiten von Wegen werden auf jedem Wagen 65 einen Meter lange Latten mit geführt, die eine Rille enthalten und mit dieser über das ausgelegte Kabel gedeckt werden. Das gebräuchliche Feldkabel ist unverhältnißmäßig stark und dementsprechend viel schwerer als die sonst zu diesem Zweck verwendeten. Dasselbe enthält einen isolirten Leiter von 5,25 mm Durchmesser , der aus einer Liße von drei Kupfer drähten besteht, welche mit drei Lagen Kautschuk bedeckt ist ; derselbe ist außerdem durch eine Lage starken Drillich und schließlich noch durch zwei Lagen in Ozokerit getränktes Band geschützt , wodurch das Kabel einen Totaldurchmesser von 8 mm und ein Gewicht von 80 kg pro km erhält. Zu den Stangenleitungen wird vorzugsweise ein Compounddraht von 2,5 mm Durchmesser verwendet , der aus einem weichgezogenen Stahldraht mit einem Kupferüberzug besteht und sich im Gebrauch sehr gut bewährt haben soll. Die Stangen sind , dem Bau halbpermanenter Etappenlinien entsprechend, 6 m lang und wiegen gegen 30 kg, können also ebensowenig wie die etwa 2 kg schweren Porcellanisolatoren kaum noch feldmäßig genannt werden ; man geht deshalb auch neuerdings mit der Absicht um, ſie durch ein geeigneteres Stangen material zu ersetzen . Bei den Feldstationen unterscheidet man solche 1. und 2. Klaſſe. Zur 1. Klasse gehören alle Haupt- und Zwischenstationen , zur 2. Klaffe die in ihrer Bedienung einfacheren Endstationen der Feldlinien. Als Apparate werden die Siemensschen Normalschreiber, auf den äußersten Linien auch Buchholzsche Vor postenapparate verwendet. Lettere sind besonders für den Dienst in den Colonien ihrer Leichtigkeit wegen in Aussicht genommen.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

II. Ergänzungen der früheren Berichte. c. Belgien. *) (Vergl. Jahresberichte 1874 Seite 711 , 1879 Seite 347.) Die im Frieden bestehende Telegraphen-Compagnie hat eine Stärke von 4 Offizieren, 80 Unteroffizieren und Gemeinen, und wird im Kriegsfall auf 209 Köpfe com pletirt ; außerdem werden derselben noch 10 Handwerker verschiedener Professionen zugetheilt. Für den Dienst im Felde wird die Compagnie in drei Sectionen (Ab theilungen) getheilt, von denen jede drei Stationswagen (Voitures-postes ), einen Drahtwagen (Voiture de fils) und einen Stangenwagen (Voiture de poteaux) , die dritte Section aber außerdem noch einen Werkstattswagen und eine Feldschmiede mitführt. Von den genannten Fahrzeugen war in Wien nur der Stationswagen mit completer Ausrüstung ausgestellt (vergl. Militär-Wochenblatt Nr. 86 , 1883). Die Fahrzeuge sind mit vier Pferden bespannt , sie haben ein Gewicht von etwa 1000 kg und sollen beladen nicht über 3000 kg beschwert werden , wobei auf jedes Pferd immerhin etwa 15 Centner entfallen. An Linien-Baumaterial führt jede Section 20 km Feldkabel und 24 km blanken Draht mit, doch scheint man sich in neuerer Zeit mehr der Kabellinien (Lignes rampantes) zu bedienen. Für den Dienst in den äußersten Linien sind die Feld-Abtheilungen mit Buch holzschen Vorpostenapparaten und optischen und akustischen Signalgebern aus gerüstet. Zu ersteren verwendet man Flaggen, Laternen und farbige Raketen, zu letzteren eine eigenartige Handſirene , mit welcher kurze und lange Töne hervor gebracht werden können. Für die Verwendung im Felde werden die Leute der Compagnie nach dem Grade ihrer Ausbildung, ähnlich wie in Dänemark, in zwei Klaffen getheilt und dementsprechend entweder nur zum Bau oder auch für den Stationsdienst 2c. verwendet. Die Baucolonne zur Einrichtung von Luft- (Stangen-) Leitungen beſteht aus 1 Offizier, 1 Sergeanten , 3 Corporalen und 15 Soldaten , zum Strecken der Kabelleitungen aus 1 Offizier, 1 Sergeanten, 2 Corporalen und 10 Soldaten. Das Kabel wird hierbei , soviel als möglich, am äußeren Rande des Chauſſee grabens ausgelegt ; wenn Bäume oder Hecken am Wege stehen, so wird es mittelst Haken oder direct auf den Aesten aufgehängt. Das Kabel wird auf Trommeln gewickelt im Stationswagen, und zwar unter den Sitzbänken des Mannschafts raumes, mitgeführt. Zum Auslegen des Kabels befindet sich unter dem Stations wagen ein zweiräderiger Karren (zerlegt), der für den Gebrauch schnell zusammen gestellt werden kann. Der seiner Zeit in Wien ausgestellte Stationswagen wird durch diese Be lastung sehr schwer und unbeholfen und daher den Truppen wohl nur auf guten Wegen folgen können. Die Materialien sind durchweg zweckentsprechend gewählt bezw. construirt , so daß die Belgische Organisation zu den besseren gerechnet werden muß. Das Feld-Telegraphen - Corps steht im Kriege direct unter dem Befehl des Chefs des Generalstabes , kann aber auch zeit- und abtheilungsweise unter das Commando eines Truppenbefehlshabers gestellt werden. d. Deutschland. (Vergl. Jahresberichte von 1874 , 1875 und 1879.) Bei den Herbstmanövern einzelner Brigaden sowie bei Belagerungsübungen sind *) Ausführliche Angaben finden sich bei v. Fischer , Kriegs -Telegraphie Seite 344.

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wiederholt praktische Versuche mit Feld-Telegraphen ausgeführt worden, es iſt indeſſen über die gemachten Erfahrungen bezw. damit erzielten Reſultate nichts Näheres veröffentlicht worden. e. England. (Vergl. Jahresberichte 1874 Seite 711 , 1875 Seite 509 und 1879 Seite 348. ) Obwohl die Englische Armee nach 1870 wiederholt Gelegenheit gehabt hatte, bei den kriegerischen Operationen in Süd-Africa und Afghaniſtan die elektriſchen Telegraphen im Felde zu verwenden und hierbei neuere Erfahrungen zu sammeln, so war doch bei dem Beginn des Egyptischen Krieges die ſchon früher angeregte Reorganisation der Feld-Telegraphen-Truppen noch nicht einmal begonnen, während der Befehl hierzu schon unterm 16. Juni 1880 erlaſſen worden war. *) Es traten deshalb im Egyptischen Kriege die gleichen Uebelstände hervor, über die in früheren Kriegen geklagt worden war, die sich einestheils in dem gänzlichen Mangel einer oberen centralen Leitung der Kriegstelegraphie, andererseits aber in un genügender Ausrüstung der Feld-Armee mit Telegraphen-Truppen und -Material und gänzlichem Mangel einer Etappen-Telegraphen-Truppe bei Beginn der Operationen charakterisiren. Wenn man auch im Verlauf des Krieges bestrebt war, das lett genannte Versäumniß nachzuholen , so wurde damit doch das geregelte Zusammen arbeiten der Etappen- und Feld-Telegraphen-Abtheilungen, wie dies zur Erzielung günstiger Resultate durchaus geboten erscheint, in keiner Weise erreicht. Leider ist diesem Uebelstand auch bei der mit dem Ende des Jahres 1883 angeordneten Reorganiſation , auf die wir später näher eingehen werden , nicht genügend Rechnung getragen, da in England noch immer für das Feld-Telegraphen= Corps eine Centralleitung durch einen Feld-Telegraphendirector zu fehlen ſcheint. **) Dennoch bietet die Thätigkeit der Feld-Telegraphen im Egyptischen Kriege manche schätzenswerthe Kriegserfahrungen, die ein näheres Eingehen auf dieselbe geboten erscheinen laffen. Ein ausführlicher Bericht findet sich in den Publicationen der Society of telegraph engineers d . a. 1882 , Vortrag des Oberſtlieutenants Webber. ***) Bei Beginn des Krieges wurde dem Expeditions-Corps nur ein Lieutenant mit einem Feld- Telegraphen-Detachement zugetheilt, deſſen Aufgabe lediglich darin bestehen konnte, den Benachrichtigungsdienst in der äußersten Zone sicher zu stellen. An eine Besetzung der Kriegs -Telegraphen- und Etappenlinien durch eigene der Heeresleitung unterstellte Civil- oder Militärtelegraphisten, sowie an eine einheit liche Leitung der telegraphischen Kriegscorrespondenz hatte man nicht gedacht und wurde erst im Verlauf der Operationen, durch eine Broschüre des vorgenannten Oberstlieutenants Webber, auf die Wichtigkeit einer solchen Maßregel aufmerkſam . In Folge derselben wurde denn dieser Offizier der Armee nachgeschickt und hat sich im späteren Verlauf des Krieges bemüht , die gerügte Verſäumniß möglichst wieder gut zu machen. Daß ihm dies nicht in dem Maße gelingen konnte , wie dies bei nöthiger Vorbereitung zu erwarten gewesen wäre , liegt auf der Hand und erhält durch seinen späteren Bericht eine zutreffende Illustration. So lange das Expeditions -Corps sich auf Alexandrien stüßte, hatte es durch das submarine Kabel eine sichere Verbindung mit der Heimath, die aber mit dem Vorrücken nach Ismailia so lange in Frage gestellt war , bis am 26. Auguſt *) Befehl an den Ingenieuroberſt Harriſon zur Bildung einer Commiſſion von Offizieren, welche die in Süd -Africa in dieser Hinsicht gemachten Erfahrungen zur Verbeſſerung der vorhandenen Organiſation zu verwerthen hätte. **) Vergl. v. Fischer, Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine 1884 Februar-Heft. ***) Siehe Militär-Wochenblatt Nr. 52, 1883.

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eine gleiche Verbindung mit Port Said ausgeführt worden war. Wenn später der Mangel einer gut organisirten Kriegs- und Etappen-Telegraphie nicht mehr hervortrat , so liegt dies allein in der geringen Ausdehnung und der überaus günstigen Lage dieſer Linien. Die Etappenlinie Port Said - Ismailia lag in nächster Nähe des von der Flotte beherrschten Suez-Canals und die kurze Ab zweigung von derselben beim weiteren Vorgehen in einem vollkommen gesicherten Landestheil. Auch war es wohl vorauszusehen, daß die bei den Egyptischen Telegraphen linien vorhandenen Beamten den im Kriege zu stellenden Anforderungen nicht gewachsen sein würden , wenn man in einem aufrührerischen Lande überhaupt auf eine derartige Verwendung rücksichtigen darf. Webber führt an , daß die aus Eingeborenen bestehenden Telegraphisten nur im Stande gewesen wären , ihre Apparate zu bedienen , von der Schaltung derselben , Behandlung der Batterien, Auffuchen von Störungen aber durchaus Nichts verstanden hätten und mit geringen Ausnahmen nur im Stande gewesen wären, in ihrer Muttersprache zu correspondiren. Neben dem Mangel an Telegraphisten für die Etappenlinien machte sich in diesem Kriege auch der an nothwendigem Material , namentlich an Apparaten, geltend. Während die Egyptischen Staats -Telegraphenlinien mit Morse-Farb schreibern ausgerüstet waren , fanden sich auf den Bahnstationen nur Doppel Nadelapparate vor, weshalb eine durchgehende Correspondenz nicht möglich war. Wenn aus England hierfür Apparate mitgenommen worden waren , so befanden sich dieselben zur Zeit ihres Bedarfs , wie Webber sagt , wahrscheinlich noch auf einem der Transportschiffe und sind , wie es scheint , niemals zur Verwendung gekommen. Der vorgenannte Bericht bespricht leider vornehmlich die in zweiter Zone gemachten Erfahrungen mit der für ein eingehenderes Studium nothwendigen Gründlichkeit, während der Erfahrungen , welche mit dem eigentlichen Feldmaterial gemacht worden sind , nur beiläufig Erwähnung geschieht. Wir müſſen uns des halb darauf beschränken, einige der wesentlichsten nach der individuellen Auffafſung des Referenten hier wiederzugeben . Die leichten Stangen der Luftleitung sind den in Deutschland und bei den meisten Feld-Telegraphen anderer Armeen gebräuchlichen sehr ähnlich, und werden derartige leichte Feldlinien fast überall in gleicher Weise ausgeführt. Webber hebt bei Besprechung dieser Leitungen merkwürdiger Weise den auffallenden, weit erkennbaren schwarz-weißen Anstrich der Telegraphenstangen als vortheilhaft hervor, da durch ihn die Leitungen leicht zu erkennen und aufzufinden seien, während in vielen Fällen wohl der Feind hieraus größere Vortheile ziehen wird, als der mit der Trace der Telegraphenlinie bekannte Erbauer. Anders ist es mit dem Vor wurf, daß derartige Leitungen gegen zufällige Störungen allzuwenig widerstands fähig seien. Oft , heißt es , waren die leichten Stangen von durchpassirenden Thieren niedergeriffen und ist eine dreimalige Revision der Leitung täglich noth wendig, um einigermaßen gegen unerwartete Unterbrechungen gesichert zu sein. „ Es ist klar " , heißt es weiter , „ daß , wenn nach der Errichtung solcher Strecke häufig einzelne Stangen umgeworfen und wieder eingesteckt werden, die Telegraphen linie mit der Zeit sehr wackelig und fehlerhaft wird . " Ein weiterer Uebelstand liegt in der Benutzung der Erdleitung bei Feldlinien, der bei dem ausgedörrten Boden in der Nähe der Wüste sehr schwer zu beseitigen war; unter allen Umständen erhöht aber die im Felde meist nur sehr unvoll kommen zu erlangende Erd-Rückleitung die Widerstände in der Leitung ganz be deutend und kostet viel elektromotorische Kraft.

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Der Verwendung des Ruhestromes für Feldlinien wird entschieden das Wort geredet und darauf hingewiesen , daß auch in Indien die in dieser Richtung an gestellten Versuche ein günstiges Resultat ergeben hätten. Die Ausdehnung der Kriegs- bezw. Etappen-Telegraphenlinien während des Krieges der Engländer in Egypten war folgende : Von der submarinen Kabel ſtation in Port Said längs des Suez-Canals bis Ismailia und von dort zur Verbindung mit Indien bis Suez . Von Ismailia folgte sie dann der Armee bis Tel-el-Kebir und wurde nach der entscheidenden Schlacht über Zagazig bis nach Kairo verlängert. Es wurden hierzu die vorhandenen Leitungen der Staats und Privatgesellschafts -Telegraphenlinien , sowie die der Bahnen benutzt , welche nur in seltenen Fällen nachdrücklich zerstört wurden. Häufig waren von den vielen Leitungen einer Linie nur die unterſten leicht erreichbaren Drähte zerstört und die oberen vollkommen intact geblieben. Auch auf Seiten der Gegner wurde von Arabi Paſcha von den Telegraphen ein sachgemäßer Gebrauch gemacht , da er nach der Angabe Webbers bis zur Katastrophe von Tel-el-Kebir stets mit allen Theilen seines Heeres und mit Kairo in telegraphischer Verbindung gestanden haben soll. Auch die optische Telegraphie, welche in England auf einer hohen Stufe der Ausbildung steht, hat in diesem Kriege gute Erfolge zu verzeichnen, denen Oberst lieutenant Webber, ein früherer Gegner dieser Benachrichtigungsmethode, die vollste Anerkennung zollt. Er berichtet darüber wie folgt: „In unserer Front zwischen Kassassin und Ismailia war eine Linie von Signalstationen eingerichtet , welche die elektrischen unterstützten . Dieselben fielen meist mit den Telegraphenstationen zusammen; so war in unserem Hauptquartier auf dem Dach des Hauses eine Signalstation , während sich die Telegraphenstation in einem Zelt im Garten befand. Sehr oft wurden uns durch dieſe Station Depeschen übermittelt, wenn wir durch Schäden in der Telegraphenleitung sehr in Verlegenheit waren. Es ist klar, daß eine Signalstation , die durch keinen leicht zerstörbaren Draht mit der andern in Verbindung steht, viel einfacher einzurichten ist, als eine telegraphische, und daß die Verwendung derselben für vorrückende Heerestheile im Felde viel passender ist , als eine telegraphische Verbindung. Deswegen und auf Grund meiner Erfahrungen in Africa sehe ich voraus , daß das Signalwesen höherer Ordnung, d. h. durch besonders ausgebildete Leute gehandhabt, früher oder später viel von der Arbeit thun wird , die jezt dem Feld- Telegraphen allein zufällt. " Nach beendigtem Kriege wurden dann auch die in England früher angeord neten Berathungen behufs Reorganiſation der Feld-Telegrapheneinrichtungen sofort wieder aufgenommen und sind dieselben mit Ende 1883 zum Abschluß gekommen . *) Hiernach bestehen im Frieden folgende Stamm-Truppen für das Kriegs Telegraphen-Corps : 1) Der C.-Trupp der Royal Engineers mit einem Major als Commandeur und zwei Abtheilungen in einer Gesammtstärke von 6 Offizieren 2 Sergeanten 18 Corporalen Unteroffizieren ) unberitten, 80 Fahrern beritten und 12 72 3 Trompetern 1 Roßarzt 6 Hufschmieden 1 Offizierburschen in Summe 7 Offiziere und 195 Unteroffiziere und Gemeine. *) Vergl. auch v. Fiſcher in den Jahrbüchern für Deutsche Armee und Marine 1884, Februar-Heft Seite 223.

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Hiervon gehören zum Stabe: 1 Major, 1 Roßarzt, 3 Unteroffiziere, 3 Trom peter und 2 Fahrer, während sich die anderen Vorgenannten gleichmäßig auf beide Telegraphen- Abtheilungen vertheilen. Jede der beiden Abtheilungen ist wiederum in vier Sectionen getheilt, die, im Kriege entsprechend completirt, als ſelbſtändige Detachements operiren ſollen. Die für den Feld-Telegraphendienst nothwendigen Fahrzeuge stehen auch im Frieden den Abtheilungen mit voller Bespannung zur Verfügung (mit Ausnahme der Reservewagen), womit ein Etat von 33 Reit- und 72 Wagenpferden für beide Abtheilungen verbunden ist . Außer dieser Truppe werden 2) die 22. und 34. Compagnie der Royal Engineers ausschließlich für den Telegraphen (Etappen-) Dienst ausgebildet. Dieselben haben im Frieden folgenden Etat: Stab : 1 Major, 1 Lieutenant und 1 Feldwebel (für das Büreau), pro Compagnie 2 Offiziere, 17 Unteroffiziere, 63 Gemeine. Die Leute dieser Compagnien, welche sich zum größten Theil aus jungen Telegraphisten und Telegraphenarbeitern rekrutiren, erhalten zuerst eine militäriſche Ausbildung (einschl. einer beſchränkten Uebung im Feld- und Vorpostendienst) und müssen dann die Telegraphenschule in Chatham so lange besuchen, bis sie ihre Befähigung zur Verwendung auf einer Station der Staatstelegraphen erlangt haben. Ein entsprechender Theil der Staatslinien mit 18 260 Meilen (Englische) Drahtleitung befindet sich zu diesem Zweck ausschließlich in Händen der Truppe. Man will auf diese Weise die ausgebildeten Telegraphiſten unaus gesetzt in Uebung erhalten, da sie andernfalls erfahrungsmäßig sehr bald die nothwendige Fertigkeit in der Bedienung der Apparate verlieren . Zeitweise sollen dann diese Leute größere feldmäßige Uebungen bei den Feld Abtheilungen in Aldershot mitmachen , um auch erforderlichenfalls im Felde in dieser Weise verwendet werden zu können . Im Falle eines Krieges werden die unter 1 genannten Abtheilungen durch Completirung aus den Mannschaften der Compagnien auf folgenden Etat gebracht: Stab: 2 Stabsoffiziere, 1 Lieutenant, 3 Unteroffiziere, 1 Roßarzt, 3 Fahrer und 6 Burschen.

Jede der 8 Sectionen (Detachements) 1 3 3 21 1 1 2 21

Offizier, berittene Sergeanten, Unteroffiziere (unberitten), Fahrer, Hufschmied, Trompeter, berittene Burschen, Gemeine,

mit 4 Fahrzeugen, 9 Reit- und 26 Wagenpferden ; ausgerüstet mit 20 Englischen Meilen - 32 km Leitungs material.

Von den acht Detachements sind sechs mit Material für Stangen- und zwei mit solchem für Kabellinien ausgerüstet, es soll hierbei indessen den Verhältnissen des Kriegsschauplatzes Rechnung getragen werden und dementsprechend entweder Material für Luftleitungen, für Kabel- oder Gebirgslinien in größerer Menge mitgenommen werden. Zur Ergänzung des eingebauten Materials werden aus reichende Mengen gleicher Säße von je 20 Meilen der Armee nachgeführt und in geeigneten Depots niedergelegt.

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Von den vier Fahrzeugen eines Detachements sind zwei mit je fünf Meilen und der Reservewagen mit zehn Meilen Leitungsmaterial beladen, während der vierte Wagen das Handwerkszeug und die sonstigen Requisiten mitführt. Außerdem folgen in zweiter Linie noch 80 Meilen Leitungsmaterialien. Da die bisher gebräuchlichen Feldstangen sich im Egyptischen Kriege als höchft mangelhaft erwiesen haben, beabsichtigt man neuerdings solche aus Bambus rohr einzuführen und ihnen durch Kuppelung von je zwei Stangen mehr Höhe zu geben. Eine feldmäßige Conſtruction des Stangenwagens ist, wie es scheint, noch nicht gefunden und sind in dieser Hinsicht weitere praktische Versuche in Aussicht genommen. Für jedes mobile Armee-Corps sind vier Feld- Telegraphen- Detachements bes ſtimmt und müßte bei einem größeren Kriege die bestehende Organiſation_ent sprechend erweitert werden. Von den unter 2 angeführten Compagnien bleiben im Falle eines Krieges nur 3 Offiziere, 14 Unteroffiziere und 28 Gemeine zurück, die auf den Stationen fehlenden Telegraphisten werden aus der Reserve und durch Civil-Telegraphisten ersetzt. Unzweifelhaft ist diese Organisation, besonders wenn man berücksichtigt, daß jie nur für zwei Armee-Corps berechnet ist, eine sehr complete zu nennen und dürfte in dieser Hinsicht wohl kaum von einer anderen der Europäischen Armeen übertroffen werden . In Bezug auf die Ausrüstung sei noch bemerkt, daß alle Mannſchaften incl. der Fahrer mit Henry- Martini-Carabinern bewaffnet werden sollen. Schließlich mögen noch die Gesichtspunkte angeführt werden, welche für die Reorganiſation des Englischen Feld -Telegraphen-Corps maßgebend geweſen ſind. a. Für die Friedenszeit: 1 ) Die Erhaltung eines Minimalſtammes von Mannschaften und Pferden mit solchen Einrichtungen , die vor Allem die sofortige Completirung dieſes Stanimes im Falle einer Mobilmachung ermöglichen, und 2) Mittel, die Leute so zu beschäftigen, daß einmal ihre Dienstleistungen dem Staate wirklich Nußen bringen, sowie, daß dieselben stets in praktischer Uebung ihrer technischen Functionen erhalten bleiben und dadurch mindestens ebenso competent werden, wie die Telegraphisten des Civilstandes.

b . Im Kriege: Das Telegraphen-Corps muß so organisirt sein, daß es in viele kleinere Unterabtheilungen zerlegt werden kann, wovon eine jede in sich selbst complet und im Stande ist, unabhängig folgende Aufgaben erfüllen zu können . 1) Telegraphenleitungen mit solcher Geschwindigkeit zu legen und zu ent fernen, daß die Hauptquartiere der Armee mit ihren detachirten Truppenkörpern stets in Verbindung erhalten bleiben . 2) Die Hauptquartiere mit der Basis oder den vorhandenen Civil-Telegraphen durch temporäre Zweiglinien zu verbinden. 3 ) Auf dem Kriegsschauplatze von den permanenten Telegraphen Besitz zu ergreifen, dieselben zu retabliren und erforderlichenfalls die verlassenen Stationen mit Telegraphisten beseßen zu können. Inwieweit die vorbesprochene Reorganiſation allen diesen Forderungen gerecht zu werden im Stande ist, muß ein späterer Krieg lehren. 28 Militärische Jahresberichte 1883.

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An dem früheren optischen Signalsystem ist, da es sich in allen Kriegen gut bewährt hat, nichts geändert worden. f. Frankreich. (Vergl. Jahresberichte für 1874 G. 712 ; für 1875 G. 513 ; für 1879 S. 348.) Nach der Französischen Ministerialverfügung vom 20. Auguſt 1876, welche eine Modification des Feld-Telegraphen-Reglements vom 19. November 1874 bildet, müſſen alle militärpflichtigen Telegraphenbeamten die Militär-Telegraphenschule in Saumur besuchen, wo dieselben außer im Gebrauche der Waffen und im Reiten, ganz besonders auch in der Vorposten-Telegraphie ausgebildet werden. Außerdem ordnete eine Ministerialverfügung vom 7. December 1878 auf Vorschlag des damaligen Präsidenten der Telegraphen-Commission, General Schmitz, einen jährlichen Lehrcursus von sechs Monaten in allen Erforderniffen der Militär Telegraphie für die Cavallerieschule an . Die dort commandirten Offiziere und Unteroffiziere der Cavallerie-Regimenter sollen auf diese Weise mit den Tele graphenanlagen so weit bekannt gemacht werden, daß sie im Stande ſind, die ihnen in dieser Richtung ertheilten Aufträge in sachgemäßer Weise auszuführen. Die auf der Schule erlangten Kenntnisse sind dann später in den Regimentern praktisch und theoretisch zu vervollkommnen. Im Kriege besitzt jedes Armee Corps eine Feld- Telegraphen- Abtheilung (Telegr. Section I. 3one) , die wie folgt zusammengesetzt ist : 1 Sectionschef, 3 Stationschefs (alle vier beritten) , 10 Tele graphisten, 6 Materialaufſeher (Vorarbeiter) , 20 Linienarbeiter und 4 Ordonnanzen. Zum Transport kommt ein Train-Detachement von 1 Offizier, 2 Wachtmeiſtern, • 4 Unteroffizieren und 16 Fahrern hinzu. Neben dieser Abtheilung wird für jede Cavallerie- Diviſion ein berittenes Telegraphen-Detachement von 18 berittenen Telegraphisten formirt, von denen 12 Offizierrang haben. Dieselben sollen im Verein mit den ausgebildeten Cavallerie unteroffizieren und Leuten sich weit vorgelegener Telegraphen- Stationen bemächtigen, um feindliche Depeſchen abzufangen bezw. den Gegner durch falsche Nachrichten irrezuleiten. Bei der Französischen Vorposten-Telegraphie werden ausschließlich Klopfer (parleurs) verwendet, während auf allen anderen Feld- und Kriegs-Telegraphen Stationen die Morse Apparate im Gebrauch sind. An den nächsten Herbstmanövern werden zwei kriegsmäßig ausgerüstete Tele graphen-Sectionen und zwar bei dem 4. und 19. Armee-Corps ſich betheiligen. g. Desterreich - Ungarn ist in neuester Zeit dem Beispiel der anderen Armeen gefolgt und hat durch Aufstellung eines Eisenbahn- und Telegraphen Regiments einen Friedensstamm für die Feld-Telegraphen-Formationen geschaffen. Das Normal-Verordnungsblatt Nr. 32 vom 14. Juni 1883 publicirt eine Circular-Verordnung des Reichs Kriegsministeriums , nach welcher mittelst Aller höchster Entschließung vom 8. Juni ein Eisenbahn- und Telegraphen-Regiment am 1. August 1883 zu zwei Bataillonen, jedes zu vier Compagnien, zu formiren ist. Daffelbe hat im Kriegsfalle aufzustellen : 3 Telegraphen-Directionen 1. Linie für Armee-Commandos, 3 Telegraphen-Directionen 2. Linie für Etappen-Commandos, 43 Feld-Telegraphen-Abtheilungen und 3 Gebirgs-Telegraphen- Abtheilungen. Hierfür werden von jeder Friedens- Compagnie alljährlich 18 Unteroffiziere und Soldaten (und zwar sechs von jedem der drei Jahrgänge) im Feld-Tele

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graphendienſt ausgebildet und außerdem jährlich etwa 20 Einjährig-Freiwillige. Dieselben sollen während ihrer Dienstzeit zeitweilig zu den Reichs-Telegraphen Anstalten commandirt werden, um den Stations- und Baudienst kennen zu lernen. (Vergl. vorliegenden Band S. 169. ) Auch das im Herbst v. J. in Wien ausgestellte Telegraphenmaterial zeigt gegen früher manche Verbesserungen. *) Die Stationswagen sind leicht, gut gebaut und zweckentsprechend eingerichtet. Der Materialienwagen ist ein langer, zweiachfiger Wagen, welcher einen geschlossenen Kasten zur Aufnahme der zum Linienbau nöthigen Materialien enthält. Die Feld-Telegraphenstangen sind aus Bambusrohr und deshalb sehr leicht und bequem zu hantiren. Der Leitungsdraht befindet sich auf Rollen gewickelt im oberen Theil des Wagens . Außerdem enthält dieser Wagen auf vorn und hinten angebrachten Sißbänken Pläße zur Mitnahme von 10 bis 12 Mann und bietet damit die Möglichkeit, mit der Telegraphen Abtheilung auch in schnellerem Tempo vorzugehen. Die Gebirgs = Telegraphen = Abtheilungen führen die Baumaterialien und Stationseinrichtungen nicht auf Fahrzeugen, sondern auf Packthieren mit. Hierzu werden drei verschiedene Arten von Packsätteln verwendet. Der erste derselben trägt in zwei an jeder Seite befestigten Käſten die Stationseinrichtung, der zweite das Handwerkszeug und die Geräthe zum Bau einer gestreckten Leitung und zwar: zwei zerlegbare Rollenkarren , eine zerlegbare Leiter, Drahtgabeln, Spitz hacken u . s. w. Der dritte Sattel ist zur Aufnahme von je zwei Kabeltrommeln eingerichtet, die etwa 1 km Leitung enthalten. Für den Vorpostendienst ist ein noch leichteres Material im Gebrauch, welches von drei bis vier Mann fortgeschafft werden kann . Hierbei werden leichte Zeiger apparate verwendet, welche, mit Stativ und Feldſtuhl eng verbunden, nach Art der Tornister beim Transport auf dem Rücken getragen werden. Die Leitung, ein leichtes Feldkabel, wird auf einem zweiräderigen Karren mitgeführt, welcher von zwei Mann gezogen wird. Außerdem sind die Stationen zum Schuß gegen Sonne und Regen mit Schirmen ausgerüstet. Für den Signaldienſt iſt in neuerer Zeit ein verändertes System adoptirt, über das indessen noch nichts Näheres bekannt geworden ist. h. Portugal. Die Portugiesische Armee bestßt, wie die Deutsche, im Frieden nur eine Militär-Telegraphen-Inspection, an deren Spitze ein Hauptmann der Infanterie steht. Ueber die für einen Krieg in Aussicht genommenen Formationen ist nichts Näheres bekannt geworden, doch läßt das sehr ausführliche Wert des Capitäns Augusto C. Bon de Sousa (director telegraphico na extincta direcção geral dos telegraphos do reino) ,,Ante-projecto de organisação de telegraphia militar", Lisboa 1876 im Allgemeinen die angestrebten Ziele erkennen. Daffelbe ist wohl das umfaſſendſte und eingehendste Buch dieser Art, welches nicht nur sehr detaillirte Vorschläge für eine Feld-Telegraphen-Organiſation macht, sondern auch die Theorie zur Kenntniß der elektrischen Telegraphen, sowie die zweckmäßigste Art ihrer Verwendung zu militärischen Zwecken allgemein ver ſtändlich erläutert und durch bildliche Darstellungen erklärt. So finden wir beispielsweise auf Tafel Ia eine genaue Darstellung der Aufstellung der Tele graphen-Abtheilung zur Besichtigung und für den Marsch, in welcher, wie im Exercir-Reglement, der Platz eines jeden einzelnen Mannes verzeichnet ist. *) Vergl. Militär-Wochenblatt Nr. 86, 1883 : Die Feld-Telegraphen-Ausrüftungen auf der internationalen Elektrischen Ausstellung in Wien. 28*

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Verfaſſer ſtellt eine Abtheilung von zwei Feld-Telegraphen-Compagnien und eine Section (do deposito) für Etappenleitungen in folgender Etatsſtärke auf : Stab : 1 erster und zweiter Commandant, 1 Adjutant, 1 Sergeantadjutant ; pro Compagnie: 1 Hauptmann, 2 Lieutenants, 16 Unteroffiziere, 8 Trompeter, 65 Gemeine ; Section: 12 Unteroffiziere, 8 Trompeter, 30 Gemeine. Jede Compagnie und die Section hat je drei sechsspännige Fahrzeuge und zwar einen Stations- und Leitungswagen ( carro estação) mit 24 km blankem und 8 km iſolirtem Draht, sowie zwei Morse-Apparate und zwei Stangenwagen (carro para transporte de 150 postes). Der Stationswagen hat vorn einen sehr beschränkten Stationsraum und nimmt in seinem abgeschlossenen hinteren Theil die vorbezeichneten Leitungsmaterialien auf. Die Stangenwagen sind ganz offene Wagen, welche an ihrem hinteren Theil eine Vorrichtung zum Abwickeln der Drahttrommeln haben. Außerdem find portative (Vorposten-) Telegraphen und optische Signale in Aussicht genommen. Für die ersteren (telegraphos ambulante oder portateis genannt) find leichte Stationszelte vorgesehen ; der auf Tafel I a dargestellte optische Telegraph erscheint indeß sehr primitiver Natur. In richtiger Erwägung ihrer Zusammengehörigkeit ist in dem vorbesprochenen Buch auch die Verwendbarkeit der Luftballons zu Kriegszwecken eingehend be handelt und als leztes Mittel zur Correspondenz im Kriege , von demselben Verfasser der Dienst mit Brieftauben in einer besonderen Schrift besprochen Serviço dos pombos worden. Dies 1881 in Lissabon erschienene Buch correios, nos exercitos em campanha" verdient ſeiner Gründlichkeit und Aus führlichkeit halber dem des Hauptmann Taubert * ) zur Seite gestellt zu werden. i. Rußland. (Vergl. Jahresberichte für 1874 S. 716, für 1879 S. 349.) Die Anfangs formirten 7 Telegraphenparks, welche den 4 Sappeur-Brigaden zu getheilt waren , wurden später noch um einen vermehrt, so daß jede derselben 2 Telegraphenparks besaß. Nach dem Russischen Invaliden Nr. 129 von 1883 (vergl. Militär-Wochen blatt Nr. 1 von 1884) ist in Folge Kaiserlichen Befehls vom 12. Mai 1883 im Odeffaer Militär - Bezirk eine 5. Sappeur - Brigade aufgestellt und gleichzeitig bestimmt, daß jede der 5 Sappeur - Brigaden je 3 Telegraphenparks zu formiren hat, so daß Rußland im Falle eines Krieges mit dem Kaukasischen 16 Telegraphen parks besißen würde. Dieselben führen im Ganzen 1040 Werft Telegraphenleitung mit sich (gegen früher 900 Werft) , dagegen ist der Satz für jeden einzelnen Park von 100 auf 65 Werst herabgesetzt. Die Russischen Feld - Telegraphen - Abtheilungen sind vollkommen militärisch organisirt und werden Civil-Telegraphisten nur in zweiter Linie verwendet. Die günstigen Erfolge mit dem Buchholzschen Vorposten - Telegraphen im Ruſſiſch *) Franz Taubert, Handbuch des Luftsports.

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Türkischen Kriege waren die Veranlassung, von solchen transportabeln Telegraphen neuerdings den weitesten Gebrauch zu machen. Der Militär-Telegraphenchef in St. Petersburg, Oberst Herschelmann, hatte einen dem Buchholzschen ähnlichen Vorposten - Apparat für die Russische Armee in Vorschlag gebracht und denselben ganz besonders für den Gebrauch bei der Cavallerie empfohlen. Nach eingehenden Versuchen mit demselben bei dem Leib Garde- Ulanen - Regiment und in der Cavallerie- Schule, wobei sich herausstellte, daß derselbe seinen Zweck erfüllt und dem Transport zu Pferde keinerlei Hinder nisse bietet, sah sich der General - Inspecteur der Cavallerie veranlaßt , denselben bei der gesammten Russischen Cavallerie einzuführen. Zunächst soll jedes Cavallerie Regiment einen solchen Telegraphen zur weiteren Ausbildung von Unteroffizieren und Leuten erhalten, später indeffen jede einzelne Schwadron mit einer solchen Ausrüstung versehen sein. Vom Generalstab find den Regimentern besondere Instructionen über die Verwendbarkeit dieser Apparate zugegangen, die im Allgemeinen eine Benußung derselben bei Recognoscirungen und im Vorpostendienst bestimmen, außerdem aber auf die Bedeutung hinweisen, welche es für die Kriegführung haben kann, wenn es gelingt, sich in feindliche Linien einzuschalten. Wir finden in dieser Hinsicht in Rußland also fast die gleichen Maßnahmen wie in Frankreich und würde damit dem elektrischen Telegraphen allerdings eine ſehr ausgedehnte und für den Gegner gefährliche Verwendbarkeit geboten sein. Ein weiterer großer Vortheil liegt in der mit dieser Anordnung verbundenen häufigen Verwendung leichter Feld - Telegraphen bei allen größeren Uebungen der Truppen, wodurch einerseits lettere daran gewöhnt werden die telegraphischen Verbindungen zu respectiren und zu schonen , während andererseits derartige Uebungen auch den Truppenführern ausreichende Gelegenheit bieten , sich an den angemessenen Gebrauch solcher Correspondenzmittel zu gewöhnen und ſie im Ernstfalle vor einem gleichgefährlichen Zuviel oder Zuwenig zu bewahren. k. Spanien. (Vergl. Jahresberichte 1879 S. 351. ) Die früher an gegebene Organiſation der bestehenden zwei Stamm =- Compagnien der Feld Telegraphen - Truppen (Telegrafo volante) hat sich in kurzer Zeit zu einer solchen Vollkommenheit entwickelt , daß sie der Ingenieuroberst Webber (Chef der Englischen Militär-Telegraphie) schon in einem am 31. März 1879 in der „United Service Institution" in London gehaltenen Vortrage als ein Muſter dieser Art hinstellen konnte ; es erscheint deshalb ein näheres Eingehen auf diese eigenartige Organisation geboten. Wir entnehmen die näheren Angaben einem ausführlichen Bericht v. Fischer Treuenfelds Ueber die neueren Militär-Telegraphenorganisationen ". *) Hiernach werden aus jeder der beiden Compagnien im Kriege vier Sectionen (Abtheilungen) formirt, die alle Materialien zum Bau der Linien und zur Einrichtung der Feld Stationen auf Tragthieren mitführen , während die zur Compagnie-Ausrüstung gehörenden beiden Wagen zur Einrichtung einer Central- Station dienen und sonst nur Reservematerialien mitführen. Die Hauptaufgabe des Telegrafo volante besteht darin, die Hauptquartiere der Armee-Obercommandos und der Divisionen mit den operirenden Truppen zu verbinden und diese Verbindungen , wenn möglich , bis zu den Vorposten fortzu seben; daneben sollen sie, wenn irgend thunlich, die Truppen auch auf Recognos *) Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine von 1884. 6.226-232 .

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cirungen begleiten. Diesen Forderungen entsprechend, ist das Material zur Ein richtung dieser fliegenden Feldlinien so leicht als möglich gewählt worden und soll man mit Herstellung derselben den marſchirenden Truppen zu folgen im Stande ſein. Das Material selbst ist in eiserne Kisten verpackt, von denen ein Maulthier zwei mit einem Gesammtgewicht von 115 kg trägt. Zu einem Stationstrupp gehören drei Thiere mit sechs Transportkisten , die in folgender Weise ausgerüstet ſind : Kiste 1. 2 Schreibapparate , 4 Batterien , 2 Galvanoskope und Schreib material. Kiste 2. Einen Vorposten -Kabeltornister, 2 Kabeltrommeln mit je 500 m Kabel, 2 Galvanoskope, 4 Vorposten- Telephone mit Morse- Schlüssel zum Telegra= phiren, 4 Batterien und 2 Eisenrohre zur Herstellung von Erdverbindungen . Kiste 3. Einen completen Heliographen, sowie einen optischen Signalapparat für den Nachtdienst. Kiste 4. Material für Luftlinien und Handwerkszeug. Kiste 5 und 6. Je eine Kabeltrommel mit 1 km Feldkabel und hierzu je ein Kabeltrommelgestell mit Achſe. Ein Thier mit Kiste 2 und 3 beladen , würde somit vollkommen für den Vorpostendienst ausgerüstet und im Stande sein, eine elektrische Leitung von 1 km Länge auszulegen , event. aber diese Linie durch Einrichtung optischer Stationen entsprechend zu verlängern . Auf den Vorposten-Stationen wurden Anfangs die Trouvéschen Klopfapparate verwendet, da ihre Regulirung indeffen viele Schwierigkeiten machte, hat man dieselben neuerdings durch mit Morſe- Schlüffel ausgerüstete Telephone erſeßt, die sich gut bewähren sollen. Daneben werden auch leichte Morse-Apparate (System Buchholz) verwendet, während für alle Feld- und Etappen-Stationen die bei der Staats-Telegraphie gebräuchlichen Schreibapparate eingeführt sind. Das leichte Feldkabel enthält zwei Leitungen, die aus je einem soliden Kupfer draht bestehen, derselbe ist mit Guttapercha isolirt und mit Baumwolle um sponnen. Beide Leitungen sind dann mittelst Hanffäden zu einem Strange zusammengedreht, der, mit einem in Gummilösung getränkten Bande umwickelt, ein Kabel mit einem Durchmesser von 4,5 mm bildet. Das Gewicht desselben pro Kilometer beträgt 19.5 kg mit einer Minimal-Bruchſtärke von 54 kg. Die beiden Feld- Telegraphen - Compagnien rekrutiren ihre Leute leider nicht aus dem ganzen Lande , sondern nur (wie die anderen Truppen) aus einem be stimmten Bezirk und sind deshalb nicht in der Lage besondere technische Vor kenntnisse von dem ihnen zugewiesenen Ersatz zu verlangen. Die Ausbildung der Leute, bei welchen nur die nöthige Schulbildung vorhanden sein muß, ist deshalb eine viel schwierigere , als in den Staaten, in welchen sich derartige Truppen aus Fachleuten rekrutiren , ein Uebelstand welcher Anfangs der Ent wickelung des Telegrafo volante große Hindernisse bereitet hat und der mit der Zeit auch wohl beseitigt werden wird. Nach der Einstellung in die Compagnie erhält der Rekrut zuvörderſt eine vorwiegend militärische Ausbildung und wird dann erst im Bau der Leitungen und Bedienung der Telegraphenapparate unterwiesen. Es besteht zu diesem Zweck eine besondere Telegraphenschule , die mit den nöthigen Lehrmitteln aus gestattet ist , außerdem aber bedienen die Leute der Feld-Telegraphen-Compagnien die Militär-Telegraphen-Stationen in Madrid und Barcelona , wodurch sie in fortwährender Uebung erhalten werden. Die Offiziere erhalten in der Militär-Akademie eine theoretische und praktiſche Ausbildung in der Feld-Telegraphie und werden zeitweise zur weiteren Orientirung zu größeren Staats-Telegraphenämtern commandirt.

Militär-Telegraphie.

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Schon im Jahre 1880 war die junge Truppe so weit, daß sie vor dem König in Guadalajara eine größere feldmäßige Uebung ausführen konnte , über die wir La Ilustracion militar, 1881 Nr. 3 Folgendes entnehmen : Die Compagnien etablirten an diesem Tage 17 Feld - Telegraphen - Linien verschiedenster Art, von den stabilsten der permanenten Leitungen bis zur leichtesten Vorpostenverbindung. Die Linien gingen von den permanenten Militär- Tele graphen - Stationen in Madrid aus , folgten der Bahnleitung Madrid , Alcala bis Guadalajara und verzweigten sich von dort als Feldlinien nach verschiedenen Punkten des Uebungsterrains. Unter anderen Uebungen wurde der Königliche Pavillon in kürzester Zeit mit dem Brückenkopf und dem Uebungslager der Truppen verbunden. Es wurden bei dieser Vorführung die denkbar verschiedensten Systeme von Leitungen und Apparaten verwendet, um die Vielseitigkeit in der Ausbildung der Leute zu zeigen und schließlich auch mittelst des Heliographen auf optischem Wege Depeschen abgegeben und empfangen. So vorzüglich die besprochene Organisation für die eigenthümlichen Boden verhältnisse der Iberischen Halbinsel auch immerhin sein mag, dürfte dennoch der ausschließliche Transport der Materialien auf Tragthieren mancher Uebelstände wegen sich wohl kaum für andere Länder empfehlen lassen. Bemerkenswerth ist es jedenfalls, daß im benachbarten Portugal wiederum Fahrzeuge, wenn auch mit Maulthieren bespannt, in Vorschlag gebracht worden sind.

Schluß. Wenn wir zum Schluß einen Rückblick auf die Neuerungen in der Organi ſation und Ausrüstung der Kriegs- Telegraphencorps , sowie auf die in den leßten Kriegen gemachten Erfahrungen werfen, so ergiebt sich folgendes Resumé : Mit dem Beginn des leßten Decenniums sind fast in allen Europäischen Armeen die hartnäckigen Widerstände gegen eine entsprechende Erweiterung des Kriegs-Telegraphenneßes bis zu den Vorposten geschwunden. Die hiermit ge steigerten Anforderungen an Personal und Material - welche bisher und in einzelnen Ländern noch heute den Hauptgrund zu dem angeführten Widerstand ― ausmachten wiesen unweigerlich auf die Bildung stehender Telegraphen- Truppen hin, einer Nothwendigkeit, welcher sich selbst kleinere Armeen, wie wir gesehen haben, nicht entziehen mochten. Andererseits bedingt eine derartige Erweiterung der Feld - Telegraphenlinien eine ganz bedeutende Vermehrung der betreffenden Kriegsformationen, so daß die frühere Annahme, wonach für jedes Armee-Corps nur eine Feld-Telegraphen- Ab theilung erforderlich sei, nicht mehr zutreffend erscheint. Dem entsprechend finden wir bei größeren Armeen , wie bei der Russischen, Französischen, Englischen und Desterreichischen, ganz bedeutende Vermehrungen ihrer Kriegs- Telegraphencorps . So hat Rußland dieselben von 7 Telegraphen parks zu je 3 Abtheilungen oder in Summe 21 Abtheilungen auf 16 Telegraphen parks oder 48 Abtheilungen , Desterreich auf 46 Feld- Telegraphen-Abtheilungen (incl. 3 Gebirgs - Abtheilungen) erhöht. England hat für jedes Armee-Corps 4 Abtheilungen vorgesehen, während die Vermehrung in Frankreich durch die der Cavallerie zugetheilten berittenen Telegraphen = Trupps und die Ausbildung der Cavalleristen zu den nöthigen Hülfeleistungen erzielt werden soll. Mit allen diesen Organisationen ist die Nothwendigkeit einer Verwendung des Feld = Telegraphen in der sogenannten IV. 3oned. h. zur Verbindung der Vorposten, detachirten Abtheilungen, bei Recognoscirungen und im Gefecht —

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Militärische Jahresberichte für 1883.

vollkommen anerkannt. Die allgemeine Einführung leicht transportabler Apparate, der sogenannten Vorposten - Telegraphen bei den Telegraphencorps und sogar bei der Cavallerie , wie in Rußland und Frankreich, soll diesem Bedürfniß in Ver bindung mit optischen und akustischen (siehe Belgien) Signalen in ausreichender Weise Rechnung tragen. In wie ausgedehntem Maße dies im Kriege wirklich möglich ist, darüber giebt der Secessionskrieg in Nord - America eine ausreichende Zahl kriegsgeschichtlicher Beispiele. *) Ueber die Nützlichkeit einer gleichzeitigen Verwendung optischer Telegraphen, läßt wohl der Bericht des Englischen Oberstlieutenants Webber über den Krieg in Egypten keinen berechtigten Zweifel mehr aufkommen. Die gesteigerten Anforderungen und dadurch bedingten Vermehrungen der Truppen einerseits, sowie andererseits die neueren technischen Fortschritte auf dem Gebiete der elektrischen Telegraphie konnten selbstverständlich auf die Wahl der Materialien und Apparate nicht ohne Einfluß bleiben und sind auch in dieser Richtung sehr bedeutende Fortschritte zu verzeichnen. Der Transport-Train mußte thunlichst vermindert , die einzelnen Fahrzeuge mußten leichter und feldmäßiger construirt werden. In Folge des Ersatzes der ― Beamten durch Militär-Telegraphisten wenigstens für die Feld = Telegraphen ―――― Abtheilungen ersparte man nicht nur die für jene nothwendigen Beamten wagen, auch die schwerfälligen Stationswagen wurden damit überflüssig, da man außerdem im Kriege besser thut, die Stationen in Gebäude zu verlegen. Ein weiterer sehr unbequemer Transportgegenstand sind die Telegraphen stangen , welche lange schwerfällige Fahrzeuge benöthigen. Der Umstand ferner, daß Stangenleitungen oder Luftlinien zu ihrer Herstellung das Doppelte der Zeit, wie die gestreckten Leitungen erfordern und außerdem im Egyptischen Kriege mehr Störungen unterworfen waren , als diese, hat in neuester Zeit der Ver wendbarkeit der Kabelleitungen für die Feld -Telegraphenlinien sehr das Wort geredet. Der Transport aller Telegraphen - Materialien auf Tragthieren, wie in Spanien, ist wohl nur in solchen Ländern zu empfehlen, in welchen ein vor wiegend gebirgiges Terrain dies durchaus nöthig macht und andererseits eine ausreichende Zahl an das Tragen von Lasten gewöhnter Thiere vorhanden ist. In der Preußischen Armee hat man mit Packthieren in dieser Hinsicht sehr traurige Erfahrungen gemacht. In der Wahl der Apparate für die Stationen der stabileren Linien herrscht eine große Gleichmäßigkeit, da man fast ohne Ausnahme hierfür Morse-Apparate verwendet, die in ihrer Einrichtung nur sehr wenig verschieden ſind. Für die Vorposten- Stationen werden Americanische und Trouvésche Klopfer, Telephone und Siemenssche Morse = Apparate (System Buchholz) , in Rußland solche nach dem System Herschelmann verwendet. Neuerdings werden die Telephone nicht nur zum Sprechen, sondern auch zum Abnehmen von Morse-Depeschen mit dem Gehör, nach Art der Klopfer ver wendet. Sie sind hierbei weit empfindlicher als die Klopfer und deshalb be sonders zum Einschalten in feindliche Linien geeignet. Durch Anbringung eines Morse-Schlüssels ist man sogar im Stande damit Depeschen abzugeben ; praktiſche Versuche, welche man in dieser Richtung in England und Spanien angestellt hat, haben überraschend gute Reſultate gegeben. *) Vergl. William R. Plum The Military Telegraph during the Civil war in the United States und Elektrotechnische Zeitschrift, 1883, Februar-Heft.

Militär-Telegraphie.

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Die zur Leitung verwendeten Materialien variiren nach Stoff und Form und läßt sich nur insofern neuerdings eine gewisse Gleichmäßigkeit constatiren, daß man im leichten Feldkabel eine doppelte Leitung als zweckentsprechend aner kannt hat. Als Material für die Feldstangen gewinnt die Verwendung von Bambus rohr (Spanien, Italien, Desterreich und neuerdings auch England) immer weitere Verbreitung. Ob sich hierbei das in England vorgeschlagene Verbinden solcher Stangen - nach Art der Ueberwegstangen praktisch erweisen wird, bleibt allerdings fraglich. Auf dem Gebiete der optischen Telegraphie bezw. im Signalwesen finden wir in neuester Zeit neben den für den Tagesdienst bestimmten Heliographen, für die Nacht Apparate mit elektrischem Licht, das zu diesem Zweck entweder durch transportable mittelst Dampfmaschinen betriebene Dynamomaschinen , oder auch durch solche mit Handbetrieb erzeugt wird . Eine Maschine erster Art Appareil Photo - electrique de montagne genannt war von der Pariser Firma L. Sautter, Lemonnier & Cie. in Wien ausgestellt. Bei diesem Apparat find Dampfmaschine , Dynamomaschine (Grammesche) und eine elektrische Lampe (System Mangin) mit 0,30 m Durchmesser auf einer Achſe placirt und das Ganze ist so leicht gebaut , daß es von zwei Pferden transportirt werden kann . Außerdem waren auf der Wiener Ausstellung auch verschiedene Maschinen der zweiten Art vertreten, von denen einzelne sogar nur zwei Mann zu ihrer Be dienung brauchten. Auch unter der ebendaselbst ausgestellten Dänischen Feld-Tele graphen-Ausrüstung *) fand sich eine solche kleine Maschine, die aber nur für den Betrieb einer Glühlampe berechnet war. Praktische Versuche in dieser Richtung haben indeſſen ergeben, daß das Glühlicht zu Signalzwecken durchaus nicht ausreicht, da es in seiner Leuchtkraft selbst durch Petroleumlampen über troffen wird, während mit dem elektrischen Bogenlicht bei klarer Luft auf be= deutende Entfernungen hin Zeichen gegeben werden können . Daß man augenblicklich nach den Erfahrungen der letzten Kriege der Engländer in allen Armeen dem Signaldienst mehr Aufmerksamkeit schenkt, als früher, ist schon vorher angedeutet, doch darf nicht unerwähnt gelaſſen werden, daß die klimatischen Verhältnisse in diesen Kriegen der Verwendbarkeit der optischen Telegraphen auch ganz besonders günstig waren, während man in der Nord hälfte von Europa wohl in einzelnen Jahreszeiten auf ein derartiges Verſtändigungs B. mittel würde ganz verzichten müſſen. *) Vergl. Militär-Wochenblatt Nr. 86.

1883 .

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Bericht über die

kriegsgeschichtliche

Literatur.

1883.

Der Bericht über die kriegsgeschichtliche Literatur des Jahres 1883 wird seinen Stoff in derselben Weise gliedern, wie es im Vorjahre geschehen ist. Er beginnt daher mit den periodischen Veröffentlichungen des k. t. Kriegs Archivs und des Großen Generalstabes des Deutschen Heeres. Das Erstere hat die Hälfte der Spalten seiner Mittheilungen dieses Mal dem Kriegsjahre 1683 gewidmet ; wir werden darauf weiter unten zurückkommen. Die beiden anderen der erschienenen vier Hefte bringen u. a. einen Aufſaß über „Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr. Desterreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790 ; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Defter reichs gegen die Französische Revolution " von Oberst Rosinich , dessen Thema durch den langen Titel charakteriſirt ist, und eine Darstellung von „ Thielmanns Streifzug im Feldzuge 1813 " , welcher ihn von Johann-Georgenstadt bis Merseburg führte, nach den kriegsarchivalischen Acten von Major Siebert. Das Erscheinen der vom Großen Generalstabe , Abtheilung für Kriegs geschichte , herauszugebenden 11 Kriegsgeschichtlichen Einzelschriften“ hatte schon unser vorigjähriger Bericht in Aussicht gestellt. Sie sind , wie das Vor wort zum 1. Hefte sagt, bestimmt, diejenigen Lücken auszufüllen , welche bei der zusammenhängenden Darstellung ganzer Kriege verblieben sind und verbleiben mußten, weil es nicht möglich gewesen ist, sämmtliche vorgefallenen Ereignisse in derjenigen Ausführlichkeit zu schildern, auf welche sie Anspruch haben. Vorgänge des letzten Krieges sollen in erster Linie Berücksichtigung finden , aber auch für die Geschichte früherer Feldzüge ist die Hebung reicher archivalischer Schäße in Aussicht gestellt. Da die Wünschelruthe an diesen bisher wenig gerührt hat, so steht reicher Ertrag in Aussicht. Es sind im Jahre 18×3 zwei Hefte erschienen, welche einen guten Eindruck gemacht und das günstige Vorurtheil gerecht fertigt haben , mit welchem man ihrer Veröffentlichung entgegensah. Heft I (2,50 Mark) behandelt in dem ersten der mitgetheilten Auffäße die „Kriegs vorbereitungen und Operationspläne von 1805 " , also Maßregeln und Er wägungen, welche nur theilweise in die Praxis übergingen und nur eine geringe politische Tragweite hatten , für die damals herrschenden Ansichten über den Krieg aber von hohem Interesse find, während der zweite uns mitten in das frische Soldatenleben führt. Sein Thema: „Die Unternehmung des Detachements Boltenstern im Loirthale am 26. und 27. December 1871 ", liefert einen glänzenden Beleg für die Wahrheit des alten Soldatenſpruches, daß Gott dem Kühnen hilft. Heft II bringt Mittheilungen „Aus dem kriegsgeschicht lichen Nachlasse des Prinzen August von Preußen " , ruhmwürdigen Andenkens seit den Unglückstagen von Jena und Prenzlau , bewährt in den Befreiungskriegen und ebenso geschickt wie glücklich in seinen Unternehmungen gegen die Französischen Nordfestungen im Jahre 1815 ; ferner eine Schilderung des " Ueberfall bei Fontenoy sur Moselle am 22. Januar 1871 " , wo Franctireurs, nachdem sie das Bewachungs-Detachement vertrieben hatten, einen Pfeiler der Moselbrücke zwiſchen

Kriegsgeschichtliche Literatur.

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Toul und Nancy sprengten und für eine Zeit lang die Hauptverbindung der Deutschen Heere in Frankreich unterbrachen. Die kriegsgeschichtlichen Einzel ſchriften sollen in zwangslosen Heften erscheinen von mäßigem Umfange ; es ist in Aussicht genommen , deren alljährlich etwa drei herauszugeben. Die Beihefte des Militär - Wochenblattes haben an kriegsgeschichtlichen Arbeiten, außer dem weiter unten zu besprechenden Roßbach und Jena" , einen Aufsatz über die Freicorps Friedrichs des Großen" gebracht. Major Schnacken burg skizzirt darin diese Stiefkinder der Fridericianischen Armee, deren Charakter bild der Parteien Haß und Gunſt ſo ſehr verſchieden dargestellt hat ; soviel wir wiffen, ist eine zusammenhängende Schilderung ihrer Organisationen und Dienst leistungen bisher noch nicht versucht worden. In einem anderen Beihefte giebt Major M. Jähns einen Ueberblick der reichen Cäjarliteratur, den Ausläufer einer größeren kriegswissenschaftlichen Arbeit , unter dem Titel „ Cäsars Commentarien und ihre literarische und kriegswissenschaftliche Folgewirkung" . Die Erscheinungen der sonstigen periodischen Militärliteratur haben hier eine Berücksichtigung nicht finden können ; in Betreff ihrer müssen wir auf die im letzten Jahresberichte angegebenen Verzeichnisse verweisen , zu denen 1883 noch ein in der Militär-Literatur-Zeitung enthaltenes gekommen ist. Das letztere Blatt hat seit dem 1. Januar 1883 aufgehört als selbständiges Organ zu erscheinen, und kommt seitdem als „ Literarisches Beiblatt des Militär-Wochen blatts " heraus, welches allmonatlich in der Stärke von einem Bogen ausgegeben ist (Abonnenten gratis , sonst 5 Mark). Die bedeutende Verminderung seines Umfanges*) und Inhaltes, welche aus dieser Aenderung sich ergiebt , haben wir bei der Bearbeitung dieses Berichtes , für welchen die Militär-Literatur-Zeitung im vorigen Jahre eine Hauptquelle war, schmerzlich empfunden. Einen theil weisen Ersaß dafür hat ein Beiblatt der Deutschen Heereszeitung geboten, welches diese unter dem Titel „ Deutsche Militär-Literatur-Zeitung" in Monatslieferungen ihren Lesern mittheilte. Daneben haben dem Berichte die Recensionen in ,,Streffleurs Desterreichischer Militärischer Zeitschrift “ , in dem „ Organ der militär wissenschaftlichen Vereine" Desterreichs , in der Darmstädter „ Allgemeinen Militär Zeitung " , den Jahrbüchern für Armee und Marine" , den "1 Neuen militärischen Blättern" und in einigen ausländischen Journalen zu Dank verpflichtende Dienste geleistet.

A.

Werke allgemeinen Inhalts und solche, welche sich mit längeren Beiträumen befassen.

Die ersteren sind nur in geringer Zahl vertreten . Wir nennen unter ihnen zuerst den Separatabdruck eines Aufsatzes aus dem Journal des sciences militaires Combats des partisans" (Paris ; 2,50 Francs). Haupt mann Gustave Desroziers berichtet darin über eine lange Reihe von Heldenthaten , welche Französischer Unternehmungsgeist und Muth im Laufe der Jahrhunderte auf dem Gebiete des kleinen Krieges verübt haben und aus dem der curieuse Leser unter Anderem erfahren kann , wie im Jahre 1813 die bösen Franzosen den Marschall Vorwärts, als er Danzig belagerte, auf eine ganz besonders kecke und schlaue Weise eingefangen haben. Sodann eine kleine , aber inhaltsreiche Schrift des Majors A. Pfister (Stuttgart ; 1 Mark) , welche in interessanter Weise den „Milizgedanken in Württemberg und die Ver = *) Die Militär-Literatur-Zeitung erscheint im Jahre 1884 in erweitertem Umfange.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

suche zu dessen Verwirklichung" schildert ; vergeblich hat man sich bemüht, die Wehrkraft des Landes durch solche zu steigern. Für Leser, welche Russisch verstehen , erwähnen wir das Erscheinen einer „ Encyklopädie der Militärwissenschaften “ , welche auf Befehl des Kriegs ministeriums unter Redaction des bekannten Militärschriftstellers General lieutenants Leer als Ersatz für das aus den Jahren 1852-58 stammende „ Militär- Encyklopädische Lerikon " des Generallieutenants Baron v. Seddeler herausgegeben wird. Das Werk ist auf 200 Druckbogen berechnet, welche in Lieferungen zu 10 Bogen erscheinen sollen ; je vier Lieferungen werden einen Band bilden, der im Abonnement 3, später 5 Rubel kosten soll ; in fünf Bänden würde mithin das Werk vollständig vorliegen. Für die Fertigstellung ist ein Zeitraum von vier Jahren in Aussicht genommen. Die letzte Lieferung, welche wir gesehen haben, war die dritte ; sie reicht bis Boreml. Die Kriegsgeschichte, besonders die Russische, soll ihrer Wichtigkeit entsprechend vertreten sein. Wir wenden uns zu den kriegsgeschichtlichen Darstellungen , welche sich auf längere Zeiträume beziehen. Das Zeitalter der Punischen Kriege" schildert ein posthumes Werk von Dr. C. Neumann , aus seinem Nachlasse von C. Faltin (Breslau; 12 Mark) herausgegeben und ergänzt. Mit der „Kulturgeschichte der Kreuz züge “ beschäftigt sich eine Arbeit des Dr. H. Pruz (Berlin ; 14 Mark) ; beides Werke, welche zwar nicht die Kriegsgeschichte selbst zum Zweck ihrer Darstellungen machen, aber zum Verſtändnisse derselben, zur Würdigung von Ursprung, Hergang und Wirkungen ein schätzbares Material liefern. Den vorhandenen Französischen kriegsgeschichtlichen Arbeiten von größerem Umfange hat sich unter einem in Deutschland durch eine gleichnamige Vor gängerin etwas anrüchig gewordenen Titel „ Victoires et conquêtes de la monarchie française sous les règnes de Louis XIII , XIV, XV, XVI. Galérie des batailles célèbres d'après les dessins de Martines" eine weitere zugesellt , von welcher wir hier zunächst nur das Erscheinen der ersten Lieferung (Paris ; 2,50 Francs) constatiren können. Der General Graf Pajol, " Histoire des guerres de Louis XV“ , ist in dem 2. Bande ( 12 Francs) , welcher mit dem Jahre 1740 anhebt, mitten in der Darstellung der Ereignisse des Desterreichischen Erbfolgekrieges stehen geblieben, er behandelt dieselben, soweit sie auf Deutschem und Elsässischem Boden sich zugetragen haben ; die Beendigung dieses Krieges ist dem 3. Bande überlassen worden, welcher sich mit den Vorgängen in Italien, der Provence, Flandern, Großbritannien und den Colonien zu beschäftigen haben wird. Les campagnes de la première république " hat P. Gaffarel , doyen de la faculté des lettres de Dijon, zum Thema gewählt ; er schildert in großen Umriſſen ; Napoleon findet vor seinen Augen wenig Gnade, selbst das Verdienst seiner viel bewunderten Feldzüge der Jahre 1796 und 1797 sucht der gelehrte Herr ihm zu schmälern. Von den Feldzügen des Prinzen Eugen" , deren musterhafte Dar stellung wir dem . k. Kriegsarchiv und im Jahre 1883 speciell dem Major Freiherrn v. Hipssich und dem Oberstlieutenant Freiherrn Komers v. Findenbach danken , ist der 9. Band (30 Mark) , das Kriegsjahr 1707 behandelnd, veröffentlicht worden. Das wichtigste Ereigniß war der Zug in die Provence. Auf Anstiften der Seemächte unternommen, welche der Machtstellung Frankreichs im Mittelmeere den Todesstoß zu geben hofften, und unglücklich abgelaufen, sett er des Prinzen Feldherrngröße und politischen Scharfblick in das hellste Licht. In Italien , wo Daun Neapel eroberte, und in Ungarn, wo

Kriegsgeschichtliche Literatur.

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Desterreichs Reiter frische Lorbeeren pflückten, ging es beffer; in den Niederlanden kam es nicht zu entscheidenden Ereignissen ; am Rhein ließ Markgraf Ernſt Christian von Bayreuth sich die Stollhofener Linien nehmen ; als der fähigere Kurfürst Georg von Hannover an seine Stelle trat, wich Villars über den Strom zurück; in Spanien ging die Schlacht von Almanza verloren und Alles wandte sich zum Schlimmen. Eine Schrift, nicht lediglich kriegsgeschichtlichen Inhalts , aber Vorgänge der Kriegsgeschichte meiſterhaft schildernd, und aus denselben wichtige Lehren ziehend , ist Roßbach und Jena“ vom Oberstlieutenant Freiherrn von der Golz. Aus Vorträgen hervorgegangen, welche in der Militärischen Gesellschaft zu Berlin gehalten sind und zuerst in den Beiheften zum Militär-Wochenblatt für 1882 abgedruckt, ist „Roßbach und Jena “ jetzt als selbständiges Buch erschienen (Berlin ; 7 Mark). Indem der Verfasser die auffallenden Erscheinungen von 1806 erklärt und einen Rückblick auf die dem leßteren vorangegangenen fünfzig Jahre wirft, ruft er der Gegenwart ein caveant consules zu , eine Warnung vor zu optimistischer Auffassung der eigenen Verhältnisse und eine Mahnung , sich nicht in süße Sicherheit zu wiegen. In "7 Histoire militaire contemporaine" (Paris 2 vol. , 7 Francs) schildert F. Canonge , commandant au 52ème d'infanterie , früher Professor an der Kriegshochschule, die kriegerischen Vorgänge in der Krim, in Italien 1859, die Chinesische Expedition von 1860, den Americanischen Seceſſionskrieg, die Unternehmung nach Mexico , das Jahr 1866 in Deutschland und Italien und den Krieg von 1870-71 . Die Herausgabe der „Politischen Correspondenz Friedrichs des Großen" ist bis zum 11. Bande gediehen, welcher bis zu Ende des Jahres 1755 geht. Die nächste Veröffentlichung wird also voraussichtlich den hochwichtigen Schriftwechsel bringen, welcher der Eröffnung der Feindseligkeiten des Sieben jährigen Krieges nahe vorherging. Der 10. Band , das zweite Halbjahr 1754 umfassend, kostet 14 , der 11. Band 12 Mark. An Stelle von Dr. Reinhold Koser ist Dr. Albert Naudé als Redacteur getreten. Die "1 Entscheidungsschlachten der Weltgeschichte von F. Maurer" (Leipzig ; 7 Mark) nennen wir hier der Vollständigkeit wegen ; die Beachtung unserer Leser verdienen sie nicht. Dreihundert und fünfzig Jahre Desterreichisch-Ungarischer Kriegsgeschichte führt uns die Geschichte der Desterreichischen Militärgrenze von Dr. J. H. Schwicker" (Teschen ; 9 Mark) vor Augen. Wie wesentlich und wichtig der Antheil gewesen ist , den die Grenzer auch an Desterreichs Kämpfen gegen Andere als die Ungläubigen gehabt haben , beweisen außer ihren vielen namhaften Kriegsthaten die Zahlen, mit denen sie im Felde auftraten ; 1848/49 ftanden 140 000 Mann, von denen 50 000 umkamen , unter dem schwarzgelben Banner. Dann begann allmälig die Auflösung der Grenze , welche 1881 mit der Einverleibung in Kroatien und Slavonien endete.

B. Kriegsgeschichtliche Darstellungen , welche ſich mit kürzeren Beiträumen oder mit Einzelereignissen beschäftigen. Ueber „Les campagnes d'Alexandre" liegt uns der erste Band, eines mehr kritischen als erzählenden Werkes des als Schriftsteller über Seewesen bekannten Französischen Admirals Jurien de la Gravière vor, geistreich und interessant geschrieben ; er geht bis zur Schlacht bei Gaugamela.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Mit dem Zeitalter des Ueberganges vom Mittelalter zur Neuzeit beschäftigt sich eine Einzelschrift von A. Bernoulli , „Basel im Kriege mit Defter reich 1445-49 " , Basel 1883 ( 1,60 Mark) ; Episoden des Bauernfrieges behandeln M. Lorenz Fries ' " Geschichte des Bauernkrieges in Ost franken" , im Auftrage eines historischen Vereins vom Kreisarchivar Dr. Schäffler und vom Privatdocenten Dr. Henner in zwei Theilen (Würzburg ; 15 Mark) herausgegeben, und eine kleine Schrift ( 1,20 Mark) über den Niederösterreichischen Bauernkrieg" des Jahres 1515, von Franz Martin Unger nach älteren und neueren Quellen bearbeitet. Die 99 Campagnes de Charles IV, Duc de Lorraine " , in Deutſch land, Lothringen und der Franche-Comté , welche in die Jahre 1634-38 fallen, hat F. des Roberts auf Grund archivalischer Forschungen geschrieben (Paris ; 7,50 Francs). Den Löwenantheil an den kriegsgeschichtlichen Einzeldarstellungen des

Jahres 1883 beanspruchen die Schriften, welche sich auf die zweihundertjährige Säcularfeier der Belagerung Wiens und des Entſaßes, auf das Türkenjahr 1683, beziehen. So groß ihre Zahl, so verschieden ihre Sonderbestimmung und ihr Werth. Mehr oder weniger hat jede ihren Lieblingshelden , welchem sie gern das Hauptverdienst an dem endlichen glücklichen Ausgange des gewaltigen Ringens zuschreiben möchte, so daß die Frage noch nicht gelöst ist, wer am meisten dazu beigetragen hat , daß des Halbmondes Macht an den Wällen der Kaiserstadt zu Grunde ging, und wer eigentlich die Schlacht entschieden hat , ob Karl von Lothringen, indem er am linken Flügel jene große Rechtsschwenkung befahl, welche den Feind zum Weichen brachte, ob Johann Sobieski, als er auf dem rechten Flügel die Sturmangriffe und das Einhauen befahl. Schwerlich wird sie auch je gelöst werden; wir begnügen uns daher , Beider Leistungen anzuerkennen und außerdem nicht zu vergessen, was Kaiser Leopold als kluger Politiker und geschickter Allianzwerber, was Sobieski als Retter in der Noth, was Sachsen, Bayern und die anderen Reichsvölker als treue, tapfere Verbündete , was Starhemberg und die tapferen Vertheidiger der Stadt , Garnison und Bürgerschaft , gethan haben. Ihnen Allen hat das Jubeljahr ein ehrendes Gedächtniß gezollt. Von den erschienenen Schriften ist in erster Linie die aus der Abtheilung für Kriegsgeschichte des k. . Kriegsarchivs hervorgegangene „ Das Kriegsjahr 1683 " zu nennen , in den Mittheilungen des k. Kriegsarchivs abgedruckt, aber auch als Sonderausgabe erschienen (4,40 Mark). Sie umfaßt die Vorbereitung zum Kriege und die einleitenden Operationen , die Belagerung und den Entsat, den Rückzug der Türken und die Verfolgung. Einen Auszug aus derselben hat unter dem Titel „Die Belagerung und der Entjaß von Wien im Jahre 1683 " der Major Freiherr v. Mühlwerth - Gärtner gegeben (0,80 Mark). Ein anderes bedeutendes Werk sind „ Beiträge zur Geschichte der Bes lagerung von Wien durch die Türken im Jahre 1683 " . Hiſtoriſche Studien von J. Newald (Wien ; 6 Mark) , während K. Toisel sein reich illustrirtes Gedenkbuch „Die Türken vor Wien im Jahre 1683 " mehr für das größere Publicum geschrieben hat ( 15 Mark). Den Polnischen Standpunkt vertreten Kluczyci „König Johann III. vor Wien. Historische Darstellung des glorreichen Feldzuges im Jahre 1683. Deutsch von Dr. C. J. Petelenz". Krakau , Buchdruckerei des Czas (3,20 Mark) und „König Johann Sobieski und die Befreiung Wiens ". Die letztere Polnische Schrift (Wien ; 1 Mark) bezeichnet ihr Verfaffer, Dr. Johann

Kriegsgeschichtliche Literatur.

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Chelmedi, als eine kritische Abhandlung ; sie richtet sich vornehmlich gegen eine Arbeit von Dr. Onno Klopp „ Das Jahr 1683 und der folgende große Türkenkrieg bis zum Frieden von Carlowit 1699 " (Graz ; 12 Mark) . Sachsens Intereffen, den von jeher verkümmerten , wird eine gehaltvolle und würdige Arbeit gerecht, welche wir der Vereinigung des Dresdener Archiv directors Dr. P. Hassel und des Majors Graf Bißthum von Eckstädt verdanken zur Geschichte des Türkenkrieges im Jahre 1683. Die Betheiligung der Kursächsischen Truppen an demselben " (Dresden ; 4 Mark). Der Wiener Gemeinderath hat V. v. Renner mit der Darstellung von "Wien im Jahre 1683 " beauftragt (9 Mark), und derselbe Schriftsteller hat die Persönlichkeit von „ Johann Andreas v. Liebenberg , Bürgermeister von Wien ", welcher drei Tage vor dem Entsaß einer Krankheit erlag , zum Gegenstande einer Einzeldarstellung gemacht (0,60 Mark). " Der Chef der Wiener Stadtvertheidigung gegen die Türken 1683 " ist in einer eigenen Schrift von Freiherrn v. Helfert dargestellt (Prag und Leipzig ; 2 Mark). Vom Standpunkte des Ingenieurs schildert der Preußische Generalmajor Schröder den Kampf um Wien" (Separatabdruck aus dem Archiv für Artillerie- und Ingenieuroffiziere des Deutschen Reichsheeres, 1 Mark) ; er zeigt, daß dem Mineur das Hauptverdienst beim Angriff zukomme und daß er dem Contremineur überlegen gewesen sei, diesem habe es an Arbeitern gefehlt und, nachdem Rimpler seiner Wunde erlegen, auch an der Leitung. Die ältere Literatur über das Jahr 1683 findet sich in Kabdebo , „Bibliographie zur Geschichte der beiden Türkenbelagerungen Wiens", Wien 1876. Das vor Kurzem wieder aufgefundene und in den Besitz der Münchener Bibliothek gelangte " Tagebuch Kaiser Karls VII. aus der Zeit des Desterreichischen Erbfolgekrieges" hat K. Th. Heigel herausgegeben (München; 8 Mark). Es verbreitet manches neue Licht über die Kriegsereignisse und über maßgebend gewesene Persönlichkeiten ; die sehr sachgemäßen Bemerkungen des Herausgebers verleihen ihm erhöhten Werth. In einem weiten Sprunge kommen wir zu den Kämpfen, welche die Französische Revolution im Gefolge hatte. Den " Revolutionskrieg im Lichte unserer Zeit " (Hannover ; 1,60 Mark) schildert Freiherr Langwerth von Simmern ; in den "1 Beiträgen zur Geschichte der Stadt Mainz ", 6. Heft, giebt uns Dr. Bodenheimer die Belagerung von 1793 ; intereſſante Mittheilungen, namentlich über die inneren Zustände bei den Neufränkischen Truppen, macht Huzelmann in „Die Französische Invasion in Franken im Jahre 1796 " (Fürth ; 1 Mark) ; Le bataillon de la Corrèze par le comte Victor de Seilhac. De la formation à l'embrigadement " (Tulle, 5 Francs) beschäftigt sich mit der Zeit von 1791–1796 . Ueber die Egyptische Expedition liegen zwei neue Bücher vor, ein „Mémoire historique sur l'invasion et l'occupation de Malte par une armée française en 1798 " par Pierre Doublet (Paris ; 3,50 Francs), ― und ein umfassenderes " L'armée française en Égypte , 1798 1801. Journal d'un officier" , mis en ordre par H. Galli (Paris ; 7,50 Francs), welches zuerst in einer Einleitung Allgemeines über die Expedition und dann das Tagebuch eines Offiziers von der Einschiffung in Marseille bis zur Capitulation von Alexandria bringt. Die Geschichte der Deutschen Freiheitskriege in den Jahren 1813 und 1814 " von H. Beißke, in der Neubearbeitung durch Dr. Gold

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Militärische Jahresberichte für 1883.

schmidt (vergl. Jahresberichte für 1881/82, S. 465) , ist in 2 Bänden (9 Mark) zu Ende geführt worden ; die Neubearbeitung hat manche Längen gekürzt, schiefe Urtheile berichtigt und neue Forschungen benut. Ein heftiger Streit hat sich über eine charakteristische und hervorragende Erscheinung jener Zeit erhoben , über „ Lützows wilde verwegene Jagd ". Jm April-Hefte von H. v. Treitschkes Preußischen Jahrbüchern hat nämlich Karl Koberstein das Wesen und die Leistungen der schwarzen Schaar einer Kritik unterzogen, deren Zweck dahin ging , zu beweisen , daß ihre Dienste minimale gewesen seien , und daß die Sage, welche in ihr die Erhebung der Nation in schwerer Zeit verkörpere, der Tendenz entstamme , Preußens Ruhm zu schädigen. Ton und Art von Kobersteins Untersuchungen zeigen wenig Pietät , sie verletzen und schaden sich selbst, wenn auch beim gebildeten Soldaten kaum ein Zweifel darüber bestehen kann, daß ihr Urtheil über die Dienste des Corps nicht zu scharf ist und daß Lützow selbst wohl an einer andern Stelle mehr an seinem Plate gewesen sein möchte , als an der, welche er inne hatte ; die vielen schönen Kräfte in den Reihen der Lützower hätten besser verwerthet werden können. Gegen diesen Aufsatz (Separatabdruck 0,80 Mark) wendet sich nun ein Anonymus , K. v. L., und benutzt in geschickter Weise die vielen Blößen , welche jener ihm zeigt, zu einem Versuche, den Lützowern und namentlich ihrem Führer den Glorienschein ungetrübt zu erhalten, welchen das größere Publicum von ihren Häuptern aus gestrahlt zu sehen gewohnt ist ; "1Adolf Lützows Freicorps in den Jahren 1813 und 1814" (Berlin 1884; 1,50 Mark) betitelt sich seine kleine Schrift ; Koberstein hat eine Entgegnung in Aussicht gestellt. Die "" Geschichte des Schwarzburg - Rudolstädtischen Contingents in den Kriegsjahren 1807-1815 von Schüler" (Rudolstadt ; 1 Mark) giebt eine gedrängte Schilderung der Thaten und Leiden der Truppe unter Französischer Führung in Spanien, Rußland und zuletzt in Danzig , sowie der Theilnahme an dem Feldzuge 1814 in Flandern und der Erlebnisse 1815 in Frankreich und damit einen Beitrag zur Geschichte dieser Vorgänge. Obgleich über die Erlebnisse von Schwarzburgischen Soldaten in jener Zeit schon Mancherlei veröffentlicht ist, verdient die kleine Schrift doch Verbreitung. Eine interessante Erinnerung an das Jahr 1815 ist die Wiederauflage des in Brüssel erschienenen Jahrganges vom Journal de la Belgique de 1815 " , auch in der äußeren Erscheinung getreu das Vorbild nachahmend.. Die Zeitung war das Organ der Verbündeten und erschien unter Aufsicht der Niederländischen Regierung ; ihre 365 Nummern und eine große Zahl von Supplementen geben einen wichtigen Beitrag zur Zeitgeschichte und liefern in zahlreichen militärischen und politischen Actenstücken Beläge für deren Zwecke (73 Serien à 0,50 Francs) . Ueber " 1815. Ligny -Waterloo " hat außerdem A. de Vaulabelle , ministre de l'instruction publique, ein illustrirtes Werk herausgegeben. Aus den "1 Gesammelten Schriften von A. v. Jochmus , herausgegeben von Dr. Thomas , ist „The syrian war and the decline of the Ottoman Empire " zu erwähnen . Das Buch (2 Bände, Berlin ; 14 Mark) behandelt die Ereignisse von 1840 bis 1848 , an denen der Verfaſſer , später Minister der Deutschen Reichsregierung von 1848 und zuletzt in Oesterreichischen Diensten , von England abgesendet , Theil hatte. Es hat mehr politiſches als militärisches Interesse. Ueber La guerre d'Italie" von 1859 hat Alfred Duquet (Paris) geschrieben, ein durch mehrere schriftstellerische Arbeiten bekannter Autor , welcher 3. B. Froeschwiller, Châlons, Sedan " veröffentlicht hat, ein Buch, in welchem

Kriegsgeschichtliche Literatur.

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er zu Nutz und Trost seiner Landsleute die Fehler des Deutschen Generalstabes registrirt. Seine gegenwärtige Arbeit kehrt ihre Spitze gegen Mac Mahon, welchen er schon einmal im Jahre 1877 in einem Artikel der Revue politique littéraire, die Legende von Magenta betitelt , angegriffen hat. Den aus jener Schlacht hergeleiteten Ehrentitel verdiene der glorreich Besiegte von Sedan keineswegs ; er sei nicht allein nicht aus sich selbst au canon marschirt, sondern habe Befehl dazu erhalten , aber zwei kostbare Stunden verloren , bevor er ihn ausgeführt ; ebenso habe er bei Melegnano versäumt , Baraguay d'Hilliers zu helfen und bei Solferino habe er sich keineswegs tüchtig erwiesen. Lob der Truppe, Tadel den Führern - ist Grundton der Schrift. Die 99 Histoire de la guerre civile en Amérique des Grafen von Paris" rückt zwar langsam vor , aber sie rückt doch vor. Der erschienene fünfte und sechste Band ( à 7,50 Francs) zeigen uns die Südstaaten auf ihrem militärischen Höhepunkte, aber auch schon den Beginn ihrer endlichen Niederlage. Sie beschäftigen sich mit dem Jahre 1863 ; im fünften Bande ist die Handlung geschildert, welche sich im Osten am Rapidan, im Westen am Miſſiſſippi abspielt. Chancellorsville und Vicksburg sind die Brennpunkte ; im sechsten Theile nimmt die Darstellung des dreitägigen Rencontrekampfes bei Gettysburg hervorragend das Intereſſe in Anspruch. Die amtliche Geſchichtschreibung (vgl. Jahresberichte für 1881 , S. 466) ist noch nicht so weit gekommen , da von den „ Official records of the rebellion" der zuletzt erschienene neunte Band noch beim Jahre 1862 steht. Er bringt die Operationen im südöstlichen Virginien vom 11. Januar bis zum 17. März, in Nord-Carolina vom 11. Januar bis zum 20. Auguſt, in Neu Mexico und Arizona vom Februar bis zum 20. September. Das New-Yorker Army and Navy Journal hat berechnet, daß das gesammte vorhandene , zur Veröffentlichung bestimmte Material hundert Bände füllen wird. Des Er-Marschall Bazaine „ Episodes de la guerre de 1870 et blocus de Metz " (Madrid , 10 Francs) haben die an das Erscheinen des Buches geknüpften Erwartungen nicht erfüllt. Der Rapport sommaire sur les opérations de l'armée du Rhin “ und „,L'armée du Rhin depuis le 12 Août jusqu'au 29 Octobre" desselben Verfassers hatten wohl schon so ziemlich erschöpft, was er zur Klarstellung der Verhältnisse und zu seiner Recht fertigung vorbringen konnte ; die gegenwärtige Schrift bringt nichts wesentlich Neues ; mit Recht ist sie nicht in das Deutsche überseßt , sondern ist nur ein Auszug von Premierlieutenant Wewers , 112 Seiten in 8°, erschienen (2,40 Mark). Die militärischen Vorgänge find kurz abgehandelt ; eingehender hat der Marschall sich mit den Vermittelungsversuchen Regniers , den Verhandlungen Boyers und mit den Vorgängen in Metz beschäftigt, welche sich auf die Capitu lation bezogen ; endlich wird , was nicht unnatürlich und zugleich eine dankbare Aufgabe ist, das Verfahren der republicanischen Regierung gegen den Ex-Marschall einer scharfen Kritik unterworfen. Als Unterlage für die Beurtheilung seiner Kriegführung und Handlungsweise wird das Buch immer nur mit großer Vorsicht zu benußen sein. Von Bonnets ,, Guerre franco - allemande" (vgl. Jahresberichte 1882, S. 466) ist der 3. Band (7,50 Francs) erschienen. Er bringt das Ende des Krieges und in einem Schlußartikel eine Uebersicht über dessen gesammten Gang, Ursachen und Wirkungen. Die Arbeit ist ein werthvoller Commentar, bei deſſen Benutzung aber gleichfalls Vorsicht zu empfehlen ist. 29 Militärische Jahresberichte 1883.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

In einer gehaltvollen Schrift „ Das Russische Heeres - Sanitätswesen während des Feldzuges 1877-78 " behandelt Major Knorr (Hannover ; 8 Mark) diesen wichtigen Factor der Kriegführung ; er schildert die Organisation, welche der Krieg vorfand , ihre Leistungen während desselben und die Ursachen der Mißerfolge; die günstigen Resultate der freiwilligen Krankenpflege stechen grell dagegen ab. Von den Eroberungszügen Rußlands im fernen Often berichten, in der Landessprache geschrieben, zwei Schriften , welche beide der Feder des Generals Grodekow entstammen,,,Der Feldzug in Khiwa 1873 " und „ Der Krieg in Turkmenien ", von denen die erstgenannte den Nebentitel führt „ Thätig keit der Kaukasischen Abtheilungen" (2 Rubel). Fünf Colonnen waren es, welche damals gegen Khiwa entsendet wurden ; zwei waren aus Truppen des Turkestanischen, eine aus solchen des Orenburgischen Militärbezirkes gebildet ; zwei wurden den Wehrkräften des Kaukasus entnommen. Von den letzteren erreichte nur die Colonne des Oberst Lomakin ihr Ziel , die des Oberst Markojow, welche von Krasnowodsk ausging , kehrte um, weil ihr Commandeur ihr das Schicksal der Expedition des Generals Perowski ersparen und sie nicht wie diese in der Wüste umkommen lassen wollte. Ihre Leiden und Schicksale bilden den einen Theil der Darstellung ; Markosows Entschluß findet Zustimmung ; den Rest füllen die Ereignisse bei Lomakins Colonne. Von dem „ Kriege in Turkmenien “, welches Buch ebenfalls einen Nebentitel „ Der Feldzug Skobelews in den Jahren 1880-1881 " führt , sind bis Ende 1883 zwei Bände erſchienen ; fie gehen bis zu den Vorbereitungen zum Angriff auf Geok-Tepe. Der Verfasser schildert als Augenzeuge; er hat an dem Feldzuge hervorragenden Antheil ge nommen ; Skobelew hatte ihn am 5. Juli (a. St. ) 1880 für den Fall , daß Tod oder Wunde ihn selbst nöthigen sollten, das Commando aus der Hand zu geben , zu seinem Nachfolger ernannt. Desterreichs jüngste Kämpfe auf der Balkan - Halbinsel haben eben falls zu zwei Werken die Anregung gegeben. Das eine heißt ,, Der Aufstand in der Herzegovina , Süd - Bosnien und Süd - Dalmatien 1881-1882 " , dargestellt in der Abtheilung für Kriegsgeschichte des k. k. Kriegsarchivs (6 Mark) ; es schildert ebenso belehrend wie interessant eine Reihe von Unternehmungen des Gebirgskrieges und von Guerrillakämpfen, deren Ausführung den Desterreichischen Truppen unter unsäglichen örtlichen , Terrain- und Verpflegungsschwierigkeiten gegen einen streitbaren und abgehärteten Gegner oblag ; das Thema des andern ist Die Verpflegung der . . Truppen während der Beseßung Bos niens und der Herzegovina im Jahre 1878 " (7,20 Mark). Der Verfaſſer R. Egger, welcher dasselbe im Auftrage des Ministeriums nach dessen Acten bearbeitet hat, macht in dem Buche den soviel wir wissen zum ersten Male unternommenen - Versuch, eine Geschichte des Verpflegungswesens einer Armee während des Verlaufes kriegerischer Operationen zu schreiben. Sowohl aus diesem Grunde wie mit Rücksicht auf das Gelingen dieses Erstlingsversuches verdient das Buch besondere Beachtung. Einen Beitrag zur Geschichte einer in Deutschland wenig bekannten Kriegs periode liefert die " Histoire de la participation des Belges aux campagnes des Indes - Orientales Néerlandaises sous le gou vernement des Pays - Bas par le capitaine Eugène Cruyplants " (Paris et Limoges ; 5 Francs). Nach der Schlacht von Waterloo wollte das neue Königreich der Niederlande ſich einer Anzahl abenteuernder und unbequemer Elemente entledigen , unter denen sich namentlich auch politisch compromittitte

Kriegsgeschichtliche Literatur. Franzosen befanden; man sandte daher Ende October 1815 eine fanterie und acht Geschütze nach Java. Der Aufenthalt derselben und ihre Kämpfe gegen die Eingeborenen sind Gegenstand der welche durch interessante Mittheilungen über Land und Leute belebt

451 Brigade Jn in Ostindien Darstellung, wird.

C. Denkwürdigkeiten und Lebensbeſchreibungen. Aus älteren Zeiten erwähnen wir das Erscheinen des dritten Theiles einer Lebensbeschreibung des Admiral Gaspard de Coligny vom Grafen J. Delaborde. Die Zeiten der Kriege der ersten Französischen Republik behandelt „ Un général de Sambre et Meuse ; Mémoires militaires du géneral Jean Hardy , 1792-1802 “ (Paris ; 7 Frcs . ) ; der Zusatz zum Titel La Meuse, la Moselle , le Rhin" deutet an , wohin der Leser geführt wird ; das Buch ist Sonderabdruck einer Reihe von Artikeln des Spectateur militaire . Zu der reichen Memoirenliteratur über die Napoleoniden liefert eine willkommene Zugabe Les trois frères de Napoléon I. " ( 10 Fres .) . Der Historiograph der Kaiserlichen Familie , der Baron A. du Casse , bietet darin eine Reihe von Belagſtücken, durch welche die vorhandenen Werke über Joſeph, Louis , Jérôme und den Kaiser wesentlich ergänzt werden. Beiträge zur Kriegsgeschichte der Zeit des letzteren liefern zwei Werke aus Polnischen Quellen „Zur Franzöſiſch - Deutschen Kriegsgeschichte 1800 bis 1813. Aus Denkschriften Polnischer Offiziere von Dr. A. Mosbach " , Breslau (12 Mark) und " Memoiren aus dem Feldzuge in Spanien ( 1808-1814) von Stanislaus v . Broeckere , ehemaligem Offizier der Fran zösisch-Polnischen Armee. Herausgegeben von der Tochter des Verstorbenen Pauline v. Cybulska “ (Posen ; 4 Mark) , die Lebensschicksale eines Mannes erzählend, der, nachdem er als Preußischer Offizier am Feldzuge von 1806 theil genommen hatte, 1808 bis 1811 unter General Sebastiani in Spanien focht und dann Jahre lang in Spaniſcher und Engliſcher Gefangenschaft schmachtete. Er war nur Lieutenant , hat aber scharf beobachtet und treffend beurtheilt ; seine an ziehend geschriebenen Aufzeichnungen legen Zeugniß davon ab. Die " Nachgelassene Correspondenz zwischen Herzog Eugen von Württemberg und dem Chef seines Stabes während der Jahre 1813 bis 1814 , Oberst v. Hofmann, nebst Lebensbild des Leßeren (Canstatt; 4 Mark) von A. v. Hofmann - Chappuis " entstammt dem Meinungs austauſche zwischen dem Feldherrn und seinem ersten Gehülfen aus Anlaß der Veröffent lichungen des letteren über das gemeinsame Wirken und Handeln. Das Lebens bild ist dürftig. Bei der Persönlichkeit des Generals Michael Dmitrjewitsch Skobelew wird 11 ein Zeitbild" , welches ein Ungenannter H. M. " nach authentischen Quellen" von ihm giebt (Großenhain ; 2 Mark), gewiß Leser finden. König Albert von Sachsen als Feldherr. Sein Wirken im Deutsch-Französischen Kriege 1870-1871 " (Dresden ; 1,25 Mark) darzustellen , ist eine dankbare Aufgabe ; die Lösung derselben durch A. Bettin ist indessen höchst dürftig und ihres Helden nicht würdig.

D. Truppengeschichte. Die erschienenen Regimentsgeschichten des Deutschen Heeres find theils ganz neu, theils sind es Fortsetzungen bereits vorhandener, theils sind es Bearbeitungen zum Gebrauch der Mannschaften ; ihre Zahl ist im Allgemeinen geringer als im Vorjahre. 29*

452

Militärische Jahresberichte für 1883.

Neu sind: "1„Geschichte des 3. Thüringischen Infanterie - Regiments Nr. 71 “ vom Hauptmann v. Loefen , dem ersten Commandeur und jeßigen comman direnden General v. Blumenthal gewidmet (Berlin ; 6,50 Mark) ; " Geschichte des 8. Westfälischen Infanterie- Regiments Nr. 57 " vom Premierlieutenant v . Schimmelmann I. (Berlin ; 7 Mark) und " Das Posensche Ulanen - Regiment Nr. 10 " vom Premierlieutenant de Graaf (Berlin ; 7 Mark). Alle drei Regimenter sind aus der Reorganisation von 1860 hervorgegangen ; zählen sie daher auch der Jahre noch nicht viele, so ist doch ihre kriegerische Ver gangenheit durch die Theilnahme am Böhmischen Feldzuge und durch die am Kriege von 1870/71 schon eine belebte und ruhmvolle ; gegen Frankreich stand das erstgenannte Regiment bei Beaumont , Sedan und vor Paris in Waffen ; die 57er hatten am Tage von Mars la Tour als Glied der Brigade Wedell blutigsten Antheil und fochten später an der Loire und bei Le Mans ; die Ulanen waren 1866 bei der Kronprinzlichen Armee in Böhmen , 1870/71 gehörten sie zur Cavallerie-Division des Prinzen Albrecht. Daran reiht sich eine Bayerische Regimentsgeschichte, welche in Anlage und Ausführung an die im vorigen Jahresberichte besprochene des 4. Infanterie Regiments vom Oberst v. Hofmann erinnert und , wie diese, allerdings über den Rahmen einer Regimentsgeschichte im eigentlichen Sinne des Wortes hinausgehend, ein Bild der Zustände der Bayerischen Truppen und der Militärverhältnisse in Kurbayern überhaupt giebt. Es ist die " Geschichte des Bayerischen 5. Jn fanterie- Regiments (Großherzog von Hessen) " vom Premierlieutenant Gerneth (Berlin ; 14 Mark). Der erschienene 1. Band , die Zeit von 1722 bis 1804 umfaffend , im Verfolg der Stammgeschichten aber noch über dieselbe hinaus bis in das 17. Jahrhundert zurückgreifend , führt dem Leser das ganze Elend vor Augen, welches das Regiment im Frieden wie im Kriege gegen Türken, Desterreicher, Preußen und Franzosen zu erdulden hatte. " Das 3. Württembergische Jäger- Bataillon , jezt Füsilier - Ba= taillon des Grenadier - Regiments König Carl Nr. 123 " feiert Haupt mann Muff in einem " Erinnerungsblatt " (Tübingen ; 1,20 Mark) ; zum Jubi läum des zweihundertjährigen Bestehens des „ Ulanen - Regiments König Carl (1. Württembergischen) Nr. 19 " hat Premierlieutenant Griesinger dessen Geschichte geschrieben (Stuttgart ; 8 Mark) ; sie begleitet das Regiment durch die Türken , den Spanischen Erbfolge-, den Siebenjährigen, die Napoleoniſchen und die neuesten Kriege; eine "1 Festchronik" lieferte dazu der Auditeur a. D. Haagen (Stuttgart ; 1 Mark) . Eine Fortsetzung bereits vorhandener Regimentsgeschichten dankt das Grena dier-Regiment Kronprinz ( 1. Ostpreußisches) Nr. 1 dem Hauptmann Gallandi, welcher bereits nach dem Kriege von 1866 die ältere Delsnißsche Arbeit weiterführte. Die neue Folge (Berlin ; 7,50 Mark) reicht von 1869-1882. Etwa denselben Zeitraum behandelt Rittmeister Sieg , welcher die Kählerschen Einhundert und fünfzig Jahre aus der „ Geschichte des Dragoner - Regiments Prinz Albrecht von Preußen (Litthauisches ) Nr. 1 " bis auf das Jahr 1881 fortsett (Berlin ; 12 Mark). Der " Geschichte des Leib - Grenadier - Regiments ( 1. Brandenbur gisches) Nr. 8 “ , deſſen Vorjahre v. Horn geschildert hat , ist eine Fortsetzung, von 1859 bis 1882 reichend , durch Major Lichtenstein hinzugefügt (Berlin; 12 Mark).

Kriegsgeschichtliche Literatur.

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Unter den Regimentsgeschichten, welche speciell für die Mannschaften bestimmt ſind, nimmt „ Das Königlich Sächsische 1. (Leib-) Grenadier - Regiment Nr. 100 in seinen hervorstechenden Erlebnissen und Thaten vom Oberst Freiherrn v. Hodenberg " (Dresden ; 1 Mark, für die Mannschaften 0,50 Mark) den ersten Platz ein. Die ruhmvolle lange Vergangenheit des Regiments, bis an das Jahr 1670 zurückreichend , kam dem Verfaſſer bei ſeiner Arbeit zu statten und ist mit großem Geschick zur Herstellung eines wahren und treffenden Lebensbildes ausgenutzt worden , wohl geeignet , den Soldatengeiſt zu wecken und ganz dazu angethan , weil es dem Verfaffer gelungen ist, den trockenen Ton zu vermeiden, welcher die meisten anderen derartigen Schriften lediglich zu Instructionsbüchern , zu Hülfsmitteln für den theoretischen Unterricht stempelt, ihnen das Gepräge der Langweiligkeit aufdrückt. Aus den obenerwähnten Geschichten des Preußischen Leib - Grenadier Regiments hat Premierlieutenant Freiherr v. Gayl (Frankfurt a. D.) , aus der im vorigen Jahresberichte genannten Geschichte des 2. Garde - Regi ments zu Fuß hat ein ungenannter Verfaſſer (Berlin; 0,50 Mark) einen Auszug geliefert; die " Geschichte des 2. Posenschen Infanterie - Regiments Nr. 19" hat Hauptmann Rivinus für den gleichen Zweck bearbeitet ; trotz Illustrirung und Beigabe von Terrainskizzen kostet lettere, in Hirschberg gedruckt, nur 0,30 Mark ; genügt also auch der nothwendigerweise zu stellenden Anforderung eines geringen Preises. In Desterreich sind vom Durchlauchtigsten Herrn Inhaber werkthätig ge= fördert " Gedenkblätter für das Dragoner ፡ Regiment Feldmarschall Erzherzog Albrecht Nr. 4 " herausgekommen (Wien ; 1,60 Mark) ; eine Arbeit, welche wir der Hodenbergschen über die Sächsischen Leibgrenadiere an die Seite stellen möchten , wenn sie in Betreff der geschichtlichen Treue den Vergleich mit dieser aushielte. Aber während die Sächsische Darstellung den Faden auch dann ruhig fortspinnt, wenn das wandelbare Kriegsglück den weiß-grünen Farben den Rücken kehrt, schweigt der Oesterreichische Bericht in solchen Fällen oder thut gar Schlimmeres ; daß gerade in den Tagen der Widerwärtigkeiten und des Miß geschicks die Soldatentugenden oft am hellsten glänzen, zeigt uns Oberst v. Hoden= berg an dem Beispiel seiner Grenadiere und wahrlich, Desterreichs Regimenter haben sich der Tage nicht zu schämen , an denen Fortuna ihnen nicht hold war. An Französischen Truppengeſchichten sind uns 99 Historique du 13 régiment de dragons " , Lille, das Regiment von Hohenlinden über Austerlitz, Jena , die Moskwa bis zur Gegenwart begleitend, und „ Le 8 ba taillon de chasseurs à pied " , Amiens, mit Africa, Magenta und Frösch willer seine Etappen bezeichnend, zu Gesicht gekommen ; Großbritannien ist durch The military history of the Madras engineers and pioneers by Major Vibart", von 1743 bis zur Jehtzeit reichend, repräſentirt. Eine sehr bemerkenswerthe Arbeit ist die " Geschichte des Russischen Generalstabes vom Generalmajor Glinojesky " , von welcher zunächst der erste von 1698-1825 reichende Theil in St. Petersburg erschienen ist. Peter der Große schuf mit einem stehenden Heere das Corps der Quartiermeister, Katharina II. gab dieſem 1772 eine feste Organisation ; seit 1825 besteht der Russische Generalstab nur noch aus Offizieren, welchen eine militärwissenschaftliche Bildung zur Seite steht ; bis dahin konnten junge Leute ihre militärische Lauf bahn als Colonnenführer im Generalstabe beginnen und dann in leßterem ver bleiben.

454

Militärische Jahresberichte für 1883.

Bildliche Darstellungen der Uniformirung gehören streng genommen nicht zur Kriegsgeschichte ; sie unterſtüßen und beleben aber deren Studium ; daher mag ihr Erscheinen hier erwähnt werden; sie sind ungewöhnlich zahlreich vertreten : Ein großartig angelegtes Unternehmen ist „ Die Preußische Armee von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart , Geschichte unseres Heeres in Wort und Bild. " Text von Fr. Krippenstapel. Bilder von R. Knötel , Berlin. Das Werk soll in zwangslosen Lieferungen herausgegeben werden. Bis jetzt liegt die erste derselben vor, "1 Die Preußischen Husaren " darstellend. Ein chromolithographirtes Blatt in Imperial-Folio zeigt eine bunte Gruppe von Zieten-Husaren in allen Trachten , welche das Regiment seit seiner Entstehung getragen hat, hübsch und correct ausgeführt ; Prinz Friedrich Carl, der Chef des Regiments , bildet den Mittelpunkt der Gruppe. Das Bild wie der erläuternde Tert kosten jedes 7,50 Mark. Gleichfalls in vorzüglicher Ausführung zeigt ein Bilderwerk von C.F. Schindler in Steglitz bei Berlin " Die Cavallerie Deutschlands " . Es sind 24 litho graphirte und colorirte Abbildungen in vier Lieferungen , eine jede sechs Blätter enthaltend und 12 Mark koſtend, veranschaulichen sie die gegenwärtigen Uniformen aller Gattungen der Cavallerie in ihren vielfarbigen und mannigfach gestalteten Unterarten. "I Die Oesterreichische Cavallerie von 1600 bis 1883 " wird uns in 18 hübsch ausgeführten Bildern (5,40 Gulden) vom Hauptmann v . Zimburg vor Augen geführt , während die „ Costumes des régiments et des milices recrutés dans les anciennes provinces d'Alsace et de la Sarre , les républiques de Strassbourg et de Mulhouse par Henri Ganier " , Mulhouse et Epinal , mit der fünften Lieferung beendet, ein Stück altfranzösischer Truppengeschichte zur Anschauung bringen. Zum Schluß nennen wir , wie im Vorjahre , eine kleine Schrift, welche den höchsten Kriegsorden Bayerns zum Gegenstande hat, „ Der Militär - Max Josephs - Orden und seine Mitglieder " (Ingolstadt ; 1,20 Mark) , deren Verfaſſer Hauptmann Ruith die Thaten der Mitglieder des Ordens im Rahmen der Kriegsgeschichte darstellt und die Mittheilungen über deren Lebensgang in B. P. Anmerkungen unter dem eigentlichen Tert bringt.

Dritter Theil.

Beiträge zur

Militärischen

Geschichte

des

Jahres

1883 .

Bericht über die

Expedition der Franzosen

nach Madagaskar.

1883 .

Der Anspruch Frankreichs auf Madagaskar gründet sich auf eine Besitz ergreifung vom 24. Juni 1642 ; doch bis zum 19. Jahrhundert gelang es nicht, auf der Insel festen Fuß zu fassen , besonders seitdem die Engländer bei der im Inneren wohnhaften herrschenden Klasse der Hovas an Einfluß gewannen . Nun übernahmen die Franzosen den Schuß der unterworfenen Küstenbewohner der Sakalawas und ließen sich im Jahre 1840 von diesen das Protectorat über die Küstenstriche Madjunga, Murunsang und Passandava bei Nossi-Bé abtreten. Napoleon III., das Unhaltbare dieses durch Verträge mit Rebellen geschaffenen Verhältnisses erkennend, schloß im Jahre 1868 einen Vertrag mit den Hovas, in welchem er alle Ansprüche an „ Ost-Frankreich ", wie Madagaskar auf Grund der Besizergreifung von 1642 genannt wird , aufgab und dasselbe als Königreich anerkannte. Als Französischer Besitz wurden dafür von den Hovas anerkannt : die Inseln Nossi-Bé, Nossi-Cumba, Nossi-Mitsin , Noffi-Fali und Sainte-Marie, auch in einer Clausel des Vertrages den Franzosen gestattet , Grundeigenthum auf der Hauptinsel Madagaskar selbst zu erwerben. Der Vertrag von 1840 wurde als nicht erfloffen mit Stillschweigen über gangen. Trotzdem waren die Französischen Inseln an der Küste bald der Zufluchts ort für die fortgesetzt in Auflehnung begriffenen Sakalawas, welche an den Orten der Küste , wo in Folge der Clausel des Vertrages von 1868 sich Franzosen niedergelassen hatten, sogar mitten zwischen den Forts der Hovas auf Grund ihres Vertrages mit den Franzosen von 1840 die Französische Flagge hißten. Der stets wachsende Einfluß Englischer Kaufleute und Missionäre war nicht dazu angethan, das Verhältniß zwischen den Hovas und Franzosen zu ebnen, im Gegentheil schritten die Hovas bald zu Repreffalien, verboten den Franzosen den Grunderwerk, beraubten sogar bereits Angeseffene und schleppten sie gefangen fort. Im August 1882 occupirten sie schließlich Tamatave und errichteten Militärpoften an der Nord-Westküste.

458

Militärische Jahresberichte für 1883.

Die Franzosen glaubten sich nun auch auf ihren Inseln bedroht, verstärkten die Garnison von Nossi-Bé und versammelten im November 1882 vor Tamatave eine Escadre von fünf Schiffen unter Admiral Le Timbre. Die Königin Ranavalo-Majonka II. versuchte jezt diplomatische Vermittelung ; doch in Frankreich erachtete man den Vertrag von 1868 zerriffen und verlangte einen neuen auf Grundlage der Abmachungen von 1840 , die Madagaffen dagegen bestanden darauf, daß das Meer die Grenze bleiben müsse ; so blieben die Ver handlungen ohne Resultat. Das Französische Gouvernement entschloß sich nun, auch diese Coloniſations Angelegenheit in einen lebhafteren Fluß zu leiten. Am 15. Februar 1883 schiffte sich der Contre-Admiral Pierre ein mit der Weisung , für die Ausübung der Französischen Rechte an der Nord-Westküste Madagaskars Sorge zu tragen, und Mitte Mai versammelte der Admiral vor der Insel zu diesem Zwecke eine Division der Escadre des Indischen Meeres , be= stehend aus : Kreuzer 1. Klasse 11 Flore" 15 Geſchüße , 420 Mann , Kreuzer 3. Klaſſe " Vaudreuil" 6 Geschüße , 156 Mann , und „ Beautemps-Beaupré" 6 Geschütze, 154 Mann ; Aviso „Boursaint" 100 Mann , Kanonenboot 2. Klasse „Pique" 2 Geschütze, 62 Mann. Summe 29 Geschüße, 832 Mann. Der Admiral begann damit , die Posten der Hovas an der Nord-Westküste zu bombardiren. Am 8. Mai Paffandava , Ambudimadiru und Ampaſſimbitiky, gegenüber Nossi-Bé, am 9. Mai Ambalika und Murunjang, am 10. Mai Mahierka, Ankingameloku, Andjangua, Bemaneviky. Der letztere Ort wie Murunsang wurde von den Hovas vertheidigt, und daher theils durch das Feuer auf 5000 m, wie durch an Land gesetzte Mannschaften völlig eingeäschert , bei welcher Gelegenheit viel Europäisches Eigenthum zerstört wurde. Am 15. Mai erschien das Geschwader vor Madjunga und eröffnete am 16. von seinen Ankerpläßen aus auf 1300 m das Feuer auf die Forts , welche die Stadt und die Bay von Bombetok beherrschen und von 2000 Mann mit 30 Ge schützen besetzt waren. Der größere Theil der Mannschaften zog sich nach den ersten Schüssen von der Küste zurück, die Kanoniere erwiderten das Feuer, hörten jedoch, als sie sahen, daß sie die Französischen Schiffe nicht erreichten, um 5 Uhr Abends mit dem Schießen auf, steckten die Stadt in Brand und folgten ihren Cameraden. Am 17. Mai ließ Admiral Pierre 450 Matrosen, 60 Marine-Infanteristen landen und ging in folgender Ordnung gegen die Forts vor: An der Spiße die Landungs-Compagnie des „ Vaudreuil " , dahinter "1 Beautemps ", zum Flankenschutz rechts "I Flore", links Marine-Infanterie , in Reserve " Pique“ und „Bourſaint “ mit sechs 4 Pfändern. Die Laufgräben auf den Höhen und dann das in Gras und Buschwerk völlig versteckte Fort fand man unbesetzt. Die Franzosen glaubten nun, Alles wäre vorbei, ſie wurden daher durch den jezt erfolgenden lebhaften Gegenangriff der Hovas sehr überrascht. Eine Schüßen linie in 2 Pelotons à 80 Mann wurde Jenen entgegengeworfen ; gefolgt von den Landungs -Compagnien trat alles auf einen freien Raum, während die Hovas 300 m vom linken Flügel entfernt hinter Bäumen und Gebüsch gut gedeckt standen. Die Französischen Schützen mußten sich hinlegen. Nach einigen Salven des Kropatschek- Gewehrs flohen die Hovas, 14 Mann blieben liegen ; die Franzosen hatten keine Verluste, folgten aber nicht, da sie eine Falle befürchteten.

Expedition der Franzosen nach Madagaskar.

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An den folgenden Tagen wurden auch die übrigen Positionen besetzt , alle Bäume im Schußbereich beseitigt, die Dickichte abgebrannt, um eine Wiederholung der Ueberfälle zu verhindern. Als Besatzung blieben Capitän Gaillard und 120 Mann in dem Fort zurück ; diese standen Tag und Nacht auf dem „ qui vive " an der Brustwehr , ohne Schatten, in einer Gluthhiße, in welcher die Luft bald zum Umkommen war, da die feindlichen Leichen nicht hatten beerdigt werden können. Rechnet man dazu. noch die Landplage der Moskitos , Ameisen und tauſend anderer Insecten, so ist es erklärlich, daß nach 14 Tagen nicht acht Mann noch gesund waren und Be= fürchtungen für den Fall der Wiederkehr der Hovas entstanden. Dem Protectorat von 1840 war Geltung verschafft, es galt nun, den Ver trag von 1868 durchzusetzen. Am 23. Mai ging demnach die Schiffs-Diviſion wieder in See , erschien am 31. Mai vor Tamatave und übergab ein Ultimatum. Als Verstärkungen stießen zur Escadre : der Kreuzer 2. Klasse „Forfait" 15 Geschüße, 263 Mann, und die Transportschiffe „ Nièvre " 4 Geschütze, 85 Mann , und Creuze" 2 Geſchüße, 220 Mann Besatzung mit 3 Marine-Infanterie-Com pagnien aus der Colonie La Reunion (300 Mann) als Passagiere. Nachdem am 9. Juni auf das Ultimatum eine abschlägige Antwort erfolgt war, gingen am 10. Juni die Schiffe bis auf 1000 m an die Stadt heran und begannen um 6 Uhr früh die Beschießung der Forts , deren in veralteter Con ſtruction aufgeführte Mauern nicht weit vom Ufer sichtbar waren . In jeder Minute fiel ein Schuß. Die 500 Hovas , welche die Besatzung bildeten , thaten mit ihren alten Englischen Geschüßen , deren Proßen und Laffeten sich im schlechtesten Zustande befanden , nur 3 oder 4 Schuß und stellten , als sie sahen , daß ihre Kugeln 200 m vor den Schiffen ins Wasser fielen , das Feuer ein. Sie zogen sich in ein retranchirtes Lager, 10 km vor der Stadt auf dem Wege nach Tananarivo, zurück , wo sie vor den Geschossen der Schiffe und dem elektrischen Licht sicher waren. Theils durch die Eingeborenen, aber auch durch die Französischen Granaten entstanden Brände, durch welche viel Schaden besonders an Engliſchem Eigenthum entstand, nur der Regen und günstiger Wind verhinderten die weitere Ausdehnung ; denn obgleich noch am Abend Meldung vom Rückzug des Gegners kam , wurde doch am Morgen erst noch die ganze Umgegend der Stadt mit Geschossen be= worfen und dadurch mehrere den Europäern gehörige Plantagen verwüstet , ehe um 6 Uhr auf 24 Schaluppen und 4 großen Kähnen 600 Mann unter Fregatten capitän Hernandez die Schiffe verließen. Die Landung erfolgte in drei Colonnen : die erste landete am gewöhnlichen Landeplatz , die zweite nahe dem Französischen, die dritte beim Englischen Conſulatsgebäude. Das Fort erhielt 400 Mann nebst Schiffsgeschützen als Besatzung , in der Stadt blieben 200 Mann. Am 12. Juni wurden dann noch Foulepointe, Paombe und Fenerife in der Nähe von Tamatave theils durch Bombardement oder durch gelandete Matrosen eingeäschert, der Vormarsch ins Innere aber unterlassen , da es an sämmtlichen Bedingungen für eine erfolgreiche Expedition fehlte. " In Tamatave wurde der Belagerungszustand proclamirt, daneben aber am 28. Auguſt die Jurisdiction der Consuln wiederhergestellt. Die Hovas schloffen nun die Franzosen in ihren beiden Küstenpläßen ein, ja gingen sogar zur Offensive über.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

In der Nacht vom 15. zum 16. suchten sie in kleinen Banden in die Stadt Tamatave einzudringen, wurden aber entdeckt und zurückgewieſen. Ein zweiter Ueberfall erfolgte in der Nacht zum 25. Juni durch 2000 Mann, welche als Verstärkung von Tananarivo gekommen waren, gegen einen vorge schobenen Posten des Forts, den 25 Mann vertheidigten. Dieser wurde durch das Feuer des Forts , aus dem man 48 Pelotonsalven und 8 Mitrailleuſenladungen in die Nacht hineinschickte, unterstützt, und nach vier Stunden Kampf gingen die Hovas zurück, verfolgt durch elektrisches Licht und Feuer der „Flore ". Inzwischen war ein Detachement von 100 Mann in den Südtheil der Stadt eingedrungen und hatte dort mehrere Häuser eingeäschert, ehe es durch das Feuer der Besazung der Douane zurückgetrieben wurde. Am 25. dauerte das Feuer noch fort, die Franzosen schoffen auf die Mada gaffen, welche ihre Todten begraben wollten. Der dritte Ueberfall erfolgte am 5. Juli ; auch dieser wurde von den Fran zosen, welche einen Todten einbüßten, abgeschlagen. An der Westküste erschienen die Hovas am 17. Juli zu Murundava, vertrieben die Französischen Plantagen besißer und besetzten eine starke Stellung , um sich diesen Hafen , durch den ſie Munition aus America bezogen, offen zu halten. Auch aus Tananarivo und den Küstenorten wurden die Franzosen verjagt, während den Fremden anderer Länder kein Leids geschah. Vom 17. Juli ab verhielten sich die Hovas still , troßdem stellte sich die Situation der Franzosen als eine keineswegs befriedigende heraus. Dieſelben hatten die beiden Haupthäfen besett in der Hoffnung , dadurch einen Druck auf die Hovas auszuüben und durch Verwaltung der Douane die Kriegsentschädigung einzuziehen. Die Küstenorte waren eingeäschert , um die Gegner einzuſchüchtern. Keiner der erwünschten Zwecke wurde erreicht. Die herrschende Kaste der Hovas hält die Plateaus im Innern besetzt und ist der See und ihres Handels nicht benöthigt. Die Plätze für den Waffen schmuggel konnten an der langen Küste nicht alle bewacht werden. An dieser leben die unterworfenen Stämme, welche den Franzosen ergeben sind, dort liegen auch alle Plantagen und Etablissements, die für den Export arbeiten . Die Letz teren werden fast durchgehends durch Europäer betrieben. Mit dem Bombardement der Küste schädigte man also allein sich selbst, und was die Schiffe übrig ließen, verwüstete der Feind. Durch die Cernirung der Häfen hörten Handel und Verkehr völlig auf ; es konnten also Schiffe weder von noch nach Madagaskar mehr be frachtet werden. In dem Verdacht, daß die Engländer mit dem Feinde conspirirten, ließ Admiral Pierre sich zu einigen Gewaltschritten verleiten , welche neue Ver drießlichkeiten im Gefolge hatten. So kam es, daß die Zollstellen nicht nur keine Einnahmen erzielten , sondern daß noch dazu von Europäern ganz bedeutende Entschädigungsansprüche erhoben wurden für Freiheitsberaubung , Verluft von Eigenthum aller Art und von Geld durch Darniederliegen des Handels x. Die Zufuhr von Lebensmitteln aus dem Innern hörte völlig auf. Die Truppen mußten bald auf frisches Fleisch und Gemüse verzichten und waren auf Fische und die Conservenkost beschränkt , welche ihnen die Schiffe zuführten ; zu Zeiten sollen sie nur von Fischen gelebt haben. Zusammen mit dem ungefunden Klima mußte dies bald auf den Gesundheitszustand schädlich wirken. Einer der Ersten , welcher den Einflüffen der Fatiguen und des Klimas zum Opfer fiel, war der Contre-Admiral Pierre; derselbe erkrankte im Juli bereits an Augen entzündung und kehrte im Auguft nach Frankreich zurück, wo er am 11. September starb. An seine Stelle trat durch Miniſterial-Beschluß vom 14. Auguſt der

Expedition der Franzosen nach Madagaskar.

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Contre-Admiral Galiber , der am 28. Auguft sich auf seinen neuen Posten als Commandirender der Schiffs-Division des Indischen Meeres begab, am 24. Sep tember zu Tamatave eintraf und zwiſchen dem 12. und 25. October die Poſten der Nord-Westküste inspicirte. Bald fühlte man auch das Bedürfniß nach Truppen-Nachschüben. Um auf der Insel Bourbon die drei nach Madagaskar detachirten Compagnien zu erſeßen, die Garnison von Tamatave in ihren Bewegungen freier zu machen und die schwer durch das Fieber geprüfte Besatzung von Madjunga abzulösen, wurden die 21. , 22. , 23. und 24. Compagnie 4. Marine-Infanterie-Regiments und eine Compagnie Marine-Füfiliere , 3 Offiziere 117 Mann , von Frankreich geschickt; diese kamen am 13. September bezw. 24. October an , am ersteren Tage auch die „Naiade" , welche zur Ablösung der „Flore" bestimmt war , am letzten die " Capricorne" und das Transportschiff Creuze" , welches eine Einrichtung als Hospitalschiff erhalten hatte, um die zahlreichen Kranken nach Reunion zu evacuiren. Gleichzeitig trafen auch 2000 Remington- Gewehre ein, denn am 8. August war die Bildung von zwei Compagnien freiwilliger Creolen auf der Insel Reunion , jede zu 2 Offizieren, 18 Unteroffizieren , 123 Mann befohlen , auch hatte der Admiral Peyron die Anwerbung einer Miliz von 3000 freiwilligen Sakalawas, Anfang Antakawas und anderen Malgachischen Bundesgenossen angeordnet. November befanden sich auf und bei Madagaskar die folgenden Französischen Streitkräfte: An Truppen: Zu Tamatave, eingeſchloſſen von 5000 Hovas , 3 Compagnien Marine Infanterie, 1 Compagnie Marine-Füfiliere, 2 Landungs-Compagnien , 4 Gebirgs geschütze mit Mauleselbespannung und 40 Artilleristen; Summe 600 Mann. Zu Reunion , Mayotta und Nossi-Bé 4 Compagnien Marine-Infanterie. Von Madjunga war die durch Fieber decimirte Besaßung nach Helleville auf Nossi-Bé zurückgegangen und durch 2 Compagnien Creolen von Reunion ersetzt worden. An Fahrzeugen : Vor Tamatave Kreuzer 1. Klasse "Naiade" 14 Geschüße , 450 Mann, Kanonenboot 1. Klaffe „ Capricorne" 4 Geſchüße , 70 Mann , Transportschiffe "Creuze" und „Nievre". Vor Mayotta Kreuzer 3. Klaffe „ Vaudreuil“ (soll im Januar 1884 durch Chacal" 2 Geschütze, 62 Mann, abgelöst werden). Vor Madjunga Kreuze „Forfait“ , Kanonenboot „ Pique “ . An der Küste kreuzend : Aviso „Bourſaint “ . -- Auf der Tour Zanzibar— Tamatave patrouillirend : Kreuzer „Beautemps-Beaupré“ . Da die Franzosen sich in ſtrenger Defenſive hielten, so weckte dies schließlich die Unternehmungslust der Malgachen wieder. Zwar war am 15. Juli die Königin Ranavalo II. gestorben , doch dadurch in der Politik kein Wechsel eingetreten, indem der eigentliche Herrscher, der Premier miniſter und Wittwer der Verstorbenen, sich bei Zeiten die Hand der Nachfolgerin Ranavalo III. gesichert hatte. Die am 30. August zu Matalane landenden Ge sandten wurden trotz ihrer fehlgeschlagenen Sendung nach Frankreich festlich empfangen. Anfang September besetzten die Hovas alle die Punkte an der Nord-West küste wieder, von denen sie im Mai vertrieben waren, die Sakalawas erlitten eine empfindliche Niederlage, ja es wurde sogar versucht, deren Königin zu Madjunga aufzuheben, was durch den „Forfait “ und „ La Pique" verhindert wurde.

462

Militärische Jahresberichte für 1883.

Vor Tamatave erschienen die Hovas im October wieder so zahlreich', daß man sie mit Geſchüßz beschießen konnte. Die Verhandlungen zwischen der Emirna und Frankreich, die man wohl hin und wieder aufs Neue anzubahnen versuchte , führten keinerlei Resultate herbei, und so ist dann im October ein neuer Rundgang der Flottille um die Küste mit Beschießung zahlreicher Dertlichkeiten ins Werk gesetzt worden , bei welcher Ge legenheit zu Vohemare nicht nur Hab und Gut, sondern auch Menschenleben der Engländer verloren sein sollen. Auch die Feindseligkeit der Bewohner Madagaskars scheint sich neuerdings nicht mehr auf die Franzosen zu beschränken, sondern auf alle „Vazas " (Fremde) zu erstrecken ; sie verweigerten den Engländern den Verkauf von Nahrungsmitteln gegen die Bestimmungen der Verträge. England hat seine Schiffsstation daher vermehrt und hatte vor Madagaskar am Schluß des Jahres folgende fünf Schiffe : „ Driad “ (soll durch „ Tourmaline“ J. abgelöst werden), „ Ranger", " Undine" , " Osprey " und "Briton ".

Bericht über die

Französischen

Expeditionen

in

Senegambien .

1883 .

Die Französische Colonie in Senegambien lebt vom Export von Fellen, Gold, Elfenbein und besonders Gummi und Erdnüſſen. Erſt in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts, als durch Faidherbe nach schweren Kämpfen die Abhängigkeit von den Häuptlingen der Negerstämme aufhörte, begann die Colonie emporzukommen ; der Handel bis zum oberen Senegal gerieth in Frankreichs Hände, zur Sicherung der Handelsstraße entstanden am Fluffe entlang zahlreiche Forts, so daß die normale Besatzung der Colonie beträgt: 5 Compagnien Marine-Infanterie zu 3 Offizieren, 100 Mann (24. , 38., 39., 40. , 41. vom 1. Regiment), 2 Bataillone (zu 5 bezw. 4 Compagnien) Schüßen vom Senegal, 1 Peloton Spahis (abcommandirt aus Algerien), 2 Batterien Marine- Artillerie (24. vom 2. und 29. vom 2. Regiment). Zu St. Louis ſtationirt ist der Kreuzer 1. Klaffe, „Magicienne ", 28 Ge ſchüße, 500 Mann (im November 1883 durch den „Héros “ abgelöſt) . Dieser Aufwand steht immerhin nicht im Verhältnisse zum Gewinn, den die Besitzung abwirft, es liegt dies an dem mörderischen Klima, welches jährlich 14 Procent der Besatzung und einen Theil der Coloniſten dahinrafft und die Handelswelt mit einem Vorurtheil erfüllt, welches zu besiegen die Vortheile bisher nicht groß genug waren. Seit 1880 war daher das Französische Gouvernement bestrebt, jene Vor theile zu vermehren, indem es neue Gebiete erschloß und die Verbindungen

Französische Expeditionen in Senegambien.

erleichterte.

Der Blick fiel

dabei naturgemäß auf die weiten,

463

mit 60 bis

80 Millionen Negern bevölkerten Ebenen des Niger, deren Ueberfluß an Er zeugnissen des Sudan man in die Französische Colonie zu leiten gedachte. Dorthin wollte man eine durch Forts gesicherte Handelslinie alsbald eröffnen, welcher, im Anschluß an den schiffbaren Theil des Senegal, eine Bahn von Medina (Kayes) über Bafulabé ( 133 km) nach Bamaku am Niger (Summa 1100 km) auf dem Fuße folgen sollte. Während eine gleichzeitig in Angriff zu nehmende Küstenbahn zwischen St. Louis und Dakkar ( 260 km) einer Pariser Baugesellschaft in Auftrag gegeben wurde, baute die Bahn im oberen Senegal der Staat selbst. Obgleich schon im Herbst 1880 die ersten Credite bewilligt waren, verzögerte sich die Ausführung doch bis zum Winter 1882. Die Hindernisse, welche sich alsbald dem Bahnbau entgegenstellten, bestanden hauptsächlich im Widerstande der schwarzen Könige, deren Gebiet die Bahn berühren sollte. Dem Bau der Küstenbahn widersetzte sich Lat Dior, der durch Faidherbe vertriebene König von Cayor, welcher bald wiedergekommen war und seinen Nachfolger verjagt hatte. Gegen ihn sette sich am 24. December 1882 von St. Louis aus der Oberst Wendling mit 300 Mann in Bewegung ; Lat Dior wich nach Süden aus, kam aber sofort nach dem Abmarsch der Franzosen wieder zurück und vertrieb seinen Gegenkönig zum zweiten Male. Im April 1883 mußte eine neue Expedition ausgerüstet werden. Major Doods mit 800 Mann brachte es nach mehrfachen Kreuz- und Querzügen dahin, daß der größere Theil der Schaaren Lat Diors die Waffen streckte und im Mai der Letztere eine Schlappe erlitt, in Folge deren er ins „Ripp" entfloh. Nun konnte der Bahnbau ernstlich gefördert werden, derart, daß am 27. Juli 1883 die Strecke Dakkar-Rufisque ein geweiht und weitere 100 km bis zum Schluſſe des Jahres 1883 fertiggestellt wurden. Anders verhielt sich dies mit der Bahn zum Niger. Die Negervölker im Quellgebiet des Bakhai, eines der Quellflüsse des Senegal, verhinderten seit dem Jahre 1880 jeden Handelsverkehr mit dem Niger. Um sich einen solchen vorerst zu erzwingen , schickte die Französische Regierung drei Compagnien Marine Infanterie als Verstärkungen nach dem Senegal, diese reisten dorthin am 12. Dc= tober 1882 ab. Am 7. Januar 1883 marschirte Oberst Borgnis - Desbordes mit einer Expe= ditions-Colonne von : 2 Compagnien Marine-Infanterie, 3 Compagnien Schüßen vom Senegal, 1 Batterie, 1 Peloton Spahis von Kita ab , erreichte am 13. Januar Basulé und stand am 16. Januar vor Dababe. Hier stellte sich ihm die Einwohnerschaft entgegen ; um 9½ Uhr begann durch die Artillerie die Beschießung des zur Vertheidigung eingerichteten Ortes , doch erst mit dem 214. Schuß gelang es, Bresche zu legen. Um 11 Uhr begann der Sturm. Im Inneren wurde heftig um jedes Gebäude gekämpft ; der für die Franzosen sehr verlustreiche Kampf entschied sich erst nach einer Stunde zu ihren Gunsten. Sie hatten an Todten 2 Offiziere, 5 Mann und 3 Offiziere, 43 Mann an Ver wundeten eingebüßt. Nachdem Dababe dem Erdboden gleich gemacht war , wurde am 18. der Marsch fortgesezt und den 1. Februar Bamaku am Niger, das Endziel, erreicht. Während hier zur dauernden Etablirung an einem Fort gearbeitet wurde, mußten wiederholte Entsaßversuche der unzufriedenen Nachbarstämme zurück geschlagen werden. So fand am 2. April, 6 km südlich Bamaku, ein Gefecht von 11/2 Stunden Dauer statt, in welchem die Franzosen 18 Mann einbüßten. In einem zweiten am 5. April am Marigot-Bondoko und einem Verfolgungs gefecht am 12. April bei Baku-Mansa verloren sie nur 2 Mann.

464

Militärische Jahresberichte für 1883.

Nach Fertigstellung des Fort und der Telegraphenleitung trat die Colonne am 29. April den Rückmarsch an, kam am 17. Mai nach Bafulabé und am 2. Juni, decimirt durch den Typhus, nach Kayes zurück. Am 1. Juli sollte der Rücktransport der drei Marine Infanterie-Compagnien von St. Louis nach Frank reich beginnen, da durch Befehl vom 27. März bereits die Garnisonen von Sene gambien zum normalen Stand reducirt waren. Doch der Typhus verhinderte dies. Nach verschiedenen Quarantänen auf der Insel Richard-Troll im Senegal, zu Pauillac, dann zu Trompe-Loup konnten die noch übriggebliebenen 28 Offi ziere, 37 Unteroffiziere, 183 Mann endlich am 25. Juli nach Rochefort trans portirt werden. An Todten hatte die Colonne des Öberſt Desbordes bei ihrer Expedition über die Hälfte ihres Beſtandes eingebüßt. Von der Bahn, deren Bau sie zu decken ausgeschickt worden, waren erst 16 800 m fertiggestellt, hiermit allerdings die Hauptsteigung zum oberen Hoch plateau des Senegal und dadurch die größte Schwierigkeit überwunden ; dafür hatte aber der Bau auch 20 Millionen Francs gekostet, und Rück- und wieder Hintransport von Arbeitern aus Algerien und Marocco und von Material machten diese Ausgaben bis zum December 1883 um weitere 15 Millionen wachsen, ohne daß die Länge der Bahn dadurch zugenommen hätte. Dabei stellte sich der Bau als ein Kampf mit Windmühlen heraus . Das ganze Unternehmen wurde bald in ganz Frankreich als eine Utopie betrachtet. Den tropischen Einflüssen, in specie den Regengüssen, widerstanden weder die Schwellen, noch die Eisentheile und noch weniger die Terrassirungen ; Nomaden und Thiere zerstörten den Rest. Die Arbeiter flohen im Juli vor dem Fieber und mußten im August nach Marocco zurückgeschafft werden. Die Orte, die die Bahn verbinden sollte, waren keine Bevölkerungs - Centren, ein Handel zum Niger noch gar nicht vorhanden, die neue Linie war nur auf die Speculation gegründet, denselben anzulocken. Die Deputirtenkammer, welche gleichzeitig durch die Credite für Tonkin sehr stark in Anspruch genommen war, schlug daher am 21. December 1883 die Credite zum Weiterbau der Bahn ab. Inzwischen hat jedoch schon am 7. October der erneute Transport der für jenen Bau gedungenen Arbeitskräfte stattgefunden und sind diese am 6. November von St. Louis aufgebrochen. Gleichzeitig hat General Trentinian sich nach dem oberen Senegal begeben, um sich persönlich vom Stande der Arbeiten zu über zeugen. Von militärischen Ereignissen ist im August die wiederholte Rückkehr Lat Diors in sein Land Cayor gemeldet, ebenso Unruhen in Lacs, das Bu Baker in Anspruch nimmt. Auch der alte Gegner der Franzosen, Samory, regte sich wieder im Quellgebiet des Bakhai und bedrohte die Straße nach Bamaku. Da es hiernach sicher schien, daß für den Winter 1883-84 eine neue Campagne im oberen Senegal nöthig sein würde, ordnete ein Decret des Marine ministers vom 4. September die erneute Verstärkung der Garnison vom Senegal um 2 Marine-Infanterie-Compagnien (23. vom 1., 24. vom 1. ) an ; diese haben am 1. October Frankreich verlassen und sind Anfang November von St. Louis nach dem oberen Senegal aufgebrochen, sollen auch im Verein mit einheimischen Verbündeten schon im selben Monat einen bedeutenden Erfolg über Bu Baker zu Medina im Laos davongetragen haben. Der Gesundheitszustand war zu jener Zeit an der Küste zu St. Louis und besonders auch zu Dakar wenig befriedigend, man stellt der neuen Expedition kein günstiges Prognostikon. F.

465

Krieg der Franzosen in Tonkin.

Bericht über den Krieg der

Franzosen in

Tonkin.

1883 .

Das vermehrte Intereſſe, welches seit dem Jahre 1880 Seitens der Regie rung Frankreichs der colonialen Entwickelung geschenkt wird, hat im Laufe des Jahres 1883 verschiedene Verwickelungen herbeigeführt, welche am Schlusse desselben noch in der Schwebe waren, und von denen die in Hinterindien sich auf dem Höhepunkt der Krisis befand . Die ersten Beziehungen Frankreichs zu Anam schreiben sich aus dem Jahre 1787 her. Damals verhalf das Erstere dem Könige Gia-Long zur Wieder herstellung seiner Macht und ließ sich zum Danke Bucht und Insel Turone ab treten. Obgleich dieser Besitz 1802 wieder aufgegeben wurde, blieben doch die Blicke Frankreichs seitdem nach Ostasien gerichtet. Im Jahre 1858 setzte sich Napoleon III. aufs Neue in den Besitz von Turone und machte von dort aus einen Versuch zum Vormarsch gegen Hué, sah sich aber, besiegt durch das Klima und die Schwierigkeiten des Terrains, ge zwungen, umzukehren und faßte nun das Delta des Me-khong ins Auge. Die Operationen begannen 1859 mit dem Sturm auf Saigon und veranlaßten in ihrem weiteren Verlauf Anam, durch Vertrag vom 2. Juni 1862 Cochinchina an Frankreich abzutreten. Das Lettere vergrößerte am 25. Juni 1867 seine neue Colonie durch Annerion von drei weiteren Anamitischen Provinzen und trieb dadurch den er schreckten und mißtrauisch gemachten König jenes Landes in das früher bestandene, im Laufe der Zeit aber ganz schattenhaft gewordene Lehensverhältniß zu China zurück. In den Hoffnungen auf den Me-khong, welchen man für eine Wasserstraße und Hauptverkehrsader Chinas nach dem Meere gehalten hatte, sah man sich sehr bald getäuscht und versuchte nun, angeregt durch einen Privatforscher, Dupuis, am Chong-cai oder Rothen Fluffe und im Delta von Tonkin festen Fuß zu faffen. Am 20. November 1873 erstürmte ein Französischer Schiffscapitän, Garnier, die Citadelle von Hanoi und brachte auch bald das ganze Delta in seine Gewalt, büßte aber bei einem Ausfall am 31. December sein Leben ein. Nun stellte sich, trotz seiner Verbindlichkeiten gegen China, Anam durch Vertrag vom 15. März 1874 unter das Protectorat Frankreichs ; dies räumte dafür das Delta wieder und begnügte sich mit Consulaten zu Hanoi und Hai-phong. China protestirte zwar am 10. Juni 1875 , war aber zu einem activen Eingreifen nicht im Stande ; zu einem solchen sah es sich auch nicht gedrängt, da die Französische Heeresmacht aus Tonkin zurückgezogen wurde. In jenem Vertrage von 1874 war Frankreich durch Anam Freiheit des Handels auf dem Rothen Flusse versprochen, diese zeigte sich aber gänzlich illu sorisch, nachdem in China der Taiping-Aufstand beendet war, da nun durch Vertrag die Rebellen nach Tonkin übertraten und diese, obgleich als sogenannte freiwillige Loans " in die reguläre Armee von Anam eingereiht, dennoch unter dem Namen Militärische Jahresberichte 1883. 30

466

Militärische Jahresberichte für 1883.

der schwarzen Flaggen “ eine auf Straßen- und Wasserraub gerichtete Thätigkeit begannen und sich schließlich zum Hohn des Französischen Consulats unter Führung Anamitischer Mandarinen selbst in der Citadelle von Hanoi festsetten. Der König von Anam konnte und wollte wohl auch keine Abhülfe schaffen, es sah sich der Gouverneur von Cochinchina daher genöthigt, eine neue Expedition auszurüften, um Hanoi und den Handel stroman bis zur Grenze zu sichern. Ende März 1882 brach ein kleines Expeditions-Corps von 1 Bataillon (etwa 500 Mann) Marine-Infanterie und 5 kleinen Schiffen unter dem Commando des Schiffs capitäns Rivière von Saigon auf und bemächtigte sich am 25. April unter einem Verlust von vier Verwundeten der Citadelle von Hanoi, nahm auch die Verwaltung der Zölle und der Douane in die eigene Hand. Seit jener Zeit leben die Franzosen in Tonkin, wenn nicht ausgesprochen, doch de facto im Kriege mit Anam sowohl, als auch mit China, welche die Piraten durch Waffen, Munition und an Mannschaften unterstützten. China hatte seit dem Kriege 1860 seine Küsten durch Befestigungswerke unnahbar gemacht, wie auch unter den Schuß einer zahlreichen modernen Flotte gestellt und fühlte sich von jener Seite sicher. Alles dies schien ein unnüßes Opfer, sobald sich die starke Macht der Europäer mit ihren Ansprüchen und ihren technischen und materiellen Hülfsmitteln unmittelbar an der Landgrenze etablirte. Um dies zu verhindern, rückte im September 1882 eine starke Chinefiſche Truppenmacht in Tonkin ein und bis an den Rothen Fluß vor. Diese räumte zwar auf Grund diplomatischer Verhandlungen Ende October scheinbar Tonkin wieder, blieb aber in Wahrheit zum größeren Theile dort zurück und verstärkte fortgesetzt aus ihren Reihen die schwarzen Flaggen. Capitän Rivière fühlte sich dieser Macht gegenüber nicht stark genug, doch bestand die ganze Unterstützung, welche das Ministerium in Frankreich, ohne von der Kammer einen Credit fordern zu müssen, Ende December ihm senden konnte, in einem zweiten Bataillon der Marine-Infanterie unter Oberstlieutenant Badens. Dieses kam im März in Tonkin an und sofort begann, statt mit der gesammten Macht den Gegner aufzusuchen und ihn zu schlagen, ein System des Vertheilens der Kräfte in Garnisonen des Deltas, das auch später bei Eintreffen jeder neuen Verstärkungs-Abtheilung fortgesetzt wurde und zwar, wie es scheint , im Einklang mit den Absichten des Ministeriums, welches am 13. März seine Absicht dahin kundthat: Tonkin definitiv zu „ occupiren " und den Rothen Fluß dem Handel zu öffnen, da Anam ohnmächtig sei. Das Letztere brach nun die Verhandlungen ab und nahm mit regulären Truppen Theil am Kriege. Jener Tendenz der Zer splitterung, welche um so gefährlicher schien, je umständlicher, langwieriger und kostspieliger die Truppentransporte waren, sind die meisten der nun eintretenden Unglücksfälle zuzuſchreiben. Um sich die Herrschaft über die Mündung des nördlichsten Stromlaufs im Delta zu sichern, besette Rivière am 9. März die Forts bei Hai-phong. Als er erfuhr, daß Anam den grubenreichen, nordöstlichen Theil von Tonkin an China oder England abtreten wolle, occupirte er am 12. März die Insel Hou-Gay, welche den Wafferweg in jene Gruben beherrscht. Um die Südgrenze der Französischen Ansprüche gegen Anam zu markiren, mußte sich am 23. März ein Bataillon einschiffen , um Nam-Dinh in Besitz zu nehmen. Am 25. kam dasselbe vor dem Orte an, der durch reguläre Anamitiſche Truppen besetzt war.

Krieg der Franzosen in Zontin.

467

Den 26. begannen der Aviso „Pluvier " , die Kanonenboote „Fanfare“ und „ Surprise" die Beschießung. Die Geschütze der Anamiten von 14 und 29 cm Kaliber antworteten sehr präcise, die Schiffe wurden mehrfach getroffen, die ,,Fan fare" im Rumpf, die "1 Surprise " verlor den Mast. Am 27. März, bei einem heftigen Regen- und Sturmwetter, setzten die Kanonenschaluppen „Hache “, "Yatagan“ und „ Carabine“ in einem Nebenarm 400 Mann und einige Geschütze an Land. Während durch die Letteren und 50 Mann unter Oberstlieutenant Carreau, der hier seinen Tod fand, ein Scheinangriff gegen das Südthor unter nommen wurde, erfolgte der Hauptangriff gegen das Ostthor, welches auch, nachdem es durch eine Petarde geöffnet worden, mit einem Verlust von fünf Mann erstürmt wurde. Am 28. März übten die Schwarzflaggen Wiedervergeltung durch einen Sturm auf Hanoi. Derselbe wurde zwar abgeschlagen, doch ſahen sich die Fran zosen, welche dem Feinde auf dem linken (nördlichen) Ufer des Rothen Fluffes 10 km weit folgten , in Gefechte verwickelt, bei denen sie einen Verlust von 15 Mann erlitten. Am 27. April schloß dann der Feind Hanoi vollständig ein, griff die Miſſion an, verbrannte die Kirche, bei welcher Gelegenheit die Vertheidiger drei Todte einbüßten, und etablirte am 10. Mai sogar Batterien am jenseitigen Ufer, welche allnächtlich etwa 40 Schuß gegen die vor Anker liegenden Schiffe und die Citadelle abgaben und die Stadt, Concession und Miſſion , in Brand ſchoffen und nach und nach in einen Schutthaufen verwandelten. Die Franzosen erwiderten jenes Feuer nicht, doch setzten diese steten Herausforderungen endlich der Geduld Rivières ein Ziel ; derselbe erbat sich von der Escadre in den Chinesischen Gewässern (Admiral Meyer) Unterstützung ; am 14. Mai 6 Uhr Abends kamen in Hanoi die Landungs-Compagnien von "Victorieuse", "Villars " und "„Hamélin" an. Durch sie verstärkt, unternahm der Führer jezt eine Serie von Ausfällen, die schließlich mit seinem Untergange endeten. Am 15. Mai um 5 Ühr früh verließen eine Compagnie und die Landungs Compagnien Hanoi, überschritten den Fluß und brannten, unterstützt durch „Plu vier" und "Fanfare", die Dörfer in der Nähe des Flusses nieder, von denen aus auf Hanoi geschossen war. Den 16. Mai unternahm Major de Villers mit 2 Compagnien, den Landungstruppen von „Victorieuse" und „ Villars " , 2 65 mm-Geschützen und 1 Revolverkanone Hotchkiß eine Excursion gegen Bac-Ninh. Der Feind , einige Tausend Mann stark, hielt nicht Stand und wurde 7 km weit verfolgt. Die Franzosen verschoffen 14000 Patronen, tödteten 100 Mann, bemächtigten sich 4 gußeiserner Geschütze und durcheilten, cotoyirt durch die Flottille, den ganzen, 8 bis 10 km betragenden Raum zwischen dem Rothen Fluß und dem Canal der Stromschnellen, zerstörten alle Dörfer am Wege und kehrten, ohne einen Mann ein gebüßt zu haben, nach Hanoi zurück. Durch das bisherige feige Benehmen des Gegners kühn gemacht, unternahm Capitän Rivière eine größere Unternehmung auf dem südlichen Ufer in der Richtung gegen Sontay. Am 19. Mai um 4 Uhr früh erfolgte der Abmarſch von der Concession. Die Marine-Infanterie-Compagnie der Avantgarde ließ eine Tirailleur-Gruppe vorangehen, doch gestattete das Terrain nicht, den reglements mäßigen Abstand festzuhalten ; der Rest der Abtheilung folgte mit dem vor geschriebenen Abstand in Doppelreihen. An der Tete befand sich Rivière selbst, dann folgten 2 Geschütze von 65 mm, gezogen durch Matrosen der „ Victorieuse“, darauf die Landungs-Compagnien von „Léopard “ , „Villars “, „ Surpriſe “ und 30*

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Militärische Jahresberichte für 1883.

„Pluvier", dann 2 Compagnien Marine-Infanterie und an der Queue die Sänften und Tragbahren für Verwundete. Jenseits der Pagode Balny d'Avri court überschritt der Weg auf einer engen Bambusbrücke, „ pont du papier", ein Fließ (arroyo), welches den Papierfabriken von Hanoi das Waffer zuführt. Nachdem die Avantgarde dieſe Brücke paſſirt hatte, wurde sie plötzlich von drei Seiten, von vorn, wo ein Deich mit dichter Bambushecke quer zum Wege lag, wie aus Dickichten und Weilern von rechts und links überraschend und mörderisch beschoffen. Das Artilleriefeuer des Gegners war gut geleitet und wirksam, seine Stärke an Infanterie mochte 1500 Mann betragen. In kürzester Zeit verloren die Franzosen 7 Todte, 14 Verwundete, ein Verlust, dem die junge Mannschaft nicht gewachsen war. Der Capitän mußte zum Ralliiren blaſen laſſen und Alles drängte sich nun nach rückwärts und auf die schmale Brücke zu. Die Schwarz flaggen folgten, ohne im Feuern nachzulaſſen, mit lautem Geſchrei und suchten den Franzosen den Rückzug zu verlegen. Diese warfen sich auf das Gros , welches 500 m östlich der Brücke angelangt war und auch dieses wurde derartig über rascht, daß es nicht gelang, die Geſchüße auf der schlechten Straße zu wenden und zum Feuern zu bringen, oder in Sicherheit zu schaffen. Ein Geschütz fiel in Feindeshand. Um es wieder zu erobern und die Bergung des zweiten zu sichern , warfen sich ritterlich Rivière und seine Offiziere auf den Feind. Es gelang , das Geschüß zu retten. Während aber beide Geschütze von den Mannschaften der „Victorieuse" , welche hier 12 Todte , 14 Verwundete ver loren und im Schutze der Leute vom „ Léopard ", die 1 Offizier, 13 Mann außer Gefecht hatten, in Sicherheit gebracht wurden, die übrigen Mannschaften aber sich dem Rückzuge anschlossen , umringten die Schwarzflaggen die Offiziere. Rivière und vier seiner Cameraden fielen todt oder verwundet in ihre Hand, den sieben anderen Verwundeten gelang es , sich zu retten. In eiliger Flucht erreichte die Truppe die Concession, sie hatte 33 Todte, 61 Verwundete verloren. Die Ver wundungen waren zumeist im Unterleibe, mehrere auch durch Bajonnetstiche erfolgt. Innerhalb 45 Minuten waren 16 000 Patronen verschoffen. Die Schwarzflaggen sollen 100, die Anamiten 500 Todte verloren haben. In Hanoi sahen sich die Franzosen nun in der Concession und der 4 km entfernten Citadelle (eine Compagnie) eingeſchloſſen. Die Gegner circulirten in der Stadt und hinderten die Verbindung. Sofort nach dem Eintreffen der Unglücksbotschaft wurden aus Saigon 800 Mann mit 2 Geschüßen als Verstärkungen abgeschickt. Diese trafen am 1. Juni in Hanoi ein. Auch Neu-Caledonien detachirte 2 Compagnien , welche am 13. Juni ankamen. In Frankreich brachte die am 26. Mai eintreffende Nach richt die Entscheidung in der Creditdebatte für Tonkin, und so konnten am 30. Mai die für nöthig und ausreichend erachteten Verstärkungen an Truppen und Schiffen aus Frankreich abgehen und am 14. Juli in Tonkin landen. Zur Fortsetzung der Operationen standen dort Ende Juli bereit : Expeditions - Corps . Obercommandeur : General der Marine-Infanterie Bouët. Marsch-Regiment der Marine-Infanterie : Oberst Bichot. 3 Compagnien vom 1. , 5 Compagnien vom 2. , 6 Compagnien rom 3. , 4 Compagnien vom 4. Marine =- Infanterie - Regiment = 18 Compagnien à 150 Mann -= 2700 Mann. 7 Landungs-Compagnien der Schiffe mit einigen Geschützen von 65 mm.

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Krieg der Franzosen in Tonkin.

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Das Anamitische Schüßen-Bataillon, Oberstlieutenant Miramond , = 6 Com pagnien oder 1000 Mann. 1000-1500 Hülfstruppen aus Tonkin, 500 Mann Chineſen (gelbes Banner) . Marine-Artillerie: Oberstlieutenant Révillon, 3 Batterien = 18 4-Pfünder Vorderlader, 1 Batterie Gebirgsgeschütze von 80 mm Kaliber. Schiffs-Division des Chinesischen Meeres : Contre-Admiral Meyer. Panzer " Victorieuse " 17 Geschütze , 367 Mann , "1 Triomphante" 14 Ge= schütze , 367 Mann ; Kreuzer „ Tourville“ 21 Geschütze , 550 Mann , „ Villars “ 17 Geschütze , 263 Mann , " Volta" 6 Geschütze , 159 Mann ; Kanonenboot Lutin" 3 Geschütze, 77 Mann. Schiffs-Division der Küste von Tonkin : Contre-Admiral Courbet. Panzer "1 Atalante" 12 Geschüße , 372 Mann , " Bayard “ 13 Geſchüße, 450 Mann ; Kreuzer 17 Château Rénaud“ 5 Geschütze , 210 Mann , „Kersaint" 6 Geschütze, 154 Mann ; Kanonenboote „Hamélin " 6 Geschütze , 200 Mann, „Vipère" 4 Geschüße, 58 Mann, " Lynx“ 4 Geschüße, 77 Mann ; Avijo Parjéval" 4 Geschüße, 160 Mann ; Transportschiffe Mytho " 2 Geschüße, 300 Mann, „ Anamite “ 2 Geſchüße, 315 Mann, „ Drac " 4 Geſchüße, 110 Mann ; 2 Torpedoboote, Tornycrofts à 15 Mann. Flottille von Tonkin : Fregattencapitän Morel de Beaulieu. Kreuzer " Eclaireur" 8 Geſchüße , 152 Mann ; Kanonenboote „ Fanfare " 2 Geschüße, 70 Mann , Léopard" 2 Geschüße, 62 Mann, Surprise" 2 Ge= schütze, 61 Mann ; Aviso „Pluvier " 5 Geschütze, 60 Mann ; Kanonenschaluppen Yatagan“ 2 Geſchüße, „Hache“ 2 Geſchüße, „ Carabine“ 1 Geſchüß, „ Maſſue “ 2 Geschüße, „Tromblon “ 2 Geschütze, zusammen 125 Mann. Zu Saigon: Aviso " Alouette" 2 Geschüße, 60 Mann, " Antilope" 2 Ge= schüße, 110 Mann ; Kanonenſchaluppen " Mousqueton“ 2 Geſchüße , „Javeline“ 2 Geschütze, " Framé" 2 Geschüße und zusammen 75 Mann. Bis zum Eintreffen der Verstärkungen war man in Tonkin auf die eigene Kraft und die paar von Saigon und Numea geschickten Compagnien angewieſen ; bei Hanoi gelang es , wieder Herr der Stadt zu werden, die einzelnen, bisher getrennten Posten durch Befestigungslinien in Verbindung zu setzen und mehrere Angriffe des Feindes zurückzuweisen , dagegen beschoß der Feind die Stadt nun über den Fluß hinweg mit seinem Geschüß, und ferner mißlang ein am 12. Juli unternommener Ueberfall vollständig , indem der Feind , rechtzeitig gewarnt , sich zurückzog und die Franzosen nach Verlust von sieben Mann nach Hanoi zurück kehrten. Es begannen bereits die ersten Regen zu fallen, welche bald das ganze Delta in eine weite Wafferfläche verwandelten und die Operationen auf die Wege beschränkten. In Folge der gleichzeitig eintretenden Gluthhite hatten die Franzosen viel Verluste durch Sonnenstich. Zu Hai-phong beherrschten die Piraten die ganze Umgegend, die Kriegsschiffe sicherten den Ort und deſſen Bejaßung, welche sich nach allen Richtungen hin verschanzte. In Nam Dinh sah sich der Oberstlieutenant Badens auf die Citadelle be ſchränkt und ſelbſt dieſe war so ausgedehnt, daß die zwei Compagnien betragende Besatzung nicht viel zur Ruhe kam , obgleich sie durch Anwerbung Tonkinesischer Christen und Chinesischer Hülfsvölker eine gewisse Verstärkung erfahren hatte. Die neuen Operationen begannen mit Engagements der immerhin gering fügigen Truppenmacht nach verschiedenen Richtungen. So wurde gleich nach Eintreffen der ersten Transporte die Garnison von Nam Dinh erheblich verstärkt. Hier war bereits am 26. Juni ein vergeblicher Versuch gemacht worden , den

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Cernirungsring zu sprengen. Dies hatte zu einem Gefecht bei Dinh Tran geführt , bei welcher Gelegenheit in einem Sumpf der Pagode der Mandarinen ein (Französisches ?) Geschütz stecken blieb , das später von den zurückkehrenden Anamiten in Sicherheit gebracht wurde. Ueber dies Gefecht fehlen genaue Berichte. Zum gleichen Zweck erfolgte ein zweiter größerer Ausfall am 19. Juli , der das Gefecht von Can Giai herbeiführte. Dasselbe verlief in folgender Weise : Während eine Abtheilung von 150 Mann, durch das Feuer der Citadelle unter stüßt, den Feind in der Front beschäftigte und ihn an einen Angriff von dort aus glauben machte , dirigirte sich am Deich des Canals von Bac-Ninh entlang eine andere Abtheilung (236 Mann) hinter die rechte Flanke des Gegners , welcher die Linie eines Wasserlaufs : Can Giai besetzt hatte. Im Schuße jener zweiten landete dann eine dritte per Schiff beförderte Abtheilung von 120 Mann ; diese beiden Abtheilungen gingen dann vereint am Fließ entlang vor , nahmen nach einander, indem sie die Linie des Feindes von ihrem rechten Flügel aus auf rollten, die Dörfer Pho-Coc, Giao-Hoa , Can Giai, Mi Trong und Maixa und standen nun im Rücken der Stellung bei Pho-Mi-Trong, der die erſte Colonne, nachdem sie sich des Dorfes Lang-Tinh und der Pagode der Mandarinen_be mächtigt hatte, in der Front gegenüberstand. Von zwei Seiten in seiner leßten Position angegriffen, floh der Feind und ließ in den Händen der Franzosen fieben Geschüße zurück. Das ganze Gefecht hatte sich unter den Mauern der Citadelle abgespielt und war durch den Oberstlieutenant Badens von der Spitze einer Bastion aus geleitet worden. Die Franzosen berechnen ihre Verluste auf 4 Todte, 8 Verwundete, geben aber über die Verluste ihrer 360 Mann Hülfstruppen keine Auskunft. Der Gegner kehrte troß des Verlustes von 700 bis 1000 Erschlagenen , den er in diesem Gefecht erlitten haben soll , sofort nach dem Abmarsch der Franzosen in seine alten Stellungen zurück. Der taktische Erfolg war am 19. Juli für die Franzosen günstig gewesen, der Zweck der bisherigen Ausfälle , den Cernirungskreis zu sprengen , oder doch wenigstens zu erweitern , war dagegen auch diesmal nicht erreicht, die Lage von Nam -Dinh in keiner Weise gebessert. Die Verbindung zu Wasser selbst wurde der Garnison immer mehr erschwert , die Kriegsfahrzeuge der Flottille, vor Nam Dinh besonders die " Surprise " , waren unausgesetzt beschäftigt, die in den Gewässern täglich neu entstehenden Hindernisse zu beseitigen, ja sie selber waren bedroht und mußten ihre Kessel durch Eisenplatten schüßen. Die Anamiten vor Nam-Dinh wurden täglich unternehmender , so daß Oberstlieutenant Badens Mühe hatte , sich ihrer zu erwehren. Am 6. Auguft griffen sie die Nordseite von Nam-Dinh an. Mit Hülfe der „ Surprise ", welche ste in der Flanke beschoß, gelang es , sie zurückzuweisen. Um ihrer sich nun definitiv zu entledigen, wurden noch am selben Tage neue Verstärkungen von Hanoi geschickt und am 7. August ein neuer Ausfall unternommen. Man beabsichtigte einen Ueberfall der Werke im Süden der Stadt am frühen Morgen , doch mangelte es beim Vormarsch an der nöthigen Stille und der wachsame Feind empfing die an der Spitze vorgehenden 600 Hülfstruppen aus Tonkin, während sie ungedeckt das überschwemmte Land durchwateten, mit heftigem Feuer, auch den zur Unterstützung folgenden 2 Compagnien Anamitischer Schützen gelang es nicht, den Feind zu vertreiben, dieser zog sich erst zurück, als die Gras- Gewehre der in Reserve anrückenden 2 Compagnien Marine-Infanterie in Thätigkeit traten.

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Da kein entscheidendes Reſultat erzielt war, mußte der Angriff am 8. Auguft fortgesezt werden. Jezt gelang es , die Anamiten zum definitiven Rückzuge zu veranlassen. Dieselben ließen ihre Geschüße stehen und flohen zum Dayfluß zu rück. Sie machten zwar von dort aus noch einen Versuch, ihre Positionen wieder zu nehmen , gingen aber, als ihnen dies nicht gelang , definitiv aus der Nähe von Nam-Dinh und zwar bis hinter Ninh-Binh und Phu-Ngia-Hung zurück, welche Orte, wie hier gleich vorgreifend erwähnt werden mag , schließlich am 18. bezw. 21. October ebenfalls zur " Erweiterung des Occupations-Rayons " von den Franzosen mit Besatzungen versehen wurden. In den Gefechten vom 7. und 8. August hatten die Franzosen 2 Todte, 6 Verwundete eingebüßt. Da bei den Angaben über die Verluste beim Feinde die Franzosen wohl etwas zu verschwenderisch mit Nullen verfahren sind , so ist es wohlgethan, hierüber zu schweigen. Im Nordosten des Delta occupirten am 17. August 2 Compagnien Marine Infanterie, 3 Compagnien Anamitischer Schüßen und 1/2 Batterie, ohne Widerstand zu finden, den Ort Hai - Dzuong, wo man 150 alte Kanonen fand, und einige Tage darauf auch Phu-Bin-Gian. Am 20. August wurde durch Mannschaften der Flotte noch Quang-Yen nordöstlich Hai-phong in Besitz genommen, um diesen Ort in der Richtung gegen China zu sichern. Alle diese Unternehmungen ſtanden im Widerspruch mit den Ansichten des Generals Bouët, man hatte sie dem Einflusse eines für Tonkin ernannten General Civilcommissars Harmand zuzuschreiben , welcher am 23. Juli in Tonkin ein getroffen war. Sie konnten nur den politischen Zweck haben , das Delta in möglichster Ausdehnung als Pfand in die eigene Hand zu bekommen ; es fragte sich, ob die Kräfte genügend waren, diesen politischen Zwecken nachzugehen, ehe der militärische Zweck : „ Niederwerfung des Gegners " erreicht war. Der politische Zweck dominirte auch bei der folgenden Expedition gegen Hué. Am 20. Juli war der König Tu Duc von Anam gestorben. Als Nach folger wurde nicht der legitime Erbe , sondern der von den Mandarinen befür wortete Di-Siep-Hoa, ein Feind der Fremden, ausgerufen. Es ließen sich Unruhen und Verwirrung voraussehen. Diese Aussicht schien Harmand günstig für einen directen Druck gegen Hué , den Herd der Unruhen in Tonkin, und beſtimmte ihn, einen solchen für den Auguſt anzuordnen. In Erinnerung an den Mißerfolg vom Jahre 1858 und da diesmal genügende Seeftreitkräfte zur Verfügung standen , entschloß man sich , das Unter nehmen auf das Wasser zu fundiren und dazu den Eingang in die Lagune von Louanane zu forciren. Der mit dem Unternehmen betraute Admiral Courbet begann damit , an der Ostküste Hinter-Indiens den Blockadezustand zu erklären und beſtimmte, um diesen aufrecht zu erhalten, die Schiffe " Kersaint ", „Hamélin“ und „Parſéval". Am 16. Auguft recognoscirte er die Forts von Touanane und vereinigte am Tage darauf seine Escadre zu Turone , wo zu ihm noch 2 Compagnien Marine-Infanterie, 1 Compagnie Anamitischer Schützen und 2 Batterien stießen, welche der Gouverneur von Cochinchina zur Verfügung gestellt hatte. Mit Zu hülfenahme der Landungs - Compagnien stieg dadurch die Landungstruppe auf 1050 Mann mit 50 Geschützen. Am 18. August kam die Escadre vor Touanane an. Die Beschießung begann nach erfolgloser Aufforderung zur Uebergabe Nachmittags 41½ Uhr trot hochgehender See und Rollens der Schiffe und währte bis zur Dunkelheit. Es

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betheiligten sich an derselben : „Bayard “ 13 Geſchüße, „ Atalante “ 12 Geſchüße, Château Rénaud " 5 Geschütze, „ Drac" 2 Geschüße, „Vipère" 4 Geſchüße und "Lynr" 4 Geschütze. Die Erfolge waren nicht bemerkenswerth , die Anamiten antworteten mit großer Lebhaftigkeit. Den 19. Auguſt ſollte gelandet werden , doch wurde der Sturm noch auf geschoben, da der Zustand der Werke für das Gelingen desselben noch keineswegs genügende Sicherheit bot , die See auch sehr unruhig war. Statt dessen wurde die Beschießung fortgesetzt. Die Anamiten feuerten mit bemerkenswerther Sicher heit. Der Bayard " erhielt 3 Schüsse und hatte Verwundete, auch die „ Vipère" wurde mehrfach getroffen. Das Feuer mußte auch am 20. Auguſt fortgesett werden und begann um 5½ Uhr früh mit großer Heftigkeit , um 6¾ Uhr stießen die Landungs- Compagnien des Bayard " und der „ Atalante" von den Schiffen ab. Die See war zwar ruhiger , doch die Brandung ziemlich ſtark. Geſchüßt durch das Feuer von Vipère" und „Lynr“ , näherten sich die Boote dem Ufer ; um 7 Uhr gelang es , an der nördlichsten Stelle der Anamitischen Befestigungen zu landen. Trotz heftigen Widerstandes der Anamiten , welche sogar aus ihren im Dünenſande aufgeworfenen Schüßenlinien heraus und dem Angreifer entgegen stürmten, wurden jene Linien, 10 Minuten nach der Landung, im ersten Anlaufe genommen. Die Landungs - Compagnien gingen nun auf das Hauptwerk des Feindes auf der nördlichen Landzunge, das cirkelförmige sogenannte „Nord-Fort" , zu und eröffneten das Schützengefecht. In ihrem Schuß landete jetzt das zweite Echelon, 2 Compagnien der Marine = Infanterie (jede auf 250 Mann verstärkt) und 1/2 Compagnie ( 100 Mann) Anamitischer Schützen . Um 8 Uhr wurde gegen das Fort der Angriff angesetzt. Die Anamiten schlugen sich auch hier sehr brav, ihre Geschüße feuerten bis zum letzten Moment , ja die Vertheidiger versuchten durch Anzünden der aus Stroh und Abfällen bestehenden Brustwehrböschung den Feind aufzuhalten. Deffen ungeachtet fiel das Hauptfort etwas nach 9 Uhr in Fran zösische Hände und die nach dem Meere flüchtenden Anamiten wurden nun auf der Flucht und bei dem Versuch , sich durch Schwimmen zu retten, zu Hunderten durch das Verfolgungsfeuer der Gras - Gewehre der Marine - Infanterie und der Kropatschek-Magazingewehre der Landungs-Compagnien niedergestreckt. Am Nachmittage forcirten „ Lynr" und „ Vipère" den Eingang in die Lagune, welcher den tiefergehenden Schiffen verjagt war. Das jezt von drei Seiten beschoffene Süd - Fort stellte darauf bald sein Feuer ein, die Vertheidiger verließen es in der Nacht darauf, am 21. August wurde es von den Franzosen besetzt. Die letteren wollen im ganzen Verlauf der vier Tage nur 2 bis 3 Ver wundete, der Feind soll 600 bis 1200 Todte eingebüßt haben. Troß eines Verbrauchs von 6500 Artilleriegeschoffen der Schiffe taxirten die Französischen Genie-Offiziere die zur Wiederherstellung der Forts benöthigte Summe nur auf 800 Francs. Jedenfalls war der Schrecken , welcher sich aus Anlaß dieses Gefechts in Hué verbreitete so groß , daß der Französische General - Civilcommiſſar Harmand es wagen konnte, am 23. August mit nur geringer Bedeckung stroman zu dampfen und am 25. Auguft einen Vertrag zu erzwingen, der Anam und Tonkin unter Französisches Protectorat stellte , dessen einzelne Paragraphen dagegen den Franzosen alle Bedingungen eines uneingeschränkten Besißes einräumten. Die Forts von Touanane blieben von zwei Compagnien Marine-Infanterie und 500 Anamitischen Schüßen besetzt. Ein Französischer Resident etablirte sich in Hué.

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In Tonkin hatte inzwischen gleichfalls ein entscheidender Schlag stattgefunden. Bereits im Juli war der Vormarsch von Hanoi gegen Sontay, der zur Umzingelung und Vernichtung der Schwarzflaggen führen und dadurch die am 19. Mai engagirte Ehre Frankreichs wieder auslösen sollte , beschloffen , aber noch bis zum Eintreffen der letzten Train- und Pferdetransporte um Mitte August hinausgeschoben worden. Auch jetzt noch war die Hiße ganz unerträglich, unausgesetzte Regengüsse schwellten die Flüsse zu einer Höhe an , wie sie seit 36 Jahren nicht bekannt war; das ganze Delta des Rothen Flufſes ſtand 1 bis 2 m tief unter Wasser, nur die Wege auf den schmalen Deichen ragten aus dem selben hervor. Doch eine Besserung dieser Zustände war erst in Monaten zu erwarten , zudem drängte der Civilcommissar zum Handeln , um das ungeduldige Publicum in Frankreich zu beschwichtigen. So wurde für den 15. August der Vormarsch gegen Sontay befohlen. Der Grundgedanke für denselben war , am ersten Tage mit drei Colonnen und den gelben Flaggen (Chinesischen geworbenen Hülfsvölkern) gegen die Stellung des Feindes am Fließ Nhué-giang derartig umfassend vorzugehen , daß die Linie dieses Waſſerlaufs und die Brücken sich am Abend in Französischem Besitz befänden und dann am 16. Auguſt die völlige Umzingelung in der Hauptſtellung hinter jenem Fließ und die Vernichtung stattfinden könnte. Die Flottille sollte Anfangs den rechten Flügel begleiten, dann aber im Rücken des Feindes in den Day eindringen und ein Entkommen über denselben , wie neuen Zuzug von Sontay verhindern. Die Gesammtmacht, welche sich hierzu in Bewegung setzte, bestand in 10 Compagnien Marine-Infanterie, 4 Compagnien Anamitischer Schüßen und den Gelbflaggen (rund 1800 Mann Infanterie) mit 14 Geschützen und den Kanonenbooten und Schaluppen "1 Pluvier ", Eclair ", " Trombe", "Fanfare", "Mousqueton“ und „ Léopard". Da die Colonnen ohne jede Verbindung untereinander vorgingen, ſo ent= standen drei verschiedene Gefechte ohne Zusammenhang. Die 1. Colonne, Oberst Bichot , 3 Compagnien Marine 3 Infanteric, 1 Compagnie Anamitischer Schüßen, 4 Geschüße, 1 Section Pioniere, marſchirte, cotoyirt von der Flottille, deren Abfahrt sich wegen Regen und Dunkelheit um eine halbe Stunde verzögerte , um 3 Uhr früh ab und auf dem südlichen Deich des Rothen Fluffes vor. Um 6 Uhr früh stieß sie beim Dorfe Trem auf eine stark besezte Palliſadirung und mühte sich längere Zeit, schließlich mit Hülfe der "Fanfare", vergeblich, das aus Bambusrohr und Kieselsteinen errichtete Bauwerk in die Gewalt zu bekommen, bis endlich das Feuer einer Hotchkiß- Revolver kanone vom Schiffe aus Luft schaffte und die Schwarzflaggen abzogen. Im Innern des 2 km langen Dorfes setzte sich an verschiedenen Abschnitten der Kampf fort, um 9 Uhr jedoch stieß man auf eine vierte Barricade am West ausgang , an der der Vormarsch definitiv zum Stehen kam. Troß wiederholter, einstündiger, lebhafter Beschießzung durch die Kanonenboote und verschiedener Versuche zur Flankirung wurde der Sturm dreimal abgeschlagen und schließlich aufgegeben. Oberst Bichot wendete sich dafür jetzt gegen eine seitwärts der Palliſadirung gelegene Pagode, welche nach Beschießung durch die Schiffe vom Feinde geräumt und um 5 ½ % Uhr von den Franzosen besetzt wurde. Hier campirte die 1. Colonne während der Nacht. Am 16. August war der Gegner vor der Front ver schwunden, die streitige Barricade wurde um 5 % Uhr früh in Besitz genommen, ebenso die dahinter liegende Pagode „Zu den vier Säulen" . Weiter vorzugehen, unterließ der Führer , ehe nicht Nachrichten von den anderen Colonnen , von

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deren Gefecht man noch nichts wußte , eingetroffen wären. Um 9 Uhr früh endlich erfuhr man, daß jene im Rückzuge begriffen und zum Theil schon wieder in Hanoi eingerückt seien. So blieb auch die 1. Colonne stehen. Der größere Theil kehrte am 17. nach Hanoi zurück , die Pagode blieb von 2 Compagnien, 2 Geschüßen besetzt und wurde zur Vertheidigung eingerichtet. Die 2. Colonne , Major Coronnat, 3 Compagnien Marine- Infanterie, 1 Compagnie Anamitischer Schüßen, 4 Geſchüße, 1 Section Genie, marſchirte am 15. August um 3½ Uhr früh ab und traf zwei Stunden später in Yen-Tai ein. Hier blieben die Trains und zu ihrer Sicherung gegen Noi 1 Compagnie und 2 Geschüße stehen, der Rest marschirte gegen Phu-Hoai, doch auch die zwei übrigen Geschütze konnten auf diesem Wege nicht mehr im Moraft fortkommen und kehrten nach Ven-Tai zurück. Die Infanterie sollte in ein Gefecht der 3. Colonne bei Phu-Hoai flankirend eingreifen , um eine Wiederholung der Ereignisse des 19. Mai zu vermeiden. Doch die 3. Colonne ließ auf sich warten, dagegen war der Ort vom Gegner verlassen und wurde um 6½ Uhr von der 2. Colonne besetzt. Nach Eintreffen der 3. Colonne ging die 2. um 9½ Uhr umfassend gegen Noi vor. Dasselbe war frei vom Feinde, auf dieſen stieß man erst jenseits des Ortes und besetzte daher denselben. Ju Noi wurde die 2. Colonne alsbald von den Schwarzflaggen heftig angegriffen. Der Feind wurde aus dem Dorfe heraus auf 1600-1800 m von der Artillerie beschoffen und schließlich durch Infanteriefeuer abgewiesen, um 12½ Uhr ging er in seine Verſchanzungen am östlichen Deich des Nhué-giang zurück. Um 2½ Uhr erfolgte ein zweiter Ansturm mit vermehrter Heftigkeit , diesmal aus südlicher Richtung, wo man die 3. Colonne im Vorgehen wähnte, doch auch dieser wurde abge schlagen. Um 4 Uhr kehrte der Gegner zum zweiten Male hinter seine Deiche zurück, diesmal , um nicht wieder zu kommen. Die 2. Colonne blieb während der Nacht in Noi. Am 16. August entschloß sich Major Coronnat , da bis 82 Uhr keinerlei Nachrichten von den Nebencolonnen zu erlangen gewesen waren, nach Yen-Tai zurückzugehen. Die Colonne erreichte diesen Ort kämpfend , von allen Seiten vom Feinde umschwärmt. Dort fand sie die ihr entgegengeschickte Unterstützung und erhielt um 22 Uhr den Befehl , nach Hanoi zurückzukehren, wo ste um 5 Uhr Abends anlangte. Die 3. Colonne, Oberstlieutenant Révillon , 3 Compagnien Marine Infanterie, 1 Compagnie Anamitischer Schüßen, 4 Geschüße, 1 Section Genie, follte am 15. August um 4 Uhr früh abrücken , um 5 am Fort Phu-Hoai eintreffen. Doch die Dunkelheit verzögerte den Abmarsch, die neu eingespannten Pferde versagten den Dienst. Erst um 5 Uhr kam man in Bewegung, erst um 8 Uhr erreichte die Tete Phu-Hoai und löste dort die 2. Colonne ab. Die Reserve 1 Compagnie Marine-Infanterie, 1 Compagnie Anamitischer Schüßen, 2 Geschütze , welche unter directem Befehl des Generals Bouët stand und der 3. Colonne gefolgt war , blieb am Pont du papier stehen , die 3. Colonne ging gegen Vong vor. Hier erhielt die Avantgarde überraschend Feuer, das Terrain neben dem Wege war unpaſſirbar , die Straße nicht breit genug , um Geſchüße wirksam zur Geltung zu bringen ; so gelang es dem Gegner , den Franzosen eine Stunde lang das Dorf streitig zu machen. Erst um 10 Uhr verließ er daffelbe , Oberstlieutenant Révillon ließ es um 102 Uhr besehen. Um 11 Uhr ging er von dort gegen die feindliche Hauptstellung vor, welche sich am östlichen Deich des Nhué-giang entlang über 3 km ausdehnte. Da die von der 2. Colonne erbetene Hülfe von jener unter Berufung auf den Wortlaut des Befehls abgelehnt wurde, die auf dem linken Flügel kämpfenden Chinesischen

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Gelbflaggen bei der großen Ausdehnung der feindlichen Linie nicht auf deren Flanke trafen , sondern mit in den Frontalangriff verwickelt wurden , die mit geführten schwachen Vorderlader - Geschüße auf die mächtigen Werke keinerlei Wirkung äußerten, der sehr überlegene Gegner, dem das überschwemmte Gelände noch zu Hülfe kam, den Weg, die Hauptzugangsader mit seinem Feuer beherrschte und die Französischen Truppen ihren Vorrath von 120 Patronen pro Kopf bald erschöpft hatten , sah sich die 3. Colonne in sehr übler Lage. So mußte um 1½ Uhr der Rückzug angetreten werden. Vom Feinde, der nun mit Triumph geſchrei zur Verfolgung vorging, arg bedrängt, erreichte die Colonne Vong, wo, vom General Bouët geschickt , welcher seinen Platz bei der Reserve nicht verließ, um 3¼ Uhr eine Compagnie zur Unterſtüßung anlangte. Der weitere Rückzug erfolgte darauf mit mehr Ordnung. Um 5 Uhr traf die 3. Colonne am Pont du papier ein , wo der General Bouët das Commando übernahm und den weiteren Rückzug nach Hanoi anordnete , wo man um 6¾ Uhr wieder eintraf. Die Verluste des Tages hatten betragen : 2 Offiziere , 25 Mann todt, 3 Offiziere, 74 Mann verwundet ; der Gegner soll 300 Todte, 1000 Verwundete verloren haben. Das Resultat des Gefechts bestand im Erwerb eines kleinen Postens am Rothen Fluffe , entſprach aber den ausgesprochenen Absichten und sonst noch gehegten Erwartungen in keiner Weise , im Gegentheil hatte der Gegner ein Recht, sich einen Sieg zuzuschreiben und ging auch nach dem Gefecht wieder bis Hanoi vor. In der Nacht zum 17. Auguſt riſſen jedoch die Deiche des Rothen Fluffes, und die Ueberschwemmung wuchs bis an die Dächer der Lehmhütten in den Dörfern. Jest wichen die Schwarzflaggen dem Element und gingen bis an den Day zurück, wo sie auf dem östlichen Ufer, am Uebergange der Straße nach Sontay, bei Phong eine neue, brückenkopfartige Stellung nahmen. Eine am 29. August von der Pagode der vier Säulen aus unternommene Recognoscirung zu Wasser und zu Lande fand bis Palan keinen Feind und zer störte die verlassenen feindlichen Werke am Ufer. Um den üblen Eindruck, welchen das Gefecht am 15. August hervorgerufen hatte, möglichst schnell zu verwischen und , wie es in der officiellen Disposition heißt, zu zeigen , daß der Feind nicht vor dem Wasser, sondern vor dem Feuer der Franzosen zurückgegangen sei , entschloß man sich zu einer neuen Expedition, ohne die sofort erbetenen weiteren Verstärkungen aus Frankreich und das Fallen des Wassers abzuwarten. Aus den Erfahrungen jenes Tages Nutzen ziehend, beschloß man aber das Vorgehen nur in einer Colonne und basirte das Unter nehmen auf die Hülfe der Flottille. Bereits am 30. August begannen die vorbereitenden Bewegungen, und am 31 . sezten sich in Marsch: 1 Bataillon und 2 Geſchüße nebst den gelben Flaggen zu Fuß von der Pagode auf dem Deich entlang gegen Palan , und auf der Flottille " Pluvier" , „Léopard “ , „ Trombe“ , „Fanfare", "Hache" , "Mousqueton “, „Eclair “ , „ Pelikan“ und „Haiphong" verladen : 1 Bataillon , 1 Batterie von Hanoi aus ebenfalls nach Palan. Von hier aus erfolgte am 1. September 7 Uhr früh der Vormarsch dieser 5 Compagnien Marine-Infanterie , 3 Com pagnien Anamitischer Schützen, der gelben Flaggen und 6 Geschüße, theils auf einem Deich, zum Theil links auf einem Fußpfad durch die Ueberschwemmung , gegen Phong. Doch schon nach 2 km Marsch fand man den Feind in einer starken, binnen 48 Stunden improviſirten Stellung, deren linker Flügel sich an den Day lehnte und die von dort über Tanh-Teune , A- Mo , bis über Phong hinaus reichte.

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Während auf dem Day sich „ Pelikan “ und „Haiphong “ , dann auch „Hache“ , " Mousqueton“ und „ Eclair“ mit fünf Chinesischen Dschunken herumſchoffen, ohne bis zum Abend ihrer völlig Herr zu werden , so daß die Französischen Schiffe sich mit einem Verlust von 12 Todten zurückzogen , engagirte auf dem Deich die Avantgarde ( 1 Compagnie Anamitischer Schützen, 1 Compagnie Marine Infanterie, 2 Geschütze) das Gefecht gegen das Dorf Tanh-Teune, während die linke Seitencolonne (die gelben Flaggen und 1 Compagnie Anamitischer Schüßen, denen später noch eine Compagnie Marine-Infanterie folgte) gegen A-Mo_vorging. In beiden Richtungen gelang es lange nicht , Fortschritte zu machen, über haupt zeigte es sich , daß ein Vorgehen in der überschwemmten Ebene gegen A-Mo im Flankenfeuer von Tanh- Teune nicht möglich , es also geboten war, sich vorerst in den Besitz des letteren Ortes zu seßen. Gegen Tanh - Teune wurde also nun die gesammte Artillerie in Thätigkeit gesetzt und neben den zwei Compagnien der Avantgarde noch zwei Marine-Infanterie- Compagnien entwickelt. Unter bedeutenden Schwierigkeiten , bei einer erdrückenden Hiße und quer durch ein bis zur Schulterhöhe überschwemmtes Gelände , welches an einigen Stellen nur schwimmend zu paſſiren war, gelang es endlich, die Schwarzflaggen aus dem Orte zu vertreiben. Doch nach diesem Sturm war die Gefechtskraft erschöpft. Man übernachtete in dem eroberten Dorfe ; an intacten Reserven waren vor handen : 1 Compagnie Marine- Infanterie, 1 Compagnie Anamitischer Schüßen. Am 2. September hatte General Bouët die Fortsetzung des Angriffs gegen A-Mo und ein kleines seitwärts gelegenes Werk beabsichtigt , doch gelang es nicht, die Truppen weiter vorwärts zu bringen , das Gefecht schlief vollständig ein, die Munition ging zu Ende. Eine Marine-Infanterie- Compagnie ließ ihre Offiziere stehen und wendete sich zur Flucht , die gelben Flaggen gingen zum großen Theil zum Feinde über. Auch die auf dem Day wieder vorgehende Flottille konnte nicht wirkjam eingreifen, "I Eclair“ und „Hache" mußten sich begnügen , frische , von Sontay anmarschirende Kräfte abzuhalten. General Bouet beschloß daher, mit dem am ersten Tage errungenen Erfolge sich zu begnügen und ihn nicht weiter in Frage zu stellen, er decretirte, daß der in der Disposition ausgesprochene Zweck erreicht sei , und befahl den Rückmarſch auf Palan, welcher am 3. September früh 7 Uhr ins Werk gesezt wurde. Der selbe erfolgte unter großen Schwierigkeiten , in einem furchtbaren Regenwetter, doch vom Feinde unbehelligt. Am 4. September schiffte sich die Operations Colonne wieder nach Hanoi ein ; 1 Compagnie Marine-Infanterie, 1 Compagnie Anamitischer Schützen , 2 Geschüße behielten Palan besett , " Fanfare" und „Haiphong" gingen bei dem neuen Posten vor Anker. Die Franzosen wollen (ausschl. der Anamitischen Schüßen, deren Verluste nicht genannt werden) 2 Offiziere, 30 Mann todt, 3 Offiziere, 50 Mann Verwundete verloren haben. Der officielle Bericht spricht von einem Zehntel des Beſtandes (also etwa 120 Mann) Gesammtverlust. Nach diesem zweiten Mißerfolg brachen die Mißhelligkeiten zwischen der Militär- und Civilgewalt in offenen Hader aus, so daß sich der General Bouët gezwungen sah , am 10. September Tonkin zu verlassen. Er schiffte sich am 23. September nach Frankreich ein. Dort war mittlerweile die Nothwendigkeit erkannt worden, ansehnliche Ver stärkungen nach dem Delta des Rothen Fluffes zu senden , um den doppelten Zweck: Ausdehnung behufs Besißergreifung und Vorgehen zur Züchtigung und Vertreibung der Schwarzflaggen und ihrer Helfershelfer, erfüllen zu können.

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Da der Marineminister (jeit 9. August an Stelle des Admirals Brun der Viceadmiral Peyron) erklärte , solche nicht mehr bereit zu haben , so mußte die Land-Armee aushelfen , und da der Kriegsminister sich hierzu ohne Autoriſation durch die Volksvertretung weigerte , erhielt er theils aus diesem , zum Theil aus anderen Anlässen am 9. October einen Nachfolger in General Campenon. Die Folge dieser Verhältnisse war eine Verzögerung in den Nachschüben , welche erst im Laufe des November Tonkin erreichten. Bis zu ihrem Eintreffen war die Situation im Delta eine lediglich defensive. Vor Hanoi gingen die Schwarzflaggen nach ihrem Siege vom 2. September wieder gegen Hanoi vor und schlossen diesen Ort wie die Posten an der Pagode und zu Palan vollständig ein. Die Franzosen sahen sich gezwungen , alle Positionen im Vorterrain zu räumen und auch ihre Vorposten vollständig einzuziehen. Der Verkehr blieb auf das Wasser und auch hier nur auf die Kriegsfahrzeuge beschränkt. Um wenigstens eine Wiederholung der Beschießung Hanois vom linken Ufer zu ver hindern , baute man dort einen Brückenkopf gegen Bac-Ninh. Zur vorläufigen Verstärkung der Streitkräfte im Delta sah sich Admiral Courbet genöthigt, ſeine Landungs-Compagnien wieder zu debarkiren ; auch von Saigen aus wurden Mitte September 2 Compagnien Marine - Infanterie , 2 Compagnien Anamitischer Schüßen als Verstärkungen nach Haiphong, welches vom Feinde ebenfalls in großen Massen eng umschloſſen gehalten wurde, und wo ein Versuch, jenen vom Elephanten berg zu vertreiben, mit einem Verlust von 6 Todten zurückgewiesen worden war, detachirt. Am 15. September verschwanden plötzlich ganz überraschend die Schwarz flaggen vor Hanoi , und schon gab man sich der Hoffnung hin , ihrer ledig zu sein, als eine Recognoscirung vom 29. September feststellte , daß sie sich am Day und dem Canal der Stromschnellen entlang, in Sontay und zu Bac- Ninh um so solider etablirt hatten, und zwar im Verein mit regulären Chinesischen Truppen , welche zu Anfang des September die Grenze überschritten hatten. China hatte sich zu diesem Schritt entschlossen, um einen vermehrten Druck auszuüben, da die bisherigen diplomatischen Versuche, die Franzosen zum Zurück weichen zu veranlassen , erfolglos geblieben waren. Auch erklärte es gleichzeitig, daß ein Vorgehen Frankreichs gegen Bac-Ninh von China als Kriegsgrund auf gefaßt werden müsse. Diese energische Haltung veranlaßte den Admiral Courbet, der am 19. October mit dem Oberbefehl betraut war und denselben am 25. October angetreten hatte, zur äußersten Reserve , und so fiel bis zum Eintreffen der Verstärkungen im Delta kein Schuß. Ende November waren dann in Tonkin versammelt: Commandirender Admiral Courbet. Marsch-Regiment der Marine-Infanterie, Oberst Bichot. 3 Compagnien vom 1. , 9 Compagnien vom 2. , 6 Compagnien vom 3. , 6 Compagnien vom 4. Marine- Infanterie - Regiment. Summa 24 Compagnien à 150 Mann = 3700 Mann. Marsch-Regiment aus Africa, Oberstlieutenant Belin. Das 1. Bataillon I. Turcos , das 1. Bataillon III. Turcos , das 12 Compagnien à 150 Mann 5. Bataillon Fremdenlegion. = 1860 Mann.

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Militärische Jahresberichte für 1883. Marsch-Bataillon der Marine-Füsiliere, Fregattencapitän Laguerre. 4 Compagnien à 150 Mann = 600 Mann. Anamitische Schützen, Major Berger. 7 Compagnien à 180 Mann = 1250 Mann. Die aus den Christen von Tonkin rekrutirten Hülfstruppen , höchftens 1000 Mann. Artillerie: Oberstlieutenant Révillon. 7 Batterien verschiedener Kaliber (darunter 2 Batterien Hinterlader). 42 Geschütze, 850 Mann. 1/2 Compagnie Genie, von der Marine-Artillerie gestellt.

See-Streitkräfte: 32 Schiffe mit 174 Geschützen , 4850 Mann (gegen Juli unverändert).

den Monat

Von diesen betheiligten sich an den Kämpfen im Delta: 4 Landungs - Compagnien (400 Mann) mit ihren Geschützen von 65 mm Kaliber, 22 Schiffsgeschütze und eine Anzahl Revolverkanonen, ſchließlich die Flottille von Tonkin (von Saigon um 2 Schaluppen verstärkt) : 12 Schiffe, 32 Geschütze, 580 Mann. Von dieser waren einige Schaluppen derart erleichtert worden, daß sie selbst bei niedrigem Wasserstande die Canäle befahren konnten, denn das Wasser war im Sinken und hatte vom 1. bis 13. September bereits um 2 m abgenommen. Die Besatzung von Hué und Touanane : 2 Compagnien Marine-Infanterie (500 Mann) und 2 Compagnien Anamitischer Schüßen (200 Mann) galt als von Cochinchina detachirt. Am 11. December hat sich Admiral Courbet von Hanoi aus in Marsch gesetzt und nach heftigen Kämpfen am 14. und 16. December die Stadt und den 17. December die Citadelle von Sontay in seine Gewalt gebracht. Gleichzeitig hat das Vorgehen Chinas und Unruhen , welche in Hué den Tod des Königs Di- Siep-Hoa herbeiführten, Frankreich veranlaßt, nach Bewilligung der nöthigen bedeutenden Credite auch seinerseits eine vermehrte Energie zu ent wickeln und Verstärkungen nach Tonkin zu senden , welche das dort operirende Expeditions-Corps auf die Stärke einer Division bringen sollen und von welchen der erste Transport bei der Jahreswende in See gegangen ist. Da es hierüber noch an ausreichenden und sicheren Nachrichten fehlt , so muß der Bericht über jene Begebenheiten für das nächste Jahr zurückgestellt werden. J.

Krieg im Sudan.

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Bericht über den

Krieg im Sudan.

1881-1883 .

Seit dem Jahre 1881 machte sich in der Egyptischen Außenprovinz Sudan eine aufständische Bewegung bemerkbar. Von den dortigen Egyptischen Behörden nicht im Keime erstickt, hat dieselbe im Laufe des Jahres 1883 einen Umfang und eine Bedeutung angenommen, welche England zwang, selbst mit den Waffen in der Hand dagegen einzuschreiten. Der bisherige Verlauf der Bewegung bildet möglicherweise die Vorgeschichte zu weiteren kriegerischen Verwickelungen. Diesen Begebenheiten wird trotz ihrer geringen militärischen Bedeutung gegenüber solchen auf einem Europäiſchen Kriegsschauplahe doch bei der Betheiligung einer politiſchen Macht wie England ein gewisses Interesse Seitens der militärischen Kreise des übrigen Europas nicht versagt bleiben. Die Jahresberichte werden daher eine Skizze der auf die gegenwärtige Situation im Sudan bezüglichen, dortigen Vor gänge hier folgen lassen. Der Mohammedanischen Welt hat sich seit dem immer sichtbareren Rück gange der Macht und des Ansehens des Türkenreichs eine gewisse religiöse und politische Erregung bemächtigt. Dieſe wird hauptsächlich von Arabern, den alten feindlichen Brüdern der Osmanen, genährt. Der an und für sich leicht zu fanati firende, gläubige Moslem war daher besonders empfänglich für die Ergüffe religiöser Schwärmer und von diesen um so leichter zu gewinnen, je mehr er Arabisches Blut in sich fühlte. Für die Bewohner des Sudans kam noch hinzu, daß die Egyptischen Beamten dort eine Mißwirthschaft trieben, welche das Volk auf das Aeußerste bedrückte und gegen die Egyptische Regierung aufbrachte. Daß die Letztere seit dem wachsenden Einfluß Englands in Cairo dem für gewiffe Scheichs einträglichen Sclavenhandel aus dem Innern des Sudans nach den Türkischen Staaten Schwierigkeiten bereitete, hatte die Unzufriedenheit einzelner Sudanesischer Stämme, namentlich in Kordofan, mit den Egyptern noch erhöht. So kam es, daß ein religiöser Schwärmer, der Fakih Achmed Mohammed aus Dongola, im Juni 1881 von der oberhalb Chartum im Weißen Nil gelegenen Insel Aba aus eine Bewegung anstiften konnte, deren Entstehen ebenso sehr religiöse wie politische Vorstellungen der Umwohner begünstigten . Jener Mo hammed gab sich aus als der von dem großen Mohammed verheißene neue Prophet, als der „Mahdi“ , „der von Gott Geleitete" , welcher den endlichen Sieg des Islams herbeiführen würde. Die Stämme in der Nähe, namentlich auf dem Kordofanischen Ufer des Weißen Nils , erblickten in dem als koran kundigen Mann von ihnen bereits hochgeschätzten seltsamen Priester zugleich den Befreier von der verhaßten Herrschaft der Egypter. Achmed Mohammed hatte daher bald einen Anhang zu seiner Verfügung. Schon Ende Juli errang er damit einen Erfolg gegen ein zu seiner Aufhebung von Chartum ausgefandtes Truppen-Detachement. Von da an wuchs das An sehen des Fakih als Mahdi unter seinen Landsleuten derart, daß sich die von ihm hervorgerufene Bewegung bald ganz Kordofan mitgetheilt hatte.

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Um vor Organisation eines genügenden streitbaren Anhanges neuen und umfassenden Angriffen Egyptischer Truppen nicht ausgesetzt zu sein, begab sich der Mahdi noch im Herbst 1881 nach dem südwestlichen Kordofan in die nur durch Wüstenstriche erreichbaren, an und für sich vertheidigungsfähigen Takala Berge. Inzwischen unternahmen einzelne Egyptische Functionäre neue Streif züge gegen ihn, ohne jedoch den gewünschten Fang zu machen. Im Gegentheil bereitete der Mahdi Anfangs December einem von Faſchoda aus nach den Takala Bergen entsandten Expeditions - Detachement eine vollständige, der Vernichtung ähnliche Niederlage. Auch östlich des Weißen Nils fand die aufständische Bewegung sehr bald Anklang. In der Person eines Scheichs Amr el Makaschef fand der Mahdi dort einen thätigen Parteigänger. Während ein im März 1882 auf Geheiß der Egyptischen Regierung von Chartum aus betriebenes größeres Unternehmen direct gegen den Mahdi im Gange und Chartum von Truppen völlig entblößt war, erschien jener Parteigänger plötzlich vor Senaar. In den ersten Apriltagen fiel die von allen Seiten berannte Stadt bis auf die widerstandsfähige Caserne in die Hände der Aufständischen. Ehe noch die zum Entsatz ihrer Besatzung be stimmten, in größter Eile auf Abu Haras dirigirten Streitkräfte sich hier vereinigt hatten, war es einem entschlossenen, regierungstreuen Scheich der Scheichich mit seinem gut bewaffneten Haufen gelungen, den aufständischen Parteigänger aus Senaar wieder hinauszuwerfen ; aber inzwischen war unmittelbar bei Abu Haras den Regierungstruppen ein neuer Gegner erwachsen. Erst im Mai gelang es dem von Chartum herbeigeeilten Vicegouverneur Giegler Pascha, unterstützt durch den Stamm der Schufurrieh, jenen neuen Gegner in einem siegreichen Gefechte zu beseitigen und nunmehr auch dem noch in der Gegend von Senaar lagernden Amr el Makaschef ein Treffen zu liefern und in demselben nach dem Weißen Nil zurückzuwerfen. Inzwischen hatten die von Chartum aus betriebenen Erpeditionen gegen den Mahdi in Kordofan ein klägliches Ende gefunden. Das eine Detachement hatte ohne irgend welches Ergebniß bei El Obeid geendet und allerdings die Besaßung dieſes für die Folge wichtigen Punktes verstärkt ; das andere war der Vernichtung durch die Lanzenreiter des Mahdi und dem Hungertode anheimgefallen. Der Mahdi selbst war während dieser Vorgänge ruhig in seinen abgelegenen Bergen verblieben. Beiderseits stand man sich nunmehr zwar nach Möglichkeit bewaffnet, aber lediglich auf Abwehr bedacht gegenüber, als nach etwa einjähriger Dauer der inzwischen kräftig gediehenen Bewegung der zum Minister des Sudans ernannte Abd el Kadr Pascha von Cairo in Chartum eintraf und hier die Zügel der Regierung der Provinz zugleich mit dem Obercommando über die sehr reducirten Streitkräfte in derselben ergriff. Abd el Kadrs erste Sorgen galten der Anwerbung und Neubildung regulärer Truppen, sowie der Sicherung El Obeids und Chartums gegen einen Angriff durch fortificatorische Anlagen. Während er jene Stadt nur mit Schanzgräben umgeben ließ, traf er für Chartum nachhaltigere Sicherheitsvorkehrungen. Die zwischen dem Zusammenfluß der beiden Nile gelegene Stadt erhielt auf dieser Front fünf detachirte Erdwerke und außerdem noch dadurch eine besondere Wider standskraft, daß vom Weißen zum Blauen Nil ein Erdwall aufgeworfen und hierbei gleichzeitig ein 5 m breiter und 3 m tiefer Durchstich ausgeführt wurde, welcher der Stadt eine insulare Lage verlieh. Auf dem westlichen Ufer des Weißen Nils erhielt die dort brückenkopfartig gelegene Vorstadt Umderman eine Um wallung, so daß hier eine Art befestigtes Lager entstand. In diesem betrieb

Krieg im Sudan. Abd el Kadr mit aller Energie die Reorganisation Armee.

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Die ersten Truppen sandte er nach El Obeid, dessen Besatzung er auf 6000 Mann Infanterie und 12 Geschütze brachte. Wieviel Truppen er bei den beschränkten Mitteln überhaupt formirte, ist nicht festzustellen. Auf die Neu formirungen, wie auf die nächsten Vorgänge überhaupt übten die Ereignisse großen Einfluß, welche sich mittlerweile in Cairo abgespielt hatten. Die nationale Partei nämlich hatte dort am 11. Juni den bekannten blutigen Aufstand gegen die Ausländer verursacht, in Folge dessen die Engländer am 11. Juli Alexandrien bombardirten und Mitte August auch zu Lande in Opera tionen gegen die von Arabi Pascha geleitete Bewegung eintraten. Dem in Unter-Egypten laut gewordenen Ruf "! Egypten für die Egypter" folgte nun im Sudan der Ruf: „ Sudan für die Sudanesen “ und damit nicht nur ein neues Sinken des Ansehens der dortigen Egyptischen Regierungsbehörden, sondern auch eine weitere Vermehrung des Anhanges des Mahdi. Wohl mit unter dem Eindruck dieser Umstände ergriff dieser Letztere im August die Offenſive. Seine damalige Stärke wird sehr verschieden geschätzt. Man kann sie auf 80 000 Bewaffnete annehmen. Thatsache ist, daß dieselben nur zum Theil beritten waren, fast ausschließlich blanke Waffen führten und noch während des ganzen Jahres 1882 im Kampfe nur höchst vereinzelt Gebrauch von Feuergewehren machten. Der Mahdi rückte mit seiner Hauptmacht gegen El Obeid vor, während eine unter Amr el Makaschef stehende Streifschaar rechts davon den Nil abwärts marſchirte und eine andere die linke Flanke der Haupt macht gegen Darfur zu decken bestimmt schien. Am S. September 1882 unternahm der Mahdi einen Sturm auf El Obeid. Unter großen Verlusten abgewiesen, erneuerte er denselben am 11. und am 14. September, aber immer mit gleichem Mißerfolg. Nicht die mangelnde Tapferkeit, sondern allein die altmodische Bewaffnung und die ursprüngliche Kampfesweise seiner Anhänger hatten diesen Rückschlag herbeigeführt. Der wieder holte Versuch, El Obeid zu nehmen , soll dem Mahdi 40 000 Menschen gekostet haben. Dennoch blieb er vor der Stadt ſtehen, die ſomit eingeſchloſſen war. Während jenes vergeblichen Ringens des Mahdi war in Unter-Egypten die Entscheidung über Arabi und seine Partei hereingebrochen. Am 13. September unterlag diese, wie bekannt, bei Tel el Kebir und nun war England der factische Herr in Cairo. Mit auf die Nachricht von dieser Wendung hin erklärte sich am 17. Ja nuar 1883 die Besatzung von El Obeid für den Mahdi und überlieferte dieſem damit den wichtigsten Punkt Kordofans . Die Machtsphäre des Mahdi umfaßte jetzt fast den ganzen Sudan im Westen des Weißen Nils. Aber auch im Osten, am Blauen Nil, und weiter bei Kaſſala, ja selbst zwischen Berber und Suakin hatte sich der von seinen Emissären gepredigte Aufstand schon bemerkbar gemacht. Vor Senaar erschien im Januar Amr el Makaschef von Neuem mit beträchtlichen Schaaren. Abd el Kadr hielt den Letzteren für den militärisch gefährlicheren Gegner. Der Mahdi schien ihm durch die Kämpfe bei El Obeid zu geschwächt und Chartum zudem gegen Unternehmungen hinlänglich befestigt. Er war daher zunächst darauf bedacht, die Ausbreitung des Aufstandes im östlichen Sudan zu hindern und die Straße Suakin -Berber zu decken, welche die beste Vermittlerin des Verkehrs der Sudanesischen Hauptstadt mit Cairo bildete, und auf welcher er die verheißenen Verstärkungen an Material und Personal aus Unter- Egypten zu erwarten hatte. 31 Militärische Jahresberichte 1883.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Hierzu mußte Amr el Makaschef angegriffen, möglichst vom Blauen Nil vertrieben und durch seine Ausfallpforte, die Furt von Morabia, nach dem andern Ufer des Weißen Nils wieder zurückgeworfen werden. Abd el Kadr wandte sich daher noch im Januar 1883 mit allen verfügbaren Feldtruppen - darunter höchstens 2400 Reguläre - von Chartum den Blauen Nil aufwärts. In einer Reihe kleiner, meist für ihn siegreicher Gefechte bahnte der energiſche und umsichtige Minister sich den Weg zur Hauptmacht Amr el Makaschefs . Am 24. Februar griff er diese in der Gegend von Senaar an und errang einen voll ständigen Erfolg über dieselbe. Der geschlagene aufständische Parteigänger ging auf Morabia zurück und Abd el Kadr pacificirte nun das ganze Land am Blauen Nil. Hierbei erfocht er in der zweiten Hälfte des März noch einen neuen Sieg, nämlich über die auf Fasokl ausgewichenen Aufständischen. Unmittelbar darauf erhielt Abd el Kadr seine Abberufung. „ Erfahrungsgemäß haben beliebte und befähigte Statthalter nur kurze Lebensdauer" , urtheilt ein im Sudan lebender, angesehener Deutscher über dieſen eigenthümlichen Schritt der Egyptischen Regierung. Diese hatte inzwischen in der Person des ehemaligen Oberst Hicks der Englisch-Indischen Armee einen neuen Organisator und Führer der Sudan-Armee gewonnen. Am 9. März war dieser in Chartum eingetroffen. Zunächst nur Generalstabschef, war er im Begriff, mit den inzwischen nach und nach aus Caire angekommenen Truppen zu einer Cooperation mit Abd el Kadr den Weißen Nil aufwärts abzurücken, als er durch die Abberufung des Letzteren und dessen Erſat durch zwei Strohmänner thatsächlich die vorhin erwähnte selbständige Stellung erhielt. Bis zum 23. April hatte Hicks Pascha bei Gawa ein Expeditions -Corps marschbereit gemacht und wandte sich mit diesem gegen den noch an der Morabia Furt östlich des Weißen Nils stehenden Amr el Makaschef. Schon am 29. April kam es zwischen beiden Gegnern zum Kampf. Die 45 000 Speermänner Maka schefs vermochten bei aller Tapferkeit und allem Fanatismus nicht , das Viereck zu sprengen, in welches Hicks seine 5000 Feuergewehre und 12 Geschüße formirt hatte. Makaschef selbst fiel und Hicks schlug nun seinen mehr als decimirten Anhang völlig in die Flucht. Wäre Abd el Kadr zu dieser Zeit noch im Amt gewesen , so hätte dieser Sieg mit vereinten Kräften ausgenußt und die Offenſive unmittelbar gegen den Mahdi selbst fortgesetzt werden können. Unter den gegenwärtigen Umständen aber mußte davon abgesehen werden. Es fehlte Hicks an Cavallerie und Artillerie ; die Sicherstellung der Verpflegung der Expeditions-Truppen beim Marsch durch die entweder verwüsteten oder an und für sich wüsten Striche Kordofans erforderte umfassende Vorbereitungen ; am meisten lähmend aber wirkten auf die Entschlüsse Hicks Paschas die neuen Unruhen am Blauen Nil und die erneute Bedrohung seiner rückwärtigen Verbindungen mit Chartum und selbst mit Suakin durch die Aufständischen. Abd el Kadrs Abberufung vom Blauen Nil hatte dieſen letteren wieder Muth gemacht. Hicks kehrte daher im Mai nach Chartum zurück , wartete dort neue Ver stärkungen aus Cairo und auch Anwerbungen ab und traf Vorkehrungen zu neuen Expeditionen. Der Mahdi ließ ihm hierzu den ganzen Sommer über Zeit und Ruhe, indem er sich nicht aus El Obeid rührte. Die günstigste Jahreszeit zu einem Marsch vom Nil nach El Obeid be= ginnt im September. Hicks richtete seine Rüstungen danach ein und thatsächlich

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brach er am 9. September 1883 von Chartum und Umderman auf, um den Mahdi bei El Obeid selbst aufzusuchen, zu schlagen und zu beseitigen. Das von ihm hierzu organisirte Expeditions-Corps umfaßte etwa 8000 Mann reguläre Infanterie ( 10 Bataillone) , 4000 irreguläre Bewaffnete zu Fuß und zu Pferde, 500 Mann reguläre Cavallerie, 200 Mann Dromedarreiter und 20 Ge schüße. Der Troß zählte gegen 6000 Cameele und führte außer Munition und Proviant auch Wasser mit. Für Marsch und Ruhe war von Anbeginn der Be= wegung eine bestimmte Carréformation angenommen worden, deren Rahmen die reguläre Infanterie bildete. Am 20. September erreichte das Expeditions-Corps Duem und machte dort einen längeren letzten Halt. Am 27. September brach es von Neuem auf und verließ , indem es sich nunmehr direct auf El Obeid wandte , den Nil. Die Wasserfrage trat damit in den Vordergrund und wirkte bei der Verunreinigung der wenigen Quellen durch die überall zurückweichenden Aufständischen so lähmend auf die Vorwärtsbewegungen des Corps , daß dieses bis zum 17. October nur erst 75 Englische Meilen landeinwärts gemacht hatte. Von diesem Tage an fehlen alle directen Nachrichten von Hicks und seinen Truppen. Seit dem 20. November hat die Egyptische Regierung die Gewißheit, daß der Paſcha und ſein Corps nach mehrtägigen verzweifelten Kämpfen, während welcher ihnen Wasser und Munition ausgingen , am 6. November bei Kasghil unweit El Obeid vom Mahdi gänzlich vernichtet wurden. Gleichzeitig mit dem Hereinbruch dieser Kataſtrophe vernichtete ein aufſtän disches Streifcorps vor den Thoren Suakins ein von da zum Entsaße von Sinkat ausgesandtes Egyptisches Truppen - Detachement von 500 Mann. Sinkat, ein Fort an der Heerstraße von Suakin über Berber nach Chartum, war ebenso wie Tokar, ein Fort an der Straße nach Kassala , schon seit längerer Zeit von Auf ständischen eingeschlossen , welche zu dem Anhang des Scheichs Osman Digma gehörten, in deſſen Person der Mahdi einen ebenso unternehmenden als glücklichen Nachfolger seines gefallenen Parteigängers Amr el Makaschef gefunden hatte. Osman Digma beherrschte schon Anfangs November den größten Theil von Ost Sudan und jezt thatsächlich die Verbindung Chartums mit Suafin. Unter dem Eindruck der beiden Unglücksbotschaften ordnete die Egyptische Regierung die Räumung aller Garnisonen im inneren Sudan , die Vereinigung der Besatzungen derselben in Senaar und Chartum und die Verstärkung derjenigen von Maſſaua und namentlich von Suakin an. Nach letterem Hafenplaß entſandte fie alsdann Baker Pascha mit dem Auftrage, die Straße nach Berber wieder zu öffnen , und stellte ihm hierzu 4000 Mann zur Verfügung. Ein Theil der letteren deſertirte schon auf dem Wege nach Suez, ein anderer Theil kam über haupt nicht zur Absendung und der Rest war eine so wenig kriegstüchtige Truppe, daß Baker, in Suakin angekommen , von dem Vormarsch auf Berber Abstand nahm. Inzwischen hatte auch Osman Digma am 2. December bei Samai , einen Tagemarsch von Suakin , über ein von hier entsandtes Recognoscirungs Detachement von 700 Mann einen neuen Erfolg errungen. So blieben Chartum und die anderen Garnisonen im Sudan sich selbst überlassen. Die Unthätigkeit des Mahdi allein hatte sie bisher vor dem sicheren Untergange bewahrt. Aber das ganze übrige Land war im Aufruhr und dem Einfluß der Egyptischen Regierung ebenso entzogen als dem Mahdi zugethan. Dieser hatte jezt seine Machtsphäre über den ganzen Sudan ausgedehnt , jene war mit der ihrigen thatsächlich beschränkt auf die nächste Umgebung von Chartum, auf Suakin und auf Massaua. Von der Unmöglichkeit überzeugt , aus eigener 31 *

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Kraft und Macht die verlorene Stellung wiederzugewinnen , von dem Englischen Vormund auch indirect nur lau unterstüßt , faßte die Egyptische Regierung bald nach Schluß des Jahres 1883 den Gedanken der gänzlichen Räumung des Sudans. Ehe sie denselben jedoch zur Ausführung brachte, gewann sie durch Englands Vermittelung den von ihr schon einmal im Sudan verwendeten ehemaligen Englischen General Gordon zu einer Miſſion nach Chartum. Ende Februar 1884 nach Cairo berufen, reiste Gordon noch in demselben Monat mit Englischem Gelde und mit dem Egyptischen Auftrage, zu retten, was noch zu retten sei, nach dem Sudan ab. Bevor Gordon dort ankam, hatten die Aufständischen vor Suakin neue Er folge davongetragen. Am 4. Februar schlug und zersprengte Osman Digma ein von Baker Pajcha selbst geführtes 3500 Mann starkes Expeditions - Corps bei El Teb zwischen Tokar und dem Hafenplatz Trinkitat. Der Englische Contre-Admiral Hewett mußte von den vor Suakin ankernden Englischen Kriegsschiffen Matrosen auf die Wälle von Suakin schicken ; so groß war die Deroute der jenem Gemezel ent gangenen nach Suakin zurückgekehrten Bakerschen Truppen. ――― Am 11. Februar verließ Tewfik Pascha , der tapfere Commandant des jeit Monaten belagerten Sinkat diesen Platz , nachdem alle Lebensmittel verzehrt , die Kanonen vernagelt und die Munitionsvorräthe in die Luft gesprengt waren. Er versuchte mit der ihm verbliebenen Besatzung den Durchbruch nach Suakin. Aber der helden müthigen That fehlte der Erfolg. Tewfik und seine Soldaten fanden noch unter den Mauern ihrer ruhmvoll vertheidigten Feste den Tod durch die Lanzen der in Uebermacht gegen sie anstürmenden Aufſtändischen. Wenige Tage später capitulirte auch Tokar. Am 18. Februar langte Gordon über Assuan , Korosko und Berber in Chartum an. In Folge der Ereigniſſe bei Suakin erhielt zu derselben Zeit eine Brigade der in Unter-Egypten stehenden Englischen Occupations-Truppen Befehl, nach Suakin abzugehen ; aus Indien zurückkehrende Englische Truppen wurden im Rothen Meere angehalten und auch nach Ober-Egypten wurden wegen der Ausdehnung der aufständischen Bewegung bis Korosko unter Englischer Führung und Verwaltung stehende Egyptische Truppen in Marſch geſeßt. Mit dem bewaffneten Auftreten Englands gegen die vom " Mahdi von Dongola" angestiftete, im letzten Jahre zu großem Umfange gediehene Bewegung ist der damit verbundene Kampf im neuen Jahre auch in ein neues Stadium getreten. Es scheint , als ob die Bewegung jetzt einen Gegner gefunden haben sollte , der sie in ihre Schranken zurückweisen , wenn auch nicht gänzlich unter drücken wird. Die ersten Kämpfe sind Niederlagen für Osman Digma , dem tüchtigsten Parteigänger des Mahdi , gewesen. Aber Gordon hat in Chartum mit seinem Gelde bis jetzt nicht gleiches Glück gehabt wie die Englischen Truppen im März 1884 von Suakin aus . Bei alledem sitzt der Mahdi mit ſeiner Haupt M. macht noch immer ruhig in El Obeid.

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Peter Pawlowitsch Albedinski, Kaiserlich Russischer Generaladjutant und General der Cavallerie im Generalſtabe. Geb. 4./16 . September 1826 ; geſt. 19./31 . Mai 1883 . Er entstammte einer Adelsfamilie des Gouvernements Smolensk. Mit 13 Jahren in das Kaiserliche Pagencorps aufgenommen, wurde er 1843 zum Cornet in dem Leibgarde Reitenden Regiment ernannt. Bald erfolgte die Beförderung des jungen , energischen Offiziers zum Commandeur der Escadron Sr. Majeſtät und 1853 diejenige zum Flügel adjutanten des Kaisers. Mit Beginn des Orientkrieges zum Oberst avancirt, wurde er im September 1854 dem Obercommandirenden der in der Krym versammelten Land- und See-Streitkräfte zur Verfügung gestellt. Während der Dauer von vier Monaten befand er sich in Sebastopol , hier sowohl das großartige Bombardement , wie auch die Abwehr einiger Angriffe der Verbündeten und Ausfälle aus der Festung miterlebend resp. an den selben sich betheiligend ; bei Inkerman erhielt er eine Contusion am Kopfe und wurde für tapferes und umsichtiges Verhalten in dieser Schlacht durch Verleihung eines goldenen Ehrenpallasch mit der Inschrift " Für Tapferkeit“ ausgezeichnet. Nach dem Kriege erhielt er eine Mission nach Paris als Ueberbringer besonders wichtiger Depeschen an den Russischen Bevollmächtigten beim Congreſſe, den Grafen Orloff; nach dem Congreffe nach Warſchau geschickt, wurde er später der Ueberbringer des Andreas-Ordens an den Kaiser Napoleon und blieb bei der Russischen Gesandtschaft in Paris in der Eigenschaft eines Correspon denten des Kriegsministeriums. 1858 erfolgte seine Ernennung zum Commandeur des Leibgarde-Reitenden Grenadier-Regiments, 1860 diejenige zum Generalmajor unter gleich zeitiger Zuzählung in die Kaiserliche Suite und 1863 diejenige zum Commandeur des Leibgarde-Husaren-Regiments. Zwei Jahre später wurde er Chef des Stabes der Garde und der Truppen des Petersburger Militärbezirks , 1866 Generaladjutant. Seitens des Kaisers Alexander II. des höchsten Vertrauens gewürdigt , nahm er die wichtigsten und verantwortlichsten, sowohl militärische, als auch administrative Talente fordernde Stellungen ein; so wurde er 1866 zum Generalgouverneur von Kurland , Esthland und Livland und zum Commandirenden der Truppen des Militärbezirks Riga ernannt , welche Stellung er 1874 mit derjenigen eines Generalgouverneurs von Wilna , Kowno und Grodno und Commandirenden der Truppen des Wilnaer Militärbezirks vertauſchte. In letterer widmete er sich mit besonderer Sorgfalt der Erziehung und Ausbildung der Truppen. Es wurden auf ſeinen Befehl vielfache Inſtructionen ausgearbeitet, Lehrprogramme und Beſchäftigungs tableaus für die verschiedenen Waffengattungen aufgestellt; der Ausbildung der Offiziere wurde eine besondere Sorgfalt zugewandt; militärische Zusammenkünfte der Offiziere mit Vorträgen, Lösung taktiſcher Aufgaben 2c. leitete er häufig in eigener Person , und zwar sowohl in Wilna selbst, als auch gelegentlich seiner Besuche und Besichtigungen in anderen Garnisonen. Alles dieses förderte natürlich die Beschaffenheit der Truppen in hohem Grade und erwarb ihm ganz besonderen Kaiserlichen Dank; der hohe Werth, welchen man auf ſeine Erfahrungen und Kenntniſſe legte, kam auch in den verſchiedenen Berufungen in Comités zum Ausdruck, welche über wichtige organiſatoriſche und über Fragen der Truppen führung zu entscheiden hatten. 1880 erfolgte seine Ernennung zum Generalgouverneur und Commandirenden der Truppen des Militärbezirks Warschau, 1881 diejenige zum Mit gliede des Reichsraths. Bei der Kaiserkrönung in Moskau konnte er wegen Krankheit nicht gegenwärtig sein, erhielt aber mit einem besonders gnädigen Handschreiben, in welchem der Kaiser seinem Bedauern hierüber Ausdruck gab , vier Tage vor seinem Tode der St. Wladimir-Orden 1. Klaffe. Seine sterbliche Hülle wurde nach dem Kaſanjſchen Kirch hofe in der Nähe von Zarskoje- Selo übergeführt. (Nach Nr. 122 des „ Ruſſiſchen Invaliden“.)

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Alexander Feodorowitsch Baggowut, Kaiserlich Ruſſiſcher General der Cavallerie. Geb. 1806 ; geft. 2./14 . Mai 1883. Nach einer im 1. Cadettencorps genossenen Ausbildung wurde er 1825 Praporſchtſchik im Leibgarde- Moskauer Regiment und bald darauf, nach den Ereignissen des December dieses Jahres und nach Ausbruch des Krieges mit Perſien, in das neuformirte Leibgarde Combinirte Regiment verseßt; mit dieſem nahm er unter der Anführung von Jermoloff und Paskiewitsch an vielen Unternehmungen Theil und wurde für Auszeichnung beim Sturm auf Eriwan mit dem St. Wladimir-Orden 4. Klaſſe decorirt. Zu Beginn der Friedensunterhandlungen wurde er als Ordonnanzoffizier zum Persischen Thronfolger Abbas Mirza commandirt, in welcher Stellung er bis zum Abschluß des Friedens verblieb, dann mit seinem Regiment nach Rußland zurückkehrend und mit dem Transport des von Persien gezahlten Goldes sowie der eroberten Trophäen betraut. Zu Beginn des Krieges gegen die Polnischen Aufständischen wurde der Porutschik Baggowut zur Feld-Armee, und zwar zum Grenadier - Regiment Samogitien commandirt , von welchem er aber zu der Litthauischen Grenadier- Artillerie-Brigade abgegeben wurde, bei der sich ein Mangel an Offizieren fühlbar gemacht hatte. Mit dieser zog er in den Krieg. Sich bei vielen Gelegen heiten auszeichnend, wurde er vor Praga auf dem Grochowskischen Felde schwer verwundet, und zwar am Kopfe durch eine Gewehrkugel, die ihm den Schädel zerschmetterte, am Fuße durch eine Kartätschkugel , an der Hand durch eine Kugel und schließlich noch durch ein Sprengstück schwer in der Seite contufionirt. Selbſtredend gaben die Aerzte keine Aussicht auf Erhaltung des Lebens des sehr schwer Verwundeten; Dank aber seiner urkräftigen Natur und einer geschickt ausgeführten Trepanation siegte er nicht nur über diese schweren Leiden, sondern diente mit Ehren noch über 50 Jahre und erfreute sich bis an ſein Lebens ende körperlicher und geistiger Rüstigkeit und Frische. Der St. Annen-Orden 2. Klaſſe und die Beförderung zum Stabscapitän waren die Belohnungen für seine Verdienſte vor Praga. Von seinen Wunden wiederhergestellt , wurde er zur reitenden Garde- Artillerie verseßt, 1833 zum Oberſt und 1841 zum Commandeur des Ükraineſchen Ulanen-Regiments ernannt, ſomit also zum dritten Male ſeine Waffe wechselnd , in der Cavallerie nun aber bis zu seinem Ende bleibend und sich hier den Ruf eines hervorragenden Generals erwerbend. Zu Beginn des Ungarischen Feldzuges commandirte er , der inzwiſchen zum Generalmajor befördert worden, die 2. Brigade der 2. leichten Cavallerie- Division, mit welcher er an vielen Avantgarden- Gefechten Theil nahm. Bei der Bewegung auf Waizen, gelegent lich der Schlacht zwischen den Dörfern Tur und Sambok , hielt er einen starken Angriff einer zahlreichen feindlichen Cavallerie aus , ging dann zur Verfolgung derselben über, führte die Brigade persönlich vor und warf den Gegner energisch zurück; er erhielt für diese That den St. Stanislaus -Orden 1. Klaſſe. Das Jahr 1852 zeigt uns den General im Kaukasus als Commandeur der 20. Infanterie- Division und des linken Flügels der Kaukasischen Linie , sowie später im Lande der Tschetschenzen lebhaften Antheil nehmend an den dort geführten heißen Kämpfen. Für die bei Mitschik entwickelte Thätigkeit wurde ihm ein goldener , mit Diamanten verzierter und mit der Inſchrift „ Für Tapferkeit“ ver sehener Ehrensäbel zu Theil. Mit Beginn des Krieges gegen die Türkei 1853 wurde er dem Commandirenden der an der Kaukasisch - Türkischen Grenze aufgestellten Heeres abtheilung überwieſen; hier übernahm er das Commando über sämmtliche zu derselben gehörige Cavallerie, mit derselben manche schneidige Reiterthat vollbringend. Am hervor ragendsten aber zeigen sich seine Leiſtungen in der Schlacht bei Baſch-Kadyklar. Eine starke Türkische Batterie überschüttete die angreifende Infanterie mit einem Hagel von Geschossen, und der Erfolg dieses Angriffes gegen den an Zahl bedeutend überlegenen und dazu noch eine günſtige, befeſtigte Stellung innehabenden Türkischen Gegner war ein min destens anzuzweifelnder, als General Baggowut in einer glänzenden Attacke gegen die Batterie anreitet und mit seinen Dragonern in sie eindringt, welche nun die Bedienungs mannschaft niedermachen und 19 Geschüße erobern. Diese Waffenthat entschied die Schlacht zu Günſten der Ruſſen. 1854 erwarb sich die Kaukaſiſche Cavallerie unter seinem Befehl, namentlich in dem Gefecht bei Kjuruk- Dara, neue Lorbeeren ; seine Energie, sein schneller Entschluß und seine Kühnheit, gepaart mit Kaltblütigkeit, die seine hervorragendsten Eigen: schaften waren, zeigten sich hier in glänzendſtem Lichte und trugen in hohem Maße zum Erfolge des Tages bei. Die Belohnungen , welche ihm für Auszeichnung im Laufe des Orientkrieges zu Theil geworden sind, bestanden in dem St. Georgs -Orden 3. Klaſſe, dem St. Wladimir-Orden 2. Klaſſe und in der Beförderung zum Generallieutenant. Nach dem

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Kriege zum Mitgliede des Ordenscapitels ernannt , erfolgte 1871 seine Beförderung zum General der Cavallerie. Er stand in den Listen des 16. Nishegorodskischen Dragoner Regiments , mit dessen Namen seine Thaten im Kaukasus eng verbunden sind. Die Russische Armee verlor mit ihm einen ihrer Veteranen und der Besten Einen". (Nach Nr. 102 des „Ruſſiſchen Invaliden“.)

Nicolaus Trofimowitsch Graf Baranow, Kaiserlich Russischer Generaladjutant und General der Infanterie. Geb. 1809 ; geft. 26. Mai (7. Juni) 1883 . In der Schule der Unterfähnriche und Junker der Garde erzogen, trat er 1827 als Offizier in das Ismailowsche Leibgarde- Infanterie -Regiment ein. In diesem machte er während des Türkischen Feldzuges des Jahres 1828 die Belagerung von Warna mit, nahm 1831 an der Unterdrückung des Polnischen Aufstandes Theil , wobei er beim Sturm auf Warschau eine Contusion an der Brust und an der rechten Hand erhielt. Er wurde mit dem St. Wladimir - Orden 4. Klaſſe am Bande ausgezeichnet. 1835 zum Adjutanten des Großfürsten Michael Pawlowitsch ernannt, trat er nach dessen Tode, 1849, in die Stellung als Flügeladjutant des Kaiſers. 1855 zum Generalmajor in der Suite des Kaiſers ernannt, erhielt er bald darauf das Commando der 6. Garde-Reserve-Infanterie- Brigade und 1857 dasjenige der Compagnie der Palast - Grenadiere. 1861 wurde er Generaladjutant des Kaiſers und bald darauf auch Generallieutenant, 1877 General der Infanterie. (Nach Nr. 116 des „ Ruſſiſchen Invaliden“.)

Alexander Carlowitsch Baumgarten, Kaiserlich Russischer General der Infanterie vom Generalstabe. Geb. 1815 ; geſt. 3./4. ( 15./16. ) Mai 1883 . Er entstammte einer Livländischen Adelsfamilie und wurde, nachdem er seine Erziehung im Kaiserlichen Pagencorps genossen, im September 1833 in einem Alter von 18 Jahren zum Praporschtschik im Leibgarde - Ismailowskischen Infanterie - Regiment ernannt. Nach drei Jahren trat er in die Kaiserliche Militär-Akademie, die heutige Nicolaus Generalstabs Akademie, ein, wurde 1839 zum Generalstabe der Garde commandirt und im folgenden Jahre in diesen verſeßt. Später Quartiermeiſter der 3. Garde- Infanterie- Diviſion und dann älterer Adjutant beim Stabe des Garde-Corps , wurde der Capitän Baumgarten wieder in sein früheres Regiment zurückverſeßt und zum Normal - Infanterie - Batailion commandirt. 1849 zum Oberst im Tschernigowskiſchen Infanterie - Regiment, General feldmarschall Graf Diebitsch-Sabalkanski, ernannt, übernahm er schon im October desselben Jahres das Commando des Infanterie-Regiments Tobolsk , mit welchem er den Feldzug gegen Ungarn mitmachte und den Schlachten beim Dorfe Pered auf dem rechten Waag Üfer, ferner denen bei Komorn und bei Temesvar beiwohnte und mit dem St. Wladimir Orden 4. Klaſſe am Bande , dem St. Annen-Orden 2. Klaſſe mit der Kaiſerlichen Krone und der Desterreichischen Eisernen Krone 2. Klasse ausgezeichnet wurde. Während des Orientkrieges 1853-1856 befand er sich mit seinem Regiment in der Kleinen Walachei bei der dort stehenden etwa nur 7000 Mann starken Heeresabtheilung. In der Erwartung einer Unterſtüßung durch die 12. Infanterie- Division war diese Heeresabtheilung in der Nähe von Kalafat , wo sich die Türkischen Streitkräfte concentrirten, auf 30 Werst aus einandergezogen. So befand sich das Detachement Belgards in Moceceji , Oberst Baum garten mit 2500 Wiann bei dem Dorfe Tschetati und das Detachement Anreps bei Builescie. Auf die den Türken gewordene Mittheilung über die bevorstehende Ankunft der Russischen 12. Infanterie- Division entschlossen diese sich, noch vorher über die Ruſſiſchen Streitkräfte herzufallen und dieselben einzeln zu schlagen. Der 25. December 1853 wurde zu diesem Ueberfall ausersehen, da die Türken hofften, die Ruſſen infolge des hohen Feier tages zu überraschen ; das Dorf Tschetati sollte zuerst angegriffen werden, und wurden daher auch hierhin die Streikräfte concentrirt. Baumgarten hatte von dieser Absicht_aber noch vor Tagesanbruch Kenntniß erhalten und erwartete den Feind in einer günſtigen Position ; mit dem Dorfe Tschetati stand ein anderes, Fontyna-Banuluj, in unmittelbarem Zusammenhange, und waren beide mit einem Walle umgeben. Es gelang , die dreimal mit überlegenen Kräften ausgeführten Türkischen Angriffe zurückzuweisen; da aber hierbei

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Militärische Jahresberichte für 1883.

seine Reserven fast ganz eingesezt waren und die Türken ihre Angriffe wiederholten, so beschloß Baumgarten , sich in eine rückwärtsgelegene Stellung zurückzuziehen. Er hoffte, hierdurch die Türken hinter sich herziehend, dem von Moceceji her erwarteten Detachement Gelegenheit zu geben, dieſen in den Rücken zu fallen und ihnen den Rückzug abzuſchneiden. Aber auch die ausgewählte neue Position war bereits von den Türken besetzt , und so mußte dieselbe vorerst der Cavallerie derselben wieder abgenommen werden. Es gelang dieses mittelst eines Bajonnetangriffs, bei welchem sogar sechs Geſchüße in Ruſſiſche Hände fielen. Schon waren wiederholte Türkische Angriffe abgeschlagen worden, der Artillerie begann die Munition zu mangeln , diese mußte durch eroberte Türkische Kartätschen erſeßt werden; die Reihen lichteten sich zuſehends , und schon sah man die Türken sich zu einem abermaligen Angriff vorbereiten , als die ersehnte Unterstüßung kam und sie zu einem eiligen Rückzuge zwang. Baumgarten hatte in diesem ungleichen Kampfe 35 Offiziere und 1312 Mann verloren ; er selbst war durch eine Gewehrkugel in die rechte Schulter ver wundet worden. Die Ernennung zum Generalmajor und der St. Georgs-Orden 3. Klaffe lohnten sein kühnes Verhalten. Nach Landung der Engländer und Franzosen in der Krym wurde das Regiment Tobolsk nach Sebastopol berufen. Baumgarten wurde Commandeur der 1. Brigade der 10. Infanterie- Division und befand sich in dem Verbande der Garniſon Sebastopols vom 1./12. October 1854 bis zum 26. Mai (7. Juni) 1855. Zerrüttete Gesundheit zwang ihn um diese Zeit, seine Truppen zu verlaſſen, und wurde er im October der Armee-Infanterie zugezählt. 1856 erfolgte seine Zutheilung zu den Militär-Lehr anstalten, im November 1858 seine Ernennung zum Director der Generalstabs- Akademie. 1861 zum Generallieutenant befördert, wurde er nach vierjähriger Thätigkeit als Director dieser Anstalt Mitglied des Reichsraths , als welcher er gleichzeitig auch Vorsitzender des Haupt-Lazarethcomités und Mitglied des Haupt-Militär-Lehrcomités war. Am 17./29. April 1874 zum Generaladjutanten befördert , erfolgte am 16./28 . April 1878 ſeine Ernennung zum General der Infanterie. In der letzten Zeit war seine Hauptthätigkeit der Gesell schaft des Rothen Kreuzes gewidmet, an der Spike deren Hauptverwaltung er stand. (Nach Nr. 119 des Russischen Invaliden".)

Friedrich Carl Alexander, Prinz von Preußen, Königlich Preußischer Generalfeldzeugmeister, Chef der Artillerie, à la suite des 1. Garde Regiments zu Fuß , Chef des Brandenburgischen Grenadier-Regiments Nr. 12 und des Schleswig-Holsteiniſchen Ulanen-Regiments Nr. 15 , zweiter Chef des 3. Garde- Grenadier Landwehr-Regiments. Geb. 29. Juni 1801 zu Charlottenburg ; gest . 21. Januar 1883 in Berlin. Er wurde an seinem 10. Geburtstage, am 29. Juni 1811 , zum Secondlieutenant im 1. Garde-Regiment zu Fuß ernannt; ſeine Erziehung leitete hauptsächlich sein Gouverneur, General v. Minutoli. An den Feldzügen 1813 bis 1815 konnte der jugendliche Prinz nicht Theil nehmen. Am 1. Januar 1816 dem Breslauer Garde-Landwehr-Bataillon aggregirt, wurde er am 18. März deſſelben Jahres zum Premierlieutenant und am 2. März 1818 zum Capitän befördert. Er begleitete 1818 seinen Vater , König Friedrich Wilhelm III., zum Aachener Congreß. Am 24. November 1819 zum Commandeur der Leib-Compagnie ernannt , wurde er am 12. April 1820 zum Major befördert , zum 1. Commandeur des Breslauer Garde-Landwehr-Bataillons ſowie zum Führer des 1. Bataillons 1. Garde Regiments zu Fuß ernannt. 1820 unternahm er auch seine erste Reise nach Rußland, bei der er St. Petersburg und Moskau besuchte. 1821 begleitete er den König zum Congreß von Verona, am 18. April 1822 wurde er mit der Führung des 1. Garde-Regiments zu Fuß beauftragt, am 23. Mai 1822 aber bereits zum Oberſt befördert und zum Chef des 12. Infanterie-Regiments ernannt, und mit der Führung der 2. Garde- Infanterie- Brigade beauftragt. In demselben Jahre wurde er auch am 3. November zum Chef des Kaiserlich Russischen Musketier-Regiments Libau Nr. 6 ernannt. Am 30. März 1824 zum General major befördert, wurde er am 17. Januar 1830 Commandeur der 2. Garde- Diviſion, am 30. März 1832 Generallieutenant. Im September 1835 während der Manöver bei Kaliſch mit der Führung der Ruſſiſchen combinirten Grenadier-Brigade beauftragt, wurde der Prinz am 30. März 1836 zum commandirenden General des 4. Armee-Corps, unter einſtweiliger Belaſſung als Commandeur der 2. Garde - Diviſion , ernannt. Am 30. März 1858 von dem Verhältniß als interimistischer Commandeur der 2. Garde, Diviſion entbunden und am 30. März 1839 auf ein Jahr zum Inspecteur der 2. Armee-Abtheilung ernannt , erfolgte

Nekrologe von im Jahre 1883 verſtorbenen hervorragenden Offizieren u . ſ. w.

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am 23. September 1844 seine Beförderung zum General der Infanterie. Unterm 5. März 1848 wurde er von der Stellung als commandirender General entbunden und zum Inspecteur der 2. Armee-Abtheilung ernannt; am 19. December desselben Jahres erfolgte seine Er nennung zum 1. Inhaber des Deſterreichischen Cüraſſier- Regiments Nr. 8. Am 17. April 1853 fand die Investitur als Herrenmeister des Johanniter-Ordens und am 30. März 1854 ſeine Beförderung zum Generalfeldzeugmeister mit dem Range eines Feldmarschalls, sowie seine Ernennung zum Chef der Artillerie statt. Am 29. Juni 1861 à la suite des 1. Garde Regiments zu Fuß gestellt, erhielt das 12. Infanterie-Regiment bei der Krönung am 18. October 1861 den Namen seines Chefs. Der Belagerung und Erſtürmung der Düppeler Schanzen 1864 wohnte der Prinz bei , wofür ihm die Schwerter zum Rothen Adler-Orden verliehen wurden. Am 17. October 1864 bei dem tractatenmäßig am 29. Dctober statt findenden Gouvernementswechsel der Bundesfeftung Mainz zum Gouverneur derselben ernannt, machte er den Feldzug 1866 im Hauptquartier des Königs mit, erhielt in Nicols burg den Orden pour le mérite und wurde am 23. Auguſt 1866 von der Stellung als Gouverneur von Mainz entbunden. Dem Feldzug 1870/71 gegen Frankreich wohnte der Prinz im großen Hauptquartier bei und machte die Schlachten von Gravelotte - Et. Privat, Beaumont und Sedan, ſowie mehrere Gefechte mit. Bei ſeiner Anwesenheit in St. Peters burg zum Georgenfeſte wurde er am 8. December 1872 zum Chef der Ruſſiſchen 1. Grenadier Artillerie-Brigade und später dann am 6. September 1882 zum Russischen Generalfeldmarschall ernannt. Seit einer Reihe von Jahren ließ die Gesundheit des Prinzen zu wünschen; nach einer überſtandenen Krankheit wollte er sich zur Erholung nach Wiesbaden begeben, als er in Caffel einen Fall that , der einen schweren Beinbruch veranlaßte , von dessen Folgen er sich trok äußerlicher Heilung nicht wieder zu erholen vermochte. Eduard Auguste Otto de Cafembroot, Königlich Niederländischer Generallieutenant. Geb. 20. Juni 1812 zu Oud . Vossemeer (Seeland) ; gest. 28. September 1883 im Haag. Am 6. October 1828 kam er als Cadet für das Genie auf die Königliche Militär Akademie. Als der Unterricht an dieser Anstalt, zufolge des Belgischen Aufstandes 1830, suspendirt wurde, trat er am 2. November desselben Jahres als Cadetsergeant zur 2. Jn fanterie-Abtheilung. Im zehntägigen Feldzug fand er Gelegenheit , sich besonders aus zuzeichnen, und wurde für den militärischen Wilhelms- Orden vorgeschlagen. Statt deſſelben erhielt er aber durch Königlichen Beschluß vom 12. October 1831 seine Ernennung zum Secondlieutenant bei der 13. Infanterie-Abtheilung und eine ehrenvolle Erwähnung. In den Jahren 1832 und 1833 diente er bei der mobilen Armee, 1834 war er in der Festung Maastricht in Garnison. Den 10. September 1836 trat er zu der Abtheilung Grenadiere über , wurde am 3. Januar 1839 zum Premierlieutenant ernannt und erhielt in dieſem Range am 6. December 1846 den Niederländischen Löwen- Orden. Am 27. Februar 1849 zum Unter-Gouverneur des Enkels des Königs ernannt, wurde er im folgenden Jahr Gou verneur des Sohnes des Königs, Wilhelm, Prinz von Oranien. Den 6. Mai 1819 erfolgte seine Ernennung zum Hauptmann außer der Tour und 1852 wurde er Adjutant des Königs in außergewöhnlichem Dienſt. Schon im folgenden Jahr ward er Major und später Oberstlieutenant und Oberst im Generalstabe. Als der Prinz von Oranien den 4. September 1858 großjährig geworden war , erhielt Oberſt de Caſembroot auf höchſt ehrenvolle Weiſe ſeine Entlassung als Gouverneur und zugleich das Commandeurkreuz des Niederländischen Löwen-Ordens. Den 5. Auguſt 1859 wurde er_zum Kriegsminiſter ernannt und bekam als solcher am 3. September 1860 den Generalmajors -Rang. Nachdem er im Februar 1862 als Minister abgetreten und bei dieser Gelegenheit durch den König zum Großkreuz des Goldenen Löwen von Nassau ernannt war , erhielt er am 8. April 1862 auf ſein Gesuch ſeinen Abschied mit Penſion. Am 22. Juni deſſelben Jahres wurde er zum Mitglied des Staatsrathes ernannt, aus welchem hohen Amt er 1865 auf ſein Anſuchen entlaſſen wurde. Am 12. Mai 1874 verlieh der König ihm den Rang als Generallieutenant.

Antoine Eugène Alfred Chanzy, Franzöſiſcher Diviſionsgeneral und Generalcommandant des 6. Armee-Corps. Geb. 18. März 1823 zu Nouart ; geft. 5. Januar 1883 zu Châlons. Nachdem er 1839 als Freiwilliger bei der Marine eingetreten, wurde er am 3. Mai 1841 beim 5. Artillerie-Regiment eingestellt. Im November desselben Jahres in die Schule zu St. Cyr aufgenommen, verließ er dieselbe am 1. Dctober 1843 als Souslieutenant beim

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Militärische Jahresberichte für 1833.

Zuaven-Regiment. Er betheiligte sich während der nächsten 16 Jahre, in welchen er bis zum Bataillonschef avancirte, mit Auszeichnung an zahlreichen Kämpfen in Algerien und führte während des Italienischen Krieges ein Bataillon des 23. zum 3. Armee- Corps ge hörenden Linien-Regiments. In den Jahren 1860 und 1861 nahm er an dem Kriege in Syrien Theil. Zum Oberst den 6. Mai 1864 befördert, führte er erst das 48. und später das 92. Linien-Regiment. Als Brigadegeneral leitete er vom 14. December 1868 ab die Ver waltung des 3. Subdivisionsbezirks der Provinz Oran. In dieser Stellung befand er sich bei Ausbruch des Krieges 1870, an welchem er erst vom 20. October 1870 als Comman dant einer Diviſion des 16. Armee-Corps der Loire-Armee Theil nahm. Am 2. November erhielt er an Stelle des Generals Pourcet das Commando über dieses Armee-Corps, welches er in den Kämpfen bei Villepion und Loigny mit Auszeichnung, anerkanntem Geschick und hervorragender persönlicher Tapferkeit führte. Der Oberbefehl über die zunächſt aus dem 16., 17. und 21. Armee Corps gebildete 2. Loire-Armee wurde ihm von Gambetta am 12. December 1871 übertragen. Er kämpfte mit dieser Armee bei Beaugency und bei Le Mans. Während des Waffenstillstandes von dem Departement der Ardennen in die Nationalversammlung gewählt, stimmte er gegen den Friedensvertrag und für eine Fort sehung des Krieges. Bis zu seiner am 1. September 1872 erfolgten Ernennung zum Com mandanten des 7. Armee Corps in Tours betheiligte er sich an den Arbeiten der Volks: vertretung. Am 18. Juni 1873 wurde er zum Generalgouverneur von Algerien ernannt. Diese hochwichtige Stellung bekleidete er bis zum 18. Februar 1879. Er übernahm dann den Botschafterposten am Ruſſiſchen Hofe und wußte sich rasch die Sympathien desselben und der Bevölkerung zu erwerben. Vom Minister Gambetta wurde er am 1. November 1881 zurückberufen, um kurze Zeit nachher das Commando des 6. Armee-Corps zu übernehmen. Chanzy galt nach den Angaben in der Presse als der geeignete Oberbefehlshaber der Fran zösischen Armee bei einem künftigen Revanchekriege mit Deutschland. Am 5. Januar 1883 verstarb er plöglich an einem Gehirnschlage in Chalons . Die Leichenfeierlichkeit fand am 8. Januar auf Staatskosten statt und wurden seine sterblichen Ueberreste am 9. Januar in Beaugency im Ardennen- Departement in der Familiengruft beigeſeht. Für seine Wittwe wurde eine Staatspension bewilligt; ihm selbst soll ein Denkmal gesetzt werden. Er zählte 42 Dienstjahre und 36 Campagnen. Die von ihm bereits 1871 bearbeitete und heraus gegebene Darstellung der Operationen der 2. Loire-Armee während des Deutschen Krieges 1870/71 erregte mit Recht großes Aufsehen. (Nach Moniteur de l'Armée vom 11. Januar 1883 No. 4.)

Hugo Josef Auguſt Ritter v. Diehl, Königlich Bayerischer General der Infanterie, Chef des Generalstabes der Armee und Inspecteur der Militär-Bildungs -Anstalten. Geb. 21. December 1821 zu Würzburg ; gest. 17. März 1883 zu München. Derselbe erhielt seine militärische Ausbildung im Cadetten- Corps zu München und trat, nachdem er alle acht Klassen mit Auszeichnung absolvirt hatte , am 11. August 1840 als Junker des 1 Infanterie-Regiments in die Armee, avancirte in diesem Regimente bis zum Hauptmann 1. Klasse und ward als solcher Ende Mai 1859 in den Generalstab verseßt. Schon im Wintersemester 1858/59 als Lehrer der Taktik an der neuerrichteten Kriegsschule commandirt, wurde diese Thätigkeit nur durch die Mobilmachung im Sommer 1859, wobei er als Generalstabsoffizier bei der 1. Infanterie- Division eingetheilt war und durch eine Commandirung zum Generalcommando München kurze Zeit unterbrochen. 1862 zum Major im Generalstabe befördert, erhielt er Mitte September dieses Jahres interimiſtiſch das Commando über die Kriegsschule ; deren definitiver Commandeur wurde er 1867. Bei der Centralstelle des Generalstabes vor dem Jahre 1866 eingerückt, ward er zu Beginn deſſelben Generalstabschef beim Generalcommando München, und stand während des Krieges als Generalstabschef und bewährter Rathgeber bei der 1. Infanterie- Division deſſen tapferem Commandeur Generallieutenant Stephan zur Seite. In dieser Stellung machte er die Gefechte von Kiſſingen, Helmſtadt und Roßbrunn mit, ward hierfür im Armeebefehl belobt, mit dem Ritterkreuz 1. Klasse des Militär -Verdienst-Ordens decorirt und im August Oberſt lieutenant. Nach der Demobilmachung wieder beim Generalcommando München eingerückt, wurde er 1867 Commandeur der Kriegsschule und zum Lehrer der Taktik und Kriegsgeschichte an der neuerrichteten Kriegs- Akademie ernannt. 1868 Oberst im Generalstabe, 1869 wieder zur Centralstelle rückbeordert, erhielt er am 1. Februar 1870 das Commando des 14. Ins fanterie-Regiments. Mit diesem Regiment in dem Feldzuge mit Auszeichnung kämpfend ,

Nekrologe von im Jahre 1883 verstorbenen hervorragenden Offizieren u . s. w.

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erhielt er bei Sedan das Eiserne Kreuz 2. Klasse , wurde am 15. September 1870 mit Führung der 6. Infanterie-Brigade, deren Commando mit Beförderung zum Generalmajor er Anfang October erhielt , betraut und zeichnete sich besonders am 19. September bei Plessis - Piquet und Moulin de la Tour so aus, daß er vom Capitel einstimmig zum Ritter des Militär-Max-Joseph-Ordens vorgeschlagen , denselben erhielt ; ferner bekam er für ſein tapferes Verhalten in den Ausfallgefechten bei Bagneur und Clamart das Comthurkreuz des Militär-Verdienſt-Ordens und das Eiserne Kreuz 1. Klasse. Jm April 1873 General lieutenant und Commandeur der 3. Division zu Nürnberg, 1878 zur 1. Division nach München verſeßt, ließ er ſich beſonders die taktische Ausbildung und Üebung der Truppen führer angelegen sein, sowohl bei den Manövers als durch vielfache von ihm stets mit eiſernem Fleiße und Gewiſſenhaftigkeit durchgeſehene schriftliche Arbeiten. Am 16. Juni 1881 unter Beförderung zum General der Infanterie zum Chef des Generalstabes der Armee und Inspecteur der Militär - Bildungs -Anstalten ernannt, ſtand er an der Spize der jenigen geistig höchsten Armee- Institutionen , denen er während des größten Theils ſeiner Dienstzeit mit guten Erfolgen regstes Interesse und seine besten Kräfte gewidmet hatte. Den 25. Auguſt 1882 noch mit der hohen Auszeichnung des Großkreuzes des Militär- Verdienst Ordens geehrt, erlag der anscheinend noch so kräftig blühende Mann unerwartet rasch im Frühjahr 1883 einem tückischen Fußleiden. Die Nachricht seines Hinſcheidens vernahm die Armee mit größter Theilnahme , denn selten vereinen sich so persönlich liebenswürdige Eigenschaften mit gediegenem Wissen, geistigem Reichthum, echter Ritterlichkeit und tüchtigem im Felde bewährten Soldatenblick und Führertalent; er war ein General, der jeder Armee zur Zierde gereichte. Jedoch nicht nur als Soldat und Mann war er hochverehrt , seine Vielseitigkeit umfaßte auch den Literaten und Künstler. Längere Zeit beschäftigte er sich schriftstellerisch mit taktischen Studien, Lehrbüchern (Anleitung zum Studium der Taktik für angehende Offiziere aller Waffen, Augsburg und München, Riegersche Buchhandlung), Vor trägen. Insbesondere seine Instructionen arbeitete er stets selbst aufs Sorgſamſte aus, mit einer Gründlichkeit, wie ſie Wenigen eigen iſt, ja die vielleicht mitunter etwas zu weit ging. Seiner literariſchen Thätigkeit widmete die Allgemeine Militär-Zeitung 1883 in den Nummern 22, dann 27 bis 29 warmempfundene Erinnerungen; - das Militär-Wochenblatt 1883 brachte in Nr. 29 den hier zur Basis dienenden Nekrolog. Als Künstler und zwar als Schlachten maler hatte er sich ferner bereits in jüngeren Jahren einen höchft achtbaren Ruf und Namen erworben, indem er, als Lieutenant längere Zeit nach Paris beurlaubt, sich unter Horace Vernet ausbildete, und insbesondere durch ſein großes vom Kaiſer von Desterreich angekauftes Gemälde „Die Schlacht bei Szöreg" (5. August 1849), ferner durch „Die Schlacht bei Arcis fur Aube“ und „Die Erſtürmung des Montmartre“ ( 1814) nahe daran war, ſich eine ganz selbständige Künstlerstellung zu verschaffen. Doch die Liebe zu seinem Stande, die ihm zu Theil werdende militärische Würdigung und Verwendung, und seine Vermählung brachten den talentvollen Mann zum Aufgeben dieser Thätigkeit und dahin, daß er zum Nußen der Armee seine ganze Kraft ungeschmälert der militäriſchen Pflichterfüllung zuwendete.

Charles Hastings Doyle, Königlich Englischer General. Geb. 1804 ; gest. 19. März 1883 . Er wurde in dem Military College zu Sandhurst erzogen und trat 1819 beim 87. Infanterie-Regiment als Fähnrich ein. Während des Orient-Krieges war er General stabsoffizier bei der 3. Division der Armee in der Türkei. Er bekleidete den Posten als stellvertretender Generalquartiermeister (Assistant Quartermaster- General) beim General stabe 1847-1856. Hierauf wurde er zum General-Inspecteur der Miliz in Irland ernannt, welches Amt er fünf Jahre behielt. 1860 bekam er den Befehl über die Truppen in Neu Schottland. Für die einsichtsvolle Leitung aller Geschäfte während der zeitweisen Ver waltung des Colonial- Gouvernements erntete er allerseits Dank. 1867 wurde er zum Lieutenant-Governor der Provinz Neu- Schottland ernannt. Im Mai 1873 verlor er diesen Posten und kehrte nach England zurück. Im April 1874 erhielt er das Commando im südlichen District und führte es bis zum Mai 1877. Er war Inhaber des 87. (Royal Irish Fusiliers-) Infanterie = Regiments und Commandeur des Ordens von St. Michael und St. George. Seine Beförderung zum Obersten fand 1854, zum Generalmajor 1860, zum Generallieutenant 1870, zum General 1877 statt, in letterem Jahre nahm er den Abschied. (Nach United Service Gazette vom 24. März 1883. )

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Richard England, Königlich Englischer General. Geb. 1793 zu Detroit in Ober- Canada ; gest. 19. Januar 1883 in Titchfield. Er wurde zuerst in Winchester, später im Royal Military College zu Thurlow erzogen. Er wurde Fähnrich am 25. Februar 1808, Lieutenant am 1. Juni 1809, Hauptmann am 11. Juni 1811 , Major am 4. September 1823, Oberſtlieutenant am 29. October 1825, Oberst am 28. Juni 1838 , Generalmajor am 11. November 1851 , Generallieutenant am 4. Juni 1856, General am 6. Juli 1863. 1809 nahm er Theil an dem Angriff auf Flushing. 1810-1811 diente er beim Generalstabe in Sicilien. 1832-1833 hatte er als Oberstlieutenant des 75. Regiments das Obercommando im Kaffernlande und zeichnete sich im Kaffernkriege 1835-1837 mehrfach aus. 1837 ging er nach Indien, woselbst ihm das Commando in Scinde anvertraut wurde. 1842 befehligte er eine Brigade und hatte häufig Kämpfe mit den Afghanen zu bestehen. Bei Hykubzai erlitt er von ihnen eine Schlappe. Für seine Verdienste im Felde erhielt er den Bath-Orden. 1854 wurde er mit der Führung der 3. Colonne Lord Raglans betraut ; er nahm mit derselben Theil an den Schlachten an der Alma, bei Inkerman und an der Belagerung von Sebastopol. Bei seiner Rückkehr nach England , Ende des Jahres 1855 , wurde er zum Commandeur des Bath-Ordens ernannt. (Nach United Service Gazette vom 27. Januar 1883.)

Sebastian Pawlowitsch v. Etter, Kaiserlich Russischer Generallieutenant. Gest. 28. Januar (9. Februar) 1883 . Im Großfürstenthum Finnland geboren und im Finnländischen Cadettencorps erzogen, trat er 1847 als Praporschtschik in das Leib - Garde - Semenowskische Infanterie-Regiment ein, mit dem er bald, während des Ungarischen Krieges , an den westlichen Grenzen des Reiches focht. Im Jahre 1863 befand er sich als Capitän im Militärbezirk Wilna in der Zahl der zur Unterdrückung des Aufstandes in die nordwestlichen Provinzen des Reiches entsandten Gardetruppen. 1865 zum Flügeladjutanten des Kaisers und zum Obersten be fördert, wurde ihm im folgenden Jahre das Commando des Leibgarde-Finniſchen- Schüßen Bataillons übertragen. 1869 zum Generalmajor ernannt, erhielt er 1874 den Befehl über das Leib- Garde- emenowskische-Regiment und nahm an dem Russisch - Türkischen Kriege 1877/78 als Commandeur der 2. Brigade der 2. Garde- Infanterie- Division Theil. Für Auszeichnung beim Uebergange über den Balkan und bei der Einnahme von Philippopel erhielt er den St. Annen - Orden 1. Klasse mit Schwertern und am Bande, den goldenen Ehrendegen mit der Inschrift „Jür Tapferkeit“, sowie einen gleichen Degen mit Brillanten geschmückt. 1881 erfolgte seine Beförderung zum Generallieutenant; er starb als Com mandeur der 1. Grenadier-Diviſion. (Nach Nr. 25 des Ruſſiſchen Invaliden.)

H. Finch, Königlich Englisch- Indischer Generalmajor. Gest. 21. December 1883 in South Bank, Blackheath. Der Verstorbene, 62 Jahre alt, ein ausgezeichneter Offizier der Indiſchen Armee, trat im August 1840 bei der Bengal-Infantry ein. Er wurde 1845 zum Lieutenant, 1855 zum Hauptmann , 1858 zum Major , 1866 zum Oberſtlieutenant , 1871 zum Oberſt_und am 9. Juni 1877 zum Generalmajor befördert. Er nahm an verschiedenen Feldzügen in Indien Theil und zeichnete sich namentlich in dem Kampfe zur Unterdrückung des Indischen Auf standes 1857-58 aus. Unter anderen Decorationen erhielt er die Medaille und Schnalle (clasp) für Central- Indien. (Nach United Service Gazette 22. Dec. 1883.)

Nekrologe von im Jahre 1883 verstorbenen hervorragenden Offizieren u.ſ. w.

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Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg- Schwerin, Königlich Preußischer Generaloberſt, Generalinspecteur der II. Armee-Inspection, Chef des 4. Brandenburgischen Infanterie-Regiments, des Hannoverschen Husaren -Regiments Nr. 15 und des 1. und 3. Bataillons des Großherzoglich Mecklenburgischen Grenadier-Regiments Nr. 89. Geb. 28. Februar 1823 zu Ludwigsluft ; gest. 15. April 1883 zu Schwerin. Nachdem er seine Studien auf der Universität Bonn vollendet und die Chargen des Second- und Premierlieutenants in dem damaligen Mecklenburgischen Grenadier - Garde Bataillon bekleidet , wurde er in seinem 20. Lebensjahre zur Regierung berufen und von König Friedrich Wilhelm IV. am 19. März 1842 zum Generalmajor und Chef des 24. Jn fanterie - Regiments ernannt. Am 5. September 1848 erfolgte seine Ernennung zum General lieutenant, am 12. Juli 1855 die zum General der Infanterie. 1864 dem Hauptquartier des Generalfeldmarschalls v. Wrangel zugetheilt , nahm er an den Gefechten von Ober- Self, Nübel und Satrup Theil. 1866 wohnte er in der Nähe des Königs Wilhelm der Schlacht bei Königgräß bei und wurde dann commandirender General des 2. Reserve-Armee- Corps, welches von Leipzig aus die durch die Main-Armee errungenen Vortheile weiter ausbeuten sollte, doch nicht mehr zu ernsten Kämpfen kam. Am Tage des Einzugs der Truppen in Berlin erhielt er den Orden pour le mérite. Am 24. Juli 1868 schloß er eine Militär convention mit Preußen , nach welcher das Offiziercorps der Mecklenburgischen Diviſion in den Verband des Preußischen Offiziercorps eintrat und in demselben rangirte. Am 18. Juli 1870 erhielt er das Commando über die mobilen Truppen im Bereiche des Generalgouverne ments des 1. , 2. , 9. und 10. Armee-Corps , doch schon am 26. Auguſt wurde er Ober befehlshaber des späteren 13. Armee- Corps, das der Cernirung von Mez zugetheilt wurde. Am 16. September wurde er zum Generalgouverneur von Reims ernannt. Für die Be lagerung von Toul erhielt er das Eiserne Kreuz 2. Klaffe, für die Belagerung von Soiſſons das Eiserne Kreuz 1. Klaſſe. Im October befand er sich an der Spite des 13. Armee Corps kurze Zeit in der Cernirungslinie von Paris ; dann befehligte er die Armee-Abtheilung, welche in südlicher und südwestlicher Richtung die Sicherung der Cernirung von Paris zu übernehmen hatte. Nach mehrfachen Kämpfen vereinigte er Ende November seine Armee Abtheilung mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl von Preußen in der Gegend von Janville. Hier kam es zu dem blutigen Recognoscirungsgefecht bei Villepion , dem am 2. December die Schlacht bei Loigny und Poupry folgte, in der der Großherzog das 16. und 17. Französische Corps und Theile des 15. völlig schlug, so daß er in der Nacht vom 4. zum 5. December in Orleans einrücken konnte. Am 7., 8., 9., 10. December focht die Armee-Abtheilung gegen den überlegenen General Chanzy, folgte seinem Rückzuge und warf den Feind in verschiedenen Gefechten, z. B. bei Morée und Frétéval, so daß ſie Ende December die Winterquartiere bei Chartres beziehen konnte. In der dreitägigen Schlacht bei Le Mans unterſtüßte der Großherzog die Thätigkeit der II. Armee in wirkſamster Weise, am 16. Januar 1871 beſette er Alençon nach kurzem Gefecht, am 17. Januar marschirte er auf Rouen, wo am 29. die Nachricht des am 31. Mittags beginnenden Waffenstillstandes eintraf, in Folge welcher Nachricht noch dahin gestrebt wurde, Honfleur, Pont Audemer und Fécamp in die Demarcationslinie zu bringen. Am 31. Jannar 1871 wurde die Auflöſung des Corps des Großherzogs befohlen, letterer darauf durch Verleihung des Eichenlaubes zum Orden pour le mérite und des Großkreuzes des Eisernen Kreuzes , sowie durch die Ernennung zum Generaloberst ausgezeichnet. Nach dem Friedensschluß blieb der Großherzog in ununter brochener Verbindung mit zahlreichen hochgeſtellten Offizieren und in Berührung mit den Truppen ; nacheinander war er Inspecteur der 5. Armee-Abtheilung und Generalinſpecteur der 2. Armee- Inspection. Am 5. April 1853 fuhr er im Wagen nach Parchim und zog sich auf der Fahrt eine Lungenentzündung zu, der er am 15. April erlag . Charakteristisch) für seine militärische Auffaſſung sind die wenige Stunden vor seinem Tode zu seinem Flügeladjutanten gesprochenen Worte : „Wenn ich dahingegangen sein werde , begeben Sie Sich nach Berlin und melden dem Kaiser , mit meinem Dank für seine große Güte und Liebe, daß die 2. Armee-Inspection erledigt ſei." (Nach Militär-Wochenblatt Nr. 34 vom 25. April 1883.)

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Otto Waffiljewitsch Furugelm, Kaiserlich Russischer Generallieutenant. Geb. 1819 ; geſt. 24. Mai (5. Juni) 1883. Im Finnländischen Cadettencorps erzogen , begann er seinen Dienst 1839 im Leib Garde Semenowskischen-Regiment als Offizier. 1855 Oberst und Commandeur des 4. Reserve Grenadier = Regiments, wurde er bald darauf Commandeur der 2. Grenadier - Reserve Brigade. Als 1858 die Reserveformationen aufgelöst wurden, erhielt er das Commando des Taurischen Grenadier - Regiments. Mit seiner 1863 erfolgten Beförderung zum General major wurde er zum Bezirksgeneral des 1. Bezirks des detachirten Corps der inneren Grenzwache ernannt und in demselben Jahre auch zum Commandeur des Litthauischen Leib-Garde-Regiments, mit welchem er gegen die Polnischen Aufständischen focht. 1866 zum Commandeur der Localtruppen des Moskauer Militärbezirks ernannt, wurde er 1867 Thef des Stabes des Inspecteurs der Schüßen-Bataillone, in welcher Stellung er einen hervor ragenden Antheil an den Arbeiten der Commiſſion für Umbewaffnung der Armee und Abänderung des Schießdienstes nahm. 1871 zum Generallieutenant befördert und zum Gehülfen des Inspecteurs der Schüßen-Bataillone ernannt, blieb er in dieser Stellung bis zum Jahre 1876 und wurde 1882 der Reserve der Garde-Infanterie zugezählt. (Nach Nr. 116 des Russischen Invaliden.)

Joseph Freiherr v . Gallina, Kaiserlich Königlich Desterreichischer Feldmarschalllieutenant. Geb. 20. November 1820 zu Graz ; geft. 3. October 1883 zu Wien. Er erhielt seine militärische Ausbildung im Knaben-Erziehungshause in Mailand und in der Wiener Neustädter Militär- Akademie und trat am 2. September 1839 als Lieutenant in das Infanterie-Regiment Graf Haugwit Nr. 38. Am 8. April 1848 zum Oberlieutenant befördert und dem Generalquartiermeiſterſtabe zugetheilt , leistete er beim Rückzuge von Mailand nach Verona bei der Brigade v. Wohlgemuth, dann im Gefecht bei Sona am 30. April, ſowie im Treffen von Goito am 30. Mai bei der Brigade Freiherr v. Bath ſo vortreffliche Dienste , daß er am 1. Juni in den Generalquartiermeiſterſtab verſeßt wurde, als Generalstabschef zur Diviſion Graf Haller kam und in dieſer Stellung die Schlacht von Custozza am 23. Juli, den Mincio-Uebergang bei Salionze am 24., sowie den Vormarsch gegen Mailand mitmachte. Anfangs Auguſt zur combinirten Brigade Fürſt Franz Liechten stein eingetheilt, nahm er Antheil an den Operationen zur Beſehung von Modena. Am 21. Februar 1849 zum Hauptmann im Generalquartiermeiſterſtabe befördert und bei der Brigade v. Grawert eingetheilt, trug er durch seinen Rath dazu bei , daß das 4. Armee Corps rechtzeitig auf dem Schlachtfelde von Novara erschien. Der vielfache Wechsel in der Truppeneintheilung bei der Armee in Italien , die ungenügende Vorbereitung des Kriegs schauplazes in Ober-Italien drängten ihn 1850 anonym in Zürich „Beiträge zu einer Charakteristik des Kriegsschauplazes und der Kriegführung in Ober-Italien" erscheinen zu laſſen. 1850 war er im Uebungslager bei Somma, 1851 als Professor an der General stabsschule zu Verona, 1852 als Generalstabschef bei der Cavallerie- Diviſion bei Pordenone, dann in Florenz bei der Diviſion Fürst Friedrich Liechtenſtein thätig, hierauf war er sechs Monate zu reglementariſchen Arbeiten dem Feldmarschalllieutenant Grafen Degenfeld bei gegeben. 1853 wurde er der 2. Section des Obercommandos in Wien zugetheilt und blieb in dieser Verwendung mit Ausnahme einer Zeit bald nach seiner Beförderung zum Major am 23. März 1854 bis Februar 1858. Vom Februar 1858 bis zum März 1860 war er, inzwischen im April 1859 zum Oberſtlieutenant befördert, Generalſtabschef_des 1. Cavallerie Corps. Bis October 1860 in Wien mit reglementariſchen Arbeiten beschäftigt, wurde er im Mai Oberst und Ende 1860 Generalstabschef der mobilen Division v. Cseh in Großwardein, aus welcher Stellung er im Januar 1862 als Vorstand des kriegsgeschichtlichen Büreaus nach Wien versezt wurde. 1860 veröffentlichte er eine „ Abhandlung über Kriegsmärsche“. Als Streffleur 1860 die seit 1849 nicht mehr erschienene Desterreichische Militärische Zeitschrift wieder ins Leben rief, fand er in Gallina einen eifrigen Mitarbeiter. 1860 erschien von ihm „ Die Ausrüstung der Truppen für den Gebirgskrieg und über die Verpflegung im Gebirge", 1862 Ueber Verwendung der Colonnen-Magazine “, 1863 „ Ueber die Zuſammen

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ſeßung und Ausrüstung der Armeekörper mit Wahrung der Beweglichkeit“ , dann „ Ueber die Zusammensehung und Vertheilung der Armee-Reserve-Anstalten mit Rücksicht auf einen gegebenen Kriegsschauplah“, sowie Von den Verpflegs- und sonstigen Zuschüben in ganz uncultivirten Gebirgsländern“. 1866 ließ er die Schrift „ Technik der Armeeleitung“ erscheinen; dabei lieferte er vielfache Beiträge zu Streffleurs Zeitschrift. Im Juli 1865 zum Generalcommando nach Ofen verseßt, im November 1865 zum Generalstabschef daselbst ernannt, im Mai 1866 als Generalstabschef zum 5. Armee-Corps in Italien bestimmt, wirkte er an der Schlacht von Custozza so erfolgreich mit , daß er den Leopolds- Orden mit der Kriegsdecoration erhielt. Im November 1866 wieder auf seinen früheren Poſten_in Ofen verſeßt, wurde er im November 1867 Generalmajor und Brigadier in Brünn. An fangs 1868 durch Feldzeugmeister Kuhn ins Kriegsministerium berufen, wurde er am 3. Januar 1869 Chef der 1. Section deſſelben und am 1. Mai 1869 mit der Leitung des Generalstabes betraut. Schon 1867 hatte er einen „Entwurf zu einem Exercirreglement für die k. . Fußtruppen nach Einführung eines Hinterladgewehres" herausgegeben, 1868 folgten Betrachtungen über die Organisation und Verwendung der Heere und über die Herrichtungen am Kriegsschauplaze“ , dann schuf er mit der in dem Organ des militär wissenschaftlichen Vereins veröffentlichten Armee in der Bewegung" ein epochemachendes Werk. 1873 bis 1875 erschienen in Lieferungen " Grundsäge für die Verwendung der Streitkräfte zum und im Gefecht". Am 28. April 1873 wurde er zum Feldmarschall lieutenant befördert und am 18. Januar 1874 mit dem Orden der Eisernen Krone 2. Klaſſe ausgezeichnet und in Folge davon auch in den Freiherrnstand erhoben. Am 13. Juni 1874 zum Commandanten der 30. Infanterie-Truppen- Division in Lemberg ernannt , blieb er ein treuer Mitarbeiter der Zeitschrift von Streffleur. Am 12. Januar 1878 zum Militär Commandanten in Krakau ernannt, wurde er durch Gesundheitsrücksichten veranlaßt, unterm 22. Auguſt 1878 in den Ruhestand zu treten. Auch die Zeit seiner Ruhe war er hervor ragend literarisch thätig, wofür vielfache Auffäße nicht nur in Streffleurs Zeitschrift, ſondern auch in dem Organ der militärwiſſenſchaftlichen Vereine Zeugniß ablegen. Am 3. October 1883 erlag er in Wien einem plößlichen Schlaganfalle. (Nach Streffleurs Desterreichische Militärische Zeitschrift 1883, 4. Band Seite 162–168.)

Eruft v. Hartmann , Königlich Preußischer General der Infanterie z. D., à la suite des 7. Brandenburgischen Infanterie-Regiments Nr. 60. Geb. 4. März 1817 ; gest . 31. März 1883 zu Berlin. Er trat am 12. August 1835 aus dem Cadettencorps in das 13. Infanterie-Regiment ein, war 1839–40 zur Garde- Artillerie-Brigade, 1841-44 zur Allgemeinen Kriegsschule, 1844-48 zur topographischen Abtheilung des Generalstabes commandirt. Am 6. April 1848 zum Großen Generalstabe commandirt , wurde er von Juni bis Juli 1848 als Ordonnanzoffizier des Generalcommiſſarius der Provinz Poſen , General v . Pfuel , ver wendet. Am 19. December 1848 erfolgte seine Beförderung zum Premierlieutenant unter Versehung zum 34. Infanterie-Regiment und unter Belassung in seinem Commando beim Generalstabe. Den Feldzug gegen Dänemark 1849 machte er als Volontär mit , und wohnte er den Gefechten von Viuf, Alminde und Veile bei. Am 11. December 1849 wurde er zur Dienſtleiſtung bei dem Militär- Gouvernement der Rheinprovinz und West falen commandirt und am 31. Januar 1850 unter Belaſſung in diesem Commando als Hauptmann zum Generalstabe des 8. Armee- Corps versezt, worauf am 23. November 1850 ſein Uebertritt zum Großen Generalstabe erfolgte. Am 31. Januar 1852 wurde er als Compagniechef in das 21. Infanterie-Regiment versezt. Vom 27. December 1855 bis zum 1. November 1856 fungirte er als Militärcommiſſarius der Kreise Mogilno , Gnesen, Inowraclaw behufs Verhinderung der Einschleppung der Rinderpest aus Polen. Am 16. Mai 1857 wurde er zum Major befördert und als Commandeur zum 3. Bataillon (Havelberg) 24. Landwehr- Regiments verseht. Am 8. Mai 1860 erfolgte seine Comman dirung als Führer des Füsilier - Bataillons zum neuformirten 24. combinirten Infanterie Regiment, dem späteren 8. Brandenburgiſchen Infanterie-Regiment Nr. 64, worauf er am 1. Juli 1860 als Bataillons - Commandeur in dieses Regiment verseßt wurde. Am 18. October 1861 zum Oberstlieutenant befördert , wurde er am 15. December 1863 mit der Führung des 7. Brandenburgischen Infanterie- Regiments Nr. 60 beauftragt und am 9. Januar 1864 zum Commandeur dieses Regiments ernannt. In dieser Stellung machte

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er den Feldzug 1864 gegen Dänemark mit und erhielt für Düppel und Alsen den Orden pour le mérite, den Rothen Adler-Orden 3. Klaſſe mit Schwertern, den Kronen-Orden 3. Klaſſe mit Schwertern , das Mecklenburgiſche Verdienſtkreuz , den Orden der Deſter: reichischen Eisernen Krone 2. Klaſſe mit der Kriegsdecoration. Am 25. Juni 1864 zum Oberst befördert, machte er den Feldzug 1866 gegen Desterreich bei der Diviſion v. Manſtein der I. Armee und mit dieser die Schlacht bei Königgrät mit . Am 5. März 1867 zum Commandeur der 6. Infanterie-Brigade ernannt , wurde er am 18. April 1867 zum Generalmajor befördert. Beim Ausbruch des Krieges von 1870 erhielt er das Commando der 3. Diviſion. An der Spize derselben hat er am 18. August 1870 von 7 Uhr Abends an vorn in den ersten Colonnen seiner Truppen , vorwärts drängend , zu dem leßten Erfolge des Tages auf dem rechten Flügel bei Point du jour beigetragen. Vor Paris nahm er am 2. December ruhmvollen Antheil an der Abweisung des Franzöſiſchen Durch bruchsversuches bei Champigný, dann führte er seine Diviſion ſiegreich bis an die Schweizer Grenze auf steilen , schneebedeckten Gebirgswegen und kam kurz vor dem Uebertritt der Franzosen nach der Schweiz, am 26. Januar 1871 , nach dem Gefecht bei Salins, in dieſem Orte in große Lebensgefahr , indem ein Einwohner versuchte , ihn aus nächſter Nähe zu erſchießen, daran aber durch seinen Adjutanten verhindert und von herbeieilenden Soldaten getödtet wurde. Nach dem Friedensschluffe führte er seine an Siegen und Ehren reiche Division nach Stettin zurück, um sie dort noch bis 1877 zu commandiren. Als er den erbetenen Abschied erhielt , wurde er durch Verleihung des Charakters als General der Infanterie und durch Stellung à la suite des 7. Brandenburgiſchen Infanterie- Regiments Nr. 60 ausgezeichnet. (Vergl. Militär-Zeitung für die Reſerve- und Landwehroffiziere des Deutſchen Heeres Nr. 14 vom 29. März 1884. )

Franz Ritter v. Hauslab, Kaiserlich Desterreichischer Feldzeugmeister im Ruhestande , Inhaber des 4. Feld-Artillerie Regiments. Geb. 1. Februar 1798 zu Wien ; gest. 11. Februar 1883 zu Wien. Er trat nach Absolvirung der Ingenieur- Akademie 1815 als Fähnrich in das 2. In fanterie-Regiment und hatte noch Gelegenheit , den Feldzug nach Frankreich mitzumachen. 1816 wurde er dem Generalquartiermeiſterſtabe zugetheilt und 1819 als Lieutenant zum Lehrer des Situationszeichnens und der Terrainlehre an der Wiener Ingenieur-Akademie ernannt. In dieser Stellung führte er die wichtige Reform in der Aufnahme und Aus führung der Deſterreichiſchen Generalſtabskarten , betreffend die Darſtellung des Terrains durch Horizontalſchichten, ein. Zu ſeinen eigenen kartographiſchen Arbeiten aus jener Zeit gehört namentlich eine große Karte der Steiermark in 12 Blättern. 1834 wurde ihm der militärische Unterricht der Söhne des Erzherzogs Carl , der Erzherzöge Albrecht , Carl Ferdinand und Wilhelm, übertragen. Später wurde er mit einer Miſſion an den Sultan Abdul Medschid nach Conſtantinopel und zu militärischen Studien nach Rußland entſendet und übernahm hierauf die Leitung der Instruction einer Anzahl nach Wien delegirter Türkischer Offiziere. Unter diesen befand sich der spätere Seraskier Abdul Kerim , mit dem er viele Jahre in freundſchaftlichem Verkehr geblieben ist. 1843 wurde ihm die Aufgabe, den beiden ältesten Söhnen des Erzherzogs Franz Carl, Franz Joseph, dem jezigen Kaiser, und Ferdinand Mar, ferner dem Erzherzog Wilhelm sowie den Prinzen Friedrich und Ludwig von Baden Unterricht in den Militärwiſſenſchaften zu ertheilen. 1848 wurde er zum General befördert und fungirte nach der Einnahme Wiens als Präsident der Commiſſion für den Bau des Arsenals, welches ursprünglich zur militärischen Beherrschung der Haupt stadt bestimmt war. Am 4. Juni 1849 wurde er zum Feld-Artilleriedirector der Armee in Ungarn ernannt und gelang es ihm durch Verwendung der Artillerie in Maſſe der Desterreichischen Armee das Uebergewicht über die Insurgenten zu verschaffen; für die Schlachten bei Szöreg und Temesvar erhielt er den Maria-Theresia- Orden. Als nach diesen Niederlagen ein Theil der Insurgenten auf Türkisches Gebiet übertrat , wußte er durch Verhandlungen mit dem Paſcha von Widdin und durch Erlaß einer Proclamation 5400 Mann mit 60 Offizieren zum Niederlegen der Waffen und zur Rückkehr nach Ungarn zu bestimmen. Nach Beendigung des Krieges wurde er zum Feldmarschalllieutenant und Feld Artilleriedirector der I. Armee und 1858 nach der Verabschiedung des Feldzeugmeisters v. Auguſtin zum General- Artilleriedirector der gesammten Armee ernannt, in welcher Eigen

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ſchaft er 1859 den Kaiſer auf den Italieniſchen Kriegsſchauplah begleitete. 1860 wurde er zum commandirenden General in Prag ernannt, konnte aber in Folge Erkrankung den Posten nicht antreten. 1865 erfolgte seine Beförderung zum Feldzeugmeister, doch nahm er an dem Feldzuge 1866 nicht mehr activen Antheil; dagegen wurde er in die Commiſſion zur Durchführung der Heeresreorganiſation berufen und mit der Leitung der militärwiſſen schaftlichen Comités und Anſtalten betraut. Zu Anfang der 70er Jahre trat er in den Ruhestand. Er erwarb sich hervorragende Verdienste als Mann der Wissenschaft und als Kenner und Förderer der Kunst. Bezüglich seiner literarischen Thätigkeit ist auf die von ihm veröffentlichte Geschichte Wiens , welche besonders die militärische und fortificatorische Geschichte der Stadt behandelt, hinzuweisen. Er hinterließ Sammlungen von unschäßbarem Werthe. (Nach Desterreichisch-Ungarische Wehr-Zeitung „ Der Kamerad“ Nr. 13 vom 14. Februar 1883.)

George Mytton Hill, Königlich Englisch-Indischer Generallieutenant. Geb. 1810 ; geſt. 13. Januar 1883 in Lee, Kent. Er trat 1826 in die Bengalische Armee und wurde im folgenden Jahre beim 70. Regi ment Eingeborener Infanterie angestellt. 1829 erfolgte seine Versehung in das 17. Regiment der Bengalischen Eingeborenen Infanterie. Als Subalternoffizier that er Dienst im Stabe des Lord Auckland, welcher während des ersten Afghanischen Krieges Gouverneur von Indien war. 1842, ehe Auckland diesen Posten aufgab, wurde Hill dem Zahl-Departement über wiesen, in welchem er 32 Jahre verblieb. 1874 kehrte er nach Europa zurück. 1877 wurde er zum Generalmajor befördert und im folgenden Jahre mit dem Range eines General lieutenants verabschiedet. (Nach United Service Gazette 27. Januar 1883. )

Johann Baptist Hörmann v. Hörbach, Königlich Bayerischer Hauptmann a. D. Geb. 29. September 1829 zu Eichstädt; geft. 4. April 1883 zu München. Seine militärische Ausbildung erhielt er im Cadetten- Corps zu München, trat 1847 als Junker in das 2. Infanterie-Regiment und verblieb in demselben bis 1858 zur Beförderung zum Oberlieutenant im 6. Jäger-Bataillon. 1863 zum Hauptmann im 1. Infanterie Regiment befördert, machte er mit demselben den Feldzug 1866 mit, wurde hierdurch aber körperlich so leidend , daß er 1869 in Penſion treten mußte. War ſomit seine militärische Dienſtleiſtung nur eine kurze und untergeordnete , so übte der geistreich lebhafte, sich stets weiter bildende Mann , der auch ein höchst ehrenwerther Charakter und liebenswürdiger Mann war, durch seine literarische Beschäftigung einen guten klärenden Einfluß aus ; be sonders seine warme Theilnahme und Begeisterung für Deutschlands Einheit und Kraft machten ihn in manchen einflußreichen Kreisen zu einer werthgeschäßten Persönlichkeit. Den Militärischen Jahresberichten war er von Anbeginn bis zu seinem Tode ein treuer Mitarbeiter und fast alles Militärische aus Bayern entstammte seinen Berichten , weshalb ungeachtet der subalternen Charge, die er bekleidete, seiner hier dankende Erwähnung geschieht. Auch für die politische Wochenschrift der Bayerischen Fortschrittspartei (eigentlich die nationalliberale) war er, besonders in den Zeiten als sich in Bayern die Reorganisation der Armee anbahnte, eine Feder, die manches Gute bewirkte und die öffentliche Meinung über die militärischen Verhältnisse mit Freimuth und doch mit dem nöthigen Takt aufklärte. Von unbestechlicher Wahrheitsliebe und Ueberzeugungstreue beseelt, verschmähte er stets Alles, was ihm per sönlich Vortheil gebracht hätte, und war in allen seinen Umgangskreisen hochgeschäßt ob seines sprudelnden, immer viele Anregung bietenden und alles beim rechten Namen nennenden Meinungsaustausches ; leider hinderte eine gewiſſe Nervosität denselben oft an eingreifenderer Wirksamkeit und an Abfaffung eines größeren Werkes . Die Misere des früheren bundes staatlichen Verhältnisses schilderte er , der selbst 1866 eine Zeit lang in Mainz mit ein geschloffen , diese erlebt hatte, anschaulich in einem Auffah im Sammler (Beiblatt zur Augsburger Abendzeitung) 1872 Nr. 95 bis 99 unter dem Titel „ Die Bundesfeftung Mainz im Sommer 1866" (eine Erinnerung an die Bundestagszeit) . Eine größere Reihe von 32 Militärische Jahresberichte 1883.

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Auffäßen erschien von ihm in den Jahren 1866 bis 1870 in der damals in München neu erstehenden Süddeutschen Presse", wir nennen nur folgende : „Besprechung von Desterreichs Kämpfe 1866 , dargestellt vom t. t. Desterreichischen Generalstab“ und „ Besprechung des Feldzuges 1866 in Deutschland , verfaßt vom Königlich Preußischen Generalstab" , dann „Militärische Betrachtungen über die neue Bayerische Wehrverfassung und das Referat des " Die Wehrgeseßdebatte in der II. Kammer vom militäriſchen Freiherrn v. Stauffenberg", Standpunkt aus betrachtet", Massenabrichtung der Infanterie", - ,,Preußische In Bajonnet oder Yatagan?", - ,,Hinterlader, fanterietaktik und das Lager von Châlons“, taktische Form oder Handlung ?", - „ Aus dem Feldzuge des Jahres 1866 von Goeben", Zur Frage des Dunkelarrestes" 2c. Ferner sind zu nennen seine 1870 erschienenen „Mili tärische Briefe an den Herrn Abgeordneten Kolb" (welcher bekanntlich für Bayern Milizheer Einrichtungen erstrebte), und in den Jahrbüchern für die Deutſche Armee und Marine und zwar Juli-Heft 1873 der Aufsatz " Die Bayerische Armee nach der Reorganisation". Aus allen seinen Schriften geht ein scharfblickendes , redlich das Beste wollendes Urtheil hervor.

Theodor Freiherr v. Jeeze, Königlich Bayerischer Generallieutenant und Generaladjutant Sr. Majestät des Königs. Geb. 6. Mai 1811 zu Lille in Frankreich ; gest. 23. April 1883 zu München . Einer alten Familie der Preußischen Altmark entstammend, kam der Vater durch Verheirathung mit einer Baronesse v. Benkendorf, die in Oberfranken begütert, in Bayerische Dienste und war 1848 Gouverneur von Landau. Sein Sohn genoß seine militärische Ausbildung im Cadettencorps zu München, trat am 14. August 1829 als Junker in das 1. Infanterie-Regiment ein und blieb in demselben bis zu der 1844 erfolgenden Beförderung zum Hauptmann im Generalstabe, welche nach längerer Dienstzeit im topographischen Büreau stattfand. Im ſturmbewegten Jahre 1848 ernannte ihn König Ludwig I. zu ſeinem Flügel adjutanten und blieb er nun in treuer Ergebenheit an deffen Seite, bis zu dem 1868 in Nizza erfolgten Tode, die entseelte Hülle noch nach München geleitend. Inzwischen bis zum Generallieutenant befördert, ward er nach kurzer Disponibilitätsstellung 1869 wieder zum Generaladjutanten des regierenden Königs ernannt , in welcher Stellung er bis zum Tode verblieb. Fand derselbe auch wegen seiner andauernden Verwendung im Hofdienste, in welcher ihm eine große Zahl_in- und ausländischer hoher Orden zu Theil wurde , keine Gelegenheit sich im höheren Truppendienst zu bethätigen, so hatten seine vielseitige höhere Bildung, seine persönlich liebenswürdigen Eigenschaften und seine besonders bewiesene treue Anhänglichkeit an das Königshaus , demſelben allgemeine Werthſchäßung und Theilnahme erworben. Michael Alexandrowitsch Jolschin, Kaiserlich Russischer Generallieutenant. Geb. 1830 ; gest. 23. Januar (4. Februar) 1883. Jm 2. Cadetten- Corps erzogen, begann er ſeinen Dienſt in den Offizierchargen 1848 im Petersburger Grenadier-Regiment, aus welchem er aber bald in das Litthauische Re giment verseht wurde. 1858 zu dem Stamm der Offizier- Schießschule versett, erhielt er schon das Jahr darauf die Stelle des Commandeurs der Kaukasischen Schüßen- Schule und wurde unter Beförderung zum Oberstlieutenant in das Kaukasische Grenadier- Schüßen Bataillon verseht. Während dieſer Zeit nahm er an vielen Expeditionen im Kaukaſus Theil, und wurde für wiederholte Auszeichnung bei solchen Gelegenheiten mit der Beförderung zum Obersten und dem St. Annen-Orden 2. Klaſſe mit Schwertern belohnt. 1864 bis 1871 war er Commandeur des 16. , Mingrelischen , Grenadier-Regiments. Zum Generalmajor befördert, commandirte er verschiedene Infanterie-Brigaden , zuleht die 1. Brigade der 14. Infanterie- Diviſion, mit welcher er am 15. (27.) Juni 1877 an der Spiße der übrigen Ruſſiſchen Truppen über die Donau ging. Hierfür mit dem St. Georgen-Orden 4. Klaſſe ausgezeichnet, wurde er gleichzeitig in die Listen des 53., Wolhynischen, Infanterie-Regiments aufgenommen und erhielt zu Ende des Feldzuges für seine in demselben bewiesene Lüchtig keit noch den St. Annen-Orden 1. Kl. mit Schwertern. 1880 wurde ihm der St. Wladimir Orden 2. Klaſſe verliehen, im folgenden Jahre erfolgte seine Beförderung zum General lieutenant. Er starb als Commandeur der 25. Infanterie- Division. (Nach Nr. 20 des „Ruſſiſchen Invaliden“.)

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Konſtantin Danilowitsch Kondzerowski, Kaiserlich Russischer Generalmajor. Geft. 6. (18.) October 1883. 1851 zum Praporſchtſchik im Regiment Wolhynien ernannt , besuchte er später die Nicolaus-Generalstabs- Akademie, war dann zum Stabe des Militärbezirks Kiew comman dirt, und wurde 1865 zum Chef des Stabes der damals in Finnland stehenden 23. Jn fanterie-Diviſion ernannt, welche Stellung er bis zum Jahre 1871 inne hatte , worauf er Commandeur des Bjelomorskischen Infanterie-Regiments wurde. Obgleich er dasselbe nur drei Jahre commandirte, war es ihm doch gelungen, sich die größte Liebe ſeiner Offiziere und Soldaten zu erwerben, für deren kleinste Bedürfnisse und Sorgen er Interesse hatte und die ihn deshalb auch wie einen Vater verehrten. Selbst nachdem er zum Director der 2. Conſtantin-Kriegsschule und später zum Militärchef des Gouvernements Charkow ernannt worden war, bewahrte er seinen ehemaligen Untergebenen das gleiche Interesse. Es wird als Thatsache übermittelt , daß er jährlich über hundert Briefe von ehemaligen Soldaten seines Regiments erhielt und keinen davon je unbeantwortet ließ. Die Einführung einer Soldaten-Theeſtube ſowie einer Bibliothek, ferner die Errichtung einer Offizier-Handwerk stätte hat das Regiment seinen Bemühungen zu verdanken. Auch errichtete er in Helsingfors eine " Russische Gesellschaft für Wohlthätigkeit", welche die Russischen Schulen Finnlands unterſtüßte und es überhaupt erst ermöglichte, daß die Kinder unbemittelter in Finnland lebender Russischer Eltern auch Unterricht in ihrer Muttersprache erhalten konnten. 1878 zum Generalmajor befördert und 1880 zum Commandeur der 1. Brigade der 37. Infanterie Diviſion ernannt, nahm er als Präſes einer Commiſſion für die Wirthschaftsangelegenheiten der Truppen lebhaften Antheil an deren Arbeiten . Er starb auf einer Reise nach Nizza. (Nach Nr. 219 des „Ruſſiſchen Invaliden“.)

Waffili Sergjejewitsch Korff II., Kaiserlich Russischer Generaladjutant. Geb. 1807 ; geft. 11./23. December 1883 zu Wiesbaden. 1823 als Junker in das 4. Jäger-Regiment eingetreten, wurde er 1826, nach Absol= virung der Junkerschule beim Hauptstabe der I. Armee , zum Praporschtschik befördert. 1828 dem Generalstabe des 1. Infanterie-Corps zugewiesen, erfolgte 1830 seine Comman dirung als Lehrer zum 1. Cadettencorps, und blieb er dort angestellt, bis im Jahre 1836 seine Versehung an das Cadettencorps in Tula statthatte , woselbst er speciell dem Unter richtswesen dieser Anstalt vorstand . Von 1838 bis 1855 war er, zuerst noch als Stabs capitän, Erzieher der Großfürsten Nicolaus und Michael Nicolajewitsch, deren steter Begleiter bei ihren Reiſen ins Ausland sowie bei dienſtlichen Commandirungen er wurde. Gegen Ende 1854 ging er mit den ihm anvertrauten jungen Großfürsten in das Haupt quartier der mobilen Armee, wohnte der Schlacht bei Inkerman bei und befand sich vom 2. Januar bis 28. Februar 1855 in Sebastopol ; zu Ende dieses Jahres wurde er zum Haushofmeister des Großfürsten Nicolaus Nicolajewitsch des Aelteren ernannt, nachdem er inzwischen zum Generaladjutanten befördert worden war. 1866 wegen zerrütteter Geſund heit auf unbestimmte Zeit beurlaubt , lebte er seit 1876 fast ununterbrochen außerhalb seines Vaterlandes. (Nach Nr. 273 des „Ruſſiſchen Invaliden“.)

Demetrius Nicolajewitsch Kuzjmin - Korowajew, Kaiserlich Russischer Generallieutenant. Geft. 6./18. October 1883. In dem 1. Moskauer Cadetten - Corps erzogen , begann er seine militärische Laufbahn 1839 in der Reitenden Artillerie. In den Kämpfen gegen die Ungarischen Aufständischen erkämpfte er sich den Capitänsrang, sowie den St. Wladimir- Orden 4. Klaſſe, den St. Annen Orden 3. Klasse am Bande und die Desterr. Eiserne Krone 3. Klaffe. Bei Beginn des Orientkrieges wurde er , der inzwischen zum Major befördert und zur Infanterie versezt 32*

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worden , als Adjutant zum General Lüders , dem Commandeur des 5. Infanterie - Corps commandirt. Für das gelegentlich des Ueberganges über die Donau bei Galak gelieferte Gefecht wurde er zum Oberstlieutenant befördert , sein muthiges und umsichtiges Verhalten vor Silistria brachte ihm den St. Annen - Orden 2. Klaffe ein, und wurde er bald darauf zum Commandeur des Elezki'schen (späteren Wolhyniſchen) Reserve - Regiments ernannt. 1865 als Oberst Militärchef des Chersonschen Gouvernements, wurde er 1870 zum General major befördert, dann den Reservetruppen zugezählt , und 1882 unter Beförderung zum Generallieutenant zum Commandanten von Bobruisk ernannt. (Nach Nr. 218 des „Russischen Invaliden“ .)

Iwan Michailowitsch Labinzow, Kaiserlich Russischer General der Infanterie. Geb. 1802 ; geft. 7./19 . September 1883 zu Wilna. Von einer Adelsfamilie des Gouvernements Tula abstammend , erhielt er seine Aus bildung im "IAdligen Regiment", der heutigen Constantin-Kriegsschule, und wurde am 15./27. April 1819, noch nicht 17 Jahre alt , zum Offizier im 39. Jäger-Regiment beför dert, das damals im Kaukasus stand. So war es ihm vergönnt , ſchon von den ersten Tagen seiner Offizier- Dienstzeit an dem Feinde gegenüber zu stehen , und legte er die unteren Grade in fortwährenden Kämpfen gegen die Lesghier ſowie ſpäter gegen die Perser und die Türken zurück. Gelegentlich des Sturmes auf Kars am 23. Juni (5. Juli) 1823 befand er sich als Porutſchik (Premierlieutenant) mit der ihm anvertrauten Compagnie in der vordersten Schüßenlinie ; muthig warf er sich mit dem Bajonnet auf den Feind und entriß ihm drei Fahnen. In derselben Schlacht gelang es ihm auch, sich in Besit einer Verschanzung und einer Batterie von zwei Geschüßen zu sehen; stark contusionirt , verließ er doch seine Truppe nicht; der Georgs-Orden 4. Klasse war der Lohn_seiner Tapferkeit. „ Ein Vorbild für seine Untergebenen", lenkte er die Aufmerksamkeit seiner Vorgeseßten auf sich und wurde im November 1828 Adjutant der vom Generalmajor Bergmann commandirten , früheren 3. Brigade der 20. Infanterie- Division. Als solcher nahm er fast alle Jahre an einer Kaukasischen Expedition Theil , wurde zum Stabscapitän und 1832 zum älteren Adjutanten der 20. Division befördert. In dieser Stellung stand er im Gebiet des Schwarzen Meeres , bis 1834 „für Auszeichnung_im_Dienſt“ ſeine Ver seßung in das Leibgarde-Wolhynische Regiment erfolgte unter gleichzeitiger Commandirung als älterer Adjutant zu der 20. Infanterie-Division neuer Organiſation. Sein Standort hatte sich hiermit aber nicht verändert , und so verbrachte er einen großen Theil ſeines nunmehrigen Dienstlebens ebenfalls auf Expeditionen und in Biwaks. 1836 für Aus zeichnung in Gefechten zum Capitän befördert , erfolgte bereits 1838 seine Versetzung als Oberst in das Kabardinskische Regiment, in deſſen Beſtand im Jahre 1834 zwei Bataillone desselben 39. Jäger-Regiments übergegangen waren, in welchem er seine Laufbahn begonnen hatte. Schon auf der Reise nach Petersburg begriffen , um sein Commando bei dem dort garnisonirenden Normal-Bataillon anzutreten , wurde er zurückbeordert und im December zum Commandeur des Kabardinskischen Regiments ernannt. Nach Antritt seines Poftens, im März 1839, trat das Regiment zu dem gegen die Tschetschenzen formirten Corps des Generaladjutanten Grabbe über , dessen Auftrag dahin ging, den in seiner Residenz und Bergfeste Achulgo, welche die Bergvölker für uneinnehmbar hielten, befindlichen Schamyl zu unterwerfen. Gelegentlich dieſer Erpedition vielfach mit ſelbſtändigen Aufträgen betraut, zeichnete er sich immer in gleicher Weise aus und wurde auch beim Sturm auf eine der vielfachen von den Bergvölkern angelegten Verschanzungen durch Steinwürfe an der rechten Schulter und Hand contusionirt. Eine Allerhöchste Belobigung und der goldene Ehrendegen mit Diamanten belohnten seine Tapferkeit. Im Juni 1839 aber erfolgte seine Ernennung zum General unter Belaſſung in der Stellung als Regimentscommandeur. Im folgenden Jahre mit der selbständigen Führung einer Expedition betraut, trat er dann wieder unter den Befehl Grabbes , um abermals an mehrfachen Unternehmungen theilzunehmen. So vergingen zwei Jahre in fast ununterbrochenen Kämpfen gegen die Tschetschenzen und in Daghestan, bis er im Februar 1842 zum Commandeur der 2. Brigade der 20. Infanterie Diviſion und ſpäter zum Commandeur der 1. Brigade der 19. Infanterie- Diviſion ernannt wurde. Im Januar 1845 wurde er Commandeur der 14. Infanterie- Diviſion und ſpäter, nach inzwischen erfolgter Beförderung zum Generallieutenant, Commandeur der 19. Infan terie Division. Sowohl als Brigade- wie auch als Divisionscommandeur unternahm er noch vielfache Expeditionen, u. a. auch nach Daghestan, betheiligte sich an dem Sturm auf

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Dargo, der neuen Residenz Schamyls, die dieser nach Einnahme von Achulgo auf wunder bare Weise erreicht hatte; kurz , es wurde wohl kaum eine größere Unternehmung aus geführt, an der er, der sich den Ruf eines kriegserfahrenen Generals erworben hatte, sich nicht betheiligt hätte. An dem Ungarischen Feldzuge 1849 nahm er als Commandeur der 5. Infanterie- Division Theil und wurde für seine bei Debreczin an den Tag gelegte Thätigkeit, Umsicht und Tapferkeit, hauptsächlich aber für ſeine „ persönliche Mitwirkung an dem erfolgreichen Uebergange über die Theiß" mit dem Alexander Newski-Orden aus gezeichnet. Noch zweimal in seinem Diviſionscommando wechselnd , erhielt er im Sep tember 1856 den Befehl über das 1. Armee-Corps und wurde 1859 zum General der Infanterie befördert. Er hatte, wie aus Vorstehendem ersichtlich, den größten Theil seiner Dienstzeit im Kaukasus zugebracht und sich hier den Ruf des „ Tapfersten der Tapferen erworben, dem nichts unmöglich ist"; gelegentlich der Einnahme von Achulgo berichtete General Grabbe über ihn mit den Worten: „ Wenn er Theil nimmt, gelingen alle Unter nehmungen". Namentlich als Arrieregarden- Führer genoß er schon als jüngerer Offizier durch seine unerschütterliche Ruhe und Kaltblütigkeit eines so hohen Rufes , daß er als ſolcher für unerſeßlich gehalten wurde. Am Tage des 50jährigen Dienſtjubiläums erhielt er Seitens des Kaisers Alexander II. als ein Zeichen seines besonderen Wohlwollens eine mit dem Bildniß des Kaisers und mit Brillanten geschmückte Tabatière. In dem diese begleitenden Handschreiben war Labinzow ein Vorbild von Muth , Tapferkeit und Selbst verleugnung für ſeine Truppen und ein unermüdlicher Förderer ihres Wohles und ihrer (Nach Nr. 213 des ‫ וו‬Russischen Invaliden".) Ausbildung genannt worden.

Iwan Abramowitsch Lapzow , Kaiserlich Russischer Generalmajor und Chef der Artillerie des 14. Armee-Corps . Geft. 6./18. November 1883. 1830 als Gemeiner in die 3. Compagnie der Artillerie- Lehr-Brigade eingetreten, hat er bis 1837 die ganze Stufenleiter der unteren Militärhierarchie durchgemacht , bis er in diesem Jahre zum Fähnrich (Praporſchtſchik) der Artillerie ernannt und zur leichten, Nr. 7, Batterie der 6. Artillerie-Brigade versezt wurde. Als Capitän wurde er 1854 Commandeur der 2. Ersatz- Batterie der 1. Artillerie- Diviſion. 1856 zum Stabsoffizier befördert und gleichzeitig zum Commandeur der 1. Finnländischen Batterie, 1867 aber zum Commandeur der 8. Artillerie - Brigade ernannt , befehligte er diese lettere fast 15 Jahre, d. h. bis zu seiner im Jahre 1883 erfolgten Ernennung zum Chef der Artillerie des 14. Armee-Corps. 1875 war er zum Generalmajor befördert worden. Seine langjährige dienstliche Thätig keit war eine in hohem Grade verdienſtvolle und nüßliche. Die Truppentheile, in denen er diente, waren ſtolz auf ihn als auf einen vorzüglichen Offizier , diejenigen aber, welche er commandirte, waren in glänzender Verfaſſung“, außerdem aber gebührt ihm das Ver dienst , während seiner sechsundvierzigjährigen Militärlaufbahn als Offizier eine große Zahl im Intereffe des Artilleriewesens äußerst thätiger und verdienstvoller Männer heran (Nach Nr. 249 des „Ruſſiſchen Invaliden“.) gebildet zu haben.

Franz Freiherr v. Leonhardi, t. t. Desterreichischer Feldmarschalllieutenant. Geb. 5. Mai 1815 zu Frankfurt a. M.; geft. 12. November 1883 zu Preßburg . Er bezog 1828 die Ingenieur-Akademie zu Wien , die er 1835 als Lieutenant des Geniecorps verließ, avancirte 1838 zum Oberlieutenant, 1842 zum Hauptmann. 1848 bis 1849 fungirte er während der 107tägigen Belagerung von Temesvar als Genie- Director, nachdem Öberſtlieutenant Simonovits in den ersten Tagen der Belagerung durch einen Granatsplitter verwundet worden war. 1852 zum 1. Genie-Regiment verſeßt , übernahm er das Commando des Lehr-Bataillons und 1853 als Major das Commando des 1. Genie Bataillons. Mit diesem wurde er 1854-55 der an der Grenze gegen Rußland aufgestellten Armee zugetheilt und leitete die Befestigungsarbeiten an der Russisch- Desterreichischen Grenze bei Salacsit. Anfang 1859 zum Oberstlieutenant des Geniestabes befördert und zum Feld-Geniedirector beim Armee-Corps in Südtirol ernannt, ließ er die Befestigungsarbeiten an der Grenze von Südtirol herstellen. 1862 zum Oberst im 11. Infanterie-Regiment

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befördert, wurde er 1864 Commandant des 70. Infanterie-Regiments , in welcher Eigen schaft er den Feldzug 1866 bei der Süd -Armee unter Erzherzog Albrecht mitmachte. Mit seinem Regiment erstürmte er die Höhe bei St. Lucia, für welche That er das Militär Verdienstkreuz mit der Kriegsdecoration erhielt. Nach Friedensschluß kam er mit seinem Regiment nach Krakau, woselbst er auch nach seiner 1868 erfolgten Ernennung zum General major und Commandanten der 2. Infanterie-Brigade bei der 27. Truppen- Diviſion ver blieb. 1873 trat er auf sein Gesuch in den Ruhestand, während ihm der Charakter als Feldmarschalllieutenant verliehen wurde. Seit seiner Verabschiedung lebte er in Preßburg und hatte hier das Unglück, am 4. December 1882 von einem schweren Fuhrwerk übers fahren und bedeutend verlegt zu werden. In Folge hiervon entwickelte sich ein Herzleiden, außerdem zog er sich bei dem Begräbniß des Generals der Cavallerie Grafen Szapary eine heftige Erkältung zu, die ſein Leiden derart beſchleunigte, daß er am 12. November 1883 einer Herz- und Lungenlähmung_erlag . (Nach Desterreichisch-Ungarische Wehrzeitung „ Der Kamerad“ Nr. 94 vom 24. November 1883. )

Dr. Franz Xaver Ritter von Leuk, Königlich Bayerischer Generalstabsarzt der Armee , Chef der Medicinal - Abtheilung im Königlich Bayerischen Kriegsministerium. Geb. 24. November 1816 zu Landshut ; geft. 11. Juni 1883 zu München. Er absolvirte 1834 das Humaniſtiſche Gymnaſium zu Landshut als der Erſte in jeder Klasse, studirte mit bestem Erfolge Medicin auf der Universität zu München , promovirte 1838 daselbst als Doctor der gesammten Heilkunde und machte 1840 das medicinische Staatsexamen, nachdem er schon 1839 mit seiner Ernennung zum ärztlichen Practicanten bei dem Festungs-Commando Landau in die Armee eingetreten war. 1842 Unterarzt, 1848 Bataillonsarzt im 9. Infanterie-Regiment , 1857 Regimentsarzt 2. Klasse und 1860 1. Klaſſe bei der 1. Sanitäts - Compagnie, zu der er schon 1850 versezt war , wurde er 1862 als 2. Sanitätsreferent in das Kriegsministerium beordert. Dortſelbſt avancirte er zum Oberstabsarzt 1. Klasse , Generalarzt und am 25. September 1875 zur höchſten Sanitätsbeamten - Stellung , zum Generalstabsarzt und Abtheilungschef; er verschied in dieser Charge noch activ nach längeren, schweren Leiden. Ein begabter , äußerst gewiſſen hafter, streng gerechter und doch wohlwollender Referent, hat er in seiner langjährigen Vertrauensstellung Vieles geleistet. Längere Zeit Lehrer bei der nach Desterreichischem Muster errichteten Sanitäts -Compagnie, ungemein thätig und sorgsam für Errichtung und ausreichende Ausrüstung der Feldlazarethe, besonders in den Kriegen 1866 und 1870/71 , dann auch für die Herstellung von hygienischen Verſuchsſtationen in den Militär-Lazarethen und für Statiſtik, iſt ſeine Thätigkeit noch in gutem Andenken und bleibt mit der Geschichte des Bayerischen Militär- Sanitätswesens innigst verbunden. Der Verdienst - Orden der Bayerischen Krone, Militär- Verdienst- und Michael - Orden , Preußischer Kronen - Orden 2. Klaſſe belohnten seine mannigfachen Verdienste.

Camillo Lombardini, Königlich Italieniſcher Generallieutenant und Commandeur der Militär-Diviſion von Brescia. Geb. 10. März 1821 zu Parma ; gest. 26. Juli 1883 zu Brescia. Er trat am 1. Mai 1841 als Cadet bei dem 2. Bataillon der Truppen des Herzog. thums Parma ein, wurde in demselben am 11. Februar 1843 zum Unterlieutenant und am 12. März 1847 zum Lieutenant und Führer der Genieſection ernannt. In demselben Jahre noch verließ er den dortigen Dienst, weil er glaubte , der Sache einer nationalen Einigung Italiens am besten in der Piemontesischen Armee dienen zu können, in welche er mit seinem Range als Lieutenant aufgenommen und am 19. April 1848 dem Generalstabe der 3. Sardinischen Division zugetheilt wurde. Den 24. März 1849 erfolgte seine definitive Versehung in den Generalstab, in welchem er am 11. August 1851 zum Capitän , den 12. Juli 1859 zum Major, den 15. October 1860 zum Oberſtlieutenant und am 2. März 1862 zum Obersten avancirte. Am 20. August 1866 zum Generalmajor ernannt, commandirte

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er nacheinander die Brigaden Savona, Aosta , die an der Grenze des Kirchenstaates auf geſtellte gemiſchte Brigade und schließlich die 1. Brigade der Diviſion von Bologna. Er wurde den 1. Februar 1872 zum persönlichen Adjutanten des Königs Victor Emanuel berufen , nach dessen Tode ihn auch des jezigen Königs Majestät in gleicher Function an feiner Seite behielt. Am 24. Februar 1878 wurde ihm das Commando der Militär Division von Brescia übertragen. Er galt für einen der tapfersten, intelligentesten und gebildetften Offiziere des Heeres, hatte an allen Kriegen für die Unabhängigkeit Italiens und an der Expedition nach der Krym Theil genommen. Für St. Lucia 1848 erhielt er die filberne Tapferkeitsmedaille, für den Feldzug in der Krym die Französische Ehrenlegion und wegen seiner Theilnahme am Gefechte von Confienza 1859 das Kreuz des Militär Ordens von Savoyen. Seine Beförderung zum Generalmajor erfolgte in besonderer Anerkennung seiner Haltung bei S. Martino (Solferino). In Folge seines energiſchen und thätigen Eingreifens während der Schlacht bei Custozza 1866 wurde ihm auch das Offizier kreuz des Militär-Ordens von Savoyen verliehen. Die Italienische Armee betrauert in dem Verstorbenen einen ihrer hervorragendsten Generale, von welchem König und Vater Gr. v. D. land noch die wichtigsten Dienſte erhofft hatten.

Alwin v. Loos , Königlich Preußischer Generallieutenant und Commandant der Festung Mainz. Geb. 28. October 1824 zu Stettin ; gest. 21. Juli 1883 auf der Rückreise aus Italien. Er genoß seine Erziehung im elterlichen Hauſe und im Cadetten-Corps ; aus dem leşteren trat er 1842 in die Armee und wurde noch in demselben Jahre zum Second lieutenant im 2. Garde-Regiment zu Fuß befördert. Beim Straßenkampfe in Berlin zeichnete er sich derartig aus, daß ihm der Rothe Adler-Orden 4. Klasse mit Schwertern verliehen wurde. Als Premierlieutenant wurde er Regiments - Adjutant und später Adjutant der 1. Garde -Infanterie-Brigade. 1857 zum Hauptmann befördert, wurde er 1859 zur halbjährigen Dienstleistung zu dem Prinzen Friedrich Wilhelm commandirt und 1861 zur Begleitung des Generals der Cavallerie Graf v. Waldersee nach Stockholm beordert. Im lesteren Jahre wurde er demnächst zum Adjutanten beim Garde- Corps ernannt. 1866 als etatsmäßiger Stabsoffizier in das Kaiſer Alexander Garde-Grenadier-Regiment verſeßt, wurde er bald darauf unter Ernennung zum Bataillonscommandeur in das 2. Garde Regiment zu Fuß zurückverseßt. 1867 erhielt er den Auftrag , den Truppenübungen bei Stockholm beizuwohnen, 1868 wurde er als Militärbevollmächtigter nach Württemberg_ent sendet. In dieser Stellung machte er als Oberstlieutenant bei der Württembergischen Feld division den Feldzug 1870–71′ und in dieſem die Schlachten von Wörth , Sedan und Champigny- Brie mit . 1871 erhielt er unter Beförderung zum Oberst das Commando des Anhaltischen Infanterie-Regiments Nr. 93 und 1876 als Generalmajor das der 37. Infanterie Brigade. Im November 1881 wurde er zum Commandanten von Mainz ernannt und im Frühjahr 1883 in dieser Stellung zum Generallieutenant befördert. Im April 1883 unternahm er eine Erholungsreise nach Italien und erkrankte Mitte Mai zu Amalfi an dem Malaria-Typhoid. Trok heftig auftretender Krankheit zeigte sich Ende Juni eine entschiedene Besserung; um die zurückgebliebene Schwäche zu beseitigen , siedelte der Recon valescent Anfang Juli nach Bava bei Salerno über ; da aber die Erwartung fehlschlug, sollte ein Luftcurort in der Schweiz besucht werden, doch schon beim Passiren von Mailand trat eine derartige Abnahme der Kräfte ein, daß ein baldiges Ende vorauszusehen war, weshalb die Reise nach der Heimath fortgesetzt wurde; noch vor Ankunft in Mainz ent schlummerte der Kranke. (Nach Militär-Wochenblatt Nr. 62 vom 1. Auguſt 1883.)

George Macdonald, Königlich Englischer General. Geft. 1. März 1883 in Torquay. Der Verstorbene, 98 Jahre alt , hatte seit einigen Jahren die Auszeichnung , „ der Vater" der Britischen Armee zu sein , denn er war einer der wenigen Veteranen , die in Spanien und bei Waterloo gekämpft hatten. Er trat im September 1805 in die Armee und wurde im Juli 1806 zum Lieutenant befördert. Er war 1805 bei der Expedition

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nach Hannover, kam 1806 zur Armee nach Sicilien und blieb bei ihr während der ver schiedenen Operationen bis 1810. In diesem Jahre machte er die Expedition nach Reapel mit und wohnte der Einnahme von Ischia und Procida bei. Hierauf kehrte er nach Sicilien zurück und kämpfte 1811 gegen die Französische Armee. 1814 schiffte er sich nach Canada ein. In dem Feldzuge von 1815 wurde er bei Waterloo durch drei Kugeln ver wundet, von denen eine durch die Brust und Lunge ging. Er stand eine lange Reihe von Jahren beim 16. Infanterie-Regiment, in welchem er im August 1830 zum Major befördert wurde. Seine Ernennung zum Oberstlieutenant erfolgte im Januar 1837, zum Oberst im November 1851 , zum Generalmajor im September 1855, zum Generallieutenant im Januar 1863. Im Februar 1863 wurde er zum Inhaber seines alten 16. Infanterie Regiments ernannt. Im Auguſt 1877 nahm er seinen Abschied. (Nach United Service Gazette vom 10. März 1883.)

Alexjej Kirilowitsch Makarowski, Kaiserlich Ruſſiſcher Generallieutenant. Geft. 21. März (3. April) 1883. Nach Besuch der Schule der Garde-Unterfähnriche und Junker trat er 1838 als Praporschtschik in das Leibgarde- Pawlowskische Regiment, von welchem er bald nach dem Kaukasus abcommandirt wurde und wo er sich für Kriegsauszeichnung den St. Annens Crden 3. Klasse mit Schwertern erwarb. Nach seiner 1846 erfolgten Rückkehr zum Regi ment wurde er zum Compagniecommandeur, 1855 zum Oberst und 1861 zum Commandeur des Infanterie-Regiments Simbirsk ernannt ; mit dieſem nahm er an den Kämpfen gegen die Polnischen Aufständischen Theil und wurde für die bei Gruschka bewiesene Tapferkeit mit dem St. Annen - Orden 2. Klasse mit der Krone und mit Schwertern belohnt. 1867 zum Generalmajor befördert, wurde er zum Militärchef des Gouvernements Pensa ernannt, commandirte dann im Kriege die 5. Reserve-Division und wurde ſchließlich 1880 zum Generallieutenant und Commandeur der 11. Infanterie- Diviſion befördert, in welcher (Nach Nr. 67 des „Russischen Invaliden".) Stellung er starb.

Edmond Charles de Martimprey, Französischer Diviſionsgeneral und Generalgouverneur des Invalidenhotels zu Paris. Geb. 16. Juni 1808 zu Meaux ; gest. 15. Februar 1883 zu Paris. Nach zweijährigem Besuch der Schule zu St. Cyr trat er Anfang 1828 als Sous lieutenant in die Generalstabsschule über , wurde zur Dienstleistung zur Infanterie und Cavallerie befehligt und von 1835 an im Generalstabsdienste beim Truppencorps in Algerien verwendet. Er zeichnete sich während der Kämpfe gegen die Araber aus und wurde mehrfach im Armeebefehl belobt, sowie auch mit dem Kreuz der Ehrenlegion decorirt. Am 13. November 1842 zum Capitän im Generalstabscorps , am 25. October 1845 zum Oberstlieutenant befördert, kehrte er im Juni 1848 von Algerien nach Frankreich zurüð, um unter General Lamoricière im Kriegsministerium die Stellung als Director der personellen und Operations-Angelegenheiten zu übernehmen. Nach_fünf Monaten wurde er wieder auf seinen Wunsch nach Algerien versezt , wo er als Oberst bis zu seiner am 17. Januar 1852 erfolgten Ernennung zum Brigadegeneral im Generalstabe Dienſt leistete und bei den zahlreichen Expeditionen gegen die Eingeborenen sich in rühmlicher Weiſe hervorthat. Als Brigadegeneral führte er das Commando über die Subdiviſion von Bordeaux. Im Krymkriege fungirte er mit Auszeichnung als Generalstabschef des 1. Expeditionscorps. Nach Beendigung deffelben zum Divisionsgeneral befördert und erst zum Commandanten der 19. Militärdivision zu Bourges, kurze Zeit darauf aber zum Territorialcommandanten der Division Dran ernannt, wurde er bei Ausbruch des Italienischen Krieges 1859 in die Stellung eines ersten Gehülfen und Stellvertreters des Majorgenerals Vaillant berufen. Für seine Verdienste in diesem Feldzuge erhielt er das Großoffizierskreuz der Ehrenlegion. Am 17. August 1859 übernahm er das Commando über die gesammten Streitkräfte in Algerien und führte mehrere siegreiche Expeditionen aus. Nach dem Tode des Marschalls Peliſſier wurde er zum Generalgouverneur von Algerien ernannt. Vom 1. Juni 1870 ab bekleidete er bis zu ſeinem Tode die Stelle eines

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Generalgouverneurs der Invaliden. Während der Communeherrschaft im März 1871 war er von den Insurgenten als Geisel verhaftet worden und sollte erschossen werden , jedoch wurde er rechtzeitig von den in Paris eindringenden Truppen aus dem Gefängniß befreit. (Nach L'Avenir militaire vom 26. Februar 1883 Nr. 847.)

Michael Stephanowitſch Maximowitſch, Kaiserlich Russischer Generallieutenant. Geb. 1816 ; geft. 24. October (5. November) 1883 . Einem Adelsgeschlecht des Gouvernements Kiew entstammend, besuchte er die Michael Artillerieſchule und wurde Ende Januar 1834 zum Praporschtſchik befördert. 1836 der Leibgarde 1. Artillerie - Brigade zugetheilt, wurde er 1850 Commandeur der 1. Batterie der Artillerie - Lehr- Brigade und in demselben Jahre zum Obersten befördert. 1854 erhielt er das Commando der Reserve-Brigade der Grenadier-Artillerie- Diviſion, im folgenden Jahre dasjenige der 3. Grenadier- Artillerie-Brigade; im November 1861 erfolgte seine Ernennung zum Generalmajor. Im Januar 1867 wurde er zum Chef des West - Sibirischen Militär Bezirks und später zum Chef der Artillerie des Bezirks Kaſanj ernannt; Ende Auguſt 1876 erfolgte seine Beförderung zum Generallieutenant. (Nach Nr. 236 des „ Ruff. Inv. “)

De la Motterouge , Französischer Divisionsgeneral. Geb. 3. Februar 1804 zu Pléneuf (Côtes du Nord) ; gest. 31. Januar 1883 zu Nantes. Seine militärische Ausbildung erhielt er in der Schule zu St. Cyr, welche er am 1. October 1821 als Souslieutenant beim 22. Linien-Regiment verließ, mit dem er an den Kämpfen in Spanien 1823 und 1824 und in Belgien 1831 Theil nahm. Er avancirte rasch bis zum Obersten , in welcher Stellung er das 19. leichte Regiment commandirte. Als Brigadegeneral trat er am 22. December 1852 an die Spitze der 2. Militär- Subdiviſion. Während des Orientkrieges führte er erſt die 1. Brigade der 5. Infanterie- Diviſion, ſpäter die 1. Brigade der 2. Infanterie- Division des 1. Armee- Corps und von Mitte 1855 an die 5. Infanterie- Diviſion des 2. Armee- Corps. Hervorragende Verdienste erwarb er sich um das Gelingen des Sturmes auf den Malakoff, bei welchem ſeine Diviſion fast die Hälfte ihres Bestandes verlor. Nach Frankreich zurückgekehrt, erhielt er das Commando über die 15. Militär-Diviſion zu Nantes, die er bis zum Beginn des Italieniſchen Krieges befehligte. An letterem nahm er als Commandant der 1. Infanterie-Division des 2. Armee Corps (Mac Mahon) Theil und trug durch sein energisches Vorgehen wesentlich mit zur günstigen Entscheidung bei Magenta bei. Für seine Verdienste in diesem Feldzuge wurde er zum Großoffizier der Ehrenlegion ernannt, nachdem er schon früher die niederen Grade dieses Ordens sich erworben hatte. Nach dem Friedensschluß übernahm er sein früheres Commando wieder; am 4. Februar 1869 wurde er in den Reserrecadre der Generalität versezt. Im August 1870 reactivirt, führte er kurze Zeit den Oberbefehl über die National garde der Seine. Er wurde Anfang September 1870 mit der Formirung des 15. Armee Corps an der Loire beauftragt und commandirte dasselbe auch in den ersten Kämpfen bei Orléans. Er wurde jedoch bald von seiner Stellung abberufen, aber in der 1. Section der Generalität belassen. Er zählte 53 Dienstjahre und 10 Campagnen. (Nach Moniteur de l'Armée vom 8. Februar 1883 Nr. 12.)

Gilles Pieter de Neve, Generallieutenant der Niederländisch- Indiſchen Armee. Geb. 30. December 1823 zu Bergen-op 300m ; gest. 19. September 1883 zu Leyden. Nach Absolvirung seiner Studien an der Königlichen Militär-Akademie zu Breda wurde er im Juni 1842 bei der Niederländisch - Indischen Armee zum Secondlieutenant, im Februar 1849 zum Premierlieutenant und im August 1853 zum Hauptmann ernannt. Im letteren Range war er längere Zeit Chef des Stabes zu Padang (Westküſte Sumatras).

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Im November 1863 erhielt er seine Beförderung zum Oberstlieutenant und war von dieſer Zeit bis Mai 1865 Militärcommandant der Westküste Borneos . Nachdem er ein paar Jahre auf Urlaub in der Heimath geweſen war , ging er als Militärcommandant nach Padang -Pandjang (Sumatra) und wurde im December 1869, bei ſeiner Beförderung zum 1872 fehrte er häuslicher Oberst Commandant der 3. Militär-Abtheilung auf Java. Umstände wegen nochmals nach der Heimath zurück , war jedoch Ende 1873 wieder in Indien und ging mit dem General van Swieten nach Atjeh als deſſen Stabschef und Rathgeber. Im Februar 1874 zum Generalmajor ernannt , kehrte er im April d. J. mit seinem Chef nach Java zurück und erhielt am 19. April 1875 ſeine Ernennung zum General lieutenant und Armee-Commandanten , welch hohes Amt er vier Jahre bekleidete. 1879 verließ er den Militärdienst mit Pension . Für die Expedition auf der Westküste Borneos wurde er zum Ritter 4. Klaſſe und für die zweite Atjeh-Expedition zum Ritter 3. Klaſſe des Militär-Wilhelms-Ordens ernannt und erhielt nach der leztgenannten Expedition auch das Commandeurkreuz des Niederländischen Löwen-Ordens.

Ludwig Graf zu Pappenheim, Königlich Bayerischer General à la suite, erblicher Reichsrath der Krone Bayern. Geb. 5. December 1815 zu Eichstädt ; geſt. 2. August 1883 zu München. Aeltester Sohn des Generals der Cavallerie Albrecht Graf zu Pappenheim , erblicher Reichsrath und Standesherr in Bayern, wurde er auf den Gymnasien zu Dillingen und Augsburg gebildet, trat als Junker extra statum 1832 in das 4. Chevaulegers -Regiment, diente in demselben und von 1844 bis 1849 im 6. Chevaulegers-Regiment , bis zu dem am 25. December 1853 erfolgenden Scheiden aus dem activen Dienste, als Major à la suite mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform als Flügeladjutant. Sehr gerne Soldat, schneidiger guter Reiter und Cavalier, frühzeitig durch Reisen gebildet, fand er besonders in den Bewegungsjahren 1848 und 1849 zu Frankfurt am Main, zu Speyer und Germers heim bei Ausfällen und Streifen mehrfach Gelegenheit, sich durch Entschlossenheit aus zuzeichnen, und erhielt hierfür das Ritterkreuz 1. Klaſſe des Badischen Ordens vom Zähringer Löwen . Als Majoratserbe zum Aufgeben des Dienſtes veranlaßt, lebte er der Landwirthschaft, den Studien und der Musik, nach seines Vaters Tod von 1861 an auch den Pflichten als Reichsrath. 1862 wurde er Oberstlieutenant und 1873 Generalmajor à la suite. K.

David William Paynter, Königlich Englischer Generalmajor. Geb. 1817 ; gest. 30. December 1883 in Bath. Der Verstorbene, Ritter des Bath-Ordens, zulezt bei der Artillerie, trat im December 1833 in die Armee ein. Er wurde Lieutenant im Januar 1837, Hauptmann im Mai 1845, Major im December 1854. Er machte als Major und Oberstlieutenant, zu welchem Range er 1855 befördert wurde, den Orient-Krieg_1854-1856 mit. Er nahm Theil an den Gefechten von Bulganak und von M'Kenzie's Farm sowie an den Schlachten an der Alma, bei Balaclava und Inkerman. Für seine Dienste in der Krym erhielt er die Kryms Medaille mit vier Schnallen , den Bath-Orden, die Türkische Medaille und den Medjidie Orden 5. Klasse. Er erlangte im December 1864 den selbständigen (substantive) Rang eines Oberst und erhielt im Juli 1867 den Abschied mit Vollſold und den Ehrenrang als Generalmajor. (Nach United Service Gazette vom 5. Januar 1884.)

Gregor Iwanowitſch Philippſon, Kaiserlich Russischer General der Infanterie. Geb. 1805 ; geft. 14./26 . Januar 1883. Er stammte aus einem Adelsgeschlecht des Gouvernements Kaſanj und erhielt ſeine Erziehung im elterlichen Hause. 1823 trat er mit 18 Jahren als Unterfähnrich in das Infanterie-Regiment Olonet ein; erst drei Jahre später erfolgte seine Beförderung zum Fähnrich unter gleichzeitiger Versehung in das Grenadier - Regiment Prinz Eugen von

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Württemberg und unter Belaffung in der im Hauptquartier der früheren I. Armee errichteten Offizierſchule. 1827 erfolgte seine Ernennung zum Podporutschik, 1829 diejenige zum Porutſchik. In dieſer Charge machte er den Feldzug gegen Polen 1831 mit und focht vor Praga, bei Oſtrolenka und in vielen kleineren Gefechten und Scharmüßeln ; ſeine bewiesene kriegerische Tüchtigkeit wurde mit dem St. Annen- Orden 4. Klaſſe mit der Inschrift „Für Tapferkeit“ belohnt. Für die Wegnahme der vorgeschobenen Warſchauer Befestigungen und des Stadtwalles erhielt er den St. Annen- Orden 3. Klaſſe am Bande. Nach Beendigung des Krieges trat der inzwischen zum Stabscapitän Ernannte in die Kaiserliche Militär-Akademie, in welcher er für Auszeichnung in den wissenschaftlichen Leistungen zum Capitän befördert wurde. Als er 1835 die Akademie absolvirt hatte, erhielt er die große filberne Medaille , und wurde sein Name auf die marmorne Ehren tafel geseßt. Zum Generalstabe zugezählt, blieb er nur einen Monat bei dieſem Departe ment, da er zum Stabe der Kaukasus-Armee commandirt und dann zum Quartiermeiſter der 20. Division ernannt wurde. So beginnt im Mai 1837 für ihn seine Laufbahn im Kaukasus, die er dort fast ununterbrochen bis 1861 verfolgen sollte. Dort angekommen, trat er ſofort in die Schule des berühmt gewordenen Weljaminow , der damals die Truppen der Kaukasischen Linie commandirte. Zu der Abtheilung geschickt, welche die Befestigungen der Tschernomorskiſchen Linie von Gelendschik bis zur Mündung des Bulan Fluffes verlängern sollte, betheiligte er sich hier in ununterbrochenen Kämpfen bei der Anlage der Nowo - Troiskoje- und Michailowskoje - Befestigungen und erhielt für seine Thätigkeit sowohl bei den betreffenden Arbeiten, als auch für Auszeichnung in den ver schiedenen Kämpfen den St. Wladimir- Orden 4. Klaſſe am Bande. In den beiden folgenden Jahren finden wir ihn in der mit Anlage neuer Stützpunkte auf dem östlichen Ufer des Schwarzen Meeres betrauten Abtheilung des Generals Rajewski wieder, und erhält er für die beim Bau der Forts Golowinski , Lazarew und der Befestigungen Rajewski bewiesene Umsicht und Thätigkeit, in Verbindung mit der bei den fast täglichen Kämpfen mit den Bergbewohnern bewiesenen Tapferkeit, den St. Stanislaus -Orden 2. Klasse ; 1839 erfolgte seine Beförderung zum Oberst. Seine dreijährige Dienſtleiſtung in den genannten Stellungen hatte genügende Gelegenheit gegeben, seine hervorragenden Eigenschaften zu erkennen, und so wurde 1840 ihm die Verwaltung der Tschernomorskiſchen Linie übertragen , in welcher Stellung es ihm gelang , die Allerhöchste Anerkennung in so vollem Maße zu erwerben, daß ihm und den ihm unterstellten Stabs- und Oberoffizieren bei Erdienung des St. Georgen-Ordens ein Jahr erlaſſen wurde „als Belohnung für die ausgezeichneten Dienste und besonderen , mit nachahmenswerther Energie und Beharrlichkeit ertragenen Anstrengungen“. Noch viele Jahre in dieser Stellung verbleibend , sammelte der Oberst natürlich die reichsten Erfahrungen über Land und Leute und wurde 1845, unter Beförderung zum Generalmajor , zum Chef des Stabes der Kaukasus - Armee ernannt. 1848 wurde er nach Petersburg berufen, um die persönlichen Befehle des Kaiſers entgegen zunehmen bezüglich Ueberführung von Kronbauern des Stawropolschen Gouvernements zum Kasakenstande und bezüglich Errichtung von Fuß - Bataillonen bei dem Kaukasischen Linien-Kasaken-Heere. Kaum auf ſeinen Poſten zurückgekehrt, erfolgte 1849 ein neuer Ruf in die Hauptstadt und seine Ernennung zum Chef des Stabes des 4. Infanterie - Corps, 1855 aber diejenige zum stellvertretenden Ataman des Tschernomorskischen Kasaken Heeres, gleichzeitig aber auch zum Commandeur der 1. Brigade der 19. Infanterie Division. Nach Beendigung des Orientkrieges 1853-1856 wurde die Erneuerung der Befestigung von Anapa beschlossen und zu diesem Zwecke eine von Anfang Juni bis Ende November 1856 dauernde Expedition unternommen , während welcher er von Anapa aus die Gegend der früheren Befestigungen faſt an der ganzen Tschernomorskiſchen Linie ent lang unter täglichem Kugelwechsel mit den Bergbewohnern recognoscirte. Die Beförderung zum Generallieutenant lohnte dieſen Dienſt. Im folgenden Jahre finden wir ihn vom April bis in den December hinein beschäftigt mit Anlage der Befestigungen von Adagum den Anfang der Adagumschen Befestigungslinie zu machen, die bekanntlich den Zweck hatte, einen Theil der Kaukasischen Linie gegen die immerwährenden Einfälle der Bergvölker zu ſchüßen. Der Juli 1858 brachte ihm seine Ernennung zum Commandirenden der Truppen des rechten Flügels der Kaukasischen Linie unter Belassung seiner Stellung als Ataman. Unablässig waren hier seine Bemühungen auf Beruhigung dieser Gegenden gerichtet , und gelang es ihm auch, durch Anlage von sechs neuen Stanizen und durch einige Expeditionen mehrere Asiatische Völkerschaften zur Unterwerfung zu bringen. 1860 erfolgte die Ernennung zum Chef des Hauptstabes der Kaukasus -Armee und im April 1861 diejenige zum Mit gliede des Kriegsrathes. Damit endete seine dreißigjährige Dienstzeit als Soldat, denn drei Monate nach seiner Rückkehr aus dem Kaukasus wurde er zu einer anderweitigen Thätigkeit in den Beamtendienst berufen. Er trat in den dirigirenden Senat ein und

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Militärische Jahresberichte für 1883.

wurde gleichzeitig Curator des Petersburger Lehrbezirks. Bis zum Februar 1862 in dieser Stellung verbleibend , wurde er um dieſe Zeit von seinem Poſten als Curator entbunden, aber unter Beibehalt der Stellung als Senator und Mitglied der Hauptverwaltung der Schulen. Als dieſe aufgehoben wurde und die Centralverwaltung des Miniſteriums der Volksaufklärung eine anderweite Formation erhielt , blieb er Senator und Mitglied des Heroldsamtes. 1880 erhielt er den Rang als General der Infanterie. (Nach Nr. 16 des „Russischen Invaliden“.)

Waldemar Rudolph v. Naaslöff, Königlich Dänischer Generallieutenant. Geb. 9. November 1815 in Altona ; geft. 14. Februar 1883 zu Paris. Er erhielt seine Erziehung auf der Landcadettenakademie in Kopenhagen, machte dann die militärische Hochschule durch und ward 1838 zum Lieutenant der Artillerie ernannt. 1840-41 that er Dienste bei der Französischen Fremdenlegion in Algier und schrieb nach seiner Rückkehr ein sehr intereſſantes Buch über seinen dortigen Aufenthalt. Nachdem er 1848 zum Capitän ernannt worden, erhielt er von der Regierung den Auftrag, die in Frankreich und Belgien angekauften Gewehre zu übernehmen. Bei dem Französischen General Fabvier, der sich als Rathgeber bei der Dänischen Heerleitung am Feldzuge 1849 betheiligte, verrichtete R. Adjutantendienſte und machte den Feldzug 1850 als Führer einer Halb-Batterie mit. Im nächsten Jahre nahm er ſeinen Abschied und ging als Civil ingenieur nach Nordamerica. Um diese Zeit ward die Frage wegen der Aufhebung des Sundzolls angeregt ; R. wußte durch eine Reihe trefflich abgefaßter Artikel in öffentlichen Blättern die für Dänemark günstigste Ablösungsweise jenes Zolls so plausibel zu machen, daß die Nordamericaner sich lebhaft dafür intereſſirten , was wiederum auf den glücklichen Ausfall der Sache von entscheidendem Einfluß war. Zur Belohnung der also geleisteten Dienste ward er von seiner Regierung zum Gesandten in Washington ernannt. Von hier aus ging er im Auftrage ſeiner Regierung im Jahre 1862 nach China , wo er einen für Dänemark vortheilhaften Handelstractat abschloß. Als er 1866 eine Reiſe nach Dänemark machte, befanden sich die dortigen Militärverhältnisse in einem fast verzweifelten Zustande. Es wurde ihm der Posten des Kriegsministers angeboten ; er nahm ihn an und brachte es durch Klugheit und Energie dahin, daß schon 1867 eine sehr zweckmäßige neue Heerordnung eingeführt wurde. Während seiner vierjährigen Amtsführung hob sich das Dänische Heer auf einen hohen Standpunkt der Disciplin und taktiſchen Ausbildung. Einige Jahre hin durch war er zugleich Marineminiſter und vertrat als solcher den Grundsaß, daß die Dänische Flotte nur aus kleineren Schiffen bestehen müsse, die ausschließlich auf die Küsten vertheidigung berechnet wären. Noch während seines Aufenthalts in Washington war von Seiten Nordamericas die Frage wegen des Ankaufs der Dänisch-Westindischen Inseln angeregt worden. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß dies mit dem Wunſch ſeiner Regierung übereinstimme, nahm er sich der Sache aufs wärmste an , und hätte sie auch sicher durchgeführt, wenn er in Nordamerica geblieben wäre. Als sich die Sache zerschlug, nahm er 1870 ſeinen Abschied und ward kurz darauf zum Generallieutenant ernannt. Er verließ Dänemark und lebte längere Zeit in Dresden, darauf in Baden-Baden und zuleßt in Paris, wo er am 14. Februar 1883 verstarb.

Waffili Feodorowitsch Raille, Kaiserlich Russischer General der Infanterie. Geb. 1818 ; geft. 5./6 . (17./18 . ) November 1883. In der (früheren) Schule der Unterfähnriche der Garde und der Cavalleriejunker erzogen, wurde er 1837 zum Fähnrich im Leibgarde-Jäger- Regiment befördert. Von 1842 bis 1854 war er, mit Ausschluß zweier Jahre, in welchen er einen unbeſtimmten Urlaub hatte, in Dienststellungen als Adjutant thätig, und so namentlich auch in der des ältesten Adjutanten der 2. Garde- Division. Nach seiner 1854 erfolgten Beförderung zum Oberst zum Leibgarde- Semenowskischen Regiment verseßt, wurde er ein Jahr später Commandeur des Reserve Bjelozerskischen Regiments, dann ( 1856) Commandeur des 4. Reserve- Bataillons des Regiments Podolsk, 1859 Commandeur des Grenadier - Regiments Samogitien und

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1860 des Kecksholmſchen Grenadier-Regiments, welches er bis 1863 commandirte, um dann inzwischen zum Generalmajor befördert - das Commando des Regiments Wolhynien zu übernehmen, mit welchem er gegen die Polnischen Aufständischen kämpfte. Hierfür mit dem St. Stanislaus-Orden 1. Klasse mit Schwertern belohnt , erhielt er 1865 den Befehl über die 36. Infanterie-Diviſion , diesen 1868 mit demjenigen über die 35. Infanterie Division vertauschend. 1877 zuerst zum Commandeur des 6., dann des 5. Armee-Corps ernannt, übernahm er als Generallieutenant 1878 den Befehl über das 10. Armee-Corps ; auch dieses commandirte er aber noch nicht ein halbes Jahr lang, denn schon 1879 erfolgte seine Ernennung zum Mitgliede des Kriegsrathes , welche Stellung er - inzwischen zum General der Infanterie befördert - bis zu seinem Tode inne hatte und in welcher er an den Arbeiten vieler Comités Theil nahm , die eine Reorganisation verschiedentlicher Gebiete des Militär-Verwaltungsdienstes bei den Truppen zum Gegenstande hatten. (Nach Nr. 246 des „Russischen Invaliden“.)

Thomas Reed,

Königlich Engliſcher General. Gest. 24. Juli 1883 in Romsey. Der Verstorbene , 86 Jahre alt, Inhaber des 1. Bataillons des Effer- Regiments, wurde in dem Royal Military College Sandhurst erzogen. Von hier aus trat er im August 1813 bei dem 12. leichten Dragoner-Regiment ein und erhielt im Mai 1815 das Lieutenantspatent. Er hat in genanntem Regiment die Schlacht von Waterloo mitgemacht. 1841 wurde er Oberst und zum Adjutanten der Königin ernannt. In der Sutlej- Armee commandirte er die 1. Brigade. Für seine Dienste in Bengalen wurde er Ritter des Bath-Ordens. Als Generalmajor leitete er beim Ausbruch des Indiſchen Aufſtandes die Bewegungen der Truppen im Punjab derartig , daß die Ruhe in dieser Provinz wieder hergestellt wurde und daß lettere als Basis für die Operationen gegen Delhi dienen konnte. Beim Schluß des Feldzuges wurde er Commandeur des Bath -Ordens. Seine Ernennung zum Generallieutenant erfolgte im Mai 1860 , zum General (full general) im Januar 1868. 1877 erhielt er den Abschied. (Nach United Service Gazette vom 4. Auguſt 1883.)

Robertſon Noß, Königlich Englischer Generalmajor. Gest. 23. Juli 1883 in Boulogne sur Mer. Er wurde in Edinburgh erzogen und trat 1848 in die Armee. Den Kaffernkrieg 1850/51 machte er bei den berittenen Jägern des Caplandes (Cape Mounted Rifles) mit. Ihm wurde der proviſoriſche (local) Hauptmannsrang ertheilt, so lange er ein Corps irregulärer Cavallerie , genannt " Armstrongs Horse ", befehligte. Der commandirende General erwähnt seiner wiederholt lobend. Er wurde darauf zum Lieutenant im 4. Regi ment befördert, in welchem er den Orient-Krieg 1854/55 mitmachte. Für sein Verhalten in den Schlachten an der Alma , bei Inkerman und bei der Belagerung von Sebastopol wurde er von Lord Raglan belobt, ferner zum Major befördert und mit der Medaille mit den Schnallen (clasps) beliehen. Kaiser Napoleon verlich ihm die Ehrenlegion, der Sultan die 5. Klaſſe des Medjidie-Ordens. Seine Ernennung zum Oberstlieutenant erfolgte 1863, zum Oberst 1870, zum Generalmajor 1880. 1875 wurde er Commandeur des Bath Ordens . Er erreichte ein Lebensalter von 55 Jahren. (Nach United Service Gazette vom 28. Juli 1883.)

Albert Roth, Königlich Bayerischer Generalmajor a. D. Geb. 19. October 1815 zu Nürnberg ; gest. 23. Januar 1883 zu Augsburg. Er trat 1833 in das 5. Infanterie-Regiment ein , demselben 33 Jahre lang bis zur Beförderung zum Obersten angehörend ; hierbei 1849 während der Unruhen in der Pfalz commandirt, ſtand er auch 1859 wieder bei dem dortigen Beobachtungscorps. 1866

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befehligte er als Major einige Zeit das zum Schuße der Ostgrenze Bayerns beorderte Detachement, wurde aber, noch ehe dort ein Zuſammenſtoß erfolgte, zum Commandeur des 1. Infanterie-Regiments befördert . Dieses Regiment commandirte er auch 1870 bei Wörth und Sedan, wurde am 2. September zum Führer , im November zum Generalmajor und Commandeur der 3. Infanterie-Brigade ernannt und führte dieselbe in allen Kämpfen bei Orléans. Mehrfache Orden, wie Comthurkreuz des Bayerischen Militär- Verdienstordens, das Eiserne Kreuz, belohnten seine Verdienste. Ein bei Sedan erhaltener Streifschuß, ein Prellschuß bei Loigny und drei in den Kämpfen bei Orléans ihm unter dem Leibe erschossene Pferde, hatten seine Dienstleistung nicht behindert; doch ein Sturz mit dem Pferde während des Waffenſtillſtandes im März 1871 zog ihm eine derartige Fußverleßung zu, daß er nach Hauſe mußte. Am 21. Mai 1871 übernahm er die Commandantur Augs burgs; gichtische Leiden zwangen den noch stattlichen Mann und Soldaten bald darauf, im April 1872, zum Verlaſſen des Dienstes. In Augsburg, bei seinen dort verheiratheten Kindern bleibend, erlöste ihn der Tod von langwierigen Leiden; seine Leiche ward in München an der Seite seiner Gattin, einer geborenen Freiin v. Wöllwarth, beigeſeßt. Wie eigenthümlich oft im Gefechte die Führung_betroffen wird , zeigte sich bei dem Ver storbenen als Brigadecommandeur bei Loigny, 2. December 1870, indem in rascher Folge sämmtliche 4 Offiziere des Brigadestabes gerade in dem Momente kampfunfähig wurden, als die 3. Bayerische Brigade zu jenem momentan erfolgreichen, aber nicht nachhaltigen Vorstoß geführt wurde, der nach Chanzys eigener Angabe die ganze Französische Division Barry so deroutirte, daß dieselbe an diesem Lage nicht mehr gefechtsfähig war. Genannter Brigadestab hatte nämlich folgendes Erlebniß faſt à tempo : der Commandeur stürzte mit dem Pferde, dem Generalstabshauptmann wurde das Pferd erſchoffen, der Adjutant wurde R. tödtlich und der Ordonnanzoffizier schwer verwundet.

Edward Sabine, Königlich Englischer General. Geb. 14. October 1788 in Dublin ; gest. 26. Juni 1883 in Richmond. Der Verstorbene, Commandeur des Bath , Ordens , wurde in den Royal - Military Colleges von Marlow und Woolwich erzogen. Seine Ernennung zum Offizier in der Artillerie erfolgte am 22. December 1803. Er machte den Americanischen Krieg 1813-16 mit Auszeichnung mit. Seine Hauptthätigkeit iſt_indeſſen nicht auf militärischem, ſondern auf wissenschaftlichem Felde zu suchen. Er widmete sich mit großem Fleiße den mathematiſchen und physikalischen Studien. Seine Beobachtungen der Pendelschwingungen und seine Unter suchungen über den Erdmagnetismus an den verschiedensten Stellen der Erde sichern ihm die Bedeutung eines Gelehrten ersten Ranges . Außer in dem obengenannten Kriege ist er militärisch nur noch 1833–37 in Jrland , zuerst als Artilleriſt, ſpäter als Offizier im Generalstabe thätig gewesen. (Nach United Service Gazette 30. Juni 1883.)

Gregor Christophorowitsch Baron v. Saf, Kaiserlich Russischer General der Cavallerie. Geb. 1797 ; geft. 4./16 . December 1883. Er entstammte einer Kurländischen Adelsfamilie. Im elterlichen Hauſe erzogen , trai er 1813 in das Grodnoſche Huſaren - Regiment als Junker ein , nahm an den Schlachten bei Dresden, Culm, Leipzig u. A. Theil und wurde für Tapferkeit mit dem Kriegs - Orden belohnt, sowie am 16. Auguſt 1813 als Cornet in das Tſchugujewskiſche Ulanen -Regiment versett. Nach Beendigung des Krieges und Rückkehr der Truppen nach Rußland erfolgte eine abermalige Versehung und zwar in das Pskowsche Cüraſſier- (das heutige Leib- Dragoner ) Regiment, am 11. September 1820 eine dritte; der inzwischen zum Stabsrittmeiſter Beförderte wurde in das im Kaukasus berühmt gewordene Nishegorodskische Dragoner- Regiment ver sezt, in welchem er über 5 Jahre ſtand. Der Kampf mit den Bergvölkern hatte ihn jedoch erkennen lassen, daß die Infanterie für Entfaltung seiner Thätigkeit dort eine geeignetere Waffe sei, und so trat er am 3. Januar 1826 in das 43. Jäger-Regiment über. Schon im Juli desselben Jahres erfolgte seine Ernennung zum Major mit gleichzeitiger Versetzung in das Nawaginskische Infanterie - Regiment. Mit diesem Regiment rückte er 1829 in den

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Krieg mit der Türkei, war bei den meiſten Hauptſchlachten betheiligt und wurde für Tapfer keit mit dem St. Wladimir - Orden_vierter Klaſſe mit dem Bande und der Beförderung zum Oberstlieutenant belohnt. Im November des Jahres 1830 wurde er zum Commandeur des Mosdokschen Kasaken-Regiments ernannt, mit welchem er an der Expedition des Jahres 1831 Theil nahm und fast das ganze Tschetschenzenland , sowie den Daghestan durchſchritt. Am 24. Juni 1831 ausgerückt, kehrte das Regiment erst im Januar 1832 in ſeine Quartiere zurück, nachdem es ein halbes Jahr fast ununterbrochen unter freiem Himmel und in Bimaks zugebracht hatte, in gleicher Weise auf den hohen Gipfeln der Berge der eisigen Kälte, wie in den tiefen Schluchten der erstickenden Hiße ausgesezt. Heimgekehrt, erfreute sich das Regiment nicht lange ſeiner Ruhe, denn schon im Juli rückte es zu einer neuen Expedition gegen eines der Bergvölker aus , von der es allerdings bereits gegen Ende Auguſt wieder zurückkehrte. Für Umsicht und Tüchtigkeit während der ersten Expedition war er zum Obersten befördert worden, die zweite brachte ihm die Auszeichnung des St. Annen-Ordens 2. Klaffe. Da es ihm gelungen war, seine Talente zu zeigen und seine Selbständigkeit in Entschließungen an den Tag zu legen, so wurde er 1833 zum Commandirenden des Batal paschinskischen Theils der Kubanlinie ernannt. Im August desselben Jahres wurde eine besondere Abtheilung formirt, die unter seinem Befehl gegen die Tscherkessen an den Duellen des Urup operiren sollte. Die Expedition war eine äußerst kühne und lenkte die Auf merksamkeit der Bergvölker auf sich; sie erkannten den neuen Anführer als einen ihnen höchst gefährlichen Mann, der ihnen durch Wegnahme von Gefangenen, Heerden, Verbrennen der Auls u. s. w . vielfachen Schaden zugefügt hatte; ähnlich glücklich operirte er im Januar 1834 gegen einen aufrührerischen Stamm der Bergvölker, den er zwang, unter Ruſſiſche Botmäßigkeit zu treten. Mit dem Charakter der Bergvölker vertraut und mit Geld_nicht fargend, war er stets durch Spione gut unterrichtet , und traf in Folge deſſen häufig ſo frühzeitig an wichtigen Versammlungspunkten der Aufständischen ein, daß diese gar nicht dazu gelangten, ihre Kräfte zu einem energischen kräftigen Schlage zu vereinigen. Da er ferner den Grundsat befolgte, die in der Nähe der Russischen Linien gelegenen Ansiedelungen der Bergvölker systematisch zu vernichten , und damit die Concentrationspunkte für feind liche Ueberfälle weiter fort zu verlegen, so gelang es ihm, im Laufe des Jahres 1834 sein Ziel - die Unterjochung eines Theils der Bergvölker - zu erreichen. Seine energische und fruchtbare Thätigkeit hatte nicht verfehlt , die Aufmerksamkeit der Vorgesezten auf sich zu ziehen, und so wurde er im October 1834, obgleich noch Oberst , zum Commandirenden der ganzen Kubanlinie ernannt, in welcher Function er nicht verfehlte eine höchst energiſche, rührige Thätigkeit zu entfalten, bei der er vielfach dem Beispiele Jermoloffs folgte, d. h . durch Niederlegen von Waldungen im weitesten Umfange den Bergvölkern die Möglichkeit zu gedeckten Ansammlungen in der Nähe der Russischen Linien raubte. Mit dem goldenen, durch die Inschrift „ Für Tapferkeit“ gezierten Ehrensäbel belohnt , wurde er 1836 zum Generalmajor befördert und unternahm wiederum eine ganze Reihe von Expeditionen. Bei den Bergvölkern ſtand er wegen seiner wahrhaft ritterlichen Tapferkeit in hohem An ſehen, und verstand er es andererseits , hieraus den erdenklich größten Vortheil zu ziehen. Die Tscherkessen nannten ihn den Tschaitan“, d. h. Teufel, und verfehlte der General auch nicht, mit Zühülfenahme von Zauberlaternen, Panoramen, elektrischen Maschinen, Spiel uhren u. s. w. auf das Gemüth dieſer Leute einzuwirken, so daß dieselben von ihm glaubten, er könne Pulver in Gold verwandeln und bespreche die Kugeln ; von ihm veranstaltete Geisterbeschwörungen und Vorhersagungen, welche sich die Bergvölker nicht zu erklären ver mochten, veranlaßten dieſe, ihre Auls weiter von den Ruſſiſchen Linien zurückzuziehen, da sie sich bei der bisherigen Nähe in denselben auf irgend eine übernatürliche Art beobachtet glaubten. Sogar das ausgesprengte Gerücht von seinem Tode mußte ihm einmal zum Gelingen einer Expedition verhelfen. Es erschienen Deputationen seitens der verschiedenen Stämme, um unter allerlei Vorwänden sich womöglich durch den Augenſchein von dem Tode des "Teufels" zu überzeugen. Man zeigte den Neugierigen auch die vermeintliche Leiche. v. Saß lag zugedeckt mit einem Betttuch da, am Kopfende brannten trübe drei Wachslichte ; dieses Schauspiel dauerte einen ganzen Tag. Die Besucher blickten durch die nur halb geöffnete Thür in eine halbdunkle Kammer ; bei ihrem Abgange bat man sie, die Nachricht von dem Tode des Generals zu verbreiten und bekannt zu machen , man möge während der beiden folgenden Tage nicht nach dem Todesorte kommen, da diese Zeit für die Vorkehrungen zur Bestattung erforderlich sei." Die Deputationen reiſten ab ; bei den Ihren wieder eingetroffen , wurden sie für dieſe Nachricht von dem Tode des Gefürchteten reichlich beschenkt, während Freudenfeste veranstaltet wurden . Inzwischen war aber der Todtgeglaubte bereits seinen vorausgesandten Truppen nachgeeilt , überfiel die Feiernden, machte sie zu Gefangenen, raubte ihre Heerden, verbrannte ihre Auls, allerdings nicht ohne heftige Gegenwehr zu finden und diesen Ueberfall mit einer Verwundung am Bein zu

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bezahlen. 1840 wurde er zum Commandirenden des rechten Flügels der Kaukaſiſchen Linie ernannt; gleichzeitig begann auch die Anlage der Labinskischen Linie. Schon in den zwanziger Jahren hatte Jermoloff die Nothwendigkeit des Vorſchreitens der Ruſſiſchen Macht über den Kuban hinaus betont ; 1837-1839 drängte auch v. Saß darauf hin und ſorgte dafür, daß die Auls der feindlichen Stämme immer mehr vom Kuban zurückgezogen wurden. 1840 wurden seine Vorschläge durch den Kaiser genehmigt und der Befehl zur Anlage der Labinskischen Linie ertheilt , eine ganze Reihe von Befestigungen dieser Linie verdankt ihre Entstehung der Zeit, während welcher er den rechten Flügel der Kaukaſiſchen Linie commandirte, und führt eins dieser Werke auch seinen Namen. 1840 zum General lieutenant befördert, mußte er zwei Jahre später wegen Krankheit den Dienſt im Kaukaſus verlaſſen, 1848 aber ganz aus demselben ausscheiden ; nach wenigen Monaten aber ſehen wir ihn wieder im Dienst und zwar bei der Person des Obercommandirenden der mobilen Armee, dem Generalfeldmarschall Grafen Paskewitſch-Eriwanski, Fürſten v. Warſchau. Da der Fürst wußte, einen wie kriegserfahrenen Offizier er in dem Generallieutenant v. Saß besaß , so übertrug er demselben bei dem ersten Vormarsch der Ruſſiſchen Truppen gegen die Ungarn den Befehl über die Avantgarde des 3. Infanterie- Corps. In dieser Function führte v. Saß eine ganze Anzahl von Recognoscirungen aus und wurde mehrfach mit dem Feinde handgemein; an den Schlachten von Waizen und Debreczin nahm er Theil. Bald nach dem Feldzuge, am 29. October 1850, nahm er abermals seinen Abschied. Eine 1829 erlittene Contusion in der linken Seite, eine 1832 erlittene Verwundung der rechten Hüfte mit Zerschmetterung des Hüftknochens, eine abermalige Verwundung und zwar an der rechten Hand über dem Handgelenk mit Beschädigung des Knochens , und schließlich die 1838 davongetragene Kugelverwundung des linken Fußes - hatten seine Gesundheit sehr angegriffen und ist General v. Saß seitdem auch nie wieder wirklich im Dienſt thätig gewesen, wenngleich er 1864 durch Kaiser Alexander II. wieder reactivirt und der Reserve der Kaukasus-Armee zugezählt wurde ; 1877 erfolgte seine Ernennung zum General der Cavallerie. Mit dem Verstorbenen hat die Russische Armee wieder einen ihrer Veteranen, einen der gefürchtetſten und berühmtesten Kämpfer des Kaukaſus verloren. (Nach Nr. 277 des „Russischen Invaliden“.) Plato Alexandrowitsch Sawitsch, Kaiserlich Russischer Generallieutenant. Geb. 16. (28. ) August 1818 ; gest. 24. Februar (8. März) 1883 . Aus einem Adelsgeschlecht des Gouvernements Pultawa stammend , besuchte er das 2. Cadetten-Corps und wurde im Juli 1837 zum Fähnrich in der 6. Artillerie-Brigade ernannt. Als Podporutſchik (Secondlieutenant) war er Adjutant bei dem Commandeur der 2. Artillerie- Diviſion, und wurde 1845 für Auszeichnung im Dienſt zum Porutſchik (Premier lieutenant) befördert. Im Mai des folgenden Jahres von dieser Stellung entbunden und zur Dienstleistung bei der Normal - Fuß-Batterie commandirt, wurde er im October 1847 zu dem Stamm derselben verseßt und im November zur 2. Artillerie- Division commandirt, um dort die Handhabung des Artilleriedienstes zu lehren. Nach seiner Rückkehr von dieſem Commando zum Stabscapitän befördert , erfolgte Anfang 1849 ſeine Verſeßung in die Leib - Garde- 1. Artillerie-Brigade unter Belaſſung in seinem Commando. Mit Beginn des Orientkrieges , 1853/56 , wurde er, nunmehr Capitän , Commandeur der 1. Garde-Fuß Artillerie-Ersatz- Batterie. 1854 zum Obersten und Commandeur der 1. Reserve- Batterie der Leib - Garde - 1. Artillerie-Brigade ernannt , wurde er im December 1855 Commandeur der Normal-Fuß - Batterie, die er sieben Jahre lang behielt. Hervorragend durch seine Diensterfahrung und durch peinlichste Erfüllung seiner Dienstobliegenheiten, wurde er zum Gehülfen des Commandeurs der Artillerie im Königreich Polen und 1862 zum General major ernannt. Die Formirung der „ Militärbezirke" rief ihn nacheinander nach Warschau, Kaſanj und Wilna als Gehülfen des Commandeurs der Artillerie der betreffenden Bezirke. 1870 zum Generallieutenant befördert, war er dann sieben Jahre lang Commandeur der Artillerie des lettgenannten Militärbezirks, während welcher Zeit er sich die Vervollkommnung der Ausbildung der ihm unterstellten Truppen ganz besonders angelegen sein ließ , ſo vor Allem auch für Herstellung eines Polygons zur Abhaltung von Schießübungen und für Einführung praktischer Uebungen der Artillerie zur Ausbildung der Batterien im Schieß und im Fahrdienst sorgte. Das Jahr 1879 brachte ihm seine Verseßung nach Warſchau in gleicher Stellung wie bisher. Hier starb er in einem Alter von 65 Jahren, von denen 46 Jahre lediglich dem Dienste der Artillerie gewidmet gewesen waren , in welcher Waffe er den Ruf eines erfahrenen und seinem Berufe treu ergebenen Mannes genoß. (Nach Nr. 50 des „Russischen Invaliden".)

Nekrologe von im Jahre 1883 verstorbenen hervorragenden Offizieren u. s. w.

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Nicolaus Alexejewitsch Schramtschenko, Kaiserlich Russischer Generalmajor und Commandeur des Arsenals zu St. Petersburg. Geft. 21. November (3. December) 1883. Nach seiner in der Artillerie- Schule genossenen Vorbildung im Jahre 1846 zum Pras porschtschik in der Artillerie befördert, vollendete er seine technische und wissenschaftliche Aus bildung in der Offizierklaſſe derselben Schule (der heutigen Michael-Artillerie-Akademie) und wurde dann, zur Garde- Reitenden Artillerie verseßt, dem Vorſtande der Versuchs -Abtheilung der Pulverfabrik zu Ochta als Gehülfe zugetheilt. Bald darauf zum Gehülfen des Com mandeurs der Pulverschule (späteren Pyrotechnischen Schule) ernannt und 1854 zu dem Arsenal nach Brjansk commandirt, richtete er dort eine Geschüßgießerei ein und wurde Vorstand des Chemischen Laboratoriums. Nachdem er in dieser Stellung sechs Jahre ver blieben war und das Geschützgießerei-Wesen in zweckmäßiger Weise organisirt hatte, erfolgte seine Versehung an das St. Petersburger Arsenal als Stabsoffizier bei der Versuchs Abtheilung. 1863 zum Obersten befördert und für seine hervorragende Thätigkeit bei der Anlage einer Zünder- und Geschoßwerkstatt für die stählernen Berggeschüße größeren Kalibers mit dem St. Wladimir-Orden 4. Klaſſe belohnt, wurde er 1866 Commandeur des St. Peters burger Arsenals und 1870 zum Generalmajor befördert ; ſeine leßte Auszeichnung war der St. Wladimir-Orden 2. Klasse. Während seiner 17jährigen Thätigkeit in der letten Stellung hat das Arsenal eine große Ausdehnung und Erweiterung seiner Leistungsfähigkeit erfahren, wozu nicht am wenigsten die hervorragenden technischen Kenntnisse, die Erfahrung und die treueste Pflichterfüllung seines Commandeurs beitrugen, die ihn in hohem Maße auszeichneten (Nach Nr. 254 des „Ruff. Invaliden“ .) und sich hier in rechtem Lichte zeigten.

Adolf Conrad v. Schrott, Königlich Bayerischer Generallieutenant z. D. Geb. 16. Januar 1818 zu Ingolstadt ; gest. 28. Februar 1883 zu Augsburg. Als der Sohn eines 1832 verstorbenen Hauptmanns trat er 1835 aus dem Cadetten Corps zu München ins 4. Infanterie-Regiment und blieb in demſelben bis zur Beförderung zum Major 1863. Commandeur des 2. Bataillons 9. Infanterie-Regiments mußte er 1866 bei Immelborn nach der Verwundung des Obersten Aldoſſer das Regiments - Commando übernehmen, und führte dasselbe am 4. Juli im Gefecht bei Roßdorf und am 26. Juli bei Roßbrunn ; hier erhielt er einen kampfunfähig machenden Schuß in den rechten Oberschenkel . Von 1867 an wieder als Oberstlieutenant im 4. Infanterie-Regiment, wurde er am 1. Fe bruar 1870 Oberst und Commandeur des 8. Infanterie-Regiments, lag mit demselben vom 25. September bis zum Friedensschluß vor Bitsch und wurde im April 1871 nach Met versezt. Im Mai 1873 als Commandeur der 3. Infanterie- Brigade bei den Occupations Truppen in Charleville ernannt, rückte er im Auguſt desselben Jahres mit der Brigade in Augsburg ein; übernahm dort 1878 die Commandantur, mußte aber körperlicher Leiden halber schon 1881 um seine Pensionirung nachsuchen , welche in ehrenvollster Weise als Generallieutenant z . D. mit dem Prädicat „ Excellenz" erfolgte. Nur kurze Lebensdauer war ihm noch gegönnt, er ſtarb nach längerem Fußleiden, welches eine vergeblich gebliebene Amputation des rechten Fußes nöthig machte. Eine gediegene, anspruchslose, wohlwollende Soldatennatur schied mit dem Vater Schrott" , wie ihn seine Leute nannten ; seine Ruhe und Klarheit, sein praktischer militärischer Blick errang ihm stets Vertrauen. Der Verdienst Orden der Bayerischen Krone, mit welchem der persönliche Adel verbunden ist, ward ihm 1878 verliehen; ferner waren das Comthur-Kreuz des Bayerischen Militär- Verdienſt-Ordens R. und das Eiserne Kreuz Belohnung seiner Verdienste.

Felix Antonowitsch Seume, Kaiserlich Russischer Generallieutenant. Gest. 30. Juni (12. Juli) 1883 zu Wilna. Nach Beendigung des Cursus auf der Nicolaus-Ingenieur- Schule im Jahre 1844 zum Ingenieur-Praporſchtschik ernannt, wurde er in die Offizierklaffe der Schule eingereiht , die er mit großem Erfolge , unter Aufnahme ſeines Namens auf die Ehrentafel , absolvirte. 33 Militärische Jahresberichte 1883.

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Sehr bald , 1846, erfolgte seine Verseßung in das Garde- Sappeur-Bataillon. Schon als junger Offizier hatte er sich in Folge seiner Kenntnisse und seiner Tüchtigkeit des Aller höchsten Wohlwollens zu erfreuen, das sich wiederholt in Geldbelohnungen an ihn äußerte. Mit Beginn des Orientkrieges wurde er dem Commandirenden des 4. und 5. Infanterie Corps zur Verfügung gestellt und dann der Heeres - Abtheilung zugetheilt, die unter der Führung des Generaladjutanten Grafen Anrep- Elmpt in der Kleinen Walachei operiren sollte. Hier leitete er als Stabscapitän die Vertheidigungsarbeiten bei der Befestigung von Builescie, nahm an dem ruhmreichen Kampfe von Tschetati Theil (am 25. December 1853 a. St.), leitete den Brückenbau über den Ziul und commandirte ſpäter ein aus 2 Sappeur-Com pagnien zusammengesettes detachirtes Halbbataillon. Im folgenden Jahre nahm er an dem Vormarsch der unter des Fürſten Gortſchakoff Befehl stehenden Klein - Walachiſchen Heeres-Abtheilung gegen die Moldau Theil, nach deren Einnahme er die zu ihrer Fest haltung erforderlichen Erdarbeiten leitete, dann an der gewaltsamen Recognoscirung der Befestigungen von Kalafat thätigen Antheil nahm und ſchließlich dem Generaladjutanten Schilder zur Verfügung gestellt wurde, um die Vorbereitungsarbeiten für eine Belagerung Silistrias in die Hand zu nehmen. Hierbei entfaltete er eine sehr rege Thätigkeit im Bau von Brücken über die Donau, in Recognoscirungen zur Feststellung der Angriffsfront und Ausführung von Belagerungsarbeiten, welche letteren er auf dem linken Flügel selbst leitete; an dem Zurückweisen mehrerer feindlichen Ausfälle war er betheiligt. Für Auszeichnung bei Siliſtria erhielt er den goldenen Halbsäbel mit der Inſchrift „Für Tapferkeit“. Nach Beendigung des Krieges blieb er, zu seinem Bataillon zurückgekehrt , noch eine Zeit lang Compagniecommandeur, wurde dann zum Oberſten und 1862 zum Commandeur des Leib: Garde-Sappeur-Bataillons , 1863 zum Generalmajor befördert. 1864 erfolgte seine Er nennung zum Commandeur der combinirten Sappeur-Brigade, 1871 diejenige zum General lieutenant. Ein Unglück auf der Eisenbahnstation Wilna , bei welchem dem General beide Beine abgefahren wurden , sette seinem Leben und seiner verdienstvollen Wirksamkeit ein (Nach Nr. 148 des „Russischen Invaliden“.) frühzeitiges Ende.

Eduard Karlowitsch Stange, Kaiserlich Russischer Generalmajor. Geft. 18. (30.) Januar 1883 zu Ufa. 1845 zum Offizier befördert, diente er lange Zeit im Kaukaſus und erfreute sich eines guten Rufes als Soldat. An dem denkwürdigen Tage des 25. Auguſt (6. September 1859) stürmte er mit seinem 2. Bataillon des Schirwanstischen Regiments die beinahe unersteig lichen Gebirgswände der Feſte Gunib auf deren östlicher Seite. An der Spiße ſeiner Leute feuerte er diese zu unaufhaltsamem Vordringen an, und gelang es diesen nach unſäglichen Mühen die steilen Berghänge zu erklimmen, indem einer ſich auf den andern stellte; das Thor wurde eingehauen und folgte nun ein wüthendes Handgemenge, in welchem die Schirwanzen aber Sieger blieben und so nicht wenig zum Gelingen des Sturmes beitrugen. Schwer verwundet , erhielt Stange für dieſe glänzende Waffenthat den St. Georgs- Orden 4. Klaſſe. 1876 zum Generalmajor befördert, hatte er die Stellung eines Gouvernements Militärchefs in Üfa, bis zur Aufhebung derselben , inne, und wurde er von seinen Kriegs gefährten als ein tapferer Kamerad und liebenswürdiger Mann geachtet und geliebt. (Nach Nr. 18 des „Russischen Invaliden".)

Ladislaus Graf Szapary, Kaiserlich Königlich Desterreichischer General der Cavallerie. Geb. 22. November 1831 zu Pest ; gest. 28. September 1883 zu Preßburg. Er trat am 23. April 1848 in die k. k. Armee, wurde zuerst Lieutenant im 7. Huſaren Regiment, bald darauf Oberlieutenant im Regiment und dann Rittmeister im 12. Huſaren Regiment. Als Rittmeister 1. Klaſſe wurde er ins Adjutanten-Corps verseßt. Er diente sodann im Ulanen-Regiment Nr. 1 als Major , im Husaren-Regiment Nr. 13 als Oberst: lieutenant und als Oberst und Regimentscommandeur. Nach weiterer Verwendung als Generalmajor und Brigadier wurde er am 20. October 1874 zum Feldmarschalllieutenant und Commandant einer Infanterie-Truppen- Diviſion ernannt. Drei Jahre lang fungirte

Nekrologe von im Jahre 1883 verstorbenen hervorragenden Offizieren u. ſ. w.

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er als Flügeladjutant des Kaisers. Seit 1848 hat er allen Feldzügen in Italien bei gewohnt. 1848 nahm er Theil an der Einnahme von Vicenza am 10. Juni, an der Schlacht bei Cuftozza am 25. Juli, an dem Treffen bei Volta am 27. Juli und an dem Gefecht bei Mailand am 4. und 5. Auguſt . Im Feldzuge 1849 wohnte er der Schlacht bei Mortara am 21. März, der Schlacht bei Novara am 23. März und der Cernirung und dem Angriffe auf Livorno am 9., 10. und 11. Mai bei. 1859 nahm er als Major im 1. Ulanen-Regiment an der Schlacht bei Magenta und an der Schlacht bei Solferino am 24. Juni Theil. Jm Feldzuge 1866 commandirte er das 13. Husaren-Regiment bei der Ueberwachung der Po Linie, in dem Reitergefecht bei Medole und dann die Arrieregarde bei dem Rückzuge der Armee hinter die Piave. Für hervorragende Leistungen während der Ueberschwemmung im Jahre 1876 zu Budapeſt erhielt er den Orden der Eiſernen Krone 2. Klaſſe und für ſein Verhalten im Bosnischen Occupations -Feldzuge 1878 das Ritter-Kreuz des Maria Theresien-Ordens. Nach Beendigung des lettgenannten Feldzuges mußte er ernstlich an die Schonung seiner tief zerrütteten Gesundheit denken ; sein Leiden milderte sich aber nicht und obwohl er später noch das Militär- Commando in Kaschau übernahm , mußte er bald wieder einen längeren Urlaub erbitten. 1882 siedelte er nach Preßburg über, seine Hoffnung auf Genesung erfüllte sich aber nicht. (NachDesterreichiſch-Ungariſche Wehrzeitung „ Der Kamerad“ Nr. 79 vom 3. October 1883.)

Hugo Freiherr von und zu der Tann - Rathſamhauſen, Königlich Bayerischer Generalmajor und Präsident des General - Auditoriats. Geb. 31. Januar 1817 zu Darmstadt ; geft. 20. Juni 1883 zu München. Bruder des commandirenden Generals (vergl. Nekrolog im Jahrgang 1881 ) trat er aus der Königlichen Pagerie zu München 1835 als . Junker in das 1. Artillerie - Regiment und verblieb in demselben bis 1856 als Hauptmann seine Versehung ins 3. Artillerie Regiment erfolgte. 1860 zum Major befördert, machte er 1866 im Feldzuge die Kämpfe bei Kissingen, Roßbrunn und Hettstadt mit und erhielt den Militär- Verdienſt- Orden, sowie Belobungen durch Armeebefehl. 1867 Oberstlieutenant mußte er zu seinem größten Be dauern 1870 beim Depot verbleiben und wurde 1872 Oberst und Commandeur des 4. Artillerie - Regiments in Augsburg. Zum Generalmajor und Commandeur der Fuß Artillerie - Brigade 1875 befördert, 1880 zu jenem der 1. Feld - Artillerie - Brigade ernannt, wurde er 1882 Präsident des General - Auditoriats , erlag jedoch bald einem Lungenleiden. Nebst dem Comthurkreuz des Bayerischen Militär- Verdienst - Ordens schmückten ihn, meiſt in Folge der mannigfachen Verwendungen im Hofdienste, mehrere ausländische Orden. Seinem älteren Bruder, dem Commandirenden, zeitlebens besonders warm zugethan, über lebte er denselben nicht lange; eine wohlwollende ruhige Intelligenz und Humor, gutes, militärisches Urtheil und vielseitige höhere Bildung waren Hauptzüge seines Wesens. K.

Michael Alexandrowitsch Fürft Urufſoff, Kaiserlich Russischer General der Cavallerie. Geft. 16. (28.) December 1883. Nach einer im Kaiserlichen Pagencorps genoffenen Ausbildung, wurde er 1821 als Offizier beim Charkow'schen Dragoner- Regiment angestellt. In der Stellung als Adjutant des General Kiselew befindlich, erfolgte seine Versehung in das Leibgarde-Ulanen -Regiment ; an dem Türkischen Feldzuge der Jahre 1828-1829 nahm er so thätigen Antheil , daß er für wiederholte Auszeichnung mit dem St. Wladimir-Orden 4. Klasse und dem St. Annen Orden 2. Klaſſe belohnt wurde. Nach Beendigung des Krieges 1830 zum Flügeladjutanten des Kaisers ernannt, nahm er dann an dem Kampfe gegen die Polnischen Aufſtändiſchen Theil und wurde für seine an den Tag gelegte Tapferkeit und Umsicht mit dem, durch die Inschrift für Tapferkeit" gezierten, goldenen Ehrensäbel ausgezeichnet . 1843 zum General major befördert und der Suite des Kaisers zugetheilt, wurde er zum Militärgouverneur von Nishegorod und 1854 zum Generalgouverneur von Witebsk, Mohilew und Smolensk ernannt. 1856 erfolgte seine Ernennung zum Senator, in welcher Stellung er sich bis zu seinem Tode befand. (Nach Nr. 278 des Russischen Invaliden".) 23*

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Militärische Jahresberichte für 1883.

William Fenwick Williams of Kars, Königlich Englischer Generallieutenant. Geb. 1800 zu Annapolis ; gest. 26. Juli 1883 zu London. Er wurde in der Royal-Military-Academy in Woolwich erzogen und trat 1825 bei der Artillerie ein. 1827 erfolgte seine Ernennung zum Lieutenant , 1840 die zum Haupt mann. Bis 1843 wurde er in der Türkei verwendet und erhielt für ſeine dortigen Dienste den Majorsrang. Späterhin sandte ihn die Englische Regierung nach Erzerum, um dort mit den Türkischen und Persischen Bevollmächtigten an den Conferenzen Theil zu nehmen, welche dem im Mai 1847 daſelbſt geſchloſſenen Vertrage vorausgingen. Für die bei dieſer Gelegenheit geleisteten Dienste wurde er zum Oberstlieutenant befördert. 1848 wurde er als Englischer Commissar mit der Feststellung der Türkisch- Persischen Grenze beauftragt. 1852 wurde er zum Ritter des Bath-Ordens ernannt. Der am 29. September 1855 unter seiner Leitung errungene Sieg über den Russischen General Mouravieff auf den Höhen bei Kars, nachdem dieſer Play vier Monate lang blockirt war, machte seinen Namen in England populär. Mouravieff forderte die Englische Garnison_am 14. November auf, sich zu ergeben. Williams ließ nach abgehaltenem Kriegsrath ohne Erfolg um Einstellung der Feindselig keiten ersuchen. Er hatte hiernach eine persönliche Zusammenkunft mit Mouravieff und nahm die ihm gestellten Bedingungen für die Capitulation an. Er kehrte hierauf nach England zurück und wurde mit der Baronswürde, einer lebenslänglichen Pension von 1000 Lstrl. und dem Range eines Commandeurs des Bath - Ordens belohnt; außerdem erhielt er den Medjidie-Orden mit dem Range eines Mushir. Die Universität Orford verlieh ihm den Ehrentitel eines Doctor of Civil Law , London das Ehrenbürgerrecht ; Kaiser Napoleon ernannte ihn zum Großoffizier der Ehren-Legion. Im August 1870 wurde er Generalgouverneur von Gibraltar; diesen Posten hatte er bis zum November 1875 inne. Er war während einiger Wochen im Jahre 1881 Commandant (Conſtable) des Tower. Nach 52jähriger Dienstzeit nahm er im October 1877 seinen Abschied. (Nach United Service Gazette vom 28. Juli 1883.)

William Mark Wood, Königlich Englischer General. Geb. 1817 ; gest. 19. März 1883 zu Romford, Effer. Er ist in Eton erzogen worden und trat 1836 in die Armee. Er wurde Lieutenant 1841, Hauptmann 1844, Oberstlieutenant 1853, Oberst 1854. Er stand bei der Coldstream Garde in der Krim von October 1854 bis zum Mai 1855. Er nahm Theil an den Schlachten von Balaclava und Inkerman, sowie an der Belagerung von Sebastopol. Für seine Ver dienste in diesem Feldzuge erhielt er die Medaille mit drei Schnallen, die Türkische Medaille und den Medjidie-Orden. Seine Ernennung zum Generalmajor erfolgte 1868, zum General lieutenant 1876 und zum General (full general) 1878. 1877 wurde er zum Inhaber des 67. (South Hampshire) Regiments ernannt. (Nach United Service Gazette 24. März 1883. )

Theodor v. Wundt, Königlich Württembergischer Generallieutenant und Kriegsminister. Geb. 14. Juni 1825 zu Ludwigsburg ; gest. 22. Juli 1883 zu Schuls bei Tarasp. Im 16. Lebensjahre trat er in die Offizierbildungsanstalt zu Ludwigsburg ein und wurde am 30. September 1844 zum Lieutenant im 1. Infanterie- Regiment ernannt. Bereits 1847 wurde er in den Generalquartiermeiſterſtab versezt und , nachdem er 1848 zum Oberlieutenant vorgerückt, als Inspectionsoffizier bei der Offizierbildungsanstalt ver wendet. Mit den Functionen des Vorstandes dieser Anstalt 1851 betraut , wurde er nach deren Umbildung und nachdem er 1854 Hauptmann geworden, 1855 mit dem Commandó der nunmehrigen Kriegsschule beauftragt. Obgleich er 1858 von dieſem Commando ent bunden wurde, blieb er doch Lehrer in Taktik und angewandter Mathematik an den

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oberen Klaffen der Kriegsschule. Für das 1862 in erster , 1864 in zweiter Auflage erschienene Handbuch der Militärverpflegung im Frieden und Kriege von C. v. Martens bearbeitete er den militärischen und strategischen Theil der Naturalverpflegung der Heere. 1865 zum Major befördert, war er während des Feldzugs 1866 Unterchef des General stabes im Hauptquartier der Württembergiſchen Feld-Diviſion. Bald nach dem Feldzuge zum Oberstlieutenant ernannt , wurde er 1868 in das Kriegsministerium verseßt. 1873 erhielt er den Charakter als Generalmajor ; im folgenden Jahre wurde er als wirklicher Generalmajor mit dem Rang eines Brigadecommandeurs mit der Führung der Geſchäfte des Kriegsministeriums beauftragt und am 5. März 1875 zum Departementschef des Kriegswesens ernannt ; unter Beförderung zum Generallieutenant erfolgte am 14. Mai 1879 seine Ernennung zum Kriegsminister. In seinen letzten Stellungen hat er es verstanden, das Württembergische Armee- Corps als ein kräftiges Glied der Deutschen Armee zu gestalten. Im Sommer 1883 suchte er Heilung eines Magenleidens zu Schuls bei Tarasp, hier verschlimmerte sich aber sein Zustand dergestalt, daß er am 22. Juli ſeinen Leiden erlag. (Nach Militär-Wochenblatt Nr. 67 vom 18. Auguſt 1883.)

Georg Pawlowitsch Zitljadzew, Kaiserlich Ruſſiſcher Generalmajor. Geb. 1827 ; geft. 18./19 . (30./31 . ) Januar 1883 . Im Moskauer Gouvernement als der Sohn eines Rittmeisters geboren , absolvirte er das 1. Cadettencorps , aus welchem er 1845 als Praporschtschik in die Artillerie eintrat. Nach Besuch der Militär- Akademie dem Generalstabe zugetheilt , wurde er 1857 Quartier meiſter der 7. Cavallerie- Diviſion, 1858 unter Beförderung zum Oberstlieutenant Chef des Stabes der 5. Cavallerie- Division . 1862 erfolgte seine Ernennung zum Obersten, in welcher Charge er den Feldzug gegen die Polniſchen Aufſtändiſchen 1863 mitmachte und für Aus zeichnung in mehreren Kämpfen mit dem St. Annen-Orden 2. Klaſſe mit Schwertern und demselben Orden mit Schwertern und der Kaiserlichen Krone decorirt wurde. 1865 Com mandeur des 131., und dann des 41. Infanterie- Regiments , wurde er 1874 zum General major und im folgenden Jahre zum Commandeur der 1. Brigade der 12. Infanterie Division ernannt , mit welcher er in den Ruſſiſch-Türkiſchen Krieg 1877/78 rückte. Mit seiner Brigade zu der Heeresabtheilung von Rustschuk gehörend , nahm er unmittelbaren Antheil an den Ereignissen des 10. (22. ) Juli bei Pirgos , an der Recognoscirung des Lom am 12. (24.) October, an der Zurückweisung der Türkischen Angriffe bei Pirgos am 7. (19.) November, sowie bei Metschka am 14. (26.) deſſelben Monats und am 30. November (12. December). In letterer Schlacht zeichnete er sich besonders aus , und wurde für seine bewiesene Kühnheit und Umsicht , mit welcher es ihm nicht nur gelungen war , wiederholte Angriffe abzuweisen, sondern die ihn dann auch noch gegen eine dreifache Ueberlegenheit angriffe weise vorangehen ließ, mit dem St. Georgen-Orden 4. Klaſſe und später noch mit dem St. Wladimir Orden 3. Klasse mit Schwertern belohnt. 1879 zum Commandeur der 2. Brigade der 30. Infanterie- Diviſion ernannt , erhielt er in dieser Stellung, in welcher er auch starb, den Stanislaus-Orden 1. Klaſſe. (Nach Nr. 32 des „ Russischen Invaliden “.)

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Militärische

Chronik

des

Jahres

1883 .

1) Die arabischen Ziffern am Schluß der einzelnen Angaben beziehen sich auf die Seiten des vor liegenden Bandes, auf denen Näheres zu finden. 2) In der Chronik befinden sich folgende Abkürzungen : A. C. D. für Allerhöchſte Cabinets-Ordre. A. E. für Allerhöchsten Erlaß. - betr. für betreffend. Briggen. für Brigadegeneral. Circ. Ver. für Circularverordnung. Decr. für Decret. Divgen. für Diviſionsgeneral. Gen. d. Inf. für F. 3. M. für Feldzeugmeister. F. M. L. für Feldmarschalllieutenant. General der Infanterie. Gen. d . Cav. für General der Cavallerie. - Genlieut. für General Lieutenant. Genmaj. für Generalmajor. - 3. B. für Jahresberichte. J. für Jahre. Instr. für Instruction. Kgl. . für Königliche Ordre. Kgl. Decr. für Königliches Decret. Kr. Verf. für Kriegsministerielle Verfügung. - Nekr. für Nekrolog. Regl. für Reglement. Ver. für Verordnung. † für stirbt.

Januar 1883. 1. Montenegro. Einführung eines Anfangs einer regulären Armee durch Errichtung . von 2 Bataillonen (129) . 3. Frankreich. Kr. Verf. betr. die Stellung der Compagnie- und Bataillons -Adju tanten (84). 4. Preußen. A. C. O. betr. Festsehungen über die Bekleidung des männlichen Pflege= und Begleitperſonals der freiwilligen Krankenpflege auf dem Kriegsschauplak (13). 5. Frankreich. Divgen. Chanzy † (Nekr. 489) . 9. Desterreich - Ungarn. Ausgabe der Vorſchrift für die Verpflegung des k. k. Heeres. 2. Theil. Verpflegung im Kriege (174). 13. Großbritannien. Genlieut. Georg Mytton Hill † zu Lee, Kent (Nekr. 497) . 15. Serbien. Erlaß eines neuen Wehrgeseßes (257) . Gesetz über die Verwaltung der Armee (269). 16. Dänemark. Bestimmungen für das Artillerie- Comité (31). - Bestimmungen über

17. 18.

19. 20.

21.

23.

26. 27. 30.

die Constructions- und Versuchs - Abtheilung der Artillerie (32). Frankreich. Decr. betr. Bestimmungen über den Dienst und die Befugniſſe der Intendanzbeamten (76). In Senegambien ſtürmt Oberſt Borgnis - Desbordes den heftig vertheidigten Ort Dababe (463). Egypten. Im Sudan erklärt sich die Beſaßung von El Obeid für den Mahdi (481 ). Frankreich. Gesetz betr. die Hinausschiebung des Termins für Inkrafttreten der Vorschrift, daß Freiwillige beim Eingehen von Engagements lesen und schreiben können müssen, bis zum 1. Januar 1886 (188). Großbritannien . Gen. Richard England † zu Titchfield (Nekr. 492) . Peru. Der in Catamarca tagende Congreß ernennt Gen. Iglesias zum Präsidenten der Republik, der die Wahl unter der Bedingung annimmt , daß die Bevölkerung sich dem Abschluß des Friedens mit Chile geneigt zeige. Preußen. Prinz Carl von Preußen, Generalfeldzeugmeister und Chef der Artillerie 2c. † (3, Nekr. 488). Oesterreich- Ungarn. A. Entschließung betr. Aenderung in der Organiſation des Militär-Waisenhauses. Bayern. Genmaj. Albert Roth † zu Augsburg (Nekr. 509 ). Belgien Kr. Verf. betr. die Aufnahmeprüfung zu dem Central-Vorbereitungscurſus der Kriegsschule ( 19). Rußland. Gen. d . Inf. Gregor Iwanowitsch Philippſon † (Nekr. 506 ). Preußen. Kr. Verf. betr. die Bezeichnung : Ingenieur vom Play (6). Rußland . Genmaj. Eduard Karlowitsch Stange † zu Ufa (Nekr. 514 ) .

Chronik.

Januar 1883.

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31. Frankreich. Gen. Thibaudin wird an Stelle des Divgen. Billot zum Kriegsminister ernannt (39, 69). -- Divgen. de la Motterouge † zu Nantes (Nekr. 505). Rußland. Genmaj. Zitljadzew, Commandeur der 2. Brig. der 30. Jnf. Div. † (Nekr.517). Serbien. Erlaß des Organisations-Statuts der Armée (260).

Februar 1883. 1. Preußen. A. C. D. betr. die größeren Truppenübungen ( 16). -- A. C. D. betr. die Rekrutirung der Armee für 1883/84 ( 10) . — A. C. D. betr . die Uebungen des Beur laubtenstandes (17). Bayern. A. E. betr. Aenderung in der Organisation des Kriegsminiſteriums (8). Frankreich. In Senegambien erreicht Oberst Borgnis - Desbordes mit seiner Expeditions Colonne Bamaku am Niger und läßt daselbst ein Fort bauen (463). 3. Preußen. A. C. D. betr. die ökonomischen Musterungen bei den Truppen ( 13). 4. Rußland. Genlieut. Jolschin, Commandeur der 25. Infanterie- Diviſion † (Nekr. 498). 5. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Uebersicht, aus welchen Heeres- (Kriegsmarine-) Ergänzungsbezirken die Specialwaffen und Anstalten des stehenden Heeres und die Kriegsmarine ihre Ergänzung regelmäßig beziehen. 6. Desterreich - Ungarn. Gen. d. Cav. Graf Taſſilo Festetics de Tolna , Inhaber des 2. Dragoner-Regiments † zu Wien. 7. Frankreich. Kr. Verf. betr. die Einberufung der Chargen der Territorial-Armee zu den Uebungen ( 112) . Desterreich - Ungarn. Circ. Verf. betr. Neuauflage der „Inſtr. zur ärztlichen Unter suchung der Wehrpflichtigen" und der „Vorschrift für die Auswahl und Eintheilung der Rekruten und Ersaßreservisten des stehenden Heeres und der Kriegsmarine zu den verschiedenen Waffengattungen und Anstalten“. 9. Rußland. Genlieut. Sebastian Pawlowitsch v. Etter, Commandeur der 1. Grenadier Division † (Nekr. 492). 10. Bayern. A. E. betr. Aufhebung der Militär-Fondsverwaltung (9). 11. Desterreich - Ungarn. F. 3. M. Ritter v . Hauslab † zu Wien (Nekr. 496). 12. Preußen. A. C. D. betr. Anzug der Generale 3. D. , welche Chefs von Regimentern sind oder à la suite eines Truppentheils oder der Armee stehen (12). 14. Dänemark. Genlieut. Woldemar Rudolph v. Raaslöff † zu Paris´ (Nekr. 508). 15. Preußen. A. C. D. betr. Dislocation (7). Frankreich. Divgen. Martimprey , Gouverneur des Invalidenhotels † zu Paris (Nekr. 504). 17. Bayern. A. E. betr. Rekrutirung der Armee für 1883/84 (10). Desterreich- Ungarn. Im Ungarischen Abgeordnetenhauſe wird die Regierung inter pellirt, warum sie die im § 52 des Berliner Vertrages stipulirte Schleifung der Festungen Widdin, Ruſtſchuk, Schumla und Silistria nicht durchgesezt habe. 19. Frankreich. Decr. betr. Aenderungen in dem Regl. über die Organisation des Dienstes in den Pulver- und Salpeterfabriken (96). Explosion in der Pulverfabrik von Le Bouchet bei Corbeil, bei der fünf Soldaten getödtet werden. 22. Preußen. A. C. D. betr. Ausgabe eines Regl. für die Fuß-Artillerie ( 14) . — Kr. Verf. betr. Erlaß einer neuen Schießplaß-Verwaltungs -Vorschrift (14) . 23. Bayern. A. E. betr. Dislocationen (8). Frankreich. Der Herzog von Aumale, der Herzog von Chartres , der Herzog von Alençon werden durch präsidentielles Decr. als Prinzen des Hauses Orléans in ihrem Militärverhältniß in Nichtactivität verſeßt ( 109) . Großbritannien. Bei einer Schießübung an Bord der Corvette Daring im Hafen von Yokohama zerspringt ein 64 Pfünder-Vorderlader (395) . 24. Egypten. Im Sudan erringt Abd el Kadr einen vollen Erfolg über Amr el Maka schef unweit Senaar (482). 26. Bayern. A. E. betr. die größeren Truppenübungen (16). Frankreich. Provisorisches Regl. über die Organisation des Sanitätsdienstes im Felde (97). 28. Bayern. Genlieut. v. Schrott † zu Augsburg (Nekr. 513). Frankreich. Kr. Verf. betr. Berittenmachung der Compagnie - Commandanten der Genie-Regimenter (94). Großbritannien. Anschießen der für den Kreuzer Warspite" gelieferten Panzer platten (393). Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe der Vorschrift für das Bettenwesen im f. f. Heere.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

März 1883. 1. Großbritannien. Gen. George Macdonald †, 98 J. alt, zu Torquay (Nekr. 503). 3. Preußen. Gen. d . Jnf. v . Kameke tritt von der Stellung als Kriegsminiſter zurück, Genlieut. Bronsart v. Schellendorff wird zum Kriegsminister ernannt (4). Frankreich. Decr. betr. Mitgliedschaft des ersten Commandanten der école supérieure de la guerre beim Generalstabs -Comité (71 ). 5. Frankreich Selbstmord des Gen. Lardenois , Commandeur der Cavallerie-Brigade zu Valenciennes. 7. Frankreich. Kr. Verf. betr. Commandirung der zur Gendarmerie übertretenden Infanterie-Offiziere zur Dienstleistung bei einem Cavallerie-Regiment (80). 8. Preußen. A. C. D. betr. die Stellung des Militär-Cabinets (4). Rußland. Genlieut. Plato Alexandrowitsch Sawitsch † ( Nekr. 512). 9. Egypten. Hicks Paſcha trifft in Chartum ein , um später den Oberbefehl über die Truppen im Sudan zu übernehmen (482). Frankreich. In Tonkin besett Capitän Rivière die Forts bei Hai - phong (466). 12. Frankreich. Kr. Verf. betr. Abhaltung von Cadremanövern von 2 Cavallerie- Divisionen an der Deutschen Grenze (88). In Tonkin besett Capitän Rivière die Insel Hou Gay (466). 13. Frankreich. Kr. Verf. betr. die Dienstobliegenheiten der Controleure (79). 16. Bayern. A. E. betr. Erſaß des bisherigen Hutes durch den Infanteriehelm bei den oberen Civilbeamten der Militär-Verwaltung ( 13). 17. Preußen. A. C. D. betr . die Generalstabsübungsreisen bei den Armee- Corps (18) . Bayern. Gen. d. Inf. Ritter v. Diehl, Chef des Generalstabes der Armee und Inspecteur der Militär-Bildungsanstalten, † zu München (Nekr. 490). 18. Rumänien. Geſeß über den Generalstab (198) . -- Gesetz über die Heeresverwaltung (198). 19. Großbritannien. Gen. Charles Hastings Doyle † ( Nekr. 491 ). - Gen. William Mark Wood † zu Romford, Effer (Nekr. 516). 20. Bayern. A. E. betr. die Uebungen des Beurlaubtenstandes ( 17). 22. Frankreich. Decr. betr. Regl. für die école militaire d'infanterie zu St. Maixent (102) . 24. Frankreich. Kr. Verf. betr. das Examen für die Erspectanten zu Adjoints des Con trole Corps (79) . 26. Frankreich. In Tonkin wird Französischer Seits Nam Dinh beschossen und gestürmt (467). 27. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe von Sollbestandsnachweiſungen an Armatur und Kleingewehrmunition für alle Truppen und Heeres- Anstalten. 28. Preußen. A. C. D. betr. veränderte Organiſation der Militär- Schießschule zu Spandau (5). — A. T. D. betr. veränderte Organiſation der Artillerie-Prüfungs-Commiſſion (5). A. C. D. betr. Dislocation (7). Frankreich. In Tonkin wird ein Sturm der Schwarzflaggen auf Hanoi abgeſchlagen (467). 29. Großbritannien. Generalordre betr. die Ausbildung der Mannschaften durch die Compagnie-Offiziere ( 121). - Generalordre betr. Eingehen der Stellen der Schieß Instructionsoffiziere und Unteroffiziere (121) . 31. Preußen. Gen. d . Inf. v. Hartmann, à la suite des Brandenburgiſchen Infanterie Regiments Nr. 60 † zu Berlin (Nekr. 495).

April 1883. 1. Desterreich - Ungarn. A. E. betr. Umwandlung der drei küstenländischen Infanterie Bataillone Trieſt Nr. 72, Mitterburg (Piſino) Nr. 73 und Görz Nr. 74 in Landwehr Schüßen-Bataillone mit der für die Lehteren vorgeschriebenen Ajuſtirung. 2. Frankreich. In Senegambien Gefecht südlich Bamaku (463). 3. Rußland. Genlieut. Makarowski , Commandeur der 11. Infanterie - Diviſion † (Nekr. 504). 4. Bayern. Hauptmann Baptiſt Hörmann v. Hörbach † zu München (Nekr. 497) . 5. Frankreich. Instr. über Zulassung der Unteroffiziere zur Cavallerieſchule zu Saumur (106). - In Senegambien Gefecht am Marigot- Bondoko (463).

Chronik.

April 1883.

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8. Frankreich. Beim Salutschießen an Bord der „ Triomphante" im Piräus ereignet fich ein Unglücksfall, bei dem drei Mann getödtet und mehrere verwundet werden (405) . Desterreich- Ungarn. F. 3. M. Frhr. v. Ringelsheim , commandirender General des 10. Armee-Corps, wird auf seine Bitte in den Ruhestand versett (149). 9. Frankreich. Kr. Verf. betr. die Dienstobliegenheiten der Controleure (79). 10. Rußland. Reorganisation der Militär. Gerichtsordnung (248). 11. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe einer Dienſtvorschrift für die k. k. Artillerie = Directoren bei den Corps (Militär-) Commandos, den Artillerie - Arsenal Director, dann die Festungs -Artillerie- Directoren. 12. Preußen. A. C. D. betr. die Uebungen der Erſahreſerviſten (17). Frankreich. In Senegambien Gefecht bei Baku-Manſa (463). 14. Belgien. Instr. über Uebungen mit Cadres (20). 15. Mecklenburg - Schwerin. Großherzog Friedrich Franz II. † (Nekr. 493). Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Heirathen in der Königl. Ungarischen Land wehr und in der Königl. Ungarischen Gendarmerie. 16. Frankreich. Decr. betr. Aufhebung der Stelle des Gouverneurs des Invaliden hotels (80) 19. Großbritannien. Das Unterhaus bewilligt den Führern der Egyptischen Expedition, Admiral Seymour und Gen. Wolseley Dotationen. 21. Württemberg. Das Ulanen Regiment König Carl ( 1. Württembergisches) Nr. 19 begeht zu Stuttgart die Feier seines 200jährigen Bestehens. Frankreich. Decr. betr. Prüfung der médecins-majors zum médecin-principal (99). 23. Bayern. Genlieut. Frhr. v. Jeeße, Generaladjutant des Königs, † zu München (Nekr. 498). Egypten. Im Sudan schlägt Hicks-Pascha an der Morabia = Furt den thätigsten Anhänger des Mahdi, Amr el Makaſchef, in einem heftigen Kampfe, in welchem Makaſchef fällt (482). 24. Bayern. A. E. betr. die Uebungen der Ersahreſerviſten (18). 26. Frankreich. Kr. Verf. betr. die Anforderungen bei der Prüfung zum médecin principal (99). 27. Frankreich. In Tonkin wird die Französische Besaßung von Hanoi durch die Schwarzflaggen eingeschlossen (467). 30. Frankreich. Decr. betr. die Disciplinarſtrafgewalt der Sanitätsoffiziere und der in den Hospitälern 2c. verwendeten Administrationsoffiziere (99).

Mai 1883. 6. Desterreich- Ungarn. A. E. , daß die Sporen für die berittenen Mannschaften der Feld-Artillerie zum Anschnallen zu aptiren sind. 7. Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. Verlegung des 5. Feld -Bataillons und des Cadres der 5. Erſaß- Compagnie des Genie-Regiments Erzherzog Leopold Nr. 2 nach Budapest . 8. Preußen. A. C. D. betr. Genehmigung einer Instr. zur Verhütung von Flur beschädigungen durch das zuſchauende Publicum ( 16) . Frankreich. Französische Schiffe bombardiren Ortschaften an der Nordwestküste von Madagaskar (458). 9. Frankreich. Französische Schiffe bombardiren Ortſchaften an der Nordwestküste von Madagaskar (458). 10. Preußen. A. C. D. betr. Dislocationen (7) . Frankreich Franzöſiſche Schiffe bombardiren Ortschaften an der Nordwestküste von Madagaskar (458). - In Tonkin errichten die Schwarzflaggen Batterien gegen das von ihnen eingeschlossene Hanoi (467). Rumänien. Königl. Decr. betr. die Garniſon von Bukarest und die Garniſonen in der Dobrudscha (200). 14. Rußland. Gen. d. Cav. Alexander Feodorowitsch Baggowut † (Nekr. 486). Spanien. Gesetz betr. die Organisation der Generalität. (274.) 15. Frankreich. Französische Schiffe bombardiren Madjunga auf Madagaskar (458). In Tonkin unternehmen die in Hanoi eingeſchloſſenen Truppen einen Ausfall (467). 16. Frankreich. Französische Schiffe bombardiren einige Hafenſtädte an der Nordwestküſte Madagaskars (458) . In Tonkin unternimmt Major de Villers eine Expedition gegen Bac-Ninh (467).

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Militärische Jahresberichte für 1883.

16. Desterreich- Ungarn. A. E. betr. Umwandlung des Artillerie-Zeug- Filialdepots zu Przemysl in ein selbständiges Artillerie-Zeugdepot. Zur Deckung des erhöhten Personal bedarfs wird das Artillerie-Zeugdepot in Prag im Stande herabgesezt und das Per sonal des aufzulösenden Pulverpostens in Troppau in den Stand des Artillerie-Zeug depots in Przemysl verseßt. Die Abtrennung des bisherigen Artillerie-Zeugdepots in Przemysl vom Hauptposten in Lemberg und die Umwandlung in ein ſelbſtändiges Artillerie-Zeugdepot erfolgt am 1. Juli 1883. Rußland. Gen. d. Inf. Alexander Carlowitsch Baumgarten † (Nekr. 487) . Süd- America. Friedensvertrag zwischen Chile und Peru . Die Peruanische Provinz Tarapaca kommt mit der Quebrada de Camarones als Nordgrenze an Chile; die Pro vinz Tacna-Arica wird auf zehn Jahre unter Chilenische Verwaltung gestellt , nach deren Ablauf eine Abstimmung der Bewohner entscheiden soll, ob die Provinz ferner zu Peru oder zu Chile gehören wird. 17. Frankreich. Französische Truppen beseßen Madjunga auf Madagaskar und beſtehen einen Kampf mit den Hovas (458) . Desterreich- Ungarn. Circ. Ver betr. Ausgabe des Handbuches " Die freiwillige Sanitätspflege des Deutschen Ritterordens im Kriege und im Frieden". Schweden. Die zweite Kammer des Reichstages nimmt die Artikel des Armee Organisationsgeseßes an , welche geworbene Soldaten an Stelle der Indelta- Armee sehen. 19. Frankreich. In Tonkin macht Capitän Rivière einen Ausfall aus Hanoi , bei dem er mit vier Offizieren in die Hände der Schwarzflaggen fällt (467) . 20. Desterreich - Ungarn. A. E. betr. Verlegung des Monturdepots Nr. 4 von Wien nach Kaiser Ebersdorf und Einrichtung desselben als Monturs - Verlagsanstalt, wogegen das Monturs-Filialdepot zu Jaroslau aufzulaſſen iſt. 22. Norwegen. Ausgabe eines neuen Regl. für den Feldwachdienſt (148). Schweden Die erste Kammer des Reichstages bringt die Vorlage betr. die Armee Organisation zu Fall, indem sie die Errichtung eines Stammes von geworbenen Truppen verwirft (254). 24. Belgien. Kr. Verf. betr. die Uebungen mit Cadres (20). Frankreich. Kr. Verf. betr. die Anforderungen bei der Prüfung zum médecin principal (99). Desterreich- Ungarn. Gesetz über die k. k. Landwehr für die im Reichsrathe ver= tretenen Königreiche und Länder im Anſchluſſe an die Beſtimmungen des Wehrgeſeßes (178). A. E. betr. die Stellung der Rechnungs - Unteroffiziere der Infanterie, Jäger , Artillerie- und Train-Truppe. Rußland. Befehl betr. Errichtung einer 5. Sappeur - Brigade im Odeſſaer Militär bezirk und Umformung der bei den bisherigen 4 Sappeur Brigaden vorhandenen 8 Militär-Telegraphenparks in 12 dergleichen (209, 436). 25. Frankreich. Decr. betr. Organisation der école d'application de cavalerie zu Saumur (104). -- Kr. Verf. betr. die Paraden der Schüler-Bataillone ( 114). 26. Desterreich - Ungarn. A. E. betr. Genehmigung, daß für die Mannſchaft der Gebirgs Train-Escadron ein Paar Halbstiefel als zweite Fußbekleidung normirt werde und daß ferner für die Mannschaft der übrigen Train - Abtheilungen gleichwie bei der Cavallerie und Feld-Artillerie die Schuhe nur im Frieden für den Stallgebrauch beizubehalten sind. Türkei. Feierliches Begräbniß Abd el Kaders in Damascus . 27. Rußland . Krönung des Kaiſerpaares in der Kathedrale des Kreml zu Moskau. 29. Rußland . Befehl betr. die Kuban-, Terek-, Dagestan-, Kars-, Batum-Sſotnien (232) . 31. Frankreich. Die Franzöſiſche Schiffs - Diviſion erſcheint vor Tamatave auf Madagaskar und übergiebt ein Ultimatum (459). Rußland. Kaiserliche Genehmigung : 1 ) der Verordnungen über die Sappeurs- Com mandos der Infanterie, 2) der Inſtr. über die Leitung der Beschäftigungen der Infanterie in dem Feld- Sappeurdienst, 3) der Anweisung über die Ausbildung der Sappeur-Commandos der Infanterie (252). - Gen. d. Cav. Peter Pawlowitsch Albe dinski † (Nekr. 485).

Chronik. Juni 1883.

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Juni 1883. 1. Frankreich. Decr. betr. Aenderungen des Generalſtabsgeſeßes vom 20. März 1880 (72). 2. Preußen. A. C. D. betr. die Beiwohnung der Schießübungen der Fuß- Artillerie durch die Generalstabsoffiziere der Festungs - Gouvernements und Commandanturen (14). Frankreich. Decr. betr. die Organisation und Verwendung des Corps der Forst beamten (113). - In Senegambien kehrt die Expeditions -Colonne des Oberst Borgnis Desbordes nach Kayes zurück (464). Contre Admiral Courbet wird zum Befehls haber der Schiffs -Division an der Küste von Tonkin ernanni (469). Italien. Die Deputirtenkammer genehmigt die Errichtung eines Nationaldenkmals für Garibaldi auf dem Monte Janiculo. 4. Norwegen. Einführung von Revolvern für Offiziere und Unteroffiziere (148) . Rußland. Feier des 200jährigen Jubiläums der Leibgarde-Regimenter Preobrashenst und Semenoff im Anschluß an die Krönung in Moskau. 5. Preußen. Gen. d . Jnf. v . Barneckow, commandirender General des 1. Armee-Corps erhält den erbetenen Abschied; Genlieut. v. Gottberg tritt an seine Stelle (4). Frankreich. Decr. betr. Ernennung von médecins- und pharmaciens - auxiliaires (100). - Kr. Verf. betr. das Anlegen der Uniform durch die Offiziere der Reserve Territorial-Armee und der ( 110) . Rußland. Genlieut. Otto Waſſiljewitsch Furugelm † (Nekr. 494). 7. Preußen. A. C. O. betr. Dislocationen (7). Bayern. A. E. betr. Dislocationen (8). Rußland. Gen. d. Inf. Nicolaus Trofimowitsch Graf Baranow † (Nekr. 487). 8. Frankreich. Règlement sur le service de la solde et sur les revenues (95) . 9. Frankreich. Decr. betr. die Zuſammenſeßung einer Direction der Feld-Eisenbahn (65). 10. Frankreich. Französische Schiffe bombardiren Tamatave auf Madagaskar (459). 11. Bayern. Dr. Ritter v. Leuk , Generalstabsarzt der Armee, Chef der Medicinal Abtheilung im Kriegsministerium, † zu München (Nekr. 502). Frankreich. Französische Truppen beseßen Tamatave auf Madagaskar (459). 12. Frankreich. Foulepointe , Paombe und Fenerife auf Madagaskar werden ein geäschert (459). Rußland. Befehl betr. Einführung eines neuen 2,5zölligen Stahlgeschüßes für die Gebirgs- Artillerie. 13. Frankreich. Schießversuch aus dem Panzerthurm des Forts Villeneuve Saint Georges bei Paris (404). 14. Preußen. A. C. O. betr. Aufbewahrung der Fahnen und Standarten der früheren Kurhessischen Truppen im Erdgeschoß der Bildergalerie zu Caſſel (18) . 16. Bayern. A. E. betr. Ersatz der Achselklappen der Unteroffiziere und Mannſchaften der Ulanen-Regimenter durch Epaulets (13) . Großbritannien. Die Commission zur Untersuchung des Projectes eines unter seeischen Tunnels zwischen Dover und Calais erklärt einen solchen Tunnel in Hinsicht der Landesvertheidigung gefährlich. 17. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Einführung einer neuen Monturs-, Wirth schafts- und Verrechnungs- Vorschrift im k. k. Heere (173). 20. Bayern. Genmaj . Frhr. von und zu der Tann-Rathsamhausen, Präsident des General Auditoriats, † zu München (Nekr. 515) . 21. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Maßregeln zur Vereinfachung im Militär Verrechnungs- und Controlwesen (173). 25. Frankreich. Die Hovas versuchen einen Ueberfall der Französischen Besaßung von Tamatave (460). 26. Belgien. Kgl. Decr. betr. die den Truppen während der Manöver zu gewährenden Lieferungen (21 ). Frankreich. In Tonkin versucht die Garnison von Nam-Dinh vergeblich die Cer nirung zu sprengen (469). Großbritannien. Gen. Edward Sabine † zu Richmond (Nekr. 510). 27. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Verlegung des Ersaßcadres des Huſaren Regiments Graf Palffy Nr. 15 von Nyiregyhaza nach Debreczin.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Just 1883. 2. Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe der Anleitung zu den Hand habungen mit dem Trainmaterial für die k. k. Traintruppe. 3. Preußen. Erlaß einer Umarbeitung der Geschäftsordnung für die Fortifications und Artilleriebauten in den Festungen (19). 4. Preußen. A. C. D. betr. Dislocation (7). 5. Frankreich. Schießverſuch an Bord der „ Devaſtation“ aus 34 cm-Geschüßen (405.) Auf Madagaskar versuchen die Hovas einen Ueberfall der Franzöſiſchen Besazung von Tamatave (460). 6. Desterreich - Ungarn. Bestimmungen über die Waffenübungen der Honved-Offiziere des Beurlaubtenstandes (182) . 11. Dänemark. Ausgabe eines neuen Plans für die Reit- und Beschlagschule (32) . Frankreich. Kr. Verf. betr. die Uebungen der Aerzte und Pharmaceuten der Reserve (100). Desterreich. Circ. Verf. betr. Ausgabe der organischen Bestimmungen für das Eisenbahn- und Telegraphen- Regiment und für das Eisenbahn- und Telegraphenweſen im Kriege. - Aufstellung des Regiments . Ajustirung und Ausrüstung des Eisen bahn- und Telegraphen-Regiments ( 164, 434). Rußland. Aenderungen in den Bestimmungen über die Aufnahme von Offizieren in die Nikolaus - Generalstabs -Akademie (245) . 12. Frankreich. Decr. betr. Errichtung von zwei neuen Bataillonen der Fremden Legion (84). - In Tonkin mißlingt ein von der Besaßung verſuchter Ueberfall des Feindes (469). Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. Verlegung des Ersaß- Compagnie-Cadres des Feldjäger-Bataillons Nr. 21 von Korneuburg nach Wien. Rußland. Genlieut. Seume † zu Wilna (Nekr. 513). 15. Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe der Instr. für die Anlage von Reserve-Bäckereien. Spanien. Eröffnung der Allgemeinen Militär-Akademie zu Toledo (276). Madagaskar. Die Königin der Hovas Ranavalo II. † (461 ) . 16. Großbritannien. Versuchsschießen aus zwei 81 Ton- Geſchüßen eines Panzerthurms zu Dover (392 ). 19. Frankreich. In Tonkin Gefecht von Can Giai (470). 20. Anam. König Tu Duc †, als Nachfolger wird Di- Siep-Hoa ausgerufen (471). 21. Preußen. Genlieut. Alwin v. Loos, Commandant der Festung Mainz , † auf der Rückreise aus Italien (Nekr. 503). 22. Württemberg. Genlieut. v. Wundt, Kriegsminister, † zu Schuls bei Tarasp (Nekr. 516). Frankreich. Kr. Verf. betr. die Dienſtverhältnisse der médecins auxiliaires (100). Rußland. Prikas betr. Errichtung einer Abtheilung zur Handhabung des Zoll aufsichtsdienstes an der Grenze des Militärbezirks Kars. 23. Großbritannien. Genmaj. Robertſon Roß † zu Boulogne sur mer (Nekr. 509) . 24. Preußen. A. C. O. betr. Dislocationen (7) . Frankreich. Gesez betr. die Reorganisation der Artillerie (39) . --- Kr. Verf. betr. die Uniformirung und Ausrüstung der Sanitätsoffiziere (101 ). Großbritannien. Versuch mit einem neuen 12 Pfdr.-Hinterlader in Shoeburyneß (381). ― Gen. Thomas Reed †, 86 J. alt, zu Romsey (Nekr. 509). 26. Großbritannien. Genlieut. Williams of Kars † zu London (Nekr. 516). Italien. Genlieut. Camillo Lombardini, Commandeur der Militär- Diviſion zu Brescia, † zu Brescia ( Nekr. 502) . 27. Frankreich. Kr. Verf. betr. Abschaffung des Unterrichts im Fechten zu Pferde (87) . - In Senegambien wird die Eisenbahnstrecke Dakkar-Rufisque eröffnet (463). 28. Württemberg. Genmaj. v. Steinheil wird zum Departementschef des Kriegswesens ernannt (4). Vereinigte Staaten Nord - Americas. Feierliche Enthüllung des dem Gen. Lee zu Lexington errichteten Denkmals. 30. Bayern. Genlieut. Graf zu Pappenheim , Generaladjutant des Königs , begeht das 50jährige Dienſtjubiläum. Die Kriegsschule zu München feiert den 25. Jahrestag ihrer Errichtung.

Chronik.

Juli 1883.

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30. Frankreich. Kr. Verf. , welche den Offizieren das Tragen von Civilkleidern außer Dienst und außerhalb der militärischen Etabliſſements bei allen Gelegenheiten , die keinen officiellen Charakter tragen, gestattet ( 110) . 1. Preußen. A. C D. betr. Dislocation (8) . Frankreich. Decr. betr. die Uniformirung der Cavallerie (89). Rußland. Befehl betr. die Etats der Druſchinen und Sſotnien der Opoltſchenie (234) .

August 1883. 1. Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. das Ausmaß an Hohlgeſchoffen und Shrapnels in der Ausrüstung der Feld -Artillerie ( 171) . 2. Bayern. Gen. à la suite Ludwig Graf zu Pappenheim † zu München (Nekr. 506). 3. Frankreich. Explosion in der Pulverfabrik zu Angouleme, bei der drei Personen getödtet und sieben verwundet werden. 4. Rußland. Äenderungen in der Organiſation des Kaiſerlichen Pagencorps. 5. Preußen. Gen. d . Jnf. v. Bülow, Chef des 1. Pommerschen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 2, wird an dem Tage, an welchem er vor 50 Jahren aus dem Cadettencorps in die Armee getreten , seitens der Offiziere der Preußischen Artillerie , deren General Inspecteur er bis zum 12. December 1882 gewesen, ein Abschiedsgeschenk überreicht. 6. Frankreich. In Tonkin greifen die Anamiten die Nordſeite von Nam-Dinh an (470). Desterreich- Ungarn. A. E. betr. Genehmigung der Einführung von Zugslaternen nach einem einheitlichen Modell bei den Infanterie - Regimentern , der Jäger- und Sanitätstruppe. 8. Frankreich. In Tonkin gelingt es der Besaßung von Nam- Dinh, die Anamiten aus der Umgegend zu vertreiben (471). 10. Frankreich. Explosion in dem Feuerwerks - Laboratorium der Citadelle von Arras, bei der mehrere Soldaten getödtet werden. 11. Frankreich. Feierlichkeiten zu Annonay zur 100jährigen Erinnerung an die Aeronauten Gebrüder Montgolfier. Desterreich- Ungarn . A. E. betr. Erhöhung des Unteroffizierſtandes der Militär Abtheilung des Croatisch-Slavonischen Staats -Hengstendepots in Warasdin. 12. Frankreich. Inauguration des Denkmals der nationalen Vertheidigung zu Courbevoie. 15. Frankreich. In Tonkin operiren von Hanoi auz drei Colonnen gegen den Feind, ohne die beabsichtigte Umzingelung deſſelben erreichen zu können (473). 16. Preußen. A. C. D. betr. Auswahl der Offizier-Chargenpferde (12). Frankreich. In Tonkin recognoscirt Admiral Courbet die Forts von Touanane (471). 17. Frankreich. In Tonkin wird Hai Dzuong von Französischen Truppen beſeßt ( 471). 18. Bayern. Genlieut. Frhr. v. Horn , commandirender General des 1. Armee - Corps, feiert das 50jährige Dienstjubiläum. Frankreich. In Tonkin wird Touanane von Franzöſiſchen Schiffen beſchoffen (471) . 20. Frankreich. In Tonkin wird Touanane von Französischen Landungstruppen nach heftigem Kampfe beseßt (472) . 21. Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe der neuen organischen Bestimmungen für die Genietruppe , das Pionier = Regiment und das Pionier Zeugdepot (153) . Circ. Ver. betr . Ausgabe neuer Bestimmungen für die Militärkassen und Militär Zahlstellen (170). 22. Großbritannien. Schießversuch gegen Panzer- und Mauer- Constructionen (393) . 23. Preußen. A. C. D. betr. Verleihung von Schüßen- Abzeichen an die besten Schüßen der Versuchs = Compagnie der Gewehr - Prüfungs - Commiſſion (12). - A. C. D. betr. Dislocation (8) . Rußland Kais. Ordre betr. Reorganisation der Cavallerie (205). - Aenderungen in der Organisation der Ersatztruppentheile der Cavallerie (215). 24. Frankreich Graf Chambord † zu Frohsdorf. Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe einer neuen Auflage der organischen Bestimmungen für die Montur- Verwaltungs- Anstalten (173). 25. Frankreich. In Tonkin erzwingt der Civilcommiſſar Harmand in Huẻ den Abschluß eines Vertrages, der Anam und Tonkin unter Französisches Protectorat stellt. (472) . 26. Rußland. Ersah der Patronen der Gewehre der Dragoner und Kaſaken durch die 4,2 Linien Metallpatrone des Infanterie- Modells (247) .

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Militärische Jahresberichte für 1883.

27. Frankreich. Kr. Verf. betr. die Ressortverhältnisse zwiſchen dem General - Inspecteur der Festungs - Artillerie , den Generalcommandanten der Artillerie der Armee Corps und den Artillerie- Directionen (91). Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe_des_militärſtatiſtiſchen Jahrbuchs für das Jahr 1877 I. Theil und für das Jahr 1878 II. Theil. 29. Preußen. Oberstlieut. z. D. v . Griesheim, Bezirkscommandeur zu Coblenz, begeht das 50jährige Dienſtjubiläum. Frankreich. Kr. Verf. betr. Ausrüftuug der Unteroffiziere der Cavallerie mit Signal pfeifen (89). 30. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. die Ausgabe der neuen organischen Beſtim mungen für die Militär - Seelsorge. Madagaskar. Die aus Frankreich zurückkehrenden Gesandten werden bei der Lan dung in Matalane troß ihrer fehlgeschlagenen Sendung festlich empfangen (461). 31. Frankreich. In Tonkin findet von Hanoi aus ein neuer Vormarsch gegen den Feind statt (475).

September 1883. 4. Bayern. A. E. betr. Bestimmungen über das Avancement der Offiziere (11). Frankreich. Der Marineminiſter ordnet die Verſtärkung der Garniſon am Senegal an (464). 5. Frankreich. Feierliche Einweihung der Statue von Lafayette zu Puy. Rußland. Befehl betr. Errichtung einer Westsibirischen Sappeur-Compagnie (209). 6. Rußland. Bildung der 5. Batterie der Turkeſtaniſchen Artillerie-Brigade. 7. Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. die Aufstellung von weiteren vier Bosnisch Herzegovinischen Infanterie-Compagnien als Instructions-Abtheilungen im Herbst 1883. Die Aufstellung erfolgt am 26. September in den Ergänzungsbezirks Stationen Sarajewo (Compagnie Nr. 5), Banjaluka (Nr. 6), Dolnja Tuzla (Nr. 7) und Mostar (Nr. 8). 9. Egypten. Hicks Pascha bricht von Chartum auf, um den Mahdi bei El Obeid an zugreifen (483). 10. Frankreich. Gen. Bouet verläßt in Folge von Mißhelligkeiten mit dem Civilcommiſſar Harmand Tonkin und schifft sich nach Frankreich ein (476). 11. Frankreich. Contre-Admiral Pierre, der Befehlshaber des Franzöſiſchen Geſchwaders bei Madagaskar † (460). Rußland. Eröffnung des Donischen Cadettencorps zu Nowo Tscherkask. 13. Rußland. Eröffnung besonderer Curſe in Orientalischen Sprachen für Offiziere. 15. Frankreich. In Tonkin verlassen die Schwarzflaggen ihre Stellungen vor Hanoi (477). 19. Bulgarien. Fürst Alexander giebt die ihm 1881 ertheilte Generalvollmacht der Volksvertretung zurück (23). Niederlande. Genlieut. de Neve der Niederländisch - Indischen Armee † zu Leiden (Nekr. 505). Rußland. Gen. d. Inf. Labinzow † zu Wilna (Nekr. 500). 20. Preußen. A. C. O. betr. Beiwohnung der Schießübungen der Feld-Artillerie seitens der Generalstabsoffiziere der Generalcommandos und Divisionen (14) . 22. Preußen. König Alphons XII. von Spanien wird zum Chef des 15. Ulanen Regiments ernannt (273). Frankreich. Der König von Anam Siep- Hoa erhält das Großkreuz des Ordens der Ehrenlegion, zwei seiner Miniſter werden Großoffiziere deſſelben Ordens. 23. Rußland. Befehl betr. Aufhebung der Bestimmung , daß die blanken Waffen im Frieden künstlich stumpf gemacht werden sollen. 25. Großbritannien. Exploſion im Arſenal zu Woolwich, die bedeutende Zerstörungen veranlaßt (395) . Desterreich- Ungarn . Das Militär - Invalidenhaus zu Wien begeht in Veranlassung seines hundertjährigen Bestehens eine Feier. 26. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Einführungs - Verordnung zu den provisoriſchen organischen Bestimmungen für die k. t. Landwehr - Cavallerie und der Aufstellung von Cadres (180). Ausgabe der Instr. für den Dienstbetrieb und die Ausbildungs thätigkeit bei den Landwehr - Cavallerie- Regiments-Cadres (180). 27. Frankreich. Gen. Tricoche wird zum permanenten General- Inspecteur der Festungs Artillerie ernannt (91) .

Chronik.

September 1883.

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27. Desterreich- Ungarn. F. 3. M. Franz Frhr. Kuhn v. Kuhnenfeld , Corpscomman dant zu Graz, und F. M. L. Albert Frhr. Knebel v. Treuenschwert, Präsident des Obersten Militär-Gerichtshofes in Wien, feiern das 50jährige Dienstjubiläum. 28. Deutschland. Feierliche Enthüllung des Denkmals auf dem Niederwald. Niederlande. Genlieut. Eduard Auguſt Otto de Caſembroot † im Haag (Nekr. 489) . Desterreich- Ungarn. Gen. d. Cav. Graf Szapary † zu Preßburg (Nekr. 514). Der König Alphons XII. von Spanien wird in Paris lärmend 29. Frankreich. empfangen und mit Zurufen wie à bas le uhlan begleitet (273). ――― In Tonkin wird durch eine Recognoscirung festgestellt , daß die Schwarzflaggen sich bei Sontay und Bac Ninh etablirt haben (477).

October 1883. 1. Bayern. Verlegung des Hauptlaboratoriums von München nach Ingolstadt (8). Frankreich. Decr. betr. Errichtung von Schulen für den Militär- Sanitätsdienst zu Nancy und Bordeaur (100). Desterreich- Ungarn. Circ. Ver. betr. Ableiſtung des Präsenzdienſtes bezw. Aus bildung von Einjährig - Freiwilligen der k. k. Landwehr bei Truppen und Anſtalten des t. f. Heeres. 3. Frankreich. Kr. Verf. betr. Vorschriften über Auswahl und Ausbildung der Lazareth gehülfen und Krankenträger bei den Truppen und in den Ambulancen (100). Desterreich - Ungarn. F. M. L. Frhr. v . Gallina † zu Wien (Nekr. 494). 4. Frankreich. Decr. betr. die Ressortverhältnisse der höheren Artillerie- und Genie behörden (93, 94). 5. Frankreich. Der Kriegsminiſter Gen. Thibaudin reicht ſeine Demiſſion ein (69). 9. Frankreich. Gen. Campenon wird zum Kriegsminister ernannt (39, 69). 10. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Auflösung von Gebirgs Batterien der Festungs-Artillerie- Bataillone Nr. 11 und 12 im Occupationsgebiete; neue Numerirung der aufgestellt bleibenden Gebirgs ፡ Batterien dieser Bataillone; abnorme Gebirgs Batterien der Feld- Artillerie- Regimenter Nr. 1, 2, 4, 6 und 10 im Dccupationsgebiete. 14. Spanien. Gen. Lopez Dominguez wird in_dem_Cabinet Posada Herrera Kriegs minister an Stelle des mit dem Cabinet Sagaſta zurücktretenden Gen. Martinez Campos (273.) 18. Frankreich. In Tonkin beseßen Franzöſiſche Truppen Ninh -Binh (471). Rußland. Genlieut. Kuzimin Korowajew † (Nekr. 499). Genmaj. Konstantin Danilowitsch Kondzerowski † (Nekr. 499). 19. Frankreich. Der Deputirte - Casimir Périer wird zum Unterstaatssecretär im Kriegs ministerium ernannt (70). — Kr. Verf. betr. Bildung permanenter Inspectionsbezirke für den Sanitätsdienst (101 ). Desterreich- Ungarn. A. E. betr. Vereinigung der im Bereiche des 1. und 11. Armee Corps bestehenden Cavallerie-Regimenter in je eine Cavallerie-Truppen- Diviſion ( 170) . 20. Preußen. Enthüllung des dem Gen. d . Jnf. v. Goeben von den Offizieren, Sanitäts offizieren und Beamten des 8. Armee- Corps errichteten Grabdenkmals zu Coblenz. Rußland. A. E. betr. die Höhe der Pension der Zöglinge der Michael-Artillerie und Nikolaus-Ingenieur-Schule. Süd- America. Der Peruanische Präsident Iglesias unterzeichnet den Friedens vertrag mit Chile. 21. Frankreich. In Tonkin besetzen Französische Truppen Phu-Ngia-Hung (471 ). 22. Španien. Kgl. Decr. betr. den Verbleib der Generale in einer Commandoſtelle nicht länger als 3 Jahre (275). 23. Frankreich. Reglement sur le service dans les places de guerre et les villes de garnison (45) . Serbien. Die Regierung ratificirt die Convention über den Bau der Orientbahnen (272). Süd -America. Die Chilenischen Truppen verlaſſen Lima. 24. Bulgarien. Die Russische Regierung ruft die Offiziere aus der persönlichen Um gebung des Fürsten Alexander nach Rußland zurück (24). Frankreich. Schiffslieutenant Viaud , der unter dem Pseudonym in einer politischen Zeitung einen Artikel über den Krieg in Tonkin geschrieben, wird verabschiedet. 25. Frankreich. In Tonkin übernimmt Admiral Courbet den Oberbefehl über die Französischen Land- und Seeſtreitkräfte (477).

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Militärische Jahresberichte für 1883 .

25. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe des 1. Theils des „ Regl. für den Sanitätsdienst des k. k. Heeres“. Rußland. A. E. betr. Reduction des Kutais Jrregulären Reiter - Regiments auf zwei Ssotnien (232). 26. Frankreich. Reglement sur le service des armées en campagne (49, 296, 324). 28. Rußland. Befehl betr. Formirung einer vierten Batterie der Öſtſibiriſchen Artillerie Brigade (206). 29. Spanien Kgl. Decr. betr. Neugestaltung des Kriegsministeriums (277). 30. Frankreich. Kr. Verf. betr. die Stellung der Oberstlieutenants der Infanterie Regimenter (84).

November 1883. 2. Preußen. A. C. D. betr. Genehmigung eines Neuabdrucks des Regl. über die Naturalverpflegung der Truppen im Frieden (19). 2.-15. Serbien. Unterdrückung der aufständischen Bewegung am westlichen Ufer des oberen Timok (271 ). 5. Rußland. Genlieut. Michael Stephanowitsch Maximowitsch † (Nekr. 505). 6. Württemberg. Gen. d. Jnf. v. Schachtmeyer , commandirender General des 13. (Kgl. Württembergischen) Armee-Corps begeht das 50jährige Dienstjubiläum. Egypten. Das Expeditionscorps von Hicks- Pascha erliegt den fortgeſeßten Angriffen der Streiter des Mahdi südlich El Obeid (34, 483). Frankreich. Aenderungen des Exercir-Reglements für die Infanterie vom 12. Juni 1875 (28, 289). Gen. Coste wird zum Director der polytechnischen Schule an Stelle des zum Director des Genie im Kriegsministerium beſtimmten Gen. Gallimard ernannt. 8. Preußen. A. C. O. betr. das Dienſtverhältniß der Stabsoffiziere bei den Infanterie Regimentern und betr. das Rangverhältniß der patentirten Oberstlieutenants (6). Frankreich. Decr. betr. Einführung einer Gebühr für die Erlaubniß zum Tragen fremder Decorationen (111). Gen. Logerot wird zum Commandanten des Er peditionscorps in Tunesien anstatt des Gen. Forgemol , der das Commando des 11. Armee Corps erhält, ernannt. Gen. Logerot soll gleichzeitig die Truppen des Ben von Tunis befehligen und für dieselben als Kriegsminister fungiren (71). 10. Preußen. A. C. D. betr. Umwandlung des Filial- Artillerie- Depots der Feste Boyen in ein selbständiges Artillerie- Depot und des Artillerie- Depots zu Colberg in ein Filial-Artillerie- Depot des Artillerie- Depots zu Stettin (6). 11. Rußland. Prikas betr. Errichtung einer zweiten Ostsibirischen Schüßen-Brigade (203). 17. Rußland. Gen. d . Jnf. Waſſili Feodorowitsch Raille † (Nekr. 508). 18. Bulgarien. Protocoll über die Stellung der Ruſſiſchen Offiziere in der Bulgarischen Armee (24). Rußland. Befehl betr. Aenderungen in der Organisation der Local-Truppen (219). Befehl zur Errichtung sechs Kaukasischer Reserve - Infanterie-Bataillone und sechs Reserve-Cadre-Bataillone in Tobolsk, Tomst, Ssemipalatinsk, Jrkußk und Kraſſnojarsk (211 ). - Genmaj. Lapzow, Chef der Artillerie des 14. Armee- Corps † (Nekr. 501). 19. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe der organiſchen Beſtimmungen über die Militär-Gefangenhäuser. 22. Preußen. Gen. d. Cav. v. Tümpling, commandirender General des 6. Armee- Corps, erhält den erbetenen Abschied ; Genlieut. v. Wichmann tritt an seine Stelle (4). 26. Bayern. A. E. betr. das Dienstverhältniß der Stabsoffiziere bei den Infanterie Regimentern und betr. das Rangverhältniß der patentirten Oberstlieutenants (6). 29. Württemberg. A. D. betr. das Dienstverhältniß der Stabsoffiziere bei den Infanterie Regimentern und betr. das Rangverhältniß der patentirten Oberstlieutenants (6). 30. Württemberg. Feierliche Uebergabe von Säcularbändern an das Grenadier-Regiment Königin Olga (1. Württembergisches) Nr. 119 . Frankreich. Einsehung einer commission supérieure et consultative des sub sistances militaires (96) .

December 1883. 2. Egypten. Osman Digma erringt bei Samai über ein von Suakin entſendetes Recognoscirungs - Detachement einen Erfolg (483). 3. Preußen. Kr. Verf. betr. die Badeeinrichtungen in den Casernen (19) .

Chronit.

4. 5. 6. 7. 8. 10. 12. 14.

16.

17.

20.

22.

23. 24. 26.

27. 28. 30. 31.

December 1888.

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Rußland. Genmaj . Schramtschenko, Commandeur des Arſenals zu St. Petersburg † (Nekr. 513). Frankreich. Neue Vorschrift über die Organiſation der Inſtructionspelotons bei der Infanterie (82). Frankreich. Kr. Verf. betr. die Ausbildung der Rekruten eines Bataillons durch ein besonderes Personal unter Leitung eines Capitäns (83). Preußen A. C. O. betr. Aenderungen im Exercir-Reglement für die Infanterie (14). Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Verwendung des rectificirten Neuberger Bessemerstahls zur Erzeugung von Waffenbestandtheilen. Sachsen. A. D. betr. das Dienstverhältniß der Stabsoffiziere der Infanterie - Regi menter und betr. das Rangverhältniß der patentirten Oberstlieutenants (6). Frankreich. Die Deputirtenkammer bewilligt einen Credit von 9 Millionen Francs für den Krieg in Tonkin. Frankreich. Kr. Verf. betr. die Theilnahme der Offiziere der Fuß-Artillerie an der Artillerie-Schule. Frankreich . Kr . Verf. betr. die Bewaffnung der Unteroffiziere der Pontonnier Regimenter , der Feuerwerker , der Artillerie-Arbeiter - Compagnien mit dem Artillerie gewehr, der Adjutanten und maréchaux des logis-chefs mit dem Revolver M/73 (94). Desterreich- Ungarn. Das 13. Dragoner-Regiment feiert das 200 jährige Jubiläum des Tages, an welchem Prinz Eugen von Savoyen als Oberst-Inhaber an seine Spize trat. Frankreich. In Tonkin beſeßt Admiral Courbet nach heftigen Kämpfen die Stadt Sontay (478). Rußland. Gen. d. Cav . Baron v . Saß † (Nekr. 510). Frankreich. In Tonkin beſeßt Admiral Courbet auch die Citadelle von Sontay (478). Oesterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Aenderung der Dienſtvorſchrift für die k. k. Militär-Bau-Rechnungs- Beamten. Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe einer neuen Vorschrift zur Ver faffung der Qualificationsliſten über Stabs- und Oberoffiziere des Soldatenstandes, dann Cadetten im k. k. Heere (177 ). — Circ. Ver. betr. Einführung von Revolver Patronen M/1882. Circ. Ver. betr. Bestimmungen über den Bezug von Aufnahms Sections-Copien und sonstigen Kartenwerken des militär-geographischen Instituts . Großbritannien. Genmaj. Finch der Englisch - Ostindischen Armee † zu South Bank, Blackheath (Nekr. 492). Desterreich- Ungarn. A. E. betr. Anfertigung der Cavalleriesättel mit Stahl zwieseln in den fünf mittleren Größennummern ( 173). Rußland. Generaladjutant Wassili Sergjejewitsch Korff II. † zu Wiesbaden (Nekr. 499) . Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Erhöhung des Friedensstandes der Sanitäts Abtheilung Nr. 1 in Wien. Desterreich - Ungarn. Der Kgl. Ungarische Landesvertheidigungs- Minister Graf Gedeon Raday † zu Wien. Preußen. A. C. D. betr. Dislocation (8). Frankreich. Regl. über den inneren Dienst bei den Truppentheilen (60). Rußland. Gen. der Cav. Fürſt Urufſoff † ( Nekr. (515) . Großbritannien. Genmaj. David William Paynter † zu Bath (Nekr. 506). Desterreich - Ungarn. Circ. Ver. betr. Ausgabe der Instr. für die Untersuchung und Uebernahme des Extra-Corps -Zimmer- Gewehrs mit Wänzl- Verschluß.“

Militärische Jahresberichte 1883.

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Militärische Jahresberichte für 1883.

Alphabetisches Namen-

Abd el Kadr Pascha 480. Adjutanten der Bataillone und Compagnien in Frankreich 84. Adminiſtrations- Offiziercorps in Frankreich 78. Adminiſtrations- Truppen in Frankreich 96. Aerzte und Pharmaceuten der Reserve in Frankreich 100. Albedinski, General, Nekr. 485. Ambulancen 98. Amidogen 387. fällt in dem Amr el Makaschef 480, Kampf an der Morabia Furt 482. Amur-Kasaken-Woissko 232. Angriff von Festungen 58. Apotheker-Magazine in Rußland 224. Armee von Africa in Frankreich 43. Armee-Munitionsdepots in Rußland 210. Armee- Verband in Rußland 240. Arrestanten- Abtheilungen in Rußland 223. Arsenale in Rußland 223. Artillerie in Frankreich 39, 89, — in Groß britannien 118 , - der Eingeborenen Truppen Großbritanniens in Indien 126, - in Desterreich-Ungarn 152, in Ruß land 205, - in Spanien 279. Artillerie beim Infanterie - Angriff 327. Artillerie-Behörden, Ressortverhältniſſe der selben in Frankreich 91 , 93. Artillerie- Comitée in Dänemark 31. Artillerie - Conſtructions - und Verſuchs Abtheilung in Dänemark 32. Artillerie- Depots in Rußland 223. der Feld Artillerie Material 380 , Artillerie in England 380, in Frank in reich 381 , - in Italien 382, Desterreich- Ungarn 385, in Rußland 385, in der Schweiz 385, - in Spanien 387, der Belagerungs-, Festungs-, Küsten- und Schiffs -Artillerie 388, - in Deutschland 388, in Eng land 390, -- in Frankreich 395 , - in Italien 405, ― in Desterreich- Ungarn 411, in Rußland 414 , — in Braſilien 419, in Dänemark 419, --- in Spanien 419, - in den Vereinigten Staaten Nord Americas 420. Artillerie-Miliz-Brigaden in Großbritannien 122. Artillerie-Parks in Rußland 209.

und

Sach- Regiſter.

Artillerie : Prüfungs ፡ Commiſſion in Preußen 5. Artillerie- Train in Frankreich 40. Artillerie ፡ Werkstätten in Rußland 210. Astrachan-Kasaken-Woissko 228. Aufstand in der Herzegovina, Süd -Bosnien und Süd- Dalmatien 1881-82 450. Ausbildung der Infanterie in Groß britannien 121 . Avancement der Offiziere in Bayern 11. Avancementsgesetz in Frankreich 42. Bade- Einrichtungen der Caſernen in Preußen 19. Baggowut, General, Nekr. 486. Baikow, Ausübung des strategischen Dienstes der Cavallerie 325. Baker Pascha im Sudan 483. Baranow, General, Nekr. 487 . Barnekow, Frhr. v., verabschiedet 4. Basel im Kriege mit Desterreich 1445-49 446. Baumgarten, General, Nekr. 487. Bauten in Preußischen Festungen 19. Bazaine, Episodes de la guerre de 1870 et le blocus de Metz 449. Beißke, Geschichte der Deutschen Freiheits kriege 447. Bekleidung des Personals der freiwilligen Krankenpflege in Preußen 13. Belagerungs- und Festungsartilleriſtiſche Gedanken 346. Belagerungstrain in Frankreich 92, 338, 395, - in Rußland 211 , 334 , 414, in England 339. Belagerungszustand der Festungen in Frank reich 47. Belgien, Heerwesen 19. Berittene Infanterie in Großbritannien 319. Berittenmachung der Hauptleute der In fanterie in Frankreich 85, der Hauptleute der Genie-Regimenter in Frankreich 94. Beschlagschule in Dänemark 32. Bettin, König Albert von Sachſen als Feld herr 451. Beurlaubtenstand, Uebungen in Preußen 17, in Bayern 17. Bewaffnung in Belgien 20. Bezirks-Eintheilung in Rußland 242.

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Alphabetiſches Namen- und Sach-Regiſter. Bezirksgerichte in Rußland 248. Billot, Französischer Kriegsminister 39. Bockenheimer, Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz 447. Bonnet, Guerre franco-allemande 449. Boyen, Feste 6. Bratt , Ausbildung des Infanteriſten im Felddienst 299. Brigadeverband in Rußland 234. Britische Armee, Stärke der 123. Broeckere, Memoiren aus dem Feldzuge in Spanien 1808-14 451. Bronsart v. Schellendorff, PreußischerKriegs minister 4. Brot für die Armee in Desterreich - Ungarn 175. Budget in Belgien 22, - in Bulgarien 28, ―― in Frankreich 66, ---- in Griechenland 115, -- in Desterreich - Ungarn 184, in Rumänien 202, in Rußland 254, in Schweden 257. Bülow, General, Abschiedsgeſchenk 525. Bulgarien Heerwesen 22. Cadremanöver in Belgien 20. Cadres der Niederländischen Truppen 131. Campenon , Französischer Kriegsminister 39, 69. Canal-Tunnel 523. Canäle in Frankreich 66. Canonge , histoire militaire contempo raine 445. Cantakuzene, Fürst , Kriegsminister Bul gariens 29. Cantonnements -Uebungen in Dänemark 33. Carl, Prinz von Preußen † 3, Nekr. 488. Casembroot, General, Nefr. 489. Casernen in Rußland 247. Casse, baron du, les trois frères de Na poléon 451 . Cavallerie in Frankreich 87, in Groß britannien 118, der Eingeborenen Truppen Großbritanniens in Indien 125, ――― in Rußland 204. Cavallerie = Division als Schlachtenkörper 327. Cavallerie- Diviſionen in Rußland 236. Cavallerie- Manöver in Frankreich 88, 313, - in Desterreich Ungarn 175, 317, allgemeine Entwickelung der 309, in Rußland 310, - in Deutschland 316. Cavallerieschule zu Saumur 104. Cavallerie Truppen - Divisionen in Deſter reich-Ungarn 170. Central- Schießplaß für Fuß-Artillerie 348. Central Vorbereitungscursus der Belgiſchen Kriegsschule 19. Chalais Etablissement für Luftschifffahrt 66. Chambord, Graf, † 525. Chanzy, General, Nekr. 489. Chelmedi, König Johann Sobieski und die Befreiung Wiens 446.

Chile, Friedensvertrag mit Peru 522, 527. China Heerwesen 29. Civilanzug für Französische Offiziere 110. Colberg, Artillerie- Depot 6. Colonial Armee in Frankreich 43, -- in Spanien 281. Comité consultatif de l'intendance mili taire 76. Commandants d'armes 46. Commissariat in Großbritannien 118. Commission des hautes études militaires 107. Commission superieure et consultative des subsistances militaires 96. Conserven in Rußland 247. Controle- Corps in Frankreich 79. Corpsverband in Rußland 239. Corviſart, Artilleriemaſſe und Diviſions Artillerie 329. Courbevoie, Denkmal der nationalen Ver theidigung 525. Cruyplants, participation des Belges aux campagnes des Indes-Orientales 450. Cüraß in Frankreich 89. Dababe, Kampf der Franzosen bei, 463. Dänemark Heerwesen 31 . Delaborde, Lebensbeschreibung des Admiral Gaspard de Coligny 451 . Delauney, Gewehrkartätschgeschoß 64. Desroziers, Combats des partisans 443. Deutschlands Heerwesen 3. Diehl, General, Nekr. 490. Disciplinar-Bataillone in Rußland 223. Dislocationen von Truppen in Preußen 6, in Bayern 8. Distanceritte in Rußland 252. Distanceschäßen in den Niederlanden 145. Divisions - Lazarethe in Rußland 210. Divisionsverband in Rußland 235. Donau-Flottille in Bulgarien 27. Don-Rasaken-Woissko 224. Doublet , Mémoire sur l'occupation de Malte en 1798 447. Doyle, General, Nekr. 491 . Duquet, la guerre d'Italie 1859 448. École d'application de cavalerie zu Saumur 104. École militaire d'infanterie zu St. Maixent 102. École spéciale militaire zu St. Cyr 107. École supérieure de la guerre 106. Egger , Verpflegung der t. k. Truppen während der Beseßung Bosniens und der Herzegovina 1878 450. Egyptens Heerweſen 34. Egyptische Armee 36. Eingeborene Truppen Großbritanniens in Indien 124. Einjährig = Freiwillige in Frankreich 107. Eisenbahnen in Bulgarien 28, ― in Frank reich 65, - in Griechenland 116, - in

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Militärische Jahresberichte für 1883.

in Rumänien 202 , Persien 187, in Serbien 272, in der Türkei 284, in Rußland 333, in Desterreich Ungarn 335. Eisenbahnbau in Senegambien 463. Eisenbahn-Section in Spanien 279. Eisenbahn - Transport - Reglement in Bel gien 21 . Eisenbahn- und Telegraphen 4 Regiment in Desterreich-Ungarn 164. El Obeid vergeblich vom Mahdi gestürmt 481, - die Besaßung erklärt sich für den Mahdi 481 , - Hicks Paschas Corps wird südlich davon vernichtet 483. El Teb , Baker Pascha wird von Osman Digma geschlagen 484. England, General, Nekr. 492. Epauletten für Bayerische Ulanen 13. Erfahreſerviſten Uebungen in Preußen 17, in Bayern 18. Jn= Ersah = Truppen in Rußland 214, Cavallerie 215, - Ar fanterie 214, tillerie 217, Ingenieur-Truppen 218. Etter, General, Nekr. 492. Evacuations -Ambulancen 99. Exercir = Reglement für die Infanterie in für die Fuß- Artillerie Preußen 13, in Preußen 14, - für die Cavallerie in Belgien 21, - für Infanterie in Frank reich 82, 292, - Zusammenstellung der Reglements für die Infanterie in Deutsch land, Frankreich, Italien , Deſterreich, Zusammenstellung Rußland 298, 304, der Cavallerie-Reglements in Deutſchland, Frankreich, Italien, Desterreich, Rußland 321. Fechten zu Pferde in Frankreich 87. Feld-Apotheken in Rußland 210. Felddienst : Reglement in Frankreich 49. Feld-Eisenbahnen in Frankreich 65. Feld - Eisenbahnwesen im Kriege in Deſter reich-Ungarn 166. Feld Hospitäler 99. Feldübungen in Schweden 255. Feldwachtdienst in Norwegen 148. Feldzüge des Prinzen Eugen 444. Festetics de Tolna, General, † 519. Festungs- Artillerie in Frankreich 40, 91 , — in Rußland 219. Festungsbauten in Desterreich- Ungarn 176, in Rußland 334, - in Italien 336, in Belgien 337, ――― in Frankreich 337. Festungskrieg-Uebungen in den Niederlanden 146. Festungssystem der Niederlande 130, 147. Finch, General, Nekr. 492. Finnische Bataillonsbezirke 244. Flurbeschädigungen durch das zuſchauende Publicum 16. Fohlenhöfe im Lager von Châlons 64. Forstbeamten, Corps der, in Frankreich 113.

Frankreichs Heerwesen 39. Freiwillige in Frankreich 108. Freiwillige Krankenpflege, Bekleidung des Personals in Preußen 13. Fremdenlegion in Frankreich 84. Friedrich des Großen Politische Correspon denz 445 . Friedrich Franz II., Großherzog von Meck lenburg- Schwerin † 3, Nekr. 493. Fries, Geschichte des Bauernkrieges in Ost franken 446. Furugelm, General, Nekr. 494. Fußgefecht der Cavallerie in Schweden 256. Gaffarel, campagnes de la première répu blique 444. Gallandi , das Grenadier - Regiment Kron prinz 1869-1882 452. Galli , L'Armée française en Egypte 1798-1801 447. Gallina, F. M. L., Nefr. 494. Galvanische Abtheilung in Rußland 224. Ganier, Costumes des régiments recrutés dans les provinces d'Alsace et de la Sarre , les républiques de Strassbourg et de Mulhouse 454. Garibaldi, Denkmal auf dem Janiculus 523. Gedenkblätter für das Dragoner - Regiment Feldmarschall Erzherzog Albrecht Nr. 4 453. Gefecht der Compagnie in den Niederlanden 134, - des Bataillons 136, ― des Re giments 137. Gefecht, Vorschriften für das, in Frankreich 56. Gefechtsschießen in den Niederlanden 145. Geldverpflegung in Großbritannien 120. in Frank Gendarmerie in Egypten 38, reich 80, in Rußland 222. Generale . D. , die Regimentschefs sind oder à la suite stehen, in Preußen 12. Generalinspecteur der Festungs- Artillerie in Frankreich 91. Generalität in Frankreich 71, - in Spa nien 274. - in Dester Generalstab in Frankreich 72, in Rumänien 198. reich-Ungarn 149, Generalstabs -Comité in Frankreich 71 . Generalstabs - Gesetz in Frankreich 72. Generalstabsoffiziere der Gouvernements und Commandanturen in Preußen 14, - der Armee -Corps und Divisionen in Preußen 14. Generalstabs -Uebungsreisen in Preußen 18, -- in Bayern 18. Genie in Frankreich 94, - in Desterreich Ungarn 153. Gepanzerte Geſchoſſe für Gewehre 367, 371 . Gerichtsordnung in Rußland 248. Gerneth, Geschichte des 5. Bayerischen In fanterie : Regiments ( Großherzog von Hessen) 452.

Alphabetisches Namen- und Sach-Regiſter.

533

Geſchüßgießerei in Petersburg 223. Gewaltsamer Angriff auf Festungen 342. Gewehrfabriken in Rußland 223. Gewehrfrage in Frankreich 85, - in Schwe den 256, - in Deutschland 287. Gewehr = Prüfungs - Commiſſion in Span dau 5. Glinojezky, Geſchichte des Ruſſiſchen General stabes 453. Goeben, General, Grabdenkmal 527. Golz, von der, Roßbach und Jena 445. Gordon im Sudan 484. Gottberg , v ., commandirender General 4. Graaf, das Posensche Ulanen - Regiment Nr. 10 452. Griechenland Heerwesen 115. Griesheim, Oberstlieutenant, Dienſtjubiläum 526. Griesinger, das Ulanen - Regiment König Carl Nr. 19 452. Grodekow , Feldzug in Khiwa 1873 450, - Der Krieg in Turkmenien 450. Großbritanniens Heerwesen 117. Gruppenfeuer in den Niederlanden 144.

Herschelmannscher Telegraphen- Apparat 247, 313, 437. Hicks Pascha wird Führer der Sudan-Armee 482, schlägt Amr el Makaschef an der Morabia Furt 482, - rückt gegen Er Obeid vor 483, ― sein Corps wird bei Kasghil vernichtet 483. Hill, General, Nekr. 497. Historique du 13. régiment de dragons. 453. Hodenberg, Frhr. v., Das Königl. Sächsische 1. (Leib-) Grenadier - Regiment Nr. 100. 453. Hörmann v. Hörbach , Hauptmann , Nekr. 497. Hofmann-Chappuis,nachgelaſſene Correspon denz zwischen Herzog Eugen von Würt temberg und Oberst v. Hofmann 451. Horn, General, Dienstjubiläum 525 Hubrich , Ruſſiſches Infanterie - Reglement 299, Russisches Cavallerie - Reglement 327. Huzelmann, die Französische Invasion in Franken 1796 447.

Haltepunkt beim Schießen der Infanterie 288. Handfeuerwaffen 351, 1 in Deutschland in Frankreich 354, - in Groß 351, britannien 355, in Italien 357, in den Niederlanden 358, - in Dester reich- Ungarn 359. - in Schweden-Nor wegen 361, -- in der Schweiz 364, in Serbien 365, - in Spanien 365. Hanoi von den Franzosen beſeßt 466, ―――― von den Schwarzflaggen vergeblich ge= stürmt 467, - Ausfall der Franzosen, bei dem Capitän Rivière fällt 467 , Vormarsch gegen Sontay 473, - Aber= maliger Vormarsch gegen Sontay 475. Hardy, le général, 1792-1802 451. Harmand schließt Vertrag mit Anam 472. Hartmann, General, Nekr. 495. Haffel und Graf Vißthum v. Eckstädt , Be theiligung der Kursächsischen Truppen am Türkenkriege 1683 447. Hauptlaboratorium, Bayerisches, 8. Haupt-Militärgericht in Rußland 249. Hauslab, F. 3. M., Nekr. 496. Hebler-Gewehr 375. Heeresverwaltung in Rumänien 198, - in Serbien 269. Heigel, Tagebuch Kaiser Karls VII. aus der Zeit des Desterreichiſchen Erbfolgekrieges 447. Helfert, der Chef der Wiener Stadtverthei digung gegen die Türken 1683 447. Hellfeld, Patrouillenführer bei der Infan terie 299. Helm für Bayerische Civilbeamte der Militär verwaltung 13.

Jäger-Bataillone in Spanien 276. Japans Heerwesen 128. Jeeze, General, Nekr. 498. Iglesias, Präsident von Peru 518. Indirecter Schuß der Infanterie 345. Infanterie Frankreichs 81, ―――― Großbritan niens 117, ― der Eingebornen Truppen Ruß Großbritanniens in Indien 124, lands 203. Infanterie bei Vertheidigung der Festungen 340. Infanterie-Divisionen in Rußland 235. Informations- Cursus für Stabsoffiziere bei der Schießschule in Spandau 14. Ingenieur-Depots in Rußland 224. Ingenieure der Eingebornen Truppen Groß britanniens in Indien 127, - in Ruß land 207. Ingenieuroffizier vom Plaz 6. Ingolstadt, Hauptlaboratorium 8. Instructionspelotons in Frankreich 82. Intendantur in Frankreich 75. Intendantur-Depots in Rußland 224. Intendantur-Transporte in Rußland 210. Invaliden in Frankreich 80. Invalidenhaus in Wien, Jubiläum 526. Jochmus, the syrian war and the decline of the Ottoman Empire 448. Jolschin, General, Nekr. 498. Journal de la Belgique de 1815 448. Jrreguläre Truppen Rußlands 232. Jurien de la Gravière , les campagnes d'Alexandre 445. Kameke, v., Preußischer Kriegsminister, 4. Kartätschgeschoß für Gewehre 64, 368.

534

Militärische Jahresberichte für 1883.

Karte des Deutſchen Reiches 18. Kaffen und Zahlstellen in Oesterreich-Ungarn 170. Klopp , das Jahr 1683 und der folgende große Türkenkrieg bis zum Frieden von Carlowit 447. Kluczycki, König Johann III . vor Wien 446. Knebel v. Treuenschwert, F. M. L., Dienſt jubiläum 527. Knorr, das Russische Heeres -Sanitätswesen während des Feldzuges 1877/78 450 . Kondzerowski, General, 499. Korff II., General, Nekr. 499. Korinth, Durchstich des Isthmus von 116. Krankenträger in Frankreich 100. Kreis - Truppen-Chefs-Verwaltungen inRuß land 244. Kriegsbrücken- Equipagen in Desterreich- Un garn 161. Kriegsdepot in Frankreich 75. Kriegsjahr 1683, 446. Kriegsgeschichtliche Einzelschriften 442. in Kriegsministerium in Bayern 8, Frankreich 69, - in Rußland 244, in Serbien 269, in Spanien 277. Krippenstapel, die Preußische Armee von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart 454. Krönung in Moskau 522. Kromar, Auszug aus den Schießinſtructionen 298. Kromhout, Vademecum für Offiziere 147. Kuban-Kasaken-Woissko 226. Kuhn v. Kuhnenfeld, F. 3. M., Dienſt jubiläum 527. Küstenvertheidigung in China 30. Kupfermantelgeschoſſe für Gewehre 367, 371 . Kurhessische Fahnen und Standarten 18. Kuzimin-Korowajew, General, Nekr. 499.

Labinzow , General, Nefr. 500. Laboratorium-Werkstätten in Rußland 210. Lafayette, Statue in Puy 526. Lagerübungen in Rußland 253. Landesaufnahme in Rumänien 201 . Landesvertheidigung in Rumänien 199. Landsturm in Rumänien 196. Landwehr in Desterreich 178, - in Un garn 181 . Landwehr-Cavallerie in Oesterreich 180 . Langwerth von Simmern, der Revolutions krieg im Lichte unserer Zeit 447. Lanze bei der Russischen Cavallerie 247. Lapzow, General, Nekr. 501. Lardenois, General, † 520. Lat Dior, König von Cayor 463. Lazarethgehülfen in Frankreich 100. Lee, Denkmal zu Lerington, 524. Leer, Russische Encyklopädie der Militär wissenschaften 444. Lehr-Anstalten in Rußland 245. Lehr- Polygone in Rußland 223.

Lehr-Truppen in Rußland 222. Leonhardi, F. M. L. , Nekr. 501 . Leuk, Generalstabsarzt, Nekr. 502. Liechtenstein, Geschichte des Leib - Grenadier Regiments Nr. 8, 452. Linien-Bataillone in Rußland 219. Local Brigaderayons in Rußland 243. Local-Truppen in Rußland 219, 221. Loefen, Geschichte des 3. Thüringischen In fanterie-Regiments Nr. 71 452. Lombardini, General, Nekr. 502. Loos, General, Nekr. 503. Lopez Dominguez, Spanischer Kriegsminister 273. Losung in Frankreich 50. Ludovica-Akademie in Budapest 183. Lützows Freicorps 1813/14 448. Luftschifffahrt in Frankreich 66. Macdonald, General, Nekr. 503. Madagaskar, Französische Expedition nach, 457. Madjunga von den Franzosen bombardirt und besett 458. Magee-Gewehr 356. Mahdi Mahomed Achmed 34, 479. Makarowski, General, Nekr. 504. Manöver in Belgien 20. Marschdienst in Frankreich 52. Martimprey, General, Nekr. 504. Martinez Campos, SpanischerKriegsminister 273. Mata-Repetirgewehr 280. Maurer, Entscheidungsschlachten der Welt geschichte 445. Maximowitsch, General, Nekr. 505. Meckel, Taktik 301. Médecins u. pharmaciens-auxiliaires 100 . Meßtischaufnahme in Preußen 18. Militär-Cabinet in Preußen 5. Militär-Fondsverwaltung in Bayern 9 . Militärhospitäler in Rußland 210. Militär-Wochenblatt Beihefte 443. Miliz in Ostrumelien 185. Milovanovic-Gewehr 365. Minen-Compagnien in Rußland 220. Minimalkaliber für Gewehre 370, 374. Mittheilungen des k. . Kriegsarchivs 442. Montenegros Heerwesen 129. Montgolfier, Feierlichkeiten zu Annonay 525. Monturs Wirthschafts- und Verrechnungs vorschrift in Desterreich-Ungarn 173. Mosbach, Zur Französisch- Deutschen Kriegs geschichte 1800-1813 451. Motterouge, General, Nekr. 505. Mühlwerth- Gärtner, Belagerung und Entſay von Wien 1683 446. Muff, das Füsilier-Bataillon des Grenadier Regiments König Carl Nr. 123 452. Munition der Handfeuerwaffen 367. Munitions -Colonnen in Rußland 209.

Alphabetisches Namen- und Sach-Register. Munitionsersaß in den Niederlanden 138, in Rußland 251.

Nam Dinh von Franzosen beſett 466, von Anamiten eingeschlossen 470, Lettere aus der Nähe vertrieben 471. Nancy, Befestigung von 65. Naturalverpflegung in Preußen 19. Neumann, Zeitalter der Punischen Kriege 444 . Neve, General, Nekr. 505. Newald, Beiträge zur Geschichte der Be lagerung von Wien 1683 466. Niederlande, Heerwesen der 130. Niederwald-Denkmal 527. Norwegens Heerwesen 148. Oberstlieutenants der Deutschen Armee 6, in Frankreich 84. Desterreich-Ungarns Heerwesen 149. Official records of the rebellion 449. Officiers comptables 111. Offizier-Ersag in Bulgarien 28. - in Rumänien Offiziere in Frankreich 109, — 194. Opoltschenie (Reichswehr) 233 . Orden, fremdländische, in Frankreich 111 . Organiſationsſtatut der Serbischen Armee 260. Orléans, Prinzen von 109. Osman Digma, Parteigänger des Mahdi 483. Oftrumeliens Heerwesen 184. Pajol, histoire des guerres de Louis XV. 444. Panzerthürme in den Niederlanden 146. Panzerversuche inEngland 393. — in Italien 408. Papier-Mantelpatrone 367. Pappenheim, General, Nekr. 506. Paris, Comte de, Guerre civile en Amé rique 449. Paris, Befestigung von 65. Pariser Stadtbahn 65. Parks für Luftschifffahrt in Frankreich 66. Patronenfabrik zu Petersburg 223. Paynter, General, Nekr. 506. Périer, Unterstaatsſecretär im Franzöſiſchen Kriegsministerium 70. Persiens Heerwesen 186. Peru, Friedensvertrag mit Chile 522, 527. Pferde-Depot in Rußland 210. Pferdepflege bei der Französischen Infan terie 85. Pferdestand der Rumänischen Armee 195. Pfister, Milizgedanken in Württemberg 443. Philippson, General, Nekr. 506 . Pierre, Contre- Admiral, † 460 Pionierdienstbei der Russischen Cavallerie 252. Pionier = Regiment und = Zeugs - Depot in Desterreich-Ungarn 157.

535

Plantenga, Militärgeographie und Statistik der Niederlande 147. Pontonnier- Reglement in Bayern 14. Prämien für Signalweſen in Großbritannien 122. Preußische Offiziere in der Türkei 282 . Pruk, Kulturgeschichte der Kreuzzüge 444. Przemysst Befestigung 176. Pulverfabriken in Rußland 223. Pulver und Salpeterwesen in Frankreich 96. Pupillenschule in Belgien 19.

Qualificationslisten in Desterreich - Ungarn 177. Raaslöff, General, Nekr. 508. Raday, Ungarischer Landesvertheidigungs minister † 529. Raille, General, Nekr. 508. Raketenfabrik zu Nikolajew 223. Ranavalo II., Königin der Hovas † 461 . Reed, General, Nekr. 509. Regimentsgerichte in Rußland 248. Regimentsschulen in Frankreich 88. Regimentsstabs -Uebungen in Schweden 255. Reglement für Eisenbahntransport inBelgien 21. Règlement sur le service des armées en campagne 49, 296, 324. Règlement sur le service dans les places de guerre et les villes de garnison 45. Reglement sur le service de la solde et sur les revenues 95. Reichswehr in Rußland 233. Reit- und Beschlagſchule in Dänemark 32. Rekrutirung in Preußen 10, ――― in Bayern 10, in Frankreich 60, in Griechen land 115, in Großbritannien 119, in Persien 187, - in Rußland 246, in Spanien 275. Rekrutenausbildung in Frankreich 83. Rekrutirungsgeset in Frankreich 42. Remontedepots in Frankreich 64, - in Desterreich-Ungarn 173. Remontirung in Preußen 12, - in Frank reich 64, ――― in Desterreich-Ungarn 173. Renner, Johann Andreas v. Liebenberg, Bürgermeister von Wien 447. Repetirgewehr von Mauser 351 , - von Vetterli 355, - von Bertoldo 357, -von Kropatschek 360 , ―――― von Jarmann Ange= 361, - von Mata 280, 367, mein 287, 369. in Frankreich Reserve in Belgien 22, 63, -- in Großbritannien 120. Reserve-Fuß- Artillerie in Rußland 212. Reserve Ingenieur - Truppen in Rußland 213. Reserve-Truppen in Rußland 211. Revolver in Norwegen 148. Rivinus , Geschichte des 2. Posenschen In fanterie-Regiments Nr. 19 453.

536

Militärische Jahresberichte für 1883.

Roberts, campagnes de Charles IV. , Duc de Lorraine 446. Roß, General, Nekr. 509. Roth, General, Nekr. 509. Rubin- Gewehr 371 . Ruith, der Militär-Mar-Joſephs -Orden und seine Mitglieder 454. Rumäniens Heerwesen 188. Russische Offiziere in Bulgarien 24. Rußlands Heerwesen 203.

Taktik der Infanterie 287, - der Cavallerie 309, - der Feld- Artillerie 327, ――― des Festungskrieges 332. Tamatave von den Franzosen beſchoſſen und besezt 459. Tann-Rathsamhausen, General, Nekr. 515. Telegraphen (Eisenbahn ) Regiment in Desterreich-Ungarn 164. Telegraphenschule zu Saumur 105. Telegraphenwesen in Dänemark 421, — in in Belgien den Niederlanden 425, 428, - in Deutschland 428, - in Eng in Frankreich 66, 434, land 429 , in in Desterreich = Ungarn 166 , 434, in Rußland 436 , Portugal 435 , in Spanien 279, 437. Temporäre Militärgerichte in Rußland 249. Terek-Kasaken-Woissko 227. Territorial-Armee in Frankreich 111. Territorial-Eintheilung Griechenlands 115, Rumäniens 190, - Serbiens 262. Tewfik Pascha, Commandant von Sinkat 484. Thibaudin , Französischer Kriegsminister 39, 69. Tiraillir-Vorschrift in den Niederlanden 131. Toifel, Die Türken vor Wien 1683 446.

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Sabine, General, Nekr. 510. Salvenfeuer in den Niederlanden 144. Sanitätsdienst im Felde in Frankreich 97. Sanitäts- Inspectionsbezirke in Frankreich 101 . Sanitätsoffiziere in Frankreich 96. Sanitätswesen in Frankreich 96. Saß, General, Nekr. 510. Saumur, Cavallerieschule 104. Sawitsch, General, Nekr. 512. Schachtmeyer, General, Dienſtjubiläum 528. Scherff, Von der Kriegführung 301. Schießausbildung in Großbritannien 121, in Rußland 251. Schießinstruction für die Niederländische Infanterie 139 , - für die Französische Infanterie 292. Schießplatz = Verwaltungs - Vorschrift in Preußen 14. Schießprämien in den Niederlanden 145. Schießschule in Spandau 5. Schießversuche der Belgischen Schießſchule 290, 318. Schimmelmann , Geschichte des 8. West= fälischen Infanterie-Regiments Nr.57 452. Schindler, die Cavallerie Deutſchlands 454. Schloß-Grenadiere in Rußland 222. Schramtschenko , General, Nekr. 513. Schreibercorps für Militär- Büreaus 278. Schröder, Der Kampf um Wien 447. Schrott, General, Nekr. 513. Schüler, Geschichte des Schwarzburg-Rudol städtischen Contingents 1807-15 448. Schüler-Bataillone in Frankreich 114. Schüßen-Abzeichen in Preußen 12. Schüßen und Cavallerie- Abtheilungen der Russischen fliegenden Parks 209. Schwarze Flaggen 31 . Schwedens Heerwesen 254. Schwicker , Geschichte der Desterreichischen Militärgrenze 445. Schwimmübungen der Ruſſiſchen Cavallerie 252, 312. Seilhac, le bataillon de la Corrèze 1791-1796 447. Senaar, in der Nähe wird Amr el Maka schef von Abd el Kadr Pascha geschlagen 482. Senegambien, Französische Expeditionen in, 462.

Seume, General, Nekr. 513. Seyffardt , Anleitung zur Kenntniß der Artillerie 147. Shrapnels bei der Feld-Artillerie Deſter reich-Ungarns 171 . Sibirisches Kasaken-Woijsko 230. Sicherheitsdienst in Frankreich 55. Sieg, Geschichte des Dragoner-Regiments Prinz Albrecht von Preußen 452. Signalpfeifen für Cavallerie - Unteroffiziere in Frankreich 89. Signalwesen in Großbritannien 122. Sinkat, Entsak von, 483, - die Besazung versucht sich durchzuschlagen 484. Skobelew, ein Zeitbild 451 . Soldatenkinder in Frankreich 44. Soldatenkinderschule in Belgien 19. Soldatenliederbuch für Bayerische Armee 19. Sontay von den Franzosen beset 478. Sperrforts 337, - Angriff gegen dieſelben 344. Spandau, Militärſchießſchule 5. Spaniens Heerwesen 273. Stabsoffiziere der Deutschen Infanterie 6. Stahlzwiesel für Cavalleriesättel 173. Stange, General, Nekr. 514. Steinheil, v., Württembergischer Departe mentschef des Kriegswesens 4. St. Mairent, Infanterieſchule 102. Suakin von Engländern besezt 484. Sudan, Krieg im, 479. Sudanesische Bewegung 34. Szapary, General, Nekr. 514 .

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Duc

Alphabetisches Namen- und Sach-Regiſter.

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Toledo Militär-Akademie 276. Tonkin, Krieg der Franzosen gegen, 465. Topographenschule in Frankreich 75. Topographischer Atlas von Bayern 18. Topographen Section in Spanien 279. Torpedo-Compagnien in Rußland 220. Touanane von den Franzosen bombardirt und besett 471 . Train der Eingebornen Truppen Groß in Ru britanniens in Indien 127 , mänien 195. Train des équipages 94. Transbaikalisches Kasaken-Woissko 231 . Tripolis Truppen 283. in Truppenübungen in Breußen 16 , Bayern 16 , -- in Bulgarien 27, - in Dänemark 33, in Frankreich 83 , 88, 93, 94, - in den Niederlanden 146, ――― in Desterreich Ungarn 175, - in Ru mänien 200, --- in Spanien 280. Tu Duc, König von Anam † 471 . Tümpling, v., verabschiedet 4. Türkei, Heerwesen der 281. Nebungen der Territorial- Armee in Frank reich 112. Ulanen in Bayern 13. Unger, Niederösterreichischer Bauernkrieg 1515 446. Uniformanlegen für Offiziere der Reserve und Territorial-Armee in Frankreich 110. Uniformirung der Französischen Infanterie 86, - der Französischen Cavallerie 89, der Französischen Sanitätsoffiziere 101. Unteroffiziere in Frankreich 108. Unterstaatssecretär im Französischen Kriegs ministerium 70. Ural-Kasaken-Woissko 229. Urufsoff, General, Nekr. 515. Vaulabelle, Ligny-Waterloo 448. Verbandpläße 98.

537

Verpflegung des Oesterreichisch = Ungarischen Heeres im Kriege 174. Verpflegungs- Magazine in Rußland 221. Vertheidigung von Festungen 59. Viaud, Schiffslieutenant 527. Vibart, Military history of the Madras engineers and pioneers 453. Victoires et conquêtes sous les règnes de Louis XIII. , XIV., XV., XVI. 444. Visir der Niederländischen Gewehre 146. Vlaning Taktif 147. Volunteers 119. Vorbereitende Militärschulen in Frankreich) 44. Vorbereitungsschulen für Sanitätsdienſt in Frankreich 100. Vordere Artillerie-Reſerve in Rußland 210. Vorhut-Brückentrains in Desterreich-Ungarn 162. Vorposten in Frankreich 55. Walter-Waldhofen, Die Cavallerie im Lichte der Neuzeit 326. Wasserdichte Bekleidung in Belgien 20. Wehrgeseh in Rumänien 196, - in Serbien 257. Weißel, Kriegsminister der Niederlande 130. Wichmann, v., commandirender General, 4. Williams of Kars, General, Nekr. 516. Wolozkoi, Gewehrfeuer im Gefecht 298. Wood, General, Nekr. 516. Wundt, v., Württembergiſcher Kriegsminiſter † 4, Nekr. 517.

Yeomanry - Cavallerie 119. Zaragoza, Uebungslager bei 280. Zerlegbare Geschüßröhre in Rußland 415. Zimburg, die Desterreichische Cavallerie von 1600-1883 454. Zitljadzew, General, Nefr. 517.

Gedruckt in der Königlichen Hofbuchdruckerei von E. S. Mittler u. Sohn , Berlin, Kochstraße 69. 70.