Historische Lautlehre des Sardischen [Reprint 2020 ed.] 9783112325360, 9783112325353

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Historische Lautlehre des Sardischen [Reprint 2020 ed.]
 9783112325360, 9783112325353

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BEIHEFTE ZUR

ZEITSCHRIFT FÜR

ROMANISCHE PHILOLOGIE B E G R Ü N D E T VON PROF. DR. G U S T A V GRÖBER t

FORTGEFÜHRT UND HERAUSGEGEBEN VON

DR. W A L T H E R PROFESSOR

v. W A R T B U R G

AN DER UNIVERSITÄT

XCIII. MAX

BASEL

HEFT

L. W A G N E R

HISTORISCHE LAUTLEHRE D E S SARDISCHEN

M A X

N I E M E Y E R HALLE

V E R L A G

(SAALE)

1941

HISTORISCHE LAUTLEHRE DES SARDISCHEN VON

MAX L. WAGNER

MAX

NIEMEYER

VERLAG

HALLE (SAALE) 1941

DEN FACHGENOSSEN UND FREUNDEN

FRITZ KRÜGER UND

GERHARD ROHLFS GEWIDMET

Vorwort. Vorliegende Arbeit bedarf wohl keiner Rechtfertigung. Zwar besitzen wir schon eine Reihe von Einzelarbeiten über die sardischen Lautverhältnisse, von den Kapiteln der „Ortografia Sarda" S p a n o s (1840) angefangen bis zu Giovanni C a m p u s ' „Fonetica del Dialetto Logudorese" (1901), des Verfassers „Lautlehre der südsardischen Mundarten mit besonderer Berücksichtigung der um den Gennargentu gesprochenen Varietäten" (1907), B o t t i g l i o n i ' s „Saggio di fonetica sarda" (1919), dazu die verstreuten Aufsätze S a l v i o n i ' s , insbesondere seine „Note di lingua sarda" (1909) und andere kleinere Beiträge verschiedener Gelehrten, wozu noch für das Galluresische, Sassaresische und Korsische G u a r n e r i o ' s Darstellung im XIII. und XIV. Bande des A G I und die verschiedenen Ausgaben altsardischer Denkmäler mit den sich anschliefsenden grammatikalischen und lexikalischen Erläuterungen kommen. Aber eine zusammenfassende Darstellung der sardischen Lautentwicklung von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart unter Berücksichtigung der schriftlichen Überlieferung und der heutigen Verhältnisse stand bisher aus. Wiederholt wurde ich von befreundeter Seite aufgefordert, diese Lücke auszufüllen, und ich habe mich um so freudiger dazu entschlossen, als sich mein eigenes Material in der Zwischenzeit beträchtlich vermehrt hat, nicht zum mindesten auch durch meine Aufnahmen für den AIS, und dals sich mein Blickfeld auf diese Weise bedeutend erweitert hat. Die beiden neuen Ausgaben der bisher unzugänglichen Condaghen von S. Nicola di Trullas und von S. Maria di Bonarcado vermehren unsere Einsicht in die altsardischen Lautverhältnisse nicht unwesentlich, und wenn ich über deren Sprache auch schon in Vox Romanica IV, 233—269 und V, 106—164 berichtet habe, so war es doch angezeigt, in dieser Darstellung die gewonnenen Ergebnisse mitzuberücksichtigen. Zudem stellen sich mir heute manche Lautprobleme in einem anderen Lichte dar als früher und ich nehme naturgemäfs auch Stellung zu den oft von den meinen abweichenden Ansichten anderer Mitforscher. Kurzum, es wird hier eine Synthese der bisherigen fremden und eigenen Forschungsergebnisse versucht, die ein möglichst anschauliches Bild von dem lautlichen Charakter des Sardischen und von dem geschichtlichen Ablauf der Entwicklung, soweit sie ersichtlich ist, geben soll. Dals dabei in den Hauptzügen das übliche Schema einer Darstellung der

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historischen Lautlehre beibehalten wurde, mag von manchen getadelt werden; ich habe mich aber nach langer Überlegung entschlossen, daran festzuhalten, da ich glaube, dais es vielen Fachgenossen erwünscht sein mag, in dem vorliegenden Bande eine Art Nachschlagewerk zu besitzen, das es auch einem Fernerstehenden ermöglicht, sich über Einzelfragen rasch Auskunft zu erholen. Tatsachen, die längst genügend bekannt sind, werden natürlich nicht übergangen, werden aber etwas knapper behandelt als Fragen, die strittig oder bisher nicht genügend erörtert sind; zahlreiche Hinweise erlauben es jedem, das Tatsachenmaterial aus den übrigen Arbeiten zu ergänzen, die also durch meine neue Darstellung nicht einfach beiseite geschoben werden sollen. Dies gilt sogar für meine eigene Lautlehre von 1907, die Kapitel enthält, besonders über manche Erscheinungen der barbaricinischen Dialekte, die ich nicht einfach aufs neue ausschreiben wollte, die also immer noch daneben benutzt werden können; aber diese und jene Erscheinung, die dort nur mit wenigen Zeilen angedeutet wurde, erfährt nunmehr eine weit eingehendere Behandlung; auch werden manche Fehler und Unzulänglichkeiten, die dieser meiner Erstlingsarbeit anhaften, auf Grund neuerer Ergebnisse und Überlegungen verbessert. Wie es der Titel zum Ausdruck bringt, will diese meine Darstellung eine h i s t o r i s c h e sein; die grolse Linie der Entwicklung soll in ihrem Vordergrunde stehen. Doch soll damit nicht gesagt sein, dais irgendwelche Erscheinungen lautlichen Charakters, auch wenn sie rein zufälliger Art sind, unter den Tisch fallen sollen. Alles, was einstweilen über die sardischen Lautverhältnisse bekannt ist, wurde in der Arbeit herangezogen. Auch Erscheinungen, die man sonst nur anhangsweise oder nebenbei erwähnt und die man mit der Sammeletikette „Accidenti generali" zu versehen pflegt, habe ich eingehend in Einzelkapiteln besprochen, weil solche für den Gesamtcharakter der Sprache mindestens ebenso wichtig sind als die sog. „lautgerechten" Erscheinungen. Eine wie grofse Bedeutung ich z. B. den „akustischen Verhörungen" beimesse, ergibt sich aus verschiedenen Abschnitten der Arbeit 1 . Auch die reinphonetischen Varianten einzelner Laute, wie die verschiedenen Artikulationen der s-Laute, werden zur Genüge erwähnt; doch habe ich davon Abstand genommen, diese Varianten bei den einzelnen Zitaten auiserhalb der einschlägigen Kapitel jeweils genau wiederzugeben, so dafs also Wörter mit s aus den Zentraldialekten im Texte ohne das Zeichen für die alveolare Aussprache (f) erscheinen, und zwar aus dem Grunde, weil es sehr' schwer ist, den mehr oder weniger ausgeprägten Grad der alveolaren Artikulation im Einzelfalle anzugeben; dasselbe gilt für andere mehr oder minder 1 Mit Genugtuung sehe ich, dais nunmehr auch M e n é n d e z P i d a l in der neuen (6.) Auflage seines Manual (1941), § 72, SS. 194—201 der „equivalencia acústica" die gebührende Bedeutung beimiist und ihr ein besonderes Kapitel einräumt.

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schwankende Artikulationen, von denen aber jeweils in den einschlägigen Abschnitten die Rede ist. Was für die künftige Forschung auf sardischem Lautgebiete vor allem nötig ist, sind eingehende Untersuchungen über die einzelnen Artikulationen in den verschiedenen Mundarten, die aber nur von einem Fachphonetiker und mit Hilfe der Apparate angestellt werden können; der einzige bisher vorliegende Versuch in dieser Richtung wurde von G. M i l l a r d e t , „Sur un ancien substrat commun ä la Sicile, la Corse et la Sardaigne" (RLiR I X (1933), 346—369) unternommen; obwohl er sich nur auf wenige Stichproben auf sardischem Gebiete stützt, hat er zu wichtigen Ergebnissen geführt, worüber wir in unserem Schlufskapitel berichten; auf dieser Grundlage müiste weitergearbeitet werden, um auch die Ausdehnung anderer lautlicher Erscheinungen, wie der kakuminalen Artikulationen und der Nasalitätserscheinungen in ihren verschiedenen Stärkegraden und ihrer gänzlichen oder teilweisen Verflüchtigung und Abschwächung genauer festzulegen. Eine weitere wünschenswerte Ergänzung der bisherigen Studien würden eingehende Monographien einzelner Landschaften oder Orte sein. Wer wie ich im Laufe der Zeit ein grofses Dialektgebiet bereist und studiert, kann sich nicht allzu sehr bei Einzelheiten aufhalten; auch die Aufnahmen für den A I S bringen nur einen Ausschnitt und geben kein hinreichendes Bild von den Verhältnissen der einzelnen Orte. Hierzu ist ein langer Aufenthalt und ein genaues Studium der örtlichen Verhältnisse nötig, wobei auch die individuellen Schwankungen zu berücksichtigen wären; in den Grenzgebieten insbesondere würden solche Einzelstudien das Übereinandergreifen und die Überschneidungen der verschiedenen zusammenstofsenden Lauterscheinungen deutlicher aufzeigen, als das bisher möglich ist (Hinweise darauf bringen wir an manchen Stellen),- und damit würde auch das Vordringen einzelner Lautungen, auf die wir hier nur hindeuten konnten, besser in die Erscheinung treten. Die kleine Arbeit von G. B i d d a u über den Dialekt von Bosa ist leider ein unzureichender Versuch geblieben. Neuerdings hat auf meinen Rat hin ein jüngerer Leipziger Schüler W. v. Wartburg's, Herr Rudolf B ö h n e , sich ins Sirrabus begeben und sich dort länger aufgehalten; seine Arbeit über dieses Dialektgebiet, die mir vorgelegen hat, ist eine überaus fleifsige Untersuchung dieser sprachlich eigenartigen Zone; hoffentlich kann sie bald erscheinen. Ich bringe in dieser Arbeit verschiedentlich Angaben über Lauterscheinungen des Särrabus, die mir Herr B ö h n e gemacht hat und möchte ihm auch an dieser Stelle für die liebenswürdige Überlassung derselben danken. Auch höre ich, dafs ein Sarde in ähnlicher Weise dem Dialekt von Isili eine Spezialstudie zu widmen gedenkt. Solche Arbeiten werden mehr als je willkommen sein. In Vorbereitung ist der neue von M. B a r t o l i geleitete italienische Sprachatlas, in dem Sardinien, wie mir mitgeteilt wird, mit nicht weniger als 109 Punkten vertreten sein wird; natürlich wird

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er uns viel neue Aufklärung auch über die lautlichen Verhältnisse der Insel bringen, und es wird sich dann manche Lauterscheinung besser abgrenzen lassen als bisher. Doch kann ich unmöglich das Erscheinen dieses neuen Arbeitsinstrumentes abwarten; vielleicht ist es auch von Vorteil, zunächst einmal ein Fazit über das bisher Zugängliche zu ziehen; später wird sich dann Gelegenheit ergeben, meine Ausführungen, wo es nötig ist, zu berichtigen und zu ergänzen. Einstweilen habe ich die von Ugo P e l l i s , dem Aufnehmer des ALI, im „Bollettino dell'Atlante Linguistico Italiano" I mitgeteilten Angaben für meine Darstellung verwertet, wobei ich mich allerdings auf das Wesentliche beschränken mufste. Oft hat Pellis in einzelnen Orten, wo ich metathetische Formen vorfand, solche ohne Metathese aufgezeichnet, oder umgekehrt, und ähnlich ist es bei anderen fluktuierenden Erscheinungen; das will wenig besagen; zu berücksichtigen ist auch, dafs ich viele meiner Aufnahmen vor 30 oder 20 Jahren gemacht habe; dafs sich in der Zwischenzeit manche Veränderungen, zumal in den Grenzzonen zwischen den einzelnen Gebieten, ergeben haben, habe auch ich bei den späteren Aufnahmen feststellen können. Der Dialekt von Bitti hat sich seit Spanos Zeiten durch den Einflufs des angrenzenden Logudoresischen des Tirsotals erheblich verändert, und in der Barbagia stellt sich immer mehr ein Ausgleich, teils nach den südlichen Lautungen, teils nach den logudoresischen, teils auch nach denen von Nuoro-Stadt ein, worauf im Texte des öfteren hingewiesen wird. Abschlielsend möchte ich noch bemerken, dafs ich aus dieser Lautlehre mehr als in meiner Lautlehre von 1907 rein lexikalische und Wortstudienprobleme ausgeschaltet habe; denn wenn auch diese meiner früheren Darstellung vielleicht zum Schmucke dienten und am meisten dem „Zahn der Zeit" widerstanden, so gehören sie doch, streng genommen, mehr ins Wörterbuch; doch wo solche Probleme aus lauthistorischen Gründen angeschnitten werden mufsten, habe ich es für richtig gehalten, keine allzu pedantischen Scheidungen vorzunehmen. Was irgendwie dazu dienen kann, eine Frage aufzuhellen, sollte nicht unterdrückt werden, auch wenn die Liebhaber allzu strenger Systematik darüber Zeter schreien werden. Manche Erscheinungen, die bei der Behandlung der verschiedenen Laute, hauptsächlich vom Standpunkte des Sardischen aus besprochen werden, erfahren in den späteren zusammenfassenden Kapiteln eine umfassendere Beleuchtung im Hinblick auf die interromanischen Verhältnisse; diese bitten wir also ebenso berücksichtigen zu wollen wie insbesondere auch die Nachträge. Die diesem Bande beigegebenen Sprachkarten, die einige der wichtigsten lautlichen Erscheinungen des Sardischen zu veranschaulichen und abzugrenzen trachten, wurden nach meinen zeichnerisch unzulänglichen Skizzen durch den Zeichner des romanischen Seminars der Universität Hamburg, Herrn Rudolf S c h ü t t , hergestellt, dem ich, ebenso wie meinem verehrten. Freunde Prof. Fritz K r ü g e r ,

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für diese selbstlose Hilfe meinen besten Dank auch öffentlich ausspreche. Ebenso danke ich meinem Kollegen und Freunde Prof. Carlo T a g l i a v i n i , der die mühsame Arbeit auf sich genommen hat, mit Hilfe zweier seiner Schülerinnen, die Wörterverzeichnisse anfertigen zu lassen, da ich infolge eines Unfalls und dadurch veranlagter Bettlägerigkeit selbst dazu nicht imstande war. Meine Arbeit sei zwei Fachgenossen gewidmet, denen ich so manche Anregung verdanke und mit denen mich die Auffassung verbindet, dais eine streng sachliche Sammlung und Ausdeutung eines trockenen Tatsachenmaterials keine unnütze Arbeitsvergeudung ist, falls diese Ausdeutung zu neuen Ergebnissen führt und Ausblicke auf neue Wege eröffnet.

Sigei und Abkürzungen. AGI = Archivio Glottologico Italiano. AIS = Atlante Italo-Svizzero (Sprach- und Sachatlas Italiens und der S&dschweiz). Die Kummern beziehen sich auf die Karten; Legg. verweist auf die Seitenbemerkungen der einzelnen Karten. ALEIC = Atlante Linguistico Etnografico Italiano della Corsica, hsg. von Gino B o t t i g l i o n i (einschlieislich Band VII). AH — Archivum Romanicum. AStNSp = Archiv für das Studium der Neueren Sprachen. AStSa = Archivio Storico Sardo. A T P •= Archivio per lo Studio delle Tradizioni Popolari. BDC = Buttletl de Dialectología Catalana. BALI = Bollettino dell' Atlante Linguistico Italiano. B e l l o r i n i , Canti amor. = Egidio B e l l o r i n i , Canti popolari amorosi raccolti a Nuoro. Bergamo 1893. B i d d a u = G. B i d d a u , Studio sul dialetto di Bosa. Torino 1903. B o t t . , Legg. = Gino B o t t i g l i o n i , Leggende e Tradizioni di Sardegna. Genève 1922 (Biblioteca dell' Archivum Romanicum, Serie II, Voi. 5). B o t t . , Saggio = Gino B o t t i g l i o n i , Saggia di fonetica sarda. Perugia 1919. CdL = Carta de Logu de Arborea, ed. E. B e s t a e P. E. Guarnerio. Sassari 1905 (Estratto dagli Studi Sassaresi). CSMB = Condaghe di S. Maria di Bonarcado. CSNT = Condaghe di S. Nicola di Trullas. (Beide nach der Ausgabe „ I Condaghi di S. Nicola di Trullas e di S. Maria di Bonarcado a cura di Enrico B e s t a e Arrigo Solmi, Milano 1937.) CSP = Condaghe di S. Pietro di Silki, ed. G. B o n a z z i , Sassari-Cagliari 1900. CSMS = Condaghe di S. Michele di Salvennor, ed. Raffaele Di T u c c i . Cagliari 1912. CV = Le Carte Volgari dell' Archivio Arcivescovile di Cagliari, editi da A. Solmi (Arch. Stor. Italiano 1905). C a l v i a , Pompeo, Sassari Mannu. Poesie. 2a. ed. Sassari 1922. Campus, Fon. = Giovanni Campus, Fonetica del Dialetto Logudorese. Torino 1911. C a r a = Alberto Cara, Vocabolarietto botanico sardo-italiano. Cagliari 1889.

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und

Erläuterungen

Lautbezeichnung. Offene und geschlossene Vokale werden in der üblichen Weise durch untergesetzten Haken, bzw. Punkt (p, () bezeichnet; die Länge der Silbe im allgemeinen angegeben. Nasalvokale werden durch übergesetzte Tilde bezeichnet (3), schwache Nasalität durch eingeklammerte Tilde (»). 9 oder ( (je nach den Quellen) gibt den besonders im Süditalienischen häufigen schlaffen unbetonten «-Vokal wieder, der sporadisch auch im Sardischen vorkommt (§ 51). Konsonanten. b, d, g: bilabialer, interdentaler und velarer stimmhafter Engelaut, ähnlich wie im Iberoromanischen; &: interdentaler stimmloser Reibelaut (vgl. § 169); g: bezeichnet nach italienischer Transkriptionsgewohnheit den velareq. stimmhaften Verschlufslaut vor e und i (absichtlich gelegentlich angewendet, um Miisverständnisse über die okklusive Natur des Lautes hintanzuhalten); £, g: mediopalatale stimmlose, bzw. stimmhafte Affrikaten; erstere besonders im Nordsardischen, Galluresischen und Korsischen (bei Guarnerio und anderen: c); letztere in denselben Mundarten, aber auch in zentralsardischen Dialekten (bei Guarnerio: g); *>: Stimmritzenverschlufs (Knacklaut); 6, g: präpalatale stimmlose, bzw. stimmhafte Reibelaute (AIS: ¿, g); i : dentales stimmhaftes s; f . alveolares stimmloses 5 (§ 164); S, £: mediopalatale stimmlose, bzw. stimmhafte Reibelaute; 4: kakuminaler stimmhafter Verschlufslaut; n: kakuminaler Nasal (in der Verbindung « log. mudzêre, lentolu, camp, mulitri, lentsplu; b) die schon bei Naevius vorkommende und gewiis stets volkstümliche Aussprache i n t é g r u > log., camp, inirfu; c a t h é d r a > log. kadrea; c o l ó b r a > log., camp, kolôra (s. zu beiden Fällen M e y e r L ü b k e , Einf., §§ m — 1 1 2 ; S o m m e r , Handbuch, S. 89, zu b) auch Meille t , in Revue bourguignonne de l'enseignement supérieur V, 232) ; c) i l l a c > i l l â c (nach hac) > log. açlçlae; i l l ó c > alog. i l l ó e , acamp. i l l o i (CV VI, 3, 4, etc.), l l o i (CV II, 1), heute dçlçi (dazu M e y e r - L ü b k e , R G I, §603). § 2. Die Betonung von log. açra „ L u f t " soll nach R E W 240 auf dem griech. Akk. äs na beruhen; so sagt man in der Baronia (Siniscola) und im Bittesischen (Nule; vgl. F e r r a r o , Canti 293 und 312); aber in Bitti selbst spricht man dgera neben äera, in Fonni und der Barbagia aera, so dais man sich fragen kann, ob nicht dieses die ursprüngliche Betonung war und ob nicht die Form aera eine Akzentverlegung in Anlehnung an den kräftigen Ausgang -era darstellt; sonst sagt man log. und camp, meist ària nach dem Ital. oder umgestellt dira (Perdas de Fogu) ; daneben im Camp, auch äiri (Escalapl. ; Villac. bei B o t t . , Legg. 127), zusammengezogenen, z. B. inMógoro, = span.-kat. aire. Bitt. andte, log. andde, camp, anddi „Ente" setzt wohl wie baskische Formen ( S c h u c h a r d t , Beih. ZRPh VI, 23) ein schon lat. *andte voraus (vgl. A I S 1150). Log. kandva „canova, dispensa" ist kein allgemein gebräuchliches Wort ; wie das häufigere kantîna und dispènsa ist es sichtlich ital. Lehnwort; was S a l v i o n i , R D R I V , 231 zur Rechtfertigung des -v- als einheimischer Lautung sagt, trifft nicht zu, und auch das R E W 1566 zögernd angesetzte * c a n a f a hat keine Existenzberechtigung; das Wort ist aus ital. canova (daher auch -v-) über *kdnava und dann Beiheft zur Zeltschr. f. rom. Phil. XCIII.

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2 mit Akzentverlegung durch Attraktion des vorhergehenden a entstellt, vielleicht aber erst aus Abi. wie kanavpri rückgebildet 1 . § 3. Sonstige Abweichungen von der lateinischen Betonung beruhen auf analogischem Einfluis von Suffixen, wie in nuor. kikula, log. kîgula „Zikade" = c i c a l a (-M/M); camp. Idltia, in der Ogliastra lâttua „Lattich" = l a c t u c a ; log. Ifttiga, camp. l$ttia „Sänfte" = l e c t i c a (daneben aber auch lettîga aus dem Ital. und lettera aus span. litera) ; log., camp. lassdna, lantsäna neben log., camp. Idssana „Hederich" = l ä p s ä n a 2 ; Ovodda främmi^a „Ameise" für sonstiges fronitga = f o r m i c a ; nuor. Ussiba, log. lissia neben lissîa, HSia „Lauge" = l i x ï v a ; log., camp, kuîdu neben kûidu, nuor. kûbidu „Ellbogen" = c u b ï t u ; camp, buîdu, ibuîdu neben bûidu, boidu „leer" = * v o c ï t u (aber camp, wahrscheinlich durch kat. vuyt beeinflufst) ; bitt. log. testuine, log. toslmne, camp, tostoini, -u neben log. tostöine, camp. tostdini, nuor. testügine „Schildkröte" = * t e s t u g ï n e ; sa mddrike (Dorgali), sa mddrige (Busachi) „Hefe" neben bitt., nuor. malrike, log. modrige = m a t r i x , - i c e ; camp, arraiga neben nuor. rddika, Barbagia rdiga = r a d ï c a (§ 62 und Anm. 3) ; camp. (Escalpl.) tdniii (su d.) ; tdSini (Lâc.) „Obststengel" = t e n a c e m ; sonst tandii; s frrina „Bohrer" (Baunei) für sonstiges berrina — v e r r u i n a ; molinu „Mühle" (Planargia, S. Luss.) für sonstiges molinu (vgl. AIS 232), wohl auch vom Vb. molere aus beeinflufst; kdmpana „Glocke" ist nicht nur in Nuoro ( B e l l o r i n i , Canti amor. nuor., no. 79, Anm.) die normale Aussprache, sondern auch in der Umgebung (Bitti, Dorgali, Fonni, Désulo und noch PdF; vgl. AIS 788) und beruht wohl auch auf Suffixanalogie3. Camp, pruîni (Cagl. und vielfach im Camp.), pruîne (S. Luss., Bonârcado, Busachi, Baunei, Tiana), pruiu (M6g., Mil.) gegenüber prügine (Gavoi), prûini (Dés.), prûiu (Terralba); nuor. prûgere, log. prûere — „Staub" = p u l v ë r e erklärt sich zunächst aus Dissimilation von r—r > r—n (vgl. § 418) und dann Anpassung an den Ausgang -ini {pôddini, frumini, usw.). Das nordlog. kanndu (auch sass.) „Hanf" gegenüber log. kdnnau = c a n n ä b u (Varro und Spätlatein) 4 statt c a n n ä b i s (vgl. CSNT 133: 1 K. v. E t t m a y e r , ZRPh X X X I I , 725f. ruft sogar das Sardische als Kronzeugen für eine Einwirkung des kelt. capanna an: „Auf sie ist die Betonung in sard. candva zurückzuführen." Davon kann schon wegen -vnicht die Rede sein. Das von E t t m a y e r nach Traina auch angeführte siz. cdnnava zeigt dagegen Anpassung des Nachtonvokals an den Tonvokal, und ähnlich mochte es ursprünglich im Sardischen sein. Dazu ist auch das von de Cristo und nach ihm von Rohlfs, DTC I, 150 verzeichnete kalabr. canôva mit verlegtem Akzent zu vergleichen. 2 Rohlfs, EWUG 1228 führt kalabres. Formen an, die auf griech. Aay.dvrj beruhen; ein solcher griechischer Einfluis kommt für die sardischen Formen kaum in Betracht. 3 Wenn nicht, was auch denkbar ist, ein lautmalendes Element mitspricht, indem durch die daktylische Aussprache das Klingen der Glocken zum Ausdruck kommen soll. 4 s. Georges, Lexikon der latein. Wortformen, S. 113; G. A. Saalfeld, Tensaurus Italograecus, Wien 1884, S. 225.

3 cannabariw, C S P 3 1 6 : cannauarios) ist durch den häufigen Ausgang -du beeinfluist, wahrscheinlich durch das sinnverwandte ispäu = ital. spago (AIS 243); umgekehrt lautet log. asiräu „ E i s " = a s t r a t u im Bitt.-Nuor. und vielfach in der Barbagia dstragu; Dorg., Orgósolo: dstrau, und das etymologisch rätselhafte ßdlau „ K l e i e " (Siniscola, Orosei, Dorgali) lautet in log. Orten taldu (Posada, Buddusó), teldu (Luras, Pattada) § 4 . Natürlich kann eine solche Akzentverlegung durch Einfluis von Suffixen auch bei aus anderen Sprachen entlehnten Wörtern vorkommen, so Désulo: pruvúra, camp, bruvúra „Schieispulver" neben brüvura (Milis, Norbello, Busachi), brúvera (Cuglieri), brúvula (Fonni), log. búrvura u. ähnl. aus span. pólvora (wobei die südliche Betonung auf -Úra auch durch das kat. polvóra beeinfluist sein kann) 1 ; log. funddgn {junndgu in Désulo), frunddgu (gall. funddku) „cantina, sottano" neben sonstigem fúndagu = it. fondaco; bitt. bússika „ B l a s e " neben sonstigem log. busslka, buHka = ital. vescica2; bitt. gdbbanu für sonstiges kabbdnu, gabb- „Mantel" = it. gabbano3. 1 Dais das Wort nicht einheimisch sein kann, hat schon Campus, AStSa IV, 251 erkannt, denn ,,il b si conserva sempre intenso"; abgesehen davon zeigt der Vergleich mit den volkstümlichen Fortsetzern von pulvere „Staub", dais das Wort, wenn es einheimisch wäre, zu anderen lautlichen Ergebnissen führen würde. Zu kat. polvóra vgl. S a r o l h a n d y in Gr. Grdr. I 2 , S. 8542 Auch dieses Wort ist kaum einheimisch, da das -c- in keinem Dialekt zu -g- erweicht wird; auiserdem ist es vielfach volkstümlich umgestaltet. 3 S a l v i o n i h a t s i c h R I L XLVI, 682 ff. mit Fallen von Akzentverlegung beschäftigt; aber die Beispiele, die er aus allen möglichen Quellen geschöpft hat, sind sehr ungleicher Art und mit Vorsicht zu benutzen. Triúlas „Juli" bei S p a n o ist ein Druckfehler; man sagt überall triulas; tardlu „tarlo" steht bei Spano, ist aber zum mindesten verdächtig; ich bekam überall tdrahc oder tdrulu-, fustigu „Stengel" ist nicht deverbal, wie Salvioni glaubt, sondern lautet in anderen Spielarten fusHyu und ist f u s t l c ü l u ; kastigu „Strafe" ist it. oder span. castigo; baldustra ist span. Lehnwort und hat den Akzent wie im Spanischen, nicht it. balaùstra; log. camp, bdina, bdnia „Messerscheide" ist vermutlich nicht einheimisch, da auch in den Zentraldialekten keine Formen mit -g- vorkommen, sondern span. vaina oder kat. bayna mit der Betonung wie in diesen Sprachen; bei slittili (Nuoro, Bitti, Fonni, Dorgali) neben sonstigem suttile ( = ital. sottile) wird auch die volkstümliche span. Aussprache sutil im Spiele sein (s. darüber Amado Alonso, in: Biblioteca de Dialectología Hispanoamericana, Tomo I (Buenos Aires 1930), S. 359) ; ebenso ist anzunehmen, dais an der Aussprache sichern „ganz, unverfälscht, bes. vom Weine" (so Bosa, Dorgali; auch Sass. slykaru) die für das Spanische des X V I I I . Jhd. bezeugte Betonung sincero nicht unbeteiligt sein wird; diese Aussprache ist heute in Amerika volkstümlich, muís also schon im 14. und 15. Jhd. bestanden haben (vgl. Cuervo, Apuntaciones, § 34 und Am. Alonso, a. a. O. S. 359f.); auch Antiigu entspricht der vulgärspan. und amerik. Aussprache Antióco (Cuervo, a. a. O. § 141). Ob das alog. manacu (CSP 89, 97, 83), wie Salvioni annimmt, mandkü betont wurde, ist angesichts der Nebenform manucu (CSP 258) sehr fraglich (vgl. § 23), und ob das heutige camp, man&gu „Tölpel" dasselbe Wort ist und monachus entspricht, wie Salvioni meint, ist auch nicht sicher; es ist vermutlich eine Umgestaltung von it. maniaco.

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4 § 5. Bei deverbalen Ableitungen herrscht vielfach Schwanken in der Betonung. Von log. (is)seberare „wählen" ( = seperare) bildet man log. (is)spberu und (is)seberu, camp, ieberu; von fadigare einerseits nuor. fatiku, log. fadigu, andererseits log., camp, fddigu (auch fadtga „Mühe" = it. fatica mag beteiligt sein); von refudare .rifiutare' : refúdu, aber in Mores z. B. rpvudu. Dasselbe Schwanken ist auch je nach den Gegenden bei der Betonung der entsprechenden nicht endungsbetonten Verbalformen festzustellen; man hört gewöhnlich Imp. siterà, aber auch sebira. Die Ableitungen der Verba auf - i c a r e sind wie die entsprechenden Verbalformen Proparoxytona: log. bántsigu „Wiege"; log. kdstigu, camp, kdstyu „Wächter, Wachposten"; log. kdttigu „Stampfen"; log. mdndigu „Speise"; camp. mússyu „Bifs"; log. frdigu „Gebäude". Bei den nicht endungsbetonten Formen von aus dem Italien, oder Spanisch-Katal. entlehnten Verben und hieraus gezogenen deverbalen Ableitungen besteht die Neigung, die vorletzte Silbe zu betonen, auch wenn im Italien, oder Span, die vorvorletzte den Ton trägt: log. abbittu „Wohnung" von abbinare (— it. abitare)-, camp. arrenigli „Wut" von arrenegai ( = aspan, renegar im selben Sinne); log. fentomu „ R u f " von fentomare ( = it. mentovare)-, log., camp. frastimu „Fluch" von frastimare, fiastimare ( = altit. biastemare); log. intima „Aufforderung" von it. intimare (cf. Castelmadama: intimu „id." (Norreri, 57); log., camp, interrogu „Verhör" von Besondere Vorsicht ist am Platze bei den von S a l v i o n i aus B e l l o r i n i und C i a n e N u r r a ' s Mutos-Sammlungen gezogenen Beispielen, wie achina „Traube", femina „ F r a u " , omine „Mann", usw. B e l l o r i n i hat den Akzentwechsel als „licenza poetica" gekennzeichnet. S a l v i o n i zieht aus diesen Formen weitgehende Schlüsse, denn er meint: „Ora una licenza poetica come quella, non si capisce, senza che la lingua d' ogni giorno abbia un giorno fornito qualche addentellato". Aber Betonungen wie die obigen kommen im gesprochenen Sardisch nirgends vor. Dafs sie im Reime gebraucht werden können, erklärt sich nicht so sehr aus der Kunstlosigkeit der Mutos-Reimerei, als vielmehr aus dem eigentümlichen Rhythmus des sardischen Gesangs, der alle Silben gleichmäfsig hinauszieht und am meisten am Schlüsse der Reimzeile. Solchen unregelmäisigen Betonungen begegnen wir in allen sardischen Liedersammlungen, vgl. auch die aus der Sammlung von F e r r a r o angeführten Beispiele (Verf., SSW, Bibl. Arch. Rom. II, 16, S. 65I). B e l l o r i n i gibt ganz richtig an, dais von allen den im Reime (scheinbar wenigstens) unrichtig betonten Wörtern nur kdmpana und slittile auch in der Umgangssprache gebraucht werden. Hinsichtlich der Verlegung des Tones im Gesang kann man die in spanischen Volksliedern häufige Verschiebung der Betonung von der vorletzten auf die Endsilbe vergleichen; so lautet ein Refrainlied in Cervantes' Entremés „ L o s Alcaldes de Daganzo . ,,Pisaré yo el polvico Atdn menudico, Pisaré yo el polvó Atdn tnenudó." (und ähnlich in der „Gitanilla", ed. R o d r í g u e z M a r i n , Madrid 1914, S. 10). Spanische Betonung hat auch kóllera „Cholera" (z. B. B o t t . , Legg. 115 für Nurri) = span.-kat. cólera gegenüber ital. colèra.

5 it. interrogare; camp, mendigu „ B e t t e l " v o n mendicai mendihai ( = i t . mendicare) ; log. intsidu „ A u f r e i z u n g " v o n intsidare (— it. incitare) ; log. sinifiku „ B e d e u t u n g " v o n -are (ital.). Viiita m i t spanischer B e t o n u n g k o m m t neben ital. b e t o n t e m viiita v o r 1 . § 6. F ü r log. kendbura, c a m p , iendbara „ F r e i t a g " = c e n a p u r a suchte S a l v i o n i , R I L X L I I , 682f. eine E r k l ä r u n g der B e t o n u n g ; n a c h i h m würde es sich u m ein „ r a c c o s t a m e n t o di d u e v o c a l i " u n d einen „ f a c i l e trapasso di quello (des Akzentes) dall' u n a all' altra d i q u e s t e " handeln und er g l a u b t Beispiele wie balaustra, bdina, u s w . als Parallelen anführen zu können, die aber, wie gezeigt wurde, anders z u erklären sind. Ich sehe in d e m W o r t einen A b l a t i v , dessen langes -ä tonstärker gewesen sein wird als ausgehendes ä und d a durch d a s folgende mit d e m S u b s t a n t i v z u einem Begriff verschmolzene A d j e k t i v an sich gezogen h a t . U n d auf diese Weise erklärt sich a u c h alt- und neulog. issdra, c a m p , insdra „ d a m a l s " als i p s à h o r a ; alog. avestara „ v o n d a a n " = d e a b i s t i h o r a 2 und camp, nottésta„heute abend" = n o c t é i s t a , Ä h n l i c h : F o n n i : m'appo bo*du éppere unu péde „ m i sono slogato il p i e d e " ( A I S 676); si t'abbrdnku, ti bd"o sos ossos de épere; Spano, A g g . : éppere (Fo.) „ p a r i " ; bogadu de éppere „ s c o m p a g n a t o " ; o f f e n b a r dé + pare (sonst bogare de bdre, A I S 676, Legg.). D e r bestimmte Artikel lehnt sich a n vorausgehende auf V o k a l endigende Präpositionen a n , also déssit, dssit = d e i p s u , u s w . 3 ; ebenso ist küstu, küdtfu aus e c c ü i s t u , i I I u entstanden. D a s in den alten U r k u n d e n häufige gitteu, progitteu „ w a r u m " entspricht, wie zuerst M e y e r - L ü b k e , A l o g . 35f. e r k a n n t hat, q u i d d e u (§ 3 4 1 ) ; dafs es auf d e m é b e t o n t wurde, zeigt a u c h die heutige A u s s p r a c h e itéi, in welcher F o r m d a s W o r t noch im Sulcis üblich ist, während m a n sonst überall bitte, it(t)e, ita sagt. M a n h a t in letzteren F o r m e n w o h l eine affektische T o n v e r l e g u n g zu sehen, die zugleich den A b f a l l des auslautenden -u und verschiedene sonstige U m g e s t a l t u n g e n des A u s l a u t s zur Folge g e h a b t h a t . § 7 . D i e W ö r t e r m e r ü l a , f e r ü l a , a r ü l a ergeben i m C a m p i dano umgestellte Formen : meürra, feürra, aürra über %méurla, und in Urzulei, Baunei, Triei und auch in D o r g a l i m i t anderer Assimilation : nieülla, u s w . (vgl. auch L a u t i . , § 3 2 ; A I S 493). I n diesem F a l l e h a t die Doppelkonsonanz einen A k z e n t w e c h s e l zur F o l g e g e h a b t , während in der L a u t i . , 1. c. umschriebenen Grenzzone der A k z e n t nicht v e r l e g t wird (méurra, usw.). A n dieser A k z e n t v e r l e g u n g m a g a u c h der U m s t a n d mitbeteiligt sein, dafs andere W ö r t e r d a n e b e n bestehen, bei denen der A k z e n t etymologisch berechtigt ist, so c a m p . 1 In Cagliari sagt man visita („sa dassa de ti visitasi „il bicchiere delle visite", P o m p e j a n o , Fastiggu, bei R . G a r z i a , Mut. Cagl. S. 462). 1 Vgl. prov. ara aus h a h o r a oder e ä h o r a . 3 Vgl. die Akzentverlegung d é + p o s t > ital. dopo, rum. dupä, und dazu Dacoromania VI, 766 u. Anm.

6 túrra „Holzlöffel" aus t r u l l a über nturla umgestellt (und in Baunei: túlla, sa dúlla) und camp, spúrra, Sulcis: spgrra „wilde R e b e " , das etymologisch nicht ganz klar ist ( ' s p u r u l a beanstandet mit Recht R E W 9195 a); ihm entspricht im log. ispórula, -u1. Es scheint, dais diese Bildungen auch log. pettfrra(s), camp. pittúrra(s) „ B r u s t " in ihren Kreis gezogen haben; nirgends begegnen in Sardinien Formen mit einfachem -r-; doch liegt natürlich der PI. peciöra zugrunde, der sich im Korsischen als péttora ( T o m a s s e o , Canti pop. córsi 275) findet (vgl. auch S S W 111). Auch edora in Gavoi „ragazzaglia" ( S p a n o , Agg.) von fédu = f e t u (alog. jetu „prole", C S P 2 5 . 27, 34; C S N T 156, 288, 313; C S M B 157: fedii) zeigt Akzentverschiebung. Daran werden die zahlreichen Ausgänge auf -óra schuld sein, da es nur noch wenige - d ausgesprochen. Dazu W a g n e r , Lautl., § 2 0 ; M e y e r - L ü b k e , ZRPh XL, SS. 72f. Der Diphthong au ist in dem Worte c a u s a in der griech. Urkunde xäooaa, xaoaa geschrieben, auch immer causa in den CV, ebenso CSMB 1 g: cun onnia causa issoro; doch handelt es sich hier um ein mehr oder weniger gelehrtes Wort der Rechtssprache; jedenfalls begegnet aber schon im CSP 107, 351 casa, desgleichen CSMB 1, 21, 165, was dafür spricht, dafs causa eher Latinismus ist. Auch einmaliges pauperos im CSP 339 gegen viele paperos ist sicher an die lateinische Schreibung in sardinischen Urkunden angelehnt. Im übrigen kommt p a u c u s immer in der Form pacu vor (CSP 189: Gosantine Pacu-mi-restat als Beiname; CSNT 62, Sass. Stat. I. 62 (23 v., usw.).

H Heute haben wir in allen echtsard. Wörtern immer d: nuor. pdku, log., camp, pdgu — p a u c u ; nuor., log., camp, kdtna „Mittaghitze" = c a u m a ; vulg.-camp. pdbaru = p a u p e r u (heute meist von dem ital. Worte verdrängt poveru); log., camp, a als Fragepartikel = a u t (Zentralgebiet: a mgsse kkustu kdnel „beiist dieser Hund?"; Fonni: a bbi seges ? „ci siete (a casa) ?" (so sagt man, wenn man ein Haus betritt, wie im Ital. ,,b permesso?"); log. a bbi enis? „kommst du m i t ? " , vgl. M.-L., Altlog., S. 4 L ; hier §370. log. päiu „riposo, pace", pdiida „id."; log., camp, pdsidu „placido, sereno" = p a u s u m (CIL V I I I , 18608, öfters in merowingischen Schriften, s. P. Geyer, ALL I X , 300), kann aber natürlich auch postverbale Bildung von paiare sein (§ 33). § 18. Vor r und l hat sich au länger erhalten; dies zeigt lauros (CSP 19, 403; CSNT 95; Sass. Stat. I, 34 (i4r); labru (CSP 5, 311); CSNT 70: vinia in Labros)1; Plave (CSP 341. 342), Paule (CSNT 164 und oft im CSMB) neben Pale (CSNT 162) in der Vokativform (Flessione, §14); Gontini Cauli (P.-N.; CV X I I I , 7), sodann in schwachtoniger Stellung Labrenthu (CSP 250), Laurentho (CSNT 302), Labrenza (ibd. 114) = L a u r e n t i u , vor allem aber die heutige Aussprache in den Zentraldialekten. Die Aussprache Idvru umfafst heute das ganze Nuoresische und die nördliche Barbagia, sowie das Goc£ano; nördlich davon sagt man Idru, südlich Idu (AIS 598). In der Barbagia nennt man dvra, drva (Fonni: arvile) einen kalten, den Früchten schädlichen Wind, der im Log. dra heifst, = a u r a . Im ganzen Zentrum und anstofsenden log. Mda. sagt man kdule, im Süden kduli, kdli, kdwi (AIS 1366), die man schon iin Hinblick auf altcamp. Cauli der CV nicht einfach als Entlehnung abtun kann 2 ; auch der Ausgang spricht dagegen, = c a u l i s 8 . Trdvu — t a u r u bedeckt eine engere Area als l a u r u ; es wird nur im Nuor. selbst 1 Meyer-Lübke, Altlog. S. 7 hat bezweifelt, ob in dem Flurnamen Lauros des CSP das heutige liros „Lorbeerbäume" zu sehen sei; angesichts der übrigen alten und heutigen Formen ist dieser Zweifel hinfällig. 2 In Plave könnte griechische Aussprache vorliegen, wie das MeyerLübke a. a. O., für Mabrikellu (CSP 79) annimmt; doch bleiben immer noch die übrigen Fälle und die heutige Aussprache im Zentrum (heute sagt man für „Paul": P&ulu nach dem Italienischen). 3 Dagegen halte ich käulu, -a, das nur im Gall. (käula), Sass. (käura) und Nordlog. (Ploaghe: k&ula) vorkommt, ebenso wie kors. caulu, cavulu für Italianismen (so für das Korsische auch Giiarnerio, AGI XIII, S. 139). Bottiglioni, RLiR II, 222 behauptet zwar, dals, wenn kaulu im Sassaresischen Lehnwort wäre, es nach Guarnerio, AGI XIV, S. 134 *kdbulu lauten müiste; in dem angezogenen Paragraphen bei Guarnerio ist aber die Rede von lat. v > sass. 6; dals sich nun ein Fremdwort ebenso verhalten mufs, ist damit aber nicht gesagt; käulu kann ital. cavolo entsprechen (vgl. die korsischen Formen) wie man bei echtsard. fäula an ital. favola erinnert wird.

15 so gesprochen, während m a n sonst überall tritt sagt ( A I S 1 0 4 1 ) ; i m Süden andere Ausdrücke. E s ist w o h l anzunehmen, dais es * t a v r u entspricht, könnte allerdings a u c h irdu m i t eingeschobenem v (wie siive = s u e , § 57) sein. D i e angeführten Beispiele — es sind naturgemäis nur wenige — genügen jedenfalls, u m diese A u s s p r a c h e seit alter Zeit bis z u m heutigen T a g e zu belegen. T h . B i r t , Rhein. Museum, N . F . , 52. E r g ä n z u n g s h e f t ( „ S p r a c h m a n avrum oder auruml") h a t b e k a n n t l i c h die A n s i c h t vertreten, m a n h a b e au: av gesprochen, eine A n n a h m e , die aber v o n der Forschung nicht angenommen w u r d e ( M e y e r - L ü b k e , Z R P h X L , 62). I c h w a g e nicht zu entscheiden, o b m a n die Aussprache av in den rund /-haltigen Gruppen in Sardinien als auf d a s L a t e i n zurückgehend oder als lokale E n t w i c k l u n g v o n au ansehen soll. Jedenfalls ist auch in Süditalien und Sizilien die A u s s p r a c h e tawru, tdvuru, tdguru ( A I S 1041), lawru, Idvunt, Idguru ( A I S 598) weitverbreitet und noch in Sora steht tdugra, laii?rf, kdyplf neben p