Hiob: Wandlung und Verarbeitung des Problems in Novelle, Dialogdichtung und Spätfassungen 9783666532979, 9783525532973

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Hiob: Wandlung und Verarbeitung des Problems in Novelle, Dialogdichtung und Spätfassungen
 9783666532979, 9783525532973

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Victor Maag, Hiob

VICTOR MAAG

HIOB Wandlung und Verarbeitung des Problems in Novelle, Dialogdichtung und Spätfassungen

G Ö T T I N G E N · VANDENHOECK & RUPRECHT

1982

Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Wolfgang Schräge und Ernst Würthwein 128. Heft der ganzen Reihe

CIP-Kurztitelaufnahme Maag, Hiob

der Deutschen

Bibliothek

Victor: : W a n d l u n g u. Verarbeitung d.

Problems in

Novelle.

Dialogdichtung u. Spätfassungen / Victor M a a g . - Gottingen : V a n d e n h o e c k und Ruprecht, 1982. (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen T e s t a m e n t s

H. 128)

ISBN 3 - 5 2 5 - 5 3 2 9 7 - 0 NE : C T

Publiziert m i t U n t e r s t ü t z u n g des S c h w e i z e r i s c h e n N a t i o n a l f o n d s zur F ö r d e r u n g der Wissenschaftlichen Forschung £ V a n d e n h o e c k &: R u p r e c h t , Göttingen 1982 — Printed in G e r m a n y . — O h n e a u s d r ü c k l i c h e G e n e h m i g u n g des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch o d e r Teile d a r a u s auf foto- o d e r a k u s t o m e c h a n i s c h e m Wege zu vervielfältigen. Gesamtherstellung: H u b e r t &C Co., Göttingen

Vorwort Dieses Buch ist aus meinen an der Universität Zürich gehaltenen HiobVorlesungen hervorgegangen. In seinem Aufbau spiegelt sich dies noch deutlich, auch wenn der Diskussion im Rahmen der Vorlesung in vielen Fällen ein breiteres Feld eingeräumt werden konnte, als für die vorliegende Fassung tunlich erschien. Eine Bemerkung von H.H. Schmid* hat bereits 1966 - in meinem Einverständnis — das Erscheinen als damals in Bälde bevorstehend angekündigt. Verschiedene, z.T. schicksalsbedingte Hindernisse haben dazu geführt, daß das Manuskript lange Zeit unvollendet liegen bleiben mußte. Unterdessen hat sich bei Wiederaufnahme der Arbeit eine sozusagen vollständige Neufassung nahegelegt. Auch wenn sich seit jenem Vorstadium der Publikation die Hauptlinien der Durchführung und die vertretenen Thesen sozusagen nicht verändert haben, ergaben sich doch in der Zwischenzeit neue Diskussionspunkte. Zudem nahmen bei erneuter Durcharbeitung verschiedene Erkenntnisse noch klarere Konturen an. Dies gilt vor allem hinsichtlich des Verständnisses der Sekundärtexte. In jüngster Zeit hat sich die außertheologische Welt mit Hiob wohl intensiver befaßt als mit irgendeinem anderen alttestamentlichen Buch**. Es schien darum angezeigt, die vorliegende Arbeit so zu gestalten, daß ihre Schritte im wesentlichen auch von Lesern ohne besondere theologische und hebräische Fachkenntnisse mitvollzogen werden können. Philologische Exegese und eigentliche Fachdiskussion wurden darum teils in die Anmerkungen verwiesen, teils als Exkurse in „Petit-Druck" geboten, welche ohne Beeinträchtigung des Zusammenhangs übersprungen werden können. Andererseits wurden im gleichen Interesse — aber auch zuhanden der Studierenden der Theologie — die Anmerkungen häufig mit Angaben versehen, die in einem ausschließlich für Fachleute geschriebenen Buch hätten unterbleiben können. Den Anmerkungen sind auch alle Literatur-Hinweise zugewiesen worden. Sie streben keinerlei Vollständigkeit an. Dafür sei auf die neueren Kommentare verwiesen. Ein besonderes Wort ad usum theologorum: Die exegetische Diskussion der Gegenwart ist begreiflicherweise durch das besondere Interesse an * Η. H . Schmid, Wesen und Geschichte der Weisheit, Berlin 1 9 6 6 * * Hingewiesen sei hier nur auf C. G. Jung, R. Schärf, E . Bloch u. a.

6

Vorwort

Form- und Traditionsgeschichte geprägt. Die Herrschaft dieser beiden Betrachtungsweisen kann so weit gehen, daß bisweilen von der „literarkritischen E p o c h e " als von einem abgeschlossenen Zeitraum die R e d e ist. Darf man aber eine methodisch einwandfreie Frageweise als überholt betrachten, weil ergänzende, möglicherweise differenzierende und korrigierende neue Frageweisen auf den Plan getreten sind? Eine solche H a l t u n g führt nur zu leicht dazu, daß ernst zu nehmende Beobachtungen und Feststellungen der Sach- und Literarkritik fallengelassen, bisweilen geradezu überspielt werden. Die vielschichtigen T e x t p r o b l e m e haben u. a. ihre literar- und sachkritische, ihre form- und traditionsgeschichtliche, ihre historische und religionsgeschichtliche Seite. Sie verlangen darum nach einer unter verschiedenen Aspekten erfolgenden Einkreisung des Gegenstandes, d . h . nach einer k o n vergierenden H a n d h a b u n g der verschiedenen methodischen Frageweisen. Die vorliegende Arbeit bemüht sich daher, auch gewisse in Vergessenheit geratene Fragestellungen im R a h m e n eines möglichst breiten m e t h o dologischen Spektrums neu ins Gespräch zu bringen. Die Resultate scheinen mir das Prinzip zu rechtfertigen. Hebräischer T e x t wird unter Verzicht auf Pausalformen zitiert. Die deutschen Bibelzitate halten sich grundsätzlich an den W o r t l a u t der Zürcher Bibel. Abweichungen von dieser Regel ergaben sich entweder im Interesse von Klarheit und Verständlichkeit oder aufgrund neuer exegetischer Erkenntnisse. Bei der Niederschrift des Manuskriptes waren mir vorab meine langjährige Assistentin, Fräulein Ruth C o h n , sowie die Herren Dr. phil. Karl A. Wipf (Frauenfeld) und lic.theol. M a r k u s Frauenfelder (Zürich) behilflich. Letzterer erstellte auch die Verzeichnisse. Die D r u c k k o r r e k t u r e n erfolgten unter M i t w i r k u n g von Fräulein Ruth C o h n , Pfarrer Ursi H e r t e r (Furna) und V D M Katrin Müller (Zürich). Ihnen allen gilt mein herzlicher D a n k . Ebenso danke ich Herrn Professor D . D r . Ernst Würthwein ( M a r burg) für die Aufnahme dieser Arbeit in die Schriftreihe „Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen T e s t a m e n t s " , sowie dem Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung, der das Erscheinen des Buches durch namhafte finanzielle Beiträge ermöglichen half. Zürich, im S o m m e r 1 9 8 2 .

Victor M a a g

Inhalt Vorwort

5

I. EINLEITUNG Die Situation des Lesers Die literarische Gestalt des Hiob-Buches

9 10

II. DIE HIOB-NOVELLE Abgrenzung Ablauf der Hiob-Erzählung Der Umfang der Erzählung Gestalt und literarische Gattung der Hiob-Erzählung Das Verhältnis zwischen Novelle und alter Volkstradition Die Symbolik der Himmelsszenen Das Bild von Jahwäs Hofstaat Der Satan Das Vertrauen Absolutes oder relatives Böses Die Frauen der Hiob-Novelle Der eschatologische Blickpunkt

20 21 37 41 45 49 50 63 75 78 81 87

III. DIE HIOB-DICHTUNG Der Textkomplex Hiobs Klage und Gottes Antwort: Hi 3 und 38f Die Freunde Der letzte Redegang Hiob

91 99 123 143 155

IV. SEKUNDÄR-REZENSIONEN UND SPÄTGESTALTUNGEN Die Sekundär-Rezensionen A - C Redaktionelle Vorgänge im Räume der Versdichtung und ihrer Varianten Abschließendes Verzeichnisse A. Literatur B. Abkürzungen: 1. bibliographische 2. technische C. Autorenregister

194 215 217

219 226 229 229

I. Einleitung Die Situation des Lesers Das alttestamentliche Buch Hiob konfrontiert den Leser mit mehr als einem religiösen Problem 1 . Denn es stellt den Niederschlag eines geistigen und religiösen Suchens dar, das sich weit über ein einzelnes Menschendasein hinaus erstreckt und sich im Verlauf einer längeren Zeit hinsichtlich seiner Voraussetzungen und auch bezüglich seines möglichen Zieles gewandelt hat. Die Hiob-Problematik in ihrer Vielgestaltigkeit ist freilich zeitlos. Sie ist in gleichem Sinne auch überindividuell und übernational 2 . Sie kann von Menschen verschiedener Zeitalter und von Angehörigen verschiedener völkischer Herkunft erlebt und miterlitten werden. Das biblische Buch jedoch ist in einem historisch abgrenzbaren Zeitraum entstanden: innerhalb der frühjüdischen Gesellschaft der auf das Babylonische Exil folgenden Jahrhunderte. In einem Ringen geht es den Beteiligten nie um die Zeitlosigkeit eines Problems. Die Hiob-Autoren, wenigstens die der ältesten Schichten des Buches, wären mißverstanden, würden sie vornehmlich als religiöse Theoretiker gedeutet. Für sie stehen Sein und Nichtsein religiöser Werte auf dem Spiel, deren Gültigkeit oder Ungültigkeit das geistige Gesicht und die soziale Struktur ihrer Nation grundlegend bestimmen. Ihnen geht es um die Frage, welche Formen der Frömmigkeit in der konkreten historischen Situation für das Frühjudentum heilvoll und welche anderen verderblich seien. Damit geht es letztlich um die geistigen Grundlagen jüdischen We1 Nach Vorgang von Volz und anderen wendet sich Westermann gegen die Auffassung, daß der Gegenstand des Hiobbuches ein „Problem" sei: „Das H(iobbuch) ist nicht nach der Art eines modernen literarischen Werkes aus einer gedanklichen Fragestellung als Entwicklung und Lösung eines Problems (das des unschuldigen Leidens) zu verstehen, sondern als literarische Verarbeitung von Formen des Redens, die einen Daseinsvorgang darstellen." (BHH II 724) „Das H . ist nicht Behandlung eines Problems, sondern Bezeugung eines Geschehens" (726). Vgl. auch Aufbau 1 - 1 3 . Kritisch dazu: Fohrer V T 7 (1957) 1 0 7 - 1 1 1 (Rezension von Westermann, Aufbau) und Schmid, Weisheit 185 f. - Wenn in diesem Zusammenhang - auch von Η. H. Schmid - gesagt wird, im Hiobbuch handle es sich um einen persönlichen Fall bzw. um einen „Einzelfall", so ist auch diese Auskunft noch zu präzisieren: die Hiobgestalt ist - vor allem für den Versteil des Buches - geradezu zum Grenzfall stilisiert worden, weil nur an einer solchen Konstruktion das Problem gültig vorgeführt werden konnte. 2

Cf. Rowley, Meaning 167, mit Hinweis auf M . Buttenwieser, 3 .

10

Einleitung

sens, die zwischen Exil und M a k k a b ä e r z e i t neu überprüft und festgestellt werden m u ß t e n . Im folgenden soll versucht werden, das mehrschichtige literarische Sediment, welches dieses Ringen hinterlassen hat, zu analysieren und solcherweise die Problemstellung und ihre Wandlung deutlich werden zu lassen. So nur dürfte es gelingen, das Bild der vitalen Verhältnisse, aus denen das Buch erwachsen ist, zurückzugewinnen. Da ein literarisches Sediment zur Untersuchung vorliegt, wird sich diese, ehe sie zu geistesgeschichtlichen Erhebungen vorstoßen kann, mit den Fragen befassen müssen, die der Literarhistoriker an seine Materialien zu stellen h a t : Fragen der F o r m , des Stiles, der Einheitlichkeit des literarischen C o r p u s , des Verhältnisses zu anderen Literaturerzeugnissen. J e weniger diese Vorarbeiten vernachlässigt werden, desto besser sind die Aussichten auf eine richtige Einreihung des Hiobbuches in die Geistes- und Religionsgeschichte Israel-Judas.

Die literarische Gestalt des a) Gesamtübersicht

Hiob-Buches

über den Inhalt

H i o b s Glück — damit beginnt das Buch - war lange Zeit so vollkommen wie seine F r ö m m i g k e i t und seine Weisheit. H i o b war reich an Kindern, Vieh und H a b e , H e r r über eine Heerschar von Knechten und M ä g d e n . Allein um eines Wettstreites willen, in welchen sich G o t t mit dem Satan eingelassen hatte, sollte dieser F r o m m e alles verlieren. Sein Besitz wurde zunichte, seine Kinder verlor er an einem einzigen T a g e , und schließlich fiel sein eigener Leib der gräßlichsten Krankheit, dem Aussatz, zum O p f e r . H i o b aber ließ sich durch keinen Schicksalsschlag dazu bewegen, an G o t t irre zu werden. (Kap. 1 , 1 - 2 , 1 0 ) Als sich die Kunde von H i o b s Unglück durchs Land gesprochen hatte, machten sich seine drei Freunde auf, „ein jeglicher von seinem O r t e , Eliphas von T h e m a n , Bildad von Suah, Z o p h a r von N a a m a " , um ihn zu trösten. Beim Anblick des unsäglichen Leidens aber versagt sich ihnen die Kraft zur R e d e . In stummer M i t t r a u e r sitzen sie bei ihm sieben T a g e und sieben N ä c h t e . ( K a p . 2 , 1 1 - 1 3 ) H i o b selber ist es, der schließlich das Schweigen bricht, indem er in eine bewegte Klage über sein Schicksal und dessen Unverständlichkeit ausbricht. (Kap. 3) Damit öffnet er nun auch seinen Freunden den M u n d . Sie versuchen, den Leidenden eines Besseren zu belehren ( K a p . 4 f f . ) : wenn H i o b G o t t anklagt, das Leben als unbillig, das Schicksal als widersinnig empfindet, so vergißt, übersieht oder leugnet er damit seine eigene Schuld. Denn nach ihrer Überzeugung k o m m e n Leid und N o t nicht unverschuldet über einen

Die literarische Gestalt des Hiob-Buches

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Mann. Nicht Gott ist ungerecht, sondern Hiob muß sich versündigt haben. Wirkliche Rechtschaffenheit wurde von Gott noch nie mit Unglück beantwortet, behaupten sie. Das Gespräch nimmt die Form eines regelrechten Rede-Wettstreites an, wobei sich der Kampf in drei Runden abspielt (Kap. 4 - 2 7 ) . Die Freunde legen der Reihe nach ihre Überzeugung dar, und Hiob antwortet jedem von ihnen. Er tut es je und je mit der Beteuerung seiner Unschuld, wobei seine Ansprachen an die Adresse der Freunde bisweilen in meditative Selbstgespräche bzw. in Reden an die Adresse Gottes übergehen. Dieses lange, oft auch inhaltlich weit ausgreifende Gespräch geht schließlich in eine fast völlig monologische Ansprache Hiobs über. In ihr reiht sich an eine Meditation über das Wesen der Weisheit (Kap. 28) eine Betrachtung über Hiobs einstiges Glück (Kap.29) und sein jetziges Elend (Kap.30). Das Streitgespräch vermag keine Entscheidung herbeizuführen. Die drei Tröster verharren bei Verdächtigungen und Anschuldigungen und sehen den einzig möglichen Weg zum Heil darin, daß Hiob endlich seine Schuld eingestehen und sich zur Buße anschicken würde, wonach er gewiß nicht lange auf die Rückkehr seines Glückes würde warten müssen. Hiob seinerseits besteht mit derselben Hartnäckigkeit darauf, daß er sein Schicksal nicht verdient habe. Darum mildert sichdie Bitterkeit seinerKlage keineswegs. Schließlich schaltet sich ein neuer Sprecher ein (Kap.32-37), Elihu, der um seiner Jugendlichkeit willen bis dahin nur zugehört und geschwiegen hatte 3 . Weil er nun aber erkennen muß, daß die drei erfahrenen Männer Hiob nicht überzeugen können, drängt es ihn, das nach seiner Meinung lösende Wort nicht ungesagt zu lassen. Wie die drei anderen, so bestreitet auch Elihu Hiob das Recht, sich als einen Gerechten und als unschuldiges Opfer göttlicher Willkür zu betrachten. Im Gegensatz zu den anderen Freunden betont jedoch Elihu weniger den Strafcharakter des Leidens als vielmehr dessen den Menschen verinnerlichenden und vertiefenden Wert: Gott, meint er, wollte Hiob, der sich seines äußeren Glückes vielleicht in zu oberflächlicher Weise gefreut hatte, tiefer führen, und er muß dies Hiob gewiß im Laufe der Zeit schon öfters durch allerlei Zeichen und Hinweise angedeutet haben. Hiob aber hat wohl in seiner Selbstsicherheit die milde, warnende Sprache nicht verstanden. So mußte Gott schließlich zu drastischen Maßnahmen greifen 4 . Der breite Redestrom Elihus versiegt merkwürdigerweise, ohne daß Hiob darauf antwortet. 3

M a n hat von seiner Existenz freilich bisher nichts vernommen und ist auf sein Auftreten nicht vorbereitet, da 2 , 1 1 nur die drei Freunde Eliphas, Z o p h a r und Bildad eingeführt worden sind, die in den Dialogen von K a p . 4 - 2 2 zum Z u g e k o m m e n . Elihu m u ß d a r u m in den Prosaversen 3 2 , 1 - 6 dem Leser erst vorgestellt werden. 4 Soviel vorläufig zum Inhalt seiner R e d e ; über deren Motivierung und Zielsetzung siehe S. 2 0 4 f.

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Einleitung

D a f ü r tritt unmittelbar nach Elihu Jahwä selber auf. Er redet „aus dem Wetter", das heißt mit Donnerstimme und führt dem sein Schicksal Verfluchenden vor Augen, wie unrichtig und unweise es sei, ein Menschenlos mit dem M a ß e menschlicher Rechtslogik messen zu wollen. Jahwäs Wege müssen unverstanden bleiben, weil sich Gottes Weltökonomie in H ö h e n und Tiefen bewegt, wohin ihr kurzsichtiger Menschengeist nicht zu folgen vermag (Kap.38 und 39). H i o b ist von dieser Intervention Gottes dermaßen benommen, daß sein Rechten völlig in sich zusammenbricht: Siehe, ich bin zu gering, w a s soll ich dir antworten? Ich lege meine Hand auf meinen M u n d . Einmal habe ich geredet und wiederhole es nicht, Z w e i m a l und tue es nicht wieder. ( 3 9 , 3 4 f . )

H a t H i o b mit diesen Worten die Unrichtigkeit seiner Klage eingestanden, so m a g der Leser darüber etwas erstaunt sein, daß Gott diesen Elenden und in Reue Aufgelösten einem zweiten Angriff aussetzt (Kap.40 und 4 1 ) s . In dieser zweiten Rede argumentiert G o t t nicht mehr mit der Überlegenheit seiner Weisheit, sondern mit derjenigen seiner Macht. Wie sollte da H i o b sein Recht noch verteidigen können! Wenn Gott den Standpunkt vertritt, d a ß Recht hat, wer M a c h t hat, kann Hiob nur antworten, wie er es auf diese Rede t u t : Widerruf leisten in Staub und Asche (Kap.42,1—6). Mit dem bedingungslos Kapitulierenden scheint Jahwä zufrieden zu sein. Es ist, als hätte er H i o b durch sein Schicksal nur zu der einen Einsicht führen wollen, daß ein Mensch Gott gegenüber weder zu fragen noch zu rechten habe, weil dessen Machtüberlegenheit ihn der Verantwortung gegenüber seinen Geschöpfen enthebe. H a t Hiob dies erkannt, so ist zugleich die dunkelste Tiefe seines Schicksalsweges durchschritten und die Bahn zu einem neuen Glück für ihn frei geworden. Alles Verlorene wird H i o b erneut und in noch höherem M a ß e zuteil, und nachdem die Restitution erfolgt ist, darf Hiob sein Glück noch volle zwei Menschenalter lang ungetrübt genießen. Er erlebt die vierte Generation seiner Nachkommen, um dann, wie einst die Patriarchen, „alt und lebenssatt" die Augen zu schließen. (Kap. 4 2 , 7 - 1 7 ) Mit diesem Inhalt präsentiert sich das biblische Hiobbuch zunächst als ein in sich geschlossenes Ganzes. Als solches haben es immer wieder auch kritische Forscher zu verstehen versucht 6 . Und wenn seine bis jüngsthin 5

In der auf uns gekommenen Form haben tatsächlich beide Gottesreden einen aggressiven Charakter. Es wird sich zeigen, daß er der ersten (Kap.38f.) ursprünglich fremd gewesen ist; s.u., S. l l l f . 120f. 6 So Hölscher, 4 f . ; Humbert, Modernisme 150; Rowley, 2 1 - 2 3 ; Weiser, 12f.; Westermann, Aufbau 7.

Die literarische Gestalt des Hiob-Buches

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weithin übliche Zuordnung zur Weisheitsliteratur richtig ist 7 , so vergegenwärtigt es sogar eine von deren höchstentwickelten literarischen Formen. Dies nicht nur um der Lebendigkeit und der sprachlichen Höhe der Versdichtung willen, sondern auch aufgrund der charakteristischen Verbindung eines dialogischen Spruch-Teiles (3,1—31,40; 32,7—42,6) mit einem erzählenden Rahmen ( 1 , 1 - 2 , 1 3 ; 3 2 , 1 - 6 ; 4 2 , 7 - 1 7 ) . Gerade diese Disposition charakterisiert ja auch etwa in Ägypten die fortgeschrittenste Stufe der Weisheitsliteratur 8 . b) Zur Frage der

Einheitlichkeit

Wer sich in diesem auf den ersten Blick wohlgeordnet erscheinenden literarischen Werke eingehender umtut, erlebt freilich eigentümliche Überraschungen. Er wird inne, daß er sich in dem schön angelegten und geschlossen wirkenden Gebäude nicht von Raum zu Raum bewegen kann, ohne bisweilen Schwellen von beträchtlicher Höhe zu passieren. Je aufmerksamer der Leser seinem Buche in dessen Einzelheiten folgt und je plastischer und bewußter er sich die Bilder und Verhältnisse einprägt, desto unumgänglicher drängt sich ihm die Erkenntnis auf, daß er Vorstellungen, die er sich während der Lektüre des einen Buchteiles gebildet hat, unter dem Eindruck eines anderen Teiles wieder fallenlassen und durch andere ersetzen muß. Dies, weil sich die Vorstellungswelt innerhalb des Buches verändert. Ein Beispiel dafür: Die beiden ersten Kapitel des Buches zeigen Hiob als einen völlig in seinem Gottvertrauen ruhenden Glaubenshelden. Zwar kennt auch er die Anfechtung. Und sie redet sehr deutlich: „Fluche Gott und stirb!" Aber sie streift ihn nur; sie verwundet ihn nicht; sie siegt nicht, sondern wird von Hiob sofort und eindeutig überwunden. Hiob bleibt kraft seines unerschütterlichen Gottvertrauens seinem Schicksal vollkommen überlegen. Er bleibt der Mann von robuster seelischer Gesundheit. So weit das Hiob-Bild der beiden ersten Kapitel. Allein, im dritten Kapitel muß sich der Leser diese Vorstellung schnell und tiefgreifend korrigieren lassen. Hiob hat hier von seiner Gefaßtheit

7 Ließe sich das ganze Buch einer Gattung zuweisen, hätte die Frage, welcher Gattung es zugehöre, kaum so häufig diskutiert werden müssen, wie es geschehen ist. Vgl. Rowley, Meaning 168. 8 Darauf macht Humbert, Sources 75-78 aufmerksam. Siehe z.B. „Die Klagen des Bauern" (A. Erman, Literatur 1 5 7 - 1 7 5 ; Wilson, ANET® 4 0 7 - 4 1 0 ) und die „Weissagungen des Neferti" (ANET® 4 4 4 - 4 4 6 ; unter anderen Bezeichnungen: Erman 1 5 1 - 1 5 3 ; Ranke, AOT 2 4 6 - 4 8 ) . Humbert postuliert diesen Aufbau noch für andere Werke, deren Rahmen durch Verderbnis verloren gegangen sein kann. Aus dem aramäischen Bereich wäre noch Ahiqar zu nennen, der lediglich eine Einleitung und keinen Erzählschluß hat (Gressmann, AOT 5 4 5 4 - 462; Ginsberg, ANET 3 4 2 7 - 4 3 0 ) .

14

Einleitung

nichts, aber auch gar nichts mehr behalten 9 . Er ist in allen Tiefen seines Wesens aufgewühlt. Keine Rede mehr davon, daß er Gott zubilligen würde, ihn, nachdem er ihm Gutes erwiesen hat, nun auch mit Bösem heimzusuchen. Das ganze 3. Kapitel ist eine einzige Klage. Und sie mutet an, als habe Hiob selbst vergessen, was er 2 , 1 0 in voller Überlegenheit gesprochen hatte: D a s G u t e n e h m e n wir von G o t t an, u n d d a s Böse sollten w i r nicht a u c h a n n e h m e n ?

Hiob erscheint in der Klage als seelisch Verletzter, als von seinem Schicksal auch innerlich Zerschmetterter. Und dieser Verwundete bleibt er auch in den mit seinen Freunden geführten Dialogen ( K a p . 4 - 3 1 ) . Diese erste Beobachtung ergibt somit, d a ß von Beginn des dritten Kapitels an ein wesentlich anderes Hiobbild das Buch beherrscht, als es in den beiden ersten Kapiteln konsequent und eindrücklich herausgezeichnet worden ist. Ist dieser Schluß nicht voreilig? Wäre es nicht psychologisch verständlich, daß zwischen 2 , 1 0 und 3 , I f f . ein innerer Z u s a m m e n b r u c h Hiobs erfolgt sei ? M u ß der Leser nicht einfach von der Klage von Kapitel 3 auf einen seelischen Zusammenbruch Hiobs zurückschließen ? Aber eben: man muß zurückschließen. Der Bibelleser tut es für gewöhnlich getreulich. Allein die Nötigung zum Rwcfc-Schluß zeigt, d a ß der eigentliche An-schluß im Buche selbst fehlt. Die Nötigung zur Konstruktion einer derartigen überbrückenden Annahme ist nur dadurch entstanden, daß zwischen den beiden Größen etwas überbrückt werden muß. Und zu überbrücken gilt es nach dem Gesagten eine Niveaudifferenz zwischen 2 , 1 0 und 3 , 1 ff. Derartige Niveaudifferenzen sind in der alttestamentlichen Literatur keine Seltenheit. In den meisten Fällen rühren sie daher, daß eine spätere H a n d Stücke verschiedener Herkunft miteinander verbunden hat. D a ß dies auch im Falle des Hiobbuches zutrifft, ergibt sich zwingend allerdings erst aus der Gesamtheit der folgenden weiteren Beobachtungen: Den Ort der Handlung bestimmt das Hiobbuch zunächst mit seinem ersten und dritten Vers: Es w a r ein M a n n im L a n d e Uz, der h i e ß H i o b 1 0 . . . U n d so w u r d e dieser M a n n g r ö ß e r als alle O s t l e u t e (Safai'ten) D i p - ' J J " ^ i j 1 1 9 Viele Autoren sehen zwar diese und andere Ungereimtheiten, weichen aber in der daraus gezogenen Konsequenz voneinander ab. 10 Der Name avx ist in verschiedenen Spielformen vom 2 0 . J h . v . C h r . an in Ägypten, Mesopotamien, Mari, Ugarit, Alalah, Altsüdarabien nachzuweisen (s. Leveque, I 88). Von Haus aus dürfte er bedeutet haben „Wo ist mein Vater ?" Unsicherheit herrscht darüber, ob er theophor oder als „Ersatzname" (J. J. Stamm, Namengebung, §40, bes. 285) zu deuten sei. Diskussion der Deutungsmöglichkeiten bei Fohrer, 71 f . ; Horst, 7f. Dieser Ursprung schließt

Die literarische Gestalt des Hiob-Buches

15

Hiobs Heimat heißt „das Land von Uz", wobei Uz selbst nicht Landesname, sondern nomen collectivum ist, das eine Sippen- oder Stammesgruppe bezeichnet: die Uziten. Gen. 10,23 (Ρ), 1.Chr. 1,17 erscheint Uz, der heros eponymos der Uziten, als ein Sproß des Aram, und Gen.22,21 (J) hat die Aramäerin Milka dem Nahor einen Sohn dieses Namens geboren. Als aramäischer Uzite ist Hiob über seinen Stammvater sogar mit Abraham blutsverwandt; denn nach der genealogischen Vorstellung der Genesis ist Hiobs Stammvater Uz als Sohn Nahors ein Neffe Abrahams gewesen (Gen.22,21). Danach legt sich nahe, für das „Land der Uziten" und damit für die Lokalisierung der Hioberzählung an eine Landschaft zu denken, die dem aramäischen Herkunftsort der Patriarchen nahe liegt oder sich mit ihm deckt. Auf dieselbe Gegend weist die Angabe 1,3 hin, nach welcher Hiob zu den „Ostleuten" DljT'J? zählt. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß Gen. 29 als Urheimat der Patriarchen „das Land der Ostleute" Dip '3? f"TK bezeichnet, wohin Jakob nach seinem Traum in Bethel aufbricht. Der westliche Teil derselben Gegend dürfte auch gemeint sein, wenn der Ägypter Sinuhe (18.Jh. v.Chr.) nach seinem Selbstbericht das Land qdmj ( = Qadmaja) erreichte, indem er sich vom phönikischen Byblos nach Osten gewendet habe 12 . Aufgrund der safatenischen Inschriften ist denn auch tatsächlich „das Land der Ostleute" als die Gegend von Safa zu identifizieren13, d.h. als das Gebiet um das Hauran-Gebirge und die diesem westlich vorgelagerte Landschaft. An den Hauran ist wohl auch zu denken, wenn Num. 23,7 im Parallelismus mit „aram" die „Ostberge" Dy> '"ππ nennt. All dies führt zur Gleichsetzung des „Landes von Uz" mit dem safatenischen Land 14 . Diese Heimat steht Hiob denn auch ausgezeichnet an: Die Westhänge des Hauran und der ihnen unmittelbar westlich vorgelagerte Landstreifen erhalten verhältnismäßig häufige Steigungsregen. Und weiter nach Westen geht das Land in Steppenweide über. So bietet diese Landschaft die natürliche Voraussetzung für eine Mischwirtschaft, wie sie 1 , 1 4 - 1 8 für Hiob jedoch keineswegs aus, daß man den Namen in alttestamentlicher Zeit volksetymologisch verstanden hat, ihn mit der Wurzel 3'K in Zusammenhang brachte und als „der Angefochtene" verstand; ja diese Verständnisentwicklung ist sogar sehr wahrscheinlich. 11 Z: „Söhne des Ostens" 1 2 Sinuhe Β 2 9 : AOT 2 56, Α NET* 19. Für die Bezeichnung des Landes sind zwei Formen überliefert: qdm/qdmj: siehe Blackman, 15. 13 O. Eißfeldt, Safaten. Inschriften 97. 14 L X X : ένχώρα τη Αύσίτίόι (1,1) entspräche genau besehen ri'xiy Diese „Ausitis" wurde von Josephus über Ephrem Syrus bis Hieronymus mit dem basanitisch-trachonitisch-hauranischen Gebiet identifiziert (s. Vigouroux, D B III 782), also ungefähr mit dem heutigen en-Nuqra.

16

Einleitung

geschildert wird 15 . Auch die 1,15 genannten Sabäer, ebenso wie die 1,17 erwähnten Chaldäer lassen sich als räuberische Nachbargruppen mit dieser Lokalisierung der Uziten bestens verstehen 16 . Aber auch weitere Einzelzüge der Erzählung erscheinen, wie sich noch zeigen wird, gerade auf dem Hintergrund dieser hauranischen Landschaft und der Kulturnähe zu den Patriarchen erst vollkommen verständlich 17 . Der Held von Hiob 1 und 2 soll somit in zeitlicher und örtlicher Nachbarschaft der Sippe der Patriarchen gedacht werden. Nun sind aber andererseits die 2,11 ff. auftretenden drei Freunde, Eliphas von Theman, Bildad von Suah und Zophar von Na'ama nicht im Aramäerland unterzubringen. Auch wenn für Suah und Na'ama aramäische Lokalisationen zur Not möglich wären 18 , so denkt doch bei Nennung von Eliphas' Heimat Theman ein alttestamentlicher Mensch natürlicherweise am ehesten an die urbi et orbi bekannte edomitische Landschaft, und ein Schriftsteller hätte freiwillig diesen jeden Unbefangenen nach Edom weisenden Namen kaum gewählt, wenn ihm an einer aramäischen Lokalisation seiner Dichtung gelegen hätte 1 9 . Zudem erweisen sich die Drei als Vertreter des Standes der Weisen. Bei dem Rufe, den Edom einst als Land der Weisheit genossen hat 2 0 , wirkt diese Lokalisation für die Freunde naheliegend. Da sich die Drei gemeinsam zu Hiob begeben, wird man für Na'ama sinnvoll an das edomitische 'en-Na'emi denken 21 und lieber auf eine topographische Identifikation von Suah verzichten, als es mit dem unterhalb der Chaburmündung gelegenen akkadischen Sühu zu verbinden 2 2 . Zu diesen edomitischen Freunden will ein im Aramäerland wohnender Hiob, wie ihn 1 , 1 - 2 , 1 0 sieht, natürlich nicht recht passen. Der Verfasser 1 5 Zu Geographie und Wirtschaft des Hauran s. A. Legendre, D B I 1 2 5 5 f. Eine „pleine vie bedouine" (Leveque, I 8 8 ) ist das aber nicht. 1 6 Sabäer und Chaldäer erscheinen sonst im A T nicht mehr als räuberische Nofriaden. Fohrer, 9 0 sieht in den beiden Namen einen Hinweis auf „das hohe Alter der Erzählung". Noch für die Neuzeit erwähnt A. Legendre, D B (V) 1 / 1 2 5 6 , ständige Beutezüge der Beduinen. 1 7 Solche Züge sind z . B . : der Brauch des Familienvaters, selbst zu opfern (s. S. 2 3 ) ; die Bezeichnung Hiobs als „mein Knecht" (s. S. 2 4 ) , sowie die Beschreibung der mazbala (s. S. 2 9 f . ) und die Erwähnung der q'sita (s. S. 3 4 A 9 1 ) als Zahlungsmittel. 1 8 Der Versuch, für die drei Freunde aramäische Herkunftsorte möglich zu machen, entspringt dem Bestreben, die literarische Einheitlichkeit des Hiob-Buches zu erwahren, die freilich auch schon aufgrund unserer obigen Beobachtungen unmöglich ist. Ahnlich steht es mit dem in umgekehrter Richtung gehenden Versuch von Hölscher und anderen, für Hi. 1 , 1 - 2 , 1 0 eine edomitische Lokalisation zu ermöglichen. Sie scheitert unter anderem auch an den Erkenntnissen betr. die „Ostleute". S . o . S. 1 4 f . 1 9 De V a u x , R B 1 9 6 9 , 3 8 5 , erklärt den Namen als Bezeichnung einer Region von E d o m , ursprünglich nur für den Süden gebraucht. 20 21 22

J e r . 4 9 , 7 ; Ob. 8. Abel, 1 2 8 7 A . 4 ; de V a u x , R B 1 9 6 9 , 3 8 2 . Ζ. B. Fohrer, 1 0 6 und Horst, 33 ; zu Sühu : Albright, Dedan 9 A. 5.

Die literarische Gestalt des Hiob-Buches

17

von 2,11 ff. und der Dialoge dachte sich seinen Helden denn auch gar nicht als einen von seinen drei Freunden weit entfernt in einem fremden Volke Wohnenden 2 3 , sondern vielmehr als einen ihnen vertrauten Volksgenossen (?"]). Und falls auch nach der dem Dichter vorliegenden Tradition Hiob ein Uzite war, so hat er dabei nun eben nicht an den Nahoriden Uz gedacht, wie sich der Erzähler von 1,1 ff. ihn vorstellt, sondern an den edomitischen Uz. Dieser stammte nach Gen.36,20ff. (28) von Se'ir ab. Den Hiob als Freund der drei Freunde aus Theman, Na'araa und Suah muß man sich demnach als Edomiter vorstellen. Wie jeder von ihnen, so wohnt auch er in einer Stadt. Und zwar war er dort vor seinem Unglück die tonangebende Persönlichkeit (29,7ff.) 2 4 . Dies aber bedeutet, daß zwischen 2,10 und 2,11 die geographische Szenerie ebenso sprunghaft wechselt wie zwischen 2,10 und 3,1 die charakterliche Struktur bzw. die seelische Gestimmtheit des Helden 2 5 . Der unangefochtene Glaubensheld der ersten Kapitel ist somit als ein im Hauran Beheimateter von Haus aus eine anders konzipierte Figur als der verzweifelte „edomitische" Hiob, der 2,11 ff. von seinen drei Freunden besucht wird. Die beiden Textkomplexe sind demnach zwei verschiedenen Verfassern zuzuschreiben. Die Differenz zwischen den beiden literarischen Einheiten erstreckt sich denn auch von der unterschiedlichen Charakterisierung Hiobs und der verschiedenen Lokalisation der Ereignisse über eine — wie sich noch zeigen wird — verschiedene religiöse Problemstellung bis hin zur Verschiedenheit von Ausdrucksweise und Wortwahl 2 6 . Angesichts dieser Sachverhalte kann man sich schlechterdings nicht vorstellen, daß der Dichter der Dialoge den ganzen heute vorliegenden Prosateil selber aus alten Volkstraditionen gestaltet und als Rahmen für sein Dialogwerk benutzt habe 2 7 . Dieses ist zwar von ihm mit einem Rahmen versehen 23

Die Vorstellung eines solchen Kosmopolitismus (vgl. Fohrer) ist ein Anachronismus. Diese edomitische Lokalisation hindert freilich den Dichter der Dialoge nicht, Hiob und seine Freunde in rein nachexilisch-jüdischen Geisteskategorien diskutieren zu lassen. 25 Zudem ist zwischen 1 , 1 - 2 , 1 0 und 2 , 1 1 - 1 3 ein Stilunterschied zu beobachten. Dazu Leveque, 123. 26 Charakterisierung Hiobs: In der Erzählung sitzt der Leidende außerhalb der Siedlung (vgl. S. 29f. zur mazbala) einsam in der Asche; im Versteil (z.B. 9, 15ff.; 30, 1.9.10) bewegt er sich in seiner gewohnten Umgebung, wo er freilich von allen Seiten Demütigung und Abscheu erfährt und sogar verhöhnt wird, wenn er sich in der Versammlung zum Worte meldet (19,19). - In der Erzählung ist Hiob seiner Familie beraubt worden. In der Versdichtung dagegen ist sein „Gestank den Kindern seines Leibes zuwider". - Zur Frage der Übernahme vorgeprägter Formen siehe S. 47A124. Zur Problemstellung: Die Erzählung fragt: Hat Jahwä recht oder der Satan? - Hiob entscheidet! vgl. S. 43. Die Dichtung fragt: Hat Hiob recht oder die Freunde? - Jahwä entscheidet! vgl. S. 96. 27 Frühere Vertreter dieser These genannt bei Kühl, 193. Sie wird heute oft vertreten: z.B. von Rowley, Meaning 184f., Fohrer, 29ff. (vgl. schon ders., Überlieferung); Haag, Teufelsglaube 201; Hesse. Letzterer setzt sich mit dem Gedanken, „daß ein antiker Dichter über das Zueinanderpassen verschiedener Stoffe ganz andere Vorstellungen haben konnte und auch 24

18

Einleitung

worden, wie es der hohen Form seiner Weisheitsdichtung adäquat w a r 2 8 . Diesem seinem Rahmen gehörten jedoch die „aramäischen" Stücke 1 , 1 2 , 1 0 und 4 2 , ( 1 0 ) 1 1 - 1 7 nicht an, sondern nur die Fragmente 2 , 1 1 - 1 3 und 4 2 , 7 - 9 1 9 . Erst durch die Hand eines Kompilators sind die beiden ursprünglich selbständigen Schriftwerke zur heutigen Einheit verbunden worden. Wie sehr jedes dieser literarischen Elemente von Haus aus auf sich selbst stand, wird übrigens schon daraus ersichtlich, daß der Kreis der handelnden Personen zwischen Erzählung und Versdichtung wechselt: In der ersteren handeln Hiob, dessen Kinder, Jahwä, der Satan, Hiobs Frau, seine Verwandten und Bekannten; in der Versdichtung dagegen Hiob, die Freunde und Jahwä. Daß schließlich die Elihu-Kapitel 3 2 - 3 7 einem besonderen Verfasser zuzuschreiben seien, ist heute sozusagen durchgehend anerkannt 3 0 . Zu den meist dafür ins Feld geführten Beobachtungen 3 1 mag hier nur noch der folgende ergänzende Hinweis gebucht werden: Obschon die Elihurede die Dialoge zwischen Hiob und den drei (edomitischen) Freunden voraussetzt und nur von jenen her zu verstehen ist 3 2 , stellt sich der Elihu-Verfasser als Ort der Handlung nicht ein edomitisches, sondern das aramäische Uz vor. Denn er führt 32,2 Elihu ein als „Sohn des Barachel, des Busiters, aus dem Geschlechte R a m " . Elihu ist somit ein Nachkomme des Bus, der seinerseits nach Gen.22,21 ein Bruder des ebenfalls dort genannten Uz ist. Er ist wie dieser ein Sohn von Abrahams Bruder Nahor und hat ebenfalls, wie Uz, Milka zur Mutter. So will offenbar der Elihu-Verfasser seinen Sprecher als dem Hiob sippenverwandten Aramäer kennzeichnen. Beide gehören Familien an, deren Ahnenreihen sich im gemeinsamen Stammvater, Abrahams Bruder Nahor, treffen. Die Angabe 32,2 hat nur einen Sinn, wenn sie g e h a b t h a b e n w i r d als ein m o d e r n e r M e n s c h " d o c h vielleicht e t w a s zu leicht ü b e r d i e g a n z e Fülle v o n G e g e n s ä t z e n h i n w e g . A u c h d e r G i l g a m e s c h d i c h t e r u n d d e r V e r f a s s e r v o n M a h a b h a rata haben mit vorgegebenen

S t o f f e n g e a r b e i t e t ; ihre W e r k e w e i s e n a b e r g e r a d e d i e

am

H i o b b u c h a u f f ä l l i g e n D i v e r g e n z e n nicht a u f . D i e u. a . v o n H e s s e s t a t u i e r t e U n e m p f i n d l i c h k e i t g e g e n ü b e r inneren u n d ä u ß e r e n W i d e r s p r ü c h e n ist s o m i t a u c h in der A n t i k e nicht d a s Ü b liche. Sie ist d e n n a u c h viel w e n i g e r e i n e m sein g a n z e s V o r s t e l l u n g s k o n z e p t in sich t r a g e n d e n D i c h t e r z u z u t r a u e n a l s v i e l m e h r einem R e d a k t o r , d e r sich z u m Z i e l setzt, zwei i h m gleicherw e i s e v o r g e g e b e n e u n d f ü r ihn g l e i c h e r m a ß e n v e r b i n d l i c h e T e x t e m i t e i n a n d e r zu k o n t a m i n i e ren. 28

D a z u s . o . S. 1 2 f .

"

S c h o n K ü h l , 1 9 5 3 , 2 0 1 , u n t e r s c h e i d e t 1 , 1 - 2 , 1 0 u n d 4 2 , 1 1 ff. als „ ä u ß e r e n

v o n den zur D i a l o g d i c h t u n g g e h ö r i g e n P r o s a s ä t z e n 2 , 1 1 - 1 3 ;

42,7-9

Rahmen"

als „innerem

Rah-

m e n " . V. 1 0 w i r d v o n i h m - d i e s e r K o n z e p t i o n e n t s p r e c h e n d - a l s „ Z w i s c h e n s t ü c k " bezeichnet. D i e w e i t e r e U n t e r s u c h u n g w i r d die R i c h t i g k e i t d i e s e r Sicht e r w e i s e n - z u m t y p i s c h e n Stil des inneren R a h m e n s vgl. L e v e q u e , 1 1 2 3 . 30

Z u r G e g e n p o s i t i o n s. K ü h l , 1 9 5 3 , 2 6 1 - 2 6 3 ; H u m b e r t , M o d e r n i s m e 1 5 0 ; R o w l e y , 1 2 f .

L e v e q u e , II 5 3 7 . 31

Kühl, 1953, 2 5 8 - 2 6 4 ; F o h r e r , 4 0 f .

32

S o w o h l d i e P r o s a - E i n f ü h r u n g 3 2 , 1 - 5 a l s a u c h d i e R e d e n s e l b s t ; vgl. S. 2 0 5 ff.

Die literarische Gestalt des Hiob-Buches

19

dieses Verwandtschaftsverhältnis im Auge hat. Damit aber teilt der ElihuText mit Hi. 1 , 1 - 2 , 1 0 die Lokalisation im aramäischen Safa-Land 33 und kann darum ursprünglich nicht zu der in Edom lokalisierten Dialog-Dichtung gehört haben 34 . Auch weitere literarkritische Beobachtungen als die bis dahin in dieser Arbeit vorgeführten sprechen gegen die literarische Einheit des Buches Hiob. Die vorliegende Untersuchung kann jedoch auf eine weitere Aufzählung verzichten 35 . Die als Resultat der bisherigen literar- und sachkritischen Überlegungen nunmehr vorzunehmende Unterscheidung verschiedener literarischer Schichten wird, als Arbeitshypothese für die geistesgeschichtlichen Beobachtungen verwendet, durch diese ihre Bestätigung und notwendige Ergänzung finden. Die bisherigen Feststellungen genügen für die Ausscheidung vorläufig dreier literarischer Schichten: I II III

der 1,1 beginnenden Erzählung vom Aramäer Hiob, der 2,11 einsetzenden Dichtung vom Edomiter Hiob und seinen drei Freunden, der 3 2 - 3 7 umfassenden Elihurede (aramäisch lokalisiert).

Daß die Dichtung (II) in ihrer heutigen Form vor allem in ihrem letzten Teil durch weiteres Sekundärmaterial entstellt ist, wird die Bearbeitung an Ort und Stelle zu zeigen haben. Hier sei nur schon darauf hingewiesen, daß wie die Elihu-Kapitel so auch jenes andere Sekundärmaterial für die Geschichte der Hiob-Problematik nicht ohne Interesse ist und daß es darum, ebenso wie die Elihureden, in einem besonderen Teil der vorliegenden Arbeit auf seine theologische Situation hin beobachtet werden soll. Im folgenden sind die verschiedenen Textschichten einzeln auf ihren literarischen Charakter, ihre Thematik und ihre religiösen Positionen hin zu untersuchen. Nur so wird auch schließlich der Redaktion, auf die die heutige Gestalt des Buches zurückgeht, ihr Ort im frömmigkeitsgeschichtlichen Gesamtablauf angewiesen werden können. 33 34 35

673.

Vgl. S. 15 f. Über sein Verhältnis zu dieser siehe S. 2 0 4 ff. Verwiesen sei auf die noch immer gültige Zusammenstellung bei Lods, Litterature 6 7 1 -

II. Die Hiob-Novelle Die Rechtfertigung der Bezeichnung Hiob-Novelle für die im Aramäerland spielende Erzählung wird sich im Laufe der Untersuchung im Zusammenhang mit den Fragen nach der literarischen Form ergeben. Ehe ihnen nachgegangen werden kann, muß die literarische Einheit als solche abgegrenzt werden. Abgrenzung Die H i . 1,1 beginnende Erzählung vom gerechten und weisen Hiob - im folgenden vorläufig als „Hiob-Erzählung" bezeichnet - läßt sich als stofflich und formal einheitliche Größe zunächst bis 2 , 1 0 verfolgen. D o r t begegnet die erste Naht. M i t 2 , 1 1 , der Einführung der edomitischen Freunde, setzt die zweite der oben voneinander unterschiedenen Schichten ein. Sie umfaßt außer den erzählenden Versen 2 , 1 1 — 1 3 den ganzen poetischen Teil des Buches, d.h. K a p . 3 - 4 2 , 6 , mit Ausschluß der Elihureden und weiterer später abzugrenzender Sekundärstücke geringeren Umfanges. Aber auch vom erzählenden T e x t am Schluß des Buches gehören ihr 4 2 , 7 - 9 zu; denn diese Verse befassen sich mit der vergleichenden Wertung der verschiedenen, von den Freunden und von Hiob vertretenen Gottesauffassungen. Dagegen liegt 4 2 , 1 0 a . 11 ff. das eigentliche Ende der Erzählung vom aramäisch lokalisierten Hiob vor. Denn die Mitteilung über Hiobs Restitution greift deutlich auf die 1 , 2 . 3 erfolgte Aufzählung von Hiobs Glücksgütern zurück und läßt 4 2 , 1 1 den 2 , 7 für den Umgang mit der Mitwelt gefährlich und zudem kultisch unrein Gewordenen erneut die Freuden der menschlichen Gemeinschaft erfahren, indem sich alle seine Sippenangehörigen und all seine früheren Bekannten ( - nicht die drei Freunde! —) um ihn versammeln. Die Hiob-Erzählung als literarische Einheit findet sich im heutigen Bestand des Hiob-Buches somit 1 , 1 - 2 , 1 0 und 4 2 , ( 1 0 ) 1 1 - 1 7 . Die Verteilung dieser Stücke auf den Anfang und den Schluß des Buches läßt die Hiob-Erzählung im heutigen Zusammenhang des Buches als einen Teil des erzählenden Rahmens erscheinen, der die poetischen Dialoge einund ausleitet. D a ß dies nicht die ursprüngliche Bestimmung dieser Verse sein konnte, erhellt aus den oben angedeuteten Beobachtungen, die zur Quellenscheidung Anlaß gegeben h a b e n 3 6 . Zu dieser dienenden Funktion 36

S.o. S. 13ff.

Ablauf der Hiob-Erzählung

21

degradiert wurde die Hiob-Erzählung vielmehr erst durch jene Hände, die sie mit der Dialogdichtung zu einem Buch vereinigt haben. Ablauf der

Hiob-Erzählung

Der Aufbau ist einfach, leicht überblickbar und straff gestaltet. Die Szenerie wechselt regelmäßig zwischen der Menschenwelt, d.h. der unmittelbaren Umgebung Hiobs und dem Aufenthaltsort der Gottheit Jahwä. Der Verfasser erspart sich die Benennung dieser örtlichkeit. Im folgenden mag dafür der sprachlichen Einfachheit wegen der Ausdruck Himmel (bzw. himmlisch) verwendet werden. Die Erzählung setzt mit einer ersten Szene auf Erden ein, indem sie sogleich den Helden einführt, seine Heimat lokalisiert, seinen Charakter umschreibt: „Dieser Mann war fromm und bieder, gottesfürchtig und dem Bösen abhold" 3 7 . Die nächsten Striche skizzieren in ebenso anspruchsloser wie einprägsamer Weise die glücklichen Verhältnisse: „Ihm wurden sieben Söhne und drei Töchter geboren . . . " Söhne schenkte ihm Jahwä somit nach der heiligen Siebenzahl 38 . Für alttestamentliches, wie überhaupt für altorienta3 7 Zu "im nn s. Leveque I 137-139. - "0 "10 Z: „feind". Zur Umschreibung des Sinngehaltes s. Fohrer z. St. 3 8 Zum Symbolismus der Siebenzahl hier nur ganz wenige Hinweise und auch diese nur aus dem AT und seiner näheren Umwelt: a) Als Zahl der Tage einer Mondphase (Enuma Elis V 15; Speiser, ANET 5 68) bzw. der Wochentage ist sie mit der kosmischen Ordnung sehr stark verbunden; s. auch S. 40; 90. Die babylonischen „Sieben" sebbettu (vgl. Edzard, WBM I 124f.) sind von Haus aus jedenfalls den Wochentagen zugeteilte Schutz- und Ordnungsgötter. Damit hängt auch ihre Anrufung bei Vertragsschluß und Eidesleistung zusammen. (Beispiele bei Fitzmeyer, 36f.). Dabei ist ursprünglich mit „Sieben" die numinose Kontrollmacht über die Woche - d.h. über alles in der Zeit Geschehende - gemeint. Mit dieser Sphäre der Ordnungssymbolik hängt auch das häufige Vorkommen der Sieben als Idealzahl für irdische Gruppen und kosmische Harmonie zusammen. Die Wurzel dieser Symbolik war dem alttestamentlichen Menschen in späterer Zeit zwar nicht mehr bewußt; aber die Verbindung von Siebenzahl und numinoser Weltordnung war ihm durchaus noch in Fleisch und Blut. In diesem Zusammenhang wären viele biblische Siebenheiten zu sehen, so etwa: G e n . 2 1 , 2 8 - 3 0 (7 Lämmer); Gen.29,18ff.; 41 ( 7 + 7 Jahre); E x . 7 - 1 2 (7 Plagen); Jos.6 (7 Priester mit 7 Posaunen, 7 Tage, 7 Umläufe); Hi.42,8 (7 Stiere und 7 Böcke). Außeralttestamentlich: 7 Tore der Unterwelt, die Istar durchschreiten muß (ANET 9 1 0 6 109), 7 Tafeln von Enuma Elis und viele weitere Beispiele bei Hehn, Siebenzahl. - Für Ugarit s. Jirku, Mythus 91. Im NT spielt die Siebenzahl eine bescheidene Rolle. Neben einigen eher zufälligen Vorkommen tritt sie u.a. bei Wundern in Erscheinung: Mk. 8 , 1 - 1 0 / M t . 1 5 , 3 2 39 (7 Brote, 7 Körbe voll Brocken). Exorzismen: 7 Dämonen (Mt. 12,45 / / Lk. 1 1 , 2 6 ; Mk. 16,9). Dagegen fällt die Häufung der Siebenzahl in Apk.Joh. auf: z.B. 7 Gemeinden (1,4), Buch mit 7 Siegeln (5,1), Lamm mit 7 Hörnem und 7 Augen, „welche die 7 Geister Gottes bedeuten" (5,6), 7 Zornschalen (15f.). b) Hierher gehört auch die Idealwertung von 7 Kindern bzw. Söhnen: Ex. 2 , 1 6 (Töchter); 1.Sam.2,5 ; J e r . 1 5 , 9 ; Rut.4,15 (Söhne); und für Ugarit z.B. 4 9 : V I : 8 (Gordon); auch im N T noch Mk. 1 2 , 1 8 - 2 7 u. Parall.

22

Die Hiob-Novelle

lisches Verständnis gelten sieben Söhne als A u s d r u c k vollendeten G l ü c k s : Schon für den sumerischen Mythus von Gilgamesch und Enkidu ist der M a n n , der sieben Söhne hat, selbst in der Unterwelt den G ö t t e r n zu vergleichen 3 9 . Und nun ergänzt bei H i o b die heilige Dreizahl der T ö c h t e r 4 0 die Kinderzahl gar zur umfassenden 1 0 , der Z a h l der integralen E i n h e i t 4 1 : Sieben Söhne und drei T ö c h t e r : das ist eine schlechthin ideale F a m i l i e 4 2 . Dem

Kindersegen

entspricht der U m f a n g von

H i o b s Besitz:

„Seine

H a b e erreichte 7 0 0 0 Stück Kleinvieh, 3 0 0 0 K a m e l e , dazu 5 0 0 J o c h Rindvieh und 5 0 0

Eselinnen und außerdem

ein sehr großes G e s i n d e . "

Zu

beachten sind auch da wieder die Grundzahlen sieben und drei, die sich zu 1 0 ergänzen, und die zweimalige fünf. Auf der ganzen Linie h e r r s c h t eine äußerlich in Erscheinung tretende V o l l k o m m e n h e i t , die den M a n n

von

seiner ganzen Umgebung abhebt, „und so w u r d e dieser M a n n g r ö ß e r als alle Safaiten"

43.

Aber auch unter der unmittelbar sichtbaren O b e r f l ä c h e läßt sich die ideale Struktur dieses Glücks bis in den Kern hinein v e r f o l g e n :

Hiobs

Kinder verbindet eine herzliche Zuneigung. H i o b s Söhne, alle w o h l g e r a ten, alle in guten Verhältnissen lebend, jeder mit seinem eigenen H a u s stand, begehen ihre Feste „reihum im H a u s e eines jeden" und vergessen auch nicht, dazu ihre Schwestern einzuladen ( 1 , 4 ) 4 4 . Die E r w ä h n u n g der T ö c h t e r und die V e r m i t t l u n g des E i n d r u c k s von deren H o c h s c h ä t z u n g gehört durchaus zur bewußten und gewollten Konstellierung des Stimmungsbildes von H i o b s S i p p e 4 5 . c) Eine besondere Rolle spielt im Rahmen der Wochensymbolik die Betonung des Vollendungs- and Höhepunktes am - besonderen - siebenten Tag. Siehe z.B. Enuma Elis V 16f.; Gilgames XI 1 2 7 - 1 2 9 , 1 4 1 - 1 4 6 ; J o s . 6 , 4 . 1 5 ; aus Ugarit (worauf Leveque I 40 hinweist) dieTexte51: VI 24ff.; aqhtl: 6 ff. und II: 30 ff. (Gordon). Es wird sich zeigen, daß das hier beobachtete Schema 6 + 1 vom Hiobnovellisten geradezu als Dispositionsprinzip, gleichzeitig aber auch als eschatologisches Symbol verwendet worden ist (s. S. 43; 87 ff.). Viel weiteres Material bei O. Zöckler, RE3 XVIII 3 1 0 - 3 1 7 , und v. Dobschütz, RE J XXIV 3 9 Kramer, Mythol. 37. 513. 4 0 Zur Dreizahl s.u. S. 42. Hehn, 63ff. 41 Zehn als numerus integritatis ist zu verstehen auf dem Hintergrund der Zehnzahl von Fingern und Zehen. Damit im Zusammenhang steht auch die - nicht nur biblisch belegbare Zehnzahl für die Aufzählung fundamentaler Lebensregeln, bzw. Gebote: Ex. 2 0 ; Dt. 5 (10 Gebote); außerbiblisch etwa der So us sou-„Dekalog" (Maag, Schuld 98). 4 2 Sarna, JBL 76, 1957, 21 und - wohl im Anschluß an ihn - Leveque, 41 versuchen zu belegen, daß Ba'al in Ugarit 7 Söhne und 3 Töchter hatte. Die angegebenen Belege zeigen aber, daß diese Behauptung nur durch die Kombination nicht ganz sicherer Stellen zu erreichen ist. 7 Söhne und 3 Töchter wurden bisher nirgends zusammen belegt (vgl. auch Fohrer, 4 3 Zu dieser Übersetzung s. o. S. 15. 74). 4 4 Steinmann, 81 mißversteht 1,4 a mit der Beschreibung „Chaque jour, ils y festoient. Ce sont des moeurs de princes". Damit verschiebt er die Stimmung vom fröhlichen Glück zu überbordender Üppigkeit. Ebenso Duhm, 4 ; Hölscher, 1 1 ; Fohrer, 7 7 ; dagegen Horst, 10 f. 4 5 Duhm, 4 betrachtet dagegen zu Unrecht die Einladung der Schwestern als Verführung Unmündiger und sieht darin „ein weiteres Zeichen für die Leichtlebigkeit der jungen Leute".

Ablauf der Hiob-Erzählung

23

In auffallendem Gegensatz zu anderen alttestamentlichen Autoren legt der Hiob-Erzähler ein sehr waches Interesse gerade am weiblichen Familiennachwuchs an den T a g 4 6 . So, wie die Hiob-Erzählung es gestaltet, ist dieses Stimmungsbild auch nicht einfach aus altorientalischer Tradition übernommen, wo man es als in Ugarit vorgebildet zu erkennen glaubte 4 7 , sondern im Dienste der kerygmatischen Absicht des Erzählers in unvergleichlicher Weise ad hoc gezeichnet worden. Der glückselige Fromme aber bewährt sich zugleich auch als ein wahrhaft Weiser. Er kennt das Leben; er ist erfahren in allem. Und Erfahrung bleibt ihm nicht ein intellektuelles Wissen. Sie steuert vielmehr sein Denken und sein Handeln gleicherweise. So freut sich Hiob in stiller Zurückgezogenheit der Freuden seiner Kinder. Keine Ängstlichkeit, kein Schatten moralischer Vorhaltungen an die Adresse seiner Söhne und Töchter soll deren Fröhlichkeit trüben. Hiob ist kein Asket 4 8 . Er ist ein kerngesunder patriarchalisch beschaulicher Orientale, der sich an der Geselligkeit seiner Kinder sonnt. Aber als wahrer Weiser steht er, obwohl völlig unauffällig, bewußt mit seiner Vorsicht und Vorsorglichkeit hinter seiner Sippe. Er weiß, daß junge Menschen nicht über die Ausgelassenheit kraftstrotzender Jahre erhaben sind. Darum bringt er jeweils, wenn die Festlichkeiten zu Ende sind, „Brandopfer dar nach der Zahl ihrer aller". Das sind stellvertretende Sühnopfer, die seine Kinder von einer möglicherweise in der Weinlaune begangenen Versündigung (ΚΒΠ 1,5) „reinigen" sollten 4 9 . Hiobs Frömmigkeit erreicht ihre Vollkommenheit in seiner Umsicht. Er hütet sein Glück als ein behutsamer Weiser. „So tat Hiob allezeit." Als Zeitnachbar und Sippenangehöriger der Patriarchen bringt er als pater familias seine Opfer, sogar Brandopfer (1,5) in aller Ungezwungenheit eigenhändig dar, wie es von Abraham und den anderen Erzvätern überliefert ist 5 0 . Im königlichen Zeitalter Israels und vollends im nachexilischen Judentum der Priesterschrift wäre dies undenkbar gewesen, da zu jener Zeit der beamteten Priester die einzige zur Opferdarbringung befugte Instanz war. So führt der Hiob-Erzähler seinen Leser auch mit diesem 4 6 Hölscher, 11 übersieht dies, wenn er meint: „Die Einladung der Schwestern wird erwähnt, weil ja auch sie später mit umkommen müssen." Zur Sache s. S. 83 ff. 4 7 Als ugaritische Vorbilder nennt Sarna, 2 4 , 2 Aqht: 1 : 2 6 - 4 0 ; 1 2 5 : 3 9 f f . 61 ff. Ihm folgen Fohrer, 7 7 ; Leveque, 4 1 (dieser mit teilweise falscher Stellenangabe). Bei den genannten Stellen handelt es sich aber nicht um ein Geschwisterverhältnis, sodaß sie als Vorbilder ausfallen. 4 8 White liest, wenn er Hiob als Asketen bezeichnet, etwas in den Text hinein, was dieser keineswegs besagt. Hiob ist aber auch nicht „une Sorte d'Aga Khan des Mille Nuits", wie Steinmann, 81 meint. 4 9 Daß sie Gott „geflucht" haben könnten(ηΊ3) ist hier nicht wörtlich zu verstehen; denn dafür gäbe es keine Sühnemöglichkeit (s. S. 30 zu 2, 9). Jegliche Sünde aber beleidigt Gott und muß gesühnt werden. 5 0 G e n . 2 2 ; vgl. auch Gen. 12,8 ; 1 3 , 1 8 ; 2 6 , 3 5 ; 3 3 , 2 0 .

Die Hiob-Novelle

24

Einzelzug in das ferne Zeitalter der Patriarchen zurück. Er tut es freilich, um ein Problem aufzurollen, das die Gemüter der Patriarchenzeit keineswegs bewegt hat, das aber in der nachexilischen Welt zu brennender Aktualität gekommen ist. In dieser nachexilischen Welt hat man sich den Autor zu denken. Mit 1,6 wechselt der Schauplatz der Handlung. Dieser Vers, der die zweite Szene eröffnet, führt in den Thronsaal Gottes. Jahwä versammelt gerade seinen göttlichen Hofstaat um sich 51 . Die Szene, die Goethe zum Vorbild für seinen Faust-Prolog gedient hat, zeigt, wie sich inmitten aller numinosen Wesen 52 auch der Satan beim höchsten Herrn einfindet. Dieser besonderen Gestalt gilt sogleich Jahwäs volle Aufmerksamkeit. Mit der harmlos formelhaft erscheinenden Frage „Woher kommst du?" eröffnet er das Gespräch mit dem Satan S3 . Dieser: 1.7

A u f E r d e n b i n ich u m h e r g e s t r e i f t u n d hin u n d h e r g e w a n d e r t .

Gott darauf: 1.8

H a s t du a c h t g e h a b t auf meinen K n e c h t H i o b , d a ß s e i n e s g l e i c h e n k e i n e r ist a u f E r d e n , ein M a n n s o f r o m m und bieder, so gottesfürchtig und d e m Bösen feind ?

Die Bezeichnung „mein Knecht" nay (2,3) ist kaum zufällig. Auch sie ist dazu angetan, Hiob mit den Patriarchen auf eine Linie zu stellen, ihn damit aber auch als normative Persönlichkeit zu kennzeichnen. Daß Hiob das sei, sollte, wer es bei der Lektüre der Erzählung nicht anhand der Nachbarschaft zu den Patriarchen schon deutlich genug erkannt hätte, aufgrund dieses Ehrentitels unzweideutig erfahren; denn „mein Knecht", bzw. „meine Knechte" heißen nebst den Patriarchen auch Mose und die normativen Künder von Jahwäs Wort, die Propheten und schließlich jene zeichenhafte Duldergestalt der Gottesknechtslieder S4 ! Mit dem Ehrentitel „mein Knecht" anerkennt Jahwä für nachexilisches Verständnis besonders auch die religiöse Zuverlässigkeit eines Mannes. Zur Szene der „himmlischen" Begegnung: Will Jahwä mit seiner Frage gegen den Satan sticheln? Tatsächlich fängt der Satan den Ball sogleich auf. Und der gereizte, aggressive Ton, mit dem er antwortet, möchte dar51 Dvn 'ΓΡΙ, eine „nicht ungebräuchliche Eröffnungsformel" (Horst, 12), bedeutet „ e i n s t " ; Vgl. 1 . S a m . 1 , 4 ; 1 4 , 1 ; 2 , K ö n . 4 , 8 . 1 1 . 1 8 . 52 Ο'Π^ΚΠ 'ja ist so zu übersetzen. Gemeint sind alle Genien und Geister, die J a h w ä zu Diensten stehen, bzw. seinen Hofstaat bilden. Dazu ausführlicher S. 5 0 ff. 5 3 Vgl. Lande, 4 0 . 5 4 Z . B . A b r a h a m : G e n . 2 6 , 2 4 ; M o s e : Num. 1 2 , 7 . 8 ; Jos. 1 , 2 . 7 ; 2 . K ö n . 2 1 , 8 ; Mal.3,22. Für die nachexilische Bezeichnung der Propheten als „ K n e c h t e " J a h w ä s s. Westermann, T H A T II 1 9 3 . Aufgrund dieser Bezeichnung ist ja wohl H i o b Sir. 4 9 , 9 zu den Propheten gezählt worden.

Ablauf der Hiob-Erzählung

25

auf schließen lassen, daß das Einvernehmen zwischen Jahwä und dem Satan schon seit einiger Zeit mit Spannungen belastet gewesen sei. Der Satan sagt ziemlich ärgerlich,: 1.9

Ist H i o b etwa umsonst gottesfürchtig?

1.10 1.11

H a s t nicht du selbst ihn und sein H a u s u m h e g t . . . ? A b e r recke doch einmal deine H a n d wider ihn aus und rühre an all das, was er h a t ; f ü r w a h r er wird dir ins Angesicht fluchen ! 5 5

Man darf das, was diese letzte Zeile meint, nicht abschwächen wollen. Es ist nicht an eine stille, innere Lossage von Gott zu denken 5 6 , sondern wirklich an eine verbal formulierte Verwünschung, die Hiob Jahwä „ins Angesicht" schleudern soll 5 7 . Diesem Verständnis folgt auch schon der Urheber des Nachsatzes 2 , 1 0 5 8 mit der Feststellung, Hiob habe sich „mit den Lippen" nicht versündigt 59 . Es wird aber auch 2 , 9 vorausgesetzt, wo mit „fluche Gott und stirb" Hiob das zu tun nahegelegt wird, was er zwar nicht tut, was aber der Satan von ihm erwartet 6 0 . Jahwä allerdings ist Hiobs Frömmigkeit so gewiß, daß er es darauf ankommen lassen will: 1.12

W o h l a n , alles, was er hat, ist in deiner H a n d ! N u r nach ihm selbst recke deine H a n d nicht a u s !

„Da ging", heißt es, „der Satan hinweg aus dem Angesicht Jahwäs" (1,12). Mit dieser Feststellung leitet die Erzählung zur dritten Szene, der zweiten irdischen, über. Auf Hiob stürzt 1,13 ff. das Unheil ein. Den Helden erreichen die bekannten vier Hiobsbotschaften 6 1 : sein Gesinde ist getötet und seine Herden teils durch Räuber weggetrieben 6 2 , teils durch Feuer vom Himmel 6 3 vertilgt worden, und alle seine zehn Kinder sind im Hause ihres ältesten Bruders umgekommen, als ein Wirbelsturm n i l ) 6 4 das Haus über ihren Köpfen zusammenstürzen ließ ( 1 , 1 4 - 1 9 ) . 55 qk als Beteuerungsformel ist Ellipse und geht auf eine Schwurformel mit eventueller 5 6 Horst, z.St. Selbstverfluchung zurück. Vgl. Kß 3 5 8 . " „ins Angesicht" = „ungescheut"; vgl. Fohrerz.St.; 2,5 dagegen Ursprünglich wohl an beiden Stellen die gleiche Präpos., wobei sogut möglich ist wie by : Zum Gebrauch von *?y s. Maag, Arnos 113 f. 5 8 S. S. 31. 59 vgl. auch 1,22; dazu S. 27. 6 0 Zum Hintergrund dieses Wortes s. S. 30. 6 1 Zum Symbolismus der Vierzahl s. S. 42. 6 2 Als schöne Realparallele vgl. Hess, Beduinen 32. Zu den Sabäern und Chaldäern s.o. S. 16 (gegen Horst, 17f.). 6 3 Zum Verhältnis der L X X zum TM in V. 16 s. Fohrer, 87f. z.St. 6 4 Zu diesem Schirokko-Sturm und seiner besonderen Wut s. Fohrer, 91. Warum sagt aber der Erzähler nicht Π0Ί0 sondern n n ? Läßt er damit einen Oberton von Numinosität mitschwingen? (vgl. J e r . 4 , 1 1 ) . Dadurch würde diese nn noch stärker mit dem geheimnisvollen „Feuer vom Himmel" in Phänomenparallele treten.

26

Die H i o b - N o v e l l e

M i t dem T o d der Kinder ist die Heimsuchung vollkommen. W e r nichts mehr hat, ist a r m : Das k o m m t vor, und in der ursprünglichen orientalischen Gesellschaft nimmt man das an sich als einen Schicksalsschlag, mit dem man rechnen muß. Die Autobiographie des Beduinen M u h i z 6 5 zeigt dies in archaischer Schlichtheit. Wie das Beduinentum selbst, so mußte aber auch ein dem beduinischen Zugriff so sehr ausgesetzter Kulturlandbesitz, wie ihn das Haurangebiet b o t , den Menschen mit dieser Härte vertraut erhalten h a b e n 6 6 . D e r Verfasser scheint davon eine durchaus lebensnahe Vorstellung, bzw. Kenntnis zu haben. Das 4 2 , 1 1 b beschriebene Verhalten der Verwandten und Freunde eines Verarmten ist denn auch in unmittelbarer sozialer Adaption an diese Gegebenheiten zur Sitte geworden. Sie stellt eine Sippenmaßnahme dar, die den sofortigen N e u a u f b a u einer ruinierten Wirtschaft ermöglicht. Kann somit in H i o b s Umgebung (und bei genauerem Hinsehen im Orient überhaupt) jeder a r m werden, ohne verzweifeln zu müssen, der Verlust seiner Kinder läßt ihn normalerweise jegliche Fassung verlieren. Im Gegensatz dazu aber steht H i o b , wenn auch zutiefst erschüttert, so doch gefaßt, ja groß und würdevoll inmitten all dieses Z u s a m m e n b r u c h s : 1.20

D a stand H i o b auf, zerriß seine Kleider und s c h o r s i c h d i e L e i d g l a t z e , d a n n fiel e r z u r E r d e n i e d e r , betete und s a g t e :

πιργ

//'8K JP30 Λη(κ)^ O^I? I tfijn j

//npV ^ n ' V W η-üjj nirr n? 'Π' 1.21

1 |

, N a c k t bin ich a u s m e i n e r M u t t e r S c h o ß g e k o m m e n , u n d n a c k t w e r d e ich d a h i n

zurückkehren67.

J a h w ä hat gegeben, J a h w ä hat g e n o m m e n , d e r N a m e J a h w ä s sei g e l o b t . '

Die Erzählung bietet nicht nur die offensichtliche Steigerung bezüglich der Qualität des Verlustes, sondern gleichzeitig eine von der ersten zur zweiten und von der dritten zur vierten Heimsuchung zu beobachtende Radikalisierung hinsichtlich des die Heimsuchung wirkenden M e d i u m s : D i e erste und dritte Heimsuchung erfolgt durch M e n s c h e n , die zweite und vierte durch übermenschliche, numinose M ä c h t e . Damit wird dem 65

Hess, Beduinen 3 2 .

66

Ähnliches Ri. 6 , 3 - 6 .

67

Ricciotti, 2 7 4 f f . meint, die archaische Hockerbestattung (Embryonalstellung) habe dazu

Anlaß gegeben, das G r a b dem Mutterschoß zu parallelisieren. Abgesehen d a v o n , daß für die alttestamentliche Zeit H o c k e r g r ä b e r unwahrscheinlich sind, liegt es näher, an die in allen archaischen Sedentärkulturen geläufige kategoriale

Gleichsetzung von Erde und Mutterleib zu

denken, wie sie Dieterich anhand sehr reichen Materials nachweist. Vgl. auch Ps. 1 3 9 , 1 3 . 1 5 ; Sir. 4 0 , 1 (Hebr.) und M a a g , Sumerische und babylonische Mythen 9 2 f .

Ablauf der Hiob-Erzählung

27

Unglück die Möglichkeit genommen, gleichsam aus einer Häufung an sich zufälliger unglücklicher Umstände verstanden zu werden: Menschen und Natur haben sich wider Hiob aufgemacht. Das kann nur geplantes, in der göttlichen Welt beschlossenes Verderben sein. Diese Erkenntnis muß sich auch Hiob aufdrängen. Um so gewaltiger erscheint angesichts dieses Eindrucks seine vollkommene Devotion. Die beiden Sprüche, mit denen Hiob 1,21 seiner Haltung Ausdruck verleiht, dürften altem Weisheitsgut entnommen sein 6 8 . Für den zweiten legt dies schon die formale Parallele mit einem aus neubabylonischer Zeit stammenden Sprichwort nahe: Der König hat gegeben, Der König hat genommen, Herr ist mein K ö n i g . 6 9

Zum ersten der beiden Sätze wäre etwa unsere Volksweisheit zu vergleichen: „Wir können's ja einmal nicht mitnehmen." Die Vertiefung dieser an sich allgemein bekannten Sentenzen erfolgt hier einerseits durch deren Zusammenfügung, andererseits aber durch ihre Aktualisierung und Radikalisierung auf dem Hintergrund von Hiobs gelebtem Schicksal und seiner gelebten Treue. Der Nachsatz „In alledem versündigte sich Hiob nicht und redete „nichts Freches wider G o t t " 7 0 klingt, verglichen mit der eleganten Erzählweise des übrigen Textes mit seiner gekonnten Handhabung von Symbol und Andeutung, eigenartig plump. Möglicherweise ist darin noch ein Stück der der vorliegenden Fassung vorausgegangenen alten Volksüberlieferung erhalten geblieben 71 , wenn hier nicht einfach ein moralisierender Glossator am Werk gewesen ist. Mit dem Einsatz des zweiten Kapitels wechselt die Handlung erneut ihren Schauplatz: die vierte Szene - es ist die zweite himmlische - zeigt, daß freilich vorläufig der Satan noch keineswegs daran denkt, sich geschlagen zu geben. Und wiederum ist auch er zugegen, als Jahwä die Gottwesen 6 8 Ob diese Stelle auf Koh.5,14 zurückgreift, wie Zimmerli, Prediger, 194 und Hertzberg, 131 annehmen, oder ob umgekehrt Koh. von Hi. abhängig ist, wie L.Schmidt, 167 A. 11 meint, ist recht ungewiß; denn so „geringfügig'' ist die „Abwandlung" nicht, daß sich die Annahme einer literarischen Abhängigkeit aufdrängen würde. Beide Stellen formulieren viel eher eine Allerweltsweisheit; nur bekommt diese im Munde Hiobs die Funktion des monistischen Bekenntnisses. 6 9 Ebeling, 1949, Nr. 245, ZI. 27 f. 27 sarru id-di-na sarru-um-ma it-ta-ba-[al] 28 be-el sarri-i i-ba-as-si. Vgl. Pohl, Orientalia NS 19, 1950, 382. 70 π Van jra : „Unflätiges (von sich) geben". Π^ΟΠ ist drastischer Ausdruck (wörtlich: „Geiferei") und verbietet, an einen rein innerseelischen Vorgang zu denken. Vgl. Fohrer, 88 u. 94 (je zu V. 22). " Zu dieser s. S. 45 ff.

28

Die Hiob-Novelle

erneut um sich versammelt. Auch diesmal interessiert sich die Erzählung allein für J a h w ä s Begegnung mit ihm. Auch jetzt stellt ihn J a h w ä sogleich mit seiner Frage. Und diesmal liegt in deren Art ein unverkennbarer Unterton der Herausforderung: wie aufreizend wirkt schon die wörtliche Wiederholung der in der zweiten Szene gestellten F r a g e : 2,3

H a s t du a c h t g e h a b t auf meinen K n e c h t H i o b , d a ß seinesgleichen keiner ist auf E r d e n , ein M a n n s o f r o m m und bieder, so g o t t e s f ü r c h t i g und d e m B ö s e n feind ?

Und wie ein Triumph klingt vollends die Fortsetzung: 2,3 b

N o c h i m m e r hält H i o b fest an seiner F r ö m m i g k e i t , o b gleich du mich w i d e r ihn reiztest, ihn o h n e U r s a c h e zu v e r d e r b e n .

Allein, auch darauf bleibt der Satan die Antwort nicht schuldig: 2,4.5

H a u t u m H a u t ! Alles, w a s der M e n s c h h a t , gibt er u m sein L e b e n ! 7 2 A b e r recke d o c h einmal deine H a n d aus u n d r ü h r e sein Fleisch und Gebein a n ; f ü r w a h r , er wird dir ins A n g e s i c h t fluchen.

J a h w ä s Vertrauen auf Hiob ist so unerschütterlich, daß er auch diese Runde mit dem Satan aufnimmt: 2,6

W o h l a n , er ist in deiner H a n d , nur seines L e b e n s s c h o n e ! 7 3

„ D a " , heißt es ( 2 , 7 ) , „ging der Satan hinweg aus dem Angesicht Jahwäs und schlug Hiob mit bösem G e s c h w ü r 7 4 von der Fußsohle bis zum Scheitel". Damit hat das Bild bereits zur fünften Szene, der dritten irdischen, hinübergewechselt, die den Leser zum Augenzeugen von Hiobs tiefstem Elend werden läßt. T M . liest 2 , 8 :

1 1 Der Ausdruck „Haut um Haut" stammt aus der Sphäre des Fausthandels und bedeutet: Um ein bestimmtes Gut gibt man den entsprechenden Gegenwert. - Delitzsch, 6 0 ; Budde, 8 ; Hölscher, 12. - Aus dem Ablauf der Erzählung geht freilich in keiner Weise hervor, daß Hiob der Meinung gewesen wäre, durch die Hingabe alles ihm lieb Gewesenen sich selbst vom Untergange loszukaufen. Die Fadenscheinigkeit der vom Satan vorgetragenen Begründung für Hiobs Verhalten liegt auf der Hand. Dies ist vom Novellisten jedenfalls so gewollt: Mit solchen Spiegelfechtereien arbeitet der Satan. 7 3 Diese Begrenzung des Zugriffs ist notwendig. Hiob muß am Leben bleiben. Brächte der Satan ihn um, so könnte, ja müßte dieser im letzten Augenblicke verzweifeln, da nach alttestamentlicher Auffassung der T o d den Menschen völlig von der Gegenwart und Wirkungssphäre Jahwäs scheidet. Diesen unbilligen Triumph räumt Jahwä dem Satan nicht ein. Vgl. Maag, Tod und Jenseits 1 7 - 3 7 . 7 4 Zur Diskussion über die Art der Krankheit siehe die Literatur bei Rowley, Meaning 1 6 9 ; Fohrer, 100. Für die Vorstellung des Novellisten ist nur 2 , 7 f . maßgebend. Was hier als J'ntf bezeichnet wird, ist Lev. 1 3 , 1 8 - 2 0 Symptom des Aussatzes. So dürfte man sich Hiob als Aussätzigen zu denken haben. Dazu paßt auch sehr wohl der in 2 , 8 genannte Aufenthaltsort.

29

Ablauf der Hiob-Erzählung

2,8

-^crita?

mm ia ttjjtiV ΉΠ ^-np'l

D a n a h m H i o b eine T o n s c h e r b e , sich d a m i t zu k r a t z e n , w ä h r e n d er in der A s c h e saß.

Die Septuaginta hat hier einen aufschlußreichen Textmehrbestand; sie liest και ελαβεν Ίώβ οστρακον, ίνα 'αποξέη τον Ιχώρα αϋτοΰ, και αυτός έκάθητο έπί της κοπριάς εξω της πόλεως". „Da nahm Hiob eine Tonscherbe, sein Ιχώρ, d.h. sein Blut, seine blutige Haut, seine Rüfen zu kratzen, und er setzte sich auf den Abfallhaufen außerhalb der Stadt." Damit verrät nun die Septuaginta die Vertrautheit mit einer Vorstellung, die so original ist, daß man sich wohl mit Recht fragt, ob sie nicht völlig dem ganz ursprünglichen Wortlaut der hebräischen Überlieferung eigen gewesen sei. Die κοπρία £ξω της πόλεως, der Abfallhaufen außerhalb der Stadt, ist eine im Hauran allgemeine Erscheinung. Vor jeder Ortschaft erhebt sich eine Anhöhe. Das ist die mazbala76. Und diese Anhöhe, die von jahrhundertelanger Aufschüttung am gleichen Ort zum künstlichen Hügel geworden ist, trägt auf ihrer Krone einen Aschenhaufen. Denn der Unrat wird hingetragen, trocknet dann an der Sonne und wird darauf verbrannt. Die mazbala besteht also nicht aus Unrat. Sie ist nicht, wie die Septuaginta fälschlich verstanden werden kann, ein Dunghaufen 77 , sondern besteht aus den verwitterten Verbrennungsrückständen. In ihre Basis sind kellerartige Höhlen zur Konservierung des Getreides getrieben, ähnlich wie es für das antike Griechenland bezeugt ist 7 8 . Ihre Krone bildet ein Haufen frischer Verbrennungsrückstände und frischer Asche. Von letzterer allein spricht der hebräische Text. Am liebsten würde man darum den hebräischen Text durch Septuaginta ergänzen oder umgekehrt, also als vollständigen Text etwa lesen: 2,8 ... ηίπ? atf1 mni 1a T$rrt> ίηπ frnpn LXX + έπί της κοπρίας £ξω της πόλεως „Da nahm er sich eine Scherbe, sich damit zu kratzen, während er sich hinsetzte in die Asche, welche sich auf der mazbala außerhalb der Stadt befand." Der Hinweis auf die mazbala ist von besonderem Interesse, weil diese örtlichkeit von jeher der Aufenthaltsort der unrein Gewordenen und der wegen Aussatz aus der Siedlung Hinausgewiesenen gewesen ist. Es ist noch 7 5 So L X X A . Zu L X X B S s. Septuaginta, ed. A. Rahlfs, II 2 7 5 . Zu den Variantlesearten vgl. Horst, 22 z. St. 7 6 Diese Entsprechung bietet schon Waltons Arabs; Wetzstein bei Delitzsch, 62. Zur Sache: Wetzstein, ebenda A . 3 . 7 7 So auch L: . . . sedens in sterquilinio·, L hat aber zu ϊξω της πόλεως keine Entsprechung. 7 8 Diodor, v. 4 : της μέν γάρ Κόρης τήν καταγωγήν έποιήσανιο περί τον καιρόν, έν άκ τον τοϋ σίτου καρπσν τελεσιουργεΐσθαι συνέβαινε. Nilsson, Geschichte der griechischen Religion 2 , 1 9 5 5 , 1 4 7 3 u. 473 A. 5.

Die Hiob-Novelle

30

gar nicht so lange her, seit Wetzstein bei seiner Reise durch Syrien die Aussätzigen auf den mazbalät hat sitzen sehen 79 . Da konnten sie sich in die Asche als ihre Decke vergraben. Sie schützte sie vor dem Brand der Sonne wie vor der Kälte der Nacht und war ihnen etwas wie ein permanentes Puderkleid. Denn ein Gewand wäre unerträglich gewesen für ihren schwärigen, wunden, eiterfließenden Leib. So ist eben dieser große Aschenhaufen die völlig sachgemäße Zuflucht dieser Ärmsten. Indem sich Hiob auf der mazbala niederläßt, ist der Gegenpol zu seinem einstigen Glück erreicht: der zuvor mächtige, vom Schicksal verwöhnte Herden- und Grundbesitzer und Vater von zehn Kindern sitzt arm, kinderlos, verlassen, von aller Welt gemieden, von hoffnungsloser Krankheit zerfressen80 an dem Ort, der der Unreinen letzte Zuflucht ist. Der einzige Mensch, der sich noch um Hiob kümmert, ist seine Frau. Sie kann das Leiden kaum mehr mitansehen. Vollends aber faßt sie nicht, daß über Hiobs Lippen immer noch kein bitteres Wort kommt. Wie kann er dem Gott gegenüber, der ihn so vollkommen zerschlagen hat, ihn ohne Grund zerquält, in so unglaublicher Ergebenheit verharren ? Daß Hiob doch fluchen und damit den sofortigen Straftod auf sich ziehen könnte! Würde er Gott lästern, träte gegen ihn die Bestimmung von Lev. 24,16 in Kraft: „Wer den Namen Jahwäs lästert, soll sofort sterben; steinigen soll ihn die ganze Gemeinde!" Da würde Gotteslästerung zur Erlösung von einem Elendsdasein führen, welches durch frommes Schweigen und Dulden trostlos unabsehbar hingedehnt wird. Darum das Wort der Frau: 2,9

„ N o c h i m m e r h ä l t s t du fest an d e i n e r F r ö m m i g k e i t ? Fluche G o t t und s t i r b ! "

81

Hiob weist seine Frau sofort zurecht: 2,10

W i e eine T ö r i n reden würde, s o willst a u c h du r e d e n ? 8 2 D a s G u t e nehmen wir von G o t t an, das B ö s e aber sollten wir nicht a n n e h m e n ?

7 9 Wetzstein, a . a . O . Vgl. auch die anschauliche Schilderung der entsprechenden Gepflo8 0 S.o. S. 2 8 A 7 4 . genheiten bei den Rwala-Beduinen durch Musil, Ar. Petr.IIl, 4 1 3 . 8 1 Daß hier 0 t 6 h steht, ist kein Indiz für eine Interpolation dieses Passus (cf. Horst, 5), sondern beruht auf der bewußten Anlehnung des Wortlautes an Lev. 2 4 , 1 6 . 8 2 2 , 1 0 lese ich den ersten Stichos mit Pesch., Targ. und 2 M s s K c n (Siegfried u.a.) und nehme Haplographie von n|t an (Tur-Sinaj): n(t DJ '-um/rrfcam nnx 1313

/οτύχπ rem

3τβπ nx kV snn reo

So kommt nicht nur inhaltlich der Gegensatz zwischen „irgendeine Törin" und „auch du" wieder zum Tragen, sondern gleichzeitig wird das hier durchaus einleuchtende Ur-Versmaß der Klage (3 + 2 [qina]) wieder sichtbar. Die ganze Misere des heutigen T M geht wahrscheinlich nur auf die Prosaisierung zurück, welcher der ursprünglich ohne Artikel und Nota accusativi lautende Stichos unterzogen worden ist: /D'n^KB 310

i>3pj Λ ΪΎΙ

Ablauf der Hiob-Erzählung

31

Auffallend ist in dem Hiobwort der Ausdruck D'nVg. Der Erzähler sagt sonst „ Jahwä". Er ist somit kaum selber der Urheber von 10 b, sondern läßt seinen Helden an dieser Stelle, ähnlich wie schon 1,21, einen mehr oder weniger geläufigen Weisheitsspruch zitieren. Damit, daß Hiob in seiner bittersten Not mit diesem Spruch Ernst macht, erweist er sich als wahrer Weiser. Die beiden rhythmischen Sprüche 1,21 und 2,10 sind für die Novelle, die in Prosa gehalten ist, etwas Besonderes: In ihrer Exponiertheit heben sie heraus, was Hiob zu sagen hat, seine Lehre! In ihnen tritt das theologische Programm der Novelle hervor. Dabei entspricht diese Aufnahme geläufigen Spruchgutes ganz der kerygmatischen Haltung des Novellisten: Keine theologischen Neuheiten soll Hiob verkünden. Seine Weisheit besteht vielmehr darin, daß er das hochhält, was Israel längst weiß. Der erste der beiden an die Frau gerichteten Sätze (10a) klingt wie eine Mischung· aus Enttäuschung und Ablehnung. Eine gewisse Härte ist unverkennbar. Hört Hiob aus dem Wort seiner Frau nicht die durch Hilflosigkeit gequälte Liebe sprechen? Warum findet er nicht ein freundlicheres Wort, ihren Rat abzulehnen ? Muß Hiob am Ende gegen die Verlockung, die das Wort an ihn heranträgt, so scharf auffahren, weil sie ihm aus seinem eigenen Innem entgegentönen möchte ? Die Frage ist exegetisch legitim; denn der Vers ist der einzige, der den sonst als Idealcharakter gezeichneten Mann schroff zeigt. Wohl wankt Hiob in seiner Haltung nicht, und wohl kann auch diese Szene mit dem Wort geschlossen werden: „In alledem versündigte sich Hiob nicht mit seinen Lippen." 8 3 10a aber ist jedenfalls vom Autor bewußt so gehalten, daß der Leser aus dem kurzen Gespräch heraushören muß, daß der Glaubenssieg für Hiob keine leichte Selbstverständlichkeit darstellt. Da wird nicht in stoischer Ataraxie über das Schicksal triumphiert. Hier lobpreist ein Mensch, dessen Unterwerfung unter Gott, gerade weil sie der Versuchung abgerungen ist, eine sittlich-religiöse Leistung darstellt. Hiob ist über die Möglichkeit, die der Satan 1,11b, 2,5b ins Auge gefaßt hat, und mit der dieser als mit einem sicher eintreffenden Ereignis glaubte rechnen zu dürfen, nicht von vornherein erhaben. Als Mensch von Fleisch und Blut ist er versuchbar, und das Verlangen nach der Todesruhe zu überwinden erfordert auch für ihn den höchsten sittlichen Einsatz. Indem er ihn aber leistet, hat seine Weisheit ihre Probe bestanden. Weder durch Unglück und Elend noch durch die Verlockung, seine Qual abzukürzen, läßt sich Hiob von seinem Gottvertrauen abbringen.

Für diese ursprüngliche Lautung spricht das heurige 3ΊΒΠ bzw. ?"in , wo man mit Artikel naien bzw. nVTt erwarten würde. 83 Zum ähnlichen Vers 1,22 s.o. S. 27.

32

Die Hiob-Novelle

Nach dieser fünften Szene folgt nach dem heutigen Bestand der Erzählung in 4 2 , 1 0 f f . sogleich deren Schluß. Auch diese sechste Szene spielt, wie die fünfte, auf Erden. Sie folgt freilich der fünften auffallend unvermittelt. Der Leser ist bei der Lektüre von 2 , 1 0 etwas überrascht, hier als unmittelbare Fortführung des Fadens die Worte zu finden: 42,10

Als Jahwä Hiobs Geschick gewendet hatte, als er für seine Freunde betete, ging er dazu über, Hiob alles, was er besessen hatte, doppelt wieder zu erstatten." 8 4

Die Untersuchung wird sich mit der Abgerissenheit dieses Ubergangs noch zu befassen haben. Zunächst ist der überleitende Satz 4 2 , 1 0 hinsichtlich seiner Form und seines Inhalts zu analysieren 8 5 . Im ersten Satzteil a) ιηπ'ΐ 31»K 3γ steht das Subjekt vor dem Prädikat, und dieses steht im Perfekt. Der Satz ist invertiert, ohne daß dabei das Subjekt besonders hervorzuheben ist. Es liegt ein Zustandssatz oder ein subordinierter Satz vor, was in der obigen Übersetzung zum Ausdruck gebracht ist 8 6 . Diese syntaktische Situation ist um so deutlicher im Auge zu behalten, als sie von den Bibelübersetzungen für gewöhnlich übergangen wird. Im Bestreben, die Erzählung, wie sie nun einmal als Ganzes dasteht, folgerichtig wiederzugeben, wird meist übersetzt „da wandte Jahwä Hiobs Geschick" oder ähnlich, als stünde 3i'K ΠΊ3γ"ίν mrp 3 ^ 1 . Aber damit wird der wahre stilistische Sachverhalt verwischt. Im Satzteil b) v j n i ? 3 iVVsnri} ist zu lesen statt i n j n . Dieses Situationsadverbiale ist am ehesten mit einem zweiten Nebensatz wiederzugeben: „ . . . als er für seine Freunde gebetet hatte." Dieser Satzteil verbindet mit der Aufnahme dessen, was im vorigen Passus 42,7—9 berichtet wird, und mit der Nennung von Hiobs Freunden die Hiob-Novelle mit dem Prosa-Rahmen der „edomitischen" Hiob-Dichtung. Satzteil b) gehört somit eindeutig der verklammernden Arbeit der Redaktion an. Das Targum von Qumran hat diesen Satzteil nicht und scheint ihn somit nicht gekannt zu haben 8 7 . Satzteil c) lautet: njft)1? 3VK1? nirr „ . . . Da vermehrte Jahwä alles, was Hiob gehört hatte, auf das doppelte." Man könnte nun diesen Satz an den ersten Satzteil anschließen. Dann wäre Satzteil b) als Redaktionsinterpolation auszuschalten. Allein, so gut auf den ersten Blick der Rest aussieht, erhebt sich noch eine Frage: Warum wird hier schon von der Verdoppelung des Besitzes gesprochen, wenn erst V. 11 erzählt wird, wie Hiob wieder zu Besitz gekommen sei, und wenn 84 85

Die Ubersetzer pflegen diesen Satz zu glätten. Zu mat» vgl. K B ; Leveque, I 45 und A . 2 .

Zur syntaktischen Situation siehe Köhler, Deuterojesaja 6 0 § 10. Van der Ploeg, 8 6 (Col. X X X V I I I , ZI. 3 u. 4) Dieses Textminus ist umso interessanter, als 11 Q t g j o b seiner hebräischen Vorlage grundsätzlich recht treu ist und diese dem T M nahesteht ( a . a . O . 7 ) . 86

87

Ablauf der Hiob-Erzählung

33

dann V. 12 davon spricht, wie Jahwä diesen Neuanfang gesegnet habe, so daß sein Herdenbesitz doppelt so groß geworden sei wie ehedem ? Die Frage ist um so weniger als Spitzfindigkeit abzutun, als der Hiob-Novellist bis hierher stilistisch einwandfrei, prägnant und fließend und ohne solche Antezipationen erzählt. Diese stilistischen Beobachtungen führen dazu, auch Satzteil c) als nicht zur Erzählung 1 , 1 - 2 , 1 0 gehörig zu betrachten. Ein Blick auf das Targum von Qumran läßt übrigens verstehen, woher dieser Satzteil kommt. Das Targum endet nämlich mit V . I I 8 8 . Es berichtet somit nichts von den Einzelheiten des neuen Besitzstandes (12), noch von einer neuen Familie ( 1 2 - 1 5 a ) , noch von der besonderen Regelung der Erbverhältnisse (15 b), und es schweigt auch über Hiobs Lebensalter und sein Ende ( 1 6 - 1 7 ) . D.h., es läßt beinahe den ganzen Originalschluß der 1 , 1 - 2 , 1 0 begonnenen Erzählung beiseite und ersetzt ihn durch V. 10c. Das Qumran-Targum vergegenwärtigt damit eine der verschiedenen Redaktionsformen, die durch die Vereinigung der Erzählung und der Versdichtung geschaffen worden sind 8 9 . Wenn nach Ausschaltung der Elemente b) u. c) der Versteil a) unmittelbar mit V. 11 verbunden wird, nimmt sich der Passus schon wesentlich verständlicher aus: 10 a 11

31·*

3φ vnjrta

iK3;i

Als J a h w ä Hiobs Geschick gewendet hatte, kamen zu ihm all seine Brüder und all seine Schwestern und all seine früheren Bekannten, und sie aßen mit ihm in seinem Hause und bezeigten ihm ihr Beileid und trösteten ihn wegen all des Unglücks, das J a h w ä über ihn hatte kommen lassen; und sie gaben ihm ein jeder eine Qesita und einen goldenen Ring.

8 8 Dabei dürfte es sich tatsächlich um den ursprünglichen Schluß des Textes l l Q t g J o b handeln. Vgl. dazu van der Ploeg und van der Woude, 87 und 129. 8 9 Das scheint für Terrien, 273, Leveque, 127. 132 (zu l l Q t g J o b ) u.a. zu sprechen, die V. 1 2 - 1 7 als sekundäre Weiterung betrachten. Dabei wird aber übersehen, daß V. 10 - wie oben gezeigt - den Gepflogenheiten des Erzählers 1 , 1 - 2 , 1 0 völlig zuwider läuft, während ihnen 4 2 , 1 1 - 1 7 als Ganzes gesehen ebenso vollkommen entspricht. Kann es sich demnach beim heutigen Schluß des Hiobbuches nicht um eine Sekundärschicht handeln, so weist doch andererseits das Q-Targum ein interessantes Stadium der redaktionellen Verknüpfung von „Hiob-Erzählung" und Versdichtung aus: Der Redaktor von 11 Qtgjob erwartete von seinem Leser nicht, daß sich dieser nach der Lektüre des ganzen Dialogwerkes noch genau der Einzelheiten von 1 , 1 - 2 , 1 0 erinnern würde. Andererseits würde ja erst diese Rückerinnerung ermöglichen, den Reiz des 4 2 , 1 1 - 1 7 Berichteten voll zu erfassen (s.S.85 f.)· So entschloß sich der Redaktor des hinter Qtg stehenden Textes, auf diesen Teil der Erzählung zu verachten und durch V. 11c zu ersetzen. Dies mochte ihm umso näher liegen, als die Versdichtung den Verlust von Hiobs Kindern nirgends voraussetzt. (Dies jedenfalls in Übereinstimmung mit der alten Volkstradition, vgl. S. 47).

Die Hiob-Novelle

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Aus dem in V. 11 entworfenen Bild zu schließen kann die Schicksalswende, von der V. 10a spricht, nur darin bestanden haben, daß Hiob wieder genesen ist und vom Aschenhaufen auf der mazbala wieder in sein Haus zurückkehren durfte. Diese ersten und grundlegenden Vorgänge der Restitution werden im jetzigen Textbestand der Novelle allerdings auffallenderweise nicht geschildert, obschon sie die unumgängliche Voraussetzung für die von V. 11 mitgeteilten Ereignisse des Gastmahls in Hiobs Haus bzw. der Beileidsbesuche bilden. Der zurückgreifend die Ereignisse zusammenfassende Satz 10a muß demnach ersetzen, was heute an originaler, Schritt für Schritt berichtender Mitteilung der Novelle fehlt. Er stellt somit - wie Satzteil b) c) eine redaktionelle Notiz dar. Im Zusammenhang des Tröstens (IIa) erfolgt dann auch die von der Sippe und dem Bekanntenkreis geleistete Grundlegung für einen materiellen Wiederaufbau (IIb). Aus den zusammengelegten Notgaben an Silber und Gold konnte dann dem siegreichen Überwinder durch den Segen Jahwäs das Übermaß des neuen Besitzes erwachsen, von dem V. 12 spricht: jks ηftt -tyy rt^-is iV'rpj inftr© ai»K nnn(rr* ητ3 mrn OTiirn« »fon igrihri o'o^ nWi 12

Und d a J a h w ä H i o b s spätere Lebenszeit n o c h m e h r segnete als seinen A n f a n g , w u r d e n ihm 1 4 0 0 0 Schafe, 6 0 0 0

Kamele

1 0 0 0 J o c h R i n d e r u n d 1 0 0 0 Eselinnen zuteil.

Auch in diesem Vers ist die invertierte Satzstellung zu beachten. Wollte man nicht, wie in der obigen Übersetzung angedeutet, mm als subordinierten Satz verstehen, wäre der Satz mit hervorgehobenem Subjekt zu lesen: „Jahwä seinerseits aber segnete ..." Die in diesem Textstück genannte my'tyj?, die nebst je einem Goldring die Notsteuer jeder Familie an Hiob ausmacht, ist ein sonst nur für die Patriarchenzeit bezeugtes ungeprägtes Silberstück von bestimmtem Handelsgewicht (ca. 4 Schäqäl) 90 . Wiederum also ein Vorstellungselement, das die Aura von Hiobs Umwelt mit der Umgebung der Väter der Genesis verbinden soll 91 . Die Reihenfolge der geschilderten Ereignisse ist so, wie sie dasteht, vollkommen natürlich. Dem in seinem Elend Verkommenen hat niemand sein Beileid ausgedrückt; denn sein Unglück stempelte ihn zu einem von Gott Verworfenen 92 . Und mit einem Feinde Gottes hatte man besser nichts gemein. Dem Gottlosen gilt kein Erbarmen, sondern nur Abscheu, Terrien, 2 7 3 Α. 1 ; Fohrer, 5 4 1 z.St. A . c ; T u r - S i n a j , 5 8 0 z.St. Es begegnet im A T einzig noch im Zusammenhang der Mitteilung von Jakobs Landkauf in Sichern (Gen. 3 3 , 1 9 ) und an der auf dieses Ereignis zurückblickenden Stelle Jos. 2 4 , 3 2 . 9 2 Dies in Übereinstimmung mit allgemeinem nachexilischem Schicksalsverständnis; vgl. J e s . 5 3 , 4 b ; Ps. 1. u.a. 90 91

Ablauf der Hiob-Erzählung

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Spott und Verachtung 9 3 . Das ist die dem frühen Judentum spezifische, aus seinen besonderen theologischen Voraussetzungen erwachsene Haltung 9 4 . Der Novellist projiziert sie in Hiobs soziologische Situation, d.h. in die Patriarchenzeit zurück. Erst nachdem Jahwä selber sich wieder zu seinem Knecht bekannt hat, indem er ihm Genesung schenkte und ihn in sein Haus zurückkehren ließ, können darum auch Sippe und Bekannte den Ihren freudig wieder anerkennen. Zum Zeichen der völligen Wiederherstellung der alten sozialen Bindungen läßt man sich bei ihm zum gemeinsamen Mahle nieder. Und jetzt darf man auch kondolieren und trösten, was vorher, als der Unglückliche allen Anzeichen nach unter Jahwäs Zorn gestanden hatte, verwehrt gewesen wäre. Nun üben die Verwandten nach alter Sippensitte an dem Verarmten die selbstverständliche Solidaritätspflicht : Die Darbringung von Notgaben, die ihn auch wirtschaftlich restituieren helfen. Diese bedeuten nicht ein Almosen, sondern eine Art Sozialsteuer, auf die jeder unverschuldet in Not Geratene Anspruch hat. Für Hiob fließt diese Solidaritätssteuer als Grundlegung einer neuen Wirtschaft jedenfalls nach ähnlichen Sozialregeln, wie sie heute noch unter Beduinen in Kraft stehen, wo einer durch Uberfall verarmten Familie von Seiten der Verwandtschaft wiederum ein Grundstock an Wirtschaftsmitteln zur Verfügung gestellt wird 9 5 . Nur daß, während heutige Beduinen Notgaben von ihren Schafen und Ziegen darbringen, die in besseren Verhältnissen lebenden Verwandten Hiobs ihre Notsteuer in Silber und Gold entrichten 9 6 . Und wiederum wurden Hiob, da nun sein Besitz erneut gesichert war, sieben Söhne und drei Töchter geboren. Diesmal werden — darauf wird später einzugehen sein 9 7 - die Namen der Töchter mitgeteilt, Namen, in denen sich die besondere Zuneigung des Vaters unzweideutig anzeigt: 42,14

ii'i^'Vf.i Dil nyxp rrjtfrt njh npu;- nw^-otf jrjp'i

'

IT

Z.B. Hi. 4 , 7 ff.; 5 , I f f . ; 8,1 ff.; 1 1 , I f f . ; 1 8 , I f f . ; 2 0 , I f f . ; 22, I f f . ; Klagelieder 1,8 f.; 1 , 1 7 ; 2 , 2 ; 3,63 u.a. 9 4 Zu den Auswirkungen der ezechielischen Theologie s. S. 7 0 f. 9 5 Siehe die Autobiographie des 'Oetebi Mühidz bei Hess, Beduinen 33 ff. - Dieser Tatsachenkomplex wird von all den Auslegern übersehen, die annehmen, die Mitteilung stehe 4 2 , 1 1 an falscher Stelle. So Hitzig; Alt, ZAW 55, 1937, 265 ff. Ferner u. a. auch Fohrer, 542 und 104; Leveque, 129, der ebenfalls findet, dieser Vers „serait logiquement mieux en place dans le Prologue". Im übrigen ist folgendes zu beachten: Wie immer auch die traditionsgeschichtlichen Verhältnisse liegen mögen, die Funktion der „Tröster" von 2 , 1 1 ist von der Rolle der Verwandten und Bekannten von 42,11 grundlegend verschieden: Die gens, die sich 4 2 , 1 1 versammelt, zieht mit ihrem Handeln die Konsequenz aus dem von Gott gegebenen Zeichen, daß Hiob wieder in Gnaden stehe. Die Weisen von 2,11 dagegen suchen Hiob auf, um ihm den Weg zur Rückerlangung jener Gnade zu weisen. Siehe dazu unten S. 125 ff. 9 6 Könnte man in der q'sita statt eines „Schafwertes" ein Lamm als Gabe erblicken, wie die Versionen es z.T. tun (Qtgjob; Fohrer, 5 4 1 ; Leveque, I 127 Α. 1; König, 456 A.d), so würde die neuzeitliche beduinische Notgabe lediglich um den Goldring übertroffen. 9 7 Siehe unten S. 83 ff. 93

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Die Hiob-Novelle Die erste hieß er J e m i m a , die zweite Kezia und die dritte K e r e n - H a p u k . 9 8

Die Vollkommenheit dieser zweiten Familie erhöht sich dadurch noch über die der ersten, daß die zweiten Töchter nicht allein der Liebe und Achtung ihrer Brüder teilhaftig, sondern· diesen auch erbrechtlich beigeordnet werden ( 4 2 , 1 5 b ) . Und nachdem sich alles köstlich zum Besten gewendet hat, kann H i o b - auch darin den Patriarchen gleich - alt und lebenssatt sterben : 9 9 •n'? jrn n p r ^ ? aVit πΌ^ρ rfür D'fy κψφ rtVi D ' ^ H D Άψ) ntr-NNTF A^X » i n :ΒΓΓΠ* ΗΊΠ3 N^NJ •N-'AJT

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Π75·» τ » rm ID'??; yatn ιρτ avK

42.15

M a n f a n d im ganzen L a n d e keine Frauen, s o s c h ö n wie H i o b s T ö c h t e r , u n d ihr Vater g a b ihnen ein Erbteil unter ihren Brüdern.

42.16

D a r n a c h lebte H i o b noch hundertvierzig J a h r e , und er s a h seine Kinder u n d K i n d e s k i n d e r , vier Geschlechter.

42.17

U n d H i o b s t a r b alt u n d lebenssatt.

Damit klingt die Erzählung in jener Ruhe und Würde aus, mit der sie in der ersten Szene einsetzt. Der Schluß hebt alle durch den Ablauf der vorangehenden Szenen bezüglich des Schicksals aufgebrochenen Spannungen auf. Die Mitteilung von der Restitution des Helden führt, so kurz sie gefaßt ist, über alle Stationen seiner seinerzeitigen Verheerung zurück. Zuerst wendet J a h w ä H i o b s Schicksal, so daß der hoffnungslos Sieche der fünften Szene seine Gesundheit wiedererlangt. Der durch sein Leiden gesellschaftsunfähig Gewordene (2,8) findet seinen Platz in seiner Sippe wieder, der seines Besitzes und seiner N a c h k o m m e n s c h a f t Beraubte ( 1 , 1 3 - 1 9 ) empfängt mehr als zuvor, und der M a n n , der einst das patriarchalische Vorbild der Seinen gewesen war, erlangt, nachdem er vorübergehend zum Schrecken seiner Umgebung und s o g a r zum Objekt eines unglücklichen Rates seiner Gemahlin hatte werden müssen ( 2 , 9 ) , jene unbedingte Autorität wieder, die ihm s o g a r erlaubt, unangefochten eine für alttestamentliche Vorstellung durchaus außergewöhnliche Erbanordnung zu treffen ( 4 2 , 1 5 b ) 1 0 0 . Und zur Bestätigung seines Einverständnisses mit seinem Knechte schenkt J a h w ä ihm ein langes Leben. Dieser Schluß mit seiner vollkommenen Bezogenheit auf alle Elemente, die das Hiobbild in der ersten, dritten und fünften Szene konstituiert haben, gehört offensichtlich unmittelbar mit diesen Szenen zusammen. Und die früheren Beobachtungen bestätigend wird man hier feststellen dürfen, Ubersetzung der Namen: s. S. 85. G e n . 2 5 , 8 ; 35,29. 1 0 0 S. S. 86.

98

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Der Umfang der Erzählung

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daß der Verfasser der Erzählung unmöglich der Auffassung gewesen sein kann, zwischen die fünfte und die letzte Szene seiner Erzählung hinein sollten ganze vierzig Kapitel einer dialogischen Dichtung treten. Vielmehr setzt der Schluß voraus, daß alles in den ersten Kapiteln Berichtete beim Hörer frisch und unmittelbar gegenwärtig ist, da sonst die Schlußpartie mit ihrer Kontrastwirkung gar nicht voll zur Geltung zu kommen vermag. Der Umfang der

Erzählung

Wenn sich somit erwiesen hat, daß die alte Erzählung durch die Redaktion des heutigen biblischen Hiobbuches in zwei Fragmente (1,1—2,10 und 42,10—17) zerschnitten worden ist, wird sich die Frage erheben, ob diese beiden Fragmente den vollen Umfang der ursprünglichen Hiob-Erzählung decken, oder ob durch den Redaktionseingriff auch ein Textverlust entstanden ist. Nun hat die Durchsicht des Erzählungsablaufes gerade an einer der Nahtstellen zwischen den zwei Fragmenten, d.h. bei 4 2 , 1 0 , eine Unebenheit sichtbar werden lassen, indem der Satz: „Nachdem Jahwä Hiobs Schicksal gewendet hatte . . . " den Umschwung im Schicksal Hiobs nur rückblickend andeutet, die grundlegenden Vorgänge jedoch nicht schildert 1 0 1 . Während die ganze abschließende Mitteilung von Hiobs Restitution und Ende ( 4 2 , 1 1 - 1 7 ) in allen Einzelheiten auf die Mitteilungen des ersten Fragmentes bezogen ist, fügt sie sich an das Vorangehende (2,10) nicht fortlaufend erzählend an. So trefflich die Erzählung sonst Zug um Zug des Hiobbildes zeichnet und Ereignis um Ereignis lebendig werden läßt, so wenig diese Erzählung ihrem Hörer sonst etwas schuldig zu bleiben pflegt, an dieser einen Stelle, der Naht zwischen den Fragmenten, bleibt sie erstaunlich viel schuldig! Die Kunst guter Erzählung besteht u.a. darin, daß sie bei aller Kürze der Darstellung keine offenen Fragen stehenläßt, daß sie die Fortentwicklung der Vorstellungen beim Hörer immer so weit ermöglicht, daß ein Ereignis aus dem andern organisch herauswächst. Die Hiob-Erzählung erweist sich hinsichtlich dieser Kriterien im übrigen als meisterhaft. Alles in ihr ist klar; jeder Zug baut sich folgerichtig auf den andern auf. Überall entwickelt sich die Handlung durchsichtig - bis auf diesen einen Punkt! Der Sprung von der Dulderszene zur Restitutionsszene bedeutet eine erzählerische Schwäche, wie sie sonst dieser ganzen literarischen Einheit fremd ist. Unter der „Wendung des Schicksals" ist, wie oben festgestellt 102 , jedenfalls die Genesung des siechen Hiob und seine Rückkehr ins Dorf bzw. in sein Haus zu verstehen - „jedenfalls"! Daß die Erzählung, die sonst so präzis Schritt um Schritt zu führen versteht, ihren Hörer gerade diesen Vorgang nicht miterleben läßt, daß sie damit den eigentlichen Wendepunkt über101 102

S . o . S. 3 2 . S . o . S. 3 4 .

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Die Hiob-Novelle

springt, um in einem Temporalsatz ( 4 2 , 1 0 ) auf ihn zurückzuverweisen, ist zu merkwürdig, als daß sich der Literarhistoriker davon dispensieren dürfte, an diesem Punkt die Sonde etwas tiefer zu führen. Das bedingt im vorliegenden Fall einen kritischen Blick auf die Disposition der Erzählung. Diese hat in ihrer ersten himmlischen Szene den Satan eingeführt und ihn in Widerstreit mit Jahwä treten lassen. Um dieses Streites willen ist das Elend über Hiob hereingebrochen. Wie hat sich der Streit gelöst? Was ist aus dem Satan, was aus dem Gegensatz zwischen Jahwä und dem Satan geworden ? Auch auf diese Fragen bleibt die Antwort aus. Wie ist dies in einer Erzählung möglich, die Hiobs Schicksal ganz und gar in Korrelation zu den himmlischen Problemen und Entscheidungen verstehen lehrt? Der Ablauf der Ereignisse vom Auftreten des Satans bis zur frommen Beharrlichkeit des Dulders läßt doch unmißverständlich deutlich werden, daß die Krise im Leben Hiobs in ihren verschiedenen Stadien durch eine Krise in der göttlichen Welt bedingt i s t 1 0 3 . Himmlisches und irdisches Geschehen sind in der Erzählung unlösbar miteinander verknüpft und wirken aufeinander zurück. Nach der Konstellation der Sachverhalte ist schlechterdings nicht zu erwarten, daß die Krise in Hiobs Leben anders gelöst werden kann als dadurch, daß die Gott-Satan-Krise überwunden wird. Und wie aus dem Verhalten sowohl Jahwäs als auch des Satans zu schließen ist, muß gerade Hiob, um dessen Verhalten der himmlische Meinungsstreit ausgebrochen ist, die Krise überwinden helfen. Er tut dies, indem er Jahwä gegenüber dem Satan Recht behalten läßt. Am springenden Punkt aber, da nämlich, wo sich die himmlische Krise im Sinne eines Sieges Jahwäs lösen und wo sich darum die Wendung in Hiobs Schicksal anbahnen muß, setzt das himmlische Ereignis einfach aus! Und damit versinkt zugleich die Antwort bezüglich der in der ersten himmlischen Szene konstellierten Spannung zwischen Gott und dem Satan in dumpfes Schweigen. Und die Gottwesen, die anläßlich zweier himmlischer Konvente hatten Zeugen der Spannung werden müssen 1 0 4 ? Können sie so vergessen werden ? Müßten sie nicht nun auch Zeugen einer Szene 1 0 3 M a n sollte den Krisencharakter des Verhältnisses zwischen Gott und dem Satan nicht zu überspielen suchen (Leveque, I 180). 1 0 4 Es darf nicht übersehen werden, daß die Erzählung zweimal ( 1 , 6 f f . ; 2, Iff.) das Bild von J a h w ä s H o f s t a a t erstehen läßt, zu dem - wenn auch nur als Statisten - die Gottwesen gehören. Ihre E r w ä h n u n g bzw. ihre Einbeziehung in das Bild bedeutet mehr als einen bloßen Einfluß literarischer Tradition. W ä r e n dem Erzähler diese Figuren überflüssig gewesen, hätte ihn nichts daran gehindert, J a h w ä den Satan in Privataudienz empfangen zu lassen. Für Hiobs Schicksal hätte sich dadurch gar nichts geändert. Für die Symbolik der Erzählung jedoch sind, wie sich später zeigen wird (S. 7 3 f.), die Gotteswesen nicht funktionslos.

Die unselige, von Wellhausen bzw. Budde bis Leveque (I 119) das Feld beherrschende Vorstellung vom „ V o l k s b u c h " hat die Forschung dahin geführt, die Erzählung als Ganzes und hinsichtlich ihrer Elemente zu harmlos zu nehmen. M a n hat darum meist darauf verzichtet,

Der Umfang der Erzählung

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werden, in der Jahwä triumphiert, der Satan beschämt schweigen muß und sie selber, wenn auch wiederum nur als stumme Teilnehmer, darüber Bescheid erhalten, wie es um die strittige Konstitution des Verhältnisses zwischen Gott und seinem Frommen steht 1 0 5 ? Das alles bedeutet, daß die sonst so klar angelegte und weitgehend klar durchgeführte Erzählung in ihrem heutigen Bestand am entscheidenden Punkt versagt. Da nun offensichtlich sowohl das erste Fragment 1,1—2,10 in sich vollkommen organisch ist, als auch das Schlußfragment von 42,11 an ebenso folgerichtig verläuft, liegt der schwache Punkt der inhaltlichen Durchführung an der gleichen Ubergangsstelle, an der auch die einzige formale Unebenheit beobachtet werden mußte 1 0 6 : an der Naht (42,10), durch welche dieses Fragment mit dem „edomitischen" Dialogwerk verbunden ist. Was heute fehlt, muß zwischen den beiden Fragmenten, d.h. da gestanden haben, wo sich jetzt die Dialogdichtung befindet. Bezeichnen wir das Fehlende vorläufig mit X, so bietet sich folgender Ablauf der einst vollständigen Erzählung: Fragment I 1,1-2,10

X

Fragment II 42,11 ff.

Inhaltlich ist das Fehlende, wie soeben festgestellt, als eine dritte himmlische Szene zu bestimmen, welche die Lösung der himmlischen Krise bringt und damit den Umschwung in der Lebenskrise Hiobs vorbereitet. Was weiter fehlt, ist eine Bemerkung, aus der hervorgeht, daß der Satan aufgrund seiner Niederlage von Hiob ablassen mußte, worauf Hiob gesund geworden und in sein Haus zurückgekehrt sei. Das Fehlende ergibt zusammen eine himmlische und den Anfang der letzten irdischen Szene, die ihre Fortsetzung in 42,11 mit der Feststellung findet, daß Hiobs Verwandte und Freunde ihn nun besuchen kamen. ein Element wie das der Gottwesen auf die Funktion hin zu befragen, die ihm im Rahmen einer wohl erwogenen literarischen und kerygmatischen Konzeption zukomiht (s. auch S. 51 ff.). 105 Angesichts dieser Sachlage reicht es nicht aus, sich etwa mit Horst, 16 mit der Bemerkung zu begnügen, eine Wette zwischen Jahwä und dem Satan liege nicht vor, da kein Strafgedinge genannt sei, und demzufolge brauche dann auch „der Satan im Epilog keine Rolle mehr" zu spielen. Für das Ringen, um das es hier geht, ist der Begriff der Wette nicht, wie Höret meint, zu zugespitzt, sondern im Gegenteil zu harmlos. Denn ob Jahwä oder der Satan aus einem gleichsam coram angelorum societate ausgebrochenen Meinungsstreit als Sieger hervorgeht, trägt, wie die vorliegende Untersuchung noch zeigen wird, für die Existenz der Beteiligten weiter als der Ausgang dessen, was man üblicherweise unter einer Wette versteht. Schon rein formal hat der Satan denn auch sich selbst und seinen Kontrahenten mit der immerhin auf eine Schwurformel zurückgehenden Beteuerungs-Ellipse Λ DK denkbar stark exponiert. - Zum Begriff „Wette" s. auch S. 43 A 112. 106 S. S. 32 u. 37.

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Die Hiob-Novelle

Wagt man die Annahme eines solchen durch den redaktionellen Eingriff verursachten Textverlustes, so verschwindet zugleich eine erstaunliche Inkongruenz im Schema der Szenenfolge, die merkwürdigerweise ebenfalls gerade an der jetzigen Nahtstelle zu beobachten ist. Im bisherigen Bild fällt auf, daß, während von der ersten bis zur fünften Szene irdischer und himmlischer Schauplatz von Szene zu Szene regelmäßig wechseln, am Schluß zwei irdische Szenen unmittelbar aufeinanderfolgen: Die erste Szene spielt auf Erden die zweite Szene spielt im Himmel die dritte Szene spielt auf Erden die vierte Szene spielt im Himmel die fünfte Szene spielt auf Erden die sechste Szene spielt auf Erden. Nach dem obigen Ergänzungsvorschlag jedoch tritt zwischen die jetzige fünfte und sechste Szene eine zusätzliche himmlische Szene, wodurch auch im äußeren Aufbau die volle H a r m o n i e wiederhergestellt wird. Dabei kommt eine wohlbeabsichtigte ursprüngliche Feinheit des Szenenschemas erst neu zutage. So gesehen hat die vollständige Erzählung sieben Szenen aufgewiesen. Dabei bringt die siebente die Vollendung und Erfüllung 1 0 7 . Ist es wohl ein reiner Zufall, daß das Szenenschema der Zahl der Wochentage folgt, und daß die Restitution Hiobs den Sabbath dieser Schicksalswoche einleitet? Auf diese Frage wird zurückzukommen sein. Hier sei vorläufig nur festgestellt, daß einem Erzähler, der schon in seinen ersten Sätzen ( l , 2 f ) so auffallend mit Zahlensymbolik spielt, und der damit den antiken Leser ja förmlich dazu einlädt, auf weitere, vielleicht nicht mehr so unverhüllt zutage tretende Zahlenverhältnisse zu achten, ein Siebenszenen-Schema mit glücklichem Ausklang auf dem Sabbathpunkt eher zuzutrauen ist als die zufällige Sechszahl, wie sie sich nach der bloßen Ausscheidung von 2 , 1 1 - 4 2 , 9 ergeben würde. Zunächst möge ein Blick auf das literargeschichtliche Schicksal den am heutigen Bestand offenbar gewordenen Textverlust erklären. Er liegt, wie oben beobachtet, charakteristischerweise zwischen den Nahtstellen 2 , 1 0 und 4 2 , 1 0 , zwischen welche die Redaktion die „edomitische" Hiob-Dichtung interpoliert hat. Es legt sich daher nahe, die Elimination im Zusammenhang mit diesem redaktionellen Eingriff zu verstehen zu versuchen. Und tatsächlich wird er von hier aus vollkommen verständlich. 107 Schon Budde, VXIII w a r der M e i n u n g , „vielleicht" habe man sich diese Szene „hinzuzudenken". - In den zwei von Kühl, 1954, 269 erwähnten arab. Handschriften, die drei H i m melsszenen kennen, ist freilich deren inhaltliche Verteilung anders als die hier statuierte. M a n kann sich aber fragen, wie jene Überlieferung zur Drei- bzw. Siebenzahl gekommen sein m a g . Primär ist diese dort keinesfalls.

Gestalt und literarische Gattung der Hiob-Erzählung

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Setzte sich der Redaktor die Vereinigung der beiden Hiob-Werke zum Ziele, so mußte er mit der Schere arbeiten. Dann konnte das Dialogwerk nur in seinen erzählenden Umrahmungen beschnitten werden. Darauf ist später einzugehen. Die „aramäische" Erzählung ihrerseits mußte sich sprengen und zu einem äußeren Rahmen um den als Kem verwendeten „edomitischen" Hiob-Text legen lassen. Dabei war die Opferung der ursprünglichen sechsten Szene, d.h. der jetzt vermißten dritten Himmelsszene unumgänglich. Denn diese Szene, welche in der Himmelswelt Hiobs Restitution einleitet, verlangt, daß unmittelbar nach ihr diese Restitution irdische Wirklichkeit wird. Für die Einführung der Freunde bliebe hinter dieser Himmelsszene somit keine Möglichkeit mehr. Andrerseits hätte die Dialogdichtung auch unmöglich vor diesem jetzt ausgefallenen dritten Treffen Jahwäs mit dem Satan untergebracht werden können; denn nach dem ganzen Dialogteil, dessen Problemstellung, wie sich zeigen wird, für die Satansfigur überhaupt keinen Platz hat, hätte der Satan unmöglich noch einmal auftreten können. Zudem aber würde ein Ubergang vom Dialogteil zur letzten Himmelsszene den Inhalt der himmlischen Meinungsdifferenz zwangsläufig wieder in Erinnerung gerufen haben, was bei dem Verhalten, das Hiob im Dialog mit seiner Bitterkeit gegen Jahwä an den Tag legt, nicht erwünscht sein konnte. All dem war tatsächlich von einer Redaktion nur dadurch zu begegnen, daß sie die dritte Himmelsszene eliminierte. Diese Abstoßung hat sich somit nicht nur nahegelegt, sondern als notwendig erwiesen. An die Stelle der herausgebrochenen Szene ist von einer späteren Redaktion die fertig vorhandene große Hiobdichtung eingefügt worden. Die weiteren am Hiobbuch erfolgten redaktionellen Vorgänge haben sich auf Stellung und Bestand der Hiob-Erzählung nicht mehr ausgewirkt. Auf sie ist daher an dieser Stelle noch nicht einzugehen. Gestalt und literarische Gattung der

Hioberzählung

Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, daß die Erzählung nach einem straffen Schema durchgeführt ist, nach welchem drei himmlische zwischen vier irdischen Szenen liegen. Die Handlung läuft auf Erden an, und sie endet auf Erden. Der Konflikt ist zwar im Himmel ausgebrochen, seine Beilegung jedoch konnte er nur aufgrund eines irdischen Geschehens, der irdischen Bewährung Hiobs in seinem unbeirrbaren Vertrauen auf Jahwä, finden. Damit statuiert die Erzählung eine vollkommene Koordination von himmlischem und irdischem Geschehen. Himmlische und irdische Wirklichkeit, göttliche und menschliche Existenz stehen in Wechselwirkung zueinander. Es ist, als müsse diese Wechselwirkung Gott und Welt zusammenhalten. Diese den ganzen religiösen Raum der Erzählung beherrschende Struktur wird — das kann bei diesem Erzähler nicht verwundern — auch noch in

42

Die Hiob-Novelle

einer ebenso schlichten als wirksamen Weise zahlensymbolisch untermalt: Vier Erdenszenen und drei Himmelsszenen bilden, wie soeben festgestellt, zusammen jene Siebenheit, welche die gesamte Wirklichkeit Hiobs umfängt. Die Zahlen der beiden Szenengruppen sind nicht zufällig: Vier ist die Zahl der Erdenwelt, für die Symbolik des Alten Orients gleicherweise wie für die des Alten Testaments: Die assyrischen Herrscher bezeichnen sich gerne als „König(e) der vier Weltgegenden", d.h. der vier Quadranten des Erdkreises 1 0 8 ; viererlei Plagen hätten nach Tafel XI der GilgameschDichtung das Land ruinieren können 1 0 9 ; vier Reiter erkunden Sach. 1,8ff. den ganzen Erdkreis (cf. Apk.6,2.4f.); Gen.28,14 werden bei der Verheißung der weltweiten Ausbreitung der Jakobiden die vier Himmelsrichtungen aufgezählt, und Ez.37,4 kommt „der Geist", der aller Welt Lebenskraft vergegenwärtigt, „von den vier Windrichtungen"; umgekehrt werden Jer. 15,3 (cf. Ez. 14,21) vier Dämonenhorden entboten, die Juda den Garaus machen müssen 110 . Ganz im Sinne dieser Symbolik der terrestrischen Ganzheit wird Hi. 1 , 1 4 - 1 9 durch die vier „Hiobsbotschaften" der Zusammenbruch alles dessen gemeldet, was Hiobs weltliches Ansehen begründete und was ihm auf Erden lieb war. Die Drei aber ist als Zahl des Transrationalen und „aller guten Dinge" die adäquate Zahl für die Himmelsszenen. Dieses Ineinander der rationalen Vier und der irrationalen Drei konstituiert hier also die heilige Sieben. Sie ist als Zahl der Wochentage Symbol der Zeit und des in der Zeit sich ereignenden Schicksals. Zeit — nicht nach unserer modernen Weise als Erlebniskategorie verstanden, sondern als Quell der Ereignis werdenden Wirklichkeit als Schicksal gesehen - erscheint in der Symbolik der Erzählung als Frucht jenes Ineinanders von himmlischen und irdischen Faktoren 1 H . Und ganz in diesem Sinne präsentiert sich ja in allem das Wirklichkeitsbild der Hiob-Erzählung. Nichts ereignet sich zwischen Gott und dem Satan, was nicht in Hiobs Schicksal seine Folgen zeitigen würde; und umgekehrt fällt in Hiobs Leben keine Entscheidung, der nicht zugleich entscheidende Bedeutung für den transzendenten Raum zukäme. Den Leser umfängt Hiobs Welt zunächst mit einer milden, problemlos glücklichen und harmonischen Atmosphäre. Sie vergegenwärtigt das Glück, wie es sich gemäß der Weltordnung nach dem einfachen Verständnis nachexilischer Weisheit präsentieren muß: Wer so fromm ist, dem muß es gut gehen - wie es dem menschlichen Gerechtigkeitsempfinden 1 0 8 Oppenheim, ANE"P 2 7 4 b . f . ; 2 7 6 b ; 2 8 9 a ; 3 1 5 b ; Suppl. (558b). Leider steht hier aber überall für „der vier Erdquadranten" nur „of the world". 1 0 9 Gilgames, XI 187ff. (AOT 1 8 0 ; ANET 1 9 5 a - b ) . 1 1 0 Maag, Heerscharen 23, 25. 1 1 1 Vgl. Enuma elis, Taf.I, 61 (AOT 109; ANET 3 61), wo An-sar und Ki-sar gemeinsam als Konstituanten der werdenden Kosmoswirklichkeit figurieren.

Gestalt und literarische Gattung der Hiob-Erzählung

43

entspricht. Mit der ersten Himmelsszene jedoch ballt sich über diesem stillen Dasein plötzlich das Problem in aller Unheimlichkeit: Jahwä oder der Satan ? Kaum ist der Satan auch nur erwähnt, ist das Problem schon da. Der Satan ist die eigentliche problembegründende Figur. Wer wird nachgeben müssen ? Wer wird Recht behalten - Jahwä oder der Satan 1 1 2 ? Sobald das Problem aufbricht, wird aber auch in fast atemberaubender Weise offenbar, daß der Mensch Hiob in diese Spannung einbezogen, ja daß ihm letztlich die Entscheidung über das himmlische Schicksal anheimgestellt ist. Die beiden ersten Szenen disponieren somit Voraussetzung und Problem. Und sie lassen schon deutlich werden, daß die Entscheidung bei Hiob liegt. Die Spannung verteilt sich auf die verschiedenen Szenen wie folgt: I.Szene: II. Szene: III. Szene: IV. Szene:

Einführung Hiobs Ε Problemkonstellierung Η Hiob hält durch Ε Intermezzo i. Himmel @

V. Szene: Hiob hält durch Ε VI. Szene: Der Satan muß sich geschlagen geben Η VII. Szene: Restitution Hiobs Ε

1,1-5 1,6—12

ohne Spannung Beginn d. Spannung

1 , 1 3 - 2 , 1 0 Durchreifung der Spannung

eliminiert, Lösung d. Spannung 4 2 , 1 1 - 1 7 ohne Spannung

Diese Disposition erweist sich als vollkommen symmetrisch. Mehr noch: Sie läßt auch in die Augen springen, daß, wenn schon die Zahl der Himmelsszenen um eins kleiner ist als die der irdischen, die Mitte dennoch von einer Himmelsszene eingenommen wird. Die ganze Anlage entspringt nicht nur einem Bedürfnis literarischer Ästhetik. Vielmehr klingt auch darin wieder neben der so klar gehandhabten verbalen Sprache ein symbolhafter Hinweis auf: Auch in diesem turbulenten Schicksalsgeschehen, das von einem irdischen Standort aus überhaupt nicht nach seinen Wurzeln und 112 Man hat sich angewöhnt, im Anschluß an Goethes Faust I (Prolog) von einer Wette zwischen Gott und dem Satan zu sprechen. Vgl. etwa Volz, 15. Man sollte aber folgende Tatsachen nicht übersehen: 1. Goethes Mephistopheles ist - im Gegensatz zum Satan der Novelle - viel stärker selbständig-diabolische Figur, als es, wie sich zeigen wird, der Satan der Novelle sein kann. Volz macht sich den Vergleich zu einfach. - 2. Bei Goethe liegt eine Wette vor: ihr „pretium" ist Faust. Die zentrale Frage ist, wer auf ihn Anspruch hat und wo er darum post mortem hingehört: Kann ihn Gott zu den himmlischen Heerscharen aufnehmen, oder kann ihn Mephisto der Hölle überantworten? Das ist eine wesentliche Verschiebung gegenüber der Hiob-Novelle. - 3. In der Novelle ihrerseits ist Hiob nicht „pretium". Hier geht es vielmehr um die Frage, ob Gott sich zu Recht auf Hiobs Loyalität verläßt. Wenn schon von einer Wette gesprochen werden soll, wäre hier das „pretium" die Selbständigkeit bzw. Eigenständigkeit des Satans, die ihn erst zum wirklichen Gegenspieler Gottes machen würde. Dies wird noch zu zeigen sein.

44

Die Hiob-Novelle

seiner Tragweite überblickt werden kann, herrscht eine strenge Ordnung, deren Mitte die himmlische Wirklichkeit einniipmt. Was bis dahin zur Form festgestellt werden konnte, die Koordination von himmlischer und irdischer Ebene, die Zentralstellung der himmlischen Wirklichkeit, die Symmetrie der Spannungsverteilung, die Verwebung einer klaren sprachlichen Durchführung der Handlung mit einem diese keinen Augenblick belastenden System feinster symbolischer Andeutungen : das alles weist die Hiob-Erzählung als Kunstprosa aus. Ihrer stofflichen Disposition nach ist sie eine Novelle, und als solche soll sie in dieser Arbeit inskünftig bezeichnet werden. Die im folgenden durchzuführenden Beobachtungen werden den Eindruck noch verstärken, daß hinter dem so lange Zeit für naiv gehaltenen Büchlein eine scharf profilierte schriftstellerische Persönlichkeit steht, welche die Ausdrucksmittel ihrer Zeit überlegen zu handhaben und zu koordinieren versteht. Der Novellist ist aber gleichzeitig - auch das wird sich erweisen — ein Mann, der nicht artem pro arte betreibt, sondern mit klarer verkündigungsmäßiger Zielsetzung in das geistige Ringen seines Zeitalters einzugreifen entschlossen ist. Für sein Vorhaben greift er die alte Traditionsgestalt Hiobs neu auf 1 1 3 . Da die Uberlieferung Hiob weit in die Vorzeit datiert hat, versetzt ihn der Novellist in die Patriarchenwelt und stellt ihn damit in ein Milieu der unangefochtensten Vorbilder frommer Lebensführung hinein. Durch Heranziehung verschiedener an die Genesis-Erzählung erinnernder Einzelheiten gelingt es ihm, Hiob zunächst in jenem milden Lichte frommen Wohlstandes erscheinen zu lassen, das einem von der Abraham-Erzählung her vertraut ist 1 1 4 . Und vollends versteht er, durch den volkstümlichen Erzählungsstil mit seinen archaisch anmutenden Wiederholungen und den naiv wirkenden Verbeneinsätzen, die allerdings nur im hebräischen Text auffallen 115 , die Aura jener schlicht-großen Vergangenheit zu evozieren. Indem der Novellist den Leser durch all diese gemächliche Vertrautheit in die Zeiten der ersten Israel geltenden Verheißungen zurückversetzt, hebt er selber aber dazu an, sehr energisch zu einem Problem Stellung zu nehmen, das seine eigene, nachexilische Gegenwart in Atem hält 1 1 6 . Das ist die Satansfrage. Die Satansfrage hat sich dem vorexilischen Israel überhaupt noch nicht gestellt, sondern ist erst aus der nachexilischen Lebenssituation des frühen Judentums erwachsen 1 1 7 . Sie konnte darum auch nicht das Thema eines alten Volksbuches sein, als das seit Wellhausen die Hiob-Erzählung immer "·' S.u. S. 45ff. 1,4 Vgl. etwa Gen. 14,14; 18,6ff.; 23; 24,10,22,35. 115 laton/iton/inyji/nnp 116 S. S. 72. 1,7 S.S. 68ff.

Das Verhältnis zwischen Novelle und alter Volkstradition

45

wieder angesprochen worden ist. Zwar wird sich herausstellen, daß es eine allgemein bekannte und althergebrachte Hiob-Tradition gegeben haben muß. Die aber lag vor unserer biblischen Hiob-Novelle und ist uns in ihrer ursprünglichen Form nicht erhalten geblieben. Das Verhältnis

zwischen

Novelle

und alter

Volkstradition

Die Art, wie Ezechiel 1 4 , 1 2 - 2 0 Hiob erwähnt, will bestimmte Assoziationen evozieren, deren Vorstellungsinhalte Ezechiel als Gemeingut seiner Hörer voraussetzt und die somit einer allgemein bekannten Tradition entstammen müssen. Jahwä spricht hier zu Ezechiel: 14,13 Mensch 118 , wenn ein Land wider mich sündigt, indem es die Treue bricht, und ich meine Hand wider dasselbe ausrecke, und ihm die Stütze des Brotes zerbreche und eine Hungersnot hineinsende und Menschen und Vieh darin ausrotte, 14 und es wären in seiner Mine diese drei Männer: Noah, Daniel und Hiob, so sollen nur sie gerettet werden um ihrer Gerechtigkeit willen, spricht Gott der Herr. 15 Oder wenn ich wilde Tiere das Land durchziehen lasse, daß sie es entvölkern, und es zur Wüstenei wird, die niemand durchwandert wegen der wilden Tiere, 16 und es wären diese drei Männer in seiner Mitte, so wahr ich lebe, spricht Gott der Herr, sie sollen weder Söhne noch Töchter retten, sie allein sollen gerettet werden, und das Land wird zur Wüstenei. 17 Oder wenn ich das Schwert über dieses Land bringe und spreche: „Das Schwert fahre durchs Land!" und ich Menschen und Vieh darin ausrotte, 18 und es wären diese drei Männer in seiner Mitte, so wahr ich lebe, spricht Gott der Herr, sie sollen weder Söhne noch Töchter retten, sondern sie allein sollen gerettet werden. 19 Oder wenn ich eine Pest loslasse wider dieses Land und blutig meinen Grimm darüber ausschütte und Menschen und Vieh daraus hinwegtilge, 20 und es wären Noah, Daniel und Hiob in seiner Mitte, so wahr ich lebe, spricht Gott der Herr, sie sollen weder Sohn noch Tochter retten, sondern sie allein sollen ihr Leben retten durch ihre Gerechtigkeit. Hiob figuriert hier neben Noah und Daniel als Vorbild der Gerechtigkeit. Die Stelle ist von besonderem Interesse, weil sie auch N o a h mitnennt, und weil sich andererseits die auf ihn bezügliche Tradition dank der jahwistischen Schicht von Gen. 6 - 9 verhältnismäßig früh erfassen läßt. Zieht man die traditionsvermittelnde Arbeitsweise des Jahwisten mit in Betracht, läßt sich als wahrscheinlich annehmen, daß nicht erst unter seinen Händen 118

Ζ mit anderen: „Menschensohn" ; zur Übersetzung s. KB3 14, s.v. (ΠΧ c.

46

Die Hiob-Novelle

N o a h zum Fluthelden geworden ist, sondern daß die Verbindung der Fluterzählung mit der Person N o a h s bereits der von Israel rezipierten palästinisch-kanaanäischen Traditionsform eigen war. Daß innerhalb der Flutüberlieferung der N a m e des Fluthelden am leichtesten ausgewechselt werden konnte, zeigt schon der Vergleich der sumerischen Ziusudra- mit der akkadischen Utnapistim-Variante. Demnach ist am wahrscheinlichsten, daß N o a h , wo immer diese Figur sonst gewurzelt haben m a g 1 1 9 , in der historischen Zeit Israels immer als der M a n n bekannt war, der außer soundsovielem, was man von ihm erzählen mochte 1 2 0 , seine Familie durch die Flutkatastrophe hindurchgerettet hatte und damit zum Begründer der gegenwärtigen Menschheit geworden war. Auf die Rettung von N o a h s Familie spielt das Jahwä-Wort Ez. 14 offenbar an. Es will ankündigen, daß inskünftig eine derartige Rettung nicht mehr möglich sein werde: Die bis dahin gültig gewesene kollektive Teilhabe der Kinder am Segensertrag elterlicher Frömmigkeit bzw. an den schicksalhaften Folgen der Verfehlung der Väter - diese Teilhabe, wie sie E x . 2 0 , 5 f . (Dt.5,9f.) als gültige N o r m anspricht — soll nämlich vollkommen aufgehoben, die kollektive Schicksalsbindung völlig gelöst werden. Von jetzt an werde Jahwä jedem einzelnen Menschen allein aufgrund seines eigenen individuellen Verdienstes oder Verschuldens Heil oder Unheil zuteilen l 2 1 . Wenn im gleichen Atemzug und im Zusammenhang mit der Anspielung auf die voreinst mögliche, jetzt aber ausgeschlossene Mitrettung der Familie neben N o a h auch Daniel und H i o b genannt werden, so kann daraus zwar nicht gefolgert werden, diese hätten nach der von Ezechiel anvisierten Überlieferung auch ihre Familien, ähnlich wie Noah die seine, gerettet I22 . Unmöglich aber kann rebus sie stantibus eine solche Uberlieferung erzählt haben, daß Daniel oder Hiob ihre Familien ihrer persönlichen Gerechtigkeit zum Trotz verloren haben. Ez. 14 nötigt daher bezüglich der Vortradition über H i o b zu folgenden Schlüssen: Hiob gehört mit N o a h und Daniel zusammen der grauen Vorzeit an. Er ist ferner einer der großen Gerechten jener Vorzeit. Von hier aus wird verständlich, warum der Novellist einen der drei aufgreift, wenn es darum geht, einen wahren Gerechten zu zeigen. Wenn unter den Dreien die Wahl auf Hiob fällt, so doch wohl darum, weil schon die Vortradition in ihm den Typus des unverschuldet Leidenden und in solchem Leiden bewährten Frommen vergegenwärtigt sah, wie

119

Eißfeldt, Einleitung 44. Vgl. etwa Gen. 9 , 2 0 ff. 121 Zimmerli, Ezechiel I, 1969, 403 z.St.; so auch schon Smend, 114 z . S t . ; Hölscher, Hesekiel 86. 88 z.St. 122 Zu Daniel / Daniel vgl. Fohrer, Uberlieferung 49. 120

dagegen

Das Verhältnis zwischen Novelle und alter Volkstradition

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denn ja auch der hebräische Hörer Hiobs Namen als „der Angefochtene" verstanden haben dürfte 1 2 3 . Seine Vorbildlichkeit also, um deretwillen ihn Ez. 14 mit aufzählt, wird gerade in der Unwandelbarkeit bestanden haben, mit der er seine Frömmigkeit in Tagen der Not bewährt hatte. Was die Volkstradition jedoch mit obiger Beobachtung noch nicht enthalten haben kann, ist der Untergang von Hiobs Söhnen und Töchtern. Die Richtigkeit dieser Annahme wird noch dadurch bestätigt, daß der Dichter des Dialogwerkes (2,11 ff.), dem seinerseits die alte Hiobtradition bekannt gewesen sein muß und der sie offensichtlich unabhängig von der Novelle auf seine Weise wieder aufgreift, vom Verlust von Hiobs Kindern nichts weiß. Eine Stelle wie 19,17

Mein Atem ward zuwider meinem Weibe u n d m e i n G e r u c h den Kindern m e i n e s Leibes.

wäre sonst unmöglich 124 . Auch das Qumran-Targum spricht mit seinem Fehlen eines Hinweises auf eine Neubildung der Familie 125 für das Vorhandensein einer Traditionsform ohne den Verlust der Kinder. Der Untergang der Familie scheint demnach erst durch den Novellisten eingeführt worden zu sein. Die Anfechtung wird damit in der Novelle gegenüber der Volkstradition verschärft. Dadurch wächst aber auch das Maß der Standhaftigkeit, so daß Hiobs Devotion alle alten Dimensionen sprengt. Das Leben eines kinderlos gewordenen Mannes war nach altorientalischem Verständnis und für israelitisch-jüdisches Empfinden jeder Sinnhaftigkeit beraubt. Der Novellist läßt Hiob in diese Extremsituation geraten. Daß der Mann, der in seinem Schicksal keinen Sinn mehr zu erkennen vermag, nicht in Verzweiflung endet, sondern vielmehr in solchem Vertrauen und so würdevoller Seelenhaltung vor seinem Gott bestehen bleibt, das ist jedenfalls ein Novum der Hiob-Charakteristik der Novelle. Damit überbietet Hiob selbst Abraham. Dieser hatte immerhin von Anfang an eine Verheißung, die für ihn wegleitend war und an die er sich klammern konnte — selbst in der alles in Frage stellenden Situation von Gen.22. Hiob dagegen hat allein das abgrundtiefe Elend zum Gefährten. Abraham gelang alles, Hiob bricht alles zusammen. Tritt in dieser Radikalisierung ein wesentlicher Unterschied zwischen Urtradition und Novelle zutage, so ist zugleich auf einen zweiten, weit wichtigeren Differenzpunkt hinzuweisen. Der Hauptunterschied liegt darin, daß in der vorexilischen Zeit, aus der die Volkstradition stammt, 123

S. dazu oben, S. 14 f. A 10. Selbst wenn solche Redensarten im überlieferten Sprachgut lebendig gewesen sein können, würde der Dialogdichter sie sicher nicht aufgenommen haben, wenn sie seinem 125 Hiobbild widersprochen hätten. Vgl. auch S. 17f. A 2 7 . S.o. S. 33. 124

48

Die Hiob-Novelle

eine Satansgestalt, wie sie das heutige H i o b b u c h in seiner N o v e l l e vorführt, noch gar nicht im Bereiche des religiösen D e n k e n s Israels, geschweige denn im Bereiche seiner theologischen Entscheidungen gestanden hat. Wer der Urtradition einen Satan unterschiebt, begeht einen unüberbietbaren geistesgeschichtlichen A n a c h r o n i s m u s 1 2 6 . N i m m t m a n von der Volkstradition z u s a m m e n , w a s von ihr erhoben werden kann, verfolgte sie offenbar den Z w e c k , den leidenden Volksgenossen dahin zu belehren, daß Geduld und Gottvertrauen die einzige wirklich heilvolle H a l t u n g im Elend darstelle. Diese einfache, volkstümliche Belehrung nahm der Novellist o f f e n b a r als seinen B a u s t o f f 1 2 7 : freilich nicht, u m sie in e t w a s kunstvollerer A u f m a c h u n g neu zu verkünden, sondern um dieses Urmaterial in den Dienst einer neuen verkündigungsmäßigen Aufgabe zu stellen. Diese bietet sich ihm in Gestalt der Satansfrage. Sein Werk will die Satansfrage klären helfen. So w e n i g man nämlich die Satansfigur schon in der alten Hiob-Überlieferung suchen darf, s o w e n i g darf m a n sie freilich auch als bloßes Anhängsel b z w . als späte W u c h e r u n g vernachlässigen 1 2 8 . Der Versuch, den Satan einer sekundären Interpolation zuzuschreiben, wurde durch die Beobachtung angeregt, daß er v o n 2 , 7 an nicht mehr in Erscheinung tritt, also gleichsam stillschweigend aus dem Spiele fällt. D i e Frage stellte sich den 126

Hesse, 10 u. 2 6 f. sucht sich dem zu entziehen, indem er für die erste Himmelsszene, die er - im Gegensatz zur zweiten - dem Urbestand der Hiob-Erzählung zuweist, annimmt, der Satan hätte d o r t unter anderem N a m e n fungiert. Hesse denkt - in Nachfolge von R. Schärf an den l K ö n . 2 2 zum „ H i m m e l s h e e r " gehörigen „Geist". Z u r Unmöglichkeit einer solchen Protosatan-Annahme siehe S. 6 2 u. 64. u7 Das ungefähr ist die Traditionsgröße, die Leveque „le recit populaire primitif" oder „le ( V o l k s b u c h ) " nennt (119ff.) und für die er eine mündliche Tradition für wahrscheinlich hält (121; so seit Studer, 1881, zit. von Kühl, 1953, 193), die erst von einem von ihm angenommenen Interpolator der Satansstücke und der Episode mit der Frau Hiobs schriftlich niedergelegt worden wäre (121). Beides entspricht - trotz gleicher Terminologie - nicht der Vorstellung Buddes, der im „ V o l k s b u c h " grosso modo den heutigen Prosabestand sieht. Leveques Vorstellung vom Eingriff in die Volkstradition entspricht ein Stückweit dem, was in dieser Arbeit dem Novellisten zugeschrieben wird; n u r mißt Leveque dem Eingriff sowohl nach der schriftstellerischen H ö h e (er n i m m t keine 3.Himmelsszene an, obgleich er sie (120f.) zu vermissen scheint), als auch nach der theologischen Zielsetzung („ desir de laver le renom de Yahweh de tout s o u p i o n d'arbitraire", 121) bedeutend geringeren W e r t bei, als ihn die vorliegenden Untersuchung für die Novelle in Anspruch nehmen m u ß . Entscheidend ist dabei, daß Leveque, obschon er sich vergegenwärtigt, d a ß „cette insertion - gemeint sind die Satansstücke bzw. die Himmelsszenen - a transforme profondement le recit en p r o s e " (121), dieses veränderte Gebilde nicht als die überlegene N e u s c h ö p f u n g sieht, als die es sich anhand der gegenwärtigen Studie erweist. - Auch Ludw. Schmidt, 165 ff. konstatiert ein ähnliches Verhältnis zwischen „Grundschicht" und „Bearbeitung". Wenn er aber glaubt, es gehe letzterer einfach „ u m die Frage, ob Gott nicht durch den Tun-Ergehenszusammenhang zum Erfüllungsgehilfen menschlicher Wünsche" werde, so hat auch er die wirkliche „Bearbeitung" unterschätzt. 12e So in verschiedenen Varianten von Sellin bis Kühl, 1953, 1 9 5 f f . ; vgl. Horst, 4 f f . ; Leveque, I 120. Etwas anders Fohrer, 31. 80 A . 2 und schon Uberlieferung 48.

Die Symbolik der Himmelsszenen

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Exegeten, ob die Figur nicht - gleichsam zur moralischen Entlastung Jahwäs - in ähnlicher Weise eingelegt worden sei, wie sie nach verbreiteter Auffassung für den Chronisten 1.Chr. 2 1 , 1 bei seiner Übermalung von 2. Sam. 2 4 , 1 lange Zeit angenommen worden ist 1 2 9 . Die Vertreter der These haben jedoch nicht erwogen, daß der ganze szenische Aufbau der Erzählung nur unter Verwendung der Satansfigur möglich ist, daß man diese somit nicht eliminieren kann, ohne jenen in sich zusammenbrechen zu lassen 1 3 0 . Dies aber bedeutet, daß der Urheber der szenischen Anlage, d.h. eben der Novellist, die Satansfigur als mittragendes Bauelement verwendet hat. So gesehen gehört der Satan unabdingbar zur Novelle. Daß er im jetzigen Buch nach 2 , 7 nicht mehr erscheint, ist die Schuld der Redaktion, welche für die diesbezüglich entscheidende dritte Himmelsszene, wie oben gezeigt, keine Verwendung hatte 1 3 1 . Im Zusammenhang mit seiner völligen Neudurchdringung des alten Stoffes führte der Novellist durch das Mittel der szenischen Gliederung, d.h. durch den Einbau der drei Himmelsszenen die Satansfigur samt den sie umgebenden stummen Gottwesen ein. Auf ihn muß auch die Rolle der ahnungslos mit dem Satan konspirierenden Frau zurückgehen (2,9). Das ist kein zufälliges Spiel mit dem Stoff. Wenn sich oben bereits gezeigt hat, daß in de^ Disposition des Novellisten der Satan die eigentliche problembegründende Gestalt ist und daß demgemäß die mittlere Satansszene die stoffliche Mitte des Novellenaufbaus bildet 1 3 2 , so hat der Novellist nicht bloß gleichsam die Satansfigur dem alten Stoff addiert, sondern diesen letzteren geradezu in den Dienst seiner Behandlung der Satansfrage gestellt. Die Symbolik der

Himmelsszenen

Wenn die Einführung der Himmelsszenen ( 1 , 6 - 1 2 ; 2 , 1 - 7 a ) die wesentlichste inhaltliche Neuerung der Novelle gegenüber der Vortradition darstellt, so besteht jedenfalls zwischen diesen Szenen und dem Anliegen des Novellisten eine besondere Affinität. Darum legt sich nahe, von der Erfassung der Himmelsszenen her das ihn beschäftigende Problem anzugehen. Es wird somit darum gehen, den Gehalt der Symbolik und die durch sie bei den Zeitgenossen des Novellisten angeregten Assoziationen herauszustellen. Doch siehe zum Verhältnis von l . C h r . 21 zu Hiob unten S. 64. 1 3 1 S.o. S. 41 oben. S.o. S. 41 unten. 1 3 2 Im übrigen muß die ursprüngliche, d.h. ohne Satansfigur konzipierte Volksüberlieferung auch nach dem Exil noch lange neben der Novelle überlebt haben. (Vgl. Fohrer, 4 Q O r Nab, 11 QTgJob, 95 u. 97). - Zu einer ganz anderen als der hier vertretenen Sicht der Vortradition gelangt Müller. Im Anschluß an die traditionsgeschichtlichen Erwägungen von Fohrer versucht er, aus haggadischer Literatur, „deren Ausläufer bis in die Welt der arabischen Legende hinüberreichen", Züge der vorbiblischen Hioblegende zu erschließen, „die in der vorliegenden biblischen Fassung verdrängt worden sind" (6). 129 130

50

Die Hiob-Novelle

Denn daß es sich bei der himmlischen Ratsversammlung um ein Symbolbild und nicht um den Ausdruck eines noch lebendigen Polytheismus handelt, ist bei einem Verfasser klar, der die Kenntnis des Pentateuchs auf Schritt und Tritt voraussetzt 133 . Ja, bei näherem Zusehen ist sein theologischer Standort charakteristisch nachexilisch; denn für sein Verständnis können auch jene Vettern Abrahams im Aramäerland, zu denen er Hiob zählt, keinen anderen Gott als Jahwä verehrt haben. Der bei Deuterojesaja zur Reife gekommene universalistische Monotheismus ist die stillschweigende theologische Voraussetzung des Verfassers 134 . Damit werden sich auch die später vorzunehmenden Beobachtungen zur zeitlichen Datierung decken, sie weisen den Novellisten als nachexilischen Autor aus. Aber gerade in dem Rahmen dieser Voraussetzungen gesehen, muß das aus polytheistischem Räume stammende Bild vom Rat der Gottwesen um so stärker auffallen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß es auch der herkömmlichen Kultdichtung nicht fremd gewesen ist (s.u.) und daß die Himmelsszenen in H i . I f . ihren Vorläufer in l . K ö n . 2 2 haben, daß der Novellist demnach an eine Tradition anknüpfen konnte. Warum griff er, wenn er schon frei waltend die alte Hiob-Erzänlung verändert, gerade dieses Bild auf ? Die Auskunft genügt nicht, dies habe ihm die erzählerische Möglichkeit geboten, den Satan mit Jahwä ins Gespräch zu bringen. Der Disput hätte an sich auch ohne Schwierigkeiten in einem Treffen zu zweit vorgeführt werden können. Warum mußte der Satan inmitten (η1Π3) dieser ganzen. Schar von numinosen Wesen erscheinen ? Was hat sie mit ihm, was er mit ihr gemein? Die Antwort ist nur auf dem Wege einer Erkundung von Herkommen, Geschichte und Symbolgehalt des Bildes von der göttlichen Ratsversammlung zu gewinnen 13s . Das Bild von Jahwäs

Hofstaat

Darum wird zuerst nach Wesen und Bedeutung der „numinosen Wesen" ( Ο'Π^ΚΠ '33 ) zu fragen sein. In der gleichen Eigenschaft wie in der Hiobnovelle, d.h. als Wesen, die dem vor ihnen thronenden Jahwä zu Diensten stehen, kennt sie l.Kön. 22,19 unter der Bezeichnung „das Himmelsheer" ( DTttJn K3S). Dieses tagt in der genannten Szene als Kriegsrat, den Jahwä konsultiert. Die Vorstellung der von Gott einberufenen Versammlung (Vk m?) lebt auch Ps.82,1. Hier ist an eine göttliche Gerichtssitzung gedacht, und die zu ihr erschienenen Wesen heißen einfach Götter (D'rtty}). 1 3 3 So die Patriarchenerzahlung; vgl. oben, S. 12; 15; 16; 23; 24; 34; 44; andererseits die PGesetzgebung (H); vgl. oben, S. 30. 1 3 4 Zum Universalismus - auch des Prosateils im Hiob-Buch - vgl. Humbert, Modemisme. 1 3 5 Die Relevanz dieser Frage für die Hiob-Auslegung hat, soweit ich sehe, R. Schärf zuerst erkannt. Vgl. aber unten, S. 56 ff.

Das Bild von Jahwäs Hofstaat

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So spricht Ps. 50,1 auch von Jahwä als dem D'rfrjf tyj, dem höchsten der Götter, und Ps.8,5f. preist den gütigen Gott dafür, daß er, indem er mit den Menschen Umgang pflege ("Di/lps), sie nur um ein kleines minder würdige als Gottwesen ( Ο'Π^Κ ), deren Würde, wie die obigen Stellen zeigen, ja gerade darin besteht, daß sie in Gottes Nähe stehen dürfen. Auch der Dialogteil des Hiob-Buches kennt diese Vorstellung: Hi. 15,8 spricht vom „Gottesrat" ( rri^S Tio). P s . 8 9 , 6 - 8 lokalisiert ihn im Himmel und bezeichnet ihn einmal als „Rat der Heiligen" (0T>"Tj? "fio) (8), einmal als „Versammlung der Heiligen" (trtfTj? toip) und einmal einfach als die göttlichen Wesen (D'V* '3? ) (7). So heißen sie außerdem auch Ps.29,1, wo sie zur Huldigung Jahwäs aufgefordert werden. Und nach Hi. 38,7 haben sie - hier D'iiVg als Augenzeugen der Schöpfung solchen Huldigungsjubel in der Urzeit erhoben. Zu ihnen gehören hier auch die Sterne der „Morgenfrühe" Andererseits werden sie außer Ps.89,6.8 auch H i . 5 , 1 ; 15,15 „Heilige" (DThjp) genannt. Nach allen diesen Stellen handelt es sich deutlich um eine Vorstellung, die ursprünglich im Kreise des kanaanäisch-polytheistischen Götterkönigtums beheimatet gewesen ist. Sie stammt derpnach aus der kanaanäischen Wurzel alttestamentlicher Religion 136 . Auf Jahwä hat sie erst durch deren Übertragung bzw. Adaption der sakralen kanaanäischen Literatur an die Bedürfnisse des israelitischen Kultus ihre Anwendung finden können. Daraus erklärt sich auch, daß die meisten Vorkommen in der Kultpoesie (Psalmen) oder in von dieser formal abhängigen Dichtungen (Hi. 15; 3 8 ; Dt. 32,8) begegnen. Auf kanaanäischen Ursprung deutet ferner auch eine weitgehende terminologische Übereinstimmung mit außerbiblischen Quellen 137 . In Prosa begegnet das Bild vom Himmelsrat außerhalb der HiobNovelle nur l . K ö n . 2 2 . Und den Ausdruck D'nVltn »a verwendet außer der Hiob-Novelle nur jener Gen. 6,1 - 4 vorliegende Mythenfetzen, der von diesen Subaltern-Göttern erzählt, daß sie mit Menschenfrauen die Riesen gezeugt haben 1 3 8 . Weiter kommt DTi^K ' a (>3) ohne Artikel in poetischer Verwendung Hi. 38,7 vor, und ein einzelnes Wesen dieser Art erscheint Dan. 3,25 (|'7iVk Ό ) bei den Jünglingen im Feuer. 136

Daher, um nur ein Beispiel zu erwähnen, die unmittelbare Nachbarschaft des Bildes vom göttlichen Hofstaat, ( P s . 8 9 , 6 - 9 ) mit dem Chaoskampf-Motiv (V. 10; vgl. auch Hi. 3 , 8 und 40,25) und andererseits mit Erwägungen betreffend die religiöse Begründung des irdischen Königtums. Engneil, 71 ff.; Fohrer, 8 0 f . ; de Fraine, 5 6 2 f f . ; Johnson, 2 0 4 f f . ; Maag, Malküt 129 ff. (daselbst weitere Lit.) 137 Für die altorientalischen Parallelen zu O'nVwi Ή (V3); Dtnp Vnp; mto Tio; trfrip tio; 'tt-my s. Horst, 12f.; zu s. Skehan. 138 Gen. 6,4.

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Die Hiob-Novelle

Im Zusammenhang mit der Übernahme eines stark kanaanäisch geprägten Königtums und Königsverständnisses - besonders seit Salomo - hat Israel auch ursprünglich im kanaanäischen Kult vorab Jerusalems beheimatete Bilder und Formeln aus dem Bereich der Götterkönigsvorstellung auf Jahwä übertragen , 3 9 . Vielleicht hätte man erwarten können, daß die konsequent mono· latrische Haltung des Jahwismus, wie sie im 1. Gebot des Dekalogs ihren normativen Ausdruck findet, solche Formen schnell und gründlich ausgestoßen hätte. Dem wirkte jedoch in königlicher Zeit das Ritual des Reichsheiligtums entgegen. Denn die stark von kanaanäischer Tradition geprägte Institution des Königtums und seine Form des Staatskultus waren dazu angetan, auch die entsprechenden Aussagen vom königlichen Gott, von Götterstaat und Götterrat zu pflegen und zu konservieren. So kam es, daß Israel, nachdem es in vorstaatlicher Zeit den kanaanäischen Dämonismus verhältnismäßig schnell und wirksam mit der Formel (vfrg) rnrr ΠίΚ}? zu bewältigen vermochte 140 , in königlicher Zeit Mühe hatte, Jahwä vor den Zügen des polytheistischen Summus Deus zu bewahren, da es ihm ja eben im Ritual doch den Platz des einstigen Kosmoskönigs zugewiesen hatte. Die kultische Prädikation wurde solcherweise an einer Anpassung an den theologischen Jahwismus gehindert. Daraus ergab sich die paradoxe Situation, daß die Kultsprache und die religiöse Überzeugung, der sie Ausdruck verleihen sollte, auf gänzlich verschiedenen, ja gegensätzlichen Ebenen angesiedelt waren. Im monolatrisch geprägten Jahwismus erhob Jahwä den Anspruch, einziger Gott in Israel zu sein. „Ich bin Jahwä, dein G o t t . . . du sollst keine anderen Götter neben mir haben" (Ex.20,1; Dt.5,6). Und nachdem sich der Monotheismus durchgesetzt hat, erweitert sich der Anspruch Jahwäs auf das ganze Universum: Es gibt keinen Gott außer Jahwä; die Götter sind menschliche Erfindung, tote, von Menschenhand gefertigte Götzenbilder. „Ich bin Jahwä und keiner sonst; außer mir ist kein Gott" und: „Sie haben keine Einsicht, die da einhertragen ihre hölzernen Götzen ..." (Jes. 45,5.20.22). So weit die Theologie. Die Kultsprache hingegen redet von „göttlichen Wesen", vom „Höchsten der Götter", vom „Gottesrat", vom „Himmelsheer" usw. So bekamen und behielten Redeformen und durch sie erzeugte Bilder in Israels Religion Heimatrecht, die bei wörtlichem Verständnis der eigentlichen Überzeugung von Jahwäs Wesen je länger desto weniger adäquat waren 141 . 139

Engneil, 71 f f . ; M a a g , M a l k ü t 1 4 2 f f . ; Stolz, Strukturen und Figuren 180. 181 ff. M a a g , Heerscharen. 14 ' Die Beobachtung beschränkt sich hier bewußt auf die terminologischen Konsequenzen der Adaption kanaanäischen Kultgutes an die J a h w ä v e r e h r u n g . D a ß es d a m i t keineswegs sein Bewenden hatte, zeigt die Kritik der Propheten am adaptierten Kult. 140

Das Bild von Jahwäs Hofstaat

53

Die anima religiosa aber harte sich unter der Rektion der im 1. Gebot ausgesprochenen Grundforderung des Jahwismus gleichsam stillschweigend vom wörtlichen Verständnis abgewandt und die geprägten Formeln und Bilder teils im Sinne poetischer Lizenz, teils aber als Symbole für Jahwäs Allmacht verstanden. Nur so ist es zu verstehen, daß ein so junger Text wie Ps. 103, nachdem er Jahwäs himmlischen Thron und seine Königsmacht erwähnt (19), dazu übergehen kann, in den folgenden Versen (20—21) eine ganze Reihe überirdischer Wesenheiten zur Akklamation des Götterkönigs aufzurufen. 20 21

Lobpreist (13TJ) J a h w ä , ihr seine Boten ( l ' ^ b o ) , ihr starken Helden (nb n ä i ) , die ihr sein W o r t v o l l f ü h r t ! Lobpreiset J a h w ä , all seine Heerscharen ( V ^ ^ ) , ihr seine D i e n e r ( l ' j r n f t ) , die ihr seinen Willen erfüllt.

Erst über diesen engeren Kreis hinaus ergeht dann die Aufforderung an die weite Welt: 22

Lobpreiset J a h w ä , all seine W e r k e (Ttj^JJ), an allen O r t e n seiner Herrschaft ( )·

Von polytheistischem Gottesverständnis kann in dem Psalm, der in seiner jetzigen Gestalt erst nachexilisch ist, natürlich nicht die Rede sein. Das Bild freilich samt der spezifischen Terminologie stammt offensichtlich aus der Rüstkammer vorexilischer und letztlich kanaanäischer Kultsprache. Hier aber muß dieses Bild von der Huldigung und Lobpreis erhebenden Umgebung den Begriff von Gottes Größe und Macht und auf alle Welt ausstrahlender Heilskraft tragen. Statt einer begrifflich adäquaten theologischen Terminologie verwendet der Psalmist die symbolische Szene. Wie selbstverständlich ein nachexilischer Dichter mit dem Bild von Jahwäs Hofversammlung umgehen konnte, ohne sich dem Verdacht polytheistischer Abweichung auszusetzen, wird beispielsweise auch Hi. 15,8 deutlich, wo Eliphas fragen kann: srjtjJri rr\bif D a r f s t du e t w a in ÄIOJJS Ratsversammlung zuhören ?

Aber auch l.Kön. 22,19ff. stellt bereits eine überlegene Handhabung der symbolischen Möglichkeiten des Bildes vom Hof Jahwäs dar. Vergegenwärtigt man sich das religiös-theologische Bewußtsein des Psalmisten (Ps. 103) bzw. des Hiobdichters (Hi. 15,8) oder des Urhebers von l.Kön. 22,19ff., so wird man nach dem oben Festgestellten nicht an überlebenden Polytheismus denken. Wohl aber ist die unbewußte Erhaltung polytheistischen Erbes im symbolischen Bild vom Jahwä-Hof nicht zu leugnen l42 . 1 4 2 Ringgren, Religion 85 spricht von einem „nicht völlig ausgeglichenen Rest polytheistischer Vorstellungen".

54

Die Hiob-Novelle

Solch unbewußtes Überleben der polytheistischen Gestimmtheit, die diese Formeln und Bilder noch umgab, bedeutete darum nicht mehr und nicht weniger als eine stetige unbewußte Belastung des Monotheismus. Und die Belastung freilich konnte sich bei ungünstigen Umweltfaktoren zur Gefährdung von dessen Stabilität auswachsen. Wie anfällig in der nachexilisch-frühjüdischen Frömmigkeit die Einheit des Göttlichen für desintegrierende Neigungen tatsächlich war und wie sehr gerade die dem Götterkönigtum entstammende Symbolik dabei als Katalysator für eine Dispersion wirken konnte, das beweisen neben der späteren Hypostasierung der Weisheit auch die nachexilischen Entwicklungen der Angelologie und der Ubergang der alten Jahwä-Eschatologie in die jüdische Apokalyptik 1 4 3 . O b alledem soll jedoch die bereits angetönte Tatsache nicht übersehen werden, daß der Jahwäs Wink ergebene Hof zunächst ein ausgezeichnetes Symbol für die alle Räume der Wirklichkeit umfassende Wesens- und Machtfülle Gottes darstellte. Man darf nicht vergessen, daß Jahwä als der eifersüchtige Gott vom heiligen Berg in Israels Seele die allermeisten Numina Kanaans depotenziert hatte 1 4 4 . Dies geschah, indem er ihre Wesenszüge und ihre Funktionen in sich selbst aufnahm. Solcherweise vereinigte er in sich so disparate Züge, daß sein Wesen unmöglich mehr auf einen einzigen charakterologischen Nenner hätte gebracht werden können. Er sprengte jede menschliche Qualifikation und widersetzte sich jeder Einordnung in irgendeinen Göttertypus 1 4 S . In dieser allen Maßstäben entrückten Heiligkeit und Hoheit Jahwäs war alles Uberweltliche beschlossen, sei es aufbauend oder verheerend, licht oder finster, segnend oder vernichtend, freundlich oder schaurig. Anschaulich aber blieb diese göttliche Uberfülle in dem Symbolbild von Jahwäs Hofstaat, das die göttlichen Kräfte in ihrer Zusammengehörigkeit und Zentrierung gleicherweise wie in ihrem dialektischen Spiel vergegenwärtigte. 1 4 3 Zur Hypostasierung der Weisheit: Ringgren, Word (bes. 89ff.); H . H . Schmid, 1966, 149 ff. Zur Angelologie: Fohrer, Religion 385 f. 388 f. Zum Verhältnis von alter Eschatologie zur Apokalytik: Zwischen beiden liegt bezeichnenderweise eine an die Chaoskampf-Mythologie anknüpfende Polarisierung der israelitischen Vorstellung von der transzendenten Wirklichkeit. Diese Anknüpfung an die Vorstellung von schöpferischer und von schöpfungsfeindlicher Numinosität ermöglichte später das Auseinanderbrechen der transzendenten Wirklichkeit in eine göttliche und eine antigöttliche, diabolische Sphäre: Gott mit seinen „Heerscharen" und der Teufel mit seinen Dämonen; s. S. 74. 87ff. Zur vorexilischen Herkunft der Eschatologie: Maag, Malküt 129 ff. 1 4 4 Dazu Maag, Heerscharen 1 7 f . ; ders. Jahwäs Begegnung 2 5 7 f f . ; Stolz, Strukturen. - Zu den nicht depotenzierten, sondern eliminierten kanaanäischen Gottheiten s. Maag, Tod und Jenseits; ders.: B'lija'al. 1 4 5 Köhler, Theologie 33.

Das Bild von Jahwäs Hofstaat

55

Es legt sich nahe, diesem Bilde vom numinosen Hof Jahwäs zuerst da nachzugehen, wo es in szenischer Präsentierung in vorexilischen Mitteilungen beschrieben wird, d.h. in den Visionsberichten l.Kön. 22,19ff. und Jes. 6. In diesem letzteren liegt ein prophetischer Eigenbericht, im erstereri ein Fremdbericht vor, wobei der Berichterstatter von Micha b. Jimla erzählt, dieser habe zu König Ahab folgende Worte gesprochen: l.Kön.22,19b-22

„Ich sah Jahwä auf seinem Throne sitzen, während das ganze Himmelsheer ( O'Wfn iQfV} ) zu seiner Rechten und zu seiner Linken bei ihm bereitstand 146 . Da sprach J a h w ä : ,Wer will den Ahab betören, daß er nach Ramoth-Gilead hinaufzieht und dort fällt?' Da sagte der eine ,Damit', der andere sagte .Damit' ( = Da sagte der eine „auf diese" und der andere sagte „auf jene Weise" ; [seil, würde ich es bewerkstelligen]) 147 . Da trat ,der Geist* 148 auf, stellte sich vor Jahwä hin und sagte: ,Ich werde ihn bestimmt betören können' ( URWJ). Jahwä sprach zu ihm: „Womit?" Er sagte: ,Ich will hingehen und zum Truggeist werden im Munde aller seiner Propheten.' Er sprach: ,Du magst (ihn) betören; du wirst es wirklich zustandebringen ( ^VTOfl ΠΒ9ΓΙ). Gehe hin und führe es aus!' Kf)

Bei dieser Szene kann es sich - wie bereits festgestellt — im Rahmen des Berichtes über Micha ben Jimla niemals um die Darstellung eines polytheistischen, sondern allein um die eines innergöttlichen Sachverhaltes im oben beschriebenen Sinne handeln. Dafür spricht schon die Aufnahme der Erzählung ins nachexilisch redigierte Königsbuch und ihre Stellung in ihm: Die Geschichte von Micha ben Jimla 2 2 , 5 - 2 8 unterbricht den Zusammenhang des Berichtes über Elia und Ahabs Ende 21,1—22,4. Dem Redaktor 1 4 9 liegt offenbar sehr daran, die Micha-Erzählung noch unterzubringen. Diese Mühe hätte er sich bestimmt erspart, wenn ihm die Perikope auch nur im geringsten dogmatisch anstößig erschienen wäre, d.h. wenn er sie als polytheistisch empfunden hätte. Die folgenden exegetischen Beobachtungen werden denn auch bestätigen, daß „das Himmelsheer" eine dramatische Figur für die Vielheit der innergöttlichen Möglichkeiten darstellt. 146 Zu dieser Ubersetzung vgl. Maag, Arnos 113f.; KB, s.v. ^y ; zu mri' arna^ (Hi. 1,6) s. Tur-Sinaj z.St. 147 Das instrumentale a vor na ist nicht zu übersehen. Nicht „dies" oder „jenes" sagen sie, sondern „mit diesem oder jenem Mittel" sagen sie, würden sie es bewerkstelligen. Dieser Konstruktion entspricht auch Jahwäs Frage nua „womit ? " V. 21. 148 Zum maskulinen Gebrauch von rrn schon alle Hinweise bei Kittel, Könige 174f.; KB., s.v. rrn. 149 Es ist R d " ! Zur Textgeschichte des Kön-Buches s. z.B. Eißfeldt, Einleitung 376ff.; Kaiser, Einleitung 149 ff.; speziell auch Sellin-Fohrer, 248. 251 f.

Die Hiob-Novelle

56

W e l c h e s a b e r der hier dargestellte innergöttliche S a c h v e r h a l t sei, m u ß im folgenden

neu a b g e k l ä r t werden, weil

l.Kön. 2 2 , 1 9 - 2 2

gerade im

Z u s a m m e n h a n g mit H i o b d e u t u n g und S a t a n s f r a g e gründlich fehlinterpretiert w o r d e n ist

15

°.

Z u n ä c h s t ist darauf zu a c h t e n , d a ß die Vision nicht o h n e den erzählenden K o n t e x t b e t r a c h t e t werden darf, da w e d e r dieser o h n e sie, n o c h sie o h n e diesen verständlich ist. Dies bedeutet, d a ß die Vision

situations-

gebunden vorliegt. Die Situation ist f o l g e n d e : K ö n i g A h a b von Israel p l a n t einen Feldzug, um das t r a n s j o r d a n i s c h e R a m o t h - G i l e a d von den Syrern z u r ü c k e r o b e r n 1 5 1 . J o s a p h a t von J u d a soll ihm H e e r f o l g e leisten. E r h a t sich d a r u m nach S a m a r i a verfügt. A b e r ihm ist bei der S a c h e o f f e n s i c h t l i c h nicht recht w o h l . M e h r als V a s a l l denn als eigentlicher F r e u n d s c h a f t s p a r t n e r ist er im Begriff, in ein

Unternehmen

eingespannt zu w e r d e n , das a u c h für J u d a gewisse R i s i k e n

einschließt,

w ä h r e n d dieses dabei nichts zu gewinnen h a t . S o m ö c h t e er wenigstens n a c h g e m e i n - o r i e n t a l i s c h e r Usanz v o r dem A u s r ü c k e n zu e i n e m

Erobe-

rungszug der Z u s t i m m u n g der S t a a t s g o t t h e i t versichert s e i n 1 5 2 . E r ersucht darum Ahab l.Kön.22,5

Hin' m'3 KJT>7! ,Erfrage doch zuvor das Wort Jahwäs'.

S o die übliche Ü b e r s e t z u n g , die m ö g l i c h e r w e i s e richtig i s t 1 S 3 . Di·? k o m m t in diesem Sinne a u c h l . S a m . 2 v o r 1 5 4 . M e i s t e n s freilich heißt DV3 „heutigen T a g e s " =

„ s o f o r t , gerade j e t z t "

1SS

. Auch unsere Stelle g e w i n n t durch

dieses V e r s t ä n d n i s der Z e i t b e s t i m m u n g wesentlich an Plastik. S o verstanden sagt J o s a p h a t : ,Erfrage bitte auf der Stelle das Wort ( = die Meinung) Jahwäs!' D e r K ö n i g von J u d a m ö c h t e sich, wenn er s c h o n eigens n a c h

Samaria

k o m m t , nicht mit einem B e r i c h t A h a b s über eine günstige A u s k u n f t der Propheten abspeisen lassen, sondern selber Augen- und O h r e n z e u g e des prophetischen Auftritts sein. D e r F o r t g a n g der Ereignisse rechtfertigt sein Mißtrauen. N u n , A h a b ist z w a r willfährig. E r läßt auf der Stelle v i e r h u n d e r t J a h w ä propheten a u f m a r s c h i e r e n . Sie allesamt raten l.Kön.22,12

„Zieh hinauf nach Ramoth und hab Glück, Jahwä wird es in des Königs Gewalt geben."

, S 1 Zur historischen Situation s. Noth, Geschichte 222. Vorab Schärf, 118 f. So eröffnen beispielsweise auch die assyrischen Könige ihre Heerfahrten „itta tukulti [Assur ü Istar üj iläni rabüti", „mit der Hilfe von [Assur und Istar und] der großen Götter". Für Israel vgl. etwa l.Sam.30,7f. ; 2 8 , 6 ; 14,3; 2 3 , 9 ; 2. Kön.3,11 ff. ,s:> So etwa Ζ ; de Wette 1 : „doch erst" ; Luther, de Wette 4 : „heute". 154 Nicht an den übrigen Stellen, die KB und KB3 anführen. 155 So Gen.25,31,33; l.Kön.1,53; Jes.58,4. LXX: σήμερον; L: hodie. lso

152

Das Bild von Jahwäs Hofstaat

57

Josaphat bleibt jedoch mißtrauisch und insistiert auf der Anhörung Michas. Dies alles vollzieht sich - das sollte nicht außer acht gelassen werden im Rahmen einer imposanten Szenerie: Ahab hat auf öffentlichem Platz, am Tore von Samaria, seinen Hof versammelt und für sich und Josaphat Thronsessel aufstellen lassen 1 5 6 . Da präsidiert er in vollem königlichen Ornat den zum Kriegsrat versammelten Hof. Michas Vision nun stellt dieser Szene die andere gegenüber: Auch Jahwä sitzt auf seinem T h r o n ; auch er hat seinen Hof vollzählig (Q'C^n K } ^ ? ) um sich versammelt. Auch er hält etwas wie einen Kriegsrat. Soweit wäre alles, wie es sein sollte; denn dem Kriegsentschluß des Königs mußte ja der Kriegsentschluß Gottes zugrundeliegen. Und sogar der liegt vor! Jahwä will den Krieg; aber sein Plan richtet sich nicht gegen die Syrer, sondern gegen Ahab. Jahwä hat seinen Entschluß, Ahab zu vernichten, nicht unversehens oder unerwartet gefaßt. Ahab bezeugt vielmehr selbst, daß Micha, der dem Erzähler offensichtlich als richtig inspirierter Prophet gilt, schon seit langem nur Unheil anzukünden gewußt habe. Zwischen Jahwä und diesem Könige ist demnach schon längst eine Kluft aufgebrochen, wie sie in einem altorientalischen Königtum - auch in Israel - zwischen Gott und König auf die Dauer nicht erträglich sein konnte 1 S 7 . Was sollte aus einem König werden, wenn er aufgehört hatte, Sachwalter des Staatsgottes zu sein? Welches war die Stellung eines Königs als des „Gesalbten Jahwäs" 1 5 8 , wenn sich J a h w ä gegen ihn wandte ? Im Falle Ahabs sind all die sonst zum Heile wirksam gedachten Entsprechungen und Kräftebeziehungen, die dem Regieren des Königs die Richtung des göttlichen Waltens verliehen hatten, durchbrochen. Die himmlisch-irdische Kontinuität, die die weltanschauliche Grundlage des Königtums bildete, war zerrissen, und der bestürzende Riss hätte nicht drastischer dargestellt werden können als durch die l . K ö n . 2 2 vollzogene Gegenüberstellung von irdischer und himmlischer Kriegsratszene. Israels Kriege hatten seit je als Jahwäs Kriege gegolten 1 S 9 . Micha zeigt, daß auch der bevorstehende Krieg wirklich Jahwäs Krieg sein werde — jedoch in einem erschreckend anderen Sinne als bis dahin. Jahwä will diesen Krieg, um Israel von seinem jetzigen König zu befreien!

1 5 6 Zum Torplatz als Ort des öffentlichen Lebens s. Köhler, Rechtsgemeinde; ebenso de Vaux, Institutions, I 83. 235. 1 5 7 Zum Verhältnis von Gott und Königtum s. Engneil, Kingship; Johnson, Kingship, 2 0 4 f f . ; Maag, Malküt 150f.; de Vaux, Institutions I 155ff.; Stolz, Strukturen 155, 141. 1 5 8 Zu diesem Titel für den je gegenwärtigen regierenden König vgl. 1. Sam. 2 , 1 0 ; 24,7; J e s . 4 5 , 1 ; Ps. 132, 1 7 ; 1 8 , 5 1 . 1 5 9 Dazu s. Stolz, Kriege.

Die Hiob-Novelle

58

Aus all dem wird folgendes ersichtlich: Jahwä hat nach Michas Vision Hof gehalten, hat Kriegsrat gehalten, weil er Ahab in den Krieg mit Syrien hetzen will. Der himmlische Kriegsrat hat nur noch zu beraten, wie Ahab diese Verrücktheit wirksam beizubringen und wie er gegen alle besseren Einflüsse zu versteifen sei 160 . Noch eine andere Gegenüberstellung wird deutlich: Ahab hat Mühe, die rechte Kriegsbegeisterung zu erzeugen. Josaphat gegenüber will es ihm schon gar nicht gelingen. Die Verhandlungen in Ahabs Kriegsrat harzen. Jahwä dagegen eröffnet seinem OOJfri sein Vorhaben mit der Aufgabe von dessen technischer Bewältigung; und das löst sofort eine rege positive Diskussion aus. Alle bemühen sich, das ihnen gestellte Problem zu lösen: „Der eine sagte >sosoX , a) 3 n , die voreinst den vorisraelitischen Kosmoshelden ähnlich umgeben haben mögen, wie Ansars Sippe nach Enuma elis den Marduk umgeben hat 3 1 2 . All diese einst selbständigen, vom Gott Israels überwundenen und zu seinen Boten und Dienern depotenzierten Götterwesen bilden die religionsgeschichtliche Grundsubstanz der späteren Engelwelt 3 1 3 . V. 8:

Die als „das Meer" bezeichnete Größe ist der vom Kosmosschöpfer domestizierte Yam (α;) der kanaanäischen Kosmologie 3 1 4 . Nach ugaritischer Uberlieferung wurde dieses schöpfungsbedrohende Urweltungeheuer, das auch als Leviathan, Thannin (Drache), Nahas (Schlange), Rahab, Thehom (Urflut) bezeichnet wird, nach seiner Uberwindung durch Ba'al in die Erdvertiefung gewälzt, die heute das Meeresbett (Dinn"ij?n) darstellt. Wer je dort gewandelt wäre (V. 16 b), müßte in jener vorweltlichen Zeit gelebt haben, in der jener Boden noch nicht vom Wasser des Yam überflutet war.

3 1 0 Diese Qualifikation ist ja der prädeuteronomischen Tradition von Gen. 2 u. 3 einerseits und der priesterschriftlichen von Gen. 1 andererseits weitgehend zuzuerkennen. Vgl. Maag, Begegnung 253 f. 3 1 1 Zu ihnen s.o. S. 5 0 f f . 3 1 2 Enuma elis, T a f . I V ; A O T , 116; ANET 3 , 66. 3 1 3 Auch die angelologische Nomenklatur und Terminologie ist - wie die satanologische semitisch. Persiens Anteil an der Vorstellungsbildung dürfte auch hier weniger substanzieller als katalytischer Art gewesen sein. Maag, Heerscharen, 24 f. 3 1 4 Maag, Kulturgeschichte 5 79 f.

114

Die Hiob-Dichtung

Unter „Tor und Riegel", die das wilde Wesen an den ihm in jener Vorzeit zugewiesenen O r t bannen (V. 10), sind wohl die Ufer und Riffe zu verstehen. Von Yams Geburt freilich (V. 8 b) und seiner frühen W a r t u n g , von den weißen Wolkenwindeln und dem dunklen Dunstkleid (V.9) weiß keine der uns bisher zugänglich gewordenen altorientalischen Kosmogonien zu berichten. Allerdings scheint auch der kanaanäische Yam nach der ugaritischen Uberlieferung zu Eis und Asirats N a c h k o m m e n gezählt zu h a b e n 3 1 5 ; doch fehlt im bisher bekannt gewordenen fragmentarischen Material andererseits ein Hinweis auf seine G e b u r t 3 1 6 und Kindheit. W o h l aber enthält die ugaritische Uberlieferung wenigstens einen Hinweis auf die Umstände, unter denen er Ba'als Feind und damit der Urfeind der Schöpfung geworden ist. V.16a:

O b die Frage „Bist du bis zu den Quellen des Meeres g e k o m m e n ? " mit der ugaritischen Vorstellung vom „ Q u e l l p u n k t " der beiden (!) t h c h o m o t h z u s a m m e n h ä n g t 3 1 7 , ist zum mindesten ungewiß. Sollte wirklich daran gedacht sein, so wäre zu bedenken, daß an jenem unzugänglichen O r t El seine Behausung hatte. Und dorthin wären - immer nach ugaritischer Vorstellung - nur Götter auf Besuch g e k o m m e n 3 1 8 . Wie sollte da H i o b je dort gewesen sein! - Eher ist aber in dieser Vershälfte an das Meer in seiner natürlichen Erscheinung gedacht, dem m a n unterirdische Quellen zuschrieb 3 1 9 .

V.13:

Wenn das Frührot „die Säume der Erde e r f a ß t " , m u ß vor dem anbrechenden Tag verschwinden, was lichtscheu ist. Diese Vorstellung begegnet auch G e n . 3 2 , 2 6 , wo der „ M a n n " (V.24) ursprünglich nicht mit dem Gott Jakobs identisch w a r 3 2 0 . Daß die Gottlosen freilich so einfach von der Erde abgeschüttelt werden, widerspricht der täglichen E r f a h r u n g so sehr, daß man an der richtigen Uberlieferung dieser Zeile zweifeln muß. Vermutlich stand statt D'y^n ursprünglich ein Ausdruck, der zum Vorstellungsbereich von G e n . 3 2 , 2 6 gepaßt h a t 3 2 1 .

3,5

A N E T 3 , 129b ff.; III A B C ; Aistleimer, 4 5 ; Jirku, Kan. Mythen 19. Immerhin ist ja Asera/Asirat eine ursprüngliche Pothnia-Figur und d a m i t nach archaischem Verständnis identisch mit der göttlichen M u t t e r Erde selbst. So m a g in diesem Z u s a m menhang Yam als aus der Erde geboren („hervorgebrochen") vorgestellt w o r d e n sein. (Vergleichendes M a t e r i a l : Dieterich, 43ff.) 316

3

" Die beiden Thehomoth (thmtjm) hat man sich als den die Erde überwölbenden Him-

melsozean und die die Erde unten umfangende Wassertiefe zu denken. Diese Zweiheit findet sich auch G e n . 1 , 6 b und in umgekehrter Reihenfolge G e n . 7 , 1 1 . - A N E T 3 , 1 2 9 b ; III ABC; M a a g , Kulturgeschichte 574. 318 D a ß dieser O r t aber am Meeresgrund zu lokalisieren sei, wie seit Kapelrud, 6 4 f . o f t angenommen wird (so auch Fohrer, 505), ist n u r a n n e h m b a r , wenn sich die von Albright, 27 f. aufgebrachte These halten läßt. Danach hätte Ba'al den El aus seiner H e r r s c h a f t verdrängt, worauf El irgendwohin hätte ausweichen müssen - sein Refugium sei darauf die Meerestiefe geworden. Vgl. dazu M a a g , Kulturgeschichte 5 7 3 ff. 319 320 Auch ugaritisch! A N E T 3 , 129. Vgl. M a a g , H i r t e Israels 19 ff. 321 Vgl. Fohrer, 4 9 2 ; auch Tur-Sinaj, 527.

Hiobs Klage und Gottes Antwort: Hi.3 und 38f.

115

V.1S:

Auch die hier angetönte E n t m a c h t u n g der Gottlosen ist vermutlich von H a u s aus in einem anderen Z u s a m m e n h a n g erwähnt worden. W a h r scheinlich ist vor diesem Vers eine Doppelzeile ausgefallen. M i t d e m Frührot bzw. einer Assoziation zu der (wirklich nur?) am M o r g e n stattfindenden Verurteilung Straffälliger ist doch die Stelle nur mühsam zusammenzubringen.

V.16:

Siehe o b e n , zu

V. 17:

Die N a c h b a r s c h a f t von Meerestiefe (V. 16), T o d und Schattenreich ist für die alttestamentliche Vorstellungsweise n a h e l i e g e n d 3 2 2 . W i e der T a m m u z M y t h u s das Reich von Kurnugea als mit T o r e n verschlossen und von Pförtnern der Unterwelt bewacht d e n k t 3 2 3 , so auch das Alte T e s t a m e n t und die von ihm abhängige L i t e r a t u r 3 2 4 .

V.4ff.

V. 18 f f : Die Fragen gehen so weiter. Sie werden auch fernerhin nur bisweilen unterbrochen durch eine ironische Zwischenbemerkung, wie sie auf die Frage nach dem W e g zur W o h n s t a t t des Lichtes und dem O r t der Finsternis ( 1 9 ) folgt. 21

D u weißt es j a ; bist du doch damals geboren und deiner T a g e Zahl ist g r o ß !

So ähnlich ja schon 5 a (cf. auch 4 b ) . Die Fragenreihe setzt sich über die Kapitelgrenze hinaus fort. D o c h zeigt sich, d a ß in Kap. 3 9 die Straffheit n a c h l ä ß t : An die Fragen hängen sich — die Zielhaftigkeit der Fragereihe m e h r und m e h r verwischend — Betrachtungen über die Besonderheiten gewisser G e s c h ö p f e a n : so V . 3 f . 7 f . 2 1 - 2 5 . 2 8 - 3 0 . Etwas anders liegen die Verhältnisse im Falle von V . 9 - 1 3 . H i e r liegen zwar Fragesätze v o r ; doch ihr Inhalt bewegt sich abseits der Ziellinie der Reihe. In ihrer Urform will sie H i o b nicht mit N a t u r k u r i o s i t ä t e n unterhalten, sondern ihm die Augen für die menschlichem Verstehen entzogene Weisheit des Schöpfers öffnen. D a r a u f soll später eingegangen werden. G a n z a u ß e r h a l b der Fragenreihe steht die Betrachtung über den Strauß V. 1 3 - 1 8 . Diese Weiterungen fallen nicht nur f o r m a l aus dem R a h m e n , welcher in K a p . 3 8 durchgehend straff eingehalten wird, und der durch die Absicht der Reihe gegeben i s t 3 2 5 . V i e l m e h r wird die Absicht durch die zusätzlichen Beobachtungselemente nur verschleiert. M a n hat sie deshalb als sekundäre Wucherungen zu verstehen. Das wird oft bestritten. D a ß jedoch in Kap. 3 9 nicht alles zur ursprünglichen Ansprache J a h w ä s gehören kann, geht schon aus V. 1 7 hervor, w o von G o t t in 3 . P e r s o n gesprochen wird. 3 2 2 Darüber, wie sich in ihrem Bereich die Vorstellung von Urmeer, Lewjathan bzw. Urweltschlange einerseits und Finsternis und Tod andererseits miteinander verbunden haben, s. Maag, Tod und Jenseits 30f. und ders., B'lija'al 297f. 3 2 3 AOT 206 f . ; Α Ν Ε Τ Ί 0 7 . 3 2 4 Hinweis bei Fohrer, 525. Wenn im slavischen Henochbuch die Pförtner der Unterwelt schlangengestaltig sind, ist das die Folge der oben angetönten Zusammengehörigkeit von „Meer" und „Tod". 3 2 5 S.o. S. 107.

Die Hiob-Dichtung

116

Die A u s w e r t u n g der obigen B e o b a c h t u n g e n ergibt, d a ß als u r s p r ü n g l i c h e Teile der G o t t e s r e d e -

und d a m i t als originale F o r t s e t z u n g der K a p . 3 8

beginnenden

A n s p r a c h e G o t t e s an H i o b - nur die folgenden Verse in B e t r a c h t k o m m e n : 39,1

B e s t i m m s t du die Zeit . . .

2

Z ä h l s t du die M o n d e a b . . .

5

W e r h a t den Wildesel frei gehen lassen und die B a n d e des R e n n e r s , w e r h a t sie gelöst ?

19

Gibst du d e m R o ß die Stärke ?

26

H e b t d u r c h deine W e i s h e i t der F a l k e die Schwingen

27

S c h w i n g t sich auf dein G e h e i ß d e r A d l e r h o c h

Kleidest . . . und breitet seine Flügel aus n a c h Süden ? u n d b a u t sein N e s t in der H ö h e ?

Hiob hat seinerseits die Frage nach der ratio seines Schicksals gestellt ( K a p . 3 ) : Nach dessen Sinnhaftigkeit fragte er, nach dem Sinn qualvollen Vegetierens schlechthin. Erst die Freunde haben jenes „qua rationed" in ein „qua iure?" umgebogen. Daraufhin ist dann das Gespräch inhaltlich entgleist; es ist zu einem Streitgespräch im wahren Sinne des Wortes geworden. Die Freunde und Hiob streiten sich um die Frage, ob Hiob sein Los verdient habe oder nicht. Damit ist aus Hiobs Sinnfrage eine Rechtsfrage geworden. Der Dialog läßt die ursprüngliche Alternative „Sinnhaftigkeit oder Sinnlosigkeit?" links liegen, indem die Freunde sofort zur viel enger gefaßten Frage übergehen: „Schuldig oder unschuldig?", „Recht oder Unrecht?", „göttliche Gerechtigkeit oder Laune einer nach Recht oder Unrecht nicht fragenden Allmacht?" 3 2 6 . Gott selber hebt, nachdem die Freundesdialoge vorbei sind, das Gespräch erst wieder auf die Ebene der Frage nach der Schicksals- und Schöpferweisheit, auf die Ebene also, auf der sich Hiobs erste Klage bewegt hatte: qua ratione ? Schon der erste Satz von Jahwäs Rede läßt die Leitbegriffe aufleuchten, um die es hier wie dort geht: „Wer will Finsternis über den Ratschluß des Schöpfers (nxy) bringen, mit Worten ohne Erkenntnis ( njn/nsn ) ?" Um

die Weisheit der Schöpfungsökonomie Einsicht ( nra ) also geht e s 3 2 7 .

(nsy) und um Erkenntnis

und

Im einzelnen wird darüber in den nächsten Kapiteln zu handeln sein. ru'3 , Grundbedeutung ist: Unterscheidungsvermögen, s. KB, s.v. - Die Wz. y-p kommt Kap. 38 10 mal vor, dazu Kap. 3 9 2 mal. Die Wz pa kommt Kap. 38 2 mal vor, dazu Kap. 3 9 1 mal. ΠΒ3Π kommt Kap. 3 8 2 mal vor. Die Fragen sind zudem übervoll von Verben wie „führen, leiten, bestimmen, festsetzen, abzählen". Beachte ferner die Hinweise auf die Frage der menschenmöglichen Erfahrung: 3 8 , 4 . 12. 16. 21. 22. Dem allem gegenüber begegnet kein einziger Rechtsterminus. 326 327

Hiobs Klage und Gottes Antwort: Hi. 3 und 38 f.

117

Dorthin zielen auch all die rhetorischen Fragen, aus denen die Gottesrede ja beinahe vollumfänglich besteht. Keine von ihnen visiert den Rechtsstandpunkt, indem sie Hiob etwa zu bedenken gäbe, daß seine Not eben doch verdienterweise über ihn gekommen sei, noch weist eine hin auf die Allmacht, die auf das Recht keine Rücksicht zu nehmen brauche 328 . Jede hebt vielmehr Gottes allen Menschenverstand übersteigendes Planen, Ordnen und Lenken ins Licht. Die Fragen gruppieren sich alle um ein zentrales Anliegen: Sie wollen Hiob von dem Elend, das seinen Geist mit Beschlag belegt, wegführen: den durch sein Leiden auf sich und ähnliche Schicksale verengten Gesichtskreis wollen sie ihm wieder weiten. Durch die verschiedenen Räume der Schöpfung geleiten sie ihn, einen hohen Weg zur Bewunderung von Werk und Wirksamkeit des Schöpfers und Welterhalters. Von Geheimnis zu Geheimnis lenkt die Fragenreihe, um Hiob schließlich über die Brücke des sprachlosen Staunens zum Vertrauen gegenüber seinem Schöpfer und Schicksalsherrn zu leiten. Da angelangt mag er, zu sich zurückkehrend, sein Dasein selber in den richtigen Dimensionen sehen: Sollte des Menschen Schicksal inmitten dieser Schöpfung eine Ausnahme darstellen? Sollte nun gerade auf diesem Sektor der Wirklichkeit die Weisheit Gottes versagt haben oder immer wieder versagen? Sollte ausgerechnet dieses Stücklein Welt, das Hiobs Leben heißt, fehldisponiert sein? Oder kann ein Mensch, der schon ob all den Fragen Jahwäs verstummen muß, erwarten, sein Schicksal müsse ihm eher verständlich sein als jene nahen und fernen Rätselhaftigkeiten? Ist Irrsinn, was des Menschen Sinn nicht faßt ? Fragte Hiob, von seiner Lebensqual bedrängt, „Qua ratione fit sors so mag er nun, zu sich gekommen, ahnen: Eximia ratione, divina ratione! Dieser Gott ist „wahrlich ein verborgener Gott", aber Gott 3 2 9 . Ist nun aber Hiob zu dieser Einsicht geführt, dann nimmt das ahnende Vertrauen auch das dem Menschen unfaßliche Los an. Dem scheinbar Unerträglichen ist der Stachel der blinden Grausamkeit genommen. Auch hier ereignet sich, wie in der Hiob-Novelle, die seelische Entgiftung der Not durch das Vertrauen auf die Göttlichkeit der Schicksalslenkung. Nur ist dieser Glaube für den Hiob der Novelle eine Position, von der er sich nie abbringen läßt, während der Hiob des Gedichtes zu ihr erst aufgrund der göttlichen Selbstmitteilung zurückfindet. 3 2 8 Richter, 121 A . 3 8 0 möchte in diesen Fragen gerne eine Art richterliches Verhör bzw. die Gegenfragen des Prozeßgegners erkennen. Fohrer, 4 9 6 spricht von einem „Streitgespräch der Weisen, das vor Gericht ausgetragen wird". Aber Ort (Gericht) und Form (Weisheitsgespräch) passen nicht zueinander. 3 2 9 Dasselbe meint Ricoeur, 159, wenn er mit Bezug auf Hiob von einem „pouvoir suspendre sa question, en comprenant, qu'il y a un ordre incomprehensible" spricht.

118

Die Hiob-Dichtung

Bei dieser Rückkehr begleitet der Leser Hiob. Mit ihm vollzieht er Schritt um Schritt aus der Sackgasse der aussichtslosen Sinnfrage bis zur Bewunderung des Weltlenkers. Darum kann sich der Dichter eine Mitteilung über den Erfolg der Bekehrung füglich ersparen. Man mag sich zwar fragen, ob die Gottesrede nach des Dichters Meinung nicht doch von Hiob verbal beantwortet worden sei. Dann würde zu jeder der beiden heute vorliegenden Gottesreden eine Revokation Hiobs gehört haben, wobei zur ersten (echten) Gottesrede 4 0 , 3 - 5 ( Z 3 9 , 3 3 - 3 5 ) als erster (echter) Widerruf gehört haben würde. Dieser müßte dann - unter Auslassung der ihrem ganzen Habitus nach nicht auf die Haltung der ersten Gottesrede eingestimmten Verse 1 -I- 2 3 3 0 direkt an 3 9 , 3 0 anschließen: (TM) 4 0 , 3

„Da antwortete Hiob Jahwä und sprach: 'rtjtp ' τ / q y f t f np 'nVp ρ 3 3 1 f e i x xVi ο'ηγι/njftt ( rqj(t) XV) 'rr-g·! rra

V.4 V. 5

4 + 3 4 + 3

Siehe, ich bin zu gering, was in aller Welt 3 3 2 sollte ich dir antworten? Ich lege meine Hand auf meinen Mund, Einmal habe ich geredet und wiederhole es nicht, zweimal und tue es nicht wieder. Diese schlichte Antwort Hiobs wäre an sich denkbar, da sie sich darauf beschränkt, die Einsicht zu bekennen, die Hiob im Augenblick seiner Klage gefehlt hatte, daß eben der Mensch doch gar nicht nach der ratio von Gottes Handeln fragen kann, da sie ihm von vornherein zu hoch ist. Nur dürfte man, hält man an der Ursprünglichkeit dieser Antwort fest, sich nicht durch die unechte Redepartikel 4 0 , 1 . 2 täuschen lassen und unter diesem grimmigen Vorzeichen die Worte Hiobs als „Streitverzichterklärung" 3 3 3 , „Verzichterklärung auf Weiterführung des Rechtsstreits" 3 3 4 verstehen. Aber die Revokation gehört ursprünglich überhaupt kaum hierher 3 3 5 . Entfällt nämlich die ganze Rechtssphäre als Gattungsrahmen der Gottesrede und wird diese in ihrer ursprünglichen, pädagogisch-didaktischen Funktion gesehen, dann darf Hiob auch ohne Not schweigen. Ja, sein Schweigen ist dann adäquater als der Wortlaut von 4 0 , 4 f . (der ja immerhin mehr Betretenheit als Getrostheit ausdrückt), und insofern wäre das Schweigen beredter. Gegen die Ursprünglichkeit dieser Revokation sprechen übrigens insbesondere noch folgende Tatsachen: Zum einen steht 3 1 , 4 0 ein Vermerk, den die Kommentatoren der Revokationen gern übergehen. Aber wie erklärt sich diese „redaktionelle Unterschrift" 3 3 6 ? Man 330 331

Z u m ursprünglichen Fehlen dieses ganzen „Zwischenstuckes" in L X X s. S. 196. Konjektur von Hitzig, z.St.

332

Übersetzungsversuch für den Energicus.

333

Richter, 125. Fohrer, 5 3 2 .

334 335 116

S. S. 2 1 3 . So bezeichnet von Fohrer, 4 2 7 , der sie streicht. - Ihren Wortlaut s. S. 144.

119

Hiobs Klage und Gottes Antwort: Hi. 3 und 38 f.

wird darin doch kaum etwas anderes sehen können als den Hinweis eines Abschreibers, der bereits davon wußte, daß man zu seiner Zeit gerne durch die Interpolation von H i o b w o r t e n die Absicht des Buches zu alterieren unternahm. Als Protest gegen diese Manipulation stellte er hier mit einer Glosse fest, daß nach seiner Vorlage und darum auch in seiner Abschrift H i o b von 3 1 , 3 9 an nicht mehr redend auftreten werde. M a n darf es als eine liebenswürdige T ü c k e der Gewissenhaftigkeit späterer Abschreiber betrachten, die sich vor nichts so sehr hüteten wie vor Auslassungen, daß diese Glosse bis in die E n d f o r m unseres M a s o r e t e n - T e x t e s herein erhalten geblieben ist, obschon von denselben Abschreibern getreulich auch alle späteren Interpolationen - inklusive Revokationen - mittradiert wurden. Die Glosse besagt im Grunde nichts Geringeres als: Sollte in dieser Handschrift H i o b später noch das W o r t ergreifen, so ist der betreffende passus von vornherein unecht. M a n hat darum guten G r u n d , an der Ursprünglichkeit selbst der ersten Revokation ernstlich zu zweifeln. Einen weiteren ebenso schwerwiegenden Grund dafür bietet die Anknüpfung von 4 2 , 7 : „Als nun J a h w ä diese W o r t e zu H i o b geredet h a t t e . " Sie setzt offensichtlich keine H i o b w o r t e nach 3 9 , 3 0 voraus, sondern schließt unmittelbar an die Gottesrede von Kap. 3 8 und 3 9 an. So wird man die Frage der Ursprünglichkeit selbst für diese erste Revokation doch w o h l verneinen m ü s s e n 3 3 7 . D e r G o t t d i e s e r D i c h t u n g ist g r o ß g e n u g , H i o b n a c h d e r F ü h r u n g d u r c h die N a t u r s i c h selbst zu ü b e r l a s s e n - ä h n l i c h , w i e G o t t zu s e i n e m leidverb i t t e r t e n P r o p h e t e n J e r e m i a r e d e n u n d ihn d a n n s e i n e r w i e d e r e r s t a r k e n d e n E i n s i c h t ü b e r l a s s e n k a n n , o h n e v o n i h m eine f ö r m l i c h e erwarten.

Wie Jeremia

an J a h w ä s

erkenntniszeugendem

Revokation Wort

zu

genesen

k a n n , s o g e n e s t H i o b a n J a h w ä s F r a g e n . D a m i t ist d a s Z i e l d e r G o t t e s r e d e e r r e i c h t . U n d d e r G e n e s e n d e b r a u c h t n i c h t e i g e n s z u b e t e u e r n , d a ß e r jetzt w i e d e r g e s u n d sei. G o t t h a t - im G e g e n s a t z zu d e n F r e u n d e n - H i o b w i r k l i c h g e t r ö s t e t . D a m i t k a n n sich die D i c h t u n g d e r D e s a v o u i e r u n g d e r F r e u n d e z u w e n den : G o t t , der H i o b aufgeholfen hat, wird nun den Freunden, deren Weisheit d e n G e f ä h r d e t e n b e i n a h e z u m W a h n s i n n g e t r i e b e n h ä t t e , d e n M u n d stopfen m ü s s e n : 42,7

Als nun J a h w ä diese W o r t e zu H i o b geredet hatte, da sprach er zu Eliphas von T h e m a n . . .

Diese Mitteilung -

sie e r ö f f n e t d e n a u s l e i t e n d e n P r o s a t e i l 3 3 8 -

knüpft

d a r u m ursprünglich unmittelbar an den Schluß v o n G o t t e s T r o s t r e d e an. D e r W o r t l a u t läßt erkennen, daß dieser Vers von H a u s aus nicht an ein H i o b wort, sondern an J a h w ä s Trostrede anschließt: ein starkes Indiz dafür, d a ß die Revokationen H i o b s noch nicht in der Originaldichtung gestanden haben. D e r Vgl. S. 204 ff., insbesondere 213 f. Die Prosa-Ausleitungen pflegen bei entsprechend aufgebauten Weisheits-Dialogbüchern das Fazit zu formulieren. Das ist für den 4 2 , 7 zukommenden Stellenwert nicht unbedeutend. 338

120 Dichter

Die Hiob-Dichtung beweist m e h r seelsorgerisches

Einfühlungsvermögen,

als sie auch

jene

Ausleger beweisen, die n o c h nicht u n t e r d e m E i n d r u c k von R i c h t e r s A u s f ü h r u n g e n d a z u gelangt sind, H i . 3 8 ff. in den K a t e g o r i e n einer P r o z e ß v e r h a n d l u n g zu versteh e n , die a b e r an den R e v o k a t i o n e n festhalten in der M e i n u n g , H i o b h a b e d o c h seine neu g e w o n n e n e Einsicht a u c h verbal bekennen müssen. Die P s y c h o l o g i e der T r ö s t u n g verbietet g e r a d e z u eine B e s t ä t i g u n g des G e t r ö s t e t e n , er wisse n u n , w a s er zu denken h a b e . Das

einzige,

was

als s i t u a t i o n s a d ä q u a t e

Äußerung

Hiobs denkbar

w ä r e , w ä r e ein k u r z e r L o b p r e i s 3 3 9 . Allein die A n k n ü p f u n g v o n 4 2 , 7

gewesen läßt a u c h

diesen G e d a n k e n als unrealistisch erscheinen.

Der Ton der echten Gottesrede ( K a p . 3 8 + [39]) entspricht in deren unentstellter Form ganz ihrer pädagogisch-seelsorgerlichen Absicht: Mit väterlich-freundlicher Überlegenheit setzt die Rede ein: 3 8 , 2 W e r ist's, der mit unwissenden W o r t e n V e r f i n s t e r u n g über den R a t s c h l u ß bringen will ?

Und in derselben Haltung hat man sich die Fortsetzung gesprochen zu denken: „Jetzt frage ich einmal, und du magst mich belehren" ( V . 2 b ) . Ja sogar jenes „sag an, wenn du Bescheid weißt" ( V . 4 b , ähnlich 18 b) darf man sich im Tone gütiger Ironie gesprochen denken 3 4 0 . Ebenso auch die Zwischenbemerkung „Du weißt es ja, bist du doch damals geboren, und deiner Tage Zahl ist g r o ß ! " ( V . 2 1 ) 3 4 1 . Diese Zwischenbemerkung gibt Hiob zu bedenken, wie weit es mit seiner Erfahrung schon her sein kann, kraft deren er sich vermißt, sein Leiden und das Los vieler Elender für ordnungs- und schöpfungswidrig zu halten. Mit ihren Anstößen zu sachlicher Besinnung auf das Verhältnis von Schöpfer und Geschöpf leiten die Fragen selber die innere Bewegung Hiobs auf seine Gesundung hin ein. So reicht Jahwä dem Versinkenden die Hand und zieht ihn wieder auf festen Grund. Der Ton der Rede ist außer durch diese Zielsetzung auch durch die Ruhe Gottes bestimmt. Er braucht weder über Hiobs Schicksal bestürzt in sich zu gehen, noch durch Hiobs Zweifel beleidigt heftig zu werden. In

Ähnlich etwa Ps. 7 3 , 2 1 ff. Vgl. dazu auch andere Lobgebete Erretteter. Die Formulierung ηϊ·3 ΙΒΠ'ΌΚ spricht genauso wie nyvQK in V. 18 b keineswegs für Verhör-, sondern für Erkenntnisfragen. Gegen Richter, 122 ff. Vgl. auch S. 116. 3 4 1 Damit komme ich dem Verständnis nahe, das v. Rad, Hiob X X X V I I I , 2 9 3 f. gewonnen hat. Nur sieht er die Ironie dieser Zwischenbemerkungen in unmittelbarer, nicht nur formaler, sondern auch finaler Parallele zum Streitgespräch, in welchem es darum geht, den Gegner verhöhnend zu erledigen. In der genannten Arbeit geht v. Rad aber auch der im Streitgespräch vorkommenden Form solcher Wissensfragen-Reihen nach und erkennt, daß sie ihren Ursprung nicht im Streit-, sondern im Schulgespräch haben. Ich meinerseits sehe in der hier vorliegenden Fragenreihe nicht eine göttliche Streitrede, sondern ein pädagogisches Unternehmen. Damit steht die Fragenreihe ihrem von v. Rad richtig erkannten Form-Ursprung einen wesentlichen Schritt näher, als er selber vermutet hat. 339

340

Hiobs Klage und Gottes Antwort: Hi. 3 und 38 f.

121

unbeirrbarer Größe und Güte offenbart er sich seinem leidenden Geschöpf zu dessen Heilung. Er donnert nicht mit seiner Machtdarstellung auf Hiob nieder 3 4 2 , treibt ihn auch nicht wie ein Richter oder Prozeßgegner in die Enge 3 4 3 , noch will er ihn höhnisch als kleinen Wicht erledigen 3 4 4 ; vielmehr hebt er ihn empor mit pädagogisch gezielten Fragen. Diese regen nicht allein zum Nachdenken an, sondern beleben gleichzeitig auch die transrationalen Mentalschichten : sie wecken das Ahnen der Dimension des Unerforschlichen und gleichzeitig auch das Vertrauen des Geschöpfes zu seinem Schöpfer. Die Form der Naturweisheitsfragen der Gottesrede ist, wie festgestellt, die der Lehrfrage. Sie hat ihre Parallelen in den Fragen des Lehrgesprächs aller Nationen. Zu den vielleicht berühmtesten Vertretern dieser Gattung gehören die mäeutischen Fragen des Sokrates in den Platonischen Dialogen 34S und die Fragen der Upanishaden-Lehrer an ihre Schüler. Nur daß die Gottesrede eben Fragen stellt, die nicht beantwortet zu werden brauchen. Sie führen aber genau so wie die Antworten im Lehrgespräch zu dem Ziel der Gewinnung einer grundlegenden Erkenntnis. Diese braucht freilich im vorliegenden Falle gar nicht mehr formuliert zu werden. Dieser Erkenntnisweg ist Hiobs Tröstung. Die Gattung der Lehrfrage unterstellt sich hier der Funktion der Tröstung 346 .

Gottesbeweis? Keineswegs! Denn aus all diesen Fragen, bzw. aus den von ihnen angeregten Beobachtungen folgt nicht zwingend die göttliche Sinnhaftigkeit von Hiobs Schicksal. Überwunden wird Hiobs Zweifel letztlich nicht durch die Fragen und die ihnen impliziten Argumente. Diese legen ihm zwar den oben erwähnten Rückschluß auf sein eigenes Leben nahe. Daß er ihn aber vollziehen kann, vermögen die Fragen an sich nicht zu gewährleisten. Dies erfolgt letztlich allein dadurch, daß ihm im fragenden Wort Jahwä selbst begegnet 347 . Nicht die Fragen an sich bringen die Wende, sondern die in ihnen erfahrene Präsenz des sich ihm gütig zuwendenden Gottes. Auch Theodizee ist das nicht, wenigstens nicht im üblichen, rationalen Sinne des Begriffs. Allerdings zeigt die Dichtung auf ihre Weise, daß Gotteserfahrung anstehende Theodizeefragen löst, indem sie deren inadäquate Dimension enthüllt. 342 So die Überarbeitungsschicht. Dazu s. S. 196 ff. - Mit Donnerstimme ließe sich allenfalls Hybris heilen, nicht aber Hiobs nach Erkenntnis hungernde Seele! 343 So Richter, 122ff.; Fohrer, 494ff. 344 So v. Rad, a . a . O . , vgl. 103b. 345 Zu den Untersuchungen von Driver-Gray u.a. zur Beziehung der Hiob-Dichtung zu Piaton und zu weiterer griechischer Literatur s. Kühl, 304ff. 346 Zum Trostcharakter der Gottesrede vgl. Maag, Gottesbild 94. 347 Keel, 14 gibt meine Auffassung von der Wirkung der Gottesrede nicht differenziert genug wieder. Es ist keineswegs so, daß mir der Inhalt der Rede unwichtig ist. Aber ich unterscheide zwischen der Belehrung und der Möglichkeit Hiobs, von ihr befriedigt zu sein. Dieses credere posse wird durch die Gegenwärtigkeit Gottes begründet. Vgl. S. 110, Abs. 1.

122

Die Hiob-Dichtung

Ob Gott den Menschen bzw. seinen Glauben allenfalls ebenso nötig habe, wie Hiob Gott braucht, das steht - im Gegensatz zur Novelle 3 4 8 - in der Hiob-Dichtung nicht zur Diskussion. Auch da geht es freilich — wie in der Novelle — um die Frage der heilsamen oder unheilvollen Theologie. Aber jenes geradezu archaische Ineinander von Gottesvorstellung bzw. Gottesbild und Gotteswirklichkeit, wie es in der Novelle begegnet, scheint dem Dichter fernzuliegen. Eine falsche Gottesvorstellung gefährdet hier nicht die jenseitige Welt, bringt keinen Riß in die Welteinheit; sie gefährdet nur den Menschen. W o Hiob auf sie eingeht, wo er diese Vorstellung, die seine Freunde ihm einreden, so ernst nimmt, daß er sich mit ihr auseinandersetzen will, da ist er verloren. Seine lichten Augenblicke erlebt er immer dann, wenn er sich über die irreführenden Reden der Freunde hinwegzusetzen vermag 3 4 9 . Und endgültig überwindet Jahwä die juridische Gefährdung von Hiobs Seele, indem er selbst sich ihm in jenen ganz anderen Kategorien kundtut, welche durch die ursprüngliche Gottesrede von K a p . 3 8 f . herausgestellt werden. Jahwä will Hiob nicht in dem Irrtum, den die Freunde verbreiten, umkommen lassen; er will ihn vielmehr durch Erkenntnis seines wahren Wesens zum Leben führen. Und weil es darum geht, kann er auch nicht auf eine Maßregelung der Freunde verzichten. Darin nämlich stimmen Novelle und Dichtung überein, daß es für Heil oder Unheil der Menschen keineswegs gleichgültig ist, wie sie über Gott belehrt werden und was sie darum von Gott halten 3 5 0 ; denn was nützt es, daß objektiv „alle einen Gott haben", wenn die einen ihn durch eine Optik sehen gelehrt werden, in der er ihnen zum Popanz oder zum Dämon wird ? E s fällt auf, d a ß K a p . 3 8 f.

die Selbstdarstellung

ausschließlich

Jahwäs

Gottes

Schöpfergröße

anhand und

der F r a g e n r e i h e

welterhaltende

von

Weisheit

ins Licht r ü c k t . A u f jede A r g u m e n t a t i o n a n h a n d der G e s c h i c h t s t r a t i d i o n

Israels

wird dagegen verzichtet. D a s ist auf den ersten Blick u m so e r s t a u n l i c h e r ,

als

ja g e r a d e die alten F ü h r u n g s t r a d i t i o n e n v o n P a t r i a r c h e n - , Auszugs- u n d W ü s t e n w a n d e r u n g s e r z ä h l u n g e n erstklassiges A n s c h a u u n g s m a t e r i a l d a f ü r bieten

würden,

d a ß u n v e r s t a n d e n e s bzw. u n v e r s t ä n d l i c h e s notvolles Schicksal n o c h längst kein Indiz für m a n g e l n d e göttliche S c h i c k s a l s - r a i / o bietet. W a r u m e n t s c h l ä g t sich d e r D i c h t e r dieser M ö g l i c h k e i t e n ? Die F r a g e ist u m s o dringlicher,

als es ja w e i t g e h e n d diese T r a d i t i o n e n

w a r e n , die d e r

klassischen

P r o p h e t i e d a s V e r t r a u e n s a r g u m e n t schlechthin geliefert h a t t e n 3 5 1 und die überdies im gottesdienstlichen Leben Israels und des J u d e n t u m s eine h e r v o r r a g e n d e p ä d a g o gische F u n k t i o n g e ü b t h a b e n . S . o . S. 7 5 f f . Hi. 1 6 , 1 9 f f . ; 1 9 , 2 5 f f . 3 5 0 Darin stimmen mit beiden all jene biblischen Autoren überein, die erkannt haben, wie sehr die mrr ran das Verhalten der Menschen prägt. 3 5 1 Dagegen wird für die Forderung der Loyalität mit Vorliebe auf natürliche Phänomene im Sinne einer weisheitlichen Argumentation zurückgegriffen. M8

Die Freunde

123

Einerseits konnte der Dichter aber den Helden, der ja schon nach der alten T r a d i t i o n 3 5 2 der Vorzeit angehört hatte, nicht aufgrund von Geschichte belehren, die sich erst lange nach seiner Zeit ereignen sollte. Andererseits aber dürfte ihm dies nicht unlieb gewesen sein. Denn die Deuteronomistik hatte sich inzwischen in einer Weise des Geschichtsargumentes bedient, die er unmöglich bejahen konnte. Gerade die Deuteronomistik hatte ja mit ihrem Geschichtspragmatismus die vom Dichter bekämpfte Lehre von der adäquaten Vergeltung durch Jahwä mächtig stützen helfen. Zwar nennen auch die Weisheitsreden der Freunde keine Namen aus der historischen Tradition. Ihre Argumentation aber ist die von den Deuteronomisten behauptete und durch ihre spezifische Geschichtsdarstellung untermauerte angebliche Erfahrung. Sie also argumentieren grundsätzlich „historisch". So war nun eben das Gebiet der Geschichtserfahrung in einer so leidigen Weise verackert, daß sich der Dichter wohl da, wo es um die Rückgewinnung eines realistischen Gottesbildes ging, mit Vorteil einer grundsätzlich anderen Seite göttlicher Selbstbezeugung zuwandte und seinen Hiob den creator e creatione zu erkennen anwies. Die

Freunde

Die F r e u n d e Eliphas von T h e m a n , Bildad von Suah und Z o p h a r

von

N a ' a m a 3 5 3 k o m m e n ( 2 , 1 1 ) zu H i o b , u m ihm ihr Beileid zu b e z e u g e n 3 5 4 und ihn z u trösten Oöpjbl ib'-m'p). Die T e i l n a h m e nahestehender M e n s c h e n an Leid und Leiden des Unschuldigen h a t t e schon in der altorientalischen Literatur ihren anerkannten Raum.

Nach

dem

„sumerischen

Hiob"-Text355

sollen Ehefrauen

und

V e r t r a u t e des Leidenden für ihn Fürbitte e i n l e g e n 3 5 6 . Dieser Forderung sieht m a n den Freund des unschuldig Leidenden in einer babylonischen Tafel entsprechen. In geradezu rührender Weise beteuert er fürbittend die Unschuld seines F r e u n d e s 3 5 7 . S.o. S. 23f. 45. 46f. Nach dem Selbstporträt Hiobs (29,6 ff.) konnte man sich ihn leicht als eine Art altorientalischen Fürsten vorstellen. Diese Charakteristik hat dann LXX auf seine Freunde übertragen: βασιλεύς bzw. τύραννος (Hi. 2,11). - Zum Wesen der LXX zu Hi.s. Gerleman; z. St. speziell S. 35. 74. 3 5 4 Z: „um ihn zu beklagen". TO hat sich von der Bedeutung „den Kopf schütteln" zum terminus technicus für die Äußerung des Mitgefühls entwickelt. Vgl. dazu KB, s.v. 3 5 5 Diese Bezeichnung stammt von van Dijk, 122ff., der als Erster auf ihn aufmerksam geworden ist. Kramer hat dazu Ergänzungen beigebracht und sie mit den van Dijk'schen Fragmenten zusammen arrangiert, VTS 3, 170ff. Vgl. auch Schmökel, Hiob in Sumer; Gese, 61 f. 3 5 6 Kramer, 1955, 179,66 ff.; ANET 3 590,66 f. 3 5 7 Nougayrol, 1952, 239ff., besonders die Zeilen B,8-9. Die Möglichkeit, daß vom Priester — und nicht vom Freund - die Rede ist, ist erwogen worden. Doch ist wahrscheinlicher der Freund gemeint, da seine Fürbitte ausnehmend stark persönlich engagiert und keineswegs formularmäßig wirkt. - NB. Unsere Beobachtungen können sich auf den hier und 352

353

124

Die H i o b - D i c h t u n g

Sollte der Hiob-Dichter eine derartige Tradition auch bei seinen Zeitgenossen in Palästina als bekannt vorausgesetzt haben, wäre die Rolle, die er Hiobs Freunden nun seinerseits zudachte, ganz besonders bedenklich; denn statt fürbittend für den Leidenden einzustehen und ihm aufzuhelfen, bringen die drei Männer H i o b beinahe zur Verzweiflung. Sie komplizieren das Problem, das mit Hiobs Klage (Kap.3) gestellt war, dadurch, daß sie es auf die juridische Ebene hinüber manipulieren. Sie fragen nicht mehr wie Hiob „qua ratione fit tribulatio f", sondern machen aus Hiobs „Waru m ? " ein „qua iure?". Hiob hat — wie oben beobachtet — von sich aus die Rechtsfrage nicht gestellt. D a ß sein Leiden Strafe sein könnte, war ihm wegen seines vollkommenen Lebenswandels gar nicht in den Sinn gekommen. Die Freunde andererseits können sich das Übel nur als Strafe erklären, da ihnen von ihrer Art Weisheitslehre her eine andere Begründung unmöglich ist. Ihr Versuch, H i o b weiterzuhelfen, geht von dieser ihrer Uberzeugung aus. Er könnte nur hilfreich sein, wenn Hiob in irgendeiner Weise schuldig wäre. D a r u m versichern die Freunde, daß Leiden nie etwas anderes sei als von Gott verhängte Strafe und Hiob daher nicht schuldlos sein könne. Soweit sich H i o b auf das hinter dieser Theorie stehende Gottesbild innerlich einläßt, wird ihm Gott zum Schänder seiner Gerechtigkeit. Daraus erwächst ihm eine noch größere Verzweiflung als aus seinem Leiden. Auf all dies wird noch näher einzugehen sein. Zuvor aber sei die begonnene Beobachtung der unterschiedlichen Freundesrollen in der altorientalischen Dichtung und im Hiob-Buch zu Ende geführt. Man könnte glauben, der Dichter habe den soeben angetönten Gegensatz bewußt herausstellen wollen; denn während sich der sumero-babylonische Freund für die Unschuld des Dulders vor Gott verbürgt, sprechen Hiobs Freunde dem Leidenden die Unschuld beharrlich ab und quälen ihn damit bis zur Raserei. Und während der altorientalische Freund, wie oben gesehen, als Fürbitter Wesentliches für die Wiederherstellung des Elenden leistet, bringen es Hiobs Freunde so weit, daß Hiobs Wiederherstellung, soll sie sich überhaupt ereignen, ihnen zum Trotz verwirklicht werden muß, ja daß sogar sie selbst auf Hiobs Fürbitte angewiesen sind (42,7—9), um Gottes Z o r n entgehen zu können.

den A n m . 3 5 5 g e n a n n t e n T e x t b e s c h r ä n k e n , in d e n e n die R o l l e des F r e u n d e s z u m T h e m a g e h ö r t . H i n w e i s e auf die w e i t e r e n a l t o r i e n t a l i s c h e n D o k u m e n t e z u r T r a d i t i o n v o m Leiden des U n s c h u l d i g e n , s o w i e auf w e i t e r e a u ß e r i s r a e l i t i s c h e P a r a l l e l e n z u m selben T h e m a f i n d e n sich bei S t a m m , Leiden ; G e s e ; K ü h l , 2 9 5 ff.; F o h r e r , 105. V o r allem vgl. A N E T 1 5 8 9 , 601 (Ludlul bei tiemequi k a n n n i c h t m e h r als in B e z i e h u n g z u r H i o b s i t u a t i o n s t e h e n d b e t r a c h t e t w e r d e n ; s. M e n a r d , 2 9 9 ff.).

Die Freunde

125

Wenn sich im Büchlein Jona die Niniviten hinsichtlich ihrer Bußfertigkeit als den Juden weit überlegen und damit für Gottes Gnade viel zugänglicher erweisen 358 - und wenn später das Neue Testament diesen Gegensatz wieder aufgreift 359 - wollte wohl auch der Hiob-Dichter die Absurdität des Verhaltens der weisen und „gerechten" jüdischen Freunde auf dem Hintergrund der altorientalischen Tradition besonders drastisch zum Ausdruck bringen. Bedenkt man, daß aus dem Munde von Hiobs Freunden die maßgebende jüdische Gesellschaft zur Zeit des Hiob-Dichters redet, so wird somit auch hier die jüdische Frömmigkeit mit demselben Völkervergleich beschämt wie im Jonabüchlein und bei Matthäus. Dies läßt sich freilich nur als Möglichkeit erwägen, nicht als beweisbares Faktum behaupten, da leider nicht auszumachen ist, ob die einschlägigen mesopotamischen Traditionen dem damaligen Judentum bekannt waren. Vielleicht hat die orientalische Tradition auch jenseits der uns bekannten Beispiele grundsätzlich von dem Freund des Dulders gesprochen. Dann wäre die Einführung dreier Freunde eine Besonderheit unserer Hiob-Dichtung. Sie ließe sich wohl verstehen: In den genannten sumero-babylonischen Dichtungen hatte der Freund diese ihm als solchem zukommende ganz persönliche Funktion. In der Hiob-Dichtung dagegen verkörpern die drei Freunde einen Stand, und zwar den maßgegenden Stand der Weisen bzw. der zeitgenössischen Theologen, der das ganze Schicksalsverständnis des Judentums bestimmte. Zu ihm hatte auch Hiob bisher selber gehört (4,3—5). Erst seine eigene bittere Erfahrung hatte ihn gezwungen, sich von der in diesen Kreisen üblichen Schicksalsauffassung zu lösen. Weil die drei Freunde nicht so sehr als Verfechter persönlicher Meinungen, sondern vielmehr als Vertreter eines Standes zu denken sind, haben sie auch alle drei grundsätzlich dasselbe zu sagen. So bringen Bildad und Zophar denn auch kaum zusätzliche Gesichtspunkte über das hinaus ins Gespräch, was schon Eliphas zu sagen hatte, sondern wirken eher als seine Sekundanten. Die Tröstung, wie sie den Freunden vorschwebt, hat System: Sie möchte die Wirrnis, die das Leiden in der Seele des Heimgesuchten angerichtet hat, durch drei Kräfte überwinden: Zum ersten will sie Klarheit schaffen über die Ursache des Unheils, zum zweiten will sie den Weg aufzeigen, der zur Behebung der Unheilsursache führt, und drittens will sie die Hoffnung auf eine neues Glück erwecken. Sie soll den Mut des Zusammengebrochenen stärken, damit er sich aufraffe, der Erkenntnis gemäß handle und damit selber den ersten Schritt zu seiner Wiederherstellung zu tun wage. Im Sinne des ersten Punktes ist Hiob nach Meinung der Freunde zur Klarheit darüber zu führen, daß er an seiner Katastrophe selber schuld — und daß darum seine Klage (Kap.3) völlig unsachlich sei. Deshalb dürfe er 358

Jona 3.

359

Mth. 1 2 , 4 1 ; vgl. auch Mth. 8 , 1 0 .

126

Die Hiob-Dichtung

auch gar nicht hoffen, damit irgendwo anzukommen. Er erleide nichts als die Strafe, die jeden Sünder ereile. Der Weg zur Behebung der Ursache kann - rebus sie stantibus - nur in der Abtragung der Sündenschuld durch reumütige Hinwendung zu Gott und durch Annahme des Leidens als Buße liegen. Dazu aber sollte sich Hiob um so leichter entschließen können, als auf solcher Buße die Verheißung eines von Gott erneuerten Glückes liege. Und schließlich wird als Erhärtung der Wirksamkeit und allseitigen Anwendbarkeit dieses Rezeptes auf die erprobte Lebenserfahrung hingewiesen, mit welcher der Tröstungsvorschlag in vollem Einklang stehe. Schon die erste Rede des Eliphas (4,2 ff.) ist im Sinne dieses Tröstungsvorschlags aufgebaut. Dabei läßt Eliphas der eigentlichen Belehrung nur eine freundlich-verbindliche Präambel voraufgehen (V.2—5): Er, Eliphas, habe im Grunde nichts zu sagen als das, womit Hiob selber in ähnlichen Fällen anderen aufgeholfen habe (V.3f.) 3 6 0 . Damit erweist er seinem Freunde die gebührende Rücksichtnahme und Höflichkeit und vermeidet nach Möglichkeit den schulmeisterlichen Ton, der einer derartigen Belehrung nur zu leicht anhaften könnte. Weil Hiob ja alles, was Eliphas ihm sagen könne, im Grunde selber gut genug wisse, sei es beinahe erstaunlich, daß er nun, da er selbst ins Elend gekommen sei, den Weg, den er andern gezeigt habe, nicht von sich aus zu finden vermöge: 4.5

Nun, da es an dich kommt, bist du fassungslos 3 6 1 , weil es dich trifft, kommst du von Sinnen 3 6 2 .

Dies verhalte sich nur darum so — und damit beginnt V.6 die Belehrung weil Hiob von seiner Frömmigkeit zu sehr überzeugt sei. Die hohe Selbsteinschätzung leite ihn irre, indem sie ihn daran hindere, den Strafcharakter der Heimsuchung zu erkennen und diese anzunehmen. Aufgrund solch falscher Selbstbeurteilung klammere er sich an die verfehlte Meinung, sein Glück müßte sich doch um seiner Redlichkeit willen wieder einstellen, und Gott müßte sich seiner um seiner Frömmigkeit willen erbarmen: 4.6

1st nicht deine Gottesfurcht dein Vertrauen und dein unsträflicher Wandel deine Hoffnung? 3 6 3

3 6 0 Zur gattungsmäßigen Würdigung dieser Präambel s. Fohrer, z. St. Wichtig ebenda auch S. 134, A . 2 : die Zurückweisung von Richters Verständnis von V . 2 . 3 6 1 Z : „verzagt". Fohrer, 127: „wirst du müde". - S. KB 3 4 8 7 s.v. η>ό . Gemeint ist: „du bist erschlafft", d.h. „du bist außerstande, die Lage zu bewältigen". 3 6 2 Z : „bist du bestürzt". ^aajTl ist eher als forma historica zu übersetzen. Zum Verb vgl. KB 3 107. 3 6 3 Schon hier findet eine Verschiebung statt, die einem nicht entgehen sollte: Hiob hat sich in seiner Klage nie auf seine Frömmigkeit berufen. Wie oben angetönt, hat er diesen Gedankenkreis gar nicht erwogen. Das Gefährliche an der hier sich ereignenden Verschiebung, bzw.

Die Freunde

127

Es sei aber geboten, gerade diese Einschätzung seiner selbst zu revidieren; denn sie könne unmöglich richtig sein: 4.7

Besinne dich doch, wer verdarb je unschuldig, w o wurden Aufrichtige vernichtet ? 3 6 4

Damit ist - so schonend als möglich - der erste Punkt des Tröstungsprogramms anvisiert. Bis zum Ende des vierten Kapitels versucht nun Eliphas weiterhin, Hiob davon zu überzeugen, daß er doch vor Gott nicht behaupten könne, schuldlos zu sein. Dann, mit Blick auf Hiobs Klage (Kap.3), bedeutet er ihm, er solle doch einsehen, daß das Jammern eines Mannes, der auf seiner Schuldlosigkeit besteht, von niemandem in aller Welt ernst genommen werden könne: 5,1

R u f e doch, o b einer dir A n t w o r t g i b t ! Und an wen von den Uberirdischen 3 6 5 willst du dich wenden ?

Tatsächlich muß Eliphas Hiobs Klage inadäquat vorkommen; denn nach seiner Überzeugung kann Hiob nur darum an der Weltordnung verzweifeln, weil er an der Wirklichkeit, d. h. an seiner eigenen Schuld vorbeisieht. Vom Standpunkt des Weisen aus gesehen — und als solchen darf Eliphas doch seinen Freund Hiob betrachten (15,2) — kann eine Klage aus der Haltung, wie sie Hiob einnimmt, nur als Torheit gewertet werden (5,2 ff.) 3 6 6 . Was dagegen der Weise in diesem Fall zu tun hat, formuliert Eliphas: 5.8

Ich aber w ü r d e mich an G o t t wenden 3 6 7 und meine S a c h e 3 6 8 vor G o t t bringen.

Was damit gemeint ist, wird nach einem kurzen hymnischen Lobpreis auf Gottes wunderbar und oft verblüffend wirkende Gerechtigkeit in V. 17 ausgeführt: Der Mensch muß in seinem Unglück die Zurechtweisung und Züchtigung durch den Allmächtigen erblicken. Wendet er sich aufgrund dieses Verständnisses an Gott (V.8), so kann dies natürlich - darüber braucht Eliphas gar nicht zu sprechen — nur in der Haltung des bekennenden Sünders sein, der aufgrund seiner Reue wieder Gnade zu erlangen hofft. an dem, was Eliphas hier Hiobs Klage unterschiebt, liegt gerade darin, daß Hiob auf seine Rechtschaffenheit hin angesprochen werden kann. 364 Z : „Gerechte". 365 Ζ : „Heiligen". Auch hier ist wie 38,7; 4 , 1 8 ; 15,15 an die D'ntorr'ja gedacht. 366 Keineswegs aber als „Strafklage gegen Unbekannt", wie Richter, 67 möchte. Das würde ja geradezu bedeuten, Hiob wisse nicht, wer für sein Schicksal verantwortlich sei. Das ist natürlich absurd. 367 "^K !h1 , d. i. als Bittsteller an jemanden gelangen. 368 rnai ist um der Parallelkonstruktion mit "ί>κ willen am ehesten als „Anliegen" zu verstehen. - Mit anderen Worten drückt nachher Bildad 8,5 den Inhalt dieses ganzen Verses so aus: „Du aber (cj. c. LXX) sollst Gott suchen (del. "^K Dittographie), sollst zum Allmächtigen flehen."

Die Hiob-Dichtung

128

Anschließend an diesen Gedankengang ermutigt Eliphas seinen Freund, den Weg zur Buße anzutreten, indem er ihm verheißungsvoll die Seligkeiten eines durch Gottes Gnade erneuerten Glückes ausmalt (V. 18—26), das den aufrichtig Reumütigen erwartet. 5,24-26

Da wirst du erfahren, daß dein Zelt sicher ist; durchgehst du deinen Weideplatz 3 6 9 , so vermissest du nichts. Da wirst du erfahren, daß sich mehrt dein Geschlecht, deine Sprößlinge wie das Kraut der Erde. In voller Reife steigst du zu Grabe wie die Garbe einkommt zu ihrer Zeit.

Den Schluß der Ansprache bildet die Berufung auf die eigene Erkenntnis, ja sogar auf die kollektive Erfahrung („wir"!) und auf das Zeugnis der Altvorderen: 5,27

Siehe, das haben wir ergründet; so ist es! Wir haben's gehört370; du aber merke es dir!

Damit ist in dieser ersten Rede das ganze Tröstungsschema vollständig zur Anwendung gekommen. Was Eliphas vorträgt, würde im Normalfall keine weiteren Reden erwarten lassen. Würde Hiob diese Tröstung als solche annehmen, wäre nichts mehr nötig, als sogleich mit dem Experiment zu beginnen und die Reihe der Erfahrungen um eine neue, eigene zu erweitern. Wenn dennoch weitergeredet wird, dann eben, weil Hiob die Voraussetzung für die versuchte Tröstung, nämlich seine Schuldverfallenheit nicht anzunehmen imstande ist. Darum kann er, wenn er sich selber gegenüber ehrlich bleiben will, weder ein Schuldbekenntnis ablegen noch Buße tun. Könnten die Freunde diese seine Lage ernst nehmen, müßten sie von dem soeben angewendeten Schema abkommen und die Tröstung auf einer anderen Ebene versuchen. Da für sie aber — wie bereits festgestellt — Unheil ohne Strafcharakter undenkbar ist, bleibt ihnen nur die Alternative, zu schweigen oder sich in die Vorstellung zu verbeißen, Hiob müsse über seinen Zustand eines Besseren belehrt werden. Und diesem Unterfangen widmen sie sich denn auch trotz Hiobs nie erlahmendem Widerstand mit einer erstaunlichen Ausdauer. Da Eliphas grundsätzlich alles ausgesprochen hat, was das Tröstungsschema erfordert, kann von den beiden anderen Freunden nichts wesentlich Neues beigebracht werden. Was Bildad und Zophar zu tun übrig bleibt, ist, das von Eliphas Ausgesprochene formal zu variieren und es im übrigen einfach gegen Hiobs Bestreitung zu behaupten, ohne Relativierung und ohne Abstriche. 369 370

So KB, s.v. nu 1/1; Z: „deine Wohnstatt" ; so GB s.v. nu I 2. Lies: riJW? mit LXX, Pesch.

Die Freunde

129

Innerhalb des ersten Redeganges wandelt sich darum lediglich die Stimmung, welche die Freundesansprachen beherrscht: Hat Eliphas seine Sache mit freundlichem Wohlwollen und mit rücksichtsvoller Zurückhaltung vorgetragen, so wird der Ton der zweiten und dritten Freundesrede härter, streitbarer, verletzender, je ausdauernder Hiob auf dem Standpunkt seiner Unschuld beharrend die Anwendung des Tröstungsschemas verhindert. Darum kommt in der ersten Bildadrede und in der ersten des Zophar schon deutlich die Form der Streitrede zum Zuge. Dennoch bleibt aber das zentrale Anliegen noch immer — parallel der Eliphas-Ansprache - die Anwendung des Tröstungsschemas: Die Behauptung von Hiobs Verschulden (8,3f.; 11,6f. 14) und die Ermunterung zur Buße, auf der die Verheißung liegt ( 1 1 , 1 5 - 1 9 ; 8,6f. 20ff.). Im Tröstungsschema, das so die Freundesreden der ersten Runde beherrscht, figurieren Sentenzen, die als Einzeläußerungen gut der allgemeinen, alten Weisheitslehre entstammen können. Hier einige Beispiele: 4.8

Die Unrecht pflügen und Unheil säen, die ernten es auch.

5,6

Nicht aus dem Staube geht Unheil auf; nicht sproßt aus der Erde das Leid.

5,7a

(vielmehr:) Der Mensch ists, der das Leid erzeugt.

8.9

Von gestern sind wir und wissen nichts; ein Schatten sind unsere Tage auf Erden.

11,7

Kannst du die Tiefen Gottes ergründen oder die Vollkommenheit des Allmächtigen fassen? 3 7 1

11,12

Auch ein Hohlkopf kann noch Verstand annehmen und ein junger Wildesel noch zum Menschen werden.

Einige dieser Sprüche betreffen den „Tat-Ergehen-Zusammenhang" (von den zitierten Beispielen 4 , 8 ; 5 , 6 ; 5,7a). Wo dieser zur Sprache kommt, geschieht es jedoch allermeist nicht in der Ausdrucksweise der alten, kosmologisch ausgerichteten, sondern vielmehr in Form und Haltung der späten, anthropozentrisch interessierten Weisheit 372 , die an den nachexilisch verstandenen Begriffen vom „Gerechten" und vom „Frevler" („Gottlosen") orientiert ist. Bezeichnenderweise erscheinen diese Sprüche vorwiegend in Redeabschnitten, die das üble Schicksal des Gottlosen (jTOh) bzw. den Glückslohn der Frömmigkeit zum Gegenstand haben 3 7 3 . 371 372

zeigt.

Zu Irtan vgl. KB, s.v.; anders Fohrer, z.St. Ihren dogmatisierten Charakter hat Schmid, Weisheit, 161 ff. 199 überzeugend aufge-

3 7 3 Siehe etwa 4 , 8 - 1 1 ; 4 , 1 7 - 2 1 ; 5 , 1 1 - 1 6 ; 5 , 1 7 - 2 6 ; 8,6f.; 8 , 1 2 - 1 9 ; 8 , 2 0 - 22; 11,20. - Schmid, Weisheit, 155 ff. erweist diese Thematik als Sondergut der jungen Weisheit.

130

Die H i o b - D i c h t u n g

Die Funktion des Themas „Los des Gottlosen" besteht in diesem ersten Redegang noch hauptsächlich darin, H i o b einen Spiegel v o r z u h a l t e n : Sein Schicksal soll damit als Frevler-Los verständlich g e m a c h t und er selbst zur Einsicht geführt werden, daß er sich versündigt haben müsse. G a n z klar wird dies im Falle der ersten Rede Bildads 8 , 1 1 - 1 9 : 8,11

Wächst hoch das Schilfrohr, wo kein Sumpf ist ? Wird das Nilgras groß ohne Wasser ?

12

Noch grünt es, ist nicht reif zum Schnitt da verdorrt es schon vor allem Grase.

13

So ist auch das Ende aller, die Gottes vergessen, so wird auch die Hoffnung des Gottlosen zunichte,

14

der sein Vertrauen setzt auf dünne Fäden und seine Zuversicht auf Spinnengewebe.

15

Er stützt sich auf sein Haus, und es hält nicht stand, er hält sich daran, und es steht nicht fest.

16

Vollsaftig steht er in der Sonne, und seinen Garten überwuchern seine Sprosse. Über Geröll schlingen sich seine Wurzeln, zwischen Steinen greift er durch.

17 18 19

Doch wenn man ihn losreißt von seiner Stätte, verleugnet sie ihn : Ich sah dich nie. Siehe, das ist die Wonne seines Lebens, und aus dem Staube sproßt ein andrer.

Die hier gebotene Schilderung des Gottlosen schließt an das W o r t 8 , 1 1 vom Schilfrohr an, das nicht wächst, wo kein Sumpf ist. 8 , 1 2 - 1 9 expliziert somit den G e d a n k e n : „Sollte es Not geben ohne Schuld ? " Und andererseits wird die Quintessenz aus ebendiesem Passus folgenderm a ß e n gezogen: 8,20

Siehe, Gott verwirft keinen Frommen ; aber er geleitet auch keinen Missetäter 3 7 4 .

Nur ganz am Rande erscheint die Schilderung des Frevlers bereits in einer anderen, abschreckenden Funktion 3 7 s : Innerhalb des hymnischen Gotteslobes der ersten Eliphas-Rede ( 5 , 9 - 1 6 ) , deren Anfang und Ende Weisheit, Güte und Gerechtigkeit Gottes preisen, wird V. 1 2 - 1 4 Jahwä als der Gott dargestellt, der mit dem Frevler übel verfährt. Diese ihrer Form nach sehr diskrete Abschreckung bildet den dunklen Hintergrund für die lichte Verheißung, die im Falle der Annahme der Buße erfüllt werden solle. - In der gleichen Funktion begegnet der Hinweis auf das bittere Ende des Übeltäters im letzten Vers der ersten ZopharRede:

374

Z : „und hält nicht fest die H a n d der M i s s e t ä t e r " .

375

Z u r R o l l e der Schilderung des Frevler-Loses in den späteren Reden s. S. 1 3 8 .

131

Die Freunde 11,20

. . . a b e r die Augen der G o t t l o s e n s c h m a c h t e n dahin, [jede] Z u f l u c h t ist ihnen a b h a n d e n g e k o m m e n 3 7 6 , u n d ihre H o f f n u n g ist V e r h a u c h e n der Seele.

Soviel Weisheitliches in diesen Tröstungen zum Zuge kommt, ja so sehr es Weisheit ist, was die Aussagen im einzelnen bestimmt, das Rßzept der Tröstung ist nicht von der allgemeinen Weisheit, auch nicht von deren jüngerer, dogmatisierter Form, angeregt. Diese spricht zwar mit Vorliebe von des Frommen Gedeihen und von des Gottlosen Untergang — man denke nur an den Weisheitspsalm 1 ! Aber sie tut es im Interesse allgemeiner Belehrung über die Frage: Wie richte ich mich ein, um nicht unterzugehen, sondern zu überleben 377 ? Mit der Frage der Wandlung des Unglücklichen zum Glücksträger bzw. einer solchen des Frevlers zum Frommen befaßt sie sich dagegen nicht. Auf dieser Wandlungsmöglichkeit aber beruht das ganze Tröstungsschema der Freunde. Auf genau dieser Wandlungsmöglichkeit beruhte aber auch schon längst vor der Hiob-Dichtung ein Tröstungsunternehmen von historischem Ausmaß: das des Propheten Ezechiel. Und es ist sein Tröstungsschema, auf welches als frühestes Vorbild das der Hiobfreunde zurückgeht. Ezechiel hat, soweit wir sehen können, einerseits als erster die persönliche und adäquate Vergeltung alles guten und bösen Wandels durch Jahwä gelehrt 378 und damit die Sünde Israels für das Exil verantwortlich gemacht, das er als reine Strafe verstanden wissen wollte. Andererseits schrieb er dieser Strafzeit auch zugleich den Charakter der Sühnezeit zu, die das Volk für eine Umkehr zum Gehorsam gegenüber Jahwä nützen sollte. Ez. 1 8 , 2 1

W e n n sich a b e r der G o t t l o s e b e k e h r t v o n all den Sünden, die e r begangen

hat,

und alle m e i n e S a t z u n g e n

( 'πίρπ ) hält und

Recht

( Dftfn ) und G e r e c h t i g k e i t ( n j n s ) übt, s o soll er a m L e b e n b l e i b e n ; e r soll nicht sterben. 22

Aller der M i s s e t a t e n , die er begangen hat, w i r d ihm n i c h t m e h r gedacht;

u m der G e r e c h t i g k e i t willen, die er g e ü b t h a t , soll er

am

Leben bleiben. 23

H a b e ich e t w a W o h l g e f a l l e n a m T o d e des G o t t l o s e n , s p r i c h t J a h w ä , und nicht vielmehr d a r a n , d a ß e r sich v o n seinem W a n d e l

bekehre

und a m Leben bleibe? 25

U n d da sagt i h r : „ D e r W e g J a h w ä s ist nicht r i c h t i g ! " So h ö r t d o c h , ihr v o m H a u s I s r a e l : mein W e g sollte n i c h t richtig sein ? Sind n i c h t vielmehr eure W e g e nicht r i c h t i g 3 7 9 ?

3,6 377 378 379

Z : „verloren" ; vgl. zur Bedeutung von "ΠΚ 1.Sam. 9 , 3 . Schmid, Weisheit, 1 5 6 f . S.o.S.70. Zu Ez. 1 8 , 2 I f f . vgl. H z . 3 3 , 1 0 - 2 1 .

Die Hiob-Dichtung

132

Und drittens legte Ezechiel auf Umkehr und Buße die Verheißung neuer Gnade. Und das alles gipfelte in der Verheißung einer Erneuerung der zerschlagenen Nation, deren „ T o d " im Zusammenbruch des Reiches unter den Schlägen Nebukadnezars nicht das Letzte sein sollte 3 8 0 . Ez.37,21 b

Siehe, ich w e r d e die Israeliten h e r a u s h o l e n a u s den V ö l k e r n , u n t e r die sie gegangen sind, und sie von allen Seiten her s a m m e l n und sie heim, in ihr L a n d führen.

23 b

D a n n w e r d e n sie mein V o l k sein, und ich w e r d e ihr G o t t sein.

26

U n d ich w e r d e einen F r i e d e n s b u n d mit ihnen schließen, ein e w i g e r B u n d mit ihnen soll es s e i n ; und ich w e r d e mein H e i l i g t u m in ihrer M i t t e bestehen lassen für i m m e r .

Diese Verkündigung Ezechiels hat zunächst dadurch unabsehbare Bedeutung erlangt, daß sie vor allem dem exilierten Volksteil in Babylon die Kraft vermittelte, sich im Exillande nicht nur an die Religion seiner Väter zu halten 3 8 1 , sondern auch die äußersten Anstrengungen zu unternehmen, Jahwäs Willen zu erkennen und ihm gemäß zu leben. So hat Ezechiels Prophetie das Exiljudentum religiös konstituiert und es in der Hoffnung auf eine Rückkehr nach Juda zusammengehalten 3 8 2 . Ihre Krönung aber erhielt Ezechiels Verkündigung erst nach dem Tode des Propheten, durch den Verlauf der politischen Geschichte des Vorderen Orients. Als sich die militärische Überlegenheit des Persers Kyros über die ganze westasiatische Welt abzuzeichnen begann, erwuchs in Deuterojesaja die Überzeugung, die Zeit der Buße sei zu Ende, Kyros werde als Jahwäs Werkzeug Babel niederwerfen, die Exulanten befreien und Juda wieder aufrichten 3 8 3 . Jetzt war die Zeit gekommen, der Exilgemeinde das historische Geschehen ihrer Tage im Lichte von Ezechiels Prophetie zu deuten. Hatte Ezechiel gelehrt, das Exil als Sühnezeit zu verstehen, so verkündigte nun Deuterojesaja, die Sühne sei überreichlich geleistet und die neue Gnadenzeit, nach der Ezechiel das Volk ausschauen gelehrt hatte, sei nun umittelbar im Anbruch. Jes.40,1

T r ö s t e t , t r ö s t e t mein V o l k ! ( isy inrij mnj ) spricht e u e r G o t t .

3 8 0 Ez. 3 6 ; 3 7 . Hölscher, Hesekiel und Zimmerli möchten gewisse Partien von F.z. 3 6 als nachträglich eingefügt ausscheiden. 381 w i e dazu auch andere Elemente der Prophetie Ezechiels (etwa die Thronwagen-Vision etc.) grundlegend mitgewirkt haben, ist hier nicht zu erörtern. Vgl. dazu z.B. Fohrer-Galling, 14 f. 3 8 2 Noth, Geschichte 2 6 7 . 3 8 3 Noth, Geschichte 2 7 2 .

133

Die Freunde 2

Redet Jersusalem zu Herzen und rufet ihr zu, daß ihr Frondienst vollendet, daß ihre Schuld

bezahlt i s t ; denn sie hat von der H a n d

J a h w ä s Zwiefältiges empfangen um all ihrer Sünden 9

willen.

Auf hohen Berg steige, du Freudenbotin Zion ! Erhebe mit M a c h t die Stimme, du Freudenbotin J e r u s a l e m ! Erhebe sie ohne F u r c h t ! Sprich zu den Städten J u d a s : Siehe da, euer G o t t !

10

Siehe da, der G o t t J a h w ä zieht einher in K r a f t . . . Siehe, die er gewonnen, k o m m e n mit i h m ; die er sich erworben, gehen v o r ihm h e r !

Babel fiel 5 3 9 v.Chr. Und bald darauf erging das Edikt des Kyros zur Wiederherstellung des Heiligtums von Jerusalem, und — wenigstens schubweise — durften die Exulantenfamilien nach Juda zurück 3 8 4 . Blieb auch das M a ß der von Kyros gewährten Gnaden und blieb vorab der äußere Rahmen der Rückkehr und des Wiederaufbaus weit hinter dem zurück, was man sich aufgrund von Deuterojesajas enthusiastischer Verkündigung in geradezu eschatologischer Herrlichkeit ausgemalt hatte, so erwies sich doch allein schon die Tatsache von Exilende und Möglichkeit zum Neuanfang als dermaßen überwältigend, daß die unerfüllten Erwartungen darob zunächst in den Hintergrund traten. Für das Bewußtsein des Volkes hatte sich Jahwä durch seine Geschichtslenkung zu Ezechiels Prophetie bekannt: Was Ezechiel in Aussicht gestellt hatte, war durch Jahwä erwahrt worden: Ezechiels Verkündigung war uneingeschränkt als Jahwäs Wort zu verstehen. Es ist hier nicht der Ort, die nachexilische Geschichte im einzelnen zu verfolgen. Die bisherigen Linien des Geschehens genügen, um verständlich zu machen, daß Ezechiels Theologie, vorab eben seine Schicksalstheologie, aufgrund von Exil und Exilende in nachexilischer Zeit zu geradezu kanonischem Ansehen gelangte. Daß die von ihm als Jahwäwort statuierte Maxime der persönlichen adäquaten Vergeltung von Sünde und Frömmigkeit im offenen Widerspruch zu zentralem Jahwäwort früherer Zeiten stand 3 8 5 , überging man. Daß Jahwäs Schicksalsmaximen nicht zeitlos starr und unwandelbar sein mußten, sondern zeit- und verhältnisbezogen hätten sein können, damit rechnete man nicht. Und so erwog man nicht, daß Ezechiels Vergeltungslehre später einmal ebensogut von einer anderen Verständnisweise würde abgelöst werden können, wie sie selber die Schicksalssicht des Dekalogs (Ex. 2 0 , 5 f . ) 3 8 6 abgelöst hatte. Man konnte das alles um so leichter überse3 8 5 S. o. S. 71. Noth, Geschichte 276 ff. 283 ff. 304. 318. 3β6 £ ) e r p a s s u s n d e r Würdest du mich doch in Unrat S 2 4 eintauchen, daß meine Kleider vor mir Abscheu hätten.

Das traurige Fazit dieser Feststellung: Hiob muß als Schuldiger gebrandmarkt werden — so oder so! Der Unrat, in den Gott ihn taucht, ist Hiobs Schicksal, das ihn seinen Freunden und damit seiner ganzen Mitwelt „stinkend" ( = verrufen) macht S 2 S . Die Brutalität dieses Bildes ist in seiner Anwendung auf „Gott" nur zu verstehen als Ausdruck des subjektiven Empfindens eines Unschuldigen, der über sein ganzes sonstiges Elend hinaus noch die Verachtung, den Spott und die Sticheleien einer Mitwelt auszukosten hat, die in ihm den durch Gott entlarvten Heuchler und Bösewicht zu erkennen meint. Diese Irreführung des menschlichen Urteils über Hiob wird von diesem als himmelschreiender Rechtsbruch erlebt. Darum: 9,20

Bin ich auch im Recht (pTRrO(0, sein M u n d S 2 6 versetzt mich ins Unrecht ('W^T). Bin ich auch unschuldig (Ol) 5 2 7 , macht er mich zu einem, der krumme W e g e geht 5 2 8 .

S.o. S. 129; 137. Hier hat in den Freundesreden, wie oben S. 136 gezeigt worden ist, der Hinweis auf das Schicksal des Gottlosen seinen O n : Dieser Hinweis soll Hiob zum Geständnis seiner Schuld und damit zu einem ersten Schritt zu Buße, Umkehr und neuem Heil bewegen. 522 Ζ traditionsgemäß: „wenn ich mich schon mit Schnee wüsche". Man hat jedoch mit Low, I 648f. in jbt das Homonym II zu sehen: Saponaria, Seifenkraut. So KB 972 und seit Tur-Sinaj die meisten Ausleger. 523 Zur Emendation s. Fohrer, 199f. 524 T M : „würdest du mich in die Fanggrube ( nntfa) eintauchen". Lies mit LXX (έν ρύπψ εβαψας) 'rtn < »noa 525 Zu dem Ausdruck vgl. Gen. 34,20; 1.Sam. 13,4; 2 7 , 1 2 ; 2.Sam.lO,6; 1 6 , 2 u . a . 526 Z : „mein M u n d " ; lies aberl'B. 527 Ζ hat den ganzen Vers im Irrealis. 528 Z : „und spräche mich schuldig", tfpy = „krumme Wege gehen". Lies: 'Jt^pyi . 321

Hiob

171

Ganz Ähnliches äußert auch der oben besprochene Vers 1 0 , 1 5 S 2 9 . Das Gefühl rechtlosen Ausgeliefertseins muß aber, will man dem Dichter keine falschen Wertungen unterschieben, auf dem zeitgeschichtlich gegebenen Hintergrund der herrschenden Schicksalslehre bedacht werden: Solange Gott das Dogma der adäquaten Vergeltung duldet, provoziert er durch Hiobs Mißhandlung das unüberwindliche Vorurteil gegen ihn. Vergeblich hat darum Hiob seine Freunde schon angefleht: 6,29

Kehrt doch um! Es geschehe kein Unrecht! Ja kehret um ! Noch bin ich im Recht!

Vergeblich fleht er sie daher auch erneut a n : 19.6

Erkennet doch, daß mich Gott zum Unehrlichen gestempelt 530 hat, indem er sein Fangnetz über mich warf 5 3 1 !

Das Bild vom Fangnetz hat in Israel mit der Rechtssphäre ursprünglich nichts zu tun. In dieser Anwendung stammt es - wie die eine und andere geistige Anleihe der nachexilischen Zeit - aus Babylonien. Dort fängt Enlil (der „Alte Bei") die Rechtsbrecher im Netz 5 3 2 ; und Marduk (der spätere Bei) fängt darin die schöpfungsfeindliche Rotte, die Tiamat und Kingu gefolgt war 5 1 3 . Vom alten Weltherrn und Weltschöpfer Mesopotamiens ist das Bild auf Jahwä übertragen worden. Wem das Fangnetz übergeworfen wird, ist somit ein Feind Gottes bzw. ein Frevler an Gottes Ordnungswillen. Auf Schritt und Tritt erweckt Gott so die Meinung, Hiob müsse sich vergangen, ja schwer vergangen haben. Damit täuscht er einen Tatbestand vor, setzt den Gerechten ins Unrecht und spielt obendrein noch den Rechtlichen. Darum schreit es der nächste Vers ganz unverhohlen in die Welt hinaus: 19.7

Seht, ich schreie ,Gewalttat' (Opq) und bekomme nicht Antwort, ich rufe um Hilfe und finde kein Recht!

Ist die Welt, wie das Dogma es will, etwas wie ein Rechtsstaat, so ist eben das, was Hiob widerfährt, etwas, was nicht vorkommen dürfte: Gewalttat. Jahwä ist sonst im Alten Testament aufs höchste an Recht und Gerechtigkeit interessiert und darum grundsätzlicher Feind aller, die Terror (opn) üben. Hier nun erscheint umgekehrt Jahwä selber als der, der Hiob vergewaltigt, ihn um sein Recht gebracht hat, ihn terrorisiert! 529

S. S. 168 f.

Ζ : „ . . . daß Gott mein Recht gebeugt". Aber 'im* mi>K '3 ist wohl wörtlich in personal-transitivem Sinne zu verstehen: my Pi. „verkrümmen" (z.B. eines Waagebalkens, Am.8,5. Vgl. Maag, Arnos 52. 182 N r . 4 4 6 ) , d.h. etwas Gerades krumm machen. Hier personal bezogen: Hiob, der ein "ttf· (wrtl.: „ein Gerader") ist, zum „Krummen", d.h. zum Dubiosen machen, bzw. deklarativ: als Dubiosen erscheinen lassen. 5 3 1 Z : „und mich mit seinem Netz umfangen hat". 5 3 2 Meissner, Babylonien und Assyrien, II 157. 5 3 3 Enuma elis, IV 9 5 f f . ; A O T 1 1 9 ; ANET 5 67. 530

172

Die Hiob-Dichrung

W e n n G o t t g a r s e l b e r d i e W e l t in b e z u g auf H i o b s w a h r e n

Charakter

t ä u s c h t , d a n n ist s c h l e c h t e r d i n g s v o n i h m n i c h t zu e r w a r t e n , d a ß er H i o b s Unschuld aufdecken helfen würde. An einem ordentlichen Verfahren

der

R e c h t s f i n d u n g k a n n i h m unter s o l c h e n U m s t ä n d e n gar nicht g e l e g e n sein. 9,16

W o l l t e ich i h n v o r G e r i c h t z i e h e n , e r s t ü n d e n i c h t R e d e . Ich k a n n n i c h t g l a u b e n , d a ß e r m i c h h ö r t e .

Derselbe G e d a n k e begegnet, nur n o c h härter formuliert, 23,6

W i r d " 4 e r ( G o r t ) in A l l m a c h t m i t m i r r e c h t e n ? N e i n ! W i e er n u n e i n m a l i s t 5 3 5 , w ü r d e er die Schuld n u r auf

mich

schieben53'. D a G o t t ja w i s s e n m u ß , d a ß , w e n n e s u m s R e c h t g i n g e , e r n i c h t k ö n n t e , w ü r d e er, s t a t t es auf e i n e n w i r k l i c h e n R e c h t s h a n d e l

bestehen

ankommen

zu lassen, v o n seiner überlegenen M a c h t f ü l l e G e b r a u c h m a c h e n . So k ä m e es gar so weit, d a ß H i o b d e m , der sein Recht beugt, so hilflos preisgegeben wäre, d a ß er vor i h m zu Kreuze kriechen m ü ß t e : 9,15

A u c h w e n n ich i m R e c h t b i n , k ö n n t e ich m i c h n i c h t w e h r e n Z u dem, der mein Recht manipuliert

538

537

;

, m ü ß t e ich g a r u m E r b a r m e n

flehen. G o t t a l s o in d e r R o l l e d e s m i t d e m R i c h t e r m a n t e l b e k l e i d e t e n

Rechtsbre-

chers, der das Recht nach seiner Willkür h a n d h a b t ! Verzichtet H i o b darauf, an die V o r t ä u s c h u n g der Rechtlichkeit zu denken,

so bleibt

aber als

nackte Tatsache: 9,19

G i l t es d i e K r a f t e i n e s S t a r k e n , ist er z u r Stelle gilt es d a s R e c h t ( Β9Ϋ&), w e r k a n n

534

540

539

;

ihn vorladen

541

?

Z : „würde". So gebe ich das exponierte mn wieder. 536 Anders, mit emendiertem Text, Ζ und viele K o m m e n t a r e : Allein Dt. 7 , 1 5 sichert für a O'lp die Bedeutung „aufladen ", „ a u f b ü r d e n " , „auferlegen" ; s. KB 2 s.v. D'fe, ebenso GB. 537 Z : „könnte ich nicht a n t w o r t e n " . Gemeint ist mit n»K das jeweilige Antworten im Rahmen des vorgestellten Rechtsstreites. Schweizerdeutsch: „ u m e g ä ä " entspricht genau der G r u n d b e d e u t u n g der Wz. ' n j . Hiob könnte - das will er sagen - nicht debattieren, w ä r e nicht fähig, sich disputando für sein Recht einzusetzen. 538 Z : „zu meinem Richter" (cj. ). T M : 'ppttpi' . D a r a n wird immer wieder herumlaboriert. So etwa KB 1 0 0 3 b 'C^fta1? „ u m mein R e c h t " ; aber das nützt nichts: H i o b bek o m m t es ja nicht, und flehen m u ß er nach dem Z u s a m m e n h a n g der Stelle um G n a d e : ]jnnx ! - Hölscher, 2 6 : „mein Gegner" (ohne weitere Erklärung). Ich ändere den T e x t nicht. W a s vorliegt, ist ein part.po'el, wie es ursprünglich sicher nicht nur von Verba m e d . g e m . gebildet worden ist. Die Form wegzudeuten, nur weil sie in klassischer Zeit nicht mehr geläufig ist, scheint mir nicht geraten zu sein. Fragt man sich, was dieses po'el hier will, so dürfte sich empfehlen, darin den Ausdruck f ü r ein geschäftiges Tun zu erblicken: OQtl) „einer, der das Recht manipuliert". In der vorgestellten Situation hätte ja Gott die Rollen von y t h und BDI® gleichzeitig zu spielen. 539 Ζ : „siehe, da ist er". - Lies mit Tg. Tun . 540 541 Ζ : „will". T M : 'J-ryv s. Fohrer, z.St. 535

Hiob

173

Man sollte diesen Satz aus Hiobs Mund nicht vergessen 542 . Und wenn einem diese geballte Formulierung um der (graphisch freilich sehr leicht zu vollziehenden) Emendation willen zu unsicher sein sollte, dürfte man doch nicht übersehen, daß die ganze Reihe auf sie hinführender Verse ( 9 , 7 ; 9 , 1 5 f . ; 9 , 1 9 ; ) und zudem die ihr unmittelbar folgenden W o r t e ( 9 , 2 0 f f . ) alle dasselbe s a g e n : M a c h t statt R e c h t !

Eine ähnlich lapidare Feststellung findet sich in Hiobs Antwort auf die dritte Rede des Eliphas: 23,13

E r b e s c h l o ß S 4 3 es - wer mag ihm wehren ? Ihn g e l ü s t e t ' s 5 4 4 - und er vollbringt's!

Da darf doch niemand mehr von Recht reden! Gott zuallerletzt, und ebensowenig die, die für ihn einstehen wollen, auch wenn das verhängnisvolle Dogma auf Gottes Prophetenwort zurückgeht! Angesichts des immer wieder vorgetäuschten Anscheins von Rechtlichkeit wird Hiob gelegentlich so rasend, daß er sein Leben in die Schanze schlägt, um nur den Protest gegen den an ihm erfolgten Rufmord laut hinausschreien zu können: 9,21

oder 13,13b 14 15

Schuldlos bin i c h ! Ich achte nicht meiner Seele, und ich verschmähe mein Leben ! . . . es k o m m e über mich, was da m a g ! O b ich gleich Leib und L e b e n S 4 S aufs Spiel s e t z e 5 4 6 : M a g er mich t ö t e n ; ich h a b e ja doch nichts zu hoffen 5 4 7 . N u r meinen (rechtschaffenen) Wandel will ich ihm ins Angesicht vorhalten54e.

Dieselbe H a l t u n g bekunden — in n u r noch aggressiverer Formulierung - zwei H i o b - W o r t e aus dem letzten Redegang, auf welche bereits verwiesen worden i s t : 2 3 , 2 - 7 und 3 1 , 3 5 - 3 7 5 4 9 . Auf sie wird noch zurückzukommen sein.

In solchen Augenblicken wandeln sich Hiobs Abscheu und Entsetzen in puren Haß und seine Verzweiflung in Entschlossenheit zum Kampf — wohlverstanden: immer im Banne der unseligen Voraussetzung, Gott selber lasse das Vergeltungsdogma als die richtige Lehre über sein Schicksalswalten gelten! Wenn sich Gott jedoch so verhält, ist er unglaubwürdig. Dann aber ist er nicht Gott, sondern ein Dämon 5 5 0 ! S. dazu unten, S. 199. Z : „wollte". 5 4 4 Z w ö r t l . : „sein Herz begehrt es". 5 4 5 Z : „Seele". 5 4 6 Ζ Fußnote z. St.; wörtl.: „Ich will mein Fleisch in meine Zähne nehmen und meine Seele auf meine Hände legen." 5 4 7 Z : „Siehe, er tötet mich; ich halte es nicht aus." 5 4 8 Ζ : „Nur will ich meine Wege ihm ins Angesicht dartun!" 5 4 9 S.o. S. 146f. 172f. 5 5 0 S.o. S. 159. 160f. 168. 542

543

174

Die Hiob-Dichtung

W e r hier nicht deutlich sieht, wird die Hiob-Dichtung zwangsläufig fehlinterpretieren. Der „ G o t t " , den Hiob haßt und den er herausfordert, ist nicht der Gott der Patriarchen und nicht der Gott des Auszugs aus Ägypten. Er ist auch nicht der Gott der alten Psalmen 5 S l oder der vorexilischen Propheten - bis auf Ezechiel. Er ist nicht der Gott Israels, sondern der einer seit dem Exil mächtig gewordenen dogmatischen Fiktion. Weil sich das Dogma nicht mit der gottgeschaffenen Wirklichkeit deckt, ist es u n w a h r " 2 ; und darum ist sein „ G o t t " nicht Gott, sondern jener Dämon, der Menschen, wo es ihnen gut geht, in überheblicher Sicherheit wiegt - wie die Freunde - und sie, wo es ihnen übel geht, in Verzweiflung stößt - wie H i o b 5 5 3 . Daß dieser Dämon nur in der menschlichen Vorstellung existiert, macht ihn um nichts minder dämonisch; denn sowohl die von ihm bewirkte Überheblichkeit als auch die von ihm heraufbeschworene Verzweiflung sind Lebensrealitäten mit unabsehbarer objektiver Auswirkung. Es sind Tatsächlichkeiten, die für Hiob zur Hölle geworden sind. In einzelnen Hiobworten wird diesem Ungott denn auch eine unverkennbar dämonenhafte Kennzeichnung zuteil: 9,11 17

Geht er an mir vorüber, ich sehe ihn nicht; fährt er daher, ich gewahre ihn n i c h t . . . Er, der im Sturmwind nach mir hascht und mir ohne Grund viele Wunden schlägt.

Und ähnlich: 16,12 13

Ich lebte ruhig; da zerbrach er mich, packte mich beim Nacken und zerschmetterte mich. Seine Pfeile schwirrten um mich her. Erbarmungslos durchbohrt er meine Nieren und schüttet meine Galle auf die Erde.

Faßt man die negativen Züge des in Hiob sich konstellierenden „Gotttes"-bildes zusammen, so ergeben sich folgende Umrisse: Er bestraft Jugendsünde und kreatürliches Unvermögen an einem Manne, der sich seit Jahr und Tag mit allen Kräften um einen frommen Wandel bemüht. Er ist der unvertraute Dämon, der einen mir nichts, dir nichts anfällt und vernichtet. 5 5 1 Dagegen steht die nachexilische Psalmendichtung unter dem Einfluß des D o g m a s : ζ. Β Ps. 1 und andere Weisheitspsalmen: 9 1 ; 1 1 2 ; 1 2 8 . Vgl. dazu Gunkel und Beglich 3 8 5 f . 3 9 . und Psalmen-Kommentare. Ferner H . H . Schmid, Weisheit. 5 5 2 Die Diskrepanz zwischen Lehre und Wirklichkeit wurde schon Würthwein, 2 5 5 . 5 5 3 Ahnlich schon Oettli, Duhm, Würthwein, Leveque, vgl. S. 183.

richtig

gesehen vor

Hiob

175

Und zu alledem ist er der hämische Heuchler, der das alles mit dem Mantel der Rechtlichkeit umhüllt. Diesen dämonischen „Gott" 5 5 4 muß Hiob hassen — wenn er nur durch das Fieber von ihm genesen kann! Gelingt dies, dann wird er frei für den Gott, dessen Bild er - trotz allem - als tiefe Einprägung in seiner Seele trägt. Wenn Hiob gegen das Trugbild wütet, geschieht es ja wirklich nur, um an seiner Stelle Gott wieder zu finden. Die Heilung kann nur dadurch herbeigeführt werden, daß das Ineinander der beiden Bilder entflochten wird, so daß das eine vom andern unbelastet wiedererstehen kann. Und tatsächlich ist es stellenweise, als liege eine solche Scheidung nahe. So fragt Hiob einmal: 13,24

W a r u m verbirgst du dein Angesicht und hältst mich für deinen Feind ?

So fragen kann Hiob nur aufgrund des besseren Wissens, daß Gott so, wie er ihn jetzt sieht, in Wirklichkeit nicht ist. Gottes momentane Haltung verdeckt sein wahres Gesicht, d.h. sein eigentliches Wesen. Die schreckliche Erscheinung eines brutalen und zynischen Rechtsverdrehers wird hier, wenn auch nur für einen Augenblick, als bloße Maske erahnt. Ein andermal bahnt sich eine eigentliche Scheidung von positiv und negativ erlebtem Gott an: Hiob sieht Gott als den aus unerklärlichen Gründen über ihn Ergrimmten und von eigentlicher Strafsucht hingerissen Rasenden. Aber damit verbindet Hiob zugleich die Vorstellung, dieser selbe Gott möchte ihn doch vor seiner eigenen Wut schützen, indem er ihn vor deren Ausbruch in Deckung brächte. Der Ort freilich, an welchen nach volkstümlich-alttestamentlicher Anschauung Jahwä am sichersten nicht hinkommt, wohin darum auch sein Zorn nicht reicht, weil dieser Ort außerhalb von Jahwäs Domäne liegt, ist das Totenreich sss . Und so formt sich in Hiob der Gedanke, dort Zuflucht finden zu können: 14,13

556

Ο daß du mich bergen würdest im Totenreich, mich verstecktest, bis dein Zorn sich gelegt h ä t t e 5 5 7 ! Ο daß du mir eine Frist (ph) setztest und dann meiner wieder gedenken wolltest!

5 5 4 Es handelt sich hier nicht um das von Volz beobachtete „Dämonische in Jahwä". Dieses ist frei von den für die Hiobdichtung bezeichnenden Zügen der verächtlichen Kleinlichkeit und des Rechtszynismus. 5 5 5 Maag, Tod und Jenseits 20. - Hi. 3,17-19 zeigt, daß auch der Hiob-Dichter diese allgemein alttestamentliche Anschauung teilt. Durchbrochen wird sie dagegen etwa Am. 9 , 2 ; aber diese Sicht ist singular und wirkt im alttes tarn entlichen Geistesleben nicht nach. Zu dem sogleich folgenden Vers 14,13 vgl. auch die treffenden Ausführungen von Fohrer, 257f. 5 5 6 Hi. 1 4 , 1 3 - 1 7 . In Einzelheiten abweichend von Z. 5 5 7 Zur Bedeutung von Sti in Verbindung mit ηχ/ηκ pin/nan s. Leveque, 457 A.2.

176

Die Hiob-Dichtung

14 b 5 5 8

Die ganze mir auferlegte Zeit dieses Sonderzustandes wollte ich ausharren, bis meine Wandlung einträte.

15

Dann riefest du mich, und ich würde dir mit Freuden 5 S 9 antworten. Nach dem Machwerk deiner Hände würdest du dich sehnen.

16

Ja, dann würdest du meine Fehltritte nicht anrechnen 5 6 0 würdest nicht achten auf S 6 1 meine Übertretung.

17

Versiegelt im Behältnis wäre mein Vergehen und meine Schuld mit Kalk übertüncht.

Zu 14,13 ist zu bedenken, daß Jahwä derer, die in der sind, nicht mehr gedenkt (T3T). Dies ergibt sich aus der soeben angetönten Stellung der Unterwelt außerhalb von Jahwäs Welt. Eben darum müßte schon bei Beginn dieser Bergung deren Dauer bestimmt, d.h. eine Frist gesetzt werden (ph - nur gerade lange genug, bis Gottes Zorn verraucht sein würde. Danach sollte Jahwä Hiobs erneut gedenken. „Die ganze mir auferlegte Zeit des Sonderzustandes" : Diese Ubersetzung ist ein Versuch, zu umschreiben, was im hier vorliegenden Sachzusammenhang mit T}?"^? '(Q? gemeint ist: sicher weder „Heeresdienst" noch „Frondienst" noch überhaupt eine Arbeitsleistung; denn in der Unterwelt treibt man nach alttestamentlicher Anschauung nichts dergleichen 562 . Man wird für das Verständnis der Stelle vielmehr auf die Grundbedeutung von K3S zurückgreifen müssen: eine tabuierte Sozialgruppe (Heer, ordo der diensttuenden Priester, Dämonensippe 5 6 3 ); dann bedeutet es die Lebensform in der betreffenden Gruppe, d.h. das Sonderdasein, wie es die Zeit der Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe mit sich bringt. 'IQ? TJ' ist „die Dauer meines Sonderdaseins". Könnte ein Aufenthalt in der Unterwelt überhaupt befristet werden - wie Hiobs irreales Wünschen es sich träumt - so würde er in seiner Abgewandtheit vom Alltagsdasein tatsächlich dem zeitweiligen Eingegliedertsein in eine unter Sonderbedingungen lebende Menschengruppe vergleichbar sein.

55β γ ) 4 a gehört nicht zu diesem Gedankengang. Entweder handelt es sich um die Margi nalnotiz eines Lesers, der sich darüber wundert, daß H i o b so einfach aus der Unterwel wieder zurückzukehren wünschen kann. (So viele Kommentare). Dann hätte der anzuneh mende Glossator den Akzent dieses irrationalen Wunsches Hiobs nicht erkannt. Oder dei Versteil 1 4 a ist an die falsche Stelle geraten. V. 12 enthält jetzt drei Halbstichen. W ü r d e nui 14 a hinter 12 a versetzt, so entstünden zwei ganze Verse mit gutem Z u s a m m e n h a n g . So Grav in Driver und Gray, z. St. Ferner Z , Anmerkung und Hölscher, z. St. Fälschlich denken Dill mann, Weiser, v . R a d (Theologie I 4 0 5 A . 5 3 ) an wirklichen T o d , dem dann in irgendeine Weise eine Auferweckung folgen sollte. Dagegen richtig Fohrer, 2 5 7 f . , Leveque, 4 5 5 ff (Leveque, 4 5 8 : „Le sejour des m o n s - et non pas la mort elle-meme . . . - deviendrait ains pour un moment moyen de salut.") ' Diese Übersetzung als Umschreibung des stat.energ. 560 Negation mit Pesch. S5

561

L X X ( iayn verlesen aus τηβη ) ist sekundär; s. dazu Gard.

562

Vgl. Hi. 3 , 1 7 - 19. Z u m ganzen Vorstellungskreis s. M a a g , T o d und Jenseits. S. dazu M a a g , Heerscharen 2 5 A . 4 .

563

Hiob

177

Nach Ablauf der Frist müßte dann 1 4 b eine np'^rj, die (Rück)wandlung Hiobs in den Zustand der irdisch Lebenden erfolgen 5 6 4 . Und danach würde J a h w ä seinem Geschöpf Hiob wieder in der alten Zuneigung begegnen, die seinem eigentlichen Wesen als Schöpfer nach Hiobs Dafürhalten einzig entspricht. Der Gedanke, der mit der glücklichen Begegnung nach der Rückkehr aus dem Totenreich spielt, wird V. 16 weitergeführt 5 6 5 . Darum die Anknüpfung mit G o t t würde sich wieder in seiner angestammt großzügigen Freundlichkeit zeigen. W a s heute alles als mögliches, wohl gar teilweise in der Kindheit begangenes Verschulden gegen H i o b ins Feld geführt werden soll, davon möchte Gott gar nichts wissen: er würde es längst im „Behältnis versiegelt", also beiseite gelegt h a b e n 5 6 * . Das andere, V. 1 7 verwendete, Bild für dieselbe Sache ist die Schrifttafel aus Holz oder Stein, auf der ein Memorialtext - in diesem Fall ein Schuldfaktum betreffend - aufgezeichnet i s t 5 6 7 . Ist die Schuld bezahlt oder erlassen, so wird die Schrift getilgt, indem man sie mit Kalk übertüncht.

Das ganze in den Versen 14,13—17 exponierte Gedankenspiel bezeugt einen Hiob, bei dem das vertraute Verhältnis zu dem ihm vertrauten Gott noch so lebenskräftig ist, daß es um sein Dasein ringt, weil es von jenen anderen Zügen, ob denen ihm schaudert, nicht erstickt werden will. Erneut versucht darum Hiob, die erlebte furchtbare Wirklichkeit mit dem ihm vertrauten Gottesbegriff in Einklang zu bringen. In diesem Bestreben deutet er die irrationale Seite, die er unter dem Druck des Dogmas nur als strafenden Zorn erleben kann, nun eben doch anders; als eine gelegentliche Aufwallung, die Gottes eigentlichem Wesen nicht entspricht. Und könnte Hiob nur die gräßliche Zeit einer solchen unheimlichen Phase überleben, so würde sich Gott bestimmt wieder als der gütige Schöpfer erweisen. So möchte sich Hiob wünschen, vorübergehend ins Totenreich ausweichen zu können, um nach Beruhigung des göttlichen Sturmes von dort zurückzukehren: von Gott selbst zurückersehnt, der ja doch sein Geschöpf wieder um sich haben möchte! Und wo Gottes wahres Wesen wieder die Oberhand hätte, da würde es ihm niemals einfallen, Hiobs aus menschlicher Unvollkommenheit begangene Fehltritte nachzurechnen und zu ahnden. Das Charakterbild, das der Dichter mit diesen Versen von Hiob zeichnet, ist alles andere als das eines gotteslästerlichen Rebellen, der sich in maßloser Selbstüberschätzung gegen Gott auflehnt. Dieser Hiob kann vielmehr von seiner Liebe zu Gott - zum wirklichen Gott — auch als noch 5 6 4 Man hat no'^n hier weniger mit dem Begriff der Ersetzung als mit dem des Wechseins zu verbinden, wie es auch bei η^π hi. „Kleider wechseln" der Fall ist. Hiob denkt, „dann" vom Sonderzustand wieder zum Normalzustand zu wechseln. 5 6 5 Gegen verschiedene Kommentare. Sollte dagegen auf den traurigen Jetzt-Zustand verwiesen werden (so u.a. auch Fohrer), so wäre als Satzeröffnung nicht ' 3 , sondern adversatives ι zu erwarten. 5 " Zu T i n a nnn s.o. S. 162A498. 5 6 7 Vgl. Jos. 8 , 3 2 .

178

Die Hiob-Dichtung

so Geschlagener nicht loskommen. Und in welch kindlichem Wunschtraum äußert sich in diesem Falle die verzweifelte Gottesliebe! Von den ungöttlichen Zügen, die ihm im Verlauf der Freundesgespräche diese Liebe überschatten, ringt sich hier sein besseres Gottesverständnis los, indem es das Unfaßliche als Begleiterscheinung einer negativen Phase zu deuten sucht. Das ist nichts anderes als ein geradezu entwaffnender Versuch, Gott mildernde Umstände zuzubilligen. Der

zeitgenössische

Leser

der

noch

nicht

durch

sekundäre

Veränderungen

verunstalteten D i c h t u n g k o n n t e die kindlich-treuherzige A n h ä n g l i c h k e i t H i o b s seinen G o t t viel u n m i t t e l b a r e r w a h r n e h m e n als d e r L e s e r des h e u t i g e n B u c h e s , der Zugang

zu d e r A u s s a g e d e r u r s p r ü n g l i c h e n

D i c h t u n g d u r c h d a s viele

an

dem

später

eingearbeitete Material so sehr erschwert wird.

Meisterhaft zeigt der Dichter, wie Hiob um die Erhaltung seines positiven Gottesverständnisses ringt und wie er dabei seinerseits freilich zu einer mehr als fragwürdigen Theologie gelangen kann: Gott unter dem Schub einer Wutanwandlung, die ihn seine eigentlichen Dimensionen verlieren läßt! Allein, wie sollte ein treuherziger Theodizee-Versuch, wie ihn Hiob hier unternimmt, denn weniger fragwürdig sein als jede Theodizee? Der Leser wird eben Positives und Fragwürdiges des Wunsches, mit dem Hiob spielt, als Augenblicksgedanken verstehen müssen, die in einem um seine Gottesliebe kämpfenden Verzweifelten aufsteigen. Eine korrekte Theologie braucht Hiob in solchen Augenblicken nicht zu entwickeln. Denn noch ist er nicht - wie es dann Kap. 38f. geschieht dahin belehrt worden, daß zu Jahwäs voller Göttlichkeit auch seine Heiligkeit gehört, welche auch Bereiche umfaßt, die den Menschen dunkel und unverständlich bleiben. Wichtig ist hier einzig, daß sich ein besseres Wissen gegen den Würgegriff des Dogmas wehrt. Dafür, daß Hiob von der Vorstellung von dämonischen Zügen Gottes dauernd und in einwandfreier Weise loskommen kann, sorgt in der Dichtung später Gott selber, indem er ihm in seiner Rede die Augen für das wahre Geheimnis der Schicksalslenkung öffnet (Kap.38f.). Dieselbe Sicht wie in dem soeben besprochenen Ausspruch 14,13 ff. begegnet auch 17,3 5 6 8 . Auch hier legt sich Hiob das Dämonische als irrationale Phase des Göttlichen zurecht. Zunächst wird der mißliche gegenwärtige Zustand anvisiert: 568

D a ß 1 7 , 1 ff. nicht die direkte F o r t f ü h r u n g von 1 6 , 2 2 sein kann, sondern einen Neuein-

s a t z darstellt, h a t s c h o n Stephan L a n g t o n , gest. 1 2 2 8 , empfunden, der d a r u m mit 1 7 , 1

ein

neues Kapitel hat beginnen lassen. Uber seine Z ä h l u n g s. O . Schmid, Eintheilungen 2 7 7 .

-

Z w a r spricht auch hier H i o b in der E r w a r t u n g eines bevorstehenden Endes. D e n n o c h liegt inbezug auf die seelische H a l t u n g ein deutlicher H i a t u s zwischen andererseits einen inneren -

prozessualen -

1 6 , 2 2 und

17, I f f .

Z u s a m m e n h a n g konstruieren zu k ö n n e n ,

R i c h t e r u . a . ihn sehen m ö c h t e n , m u ß m a n schon in 1 6 , 1 9 b bereits den „ B ü r g e n " von hineininterpretieren; s . u . S. 1 8 1 A 5 7 8 .

Um wie 17,3

Hiob

17.2

179

Fürwahr, Spötteleien sind mein Teil, und auf Bitternissen muß mein Auge weilen.

In dieser N o t wendet sich H i o b an G o t t : 17.3 4

Lege doch die Bürgschaft für mich bei dir nieder 5 6 9 ! Wer sonst wird in meine Hand einschlagen ? Denn ihr Herz hast du der Einsicht (Vj^ ) verschlossen; drum kannst du sie doch nicht obsiegen lassen 5 7 0 !

Der Gedankengang: Gott weiß Hiobs Lebenswandel steht. Wenn er er es, wenn die finstere Anwandlung bei sich selbst als dem dämonischen Zomausbrüche treffen sollen.

normalerweise - selber gut genug, wie es um das nur immer wüßte! Aber offenbar vergißt über ihn kommt. So müßte der wissende Gott dafür bürgen, daß Hiob als Gerechten keine

Gott müßte diese Bürgschaft um so eher leisten, als aufgrund des über Hiob hereingebrochenen Elends ihm niemand mehr traut und darum keiner mehr mit ihm etwas zu schaffen haben will. Seine Freunde sehen in ihm ja den geheimen Sünder 5 7 1 , weil Gott ihnen ihr Herz vor der Einsicht in den wahren Sachverhalt ( „in Gewahrsam genommen" (JD*) hat. Aber eben: Weil sie nun einmal zur richtigen Beurteilung nicht fähig sind, wird sie Gott doch nicht mit ihrem Irrtum triumphieren lassen! Die B ü r g s c h a f t m u ß sich einmal dahin auswirken, d a ß Gottes Z o r n v o n H i o b ablassen und er z u r e c h t k o m m e n kann, w o m i t dann auch der Sieg des Irrtums endlich zunichte wird. Bei d e m Bild einer in sich selbst gespaltenen Gottheit, wie es sich H i o b n a c h den beiden soeben besprochenen Zeugnissen darbietet, bleibt es a b e r nicht. Vielmehr rücken in einzelnen Augenblicken die positiven und die negativen C h a r a k t e r z ü g e so weit auseinander, d a ß sich der w a h r e G o t t v o m D ä m o n deutlich abzuheben beginnt und schließlich von ihm völlig geschieden erscheint. Ein erster Ausspruch, der diese Scheidung manifestiert, liegt

16,19-21

vor. Diese Stelle m u ß aber in ihrem K o n t e x t gesehen werden. Der A n l a ß sei gleichzeitig dazu benutzt, einen für die Dialogreden H i o b s bezeichnenden A u f b a u zu erfassen. K a p . 1 6 bietet den A n f a n g von Hiobs A n t w o r t auf die zweite EliphasRede. In den ersten Versen wendet sich H i o b gegen Eliphas und die anderen zwei F r e u n d e (V. 1 - 5 ) .

5 6 9 Ζ etwas anders. '}?"!? < 'J3*)? . Dieses bedeutet ursprünglich ein Pfand, das man im Sinne einer Bürgschaft deponiert (Q'to). Es kann aber auch den Sinn der Selbstverbürgung annehmen; so Wz. 3Ί7 in Fällen wie Gen.43,9; 44,32; Pr. 11,15; 20,16; 27,13. 5 7 0 fflj'uri < oephji. Ζ im Wortlaut etwas anders. 5 7 1 H i . 4 , 7 ; 8 , 6 ; 11,11; 15,5f.; 18,5; 20,4ff.; 22,4ff.

180

Die Hiob-Dichtung

Dann

e r f o l g t e i n e f ü r die H i o b - R e d e n

w e n d e t sich von (16,6ff.):

Alles

den F r e u n d e n Reden,

bezeichnende B e w e g u n g :

w e g und geht zum Selbstgespräch

s a g t e r , n ü t z e ja letztlich d o c h

nichts

allein, m i t R e d e n h a b e er andererseits a u c h nichts v e r s ä u m t ;

Hiob über

(V. 6 a )

denn

-

auch,

w e n n er s c h w i e g e , w ü r d e ihm nicht l e i c h t e r 5 7 2 (V. 6 b ) . M i t d i e s e r F e s t s t e l l u n g k e h r t H i o b g l e i c h s a m zu s i c h s e l b s t z u r ü c k .

Das

S e l b s t g e s p r ä c h ist e i n e E l e n d s m e d i t a t i o n . 16,7

J a , jetzt h a t er mich ermüdet, mich verstört, all mein Elend p a c k t e mich ;

8

Z u m Zeugen ward es und stand wider mich, mein Siechtum verklagt mich ins Gesicht.

9

Sein Z o r n zerriß und befehdete mich, er knirschte über mich mit den Z ä h n e n ; mein Feind wetzt seine Augen wider mich.

10

Sie reißen wider mich das M a u l auf, mit S c h m ä h u n g schlagen sie mich auf die B a c k e n ; insgesamt scharen sie sich wider mich.

11

G o t t überliefert mich den B u b e n , in die H ä n d e der G o t t l o s e n stürzt er mich.

12

Ich lebte ruhig, da zerbrach er mich, p a c k t e mich beim N a c k e n und zerschmetterte m i c h ; er stellte mich zum Ziele für sich a u f ;

13

Seine Pfeile schwirren um mich h e r ; e r b a r m u n g s l o s d u r c h b o h r t er meine Nieren und schüttet meine G a l l e auf die Erde.

14

B r e s c h e auf Bresche bricht er in mich, rennt wider mich an wie ein Held.

15

D a s T r a u e r g e w a n d h a b e ich um meinen Leib g e n ä h t und in den S t a u b gesenkt mein H o r n .

16

M e i n Antlitz ist vom W e i n e n rot,

17

O b g l e i c h kein Unrecht klebt an meinen H ä n d e n

und tiefes D u n k e l liegt auf meinen W i m p e r n , und mein G e b e t rein ist. In d i e s e r E l e n d s m e d i t a t i o n b o h r t s i c h H i o b s o s e h r in s e i n e n Z u s t a n d e i n , m i t s o l c h e r W u c h t k o m m t d a s G e f ü h l t o t a l e n Ausgeliefertseins an die wie er meinen m u ß -

-

m i ß b r a u c h t e göttliche A l l m a c h t ü b e r ihn, d a ß d e r

g a n z e G e d a n k e n g a n g in e i n e n v e r z w e i f e l t e n A u f s c h r e i a u s m ü n d e t : 16,18

572 575

Ο Erde, decke mein Blut nicht zu, mein Schreien finde keine R u h e s t a t t 5 7 3 !

Ζ zwar wörtlich, jedoch kaum verständlich : „und schweige ich, was weicht von mir? " So Z. Wörtlich: „und nicht werde meinem Wehgeschrei ein Ort".

181

Hiob

Hiob blickt der Tatsache ins Auge, daß er demnächst seinen Leiden erliegen (V.22) und als Verkannter, zu Unrecht Verfehmter zu Grabe gehen muß. Nicht der bevorstehende Tod ist Grund seiner Klage — was hat ihm denn das Leben noch zu bieten - sondern der unerträgliche Gedanke, daß an seinem Namen die Schande haften bleibt: die üble Nachrede, die den Gottlosen verfolgt. Darum muß etwas geschehen, wie damals, als Abel ungerechterweise sterben mußte. Da sprach Gott zu Kain: „Horch, das Blut deines Bruders schreit zu mir empor vom Ackerland" (Gen.4,10). Das Blut als Träger der Lebenskraft ruft um Rache, wo es ungerecht vergossen worden ist. Es klagt an! Um es daran zu hindern, deckt man es üblicherweise so schnell als möglich mit Erde zu 5 7 4 . In genau gegensätzlicher Absicht ruft Hiob die Erde als Mitwisserin und Treuhänderin seiner Sache an: „Decke mein Blut nicht z u 5 7 5 ! " Es soll zum Himmel schreien können und nicht verstummen müssen, bis es erhört und Hiobs geschändeter Name gerechtgesprochen wird. Hiob nämlich ist dessen gewiß, daß selbst jetzt, da „Gott" ihm Unrecht tut und die Menschen ihn verkennen, im Himmel einer ist, der als Zeuge seiner Unschuld Hiobs Recht auf seinen ehrlichen Namen wahrnehmen wird. Darum ist sein Schreien nicht aussichtslos. V. 19

Selbst jetzt 5 7 6 , siehe, gibt es für mich einen Zeugen im Himmel 5 7 7 einen Mitwisser 5 7 8 in der Höhe.

Schon L X X übersetzt genau so: και νϋν Ιδού έν ούρανοΐς ό μάρτυς μου, ό δέ συνίστωρ μου έν ύψίστοις.

Und wenn nun auch seine eigenen Freunde und Nächsten ihn als von Gott Gezeichneten verspotten, blickt Hiob auf, zu Gott in der festen Erwartung, daß dieser sein Recht wiederherstelle — gegen „Gott" und die Freunde! V. 2 0

Ob mich auch verspotten, die mir am nächsten stehen zu Gott blickt tränend auf mein Auge,

579

,

5 7 4 So auch bei der Schichtung. Vgl. Maag, Erwägungen. Religionsgeschichtliches zum Vorstellungskreis außer den bei Fohrer, 290 A 18 gegebenen Hinweisen vor allem: Baumann, Nyama. 5 7 5 Die Redeweise ist hier natürlich metaphorisch. In Wirklichkeit deutet nichts darauf hin, daß Hiob erwartet, sein Blut werde vergossen werden. Vielmehr erwartet er, bald seinem Leiden zu erliegen. 5 7 6 Ζ : „Schon j e t z t . . . D e r Gedankenzusammenhang läßt nicht zu, in niw "tu eine bloße Formel zur Weiterführung zu erblicken. Fohrer, 281 A. 19 a. 5 7 7 Zu ny D'Otfa s. Leveque, 461. Ζ : „lebt im Himmel mir ein Zeuge". 5 7 8 "rrrfe ist aram. Synonym zu hebr. iy . So auch Fohrer, 281 (19 b) richtig, jedoch gegen Fohrer, 279 u. 291 f., wo daraus unter der Hand ein „Bürge" geworden ist - jedenfalls, um einen Zusammenhang mit 17,3 herzustellen. (Vgl. S. 178 Anm. 568.) 5 7 9 Z : „Meine Freunde spotten meiner".

182

Die Hiob-Dichtung 21

D a ß er rechte mit G o t t bezüglich des M a n n e s und zwischen 5 8 0 dem M e n s c h e n und seinem Nächsten das R e c h t feststelle.

M i t Ζ hält sich die hier gebotene Übersetzung von V . 2 0 grundsätzlich an den T M . D e r Vers hat freilich zu vielerlei Vermutungen und Bessemngsvorschlägen Anlaß gegeben. Ein sehr schönes Florilegium aus ihnen bietet Leveque zur S t e ] l e sei B e i s e j n e r Beurteilung scheint ihm freilich zu entgehen, d a ß der L X X von der F o r s c h u n g nicht zufällig so viel Kredit eingeräumt worden ist. D a ß T M vor dem Athnach nur zwei H e b u n g e n aufweist, läßt eben die hebraea Veritas wieder einmal etwas fragwürdig erscheinen. A b e r L X X für sich allein gelesen ist offensichtlich e b e n s o unbefriedigend, und man wird bei n ä h e r e m Zusehen H o r s t beipflichten, wenn er die von L X X gebotene F o r m bereits als einen exegetischen Versuch wertet, mit einer ihr schwer verständlichen hebräischen V o r l a g e fertigzuw e r d e n 5 8 2 . G e h t m a n mit dieser V e r m u t u n g einig, wird man V . 2 0 b in der hebräischen F o r m belassen und für 2 0 a den Ausfall einer H e b u n g (Similihaplographie) a n n e h m e n . So ergäbe sich e t w a :

ZO y =13 > 1 anzunehmen, worauf der Buchstabe genötigt wurde, dem Wortspatium vorauszugehen, statt ihm zu folgen. Der Halbvers a wäre darum vorläufig zu lesen IWT3 *p3 m y Tran. Falls in diesem Halbstichos τηκ wirklich zum Vers gehört, muß es „nachdem" heißen 613 . Das wäre so zu verstehen: „Selbst nachdem meine Haut ( = mein äußeres Dasein) dermaßen zerschunden worden ist, erschaue ich . . . " Schon mehrfach ist aber die Streichung von DUO vorgeschlagen worden: Es dürfte denn auch tatsächlich durch eine aberratio oculi aus fnmt V. 25 hierher gekommen sein, und es stört das Metrum. Entschließt man sich zur Streichung, so entfällt der Zwang zu einem temporalen Verständnis des ersten Halbverses. Man wird ihn dann am natürlichsten als Konzessivsatz verstehen: „Ist auch meine Haut noch so zerschunden, . . . " Oder, wenn man „meine Haut" aus dem Bildhaften ins Abstrakte überträgt: „Bin ich auch augenscheinlich noch so geschändet,..." Im Halbvers b ist nichts zu ändern als die Punktation: Statt lese man 'Ίΐρ39. Diese Lesung wurde freilich auch schon vorgeschlagen 614 . Daß ihr die Zustimmung versagt geblieben ist, liegt hauptsächlich daran, daß man sich den Wortsinn für I R Q beinahe sklavisch von Ji iUJU Jes.40 geben ließ. Tatsächlich ist nach den vorangehenden Versen nicht anzunehmen, Hiob sollte Gott als seinen „Freudenboten" erschauen. Indessen bietet part. pi. Wz. Ί η nun ja doch einiges mehr als diese eine Verständnismöglichkeit. Es heißt zunächst schlicht „bekanntmachen", „Nachricht g e b e n " ; dann „gute/schlechte Nachricht geben" 6 1 5 . Gute Nachricht braucht nicht eine Freudenbotschaft zu sein. Es kann sich ebenso gut um die richtige, die Dinge ins rechte Licht rückende Nachricht handeln. Und das ist hier gemeint. Ich möchte den Vers folgendermaßen lesen : mV« πτπκ ' i p j / n r a η ρ m y Ist auch mein Ansehen noch so geschändet, erschaue 616 ich Gott als den, der richtige Kunde von mir geben wird. Hierzu bildet denn auch das einzige noch weiter zu dieser Aussage-Einheit gehörende Versstück 27b den harmonischen Abschluß:

613

Dies w i r d

z w a r von

Budde als sprachlich unmöglich

bestritten. D i e

Konstruktion

begegnet aber im gleichen Sinne innerhalb der Dichtung noch einmal: 4 2 , 7 . V g l . übrigens K B 3 3 4 b , s . v . IIb. 614

Proksch, T h e o d i z e e , 741 ; H . Schmidt, G o t t und das L e i d , 3 5 - 4 7 ; Baumgärtel, H i o b -

D i a l o g 1 0 1 ; W ü r t h w e i n , 274. 615

K B 3 156 b.

616

Impf, frequentativum. V g l . die Perf. W T

(V.25)und

im(V.27b).

Hiob

189

„ J a , ihn nimmt mein Auge wahr und zwar nicht als einen Unvertrauten." Ich punktiere den Passus s o : Tt 101 Tjn V . a ist mit den meisten Kommentatoren als verwilderte Variante zu 2 6 zu betracht e n 6 1 7 , während 2 7 c offensichtlich nicht mit 2 7 a b , sondern mit V . 2 8 zu verbinden, d.h. zur folgenden Rede-Einheit zu ziehen ist. Seiner Form nach ist der Satz ein Nebensatz und am ehesten kausal-bestätigend zu verstehen. Dürfte man 1 vor 10 als Dittographie streichen, würde er noch flüssiger: „Denn ihn sieht mein Auge nicht als U n v e r t r a u t e n . " 6 1 8 O b dieser Vers vollständig ist? D e n k b a r wäre er an inhaltlich so exponierter Stelle als Abschluß-Dreier. Aber üblich ist ein solcher Stichos für den Hiob-Dichter nicht.

Der ganze Abschnitt spricht nur insofern von der Zukunft, als Hiob erwartet, Gott werde einmal noch die Wahrheit über ihn an den Tag bringen, was dann ja auch wirklich 42,7 erfolgt. Aber weder ist hier von einem künftigen (postmortalen) Zustand, noch davon die Rede, was Hiob dereinst (nach seinem Tode) schauen werde. Vielmehr hat sein inneres Auge Gott — schon jetzt — insofern richtig erschaut, als es ihn in klaren Augenblicken jenseits menschlicher Rechtskategorien waltend erkannte. Aller dogmatischen Optik ledig, die ihm seinen Gott verfremdet, ihn zum Unvertrauten ( ) gemacht hatte, erschaut ihn Hiob in solchen Momenten. Und gerade indem er sich das Geheimnis von Gottes Schicksals wegen nicht durch ein rechtliches Vergeltungsschema töten läßt, bleibt ihm Gott letztlich Gott. Noch ist für Hiob aufgrund dieser lichten Gewißheit erst die eine Seite der Gotteswirklichkeit voll annehmbar geworden: Gottes Wahrheitswillen und seine Lauterkeit sind für ihn gerettet. Und „nicht unvertraut" ("ij ιό ) ist er für Hiob insofern, als er sich selber nicht hinter das Vergeltungsdogma stellt, sondern die Frage „qua iure ?" als inadäquat abtut. Das „qua ratione?" ist damit freilich noch nicht aus der Welt geschafft. Die Erweiterung von Hiobs Gottes- und Schicksalsverständnis in dieser Richtung kann und soll nach der Anlage der Dichtung erst durch die Begegnung mit dem lebendigen Gott selbst (Kap. 38 f.) erfolgen. So ist vom Dichter dafür gesorgt worden, daß Hiob während der Auseinandersetzung mit den Freunden auch in seinen besten Augenblicken nicht zur vollen inneren Freiheit gelangen kann. Ja, so eng bemessen bleibt seine Möglichkeit, daß es ihm nicht einmal gelingt, die Gewißheit festzuhalten, die ihm in Augenblicken wie 1 9 , 2 3 27 beschieden ist. Selbst jenes noch so getrost klingende „ich weiß" (19,25) trägt, solange Jahwä nicht gesprochen hat, nicht weit. Schon sehr

617 618

Anders Z. Es hat ihn schon wahrgenommen, vgl. nro DJ

190

Die Hiob-Dichtung

schnell vielmehr wird es von der nächsten Welle von Verzweiflung des erneut vom „qua iure?" Irritierten weggespült. Auch diesmal ergeht es Hiob nicht anders als bei den zuvor besprochenen Lichtblicken. Der Dichter will somit keineswegs eine innere Entwicklung Hiobs etwa von der Verwirrung zur Klarheit — vorführen; vielmehr läßt er den Leser das Auf und Ab in Hiobs Herzen miterleben: Dumpfes Brüten, wildes Aufbäumen, aussichtsloses Rechten und die bittere Verachtung widerrechtlicher Gewalttätigkeit, all das wogt durcheinander. Und nur wie Irrlichter bringen Augenblicke besseren Ahnens oder irrealen Wünschens oder gar der Gewißheit etwas von Heil und Frieden zum Aufleuchten. Dessen habhaft werden aber kann Hiob nicht, obgleich dieses Gottesahnen immer latent in ihm vorhanden zu sein scheint. Es bleibt instabil und auf den Tod gefährdet. Ja es wird vorübergehend wieder völlig verschlungen von den Gedanken, die sich vom Dogma her aufdrängen. Dieses Dogma muß Hiob trotz allem doch immer wieder so ernst nehmen, daß er sich dagegen wehren und sich an ihm verwunden muß. Aufgrund dieser Verhältnisse wird aber die Funktion der Freunde erst ganz deutlich. Im Zusammenhang mit dem „großen Bogen", der sich von Hiobs „qua ratione?" (Kap. 3) zu Gottes Antwort (Kap. 38) spannt, schien es zunächst nur, als hätten sich die Freunde überflüssigerweise eingeschaltet. Nach jener vorläufigen Sicht komplizierten sie die Lage Hiobs scheinbar unnötigerweise, indem sie Hiobs Frage nach dem Sinn des Leidens in die Frage nach dessen Berechtigung umbogen. Nun ist aber ebenfalls bereits festgestellt worden, daß die Freunde die maßgebende societas Iudaeorum versinnbildlichen. Ihre Stimme ist demnach die Stimme der kollektiven Überzeugung ihres Zeitalters. Der Begriff des „Unnötigen", der sich im Zusammenhang einer rein literarischen Beobachtungsweise aufdrängte, muß jetzt allein darum schon aus der Betrachtung eliminiert werden, weil er, auf eine geschichtliche Wirklichkeit angewendet, inadäquat wäre. Geschichtliche Wirklichkeit ist - notwendig oder nicht! Nur erfreulich oder unerfreulich, heilvoll oder abwegig, glücklich oder traurig oder tragisch ist sie. Solch geschichtliche Wirklichkeit begegnet in den Symbolfiguren der Freunde. Und mit ihnen muß sich Hiob auseinandersetzen, weil er die Auseinandersetzung mit dem Existenzverständnis seiner Zeit vollziehen muß. Dies ist es, was es im Blick auf die geistesgeschichtliche Situation der Dichtung und im Blick auf ihre kerygmatische Zielsetzung zu bedenken gilt. Diese symbolisch-historische Ebene wird aber in der Dichtung von einer symbolisch-psychologischen geschnitten. Auch auf ihr zeichnen sich die Freunde gar nicht nur als unnötige Figuren ab. Denn die communis opinio,

Hiob

191

deren Träger sie sind, war so sehr „communis", daß ihr auch Hiob von Haus aus nicht als ein Fremder gegenüberstand619. So gesehen aktiviert das Auftreten der Freunde in Hiob eine Anschauung, die er bis zu deren brutaler Infragestellung von seiten seines eigenen Schicksals von jeher selber geteilt hatte. Die Freunde symbolisieren somit nicht nur Hiobs geistige Außenwelt, sondern einen ganz weiten Bereich seiner eigenen herkömmlichen Überzeugung: einen Bereich, von dem er sich nur unter ähnlichen Schmerzen ablösen kann wie von seinen Freunden. Die Gotteslehre, mit der diese ihn zu Verzweiflung und Gotteshaß treiben, ist gleichzeitig seine Gotteslehre, an der er zerschellen muß, wenn er nicht jenseits ihrer Setzungen die Wirklichkeit Gottes mit andern Augen sehen lernt. Die neue Schicksalserfahrung läßt ihm keine andere Wahl, als aufgrund seiner angestammten Theologie seelisch zugrundezugehen oder ihr — gleichzeitig mit dem Abschied von den Freunden — den Abschied zu geben. Die Freunde figurieren somit in der Dichtung gleichzeitig als Objektivierung einer Hiob eigenen Verständnisweise. Durch diese Objektivierung im Symbol der Freunde wird der Weisheitsdialog ermöglicht. Wären die Freunde nur Träger einer Hiob fremden oder einer von ihm schon überwundenen Verständnisweise, so würde er mit ihnen ohne Bitterkeit — höchstens mit einem Quentchen Bedauern — fertig werden können. Dem ist aber ja eben nicht so. Nicht Hiob wird mit ihnen fertig; Gott vielmehr muß ihre Irrlehre schließlich zum Schweigen bringen und Hiob selber damit zurechthelfen. Es wird noch in Kürze zu bedenken sein, warum dies erst 42,7 geschieht und nicht, wie man vielleicht erwarten könnte, unmittelbar am Schluß des dritten Redeganges und vor der väterlichen Rede Gottes an Hiob (Kap.38f.). Heilvoll für Hiob kann dieser Schlußstrich, den Gott 42,7 unter die Diskussion setzt, tatsächlich erst sein, wenn Hiobs Frage, wie er sie in seiner ersten Klage (Kap.3) erhoben hatte, beantwortet ist. Vom Rechtsdenken also und von der davon ausgehenden Verzweiflung kann Hiob erst befreit werden, wenn er soweit gekommen ist, die numinose Qualität des ihn umgebenden Dunkels zu erkennen. Eine göttliche Entscheidung hinsichtlich der Rechtslogik des Dogmas ist für Hiob somit nur dann sinnvoll, wenn zuvor dafür gesorgt worden ist, daß er nicht statt durch sie durch die von ihm Kap. 3 erhobene Frage nach der Rationalität des Schicksals zu Fall kommt. Darum muß für Hiob zunächst die rationale Logik als mögliche Norm für das göttliche Handeln ausscheiden. Erst wenn Hiob erkennt, daß die Numinosität des Schicksalsdunkels alle Menschennormen übersteigt, empfängt er die Möglichkeit, das der Tiefe ermangelnde Got619

S . o . S. 1 6 6 f . Diesen Sachverhalt hat Würthwein, 2 5 3 f . schön herausgearbeitet.

192

Die Hiob-Dichtung

tesbild des Dogmas durch einen der Wirklichkeit adäquaten Glauben zu überwinden. Für die Anlage der Dichtung bedeutet dies: Erst wenn die Gottesrede von Kap. 38 die rationalistische Infragestellung der Göttlichkeit des Schicksals gebannt hat, kann Hiob im rechten Vertrauen sein Heil finden. Und damit erst wird er auch fähig, an den Freunden den Dienst zu tun, den ihm Jahwä 4 2 , 8 als seinem „Knecht" zudenkt. Umgekehrt bedeutet Gottes Handeln

an H i o b dessen seelische H e i l u n g

d a m i t die einzig m ö g l i c h e T r ö s t u n g , keineswegs a b e r eine iustificatio

peccatoris

und °.

62

Dabei ist der H e i l s w e g als E r w e i t e r u n g der G o t t e s e r k e n n t n i s zu u m s c h r e i b e n . Und w a s 4 2 , 7 f f . erfolgt, ist d e m e n t s p r e c h e n d a u c h kein Gerichtsurteil. V i e l m e h r ist V . 7 b der fällige Schiedsspruch im M e i n u n g s s t r e i t der W e i s e n . U n d weil ihre W e i s heit in diesem Falle T h e o l o g i e , G o t t e s - L e h r e ist, k ü n d i g t V . 7 a den

Verkündern

falscher L e h r e den Z o r n G o t t e s a n , u n d V . 8 v e r w e i s t sie — g n ä d i g e r w e i s e - an den „ K n e c h t " J a h w ä s als F ü r b i t t e r , d u r c h dessen alleinige M i t t l e r s c h a f t sich J a h w ä zur A n n a h m e der S ü h n o p f e r der Schuldigen bewegen lassen w i l l 6 2 1 .

Was Jahwäs Verhalten gegenüber seinem „Knecht" Hiob betrifft, sollte man nicht vergessen, daß dieser seinen Freunden gegenüber schon immer im Recht war. Dies gilt nach beiden Seiten hin: sowohl mit Bezug auf seine hohe Einschätzung von Gottes Erhabenheit und Wahrhaftigkeit, als auch hinsichtlich der grimmigen Ablehnung eines Gottesbildes, wie das Dogma es ihm zumutete. Hiobs Bitterkeit trifft, wie oben dargelegt worden ist, ja nur den Ungott des Dogmas — trifft ihn, soweit Hiob, bisweilen der Vorstellungswelt der Freunde folgend, den Ungott für wirklich hält. Ihn fordert er auf dem Tiefpunkt dieses kategorialen Mißverständnisses zum Rechtsstreit heraus ( 3 1 , 3 5 ) . Der ihm dann aber Kap.38 begegnet, steht seinem Wesen nach von vornherein jenseits der iuridischen Ebene. Ihm gegenüber ist Hiob darum weder im Recht noch im Unrecht, sondern seiner Offenbarung bedürftig. Und sie wird ihm auch zuteil — nicht als Rechtsbelehrung, sondern als Demonstration der dem Menschen nicht mehr verstehbaren Größe Gottes. Diese Offenbarung führt Hiob zu jener Ganzheitserkenntnis, die die Psychologen meinen, wenn sie von Integration des Schattens in die numinose Figur sprechen 6 2 2 . Weil der Hiob-Dichter damit Emst macht, daß der, gegen den Hiob aufbegehrt, nicht Gott ist, hat er in seiner Originalfassung Hiob auch nicht Gegen Richter und die von ihm abhängigen Autoren. Übrigens ein äußerst sprechendes Symbol für die geradezu numinose Befriedungskraft menschlicher Vergebung. 620 621

6 2 2 Vgl. v.Orelli. Er meint freilich fälschlich, die Integration sei das Problem des ganzen Hiobbuches. Die vorliegende Untersuchung dürfte dagegen gezeigt haben, daß dies für die Novelle nicht zutrifft. In ihr meistert Hiob vielmehr die Gefahr einer Desintegration, indem er die Verselbständigung des Schattens in überlegener Weise verhindert.

Hiob

193

widerrufen lassen: Kein Gedanke daran, daß Hiob ein Wort von dem, was er in der Erwiderung auf die Freundesreden hat verlauten lassen, zurücknehmen oder bereuen müßte! Darum auch kein Gedanke daran, daß Gott ihn als reuigen Sünder annähme. Vielmehr: So, als gegen die Freunde und gegen ihr falsches Gottesbild räsonnierender Hiob ist er Jahwä recht! Daran braucht die Exegese gar nichts zu relativieren oder abzuschwächen 6 2 3 . Indem Jahwä 4 2 , 7 die theologische Streitfrage zwischen Hiob und den Freunden entscheidet, entscheidet er ja nicht nur gegen die Freunde, sondern grundsätzlich gegen (Jen „Gott" des Dogmas. Mit diesem Akt geschieht, was Hiob 16,21 erahnt und erhofft: Gott hat nicht nur „zwischen dem Menschen und seinem Freund (1Π3Π)" das Recht festgestellt, sondern auch „dem Manne" mit Bezug auf „Gott" zurechtgeholfen. Und nachdem diese in der Nähe der Zeitenwende zur Spruchreife drängende Abklärung erfolgt ist, kann nun auch Hiob, an dessen Schicksal sie sich hat orientieren müssen, wiederhergestellt werden. Davon hat jedenfalls die einstige Originalausleitung der Dichtung ganz kurz berichtet. Wie die Originaleinleitung wahrscheinlich - der alten Volkstradition parallel laufend — vom Verlust der Familie nichts wußte, so scheint auch die Ausleitung außer der Genesung nur eine - doppelte - Wiederherstellung der materiellen Güter gekannt zu haben. Dieser relativ recht kurze Abschluß der Dichtung dürfte sich noch im Q u m r a n - T a r g u m spiegeln, das zu 4 2 , 1 2 - 17 keine Entsprechung b i e t e t 6 2 4 . 6 2 3 Trotz der weitgehend ausgezeichneten Erfassung des religiösen Problems der Dialoge irrt hier auch Würthwein, 284. Er glaubt, die Feststellung, Hiob habe „das Richtige" von Gott gesprochen, könne sich nicht auf Hiobs Äußerungen in den Dialogen beziehen. 4 2 , 7 habe „wahrscheinlich ein ursprünglich in der Rahmenerzählung vorgeführtes Gespräch im Auge, das jetzt verloren gegangen" sei. - Vgl. auch Fohrer, 5 3 9 : „Eigentlich enthalten nur die Hiobworte 4 0 , 4 - 5 und 4 2 , 2 - 6 das .Wahre' über Gott." 6 2 4 S.o. S. 33.

IV. Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen Die Sekundär-Rezensionen

A-C,

Die Hiob-Dichtung bedeutete eine zu unverkennbare Herausforderung an die Adresse der herrschenden synagogalen Theologie, als daß deren Vertreter sie unbesehen hätten hinnehmen können. Als Kampfansage hat das Buch auf seine Gegner kaum lange warten müssen 625 . Ließ es sich nicht aus der Welt schaffen - was offensichtlich nicht möglich gewesen ist 6 2 6 — so ließ es sich am wirksamsten dadurch bekämpfen, daß man es hinsichtlich seiner kery gm arischen Absicht umartikulierte. Und da der Lehrgehalt eines Streitgespräches wesentlich von dessen Ausgang bestimmt wird, hatte man für den gesetzten Zweck lediglich gegen den Schluß der Dichtung hin gewisse Retuschen vorzunehmen. Dadurch ließ sich der Ausgang des Wortstreites so verändern, daß nicht mehr Hiob, sondern die Sprecher der Synagoge, eben die Freunde, ins Recht gesetzt wurden. Ein kleiner, wenn auch grundlegender Eingriff war dabei unumgänglich, weil er für jedes weitere in die gewünschte Richtung führende Vorhaben die Voraussetzung bildete: Das war die Tilgung der eindeutigen und alles entscheidenden Stellungnahme Jahwäs zugunsten Hiobs und gegen seine Freunde. Es ist schlechterdings undenkbar, daß das, was heute 4 2 , 7 - 9 als göttlicher Schiedsspruch (wieder) im Text steht, in irgendeine Rezension aufgenommen worden wäre, der es darum ging, Hiob seinen Freunden gegenüber ins Unrecht zu setzen 6 2 7 . Fiel nun aber diese göttliche Rechtfertigung Hiobs weg, so standen verschiedene Wege zu einer Umakzentuierung des Werkes offen. Die verschiedenen im folgenden zu beobachtenden Möglichkeiten müssen zu verschiedenen Rezensionen der Hiob-Dichtung Anlaß gegeben haben. Freilich war keiner das Glück beschieden, auf die Dauer die literarische Alleingültigkeit zu erlangen. Wohl aber sind sie anscheinend alle in der Schlußredaktion, welcher wir die Gestalt des heutigen Hiob-Buches verdanken, berücksichtigt worden. Und so haben sie denn auch alle in dieser Endform des Buches ihre Spuren hinterlassen: sehr zum Nachteil der Einheitlichkeit und der Verständlichkeit des Ganzen. Vgl. o. S. 9 9 . Dies wird durch die T a t s a c h e bewiesen, daß auch ein synagogal so anstößiges Textstück wie 4 2 , 7 - 9 der Endredaktion des Buches noch bekannt gewesen ist - und aufgenommen wurde. 625

626

627

Z u r späteren (tertiären) Wiederaufnahme von 4 2 , 7 - 9 s . u . S. 2 1 7 .

Die Sekundär-Rezensionen A—C

195

Welches nun waren die wahrgenommenen Möglichkeiten einer Neutralisierung des theologischen Ärgernisses der Dichtung? Sekundär-Rezension

A

Eine erste bestand darin, Hiob allmählich auf die Linie der Freunde einschwenken zu lassen, womit er sich ohne viel Aufhebens wieder in die allgemein anerkannte theologische Front zurückbegeben hätte. Um dies zu bewerkstelligen, mußte man beim letzten Redegang einsetzen. D.h. man mußte einen Teil der dortigen Freundesreden Hiob selber in den Mund legen. Diese Manipulation hatte die oben beobachtete Störung am literarischen Bild der dritten Rederunde zur Folge 628 . Ließ man Hiob gegen den Schluß der Diskussion hin mit den Worten seiner Freunde reden, wie es die heutige Textanordnung von 24,13—25 und 27,7—23 6 2 9 haben will, so war damit stillschweigend die Richtigkeit des von ihnen vertretenen Dogmas zugegeben. Die Bemühungen der Freunde erwiesen sich unter solchen Bedingungen nicht mehr als fruchtlos, sondern schienen nun endlich eben doch zur gewünschten Einsicht Hiobs geführt zu haben. Nur so würde man doch wohl seine völlig in der Linie der Freundestheologie verlaufenden Äußerungen in den oben genannten Redeteilen zu deuten haben. Hatten die Freunde aber diesen Erfolg erzielen können, so erübrigte sich eine Schlußentscheidung Jahwäs. Eine Blanko-Rechtfertigung, wie sie im Rahmen der Originaldichtung formuliert worden war (42,7-9), kam unter diesen veränderten Umständen ohnehin nicht mehr in Betracht. Wohl aber konnte Jahwä den nun zu einer „richtigen" Theologie Zurückgekehrten in Gnaden wieder glücklich werden lassen - ganz wie es ihm die Trostreden seiner Freunde verheißen hatten 6 3 0 . Dieser amicorum gratia bereits wieder zurechtgekommene Hiob bedurfte andererseits der vom ursprünglichen Dichter vorgesehenen Tröstung und Weiterführung durch Jahwä (Kap. 38 f.) nicht mehr. Um die hohen Gedanken jener Gottesrede dennoch nicht ganz verlorengehen zu lassen, brauchte man nur Hiob selbst Ähnliches sagen zu lassen. Dies wird ihm denn ja auch mit den interpolierten Worten 26,5—14 und 28 unterstellt. Durch Äußerungen dieser Art konnte Hiob sich um so überzeugender als ein der göttlichen Hilfe nun wirklich wieder würdig Gewordener erweisen. Unter diesem Gesichtswinkel also wird man die Interpolation von 26,5—14 und 28 zu verstehen haben 631 .

«

8

629

S . o . S. 1 4 4 f f . S . o . S. 1 4 7 . 1 4 9 .

630

H i . 5 , 8 f f . ; 8 , 2 0 f f . ; 1 1 , 1 3 f f . ; 2 2 , 2 1 ff.

631

S . o . S. 1 4 8 . 1 4 9 .

196

Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen

Der so durchgeführte Versuch einer Entschärfung der Dichtung dürfte demnach eine Rezension gezeitigt haben, die Jahwä überhaupt nie redend auftreten, sondern Hiob nach seinen einsichtsvollen Äußerungen von 2 4 , 1 3 - 2 5 ; 2 6 , 5 - 1 4 ; 2 7 , 7 - 2 3 ; 28 recht bald wiederhergestellt werden ließ. Man wird freilich nicht übersehen können, daß diese Art einer literarischen Ausräumung des theologischen Ärgernisses der Wucht der übrigen Teile der Dichtung nicht adäquat war: Ein bloßes Versanden von Hiobs grimmigem Widerstand und eine dementsprechend lediglich unter der Hand erfolgende Schwenkung seiner Uberzeugung um hundertachtzig Grad bedeuten ein allzu unbefriedigendes Absinken vom früheren formalen Niveau der Dichtung. Sekundär-Rezension

Β

Darum mußte sich ein anderes Korrekturverfahren nahelegen: grundsätzlich sollte keine Verwischung der in den Dialogen ursprünglich vertretenen Standpunkte durch bloße Veränderungen im dritten Redegang erfolgen; kein nur so beiläufiges Einschwenken Hiobs; vielmehr sollte der ursprünglich vorgesehene, bis zum Schluß durchgehaltene Widerstand gegenüber den Argumenten seiner Freunde bestehen bleiben. Im Rahmen dieses beidseitig harten Kurses des Gesprächs konnte auch Hiobs letzter lauter Protest gegen Gott ( 3 1 , 3 5 - 3 7 ) im Text verbleiben 632 . Darauf aber mußte dann der herausgeforderte Gott antworten. Und an diesem Punkte nun konnte die Korrektur sehr wirksam einsetzen, indem sie Gott anders reden und anders entscheiden ließ, als dies in der Originaldichtung geschehen war. Die Stellungnahme Gottes mußte nun so gestaltet werden, daß sie Hiob zur eindeutigen und ausdrücklichen Abfuhr gereichte und ihn zum bedingungslosen Widerruf zwang. Um diesen Effekt zu erzielen, ließ der Korrektor nicht allein 4 2 , 7 - 9 weg, sondern ersetzte die originale gütig-pädagogische Gottesrede Kap. 38f. durch die jetzige - recht barsche - „zweite" Rede von 4 0 , 6 f f . 6 3 1 und ließ dieser den ebenso eindeutigen „zweiten" Widerruf Hiobs 42,1—6 folgen. Und als reuiger Sünder konnte Hiob von Jahwä wiederhergestellt werden und in der von den Freunden verheißenen Weise erneut zum Heil 6 3 4 ja zu größerem Glück als zuvor 6 3 5 — gelangen. 632 W a n n dieser in die „negative Konfession" interpoliert worden ist (s.o. S. 153f.), d ü r f t e heute k a u m m e h r auszumachen sein. 633 4 0 , 1 . 2 fehlt in L X X . Dieser Passus gehört denn auch nicht zur hier zu besprechenden „zweiten" Gottesrede, sondern s t a m m t von d e m späten R e d a k t o r , der 4 0 , 3 - 5 aus ihrem ursprünglichen Z u s a m m e n h a n g verschleppt h a t ; s. dazu. S. 213 f. 634 Vgl. o. S. 195 A 6 3 0 . 635 Vgl. H i . 5 , 2 4 - 2 6 ; 4 2 , 1 2 f f .

Die Sekundär-Rezensionen A - C

197

Inhaltlich freilich bedeutet diese „Korrektur" einen Husarenritt; denn sie macht ungefähr alles, was dem Dichter am Herzen gelegen hatte, schonungslos zunichte und schreckt auch nicht davor zurück, diesen „Sieg" durch die Zuhilfenahme einer Gottesvorstellung zu erringen, deren Zynismus und Brutalität kaum zu überbieten sind. Dazu kommt, daß — ganz anders als Kap. 38 f. — diese Rede den verzweifelten Hiob nichts Neues zu lehren vermag. Sie ist ihm darum keine Hilfe zur inneren Genesung: Hatte Hiob zunächst unter seinem Zweifel an Gottes Weisheit gelitten (Kap.3), so unternimmt diese Gottesrede nichts, was ihn zu einem neuen Vertrauen in jene überragende Vernunft aufbrechen lassen würde. Und hatte ihn das Gespräch mit den Freunden in die unselige Frage „qua iure ?" hineinmanövriert, so bemüht sich diese Gottesrede weder, das behauptete „ius" zu erweisen, noch andererseits die Inadäquatheit der Frageweise herauszustellen. Vielmehr demonstriert sie einfachen Gemütes Gottes gewalttätige Ubermacht. Mit dieser wird Hiob kurzweg überfahren. „Aus dem Wetter" (40,6) 6 3 6 , mit „des Donners Stimme" (40,9) 6 3 7 , redet Gott zu ihm. Dabei pocht er zwar auf sein Recht gegen Hiob: 4 0 , 8 ( Z 4 0 , 3 ) Willst du gar mein R e c h t z u n i c h t e m a c h e n 6 3 8 , mir Unrecht geben, daß du Recht behaltest ?

Aber anstatt zu einem Rechtsstreit (a'l), einem geistigen Ringen um die Klärung von Recht und Unrecht (09^0) anzutreten, fordert er Hiob zu einem Handgemenge, also zu brachialem Kräftemessen heraus: 40,7 a (Z 4 0 , 2 a )

Gürte doch wie ein M a n n deine Lenden!

9 (Z 40,4)

Ist denn dein A r m dem Arme Gottes gleich, oder kann deine Stimme wie seine brüllen ? 6 3 9

Und um Hiob seine hoffnungslose Position vollends unmißverständlich deutlich zu machen, geht die Rede recht bald von der Demonstration von Gottes physischer Kraft zur Anspielung auf seine übernatürliche Schrekkensmacht über: V. 1 0 (5)

636 637 638 639 640

Schmücke dich doch mit Majestät und Hoheit, ( a j l ) Jljq) umkleide dich mit Herrlichkeit und P r a c h t ! (TJ1TJ Tin)

11 (6)

L a ß sich ergießen die Fluten deines Z o r n e s und erniedrige jeden Stolzen mit deinem Blick!

1 2 (7)

M i t deinem Blick demütige jeden H o h n und zertritt die F r e v l e r 6 4 0 auf der S t e l l e 6 4 1 !

Ζ 40,1. Ζ 40,4. Ζ 40,3 „vernichten". Ζ trifft sachlich das Gemeinte: „Hast du wie er des Donners Stimme ? " 6 4 1 Lies: ύ α ρ Z : „Gottlosen".

Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen

198

12 (8)

Laß sie im Boden allzumal verschwinden 642 , banne sie 6 4 3 an verborgenen Ort!

14 (9)

Alsdann will auch ich dich preisen, weil 6 4 4 deine Rechte dir Sieg verleiht 645 !

V. 10 (5) bis 13 (8) bedeuten in ihrer ganzen Breite und Ausmalung die höhnische Aufforderung, es doch nun einmal Jahwä gleichzutun. „Herrlichkeit und Pracht" V. 10 (5) werden sonst vom Alten Testament nur Gott (Ps. 9 6 , 6 ; 104,1; 111,3) oder dem König - der ja Gott in dessen irdischer Herrschaft vertritt 646 zugeschrieben. In diesem Sinne nimmt V.ll (6)f. den besonders durch Jesaja gerne hervorgehobenen Gedanken auf, daß sich Jahwäs Herrsein gerade darin realisiere, daß er alles, was sich hoch dünkt oder erhaben gibt, demütigt 647 . Hiob soll es versuchen! - Und damit Hiob sich der hier anvisierten Größenordnung vollends bewußt werde: Er soll die Frevler gerade mit seinem bloßen Blick töten und sie der Unterwelt überantworten. Diese nämlich ist unter dem „verborgenen Ort" zu verstehen. Der Ausdruck pop für die ist merkwürdig - was Mowinckel 6 4 8 natürlich nicht entgehen konnte ! An „verborgenen Ort" nämlich werden Enuma elis IV, 132 die Stücke der zerhauenen Thiamat verbracht, was Mowinckel zu der Annahme verführt, es sei Hi. 40,13(8) nicht an gewöhnliche Frevler, sondern an „die Rotte Rahabs" gedacht 649 . Das ist - wie Fohrer 6 5 0 richtig sieht - freilich abwegig. Wohl aber zeugt der Ausdruck JTBD im Sinne von ViKtf dafür, daß zur Zeit des Verfassers von Hi.40,13(8) die verschiedenen jenseits von Jahwäs Einfluß-Sphäre liegenden numinosen Domänen von Tod und Chaosmacht für jüdisches Empfinden bereits zu einer Einheit verschmolzen waren 6 5 1 . Alle Frevler aber sind von Haus aus Exponenten der widergöttlichen Macht des Chaos 6 5 2 , und gleichsam in Erinnerung daran wird die in die Hiob sie bannen soll, mit dem Wort bezeichnet, das Assoziationen zum Verbleib der Chaosmacht wecken mußte. Diese war ja zwar von Jahwä überwunden worden, existierte aber dennoch fort 6 5 3 . 642 Z : „Verscharre sie im Staube allzumal". Allein das, was mit Wz. ]13B hier ausgesagt sein will, ist mit „verscharren" (trotz a r a b . : tamara und akkad. temeru ina eneri) nicht adäquat wiederzugeben. Absichtlich ist hier dieselbe Wz. gewählt, wie sie V . b für die Bannung an geheimem O r t verwendet wird. W i e V. 11 ff. H i o b mit seinem bloßen Blick die Frevler zunichte machen soll, so soll er hier (V. 13) durch übernatürliche M a c h t sie alle in den Boden bzw. in die Unterwelt bannen. 643

Ζ wörtlich: „ihr Angesicht".

Z : „daß". 6 4 5 Hier dürfte der ursprüngliche Schluß dieser Rede liegen, die ja H i o b wie mit einem Schlage erledigen soll. Die langatmigen Ausmalungen über Lewjathan ( 4 0 , 2 5 - 4 1 , 2 6 ) und Behemot ( 4 0 , 1 6 ff.) sind tertiäre Textwucherungen an diesem gerade durch seine strenge Kürze wirksamen Sekundärtext. 644

646 647 648

Vgl. P s . 2 1 , 6 ; 4 5 , 4 . Z u diesem Zusammenhang mit Jes. 2 , 1 2 u. 1 7 ; 5 , 1 5 ; 1 0 , 3 3 ; 1 3 , 1 1 s. Fohrer, 5 2 0 . Mowinckel, Psalmenstudien 1/71.

6 4 9 In dieser ist die kanaanäisch-alttestamentliche Entsprechung der R o t t e des Kingu (vgl. E n u m a elis, I, A O T 1 1 2 ; A N E T 3 6 2 ) zu erkennen. 650 6S2

Fohrer, 5 2 0 Α. 1 1 2 . M a a g , ebenda 3 0 ; ders., Belija'al.

651 653

M a a g , T o d und Jenseits 3 1 . M a a g , T o d und Jenseits 3 0 .

Die Sekundär-Rezensionen A - C

199

Der Verweis auf die Macht also muß dem nach Recht fragenden Hiob den Mund stopfen. Die ganze Rede wirkt wie eine hohnvolle Zustimmung Gottes zu den resignierenden Gedanken von Hiobs Meditationen. Man erinnere sich nur an Worte wie: 9,19

Gilt es die Macht eines Starken, siehe, da ist er! Gilt es aber das Recht, wer will ihn vorladen 5 5 4 ?

Der Korrektor nahm es somit auf sich, das allerdunkelste Bild, das sich Hiob in seiner Verzweiflung von Gott gemacht hatte, durch Gott selber heraufbeschwören zu lassen. Freilich, ein Gott, der sich nach der Absicht des Korrektors voll und ganz hinter die Schicksalstheologie der Freunde zu stellen hatte, wie sollte er mit der Rechtsfrage im Falle Hiobs anders als mit Gewalt fertig werden ? Das Ziel schreibt hier das Mittel unumgänglich vor. Bezeichnenderweise geht darum Gott auf die von den Freunden aufgestellte Behauptung, Hiob habe sein Leiden durch sündigen Wandel verschuldet, in dieser Rede gar nicht ein. Das Mißverhältnis, das zwischen dieser Behauptung und dem frommen Wandel Hiobs besteht, scheint Gott nicht zu stören — ebensowenig, wie sich die Freunde durch Hiobs diesbezügliche Beteuerungen stören ließen. Dieser Gott ist freilich keineswegs mehr der Gott des Hiob-Dichters. Weder entspricht sein Wesen Hiobs Wissen (!), daß sich der wahre Gott als sein „Löser" erweisen werde (19,23ff.), noch gleicht er dem göttlichen „Zeugen", von dem Hiob hofft, er werde sein Recht gegen „Gott" wahrnehmen (16,19). Vielmehr trägt der Gott von 40,6(1) ff. genau die Züge jenes „Gott" genannt sein wollenden Ungeheuers, gegen das Hiob vom wahren Gott in Schutz genommen zu werden erwartet. Wäre diese Rede echt, so würden sich Hiobs höchste Schauungen als Trugphantasien erweisen. Entgegen allem höheren Ahnen ließe Gott - an der Wahrheitsfindung uninteressiert - das Odium des Übeltäters für immer auf Hiobs Namen lasten. Wäre somit das Verhältnis zwischen Hiobs Ahnung und Gottes angeblicher Selbstoffenbarung in 4 0 , 6 — 1 4 ( 1 - 9 ) vom Hiob-Dichter vorgesehen gewesen, müßte man in ihm einen Zyniker von geradezu seltener Abgebrühtheit erblicken. Eine sachliche Durchsicht der Hiobreden mit ihren ergreifenden Meditationen verbietet jedoch ein Verständnis jener aufblitzenden Ahnungen als pure literarische Farce. So wird es auch von diesen letzten Beobachtungen her einfach unmöglich, die Absicht der originalen Dichtung und die Tendenz dieser „zweiten" Gottesrede unter einen Hut zu bringen. Verständlich dagegen wird die Differenz zwanglos, wenn 4 0 , 6 ( 1 ) ff. einem „Korrektor" zuzuschreiben ist, dessen Ziel gerade eben in der Änderung des theologischen Kerygmas der Originaldichtung bestand.

Der Gott des Korrektors ist das Spiegelbild des Korrektors selbst, d.h. des Synagogentheologen seiner Zeit: Des durch die Dichtung aufgeworfenen Problems kann er sich nur dadurch erwehren, daß er es gewaltsam 654

S. dazu o. S. 1 7 2 f.

200

Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen

niederschlägt. Und so vergewaltigt der Korrektor die Dichtung mit derselben Brutalität, mit der er seinen Gott Hiob vergewaltigen läßt. In textkritischer des festzuhalten:

und in formaler

Hinsicht ist bezüglich dieser Gottesrede

folgen-

1. V . 7 b ( 2 b ) „Ich will dich fragen, und du lehre mich!" gehört seinem ganzen Habitus nach von Haus aus nicht zu dieser kämpferischen Rede. Darin geht es im Gegensatz zu 38 f. - nicht um Sach-Belehrung, sondern um die Herausstellung von Gottes Allmacht, angesichts welcher Hiob, der Ohnmächtige, kein Recht 7.u fordern habe. Der Passus ist wörtlich aus 38,3 übernommen, wo er sinnvoll und der Haltung jener Rede adäquat ist. Die Wiederaufnahme dieser Worte an dieser Stelle ist durch die Endredaktion des Hiob-Buches erfolgt und will der gegenwärtigen Verklammerung und Verzahnung der zwei ursprünglich einander fremden Reden dienen 6 S S . 2. Bezeichnenderweise bietet die Gottesrede 40,6(1)ff. in formaler Hinsicht ein anderes Bild als die ursprünglich zur Dichtung gehörende von Kap.38 f. In dieser zweiten Rede führt der herausfordernde Imperativ (bzw. Jussiv): „Gürte . . . die Lenden!" „Schmücke dich mit Majestät! . . . " „Umkleide dich mit Herrlichkeit . . . ! " „Laß Zornesfluten sich ergießen!" „Erniedrige . . . ! " „Demütige . . . ! " „Zertritt . . . ! " „Verscharre . . . und banne . . . ! " Das sind lauter Herausforderungen zu Taten, zu denen Hiob - im Gegensatz zu dem ihn fordernden Gott — nicht fähig ist. Damit ist diese Imperativ-Reihe ein Mittel zur Bloßstellung des Unvermögens des Gegners. Dieser Stimmungsgehalt ändert sich auch da nicht, wo die Rede kurze Zeit in den Fragestil hinüberwechselt: 4 0 , 8 f . (40,3f.) 6 5 6 . Ob Imperativisch oder als rhetorische Frage formuliert: jeder Satz erweist des Gegners Ohnmacht. Und was G.v.Rad mit Bezug auf die Frageform der (vermeintlichen) Gesamtheit der Rede von Kap.38 bis 41 glaubt feststellen zu können 6 5 7 , das trifft wenigstens für die Fragen dieser sekundären Rede vollkommen zu: Hier schulmeistert ein Gegner seinen Kontrahenten und erledigt ihn mit Verhöhnung und Lächerlichmachung. Dies freilich eben nicht nur mit den paar Fragen, sondern ebenso wirksam mit der Reihe rein rhetorischer Imperative. 3. Die Rede von V . 7 - 1 4 ( 2 - 9 ) stellt eine kurze, scharfe Attacke dar: „Erweise dich in Machttaten (7) ..., dann will ich dich anerkennen! (14) mit andern Worten: „Wenn du mir schon machtmäßig nicht ebenbürtig bist, hast du auch nichts zu fordern!" Dieser schnelle rhetorische Schlag soll den Gegner außer Gefecht setzen! 4. 4 0 , 1 5 - 4 1 , 2 5 ( 4 0 , 1 0 - 4 1 , 2 5 ) : die Ausmalung über Behemoth und Leviathan sind tertiäre Textwucherungen 658 an dem soeben besprochenen, gerade durch seine Kürze wirksamen Sekundärtext. 655

Vgl. damit die in umgekehrter Richtung erfolgte Verschleppung von 4 0 , 7 a ( Z : 4 0 , 2 a )

nach 3 8 , 3 a. Z u diesen redaktionellen Manipulationen s. auch o. S. 112 zu 3 8 , 3 a u. 3 8 , 3 b. 656

S . o . S. 1 1 7 f .

658

So grundsätzlich viele Kommentare. Anders Keel (mit neuem Argument, jedoch unbe-

657

S . o . S. 120.

kümmert um Beobachtungen, wie sie in der vorliegenden Arbeit zur Unterscheidung literarischer bzw. kerygmatischer Schichten geführt haben).

Die Sekundär-Rezensionen A - C

201

Das notwendige Korrelat zur „Gottesrede" 4 0 , 7 - 1 4 ( 2 - 9 ) liegt in dem (jetzigen „zweiten") Widerruf 42,1-6 vor. Dem gewalttätigen Gott gegenüber muß nach dem Willen des Korrektors bezeichnenderweise schließlich auch Hiob sein Gesicht verlieren: Entgegen seinem - in der Originaldichtung ja eben immerhin von besseren Ahnungen getragenen - Willen, an einem brutalen und zudem heuchlerischen Gott lieber zugrundezugehen als mit ihm zu leben ( 9 , 2 1 ; 13,13f.), entschließt sich Hiob nun - schwach geworden — zum Widerruf. 42,2 6

Ich habe erkannt 659 , daß du alles vermagst. Nichts, was du sinnst, ist dir verwehrt. Darum widerrufe ich und bereue in Staub und Asche.

Der ursprünglich vom Verfasser der „zweiten" Gottesrede formulierte Widerruf dürfte nur diese zwei Verse umfaßt haben: In ihrer Kürze ist diese Erklärung ebenso wirkungsvoll wie die Gottesrede, die zu ihr Anlaß gegeben hat. Die Verse 3 - 5 erweisen sich demgegenüber bei näherem Zusehen als redaktionelle Zutaten: V.3a rezitiert einen Satz Jahwäs aus der echten Gottesrede (38,2). Dem entspricht auch die Fortsetzung, die ganz im Bereich des Themas der echten Gottesrede verbleibt, indem Hiob zugibt, unverständig gewesen zu sein Λ ) bzw. geredet zu haben über Dinge, die zu wunderbar für ihn seien, und die er darum nicht verstehen ( kV) könne. Der Vers nimmt demnach die Verständnisfrage und die Frage nach der Weisheit der Schicksalsökonomie von Kap. 38 f. wieder auf. W Ab spricht, beim gleichen Thema verweilend, davon, wer wen zu fragen, bzw. wer wen zu belehren 6 6 0 nötig habe und zitiert wieder wörtlich einen Passus aus der echten Gottesrede (38,3 b). Dabei ist der Fragende freilich nicht mehr Gott, sondern der nun demütig gewordene Hiob. Kurz: Die beiden Verse beziehen sich in ihrem ganzen Umfang auf die echte Gottesrede. Sie sind vom Redaktor hier eingefügt worden, um diesen abschließenden Widerruf auch die Inhalte der „ersten" Gottesrede reflektieren zu lassen, die ja nun — entgegen der Absicht des Korrektors, doch wieder im Text des Hiob-Buches figurierte. V. 5 könnte auf den ersten Blick als echt erscheinen. Vom Hörensagen habe ich von dir gehört, nun aber hat dich mein Auge gesehen. Dennoch ist dieser Vers bei näherem Zusehen recht belastet. Einerseits hat Hiob doch am eigenen Leibe so viel erfahren, daß er Gott wahrhaftig nicht nur vom Hörensagen kennt. Andererseits aber hatte er sich gerade das, was man vom Hörensagen urbi et orbi vernehmen konnte - nämlich die Lehre von der adäquaten Vergeltung! nicht zu eigen machen können, sondern bestreiten müssen. Er hatte, genau genommen, nach dem Willen des Korrektors nun gerade durch die Gottesrede den Hin659 660

Mit Q e re und den alten Übersetzungen: »nyv . Dies freilich mit umgekehrtem Personenbezug.

202

Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen

weis darauf erhalten, daß das vom Hörensagen Bekannte die richtige Theologie sei! Aus der Formulierung des Verses geht aber das Gegenteil hervor. Drittens aber erweckt V . 5 b die Vorstellung, es müsse eine Gotteserscheinung von Angesicht zu Angesicht stattgefunden haben. Vor diesem Vers aber steht der Leser nie unter dem Eindruck, es ereigne sich eine Theophanie, bzw. eine Vision: 4 0 , 6 ( 1 ) leitet eine Audition ein, wie sie jedem Propheten zuteil geworden ist. Darin stimmt die „zweite" Gottesrede durchaus mit der „ersten" (38) überein. Visionen jedoch hat Hiob nie. 4 2 , 5 dürfte aus allen diesen Gründen eine tertiäre Weiterung darstellen.

Den Widerruf leistet Hiob keineswegs als innerlich Überwundener oder gar Überzeugter. Man hat viel eher den Eindruck, es geschehe aus der Klugheit dessen heraus, der dem Druck der Gewalt weicht. Damit wird Hiob unter der Feder des Korrektors sich selbst untreu. Ehrlich wirkt ja eben dieser Widerruf, gemessen an früheren Hiobworten, nicht. Was Hiob gerade jetzt als Frucht der Gottesrede erfahren bzw. gelernt haben will, nämlich, daß Gott unumschränkt mächtig sei und darum tun könne, was immer er wolle (42,2), das hat Hiob schon längst zuvor — ohne jede Gottesrede — gewußt und auch ausgesprochen - nur viel plastischer und bildhafter als der Widerruf. Man vergegenwärtige sich nur seine einstigen Worte: 9,4

Der weisen Herzens ist und stark an Kraft Wer böte ihm Trotz und bliebe heil ?

und die bereits besprochenen, z.T. noch prägnanteren Stellen 9 , 1 2 f . ; 9 , 1 9 ; 2 3 , 6 ; 2 3 , 1 3 6 6 1 . Dazu wären noch 9 , 5 - 1 0 zu stellen, falls man nicht vorzieht, diesen aus verschiedenen Hymnen-Anklängen zusammengesetzten Passus als sekundär auszuscheiden 6 6 2 . An Gottes Allmacht also hat Hiob, wie bereits oben bemerkt, gar nie gezweifelt. Neu ist hier somit die Erkenntnis von Gottes Machtfülle keineswegs, obschon diese mit allen Zeichen der Verwunderung eben erst entdeckt worden sein möchte, um den angeblichen inneren Umschwung bei Hiob zu begründen. Neu ist vielmehr am Widerruf, daß Hiob — scheinbar unter der Hand — vergessen zu haben scheint, daß er ja eigentlich nicht von der Machtfrage, sondern von Haus aus von der Frage nach dem Sinn seines Leidens (Kap.3) und dann (Kap.6ff.) von der Frage nach Recht und Wahrheit umgetrieben war. Gottes Machtposition hatte er im Zusammenhang mit diesen letzteren Fragestellungen ja immer als eine mißliche Verschanzung empfunden und moralisch verabscheut. Hiob also erscheint im Spiegel dieses Widerrufs ebenso unaufrichtig und inkonsequent, wie Jahwä in der zweiten Gottesrede machttrunken erscheint. Beides hat der Korrektor in Kauf genommen, um das Fazit der 641 662

Zu diesen Stellen s . o . S. 167. 172f. 146. So Fohrer, 195 f. 205.

Die Sekundär-Rezensionen A - C

203

Dichtung in sein Gegenteil zu wenden. Nach seiner Uberzeugung war der Synagoge nur wirksam zu dienen, wenn Hiob zuschanden und das vom Dichter kritisierte Dogma der Diskussion entzogen wurde. Beides hat der theologische Haudegen, der hinter dieser Überholung der Hiob-Dichtung steht, erreicht. Seine Rezension dürfte die Dinge wie folgt haben verlaufen lassen: 1. Prosa-Einleitung 2. Kap. 2—21 des heutigen Hiob-Buches 3. K a p . 2 2 - 3 1 in der ursprünglichen Fassung des dritten Redeganges, d.h. ohne die oben besprochenen Eingriffe in dessen T e x t 6 6 3 und ohne die dadurch bedingten Sekundärtexte 6 6 4 . — Als letzte Verse des Dialogs dürften hier (wie in der Originaldichtung) die Hiobworte 3 1 , 3 5 — 3 7 figuriert haben. 4. K a p . 4 0 , 6 - 1 4 ( 1 - 9 ) 5. K a p . 4 2 , 1 . 2 . 6 6. Prosa-Ausleitung. Sie hat nur die Mitteilung der Restitution Hiobs umfaßt (nicht also 4 2 , 7 - 9 !) und dürfte den Wortlaut gehabt haben, den ihr der Dichter ursprünglich gegeben hatte.

Die später erfolgte redaktionelle Verbindung dieser Rezension mit der von einer geradezu konträren Zielrichtung beherrschten Originaldichtung mußte zwangsläufig eine erhebliche Störung der Verständlichkeit zur Folge haben, mehr natürlich noch als die Einbeziehung der oben genannten Rezension A. Wenn der Leser nach dem heutigen Wortlaut des Buches gegen dessen Schluß hin immer weniger weiß, wie das Buch seinen Helden beurteilt haben will, so ist diese Unsicherheit weitgehend der Aufnahme der Rezension B, d.h. der zweiten Gottesrede und des „zweiten" Widerrufs in die Endgestalt der Hiobschrift zu verdanken 66S . Der Korrektor freilich, das sei noch einmal gesagt, hat keine Unsicherheit heraufbeschwören wollen; denn wäre die Textgeschichte des HiobBuches nach seinem Willen verlaufen, wäre diese seine Rezension niemals mit den Vorformen kontaminiert worden, sondern hätte diese in Vergessenheit versinken lassen und hätte das Hiob-Bild allein beherrscht. Unklar wäre dabei nichts gewesen — als Hiobs Charakter. Und das hätte sich verschmerzen lassen; war er doch nach dem kerygmatischen Willen des Korrektors ein Sünder, der geglaubt hatte, sich gegen das allmächtige « 3 Vgl. S. 144 ff. 664 Vgl. Zu Rezension „A" S. 195. 665 Das Ausmaß der Unsicherheit springt in die Augen, wenn man die Ausleger auf das Kerygma dessen hin befragt, was sie für die Hiobdichtung halten. Die Antworten können so extrem weit auseinander liegen wie etwa die von Oettli und P. Dhorme. Oettli: Das Kerygma der Dichtung liegt in der sich 19,25 anbahnenden Klärung der Gottesvorstellung. P. Dhorme: Das Kerygma der Dichtung deckt sich mit dem Inhalt der Reden der drei Freunde.

204

S e k u r i d ä r - R e z e n s i o n e n und S p ä t g e s t a l t u n g e n

Dogma auflehnen zu dürfen. Was wäre von einem derart Entgleisten ^chon Besseres zu erwarten gewesen als ein Aufbegehren mit großen Worten ? Kam es dann darauf an, so mußten diese sich ja doch als nichtig erweisen, und dem Maulhelden blieb nichts anderes übrig, als schmählich zu Kreuze zu kriechen! Das also wäre das Fazit dieser Rezension gewesen. Und welche Wucht dieser „Lösung" des Hiob-Themas eigen gewesen ist, erkennt man noch leicht daran, wie sehr sie, selbst nach der redaktionellen Vereinigung mit den literarischen Vorformen, die Beurteilung Hiobs durch den Leser des heutigen Hiob-Buches zu beherrschen vermag. Wohl hat die Schlußredaktion sogar den originalen Schiedsspruch Jahwäs ( 4 2 , 7 - 9 ) wieder aufgenommen. So ganz verstanden werden kann er aber nach der zweiten Gottesrede und nach Hiobs reumütigen Worten 42,1 — 6 — und nach den redaktionellen Verkoppelungen beider mit der alten, echten ( = ersten) Gottesrede - nicht mehr. Und so läßt der bequeme Leser diesen Schiedsspruch eben meistens auf sich beruhen und verläßt das Buch mit dem leichten Aufatmen darüber, daß Jahwä über dem Reumütigen die Sonne eines neuen Glückes (42,10ff.) wieder aufgehen läßt. Rezension

C: Elihu

Die soeben umrissene Rezension „B" war der Synagoge insofern dienlich, als sie das durch die Originaldichtung geschaffene Ärgernis mit überzeugender Rasanz ausräumte: Was hätte man sich Wirksameres wünschen mögen als daß Jahwä höchstpersönlich den unbequemen Problematiker mit Donnerstimme und — um eine deuteronomische Formel in übertragenem Sinne zu verwenden — „mit starker Hand und ausgerecktem Arm" so gründlich zur Ruhe brachte, daß ihm nichts anderes übrigblieb, als zu Kreuze zu kriechen. Dennoch: theologisch subtiler empfindende Vertreter des synagogalen Schicksalsglaubens mögen dieses Erfolges kaum recht froh geworden sein. Bei aller Ablehnung der Originaldichtung muß ihnen die geradezu herausfordernde theologische Unbekümmertheit dieser „Lösung" doch zu schaffen gemacht haben: Ein Jahwäbild, wie es der Korrektor der Rezension „B" vor Augen stellte, war seinerseits eben zweifellos ein nicht unbedeutendes Ärgernis. Und daß dabei das Machtpochen Jahwäs die Stelle einnahm, die einer wirklichen Überführung Hiobs hätte eingeräumt werden müssen, wirkte auf kritische Leser eher gewaltsam als überzeugend. Aus Kreisen, die diese Mängel der Rezension „B" nicht unbesehen hinnehmen konnten, dürfte der Verfasser der Elihu-Rezension hervorgegangen sein. Er verfolgte zwar grundsätzlich dasselbe Ziel wie der Korrektor der Rezension „ B " ; aber er suchte es zu erreichen, ohne jenes bedenkliche

205

Die Sekundar-Rezensionen A - C Gottesbild

heraufzubeschwören

mehr

erzwungene

eine

und

Kapitulation

ohne

jene A r t d e s W i d e r r u f s ,

Hiobs

anzeigt

als

eine

die

spontane

W e n d e z u r A n e r k e n n u n g d e r R i c h t i g k e i t des b i t t e r e n S c h i c k s a l s . A u c h n a c h d e m Verständnis des E l i h u - A u t o r s m u ß t e H i o b w i d e r r u f e n ; j e d o c h s o l l t e e r es a u s Ü b e r z e u g u n g , als i n n e r l i c h Ü b e r w u n d e n e r tun k ö n n e n . U n d diese i n n e r e W e n d e sollte n i c h t d u r c h A l l g e w a l t u n d m a j e s t ä t i sches D r ä u e n , sondern d u r c h den milden, zugleich mit neuen A r g u m e n t e n vorgetragenen Z u s p r u c h eines vierten Weisen herbeigeführt werden. D a r u m s c h u f d e r E l i h u - V e r f a s s e r als E r s a t z f ü r die G o t t e s r e d e d e r R e z e n s i o n „ B " ( K a p . 4 0 f . ) d i e l a n g e R e d e d e s E l i h u ( K a p . 3 2 - 3 9 ) u n d ließ ihr -

anstelle von 4 2 , 1 - 6 -

die jetzige erste W i d e r r u f u n g 4 0 , 3 f f

(39,33ff.)

folgen. A u f deren H a l t u n g , formalen C h a r a k t e r und U m f a n g wird

bald

n o c h e i n z u g e h e n sein. Vorerst muß eine W ü r d i g u n g der Rede

des Elihu

erfolgen.

Sie bildet das Stück des H i o b - B u c h e s , dessen Sekundärcharakter am frühesten erkannt wurde und von der heutigen Wissenschaft am einhelligsten a n e r k a n n t w i r d 6 6 6 . Dies aufgrund folgender Hauptindizien: 1. Die Prosa-Einleitung der D i c h t u n g kannte nur drei Freunde H i o b s , und in den Dialogen wird nie ein vierter e r w ä h n t . 2. D a r u m m u ß der Verfasser der Elihu-Rezension seinen Weisen eigens einführen, wofür er dessen in Versen gehaltener Rede eine besondere Einleitung vorangehen läßt (Kap. 3 2 , 1 - 6 ) . 3. Auch die Prosa-Ausleitung der Originaldichtung ( 4 2 , 7 f f . ) kennt nur die drei Freunde. Elihu dagegen bleibt auch hier unerwähnt. 4 . Die Elihu-Figur ist - wie die Novelle - im Aramäerland zu lokalisieren, w ä h rend die Originaldichtung in E d o m s p i e l t 6 6 7 . Auch der Elihu-Rezensent läßt seinen Weisen in Versen sprechen. D a m i t stellt er Elihu den drei Freunden der Originaldichtung formal gleich. Auch die folgenden Beobachtungen zeigen, d a ß der Rezensent die von ihm geschaffene Rede möglichst harmonisch mit dem G e w e b e der originalen Dialoge zu verbinden bemüht gewesen ist. M e h r f a c h knüpft er bei Gegebenheiten der Originaldichtung an. So weist schon seine Prosa-Einleitung 3 2 , 1 - 5 darauf hin, d a ß das Streitgespräch zwischen H i o b und „den drei M ä n n e r n " zum Abschluß gekommen sei, und stellt fest, Elihu h a b e als jüngster von H i o b s Freunden, trotz steigendem Unmut über die Unfähigkeit der drei älteren, an sich gehalten, um sie erst ausreden zu lassen ( V . 2 - 4 ) . D a n n erst habe er sich zu sprechen getraut. Dasselbe sagt Elihu auch selber: 3 2 , 1 1 ff.

Seht, ich habe abgewartet eure Reden und hingehorcht nach euren Weisheitssprüchen, bis ihr (die rechten) W o r t e ergründen würdet.

Ganz anders freilich Dubarle, 84 ff., der in Elihu geradezu den Weisen sieht, der des Hiobdichters allereigenste Theologie vertritt! 6 6 7 Ein Umstand, der vermuten läßt, der Rezension B, als deren Korrektur ja die ElihuRezension jedenfalls zu betrachten ist, habe schon eine redaktionelle Vereinigung von Novelle und Dichtung zugrunde gelegen. 666

206

Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen

12

W o h l habe ich auf euch gemerkt; doch siehe, da war keiner, der Hiob überführt h ä t t e 6 6 8 Keiner von euch widerlegte sein G e r e d e 6 6 9 .

Auch auf die Äußerungen ein. So etwa, wenn er sich dieser brauche sich vor ihm Vorwurf an, den Hiob gegen 19,21

Hiobs in den Dialogen geht Elihu bisweilen liebevoll dadurch empfehlen möchte, daß er Hiob versichert, nicht zu fürchten (33 , 7 ) 6 7 0 . Damit knüpft er an den die drei ersten Freunde erhoben hatte:

Erbarmt, erbarmt euch mein, ihr meine Freunde; denn die Hand Gottes hat mich getroffen !

22

W a r u m verfolgt ihr mich wie Gott und werdet nicht satt, mich zu zerfleischen 6 7 1 ?

Als weitere Beispiele solcher Abstimmung der Elihurede auf Hiobs Äußerungen mögen gleich die anschließenden vier Verse dienen, in denen Wendungen aus Hiobreden stellenweise wörtlich aufgenommen werden. 33,8 9

Nur hast du vor meinen Ohren gesagt: „Rein bin ich, ohne Missetat, lauter bin ich und frei von Schuld."

Elihu nimmt damit das Gespräch bei Hiobs Unschuldsbeteuerungen auf. Man kann dabei unmittelbar erinnert sein an 16,16 17

Mein Antlitz ist vom Weinen rot und tiefes Dunkel liegt auf meinen Wimpern, obgleich kein Unrecht klebt an meinen Händen und mein Gebet rein i s t 6 7 2 .

Im nächsten Vers tadelt Elihu Hiob, da dieser von Gott behauptet: 33.10

Siehe, Anklagen erfindet er wider mich, er hält mich für seinen Feind!

Die Anspielung zielt jedenfalls auf 13,24

W a r u m verbirgst du dein Antlitz und hältst mich für deinen Feind?

oder auf 19.11

Sein Zorn ist wider mich entbrannt, und er achtete mich für seinen Feind 6 7 3 .

mam avxV l'X Z : „zurechtwies". Von der Grundbedeutung von n » ausgehend, darf man die oben vorgeschlagene Übersetzung wagen. Z : „erwiderte auf seine R e d e " . 6 7 0 Z u m Z u s a m m e n h a n g der Stelle s.u. S. 2 1 I f f . 6 7 1 Ähnlich: 6 , 2 7 ; 1 3 , 4 f . ; 16,2ff.; 16,10.20; 1 7 , 1 0 ; 2 1 , 2 f f . ; 2 1 , 2 7 . 3 4 ; 2 6 , 2 - 4 . 668

669

F e m e r auch etwa 6 , 2 4 . 2 9 f . ; 9 , 2 1 ; 1 0 , 7 ; 1 3 , 1 8 f . ; 1 6 , 2 1 ; 2 7 , 3 f . 6 ; 3 1 , 3 5 - 3 7 . Dazu vgl. natürlich auch Äußerungen wie 7 , 1 2 ; 1 0 , 2 f . ; 1 0 , 1 5 f . ; 1 6 , 7 f f . , 1 7 , 1 ; 2 3 , 1 ff. 672

673

Die Sekundär-Rezensionen

A-C

207

Weiter zitiert Elihu als ein Hiobwort: 33,11

Er legt meine Füße in den Block und hat acht auf alle meine Pfade,

womit der wörtliche Anklang hergestellt ist an 13,27

. . . daß du meine Füße in den Block legst und alle meine Pfade belauerst.

Auch Elihu spricht als Mann der Synagoge, der keineswegs daran denkt, die Regel der adäquaten Vergeltung fallen zu lassen. Auch er möchte Hiob von der Meinung abbringen, es geschehe ihm Unrecht. 34,10

Fern sei es von Gott, daß er Unrecht tue, und vom Allmächtigen, daß er frevle!

11

Nein, er vergilt dem Menschen nach seinem Tun, und nach seinem Wandel läßt er's jedem ergehen.

12

Denn das ist gewiß: Gott tut nicht Unrecht, und nicht verdreht der Allmächtige das Recht.

Diese These, die ja auch jeder von den drei ersten Freunden hätte formuliert haben können, versucht Elihu nun aber Hiob in etwas anderer Weise nahezubringen, als es zuvor geschehen ist. Anders als die Freunde möchte Elihu nicht an ein beinahe mechanisch wirkendes Verhältnis von menschlicher Verfehlung und strafender Reaktion Gottes denken. Vielmehr entspringt das göttliche Schicksalswalten nach Elihus Meinung einer Heilsabsicht. Und um diese zu verfolgen, bedient sich Gott auch im Falle menschlichen Irregehens erst immer sanfter Mittel. Nur hat Hiob - so meint Elihu - offensichtlich den Augenblick verpaßt, in welchem sein eigenes Heil ohne Schmerz und Not realisierbar gewesen wäre. Das müsse ein Zeitpunkt gewesen sein, in welchem Gott zu Hiob milde habe reden wollen, um ihn richtig zu leiten. Hiob beklage sich daher zu Unrecht, Gott habe sich in Schweigen gehüllt (33,13). Es sei ganz begreiflich, daß Hiob das Reden Gottes jetzt vermissen müsse; denn früher, als noch alles mit ihm zum besten bestellt schien, habe er das sanfte, unauffällige göttliche Mahnen überhört: 33,14

Denn durch eines redet Gott und durch zwei - man achtet's nicht.

15

Im Traum, im Nachtgesicht 6 7 4 im Schlummer auf dem Lager,

16

Da öffnet er das Ohr der Menschen und erschreckt ihn durch seine Verwarnung.

6 7 4 Lies: n^'V ll'Tna und streiche mit Fohrer, 454 „wenn Tiefschlaf auf den Menschen fällt".

D^ftK-Vy nunn ^033 ; vgl. 4,13 b:

208

Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen

So etwas pflegte sich nach Elihus Meinung rechtzeitig, im Sinne einer Vorbeugung, einzustellen: 33,17

Um den Menschen abzubringen von seinem T u n 6 7 5 und den H o c h m u t 6 7 6 aus dem Manne zu tilgen

18

677

.

Seine Seele vor der Grube zu bewahren und sein Leben vor dem Gang zum Totenreich.

Dieses leise, zum Heil weisende Mahnen entgeht einem nur zu leicht; und Hiob ist es offenbar entgangen, weil er so gefährlich glücklich war, daß er daraus unentwegt auf Gottes Einverständnis mit seinem Wandel zurückschloß: 36,16

678

Dtch aber hat das Glück verleitet, die Ruhe vor dem Rachen der Not da dein behaglicher T i s c h 6 7 9 mit üppiger Speise680

besetzt

war.

Aber solche Schwerhörigkeit kann nicht zum Guten führen: Gott weiß seinem Willen nötigenfalls auf andere Weise Nachachtung zu verschaffen: Mit einem unausweichlichen Zugriff des Schicksals kündet sich gleichsam eine zweite Alarmstufe an: 33,19

Auch wird er gemahnt durch Schmerz auf seinem Lager, seine Knochen scheinen miteinander in unaufhörlichem Widerstreit zu sein 6 8 1 .

20

Da wird durch sein Leben ihm das Brot verleidet, durch seine Unlust die Lieblingsspeise.

21

Hin schwindet sein Fleisch, daß man es nicht mehr sieht, und bloß wird sein Gebein, das man (zuvor) nicht sah

22

Seine Seele naht der Grube (nrn^) und sein Leben den Abgeschiedenen

682

.

Freilich, das alles läßt Gott nach Elihus Uberzeugung nicht darum geschehen, weil ihm aus dem falschen Wandel des Menschen ein Schaden erwachsen wäre, für den er sich rächen wollte (35,6f.)! Vielmehr schadet

675 676

Lies: lnfryna . Beer u. a., nach verschiedenen Versionen. Zu TO s. Fohrer zu 2 2 , 2 9 .

Lies: n o r . Z, Fohrer, 4 5 4 u.a. So verderbt der T e x t von V . a u. b ist, läßt sich aufgrund der oben kursiv gedruckten Partien die Aussage ihrem Hauptinhalt nach noch gut erkennen. Ähnlich übrigens schon Eliphas I: 4 , 5 f. 677

678

Zu η ι π ^ nnj - s. GB., s.v. II uro . 6β0 j ^ , 679

Z : „Wenn der Kampf in seinem Gebein gewaltig t o b t " . Z : „den Todesengeln" mit de Wette; L: „mortiferis" ( Π'ΠΒβ1?); lies aber: ο'ΠΒ1?, wofür L X X : έν αδη. 681

682

Die Sekundär-Rezensionen A - C

209

ein Mensch, wenn er Unrecht tut, seinem Nächsten (35,8). Und für den zu sorgen, den das Unrecht trifft, ist von jeher Gottes Anliegen. Weil Gott den Bedrücker und den Gewalttätigen dem Armen früher oder später vom Leibe schafft, ist es so gefährlich, das Recht zu verletzen (34,25 ff., speziell 28!). Aber bei alledem will Gott - auch dies nach Elihus Verständnis - niemals „den Tod des Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe 6 8 3 ". Denn 36,15

Den Elenden erlöst er durch sein Elend und öffnet ihm das Ohr durch Drangsal.

Darum mag Gott einen Sünder zwar soweit kommen lassen, daß „seine Seele der Grube naht und sein Leben den Abgeschiedenen"; kehrt dann aber der Mann innerlich um, wird Gott sich seiner erbarmen und ihn zum Leben und zum Glück zurückführen. Diese Wende einleiten zu helfen, hat ein Mann wie Hiob eben „einen Gesandten Gottes", einen Freund wie Elihu: „einen unter Tausenden" (33,23), der ihm seine Lage zu erläutern versteht (33,23) und der dann auch als Mittler und Fürbitter vor Gott für ihn eintritt: 33,24

L a ß ihn l o s 6 8 4 , daß er nicht hinab zur Grube fahre; ich habe ein Lösegeld gefunden.

Von einem solchen Freund läßt sich Gott erbitten, die Reue und Abbitte des Elenden anzunehmen 685 . Der Rest von Elihus Schicksalsdenken verläuft nach dem schicksalstheologischen Schema der Freundesreden. Wer Buße tut, wird seine wunderbare Wiederherstellung erlangen. So sieht Elihu im Geiste Hiob schon nach der Weise der Frommen der „Klagelieder des Einzelnen" öffentlich frohlockend bekennen, wie Gott ihn wiederhergestellt und zu neuem Glück geführt habe. N u r daß eben - im Unterschied zu Ps. 2 2 u. a. - keine fremden Übeltäter die Schuld am Verlust seines Glückes tragen, sondern das unweise Verhalten des Elenden selbst. Darum gehört zu seinem öffentlich dargebrachten Gotteslob auch das Bekenntnis seiner einstigen Verkehrtheit: 33,27

Ich habe gesündigt und das Recht verkehrt; aber er (Jahwä) hat mir nicht nach meiner Schuld vergolten.

28

E r hat mein Leben bewahrt vor der Grube, und meine Seele schaut mit Lust das Licht.

Vgl. Ez. 1 8 , 2 3 ; 3 3 , 1 1 . Cj. 6 8 5 Elihu nimmt demnach - im Unterschied zu den anderen drei Freunden - für sich die Stellung in Anspruch, die der fürbittende Freund des Unschuldigen in der von Nougayrol publizierten babylonischen Tafel innehat. Dies allerdings mit dem Unterschied, daß Elihu immerhin an Hiobs Schuld glaubt, während der Babylonier für einen Mann Fürbitte leistet, von dessen Unschuld er überzeugt ist. Vgl. o. S. 124. 683 684

210

Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen

Die Logik dieses Bekenntnisses ist dieselbe, wie sie d e m Leser der H i o b - D i c h t u n g aus den ersten F r e u n d e s r e d e n b e k a n n t ist: Leiden soll als Buße a n e r k a n n t w e r d e n ; d a n n w i r d es d u r c h G o t t e s G n a d e beendigt w e r d e n . Z u d e m : D e m Lästerer, als d e r sich H i o b im V e r l a u f e des G e s p r ä c h e s ' e n t p u p p t h a t ( 3 4 , 3 7 ) , m ü ß t e z w a r bei k o n s e q u e n t e r V e r g e l t u n g s h a l t u n g G o t t e s die S ü n d e d a s Leben k o s t e n . Aber a u c h d a noch n i m m t G o t t die Buße a n , w e n n H i o b sie n u r endlich leistet.

Der Uberblick über Elihus Gedankensystem läßt somit als Kernstück wiederum das auf Ezechiel zurückgehende Tröstungsschema erkennen, wie es schon die ersten drei Freunde gehandhabt hatten. Aber in dieses Schema bringt Elihu nebst dem Lob der Fürbitte noch einen neuen Gesichtspunkt ein: die These von der überhörten Vorwarnung einerseits und - im Zusammenhang damit — von der Funktion des Elends nicht nur als Strafe und Bußzeit, sondern geradezu als Heilsmittel (36,15 f.). U n d wie sich die „ T r ö s t u n g " d u r c h die a n d e r e n F r e u n d e als weisheitliche A n w e n d u n g einer n a t i o n a l e n G e s c h i c h t s e r f a h r u n g auf d a s Einzelschicksal darstellt, so d ü r f t e es sich a u c h mit Elihus zusätzlichem E l e m e n t verhalten. Es w i r d w o h l d a r u m mit so g r o ß e r Sicherheit v o r g e t r a g e n , weil es sich auf die schon f r ü h e r erfolgte theologische V e r a r b e i t u n g n a t i o n a l e r Geschichte b e r u f e n k a n n . Dabei scheint Elihu geschichtstheoretisch die vorexilische Zeit Israels mit ins Blickfeld d e r E r f a h r u n g e i n z u b e z i e h e n : Im Blick auf die W i r k s a m k e i t d e r vorexilischen S c h r i f t p r o p h e t e n ließ sich d e r g r ö ß t e Teil der Königszeit als eine E p o c h e der ü b e r h ö r t e n W a r n u n g e n verstehen 6 8 6 . Erst als alle M a h n u n g e n m i ß a c h t e t w o r d e n w a r e n , schritt J a h w ä schließlich zur drastischen M a ß n a h m e des Exils. M a n k a n n sich f r a g e n , o b nicht Elihus wie ein E r f a h r u n g s s a t z klingendes W o r t , J a h w ä lasse einen „zwei-, d r e i m a l " d e m U n t e r g a n g n a h e k o m m e n ( 3 3 , 2 9 ) , ein Vorstellungsschema a u f g r e i f t , wie es schon in der Visionenreihe des Arnos ( A m . 7 , 1 - 9 ; 8 , 1 f.) vorgebildet w a r , u n d wie es d u r c h die d e u t e r o n o m i s t i s c h e G e s c h i c h t s s c h r e i b u n g verallgemeinert w o r d e n ist. A u c h J u d a h a t - so gesehen — wegen seiner M i ß a c h t u n g p r o p h e t i s c h e r W a r n u n g e n zwei- bis dreimal s c h m e r z h a f t e u n d b e i n a h e z u m T o d e f ü h r e n d e Lektionen h i n n e h m e n m ü s s e n : d e n Verlust seiner U n a b h ä n g i g k e i t im Syrisch-ephraimitischen Krieg, die V e r w ü s t u n g seines L a n d e s d u r c h S a n h e r i b u n d die V e r n i c h t u n g v o n Staat u n d Stadt, H e i l i g t u m u n d Dynastie d u r c h die B a b y l o n i e r 6 8 7 . Betrachtete m a n all diese historischen N ö t e u n t e r d e m Gesichtswinkel d e r ezechielisch-deuterojesanischen D e u t u n g des E x i l s 6 8 8 , so ließen sie sich in einem u m f a s s e n d e n Geschichtsbild u n t e r b r i n g e n , welches sie als E t a p p e n eines erst

686 Die Betrachtungsweise als solche findet sich, auf einen kleineren Bereich von Unglücksfällen angewendet, schon A m . 4 , 6 - 1 1 . Jes. 10,5f. sieht in diesem Sinne die Assyrerherrschaft, Jes. 1 die judäische Katastrophe des Sanherib-Zuges usf. 687 Darf man für Elihus Aussage diesen Vorstellungs-Hintergrund annehmen, so stand der Elihu-Rezensent der dtr. Geschichtsschreibung nahe. 688 Dazu s.o. S. 13Iff.

Die Sekundär-Rezensionen A - C

211

mehrfach mißachteten, jedoch immer zupackender werdenden und schließlich doch - in der Exilzeit - verstandenen Rufens Gottes nach Buße und Umkehr verstehen ließ. Jede einzelne Krise wurde so aus ihrer zusammenhanglosen Einmaligkeit gelöst und erhielt ihren Ort im Rahmen der Gesamtveranstaltung göttlicher Geschichtslenkung. Und diese ihrerseits stellte sich als ein Ringen des göttlichen Heilswillens um das menschliche Verständnis dar. Diese offensichtlich dem Kreis der deuteronomistischen Anliegen zugehörige Geschichtsschau also scheint Elihu nun auf das Einzelschicksal Hiobs anzuwenden. Und wohl nicht zuletzt darin gründet für das Gefühl des Elihu-Autors die Unschlagbarkeit seines Helden.

Elihu korrigiert somit nicht nur die theologische Eskapade des Rezensenten „ B " , sondern ergänzt auch die Schicksalstheologie der Freunde um das Argument der verpaßten Gelegenheiten zu Einkehr und Umkehr und um das Element der Heilsträchtigkeit des Leidens. Und als Hintergrund für die Darstellung des ebenso zielsicheren wie elastischen Schicksalshandelns Gottes stellt er überdies dem wortlos lauschenden Hiob das Walten Gottes vor Augen, wie es sich in der Natur als alles menschliche Denken und Verstehen überragende Weisheit manifestiert ( 3 6 , 2 2 - 3 7 , 2 4 ) : 36,27

Er zieht herauf die Wassertropfen, seiht sie aus seiner Flut als Regen,

28

von dem die Wolken triefen,

29

W e r verstünde das Schweben 6 8 9 der Wolken und das Getöse seines Gezeltes ?

auf viele Menschen niederrieseln.

Mit solchen Erwägungen übernimmt Elihu 3 6 , 2 7 f f . ; 37 deutlich nicht nur einzelne Gedanken und Bilder der echten Gottesrede (38f.) 6 9 0 , sondern vor allem auch deren pädagogische Haltung. Aber damit übernimmt er gerade noch etwas von jener Gottesrede: nämlich die Methode der Zurücklenkung von der juristischen Frageweise der Freunde zur weisheitlichen, wie sie für die Hiobklage Kap. 3 kennzeichnend gewesen ist. So betont also auch Elihu - wie es der Dichter tat - die Überwindung Hiobs durch überlegene Weisheit, statt im Sinne des Rezensenten „B" auf Gottes Macht und Allgewalt zu pochen.

6 8 9 Ζ mit T M : „ A u s s p a n n e n " ; lies aber mit 1 M s . K e n : '«fans. So Beer, F o h r e r ; Duhm streicht 29 f. 6 9 0 Reddy, der die ganze Elihu-Rede als recht wohlgelungene Interpolation eines „young poet of considerable m e r i t " ( 9 0 ) verstanden haben möchte, gibt sich keine Rechenschaft davon, daß 3 6 , 2 7 f f . ; 3 7 (ähnlich wie die zu Rezension Α gehörenden T e x t e 2 6 , 5 - 1 4 und Kap. 2 8 ) eine inhaltliche Aushöhlung der Gottesrede darstellt und darum nicht geeignet ist, ihr als „prelude" vorauf zu gehen.

212

Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen

Ja, er neutralisiert sogar den aggressiven Hinweis des Rezensenten „B" auf das Donnern Gottes, indem er dieses zwar erwähnt, das Phänomen jedoch in einer völlig anderen Haltung verwendet: Nicht Hiob nämlich wird bei Elihu von Gott angedonnert, wie 4 0 , 6 (40,1) es wollte, und nicht zu ducken braucht er sich darum. Vielmehr leitet Elihu Hiob an, angesichts der Großartigkeit des Gewitters Gott staunend zu bewundern. Und der Weisheit dieses Freundes entzieht sich nun Hiob nicht. Ihr gegenüber kann und muß er sich nach dem Willen des Verfassers geschlagen geben, womit gleichzeitig auch seine innere Beruhigung eingeleitet wird. Mit dieser Wandlung von Hiobs Gesinnung hat Elihu somit das vollbracht, was die anderen Freunde vergeblich angestrebt hatten: Hiob wirklich zu trösten. Das aber ist andererseits der Erfolg, den der Dichter der Originalfassung Gott selber vorbehalten hatte. Die Elihu-Rezension bedarf daher überhaupt keiner Gottesrede. Im einzelnen entwickelt sich die Lage zwischen Elihu und Hiob wie folgt: Elihu hat nicht unterlassen, Hiob deutlich zu einer Antwort auf seine Ausführungen herauszufordern.: 33.5

Wenn du kannst, so gib mir Antwort, Lege es mir vor und stelle dich!

Freundlich tut er es; denn er will ja den vom Gezänk mit den Freunden Ermüdeten 6 9 1 nicht auch wieder in eine Abwehrhaltung hineinmanövrieren oder seiner Resignation Vorschub leisten. Darum fügt er seiner Aufforderung die Worte bei: 33.6 7

Siehe, ich stehe zu Gott wie du, vom Lehm genommen bin auch ich. Sieh, Furcht vor mir soll dich nicht schrecken und meine Hand nicht auf dir lasten 6 9 2 !

Elihu doppelt am Ende seines ersten Redeanlaufs sogar mit der Einladung zur Antwort noch nach, indem er Hiob auffordert: 33,32 33

Hast du Worte, so gib mir Antwort; sag an ; denn gerne gäbe ich dir Recht. Wenn nicht, so höre du mir zu: schweige, so will ich dich Weisheit lehren.

S . o . S. 2 0 6 mit Anm. 6 7 1 . Im Gegensatz zu den anderen Freunden will Elihu als Gleichgestellter mit H i o b reden, nicht aber in der richtend-hochfahrenden Weise der Freunde, die auf H i o b abstoßend, beleidigend und verletzend wirken mußte. 691

692

Die Sekunda r-Rezensionen A - C

213

Und wirklich: Hiob schweigt, schweigt, bis Elihu ganz ausgeredet hat, obgleich dieser immer wieder eine Unterbrechung einschaltet, um Hiob zu Wort kommen zu lassen. Man wird die formalen Neueinsätze 3 4 , 1 ; 3 5 , 1 ; 36,1 in diesem Sinne zu verstehen haben 693 ; denn Stil und Habitus der sechs Elihu-Kapitel weisen diese als eine literarische Einheit aus - ganz anders als Kap. 2 6 - 3 1 694 . Hiob schweigt während der ganzen langen Rede von Kap. 3 2 - 3 7 , woraus der Leser schon je länger desto stärker den Eindruck bekommen muß, Hiob sei nun wirklich zum erstenmal keiner Erwiderung mehr fähig. Und das bestätigt sich auch; denn wenn H i o b nun noch einmal das Wort nimmt, so nicht zu einer Entgegnung, sondern um sich den Argumenten Elihus zu beugen und ausdrücklich sein Schweigenmüssen zu bekennen: 40,3 (39,33) 4 (39,34) 5 (39,35)

Da antwortete Hiob 6 9 5 und sprach: Ich bin zu gering, was soll ich dir antworten ? Ich lege meine Hand auf meinen Mund. Einmal habe ich geredet und antworte nicht mehr, zweimal, und tue es nicht wieder!

Auf diesen Redeverzicht Hiobs hat - wie gesagt - die ganze Elihu-Rede hingedrängt. Der Wortlaut des Verzichts ist darum ganz auf Elihus Rede abgestimmt. Schon in formaler Hinsicht fällt dies auf: Der Aufforderung Elihus O ^ / p V l j tfTDK 3 3 , 3 2 entspricht Hiobs p i f t t rnp/'rfrp |n 4 0 , 4 und Elihus ihtjn/...i'rt* 3 3 , 3 3 entspricht Hiobs 'ΟΊη^ Τ 40,4 Auf Elihu abgestimmt ist aber auch Hiobs Haltung: Er duckt sich nicht unter göttlicher Gewalt, sondern erklärt sich durch Elihus Rede von seinem Fehler überzeugt und zu einer Entgegnung außerstande: „Was soll ich dir antworten ?" Zudem aber nehmen sich auch Inhalt und Wortwahl der Verzichterklärung aus wie ein Zurückkommen Hiobs auf die schwerste von Elihu erhobene Anschuldigung. Diese - sie wird nicht zufällig als communis opinio aller „verständigen Männer und Weisen" vorgetragen (34,34) - bezichtigt Hiob ganz besonderer Hartnäckigkeit in seinem Aufbegehren gegen Gott (fp 1 · 34,37) 6 9 6 . Demgegenüber bekennt nun Hiob, sein Unvermögen einzusehen ('ripf) und nichts weiter reden zu wollen («ppta 10) (40,5/39,35). Schließlich zeugt auch eine stilistische Gemeinsamkeit von Elihu-Rede und Hiobs Redeverzicht für deren Zusammengehörigkeit: Nur in diesen beiden

693 694 695 696

Ähnlich schon Dubarle, 85; anders Westermann, 109. Vgl. o. S. 144 ff. Z : „dem Herrn" ist zu streichen (redaktionelle Adaption). Dazu s. S. 214. Zur Exegese dieses schlecht überlieferten Verses s. Fohrer, 464 f. 469.

214

Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen

Stücken nämlich begegnet das Stilelement des Zahlenspruchs, das sonst in den Reden des Hiob-Buches keine Verwendung findet. Der Redeverzicht, der nach dem Gesagten einen notwendigen und integrierenden Bestandteil der Elihu-Rezension gebildet hat, ist erst durch die Endredaktion des heutigen Hiob-Buches aus deren Zusammenhang gelöst und zu Hiobs Antwort auf die wiederum aufgenommene echte (erste) Gottesrede umfunktioniert worden. Dies ist im ganzen Zusammenhang der redaktionellen Aufgabe wohl verständlich; denn ein Redeverzicht unmittelbar nach Kap.37 hätte ja das Auftreten Gottes in Kap.38 überflüssig erscheinen lassen. Setzte der Redaktor den Redeverzicht dagegen hinter die echte Gottesrede, so ergab sich ein in seinen Augen jedenfalls durchaus wünschbares Steigerungsschema: 1. Gottesrede - Widerruf 2. Gottesrede - Widerruf 697 . Nur war zur Erreichung dieses Effektes allerdings noch einige adaptorische Arbeit nötig. Die echte Gottesrede tendierte, wie oben festgestellt, nicht auf einen Widerruf Hiobs hin 6 9 8 . Und erst recht hatten die gemütlich beschreibenden Verse 3 9 , 2 8 - 3 0 6 9 9 den Leser vergessen lassen, daß diese Rede vom Redaktor eingangs jenes ganz aggressive Licht aufgesetzt bekommen hatte, das die vom Dichter als gütige Belehrung gemeinte Rede in eine barsche Herausforderung Hiobs durch Gott hätte umfunktionieren sollen. Um diesen feindseligen Ton noch einmal zum Tragen zu bringen, ließ nun der Redaktor nach einem kurzen Unterbruch hinter 3 9 , 3 0 mit der Uberleitung 4 0 , 1 (39,31) nochmals wacker gegen Hiob ausholen : 4 0 , 2 ( 3 9 , 3 2 ) Hadern will der Tadler mit dem Allmächtigen (Ttf) ? Der Gott zurechtwies, gebe darauf Antwort (njjjr )! An diese grimmige Herausforderung angeschlossen, bekam der Redeverzicht Hiobs den Charakter eines ersten kleinlauten Sichduckens vor Jahwä. Im Zusammenhang mit dieser Umfunktionierung des Redeverzichtes steht natürlich auch die Interpolation von ΓΠΓΡ l * in die Antwortformel von 4 0 , 3 . (39,33). Die Schere des Redaktors hat somit der Elihu-Rezension ein mindestens ebenso mißliches Schicksal bereitet, wie diese es der Originaldichtung zugedacht hatte: die völlige Verwischung des ursprünglich klaren Konzeptes. Von dieser seinerzeit am sorgfältigsten bewerkstelligten Adaption der HiobDichtung an den theologischen Geschmack der Synagoge sind die Elihurede und Hiobs Redeverzicht als zusammenhanglose Einzelglieder übriggeblieben. Die lange Rede erscheint im Rahmen des heutigen Gesamtwerkes so peinlich überflüssig, weil weder Gott noch Hiob von ihr Notiz nehmen. So verhallt sie einfach wirkungslos.

6,7 698 699

Zur differenzierteren Sicht dieses Schemas, s. S. 12. Vgl. o. S. 192f. Zu deren Sekundärcharakter s. o. S. 116.

Redaktionelle Vorgänge im Räume der Versdichtung und ihrer Varianten Aber e b e n : gewesen.

Elihus Auftreten

war von seinem Autor ganz anders

215 gemeint

Indem sich Hiob von Elihu überzeugen läßt, ist dieser — so will es der Elihu-Rezensent - als Sieger aus dem Redestreit der Weisen hervorgegangen. Er ist aber nicht nur das, sondern zugleich auch der rechte Tröster für Hiob; denn er hat dessen Verzweiflung überwunden, dessen Vertrauen in die Richtigkeit von Gottes Handeln zu erneuern vermocht und mit all dem den Weg zur Wiederherstellung des Leidenden frei gemacht. Daß der Verfasser dabei die Trösterfunktion einem Theologen zuweist, wo sie der Original-Dichter Jahwä vorbehalten hatte, ist für die geistige Stellung dieser Rezension bezeichnend: Für ihr Verständnis mußte — im strikten Gegensatz zur Originaldichtung - die Synagoge über die richtige Schicksalstheologie verfügen. Wenn der Elihu-Autor dabei die echte Gottesrede nicht nur ausschaltet, sondern deren Argumente seinen eigenen beifügt, so beweist er damit ein weiteres Mal seine theologische Besonnenheit: Er stellt dieses großartige Stück der Originaldichtung nicht beiseite, ohne dessen Gewicht für seine Rezension genutzt zu haben. Redaktionelle Vorgänge im Räume der Versdichtung und ihrer Varianten 700 Hinter dem heutigen Hiob-Buch steht, wie sich soeben gezeigt hat, eine bewegte Textgeschichte. Sie hat neben der Novelle nacheinander eine Mehrzahl von Textformen der Versdichtung hervorgebracht. Dabei war jede spätere Textform in der Absicht geschaffen worden, die jeweils früheren Formen zu verdrängen und sich an ihre Stelle zu setzen. Dies gelang jedoch nicht. Keine der einmal in Umlauf gesetzten Textformen ließ sich mehr ausrotten. Dadurch entstand der leidige Umstand einer widersprüchlichen Überlieferung. Sie gab auf grundlegende Fragen völlig abweichende Antworten. Wer ging als Sieger aus dem Redestreit hervor ? Hatten die Freunde Hiob überzeugen können ? Oder hat schließlich Gott entschieden ? Wenn ja, in welchem Sinne ? Aber hatte Gott überhaupt je selber das Wort ergriffen ? Je nach der Textform, auf die sich die Information stützte, fielen die Antworten auf all diese Fragen verschieden aus. Auf diesem Hintergrund versteht sich das Bemühen, die verschiedenen Textformen zu einem einzigen, für die Synagoge verbindlichen Hiob-Buch 7 0 0 Auf die Frage, wie Novelle und Versdichtung miteinander verbunden worden sind, ist hier nicht mehr einzutreten, nachdem die einschlägigen Beobachtungen früher haben berücksichtigt werden müssen; s.o. S. 1 3 - 1 8 . 19. 9 2 - 9 6 .

216

S e k u n d ä r - R e z e n s i o n e n und S p ä t g e s t a l r u n g e n

zu verschmelzen. Setzte sich die „Harmonisierung" aber zum Ziel, es sollten die charakteristischen Inhalte jeder der miteinander kontaminierten Textgrößen im Ganzen des Einheitsbuches wieder vorhanden sein, so war von vornherein keine Legierung ohne innere Spannungen zu erwarten. Die Spannungen, die das Buch heute vorab gegen seinen Schluß hin so schwer verständlich machen, sind die unausweichliche Folge dieses Redaktionsprinzips. Im übrigen läßt es der heutige Zustand des Buches nicht mehr zu, alle Einzelheiten und Einzelvorgänge des Redaktionsgeschehens genau zu erheben. So ist beispielsweise kaum noch auszumachen, ob die Rezensionen A und Β der Versdichtung diese bereits als mit der Novelle kontaminierten Text vor sich hatten. Für Rezension Β ist dies mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erschließen 701 , für die Elihu-Rezension andererseits mit Sicherheit zu bejahen. Wie oben 7 0 2 gezeigt, sieht der Elihu-Rezensent seinen Helden am geographischen Handlungsort der Novelle — im Haurangebiet — beheimatet und nicht, wie man es bei einem Bearbeiter der Versdichtung erwarten würde, in Edom. Er hat seine Vorstellung vom Wirkungsort Hiobs somit unter dem Eindruck der heutigen Verse 1,1—2,10 gewonnen, die in dieser Studie als erster Teil der Novelle erkannt worden sind. Seine Reden aber setzen die Dialogdichtung voraus. Andererseits zeigt die Abschreiber-Notiz 31,40 b, daß zur Zeit dieses Kopisten bereits mindestens eine Rezension im Umlauf war, nach welcher Hiob hatte widerrufen — d.h. später eben noch einmal reden müssen. Daraus folgt, daß dieser Schreiber Rezension Β und vielleicht auch schon die Elihu-Rezension gekannt hat. Aber er anerkennt sie nicht als gültige Textformen und versucht mit seiner Notiz, seinen Text gegen die Vermengung mit einer von diesen Textformen zu schützen. Welches war seine Textform ? Die Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Man kommt nicht über die Feststellung hinaus, es müsse die Originaldichtung oder Rezension Α gewesen sein. Für beide trifft zu, daß Hiob nach 3 1 , 4 0 a nicht mehr redend aufgetreten ist. Gewichtiger als die nicht mögliche Abklärung dieser Frage ist die Tatsache, daß die Notiz das tatsächliche Nebeneinander verschiedener Textformen beweist, das der Schaffung des heutigen Einheitstextes voraufgegangen ist. Ihre Aufgabe, einen synagogal vertretbaren Text zu erstellen, hat die Redaktion nicht leicht genommen. Sie hat die Mühe nicht gespart, die verschiedenen disparaten Stränge zu einem durchlaufenden Zwirn zusammenzufügen. Daß dabei da und dort ein funktionslos gewordenes Faden701

S . o . S. 2 0 5 A 6 0 7 .

702

S. 1 8 f .

Abschließendes

217

stück abgeschnitten 7 0 3 oder etwas redaktioneller Werg zusätzlich eingearbeitet 7 0 4 werden mußte, war genausowenig zu umgehen wie die Unterbrechung eines ursprünglichen Textzusammenhangs durch ein dazwischentretendes Stück eines anderen Stranges. So trennte ein Redaktor den Widerruf Hiobs, den dieser als Antwort auf die Elihu-Rede geleistet hatte, aus diesem Zusammenhang heraus, um diese Worte als Antwort auf die erste Gottesrede erscheinen zu lassen70S. Und diese selbst glich er mit großer Geschicklichkeit dem barschen Ton der Gottesrede von Rezension Β an 7 0 6 . Ob dieser gleiche Redaktor auch den verräterischen Passus 4 2 , 7 - 9 der originalen Prosa-Ausleitung und die ebenso zum Aufhorchen herausfordernde Notiz 31,40 b in sein Hiob-Buch aufgenommen hat, muß füglich bezweifelt werden. Diese beiden Textelemente würden sich ja einem einigermaßen eben verlaufenden Verständnis des Redaktionstextes quer in den Weg gelegt haben. Ihre Aufbewahrung verdanken wir viel eher dem konservatorischen Eifer von allerletzten Abschreibern, die eben aus alten Vorlagen glaubten wieder beibringen zu müssen, was nach ihrer Meinung der Textüberlieferung „entgangen" war. Geschriebenes durfte nun einmal nicht untergehen 707 ! So einfache Gemüter solche Schreiber auch gewesen sein mochten, der Pietät, die sie gegenüber dem Überlieferten an den Tag gelegt haben, verdanken wir, wie sich gezeigt hat, allerlei nützliche Hinweise auf jene Textmanipulationen, die zwischen der Abfassung von Novelle und originaler Versdichtung und der heutigen Form des Hiob-Buches stattgefunden haben. So ist der pietätvolle Sinn dieser letzten „Ergänzer" für die annähernde Rückgewinnung der Dichtung hilfreich geworden. Andererseits haben diese „Ergänzer" der Synagoge doch einen zweifelhaften Dienst erwiesen. Der Einheitstext nämlich, wie ihn die systematische Redaktion konzipiert hatte, war ja zwangsläufig schon mit genug inneren Spannungen belastet gewesen. Durch die Wiederaufnahme der beiden genannten Elemente aber — vorab von 42,7—9 — wurde sein Aussagegehalt vollends schleierhaft. Nicht umsonst ist dem orthodoxen Juden vor der Vollendung seines vierzigsten Altersjahres - d.h. vor der Schwelle der Gerusie - der Umgang mit dem Hiob-Buch untersagt. Abschließendes Die Hiob-Novelle als selbständiges Werk hatte der Synagoge keine Not bereitet. Vielmehr ist diese ihr in ihrem Kampf um die Abwehr eines religiös-weltanschaulichen Dualismus weitgehend gefolgt708. 703 705

7 0 4 4 0 , 1 (u.2) ( = Z 3 9 , 3 1 (u. 32) und „dem Herrn" von 4 0 , 3 ( = 42,7-9. Z39,33). Vgl. S. 2 1 4 . Vgl. S. I l l (V. 1). 112 ( V . 3 a ) . 2 1 4 . 7 0 7 Vgl. o. S. 2 1 5 . 7»« S. S. 8 7 f f .

218

Sekundär-Rezensionen und Spätgestaltungen

Anders freilich nahm sich die Konfrontation aus, zu welcher der HiobDichter die synagogale Theologie herausforderte. Da ging es auf Biegen und Brechen: Die Dichtung forderte nichts Geringeres als die Abkehr der Synagoge von ihrer Schicksalstheologie und damit weitgehend von dem Existenzverständnis, das sich seit dem Exil immer kompakter verfestigt hatte. Dieser Forderung gegenüber gab es für die Synagoge nur die Alternative einer theologischen Neubesinnung im Geiste der Dichtung oder einer Ausschaltung der fordernden Stimme. Die Synagoge hat den zweiten Weg gewählt: Sie blieb bei ihrer Theologie, lehnte die Rückgewinnung der vorexilischen Undurchschaubarkeit Gottes ab und zog gegen die Dichtung zu Felde. Was sie der Dichtung antat, war eine Reihe von Vergewaltigungen; denn jede Neurezension zwang auf ihre Weise die Dichtung, das Gegenteil von dem zu bezeugen, was sie nach dem Willen ihres Gestalters hätte bezeugen sollen. Dies war zwar noch keine „theologia crucis" im strikten Sinne des Wortes; aber es war eine Theologie, die dazu angetan gewesen wäre, darauf hinzuführen. Ja, von ihren Ansätzen aus wäre der Begriff der Gerechtigkeit (pns) mit Bezug auf Gott einem neuen Verständnis zugänglich gewesen, das zwangsläufig in die Nähe des paulinischen Verständnisses der δικαιοσύνη θεοϋ hätte zielen müssen. Zumindest hätte sich der Begriff der „Gerechtigkeit Gottes" unter der theologischen Führung der HiobDichtung als eine Erscheinungsform der umfassenderen Wirklichkeit einer das Irrationale mit einbegreifenden „ratio Dei" im Sinne von Hi. 38 dargestellt. Die Synagoge hat sich gegen solche Entwicklungen abgeschirmt, indem sie die Dichtung knickte und damit das religiöse Problem, das diese hatte zu Worte kommen lassen wollen, zum Schweigen verurteilte. Und es schwieg - bis es sich erneut zum Wort meldete: freilich nicht mehr mittels einer Dichtung, sondern im Einsatz von Jesu ganzer Persönlichkeit, deren Schicksal durch keine „Neurezension" zum Schweigen gebracht werden konnte. „Das Wort vom Kreuz" erst war es, das zu einem neuen Durchdenken und Durcherleben dessen zwang, was inskünftig unter „Gerechtigkeit Gottes" zu verstehen sei.

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O, D i e T h e o d i z e e im B u c h e H i o b , A E L K Z , J g . 5 8 , N r . 4 1 , 1 9 2 5 , S . 7 2 2 -

724, 7 3 9 - 742, 7 6 3 - 7 6 5 von Rad,

G„ D i e alttestamentliche Satansvorstellung, T h W N T , Bd. II, S . 7 1 ff.

D e r heilige Krieg im Alten T e s t a m e n t , Z ü r i c h 1 9 5 1 - , Hiob X X X V I I I

und

die altägyptische Weisheit, V T S , Vol. III, 195.5, S . 2 9 3 f f .

o d e r T h B 8, S. 2 6 2 ff. - , Theologie

des

Alten

Testaments,

Bd. 1 :

Die T h e o l o g i e

der

geschichtlichen

Überlieferung Israels, M ü n c h e n 1 9 6 6 5 ; Bd. 2 : Die T h e o l o g i e der p r o p h e t i s c h e n Überlieferung Israels, M ü n c h e n

19654

- , G e s a m m e l t e Studien zum Alten T e s t a m e n t , Bd. 1, T h B 8 , M ü n c h e n 1 9 6 5 3 , und Bd. 2 , hg. v. R . S m e n d , T h B 4 8 , M ü n c h e n 1 9 7 3 Radin,

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G.,

Ε

nudo

tornerö

colä

(Giobbe

1,21),

Atti

dePVIII

congresso

internationale di storia delle religioni ( R o m a ) , Firenze 1 9 5 6 , S . 2 7 4 f f . Ricoeur,

P., Le mythe de la peine, Paris 1 9 7 6

Richter,

H.,

Studien zu H i o b . D e r A u f b a u des H i o b b u c h e s , dargestellt an den

G a t t u n g e n des R e c h t s l e b e n s , T h e o l o g i s c h e A r b e i t e n , Berlin 1 9 5 4 Ringgren,

H., W o r d and W i s d o m , Diss. Lund 1 9 4 7

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226

Verzeichnisse

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B. 1. ABb AELKZ

Abkürzungen

bibliographische: The Anchor Bible, Garden City, New York Allgemeine evangelisch-lutherische Kirchenzeitung, Leipzig

Abkürzungen

AfO ANET

227

Archiv für Orientforschung, Graz Ancient Near Eastern Texts relating to the Old Testament, ed. by J.B. Pritchard, with Supplement, Princeton 1969 3 AOT Altorientalische Texte zum Alten Testament, hg. v. H. Gressmann, Berlin und Leipzig 1926 2 AS Asiatische Studien, Etudes asiatiques, Bern AThANT Abhandlungen zur Theologie des Alten und Neuen Testaments, Zürich u.a. ATD Das Alte Testament Deutsch, Neues Göttinger Bibelwerk, Göttingen BASOR Bulletin of the American Schools of Oriental Research BHH Biblisch-historisches Handwörterbuch, Landeskunde, Geschichte, Religion, Kultur, Literatur, hg. von B. Reicke u. L. Rost, Göttingen 1 , 1 9 6 2 - 3 , 1 9 6 6 ; 4,1979 BH(K) Biblia Hebraica, Stuttgart 1966 14 (ed. R.Kittel, 1932 3 ) BHTh Beiträge zur Historischen Theologie, Tübingen BJRL Bulletin of the John Rylands Library, Manchester BKAT Biblischer Kommentar, Altes Testament, hg. v. Μ. Noth u. H . W . W o l f f , Neukirchen BWANT Beiträge zur Wissenschaft vom Alten und Neuen Testament, Stuttgart BZAW Beihefte zur Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft, Berlin u.a. CAT Commentaire de l'Ancien Testament, Neuchätel Calw.Bibl. Calwer Bibellexikon, hg. v. Th. Schlatter, Stuttgart 1973 3 CB The Century Bible, London-Edinburgh Clemen Luthers Werke in Auswahl, hg. v. O. Clemen, Berlin 1950 DB Dictionnaire de la Bible, publie par F. Vigouroux, 5 Bde., Paris I,1895-5,19122 EtB Etudes Bibliques, Paris FuF Forschungen und Fortschritte, Berlin 1 9 2 5 - 1 9 6 7 GB Gesenius, W., Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, bearbeitet von F. Buhl, Unver. Neudruck d. 1915 ersch. 17. Aufl., Berlin 1962 HaagBibl. Bibellexikon, hg. v. H. Haag, Zürich, Köln 1968 2 HAT Handbuch zum Alten Testament, Tübingen HK Handkommentar zum Alten Testament, Göttingen ICC International Critical Commentary (of the Holy Scriptures of the Old and New Testaments), Edinburgh JAOS Journal of the American Oriental Society, Baltimore JBL Journal of Biblical Literature, Philadelphia JVEG Jaarbericht van het Vooraziatisch-Egyptisch Genootschap „Ex Oriente Lux", Leiden ΚΑΤ Kommentar zum Alten Testament, Leipzig u. Gütersloh KB Lexikon in Veteris Testamenti Libros, ed. L.Köhler u. W.Baumgartner, Leiden 1953, zweite Auflage mit Supplement 1958 KB3 Hebräisches und aramäisches Wörterbuch zum Alten Testament, von L. Köhler u. W.Baumgartner, neubearbeitet von W.Baumgartner u.

228

KeH KHC KKR

LUA MVÄG RB RE RGG RQ SAT SBOT SThU THAT ThB ThLZ ThR ThWNT VT VTS WA WBM WdO

Ζ

ZAW ZBK ZDMG ZK ZSTh ZThK

Verzeichnisse

Β. H a r t m a n n , Lieferung I, Leiden 1 9 6 7 ; Lieferung II, hg. v. B. H a r t m a n n , Ph. Reymond u. J. J. Stamm, Leiden 1974 Kurzgefaßtes, exegetisches H a n d b u c h zum Alten Testament, hg. v. F. Hitzig u . a . , Leipzig Kurzer H a n d - C o m m e n t a r zum Alten Testament, Tübingen u . a . V. M a a g , Kultur, K u l t u r k o n t a k t und Religion. Gesammelte Studien zur Allgemeinen und Alttestamentlichen Religionsgeschichte, Göttingen 1980 Lunds Universitets Arsskrift, Acta Universitatis Lundensis, Lund Mitteilungen der Vorderasiatisch-Ägyptischen Gesellschaft, Leipzig u . a . Revue Biblique, Paris Realencyclopädie f ü r Protestantische Theologie und Kirche, hg. v. A. H a u c k , G o t h a 1 8 9 6 - 1913 3 Die Religion in Geschichte und Gegenwart, hg. v. K. Galling, Tübingen 1957-623 Revue de Q u m r a n , Paris Schriften des Alten Testaments in Auswahl, Göttingen T h e Sacred Books of the Old Testament, Baltimore Schweizerische Theologische Umschau, Bern Theologisches H a n d w ö r t e r b u c h zum Alten Testament, hg. v. E. Jenni u. C. W e s t e r m a n n , M ü n c h e n 1971 u. 1976 Theologische Bücherei, M ü n c h e n Theologische Literaturzeitung, Leipzig Theologische R u n d s c h a u , Tübingen Theologisches W ö r t e r b u c h zum Neuen Testament, hg. v. G. Kittel u . a . , Stuttgart 1933 ff. Vetus T e s t a m e n t u m , Leiden Supplements to Vetus T e s t a m e n t u m , Leiden Weimarer Ausgabe, D. Martin Luthers Werke, Kritische G e s a m t a u s g a b e (Weimar 1883 ff.), Graz 1963 ff. W ö r t e r b u c h der Mythologie, hg. v. H . W . Haussig, Stuttgart 1965ff. Die Welt des Orients. Wissenschaftliche Beiträge zur Kunde des Morgenlandes, hg. v. E . M i c h e l , Göttingen, Bd. I 1 9 4 7 - 1 9 5 2 , Bd. II 1 9 5 4 - 1959 Zürcher-Bibel, Die Heilige Schrift des Alten und des Neuen Testaments, Verlag der Zwingli-Bibel, Zürich 1931 und spätere Auflagen Zeitschrift f ü r die Alttestamentliche Wissenschaft, Berlin Z ü r c h e r Bibelkommentare, Zürich u . a . Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Wiesbaden u.a. Z ü r c h e r Bibel-Konkordanz, 3 Bde., bearbeitet v. K. H u b e r u. Η . H . Schmid, hg. v. Kirchenrat des Kantons Zürich, Zürich 1 9 6 9 - 1 9 7 3 Zeitschrift f ü r Systematische Theologie, Berlin u.a. Zeitschrift f ü r Theologie und Kirche, Tübingen u . a .

PS.: K o m m e n t a r e werden n u r mit dem N a m e n des Autors zitiert.

Abkürzungen

2. A c cf. q· CS.

L LXX Ms(s) Pesch. s. S. s.o. s.u.

229

technische: Anmerkung cum confer conjectura/conicitur o. ä. causa Vulgata Septuaginta Manuscriptum(-a) Peschitta siehe Seite siehe oben siehe unten

s.v. sub verbo Targ/Tg Targum TM Textus Masoreticus u. und u. a. und andere Autoren V. Vers(e) vergleiche vgl. Wz. Wurzel z.St. zur Stelle im Gegensatz zu ( ä ) < W eine ursprüngliche hebr. Form (X) ist irrtümlich in die vom T M bezeugte Form (3) übergegangen

C. Autoren Abel 16. 2 1 9 Aistleitner 1 1 4 . 2 1 9 Albright 1 6 . 2 1 9 Alt 35. 2 1 9 Baumann 1 8 1 . 2 1 9 Baumgärtel 188. 2 1 9 Beer 60. 150. 151. 208. 211. 2 1 9 Benzinger 59. 2 1 9 Blackman 1 5 . 2 1 9 Budde 28. 38. 40. 48. 138. 150. 1 8 7 . 2 1 9 Burrows 88, 89, 2 1 9 Butten wieser 9. 2 1 9 Charles 90. 2 1 9 Delitzsch 28. 29. 81. 83. 2 1 9 Dhorme, E. 1 6 1 . 2 1 9 Dhorme, P. 1 8 2 . 2 0 3 . 2 1 9 Dieterich 26. 114. 2 1 9 vanDijk 123.219 Dillmann 176. 2 1 9 Diodorus Siculus 29. 2 1 9 Dobschütz 22. 2 1 9 Driver, G. R. 100. 104. 219 Driver, S. and Gray, G.B. 121. 161. 176. 219 Dubarle 205. 213. 2 1 9 Duhm 22. 112. 138. 150. 157. 174. 182. 219. 183. 211. 2 1 9 Dupont-Sommer 88. 89. 2 1 9 Ebeling 27. 84. 2 2 0 Edzard 21. 2 2 0 Eissfeldt 15. 46. 55. 88. 134. 146. 220 Engneil 51. 52. 57. 2 2 0 Erman 1 3 . 2 2 0 Fahlgreen 60. 2 2 0 Fichtner 182. 220 Fitzmeyer 21. 220 Fohrer 9. 14. 16. 17. 21. 22. 23. 25. 27. 28. 34. 35. 46. 48. 4 9 . 51. 54. 64. 65. 67. 86. 98. 99. 101. 102. 110. 111. 114. 115. 117. 118. 121. 124. 126. 129. 132. 138.

139. 141. 143. 146. 150. 151. 157. 158. 159. 161. 162. 170. 172. 176. 177. 181. 182. 183. 187. 193. 198. 2 0 2 . 207. 208. 211. 2 1 3 . 2 2 0 de Frame 51. 220 Galling 185. 2 2 0 Gard 176. 2 2 0 Gebser 103. 220 Gerleman 123. 2 2 0 Gese 69, 123, 124, 134, 2 2 0 Ginsberg 13. 2 2 0 Goethe 4 3 . 112. 2 2 0 Gordon 21. 22. 2 2 0 Gray, J. 134. 176. 2 2 0 Gressmann 13. 2 2 0 Gunkel 90. 105. 174. 221 Gunneweg 72. 221 Guthe 72. 221 Haag 17. 65. 72. 74. 151. 221 Hehn 21. 22. 221 Hem pel 91. 158. 161. 187. 2 2 1 Herder 138. 221 Hertzberg 27. 134. 221 Hess 25. 26. 35. 221 Hesse 17. 48. 58. 61. 62. 94. 221 Hitzig 35. 118. 221 Hölscher 12. 16. 22. 23. 28. 46. 62. 83. 132. 138. 142. 148. 172. 176. 187. 221 Horst 14. 16. 22. 24. 25. 29. 30. 39. 48. 51. 65. 72. 83. 158. 161. 182. 183. 184.

221 Humbert 12. 13. 18. 50. 139. 221 Jepsen 88. 187. 221 Jirku 21. 114. 221 Johnson 51. 57. 221 Jung 77. 221 Kaiser 55. 134. 146. 174. 221 Kapelrud 1 1 4 . 2 2 2 Keel 121. 222 Kittel 55. 2 2 2 Klopfenstein 59. 2 2 2

Autoren Koch 69. 222 Koehler 32. 54. 57. 69. 86. 140. 163. 168. 186. 222 König 35. 161. 187. 222 Kramer 22. 123. 222 Kraus 104. 222 Kühl 17. 18. 40. 48. 121. 124. 222 Lamparter 158. 161. 222 Lande 24. 65. 222 Larcher 1 6 1 . 2 2 2 Legendre 16. 222 Leveque 14. 16. 17. 18. 21. 22. 23. 32. 33. 35. 38. 48. 64. 161. 162. 174. 175. 176. 181. 182. 183. 187. 222 Lods 1 9 . 2 2 2 Lohse 88. 90. 222 Low 170. 222 Lüthi 69. 73. 94. 222 Luther 56. 75. 164. 222 Maag 22. 25. 26. 28. 42. 51. 52. 54. 55. 57. 74. 76. 83. 102. 103. 104. 113. 114. 115. 121. 163. 164. 171. 175. 176. 181. 198. 222 f. Maier, J. und Schubert 88. 223 Meek 84. 223 Meissner 171.223 Menard 124.223 Molin 88. 223 Mowinckel 66. 198. 223 Müller 49. 223 Mühidz 35. 223 Musil 30. 223

231

v. Rad 58. 66. 120. 121. 134. 176. 224 Radin 75. 224 Rahlfs 29. 224 Ranke 13. 224 Reddy 1 4 9 . 2 1 1 . 2 2 4 Reymond 164. 224 Ricciotti 26. 224 Ricceur 117. 224 Richter 98. 106. 109. 110. 111. 112. 117. 118. 120. 121. 126. 127. 155. 165. 178. 187. 192. 224 Ringgren 53. 54. 149. 224 Roberts 79. 225 Rowley 9. 12. 17. 18. 28. 89. 101. 225 Sama 22. 23. 225 Schärf 5. 48. 50. 56. 58. 59. 60. 61. 62. 225 Schmid, Η. H. 5. 9. 54. 69. 129. 130. 134. 157. 174. 225 Schmid, O. 1 7 8 . 2 2 5 Schmidt, H. 1 8 8 . 2 2 5 Schmidt, L. 27. 48. 225 Schmökel 123. 225 Sellin 48. 225 Sellin-Fohrer 55. 88. 146. 225 van Selms 86. 225 Siegfried 30. 187. 225 Skehan 51. 225 Smend 46. 225 Snaith 110. 225 Speiser 21. 225 Stamm 14. 98. 124. 185. 187. 225 Steckel 1 5 1 . 2 2 5 Steinmann 22. 23. 225 Stolz 52. 54. 57. 61. 164. 225

Nilsson 29. 223 Noth 56. 70. 72. 79. 84. 132. 133. 134. 153. 224 Nougayrol 86. 123. 209. 224

Terrien 33. 34. 225 Thomdike 89. 225 Torrey 89. 225 Tur-Sinai 30. 34. 55. 112. 114. 162. 170. 226

Oettli 174. 182. 183. 203. 224 Oppenheim 42. 66. 224 v. Orelli 1 9 2 . 2 2 4

de Vaux 16. 57. 86. 186. 226 Vigouroux 15. 226 Volz 91. 175. 226

Pedersen 86. 102. 186. 224 Plöger 90. 224 van der Ploeg 88. 224 van der Ploeg/van der Woude 32. 33. 224 Pohl 27. 224 Pope 1 6 2 . 2 2 4 Proksch 1 8 8 . 2 2 4

Weidner 185. 226 Weiser 12. 66. 161. 165. 176. 187. 226 Weiss 88. 226 Wellhausen 38. 44. 226 Westermann 9. 12. 24. 97. 134. 148. 166. 213. 226 de Wette 56. 226

232 Wetzstein 29. 30. 2 2 6 White 23. 2 2 6 Wildberger 168. 183. 2 2 6 Wilson 1 3 . 2 2 6 van der W o u d e 88. 89. 2 2 6

Autoren W ü r t h w e i n 91. 140. 157. 174. 191. 193. 2 2 6

183. 188.