Internationale private Streitschlichtung: Impulse für die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts [1 ed.] 9783428585090, 9783428185092

Ausgehend von dem Befund, dass die deutsche Justiz im Wettbewerb der Justizdienstleistungen sowohl im Vergleich zur Hand

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Internationale private Streitschlichtung: Impulse für die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts [1 ed.]
 9783428585090, 9783428185092

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Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Band 82

Internationale private Streitschlichtung Impulse für die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts

Von

Selina Domhan

Duncker & Humblot · Berlin

SELINA DOMHAN

Internationale private Streitschlichtung

Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Begründet von Professor Dr. Wolfgang Blomeyer † und Professor Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Band 82

Internationale private Streitschlichtung Impulse für die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts

Von

Selina Domhan

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Konstanz hat diese Arbeit im Jahre 2021 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0947-2452 ISBN 978-3-428-18509-2 (Print) ISBN 978-3-428-58509-0 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2021 vom Fachbereich Rechtswissenschaft an der Universität Konstanz als Dissertation angenommen. Sie befindet sich auf dem Stand April 2021. Die mündliche Doktorprüfung fand am 21. Juli 2021 bei den Referenten Professor Dr. Michael Stürner und Privatdozent Dr. Christoph Wendelstein statt. Mein herzlichster Dank gilt zunächst meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Michael Stürner, M. Jur. (Oxford), der bereits während des Jurastudiums meine Begeisterung für die rechtlichen Besonderheiten grenzüberschreitender Sachverhalte und mein Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten wecken konnte. Insbesondere danke ich ihm für seine jederzeitige Gesprächsbereitschaft und seine wertvollen Denkanstöße im Rahmen des Entstehungsprozesses der Arbeit. Der größte Teil der Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl. Meinem Zweitgutachter Herrn Privatdozent Dr. Christoph Wendelstein danke ich neben der Übernahme und der zügigen Erstellung des Zweitgutachtens vor allem dafür, dass er mir bereits während der Schreibphase stets als Ansprechpartner zur Verfügung stand und ich von seinen hilfreichen Hinweisen profitieren durfte. Dem Max Planck Institute Luxembourg for International, European and Regulatory Procedural Law danke ich für die großzügige Förderung durch das Guest Programme, in dessen Rahmen ich einen dreimonatigen Forschungsaufenthalt in Luxembourg verbringen durfte. Die Zeit am MPI war für mich in jeder Hinsicht bereichernd. Möglich wurde dieser Forschungsaufenthalt vor allem auch durch die Unterstützung meines Doktorvaters sowie von Frau Professorin Dr. Astrid Stadler, wofür ich beiden sehr dankbar bin. Der Verlagsleitung von Duncker & Humblot danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht“. Darüber hinaus möchte ich mich bei allen bedanken, die mich während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl begleitet und diese Zeit bereichert haben, dies gilt ganz besonders für Frau Jana Abt, Frau Julia Florian, Frau Sarah Jabri und Frau Friederike Pförtner. Meinem Freund Julius bin ich sehr dankbar für seine stetige Motivation und sein Verständnis insbesondere in der Endphase meiner Promotionszeit. Ganz besonderer Dank gilt schließlich meinen Eltern und meiner Schwester für ihren kontinuierlichen

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Vorwort

Zuspruch, ihre bedingungslose Unterstützung sowie ihren Rückhalt während des Entstehungsprozesses dieser Arbeit. Tübingen, im Oktober 2021

Selina Domhan

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung

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§ 1 Untersuchungsgegenstand und -ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 § 2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 A. Ein Wettbewerb für Justizdienstleistungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 B. Wettbewerb der Justizsysteme? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I. Nachfragerseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1. Möglichkeit der Wahl eines Gerichtsstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2. Kenntnis und Ausübung der Wahlmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3. Die Wahl beeinflussende Faktoren – Wettbewerbsparameter . . . . . . . . . . . 21 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 II. Anbieterseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1. Gesetzgeber als Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2. Battle of the brochures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3. International Commercial Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 C. Race to the top als Konsequenz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Kapitel 2 Darstellung der Situation in Deutschland: Gerichtsstandort Deutschland im Wettbewerb

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§ 1 Status quo: Bedeutungsverlust der deutschen Zivilgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 29 A. Fakten in Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Erklärungsversuche für den Bedeutungsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 I. Wahrnehmung der KfH: Flucht in die regulären Zivilkammern? . . . . . . . . . . 32 II. Abwanderung in die Schiedsgerichtsbarkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 III. Sachverhalte mit grenzüberschreitendem Bezug: Abwanderung ins Ausland? 38 1. Studien und Statistiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Wettbewerb der Gerichtssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3. Wettbewerb der Rechtssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

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Inhaltsverzeichnis C. Zusammenfassung: Handlungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

§ 2 Bisherige Initiativen zur Steigerung der Attraktivität des Rechts- und Justizstandorts Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 A. Legislativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 I. Bisherige Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 1. Modellprojekt Nordrhein-Westfalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Frankfurt am Main . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Hamburg und Baden-Württemberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4. Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 II. Gesetzentwurf zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen (KfiH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 1. Stand des Vorhabens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 a) Sprachbarriere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 aa) Sprachkenntnisse der Richter und Anwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 bb) Übersetzungsschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 b) Revisionsinstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 c) Erfordernis einer „internationalen Handelssache“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 d) Beitrag zur Rechtsfortbildung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3. Zwischenergebnis zum Modell der KfiH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 B. Akademisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 I. Herrmann Hoffmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 II. Rupprecht Podszun/Tristan Rohner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 III. Gerhard Wagner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 IV. Bewertung der Vorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 § 3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Kapitel 3 Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

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§ 1 Vorbild: Commercial Court of England and Wales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 B. Auswirkungen des Brexits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 § 2 Singapore International Commercial Court (SICC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 A. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 B. Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 I. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 II. Anwendbares Recht (insb. Beweisregeln) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

Inhaltsverzeichnis

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III. Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Gerichtssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Prozessvertretung durch ausländische Anwälte (Postulationsfähigkeit) . . . 68 3. Ausschluss der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 IV. Besetzung des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 V. Anerkennung und Vollstreckung der Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 § 3 International Chamber of the Paris Court of Appeal (ICCP-CA) . . . . . . . . . . . . . . . . 71 A. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 B. Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 I. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 II. Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 § 4 Netherlands Commercial Court (NCC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 A. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 B. Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 I. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 1. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Örtliche und sachliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 II. Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 III. Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 § 5 Brussels International Business Court (BIBC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 A. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 B. Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 I. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 II. Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 III. Gerichtsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 § 6 Zusammenfassung des Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Kapitel 4 Anforderungen an die Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

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§ 1 Erfahrung und Kompetenz der Handelsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 A. Staatliches Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

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Inhaltsverzeichnis B. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C. International Commercial Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

§ 2 Verfahrensdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 A. Staatliches Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 B. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 C. International Commercial Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 § 3 Flexibilität des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 A. Verfahrenssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 I. Staatliches Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 II. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 III. International Commercial Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B. Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 I. Staatliches Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 II. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 III. International Commercial Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 C. Ort des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 I. Staatliches Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 II. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 D. Wahl der Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 E. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 § 4 Kosteneffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 A. Vergleich staatliches Gerichtsverfahren und Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 97 B. International Commercial Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 § 5 Vertraulichkeit des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 A. (Nicht)Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Staatliches Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 B. Geheimhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 I. Staatliches Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 II. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 C. International Commercial Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 § 6 Beteiligung von Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 A. Staatliches Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

Inhaltsverzeichnis

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B. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 C. International Commercial Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 § 7 Einfache Vollstreckbarkeit der Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 A. Staatliches Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 B. Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 § 8 Neutralität des Forums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 § 9 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Kapitel 5 Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

116

§ 1 (Rechtspolitischer) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 § 2 Kompetenzgrundlage: EU-Kompetenz oder internes Abkommen der Mitgliedstaaten 118 A. EU-Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I. Art. 257 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 II. Art. 81 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 III. Völkerrechtliches Abkommen der Union (Art. 216 AEUV) . . . . . . . . . . . . . . 122 B. Internes Abkommen der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 § 3 Verhältnis zum Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 A. Verhältnis zum Unionsrecht: Beeinträchtigung der Unionsrechtsordnung? . . . . . . 125 B. Verhältnis zum EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 I. Notwendigkeit einer Vorlageberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Art. 267 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Gutachten C-1/91 (EWR I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Gutachten C-1/00 (GELR) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 c) Gutachten C-1/09 (GEPEUP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 d) Gutachten C-2/13 (EMRK II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 e) Urteil C-284/16 (Achmea) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 f) Gutachten C-1/17 (CETA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 II. Begründung einer Vorlageberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Begründung durch Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

12

Inhaltsverzeichnis 2. Begründung durch Art. 267 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Ein Europäisches Handelsgericht als Gericht i. S. des Art. 267 AEUV? 141 b) Ein Europäisches Handelsgericht als mitgliedstaatliches Gericht i. S. des Art. 267 AEUV? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) Vorlageberechtigung nationaler Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Vorlageberechtigung gemeinsamer Gerichte mehrerer Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 (1) EuGH Dior . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (2) EuGH Miles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (4) Exkurs: Einheitliches Patentgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (5) Europäisches Handelsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 III. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

§ 4 Wirkungen im nationalen Recht der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 A. Verfassungsrechtliche Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 I. Verbandskompetenz des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. Übertragung von Hoheitsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 2. Abgrenzung Art. 23 Abs. 1 und 24 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 II. Vertragsschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Vertragsverhandlungen und Vertragsunterzeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Innerstaatliches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 III. Wirkung im innerstaatlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 B. Strukturelle Ausgestaltung: Zentral oder dezentral? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 C. Verhältnis zu den mitgliedstaatlichen Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 § 5 Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 A. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 I. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1. Art. 25 Brüssel Ia-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Art. 26 Brüssel Ia-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 III. Örtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 IV. Lis pendens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 V. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1. Revisibilität ausländischen Rechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Möglichkeit des Rechtsmittelverzichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

Inhaltsverzeichnis

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B. Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 I. Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 1. Art. 3 Rom I-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Regelungsgehalt des Art. 3 Rom I-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Wählbarkeit nichtstaatlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 c) Relevanz der Wählbarkeit nichtstaatlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 2. Art. 14 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 II. Objektive Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 III. Ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 IV. Lücken in den Rom-Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Internationales Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2. Sonstige Probleme des IPR AT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 C. Besetzung des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 I. Auswahl und Qualifikation der Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 II. Bildung der Spruchkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 III. Gesetzlicher Richter, Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Formeller Gehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 b) Ausnahme: Wahl der Richter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 2. Materieller Gehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 D. Sonstige Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 I. Gerichtssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Englisch als Gerichtssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 2. Weitere Gerichtssprachen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 II. Prozessvertretung durch EU-Anwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 III. Vertraulichkeit des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Einschränkungen der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Geheimnisschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 IV. Beteiligung von Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 V. Elektronischer Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 VI. Weitere Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 1. Rückgriff auf bestehende Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) ELI/UNIDROIT European Rules of Civil Procedure . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Schaffung neuer Verfahrensregeln? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 E. Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 I. Vollstreckung innerhalb der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 1. Übereinkommen über die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts 195

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Inhaltsverzeichnis 2. Art. 36 ff. Brüssel Ia-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 a) Grundsatz der automatischen Anerkennung und Vollstreckbarkeit . . . . . 196 b) Versagungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 c) Abschaffung der ordre public-Kontrolle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 II. Vollstreckung außerhalb der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 1. Lugano-Übereinkommen (LugÜ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 b) Anerkennung und Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 2. Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (HGÜ) . . . . . 202 a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 c) Anerkennung und Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 d) Verhältnis zum Abkommen über die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts und zur Brüssel Ia-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 3. Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile (HAVÜ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 b) Anerkennung und Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 c) Verhältnis zum Abkommen über die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts, zur Brüssel Ia-VO und zum HGÜ . . . . . . . . . . . . . . . . 208

§ 6 Aktuelle Entwicklungen auf Unionsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 A. Studie und Bericht des Europäischen Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 B. Stellungnahme der Europäischen Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Zusammenfassung: Vorteile der Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

Kapitel 1

Einleitung § 1 Untersuchungsgegenstand und -ziel „Im Zeitalter der Globalisierung entsteht ein weltweiter Markt für Justizdienstleistungen.“1 Wenngleich eine Kategorisierung von Justizdienstleistung und Recht als Produkt auf den ersten Blick bemerkenswert erscheint2 (definiert doch das Recht grundsätzlich den Rahmen, innerhalb dessen Wettbewerbsverhalten stattfindet3), lässt sich bereits seit Jahrzehnten eine zunehmende Ökonomisierung des Rechts und der Streitbeilegung sowie die Entstehung eines Markts für Justizdienstleistungen beobachten. Speziell im internationalen Bereich werden verschiedenste Arten des Wettbewerbs diskutiert: ein Wettbewerb der Rechtsordnungen4, der Justizsysteme5, der Schiedsorte6 oder zwischen staatlicher und privater Streitschlichtung7, um nur einige Ausprägungen zu nennen. Während dem Wettbewerb der Rechtsordnungen bereits zahlreiche Abhandlungen gewidmet wurden,8 existiert zur Frage des Wett1

G.-P. Calliess/H. Hoffmann, AnwBl 2009, 52, 52. Eidenmüller, JZ 2009, 641, 641; ders., 18 Indiana Journal of Global Legal Studies 2011, 707, 707; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 1, 1. 3 Eidenmüller, JZ 2009, 641, 641; ders., 18 Indiana Journal of Global Legal Studies 2011, 707, 707; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 1, 1. 4 Monografisch Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt; s. auch Eidenmüller, JZ 2009, 641; ders., 18 Indiana Journal of Global Legal Studies 2011, 707; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 1; O’Hara/Ribstein, The Law Market; Rühl, 9 European Review of Contract Law 2013, 61; dies., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 287. 5 Dammann/Hansmann, A Global Market for Judicial Services; H. Hoffmann, Kammern für internationale Handelssachen; Themeli, Civil Justice System Competition in the European Union; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 227; G. Wagner, in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 347; ders., 62 Buffalo Law Review 2014, 1085; ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb. 6 Ausführlich Wilske, 1 Contemporary Asia Arbitration Journal 2008, 21; s. auch Drahozal, 24 International Review of Law and Economics 2004, 371. 7 S. nur O’Hara O’Connor, in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 427. 8 Vgl. die Nachweise in Kap. 1 Fn. 4. 2

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Kap. 1: Einleitung

bewerbs von Justizsystemen nur wenig und speziell zu den jüngsten Entwicklungen kaum deutschsprachige Literatur.9 Die vorliegende Arbeit setzt ihren Fokus auf die Darstellung der jüngsten Wettbewerbsaktivitäten im Bereich der internationalen Streitbeilegung und geht der Frage nach, welche Anforderungen ein Streitbeilegungsmechanismus erfüllen muss, um in diesem Wettbewerb bestehen zu können. Ziel der Arbeit ist es, unter Zugrundelegung der vorgefundenen Ergebnisse eine neue Form der Streitbeilegung durch Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts zu etablieren und damit eine weitere Ebene in den Wettbewerb der Justizsysteme zu integrieren. Vor diesem Hintergrund ergibt sich folgender Aufbau der vorliegenden Arbeit: Einleitend soll zunächst das Phänomen des Wettbewerbs von Justizdienstleistungen näher untersucht werden. Im zweiten Kapitel wird die Situation in Deutschland dargestellt und untersucht, ob eine Beilegung hochpreisiger Wirtschaftsstreitigkeiten mit grenzüberschreitendem Bezug in Deutschland für die beteiligten Akteure attraktiv erscheint. Das dritte Kapitel wagt einen vergleichenden Blick auf jüngste Wettbewerbsaktivitäten im Ausland mit Fokus auf Singapur, Frankreich, die Niederlande und Belgien. Im vierten Kapitel werden die Ergebnisse der ersten drei Kapitel gebündelt und die wichtigsten Anforderungen an die Attraktivität eines Streitbeilegungssystems aus Unternehmenssicht vorgestellt. In diesem Rahmen erfolgt eine Untersuchung, inwieweit staatliche Gerichte diese Anforderungen zu erfüllen geeignet sind, insbesondere unter vergleichender Betrachtung zur Schiedsgerichtsbarkeit. Das fünfte Kapitel zeigt auf, weshalb zur Befriedigung dieser Bedürfnisse zusätzlich ein Europäisches Handelsgericht eingerichtet werden sollte und gibt einen Überblick über die in diesem Zusammenhang besonders interessierenden Fragen. Von zentraler Bedeutung ist in diesem Rahmen die Frage, wie ein solches Gericht ausgestaltet sein muss, um den Anforderungen des Unionsrechts, sowie des deutschen Verfassungsrechts zu genügen. Eine zusammenfassende Betrachtung der gefundenen Ergebnisse schließt die Arbeit ab.

§ 2 Grundlagen A. Ein Wettbewerb für Justizdienstleistungen? Die Existenz eines Wettbewerbs für öffentliche Güter wurde erstmals 1965 durch Tiebout beschrieben10, wodurch er den Ausgangspunkt für die Diskussion über einen Wettbewerb für Rechts- und Justizdienstleistungen setzte. Ausgehend von Tiebouts 9 Jüngst vor allem G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb; auch H. Hoffmann, Kammern für internationale Handelssachen; Podszun/Rohner, Staatliche Gerichte für wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten stärken; Rühl, JZ 2018, 1073; M. Stürner, JZ 2019, 1122; A. Wolf, RIW 2019, 258. 10 Tiebout, 64 Journal of Political Economy 1965, 416.

§ 2 Grundlagen

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Prämisse wurde und wird das Vorliegen eines Wettbewerbs in verschiedensten Bereichen des Rechts sowie der Streitbeilegung beschrieben. Speziell im Bereich der Justiz ist ein Wettbewerb auf verschiedenen Ebenen denkbar11: zwischen gerichtlicher und außergerichtlicher Streitbeilegung; zwischen deutschen staatlichen Gerichten und den Gerichten fremder Staaten; innerhalb der deutschen staatlichen Justiz zwischen den verschiedenen Gerichtsbarkeiten sowie innerhalb einer Gerichtsbarkeit zwischen verschiedenen Gerichten.12 Diese Diskussion um die Existenz eines Wettbewerbs für Rechts- und Justizdienstleistungen wird in der Literatur unter dem Begriff des „institutionellen Wettbewerbs“13 oder „Systemwettbewerbs“14, in der englischsprachigen Literatur unter dem Begriff „regulatory competition“15 geführt. Im Folgenden soll näher untersucht werden, ob unter Zugrundelegung der vorgefundenen Parameter speziell im Bereich der Justiz tatsächlich ein solcher Wettbewerb stattfindet.

B. Wettbewerb der Justizsysteme? Wie soeben dargestellt, ist ein Wettbewerb der Justiz auf verschiedenen Ebenen denkbar. Die vorliegende Untersuchung soll sich indessen auf den externen Wettbewerb, d. h. in Konkurrenz zu ausländischen Jurisdiktionen beschränken. Auf die Schiedsgerichtsbarkeit wird an späterer Stelle zurückzukommen sein.16 Eine Untersuchung des externen Wettbewerbs stellt sich deshalb als besonders interessant dar, weil die Parteiautonomie hier eine besonders starke Ausprägung erfährt. Speziell in grenzüberschreitenden Wirtschaftsstreitigkeiten haben die Parteien umfangreiche Möglichkeiten zur Gestaltung ihrer Vertragsbeziehungen. Dies gilt insbesondere auch für die Wahl eines Streitbeilegungsmechanismus. Ob tatsächlich ein solcher externer Wettbewerb besteht, wird in der Literatur kontrovers diskutiert.17 Einheitlich werden indes die Voraussetzungen für einen Wettbewerb der Justizsysteme definiert: Erforderlich ist das Bestehen eines ent-

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Überblick bei Oebbecke, DÖV 2007, 177, 178 f. Oebbecke, DÖV 2007, 177, 178 f. 13 S. nur Kiwit/Voigt, in: Schenk/Schmidtchen/Streit (Hrsg.), Globalisierung, Systemwettbewerb und nationalstaatliche Politik, 313. 14 S. nur Streit, in: Zimmermann (Hrsg.), Ordnungspolitische Aspekte der europäischen Integration, 11. 15 S. nur Eidenmüller, 18 Indiana Journal of Global Legal Studies 2011, 707. 16 Vgl. die Darstellung in Kap. 4. 17 Dazu Themeli, Civil Justice System Competition in the European Union; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 227; G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085; ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb. 12

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Kap. 1: Einleitung

sprechenden Markts für Streitbeilegung mit mehreren Anbietern auf der einen, sowie Nachfragern auf der anderen Seite.18

I. Nachfragerseite Zunächst soll die Nachfragerseite genauer beleuchtet werden. Als Nachfrager in einem Wettbewerb um Justizdienstleistungen kommen einzig die Parteien eines potenziellen oder bereits entstandenen Rechtsstreits, sowie deren Rechtsberater in Betracht.19 Vorliegend soll der Fokus auf Rechtsstreitigkeiten zwischen grenzüberschreitende Transaktionen tätigende Unternehmen gelegt werden. 1. Möglichkeit der Wahl eines Gerichtsstands Erste Voraussetzung für einen Wettbewerb der Justizsysteme ist das Bestehen einer Wahlmöglichkeit, einer Möglichkeit zur Abwanderung auf Nachfragerseite.20 Insbesondere im Bereich grenzüberschreitender Transaktionen zwischen Unternehmen bestehen umfangreiche Freiheiten der beteiligten Akteure zur Wahl eines bestimmten Rechts sowie Gerichts. Gem. Art. 25 Brüssel Ia-VO21 können die Parteien eines Rechtsstreits unabhängig von ihrem Wohnsitz vereinbaren, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats der Union über diesen Rechtsstreit entscheiden sollen. Art. 25 Brüssel Ia-VO ermöglicht eine Wahl sowohl vor als auch nach Entstehen des jeweiligen Rechtsstreits. Insoweit ist jedoch festzustellen, dass der Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung wohl häufig ex ante, also vor Entstehen der Streitigkeit erfolgen wird.22 Ex post, also nach Entstehen der Streitigkeit, sind die Fronten meist derart verhärtet, dass ein Konsens nur äußerst schwer erreicht werden kann.23 18 Eidenmüller, 18 Indiana Journal of Global Legal Studies 2011, 707, 709; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 18; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 227, 231. 19 H. Hoffmann, Kammern für internationale Handelssachen, S. 45. 20 Eidenmüller, 18 Indiana Journal of Global Legal Studies 2011, 707, 709 f.; für die parallele Diskussion über einen Wettbewerb im Privatrecht Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt, S. 75 f.; Rühl, 9 European Review of Contract Law 2013, 61, 64. 21 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20. 12. 2012, S. 1). 22 G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1100; ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 45. 23 G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1100 f.; ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 45 f.

§ 2 Grundlagen

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2. Kenntnis und Ausübung der Wahlmöglichkeit Weitere Voraussetzung für einen Wettbewerb der Justizsysteme ist darüber hinaus die Kenntnis dieser Wahlmöglichkeit auf Nachfragerseite.24 Kenntnis bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur Kenntnis der bloßen Wahlmöglichkeit, sondern auch der Angebote anderer Anbieter: Nur wenn eine Kenntnis der bestehenden und in Betracht kommenden Angebote und Optionen besteht, können diese miteinander verglichen werden, um auf Grundlage dieses Vergleichs eine informierte und optimale Wahl für den jeweiligen Einzelfall zu treffen.25 Die Kenntnis aller Angebote, d. h. aller grundsätzlich in Betracht kommenden Justizsysteme ist freilich nicht möglich – dies kann bereits vorweggenommen werden. Einer derart umfassenden Kenntnis bedarf es jedoch gar nicht. Häufig werden ohnehin nur einige wenige Gerichtsstandorte in Betracht kommen, es lässt sich mithin bereits eine Vorauswahl treffen. Diese müssen sodann hinsichtlich ihrer Verfahrensordnungen miteinander verglichen werden. Die hierfür notwendige Informationsgewinnung wird in den meisten Fällen die Zwischenschaltung einer geeigneten Rechtsberatung erfordern.26 Die meisten der großen, international tätigen Kanzleien haben Standorte auf der ganzen Welt und können hierdurch eine für den jeweiligen Einzelfall optimale Beratung offerieren.27 Nicht zu unterschätzen sind indes die für die Informationsgewinnung anfallenden Kosten.28 Dies gilt umso mehr, wenn die Vereinbarung – wie üblich – ex ante getroffen wird.29 In diesem Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, wer im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung auf Kläger- bzw. Beklagtenseite stehen wird.30 Das Informationsdefizit ist ungleich höher als in der Situation ex post.31 Von diesen Transaktionskosten könnten potenzielle Nachfrager abgeschreckt werden.32 24 Dazu Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 19 ff.; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 227, 232 f.; für die parallele Diskussion über einen Wettbewerb im Privatrecht Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt, S. 84 f. 25 Dazu ausführlich Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 19 ff. 26 G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1092. 27 G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1150; ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 81. 28 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 22; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 227, 233; für die parallele Diskussion über einen Wettbewerb im Vertragsrecht Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt, S. 308 f.; Mankowski, RIW 2003, 2, 7. 29 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 22. 30 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 21 f.; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 227, 233; G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1100 f.; ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 45. 31 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 22; G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 45. 32 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 22; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 227, 234.

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Kap. 1: Einleitung

In der Konsequenz könnte dies dazu führen, dass die Parteien schlicht eine Wahl der Heimatgerichte präferieren.33 Speziell im Bereich grenzüberschreitender Transaktionen existiert jedoch häufig kein gemeinsames Heimatgericht der Parteien. Vermag keine der Parteien eine Wahl ihres Heimatgerichts gegenüber der anderen Partei durchzusetzen, so liegt die Wahl eines Gerichts eines dritten Staats nahe.34 Die beschriebene Unwissenheit in der Situation ex ante, also vor Entstehen des Rechtsstreits, führt des Weiteren dazu, dass die Parteien sich auf die Wahl eines effizienten Gerichts verständigen, das für beide Seiten attraktiv ist, unabhängig davon, ob sie sich später in der Kläger- oder Beklagtenrolle wiederfinden.35 Die für eine informierte Wahl anfallenden Kosten sind ohne Zweifel hoch – sie können jedoch möglicherweise sogar die anfallenden Kosten im Falle einer fehlenden Vereinbarung aufwiegen.36 Ob sich die Parteien tatsächlich von den Kosten für eine informierte Wahl abschrecken lassen, lässt sich pauschal nicht beantworten. Jedenfalls stellen sie kein generelles Wettbewerbshindernis auf Nachfragerseite dar. Schließlich muss ein Gebrauch der Beteiligten von der ihnen zustehenden Wahlmöglichkeit erfolgen. Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang die Ergebnisse einer britischen Studie des Oxford Institute of European and Comparative Law und des Oxford Centre for Socio-Legal-Studies (Oxford Civil Justice Survey)37, in deren Rahmen 100 europäische Unternehmen zu ihren Präferenzen in Bezug auf die Wahl eines geeigneten Forums sowie eines passenden Vertragsrechts für die Beilegung von Streitigkeiten befragt wurden. Die Möglichkeit der Wahl des Forums bei grenzüberschreitenden Transaktionen hielten 61 % der Befragten für „sehr wichtig“, 36 % für „wichtig“.38 Gefragt nach der Häufigkeit der Wahl eines fremden Forums, gaben 48 % der Befragten an „oft“, 42 % „gelegentlich“ ein fremdes Forum zu wählen.39 Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass sich die befragten Unternehmen ihrer Wahlmöglichkeiten durchaus bewusst sind und diese auch tatsächlich wahrnehmen.

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Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 23 f. Ostendorf/Kluth-Mahnken/Nossek, § 14 Rn. 263; G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 81; dazu auch Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 24 und 53; zur parallelen Diskussion eines Wettbewerbs der Rechtsordnungen H.-B. Schäfer/ Lantermann, in: Basedow/Kono (Hrsg.), An Economic Analysis of Private International Law, 87, 96 f.; zu dieser Erwartung auch Voigt, 5 Journal of Empirical Legal Studies 2008, 1, 10. 35 G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1119 ff.; ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 46 ff.; s. auch Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 26. 36 G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1100 f. weist darauf hin, dass die Transaktionskosten in der Situation ex ante deutlich niedriger sind als in der Situation ex post. 37 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008. 38 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 25. 39 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 25. 34

§ 2 Grundlagen

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3. Die Wahl beeinflussende Faktoren – Wettbewerbsparameter Um beurteilen zu können, ob tatsächlich ein Wettbewerb der Justizsysteme stattfindet, sollte eine Untersuchung der Faktoren, von denen sich die Beteiligten bei der Wahl eines für sie passenden Streitbeilegungsmechanismus leiten lassen, erfolgen.40 Auch an dieser Stelle erweisen sich die Ergebnisse der Oxford Civil Justice Survey als wertvoll. In deren Rahmen wurden die teilnehmenden Unternehmen gefragt, welche von einer Reihe aufgezählter Faktoren sie bei der Wahl eines Streitbeilegungsmechanismus für grenzüberschreitende Transaktionen berücksichtigten. Die Befragten gaben an, dass der wichtigste Faktor die Qualität der Richter und Gerichte sei.41 An zweiter Stelle nannten sie gerechte Ergebnisse, gefolgt von Korruptionsfreiheit, Vorhersehbarkeit der Ergebnisse und Schnelligkeit der Streitbeilegung.42 Bei den genannten Faktoren handelt es sich weit überwiegend um qualitative Faktoren. Daraus lässt sich schließen, dass die Qualität eine entscheidende Rolle bei der Auswahl eines geeigneten Streitbeilegungsmechanismus spielt. Dies legt wiederum nahe, dass im Vorfeld der Entscheidung tatsächlich ein Vergleich potenzieller Gerichtsorte angestellt wurde, um auf Grundlage dieses Vergleichs eine informationsbasierte Entscheidung zu treffen. Zu berücksichtigen gilt es freilich, dass diese Entscheidung in der Regel wohl nicht für jede einzelne Transaktion getroffen wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Unternehmen vorgefertigte Vertragsmuster einschließlich einer Standardklausel zum Gerichtsstand verwenden.43 Häufig wird diese Entscheidung zugunsten der Heimatgerichte ausfallen.44 Eine „Aktualisierung“ dieser Entscheidung findet sodann wohl eher selten statt.45 Gleichwohl spricht dieser Umstand nicht generell gegen die Existenz eines Wettbewerbs der Justizsysteme. Insbesondere in Fällen, in denen sich wirtschaftlich gleich starke Verhandlungspartner gegenüberstehen, von denen sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen keine Seite mit einer Wahl zugunsten der jeweiligen Heimatgerichte durchzusetzen vermag, werden sich beide Parteien über

40 Ausführlich zur Frage, inwieweit sich die Parteien bei ihrer Wahl von qualitativen Kriterien leiten lassen Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13 (insb. 22 ff. u. 76 ff.). 41 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 28. 42 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 28. 43 Kästle/Oberbracht, Unternehmenskauf, B. III. 19; Beispiele finden sich bei HöltersM. Weber, Handbuch Unternehmenskauf, Anhang A. 44 Ostendorf/Kluth-Mahnken/Nossek, § 14 Rn. 262; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 23 f.; entsprechend für die Rechtswahl zugunsten des vertrauten Heimatrechts Mankowski, FS Schäfer, 369, 370; H.-B. Schäfer/Lantermann, in: Basedow/Kono (Hrsg.), An Economic Analysis of Private International Law, 87, 96 f. 45 Dazu im Hinblick auf die Wahl des anwendbaren Rechts von Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht, § 1 Rn. 119; Mankowski, FS Schäfer, 369, 371.

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Kap. 1: Einleitung

mögliche andere Optionen informieren und schließlich auf dieser Grundlage eine gemeinsame, wohlüberlegte Entscheidung treffen.46 4. Zwischenergebnis Auf Seite der Nachfrager besteht ein Bedürfnis nach effizienter Streitbeilegung durch hochqualifizierte Richter und Gerichte, die den Gepflogenheiten des internationalen Handels Rechnung trägt. Die den Parteien einer grenzüberschreitenden Vertragsbeziehung durch Art. 25 Brüssel Ia-VO eingeräumte Wahlmöglichkeit in Form einer Gerichtsstandsvereinbarung wird wahrgenommen und auch ausgeübt. Wie häufig diese Wahl tatsächlich aufgrund von Qualitätskriterien erfolgt, kann nicht eindeutig festgestellt werden. Die Ergebnisse der Oxford Civil Justice Survey zeigen aber deutlich, dass die Wahl eines bestimmten Gerichts überwiegend auf Faktoren beruht, die tatsächlich als Qualitätskriterien einzuordnen sind.

II. Anbieterseite 1. Gesetzgeber als Anbieter Fraglich erscheint zunächst, welche Gewalt innerhalb des Staats als Anbieter von Justizdienstleistungen und damit als Teilnehmer des Wettbewerbs fungiert. Zu denken ist zunächst an die staatliche Justiz und ihre Richter, d. h. die rechtsprechende Gewalt. Insoweit ist jedoch zu konstatieren, dass es staatlichen Richtern schlicht am nötigen Anreiz für ein Wettbewerbsverhalten fehlt.47 Dies ist primär auf die verfassungsrechtlichen Garantien der Art. 97 und Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG sowie deren einfachgesetzliche Ausgestaltungen zurückzuführen, die die Unabhängigkeit sowie die Neutralität des Richters gewährleisten.48 Die Besoldung der Richter ist innerhalb der jeweiligen Besoldungsgruppe gleich und unabhängig davon, wie viel Zeit und Mühe der einzelne Richter in die Bearbeitung eines bestimmten Falles investiert.49 Zudem würde, ungeachtet dessen, dass die Parteien ohnehin lediglich beschränkten Einfluss auf die Bestimmung des zuständigen Richters haben, eine größere Nachfrage eines bestimmten Spruchkörpers bzw. Richters ein deutlich erhöhtes Arbeitspensum für diesen bedeuten.50 Auch in diesen Fällen würde kein finanzieller 46 Dazu Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 25 f., der der Idee eines Wettbewerbs eher kritisch gegenübersteht. 47 G. Wagner, in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 347, 387; ders., 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1129; ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 59. 48 G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 59. 49 G. Wagner, in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 347, 387; ders., 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1129. 50 G. Wagner, Prozeßverträge, S. 572 f.

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Ausgleich erfolgen.51 Ein Anreiz für ein Wettbewerbsverhalten ist allerdings unter dem Gesichtspunkt der Reputation denkbar.52 Dies zeigt sich beispielhaft an dem herausragenden Ruf, den die Patentkammern des LG Düsseldorf weit über deutsche Grenzen hinaus genießen.53 Die Reputation des jeweiligen Gerichts oder der jeweiligen Kammer bedeutet für die dort beschäftigten Richter zugleich berufliches Prestige.54 Die staatliche Justiz kommt somit als Anbieter von Justizdienstleistungen zwar grundsätzlich in Betracht. Jedoch steht auf der Anbieterseite primär der nationale Gesetzgeber, der durch Reformen und Anpassungen des nationalen (Prozess-)Rechts auf die (veränderten) Bedürfnisse der Nachfrager reagieren kann, um auf diese Weise eine Verbesserung des gesetzlichen Rahmens zu erreichen.55 Fraglich erscheint, ob für den Gesetzgeber überhaupt Anreize bestehen, in einen solchen Wettbewerb einzutreten. Diese Frage stellt sich insbesondere vor dem Hintergrund, dass jegliche Änderungen des geltenden (Prozess-)Rechts mit finanziellem Aufwand verbunden sind.56 Dementsprechend müssten Anreize bestehen, die den Aufwand wenigstens ausgleichen. Denkbar sind zunächst direkte finanzielle Anreize in Form von Gerichtsgebühren.57 Speziell internationale Handelsgeschäfte haben meist großvolumige Transaktionen zum Gegenstand. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung bedeutet dies häufig einen hohen Streitwert, aus dem sich die Gerichtsgebühr errechnet.58 Darüber hinaus ist auch an indirekte finanzielle Anreize zu denken. Von einer Wahl zugunsten der nationalen Gerichte eines Staats profitiert insbesondere die dortige Rechtsberatungsbranche.59 Durch die Anziehung von Streitigkeiten werden also Arbeitsplätze (im juristischen, aber auch im nicht-

51 G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 59 spricht insoweit vom „umgekehrten Anreiz, die Zahl der zu Gericht kommenden Rechtsstreitigkeiten zu beschränken“. 52 G. Wagner, in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 347, 387; ders., 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1129 f.; ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 60 f. 53 Schätzungen zufolge werden ca. 50 % der neuen Patentfälle in Europa vor deutschen Gerichten verhandelt (hiervon wiederum die meisten in Düsseldorf), dazu Juve, Patentprozesse: Düsseldorf hat die Nase vorn, https://www.juve.de/nachrichten/namenundnachrichten/2018/06/ patentprozesse-duesseldorf-hat-die-nase-vorn. 54 Zur Frage des beruflichen Prestiges G. Wagner, in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 347, 387 f.; ders., 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1129 f.; s. auch ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 60 f. 55 G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 62. 56 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 27; ders., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 227, 237. 57 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 30. 58 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 30. 59 Eidenmüller, JZ 2009, 641, 643; ders., 18 Indiana Journal of Global Legal Studies 2011, 707, 713; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 30; G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1131 f.

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Kap. 1: Einleitung

juristischen Bereich) geschaffen, was wiederum eine Erhöhung der Steuereinnahmen zur Folge hat.60 Nicht zu unterschätzen ist zudem die Reputation eines Staates als Rechts- und Wirtschaftsstandort.61 Dieses Ziel ist indes nur zu erreichen, wenn eine signifikante Zahl grenzüberschreitender Verfahren vor den heimischen Gerichten unter Anwendung des heimischen materiellen Rechts geführt wird. 2. Battle of the brochures62 Ausgangspunkt der jüngeren Wettbewerbsbemühungen auf Anbieterseite stellt die von der englischen Law Society im Jahr 2007 herausgebrachte Broschüre mit dem Titel „England and Wales – the jurisdiction of choice“63 dar. Mit Hilfe dieser Broschüre sollten die Vorzüge des englischen Rechts und Gerichtssystems gegenüber dem kontinentaleuropäischen Recht hervorgehoben werden.64 Das englische Recht sei vorhersehbar, transparent und flexibel; es unterstütze die Bedürfnisse des modernen Handels und räume der Vertragsfreiheit einen besonderen Stellenwert ein.65 Die englischen Gerichte beschäftigten Richter mit Erfahrung in internationalen Streitigkeiten, die Verfahren seien gründlich, aber dennoch verhältnismäßig im Hinblick auf die Verfahrenskosten und die Parteien profitierten von erstklassigen Rechtsberatern.66 Darüber hinaus biete London als Schiedsort ein neutrales Forum für internationale Streitigkeiten, Weltklasse-Schiedsrichter, Rechtsberater und Schiedsorganisationen, sowie einen klaren gesetzlichen Rahmen und rechtliche Unterstützung bei der Durchführung von Schiedsverfahren.67 Die deutsche Reaktion hierauf wurde Ende 2008 ebenfalls in Form einer Broschüre, herausgegeben durch die Berufsorganisationen, veröffentlicht und trägt den Titel „Law – Made in Germany“ (mittlerweile ist die Broschüre in der dritten Auflage verfügbar).68 Dieser Titel verleiht dem deutschen Recht das internationale Gütesiegel „Made in Germany“, welches weltweit hohes Ansehen genießt und als Synonym für hochwertige Qualitätsprodukte steht. Die Broschüre enthält erklärende Passagen zur 60 Eidenmüller, JZ 2009, 641, 643; ders., 18 Indiana Journal of Global Legal Studies 2011, 707, 713; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 30; G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1132. 61 Coester, in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 285, 285; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 28. 62 Begriff nach Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 30. 63 The Law Society, England and Wales: The jurisdiction of choice; aktuelle Ausgabe The Law Society, England and Wales: A world jurisdiction of choice. 64 Kritische Auseinandersetzung mit den in der Broschüre aufgestellten Thesen bei Triebel, AnwBl 2008, 305, 306 ff. 65 The Law Society, England and Wales: The jurisdiction of choice, S. 8. 66 The Law Society, England and Wales: The jurisdiction of choice, S. 9 ff. 67 The Law Society, England and Wales: The jurisdiction of choice, S. 15 ff. 68 Bundesnotarkammer et al., Law – Made in Germany.

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Funktionsweise des deutschen Rechtssystems, bewirbt dessen Vorzüge und nennt Gründe für eine Wahl zugunsten des deutschen Rechts und der deutschen Gerichte.69 Sie ist zweisprachig aufgebaut – alle Ausführungen wurden ins Englische übersetzt – und ist damit explizit auch an ausländische Unternehmen adressiert. Ergänzend wurde im Jahr 2011 eine Broschüre für kontinentales Recht in Kooperation mit den französischen Berufsorganisationen veröffentlicht, welche die Vorteile des Konzepts eines kodifizierten Rechts, das dem deutschen sowie dem französischen Recht zugrunde liegt, erneut unterstreicht.70 Durch die Veröffentlichung dieser Broschüren71 soll der Wettbewerb der Justizstandorte durch gezielte Werbung, durch Vermarktung des jeweiligen Rechts72 befeuert werden. Werden grenzüberschreitende Sachverhalte dem inländischen Recht unterstellt und vor inländischen Gerichten verhandelt, bedeutet dies immer auch Arbeit und damit Profit für die heimische Rechtsdienstleistungsbranche.73 Letztlich stehen hinter diesen Kampagnen somit vordergründig kommerzielle Interessen.74 3. International Commercial Courts Allein die Erstellung von Werbebroschüren kann schwerlich als ausreichendes Indiz für das Bestehen eines Wettbewerbsverhaltens auf Anbieterseite qualifiziert werden.75 Erforderlich ist darüber hinaus eine Bereitschaft des Gesetzgebers (als Anbieter), Änderungen und Anpassungen des geltenden (Prozess-)Rechts vorzunehmen, um auf die Bedürfnisse der Nachfragerseite zu reagieren.76 Tatsächlich lassen sich jüngst indes auch konkrete gesetzgeberische Maßnahmen beobachten. In Deutschland wurde im Jahr 2010 erstmals ein Entwurf zur Einführung von Kammer für internationale Handelssachen77 vorgelegt (ausführlich unten Kapitel 2). Der Gesetzentwurf spricht die Defizite des Gerichtsstandorts Deutschland offen an:

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Sehr kritisch zur Initiative „Law – Made in Germany“ Peter, JZ 2011, 939. Association des Juristes Français et Allemands et al., Kontinentales Recht. 71 Auseinandersetzung mit beiden Broschüren und Gegenüberstellung bei Kötz, AnwBl 2010, 1; s. auch ders., 18 European Review of Private Law 2010, 1243. 72 Kötz, AnwBl 2010, 1, 2; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 30 und 61. 73 C. A. Kern, Erasmus Law Review 2012, 187, 191 f.; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 30. 74 Triebel, AnwBl 2008, 305, 305. 75 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 74 f. 76 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 74 f.; für die parallele Diskussion über einen Wettbewerb im Vertragsrecht Rühl, 9 European Review of Contract Law 2013, 61, 73. 77 BR-Drs. 42/10. 70

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Kap. 1: Einleitung „Der Gerichtsstandort Deutschland leidet […] darunter, dass in § 184 GVG immer noch nur Deutsch als Gerichtssprache bestimmt ist. Ausländische Vertragspartner und Prozessparteien schrecken davor zurück, in einer fremden, für sie nur im Wege der Übersetzung indirekt verständlichen Sprache vor einem deutschen Gericht zu verhandeln. Das hat Auswirkungen nicht nur auf die Wahl des Gerichtsstandes, sondern auch auf die Frage der Rechtswahl. […] Die Begrenzung der Gerichtssprache auf Deutsch trägt damit dazu bei, dass bedeutende wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten entweder im Ausland oder vor Schiedsgerichten ausgetragen werden – zum Nachteil des Gerichtsstandortes Deutschland und deutscher Unternehmen.“78

Zwar verwendet der Entwurf den Begriff des Wettbewerbs nicht explizit; das Bestehen eines solchen Wettbewerbs wird jedoch implizit zum Ausdruck gebracht. Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Staaten wurden in den letzten Jahren verstärkt Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der heimischen Justizsysteme ergriffen. In den Niederlanden und Frankreich wurden kürzlich spezielle englischsprachige Kammern für die Beilegung von internationalen Handelsstreitigkeiten eingerichtet, in Belgien wurden ähnliche Pläne bekanntgegeben (dazu ausführlich unten Kapitel 3).

C. Race to the top als Konsequenz? Abschließend stellt sich die Frage, ob ein Wettbewerb von Justizsystemen tatsächlich wünschenswert erscheint. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob dieser Wettbewerb zu einem race to the top führt oder vielmehr ein race to the bottom, das wiederum ein regulierendes Eingreifen erforderlich machen würde, provoziert.79 Diese Problematik wird primär im Rahmen der Diskussion eines Wettbewerbs der (Privat-)Rechtsordnungen erörtert.80 Die Gefahr eines race to the bottom soll in diesem Zusammenhang dann drohen, wenn die Rechtswahl negative Effekte für Dritte oder den jeweiligen Vertragspartner bedeutet.81 Negative Effekte für den jeweiligen Vertragspartner könnten aus zwischen den Parteien bestehenden Infor-

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BR-Drs. 42/10, S. 1. G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 77; ausführlich für den Bereich des Vertragsrechts Rühl, 9 European Review of Contract Law 2013, 61, 80 ff. 80 Eidenmüller, JZ 2009, 641, 648 ff.; Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt, S. 67 ff.; Maultzsch, in: Kadelbach (Hrsg.), Wettbewerb der Systeme – System des Wettbewerbs in der EU, 47, 66 ff.; Rühl, 9 European Review of Contract Law 2013, 61, 78 ff.; dies., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 287, 289 ff. 81 Eidenmüller, JZ 2009, 641, 649 f.; Maultzsch, in: Kadelbach (Hrsg.), Wettbewerb der Systeme – System des Wettbewerbs in der EU, 47, 67; Rühl, 9 European Review of Contract Law 2013, 61, 84 f.; dies., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 287, 290 f. 79

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mationsasymmetrien resultieren.82 Infolge dieser Informationsasymmetrie sei die uninformierte Partei faktisch ebenfalls an der Rechtswahl nicht beteiligt.83 Probleme ergeben sich nach alledem dann, wenn die eine Rechtswahl tätigende Person oder das eine Rechtswahl tätigende Unternehmen eine ihr bzw. ihm günstige Rechtsordnung wählt, die zugleich Nachteile für an der Rechtswahl nicht beteiligte Dritte oder für die faktisch nicht beteiligte Partei bedeutet. Werden derartige Rechtsordnungen besonders häufig gewählt und sehen sich andere Staaten verleitet, infolgedessen eine Absenkung der Schutzstandards ihrer Rechtsordnungen vorzunehmen, um den Präferenzen der die Rechtswahl tätigenden Person oder dem die Rechtswahl tätigenden Unternehmen zu genügen, bedeutet dies langfristig ein race to the bottom.84 Unter Heranziehung dieser Überlegungen im Rahmen des Wettbewerbs von Justizsystemen steht ein race to the bottom infolge der Freiheit zum Abschluss von Gerichtsstandsvereinbarungen nicht zu befürchten. Dies gilt jedenfalls im Falle der Beteiligung grenzüberschreitend tätiger Unternehmen. Zwar sind Informationsasymmetrien grundsätzlich auch zwischen Unternehmen denkbar. Diesen ist jedoch – anders als bei der Beteiligung von Verbrauchern – ein Ausgleich möglicher Informationsdefizite zumindest zumutbar. Es wurde bereits festgestellt, dass sich die Parteien bei der Wahl eines Gerichts von qualitativen Kriterien (insb. Qualität der Richter und Gerichte, gerechte Ergebnisse sowie Freiheit von Korruption) leiten lassen. Gerichtssysteme, die diese Anforderungen nicht erfüllen, werden schlicht nicht gewählt. Soll sich dies ändern, ist eine Verbesserung der Qualität des jeweiligen Systems vonnöten. Demzufolge ist davon auszugehen, dass ein Wettbewerb der Justizsysteme „Anreize zur Verbesserung der Qualität von Streitbeilegungsmechanismen [setzt]“85 und damit ein race to the top auslöst.86 Ansätze eines solchen race to the top lassen sich bereits im Rahmen der eben beschriebenen Errichtung von sog. Commercial Courts in mehreren europäischen Staaten beobachten. Im Ergebnis ist ein durch gemeinsame Wahl der Parteien verursachter Wettbewerb der Justizsysteme daher zu begrüßen.87

82 Maultzsch, in: Kadelbach (Hrsg.), Wettbewerb der Systeme – System des Wettbewerbs in der EU, 47, 68 ff.; Rühl, 9 European Review of Contract Law 2013, 61, 85; dies., in: Eidenmüller (Hrsg.), Regulatory Competition in Contract Law and Dispute Resolution, 287, 291. 83 Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt, S. 70 f. spricht in diesem Zusammenhang davon, dass „die Beteiligung aus tatsächlichen Gründen […] nicht möglich ist“. 84 Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt, S. 70. 85 G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 77. 86 G. Wagner, 62 Buffalo Law Review 2014, 1085, 1143 f.; ders., Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 77. 87 G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 41 ff. weist darauf hin, dass ein unilateraler Wettbewerb dagegen zu einem race to the bottom führe.

28

Kap. 1: Einleitung

D. Zusammenfassung Aufgrund der vorgefundenen Ergebnisse ist von der Existenz eines Wettbewerbs der Justizsysteme auszugehen.88 Auf Nachfragerseite (insbesondere international tätige Unternehmen als Parteien eines Rechtsstreits) besteht ein Bedürfnis nach effizienter Streitbeilegung, auf Anbieterseite (nationaler Gesetzgeber) lässt sich ein entsprechendes Wettbewerbsverhalten beobachten. Insbesondere das Verhalten der Anbieter soll einer genaueren Untersuchung unterzogen werden. In den folgenden Kapiteln soll eine ausführliche Darstellung der gesetzgeberischen Maßnahmen auf Anbieterseite erfolgen. Hierbei soll in einem ersten Schritt der Fokus auf den nationalen Bereich, also Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers gelegt werden (Kapitel 2). In einem zweiten Schritt werden sodann die im Ausland getroffenen gesetzgeberischen Maßnahmen näher beleuchtet (Kapitel 3).

88 So auch G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 76 f.; a. A. Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 76 f.

Kapitel 2

Darstellung der Situation in Deutschland: Gerichtsstandort Deutschland im Wettbewerb § 1 Status quo: Bedeutungsverlust der deutschen Zivilgerichtsbarkeit A. Fakten in Zahlen „Der Zivilprozess vor dem Aus?“1 Mit dieser, zugegebenermaßen provokanten Frage machte Ministerialdirektorin im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Marie-Luise Graf-Schlicker im Jahr 2014 auf die seit Jahren rückläufigen Fallzahlen deutscher Zivilprozesse aufmerksam. Und tatsächlich, die Statistiken weisen bundesweit einen Rückgang der Erledigungszahlen der Amtsgerichte von 1.523.527 Erledigungen im Jahr 20042 auf 926.514 Erledigungen im Jahr 20193 aus, was einem prozentualen Rückgang von 39,19 % entspricht (vgl. Abbildung 1). Auch bei den Erledigungszahlen der Landgerichte ist in diesem Zeitraum ein Rückgang von 425.504 Erledigungen4 auf 341.481 Erledigungen5 zu verzeichnen. Die Landgerichte sehen sich also einem Verlust von 19,75 % ihrer Verfahren ausgesetzt (vgl. Abbildung 1). Besonders eklatant zeigt sich der Rückgang der Fallzahlen bei den Kammern für Handelssachen. Hier sanken die Erledigungen von 52.477 im Jahr 20046 auf 23.836 im Jahr 20197 und damit um 54,58 % (vgl. Abbildung 2).

1

Graf-Schlicker, AnwBl 2014, 573, 573. Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – S. 13. 3 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – S. 13. 4 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – S. 41. 5 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – S. 43. 6 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – S. 41. 7 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – S. 43. 2

Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2004, Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019, Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2004, Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019, Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2004, Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019,

30

Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

Auffallend ist, dass für die Landgerichte im Jahr 2019 seit langem wieder ein Zuwachs an Verfahren dokumentiert wurde. Dieser Zuwachs lässt sich möglicherweise mit der Klageflut im Rahmen der Dieselaffäre erklären.8 Dafür spricht, dass die Amtsgerichte nur einen kaum merklichen Zuwachs, die Kammern für Handelssachen gar erneut einen starken Rückgang zu verzeichnen hatten.

1600000

Erledigungszahl

1400000 1200000 1000000 800000 600000 400000 200000 0 2004

2006

2008

2010

2012

2014

2016

2018

Jahr AG

LG

Abbildung 1: Bundesweite Entwicklung der Erledigungszahlen der Amts- (AG)9 und Landgerichte (LG)10

8 Jedenfalls für das LG Stuttgart s. Jahrespressegespräch des Landgerichts Stuttgart, https: //landgericht-stuttgart.justiz-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Aktuelles/Pressegespraech+Landge richt+Stuttgart. 9 Die Zahlen für den Zeitraum 2004 und 2005 ergeben sich aus Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2005, S. 13, für den Zeitraum 2006 bis 2019 aus Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019, S. 12 f. 10 Die Zahlen für den Zeitraum 2004 und 2005 ergeben sich aus Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2005, S. 41, für den Zeitraum 2006 bis 2019 aus Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019, S. 42 f.

§ 1 Status quo: Bedeutungsverlust der deutschen Zivilgerichtsbarkeit

31

60000

Erledigungszahl

50000 40000 30000 20000 10000 0 2004

2006

2008

2010

2012

2014

2016

2018

Jahr

Abbildung 2: Bundesweite Entwicklung der Erledigungszahlen der Kammern für Handelssachen (KfH)11

Dieser Befund vermag auf den ersten Blick nicht so recht einzuleuchten. Sowohl national als auch international genießt die deutsche Justiz einen sehr guten Ruf. Der World Justice Project Rule of Law Index 202012, der die Einhaltung rechtstaatlicher Gebote in den Ländern dieser Welt basierend auf den Erfahrungen und Wahrnehmungen der Öffentlichkeit dokumentiert, listet Deutschland auf Platz sechs13, die deutsche Zivilgerichtsbarkeit im Besonderen sogar auf Platz vier weltweit.14 Und auch nationale Umfragen zeigen, dass die Bürger grundsätzlich großes Vertrauen in das deutsche Rechtssystem haben (66 % im Hinblick auf die Gerichte, 71 % im Hinblick auf die Gesetze).15 Dieses Vertrauen unterliegt zwar gewissen jährlichen Schwankungen, zeigt sich bei einer langjährigen Auswertung jedoch relativ stabil. Allerdings wird zunehmend die Überlastung der Gerichte (2010: 60 %, 2021: 74 %) und die daraus resultierende sehr lange Dauer der gerichtlichen Verfahren (2010: 74 %, 2021: 83 %) kritisiert.16 Dieser Eindruck bestätigt sich auch auf europäischer Ebene. Das jährliche EUJustizbarometer bietet objektive und vergleichbare Informationen über die Effizienz, Qualität und Unabhängigkeit der nationalen Justizsysteme der Mitgliedstaaten mit 11 Die Zahlen für den Zeitraum 2004 und 2005 ergeben sich aus Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2005, S. 41, für den Zeitraum 2006 bis 2019 aus Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019, S. 42 f. 12 World Justice Project, Rule of Law Index 2020. 13 World Justice Project, Rule of Law Index 2020, S. 16. 14 World Justice Project, Rule of Law Index 2020, S. 28. 15 Institut für Demoskopie Allensbach, Roland-Rechtsreport 2021, S. 10. 16 Institut für Demoskopie Allensbach, Roland-Rechtsreport 2021, S. 17.

32

Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

besonderem Fokus auf Zivil- und Handelssachen.17 Speziell im Bereich Effizienz konnte sich Deutschland lediglich im Mittelfeld platzieren.18 Als Indikatoren für die Effizienz der Verfahren wurden herangezogen: geschätzte Verfahrensdauer, Abschlussquote und Zahl der anhängigen Verfahren.19 Auffallend ist hierbei, dass sich bei langjähriger Auswertung ein Abwärtstrend abzuzeichnen scheint.

B. Erklärungsversuche für den Bedeutungsverlust Die genauen Gründe für den Rückgang der Fallzahlen liegen bisher weitgehend im Dunkeln.20 2020 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ein Forschungsvorhaben zur Untersuchung der Ursachen des Rückgangs der Eingangszahlen bei den Zivilgerichten in Auftrag gegeben.21 Zur Untersuchung und Systematisierung der bisher diskutierten Ursachen eignen sich verschiedene Herangehensweisen. Sinnvoll erscheint entweder eine Differenzierung nach Streitwerten oder nach Streitgegenständen. Für die Zwecke dieser Arbeit soll eine Untersuchung der aufgeworfenen Thesen im Hinblick auf die Entwicklung der bundesweiten Fallzahlen speziell vor den Kammern für Handelssachen genügen.

I. Wahrnehmung der KfH: Flucht in die regulären Zivilkammern? Die Kammern für Handelssachen sind spezielle Spruchkörper auf Ebene der Landgerichte, die bei Vorliegen einer Handelssache i. S. des § 95 GVG an die Stelle der regulären Zivilkammer treten (§ 94 GVG). Gegenüber den allgemeinen Zivilkammern weisen die Kammern für Handelssachen die Besonderheit auf, dass sie gem. § 105 GVG neben dem Vorsitzenden Richter mit zwei ehrenamtlichen Rich17 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, EU-Justizbarometer 2020, KOM(2020) 306 endg., S. 3. 18 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, EU-Justizbarometer 2020, KOM(2020) 306 endg., S. 13 ff. 19 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, EU-Justizbarometer 2020, KOM(2020) 306 endg., S. 12. 20 Zu möglichen Ursachen s. Höland/Meller-Hannich, in: Höland/Meller-Hannich (Hrsg.), Nichts zu klagen?, 11; Prütting, DRiZ 2018, 62; Rottleuthner, in: Höland/Meller-Hannich (Hrsg.), Nichts zu klagen?, 100; Schubert, in: Höland/Meller-Hannich (Hrsg.), Nichts zu klagen?, 21; C. Wolf, NJW 2015, 1656. 21 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, BMJV startet Forschungsvorhaben zum Rückgang zivilgerichtlicher Verfahren, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Arti kel/DE/2020/092520_Forschungsvorhaben_zivilgerichtliche_Verfahren.html.

§ 1 Status quo: Bedeutungsverlust der deutschen Zivilgerichtsbarkeit

33

tern, den sog. Handelsrichtern besetzt ist, von deren Expertise die Verfahrensbeteiligten profitieren sollen. Objektiv betrachtet, bietet die Kammer für Handelssachen mit der Einsetzung der Handelsrichter für die Parteien einer Handelsstreitigkeit somit Vorteile gegenüber der allgemeinen Zivilkammer am Landgericht, die gem. § 75 GVG mit drei Berufsrichtern besetzt ist, sofern nicht der Einzelrichter an Stelle der Kammer entscheidet. Die Praxis zeichnet indes ein abweichendes Bild. Gem. § 349 Abs. 2 und 3 ZPO besteht die Möglichkeit der Einzelrichterentscheidung, d. h. der Vorsitzende kann22 ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Handelsrichter entscheiden. Dazu muss entweder eine der Situationen des § 349 Abs. 2 ZPO vorliegen, andernfalls bedarf der Vorsitzende zur Alleinentscheidung der Ermächtigung durch die Parteien gem. § 349 Abs. 3 ZPO. Tatsächlich werden in der Praxis die meisten Urteile ohne Mitwirkung der Handelsrichter gefällt.23 Zwar fehlen offizielle Statistiken zu der Frage, wie viele Fälle hierbei auf § 349 Abs. 2, wie viele auf Abs. 3 entfallen; in der Literatur wird indes davon ausgegangen, dass von der Möglichkeit des § 349 Abs. 3 ZPO häufig Gebrauch gemacht wird,24 während § 349 Abs. 2 ZPO nur eine untergeordnete Rolle spielt.25 Ungeachtet dessen bleibt aber festzuhalten: Wenn die Verfahren vor der Kammer für Handelssachen weit überwiegend ohne Beteiligung der Handelsrichter entschieden werden, so stellt dies deren Existenz durchaus infrage. Darüber hinaus hat der Kläger die Möglichkeit, jede Handelssache vor der Zivilkammer anhängig zu machen, vgl. § 96 Abs. 1 GVG. Beantragt der Beklagte keine Verweisung an die KfH gem. § 98 Abs. 1 GVG, bleibt es bei der Zuständigkeit der Zivilkammer. Insbesondere ist diese zu einer Verweisung von Amts wegen nicht befugt, § 98 Abs. 3 GVG. Möglicherweise lässt sich der starke Rückgang der Fallzahlen vor den Kammern für Handelssachen mit einer entsprechenden Abwanderung in die regulären Zivilkammern erklären.26 Diese sind mit drei Berufsrichtern besetzt und häufig deutlich stärker spezialisiert als die Kammern für Handelssachen.27 Beispielhaft soll an dieser Stelle auf die national sowie international renommierten Patentkammern des LG Düsseldorf verwiesen werden.28 Demgegenüber erfolgt die Zuteilung der Handelsrichter auf die jeweiligen Verfahren meist nach Sitzungstagen.29 Eine Berücksichtigung der Fachkunde der Handelsrichter

22

Statt aller Wieczorek/Schütze-Büscher, ZPO § 349 Rn. 19 im Hinblick auf Abs. 2. Pardey, RpflStud 1993, 129, 131; S. Schulz, JuS 2005, 909, 911 f.; G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 202. 24 Stein/Jonas-Bartels, ZPO § 349 Rn. 33; Saenger-Kießling, ZPO § 349 Rn. 8; Lindloh, Der Handelsrichter und sein Amt, S. 40. 25 Windel, FS Graf-Schlicker, 153, 164. 26 C. Wolf, NJW 2015, 1656, 1659. 27 Podszun/Rohner, NJW 2019, 131, 134; C. Wolf, NJW 2015, 1656, 1659. 28 Podszun/Rohner, NJW 2019, 131, 134. 29 Lindloh, Der Handelsrichter und sein Amt, S. 30 f.; MüKoZPO-W. Zimmermann, GVG § 105 Rn. 4. 23

34

Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

(bereichsspezifische Zuteilung30) erfolgt in diesem Rahmen hingegen nur selten.31 Diese Beobachtungen legen den Schluss nahe, dass die Beteiligung der Handelsrichter längst nicht von allen Prozessbeteiligten als Vorteil angesehen wird. Vielmehr scheint ein Großteil der Parteien eines Handelsprozesses eine Entscheidung durch einen in Wirtschaftsstreitigkeiten erfahrenen, professionellen Juristen zu präferieren.32 Für eine solche Abwanderung würde auch der Umstand sprechen, dass der Verfahrensschwund bei den Kammern für Handelssachen beinahe doppelt so hoch zu Buche schlägt, wie bei den allgemeinen Zivilkammern. Eine zunehmende Abwanderung zu den regulären Zivilkammern erscheint daher zumindest denkbar.

II. Abwanderung in die Schiedsgerichtsbarkeit? Während die staatliche Zivilgerichtsbarkeit zunehmend an Bedeutung verliert, hat die Handelsschiedsgerichtsbarkeit seit einigen Jahren einen deutlichen Zuwachs an Fällen zu verzeichnen, insbesondere im Bereich hochpreisiger internationaler Handelsstreitigkeiten. Parteien grenzüberschreitender Handelsgeschäfte, entscheiden sich im Falle eines Rechtsstreits zunehmend für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit. Das zeigen die Verfahrenszahlen der großen Schiedsinstitutionen – hier der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS), der International Chamber of Commerce (ICC), des London Court of International Arbitration (LCIA) sowie des Singapore International Arbitration Centre (SIAC). Die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit hatte im Jahr 2004 87 Schiedsverfahren33 zu verzeichnen, im Jahr 2020 waren es bereits 16234 und damit knapp doppelt so viele. Die International Chamber of Commerce dokumentierte im selben Zeitraum einen Anstieg von 56135 auf 94636 Verfahren, was einem prozentualen Zuwachs von 41 % entspricht. Der London Court of International Arbitration 30

Fleischer/Danninger, ZIP 2017, 205, 208. Fleischer/Danninger, ZIP 2017, 205, 208 ff. befürworten ein sog. Matching-Verfahren, also eine Zuteilung der Handelsrichter zu den jeweiligen Fällen nach ihren speziellen Sachkenntnissen; zur Vorsicht mahnt hingegen Lindloh, Der Handelsrichter und sein Amt, S. 31 f. 32 G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 203. 33 Für das Jahr 2004 findet sich auf der Homepage der DIS keine Verfahrensstatistik, jedoch lässt sich die Verfahrenszahl für 2004 der Statistik für das Jahr 2005 entnehmen, s. Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit, Statistik 2005, S. 1. 34 Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit, Verfahrenseingänge 2020, https://www. disarb.org/ueber-uns/unsere-arbeit-in-zahlen. 35 Die Fallzahlen für das Jahr 2004 sind aus dem Abstract des 2004 Statistical Report ersichtlich, s. International Chamber of Commerce, Statistical Reports, https://library.iccwbo.org/ dr-statisticalreports.htm. 36 International Chamber of Commerce, ICC announces record 2020 caseloads in Arbitration and ADR, https://iccwbo.org/media-wall/news-speeches/icc-announces-record-2020-ca seloads-in-arbitration-and-adr/. 31

§ 1 Status quo: Bedeutungsverlust der deutschen Zivilgerichtsbarkeit

35

registrierte in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt 191 Schiedsverfahren37, im Jahr 2020 waren es 444.38 Und auch die Verfahrenszahlen des Singapore International Arbitration Centre haben in diesem Zeitraum einen erheblichen Zuwachs erfahren: Im Jahr 2004 wurden 7839, im Jahr 2020 1.08040 Schiedsverfahren anhängig gemacht. Freilich ist zu berücksichtigen, dass hier lediglich die vor institutionellen Schiedsgerichten geführten Verfahren gelistet werden können. Unbekannt ist die Zahl der Verfahren vor Gelegenheitsschiedsgerichten, da diese weder registriert noch anderweitig statistisch erfasst werden. Wie hoch die Dunkelziffer dieser Ad-hocSchiedsverfahren tatsächlich ist, lässt sich nur schätzen.41 Die zunehmende Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit wird ebenfalls durch mehrere im Rahmen eines Forschungsprojekts von PricewaterhouseCoopers in Zusammenarbeit mit der Europa-Universität Vadrina Frankfurt (Oder) zur Untersuchung des Konfliktmanagements deutscher Unternehmen veröffentlichte Studien untermauert. Für die Zwecke dieser Arbeit sind primär die Ausgangsstudie aus dem Jahr 200542 und die Abschlussstudie aus dem Jahr 201643 von Relevanz. Die Studie aus dem Jahr 2005 stellt eine vergleichende Betrachtung von Konfliktbearbeitungsverfahren an. Zu diesem Zweck wurden 960 Unternehmen, von denen sich tatsächlich 158 beteiligt haben, über die Anwendung von Konfliktbearbeitungsverfahren befragt. Besonders aufschlussreich ist die neueste Studie aus dem Jahr 2016, weil sie die Ergebnisse der Ausgangsstudie aus dem Jahr 2005 aufgreift und die Entwicklungen während des seit der ersten Studie verstrichenen Jahrzehnts aufzeigt. Während 2005 die befragten Unternehmen das Gerichtsverfahren noch als zweithäufigstes Mittel der Streitbeilegung (nach der einfachen Verhandlung) angaben44, rutschte das Gerichtsverfahren im Jahr 2015 auf Platz vier, nach Verhandlung, Schlichtung und Mediation ab.45 Nebenbei bemerkt teilt es diesen vierten Platz mit dem Schieds(gerichts)verfahren und dem Schiedsgutachten. Ein Vergleich der Zahlen von 2005 und 2015 zeigt also, dass die Beliebtheit sowie die Nutzung au37

London Court of International Arbitration, Director-General’s Review of 2004, S. 2. London Court of International Arbitration, Record number of LCIA Cases in 2020, https: //www.lcia.org/News/record-number-of-lcia-cases-in-2020.aspx. 39 Für das Jahr 2004 findet sich auf der Homepage des SIAC keine Verfahrensstatistik, jedoch lässt sich die Verfahrenszahl für 2004 der Statistik für das Jahr 2010 entnehmen, s. Singapore International Arbitration Centre, Annual Report 2010, S. 3. 40 Singapore International Arbitration Centre, Annual Report 2020, S. 4. 41 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 112 vermutet, dass „jedenfalls nicht mehr als 1000 Fälle pro Jahr eingeleitet werden“ . 42 PwC/EUV, Commercial Dispute Resolution – Konfliktbearbeitungsverfahren im Vergleich. 43 PwC/EUV, Konfliktmanagement in der deutschen Wirtschaft – Entwicklungen eines Jahrzehnts. 44 PwC/EUV, Commercial Dispute Resolution – Konfliktbearbeitungsverfahren im Vergleich, S. 7. 45 PwC/EUV, Konfliktmanagement in der deutschen Wirtschaft – Entwicklungen eines Jahrzehnts, S. 37 f. 38

36

Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

ßergerichtlicher Streitbeilegungsmechanismen steigen. Es steht zu vermuten, dass sich dieser Trend in den nächsten Jahren wohl noch fortsetzen wird. Als Gründe für die Wahl außergerichtlicher Verfahren wurden insbesondere die Unternehmensphilosophie, die Minimierung von Kosten sowie die Garantie von Vertraulichkeit genannt.46 Die Studie aus dem Jahr 200747 macht sodann auch deutlich, worin die Nachteile eines staatlichen Gerichtsverfahrens aus Unternehmenssicht liegen: Unter Auswertung der Befragungen kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass Verfahren vor ordentlichen Gerichten als langsam, langatmig, zeitaufwändig, schwerfällig oder schleppend charakterisiert, das deutsche Gerichtssystem als teuer und ineffizient beschrieben würden.48 Die Studie hebt zudem hervor, dass die mangelnde Flexibilität und der große Formalismus von Gerichtsverfahren sowie das mangelnde Detailwissen und der fehlende technische Sachverstand von Richtern an staatlichen Gerichten, insbesondere hinsichtlich spezialisierter Branchen, negativ bewertet würden.49 Die fachliche Kompetenz des Richters beeinflusse den Ausgang eines Gerichtsverfahrens ganz maßgeblich.50 Die Qualität der Urteilsfindung und die Effektivität des Richters würden aus Sicht der Befragten sehr vom Zufall abhängen.51 Bestätigt werden diese Annahmen zudem auch durch die Ergebnisse der Oxford Civil Justice Survey. 63 % der Befragten gaben an, bei grenzüberschreitenden Sachverhalten das Schiedsverfahren dem staatlichen Gerichtsverfahren vorzuziehen.52 Auf die Frage, aus welchen Gründen sie die Schiedsgerichtsbarkeit bevorzugten, nannte die große Mehrzahl der Befragten (63 %) die Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens, gefolgt von dessen Schnelligkeit (21 %).53 Die neueste Studie zur Entwicklung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit (International Arbitration Survey)54 wurde von der School of International Arbitration at Queen Mary University of London in Zusammenarbeit mit White & Case LLP durchgeführt. Die Ergebnisse der Umfrage stützen sich auf 922 Fragebogenantworten und 142 persönliche oder telefonische Interviews.55 Teilnehmer der Studie waren Unternehmensjuristen, Anwälte, Vertreter von Schiedsinstitutionen und 46

PwC/EUV, Konfliktmanagement in der deutschen Wirtschaft – Entwicklungen eines Jahrzehnts, S. 40 f. 47 PwC/EUV, Praxis des Konfliktmanagements deutscher Unternehmen. 48 PwC/EUV, Praxis des Konfliktmanagements deutscher Unternehmen, S. 14. 49 PwC/EUV, Praxis des Konfliktmanagements deutscher Unternehmen, S. 14 f. 50 PwC/EUV, Praxis des Konfliktmanagements deutscher Unternehmen, S. 15. 51 PwC/EUV, Praxis des Konfliktmanagements deutscher Unternehmen, S. 15. 52 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 45. 53 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 46. 54 Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey. 55 Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey, S. 41.

§ 1 Status quo: Bedeutungsverlust der deutschen Zivilgerichtsbarkeit

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Schiedsrichter weltweit.56 Nach ihrer bevorzugten Methode zur Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten gefragt, gaben 97 % der Befragten die Schiedsgerichtsbarkeit als Streitbeilegungsmechanismus der Wahl an (davon 49 % in Verbindung mit ADR).57 Auf die Frage, welche Merkmale der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit die Befragten am meisten schätzten, wurde am häufigsten die Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen gewählt (64 %), dicht gefolgt von der Vermeidung bestimmter Rechtssysteme bzw. nationaler Gerichte (60 %).58 Ebenfalls wichtig war den Befragten Flexibilität (40 %) und die Möglichkeit der Parteien zur Wahl der Schiedsrichter (39 %), sowie Vertraulichkeit (36 %).59 Der Aufschwung der Handelsschiedsgerichtsbarkeit darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die absoluten Verfahrenszahlen im Vergleich zu denen vor staatlichen Gerichten gering sind, weshalb die wachsende Zahl von Schiedsverfahren nicht als Erklärung für den allgemeinen Bedeutungsverlust der Ziviljustiz dienen kann.60 Zudem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die großen Schiedsorganisationen nicht nur mit der deutschen staatlichen Justiz, sondern mit staatlichen Gerichten weltweit konkurrieren.61 Diskutiert werden indes sektorale Abwanderungen insbesondere im Bereich der M&A-Transaktionen.62 Tatsächlich finden sich dazu (insbesondere zum Unternehmenskauf) nur wenige veröffentlichte Entscheidungen (insbesondere oberer) staatlicher Gerichte.63 Das liegt einerseits daran, dass in derartigen Verträgen besonders häufig Schiedsklauseln vereinbart werden.64 Andererseits werden staatliche Gerichtsverfahren, die Streitigkeiten in Zusammenhang mit M&A-Transaktionen zum

56 Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey, S. 41. 57 Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey, S. 5. 58 Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey, S. 7. 59 Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey, S. 7. 60 Gaier, NJW 2016, 1367, 1367; ders., in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Post-M&ASchiedsverfahren, 61, 63; Poseck, FS Landau, 561, 570; C. Wolf, NJW 2015, 1656, 1657. 61 Podszun/Rohner, BB 2018, 450, 451; C. Wolf, NJW 2015, 1656, 1657. 62 Dazu Gaier, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Post-M&A-Schiedsverfahren, 61, 67 f.; Zöller-Geimer, ZPO Vor §§ 1025 – 1066 Rn. 6; R. Wolff, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), PostM&A-Schiedsverfahren, 73 ff. 63 Duve/Keller, SchiedsVZ 2005, 169, 172 f.; Louven/Mehrbrey, NZG 2014, 1321; K. Sachs, SchiedsVZ 2004, 123, 124. 64 Nach Schätzungen von Drude, SchiedsVZ 2017, 224, 225 enthalten 60 – 90 % der M&AVerträge in Deutschland eine Schiedsklausel; aus der Studie von CMS, European M&A Study 2021, S. 82 ergibt sich, dass im Jahr 2020 35 % der M&A-Verträge in deutschsprachigen Ländern eine Schiedsklausel enthielten.

38

Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

Gegenstand haben, wohl häufig mit Vergleich beendet.65 Wenngleich also im M&ABereich besonders häufig Schiedsklauseln vorgesehen sind, so kann auch hier nicht von einer regelrechten Verdrängung staatlicher Gerichte gesprochen werden.66 Gleichwohl zeigen die Fallzahlen der großen Schiedsinstitutionen in Zusammenschau mit den Ergebnissen der dargestellten Studien eine zunehmende Bedeutung der (internationalen) Schiedsgerichtsbarkeit, insbesondere bei der Beilegung grenzüberschreitender Handelsstreitigkeiten. Die zunehmende globale Verflechtung im Wirtschaftssektor dürfte den Trend hin zur Schiedsgerichtsbarkeit noch verstärken.67

III. Sachverhalte mit grenzüberschreitendem Bezug: Abwanderung ins Ausland? Gesonderter Betrachtung bedürfen Sachverhalte mit grenzüberschreitenden Elementen. Diese Fälle zeichnen sich durch die Besonderheit aus, dass nicht nur die Schiedsgerichtsbarkeit, sondern auch die Streitbeilegungs- und Rechtssysteme anderer Länder zur deutschen staatlichen Justiz in Konkurrenz treten.68 Dies resultiert daraus, dass den Parteien einer grenzüberschreitenden vertraglichen oder außervertraglichen Beziehung innerhalb der Union umfangreiche Möglichkeiten zur Wahl eines bestimmten Rechts (Art. 3 Rom I-VO69 und Art. 14 Rom II-VO70) oder Gerichts (Art. 25 Brüssel Ia-VO) offeriert werden. Aufgrund dessen wird eine zunehmende Abwanderung von grenzüberschreitenden Verfahren ins Ausland diskutiert. Nachfolgend sollen die zwei primär für eine solche Abwanderung verantwortlich gemachten Hauptgründe näher untersucht werden. Zunächst lohnt sich jedoch ein Blick auf einschlägige Studien und Statistiken, um zu überprüfen, ob dem Gerichtsstandort Deutschland sowie dem deutschen Recht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten tatsächlich eine derart geringe Bedeutung zukommt wie häufig behauptet.

65 Louven/Mehrbrey, NZG 2014, 1321, 1321; s. auch Gropp-Stadler/J. K. Schäfer, BRAKMitt. 2017, 161, 163. 66 So wohl auch R. Wolff, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Post-M&A-Schiedsverfahren, 73, 74 f. 67 H. Hoffmann, SchiedsVZ 2010, 96, 101. 68 Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 93. 69 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177 vom 4. 7. 2008, S. 6). 70 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (ABl. L 199 vom 31. 7. 2007, S. 40).

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1. Studien und Statistiken Aufschlussreich sind in diesem Rahmen zunächst die Ergebnisse der Oxford Civil Justice Survey. Auf die Frage, welches Forum bei grenzüberschreitenden Transaktionen die Befragten bevorzugten, wählten 17 % England, 12 % Italien und 10 % Deutschland.71 Könnten die Befragten eine Wahl ihrer Heimatgerichte nicht durchsetzen, würden sie in 19 % vor schweizerische, in 14 % vor englische, in 13 % vor französische und in 10 % vor deutsche Gerichte ziehen.72 Noch deutlicher fielen die Ergebnisse auf die Frage aus, welches Forum aus Sicht der Befragten im Rahmen grenzüberschreitender Transaktionen insgesamt am häufigsten gewählt werde. 38 % der Befragten gaben hier England als das aus ihrer Sicht am häufigsten gewählte Forum an; auf Deutschland entfielen lediglich 3 %.73 Auf dieselbe Frage im Hinblick auf die Wahl des anwendbaren Vertragsrechts gaben 59 % der Befragten das englische Vertragsrecht als das nach ihrer Meinung am häufigsten angewendete Vertragsrecht an; lediglich 2 % der Befragten hielten das deutsche Vertragsrecht für das meist angewendete Vertragsrecht.74 Als bevorzugtes Vertragsrecht bei grenzüberschreitenden Transaktionen gaben 21 % das englische Vertragsrecht und 16 % das deutsche Vertragsrecht an.75 Auf die Frage, welches Vertragsrecht die Befragten bevorzugen würden, wenn sie ihr heimisches Recht nicht durchsetzen könnten, präferierten 28 % schweizerisches Recht, 23 % englisches Recht und lediglich 12 % deutsches Recht.76 Ein Blick in die Statistik des ICC für das Jahr 2019 offenbart ein ähnliches Bild: In 88 % aller Verfahren enthielten die Vertragsbestimmungen eine Rechtswahlklausel.77 Davon entfielen 16 % auf englisches Recht als meistgewähltes Recht, gefolgt von schweizerischem Recht (12 %).78 Das deutsche Recht taucht in der Statistik gar nicht auf. Unter Auswertung der Studien und Statistiken zeigt sich eine deutliche Dominanz des englischen und schweizerischen Rechts sowie deren Gerichte. Der deutsche Gerichtsstandort und das deutsche Recht scheinen im internationalen Vergleich hingegen nicht besonders häufig gewählt zu werden.79 Im Folgenden soll eine mögliche Erklärung für die fehlende Attraktivität des deutschen Rechts sowie deutscher Gerichte versucht und hierbei zwischen einerseits 71 72 73 74 75 76 77 78 79

Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 26. Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 26. Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 27. Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 16. Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 14. Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 15. International Chamber of Commerce, Dispute Resolution 2019 Statistics, S. 15. International Chamber of Commerce, Dispute Resolution 2019 Statistics, S. 15. Dreesen/L. Hoffmann, KritV 2011, 194, 206; Stubbe, ZRP 2010, 195 f.

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Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

im Verfahrensrecht und andererseits im materiellen (Vertrags-)Recht angelegten Gründen differenziert werden. 2. Wettbewerb der Gerichtssysteme Wie bereits dargelegt80, findet ein Wettbewerb der Justizsysteme statt. Möglicherweise sind die Gründe für eine Meidung deutscher Zivilgerichte daher im deutschen Verfahrensrecht zu suchen. Grundsätzlich ist den Parteien eines Vertragsverhältnisses anzuraten, dieses möglichst einheitlich im Hinblick auf Sprache und Recht auszugestalten: Der Idealfall sieht eine Kongruenz von Vertragssprache, Vertragsstatut und Verfahrenssprache vor.81 Auf diese Weise wird insbesondere gewährleistet, dass der im Konfliktfall zuständige Richter über das ihm bekannte Heimatrecht in seiner Muttersprache verhandeln kann.82 Bei grenzüberschreitenden Transaktionen kann eine solch umfassende Kongruenz indes meist nicht erreicht werden.83 In diesen Fällen gilt es, zumindest weitgehend für eine Übereinstimmung der genannten Parameter zu sorgen. Insbesondere sollte ein Gleichlauf von forum und ius hergestellt werden.84 Soll also bspw. deutsches Recht zur Anwendung gelangen, empfiehlt es sich die Zuständigkeit deutscher Gerichte zu vereinbaren. Speziell Verträge zwischen Vertragspartnern unterschiedlicher Herkunft (aber zunehmend auch rein innerdeutsche Vertragsverhältnisse85) werden häufig in englischer Sprache abgefasst.86 Dann besteht zwar eine Kongruenz im Hinblick auf Recht und Forum, nicht aber im Hinblick auf die Vertragssprache. In diesen Fällen empfiehlt es sich, für einen Gleichlauf von Vertragssprache und Verfahrenssprache zu sorgen, um aufwendige Übersetzungen zu vermeiden.87 Wird also ein in englischer Sprache verfasster Vertrag Gegenstand eines Verfahrens vor deutschen Gerichten unter Geltung deutschen Rechts, so ist es für die Beteiligten von Vorteil, wenn zumindest Dokumente in englischer Sprache ohne Übersetzung eingereicht und die mündliche Verhandlung in Englisch geführt werden können. Hier könnte ein Problem des deutschen Prozessrechts liegen: Gemäß § 184 S. 1 GVG ist die Gerichtssprache deutsch. Ausnahmen hiervon sind nur in engen Grenzen möglich. § 185 Abs. 1 GVG sieht grundsätzlich die Zuziehung eines Dolmetschers für den Fall vor, dass unter Beteiligung von Personen verhandelt wird, die der 80

Vgl. Kap. 1 § 2. Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 683. 82 Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 683. 83 Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 684. 84 Döser, JuS 2000, 663, 664; Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 695. 85 Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 6. 86 Moes, Vertragsgestaltung, Rn. 507; Triebel/Balthasar, NJW 2004, 2189, 2189; Triebel/ Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 1 ff. 87 Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 704. 81

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deutschen Sprache nicht mächtig sind. Diese Zuziehung kann gem. § 185 Abs. 2 GVG unterbleiben, wenn die beteiligten Personen sämtlich der fremden Sprache mächtig sind. Verfahren vor deutschen Gerichten werden somit grundsätzlich in deutscher Sprache abgehalten. Haben die Parteien ihren Vertrag in englischer Sprache abgefasst, so liegt in diesen Fällen die Wahl eines Gerichtsstands nahe, der die Möglichkeit des Prozessierens in englischer Sprache offeriert, um den aus einem Auseinanderfallen von Vertragssprache und Verfahrenssprache resultierenden Friktionen vorzubeugen. Wenn tatsächlich eine Abwanderung von Verfahren ins Ausland wegen der deutschen Verfahrenssprache stattfinden sollte, wäre dies als Ausdruck des Wettbewerbs der Justizsysteme zu bewerten. In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass innerhalb Europas nur vor wenigen Gerichten in englischer Sprache verhandelt werden kann.88 Insbesondere in der – für internationale Handelsstreitigkeiten als attraktiv geltenden – Schweiz ist Englisch als Verfahrenssprache derzeit (noch) nicht verfügbar.89 Die Ergebnisse der Oxford Civil Justice Survey zeigen darüber hinaus, dass die Parteien bei der Wahl eines geeigneten Forums primär andere Faktoren in Erwägung ziehen. Auf die Frage, welche von einer Reihe aufgezählter Faktoren die teilnehmenden Unternehmen bei der Wahl eines Streitbeilegungsmechanismus für grenzüberschreitende Transaktionen berücksichtigten, gaben diese die Sprache erst an achter Stelle hinter Qualität der Richter und Gerichte, gerechte Ergebnisse, Korruption, Vorhersehbarkeit der Ergebnisse, Schnelligkeit der Streitbeilegung, Vertragsrecht und Schiedsgerichtsbarkeit an.90 Vor diesem Hintergrund erscheint es zwar denkbar, dass Parteien vereinzelt wegen der fehlenden Möglichkeit einer Prozessführung in englischer Sprache vor deutschen Gerichten in fremde Jurisdiktionen abwandern. Dass dieses Phänomen jedoch in nennenswertem Umfang auftritt, erscheint eher unwahrscheinlich. 3. Wettbewerb der Rechtssysteme Daneben sind aber auch Regelungen des materiellen Rechts als Ursache für eine Abwanderung denkbar. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Wahl eines bestimmten Rechts sehr häufig mit einer entsprechenden Wahl des zugehörigen Gerichtsstandorts einhergeht.91 Es besteht insofern eine Konnexität. Eine Abwahl des deutschen Rechts bedeutet dementsprechend sehr häufig auch eine Abwahl des deutschen Gerichtsstandorts und umgekehrt. Ein Gleichlauf von forum und ius ist für 88

Zu den neuesten Entwicklungen s. Kapitel 3. Zu entsprechenden Überlegungen s. Lein, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 115. 90 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 28. 91 F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 54 f.; diese Kongruenz wird im Rahmen der Vertragsgestaltung jedenfalls auch empfohlen, s. Triebel/ Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 695. 89

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Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

die Parteien insofern von Vorteil, als das prorogierte Gericht sein vertrautes Heimatrecht anwenden kann.92 Damit wird in der Regel eine schnellere und kostengünstigere Beilegung der Streitigkeit möglich sein, insbesondere weil keine Gutachten zum fremden Recht eingeholt werden müssen.93 Ob tatsächlich die Wahl des Gerichtsstands der Wahl des anwendbaren Rechts folgt oder umgekehrt, ist nicht abschließend geklärt.94 Sollte die Wahl des Gerichtsstands der Wahl des anwendbaren Rechts folgen, so könnten auch Gründe im materiellen deutschen Recht für eine Abwanderung von Streitigkeiten verantwortlich sein. Dies wäre dann der Fall, wenn im Vertragsrecht ein Wettbewerb der Rechtsordnungen stattfindet und bejahendenfalls das deutsche Recht in diesem Wettbewerb als unattraktiv gilt. Häufig wird darauf verwiesen, dass das deutsche Recht insbesondere wegen seines vergleichsweise strengen AGB-Rechts für internationale Handelsparteien nicht oder nur wenig attraktiv erscheine;95 teilweise ist gar von einer regelrechten „Flucht“ aus dem deutschen Recht die Rede.96 Untermauert wird diese Annahme durch eine Studie aus dem Jahr 2014 zur Vertragsabschlusspraxis deutscher Unternehmen.97 In diesem Rahmen wurden zwei voneinander unabhängige Umfragen mittels Online-Fragebogen durchgeführt: Eine Umfrage unter Experten der Schiedsgerichtsbarkeit sowie unter Unternehmensmitarbeitern. 2/3 der befragten Experten der Schiedsgerichtsbarkeit waren der Meinung, die §§ 305 ff. BGB würden Parteien grenzüberschreitender Verträge davon abhalten, deutsches Recht als materielles Recht zu wählen.98 Etwa 2/3 der Befragten gaben an, eine Flucht in ausländische Rechtsordnungen, insbesondere in das Schweizer Recht, komme selten oder gelegentlich vor.99 Von den befragten Unternehmensmitarbeitern gaben 9,4 % der Mitarbeiter einfacher Großunternehmen und 11,5 % der Mitarbeiter der großen Großunternehmen an, mindestens gelegentlich bei inländischen Vertragsschlüssen ausländisches Recht zu wählen, um die (mögliche) Anwendung der §§ 305 ff. BGB zu vermeiden.100 Insgesamt 16,9 % der Befragten (bei den einfachen Großunternehmen waren es 25,4 %, bei den großen Großunternehmen 25,2 %) gaben an, dass 92 F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 54 f.; Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 695. 93 F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 55; so auch Döser, JuS 2000, 663, 664. 94 Themeli, Erasmus Law Review 2019, 70, 74 gelangt aufgrund repräsentativer Umfragen zu der Schlussfolgerung, dass die Wahl des Gerichts wohl der Wahl des Rechts folgt. 95 Brachert/Dietzel, ZGS 2005, 441; Stubbe, ZRP 2010, 195, 196; dies andeutend auch Triebel, AnwBl 2008, 305, 308. 96 Brachert/Dietzel, ZGS 2005, 441; Hobeck, DRiZ 2005, 177, 178; Kondring, RIW 2010, 184, 184. 97 Leuschner/F. Meyer, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen. 98 Leuschner/F. Meyer, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen, S. 210. 99 Leuschner/F. Meyer, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen, S. 199 f. 100 Leuschner/F. Meyer, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen, S. 278.

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zumindest gelegentlich bei Vertragsschlüssen mit ausländischen Vertragspartnern die Anwendung deutschen Rechts (als materielles Recht) unter Hinweis auf das deutsche AGB-Recht abgelehnt würde.101 Die Unattraktivität des deutschen AGB-Rechts wird insbesondere auf die strenge und undifferenzierte Rechtsprechung des BGH zum „Aushandeln“ i. S. des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB, sowie zur Indizwirkung des § 310 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB für den unternehmerischen Bereich zurückgeführt.102 Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gem. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. AGB liegen hingegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind, § 305 Abs. 1 S. 3 BGB. „Aushandeln“ bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des BGH mehr als ein bloßes „Verhandeln“: Von einem Aushandeln in diesem Sinne könne nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender den in seinen AGB enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stelle und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräume mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen.103 Die hierzu ergangene Rechtsprechung des BGH differenziert insoweit nicht zwischen Verträgen mit Verbrauchern und Verträgen mit Unternehmern, sondern stellt vielmehr unabhängig davon an das „Aushandeln“ und damit die Umgehung der AGB-Kontrolle strenge Kriterien.104 Aus den Gesetzgebungsmaterialien folgt, dass das deutsche AGB-Recht vorrangig ein Instrument zum Schutz des geschäftlich unerfahrenen Verbrauchers gegenüber unangemessenen AGB darstellen soll.105 Gleichwohl gelangen die Vorschriften zur AGB-Kontrolle gem. § 310 Abs. 1 S. 1 BGB auch im rein unternehmerischen Verkehr zur Anwendung, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. So finden die § 305 Abs. 2 und 3, § 308 Nr. 1, 2 bis 8 und § 309 BGB keine Anwendung auf AGB, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Auf den ersten Blick erscheint die AGB-Kontrolle im unternehmerischen Verkehr deutlich weniger streng. Dieser Eindruck täuscht jedoch. § 310 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB macht deutlich, dass in den Fällen des Satzes 1, § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch insoweit Anwendung findet, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 BGB und § 309 BGB genannten Vertragsbestimmungen führt. Die in Bezug genommenen Vorschriften entfalten

101

Leuschner/F. Meyer, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen, S. 279. Überblick bei Berger, ZIP 2006, 2149. 103 BGH NJW-RR 1986, 54, 54 (noch zum AGBG); BGHZ 143, 103, 111 f. (noch zum AGBG); BGHZ 200, 326 Rn. 27; BGHZ 219, 35 Rn. 33; zuletzt BGH NJW 2019, 2080 Rn. 14. 104 BGHZ 200, 326 Rn. 28; BGH WM 2017, 1652 Rn. 24; BGH NJW-RR 2018, 1136 Rn. 15. 105 BT-Drs. 7/3919, S. 14 und 43. 102

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mithin eine gewisse Indizwirkung.106 Über einen Änderungsbedarf im AGB-Recht wird bereits seit vielen Jahren kontrovers diskutiert107, von mehreren Seiten wurden Änderungsvorschläge unterbreitet.108 Bislang sind indes keine Änderungen – weder durch den Gesetzgeber noch durch die Rechtsprechung selbst – zu beobachten. Andere Rechtsordnungen, wie beispielsweise das schweizerische Recht, handhaben die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Geschäftsverkehr deutlich flexibler.109 Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus denkbar, dass sich internationale Handelspartner möglicherweise für die Wahl eines solchen, in dieser Hinsicht weniger strengen Rechts entscheiden. In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht verkannt werden, dass die Parteien die Anwendung des deutschen (AGB-)Rechts in ihrer Rechtswahlvereinbarung durch Wahl einer fremden Rechtsordnung nicht ohne Weiteres abbedingen können. Dies liegt daran, dass die Vorschriften des deutschen AGB-Rechts als (einfach110) zwingende Normen i. S. des Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO gelten.111 In reinen Inlandssachverhalten, deren Auslandsberührung einzig aus der Bezugnahme auf eine fremde Rechtsordnung resultiert, ist folglich eine Abwahl des AGB-Rechts, zumindest in Verfahren vor staatlichen Gerichten nicht möglich. Auch in Fällen, in denen außer der Rechtswahl keine Auslandsbeziehungen bestehen, können die Parteien aber ein Interesse daran haben, dass das deutsche AGB-Recht nicht zur Anwendung gelangt. Gerade in den hier interessierenden Fällen, deren grenzüberschreitendes Element nicht ausschließlich aus einer Rechtswahl resultiert, ist Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO indes nicht einschlägig und die Parteien müssen eine Anwendung des deutschen AGB-Rechts bei Wahl einer fremden Rechtsordnung nicht fürchten. Entscheiden sich die Parteien im Rahmen der Rechtswahl bspw. für die Wahl des – als

106 BGHZ 90, 273, 278 (noch zu § 11 AGBG); BGHZ 174, 1 Rn. 12; MüKoBGB-Basedow, BGB § 310 Rn. 11; Staudinger-Piekenbrock, BGB § 310 Rn. 27 ff.; Erman-Roloff/Looschelders, BGB § 310 Rn. 7. 107 Befürwortend Armbrüster, NJW-aktuell 29/2019, 3; Berger, NJW 2010, 465 ff.; Brachert/Dietzel, ZGS 2005, 441; Kondring, RIW 2010, 184, 191; Pfeiffer, NJW-aktuell 13/2018, 3; G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 181 f.; krit. Graf von Westphalen, IWRZ 2019, 193 f.; Palandt-Grüneberg, BGB § 307 Rn. 38 hält die geforderte „Kehrtwende“ für nicht erforderlich. 108 Berger, NJW 2010, 465, 467 ff.; Kaufhold, BB 2012, 1235, 1241; Leuschner/F. Meyer, AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen, S. 289 ff.; Müller/Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658 ff.; Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau/Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, Frankfurter Initiative zur Änderung des AGB-Rechts. 109 Ehle/Brunschweiler, RIW 2012, 262, 270 f.; Müller/Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658, 2662 f. 110 Reithmann/Martiny-Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 2.124; s. auch Rauscher-von Hein, EuZPR/EuIPR, Rom I-VO Art. 3 Rn. 100 und 119. 111 OLG Frankfurt, NJW-RR 1989, 1018, 1019 (noch zum AGBG); Staudinger-Magnus, Rom I-VO Art. 3 Rn. 146; MüKoBGB-Martiny, Rom I-VO Art. 3 Rn. 88.

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vorteilhaft empfundenen112 – schweizerischen Rechts, sollte dieses zudem ohne größere Schwierigkeiten durch ein deutsches Gericht angewendet werden können.113 Dies resultiert insbesondere daraus, dass es keine großen Sprachhürden zu überwinden gilt.114 Darüber hinaus weist das schweizerische Zivilrecht Ähnlichkeiten zum deutschen Zivilrecht auf.115 Sollten die Parteien dennoch eine Wahl deutschen Rechts favorisieren, so bleibt stets der Abschluss einer Individualvereinbarung, die gerade nicht der AGB-Kontrolle unterliegt, möglich.116 Dies in Rechnung stellend darf, ungeachtet dessen, ob im Vertragsrecht tatsächlich ein Wettbewerb stattfindet117, bezweifelt werden, dass das deutsche AGBRecht tatsächlich eine entscheidende Rolle bei der Rechtswahl spielt. 4. Zwischenergebnis Darüber, ob der oben beschriebene Wettbewerb der Justizsysteme tatsächlich zu einer zunehmenden Abwanderung von grenzüberschreitenden Streitigkeiten ins Ausland führt, kann letztlich nur spekuliert werden. Festhalten lässt sich jedoch, dass das deutsche Recht und die deutschen Gerichte insbesondere im Vergleich zur englischen und schweizerischen Konkurrenz nur von untergeordneter Bedeutung sind.

C. Zusammenfassung: Handlungsbedarf Obwohl die Entlastung der Justiz seit jeher als zentrales Anliegen verfolgt wurde (noch in den 90er Jahren wurde eine Überlastung der Gerichte beklagt, gar vor einer Prozessflut gewarnt118), gefährdet ein derart starker Rückgang der Verfahrenszahlen die Rechtsfortbildung in nicht unerheblichem Maße.119 112 Das legen die Ergebnisse der Studie von Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 14 f. nahe. 113 Pfeiffer, FS Graf von Westphalen, 555, 566 f. 114 Pfeiffer, FS Graf von Westphalen, 555, 556. 115 Pfeiffer, FS Graf von Westphalen, 555, 556. 116 Wenngleich dies in der Praxis wohl eher selten vorkommt, s. Leuschner/F. Meyer, AGBRecht für Verträge zwischen Unternehmen, S. 164 ff. 117 Einen Wettbewerb der Vertragsrechtsordnungen ablehnend Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt, S. 276 ff. (insb. S. 315 f.).; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 35 ff. (insb. 76 ff.); kritisch auch Mankowski, RIW 2003, 2, 7; anders Rühl, 9 European Review of Contract Law 2013, 61, 64 ff. (insb. 72 und 78). 118 Dazu Hoffmann-Riem, ZRP 1997, 190; krit. Rottleuthner, ZRP 1985, 117, der aufzeigt, dass sich Veränderungen und Schwankungen in den Justizstatistiken über Jahrzehnte hinweg beobachten lassen; krit. im Hinblick auf die Ziviljustiz (allerdings im Jahr 1982) Falke/Gessner, in: Blankenburg/Gottwald/Strempel (Hrsg.), Alternativen in der Ziviljustiz, 289, 296.

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Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

Die Rechtsfortbildung zählt neben der Auslegung und Anwendung des Rechts zu den Aufgaben richterlicher Tätigkeit.120 Voraussetzung der Rechtsfortbildung ist das Bestehen einer gesetzlichen Lücke, die dann – mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts – durch „schöpferische Rechtsfindung“ geschlossen wird.121 Die richterliche Rechtsfortbildung erfüllt damit eine essenzielle Funktion: Sie dient, neben der Schaffung von Einzelfallgerechtigkeit, der Vorhersehbarkeit künftiger Entscheidungen und damit letztlich der Rechtssicherheit.122 Vor diesem Hintergrund sieht § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO die Fortbildung des Rechts auch als Revisionszulassungsgrund vor. Damit die Rechtsfortbildung diese Funktion erfüllen kann, setzt sie denklogisch die Veröffentlichung entsprechender gerichtlicher Entscheidungen voraus.123 Nur auf diese Weise kann die Entscheidung von anderen Gerichten wahrgenommen und rezipiert werden. Zwar konnte aufgezeigt werden, dass die zunehmende Bedeutung der (internationalen) Schiedsgerichtsbarkeit nicht für den Verfahrensrückgang vor deutschen staatlichen Gerichten insgesamt verantwortlich gemacht werden kann. Jedoch gelangen in einigen Rechtsbereichen (insbesondere des Wirtschaftsrechts) Verfahren vermehrt vor Schiedsgerichte und dementsprechend praktisch nur noch selten vor staatliche Gerichte. Zwar kann Rechtsfortbildung grundsätzlich auch durch Schiedsgerichte erfolgen.124 Probleme ergeben sich indes daraus, dass die Veröffentlichung von Schiedssprüchen bislang nur sehr eingeschränkt stattfindet.125 Wenn also die Aufgabe der Fortbildung des Rechts primär von staatlichen Gerichten wahrgenommen wird, diese aber in bestimmten Rechtsbereichen nur noch selten zur Entscheidung berufen sind, so bedeutet dies eine Gefährdung der Rechtsfortbildung in eben diesen Bereichen.126 Zu berücksichtigen gilt aber auch insoweit, dass die Problematik der Gefährdung der Rechtsfortbildung nicht allein auf die zunehmende Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit zurückzuführen ist.127 119 Duve/Keller, SchiedsVZ 2005, 169, 172; H. Hoffmann, DRiZ 2009, 329, 331; MellerHannich/Nöhre, NJW 2019, 2522, 2526. 120 BVerfGE 34, 269, 286 ff.; s. auch Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 828. 121 Grundlegend BVerfGE 34, 269, 287. 122 R. Wolff, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Post-M&A-Schiedsverfahren, 73, 80; dazu auch Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 68 ff. 123 Prütting, JZ 1985, 261, 271; R. Wolff, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Post-M&ASchiedsverfahren, 73, 80; s. im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Schiedssprüchen König, Präzedenzwirkung internationaler Schiedssprüche, S. 39. 124 Ausführlich dazu Wimalasena, Die Veröffentlichung von Schiedssprüchen als Beitrag zur Normbildung, S. 149 ff.; s. auch R. Wolff, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Post-M&ASchiedsverfahren, 73, 80 f. 125 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 170; ausführlich Wimalasena, Die Veröffentlichung von Schiedssprüchen als Beitrag zur Normbildung, S. 252 ff. 126 Duve/Keller, SchiedsVZ 2005, 169, 172; Gaier, NJW 2016, 1367, 1369 f.; ders., in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Post-M&A-Schiedsverfahren, 61, 67 f.; BeckOGK-Wilhelmi (Stand: 01. 04. 2021), BGB § 453 Rn. 271. 127 Menz, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Post-M&A-Schiedsverfahren, 49, 51.

§ 2 Steigerung der Attraktivität des Rechts- u. Justizstandorts Deutschland

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Die Fortbildung des Rechts leidet schließlich auch bei Abwanderungen ins Ausland. Ungeachtet dessen, ob eine Rechtsfortbildung überhaupt durch ausländische Gerichte erfolgen kann, wurde aufgezeigt, dass sich die Wahl von Gerichtsstand und anwendbarem Recht häufig decken. Wenn also Rechtsstreitigkeiten im Ausland ausgetragen werden, dann wohl auch meist unter Geltung ausländischen Rechts. Problematisch an der aufgezeigten Entwicklung ist indes nicht nur die Gefährdung der Rechtsfortbildung für einen ganzen Rechtsbereich, sondern darüber hinaus auch ein möglicher Verlust der Bedeutung sowie Reputation als Rechts- und Wirtschaftsstandort. Den bestehenden Handlungsbedarf haben auch der deutsche Gesetzgeber und die deutsche Justiz erkannt.

§ 2 Bisherige Initiativen zur Steigerung der Attraktivität des Rechts- und Justizstandorts Deutschland Wie sich gezeigt hat, kann die Schiedsgerichtsbarkeit zwar nicht für den Verfahrensrückgang insgesamt verantwortlich gemacht werden. Gleichwohl lässt sich nicht leugnen, dass die deutsche Ziviljustiz – und insbesondere die Kammer für Handelssachen – für die Beilegung handelsrechtlicher Streitigkeiten nicht (mehr) besonders attraktiv erscheint. Dies gilt im Besonderen für grenzüberschreitende Transaktionen. Deshalb stellt sich die Frage, wie die Ziviljustiz, speziell für internationale Handelsstreitigkeiten, wieder an Attraktivität gewinnen kann. Mögliche Lösungen des Problems sind nicht nur Gegenstand akademischer Forschung, sondern werden auch auf legislativer Ebene diskutiert. Im Mittelpunkt dieser Überlegungen steht die Zulassung von Englisch als „lingua franca des internationalen Wirtschaftsverkehrs“128 vor deutschen Gerichten. Die im Folgenden vorgestellten Projekte werden – je nach Initiator – von verschiedenen Motivbündeln getragen. Teils überwiegen ökonomische, teils aber auch justizgewährleistungsrechtliche Beweggründe. Allen gemeinsam ist jedoch der Versuch, die deutsche Zivilgerichtsbarkeit international wettbewerbsfähig und für grenzüberschreitende Handelsprozesse attraktiv zu machen.

128 So ausdrücklich der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen (KfiHG), BR-Drs. 53/18, S. 1.

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Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

A. Legislativ I. Bisherige Initiativen 1. Modellprojekt Nordrhein-Westfalen Wenngleich im Jahr 2010 noch keine Notiz von den sinkenden Fallzahlen genommen wurde129, so bestand gleichwohl bereits ein Bewusstsein für den zunehmenden Bedeutungsverlust des Gerichtsstandorts Deutschland. Deshalb wurde im OLG-Bezirk Köln in Nordrhein-Westfalen ein Modellversuch zur Einführung der englischen Sprache vor deutschen Zivilgerichten gestartet. Hierzu wurden an den Landgerichten Aachen, Bonn und Köln, sowie am OLG Köln selbst spezielle Spruchkörper eingerichtet, vor denen den Parteien die Möglichkeit eröffnet wurde, ihre mündliche Verhandlung auf Englisch zu führen.130 Voraussetzung für eine Zuständigkeit dieser speziellen Kammern war das Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien, ein Verzicht auf einen Dolmetscher sowie ein internationaler Bezug des Sachverhalts.131 Tatsächlich wurde von dieser Möglichkeit in der Praxis jedoch kaum Gebrauch gemacht.132 2. Frankfurt am Main Im Jahr 2016 wurde die „Justizinitiative Frankfurt“ unter der Federführung von Burkhard Hess, Thomas Pfeiffer, Christian Duve und Roman Poseck ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Attraktivität des Gerichtsstandorts Frankfurt zu stärken.133 Vorgesehen war eine Kombination verschiedener Maßnahmen, insbesondere die Bereitstellung eines gut ausgestatteten Gerichts und erfahrener Richter mit guten Sprachkenntnissen sowie einer modernen Prozessgestaltung, um einen praktischen, benutzerfreundlichen Rahmen für die Beilegung internationaler Handelsstreitigkeiten zu ermöglichen.134 In Umsetzung dieser Vorschläge wurde Anfang 2018 am Landgericht Frankfurt am Main eine englischsprachige Kammer eingerichtet.135 Im Unterschied zu den im Rahmen des Kölner Pilotprojekts eingerichteten Kammern, knüpft die Zuständigkeit 129

Ein solches Bild vermittelt zumindest die Literatur, die sich erst ab 2015 mit dieser Problematik befasst. 130 Dazu Riedel, FS Stilz, 501, 502. 131 Riedel, FS Stilz, 501, 502. 132 C. A. Kern/Dalitz, ZZPInt 21 (2016), 119, 121; Riedel, FS Stilz, 501, 503. 133 Hess, The Justice Initiative Frankfurt am Main 2017, https://conflictoflaws.net/2017/thejustice-initiative-frankfurt-am-main-2017-law-made-in-frankfurt/. 134 Hess, The Justice Initiative Frankfurt am Main 2017, https://conflictoflaws.net/2017/thejustice-initiative-frankfurt-am-main-2017-law-made-in-frankfurt/. 135 Ordentliche Gerichtsbarkeit Hessen, Chamber for International Commercial Disputes at the Landgericht Frankfurt am Main, https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/ordentliche-ge richte/lgb-frankfurt-am-main/lg-frankfurt-am-main/chamber-international.

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der am Landgericht Frankfurt eingerichteten Kammer jedoch an das Vorliegen einer (internationalen) Handelssache i. S. des § 95 GVG und damit an die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen an. Folglich werden die englischsprachigen Verfahren vor einer Kammer bestehend aus einem Berufsrichter und zwei Handelsrichtern geführt. 3. Hamburg und Baden-Württemberg Auch am Landgericht Hamburg besteht seit 1. Mai 2018 in internationalen Handelssachen und Zivilverfahren aus den Gebieten des Internationalen Privatrechts, des Patent- und Markenrechts sowie für Streitigkeiten nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) die Möglichkeit, in englischer Sprache zu verhandeln, das beiderseitige Einverständnis der Parteien vorausgesetzt.136 In Baden-Württemberg wurden an den Landgerichten Mannheim und Stuttgart zum 1. November 2020 ebenfalls (optional) englischsprachige Commercial Courts eingerichtet.137 Diese bestehen jeweils aus einer Wirtschaftszivilkammer und einer Kammer für Handelssachen. 138 Die Parteien können dementsprechend wählen, ob sie ihren Fall vor der Zivilkammer mit drei Berufsrichtern oder vor der Kammer für Handelssachen mit einem Berufsrichter und zwei Handelsrichtern verhandeln wollen. Der Commercial Court Stuttgart ist zuständig für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Kauf von Unternehmen oder Unternehmensanteilen, für Streitigkeiten aus beiderseitigen Handelsgeschäften mit einem Streitwert ab 2 Millionen E und für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten.139 Die Zuständigkeit des Commercial Court Mannheim deckt sich weitgehend mit der des Commercial Court Stuttgart, mit der Einschränkung, dass er generell nur für Streitigkeiten ab einem Streitwert von 2 Millionen E zuständig ist.140 Beide Gerichte sind mit hochqualifizierten und erfahrenen Richtern besetzt, die über ausgezeichnete Englischkenntnisse verfügen. 4. Problematik Wie soeben dargelegt, wurden die im Rahmen des Modellprojekts NRW eingerichteten englischsprachigen Kammern in der Praxis kaum genutzt. Auch die an den Landgerichten Frankfurt und Hamburg eingerichteten Kammern werden offensichtlich nicht von internationalen Parteien überrannt. Woran liegt das? 136

Hamburger Justiz-Portal, LG Hamburg Zuständigkeiten, https://justiz.hamburg.de/land gericht-hamburg/zustaendigkeit/. 137 Commercial Court, Der Commercial Court, https://www.commercial-court.de/; s. überblicksartig auch Melin, BB 2020, 2702; Schumann, DB 2021, 662. 138 Commercial Court, Standorte, https://www.commercial-court.de/standorte. 139 Commercial Court, Standorte, https://www.commercial-court.de/standorte. 140 Commercial Court, Standorte, https://www.commercial-court.de/standorte.

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§ 184 S. 1 GVG legt Deutsch als Gerichtssprache fest. Ausnahmen hiervon sind nur in engen Grenzen möglich. Lediglich unter weiter, von manchen als bedenklich weit kritisierter141, Auslegung des § 185 Abs. 2 GVG, die sich die bislang gestarteten Projekte zunutze machen, ist es überhaupt möglich, einige Verfahrensschritte auf Englisch zu führen.142 Diese Möglichkeit ist beschränkt auf die mündliche Verhandlung und die Einreichung von Dokumenten (§ 142 Abs. 3 ZPO). Urteile und andere Gerichtsentscheidungen, sowie das Verfahrensprotokoll und Schriftsätze sind indes in deutscher Sprache abzufassen.143 Soll die Möglichkeit eines umfassenden Prozessierens in englischer Sprache geschaffen werden, so bedarf es hierfür also eines gesetzlich gesicherten Fundaments. Hierfür ist eine entsprechende Änderung der Vorschriften des GVG, insbesondere des § 184 GVG nötig, wie es der Gesetzentwurf des Bundesrates zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen, der im Folgenden kurz vorgestellt werden soll, vorsieht.

II. Gesetzentwurf zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen (KfiH) 1. Stand des Vorhabens Im Jahr 2010 wurde gleichzeitig zum ersten Modellversuch im OLG-Bezirk Köln erstmals ein Gesetzentwurf zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen durch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hamburg in den Bundesrat144 und durch diesen wiederum in den Bundestag145 eingebracht. Dieser Gesetzentwurf stellte eine Reaktion auf den zunehmenden Bedeutungsverlust des Gerichtsstandorts Deutschland dar, der aus Sicht der Initiatoren daraus resultiert, dass aufgrund der Begrenzung der Gerichtssprache auf Deutsch, bedeutende wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten entweder im Ausland oder vor Schiedsgerichten ausgetragen werden.146 Der Gesetzentwurf sah vor, die Landesregierungen zu ermächtigen, sog. Kammern für internationale Handelssachen an den Landgerichten einzurichten. Unter internationalen Handelssachen sollten solche Handelssachen zu verstehen sein, die einen internationalen Bezug haben und nach dem übereinstim-

141 Armbrüster, ZRP 2011, 102 f.; Kissel/H. Mayer, GVG, § 185 Rn. 9; Meier, WM 2018, 1827, 1828 ff., der stattdessen § 128 Abs. 2 S. 1 ZPO teleologisch auf diese Fälle extendieren will. 142 Armbrüster, ZRP 2011, 102, 102; Dalitz, ZRP 2017, 248, 248; Zöller-Lückemann, GVG, § 185 Rn. 4; Sieg/Schaloske/Kreienkamp, AL 2010, 309, 309. 143 Zöller-Lückemann, GVG, § 185 Rn. 4; MüKoZPO-W. Zimmermann, GVG, § 185 Rn. 2. 144 BR-Drs. 42/10. 145 BT-Drs. 17/2163. 146 BR-Drs. 42/10, S. 1.

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menden Willen der Parteien in englischer Sprache durchgeführt werden sollen.147 Vor dem Entstehen der Streitigkeit sollte eine Durchführung von Handelssachen in englischer Sprache nur vereinbart werden können, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind; nach dem Entstehen der Streitigkeit auch dann, wenn die Vereinbarung ausdrücklich und schriftlich erfolgt.148 Um den Parteien die Möglichkeit der Verfahrensführung in englischer Sprache zu eröffnen, beabsichtigte der Gesetzentwurf eine Änderung des § 184 GVG dahingehend, dass vor den Kammern für internationale Handelssachen und den für Berufungen und Beschwerden gegen Entscheidungen der Kammern für internationale Handelssachen zuständigen Senaten der Oberlandesgerichte das Verfahren in englischer Sprache geführt und in diesem Fall insbesondere auch das Protokoll und die Entscheidungen des Gerichts in englischer Sprache abgefasst werden sollten (einzig Urteils- und Beschlussformeln von in englischer Sprache abgefassten Entscheidungen des Gerichts sollten, in Falle eines vollstreckbaren Inhalts, in die deutsche Sprache übersetzt werden).149 Das Gericht sollte jedoch in jedem Stadium des Verfahrens anordnen können, dass ein Dolmetscher zugezogen oder das Verfahren in deutscher Sprache fortgeführt wird.150 Eine Verfahrensführung in englischer Sprache vor dem BGH war lediglich optional vorgesehen.151 Nachdem der weitere Verlauf zunächst erfolgversprechend schien, erledigte sich der Entwurf im Oktober 2013 durch Ablauf der Legislaturperiode. Deshalb wurde im Jahr 2014 ein neuer Versuch152 gestartet, initiiert durch die Bundesländer NordrheinWestfalen, Hamburg und Niedersachsen, der allerdings ebenfalls dem Grundsatz der Diskontinuität zum Opfer fiel. Anfang des Jahres 2018 wurde, sicherlich auch vor dem Hintergrund des – mittlerweile erfolgten – Brexits, der Gesetzentwurf ohne inhaltliche Änderungen erneut auf Initiative der Länder Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen durch den Bundesrat vorgelegt.153 Es bleibt abzuwarten, ob die Initiative dieses Mal von Erfolg gekrönt sein wird. 2. Bewertung Der Gesetzentwurf ist in der Literatur ganz überwiegend auf positives Echo gestoßen.154 Vereinzelt wurde jedoch darauf hingewiesen, dass eine Einführung von 147

Vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 42/10. Vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 42/10. 149 Vgl. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 42/10. 150 Vgl. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 42/10. 151 Vgl. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 42/10. 152 BR-Drs. 93/14; BT-Drs. 18/1287. 153 BR-Drs. 53/18; BT-Drs. 19/1717. 154 Armbrüster, ZRP 2011, 102, 104.; G.-P. Calliess, FS Säcker, 1045, 1049 f.; G. - P. Calliess/H. Hoffmann, BRAK-Mitt. 2010, 247, 251; grundsätzlich auch Hoppe, IPRax 148

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Englisch als Gerichtssprache gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz verstoße oder zumindest im Hinblick darauf als bedenklich einzustufen sei.155 Anderen wiederum geht der Gesetzentwurf nicht weit genug: Englisch als Gerichtssprache zuzulassen sei allein nicht ausreichend, um die Attraktivität der deutschen Justiz für internationale Handelsprozesse zu steigern.156 Der Diskurs soll an dieser Stelle nicht erneut aufgegriffen werden. Entsprechendes gilt für die gar philosophisch anmutende Diskussion um den Verlust der deutschen (Rechts-)Sprache.157 Für die Zwecke dieser Arbeit soll lediglich beurteilt werden, ob der Gesetzentwurf tatsächlich geeignet ist, die Attraktivität des Gerichtsstandorts Deutschland für grenzüberschreitende Handelsstreitigkeiten zu steigern und in der Folge dazu führen wird, dass sich internationale Parteien zunehmend für eine Streitbeilegung vor deutschen Gerichten, speziell der einzurichtenden Kammern für internationale Handelssachen entscheiden. a) Sprachbarriere Bedenken begegnet insoweit zunächst die zu überwindende Sprachbarriere. Dies gilt einerseits im Hinblick auf die Sprachkompetenz der involvierten Richter und Anwälte, andererseits im Hinblick auf Übersetzungsschwierigkeiten bei der Ver2010, 373, 376 f., der jedoch der Abfassung von Gerichtsentscheidungen auf Englisch sowie der Angliederung an die KfH skeptisch gegenübersteht; Mankowski, RIW 2009, Die erste Seite; Müller-Piepenkötter, DRiZ 2010, 2, 5; Prütting, AnwBl 2010, 113, 115; Remmert, ZIP 2010, 1579, 1583; Salger, AnwBl 2012, 40, 41; O. Sandrock, RIW 2010, Die erste Seite; Sieg/ Schaloske/Kreienkamp, AL 2010, 309, 312 f.; Trittmann, AnwBl 2012, 35, 37; mit kleineren Änderungsvorschlägen S. Huber, FS Simotta, 245, 260 f.; mit Änderungsvorschlägen Riedel, FS Stilz, 501, 503 ff. (insb. 507 f.); krit. Dreesen/L. Hoffmann, KritV 2011, 194, 197 ff. (insb, 209 f.); Flessner, NJOZ 2011, 1913, 1914 ff. (insb. 1924); Handschell, DRiZ 2010, 395, 396 ff. (insb. 399); Hirtz, AnwBl 2011, 41; Niggemann, RIW 2010, Die erste Seite; Piekenbrock, EWS 2010, Die erste Seite; H. Roth, JZ 2014, 801, 805. 155 Dreesen/L. Hoffmann, KritV 2011, 194, 207 ff.; Flessner, NJOZ 2011, 1913, 1914 ff.; Handschell, DRiZ 2010, 395, 397 ff.; Piekenbrock, EWS 2010, Die erste Seite; Rothe/Danwerth, AL 2010, 313 ff.; MüKoZPO-W. Zimmermann, GVG § 169 Rn. 12; einen Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz ablehnend: Armbrüster, ZRP 2011, 102, 103 f.; Arnold, FS Simotta, 11, 25 f.; G.-P. Calliess, FS Säcker, 1045, 1046 ff.; Ewer, NJW 2010, 1323 ff.; Hoppe, IPRax 2010, 373, 375; S. Huber, FS Simotta, 245, 250 ff.; ders., in: Kramer/van Rhee (Hrsg.), Civil litigation in a globalising world, 291, 306 ff.; Müller-Piepenkötter, DRiZ 2010, 2, 5; Prütting, AnwBl 2010, 113, 114; Remmert, ZIP 2010, 1579, 1582 f.; Sieg/Schaloske/Kreienkamp, AL 2010, 309, 310; G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 225. 156 G.-P. Calliess/H. Hoffmann, BRAK-Mitt. 2010, 247, 250 f. fordern etwa, die Möglichkeit des einvernehmlichen Rechtsmittelverzichts gesetzlich ausdrücklich zu regeln, zudem eine funktionelle Gerichtsstandswahl zugunsten des OLG zuzulassen; ebenso H. Hoffmann, Kammern für internationale Handelssachen, S. 190 ff.; Graf von Westphalen, AnwBl 2009, 214 spricht sich dafür aus, auch andere europäische Sprachen als Gerichtssprache zuzulassen; Illmer, ZRP 2011, 170, 172 f. schlägt vor, auch in schiedsgerichtsbarkeitsbezogenen Verfahren gem. § 1062 ZPO Englisch als Verfahrenssprache zuzulassen; so auch E. Ott, AnwBl 2012, 38. 157 Dazu Dreesen/L. Hoffmann, KritV 2011, 194.

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handlung eines nach deutschem Recht zu beurteilenden Sachverhalts in englischer Sprache. Hier soll davon ausgegangen werden, dass in der weit überwiegenden Zahl von Fällen, die vor der Kammer für internationale Handelssachen verhandelt werden, deutsches Recht auf den Sachverhalt Anwendung finden wird. Es erscheint unwahrscheinlich, dass Fälle, in denen englisches oder amerikanisches Recht zur Anwendung berufen ist, von den Parteien vor die Kammer für internationale Handelssachen gebracht werden. Für die Verhandlung derartiger Sachverhalte sind englische bzw. amerikanische Gerichte – insbesondere der Commercial Court in London – geradezu prädestiniert.158 aa) Sprachkenntnisse der Richter und Anwälte Soll eine Verfahrensführung in englischer Sprache ermöglicht werden, so muss zwingend gewährleistet sein, dass diese ohne Verlust der Rechtsprechungsqualität erfolgen kann.159 Dies erfordert eine hinreichende Sprachkompetenz sowohl der Richter als auch der jeweiligen Prozessvertreter nicht nur im Hinblick auf allgemeine Fremdsprachenkenntnisse, sondern speziell auch Kenntnis juristischer Fachtermini.160 Darüber, ob diese Sprachkompetenz in einem Ausmaß vorhanden ist, das eine qualitative Verfahrensführung in englischer Sprache ermöglicht, kann lediglich gemutmaßt werden. Glaubt man den Initiatoren des Gesetzentwurfs, so ist dies der Fall.161 Andere Stimmen äußern sich diesbezüglich eher kritisch.162 Relativieren lassen sich diese Bedenken, indem man sich vergegenwärtigt, dass nicht nur die Richter, sondern eben auch die Anwälte in einer für sie fremden Sprache verhandeln. Vor diesem Hintergrund sollten Richter bzw. Anwälte für sprachliche Ungenauigkeiten und vermehrte Nachfragen ihres jeweiligen Gegenübers Verständnis aufbringen können.163 In der mündlichen Verhandlung kann dementsprechend bei sprachlichen Defiziten auf Umschreibungen zurückgegriffen werden.164 Zudem kann durch gezieltes Nachfragen Missverständnissen vorgebeugt werden.165 158 Das legen auch die Ergebnisse der Studie von Lein et al., Factors Influencing International Litigants’ Decisions to Bring Commercial Claims to the London Based Courts, S. 25 und 52 nahe. 159 Müller-Piepenkötter, DRiZ 2010, 2, 4; Remmert, ZIP 2010, 1579, 1581. 160 Müller-Piepenkötter, DRiZ 2010, 2, 4; Remmert, ZIP 2010, 1579, 1581. 161 BR-Drs. 42/10; BR-Drs. 53/18; zustimmend Bundesrechtsanwaltskammer, Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen (KfiHG), S. 5 ff.; Graf von Westphalen, ZGS 2010, 241; Mankowski, RIW 2009, Die erste Seite; Müller-Piepenkötter, DRiZ 2010, 2, 4; Remmert, ZIP 2010, 1579, 1581. 162 Hau, FS Schurig, 49, 61 f.; insb. im Hinblick auf den „öffentlichen Dienst“ W. Sturm/ M. Schulz, ZRP 2019, 71, 72. 163 In diese Richtung auch C. A. Kern, Erasmus Law Review 2012, 187, 201. 164 Müller-Piepenkötter, DRiZ 2010, 2, 4; Remmert, ZIP 2010, 1579, 1582. 165 Hoppe, IPRax 2010, 373, 376.

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Wie es tatsächlich um die englischen Sprachkenntnisse unserer Richter und Anwälte bestellt ist, wird letztlich nur die Praxis zeigen können. bb) Übersetzungsschwierigkeiten Erheblich schwieriger gestaltet sich die Übersetzung deutscher juristischer Fachtermini ins Englische.166 Dies gilt insbesondere bei der Abfassung der Urteile, da in diesem Rahmen – im Unterschied zur mündlichen Verhandlung – eine besonders präzise und unmissverständliche Ausdrucksweise vonnöten ist.167 Diese sprachlichen Schwierigkeiten resultieren daraus, dass sich häufig für ausländische Rechtsinstitute und Rechtsbegriffe kein sprachliches Pendant im Deutschen finden lässt und vice versa.168 Nach Übersetzung vermeintlich gleich lautende Rechtsbegriffe können gänzlich unterschiedlichen Inhalts sein.169 Das liegt daran, dass Rechtssprache und zugehöriges Recht untrennbar miteinander verbunden sind.170 Begegnen lässt sich dieser Problematik dadurch, dass – sofern ein bestimmtes Rechtsinstitut gemeint ist – der entsprechende deutsche juristische Fachbegriff in Klammern hinter die englische Fassung gesetzt wird.171 Dies sollte bei englischer Vertragssprache172 im Optimalfall bereits präventiv durch die Parteien bei Abfassung des Vertrags erfolgen.173 Auf diese Weise lassen sich eventuelle Ungenauigkeiten und Unsicherheiten vermeiden. Gleichwohl könnten aufgrund des daraus resultierenden (vermeintlichen) Risikos von gerichtlichen Fehlentscheidungen Parteien davon abgehalten werden, sich für eine Prorogation der KfiH zu entscheiden.174 Nicht zu verkennen ist jedoch, dass diese Problematik stets auftritt, wenn im Rahmen eines fremdsprachigen Verfahrens deutsches Recht zur Anwendung berufen ist. Dies gilt im Übrigen immer bei einem Auseinanderfallen der Sprache des auf den Vertrag anwendbaren Rechts (Vertragsstatut) und der Verfahrens- bzw. Vertragssprache. 166 Dreesen/L. Hoffmann, KritV 2011, 194, 200 ff.; Hoppe, IPRax 2010, 373, 376; zum Ganzen auch Maier-Reimer, NJW 2010, 2545. 167 Hoppe, IPRax 2010, 373, 376; Riedel, FS Stilz, 501, 507. 168 Armbrüster, NJW 2011, 812, 815; Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 732. 169 Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 731; Trittmann, AnwBl 2012, 35, 37. 170 Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 730. 171 Dreesen/L. Hoffmann, KritV 2011, 194, 202; Remmert, ZIP 2010, 1579, 1582; Trittmann, AnwBl 2012, 35, 37. 172 Ausführlich zu den Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Verwendung von Englisch als Vertragssprache Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache. 173 Maier-Reimer, NJW 2010, 2545, 2550; Remmert, ZIP 2010, 1579, 1582; Triebel/Balthasar, NJW 2004, 2189, 2196; Triebel/Vogenauer, Englisch als Vertragssprache, Rn. 747; Hölters-Wetzler, Handbuch Unternehmenskauf, Rn. 18.276. 174 Pommern-Peglow, ZRP 2015, 178, 181.

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b) Revisionsinstanz Nicht unproblematisch erscheint darüber hinaus die Tatsache, dass das Prozessieren in englischer Sprache vor dem BGH lediglich fakultativ und damit nicht gesichert ist. Ob am Ende tatsächlich auch in der Revisionsinstanz auf Englisch verhandelt wird, liegt im Ermessen des zuständigen Senats.175 In der Literatur wird jedoch darauf verwiesen, dass ein Verhandeln auf Englisch vor dem BGH derzeit nicht realistisch erscheine.176 Gleichwohl bedeutet diese „Fakultativ-Regelung“177 für die Parteien ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit.178 Vorbeugen können die Parteien diesem Unsicherheitsfaktor selbst, indem sie von der Möglichkeit des Rechtsmittelverzichts Gebrauch machen.179 c) Erfordernis einer „internationalen Handelssache“ Die Zuständigkeit der Kammer für internationale Handelssachen wird unter anderem an das Vorliegen einer Handelssache i. S. des § 95 GVG geknüpft. Ob diese Beschränkung tatsächlich sinnvoll ist, erscheint zumindest fraglich.180 Insbesondere bei Beteiligung ausländischer Parteien kann sich die Frage stellen, ob diese unter den Kaufmannsbegriff i. S. des § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG zu subsumieren sind.181 Dies kann umfangreiche kollisionsrechtliche Ermittlungen (insbesondere zur Substitution) und damit eine erhebliche Zeitverzögerung zur Folge haben.182 d) Beitrag zur Rechtsfortbildung? Zuletzt stellt sich die Frage, ob der Gesetzentwurf einen wünschenswerten Beitrag zur Rechtsfortbildung leisten kann, wenn die Abfassung der Urteile in englischer Sprache erfolgt, während auf den Sachverhalt deutsches Recht zur Anwendung

175

Vgl. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 42/10; vgl. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 93/14; vgl. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 53/18. 176 G.-P. Calliess/H. Hoffmann, BRAK-Mitt. 2010, 247, 249; Dreesen/L. Hoffmann, KritV 2011, 194, 204 f.; S. Huber, FS Simotta, 245, 258 f. 177 BR-Drs. 42/10, S. 13; BR-Drs. 53/18, S. 12. 178 Flessner, NJOZ 2011, 1913, 1920 f.; S. Huber, FS Simotta, 245, 258 f.; ders., in: Kramer/van Rhee (Hrsg.), Civil litigation in a globalising world, 291, 310 f. 179 G.-P. Calliess/H. Hoffmann, BRAK-Mitt. 2010, 247, 250; S. Huber, FS Simotta, 245, 259; ders., in: Kramer/van Rhee (Hrsg.), Civil litigation in a globalising world, 291, 311. 180 Bundesrechtsanwaltskammer, Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen (KfiHG), S. 10; S. Huber, FS Simotta, 245, 256; Piekenbrock, EWS 2010, Die erste Seite. 181 Bundesrechtsanwaltskammer, Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen (KfiHG), S. 10; S. Huber, FS Simotta, 245, 256. 182 S. Huber, FS Simotta, 245, 256.

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gelangt.183 Denkbar wäre, dass englische Urteile schlicht keine Wahrnehmung durch die entsprechenden Kreise (insbesondere andere Gerichte und Anwälte) erfahren würden – sei es aus Ignoranz oder fehlender Möglichkeit der Kenntnisnahme.184 Darüber hinaus birgt ein englisches Urteil unter Zugrundelegung deutschen Rechts – darauf wurde bereits hingewiesen – ein erhöhtes Risiko für sprachliche Missverständnisse.185 Wenngleich ein Urteil in englischer Sprache also nicht in gleichem Maße der Rechtsfortbildung dient wie eines in deutscher Sprache, so erscheint diese Lösung verglichen mit der Alternative – Entscheidung durch Schiedsgerichte oder staatliche Gerichte im Ausland – durchaus vorzugswürdig.186 Abhilfe könnte zudem durch die Fertigung einer deutschen Version der Urteile geschaffen werden.187 Geht man im Übrigen davon aus, dass vor dem BGH – zumindest in der Anfangsphase – das Verfahren auf Deutsch geführt und dessen Urteile dementsprechend auch in deutscher Sprache abgefasst werden, relativieren sich diese Bedenken. 3. Zwischenergebnis zum Modell der KfiH Die Initiative zur Einrichtung englischsprachiger Kammern für internationale Handelssachen ist grundsätzlich zu begrüßen188 und bildet einen ersten Schritt zur Steigerung der Attraktivität des Gerichtsstandorts Deutschlands. Im Ergebnis ändert die Einführung von Englisch als Gerichtssprache jedoch nur wenig an der Tatsache, dass die Wahl deutschen Rechts und deutscher Gerichte für viele internationale Handelspartner nicht besonders attraktiv erscheint. Das liegt daran, dass die Möglichkeit der Verfahrensführung auf Englisch nur einer von vielen Gründen für die Wahl eines Rechts bzw. insbesondere eines Gerichtsstandorts darstellt.189 Ein Export des deutschen Rechts und des deutschen Zivilverfahrens, wie es sich die Gesetzesinitiative erhofft, erscheint unter Berücksichtigung dessen nicht besonders wahrscheinlich.190 Dies sollte bei aller Euphorie nicht verkannt werden. Sollte der Gesetzentwurf im dritten Anlauf tatsächlich erfolgreich sein, so empfiehlt es sich – zumindest während der Anfangsphase – von der im Entwurf 183 184

207. 185

C. A. Kern, Erasmus Law Review 2012, 187, 207. S. Huber, FS Simotta, 245, 251 (in Fn. 41); C. A. Kern, Erasmus Law Review 2012, 187,

C. A. Kern, Erasmus Law Review 2012, 187, 207. C. A. Kern, Erasmus Law Review 2012, 187, 207 f.; dagegen hält H. Roth, JZ 2014, 801, 805 eine Rechtsfortbildung deutschen Rechts durch den BGH in englischer Sprache für eine „nicht wünschenswerte Struktuveränderung des Revisionsrechts“; Flessner, NJOZ 2011, 1913, 1921 f. hält die Bildung von Richterrecht auf Englisch gar für verfassungswidrig. 187 S. Huber, FS Simotta, 245, 250 f.; C. A. Kern, Erasmus Law Review 2012, 187, 208. 188 S. bereits die Nachweise in Kap. 2 Fn. 154. 189 Vgl. dazu bereits oben Kap. 2 § 1 B. III. 2. 190 So auch Dreesen/L. Hoffmann, KritV 2011, 194, 205 f. 186

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vorgesehenen Zuständigkeitskonzentration191 an einigen, wenigen Landgerichten Gebrauch zu machen.192

B. Akademisch I. Herrmann Hoffmann Ein noch weitergehendes Konzept verfolgt Hoffmann in seiner im Jahr 2011 publizierten Dissertation.193 Über den Gesetzentwurf hinaus schlägt er vor, dass die Parteien auch die Möglichkeit haben sollten, die Kammer für internationale Handelssachen durch (Gerichtsstands-)Vereinbarung verbindlich anzuwählen.194 Nicht gemeint ist damit, die Zuständigkeit der KfH bzw. der KfiH für Nichthandelssachen zu begründen. Vielmehr soll den Parteien lediglich die Möglichkeit gegeben werden, für ihre Handelssache vorab die Zuständigkeit der KfH bzw. der KfiH zu vereinbaren.195 Aktuell sieht die ZPO diese Möglichkeit nicht vor. Auch der Gesetzentwurf zur Einführung von KfiH schweigt hierzu. Nach Ansicht Hoffmanns sollte eine entsprechende, klarstellende Regelung in die ZPO aufgenommen werden.196 Zudem empfiehlt er die Integration der UNIDROIT-Grundregeln für internationale Handelsverträge (UNIDROIT-Principles of International Commercial Contracts, kurz PICC) in das deutsche Recht, um den Parteien die (Rechts-)Wahl zugunsten der Principles zu ermöglichen.197 Die ergänzenden Vorschläge Hoffmanns beziehen sich auf den ersten Gesetzentwurf aus dem Jahr 2010. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Gesetzentwurf mittlerweile zum dritten Mal seinen Weg in den Bundestag gefunden hat. Die Ergänzungsvorschläge Hoffmanns wurden bislang indes nicht umgesetzt.

II. Rupprecht Podszun/Tristan Rohner Podszun und Rohner sprechen sich in ihrer 2017 veröffentlichten Studie für die Einrichtung eines (International) Commercial Court am Landgericht Düsseldorf aus.198 Nach Ansicht der Verfasser sei Düsseldorf wegen der herausragenden Stellung von Land- und Oberlandesgericht in Patentsachen und als Standort namhafter Un191 192 193 194 195 196 197 198

Vgl. Art. 1 Nr. 3 lit. a) und c) des Gesetzentwurfs BR-Drs. 53/18. Hoppe, IPRax 2010, 373, 375 f.; Prütting, AnwBl 2010, 113, 115. H. Hoffmann, Kammern für internationale Handelssachen. H. Hoffmann, Kammern für internationale Handelssachen, S. 196. H. Hoffmann, Kammern für internationale Handelssachen, S. 196. H. Hoffmann, Kammern für internationale Handelssachen, S. 197. H. Hoffmann, Kammern für internationale Handelssachen, S. 197 ff. Podszun/Rohner, Staatliche Gerichte für wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten stärken.

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Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

ternehmen und international tätiger Großkanzleien als Gerichtsstandort besonders gut geeignet.199 Konkret empfohlen werden folgende Maßnahmen: Zentralisierung von Fällen durch Einrichtung einer Wirtschaftskammer am LG Düsseldorf; Möglichkeit der Zuständigkeitsbegründung dieser Kammer durch übereinstimmende Wahl der Parteien, ohne weitere Prüfung der Zuständigkeit; Besetzung dieser Kammern mit drei Berufsrichtern, die nach ihrer Qualifikation und speziellen Expertise benannt werden sollen; Mitwirkungsrecht der Parteien bei der Besetzung der Kammer; aktives Case Management nach dem Vorbild englischer Gerichte; Ausweitung der Möglichkeiten zur Geheimhaltung insb. der Wahrung von Geschäftsgeheimissen und internen Geschehensabläufen; Ausschöpfung der Möglichkeiten der digitalen Verfahrensführung.200 Interessanterweise wird die Möglichkeit der Verfahrensführung auf Englisch von den Verfassern zwar als wünschenswert, aber nicht als das ausschlaggebende Kriterium für die Attraktivität der einzurichtenden Wirtschaftskammer angesehen.201

III. Gerhard Wagner Die jüngste Veröffentlichung auf diesem Gebiet stammt aus der Feder von Wagner. In seinem Buch „Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb“ plädiert er für die Einrichtung echter Handelsgerichte als Zentralgerichte auf Länderebene.202 Von zentraler Bedeutung hält er hierbei die personelle Ausstattung des Gerichts, um den Parteien eine effiziente Gestaltung des Verfahrens und eine kompetente Entscheidung ihres Rechtsstreits zu ermöglichen.203 Des Weiteren fordert er Investitionen in die Infrastruktur des Gerichts, insbesondere die moderne Ausstattung mit Informationstechnologie und Zurverfügungstellung von großen Verhandlungssälen, die dem Aufgebot an mehrköpfigen Teams von Anwälten und Parteivertretern gerecht werden.204 Abgesehen von der Änderung der Art und Weise der Protokollierung (von der in Deutschland üblichen Form der Protokollierung der Aussagen durch Zusammenfassungen des Richters hin zur aus der anglo-amerikanischen Welt stammenden und auch in der Schiedsgerichtsbarkeit standardmäßig eingesetzten wörtlichen Protokollierung der Aussagen), ist Wagner der Auffassung, dass die ZPO grundsätzlich einen adäquaten und bewährten prozessualen Rahmen biete, der die 199

S. 5. 200

S. 26 f. 201

S. 26 f. 202 203 204

Podszun/Rohner, Staatliche Gerichte für wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten stärken, Podszun/Rohner, Staatliche Gerichte für wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten stärken, Podszun/Rohner, Staatliche Gerichte für wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten stärken, G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 231 f. G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 218 ff. G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 221 f.

§ 2 Steigerung der Attraktivität des Rechts- u. Justizstandorts Deutschland

59

sachgerechte und effiziente Führung von Großverfahren erlaube.205 Auch zur viel diskutierten Frage nach der Zulassung von Englisch als Gerichtssprache bezieht Wagner Stellung: Wenngleich er rechtlichen Bedenken, insbesondere im Hinblick auf den Öffentlichkeitsgrundsatz, eine Absage erteilt, so hält er es doch für unwahrscheinlich, dass von der Möglichkeit der Verfahrensführung in englischer Sprache „enthusiastischer Gebrauch gemacht“ werden würde.206 Gleichwohl solle den Parteien diese Option nicht verwehrt werden.207 In Abgrenzung zum Schiedsverfahren will Wagner für Verfahren vor einem Handelsgericht am Öffentlichkeitsgrundsatz festhalten.208 Um dem Instanzenzug in seiner vollen Länge zu entgehen, empfiehlt Wagner eine Ansiedlung der einzurichtenden Handelsgerichte auf Ebene der Oberlandesgerichte.209 Hierdurch wird der Instanzenzug begrenzt auf eine Tatsacheninstanz mit der Möglichkeit der Revision zum BGH. Die geforderte Spezialisierung der Handelsgerichte lasse sich nach Ansicht Wagners nur verwirklichen, indem diese als Zentralgerichte der Länder errichtet werden. Nur auf diese Weise erhielten die an den Handelsgerichten tätigen Richter das zur Spezialisierung nötige Fallmaterial.210 Die Zuständigkeit der Handelsgerichte will Wagner „für sämtliche Streitigkeiten zwischen Unternehmen i. S. des § 14 BGB […] öffnen, die ihres Umfangs und ihrer Komplexität wegen einen erhöhten richterlichen Aufwand erfordern und rechtfertigen.“211 Zudem fordert er eine Regelung des Gesetzgebers dahingehend, dass die Parteien die Zuständigkeit des Handelsgerichts durch Vereinbarung begründen können.212

IV. Bewertung der Vorschläge Während sowohl Hoffmann als auch Podszun/Rohner die zu errichtenden Kammern auf Ebene der Landgerichte ansiedeln wollen, spricht sich Wagner für eine Ansiedlung auf Ebene der Oberlandesgerichte aus. Letzteres überzeug aus mehreren Gründen: Durch die Wahl der Oberlandesgerichte als Eingangsinstanz wird der Instanzenzug auf zwei Instanzen verkürzt. Dies entspricht dem Interesse der Beteiligten an einer möglichst schnellen Beilegung des Rechtsstreits.213 Darüber hinaus soll durch die Einrichtung von Kammern für internationale Handelssachen bzw. Handelsgerichten eine stärkere Gerichtsspezialisierung erreicht werden. Das Ziel der Spezialisierung – darauf weist auch Wagner hin – kann jedoch nur erreicht werden, 205 206 207 208 209 210 211 212 213

G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 222 ff. G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 225 f. G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 226. G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 226 ff. G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 229 f. G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 231 f. G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 233. G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 234. Vgl. dazu ausführlich unten Kap. 4 § 2.

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Kap. 2: Darstellung der Situation in Deutschland

wenn diese Kammern bzw. Gerichte über eine ausreichende Anzahl vergleichbarer Fälle entscheiden können.214 Die Einrichtung von englischsprachigen Kammern für internationale Handelssachen an jedem Landgericht wäre diesem Ziel indes abträglich. Es würde schlicht am benötigten Fallmaterial fehlen. Aus diesem Grund sieht der Gesetzentwurf zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen die Möglichkeit der Verfahrenskonzentration bei einem oder mehreren Landgerichten vor.215 Im Falle einer Eingangszuständigkeit der Oberlandesgerichte würde dieser Effekt der Verfahrenskonzentration indes noch verstärkt.216 Der Erreichung des Ziels der stärkeren Gerichtsspezialisierung wäre somit eine Eingangszuständigkeit der Oberlandesgerichte zuträglich. Freilich setzt dies auch eine verstärkte Kontinuität bei der Besetzung voraus.217 Der Vorschlag Podszuns und Rohners, diese Verfahrenskonzentration am Landgericht Düsseldorf vorzunehmen erscheint nachvollziehbar. Der Gerichtsstandort Düsseldorf genießt sowohl national als auch international eine herausragende Reputation, insbesondere im Bereich der Patentgerichtsbarkeit. Aus den soeben genannten Gründen wäre indes eine Ansiedlung auf Ebene des Oberlandesgerichts Düsseldorfs anzuraten. Im Übrigen versprechen die Vorschläge eine moderne und flexible Verfahrensgestaltung. Auf die mit dem Begriff der „Handelssache“ i. S. des § 95 GVG einhergehenden Schwierigkeiten wurde bereits hingewiesen.218 Vor diesem Hintergrund überzeugt der Vorschlag Wagners, die Zuständigkeit der einzurichtenden Handelsgerichte für sämtliche Streitigkeiten zwischen Unternehmen i. S. des § 14 BGB zu öffnen. Auch die Empfehlung, die Begründung der Zuständigkeit eines Commercial Court durch Parteivereinbarung zu ermöglichen, verdient Zustimmung. Dagegen erscheint die von Hoffmann vorgeschlagene Integration der UNIDROITPrinciples in das deutsche Recht verzichtbar. Tatsächlich spielt die Wahl der UNIDROIT-Principles in der Praxis sowohl der staatlichen als auch der Schiedsgerichtsbarkeit eine nur untergeordnete Rolle.219 Sowohl die Vorschläge Wagners als auch die Vorschläge Podszuns und Rohners liefern überzeugende Ansätze zur Steigerung der Attraktivität des Rechts- und Justizstandorts Deutschlands. Eine Realisierung erscheint vor diesem Hintergrund begrüßenswert.

214 215 216 217 218 219

G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 231 f. BR-Drs. 53/18, S. 14 f. Rapp, GVRZ 2020, 2, Rn. 22 ff. Dies andeutend auch Rapp, GVRZ 2020, 2, Rn. 21. Vgl. Kap. 2 § 2 A. II. 2. c). Vgl. dazu ausführlich unten Kap. 4 § 3 B. I.

§ 3 Zusammenfassung

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§ 3 Zusammenfassung Bereits seit einigen Jahren wird versucht, den Justizstandort Deutschland international wettbewerbsfähig zu machen – bislang mit nur mäßigem Erfolg. Ein solches Wettbewerbsverhalten lässt sich jedoch nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen, vorwiegend europäischen Staaten beobachten. Diese Entwicklung auf internationaler Ebene soll im folgenden Kapitel dargestellt werden.

Kapitel 3

Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten Wagt man einen Blick ins Ausland, so fällt auf, dass in den letzten Jahren vermehrt sog. International Commercial bzw. International Business Courts errichtet wurden oder in Kürze errichtet werden sollen. Die Einrichtung spezialisierter Gerichte stellt eine Reaktion auf die Bedürfnisse des grenzüberschreitenden Handels nach effektiver Streitbeilegung dar und ist dementsprechend als Ausfluss des in Kapitel 1 beschriebenen Wettbewerbs der Gerichtssysteme zu verstehen. In diesem Kapitel sollen die jüngsten Entwicklungen in Singapur, Frankreich, den Niederlanden und Belgien skizziert werden.1 Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf eine Darstellung der besonders hervorstechenden Merkmale, die eine Abweichung vom jeweils bisher geltenden System bedeuten.

§ 1 Vorbild: Commercial Court of England and Wales A. Überblick Das Modell des International Commercial Court ist kein neuartiges Phänomen. Bereits im Jahr 1895 wurde in London der Commercial Court of England and Wales ins Leben gerufen. Heute bildet er einen Teil des Business and Property Court am High Court of Justice. Der Commercial Court in London gilt als eines der meistgewählten Gerichte weltweit für die Beilegung internationaler Handelsstreitigkeiten. Ausweislich des aktuellen Jahresberichts nehmen internationale Fälle einen Anteil von ca. 75 % aller

1

Überblick (auch zu ähnlichen Projekten am Persischen Golf) bei Requejo Isidro, International Commercial Courts in the Litigation Market; s. auch Sorabji/Kramer, in: Kramer/ Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 1; zu China s. Zhao, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 159; zu Dubai s. Al-Tawil/Younies, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 205; zu Kasachstan s. Zambrana-Tevar, Erasmus Law Review 2019, 122; zu Katar s. Dahdal, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 235; zu Plänen in Indien s. Garimella/Ashraful, Erasmus Law Review 2019, 111; Garimella/Ashraful, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 185.

§ 1 Vorbild: Commercial Court of England and Wales

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Verfahren vor dem Commercial Court ein.2 Ein weiterer Bericht aus dem Jahr 2020 setzt sich genauer mit den Nationalitäten der auftretenden Prozessparteien auseinander. Danach stammten 45 % der Prozessparteien aus dem Vereinigten Königreich, 55 % entfielen auf ausländische Prozessparteien.3 Darunter waren wiederum Prozessparteien aus Russland, Kasachstan und den USA am häufigsten vertreten.4 Zuständig ist der Commercial Court sowohl für nationale als auch internationale Wirtschaftsstreitigkeiten, also immer dann, wenn Forderungen wirtschaftlicher Natur Gegenstand des Verfahrens sind. Darunter sind solche zu verstehen, die (a) ein Geschäftsdokument oder einen Vertrag; (b) die Ausfuhr oder Einfuhr von Waren; (c) die Beförderung von Gütern auf dem Land-, See- oder Luftweg oder durch Pipelines; (d) die Nutzung von Öl- und Gasreserven oder anderen natürlichen Ressourcen; (e) Versicherung und Rückversicherung; (f) Bank- und Finanzdienstleistungen; (g) das Funktionieren der Märkte und Börsen; (h) den Kauf und Verkauf von Waren; (i) den Bau von Schiffen; (j) Geschäftsvermittlung; und (k) Schiedsgerichtsbarkeit betreffen.5 Derzeit sind 13 Richter am Commercial Court tätig,6 die aus der Anwaltschaft rekrutiert wurden und infolgedessen über langjährige Erfahrung im Hinblick auf die Beilegung komplexer Wirtschaftsstreitigkeiten verfügen.7 Auf der herausragenden Expertise der Richter beruht auch ganz wesentlich der Erfolg des London Commercial Court.8 Erwähnenswert erscheint in diesem Zusammenhang eine Studie aus dem Jahr 2015, die sich mit den Gründen für die Wahl der in London ansässigen Gerichten beschäftigt.9 Die Daten hierfür wurden primär im Rahmen von 54 geführten Interviews sowie durch die Ergebnisse eines Online-Fragebogens generiert.10 Gefragt nach den Faktoren, die die Wahl zu Gunsten englischer Gerichte beeinflussten, verwies die Mehrzahl der Befragten auf die Reputation bzw. Erfahrung der Richter.11 Als weitere Gründe gaben die Befragten die Kombination von Gerichtsstandsklauseln mit Rechtswahlklauseln zugunsten des englischen Rechts, effizienter 2

Judiciary of England and Wales, The Commercial Court Report 2018 – 2019, S. 10. Portland Communications, Commercial Courts Report 2020, S. 1. 4 Portland Communications, Commercial Courts Report 2020, S. 2. 5 Rule 58.1 (2) Civil Procedure Rules. 6 Judiciary of England and Wales, Judges & clerks, https://www.judiciary.uk/you-and-the-ju diciary/going-to-court/high-court/queens-bench-division/courts-of-the-queens-bench-division/ commercial-court/judges-clerks/. 7 Mercer, IWRZ 2020, 200, 200; Phillips, Tijdschrift voor Civiele Rechtspleging 2016, 138, 139. 8 Phillips, Tijdschrift voor Civiele Rechtspleging 2016, 138, 139. 9 Lein et al., Factors Influencing International Litigants’ Decisions to Bring Commercial Claims to the London Based Courts. 10 Lein et al., Factors Influencing International Litigants’ Decisions to Bring Commercial Claims to the London Based Courts, S. 1 f. 11 Lein et al., Factors Influencing International Litigants’ Decisions to Bring Commercial Claims to the London Based Courts, S. 15 und 50. 3

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Kap. 3: Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

Rechtsschutz, Verfahrenseffizienz, Neutralität des Forums, Marktgepflogenheiten, englische Sprache, effektive Rechtsberatung, Geschwindigkeit sowie Vollstreckbarkeit von Urteilen im Ausland an.12

B. Auswirkungen des Brexits Seitdem die Mehrheit der Wähler im Rahmen des Referendums über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union am 23. Juni 2016 für einen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU gestimmt haben, sieht sich der Gerichtsstandort allerdings angesichts der damit einhergehenden Unsicherheiten bedroht. Fest steht, dass Urteile von englischen Gerichten nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU als drittstaatliche Urteile behandelt und damit nicht mehr von der durch die Brüssel Ia-VO garantierten Urteilsfreizügigkeit profitieren werden. Die Wahl des englischen Rechts und die Beilegung von Streitigkeiten im Vereinigten Königreich könnte insbesondere für diejenigen Geschäftsparteien weniger attraktiv sein, die ein Interesse an der Vollstreckung eines Urteils innerhalb der Union vorzuweisen haben.13 Ob dieser Umstand jedoch tatsächlich dazu führen wird, dass die Zahl der Verfahren vor dem Commercial Court in London in nennenswertem Umfang, also deutlich spürbar zurückgeht, darf bezweifelt werden.14 Das Londoner Handelsgericht hat nämlich neben der derzeit garantierten Urteilsfreizügigkeit innerhalb der EU noch weitere Vorteile zu bieten. Ungeachtet dessen werden in London zudem vorwiegend Fälle von Parteien aus Drittstaaten, wie z. B. Russland, Kasachstan oder den USA verhandelt. Auf die Vollstreckbarkeit der aus diesen Verfahren resultierenden Entscheidungen wirkt sich die Nichtanwendbarkeit der Brüssel Ia-VO grundsätzlich nicht aus. Wie jedoch die Vollstreckung englischer Urteile innerhalb des Europäischen Justizraumes künftig geregelt sein wird, ist noch immer nicht abschließend geklärt. Der am 24. Dezember 2020 bekanntgegebene Brexit Deal schweigt zu dieser Frage.15 Sollte es hierbei bleiben, hätte dies zur Folge, dass im Verhältnis zwischen der Union und dem Vereinigten Königreich nur noch das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (HGÜ)16 zur Anwendung gelangen würde17, dessen 12

Lein et al., Factors Influencing International Litigants’ Decisions to Bring Commercial Claims to the London Based Courts, S. 15 und 50. 13 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 38. 14 So auch Kramer/Sorabji, Erasmus Law Review 2019, 1, 8. 15 Bert, Ein harter Brexit für die justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen, https://www.zpoblog.de/ein-harter-brexit-fuer-die-justizielle-zusammenarbeit-in-zivil-und-han delssachen/. 16 Convention of 30 June 2005 on Choice of Court Agreements. 17 Am 28. 09. 2020 haben Großbritannien und Nordirland ihren Beitritt zum Übereinkommen erklärt, dazu HCCH, Choice of Court Convention: Notifications, https://www.hcch. net/de/instruments/conventions/status-table/notifications/?csid=1318&disp=resdn.

§ 2 Singapore International Commercial Court (SICC)

65

Anwendungsbereich jedoch auf ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen beschränkt ist. Im Übrigen würde es dann zu einer Anwendung möglicher bilateraler Abkommen18 oder eben des autonomen Prozessrechts des jeweiligen Staates kommen.19 Ausstehend ist aktuell noch das Beitrittsgesuch des Vereinigten Königreichs zum Übereinkommen von Lugano20 vom 8. April 2020.21 Dieser Beitritt wäre im Interesse einer zumindest teilweisen Beibehaltung der Titelfreizügigkeit zu begrüßen.

§ 2 Singapore International Commercial Court (SICC) A. Hintergrund Ausgangspunkt der jüngsten Entwicklungen stellt die Errichtung des Singapore International Commercial Court (SICC) im Jahr 2015 dar. Singapur hat sich über viele Jahre zu einem der führenden Zentren für Schiedsgerichtsbarkeit nicht nur in Asien, sondern weltweit entwickelt. Das Singapore International Arbitration Centre (SIAC), welches mit dem Singapore International Mediation Centre (SIMC) zusammenarbeitet, zählt zu den wichtigsten und meist gewählten Institutionen für Internationale Schiedsgerichtsbarkeit.22 Hier setzt das Konzept des SICC an: Das Gericht wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, das bestehende „Streitbeilegungsangebot“ um eine weitere Komponente zu ergänzen.23 Zusammen mit dem SIAC und dem SIMC, soll der SICC als staatliches Gericht ein umfassendes Angebot an Streitbeilegungsdiensten bereitstellen.24 Dahinter steht das langfristig gesteckte Ziel,

18 Im Verhältnis zu Deutschland gibt es ein Abkommen vom 14. Juli 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. 19 Dazu Hess, IPRax 2016, 409, 411 ff. 20 Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007. 21 Dazu Bert, Brexit und Lugano: Erster Jahrestag des britischen Beitrittsgesuchs, https: //www.zpoblog.de/brexit-eugvvo-luganer-abkommen-beitrittsgesuchs/, der eine zeitnahe Zustimmung der EU zum Beitritt des Vereinigten Königreichs für unwahrscheinlich hält. 22 Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey, S. 9 ff. 23 Yip, Erasmus Law Review 2019, 82, 83; ders., in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 129, 131. 24 Yip, Erasmus Law Review 2019, 82, 83; ders., in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 129, 131.

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Kap. 3: Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

Singapur als führende zentrale Anlaufstelle für die internationale Streitbeilegung zu etablieren.25

B. Funktionsweise I. Zuständigkeit In die Zuständigkeit des SICC fallen Verfahren, die internationaler und wirtschaftlicher Natur sind.26 Da das Gericht als Abteilung des Singapore High Court (und damit als Teil des Supreme Court) errichtet wurde, muss das jeweilige Verfahren zudem grundsätzlich in die Zuständigkeit des Singapore High Court fallen.27 Ein Verfahren bzw. eine Forderung ist von internationalem Charakter, wenn (i) die Parteien ihren Geschäftssitz in verschiedenen Staaten haben, (ii) keine der Parteien ihren Geschäftssitz in Singapur hat, (iii) mindestens eine der Parteien ihren Geschäftssitz in einem anderen Staat hat als dem Staat, in dem ein wesentlicher Teil der Verpflichtungen aus den Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien zu erfüllen ist oder dem Staat, mit dem der Streitgegenstand am engsten verbunden ist, oder (iv) die Parteien ausdrücklich vereinbart haben, dass sich der Gegenstand der Forderung auf mehr als einen Staat bezieht.28 Von wirtschaftlicher Natur ist eine Forderung, wenn (i) sich ihr Gegenstand aus einem wirtschaftlichen Verhältnis ergibt, unabhängig davon, ob vertraglich oder nicht, (ii) sich die Klage auf eine in personam geführte Streitigkeit über geistiges Eigentum bezieht, oder (iii) die Parteien ausdrücklich vereinbart haben, dass der Gegenstand der Forderung wirtschaftlicher Natur sein soll.29 Ferner ist der SICC für alle Verfahren, die in Zusammenhang mit der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit stehen zuständig, die nach dem International Arbitration Act in die Zuständigkeit des High Court fallen.30 Diese Regelung bringt deutlich die intendierte Koexistenz von Schiedsverfahren und staatlichen Gerichtsverfahren zum Ausdruck.31 Um die Zuständigkeit des SICC innerhalb der Gerichtsbarkeit des High Court zu begründen, sind grundsätzlich zwei Möglichkeiten zu unterscheiden: Erstens kann 25

Singapore International Commercial Court Committee, Report of the SICC Committee, Rn. 10; Yip, Erasmus Law Review 2019, 82, 83; ders., in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 129, 131. 26 Supreme Court of Judicature Act, 18D (1) (a); Rules of Court, O. 110, r. 7 (1). 27 Supreme Court of Judicature Act, 18D (1) (b). 28 Rules of Court, O. 110, r. 1 (2) (a). 29 Rules of Court, O. 110, r. 1 (2) (b). 30 Supreme Court of Judicature Act, 18D (2); Rules of Court, O. 110, r. 57. 31 Yip, Erasmus Law Review 2019, 82, 88; ders., in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 129, 141.

§ 2 Singapore International Commercial Court (SICC)

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der Singapore High Court Fälle an den SICC gemäß den Bestimmungen der Gerichtsordnung übertragen.32 Zweitens ist der SICC dann zuständig, wenn sich die Parteien der Zuständigkeit des SICC im Rahmen einer schriftlichen Gerichtsstandsvereinbarung unterworfen haben.33 Die Möglichkeit des Transfers von Fällen vom Singapore High Court auf den SICC wurde vor allem für die Anfangsphase geschaffen, während der vermutlich von der Möglichkeit einer Prorogation höchst selten Gebrauch gemacht werden wird.34 Auf diese Weise kann also, unabhängig vom Vorliegen einer Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten des SICC, dennoch gewährleistet werden, dass das Gericht im Wege des Transfers vom Singapore High Court genügend Fälle verhandeln und entscheiden kann, um sich als Forum für die Beilegung internationaler hochpreisiger Handelsstreitigkeiten etablieren zu können.35 Tatsächlich wurden die bisher vor dem SICC verhandelten Fälle weit überwiegend vom High Court auf diesen transferiert.36 Sobald jedoch der SICC eine gewisse Reputation als erstklassiges Forum für die Beilegung internationaler Handelsstreitigkeiten erlangt haben wird, steht zu erwarten, dass grenzüberschreitend tätige Parteien aus eigenem Antrieb und auf eigene Initiative den SICC als zuständiges Forum wählen werden. Rechtsmittel gegen Urteile des SICC können beim Singapore Court of Appeal eingereicht werden.37 Die Parteien können jedoch durch schriftliche Vereinbarung auf das Recht der Berufung verzichten, es einschränken oder abändern.38

II. Anwendbares Recht (insb. Beweisregeln) Eine bemerkenswerte Regelung findet sich unter den Bestimmungen zum anwendbaren Beweisrecht. Die Parteien können übereinstimmend erklären, dass anstatt der Regeln des singapurischen Beweisrechts, ein fremdes Beweisrecht, oder sogar nichtstaatliches Beweisrecht, wie z. B. die IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration zur Anwendung gelangen soll.39

32

Rules of Court, O. 110, r. 7 (2) und r. 12. Rules of Court, O. 110, r. 7 (1). 34 Chong/Yip, 15 Journal of Private International Law 2019, 97, 126. 35 Landbrecht, ASA Bulletin 2016, 112, 115. 36 Yip, Erasmus Law Review 2019, 82, 92; ders., in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 129, 152. 37 SICC Practice Directions, Rn. 139. 38 SICC Practice Directions, Rn. 139. 39 Rules of Court, O. 110, r. 23 (1). 33

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Kap. 3: Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

Fremdes Recht wird im common law als Tatsache behandelt, weshalb seine Ermittlung grundsätzlich den allgemeinen Beweisregeln für Tatsachen unterfällt.40 In Verfahren vor dem SICC kann indes, in Anlehnung an die Praxis internationaler Schiedsgerichte, das Gericht auf Antrag einer Partei anordnen, dass Fragen ausländischen Rechts auf der Grundlage von mündlichem oder schriftlichem Vorbringen anstelle auf Grundlage einer Beweiserhebung entschieden werden.41

III. Verfahrensregeln 1. Gerichtssprache Alle Verhandlungen vor dem SICC werden in englischer Sprache durchgeführt. Insoweit ist jedoch zu bemerken, dass es sich hierbei um keine Besonderheit handelt, da Englisch neben Malaiisch, Mandarin und Tamil eine von vier Amtssprachen in Singapur ist. 2. Prozessvertretung durch ausländische Anwälte (Postulationsfähigkeit) Grundsätzlich sind nur in Singapur zugelassene Rechtsanwälte zur Prozessvertretung befugt. Angesichts des internationalen Charakters des Gerichts, haben die Parteien jedoch das Recht, sich auch von ausländischen Anwälten vertreten zu lassen.42 Diese Möglichkeit erscheint besonders bemerkenswert, besteht jedoch freilich nicht uneingeschränkt, sondern nur unter bestimmten, näher zu erörternden Voraussetzungen. Zunächst bedarf es einer Registrierung des ausländischen Anwalts. In diesem Zusammenhang ist zwischen einer vollständigen und einer nur beschränkten Registrierung zu differenzieren. Während ein ausländischer Anwalt bei vollständiger Registrierung insbesondere sowohl vor dem SICC als auch vor dem Berufungsgericht auftreten und seinen Mandanten vertreten darf, sind die Befugnisse des nur beschränkt registrierten Anwalts auf Stellungnahmen zu Fragen des fremden Rechts (sowohl vor dem SICC als auch vor dem Berufungsgericht) limitiert.43 Für eine vollständige Registrierung muss der ausländische Anwalt unter anderem ordnungsgemäß ermächtigt oder registriert sein, um in einer ausländischen Jurisdiktion als Rechtsanwalt zu praktizieren, über mindestens 5 Jahre Erfahrung in der anwaltlichen Vertretung vor einem Gericht oder Tribunal verfügen und die englische 40 41 42 43

Ausführlich Spickhoff, ZZP 112 (1999), 265, 276 ff. Supreme Court of Judicature Act, 18 L; Rules of Court, O. 110, r. 25 (1). Supreme Court of Judicature Act, 18M; Legal Profession Act, 36P. Legal Profession Act, 36P.

§ 2 Singapore International Commercial Court (SICC)

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Sprache ausreichend beherrschen, um alle relevanten Verfahren vor dem SICC führen zu können.44 Eine Vertretung durch ausländische Anwälte kommt primär in sog. „offshore cases“ in Betracht.45 Als „offshore case“ bezeichnet man ein Verfahren, das keine wesentliche Verbindung zu Singapur aufweist.46 Dies ist wiederum dann der Fall, wenn das singapurische Recht nicht als das auf die Streitigkeit anwendbare Recht berufen ist, oder die einzige Verbindung zwischen der Streitigkeit und Singapur lediglich durch die Wahl des singapurischen Rechts durch die Parteien als das auf die Streitigkeit anwendbare Recht und die Unterwerfung der Parteien unter die Zuständigkeit des SICC hergestellt wird.47 3. Ausschluss der Öffentlichkeit Das Gericht kann – auf Antrag einer Partei – anordnen, dass die Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, dass keine der beteiligten Person Informationen oder Dokumente im Zusammenhang mit der Rechtssache offenlegen oder veröffentlichen darf, oder dass die Gerichtsakte versiegelt wird.48 Bei der Entscheidung hierüber kann das Gericht insbesondere berücksichtigen, ob es sich um einen „offshore case“ handelt.49

IV. Besetzung des Gerichts Besonders interessant erscheint die Zusammensetzung des Richterkollegiums. Neben Berufsrichtern aus Singapur, sind internationale Richter aus unterschiedlichsten Rechtskreisen am SICC tätig. Aktuell setzt sich der internationale Richterpool beispielsweise aus Richtern aus Großbritannien, Australien, den USA, Frankreich, Kanada, China und Japan zusammen (aktuell 16 internationale Richter).50 Auffallend ist hierbei, dass die meisten Richter aus Common Law-Staaten rekrutiert wurden, während nur wenige Civil Law-Richter am SICC beschäftigt sind. Die Ernennung einer Person als internationaler Richter erfolgt durch den Präsidenten des Supreme Court für einen bestimmten Zeitraum,51 wenn diese nach An44 Legal Profession (Representation in Singapore International Commercial Court) Rules 2014, 4 (1). 45 SICC Practice Directions, Rn. 26. 46 Rules of Court, O. 110, r. 1 (1). 47 Rules of Court, O. 110, r. 1 (2) (f). 48 Rules of Court, O. 110, r. 30 (1). 49 Rules of Court, O. 110, r. 30 (2). 50 Singapore International Commercial Court, Judges, https://www.sicc.gov.sg/about-thesicc/judges. 51 Supreme Court of Judicature Act, 9 (4) (b).

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Kap. 3: Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

sicht des Obersten Richters über die erforderlichen Qualifikationen, Erfahrungen und berufliches Ansehen verfügt, um internationaler Richter des High Court zu werden.52 Die internationalen Richter sind nur befugt, Verhandlungen vor dem SICC und Berufungen von Urteilen des SICC beizuwohnen53 und werden den Fällen durch den Obersten Richter auf ad-hoc-Basis zugeordnet.54 Nicht möglich ist – im Unterschied zur Schiedsgerichtsbarkeit – eine Wahl der Richter oder eine sonstige Beeinflussung der Zusammensetzung der Spruchkörper durch die Parteien. Die Verfahren werden normalerweise vor dem Einzelrichter verhandelt, lediglich wenn die Parteien eine entsprechende Vereinbarung treffen oder eine entsprechende Weisung des obersten Richters vorliegt, muss ein Gremium von drei Richtern den Fall verhandeln.55

V. Anerkennung und Vollstreckung der Urteile Auch wenn das Verfahren vor dem SICC Elemente der Schiedsgerichtsbarkeit aufweist, so handelt es sich letztlich doch um ein staatliches Gericht. Dementsprechend profitieren seine Urteile nicht vom New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ).56 Die Vollstreckbarkeit der Urteile des SICC außerhalb Singapurs richtet sich somit in erster Linie nach bi- oder multilateralen Übereinkommen.57 Das wohl wichtigste Übereinkommen auf diesem Gebiet ist das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (HGÜ). Dieses Übereinkommen enthält, anders als es der Titel vielleicht vermuten lässt, nicht nur Regelungen zu ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarungen in internationalen Sachverhalten, sondern darüber hinaus auch Vorschriften zur Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung(en) des jeweils prorogierten Gerichts. Vertragsstaaten des Übereinkommens sind derzeit neben Singapur die EU, Mexiko, Montenegro sowie das Vereinigte Königreich. Unterschrieben aber noch nicht ratifiziert ist das Übereinkommen von China, Israel, Nordmazedonien, den USA und der Ukraine.58 Die Urteile des SICC profitieren freilich nur dann von den Vorteilen des HGÜ, wenn tatsächlich eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten des 52

Constitution of the Republic of Singapore, 95 (4) (c). Supreme Court of Judicature Act, 5 A. 54 Constitution of the Republic of Singapore, 95 (9) (b); Supreme Court of Judicature Act, 9 (4) (b). 55 Rules of Court, O. 110, r. 53. 56 Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, New York, 10 June 1958. 57 Zur Vollstreckbarkeit von Entscheidungen des SICC gegen „compulsorily joined nonconsenting parties“ s. Stamboulakis/Crook, Erasmus Law Review 2019, 98, 101 ff. 58 Aktueller Stand unter HCCH, Choice of Court Convention: Status table, https://www. hcch.net/en/instruments/conventions/status-table/?cid=98. 53

§ 3 International Chamber of the Paris Court of Appeal (ICCP-CA)

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SICC vorliegt. In den Fällen, in denen eine Vereinbarung zugunsten des High Court vorliegt (die am oder nach dem 1. Oktober 2016 geschlossen wurde), ist die Vereinbarung so auszulegen, dass sie auch eine Vereinbarung enthält, sich der Zuständigkeit des SICC zu unterwerfen, sofern in der Vereinbarung keine gegenteilige Absicht erkennbar ist.59 Daneben profitieren Urteile des SICC von einer erleichterten Vollstreckung durch den Reciprocal Enforcement of Commonwealth Judgments Act, der das Vereinigte Königreich, Australien, Neuseeland, Sri Lanka, Malaysia, Windward Islands, Pakistan, Brunei, Papua-Neuguinea und Indien umfasst und den Reciprocal Enforcement of Foreign Judgments Act, der die vereinfachte Vollstreckung auf Hongkong erstreckt.

C. Ausblick Die Zahl der vor dem SICC verhandelten Verfahren steigt – langsam, aber stetig – von Jahr zu Jahr. Insgesamt wurden bislang 81 Verfahren vor dem SICC abgeschlossen.60 Es erscheint denkbar, dass Singapur auf lange Sicht, insbesondere vor dem Hintergrund des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Union, durchaus in der Lage sein wird, London die Vorreiterposition als unangefochtene Nummer eins für die Beilegung internationaler Handelsprozesse streitig zu machen und sich als echte Alternative zum Commercial Court in London zu etablieren.61

§ 3 International Chamber of the Paris Court of Appeal (ICCP-CA) A. Hintergrund Bereits im Jahr 1995 wurde in Paris eine erstinstanzliche International Division of the Paris Commercial Court (Tribunal de commerce de Paris) errichtet, die erstmalig den Parteien die Möglichkeit eröffnete, Dokumente in englischer Sprache einzureichen und mündliche Verhandlungen auf Englisch zu führen.62 Gleichwohl wurde die Kammer von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen und in der Praxis nur

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Rules of Court, O. 110, r. 1 (2) (ca). Singapore International Commercial Court, Judgments, https://www.sicc.gov.sg/hea rings-judgments/judgments; Überblick über die ersten 34 Urt. bei Yip, Erasmus Law Review 2019, 82, 92 ff. 61 Lein et al., Factors Influencing International Litigants’ Decisions to Bring Commercial Claims to the London Based Courts, S. 27 f. 62 Jeuland, Tijdschrift voor Civiele Rechtspleging 2016, 143, 143. 60

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Kap. 3: Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

wenig in Anspruch genommen.63 Aus diesem Grund folgte im Jahr 2011 eine offizielle Eröffnung, mit der Intention, auf die Existenz dieser in Vergessenheit geratenen Kammer aufmerksam zu machen.64 Im März 2018 wurde sodann in Ergänzung der bereits bestehenden erstinstanzlichen Kammer am Court of Appeal in Paris ebenfalls eine Internationale Kammer eingerichtet.

B. Funktionsweise I. Zuständigkeit Für Verfahren vor der neuen Kammer am Court of Appeal wurde ein spezielles Protokoll geschaffen.65 Danach ist die Kammer zuständig für Berufungen gegen Entscheidungen, die im Zusammenhang mit internationalen Wirtschafts- und Handelsstreitigkeiten ergangen sind, sowie Entscheidungen im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit.66 Die Zuständigkeit der Kammer kann sich aus einer Vertragsklausel ergeben, die die Zuständigkeit den Gerichten innerhalb der Gerichtsbarkeit des Pariser Berufungsgerichts überträgt.67 Darüber hinaus ist die Kammer für Berufungen gegen erstinstanzliche Entscheidungen der Internationalen Kammer des Pariser Handelsgerichts zuständig.68

II. Verfahrensregeln Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Merkmale gegeben werden. Die neu eingerichtete Kammer wirbt mit der Möglichkeit der Verfahrensführung auf Englisch, wenngleich diese Möglichkeit auf einige, wenige Verfahrensschritte begrenzt ist. Prozesshandlungen haben grundsätzlich in französischer Sprache zu erfolgen.69 Jedoch können Schriftsätze in englischer Sprache ohne Übersetzung eingereicht werden.70 Die mündliche Verhandlung ist grundsätzlich auf Französisch

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Hierzu Jeuland, Tijdschrift voor Civiele Rechtspleging 2016, 143; s. auch Biard, Erasmus Law Review 2019, 24, 27. 64 Biard, Erasmus Law Review 2019, 24, 27; Jeuland, Tijdschrift voor Civiele Rechtspleging 2016, 143, 143; ders., in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 65, 72. 65 Protocol relating to procedural rules applicable to the International Chamber of the Court of Appeal of Paris. 66 Art. 1.1 of the protocol. 67 Art. 1.2 of the protocol. 68 Art. 1.3 of the protocol. 69 Art. 2.1 of the protocol. 70 Art. 2.2 of the protocol.

§ 3 International Chamber of the Paris Court of Appeal (ICCP-CA)

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zu führen.71 Parteien, Zeugen, Sachverständige sowie der Rechtsbeistand der Parteien (wenn sie Ausländer und berechtigt sind, vor dem Pariser Berufungsgericht zu plädieren) sind jedoch berechtigt, sich auf Englisch auszudrücken, wenn sie dies wünschen.72 In diesem Fall ist jedoch eine Simultanübersetzung erforderlich.73 Urteile müssen nach wie vor auf Französisch abgefasst werden, es wird jedoch eine englische Übersetzung zur Verfügung gestellt.74 Auch in Bezug auf die Beweiserhebung und die Durchführung der mündlichen Verhandlung weist das Verfahren vor der neuen Kammer am Court of Appeal wesentliche Unterschiede zu der Praxis regulärer Zivilverfahren vor französischen Gerichten auf. So können, in Abweichung von Art. 202 der französischen Zivilprozessordnung (code de procédure civile), Erklärungen Dritter in maschinenschriftlicher Form abgefasst werden.75 Darüber hinaus wird insbesondere der Zeugenaussage als Beweismittel ein weit höherer Stellenwert als sonst üblich eingeräumt.76 In Anlehnung an das aus dem Common Law bekannte Kreuzverhör77 können sowohl Zeugen als auch Parteien durch den Richter aufgefordert werden, Fragen der (anderen) Parteien zu beantworten.78 Verfahren vor der Kammer finden öffentlich statt. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit ist nur unter den für alle Zivilverfahren geltenden Voraussetzungen möglich.79

C. Ausblick Leider werden die Fallzahlen der ICCP-CA (bislang) nicht publiziert. Bis Dezember 2018 sollen 17 Verfahren eingeleitet und zwei mündliche Verhandlungen abgehalten worden sein.80

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Art. 2.3 of the protocol. Art. 2.4 of the protocol. 73 Art. 3.3 of the protocol. 74 Art. 7 of the protocol. 75 Art. 5.3.2 of the protocol. 76 Preamble and Art. 5 of the protocol; s. auch Biard, Erasmus Law Review 2019, 24, 29; Jeuland, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 65, 75. 77 Biard, Erasmus Law Review 2019, 24, 29; Jeuland, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 65, 77. 78 Art. 5.2.1, Art. 5.4.4 of the protocol. 79 Art. 6.1 of the protocol. 80 Biard, Erasmus Law Review 2019, 24, 25. 72

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Kap. 3: Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

§ 4 Netherlands Commercial Court (NCC) A. Hintergrund In den Niederlanden, genauer in Amsterdam, wurde zum 1. Januar 2019 der Netherlands Commercial Court errichtet. Der NCC setzt sich zusammen aus dem erstinstanzlichen NCC District Court (NCC) als spezielle Kammer am Amsterdam District Court (Rechtbank), und dem für Berufungen zuständigen NCC Court of Appeal (NCCA) als spezielle Kammer am Amsterdam Court of Appeal (Gerechtshof). Beide Kammern wurden errichtet, um grenzüberschreitend tätigen Parteien ein effektives Forum für die Beilegung ihrer Handelsstreitigkeiten anzubieten. Ähnlich wie in Deutschland, lässt sich auch in den Niederlanden ein deutlicher Rückgang der Verfahren, speziell die Beilegung internationaler Handelsstreitigkeiten betreffend, vor den staatlichen Gerichten erkennen.81 Als Ursache wird hier vor allem eine zunehmende Abwanderung nach London vermutet.82

B. Funktionsweise Für Verfahren vor dem NCC sowie dem NCCA wurde ein spezielles Regelwerk geschaffen.83 Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Regelungen gegeben werden.

I. Zuständigkeit 1. Internationale Zuständigkeit Zunächst müssen die niederländischen Gerichte international zuständig sein. Die internationale Zuständigkeit ist mithilfe der Vorschriften des Internationalen Zivilverfahrensrechts zu ermitteln. Im Fokus dürfte hier wohl Art. 25 Brüssel Ia-VO stehen, der den Parteien einer grenzüberschreitenden Zivil- oder Handelssache die Möglichkeit eröffnet, eine internationale Gerichtsstandsvereinbarung zu schließen.

81 Zahlen in de Rechtspraak, Jaarverslag 2019, S. 50 und 52; s. auch Bauw, Erasmus Law Review 2019, 15, 16; Lobach, IWRZ 2017, 256, 256. 82 Bauw, Erasmus Law Review 2019, 15, 16; Dorsman, in: Holtzer/Strik/Oranje (Hrsg.), Geschriften vanwege de Vereniging Corporate Litigation 2015 – 2016, 305, 305; van Rhee, Tijdschrift voor Civiele Rechtspleging 2016, 120, 120. 83 Rules of Procedure of the Netherlands Commercial Court.

§ 4 Netherlands Commercial Court (NCC)

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2. Örtliche und sachliche Zuständigkeit Wie soeben festgestellt, handelt es sich beim NCC um eine Kammer des Amsterdam District Court, weshalb zunächst dessen Zuständigkeit eröffnet sein muss. Diese lässt sich einerseits durch Abschluss einer (internationalen) Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien zugunsten des Amsterdam District Court begründen. In Ermangelung einer Gerichtsstandsvereinbarung, muss der Amsterdam District Court aus anderen Gründen für die Klage zuständig sein.84 Um dann innerhalb des Amsterdam District Court die Zuständigkeit des NCC zu begründen, bedarf es einer Ziviloder Handelsstreitigkeit internationaler Natur.85 Der Begriff der Zivil- und Handelssache ist hierbei sehr weit zu interpretieren. Erfasst sind insbesondere vertragliche Streitigkeiten, deliktische Ansprüche, aber auch Eigentumsstreitigkeiten und gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten.86 Ausgenommen sind Fälle, die in die ausschließliche Zuständigkeit einer anderen Kammer fallen, wie beispielsweise die Unternehmenskammer des Amsterdam Court of Appeal, die Patentkammer des District Court Den Haag oder die Maritime Kammer des Rotterdam District Court.87 Eine wichtige Einschränkung besteht zudem im Hinblick auf den Streitwert: Nicht in den Zuständigkeitsbereich des NCC fallen Verfahren wegen Geldforderungen, deren Streitwert 25.000 E oder weniger beträgt.88 An das Vorliegen einer internationalen Streitigkeit sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Das Vorliegen einer internationalen Streitigkeit ist insbesondere dann zu bejahen, wenn (a) mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz außerhalb der Niederlande hat oder eine im Ausland niedergelassene oder nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaft ist oder eine Tochtergesellschaft dieser Gesellschaft ist, (b) ein internationales Übereinkommen oder ausländisches Recht auf die Streitigkeit anwendbar ist oder die Streitigkeit sich aus einer Vereinbarung ergibt, die in einer fremden Sprache verfasst wurde (fremde Vertragssprache), (c-e) eine der Verfahrensparteien eine Gesellschaft ist oder einer Unternehmensgruppe angehört, von der die Mehrheit der weltweiten Mitarbeiter außerhalb der Niederlande beschäftigt ist oder mehr als die Hälfte des konsolidierten Umsatzes außerhalb der Niederlande erzielt wird oder deren Wertpapiere an einem regulierten Markt im Sinne des niederländischen Finanzaufsichtsgesetzes außerhalb der Niederlande gehandelt werden, (f) die Streitigkeit Rechtsakte oder Rechtshandlungen außerhalb der Niederlande betrifft, oder (g) die Streitigkeit sonstige relevante grenzüberschreitende Interessen betrifft.89 Nicht erfasst sind somit ledig84 85 86 87 88 89

Art. 1.3.1 NCC Rules. Art. 1.3.1 NCC Rules. NCC Explanatory Notes to Art. 1.3.1(a) NCC Rules. NCC Explanatory Notes to Art. 1.3.1(a) NCC Rules. NCC Explanatory Notes to Art. 1.3.1(a) NCC Rules. NCC Explanatory Notes to Art. 1.3.1(b) NCC Rules.

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Kap. 3: Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

lich reine Inlandssachverhalte ohne jegliche grenzüberschreitende Berührungspunkte. Schließlich müssen sich die Parteien schriftlich mit der Verhandlung in englischer Sprache vor dem NCC einverstanden erklären.90 Hierbei handelt es sich nicht um eine Gerichtsstandsvereinbarung, sondern um eine Prozessabsprache, da der NCC gerade kein eigenständiges Gericht, sondern lediglich eine Kammer am Amsterdam District Court darstellt.91 Für Berufungen gegen Urteile des erstinstanzlichen NCC ist der NCCA zuständig. Darüber hinaus kann sich eine erstinstanzliche Zuständigkeit des NCCA ergeben, wenn für die Angelegenheit die Berufung zulässig ist, die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit des NCC erfüllt sind und die Parteien in ihrer Vereinbarung nicht den Amsterdam District Court, sondern den Amsterdam Court of Appeal benannt haben.92 Zudem kann ein Verfahren zur Aufhebung eines Schiedsspruchs vor dem NCCA durchgeführt werden, wenn der Schiedsort im Bezirk Amsterdam liegt.93

II. Verfahrensregeln Interessant für international agierende Handelsparteien ist insbesondere die Verfahrensführung in englischer Sprache. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang jedoch darauf, dass die Möglichkeit, einige Verfahrensschritte in englischer Sprache durchzuführen dem niederländischen Prozess nicht gänzlich fremd ist. Dies resultiert daraus, dass im niederländischen Prozessrecht keine ausdrückliche Regelung existiert, die die niederländische Sprache als Gerichtssprache vorschreibt.94 Deshalb war es schon bisher möglich, Dokumente in englischer (aber auch deutscher und französischer) Sprache einzureichen und mündlich auf Englisch zu verhandeln.95 Insbesondere die Möglichkeit der Abfassung von Urteilen in englischer Sprache sollte indes auf ein gesetzliches und damit gesichertes Fundament gestellt werden, um keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines derartigen Urteils aufkommen zu lassen.96 Dementsprechend wird in Verfahren vor dem NCC nicht nur die mündliche Verhandlung in englischer Sprache abgehalten, sondern vielmehr auch das Urteil in englischer Sprache abgefasst. Im Unterschied zur Kammer für internationale Handelssachen am LG Frankfurt und auch zur International Chamber of the Paris Court 90

Art. 1.3.1 NCC Rules. Henke, RIW 2019, 273, 275. 92 Art. 1.3.3 NCC Rules. 93 Art. 1.3.3 NCC Rules. 94 Bauw, Erasmus Law Review 2019, 15, 17. 95 Bauw, Erasmus Law Review 2019, 15, 17; Schelhaas, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 45, 50. 96 Bauw, Erasmus Law Review 2019, 15, 17. 91

§ 4 Netherlands Commercial Court (NCC)

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of Appeal können Verfahren vor dem NCC somit in vollem Umfang auf Englisch durchgeführt werden. Gleichwohl beschränkt sich die Möglichkeit der Verfahrensführung auf Englisch auf Verfahren vor dem NCC und dem NCCA. Für die Revision beim Hoge Raad gegen Urteile des NCCA ist diese Möglichkeit nicht vorgesehen.97 Grundsätzlich muss sich eine Partei in Verfahren vor dem NCC von einem Rechtsanwalt vertreten lassen, der Mitglied der niederländischen Anwaltskammer sein muss.98 Ausländische Rechtsanwälte, die berechtigt sind, ihre berufliche Tätigkeit unter der Bezeichnung Rechtsanwalt oder einer gleichwertigen Bezeichnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz auszuüben, dürfen zwar keine Prozesshandlungen vornehmen, sie können aber mit einem in den Niederlanden zugelassenen Rechtsanwalt zusammenarbeiten.99Andere ausländische Rechtsanwälte dürfen nicht für eine Partei handeln, aber das Gericht kann ihnen erlauben, in jeder Sitzung zu sprechen.100 Verhandlungen vor dem NCC sind grundsätzlich öffentlich zugänglich. Gleichwohl kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung ganz oder teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten wird oder dass nur bestimmte Personen berechtigt sind, der Verhandlung beizuwohnen, wenn dies im Interesse der öffentlichen Ordnung (ordre public), der guten Sitten oder der nationalen Sicherheit, oder zum Schutz der Interessen von Minderjährigen oder der Privatsphäre der Parteien, oder zur Vermeidung erheblicher nachteiliger Auswirkungen auf die Rechtspflege erforderlich ist.101 Die Parteien dürfen niemandem außerhalb des Verfahrens Details einer nicht öffentlichen Verhandlung oder einer solchen, an der nur bestimmte Personen teilnehmen dürfen, offenlegen. Auf Antrag einer Partei kann das Gericht diese Verpflichtung aber ganz oder teilweise aufheben.102 Eine spezielle Vorschrift zur Vertraulichkeit findet sich im Abschnitt über die Beweisregeln. Grundsätzlich kann das Gericht in jedem Stadium des Verfahrens eine Partei anweisen, bestimmte Behauptungen zu erläutern oder bestimmte Dokumente, die mit dem Verfahren in Zusammenhang stehen, offenzulegen.103 Diese Partei kann jedoch aus zwingenden Gründen die entsprechende Erklärung oder Offenlegung zurückhalten oder dem Gericht mitteilen, dass die Erklärung oder Offenlegung, zu der sie angewiesen wurde, nur gegenüber dem Gericht erfolgen darf.104 Zu diesem Zweck muss die betroffene Partei einen Antrag auf Vertraulichkeit stellen. Über den 97 Bauw, Erasmus Law Review 2019, 15, 18; Schelhaas, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 45, 52. 98 Art. 3.1.1 NCC Rules. 99 Art. 16b und 16e Act on Advocates (Advocatenwet). 100 Art. 3.1.2 NCC Rules. 101 Art. 7.5 NCC Rules. 102 Art. 7.5 NCC Rules. 103 Art. 8.4.1 NCC Rules. 104 Die nachfolgenden Ausführungen sind Art. 8.4.2 NCC Rules entnommen.

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Kap. 3: Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

Antrag entscheidet sodann eine von der in der Hauptsache zuständigen verschiedene Kammer. Stellt diese Kammer fest, dass der Vertraulichkeitsantrag nicht gerechtfertigt ist, kann das Gericht die nachteiligen Schlussfolgerungen ziehen, die es für angemessen hält. Stellt die Kammer hingegen fest, dass der Antrag gerechtfertigt ist, so gilt es zu differenzieren: Hat die betroffene Partei beantragt, eine Erklärung oder Offenlegung nicht vornehmen zu müssen, so erlischt diese Pflicht. Wurde hingegen eine Erklärung oder Offenlegung nur gegenüber dem Gericht – also unter Ausschluss der anderen Parteien – beantragt, so können die in diesem Rahmen gewonnen Informationen für die Zwecke des Urteils nur verwertet werden, wenn die anderen Parteien dem zustimmen. Die Parteien können aber auch eine Vereinbarung über den Zugang zu vertraulichen Dokumenten treffen. Eine solche Vereinbarung kann bspw. vorsehen, dass eine Überprüfung bestimmter Materialien nur durch die Anwälte der Parteien erlaubt ist.

III. Gerichtsgebühren Die zu entrichtenden Gerichtsgebühren fallen deutlich höher aus als vor den regulären niederländischen Gerichten. Sie betragen vor dem NCC 15.000 E und vor dem NCCA 20.000 E, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 7.500 E bzw. 10.000 E.105 Dahinter steht die Absicht, dass der NCC möglichst selbstfinanzierend arbeiten soll.106

C. Ausblick Nur sechs Wochen nach seiner Errichtung, wurde am 18. Februar 2019 bereits der erste Fall vor dem NCC verhandelt, am 8. März 2019 das erste Urteil gesprochen. Besonders bemerkenswert daran ist, dass die Zuständigkeit des NCC – anders als die des SICC – ausschließlich durch eine Vereinbarung der Parteien begründet werden kann. Dies spricht dafür, dass das Konzept des NCC für internationale Handelsparteien durchaus attraktiv erscheint. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass sich der NCC – insbesondere vor dem Hintergrund des Brexits – als beliebtes Forum innerhalb der EU für die Beilegung internationaler Handelsstreitigkeiten etablieren kann.

105

Anhang zum niederländischen Gerichtsgebührengesetz (Wet griffierechten in burgerlijke zaken). 106 Bauw, Erasmus Law Review 2019, 15, 17; Schelhaas, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 45, 55 f., zur Kritik an diesem System S. 58 ff.

§ 5 Brussels International Business Court (BIBC)

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§ 5 Brussels International Business Court (BIBC) A. Hintergrund Auch in Belgien wurden Pläne zur Errichtung eines Brussels International Business Court bekannt gegeben.107 Im Unterschied zur KfiH am LG Frankfurt, der International Chamber of the Paris Court of Appeal und dem NCC, soll es sich bei dem in Belgien geplanten Business Court nicht um eine spezielle Kammer innerhalb eines bereits bestehenden Spruchkörpers, sondern vielmehr um ein neu zu errichtendes Gericht handeln.108 Der Gesetzentwurf soll nachfolgend vorgestellt werden.

B. Funktionsweise I. Zuständigkeit Der Gesetzentwurf109 formuliert folgende Voraussetzungen für eine Zuständigkeit des BIBC: Erstens bedarf es einer Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien zugunsten des BIBC; zweitens muss es sich um eine Streitigkeit zwischen Unternehmen handeln; schließlich muss die Streitigkeit von internationalem Charakter sein.110 Der internationale Charakter der Streitigkeit soll sich insbesondere daraus ergeben können, dass (a) die Parteien in verschiedenen Staaten niedergelassen sind oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in verschiedenen Staaten haben, (b) der Ort, an dem ein wesentlicher Teil der sich aus der Handelsbeziehung ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen ist, oder der Ort, mit dem der Streitgegenstand die engsten Verbindungen aufweist, außerhalb des Staates liegt, in dem die Parteien ihren Geschäftssitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, (c) die Parteien ausdrücklich vereinbart haben, dass sich der Streitgegenstand auf mehr als ein Land bezieht, oder (d) die Voraussetzungen zur Beilegung des Rechtsstreit im ausländischen Recht zu finden sind.111 Rein inländische Streitigkeiten sollen somit nicht in die Zuständigkeit des BIBC fallen.

107 Dazu Tang, EU Member State sees opportunities in Brexit: Belgium is establishing a new English-language commercial court, https://conflictoflaws.net/2017/eu-member-state-sees-op portunities-in-brexit-belgium-is-establishing-a-new-english-language-commercial-court/. 108 Kruisinga, IPRax 2019, 277, 279. 109 Chambre des Représentants de Belgique, Projet de loi instaurant la Brussels International Business Court, 15 mai 2018 (DOC 54, 3072/001). 110 Vorgeschlagener Art. 576/1 Code judiciaire. 111 Vorgeschlagener Art. 576/1 Code judiciaire.

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Kap. 3: Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

II. Verfahrensregeln Verfahren vor dem BIBC sollen vollumfänglich in englischer Sprache durchgeführt werden.112 Daneben liegt die wohl augenfälligste Besonderheit des BIBC darin, dass sein Verfahren auf dem UNCITRAL-Modellgesetz113 basieren soll.114 Dieses wurde gewählt, um ein Gleichgewicht zwischen dem kontinentalen und dem angelsächsischen Rechtssystem herzustellen, insbesondere im Hinblick auf die Beweisregeln.115 Darüber hinaus wird vor dem Hintergrund, dass die Schiedsverfahrensregeln vieler Staaten auf dem UNCITRAL-Modellgesetz basieren, vermutet, dass die internationale Geschäftswelt bereits mit diesen Verfahrensregeln vertraut ist.116 Die Fälle sollen von einer Ad-hoc-Kammer bestehend aus drei Richtern gehört werden.117 Der Vorsitzende Richter, bei dem es sich stets um einen Berufsrichter handeln muss, soll durch inländische sowie ausländische Laienrichter mit Expertise im internationalen Handelsrecht auf der Richterbank unterstützt werden.118 Anders als bei den meisten der anderen Commercial Courts und Chambers, ist für das Verfahren vor dem BIBC kein Instanzenzug vorgesehen. Eine Ausnahme hiervon bildet die Berufung zum Obersten Gerichtshof, sofern Rechtsfragen betroffen sind.119 Verglichen mit den anderen, bereits vorgestellten International Commercial Chambers und Courts, weist der geplante BIBC die größte Ähnlichkeit zur Schiedsgerichtsbarkeit auf und würde somit im Falle seiner Errichtung eine Art „Hybrid“ aus Schiedsgerichtsbarkeit und staatlicher Zivilgerichtsbarkeit darstellen.120

III. Gerichtsgebühren Wie der NCC, so soll auch der BIBC möglichst kostendeckend arbeiten.121 Aus diesem Grund werden für Verfahren vor dem BIBC erhöhte Gerichtsgebühren i. H. v. rund 20.000 E veranschlagt.122 112 Vorgeschlagener Art. 2/1 loi du 15 juin 1935 sur l’emploi des langues en matière judiciaire. 113 UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration. 114 Chambre des Représentants de Belgique, Doc 54, 3072/001, S. 11. 115 Chambre des Représentants de Belgique, Doc 54, 3072/001, S. 11. 116 Chambre des Représentants de Belgique, Doc 54, 3072/001, S. 11; s. auch Peetermans/ Lambrecht, Erasmus Law Review 2019, 42, 52. 117 Vorgeschlagener Art. 85/1 Code judiciaire. 118 Vorgeschlagener Art. 85/2 Code judiciaire. 119 Vorgeschlagener Art. 609 Code judiciaire. 120 van Calster, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 107, 114. 121 Chambre des Représentants de Belgique, Doc 54, 3072/001, S. 32.

§ 6 Zusammenfassung des Vergleichs

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C. Ausblick Der entsprechende Gesetzentwurf wurde zwar vom Justizausschuss des Parlaments gebilligt, jedoch im Repräsentantenhaus auf Anweisung des belgischen Premierministers zurückgezogen mit der Begründung, dass die NVA, die derzeit größte Partei in Belgien, den Gesetzentwurf nicht mehr unterstütze.123 Bereits im Vorfeld waren die Pläne zur Errichtung des BIBC stark kritisiert worden.124 Die Zukunft des BIBC erscheint vor diesem Hintergrund derzeit mehr als ungewiss.

§ 6 Zusammenfassung des Vergleichs Der vergleichende Blick ins Ausland hat gezeigt, dass in den letzten fünf Jahren vermehrt sog. Business Courts errichtet wurden. Hierbei handelt es sich um nationale Gerichte, die sich mit der Beilegung internationaler Handelsstreitigkeiten befassen. So sehr sie sich in ihren Details unterscheiden, so ist all diesen Gerichten doch gemeinsam, dass sie Elemente der traditionellen staatlichen Zivilgerichtsbarkeit und der Schiedsgerichtsbarkeit kombinieren, insbesondere durch die Einführung von Englisch als Verfahrenssprache – wenn auch in unterschiedlichem Umfang.125 Dahinter steht das Ziel, die Attraktivität des eigenen Justizstandorts zu erhöhen und sich als Forum für die Beilegung internationaler Handelsstreitigkeiten etablieren zu können. Wenngleich die Pläne zur Errichtung der vorgestellten Commercial Courts bereits vor den Tag des negativen Brexit-Referendums datieren und dieses Ereignis als direkte Ursache somit ausscheidet, so wurde gleichwohl deren Umsetzung beschleunigt und der Wettbewerb zwischen den Justizstandorten befeuert.126 Angesichts des erfolgten Brexits sehen die vorgestellten Justizstandorte (außer Singapur) tatsächlich ihre Chance gekommen, einen großen Teil der internationalen Verfahren, die derzeit im Vereinigten Königreich verhandelt werden, vor ihre eigenen Gerichte zu ziehen.127 Ob sie dabei erfolgreich sein werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Daran schließt sich unmittelbar die Frage an, unter Heranziehung welcher Kriterien Handelsparteien die Wahl zugunsten eines bestimmten Gerichts treffen. Die 122

Chambre des Représentants de Belgique, Doc 54, 3072/001, S. 34. Price, Problems for the Brussels International Business Court, https://cew-law.be/pro blems-for-the-brussels-international-business-court/?lang=en. 124 Überblick bei van Calster, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 107. 125 Abstrakte Darstellung hinsichtlich der verschiedenen Möglichkeiten zur Implementierung von Englisch als Gerichtssprache bei C. A. Kern, Erasmus Law Review 2012, 187, 192 f. 126 Biard, Erasmus Law Review 2019, 24, 25; Kramer/Sorabji, Erasmus Law Review 2019, 1, 2. 127 Zu den Chancen der Kammer für internationale Handelssachen s. Pika, IWRZ 2016, 206. 123

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Kap. 3: Rechtsvergleichende Umschau: Aktuelle Wettbewerbsaktivitäten

unter § 3 – § 5 vorgestellten Gerichte setzen hier in erster Linie auf die Möglichkeit des Gebrauchs der englischen Sprache. Wie bereits erörtert128, beruht die Wahl eines bestimmten Rechts- bzw. Justizstandorts auf verschiedensten Motiven. Eines dieser Motive kann freilich die Möglichkeit der Verfahrensführung in englischer Sprache sein. Jedoch stellt die Möglichkeit des Gebrauch des Englischen vor Gericht hierbei nicht das wichtigste Argument für die Anwahl eines Gerichts durch die Parteien einer internationalen Handelsstreitigkeit dar.129 Weitaus wichtiger scheint die Qualifikation und die Expertise der Richter in dem betreffenden Rechtsbereich sowie die Erfahrung in der Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten zu sein.130 Als Resultat versprechen sich die Parteien nämlich ein qualitativ hochwertiges sowie gerechtes Urteil.131 Ferner ist für die Parteien die Schnelligkeit respektive Dauer des Verfahrens für ihre Wahl relevant.132 Deshalb sollte für die Parteien zumindest die Möglichkeit bestehen, diesbezüglich regulierend einzugreifen und – falls im jeweiligen Prozessrecht vorgesehen – den Instanzenzug zu begrenzen. Darüber hinaus sind auch die Qualität und Zugänglichkeit des anwendbaren materiellen Rechts von Bedeutung133, insbesondere deshalb, weil sich die Wahl des zuständigen Gerichts häufig mit der Wahl des am Gerichtsort geltenden Rechts als auf die Streitigkeit anwendbaren Rechts decken wird. Schließlich haben die Parteien ein Interesse an einer möglichst reibungslosen Vollstreckbarkeit der verfahrensbeendenden Entscheidung.134 Allein die Einrichtung von Englisch als Verfahrenssprache ohne flankierende Maßnahmen wird folglich nicht den gewünschten Effekt bewirken. Festhalten lässt sich somit, dass die Konzepte der vorgestellten Commercial Courts und Chambers einige interessante Aspekte aufweisen. Welches Modell sich im gegenseitigen Wettbewerb wird durchsetzen können, bleibt abzuwarten.

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Vgl. Kap. 1 § 2 B. I. 3. Dies legen jedenfalls die Ergebnisse der Studie von Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 28 nahe; so auch van Calster, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 107, 110. 130 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 28. 131 Die „Gerechtigkeit der Ergebnisse“ wurde von den Befragten im Rahmen der Studie von Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 28 als zweitwichtigster Faktor bei der Wahl eines Streitbeilegungsmechanismus angegeben. 132 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 28; Vos, Erasmus Law Review 2019, 10, 13: „Speed is of the essence“. 133 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 28. 134 van Calster, in: Kramer/Sorabji (Hrsg.), International Business Courts, 107, 110; für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey, S. 7. 129

Kapitel 4

Anforderungen an die Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht Nachdem bereits angedeutet wurde, welche Kriterien für die Parteien einer grenzüberschreitenden Handelsstreitigkeit bei der Wahl eines geeigneten Streitbeilegungsmechanismus herangezogen werden, soll in diesem Kapitel detailliert herausgearbeitet werden, welche Streitschlichtungsmechanismen tatsächlich geeignet sind, diese Kriterien zu erfüllen und damit das Bedürfnis grenzüberschreitend tätiger Unternehmen nach effizienter Streitbeilegung zu befriedigen. Dabei soll insbesondere ein Vergleich zwischen der staatlichen Gerichtsbarkeit und der Handelsschiedsgerichtsbarkeit im Hinblick auf ihre jeweilige Vorteilhaftigkeit1 angestellt werden. Zugrunde gelegt werden soll einerseits das deutsche staatliche Zivilverfahren nach der ZPO, andererseits das Schiedsverfahren nach dem 10. Buch der ZPO. In diesen Vergleich sollen auch die im vorherigen Kapitel vorgestellten International Commercial Courts einbezogen werden, soweit für deren Verfahren Besonderheiten in Abweichung vom jeweiligen nationalen, staatlichen Zivilverfahren gelten sollten.2

§ 1 Erfahrung und Kompetenz der Handelsrichter Wie bereits mehrfach betont, zählt zu den wichtigsten Kriterien zunächst die Kompetenz der mit der Streitsache befassten Richter.3 Diese umfasst einerseits die besondere Expertise im internationalen Handelsrecht, speziell im internationalen Bereich aber auch die Sprachkompetenz der Richter. Die Parteien haben ein Interesse 1 Überblick zu den Vor- und Nachteilen der Schiedsgerichtsbarkeit bei Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 119 ff.; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 76 ff.; MüKoZPO-Münch, ZPO Vor § 1025 Rn. 88 ff.; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 36 ff.; Schütze/Tscherning/Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rn. 1 ff. 2 Ein Vergleich zwischen Schiedsgerichtsbarkeit und International Commercial Courts findet sich bei Bell, 11 Contemporary Asia Arbitration Journal 2018, 193 (mit besonderem Fokus auf den Singapore International Commercial Court); s. auch Ruckteschler/Stooß, 36 Journal of International Arbitration 2019, 431, 442 ff.; mit Fokus auf deutsche Commercial Courts Köhler/Hudetz, BB 2020, 2179. 3 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 28.

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

daran, ihre Streitigkeit durch höchstqualifizierte Handelsrichter verhandeln und beilegen zu lassen.

A. Staatliches Gerichtsverfahren In Verfahren vor staatlichen Gerichten wird dem jeweiligen Rechtsstreit ein Richter auf Grundlage des jeweiligen durch das Präsidium erstellten Geschäftsverteilungsplans zugeteilt. Eine Wahl durch die Parteien ist gerade nicht möglich. Dies folgt aus dem grundgesetzlich verankerten Prinzip des gesetzlichen Richters.4 Besondere Spezialkenntnisse und Qualifikationen der Richter werden hierbei nur selten berücksichtigt.5 Vor diesem Hintergrund häufen sich in den letzten Jahren die Stimmen, die gewisse Flexibilisierungen im Hinblick auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters befürworten – bislang jedoch ohne Erfolg.6

B. Schiedsverfahren Schiedsverfahren unterscheiden sich hier insoweit von Verfahren vor staatlichen Gerichten, als die Parteien auf die Zusammensetzung der Richterbank Einfluss nehmen können. Ihnen steht es insbesondere frei, eine Regelung bezüglich der Anzahl der Schiedsrichter zu treffen (§ 1034 Abs. 1 S. 1 ZPO). Fehlt eine solche Vereinbarung, so ist die Zahl der Schiedsrichter drei (§ 1034 Abs. 1 S. 2 ZPO). Das Verfahren zur Bestellung der Schiedsrichter können die Parteien ebenfalls vereinbaren (§ 1035 Abs. 1 ZPO). In der Regel benennt jede Partei einen aus ihrer Sicht geeigneten, weil über besondere, für den zu verhandelnden Sachverhalt elementare Kenntnisse und Kompetenzen verfügenden (Schieds-)Richter. Die beiden parteibenannten (Schieds-)Richter bestellen dann einen dritten (Schieds-)Richter als Vorsitzenden. Durch die Bildung eines Dreierschiedsgerichts soll einer möglichen Voreingenommenheit der parteibenannten Schiedsrichter vorgebeugt werden.7

4

Vgl. dazu ausführlich unten Kap. 5 § 5 C. III. Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 68; Götz von Olenhusen, DRiZ 2014, 296, 300. 6 G.-P. Calliess, Der Richter im Zivilprozess – sind ZPO und GVG noch zeitgemäß? Gutachten zum 70. Deutschen Juristentag, A 100 ff.; Lotz, FS Graf-Schlicker, 73 (insb. 84 für einen Vorschlag); Lüke, FS Baumgärtel, 349, 352 ff.; Götz von Olenhusen, AnwBl 2014, 568, 570 f.; ders., DRiZ 2014, 296, 300; Sandherr, DRiZ 2018, 16; Weth, FS Lüke, 961, 965 ff.; zurückhaltend C. A. Kern, ZZP 130 (2017), 137, 175 ff.; ablehnend Tappert, DRiZ 2018, 17. 7 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 66 f.; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 38; dazu auch Buchwitz, Schiedsverfahrensrecht, S. 14 f. 5

§ 2 Verfahrensdauer

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C. International Commercial Courts Die im vorherigen Kapitel vorgestellten Commercial Courts werben insbesondere damit, den Verfahrensparteien eine Beilegung ihres Rechtsstreits durch höchstqualifizierte Richter zu ermöglichen. Jedoch haben die Parteien – im Unterschied zur Schiedsgerichtsbarkeit – keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Richterbank, die Möglichkeit der Richterwahl besteht gerade nicht.

D. Zwischenergebnis Im staatlichen Gerichtsverfahren können etwaig vorhandene Spezialkenntnisse der Richter häufig nur unzureichend berücksichtigt werden. Demgegenüber können die Parteien im Schiedsverfahren für den jeweiligen Rechtsstreit besonders qualifizierte Schiedsrichter auswählen. Der hohe Spezialisierungsgrad der Schiedsrichter ist in Verbindung mit der Wahlmöglichkeit der Parteien als Vorteil der Schiedsgerichtsbarkeit zu werten.

§ 2 Verfahrensdauer Des Weiteren haben die Parteien ein Interesse an einer möglichst schnellen Beilegung der Streitigkeit.8 Insbesondere dann, wenn es sich um eine dauerhafte Geschäftsbeziehung handelt, soll diese durch eine (schieds-)gerichtliche Auseinandersetzung nur so lange wie unbedingt nötig belastet werden.9

A. Staatliches Gerichtsverfahren Wendet sich eine Partei klageweise an ein deutsches staatliches Gericht, steht von vornherein aufgrund des Geschäftsverteilungsplans fest, welcher Spruchkörper bzw. Richter für den Rechtsstreit zuständig ist. Ausweislich der Verfahrensstatistik des Statistischen Bundesamts betrug die durchschnittliche Verfahrensdauer im Jahr 2019 vor dem Amtsgericht 5 Monate und 8 Monate je Verfahren, das mit streitigem Urteil endete.10 Verfahren vor dem Landgericht (erste Instanz) dauerten im Durchschnitt 10,4 Monate und 13,4 Monate je Verfahren, das mit streitigem Urteil endete.11 8

Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 28. Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 1363. 10 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019, S. 26. 11 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019, S. 56. 9

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

Verfahren vor dem Landgericht in der Berufungsinstanz nahmen – gerechnet ab dem ersten Eingang in der ersten Instanz – durchschnittlich 19,6 Monate und 23,5 Monate je Verfahren, das mit streitigem Urteil endete, in Anspruch.12 Die Dauer eines Verfahrens vor dem OLG betrug – wiederum ab erstem Eingang in der ersten Instanz – durchschnittlich 24 Monate und 33,5 Monate je Verfahren, das mit streitigem Urteil endete.13 Darüber hinaus müssen die Parteien eines staatlichen Zivilverfahrens zumindest mit der Möglichkeit einer Vorlage zum EuGH rechnen, die eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens zur Folge haben kann. Abhilfe kann jedoch durch die Parteien selbst geschaffen werden, indem sie von der Möglichkeit (der Vereinbarung) eines Rechtsmittelverzichts Gebrauch machen. Hierbei stehen den Parteien verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten offen: Aus § 515 ZPO ergibt sich zunächst die Zulässigkeit eines einseitigen Verzichts der rechtsmittelberechtigten Partei, also durch Erklärung gegenüber dem Gericht oder gegenüber der Gegenpartei.14 Nicht von § 515 ZPO erfasst, aber dennoch anerkannt ist darüber hinaus die Möglichkeit eines zweiseitigen Verzichts durch vertragliche Vereinbarung der Parteien.15 Wird der Verzicht gegenüber dem Gericht erklärt, so ist dieser von Amts wegen zu beachten und hat die Unzulässigkeit eines gleichwohl eingelegten Rechtsmittels zur Folge.16 Demgegenüber begründet ein außergerichtlicher Verzicht (unabhängig davon, ob durch einseitige Erklärung gegenüber der anderen Partei oder durch zweiseitige Vereinbarung) nach h. M. lediglich eine prozessuale Einrede, d. h. ein gleichwohl eingelegtes Rechtsmittel wird nur auf Geltendmachung hin als unzulässig verworfen.17 Der Verzicht auf die Berufung kann sowohl vor als auch nach Erlass des Urteils erklärt werden, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen einseitigen oder zweiseitigen, also vereinbarten Verzicht handelt.18 Im vorliegenden Kontext interessant erscheint insbesondere die Möglichkeit eines Verzichts durch Parteivereinbarung bereits vor Erlass eines Urteils. Es fragt sich jedoch, ab welchem konkreten Zeitpunkt vor Erlass des Urteils eine solche Vereinbarung zulässig ist. Unstreitig möglich ist eine Verzichtsvereinbarung der Parteien ab dem Zeitpunkt der Klage12

S. 76.

Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019,

13 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019, S. 102. 14 Musielak/Voit-Ball, ZPO § 515 Rn. 1; Zöller-Heßler, ZPO § 515 Rn. 1; MüKoZPORimmelspacher, ZPO § 515 Rn. 1 und 8. 15 Zöller-Heßler, ZPO § 515 Rn. 1; MüKoZPO-Rimmelspacher, ZPO § 515 Rn. 35. 16 BGHZ 27, 60 f.; BGH NJW 1985, 2334, 2334; s. auch Stein/Jonas-Althammer, ZPO § 515 Rn. 17. 17 BGH NJW 1985, 2334, 2334; BGH NJW 2002, 2108, 2109; Musielak/Voit-Ball, ZPO § 515 Rn. 16 und 18; Zöller-Heßler, ZPO § 515 Rn. 9; a. A. Rimmelspacher, JuS 1988, 953, 955. 18 Stein/Jonas-Althammer, ZPO § 515 Rn. 3 und 6 ff.; Musielak/Voit-Ball, ZPO § 515 Rn. 7 und 9.

§ 2 Verfahrensdauer

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erhebung. Einigkeit besteht ferner insoweit, als eine solche Vereinbarung jedenfalls auch vor Klageerhebung zulässig ist.19 Jedoch muss sich der Verzicht nach h. M. auf ein bestimmtes Prozessrechtsverhältnis beziehen.20 Unzulässig soll demzufolge „der vorgängige vertragliche Verzicht auf das Recht der Berufung für alle in Zukunft zwischen den Parteien entstehenden Prozesse“21 sein. Der BGH hat diese Frage bislang offengelassen.22 Zwar ist die Möglichkeit des Instanzenzuges dem Interesse an einer möglichst schnellen Streitbeilegung abträglich. Es sollte jedoch nicht übersehen werden, dass diese auch Vorteile mit sich bringt. Durch die Möglichkeit der Berufung (und ggf. Revision) wird das erstinstanzliche Urteil einer Überprüfung unterzogen und mögliche Fehler können korrigiert werden.

B. Schiedsverfahren Zur Ermittlung der Dauer eines Schiedsverfahrens lohnt sich ein Blick in die jeweiligen Statistiken. Die Statistik der ICC für das Jahr 2019 weist eine durchschnittliche Verfahrensdauer von 26 Monaten aus.23 Diese Dauer bestimmt sich ab dem Zeitpunkt der Konstituierung des Schiedsgerichts. Unberücksichtigt bleiben in der Statistik der ICC insbesondere zeitlich vor- und nachgelagerte Ereignisse. So kann insbesondere die Bildung des Schiedsgerichts unter Umständen gewisse Zeit in Anspruch nehmen.24 Zudem kann eine weitere Verzögerung eintreten, wenn vor den staatlichen Gerichten ein Antrag auf Aufhebung oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs gestellt wird.25 Verfahrensbeschleunigend kann dagegen die besondere Sachkunde der Schiedsrichter (insbesondere im internationalen Bereich) wirken, weil vor staatlichen Gerichten möglicherweise erforderliche Gutachten (zur Ermittlung ausländischen Rechts oder zur Übersetzung fremdsprachiger Dokumente) gerade nicht eingeholt werden müssen.26 Zudem zeichnen sich Schiedsverfahren dadurch aus, dass regelmäßig nur eine Instanz durchlaufen wird. Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass zwar auch in der Schiedsgerichtsbarkeit die grundsätzliche Möglichkeit eines Instanzenzuges 19

BGH NJW 1986, 198; s. auch G. Wagner, Prozeßverträge, S. 538. Stein/Jonas-Althammer, ZPO § 515 Rn. 2; Habscheid, NJW 1965, 2369, 2374; MüKoZPO-Rimmelspacher, ZPO § 515 Rn. 8; Schlosser, Einverständliches Handeln im Zivilprozeß, S. 77. 21 Baumgärtel, Wesen und Begriff der Prozeßhandlung einer Partei im Zivilprozeß, S. 210. 22 BGH NJW 1986, 198. 23 International Chamber of Commerce, Dispute Resolution 2019 Statistics, S. 17. 24 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 156. 25 Buchwitz, Schiedsverfahrensrecht, S. 18; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 1363; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 41. 26 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 82; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 41. 20

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

durch Vereinbarung eines sog. Oberschiedsgerichts27 besteht.28 In der Praxis sollen derartige Vereinbarungen jedoch eher selten sein.29 Dies bedeutet aber zugleich, dass der Schiedsspruch meist nicht in einer zweiten Instanz überprüft werden kann. Grundsätzlich möglich ist zwar eine Fehlerkontrolle des Schiedsspruchs durch die staatliche Gerichtsbarkeit; diese findet jedoch nur eingeschränkt statt. Eine Prüfung des (inländischen) Schiedsspruchs kann im Rahmen eines Aufhebungsverfahrens (§ 1059 ZPO) oder Vollstreckbarerklärungsverfahrens (§ 1060 ZPO) erfolgen. Eine Aufhebung des Schiedsspruchs bzw. eine Ablehnung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung (unter Aufhebung des Schiedsspruchs) erfolgt nur, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO genannten Aufhebungsgründe einschlägig ist. Diese sind überwiegend auf Verfahrensverstöße (Fehlen der subjektiven Schiedsfähigkeit; Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung; Fehlen der Kenntnis von der Bestellung der Schiedsrichter oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren; Fehlen der Möglichkeit, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen; Kompetenzüberschreitung des Schiedsgerichts; Verfahrensfehler bei Bildung des Schiedsgerichts oder im schiedsrichterlichen Verfahren; Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit; Verstoß gegen den ordre public) beschränkt. Eine Überprüfung des Schiedsspruchs hinsichtlich seiner materiellen Richtigkeit findet nicht statt (Verbot der révision au fond);30 lediglich im Rahmen der (materiellen) ordre public-Kontrolle wird überprüft, ob die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führen würde, das mit den wesentlichen Grundsätzen des materiellen Rechts offensichtlich unvereinbar ist.31 Entsprechendes gilt auch für die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche gem. § 1061 ZPO i. V. m. den Vorschriften des UNÜ. Gem. Art. V UNÜ darf die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs nur unter bestimmten Voraussetzungen versagt werden. Die Versagungsgründe des Art. V UNÜ decken sich weitgehend mit den Aufhebungsgründen des § 1059 ZPO. Auch im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach dem UNÜ gilt das Verbot der révision au fond.32 27 Dazu ausführlich Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22; sowie D. Weber, FS Geimer, 1445. 28 Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 41; Schütze/Tscherning/Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rn. 122; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22 Rn. 1. 29 Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 41; Schütze/Tscherning/Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens, Rn. 122; anders Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 22 Rn. 1. 30 Zöller-Geimer, ZPO § 1059 Rn. 74 f.; MüKoZPO-Münch, ZPO § 1059 Rn. 7; SaengerSaenger, ZPO § 1059 Rn. 30. 31 Zöller-Geimer, ZPO § 1059 Rn. 74a; Stein/Jonas-Schlosser, ZPO Anh. § 1061 Rn. 321; Musielak/Voit-Voit, ZPO § 1059 Rn. 29. 32 MüKoZPO-Adolphsen, UNÜ Art. V Rn. 5; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, ZPO § 1061 Rn. 15.

§ 3 Flexibilität des Verfahrens

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C. International Commercial Courts Statistiken zur Dauer der Verfahren vor den Commercial Courts stehen bislang nicht zur Verfügung. Maßgeblicher Faktor dürfte insbesondere das jeweilige Fallaufkommen und die daraus resultierende Arbeitsbelastung der Richter sein.33

D. Zwischenergebnis Die Verfahrensdauer hängt folglich maßgeblich davon ab, wie viele Instanzen durchlaufen werden. Wird nur eine Instanz durchlaufen, ist das Verfahren vor einem Schiedsgericht folglich nicht zwingend schneller als das vor einem staatlichen Gericht.34 Dies ändert sich jedoch, wenn mit dem Rechtsstreit mehrere Instanzen befasst werden. Dem Interesse an einer möglichst zügigen Beilegung der Streitigkeit wird somit ein kurzer Instanzenzug gerecht.

§ 3 Flexibilität des Verfahrens In Verfahren mit internationalem Bezug haben die Parteien das Bedürfnis nach einer möglichst flexiblen Ausgestaltung des Verfahrens. Ausdruck dieser Parteiautonomie ist insbesondere die Wählbarkeit der Verfahrenssprache, des anwendbaren Rechts, des Gerichts- bzw. Schiedsverfahrensortes und der (Schieds-)Richter.

A. Verfahrenssprache I. Staatliches Gerichtsverfahren Speziell in grenzüberschreitenden Vertragsbeziehungen werden die Vertragsverhandlungen meist auf Englisch geführt und dementsprechend die Verträge in englischer Sprache abgefasst.35 Deshalb haben die Parteien häufig ein Interesse daran, im Falle einer Streitigkeit auch das gerichtliche Verfahren auf Englisch durchführen zu können. Entsprechende politische Bemühungen zur Einführung von Englisch als Verfahrenssprache lassen sich in Deutschland zwar erkennen – eine gesetzliche Regelung fehlt jedoch bislang.36 Die Verfahrensführung in einer fremden Sprache ist vor deutschen staatlichen Gerichten folglich nur unter Einhaltung der Grenzen des § 185 Abs. 2 GVG zulässig. 33

Ruckteschler/Stooß, 36 Journal of International Arbitration 2019, 431, 446. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 156; MüKoZPO-Münch, ZPO Vor § 1025 Rn. 89. 35 Vgl. die Nachweise in Kap. 2 Fn. 86. 36 Vgl. oben Kap. 2 § 2 A. 34

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

II. Schiedsverfahren Entscheiden sich die Parteien hingegen für die Durchführung eines Schiedsverfahrens, so kann Sprache, die im schiedsrichterlichen Verfahren zu verwenden ist, frei vereinbart werden (§ 1045 Abs. 1 S. 1 ZPO). Bei der Wahl einer Verfahrenssprache sind die Parteien keinerlei Einschränkungen unterworfen. Diese Freiheit bezüglich der Verfahrenssprache begünstigt wiederum eine schnelle und kostengünstige Streitbeilegung: Wird eine Sprache gewählt, deren alle Verfahrensbeteiligte (einschließlich der Schiedsrichter) mächtig sind, so kann auf andernfalls erforderliche Übersetzungen verzichtet werden.37

III. International Commercial Courts Eines der Hauptargumente für die Einrichtung von Commercial Courts bildet das wachsende Bedürfnis nach einer Verfahrensführung in englischer Sprache. Die vorgestellten Commercial Courts unterscheiden sich jedoch deutlich im Hinblick auf den Umfang der Nutzung des Englischen. Während vor dem NCC das gesamte Verfahren, einschließlich der Urteile, der englischen Sprache untersteht, hat die Abfassung der Urteile der KfiH sowie der ICCP-CA in der jeweiligen Landessprache zu erfolgen. Darüber hinaus bleibt die Möglichkeit der Fremdsprachennutzung – im Unterschied zur Schiedsgerichtsbarkeit – auf die englische Sprache beschränkt; andere Sprachen sind gerade nicht vorgesehen.

B. Anwendbares Recht Auch im Hinblick auf die Wahl des anwendbaren Rechts sind die Parteien an einer möglichst flexiblen Gestaltung interessiert. Vergleicht man hier das staatliche Gerichtsverfahren mit dem Schiedsverfahren, ergeben sich deutliche Unterschiede.

I. Staatliches Gerichtsverfahren Angenommen, für die Beilegung einer vertragsrechtlichen Streitigkeit ist ein deutsches staatliches Gericht (international) zuständig, so beurteilt sich die Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO. Grundsätzlich können sich die Parteien auf eine beliebige Rechtsordnung einigen. Uneinigkeit besteht darüber, ob sich die Rechtswahlmöglichkeit im Rahmen des Art. 3 Rom I-VO auch auf allgemeine Rechtsgrundsätze und Grundregeln, wie z. B. die UNIDROIT-Principles oder die Grund37 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 182; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 41.

§ 3 Flexibilität des Verfahrens

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regeln des Europäischen Vertragsrechts (Principles of European Contract Law, kurz PECL) bezieht. Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich bei den UNIDROIT-Principles um eine Zusammenfassung von Grundregeln für internationale Handelsverträge. Während die ursprüngliche Fassung, die auf das Jahr 1994 datiert, neben allgemeinen Bestimmungen auch Vorschriften zu Abschluss, Gültigkeit, Auslegung, Inhalt, Erfüllung und Nichterfüllung enthielt, umfasst die mittlerweile vierte Fassung von 201638 darüber hinaus auch Regeln zu Vertretung, Aufrechnung, Abtretung, Übertragung von Rechten und Pflichten, Verjährungsfristen sowie die Schuldnerund Gläubigermehrheit.39 Der sachliche Anwendungsbereich der PECL ist weiter gefasst als der der UNIDROIT-Principles, da sie sich nicht nur auf Handelsverträge beschränken, sondern jegliche Vertragsformen umfassen.40 Im Hinblick auf Inhalt und Ausrichtung sind beide Regelwerke – trotz vereinzelter Unterschiede – aber vergleichbar.41 Auch die PECL stellen eine Zusammenfassung von Grundsätzen für internationale Verträge dar. Da sowohl die UNIDROIT-Principles als auch die PECL als lediglich private Regelwerke und damit als außerstaatliches Recht zu qualifizieren sind,42 stellt sich die Frage ob Art. 3 Rom I-VO den Parteien auch die Wahl einer nichtstaatlichen Rechtsordnung erlaubt. Die Beantwortung dieser Frage hängt maßgeblich von der Auslegung des Begriffs des „Rechts“ in Art. 3 Rom I-VO ab. Bereits unter Geltung des EVÜ war diese Frage umstritten.43 Der Kommissionsvorschlag44 zur Überführung des EVÜ in die Rom I-VO sah zunächst in Art. 3 Abs. 2 S. 1 des Entwurfs ausdrücklich die Zulassung der Wahl nichtstaatlichen Rechts vor. Danach sollten „die Parteien […] als anzuwendendes Recht auch auf internationaler oder Gemeinschaftsebene anerkannte Grundsätze und Regeln des materiellen Vertragsrechts wählen“45 können. Hierunter sollten insbesondere die UNIDROIT-Principles sowie die Principles of European Contract Law zu verstehen sein, wie sich aus den Ma-

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Die Vorteile der Principles anpreisend Brödermann, IWRZ 2019, 7. MüKoBGB-Martiny, Rom I-VO Art. 3 Rn. 34. 40 Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 582. 41 Überblick bei Bonell, 1 Uniform Law Review 1996, 229; Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 582 f. 42 Staudinger-Magnus, Rom I-VO Art. 3 Rn. 40; MüKoBGB-Martiny, Rom I-VO Art. 3 Rn. 34 f. 43 Ferrari-Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Rom I-VO Art. 3 Rn. 18 ff.; Mankowski, in: Leible (Hrsg.), Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 63, 90 ff.; Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580, 595 ff. 44 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), KOM(2005) 650 endg. 45 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), KOM(2005) 650 endg., S. 16. 39

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

terialien ergibt.46 Gleichwohl fand diese Wendung – wohl auch angesichts der heftigen Kritik47 – keinen Eingang in die Endfassung. Nach der aktuellen Fassung des Art. 3 Rom I-VO unterliegt der Vertrag – lediglich – dem von den Parteien gewählten „Recht“. Für eine Ausdehnung des Begriffs auch auf nichtstaatliche Regelwerke lässt sich anführen, dass Art. 3 Rom I-VO lediglich auf das gewählte „Recht“ verweist, während sich im Gegensatz hierzu Art. 4 Rom I-VO ausnahmslos auf das „Recht eines Staates“ bezieht.48 Gegen eine Einbeziehung außerstaatlichen Rechts spricht indes ganz entscheidend die soeben dargelegte Gesetzgebungshistorie.49 Wäre bereits unter Geltung des Art. 3 Abs. 1 EVÜ, den Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO weitgehend inhaltsgleich übernommen hat, eine Wahl nichtstaatlicher Regelwerke, wie beispielsweise der UNIDROIT-Principles oder der PECL möglich gewesen, hätte insoweit keine Klarstellung durch Art. 3 Abs. 2 S. 1 des Entwurfs zur Rom I-VO angestrebt werden müssen. Zudem greift Art. 3 in seinen Absätzen 3 und 4 sowie Art. 20 Rom I-VO eindeutig den Begriff des „Rechts eines Staates“ auf – die Rom I-VO macht somit an vielen Stellen deutlich, dass eine Wahl nichtstaatlicher Regelungswerke in ihrem Anwendungsbereich ausscheiden muss.50 Dafür spricht auch Erwägungsgrund 13, der festschreibt, dass die Rom I-VO die Parteien nicht daran hindert, in ihrem Vertrag auf ein nichtstaatliches Regelwerk Bezug zu nehmen. Damit wird klarstellt, dass die Wahl nichtstaatlichen Rechts lediglich im Wege einer materiellrechtlichen Verweisung erfolgen kann.51 Die materiellrechtliche Verweisung unterscheidet sich von der kollisionsrechtlichen Verweisung insofern, als sie nicht zur Abbedingung des intern zwingenden Rechts des objektiven Vertragsstatuts führt.52 Folglich ist de lege lata die Wahl nichtstaatlicher Regelwerke im Rahmen der Rom I-VO nicht zulässig.53 46 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), KOM(2005) 650 endg., S. 5 f. 47 Zu den einzelnen Kritikpunkten (kritisiert wurden insb. die unzureichenden Prüfungskriterien zur Beurteilung der Frage, welche Regelwerke auf „internationaler oder Gemeinschaftsebene anerkannt“ sind) s. Kieninger, EuZ 2007, 22 f.; Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 533; Mankowski, IPRax 2006, 101, 102; R. Wagner, IPRax 2008, 377, 379 f. 48 Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 533. 49 Leible/Lehmann, RIW 2008, 528, 533; Magnus, IPRax 2010, 27, 33; Staudinger-Magnus, Rom I-VO Art. 3 Rn. 40; Mankowski, IHR 2008, 133, 136; Rühl, FS Kropholler, 187, 189 f.; A. Staudinger, AnwBl 2008, 8, 9. 50 Staudinger-Magnus, Rom I-VO Art. 3 Rn. 40; Rühl, FS Kropholler, 187, 190. 51 von Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht, § 1 Rn. 186; Rauscher-von Hein, EuZPR/EuIPR, Rom I-VO Art. 3 Rn. 54; MüKoBGB-Martiny, Rom I-VO Art. 3 Rn. 33; R. Wagner, IPRax 2008, 377, 380; BeckOGK-Wendland (Stand: 01. 02. 2020), Rom I-VO Art. 3 Rn. 75.3. 52 Rauscher-von Hein, EuZPR/EuIPR, Rom I-VO Art. 3 Rn. 4; Rühl, FS Kropholler, 187, 190; BeckOGK-Wendland (Stand: 01. 02. 2020), Rom I-VO Art. 3 Rn 76. 53 Ferrari-Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Rom I-VO Art. 3 Rn. 21; StaudingerMagnus, Rom I-VO Art. 3 Rn. 40; Rühl, FS Kropholler, 187, 189 f.

§ 3 Flexibilität des Verfahrens

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Eine materiellrechtliche Verweisung (also unter Einhaltung der zwingenden Vorschriften des objektiv anwendbaren Rechts) durch Bezugnahme auf ein nichtstaatliches Regelwerk wie bspw. der UNIDROIT-Principles bleibt jedoch in jedem Fall möglich.54 Tatsächlich zeigt die Praxis aber, dass die Wählbarkeit nichtstaatlichen Rechts nur eine untergeordnete Rolle spielt.55 Die Zahl der Verfahren, in denen die UNIDROITPrinciples bisher zur Anwendung kamen, ist äußerst gering: Die Datenbank unilex.info verzeichnet seit 1994 insgesamt 524 Urteile und Schiedssprüche, die unter Heranziehung der UNIDROIT-Principles entschieden wurden.56 Auch aus der Verfahrensstatistik der International Chamber of Commerce ergibt sich, dass lediglich in 1 % der Verträge ein nichtstaatliches Recht (wie bspw. die UNIDROIT-Principles) vorgesehen war.57 Diese Annahme wird zudem bestätigt durch die Ergebnisse der Oxford Civil Justice Survey aus dem Jahr 2008.58 Auf die Frage, ob die teilnehmenden Unternehmen bei grenzüberschreitenden Transaktionen jemals ihre Verträge den UNIDROIT-Principles unterstellt, oder diese jemals in ihre Verträge aufgenommen hätten, antworteten 63 % der Befragten mit „niemals“ und 20 % mit „fast niemals“; lediglich 4 % der Befragten gaben an, die Principles „oft“ zu vereinbaren.59 Noch homogener fielen die Antworten in Bezug auf die PECL aus: 90 % der Befragten erklärten, diese „niemals“ in ihre Verträge aufzunehmen.60 Wenngleich also eine kollisionsrechtliche Wahl nichtstaatlichen Rechts im Rahmen der (durch staatliche Gerichte anzuwendenden) Rom I-VO nicht möglich ist, so bedeutet dies angesichts der geringen Bedeutung in der Praxis nicht automatisch einen Nachteil für das staatliche Gerichtsverfahren. Darüber hinaus enthält Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO eine Beschränkung der Rechtswahlfreiheit für sog. reine Inlandssachverhalte. In diesen Fällen ist eine Umgehung der inländischen zwingenden Normen durch die Rechtswahl nicht möglich.61

54

Zur Streitfrage, ob die EU-Grundfreiheiten dazu zwingen, den Parteien die Befugnis zur Wahl nichtstaatlichen Rechts zu geben s. Rauscher-von Hein, EuZPR/EuIPR, Rom I-VO Art. 3 Rn. 55; Woitge, Die Wählbarkeit nichtstaatlicher Regelwerke europäischen Ursprungs im internationalen Vertragsrecht, S. 139 ff. 55 Dazu Michaels, RabelsZ 73 (2009), 866, 870 ff.; zur geringen Bedeutung in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit Dasser, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Post-M&ASchiedsverfahren, 157. 56 UNILEX on UNIDROIT Principles, http://www.unilex.info/principles/cases/date/all. 57 International Chamber of Commerce, Dispute Resolution 2019 Statistics, S. 15. 58 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008. 59 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 23. 60 Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 24. 61 Vgl. dazu bereits oben Kap. 2 § 1 B. III. 3.

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

II. Schiedsverfahren Es fragt sich, ob die eben genannten Beschränkungen auch für die Schiedsgerichtsbarkeit gelten. Die Beantwortung dieser (umstrittenen) Frage hängt maßgeblich davon ab, ob sich das in der Sache anzuwendende Recht auch in Schiedsverfahren unter Heranziehung der Kollisionsnormen der Rom I-VO bestimmt. Gegen eine Anwendung der Rom I-VO in Schiedsverfahren spricht zunächst die in Erwägungsgrund 7 Rom I-VO angeordnete Parallelität zur Brüssel Ia-VO62, die ausweislich ihres Art. 1 Abs. 2 lit. d) auf die Schiedsgerichtsbarkeit ausdrücklich keine Anwendung findet.63 Gegen eine Anwendung der Rom I-VO spricht ferner maßgeblich die den Charakter des Schiedsverfahrens prägende Flexibilität, die sich nicht zuletzt in der Möglichkeit der Parteien, das Schiedsgericht zu einer Billigkeitsentscheidung zu ermächtigen manifestiert.64 Eine zwingende Anwendung der Rom IVO würde diese Flexibilität konterkarieren.65 Die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts erfolgt somit allein unter Anwendung der Kollisionsnorm des § 1051 ZPO, losgelöst von den Rechtswahlgrenzen der Rom I-VO.66 Entscheiden sich die Parteien also für die Anrufung eines Schiedsgerichts, genießen sie hinsichtlich der wählbaren Rechtsvorschriften alle Freiheiten. Neben der Wählbarkeit eines staatlichen Rechts, steht es den Parteien auch frei, nichtstaatliche Regelwerke, wie z. B. die UNIDROIT-Principles, ihrem Vertrag zugrunde zu legen.67 Dem Kreis der wählbaren Rechte sind im Rahmen eines Schiedsverfahrens praktisch keine Grenzen gesetzt. Zudem kann im Schiedsverfahren im Unterschied zu Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO auch für reine Inlandssachverhalte einfach zwingendes Recht wie beispielsweise das AGB-Recht abgewählt werden.68 In grenzüberschreitenden Sachverhalten muss dies erst recht gelten (Erst-recht-Schluss).

62

Die Bezugnahme auf die Altfassung in Erwägungsgrund 7 Rom I-VO ist unschädlich, vgl. Art. 80 Brüssel Ia-VO. 63 Hausmann, FS von Hoffmann, 971, 978; von Hein, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), PostM&A-Schiedsverfahren, 121, 125; Kondring, RIW 2010, 184, 189 f.; a. A. Mankowski, RIW 2011, 30, 38. 64 Hausmann, FS von Hoffmann, 971, 979; Reithmann/Martiny-Hausmann, Internationales Vertragsrecht, Rn. 8.415; Kondring, RIW 2010, 184, 188. 65 Hausmann, FS von Hoffmann, 971, 979; Kondring, RIW 2010, 184, 188. 66 So die wohl h. M. s. nur Hausmann, FS von Hoffmann, 971, 977 ff.; von Hein, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Post-M&A-Schiedsverfahren, 121, 124 ff.; Kondring, RIW 2010, 184, 189 ff.; Schmidt-Ahrendts/Höttler, SchiedsVZ 2011, 267, 268 ff.; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 504; Musielak/Voit-Voit, ZPO § 1051 Rn. 3; a. A. Mankowski, RIW 2011, 30 ff.; McGuire, SchiedsVZ 2011, 257, 262 ff. 67 Kondring, RIW 2010, 184, 188; Staudinger-Magnus, Rom I-VO Art. 3 Rn. 41; Stein/ Jonas-Schlosser, ZPO § 1051 Rn. 13. 68 Kondring, RIW 2010, 184, 191; ders., ZIP 2017, 706, 709 f.; Pfeiffer, NJW 2012, 1169, 1170 ff.

§ 3 Flexibilität des Verfahrens

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III. International Commercial Courts Grundsätzlich gelten für Verfahren vor den Commercial Courts dieselben Grundsätze wie für Verfahren vor den jeweiligen staatlichen Gerichten. Eine Besonderheit hinsichtlich der Beweisregeln weist jedoch das Verfahren des SICC auf. In Verfahren vor dem SICC kann nach Wahl der Parteien ein fremdes, oder sogar nichtstaatliches Beweisrecht zur Anwendung gelangen.69

C. Ort des Verfahrens I. Staatliches Gerichtsverfahren Durch den Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung besteht für die Parteien die Möglichkeit, auf die Bestimmung des international sowie örtlich zuständigen Gerichts Einfluss zu nehmen. Regelungen hierzu finden sich in verschiedenen Regelwerken. Welche Regelung einschlägig ist, hängt zunächst davon ab, ob der einschlägige Sachverhalt einen grenzüberschreitenden Bezug aufweist. Fehlt der nötige Auslandsbezug, richtet sich die Möglichkeit der Prorogation eines bestimmten Gerichts nach den §§ 38, 40 ZPO. Andernfalls bestimmt sich der Ort, an dem staatliche Gerichtsverfahren durchzuführen sind nach Maßgabe der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO). Weist der Sachverhalt einen Auslandsbezug auf, so ist danach zu differenzieren, welche Gerichte für zuständig erklärt werden. Haben die Parteien vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats der Union über die Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so ist der Anwendungsbereich des Art. 25 Brüssel Ia-VO eröffnet. Dabei können die Parteien entweder lediglich die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats bestimmen oder darüber hinaus sogleich das örtlich zuständige Gericht innerhalb dieses Mitgliedstaates benennen. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Brüssel Ia-VO, wenn also eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines drittstaatlichen Gerichts getroffen wird, ist entweder auf das HGÜ zurückzugreifen, sofern der Drittstaat Vertragsstaat des HGÜ ist, ansonsten auf das nationale Recht des Drittstaates, dessen Gerichte prorogiert wurden.

II. Schiedsverfahren Entscheiden sich die Parteien für die Durchführung eines Schiedsverfahrens, kann zudem der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens, der sog. Schiedsort gewählt werden (§ 1043 Abs. 1 ZPO). Der Schiedsverfahrensort ist maßgeblich für die Bestimmung des anwendbaren Schiedsverfahrensrechts (§ 1025 Abs. 1 ZPO), die Einordnung des Schiedsspruchs als inländisch (§ 1060 ZPO) oder ausländisch 69

Vgl. oben Kap. 3 § 2 B. II.

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

(§ 1061 ZPO) sowie die Bestimmung des für die in § 1062 ZPO genannten Angelegenheiten zuständigen staatlichen Gerichts. Auf diese Weise kann ein Ort in einem Staat vereinbart werden, dessen Gerichte aus Sicht der Parteien als neutral einzustufen sind.70 Zudem kann ein Ort als Schiedsort gewählt werden, der in einem Vertragsstaat des UNÜ liegt, damit die Anerkennung und Vollstreckung auch in anderen Staaten gesichert ist.71 Aus § 1043 Abs. 2 ZPO ergibt sich, dass der Schiedsort hingegen nicht identisch sein muss mit dem Ort, an dem die Verfahrenshandlungen tatsächlich durchgeführt werden (sog. Tagungsort72, Verhandlungsort73 oder auch faktischer Schiedsort74).

D. Wahl der Richter Wie bereits ausgeführt75, haben die Parteien eines Schiedsverfahrens maßgeblichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Richterbank, indem ihnen die Wahl der Schiedsrichter gestattet wird. Wenngleich sich die Bildung des Schiedsgerichts unter Umständen auch schwierig gestalten und zu Verzögerung führen kann, so ist doch die Möglichkeit der Auswahl eines für das Verfahren passgenauen Richters als entscheidender Vorteil des Schiedsverfahrens zu werten.

E. Zwischenergebnis Im Rahmen eines Schiedsverfahrens wird den Parteien praktisch umfassende Autonomie bei der Gestaltung des Verfahrens gewährt. In punkto Flexibilität vermag das Schiedsverfahren somit zu überzeugen.

70 K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 209. 71 Zöller-Geimer, ZPO § 1043 Rn. 2; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 208; Saenger-Saenger, ZPO § 1043 Rn. 2. 72 Zöller-Geimer, ZPO § 1043 Rn. 4; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 205; Saenger-Saenger, ZPO § 1043 Rn. 5; Musielak/ Voit-Voit, ZPO § 1043 Rn. 4 f. 73 Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 15 Rn. 43. 74 MüKoZPO-Münch, ZPO § 1043 Rn. 14 ff. 75 Vgl. oben Kap. 4 § 1 B.

§ 4 Kosteneffizienz

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§ 4 Kosteneffizienz A. Vergleich staatliches Gerichtsverfahren und Schiedsverfahren Im Hinblick auf die Kosteneffizienz des Schiedsverfahrens im Vergleich zum staatlichen Gerichtsverfahren bedarf es einer differenzierten Betrachtung. Ein umfangreicher Vergleich der Schiedsgerichtskosten mit den staatlichen Gerichtskosten findet sich bei Lachmann.76 Dieser gründet sich auf folgende Annahmen: Die Kosten für ein staatliches Zivilverfahren (sog. Prozesskosten) setzen sich zusammen aus Gerichtskosten (die sich nach dem GKG berechnen) sowie Anwaltskosten (die Vergütung richtet sich nach dem RVG). In Schiedsverfahren fallen neben den Anwaltskosten zusätzlich Gebühren und Auslagen für die Schiedsrichter, sowie gegebenenfalls (bei Durchführung eines institutionellen Schiedsverfahrens) Verwaltungsgebühren für die Schiedsinstitution an.77 Im Rahmen einer Gegenüberstellung der Kosten für ein staatliches Verfahren erster Instanz mit den Kosten für ein Schiedsverfahren zeigt sich, dass das staatliche Verfahren durchweg kostengünstiger ausfällt, als das Schiedsverfahren.78 Bis zu einem Streitwert von 8 Millionen Euro bleibt das staatliche Verfahren selbst dann günstiger als das Schiedsverfahren, wenn dieses ohne anwaltliche Vertreter durchgeführt wird.79 Ab einem Streitwert über 8 Millionen Euro wird das Schiedsverfahren (ohne anwaltliche Vertretung) hingegen zunehmend günstiger als das staatliche Verfahren.80 Werden die Kosten für ein staatliches Verfahren durch zwei Instanzen den Kosten für ein Schiedsverfahren gegenübergestellt, so ist das staatliche Verfahren bis zu einem Streitwert von etwa 4 Millionen Euro kostengünstiger, oberhalb dieses Streitwerts das Schiedsverfahren.81 Schließt sich an das Schiedsverfahren ein staatliches Verfahren an, so wird dieses erst ab einem Streitwert von 20 Millionen kostengünstiger als ein staatliches Verfahren durch zwei Instanzen.82 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei geringem Streitwert die Kosten für ein eininstanzliches staatliches Verfahren niedriger ausfallen als die Kosten eines Schiedsverfahrens.83 Umgekehrt dürfte jedoch bei hohem Streitwert und dem

76

Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Kap. 44. Ruckteschler/Stooß, 36 Journal of International Arbitration 2019, 431, 443; s. auch MüKoZPO-Münch, ZPO Vor § 1025 Rn. 91. 78 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 4682 ff. 79 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 4694 ff. 80 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 4697 ff. 81 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 4700 ff. 82 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 4706 ff. 83 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 4733. 77

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

Durchlaufen aller Instanzen das staatliche Gerichtsverfahren teurer sein als das Schiedsverfahren, das in der Regel auf nur eine Instanz beschränkt ist.84 Dass Schiedsverfahren nicht so kostengünstig sind wie teilweise behauptet, bestätigt auch die Umfrage der Queen Mary University: So wurden die Kosten eines Schiedsverfahrens bei der Frage nach den schlechtesten Merkmalen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit am häufigsten genannt (67 %).85

B. International Commercial Courts Die Verfahrenskosten der Commercial Courts variieren sehr stark. Während für Verfahren vor der KfiH sowie der ICCP-CA keine erhöhten Kosten zu entrichten sind, werden für Verfahren vor dem NCC – streitwertunabhängig – in erster Instanz pauschal 15.000 E, in zweiter Instanz 20.000 E fällig. Eine Verfahrensführung vor dem NCC ist dementsprechend für Verfahren mit niedrigem Streitwert vergleichsweise teuer. Mit zunehmend hohem Streitwert, marginalisieren sich die Verfahrenskosten indes im Vergleich zur Schiedsgerichtsbarkeit. Eine Verfahrensführung vor dem NCC erscheint folglich primär für Verfahren mit hohem Streitwert attraktiv.86

C. Zwischenergebnis Ungeachtet dessen, ob es sich um ein staatliches Verfahren oder ein Schiedsverfahren handelt, müssen die anfallenden Gebühren aus Unternehmenssicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem angebotenen „Leistungsspektrum“ stehen. Stimmen Qualität und Schnelligkeit des Verfahrens, sind die Parteien eher bereit, hierfür höhere Kosten in Kauf zu nehmen.

§ 5 Vertraulichkeit des Verfahrens Werden Schiedsgerichtsbarkeit und staatliche Gerichtsbarkeit im Hinblick auf ihre jeweiligen Vorteile miteinander verglichen, so fällt auf, dass als einer der Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit schlechthin die Vertraulichkeit des Verfahrens genannt wird.87 Die Parteien eines internationalen Handelsprozesses profitieren 84

K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 81; MüKoZPO-Münch, ZPO Vor § 1025 Rn. 91. 85 Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey, S. 8. 86 Ruckteschler/Stooß, 36 Journal of International Arbitration 2019, 431, 444. 87 S. nur Vogenauer, Oxford Civil Justice Survey 2008, S. 46.

§ 5 Vertraulichkeit des Verfahrens

99

hiervon auf verschiedenste Weise.88 Zunächst ist es von äußerster Wichtigkeit, Geschäftsgeheimnisse während der Durchführung eines Prozesses zu wahren.89 Hinzu kommt, dass schon ein Bekanntwerden der Streitigkeit an sich von den Parteien in vielen Fällen wegen möglicherweise drohender negativer medialer Berichterstattung und daraus resultierender Imageschäden vermieden werden soll.90 Schließlich sollen insbesondere dauerhafte Geschäftsbeziehungen nicht durch einen publik werdenden Rechtsstreit überschattet werden.91 Dies führt zu einer konstruktiven Verfahrensatmosphäre, welche wiederum die Vergleichsbereitschaft der Parteien und damit eine schnelle Beilegung des Konflikts fördert.92 Der Begriff der Vertraulichkeit erfährt im vorliegenden Zusammenhang zwei Ausprägungen: Differenziert werden soll zwischen der Öffentlichkeit des Verfahrens einerseits und der Geheimhaltung durch die Parteien andererseits.93

A. (Nicht)Öffentlichkeit I. Staatliches Gerichtsverfahren Verfahren vor staatlichen Gerichten werden vom Grundsatz der Öffentlichkeit determiniert. Dieser Grundsatz gilt nicht nur in Deutschland, sondern auch auf europäischer Ebene. In Deutschland gilt der Öffentlichkeitsgrundsatz als Ausfluss des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG)94 und ist einfachgesetzlich durch § 169 GVG normiert. Das Bundesverfassungsgericht versteht das Prinzip der Öffentlichkeit der Verhandlung dementsprechend nicht als Verfassungsrechtsgrundsatz, sondern als Prozessrechtsmaxime.95 Auf europäischer Ebene wird der Öffentlichkeitsgrundsatz durch Art. 47 Abs. 2 GR-Charta, auf völkerrechtlicher Ebene durch Art. 6 Abs. 1 EMRK abgesichert. Die Öffentlichkeit des Verfahrens setzt voraus, dass grundsätzlich jede Person, d. h. jeder am Prozess un88

Ausführliche Darstellung der Vorteile von Vertraulichkeit bei Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 51 ff. 89 Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 51 ff.; Prütting, JZ 1985, 261, 268; ders., FS Böckstiegel, 629, 629. 90 Prütting, JZ 1985, 261, 268; ders., FS Böckstiegel, 629, 629; s. auch Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 53 ff. 91 Buchwitz, Schiedsverfahrensrecht, S. 7; Prütting, JZ 1985, 261, 268; ders., FS Böckstiegel, 629, 629; s. auch Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 58 ff. 92 Prütting, JZ 1985, 261, 268; s. auch Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 90 f.; Hobeck, DRiZ 2005, 177, 178; Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 57 f. 93 Orientierung an K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 453; s. zu diesen Begrifflichkeiten auch Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 9 ff. 94 BVerfGE 103, 44, 63; s. auch Kissel/H. Mayer, GVG, § 169 Rn. 4; MüKoZPOW. Zimmermann, GVG, § 169 Rn. 3. 95 BVerfGE 15, 303, 307.

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

beteiligte Dritte, die Möglichkeit haben muss, an der mündlichen Verhandlung als Zuhörer teilzunehmen.96 Dahinter steht die Intention, „von den Geschehnissen im Verlauf einer Gerichtsverhandlung Kenntnis zu nehmen und die durch die Gerichte handelnde Staatsgewalt einer Kontrolle in Gestalt des Einblicks der Öffentlichkeit zu unterziehen“.97 Gleichzeitig erfährt das Vertrauen der Allgemeinheit in die Justiz eine Stärkung.98 Dieser Grundsatz kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden. Erforderlich für einen Ausschluss der Öffentlichkeit ist das Vorliegen eines besonderen Ausschlussgrundes. Besondere Ausschlussgründe werden in §§ 171b, 172 GVG geregelt. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit ist danach insbesondere dann möglich, wenn Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich eines Prozessbeteiligten oder eines Zeugen oder ein wichtiges Geschäfts-, Betriebs-, Erfindungsoder Steuergeheimnis zur Sprache kommt (§ 172 Nr. 2 GVG). Ein bindendes Antragsrecht der Parteien besteht jedoch in den Fällen des § 172 GVG (im Unterschied zu § 171b Abs. 3 GVG) nicht.99 Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis ist nach ständiger Rechtsprechung jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten, auf wirtschaftlichen Interessen beruhenden Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden soll.100 Gleichwohl ist zu beachten, dass ein Ausschluss der Öffentlichkeit nur so lange in Betracht kommt, wie auch tatsächlich ein Ausschlussgrund vorliegt.101 Darüber hinaus muss die Verkündung des Urteils gem. § 173 Abs. 1 GVG in jedem Falle öffentlich erfolgen. Für die Verkündung der Entscheidungsgründe kann gem. § 173 Abs. 2 GVG die Öffentlichkeit durch besonderen Beschluss des Gerichts unter den Voraussetzungen der §§ 171b, 172 GVG erneut ausgeschlossen werden. Zudem wird das verfahrensbeendende Urteil – anonymisiert – in Entscheidungssammlungen, Fachzeitschriften oder Datenbanken publiziert und damit der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit – sowohl für die Verhandlung als auch für die Verkündung der Urteilsgründe – ist folglich zwar auch in staatlichen Verfahren unter 96

BGHSt 27, 13, 14; s. auch Stein/Jonas-Jacobs, GVG § 169 Rn. 13; Kissel/H. Mayer, GVG, § 169 Rn. 1. 97 BVerfGE 103, 44, 64. 98 EGMR, Urt. v. 8. 12. 1983 – 7984/77 Série A No. 71, Ziff. 21 – Pretto; s. auch Stein/JonasJacobs, GVG § 169 Rn. 4; Kissel/H. Mayer, GVG, § 169 Rn. 3. 99 Stein/Jonas-Jacobs, GVG § 172 Rn. 14; MüKoZPO-W. Zimmermann, GVG § 172 Rn. 13. 100 BGH GRUR 1955, 424, 425; GRUR 1961, 40, 43; GRUR 2003, 356, 358; GRUR 2006, 1044, 1046. 101 M. Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, S. 250; MüKoZPOW. Zimmermann, GVG § 172 Rn. 13.

§ 5 Vertraulichkeit des Verfahrens

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der Voraussetzung möglich, dass ein wichtiger Ausschlussgrund – für die hier interessierenden Fälle ist vor allem § 172 Nr. 2 GVG relevant – vorliegt. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass von der Möglichkeit, einem Zivilverfahren beizuwohnen tatsächlich wohl kaum Gebrauch gemacht wird.102 Dies resultiert möglicherweise aus dem Umstand, dass in dem Zeitpunkt, in dem in die mündliche Verhandlung eingetreten wird, das Verfahren sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befindet. In der Praxis wird im Rahmen der mündlichen Verhandlung häufig gem. § 137 Abs. 3 ZPO auf die gewechselten Schriftsätze und sonstigen Dokumente, deren Inhalt sich der Kenntnis der am Verfahren nicht Beteiligten entzieht, Bezug genommen.103 Aus diesem Grund kann der Zuhörer ohne Kenntnis der Akten nur schwer dem Verfahren folgen.104 All dies ändert jedoch nichts daran, dass – sofern der Rechtsstreit vor ein staatliches Gericht gelangt – zumindest eine theoretische Möglichkeit der Kenntnisnahme dieses Rechtsstreits durch die Öffentlichkeit nicht verhindert werden kann. Der Öffentlichkeitsgrundsatz gebietet es nämlich, dass jedermann, also jeder interessierte Zuhörer die Möglichkeit hat, ohne besondere Schwierigkeiten von Ort und Zeit der Verhandlung Kenntnis zu erlangen.105 Dies geschieht regelmäßig durch Aushang eines Sitzungszettels an einer Hinweistafel innerhalb des Gerichtsgebäudes.106

II. Schiedsverfahren Es wurde bereits darauf hingewiesen107, dass für die Parteien einer Handelsstreitigkeit schon allein das Bekanntwerden des Verfahrens unerwünscht sein kann. Ist dies der Fall, werden sich die Parteien wohl allein deshalb an ein Schiedsgericht wenden, da Verfahren vor einem Schiedsgericht in der Regel nicht öffentlich stattfinden. Dies bedeutet, dass keine verfahrensfremden Personen dem Verfahren beiwohnen dürfen. Die Nichtöffentlichkeit gilt als eines der Grundprinzipien der (internationalen) Schiedsgerichtsbarkeit.108 Schweigt die Schiedsvereinbarung zu dieser Frage, so ergibt eine Auslegung derselben regelmäßig, dass sich die Parteien

102

Arnold, FS Simotta, 11, 16 f.; Nöhre, AnwBl 2019, 91, 92 f.; aus der älteren Literatur Bettermann, ZZP 91 (1978), 365, 370. 103 Zöller-Greger, ZPO § 137 Rn. 3 f.; BeckOK ZPO-von Selle, ZPO § 137 Rn. 6; Musielak/Voit-Stadler, ZPO § 137 Rn. 3; Saenger-Wöstmann, ZPO § 137 Rn. 2. 104 Nöhre, AnwBl 2019, 91, 93. 105 BVerfG NJW 2002, 814, 814; BGH NStZ 1981, 311. 106 BGH NStZ 1981, 311; Stein/Jonas-Jacobs, GVG § 169 Rn. 21; Kissel/H. Mayer, GVG, § 169 Rn. 47. 107 Vgl. die Nachweise in Kap. 4 Fn. 90. 108 K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 455; Prütting, FS Böckstiegel, 629, 632; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 47; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 16 Rn. 43.

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

konkludent darauf verständigt haben, das Schiedsverfahren nichtöffentlich durchzuführen.109 Eine Veröffentlichung von Schiedssprüchen findet in Deutschland – gemessen an der Zahl der durchgeführten Schiedsverfahren – vergleichsweise selten statt.110 Nicht unerwähnt bleiben sollte an dieser Stelle jedoch, dass die Zahl der (in anonymisierter Weise) veröffentlichten Schiedssprüche stetig zunimmt und die Schiedsgerichtsbarkeit hierdurch vermehrt transparent wird.111 Schiedsverfahren können folglich – zumindest theoretisch – insgesamt im Geheimen, fernab jeder öffentlichen Wahrnehmung ablaufen. Ob dies praktisch tatsächlich realisierbar ist, steht auf einem anderen Blatt.112 Probleme ergeben sich insbesondere dann, wenn gegen den Schiedsspruch ein Aufhebungsverfahren (§ 1059 ZPO) oder ein Vollstreckbarerklärungsverfahren (§ 1060 ZPO bzw. § 1061 ZPO i. V. m. UNÜ) vor einem staatlichen Gericht angestrengt wird. In diesem Fall ist die vereinbarte Nichtöffentlichkeit hinfällig, weil Verfahren vor staatlichen Gerichten dem Grundsatz der Öffentlichkeit unterliegen. Zwar wird den Vertraulichkeitsinteressen der Beteiligten insoweit Rechnung getragen, als eine révision au fond und damit eine Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit des Schiedsspruchs nicht stattfindet. Gleichwohl kann im Einzelfall im Rahmen der ordre public-Kontrolle eine Nachprüfung stattfinden. Des Weiteren kann – darauf wurde soeben hingewiesen – für die Beteiligten bereits das Bekanntwerden des Rechtsstreits unerwünscht sein. Bei Einschaltung eines staatlichen Gerichts kann dies indes nicht mehr verhindert werden. Das schiedsgerichtliche Verfahren kann folglich zwar grundsätzlich nichtöffentlich stattfinden, jedoch entfällt dieser Vorteil wieder, wenn im Nachgang ein staatliches Gericht eingeschaltet wird.113

B. Geheimhaltung I. Staatliches Gerichtsverfahren Ein Interesse der Parteien an der Geheimhaltung der in der Verhandlung bekanntgewordenen Tatsachen, kann sich über die Durchführung des Gerichtsverfahrens hinaus erstrecken. Staatliche Gerichte können insbesondere in den Fällen des 109

Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 146 ff.; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 455; Prütting, FS Böckstiegel, 629, 632. 110 Eingehend dazu Wimalasena, Die Veröffentlichung von Schiedssprüchen als Beitrag zur Normbildung, S. 252 ff. 111 K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 82; Wimalasena, Die Veröffentlichung von Schiedssprüchen als Beitrag zur Normbildung, S. 252 ff. 112 Kritisch auch H. Hoffmann, Kammern für internationale Handelssachen, S. 84 f. 113 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 152.

§ 5 Vertraulichkeit des Verfahrens

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§ 172 Nr. 2 GVG gem. § 174 Abs. 3 S. 1 GVG den anwesenden Personen die Geheimhaltung von Tatsachen, die durch die Verhandlung oder durch ein die Sache betreffendes amtliches Schriftstück zu ihrer Kenntnis gelangen, zur Pflicht machen. Das Gericht entscheidet hierüber nach pflichtgemäßem Ermessen.114 In der Praxis wird von dieser Möglichkeit indes kaum Gebrauch gemacht.115 Besteht zwischen Kläger und Beklagtem kein Konkurrenzverhältnis, ist der durch Ausschluss der Öffentlichkeit und Auferlegung einer Geheimhaltungsverpflichtung gewährte Schutz ausreichend.116 Probleme ergeben sich indes dann, wenn eine Partei ihr Geheimnis nicht der anderen Partei gegenüber offenlegen will, etwa weil ein Konkurrenzverhältnis eben doch besteht.117 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse spielen insbesondere im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, aber auch in Verfahren wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens sowie Produkthaftungsfällen eine Rolle.118 In diesen Fällen ist der durch nichtöffentliche Verhandlung und auferlegte Schweigepflicht gewährte Schutz unzureichend.119 Fragen des Geheimnisschutzes können sowohl die beweisbelastete als auch die nicht beweisbelastete Partei betreffen. So kann die beweisbelastete Partei zur Substantiierung ihres Klagevorbringens zur Offenlegung eines eigenen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses gehalten sein. Die beweisbelastete Partei kann dann vor der Wahl stehen: Unterliegen im Prozess oder Preisgabe des Geheimnisses.120 Umgekehrt kann die beweisbelastete Partei zur Substantiierung ihres Klagevorbringens (bspw. Verletzung eines Schutzrechts) aber auch auf die Offenlegung eines Geheimnisses durch den jeweiligen Prozessgegner angewiesen sein. Zwar wird man der nicht beweisbelasteten Partei eine Offenlegung nicht in gleichem Maße wie der beweisbelasteten Partei zumuten können; gleichwohl ist aber auch die nicht beweisbelastete Partei nicht immer vor einer Offenlegung geschützt.121 Demnach besteht ein Spannungsverhältnis zwischen Geheimnisschutz einerseits und effektivem Rechtsschutz andererseits.122

114 Stein/Jonas-Jacobs, GVG § 174 Rn. 9; Kissel/H. Mayer, GVG, § 174 Rn. 27; MüKoZPO-W. Zimmermann, GVG § 174 Rn. 14. 115 Lachmann, NJW 1987, 2206, 2207. 116 R. Stürner, JZ 1985, 453, 458. 117 Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.-amerikanischen Zivilprozeß und im Rechtshilfeverfahren, S. 196; dies., NJW 1989, 1202, 1202; dies., ZZP 123 (2010), 261, 265; R. Stürner, JZ 1985, 453, 458. 118 Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.-amerikanischen Zivilprozeß und im Rechtshilfeverfahren, S. 108 f.; dies., ZZP 123 (2010), 261, 265. 119 Kissel/H. Mayer, GVG, § 172 Rn. 41; Stadler, NJW 1989, 1202, 1202. 120 R. Stürner, JZ 1985, 453, 457; s. auch Lachmann, NJW 1987, 2206, 2210; Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.-amerikanischen Zivilprozeß und im Rechtshilfeverfahren, S. 117 f.; dies., NJW 1989, 1202. 121 Stadler, ZZP 123 (2010), 261, 266; dazu auch McGuire, GRUR 2015, 424, 429. 122 Stadler, NJW 1989, 1202, 1202; dies., ZZP 123 (2010), 261, 266; Musielak/Voit-Stadler, ZPO § 142 Rn. 7a.

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

Bereits im vorprozessualen Bereich können Geheimnisschutzfragen relevant werden. Dies resultiert daraus, dass präparatorische, also materiell-rechtliche Auskunfts- und Informationsansprüche (z. B. der Besichtigungsanspruch des § 809 Alt. 2 BGB oder § 140c PatG) des potenziellen Klägers gegen den potenziellen Gegner eines Hauptprozesses bestehen können.123 Nach der Rspr. des BGH ist hier das berechtigte Geheimhaltungsinteresse des Anspruchsgegners im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen.124 Im Rahmen der Abwägung sei insbesondere zu prüfen, ob dem schützenswerten Geheimhaltungsinteresse auch bei grundsätzlicher Gewährung des Anspruchs – etwa durch Einschaltung eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten – genügt werden könne.125 In der Folge hat sich das sog. „Düsseldorfer Verfahren“126 zur Durchsetzung der genannten Ansprüche des Schutzrechtsinhabers gegenüber dem vermeintlichen Verletzer entwickelt.127 Hierbei handelt es sich um eine Kombination vom selbstständigem Beweisverfahren zur Einholung eines Sachverständigengutachtens und einstweiliger Duldungsverfügung.128 Auf Grundlage des erstellten Gutachtens entscheidet das Gericht über die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung und die Freigabe des Gutachtens an den Antragsteller (Schutzrechtsinhaber).129 Dieser kann mithilfe der Informationen aus dem Gutachten sodann über die Einleitung eines Prozesses entscheiden.130 Es darf allerdings nicht verkannt werden, dass das „Düsseldorfer Verfahren“ dem Kläger nur dann hilft, wenn er auf eine Information durch den Gegner angewiesen ist, nicht jedoch in Fällen, in denen er zur Substantiierung seines Vorbringens ein eigenes Geheimnis offenlegen müsste.131 Problematisch gestaltet sich darüber hinaus eine Fortsetzung des Geheimnisschutzes im Rahmen des sich anschließenden Hauptprozesses. Der Einsatz eines Sachverständigen auch im Rahmen des Hauptprozesses kommt grundsätzlich132 nicht in Betracht, da eine bloße Berichterstattung des Sachverständigen in anonymisierter Form regelmäßig gerade nicht ausreichen wird, um eine Verletzung fest-

123 Dazu ausführlich Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.-amerikanischen Zivilprozeß und im Rechtshilfeverfahren, S. 103 ff.; s. auch R. Stürner, JZ 1985, 453, 455 ff. 124 BGHZ 150, 377, Leitsatz c). 125 BGHZ 150, 377, Leitsatz c) sowie 386 f. 126 Das Verfahren wurde auch vom BGH gebilligt, s. BGHZ 183, 153 Rn. 23 ff. 127 Überblick bei Kühnen, GRUR 2005, 185. 128 Hauck, NJW 2016, 2218, 2222; Kühnen, GRUR 2005, 185, 187; McGuire, GRUR 2015, 424, 430; Stadler, FS Leipold, 201, 211 f.; dies., ZZP 123 (2010), 261, 269 ff. 129 Hauck, NJW 2016, 2218, 2222; McGuire, GRUR 2015, 424, 430; Stadler, FS Leipold, 201, 212; dies., ZZP 123 (2010), 261, 269 f. 130 Stadler, ZZP 123 (2010), 261, 269 f. 131 McGuire, GRUR 2015, 424, 430. 132 Dazu, wann der Einsatz eines solchen Sachverständigen („Wirtschaftsprüfer“) in Betracht kommt Bornkamm, FS Ullmann, 893, 899 ff.

§ 5 Vertraulichkeit des Verfahrens

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zustellen.133 Vielmehr muss das Gericht sich eine eigene Überzeugung bilden und selbst über das Vorliegen einer Verletzung entscheiden.134 Im Hauptprozess ist die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen folglich unmittelbar gefährdet. Vor diesem Hintergrund wird bereits seit Jahrzehnten die Einführung eines sog. In-cameraVerfahrens, d. h. eines beweisrechtlichen Geheimverfahrens unter Ausschluss der gegnerischen Partei diskutiert.135 Ansätze eines solchen Verfahrens finden sich in § 19 GeschGehG, der in Umsetzung der Geschäftsgeheimnis-RL (RL 2016/943) erlassen wurde. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass die Norm lediglich für Geschäftsgeheimnisstreitsachen i. S. des § 16 Abs. 1 GeschGehG gilt.136 Nicht erfasst sind dementsprechend all diejenigen Fälle, in denen nicht streitgegenständliche Geheimnisse betroffen sind. Darüber hinaus statuiert die Norm ein Anwesenheitsrecht mindestens einer „zuverlässigen Person“ zusätzlich zu den jeweiligen Prozessvertretern auf jeder Seite. Ob jedoch der Geheimnisträger einer solchen von der Gegenseite benannten Person ein höheres Vertrauen entgegenbringt als der Gegenpartei selbst erscheint zumindest fraglich.137 Ein effektives Geheimverfahren wird durch die Regelung somit gerade nicht geschaffen.138 Die Durchführung eines In-camera-Verfahrens ist folglich de lege lata nicht möglich.139

II. Schiedsverfahren Die Parteien eines Schiedsverfahrens können in der Schiedsvereinbarung eine Verpflichtung zur Vertraulichkeit vereinbaren.140 In der Praxis finden sich solche Vereinbarungen jedoch eher selten.141 Darüber hinaus trifft die Schiedsrichter – ebenso wie staatliche Richter – eine Pflicht zur Verschwiegenheit (Schweige133 McGuire, GRUR 2015, 424, 430; Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.-amerikanischen Zivilprozeß und im Rechtshilfeverfahren, S. 215 f. 134 BVerfGE 115, 205, 238; s. auch Bornkamm, FS Ullmann, 893, 902 f. 135 Eingehend Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.amerikanischen Zivilprozeß und im Rechtshilfeverfahren, S. 231 ff.; R. Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, S. 223 ff.; ein Geheimverfahren ablehnend Lachmann, NJW 1987, 2206, 2209 f. 136 Durch die Neuregelung des § 145a PatG sollen die §§ 16 bis 20 GeschGehG in Patentstreitsachen entsprechend angewendet werden. 137 Schlingloff, WRP 2018, 666, 670. 138 Schlingloff, WRP 2018, 666, 670; Musielak/Voit-Stadler, ZPO § 142 Rn. 7a. 139 BGH NJW-RR 2016, 606 Rn. 18. 140 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 146 ff.; Prütting, FS Böckstiegel, 629, 634 f.; Musielak/Voit-Voit, ZPO § 1029 Rn. 27; dagegen geht Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 538 davon aus, dass die Schiedsvereinbarung eine immanente Vertraulichkeitsvereinbarung enthalte. 141 Geiben, Die Privatsphäre und Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 39; Prütting, FS Böckstiegel, 629, 635.

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

pflicht).142 Woraus sich eine solche Pflicht herleitet, ist umstritten.143 Der Streit soll hier nicht nachgezeichnet, das Bestehen einer solchen Pflicht lediglich unterstellt werden. Hinsichtlich sonstiger Verfahrensbeteiligter ist zu differenzieren: Während Sachverständige aufgrund des ihrer Tätigkeit zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses zur Verschwiegenheit verpflichtet sein können, kann Zeugen keine Geheimhaltungspflicht auferlegt werden.144 Theoretisch denkbar wäre allenfalls eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Schiedsparteien und dem Dritten.145 Die Möglichkeit eines In-camera-Verfahrens in der Schiedsgerichtsbarkeit wird in den einschlägigen Handbüchern kaum diskutiert. Sawang hält ein Geheimverfahren grundsätzlich für möglich.146 Zwar gelte das Recht auf rechtliches Gehör auch im Schiedsverfahren, jedoch seien Einschränkungen dieses Rechts im Schiedsverfahren auch ohne gesetzliche Grundlage hinnehmbar.147

C. International Commercial Courts Wenngleich der Begriff der „International Commercial Courts“ eine Internationalität der entsprechenden Einrichtungen vermuten lässt, so handelt es sich bei diesen letztlich doch um rein nationale Gerichte bzw. Spruchkörper, die ihren internationalen Charakter primär aus der Zulassung einiger, aus der Schiedsgerichtsbarkeit bekannten Merkmale (z. B. Englisch als Verfahrenssprache) ableiten. Aufgrund dessen sind Verfahren vor den Commercial Courts grundsätzlich der Öffentlichkeit zugänglich. Für die Möglichkeit der Einschränkung des Öffentlichkeitsgrundsatzes gelten somit dieselben Grundsätze wie für Verfahren vor den jeweiligen nationalen Gerichten. Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf die Geheimhaltung von (Geschäfts-)Geheimnissen.

142 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 90; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 145; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 456 f.; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 162. 143 So sehen K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 456 f. den Schiedsrichtervertrag als Grundlage der Geheimhaltungspflicht; ebenso Stein/Jonas-Schlosser, ZPO Vor § 1025 Rn. 24; Prütting, FS Böckstiegel, 629, 632 ff. m. w. N. dagegen will auf eine Analogie zu den für den staatlichen Richter geltenden Vorschriften abstellen; ausführliche Darstellung der Kontroverse bei Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 175 ff. 144 Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 313 ff.; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 145 f.; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 457; Prütting, FS Böckstiegel, 629, 636. 145 Was praktisch wohl kaum vorkommt, s. Prütting, FS Böckstiegel, 629, 636. 146 Sawang, Geheimhaltung und rechtliches Gehör im Schiedsverfahren nach deutschem Recht, S. 286 ff.; so auch Stein/Jonas-Schlosser, ZPO Anh. § 1061 Rn. 192. 147 Sawang, Geheimhaltung und rechtliches Gehör im Schiedsverfahren nach deutschem Recht, S. 286 ff.; so auch Stein/Jonas-Schlosser, ZPO Anh. § 1061 Rn. 192.

§ 6 Beteiligung von Dritten

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D. Zwischenergebnis Die aus der im Schiedsverfahren garantierten Nichtöffentlichkeit des Verfahrens und der Möglichkeit der Vereinbarung einer Geheimhaltungs- bzw. Verschwiegenheitspflicht der Parteien resultierenden Vorteile liegen auf der Hand: Die Parteien können – zumindest in gewissem Umfang – ein Bekanntwerden des Rechtsstreits, oder – schlimmer – ihrer Geschäftsgeheimnisse verhindern. Jedoch birgt dies gleichzeitig die Gefahr, dass keine Präjudizien mehr geschaffen werden und als Konsequenz die Rechtsfortbildung auf der Strecke bleibt.148 Auf lange Sicht leidet darunter auch die Rechtssicherheit.149

§ 6 Beteiligung von Dritten Grundmodell sowohl des staatlichen Zivilverfahrens als auch des Schiedsverfahrens ist der Zweiparteienprozess.150 Internationale Wirtschaftsbeziehungen werden jedoch angesichts der Globalisierung immer komplexer und vielgestaltiger. Dies hat zur Folge, dass zunehmend nicht nur zwei, sondern eine Vielzahl von Beteiligten, z. B. im Rahmen von Lieferketten oder Großbauprojekten in diese Beziehungen verwickelt sind.151 Kommt es zu einem Streitfall, stellt sich die Frage, wie angesichts dieser Vielzahl der Beteiligten zu verfahren ist.

A. Staatliches Gerichtsverfahren Das deutsche Zivilprozessrecht kennt verschiedene Formen der Beteiligung mehrerer Personen an einem Rechtsstreit: die einfache (§§ 59, 60 ZPO) und notwendige (§ 62 ZPO) Streitgenossenschaft, die Streitverkündung (§ 72 ZPO), die Hauptintervention, sowie die Nebenintervention respektive Streithilfe (§ 66 ZPO). Bei der Streitgenossenschaft handelt es sich um eine Zusammenfassung mehrerer Prozesse in einem Verfahren.152 Zwar treten bei der Streitgenossenschaft somit mehr als nur zwei Personen vor Gericht auf, jedoch stehen diese entweder auf Kläger- oder Beklagtenseite. Streitgenossen sind daher immer Parteien des Rechtsstreits.153 Das 148

Vgl. dazu bereits oben Kap. 2 § 1 C. Dazu Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 68 ff. 150 Für die staatliche Zivilgerichtsbarkeit Zöller-Althammer, ZPO Vor §§ 50 – 58 Rn. 5; Stein/Jonas-Jacoby, ZPO Vor § 50 Rn. 25; Musielak/Voit-Weth, ZPO § 50 Rn. 4 f.; für die Schiedsgerichtsbarkeit Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2801. 151 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2804; MüKoZPO-Münch, ZPO § 1029 Rn. 57; Ruckteschler/Piroutek, in: Wilhelmi/Stürner (Hrsg.), Mehrparteienschiedsverfahren, 69, 70. 152 Stein/Jonas-Bork, ZPO § 59 Rn. 1; MüKoZPO-Schultes, ZPO § 59 Rn. 1. 153 Stein/Jonas-Bork, ZPO § 59 Rn. 1; MüKoZPO-Schultes, ZPO § 59 Rn. 3. 149

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

Zweiparteienmodell wird gerade nicht durchbrochen.154 Dementsprechend handelt es sich nicht um eine tatsächliche Beteiligung „Dritter“. Anders verhält es sich dagegen bei der Nebenintervention sowie der Streitverkündung. Nebenintervenient und Streitverkündeter werden gerade keine Partei des Rechtsstreits, sondern bleiben tatsächlich „Dritte“.155 Eine Beteiligung von mehr als zwei Parteien ist im staatlichen Zivilprozess somit nicht möglich.156

B. Schiedsverfahren Auch in Schiedsverfahren können derartige Gestaltungen mit einer Beteiligung von mehr als zwei Personen auftreten. Diese Verfahren werden unter dem Begriff der Mehrparteienschiedsverfahren oder Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit zusammengefasst.157 Differenziert wird hierbei zwischen Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit im engeren und im weiteren Sinne.158 Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit im engeren Sinne bildet das Gegenstück zur Streitgenossenschaft des Zivilprozesses.159 Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit im weiteren Sinne meint dagegen eine tatsächliche Beteiligung „Dritter“ am Rechtsstreit und führt dementsprechend zu einer tatsächlichen Durchbrechung der Zweiparteienstruktur.160 Die Möglichkeit der Durchführung von Mehrparteienschiedsverfahren erscheint vor allem deshalb interessant, weil die Bündelung in einem Verfahren der Gefahr sich widersprechender Ergebnisse verschiedener Verfahren vorbeugt.161 Gleichzeitig verursacht die Beteiligung von mehr als zwei Parteien jedoch nicht zu unterschätzende Schwierigkeiten. Diese betreffen einerseits die Bindungswirkung der Schiedsvereinbarung, andererseits den Einfluss der Parteien auf die Konstituierung des Schiedsgerichts.162 Diese Schwierigkeiten wurden auch im Rahmen der von der 154

Musielak/Voit-Weth, ZPO Vor § 64 Rn. 1. Zöller-Althammer, ZPO § 67 Rn. 1; BeckOK ZPO-Dressler, ZPO § 67 Rn. 1; Grunsky/ Jacoby, Zivilprozessrecht, Rn. 362. 156 Stein/Jonas-Jacoby, ZPO Vor § 50 Rn. 26; MüKoZPO-Lindacher/Hau, ZPO Vor § 50 Rn. 9; Musielak/Voit-Weth, ZPO § 50 Rn. 5. 157 S. nur K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 430. 158 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2801 und 2804; K. Lionnet/ A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 431; MüKoZPO-Münch, ZPO § 1029 Rn. 58. 159 K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 431; MüKoZPO-Münch, ZPO § 1029 Rn. 58. 160 K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 431 f.; Schwab, FS Habscheid, 285, 286 ff. (insb. 287). 161 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2805; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 445. 162 MüKoZPO-Münch, ZPO § 1029 Rn. 58; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 196. 155

§ 6 Beteiligung von Dritten

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Queen Mary University durchgeführten Umfrage bemängelt: Gefragt nach den schlechtesten Merkmalen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, gaben die Befragten am dritthäufigsten die fehlende „Macht gegenüber Dritten“ an (39 %).163 Vorschriften zu Mehrparteienschiedsverfahren sucht man im 10. Buch der ZPO vergeblich. Mittlerweile haben jedoch die meisten der größeren Schiedsinstitutionen entsprechende Regelungen in ihre Verfahrensordnungen integriert.164 Einzelheiten sollen an dieser Stelle nicht vertieft werden. Einige grundsätzliche Erwägungen, die sich aus der Natur des Schiedsverfahrens als Form der alternativen Streitbeilegung und damit als Ausfluss der Parteiautonomie ergeben, genügen. Grundsätzlich gilt, dass Mehrparteienschiedsverfahren nur dann stattfinden können, wenn sich alle Beteiligten damit einverstanden erklären.165 Dieses Einverständnis kann entweder bereits von vornherein im Rahmen der Schiedsvereinbarung oder nachträglich durch Vereinbarung zwischen allen Beteiligten erfolgen.166 Kann kein Einverständnis erzielt werden, müssen die Verfahren getrennt voneinander geführt werden, was dann wiederum die eigentlich zu vermeidende Gefahr sich widersprechender Entscheidungen birgt. Im Hinblick auf die Konstituierung des Schiedsgerichts ist zunächst der Grundsatz der Gleichbehandlung hervorzuheben, wonach jede Partei gleichen Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts durch Ernennung eines eigenen Schiedsrichters hat.167 Im Falle eines Mehrparteienschiedsverfahrens hätte dies jedoch eine „die Grenzen der Handhabbarkeit“168 überschreitende Erweiterung der Richterbank zur Folge.169 Fraglich erscheint daher, wie die Konstituierung des Schiedsgerichts bei Beteiligung mehrerer Parteien zu erfolgen hat. Unproblematisch ist der Fall einer Einzelschiedsrichterbestellung zu beurteilen.170 Anders verhält es sich jedoch, wenn – wie im Regelfall – ein Dreierschiedsgericht gebildet werden

163 Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey, S. 8. 164 S. bspw. Art. 8, Art. 12 ICC Arbitration Rules; Art. 18 ff. DIS-Schiedsgerichtsordnung; Art. 8 LCIA Arbitration Rules. 165 Buchwitz, Schiedsverfahrensrecht, S. 16; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2806. 166 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2808; MüKoZPO-Münch, ZPO § 1029 Rn. 59 und 63. 167 BGHZ 132, 278, 287; s. auch Buchwitz, Schiedsverfahrensrecht, S. 97; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2818; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 436; MüKoZPO-Münch, ZPO § 1035 Rn. 66; Schwab, FS Habscheid, 285, 290. 168 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2818. 169 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2818; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 432; MüKoZPOMünch, ZPO § 1035 Rn. 66. 170 MüKoZPO-Münch, ZPO § 1035 Rn. 67; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 10 Rn. 15.

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

soll.171 Möglich ist zunächst eine Einigung durch mehrere Parteien einer Seite.172 Probleme ergeben sich indes dann, wenn eine Einigung nicht erzielt werden kann. Nach wohl überwiegender Ansicht erfolgt in diesen Fällen eine Ernennung durch eine dritte Stelle, die für den Fall der Untätigkeit einer Partei vereinbart ist (ggfs. auch das staatliche Gericht) oder im Falle eines institutionellen Schiedsverfahrens durch die Schiedsinstitution.173 Entsprechende Regelungen sehen die meisten Schiedsordnungen vor. Abzugrenzen hiervon sind die Fälle, in denen eine Einbeziehung von Parteien in das Verfahren erst später erfolgt; diese müssen, wollen sie dem Verfahren beitreten, das bereits gebildete Schiedsgericht akzeptieren.174

C. International Commercial Courts Grundsätzlich ist auch in Verfahren vor den Commercial Courts eine Beteiligung Dritter möglich, es gelten jedoch insbesondere im Hinblick auf die Verfahrenssprache Besonderheiten. So enthält bspw. die Verfahrensordnung des Netherlands Commercial Court eine Regelung dazu, wie im Falle eines Beitritts von Dritten zu verfahren ist. Diese sieht vor, dass ein Beitritt nur dann möglich ist, wenn der Dritte entweder der Verhandlung in englischer Sprache durch Abgabe einer schriftlichen Erklärung zugestimmt hat oder wenn die anderen Verfahrensparteien einer Fortführung des Verfahrens in niederländischer Sprache zustimmen.175

D. Zwischenergebnis Die Möglichkeit der Durchführung eines Mehrparteienschiedsverfahrens bietet für die Beteiligten zwar den Vorteil der Vermeidung von (möglicherweise) unvereinbaren Entscheidungen mehrerer Verfahren, stößt jedoch in seiner praktischen Umsetzung auf nicht zu unterschätzende Schwierigkeiten. Dagegen sind die Möglichkeit sowie die Voraussetzungen einer Beteiligung von Dritten an einem staatlichen Gerichtsverfahren deutlich klarer definiert und hängen insbesondere nicht vom Einvernehmen aller Beteiligten ab. 171 MüKoZPO-Münch, ZPO § 1035 Rn. 67 ff.; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 10 Rn. 15. 172 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2820; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S. 438; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 200. 173 Wobei die Einzelheiten wiederum umstritten sind, zum Ganzen Berger, RIW 2001, 7, 13 ff.; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2820; Stein/Jonas-Schlosser, ZPO § 1034 Rn. 29; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 10 Rn. 16. 174 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2825; MüKoZPO-Münch, ZPO § 1029 Rn. 74; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 10 Rn. 16. 175 Art. 2.2 NCC Rules.

§ 7 Einfache Vollstreckbarkeit der Entscheidungen

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§ 7 Einfache Vollstreckbarkeit der Entscheidungen Ferner sollten Entscheidungen, für den Fall, dass sie nicht freiwillig befolgt werden, einer möglichst einfachen und schnellen Vollstreckung zugänglich sein.176

A. Staatliches Gerichtsverfahren Innerhalb des Justizraumes der EU profitieren mitgliedstaatliche Urteile bei der grenzüberschreitenden Vollstreckung von der durch die Brüssel Ia-VO garantierten Titelfreizügigkeit. Die Durchführung eines Exequaturverfahrens ist seit Inkrafttreten der Neufassung am 10. Januar 2015 nicht mehr erforderlich. Im Verhältnis zur Schweiz, Norwegen und Island gilt das Lugano-Übereinkommen. Von den im LugÜ geregelten Konstellationen abgesehen, bestimmt sich die Vollstreckung von drittstaatlichen Urteilen innerhalb der Union sowie umgekehrt die Vollstreckung mitgliedstaatlicher Urteile in einem Drittstaat nach Maßgabe bi- und multilateraler Staatsverträge, wie beispielsweise des HGÜ. Mangelt es daran, bestimmen sich die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile nach nationalem Prozessrecht.

B. Schiedsverfahren Im Hinblick auf die Vollstreckung von Schiedssprüchen ist zwischen inländischen und ausländischen Schiedssprüchen zu differenzieren. Inländische Schiedssprüche müssen gem. § 1060 Abs. 1 ZPO für vollstreckbar erklärt werden. Hierfür bedarf es eines Antrags des Vollstreckungsgläubigers. Für die Entscheidung über den Antrag sind gem. § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO die staatlichen Gerichte, genauer das Oberlandesgericht, zuständig.177 Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist gem. § 1060 Abs. 2 S. 1 ZPO unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, sofern einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich nach dem UNÜ (§ 1061 Abs. 1 ZPO). Dieses gewährleistet zwar eine weltweite (168 Vertragsstaaten178) Vollstreckbarkeit, setzt jedoch die Durchführung eines Exequaturverfahrens durch ein staatliches Gericht voraus. Zur Durchführung der Zwangsvollstreckung ist 176 Queen Mary University of London/White & Case LLP, 2018 International Arbitration Survey, S. 7. 177 Im Jahr 2019 gab es 223 Anträge auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, auf Aufhebung der Vollstreckbarerklärung, auf Aufhebung von Schiedssprüchen, s. Statistisches Bundesamt, Rechtspflege – Zivilgerichte, Fachserie 10 Reihe 2.1, 2019, S. 89. 178 UNCITRAL, Status: Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, https://uncitral.un.org/en/texts/arbitration/conventions/foreign_arbitral_awards/ status2.

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

folglich die Mitwirkung der staatlichen Gerichtsbarkeit erforderlich. Diese Einschaltung der staatlichen Gerichtsbarkeit kann für die Beteiligten gewisse Nachteile bedeuten. Zum einen kann daraus eine Verzögerung des endgültigen Verfahrensabschlusses resultieren. Zum anderen kann die im Rahmen des Schiedsverfahrens gewährleistete Vertraulichkeit bei der anschließenden staatlichen Gerichtsverhandlung nicht uneingeschränkt aufrechterhalten bleiben.179

C. Zwischenergebnis Festhalten lässt sich somit, dass innerhalb der EU (mitglied-)staatliche Urteile dank Wegfall des Exequaturverfahrens (Art. 39 Brüssel Ia-VO) deutlich einfacher zu vollstrecken sind als (internationale) Schiedssprüche. Anders verhält es sich dagegen außerhalb des Geltungsbereichs der Brüssel Ia-VO, wenn also die Vollstreckung eines mitgliedstaatlichen Urteils in einem Drittstaat stattfinden soll (und umgekehrt).

§ 8 Neutralität des Forums Häufig haben die Parteien eines grenzüberschreitenden Rechtsverhältnisses ein Interesse daran, im Streitfall den Konflikt vor den heimatlichen Gerichten und unter Heranziehung des vertrauten Heimatrechts beizulegen.180 Insbesondere bei unterschiedlich starken Verhandlungspartnern, bei einem „Machtgefälle“, wird sich der wirtschaftlich stärkere Verhandlungspartner häufig mit einer Wahl zugunsten seiner Heimatgerichte sowie seines Heimatrechts gegenüber dem wirtschaftlich schwächeren oder gar unterlegenen Verhandlungspartner durchsetzen.181 Sehen sich demgegenüber beide einem ähnlich starken Verhandlungspartner gegenüber, so wird sich keiner das Heimatrecht des jeweils anderen aufzwingen lassen.182 In diesen Fällen wird dementsprechend die Wahl eines dritten (häufig wohl neutralen) Rechts zur Debatte stehen. Entsprechendes gilt für die Wahl des Forums. Die Wahl eines neutralen Forums liegt also immer dann nahe, wenn sich keiner der Verhandlungspartner zugunsten seines Heimatforums durchzusetzen vermag.183 Der Begriff der Neutralität ist nicht zu verwechseln mit der Unabhängigkeit des Gerichts bzw. dessen Richter (diese sollte ohnehin außer Frage stehen) und meint, 179

Vgl. dazu bereits oben Kap. 4 § 5 A. II. von Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht, § 1 Rn. 108; Mankowski, FS Schäfer, 369, 370 f.; H.-B. Schäfer/Lantermann, in: Basedow/Kono (Hrsg.), An Economic Analysis of Private International Law, 87, 96; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 23. 181 Voigt, 5 Journal of Empirical Legal Studies 2008, 1, 10; Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 24. 182 Vogenauer, 21 European Review of Private Law 2013, 13, 24. 183 Vgl. bereits oben Kap. 1 § 2 B. I. 3. 180

§ 8 Neutralität des Forums

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dass keine der Parteien einen Heimvorteil bei der Durchführung des gerichtlichen Verfahrens genießt.184 Mit dem Terminus des Heimvorteils werden all diejenigen Vorteile für eine der Parteien zusammengefasst, die sich daraus ergeben, dass das gerichtliche Verfahren an deren Heimatort durchgeführt wird.185 Spiegelbildlich hierzu verhalten sich die daraus resultierenden Nachteile für die andere Partei. Ein solcher Heimvorteil kann sich insbesondere bei internationalem Bezug des Verfahrens im Hinblick auf die Gerichtssprache, den Ort der Gerichtsverhandlung und die Erforderlichkeit des Einsatzes von Anwälten ergeben.186 In Verfahren, deren internationaler Bezug daraus resultiert, dass die Verfahrensparteien in unterschiedlichen Staaten domiziliert sind, stellt sich die Frage nach der Gerichtssprache besonders dringlich. Häufig werden die Parteien der im Heimatstaat der anderen Partei geltenden Gerichtssprache nicht mächtig sein. Dies kann für die „fremde“ Partei nicht unerhebliche (Übersetzungs-)Kosten zur Folge haben, die insbesondere aus der Erforderlichkeit der Übersetzung sowohl von Dokumenten als auch des Einsatzes eines Dolmetschers während der Durchführung des Verfahrens resultieren.187 Ähnliche Erwägungen gelten ebenso im Hinblick auf den Ort, an dem die Gerichtsverhandlung durchgeführt wird. Für die Partei, die außerhalb ihres Heimatstaates prozessieren muss, ist die Durchführung der mündlichen Verhandlung stets mit Reisekosten verbunden.188 Abhängig von der Zahl der Prozesstage, können diese Reisekosten beträchtliche Summen erreichen. Ist für die Durchführung des Verfahrens ein fremdes Gericht zuständig, so kann dies möglicherweise den Einsatz mehrerer Anwälte erfordern. Neben dem vertrauten „Heimatanwalt“, muss die fremde Partei unter Umständen (nämlich dann, wenn die Zivilprozessordnung der lex fori eine Anwaltspflicht statuiert) noch einen Anwalt beauftragen, der die Zulassung hat, vor dem fremden Gericht aufzutreten.189 Hinzukommen kann außerdem – gerechtfertigt oder nicht – ein Misstrauen der Parteien gegenüber dem Rechtspflegesystem am Heimatort der jeweils anderen Vertragspartei.190 Wird in derartigen Konstellationen keine Gerichtsstands- oder Schiedsvereinbarung getroffen, laufen die Parteien somit Gefahr, dass gerade das unerwünschte Gericht des Heimatorts der jeweils anderen Partei für die Streitsache zuständig ist. Dies resultiert daraus, dass viele Gerichtsstände zur Zuständigkeitsbegründung auf den Wohnsitz einer der Parteien rekurrieren (vgl. nur Art. 4 Brüssel Ia-VO).

184 185 186 187 188 189 190

F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 50 f. F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 50. F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 50 f. F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 51. F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 51. F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 51. F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 59 f.

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Kap. 4: Attraktivität eines Streitschlichtungsorgans aus Unternehmenssicht

Um dies zu verhindern kommt es in internationalen Sachverhalten häufig zu einer Anwahl entweder eines drittstaatlichen Gerichts191 oder eines Schiedsgerichts. Insbesondere bei Anwahl eines Schiedsgerichts können die Parteien die Sprache des Verfahrens vereinbaren und hierdurch die durch notwendige Übersetzungen anfallenden Kosten einsparen. Entsprechendes gilt bei Anwahl eines drittstaatlichen Gerichts, wenn beide Parteien der fremden Gerichtssprache mächtig sind. Ist dies nicht der Fall, werden die oben genannten Kosten zwar nicht hinfällig, sie treffen jedoch beide Parteien gleichermaßen. Auf diese Weise wird einer optimalen Risikoverteilung und Herstellung von Waffengleichheit zwischen den Parteien Rechnung getragen.192 Teilweise werden zwar Zweifel im Hinblick auf die Unparteilichkeit insbesondere der parteibenannten Schiedsrichter geäußert. Dem kann jedoch durch die Bildung eines Dreierschiedsgerichts vorbeugen werden.193

§ 9 Zusammenfassung Für den aufmerksamen Leser dieses Kapitels zeichnet sich ein differenziertes Bild. Weder das staatliche Gerichtsverfahren noch das Schiedsverfahren sind imstande, alle genannten Anforderungen zu erfüllen. Das perfekte Instrument zur Streitbeilegung existiert – wenig überraschend – nicht. Dies liegt daran, dass die einzelnen Kriterien und Interessen teilweise in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen.194 Während beispielsweise die Begrenzung des Verfahrens auf nur eine Instanz wegen der daraus resultierenden kürzeren Verfahrensdauer als Vorteil der Schiedsgerichtsbarkeit gewertet wird, kann diese Begrenzung gleichzeitig auch eine Begrenzung der Rechtmäßigkeitskontrolle und damit einen Nachteil für die unterliegende Partei bedeuten.195 Ähnliche Erwägungen gelten im Hinblick auf die Vertraulichkeit.196 Einerseits wird die Möglichkeit, Schiedsverfahren vertraulich durchzuführen von den Parteien grenzüberschreitender Handelsprozesse besonders geschätzt. Andererseits bedeutet diese Vertraulichkeit aber auch eine Gefahr für die Rechtsfortbildung und damit auf lange Sicht auch für die Rechtssicherheit.197 Und auch die in Schiedsverfahren garantierte umfangreiche Flexibilität im Hinblick auf

191 Der Begriff des drittstaatlichen Gerichts ist in diesem Zusammenhang als weder dem Heimatstaat des Klägers noch dem des Beklagten zuzuordnendes Gericht zu verstehen und nicht zu verwechseln mit dem Begriff des Drittstaats i. S. der Brüssel Ia-VO. 192 F. E. Sandrock, Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, S. 51. 193 Vgl. die Nachweise in Kap. 4 Fn. 7. 194 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 58; zum „Spannungsverhältnis zwischen Privatautonomie und Rechtsfortbildung“ Duve/Keller, SchiedsVZ 2005, 169. 195 Ebbing, Private Zivilgerichte, S. 58. 196 Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 49 ff. 197 Dazu Duve/Keller, SchiedsVZ 2005, 169; Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, S. 68 ff.

§ 9 Zusammenfassung

115

die Gestaltung des Verfahrens kann zu Verzögerungen, im worst case gar bis hin zur Handlungsunfähigkeit führen, wenn eine Einigung der Parteien erzielt werden muss. Deshalb sind einzelfallabhängig für jede Streitigkeit die Vor- und Nachteile der in Betracht kommenden Streitbeilegungsinstrumente abzuwägen, um auf Grundlage dieser Abwägung einen passenden Mechanismus zu wählen. Der pauschale Verweis auf die Vorteilhaftigkeit des Schiedsverfahrens lässt sich bei näherem Hinsehen so jedenfalls nicht bestätigen. Die (deutsche) staatliche Gerichtsbarkeit ist besser als der Ruf, der ihr vorauseilt. Gleichwohl wird in Verfahren mit grenzüberschreitendem Bezug die Wahl indessen häufig auf die Schiedsgerichtsbarkeit fallen. Das liegt nicht nur an den genannten Vorteilen des Schiedsverfahrens, sondern auch und gerade an dem hervorragenden Ruf, den die internationale Schiedsgerichtsbarkeit genießt, sei er gerechtfertigt oder nicht. Ob die neu errichteten Commercial Courts hieran etwas zu ändern vermögen, bleibt abzuwarten.

Kapitel 5

Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene? § 1 (Rechtspolitischer) Hintergrund In den bisherigen Kapiteln wurde ein zunehmender Bedarf an effizienter internationaler Streitschlichtung im Bereich hochpreisiger Handelsstreitigkeiten dargelegt sowie verschiedene Maßnahmen zur Befriedigung dieses Bedarfs vorgestellt. Durch die Einrichtung von sog. Commercial Courts wird versucht, den Wettbewerb um Bereitstellung eines möglichst attraktiven Justizstandorts zu gewinnen. Tatsächlich sind diese Maßnahmen indes nur teilweise geeignet, die Bedürfnisse des internationalen Handels zu befriedigen. All diesen Maßnahmen ist gemeinsam, dass sie sich ausnahmslos auf nationaler Ebene vollziehen. Bei den geplanten oder bereits errichteten Kammern für internationale Handelssachen bzw. Commercial Courts handelt es sich tatsächlich um rein nationale Gerichte. Die Internationalität wird erst durch die Zulassung von Englisch als Gerichtssprache erzeugt. Auch die vorgeschlagenen Maßnahmen aus akademischer Feder konzentrieren sich primär auf Änderungen des nationalen Rechts.1 Im Folgenden soll demonstriert werden, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht nur auf die nationale Ebene begrenzt bleiben sollten, sondern vielmehr eine erfolgreiche und umfassende Lösung nur unter Berücksichtigung der europäischen Ebene erreicht werden kann. Als flankierende Maßnahme wird deshalb empfohlen ein Europäisches Handelsgericht einzurichten.2 Ein Europäisches Handelsgericht hätte den Vorteil, eine gemeinsame europäische Initiative zur Stärkung der Ziviljustiz zu schaffen, und könnte dazu beitragen, bestehende Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei der Beilegung von Handelsstreitigkeiten zu verringern. Zwar gilt innerhalb der Union, und speziell im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit, der Grundsatz des gegenseitigen Ver-

1

Vgl. oben Kap. 2 § 2 B. So auch Pfeiffer, ZEuP 2016, 795, 797; Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 58 ff.; dies., JZ 2018, 1073, 1079 ff.; dies., AJIL Unbound 2021, 11, 15 f.; s. auch H. Hoffmann, Europäische Handelsgerichte als soziale Institution; dies andeutend auch Dammann/Hansmann, A Global Market for Judicial Services, S. 18; dies., 94 Cornell Law Review 2008, 1, 56. 2

§ 1 (Rechtspolitischer) Hintergrund

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trauens in die Rechtssysteme und Rechtspflegeorgane der Mitgliedstaaten,3 auf den auch der EuGH in seinen Urteilen beinahe gebetsmühlenartig verweist.4 Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass diverse Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten eben doch bestehen: Während einige Mitgliedstaaten für ihre sehr lange dauernden Gerichtsverfahren bekannt sind, werden in anderen Mitgliedstaaten Diskriminierungs-, vereinzelt gar Korruptionsvorwürfe laut.5 Darüber hinaus könnte ein Europäisches Handelsgericht einen Beitrag zur – angesichts der zunehmenden Bedeutung der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit gefährdeten – Fortbildung des nationalen Rechts der Mitgliedstaaten und damit zu mehr Rechtssicherheit innerhalb der Union leisten. Kritiker mögen der Errichtung die Schaffung einer Zwei-Klassen-Justiz für die Beilegung hochpreisiger Handelsstreitigkeiten vorwerfen.6 Dem lässt sich jedoch entgegenhalten, dass auch spezielle vereinfachte Verfahren für geringfügige Forderungen (EuBagatellVO7) zur Verfügung stehen. Darüber hinaus erfahren auch Verbraucher besonderen Schutz durch die Einführung der Verbraucherstreitbeilegung (ADR-RL, umgesetzt im VSBG) sowie verbraucherfreundliche Gerichtsstände (Art. 18 Brüssel Ia-VO). Schließlich sollte für die Begründung der Zuständigkeit eines Europäischen Handelsgerichts keine Streitwertgrenze eingeführt werden. Damit ist zugleich auch dem Vorwurf der Errichtung einer Zwei-Klassen-Justiz die Grundlage entzogen. Ferner könnte der Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts das Argument entgegengebracht werden, diese erscheine erst dann sinnvoll, wenn auf europäisches Ebene vereinheitlichtes materielles Zivil- und Handelsrecht8 zur Verfügung stehe. Dieses Argument sollte jedoch nicht gegen die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts sprechen. Vielmehr könnte ein Europäisches Handelsgericht für den Fall, dass in Zukunft tatsächlich ein vereinheitlichtes Zivilrecht verabschiedet werden sollte, flexibel und schnell auf eine solche Harmonisierung reagieren und 3

So ausdrücklich Erwägungsgrund 26 Brüssel Ia-VO; Erwägungsgrund 18 EuVTVO; ausführlich zum gegenseitigen Vertrauen Weller, 11 Journal of Private International Law 2015, 64. 4 Vor allem EuGH, Urt. v. 09. 12. 2003 – C-116/02, ECLI:EU:C:2003:657 Rn. 72 – Gasser; EuGH Urt. v. 27. 04. 2004 – C-159/02, ECLI:EU:C:2004:228 Rn. 24 – Turner; s. auch EuGH, Urt. v. 10. 02. 2009 – C-185/07, ECLI:EU:C:2009:69 Rn. 30 – West Tankers; EuGH, Urt. v. 15. 11. 2012 – C-456/11, ECLI:EU:C:2012:719 Rn. 35 ff. – Gothaer Allgemeine; EuGH, Urt. v. 26. 09. 2013 – C-157/12, ECLI:EU:C:2013:597 Rn. 31 ff. – Salzgitter. 5 Dies ergibt eine Auswertung der Ergebnisse des World Justice Project, Rule of Law Index 2020. 6 Zu dieser Kritik im Hinblick auf die Errichtung eines deutschen Handelsgerichts G. Wagner, Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb, S. 236 ff. 7 Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31. 7. 2007, S. 1). 8 Zur Idee eines europäischen Handelsgesetzbuchs s. Lehmann, ZHR 181 (2017), 9.

118

Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

sich möglicherweise sogar als ein spezialisiertes Gericht für Fragen zur Auslegung und Anwendung dieses Rechts etablieren. Die folgenden Ausführungen sollen die Vorteile der Existenz eines Europäischen Handelsgerichts hervorheben, die wichtigsten Aspekte, die bei der Errichtung eines derartigen Gerichts zu berücksichtigen sind, aufzeigen und Impulse zu Fragen der Zuständigkeit, des anwendbaren Rechts und der Anerkennung bzw. Vollstreckung geben.

§ 2 Kompetenzgrundlage: EU-Kompetenz oder internes Abkommen der Mitgliedstaaten9 Zuallererst stellt sich die Frage nach der Kompetenzgrundlage zur Errichtung eines derartigen Gerichts. In Betracht kommt einerseits der Abschluss eines völkerrechtlichen, genauer eines internen Abkommens10 zwischen den teilnehmenden Mitgliedstaaten im Wege der intergouvernementalen Zusammenarbeit, andererseits eine Ausgestaltung als originäres unionseigenes Gericht unter Berufung auf das Vorliegen einer entsprechenden EU-Kompetenz. Diese Frage ist vorab zu klären, weil sie die sich im Anschluss stellenden Fragen, insbesondere die Frage nach der Beziehung zu den nationalen Gerichten der Mitgliedstaaten und – noch wichtiger – zum Europäischen Gerichtshof, maßgeblich beeinflusst. Die Kompetenzverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten – sog. vertikale Kompetenzverteilung11 – ist in Art. 2 ff. AEUV geregelt. Differenziert wird hierbei zwischen ausschließlichen (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 AEUV) und geteilten Zuständigkeiten (Art. 2 Abs. 2 i. V. m. Art. 4 AEUV). Der Umfang der Zuständigkeiten der Union und die Einzelheiten ihrer Ausübung ergeben sich gem. Art. 2 Abs. 6 AEUV aus den Bestimmungen der Verträge zu den einzelnen (Kompetenz-) Bereichen. Alle der Union nicht in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten verbleiben gem. Art. 5 Abs. 2 EUV bei den Mitgliedstaaten (Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung12).

A. EU-Kompetenz Nachfolgend soll untersucht werden, ob sich eine Kompetenz der Europäischen Union zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts auf Grundlage der Bestimmungen des AEUV begründen lässt. 9

Die Begriffe Abkommen, Übereinkommen und Vertrag werden synonym verwendet. Dazu allgemein Heesen, Interne Abkommen. 11 S. nur Grabitz/Hilf/Nettesheim-Nettesheim, AEUV Art. 2 Rn. 1. 12 Dazu monografisch Kiekebusch, Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung. 10

§ 2 EU-Kompetenz oder internes Abkommen der Mitgliedstaaten

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I. Art. 257 AEUV Zunächst kommt Art. 257 AEUV als tauglicher Kompetenztitel in Betracht. Dieser sieht die Einrichtung von dem Gericht (EuG) beigeordneten Fachgerichten vor, die für Entscheidungen im ersten Rechtszug über bestimmte Kategorien von Klagen zuständig sind, die auf besonderen Sachgebieten erhoben werden. Ziel der Einrichtung von Fachgerichten ist neben der Entlastung des EuG auch eine fachliche Spezialisierung.13 Fraglich erscheint allerdings, ob ein Europäisches Handelsgericht als Fachgericht i. S. der Norm qualifiziert werden kann. Dafür spricht, dass durch die Einrichtung eines Handelsgerichts eine fachliche Spezialisierung, wie von Art. 257 AEUV beabsichtigt, erreicht werden soll. Dagegen spricht jedoch entscheidend, dass ein Europäisches Handelsgericht in erster Linie für die Auslegung und Anwendung nationalen Rechts zuständig wäre.14 Wie sich aus einer Zusammenschau mit Art. 19 EUV ergibt, fällt die Auslegung nationalen Rechts jedoch nicht in den Kompetenzbereich des EuG und damit auch nicht in den der einzurichtenden Fachgerichte.15 Da es bislang kein unionseigenes Vertrags- bzw. Handelsrecht gibt, muss Art. 257 AEUV als Kompetenzgrundlage ausscheiden.16

II. Art. 81 AEUV Als Kompetenzgrundlage kommt somit allenfalls Art. 81 AEUV in Betracht. Dieser Artikel ermöglicht es dem europäischen Gesetzgeber, verschiedene Maßnahmen zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und damit zur Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug zu ergreifen. Als Maßnahmen im Sinne der Norm kommen alle in Art. 288 AEUV genannten Handlungsformen in Betracht.17 Die einzelnen Kompetenzbereiche listet der Katalog des Art. 81 Abs. 2 AEUV abschließend auf.18

13 von der Groeben/Schwarze/Hatje-Hamer, AEUV Art. 257 Rn. 1; Streinz-P. F. Huber, AEUV Art. 257 Rn. 5; Pechstein/Nowak/Häde-Pechstein, AEUV Art. 257 Rn. 1 f.; Calliess/ Ruffert-Wegener, AEUV Art. 257 Rn. 1. 14 So auch Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 59 f.; dies., JZ 2018, 1073, 1080. 15 Grabitz/Hilf/Nettesheim-F. C. Mayer, EUV Art. 19 Rn. 48; Schwarze/Becker/Hatje/ Schoo-Schwarze/Wunderlich, EUV Art. 19 Rn. 44. 16 Vgl. für den Bereich des Patentrechts Jaeger, System einer Europäischen Gerichtsbarkeit für Immaterialgüterrechte, S. 586. 17 Streinz-Leible, AEUVArt. 81 Rn. 13; von der Groeben/Schwarze/Hatje-Lenzing, AEUV Art. 81 Rn. 19; Calliess/Ruffert-Rossi, AEUV Art. 81 Rn. 16. 18 Streinz-Leible, AEUV Art. 81 Rn. 19; Vedder/Heintschel von Heinegg-Rosenau/Petrus, AEUV Art. 81 Rn. 10; Calliess/Ruffert-Rossi, AEUV Art. 81 Rn. 7; Schwarze/Becker/Hatje/ Schoo-Stumpf, AEUV Art. 81 Rn. 27.

120

Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Es stellt sich somit die Frage, ob die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts unter einen der Buchstaben subsumiert werden kann. Hierfür kommen aus dem Maßnahmenkatalog des Art. 81 Abs. 2 AEUV sowohl lit. e) als auch lit. f) in Betracht.19 Gem. Art. 81 Abs. 2 lit. e) AEUV kann die Union Maßnahmen erlassen, um einen effektiven Zugang zum Recht sicherzustellen. Auf der Grundlage von Art. 81 Abs. 2 lit. f) AEUV kann die Union Maßnahmen erlassen, um die Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften sicherzustellen. Der Wortlaut beider Kompetenztitel ist sehr weit gefasst. Auf den ersten Blick ließe sich die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts deshalb sowohl als Maßnahme zur Sicherstellung eines effektiven Zugangs zum Recht als auch als Maßnahme zur Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren verstehen.20 Wer sich jedoch den eigentlichen Zweck dieser Kompetenznormen vergegenwärtigt, gelangt zu der Erkenntnis, dass die Errichtung eines spezialisierten Unionsgerichts nicht zu den Maßnahmen zählt, die Art. 81 Abs. 2 lit. e) bzw. lit. f) AEUV eigentlich zu erlassen beabsichtigen.21 Dies wird bei einem Blick auf die auf Grundlage dieser Kompetenztitel bereits erlassenen Maßnahmen deutlich. Während Art. 81 Abs. 2 lit. e) AEUV bisher insbesondere als Begründung für den Erlass der Prozesskostenhilfe-RL22 herangezogen wurde, wurden auf Grundlage des Art. 81 Abs. 2 lit. f) AEUV bzw. der Vorgängernorm des Art. 65 lit. c) EGV insbesondere die EuMahnVO,23 die EuBagatellVO, sowie die EuVTVO24 erlassen. Teilweise wurde der Erlass von Maßnahmen, wie bspw. die EuKontPfVO,25 auch 19

Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 60; dies., JZ 2018, 1073, 1080. 20 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 60; dies., JZ 2018, 1073, 1080. 21 Das sieht auch Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 60, zieht daraus aber andere Schlussfolgerungen. 22 Richtlinie 2002/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. L 26 vom 31. 1. 2003, S. 41). 23 Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. L 399 vom 30. 12. 2006, S. 1). 24 Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. L 143 vom 30. 4. 2004, S. 15). 25 Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 189 vom 27. 6. 2014, S. 59).

§ 2 EU-Kompetenz oder internes Abkommen der Mitgliedstaaten

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sowohl mit der Sicherstellung des effektiven Zugangs zum Recht als auch mit der Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren begründet. Die auf Grundlage von Art. 81 Abs. 2 AEUV erlassenen Maßnahmen dienen dem erleichterten Zugang zum Recht und den Gerichten sowie der grenzüberschreitenden Rechtsdurchsetzung26, begonnen bei der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit und des auf den Sachverhalt anwendbaren Rechts bis zur Anerkennung und Vollstreckung der ergangenen Entscheidung. Zu diesem Zweck sollen die nationalen Justizsysteme, also die der Mitgliedstaaten, koordiniert und vernetzt werden.27 Die Errichtung spezialisierter Unionsgerichte auf mitgliedstaatlicher Ebene fällt indes nicht unter diesen Zweck.28 Die Gerichtsorganisation der Mitgliedstaaten ist gerade nicht von der Kompetenzgrundlage des Art. 81 Abs. 2 AEUV umfasst.29 Weder Art. 81 Abs. 2 lit. e) noch lit. f) intendieren folglich die Einrichtung spezialisierter Unionsgerichte auf Ebene der Mitgliedstaaten. Entsprechendes gilt auch für die Schaffung eines unionseigenen Gerichts, also auf EU-Ebene (unter Ausklammerung der mitgliedstaatlichen Gerichte als funktionale Unionsgerichte30). Für eine solche Sichtweise streitet bereits die Existenz des Art. 257 AEUV, welcher die Union zur Errichtung von unionseigenen Fachgerichten ermächtigt. Wie bereits dargestellt31, wäre ein dem EuG beigeordnetes Gericht, wie alle unionseigenen Gerichte, nur zur Anwendung und Auslegung des Unionsrechts ermächtigt (vgl. Art. 19 EUV). Die Anwendung sowie Auslegung des nationalen Rechts obliegen hingegen den Mitgliedstaaten. Selbst wenn also Art. 81 Abs. 2 AEUV die Schaffung unionseigener Gerichte umfasste, was angesichts der Existenz des Art. 257 AEUV mehr als zweifelhaft erscheint, wären diese de lege lata nicht zur Anwendung nationalen Rechts berechtigt. Die Schaffung eines unionseigenen Gerichts mit der Befugnis zur Anwendung nationalen Rechts findet demzufolge ebenfalls keine Grundlage in den Verträgen und bedürfte mithin einer Änderung des Primärrechts.

26

Grabitz/Hilf/Nettesheim-Hess, AEUV Art. 81 Rn. 35. Grabitz/Hilf/Nettesheim-Hess, AEUV Art. 81 Rn. 1. 28 Lenaerts/Arts/Maselis, Procedural Law of the European Union, Rn. 1-002: „The system of legal protection formulated in the Treaties does not provide for the creation of ,Community Courts‘ in the different Member States“. 29 Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, Rn. 2.20; s. auch Jaeger, System einer Europäischen Gerichtsbarkeit für Immaterialgüterrechte, S. 94. 30 Der EuGH spricht insoweit von „ordentlichen Unionsgerichten“, s. EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 Rn. 80 – GEPEUP; s. auch Vedder/Heintschel von Heinegg-Pache, EUV Art. 19 Rn. 12; Pechstein/Nowak/Häde-Pechstein/Kubicki, EUV Art. 19 Rn. 19. 31 Vgl. oben Kap. 5 § 2 A. I. 27

122

Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Im Ergebnis eignet sich Art. 81 AEUV nicht als taugliche Grundlage für die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts.32

III. Völkerrechtliches Abkommen der Union (Art. 216 AEUV) Zuletzt soll die Möglichkeit des Abschlusses eines völkerrechtlichen Abkommens durch die Union zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts diskutiert werden. Art. 216 Abs. 1 AEUV, welcher im Wesentlichen die Rechtsprechung des EuGH33 kodifiziert, regelt die Kompetenzen der Union im Hinblick auf den Abschluss internationaler Übereinkünfte und betrifft damit die sog. Außen- oder Vertragsschlusskompetenz.34 Allerdings trifft Art. 216 Abs. 1 AEUV keine Aussage darüber, ob die der Union zustehende Kompetenz ausschließlicher, geteilter oder sonstiger Natur ist; dies ergibt sich vielmehr aus den Art. 2 ff. AEUV, insbesondere aus Art. 3 Abs. 2 AEUV.35 Sollte hier also tatsächlich eine Vertragsschlusskompetenz der Union i. S. des Art. 216 AEUV vorliegen, wäre in einem zweiten Schritt zu ermitteln, ob ihr diese Kompetenz ausschließlich zusteht, oder bloß geteilt mit den Mitgliedstaaten.36 Art. 216 Abs. 1 AEUV differenziert zwischen ausdrücklichen (Var. 1) und impliziten (Var. 2 bis 4) Vertragsschlusskompetenzen.37 Da sich die Union, wie soeben festgestellt, gerade nicht auf eine ausdrückliche (Vertragsschluss-)Kompetenz berufen kann, bleibt zu prüfen, ob ihr eine anderweitige, implizite Kompetenz zusteht. Vorliegend käme einzig eine implizite Vertragsschlusskompetenz i. S. des Art. 216 Abs. 1 Var. 4 AEUV in Betracht. Danach kann die Union mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen Organisationen eine Übereinkunft schließen, wenn dies gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte. Der Wortlaut der Norm ist „unglücklich for-

32 Anders Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 60; s. auch Rühl, JZ 2018, 1073, 1080. 33 EuGH, Urt. v. 31. 03. 1971 – C-22/70, ECLI:EU:C:1971:32 – AETR. 34 S. zur Begrifflichkeit nur Geiger/Khan/Kotzur-Khan, AEUV Art. 216 Rn. 2 f. 35 von der Groeben/Schwarze/Hatje-Lachmayer/Förster, AEUV Art. 216 Rn. 13; StreinzMögele, AEUV Art. 216 Rn. 14; Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Terhechte, AEUV Art. 216 Rn. 4; Grabitz/Hilf/Nettesheim-Vöneky/Beylage-Haarmann, AEUV Art. 216 Rn. 20. 36 Eine Beteiligung auch der Mitgliedstaaten ist zwingend, sofern die Unionskompetenz für den Abschluss des Abkommens nicht ausreichend ist, weil Regelungsbereiche des Abkommens in die ausschließliche Kompetenz der Mitgliedstaaten fallen, s. von der Groeben/Schwarze/ Hatje-Lachmayer/Förster, AEUV Art. 216 Rn. 14; Streinz-Mögele, AEUV Art. 216 Rn. 43; terminologisch ist dann von einem sog. gemischten Abkommen die Rede, dazu monografisch Kaiser, Gemischte Abkommen im Lichte bundesstaatlicher Erfahrungen, S. 35 ff. 37 Geiger/Khan/Kotzur-Khan, AEUV Art. 216 Rn. 5; Calliess/Ruffert-Schmalenbach, AEUV Art. 216 Rn. 1.

§ 2 EU-Kompetenz oder internes Abkommen der Mitgliedstaaten

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muliert“38: Tatsächlich ist die Formulierung mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache AETR dahingehend zu deuten, dass eine Kompetenz der Union immer dann anzunehmen ist, sofern ein Vertragsschluss durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten mit Drittstaaten zu einer solchen Beeinträchtigung des (sekundären) Unionsrechts führen könnte.39 Ausreichend ist bereits die Gefahr einer Beeinträchtigung.40 Welche Kriterien an das Vorliegen einer Beeinträchtigung respektive Beeinträchtigungsgefahr zu stellen sind, ergibt sich aus Art. 216 Abs. 1 Var. 4 AEUV nicht ausdrücklich. Auch an dieser Stelle lohnt ein Blick auf die dieser Norm zugrundeliegende Rechtsprechung des EuGH, um zu eruieren, wann eine Beeinträchtigungsgefahr tatsächlich vorliegt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn „das im [Übereinkommen] geregelte Sachgebiet zum Anwendungsbereich [von Unionsrecht] gehört“41 oder wenn durch das Übereinkommen „ein Gebiet, das bereits weitgehend von Gemeinschaftsvorschriften erfaßt ist“42 betroffen wird. Infolge eines Abschlusses des Übereinkommens zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts durch die Mitgliedstaaten könnten möglicherweise Regelungen geschaffen werden, welche geeignet sind, gemeinsame Vorschriften der Gemeinschaft zu beeinträchtigen. Dies wäre dann der Fall, wenn die Union von einer Binnenkompetenz durch den Erlass von Sekundärrecht Gebrauch gemacht hat und das zu schließende Übereinkommen dieses tatsächlich zu beeinträchtigen geeignet wäre. Vorliegend kommt insbesondere eine Beeinträchtigung der Vorschriften der Brüssel Ia-VO, der Rom I-VO sowie der Rom II-VO in Betracht. Die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – geregelt in Art. 81 AEUV – fällt in den Bereich der zwischen den Mitgliedstaaten und der Union geteilten Zuständigkeiten.43 Durch den Erlass der Brüssel Ia-VO sowie der Rom VOen als Ausfluss der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen hat die Union von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht. Die Wahrnehmung der Innenkompetenz hat gem. Art. 216 Abs. 1 Var. 4

38 Geiger/Khan/Kotzur-Khan, AEUV Art. 216 Rn. 11; von der Groeben/Schwarze/HatjeLachmayer/Förster, AEUV Art. 216 Rn. 11; s. auch Calliess/Ruffert-Schmalenbach, AEUV Art. 216 Rn. 16. 39 Vedder/Heintschel von Heinegg-Hummer, AEUVArt. 216 Rn. 15; Geiger/Khan/KotzurKhan, AEUV Art. 216 Rn. 11; Vedder, in: Hummer/Obwexer (Hrsg.), Vertrag von Lissabon, 267, 276. 40 Streinz-Mögele, AEUVArt. 216 Rn. 39; Calliess/Ruffert-Schmalenbach, AEUVArt. 216 Rn. 16 f.; Grabitz/Hilf/Nettesheim-Vöneky/Beylage-Haarmann, AEUV Art. 216 Rn. 15 ff. 41 EuGH, Urt. v. 31. 03. 1971 – C-22/70, ECLI:EU:C:1971:32 Rn. 30/31– AETR. 42 EuGH, Gutachten v. 19. 03. 1993 – C-2/91, ECLI:EU:C:1993:106 Rn. 25 – ILO; EuGH, Gutachten v. 07. 02. 2006 – C-1/03, ECLI:EU:C:2006:81 Rn. 126 – Lugano. 43 Calliess/Ruffert-Rossi, AEUV Art. 81 Rn. 2; Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Stumpf, AEUV Art. 81 Rn. 26.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

i. V. m. Art. 3 Abs. 2 Var. 3 AEUV eine korrespondierende ausschließliche44 Außenkompetenz der Union im Hinblick auf den Abschluss völkerrechtlicher Abkommen zur Folge unter der Prämisse, dass andernfalls (also im Falle eines Vertragsschlusses durch die Mitgliedstaaten) eine Beeinträchtigung der erlassenen Vorschriften drohte.45 Der Umfang der (impliziten) Außenkompetenz entspricht dem Umfang der Innenkompetenz; insoweit besteht ein Gleichlauf.46 Ob vorliegend tatsächlich eine Beeinträchtigung anzunehmen wäre, kann jedoch dahinstehen: Es ist zu berücksichtigen, dass Art. 216 AEUV lediglich die Fälle betrifft, in denen ein Abkommen zwischen der Union und Drittländern oder internationalen Organisationen geschlossen werden soll; Abkommen ohne Beteiligung von Drittstaaten (oder internationalen Organisationen) sind von Art. 216 AEUV47 gerade nicht erfasst.48 Vorliegend soll ein Europäisches Handelsgericht errichtet werden, eine Beteiligung von Drittstaaten ist dementsprechend gerade nicht vorgesehen. Folglich liegen die in Art. 216 AEUV statuierten Voraussetzungen für eine Vertragsschlusskompetenz der Union hier nicht vor.

B. Internes Abkommen der Mitgliedstaaten Wie eben erörtert, enthalten die Verträge keine (ausdrückliche oder implizite) Kompetenz der Union zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts.49 Diese Kompetenz verbleibt insoweit nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (vgl. Art. 5 Abs. 1 und 2 EUV) bei den Mitgliedstaaten. Demzufolge sollte auf die Möglichkeit des Abschlusses eines internen Abkommens zwischen den Mitgliedstaaten rekurriert werden.50

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Liegt tatsächlich eine implizite Vertragsschlusskompetenz i. S. des Art. 216 Abs. 1 Var. 4 vor, so ist diese stets ausschließlicher Natur (vgl. Art. 3 Abs. 2 AEUV). 45 So schon EuGH, Urt. v. 31. 03. 1971 – C-22/70, ECLI:EU:C:1971:32 Rn. 15/19 – AETR; bestätigend EuGH, Gutachten v. 07. 02. 2006 – C-1/03, ECLI:EU:C:2006:81 Rn. 116 – Lugano. 46 Geiger/Khan/Kotzur-Khan, AEUVArt. 216 Rn. 12; Vedder, EuR 2007 Beiheft 3, 57, 61 f. 47 Dasselbe gilt für Art. 3 Abs. 2 AEUV. Die Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Pringle (Urt. v. 27. 11. 2012 – C-370/12, ECLI:EU:C:2012:756 Rn. 100 f. – Pringle) verwundern vor diesem Hintergrund; so auch Nettesheim, NJW 2013, 14, 15. 48 Pache/Bielitz, EuR 2006, 316, 332. 49 So auch Hess/Boerner, Erasmus Law Review 2019, 33, 40. 50 Diese Möglichkeit spricht auch Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States in Fußnote 322 an.

§ 3 Verhältnis zum Unionsrecht

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§ 3 Verhältnis zum Unionsrecht A. Verhältnis zum Unionsrecht: Beeinträchtigung der Unionsrechtsordnung? Nachdem festgestellt wurde, dass ein Europäisches Handelsgericht im Wege eines internen Abkommens der Mitgliedstaaten errichtet werden kann, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis ein solches internes Abkommen der Mitgliedstaaten zum Unionsrecht steht. Die Frage nach der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines solchen Abkommens hängt maßgeblich von der Kompetenzverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten auf dem von diesem betroffenen Sachgebiet ab. Wie eben ausführlich erörtert, besteht weder eine Binnenkompetenz der Union zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts noch eine Außenkompetenz zum Abschluss eines entsprechenden Übereinkommens. Dementsprechend fällt die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts in die Kompetenz der Mitgliedstaaten. Gleichwohl müssen die Mitgliedstaaten im Rahmen der Ausübung ihrer Zuständigkeiten das Unionsrecht beachten.51 Im Hinblick auf das Verhältnis von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht ist danach zu differenzieren, ob sich die entsprechende unionsrechtliche Regelung auf eine ausschließliche oder geteilte Kompetenz stützt. Im Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit ist ein gesetzgeberisches Tätigwerden der Mitgliedstaaten grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Art. 2 Abs. 1 AEUV). Auf dem Gebiet der geteilten Kompetenzen gilt es grundsätzlich zwei Konstellationen zu unterscheiden: Hat ein Mitgliedstaat eine geteilte Kompetenz durch den Erlass von Regelungen bereits ausgeübt und erlässt die Union auf demselben Gebiet zeitlich nachfolgend kollidierendes Unionsrecht, so ist dieser Konflikt zugunsten des Unionsrechts aufzulösen. Dies folgt aus dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts vor konfligierendem mitgliedstaatlichem Recht (vgl. Art. 4 Abs. 3 EUV).52 Hat demgegenüber die Union von einer geteilten Kompetenz Gebrauch gemacht, so tritt für die Mitgliedstaaten insoweit eine Sperrwirkung53 ein (vgl. Art. 2 Abs. 2 AEUV).54 Diese Sperrwirkung haben die Mitgliedstaaten zu beachten, jegliche Zuwiderhandlung würde einen Verstoß gegen die aus den Verträgen (Art. 2 Abs. 2 AEUV i. V. m. der jeweiligen Kompetenznorm) resultierenden mitgliedstaatlichen Pflichten bedeuten.55 Diese 51 Grundlegend EuGH, Urt. v. 15. 07. 1964 – C-6/64, ECLI:EU:C:1964:66, Slg. 1964, I1253, 1269 f. – Costa/ENEL. 52 Grundlegend zum Vorrang des Unionsrechts EuGH, Urt. v. 15. 07. 1964 – C-6/64, ECLI: EU:C:1964:66, Slg. 1964, I-1253, 1269 f. – Costa/ENEL; s. auch von der Groeben/Schwarze/ Hatje-Obwexer, AEUV Art. 2 Rn. 29; Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Pelka, AEUV Art. 2 Rn. 19; Streinz-Streinz, AEUV Art. 2 Rn. 11. 53 Dazu Bauerschmidt, EuR 2014, 277. 54 Grabitz/Hilf/Nettesheim-Nettesheim, AEUV Art. 2 Rn. 27; Schwarze/Becker/Hatje/ Schoo-Pelka, AEUV Art. 2 Rn. 19; Streinz-Streinz, AEUV Art. 2 Rn. 11. 55 von der Groeben/Schwarze/Hatje-Obwexer, AEUV Art. 2 Rn. 29; Schwarze/Becker/ Hatje/Schoo-Pelka, AEUV Art. 2 Rn. 19; Streinz-Streinz, AEUV Art. 2 Rn. 11.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Pflicht zur Beachtung des Unionsrechts gilt nicht nur für das einzelstaatliche Recht der Mitgliedstaaten, sondern eben auch für deren interne Abkommen.56 Durch den Abschluss des Abkommens über die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts durch die Mitgliedstaaten könnten vorliegend möglicherweise Sachbereiche tangiert werden, welche unter die zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilten Kompetenzen fallen und die bereits durch Unionsrecht besetzt wurden. Zu nennen sind insbesondere die Brüssel Ia-VO, die Rom I-VO sowie die Rom II-VO.57 Während die Brüssel Ia-VO Regelungen zur Bestimmung des international zuständigen Gerichts in internationalen Sachverhalten und zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen enthält, stellen die Rom I-VO und Rom II-VO Vorschriften zur Ermittlung des anwendbaren Rechts in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug zur Verfügung. Durch die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts werden diese Verordnungen tangiert.58 Zunächst ist es für ein durch mehrere Mitgliedstaaten getragenes Europäisches Handelsgericht geradezu charakteristisch, dass es zur Bearbeitung internationaler respektive grenzüberschreitender Handelsstreitigkeiten errichtet werden soll. Dementsprechend bedarf es Vorschriften, welche die Zuständigkeit eines solchen Gerichts und die Vollstreckbarkeit seiner Entscheidungen festlegen sowie die Ermittlung des auf den jeweiligen Einzelfall anzuwendenden Rechts ermöglichen. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen, wird die Überschneidung mit den genannten Unionsrechtsakten evident.59 Sollten die Mitgliedstaaten in dem zu schließenden Abkommen selbst Regelungen zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit und des anwendbaren Rechts entwerfen, so könnte dies die unionsrechtlichen Vorschriften beeinträchtigen. Möglicherweise könnte ein Beklagter aufgrund der Zuständigkeitsverteilung im Abkommen vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats verklagt werden als denen, die auf Grundlage der Zuständigkeitsbestimmung der Brüssel Ia-VO eigentlich (international) zuständig wären.60 56 EuGH, Urt. v. 15. 01. 1986 – C-44/84, ECLI:EU:C:1986:2 Rn. 39 – Hurd; EuGH, Urt. v. 03. 04. 2008 – C-103/06, ECLI:EU:C:2008:185 Rn. 25 – Derouin; EuGH, Urt. v. 27. 11. 2012 – C-370/12, ECLI:EU:C:2012:756 Rn. 69 – Pringle; s. auch Heesen, Interne Abkommen, S. 233 f. und 320; Repasi, EuR 2013, 45, 50. 57 Vgl. Council of the European Union, Compatibility of the draft agreement on the Unified Patent Court with the Union aquis, 14191/11 zum EPGÜ. 58 Vgl. für den Bereich des Immaterialgüterrechts Jaeger, System einer Europäischen Gerichtsbarkeit für Immaterialgüterrechte, S. 597 ff. und 616 f. 59 Ausführlich für den Bereich des Immaterialgüterrechts (insb. für ein völkerrechtliches Patentgerichtsabkommen) Jaeger, System einer Europäischen Gerichtsbarkeit für Immaterialgüterrechte, S. 597 ff. 60 Vgl. Council of the European Union, Compatibility of the draft agreement on the Unified Patent Court with the Union aquis, 14191/11, S. 5; vgl. auch den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen, KOM(2013) 554 endg., S. 4 f.

§ 3 Verhältnis zum Unionsrecht

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Auch könnte eine andere Rechtsordnung als die unter Heranziehung der Kollisionsnormen der Rom I-VO bzw. Rom II-VO eigentlich berufene zur Anwendung gelangen.61 Dies wäre der Vorhersehbarkeit und mithin der Rechtssicherheit abträglich.62 Durch den Erlass der genannten Rechtsakte hat die Union von der im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit geteilten Kompetenz Gebrauch gemacht, was – unter Heranziehung der soeben erörterten Grundsätze – im Innenverhältnis zu den Mitgliedstaaten eine Sperrwirkung zur Folge hat. Im Anschluss an diese Feststellung, stellt sich die Frage nach der Reichweite dieser Sperrwirkung; ob also, und wenn ja inwieweit, den Mitgliedstaaten noch Freiräume im Hinblick auf die Zuständigkeitsausübung verbleiben. Im Bereich der geteilten Kompetenzen verbleiben den Mitgliedstaaten nach Heesen „Spielräume für interne Abkommen […], wenn entweder kein Sekundärrecht existiert, dieses keine abschließenden Regelungen enthält oder Öffnungsklauseln bestehen.“63 Eine solche Öffnungsklausel findet sich in Art. 71a Brüssel Ia-VO.64 Danach gilt für die Zwecke dieser Verordnung ein gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten als ein Gericht eines Mitgliedstaats, wenn das gemeinsame Gericht gemäß der zu seiner Errichtung geschlossenen Übereinkunft eine gerichtliche Zuständigkeit in Angelegenheiten ausübt, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen. Die Mitgliedstaaten können also auf Grundlage einer Übereinkunft gemeinsame Gerichte errichten, welche durch die Brüssel Ia-VO als mitgliedstaatliche Gerichte anerkannt werden. Aus Art. 71a Brüssel Ia-VO ergibt sich, dass der Begriff der Übereinkunft das am 19. Februar 2013 unterzeichnete Übereinkommen zur Schaffung eines Einheitlichen Patentgerichts (EPGÜ) und den Vertrag vom 31. März 1965 über die Gründung und die Satzung des Benelux-Gerichtshofs und damit völkerrechtliche Verträge zwischen den Mitgliedstaaten umfasst. Wie bereits dargestellt65, sollte das Abkommen zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts lediglich den Unionsmitgliedstaaten für einen Beitritt offenstehen. Zudem wäre das Abkommen ein Akt völkerrechtlichen Handelns der teilnehmenden Mitgliedstaaten. Folglich lässt sich die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts durch die Mitgliedstaaten auf völkerrechtlicher Basis unter die Öffnungsklausel des Art. 71a Brüssel Ia-VO subsumieren. Insoweit müsste lediglich eine

61 Vgl. Council of the European Union, Compatibility of the draft agreement on the Unified Patent Court with the Union aquis, 14191/11, S. 8 f. 62 So auch die Begründung des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen, KOM(2013) 554 endg., S. 5. 63 Heesen, Interne Abkommen, S. 281. 64 Jaeger, System einer Europäischen Gerichtsbarkeit für Immaterialgüterrechte, S. 620. 65 Vgl. Kap. 5 § 2 A. III.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Ergänzung des Art. 71a Abs. 2 Brüssel Ia-VO durch eine Änderungsverordnung erfolgen.66 Art. 71a (1) Für die Zwecke dieser Verordnung gilt ein gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten gemäß Absatz 2 („gemeinsames Gericht“) als ein Gericht eines Mitgliedstaats, wenn das gemeinsame Gericht gemäß der zu seiner Errichtung geschlossenen Übereinkunft eine gerichtliche Zuständigkeit in Angelegenheiten ausübt, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen. (2) Jedes der folgenden Gerichte ist für die Zwecke dieser Verordnung ein gemeinsames Gericht: a) das mit dem am 19. Februar 2013 unterzeichneten Übereinkommen zur Schaffung eines Einheitlichen Patentgerichts („EPG-Übereinkommen“) errichtete Einheitliche Patentgericht und b) der mit dem Vertrag vom 31. März 1965 über die Gründung und die Satzung des BeneluxGerichtshofs (im Folgenden „Benelux-Gerichtshof-Vertrag“) errichtete Benelux-Gerichtshof und c) das mit dem Übereinkommen zur Schaffung eines Europäischen Handelsgerichts errichtete Europäische Handelsgericht.

Folglich lässt sich ein auf Basis eines internen Abkommens der Mitgliedstaaten zu errichtendes Handelsgericht über die Öffnungsklausel des Art. 71a Brüssel Ia-VO in das System der Verordnung einbetten. Die internationale Zuständigkeit des Gerichts ist also im Einklang mit den Vorschriften der Brüssel Ia-VO zu bestimmen, sofern deren Anwendungsbereich eröffnet ist. Im Ergebnis ist eine Beeinträchtigung dieser Vorschriften daher nicht zu befürchten und das Abkommen unter diesem Aspekt als unionsrechtlich zulässig einzustufen. Im Unterschied zur Brüssel Ia-VO enthalten weder die Rom I-VO noch die Rom II-VO eine vergleichbare Öffnungsklausel. Dieser Umstand sollte der unionsrechtlichen Zulässigkeit des Abkommens jedoch nicht entgegenstehen. Unabhängig von der Existenz einer Öffnungsklausel sind interne Abkommen grundsätzlich zulässig, sofern keine Störung der Kompetenzwahrnehmung durch die Union67 zu befürchten steht. Verboten sind also (nach dem Vorrang des Unionsrechts) von der unionsrechtlichen Vorschrift abweichende Regelungen.68 Somit muss das Abkommen zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts im Einklang mit den Vorschriften der Rom VOen stehen. Dies setzt voraus, dass das zu errichtende Handelsgericht das auf den jeweiligen Sachverhalt anzuwendende Recht unter Heranziehung der Kollisionsnormen der Rom VOen ermittelt. Hierzu 66 Mankowski, GPR 2014, 330, 333; Rauscher-Mankowski, EuZPR/EuIPR, Brüssel Ia-VO Art. 71a Rn. 13; Schlosser/Hess-Hess, EU-Zivilprozessrecht, EuGVVO Art. 71a Rn. 2. 67 Heesen, Interne Abkommen, S. 268. 68 Thym, Ungleichzeitigkeit und europäisches Verfassungsrecht, S. 312.

§ 3 Verhältnis zum Unionsrecht

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wäre ein Europäisches Handelsgericht auch befugt. Insoweit gilt es festzustellen, dass die Rom VOen Kollisionsnormen zur Ermittlung des anwendbaren Rechts bereitstellen, unabhängig davon, ob ein Gericht oder eine sonstige Behörde mit dieser Frage befasst ist.69 Entscheidend ist allein eine Beschränkung des Geltungsbereichs auf mitgliedstaatliche Gerichte oder Behörden (mit Ausnahme Dänemarks70). Deshalb kann es keine Rolle spielen, ob die Verordnungen durch ein nationales Gericht eines Mitgliedstaats oder durch ein von mehreren Mitgliedstaaten getragenes Gericht angewandt werden. Für diese Sichtweise sprechen auch Art. 2 Rom I-VO sowie Art. 3 Rom II-VO. Danach ist das nach der jeweiligen Verordnung bezeichnete Recht auch dann anzuwenden, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist (universelle Anwendung). Demzufolge sollte grundsätzlich jedes Gericht (oder Behörde), unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat es sich befindet, unter Heranziehung der Kollisionsnormen der Rom VOen dasselbe Recht zur Anwendung berufen. Sollte ein durch mehrere Mitgliedstaaten getragenes Gericht also nicht berechtigt sein, die Kollisionsnormen der Rom VOen anzuwenden, so wäre dies dem dahinterstehenden Ziel der Förderung von Rechtssicherheit abträglich.71 Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass eine Beeinträchtigung der durch das Abkommen tangierten Unionsrechtsakte nicht zu befürchten steht und ein internes Abkommen zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts somit in dieser Hinsicht als unionsrechtlich zulässig zu bewerten ist.

B. Verhältnis zum EuGH Der Europäische Gerichtshof hat innerhalb des unionalen Institutionengefüges die Aufgabe, die Einheitlichkeit der Anwendung und Auslegung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten sicherzustellen (vgl. Art. 19 Abs. 1 S. 2 EUV). Zu diesem Zweck sieht das primäre Unionsrecht eine Befugnis bzw. unter bestimmten Voraussetzungen gar eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Vorlage von Fragen zur Auslegung des Unionsrechts an den EuGH vor (Art. 267 AEUV). Wie bereits festgestellt72, fußt die Existenz des Europäischen Handelsgerichts auf einem internen Abkommen der teilnehmenden Mitgliedstaaten. Auf Grundlage dieses Abkommens wäre ein Europäisches Handelsgericht für die Beilegung internationaler Handelsstreitigkeiten und damit in erster Linie für die Auslegung natio69 70

VO. 71

BeckOGK-Paulus (Stand: 01. 02. 2021), Rom I-VO Art. 2 Rn. 4. Vgl. Erwägungsgrund 46 Rom I-VO bzw. Erwägungsgrund 40 und Art. 1 Abs. 4 Rom II-

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), KOM(2003) 427 endg., S. 11. 72 Vgl. oben Kap. 5 § 2 B.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

nalen Rechts zuständig. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, dass darüber hinaus aber auch Fragen betreffend die Auslegung und Anwendung von EU-Recht aufkommen können. Das lässt sich rein praktisch bereits deshalb nicht verhindern, weil nationales Recht mittlerweile zu großen Teilen auf der Umsetzung von EU-Recht (insbesondere EU-Richtlinien) beruht.73 Zudem bestimmt sich die internationale Zuständigkeit auf Grundlage der Brüssel Ia-VO, das in der Sache anwendbare Recht mittels der Kollisionsnormen der Rom I- bzw. Rom II-VO.74 Damit wäre ein Europäisches Handelsgericht nicht nur zuständig für die Auslegung des eigenen Abkommens bzw. rein nationalen Rechts, sondern vielmehr auch für die Auslegung und Anwendung von Unionsrecht. Folglich tritt es gleichfalls automatisch in direkte „Konkurrenz“ zum EuGH. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob auch ein auf völkerrechtlicher Basis errichtetes Europäisches Handelsgericht der Mitgliedstaaten unter den Vorabentscheidungsmechanismus des Art. 267 AEUV fällt und sich der Gerichtsbarkeit des EuGH unterwerfen muss.75 In einem ersten Schritt ist zu klären, ob überhaupt die Notwendigkeit einer Vorlageberechtigung eines Europäische Handelsgerichts zum EuGH besteht; bejahendenfalls, ist ein einem zweiten Schritt zu untersuchen, wie sich eine entsprechende Vorlageberechtigung konstruieren lässt.

I. Notwendigkeit einer Vorlageberechtigung 1. Art. 267 AEUV Gemäß Art. 19 EUV bzw. Art. 267 AEUV steht dem EuGH die Letztentscheidungskompetenz für die Auslegung des Unionsrechts zu. Diese wird insbesondere durch den in Art. 267 AEUV installierten Vorabentscheidungsmechanismus gewährleistet. Daraus könnte die Notwendigkeit einer Vorlageberechtigung eines auf völkerrechtlicher Grundlage basierenden Europäischen Handelsgerichts resultieren. Ausgangspunkt einer möglichen „Vorlageverpflichtung“ könnte Art. 267 Abs. 3 AEUV darstellen. Gemäß dieser Vorschrift ist ein einzelstaatliches Gericht zur Vorlage an den EuGH verpflichtet, sofern dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können. Fraglich ist, ob sich die Vorlagepflicht auf oberste Gerichte eines Mitgliedstaates beschränkt (abstrakte Betrachtungsweise), oder vielmehr darauf abgestellt werden muss, ob im jeweiligen Einzelfall Rechtsmittel eingelegt werden können (konkrete Betrachtungsweise) und folglich auch Instanzgerichte vorlageverpflichtet sein können.76 Der 73

Beispiele bei Lehmann, ZHR 181 (2017), 9, 12. Vgl. dazu unten Kap. 5 § 5 A. und B. 75 Dazu auch Pfeiffer, ZEuP 2016, 795, 799; Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 61. 76 S. dazu Streinz-Ehricke, AEUV Art. 267 Rn. 41; Dauses/Ludwigs-Kaufmann, EUWirtschaftsR-HdB, P. II. Rn. 121 ff.; Calliess/Ruffert-Wegener, AEUV Art. 267 Rn. 28. 74

§ 3 Verhältnis zum Unionsrecht

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EuGH hat sich im Sinne der konkreten Betrachtungsweise ausgesprochen.77 Dies überzeugt aus zwei Gründen: Wahrung des Individualrechtsschutzes78 und Sicherstellung der einheitlichen Auslegung des Unionsrechts.79 Eine Vorlagepflicht kann deshalb auch für Instanzgerichte bestehen, sofern deren Entscheidungen im konkreten Fall nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden können. Es darf jedoch nicht verkannt werden, dass Art. 267 Abs. 3 AEUV denklogisch zunächst eine Vorlageberechtigung voraussetzt. Nur letztinstanzliche, vorlageberechtigte Gerichte können auch vorlageverpflichtet sein. Bevor also eine Vorlageverpflichtung angenommen werden kann, muss zunächst eine Vorlageberechtigung bejaht werden. Die Begründung einer Vorlageberechtigung mit Hinweis auf die Vorlageverpflichtung des Art. 267 Abs. 3 AEUV bedeutete einen Zirkelschluss. Die Notwendigkeit einer Vorlageberechtigung ergibt sich vielmehr aus Art. 19 EUV i. V. m. Art. 267 AEUV. Gem. Art. 19 Abs. 1 S. 2 AEUV sichert der EuGH die Wahrung des (Unions-)Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge. Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens ist es demnach, die Einheitlichkeit der Auslegung des Unionsrechts zu gewährleisten. Sollte ein Europäisches Handelsgericht zur Vorlage nicht berechtigt sein, würde das Auslegungsmonopol des EuGH unterminiert. 2. Rechtsprechung des EuGH Gestützt wird diese These zudem durch die Rechtsprechungshistorie des EuGH, die deutlich macht, dass der Gerichtshof die parallele Existenz völkerrechtlicher Gerichte nur in sehr engen Grenzen zulässt. Der EuGH hatte sich bisher in fünf Gutachten und einem Urteil mit der unionsrechtlichen Zulässigkeit von auf völkerrechtlicher Grundlage errichteten Gerichtssystemen zu befassen. Diese sollen im Folgenden – soweit die jeweiligen Ausführungen für die Zwecke dieser Arbeit von Relevanz sind – chronologisch skizziert werden. a) Gutachten C-1/91 (EWR I) 80 Den Ausgangspunkt dieses Verlaufs markiert hierbei das durch die Kommission beantragte Gutachten 1/91 zur Vereinbarkeit des Entwurfs eines Abkommens über die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zwischen der Gemeinschaft und den EFTA-Staaten (ohne die Schweiz) mit den Bestimmungen des Ge77 EuGH, Urt. v. 04. 06. 2002 – C-99/00, ECLI:EU:C:2002:329 Rn. 14 f. – Lyckeskog; EuGH, Urt. v. 15. 09. 2005 – C-495/03, ECLI:EU:C:2005:552 Rn. 30 – Intermodal Transports. 78 Dauses/Ludwigs-Kaufmann, EU-WirtschaftsR-HdB, P. II. Rn. 121; Calliess/RuffertWegener, AEUV Art. 267 Rn. 28; Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Schwarze/Wunderlich, AEUV Art. 267 Rn. 43. 79 Dauses/Ludwigs-Kaufmann, EU-WirtschaftsR-HdB, P. II. Rn. 121. 80 EuGH, Gutachten v. 14. 12. 1991 – C-1/91, ECLI:EU:C:1991:490 – EWR I.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

meinschaftsrechts. Mit dem Abkommen sollte ein Gerichtssystem, bestehend aus dem sog. EWR-Gerichtshof, sowie den nationalen Gerichten der EFTA-Staaten errichtet werden. Der EuGH war der Ansicht, dass ein internationales Abkommen, das ein Gerichtssystem mit einem Gerichtshof vorsieht, der für die Auslegung der Bestimmungen dieses Abkommens zuständig ist, grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar sei.81 Darüber hinaus eröffnete der Abkommensentwurf aus dem Gutachten 1/91 den Vertragsstaaten die Möglichkeit, ihren Gerichten die Vorlage von Vorabentscheidungsfragen an den EuGH zu gestatten. Beabsichtigt war also die Einrichtung einer Vorlageberechtigung drittstaatlicher Gerichte für Fragen zur Auslegung des Abkommens. In diesem Zusammenhang entschied der EuGH, dass ihm von anderen Gerichten als denjenigen der Mitgliedstaaten Vorabentscheidungsfragen vorgelegt werden könnten, vorausgesetzt, die von ihm gegebenen Antworten hätten Bindungswirkung für das vorlegende Gericht.82 Im Rahmen dieses Gutachtens rekurrierte der EuGH erstmals auf die Autonomie der Unionsrechtsordnung83 – eine Definition ihres Bedeutungsgehalts unterblieb jedoch. b) Gutachten C-1/00 (GELR)84 Das Gutachten 1/00 beschäftigt sich mit dem Abkommensentwurf zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums. Dieser eröffnete, wie schon der Entwurf zum EWR-Abkommen, den Vertragsstaaten die Möglichkeit, ihren Gerichten die Vorlage von Fragen zur Auslegung des Abkommens an den EuGH zu gestatten. In diesem Zusammenhang bestätigte der EuGH seine Rechtsprechung aus dem Gutachten 1/91 zur Möglichkeit der Vorlage von Vorabentscheidungsfragen durch drittstaatliche Gerichte unter der Voraussetzung einer Bindungswirkung.85 Die Ausführungen des EuGH zur Autonomie der Unionsrechtsordnung fallen hier bereits deutlich umfangreicher aus als noch im Gutachten 1/91. Die Wahrung der Autonomie der Gemeinschaftsrechtsordnung setze zum einen voraus, dass die Zuständigkeiten der Gemeinschaft und ihrer Organe, wie sie im Vertrag ausgestaltet sind, nicht verfälscht würden.86 Sie erfordere zum anderen, dass die Mechanismen betreffend die einheitliche Auslegung der Bestimmungen des GELR-Übereinkommens und die Streitbeilegung nicht dazu führen, dass der Gemeinschaft und ihren 81 EuGH, Gutachten v. 14. 12. 1991 – C-1/91, ECLI:EU:C:1991:490 Rn. 40 und 70 – EWR I. 82 EuGH, Gutachten v. 14. 12. 1991 – C-1/91, ECLI:EU:C:1991:490 Rn. 61 – EWR I. 83 EuGH, Gutachten v. 14. 12. 1991 – C-1/91, ECLI:EU:C:1991:490 Rn. 30, 35 und 47 – EWR I. 84 EuGH, Gutachten v. 18. 04. 2002 – C-1/00, ECLI:EU:C:2002:231 – GELR. 85 EuGH, Gutachten v. 18. 04. 2002 – C-1/00, ECLI:EU:C:2002:231 Rn. 33 – GELR. 86 EuGH, Gutachten v. 18. 04. 2002 – C-1/00, ECLI:EU:C:2002:231 Rn. 12 – GELR.

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Organen bei der Ausübung ihrer internen Zuständigkeiten eine bestimmte Auslegung der durch das Übereinkommen übernommenen Gemeinschafsvorschriften verbindlich vorgegeben werde.87 c) Gutachten C-1/09 (GEPEUP)88 Das Gutachten 1/09 des EuGH hatte die Vereinbarkeit des Übereinkommens zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems mit dem Unionsrecht zum Gegenstand. Der Entwurf sah vor, dass das zu schaffende Gericht für europäische Patente und Gemeinschaftspatente (PG) im Bereich seiner ausschließlichen Zuständigkeiten an die Stelle der mitgliedstaatlichen Gerichte treten und mit der Auslegung und Anwendung von Unionsrecht betraut werden sollte. Zudem war eine Beteiligung von Drittstaaten vorgesehen. Der EuGH kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass das Übereinkommen nicht mit den Bestimmungen der Verträge vereinbar sei. Zur Begründung verwies der Gerichtshof auf das in dem Übereinkommen vorgesehene internationale (Patent-)Gericht, welches außerhalb des institutionellen und gerichtlichen Rahmens der Union stehe, da es nicht Teil des in Art. 19 Abs. 1 EUV vorgesehenen Gerichtssystems sei.89 Die Übertragung von ausschließlichen Zuständigkeiten für die Entscheidung über eine beträchtliche Zahl von Klagen Einzelner im Zusammenhang mit dem Gemeinschaftspatent und zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts in diesem Bereich nehme den Gerichten der Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeiten zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts sowie dem Gerichtshof seine Zuständigkeit, auf die von diesen Gerichten zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen zu antworten und verfälsche damit die Zuständigkeiten, die die Verträge den Unionsorganen und den Mitgliedstaaten zuwiesen und die für die Wahrung der Natur des Unionsrechts wesentlich seien.90 Darüber hinaus wies der EuGH auf die fehlende Möglichkeit der effektiven Sanktionierung (bspw. im Wege eines Vertragsverletzungsverfahrens) einer das Unionsrecht verletzenden Entscheidung des PG hin.91 Ob der EuGH den Übereinkommensentwurf auch deshalb für unionsrechtswidrig hielt, weil das Patentgericht bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben mit der Auslegung und Anwendung des Unionsrechts betraut gewesen wäre, bleibt unklar.92 Eine solche Sichtweise wird lediglich angedeutet.93 Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen des EuGH zu Art. 267 AEUV. Der EuGH weist darauf hin, dass Art. 267 AEUV, der für die 87 88 89 90 91 92 93

EuGH, Gutachten v. 18. 04. 2002 – C-1/00, ECLI:EU:C:2002:231 Rn. 13 – GELR. EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 – GEPEUP. EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 Rn. 71 – GEPEUP. EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 Rn. 89 – GEPEUP. EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 Rn. 88 – GEPEUP. Sauer, JZ 2019, 925, 927. EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 Rn. 77 f. – GEPEUP.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Wahrung des gemeinschaftlichen Charakters des durch die Verträge geschaffenen Rechts wesentlich sei, sicherstellen solle, dass dieses Recht unter allen Umständen in allen Mitgliedstaaten die gleiche Wirkung habe.94 Der auf diese Weise festgelegte Vorabentscheidungsmechanismus solle unterschiedliche Auslegungen des von den nationalen Gerichten anzuwendenden Unionsrechts verhindern und die Anwendung dieses Rechts gewährleisten, indem er dem nationalen Richter die Möglichkeit gebe, die Schwierigkeiten auszuräumen, die sich aus dem Erfordernis ergeben könnten, dem Unionsrecht im Rahmen der Gerichtssysteme der Mitgliedstaaten zur vollen Geltung zu verhelfen.95 Die nationalen Gerichte hätten außerdem ein unbeschränktes Recht oder sogar die Verpflichtung zur Vorlage an den Gerichtshof, wenn sie der Auffassung seien, dass ein bei ihnen anhängiges Verfahren Fragen der Auslegung oder der Gültigkeit der unionsrechtlichen Bestimmungen aufwerfe, die einer Entscheidung durch diese Gerichte bedürften. Das in Art. 267 AEUV vorgesehene System begründe daher eine direkte und enge Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, in deren Rahmen diese an der ordnungsgemäßen Anwendung und einheitlichen Auslegung des Unionsrechts sowie am Schutz der den Einzelnen von dieser Rechtsordnung gewährten Rechte mitwirken würden.96 Nach alledem seien die den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof jeweils übertragenen Aufgaben wesentlich für die Wahrung der Natur des durch die Verträge geschaffenen Rechts.97 d) Gutachten C-2/13 (EMRK II)98 In seinem Gutachten 2/13 hatte der EuGH über die Vereinbarkeit des Vertragsentwurfs über den Beitritt der EU zur EMRK mit den Verträgen zu befinden. Bereits in den Vorbemerkungen nahm der EuGH auf die Autonomie der Unionsrechtsordnung Bezug. Die Verträge hätten ein Gerichtssystem geschaffen, das zur Gewährleistung der Kohärenz und der Einheitlichkeit bei der Auslegung des Unionsrechts diene, um sicherzustellen, dass die besonderen Merkmale und die Autonomie der Rechtsordnung der Union erhalten blieben.99 In diesem Rahmen sei es Sache der nationalen Gerichte und des Gerichtshofs, die volle Anwendung des Unionsrechts in allen Mitgliedstaaten und den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus ihm erwachsen.100 Insbesondere bestehe das Schlüsselelement des so gestalteten Gerichtssystems in dem in Art. 267 AEUV vorgesehenen Vorabentscheidungsverfahrens, das durch die Einführung eines Dialogs von Gericht zu Gericht gerade zwischen dem Gerichtshof und den Gerichten der Mitgliedstaaten die einheitliche 94

EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 Rn. 83 – GEPEUP. EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 Rn. 83 – GEPEUP. 96 EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 Rn. 84 – GEPEUP. 97 EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 Rn. 85 – GEPEUP. 98 EuGH, Gutachten v. 18. 12. 2014 – C-2/13, ECLI:EU:C:2014:2454 – EMRK II. 99 EuGH, Gutachten v. 18. 12. 2014 – C-2/13, ECLI:EU:C:2014:2454 Rn. 174 – EMRK II. 100 EuGH, Gutachten v. 18. 12. 2014 – C-2/13, ECLI:EU:C:2014:2454 Rn. 175 – EMRK II.

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Auslegung des Unionsrechts gewährleisten solle und damit die Sicherstellung seiner Kohärenz, seiner vollen Geltung und seiner Autonomie sowie letztlich des eigenen Charakters des durch die Verträge geschaffenen Rechts ermögliche.101 Vor diesem Hintergrund kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass die geplante Übereinkunft geeignet sei, die besonderen Merkmale und die Autonomie des Unionsrechts zu beeinträchtigen und daher nicht mit den Verträgen vereinbar sei.102 e) Urteil C-284/16 (Achmea)103 Das einzige Urteil in dieser Reihe bildet das Urteil Achmea. Hier dehnte der EuGH seine bisherige Rspr. auch auf Übereinkommen ohne Unionsbeteiligung aus. Gegenstand des Verfahrens war ein Rechtsstreit über einen Schiedsspruch eines in einem bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen der Slowakischen Republik und den Niederlanden vorgesehenen Schiedsgerichts.104 Die beim OLG Frankfurt am Main Klage erhobene Klage der Slowakischen Republik auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs wurde zurückgewiesen, weshalb diese Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof einlegte.105 Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH drei Fragen betreffend die Vereinbarkeit einer Regelung in einem bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen Mitgliedstaaten der Union (einem sogenannten unionsinternen BIT) mit Art. 344, 267 und 18 Abs. 1 AEUV vor.106 Der EuGH verwies zunächst auf seine Ausführungen zur Autonomie des Unionsrechts aus dem Gutachten 2/13 auf und beantwortete sodann „im Licht dieser Erwägungen“ die Vorlagefragen.107 In diesem Rahmen stellte der EuGH fest, dass das in dem Abkommen vorgesehene Schiedsgericht zumindest gegebenenfalls Unionsrecht und insbesondere die Bestimmungen über die Grundfreiheiten, darunter die Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit, auszulegen oder sogar anzuwenden habe.108 Deshalb sei zu prüfen, ob ein solches Schiedsgericht zum Gerichtssystem der Union gehöre und insbesondere, ob es als ein Gericht eines Mitgliedstaats i. S. von Art. 267 AEUV angesehen werden könne.109 In diesem Zusammenhang wies der EuGH darauf hin, dass das in dem Abkommen vorgesehene Schiedsgericht weder als Gericht eines Mitgliedstaats i. S. des Art. 267 AEUV, noch als mehreren Mitgliedstaaten gemeinsames Gericht eingestuft werden 101 102 103 104 105 106 107 108 109

EuGH, Gutachten v. 18. 12. 2014 – C-2/13, ECLI:EU:C:2014:2454 Rn. 176 – EMRK II. EuGH, Gutachten v. 18. 12. 2014 – C-2/13, ECLI:EU:C:2014:2454 Rn. 258 – EMRK II. EuGH, Urt. v. 06. 03. 2018 – C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158 – Achmea. EuGH, Urt. v. 06. 03. 2018 – C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158 Rn. 2 – Achmea. EuGH, Urt. v. 06. 03. 2018 – C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158 Rn. 12 – Achmea. EuGH, Urt. v. 06. 03. 2018 – C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158 Rn. 23 – Achmea. EuGH, Urt. v. 06. 03. 2018 – C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158 Rn. 35 ff. – Achmea. EuGH, Urt. v. 06. 03. 2018 – C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158 Rn. 42 – Achmea. EuGH, Urt. v. 06. 03. 2018 – C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158 Rn. 43 – Achmea.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

könne und deshalb nicht befugt sei, den EuGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen anzurufen.110 Schließlich prüfte der EuGH, ob der Schiedsspruch der Kontrolle durch ein Gericht eines Mitgliedstaats unterliege, die eine Vorlage der unionsrechtlichen Fragen des Schiedsverfahrens an den Gerichtshof gewährleiste, verneinte diese Frage jedoch.111 Daher sei das Streitbeilegungssystem im Abkommen geeignet, die Erhaltung des eigenen Charakters des durch die Verträge geschaffenen Rechts, die durch das in Art. 267 AEUV vorgesehene Vorabentscheidungsverfahren gewährleistet werde, infrage zu stellen und beeinträchtige daher die Autonomie des Unionsrechts.112 f) Gutachten C-1/17 (CETA)113 Zuletzt hatte sich der EuGH in seinem Gutachten 1/17 mit der Autonomie der Unionsrechtsordnung zu befassen. Das Königreich Belgien hatte dem EuGH einen Gutachtenantrag nach Art. 218 Abs. 11 AEUV zur Vereinbarkeit des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits (CETA) und des darin vorgesehenen Mechanismus zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Investoren und Staaten (ISDS-Mechanismus) mit dem Unionsrecht gestellt. Dieser Mechanismus sieht die Einsetzung eines Gerichts und einer Rechtsbehelfsinstanz, sowie die spätere Errichtung eines multilateralen Investitionsgerichtshofs, womit die Tätigkeit des CETA-Gerichts und der CETA-Rechtsbehelfsinstanz enden soll, vor. Eine umfangreiche Wiedergabe der Ausführungen des EuGH lohnt sich deshalb, weil im CETA-Gutachten erstmals alle Ausprägungen der Autonomie des Unionsrechts, die der EuGH in seinen vorherigen Gutachten entwickelt hat, zusammengefasst dargestellt werden: Zunächst stellte der EuGH unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung klar, dass eine internationale Übereinkunft, die die Einrichtung eines mit der Auslegung ihrer Bestimmungen betrauten Gerichts vorsehe, dessen Entscheidungen für die Union bindend seien, grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar sei.114 Die Zuständigkeit der Union im Bereich der internationalen Beziehungen und ihre Befugnis, internationale Übereinkünfte zu schließen, umfasse nämlich notwendigerweise die Möglichkeit, sich in Bezug auf die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen einer solchen Übereinkunft den Entscheidungen eines durch die Übereinkunft eingerichteten oder bestimmten Gerichts zu unterwerfen.115 Allerdings könne eine von der Union geschlossene internationale Über110 Der EuGH verfolgt in seinem Urt. v. 06. 03. 2018 – C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158 Rn. 46 und 48 f. – Achmea damit einen deutlichen restriktiveren Ansatz als noch Generalanwalt Wathelet in seinen Schlussanträgen, ECLI:EU:C:2017:699 Rn. 86 ff. 111 EuGH, Urt. v. 06. 03. 2018 – C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158 Rn. 50 ff. – Achmea. 112 EuGH, Urt. v. 06. 03. 2018 – C-284/16, ECLI:EU:C:2018:158 Rn. 58 f. – Achmea. 113 EuGH, Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 – CETA. 114 EuGH, Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 106 – CETA. 115 EuGH, Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 106 – CETA.

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einkunft nur dann Auswirkungen auf die Zuständigkeiten der Unionsorgane haben, wenn die wesentlichen Voraussetzungen für die Wahrung des Wesens dieser Zuständigkeiten erfüllt seien und folglich die Autonomie der Unionsrechtsordnung nicht beeinträchtigt werde.116 Diese ergebe sich aus den wesentlichen Merkmalen der Union und des Unionsrechts und bestehe darin, dass die Union über einen eigenen verfassungsrechtlichen Rahmen verfüge.117 Um sicherzustellen, dass diese besonderen Merkmale und die Autonomie der so begründeten Rechtsordnung der Union erhalten blieben, sei mit den Verträgen ein Gerichtssystem (insbesondere das Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV) geschaffen geworden, das zur Gewährleistung der Kohärenz und der Einheitlichkeit der Auslegung des Unionsrechts diene.118 Nach Art. 19 EUV sei es Sache der nationalen Gerichte und des Gerichtshofs, die volle Anwendung des Unionsrechts in allen Mitgliedstaaten und den wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz zu gewährleisten, wobei der Gerichtshof die ausschließliche Zuständigkeit für die verbindliche Auslegung des Unionsrechts habe.119 Hierzu sei in dem durch die Verträge geschaffenen Gerichtssystem insbesondere das Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV vorgesehen.120 Insoweit stellte der EuGH fest, dass das Unionsrecht also weder dem entgegenstehe, dass das CETA die Einrichtung eines Gerichts, einer Rechtsbehelfsinstanz und später eines multilateralen Investitionsgerichtshofs vorsehe, noch dem, dass diesen Gerichten die Zuständigkeit für die Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Abkommens nach den zwischen den Vertragsparteien geltenden völkerrechtlichen Regeln und Grundsätzen übertragen werde.121 Da diese Gerichte aber außerhalb des Gerichtssystems der Union ständen, könnten sie nicht dafür zuständig sein, Vorschriften des Unionsrechts außer den Vorschriften des CETA auszulegen oder anzuwenden oder Urteilssprüche zu erlassen, die dazu führen könnten, dass die Unionsorgane daran gehindert würden, gemäß dem verfassungsrechtlichen Rahmen der Union zu funktionieren.122 Im Unterschied sowohl zum Entwurf eines Übereinkommens zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems als auch zum Investitionsschutzabkommen, um das es in der Rechtssache Achmea ging, beschränke sich die dem CETA-Gericht übertragene Zuständigkeit auf die Auslegung und Anwendung der Vorschriften des CETA, die nach den zwischen den Vertragsparteien geltenden völkerrechtlichen Regeln und Grundsätzen zu erfolgen habe.123

116 117 118 119 120 121 122 123

EuGH, EuGH, EuGH, EuGH, EuGH, EuGH, EuGH, EuGH,

Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 107 – Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 109 f. – Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 111 – Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 111 – Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 111 – Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 118 – Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 118 – Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 122 –

CETA. CETA. CETA. CETA. CETA. CETA. CETA. CETA.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Aus diesem Grund sei es auch nur folgerichtig, dass das CETA kein Vorabentscheidungsverfahren vorsehe, das das CETA-Gericht oder die CETA-Rechtsbehelfsinstanz ermächtigen oder verpflichten würde, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.124 Kapitel acht Abschnitt F des CETA übertrage den vorgesehenen Gerichten nicht die Zuständigkeit, andere Vorschriften des Unionsrechts als die des CETA auszulegen oder anzuwenden.125 Im Ergebnis erklärte der EuGH deshalb den im CETA vorgesehenen Streitbeilegungsmechanismus für mit dem Unionsrecht vereinbar.126 3. Zwischenergebnis Versucht man, die Rechtsprechung des EuGH zusammenzufassen, so fällt eines auf: Der EuGH rekurriert zur Begründung stets auf die Wahrung der Autonomie der Unionsrechtsordnung; dieser räumt er einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert im Unionssystem ein. Nicht zu Unrecht wurde die Autonomie des Unionsrechts als „Allzweckwaffe“127 eines seine Monopolstellung verteidigenden Gerichtshofs bezeichnet. Hinsichtlich der hier interessierenden Frage nach der Notwendigkeit einer Vorlagebefugnis lässt sich festhalten, dass jedenfalls dann die Berechtigung einer Einrichtung zur Vorabbefassung des EuGH erforderlich ist, wenn diese mit der Anwendung von Unionsrecht betraut wird. Andernfalls würde das Rechtsprechungsmonopol des EuGH (und damit die Autonomie der Unionsrechtsordnung) unterminiert. Der EuGH wird also die Existenz eines auf völkerrechtlicher Basis errichteten Gerichts nur dann akzeptieren, wenn dieses berechtigt ist, ihn im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens anzurufen. Zudem muss die Bindungswirkung der Antwort des EuGH für das vorlegende Gericht gewährleistet sein. Ein Zuwiderhandeln der Mitgliedstaaten würde demzufolge eine Vertragsverletzung bedeuten.128 Lediglich dann, wenn ein internationales, auf Grundlage eines Übereinkommens errichtetes Gericht nur über die Anwendung und Auslegung des eigenen Übereinkommens befindet, wird der EuGH seine Auslegungskompetenz nicht als bedroht und ein derartiges Gericht für mit dem Unionsrecht vereinbar ansehen. Die Tätigkeit eines Europäischen Handelsgerichts wird aber gerade nicht auf die Anwendung und Auslegung des eigenen Übereinkommens begrenzt sein. Vielmehr werden sich regelmäßig Fragen zur Anwendung und Auslegung des Unionsrechts stellen. Folglich besteht die Notwendigkeit zur Begründung einer Vorlageberechtigung eines Europäischen Handelsgerichts.

124 125 126 127 128

EuGH, Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 134 – CETA. EuGH, Gutachten v. 30. 04. 2019 – C-1/17, ECLI:EU:C:2019:341 Rn. 136 – CETA. Kritisch hierzu Lübke, GPR 2020, 21, 28 f. Sauer, JZ 2019, 925, 935. Jaeger, EuR 2018, 611, 619.

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II. Begründung einer Vorlageberechtigung Notwendige Bedingung dafür, dass der EuGH ein Gericht, welches zumindest gegebenenfalls mit der Anwendung und Auslegung von Unionsrecht betraut wird, anerkennt, ist somit die Sicherstellung seiner Letztentscheidungskompetenz durch die Möglichkeit, Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Eine Einrichtung, welcher keine Vorlagebefugnis zukommt, darf infolgedessen Unionsrecht nicht unmittelbar anwenden.129 Dementsprechend ist in einem zweiten Schritt zu untersuchen, ob und wie sich eine Vorlagebefugnis eines Europäischen Handelsgerichts konstruieren lässt. Letztlich handelt es sich hierbei um nichts anderes als eine prozessuale Frage.130 Erforderlich ist insoweit eine (gesetzliche) Grundlage. Hierfür kommen grundsätzlich zwei Gestaltungsvarianten in Betracht: Die Begründung einer Vorlageberechtigung auf Grundlage des Übereinkommens selbst sowie auf Grundlage von Art. 267 AEUV.131 1. Begründung durch Übereinkommen Denkbar wäre zunächst eine Vorlageberechtigung kraft des zu schließenden Übereinkommens respektive eines ergänzenden Protokolls. Es könnte eine spezielle Regelung aufgenommen werden, welche ein Europäisches Handelsgericht ermächtigt, den EuGH um Vorabentscheidung zu Fragen der Auslegung des Unionsrechts zu ersuchen. Untersucht man die vom EuGH begutachteten und eben vorgestellten Übereinkommensentwürfe so fällt Folgendes auf: Die Übereinkommensentwürfe EWR und GELR hatten jeweils den Vertragsstaaten, die nicht zugleich Mitgliedstaaten der Gemeinschaft (und damit Drittstaaten) waren, die Möglichkeit eröffnet, ihren Gerichten die Vorlage von Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof zu gestatten. Diese Möglichkeit hatte der EuGH unter der Prämisse, dass den gegebenen Antworten des EuGH Bindungswirkung für die vorlegenden (drittstaatlichen) Gerichte zukommt, für mit dem Unionsrecht vereinbar erklärt.132 Ungeachtet dessen, dass es sich bei einem Übereinkommen zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts bereits nicht um einen von der Union mit Drittstaaten zu schließenden völkerrechtlichen Vertrag handelt133, sind beide Gestaltungsvarianten noch aus einem weiteren Grund nicht vergleichbar: Die Vorlagebefugnis war jeweils auf Fragen zur Auslegung des jeweiligen Abkommens begrenzt.134 Eine 129

So ausdrücklich Jaeger, EuR 2018, 611, 619 und 622. Sauer, JZ 2019, 925, 934. 131 So auch Sauer, JZ 2019, 925, 934. 132 Vgl. oben Kap. 5 § 3 B. I. 2. a) und b). 133 Vgl. oben Kap. 5 § 2 A. III. 134 Völkerrechtliche Verträge der Union sind als Handlungen der Organe i. S. des Art. 267 Abs. 1 lit. b) AEUV und damit als tauglicher Vorlagegegenstand zu qualifizieren, s. EuGH, Urt. 130

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Auslegung von Unionsrecht (und damit auch eine korrespondierende Vorlageberechtigung) war durch diese Gerichte gerade nicht vorgesehen. Die Tätigkeit eines Europäisches Handelsgericht wäre aber – wie bereits mehrfach betont – nicht nur auf die Auslegung des eigenen Abkommens begrenzt, sondern würde sich vielmehr auch auf die unmittelbare Anwendung und Auslegung von Unionsrecht erstrecken. Beabsichtigt wäre also die Begründung einer Vorlageberechtigung zu Fragen der Auslegung des primären sowie sekundären Unionsrechts eines speziellen, auf Basis eines internen Abkommens zwischen den Mitgliedstaaten neu zu errichtenden Gerichts. Eine vergleichbare Regelung, die eine Vorlageberechtigung eines auf völkerrechtlicher Basis errichteten Gerichts zu Fragen der Auslegung des Unionsrechts begründet, findet sich jedoch tatsächlich in Art. 21 EPGÜ. Danach arbeitet das Einheitliche Patentgericht als gemeinsames Gericht der Vertragsmitgliedstaaten und Teil ihres Gerichtssystems – wie jedes nationale Gericht – mit dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Gewährleistung der korrekten Anwendung und einheitlichen Auslegung des Unionsrechts insbesondere im Einklang mit Art. 267 AEUV zusammen. Fraglich erscheint indes, ob eine solche Bestimmung tatsächlich als taugliche Grundlage für eine Vorlageberechtigung dienen kann.135 Gegen die Möglichkeit der Begründung einer Vorlageberechtigung im Hinblick auf Fragen zur Auslegung des Unionsrechts kraft einer Regelung in einem (noch zu schließenden) völkerrechtlichen Übereinkommen spricht indes bereits die bloße Existenz des Art. 267 AEUV. Wenn sich die Notwendigkeit einer Vorlageberechtigung aus dieser Norm ergibt, müssen auch die Anforderungen an eine Vorlageberechtigung dieser Norm entnommen werden. Art. 267 Abs. 2 AEUV statuiert explizit, dass zur Vorlage lediglich „Gerichte eines Mitgliedstaats“ berechtigt sind. Würde man außerhalb dieser Norm die Begründung einer Vorlageberechtigung durch eine Bestimmung in einem völkerrechtlichen Übereinkommen der Mitgliedstaaten erlauben, würde die Vorlageberechtigung zum EuGH ausgeweitet, ohne dass die Union in die Entscheidung darüber einbezogen würde. Außerhalb eines Vertragsänderungsverfahrens kann dem EuGH eine Erweiterung des Kreises der vorlageberechtigten Gerichte nicht aufgezwungen werden.136 Die Aufnahme einer derartigen Bestimmung in ein internes Abkommen der Mitgliedstaaten bedeutete letztlich nichts als eine inhaltsleere Hülle. v. 30. 4. 1974 – C-181/73, ECLI:EU:C:1974:41 Rn. 2/6 – Haegeman; s. auch EuGH, Gutachten v. 14. 12. 1991 – C-1/91, ECLI:EU:C:1991:490 Rn. 38 – EWR I; s. auch Streinz-Ehricke, AEUV Art. 267 Rn. 21; von der Groeben/Schwarze/Hatje-Gaitanides, AEUV Art. 267 Rn. 22; Dauses/Ludwigs-Kaufmann, EU-WirtschaftsR-HdB, P. II. Rn. 27; Vedder/Heintschel von Heinegg-Pache, AEUVArt. 267 Rn. 17; Schwarze/Becker/Hatje/Schoo-Schwarze/Wunderlich, AEUV Art. 267 Rn. 12. 135 Ausführlich dazu Jaeger, System einer Europäischen Gerichtsbarkeit für Immaterialgüterrechte, S. 609 f. 136 Jaeger, System einer Europäischen Gerichtsbarkeit für Immaterialgüterrechte, S. 620.

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Es stünde zu erwarten, dass der EuGH infolgedessen ein Vorabentscheidungsersuchen eines auf Grundlage eines völkerrechtlichen Abkommens vermeintlich hierzu ermächtigten Gerichts schlicht für unzulässig erklären würde. Der Versuch zur Begründung einer Vorlageberechtigung eines Europäischen Handelsgerichts durch eine entsprechende Bestimmung im zu schließenden Abkommen ist mithin nicht möglich.137 2. Begründung durch Art. 267 AEUV a) Ein Europäisches Handelsgericht als Gericht i. S. des Art. 267 AEUV? Die Anforderungen an eine Vorlageberechtigung sind daher direkt Art. 267 AEUV zu entnehmen. Gem. Art. 267 Abs. 2 AEUV sind alle mitgliedstaatlichen Gerichte befugt, dem EuGH Fragen zur Auslegung des primären und sekundären Unionsrechts vorzulegen. An erster Stelle steht daher die Frage, ob ein Europäisches Handelsgericht, das auf Grundlage eines internationalen Übereinkommens errichtet wurde, als Gericht i. S. des Art. 267 AEUV qualifiziert werden kann. Der Gerichtsbegriff wird in den Verträgen nicht näher definiert und ist daher unionsrechtlich zu interpretieren.138 Hierzu hat der EuGH in mehreren Entscheidungen eine Vielzahl von Kriterien entwickelt, anhand deren der Gerichtscharakter des jeweiligen Spruchkörpers zu beurteilen ist, wie das Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage der Einrichtung, ihr ständiger Charakter, die obligatorische Gerichtsbarkeit, das streitige Verfahren, die Anwendung von Rechtsnormen durch diese Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit.139 Der Gerichtscharakter eines Europäischen Handelsgerichts erscheint einzig unter dem Aspekt des Vorliegens der obligatorischen Gerichtsbarkeit problematisch, alle anderen der durch den EuGH aufgestellten Kriterien sind als erfüllt anzusehen. Das Kriterium des Vorliegens der obligatorischen Gerichtsbarkeit verlangt, dass der Spruchkörper auf Antrag einer Partei tätig werden muss, seine Zuständigkeit darf 137 So auch Jaeger, System einer Europäischen Gerichtsbarkeit für Immaterialgüterrechte, S. 609 f. und 620 zum EPG. 138 EuGH, Urt. v. 30. 03. 1993 – C-24/92, ECLI:EU:C:1993:118 Rn. 15 – Corbiau. 139 EuGH, Urt. v. 30. 06. 1966 – C-61/65, ECLI:EU:C:1966:39, Slg. 1966, I-583, 601 f. – Vaassen-Goebbels; EuGH, Urt. v. 17. 09. 1997 – C-54/96, ECLI:EU:C:1997:413 Rn. 23 – Dorsch Consult; EuGH, Urt. v. 21. 3. 2000 – C-110/98 bis 147/98, ECLI:EU:C:2000:145 Rn. 33 – Gabalfrisa u. a.; EuGH, Urt. v. 31. 01. 2013 – C-394/11, ECLI:EU:C:2013:48 Rn. 38 – Belov; EuGH, Urt. v. 17. 07. 2014 – C-58/13 und C-59/13, ECLI:EU:C:2014:2088 Rn. 17 – Torresi; EuGH, Urt. v. 18. 09. 2014 – C-549/13, ECLI:EU:C:2014:2235 Rn. 21 – Bundesdruckerei; EuGH, Urt. v. 06. 10. 2015 – C-203/14, ECLI:EU:C:2015:664 Rn. 17 – Consorci Sanitari del Maresme; EuGH, Urt. v. 24. 05. 2016 – C-396/14, ECLI:EU:C:2016:347 Rn. 23 – MT Højgaard und Züblin.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

also nicht vom Einvernehmen der Parteien abhängen.140 Anhand diesen Kriteriums sollen insbesondere private Schiedsgerichte von der Möglichkeit des Vorabentscheidungsersuchens zum EuGH ausgeschlossen werden.141 Nach der Rechtsprechung des EuGH sind private Schiedsgerichte nicht vorlageberechtigt, da für die Vertragsparteien weder eine rechtliche noch eine tatsächliche Verpflichtung bestehe, ihre Streitigkeiten vor ein Schiedsgericht zu bringen und die öffentliche Gewalt in die Entscheidung, den Weg der Schiedsgerichtsbarkeit zu wählen, nicht einbezogen sei und daher nicht von Amts wegen in den Ablauf des Schiedsgerichtsverfahrens eingreifen könne.142 Daraus folgert der EuGH, dass zwischen dem Schiedsgerichtsverfahren und dem allgemeinen Rechtsschutzsystem in dem betroffenen Mitgliedstaat keine hinreichend enge Beziehung bestehe, um den Schiedsrichter als mitgliedstaatliches Gericht im Sinne von Art. 267 bezeichnen zu können.143 Zur Beantwortung der Frage, ob ein Europäisches Handelsgericht das Kriterium der obligatorischen Gerichtsbarkeit erfüllt, muss auf einige Aspekte vorgegriffen werden, die an späterer Stelle ausführlich erörtert werden. Die Zuständigkeit eines Europäischen Handelsgerichts basiert auf dem Prinzip der Freiwilligkeit und hängt folglich vom Einvernehmen der Parteien ab.144 Eine gesetzlich festgelegte, vom Parteiwillen gänzlich unabhängige Zuständigkeit für bestimmte Rechtsstreitigkeiten ist gerade nicht vorgesehen. Vielmehr könnten die Parteien sich zur Beilegung ihrer Streitigkeit alternativ auch an ein rein nationales Gericht wenden, sofern das jeweilige (inter)nationale Zivilprozessrecht eine entsprechende Zuständigkeit vorsieht. Auf den ersten Blick scheint das Kriterium der obligatorischen Gerichtsbarkeit unter Heranziehung der Rechtsprechung des EuGH daher nicht erfüllt und ein Europäisches Handelsgericht nicht als Gericht i. S. des Art. 267 AEUV zu qualifizieren zu sein. Vergegenwärtigt man sich jedoch den Sinn und Zweck des Kriteriums, namentlich den Ausschluss der Schiedsgerichtsbarkeit von der Vorlagemöglichkeit zum EuGH, so wird dieser auch bei Einbeziehung eines Europäischen Handelsgerichts erfüllt. Dafür spricht entscheidend, dass es sich um ein im Wege der intergouvernementalen 140

EuGH, Urt. v. 17. 10. 1989 – C-109/88, ECLI:EU:C:1989:383 Rn. 7 – Handels- og Kontorfunktionærernes Forbund i Danmark; EuGH, Urt. v. 12. 6. 2014 – C-377/13, ECLI:EU: C:2014:1754 Rn. 28 – Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta; s. auch Dauses/Ludwigs-Kaufmann, EU-WirtschaftsR-HdB, P. II. Rn. 75. 141 EuGH, Urt. v. 12. 6. 2014 – C-377/13, ECLI:EU:C:2014:1754 Rn. 27 – Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta. 142 EuGH, Urt. v. 23. 3. 1982 – C-102/81, ECLI:EU:C:1982:107 Rn. 11 f. – Nordsee Deutsche Hochseefischerei; EuGH, Urt. v. 1. 6. 1999 – C-126/97, ECLI:EU:C:1999:269 Rn. 34 – Eco Swiss; EuGH, Urt. v. 27. 1. 2005 – C-125/04, ECLI:EU:C:2005:69 Rn. 13 – Denuit und Cordenier; EuGH, Beschl. v. 13. 2. 2014 – C-555/13, ECLI:EU:C:2014:92, Rn. 17 – Merck Canada; EuGH, Urt. v. 12. 6. 2014 – C-377/13, ECLI:EU:C:2014:1754 Rn. 27 – Ascendi Beiras Litoral e Alta, Auto Estradas das Beiras Litoral e Alta. 143 EuGH, Urt. v. 23. 3. 1982 – C-102/81, ECLI:EU:C:1982:107 Rn. 13 – Nordsee Deutsche Hochseefischerei. 144 Vgl. unten Kap. 5 § 5 A. I.

§ 3 Verhältnis zum Unionsrecht

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Zusammenarbeit errichtetes, und damit um ein auf gesetzlicher Grundlage, staatlich legitimiertes Gericht handelt. Ein Europäisches Handelsgericht ist folglich Teil der staatlichen Gerichtsbarkeit und damit gerade keine Form alternativer Streitbeilegung wie dies bei Handelsschiedsgerichten der Fall ist. Zwar sind gewisse Ähnlichkeiten bei einem Vergleich mit der Handelsschiedsgerichtsbarkeit nicht zu verkennen. So wird den Parteien eines Verfahrens vor einem Europäischen Handelsgericht die Möglichkeit eröffnet, Einfluss auf die Zusammensetzung des ihren Rechtsstreit entscheidenden Spruchkörpers zu nehmen.145 Nach der Rspr. des EuGH schadet ein solcher Einfluss indes nicht, sofern die Parteien nicht frei über die Zusammensetzung bestimmen können.146 Schließlich überwiegen die Parallelen zur staatlichen Gerichtsbarkeit. Die Verhandlung erfolgt – von einigen Ausnahmen abgesehen – grundsätzlich öffentlich, umfassende Vertraulichkeit wird gerade nicht gewährt.147 Ferner entscheidet das Gericht auf der Grundlage des mithilfe des IPR ermittelten anwendbaren staatlich gesetzten Rechts, eine Wahl nichtstaatlichen Rechts durch die Parteien ist gerade nicht möglich.148 Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsmitteln (in Deutschland Revision zum BGH)149 und damit eine Einbindung in die Gerichtssysteme der Mitgliedstaaten und damit zugleich in das Gerichtssystem der Union. Die Zuständigkeit eines Europäischen Handelsgerichts ist des Weiteren zumindest dahingehend festgelegt, dass grundsätzlich der Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung erforderlich ist (internationale Zuständigkeit) und es sich bei dem jeweiligen Verfahren um eine wirtschaftsrechtliche Streitigkeit internationalen Charakters handeln muss (sachliche Zuständigkeit).150 Es kann somit nicht jede beliebige Streitigkeit nur durch eine entsprechende Vereinbarung der Parteien vor ein Europäisches Handelsgericht gebracht werden. Zudem wird das Erfordernis des Einvernehmens (in Gestalt einer Gerichtsstandsvereinbarung) gerade durch die teilnehmenden Mitgliedstaaten aufgestellt. Argumentieren lässt sich schließlich mit einer Parallele zu den geplanten Kammern für internationale Handelssachen.151 Hierbei handelt es sich um spezielle fakultative Spruchkörper für die Beilegung von internationalen Handelsstreitigkeiten, die unter der Voraussetzung, dass das Verfahren nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien in englischer Sprache durchgeführt werden soll, an die Stelle der regulären Kammern für Handelssachen treten.152 Somit hängt die Zuständigkeit der 145

Vgl. ausführlich unten Kap. 5 § 5 C. III. 1. b). EuGH, Urt. v. 17. 10. 1989 – C-109/88, ECLI:EU:C:1989:383 Rn. 8 – Handels- og Kontorfunktionærernes Forbund i Danmark. 147 Vgl. unten Kap. 5 § 5 D. III. 148 Vgl. unten Kap. 5 § 5 B. 149 Vgl. unten Kap. 5 § 5 A. V. 150 Vgl. unten Kap. 5 § 5 A. I. und II. 151 Überblick oben Kap. 2 § 2 A. II. 152 S. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 53/18. 146

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

KfiH ebenfalls vom Einvernehmen der Parteien ab. Gleichwohl wird kaum jemand die Vorlagebefugnis einer solchen Kammer ernsthaft in Zweifel ziehen. Infolgedessen ist ein Europäisches Handelsgericht als vorlageberechtigtes „Gericht“ i. S. des Art. 267 AEUV zu verstehen. b) Ein Europäisches Handelsgericht als mitgliedstaatliches Gericht i. S. des Art. 267 AEUV?153 Art. 267 AEUV erfordert darüber hinaus die Vorlage nicht irgendeines, sondern eines „einzel- bzw. mitgliedstaatlichen Gerichts“ (Art. 267 Abs. 2, Abs. 3 AEUV). Der Begriff des „mitgliedstaatlichen Gerichts“ wird in der Vorschrift nicht näher konkretisiert. Welche Gerichte danach zur Vorlage berechtigt sind, muss insbesondere unter Heranziehung der Rechtsprechung des EuGH genauer untersucht werden. aa) Vorlageberechtigung nationaler Gerichte Unter den Terminus des mitgliedstaatlichen Gerichts fallen unstreitig die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten. Hierzu ist festzustellen, dass ein Europäisches Handelsgericht nicht den nationalen Gerichten im klassischen Sinne zuzuordnen ist. Während für die Qualifikation als nationales Gericht die Zugehörigkeit zum nationalen Gerichtssystem eines Mitgliedstaats prägend ist, erscheint die Zuordnung eines auf Grundlage eines internen Abkommens mehrerer Mitgliedstaaten errichteten Handelsgerichts zum Gerichtssystem eines Mitgliedstaates gerade nicht möglich. bb) Vorlageberechtigung gemeinsamer Gerichte mehrerer Mitgliedstaaten Nach der Rechtsprechung des EuGH sind aber nicht nur nationale Gerichte der Mitgliedstaaten, sondern darüber hinaus auch gemeinsame Gerichte mehrerer Mitgliedstaaten zur Vorlage befugt. Fraglich erscheint deshalb, welche Merkmale ein Gericht erfüllen muss, um als ein derartiges gemeinsames Gericht qualifiziert werden zu können. Im Folgenden soll in einem ersten Schritt die Rechtsprechung des EuGH dargestellt werden, um auf dieser Grundlage Kriterien für die Einordnung als gemeinsames Gericht herauszubilden. Im Anschluss soll in einem zweiten Schritt untersucht werden, ob ein Europäisches Handelsgericht unter Zugrundelegung dieser Kriterien unter den Begriff des mehreren Mitgliedstaaten gemeinsamen Gerichts subsumiert werden kann.

153

Die folgende Gliederung ist angelehnt an Amort, EuR 2017, 56, 69 f.

§ 3 Verhältnis zum Unionsrecht

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(1) EuGH Dior154 Die erste Entscheidung des EuGH zum Begriff des mehreren Mitgliedstaaten gemeinsamen Gerichts erging in der Rechtssache Dior, die ein Vorabentscheidungsersuchen des niederländischen Hoge Raad zum Gegenstand hatte. Dieser legte dem Gerichtshof die Frage vor, ob im betreffenden Fall der Benelux-Gerichtshof oder er selbst als das nationale Gericht anzusehen sei, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können und das deshalb gemäß Art. 177 Abs. 3 des Vertrages (jetzt Art. 267 Abs. 3 AEUV) zur Anrufung des Gerichtshofes verpflichtet sei.155 In der Urteilsbegründung ging der EuGH zunächst der Frage nach, ob ein Gericht wie der Benelux-Gerichtshof berechtigt und gegebenenfalls verpflichtet sei, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Hierzu führte er aus, es spreche nichts dagegen, dass ein mehreren Mitgliedstaaten gemeinsames Gericht dem Gerichtshof ebenso wie die Gerichte der einzelnen Mitgliedstaaten Fragen zur Vorabentscheidung vorlegen könne.156 Insoweit sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Benelux-Gerichtshof die Aufgabe habe, die einheitliche Anwendung der den drei Beneluxstaaten gemeinsamen Rechtsvorschriften zu gewährleisten und dass das Verfahren vor ihm ein Zwischenstreit in den vor den nationalen Gerichten anhängigen Verfahren sei, nach dessen Abschluss die endgültige Auslegung der den Beneluxstaaten gemeinsamen Rechtsvorschriften feststehe.157 Daher entspreche es dem Ziel des Art. 177 (jetzt Art. 267 AEUV), die einheitliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten, es einem Gericht wie dem Benelux-Gerichtshof zu erlauben, das Verfahren nach Art. 177 des Vertrages (jetzt Art. 267 AEUV) anzuwenden, wenn es im Rahmen der Wahrnehmung seiner Aufgabe Rechtsvorschriften der Gemeinschaft auszulegen habe.158 Bezüglich der Frage, ob ein Gericht wie der Benelux-Gerichtshof zur Anrufung des Gerichtshofes verpflichtet sein könne, verwies der EuGH auf Art. 177 Abs. 3 des Vertrages (jetzt Art. 267 Abs. 3 AEUV). Da gegen die Entscheidung eines Gerichts wie des Benelux-Gerichtshofes, der über Fragen nach der Auslegung des einheitlichen Beneluxrechts endgültig entscheide, kein Rechtsmittel mehr gegeben sei, könne also ein solches Gericht verpflichtet sein, den Gerichtshof gemäß Art. 177 Abs. 3 (jetzt Art. 267 Abs. 3 AEUV) anzurufen, wenn sich in einem bei ihm anhängigen Verfahren eine Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts stelle.159

154 155 156 157 158 159

EuGH, Urt. v. 04. 11. 1997 – C-337/95, ECLI:EU:C:1997:517 – Dior. EuGH, Urt. v. 04. 11. 1997 – C-337/95, ECLI:EU:C:1997:517 Rn. 14 – Dior. EuGH, Urt. v. 04. 11. 1997 – C-337/95, ECLI:EU:C:1997:517 Rn. 21 – Dior. EuGH, Urt. v. 04. 11. 1997 – C-337/95, ECLI:EU:C:1997:517 Rn. 22 – Dior. EuGH, Urt. v. 04. 11. 1997 – C-337/95, ECLI:EU:C:1997:517 Rn. 23 – Dior. EuGH, Urt. v. 04. 11. 1997 – C-337/95, ECLI:EU:C:1997:517 Rn. 26 – Dior.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass auch ein gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten als vorlageberechtigtes Gericht i. S. des Art. 267 Abs. 2 AEUV und unter den Voraussetzungen des Abs. 3 als vorlageverpflichtetes Gericht qualifiziert werden kann. (2) EuGH Miles160 Eine nähere Ausgestaltung des Begriffs des mehreren Mitgliedstaaten gemeinsamen Gerichts erfolgte in der Rechtssache Miles. Dem Urteil lag ein Vorabentscheidungsersuchen der Beschwerdekammer der Europäischen Schulen zugrunde. Diese stellte dem Gerichtshof die Frage, ob eine streitentscheidende Stelle wie die Beschwerdekammer der Europäischen Schulen in den Anwendungsbereich des Art. 234 EG (jetzt Art. 267 AEUV) falle.161 Der EuGH führte in seinem Urteil zunächst aus, dass die Beschwerdekammer zwar allen Merkmalen eines „Gerichts“ i. S. des Art. 267 AEUV entspreche und daher als solches qualifiziert werden müsse, es sei aber zu beachten, dass der Wortlaut dieser Bestimmung auf ein „Gericht eines Mitgliedstaats“ verweise.162 Jedoch gehöre die Beschwerdekammer nicht zu einem Mitgliedstaat, sondern zu den Europäischen Schulen, die ein System besonderer Art bildeten, das im Wege eines internationalen Abkommens eine Form der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der Union verwirkliche.163 Mit Verweis auf sein Urteil Dior hielt der EuGH zudem fest, dass die Beschwerdekammer auch kein mehreren Mitgliedstaaten gemeinsames Gericht darstelle, das mit dem Benelux-Gerichtshof vergleichbar wäre.164 Während dieser zum einen die Aufgabe habe, die einheitliche Anwendung der den drei Beneluxstaaten gemeinsamen Rechtsvorschriften zu gewährleisten, und zum anderen das Verfahren vor ihm ein Zwischenstreit in den vor den nationalen Gerichten anhängigen Verfahren sei, nach dessen Abschluss die endgültige Auslegung der den Beneluxstaaten gemeinsamen Rechtsvorschriften feststehe, weise die Beschwerdekammer keine derartigen Verbindungen zu den Gerichtssystemen der Mitgliedstaaten auf.165 Außerdem sei die Beschwerdekammer zwar von allen Mitgliedstaaten und der Union geschaffen worden, dies ändere jedoch nichts daran, dass sie ein Organ einer internationalen Organisation sei, die trotz der funktionellen Beziehungen, die sie zur Union unterhalte, von dieser und den Mitgliedstaaten formell getrennt bleibe.166 Im Ergebnis erklärte sich der EuGH demzufolge für die Beantwortung eines Vorab160 161 162 163 164 165 166

EuGH, Urt. v. 14. 06. 2011 – C-196/09, ECLI:EU:C:2011:388 – Miles. EuGH, Urt. v. 14. 06. 2011 – C-196/09, ECLI:EU:C:2011:388 Rn. 29 – Miles. EuGH, Urt. v. 14. 06. 2011 – C-196/09, ECLI:EU:C:2011:388 Rn. 38 – Miles. EuGH, Urt. v. 14. 06. 2011 – C-196/09, ECLI:EU:C:2011:388 Rn. 39 – Miles. EuGH, Urt. v. 14. 06. 2011 – C-196/09, ECLI:EU:C:2011:388 Rn. 41 – Miles. EuGH, Urt. v. 14. 06. 2011 – C-196/09, ECLI:EU:C:2011:388 Rn. 41 – Miles. EuGH, Urt. v. 14. 06. 2011 – C-196/09, ECLI:EU:C:2011:388 Rn. 42 – Miles.

§ 3 Verhältnis zum Unionsrecht

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entscheidungsersuchens der Beschwerdekammer der Europäischen Schulen für nicht zuständig.167 (3) Zwischenergebnis Die Rechtsprechung des EuGH zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Qualifikation als mehreren Mitgliedstaaten gemeinsames Gericht eine Einbindung in die nationalen Gerichtssysteme der Mitgliedstaaten und damit in das Gerichtssystem der Union erfordert. Eine solche Einbindung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn das Verfahren vor dem betreffenden Gericht ein Zwischenstreit in den vor den nationalen Gerichten anhängigen Verfahren ist. Unter Heranziehung dieser Rechtsprechung soll nachfolgend untersucht werden, ob ein Europäisches Handelsgericht als ein solches gemeinsames Gericht qualifiziert werden kann. (4) Exkurs: Einheitliches Patentgericht Vorab soll jedoch die Qualifikation des geplanten Einheitlichen Patentgerichts als gemeinsames Gericht i. S. der EuGH-Rechtsprechung geprüft werden. Da beide Gerichte (Einheitliches Patentgericht als auch Europäisches Handelsgericht) völkerrechtsbasierte Gerichte darstellen, lohnt sich zunächst ein Blick auf das Einheitliche Patentgericht, um im Anschluss daran die Qualifikation eines Europäischen Handelsgerichts als gemeinsames Gericht unter Heranziehung der so vorgefundenen Ergebnisse und unter vergleichender Betrachtung zu erörtern. Gem. Art. 1 EPGÜ stellt das Einheitliche Patentgericht ein gemeinsames Gericht der Vertragsmitgliedstaaten dar. Daran anknüpfend, ermächtigt Art. 21 EPGÜ das Einheitliche Patentgericht als gemeinsames Gericht der Vertragsmitgliedstaaten, dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Ob allein diese Regelungen im EPGÜ ausreichen, um das Einheitliche Patentgericht tatsächlich als gemeinsames Gericht der Vertragsmitgliedstaaten und damit als vorlageberechtigtes Gericht zu qualifizieren, ist fraglich. Zwar erfüllt das Einheitliche Patentgericht die durch den EuGH aufgestellten Kriterien für eine Klassifizierung als „Gericht“ i. S. des Art. 267 AEUV.168 Problematischer erscheint indes die Einordnung als „gemeinsames Gericht“ mehrerer Mitgliedstaaten. Erforderlich ist insoweit die Möglichkeit der Zuordnung des Einheitlichen Patentgerichts zu den nationalen Gerichtssystemen der Vertragsmitgliedstaaten. Allein der Umstand, dass es sich bei dem Einheitlichen Patentgericht um ein völkerrechtsbasiertes Gericht handelt, steht der Zulässigkeit dieses Gerichts und seiner Akzeptanz durch den EuGH freilich noch nicht entgegen – auch der vom EuGH für vorlageberechtigt erklärte Benelux-Gerichtshof wurde auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Übereinkommens errichtet. Gegen die Vorlagebefugnis als mehreren Mitgliedstaaten gemeinsames Gericht und damit gegen die Zulässigkeit 167 168

EuGH, Urt. v. 14. 06. 2011 – C-196/09, ECLI:EU:C:2011:388 Rn. 46 – Miles. So auch Amort, EuR 2017, 56, 62 ff.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

des Einheitlichen Patentgerichts spricht jedoch, dass es sich hierbei um ein selbstständiges Gerichtssystem mit einem Gericht erster Instanz und einem Berufungsgericht handelt. Insbesondere stellt das Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht – im Unterschied zu dem Verfahren vor dem Benelux-Gerichtshof – keinen Zwischenstreit in einem vor einem nationalen Gericht anhängigen Verfahren dar.169 Schließlich ist auch eine anderweitige Einbindung in die nationalen Gerichtssysteme der teilnehmenden Mitgliedstaaten gerade nicht vorgesehen.170 Vielmehr tritt das EPG im Bereich seiner ausschließlichen Zuständigkeiten an die Stelle der nationalen mitgliedstaatlichen Gerichte.171 Darüber hinaus müsste, sollte sich tatsächlich bereits unter Heranziehung der Rechtsprechung des EuGH eine Qualifikation als gemeinsames Gericht der Vertragsmitgliedstaaten und demzufolge eine Vorlagebefugnis ergeben, eine diesbezügliche Regelung nicht erfolgen.172 Art. 21 EPGÜ wäre dann schlicht entbehrlich.173 Im Ergebnis erfüllt das Einheitliche Patentgericht damit die Kriterien des EuGH für die Qualifikation als gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten nicht. Eine Vorlagebefugnis ist folglich abzulehnen.174 Jedoch ist es mangels Beteiligung der EU an dem neuen Übereinkommen nicht möglich, erneut ein Gutachten des EuGH gem. Art. 218 Abs. 11 AEUV zur Frage der Unionsrechtskonformität des Übereinkommens in Auftrag zu geben, weil es diesem insoweit an der Entscheidungskompetenz fehlt.175 Somit kann allenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren oder Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH in die Wege geleitet werden.176 Es ist deshalb mehr als fraglich, ob der EuGH je die Chance bekommen wird, über die Unionsrechtskonformität des neuen Übereinkommens zu entscheiden.177 (5) Europäisches Handelsgericht Die Qualifikation eines Europäischen Handelsgerichts als gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten hängt ebenfalls davon ab, ob ein Europäisches Handelsgericht den nationalen Gerichtssystemen der Mitgliedstaaten – und damit zugleich dem Gerichtssystem der Union – zugeordnet werden kann. 169 170

643 f. 171

Gruber, GRUR Int. 2015, 323, 325. Amort, EuR 2017, 56, 74 f.; Gruber, GRUR Int. 2015, 323, 325; Jaeger, EuR 2018, 611,

Jaeger, EuR 2018, 611, 643 f. Gruber, GRUR Int. 2015, 323, 324. 173 Gruber, GRUR Int. 2015, 323, 324; zustimmend Amort, EuR 2017, 56, 74. 174 Amort, EuR 2017, 56, 74 f.; Gruber, GRUR Int. 2015, 323, 324 f. 175 EuGH, Beschluss v. 12. 11. 1998 – C-162/98, ECLI:EU:C:1998:539 Rn. 12 – Hartmann; s. auch Jaeger, EuR 2018, 611, 646. 176 Jaeger, EuR 2018, 611, 646. 177 Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil v. 13. 2. 2020 (BVerfGE 153, 74) das Zustimmungsgesetz zum Übereinkommen wegen Verstoßes gegen Art. 23 Abs. 1 S. 3 i. V. m. Art. 79 Abs. 2 GG für nichtig erklärt. 172

§ 3 Verhältnis zum Unionsrecht

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Unter Zugrundelegung der in den Urteilen Dior und Miles aufgestellten Kriterien wäre zu erwägen, ein Europäisches Handelsgericht als bloßes Vorabentscheidungsgericht in der Form auszugestalten, dass das Verfahren vor ihm einen Zwischenstreit in den vor den nationalen Gerichten anhängigen Verfahren darstellt.178 Dies muss jedoch aus zwei Gründen ausscheiden: Zuerst soll den Parteien, durch Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts die Möglichkeit eröffnet werden, ihre Streitigkeiten vor einem für sie attraktiven Gericht beilegen zu lassen. Dieses Ziel würde durch eine Ausgestaltung als reines Vorabentscheidungsgericht indes konterkariert. Zudem wäre ein Europäisches Handelsgericht in dieser Hinsicht gerade nicht mit dem Benelux-Gerichtshof komparabel. Dieser hat nämlich die Aufgabe, die einheitliche Anwendung der den drei Beneluxstaaten gemeinsamen Rechtsvorschriften zu gewährleisten.179 Entsprechende gemeinsame Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten bestehen hingegen im Bereich des Handels- und Vertragsrechts gerade nicht. Eine Einbettung in die Gerichtssysteme der Mitgliedstaaten wäre zudem durch eine Errichtung als Rechtsmittelgericht realisierbar. Dem Ziel der Schaffung eines möglichst attraktiven Forums für die zügige Beilegung von Handels- bzw. Wirtschaftsstreitigkeiten würde freilich auch diese Option nicht gerecht.180 Die Parteien würden erst in der Rechtsmittelinstanz von den Vorteilen eines Europäischen Handelsgerichts profitieren. Das Durchlaufen mehrerer Instanzen bedeutet jedoch – darauf wurde bereits hingewiesen181 – stets eine Verzögerung des endgültigen Verfahrensabschlusses und kann aus diesem Grund für die Parteien unerwünscht sein. Andererseits darf nicht verkannt werden, dass der EuGH in den Urteilen Dior und Miles klargestellt hat, dass ein Gericht, um als mehreren Mitgliedstaaten gemeinsames Gericht qualifiziert werden zu können, mit dem Benelux-Gerichtshof lediglich vergleichbar sein muss. Eine Einbindung in die nationalen Gerichtssysteme der Mitgliedstaaten könnte daher eventuell auch auf andere Weise erreicht werden. Eine solche Einbindung ließe sich durch eine Eingliederung in den Instanzenzug des jeweiligen teilnehmenden Mitgliedstaats realisieren. Für Entscheidungen eines Europäischen Handelsgerichts in Deutschland könnte die Möglichkeit zur Einlegung von Rechtsmitteln zum BGH eröffnet werden. Auf diese Weise würde ein Europäisches Handelsgericht Teil des mitgliedstaatlichen und damit unionalen Gerichtssystems. Dieses Ergebnis überzeugt auch deshalb, weil ein Europäisches Handelsgericht grundlegende Unterschiede im Vergleich zu der Beschwerdekammer der Europäischen Schulen aus dem Urteil Miles aufweist. Die Beschwerdekammer stellt eine Einrichtung einer internationalen Organisation, namentlich der Europäischen Schulen dar. In dieser Funktion ist die Beschwerdekammer zur Auslegung von 178 Zu einer solchen Möglichkeit für die Patentgerichtsbarkeit vgl. Jaeger, System einer Europäischen Gerichtsbarkeit für Immaterialgüterrechte, S. 787 f. 179 EuGH, Urt. v. 04. 11. 1997 – C-337/95, ECLI:EU:C:1997:517 Rn. 22 – Dior. 180 So auch M. Stürner, JZ 2019, 1122, 1125. 181 Vgl. oben Kap. 4 § 2 A.

150

Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

speziell geschaffenen Regelungen dieser Organisation berufen. Im Gegensatz dazu wäre ein Europäisches Handelsgericht – wie auch jedes nationale mitgliedstaatliche Gericht – primär für die Auslegung und Anwendung von nationalem und darüber hinaus auch von Unionsrecht zuständig. Zuletzt ergeben sich auch im Rahmen einer Gegenüberstellung mit dem geplanten Patentgericht deutliche Unterschiede. In diesem Zusammenhang ist die Errichtung eines selbstständigen Gerichtssystems für Streitigkeiten, die Einheitspatente oder europäische Patente betreffen, vorgesehen. Die dem Patentgericht übertragenen Zuständigkeiten sind ausschließlicher Natur, wodurch dieses im Rahmen seiner Zuständigkeiten an die an Stelle der nationalen Gerichte tritt. Dies wäre bei einem Europäischen Handelsgericht indes nicht der Fall. Vielmehr würde ein Europäisches Handelsgericht lediglich ein zusätzliches Forum bilden und damit die mitgliedstaatliche Gerichtsbarkeit ergänzen. Folglich kann ein Europäisches Handelsgericht als gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten qualifiziert werden.

III. Rechtsfolgen Nach alledem ist ein Europäisches Handelsgericht als gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten berechtigt, den EuGH um Vorabentscheidung zu ersuchen. Die bloße Vorlageberechtigung kann sich zur Vorlageverpflichtung verdichten, sollte im konkreten Fall die Entscheidung nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden können.182 Am Ende des Vorabentscheidungsverfahrens steht das Urteil des EuGH. Dieses entfaltet Bindungswirkung hinsichtlich der vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung für die mit dem Verfahren befassten Gerichte183 und damit im Falle einer Vorlage durch ein Europäisches Handelsgericht auch für dieses.

§ 4 Wirkungen im nationalen Recht der Mitgliedstaaten A. Verfassungsrechtliche Implikationen Im Anschluss stellt sich die Frage, welche Wirkungen ein solches internes Abkommen zwischen mehreren Mitgliedstaaten im jeweiligen nationalen Recht entfaltet. Die Beantwortung dieser Frage richtet sich nach dem nationalen Verfassungsrecht der teilnehmenden Vertragsmitgliedstaaten. Die folgenden Ausführungen sollen sich auf das deutsche Verfassungsrecht beschränken.

182

Vgl. dazu bereits oben Kap. 5 § 3 B. I. 1. EuGH, Urt. v. 24. 06. 1969 – C-29/68, ECLI:EU:C:1969:27 Rn. 3 – Milch-, Fett- und Eierkontor; s. auch EuGH, Urt. v. 03. 02. 1977 – C-52/76, ECLI:EU:C:1977:16 Rn. 26/27 – Benedetti. 183

§ 4 Wirkungen im nationalen Recht der Mitgliedstaaten

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Im GG finden sich insbesondere in Art. 32 und Art. 59 Regelungen zu den auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik. Während Art. 32 GG die Verbandskompetenz zwischen Bund und Ländern hinsichtlich der Ausübung der auswärtigen Gewalt regelt, erstreckt sich der Regelungsgehalt des Art. 59 GG auf die Verteilung der Organkompetenz auf Bundesebene.184 Die Prüfung des Art. 32 GG ist folglich der des Art. 59 GG vorgelagert.

I. Verbandskompetenz des Bundes Art. 32 Abs. 1 GG statuiert den Grundsatz der Verbandskompetenz des Bundes hinsichtlich der Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten. Dies gilt jedenfalls für die Bereiche, die in die ausschließliche oder konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes fallen.185 Fraglich erscheint jedoch, ob Art. 32 Abs. 1 GG vorliegend überhaupt einschlägig ist. Neben Art. 32 und Art. 59 GG finden sich noch weiter Normen im Grundgesetz, die die internationalen Beziehungen der Bundesrepublik zum Gegenstand haben. Soweit es um die Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen geht, enthalten Art. 23 und Art. 24 GG Spezialvorschriften, die Art. 32 GG als leges speciales vorgehen.186 Wäre eine der beiden Normen zur Anwendung berufen, würde Art. 32 Abs. 1 GG insoweit verdrängt werden. 1. Übertragung von Hoheitsrechten Sowohl Art. 23 Abs. 1 als auch Art. 24 Abs. 1 GG setzen jeweils eine Übertragung von Hoheitsrechten auf eine zwischenstaatliche Einrichtung voraus. Mit dem Begriff der Hoheitsrechte ist schlicht die Ausübung öffentlicher Gewalt durch Legislative, Exekutive sowie Judikative gemeint.187 Schwieriger zu beantworten ist die Frage, wann eine Übertragung von Hoheitsrechten vorliegt. Der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts zufolge ermächtigt Art. 24 GG (sowie auch Art. 23 GG) „nicht eigentlich zur Übertragung von Hoheitsrechten, sondern öffnet die nationale Rechtsordnung (in der angegebenen Begrenzung) derart, daß der ausschließliche Herrschaftsanspruch der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich des Grundgesetzes zurückgenommen und der unmittelbaren Geltung und Anwendbarkeit eines Rechts aus anderer Quelle innerhalb des staatlichen Herrschaftsbereichs 184

Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 32 Rn. 24; Sachs-Streinz, GG Art. 32 Rn. 2. von Mangoldt/Klein/Starck-Kempen, GG Art. 32 Rn. 37 und 40; von Münch/KunigStarski, GG Art. 32 Rn. 21; Sachs-Streinz, GG Art. 32 Rn. 25 ff.; Dreier-Wollenschläger, GG Art. 32 Rn. 32. 186 Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 32 Rn. 24; Hömig/Wolff-H. Amadeus Wolff, GG Art. 32 Rn. 1. 187 von Münch/Kunig-Aust, GG Art. 24 Rn. 34; Maunz/Dürig-Scholz, GG Art. 23 Rn. 65; Sachs-Streinz, GG Art. 23 Rn. 55; Sachs-Streinz, GG Art. 24 Rn. 12. 185

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Raum gelassen wird“.188 Charakteristisch für die Übertragung von Hoheitsrechten sei insbesondere die Befugnis der internationalen Organisation, Maßnahmen mit Durchgriffswirkung gegenüber dem Einzelnen zu treffen, die also auf die Rechtsstellung des Bürgers de jure unmittelbar einwirken.189 Unter Anwendung dieser Kriterien ist die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts als Übertragung von Hoheitsrechten auf eine zwischenstaatliche Einrichtung zu qualifizieren. In diesem Rahmen werden nämlich Rechtsprechungsaufgaben auf ein Gericht übertragen190, dessen Träger nicht allein die Bundesrepublik Deutschland, sondern vielmehr eine Mehrzahl von Staaten ist. Zudem erhält dieses Gericht die Befugnis zur verbindlichen Streitentscheidung191 und damit gleichzeitig die Befugnis Maßnahmen mit Durchgriffswirkung gegenüber dem Einzelnen zu treffen. 2. Abgrenzung Art. 23 Abs. 1 und 24 Abs. 1 GG Während Art. 24 Abs. 1 GG die Grundnorm zur Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen darstellt, regelt Art. 23 GG die Übertragung von Hoheitsrechten im Rahmen der Mitwirkung Deutschlands an der Entwicklung der Europäischen Union. Zu diesem Zweck stellt Art. 23 Abs. 1 GG deutlich strengere Anforderungen an die Hoheitsübertragung als Art. 24 Abs. 1 GG. Dementsprechend geht für die europäische Integration die spezielle Regelung des Art. 23 Abs. 1 GG der allgemeinen Regelung des Art. 24 Abs. 1 GG vor (lex specialis).192 Nach der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts unterfällt „die Übertragung von Hoheitsrechten auf eigenständige zwischenstaatliche Einrichtungen […] Art. 23 Abs. 1 GG, wenn diese in einem Ergänzungs- oder sonstigen besonderen Näheverhältnis zum Integrationsprogramm der Europäischen Union stehen“.193 Für ein Ergänzungs- oder sonstiges besonderes Näheverhältnis könne etwa sprechen, dass die geplante Einrichtung im Primärrecht verankert, das Vorhaben in Vorschriften des Sekundär- oder Tertiärrechts vorgesehen sei oder ein sonstiger qualifizierter inhaltlicher Zusammenhang mit dem Integrationsprogramm der Europäischen Union bestehe.194 Dies gelte auch, wenn das Vorhaben (auch) von Organen der Europäischen Union vorangetrieben werde oder deren Einschaltung in die Verwirklichung des Vorhabens – etwa im Wege der Organleihe – vorgesehen sei.195 Für ein quali188

BVerfGE 37, 271, 280; s. auch BVerfGE 58, 1, 28; BVerfGE 73, 339, 374. BVerfG NVwZ 2010, 641 Rn. 14; ausführlich zur Rechtsprechung und den in der Literatur vertretenen Ansichten Maunz/Dürig-C. Calliess, GG Art. 24 Rn. 42 ff. 190 Vgl. BVerfGE 153, 74 Rn. 143. 191 Vgl. BVerfGE 153, 74 Rn. 143. 192 BVerfGE 153, 74 Rn. 119. 193 BVerfGE 153, 74 Rn. 119. 194 BVerfGE 153, 74 Rn. 125. 195 BVerfGE 153, 74 Rn. 125. 189

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fiziertes Ergänzungs- und Näheverhältnis spreche darüber hinaus, wenn ein völkerrechtlicher Vertrag ausschließlich zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgeschlossen werden solle, wenn der Zweck des Vorhabens gerade im wechselseitigen Zusammenspiel mit einem der Europäischen Union übertragenen Politikbereich liege und insbesondere dann, wenn der Weg der völkerrechtlichen Koordination gewählt werde, weil gleichgerichtete Bemühungen um eine Verankerung im Unionsrecht nicht die notwendigen Mehrheiten gefunden hätten.196 Unter Zugrundelegung dieser Kriterien, ist ein solches Näheverhältnis vorliegend nicht festzustellen. Für die Errichtung eines Europäischen Handelsgericht findet sich gerade kein Anknüpfungspunkt im Primärrecht. Vielmehr fehlt es an einer entsprechenden Unionskompetenz – dies wurde bereits ausführlich erörtert.197 Des Weiteren besteht keine enge Verknüpfung mit Regelungen des Sekundärrechts, weil das Vorhaben der Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts in Vorschriften des Sekundär- oder Tertiärrechts gerade nicht vorgesehen ist. Zudem wäre ein Europäisches Handelsgericht primär mit der Anwendung von nationalem Recht befasst. Allein die Tatsache, dass das Abkommen lediglich den Mitgliedstaaten der Union offensteht, reicht deshalb vorliegend nicht aus, um ein Näheverhältnis zum Integrationsprogramm der EU zu begründen. Zwar werden durch die Einrichtung eines Europäischen Handelsgerichts Hoheitsrechte im Bereich der rechtsprechenden Gewalt von den teilnehmenden Mitgliedsstaaten übertragen. Jedoch fehlt es insoweit am geforderten Näheverhältnis zum Recht der Europäischen Union. Deshalb unterfällt die Hoheitsübertragung nicht Art. 23 Abs. 1 GG, sondern vielmehr Art. 24 Abs. 1 GG. 3. Zwischenergebnis Für die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts ist folglich Art. 24 Abs. 1 GG einschlägig. Die Verbandskompetenz liegt infolgedessen beim Bund. Dieser kann gem. Art. 24 Abs. 1 GG durch Gesetz Hoheitsrechte übertragen. Gemeint ist insofern ein Parlamentsgesetz, das sog. Übertragungsgesetz.198

II. Vertragsschlussverfahren 1. Vertragsverhandlungen und Vertragsunterzeichnung Auf welche Weise der Abschluss völkerrechtlicher Verträge zu erfolgen hat, soll im Folgenden nur kurz skizziert werden: Die Aushandlung des Vertrags erfolgt durch 196

BVerfGE 153, 74 Rn. 125. Vgl. oben Kap. 5 § 2 A. 198 von Münch/Kunig-Aust, GG Art. 24 Rn. 41; Maunz/Dürig-C. Calliess, GG Art. 24 Rn. 54; Dreier-Wollenschläger, GG Art. 24 Rn. 35. 197

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

die bevollmächtigten Vertreter (Unterhändler) des jeweiligen Vertragsstaats (vgl. Art. 7 WVRK). Im Anschluss an die Ausarbeitung des Vertragstextes, erfolgt die Festlegung des Vertragstextes durch Unterzeichnung, oder – soweit die Unterhändler zur Unterzeichnung und damit zum Vertragsschluss nicht bevollmächtigt sind – durch Paraphierung (vgl. Art. 10 WVRK). Ein wirksamer Vertragsschluss setzt stets die Unterzeichnung des Vertragstextes voraus (in Deutschland regelmäßig durch ein Mitglied der Bundesregierung).199 Ob der Vertragsschlussprozess mit der Unterzeichnung bereits abgeschlossen ist (einphasiges Verfahren) oder darüber hinaus eine Einschaltung der innerstaatlichen Gesetzgebungsorgane erforderlich ist (mehrphasiges Verfahren), hängt vom nationalen Verfassungsrecht der Vertragsstaaten ab.200 2. Innerstaatliches Verfahren Art. 59 Abs. 2 GG normiert den Ablauf des Zustimmungsverfahrens auf Bundesebene.201 Danach bedürfen Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend. In den Fällen des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG ist eine Zustimmung des Bundestages und damit ein Durchlaufen des mehrphasigen Verfahrens somit zwingend erforderlich.202 Umfasst sind (völkerrechtliche) Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln (Alt. 1) oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen (Alt. 2). Politische Verträge sind nach der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts nicht schon alle internationalen Übereinkünfte, die sich auf öffentliche Angelegenheiten beziehen.203 „Hinzukommen muß vielmehr, daß die Existenz des Staates, seine territoriale Integrität, seine Unabhängigkeit, seine Stellung oder sein maßgebliches Gewicht in der Staatengemeinschaft durch den Vertrag selbst berührt werden. Namentlich die Verträge, die darauf gerichtet sind, die Machtstellung eines Staates anderen Staaten gegenüber zu behaupten, zu befestigen oder zu erweitern, sind als politische Verträge in diesem Sinne zu betrachten.“204 Für die Frage, ob sich ein Vertrag auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht, ist nach der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts „entscheidend […], ob im konkreten Fall ein Vollzugsakt 199 Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 74; von Münch/Kunig-Starski, GG Art. 59 Rn. 31. 200 Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke-Butzer/Haas, GG Art. 59 Rn. 29 f.; Maunz/ Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 71. 201 Rechtsvergleichende Hinweise bei Dreier-Heun, GG Art. 59 Rn. 11 f. 202 Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 71; von Münch/Kunig-Starski, GG Art. 59 Rn. 32. 203 BVerfGE 1, 372, 380 f.; BVerfGE 90, 286, 359. 204 BVerfGE 1, 372, 381; s. auch BVerfGE 90, 286, 359.

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unter Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften erforderlich ist“.205 Dies ist dann der Fall, „wenn der Bund durch den Vertrag Verpflichtungen übernimmt, deren Erfüllung allein durch Erlaß eines Bundesgesetzes möglich ist“.206 Zustimmungspflichtige Verträge sind also solche, die unter Heranziehung der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes nur durch ein Gesetz vollzogen werden können, aber auch solche, die bereits gesetzlich geregelte Materien betreffen.207 Art. 59 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GG betrifft damit nicht die Abgrenzung von Kompetenzen zwischen Bund und Ländern, sondern die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Gesetzgebung und Verwaltung.208 Vorliegend soll ein internes Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Völkerrechtssubjekte geschlossen werden, welches die Übertragung von Hoheitsrechten i. S. von Art. 24 Abs. 1 GG zum Gegenstand hat. Aufgrund dessen ist jedenfalls Art. 59 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 GG erfüllt.209 Folglich muss das gegenständliche Abkommen das in Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG vorgesehene Verfahren durchlaufen. Fraglich erscheint jedoch, ob Art. 59 Abs. 2 GG vorliegend überhaupt zur Anwendung gelangt. Dies hängt maßgeblich davon ab, in welchem Verhältnis Art. 24 Abs. 1 zu Art. 59 Abs. 2 GG steht. Teilweise wird eine alleinige Anwendung von Art. 24 Abs. 1 GG befürwortet.210 Dieser Ansicht liegt die Vorstellung zugrunde, dass Art. 24 Abs. 1 GG als Spezialregelung die Anwendung von Art. 59 Abs. 2 GG ausschließe.211 Gegen eine solche Sichtweise spricht jedoch folgende Überlegung: Art. 24 Abs. 1 GG sieht kein Zustimmungsrecht des Bundesrats vor, während sich im Rahmen des Art. 59 Abs. 2 GG die Beteiligung des Bundesrats nach den allgemeinen Regeln des Gesetzgebungsverfahrens richtet. Eine Hoheitsübertragung auf eine zwischenstaatliche Einrichtung i. S des Art. 24 Abs. 1 GG könnte also stets ohne Zustimmung des Bundesrates erfolgen, obwohl dies „für die föderale Tiefenstruktur der Bundesrepublik Deutschland sehr viel weitergehende und greifbarere Folgen haben [kann] als ein völkerrechtlicher Vertrag, der bestimmte Bindungen für die Bundesrepublik Deutschland begründet“.212 Es erscheint nicht nachvollziehbar, weshalb in diesen Fällen niedrigere Anforderungen gelten sollten, als im Falle eines „ein205

BVerfGE 1, 372, 388. BVerfGE 1, 372, 389. 207 Dreier-Heun, GG Art. 59 Rn. 31; von Mangoldt/Klein/Starck-Kempen, GG Art. 59 Rn. 67; Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 107. 208 BVerfGE 1, 372, 390; Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 106; Sachs-Streinz, GG Art. 59 Rn. 31. 209 Maunz/Dürig-C. Calliess, GG Art. 24 Rn. 56; Hömig/Wolff-Domgörgen, GG Art. 59 Rn. 6; von Mangoldt/Klein/Starck-Kempen, GG Art. 59 Rn. 63; Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 99; Sachs-Streinz, GG Art. 24 Rn. 24. 210 Dreier-Wollenschläger, GG Art. 24 Rn. 82. 211 Dreier-Wollenschläger, GG Art. 24 Rn. 82; s. auch von Mangoldt/Klein/Starck-Classen, GG Art. 24 Rn. 23. 212 Nettesheim, Umfassende Freihandelsabkommen und Grundgesetz, S. 115. 206

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

fachen Vertragsschlusses“ i. S. des Art. 59 Abs. 2 GG.213 Deshalb sollte bei einer Hoheitsübertragung i. S. des Art. 24 Abs. 1 GG stets Art. 59 Abs. 2 GG neben Art. 24 Abs. 1 GG zur Anwendung gelangen.214 Theoretisch bedarf es demnach eines Übertragungsgesetzes i. S. des Art. 24 Abs. 1 GG sowie eines Vertragsgesetzes215 i. S. des Art. 59 Abs. 2 GG. In der Praxis wird jedoch nur ein Gesetz erlassen, das eine Doppelfunktion erfüllt.216 Die Beteiligungsform des Bundesrats richtet sich wegen Art. 59 Abs. 2 GG nach den allgemeinen Regeln über das Gesetzgebungsverfahren.217 Das Grundgesetz unterscheidet insoweit zwischen Zustimmungs- und Einspruchsgesetzen: Die Fälle einer Zustimmungsbedürftigkeit sind abschließend gesetzlich geregelt, in allen anderen Fällen steht dem Bundesrat eine bloße Einspruchsmöglichkeit zu.218 Macht der Bund – wie vorliegend – von einer konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch, so bedarf das entsprechende Gesetz gem. Art. 74 Abs. 2 GG der Zustimmung des Bundesrates, soweit durch das Gesetz die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 25 oder Nr. 27 geregelten Sachgebiete betroffen sind. Das Vertragsgesetz ermächtigt die Exekutive zur anschließenden Ratifikation des völkerrechtlichen Vertrags.219 Diese erfolgt gem. Art. 59 Abs. 1 GG durch den Bundespräsidenten und markiert den Abschluss des Vertragsschlussverfahrens.

III. Wirkung im innerstaatlichen Recht Neben der Ratifikationsermächtigung überführt das Vertragsgesetz den Inhalt des völkerrechtlichen Vertrags in die deutsche Rechtsordnung und verhilft den Vertragsbestimmungen zur innerstaatlichen Geltung.220 Umstritten ist jedoch, auf welche Weise genau die innerstaatliche Geltung der Vertragsbestimmungen herbeigeführt wird: Während die Transformationstheorie davon ausgeht, dass völkerrecht213 Nettesheim, Umfassende Freihandelsabkommen und Grundgesetz, S. 116; aus diesem Grund hält Dreier-Wollenschläger, GG Art. 24 Rn. 36 (obwohl er eine alleinige Anwendung von Art. 24 Abs. 1 GG beförwortet) eine Zustimmung des Bundesrats – ungeachtet des eigentlich eindeutigen Wortlauts – für erforderlich; für ein solches Zustimmungsrecht auch von Mangoldt/Klein/Starck-Classen, GG Art. 24 Rn. 23. 214 Nettesheim, Umfassende Freihandelsabkommen und Grundgesetz, S. 116. 215 Synonym werden auch die Begriffe Zustimmungsgesetz, Transformationsgesetz oder Ratifikationsgesetz verwendet; zur Terminologie s. Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 90. 216 Maunz/Dürig-C. Calliess, GG Art. 24 Rn. 58; Sachs-Streinz, GG Art. 24 Rn. 24; Hömig/Wolff-H. Amadeus Wolff, GG Art. 24 Rn. 2. 217 Dreier-Heun, GG Art. 59 Rn. 44; Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 148; von Münch/Kunig-Starski, GG Art. 59 Rn. 93. 218 BVerfGE 1, 76, 79. 219 Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 95; von Münch/Kunig-Starski, GG Art. 59 Rn. 42 und 98; Sachs-Streinz, GG Art. 59 Rn. 59. 220 Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 96; Sachs-Streinz, GG Art. 59 Rn. 60.

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liche Verträge durch das Vertragsgesetz in innerstaatliches Recht transformiert, also umgewandelt werden, wird nach der Vollzugstheorie der völkerrechtliche Vertrag durch Vollzugsbefehl – erteilt durch das Vertragsgesetz – in innerstaatlich anwendbares Recht überführt.221 Der Unterschied zwischen beiden Ansichten liegt also darin, dass nach der Transformationstheorie neues staatliches Recht entsteht, wogegen nach der Vollzugstheorie der Vertrag seinen völkerrechtlichen Charakter beibehält.222 Da der Streit für die Zwecke dieser Arbeit keine relevanten Konsequenzen hat, kann auf eine nähere Erörterung der die vertretenen Theorien tragenden Argumentation verzichtet werden. Zuletzt definiert das Vertragsgesetz den Rang im innerstaatlichen Recht.223 Insoweit gilt, dass dem völkerrechtlichen Vertrag durch das Vertragsgesetz der Rang eines einfachen Bundesgesetzes vermittelt wird.224 Dementsprechend sind zur Auflösung von Kollisionsfällen mit anderen bundesgesetzlichen Regelungen die allgemeinen Grundsätze (lex posterior, lex specialis) heranzuziehen.225

B. Strukturelle Ausgestaltung: Zentral oder dezentral? Fraglich erscheint darüber hinaus, ob eine zentrale oder – in Anlehnung an das geplante Einheitliche Patentgericht226 – eine dezentrale Ausgestaltung gewählt werden sollte. Tatsächlich relativ leicht realisierbar wäre eine dezentrale Ausgestaltung mit Kammern in den teilnehmenden Mitgliedstaaten. Diese könnten schlicht an bereits bestehende Gerichtsinfrastruktur angebunden und in diese integriert werden. Der Aufwand für diese Gestaltungsvariante hielte sich demnach in Grenzen. Pro Vertragsstaat sollte zunächst eine Kammer eingerichtet werden. Sollte sich jedoch ein deutlich höherer Bedarf abzeichnen, der sich nicht durch diese eine Kammer abdecken lässt, wäre freilich eine Einrichtung weiterer Kammern in dem jeweiligen Vertragsstaat denkbar.

221

Überblick über den Theorienstreit bei Dreier-Heun, GG Art. 59 Rn. 46; von Münch/ Kunig-Starski, GG Art. 59 Rn. 101; Sachs-Streinz, GG Art. 59 Rn. 61. 222 Dreier-Heun, GG Art. 59 Rn. 46; von Münch/Kunig-Starski, GG Art. 59 Rn. 101; Sachs-Streinz, GG Art. 59 Rn. 62. 223 BVerfGE 141, 1 Rn. 46; s. auch Maunz/Dürig-Nettesheim, GG Art. 59 Rn. 97; von Münch/Kunig-Starski, GG Art. 59 Rn. 104. 224 BVerfGE 141, 1 Rn. 37 und 45 f.; s. auch Dreier-Heun, GG Art. 59 Rn. 47; von Mangoldt/Klein/Starck-Kempen, GG Art. 59 Rn. 92. 225 BVerfGE 141, 1 Rn. 49 ff.; s. auch Dreier-Heun, GG Art. 59 Rn. 47; Maunz/DürigNettesheim, GG Art. 59 Rn. 186 ff.; von Münch/Kunig-Starski, GG Art. 59 Rn. 104 und 107. 226 Vgl. Art. 7 EPGÜ.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

C. Verhältnis zu den mitgliedstaatlichen Gerichten Die Fälle, die in den Zuständigkeitsbereich eines Europäischen Handelsgerichts fallen, könnten grundsätzlich auch vor einem nationalen mitgliedstaatlichen Gericht anhängig gemacht werden. Letztlich handelt es sich bei einem Europäischen Handelsgericht um ein zusätzliches Forum zu den nationalen Gerichten. Ein Europäisches Handelsgericht wäre in erster Linie ebenfalls mit der Anwendung nationalen Rechts betraut. Deshalb stellt sich die Frage, wie das Verhältnis eines Europäisches Handelsgericht zu den mitgliedstaatlichen Gerichten ausgestaltet ist. An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf das vom Rat der Europäischen Union auf Grundlage des Art. 218 Abs. 11 AEUV beantragte Gutachten des EuGH zum ersten Entwurf des Übereinkommens zur Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems227. Dieser sah nämlich vor, dass das zu schaffende Gericht für europäische Patente und Gemeinschaftspatente (PG) im Bereich seiner ausschließlichen Zuständigkeiten an die Stelle der mitgliedstaatlichen Gerichte treten sollte. Der EuGH erklärte den Entwurf für mit dem Unionsrecht unvereinbar, weil er seine Entscheidungskompetenz gefährdet sah: „Folglich würde das geplante Übereinkommen, indem es einem außerhalb des institutionellen und gerichtlichen Rahmens der Union stehenden internationalen Gericht eine ausschließliche Zuständigkeit für die Entscheidung über eine beträchtliche Zahl von Klagen Einzelner im Zusammenhang mit dem Gemeinschaftspatent und zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts in diesem Bereich übertragen würde, den Gerichten der Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeiten zur Auslegung und Anwendung des Unionsrechts sowie dem Gerichtshof seine Zuständigkeit, auf die von diesen Gerichten zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen zu antworten, nehmen und damit die Zuständigkeiten verfälschen, die die Verträge den Unionsorganen und den Mitgliedstaaten zuweisen und die für die Wahrung der Natur des Unionsrechts wesentlich sind.“228 Überträgt man die Ausführungen des EuGH im Gutachten 1/09 auf die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts, so ist festzustellen, dass dieses wesentliche Unterschiede im Vergleich zu dem ursprünglich geplanten Patentgericht aufweist. Während das PG nämlich im Bereich seiner ausschließlichen Zuständigkeiten an die Stelle der mitgliedstaatlichen Gerichte treten sollte, beruht die Zuständigkeit eines Europäischen Handelsgerichts auf der Parteiautonomie. Eine ausschließliche Zuständigkeit, welche die Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Gerichte verdrängen könnte, ist gerade nicht vorgesehen. Ein Europäisches Handelsgericht soll den Parteien lediglich ein zusätzliches Forum für die Beilegung ihrer Streitigkeit bieten und gerade nicht an die Stelle der mitgliedstaatlichen Gerichte treten.229

227

EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 – GEPEUP. EuGH, Gutachten v. 08. 03. 2011 – C-1/09, ECLI:EU:C:2011:123 Rn. 89 – GEPEUP. 229 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 61; dies., JZ 2018, 1073, 1081. 228

§ 5 Verfahren

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§ 5 Verfahren Nachdem die Frage nach der Kompetenzgrundlage, dem Verhältnis zum Unionsrecht sowie den Wirkungen im nationalen Recht geklärt wurde, soll im Anschluss die Funktionsweise und das Verfahren des zu errichtenden Handelsgerichts erörtert werden. Freilich kann sich diese Darstellung nur auf einige, besonders wichtige Aspekte begrenzen und hat daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ziel der folgenden Ausführungen ist es daher, Impulse für die Errichtung eines solchen Gerichts zu geben.

A. Zuständigkeit Zuerst muss die Frage nach dem Zuständigkeitsbereich eines Europäischen Handelsgerichts geklärt werden. Differenziert werden soll hierbei zwischen der internationalen, der sachlichen und der örtlichen Zuständigkeit.

I. Internationale Zuständigkeit Art. 71b Brüssel Ia-VO regelt die internationale Zuständigkeit von gemeinsamen Gerichten mehrerer Mitgliedstaaten. Welche Gerichte als gemeinsame Gerichte gelten, wird in Art. 71a Abs. 2 Brüssel Ia-VO festgelegt. Danach sind das mit dem am 19. Februar 2013 unterzeichneten Übereinkommen zur Schaffung eines Einheitlichen Patentgerichts (EPGÜ) errichtete Einheitliche Patentgericht (lit. a)) und der mit dem Vertrag vom 31. März 1965 über die Gründung und die Satzung des BeneluxGerichtshofes errichtete Benelux-Gerichtshof (lit. b)) gemeinsame Gerichte für die Zwecke der Brüssel Ia-VO. Hintergrund der Einfügung dieser Vorschrift in die Brüssel Ia-VO war die Unterzeichnung des EPGÜ zur Schaffung eines Einheitlichen Patentgerichts.230 Wie bereits erörtert231, lässt sich ein auf völkerrechtlicher Grundlage zu errichtendes Europäisches Handelsgericht unter Art. 71a Brüssel Ia-VO subsumieren. Folglich bestimmt sich die internationale Zuständigkeit eines Europäischen Handelsgerichts als gemeinsames Gericht i. S. des Art. 71a Brüssel Ia-VO über Art. 71b Brüssel Ia-VO. Die Vorschrift differenziert danach, ob der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat. Sollte dies der Fall sein, so ist ein gemeinsames Gericht zuständig, wenn die Gerichte eines Mitgliedstaats, der Partei der Übereinkunft zur Errichtung des gemeinsamen Gerichts ist, nach Maßgabe dieser Verordnung in einem 230

Luginbühl/Stauder, GRUR Int. 2014, 885, 886; Rauscher-Mankowski, EuZPR/EuIPR, Brüssel Ia-VO Art. 71a Rn. 4; Mankowski, GPR 2014, 330, 330; Geimer/Schütze-E. Peiffer/ M. Peiffer, Internationaler Rechtsverkehr, VO (EU) Nr. 1215/2012 Art. 71a Rn. 3. 231 Vgl. Kap. 5 § 3 A.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

unter die betreffende Übereinkunft fallenden Rechtsgebiet zuständig wären (Nr. 1). In Fällen, in denen der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat hat und die Brüssel Ia-VO die ihn betreffende gerichtliche Zuständigkeit nicht anderweitig begründet, findet Kapitel II der Verordnung, soweit einschlägig, ungeachtet des Wohnsitzes des Beklagten Anwendung (Nr. 2). Die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts sollte interessierten Parteien lediglich ein zusätzliches Forum zur Beilegung ihres Konflikts offerieren und die Begründung der Zuständigkeit dementsprechend auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit beruhen. Erforderlich ist somit eine Vereinbarung der Parteien zugunsten des Europäischen Handelsgerichts.232 Dementsprechend kommen lediglich Art. 25 sowie Art. 26 Brüssel Ia-VO als mögliche Gerichtsstände in Betracht. 1. Art. 25 Brüssel Ia-VO Gem. Art. 25 Brüssel Ia-VO können die Parteien unabhängig von ihrem Wohnsitz vereinbaren, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen. Entscheidend ist demnach eine Prorogation mitgliedstaatlicher Gerichte ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Parteien. Nicht von Art. 25 Brüssel Ia-VO erfasst sind allerdings reine Inlandssachverhalte, d. h. wenn zwei Parteien mit Wohnsitz im selben Mitgliedstaat die Zuständigkeit der Gerichte dieses Mitgliedstaats vereinbaren.233 Im Übrigen genügt jedoch ein Bezug zu einem weiteren Mitgliedstaat oder auch Drittstaat.234 Art. 25 Brüssel Ia-VO ist also auch dann anwendbar, wenn zwei Parteien, die ihren Wohnsitz im selben Mitgliedstaat haben, die internationale Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats pro- oder derogieren.235 Indem Art. 25 Brüssel Ia-VO eine Vereinbarung voraussetzt, ist nach der Rspr. des EuGH eine tatsächliche Willenseinigung erforderlich.236 Die Einhaltung der in Art. 25 Abs. 1 S. 3 Brüssel Ia-VO statuierten Formerfordernisse dient insoweit als

232 Pfeiffer, ZEuP 2016, 795, 797; Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 62; dies., JZ 2018, 1073, 1081. 233 MüKoZPO-P. Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 25 Rn. 4; Rauscher-Mankowski, EuZPR/ EuIPR, Brüssel Ia-VO Art. 25 Rn. 30; Musielak/Voit-Stadler, EuGVVO Art. 25 Rn. 3. 234 EuGH, Urt. v. 01. 03. 2005 – C-281/02, ECLI:EU:C:2005:120 Rn. 28 – Owusu; s. auch Rauscher-Mankowski, EuZPR/EuIPR, Brüssel Ia-VO Art. 25 Rn. 27 ff. 235 Zöller-Geimer, EuGVVO Art. 25 Rn. 11 ff.; MüKoZPO-P. Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 25 Rn. 4; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 579; Schlosser/Hess-Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, EuGVVO Art. 25 Rn. 6; Musielak/Voit-Stadler, EuGVVO Art. 25 Rn. 1; dagegen fordert Rauscher-Mankowski, EuZPR/EuIPR, Brüssel Ia-VO Art. 25 Rn. 34 f. einen über die bloße Vereinbarung eines Gerichtsstands in einem anderen Staat hinausgehenden objektiven Auslandsbezug. 236 EuGH, Urt. v. 14. 12. 1976 – C-24/76, ECLI:EU:C:1976:177 Rn. 7 – Estasis Salotti.

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Indiz für einen Konsens, d. h. für das Vorliegen einer Vereinbarung.237 Fragen der „materiellen Nichtigkeit“ beurteilen sich nach dem Recht des Mitgliedstaats des Gerichts oder der Gerichte, die in der Vereinbarung bezeichnet sind unter Einschluss des Kollisionsrechts.238 Die materielle Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung richtet sich also nach der lex fori prorogati. Gerichtsstandsvereinbarungen sind jedoch gem. Art. 1 Abs. 2 lit. e) vom Anwendungsbereich der Rom I-VO angenommen, weshalb ein Rückgriff auf das nationale Kollisionsrecht des betroffenen Staates erfolgen muss. Probleme ergeben sich dann, wenn, wie in Deutschland, im Zuge der Einführung der Rom I-VO die jeweiligen nationalen Kollisionsnormen gestrichen wurden und sich deshalb keine Kollisionsregel für die Anknüpfung von Gerichtsstandsvereinbarungen findet.239 Zur Lösung des Problems bietet sich eine analoge Anwendung der Art. 3 ff. Rom I-VO an.240 Im Übrigen sind die Einzelheiten im Hinblick darauf, was unter den Begriff der „materiellen Nichtigkeit“ zu fassen ist, sowie nach welchem Recht hiervon nicht erfasste, andere Fragen zu beurteilen sind, umstritten241 für die Zwecke dieser Arbeit jedoch irrelevant. Die Heranziehung der lex fori prorogati erscheint indes problematisch im Zusammenhang mit der Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts. Diese Problematik resultiert daraus, dass ein Europäisches Handelsgericht durch mehrere Mitgliedstaaten errichtet wird und damit nicht dem Gerichtssystem nur eines Mitgliedstaats zugerechnet werden kann. Aus diesem Grund sollte hilfsweise an die lex fori der jeweiligen örtlichen Kammer eines Europäischen Handelsgerichts angeknüpft werden. Sollte bspw. die deutsche Kammer vereinbart sein, wäre insofern das deutsche Recht, einschließlich des Kollisionsrechts heranzuziehen. 2. Art. 26 Brüssel Ia-VO Des Weiteren ist eine Zuständigkeit aufgrund rügeloser Einlassung i. S. des Art. 26 Brüssel Ia-VO denkbar. Danach wird das Gericht eines Mitgliedstaats, sofern es nicht bereits nach anderen Vorschriften der Brüssel Ia-VO zuständig ist, zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt. Nach der Rspr. des EuGH begründet Art. 26 Brüssel Ia-VO eine stillschweigende Zuständigkeitsvereinba-

237 EuGH, Urt. v. 14. 12. 1976 – C-24/76, ECLI:EU:C:1976:177 Rn. 7 – Estasis Salotti; s. auch Rauscher-Mankowski, EuZPR/EuIPR, Brüssel Ia-VO Art. 25 Rn. 214; Musielak/VoitStadler, EuGVVO Art. 25 Rn. 4. 238 Vgl. Erwägungsgrund 20 Brüssel Ia-VO. 239 Ferrari-Kieninger, Internationales Vertragsrecht, Rom I-VO Art. 1 Rn. 18a; Musielak/ Voit-Stadler, EuGVVO Art. 25 Rn. 5. 240 MüKoZPO-P. Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 25 Rn. 17; von Hein, RIW 2013, 97, 105; Ferrari-Kieninger, Internationales Vertragsrecht, Rom I-VO Art. 1 Rn. 18a; Musielak/VoitStadler, EuGVVO Art. 25 Rn. 5. 241 Dazu Nunner-Krautgasser, ZZP 127 (2014), 461, 473 ff.; Simotta, 3 International Journal of Procedural Law 2013, 58, 65 ff.

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rung.242 Wie Art. 25 Brüssel Ia-VO, so gilt auch Art. 26 Brüssel Ia-VO unabhängig vom Wohnsitz der Parteien.243 Die rügelose Einlassung gem. Art. 26 Brüssel Ia-VO geht einer Gerichtsstandsvereinbarung gem. Art. 25 Brüssel Ia-VO vor.244 Dementsprechend kann die Zuständigkeit eines Europäischen Handelsgerichts auch im Falle einer abweichenden Gerichtsstandsvereinbarung begründet werden, sofern sich der Beklagte auf das Verfahren einlässt.

II. Sachliche Zuständigkeit Die sachliche Zuständigkeit des Gerichts sollte auf grenzüberschreitende Sachverhalte beschränkt sein. Nicht erforderlich ist, dass die Parteien ihren Sitz in verschiedenen Staaten haben, ein grenzüberschreitendes Element kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Des Weiteren sollte ein Europäisches Handelsgericht – der Name ist hier Programm – nur für die Beilegung handelsrechtlicher Streitigkeiten zuständig sein. Damit stellt sich die Frage, welche Streitigkeiten als handelsrechtliche Streitigkeiten zu qualifizieren sein sollten. Möglich wäre eine Orientierung am Begriff der Handelssache im Sinne verschiedener europäischer Verordnungen, wie z. B. der Brüssel Ia-VO, der Rom I-VO oder auch der Rom II-VO. Diesen Verordnungen ist gemeinsam, dass sie die Eröffnung ihres Anwendungsbereichs an das Vorliegen einer „Zivil- und Handelssache“ anknüpfen (vgl. jeweils Art. 1 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO/Rom I-VO/Rom II-VO). Der Begriff der Handelssache hat hierbei keinen eigenständigen Bedeutungsgehalt; vielmehr geht er bereits im Begriff der Zivilsache auf.245 Eine Definition des Begriffs der „Zivil- und Handelssache“ lassen beide Verordnungen vermissen. Um eine möglichst einheitliche Anwendung der europäischen Verordnungen in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten, ist der Begriff autonom auszulegen.246 Entscheidend ist, dass es sich um ein Verfahren handelt, dessen Streitgegenstand materiell zivilrechtlicher Natur ist247, insbesondere in Abgrenzung zu öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten (vgl. jeweils Art. 1 Abs. 1 S. 2 Brüssel Ia-VO/Rom I-VO/Rom II-VO). Der Begriff der „Zivil- und Handelssache“

242

S. nur EuGH, Urt. v. 20. 5. 2010 – C-111/09, ECLI:EU:C:2010:290 Rn. 21 – Bilas. Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 1874e; MüKoZPO-P. Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 26 Rn. 4; Musielak/Voit-Stadler, EuGVVO Art. 26 Rn. 1; Rauscher-A. Staudinger, EuZPR/EuIPR, Brüssel Ia-VO Art. 26 Rn. 3. 244 EuGH, Urt. v. 24. 06. 1981 – C-150/80, ECLI:EU:C:1981:148 Rn. 11 – Elefanten Schuh; EuGH, Urt. v. 20. 5. 2010 – C-111/09, ECLI:EU:C:2010:290 Rn. 25 – Bilas; EuGH, Urt. v. 17. 03. 2016 – C-175/15, ECLI:EU:C:2016:176 Rn. 23 f. – Taser International. 245 Rauscher-Mankowski, EuZPR/EuIPR, Brüssel Ia-VO Art. 1 Rn. 1. 246 EuGH, Urt. v. 14. 10. 1976 – C-29/76, ECLI:EU:C:1976:137 Rn. 3 – LTU; EuGH, Urt. v. 21. 04. 1993 – C-172/91, ECLI:EU:C:1993:144 Rn. 18 – Sonntag; EuGH, Urt. v. 15. 05. 2003 – C-266/01, ECLI:EU:C:2003:282 Rn. 20 – Préservatrice foncière TIARD. 247 Zöller-Geimer, EuGVVO Art. 1 Rn. 15; MüKoZPO-P. Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 1 Rn. 1; Rauscher-Mankowski, EuZPR/EuIPR, Brüssel Ia-VO Art. 1 Rn. 1. 243

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ist dementsprechend sehr weit zu verstehen.248 Insbesondere sind hierunter – wie Art. 10 ff. Brüssel Ia-VO deutlich machen – auch Streitigkeiten, die Versicherungsund Verbrauchersachen sowie individuelle Arbeitsverträge betreffen zu subsumieren. Dass derartige Streitigkeiten nicht vor ein Europäisches Handelsgericht getragen werden sollen, ist evident und bedarf keiner näheren Erläuterung. Dies bedeutet, dass ein Abstellen auf den Begriff der Zivil- und Handelssache zu weit gewählt wäre. Gegen eine Anknüpfung an den Begriff der Handelssache spricht zudem seine Verwendung in § 95 GVG zur Bestimmung der Zuständigkeiten der KfH. Ein Europäisches Handelsgericht sollte indes gerade losgelöst von national determinierten Begrifflichkeiten agieren. Um möglichen Verwechslungen vorzubeugen, sollte eine alternative Begrifflichkeit gewählt werden.249 Vorzugswürdig erscheint es daher, an den Begriff der wirtschaftsrechtlichen Streitigkeit anzuknüpfen. Dies beugt möglichen Missverständnissen vor und ermöglicht dennoch ein weites Verständnis der vor ein Europäisches Handelsgericht potenziell zu bringenden Streitigkeiten.

III. Örtliche Zuständigkeit Die Brüssel Ia-VO enthält sowohl Gerichtsstände, die lediglich eine Bestimmung der internationalen Zuständigkeit ermöglichen, als auch solche, die zugleich die örtliche Zuständigkeit regeln. Durch den Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung gem. Art. 25 Brüssel Ia-VO können die Parteien nicht nur das international, sondern darüber hinaus auch das örtlich zuständige Gericht bestimmen. Wie gesehen250, gründet sich die internationale Zuständigkeit eines Europäischen Handelsgerichts auf einer übereinstimmenden Erklärung der Parteien. Mit dem Begriff der örtlichen Zuständigkeit ist in diesem Zusammenhang die Ermittlung der jeweiligen zuständigen Kammer in den teilnehmenden Mitgliedstaaten gemeint. Aus diesem Grund sollte zur Festlegung der örtlichen Zuständigkeit primär an eine entsprechende Vereinbarung durch die Parteien angeknüpft werden. Fraglich erscheint indes, ob es für eine Zuständigkeitsvereinbarung ausreicht, wenn die Parteien lediglich „das Europäische Handelsgericht“ vereinbaren, ohne eine Bestimmung der örtlich zuständigen Kammer vorzunehmen. Zur Lösung des Problems sind verschiedene Ansätze denkbar. Zu erwägen wäre beispielsweise eine Regelung, wonach sich die Bestimmung der örtlich zuständigen Kammer parallel zur Bestimmung der anwendbaren Rechtsordnung verhält. Wäre also deutsches Recht zur Anwendung berufen, wäre die deutsche Kammer eines Europäischen Handelsgerichts zuständig. Eine solche Lösung ist jedoch aus mehreren Gründen imprak248

phics.

EuGH, Urt. v. 10. 09. 2009 – C-292/08, ECLI:EU:C:2009:544 Rn. 23 – German Gra-

249 Vgl. zur entsprechenden Diskussion im Rahmen der Einführung von KfiH oben Kap. 2 § 2 A. II. 2. c). 250 Vgl. oben Kap. 5 § 5 A. I.

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tikabel. Das liegt einerseits daran, dass hierdurch im Einzelfall bereits im Voraus umfangreiche Ermittlungen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts erfolgen müssen. Andererseits könnte aufgrund der universellen Anwendbarkeit der Rom VOen die Rechtsordnung eines Mitgliedstaats zur Anwendung berufen werden, der gerade kein Vertragsstaat des Übereinkommens zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts ist oder gar eine drittstaatliche Rechtsordnung. Aus diesem Grund sollte im Falle einer fehlenden Vereinbarung der örtlichen Kammer versucht werden, aufgrund objektiver Kriterien eine Zuordnung vorzunehmen. Freilich können auch diese entweder auf mehrere teilnehmenden Staaten verweisen oder auf solche, die keine Teilnehmer des Übereinkommens sind und dementsprechend keine örtliche Kammer vorweisen können. Lassen sich keine eindeutigen Kriterien zugunsten einer örtlichen Kammer ausmachen, sollte die Vereinbarung für unwirksam erklärt werden. Erforderlich ist dementsprechend die Bestimmbarkeit der örtlich zuständigen Kammer.

IV. Lis pendens Probleme können sich dann ergeben, wenn mehrere Klagen wegen desselben Streitgegenstands vor verschiedenen Gerichten erhoben werden. Um Parallelverfahren und daraus resultierende unvereinbare bzw. widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden, bedarf es einer Regelung zur Koordinierung von Verfahren und zur Beachtung anderweitiger Rechtshängigkeit.251 Auch insoweit findet sich in den Art. 71a ff. Brüssel Ia-VO eine Regelung. Gem. Art. 71c Brüssel Ia-VO finden die Art. 29 bis 32 Brüssel Ia-VO Anwendung, wenn ein gemeinsames Gericht und ein Gericht eines Mitgliedstaats, der nicht Vertragspartei der Übereinkunft zur Errichtung des gemeinsamen Gerichts ist, angerufen werden. Grundsätzlich muss also das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aussetzen, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht (Prioritätsprinzip). Eine Ausnahme von diesem Prioritätsprinzip statuiert Art. 31 Abs. 2 Brüssel Ia-VO. Wird ein aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung ausschließlich zuständiges Gericht eines Mitgliedstaats angerufen, so hat das zuerst angerufene Gericht des anderen Mitgliedstaats sein Verfahren so lange auszusetzen, bis das auf der Grundlage der Vereinbarung angerufene, also das vermeintlich prorogierte Gericht über seine Zuständigkeit entschieden hat. Auf diese Weise werden Gerichtsstandsvereinbarungen und damit letztlich die Parteiautonomie gestärkt. Dies ist deshalb interessant, weil sich die Zuständigkeitsbegründung eines Europäischen Handelsgerichts in der Regel auf den Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung i. S. des Art. 25 Brüssel Ia-VO gründen wird.

251 MüKoZPO-P. Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 29 Rn. 1; Musielak/Voit-Foerste, ZPO § 261 Rn. 1.

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Im Übrigen, also für den Fall eines Kompetenzkonflikts zwischen den verschiedenen örtlichen Kammern eines Europäischen Handelsgerichts oder zwischen einer Kammer eines Europäischen Handelsgerichts und einem rein nationalen Gericht eines am Abkommen beteiligten Mitgliedstaats, sollte eine Regelung im Abkommen aufgenommen werden, wonach im Falle der Rechtshängigkeit einer Klage vor einer örtlichen Kammer, keine Klage bei einer anderen Kammer oder einem nationalen Gericht eines Vertragsmitgliedsstaats erhoben werden darf.

V. Rechtsmittel Wie oben bereits ausführlich analysiert252, ist eine Einbindung eines Europäischen Handelsgerichts in die nationalen Gerichtssysteme der (Vertrags-)Mitgliedstaaten erforderlich. Dies könnte erfolgen, indem Rechtsmittel gegen Entscheidungen eines Europäischen Handelsgerichts eingelegt werden können.253 Um einen endgültigen Abschluss des Verfahrens nicht unnötig in die Länge zu ziehen, sollte auf eine Berufungsinstanz verzichtet, und lediglich die Möglichkeit der Revision bei den obersten Zivilgerichten der Vertragsmitgliedstaaten eingerichtet werden – in Deutschland wäre dies der BGH. 1. Revisibilität ausländischen Rechts? Die Revision zum BGH ist in den §§ 542 ff. ZPO geregelt, ihre Zulässigkeit steht unter dem Vorbehalt der Zulassung (§ 543 Abs. 2 ZPO bzw. für die Sprungrevision § 566 Abs. 4 ZPO). Gem. § 545 ZPO kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. Diesbezüglich problematisch erscheint, ob in Fällen, in denen ausländisches Recht zur Anwendung berufen ist, die Revision auf eine Verletzung des ausländischen Rechts gestützt werden kann. Betroffen ist hier die Frage nach der Revisibilität ausländischen Rechts. Der Wortlaut des § 545 ZPO ist weit gefasst, indem er lediglich eine „Verletzung des Rechts“ voraussetzt. Da die Vorgängerregelung im Unterschied hierzu noch eine „Verletzung des Bundesrechts“ erforderte, interpretierten einige Stimmen diese Änderung als Öffnung der Revision auch für Verletzungen ausländischen Rechts.254 Dieser Ansicht hat der BGH255 indes eine Absage erteilt. Aus einer Zusammenschau mit § 560 ZPO ergebe sich, dass unter „Recht“ i. S. des § 545 ZPO nur das inlän252

Vgl. oben Kap. 5 § 3 B. II. 2. b) bb) (3). Die Zulassung von Rechtsmitteln ablehnend Pfeiffer, ZEuP 2016, 795, 798 f. 254 Aden, RIW 2009, 475, 477; Hess/Hübner, NJW 2009, 3132 f.; M. Stürner, FS Stürner, 1071, 1083; wohl auch Thole, ZHR 176 (2012), 15, 64 f.; für § 72 Abs. 1 FamFG Eichel, IPRax 2009, 389, 390 ff. 255 BGHZ 198, 14 Rn. 15 ff.; bestätigend BGH NJW 2014, 1244 Rn. 14. 253

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dische Recht zu verstehen sei, da andernfalls § 560 ZPO keinen Anwendungsbereich hätte.256 Zur Unterstützung seiner Auffassung verweist der BGH zudem auf die Gesetzgebungsgeschichte des § 545 ZPO, genauer auf die fehlende Erwähnung der Revisibilität ausländischen Rechts in der Gesetzesbegründung.257 Schließlich hält der BGH eine Übertragung der Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts und der grundsätzlichen Bedeutung auf die Überprüfung der Anwendung ausländischen Rechts nicht ohne weiteres für möglich.258 Der BGH könne weder ungeklärte Fragen des ausländischen Rechts von grundsätzlicher Bedeutung abschließend klären, wie es der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung erfordere, noch eine richtungsweisende Klärung für die Zukunft zur Fortbildung des Rechts herbeiführen.259 Dies resultiere daraus, dass die endgültige Klärung derartiger Rechtsfragen in jedem Fall der ausländischen Rechtspraxis vorbehalten bliebe, weshalb sich die Instanzgerichte auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht ohne weiteres verlassen könnten.260 Aus den genannten Gründen hält der BGH de lege lata ausländisches Recht für nicht revisibel.261 Eine auf die Verletzung ausländischen und damit irreversiblen Rechts gestützte Revision wäre dementsprechend unbegründet.262 Ungeachtet dessen sprechen für die Revisibilität ausländischen Rechts folgende Erwägungen: Die Gründe für eine Zulassung der Revision (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) können auch bei einer Verletzung ausländischen Rechts erfüllt sein.263 Dies resultiert insbesondere aus den „zunehmenden internationalen Verflechtungen der Rechtsordnungen“264, speziell innerhalb der Union. Der Abschluss grenzüberschreitender Unternehmensverträge bildet heutzutage keine Ausnahme, sondern ist Teil des Tagesgeschäfts; es existieren zahlreiche Gesellschaften in Deutschland, die unter Geltung einer fremden Rechtsordnung gegründet wurden.265 Vor diesem Hintergrund zeigt sich ein „wachsendes praktisches Bedürfnis“266 für die Revisibilität ausländischen Rechts. Dies gilt umso mehr, sollte tatsächlich ein Europäisches Handelsgericht errichtet werden. Es empfiehlt sich deshalb, de lege fe256

BGHZ 198, 14 Rn. 19; so schon zuvor F. Sturm, JZ 2011, 74, 75. BGHZ 198, 14 Rn. 20; so ebenfalls zuvor schon F. Sturm, JZ 2011, 74, 75 f. 258 BGHZ 198, 14 Rn. 21; so ebenfalls zuvor schon F. Sturm, JZ 2011, 74, 76. 259 BGHZ 198, 14 Rn. 21. 260 BGHZ 198, 14 Rn. 21. 261 So auch die wohl h. M., s. nur Musielak/Voit-Ball, ZPO § 545 Rn. 7 f.; Zöller-Heßler, ZPO § 545 Rn. 8; Stein/Jonas-Jacobs, ZPO § 545 Rn. 19 f.; MüKoZPO-Krüger, ZPO § 545 Rn. 11; Nagel/P. Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 11.54 f. 262 Zöller-Heßler, ZPO § 545 Rn. 14; MüKoZPO-Krüger, ZPO § 545 Rn. 13; Nagel/ P. Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 11.63. 263 Dazu ausführlich Hess/Hübner, NJW 2009, 3132, 3133 f.; s. auch Jacobs/Frieling, ZZP 127 (2014), 137, 154 ff.; Riehm, JZ 2014, 73, 75 f. 264 Hess/Hübner, NJW 2009, 3132, 3133; zuvor schon P. Gottwald, IPRax 1988, 210, 210. 265 Hess/Hübner, NJW 2009, 3132, 3132. 266 Hess/Hübner, NJW 2009, 3132, 3132. 257

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renda eine Regelung zu schaffen, die die Revisibilität ausländischen Rechts erlaubt.267 2. Möglichkeit des Rechtsmittelverzichts Gleichwohl sollte es den Parteien anheimgestellt sein, durch Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts ein Durchlaufen der zweiten Instanz zu verhindern. Auf diese Weise werden das Interesse an einer möglichst schnellen Streitbeilegung einerseits und das Interesse an einer Überprüfungsmöglichkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (und damit auch an einer zumindest möglichen Korrektur von Fehlentscheidungen) andererseits zu einem schonenden Ausgleich gebracht.

B. Anwendbares Recht Soweit kein Internationales Einheitsrecht (wie bspw. das UN-Kaufrecht268) maßgeblich ist, sollte das auf den jeweiligen Fall anwendbare Recht nach Maßgabe der Rom-Verordnungen bestimmt werden. Im Rahmen grenzüberschreitender Handelsstreitigkeiten kommen insbesondere die Kollisionsnormen der Rom I-VO und der Rom II-VO in Betracht.269

I. Rechtswahl Auch bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts sollte die Autonomie der Parteien gewährleistet werden, indem ihnen die Befugnis zur Rechtswahl übertragen wird. Die Möglichkeit der Rechtswahl wird in Art. 3 Rom I-VO und Art. 14 Rom IIVO geregelt. Danach können die Parteien das Recht wählen, dem das (außer-)vertragliche Schuldverhältnis unterliegen soll. 1. Art. 3 Rom I-VO a) Regelungsgehalt des Art. 3 Rom I-VO Art. 3 Rom I-VO statuiert in seinem Absatz eins den Grundsatz der freien Rechtswahl. Danach können die Parteien das auf den Vertrag anwendbare Recht grundsätzlich frei und somit losgelöst vom Vorliegen einer besonderen objektiven

267

Jacobs/Frieling, ZZP 127 (2014), 137, 159 f.; Stein/Jonas-Jacobs, ZPO § 545 Rn. 23. United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (CISG). 269 Pfeiffer, ZEuP 2016, 795, 798; Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 62; Rühl, JZ 2018, 1073, 1081. 268

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Verbindung wählen.270 Die Wahl erfolgt – ausdrücklich oder konkludent – durch einen Verweisungsvertrag und hat in der Regel kollisionsrechtliche Wirkung, das bedeutet unter Einschluss der zwingenden Normen des fremden Rechts.271 Möglich ist sowohl eine Teilrechtswahl (Art. 3 Abs. 1 S. 3 Rom I-VO) als auch eine nachträgliche Rechtswahl (Art. 3 Abs. 2 Rom I-VO). Art. 3 Abs. 3 und 4 Rom I-VO enthalten bestimmte Beschränkungen der Rechtswahl für reine Inlandssachverhalte bzw. reine Binnenmarktsachverhalte. Gem. Art. 3 Abs. 3 berührt die Rechtswahl der Parteien nicht die Anwendung derjenigen Bestimmungen des Rechts dieses anderen Staates, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann, wenn alle anderen Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt der Rechtswahl in einem anderen als demjenigen Staat belegen sind, dessen Recht gewählt wurde. Mit dieser Regelung soll in den Fällen, in denen der Sachverhalt Verbindungen zu nur einer Rechtsordnung aufweist und der einzige Auslandsbezug in der Rechtswahl zugunsten einer fremden Rechtsordnung besteht, den zwingenden Vorschriften272 der zuerst genannten Rechtsordnung zur Durchsetzung verholfen werden. Art. 3 Abs. 4 Rom I-VO enthält eine entsprechende Regelung für Fälle, in denen das Recht eines Drittstaats durch die Parteien gewählt wurde. Sind in einem solchen Fall alle anderen Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt der Rechtswahl in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegen, so berührt die Wahl des Rechts eines Drittstaats durch die Parteien nicht die Anwendung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts – gegebenenfalls in der von dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts umgesetzten Form – von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann. Zustandekommen und Wirksamkeit der Einigung beurteilen sich gem. Art. 3 Abs. 5 i. V. m. Art. 10 Rom I-VO nach dem sog. hypothetischen Vertragsstatut273, also dem Recht, das im Falle der Wirksamkeit des Vertrags anzuwenden wäre. Für die Beurteilung der Formwirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung ist Art. 11 Rom IVO heranzuziehen. b) Wählbarkeit nichtstaatlichen Rechts Wie bereits erörtert274 ist die Wahl eines nichtstaatlichen Regelwerks, wie beispielsweise der PECL oder auch der UNIDROIT-Principles, auf der Grundlage von 270 Mankowski, in: Leible (Hrsg.), Grünbuch zum Internationalen Vertragsrecht, 63, 86; MüKoBGB-Martiny, Rom I-VO Art. 3 Rn. 23; Rühl, FS Kropholler, 187, 192 f. 271 Rauscher-von Hein, EuZPR/EuIPR, Rom I-VO Art. 3 Rn. 4; MüKoBGB-Martiny, Rom I-VO Art. 3 Rn. 15. 272 Vgl. für das deutsche AGB Recht bereits oben Kap. 2 § 1 B. III. 3. 273 Staudinger-Hausmann, Rom I-VO Art. 10 Rn. 33; Reithmann/Martiny-Martiny, Internationales Vertragsrecht, Rn. 3.15. 274 Vgl. oben Kap. 4 § 3 B. I.

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Art. 3 Rom I-VO nicht zulässig. Möglich bleibt jedoch in jedem Fall eine materiellrechtliche Verweisung. c) Relevanz der Wählbarkeit nichtstaatlichen Rechts Ist somit die Wählbarkeit nichtstaatlichen Rechts im Anwendungsbereich der Rom I-VO nicht möglich, so stellt sich die Frage, inwieweit sich dies auf die Attraktivität eines Europäischen Handelsgerichts auswirkt. Es wurde bereits dargestellt, dass die Wahl nichtstaatlicher Regelwerke in der Praxis eine nur untergeordnete Rolle spielt.275 Nach alledem sollte die Nichtwählbarkeit nichtstaatlichen Rechts keine Nachteile für die Attraktivität der Anwahl eines Europäischen Handelsgerichts zur Folge haben. 2. Art. 14 Rom II-VO Art. 14 Rom II-VO erstreckt die Möglichkeit zur Rechtswahl auch auf außervertragliche Schuldverhältnisse. Nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses ist eine Rechtswahl stets zulässig, vor Eintritt nur wenn alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen (vgl. Art. 14 Abs. 1 S. 1 Rom II-VO). Die Wahl nichtstaatlichen Rechts wird im Rahmen des Art. 14 Rom II-VO nahezu einhellig abgelehnt.276 Begründet wird dies insbesondere mit Hinweis auf Art. 14 Abs. 2 und Art. 24 Rom II-VO, die sich jeweils auf das Recht eines Staates beziehen.277 Da jedoch nichtstaatliche Regelwerke im Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse noch keine lange Tradition aufweisen, spielen diese bislang nur eine untergeordnete Rolle.278 Auch im Rahmen der Rom II-VO sollte die Nichtwählbarkeit nichtstaatlichen Rechts somit der Attraktivität eines Europäischen Handelsgericht nicht abträglich sein.

II. Objektive Anknüpfung In Ermangelung einer Rechtswahl (subjektive Anknüpfung) sollte das auf den Fall anzuwendende Recht nach den Bestimmungen der Rom-Verordnungen zur objektiven Anknüpfung ermittelt werden. Hierbei kommen im Rahmen von Streitigkeiten vor einem Europäischen Handelsgericht insbesondere die Kollisionsnormen der Art. 4 Rom I-VO und Art. 4 ff. Rom II-VO in Betracht. 275

Vgl. oben Kap. 4 § 3 B. I. von Hein, ZEuP 2009, 6, 22; Hellgardt, RabelsZ 82 (2018), 654, 662; MüKoBGBJunker, Rom II-VO Art. 14 Rn. 15; Leible, RIW 2008, 257, 261; Rühl, FS Kropholler, 187, 190. 277 von Hein, ZEuP 2009, 6, 22; Leible, RIW 2008, 257, 261; Rühl, FS Kropholler, 187, 190. 278 Dazu Rauscher-Picht, EuZPR/EuIPR, Rom II-VO Art. 14 Rn. 36, der darauf hinweist, dass die Frage in den letzten Jahren aktueller geworden sei. 276

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III. Ordre public Gem. Art. 21 Rom I-VO sowie Art. 26 Rom II-VO kann die Anwendung einer Vorschrift des nach der Rom I-VO bzw. Rom II-VO bezeichneten Rechts versagt werden, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung („ordre public“) des Staates des angerufenen Gerichts offensichtlich unvereinbar ist. Probleme ergeben sich jedoch daraus, dass eine öffentliche Ordnung des Staates des angerufenen Gerichts bei Anrufung eines Europäischen Handelsgerichts als gemeinsames Gericht mehrerer Staaten gerade nicht existiert. Auch hier wird die Problematik einer fehlenden originären lex fori deutlich. Bereits seit einigen Jahren wird die Existenz eines genuin europäischen ordre public diskutiert.279 Ungeachtet der Schwierigkeiten und Probleme, die mit der Konstruktion eines europäischen ordre public einhergehen280, ist davon auszugehen, dass das Konzept eines europäischen gänzlich von nationalen Standards losgelöster ordre public heute jedenfalls noch nicht existiert.281 Vor diesem Hintergrund ist ein Rückgriff darauf im vorliegenden Kontext abzulehnen. An dieser Stelle zeigt sich einmal mehr die Notwendigkeit eines Rückgriffs auf die lex fori. Auch im Hinblick auf die ordre public-Kontrolle sollte dementsprechend auf die lex fori der angerufenen Kammer eines Europäischen Handelsgerichts zurückgegriffen werden.

IV. Lücken in den Rom-Verordnungen Problematisch erscheint, wie die von den Rom-Verordnungen nicht erfassten Bereiche kollisionsrechtlich zu behandeln sind. An dieser Stelle ist speziell auf die Bereichsausnahmen für Fragen des Gesellschaftsrechts in Art. 1 Abs. 2 lit. f) Rom IVO und Art. 1 Abs. 2 lit. d) Rom II-VO, sowie für Fragen der Stellvertretung in Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO hinzuweisen. Nicht vom europäischen Kollisionsrecht geregelt sind zudem Fragen des internationalen Sachenrechts. Im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Transaktionen können sich jedoch durchaus Fragen diese Rechtsbereiche betreffend stellen und die Ermittlung des auf diese Fragen anwendbaren Rechts durch ein Europäisches Handelsrecht relevant werden.

279 Dazu Basedow, FS Sonnenberger, 291; Bruns, JZ 1999, 278, 279; MüKoBGB-von Hein, EGBGB Art. 6 Rn. 168 ff.; M. Stürner, FS von Hoffmann, 463, 473 ff.; ders., in: Arnold (Hrsg.), Grundfragen des Europäischen Kollisionsrechts, 87, 93 f. 280 Ausführlich M. Stürner, FS von Hoffmann, 463, 473 ff. 281 MüKoBGB-von Hein, EGBGB Art. 6 Rn. 175; M. Stürner, in: Arnold (Hrsg.), Grundfragen des Europäischen Kollisionsrechts, 87, 94; Erman-M. Stürner, Rom I-VO Art. 21 Rn. 2a; a. A. Basedow, FS Sonnenberger, 291, 317 ff.

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1. Internationales Gesellschaftsrecht Angesichts der Tatsache, dass sich zu Fragen des internationalen Gesellschaftsrechts keine geschriebenen EU-Kollisionsnormen finden282, bestimmt jeder Staat das Gesellschaftsstatut nach seinem autonomen IPR. Da es im deutschen autonomen IPR gleichfalls an einer geschriebenen gesetzlichen Regelung fehlt, hat die Rechtsprechung zur Ermittlung des Gesellschaftsstatuts die sog. Sitztheorie entwickelt, wonach das Recht am tatsächlichen Verwaltungssitz der Gesellschaft Anwendung findet.283 Dabei handelt es sich um den „Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden“.284 Ausländische Gesellschaften, die ihren Sitz nach Deutschland verlegen (Zuzug), sind aber als rechts- und damit auch parteifähige deutsche Personengesellschaften, nämlich als OHG oder GbR anzuerkennen (modifizierte Sitztheorie).285 In seiner Entscheidung Centros286 wertete der EuGH eine Verweigerung der „Eintragung der Zweigniederlassung einer Gesellschaft […], die in einem anderen Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz hat, rechtmäßig errichtet worden ist, aber keine Geschäftstätigkeit entfaltet, [durch einen Mitgliedstaat als Verstoß gegen die Art. 52 und 58 des EG-Vertrags (jetzt Art. 49, 54 AEUV)], wenn die Zweigniederlassung es der Gesellschaft ermöglichen soll, ihre gesamte Geschäftstätigkeit in dem Staat auszuüben, in dem diese Zweigniederlassung errichtet wird, ohne dort eine Gesellschaft zu errichten und damit das dortige Recht über die Errichtung von Gesellschaften zu umgehen, das höhere Anforderungen an die Einzahlung des Mindestgesellschaftskapitals stellt“.287 Obgleich den Ausführungen des EuGH in Centros noch keine eindeutige Aussage zur Unionsrechtskonformität der Sitztheorie entnommen werden kann, so markiert diese Entscheidung doch den Ausgangspunkt einer Reihe von Entscheidungen, an deren Ende ein Übergang zur Gründungstheorie steht. In der Entscheidung Überseering288 wird sodann die Unvereinbarkeit der Sitztheorie mit der Niederlassungsfreiheit deutlich. In dem Fall, dass eine Gesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaats gegründet worden sei, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren satzungsmäßigen Sitz habe, in einem anderen Mitgliedstaat von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch mache, sei dieser andere Mitgliedstaat nach den Art. 43 und 48 EG (jetzt Art. 49, 54 AEUV) verpflichtet, die Rechtsfähigkeit und

282 Zu entsprechenden Überlegungen vgl. die Beiträge in Leible/Unberath (Hrsg.), Brauchen wir eine Rom 0-Verordnung?. 283 BGHZ 51, 27, 28; BGHZ 53, 181, 183; BGHZ 97, 269, 271. 284 BGHZ 97, 269, 272 im Anschluss an O. Sandrock, FS Beitzke, 669, 683. 285 BGHZ 151, 204, 206; BGHZ 178, 192 Rn. 23. 286 EuGH, Urt. v. 09. 03. 1999 – C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126 – Centros. 287 EuGH, Urt. v. 09. 09. 1999 – C-212/97, ECLI:EU:C:1999:126 Rn. 39 – Centros. 288 EuGH, Urt. v. 05. 11. 2002 – C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632 – Überseering.

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damit die Parteifähigkeit zu achten, die diese Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungstaats besitze.289 Eine endgültige Absage erteilte der EuGH der (modifizierten) Sitztheorie in der Entscheidung Inspire Art290. Die Art. 43 EG und 48 EG (jetzt Art. 49, 54 AEUV) stünden einer Regelung eines Mitgliedstaats […] entgegen, die die Ausübung der Freiheit zur Errichtung einer Zweitniederlassung in diesem Staat durch eine nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründete Gesellschaft von bestimmten Voraussetzungen abhängig mache, die im innerstaatlichen Recht für die Gründung von Gesellschaften bezüglich des Mindestkapitals und der Haftung der Geschäftsführer vorgesehen seien.291 Die Gründe, aus denen die Gesellschaft in dem anderen Mitgliedstaat errichtet wurde, sowie der Umstand, dass sie ihre Tätigkeit ausschließlich oder nahezu ausschließlich im Mitgliedstaat der Niederlassung ausübe, nähmen ihr nicht das Recht, sich auf die durch den Vertrag garantierte Niederlassungsfreiheit zu berufen, es sei denn, im konkreten Fall werde ein Missbrauch nachgewiesen.292 Jedoch differenziert der EuGH zwischen den eben beschriebenen sog. Zuzugsfällen und sog. Wegzugsfällen: Die Niederlassungsfreiheit gewähre einer Gesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet wurde und in diesem ihren satzungsmäßigen Sitz habe, nicht das Recht, den Sitz ihrer Geschäftsleitung unter Bewahrung ihrer Eigenschaft als Gesellschaften des Mitgliedstaats ihrer Gründung in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen.293 Unter dem Eindruck dieser Rechtsprechung des EuGH hat die deutsche Rechtsprechung für Gesellschaften, die in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Staat der Europäischen Freihandelsassoziation (mit Ausnahme der Schweiz) gegründet wurden, oder die unter dem Schutz bilateraler Staatsverträge stehen, einen Übergang zur Gründungstheorie herbeigeführt, wonach in sog. Zuzugsfällen stets das Recht des Gründungsstaates zur Anwendung gelangt und dementsprechend ein rechtsformwahrender Umzug ermöglicht wird.294 Uneinheitlich beantwortet wird jedoch die Frage, wie mit drittstaatlichen Gesellschaften zu verfahren ist. Die deutsche Rechtsprechung (daneben z. B. auch Belgien, Dänemark, Luxemburg, Frankreich oder Österreich) rekurriert in diesen Fällen auf die Sitztheorie,295 während andere Staaten, wie z. B. die des anglo-ame-

289

EuGH, Urt. v. 05. 11. 2002 – C-208/00, ECLI:EU:C:2002:632 Rn. 95 – Überseering. EuGH, Urt. v. 30. 09. 2003 – C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512 Rn. 105 – Inspire Art. 291 EuGH, Urt. v. 30. 09. 2003 – C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512 Rn. 105 – Inspire Art. 292 EuGH, Urt. v. 30. 09. 2003 – C-167/01, ECLI:EU:C:2003:512 Rn. 105 – Inspire Art. 293 EuGH, Urt. v. 27. 09. 1988 – C-81/87, ECLI:EU:C:1988:456 Rn. 24 – Daily Mail; im Anschluss daran EuGH, Urt. v. 16. 12. 2008 – C-210/06, ECLI:EU:C:2008:723 Rn. 110 – Cartesio. 294 BGHZ 154, 185, 189 f.; BGHZ 178, 192 Rn. 19; BGHZ 190, 364 Rn. 22. 295 MüKoBGB-Kindler, Int. Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 514. 290

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rikanischen Rechtskreises, die Niederlande, Ungarn oder auch die Schweiz auf die Gründungstheorie abstellen.296 Bei einem Europäischen Handelsgericht handelt es sich um ein Gericht mehrerer Mitgliedstaaten, weshalb die Geltung der Sitz- oder Gründungstheorie nicht anhand der Zugehörigkeit zum Gerichtssystem eines Mitgliedstaats bestimmt werden kann. Es fehlt insoweit – ähnlich wie bei internationalen Schiedsgerichten – an einer originären „lex fori“, auf die bei Fehlen einer einheitlichen Kollisionsnorm zurückgegriffen werden könnte. Für EU-ausländische Gesellschaften und Gesellschaften unter dem Schutz bilateraler Staatsverträge sollte nach Maßgabe der Rspr. des EuGH auf die Gründungstheorie abgestellt werden. Schwieriger gestaltet sich die Behandlung drittstaatlicher Gesellschaften. Wie soeben festgestellt, zeichnet sich in Europa kein einheitliches Bild. Rühl schlägt vor, Lücken in den Rom VOen unter Rückgriff auf allgemeine Grundsätze des europäischen Internationalen Privatrechts zu schließen, die durch eine rechtsvergleichende Analyse der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen gewonnen werden müssten.297 Gegen eine rechtsvergleichende Lösung spricht, dass sie mitunter umfangreiche, zeit- und kostenintensive Ermittlungen erfordert. Des Weiteren stellt sich die Frage, wie zu verfahren wäre, wenn der angestellte Rechtsvergleich ergibt, dass die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen keine einheitliche Lösung der Rechtsfrage, sondern vielmehr unterschiedliche Ansätze vertreten. Daher sollte im Interesse der Praktikabilität eine rechtsvergleichende Lösung ausscheiden. Pfeiffer favorisiert für etwa verbleibende Fälle, in denen es auf nationales IPR ankommt, „eine Auffangregel […], die an ein bestimmtes nationales IPR – z. B. des hypothetisch zuständigen Forums (bei Zuständigkeitskonkurrenz: wohl nach Wahl des Klägers) – anknüpft“.298 Diese Lösung scheint allerdings ebenfalls impraktikabel, weil sie unter Umständen einer zeitintensiven Ermittlung des hypothetisch zuständigen Forums bedarf und damit den Rechtsstreit unnötig in die Länge zieht. Denkbar wäre darüber hinaus – in Anlehnung an die Schiedsgerichtsbarkeit299 – eine Anknüpfung an das Kollisionsrecht des Staates, in dem die jeweils für die Streitigkeit zuständige nationale Kammer ihren Sitz hat. Wäre beispielsweise eine Kammer des Europäischen Handelsgerichts in Deutschland zuständig, so würde diese Kammer auf drittstaatliche Gesellschaften die Sitztheorie anwenden. Problematisch erscheint, dass möglicherweise dieselbe Rechtsfrage innerhalb eines Europäischen Handelsgerichts eine unterschiedliche Behandlung erfahren würde, je nachdem welche Kammer über die Frage entscheidet. Gleichwohl erscheint eine Heranziehung der lex fori deshalb vorzugswürdig, weil sie eine verhältnismäßig 296

MüKoBGB-Kindler, Int. Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 512 f. Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 62; dies., JZ 2018, 1073, 1081; in diese Richtung auch Wengler, Internationales Privatrecht, S. 261: Übereinstimmendes Recht der Gründerstaaten als lex fori. 298 Pfeiffer, ZEuP 2016, 795, 798. 299 Monografisch hierzu Gentinetta, Die lex fori internationaler Handelsschiedsgerichte. 297

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einfache und infolgedessen schnellere Ermittlung des anwendbaren Rechts ermöglicht. Die Frage nach der Behandlung drittstaatlicher Gesellschaften sollte dementsprechend nach der lex fori der im Einzelfall örtlich zuständigen Kammer beantwortet werden. 2. Sonstige Probleme des IPR AT Aus dem Bereich des auf europäischer Ebene nicht kodifizierten Kollisionsrechts können zudem Fragen des internationalen Sachenrechts sowie der Stellvertretung relevant werden. Grundsätzlich bieten sich zur Lösung ebenfalls die soeben erörterten Ansätze an. Im Hinblick auf die Ermittlung des Sachenrechtsstatuts sollten die verschiedenen Lösungsansätze zu konvergenten Ergebnissen kommen, weil eine Anknüpfung an die lex rei sitae in den Internationalen Privatrechten der europäischen Mitgliedstaaten weit verbreitet ist.300 Jedoch sollte das Problem der fehlenden „originären“ lex fori aus Gründen der Rechtssicherheit einheitlich behandelt werden. Aus diesem Grund ist auch für sonstige Probleme des nicht vereinheitlichten Internationalen Privatrechts ein Rückgriff auf die lex fori der örtlichen Kammer zu bevorzugen.

C. Besetzung des Gerichts I. Auswahl und Qualifikation der Richter Um ein Europäisches Handelsgericht für internationale Parteien möglichst attraktiv zu gestalten, ist die Besetzung des Gerichts mit hochqualifizierten Richtern von äußerster Wichtigkeit. Die Richter müssen über die Befähigung zum Richteramt in einem Mitgliedstaat, über ausgewiesene Expertise im internationalen Wirtschaftsrecht sowie über langjährige Erfahrung bei der Beilegung grenzüberschreitender Wirtschaftsstreitigkeiten verfügen.301 Dies schließt auch die für eine Verfahrensführung in englischer Sprache notwendigen Sprachkompetenzen ein. Als Vorbild könnten hier die Richter am Commercial Court of London and Wales dienen, deren Expertise weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und gefragt ist. Freilich darf nicht verkannt werden, dass die Richter am Commercial Court in London solche des Common Law sind. Mit dem Brexit wird der bedeutendste Common-Law-Staat (neben Irland, Zypern und Malta) aus der EU austreten. Gleichwohl steht den Parteien grenzüberschreitender Streitigkeiten freilich weiter-

300 Martiny, IPRax 2012, 119, 124; Schmid/Hertel, Real Property Law and Procedure in the European Union, S. 82 f. 301 In Anlehnung an Art. 15 EPGÜ.

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hin die Möglichkeit offen, ihre (außer-)vertraglichen Beziehungen den Regeln des englischen Common Law zu unterwerfen.302 Aus diesem Grund erscheint es am attraktivsten und effektivsten, in Anlehnung an den SICC, einen Richterpool einzurichten, der sich aus Richtern verschiedener Mitgliedstaaten, vorzugsweise sowohl aus Common-Law- als auch aus Civil-LawStaaten zusammensetzt.303 Auf diese Weise kann solchen Parteien, die an einer Vollstreckung außerhalb des Vereinigten Königreichs interessiert sind und für die ein Prozess vor einem englischen Gericht post Brexit deshalb nicht infrage kommt, die Wahl englischen Rechts weiterhin ermöglicht werden, weil nationale Gerichte und Richter aus Civil-LawStaaten mit der Anwendung des Common Law häufig nicht vertraut sein werden. Es könnte sich somit auf europäischer Ebene ein Gericht mit besonderer Expertise sowohl im Civil Law als auch im Common Law etablieren.

II. Bildung der Spruchkörper Die jeweiligen Spruchkörper sollten aus drei Richtern bestehen und multinational zusammengesetzt werden.304 Hierbei sollte der Vorsitzende Richter die Staatsangehörigkeit des Staates besitzen, in dem die örtliche Kammer ihren Sitz hat. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass in den Fällen, in denen auf die lex fori dieser Kammer zurückgegriffen werden muss, zumindest einer der Richter dieses Recht beherrscht, was wiederum zur Beschleunigung des Verfahrens beiträgt. Die Zuteilung der beiden beisitzenden Richter sollte grundsätzlich nach ihrer Expertise aus dem Richterpool erfolgen.305

III. Gesetzlicher Richter, Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG Wie bereits festgestellt306, ist ein Übereinkommen zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts als völkerrechtlicher Vertrag in nationales Recht umzusetzen. Das Vertragsgesetz vermittelt dem völkerrechtlichen Vertrag den Rang einfachen Bundesrechts. Dementsprechend gilt insbesondere das Grundgesetz als Maßstab. Fragen zur Besetzung des Gerichts tangieren somit insbesondere das in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG statuierte Recht auf den gesetzlichen Richter. Differenziert 302

Das nach der Rom I-VO bzw. Rom II-VO berufene Recht muss nicht das Recht eines Mitgliedstaats sein, vgl. Art. 2 Rom I-VO und Art. 3 Rom II-VO. 303 So auch Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 62; dies., JZ 2018, 1073, 1082. 304 In Anlehnung an Art. 8 Abs. 1 EPGÜ. 305 In Anlehnung an Art. 8 Abs. 2 EPGÜ. 306 Vgl. oben Kap. 5 § 4 A.

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werden soll zwischen dem formellen und dem materiellen Gehalt des Rechts auf den gesetzlichen Richter.307 1. Formeller Gehalt a) Grundsatz Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG formuliert schlicht: „Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.“ Das Recht auf den gesetzlichen Richter ist als grundrechtsgleiches Recht308 und damit als tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde zu qualifizieren (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG). Der tatsächliche Gehalt des Rechts ergibt sich indes nicht aus dem Wortlaut der Norm. Nach der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts soll die Garantie des gesetzlichen Richters der Gefahr vorbeugen, dass die Justiz durch eine Manipulierung der rechtsprechenden Gewalt sachfremden Einflüssen ausgesetzt, insbesondere durch die Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werde.309 Hierdurch solle insbesondere auch die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtssuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden.310 Aus diesem Zweck folge, dass es einen Bestand an abstrakt-generellen Regelungen geben müsse, die für jeden Streitfall im Voraus den Richter bezeichnen, der für die Entscheidung zuständig ist.311 Es gehöre zum Begriff des gesetzlichen Richters, dass nicht für bestimmte Einzelfälle bestimmte Richter ausgesucht werden, sondern dass die einzelne Sache „blindlings“ aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Merkmale an den entscheidenden Richter gelange.312 Der rechtsstaatliche Grundsatz vom gesetzlichen Richter untersage mithin die willkürliche Auswahl des zur Mitwirkung berufenen Richters von Fall zu Fall, im Gegensatz zu einer normativen, abstrakt-generellen Vorherbestimmung.313 Unter den Begriff des „gesetzlichen Richters“ fällt hierbei „nicht nur das Gericht als organisatorische Einheit oder das erkennende Gericht als Spruchkörper […], sondern auch die zur Entscheidung im Einzelfall berufenen Richter“.314 Es müssen

307 Zu diesen Begrifflichkeiten Maunz/Dürig-Jachmann-Michel, GG Art. 101 Rn. 20 und 29; Hömig/Wolff-H. Amadeus Wolff, GG Art. 101 Rn. 5. 308 Teilweise wird auch der Begriff des Verfahrensgrundrechts verwendet, s. BVerfG WM 2012, 1374, 1377; so auch Maunz/Dürig-Jachmann-Michel, GG Art. 101 Rn. 16. 309 BVerfGE 17, 294, 299; BVerfGE 82, 286, 296; BVerfGE 95, 322, 327. 310 BVerfGE 4, 412, 416; BVerfGE 95, 322, 327. 311 BVerfGE 2, 307, 319 f.; BVerfGE 19, 52, 60; BVerfGE 95, 322, 327 f. 312 BVerfGE 95, 322, 329. 313 BVerfGE 82, 286, 298; BVerfGE 95, 322, 329. 314 BVerfGE 17, 294, 298 f.; BVerfGE 19, 52, 59.

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folglich „allgemeine Regelungen darüber bestehen […], welches Gericht, welcher Spruchkörper und welcher Richter“315 entscheiden wird. Die Bestimmung des gesetzlichen Richters vollzieht sich damit auf drei Ebenen: Auf einer ersten Ebene wird die sachliche, örtliche und instanzielle Zuständigkeit eines Gerichts durch den Gesetzgeber festgelegt.316 Innerhalb des nach diesen Vorschriften zuständigen Gerichts erfolgt die Verteilung der Rechtsstreitigkeiten durch das Präsidium mittels eines Geschäftsverteilungsplans auf die Spruchkörper des Gerichts.317 Zuletzt müssen innerhalb des zuständigen Spruchkörpers die Geschäfte mittels spruchkörperinterner Geschäftsverteilungspläne auf die im Einzelfall mitwirkenden Richter verteilt werden.318 Als Anknüpfungspunkte für die Verteilung können Merkmale wie beispielsweise Aktenzeichen, Eingangsdatum, Rechtsgebiet oder Herkunftsgerichtsbezirk der anhängigen Sache herangezogen werden.319 In der Praxis relativ häufig ist zudem eine Verteilung nach dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens des Beklagten.320 Spezialkenntnisse der Richter können auf diese Weise nicht angemessen berücksichtigt werden.321 Ebenso lässt sich eine gleichmäßige Auslastung nur schwer erreichen: Der Umfang der eingehenden Verfahren und der damit einhergehende Arbeitsanfall ist zu Beginn eines Geschäftsjahres nicht absehbar.322 Nachträgliche Änderungen sind nur ganz ausnahmsweise zulässig.323 Aufgrund dessen werden Auflockerungen der starren und wenig flexiblen Richterzuweisung bereits seit Jahrzehnten diskutiert.324 b) Ausnahme: Wahl der Richter? Einer der gravierendsten Unterschiede zwischen dem Verfahren vor staatlichen Gerichten und dem vor Schiedsgerichten ist die Möglichkeit der (Schieds-)Richterbestellung durch die Parteien. In der Regel bestellt im Rahmen eines schiedsgerichtlichen Verfahrens jede Partei einen Schiedsrichter, die wiederum einen dritten Schiedsrichter als Vorsitzenden des Schiedsgerichts bestellen. Wie eben gesehen erfolgt die Zuteilung der Richter in Verfahren vor deutschen staatlichen Gerichten

315

BVerfGE 21, 139, 145; BVerfGE 40, 356, 361. BVerfGE 95, 322, 328. 317 BVerfGE 92, 322, 328; einfachgesetzlich geregelt in § 21e GVG. 318 BVerfGE 92, 322, 328; BVerfGE 97, 1, 10; einfachgesetzlich geregelt in § 21g GVG. 319 BVerfGE 95, 322, 331; BVerfGE 97, 1, 10. 320 Stein/Jonas-Jacobs, GVG § 21e Rn. 12; Zöller-Lückemann, GVG § 21e Rn. 13; Saenger-Rathmann, GVG § 21e Rn. 7. 321 Götz von Olenhusen, DRiZ 2014, 296, 300. 322 Götz von Olenhusen, AnwBl 2014, 568, 570. 323 Vgl. § 21e Abs. 3 und § 21g Abs. 2 GVG; ein Überblick zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu findet sich bei Lotz, FS Graf-Schlicker, 73, 75 ff. 324 S. dazu bereits die Nachweise in Kap. 4 Fn. 6. 316

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auf andere Weise. Eine Richterauswahl durch die Parteien ist hier nicht vorgesehen, entsprechende Vereinbarungen sind somit de lege lata nicht zulässig.325 Fraglich erscheint, ob diese Möglichkeit gleichwohl grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig wäre. Auf den ersten Blick verbietet Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG lediglich die Entziehung des gesetzlichen Richters. Können sich die Parteien auf einen Richter bzw. eine Spruchkammer einigen, so liegt hierin zunächst keine Entziehung in diesem Sinne.326 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sollen – darauf wurde bereits hingewiesen327 – durch die Garantie des gesetzlichen Richters Manipulationen der Judikative vermieden werden, und zwar ungeachtet dessen, von welcher Seite die Manipulation ausgeht. Adressat der Norm ist aber der Staat, nicht hingegen die Partei eines Zivilverfahrens, die im Gegenteil gerade geschützt werden soll.328 Bedenken begegnet eine Richterauswahl durch die Parteien im Hinblick auf eine gleichmäßige Auslastung der Richter bzw. Spruchkörper.329 Eine Richterwahl durch die Parteien birgt das Risiko, dass einige Richter bzw. Spruchkörper deutlich häufiger angewählt werden könnten als andere, was wiederum umfangreiche Umverteilungen330 erfordern würde.331 Diese gegen die Zulässigkeit einer parteilichen Richterwahl vorgebrachten Argumente sind jedoch eher rechtspolitischer denn verfassungsrechtlicher Natur.332 Folglich ist eine parteiliche Richterwahl als mit der aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Garantie des gesetzlichen Richters vereinbar anzusehen.333 Auch Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie Art. 47 Abs. 2 GR-Charta stehen einer Parteiwahl nicht entgegen. Regelungsgehalt beider Normen ist insbesondere das Verbot von Gerichten ohne gesetzliche Grundlage sowie von ad hoc errichteten Ausnahmegerichten.334 Nicht erforderlich ist hingegen, dass der für den jeweiligen

325

G. Wagner, Prozeßverträge, S. 573. C. A. Kern, ZZP 130 (2017), 137, 169. 327 Vgl. die Nachweise in Kap. 5 Fn. 309. 328 Dreier-Schulze-Fielitz, GG Art. 101 Rn. 39; G. Wagner, Prozeßverträge, S. 572; Weth, FS Lüke, 961, 967. 329 Lüke, FS Baumgärtel, 349, 357; H. Roth, JZ 2014, 801, 806; G. Wagner, Prozeßverträge, S. 572 f. 330 Zu möglichen Lösungsvarianten s. G.-P. Calliess, Der Richter im Zivilprozess – sind ZPO und GVG noch zeitgemäß? Gutachten zum 70. Deutschen Juristentag, A 76 f.; s. auch Lüke, FS Baumgärtel, 349, 357. 331 H. Roth, JZ 2014, 801, 806. 332 Lüke, FS Baumgärtel, 349, 357; H. Roth, JZ 2014, 801, 806: „Jedenfalls sprechen rechtspolitische Erwägungen gegen den Vorschlag …“. 333 Lüke, FS Baumgärtel, 349, 356; Weth, FS Lüke, 961, 967 f. 334 Für Art. 47 GRCh s. Stern/Sachs-Alber, GRCh Art. 47 Rn. 107; Meyer/Hölscheidt-Eser/ Kubiciel, GRCh Art. 47 Rn. 33; Jarass, Charta der Grundrechte der EU, GRCh Art. 47 Rn. 23; für Art. 6 EMRK s. Karpenstein/Mayer-F. Meyer, EMRK Art. 6 Rn. 41. 326

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Rechtsstreit zuständige Richter vorab durch Gesetz festgelegt wird.335 Darüber hinaus sind auch Konventions- bzw. Unionsmitgliedstaaten an die Verfahrensgarantien der Art. 6 EMRK und Art. 47 GR-Charta gebunden, die das Prinzip des gesetzlichen Richters gar nicht oder nicht in derart strenger Ausprägung wie in Deutschland kennen.336 Dementsprechend könnte für Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht eine Regelung geschaffen werden, die es den Parteien ermöglicht, Einfluss auf die Zusammensetzung des ihren Rechtsstreit entscheidenden Spruchkörpers zu nehmen, indem sie die beiden beisitzenden Richter aus dem Richterpool auswählen.337 Die Bestimmung des Vorsitzenden Richters sollte hingegen nicht der Disposition der Parteien unterliegen. 2. Materieller Gehalt In materieller Hinsicht erfordert der Grundsatz des gesetzlichen Richters, dass der Rechtsstreit durch einen den Anforderungen der Art. 92 ff. GG genügenden Richter entschieden wird.338 Aus Art. 97 GG folgt demnach, dass die sachliche (Abs. 1) sowie persönliche Unabhängigkeit (Abs. 2) der Richter gewährleistet sein muss.339 Zusätzlich wird die Unabhängigkeit des Gerichts auf völkerrechtlicher Ebene durch Art. 6 EMRK, sowie auf europäischer durch Art. 47 GR-Charta abgesichert.

D. Sonstige Verfahrensregeln Zusätzlich zur Erarbeitung und zum Abschluss des Übereinkommens zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts ist die Ausarbeitung einer Verfahrensordnung erforderlich. An dieser Stelle sollen einige aus Sicht der Verfasserin im Zusammenhang mit der Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts besonders wichtige Aspekte aufgegriffen werden. Abschließend sollen Möglichkeiten im Hinblick auf die nicht behandelten Aspekte einer Verfahrensordnung diskutiert werden.

335 Stern/Sachs-Alber, GRCh Art. 47 Rn. 108 f.; Meyer/Hölscheidt-Eser/Kubiciel, GRCh Art. 47 Rn. 34; Jarass, Charta der Grundrechte der EU, GRCh Art. 47 Rn. 23. 336 Rechtsvergleichender Überblick bei Eser, FS Salger, 247, 258 ff.; s. auch C. A. Kern, ZZP 130 (2017), 91, 97 ff.; s. auch Koch, FS Nakamura, 281, 288 ff. 337 So für die KfH auch Podszun/Rohner, NJW 2019, 131, 133. 338 BVerfGE 23, 321, 325; BVerfGE 82, 286, 298; s. auch Maunz/Dürig-Jachmann-Michel, GG Art. 101 Rn. 85. 339 BVerfGE 4, 331, 344; BVerfGE 87, 68, 85; s. auch Sachs-Detterbeck, GG Art. 97 Rn. 1.

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I. Gerichtssprache 1. Englisch als Gerichtssprache Wie bereits dargelegt340 stellt die Möglichkeit einer Verfahrensführung in englischer Sprache einen – wenn auch nicht den wichtigsten – Aspekt im Rahmen der Entscheidung für einen Streitschlichtungsmechanismus dar. Deshalb sollten Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht in englischer Sprache geführt werden.341 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass vor einem Europäischen Handelsgericht freilich nicht nur das gesamte Verfahren, sondern auch die Abfassung der Entscheidungen des Gerichts und der Protokolle auf Englisch erfolgen kann. Hierin liegt der entscheidende Vorteil gegenüber der in Deutschland bereits eingerichteten KfiH am LG Frankfurt sowie der Internationalen Kammer des Court of Appeal in Paris. Vor diesen Kammern ist der Einsatz der englischen Sprache auf die Durchführung weniger Verfahrensschritte begrenzt. Demzufolge findet eine unschöne Aufspaltung in „englischsprachigen Teil“ und „deutsch- bzw. französischsprachigen Teil“ statt, die bei Anwahl eines Europäischen Handelsgerichts vermieden werden kann. Die Verfahrensführung in englischer Sprache sollte indes auf die erste Instanz beschränkt bleiben. Vor dem BGH erscheint diese Möglichkeit derzeit nicht realistisch.342 2. Weitere Gerichtssprachen? Es ließe sich erwägen neben der englischen Sprache noch weitere Verfahrenssprachen zuzulassen. Denkbar wäre beispielsweise eine Anlehnung an die Amts- und Arbeitssprachen der EU. Meines Erachtens ist hiervon jedoch abzuraten. Aktuell sind in der EU 24 Amts- und Arbeitssprachen anerkannt. All diese Sprachen als Verfahrenssprachen vor einem Europäischen Handelsgericht zuzulassen, würde wohl häufig zu einer Verzögerung des Verfahrens (insbesondere durch die Notwendigkeit der Einschaltung von Dolmetschern) und einer Einbuße an der Qualität der Entscheidungen führen. Dem Interesse an der Schaffung eines möglichst attraktiven und effizienten Rechtsprechungsorgans wird somit nur eine Begrenzung auf die englische Sprache gerecht. Dies sollte ausreichend und im Ergebnis, wie eben festgestellt, sogar vorteilhaft sein. Fraglich erscheint jedoch, ob diese Sprachenregelung mit Art. 18 AEUV vereinbar ist. Danach ist jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Unter einer Diskriminierung ist jede nicht gerechtfertigte Ungleichbe-

340 341 342

Vgl. oben Kap. 2 § 1 B. III. 2. Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 62. Vgl. dazu bereits oben Kap. 2 § 2 A. II. 2. b).

§ 5 Verfahren

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handlung, die zu einer Benachteiligung führt, zu verstehen.343 Erfasst sind sowohl offene bzw. direkte, als auch versteckte bzw. indirekte Diskriminierungen.344 Eine offene Diskriminierung liegt – wie der Begriff bereits vermuten lässt – immer dann vor, wenn diese offensichtlich aufgrund der Staatsangehörigkeit erfolgt.345 Im Unterschied hierzu ist eine versteckte Form der Diskriminierung anzunehmen, wenn die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale (als der Staatsangehörigkeit) tatsächlich jedoch zu dem gleichen Ergebnis führt.346 Ob Art. 18 AEUV ein absolutes oder relatives Diskriminierungsverbot statuiert, ist umstritten.347 Jedenfalls für versteckte Diskriminierungen kommt aber nach bestätigter Rechtsprechung des EuGH eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung durch objektive Umstände in Betracht.348 Durch die Zulassung lediglich der englischen Sprache und den damit automatisch einhergehenden Ausschluss aller anderen europäischen Sprachen, könnte insofern eine Ungleichbehandlung vorliegen, als sich EU-Bürger aus Mitgliedstaaten mit englischer Amtssprache keinem Fremdsprachengebrauch vor Gericht ausgesetzt sehen, sondern in ihrer Muttersprache prozessieren können, während all diejenigen EU-Bürger, deren Muttersprache nicht die englische Sprache ist, hingegen nicht von einer entsprechenden Regelung profitieren. Eine offene Diskriminierung ist hierin wohl nicht zu sehen, knüpft doch die Sprachregelung nicht ausdrücklich an die Staatsangehörigkeit an. Gleichwohl werden sich weit überwiegend Muttersprache und Staatsangehörigkeit einer Person decken. Hierin könnte eine versteckte Diskriminierung i. S. des Art. 18 Abs. 1 AEUV zu sehen sein.349 Unter die Kategorie der versteckten Diskriminierungen fallen nach der Rechtsprechung des EuGH insbesondere Rückgriffe auf den Wohnsitz bzw. die Niederlassung, den Ausbildungsort, aber eben auch gewisse Sprachregelungen.350

343 Grabitz/Hilf/Nettesheim-von Bogdandy, AEUV Art. 18 Rn. 6; Pechstein/Nowak/HädeMichl, AEUV Art. 18 Rn. 5 f.; Streinz-Streinz, AEUV Art. 18 Rn. 46. 344 EuGH, Urt. v. 12. 2. 1974 – C-152/73, ECLI:EU:C:1974:13 Rn 11. – Sotgiu; EuGH, Urt. v. 29. 10. 1980 – C-22/80, ECLI:EU:C:1980:251 Rn. 9 – Boussac; s. auch Calliess/RuffertEpiney, AEUV Art. 18 Rn. 12; Streinz-Streinz, AEUV Art. 18 Rn. 4 und 52. 345 EuGH, Urt. v. 12. 2. 1974 – C-152/73, ECLI:EU:C:1974:13 Rn 11. – Sotgiu; EuGH, Urt. v. 29. 10. 1980 – C-22/80, ECLI:EU:C:1980:251 Rn. 9 – Boussac. 346 EuGH, Urt. v. 12. 2. 1974 – C-152/73, ECLI:EU:C:1974:13 Rn. 11 – Sotgiu; EuGH, Urt. v. 29. 10. 1980 – C-22/80, ECLI:EU:C:1980:251 Rn. 9 – Boussac. 347 Überblick bei Grabitz/Hilf/Nettesheim-von Bogdandy, AEUVArt. 18 Rn. 20 ff. m. w. N. 348 EuGH, Urt. v. 10. 02. 1994 – C-398/92, ECLI:EU:C:1994:52 Rn. 17 – Mund Fenster; EuGH, Urt. v. 23. 01. 1997 – C-29/95, ECLI:EU:C:1997:28 Rn. 19 – Pastoors. 349 S. zur entsprechenden Diskussion im Rahmen der Einführung von Englisch als Gerichtssprache vor nationalen deutschen Gerichten Flessner, NJOZ 2011, 1913, 1922 f.; Hoppe, IPRax 2010, 373, 375; C. A. Kern, Erasmus Law Review 2012, 187, 206 f. 350 EuGH, Urt. v. 24. 11. 1998 – C-274/96, ECLI:EU:C:1998:563 – Bickel und Franz; EuGH, Urt. v. 27. 3. 2014 – C-322/13, ECLI:EU:C:2014:189 – Grauel Rüffer; Calliess/RuffertEpiney, AEUV Art. 18 Rn. 12.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Die Urteile zur Sprachenregelung bezogen sich jeweils auf eine „nationale Regelung […], die Bürgern, die eine bestimmte Sprache sprechen, bei der es sich nicht um die Hauptsprache des betreffenden Mitgliedstaates handelt, und die im Gebiet einer bestimmten Körperschaft leben, den Anspruch darauf einräumt, dass Strafverfahren [bzw. Zivilverfahren351] in ihrer Sprache durchgeführt werden, ohne dieses Recht auch den Angehörigen anderer Mitgliedstaaten einzuräumen, die dieselbe Sprache sprechen und sich in diesem Gebiet bewegen und aufhalten.“352 Eine Diskriminierung hat der EuGH nur deshalb angenommen, weil der Anspruch, dass ein Straf- bzw. Zivilverfahren im Gebiet einer bestimmten Körperschaft in der Sprache des Betroffenen (die von der Amtssprache abweicht) durchgeführt wird, davon abhängig war, dass dieser dort wohnte.353 Hierin sah der EuGH eine versteckte Diskriminierung, da von der Regelung die meisten der eigenen Staatsangehörigen profitierten, nicht aber die meisten Angehörigen anderer Mitgliedstaaten, da sie das Wohnsitzkriterium nicht erfüllten.354 Wird aber eine zusätzliche Verfahrenssprache unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Prozessbeteiligten angeboten, kann dies keinen Verstoß gegen Art. 18 AEUV begründen. Dies muss erst recht dann gelten, wenn es sich um ein gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten handelt, weil es insofern an einer „Amtssprache“ und damit an einer originären Gerichtssprache fehlt. Jedenfalls aus deutscher Sicht liegt kein Verstoß gegen Art. 18 AEUV vor, da gerade nicht zwischen eigenen und fremden Staatsangehörigen differenziert wird und demzufolge keine Ungleichbehandlung erkennbar ist. Im Ergebnis ist ein Verstoß gegen Art. 18 Abs. 1 AEUV daher abzulehnen.

II. Prozessvertretung durch EU-Anwälte Zur Vertretung vor einer örtlichen Kammer berechtigt sein sollten alle Rechtsanwälte mit Zulassung in dem Staat, in dessen Hoheitsgebiet die betreffende Kammer ihren Sitz hat. Für Rechtsanwälte aus anderen Mitgliedstaaten sollten die Bestimmungen der RL 98/5/EG (Niederlassungsrichtlinie für Rechtsanwälte)355 und

351 352

Franz. 353

Franz. 354

Franz.

EuGH, Urt. v. 27. 3. 2014 – C-322/13, ECLI:EU:C:2014:189 Rn. 27 – Grauel Rüffer. EuGH, Urt. v. 24. 11. 1998 – C-274/96, ECLI:EU:C:1998:563 Rn. 31 – Bickel und EuGH, Urt. v. 24. 11. 1998 – C-274/96, ECLI:EU:C:1998:563 Rn. 26 – Bickel und EuGH, Urt. v. 24. 11. 1998 – C-274/96, ECLI:EU:C:1998:563 Rn. 25 – Bickel und

355 Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde (ABl. L 77 vom 14. 3. 1998, S. 36).

§ 5 Verfahren

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der RL 77/249/EWG (Dienstleistungsrichtlinie für Rechtsanwälte)356 herangezogen werden. Im Unterschied zur Niederlassungsrichtlinie, die Regelungen zur ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als in dem, in dem die Berufsqualifikation erworben wurde, enthält, beschränkt sich die Dienstleistungsrichtlinie auf Vorschriften zur lediglich vorübergehenden grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung. Für Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht dürften daher vor allem die Normen der Dienstleistungsrichtlinie interessieren. Ob der ausländische Rechtsanwalt i. S. des Art. 5 der Richtlinie hierbei lediglich im Einvernehmen entweder mit einem bei dem angerufenen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt oder mit einem bei diesem Gericht tätigen „avoué“ oder „procuratore“ handeln darf, ist dem jeweiligen nationalen Umsetzungsgesetz357 zu entnehmen. Eine Vertretung durch Anwälte aus Drittstaaten erscheint demgegenüber nur schwer zu realisieren. In Anlehnung an die Verfahrensordnung des SICC könnte jedoch für Anwälte aus Drittstaaten zumindest die Möglichkeit geschaffen werden, vor Gericht im Einvernehmen mit einem für Verfahren vor dem Europäischen Handelsgericht zugelassenen Rechtsanwalt aufzutreten. Der „drittstaatliche“ Anwalt könnte insbesondere zu Fragen des fremden Rechts seine Expertise einbringen und somit zur Verbesserung der Rechtsanwendung und damit der Qualität des Urteils beitragen.

III. Vertraulichkeit des Verfahrens Insbesondere in hochpreisigen Handels- und Wirtschaftsstreitigkeiten wird es von den Beteiligten als Vorteil empfunden, wenn das Verfahren vertraulich, sprich unter Ausschluss der Öffentlichkeit und Wahrung des Geheimnisschutzes durchgeführt wird.358 Wie bereits aufgezeigt359, ist in Schiedsverfahren umfangreichere Vertraulichkeit zu erlangen als in Verfahren vor staatlichen Zivilgerichten. Aus diesem Grund entscheiden sich die Streitparteien häufig für die Durchführung eines Schiedsverfahrens anstelle eines staatlichen Gerichtsverfahrens. Fraglich erscheint daher, inwieweit das Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht vertraulich ausgestaltet werden kann. Auch an dieser Stelle soll zwischen der Öffentlichkeit des Verfahrens einerseits und dem Geheimnisschutz andererseits differenziert werden. 356 Richtlinie 77/249/EWG des Rates vom 22. März 1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte (ABl. L 78 vom 26. 3. 77, S. 17). 357 Umgesetzt in Deutschland im Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG). 358 Vgl. oben Kap. 4 § 5. 359 Vgl. bereits ausführlich oben Kap. 4 § 5.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

1. Einschränkungen der Öffentlichkeit Zunächst sollen mögliche Einschränkungen der Öffentlichkeit zum Schutz der Parteien diskutiert werden. Wie bereits festgestellt360, wird der deutsche Zivilprozess vom Grundsatz der Öffentlichkeit determiniert. Zwar wird für Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht eine eigene Verfahrensordnung gelten, weshalb die Vorschriften des GVG mithin nicht zur Anwendung gelangen (lex specialis). Dies bedeutet, dass konsequenterweise die §§ 169, 172 GVG für die Ausgestaltung des Öffentlichkeitsprinzips nicht herangezogen werden. Jedoch ist der Grundsatz der Öffentlichkeit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips im Grundgesetz verankert, eine Abschaffung dementsprechend verfassungsrechtlich nicht zulässig.361 Die Ausgestaltung des Öffentlichkeitsprinzips obliegt dem Gesetzgeber.362 Möglich sind auch Einschränkungen dieses Grundsatzes durch Gesetz.363 Denkbar und rechtlich zulässig wäre jedenfalls eine Regelung entsprechend § 172 Nr. 2 GVG, also ein Ausschluss der Öffentlichkeit zur Wahrung eines wichtigen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses, durch dessen öffentliche Erörterung überwiegende schutzwürdige Interessen verletzt würden. Jedoch sollte die Begrenzung auf ein wichtiges Geheimnis entfallen.364 Ein (vermeintlicher) Geheimnisträger kann sich ohnehin nur dann auf das Bestehen eines Geheimnisses berufen, wenn ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.365 Das Vorliegen eines berechtigten Geheimhaltungsinteresses impliziert bereits eine Wichtigkeit des Geheimnisses. Zudem sollte – im Unterschied zu § 172 Nr. 2 GVG – ein bindendes Antragsrecht eingeführt werden.366 Unter der Prämisse, dass sich eine der Parteien tatsächlich auf ein Geschäftsoder Betriebsgeheimnis berufen kann, sollte die Öffentlichkeit auf Antrag des Geheimnisinhabers zwingend ausgeschlossen werden.367 Ein solches Antragsrecht ist verfassungsrechtlich unbedenklich.368 Der Grundsatz der Öffentlichkeit gewährt gerade kein subjektives Recht des Einzelnen auf Teilnahme an einer Gerichtsver360

Vgl. oben Kap. 4 § 5 A. I. Stein/Jonas-Jacobs, GVG § 169 Rn. 6; M. Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, S. 244; MüKoZPO-W. Zimmermann, GVG § 169 Rn. 3 f. 362 BVerfGE 103, 44, 64; s. auch M. Wolf, Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige, S. 244. 363 Kissel/H. Mayer, GVG, § 169 Rn. 4. 364 Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.-amerikanischen Zivilprozeß und im Rechtshilfeverfahren, S. 161, plädiert unter geltendem Recht für eine großzügige Handhabung des richterlichen Ermessens. 365 Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.-amerikanischen Zivilprozeß und im Rechtshilfeverfahren, S. 161. 366 P. Gottwald, BB 1979, 1780, 1781; Köbl, FS Schnorr von Carolsfeld, 235, 248 ff.; Simotta, FS Matschner, 449, 462 ff.; Götz, Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Zivilverfahren, S. 214 ff., ist der Ansicht, dass sich ein bindendes Antragsrecht auch im Rahmen des § 172 Nr. 2 GVG im Wege der Analogie begründen lässt. 367 Götz, Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Zivilverfahren, S. 214 ff.; Simotta, FS Matschner, 449, 462. 368 Götz, Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Zivilverfahren, S. 216 f. 361

§ 5 Verfahren

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handlung.369 Dies zeigt auch die Existenz des § 52 FGO, der ein solches bindendes Antragsrecht gerade vorsieht.370 Fraglich erscheint, ob Art. 6 EMRK einem bindenden Antragsrecht entgegensteht. Zwar erlaubt Art. 6 EMRK grundsätzlich einen Verzicht auf die Öffentlichkeit durch die Betroffenen, gewährt aber keinen Anspruch, d. h. das Gericht ist an einen parteilichen Verzicht gerade nicht gebunden.371 Vorliegend soll ein bindendes Antragsrecht aber gerade nur für die Fälle eingerichtet werden, in denen auch tatsächlich ein Ausschlussgrund vorliegt und gerade nicht losgelöst vom Bestehen eines Ausschlussgrundes. 2. Geheimnisschutz Wird die Öffentlichkeit zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ausgeschlossen, sollte dem Gericht die Möglichkeit gegeben werden, den anwesenden Personen eine Geheimhaltungsverpflichtung hinsichtlich aller Tatsachen, von denen sie durch die Verhandlung Kenntnis erlangen, aufzuerlegen. Besteht jedoch ein Konkurrenzverhältnis zwischen Kläger und Beklagtem, so ist der durch nichtöffentliche Verhandlung und auferlegte Schweigepflicht gewährte Schutz unzureichend.372 Möglicherweise kann der Geheimnisschutz für Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht de lege ferenda durch Einführung eines sog. In-camera-Verfahrens aber noch ausgeweitet werden. Die folgenden Ausführungen sollen sich auf die Möglichkeit der Geheimhaltung während des Prozesses beschränken. Wenngleich die Einführung eines In-camera-Verfahrens aus Geheimnisschutzaspekten durchaus wünschenswert ist, so stellt sich die Frage, ob der Ausschluss einer der Parteien von der gerichtlichen Beweisaufnahme eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör i. S. des Art. 103 GG darstellt. Nach st. Rspr. des Bundesverfassungsgerichts gibt die Vorschrift „dem Beteiligten grundsätzlich ein Recht darauf, daß er Gelegenheit erhält, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlaß der Entscheidung zu äußern“.373 Dementsprechend verlangt das Recht auf Gehör, „daß einer gerichtlichen Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen Stellung zu nehmen den Beteiligten Gelegenheit gegeben war“.374 Diese 369 BVerfGE 103, 44, 64 („Prozesse finden in der, aber nicht für die Öffentlichkeit statt.“); Stein/Jonas-Jacobs, GVG § 169 Rn. 6; Kissel/H. Mayer, GVG, § 169 Rn. 53. 370 Dazu Köbl, FS Schnorr von Carolsfeld, 235, 248 f. 371 Allgemein zum Verzicht auf das „Recht auf ein Gericht“ EGMR, Urt. v. 27. 02. 1980 – 6903/75 Série A No. 35, Ziff. 49 – Deewer; s. auch MüKoZPO-W. Zimmermann, GVG § 169 Rn. 6 und 30. 372 Vgl. dazu bereits oben Kap. 4 § 5 B. I. 373 BVerfGE 1, 418, 429; s. auch BVerfGE 22, 267, 273; BVerfGE 54, 140, 142; BVerfGE 89, 381, 392. 374 BVerfGE 6, 12, 14; s. auch BVerfGE 89, 381, 392; BVerfGE 101, 106, 129.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Anforderungen sind im Falle eines Ausschlusses einer Partei von der Beweisaufnahme nicht erfüllt. Dementsprechend bedeutet die Durchführung des Beweisverfahrens „in camera“ stets eine Einschränkung des Anspruchs auf rechtliches Gehör i. S. des Art. 103 GG für die jeweils ausgeschlossene Partei. Jedoch kann der Anspruch auf rechtliches Gehör nach der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts eingeschränkt werden, wenn dies durch sachliche Gründe hinreichend gerechtfertigt ist.375 Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass gerade ein Absehen von einem In-camera-Verfahren zu einer Minderung des Individualrechtsschutzes führe, die erheblich schwerer wiege als eine Einschränkung des rechtlichen Gehörs.376 Nicht nur dem Rechtsschutzsuchenden, sondern auch dem Gericht fehle jede Möglichkeit der Kenntnisnahme. Die Geheimhaltung entscheidungserheblicher Tatsachen wirke sich regelmäßig nachteilig für den Rechtsschutzsuchenden aus. Das ungeschmälerte rechtliche Gehör würde die Effektivität des Rechtsschutzes im Ergebnis herabsetzen, statt sie zu stützen. Werde der von Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete effektive Rechtsschutz aber erst – wie in den Fällen der Geheimhaltungsbedürftigkeit von Tatsachen – durch eine Beschränkung des rechtlichen Gehörs möglich, dann liege in dem damit verbundenen Vorteil, dass jedenfalls das Gericht die vollständigen Akten kennt und aufgrund dieser Kenntnis zu dem Schluss kommen kann, dass die Geheimhaltungsinteressen nicht vorliegen oder nicht überwiegen, ein hinreichender sachlicher Grund. Der Anspruch auf rechtliches Gehör, der dem Rechtsschutz des Einzelnen diene, könne diesem nicht entgegengehalten werden, wenn der begrenzte Verzicht darauf seinen Rechtsschutz ausnahmsweise verbessere. Nur unter dieser Voraussetzung, nicht dagegen zur Verminderung der Rechtsschutzposition des Betroffenen sei ein In-camera-Verfahren mit dem Grundgesetz vereinbar.377 Diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts bezogen sich jedoch „auf die Bewältigung einer bipolaren Konfliktlage“.378 Für die Bewältigung einer multipolaren Konfliktlage müssten die Erwägungen im Hinblick auf die Zulässigkeit der Durchführung eines In-camera-Verfahrens ausschließlich zur Verbesserung einer Rechtsschutzposition gegebenenfalls modifiziert werden.379 Es gilt zu berücksichtigen, dass die in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts einen verwaltungsprozessualen Fall betrafen. Die vorgefundenen Ergebnisse lassen sich jedoch auf den Zivilprozess übertragen, da die Situation des Geheimnisinhabers insoweit vergleichbar ist.380 Unter Zugrundelegung der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts lässt sich demnach ein Ausschluss sowohl der beweisbelasteten als auch der nicht beweisbelasteten Partei rechtfertigen. Für die 375 376 377 378 379 380

BVerfGE 81, 123, 129; BVerfGE 101, 106, 129; BVerfGE 115, 205, 240. Die nachfolgenden Ausführungen entstammen BVerfGE 101, 106, 130. BVerfGE 101, 106, 130. BVerfGE 115, 205, 239. BVerfGE 115, 205, 239. Bornkamm, FS Ullmann, 893, 906 f.; Stadler, ZZP 123 (2010), 261, 275 f.

§ 5 Verfahren

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beweisbelastete Partei sind Einschränkungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör deshalb hinnehmbar, weil sich ihre Chancen auf Rechtsdurchsetzung durch den Ausschluss gerade verbessern.381 Schwieriger gestaltet sich hingegen ein Ausschluss zulasten der nicht beweisbelasteten Partei. Deren Ausschluss lässt sich nämlich – im Unterschied zur beweisbelasteten Partei – gerade nicht mit einer Verbesserung der eigenen Position im Prozess rechtfertigen. Vielmehr bedeutete ein Ausschluss der nicht beweisbelasteten Partei eine Verkürzung ihres rechtlichen Gehörs zugunsten der Gegenpartei.382 Gleichwohl lässt sich auch ein Ausschluss der nicht beweisbelasteten Partei verfassungsrechtlich rechtfertigen. Das Rechtsschutz- sowie Geheimnisschutzinteresse der beweisbelasteten Partei gebieten eine Einschränkung des rechtlichen Gehörs der nicht beweisbelasteten Partei.383 Auch das Bundesverfassungsgericht scheint gegen einen Ausschluss der nicht beweisbelasteten Partei keine grundsätzlichen Bedenken anzumelden.384 Stadler weist jedoch zurecht darauf hin, dass die Folgen der Einschränkung des rechtlichen Gehörs abgemildert werden können, indem stets für die ausgeschlossene Partei ein vom Gericht bestellter Anwalt anwesend sein sollte.385 Im Ergebnis ist somit ein Ausschluss sowohl der beweisbelasteten als auch der nicht beweisbelasteten Partei und damit die Einführung eines In-camera-Verfahrens verfassungsrechtlich zulässig. Hierzu bedarf es jedoch – auch dies hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt – einer gesetzlichen Grundlage.386 Diese sollte für Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht geschaffen werden. Die Durchführung eines gänzlich vertraulichen Verfahrens fernab jeder öffentlichen Wahrnehmung ist folglich nicht möglich. Gleichwohl muss dieser Umstand der Attraktivität eines Europäischen Handelsgerichts nicht zwingend abträglich sein. So bieten Verfahren vor dem London Commercial Court ebenfalls keine Vertraulichkeit ähnlich der eines Schiedsverfahrens. Der Erfolg des London Commercial Court zeigt somit, dass sich Parteien von diesem vermeintlichen Nachteil nicht abschrecken lassen.387 Darüber hinaus kann durch eine Kombination von Ausschluss der Öffentlichkeit und In-camera-Verfahren ausreichender Geheimnisschutz erreicht werden.

381

Stadler, ZZP 123 (2010), 261, 276; so bereits zuvor R. Stürner, JZ 1985, 453, 459. R. Stürner, JZ 1985, 453, 459. 383 Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.-amerikanischen Zivilprozeß und im Rechtshilfeverfahren, S. 250; R. Stürner, JZ 1985, 453, 459. 384 So auch McGuire, GRUR 2015, 424, 431. 385 Stadler, Der Schutz des Unternehmensgeheimnisses im deutschen und U.S.-amerikanischen Zivilprozeß und im Rechtshilfeverfahren, S. 246 ff.; krit. Schlosser, FS Großfeld, 997, 1010. 386 BVerfGE 115, 205, 240. 387 Bauw, Erasmus Law Review 2019, 15, 22. 382

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

IV. Beteiligung von Dritten Problematisch erscheint darüber hinaus eine Beteiligung von dritten, ursprünglich nicht am Verfahren beteiligten Personen. Aus deutscher Perspektive sind diesbezüglich insbesondere die Nebenintervention und die Streitverkündung als Anwendungsfälle zu nennen. Bedenken ergeben sich insbesondere im Hinblick auf die Nutzung des Englischen als Verfahrenssprache. Diese Problematik entspringt dem Umstand, dass sich die ursprünglich am Verfahren beteiligten Personen durch Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung auf die Zuständigkeit des Europäischen Handelsgerichts und damit wenigstens implizit auf eine Verfahrensführung in englischer Sprache geeinigt haben. Dies gilt freilich nicht für einen später hinzutretenden Dritten.388 Diesem darf aber eine Verfahrensführung auf Englisch nicht aufgezwungen werden.389 Blickt man an dieser Stelle auf die Regelungen der auf nationaler Ebene in den Mitgliedstaaten eingerichteten Commercial Courts so fällt auf, dass diese hilfsweise auf die für rein nationale Verfahren vorgesehene, offizielle Gerichtssprache zurückgreifen. So regelt der Gesetzentwurf zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen, dass im Falle eines Beitritts nach § 74 ZPO auf Antrag des Dritten ein Dolmetscher hinzuzuziehen oder das Verfahren auf Deutsch fortzuführen ist.390 Auch die Verfahrensordnung des Netherlands Commercial Court enthält eine Regelung dazu, wie im Falle eines Beitritts von Dritten zu verfahren ist. Diese sieht vor, dass ein Beitritt nur dann möglich ist, wenn der Dritte entweder der Verhandlung in englischer Sprache durch Abgabe einer schriftlichen Erklärung zugestimmt hat oder wenn die anderen Verfahrensparteien der Fortführung des Verfahrens in niederländischer Sprache zustimmen.391 Die Rules of Court des Singapore International Commercial Court enthalten zwar ebenfalls Vorschriften zum Beitritt von Dritten. Diese sind jedoch für den hier interessierenden Fall nur wenig hilfreich, stellt doch die Verfahrensführung in englischer Sprache in Singapur keine Besonderheit dar. Eine Abkehr hiervon ist deshalb denklogisch nicht vorgesehen. Bei Ausgestaltung eines Europäischen Handelsgerichts als gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten kommt indes ein Rückgriff auf eine andere Sprache nicht in Betracht, da es insoweit an einer offiziellen Gerichtssprache fehlt. Ein Beitritt sollte demzufolge nur dann möglich sein, wenn sich der Dritte mit der Verhandlung in englischer Sprache bzw. der Hinzuziehung eines Dolmetschers einverstanden erklärt. Für den Fall, dass der Dritte keine entsprechende Erklärung abgibt, sollte der Beitritt für unzulässig erklärt und das Verfahren ohne Rücksicht auf den Dritten fortgesetzt 388

Vgl. zur entsprechenden Diskussion im Rahmen der Einführung von Kammern für internationale Handelssachen BR-Drs. 53/18, S. 21. 389 S. Huber, in: Kramer/van Rhee (Hrsg.), Civil litigation in a globalising world, 291, 309. 390 Vgl. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 42/10; vgl. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs BR-Drs. 53/18. 391 Art. 2.2 NCC Rules.

§ 5 Verfahren

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werden. Zeugen und Sachverständigen ist für den Fall, dass sie der englischen Sprache nicht mächtig sein sollten, ein Dolmetscher zur Verfügung zu stellen.

V. Elektronischer Prozess Um das Verfahren möglichst effizient und prozessökonomisch auszugestalten, sollten die Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnik genutzt werden.392 Besonders wichtig erscheint angesichts des internationalen Charakters des Verfahrens und des damit häufig einhergehenden auseinanderfallenden (Wohn-)Sitzes der Parteien, die Möglichkeit der virtuellen mündlichen Verhandlung. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass die Parteien, ihre Bevollmächtigten, aber auch Zeugen oder Sachverständige sich während einer mündlichen Verhandlung bzw. während einer Vernehmung, an einem anderen Ort als dem Ort der Gerichtsverhandlung aufhalten. Zur Durchführung der vorzunehmenden Verfahrenshandlungen bzw. Vernehmungen bedient sich das Gericht der Videoübertragung (Bild- und Tonübertragung), beispielsweise via Skype. Auf diese Weise wird den Parteien eine mitunter aufwendige und kostspielige Anreise erspart. Befinden sich die Parteien oder die zu vernehmenden Zeugen bzw. Sachverständigen jedoch in einem anderen Staat als das Gericht, so stellt sich die Frage, ob hier eine Durchführung der mündlichen Verhandlung oder Vernehmung im Wege der Videoübertragung überhaupt zulässig ist. Dies erscheint deshalb fraglich, weil die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Zeugenvernehmung grundsätzlich hoheitliches Handeln darstellt.393 Aus diesem Grund ist ein Gericht, das eine hoheitliche Handlung im Ausland vornehmen will, auf die Inanspruchnahme von Rechtshilfe angewiesen.394 Ob dies auch für den Einsatz von Videokonferenzen gilt, ist umstritten. Innerhalb der Union gilt die Verordnung über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Ziviloder Handelssachen (EuBVO)395. Die Verordnung unterscheidet zwei Formen der Beweisaufnahme: die sog. aktive (Art. 1 Abs. 1 lit. a) EuBVO) und die sog. passive Rechtshilfe (Art. 1 Abs. 1 lit. b) EuBVO). Aus Art. 10 Abs. 4 und Art. 17 Abs. 4 EuBVO ergibt sich, dass sowohl die aktive als auch die passive Rechtshilfe unter 392 Zur Möglichkeit der Durchführung von Online-Verfahren im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie s. Fries, GVRZ 2020, 27; Greger, MDR 2020, 509; Mantz/Spoenle, MDR 2020, 637; Reuß, JZ 2020, 1135; Windau, NJW 2020, 2753. 393 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 120 und 442; Nagel/P. Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 7.35; Schaumburg, ZRP 2002, 313, 315. 394 MüKoZPO-Fritsche, ZPO § 128a Rn. 3; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 853; Schaumburg, ZRP 2002, 313, 315. 395 Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27. 6. 2001, S. 1).

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Verwendung von Kommunikationstechnologien, insbesondere im Wege der Videokonferenz durchgeführt werden können. Aus der Existenz dieser beiden Vorschriften ließe sich die Konsequenz ziehen, dass die grenzüberschreitende Durchführung von Videokonferenzen als Beweisaufnahme im Sinne der Verordnung und damit lediglich unter Zuhilfenahme von Rechtshilfe möglich ist, da eine Regelung, die den Einsatz von Videotechnologien zum Gegenstand hat, andernfalls nicht erforderlich wäre.396 Dafür könnte auch sprechen, dass sich eine Videoschaltung ins Ausland, ungeachtet dessen, dass diese zwar vom Inland aus vorgenommen wird, das Gericht also formal betrachtet im Inland handelt, dennoch im Ausland auswirkt.397 Gegen eine solche Sichtweise könnte jedoch die Entscheidung des EuGH in der Sache ProRail398 sprechen, die sich mit dem zwingenden Charakter der EuBVO befasst. Hier kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass die Vorschriften der EuBVO im Hinblick auf die Beweisaufnahme durch einen gerichtlichen Sachverständigen nicht unbedingt verpflichtend anzuwenden sei.399 Insoweit ließe sich argumentieren, dass die bloße Existenz der Art. 10 Abs. 4 und Art. 17 Abs. 4 EuBVO der Durchführung von Videokonferenzen auch außerhalb der Bestimmungen der Verordnung – parallel zum gerichtlichen Sachverständigen – nicht im Wege steht.400 Die ab dem 1. Juli 2022 geltende Neufassung der Beweisaufnahmeverordnung401 enthält – im Unterschied zu Art. 17 der (aktuell noch) gültigen Fassung – nunmehr in Art. 20 eine ausdrückliche Regelung der unmittelbaren Beweisaufnahme per Videokonferenz. Danach wird die Vernehmung einer Person mit Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat im Wege der Videokonferenz in Fällen der unmittelbaren Beweisaufnahme bzw. passiven Rechtshilfe zur Methode der Wahl. Die Möglichkeit der Durchführung einer unmittelbaren Beweisaufnahme im Wege der Videokonferenz außerhalb der Vorschriften der EuBVO dürfte mit dieser Regelung nur schwer in Einklang zu bringen sein.402 Die audiovisuelle Zuschaltung einer Person aus dem Ausland berührt somit die Souveränität des fremden Staates und ist ohne dessen Genehmigung völkerrechtlich

396

Hess, AnwBl 2011, 321, 324; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 863. Bertele, Souveränität und Verfahrensrecht, S. 81; Schultzky, NJW 2003, 313, 314; Musielak/Voit-Stadler, ZPO § 128a Rn. 8. 398 EuGH, Urt. v. 21. 02. 2013 – C-332/11, ECLI:EU:C:2013:87 – ProRail. 399 EuGH, Urt. v. 21. 02. 2013 – C-332/11, ECLI:EU:C:2013:87 Rn. 49 – ProRail. 400 Rauscher-von Hein, EuZPR/EuIPR, EuBVO Art. 1 Rn. 22; S. Huber, ZEuP 2014, 642, 660; MüKoZPO-Rauscher, EG-BewVO Art. 1 Rn. 12. 401 Verordnung (EU) 2020/1783 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 405 vom 2. 12. 2020, S. 1). 402 Knöfel, RIW 2018, 712, 715 in Bezug auf den Kommissionsvorschlag. 397

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nicht zulässig.403 Aus diesem Grund ist das Gericht auf die Mitwirkung des fremden Staats unter Inanspruchnahme von Rechtshilfe angewiesen.404 Zu berücksichtigen gilt es im Übrigen, dass die EuBVO nur auf Beweisaufnahmen, wie z. B. Zeugenvernehmungen Anwendung findet (vgl. Art. 1 Abs. 1 EuBVO), nicht aber auf die grenzüberschreitende Durchführung der mündlichen Verhandlung im Ganzen. Vor diesem Hintergrund ist die Nutzung von Videotechnologien im Rahmen der Verordnung ebenfalls auf die Beweisaufnahme beschränkt, die Durchführung einer virtuellen Gerichtsverhandlung gerade nicht möglich.405 Außerhalb des Anwendungsbereichs der EuBVO existieren zahlreiche bi- und multilaterale Abkommen. Das wohl wichtigste Instrument auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe ist das Haager Beweisaufnahmeübereinkommen.406 Dieses enthält zwar keine ausdrückliche Bestimmung zur Beweisaufnahme im Wege der Videokonferenz. Jedoch kann die ersuchende Behörde eine Videoübertragung als besondere Form der Erledigung des Rechtshilfeersuchens i. S. des Art. 9 Abs. 2 beantragen.407 Unabhängig davon, ob sich die Rechtshilfe vertraglich oder außervertraglich vollzieht, ist sie stets zeitraubend.408 Deshalb wäre für Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht die Aufnahme einer entsprechenden Verfahrensvorschrift, die die grenzüberschreitende Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie Vernehmung per Videokonferenz zumindest zwischen den teilnehmenden Mitgliedstaaten erlaubt, wünschenswert.

VI. Weitere Verfahrensregeln Abschließend soll diskutiert werden, welche Regelungen für Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht im Übrigen zur Anwendung gelangen sollten. Da es sich bei einem Europäischen Handelsgericht um ein Gericht mehrerer Mitgliedstaaten handelt, kann nicht ohne Weiteres auf ein nationales Prozessrecht zurück403 Zöller-Greger, ZPO § 128a Rn. 10; Schaumburg, ZRP 2002, 313, 315; Schultzky, NJW 2003, 313, 314; Stadler, ZZP 115 (2002), 413, 441; Musielak/Voit-Stadler, ZPO § 128a Rn. 8; a. A. Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 436b und 2385a; Nagel/P. Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 9.147. 404 BGHSt 45, 188, 191 f. (für den Strafprozess); Stein/Jonas-C. A. Kern, ZPO § 128a Rn. 35; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 863; Schultzky, NJW 2003, 313, 314; Stadler, ZZP 115 (2002), 413, 441; Musielak/Voit-Stadler, ZPO § 128a Rn. 8. 405 Hess, AnwBl 2011, 321, 325; Schultzky, NJW 2003, 313, 315. 406 Convention of 18 March 1970 on the Taking of Evidence Abroad in Civil or Commercial Matters. 407 The Hague Conference on Private International Law – HCCH Permanent Bureau, Guide to Good Practice on the Use of Video-Link under the Evidence Convention, Rn. 53; s. auch Musielak/Voit-Stadler, ZPO § 128a Rn. 8. 408 Stadler, ZZP 115 (2002), 413, 441.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

gegriffen werden, da es insoweit an einer „originären“ lex fori fehlt. Zwar bietet sich zur Lückenfüllung im Einzelfall ein Rückgriff auf eine hilfsweise lex fori an,409 ein genereller Rückgriff sollte jedoch angesichts des transnationalen Charakters eines Europäischen Handelsgerichts und im Sinne der Einheitlichkeit des Verfahrens ausscheiden. Die Notwendigkeit der Existenz eines modernen Regelwerks wird daher im vorliegenden Zusammenhang besonders deutlich. Zur Lösung des Problems kommen zwei Alternativen in Betracht: Ein Rückgriff auf bereits bestehende Regelwerke oder die Schaffung spezieller Regeln für die Durchführung von Verfahren vor einem Europäischen Handelsgerichts. 1. Rückgriff auf bestehende Regelwerke Möglich wäre zunächst ein Rückgriff auf bereits bestehende, harmonisierte Regelwerke.410 Im Unterschied zu den nationalen staatlichen Gerichten ist ein gemeinsames Gericht mehrerer Staaten, und somit auch ein Europäisches Handelsgericht, geradezu prädestiniert dafür, einheitliche Regelwerke anzuwenden, da insoweit die nationalen Justizstrukturen der teilnehmenden Staaten aufgebrochen werden.411 a) Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts Denkbar wäre zunächst ein Rückgriff auf die Verfahrensordnung des Einheitlichen Patentgerichts.412 Als völkerrechtsbasiertes Gericht ist das Einheitliche Patentgericht einem Europäischen Handelsgericht sehr ähnlich. Freilich sind die hierzu erarbeiteten Regeln speziell auf das Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht zugeschnitten. Aus diesem Grund könnte die Verfahrensordnung nicht ohne jegliche Änderung übernommen werden. Denkbar wäre jedoch eine Orientierung an diesen Regelungen unter Vornahme entsprechender Anpassungen. b) ELI/UNIDROIT European Rules of Civil Procedure Im Jahr 2004 wurde das bislang einzige Regelwerk zur Schaffung eines einheitlichen Zivilverfahrensrechts auf globaler Ebene vom International Institute for the Unification of Private Law (UNIDROIT) und dem American Law Institute (ALI) verabschiedet. Das 31 „Principles of Transnational Civil Procedure“ umfassende 409

Vgl. dazu bereits oben Kap. 5 § 5 A. I. 1. und B. IV. Überblick bei Hess, 6 International Journal of Procedural Law 2016, 55. 411 Hess, 6 International Journal of Procedural Law 2016, 55, 80 weist darauf hin, dass eine Verfahrensvereinheitlichung nur ein halber Schritt zur Schaffung eines einheitlichen Prozessrechts sei, solange die nationalen Justizstrukturen und Prozessrechtskulturen der Mitgliedstaaten unberührt blieben. 412 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 62; dies., JZ 2018, 1073, 1081 f. 410

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Regelwerk bietet – ausweislich des Anwendungsbereichs – Standards für die Beilegung transnationaler Handelsstreitigkeiten. Ergänzt werden die „Principles“ durch die „Rules of Transnational Civil Procedure“, die allerdings nie verabschiedet wurden – weder durch das ALI noch durch UNIDROIT. Basierend auf den ALI/UNIDROIT Principles startete das European Law Institute (ELI) gemeinsam mit UNIDROIT (und in Kooperation mit dem American Law Institute) Ende 2013 das Projekt „From Transnational Principles to European Rules of Civil Procedure“.413 Wie der Name bereits vermuten lässt, intendiert das Projekt die Schaffung von Modellregeln für den Europäischen Zivilprozess. Zu diesem Zweck fokussiert sich das Projekt auf zehn Themengebiete: „Access to Information and Evidence“, „Provisional and Protective Measures“, „Service and Due Notice of Proceedings“, „Res Judicata and Lis Pendens“, „Obligations of Parties, Lawyers and Judges“, „Judgments“, „Parties and Collective Redress“, „Costs“, „Appeals“ und „Structure“.414 In den für jedes Themengebiet errichteten sog. „Working Groups“, bestehend aus bis zu acht Mitgliedern aus der Wissenschaft und der Praxis, wurden die nationalen Zivilverfahrensrechte verschiedener europäischer Staaten im Hinblick auf die genannten Themengebiete untersucht und mögliche Entwürfe für die „European Rules“ herausgearbeitet.415 Die finale Fassung umfasst 245 Rules zu den genannten Bereichen. Anwendungsbereich der Rules erstreckt sich – wie auch die Brüssel Ia-VO – auf Zivil- und Handelssachen416 und damit auch auf Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht. Der entscheidende Vorteil eines Rückgriffs auf die „European Rules“ liegt darin, dass diese rechtsvergleichend ausgearbeitet wurden und gleichzeitig moderne und innovative Ansätze (z. B. zur Nutzung von IT) verfolgen. Darüber hinaus könnten sie als speziell auf transnationale Zivilverfahren zugeschnittenes Regelwerk ohne größere Schwierigkeiten für Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht zur Anwendung gelangen.417 Probleme können sich indes daraus ergeben, dass die „Rules“ keine umfassende Kodifikation darstellen. Es stellt sich deshalb die Frage, wie zu verfahren ist, wenn die „Rules“ eine ungeregelte Lücke offenbaren. Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass ein Europäisches Handelsgericht mangels Zugehörigkeit zum nationalen Gerichtssystem eines Staates über keine „originäre“ lex fori verfügt.418 Stürner schlägt zur Lösung des Problems vor, in derartigen Fällen 413 Überblick über den Gang des Projekts unter European Law Institute, Projects, https: //www.europeanlawinstitute.eu/projects-publications/completed-projects-old/completed-pro jects-sync/civil-procedure/. 414 European Law Institute, Projects, https://www.europeanlawinstitute.eu/projects-publica tions/completed-projects-old/completed-projects-sync/civil-procedure/. 415 European Law Institute, Projects, https://www.europeanlawinstitute.eu/projects-publica tions/completed-projects-old/completed-projects-sync/civil-procedure/. 416 Vgl. Rule 1. 417 So auch M. Stürner, JZ 2019, 1122, 1126 f.; Rühl, JZ 2018, 1073, 1082. 418 Vgl. nur oben Kap. 5 § 5 A. I. 1.

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auf allgemeine Verfahrensgrundsätze zurückzugreifen.419 In Betracht käme aber auch – in Anlehnung an die Schiedsgerichtsbarkeit – eine Anknüpfung an den Sitz der zuständigen Kammer. Nachdem das Problem der fehlenden lex fori bereits an mehreren Stellen dieser Arbeit diskutiert und eine Lösung unter Rückgriff auf das Recht der örtlich zuständigen Kammer favorisiert wurde, sollte im Sinne der Einheitlichkeit die vorgeschlagene Lösung auch an dieser Stelle bemüht werden. 2. Schaffung neuer Verfahrensregeln? Sollte die Übernahme bereits bestehender Regelwerke abgelehnt werden, müssten für das Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht neue Regelungen erarbeitet werden. Diese Lösung hätte den Vorteil, dass ein speziell auf die Bedürfnisse und Besonderheiten des internationalen Handels zugeschnittenes Verfahren geschaffen werden könnte (Stichwort Sonderprozessrecht). Denkbar wäre in diesem Zusammenhang eine Orientierung an den Verfahrensordnungen der bereits vorgestellten420 Business und Commercial Courts.421 Wie am Beispiel des Einheitlichen Patentgerichts zu sehen ist, bedeutet die Herausbildung neuer Verfahrensregeln indes einen enormen zeitlichen Aufwand. Dies wäre dem Ziel einer möglichst schnellen Arbeitsaufnahme durch ein Europäisches Handelsgericht abträglich. 3. Fazit Wie bereits dargestellt422, wird eine dezentrale Ausgestaltung durch Kammern in den teilnehmenden Mitgliedstaaten empfohlen, wodurch eine zügige Realisierung eines Europäischen Handelsgerichts möglich wäre. Deshalb wird im Interesse einer möglichst schnellen Arbeitsaufnahme dafür plädiert, für Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht die ELI/UNIDROIT European Rules of Civil Procedure heranzuziehen.

E. Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidungen Für Fragen der Anerkennung und Vollstreckung der Urteile muss zwischen einer Vollstreckung innerhalb und außerhalb der Europäischen Union differenziert werden. 419

M. Stürner, JZ 2019, 1122, 1127 (Fn. 54). Vgl. oben Kap. 3. 421 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 62; dies., JZ 2018, 1073, 1081 f. 422 Vgl. oben Kap. 5 § 4 B. 420

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I. Vollstreckung innerhalb der Europäischen Union Art. 71d Brüssel Ia-VO regelt die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen gemeinsamer Gerichte der Mitgliedstaaten. Dass es sich bei einem Europäischen Handelsgericht um ein gemeinsames Gericht in diesem Sinne handelt, wurde bereits festgestellt.423 Für die Frage, nach welchem Regelwerk sich die Vollstreckung richtet, bedarf es einer Differenzierung danach, ob eine Anerkennung bzw. Vollstreckung in einem Mitgliedstaat gewünscht ist, der Vertragspartei des Übereinkommens zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts ist (UAbs. 2) oder nicht (UAbs. 1). 1. Übereinkommen über die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts Für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen eines Europäischen Handelsgerichts (als gemeinsames Gericht im Sinne der Vorschrift) in einem Mitgliedstaat, der Vertragspartei des Übereinkommens ist, statuiert Art. 71d UAbs. 2 Brüssel Ia-VO einen Vorrang der Übereinkommensbestimmungen. Für diese Fälle sollte eine Bestimmung in das Abkommen aufgenommen werden, die klarstellt, dass die Entscheidungen des Gerichts in allen Vertragsmitgliedstaaten anerkannt werden und uneingeschränkt vollstreckbar sind. Die Möglichkeit einer Geltendmachung von Anerkennungs- bzw. Vollstreckungsversagungsgründen sollte nicht bestehen. Das ergibt sich bereits aus dem Gedanken, dass gemeinsame Gerichte mehrerer Mitgliedstaaten wie deren nationale Gerichte zu behandeln sind. Dementsprechend sollten Urteile eines gemeinsamen Gerichts auch wie Urteile eines eigenen nationalen Gerichts betrachtet werden, unabhängig davon, welche örtliche Kammer das Urteil erlassen hat. Das Vollstreckungsverfahren sollte sich nach dem Recht des Vertragsmitgliedstaats richten, in dem die Vollstreckung erfolgen soll (ersuchter Vertragsmitgliedstaat). 2. Art. 36 ff. Brüssel Ia-VO Innerhalb des sonstigen Europäischen Justizraumes, d. h. für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen eines Europäischen Handelsgerichts in einem Mitgliedstaat der Union, der nicht Vertragspartei des Übereinkommens ist, finden gem. Art. 71d UAbs. 1 lit. a) Brüssel Ia-VO die Vorschriften der Verordnung Anwendung.

423

Vgl. oben Kap. 5 § 3 A.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

a) Grundsatz der automatischen Anerkennung und Vollstreckbarkeit Nach Art. 36 Brüssel Ia-VO werden die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Dasselbe gilt für die Vollstreckung gem. Art. 39 Brüssel Ia-VO. Eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung, die in diesem Mitgliedstaat vollstreckbar ist, ist in den anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf. Die Brüssel Ia-VO verzichtet somit auf die Durchführung eines Exequaturverfahrens. Gleichwohl kann der Titelschuldner gemäß Art. 46 Brüssel Ia-VO einen Antrag auf Versagung der Vollstreckung aus einem der in Art. 45 Brüssel Ia-VO genannten Gründe stellen. Aus den gleichen Gründen kann der Titelschuldner, neben der Inzidentanerkennung nach Art. 36 Abs. 3 und dem Feststellungsverfahren des Abs. 2, die Versagung der Anerkennung beantragen, Art. 45 Abs. 1 Brüssel Ia-VO. b) Versagungsgründe Art. 45 Abs. 1 Brüssel Ia-VO listet die Versagungsgründe – zumindest im Hinblick auf die Anerkennung – abschließend auf.424 Die wohl wichtigsten Versagungsgründe der Verordnung sind die Nichteinlassung des Beklagten in Art. 45 Abs. 1 lit. b) Brüssel Ia-VO und die ordre public-Kontrolle in Art. 45 Abs. 1 lit. a) Brüssel Ia-VO. Ausweislich des Heidelberg-Reports aus dem Jahr 2007 über die Anwendung der Brüssel I-VO425 in den Mitgliedstaaten wurden aus dem Katalog des Art. 34 Brüssel I-VO am häufigsten Zustellungsmängel gem. Art. 34 Nr. 2 Brüssel IVO geltend gemacht.426 Darüber hinaus wurden auch Verletzungen des ordre public gerügt.427 Mit beiden Einwendungen waren die Schuldner jedoch nur selten erfolgreich.428 Die sonstigen Versagungsgründe spielen eine nur untergeordnete Rolle, von ihnen wurde in der Vergangenheit kaum Gebrauch gemacht.429 Erhebungen zur revidierten Fassung fehlen bislang. Es steht jedoch zu vermuten, dass sich die bei der Anwendung der Brüssel I-VO gemachten Erfahrungen auf die Brüssel Ia-VO übertragen lassen. Der Heidelberg-Report macht deutlich, dass in der Vergangenheit mehr als 90 % aller Vollstreckbarerklärungsverfahren erfolgreich durchgeführt wurden. Nur in 1 – 5 % der Fälle wurden Rechtsbehelfe gegen die 424 Vgl. Erwägungsgrund 30 Brüssel Ia-VO; s. auch Rauscher-Leible, EuZPR/EuIPR, Brüssel Ia-VO Art. 45 Rn. 2; Geimer/Schütze-E. Peiffer/M. Peiffer, Internationaler Rechtsverkehr, VO (EU) Nr. 1215/2012 Art. 45 Rn. 2. 425 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 12 vom 16. 1. 2001, S. 1). 426 Hess/Pfeiffer/Schlosser-Hess, The Heidelberg Report, Rn. 474. 427 Hess/Pfeiffer/Schlosser-Hess, The Heidelberg Report, Rn. 478 f. 428 Hess/Pfeiffer/Schlosser-Hess, The Heidelberg Report, Rn. 474 und 481. 429 Hess/Pfeiffer/Schlosser-Hess, The Heidelberg Report, Rn. 495.

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Vollstreckbarerklärung eingelegt, die wiederum nur äußerst selten erfolgreich waren.430 Möglicherweise darf sogar ein erneuter Rückgang der Fälle, in denen der Schuldner Einwendungen gegen die Vollstreckung einer Entscheidung geltend macht, prognostiziert werden, weil mit der Abschaffung des Exequaturverfahrens der Schuldner, im Unterschied zur Rechtslage unter der Brüssel I-VO, auf eigene Initiative tätig werden muss, indem er die Versagung der Vollstreckung beantragt (Art. 46 Brüssel Ia-VO). c) Abschaffung der ordre public-Kontrolle? Gem. Art. 45 Abs. 1 lit. a) Brüssel Ia-VO wird die Anerkennung einer Entscheidung versagt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Mitgliedstaats offensichtlich widersprechen würde. Entsprechendes gilt gem. Art. 46 Brüssel Ia-VO für die Versagung der Vollstreckung. Erfasst hiervon sind sowohl der materiell-rechtliche als auch der verfahrensrechtliche ordre public.431 Eine Verletzung des ordre public kann also entweder durch die materielle Rechtsanwendung oder durch Verstöße gegen rechtsstaatliche Anforderungen im erststaatlichen Verfahren verursacht werden.432 Die Definition des genauen Inhalts des ordre public obliegt zwar nicht dem EuGH, sondern den Mitgliedstaaten.433 Jedoch hat der EuGH über die Grenzen zu wachen, innerhalb deren sich das Gericht eines Mitgliedstaats auf den Begriff des ordre public stützen darf, um einer Entscheidung eines Gerichts eines anderen Mitgliedstaats die Anerkennung bzw. Vollstreckung zu versagen.434 Vor dem Hintergrund des langfristig gesteckten Ziels der vollständigen Titelfreizügigkeit im Binnenmarkt435, wird seit Jahren eine Beschleunigung der Vollstreckung mitgliedstaatlicher Urteile verfolgt. Bereits im Zuge der Vergemein-

430

Hess/Pfeiffer/Schlosser-Hess, The Heidelberg Report, Rn. 51. MüKoZPO-P. Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 45 Rn. 12; Schlosser/Hess-Hess, EU-Zivilprozessrecht, EuGVVO Art. 45 Rn. 3; Musielak/Voit-Stadler, EuGVVO Art. 45 Rn. 3. 432 MüKoZPO-P. Gottwald, Brüssel Ia-VO Art. 45 Rn. 14; Schlosser/Hess-Hess, EU-Zivilprozessrecht, EuGVVO Art. 45 Rn. 3 f. 433 EuGH, Urt. v. 28. 03. 2000 – C-7/98, ECLI:EU:C:2000:164 Rn. 22 f. – Krombach; EuGH, Urt. v. 11. 05. 2000 – C-38/98, ECLI:EU:C:2000:225 Rn. 27 f. – Renault; EuGH, Urt. v. 02. 04. 2009 – C-394/07, ECLI:EU:C:2009:219 Rn. 26 – Gambazzi. 434 EuGH, Urt. v. 28. 03. 2000 – C-7/98, ECLI:EU:C:2000:164 Rn. 23 – Krombach; EuGH, Urt. v. 11. 05. 2000 – C-38/98, ECLI:EU:C:2000:225 Rn. 28 – Renault; EuGH, Urt. v. 02. 04. 2009 – C-394/07, ECLI:EU:C:2009:219 Rn. 26 – Gambazzi. 435 Dazu EuGH, Urt. v. 02. 06. 1994 – C-414/92, ECLI:EU:C:1994:221 Rn. 20 – Solo Kleinmotoren; EuGH, Urt. v. 29. 04. 1999 – C-267/97, ECLI:EU:C:1999:213 Rn. 25 – Coursier; EuGH, Urt. v. 28. 03. 2000 – C-7/98, ECLI:EU:C:2000:164 Rn. 20 – Krombach. 431

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

schaftung des EuGVÜ436 in die Brüssel I-VO wurde das Vollstreckbarerklärungsverfahren beschleunigt sowie der Katalog der Versagungsgründe abgebaut. Im Rahmen der Revision der Brüssel I-VO wurde sodann eine gänzliche Abschaffung des Exequaturverfahrens sowie ergänzend eine Abschaffung der materiellen ordre public durch die Europäische Kommission vorgeschlagen.437 Letztlich wurde zwar das Verfahren der Vollstreckbarerklärung abgeschafft, der Katalog der Versagungsgründe blieb – aufgrund von Bedenken der Beteiligten438 – indes unverändert beibehalten. Die Möglichkeit der Anerkennungs- bzw. Vollstreckungsversagung wegen Verstoßes gegen den materiellen oder prozessualen ordre public besteht folglich weiterhin. Im Rahmen der Einführung des Europäischen Vollstreckungstitels (EuVTVO) wurden tatsächlich sowohl das Exequaturverfahren als auch die ordre public-Kontrolle abgeschafft. Rechtfertigend für diese Abschaffung wurde der – vom EuGH aufgestellte439 – Gedanke des gegenseitigen Vertrauens in die Gleichwertigkeit der Rechtssysteme und Rechtspflegeorgane der Mitgliedstaaten bemüht.440 Fraglich erscheint jedoch, ob dieses Vertrauen tatsächlich bereits so weit gereift ist, dass auch im Rahmen der Brüssel Ia-VO auf die ordre public-Kontrolle verzichtet werden kann. An diesem Punkt lohnt sich ein Blick in den Heidelberg-Report. Dieser bezieht sich zwar auf die Anwendung der Brüssel I-VO und damit auf die Vorgängerversion der Brüssel Ia-VO. Ungeachtet dessen lassen sich die Ausführungen zum ordre public-Vorbehalt auf die revidierte Fassung übertragen, da der Wortlaut des Art. 34 Nr. 1 Brüssel I-VO ohne inhaltliche Änderungen in Art. 45 Abs. 1 lit. a) übernommen wurde. Der Report macht deutlich, dass der Großteil aller ordre public-Verstöße auf den verfahrensrechtlichen ordre public entfällt.441 Diese beziehen sich wiederum meist auf Fälle des Prozessbetrugs.442 Demgegenüber kommt es in der Praxis nur äußerst selten zur Versagung der Anerkennung bzw. Vollstreckung wegen eines Verstoßes gegen den materiellen ordre public.443 Allein deshalb auf die materielle ordre public-Kontrolle zu verzichten erschiene jedoch widersinnig, lässt sich ein Verstoß doch nicht gänzlich ausschließen.444 436 Übereinkommen 72/454/EWG über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 299 vom 31. 12. 72, S. 32). 437 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM(2010) 748 endg., S. 6 f. 438 Grabitz/Hilf/Nettesheim-Hess, AEUV Art. 81 Rn. 33; von Hein, RIW 2013, 97, 109. 439 EuGH, Urt. v. 09. 12. 2003 – C-116/02, ECLI:EU:C:2003:657 Rn. 72 – Gasser; EuGH Urt. v. 27. 04. 2004 – C-159/02, ECLI:EU:C:2004:228 Rn. 24 – Turner. 440 Vgl. Erwägungsgrund 18 EuVTVO. 441 Hess/Pfeiffer/Schlosser-Hess, The Heidelberg Report, Rn. 492. 442 Hess/Pfeiffer/Schlosser-Hess, The Heidelberg Report, Rn. 492. 443 Hess/Pfeiffer/Schlosser-Hess, The Heidelberg Report, Rn. 491. 444 Weller, GPR 2012, 34, 36.

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Begründen ließe sich eine Abschaffung folglich einzig damit, dass die nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten so weit vereinheitlicht wurden, dass ein Verstoß des Ergebnisses der Rechtsanwendung gegen die öffentliche Ordnung praktisch nicht mehr in Betracht kommt – dies ist innerhalb der Union indes nicht der Fall.445 Zwar bestehen im Bereich des Zivil- und Zivilprozessrechts zahlreiche Verordnungen und Richtlinien, die zu einer teilweisen Harmonisierung geführt haben. Gleichwohl ist die Union weit entfernt von der Idee eines einheitlichen Zivilrechts. Daher lassen sich Verstöße gegen den materiellen ordre public nicht gänzlich ausschließen. Dies zeigt aber, dass der Versagungsgrund der materiellen ordre public-Kontrolle durchaus seine Berechtigung im System der Verordnung hat: In Ausnahmefällen muss weiterhin eine (ordre public-)Kontrolle möglich bleiben.446 Solange also die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten Unterschiede aufweisen, wirkt die ordre public-Kontrolle insoweit als Korrektiv. Eine Abschaffung kommt daher – zumindest aktuell – nicht in Betracht.447 Ähnliche Erwägungen gelten grundsätzlich auch im Hinblick auf die formelle ordre public-Kontrolle. Denkbar wäre jedoch ein Verzicht in den Fällen, in denen das Gericht sein Verfahren auf die ELI/UNIDROIT European Rules of Civil Procedure gestützt hat. Dies würde freilich wiederum eine Änderung der Verordnung voraussetzen. Möglicherweise könnte die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts und die daraus resultierende Änderungsbedürftigkeit der Brüssel Ia-VO448 Anlass geben, diese Prämisse zu prüfen.

II. Vollstreckung außerhalb der Europäischen Union Die Anwendbarkeit der Brüssel Ia-VO ist freilich auf den Europäischen Justizraum beschränkt. Nur innerhalb des Binnenmarktes würden Urteile eines Europäischen Handelsgerichts von der Titelfreizügigkeit profitieren. Außerhalb des Europäischen Justizraumes beanspruchen andere Regelungsinstrumente für Fragen der Anerkennung und Vollstreckung Geltung. 445 Kohler, ZSR 2005 II, 263, 289; Stadler, RIW 2004, 801, 803; BeckOGK-M. Stürner (Stand: 01. 02. 2021), EGBGB Art. 6 Rn. 235. 446 Kohler, ZSR 2005 II, 263, 290 und 297 f.; Pohl, IPRax 2013, 109, 113. 447 Beaumont/Johnston, 6 Journal of Private International Law 2010, 249, 264; Leible, ecolex 2011, 708, 709; Magnus/Mankowski, ZVglRWiss 110 (2011), 252, 293; BeckOGKM. Stürner (Stand: 01. 02. 2021), EGBGB Art. 6 Rn. 237; Thöne, Die Abschaffung des Exequaturverfahrens und die EuGVVO, S. 100 ff.; Weller, GPR 2012, 34, 36 f.; dagegen hält Hess, IPRax 2011, 125, 128 f., den Verzicht auf den materiellen ordre public durchaus hinnehmbar; ebenso Leipold, FS Stoll, 625, 646 („jedenfalls auf längere Sicht“); noch weitergehend halten Raum/Lindner, NJW 1999, 465, 470, ein Aufrechterhalten des ordre public für „schon fast grotesk“. 448 Vgl. oben Kap. 5 § 3 A.

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Grundsätzlich kann jeder Staat frei über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile entscheiden. Regelungen hierzu finden sich in den nationalen Prozessordnungen.449 Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn bi- oder multilaterale Staatsverträge zur Anwendung gelangen, welche Regelungen zur gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen enthalten. 1. Lugano-Übereinkommen (LugÜ)450 Europa besteht nicht nur aus den Mitgliedern der Europäischen Union, sondern geht weit über deren Grenzen hinaus. Wirtschaftliche Beziehungen zu europäischen Drittstaaten wie insbesondere der Schweiz sind deshalb von großer Bedeutung. Um innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes ein einheitliches Zuständigkeitssystem und ein erleichtertes Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren zu garantieren, wurde mit den EFTA-Staaten (mit Ausnahme Liechtensteins) das LuganoÜbereinkommen geschlossen. Inhaltlich entspricht das LugÜ weitgehend den Regelungen der Brüssel I-VO. Eine Anpassung an die Brüssel Ia-VO ist bislang nicht erfolgt. a) Anwendungsbereich Sachlich anwendbar ist das LugÜ in Zivil- und Handelssachen unter Ausschluss der in Art. 1 Abs. 2 LugÜ genannten Materien. Darüber hinaus erfasst das LugÜ – wie auch die Brüssel Ia-VO – lediglich Sachverhalte, die einen Auslandsbezug aufweisen. b) Anerkennung und Vollstreckung Von der erleichterten Anerkennung und Vollstreckung unter dem LugÜ profitieren grundsätzlich alle Entscheidungen, die von einem Gericht eines durch das LugÜ gebundenen Staats erlassen worden sind (Art. 32 LugÜ). Dies gilt unabhängig davon, ob sich das Gericht zur Begründung seiner (internationalen) Zuständigkeit auf einen Gerichtsstand des LugÜ berufen hat oder nicht.451 Fraglich erscheint jedoch, ob Art. 32 ff. LugÜ auch Entscheidungen gemeinsamer Gerichte mehrerer Staaten erfassen. Da keine Anpassung des LugÜ an die Brüssel IaVO erfolgt ist, fehlt eine den Art. 71a ff. Brüssel Ia-VO entsprechende Regelung. Deshalb ist grundsätzlich Art. 62 LugÜ zur Beurteilung der Gerichtsqualität heranzuziehen. Danach umfasst die Bezeichnung „Gericht“ jede Behörde, die von einem durch das LugÜ gebundenen Staat als für die in den Anwendungsbereich 449

Vgl. für Deutschland § 328 ZPO und § 722 ZPO. Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007. 451 Nagel/P. Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 12.19. 450

§ 5 Verfahren

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dieses Übereinkommens fallenden Rechtsgebiete zuständig bezeichnet worden ist. Ein durch mehrere Staaten gemeinsam errichtetes Gericht, dessen Zuständigkeit in den Anwendungsbereich des LugÜ fällt, sollte deshalb unter den Gerichtsbegriff des Art. 62 LugÜ subsumiert werden. Da die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts als gemeinsames Gericht mehrerer EU-Mitgliedstaaten auf einem völkerrechtlichen Abkommen basiert, ist das Verhältnis dieses Abkommens zum LugÜ genauer zu beleuchten. Grundsätzlich lässt das LugÜ gem. Art. 67 Abs. 1 und 2 (sowohl bestehende als auch künftige452) Übereinkünfte für besondere Rechtsgebiete unberührt und schließt nicht aus, dass ein Gericht seine Zuständigkeit auf eine solche Übereinkunft stützt. Gem. Art. 67 Abs. 3 LugÜ werden Entscheidungen, die in einem durch das LugÜ gebundenen Staat von einem Gericht erlassen worden sind, das seine Zuständigkeit auf eine Übereinkunft über ein besonderes Rechtsgebiet gestützt hat, in anderen Staaten nach den Art. 32 ff. LugÜ anerkannt und vollstreckt. Sind sowohl der Ursprungsstaat als auch der ersuchte Staat Vertragsparteien der Übereinkunft, welche die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen regelt, so gelten diese Voraussetzungen (vgl. Art. 67 Abs. 5 LugÜ). Die Anerkennungs- und Vollstreckungsregelungen des LugÜ stellen das Pendant zu denen der Brüssel I-VO dar. Die Anerkennung erfolgt automatisch, d. h. ohne, dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Die Anerkennungsvoraussetzungen dürfen nicht von Amts wegen, sondern vielmehr erst auf Einrede des Gegners geprüft werden.453 Soll die Entscheidung in einem anderen durch das LugÜ gebundenen Staat vollstreckt werden, muss diese für vollstreckbar erklärt werden (Exequaturverfahren, Art. 38 ff. LugÜ). Im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens erfordert das LugÜ eine Überprüfung der Versagungsgründe von Amts wegen, allerdings erst auf Rechtsbehelf des Schuldners im nachfolgenden Rechtsbehelfsverfahren (vgl. Art. 43, 45 LugÜ).454 Aus Art. 67 Abs. 4 ergibt sich jedoch ein zusätzlicher Versagungsgrund, insbesondere wenn der ersuchte Staat nicht durch die Übereinkunft über ein besonderes Rechtsgebiet (hier also das Abkommen zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts) gebunden ist und die Person, gegen die die Anerkennung oder Vollstreckung geltend gemacht wird, ihren Wohnsitz in diesem Staat hat, es sei denn, die Entscheidung kann anderweitig nach dem Recht des ersuchten Staates anerkannt oder vollstreckt werden. Darüber hinaus sieht das LugÜ in Art. 64 Abs. 3 einen zusätzlichen Versagungsgrund vor. Dieser kann bei Zuständigkeitsdivergenzen zwischen LugÜ und Brüssel I-VO bzw. Brüssel Ia-VO greifen.455 Unter Geltung der Brüssel I-VO hatte 452

Dasser/Oberhammer-Domej, LugÜ Art. 67 Rn. 4. Nagel/P. Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 12.38. 454 Nagel/P. Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 15.10 und 15.46. 455 Dasser/Oberhammer-Domej, LugÜ Art. 64 Rn. 9; MüKoZPO-P. Gottwald, LugÜ Art. 64 Rn. 4 ff. 453

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Art. 64 Abs. 3 LugÜ aufgrund der parallel ausgestalteten Zuständigkeitsvorschriften praktisch keinen Anwendungsbereich.456 Die Brüssel Ia-VO gibt diesen Gleichlauf zumindest teilweise auf. So findet bspw. Art. 25 Brüssel Ia-VO, im Unterschied zu Art. 23 Brüssel I-VO bzw. Art. 23 LugÜ, unabhängig vom Wohnsitz der Parteien Anwendung. Die Parteien können also die Zuständigkeit eines mitgliedstaatlichen Gerichts gem. Art. 25 Brüssel Ia-VO auch dann vereinbaren, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat des LugÜ hat, in dem nicht zugleich die Brüssel Ia-VO gilt. Solange also das LugÜ nicht an die Brüssel Ia-VO angepasst wird, kann Art. 64 Abs. 3 LugÜ im Einzelfall zur Anwendung gelangen.457 2. Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (HGÜ) Als in diesem Zusammenhang relevantes Beispiel lässt sich zudem das oben bereits erwähnte Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen anführen. a) Anwendungsbereich Damit Entscheidungen des Europäischen Handelsgerichts von den Vorteilen des HGÜ in puncto Anerkennung und Vollstreckung profitieren können, muss dessen Anwendungsbereich überhaupt eröffnet sein. Gem. Art. 1 Abs. 1 HGÜ ist das Übereinkommen bei internationalen Sachverhalten auf ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen anzuwenden, die in Zivil- oder Handelssachen geschlossen werden. Zunächst muss es sich um einen internationalen Sachverhalt handeln. Art. 1 HGÜ differenziert insoweit zwischen den Vorschriften zur Zuständigkeit und den Vorschriften zur Anerkennung und Vollstreckung. Für die Zwecke der Vorschriften zur Zuständigkeit ist ein Sachverhalt international, es sei denn, die Parteien haben ihren Aufenthalt im selben Vertragsstaat und die Beziehung der Parteien sowie alle anderen für den Rechtsstreit maßgeblichen Elemente weisen nur zu diesem Staat eine Verbindung auf, wobei der Ort des vereinbarten Gerichts unbeachtlich ist (Abs. 2). Für die Zwecke der Vorschriften zur Anerkennung und Vollstreckung ist ein Sachverhalt international, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung geltend gemacht wird (Abs. 3). Darüber hinaus bedarf es einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung. Nur Entscheidungen eines in einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung benannten Gerichts werden nach dem HGÜ anerkannt und vollstreckt. Ob tatsächlich eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung vorliegt, muss im jeweiligen Ein456

Dasser/Oberhammer-Domej, LugÜ Art. 64 Rn. 9; MüKoZPO-P. Gottwald, LugÜ Art. 64 Rn. 6; Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, EuGVO Art. 35 Rn. 18. 457 Dasser/Oberhammer-Domej, LugÜ Art. 64 Rn. 9; MüKoZPO-P. Gottwald, LugÜ Art. 64 Rn. 6.

§ 5 Verfahren

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zelfall ermittelt werden und kann hier freilich nicht pauschal beantwortet werden. Die Anforderungen an das Vorliegen einer solchen Vereinbarung ergeben sich aus Art. 3 HGÜ. Danach bezeichnet „ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung“ eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Parteien, in der die Gerichte eines Vertragsstaats oder ein oder mehrere bestimmte Gerichte eines Vertragsstaats unter Ausschluss der Zuständigkeit aller anderen Gerichte zu dem Zweck benannt werden, über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit zu entscheiden. Zunächst erscheint problematisch, ob ein Europäisches Handelsgericht als gemeinsames Gericht mehrerer Mitgliedstaaten als Gericht eines Vertragsstaats i. S. des HGÜ qualifiziert werden kann. Die Tatsache, dass Anhaltspunkte zur Einbeziehung gemeinsamer Gerichte mehrerer Mitgliedstaaten im Übereinkommenstext fehlen, könnte gegen eine solche Sichtweise sprechen. Indes könnte die fehlende Einbeziehung schlicht daraus resultieren, dass im Zeitpunkt der Verabschiedung des HGÜ keine gemeinsamen Gerichte existierten, die eine solche Einbeziehung gerechtfertigt hätten. Zudem spricht für eine Einbeziehung auch ein Gleichlauf mit dem zeitlich nachfolgenden Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Zivil- und Handelssachen458 (dazu sogleich unter 3.). Sollten Entscheidungen eines Europäischen Handelsgerichts im Rahmen des HAVÜ wie Entscheidungen eines Gerichts eines Vertragsstaats behandelt werden, sollte im Rahmen des HGÜ entsprechendes gelten. Ein Europäischen Handelsgerichts sollte folglich als Gericht eines Vertragsstaats qualifiziert werden können. Da die Union das HGÜ bereits ratifiziert und bei der Unterzeichnung des Übereinkommens eine Erklärung i. S. des Art. 30 Abs. 1 HGÜ abgegeben hat, ist das HGÜ aufgrund seiner Genehmigung durch die Union für die Mitgliedstaaten bindend.459 Dementsprechend sind alle Mitgliedstaaten der Union und damit alle möglichen Vertragspartner eines Abkommens zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts an das Übereinkommen gebunden. Gemäß Art. 30 Abs. 2 HGÜ gilt daher jede Bezugnahme auf einen Vertragsstaat oder Staat gleichermaßen für die Mitgliedstaaten der Union. Klärungsbedürftig erscheint darüber hinaus, unter welchen Voraussetzungen eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines Europäischen Handelsgerichts als gemeinsames Gericht mehrerer Staaten als „ausschließlich“ zu qualifizieren ist. Ungeachtet dessen, dass der erläuternde Bericht keine Ausführungen zu gemeinsamen Gerichten mehrerer Staaten enthält, lassen sich diesem gleichwohl hilfreiche Hin458 Convention of 2 July 2019 on the Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in Civil or Commercial Matters. 459 Beschluss (2009/397/EG) des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unterzeichnung – im Namen der Europäischen Gemeinschaft – des Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen (ABl. L 133 vom 29. 5. 2009, S. 1); Beschluss (2014/887/EU) des Rates vom 4. 12. 2014 über die Genehmigung – im Namen der Europäischen Union – des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 30. Juni 2005 (ABl. L 353 vom 10. 12. 2014, S. 5).

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weise zur Beantwortung der Frage, wie eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines gemeinsamen Gerichts ausgestaltet sein muss, um in den Anwendungsbereich des Übereinkommens zu fallen, entnehmen. Grundsätzlich kann eine Gerichtsstandsvereinbarung, die beispielsweise zwei Gerichte in verschiedenen Staaten bezeichnet, nicht als ausschließlich qualifiziert werden.460 Unter Zugrundelegung dessen könnte im Falle der Vereinbarung des Europäischen Handelsgericht mit Kammern in verschiedenen Staaten, diese Vereinbarung als nicht ausschließlich qualifiziert werden. Dagegen spricht jedoch der Zweck des Übereinkommens. Ausweislich des erläuternden Berichts war eine wesentliche Überlegung für die Beschränkung des Anwendungsbereichs des Übereinkommens auf ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen die Vermeidung von Problemen im Zusammenhang mit lis pendens.461 Diese Problematik stellt sich jedoch im Falle einer Vereinbarung des Europäischen Handelsgerichts gerade nicht, weil insoweit entsprechende Vorkehrungen getroffen wurden.462 Darüber hinaus würden bei Vereinbarung des Europäischen Handelsgerichts gerade nicht mehrere Gerichte in verschiedenen Staaten vereinbart, sondern ein Gericht mit Kammern in verschiedenen Staaten. Dementsprechend sollte die Vereinbarung der Zuständigkeit des Europäischen Handelsgerichts für die Zwecke des HGÜ ausreichen. Zuletzt bedarf es des Vorliegens einer Zivil- oder Handelssache. Dieser Begriff ist autonom, d. h. losgelöst vom nationalen Recht der Vertragsstaaten zu verstehen.463 In erster Linie wird hiermit ein Ausschluss des öffentlichen Rechts sowie des Strafrechts beabsichtigt.464 In Art. 2 HGÜ finden sich zudem Rechtsbereiche, die sich zwar unter den Begriff der Zivil- oder Handelssache subsumieren ließen, aber dennoch vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgeschlossen sind. b) Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung Spezielle Anforderungen an die Form einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung stellt Art. 3 lit. c) HGÜ auf. Diese muss schriftlich oder durch jedes andere Kommunikationsmittel, das es ermöglicht, auf die Information später wieder zuzugreifen geschlossen oder dokumentiert werden. Im Hinblick auf die materiellrechtliche Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung, die, sollte sie Teil eines Vertrags sein, als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln ist (Art. 3 lit. d) HGÜ), ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1, Art. 6 460 Hartley/Dogauchi, Explanatory Report on the 2005 Hague Choice of Court Agreements Convention, Rn. 104 aE. 461 Hartley/Dogauchi, Explanatory Report on the 2005 Hague Choice of Court Agreements Convention, Rn. 47 f. 462 Vgl. oben Kap. 5 § 5 A. IV. 463 Hartley/Dogauchi, Explanatory Report on the 2005 Hague Choice of Court Agreements Convention, Rn. 49. 464 Hartley/Dogauchi, Explanatory Report on the 2005 Hague Choice of Court Agreements Convention, Rn. 49.

§ 5 Verfahren

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lit. a) und Art. 9 lit. a) HGÜ, dass sich diese nach dem Recht am Sitz des prorogierten Gerichts beurteilt.465 Liegt danach eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung vor, so ist das darin benannte Gericht gem. Art. 5 Abs. 1 HGÜ zuständig für die Entscheidung des Rechtsstreits. Wird ein Gericht eines anderen Vertragsstaats prorogationswidrig angerufen, hat dieses Gericht, mit Ausnahme der in Art. 6 lit. a) bis e) HGÜ genannten Gründe, das Verfahren auszusetzen bzw. die Klage als unzulässig abzuweisen. c) Anerkennung und Vollstreckung Gem. Art. 8 Abs. 1 HGÜ werden Entscheidungen eines in einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung benannten Gerichts eines Vertragsstaats in den anderen Vertragsstaaten anerkannt und vollstreckt, sofern keiner der in Art. 9 HGÜ gelisteten Versagungsgründe einschlägig ist. Liegt also eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines Europäischen Handelsgerichts vor, so profitieren dessen Entscheidungen von der erleichterten Anerkennung und Vollstreckung unter dem HGÜ. Für das Verfahren zur Anerkennung, Vollstreckbarerklärung oder Registrierung zur Vollstreckung sowie für die Vollstreckung der Entscheidung ist das Recht des ersuchten Staates maßgebend (Art. 14 HGÜ). d) Verhältnis zum Abkommen über die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts und zur Brüssel Ia-VO Da das Abkommen über die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts (als völkerrechtlicher Vertrag) Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckung beinhaltet, bedarf das Verhältnis dieses Abkommens zum HGÜ einer genaueren Untersuchung. Art. 26 HGÜ regelt das Verhältnis zu anderen internationalen Rechtsinstrumenten. Danach lässt das HGÜ die Anwendung des Abkommens zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts unberührt, wenn keine der Parteien ihren Aufenthalt in einem Staat hat, der Vertragsstaat des HGÜ, aber nicht des Abkommens zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts ist (Art. 26 Abs. 2 HGÜ). Jedoch enthält Art. 26 Abs. 4 eine spezielle Regelung für das Verhältnis zu völkerrechtlichen Verträgen, die dazu dienen die Anerkennung oder Vollstreckung einer von einem Gericht eines Vertragsstaats des HGÜ erlassenen Entscheidung zu erwirken, der auch Vertragspartei des anderen Vertrags ist. Für diese Fälle lässt das HGÜ die Anwendung des Abkommens zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts unberührt, sofern die Entscheidung nicht in geringerem Umfang als nach dem HGÜ anerkannt oder vollstreckt wird.

465

200 ff.

Zu Problemen im Zusammenhang mit dieser Verweisung P. Huber, IPRax 2016, 197,

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Darüber hinaus stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis das HGÜ zur Brüssel Ia-VO steht. Eine Regelung hierzu findet sich in Art. 26 Abs. 6 HGÜ, da die Brüssel Ia-VO als „Vorschrift einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration“ – d. h. der Union – zu qualifizieren ist.466 Danach lässt das HGÜ die Anwendung der Brüssel Ia-VO unberührt, sofern keine der Parteien ihren Aufenthalt in einem Vertragsstaat des HGÜ hat, der nicht Mitgliedstaat der Brüssel Ia-VO ist (lit. a)) und sofern es um die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zwischen Mitgliedstaaten der Brüssel Ia-VO geht (lit. b)). Der zweite Teil besagt, dass sich die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander weiterhin nach der Brüssel Ia-VO richtet. Der erste Teil der Vorschrift ist hingegen denkbar kompliziert formuliert. Kurz gefasst ist das HGÜ immer dann anzuwenden, wenn wenigstens eine der Parteien ihren Aufenthalt in einem Vertragsstaat des HGÜ hat, der nicht zugleich EU-Mitgliedstaat ist.467 Darüber hinaus ist das HGÜ anwendbar, wenn zwar alle Parteien ihren Wohnsitz in einem EUMitgliedstaat haben, jedoch eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten des Gerichts eines Staates, welcher Vertragsstaat des HGÜ, aber nicht zugleich EU-Mitgliedstaat (und damit aus Sicht der Brüssel Ia-VO ein Drittstaat) ist, vorliegt.468 3. Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile (HAVÜ) Am 2. Juli 2019 wurde in den Haag das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Zivil- und Handelssachen (HCCH Judgments Convention) verabschiedet.469 Ausweislich der Präambel soll durch das neue Übereinkommen insbesondere ein internationaler Rahmen geschaffen werden, der eine größere Vorhersehbarkeit und Sicherheit in Bezug auf die weltweite Zirkulation ausländischer Urteile bietet und das Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (HGÜ) ergänzt. Bislang wurde das Übereinkommen lediglich von Uruguay, der Ukraine und Israel gezeichnet.470 Um in Kraft zu treten, ist eine Ratifikation von mindestens zwei Staaten erforderlich (Art. 28 Abs. 1 HAVÜ).

466 Antomo, NJW 2015, 2919, 2920; Hartley, Civil jurisdiction and judgments in Europe, Rn. 6.09; P. Huber, IPRax 2016, 197, 199. 467 Antomo, NJW 2015, 2919, 2920; P. Huber, IPRax 2016, 197, 199; Nunner-Krautgasser, ZZP 127 (2014), 461, 462 ff.; Musielak/Voit-Stadler, EuGVVO Art. 25 Rn. 1. 468 Dies folgt bereits aus Art. 25 Brüssel Ia-VO, welcher nur die Prorogation eines mitgliedstaatlichen Gerichts erfasst. 469 Überblick bei Nielsen, 16 Journal of Private International Law 2020, 205. 470 Aktueller Stand unter HCCH, Judgments Convention: Status table, https://www.hcch. net/en/instruments/conventions/status-table/?cid=137.

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a) Anwendungsbereich Das Übereinkommen enthält Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in Zivil- oder Handelssachen eines staatlichen Gerichts eines Vertragsstaats (Urteilsstaat) in einem anderen Vertragsstaat (Anerkennungsstaat). Damit ein Urteil von den Bestimmungen des Übereinkommens profitiert, müssen folglich sowohl der Urteilsstaat als auch der Anerkennungsstaat zu den Vertragsstaaten des Übereinkommens gehören. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob ein Europäisches Handelsgericht als Gericht eines Vertragsstaats qualifiziert werden kann und Urteile eines solchen Gerichts – im Falle einer Ratifikation – überhaupt von den Bestimmungen des Übereinkommens profitieren könnten. In den Bestimmungen des HAVÜ, wie auch in denen des HGÜ, findet sich keine Bezugnahme auf gemeinsame Gerichte. Dies erscheint vor dem Hintergrund interessant, dass im Vorfeld der Verabschiedung des HAVÜ eine solche Einbeziehung gemeinsamer Gerichte diskutiert und sogar explizit in den Entwurf aus dem Jahr 2018 aufgenommen wurde. Möglicherweise könnte der Umstand, dass eine Regelung zu gemeinsamen Gerichten in der Endfassung trotz vorheriger Diskussion der Thematik fehlt, gegen eine Einbindung gemeinsamer Gerichte in den Anwendungsbereich des HAVÜ sprechen. Jedoch lohnt an dieser Stelle ein Blick in den erläuternden Bericht. Dieser macht deutlich, dass eine Einbeziehung gemeinsamer Gerichte primär im Hinblick auf die Errichtung des Einheitlichen Patentgerichts diskutiert wurde.471 Nachdem jedoch das geistige Eigentum aus dem Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgeschlossen wurde (Art. 2 Abs. 1 lit. m)), gab es keinen Grund mehr, Regelungen für gemeinsame Gerichte aufzunehmen.472 Der erläuternde Bericht stellt aber ausdrücklich klar, dies bedeute nicht, dass Urteile gemeinsamer Gerichte nicht vollstreckt werden könnten.473 Erfülle ein gemeinsames Gericht die Voraussetzungen des Übereinkommens, so profitierten dessen Urteile von der durch das Übereinkommen gewährten erleichterten Vollstreckung.474 Folglich sollten auch gemeinsame Gerichte mehrerer Staaten, und damit auch ein Europäisches Handelsgericht, als Gerichte eines Vertragsstaats i. S. des HAVÜ gelten.475 Probleme ergeben sich indes dann, wenn jeweils nur der Mitgliedstaat, dessen Kammer die zu vollstreckende Entscheidung erlassen hat, dem HAVÜ beigetreten ist. In derartigen Fällen bestünde die Gefahr, dass Staaten aus dem Über471 Garcimartín/Saumier, Explanatory Report on the 2019 Hague Judgments Convention, Rn. 103. 472 Garcimartín/Saumier, Explanatory Report on the 2019 Hague Judgments Convention, Rn. 103. 473 Garcimartín/Saumier, Explanatory Report on the 2019 Hague Judgments Convention, Rn. 103. 474 Garcimartín/Saumier, Explanatory Report on the 2019 Hague Judgments Convention, Rn. 103. 475 So wohl auch Kessedjian, Nederlands Internationaal Privaatrecht 2020, 19, 24.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

einkommen Vorteile ziehen könnten, ohne selbst daran gebunden zu sein.476 Aus diesem Grund sollten die an einem Abkommen zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts teilnehmenden Mitgliedstaaten auch zugleich Vertragsstaaten des HAVÜ sein oder wenigstens als solche behandelt werden. Vermutlich ließe sich dies durch eine Ratifikation des HAVÜ durch die Union am einfachsten realisieren, da ein solcher Beitritt (verbunden mit einer entsprechenden Erklärung) für alle Mitgliedstaaten bindend wäre (vgl. Art. 27 Abs. 1 HAVÜ). Ob ein Beitritt der EU zum HAVÜ tatsächlich erfolgen wird, bleibt abzuwarten.477 b) Anerkennung und Vollstreckung Die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung sind in den Art. 4 ff. HAVÜ geregelt. Gem. Art. 4 HAVÜ wird ein von einem Gericht eines Vertragsstaats (Ursprungsstaat) erlassenes Urteil in einem anderen Vertragsstaat (ersuchter Staat) anerkannt und vollstreckt, sofern die Voraussetzungen des Art. 5 HAVÜ vorliegen und keiner der in Art. 7 HAVÜ genannten Versagungsgründe einschlägig ist.478 Das Verfahren der Anerkennung, der Vollstreckbarerklärung sowie die Vollstreckung der Entscheidung selbst richten sich nach dem Recht des ersuchten Staats (Art. 13 HAVÜ). c) Verhältnis zum Abkommen über die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts, zur Brüssel Ia-VO und zum HGÜ Das Verhältnis des Übereinkommens zu anderen internationalen Übereinkommen wird in Art. 23 geregelt. Für das Verhältnis des Übereinkommens zum Abkommen über die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts wäre Art. 23 Abs. 3 HAVÜ maßgeblich. Danach bleibt die Anwendung eines zeitlich nach dem HAVÜ geschlossenen Vertrags durch einen Vertragsstaat in Bezug auf die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung, die von einem Gericht eines Vertragsstaats, der ebenfalls Vertragspartei des HAVÜ ist, erlassen worden ist. Sollte das HAVÜ für die Mitgliedstaaten der Union und damit für potenzielle Vertragsstaaten eines Abkommens über die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts in Kraft treten, so bliebe dieses im Hinblick auf die Anerkennung und Vollstreckung unberührt. Von besonderer Bedeutung ist zudem Art. 23 Abs. 4 HAVÜ, der das Verhältnis zu Regeln einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration, die Vertragspartei des Übereinkommens ist, betrifft. Unter die Definition einer solchen Organisation ist 476 Garcimartín/Saumier, Explanatory Report on the 2019 Hague Judgments Convention, Rn. 103 (Fn. 101). 477 Eine eher düstere Prognose zeichnet Schack, IPRax 2020, 1, 6; optimistischer Fuchs, GWR 2019, 395, 399. 478 Überblick bei Bonomi/Mariottini, 20 Yearbook of Private International Law 2018/2019, 537, 549 ff.

§ 6 Aktuelle Entwicklungen auf Unionsebene

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insbesondere die Union zu fassen.479 Folglich ist für das Verhältnis des neuen Übereinkommens zur Brüssel Ia-VO, die den wohl wichtigsten Rechtsakt der EU im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung darstellt, Art. 23 Abs. 4 maßgeblich. Danach bleiben die Regelungen der EU zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, die von Gerichten eines Vertragsstaats erlassen wurden, der auch Mitgliedstaat der EU ist, unberührt, sofern entweder die Regelungen vor Abschluss des Übereinkommens erlassen wurden (lit. a) oder für den Fall, dass die Regeln nach Abschluss des Übereinkommens erlassen wurden, soweit sie die Verpflichtungen aus Art. 6 gegenüber Vertragsstaaten, die keine Mitgliedstaaten der EU sind, nicht berühren (lit. b). Da die Brüssel Ia-VO bereits vor Abschluss des Übereinkommens erlassen wurde, gilt Art. 23 Abs. 4 lit. a, demzufolge das neue Übereinkommen nicht die Anwendung der Vorschriften der Brüssel Ia-VO berührt. Wie soeben festgestellt, schließt das neue Übereinkommen eine Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen eines Gerichts, dessen Zuständigkeit im Wege einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung begründet wurde, aus. Ein Überschneidungsbereich mit dem HGÜ besteht folglich nicht. Vielmehr ergänzt das HAVÜ das HGÜ, indem es Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen eines Gerichts aufstellt, dessen Zuständigkeit sich gerade nicht auf den Abschluss einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung gründet.

§ 6 Aktuelle Entwicklungen auf Unionsebene A. Studie und Bericht des Europäischen Parlaments Im Juli 2018 wurden erstmals Pläne des Europäischen Parlaments für Maßnahmen zur beschleunigten Beilegung von Handelsstreitigkeiten bekannt. In diesem Rahmen wurde die Studie „Building Competence in Commercial Law in the Member States“480 veröffentlicht, die die Verabschiedung eines Maßnahmenkatalogs empfiehlt, um die Beilegung grenzüberschreitender Handelsstreitigkeiten in den Mitgliedstaaten attraktiver zu gestalten. Mit Hinweis darauf, dass im internationalen Vergleich schweizerische und englische Gerichte wegen der Qualität des jeweiligen Vertragsrechts vergleichsweise häufig gewählt werden, erwägt Rühl zunächst eine Vereinheitlichung und Harmonisierung des Handelsrechts der Mitgliedstaaten.481 Wegen der damit einhergehenden Probleme, die zunächst eine umfassende Forschung erfordern würden, kommt sie jedoch zu dem Ergebnis, dass die Vereinheitlichung und Harmonisierung des Handelsrechts der Mitgliedstaaten, wenn überhaupt, eine langfristige Option sei.482 479 480 481 482

Schack, IPRax 2020, 1, 2. Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States. Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 44. Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 44 f.

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

Sodann erörtert Rühl mögliche Maßnahmen zur Stärkung von Rechtswahlvereinbarungen. Empfohlen wird eine Änderung der Rom I-VO dahingehend, dass künftig auch die Wahl nichtstaatlichen Rechts, wie beispielsweise der UNIDROITPrinciples oder der PECL möglich sein soll.483 Darüber hinaus spricht sich Rühl für eine Abschaffung der Art. 3 Abs. 3 und 4 Rom I-VO aus, um so den Parteien die Wahl eines beliebigen Rechts zu ermöglichen, auch wenn es sich um einen rein inländischen oder rein europäischen Vertrag handelt.484 Dasselbe solle auch im Rahmen des Art. 14 Rom II-VO gelten.485 Zudem wird eine Anpassung des Wortlauts von Art. 14 Rom II-VO an Art. 3 Rom I-VO vorgeschlagen, um durch den daraus resultierenden Gleichlauf für mehr Rechtssicherheit zu sorgen.486 Um internationalen Handelspartnern eine möglichst schnelle und kostensparende Möglichkeit zur Beilegung ihrer Streitigkeiten zu bieten, wird die vom Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments bereits vorgeschlagene Einführung eines Verfahrens für die beschleunigte Beilegung von Handelsstreitigkeiten487 befürwortet.488 In dem Bewusstsein, dass die Schnelligkeit des Verfahren nicht den einzig ausschlaggebenden Faktor für die Wahl eines bestimmten Forums bildet, sondern vielmehr auch Kriterien wie beispielsweise Fairness, Vorhersehbarkeit der Ergebnisse und Qualität der Richter eine entscheidende Rolle spielen, wird als ergänzende Maßnahme die Verbesserung der Gerichtsinfrastruktur in den einzelnen Mitgliedstaaten empfohlen.489 Das Stichwort lautet hier Spezialisierung: Es wird vorgeschlagen, die Mitgliedstaaten zur Benennung mindestens eines spezialisierten Gerichts oder einer spezialisierten Kammer für grenzüberschreitende Handelsstreitigkeiten zu verpflichten.490 Die Errichtung solcher spezialisierter Gerichte bzw. Kammern würde auch entsprechende bereits ergriffene oder geplante Initiativen in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Belgien optimal ergänzen.491 Unterstützend solle die Aus- und Fortbildung der Richter und Anwälte, insbesondere in den Bereichen des Europäischen Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts, und auch hinsichtlich des Erwerbs von Sprachkenntnissen verbessert werden.492 Darüber hinaus wird vorgeschlagen, eine zentrale Datenbank mit Fällen mit Bezug zum Europäischen Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrecht aufzubauen, um den Zugang zum Europäischen Recht und zum Recht der Mit483

Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 47 f. Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 48. 485 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 49. 486 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 49. 487 Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments, Arbeitsdokument vom 08. 06. 2018 zur beschleunigten Beilegung von Handelsstreitigkeiten in der EU (PE623.634v02-00). 488 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 50 f. 489 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 51 f. 490 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 52 ff. 491 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 54. 492 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 57. 484

§ 6 Aktuelle Entwicklungen auf Unionsebene

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gliedstaaten zu verbessern.493 Zusätzlich solle ein Verfahren für Vorabentscheidungsersuchen zwischen den Mitgliedstaaten eingeführt werden, welches den Gerichten der Mitgliedstaaten ermöglichen würde, sich bei Fragen zur Anwendung und Auslegung des nationalen Rechts eines anderen Mitgliedstaats direkt an (höhere) Gerichte dieses Mitgliedstaats zu wenden.494 Zuletzt empfiehlt Rühl zusätzlich die Verbesserung der Streitbeilegung auf europäischer Ebene durch Einrichtung eines Europäischen Handelsgerichts.495 Ihre Ausführungen beziehen sich überwiegend auf die Ermittlung einer tauglichen rechtlichen Grundlage und das Verhältnis eines derartigen Gerichts zum EuGH und den mitgliedstaatlichen Gerichten.496 Unter Zugrundelegung der Ergebnisse dieser Studie wurde durch das Europäische Parlament im November 2018 eine Empfehlung zu Maßnahmen zur beschleunigten Beilegung von Handelsstreitigkeiten beschlossen und an die Europäische Kommission weitergeleitet.497

B. Stellungnahme der Europäischen Kommission Im März 2019 bezog die Europäische Kommission zu den Empfehlungen des Parlaments Stellung.498 Im Rahmen der Lektüre der Stellungnahme fällt auf, dass die Ausführungen nur sehr vage und unverbindliche Aussagen enthalten. Zunächst weist die Kommission darauf hin, dass die Idee eines beschleunigten Verfahrens für Handelsstreitigkeiten eine ganze Reihe verfahrensrechtlicher Fragen auslöse, die in jedem Zivilverfahren auftreten könnten und die gelöst werden müssten, was eine tiefgreifende Analyse auf der Grundlage einer dedizierten Studie und eine breite Konsultation der Beteiligten erfordern würde.499 Zwar werde die Kommission die Entschließung des Europäischen Parlaments als weitere Inspiration nehmen, Vereinfachungen bei grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten zu analysieren, jedoch

493

Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 57. Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 57 f. 495 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 58. 496 Rühl, Building Competence in Commercial Law in the Member States, S. 58 ff. 497 Entschließung (2020/C 388/43) des Europäischen Parlaments vom 13. Dezember 2018 mit Empfehlungen an die Kommission zur beschleunigten Beilegung von Handelsstreitigkeiten (2018/2079(INL)) (ABl. C 388 vom 13. 11. 2020, S. 692). 498 Europäische Kommission, Follow-up to the European Parliament non-legislative resolution with recommendations to the Commission on expedited settlement of commercial disputes (SP(2019)129). 499 Europäische Kommission, Follow-up to the European Parliament non-legislative resolution with recommendations to the Commission on expedited settlement of commercial disputes (SP(2019)129), S. 2. 494

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Kap. 5: Ein transnationales Handelsgericht auf europäischer Ebene?

nicht unbedingt im Rahmen eines spezifischen europäischen beschleunigten Zivilverfahrens.500 Nicht empfohlen wurde – vorerst – die Ergreifung vorbereitender Maßnahmen zur Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts. Nach Ansicht der Kommission würde die Einrichtung eines solchen Gerichts schwierige Fragen hinsichtlich der rechtlichen Grundlage aufwerfen.501 Zudem sei zum aktuellen Zeitpunkt die Notwendigkeit eines europäischen Fachgerichts nicht ausreichend nachgewiesen.502 Für die Zwecke dieser Arbeit ist primär der letzte Punkt bezüglich der Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts von Interesse. Die Bewertung der Stellungnahme der Kommission soll sich deshalb hierauf beschränken. Den Ausführungen der Europäischen Kommission kann nicht in allen Punkten zugestimmt werden. Das Bedürfnis nach der Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts wurde bereits dargelegt. Stichhaltiger sind die Bedenken im Hinblick auf die Existenz einer rechtlichen Grundlage. Der Kommission ist zuzugeben, dass die Verträge, speziell der AEUV, keine passenden Regelungen und damit keine taugliche Grundlage für die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts enthalten. Ein Rückgriff auf Art. 81 AEUV ist aus den oben bereits genannten Gründen abzulehnen.503 Vielmehr ist der Abschluss eines internen Abkommens zwischen den Mitgliedstaaten zu präferieren. Hierdurch wird das Kompetenzdefizit auf Unionsebene ausgeglichen. Freilich wirft auch die Wahl dieser Form zahlreiche Fragen auf, nicht zuletzt die des Verhältnisses zum EuGH. Es konnte jedoch aufgezeigt werden, dass diese Problematiken im Ergebnis lösbar sind. Aus diesem Grund sollte ein Europäisches Handelsgericht auf Basis eines internen Abkommens der interessierten Mitgliedstaaten errichtet werden. Rechtliche Bedenken stehen einer Errichtung in diesem Fall nicht im Wege.

500 Europäische Kommission, Follow-up to the European Parliament non-legislative resolution with recommendations to the Commission on expedited settlement of commercial disputes (SP(2019)129), S. 2. 501 Europäische Kommission, Follow-up to the European Parliament non-legislative resolution with recommendations to the Commission on expedited settlement of commercial disputes (SP(2019)129), S. 3. 502 Europäische Kommission, Follow-up to the European Parliament non-legislative resolution with recommendations to the Commission on expedited settlement of commercial disputes (SP(2019)129), S. 3. 503 Vgl. oben Kap. 5 § 2 A. II.

Zusammenfassung: Vorteile der Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts Abschließend soll eine zusammenfassende Darstellung der Vorteile einer Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts erfolgen. In diesem Rahmen soll auch dargestellt werden, welche der in Kapitel 4 dargestellten Anforderungen an die Attraktivität eines Streitbeilegungssystems durch ein Europäisches Handelsgericht erfüllt werden können. Kompetenzbündelung Durch die Beschäftigung von Richtern, die nicht nur über spezielle Expertise im internationalen Wirtschaftsrecht, sondern darüber hinaus auch über langjährige Erfahrung im Umgang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten und die hierfür notwendige Sprachkompetenz verfügen, wird den Parteien eine Beilegung ihres Rechtsstreits durch hochqualifizierte Richter ermöglicht. Die multinationale Zusammensetzung der Spruchkörper gewährleistet zudem ein möglichst breites Kompetenzspektrum. Dies bildet die optimale Grundlage für ein qualitativ hochwertiges Urteil, das aus Sicht beider Parteien gerecht erscheint. Schnelligkeit des Verfahrens Eine Einbindung eines Europäischen Handelsgerichts in die nationalen Gerichtssysteme der teilnehmenden Mitgliedstaaten ist zur Wahrung des Unionsrechts unentbehrlich. Die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsmitteln zu den obersten Gerichten ermöglicht zwar eine Rechtmäßigkeitskontrolle, kann jedoch zu einer Verzögerung des Verfahrensabschlusses führen. Aus diesem Grund sollte den Parteien die Möglichkeit des Rechtsmittelverzichts eröffnet werden. Auf diese Weise kann ein Ausgleich der gegenläufigen Interessen erreicht werden. Die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zum EuGH kann den Verfahrensabschluss ebenfalls in Länge ziehen. Aus diesem Grund kann allein die Möglichkeit einer Vorlage aus Parteisicht als unattraktiv erscheinen. Jedoch kann auf eine Vorlageberechtigung zum EuGH im Interesse der Wahrung der Autonomie der Unionsrechtsordnung nicht verzichtet werden. Zudem bietet das Vorlageverfahren auch Individualrechtsschutz und Rechtssicherheit. Flexibilität Ein Europäisches Handelsgericht bietet den Parteien eines grenzüberschreitenden Konflikts ein „zusätzliches“ Forum neben den nationalen Gerichten der an seiner

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Zusammenfassung

Errichtung beteiligten Staaten. Das anwendbare Recht ist auf Grundlage der Kollisionsnormen der Rom I- bzw. Rom II-VO zu ermitteln. Danach ist primär auf eine Rechtswahl durch die Parteien abzustellen. In diesem Rahmen können die Parteien das anzuwendende Recht grundsätzlich frei wählen. Die Wahl kann hierbei auch auf ein neutrales Recht fallen. Lediglich eine Wahl nichtstaatlicher Regelwerke muss sowohl im Rahmen der Rom I- als auch der Rom II-VO ausscheiden. Diese spielen jedoch sowohl im vertraglichen als auch im außervertraglichen Bereich ohnehin eine nur untergeordnete Rolle. Darüber hinaus wird es den Parteien ermöglicht, auf die Besetzung des für ihren Rechtsstreit zuständigen Spruchkörpers Einfluss zu nehmen. Schließlich werden Verfahren vor einem Europäischen Handelsgericht auf Englisch – der lingua franca des Wirtschaftsverkehrs – geführt. Auf diese Weise wird dem wachsenden Bedürfnis nach einem für jeden individuellen Rechtsstreit angepassten Streitbeilegungsmechanismus Rechnung getragen. Vertraulichkeit Zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen kann auf Antrag der Parteien ein Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgen. Dieses Antragsrecht der Parteien sollte für das Gericht bindend sein unter der Prämisse, dass ein Ausschlussgrund tatsächlich vorliegt. Des Weiteren wird durch die Möglichkeit der Durchführung eines Geheimverfahrens die Wahrung von Geheimnissen gegenüber der anderen Prozesspartei gewährleistet. Erleichterte Anerkennung und Vollstreckung Für die Vollstreckung einer Entscheidung eines Europäischen Handelsgerichts in einem anderen teilnehmenden Mitgliedstaat gelten die Abkommensbestimmungen. Hier sollte eine Regelung aufgenommen werden, wonach die Entscheidungen eines Europäischen Handelsgerichts wie nationale Gerichtsentscheidungen behandelt werden. Für die Vollstreckung in einem nicht teilnehmenden Mitgliedstaat, sind die Vorschriften der Art. 36 ff. Brüssel Ia-VO heranzuziehen, wonach die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Art. 36 ff. Brüssel Ia-VO, also für die Vollstreckung in Drittstaaten, sind die Regelungen des LugÜ, des HGÜ sowie (für den Fall des Inkrafttretens) des HAVÜ anwendbar. Neutralität des Forums Wie bereits aufgezeigt1, haben die Parteien eines grenzüberschreitenden Konflikts häufig ein Interesse daran, diesen vor einem neutralen Forum unter Zugrundelegung eines neutralen Rechts beilegen zu lassen. Diesem Interesse kann zunächst im Rahmen der Rechtswahl gem. Art. 3 Rom I-VO durch die Wahl einer neutralen Rechtsordnung Rechnung getragen werden. Zudem bietet ein durch mehrere Mitgliedstaaten getragenes Europäisches Handelsgericht für wirtschaftlich ähnlich oder 1

Vgl. oben Kap. 4 § 8.

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gleich starke Parteien eines grenzüberschreitenden Konflikts ein neutrales Forum für dessen Beilegung. Dies resultiert insbesondere daraus, dass die Parteien in englischer Sprache verhandeln und den Ort des Verfahrens durch Wahl einer örtlichen Kammer bestimmen können. Abgesichert wird diese Neutralität zusätzlich durch die multinationale Besetzung der Spruchkörper. Ein Europäisches Handelsgericht erfüllt somit die Anforderungen an einen attraktiven Streitbeilegungsmechanismus und damit die Bedürfnisse grenzüberschreitend tätiger Wirtschaftsunternehmen. Die Errichtung eines Europäischen Handelsgerichts könnte einen echten Mehrwert zur Steigerung der Attraktivität der europäischen Streitschlichtungslandschaft leisten. Die vorliegende Arbeit versteht sich als Impulsgeber für eine entsprechende Diskussion.

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Stichwortverzeichnis Anwendbares Recht – Europäisches Handelsgericht siehe Europäisches Handelsgericht – Schiedsgerichte 94 – staatliche Gerichte 90 ff. Aufschwung der Schiedsgerichtsbarkeit 34 ff. Beteiligung Dritter – Europäisches Handelsgericht siehe Europäisches Handelsgericht – Schiedsgerichte 108 ff. – staatliche Gerichte 107 f. Einheitliches Patentgericht 147 f., 192 Elektronischer Prozess 189 ff. Englisch als Gerichtssprache 40 f., 47 ff., 89, 180 EU-Anwälte 182 f. EuGH – Achmea 135 f. – CETA 136 ff. – Dior 145 f. – EMRK II 134 f. – EWR I 131 f. – GELR 132 f. – GEPEUP 133 f. – Kompetenz zur Auslegung des Unionsrechts 129 ff. – Miles 146 f. Europäisches Handelsgericht – anwendbares Recht 167 ff. – Beteiligung Dritter 188 f. – Gerichtsbesetzung 174 ff. – Gerichtssprache 180 ff. – Kompetenzgrundlage 118 ff. – Verfahrensregeln 191 ff. – Verhältnis zum Unionsrecht 125 ff. – Vertraulichkeit 183 ff. – Vollstreckung von Entscheidungen 194 ff.

– Wirkungen im nationalen Recht – Zuständigkeit 159 ff.

150 ff.

Geheimnisschutz 102 ff., 185 ff. gemeinsame Gerichte mehrerer Mitgliedstaaten 127 f., 144 ff., 159 f., 164, 195, 203 f., 207 f. Gerichtssprache – Europäisches Handelsgericht siehe Europäisches Handelsgericht – Schiedsgerichte 90 – staatliche Gerichte 89 gesetzlicher Richter 84, 175 ff. In-camera-Verfahren 105, 185 ff. International Commercial Courts – Brussels International Business Court 79 ff. – Commercial Court of England and Wales 62 ff. – International Chamber of the Paris Court of Appeal 71 ff. – Netherlands Commercial Court 74 ff. – Singapore International Commercial Court 65 ff. Kammern für Handelssachen 29, 31 ff. Kammern für internationale Handelssachen – Gesetzentwurf 50 ff. – LG Frankfurt 48 f. – LG Hamburg 49 – LG Mannheim und LG Stuttgart 49 – Modellprojekt NRW 48 Kosteneffizienz 97 f. lex fori 161, 170, 173 f., 193 f. lis pendens 164 f. Neutralität 112 ff. nichtstaatliches Recht

90 ff., 168 f.

248 ordre public

Stichwortverzeichnis 170, 196 ff.

Rechtsmittelverzicht 86 f., 167 Rechtswahl 44 f., 90 ff., 167 ff. Revisibilität ausländischen Rechts 165 ff. Richterqualifikation 83 ff., 174 f. Richterwahl 84, 96, 177 ff. Unionsrecht – Auslegungskompetenz – Autonomie 132 ff.

129 ff.

Verbandskompetenz 151 ff. Verfahrensdauer – Schiedsgerichte 87 f. – staatliche Gerichte 85 ff. Verfahrensort – Schiedsgerichte 95 f. – staatliche Gerichte 95 Verfahrensregeln – European Rules of Civil Procedure 192 ff. Verfahrensrückgang 29 ff. Verfahrenssprache siehe Gerichtssprache Vertraulichkeit – Europäisches Handelsgericht siehe Europäisches Handelsgericht

– Schiedsgerichte 101 f., 105 f. – staatliche Gerichte 99 ff., 102 ff. Vollstreckung – Brüssel Ia-VO 195 ff. – Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen 206 ff. – Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen 202 ff. – Lugano-Übereinkommen 200 ff. Vorabentscheidungsverfahren – Vorlageberechtigung 130 ff. Wettbewerb der Gerichtssysteme 17 ff., 40 f. Wettbewerb der Justizsysteme siehe Wettbewerb der Gerichtssysteme Wettbewerb der Rechtssysteme 41 ff. Zuständigkeit – international 159 ff. – örtlich 163 f. – sachlich 162 f.