Investitionsprojekte mit mehreren Realoptionen: Bewertung und Analyse [1 ed.] 9783896448668, 9783896731265

Nach einer kurzen Einführung in das Gebiet der Realoptionen werden aus der Optionspreistheorie stammende Methoden zur Be

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Investitionsprojekte mit mehreren Realoptionen: Bewertung und Analyse [1 ed.]
 9783896448668, 9783896731265

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Investitionsprojekte mit mehreren Realoptionen

Schriftenreihe Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Band 46

Claus Lucke

Investitionsproj ekte mit mehreren Realoptionen - Bewertung und Analyse

Verlag Wissenschaft & Praxis

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Lucke, Claus:

Investitionsprojekte mit mehreren Realoptionen : Bewertung und Analyse / Claus Lucke. - Sternenfels : Verl. Wiss, und Praxis, 2001 (Schriftenreihe Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ; Bd. 46) Zugl.: Karlsruhe, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-89673-126-2

ISBN 3-89673-126-2

© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2001 Nußbaumweg 6, D-75447 Sternenfels Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

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Printed in Germany

Vorwort Die Ursprünge der vorliegenden Arbeit reichen zurück bis zum Anfang meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Angestellter der Universität Karlsruhe (TH), als mein späterer Doktorvater, Herr Professor Dr. Göppl, mir die Möglichkeit bot,

eine Vorlesung zum Themenbereich Realoptionen auszuarbeiten. Nach anfänglicher

Skepsis hat mich dieses Gebiet so stark fasziniert, dass es zum Thema meiner For­ schung wurde. Neben einigen Diskussionspapieren ist daraus die vorliegende Arbeit entstanden, die von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Karlsruhe (TH) Ende 2000 als Dissertation angenommen wurde.

Mein Dank gilt an erster Stelle meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Hermann Göppl, der mich auf dieses interessante Forschungsgebiet aufmerksam gemacht hat.

Dank schulde ich ihm außerdem für die immer gute Zusammenarbeit, insbesondere auch während der Betreuung meiner Arbeit. Herrn Professor Dr. Svetlozar Rachev danke ich für die Übernahme des Korreferats. Für zahlreiche wertvolle Anregungen, die zur Verbesserung der vorliegenden Arbeit beigetragen haben, danke ich sowohl Herrn Professor Dr. Göppl als auch Herrn Professor Dr. Rachev. Ferner bedanke

ich mich bei meinem Prüfer in der mündlichen Doktorprüfung, Herrn Professor Dr.

Christian Hipp.

Besonderer Dank gilt meinen Freunden Dr. Ralf Herrmann und Martin Wilhelm sowie meinen Kollegen am Institut für Entscheidungstheorie und Unternehmens­ forschung der Universität Karlsruhe (TH) für die kollegiale Zusammenarbeit und Unterstützung. Karlsruhe, im April 2001

”Dr. Ulu”

Die Theorie der Realoptionen hat es sich zur Aufgabe gemacht, flexible Hand­

lungsmöglichkeiten und strategische Entscheidungen, die das Management während der Lebensdauer eines Investitionsprojekts treffen muss, zu modellieren und in die Bewertung von Investitionsprojekten einzubeziehen. Häufig treten in Verbindung mit einem Investitionsprojekt mehrere flexible Handlungsmöglichkeiten (Realoptio­ nen) gleichzeitig auf, die in ein Gesamtmodell zur Bewertung des Projekts integriert werden müssen. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit sich diese verschiedenen Typen flexibler Handlungsmöglichkeiten gegenseitig beeinflussen und wann es optimal ist, die entsprechenden Handlungen (z.B. Abbruch des Investitionsprojekts) vorzunehmen. Diese Frage ist Gegenstand des vorliegenden Buches.

Nach einer kurzen Einführung in das Gebiet der Realoptionen werden aus der Opti­ onspreistheorie stammende Methoden zur Bewertung von Realoptionen dargestellt.

Mit Hilfe dieser Methoden werden Bewertungsmodelle für ein fiktives Investitions­ projekt mit bis zu vier flexiblen Handlungsmöglichkeiten abgeleitet, gleichzeitig wer­ den die optimalen Handlungsempfehlungen bestimmt. Die Auswirkungen verschiede­ ner flexibler Handlungsmöglichkeiten auf die Investitions- und Abbruchentscheidung werden analysiert. Ferner wird untersucht wie sensitiv die optimale Investitionsstra­ tegie auf wichtige ökonomische Größen wie die Unsicherheit und den risikolosen Zins reagiert, wenn mit dein Projekt unterschiedliche Kombinationen der flexiblen Handlungsmöglichkeiten verbunden sind. Bewertungsfehler, die auftreten, wenn manche der flexiblen Handlungsmöglichkeiten unberücksichtigt bleiben, werden quantifiziert.

Inhaltsverzeichnis

1

Einleitung

1

2

Realoptionen: Eine kurzeEinführung

7

2.1

Der Begriff der Realoption in der Literatur............................................

7

2.2

Arten von Realoptionen

.........................................................................

9

2.2.1 Option zu warten............................................................................

9

2.2.2 Mehrstufige Projekte......................................................................

13

2.2.3 Abbruchoption

16

...............................................................................

2.2.4 Option der vorübergehenden Stilllegung

........................................ 17

2.2.5 Erweiterungs- und Einschränkungsoption....................................... 23 2.2.6 Switching Option................................................................................ 27

2.3

Interdependente Realoptionen..................................................................... 29 2.3.1 Die Studie von Trigeorgis................................................................... 30

2.3.2 Die Studie von Kulatilaka . ............................................................... 36 2.3.2.1

Ein allgemeines Modell zur Bewertung von interde­ pendenten Realoptionen.................................. 36

2.3.2.2

Anwendung auf ein Projekt mit mehreren Realoptio­ nen ..................................................................... 38

2.3.3 Die Studie von Rose.......................................................................... 41

2.4

Anwendungsbeispiele..................................................................................... 44

2.4.1 Bewertung von Investitionenim Rohstoffbereich............................. 44

INHALTSVERZEICHNIS

ii

2.4.2

Bewertung von flexiblen Fertigungssystemen................................ 44

2.4.3

Bewertung von unbebauten Grundstücken................................... 46

2.5

Neuere Ansätze - die Modellierung von Konkurrenz................................ 48

2.6

Zusammenfassung........................................................................................... 54

55

3 Bewertungsmethoden für Realoptionen 3.1

Duplikation.................................................................................................... 56

3.2

Bewertung amerikanischer Optionen........................................................... 65 3.2.1

Amerikanische Optionen und optimales Stoppen.......................... 65

3.2.2

Das zeithomogene optimale Stoppproblem................................... 68

3.2.3

Lösung des zeithomogenen optimalen Stoppproblems mit dem

Konzept der superharmonischen Majoranten................... 72 3.2.4

Lösung des zeithomogenen optimalen Stoppproblems mit der

Smooth Pasting Condition...................................................77 3.2.5

Anwendung auf eine konkrete Problemstellung............................. 87

3.2.5.1

Das optimale Stoppproblem bei Vorliegen einer geo­ metrischen Brownschen Bewegung ................ 87

3.2.5.2

Zusammenfassung............................................................ 94

4 Projekte mit mehreren Realoptionen 4.1 Einführung

95

..................................................................................................... 95

4.2 Der allgemeine Modellaufbau

...................................................................... 96

4.3 Berücksichtigung einer Realoption.............................................................. 105

4.3.1

Die Option zu warten....................................................................... 105

4.3.2

Die Option, mit Stufe 2 zu warten................................................. 107

4.3.3

Die Option, das fertiggestellte Projekt vorübergehend stillzu­ legen ...................................................................................... 114

4.3.4

Die Option, das fertiggestellte Projekt abzubrechen................119

4.4 Berücksichtigung von zwei Realoptionen 4.4.1

.................................................. 124

Option zu warten / Option, mit Stufe 2 zu warten..................... 125

INHALTSVERZEICHNIS

iii

4.4.2

Option zu warten / Option, vorübergehend stillzulegen .... 128

4.4.3

Option zu warten / Option abzubrechen..................................... 134

4.4.4

Option, mit Stufe 2 zu warten / Option, vorübergehend still­

zulegen ................................................................................... 138

4.5

4.4.5

Option, mit Stufe 2 zu warten / Option abzubrechen.............143

4.4.6

Option, vorübergehend stillzulegen / Option abzubrechen . . . 149

Berücksichtigung von drei Realoptionen.................................................... 154

4.5.1

Option zu warten / Option, mit Stufe 2 zu warten / Option,

vorübergehend zu schließen

4.5.2

............................................. 155

Option zu warten / Option, mit Stufe 2 zu warten / Option

abzubrechen......................................................................... 158

4.5.3

Option zu warten / Option, vorübergehend zu schließen / Op­ tion abzubrechen................................................................ 165

4.5.4

Option, mit Stufe 2 zu warten / Option vorübergehend zu schließen / Option abzubrechen....................................... 175

4.6

Berücksichtigung aller vier Realoptionen................................................ 182

4.7

Interaktionsstudie.........................................................................................189

4.7.1

Allgemeine analytische Ergebnisse für die Trigger..................... 189 4.7.1.1

Abbruchtrigger................................................................ 189

4.7.1.2

Trigger für Stufe 2.......................................................... 197

4.7.1.3

Trigger für Stufe 1.......................................................... 207

4.7.2

Nummerische Ergebnisse für die Basisfallparametrisierung . . 210

4.7.3

Einfluss der Unsicherheit auf die Investitionsentscheidung . . . 220

4.7.4

Einfluss des risikolosen Zinses auf die Investitionsentscheidung 229

4.7.5

Fehlbewertung bei Vernachlässigung einzelner Realoptionen . . 240

5 Zusammenfassung

257

A Beweis des Hilfsatzes 4.1

267

INHALTSVERZEICHNIS

B Korrektheitsbeweise

269

B.l Korrektheitsbeweis Option zu warten....................................................... 270

B.2 Korrektheitsbeweis Abbruchoption

.......................................................... 281

B.3 Sequentielle optimale Stoppprobleme....................................................... 285

Abbildungsverzeichnis 3.1

Knick Ausübungszahlung / Optionswert, 1. Fall...................................... 79

3.2

Knick Ausübungszahlung / Optionswert, 2. Fall...................................... 80

4.1

Triggergleichung Option zu warten / Option, mit Stufe 2 zu warten für die Basisfallparametrisierung....................................................... 127

4.2

Triggergleichung Option zu warten / Option, vorübergehend zu schlie­

ßen für die Basisfallparametrisierung.............................................. 133 4.3

Triggergleichung Option zu warten / Option abzubrechen für die Ba­ sisfallparametrisierung ....................................................................... 138

4.4

Triggergleichung Option, mit Stufe 2 zu warten / Option, vorüberge­ hend zu schließen für die Basisfallparametrisierung......................... 143

4.5

Triggergleichung Option, mit Stufe 2 zu warten / Option, vorüberge­

hend zu schließen für die Basisfallparametrisierung........................ 148 4.6

Triggergleichung Option zu warten / Option mit Stufe 2 zu warten / Option, vorübergehend zu schließen für die Basisfallparametrisierung 158

4.7

Triggergleichung Option zu warten / Option, mit Stufe 2 zu warten

/ Option abzubrechen für die Basisfallparametrisierung............... 165 4.8

Triggergleichung Option zu warten / Option, vorübergehend zu schlie­ ßen / Option abzubrechen.................................................................174

4.9

Triggergleichung Option mit Stufe 2 zu warten / Option, vorüberge­ hend zu schließen / Option abzubrechen für die Basisfallparametri­ sierung ................................................................................................... 182

4.10 Triggergleichung Option zu warten / Option, mit Stufe 2 zu warten / Option, vorübergehend zu schließen / Option abzubrechen... 188

vi

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

4.11 Stufe-l-Trigger bei Berücksichtigung von zwei Realoptionen in Abhängigkeit der Unsicherheit er....................................................... 224 4.12 Trigger für Stufe 1 bei Berücksichtigung von drei Realoptionen in

Abhängigkeit der Unsicherheit a....................................................... 226 4.13 Stufe-l-Trigger bei sukzessiver Einführung weiterer Realoptionen in Abhängigkeit von a............................................................................. 227 4.14 Stufe-2-Trigger in Abhängigkeit der Unsicherheit a.............................. 229 4.15 Trigger für Stufe 1 bei sukzessiver Einführung weiterer Realoptionen in Abhängigkeit von r ....................................................................... 233

4.16 Trigger für Stufe 1 bei Berücksichtigung von zwei Realoptionen in Abhängigkeit des risikolosen Zinses r.............................................. 235

4.17 Trigger für Stufe 1 bei Berücksichtigung von drei Realoptionen in Abhängigkeit des risikolosen Zinses r.............................................. 236

Tabellenverzeichnis 2.1 Analogie Option zu warten / Finanz-Call-Option...................................

10

2.2 Nummerische Ergebnisse der Trigeorgis-Studie.......................................... 34 2.3 Kulatilaka-Studie: Definition der Betriebsmodi.......................................... 38

2.4 Kulatilaka-Studie: Umstellkosten zwischen den Modi

.............................. 38

2.5 Kulatilaka-Studie: Projektwerte................................................................... 39 2.6 Kulatilaka-Studie: Schwellenwerte................................................................ 41 4.1 Interaktionsstudie: Basisfallparametrisierung............................................102

4.2 Interaktionsstudie: Projektwerte Basisfallparametrisierung.................212

4.3

Interaktionsstudie: Trigger und mittlere Wartezeiten für die Basisfall­ parametrisierung ...............

213

4.4

Interaktionsstudie: Auswirkung der Volatilität auf das Investitions­ verhalten in der Basisfallparametrisierung-Stufe 1........................ 222

4.5

Interaktionsstudie: Auswirkung der Volatilität auf das Investitions­ verhalten in der Basisfallparametrisierung-Stufe 2........................ 228

4.6

Interaktionsstudie: Auswirkung des risikolosen Zinses auf das Investi­ tionsverhalten in der Basisfallparametrisierung-Stufe 1...............232

4.7

Interaktionsstudie: Auswirkung des risikolosen Zinses auf das Investi­ tionsverhalten in der Basisfallparametrisierung-Stufe 2...............234

4.8

Interaktionsstudie: Auswirkung einer kombinierten Veränderung des risikolosen Zinses und des Convenience Yields auf das Investitions­ verhalten in der Basisfallparametrisierung-Stufe 1........................ 238

viii

TABELLENVERZEICHNIS

4.9

Interaktionsstudie: Auswirkung einer kombinierten Änderung des ri­ sikolosen Zinses und des Convenience Yields auf das Investitionsver­

halten in der Basisfallparametrisierung - Stufe 2........................... 239

4.10 Interaktionsstudie: Bewertungsfehler in a bei Berücksichtigung von nur einer Realoption.......................................................................... 242

4.11 Interaktionsstudie: Bewertungsfehler in r bei Berücksichtigung von nur einer Realoption.......................................................................... 244 4.12 Interaktionsstudie: Bewertungsfehler in P bei Berücksichtigung von

nur einer Realoption.......................................................................... 24G

4.13 Interaktionsstudie: Bewertungsfehler in c bei Berücksichtigung von nur einer Realoption.......................................................................... 248 4.14 Interaktionsstudie: Bewertungsfehler in h bei Berücksichtigung von

nur einer Realoption.......................................................................... 249 4.15 Interaktionsstudie: Bewertungsfehler in q bei Berücksichtigung von nur einer Realoption.......................................................................... 251

4.16 Interaktionsstudie: Bewertungsfehler in r bei Berücksichtigung von nur einer Realoption.......................................................................... 253

4.17 Interaktionsstudie: Bewertungsfehler in L bei Berücksichtigung von nur einer Realoption.......................................................................... 255

Kapitel 1 Einleitung Zu Beginn der achtziger Jahre war von Seiten einiger Akademiker eine wachsende Unzufriedenheit mit den traditionellen analytischen Methoden zur Beurteilung von Investitionsprojekten, wie etwa der Kapitalwertmethode, zu verzeichnen1. Einige Autoren stellten sogar die Hypothese auf, dass der in den USA beobachtbare zuneh­

mende Einsatz analytischer Bewertungsmethoden für Investitionsprojekte Unterin­ vestitionen verursache und damit die Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen gefährde2. Als Begründung führten diese Autoren an, dass analytische Bewertungs­ methoden nicht in der Lage seien, die strategischen Aspekte einer Investition adäquat zu erfassen, so dass in zunehmendem Maße Projekte, die aufgrund ihrer strate­

gischen Bedeutung durchgeführt werden müssten, abgelehnt würden3. Als Lösung wurde unter anderem vorgeschlagen, strategische Entscheidungen weniger auf Basis

analytischer Methoden zu treffen, sondern stattdessen den Einfluss des Gespürs des Managements bei diesen Entscheidungen zu vergrößern4. Seit Mitte der achtiger Jahre hat sich mit der Theorie der Realoptionen eine neue Denkweise entwickelt, die versucht, .flexible Handlungsmöglichkeiten und strategische Entscheidungen, die das Management während der Lebensdauer eines Investitionsprojekts oder möglicherweise schon vor der eigentlichen Realisierung des Projekts zu treffen hat, zu modellieren und auf diese Art und Weise zu einer verbesserten Projektbewertung zu gelangen. Basis dieser Entwicklung ist die Optionspreistheorie, die es erlaubt, Wahlrechte ökonomisch zu bewerten. lVgl. 2Vgl. 3Vgl. 4Vgl.

z. B. Hayes und Garvin [45], S. 77f. Hayes und Garvin [45] S. 71. etwa Hayes und Abernathy [44], S. 70. Hayes und Abernathy [44], S. 76f.

KAPITEL 1. EINLEITUNG

2

Gleichzeitig ist es möglich, mit Hilfe der Theorie konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten, etwa, wann es optimal ist, ein Investitionsprojekt zu realisieren oder

abzubrechen. Schon die frühen Arbeiten der Realoptionstheorie gelangten zu dein Ergebnis, dass diese Handlungsempfehlungen stark von denen der traditionellen Bewertungsmethoden abweichen können. Beispielsweise zeigen McDonald und

Siegel [78], dass es unter Berücksichtigung der Option zu warten optimal sein kann, ein Investitionsprojekt erst dann zu realisieren, wenn der Barwert der Cash Flows des Projekts das zweifache des Investitionsbetrags beträgt5, während die

Kapitalwertmethode bereits eine Realisierung des Projekts empfiehlt, wenn der Barwert der Cash Flows den Investitionsbetrag erreicht. Ein anderes Beispiel für

abweichende Handlungsempfehlungen stammt von Brealey und Myers0, die zeigen, dass es optimal sein kann, ein strategisches Investitionsprojekt zu realisieren, das eine Investition in weitere Folgeprojekte erlaubt, obwohl sowohl das strategische

Investitionsprojekt selbst als auch alle Folgeprojekte aus heutiger Sicht negative Kapitalwerte aufweisen. Die Kapitalwertmethode hätte das strategische Investi­

tionsprojekt wegen eben dieser negativen Kapitalwerte als unprofitabel abgelehnt.

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist ein spezielles Teilgebiet der Realopti­ onstheorie, nämlich die Bewertung und Analyse von Investitionsprojekten mit mehreren Realoptionen. Es wird insbesondere die Fragestellung untersucht, wie mehrere in Verbindung mit einem Projekt auftretende Realoptionen interagieren. Hierzu wird ein Investitionsprojekt mit verschiedenen Kombinationen von Realop­ tionen ausgestattet und mit Hilfe von eigens dafür abgeleiteten Modellen bewertet. Die Auswirkungen, die die Existenz der Realoptionen auf den Projektwert und die optimale Investitions- und Betriebsstrategie des Projekts hat, werden analysiert. Die Arbeit ist wie folgt gegliedert:

Zunächst wird in Kapitel 2 eine kurze Einführung in einige für das Folgende relevan­ te Teilaspekte der Realoptionstheorie gegeben. Die Begriffsbildung der Realoption in der Literatur wird erörtert. Hieran schließt sich eine Betrachtung der einzelnen Typen von Realoptionen, die in der Literatur üblicherweise unterschieden werden, an. Analogien, die zwischen diesen Realoptionen und Finanzoptionen bestehen, werden herausgearbeitet und es wird auf klassische Arbeiten verwiesen, in denen 5Vgl. McDonald und Siegel [78], S. 721. 6Vgl. Brealey und Myers [14], S. 620f.

3

die Realoptionen betrachtet und bewertet werden. Von besonderer Bedeutung für

die in Kapitel 4 folgende Studie zur Interaktion zwischen mehreren Realoptionen

ist Abschnitt 2.3, in dem vorangegangene Arbeiten, in denen die Interaktionen zwischen mehreren Realoptionen untersucht wurden - dies sind Trigeorgis [116] und Kulatilaka [61] - im Detail vorgestellt werden. Typische Anwendungsmöglichkeiten und ein Ausblick, in dem kurz auf eine neue Entwicklung der Realoptionstheorie,

die strategische Modellierung von Konkurrenzeinflüssen mit Konzepten der Spiel­

theorie, eingegangen wird, beschließen das Kapitel.

Kapitel 3 ist als theoretischer Unterbau für die in den folgenden Kapiteln zur Anwendung kommenden optionspreistheoretischen Bewertungsverfahren konzipiert.

Zunächst wird gezeigt, wie ein europäisches Derivat mit Hilfe einer selbstfinanzie­ renden Handelsstrategie dynamisch dupliziert und damit bewertet werden kann. Ähnliche Darstellungen sind mittlerweile in Lehrbüchern zur Optionspreistheorie weit verbreitet und können quasi als Standard bezeichnet werden. Schon weit weni­ ger als Standard kann die anschließende Darstellung zur Bewertung amerikanischer

Derivate aus Kapitel 3.2 durch Lösen von optimalen Stoppproblemen bezeichnet

werden. Hierbei werden zwei Lösungsprinzipien, einerseits das Konzept der kleinsten

superharmonischen Majoranten und andererseits das Konzept der Smooth Pasting Condition für diese Problemklasse vorgestellt. Das vielleicht wichtigste Resultat

des gesamten Kapitels ist Satz 3.9, in dem Voraussetzungen angegeben werden,

unter denen die Smooth Pasting Condition auch eine hinreichende Bedingung zur Lösung von optimalen Stoppproblemen darstellt - in der Literatur wird die Smooth Pasting Condition meist nur als iiotwendige Bedingung für optimale Stoppprobleme abgehandelt (vgl. Kapitel 3.2.4 für Details). Von besonderer Wichtigkeit für die

Interaktionsstudie aus Kapitel 4 sind die Ausführungen aus Kapitel 3.2.5, wo gezeigt wird, wie die optimalen Stoppprobleme, die in Kapitel 4 betrachtet werden, durch Anwendung der Smooth Pasting Condition als hinreichende Bedingung allgemein gelöst werden können. Kapitel 4 ist der Studie zur Bewertung und Analyse von Investitionsprojekten mit mehreren Realoptionen gewidmet. Betrachtet wird ein zweistufiges Investitionspro­ jekt mit dem bis zu vier Realoptionen verbunden sein können, nämlich

(1) die Option (mit der Realisierung von Stufe 1 des Projekts) zu warten,

KAPITEL 1. EINLEITUNG

4

(2) die Option, mit Stufe 2 des Projekts zu warten,

(3) die Option, das Projekt vorübergehend stillzulegen und (4) die Option, das Projekt (endgültig) abzubrechen.

Anders als in den vorangegangenen Studien von Trigeorgis [116] und Kulatilaka [61] werden Realoptionen betrachtet, die amerikanisch sind und eine unendliche Rest­ laufzeit aufweisen. Abgesehen davon, dass meines Wissens zu den Interaktionen, die zwischen dieser Art von Realoptionen auftreten, noch keine wissenschaftliche Studie existiert7, hat die Betrachtung von Optionen mit unendlicher Laufzeit den Vorteil, dass die optimale Ausübungsstrategie der Optionen einfach in Form eines

sogenannten Triggers angegeben werden kann. Bei diesem Trigger handelt es sich

um den kritischen Wert einer Zustandsvariablen - in diesem Fall der Marktpreis eines im Rahmen des Projekts hergestellten Gutes -, bei dessen Erreichen die jeweils

betrachtete Realoption ausgeübt wird8. Diese einfache Spezifikation der optimalen Investitionsstrategie als Trigger erlaubt es, die Auswirkungen der Änderungen

wichtiger Einflussgrößen wie des risikolosen Zinses und der Unsicherheit, auf die optimale Investitonsstrategie in Projekte mit mehreren Realoptionen zu analysieren - ein Aspekt, der in den vorangegangenen Studien von Projekten mit mehreren Realoptionen nicht (ausreichend) berücksichtigt werden konnte.

Kapitel 4 ist wie folgt aufgebaut: Zunächst wird das oben beschriebene Projekt mit allen möglichen Kombinationen der vier betrachteten Realoptionen ausgestattet

- insgesamt sind dies 15 - und in allen 15 Fällen mit Hilfe von geschlossenen Lösungen bewertet. Für jedes der 15 Modelle werden die zugehörigen Trigger, bei deren Erreichen die jeweils betrachteten Realoptionen ausgeübt werden, abgeleitet. Im Regelfall können die Trigger nicht in geschlossener Form, sondern nur implizit als Lösung einer Bestimmungsgleichung angegeben werden. In diesen Fällen wird 7Realoptionen mit unendlicher Laufzeit werden in der Literatur häufig betrachtet und bewertet (vgl. etwa die Modelle von Bar-Ilan und Strange [5], Dixit [25], Dixit und Pindyck [27], Grenadier [39], Grenadier und Weiss [40], Lambrecht und Perraudin [G3], McDonald und Siegel [78], Pindyck [91] und viele andere mehr). Meines Wissens existiert aber keine Studie, die die Auswirkungen der Präsenz weiterer Realoptionen auf die Werte und optimalen Ausübungsstrategien von Realoptionen mit unendlicher Laufzeit untersucht. 8Bei Optionen mit endlicher Laufzeit kann kein Trigger für die vorzeitige Ausübung angegeben werden. Stattdessen findet hier eine vorzeitige Ausübung statt, wenn die Zustandsvariable die sogenannte Early-Exercise-Boundary, eine von der Zeit abhängige Ausübungsgrenze, erreicht.

5

zusätzlich nachgewiesen, dass die auf diese Art implizit festgelegten Trigger eindeu­

tig bestimmt sind. Alle 15 Realoptionsmodelle werden in Anhang B verifiziert, d.h., es wird bewiesen, dass die abgeleiteten Optionswerte im mathematischen Sinne tatsächlich die Lösungen der zugehörigen optimalen Stoppprobleme sind und dass es tatsächlich optimal ist, die amerikanischen Optionen an den zuvor bestimmten Triggern auszuüben. Im Anschluss an die Ableitung der 15 Modelle wird mit den

auf diese Art und Weise ermittelten Projektwerten eine Studie zur Interaktion zwischen den Werten dieser Realoptionen durchgeführt. Hierbei werden zunächst die Auswirkungen, die die Präsenz anderer Realoptionen auf die optimalen Trigger

einzelner Realoptionen hat, sowie die Bewertungsfehler bzw. Effizienzverluste, die die Vernachlässigung einzelner Realoptionen und die Umsetzung der damit

verbundenen suboptimalen Investitions- und Betriebsstrategie mit sich bringt,

untersucht. Hieran schließt sich eine Sensitivitätsanalyse der Bewertungsfehler und der optimalen Investitionsstrategien an, wobei insbesondere der Einfluss des

risikolosen Zinses und der Unsicherheit auf die Investitionsentscheidung in Projekte mit unterschiedlichen Realoptionen analysiert wird.

Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit sind in Kapitel 5 zusammengefasst.

Kapitel 2 Realoptionen: Eine kurze

Einführung Das vorliegende Kapitel soll als kurze Einführung in einige Teilaspekte der beste­

henden Literatur über Realoptionen dienen und die Einordnung der Arbeit in diese Literatur erleichtern. Hierzu werden relevante Arbeiten einzelner Literaturzweige zi­ tiert und kurz erläutert. Das Gewicht der Einführung liegt dabei auf der Diskussion

von Arbeiten, die in Verbindung mit den Ergebnissen aus Kapitel 4 stehen.

2.1

Der Begriff der Realoption in der Literatur

Die Begriffsbildung ” Realoption'1 oder englisch ” Real Option11 geht zurück auf den zentralen Artikel ’’Determinants of Corporate Borrowing” von Stewart Myers [85]. Myers stellt fest1, dass sich der Marktwert einer Firma aus zwei grundlegenden Komponenten zusammensetzt. Die erste Komponente bezeichnet er als 11 Real Assets11 und charakterisiert sie als Vermögensgegenstände, deren Wert unabhängig von der weiteren Investitionsstrategie der Firma ist. Die zweite Komponente bilden Vermögensgegenstände, deren Wert in irgendeiner Form von der künftigen

Investitionsstrategie der Firma abhängt und die daher als Call-Optionen interpre­ tierbar sind. Myers bezeichnet diese Vermögensgegenstände als 11 Real Options11 und definiert sie als ” opportunities to purchase real assets on possibly favorable terms11.2 Laut Myers weisen beinahe alle Vermögensgegenstände einer Firma Züge von Real 1 Vgl. Myers [85], S. 155. 2 Vgl. Myers [85], S. 163.

8

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

Options auf, da die Auszahlung der meisten Vermögensgegenstände in irgendeiner

Form - mindestens zum Teil - von mit ihnen verbundenen Investitionsoptionen abhängt.3 Als Beispiele führt er Instandhaltungsausgaben für bestehende Anlagen und Ausrüstungsgegenstände an, die als Investitionsmöglichkeit angesehen werden können. Ähnliches gilt für Marketing-Aufwendungen, Ausgaben für Rohstoffe sowie Forschung und Entwicklung. Sämtliche variable Kosten können laut Myers als Investitionsmöglichkeiten interpretiert werden, da die Entscheidung über ihre

Entstehung dem Investor überlassen bleibt. Die Existenz von Real Options mit positivem Wert4 nach der Definition von Myers setzt damit die Existenz von Einfiussfaktoren wie Marktmacht, Kostenvorteilen oder Marktfriktionen voraus. Auf friktionslosen Märkten, auf denen vollständige Konkurrenz und freier Marktzugang herrschen, kann es im Gleichgewicht keine Projekte mit positivem Kapitalwert geben.

Im Sinne von Myers handelt es sich bei Realoptionen um künftige Wachstumsmöglichkeiten (Growth Options) einer Firma, die Möglichkeit, Real Assets in der Zukunft zu möglicherweise günstigen Konditionen zu erwerben. Heutzutage wird der Begriff der Realoption aber in einem weitreichenderen Sinne verwendet. Neben den Wachstumsoptionen umfasst der Begriff auch die sogenannten Flexibilitätsoptionen (z. B. Abbruchoption, Stilllegungsoption, Flexibilitätsoptionen in der Produktion, usw.), die nicht immer als Call-, sondern auch als Put-Optionen interpretierbar sind. Der Begriff der Realoption kann auch in einem über das Gebiet der Investitionstheo­ rie hinausreichenden Sinne verwendet werden. Beispielsweise sind Finanzkontrakte

auf Real Assets geschriebene Ansprüche5 und tragen daher Züge von Real Opti­ ons. Nach dieser Auffassung wäre etwa die Aktie selbst, in ihrer Interpretation als Call-Option auf die Aktiva der Firma6, als eine Realoption anzusehen. 3Vgl. Myers [85], S. 155. 4 Eine Realoption kann - wie jeder andere Anspruch auf zukünftige Zahlungen auch - nur dann einen positiven ökonimischen Wert haben, wenn sie mit positiver Wahrscheinlichkeit eine positive Zahlung leistet. Die Bedingung, dass eine Realoption im Sinne von Myers einen positiven Wert hat, ist also äquivalent zu der Aussage, dass eine positive Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Investitionsmöglichkeit in der Zukunft realisiert wird, das Projekt dann also einen positiven Kapitalwert hat. 5Vgl. Brealey und Myers [14], S. 5. 6Zur Interpretation der Aktie als Call-Option auf die Vennögensgegenstände der Firma exi­ stiert eine umfangreiche Literatur. Die Interpretation der Aktie als Call-Option wurde bereits von Black und Scholes erkannt (vgl. Black und Scholes [10], S. 649f). Merton [80] leitet anhand dieser

2.2. ARTEN VON REALOPTIONEN

2.2

9

Arten von Realoptionen

Ein Teil der Literatur über Realoptionen widmet sich der Analyse verschiedener Klassen von in Verbindung mit einem Investitionsprojekt auftretenden Realoptio­ nen. Üblicherweise unterscheidet man zwischen der Option zu warten, der Option,

ein mehrstufiges Projekt während der Konstruktion durch Nichtleisten einer In­

vestitionsausgabe abzubrechen, der Option, ein fertiges Projekt abzubrechen, der

Option ein Projekt vorübergehend stillzulegen, Erweiterungs- und Einschränkungs­ optionen und der Switching Option. Literatur zu diesen Realoptionen findet man in den Lehrbüchern von Amram und Kulatilaka [1], Dixit und Pindyck [27], Kilka [58] und Trigeorgis [119], den von Lund und Oksendal [71], Trigeorgis [118] und Brennan und Trigeorgis [18] herausgegebenen Aufsatzsammlungen, sowie in zahlrei­ chen Übersichtsartikeln, wie Ritchken und Rabinowitz [93], Trigeorgis [113], [117],

Hubbard [49], Sick [102], Laux [64] oder Gintschel [38].

2.2.1

Option zu warten

Die Option zu warten eröffnet dem Investor die Möglichkeit, ein Investitionsprojekt

nicht sofort realisieren zu müssen, sondern die Investition in das Projekt um einen

bestimmten - möglicherweise a priori nicht begrenzten - Zeitraum zu verschieben. Die Option zu warten ermöglicht es, eine Investitionsmöglichkeit in ein Projekt als Call-Option zu interpretieren: Der Investor hat die Möglichkeit, also das Recht, aber nicht die Pflicht, in ein Projekt zu investieren. Tätigt er die Investition, erhält er die Cash Flows des Projekts gegen Bezahlung des Investitionsbetrags. Diese Situation ist vollständig analog zu einer Long-Position in einer Finanz-Call-Option. Hier hat

der Inhaber der Option das Recht, aber nicht die Pflicht, gegen Entrichtung des Basispreises eine Aktie zu erwerben. Damit liegt die in Tabelle 2.1 dargestellte Ana­ logie zwischen der Option zu warten und einer (Finanz-)Call-Option auf eine Aktie vor.

Eine Eigenschaft einer Investition, die ihre Interpretation als Call-Option erst ermöglicht, ist die Irreversibilität7. Eine Investition ist irreversibel, wenn die InInterpretation Risikoprämien für das Fremdkapital analytisch ab. Weiterführende Literaturstellen, in denen zusätzliche Fremdkapitaltitel berücksichtigt werden, wodurch sich die Interpretation der Aktie ändern kann, sind etwa Smith [107] und Park / Subrahmanyam [90]. 7Die Irreversibilität wurde in der Investitionstheorie bis zur Arbeit von Arrow [2] vernachlässigt (vgl. Pindyck [91], S. 9G9).

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

10

Tabelle 2.1: Analogie Option zu warten / Finanz Call Option.

Einflussgröße

Finanzoption

Option zu warten

Underlying

Aktie

Cash Flows des Projekts

Basispreis Fälligkeit

Basispreis (1t. Kontrakt)

Investitionsbetrag Zeitpunkt, bis zu dem die Investition

Fälligkeit (1t. Kontrakt)

spätestens getätigt werden muss.

vestitionsausgaben, nachdem die Investition getätigt worden ist, durch eine spätere Liquidation des Projekts nicht mehr zurückgewonnen werden können, diese Aus­ gaben also Sunk Costs darstellen. Können die Investitionsausgaben noch zum Teil

zurückgewonnen werden, spricht man von einer teilweisen Irreversibilität bzw. teil­ weisen Reversibilität der Investition. Irreversibilität kann einerseits im Falle von

industriespezifischen Anlagen durch starken Wettbewerb in der Industrie oder an­ dererseits durch asymmetrische Information hervorgerufen werden.8 Arrow verweist als weiteren Grund für die Irreversibilität einer Investition auf die Installationskosten der verwendeten Anlagen, die zwar einen Teil des Investitionsbetrags ausmachen, bei Wiederverkauf der Anlagen aber nicht zurückgewonnen werden können. Stattdessen wird der Wiederverkaufswert durch zusätzliche Abbau- und Transportkosten der Anlagen weiter gemindert9.

Die fehlende Wiedergewinnbarkeit der Investitionsausgaben ist es, die ihre Inter­ pretation als Basispreis einer Finanzoption erst erlaubt, da auch der Inhaber ei­ ner Finanz-Call-Option den Basispreis, nachdem er ihn bei Ausübung der Option bezahlt hat, nicht wieder zurückgewinnen kann: Eine Rücknahmeverpflichtung der Aktie durch den Stillhalter zum Basispreis besteht bei einer Finanzoption nach ihrer Ausübung nicht. Wäre die Investition nicht irreversibel, wäre der Investor zusätzlich noch mit der Put-Option ausgestattet, das Projekt gegen Rückgewinnung des Inve­ stitionsbetrags liquidieren zu können, was die oben beschriebene Analogie zu einer reinen Finanz-Call-Option verletzen würde.

Auf Basis der Analogie zu einer Finanz-Call-Option, einem der am häufigsten bewerteten Kontrakte der Optionspreistheorie, kann eine Vielzahl von Modellen zur Bewertung der Finanz-Call-Option leicht auf die Option zu warten übertragen 8Vgl. Dixit / Pindyck [28], S. 109 oder Dixit / Pindyck [27], S. 8. 9Vgl. Arrow [2], S. 2.

2.2. ARTEN VON REALOPTIONEN

11

werden10. Beispielsweise kann die Option zu warten, falls sie europäisch ist, mit

Hilfe der Black-Scholes-Formel bewertet werden11. Ebenso einfach übertragbar ist

eine Bewertung mit dem Binomialmodell von Cox, Ross und Rubinstein [23], wie sie etwa in Ritchken und Rabinowitz [93], S. 126ff, Trigeorgis [119], S. 158ff oder Trigeorgis [113], S. 214 dargestellt ist.

Ein frühes, in diskreter Zeit formuliertes Modell zur Bewertung der Option zu warten, aber auch anderer Realoptionen, wie der Option, das Projekt abzubrechen, stammt von Emrich und Göppl [33]. Die Autoren zeigen, dass der optimale Investitionszeitpunkt als derjenige (optimale) Stoppzeitpunkt, der den Kapitalwert

des Projekts maximiert, durch Lösen eines optimalen Stoppproblems in einer

Markoff-Kette bestimmt werden kann12. Emrich und Göppl [33] lassen allerdings die Frage der im Modell anzusetzenden Kapitalkosten offen und setzen diese als

exogen gegeben voraus13. Der Ansatz von Emrich und Göppl [33] ist allgemein

genug, um mehrere Realoptionen bei der Bewertung simultan zu berücksichtigen.

Ein klassisches Modell zur Bewertung der Option zu warten stammt von McDonald und Siegel [78].14 Dieses Modell bewertet die Option zu warten, wenn die Investition beliebig lange verschoben werden kann, die Option also eine unendlich große Rest­ laufzeit besitzt, durch Lösen eines optimalen Stoppproblems in stetiger Zeit. Unter der Annahme, dass der Barwert der Cash Flows V einer geometrischen Brownschen

10Auf Möglichkeiten zur Bewertung von Realoptionen und die Annahmen, die diesen zugrunde liegen, wird in Kapitel 3 im Detail eingegangen. 11 Vgl. Kilka [58], S. 82ff für eine Anwendung der Black-Scholes-Fonnel auf die Option zu warten und die notwendigen Modifikationen zur Berücksichtigung von Dividendeneffekten bei der Bewer­ tung. Ein konkretes Anwendungsbeispiel, allerdings ohne Dividendeneffekte, findet man in Brealey / Myers [14], S. 620f. 12Vgl. Emrich und Göppl [33], S. 94. Optimale Stoppprobleme werden - allerdings in stetiger Zeit - ausführlich in Kapitel 3 betrachtet. 13Erst Jahre später lösten Cox und Ross [22], Harrison und Kreps [42] und Harrison und Pliska [43] das Kapitalkostenproblem durch Entwicklung der risikoneutralen Bewertung. 14Vgl. auch Dixit / Pindyck [27], Kapitel 5 für eine sehr detaillierte Darstellung.

12

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

Bewegung folgt, zeigen die Autoren, dass die Option zu warten den Wert15

f(V) = [V~I [ [V - /] (£)7'

für V< V.

besitzt. Hierin ist I der Investitionsbetrag, 71 die positive Wurzel der charakteristi­ schen Gleichung10 | 0 die (als bekannt angenommene) Konstruktionszeit darstellt. Die

Autoren zeigen mit Hilfe von nummerischen Ergebnissen, dass die Einbeziehung von Konstruktionszeiten signifikante Änderungen der Modellaussagen bewirken

kann:48 Die Sensitivität der Schwellenwerte auf Änderungen der Preisunsicherheit nimmt stark ab, die Unsicherheit hat also einen geringeren Einfluss auf die Investitionsentscheidung als im Falle einer Konstruktionszeit von Null. Ferner kann eine Erhöhung der Unsicherheit auch eine Verringerung des Investitions­ schwellenwerts, also eine frühere Investition bewirken. Es ist sogar möglich, dass der Schwellenwert unter den Schwellenwert bei Sicherheit (Marshallian Trigger)

fällt. Bar-Ilan und Strange weisen darauf hin, dass die Existenz der Möglichkeit, wieder aus dem Markt auszutreten, ausschlaggebend für diese Ergebnisse ist.49 Die

Möglichkeit des Wiederaustritts bietet Schutz vor negativen Entwicklungen und führt deshalb dazu, dass eine Erhöhung der Preisunsicherheit c.p. zu einer Erhöhung des erwarteten Gewinns - und somit zu einer Erhöhung der Opportunitätskosten des Wartens - führt.50 Dies kann einen früheren Markteintritt optimal werden lassen.

Leahy [65] erweitert das Modell von Dixit auf ein Modell der gesamten Industrie, der die Firma angehört und nimmt an, dass in dieser Industrie vollkommene Konkurrenz herrscht. Im Modell von Leahy existiert neben der Firma, die Dixit betrachtet, noch eine große Anzahl von Konkurrenten, die ein homogenes Gut

produzieren, am Markt absetzen und ebenfalls die Option haben, jederzeit aus dem Markt ein- und auszutreten51. Die Existenz der Konkurrenten führt dazu, dass

sich für den Preis des Outputs eine obere und eine untere reflektierende Barriere Pu, bzw. Pd bildet52, die ökonomisch wie folgt erklärt werden kann: Steigt der Outputpreis auf ein bestimmtes Niveau P\ treten wegen der Aussicht auf hohe Profite viele Wettbewerber in den Markt ein. Die verschärfte Konkurrenzsituation 48Vgl. Bar-Ilan und Strange [4], S. 615ff. 49Vgl. Bar-Ilan und Strange [4], S. 617. 50Vgl. Bar-Ilan und Strange [4], S. 617. 51Vgl. Leahy [65], S. 1112. 52Die reflektierenden Barrieren Pu und Pd können irn allgemeinen Fall von der Anzahl der am Markt tätigen Firmen abhängen und sich damit ändern, falls der Outputpreis auf diese Barrieren auftrifft und neue Firmen in den Markt ein- bzw. austreten. Falls die Unsicherheit der Nachfrage durch eine geometrische Brownsche Bewegung beschrieben wird und diese in multiplikativer Form in die Nachfragefunktion eingeht (vgl. Leahy [65], S. 1117), lässt sich aber zeigen, dass die absor­ bierenden Barrieren unabhängig von der Anzahl der im Markt tätigen Firmen sind (vgl. Leahy [65], Proposition 1, S. 1118).

22

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

führt zu fallenden Preisen und der Preis kann nicht mehr über das Niveau Pu, an dem weitere Wettbewerber in den Markt eintreten, ansteigen. Analog kann

der Preis nicht unter ein bestimmtes Mindestniveau Pd fallen, da wegen der

dann zu erwartenden Verluste Wettbewerber aus dem Markt gedrängt werden,

das Angebot abnimmt und der Preis daher wieder ansteigt. Gesucht sind die optimalen Markteintritts- und Marktaustrittsstrategien der einzelnen Firmen vor dem Hintergrund dieser Situation vollkommener Konkurrenz im Gleichgewicht5,3. Leahy zeigt das zunächst etwas überraschend erscheinende Resultat, dass die

optimale Eintrittsstrategie mit der optimalen Eintrittsstratgie einer Firma, die ihre Konkurrenten überhaupt nicht berücksichtigt, also so agiert, als ob sie die einzige Firma am Markt wäre, übereinstimmt. ’’Kurzsichtiges” Verhalten ist also optimal54. Die Intuition für dieses Ergebnis ist, dass ’’kurzsichtige” Firmen unter Unsicherheit aufgrund des mit der Investition verbundenen Verlustes des Werts der

Option zu warten die Investition verzögern, bis der Preis auf einen Wert, der echt größer als der Marshallian Trigger ist, angestiegen ist. Firmen in einer Industrie mit

vollständiger Konkurrenz dagegen investieren auch erst bei Erreichen eines Preises, der größer als der Marshallian Trigger ist, aber aus einem anderen Grund: Da die

Firmen bei Erreichen der oberen reflektierenden Barriere Pu in den Markt eintreten, wird der Marktpreis nach dem Markteintritt der Firmen i.a. fallen. Da die Firmen das Fallen des Outputpreises antizipieren, werden sie auch unter vollkommener Konkurrenz erst bei einem Outputpreis, der größer als der Marshallian Trigger ist, in den Markt eintreten55. Beide Investitionstrigger fallen unter Unsicherheit zusammen.

Fries, Miller und Perraudin [35] verwenden das oben beschriebene, auf Leahy zurück­ gehende Konkurrenzszenario zur Ableitung eines optimalen Verschuldungsgrades un­ ter Konkurrenz.

53Leahy definiert, das Gleichgewicht in dieser Ökonomie als Nash-Gleichgewicht, d.h. es ist für kei­

ne Finna optimal, von der Investitionsstrategie (Markteintritt bei Erreichen von Pu, Marktaustritt bei Erreichen von Pd) abzuweichen, wenn ihre Konkurrenten die gleiche Investitionsstrategie ver­ folgen (vgl. Leahy [65], S. 1115). 54Vgl. Leahy [65], Proposition 1, S. 1118 und Proposition 2, S. 1121. 55Vgl. Leahy[65], S. 1111.

2.2. ARTEN VON REALOPTIONEN

2.2.5

23

Erweiterungs- und Einschränkungsoption

Eine Erweiterungsoption eröffnet dem Investor die Möglichkeit, den Umfang des Projekts gegen Investition eines zusätzlichen Betrages von Ie um einen bestimm­ ten Prozentsatz x zu erweitern56. Der Investor hat also das Recht, aber nicht die

Pflicht, gegen Bezahlung von Ie das risikobehaftete Underlying xV zu erwerben,

wobei V für den Barwert der Cash Flows des Projekts steht. Hierdurch wird die Erweiterungsoption analog zu einer Call-Option auf den Teil xV der Cash Flows

des Projekts. Die EinschränkungsoptiorF1 bildet das Gegenstück zur Erweiterungsoption. Sie gibt dem Investor die Möglichkeit, den Umfang des Projekts gegen Einsparungen58 von

Ic um einen bestimmten Prozentsatz y zu verringern. Der Investor besitzt hier also die Möglichkeit, ein risikobehaftetes Underlying yV für einen festen Betrag Ic zu

verkaufen, so dass seine Einschränkungsoption analog zu einer Put-Option auf den Teil yV der Cash Flows mit einem Basispreis von Ic ist.

An dieser Stelle sollte klar geworden sein, dass Erweiterungs- bzw. Einschränkungs­

optionen in ihrer Interpretation als Optionen auf einen Teil des Barwerts der Cash Flows des Projekts nicht fundamental verschieden von der Option zu warten bzw. der Option abzubrechen sind. Beide Optionsarten stellen Call- bzw. Put-Optionen auf Cash Flows des Projekts dar. Unterschiedlich ist lediglich der Geltungsbereich, auf den sich diese Optionen beziehen: Erweiterungs- und Einschränkungsoptionen

beziehen sich nur auf einen Teil des Projektes, die Option zu warten und die Ab­ bruchoption hingegen auf das gesamte Projekt. Wegen ihrer großen Ähnlichkeiten zur Option zu warten und der Abbruchoption sind die in den Kapiteln 2.2.1 bzw.

2.2.3 beschriebenen Modelle leicht auf die Erweiterungs- bzw. die Einschränkungs­ option übertragbar. Ein zentrales Modell der Realoptionstheorie, das gleichzeitig die Ableitung der opti­ malen Kapazität eines Investitionsprojekts sowie der optimalen Investitionsstrategie zur Erweiterung des Projekts durch sequentielles Ausüben von Erweiterungsoptio­ nen erlaubt, stammt von Pindyck [91]. In Pindyck’s Modell produziert die Firma 56Vgl. Trigeorgis [113], S. 215. 57Vgl. z.B. Trigeorgis [119], S. 163. 58Bei den Einsparungen kann es sich beispielsweise uni unterlassene Instandhaltungsausgaben handeln, wodurch die Kapazität und damit der Barwert der Cash Flows des Projekts reduziert wird.

24

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

ein Gut, dessen Nachfrage durch die stochastische Preis-Absatzfunktion59 Pt = 0t - yQ

(2.2)

beschrieben ist. Der Achsenabschnitt 3t der Preis-Absatz-Funktion folgt der geo­

metrischen Brownschen Bewegung dOt = aOtdt + aOtdBt.

(2-3)

Die von der Firma produzierte Angebotsmenge ist von der Anzahl K der Einheiten Produktionskapazität abhängig, die die Firma installiert. Jede Kapazitätseinheit ermöglicht die Produktion genau einer Mengeneinheit Output (d.h.: Angebot Q = K). Die Produktionskosten sind durch die quadratische Kostenfunktion c(Q) — CiQ + ^c-zQ2

(2.4)

gegeben. Pindyck argumentiert, dass sich der Wert Wt der Firma aus zwei Kompo­

nenten zusammensetzt60: rK poo Wt= / AV(v,Ot)dv + / &F(v,Ot)dv, ./o Jk

(2.5)

wobei AV(v,Ot) der Wert der nächsten installierten marginalen Kapazitätseinheit

ist, wenn bereits v Kapazitätseinheiten installiert sind und AF(v,Ot) den Wert

der Option, eine weitere marginale Kapazitätseinheit zu installieren, wenn bereits v Kapazitätseinheiten installiert sind, darstellt. Der erste Term in (2.5) ist der Wert sämtlicher bereits installierter Kapazitätseinheiten, während der zweite Term den gesamten Optionswert der Firma, weitere marginale Kapazitätseinheiten zu installieren, repräsentiert.

Der Wert AV einer bereits installierten marginalen Kapazitätseinheit besteht im Modell von Pindyck selbst wiederum aus zwei Komponenten: Die erste Komponente ist der Wert der mit dieser marginalen Kapazitätseinheit erzeugten Cash Flows, falls mit dem Projekt produziert wird. Da Pindyck annimmt, dass Teile der Kapazität des Projekts vorübergehend stillgelegt werden können, wenn ihre Ausnutzung zu ne­ gativen Cash Flows führen würde, existiert noch eine zweite Komponente des Wertes 59Vgl. Pindyck [91], S. 972. 60Eine mathematisch exakte Herleitung dieser Beziehung findet man in He und Pindyck [46], Abschnitt 2.1, S. 578ff.

2.2. ARTEN VON REALOPTIONEN

25

einer zusätzlichen marginalen Kapazitätseinheit, nämlich der mit ihrer temporären Stilllegungsmöglichkeit verbundene Optionswert. Dies führt zu folgender Bewertung

der marginalen Kapazitätseinheit: Der gesamte Cash Flow des Investitionsprojekts ist unter Beachtung der Preis-Absatzfunktion (2.2), der Kostenfunktion (2.4), sowie

von K = Q CF(K) = PtK - c(K) = 0tK-(y+ 1A K2 - a K.

\

(2.6)

" /

Somit beträgt der Cash Flow der marginalen Kapazitätseinheit CF1 (K) = 0t- (27 4- c2) K-d,

(2.7)

woraus unter Berücksichtigung der Option, vorübergehend stillzulegen, ein Cash Flow der marginalen Kapazitätseinheit von

(K) = max [0,0t - (27 4- c2) K - cj

(2.8)

resultiert. Gleichung (2.8) macht deutlich, dass der Wert der marginalen Ka­ pazitätseinheit dem Wert eines vorübergehend stilllegbaren Investitionsprojekts entspricht, das zu konstanten Kosten von c := (27 4- c2) K 4- Ci in jeder Periode

eine Mengeneinheit Output produziert, der kontinuierlich zu einem Preis von 0t am Markt abgesetzt wird. Ein solches Projekt wird in Kapitel 4.3.3 bewertet, der Wert AK der marginalen Kapazitätseinheit enspricht dem Wert V* nach Ausdruck (4.73).

Die Erweiterungsoption AF ist eine auf die marginale Kapazitätseinheit AV ge­

schriebene Call-Option mit Basispreis k (k = als konstant vorausgesetzter Preis einer neuen Kapazitätseinheit) und ist daher vergleichbar mit einer Option zu war­ ten, die auf ein Projekt geschrieben ist, das temporär stillgelegt werden kann. Eine solche Option wird in Kapitel 4.4.4 bewertet. Der Optionswert ist durch V* nach Gleichung (4.142) gegeben ist und es ist optimal, die Option auszuüben, sobald der Preis61 den Trigger P2 nach Gleichung (4.143) erreicht. Hieraus wird deutlich, dass die optimale Erweiterungsstrategie des Projektes darin besteht, eine neue margi­ nale Kapazitätseinheit zu installieren, sobald 0t eine Grenze 0* erreicht, welche die 61 Wie bereits bemerkt, entspricht der Outputpreis aus Kapitel 4.4.4 wegen der in Gleichung (2.8) zum Ausdruck kommenden Analogie dem Achsenabschnitt 0t der Preis-Absatz-Funktion.

26

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

(eindeutige) Lösung62 der Gleichung

c(i_2^Wq\ 0*(K) in t = 0 gilt, sollte die Firma so

lange in neue Kapazität investieren, bis 0*(K) den Wert 0O erreicht63. Anschließend findet eine dynamische Erweiterung der Kapazität statt: Jedesmal, wenn die Zustandsvariable 0 den Trigger 0*{K) erneut erreicht, werden solange neue marginale Kapazitätseinheiten installiert, bis die Zustandsvariable wieder unter den - durch

die neu hinzugefügte Kapazität &K veränderten - Trigger 0* (K + AK) fällt. In den Perioden t, in denen das Projekt nicht erweitert wird, weil gerade 0t < 0*(K) gilt,

bleiben möglicherweise Teile der Kapazität ungenutzt, weil es wie gesehen optimal sein kann, diese temporär stillzulegen. Im Modell von Pindyck [91] ist die Investition in neue Kapazitäten vollständig

irreversibel, da Kapazitäten zwar durch Erweiterung neu aufgebaut, aber nicht wieder abgebaut, sondern nur temporär stillgelegt werden können. Die Kapazität steigt daher monoton mit der Zeit an. Dixit und Pindyck [29] führen in das Modell von Pindyck partielle Reversibilität ein, indem sie die Firma zusätzlich zu der im Modell von Pindyck auftretenden Erweiterungsoption mit einer zusätz­

lichen Einschränkungsoption ausstatten, die es dem Investor erlaubt, einmal installierte Kapazitätseinheiten wieder zu verkaufen. Nun besteht der Wert einer installierten Kapazitätseinheit aus dem Wert ihrer Cash Flows und einer auf sie geschriebenen Put-Option64. Wird diese Put-Option ausgeübt, erhält der Investor den Liquidationserlös der Kapazitätseinheit und eine Option, eine neue marginale Kapazitätseinheit zu installieren. Unter der Annahme, dass einerseits der Liquidationserlös einer marginalen Einheit Kapazität eine exponentiell fallende Funktion der Zeit und andererseits der Preis einer neuen marginalen Einheit von Kapazität eine exponentiell wachsende Funktion der Zeit ist65, leiten Dixit und 62Ein Nachweis, dass die Lösung 6* der folgenden Gleichung wirklich eindeutig ist, wird in Kapitel 4.4.4, Seite 141ff geführt. 63Vgl. Pindyck [91], S. 977. 64Anders als Pindyck [91] nehmen Dixit und Pindyck [29] an, dass das Projekt nicht temporär stillgelegt werden kann. 65Dixit und Pindyck [29], S. 54f, erklären die fallenden Liquidationserlöse mit Wettbewerb, der

2.2. ARTEN VON REALOPTIONEN

27

Pindyck Näherungslösungen für die optimalen Strategien der Erweiterung und der

Einschränkung des Projekts ab - wegen der hohen Komplexität des Modells66 sind

exakte Lösungen (zu) schwer zu ermitteln.

Ferner wurde das Modell von Pindyck [91] auf den Zweiproduktfall erweitert. Bei

dieser Erweiterung handelt es sich um das im nächsten Abschnitt kurz diskutierte Modell von He und Pindyck [46].

2.2.6

Switching Option

Im weiteren Sinne kann man unter einer Switching Option die Flexibilität verstehen, den Betriebsmodus67 eines Investitionsprojekts wechseln zu können. Kulatilaka [62] leitet auf Basis dieser Sichtweise ein allgemeines Modell zur Bewertung eines In­

vestitionsprojekts mit mehreren Realoptionen ab. Dieses Modell wird in Abschnitt 2.3.2.1 im Detail beschrieben. Oft wird der Begriff der Switching Option in der Literatur aber in einem engeren

Sinne verwendet, nämlich in Verbindung mit Investitionsprojekten, die verschiedene

Outputs erzeugen oder mit verschiedenen Inputs betrieben werden können und deren Betreiber die Möglichkeit hat, im Laufe der Zeit zwischen diesen zu wechseln. Kulatilaka [60] bewertet einen industriellen Dampfkessel68, der mit zwei alternativen Brennstoffen (01 oder Gas) befeuert werden kann69. Diese Flexibilität eröffnet dem Betreiber des Kessels die Möglichkeit, seine erwarteten Energiekosten durch Wahl

des jeweils billigeren Brennstoffs zu senken. Die Bewertung erfolgt unter Verwendung des in Abschnitt 2.3.2.1 im Detail beschriebenen dynamischen Programmierungsan­ satzes, wobei Kulatilaka die beiden Betriebsmodi ’’Befeuern mit Öl” und ’’Befeuern zur ständigen Einführung neuer Produktionstechnologien führt und bestehende Technologien unat­ traktiver macht. Die steigenden Erweiterungsausgaben begründen sie mit knappen Ressourcen, die mit der Zeit teurer werden. 66Die zusätzlich eingeführte Zeitabhängigkeit führt zu einem System zweier partieller Differen­ tialgleichungen, die über ihre Randbedingungen voneinander abhängig sind. Dixit und Pindyck weisen darauf hin, dass dieses System aufgrund dieser gegenseitigen Abhängigkeiten selbst mit nummerischen Methoden nur schwer lösbar ist (vgl. Dixit und Pindyck [29], S. 61.). 67Vgl. z. B. Tabelle 2.3 für eine mögliche Definition der Betriebsmodi eines Investitionsprojekts mit der Option zu warten, der Option, das Projekt zu erweitern und der Option, das Projekt vorübergehend zu schließen. 68Vgl. auch Fußnote 44, S. 19. 69Vgl. Kulatilaka [60], S. 272 und S. 276.

28

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

mit Gas” unterscheidet und insbesondere Switching Costs, also Kosten, die beim

Wechsel des Betriebsmodus des Kessels entstehen, berücksichtigt. Kulatilaka [60] gelangt zu dem Ergebnis, dass der Wert der Flexibiltät des mit zwei alternativen Brennstoffen betreibbaren Dampfkessels für realistische Parameterkonstellationen deutlich über dem für den Erwerb der Flexibilität erforderlichen zusätzlichen Inve­

stitionsbetrag liegt70. Ähnlich wie Kulatilaka [60] betrachten auch Brekke und Schieldrop [16] die Inputfle­

xibilität eines Kraftwerks, das mit zwei alternativen Brennstoffen betrieben werden kann. Sie zeigen, dass die Option, in ein flexibles Kraftwerk zu investieren, früher ausgeübt wird als die Option, in ein ansonsten identisches unflexibles Kraftwerk zu investieren71. Da die Option zu warten einen Schutz gegen ungünstige Geschäfts­ entwicklungen darstellt und der Investor im Falle des flexiblen Kraftwerks früher dazu bereit ist, diesen (durch Tätigen der Investition) aufzugeben, folgern Brekke und Schieldrop, dass die Inputflexibilität den Grad der Irreversibilität der Investi­ tion in das Kraftwerk senkt72. Ferner präsentieren sie ein Zahlenbeispiel, das zeigt,

dass die erwarteten Energiekosten des Kraftwerks um 5% bis 58 % durch optimales Ausnutzen der Inputflexibilität gesenkt werden können73.

Kensinger [57] betrachtet ein flexibles Produktionssystem, das wahlweise eine Men­

geneinheit eines Produktes 1 oder eines Produktes 2 herstellen kann74. Der Betreiber dieses Produktionssystems besitzt damit die Option, die Cash Flows, die bei der Her­ stellung und dem anschließenden Verkauf von Produkt 1 anfallen, gegen die Cash Flows von Produkt 2 einzutauschen. Da beide Cash Flows stochastisch sind, handelt es sich hierbei um eine europäische Exchange Option, ähnlich zu dem von Margrabe [73] analysierten Kontrakt.

He und Pindyck [46] untersuchen ebenfalls die Outputflexibilität einer Produk­ tionsanlage. Ähnlich wie Pindyck [91] bewerten sie ein Projekt, das mit einer beliebigen Anzahl von Kapazitätseinheiten ausgestattet werden kann, wobei jede 70Diese Aussage gilt sowohl unter Nichtberücksichtigung als auch unter Berücksichtigung von Switching Costs (vgl. Kulatilaka [60], S. 278). 71 Vgl. Brekke / Schieldrop [16], S. 40. 72Dieses Resultat steht in direktem Bezug zu meinen Ergebnissen aus Kapitel 4.7.1. Dort zeige ich, dass dieses Resultat auch für andere Realoptionen als die Switching Option gilt: Die Einbezie­ hung zusätzlicher Realoptionen (in Kapitel 4.7.1: Option abzubrechen und Option, vorübergehend zu schließen) senkt den Trigger für die Investition in das Projekt. 73Vgl. Brekke / Schieldrop [16], Tabelle 3.1, S. 42. 74Vgl. Kensinger [57], S. 39.

2.3. INTERDEPENDENTE REALOPTIONEN

29

Kapazitätseinheit dem Investor pro Zeiteinheit die Option gibt, eine Mengeneinheit

eines bestimmten Produktes zu produzieren75. Im Unterschied zum Modell von Pindyck [91], in dem mit einer Kapazitätseinheit nur ein festes Produkt produziert

werden kann, eröffnet eine Kapazitätseinheit dem Investor im Modell von He und Pindyck [46] die Möglichkeit, zwischen der Produktion zweier alternativer Produkte

frei zu wählen, wobei angenommen wird, dass mit dem Umstellen der Produktion keine Kosten verbunden sind. Dies hat zur Folge, dass der Investor in jeder Periode

den gewinnmaximalen Produktmix - in Abhängigkeit der als stochastischer Prozess

modellierten Nachfragefunktionen nach den beiden Produkten - von Produkt 1 und Produkt 2 herstellen kann. Ferner besitzt der Investor die Möglichkeit, das Projekt im Laufe der Zeit um weitere flexible Kapazitätseinheiten zu erweitern, wie im Modell von Pindyck [91] aber nicht die Möglichkeit, die Kapazität wieder einzuschränken. He und Pindyck [46] untersuchen die Fragestellung, unter welchen Bedingungen eine Investition in ein aus ’’flexiblen” Kapazitätseinheiten bestehendes

Projekt einer Investition in ein ansonsten identisches Projekt vorzuziehen ist, das ausschließlich aus unflexiblen Kapazitätseinheiten besteht. Sie kommen zu dem

Schluss, das dies für große Nachfrageunsicherheit der Fall ist76.

Taudes, Trcka und Natter [110] bewerten die Switching Option unter Berücksichti­

gung von Umstellkosten, die bei der Umstellung der Produktion anfallen, mit Hilfe

einer Monte-Carlo-Simulation. Die optimale Umstellstrategie unter Berücksichti­ gung der Umstellkosten schätzen sie mit Hilfe eines neuronalen Netzes.

2.3

Interdependente Realoptionen

In den bisher beschriebenen Modellen ist meist vorausgesetzt, dass die jeweils be­ trachteten Realoptionen isoliert auftreten. In einigen Investitionsprojekten treten

Realoptionen aber in Kombination mit anderen Realoptionen auf77. Sind mehrere /5Vgl. He und Pindyck [46], Abschnitt 2.2.1, S. 58211. Wie im Modell von Pindyck [91] ist ein

kostenloses temporäres Stilllegen von Teilen der Produktionskapazitäten auch im Modell von He und Pindyck [46] zulässig. 76Vgl. die Tabellen in He und Pindyck [46], S. 595. Zu beachten ist, dass das von He und Pindyck betrachtete Beispiel auf stark vereinfachenden Annahmen beruht, da die Nachfragefunktionen der beiden Produkte mit nur einer (!) stochastischen Variablen modelliert werden (siehe S. 587). 77Eine Fallstudie zur Bewertung eines Projekts, in dem fünf Realoptionen gleichzeitig auftreten, findet man in Trigeorgis [114].

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

30

Realoptionen mit einem Projekt verbunden, sind deren Werte i.a. nicht additiv, da die Optionen nicht unabhängig voneinander sind, sondern sich gegenseitig beein­

flussen. Mit Kapitel 4 ist der Hauptteil der vorliegenden Arbeit der Untersuchung der Interaktionen zwischen den Realoptionen eines Investitionsprojekts gewidmet. Daher soll an dieser Stelle eine etwas ausführlichere Darstellung der zu diesem The-

menkomplex existierenden Literatur erfolgen.

2.3.1

Die Studie von Trigeorgis

Eine zentrale Arbeit, in der die Interaktionen zwischen mehreren in Verbindung mit demselben Investitionsprojekt auftretenden Realoptionen untersucht werden, ist die Studie von Trigeorgis [116]. Trigeorgis erkennt zwei Gründe, warum die Werte zweier mit einem Projekt verbundener europäischer Realoptionen nicht additiv sind78:

(1) Einige Realoptionen sind Teil des Underlyings anderer in Verbindung mit dem Projekt auftretender Realoptionen.

(2) Die Ausübung einer Realoption kann das Underlying und damit die Auszah­ lungen anderer Realoptionen des Projekts ändern. Sind Realoptionen Teil des Underlyings anderer Realoptionen, so steigt der Preis des Underlyings um den Wert dieser Realoptionen. Der Anstieg des Preises des Underlyings hat Auswirkungen auf den Wert einer Option, die auf dieses Under­

lying geschrieben ist. Handelt es sich bei dieser Option um einen Call, wirkt sich die Erhöhung des Preises des Underlyings c.p. positiv auf dessen Wert aus, da der Wert eines Calls mit steigenden Preisen des Underlyings steigt79. Genau das Ge­ genteil ist der Fall, wenn eine Put-Option auf andere Realoptionen geschrieben ist. 78Vgl. Trigeorgis [116], S. 7f. 79Die Eigenschaft, dass der Wert des Calls mit dem Preis des Underlyings steigt, ist keine verteilungsfreie Wertrelation. Man kann zeigen, dass diese Monotonieeigenschaft gilt, wenn der risikoneutrale Preisprozess des Underlyings ein proportionaler stochastischer Prozess ist (vgl. hier­ zu Proposition 18 in Ingersoll [53], S. 307 und das Beispiel auf S. 306, das zeigt, dass dies i.a. für den tatsächlichen Preisprozess des Underlyings nicht gilt). Es sind also durchaus stochasti­ sche Prozesse des Underlyings denkbar, die zu einer Verletzung der Monotonieeigenschaft führen. Empirische Untersuchungen mit Intraday-Daten von Bakshi, Cao und Chen [3] für den ameri­ kanischen und Herrmann und Lucke [47] für den deutschen Markt bestätigen, dass empirisch in vielen Fällen Verletzungen der Monotonie-Eigenschaft festgestellt werden können. Verletzungen der Monotonieeigenschaft können auch dann auftreten, wenn neben dem Aktienkurs noch weitere Zustandsvariablen existieren, die den Wert einer Call-Option beeinflussen. Hierbei kann es sich et­

2.3. INTERDEPENDENTE REALOPTIONEN

31

Hier führt der Anstieg des Preises des Underlyings c. p. zu einem Rückgang des Preises der Put-Option80. Ein Beispiel für eine Call-Option, die auf andere Real­

optionen desselben Investitionsprojekts geschrieben ist, ist die Option zu warten. Bei Ausübung dieser Option erhält der Investor gegen Bezahlung des Investitions­

betrages das Investitionsprojekt, also ein Portfolio aus den Cash Flows des Projekts und den anderen mit dem Projekt verbundenen Realoptionen (z.B. Abbruchoption, Option auf vorübergehende Stilllegung, Erweiterungsoption, ...). Ein Beispiel für eine Put-Option, die auf andere Realoptionen geschrieben ist, ist die Abbruchoption. Bei ihrer Ausübung tauscht der Investor das gesamte Investitionsprojekt, inklusive

aller damit verbundener Realoptionen, gegen den Liquidationserlös ein. Daher sind sämtliche bis zu dem Zeitpunkt der Ausübung der Abbruchoption noch nicht verfal­

lenen Realoptionen - dies können etwa die Option, das Projekt temporär stillzulegen und/oder eine Erweiterungsoption sein - Teil des Underlyings der Abbruchoption.

Der zweite Grund für die Interdependenzen der Realoptionen ist nach Trigeorgis,

dass die Ausübung einer Realoption das Underlying der anderen, bisher noch nicht ausgeübten Realoptionen des Projekts verändern kann. Dies wird auf einfache Weise an den folgenden beiden Beispielen deutlich: Die Ausübung einer Erwei­

terungsoption erhöht den Wert der Cash Flows des Projekts. Dieser bildet aber wiederum einen Teil des Underlyings einer nachfolgenden Abbruchoption, so dass sich die Auszahlungen der Abbruchoption bei ihrer Ausübung ändern. Es ist sogar denkbar, dass die Ausübung der Erweiterungsoption die Kontraktspezifikationen

der Abbruchoption ändert. So erhöht sich bei Erweiterung eines Investitionspro­

jekts um eine zusätzliche Produktionseinrichtung der Schrottwert der installierten Anlagen. Dies bewirkt eine Erhöhung des Basispreises einer Option, das Projekt gegen Erhalt des Schrottwerts abzubrechen. Umgekehrt können durch Ausüben einer Realoption auch alle dann noch bestehenden Realoptionen wertlos werden. Dieses Ergebnis tritt z. B. dann ein, wenn durch Ausüben einer Abbruchoption das

Projekt beendet wird und infolgedessen das Underlying weiterer Realoptionen nicht mehr existiert.

Die logische Folgerung aus den gegenseitigen Abhängigkeiten der Realoptionen ist, dass ihre Werte nicht additiv sind. Daher können die mit dem Projekt verbundenen wa um eine stochastische Volatilität des Underlyings handeln, die im Falle einer Aktie aufgrund des Leverage-Effekts meist negativ mit dem Aktienkurs korreliert ist. Der Rückgang der Volatilität bei einem gestiegenen Aktienkurs kann dann insgesamt einen fallenden Optionspreis zur Folge haben. 80Natürlich ist auch diese Eigenschaft nicht verteilungsfrei. Vgl. die Diskussion in Fußnote 79.

32

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

Realoptionen nicht separat bewertet und ihre Einzelwerte nicht zum Gesamtwert des Projekts addiert werden. Diese Vorgehensweise würde zu einem falschen Ergeb­

nis führen. Die Realoptionen müssen stattdessen in einem integrierten Bewertungs­ modell simultan bewertet werden. Trigeorgis [116] entwickelt für diesen Zweck ein logtransformiertes Binomialmodell81, welches eine geringfügig modifizierte Variante des Binomialmodells von Cox, Ross und Rubinstein [23] ist82.

Als Determinante für die Stärke der Interaktion zweier europäischer Realoptionen verwendet Trigeorgis den Grad der Überlappung ihrer Ausübungsbereiche83. Die In­ tuition hierfür ist die folgende: Eine geringe Überlappung der Ausübungsbereiche zweier Realoptionen bedeutet, dass die nachfolgende Realoption84 in eher wenigen

Umweltzuständen85 ausgeübt wird, in denen die vorhergehende Realoption ausgeübt

wird. Hierdurch ändert sich gleichzeitig auch die Auszahlung der nachfolgenden Re­

aloption in eher weniger Umweltzuständen, was zur Folge hat, dass sich auch der

Wert der nachfolgenden Realoption im Vergleich zu ihrer isolierten Bewertung eher geringfügig ändert. Umgekehrt bewirkt eine große Überlappung der Ausübungsberei­ che der beiden Realoptionen, dass sich die Auszahlung der nachfolgenden Realoption

in eher vielen Umweltzuständen ändert, so dass sich eine eher größere Abweichung ihres Werts bei gemeinsamer, im Vergleich zu ihrem Wert bei isolierter Betrachtung, ergeben sollte. Faktoren, die den Grad der Überlappung der Ausübungsbereiche und damit auch den Grad der Interaktionen der Realoptionen beeinflussen, sind86:

(1) Der zeitliche Abstand der Fälligkeitstermine. (2) Der Typ der Optionen (Put/Call, Put/Put, Call/Put, Call/Call). 81 Vgl. Trigeorgis [115]. 82Anstelle des Preises des Underlyings wird im logtransfonnierten Binomialmodell der Logarith­ mus des Preises des Underlyings modelliert. Die Up- und Downstates werden dann durch Addition, bzw. Subtraktion einer Konstanten vom logarithmierten Preis des Underlyings realisiert, im Un­ terschied zum Binomialmodell von CRR, in dem der Übergang in den Up- bzw. Downstate durch

Multiplikation mit den Faktoren u bzw. d erfolgt. Der Vorteil der Logtransformation ist, dass sie konsistent ist und im Vergleich zum Binomialmodell von CRR verbesserte Effizienz- und Stabi­ litätseigenschaften aufweist (vgl. Trigeorgis [115], S. 310). 83Vgl. Trigeorgis [116], S. 9. 84Der Begriff ” nachfolgende Realoption” bezeichnet an dieser Stelle die Option mit dem späteren Fälligkeitstermin. Dementsprechend wird der Begriff’’vorhergehende Realoption” für die Realop­ tion mit dem früheren Fälligkeitstermin gebraucht. 85Unter dem Begriff ’’Umweltzustand” wird an dieser Stelle ein Pfad der Preisentwicklung des Underlyings im logtransfonnierten Binomialmodell verstanden. 86Vgl. Trigeorgis [119], S. 236-238.

2.3. INTERDEPENDENTE REALOPTIONEN

33

(3) Die Moneyness der Optionen. Trigeorgis wendet das logtransforrnierte Binomialmodell auf das folgende Beispiel­

projekt an87: Das Projekt ist dreistufig mit Investitionsbeträgen von L, I2 und

für die Stufen

1,2 und 3 und weist die folgenden fünf Realoptionen auf: (1) Option zu warten: Der Investor besitzt die Möglichkeit, die Investition in Stufe 1 des Projekts

um bis zu T{ Perioden zu verschieben. Innerhalb dieses Zeitraums kann die Investition jederzeit getätigt werden (amerikanische Option). (2) Option, während der Konstruktion abzubrechen: Der Investor hat die Möglichkeit, durch Nichtleisten der zweiten Teilinves­

tition das Projekt schon während der Konstruktion abzubrechen. Die erste Teilinvestition ist vollständig irreversibel, d.h., der Investitionsbetrag L kann bei einem Abbruch während der Konstruktion nicht einmal zu Teilen wieder

zurückgewonnen werden.

(3) Einschränkungsoption: Der Investor hat die Möglichkeit, bei Fälligkeit der dritten Teilinvestition nur einen Betrag von zu investieren, was mit einer Verkleinerung des Projektumfangs um y% verbunden ist.

(4) Erweiterungsoption: Der Investor hat die Möglichkeit, den Umfang des Projekts zu einem festen Zeitpunkt gegen Investition eines zusätzlichen Betrages von Z4 um einen be­ stimmten Prozentsatz x zu erweitern. Die Erweiterungsoption ist also eu­ ropäisch.

(5) Abbruchoption: Der Investor hat jederzeit die Möglichkeit, das Projekt zu einem Liquidati­ onserlös von L, der einen bestimmten Prozentsatz p der bis dahin geleisteten Investitionsausgaben ausmacht, abzubrechen. Trigeorgis nimmt an, dass sich der Liquidationserlös jedes Jahr um einen festen Prozentsatz z verringert. 87Vgl. Trigeorgis [116], S. 2ff.

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

34

Tabelle 2.2: Nummerische Ergebnisse aus Trigeorgis [116], S. 12.

Wert bei Berücksichtigung einer Realoption Defer (D)

Abandon (A)

Contract (C)

Expand (E)

41 35 6,9 36,8 Wert bei Berücksichtigung von zwei Realoptionen D&E D&S D&A D&C 69,4 42,4 52,9 51,1 C&E A&E C&S A&S 40,2 65,3 39,3 41,8 Wert bei Berücksichtigung von drei Realoptionen D&C&E D&A&S D&A&E D&A&C 52,9 82,9 71,8 51,5 A&C&E A&E&S D&E&S A&C&S 69,4 85,7 40,2 66,6 Wert bei Berücksichtigung von vier Realoptionen D&A&C&E D&A&C&S D&A&E&S D&C&E&S 84 53,4 85,7 86,6 Wert bei Berücksichtigung aller fünf Realoptionen

Switch Use (S)

39,3 A&C 37,3 E&S 69,4

D&C&S 53,4 C&E&S 70,6 A&C&E&S 70,6

D&A&C&E&S 86,6

Aufbauend auf diesen Annahmen präsentiert Trigeorgis die in Tabelle 2.2 festge­ haltenen nummerischen Ergebnisse für den Projektwert, wenn mit dem Projekt alle möglichen Kombinationen der oben beschriebenen Realoptionen verbunden sind.

Aus dieser Tabelle ergeben sich die folgenden Rückschlüsse auf die zwischen den Realoptionen bestehenden Interaktionen88: (1) Der Gesamtwert aller mit dem Projekt verbundenen Realoptionen (Eintrag D & A & C & E &: S) ist mit 86,6 GE deutlich geringer als die Summe der Werte der Realoptionen bei isolierter Bewertung (hier ergibt sich ein Wert von D 4A+C+E+S= 159 GE). Die Interaktionen sind in diesem Beispiel also stark negativ, was laut Trigeorgis89 der Normalfall ist. 88Vgl. hierzu die Diskussion in Trigeorgis [116], S. 13ff. 89Vgl. Trigeorgis [116], Fußnote, 16, S. 16.

2.3. INTERDEPENDENTE REALOPTIONEN

35

(2) Die Einschränkungsoption und die Erweiterungsoption sind von unterschied­ lichem Typ (Put/Call-Kombination) und weisen keine oder kaum Überlap­ pungen ihrer Ausübungsbereiche auf. Daher sind ihre Werte näherungswei­ se additiv: Die Summe der Optionswerte bei isolierter Betrachtung beträgt

C + E = 41,9 GE, was ziemlich genau ihrem Wert bei simultaner Bewertung (C&E = 41,8 GE) entspricht. (3) Put-Optionen, deren Ausübungsbereiche sich stark überlappen, weisen eine stark negative Interaktion auf: Der gemeinsame Wert der Abbruchoption und

der Einschränkungsoption beträgt C&S = 40,2 GE, was nur leicht über dem Wert der Abbruchoption von S = 39,3 GE bei isolierter Betrachtung liegt. Noch deutlicher tritt dieser Effekt bei der Option, während der Konstruk­

tion abzubrechen und der Abbruchoption auf: Der kombinierte Wert beider Optionen ist A&S = 39,3 GE, was gerade dem Wert der Abbruchoption bei isolierter Betrachtung entspricht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es bei

der von Trigeorgis gewählten Parametrisierung immer vorteilhafter ist, die Abbruchoption auszuüben und einen Liquidationserlös von 50% der kumulier­ ten abgeschriebenen Investitionsausgaben zu erhalten, als das Projekt schon

während der Konstruktion ohne Liquidationserlös abzubrechen. Da die Opti­ on, während der Konstruktion abzubrechen, in Beisein der Abbruchoption nie ausgeübt wird, ist ihr zusätzlicher Wert gleich Null. (4) Die Vernachlässigung einzelner Realoptionen bei der Bewertung würde nicht immer zu signifikanten Bewertungsfehlern führen. Beispielsweise macht der Wert der Abbruchoption allein bereits einen Wert von 39,3 GE oder beinahe 50% des Gesamtwerts aller 5 Realoptionen aus. Der Wert einer Kombination

zweier geeigneter Realoptionen (z. B. D&E= 69,4 GE) kann im Zahlenbeispiel bereits 75% des Gesamtwerts der 5 Optionen betragen und die Bewertung dreier sinnvoll ausgewählter Realoptionen (D&E&S = 85,7 GE) führt zu schon beinahe vernachlässigbaren Bewertungsfehlern.

Zu bemerken bleibt noch, dass die Realoptionen aus Tabelle 2.2 zwar negative Interaktionen miteinander aufweisen90, dies aber keineswegs immer der Fall sein muss. Positive Interaktionen ergeben sich etwa, wenn zusätzlich zu den Optionen 9°” Negative Interaktionen” bedeutet, dass der kombinierte Wert der Realoptionen geringer als die Summe der einzelnen Realoptionswerte bei isolierter Betrachtung ist.

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

36

aus Tabelle 2.2 eine zweite Erweiterungsoption E^ eingeführt wird. Trigeorgis91 erhält für diesen Fall einen kombinierten Optionswert von D&A&E&E^&C&S

= 121,7 GE, der über der Summe (DkAkEkCkS) + E™ = 86,6 GE +24,2 GE = 110,8 GE des kombinierten Werts der fünf Realoptionen aus Tabelle 2.2 und dem Wert der neu eingeführten Erweiterungsoption E^ liegt.

2.3.2

Die Studie von Kulatilaka

2.3.2.1

Ein allgemeines Modell zur Bewertung von interdependenten Realoptionen

Ein anderes zeitdiskretes Modell, das zur Bewertung von Projekten mit mehreren in­ terdependenten Realoptionen eingesetzt werden kann, stammt von Kulatilaka [62].92

Kulatilaka betrachtet ein Investitionsprojekt, das in unterschiedlichen Operations­ modi betrieben werden kann und dessen Eigentümer die Möglichkeit besitzt, zwi­ schen diesen Modi zu wechseln. Als mögliche Modi nennt er ” Warten zu investie­ ren”, ”Projekt betreiben”, ”Projekt vorübergehend stilllegen”, "Projekt abbrechen” oder ”mit einem Input i produzieren”. Selbst die ”Time-to-build-option” aus Ab­

schnitt 2.2.2 kann als Option, den Projektmodus zu ändern, interpretiert werden, wenn man annimmt, dass zur Fertigstellung des Projekts eine bekannte Anzahl K von Kapazitätseinheiten installiert werden muss und man den zugehörigen Mo­

dus als Anzahl der installierten Kapazitätseinheiten definiert93. Kulatilaka nimmt an, dass M unterschiedliche Modi, in denen das Projekt betrieben werden kann, existieren und dass das Projekt in jedem Modus m und Zeitintervall [t-, t + Ai) zusätzlich von der Zeit t und vom aktuellen Umweltzustand 0t abhängige - Cash Flows 7Frn = erzeugt. Der risikoneutrale Prozess der Zustandsvariablen 0t wird angenommen als =/zAt +

(2.10)

mit AZt ~ N(0', 1) unabhängig und identisch verteilt, was die diskretisierte Version eines zeitstetigen Itö-Prozesses darstellt. Beim Wechsel von einem Modus j in einen anderen Modus k (j, k E {1,..., M}) entstehen dem Investor Kosten von c-^, wobei 0lVgl. Trigeorgis [116], S. 16. 92Vgl. insbesondere die Ausführungen in Kulatilaka [62], S. 92-96. 03Vgl. Kulatilaka [62], S. 100.

2.3. INTERDEPENDENTE REALOPTIONEN

37

angenommen wird, dass cm,m = 0 Vm. Unter diesen Annahmen kann das Projekt durch Anwendung der dynamischen Pro­

grammierung (in Form einer ’’Rückwärtsrechnung”) mit Hilfe der risikoneutralen Be­ wertung - ähnlich der Vorgehensweise im Binomialmodell von Cox/Ross/Rubinstein

- bewertet werden, wobei gleichzeitig die optimale Wechselstrategie zwischen den einzelnen Modi bestimmt wird: Am Ende der Laufzeit T des Projekt beträgt der

Projektwert F, wenn in der Vorperiode T — AZ die Zustandsvariable Or-ät einen Wert von 0k angenommen hat und das Projekt in Modus m betrieben worden ist,

F^t-m = 0k, m) = max (tt' (6k, T - Ai) - c^).

(2.11)

Gleichung (2.11) kann dazu verwendet werden, um für alle möglichen Zustände 0k in T — AZ und alle möglichen Operationsmodi m im Zeitpunkt T — Ai den optimalen

Operationsmodus im Zeitpunkt T zu bestimmen94. Zu beachten ist, dass in Glei­ chung (2.11) kein Erwartungswert auftritt, da der Cash Flow 7rz(^) des Intervalls [T — At,T) laut Annahme ja nur vom Umweltzustand 0k zum Zeitpunkt T — At

abhängig ist95. Es wird also angenommen, dass der Investor zuerst den Umwelt­ zustand beobachtet und dann auf Basis des beobachteten Uniweltzustandes seine Strategie wählt. Gleichung (2.11) kann mit

F(0t = O^m^t) = max

(0k,t) - cmti 4- pEt [F(^+^hZ,Z 4- Ai)]} ,

(2.12)

leicht auf beliebige Zeitpunkte t verallgemeinert werden, wobei p := 1/(1 4- r) der mit dem risikolosen Zins gebildete Diskontierungsfaktor ist. Gleichung (2.12) be­

sagt, dass in jeder Periode derjenige Modus l zu wählen ist, der den Wert des Projekts maximiert. Letzterer setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Die

erste Komponente, 7TZ(0\z) — cm^ ist der Cash Flows der aktuellen Periode, in den mögliche Kosten cmj beim Wechseln des Modus eingchen. Die zweite Komponente, pEt\F(Ot+^t, l, t 4- AZ)], stellt den Wert sämtlicher Cash Flows der Folgeperioden nach der risikoneutralen Bewertung unter der Prämisse, dass die optimale Wech­ selstrategie verfolgt wird, dar. Die Projektwerte F können nur durch eine rekursive Lösung von (2.11) und (2.12) nummerisch bestimmt werden, was bei einer Vielzahl von möglichen Umweltzuständen 0 und Modi m sehr rechenintensiv ist. Prinzipiell 94 Da es nach Spezifikation (2.10) für die Zustandsvariable 9 wegen der Normalverteilung un­

endlich viele mögliche Zustände 6k gibt, ist für praktische Anwendungen eine Diskretisierung der

Zustandsvariablen erforderlich (vgl. Kulatilaka [62], S. 95f). 95Ferner unterstellt Gleichung (2.11) implizit, dass der Cash Flow zu Beginn des Intervalls [T At',T) anfällt, da dieser nicht mit dein risikolosen Zins diskontiert wird.

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

38

Tabelle 2.3: Definition der Betriebsmodi nach Kulatilaka [61]. Beschreibung

Cash Flow

1

Warten

0

2 3 4

Produzieren (nicht erweitertes Projekt) Schließen (nicht erweitertes Projekt) Produzieren (erweitertes Projekt) Schließen (erweitertes Projekt)

Modus

5

~^sd

X7r(^) $d

Tabelle 2.4: Umstellkosten zwischen den einzelnen Modi.

Umstellkosten C|2 C23

Investitionsbetrag Schließungskosten (nicht erweitertes Projekt)

^45

Erweiterungsinvestitionsbetrag Kosten der Wiedereröffnung (nicht erweitertes Projekt) Schließungskosten (erweitertes Projekt)

0)4

Kosten der Wiedereröffnung (erweitertes Projekt)

C24

C32

erlaubt es die Methode von Kulatilaka aber, Projekte mit einer beliebigen Anzahl von Realoptionen zu bewerten, sofern deren Interpretation als Wechsel zwischen unterschiedlichen Betriebsmodi möglich ist.

2.3.2.2 Anwendung auf ein Projekt mit mehreren Realoptionen Kulatilaka [61] verwendet sein Verfahren, um zu untersuchen, inwieweit mehrere mit einem Projekt verbundene Realoptionen substitutiv oder komplementär zueinander sind. Hierzu bewertet er ein Projekt mit der Option zu warten, der Option, es vorübergehend stillzulegen und der Option, es zu erweitern. Die für die Anwendung der Methode aus Kulatilaka [62] benötigten Definitionen der Betriebsmodi bzw. der Umstellkosten sind in Tabelle 2.3 bzw. 2.4 festgehalten.

Die Konstante x aus Tabelle 2.3 repräsentiert den Faktor, um den der Projektum­ fang bei Ausübung der Erweiterungsoption vergrößert wird. Wie aus der Tabelle hervorgeht, nimmt Kulatilaka an, dass eine Erweiterung des Projektunifangs um

2.3. INTERDEPENDENTE REALOPTIONEN

39

Tabelle 2.5: Projektwerte nach Kulatilaka [61], Tabelle 7.3, S. 128.

Kapital wert

0

Option zu warten (W)

0,51

Option, vorübergehend zu schließen (S)

0,17

Option zu erweitern (E)

1,98

w&s

0,52

W& E

2,38

S& E

2,20

W&S&E

2,46

einen Multiplikator x gleichbedeutend mit einer Erhöhung der Cash Flows um den­

selben Faktor x ist. Der für die Erweiterung aufzubringende Investitionsbetrag I wird von Kulatilaka auf (x-1)1 festgesetzt, was bedeutet, dass das Projekt zu den­

selben Konditionen, zu denen es errichtet worden ist, erweitert werden kann. Die Abhängigkeit der Cash Flows von der Zustandsvariablen 6t spezifiziert Kulatilaka zu 7r(0t) = (—1 + 6t)At. Obwohl Kulatilaka selbst keine Interpretation dieser Zu­ standsvariablen angibt, könnte man sich unter 0t beispielsweise den Preis des im

Rahmen des Investitionsprojekts hergestellten Gutes vorstellen. Eine ökonomische Erklärung der Cash-Flow-Funktion wäre dann, dass das Projekt in jeder Periode

eine Mengeneinheit des Gutes produziert und dieses Gut direkt nach seiner Herstel­ lung zum gerade vorherrschenden Marktpreis abgesetzt wird. Der konstante Term —1 repräsentiert dann die variablen Herstellkosten des Gutes. In Perioden, in denen das Projekt stillgelegt ist, werden Kosten von n9d unterstellt. Kulatilaka erhält für die von ihm betrachtete Parametrisierung96 die in Tabelle 2.5 dargestellten Projektwerte, wenn in die Bewertung die möglichen Kombinationen der oben beschriebenen Realoptionen einbezogen werden. Wie aus Tabelle 2.5 hervorgeht, weisen auch in der Untersuchung von Kulatilaka die Realoptionen i.a. negative Interaktionen auf, da der Projektwert bei simultaner Berücksichtigung der Realoptionen i.a. geringer ist als die Summe der entspre­ chenden Realoptionswerte bei isolierter Betrachtung. Kulatilaka begründet diese

Beobachtung damit, dass manche Realoptionen als Substitute für einander fungieren 96Diese kann in Kulatilaka [61], S. 127, nachgelesen werden.

40

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

können97. Beispielsweise ist es der Zweck der Option zu warten, eine fundiertere Investitionsentscheidung auf Basis der während der Wartezeit eingehenden neuen

Informationen zu treffen und dadurch das Verlustpotenzial zu reduzieren. Einen ähnlichen Zweck erfüllt die Option, das Projekt vorübergehend stillzulegen, da durch eine Stilllegung des Projekts in unprofitablen Perioden ebenfalls Verluste ver­ mieden werden können. Beide Optionen dienen also der Vermeidung von Verlusten und können in dieser Hinsicht als substitutive Hedgingstrategien angesehen werden. Diese gegenseitige teilweise Kompensation der Schutzwirkungen beider Optionen

ist es, die dazu führt, daß der Wert beider Optionen bei simultaner Betrachtung geringer als die Summe ihrer Einzelwerte ist.

Ein anderes Bild ergibt sich, wenn die Erweiterungsoption in die Interaktionen mit­

einbezogen wird. Zwischen der Erweiterungsoption und der Option auf vorüber­ gehende Stilllegung liegen positive Interaktionen vor, d.h., die Präsenz der einen Option wirkt sich wertsteigernd auf die andere Option aus: Der kombinierte Wert beider Optionen beträgt 2,20 GE und liegt damit leicht über der Summe ihrer Ein­

zelwerte von 1,98 GE -I- 0,17 GE = 2,15 GE. Die Intuition für dieses Resultat ist, dass sich die Optionen komplementär zueinander verhalten: Während die Option auf vorübergehende Stilllegung das Verlustpotenzial vermindert, das Gewinnpotenzial

gleichzeitig aber unverändert lässt, dient die Erweiterungsoption ausschließlich der Vergrößerung des Gewinnpotenzials durch Erweiterung eines sehr profitabel arbei­ tenden Projekts. Gleichzeitig sorgt die Präsenz der Schließungsoption dafür, dass das Risiko beschränkt bleibt. Wäre die Schließungsoption nicht vorhanden, wäre der Investor, nachdem er das Projekt erweitert hat, durch die um den Faktor x ge­ stiegenen Cash Flows auch einem erhöhten Verlustrisiko ausgesetzt, das durch die Schließungsoption - ohne dass hierfür eine zusätzliche Prämie bezahlt werden muss - ausgeschaltet wird. Beide Optionen ergänzen sich in ihrer Wirkungsweise also sehr gut, was dazu führt, dass der kombinierte Wert beider Optionen über der Summe ihrer Einzelwerte liegt.

Ferner untersucht Kulatilaka den Einfluss der Unsicherheit und der Präsenz ande­ rer Realoptionen auf die Investitions-Schwellenwerte. Dies ist bemerkenswert, da Kulatilaka amerikanische Optionen mit endlicher Restlaufzeit betrachtet98, deren 97VgI. Kulatilaka [01], S. 128. ^Beispielsweise kann die Laufzeit der Erweiterungsoption maximal 10 Jahre betragen, da Ku­ latilaka in seiner Arbeit angenommen hat (vgl. Tabelle 7.2, S. 127), dass die Lebensdauer des Projekts 10 Jahre beträgt.

41

2.3. INTERDEPENDENTE REALOPTIONEN

Tabelle 2.6: Schwellenwerte aus Kulatilaka [61], Tabelle 7.7, S. 131, wenn Ot einer geometrischen Brownschen Bewegung folgt

Option zu warten a

10%

20%

30%

40%

50%

w

1,14

1,36

1,12

1,46 1,22

1,58

W&E

1,25 1,14

W&S

1,09

1,23

W&E&S

1,08

1,13

a

10%

20%

30%

40%

50%

E

1,15

1,20

1,30

1,40

1,50

E&S

1,15

1,20

1,30

1,35

1,35

1,17 1,30

1,35

1,25 1,37

1,17 1,17 1,18 Erweiterungsoption

optimale vorzeitige Ausübungsstrategie sich bekanntlich nicht durch die Angabe ei­

nes einzelnen Schwellenwerts, sondern nur durch die Angabe der gesamten Early Exercise Boundary, also der Schwellenwerte in Abhängigkeit der Zeit, charakteri­

sieren lässt". Daher ist nicht klar, worauf sich die Schwellenwerte, die Kulatilaka in Tabelle 7.7, S. 131 angibt und die in Tabelle 2.6 wiedergegeben sind, eigentlich beziehen. Entsprechende Erläuterungen fehlen in der Arbeit von Kulatilaka [61]. Wie aus Tabelle 2.6 deutlich zu erkennen ist, führt die Präsenz weiterer Realoptio­ nen zu einer Reduktion der Schwellenwerte für die Investition und die Erweiterung.

2.3.3

Die Studie von Rose

Eine weitere Untersuchung der Interaktionen mehrerer mit einem Investitionspro­ jekt verbundener Realoptionen stammt von Rose [95]. Rose betrachtet das folgende Investitionsprojekt: Private Investoren erhalten von der australischen Regierung eine Konzession für die Konstruktion, den Bau und einen 33,5-jährigen Betrieb inclusive Instandhaltung von Mautstraßen in Australien. Im Gegenzug verpflichten sich die Investoren, halbjährlich anfallende Gebühren an die australische Regierung zu entrichten, die sich über die Laufzeit zu einem Betrag von 2.8 Mrd. australischen OÖFür einen amerikanischen Put vgl. beispielsweise Oksendal [88], S. 283.

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

42

Dollar (A$) aufsummieren. Nach Ablauf der 33,5-jährigen Betriebszeit fällt das Projekt an die australische Regierung.

Mit dem Projekt sind die folgenden beiden (Real-)Optionen verbunden: Die erste

Option gibt der australischen Regierung das Recht, das Projekt schon vor Ablauf der 33,5 Jahre ohne Gegenleistung zu übernehmen, falls die Rendite der Investoren nach Steuern 17.5% p.a. übersteigt.100 Die Regierung kann von diesem Recht nach

25, 27, 29, 31 oder 33 Jahren Gebrauch machen. Die zweite Option räumt den

Investoren die Möglichkeit ein, die Bezahlung der Gebühren durch Emission von Wertpapieren (sog. ’’Concession Notes”) auf das Projektende zu verschieben.101 Die Regierung erhält im Gegenzug die Möglichkeit, schon vor dem Ende des Projekts

die Einlösung der Concession Notes zu verlangen, falls die Investoren eine Rendite von mindestens 10% p.a. erwirtschaftet haben. Rose [95], S. 716, weist darauf hin, dass die folgenden Interaktionen zwischen den

beiden Optionen bestehen: Einerseits verkürzt die Ausübung der ersten Option die

Laufzeit der Konzession. Hierdurch wird die maximale Zeit, um die die Bezahlung der Gebühren verschoben werden kann, verkürzt. Dies führt c.p. zu einer Verrin­

gerung des Werts der zweiten Option. Andererseits erhöht sich durch die mit der Ausübung der zweiten Option verbundene Verschiebung der Gebührenzahlungen die Rendite der Investoren. Hierdurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, daß die erste Option ausgeübt wird und gleichzeitig ihr Wert.

Rose verwendet eine Monte-Carlo-Simulation zur Bewertung des Investitions­ projekts und der beiden Optionen. Er gelangt zu dem Ergebnis, dass die erste Option ohne die zweite wertlos wäre, in Verbindung mit der zweiten Option aber einen, wenn auch im Vergleich zum Projekt volumen insignifikanten Wert von 20 Millionen A$ besitzt.102 Er begründet dies damit, dass die Erzielung einer Rendite von 17.5% eine starke Anforderung an die Ausübung der Option darstellt.103 Ohne die Möglichkeit, die Bezahlung der Gebühren hinauszuschieben, wäre es für die Investoren nicht möglich, überhaupt eine Rendite von 17.5% zu erzielen und die l00Vgl. 101 Vgl. 102Vgl. 103Vgl.

Rose Rose Rose Rose

[95], [95], [95], [95],

S. 713. S. 714. Tabelle 2, S. 719. S. 718.

2.3, INTERDEPENDENTE REALOPTIONEN

43

erste Option könnte nie ausgeübt werden.

Für die zweite Option erhält Rose ohne Berücksichtigung von Interaktionen einen Wert von 940 Millionen A$.104 Den ökonomischen Grund für diesen sehr signifikanten Wert sieht Rose in der Ermöglichung einer Gebührenverschiebung um etwa 15 Jahre, die die hohe finanzielle Belastung der Investoren insbesondere in der Anfangsphase des Projekts, während der Konstruktionszeit, stark reduziert.105

Ferner ermittelt Rose, dass die Interaktion der beiden Realoptionen den Wert der zweiten Option um 142 Millionen A$ auf 798 Millionen A$ reduziert.106 Ökonomisch begründet er dies damit, dass eine Ausübung der ersten Option die Projektdauer

und damit die Zeitspanne, um die die Bezahlung der Gebühren verschoben werden kann, stark verringert. Durch den signifikanten Interaktionseffekt sieht Rose die

Notwendigkeit bestätigt, beide Optionen im Rahmen eines integrierten Modells zu bewerten.107

Kapitel 4 dieser Arbeit ist einer Studie zur Untersuchung von Interaktionen zwi­ schen mehreren Realoptionen eines Investitionsprojekts gewidmet. Im Unterschied zu den Studien von Trigeorgis, Kulatilaka und Rose weisen die dort betrachteten Realoptionen unendliche Laufzeiten auf und sind ausschließlich amerikanischer Na­

tur. Viele der von Trigeorgis betrachteten Realoptionen sind europäisch. Anders als in den Studien von Trigeorgis, Kulatilaka und Rose erfolgt die Bewertung der Projekte mit Hilfe von geschlossenen Lösungen, die für die jeweils zu bewertende Optionskombination gesondert hergeleitet werden. Ein weiterer Vorteil dieser Art

der Modellierung ist, dass die Auswirkungen der Präsenz weiterer Realoptionen auf die optimale Ausübungsstrategie auf einfache Weise untersucht werden kann, da die gesamte Early Exercise Boundary analytisch in Form von entsprechenden Trigger­ werten bestimmt werden kann. Der Einfluss der Präsenz weiterer Realoptionen auf die optimale Ausübungsstrategie ist ein Aspekt, der in den vorangegangenen Studien nicht (ausreichend) berücksichtigt wurde.

104Vgl. 105Vgl. 106Vgl. 107Vgl.

Rose Rose Rose Rose

[95], [95], [95], [95],

Tabelle 2, S. 719. S. 718. Tabelle 2, S. 719. S. 719.

44

2.4

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

Anwendungsbeispiele

Die Theorie der Realoptionen kann auf praktisch alle Investitionsprobleine ange­ wendet werden, in denen Flexibilität auftritt. Im folgenden sollen exemplarisch drei mögliche Anwendungsfelder aus der Literatur angeführt werden.

2.4.1

Bewertung von Investitionen im Rohstoffbereich

Brennan und Schwartz [17] bewerten in ilnj^m klassischen, vielzitierten Artikel eine Investition in eine Mine bei Preisunsicherheit. Hierzu modellieren sie den Rohstoff­ preis als geometrische Brownsche Bewegung und fassen die Position des Investors

in eine Mine als ein auf zwei Zustandsvariablen - den Rohstoffpreis und das in der Mine noch zum Abbau verfügbare Rohstoffvorkommen - geschriebenes Derivat auf. Der Betreiber der Mine besitzt die Möglichkeit, die Rohstoff-Produktionsrate der Mine in Abhängigkeit des noch verfügbaren Rohstoffvorkommens und des Rohstoff­

preises frei zu wählen, sowie die Mine temporär stillzulegen und später wiederzu­ eröffnen, bzw. das Minenprojekt völlig abzubrechen. Brennan und Schwartz leiten

eine partielle Differentialgleichung her, die der Wert einer optimal betriebenen Mine erfüllen muss. Die Lösung dieser Differentialgleichung, die wegen der Komplexität des Modells den Einsatz nummerischer Verfahren erfordert, liefert sowohl den Wert der Mine als auch ihre optimale Betriebsstrategie108. Ferner zeigen Brennan und Schwartz, wie ihr Modell um die Option zu warten erweitert werden kann109.

Ein weiteres typisches Einsatzgebiet des Realoptionsansatzes ist die Bewertung von Ölprojekten. Der Leser sei hier auf die Arbeit von Paddock, Siegel und Smith [89] verwiesen, die eine Investition in ein neues Ölfeld unter expliziter Berücksichtigung

ihres mehrstufigen Charakters bewerten.

2.4.2

Bewertung von flexiblen Fertigungssystemen

Eine weitere typische Anwendung der Realoptionstheorie liegt in der Bewertung und Ökonomischen Rechtfertigung von flexiblen Fertigungssystemen. Hier treten viele der in Abschnitt 2.2 beschriebenen Realoptionen kombiniert auf und der Investor steht vor dem Problem zu entscheiden, ob sich eine Investition in zusätzliche Flexibilität 108Vgl. Brennan und Schwartz [17], S. 144. 109Vgl. Brennan und Schwartz [17], S. 150.

2.4. ANWENDUNGSBEISPIELE

45

lohnt. Einige Arbeiten, die Flexibilität in der Produktion berücksichtigen, wurden schon bei der Diskussion der Switching Option in Kapitel 2.2.6 angeführt. Ein weiterer Ansatz zur Modellierung eines flexiblen Produktionssystems stammt

von Triantis und Hodder [112]. Triantis und Hodder betrachten ein flexibles Produk­ tionssystem, das k Produkte herstellen kann110. Der Betreiber hat die Möglichkeit,

die Produktionsraten qi(t) der Produkte zu N diskreten, äquidistanten Zeitpunkten

frei zu wählen und das Projekt vorübergehend stillzulegen. Da Triantis und Hodder keine Switching Costs, wie sie etwa bei der Änderung der Produktionsraten anfal­

len könnten, berücksichtigen111, ist der Wert des flexiblen Produktionssystems die Summe der Werte der Optionen, in den einzelnen äquidistanten Perioden mit (je­ weils am Periodenbeginn) frei wählbaren Produktionsraten zu produzieren112. Die optimalen Produktionsraten qt (Z) bestimmen Triantis und Hodder in Abhängigkeit

von Zustandsvariablen A^ die die Höhe der durch Produktion der Güter erzielbaren Profite modellieren, durch Lösung eines quadratischen Optimierungsproblems un­ ter Nebenbedingungen113. Die Autoren gelangen zu dem Ergebnis, dass das flexible

Produktionssystem dann besonders wertvoll ist, wenn die Profit-Zustandsvariablen

Ai der Produkte negativ miteinander korreliert sind und hohe Volatilitäten aufwei­ sen114. Ferner zeigen Triantis und Hodder, dass die Möglichkeit, die Produktions­ raten häufiger anzupassen, d.h. N zu erhöhen, zwar den Wert des Produktionssy­ stems erhöht, der Wertzuwachs mit wachsendem N aber immer geringer wird115.

Der Wertverlauf des Produktionssystems in der Variablen N ist somit streng mo­ noton steigend und konkav. Da die Flexibilität des Produktionssystems mit Hilfe

des Ansatzes von Triantis und Hodder präzise bewertet werden kann, ermöglicht das Modell - durch einen Vergleich der zusätzlichen Kosten mit dem Wert der Fle­ xibilität - rationale Entscheidungen darüber, ob sich die Investition in das flexible Produktionssystem lohnt116.

ll0Vgl. Triantis und Hodder [112], S. 550f. nlVgl. Triantis und Hodder [112], S. 550. 112Vgl. Triantis und Hodder [112], S. 552 und S. 556. 113Vgl. Triantis und Hodder [112], S. 553. 1HDie Ergebnisse gelten für den Spezialfall eines flexiblen Produktionssystems mit zwei Produk­ ten. Vgl. Triantis und Hodder [112], S. 557f und Tabelle II, S. 559. n5Vgl. Triantis und Hodder [112], Tabelle HI, S. 560. 116Vgl. Triantis und Hodder [112], S. 558.

46

2.4.3

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

Bewertung von unbebauten Grundstücken

Titman [111] weist darauf hin, dass die Preise von unbebauten Grundstücken Optionsprärnien beinhalten sollten, da mit dem Besitz des Grundstücks die

Option verbunden ist, ein Gebäude auf diesem Grundstück zu errichten117. Da

grundsätzlich eine Vielzahl alternativer Gebäudetypen auf einem Grundstück errichtet werden kann und der Eigentümer die Möglichkeit hat, den zu errichtenden Gebäudetyp nach Belieben auswählen, handelt es sich somit um eine Option auf

das Maximum von n riskanten Wertpapieren118, wobei n die Anzahl der in Frage

kommenden Gebäudetypen darstellt. ’’Basispreise” der Option sind die Baukosten der betreffenden Gebäudetypen.

Quigg [92] untersucht, ob empirisch beobachtete Grundstückspreise im Raum von Seattle mit Hilfe des Optionsgedankens von Titman erklärt werden können. Da es sich bei der Arbeit von Quigg [92] um einen der wenigen in der Literatur anzu­ treffenden empirischen Tests eines Realoptionsmodells handelt119, soll die Vorge­ hensweise an dieser Stelle kurz skizziert werden. Quigg entwickelt ein Modell, das die von Titman erkannte Option als amerikanische Exchange Option mit unend­ licher Restlaufzeit bewertet. Die Exchange Option gibt ihrem Inhaber das Recht, den als stochastisch angenommenen Investitionsbetrag gegen ein fertiges Gebäude einzutauschen120. Da das Underlying der Option ein noch nicht errichtetes Gebäude ist, dessen Preis nicht beobachtet werden kann, schätzt Quigg mit Hilfe einer linea­

ren Regression auf einem Sample von Gebäudepreisen zunächst eine hedonistische Preisfunktion, die den Gebäudepreis in Abhängigkeit der Ausstattungsmerkmale ’’Wohnfläche” qiy ’’Grundstücksgröße” LSFi, ’’Höhe des Gebäudes” HTh ’’Alter des Gebäudes” AG Ei und ’’Lage des Gebäudes” (Dummy-Variablen für einzelne Stadt­ teile) Li sowie ’’Quartal der Preisbeobachtung” Qi erklärt: log Pi = c 4- $ log (ji

ip log LS Fi 4- (i[HTi 4~ a^HT? 4" a^AG Ei 4- b Li 4~ d Qi 4- Ci.

ll7Vgl. Titman [111], S. 505. 118Optionen auf das Maximum von n riskanten Wertpapieren wurden von Johnson [55] bewertet. Vgl. Lucke [70] für eine Erweiterung des Modells von Johnson um einen stochastischen Basispreis. 119Andere empirische Arbeiten aus dem Bereich Realoptionen sind Berger, Ofek und Swary [7] und Moel und Tufano [84]. 120Das Modell von Quigg weist also eine große Ähnlichkeit mit der Variante des Modells von McDonald und Siegel [78] mit stochastischem Investitionsbetrag auf. Beide Modelle bewerten de facto eine amerikanische Exchange Option mit unendlicher Laufzeit.

2.4, ANWENDUNGSBEISPIELE

47

Die auf diese Weise geschätzte hedonistische Preisfunktion verwendet Quigg, um

die empirisch nicht beobachtbaren Preise des noch nicht errichteten Gebäudes, al­

so den Preis des Underlyings im Optionspreismodell, zu schätzen. Hierzu werden Schätzwerte über die Wohnfläche und die Gebäudehöhe benötigt. Bezüglich der Wohnfläche des zu errichtenden Gebäudes nimmt Quigg an, dass der Investor die­ jenige Wohnfläche wählt, die den inneren Wert der Option, also die Differenz zwi­ schen dem Gebäudewert und den Baukosten maximiert121. Die Gebäudehöhe schätzt

Quigg als Mittelwert der Gebäudehöhen der in der jeweiligen Lage bereits errich­

teten Gebäude. Außerdem benötigt Quigg für das Optionspreismodell Daten über die Kostenelastizität der Wohnfläche122 und mögliche Zahlungen, die das unbebaute Grundstück erbringt123. Sie schätzt diese so, dass die Bewertungsfehler in dem Sam­

ple minimiert werden124. Quigg verwendet ihr Optionspreismodell, um die implizite

Volatilität des Preises des zu errichtenden Gebäudes zu schätzen und erhält Werte zwischen 18,55% und 28,07%.125 Ferner berechnet sie mit Hilfe ihres Modells die in

den Landpreisen enthaltenen Optionsprämien und findet Werte zwischen 1% und 30% mit einem Mittelwert von 6%.126 Die größten Optionsprämien treten dabei für industrielle Grundstücke auf127. Ferner testet Quigg, ob das Optionspreismodell die

Grundstückspreise vollständig erklären kann. Hierzu führt sie die Regressionen Marktpreis!SF = a + b • Optionspreis/SF 4- e,

(2.13)

Marktpreis/SF = a + b- innerer Wert/SF 4- e

(2-14)

bzw.

der mit der Wohnfläche (gemessen in Square Foots ”SF”) normierten Marktpreise gegen die mit den Modellen ermittelten Optionspreise bzw. inneren Werte durch.

Die Regressionen weisen hohe Bestimmtheitsmaße auf (meist: R2 > 0,9, vgl. Ta­ belle VIII in Quigg [92], S. 637), was darauf hindeutet, dass die Modellpreise die 121 Vgl. Quigg [92], S. 625. 122Zur Schätzung der Baukosten. 123Quigg spezifiziert nicht, um welche Art von Zahlungen es sich hierbei handelt. Vorstellbar wären etwa Einnahmen aus der Verpachtung des unbebauten Grundstücks oder das monetäre Äquivalent von mit dem Besitz des Grundstücks verbundenen immateriellen Nutzeffekten. 124Vgl. Quigg [92], S. 633. 125Vgl. Quigg [92], S. 634. 126Die angegebenen Prozentsätze beziehen sich auf die theoretischen, mit Hilfe des Optionspreis­ modells berechneten Landwerte. l27Vgl. Quigg [92], S. 635.

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

48

beobachteten Marktpreise gut erklären. Quigg kann aber die Hypothese, dass a = 0 und b = 1 gilt, ablehnen, so dass die Marktpreise nicht vollständig mit den Mo­

dellpreisen übereinzustimmen scheinen. Um den Einfluss der Optionsprämie auf die Landpreise zu bestimmen, führt Quigg zusätzlich noch die Regression Marktpreis/SF = a + b • innerer Wert/SF 4- c • Optionsprämie /SF 4- e (2.15)

durch und erhält das Ergebnis, dass b nahe bei 1 liegt und die Optionsprämie einen Einfluss auf die Marktpreise besitzt, dieser aber nicht in allen Fällen statistisch signifikant ist. Bei der Arbeit von Quigg [92] handelt es sich um den empirischen Test eines Real­

optionsmodells. Wie aus der obigen Beschreibung deutlich wird, sind solche Tests im allgemeinen schwierig, da oft die benötigte Datenbasis entweder überhaupt nicht zur Verfügung steht oder zumindest überaus schwierig zu beschaffen ist. Meist exi­ stieren keine beobachtbaren Marktpreise128 einer Realoption, die im Rahmen eines empirischen Tests mit den aus dem Realoptionsmodell abgeleiteten Modellpreisen verglichen werden könnten. Ferner ist das Underlying der Realoptionen empirisch oft nicht beobachtbar. Die Problematik der Datenbeschaffung wird auch in der Studie

von Quigg deutlich, in der die Autorin wegen Datenproblemen auf eine Schätzung einiger relevanter Einflussgrößen angewiesen war.

2.5

Ausblick: Neuere Ansätze - die Modellierung von Konkurrenz

Brennan und Trigeorgis [19] teilen Modelle zur Bewertung von Investitionsprojekten in drei Gruppen ein129. Die erste Gruppe bezeichnen sie als statische / mechanisti­ sche Modelle, in denen Projekte als ’’Maschinen” angesehen werden, die Cash Flows mit einer exogen vorgegebenen Wahrscheinlichkeitsverteilung erzeugen130. Bekann­ tester Vertreter dieser Gruppe ist die Kapitalwertmethode. Die zweite Gruppe, von Brennan und Trigeorgis als ” Controllable Cash Flow Models” bezeichnet, umfasst 128Dies ist etwa immer dann der Fall, wenn die Realoptionen in Verbindung mit einem noch nicht realiserten Investitionsprojekt auftreten. Da das Projekt noch nicht realisiert ist und daher nicht am Markt gehandelt werden kann, sind auch keine Marktpreise des Projekts empirisch beobachtbar. 129Vgl. Brennan und Trigeorgis [19], S. 1-5. 130Vgl. Brennan und Trigeorgis [19], S. 2.

2.5. NEUERE ANSÄTZE - DIE MODELLIERUNG VON KONKURRENZ

49

Modelle, in denen ein Agent existiert, der nach Tätigen der Investition bestimm­

te Handlungen vornehmen kann, welche die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Cash

Flows beeinflussen. Da zu diesen Handlungen insbesondere auch das Ausüben von

Realoptionen zu zählen ist, sind zu dieser Gruppe insbesondere alle in den voran­ gegangenen Abschnitten vorgestellten Modelle zu zählen. Ferner sind auch die in Kapitel 4 dieser Arbeit betrachteten Modelle dieser Modellklasse zu^zuordnen. Bei der dritten von Brennan und Trigeorgis unterschiedenen Gruppe handelt es sich um dynamische, spieltheoretische Modelle. Ähnlich wie in der zweiten Modellklasse be­

sitzt hier ein Agent innerhalb der Firma eine (partielle) Kontrolle über die Cash Flows des Projekts. Zusätzlich werden jedoch auch Agenten außerhalb der Firma, wie Konkurrenten, betrachtet, die mit ihren Aktionen ebenfalls die Cash Flows der Firma beeinflussen können, was wiederum Einfluss auf die Aktionen der Agenten

innerhalb der betrachteten Firma hat.

Da der Klasse der dynamischen, spieltheoretischen Modelle eine immer größere Be­ deutung in der Literatur zukommt, soll im folgenden ein bekannter Vertreter dieser Modellgattung kurz vorgestellt werden. Hierbei handelt es sich um ein Modell, das

von Grenadier [39] veröffentlicht, ursprünglich aber wohl erstmals von Smets abge­ leitet wurde131. Betrachtet werden zwei Investoren, die jeweils ein Gebäude gegen Mietzahlungen von R vermietet haben. Beide besitzen die Möglichkeit, gegen Investition eines Betrages

I ihr Gebäude zu verbessern, was eine Konstruktionszeit von J > 0 Zeiteinheiten erfordert. Die Mietzahlungen Pt, die mit dem verbesserten Gebäude erwirtschaftet werden können, hängen - über eine Preis-Absatz-Funktion D - davon ab, wieviele Gebäude verbessert werden: XtD(L) falls nur eines der Gebäude verbessert wird

{

XtD(2) falls beide Gebäude verbessert werden

(2.1b)

wobei D(2) < D(l) gilt, d.h., die erzielbaren Miteinnahmen nehmen mit dem Ange­ bot an verbesserten Gebäudetypen ab. Die Variable Xt, die in der englischsprachigen Literatur auch als ” Taste Shock Process” bezeichnet wird, folgt der geometrischen

Brownschen Bewegung dXt = aXtdt 4- aXtdBt

(2.17)

131 Vgl. die Arbeit von Smets [104], die eine revidierte Fassung des ersten Kapitels seiner Disser­ tation (Smets [103]) darstellt.

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

50

als risikoneutralem Prozess132. Wird nur eines der Gebäude verbessert, hat dies zur Folge, dass das andere, (noch) nicht verbesserte Gebäude dadurch unattraktiver wird und nur noch für Mietzahlungen von (1 — 7)/? mit 7 € (0; 1) vermietet werden kann. Jeder der beiden Konkurrenten kann zu einem beliebigen Zeitpunkt mit der

Verbesserung seines Gebäudes beginnen. Es stellt sich nun die Frage nach der opti­ malen Strategie der beiden Konkurrenten zur Verbesserung ihrer Gebäude. Gesucht sind sogenannte Gleichgewichtsstrategien^ also Strategien, bei deren Befolgung durch

beide Konkurrenten keiner der beiden Konkurrenten Anreize hat, von seiner eigenen

(Gleichgewichts-)Strategie abzuweichen. Die Struktur des Problems legt es nahe, dass einer der beiden Konkurrenten zuerst mit der Verbesserung seines Gebäudes beginnen wird, während der andere noch ab­

wartet. Ersterer wird daher als Leader, letzterer als Follower bezeichnet. Zur Lösung des Problems betrachtet man zunächst die Investitionsentscheidung des Followers,

nachdem der Leader bereits investiert hat. Da der Leader bereits investiert hat, hat er keine Möglichkeit mehr, durch seine Aktionen die Position des Followers zu beeinflussen. Der Anspruch des Followers kann daher wie eine exklusive Realop­

tion133 bewertet werden. Die Position des Followers ist äquivalent zu einer Positi­ on in einer amerikanischen Call-Option mit unendlicher Laufzeit und Basispreis134 / + (1 — ^R/r, die ihrem Inhaber kontinuierliche Zahlungen in Höhe von (1 — y)R die verminderten Mietzahlungen - leistet und auf den Barwert D(2)Xt/(r — q) der Cash Flows des erneuerten Gebäudes geschrieben ist. Daher ist klar, dass der Wert des Anspruchs des Followers135

F{Xj _ r

+[w.-.,. _ [ r—a

\

r

/ \ \Xf/

(2.I8)

132Grenadier [39], S. 1657f, weist daraufhin, dass die Anwendung von Arbitragebewertungstech­

niken im Falle eines Gebäudes, wo weder Leerverkäufe noch eine beliebige Teilbarkeit vorliegt und die Transaktionskosten hoch sind, unrealistisch ist. Die folgende Analyse gilt aber natürlich auch unter der von Grenadier getroffenen Alternativannahme risikoneutraler Investoren (vgl. Grenadier [39], S. 1658). 133Eine exklusive Realoption (= proprietary real option) ist eine Realoption, deren Wert, durch

Konkurrenten nicht beeinflusst werden kann (vgl. Trigeorgis [113], S. 155). 134Der Basispreis entspricht dem Betrag, den der Follower durch Ausüben seiner Investitions­ option verliert und setzt sich daher zusammen aus dem Investitionsbetrag I und dem Barwert (1 —^)R/r der Mietzahlungen des alten Gebäudes, wobei r der als konstant angenommene risiko­ lose Zins ist. 135Vgl. Grenadier [39], S. 1659.

2.5. NEUERE ANSÄTZE - DIE MODELLIERUNG VON KONKURRENZ

51

beträgt. Hierin ist der optimale Trigger Xp des Followers136

7, (r-q) (r_o)i 71-1 0(2)

F

(2.19) T

Der Wert der Position des Leaders ist schwieriger abzuleiten, da dieser von den

Aktionen des Followers abhängt. Da der Barwert der Mietzahlungen, die der Leader

mit seinem verbesserten Gebäude einnimmt, bei Markteintritt des Followers - unter Berücksichtigung der vom Follower benötigten Konstruktionszeit von 5 Perioden von e-(r-a)*D(l)Xt/(r - a) auf e"(r-ö^Z)(2)Ä’t/(r - a) fällt, beträgt der Wert des

Anspruchs des Leaders, nachdem er sein Gebäude verbessert, aber bevor der Follower investiert hat, l-

. *£ + r—a

W’1. /

r—a

(2.20)

Der Leader wird seine Option, das Gebäude zu verbessern, ausüben, sobald der

Prozess Xt einen Trigger X^ erreicht. Da die Option des Leaders, solange sie nicht

ausgeübt wird, außerdem die kontinuierlich anfallenden Mietzahlungen von R er­ bringt und der Leader diese verliert, wenn er sein Gebäude erweitert, beträgt der Wert der Option des Leaders - unter Berücksichtigung der Konstruktionszeit von ö Perioden -

[

r- a

r- a

/

Der Trigger XL kann allerdings nicht mit Hilfe der Smooth Pasting Condition be­

stimmt werden, da er vom Leader nicht vollkommen frei gewählt werden kann, son­ dern dieser bei der Wahl des Triggers die Aktionen des Followers berücksichtigen muss. Gesucht sind Gleichgewichtsinvestitionsstrategien, d.h. der Trigger X^ muss so gewählt werden, dass sich weder für den Leader noch für den Follower Anreize ergeben, von diesen Strategien abzuweichen. Bei der Ermittlung der Gleichgewicht­ sinvestitionsstrategien ist der folgende Satz relevant137: 136Der Trigger Xy wird, da er vorn Follower frei gewählt werden kann, durch Auferlegung der Smooth Pasting Condition bestimmt (vgl. Grenadier [39], S. 1659f). Eine ausführliche Diskussion der Smooth Pasting Condition findet man in Kapitel 3. 137Vgl. Grenadier [39], S. 1661.

52

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

Satz 2.1 (Existenz eines Gleichgewichts) Es existiert ein eindeutiger Punkt (0;A>) mit den folgenden Eigenschaften: V(Xt)-I < F(Xt)

für Xt < XL

(2.21)

L*(Xt)-I = F(Xt)

fürXt = XL

(2.22)

L'(Xt)-I > F(Xt)

fürXh Xf > Ar^ investieren, wäre der Wert des Anspruchs des Leaders unter Verfolgung dieser Strategie echt größer als der Wert des Anspruchs des Fol­ lowers und für den Follower würden sich Anreize ergeben, nicht erst bei Erreichen von Xp, sondern schon ”in der logischen Sekunde” vor dem Erreichen von X[ zu investieren und auf diese Art und Weise selbst Leader zu werden. Dies würde der Leader wiederum antizipieren und schon bei einem Wert Xf mit Xl < Xf < Xf investieren. Hierdurch kommt ein Prozess des ’’gegenseitigen Ausbietens” in Gang: Solange der Wert des Leader-Anspruchs an einem Trigger X™ mehr wert ist als der Follower-Anspruch, bestehen für den einen Konkurrenten Anreize, durch früheres Investieren als der andere Konkurrent zum Leader zu werden und auf diese Art den

2.5. NEUERE ANSÄTZE - DIE MODELLIERUNG VON KONKURRENZ

53

Wert des eigenen Anspruchs zu steigern. Durch dieses ’’Ausbieten” verschwindet die Wertdifferenz zwischen Leader- und Follower-Anspruch und die Konkurrenten investieren, sobald der Wert des Leader-Anspruchs zum ersten Mal den Wert des

Fol lower-Anspruchs erreicht, also im Punkt XL nach Gleichung (2.22). Im Modell von Smets und Grenadier wird angenommen, dass in dem Falle, dass beide Kon­

kurrenten gleichzeitig investieren, jeder die gleiche Chance von 50% hat, Leader zu werden138.

Hat der Leader investiert und der Follower ’’das Rennen verloren”, bestehen für ihn

keine Anreize mehr, sofort danach zu investieren. Da der Leader schon investiert hat, kann er keine Aktionen mehr unternehmen, die den Wert des Anspruchs des Follo­

wers beeinflussen könnten. Der Follower wird daher seine Investitionsentscheidung unabhängig von den Aktionen des Leaders treffen und als Trigger den wertmaxi­ malen Trigger Xf nach Gleichung (2.19) wählen, der ihm den vollen Wert seiner

Option zu warten sichert.

Insgesamt ist mit den obigen Ausführungen nachgewiesen, dass die Strategien ’’Der Leader investiert, sobald die Zustandsvariable Xt den Wert X^ erreicht” und ’’Der

Follower investiert, sobald die Zustandsvariable Xt den Wert Xf > X^ erreicht” die gesuchten Gleichgewichtsstrategien sind. Ex ante liegt allerdings noch nicht fest, welcher der beiden Konkurrenten später zum Leader und welcher zum Follower wird. Grenadier weist darauf hin, dass mit Hilfe des Modells die im Immobilienmarkt in manchen Perioden beobachtbaren sogenannten ’’Entwicklungskaskaden”139 erklärt werden können140.

Eine Erweiterung des Modells von Smets [104] und Grenadier [39] auf den Fall, dass beide Konkurrenten nicht völlig homogen sind, sondern unterschiedliche Kosten­ strukturen aufweisen, findet man in Joaquin und Butler [54]. Ein frühes Modell zur Integration von Konkurrenzverhalten in das Binomialmodell mit spieltheoretischen Ansätzen stammt von Smit und Ankum [105]. Erweiterungen und Zahlenbeispiele findet man in Trigeorgis [119], Kapitel 8 und Crasselt und Tomaszewski [24]. Zwei weitere Modelle, die den Einfluss von Konkurrenz berücksichtigen und damit in die 138Vgl. Grenadier [39], S. 1657. 139Hierunter versteht inan das Phänomen, dass in vielen Jahren praktisch überhaupt keine neuen Gebäude entwickelt werden, während es in anderen Jahren zu regelrechten Entwicklungsschüben kommt. H0Vgl. die Ausführungen in Grenadier [39], S. 1665ff.

54

KAPITEL 2. REALOPTIONEN: EINE KURZE EINFÜHRUNG

dritte der von Brennan und Trigeorgis vorgeschlagenen Modellklassen fallen, wurden bereits in Abschnitt 2.2.4 vorgestellt: Das Modell von Leahy [65] und das Modell von Fries, Miller und Perraudin [35], die von einer Situation vollständiger Konkurrenz ausgehen. Wegen der unterstellten Situation der vollständigen Konkurrenz handelt

es sich bei diesen allerdings nicht um spieltheoretische Ansätze.

2.6

Zusammenfassung

Ziel dieses Kapitels war es, dem Leser einige Grundkonzepte der Realoptionstheo­ rie ins Gedächtnis zu rufen. Verschiedene in Verbindung mit Investitionsprojekten auftretende Realoptionen wurden erläutert und Ansätze zu ihrer Bewertung, vor allem auch, wenn mehrere dieser Optionen gleichzeitig auftreten, vorgestellt. Neben typischen Anwendungsfeldern wurde in Form eines kurzen Ausblicks eine Arbeit, die dem noch jungen, sich aber schnell entwickelnden Literaturzweig der dynamischen,

spiel theoretischen Ansätze angehört, präsentiert. Die Ausführungen dieses Kapitels bilden die Grundlage für die im folgenden betrachteten Modelle.

Kapitel 3

Bewertungsmethoden für Realoptionen Die Bewertung von Realoptionen erfolgt rnit Methoden der Optionspreistheorie.

Letztere geht in ihrer heutigen Form1 zurück auf die Arbeit von Fischer Black und Myron Scholes [10], die zeigen, dass durch eine geeignete Kombination eines Derivats und seines Underlyings zu einem Hedgeportfolio ein risikoloses Portfolio entsteht,

das den risikolosen Zins als Rendite erwirtschaften muss. Durch Auferlegung dieser Arbitragefreiheitsbedingung leiten Black und Scholes [10] eine partielle Differential­ gleichung her, deren Lösung den Preis der Option liefert. Seit der Veröffentlichung der Arbeit von Black und Scholes hat sich die Optionspreistheorie zu einer der zen­ tralen Bewertungstheorien der Finanzwirtschaft entwickelt. Ihre Bedeutung kommt

auch in der Verleihung des Nobelpreises im Fach Wirtschaftswissenschaften im Jah­

re 1997 an Myron Scholes und Robert Merton, der die Optionspreistheorie in ih­

rem frühen Stadium entscheidend mitgeprägt hatte, zum Ausdruck - Fischer Black verstarb bereits 1995. Der Rest des Kapitels ist wie folgt gegliedert: Zunächst wird in Abschnitt 3.1 die Ar­ bitragebewertung einer Option mit Hilfe einer selbstfinanzierenden Handelsstrategie dargestellt. Hierbei werden insbesondere Dividendenzahlungen, wie sie in Realop­ tionsmodellen ständig in expliziter oder impliziter Form auftreten, berücksichtigt. Abschnitt 3.2 führt in die Theorie der optimalen Stoppprobleme, wie sie in der Optionspreistheorie bei der Bewertung amerikanischer Optionen auftreten, ein. Auf ‘Modelle zur Bewertung von Optionen existierten schon vor der Arbeit von Black und Scholes [10]. Smith [106] gibt einen Überblick über diese Modelle.

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

56

der in diesem Abschnitt dargestellten Theorie basiert unter anderem die Studie zur Interaktion zwischen Realoptionen mit unendlicher Restlaufzeit aus Kapitel 4.

3.1

Duplikation

Betrachtet wird eine friktionslose, arbitragefreie Ökonomie, in der N 6 IN risikobe­ haftete Wertpapiere gehandelt werden, deren Preisprozesse durch den stochastischen Vektorprozess2 S = (St)te[0.Tj = T > 0, beschrieben sind3.

Der Wertpapierhandel erfolgt in stetiger Zeit. Unsicherheit wird in der Ökonomie durch eine (/-dimensionale Brownsche Bewegung4 Bt = ^B^* ..., B^^j auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (Q, F, F) mit Standardfiltration0 F= (Ft, t > 0) induziert. Es wird angenommen, dass die Wertpapierpreise den Ito-Prozessen d

dS^ = Mi(St,t)

+

(St,t)dB^

Vie

(3.1)

>=i

mit geeigneten6 reellwertigen Funktionen ^(-, •) und

(♦,•) folgen.

Ferner existiere in der Ökonomie ein risikoloses Wertpapier mit dem Index 2 = 0 und dem konstanten7 kontinuierlichen risikolosen Zins r, dessen Preisprozess durch

5((0) = S^erl

(3.2)

oder in Differentialform als dS^

= rS^dt

2Im folgenden werden Vektoren und Matrizen zur besseren Unterscheidung von Skalaren in Fettdruck dargestellt. 3Die Ausführungen in diesem Abschnitt orientieren sich an Duffie [30], Kapitel 5.E bis 5.G, berücksichtigen aber zusätzlich mehrere Underlyings und Dividendenzahlungen. 4Eine d-dimensionale Brownsche Bewegung ist ein Vektor von d unabhängigen (eindimensio­ nalen) Brownschen Bewegungen B^\..., 5Die Standardfiltration ist diejenige Filtration, die von der Brownschen Bewegung Bt und den Nullmengen von Q (d.h., den Mengen A C Q, die Teilmenge einer Menge B G T mit P(ß) = 0 sind) erzeugt wird. Vgl. hierzu Duffie [30], S. 82, S. 92 und Anhang C. 6Es wird gefordert, dass die Funktionen die in Duffie [30], Anhang E, S. 291f angegebene

Wachtums- und Lipschitzbedingung erfüllen müssen, damit sichergestellt ist, dass eine Lösung der stochastischen Differentialgleichung (3.1) überhaupt existiert und das Modell wohlspezifiziert ist. 7Der risikolose Zins r kann wie in Duffie [30], Kapitel 5.G leicht von den Preisen der risikobe­ hafteten Wertpapiere und der Zeit abhängig gemacht werden, d.h. r = r(St,0, ohne dass sich an der folgenden Analyse etwas ändert.

3.1. DUPLIKATION

57

gegeben ist. Der Handel der Marktteilnehmer in den Wertpapieren wird durch das

Konzept der Handelsstrategie formal beschrieben. Eine Handelsstrategie ist ein sto­ chastischer Vektorprozess $ = ($t)te[0;T] = ..., 0^) , wobei die Anzahl der Stücke von Wertpapier z, die der Investor zum Zeitpunkt t in seinem Portfolio hält, repräsentiert. Der Investor kann sein Portfolio ausschließlich auf Ba­ sis der vor t verfügbaren Informationen, d.h., nachdem er die Preise

beobachtet

hat, zusammenstellen8. Von besonderer Bedeutung für die Bewertung von Deriva­ ten ist das Konzept der selbstfinanzierenden Handelsstrategie. Nach Harrison und Pliska9 ist eine selbstfinanzierende Handelsstrategie eine Handelsstrategie $ mit der

Eigenschaft, dass Vt($) = Vo(*) + Gt($),

(3.3)

wobei (3.4) i=0

den Prozess des Portfoliowerts, wenn der Investor die Wertpapiere gemäß der Han­

delsstrategie $ handelt, darstellt und10 Gt W := £ f t=0 ’ Q

(3.5) 1=1 ' Q

der durch die Handelsstrategie vom Zeitpunkt 0 bis zum Zeitpunkt t erwirtschaftete gesamte Gewinn, bestehend aus Kursgewinnen (erster Summand) und Dividenden­

zahlungen (zweiter Summand), ist. ist der Prozess der kumulierten Dividenden, die von Wertpapier i vom Zeitpunkt 0 bis zum Zeitpunkt u bezahlt wurden. Glei­ chung (3.3) besagt somit, dass eine selbstfinanzierende Handelsstrategie durch die Eigenschaft gekennzeichnet ist, dass der Wert des Portfolios des Investors zu je­ dem Zeitpunkt t dem Wert Vo seiner Anfangsausstattung zuzüglich des gesamten, durch kontinuierlichen Handel entstandenen Gewinns Gt ($) entspricht. Mit ande­ ren Worten: Implementiert der Investor eine selbstfinanzierende Handelsstrategie, 8In der englischsprachigen Literatur wird ein solcher stochastischer Prozess auch als ’’predicta­ ble” bzw. ’’previsible” bezeichnet (vgl. etwa Baxter / Rennie [6], S. 80, Bingham / Kiesel [8], S. 172 oder Cox / Huang [21], S. 274.). °Vgl. Harrison / Pliska [43], S. 237. 10Vgl. zu der hier vorgenominenen Ausweitung der Definition der selbstfinanzierenden Handels­ strategie auf dividendenzahlende Underlyings auch Duffie [30], S. llöff.

58

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

muss er bei den kontinuierlich im Zeitablauf erfolgenden Portfolioumschichtungen weder zusätzliche Mittel aufbringen, noch fallen überschüssige Mittel an, die er sei­

nem Portfolio entnehmen könnte. Dem Investor stehen zu jedem Zeitpunkt t durch seine in t gehaltenen Wertpapiere exakt die Mittel zur Verfügung, die er zur nächsten Umschichtung seines Portfolios benötigt. Gegeben sei nun ein europäisches Derivat, das zu dem festen Zeitpunkt T eine Aus­ zahlung von g , S^N\T^ leistet. Der arbitragefreie Preis des Derivats wird

im folgenden mit Ct notiert und wird, da seine Auszahlung g von den zukünftigen Preisen in T abhängt, ebenfalls eine (noch unbekannte) Funktion der aktuel­ len Preise sein: Ct = C(St,t), t G [0;T]. Der arbitragefreie Preis des Derivats ist zunächst lediglich im Zeitpunkt T bekannt, er muss dann nämlich gerade der Auszahlung g des Derivats entsprechen11: CT = C(St,T) = g

S(tn\t) .

(3.6)

Aufgabe ist es, den funktionalen Zusammenhang C(St)i) für t < T zu bestimmen und damit das Derivat zu bewerten.

Die Bewertung des Derivats kann durch Ausnutzung der folgenden Duplikationsidee,

die erstmals formal in Merton [81] ausgeführt wurde, erfolgen: Gelingt es, eine selbst­ finanzierende Handelsstrategie $ zu finden, die zum Zeitpunkt T in einem Portfolio resultiert, dessen Marktpreis VT ($), in jedem Umweltzustand, d.h., unabhängig da­ von, wie sich die Preise St der Underlyings entwickeln, exakt mit der Auszahlung g ..., S^\ des Derivats übereinstimmt - eine solche Handelsstrategie wird auch als selbstfinanzierende Duplikationsstrategie des Derivats bezeichnet -, ist das

Bewertungsproblem gelöst: Der Preis Ct des Derivats muss unter Arbitragefreiheit zu jedem Zeitpunkt t exakt mit dem Marktpreis Vt (£) des im Rahmen der selbstfi­ nanzierenden Duplikationsstrategie $ gehaltenen Portfolios übereinstimmen. Wäre dies nicht der Fall und wäre zu einem Zeitpunkt t^ G [0; T] etwa Vto ($) < Ct0, würde die folgende Strategie zu einem risikolosen Arbitragegewinn führen:

(1) Verkaufe das Derivat am Markt zum Preis von Cto leer und investiere den Teil Vto (£) des Verkaufserlöses in das Portfolio $t011 Wäre der Preis des Derivats in T etwa geringer als seine Auszahlung, könnte durch Kaufen und

gleichzeitiges Ausüben des Derivats ein risikoloser Arbitragegewinn erzielt werden. Ein Leerverkauf dieser Strategie liefert einen Arbitragegewinn, wenn der Preis des Derivats in T größer als seine Auszahlung ist.

3.1. DUPLIKATION

(2) Schichte in den Folgezeitpunkten t E (io5

59

das Portfolio £to gemäß der selbst­

finanzierenden Duplikationsstrategie $ uni. Da $ selbstfinanzierend ist, wer­ den hierzu weder Mittel benötigt, noch hierdurch Mittel freigesetzt.

(3) Laut Annahme stimmt im Zeitpunkt T der Marktwert des im Rahmen der selbstfinanzierenden Duplikationsstrategie $ gehaltenen Portfolios in je­ dem Umweltzustand mit der Auszahlung g ., S^\T^ des Derivats überein. Liquidiere in T das Portfolio $T und verwende den Verkaufserlös,

um die aus der Short-Position in dem Derivat entstandenen Auszahlungsver­ pflichtungen in Höhe von g ..., zu begleichen. Offensichtlich eröffnet die oben beschriebene Arbitragestrategie dem Investor im

Zeitpunkt

einen risikolosen Arbitragegewinn von Ct0 — Vi0 ($) > 0, was mit

der Annahme der Arbitragefreiheit des Kapitalmarkts unvereinbar ist. Durch ei­ ne Invertierung der Arbitragestrategie, d.h. Kauf des Derivats und Leerverkauf der

selbstfinanzierenden Handelsstrategie, folgt analog, dass auch im Falle Cto < Vto (#) ein risikoloser Arbitragegewinn von Vto ($) - Qo > 0 erzielbar ist. Auf einem ar­

bitragefreien Kapitalmarkt muss daher zu jedem Zeitpunkt t € [0; T] Ct = Vt ($) gelten, d.h., der Preis eines Derivats muss mit dem Preis seiner selbstfinanzierenden Duplikationsstrategie übereinstimmen.

Mason und Merton [74], S. 20, vergleichen die selbstfinanzierende Duplikationsstra­ tegie mit einer Produktionstechnologie in einer Industrie, in der vollständige Kon­ kurrenz herrscht:

” The replication rules can be viewed as blueprints for a production technology which permits one to build synthetic options. As with any production technology, if the input market is competitive and there is free entry into the industry, the price of the product must simply be the cost of production, i.e. there can be no excess profits.”

Diese Sichtweise macht die Bedeutung der Annahme der friktionslosen Öko­ nomie für die Arbitragebewertung von Derivaten deutlich. Ist nur ein einziger

Marktteilnehmer in der Lage, die selbstfinanzierende Duplikationsstrategie auch praktisch zu implementieren, weil Marktfriktionen, wie etwa ein fehlender freier Marktzugang oder signifikante Transaktionskosten für alle anderen (potenziellen) Marktteilnehmer bestehen, gibt es keinen Grund, warum der Preis des Derivats mit dem Preis seiner selbstfinanzierenden Duplikationsstrategie übereinstimmen sollte. In diesem Falle wäre die obige Analogie zu einer Industrie mit vollständiger Konkurrenz verletzt, der Marktteilnehmer wäre Monopolist in der ’’Produktions-

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

60

technologic für synthetische Optionen” und könnte diese zu ’’Monopolpreisen”, d.h. Preisen, die über den Kosten der von ihm angewandten selbstfinanzierenden

Duplikationsstrategie liegen, an die anderen Marktteilnehmer verkaufen.

Zur vollständigen Lösung des Bewertungsproblems verbleibt noch, die Existenz einer selbstfinanzierenden Duplikationsstrategie für das Derivat mit der Auszahlungsfunk­ tion (/(St,T) iiachzuweisen. Dies geschieht durch Konstruktion. Wie gesehen, muss die selbstfinanzierende Duplikationsstrategie $ die Eigenschaft besitzen, dass N

=C(St,t)

(3.7)

Vte[0;T],

i=0

der Marktwert des Portfolios zu jedem Zeitpunkt t also mit dem (noch unbekann­ ten) arbitragefreien Preis C(-) des Derivats übereinstimmt. Insbesondere wird diese Übereinstimmung auch für den Zeitpunkt t = T gefordert, so dass garantiert ist,

dass die selbstfinanzierende Strategie die benötigte Eigenschaft, dass der Wert des

im Zeitpunkt T gehaltenen Portfolios in jedem Umweltzustand mit der Auszahlung

g des Derivats übereinstimmen muss, erfüllt. Unter der Annahme, dass C zweifach

stetig differenzierbar ist und St dem Prozess (3.1) folgt, liefert eine Anwendung von Itö’s Lemma12, dass Ct dem Prozess13 ~ (dC y—v ^‘ = 1 ä?+E k

1=1

dC

1 v—\ +2 E lj=l

T

d 2C 1 ös^

v—\ dC v-> p+E E

J )

1=1

/o o\

(3-8)

j=l

folgt, wobei Si das i.-te Argument der Funktion C bezeichnet. Die einzige14 Möglich­ keit, die Option mit Hilfe einer selbstfinanzierenden Handelsstrategie zu duplizieren, besteht darin, die Koeffizienten von dt und allen dB^ aus (3.8) mit Hilfe eines geeig­

neten Portfolios unter Beachtung der Selbstfinanzierungsbedingung (3.3) nachzubil­ den. Wird unterstellt, dass jedes Wertpapier i Dividenden in Form einer konstanten 12Vgl. Baxter / Rennie [6], S. 195, Björk [9], S. 44 oder Duffie [30], S. 92. 13Der Übersichtlichkeit der Notation halber werden hier sowie auch im folgenden die Argumente aller auftretender Funktionen weggelassen. Falls nicht anders angegeben, lauten die Argumente der Funktion C und aller ihrer im folgenden betrachteten partiellen Ableitungen {St,C steht also beispielsweise für C(St,0HDer Drift und die Volatilität a eines Itö-Prozesses sind eindeutig bestimmt (vgl. Baxter / Rennie [6], S. 5G).

3.1. DUPLIKATION

61 bezahlt, die Dividendenprozesse also gegeben sind durch15

kontinuierlichen Rate

dD^ = S^dt,

Vi € {1,...,N} :

= 0,

lautet Gleichung (3.3) in Differentialform

dvt($) =

+ :=1

i=0

Nd

N

= 52

(^ + 5 IRn*d geeignete34 Funktionen sind, Xo E IRn fest vorgegeben und g :

—> IR

eine Funktion (”Belohnungsfunktion”) ist miP3

(1) g(x)>Q^xe!Rn (2) g stetig.

Dann besteht das optimale Stoppproblem darin, eine Stoppzeit r* für den Prozess

Xt zu finden, so dass Ex° [ g (x)}

(3.24)

auch als die ” Continuation Region” bezeichnet, um anzudeuten, dass es hier nicht optimal ist, zu stoppen. Bezeichnet man mit

74 := inf {i > 0 |Xt

A} ,

AcIRn,Aoffen

(3.25)

die erste Austrittszeit40 des Prozesses Xt aus einer vorgegebenen Menge A, also den

Zeitpunkt, zu dem der stochastische Prozess zum ersten Mal die Menge A verlässt, kann die optimale Stoppzeit 7* charakterisiert werden durch

7* = td = inf {t > 0 |Xt i D } ,

(3.26)

d.h., die optimale Stoppstrategie besteht darin, zu stoppen, sobald der Prozess Xt die Continuation Region D zum ersten Mal verlässt. Dass die in (3.25) definierte 37Eine hinreichende Bedingung für die Existenz einer optimalen Stoppzeit findet inan in Oksendal [88], Theorem lO.l.O.d), S. 201. 38Vgl. Brekke und Oksendal [15], S. 188. 39Diese Aussage ist mit dem bei der Bewertung von amerikanischen Optionen im Binomialmodell von Cox, Ross und Rubinstein [23] zur Anwendung kommenden Prinzip vergleichbar, dass die amerikanische Option in denjenigen Zuständen des Binornialbaums vorzeitig auszuüben ist, in denen die Ausübungszahlung den Wert der Option bei Nichtausübung erreicht oder überschreitet. Ein entsprechendes Zahlenbeispiel findet man in Hull [50], S. 203f. wird in der englischsprachigen Literatur auch als "First Exit Time" bezeichnet.

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

70

erste Austrittszeit Ta tatsächlich eine Stoppzeit im Sinne von Definition 3.1 ist, ist anschaulich sofort klar, da auf Basis des bis zu einem Zeitpunkt t eingetretenen Prozess Verlaufs beurteilt werden kann, ob der Prozess bis zum Zeitpunkt t die Menge A verlassen hat, d.h. ob Ta < t gilt. Einen formalen Beweis, dass Ta eine Stoppzeit nach Definition 3.1 ist, findet man in Oksendal [88], S. 111, Beispiel 7.2.2.

Der Leser mag sich im Zusammenhang mit Definition 3.2 gefragt haben, ob das

darin formalisierte zeithomogene optimale Stoppproblem allgemein genug ist, um das in (3.20) dargestellte Problem, eine amerikanische Option zu bewerten und ihre

optimale Ausübungsstrategie zu ermitteln, als Spezialfall zu beinhalten. Schließlich hängt laut Ausdruck (3.20) die Belohnungsfunktion := e-r9i(/,x) von der Zeit t ab, in Definition 3.2 wurde aber unterstellt, dass g unabhängig von t ist. Tatsächlich ist das in Definition 3.2 betrachtete Problem allgemein genug, um den Fall zeitabhängiger Belohnungsfunktionen als Spezialfall zu umfassen. Dies sieht man, indem man sich - aufbauend auf (3.21) - den Itö-Prozess

dYt = M(Vt)d5 + a(Yt)dBt

(3.27)

definiert mit fest vorgegebenem s € R und Driftvektor und Volatilitätsmatrix A

:= (—77TI e Rn+I’

*

:= I-^77T-1 6 R(n+')x0}

(3.47)

Teil der Continuation Region, d.h., es gilt U Q D. Das folgende Beispiel51 dient der Erläuterung der bisher vorgestellten Konzepte und macht gleichzeitig deutlich, dass eine optimale Stoppzeit nicht notwendigerweise existieren muss.

Beispiel 3.1 Betrachtet wird der eindimensionale (deterministische) Itö-Prozess Xt = t, t > 0 mit der Belohnungsfunktion x2 , __________________________ 1 + X* g(x)=

49Vgl. Oksendal [88], Theorem 10.1.7, S. 200. 50Vgl. die Bemerkung in Oksendal [88], S. 205. 51 In Anlehnung an Oksendal [88], S. 204.

xE Hl.

(3.48)

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

76

Da g für x > 0 streng monoton in x steigt und Xt = t gilt, wird die Funktion g (XT) maximiert, wenn r möglichst groß gewählt wird. Allerdings kann das Stoppen für kein r < oo optimal sein, da die Belohnung g(XT) durch Übergang auf T\ :=

t

4- e,

e > 0 für endliches t auf g (XTl) > g (XT) erhöht werden kann. Andererseits ist aber

auch Toq := oo keine optimale Stoppzeit, da der Funktionswert g(XToo) laut der in

Definition 3.2 formalisierten Problemstellung als 0 interpretiert wird. Mit Ak := {x e lR\x < k] ,

k € IN

ist, da g eine streng monoton steigende Funktion von x ist,

k2 1 g* (x) = sup E [ rD

für alle x G D

(3.49)

und

g'(Xo) = Exo{g(XTD)], d.h., To ist eine optimale Stoppzeit. ____________________________ 52Wie gesehen gilt dies nicht. 53Vgl. Oksendal [88], Theorem 10.1.12, S. 204.

(3.50)



3.2. BEWERTUNG AMERIKANISCHER OPTIONEN

3.2.4

77

Lösung des zeithomogenen optimalen Stoppproblems mit der Smooth Pasting Condition

Eine andere Möglichkeit zur Lösung von optimalen Stoppproblemen als die Bestim­

mung der kleinsten superharmonischen Majoranten wurde von Samuelson [97] vor­ geschlagen54. Samuelson [97] argumentiert, dass die optimale erwartete Belohnung

g* auf dem Rand55 DD der Continuation Region D tangential in die Belohnungs­ funktion g übergehen muss56, d.h. Vg' = Vg

auf dD,

(3.51)

wobei V/ den Gradienten der Funktion f darstellt. Bedingung (3.51) wird in der englischsprachigen Literatur auch als ” High Contact Condition” oder ” Sinooth

Pasting Condition” bezeichnet. Samuelson [97] gibt in seiner Arbeit keine formale Begründung für die Gültigkeit der Smooth Pasting Condition. Einen mathematisch exakten Beweis für ihre Gültigkeit liefert McKean [79] in seinem mathematischen Anhang zu Samuelson’s Arbeit. Dort zeigt McKean, dass die Lösung des optimalen Stoppproblems zur Bewertung einer amerikanischen Call-Option mit unendlicher

Restlaufzeit im Falle einer geometrischen Brownschen Bewegung als stochastischem

Prozess für das Underlying die Smooth Pasting Condition erfüllen muss57, d.h., die

Smooth Pasting Condition ist eine notwendige Bedingung für die Optimalität der Lösung des optimalen Stoppproblems. Gleichzeitig weist McKean aber auch nach,

dass die Verwendung eines multiplikativen Poisson-Prozesses als Modell für den Preisprozess des Underlyings dazu führt, dass die Smooth Pasting Condition an der optimalen Ausübungsstelle dieser Option nicht erfüllt ist - die Steigung 1 der Ausübungszahlung an der optimalen Ausübungsstelle ist in diesem Fall echt größer als die Ableitung des Wertes einer nicht ausgeübten Call- Option nach dem Preis ihres Underlyings58. McKean weist darauf hin, dass es ihm nicht gelungen ist, eine 54Einige der folgenden Ausführungen orientieren sich an Brekke und Oksendal [15]. 55Der Rand dA einer Menge A C ]Rn ist definiert als die Menge aller Randpunkte a von A, also die Menge aller Punkte a € lRn, für die jede Umgebung von a je (mindestens) einen Punkt aus A und einen Punkt aus H/^A enthält (vgl. Walter [120], Definition 1.11, S. 21.). Insbesondere wird also nicht gefordert, dass a € A, der Randpunkt a E OA also selbst zur Menge A gehört. 5CVgl. Samuelson [97], S. 25. Die gleiche Bedingung erscheint auch später auf S. 27 und S. 28 in Samuelson [97]. Samuelson betrachtet in seiner Arbeit eine Option mit nur einem stochastischen Underlying - anders als Gleichung (3.51), die eine Verallgemeinerung der Bedingung auf den Fall mehrerer Underlyings darstellt. 57Vgl. das erste Beispiel in Abschnitt 3, ’’Two Examples” in McKean [79], S. 36. 58Vgl. das zweite Beispiel in Abschnitt 3, ’’Two Examples” in McKean [79], S. 36.

78

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

hinreichende Bedingung abzuleiten, die der Preisprozess des Underlyings erfüllen muss, damit die Smooth Pasting Condition gilt59.

Die Intuition, warum die optimale Belohnung g* auf dD tangential in die Beloh­ nungsfunktion g übergehen muss, ist die folgende60:

Zunächst sei angenommen, dass dem optimalen Stoppproblem ein eindimensionaler stochastischer Prozess Xt zugrunde liege und die Belohnungsfunktion g und die optimale erwartete Belohnung g* die Gestalt61 g* (s,x) = e~rs f (x)

(3.52)

g (s, t) = e~rsh (x)

(3.53)

haben. Die ökonomische Interpretation der Funktionen f und h aus (3.52) und (3.53) ist die folgende: h stellt die Auszahlung und f den arbitragefreien Preis des Derivats dar. Ferner habe die Continuation Region die Gestalt D := {(t,x)\x > x*}

(3.54)

und rD sei die optimale Stoppzeit, d.h. zu jedem Zeitpunkt t ist es optimal zu

stoppen, wenn Xt die Grenze x* erreicht oder darunter fällt. Dann ist es zur Erfüllung der Smooth Pasting Condition (3.51) hinreichend, dass der arbitragefreie Preis f des Derivats und die Auszahlung h des Derivats im optimalen Ausübungspunkt x* (dort gilt auch / (x*) = /i(z*)), tangential ineinander übergehen, d.h. f (x') = h'(x’) ,

(3.55)

denn in diesem Fall gilt: Qg* Ox

x=x*

W ds

x=x"

e-rsf^)=e-T)h'{x*)=^ux

-re~rsf(x') = -re-^h^) =

(3.56) x=x*

ds

(3.57) x=x*

Wegen

dD = {(t, x) |x = x'}

(3.58)

59Vgl. McKean [79], S. 33. 60Die folgende Darstellung orientiert sich an Dixit und Pindyck [27], S. 130ff. 61 Wie später gezeigt wird, ist dies die Gestalt, von der alle im weiteren Verlauf der Arbeit (vgl. Kapitel 4) betrachteten optimalen Stoppprobleme sind. Wie immer notiert r den kontinuierlichen risikolosen Zins.

3.2, BEWERTUNG AMERIKANISCHER OPTIONEN

79

sind die Gleichungen (3.56) und (3.57) aber nur eine ausführliche Schreibweise von

Bedingung (3.51). Bedingung (3.55) impliziert also, dass die Smooth Pasting Con­

dition (3.51) erfüllt ist. Die ökonomische Intuition, warum der arbitragefreie Preis f des Derivats und seine Ausübungszahlung g an der Ausübungsstelle x* tangential ineinander übergehen müssen - woraus sich wie gerade gesehen die Gültigkeit der Smooth Pasting Condition (3.51) ergibt -, ist die Folgende62: Angenommen, die Ausübungszahlung g und der arbitragefreie Preis f des Derivats

würden nicht wie in (3.55) gefordert, bei Ausübung tangential ineinander überge­ hen. Dann müssten beiden Funktionen mit einem Knick ineinander übergehen. Es

läge also entweder die in Abbildung 3.1 oder die in Abbildung 3.2 veranschaulichte Situation vor.

Der Knick kann nicht die in Abbildung 3.1 dargestellte Gestalt haben, da wegen der Stetigkeit der Auszahlungsfunktion h des Derivats auch für eine Stelle xQ = z* 4- 6 mit infinitesimal kleinem € > 0 die Auszahlung h (x0) des Derivats größer als der Wert f (x0) des nicht ausgeübten Derivats wäre. Daher wäre es optimal, das Derivat nicht erst bei Erreichen von rr*, sondern schon bei Erreichen von z0 auszuüben63, 62Vgl. Dixit und Pindyck [27], 8. 130f. Natürlich ist die folgende Begründung rein heuristisch und keinesfalls mathematisch exakt. 63Der Wert des Derivats könnte hierdurch von f (xo) auf h(xo) vergrößert werden. Zu beachten

80

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

was ein Widerspruch zur Definition von z* als optimalem Ausübungspunkt ist. Andererseits kann der Knick aber auch nicht die in Abbildung 3.2 dargestellte Ge­ stalt aufweisen. Eine Ausübung bei Erreichen von z* kann nicht optimal sein, denn wie man durch Approximation des Itö-Prozesses Xt des Underlyings durch einen symmetrischen Random-Walk sieht, ist es möglich, den Wert des Derivats durch

Warten um Xt Zeiteinheiten weiter zu steigern: Das Warten erlaubt dem Inhaber

des Derivats, die nächste Wertänderung Az des stochastischen Prozesses Xt zu be­ obachten und sich die Ausübungszahlung links bzw. den Wert des nicht ausgeübten Derivats rechts der Knickstelle z* auszusuchen. Offensichtlich führt der Mittelwert64 0,5h (z* — Az) + 0,5/ (z* + Az) dieser beiden Werte zu einem größeren Wert für den Derivatinhaber als die Auszahlung h(z*) an der Stelle z*. Ein Ausüben des Derivats an der Stelle z* ist daher nicht sinnvoll. Diese Aussage ändert sich nicht, wenn man zusätzlich den Drift des Random Walks z und den Umstand, dass die ist, dass diese Argumentation nicht notwendigerweise für Poisson-Prozesse gelten muss, da diese keine infinitesimalen Wertänderungen aufweisen. Wie oben gesehen muss ein Derivat, dessen Un­ derlying einem multiplikativen Poisson-Prozess folgt, an seiner optimalen Ausübungsstelle nicht notwendigerweise die Smooth Pasting Condition erfüllen. 64In der Random-Walk-Approximation eines Wiener Prozesses ist - wenn kein Drift berücksich­ tigt wird - die Änderung um und —Xx gleich wahrscheinlich.

3.2. BEWERTUNG AMERIKANISCHER OPTIONEN

81

Auszahlung an den Derivatinhaber bei Warten erst Ai Perioden später anfällt als die Ausübungszahlung im Punkt x*, berücksichtigt. Der Grund hierfür ist, dass die

zufälligen Wertänderungen der Brownschen Bewegung proportional zur Wurzel der Länge des Zeitintervalls AZ sind65, während die durch das Diskontieren und den Drift hervorgerufenen Wertänderungen proportional zu AZ selbst sind66. Für AZ —> 0 ist

die Wurzel aus AZ wesentlich größer als AZ selbst, so dass der erste Effekt dominiert. Die obigen Ausführungen machen deutlich, dass die Strategie, die Option in einem

Punkt x* auszuüben, nicht optimal sein kann, wenn die Ausübungszahlung h und der Optionswert f dort mit einem Knick ineinander übergehen. Damit ist es für die Optimalität der Ausübungsstrategie erforderlich, dass die Ausübungszahlung

h der Option und ihr Wert f sich im optimalen Ausübungspunkt x* tangential treffen; die Smooth Pasting Condition fungiert nach dieser Argumentation also als notwendige Bedingung für die Optimalität der Ausübungsstrategie.

Merton [82], Fußnote 47, S. 296, gibt eine heuristische Ableitung der Smooth

Pasting Condition als notwendige Bedingung für den Spezialfall eines eindimen­ sionalen Prozesses Xt an67. Sei c € R+ eine fest vorgegebene Konstante und Dc := {x € H|x < c}, tdc wie gewohnt die erste Austrittszeit des Prozesses Xt aus der Menge Dc und

(3.59) d.h. /(z, c) repräsentiert die erwartete Belohnung, die man erhält, wenn der Prozess Xt gestoppt wird, sobald der Prozessstand Xt die vorgegebene Schranke c, oft auch als ’’Trigger” bezeichnet, erreicht oder überschreitet und der Prozess Xt in Z = 0 bei x startet. Falls c ein regulärer Punkt für Dc ist68, gilt f (c, c) = g (c). Differentiation dieser Gleichung mit der Kettenregel nach c liefert

df(x,c) ~~dx~

df(x,c) + ~dc~ X—C

~9

'

(

)

x=c

65Für Poisson-Prozesse gilt diese Aussage i.A. nicht. Wie gesehen müssen Derivate, die auf ein Underlying geschrieben sind, das einem multiplikativen Poisson-Prozess folgt, die Smooth Pasting Condition nicht notwendigerweise erfüllen. 66Für die zum Diskontieren herangezogene e-Funktion gilt für Ai -> 0: er^1 «14- r&t. 67Die folgenden Ausführungen orientieren sich an Brekke und Oksendal [15], S. 189. 68Nach Definition 9.2.8 in Oksendal [88], S. 174, heißt der Randpunkt c € dDc regulär für Dc bezüglich eines stochastischen Prozesses Xt mit Xo = c, falls roe = 0 f.s. ist, d.h., die Wahrschein­ lichkeit, dass der stochastische Prozess Xt die Continuation Region Dc sofort verlässt, wenn er auf ihrem Randpunkt c startet, muss 1 sein.

82

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

Falls nun eine geeignete Konstante c* existiert, bei deren Erreichen durch Xt ein Stoppen optimal wird, gilt

g* (z) = f (x, c*) = max f (x, c) cgIR

(3.61)

und c* muss die notwendige Bedingung

dc

c=c*

=o

(3.62)

des Optimierungsproblems maxc€j^ f(x,c) erfüllen. Setzt man (3.62) in (3.60) ein, erhält man, dass speziell für c = c* gilt, dass (3.63)

gilt und somit wegen der Identität g* (x) = /(x,c*) die Smooth Pasting Condi­ tion erfüllt ist. Auch bei der Herleitung von Merton fungiert die Smooth Pasting

Condition als eine notwendige Bedingung für ein Optimum, wurde sie doch aus der notwendigen Bedingung (3.62) für die Optimalität des Triggers c* abgeleitet. Brekke und Oksendal69 weisen darauf hin, dass es, um den Beweis von Merton mathematisch rigoros zu machen, erforderlich ist, zu zeigen, dass

(1) die Continuation Region D tatsächlich von der von Merton angenommenen Form Dc ist und

(2) die Funktion /, wie in der Beweisführung angenommen, tatsächlich differen­ zierbar ist. Falls die Smooth Pasting Condition zur Lösung des optimalen Stoppproblems heran­ gezogen werden soll, verbleibt es zu zeigen, dass sie auch eine hinreichende Bedingung zur Lösung dieses Problems ist, etwa indem nachgewiesen wird, dass

(1) eine Lösung des optimalen Stoppproblems existiert und

(2) die Funktion /, welche die Smooth Pasting Condition erfüllt, eindeutig be­ stimmt ist. 69Vgl. Brekke und Oksendal [15], S. 189.

3.2. BEWERTUNG AMERIKANISCHER OPTIONEN

83

Brekke und Oksendal [15] zeigen einen Satz70, der Bedingungen spezifiziert, unter

denen die Smooth Pasting Condition eine hinreichende Bedingung für die Lösung

des optimalen Stoppproblems ist. Der folgende Satz, der Oksendal [88], S. 215, ent­ nommen ist, stellt eine vereinfachte Variante des Resultats von Brekke und Oksendal dar: Gegeben sei eine Menge W C R* und ein Ito-Diffusionsprozess Yt in R* mit

dYt = b(Yt)^ + o’(Yt)dBt (3.64)

Yo = y.

Ferner sei T = T (y, u) := inf {t > 0 |Yt (cu) £ W }

(3.65)

die erste Austrittszeit von Yt aus W. Weiterhin seien

/ : R* -> R

und g : R* -> R

(3.66)

stetige Funktionen, welche die folgenden Bedingungen erfüllen:

(1) Für alle y G R*: E^ [f|/(Yt)|^

< oo

(3.67)

und (2) Die Familie von Zufallsvariablen {g~ (Yr) (t ist eine Stoppzeit mit r < T} ist gleichmäßig integrierbar für alle y G Rfc. Hierbei ist g~ definiert als

g~ (x) := - min [# (x), 0]. Die

zusätzliche

Bedingung,

dass

die

Familie

(3.68)

von

Zufallsvariablen

{g~ (Yr) \r ist eine Stoppzeit mit r < T} gleichmäßig integrierbar sein muss, wird benötigt, um zu garantieren, dass das in Definition 3.2 betrachtete optimale Stoppproblem auch für Funktionen g, die negative Werte annehmen können, wohldefiniert ist71 - in Definition 3.2 wurde ja angenommen, dass die Funktion g nichtnegativ ist. 70Vgl. Brekke und Oksendal [15], Theorem 1, S. 197 und Theorem 2, S. 200. 71 Vgl. Oksendal [88], S. 207.

84

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

Bemerkung: Gleichmäßige Integrierbarkeit ist in der Stochastik wie folgt definiert72:

Definition 3.7 (Gleichmäßige Integrierbarkeit) Eine Familie {fj}jeJ von Zu­ fallsvariablen auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (QjT7, IP) heißt genau dann

gleichmäßig integrierbar, wenn dIP }

lim

=0

(3.69)

gilt.



Ein notwendiges und hinreichendes Kriterium zur Überprüfung auf gleichmäßige Integrierbarkeit liefert der folgende Satz73:

Satz 3.8 Eine Familie {fj}jeJ von Zufallsvariablen ist genau dann gleichmäßig in­ tegrierbar, wenn eine monoton steigende, konvexe Funktion '0 : [0; oo) -> [0; oo)

existiert mit .. 1p(x) lim ------ = oo r—>oo

(3.70)

X

und

sup jeJ

(3.71)



Wie man aus Definition 3.7 leicht ersieht, ist insbesondere eine beschränkte Folge {fj}jej von Zufallsvariablen mit

\fj (^)l < K Vcj € Q, j G J, für ein geeignetes K < oo,

(3.72)

gleichmäßig integrierbar, da für alle M > K VjG J

(3.73)

72Vgl. Oksendal [88], Anhang C, Definition C.l, S. 295 oder Shiryaev [100], S. 188. 73Vgl. Oksendal [88], Theorem C.3 in Verbindung mit Definition C.2, S. 295 oder Shiryaev [100], S. 190.

3.2. BEWERTUNG AMERIKANISCHER OPTIONEN

85

und damit natürlich auch

lim | sup < / M->°°

\fj\dP ? ] =0 /

(3.74)

gilt. Alternativ kann dies auch mit Satz 3.8 nachgewiesen werden: Sei ip(x) := x2. Dann hat man wegen \fj\ < K für alle j 6 J

< fip(K)dTP = K2 < K2 < oo

(3.76)

)

gilt und die Familie {fj}j£j nach Satz 3.8 gleichmäßig integrierbar ist.

Aufbauend auf dem in (3.64) definierten stochastischen Prozess und den die obi­

gen Eigenschaften (1) und (2) erfüllenden Funktionen f und g zeigt Oksendal das folgende Theorem74:

Satz 3.9 Sei $ :W

IR eine Funktion mit den folgenden Eigenschaften75 :

(i) $ € C1 (W)OC(W)

(ii) $ > g aufW und $ = g auf OW. Sei ferner

D:={xeW^(x)>g(x)},

(3.77)

so dass (iii) Yt f.s. keine Zeit auf dD verbringt, d.h.75

Ey

=0

Vy G W,

(3.78)

74Vgl. Oksendal [88], Theorem 10.4.1, S. 215. 75W bezeichnet die abgeschlossene Hülle der Menge VF. Diese ist definiert als die Vereinigung der Menge W mit der Menge ihrer Randpunkte, d.h. es gilt W = W U dW (vgl. Walter [120], S. 22.). C(W) notiert die Menge der stetigen Funktionen von IV in 1R. Ck(W) steht für die Menge der Funktionen von W nach R mit stetigen Ableitungen bis zur Ordnung k. (vgl. Oksendal [88], S. 317). A ist der in (3.46) definierte Operator. 76Z (•) notiert die Indikatorfunktion.

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

86

(w) dD eine Lipschitz-Fläche ist, d.h. dD ist lokal der Graph einer Funktion h : IRk~l -> IR, so dass eine Konstante K < oo existiert, dass

\h (x) — h (y)| < K |x - y|

für alle x,y.

(3.79)

(v) $ G C2 (W\dD) und dass die zweiten Ableitungen von

lokal um dD be­

Weiterhin wird angenommen, dass

schränkt sind, (vi) A$ + f < 0 auf W\D gilt,

(vii) AQ + f = 0 auf D ist, (viii) td := inf {t > 0 |Yt £ D} < oo f.s. für alle y G W und

(ix) die Familie {^> (Yr), r < t^} von Zufallsvariablen gleichmäßig integrierbar für alle y G W ist.

Dann gilt: $ (y) = sup Ey

t 0 der risikolose Zins78

und q > 0 eine kontinuierliche ’’Dividendenrate”, die ökonomisch etwa durch einen Convenience Yield verursacht werden könnte. Gesucht ist die optimale Ausübungs­ strategie einer Realoption. Es soll nun untersucht werden, welche allgemeine Gestalt die Lösung von Differentialgleichung (vii) aus Satz 3.9 unter der Nebenbedingung (i) hat. Unterstellt wird ein optimales Stoppproblem der Form

/ (Po) = sup E1’0

T 1 und 72 < 0 gilt. Differentialgleichung (3.94) muss auf der gesamten Continuation Region D erfüllt sein, beschreibt also den Wert des Derivats vor seiner Ausübung. Offensichtlich muss der Wert des Derivats bei Ausübung, also auf W\D, mit der Ausübungszahlung g^ übereinstimmen, d.h. es muss gelten V (P) = g, (P)

auf W\D.

(3.101)

3.2. BEWERTUNG AMERIKANISCHER OPTIONEN

91

Unter Beachtung von Beziehung (3.89) erhält man hieraus die allgemeine Gestalt der optimalen erwarteten Belohnung $ zu p) = J

für (s,P0)tD für (s,P0)eW\D.

1

(3.102)

Nach Voraussetzung (i) von Satz 3.9 muss die optimale erwartete Belohnung auf W

stetig differenzierbar und auf W stetig sein. Offensichtlich ist die in (3.102) definierte Funktion $ genau dann stetig auf W, wenn die folgenden beiden Bedingungen erfüllt sind:

(1) V und

gehen auf DD stetig ineinander über, d.h.

V (P) =

(P)

auf DD.

(3.103)

Die Ausübung eines amerikanischen Derivats mit Continuation Region D er­

folgt, wenn die Zustandsvariablen Yt zum ersten Mal aus der Continuation Region D austreten, wegen der Stetigkeit der Pfade der geometrischen Brown­ schen Bewegung also, wenn die Zustands variablen den Rand DD der Con­ tinuation Region zum ersten Mal erreichen. Die ökonomische Interpretation von Bedingung (3.103) ist daher, dass bei Ausübung der Wert V(P) des Deri­ vats mit der Ausübungszahlung g^ (P) übereinstimmen muss. Diese Bedingung wird in der englischsprachigen Literatur auch als ” Value Matching Condition11

bezeichnet.

(2) Ferner muss die (einseitige) Stetigkeit der Funktion $ auch auf DW = {(t^P) |P = 0} gewährleistet sein. Unter ökonomischen Gesichtspunkten wird in Kapitel 4 meist gefordert, dass der Wert V(P) einer Investitionsmöglich­ keit als auf den Güterpreis Pt geschriebenes Derivat Null sein muss, wenn der Güterpreis auf 0 fällt. Diese Forderung resultiert aus dem Umstand, dass ein Outputpreis von P = 0 eine absorbierende Barriere für die geometri­ sche Brownsche Bewegung (3.81) darstellt, der Outputpreis bei Erreichen von P = 0 sich also nie wieder von 0 wegbewegen kann. Dann können mit dem Investitionsprojekt keine Gewinne erzielt werden; es wird nie realisiert und sein Wert muss daher Null betragen: V (0) = 0. Die geforderte (rechtsseitige) Stetigkeit von impliziert dann, dass die Bedingung

hmV(P)=0

(3.104)

KAPITEL 3. BEWERTUNGSMETHODEN FÜR REALOPTIONEN

92

gelten muss. Hat V (P) die allgemeine Gestalt (3.98), ist Bedingung (3.104) wegen 72 < 0 genau dann erfüllt, wenn die Konstante A2 gleich Null gewählt

wird. Für den Optionswert V verbleibt dann noch die allgemeine Gestalt V(P) = AP71.

(3.105)

Diese Vorgehensweise der Eliminierung der negativen Potenz P72 wird in Ka­ pitel 4 noch häufig zur Anwendung kommen. Die zweite Bedingung, die aus Voraussetzung (i), Satz 3.9, an £ zu stellen ist, besagt, dass $ E Cl (V), 4* also auf ganz W stetig differenzierbar ist. Offensichtlich ist diese Bedingung wegen der stetigen Differenzierbarkeit von V und gi auf D bzw. W\D

erfüllt. Um $ auch auf dD stetig differenzierbar zu machen, ist es erforderlich, dass

V (P) =

(P)

auf dD

(3.106)

gilt. Dann ist nämlich für (to,p) € dD

hm

— (t, P) = -re rt°V (p) = -re rt°gi (p) =

(t, P) G W\D

(t, P) € D

lim

— (t, P)

hm

d^ ÖP^ =

(t,P)^(t0,P) (t, P) G D

Hm (t,P)->(to.p) {t, P) G W\D

— (t,P) dP

und 4* ist wie gefordert auf dD stetig differenzierbar. Bedingung (3.106) ist die

im voran gegangenen Abschnitt ausführlich diskutierte Smooth Pasting Condition. Bedingung (i) aus Satz 3.9 beinhaltet insbesondere also die Value Matching Condition und die Smooth Pasting Condition als Nebenbedingungen an die zu lösende Differentialgleichung (3.94). Zur praktischen Anwendung der Value Matching Condition und der Smooth Pasting Condition stellt sich die Frage nach der konkreten Gestalt der Continuation Region D, auf deren Rand diese Bedingungen erfüllt sein müssen. Hierfür ist die folgende Beobachtung relevant80: Die Gestalt der Continuation Region D ist unabhängig von der Zeit in dem Sinne, dass

D-\-(t^ = D 80Vgl. Oksendal [88], S. 210.

(3.107)

3.2. BEWERTUNG AMERIKANISCHER OPTIONEN

93

Zum Beweis von (3.107) stellt man zunächst fest, dass wegen der vermuteten Form (3.89) von £ $ (t - to, P) = e^-^V (P) = ert°e~rtV (P) = erto$ (t, P)

(3.108)

und analog

g(t-t0,P)=erl°g(t,P)

(3.109)

gilt. Hiermit ergibt sich

D + (to,O) = {(t + t0,P)\(t,P)eD} = {(t,P)\(t-t0,P)eD} = {(t,P)\g(t-tQiP)(t-tOlP)} =

{(t, P)\ert°g (t, P) < ert°$ (t, P)} = {(t,P)\g^P) 0. (2) Der Marktpreis Pt des Gutes zu einem Zeitpunkt t folgt der geometrischen

Brownschen Bewegung dPt = aPtdt 4- aPtdBt. Das Gut weist einen konstanten Convenience Yield von q > 0 auf0, so dass

seine erwartete Gleichgewichtsrendite [i = a + q beträgt.

(3) Das hergestellte Gut ist beliebig teilbar und wird in Form eines kontinuierlichen

Outputstroms produziert. (4) Es existiert ein Markt, auf dem das Gut und ein risikoloses Wertpapier kon­ tinuierlich gehandelt werden. Der Markt ist vollkommen. Insbesondere sind Leerverkäufe des Gutes und des risikolosen Wertpapiers in unbegrenzter Höhe zulässig und es existieren keine Transaktionskosten. Der kontinuierliche risiko­

lose Zins ist konstant und beträgt r > 0.

(5) Die Firma ist Preisnehmer. (6) Das Gut wird sofort nach seiner Produktion zum gerade vorherrschenden Preis Pt am Markt abgesetzt. Der in einem infinitesimal kleinen Zeitintervall dt generierte Cash Flow des Projekts beträgt damit (Pt - c)dt.

(7) Das Projekt besitzt eine unendliche Laufzeit. (8) Es existieren keine Steuern. (9) Es existieren keine Agency-Probleme. Zielsetzung des Investors ist es, den

Projektwert zu maximieren6. 5Die Existenz eines streng positiven Convenience Yields, der nach McDonald und Siegel [76]

analog zu einer kontinuierlichen Dividendenrate eines Finanztitels ist, wird benötigt, um eine vor­ zeitige Ausübung der im Folgenden noch betrachteten Realoptionen erst optimal werden zu lassen. 6Falls Agency-Probleme bestehen, ergeben sich für den Agenten möglicherweise Anreize, die betrachteten Realoptionen nicht zu den optimalen, sondern nur zu suboptimalen Zeitpunkten oder möglichweise überhaupt nicht auszuüben. Verliert der Agent bei Abbruch des Projektes beispiels­ weise seinen Arbeitsplatz, bestehen für ihn Anreize, die Abbruchoption nicht ausüben, obwohl dies den Wert des Projektes maximieren würde. Solche Agency-Probleme werden im Folgenden nicht betrachtet, es wird angenommen, dass alle Realoptionen zu den optimalen, wertmaximierenden Zeitpunkten ausgeübt werden. Diese Annahme ist etwa dann gerechtfertigt, wenn der Investor gleichzeitig der Manager des Projekts ist.

98

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

(10) Alle betrachteten Realoptionen sind exklusiv7, d.h. mögliche Aktionen der

Konkurrenz haben keinen Einfluss auf den Projektwert.

Annahme 4 impliziert, dass der Markt hinreichend vollständig ist, um jedes auf den

Güterpreis geschriebene Derivat per Duplikation zu bewerten. Insbesondere erlaubt Annahme 4 die Anwendung der risikoneutralen Bewertung als Bewertungstechnik.

Hinsichtlich der Investitionsausgaben wird angenommen, dass das Projekt zweistu­

fig ist. Stufe 1 erfordert eine Investitionsausgabe von L > 0. Es wird angenommen, dass die Errichtung von Stufe 1 des Projekts eine Konstruktionszeit (” Time to Build") von

t

> 0 benötigt. Nach der Errichtung von Stufe 1 des Projekts ist eine

weitere Investitionsausgabe von I? > 0 erforderlich, um Stufe 2 des Projekts zu

errichten. Der Einfachheit halber wird angenommen, dass die Errichtung von Stufe 2 keine Konstruktionszeit benötigt, also zeitgleich mit dem Tätigen der zweiten Teilinvestition mit der Produktion begonnen werden kann. Diese Annahme erlaubt es an späterer Stelle, wenn mehrere Realoptionen gleichzeitig auftreten, das Projekt

noch in geschlossener Form zu bewerten.

Das Projekt kann gemäß dieser Spezifikation, wenn es sofort realisiert wird, auf sehr einfache Art und Weise mit der Kapitalwertmethode durch Diskontieren seiner er­ warteten Cash Flows mit dem risikoadjustierten Kalkulationszins bewertet werden. Der Cash Flow des Projekts besteht aus zwei Komponenten mit unterschiedlichem Risiko. Das Risiko der ersten Komponente, Ptl ist unmittelbar mit der Unsicher­ heit des Güterpreises verbunden. Daher muss die erwartete Gleichgewichtsrendite des Gutes zur Diskontierung dieses Teils der Cash Flows herangezogen werden. Die zweite Komponente, c, der Cash Flows ist risikolos und muss mit dem risikolosen Zins r diskontiert werden. Zu beachten ist weiterhin, dass das Projekt wegen der mit Stufe 1 verbundenen Konstruktionszeit erst r Perioden nach dem Tätigen der

ersten Teilinvestition Cash Flows erzeugt. Den Projektwert Vq(Po) zum Zeitpunkt ü

7Zur exklusiven Realoption vgl. Trigeorgis [113], S. 155.

4.2. DER ALLGEMEINE MODELLAUFBAU

99

erhält man damit zu

ce rtdt —

V0(P0)

— he 1

e rtdt - h — he

_ I2e-rr

=

p—a = e- P2 (4.41)

für P < P2.

Beginnt der Investor in t = 0 mit der Konstruktion von Stufe 1, erhält er nach Abschluss der Konstruktion in r Perioden die Option, in Stufe 2 zu investieren,

deren Wert wie gesehen K nach Ausdruck (4.41) beträgt. Der Investor hält also einen Anspruch, der in t = r eine Auszahlung von V, nach Gleichung (4.41) leistet. Der Wert V* dieses Anspruchs beträgt nach der risikoneutralen Bewertung

V{P0) = e-rrE^(L.-C --I2y{l^i} ^-rrp\\P2_C_

[q

r

](PLY

_1

Wp?/

wobei J 1 falls Bedingung A erfüllt ist I 0 sonst die Indikatorfunktion darstellt. Durch Anwendung von Korollar 4.2 unter Berück­ sichtigung, dass 7i eine Lösung der fundamentalen quadratischen Gleichung (4.13) ist, kann V* leicht in die geschlossene Lösung V(^)

q +fv - f L 0, c G IR. Dann gilt: Pan(bhiP + c) =

~c

[b\nP + c -

.

(4.48)

Beweis: Es gilt: Pa = e'npa =ealnP.

(4.49)

Damit ist Pan(b\nP + c) =

*

c~?(6lnP+c)2+olnP = —A—e“2[ö2(InP)2+26cinp+c2]+o,np

x/2tt

\/27r = _J_e-|[‘>I('nP)I+^( 0 und r > 0. Dann gilt: 7 n (d3 (P, K, r, 7)) = e~”n (d2 (P, K, t)) .

Beweis: n(d3(P,

(4-51)

lässt sich schreiben als n(61n P + c),

O\/t /

2

c = b -ln/< +

(4-52)

Mit a := 7 ergibt eine Anwendung von Lemma 4.3

J

n(d3(P,K,T,y)) = ~e^c 1

(felnP + c- y) . \ u/

(4.53)

Das Argument der Funktion n vereinfacht sich zu .. _ a In (•£:) + (r - q + (7 - er2) r Hn P + c- — = —-----

_

Gy/T

0

111 (£) + (r - 9 + (7 - I) g2) T -

=

(4.54) G\JT

Ferner ist

el[(C“*)2“c2]

= el

+

= ZPe-rl27:!d'dt]

Uo

J

(4.67)

stetig differenzierbar ist. Hier gilt für den Projektwert V», dass V. (Po) = E1’“ [^°° max (Pe - c, 0) e'r,dt] . Es liegt also ein Spezialfall von (4.67) mit f (Wt) = max (Pt (Wt) - c,0), Pt(Wt) = Poe(r-"-^t+ 0 und

4.3. BERÜCKSICHTIGUNG EINER REALOPTION

117

dass die geometrische Brownsche Bewegung stetig ist, frei über die Nahtstelle c diffundieren kann und daher auch keine abrupten Wertänderungen der Funktion K auftreten sollten28. Gleichsetzen der Werte und der ersten Ableitungen der beiden Komponenten aus Ausdruck (4.65) an der Stelle P = c liefert das Gleichungssystem AW

r r = 02^ + --q r

(4.68)

Kn^-1

= B272c'n-l + -, 1

(4.69)

das in den verbleibenden beiden Unbekannten K{ und

linear ist und daher leicht

mit Hilfe der Cramerschen Regel gelöst werden kann:

=

K

c‘~7'

(11 _ 72 ~ q )

(4.70)

71 - 72 \ r

1

c1"^

7i -1\

/7,

^2 = --------- -----------------71 ~ 72 \ r q J

(4.71)

Dixit und Pindyck [27], S. 189, zeigen, dass29 72

72 - 1

r

q

n

>0

und

,

7i _ 71 ~ 1 > 0

(4.72)

q

r

was konsistent mit der Interpretation der Terme K[Pyi und B2Pr2 als Optionsprämi­ en ist. Für den Wert des bereits vollständig realisierten Projekts mit der Option, es vorübergehend zu schließen, gilt damit:

für P < C (4-73) 71 “72 \ r

q

J \ cJ

q

r

für P > C.

Besitzt der Investor nur die Option, das Projekt vorübergehend stillzulegen, muss er bereits im aktuellen Zeitpunkt t = 0 die Entscheidung über dessen Errichtung

treffen. Falls er das Projekt realisiert, erhält er nach der Konstruktionszeit von r Perioden ein fertiggestelltes Projekt mit der Option, es vorübergehend stillzulegen, also die Auszahlung K nach Gleichung (4.73). Den Wert V* in t = 0 eines Anspruchs, k = 0, vor. Da Bedingung (4.CG) erfüllt ist (Beweis siehe Anhang B), folgt also insbesondere, dass K stetig differenzierbar ist. 28Vgl. Dixit / Pindyck [27], S. 188 und Dixit [26], Abschnitt 3.8. 29Dass die Relationen (4.72) korrekt sind, kann auch leicht durch Anwenden von Hilfsatz 4.6, S. 130 und Beachten von 71 > 1 und 72 < 0 eingesehen werden.

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

118

der in r Perioden eine Auszahlung von K gemäß Gleichung (4.73) leistet, bestimmt

man nach der risikoneutralen Bewertung zu

V(Po) = e~rTE [V. (PT)] = e-rTP

c .71 “ 72

+ e-rTp[f—-—-

.(4.74)

A7i ” 72 \ r

Durch Ausnutzen der Linearität des Erwartungswertes und Anwenden von Korollar 4.2, wobei benutzt wurde, dass 71 und 72 Lösungen der fundamentalen quadratischen

Gleichung (4.13) sind, ergibt sich die geschlossene Lösung C

, /n

fPoV

72 -

"

V(Po)

7i “ 72 V’

Q

J \ c /

+e-"r—N(dl(P0,c,T>)) - e-rT-N(d2(P0,c,r)) q r

(4.75)

als Wert dieses Anspruchs. Den Wert V des gesamten Investitionsprojekts erhält man durch Subtraktion des Barwerts der Investitionsausgaben zu V(P0) = V(P0) -h- I2e~rT.

(4-76)

Der Investor sollte das Projekt realisieren, wenn V(P0) > 0 ist, also der Wert V*(Pq) des Anspruchs auf das fertiggestellte Projekt den Barwert I\ + I^~rT der dafür aufzubringenden Investitionsausgaben übersteigt. Im Folgenden wird auch die erste

Ableitung der Bewertungsfunktion V benötigt. Analog zu Abschnitt 4.3.2 berechnet man V (P) = —-— (—

(7"

ylN(-d3(P,c, r, 7,))

7i - 72 \ r

n(rf3(P, c, r, 71)) 0 ist. Im nächsten Kapi­

tel wird auch wieder die erste Ableitung von (4.96) benötigt. Analog zur Herleitung in Abschnitt 4.3.2 ergibt sich

r

n(d2(P,P,T)) a^/rP

-e^N (di (P, P,r)) + e~rT (=- 0, so dass f streng monoton steigend und konvex ist. Aus der strengen Monotonie von f folgt insbesondere, dass die Nullstelle von f eindeutig

bestimmt sein muss und daher ein eindeutiger Trigger P{ für die erste Teilinvesti­ tion existiert. Die Funktion f ist für die Basisfallparametrisierung in Abbildung 4.2 graphisch dargestellt. f(p)

Abbildung 4.2: Triggergleichung Option zu warten / Option, vorübergehend zu schließen für die Basisfallparametrisierung

KAPITEL 4, PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

134

4.4.3

Option zu warten / Option abzubrechen

Die Bewertung erfolgt analog zum vorherigen Abschnitt. Das fertiggestellte Projekt mit Abbruchoption wurde bereits in Abschnitt 4.3.4 bewertet. Die Bewertungsglei­ chung ist für das fertiggestellte Projekt K Ausdruck (4.94) und für den Anspruch V*, in t Perioden ein fertiggestelltes Projekt zu erhalten, Ausdruck (4.95). Einmal mehr muss lediglich noch eine amerikanische Call-Option, die bei Ausübung eine

Auszahlung von (4.95) leistet, bewertet werden.

Wieder erfüllt der Projektwert V die Dgl (4.17) und der Parameter A? der allge­

meinen Lösung (4.18) ist gleich Null, da P = 0 eine absorbierende Barriere der geometrischen Brownschen Bewegung ist. Es wird investiert, sobald P den Trig­ ger P\ erreicht oder überschreitet. Die Value Matching Condition und die Smooth Pasting Condition sind

v'Cpj

= A7.pT1

= V^P^-h-e^h

(4.133)

= (V)'(P1),

(4.134)

wobei V* bzw. (V*)' diesmal nach Gleichung (4.95) bzw. Gleichung (4.99) gegeben sind. Die gleiche Vorgehensweise wie in Abschnitt 4.4.1 führt auf die Bestimmungs­ gleichung 71e-rrL/V(-A(P1,£,r)) + (71 - ?2) L + r

+

E 4

PA p) N^P^P^))

(7. - ^^N^P^P^^-'r^-^^P^P,^ q r 7.A - 7.e-rV2 = 0

(4.135)

für den Trigger Pi und auf V(Po) =

V(P0) - A - e~rTI2 T’(P1) - A - e—A]

für Po > P. für Po < P,

(4.136)

als Wert des Projekts bei simultaner Berücksichtigung der Option zu warten und der Option abzubrechen. Wieder weist die Bestimmungsgleichung (4.135) einen stark nichtlinearen Charakter auf und kann nur mit nummerischen Methoden nach Pi aufgelöst werden.

4.4. BERÜCKSICHTIGUNG VON ZWEI REALOPTIONEN

135

Beweis, dass ein eindeutiger Trigger P\ existiert: Zur Analyse, ob der Trigger P^ eindeutig festgelegt ist, definiert man sich die Hilfs­ funktion 21—1 [e-’TPX(di(P,P)r)) - e-rTPN(d2(P,P,T))]

/(M :=

L + -- = N(d2(P,P,r)) - e r 9 (7i - 72) L + £ P] /PV

7ie

+

=N(d2(P,P,r)) L ist lim f(P) = -7ih - 716 rT (I2 - L) < 0 und lim f(P) = 00, P-+0 P->oo so dass die Existenz einer Nullstelle nach dem Zwischenwertsatz bewiesen ist. Die erste Ableitung der Funktion f beträgt

m

e-’TJV(d1(P,P,r)) - 71e-rT L + - - =1 r qJ +(7i - 72) k + - - -1 (-FT . n^d3(P,P,r,12))\ o^P J

„rTPn(d2(P,P,T)) q

Aus Gleichung (4.85) folgt, dass

L

rJ

72

q

so dass

L + - — — = —— r q qy2 und f weiter vereinfacht werden kann zu f(P) = lL^le-«rN(d (p p T)) + 7Le~rr^T jWf^l)l q 72 q oy/rP _ (7i — 72) £ ßV L2p^N(d3(P,P,T,12)) +

_

._rTPn(d2(P,P,r)) q ay/rP

(4.13'

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

136

Eine Anwendung von Hilfsatz 4.4 reduziert die erste Ableitung zu

m

-—-e~qTN (di(P,P,r))

—^(^y2

71 ~ 1

n^^p,^

N(d3(P,P,r,y2))

9 1-72

( p\ 72-1 (4.138)

N(d3(P,P,r,y2)).

p)

9

Wendet man Hilfsatz 4.7 auf f' an, erhält man 72-1

f"(p)

(l-72)^(d3(P,£,T,72)) [(72 - 1) P^N (d3 (P, P,r,72)) + P^-1 ^P12-2 [(7. - 72) N(d3 (P, P,T,72)) -

Die weitere Vorgehensweise ist nun die folgende: Falls gezeigt werden kann, dass der

Klammerausdruck /i (n := [(7l - 72) N (d3 (P, P, r, 72)) -

ö\Jt eine eindeutige Nullstelle P” besitzt mit /i (P) < 0 für P < P** und /j (P) > 0 für P > P**, ist der Beweis fertig. Wegen der Stetigkeit der zweiten Ableitung f" kann sich das Vorzeichen von f" nur an der Nullstelle P** des Klammerausdrucks fi ändern. Falls P** eindeutig und j\ (P) auf dem Bereich P < P** negativ ist, folgt hieraus, dass auch /" (P) < 0 für P < P** und auch umgekehrt /" (P) > 0 für P > P**, da /i (P) > 0 für P > P**. Der Vorzeichenwechsel von f" an P** von Minus nach Plus hätte zur Folge, dass die Funktion deren erste Ableitung ja /" ist, auf dem Bereich P < P** streng monoton fällt und auf dem Bereich P > P** streng monoton steigt. Da nach Hilfsatz 4.5

Hm f,(P} = 0) p-^o v ' hat dies zur Folge, dass /' (P) für 0 < P < P** negativ ist und im Punkt P = P** ein globales Minimum erreicht. Für P > P** ist f" (P) > 0, so dass f’(P) streng monoton auf diesem Bereich steigt. Wegen

lim f (P) = -^-e-qT > 0 P->oo

q

4.4. BERÜCKSICHTIGUNG VON ZWEI REALOPTIONEN

137

folgt nach dem Zwischenwertsatz, dass f auf dem Bereich (P**; oo) eine (eindeutige)

Nullstelle P*** besitzen muss. P*** ist eindeutig, da f auf dem gesamten Bereich (P**; oo) streng monoton steigt. Insgesamt existiert also eine eindeutige Stelle P*** €

(P**;oo) mit

0 für P G (P***; oo).

Dies impliziert wiederum, dass f (P) auf dem Bereich (0; P***) streng monoton fal­ lend ist, im Punkt P = P”* ein globales Minimum erreicht und für P > P*** streng monoton steigt. Wegen / (0) < 0 muss die Nullstelle von /, deren Existenz mit Hilfe des Zwischenwertsatzes nachgewiesen wurde, im Bereich (P***;oo) liegen. Da / auf diesem Bereich streng monoton steigt, ist damit nachgewiesen, dass die Nullstelle von / eindeutig bestimmt ist.

Zu zeigen bleibt noch, dass die Funktion /i tatsächlich eine eindeutige Stelle P**

besitzt mit < 0 für P e (0; P") = 0 für P = P" >0 für P € (P“;oo).

Dies weist man durch Differenzieren nach37: . (, - 7i) -

p, {P.P,T^ -«

+

[71 - 72 + ~^d3 (P.P.T, 72)1 ■

=

aVrP

L

(4.139)

aVT

Offensichtlich existiert eine eindeutige Stelle P*, an der der Ausdruck in eckigen

Klammern in (4.139) zu Null wird. Da der Ausdruck in eckigen Klammern aus (4.139) streng monoton in P steigt, gilt weiterhin

0 für P G (P*; oo),

(4.140)

so dass auf (0; P*) streng monoton fällt, in P = P* ein globales Minimum erreicht und auf (P*;oo) streng monoton steigt. Wegen lim fi (P) = 0 und ___________ p-w________ 37Die Ableitung n' (x) = —xn (x).

der

Dichtefunktion

lim fi (P) = 7, - 72 > 0

(4.141)

P-too

n(x)

der

Standardnormalverteilung

beträgt

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

138

folgt - unter Berücksichtigung des gerade eben nachgewiesenen Monotonieverhaltens

von /i - aus dem Zwischenwertsatz, dass /i eine Nullstelle P” € (P*;oo) besitzt.

Die Nullstelle ist eindeutig, weil /i auf (P*;oo) streng monoton steigt. Ferner wird aus dem Monotonieverlauf (4.140) klar, dass /i (P) < 0 für 0 < P < P** und ft (P) > 0 für P > P" gilt.

Damit ist der Beweis, dass die Hilfsfunktion f eine eindeutige Nullstelle besitzt, vollständig. Diese Nullstelle ist der gesuchte Trigger P[ für die Investition in Stufe 1 des Projekts. Die Funktion f ist in Abbildung 4.3 graphisch dargestellt. Deutlich zu sehen ist ihr stark nichtlinearer Charakter und ihr uneinheitliches Monotonieverhalten.

Abbildung 4.3: Triggergleichung Option zu warten / Option abzubrechen für die Basisfallparametrisierung



4.4.4

Option, mit Stufe 2 zu warten / Option, vorüberge­ hend stillzulegen

Die Bewertung des Projekts, wenn der Investor die Möglichkeit hat, mit der Inves­ tition in Stufe 2 zu warten und das Projekt vorübergehend stillzulegen, erfolgt in Form einer rekursiven Vorgehensweise in drei Schritten: Im ersten Schritt bestimmt man den Wert des vollständig fertiggestellten Projekts unter Berücksichtigung der Option, es vorübergehend stillzulegen. Dieser Wert wurde bereits in Kapitel 4.3.3

4.4. BERÜCKSICHTIGUNG VON ZWEI REALOPTIONEN

139

als V* nach Gleichung (4.73) hergeleitet. Im zweiten Schritt leitet man den Wert der Option, in Stufe 2 des Projekts zu investieren, ab. Die Möglichkeit, in Stufe 2 zu investieren ist eine amerikanische Call-Option mit unendlicher Restlaufzeit, die

auf das fertiggestellte Projekt mit Wert Vt geschrieben ist. Laut Annahme benötigt die Konstruktion von Stufe 2 keine Zeit. Dixit und Pindyck haben diese Option

bewertet38. Der Optionswert beträgt39

M.142) für P < P2,

V\P)

wobei P2 den Trigger für die Investition in Stufe 2 darstellt. P2 ist die Lösung der

Gleichung40 7i _ 7i ~

r

q

/£2 \72 + (71-I) P2

) \ c )

(;+/2)=0>

q

(4.143)

die wegen ihres nichtlinearen Zusammenhangs in P2 nur nummerisch gelöst werden kann. Der Trigger P2 ist immer eindeutig bestimmt und größer als der Marshallian

Trigger c 4- rl. Der dritte Schritt besteht darin, den Wert des Projekts in t = 0 zu bestimmen. Da der Investor laut Annahme nicht die Option besitzt, mit der Realisation von Stufe 1 zu warten, investiert er in t = 0 und der Wert V des Projekts stimmt mit dem Wert eines Finanztitels, der in t = r die Auszahlung V* nach

Gleichung (4.142) leistet, abzüglich der Investitionsausgaben H überein:

38Vgl. Dixit / Pindyck [27], S. 190f. Ein sehr ähnliches Modell wurde zuvor von Pindyck [91] analysiert. 39Vgl. in Dixit / Pindyck [27] die Formel ohne Nummer auf S. 190 in Verbindung mit Gleichung (15) auf S. 191 und den Formeln (13) und (14) auf S. 189. 40Vgl. Dixit / Pindyck [27], Gleichung (17), S. 191.

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

140

Eine einfache Anwendung von Korollar 4.2 liefert die geschlossene Lösung für den

Projektwert: V(P0)

=

- 2!—Lj (j 72 N(d3(P0, P2,r, 72)) r q J \ c J +e~'’T^N(dl(P0,P2,T))-e-rr (- + I2) N(d2(P0,P2,T)) q \r / , r C 71 - 1\ , P2 C rl/^oY' —c—

71 ~ 72 \

7i “72 \

r

q

J \ c J

J \P2J

r

q

N(-d3(P0,P2,r,yi)) - h.

(4.144)

Die erste Ableitung der Funktion V nach PQ lautet v'(P0) =

Z ZL _ 71 - Y

C

71 - 72 \ r

1

/ c™

q

■72Pp-'N(d3(P0, P2, r, 72)) + p;^(^3(Po,P2,t,72)) Gy/Tt 0

+ +

c 71-72 \ r

7i - ia (^y2+^2 _ c _

q

/ \ c /

q

r

2

(^'-^(-d^P^r,^) - P7.^3(Po,F2,r,7l))j \

Gy/Tro

(4 145)

/

Durch eine einfache Anwendung von Hilfsatz 4.4 kann wieder gezeigt werden, dass sich alle Tenne, in denen die Funktion n auftritt, gegenseitig aufheben.

4.4. BERÜCKSICHTIGUNG VON ZWEI REALOPTIONEN

141

Damit vereinfacht sich die erste Ableitung zu 1

--------

7i - 72 \ r

+

__

y2N(d3(P0,P2,T,y2))

-» / \ c /

9

f71

c

i

/ D \ 72 ~ 1

/_ 1 \

V'{P0) = ---------

71

c

g

71 ~ 72 \

J \ c J

q

r

2 P2\P2/

(4.147)

7i^(-d3(Po,P2,r,7i)).

Beweis, dass ein eindeutiger Stufe-2-Trigger P2 > c + rl2 existiert: Für eine Option zu warten (ohne Konstruktionszeit), die auf ein Projekt mit der Option, vorübergehend zu schließen geschrieben ist, existiert ein eindeutig bestimm­ ter Investitionstrigger P2 und dieser Trigger ist echt größer als der Marshallian

Trigger c + rl2. Dieses Resultat erscheint schon in Dixit / Pindyck [27], S. 191.

Allerdings überlassen Dixit und Pindyck den Beweis dieses Resultats dem Leser. Daher soll der Beweis im Folgenden geführt werden.

Zu zeigen ist, dass sich für jede Parameterkonstellation r, q, a, c, I2 Gleichung (4.143) im Bereich P2 > c eindeutig nach P2 auflösen lässt41 und dass P2 > c + rl2. Hierzu

definiert man die Hilfsfunktion

/(p) :=c(y \ r

7l-l\ /PV2 (71-1)P -------- I — I H------------------ 7i

? / \CJ

Q

P>c. (4.148)

Die Hilfsfunktion / stimmt mit der linken Seite von Gleichung (4.143) überein. Daher ist zu zeigen, dass / eine eindeutige Nullstelle im Bereich P > c besitzt. Diese Nullstelle ist der gesuchte Investitionstrigger P2.

Zunächst zeigt man, dass die Funktion f im Bereich P > c streng monoton steigend ist. Die erste Ableitung von f lautet:

\r

q J

\c J

q

(4.149)

Da 72 < 0 und nach Ausdruck (4.72) 71/r - (71 - l)/q > 0, ist die erste Ableitung 41 Da es keinen Sinn macht, das Projekt für Preise Pt < c zu realisieren (vgl. Dixit und Pindyck [27], S. 190), muss P? > c sein, so dass auch die Betrachtung der Funktion f nach Gleichung (4.148) auf den Bereich P > c eingeschränkt werden kann.

142

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

genau dann positiv, wenn py2-'
0 wird die zweite Teil­ investition nicht getätigt werden, um das Projekt sofort danach abzubrechen: Es

gibt keinen ökonomisch überzeugenden Grund, einen Investitionsbetrag von I2 aus­ zugeben, um dafür eine Zahlung L < I2 zu erhalten. Dies lässt sich auch formal

demonstrieren: Die erste Zeile von Gleichung (4.94) kann an keiner Stelle P* die Value Matching Condition und die Smooth Pasting Condition mit dem Wert A1P71

der Option zu warten simultan erfüllen:

V'(P') = Ai (P^ = L (v*)'(p’) =

a17i

(FT,_1 = 0.

(4.155)

(4.156)

Auflösen dieses Gleichungssystems durch Multiplikation der zweiten Gleichung mit

P*/7i und Einsetzen in die erste Gleichung liefert 0=L

(4.157)

und damit einen Widerspruch. Da nicht investiert wird, um sofort abzubrechen, muss der Trigger P2 der zweiten Teilinvestition größer als der Trigger P für den Projektabbruch sein und für den Projektwert K bei Durchführung der zweiten Teil­ investition bei P > P2 gilt Zeile 2 von Gleichung (4.94). Damit erhält man die Value Matching Condition und die Smooth Pasting Condition zu

(4.158) (4.159)

Multiplikation von (4.159) mit P2/7i und Einsetzen in (4.158) liefert die Bedingung, die der Investitionstrigger P2 von Stufe 2 erfüllen muss:

(7i “ 72) L 4- -

£ P2

.(4.161) für P < P2 Der Wert V des Investitionsprojekts in t = 0 entspricht dem Wert eines Anspruchs, der in t = r die Auszahlung (4.161) leistet, abzüglich der Investitionsausgaben h.

Nach der risikoneutralen Bewertung gilt: V(PQ) = e~rTE

+ e^E

Yk+s AL r fk+\ r

Pl /P V2

q

\P/

P

r

\

q

r

2J \P2/

{Pr L ist ein Abbruch des Projekts im Bereich P < c nicht optimal, da der Projektwert V. die Value Matching Condition und die Smooth Pasting Condition in diesem Bereich nicht simultan erfüllen kann. Analog zu Kapitel 4.3.4 kann aber

gezeigt werden, dass (4.173) für L > L die Value Matching Condition und die Smooth Pasting Condition mit dem Liquidationserlös L für den Trigger P. > c nach (4.85) erfüllt. Für L > L ist daher der Abbruch schon dann optimal, wenn das Projekt noch profitabel ist, also P > c gilt. Zusammenfassend lässt sich daher

sagen: Die Bedingung L < L ist notwendig und hinreichend dafür, dass das Projekt nur in Perioden abgebrochen wird, in denen es unprofitabel ist, also P < c gilt.

Zur vollständigen Lösung des Bewertungsproblems benötigt man noch die Werte der Konstanten K2 und B2. Den Wert für K2 ermittelt man aus (4.172) zu

K2

72

71 71 - 72

72 \

(71 - 72)^1)

L 1

(4.182)

P}2

Eingesetzt in (4.174) erhält man

B2c” = Kxc" + K2c72

c

c

q

r

(4.183)

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

152

was auf einen Wert für B2 von Kiel'-” + K2+cl~”

c

72 - 1\ „ 1

c™

/ 71 - 72 _ 71 - 72 \

c

!

)

q

(71 - 72 )c71 \ r

7i - 72 \

q

r

,

7i

71 - 72

r 1

P12

1

J c*

fiy+J-L > >0 71 “ 72 L r

9

J \CJ

7i-72 P1

(4.184)

führt.

Insgesamt gilt für den Wert des vollständig realisierten Projekts mit der Option auf vorübergehende Stilllegung und der Abbruchoption: B2Pi‘ + £q - £r für P > c < K{P^ + K2P^ für P 0 gegen 0 streben, was äquivalent zu A2 = 0 ist. Die verbleibende Funktion V(P) = muss an der Stelle P^ die Value Matching Condition mit Gleichung (4.163) und die Smooth Pasting Condition

mit Gleichung (4.165) erfüllen:

c Pl M /PA72 N(d3(P —it— L + --= P2,T, 72)) r qJ \ P/

e-i^N^P^P^r)) -e~” q \r

(- + Z2) N^P^P^ /

(4.200)

Nk-d^P^T^)) AntP?-1

=

+

72N(d3(Pl,P2,T,'Y2'))

(4.201)

-e-qTN(dl(Pl,P2,r))+ L + -- = q l r q ^(-d^P^P^r,^)).

Wieder führt eine Division von (4.200) durch (4.201) und eine anschließende Verein­ fachung auf eine hochgradig nichtlineare Bestimmungsgleichung für den optimalen

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

160

Trigger für die Investition in Stufe 1: / \ T c (7i - 72) L + -

W(d3(Pl.P2,T,72))-71A

(4.202)

(- + I2} \r /

+ (71 — l)e~',T—N(di(Pi,P2,T)) q

Natürlich kann auch diese Gleichung nur nummerisch nach P[ aufgelöst werden. Durch Auflösen von (4.200) nach Ai erhält man diese Konstante zu

A^V^P^,

(4.203)

wobei V” (P|) die rechte Seite von Gleichung (4.200) darstellt. Hieraus folgt, dass der Wert des Investitionsprojekts unter den drei oben beschriebenen Realoptionen

V(Po) =

v (p,j (#9”

für PQ < P[

V (P.)

für Po > P{

(4.204)

beträgt.

Beweis, dass ein eindeutiger Trigger Pi für Stufe 1 existiert: Wie gewohnt definiert man die linke Seite der Bestimmungsgleichung (4.202) für den Trigger Pi als Hilfsfunktion f zu c Pl /PV2 — f(P) == (7. - 72) IL + - - = (- 1 N(d3(P, P2,r, 72)) - 71A [e-^PN^(P, P2,t)) - e~rTP2N(d2(P, P2, r))]

+

-7l ~

+

1^-L-”P2N (d2 (P,P2,r)) - w-”

(4.205)

+ /2) N(da(P,P2,r))

und weist wegen

lim /(P) = —71/1 < 0 v 1

p-w

und

lim /(P) = oo v }

p-*^

(4.206)

mit Hilfe des Zwischenwertsatzes nach, dass eine Nullstelle, also ein Trigger Pi exi­ stiert. Zur Untersuchung, ob die Nullstelle Pi eindeutig ist, leitet man die Funktion

4.5. BERÜCKSICHTIGUNG VON DREI REALOPTIONEN

161

f einmal nach P ab.

m =

, Jpr + 7-7] c £1/1V (7.-72) (j) 2 72P^-1iV(d3(P,P2,T)72)) +

+

^—^e~qTN(di(P,'P2,T)) + q q

+

/ x r c (7i “ 7?) L + r ^^e^N^P^r)) 1 und L < I2. Sei für P > P 9(P)

p

(C

\

q \r q. / pV2 +(7i-l)--7i(P tc + /2\) L + * (p) (71 - 72) i—7 1-72

/

(71 ~ 72)

L + -r

+ (71-1)------ 71

- + /2)

(4.216)

die linke Seite der Gleichung (4.160) für den Trigger für Stufe 2. Wegen P2 > P liegt die Untergrenze im Definitionsbereich der Funktion g. Der Funktionswert

164

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

von g an der Stelle P2

beträgt , X L+r (71 - 72) :—~

1-72

(r+^V

71

71-1 (L+^)

7172

(4.217)

1 - 72

Ferner wurde bereits in Kapitel 4.4.5 gezeigt, dass der Trigger P2 größer als eine Untergrenze P^ sein muss: 71 ~ 1 \

P2 >

(4.218)

7i -72/

Mit Hilfe eines Widerspruchsbeweises kann man nun zeigen, dass P2

> P2 ist:

Annahme: P^” < P^. Dann ist

7i ~ 1 (7 + P)

71

/

-

\7i ~ 72/

(7 + ^2)^

\71 “ 1 (7 + P) /

7i — 1 (7 + P) ( 7i 7i

p

(7 + ^) p < / 71 -1 A

71

> 7i-l “ 7i - 72

(7 + ^)^

(7 + Pi) \7i - 1 (7 + P) /

> 71-1 ~ 7i - 72’

Dividiert man dieser Ungleichung durch 71 — 1 und multipliziert anschließend mit (71 - 72) 7i (7 + P2)» ergibt sich 72

7i — 1 (^+l) y 71 7i - 1

+ L) J

(7, _ 72) ^r+L) C 71 171 72} 1-72 l 71-1 ^ + L)I -71

-7172

7172 (c 1 -72

(4.219)

Die linke Seite von Ausdruck (4.219) entspricht aber gerade dem Wert g(P?tn) nach Ausdruck (4.217). Ausdruck (4.219) besagt also, dass aus P^tn < P^ folgt, dass

4.5. BERÜCKSICHTIGUNG VON DREI REALOPTIONEN

165

g(P^'n) > 0 ist, was bedeutet, dass der Trigger P2, für den ja g(Pz) = 0 gilt, kleiner

gleich ~P%tn sein muss. Da laut Annahme aber

< P^, würde dies bedeuten, dass

auch P2 < P^, was ein Widerspruch zu der in Abschnitt 4.4.5 gezeigten Aussage,

dass P2 > P2 gilt, ist. Daher muss die Annahme P^,n < P^ falsch sein, so dass P™n > P^ gilt. Aus einer Wiederholung derselben Schritte wie in (4.219) kann gezeigt werden, dass aus P^m > P^ folgt, dass g(P^tn) < 0 ist, so dass der Trigger

P2, der ja durch die Eigenschaft g(P‘2) = 0 charakterisiert ist, größer sein muss als P^tn. Damit ist die hinreichende Bedingung (4.214) für die Konvexität der Funktion f erfüllt und aus der Konvexität von f und der Existenz einer Nullstelle von f folgt, dass f eine eindeutige Nullstelle Pi besitzt. Da nach Hilfsatz 4.5 nm/'(P) = 0

(4.220)

impliziert die Konvexität gleichzeitig, dass f streng monoton steigend ist. Abbildung 4.7 stellt die den Trigger definierende Funktion f graphisch dar. Deutlich zu erkennen ist ihr im Eindeutigkeitsbeweis nachgewiesener konvexer Verlauf.

Abbildung 4.7: Triggergleichung Option zu warten / Option, mit Stufe 2 zu warten / Option abzubrechen für die Basisfallparametrisierung

□ 4.5.3

Option zu warten / Option, vorübergehend zu schlie­ ßen / Option abzubrechen

Völlig analog zu den beiden vorhergehenden Abschnitten bestimmt man den Wert dieses Investitionsprojekts. Wieder wird der Investor seine Option, in Stufe 1 zu

166

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

investieren, ausüben, sobald der Güterpreis P einen Trigger Px erreicht oder über­ schreitet. Dann erhält der Investor gegen Bezahlung des Barwerts L + e~rTl2 der

Investitionsausgaben einen Anspruch auf ein in r Perioden fertiggestelltes Investi­ tionsprojekt mit der Option, es vorübergehend stillzulegen und das Projekt abzubre­ chen. Der Wert dieses Anspruchs und seine Ableitung nach dem Güterpreis wurden bereits in Kapitel 4.4.6 bestimmt (vgl. die Formeln (4.187) bzw. (4.189)). Bekann­

terweise muss der Wert V des Investitionsprojekts als amerikanisches Derivat auf

den Güterpreis die Dgl (4.17) erfüllen, deren allgemeine Lösung (4.18) ist. Da wie gesehen der Wert P = 0 eine absorbierende Barriere für den Güterpreis ist, muss wieder die Bedingung lim V(P) = 0

(4.221)

für den Wert des Investitionsprojekts V erfüllt sein, woraus Ä2 = 0 folgt. Die Value

Matching Condition und die Smooth Pasting Condition mit (4.187) bzw. (4.189) am optimalen Investitionstrigger Pi lauten daher

= B^N^P^ c,T, 72)) +e-^L-N(dl(Pl,c,T)) - e-rT-N(d2(Pitc,T)) r + [N(d3(PltP,T,yi)) - N(d3(l\,w

+ K2P? [N(d3(T\P,r^2)) - N(d3^ + e~rTLN(-d2(Pi, P_,r)) — Ii — I2e~rT

(4.222)

und

= B27^-\2N(d3(T\,c,^ + e~qT-N(dl(Pi,c,r)) q +

[^(^(Pb^T,^)) - Wl-WO)]

+ WT' [N(d3(Pi, P,r, y2)) - N(d3(PllC,T,y2))] .(4.223)

Wieder führt die Standardvorgehensweise der Division von (4.222) durch (4.223) und Vereinfachen auf eine hochgradig nichtlineare Gleichung für den Trigger P^ die

4.5. BERÜCKSICHTIGUNG VON DREI REALOPTIONEN

167

nur nummerisch gelöst werden kann:

(71 - l)e-’^Ar(d1(P1,c,r)) — 7ie“rr-JV (d2(Pi,c,r))

+

q r + 7,6”"LN (-d2(Pi,P,7)) - 7,A - 71e-"Z2

[^(d3(P|,P,r,72)) - jV(d3(Pi,c,T)72))] = 0. (4.224)

+ (71 -

Nach der nummerischen Bestimmung des Triggers P\ kann die Lösung leicht ver­ vollständigt werden. Hierzu dividiert man (4.222) durch ~P^ und erhält so die feh­

lende Konstante Ai in Abhängigkeit des nummerisch bestimmten Triggers Pi und damit die geschlossene Lösung für den Projektwert V: Sei V* (Pi) die rechte Seite von (4.222). Dann lautet die geschlossene Lösung für den Projektwert V:

y(p0) =

Pi

V'(P0 (£)

für Pq
0 für P > P*** auf dem Bereich (P***;oo) streng monoton an. Wegen lim f (P) = oo

(4.241)

4.5. BERÜCKSICHTIGUNG VON DREI REALOPTIONEN

171

besitzt / auf dem Bereich (P***;oo) nach dem Zwischenwertsatz eine Nullstelle

Pi und da / auf (P***;oo) streng monton steigt, muss diese Nullstelle eindeutig bestimmt sein.

Zur Vervollständigung des Beweises verbleibt es noch, zu zeigen, dass wie angenom­ men (4.234) gilt. Dies weist man durch Differenzieren von (4.233) nach:

g'(P) =

(4.242)

-D

+

.

wobei verwendet wurde, dass

n' (x) = -^=e”2x2 (—x) = (-x) n (x) V2?r

(4.243)

ist. Wegen (4.229) ist

(7.

d.tPP.r,^ =

(JyT

=

(Tyr

(4.244)

Allgemein gilt für x, b G 1R, n(x + b) =

= ^e4[*2+2*^

= n (i) e'^e-^2.

(4.245)

Setzt man speziell

x := d3 (P, c, t, 72) , In K b :=----- 7=, ay/r

und

implizieren (4.244) und (4.245), dass n (d3 (P, P, t, 72)) =n (d3 (P, c, t, 72)) e-M^p'c'T'^e-.

(4.246)

172

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

Eingesetzt in (4.242) ergibt dies

=

(7i - 1) (1 - 72) n (d3 (P, c, r, 72))

ay/rP

q

+

k _ n n(d3(P,c,T,72)) cK^ P J ay/tP

+

(~d3 (P, c, t, 72) - b) n

M3(p,c,t,72)

CJ’ a2rP

n(d3(P,c, t,72)) I- (71 - 1) (1 - 72) ay/rP q 717^ -6 0. Damit gilt für die Vorzeichen der im Folgenden definierten Ausdrücke A, B, C und D A :=

(71—1K1—72) > 0

cK^

C D

(4.248)

\

0

oy/r)

:= —> 0 cK^ay/r := -&'(B + Cy).

(4.253)

Die Ableitung von h beträgt h'(y) = el}!l[BD + C + CDy] und besitzt eine eindeutig bestimmte Nullstelle

(4.254)

4.5. BERÜCKSICHTIGUNG VON DREI REALOPTIONEN

173

Wegen CD < 0 ist hf (y) > 0 für y < y* und h* (y) < 0 für y > y*. Damit ist die

Funktion h streng monoton steigend auf dem Intervall (0; y*) und streng monoton fallend auf dem Gebiet (?/*;oo). Berücksichtigt man, dass wegen D < 0 lim h(y) = — oo

und

y—>—oo

lim h (y) = A > 0,

y-*oo

(4.256)

folgt aus dem Zwischenwertsatz, dass h eine Nullstelle besitzt. Wegen des gerade nachgewiesenen Monotonieverhaltens muss die Nullstelle von h eindeutig bestimmt sein: Wie gesehen, steigt h bis zum Punkt y* zunächst streng monoton an und fällt

dann ab dem Erreichen von y* streng monoton. Da h, ab y* streng monoton fällt

und liniy^oo h (y) = A > 0 gilt, muss auch schon h (y*) > A > 0 sein, so dass h nur im Bereich (0; ?/*) Nullstellen besitzen kann. In diesem Bereich steigt h aber streng monoton an, so dass eine Nullstelle, die in diesem Bereich liegt, eindeutig bestimmt

sein muss. Da nach dem Zwischenwertsatz bereits die Existenz einer Nullstelle der Funktion h nachgewiesen wurde und diese wie gesehen im Intervall (0;?/*) liegen muss, folgt insgesamt, dass h eine eindeutige Nullstelle y” e (0; y*) besitzen muss. Insgesamt ist damit nachgewiesen, dass für h eine eindeutige Stelle y” existiert mit

h (y)

< 0 für y < y'* = 0 für y = y*' >0 für y > y".

(4.257)

Da h, mit dem Ausdruck in eckigen Klammern aus (4.247) übereinstimmt und die Abbildung 1R+ —IR

P

S(P) - d. (P, o. r, 72) -

(4.258)

streng monoton steigend und bijektiv ist, folgt, dass eine eindeutig bestimmte Stelle P* = y-{ (y**) existiert mit

=o

für P < P* für P = P* für P > P*.

(4.259)

Für die Funktion g aus (4.233) gilt

Ihn.HPW.

(4.260)

Zusammen mit g' (P) < 0 für P € (0; P’) folgt hieraus, dass auch g (P) < 0 auf (0;P*). Nach Erreichen ihres globalen Minimums im Punkt P* (g' (P*) = 0 mit

174

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

Wechsel des Monotonieverhaltens von fallend nach steigend), steigt g(P) auf dem

Bereich (P*;oo), da g' (P) > 0 auf (P*;oo), streng monoton an. Wegen (71 ~ 1)(1 -72)

7172^

q

cK^

(72 -1) > 0

(4.261)

besitzt g (P) nach dem Zwischenwertsatz im Intervall (P*;oo) eine Nullstelle P**, die - da g (P) für P > P* streng monoton steigend ist - eindeutig bestimmt sein muss. Insgesamt ist damit gezeigt, dass - wie im Rahmen des Beweises angenommen - eine eindeutig bestimmte Stelle P** existiert mit

< 0 für P < P' g (^)

= 0 für P = P’ für P > P**.

(4.262)

Dies vervollständigt den Eindeutigkeitsbeweis. Die den Trigger festlegende Funktion f ist in Abbildung 4.8 für die Basisfallpa­

rametrisierung graphisch veranschaulicht. Deutlich zu erkennen ist der im Rahmen

des Beweises festgestellte Monotonieverlauf (zunächst: streng monoton fallend, dann Erreichen eines Tiefpunkts, anschließend streng monotoner Anstieg mit Erreichen

einer eindeutigen Nullstelle Pi und konvexem Verlauf nach Erreichen des Tiefpunkts (/" (P) > 0 für P > P**). )

Abbildung 4.8: Triggergleichung Option zu warten / Option, vorübergehend zu schließen / Option abzubrechen

4.5. BERÜCKSICHTIGUNG VON DREI REALOPTIONEN

4.5.4

175

Option, mit Stufe 2 zu warten / Option vorüberge­ hend zu schließen / Option abzubrechen

Die Bewertung des Projekts erfolgt wie gewohnt in Form einer rekursiven Vor­

gehensweise: Zuerst bestimmt man den Wert des vollständig errichteten Projekts unter Berücksichtigung der Schließungs- und der Abbruchoption. Danach bewertet man die Option, mit Stufe 2 zu warten, also eine auf dieses Projekt geschriebene

Call-Option ohne Konstruktionszeit mit einem Basispreis in Höhe von I2. Die Bewertung des vollständig errichteten Projekts ist bereits in Abschnitt 4.4.6 erfolgt

und führte auf die Bewertungsgleichung (4.185). Es verbleibt noch, die auf dieses Projekt geschriebene Option, mit Stufe 2 zu warten, zu bewerten.

Der Wert V* der Option mit Stufe 2 zu warten muss als amerikanisches Derivat

auf den Güterpreis die Dgl (4.153) erfüllen, deren allgemeine Lösung (4.154) ist. Da L < I2 angenommen wird, wird das Projekt wertlos, wenn der Outputpreis auf 0 fällt, so dass eine Randbedingung

lim AP71 + Ä2P72 = 0

P—tQ

(4.263)

lautet, wodurch die negative Potenz 72 < 0 durch Setzen von A2 := 0 eliminiert wird und noch die allgemeine Form V*(P) = AP71

(4.264)

verbleibt. Ferner müssen V* und die in Ausdruck (4.185) definierte Funktion V» an dem Stufe-2-Trigger P2 die Value Matching Condition und die Smooth Pasting Condition erfüllen. Da es ökonomisch keinen Sinn ergibt, in ein Projekt zu investie­ ren, um es sofort wieder abzubrechen oder temporär stillzulegen, muss die oberste Zeile von Ausdruck (4.185) der relevante Bereich für die Value Matching Condition

und die Smooth Pasting Condition sein. Wieder lässt sich diese ökonomische Intui­ tion auch formal belegen: Dass die unterste Zeile, K(P) = L für P < P, in (4.185) mit einer Funktion der Form (4.264) die Value Matching Condition und die Smooth Pasting Condition nicht simultan erfüllen kann, wurde bereits in Abschnitt 4.4.5 gezeigt. Auch die mittle­ re Zeile, V*(P) = /GP71 + K2P12 für P < P < c mit und K2 gemäß (4.178) bzw. (4.182), kann beide Bedingungen an einer Stelle P* 6 [P; c] nicht gleichzeitig erfüllen: Multipliziert man die Smooth Pasting Condition (4.266) des Gleichungssy-

176

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

stems

MF’)71

(P’)7'+ ^2 (F*)7'2

(4.265)

= K^(PT~' +/ 0 ist. Die erste Ableitung von V wird im Folgenden ebenfalls noch benötigt

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

178

und lautet:

V (Po) = A^'-1

+

(-d3(P0) P2, r, 71)) -

fit _ 7i -/j^y2-1

i

) \ c )

q

7i - 72 \ r

\

öyT

I

71 , /PoV-' [ N(] (p p (7?-72)P k P) L72 ( 3 ( °’ 2’ ’72)}

,

+ e^-N (d, (P0,P2,r^ + (^---1^ e^n q \ q r /

^7 V\/tPq

Wie gewohnt zeigt eine Anwendung von Hilfsatz 4.4, dass sich alle Tenne, in denen die Funktion n auftritt, gegenseitig auflieben:

Q

P > c.

(4.280)

180

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

Damit gilt: /'(P) = o p72-i r 7-2 Pn _ 7i - 11 c71 “l r q

& P=

/

\

'Yl — 1 \ 72“*

7i - 1 q

=: P*

-^rr- I

qk*

7172^1 = PJ2

/

(4.281)

mit: K-,.

[1L _ 21^11 +

C7i-i [r

q

p-n

< 0.

(4.282)

v



Durch Anwendung von Hilfsatz 4.6 vereinfacht sich die Konstante K* zu K' =

72 [ZL _ 71 ~ !1 + Zl7!^ c72“1 r q P}2 i ,, x . in-iL gc«-1 7‘)+ p^ •

(4.283)

Einsetzen von K* nach (4.283) in (4.281) ergibt / k

7i - IV2-1 9^* )

__________ 1 — 7i__________ 9 (^(1-71) + ^)

1

I

(4.284)

97172 L £72 (1-71)

Aus (4.284) folgt wegen 72 - 1 < 0, dass

1 _1

4.

97172 L

Z7^ ■ P72(l—71) 97.72L

£72(1 - 71)

,

(4.285)

Wegen 71 > 1 und 72 < 0 ist die letzte Ungleichung aber eine Tautologie, so dass die Aussage P* > c bewiesen ist.

4.5. BERÜCKSICHTIGUNG VON DREI REALOPTIONEN

181

Damit ist der Beweis beinahe vollständig: Da f1 eine stetige Funktion ist, die auf dem gesamten betrachteten Intervall (c; oo) definiert ist, kann sich das Vorzeichen von /' nur an der Nullstelle P* ändern. Insbesondere folgt hieraus, dass /' an allen Punkten P € (c; P*) das gleiche Vorzeichen besitzt. Auswertung von f an der Stelle P = c liefert: ’71

Hm f{P)

71 - 1] ,

r ( C Y2 1 1 7t - 1 d n +---------(4.286) \P/ P --------------- + 7i72^ _r Q J 71 ~ 1

P

q

\PJ

q

P

\PJ

Der Übergang auf die zweite Zeile in (4.286) erfolgte durch Anwenden von Hilfsatz

4.6. Da /' auf dem gesamten Bereich (c; P*) das gleiche Vorzeichen wie /'(c) besitzt, folgt, dass f auf dem Bereich (c; P*) streng monoton fallend ist. Zusammen mit /(c) < 0 impliziert dies, dass f im Bereich (c; P*] keine Nullstelle besitzen kann. Die

Nullstelle von /, deren Existenz ja bereits bewiesen wurde, muss also im Bereich

(P*; oo) liegen. Da sich das Vorzeichen der ersten Abeitung f1 nur an ihrer Nullstelle

P* ändern kann, muss die erste Ableitung auf dem ganzen Bereich (P*;oo) ein einheitliches Vorzeichen haben. Wegen lim f'(P) = 2^—1 ’ q

p-^öo

(4.287)

folgt, dass die erste Ableitung auf dem gesamten Bereich positiv ist, so dass f auf dem Bereich (P*;oo) streng monoton steigt. Hieraus ergibt sich, dass die Nullstelle P2, die im Bereich (P*;oo) liegen muss, eindeutig bestimmt ist.

Insgesamt wurde gezeigt, dass f eine eindeutige Nullstelle P2 > P* > c besitzt. Diese Nullstelle ist der gesuchte Trigger für die Investition in Stufe 2. Die den Trigger P2 festlegende Funktion / ist in Abbildung 4.9 graphisch dargestellt47.



47Da die Stelle P*, an der sich das Monotonieverhalten der Funktion / ändert, in der Basisfallparametrisierung einen Wert von P* = 1.0017, der nur geringfügig über der unteren Grenze c = 1 des Definitionsbereichs der Funktion f liegt, kommt der im Beweis nachgewiesene Monotonieverlauf der Funktion f in der Abbildung nicht deutlich zum Ausdruck.

182

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

Abbildung 4.9: Triggergleichung Option mit Stufe 2 zu warten / Option, vorüber­ gehend zu schließen / Option abzubrechen für die Basisfallparametrisierung

4.6

Projektwert unter Berücksichtigung aller vier Realoptionen

Nun soll das Investitionsprojekt bewertet werden, wenn dem Investor alle vier der betrachteten Realoptionen zur Verfügung stehen. Auch diese Herleitung bietet me­ thodisch gesehen wenig Neues, da sie nach derselben Vorgehensweise, die bereits in den Abschnitten 4.5.1, 4.5.2 und 4.5.3 zur Anwendung kam, erfolgt. Diesmal erhält der Investor, wenn er in Stufe 1 investiert, nach einer Konstruktionszeit von r die Op­ tion, in Stufe 2 eines Investitionsprojekts zu investieren, mit der Option, das Projekt vorübergehend zu schließen und es abzubrechen. Der Wert dieses Anspruchs wurde in Abschnitt 4.5.4 bestimmt und ist nach Gleichung (4.273) gegeben. Wie gewohnt lässt sich das Projekt bei Berücksichtigung aller vier Realoptionen als Derivat auf den Güterpreis auffassen, so dass sein Wert V die Dgl (4.17) erfüllen und somit die allgemeine Gestalt V(P) =

+ D2Pri

haben muss. Wegen der absorbierenden Barriere der geometrischen Brownschen Be­ wegung bei P = 0 ist die Konstante B2 = 0, so dass die Value Matching Condition und die Smooth Pasting Condition an der Stelle Ph dem Trigger für die erste Teil-

4.6. BERÜCKSICHTIGUNG ALLER VIER REALOPTIONEN

183

Investition, die Gestalt = A^'N^^P^r,^ 1 \

--

( q

r

/p.\72

-

D \ (/— ) N (d3 (Pi, P2, r, 72)) J \ c J — — Pi

g + /2) e~TTN (d2(PuKr)) - It

— — (4.288)

und AlPl'-\N(~d3(Pl,P2,T,yl'))

+

72JV(d3(P1>P2lr,72))

LWflV

71 -72 \ r

_

q /~p \ 72—1

J \ c J _

__

+ +

(4.289)

haben, wobei Ai nach Ausdruck (4.271) bestimmt ist. Wieder liefert die Standard­ vorgehensweise der Division von (4.288) durch (4.289) und anschließende Vereinfa­

chung eine nichtlineare Bestimmungsgleichung, 1 \

(

/ D

\ 72

2>_2L^_j(_L)

r

-

q

N(t/3(P1,P2,T,72))

J \ c /

7! ^ + I2)e-rTN(d2(PltP2,T}}^ 71/1=0,

(4.290)

die der Trigger Pi zu erfüllen hat und wieder kann die fehlende Konstante Bi nach der nummerischen Ermittlung von Pi aus (4.290) durch Division von (4.288) durch in Abhängigkeit dieses Triggers bestimmt werden, so dass der Projektwert V gegeben ist durch

(^i) -/>] (£)7' V(P) =

für P < P(

(4.291) V” (P) - h

für P > Pt,

wobei V" (Pj) nach Gleichung (4.273) gegeben ist.

184

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

Beweis, dass ein eindeutiger Stufe-l-Trigger Pi existiert: Definiert man die Hilfsfunktion f als

/(F) := c[^-2^W^y\(d3(P(P2,T,72)) yr q J \cJ + + +

(4.292)

[e^PN {(h {P,P2,r)) - e~rTP2N{d2{PtP2,T))] ?^e-”P2N(d2(Pj2,^ -71 (; +12) e~rTN {d2 {P,P2,r)) - yJi,

die gerade der linken Seite der Triggergleichung (4.290) entspricht, ist die Standard­ beweisführung für die Existenz des Triggers Pi auch diesmal von Erfolg, da nach Hilfsatz 4.5

lim f(P) = -7i A

P-^0

'

und

(4.293)

lim f(P) = oo

P-m

und die Existenz der Nullstelle somit durch den Zwischenwertsatz garantiert ist. Die Überprüfung der Eindeutigkeit erfolgt durch Ableiten der Funktion /.

m = 72F^-12V(d3 (P.P^)) +P*^^^ v x" ay/rP

+

{d3 {P, P2,t,^ + ' ' "

\PJ

(Ty/rP

-—-e^N {dl {P,P2,t}) + —\e-rrp2n{d2{P,P2,T)) q K ' q (Jy/rP

(— - — ") 72 (—) \r q J \c J 7'72^ (I)7'

+ c-rTrl{d2{P,P2,r)) a y/r P

N {d3 {P, P2, r, 72))

{d3 {P^r,^) + '^.e-«TN {di {P,P2,r))

\r

4.6. BERÜCKSICHTIGUNG ALLER VIER REALOPTIONEN 7i ~ 1

185

N(d3(P,P2,r,12))

e~^N(dl(P,P2,r))

7

L +

7172p

P

72-1

N(d3 (P, P2, r,72)).

P

(4.294)

Bei der ersten Umformung wurde zunächst Hilfsatz 4.4 auf die Terme n(d3(-))

angewendet. Anschließend wurden die Terme n^iP, P21 r)) zusammengefasst. Bei der zweiten Umformung wurde von der Triggergleichung (4.270) für Stufe 2

Gebrauch gemacht, weshalb sich der Term in eckigen Klammern zu Null ergibt. Bei der dritten Umformung wurde der Term 72(7i/r — (71 — l)/g) durch Anwenden von Hilfsatz 4.6 zu — (71 - 1) /q vereinfacht.

Der Eindeutigkeitsbeweis kann nun weitgehend analog zum Eindeutigkeitsbeweis aus Kapitel 4.5.2 geführt werden. Zunächst wendet man Hilfsatz 4.7 an, um die Funktion / ein zweites Mal zu differenzieren. Dies ergibt /"(P)

=

— ” 72) N (rf3 (P> p2>T’ 72))

1 /PV2-1 P (7)

7i ~ 1

(4.295)

9

+ pp-rrn{d2{P,P2,r}}(

(P2y~l

+ P*e

uJ

TJpp2

L /1V2“1 + 7(72 ö

ö

(72 - 1) P^~'lN (d3 (P, P2,t, 72)) + P72“1 ffyTr

Der letzte Summand kann durch Anwendung von Hilfsatz 4.4 weiter vereinfacht werden:

n(d3 (P,P2,r,y2)) ay/rP2

7i72^

=

7172^6 rT

ffy/rP2

Der in diesem Ausdruck auftretende Faktor ^^L(P2|P}',1 lässt sich durch Einsetzen der Triggergleichung (4.270) umformen zu ./P2V2

7i^ I -ö I \P/

(c,r\ t T71 71-1] Z^V2 /. =7i (- + /2) -(71-1)------ c---------------- — . (4.296) \r / q [r g J \ c /

Damit ist 72 n^P^r)) . /— i-v»

-72 (7i~l)--------C72

2

\

p>2(i-7i)

c7^

-=pnin \ 72 — 1

(

/ —inin \ 72 -1

I P2 ] P(l-7>) \ P )

P‘2 1 c /

7172M

/

\ 72

.r

1 \

q

c

-^min

+ (?> - 1) — < 0 q

(4.301)

+7,z,(M

[£_)

c

> 1 -

/ -^min \ 72

+^L UV \ ~ /

M\ c J

9

< P2 gilt, folgt:

------ 1— + - 212^2..

- _l

/

187

J

\ P. I

72

q

Beim Übergang von der vierten auf die fünfte Zeile in (4.301) wurde der Ausdruck

(1_7i)A mit Hilfe von Hilfsatz 4.6 zu 72(71 /r — (71 — 1)/^) umgeformt. Anschließend wurde die Ungleichung durch 72 < 0 dividiert. Die letzte Zeile aus (4.301) sieht der linken Seite 'zy.

g(P) := c

r

zy. _ 11 / P\r2 ------

q

J \ c/

P

/ p\72 +71^

p

\PJ

q

der Triggergleichung (4.270), ausgewertet an der Stelle P2 stimmen exakt überein, falls

\ /

\r

, sehr ähnlich. Beide

-=rmin

-z^min

_ 7, (£ +

(7, _ 1)

tc

+(7i-l)--7H- + /2)

q

= 1^1^. /

72

(4.302)

q

Da nach (4.299) 71(I+72) = -b(7l-1)2^’

(4-3ü3)

ist, wie man leicht einsieht, Beziehung (4.302) erfüllt. Damit ist gezeigt, dass P?n < K

=>

9 ^2in) > 0.

(4.304)

Dies ist aber ein Widerspruch: Die Aussage g > 0 impliziert zusammen mit dem in Kapitel 4.5.4 nachgewiesenen Monotonieverlauf der Funktion g, dass der Trigger P2 kleiner gleich ’P^m sein muss. Unter der Annahme, dass ist,

188

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

folgt, dass dann auch P2 < P2 gilt- Dies steht im Widerspruch zu der in Kapitel 4.5.4 gezeigten Aussage, dass P2 > P^ ist. Die Annahme, dass P^tn < ist, muss

daher falsch sein und es muss gelten

> P^.

Durch Anwendung derselben Schritte, die auf Bedingung (4.301) geführt haben, kann gezeigt werden, dass auch K'" > K

9 fä") < 0

(4.305)

gilt. Unter Berücksichtigung des in Kapitel 4.5.4 nachgewiesenen Monotonieverlaufs ist damit gezeigt, dass der Trigger P2 echt größer als P^in sein muss, so dass die

hinreichende Bedingung (4.299) erfüllt und die Funktion f streng konvex ist. Da nach Hilfsatz 4.5 außerdem ülimin f (P)' = 0,

(4.306)

impliziert die strenge Konvexität gleichzeitig, dass die Funktion f streng monoton steigend ist. Die Triggergleichung ist in Abbildung 4.10 für die Basisfallparametrisierung gra­

phisch dargestellt. Der im Beweis für allgemeine Parameterkonstellationen nachge­

wiesene streng konvexe Verlauf ist in der Abbildung deutlich erkennbar.

Abbildung 4.10: Triggergleichung Option zu warten / Option, mit Stufe 2 zu warten / Option, vorübergehend zu schließen / Option abzubrechen

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

4.7

189

Interaktionen zwischen den betrachteten Re­ aloptionen

In diesem Abschnitt werden nummerische Ergebnisse, die mit Hilfe der Modelle der Abschnitte 4.3, 4.4, 4.5 und 4.6 erzeugt wurden, präsentiert und ausgewertet.

Dies erfolgt zunächst unter Zugrundelegung der in Tabelle 4.1, Seite 102, dargestell­ ten Basisfallparametrisierung. Anschließend werden einzelne Parameter variiert, um

die Sensitivität der Modellergebnisse auf Parameteränderungen zu untersuchen. Zur

Berechnung der nummerischen Ergebnisse wurden die in den letzten Abschnitten hergeleiteten Formeln im Mathematica implementiert.

Bevor nun die eigentlichen nummerischen Ergebnisse präsentiert werden, soll zunächst noch auf eine Einschränkung, die im Rahmen der Ableitung der Modelle

getroffen worden ist, eingegangen werden. In den Modellen, in denen die Option,

vorübergehend zu schließen und die Abbruchoption gemeinsam auftreten, wurde ei­ ne Obergrenze abgeleitet, die der Liquidationserlös nicht überschreiten darf, falls

das Projekt nur in Perioden, in denen es unprofitabel arbeitet, abgebrochen werden soll. Diese lautet48

L L wird die Option, das Projekt vorübergehend zu schließen, nie ausgeübt, weil es schon vorher optimal ist, das Projekt abzubrechen. Dies hat zur Folge, dass die Schließungsoption wertlos ist. Der Wert eines Projekts A, das sowohl mit der Option, das Projekt vorübergehend zu schließen als auch mit der Abbruchoption ausgestattet ist muss dann mit dem Wert eines Projekts B, mit dem ausschließlich eine Abbruchoption verbunden ist, übereinstimmen. Offensicht­ lich werden die Abbruchoptionen der Projekte A und B, wenn die Schließungsoption

nicht ausgeübt wird und damit wertlos ist, bei Erreichen desselben Triggers Pa aus­ geübt. Wie nachfolgend gezeigt wird, gilt für L < L, also in dem Falle, dass die Schließungsoption vor Abbruch des Projektes ausgeübt wird, dass Pa > Pf. Für den Nachweis dieser Eigenschaft ist das folgende Lemma relevant:

Lemma 4.8 (Produkt von

7t

und

72) Seien 71 > 1 und 72 < 0 die beiden Wur-

zeln der charakteristischen Gleichung 1ct27 (7 - 1) + (r - L wird, wie in Kapitel 4.4.6 nachgewiesen, das Projekt niemals vorüberge­ hend stillgelegt, da es bereits vorher optimal ist, das Projekt abzubrechen. In diesem

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

193

Falle ist die Option auf vorübergehende Stilllegung wertlos, so dass mit dem Projek­ tabbruch keine zusätzlichen Opportunitätskosten verbunden sind. Daher wird das Projekt zu exakt demselben Zeitpunkt abgebrochen, zu dem ein ansonsten identi­ sches Projekt ohne Stilllegungsoption abgebrochen wird, und beide Abbruchtrigger stimmen überein: P^ = P5 für L > L.

Ein weiteres Ergebnis, das für den Trigger Pa eines Projekts mit isoliert auftretender Abbruchoption und den Trigger P3 eines Projekts mit Abbruchoption und Option auf vorübergehende Stilllegung nachgewiesen werden kann, ist das folgende:

Ergebnis 4.2 Die Sensitivität des Triggers P? auf Änderungen der Unsicherheit a2 ist für L < L geringer als die des Triggers Pf. Diese Aussage gilt in dem Sinne,

dass die Elastizität 7/° von Pf bezüglich a2 geringer ist als die Elastizität rf des Triggers Pf: dPs a2

dPa a2

^L 1 als auch für die negative Wurzel 7, = 72 < 0 erfüllt. Damit ergibt sich die gesuchte Ableitung von 7, nach

a2

nach Ausdruck (4.326) zu

(7i ~ 1)

o2^i - ^a2 + r — q

da2

Durch Erweitern dieses Bruches mit 7, und Vereinfachen des Nenners durch Einset­ zen von Beziehung (4.323) erhält man

dy _ da2

Ck — 1)

r+

Speziell für i = 2 ergibt sich die gesuchte Ableitung von 72 zu

9^2 =

H (72 ~ 1) r 4- |cr272

da2



Aufbauend hierauf berechnet man die Ableitung von

dPa da2

=

arÖ72=

/

a2

nach

zu

c\ (72 - 1)-72 / H(72-l)\ (72 -l)2 \ r + ^a2^ /

dyi da2 =

P_a

r)

pg 72 - 2 (r + ^a2^

9 (L + ?) 72 2 (72 - 1) (r + ^272)

Damit beträgt die Elastizität

r)a

des Triggers

da2 P?

Pa

'

bezüglich der Unsicherheit

2(r^\ah2Y

Zur Berechnung der Ableitung des Triggers

Pf

nach

o2

ist es zunächst hilfreich,

diesen wie folgt umzuschreiben:

Ps

/ 1 1

7172^7 1

= cexp < —In (72 “ l)cj 17i

Hieraus berechnet man dPa = p, [_1, 071

— l

Die Ableitung von

P?

7i

7272£ P2 59Vgl. Kapitel 4.3.2, Formel (4.35), S. 108.

>0

(4.345)

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

203

gelten muss. Dieses Resultat ist unabhängig von der Höhe des Liquidationserlöses _ß _4 L. Da laut Ergebnis 4.3 für L < L* auch P2 < P2 gilt, folgt, dass auch

P r2D

(4.346)

gelten muss. Das folgende Ergebnis fasst diesen Sachverhalt zusammen.

Ergebnis 4.4 Sei P2 der Trigger des Projekts mit der Option, mit Stufe 2 zu war—4

ten, aber ohne zusätzliche andere Realoptionen. Dann gilt für die Trigger P2 und

P2 der in Ergebnis 4-3 beschriebenen Projekte A und B, dass P* < P2 P2

VL > 0

(4.347)

< P2.

□ Wieder zeigt sich, dass die Einbeziehung zusätzlicher Realoptionen - der Abbruch­ option im Falle von Projekt A bzw. der Stilllegungsoption im Falle von Projekt B die Irreversibilität des Investitionsprojekts verringert, da hierdurch die zugehörigen

Trigger für Stufe 2 der Projekte, die als Maß der Irreversibilität dieser Projekte angesehen werden können, gesenkt werden.

Dieses Ergebnis setzt sich auch dann fort, wenn zusätzliche Realoptionen in die

Betrachtung einbezogen werden. Betrachtet wird zusätzlich ein Investitionsprojekt C mit der Option, mit Stufe 2 zu warten, der Option das Projekt vorübergehend zu schließen und der Option, das Projekt abzubrechen. Der Stufe-2-Trigger P2 dieses Projekts ist die eindeutig bestimmte Lösung der Gleichung

(4.348) + (71 - 1) — - 7i f- 4-I2\ = 0,

\r

q

/

ist, wobei ' yn2Lq .(72- l)c

c

(4.349)

den Abbruchtrigger von Projekt C darstellt. Es kann nun gezeigt werden, dass P2 kleiner ist als der Stufe-2-Trigger P2 von Projekt B, das ja nur mit der Option,

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

204

mit Stufe 2 zu warten und der Option, das Projekt vorübergehend zu schließen, ausgestattet ist. P^ ist implizit als eindeutige Lösung der Gleichung /

\r

i\

q

/7^V2

/ \ c J

1

+^lp‘-y, (S + ^-O q \r /

(4.350)

festgelegt. Die Bestimmungsgleichungen (4.348) und (4.350) unterscheiden sich nur durch den Summanden ^HP^ /P^)12, der in (4.348), nicht aber in (4.350) auftritt.

Für L = 0 ist dieser Summand gleich Null und die Gleichungen (4.348) und (4.350) stimmen exakt miteinander überein. Daher müssen auch ihre Lösungen und Pf übereinstimmen, so dass gezeigt ist, dass P^ = P^ für L = 0 gilt. Umgekehrt lässt _______ _ ß sich zeigen, dass die Gleichheit der Trigger P2 und P2 impliziert, dass L = 0 gilt. Sei P^7 = P2 = P^ dann folgt durch Gleichsetzen von (4.348) und (4.350), dass 7.^)

=0-

Diese Beziehung ist genau dann erfüllt, wenn L = 0 ist. Es stellt sich nun die Frage, _u in welchem Verhältnis die Trigger P2 und P2 für L > 0 zueinander stehen. Sei f

die linke Seite der Bestimmungsgleichung (4.348). Dann ist ,

öF = Mfc

dL

\P J

r

r

+7iL(P2 V ' fp°V2

= (71-72) 1^1

>0.

(-72) (£ )

1 [ 7172^9 ] C—

-------- -T-

71 L(72-1)cJ

7l72?

-------- -T(72 —1)c

(4.351)

Eine Vergrößerung von L von Null auf einen positiven Wert führt also c.p. dazu, dass die linke Seite der Bestimmungsgleichung (4.348) wächst. Die linke Seite der Bestimmungsgleichung (4.348) ist somit für L > 0, ausgewertet an der Stelle Pf, positiv ^P-^ > o). Um die linke Seite von (4.348) wieder auf den Wert von Null

zu bringen, ist eine Änderung des Triggers pf erforderlich. Bereits in Kapitel 4.4.4

wurde gezeigt, dass für alle ökonomisch relevanten Parameterkonstellationen ein—c deutig bestimmte Trigger P2 existieren und diese in den streng monoton steigenden Bereich der Triggergleichung (4.348) fallen. Daher muss sich der Trigger für Stufe 2, der für L = 0 P^ beträgt, für L > 0 auf einen neuen Wert von P^ < pf verringern,

um die mit dem Anstieg von L einhergehende Vergrößerung der linken Seite von (4.348) zu kompensieren. Somit ist gezeigt, dass für L > 0 der Trigger 7% für die zweite Stufe von Projekt C echt kleiner als der Trigger pf für die zweite Stufe von Projekt B ist.

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

205

Ferner kann gezeigt werden, dass der Stufe-2-Trigger P2 bei Vorliegen der Option, vorübergehend zu schließen und der Abbruchoption für alle Liquidationserlöse L < L _4 echt kleiner ist als der Stufe-2-Trigger P2 des Projekts A mit Abbruchoption. Zum _4 Beweis setzt man den Trigger P2 , der die eindeutig bestimmte Lösung von Gleichung (4.328) ist, in die Bestimmungsgleichung (4.348) des Triggers Pf ein. Die linke Seite _a der Bestimmungsgleichung (4.348), ausgewertet an der Stelle P2, lautet !\ /“d4V2 +,4^) /d4V2 +(„-» ^-7. “ D4 (^^.(4.352)

/ \r

J \ c j

q

\P]

\r

q

/

Berücksichtigt man, dass laut (4.328) Fl fpAV‘

PA

,

(4.353)

9

und weiterhin, dass nach (4.333)

r c P IP L + -- = =----- =, r q ^2 q

(4.354)

so dass

, \ fr C £ -(7t-72) L+-— — L r ?J 7i — 72

f 71

(1-71)72

\r

7t - 72 £ _

72 71-1^0

q

71-72

1 ~ 71 p

(1 -71)72 9 - -—-) P, (4.355) 71-1 \ r q J

9

71-72

kann (4.352) umgeschrieben werden zu 7i -72

+ 7i^

71 “ 1

Für L = L ist Pc = P = c und der Term in geschweiften Klammern aus (4.356) vereinfacht sich nach Einsetzen von (4.310) und Anwenden von Hilfsatz 4.6 zu 7t - 4 MV 1 L 9 / \c)

71 -72I , 72 - 1 71-1] 7' 71729

(1V * f1 ~7i A _ 71 ~72\ + 72 ~ 1' \c/

[729

\

71 - 1 /

729 .

[1 - 71 + 71 - 72 + 72 - 1] = 0.

(4.357)

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

206

_A Damit ist gezeigt, dass der Stufe-2-Trigger P2 von Projekt A für L = L die linke

Seite von (4.348) zu Null macht und damit die eindeutig bestimmte Lösung von _ _4 _Q Gleichung (4.348) ist. Daher stimmen für L = L die Stufe-2-Trigger P2 und P2 der Projekte A und C überein. Es verbleibt noch zu zeigen, dass für L < L der —C _4 Trigger P2 echt kleiner als der Trigger P2 ist. Dies kann erfolgen, indem man zeigt, _ _4 dass für L < L die linke Seite von Gleichung (4.348), ausgewertet an der Stelle P2, streng positiv ist. In diesem Falle folgt aus dem in Kapitel 4.5.4 nachgewiesenen Monotonieverlauf der linken Seite von Gleichung (4.348), dass ihre eindeutig be_C _A stimmte Nullstelle P2 echt kleiner als der Trigger P2 sein muss. Die linke Seite von _4 Gleichung (4.348), ausgewertet an der Stelle P2, wurde bereits in (4.356) bestimmt.

Das Vorzeichen dieses Ausdrucks ist durch das Vorzeichen des Terms in geschweif­ ten Klammern festgelegt und kann durch Bilden der Ableitung des Ausdrucks in geschweiften Klammern nach dem Liquidationserlös L bestimmt werden. Sei i/W :=

7i

7i ~ 7?

r

71 - 1

i\72-i p)

(

/ 1 \ 72 +7>i(p) (4-358)

der Term in geschweiften Klammern aus (4.356). Dann beträgt die Ableitung von g

nach L unter Berücksichtigung von (4.351) und Hilfsatz 4.6 (7 -

d -72)

W 71-1 (71 - 72) [CET72 - £~72]
g (L) für L < L. Der Funktionswert g (L) wurde aber bereits in (4.357) als Null berechnet, so dass gezeigt ist, dass g (L) > 0 für alle L < L gilt und daher die linke Seite der Bestimmungsgleichung (4.348) für den Trigger P2 , ausgewertet an der Stelle P2, strikt positiv ist. Zusammen mit dem in Abschnitt 4.5.4 nachgewiesenen Monotonierverhalten der linken Seite der Bestimmungsgleichung (4.348) folgt das Resultat, dass P2 > P2 für alle L < L gilt. Dieser Sachverhalt soll in dem folgenden Ergebnis festgehalten werden:

Ergebnis 4.5 Sei C das mit der Option, mit Stufe 2 zu warten, der Option vorüber­ gehend zu schließen und der Option abzubrechen ausgestattete Investitionsprojekt.

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

207

Dann gilt für den Trigger P2 für die Investition in Stufe 2 dieses Projekts und die _a _ß Trigger P2 und P2 der in Ergebnis 4-3 beschriebenen Projekte A und B, dass ^2

für L = 0

für L > 0 für L = L, für L < L.

□ Wieder zeigt sich, dass die Einführung zusätzlicher Realoptionen den Grad der Ir­ reversibilität verringert und zu einer Senkung des Investitionstriggers für Stufe 2 führt.

4.7.1.3

Trigger für Stufe 1

Die Option zu warten kann in den hier betrachteten Modellen in Verbindung mit insgesamt sieben verschiedenen Kombinationen der anderen Realoptionen (Option, mit Stufe 2 zu warten, Schließungsoption, Abbruchoption und alle Kombinationen davon) auftreten. Zu vermuten ist auch hier, dass die Präsenz weiterer Realoptio­

nen, ähnlich wie im Falle der Option, mit Stufe 2 zu warten, den Trigger P{ für die Investition in Stufe 1 des Projekts senkt - die Option zu warten unterscheidet sich von der Option, mit Stufe 2 zu warten ja nur durch die Konstruktionszeit r. Wegen der Vielzahl der Möglichkeiten, wie die Option zu warten kombiniert mit den anderen Realoptionen auftreten kann, wird an dieser Stelle auf formale Nachweise, dass die Präsenz weiterer Realoptionen den Trigger senkt, verzichtet. Die nummeri­ schen Ergebnisse aus Kapitel 4.7.2 (vgl. Tabelle 4.3, S. 213) deuten daraufhin, dass

dies für die Option zu warten tatsächlich der Fall ist. Nur eine Kombination von Optionen, die in Abschnitt 4.7.1.2 noch nicht in ähnlicher Form untersucht wurde, soll an dieser Stelle betrachtet werden: Die Kombination der Option zu warten mit der Option, mit Stufe 2 zu warten. Wie zu erwarten führt die Mitberücksichtigung der Option, mit Stufe 2 zu warten bei der Bewertung dazu, dass der Trigger P{ der Option zu warten, im Vergleich zum Trigger bei isoliertem Vorliegen der Option zu warten, fällt. Sei

:=

+e-rT (; + ^)]

(4-36°)

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

208

der Trigger für Stufe 1 des Projekts bei isoliertem Vorliegen der Option zu warten

und P/ der implizit als eindeutige Lösung der Gleichung60 [pfe-’TN (dt (^,^,7))

(4.361)

-P2e~TTN (d2 (pf,P2,r))] - 7i/i = 0 festgelegte Trigger für Stufe 1 des Projekts, wenn mit dem Projekt neben der Opti­ on zu warten die Option, mit Stufe 2 zu warten verbunden ist. P2 notiert den nach

Gleichung (4.35) bestimmten Trigger für die Investition in die zweite Stufe des Pro­ jekts. Dann ist zu zeigen, dass P^ > pf, d.h., dass die Einführung der Option mit Stufe 2 zu warten den Trigger für Stufe 1 des Projekts senkt. Die Triggergleichung

(4.361) lässt sich umformen zu

P°e- P^ zeigt man nun mit Hilfe eines

Widerspruchsbeweises. Angenommen, es gelte PY < P(. Da der Black-ScholesWert der europäischen Call-Option eine streng monoton steigende Funktion des Preises des Underlyings ist, gilt dann

C (PmP2,t)

= Pfe^N

(d, (p^.r)) - P.e—W (d2 (p^.r))

< P^e^ - e"rTP2.

(4.365)

Dies ist ein Widerspruch zur Put-Call-Parität für europäische Optionen, laut derer C (p", P2, r) - P (p®, P2, t) = pfe-’T - e~TTP2 60Vgl. Kapitel 4.4.1, Formel (4.108), S. 126.

(4.366)

209

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

gilt, wobei P (pf,P2,r) der Wert einer europäischen Put-Option mit Preis des

Underlyings Pf, Basispreis P2 und Restlaufzeit r ist. Ein Vergleich von (4.365) und (4.366) offenbart, dass beide Beziehungen implizieren, dass

P^.Pj.t) Pf gelten.

Ergebnis 4.6 Sei Pf der Trigger für die Investition in die erste Stufe eines Inve­ stitionsprojektes D, das mit der Option zu warten, sonst aber mit keinen weiteren

Realoptionen ausgestattet ist und Pv der Trigger für die Investition in Stufe 1 eines

Investitionsprojektes E, mit dem die Option zu warten und die Option mit Stufe 2 zu warten, aber keine weiteren Realoptionen verbunden sind. Dann gilt: Pi < p”

(4.368)

□ Die Präsenz der Option mit Stufe 2 zu warten verringert also den Grad der Irrever­ sibilität des Investitionsprojekts. Dies lässt sich ökonomisch wie folgt erklären: Liegt die Option zu warten in Isolation vor, trifft der Investor mit der Entscheidung,

in Stufe 1 des Projekts zu investieren, de facto zugleich die Entscheidung, nach

Ablauf der Konstruktionszeit von r Perioden die Investition in Stufe 2 zu tätigen und in jeder zukünftigen Perioden mit variablen Kosten von c zu produzieren. Der Investor wird sich daher für die Realisierung von Stufe 1 des Projekts nur dann entscheiden, wenn der Outputpreis so weit über den variablen Produktionskosten

c liegt, dass mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit sichergestellt ist, dass das Projekt ein wirtschaftlicher Erfolg wird und die Aufbringung der Ausgaben h 4- e~rT (I? + 7) für das Projekt gerechtfertigt ist.

Die Präsenz der Option, mit Stufe 2 zu warten verringert den Grad der Irreversibi­ lität der Investition in Stufe 1 des Projekts, da nun nur noch der Investitionsbetrag /i für Stufe 1 Sunk Costs darstellt und der Investor sich auch nach der Investition in Stufe 1 noch die Möglichkeit offenhält, bei ungünstiger Entwicklung des Outputprei­ ses in Stufe 2 des Projekts nicht zu realisieren und die damit verbundenen Ausgaben

210

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

/ Kosten von I2 + ; einzusparen. Die Möglichkeit, Stufe 2 des Projekts nicht rea­ lisieren zu müssen, verringert somit das Risiko, dem der Investor bei Investition in

Stufe 1 des Projekts ausgesetzt ist, so dass sich die Wartezeit für die Investition in Stufe 1 des Projekts, die zur Verringerung des Risikos der Investitionsentscheidung diente verkürzt. Die niedrigere optimale Wartezeit bewirkt eine Verringerung des Stufe-l-Trigger des Investitionsprojekts.

4.7.2

Nummerische Ergebnisse für die Basisfallparametri­ sierung

In diesem Abschnitt wird anhand einer konkreten Parametrisierung die Auswirkung der Präsenz der betrachteten Realoptionen auf den Wert des Investitionsprojekts, sowie auf die optimale Investitions- und Betriebsstrategie des Projekts, untersucht. Zunächst erfolgt eine Betrachtung der Projektwerte und der Trigger anhand der in Tabelle 4.1, Seite 102, angegebenen Basisfallparametrisierung. Anschließend werden die Parameter im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse variiert, um den Ein­ fluss von Parameteränderungen auf die Trigger und die Projektwerte zu untersuchen.

Die unter Zugrundelegung der Basisfallparametrisierung berechneten Projektwerte

sind in Tabelle 4.2 wiedergegeben. Die dort angegebenen Projektwerte stellen die erweiterten Kapitalwerte, also die Summe aus dem passiven Kapitalwert (Cash Flows und Investitionsbeträge) und dem Wert sämtlicher mit dem jeweils betrachteten Projekt verbundener Realoptionen, dar. Aus den Projektwerten kann durch Subtraktion des passiven Kapitalwerts, also des Barwerts der Cash Flows und der Investitionsausgaben (Gleichung (4.1)), leicht der Wert der jeweils vorliegenden Kombination der Realoptionen ermittelt werden. Der passive Kapital wert ist eben­ falls in Tabelle 4.2 aufgeführt und beträgt für die Basisfallparametrisierung -3.65857 Geldeinheiten (GE). In der Tabelle und auch im Folgenden werden die Abkürzungen

Wii W2: S: A:

Option, mit Stufe 1 zu warten Option, mit Stufe 2 zu warten Option, vorübergehend zu schließen Abbruchoption

verwendet. Mehrere Realoptionen, die in Verbindung mit demselben Projekt auftre-

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

211

ten, werden durch das ”&”-Zeichen abgetrennt. Beispielsweise bedeutet der Eintrag von 3.42418 im Feld W2 & S & A von Tabelle 4.2, dass der Projektwert, wenn die Option, mit Stufe 2 zu warten, die Option, das Projekt vorübergehend zu schließen

und die Option, das Projekt abzubrechen, simultan bei der Bewertung berücksichtigt werden, 3.42418 GE beträgt. Dieser Projektwert wurde mit Hilfe der zugehörigen

Bewertungsformel der vorangegangenen Abschnitte ermittelt, im Falle IV2 & S & A

also mit Formel (4.274). Die zu den betrachteten Realoptionen gehörenden Investitions- und Abbruchtrigger sind in Tabelle 4.3 wiedergegeben. Zu jeder Kombination von Realoptionen erhält Tabelle 4.3 jeweils in der ersten Zeile den zugehörigen Trigger und in der zweiten Zeile - im Falle der Trigger für Stufe 1 und Stufe 2 des Projekts - in Klammern den Erwartungswert der ersten Auftreffzeit Tp auf diesen Trigger. Letztere berechnet

sich wie folgt: Sei Tp := inf {t G [0;00) \Pt > P}

die erste Auftreffzeit des Preisprozesses Pt

dPt = aPtdt + aPtdBt

(4.369)

auf die Barriere P > PQ. Dann gilt für den Erwartungswert E [777] dieser ersten Auftreffzeit61

falls a — Ia2 > 0. Anderenfalls existiert der Erwartungswert der ersten Auftreffzeit Tp nicht. Für die hier betrachtete Basisfallparametrisierung sowie alle im Folgenden

betrachteten Parametrisierungen gilt stets a — ^a2 > 0, so dass die Erwartungs­ werte der ersten Auftreffzeit auf alle Investitionstrigger existieren. Werden mehrere Realoptionen gleichzeitig betrachtet, bezieht sich der bei der jeweiligen Realoptions­ kombination in Tabelle 4.3 angegebene Trigger jeweils auf die Realoption, die in der vorliegenden Kombination als erste ausgeübt werden muss. Beispielsweise ist der im Feld Wi & W2 angegebene Trigger von 1.80301 GE der Trigger für die Investition in Stufe 1 des Projekts, falls mit dem Projekt sowohl die Option, mit Stufe 1 zu warten als auch die Option, mit Stufe 2 zu warten verbunden sind. Der zugehörige Trigger für Stufe 2 muss aus dem Feld W2 abgelesen werden und beträgt 1.94717 GE. 61 Vgl. Grenadier und Weiss [40], Fußnote 1, S. 401.

212

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

Tabelle 4.2: Projektwerte für die Basisfallparametrisierung Die Tabelle zeigt die erweiterten Kapitalwcrte des Investitionsprojekts, wenn dieses mit

unterschiedlichen Kombinationen von Realoptioncn ausgestattet ist. Der Tabelle liegt die

in Tabelle 4.1, S. 102, wiedergegebene Basisfallparametrisierung zugrunde. die Option zu warten, W2 für die Option, mit Stufe 2 zu warten,

Projekt vorübergehend zu schließen und

S

W\

steht für

für die Option, das

A für die Option, das Projekt abzubrcchen.

Passiver Kapitalwert -3.65857

Projektwert bei Berücksichtigung von einer Realoption 3.08282

1V2 2.51142

s 3.03085

A

1.59839

Projektwert bei Berücksichtigung von zwei Realoptionen iv; & w2 3.15405

w; & s

Wi & A

3.83166

3.57218

W2 & A 3.09072

S ^A 3.0559

W2 k S 3.41724

Projektwert bei Berücksichtigung von drei Realoption I Vi & w2 & s & IV2 & A Wx k S k A W2 & S & A 3.84883

3.61386

3.83694

3.42418

Projektwert bei Berücksichtigung aller vier Realoptionen k W2 k S k A 3.85353

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

213

Tabelle 4.3: Trigger und mittlere Wartezeiten für die Basisfallparametrisierung Die Tabelle enthält für jede Realoptionskombination den Trigger Pi, P'j, bzw.

P

bei

dem eine Investition in Stufe 1, Stufe 2, bzw. ein Abbruch des Projekts optimal ist. Die

mittlere Zeit, die der Outputpreis benötigt, um auf den jeweiligen Trigger aufzutreffen,

W\ steht für die Option zu warten, für die Option, mit S für die Option, das Projekt vorübergehend zu schließen und A für

ist in Klammern angegeben. Stufe 2 zu warten,

die Option, das Projekt abzubrcchcn.

Trigger bei Berücksichtigung von einer Realoption A W2 IV! 2.03532 1.94717 0.544725 (4.28744) (4.53342) Trigger bei Berücksichtigung von zwei Realoptionen IVi & A IV2 & S IV! & S W{ k w2 1.44182 1.64058 1.3228 1.80301 (3.33562) (2.1395) (3.86009) (2.61816) IV2 & A S &A 1.54449 0.152936 (3.00032) Trigger bei Berücksichtigung von drei Realoptionen wq & w2 & s TV, & IV2 & A IVt & S k A IV2 & S k A 1.52944 1.3973 1.43766 1.31768 (2.6021) (2.11797) (2.9459) (2.4439) Trigger bei Berücksichtigung aller vier Realoptionen iVi & iv2 & s k a 1.3946 (2.43314)

214

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

Aus Tabelle 4.2 geht hervor, dass das Projekt abgelehnt wird, wenn keine Realop­ tionen bei der Bewertung berücksichtigt werden und allein auf Basis der Kapital­ wertmethode über das Projekt entschieden wird. Der Kapitalwert des Projekts ist stark negativ (-3.65857 GE). Schon die Einbeziehung einer (beliebigen) Realoption in die Bewertung ändert die Investitionsentscheidung: Die zweite Zeile von Tabel­ le 4.2 zeigt, dass die Projektwerte bei Einbeziehung jeweils einer der betrachteten Realoptionen positiv sind. Den größten Wert bei isolierter Betrachtung besitzt in der Basisfallparametrisierung die Option, mit Stufe 1 zu warten (Projektwert von

3.08282 GE), dicht gefolgt von der Option vorübergehend zu schließen (Projektwert:

3.03085 GE). Den geringsten Wert besitzt die Abbruchoption (Projektwert: 1.59839 GE). Wie erwartet geht aus Tabelle 4.2 hervor, dass die Einbeziehung zusätzlicher Realoptionen den Projektwert vergrößert. Dies muss auch so sein, da zusätzliche Re­ aloptionen dem Investor ein Wahlrecht, aber keine Pflicht, eine bestimmte Aktion zu unternehmen, einräumen. Der Investor hat also bei Einführung einer weiteren Realoption immer die Möglichkeit, diese nicht auszuüben und das Projekt mit der Strategie zu betreiben, die ohne Ausnutzung der Flexibilität, die ihm die neu ein­ geführte Realoption zusätzlich eröffnet, optimal wäre. Macht er von dieser Möglich­

keit Gebrauch, hat sein Projekt genau den gleichen Wert, den es ohne die Einführung der neuen Realoption hätte. Damit kann der Projektwert mit Einführung der neuen

Realoption nicht unter den Projektwert ohne Einführung dieser Realoption fallen. In den meisten Fällen wird es möglich sein, durch geeignetes Ausüben der neuen Re­ aloption den Projektwert weiter zu steigern. Meist geht dies mit einer Änderung der Ausübungsstrategien der anderen mit dem Projekt verbundenen Realoptionen ein­ her. In diesem Fall führt die Einführung einer neuen Realoption zu einer Steigerung des Projektwerts. Wie groß diese Steigerung jeweils ausfällt, ist von den Interaktio­ nen, die zwischen den Realoptionen bestehen, abhängig. In Tabelle 4.2 weisen die betrachteten Realoptionen starke negative Interaktionen auf. Der kombinierte Wert aller vier Realoptionen (W&WzkSkA) beträgt 3.85353 GE +3.65857 GE = 7.5121 GE. Dies macht nur ca. 30,2% der Summe der Werte der Realoptionen bei isolierter Betrachtung aus:

Wi+V^ + S + A = 3.08282 GE + 2.51142 GE + 3.03085 GE + 1.59839 GE —4 x (-3.65857) GE = 24.85776 GE. Eine separate Bewertung der Realoptionen und eine einfache Summation ihrer Werte würde somit zu einer drastischen Überbewertung des Investitionsprojekts

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

215

führen62. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer integrierten Projektbewertung

unter simultaner Berücksichtigung sämtlicher mit dem Projekt verbundener Real­ optionen. Keinesfalls dürfen die Realoptionen isoliert betrachtet und ihre Werte

aufaddiert werden. Dieses Vorgehen kann wegen der damit verbundenen deutlichen Überbewertung des Projekts zu drastischen Fehlentscheidungen bezüglich der Akzeptanz oder der Ablehnung eines Investitionsprojekts führen.

Erwartungsgemäß sind die Interaktionen zwischen der Abbruchoption und der Op­ tion, das Projekt vorübergehend stillzulegen, stark negativ: Der Projektwert bei Vorliegen beider Realoptionen liegt mit S^A = 3.0559 GE nur leicht über dem Projektwert bei ausschließlicher Berücksichtigung der Option, vorübergehend zu

schließen, von S = 3.03085 GE. Dies ist ökonomisch dadurch zu erklären, dass die

beiden Optionen substitutiv sind. Beide Optionen schützen den Investor vor negati­

ven Geschäftsentwicklungen. Die Option vorübergehend zu schließen ermöglicht dies dem Investor dadurch, dass sie ihm die Möglichkeit eröffnet, durch Stilllegen der Pro­

duktion in unprofitablen Perioden operative Verluste zu vermeiden. Der Schutz der Abbruchoption besteht dagegen darin, ein unprofitabel arbeitendes Projekt gegen Erhalt einer festen Zahlung abbrechen zu können. Formal kann die stark negative Interaktion zwischen der Option, vorübergehend zu schließen und der Abbruchop­ tion mit der großen Überlappung ihrer Ausübungsbereiche begründet werden: Die

Abbruchoption ist eine Put-Option. Liegt keine Option vor, vorübergehend zu schlie­ ßen, ist es laut Tabelle 4.3 optimal, das Projekt abzubrechen, wenn der Outputpreis

auf 0.544725 GE gefallen ist. Auch die Option, vorübergehend zu schließen, kann als

Put-Option (genauer: als Portfolio von Put-Optionen) aufgefasst werden: In Kapitel 2.2.4 wurde gezeigt, dass ein Projekt mit der Option, es vorübergehend zu schlie­ ßen, als Portfolio von europäischen Call-Optionen bewertet werden kann. Für den Projektwert V gilt:

roo V(P0) =

/ ./o

C(PQ,c, r,q,

wobei C(Pq,c, r, q, a, t) den Preis einer in t fälligen europäischen Call-Option mit Basispreis c darstellt. Nach der Put-Call-Parität63 gilt für den Preis dieser Call62Trigeorgis [116] gelangt zu einem ähnlichen Ergebnis. Die Interaktionen zwischen den von ihm betrachteten Realoptionen sind ebenfalls stark negativ, vgl. die auf S. 34 dieser Arbeit in Tabelle 2.2 wiedergegebenen Ergebnisse. 63Vgl. Stoll [108].

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

216 Option, dass

C(PQ,c,r,q,a,t)

= e'qtPQ - ce~rt + P (PQlc,r,q,a,t),

(4.370)

wobei P (Pq, c, r, g, er, t) den Wert einer europäischen Put-Option nach der BlackScholes-Formel mit Preis des Underlyings Pq, Basispreis c, risikolosem Zins r, kon­ stanter kontinuierlicher Dividendenrate q des Underlyings, Volatilität a und Rest­

laufzeit t darstellt. Berücksichtigt man, dass e~qtP0 = e-'V'Po = e^E [Pt],

(4.371)

lässt sich der Wert eines Projekts mit der Option, es vorübergehend zu schließen,

durch Einsetzen von (4.371) in (4.370) darstellen als V(P0) =

(4.372)

./o

Jq

Aus dieser Darstellung wird deutlich, dass sich der Wert eines Projekts mit der Opti­

on, es vorübergehend zu schließen, aus zwei Komponenten zusammensetzt. Die erste Komponente, repräsentiert durch den ersten Summanden in (4.372), ist der Barwert der Cash Flows eines Projekts vergleichbaren Projekts ohne die Option, es vorüber­ gehend zu schließen. Die zweite Komponenten, repräsentiert durch den zweiten Sum­

manden in (4.372), ist der Wert eines Portfolios aus Put-Optionen, die dem Investor in jeder Periode die Möglichkeit geben, den in dieser Periode erzielbaren Verkaufs­ erlös Pt für den fixen Betrag c, also die Herstellkosten des Outputs, zu ’’verkaufen”. Durch Ausüben dieser Put-Option kann sich der Investor gegen die mit der Produk­ tion in unprofitablen Perioden verbundenen operativen Verluste schützen die mit der Möglichkeit des vorzeitigen Schließens verbundene Put-Option garantiert ihm, dass er für den von ihm produzierten Output immer mindestens die Herstellkosten c zurückerhält. Der Grund, warum stark negative Interaktionen zwischen der Opti­ on, das Projekt vorübergehend zu schließen und der Abbruchoption, die ja auch als Put-Option interpretierbar ist, bestehen, liegt in dem von Trigeorgis [116] erstmals erkannten Umstand, dass sich die Ausübungsbereiche beider Put-Optionen stark überlappen. Wie gesehen, würde die Abbruchoption bei isolierter Betrachtung be­ reits bei Erreichen des Triggers P = 0.544725 GE ausgeübt. Jede der (europäischen) Put-Optionen des Projekts mit der Option, vorübergehend zu schließen, wird dage­ gen schon bei Erreichen des Basispreises c = 1 ausgeübt. Dieser zusätzliche Schutz vor Verlusten, der bereits bei Erreichen von c = 1 wirksam wird, führt in der Basis­ fallparametrisierung dazu, dass es optimal wird, das Projekt erst wesentlich später,

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

217

nämlich erst bei Erreichen des Triggers 0.152936 GE (Eintrag SkA von Tabelle 4.3)

abzubrechen. Hierdurch verringert sich der Wert der Abbruchoption im Vergleich zu ihrem Wert bei isolierter Betrachtung drastisch: Erstens wird der Trigger 0.152936

GE wesentlich später von dem Outputpreis Pt erreicht als der Trigger 0.544725 GE.

Die Ausübungszahlung der Abbruchoption fällt somit bei Vorliegen der Schließungs­ option wesentlich später an als bei isoliertem Vorliegen der Abbruchoption. Die mit der risikoneutralen Bewertung einhergehende Diskontierung des Liquidationserlöses mit dem risikolosen Zins führt dann dazu, dass sich der Wert der Auszahlung dra­ stisch verringert. Der zweite Faktor, der den starken Wertrückgang der Abbruch­

option bewirkt, ist, dass sich bei Vorliegen der Schließungsoption das Underlying der Abbruchoption ändert. Liegt die Abbruchoption isoliert vor, ist das Underlying

der Abbruchoption der Barwert V (Po) = Po/q — c/r der Cash Flows eines Pro­ jekts, das nicht vorübergehend geschlossen werden kann. Liegt die Abbruchoption dagegen kombiniert mit der Schließungsoption vor, ist ihr Underlying der Barwert

der Cash Flows eines Projekts, das vorübergehend geschlossen werden kann also der Wert V (Po) nach Formel (4.372). Zweck der Abbruchoption ist es nun nicht

mehr, Verluste aus dem Projekt zu begrenzen - die Verluste werden ja schon durch die Option, vorübergehend zu schließen vermieden - sondern den Wert des Pro­ jekts in Zuständen, in denen der Outputpreis so weit gefallen ist, dass das Projekt höchstens in der weit entfernten Zukunft wiedereröffnet wird (und erst dann wieder

Cash Flows erwirtschaftet) gegen Erhalt eines Liquidationserlöses abzubrechen. For­ mal äußert sich darin, dass der Wert des Underlyings um den zweiten Summanden aus (4.372), also den Wert des Portfolios der Put-Optionen, größer ist als der Wert

des Underlyings bei isolierter Betrachtung der Abbruchoption. Da die Abbruchop­ tion eine Put-Option ist, führt dieser erhöhte Wert des Underlyings c.p. zu einer

Verringerung ihrer Ausübungszahlung und ihres Wertes. Beide Effekte zusammen bewirken, dass die Abbruchoption in Kombination mit der Option, vorübergehend zu schließen, ihren Wert fast vollständig verliert und damit der kombinierte Wert der Abbruch- und der Schließungsoption nur unwesentlich über dem isolierten Wert der Schließungsoption liegt. Anzumerken bleibt noch, dass aber auch der umgekehrte Fall denkbar ist: Es

ist durchaus möglich, dass die Abbruchoption die Option, vorübergehend zu schließen, dominiert, so dass letztere ihren Wert vollständig verliert. Wie in Kapitel 4.4.6 gezeigt wurde, ist dies bei Liquidationserlösen von L > L, wobei L nach Formel (4.307) gegeben ist, der Fall. Für ’’große” Liquidationserlöse L > L ist es

218

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

bereits optimal, das Projekt zu einem Zeitpunkt abzubrechen, zu dem es noch

Gewinne erwirtschaftet, d.h. Pt > c gilt. In diesem Fall wird die Option, das Projekt vorübergehend zu schließen, niemals ausgeübt, so dass sie wertlos ist. Die Abbruchoption löscht dann die Option, vorübergehend zu schließen, vollständig aus und der kombinierte Wert der Abbruch- und der Schließungsoption entspricht dem Wert der Abbruchoption bei isolierter Betrachtung.

Aufgrund der stark negativen Interaktionen der Optionen unter der Basisfallpara­

metrisierung erweisen sich die Bewertungsfehler, wenn nicht alle der Realoptionen bei der Bewertung berücksichtigt werden, als eher gering. Dieses Ergebnis ist aus praktischer Sicht erfreulich, da in der Praxis derzeit bei den dort auftretenden Bewertungsproblemen häufig - wenn überhaupt - aus Komplexitätsgründen nur eine Realoption bei der Projektbewertung berücksichtigt wird. Liegen starke negative Interaktionen zwischen den Realoptionen vor, bedeutet dies, dass der Projektwert unter Umständen durch Berücksichtigung von nur einer Realoption bei der Bewertung hinreichend gut approximiert werden kann. Wird nur die

Option zu warten bei der Bewertung berücksichtigt, beträgt der Bewertungsfehler

100% x (3.85353 - 3.08282) /3.85353 = 20% des Projektwerts bei Berücksichtigung aller Realoptionen. Nur geringfügig höher ist der prozentuale Bewertungsfehler bei ausschließlicher Berücksichtigung der Option, vorübergehend zu schließen mit 100% x (3.85353 — 3.03085)/3.85353=21.35%. Die Option, mit Stufe 2 zu warten und die Abbruchoption eignen sich in der Basisfallparametrisierung weniger gut, um den erweiterten Kapitalwert des Projekts zu approximieren. Hier betragen die prozentualen Bewertungsfehler 34.83% (Option, mit Stufe 2 zu warten) bzw. 58.52% (Option abzubrechen). Beinahe perfekt kann der erweiterte Kapitalwert des Projekts durch simultane Berücksichtigung der Option zu warten und der Option, vorübergehend zu schließen, approximiert werden. Der prozentuale Bewer­ tungsfehler beträgt in diesem Fall lediglich 0.568% des erweiterten Kapitalwerts unter Berücksichtigung aller vier Realoptionen. Die Bewertungsfehler, die bei Vernachlässigung mancher Realoptionen bei der Bewertung entstehen, werden in Abschnitt 4.7.5 genauer untersucht.

Tabelle 4.3 macht deutlich, dass die Einführung weiterer Realoptionen in das Projekt mit signifikanten Änderungen der optimalen Wartezeiten verbunden ist. Liegt die Option zu warten in Isolation vor, besteht die optimale Strategie darin, mit

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

219

der Investition in Stufe 1 zu warten, bis ein Outputpreis von 2.03532 Geldeinheiten

erreicht wird. Die mittlere Wartezeit beträgt 4.53342 Zeiteinheiten. Die Einführung weiterer Realoptionen bewirkt eine Senkung des Stufe-1-Triggers und damit eine

Verkürzung dieser mittleren Wartezeit. So senkt die Einführung der Abbruchoption den Trigger für Stufe 1 auf 1.64058 GE und die mittlere Wartezeit auf 3.33562

Zeiteinheiten. Liegt außerdem noch die Option, vorübergehend zu schließen vor, sinkt der Trigger weiter auf 1.43766 GE und die mittlere Wartezeit auf 2.6021 Zeiteinheiten. Schlussendlich führt die zusätzliche Einführung der Option, mit

Stufe 2 zu warten auf einen Stufe-l-Trigger von 1.3946 GE und eine mittlere

Wartezeit von 2.43314 Zeiteinheiten. Die mittlere Wartezeit, um eine Investition in das Projekt mit allen vier Realoptionen zu rechtfertigen (2.43314 Zeiteinheiten) macht somit nur etwa 53.4% der mittleren Wartezeit für die Investition in Stufe 1

des Projekts, wenn mit diesem nur die Option zu warten verbunden ist (4.55342 Zeiteinheiten) aus, ist also signifikant kleiner als die letztere. Dieses Ergebnis wird

in den folgenden beiden Abschnitten einer Sensitivitätsanalyse unterzogen. Es wird

untersucht, welchen Einfluss die Unsicherheit

a

und der risikolose Zins

r

auf die

Investitionsentscheidung haben und wie ausgeprägt dieser Einfluss auf Projek­ te, mit denen unterschiedliche Kombinationen von Realoptionen verbunden sind, ist.

Auch die optimale Investitions- und Betriebsstrategie des Projekts ändert sich durch die Einführung zusätzlicher Realoptionen signifikant. Liegen alle vier Realoptionen

vor, ergibt sich nach Tabelle 4.3 die folgende optimale Strategie:

(1) Investiere in Stufe 1 des Projekts, wenn der Outputpreis den Trigger Pi=1.3946 GE erreicht.

(2) Investiere nach Ablauf der Konstruktionszeit von

r

= 1 Perioden sofort in

Stufe 2 des Projekts, wenn der Outputpreis noch mindestens P2 = 1.31768 GE beträgt. Ansonsten warte mit der Investition in Stufe 2 so lange, bis der Outputpreis wieder den Wert von 1.31768 GE erreicht.

(3) Lege das Projekt, wenn es vollständig realisiert ist, temporär still, wenn der Outputpreis unter die variablen Kosten von 1 GE fällt. (4) Breche das Projekt endgültig ab, wenn der Outputpreis auf die Grenze von P = 0.152936 GE fällt.

220

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

Die Investitionsstrategie einer Firma, die nur die Option zu warten bei der Be­

wertung berücksichtigt, alle anderen Optionen aber ignoriert, ist grundlegend ver­ schieden von dieser optimalen Investitions- und Betriebsstrategie; sie besteht le­ diglich darin, zu warten bis der Outputpreis ein Niveau von 2.03532 GE erreicht,

nach Ablauf der Konsruktionszeit von einer Periode sofort in Stufe 2 zu investieren und anschließend das Projekt in jeder Periode zu betreiben, unabhängig davon, ob hierdurch operative Verluste oder Gewinne erwirtschaftet werden. Natürlich ist die­

se Strategie suboptimal, da die mit dem Projekt verbundenen Realoptionen nicht zu ihren optimalen, den Projektwert maximierenden Zeitpunkten ausgeübt werden. Die Strategie hat somit Effizienzverluste zur Folge, repräsentiert durch den Anteil des Projektwerts, der dem Investor durch Verfolgung seiner suboptimalen Strategie entgeht. Wie oben bemerkt, sind die mit dieser suboptimalen Investitionsstrategie einhergehenden Effizienzverluste aber vergleichsweise gering; die Firma verliert nur ca. 20% des Projektwerts, kann also den weitaus größten Anteil des Projektwerts

erhalten. Der Grund für dieses Resultat besteht darin, dass die Firma so lange mit der Realisierung des Projekts wartet, dass hinreichend sichergestellt ist, dass das Projekt ein wirtschaftlicher Erfolg wird. Der Outputpreis Pt liegt bei Investition

in das Projekt bei 2.03532 GE und damit signifikant über den variablen Kosten von c = 1. Damit ist es unwahrscheinlich, dass der Outputpreis in absehbarer Zeit unter die variablen Kosten fällt und mit dem Projekt Verluste erwirtschaftet wer­ den. Somit übernimmt die Option zu warten de facto einen Teil der Schutzfunktion der Option, vorübergehend zu schließen und der Option abzubrechen, so dass der zusätzliche Wert dieser Optionen in der Basisfallparametrisierung deutlich unter ih­ rem Wert bei isolierter Betrachtung liegt. Entschließt sich die Firma später dazu, in Perioden in denen der Outputpreis unter die variablen Herstellkosten gefallen ist, das Projekt vorübergehend zu schließen - ohne dies vorher bei der Projektbewer­

tung berücksichtigt zu haben - steigt der Anteil des Projektwerts, den die Firma realisieren kann, ohne die optimale Investitions- und Betriebsstrategie mit Hilfe des integrierten Modells aus Abschnitt 4.6 zu berechnen, sogar weiter an.

4.7.3

Einfluss der Unsicherheit auf die Investitionsentschei­ dung

Im Folgenden wird untersucht, welchen Einfluss Änderungen der Unsicherheit, repräsentiert durch Änderungen der Volatilität a des Outputpreises, auf das

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

221

Investitionsverhalten haben, wenn mit dem Projekt verschiedene Kombinatio­

nen der betrachteten Realoptionen verbunden sind. Zu vermuten ist, dass eine

Vergrößerung der Volatilität - unabhängig von der konkret vorliegenden Kom­ bination der Realoptionen - jeweils zu einer Verzögerung der Investitionen in

beide Stufen des Projekts führt. Dies ist zu erwarten, weil die Zeitwerte aller

betrachteter Realoptionen mit zunehmender Volatilität steigen. Eine Ausübung der Realoptionen, die mit einem Verlust des gesamten Zeitwertes einhergeht, ist somit bei einer höheren Volatilität mit größeren Opportunitätskosten verbunden. Dies sollte dazu führen, dass der Investor erst später dazu bereit ist, die Realop­ tionen auszuüben, was in einer Erhöhung des Triggers zum Ausdruck kommen sollte.

Tabelle 4.4 zeigt die Auswirkung der Volatilität a auf die optimalen Trigger für die

Investition in Stufe 1 des Projekts für verschiedene Realoptionskombinationen. Die Tabelle enthält sowohl die absoluten Werte der Trigger als auch die prozentualen

Veränderungen der Trigger, wenn sich die Volatilität auf den nächsten in der Tabelle

angegebenen Wert erhöht. Letztere wurden berechnet als Prozentuale Veränderung - (- 1^ x 100%. \ Trigger (a) / Die Tabelle zeigt, dass der Trigger der Option zu warten, wenn nur sie und keine

weitere Realoption bei der Bewertung berücksichtigt wird, die größte Sensitivität auf Änderungen der Unsicherheit aufweist (Zeile Wh Tabelle 4.4). Erhöht sich die Unsicherheit von a = 0.05 auf a = 0.1, steigt der Trigger um ca. 17%. Jede weitere

Zunahme der Unsicherheit führt zu einem weiteren signifikanten Anstieg des Trig­

gers. Der Prozentsatz, um den sich der Trigger vergrößert, nimmt nur langsam ab und beträgt selbst bei großen Volatilitäten (er = 0.45) noch 13.47%. Der Stufe-l-

Trigger unter Einbeziehung der Option, mit Stufe 2 zu warten (Zeile lVi&W2) ist für kleine Volatilitäten mit dem Stufe-l-Trigger der ’’Optionskombination” Wi ver­ gleichbar (1.27116 GE (Wt&W2) vs. 1.27921 GE (WJ für a = 0.05). Die Einführung der Option, mit Stufe 2 zu warten hat aber zur Folge, dass der Stufe-l-Trigger mit zunehmender Unsicherheit wesentlich weniger stark wächst als der Stufe-l-Trigger bei isoliertem Vorliegen der Option zu warten. So erhöht sich der Stufe-l-Trigger

der Kombination W1&W2 bei Erhöhung der Volatilität von a = 0.05 auf er = 0.1 um ca. 13.76% (verglichen mit einer Erhöhung um 17.00% bei Wi). Beim Über­ gang von a = 0.45 auf a = 0.5 beträgt die Erhöhung des Stufe-l-Triggers nur noch 6.89% (Wi&W2), verglichen mit 13.47% (Wi). Der für alle Volatilitäten beobacht­ bare schwächere prozentuale Anstieg des Stufe-l-Triggers der Optionskombination

Stufe 1

Pi verschiedener Realoptionskombinationen

-

6.04%

W xk W 2k S k A 1.22097

6.84%

1.29468 4.22%

5.67%

1.3946

2.89%

1.43766 4.06%

3.36%

6.33%

1.3973 2.96% 1.52944

1.64058 8.99%

10.26% 1.44182 4.20%

1.37569 4.50% 1.34927

7.24%

1.30675 5.28%

8.74%

1.22304

— W kW ^kÄ

W ik S k A

1.35116 3.41% 1.43833

1.29599 4.26% 1.34128

6.07% 1.23342

1.36577 9.81%

1.22184

10.42%

1.23686

6.90%

1.22401

13.76%

1.27116

1.80301

16.06%

16.46% 1.62249 11.13% 1.37835 4.60% 1.49971 9.39%

16.78%

17.00%

1.44612 12.20% 1.30841 5.35%

0.2 2.03532

0.15 1.74769

0.1 1.49663

er0,05

1.27921

W xk W 2k S

W ik A

W xk W 2

Wi

(Tabelle 4.1, Seite 101).

5.13% 1.49607 3.79% 1.4349 2.61%

1.43868 2.70% 1.61615

15.60% 1.98794 9.49% 1.50234 3.96% 1.78807 8.57%

0.25 2.36221

2.45%

2.35%

3.87% 1.66486 3.40% 1.54392 2.29%

3.54%__________ 1.72147 1.77894 3.34%__________ 1.57926 1.61484 2.25% ________

4.24% 1.60877 3.49% 1.50849

4.66% 1.55274 3.61% 1.47242

0.35 0.4 0.45 0.5 3.14308 3.60097 4.10595 4.65931 14.57% 14.02% 13.47%_________ 2.36755 2.55955 2.75102 2.94052 8.11% 7.48% 6.89%__________ 1.62157 1.68226 1.74444 1.80846 3.74% 3.70% 3.67%__________ 2.09899 2.26012 2.42353 2.5882 7.68% 7.23% 6.79%__________ 1.51532 1.55274 1.59034 1.62846 2.47% 2.42% 2.40%__________ 1.77808 1.85346 1.92517 1.9933

0.3 2.73077 15.10% 2.17653 8.78% 1.56186 3.82% 1.94125 8.13% 1.47758 2.55% 1.69899

in Abhängigkeit der Unsicherheit a. Die Werte der anderen Parameter entsprechen ihren Werten in der Basisfallparametrisierung

Die Tabelle zeigt die Änderung und die prozentuale Veränderung der Stufe-l-Trigger

Tabelle 4.4: Auswirkung der Volatilität auf das Investitionsverhalten in der Basisfallparametrisierung

222

KAPITEL 4. PROJEKTE MIT MEHREREN REALOPTIONEN

4.7. INTERAKTIONSSTUDIE

223

Wi &W2 hat zur Folge, dass die Trigger sich für große Volatilitäten stark unterschei­

den: Für