Internationale Unternehmensfinanzierung 9783504382353

Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen Prinz, Gesellschafterfremdfinanzierung von Kapita

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Internationale Unternehmensfinanzierung
 9783504382353

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Piltz/Schaumburg (Hrsg.)

Internationale Unternehmensfinanzierung

Forum der Internationalen Besteuerung

Band 29

Internationale Unternehmensfinanzierung

Herausgegeben von

Prof Dr. Detlev J. Piltz Prof Dr. Harald Schaumburg Rechtsanwälte, Fachanwälte für Steuerrecht Bonn

mit Beiträgen von

Dipi.-Kfhl. Ulrich Ammelung Dr. Wolfgang Haas Dr. Stefan Köhler Manfred Naumann Prof. Dr. Detlev J. Piltz Prof. Dr. Ulrich Prinz Dr. Helmut Rehm Prof. Dr. Harald Schaumburg

2006

Verlag Dr.OttoSchmidt Köln

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Postfach 51 10 26, 50946 Köln Tel.: 0221 / 9 37 38 - 01, Fax: 0221 / 9 37 38 - 943 e-mail: [email protected] www .otto-schmid t.de ISBN 3-504-61529-X

© 2006 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holzund säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Druck und Verarbeitung: Druck Partner RUbelmann GmbH, Herosbach Printed in Germany

Vorwort Grenzüberschreitende Finanzierungen sind ein Kernthema des Internationalen Steuerrechts. Das Thema ist deswegen beim Düsseldorfer Forum der Internationalen Besteuerung im Februar 1995 bearbeitet und auf der Tagung im Februar 2004 wieder aufgenommen worden. Seine Bedeutung und die diesbezügliche Weiterentwicklung von Gesetzgebung, Rechtsprechung, Verwaltungsäußerungen und Schrifttum rechtfertigten dies in hohem Maße. Neben dem Recht haben sich auch neue grenzüberschreitende Sachverhalte entwickelt, die es zu beurteilen galt. In diesem Buch sind die Vorträge und die Diskussionen der genannten Tagung dargelegt. Neue Rechtsentwicklungen waren Schwerpunkt bei den Themen Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen sowie der grenzüberschreitenden Gesellschaft der Fremdfinanzierung von Kapitalgesellschaften. Um besonders relevante Sachverhalte und deren steuerliche Beurteilung ging es bei den Themen ausländischer Finanzierungsgesellschaften und Cashpools, Cross-Border-Leasing, hybride Finanzierung über die Grenze und in dem Erfahrungsbericht zur internationalen Finanzierung aus der Praxis einer international tätigen Publikums-Aktiengesellschaft. Bonn, im Dezember 2005 Prof. Dr. Detlev J. Piltz Rechtsanwalt

Prof. Dr. Harald Schaumburg Rechtsanwalt

V

Inhaltsverzeichnis* Seite

Vorwort

V

Manfred Naumann Regierungsdirektor im BMF, Berlin

Angemessenheil und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen I.

li. III. IV. V.

Vorbemerkungen ...... ....... ... ........ ... .... ... .. ........ .. .................. ... .... 1 Finanzierungsbeziehungen allgemein .................................... 3 Angemessenheit von Finanzierungsbeziehungen . ................ 9 Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen ................... 13 Schlussbemerkung .................................................................... 19

Prof. Dr. Ulrich Prinz Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Bonn

Gesellschafterfremdfinanzierung von Kapitalgesellschaften I.

II. III.

Grundlagen des "neuen" § 8a KStG ......... ........... .... .. .. ........ .... 21 Einzelfragen des "neuen" § 8a KStG .... .. .. .................. ...... .. .. ... 45 Zusammenfassung und Ausblick ............................................ 69

Dipl.-Kfm. Ulrich AmmeJung Steuerberater, PricewaterhouseCoopers AG, München

Ausländische Finanzierungsgesellschaften und Cash-Pools I. li. *

Ausländische Finanzierungsgesellschaften ............................ 71 Cash-Pools .................................................................................. 81

Ausführliche Inhaltsübersichten zu Beginn der jeweiligen Beiträge.

VII

Inhaltsverzeichnis Seite

Prof. Dr. Harald Schaumburg (Diskussionsleitung) Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Bonn

Angemessenheit von Finanzierungsaufwendungen - Podiumsdiskussion - .................................................... .................. I. II.

99

Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen ............................................................................. 100 Grenzüberschreitende Gesellschafterfremdfinanzierung ... 109

Dr. Helmut Rehm Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Frankfurt

Cross Border Leasing I. Il. III. IV. V. VI. VII.

Einleitung ....... ............ ........... ...... .............. .......... ........ ... ... ....... Definition des Cross Border Leasing ..................................... Wirtschaftliches versus zivilrechtliches Eigentum .............. Leasing innerhalb der Doppelbesteuerungsabkommen ...... Outbaund-Leasing .................................................................. Inbound-Leasing ......................................... ............................ Zusammenfassung ..................................................................

119 120 121 124 127 132 136

Dr. Stefan Köhler Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Frankfurt

Hybride Finanzierungen über die Grenze I.

II. III. IV.

VIII

Grundlagen .................................................................. ............ Steuerliche Rahmenbedingungen .......................................... Steuerliche Behandlung ausgewählter hybrider Finanzinstrumente .............................................................................. Steuerliche Requalifizierung ..................................................

137 141 145 172

Inhaltsverzeichnis Seite

Dr. Wolfgang Haas Rechtsanwalt, Ludwigshafen

Praxisbericht Konzernfinanzierung I.

II. III. IV. V.

Einleitung ................................................................................. Finanzierungsgesellschaften ... ... ......... .. ... ... ......... .. ..... ... ........ Finanzierungsgesellschaften in Ländern mit mäßiger Steuerbelastung ....................................................................... Konzernfinanzierungsgesellschaften zur Aufnahme von Fremdkapital ............................................................................ Schlussbetrachtung .................................................................

179 180 187 196 199

Prof. Dr. Detlev J. Piltz (Diskussionsleitung) Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Bonn

Finanzierung über die Grenze - Podiumsdiskussion - .... ................. ............ ..... ..... ... ............ .... ........ 201

Stichwortverzeichnis . .. .... ................. ........ ............... ............ ............... . 217

IX

Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen Manfred Naumann Regierungsdirektor im BMF, Berlin

Inhaltsübersicht I. Vorbemerkungen .. .. ... .. ....... 1

Il. Finanzierungsbeziehungen allgemein .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 1. Kapitalisierungsfreiheit ....... 2. Abgrenzung rechtsgeschäftliehe, gesellschaftsvertragliehe Finanzierung .. .......... .... 3. Themenbereich § 160 AO ..... 4. Geschäftsleitung .. .. .. .. .... .. .. ...

3 4

5

8 8

III. AngemessenheU von Finanzierungsbeziehungen 9 1. Standardsachverhalt: Darlehen für eine ausländische Tochter .................................. 9

I.

2. Refinanzierung und Rückhalt im Konzern .. .. .. .. .... .. .. .. 11 IV. Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen 1. Dokumentationspflichten (§ 90 Abs. 3 AO) ........ .... ...... 13 2. Art, Inhalt und Umfang erforderlicher Aufzeichnungen nach der Gewinnaufzeichnungsverordnung ...... 14 V. Schlussbemerkung ............ 19

Vorbemerkungen

Tn Brüssel geht es zurzeit beim EU Joint Transfer Pricing Forum um eine ganz schwierige und für die Unternehmen auch sehr wichtige Frage. Verhandelt wird mit interessanten Frontlinien die Fragestellung der Dokumentationspflichten. In Deutschland haben wir diese nicht als erste oder gar einzige geschaffen. Wir haben sie nicht erfunden, wir erheben auch nicht den Anspruch, dass sie etwas ganz Originelles wären. Es gibt eine Reihe anderer Staaten, gerade auch in Europa, die uns dabei mit gutem Beispiel vorangegangen sind.

1

Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

Die EU-Kommission in Brüssel hat Unternehmen in großem Umfang klagen gehört; ich denke, solche Klagen sind auch insoweit berechtigt, als es unzumutbar erscheint, wenn Unternehmen in Zukunft in 25 europäischen Staaten gegebenenfalls 25 unterschiedlichen Dokumentationserfordernissen entsprechen sollen, unterschiedliches Handelsrecht, unterschiedliche Gewinnermittlungen und unterschiedliche Anforderungen an eine Einzeldokumentation beachten sollen. Für solche Klagen habe ich durchaus Verständnis. Nachdem die Erörterungen über das Schiedsverfahren abgeschlossen sind und Einigkeit unter den Mitgliedstaaten besteht, wie entsprechende Verfahren ablaufen sollen, wird jetzt beim EU Joint Transfer Pricing Forum die Frage diskutiert, ob und welche Möglichkeiten es gibt, den Mitgliedstaaten und den Unternehmen Hilfestellung zu geben, damit die Dokumentationspflichten in Europa zukünftig einheitlicher, vielleicht auch vereinfacht, erfüllt werden können. Aus meiner Sicht ist es besonders interessant, ob gerade zwischen den Mitgliedstaaten der EU eine Einigung dahingehend erzielt werden kann, dass große multinationale Unternehmen eine zentrale Dokumentation erstellen können. Dieser zentrale Teil wird zwar auch von Sachverhaltsdokumentationen begleitet sein müssen, die bei den einzelnen Tochter- oder Enkelgesellschaften vorzuhalten sind, aber es sollte eine einheitliche Struktur geben, auf deren Grundlage für den Gesamtkonzern eine konsistente Dokumentation erarbeitet werden kann. Soweit ich Unternehmensvertreter gehört habe, besteht großes Interesse an einer solchen Möglichkeit, weil das die Dokumentationspflichten erheblich vereinfachen könnte. Die Mitgliedstaaten, insbesondere diejenigen, die überwiegend Tochtergesellschaften in ihrem eigenen Staatsgebiet haben, haben damit eher Probleme, weil sie befürchten, sie könnten von wichtigen Dokumenten abgeschnitten werden, die nur im Staat bei der Muttergesellschaft verfügbar sind. Diese Diskussion wird zwischen einzelnen Mitgliedstaaten, die sich für dieses Problem besonderes interessieren, auf der einen Seite und Unternehmensvertretern auf der anderen Seite fortgesetzt. Wenn in diesem kleineren Kreis Fortschritte erzielt werden, besteht eine gute Chance für eine entsprechende Entscheidung im Joint Transfer Pricing Forum. Ich denke, das wäre ein positiver Schritt für Europa - und diesen hat die EU-Kommission vor allen Dingen im Auge.

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Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

li.

Finanzierungsbeziehungen allgemein

Das Einzelthema, welches mir im Rahmen der Gesamtthematik der "Internationalen Unternehmensfinanzierung" zufällt, ist fast ein Fremdkörper, weil § 8a KStG allenfalls ein Randproblem ist. Das Thema der "Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen" unterscheidet sich von der Frage, wie § 8a KStG solche Finanzierungsbeziehungen behandelt und welche Rechtsfolgen daraus entstehen. Andererseits bietet sich eine gute Gelegenheit, um aus meiner Sicht - auch aus der Sicht des Ministeriums-anhand des relativ konkreten Themas der "Finanzierungsbeziehung" darzulegen, wie eine Dokumentation nach unseren Vorstellungen aussehen könnte. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass der Aufwand, der mit den Dokumentationspflichten mitunter verbunden ist, nicht so hoch sein muss, wie dies manchmal behauptet wird. Wir gehen davon aus, dass die Dokumentation im Wesentlichen auf betriebswirtschaftliehen Daten beruhen kann. Betriebswirtschaftliche Daten sind zumindest in größeren Unternehmen regelmäßig ohnehin vorhanden. Der Aufwand besteht dann darin, die vorhandenen Daten für Zwecke der Finanzverwaltung im Rahmen einer Betriebsprüfung - bezogen auf eine konkrete Anfrage - entsprechend aufzubereiten. Ich behaupte nicht, dass dies immer ein geringer Aufwand ist, aber dieser hält sich in einem Rahmen, der die Möglichkeiten der Unternehmen nicht grundsätzlich überfordert. Im Folgenden wird ein Überblick über Fragestellungen in Zusammenhang mit Finanzierungsbeziehungen gegeben. Dabei werden verschiedene Komplexe und Schwierigkeiten angesprochen, die auch zu steuerlichen Problemen führen, beispielsweise im Rahmen des § 8a KStG, der hier aber nicht ausführlich behandelt werden soll. Erörtert werden soll z.B., welche Konsequenzen das Bundesfinanzministerium aus dem BFH-Urteil zur harten Patronatserklärung gezogen hat, also die Änderung in § 1 Abs. 4 AStG. Auf diese sicherlich ganz wichtige Frage sollten sich die Unternehmen einstellen, und das müsste eigentlich auch ohne große Schwierigkeiten zu bewältigen sein. Der Hintergrund ist, dass wir erreichen möchten, dass im Vorhinein eine klare Entscheidung darüber getroffen wird, ob die Grundlage eines Finanztransfers gesellschaftsvertraglicher oder schuldrechtlicher Natur ist. Wir möchten nicht, dass Situationen eintreten, in denen das Unternehmen am Ende mehr oder weniger die Wahl hat, ob es sich

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Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

eher auf eine gesellschaftsrechtliche oder auf eine vertragliche Grundlage der Finanzierung stützen möchte. Aus unserer Sicht ist es nicht wünschenswert, eine solche Wahlmöglichkeit zu eröffnen. Mit Blick auf die Themenbereiche des § 160 AO und der Hinzurechnungsbesteuerung ist festzustellen, dass Finanzierungsbeziehungen leicht und relativ einfach gerade mit Staaten hergestellt werden können, die ein relativ niedriges Steuerniveau haben. Man braucht nicht viel Aufwand, nicht viele Wirtschaftsgüter dazu, sondern nur jemanden, der das Geschäft in irgendeiner Form betreibt, und man braucht eine entsprechende Kommunikationsbasis. Dies alles ist einfach. Deshalb spielt die Hinzurechnungsbesteuerung bei Finanzierungsbeziehungen traditionell eine große Rolle. Durch die Änderung im Außensteuergesetz sind diese Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter wieder in das "Normalsystem" der Hinzurechnungsbesteuerung integriert worden. Besser gesagt ist das bisherige "Normalsystem" aufgegeben worden, und die passiven Einkünfte sind insbesondere durch die Streichung des § 10 Abs. 5 AStG in gewisser Weise mit den Einkünften aus Kapitalanlagecharakter gleichgestellt worden. Trotzdem bestehen die Probleme der §§ 7-14 AStG fort, und es gibt immer noch Schwierigkeiten der Finanzverwaltung, diese Fälle zu bewältigen. Ferner geht es um die Angemessenheit von Finanzierungsbeziehungen. Um hier nicht den ganzen Kanon möglicher Beziehungen aufzublättern, sollen beispielhaft an dem Standardsachverhalt eines Darlehens einer deutschen Muttergesellschaft für ihre ausländische Tochtergesellschaft einige Fragen erörtert werden. Schließlich wird die Frage behandelt, wie eine Finanzierung zu dokumentieren ist; das betrifft § 90 Abs. 3 AO und die Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung. Für deren Inhalt bin ich schon mitverantwortlich, nicht jedoch für deren Bezeichnung. Der Titel der Verordnung ist zuständigkeitshalber vom Bundesjustizministerium ausgesucht worden, ich kann keine Urheberrechte hierfür in Anspruch nehmen.

1.

Kapitalisierungsfreiheit

Es ist wichtig, den Ausgangspunkt in Erinnerung zu rufen: Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Fragen der Finanzierung grund4

Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

sätzlich Sache des Unternehmens. Jeder Unternehmer ist dazu in der Lage und berechtigt zu entscheiden, wie er die Finanzierung seines Unternehmens tatsächlich gestaltet.1 In einer Entscheidung des BFH ist deutlich geworden, dass die Finanzverwaltung an diesem Punkt mit § 42 AO wenig ausrichten kann. Dies war der Anlass dafür, dass § 8a KStG a.F. überhaupt geschaffen worden ist. Das war nicht eine "spontane" Erfindung der Finanzverwaltung, sondern es gab auch einen jahre-, wenn nicht gar jahrzehntelangen Vorlauf, bis es zu der ursprünglichen Fassung dieser Vorschrift gekommen ist. Es scheint, die Vorschrift hat sich jetzt zu einer äußerst komplizierten Regelung entwickelt, einfach war sie wohl noch nie. Ich habe mich mit ihr glücklicherweise nicht sehr intensiv beschäftigen müssen, aber die bloße Lektüre ist schon durchaus abschreckend. Dass es zu der Neuregelung gekommen ist, liegt jedoch eindeutig nicht an der deutschen Finanzverwaltung, das war nicht unsere freie Entscheidung. Das Problem hat uns vielmehr der EuGH beschert. Dafür, dass immer wieder erhebliche Kritik an dieser Vorschrift geäußert wird, kann ich gewisses Verständnis aufbringen. Bislang ist aber noch niemand aus dem Schatten herausgetreten und hat einen Vorschlag gemacht, wie man das Problem einfach und für alle Beteiligten erträglich regeln könnte. Diesen Bereich gar nicht zu regeln, ist keine ernsthafte Alternative. Das böte aus Sicht der deutschen Finanzverwaltung eindeutig zu große Gestaltungsmöglichkeiten. Das war schon der Ausgangspunkt des ursprünglichen § 8a KStG.

2.

Abgrenzung rechtsgeschäftliche, gesellschaftsvertragliche Finanzierung

Für Unternehmen besteht - wie gesagt - grundsätzlich "Finanzierungsfreiheit". Steuerliche Grenzen zeigt § 8a KStG auf - soweit er dies tatsächlich durchsetzbar leisten kann. Die Frage, die sich stellt und die auch in jedem Fall einer Gesellschafterfinanzierung beantwortet werden muss, ist, ob Geschäftsbeziehungen vorliegen. Korrekturen, also insbesondere Zinsveränderungen i.S.d. § 1 AStG, sind in diesem Bereich nur möglich, wenn Geschäftsbeziehungen vorliegen. Wenn es sich um Gesellschaftsverhältnisse handelt, dann ist eine Korrektur 1

BFH, Beschl. v. 8.12.1997- GrS 1-2/95, BFHE 184, 7 = BStBI. li 1998, 193 EStG 1975 § 4 Abs. 4 R. 336.

= StRK 5

Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

nach § 1 AStG nicht möglich (Zinskorrekturen sind etwas grundsätzlich anderes als eine Umqualifikation nach§ Ba KStG). In seinem Urteil vom November 2000 hat der BFH2 zusammenfassend entschieden, dass bei Garantieerklärungen einer Mutter für ihre Tochter (harte Patronatserklärung) keine Geschäftsbeziehung i.S.d. § 1 AStG bestehe, also entsprechend auch keine Korrekturmöglichkeit gegeben sei, wenn die begünstigte Gesellschaft mangels ausreichendem Eigenkapital ohne eine entsprechende Garantieerklärung ihre konzerninterne Funktion nicht erfüllen könne. Aus unserer Sicht stellte sich die Frage- und sie ist auch von anderen gestellt worden, was aus dieser Entscheidung für andere, wirtschaftlich vergleichbare Stützungsmaßnahmen folgt. In dem Urteil ist das relativ neutral gefasst: Die Patronatserklärung wird jedenfalls als Stützungsmaßnahme gesehen. Ist auch ein Darlehen, das gewährt wird, eine solche Stützungsmaßnahme? Bedeutet das, dass bei einem Darlehen, das zu niedrig oder gar nicht verzinst wird, Korrekturen entsprechend § 1 AStG auch ausscheiden, wenn der BFH darauf erkennt, es handele sich in Wirklichkeit um Kapital ersetzende Maßnahmen? Man kann den Gedanken noch weiterspinnen und fragen: Was gilt, wenn die Muttergesellschaft ihre Waren verbilligt an die Tochter verkauft, damit diese ihre Funktion im Unternehmen erfüllen kann, und sie macht dann entsprechende Verluste? Handelt es sich dann um eine Kapitaleinlage oder ist doch eine Korrekturmöglichkeit nach § 1 AStG gegeben? Das waren Fragen, die aufgekommen sind. Das FG Baden-Württemberg hat, der Begründung des BFH in dessen Urteil folgend, in einem Verfahren entschieden, dass auch bei so bezeichneten Darlehensbeziehungen unter Umständen in Wirklichkeit kein Darlehen angenommen werden kann und deshalb der Zinssatz nicht nach§ 1 AStG zu korrigieren ist. Vielmehr könne das "Darlehen" kapitalersetzenden Charakter haben. In diesen Fällen hätte die Finanzverwaltung keine Korrekturmöglichkeiten. Inzwischen ist dieser Fall beim BFH anhängig. Das zu erwartende neue Urteil wird möglicherweise wegen anderer vorgelagerter Fragen nicht zur Klarstellung führen, ob der BFH seine Grundsätze zur Patronatserklärung auf Darlehensbeziehungen generell anwenden will oder ob das lediglich eine

2 BFH, Urt. v. 29.11.2000- IR 85/99, BFHE 194, 53 = BStBI. II 2002, 720 = StRK AStG § 1 R. 6.

6

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Unterstellung ist, die allerdings immerhin auch von einem Finanzgericht vorgenommen worden ist. Zu dem Urteil zur harten Patronatserklärung existiert ein Nichtanwendungserlass. Es gibt auch eine - man kann es so bezeichnen - BFHKorrekturgesetzgebung durch die Einfügung in § 1 Abs. 4 AStG. Dadurch wird das Absehen von Korrekturen nach § 1 AStG auf Fälle begrenzt, die gesellschaftsvertraglicher Natur sind, die also unmittelbar im Gesellschaftsvertrag geregelt und deswegen einer Korrektur nach § 1 AStG entzogen sind. Dann handelt es sich nicht um eine Geschäftsbeziehung im Sinne der Vorschrift. Ich kann hier nur noch einmal betonen, dass es aus Sicht des BMF das Ziel dieser Maßnahmen war, unklare Situationen zu vermeiden. Zur Erläuterung löse ich mich von der etwas komplizierteren Gestaltung einer Patronatserklärung und nehme den einfacheren Fall eines Darlehens an, das an eine ausländische Tochtergesellschaft gewährt wird und das unverzinslich ist. Es kann zweifelhaft sein, ob das Darlehen für die Funktion der ausländischen Tochtergesellschaft erforderlich ist oder nicht. Damit besteht zunächst einmal keine Klarheit, ob es sich um eine Geschäftsbeziehung oder um eine Kapitalbereitstellung für das ausländische Unternehmen handelt. Je nachdem, wie der Fall bewertet wird, können ganz unterschiedliche Konsequenzen eintreten, die im Übrigen für die Steuerpflichtigen nicht immer erfreulich sind. Im Fall, in dem es sich um eine "Kapitaleinlage" handelt, kann es zunächst erfreulich sein, dass keine Zinskorrekturen für einen solchen Vorgang möglich sind. Wenn das entsprechende zivilrechtliche "Darlehen" jedoch uneinbringlich wird, müsste es auch im Übrigen so behandelt werden, das heißt, § Sb KStG greift ein mit der Folge, dass Abschreibungsmöglichkeiten im Inland nicht bestehen. Im anderen Fall, wenn ein Darlehen anzunehmen ist, muss dieses fremdüblich verzinst werden. Wird es aber uneinbringlich, besteht die Möglichkeit einer Teilwertabschreibung mit steuerlicher Wirkung im Inland. Der wichtigste Zweck - dies sei hier noch einmal betont -, der der Neuregelung und auch dem Nichtanwendungserlass zugrunde liegt, ist es, solche ungeklärten Verhältnisse zu vermeiden und eine klare Grenze zu ziehen: Entweder gibt es eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag - dann sind die Korrekturmöglichkeiten des § 1 AStG nicht gegeben - oder aber dies ist nicht der Fall; dann ist von 7

Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

einer Geschäftsbeziehung auszugehen mit der Möglichkeit von Korrekturen entsprechend dem Fremdvergleich, die gegebenenfalls von der Finanzverwaltung durchzuführen sind. Für Unternehmen sollte das eigentlich keine besondere Schwierigkeit beinhalten. Wenn sie entsprechende Verhältnisse schaffen, steht es in ihrer Hand zu entscheiden, den einen oder den anderen Weg zu gehen. Aus steuerlicher Sicht wird nur verlangt, sich zu Beginn einer solchen Beziehung klar für die eine oder andere Alternative zu entscheiden. Das halte ich persönlich nicht für besonders gravierend oder unzumutbar. Damit müssen alle Beteiligten leben können.

3.

Themenbereich § 160 AO

Auf Probleme in diesem Zusammenhang kann ich nicht im Detail eingehen. Bei Finanzierungen ergeben sich allerdings nicht selten Konstellationen, bei denen§ 160 AO ins Spiel kommt. Bei einem Finanzamt in Stuttgart, in dem ich zehn Jahre tätig war, kam es vor, dass gerade mittelständische Unternehmen Darlehen aus dem Ausland, meistens aus niedrig besteuernden Gebieten bezogen haben, die Schweiz liegt dort verhältnismäßig nahe. Wenn der Frage nachgegangen wurde, wer die Zinsen erhalten hat, stellte sich bei Rückfragen beim Bundesamt für Finanzen nicht selten heraus, dass eine "Domizilgesellschaft" Darlehensgeber war. Es liegt auf der Hand, dass dann Probleme mit§ 160 AO entstehen. Auf § 14 AStG und die Neuregelung zur "Hinzurechnungsbesteuerung" wird in diesem Band an anderer Stelle näher eingegangen.

4.

Geschäftsleitung

Relativ häufig sind im Zusammenhang mit Finanzierungsgesellschaften im Ausland auch Fragen der tatsächlichen Geschäftsleitung zu klären. Es ist von Unternehmensvertretern nicht selten bestätigt worden, dass Finanzierungsgesellschaften, deren statuarischer Sitz im Ausland liegt, ihre Geschäftsleitung bei näherer Betrachtung in Wirklichkeit im Inland haben. Das ist für die Finanzverwaltung natürlich ein interessanter Sachverhalt, der aber durch einen Betriebsprüfer nur selten gerichtsfest ermittelt werden kann. Das erfährt man kaum im Besteue-

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rungs- oder gar Prüfungsfall, eher im Gespräch bei einem Glas Bier, solange man noch nicht als Finanzbeamter "enttarnt" ist.

111. Angemessenheit von Finanzierungsbeziehungen Dies war eine ganze Palette von Problemen im Überblick, die sich um Fragen der Finanzierung im internationalen Konzern ranken. Wenden wir uns jetzt Fällen zu, in denen Finanzierungsverhältnisse als Geschäftsbeziehungen anerkannt sind. Einer Prüfung durch die Finanzverwaltung entsprechend§ 1 AStG steht dann grundsätzlich nichts im Wege. Diese nationale Vorschrift wird zum Teil überlagert von Vorschriften in Doppelbesteuerungsabkommen, die regelmäßig Art. 9 OECD-MA entsprechen Auch wenn beide Regelungen überwiegend deckungsgleich sind und eine ähnliche Zielrichtung aufweisen, gibt es doch Unterschiede: Beide Vorschriften haben die Prüfung zum Gegenstand, ob vereinbarte Bedingungen zu Nahestehenden von den Bedingungen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten. Der Fremdvergleich ist Maßstab für die nähere Betrachtung solcher Geschäftsvorfälle: Hätten das fremde Dritte in gleicher Weise geregelt, oder hätten sie es nicht so vereinbart? Gerade bei Finanzierungen ergeben sich eine Fülle von Fragen, von denen ich einige ohne Anspruch auf Vollständigkeit ansprechen möchte. Konstellationen, die bei Finanzierungsbeziehungen eine Rolle spielen können, sind ausgesprochen vielschichtig, denn es gibt eine Fülle von Finanzierungsalternativen. Diese reichen vom Darlehen bis zum Leasing usw. Es kann in diesem Beitrag keinesfalls die ganze Vielfalt abdeckt werden.

1.

Standardsachverhalt: Darlehen für eine ausländische Tochter

Ich beschränke mich auf einen einfachen Fall, nämlich auf ein Darlehen, das von einer inländischen Mutter- an ihre ausländische Tochtergesellschaft gegeben wird. Dies findet im Allgemeinen deswegen statt, weil die Tochtergesellschaft Finanzbedarf hat, weil bei ihr Investitionen anstehen oder weil Verluste entstanden sind, die neutralisiert werden müssen. 9

Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

Häufig werden bei Veranstaltungen Diskussionen um die Frage geführt, ob es sich tatsächlich um die Finanzierung der ausländischen Tochter handelt oder ob diese nicht vielmehr als "Sparkasse" genutzt wird. In meiner Praxis sind mir eher selten Fälle begegnet, in denen eine inländische Muttergesellschaft ihre ausländische Tochter wie ein Anlageobjekt nutzt. Es ist aber durchaus denkbar, dass es diese Fälle gibt. Wenn das einmal der Fall sein sollte, stellt sich die Frage, wie der Zinssatz zu bemessen ist. Es kann dann sicherlich nicht um den Darlehenszins von Banken gehen. Es wird vielmehr darauf ankommen, was die Tochter mit dem Geld macht, ob sie es zum Beispiel anlegt und in welcher Höhe sie Zinsen erzielt. Ein gewisser Gewinn müsste ihr jedenfalls verbleiben, sozusagen als Vergleichsmarge für jemanden, der die Funktion ausübt, fremdes Geld anzulegen. Der Rest müsste an denjenigen abfließen, von dem das Geld stammt. Dies ist - wie gesagt aus meiner Praxis ein eher theoretischer Fall. Bei "normalen" Darlehensbeziehungen hängen von der Währung, in der das Darlehen vereinbart ist, verschiedene weitere Überlegungen ab. Die eine zielt darauf, wie in dieser Währung der Zins ist. Es ist klar, dass bei unterschiedlichen Währungen auch unterschiedliche Inflationsrisiken bestehen, die in unterschiedlichen Währungsgebieten unterschiedliche Zinssätze zur Folge haben. Je nachdem, um welches Währungsgebiet es sich handelt, stellt sich die weitere Frage, was für Sicherungsmaßnahmen angebracht sind, um für ein Darlehen entsprechende Kursverluste auszuschließen oder zu begrenzen. Die Fragen, wie die konkreten Darlehenskonditionen aussehen, spielen eine große Rolle. Auch wenn die Antworten vom jeweiligen einzelnen Fall abhängig sind, wäre im Normalfall zuerst die Frage zu klären, welche Möglichkeiten bestanden hätten, im Heimatland der Tochtergesellschaft ein entsprechendes Darlehen zu erhalten. Welche Zinskonditionen bestehen dort? Für das Unternehmen und die Beratung besteht eine einfache Möglichkeit festzustellen, wie die entsprechenden Konditionen sind, denn das sind Konditionen, die von den dortigen Banken angeboten werden. Hierzu sind regelmäßig Marktübersichten erhältlich, die allerdings davon abhängen, wie der Darlehensnehmer von Banken im jeweiligen Gebiet eingeschätzt würde. Dabei kann durchaus Berücksichtigung finden, dass der Darlehensnehmer zu einem

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Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

großen Konzern gehört, weshalb sein "Rating" verhältnismäßig gut, das heißt dem Konzern entsprechend, ist.

2.

Refinanzierung und Rückhalt im Konzern

Im Refinanzierungsfall nimmt die Muttergesellschaft Geld auf und reicht es an die Tochtergesellschaft für deren Zwecke weiter. Wie häufig diese Fälle vorkommen, ist nicht genau bekannt. Das ist deshalb relativ schwierig festzustellen, weil Geld nicht markiert werden kann. Es ist häufig kaum nachverfolgbar, dass die Mutter einen konkreten Betrag selbst aufgenommen hat, den sie an ihre Tochtergesellschaft weiterreicht In der Mehrzahl der Fälle wird es nicht möglich sein, im Rahmen eines großen Finanzierungstopfes zu bestimmen, wie viel Geld konkret weitergereicht worden ist. Es steckt eben alles im gesamten Topf. Nachverfolgbare Fälle wird es trotzdem vereinzelt geben, insbesondere wenn der Steuerpflichtige ein Interesse daran hat, das Geld "anzustreichen". Sie stellen aus meiner Sicht kein großes Verrechnungspreisproblem dar: Natürlich würde ein fremder Dritter - die Muttergesellschaft- einen solchen Vorgang im Allgemeinen nur dann durchführen, wenn zumindest die Kosten, die für das Darlehen zu tragen sind, von demjenigen, dem das Geld am Ende zugute kommt, erstattet werden. Sicherlich würde ein fremder Dritter kein Darlehen aufnehmen, wenn er von vornherein wüsste, dass er von demjenigen, dem er das Darlehen ausreicht, nicht einmal die Zinsen erhalten wird, die er selbst bei seiner Bank zahlen muss. Es besteht außerdem sicherlich eine gewisse Plausibilität dafür, dass die Muttergesellschaft als fremder Dritter der Tochtergesellschaft die entsprechenden Finanzmittel nur zur Verfügung stellt, wenn sie auf den Zinssatz, den sie selbst zahlen muss, zumindest ein kleines cost plus erzielt. Weitere Erwägungen zur Zinshöhe knüpfen an den doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter an. Auf diesen greift der BFH immer dann zurück, wenn eine fiktive gegenseitige Interessenabwägung vorzunehmen ist und ein Ergebnis (der Zinssatz) gefunden werden muss. Zunächst ist festzustellen, dass in dem großen Finanzierungstopf der Muttergesellschaft meist ganz unterschiedliche Darlehen enthalten sind. Trotzdem wird doch von einem Durchschnittszinssatz ausgegangen werden können, der sich über alle diese Darlehen ergibt. Diesen kann man zumindest als Anhaltspunkt dafür nehmen, was

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Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

auch von der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft gezahlt werden müsste. Im Einzelfall bleibt natürlich immer die Möglichkeit für die Steuerpflichtigen, besondere Konstellationen und besondere Umstände darzulegen, die sich auf die konkrete Zinsvereinbarung auswirken müssen. Insgesamt handelt es sich um einen Bereich, der schwer ganz präzise zu berechnen ist. Häufig ergeben sich Zinsdifferenzen, Zinsmargen, ein oberes und ein unteres Ende. Klassischerweise bildet das ganz untere Ende das, was jemand für eine Geldanlage von einer Bank bekommt; das obere Ende wäre davon bestimmt, was jemand zahlen muss, wenn er ein Darlehen bekommt. Das sind gleichsam die Extrempositionen. Je nachdem, wie die Umstände des einzelnen Falls liegen, und dafür müssen in Zukunft im Rahmen der Dokumentation nach § 90 Abs. 3 AO auch entsprechende Aufzeichnungen vorgehalten werden, wird man sich einer Größenordnung nähern. Schließlich - so bestätigen das immer wieder auch Betriebsprüfer- ist das Ergebnis Verhandlungssache: Es hat etwas von einem orientalischen Basar, weil niemand ganz genau und präzise berechnen kann, auf welche Zahl sich der richtige Zins wirklich beläuft. Dies kann weder die Finanzverwaltung noch der Steuerpflichtige. Deshalb besteht die Aufgabe, sich auf einen Betrag zu einigen. Wenn ein Zinsspread ermittelt werden kann - auch hierzu gibt es BFH-Urteile -,kann man generell und grundsätzlich davon ausgehen, dass die Beteiligten sich, wenn eine Unsicherheit verbleibt, den Vorteil entsprechend geteilt hätten. Auch das halte ich für eine Lösung, mit der alle Beteiligten ganz gut leben können müssten. "Rückhalt im Konzern" spielt in Diskussionen über Finanzierungskonditionen durchaus häufig eine Rolle. Das gilt vor allem, wenn im Rahmen des Konzerns Darlehen gewährt werden, die nicht besichert werden. Es gibt BFH-Urteile, die besagen, dass sich die mangelnde Sicherung nicht auf den Zinssatz auswirken sollte, weil insofern der Rückhalt im Konzern von ausschlaggebender Bedeutung ist. Was die Fremdvergleichsfähigkeit von vereinbarten Zinsen angeht, hängt es sehr davon ab, wie die konkreten Konditionen und die konkreten Vereinbarungen aussehen. Es ist sicherlich wichtig, dass Unternehmen diese Interessenlage im Rahmen der Dokumentation, die seit dem 1.1.2003 erforderlich ist, möglichst auch erläutern und Gründe dafür benennen können, warum aus ihrer Sicht betriebswirtschaftlich

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Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

gesehen der Zins, den sie gewählt haben, derjenige ist, der im Fremdvergleich angemessen ist. Ich wiederhole noch einmal, dass es grundsätzlich die Möglichkeit gibt, fremdübliche Zinsdaten zu erhalten. Banken machen ihre Angebote relativ öffentlich. Bei den Zinsspannen ergibt sich ein Feld, in dem man sich bewegen kann.

IV. Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen 1.

Dokumentationspflichten (§ 90 Abs. 3 AO)

Der Inhalt des§ 90 Abs. 3 AO ist- denke ich- bekannt. Wesentlich ist aus meiner Sicht, dass § 90 Abs. 3 AO nicht nur eine Sachverhaltsdokumentation, sondern auch eine AngemessenheUsdokumentation verlangt. Das ist in der Gewinnaufzeichnungsverordnung nochmals ausdrücklich geregelt. Daraus ergibt sich für Geschäftsbeziehungen im Konzern grenzüberschreitend die Pflicht, Aufzeichnungen zu erstellen, die plausibel machen, dass dem Fremdvergleich entsprechende Geschäftskonditionen vereinbart worden sind. Zur Wiederholung sei daran erinnert, dass aus § 90 Abs. 3 AO u.a. eine Pflicht zu zeitnahen Aufzeichnungen bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen folgt. Sicherlich ist darüber nachzudenken, ob dies auch Darlehensverhältnisse erfasst, zumindest dann, wenn sie eine gewisse Bedeutung haben. Im Hinblick auf eine analoge Anwendung des § 90 Abs. 3 AO auch auf grenzüberschreitende Betriebsstätten ist zu beachten, dass eine Betriebsstätte in diesem Sinne nicht finanziert, sondern dotiert wird. Insofern kann im Regelfall kein Darlehensvertrag unterstellt werden. Die Ermächtigungsgrundlage für die Rechtsverordnung ist aus meiner Sicht unproblematisch. Wenn die Finanzverwaltung für eine Außenprüfung eine entsprechende Dokumentation anfordert, müssen die Unterlagen innerhalb von 60 Tagen vorgelegt werden. Diese Frist ist verlängerbar.

13

Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

2.

Art, Inhalt und Umfang erforderlicher Aufzeichnungen nach der Gewinnaufzeichnungsverordnung

Was regelt die Gewinnaufzeichnungsverordnung? Der Gegenstand der einzelnen Paragrafen bietet hier zunächst einen Überblick: § 1 GAufzV: § 2 GAufzV: § 3 GAufzV: § 4 GAufzV:

§ 5 GAufzV:

§ 6 GAufzV: § 7 GAufzV: § 8 GAufzV:

Grundsätze der Aufzeichnungspflichten; Art, Inhalt und Umfang der Aufzeichnungen; zeitnahe Erstellung von Aufzeichnungen bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen; allgemein erforderliche Aufzeichnungen; erforderliche Aufzeichnungen in besonderen Fällen; Anwendungsregelungen für "kleinere Unternehmen" usw.; entsprechende Anwendung bei Betriebsstätten, Personengesellschaften; Inkrafttreten.

Im Folgenden soll auf einzelne Punkte eingegangen werden. 2.1

Sachverhaltsdokumentation (§ 1 Abs. 2 GAufzV)

Die Basis für alles weitere ist, was vom Steuerpflichtigen vorgelegt und von der Betriebsprüfung auch überprüft werden kann: die Sachverhaltsdokumentation. Sie soll Antworten auf die Fragen geben: "Was sind für Verträge geschlossen worden?" "Liegt ein schriftlicher Vertrag vor?" "Welches sind die Rahmenbedingungen, unter denen ein solcher Vertrag abgeschlossen wurde?" Das ist u.a. Gegenstand einer Sachverhaltsdokumentation. Der Steuerpflichtige war auch bisher im Rahmen des § 90 Abs. 2 AO schon auskunftspflichtig. Neu ist, dass§ 90 Abs. 3 AO eine Verpflichtung geschaffen hat, die verlangt, dass hierzu der Steuerpflichtige auch entsprechende schriftliche Aufzeichnungen erstellt, die von ihm vorgelegt werden müssen. Der BFH hat in seinem Urteil vom 17.10.20013 entschieden, dass dem Steuerpflichtigen keine solchen Aufzeichnungspflichten, keine Doku3 BFH, Urt. v. 17.10.2001 -IR 103/00, BFHE 197, 68 = BStBI. II 2004, 171 = StRK AO 1977 § 162 R. 66.

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Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

mentationspflichten obliegen. Das hatte die Finanzverwaltung ursprünglich mit Sicherheit anders gesehen. Jetzt ist über§ 90 Abs. 3 AO und auch über die Gewinnaufzeichnungsverordnung klargestellt, dass solche Anforderungen an den Steuerpflichtigen bestehen. 2.2

Angemessenheilsdokumentation (§ 1 Abs. 3 GAufzV)

Die Angemessenheilsdokumentation ist das, was im Bereich der Aufzeichnungspflichten wirklich neu ist. Dafür gab es bisher nach der Rechtsprechung des BFH keine Verpflichtungen. Vom Steuerpflichtigen müssen verschiedene Daten erhoben, verschiedene Ermittlungen vorgenommen und der Finanzverwaltung Aufzeichnungen vorgelegt werden. Dabei sind gerade im Hinblick auf Finanzierungsbeziehungen die Möglichkeiten relevant, auf dem Markt festzustellen, was in einem Währungsgebiet von Banken für entsprechende Darlehen bestimmter Laufzeit unter den konkreten Konditionen verlangt wird, die zwischen den beiden beteiligten nahestehenden Unternehmen bestehen. Es gibt Möglichkeiten, dies zu ermitteln. Finanzierungsbeziehungen sind ein Bereich, in dem etwas Ähnliches wie ein Fremdvergleich bis zu einem bestimmten Grad tatsächlich möglich ist. Es bestehen, weil Darlehen in so vielen Fällen gewährt werden, relativ standardisierte Bedingungen, so dass man zumindest Anhaltspunkte dafür gewinnen kann, wie fremde Dritte die Konditionen bestimmt hätten. Dies gilt für Bankdarlehen, aber auch für Fälle, in denen ein Lieferant seinen Vertreiber unter Einräumung eines Kredits beliefert. Es ist feststellbar, ob das auch unter fremden Dritten mit Zinsen abgewickelt würde oder ob ein Warenkredit eventuell auch ohne Zinsen - zumindest für eine bestimmte Zeit - gewährt würde. Alles das sind Geschäftsvorfälle, die auch unter fremden Dritten vorkommen und bei denen sich Unternehmen, wenn sie ihre Beziehungen gestalten, daran orientieren können, was fremde Dritte vereinbaren. Wenn im Konzern Darlehensbeziehungen bestehen, wird von der Betriebsprüfung verlangt werden, dass Ermittlungen vorgenommen werden bzw. worden sind, die etwas dazu aussagen, wie fremde Dritte das Darlehen - je nachdem, in welcher Währung es gewährt wird ausgestaltet hätten. Darauf sollten sich Unternehmen vorbereiten. Die entsprechenden Ermittlungen sind notwendig, der Aufwand, der erforderlich ist, wird sich in einem einigermaßen überschaubaren Rahmen halten. Vor allem dann, wenn ein Unternehmen als Profitcenter-

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Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

Unternehmen organisiert ist, muss auch der richtige Zinssatz - oder besser der angemessene Zinssatz - gefunden werden. Den "richtigen" Zinssatz gibt es nicht; es wird auch nur verlangt, dass ein Zins verrechnet wird, der im Rahmen liegt, vertretbar ist. Mehr kann nicht verlangt werden. Mit Blick auf die Rechtsverordnung darf nicht übersehen werden, dass es erforderlich sein kann, dass der Steuerpflichtige eine zweite Überprüfung vornimmt im Hinblick darauf, ob das, was zwischen den beteiligten Unternehmen vereinbart worden ist, auch zu Ergebnissen führt, die fremde Dritte akzeptieren würden. In diesem Zusammenhang sei an das Aquavit-Urteil des BFH4 erinnert. Es ging um eine Vertriebsgesellschaft, die in Deutschland den Vertrieb von Schnäpsen betrieb. Ein Gedanke, der in der Entscheidung enthalten und ausgeführt ist, ist Folgender: Auch wenn fremdvergleichsähnliche Bedingungen vereinbart worden sind, kann trotzdem mit diesen Konditionen nicht gearbeitet werden, wenn das eintretende Ergebnis für einen der Beteiligten zu einem wirtschaftlich nicht vertretbaren Ergebnis führt, vor allem, wenn klassischerweise Dauerverluste entstehen. Über allem steht, dass vom Steuerpflichtigen bei seiner Verrechnungspreisfestsetzung und bei der Erstellung seiner Dokumentation ein ernsthaftes Bemühen verlangt wird. Dies ist ein Maßstab, den die Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung aufgenommen hat. Nach § 162 Abs. 3 AO besteht im Wesentlichen dann eine gesetzliche Vermutung zu Lasten des Steuerpflichtigen, wenn er gar keine Dokumente besitzt oder vorlegt, wenn er gar keine Aufzeichnungen führt oder wenn die Aufzeichnungen nicht dazu geeignet sind, einen Fremdvergleich anzustellen und eine entsprechende Überprüfung vorzunehmen. Meiner Meinung nach werden solche Fälle wirkliche Ausnahmen sein. Ich habe den Eindruck, dass zumindest die deutschen Unternehmen durchaus bereit sind, in einem bestimmten Rahmen Unterlagen vorzulegen. Von mehreren Seiten habe ich gehört, dass das aber bei inländischen Tochtergesellschaften von ausländischen Konzernen ein Problem werden könnte. Bereits in der Vergangenheit hat es hier immer wieder Schwierigkeiten mit der Finanzverwaltung gegeben; es könnte sein, dass die Eingewöhnungszeit, bis sich auch diese Unternehmen dazu bereit erklären, ihre Karten auf den Tisch zu legen, rela4

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BFH, Urt. v. 17.2.1993 - I R 3/92, BFHE 170, 550 KStG 1977 § 8 Abs. 3 R. 104.

= BStBl.

II 1993, 457

= StRK

Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

tiv problematisch wird. Möglichweise müssen dann auch Folgerungen aus § 162 Abs. 3 AO und § 162 Abs. 4 AO gezogen werden. Aber sobald eine gewisse Kooperationsbereitschaft der Unternehmen vorhanden ist, also eine Dokumentation vorgelegt wird, die das ernsthafte Bemühen des Steuerpflichtigen auch als solches dokumentiert, sind im Regelfall Sanktionen nach § 162 Abs. 3 und 4 AO ausgeschlossen. 2.3

Dauersachverhalte (§ 2 Abs. 4 GAufzV), Verlustursachen (§ 5 Nr. 5 GAufzV)

Darlehensbeziehungen können im Zusammenhang mit Dauersachverhalten und Verlustursachen eine Rolle spielen. Für Dauersachverhalte (die Dauerschuldverhältnisse einschließen) regelt § 2 Abs. 4 GAufzV, dass ein Steuerpflichtiger aufzeichnen muss, ob eine Situation eingetreten ist, die aus maßgeblichen Änderungen nach Vertragsabschluss herrührt. Wenn man die Regelung ein wenig plakativ auf den Punkt bringen will, geht es um Fälle, in denen fremde Dritte über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nachdenken könnten. Wenn Dauerverluste entstehen, wenn die ökonomische Situation beispielsweise nur noch aufgrund von Zuschüssen der Muttergesellschaft haltbar ist, ist dies für die Dokumentation zu berücksichtigen. Es wird dargelegt werden müssen, dass alle Möglichkeiten für eine positive Anpassung wahrgenommen worden sind, gegebenenfalls müssen die Gründe benannt werden, weswegen keine Anpassung möglich war. Es ist zu dokumentieren, dass diese oder jene Änderung vorgenommen worden ist, um den geänderten Grundlagen des Geschäfts zu entsprechen. Wenn in bestimmten Bereichen über drei Jahre hinaus Verluste entstehen, dann muss der Steuerpflichtige gern.§ 5 Nr. 5 GAufzV genauer darlegen, aus welchen Gründen dies geschehen ist und welche Maßnahmen er ergriffen hat, um solche Verluste zu vermeiden. Auch insofern können langjährige, vielleicht auch hochverzinsliche Darlehensbeziehungen eine erhebliche Rolle spielen.

2.4

Außergewöhnlicher Geschäftsvorfall (§ 3 GAufzV)

Wann sind Darlehensbeziehungen außergewöhnliche Geschäftsvorfälle? Das ist sicherlich von verschiedenen Faktoren abhängig: die Größe des Unternehmens, die Höhe des Darlehens, die Laufzeit. Das kann nicht generell beantwortet werden. Es können insoweit Unsicherheiten

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Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

sowohl bei einem Steuerpflichtigen als auch bei der Finanzverwaltung entstehen. Die Finanzverwaltung wird versuchen, im BMF-Schreiben zu den Verwaltungsgrundsätzen Verfahren für Verrechnungspreise Regelungen zu treffen, die vor allem dafür sorgen sollen, dass die Betriebsprüfung die Anforderungen, gerade die Finanzierungs- und Darlehensbeziehungen betreffend, nicht überzieht. Ich gebe zu, dass dieses Problem in der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung nicht klar und deutlich geklärt ist. Ich habe mich außerhalb der Finanzverwaltung um Hinweise bemüht und gefragt, wer insoweit helfen kann. Weil dazu niemand bereit und in der Lage war, ist die Regelung leider etwas unpräzise geblieben.

2.5

Allgemein erforderliche Aufzeichnungen (§ 4 GAufzV)

Zur Übersicht über Verträge, die Geschäftsbeziehungen zu Nahestehenden regeln, gehören selbstverständlich auch Darlehensverträge. Bei der Verrechnungspreisanalyse, das folgt aus§ 4 Nr. 4 GAufzV, spielen je nach Methode auch Darlehenszinsen eine unterschiedliche Rolle. Wenn beispielsweise Verrechnungspreise nach der cost-plus-Methode ermittelt werden, sind Zinsen Teil der Kostenbasis und werden, unabhängig davon wie hoch sie sind, durch die entsprechende kalkulierte Vergütung abgedeckt (nicht immer mit einem Aufschlag). Unter diesem Aspekt sind Darlehensbeziehungen und die damit zusammenhängenden Zinsen nicht immer ausschlaggebend für das Ergebnis. Vergleichbares gilt auch für die Wiederverkaufspreismethode, wenn - retrograd berechnet - eine Vertriebsmarge gewährt wird, die die Kosten und einen angemessenen Gewinn abdeckt. Dann ist auch die Zinsbelastung, die entsteht, Teil der Berechnung und wirkt sich im Ergebnis nicht ausschlaggebend aus.

2.6

Kleine Unternehmen(§ 6 GAufzV)

Die Vorschrift ist vor allem in die Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung aufgenommen worden, um kleinere Unternehmen zu begünstigen. Bislang ist die Vorschrift kaum diskutiert worden. Wichtig ist, dass kleinere Unternehmen keine Angemessenheitsdokumentation erstellen müssen, sondern lediglich Sachverhaltsinformationen zu geben haben. Es bestehen keine Aufzeichnungspflichten, son-

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Naumann, Angemessenheit und Dokumentation von Finanzierungsbeziehungen

dern nur Auskunftspflichten, die der Steuerpflichtige allerdings gegenüber der Finanzverwaltung erfüllen muss.

V.

Schlussbemerkung

Wie immer bei Verrechnungspreisen ist es nicht möglich, einen konkreten Preis (hier den Zinssatz) zu nennen, mit dem man sich sicher im "grünen Bereich" bewegt. Der anzusetzende Zins hängt zu stark von den Umständen des einzelnen Falles ab. Mir ist wichtig, als Ergebnis festzuhalten, dass es für die Steuerpflichtigen zu erträglichen und guten Ergebnissen führen wird, wenn sie von einer betriebswirtschaftlich vernünftigen Basis aus argumentieren und diese der Finanzverwaltung plausibel darlegen. Vor Diskussionen mit der Betriebsprüfung ist man damit nicht gefeit, es besteht aber dann kein Grund, sich vor einer Verrechnungspreisprüfung, auch der Finanzierungsbeziehungen, zu fürchten.

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Gesellschafterfremdfinanzierung von Kapitalgesellschaften Prof. Dr. Ulrich Prinz Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Bann

Inhaltsübersicht I. Grundlagen des "neuen" § 8a KStG ............................ 1. Rechtsentwicklung ............. 2. Gesetzliche Neuerungen bei§ 8a KStG ....................... 3. Anwendung bei OutboundFinanzierung? ..................... 4. Rechtsfolgen im In- und Ausland ............................... 5. Rechtsvergleichung ............ 6. Gestaltungsmöglichkeiten ..

21 24 31 39 41 42 44

11. Einzelfragen des 11 neuen" § Sa KStG 1. Abwehrberatung zu§ 8a KStG a.F. in Nicht-EU-Fällen: Verstoß gegen Art. 56 EG und DBA-rechtliche Diskriminierungsverbote? .. 45

I.

2. Ungeklärte Holdingfragen (§ 8a Abs. 4 KStG) . ....... ....... 3. Anwendung des § 8a KStG bei fremdfinanzierter inländischer Personengesellschaft (Missbrauchsklausel des § 8a Abs. 5 KStG) ......... 4. Fremdfinanzierter Anteilskauf im Konzern (§ 8a Abs. 6 KStG) ..... ..... .. .. .... ...... 5. Bankenrückgriff auf inländischen oder ausländischen Gesellschafter .. ..... ... ............ 6. Verhältnis zum Außensteuergesetz in OutboundFällen ................................... 7. Europarechtskonformität des "neuen" § Ba KStG? .....

4B

51

54

57

64 67

111. Zusammenfassung und Ausblick .............................. 69

Grundlagen des "neuen" § 8a KStG

Die von ihrer Grundkonzeption her international-steuerlich ausgerichtete Unterkapitalisierungsregelung des § Ba KStG blickt auf eine mittlerweile mehr als 10-jährige Rechtsgeschichte zurück, die insgesamt sehr wechselvoll verlaufen ist. Eingeführt 1994 zu Zeiten des körper-

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Prinz, Gesellschafterfremdfinanzierung von Kapitalgesellschaften

schaftsteuerliehen Anrechnungsverfahrens als Vorschrift zur Begrenzung der Gesellschafterfremdfinanzierung (vor allem) bei InboundInvestments in eine inländische Kapitalgesellschaft wurde § 8a KStG Ende des Jahres 2002 vom EuGH alseuroparechtswidrig beurteilt und demzufolge in EU-Fällen seitens der Finanzverwaltung von der Anwendung suspendiert. Dies hat zu weit reichenden gesetzgeberischen Folgen geführt. Denn mit Wirkung ab 1.1.2004 ist§ Ba KStG komplett neu gefasst worden; man wendet die Vorschrift nunmehr einheitlich auf Inlands- und Auslandsfälle der Gesellschafterfremdfinanzierung an, obwohl die Rechtsnorm von ihrer Grundstruktur her darauf gar nicht eingerichtet ist. Darüber hinaus wurde § 8a KStG zur Erfassung verschiedener Missbrauchsfälle erweitert. Den alternativ bestehenden Möglichkeiten zur Beseitigung der europarechtswidrigen Diskriminierung vor allem durch international harmonisierte Maßnahmen hat der Steuergesetzgeber damit - jedenfalls momentan - eine Absage erteilt. Die Neufassung des § 8a KStG durch den Gesetzgeber hat in kurzer Zeit ein nahezu unüberschaubares Schrifttum hervorgerufen!; dies 1 Literatur zum "alten" § Sa KStG: Neben den Altkommentierungen zu § Ba KStG s. Bartone, Gesellschafterfremdfinanzierung. Die Frage der Vereinbarkeit des§ Ba KStG mit Verfassungs-, Europa-, und Völkerrecht, Bielefeld 2001; Bauschatz, vGA und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, Berlin 2001; Breuninger, Stb}b. 2002/2003, S. 323, 347; Freiling/Schmucker, IStR 2001, 97; Jänisch/ MoranjWaibel, DB 2002, 2451; Küster, BB 2002, 2158; Lehner in Lüdicke (Hrsg.), Fortentwicklung der Internationalen Unternehmensbesteuerung, Köln 2002, S. 1; Neyer, DStR 2002, 342; Prinz, FR 2000, 1061; Prinz, DStR 2001, 1365; zu Mezzanine-Finanzierungen s. Prinz, FR 2002, 24; Pyszka, IStR 2002, 169; Timmermans, IStR 2001, 169; Wassermeyer, WP-Handbuch der Unternehmensbesteuerung, KapG, Tz. 43B ff.; Wienands, PIStB 2001, 210. Wegen der Rechtsauffassung der Finanzverwaltungs. BMF v. 15.12.1994- IV B 7- S 2742a- 63/94, BStBl. I 1995, 25- mit BerichtigungS. 176; sowie ergänzend BMF, Sehr. v. 14.12.2000IV A 2- S 2742a- 4/00, BStBl. I 2001, 4B. Literatur zur Europarechtsproblematik des "alten"§ Ba KStG: Bachmann, RIW 1994, B53; Blumenberg, RIW 2003, 154; Carle, KÖSDI 2003, 135B3 (135B5); Cordewener, European Taxation 2003, 102; Craig!RainerjRoels(fhömmes(fomset, Tax Notes International 2002, 1163; Dautzenberg, BB 2003, 193; Gutmann/Hinnekens, EC Tax Review 2003, 90; Hahn, DStZ 2003, 4B9; Eicker, Intertax 2003, 124; Hemmelrath/Abele, NWB Blickpunkt Steuern 3/2003, BOl; F. Hey, EWS 2003, 26; Hinder/Heidbüchel, Stuß 2003, 363; Knobbe-Keuk, DB 1993, 60; Kube, IStR 2003, 325; Körner, Intertax 2003, 162; Lüdicke, IStR 2003, 433, 440; Meilicke, BB 1994, 117; Prinz, FR 2003, 649; Prinz/Cordewener, GmbHR 2003, BO; Schnitger, IStR 2003, 51; Schraufl, PIStB 2003, 2B; Sieker, Tax Notes International 2003, 55; Spengel/Golücke, RIW 2003, 343; Stapperfend, FR 2003, 165, 173; Thömmes, DB 2002, 2693;

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Prinz, Gesellschafterfremdfinanzierung von Kapitalgesellschaften

Wenehed, Tax Notes International 2003, 1145; Weßling!Romswinkel, GmbHR 2003, 925. Ausgewählte Literatur zum "neuen" § Sa KStG: Amann/Göttsche/Stockmann, RIW 2003, 814; Ammelung!Homering, IStR 2004, 310; Behrens, DStR 2004, 398; Benecke/Schnitger, IStR 2004, 44; Benecke/Schnitger, IStR 2004, 475; Blumenberg/ Lee/wer, BB 2004, 1765; Blumers/Goerg!Tiede, BB 2004, 631; Bornheim, Stbg. 2004, 307; Briese, Stuß 2004, 57; Dannecker, DStZ 2004, 67 (69); Danneckerfriede, DStZ 2003, 873; Dautzenberg, BB 2004, 17 (19); Dötsch/Pung, DB 2004, 91; Dötsch/Pung, DB 2004, 1683; Eckhardt/Kahl/Woywode, Tax Notes International 2003, 519; Endres, PIStB 2004, 32; Engers, BB 2004, 1595; Frotscher, DStR 2004, 754; Golücke/ Franz, GmbHR 2003, 1093; Golücke/franz, GmbHR 2004, 708; Golücke/Kessler, Anlage zur Erläuterung des § 8a KStG, in Kessler/Kröner/Köhler, Konzernsteuerrecht, München 2004, S. 4-16; Gosch, KStG, München 2005, § 8a KStG; Gratz, FR 2004, 257; Groh, DB 2005, 629; Grotherr, IWB Fach 3 Deutschland, Gruppe 1, S. 2017 - vom 28.1.2004; Grotherr, IWB Fach 3 Deutschland, Gruppe 1, S. 2035- vom 11.2.2004; Grotherr, RIW 2004, 519; Grotherr, GmbHR 2004, 850; Grotherr, StB 2004, 175; Grotherr, Wpg. 2004, 404; Grotherr, DStZ 2004, 249; Grotherr, DStZ 2004, 291; Grotherr, DStR 2004, 390; Günkel/Lieber, IStR 2004, 229; Hahn, GmbHR 2004, 277; Haritz, BB 2004, 1255; Haritz/Asmus, GmbHR 2004, 929; Herzig, WPg-Sonderheft 2003, 191; Herzig/Lochmann, DB 2004, 825; Herzig/ Lochmann, StuW 2004, 144; Hinder/Koehler, Stuß 2004, 665; Hill/Kavazidis, DB 2003, 2028; Kessler, DB 2003, 2507; Kessler/Olser, IStR 2004, 187; Kessler/Düll, DStR 2004, 1317; Kessler/Eicker/Obser, IStR 2004, 325; Knopf, BB 2003, Editorial Heft 38, S. I; Köhler/Eicker, DStR 2004, 672; Körner, IStR 2004, 217; Körner, IStR 2004, 253; Köster-Böckenförde, StB 2004, 289; Kolaschnik/Wessel, Stbg. 2004, 131; Korn, NWB Blickpunkt Steuern - 1/2004; Kollruss, Stbg. 2004, 312; Kreft, BB 2004, 191; Kußmaul!fclterveniachki, Stuß 2004, 673; Mensching!Bauer, BB 2003, 2429; Mensching, DStR 2004, 408; Merz, GmbHR 2004, R 1 - "Bürokratiemonstrum"; Neu/ Tomberz, GmbH-StB 2004, 75; NeujWatermeyer, DStR 2003, 2181; Neumann/Stümpel, GmbHR 2004, 392; Obser, IStR 2005, 799; Pohl/Raupach, Festschrift 50 Jahre Deutsches Anwaltsinstitut e.V., 2003, S. 489, 501 -sprechen von einem "neuen gesetzgeberischen Monstrum"; Praetzler, DB 2004, 621; Prinz, StbJb. 2003/2004, S. 175; Prinz, HHR-Jahresband 2004, § 8a KStG; Prinz, FR 2004, 334; Prinz/Ley, FR 2003, 933; Prinz zu Hohenlohe I Heurung, DB 2003, 2566; Prinz zu Hohenlohe I Heurung, Der Konzern 2004, 98; Prinz zu Hohelohe I Heurung I Rautenstrauch, BB 2004, 1931; Pung, Der Konzern 2004, 93; Rödder/Schumacher, DStR 2003, 1725; Rödder/Schumacher, DStR 2003, 2057; Rödder/Schumacher, DStR 2004, 207; Rödder/Schumacher, DStR 2004, 758; Rödder/Schumacher, DStR 2004, 1449; Rödder/Ritzer, DB 2004, 891; Schmid/Grabbe, DStR 2004, 403; Schmitt, DStZ 2004, 600; Schnitger, GmbHR 2004, 334; Schwedhelm/Ehnert, FR 2004, 249; Schulte/ Behnes, GmbHR 2004, 1045; Sedemund, IStR 2004, 595; Stalinski, NWB Fach 4 Gesellschafter-Fremdfinanzierung, S. 4771 - vom 26.1.2004; Stegemann, INF 2004, 107; Stegemann, INF 2004, 147; Sieker, Tax Notes International 2003, 661; Strunk/Kaminski, Stbg. 2004, 2; Strunk/Kaminski, Stbg. 2004, 301; Tries/Kloster,

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Prinz, Gesellschafterfremdfinanzierung von Kapitalgesellschaften

verdeutlicht zum einen die erhebliche Rechtsunsicherheit, zum anderen die hohe Praxisrelevanz der anstehenden Fragen. Die Finanzverwaltung gibt erste Anwendungshinweise im Schreiben vom 15.7.20042. Im Folgenden sollen in einem ersten Teil die Grundlagen des "neuen" § Ba KStG dargestellt werden, um anschließend in einem zweiten Teil auf einige praxisrelevante Einzelfragen mit internationalem Bezug einzugehen.

1.

Rechtsentwicklung

Es lassen sich - aus heutiger Sicht (Mitte 2004) - vier Phasen in der Rechtsentwicklung des§ Ba KStG unterscheiden.3

1.1

Phase 1 der Rechtsentwicklung (bis Ende 1993)

Zur Nutzung des internationalen Steuersatzgefälles waren in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Finanzierungsstrukturen zu beobachten, in denen vor allem bei von Steuerausländern beherrschten inländischen Kapitalgesellschaften Zinsaufwand zu Lasten des deutschen Steuersubstrats geltend gemacht wurde, während man den Zinsertrag im meist niedrig besteuernden Ausland erfasste. Während derartige Finanzierungsgestaltungen bei deutschbeherrschten Unternehmen und niedrigbesteuerter passiver Tätigkeit durch die

GmbHR 2004, 154; Wacker, DStR 2004, 1066; WaldensjPott, PIStB 2003, 229; Wassermeyer, DStR 2003, 2056; Wassermeyer, DStR 2004, 749; Watrin/Lühn, StuB 2004, 724; Widmann/Füger/Rieger, Gesellschafterfremdfinanzierung, Bonn/Berlin 2004. Wegen der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zum neukonzipierten § Ba KStG s. BMF, Sehr. v. 15.7.2004- IV A 2- S 2742a- 20/04, BStBl. I 2004, 593; soweit sich aus dem neuen Schreiben nichts Abweichendes ergibt, gelten die Grundsätze des alten Schreibens weiter, s. BMF, Sehr. v. 15.12.1994IV B 7- S 2742a- 63/94, BStBl. I 1994, 25. 2 BMF, Sehr. v. 15.7.2004- IV A 2- S 2742a- 20/04, BStBl. I 2004, 593. Das Grundlagensehreiben wurde zwischenzeitlich ergänzt durch BMF, Sehr. v. 22.7.2005IV B 7- S 2742a - 31/05, BStBl. I 2005, 829 - rechtlicher Zusammenhang bei back-to-back-Finanzierung; zum Muster einer Bankenbescheinigung siehe BMF, Sehr. v. 20.10.2005- IV B 7- S 2742a- 43/05, DB 2005, 2494. 3 Zu einer Übersicht siehe Abbildung 1 auf Seite 25. Vgl. dazu auch Prinz, StbJb. 2oo3 104, s. 175 ff.

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Prinz, Gesellschafterfremdfinanzierung von Kapitalgesellschaften

Abbildung 1 Übersicht zu Rechtsentwicklung und Grundinhalten des § Ba KStG Rechtslage bis 1993

Rechtslage

Rechtslage

vz 1994-2000

vz 2001-2003

Rechtslage ab VZ 2004

(Phase 1)

(körperschaftsteuerliches Anrechnungsverfahren) (Phase 2)

(Phase 3)

(Phase4)

ja

ja

nein, Anwendung auf wesentlich beteiligten Steuerinund -ausländer

Rechtsformabhängige SpezialregeJung für Finanzierung einer keine gesetzliche KapitalgesellRegelung, aber sc haft ins besonBMF-Schreiben dere durch v. 16.3.1987, aufSteuerausländer gehoben durch mit wesentlicher Schreiben v. 16.9.1992, Beteiligung Hybride Darlehen

1 : 0,5 EK/FKRelation kein Fremdvergleich möglich

zwingende vGA zwingende vGA kein Fremdvergleich möglich

kein Fremdvergleich möglich

Kapitalabhängige Darlehen

1:3 Fremdvergleich möglich

1: 1,5 Fremdvergleich möglich

1: 1,5 Fremdvergleich möglich

HoldingregeJung

1: 1,5 1:9 1:3 Fremdvergleich Fremdvergleich Fremdvergleich möglich möglich möglich keine Buchwert- keine Buchwert- keine Buchwertkürzung bei EK kürzung bei EK kürzung bei EK

--

Grundsatz der Finanzierungsfreiheit laut BFH V. 5.2.1992

Einbeziehung bestimmter Personengesellschaften

-

Fremdfinanzierter Anteilskauf innerhalb des Konzerns

-

nein, allerdings nein, allerdings (eng begrenzt) (eng begrenzt) § 8a Abs. 5 Nr. 1 § 8a Abs. 5 Nr. 1 und2KStG und 2KStG

-

-

ja, bei Kapitalgesellschaft als Mitunternehmer (§ 8a Abs. 5 KStG) 1:1,5 Fremdvergleich möglich ja, § 8a Abs. 6 KStG zwingende vGA kein Fremdvergleich möglich

25

,....